Etymologisches Wörterbuch der friesischen Adjektiva
 9783110231366, 9783110231359

Table of contents :
Frontmatter
INHALT
EINLEITUNG
SYSTEMATISCHER TEIL
ABKÜRZUNGEN
LITERATUR
A
B
D
E
F
G
H
I
J
K
L
M
N
R
S
T
Þ
U
W
Backmatter

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Etymologisches Wörterbuch der friesischen Adjektiva

Volkert F. Faltings

Etymologisches Wörterbuch der friesischen Adjektiva

De Gruyter

Diese Publikation wurde gefördert vom Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein ⫺ die Staatskanzlei ⫺ über den Frasche Rädj sowie aus Mitteln der Ferring Stiftung in Alkersum auf Föhr.

ISBN 978-3-11-023135-9 e-ISBN 978-3-11-023136-6 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 2010 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York Druck: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Dem Frisisten und Nordisten Dietrich Hofmann (1923-1998) in dankbarer Erinnerung gewidmet

VORWORT Als ich 1994 Frank Heidermanns Etymologisches Wörterbuch der germanischen Primäradjektiva (Hm 1993) erstmals zur Hand nahm, um mir Klarheit über verschiedene Wortbildungsvorgänge im Bereich wa-stämmiger Primäradjektiva des Friesischen zu verschaffen, stellte ich fest, daß die friesischen Belege für diesen Wortbildungstyp fast durchgehend fehlten. Wie sich im weiteren ergab, traf das auch auf andere Ableitungsmodelle zu. Diese stiefmütterlich anmutende Behandlung des Friesischen kann als symptomatisch für die meisten etymologischen Nachschlagewerke gelten. Nun kann das am allerwenigsten den jeweiligen Autoren solcher Werke zur Last gelegt werden. Hier offenbart sich stattdessen ein hinlänglich bekanntes Dilemma der etablierten Frisistik: Die nach wie vor unvollständige Erfassung der altfriesischen Lexik macht das Altfriesische selbst für Eingeweihte schwer zugänglich, wenngleich es generell und punktuell nicht an wegweisenden Vorarbeiten zur lexikologischen Erschließung des Altfriesischen mangelt. Leider erschien das so dringend benötigte Altfriesische Handwörterbuch (Hofmann/Popkema 2008) erst nach Fertigstellung des Druckmanuskripts zu der vorliegenden Abhandlung, sodaß es nurmehr im Einzelfall herangezogen werden konnte; zweifellos hätte es den Zugang zu dem komplexen altfriesischen Wortmaterial – nicht zuletzt auch aus quellenkritischer Sicht – ungemein erleichtert und die Arbeit damit nicht unwesentlich verkürzt. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse in den neufriesischen Mundarten. Zwar hat die starke dialektale Zersplitterung des modernen Friesischen, die wohl innerhalb des Germanischen ihresgleichen sucht, mittlerweile zu einer Vielzahl recht indifferenter Mundartwörterbücher geführt, doch haben ebendie ins Auge fallenden, auf allen sprachlichen Ebenen zu beobachtenden Divergenzen eine umfassende und systematische Darstellung des neufriesischen Wortschatzes bislang verhindert, um nicht zu sagen, von vornherein unmöglich gemacht. Diese äußerst heterogene „Gemenglage“ des Friesischen muß schließlich auch als eine der Hauptursachen dafür genannt werden, daß trotz ganz vorzüglicher Vorarbeiten weder für das Altfriesische noch für die heutigen friesischen Dialekte bzw. Dialektgruppen ein modernes, fundiertes etymologisches Nachschlagewerk zur Verfügung steht. Das unlängst erschienene Old Frisian Etymological Dictionary (Boutkan/Siebenga 2005) kann nur ein erster Notbehelf sein. Zweifellos könnte das Friesische als kleinster Zweig des Germanischen zur lexikographischen Kodierung des germanischen Grundwortschatzes oder eines

VIII

Vorwort

Teiles davon deutlich mehr beitragen, als man bislang von ihm gefordert hat oder ihm offenbar zutraut, sofern man sich außerhalb eines kleinen Kreises von Fachspezialisten darauf einläßt, sich intensiver mit der komplexen Materie des Friesischen, insbesondere mit seinen heutigen Mundarten, auseinanderzusetzen. Gerade in der geographischen Randlage des Friesischen ist viel altertümliches germanisches und mehr noch nordseegermanisches Wortgut bewahrt geblieben, das nicht nur zur Etymologie der germanischen Adjektiva ganz Hervorragendes zu leisten imstande ist. Angesichts der eingangs erwähnten Lakunen war es zunächst meine Absicht, Heidermanns Wörterbuch lediglich um die fehlenden altfriesischen Belege zu ergänzen, doch reifte schon bald der Plan, auf der Basis des Heidermannschen Wörterbuches eine eigenständige etymologische Untersuchung zur Wortbildung des friesischen Adjektivs zu beginnen, die neben dem altfriesischen auch das umfangreiche und vielschichtige Belegmaterial aus den modernen friesischen Dialekten berücksichtigen sollte. Auf dem Wege dorthin ist mir von vielen Seiten Hilfe zuteil geworden. Dafür schulde ich allen meinen aufrichtigen Dank. Einen ganz besonderen Anteil am Zustandekommen der vorliegenden Abhandlung hat mein mittlerweile verstorbener Lehrer Dietrich Hofmann, Preetz, genommen. Von seiner tiefen Kenntnis des Altfriesischen und verwandter (nordsee)germanischen Sprachen, vor allem auch des Altnordischen, hat die Arbeit sichtbar pro¿tiert. Wertvolle Anregungen erhielt ich zudem durch Frank Heidermanns, Köln, der verschiedene konzeptionelle Probleme mit mir diskutiert hat. Darüber hinaus habe ich in zahlreichen Fragestellungen zu der oftmals recht verwickelten Lautgeschichte der nordfriesischen Mundarten auf den kompetenten und umfassenden Rat von Nils Århammar, Bredstedt, zählen können. Weiterhin danke ich Oebele Vries, Westergeast, für seine kollegiale Unterstützung bei der Beschaffung des verstreuten altfriesischen – speziell altwestfriesischen – Belegmaterials sowie nicht zuletzt Jarich Hoekstra, Kiel, für seine ergänzenden Hinweise und Anmerkungen zu etlichen westfriesischen Formen. Rat und Anregung erhielt ich darüber hinaus von Horst H. Munske, Erlangen, und Elmar Seebold, Andechs, die sich kritisch mit dem Manuskript auseinandergesetzt haben. Zu großem Dank bin ich schließlich meinen Kollegen Uta Marienfeld und Reinhard Jannen von der Ferring Stiftung in Alkersum auf Föhr verpÀichtet für ihre spontane Bereitschaft, sich der undankbaren Aufgabe des Korrekturlesens anzunehmen und das Manuskript für den Druck aufzubereiten.

Utersum auf Föhr, im Februar 2010

Volkert F. Faltings

INHALT EINLEITUNG ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Aufbau der Wörterbuchartikel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.1. Adjektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.2. Komposita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.3. Derivata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.4. Beleglage (Bel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.5. Germanisch (Germ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.6. Indogermanisch (Idg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.7. Literatur (Lit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 SYSTEMATISCHER TEIL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Primäradjektiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2. Verbaladjektiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.1. Bildungen außerhalb des Verbalparadigmas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.2. Bildungen innerhalb des Verbalparadigmas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Rückbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4. Adjektiva aus Substantiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 5. Derivata ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 6. Komposita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 ABKÜRZUNGEN .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1. Abkürzungen für Sprachen und Mundarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2. Sprachensiglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3. Textsiglen zu den benutzten altfriesischen Handschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4. Literatursiglen und verkürzt zitierte Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 5. Sonstige Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 6. Symbole.... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 LITERATUR .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 WÖRTERBUCH ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 INDEX ................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623

EINLEITUNG 1. Konzeption Die vorliegende Abhandlung Etymologisches Wörterbuch der friesischen Adjektiva erfaßt das gesamte Inventar der friesischen Primäradj., daneben aber auch das der friesischen Verbaladj., Rückbildungen, Konversionen und denominalen Derivationen sowie eine Vielzahl von komponierten Adj., die Teil einer exozentrischen Bildung sind. Das umfangreiche Wortkorpus schöpft dabei nicht allein aus den edierten altfriesischen Quellen, sondern vor allem auch aus den zahlreichen Wörterbüchern der heutigen nord-, ost- und westfriesischen Mundarten. Obgleich eine größtmögliche Vollständigkeit angestrebt wurde, erscheint es bei der Unübersichtlichkeit der Quellenlage doch mehr als wahrscheinlich, daß die eine oder andere interessante Form übersehen worden ist. Die Darstellung und Auswertung des Belegmaterials erfolgt weitgehend nach sprachgeographischen Kriterien, indem für jedes Adj. zunächst die phonologischen, morphologischen und gegebenenfalls semasiologischen Unterschiede hinsichtlich seiner Verbreitung und Verwendung in den einzelnen friesischen Mundarten bzw. Mundartgruppen herausgestellt werden als ReÀex bestimmter diachroner und synchroner Vorgänge oder Verhältnisse dort, zugleich aber auch seine etymologische und formative Einbettung in einen übergeordneten germanischen und/oder indogermanischen Kontext. Konzeptionell lehnt sich die Arbeit in allen Bereichen eng an Frank Heidermanns Etymologisches Wörterbuch der germanischen Primäradjektiva (Hm 1993) an, wobei sie dieses Wörterbuch aus der Sicht des Friesischen nicht unwesentlich ergänzt. Weiterhin wird hier erstmals der Versuch unternommen, dem allseits beklagten Mangel eines umfassenden etymologischen Wörterbuches des Friesischen zumindest in einem Subsystem dieser Sprache, nämlich dem der Adjektiva, zu begegnen. Die Überschaubarkeit eines solch mehr oder weniger geschlossenen Subsystems und der Umstand, daß jede einzelne Wortbildung darin morphologisch fest verankert ist, erlauben es zudem, formative und etymologische Einzelfragen im Vergleich zu herkömmlichen Etymologika wesentlich tiefgründiger und systematischer zu erörtern. Im übrigen besteht keineswegs die Absicht, mit der Publikation dieser Arbeit etwas grundsätzlich Neues zu präsentieren, sondern es ging von Anbeginn insbesondere auch darum, die bisherigen, über zahllose kleinere und größere Veröffentlichungen verstreuten Forschungsergebnisse zusammenzufassen, kritisch zu sichten, zu ergänzen und gegebenenfalls gar neu zu bewerten. Daß dabei nicht

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jede Fragestellung zufriedenstellend gelöst werden konnte und sich bei der Lösung manch alter Probleme neue ergaben, liegt in der Natur der Sache. Vivant sequentes! 2. Aufbau der Wörterbuchartikel Die unerwartete Fülle des Materials ließ es ratsam erscheinen, die Darstellung der Belege stark zu formalisieren, um auf diese Weise den Umfang der Arbeit in erträglichen Grenzen zu halten. Die Anlage der Wörterbuchartikel folgt dabei im wesentlichen einem bewährten Schema, wie es zuvor bereits durch E. Seebold (Sb 1970) und mehr noch durch F. Heidermanns (Hm 1993) zur Anwendung kam. Sein Regelwerk ist sehr detailliert bei Heidermanns beschrieben worden, so daß man sich im weiteren auf eine Zusammenfassung der wichtigsten Kriterien beschränken kann. 2.1. Adjektiv Die alphabetische Anordnung der Lemmata erfolgt nach den von Heidermanns (Hm 1993) rekonstruierten germ. Stammformen. Um eine größtmögliche Kompabilität zu Heidermanns Wörterbuch zu gewährleisten, werden diese Ansätze oft auch dann beibehalten, wenn die fries. Belege und/oder die verwandter Sprachen einen anderen Wortbildungsprozeß darlegen als den von Heidermanns vorgeschlagenen. Derlei Abweichungen werden in dem jeweiligen Wortartikel unter der Rubrik Germanisch (Germ.) oder Indogermanisch (Idg.) ausführlich erörtert. Germ. -ƣ- [in älterer Notation -Ɲ1-] erscheint im Alphabet unter -e-, germ. -þ- folgt auf -t-; hingegen bleiben die stimmhaften Spiranten -ł-, -ÿ- und -ƥ unbezeichnet und werden von den stimmhaften Klusilen -b-, -d- und -g- nicht unterschieden; die Labiovelare -gw-, -hw- und -kw- sind wie -gw-, -hw- und -kweingereiht worden. Das Lemma ist mit einem Asterisk (*) versehen, wenn es in den germ. Sprachen lediglich aus einem Adv. oder einer Derivation erschlossen werden kann. Kommt das Adj. ausschließlich komponiert vor, steht vor dem Stichwort ein Bindestrich. Ein hinter dem Lemma gesetztes Fragezeichen zeigt an, daß die germ. Stammform sich nicht mit Sicherheit rekonstruieren läßt, ein nachgestelltes Asterisk, daß die Einordnung in eine bestimmte Stammklasse zweifelhaft ist. Auf die rekonstruierte Stammform folgt eine knappe Bedeutungsangabe. Diese erscheint bei komponiert vorkommenden Adj. meist in Klammern, da sie auf das als Simplex angeführte Lemma nicht in jedem Fall übertragbar ist. Der nach der Bedeutung stehende Buchstabe in Fettdruck (vgl. die AuÀistung in der Einleitung zum systematischen Teil) gibt die Adjektivklasse zu erkennen,

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in die Heidermanns das Lemma eingeteilt hat. Deuten die fries. Belege oder die verwandter Sprachen eine andere oder alternative Zuordnung an, wird das unter der Rubrik „Germ.“ oder „Idg.“ näher erläutert. Die am Ende der Kopfzeile in Klammern gesetzten Zahlen beziehen sich auf die Paragraphen des systematischen Teils, in welchen das Adj. aufgeführt wird. Ist das Adj. bei Heidermanns in einem eigenen Wortartikel behandelt worden, geht der Kopfzeile ein entsprechender Hinweis (Hm + Seitenangabe) voran. Auf die Kopfzeile folgen die fries. Adjektivbelege, beginnend mit denen des Altfriesischen (AFR), wobei an der traditionellen Gliederung des Afr. in eine altostfriesische (aofr.) und eine altwestfriesische (awfr.) Mundartgruppe festgehalten wird – trotz einiger Unzulänglichkeiten, die diese Einteilung mit sich bringt.1 Danach erscheinen die Belege des Nordfriesischen (Nfr.), aus sprachgenetischen Gründen getrennt nach den Dialekten des Inselnordfriesischen (INF) und des Festlandnordfriesischen (FNF), sodann die des Ostfriesischen (OFR) und schließlich die des Westfriesischen (WFR). Belege aus den übrigen germ. Sprachen, sofern sie bei Heidermanns fehlen oder unzulänglich zitiert sind, ergänzen gegebenenfalls das fries. Adjektivmaterial, und zwar in folgender Reihenfolge: E (Englisch), S (Niederdeutsch), N (Niederländisch), D (Deutsch), W (Westnordisch), O (Ostnordisch) und G (Gotisch). Das afr. Wortkorpus begegnet in der normalisierten Form der einschlägigen Wörterbücher bzw. der Wortglossare der einzelnen afr. Texteditionen. Nur gelegentlich, etwa bei einer unklaren oder mehrdeutigen Quellengrundlage, wird die Originalgraphie in spitzen Klammern hinzugefügt. Die Wiedergabe des reichhaltigen neufries. Wortmaterials richtet sich nach den jeweiligen Wörterbuchnormen der heutigen nfr., ofr. und wfr. Mundarten und den dort geltenden orthographischen Regeln. Ältere Belege, die diesem orthographischen Regelwerk nicht unterliegen, erscheinen dagegen unverändert in ihrer urschriftlichen Fassung, hier allerdings mit der Ausnahme, daß die von Heinrich G. Ehrentraut (1798-1866) für das Wangeroogische entwickelte Orthographie aus typographischen Gründen in zwei Punkten abgewandelt worden ist: So wird die durch ZirkumÀex (ˆ) angedeutete Vokallänge in Anlehnung an die nordfriesische Schreibtradition durch Vokalverdoppelung angezeigt; aus denselben Gründen ist der Akut (´) zur Bezeichnung des Silbenakzents weggelassen worden. Mit dieser Maßnahme wurde überdies eine weitestgehende orthographische Kompabilität zu den von A. Versloot neu herausgegebenen Mittheilungen aus der Sprache der Wangeroger erreicht.2 Die Bedeutungsangaben zu den einzelnen Belegen orientieren sich eng an den überlieferten Texten. Entsprechende Angaben aus den benutzten Wörterbüchern und Wortglossaren sind für gewöhnlich wortwörtlich und zudem in der Originalsprache übernommen worden. Sie konzentrieren sich dabei im wesentlichen auf die Hauptbedeutungen. 1 2

Vgl. Hofmann 1971: 364ff. Vgl. dazu Versloot 1996: lxxxvi.

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Die Siglen der Quellen, in denen das Adj. bezeugt ist, stehen schließlich in Klammern hinter den Bedeutungsangaben. Hier ist zu beachten, daß insbesondere bei awfr. Formen aufgrund des oft schwer zugänglichen Quellenmaterials nicht in jedem Fall alle bekannten Belegstellen eingesehen werden konnten und deshalb auch unberücksichtigt geblieben sind; siehe im weiteren die Textsiglen zu den benutzten altfriesischen Handschriften sowie die Literatursiglen zu der verkürzt zitierten Literatur in Punkt 3 und 4 der Abkürzungen. Darüber hinaus sei an das Altfriesische Handwörterbuch (Hofmann/Popkema 2008) verwiesen. 2.2. Komposita Die adj. Komposita mit einem gebundenen Morphem im Erstglied, wie Heidermanns sie für die älteren Sprachstufen des Germ. in größerer Anzahl aufführt (vgl. Hm 34), können für das Fries. – das Afr. eingeschlossen – weitgehend vernachlässigt werden, da sie mit Ausnahme des Negationspartikels un- sowie der Einzelbelege afr. onfest ‘gesund; festsitzend’, ondlenge ‘der Länge nach’, urwalde ‘ungewollt’ und urwƝne ‘hoffnungslos’ mit dem jeweiligen Prä¿x ana‘an, auf’, anda- ‘entgegen, los, weg’ und uz- ‘aus, hinaus’ kaum in Erscheinung treten. Selbst das sonst im Germ. sehr häu¿ge Prä¿x ga-, das in nominalen Komposita meist einen kollektivierenden, soziativen Sinn hat, begegnet im Fries. nurmehr in einigen wenigen relikthaften Bildungen, denn es ist dort bereits in vorliterarischer Zeit geschwunden. Seine Existenz im Urfries. kann aber gleichwohl in den Fällen vorausgesetzt werden, in denen die älteren Quellen der Nachbarsprachen ein entsprechendes Prä¿xkompositum sicher bezeugen. Das von Heidermanns als Prä¿x aufgefaßte germ. sen- ‘beständig, ewig’ wird im weiteren in einem eigenen Wortartikel dargestellt. 2.3. Derivata In dem betreffenden Abschnitt werden vorzugsweise die von einem fries. Adj. abgeleiteten Wortbildungen aufgelistet, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um urgerm. Vorgänge handelt, die möglicherweise auch anderswo im Germ. begegnen, oder um jüngere einzelsprachliche, gegebenenfalls gar exklusiv fries. Bildungen, die oftmals nur aus einer bestimmten Mundart oder Mundartgruppe des Fries. bezeugt sind. Darüber hinaus haben aber auch solche Derivationen Aufnahme gefunden, die erkennbar nicht auf eine adj. Basis zurückführen, wie etwa Desubstantiva, Deverbalia inkl. Formen der schwachen Verbbildung aus ablautenden Wurzeln starker Verben, Rückbildungen aus schwachen Verben, Konversionen etc. Dabei wird allerdings in der Zuordnung einzelner Ableitungen nicht überall mit der nötigen Klarheit deutlich, ob darin beispielsweise ein denominales oder deverbales Abstraktum oder ein ja-Verb zugrunde liegt, das bei o-stu¿ger Wurzel nicht allein als Kausativum eines star-

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ken Verbs, sondern auch als Faktitivum eines Verbaladj. gleicher Wurzelstufe beurteilt werden könnte, denn manches Abstraktum offenbart sowohl nominale wie verbale Bezüge. Wenn der Dokumentation der Derivata schließlich so viel Aufmerksamkeit zuteil geworden ist, wobei im übrigen keine Vollständigkeit angestrebt wurde, geschah das in der doppelten Absicht, zunächst einmal Form und Inhalt eines Adj. in seinem erweiterten lexikalischen Umfeld schärfer zu fassen sowie zum anderen einen Beitrag zur Erforschung eines Teilbereiches der fries. Wortbildung zu leisten. Zum besseren Verständnis werden im folgenden die in dieser Abhandlung begegnenden Derivationsmodelle anhand der beteiligten Derivationssuf¿xe, ihrer Herkunft und ihrer Wortbildungsfunktion in einer kurzen Übersicht dargestellt. 2.3.1. Adjektiva Suf¿x -iga-

Suf¿x -ikǀda-

Suf¿x -iska-

Suf¿x -lƯka-

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Das in der fries. Adjektivbildung mit Abstand frequenteste Derivationssuf¿x dient vornehmlich der denominalen Ableitung und modi¿ziert bzw. erweitert eine adj. oder subst. Derivationsbasis in der Bedeutung ‘in der Art von’ oder ‘der durch die Derivationsbasis bezeichneten Eigenschaft zugeneigt’.3 Das hybride Suf¿x -ikǀda- aus einem diminutivischen -kSuf¿x und dem ornativen Suf¿x -ǀda- bildet im Ins.-Nfr. – und nur dort – eine Reihe deadj. Ableitungen mit hypokoristischer Bedeutung aus dem Sinnbezirk des Intim-Familiären, vermutlich analog nach dem Derivationsmodell desubstantivischer Diminutivadj. mit dem Suf¿x -ǀda-, das im Ins.-Nfr. bis in die Gegenwart hinein produktiv geblieben ist.4 Bildet im Fries. meist denominale Relativadj., die die Art, Form oder Eigenschaft von etwas bezeichnen, häu¿g mit pejorativer Konnotation und öfter aus dem Sinnbezirk des Sittlich-Moralischen.5 Das aus germ. *lƯka- ‘Leib, Körper’ erwachsene „Halbsuf¿x“ -lƯka- bildet wiederum in großer Anzahl Relativadj. in der überwiegenden Bedeutung ‘die durch das Adj. bezeichnete Eigenschaft oder Form nicht in vollem Umfang besit-

Kluge 1926: 100ff., Henzen 1965: 196ff., Krahe/Meid 1967: 188ff., Marchand 1969: 352f., Koziol 1972: 210ff., Fleischer/Barz 1992: 256ff. Hofmann 1961: 35ff. und Faltings 1996b: 95ff. Kluge 1926: 104, Mezger 1964: 38ff.; Henzen 1965: 200f., Krahe/Meid 1967: 196f., Marchand 1969: 305f., Koziol 1972: 196f., Fleischer/Barz 1992: 258ff.

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Suf¿x -sama-

zend’ oder ‘Neigung zu der durch das Adj. bezeichneten Eigenschaft habend’.6 Das aus dem ursprünglich selbständigen Wort germ. *sama- ‘von gleicher Beschaffenheit’ erwachsene „Halbsuf¿x“ -sama- bildet denominale Adj. der Neigung oder solche, die das Charakteristische, die Eigenschaft oder Fähigkeit dessen ausdrücken, was die zugrundeliegende Derivationsbasis bezeichnet.7 Das Suf¿x begegnet im Fries. äußerst selten und ist der Entlehnung aus den Nachbarsprachen verdächtig, im Wfr. wohl aus dem Mnl./ Mnd., im Nfr. vielleicht eher aus dem Dän.-Jüt.

2.3.2. Substantiva Suf¿x -a-

Suf¿x -ǀ-

Suf¿x -i-

Das Suf¿x bildet von altersher aus einer ursprünglich verbalen Basis Nomina agentis und mehr noch Nomina actionis, wobei sämtliche Ablautstufen vertreten sein können. Die meisten dieser Derivationen sind im Fries. Neutra, in geringerem Maße auch Maskulina.8 Daneben begegnen zahlreiche, z.T. recht alte a-stämmige Bildungen, die ihrer Form nach nicht aus einer Verbalwurzel, sondern offensichtlich durch Konversion aus einem a-stämmigen Adj. hervorgegangen sind. Auch in diesen Fällen herrscht neutr. Genus vor.9 Das Suf¿x bildet seit idg. Zeit vornehmlich fem. Verbalabstrakta, und zwar auf allen Ablautstufen, wenngleich bevorzugt aus der -o-stu¿gen oder schwundstu¿gen Wurzel. Schließlich dient das Fem. eines Adj. auch im Fries. zur Bildung von Abstrakta, wobei im Einzelfall nicht immer deutlich wird, ob es sich um ein Verbalabstraktum handelt oder um das Fem. eines substantivierten Verbaladj.10 Das Suf¿x begegnet auch im Fries. hauptsächlich in Nomina actionis, zumeist mit mask. und – offenbar älter – fem. Genus. Es überwiegen Ableitungen von einer

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Kluge 1926: 114f., Henzen 1965: 202ff., Krahe/Meid 1967: 226f., Marchand 1969: 329ff., 358, Koziol 1972: 201, 202 f., Fleischer/Barz 1992: 260ff.

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Kluge 1926: 114f., Henzen 1965: 205f., Krahe/Meid 1967: 227, Marchand 1969: 347, Koziol 1972: 205f., Fleischer/Barz 1992: 266. Kluge 1926: 57, Krahe/Meid 1967: 58ff. Wilmanns 1899: 397, Fleischer/Barz 1992: 215f. Kluge 1926: 58ff., Krahe/Meid 1967: 62ff.

8 9 10

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Su¿x -ja-/-jǀ-

Suf¿x -an-/-ǀn-

Suf¿x -jan-/-jǀn-

Suf¿x -Ưn-

schwundstu¿gen Verbalwurzel, aber auch solche aus der Dehnstufe oder e-Stufe kommen vor.11 Die Suf¿xe -ja-/-jǀ- bilden im Idg. primäre Adj., Verbaladj. und Verbalabstrakta (Nomina agentis). Letztere sind meist Neutr. (ja-St.) oder Fem. (jǀ-St.). Darüber hinaus begegnen auch im Fries. eine Reihe sekundärer Ableitungen mit durchweg neutr. Genus, wie etwa Adjektiv- bzw. Substantivabstrakta sowie verschiedene Kollektiva mit dem Prä¿x ga-,12 das aber bereits bis auf wenige Relikte in vorliterarischer Zeit geschwunden ist. Der vor allem im Festl.-Nfr. zu beobachtende Genuswechsel Fem. ĺ Mask. ist jüngeren Datums. Neben persönlichen Substantivierungen von Adj., von Substantiva abgeleiteten Personenbezeichnungen sowie Nomina agentis aus Verbalwurzeln bilden die Suf¿xe -an (mask.) bzw. -ǀn- (fem.) primäre Verbal- und Wurzelabstrakta oder sekundäre Adjektivabstrakta. Letztere sind im Fries. wie vergleichsweise im Ae. und An. recht häu¿g. Genetisch gesehen sind diese Abstrakta wohl ursprüngliche a- bzw. ǀ-St., die mit dem n-Suf¿x erweitert worden sind.13 Bei den Adjektivabstrakta überwiegt das mask. Genus deutlich, doch hat es dort vor allem im Festl.-Nfr. vielfach einen sekundären Genuswechsel Fem. ĺ Mask. gegeben.14 Der Wechsel Fem. ĺ Neutr. ist im Ins.-Nfr. meist jüngeren Datums. Die Suf¿xe -jan-/-jǀn- gehen von den ja-/jǀ-St. aus bzw. von den jan-Verben, zu denen sie im gleichen Verhältnis stehen wie die Suf¿xe -an-/-ǀn- zu den a-/ǀ-St. bzw. thematischen Verben.15 Sie bilden mask. Personenbezeichnungen und Nomina agentis (jan-St.) sowie Motionsfemina, fem. Nomina agentis und Zugehörigkeitsbildungen (jǀn-St.). Daneben stehen auch im Fries. verschiedene fem. Verbalund Adjektivabstrakta.16 Das Suf¿x bildet in großer Anzahl fem. Eigenschaftsabstrakta, im Fries. vorzugsweise von einer adj. Basis. Es bewirkt in der Regel Umlaut. Derivationen von einer verbalen Basis sind dagegen wegen ihrer formalen und in-

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Kluge 1926: 60f., Krahe/Meid 1967: 65ff.

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Kluge 1926: 59f., Krahe/Meid 1967: 70ff. Kluge 1926: 57f. und 59, Krahe/Meid 1967: 90ff. Löfstedt 1968: 18ff. Krahe/Meid 1967: 96. Kluge 1926: 60, Krahe/Meid 1967: 97f.

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7

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Einleitung

haltlichen Nähe zu den Ưni-Stämmen öfter in diese übergetreten. Nicht selten stehen Ưn- und Ưni-Ableitungen nebeneinander, ohne daß ein Bedeutungsunterschied erkennbar wird.17 Suf¿x -niDas Suf¿x bildet im Idg. seit altersher Verbaladj. und deverbale fem. Subst., normalerweise aus der hochstu¿gen Wurzel. Im Germ. sind Derivationen dieser Art, in denen das Suf¿x unmittelbar an den Verbstamm tritt, selten;18 vgl. das folgende -Ưni-/-ǀni-. Suf¿x -Ưni-/-ǀniDas Suf¿x -ni- bildet im Frühgerm. fem. Verbalabstrakta zu den schwachen Verben Kl. 1-3, wobei das Suf¿x als -Ưni- an den jeweiligen Tempusstamm der Kl. 1 tritt, als -ǀni- an den der Kl. 2, im Fries. ganz überwiegend an jaVerben (Kl. 1), vereinzelt auch an ǀ-Verben (Kl. 2). Das Derivationsmodell ist insbesondere im Afr. recht produktiv geworden.19 Suf¿x -enga-/-engǀ- Das Suf¿x -enga- bildet im Fries. eine Reihe mask. Personen-, Tier- und Sachbezeichnungen, zumeist mit einer adj. oder subst. Basis. Die wichtigste Leistung des Suf¿xes liegt offenbar darin, ein menschliches bzw. tierisches Individuum oder etwas Dingliches, etwa einen Gegenstand oder Stoff, nach seinen charakteristischen Merkmalen gemäß seines Äußeren oder Verhaltens, seines sozialen Ranges oder Herkunft und Zugehörigkeit, bei Sachbezeichnungen auch bezüglich ihrer Form, Funktion oder Verwendungszweckes zu typisieren.20 Die fem. Form -engǀ- hingegen hat in allen fries. Mundarten in großer Anzahl Abstrakta erzeugt, anfänglich wohl auf nominaler, später fast aufschließlich auf der Grundlage schwacher Verben der 1. und mehr noch der 2. Klasse.21 Das Suf¿x -engǀ- variiert im West- und Nordgerm. mit -ungǀ-. Man hat diesen Wechsel zumindest bei den Verbalabstrakta dahingehend erklärt, daß -engǀ- offenbar ursprünglich der ja-Klasse, -ungǀ- dagegen der ǀ-Klasse

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Kluge 1926: 11f., Grunewald 1944: 1ff., Ahlsson 1960: 1ff., Henzen 1965: 170ff., Krahe/Meid 1967: 101ff. Kluge 1926: 111, Krahe/Meid 1967: 115f. Kluge 1926: 77f., Grunewald 1944: 128ff., Ahlsson 1960: 10ff., Krahe/Meid 1967: 117f. Kluge 1926: 11ff., Munske 1964: 79f., 127ff., Henzen 1965: 164ff., 179ff., Krahe/Meid 1967: 198ff., Marchand 1969: 303f., Koziol 1972: 195. Kluge 1926: 82f., Grunewald 1944: 55ff., Ahlsson 1960: 33ff., Munske 1964: 79f., 127ff., Krahe/Meid 1967: 209f., Löfstedt 1968: 26ff., Marchand 1969: 302f., Koziol 1972: 195f.

Einleitung

Suf¿x -lenga-

Suf¿x -kǀSuf¿x -(e)la-

22 23 24 25

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zugeordnet war.22 Im Fries. hat allerdings bereits zu afr. Zeiten – abgesehen von einigen Relikten – Ausgleich zugunsten der ing-Form stattgefunden.23 In den neufries. Mundarten ist, sofern sich das im einzelnen feststellen läßt, das fem. Genus größtenteils bewahrt geblieben. Der Übertritt zu den Neutra vollzog sich vor allem im Nfr. häu¿g dann, wenn das Abstraktum eine mehr kollektive Bedeutung angenommen hatte oder als Stoffnamen gebraucht wurde.24 Die in manchen nfr. Formen begegnende Suf¿xvariante -ning ist als dän.-jüt. Lehnsuf¿x anzusehen.25 Die Genese der Suf¿xvariante -lenga- vollzog sich allem Anschein nach in Analogie zu solchen Ableitungen, in denen das Suf¿x -enga- an eine Derivationsbasis trat, die ihrerseits bereits durch ein l-Suf¿x charakterisiert war und nun infolge falscher Ablösung als -lenga- eine wortbildende Funktion gewann. Es formt im Fries. Personen-, Tierund Sachbezeichnungen aus einer adj. oder subst., seltener aus einer verb. Wurzel. Die Wortbedeutung entspricht überwiegend der vergleichbarer Bildungen mit dem Suf¿x -enga-, doch fällt auf, daß bei -lenga- öfter eine affektische oder diminuierende, bei Personenbezeichnungen gelegentlich sogar pejorisierende Konnotation mitschwingt, indem hier die diminutivische Funktion des inkorporierten l-Suf¿xes (s.u.) durchblickt.26 Das ursprüngliche Genus dürfte durchgehend mask. gewesen sein, während das Neutr. einiger ins.-nfr. Belege gewiß auf einen sekundären Genuswechsel zurückzuführen ist, insbesondere in den Fällen, in denen ein Abstraktum einen kollektiven Sinn angenommen hatte oder als Stoffnamen gebraucht wurde. Das primär fem. k-Suf¿x bildet im Nfr. deadj. Abstrakta; das Ableitungsmodell ist offenbar dän. beeinÀußt.27 Das Suf¿x benennt im Fries. hauptsächlich Werkzeuge, Instrumente, Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände, mit oder ohne Bindevokal und zumeist von einer verba-

Weyhe 1910: 14ff. Ahlsson 1960: 34. Löfstedt 1968: 26. Zur Entstehung des spezi¿sch nord. Suf¿xes -ning und seiner Konkurrenz zu -ing vgl. Olson 1916: 441. Wilmanns 1899: 372, Kluge 1926: 11ff., Munske 1964: 8ff., ferner 30f., 69f., 133, Krahe/Meid 1967: 208f., Marchand 1969: 327ff., Koziol 1972: 201f., Fleischer/Barz 1992: 164f. Hofmann 1956: 102f.

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Einleitung

Suf¿x -esla(n)-

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len, selten von einer nominalen Derivationsbasis. Daneben begegnen, wenngleich in geringerer Anzahl, Personenbezeichnungen. In manchen dieser Ableitungen klingt eine diminutivische, affektivische Nebenbedeutung mit.28 Die Genese des schon vorgerm. Suf¿xes idg. -slo- vollzog sich ursprünglich vielleicht analog nach solchen Fällen, in denen ein l-Formans an ein s-Determinativ getreten war.29 Es bildet insbesondere im Nordseegerm. und Nord. zunächst neutr. Verbalabstrakta von ja-Verben, später jedoch auch von anderen Konjugationsklassen.30 Die schwachÀektierende Weiterbildung germ. -eslan- erzeugt im Afr. in der Regel mask. Verbalabstrakta, ganz überwiegend zu schwachen Verben; Ableitungen aus einer nominalen Basis sind vergleichsweise selten und haben zudem meist eine konkrete Bedeutung.31 Im Nfr., wo das Suf¿x in großer Anzahl sowohl Abstrakta als auch Konkreta aus einer verbalen, seltener nominalen Basis bildet, herrscht wie im Mnd. neutr. Genus vor, desgleichen in der ofr. Mundart von Wangerooge. Das Mask. vieler festl.-nfr. Belege dürfte dagegen mehrheitlich auf einen sekundären Genuswechsel zurückzuführen sein.32 Bereits im Afr. erscheint -eslan- entsprechend ae. -els, mnd. -else als -elsa- mit metathetischem -ls- < -sl-, das im Nfr. und Ofr. als -els(e) weiterlebt. Gemäß ihrer geographischen Verbreitung hat man diese metathetische Form als ein nordseegerm. Spezi¿kum angesehen.33 Daneben steht die auffällige Suf¿xvariante INF fa. -lis < -les < -eles < -els, die wahrscheinlich sekundär durch Dentalattraktion aus -els hervorging, anfänglich wohl nur in solchen Ableitungen, in denen die Derivationsbasis auf Dental endete, später trat -lis auch an andere Basen. Diese formale Aufspaltung hat überdies zu einer semantischen Differenzierung geführt, indem -els weitgehend zur Bildung von Stoffnamen diente, dagegen -lis mehr Gegenständliches

Kluge 1926: 47f., Henzen 1965: 155ff., Krahe/Meid 1967: 84ff., Marchand 1969: 324, Koziol 1972: 198f., Fleischer/Barz 1992: 150f., Schuhmacher 2003: 219ff. Wilmanns 1899: 271ff.; anders Kluge 1926: 52f., 74. Krahe/Meid 1967: 89f. Ahlsson 1960: 137ff.; vgl. ferner Grunewald 1944: 122ff., Löfstedt 1965-69: 23,29f. und ders. 1968: 22ff., Fleischer/Barz 1992: 168, 170. Löfstedt 1968: 18ff. Vgl. zuletzt van Bree 1997: 33.

Einleitung

Suf¿x -man-

Suf¿x -nassjǀ-

34 35 36 37 38 39 40

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bezeichnet, während Abstrakta – anders als im Afr. und Festl.-Nfr. – im Fa. nur noch vereinzelt vorkommen.34 Nicht wenige der neufries. Belege auf -els(e) erwecken den Eindruck, als seien sie Entlehnungen aus bzw. Lehnbildungen nach dem Mnd., im Nfr. auch aus dem Dän.-Jüt., wo das Suf¿x -else im übrigen ebenfalls aus dem Mnd. übernommen wurde.35 Andererseits sind im Festl.-Nfr. offenbar zahlreiche mask. Verbal- und Adjektivabstrakta mit dem Suf¿x -ens(e) < germ. -nassjǀ- (s.u.) in die Bildungen auf -els(e) aufgegangen.36 Dasselbe gilt für das Suf¿x INF fa. -eþ/-es bzw. -as < germ. -eþǀ- (s.u.) etlicher Adjektivabstrakta, das mittlerweile vollständig durch -els ersetzt worden ist.37 Die dritte Suf¿xvariante -sel, wie sie außer im Ins.-Nfr. und Ofr. vor allem im Wfr. – dort sogar ausschließlich – auftritt, zeigt keine Metathese. Sie gilt im Fries. gemeinhin als Entlehnung aus dem (M)nl. und Ofäl.,38 was in diesem Ausmaß gewiß nicht zutrifft, denn zumindest im Ins.-Nfr. und Ofr. sind eine Reihe Konkreta auf -sel, wie z.B. INF fa. taksel/saksel m. ‘Deichsel’, OFR wang. thiuksel m. ‘Queraxt’, als autochthone Bildungen mit dem bindevokallosen Suf¿x germ. -sla- anzusehen. Das schwachbeugende mask. Suf¿x ist vor allem im Afr. bei der Bildung deadj. Abstrakta und Konkreta produktiv geworden; analog und sekundär dazu begegnen auch einige deadj. Abstrakta.39 Bei den meisten der nwfr. Belege scheint es sich allerdings um relativ junge Neologismen zu handeln; bereits der wfr. Barockdichter Gysbert Japicx (1603-1666) bedient sich dieses Wortbildungsmodells zur Erzeugung derlei man-Substantiva.40 Das primär fem. Suf¿x -nassjǀ- (alternativ auch -nissjǀ-), eine n-Erweiterung des Suf¿xes -assu-, bildet im Fries. in großer Anzahl deverbale und in geringerem Umfang auch deadj. Abstrakta. Letztere begegnen im Nfr. – vor allem im Ins.-Nfr. – sogar ausschließlich; die schon in den afr. Quellen erscheinende Form -ens(e) ist entweder durch

Hoekstra 2002: 193ff. Löfstedt 1968: 23. Löfstedt 1968: 25. Vgl. zuletzt Hoekstra 2002: 199. Ahlsson 1960: 138, Hoekstra 2002: 193. Kluge 1926: 46f. und 81, Ahlsson 1960: 102f., Krahe/Meid 1967: 127f. Brouwer 1963: 251ff.

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Einleitung

Suf¿x -ti-/-tu-

Suf¿x -sti-

Suf¿x -eþǀ-

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42 43 44

45

Metathese des -n-, eher jedoch durch Synkope des tonlosen Suf¿xvokals in -nes(s)e > -ӽse > -ens(e) entstanden.41 In diversen festl.-nfr. Ableitungen ist das ursprüngliche Suf¿x -ens(e) durch das Suf¿x -els(e) < -esla(n)- (s.o.) ersetzt worden.42 Die Suf¿xe -ti- und -tu- bilden im Idg. Verbalabstrakta, wobei die ti-Bildungen infolge Suf¿xbetonung meist schwundstu¿gen Ablaut zeigen und fem. Genus haben, die tu-Bildungen dagegen meist hochstu¿g und mask. sind.43 Das sti-Suf¿x ist seinem Wesen nach ein verstärktes idg. ti-Suf¿x, indem im Germ. vor allem zwischen konsonantisch auslautenden Wurzeln und dem t-Suf¿x ein -s- als fugenmarkierender Konsonant eingeschoben wurde. Primär ging diese Bildungsweise offenbar bevorzugt von Wurzeln mit auslautendem dentalen Verschlußlaut aus, übertrug sich im weiteren aber auch auf solche mit einem anderen Wurzelauslaut.44 Das Suf¿x -eþǀ- bildet im Fries. zahlreiche denominale Abstrakta mit ursprünglich fem. Genus, darunter mehrheitlich solche mit einer adj. Basis. Gegenüber den Abstrakta auf -Ưn-, die einen allgemeinen Zustand bezeichnen, haben die Bildungen auf -eþǀ- einen eher konkreten Sinn. Das Derivationsmodell scheint auch im Fries. noch lange produktiv gewesen zu sein.45 In allen fries. Mundarten begegnen nicht wenige Ableitungen mit dem mnd./ mnl. Lehnsuf¿x -de/-te, wie überhaupt etliche Belege den Eindruck erwecken, als seien sie Lehnbildungen nach einer entsprechenden mnd. oder mnl. Vorlage, während etwa die bodenständige INF fa. Suf¿xform -eþ/-es bzw. -as < ains.-nfr. *-eþe nurmehr selten vorkommt und zudem in der jüngsten Vergangenheit ganz überwiegend durch das frequentere Suf¿x -els < germ. -eslan- (s.o.) ersetzt worden ist.

Kluge 1926: 72, Grunewald 1944: 34ff., Gosses 1950: 133ff., Fokkema 1957: 194ff., Ahlsson 1960: 108ff., Henzen 1965: 176ff., Krahe/Meid 1967: 159ff., Löfstedt 1968: 25f., Marchand 1969: 334ff., Koziol 1972: 203f., Fleischer/Barz 1992: 165 ff. Löfstedt 1968: 25. Kluge 1926: 66ff., 69f., Meid 1965: 291ff., Krahe/Meid 1967: 151ff., 157ff. Kluge 1926: 68f., Krahe 1949: 225ff., Meid 1964: 218ff., Meid 1965: 291ff., Krahe/Meid 1967: 163ff. Kluge 1926: 64f., Grunewald 1944: 12ff., Ahlsson 1960: 125ff., Henzen 1965: 173ff., Krahe/ Meid 1967: 145ff., Marchand 1969: 349, Koziol 1972: 208.

Einleitung

Suf¿x -ǀþu-/-ǀduSuf¿x -dǀma-

Suf¿x -haidu-

Suf¿x -skapi-

46 47

48

49

13

Das Suf¿x -ǀþu-, das aufgrund schwankender Betonung auch als -ǀdu- erscheint, bildet im Fries. ursprünglich mask. Abstrakta zu schwachen Verben 2.Kl. auf -ǀjan.46 Das aus germ. *dǀma- m. ‘Setzung, Zustand’ erwachsene „Halbsuf¿x“ tritt im Fries. ganz überwiegend an Adj., die eine persönliche Eigenschaft oder soziale Stellung ausdrücken. Das Derivationsmodell zur Bildung derlei Adjektivabstrakta mit ursprünglich mask. Genus ist im Afr. wie im Mnd. oder Mnl. nur schwach produktiv geworden,47 und auch in den neufries. Mundarten sind die Belege dünn gesät. Das aus germ. *haidu- m. ‘Art und Weise’ erwachsene „Halbsuf¿x“ bildet im Fries. in großer Anzahl Adjektivabstrakta, zumeist mit fem. Genus und modaler Bedeutung. Das Suf¿x tritt dabei entweder unmittelbar an das adj. Grundwort oder aber – und zwar keineswegs selten – an eine mit dem Suf¿x -iga- erweiterte Basis, wobei auffällt, daß die ig-Erweiterung außerhalb einer solchen Derivation als selbständiges Adj. vielfach gar nicht vorkommt.48 Zumindest in INF -haid, -hair, FNF -haid, -häid und vermutlich ebenso in OFR sat. -igaid liegt mnd. Lehnlautung vor. Das Verbalabstraktum germ. *skapi- m. ‘Art und Weise’ (zu germ. *skapja- stv.VI ‘schaffen’) ist lediglich im Westund Nordgerm. produktiv geworden. Dieses „Halbsuf¿x“ bildet im Fries. denominale Abstrakta, die eine Tätigkeit, einen Zustand, ein Verhalten oder Verhältnis ausdrücken, öfter auch mit kollektiver Konnotation. Die Derivationsbasis ist ganz überwiegend ein Substantiv, selten ein Adj. Bildungen mit eindeutig abstrakter Bedeutung haben im Fries. ursprünglich meist fem. Genus, während die mit einer mehr konkreten oder kollektiven Bedeutung für gewöhnlich Neutra sind. Der Endvokal in germ. *skapi- hat Umlaut bewirkt, demnach also: *skapi- > *-skepi > PFR *-skipi mit regressiver Vokalassimilation.49

Kluge 1926: 70, Ahlsson 1960: 142ff., Krahe/Meid 1967: 157ff. Kluge 1926: 85f., Grunewald 1944: 197ff., Ahlsson 1960: 222ff., Krahe/Meid 1967: 219f., Marchand 1969: 262ff., Koziol 1972: 184f., Fleischer/Barz 1992: 171. Öhmann 1921-22: 13ff., Kluge 1926: 85, Grunewald 1944: 134ff., Ahlsson 1960: 166ff., Henzen 1965: 188ff., Krahe/Meid 1967: 220f., Marchand 1992: 293f., Koziol 1972: 193, Fleischer/Barz 1992: 158ff. Kluge 1926: 86, Grunewald 1944: 180ff., Ahlsson 1960: 200ff., Henzen 1965: 190f., Krahe/ Meid 1967: 221., Marchand 1969: 345f., Koziol 1972: 205.

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Einleitung

2.3.3. Verba Suf¿x -ja-

Suf¿x -ǀja-

Suf¿x -ƣ-

50 51 52 53

Das Suf¿x -ja- bildet zunächst deverbale Kausativa und Intensiv-Iterativa von starken Verben, überwiegend aus der o-Stufe, seltener aus der e- oder Schwundstufe, sodann Faktitiva zu Adj. Ein von einem Verbaladj. abgeleitetes Faktitivum kann dabei nicht immer mit Sicherheit von dem Kausativum eines starken Verbs unterschieden werden. Ferner erfolgt die Derivation von Adj., die eine Eigenschaft des verbalen Subjekts bezeichnen, schließlich auch von Subst., zumeist mit dem Sinn der Objektverwirklichung und somit den Faktitiven ähnlich.50 Das Suf¿x bewirkt im Fries. in aller Regel Umlaut und Gemination des Stammkonsonanten, in Teilen des Fries. auch Assibilierung des stammauslautenden -g-/-k- > -ds-/-tz-.51 Im Nordseegerm. endeten die schwachen Verba 2.Kl. einst durchgehend auf -ǀja-, statt auf -ǀ- wie vergleichsweise im As., Ahd. und Anl. Ableitungen mit dem Suf¿x -ǀja- erfolgten ursprünglich wohl von einem ǀ-stämmigen Subst.; später trat -ǀja- durch falsche Ablösung ebenfalls an andere subst. Stämme sowie an adj. Wurzeln, auch im Fries. häu¿g an eine adj. Derivationsbasis auf -iga-.52 Daneben stehen deverbale Ableitungen mit überwiegend intensiver oder iterativer Bedeutung, zunächst anscheinend aus der Schwundstufe des jeweils zugrundeliegenden starken Verbs, an die idg. -Ɨ- als Wurzelerweiterung trat. Analog dazu begegnen ebenso e- und dehnstu¿ge Bildungen. Viele der schwundstu¿gen ǀja-Verben zeigen im Westgerm. expressive Konsonantengemination, teilweise einhergehend mit Verschärfung des konsonantischen Wurzelauslauts: z.B. -b- > -pp-, -d- > -tt-, -g- > -kk- usw.;53 zu den iterativen l- bzw. r-Erweiterungen -lǀja- und -rǀja- s.u. Im Nordseegerm. sind die schwachbeugenden ƣ-Verben der 3. Kl., denen – sofern es dabei um denominale Bildungen geht – meist ein inchoativer Sinn eigen ist, mehrheitlich mit den ǀja-Verben der 2. Kl. zusammengefallen. Bei

Krahe/Meid 1967: 246ff.; vgl. ferner Bammesberger 1986a: 84f. Jacobs 1900: 133ff. Hoekstra 1993: 1ff. Krahe/Meid 1967: 238ff.; vgl. ferner Jacobs 1900: 185f., Bammesberger 1986a: 84.; zur expressiven Gemination siehe Lühr 1988: 75ff.

Einleitung

Suf¿x -nǀ-

Suf¿x -lǀja-

Suf¿x -rǀja-

54 55 56 57

15

ǀja-Verben mit einer inchoativen Konnotation dürfte es sich deshalb um ursprüngliche ƣ-Verben handeln.54 Das Suf¿x -nǀ- bildet im Germ. schwache Verben der 4. Kl., die im Fries. nach dem Paradigma der schwachen Verben 2.Kl. konjugieren. Ableitungen dieser Art bezeichnen für gewöhnlich den Übergang in einen Zustand und stehen oft im Sinne eines unpersönlichen Passivs. Derivationen von einer Verbalwurzel zeigen gegenüber dem zugrundeliegenden starken Verb bevorzugt schwundstu¿gen Ablaut.55 Mit dem Suf¿x -lǀ- werden überwiegend Iterativa gebildet, die gegenüber einer verbalen Derivationsbasis als Diminutiva gelten können. Bei Ableitungen von starken Verben herrscht die o- oder Schwundstufe vor. In Form und Funktion ist das Suf¿x von entsprechenden subst. oder adj. l-Bildungen (s.o.) abstrahiert. Die meisten Verba auf -lǀja- sind im Fries. jedoch Modi¿kationen schwacher Verben.56 Das r-Suf¿x dient ebenfalls zur Bildung von Iterativa, häu¿g in der Bedeutung einer sich ständig wiederholenden Bewegung. Offenbar wurde das verbale Suf¿x -rǀja- auch im Fries. einst aus solchen denominalen Ableitungen herausgelöst, in denen die subst. oder adj. Derivationsbasis bereits ein r-Suf¿x enthielt: vgl. etwa fa. hongre swv.2 ‘hungern’ zu afr. hunger m. < germ. *hungru- m. ‘Hunger’ oder nhd. lungern swv.2 ‘sich dem Müßiggang hingeben’ zu ahd. lungar adj. ‘schnell’ < germ. *lung(w)ra- ‘schnell, kräftig’ (Hm 388f.). Liegt der betreffenden Ableitung eine Verbalwurzel zugrunde, ist diese wie bei den l-Verben (s.o.) meist o- oder schwundstu¿g.57

Hm 35; vgl. ferner Jacobs 238f. und Krahe/Meid 1967: 249f. Krahe/Meid 1967: 252ff. Krahe/Meid 1967: 263f., Fleischer/Barz 1992: 310. Krahe/Meid 1967: 264, Fleischer/Barz 1992: 309f.

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Einleitung

2.4. Beleglage (Bel) Im Vergleich zum Ae. oder As. ist das Afr. relativ spät und – von der Beleglage her gesehen – ungleich lückenhafter überliefert, wozu nicht zuletzt auch der Umstand beiträgt, daß sich die afr. Quellen ganz überwiegend aus hoch- und spätmittelalterlichen Rechtshandschriften und (privat)rechtlichen Urkunden zusammensetzen, deren formelhafter und zudem oft minimalistisch vorgetragener fachsprachlicher Inhalt das seinerzeit gesprochene Afr. nur sehr einseitig wiedergeben dürfte. Aus der Perspektive der Wortgeographie entsteht daher, etwa bei der Darstellung des germ. Elementarwortschatzes oder eines Teiles davon, leicht ein verzerrtes Bild, indem sich das Fries. nämlich nur scheinbar aus bestimmten lexikalischen bzw. lexikologischen Vorgängen ausklinkt. Berücksichtigt man dagegen zusätzlich zu den afr. Quellen die sehr komplexe Lexik der neufries. Mundarten, ändert sich die Sachlage oft grundlegend. Manche der angeblichen Sonderwörter des Englischen (E) entpuppten sich als anglo-fries. (F, E) oder gar nordseegerm. Bildungen (F, E, S, N), und viele Belege, die bislang lediglich im deutschen Sprachgebiet (S, D) nachgewiesen werden konnten, sind unter Hinzuziehung der entsprechenden neufries. Formen in Wirklichkeit als kontinentalwestgerm. Entwicklungen (F, S, D) anzusehen. Vergleichbar handelt es sich bei einigen als exklusiv nord. (W/O) geltende Wortbildungen nicht selten um fries.-nord. (F, W/O) oder nordseegerm.-nord. Gemeinsamkeiten (F, E, S, W/O) usw.58 Diesen wortgeographischen Zuordnungen und den damit verbundenen Korrekturen bisheriger Einteilungen trägt der Abschnitt „Bel“ Rechnung. 2.5. Germanisch (Germ) Da Heidermanns die Verankerung des jeweiligen Adj. im germ. Lexikon für gewöhnlich sehr gründlich darlegt, konzentriert sich der Abschnitt „Germ“ im wesentlichen auf die Beschreibung der zum Teil recht dif¿zilen und differenzierten Lautentwicklungen des Afr. und mehr noch der neufries. Mundarten bzw. Mundartgruppen. Lediglich dann, wenn die fries. Belege und/oder die weiterer nordseegerm. Sprachen eine andere Herleitung aus dem Germ. nahelegen als die von Heidermanns vorgeschlagene, wird dieser alternative Ansatz ausführlicher diskutiert und begründet. Die kleinräumige Verwendung des Fries., insbesondere der heutigen fries. Dialekte, hat von jeher zu vielfältigen und vielschichtigen (m)nd. und (m)nl., im Nfr. auch dän.-jüt. Interferenzerscheinungen geführt.59 Diesen Lehnwörtern ist ein breiter Raum zugemessen worden, um auf diese Weise autochthon fries. Bil58 59

Vgl. dazu etwa die umfangreichen wortgeographischen Untersuchungen von Löfstedt 1965-69. Zu den Interferenzen in den nfr. und wfr. Mundarten vgl. zusammenfassend jeweils Århammar 2001: 313ff. und Breuker 2001: 123ff.

Einleitung

17

dungen von älteren und jüngeren Entlehnungen oder Lehnbildungen zu scheiden, was sich im einzelnen als schwierig erweisen kann, wenn etwa eine Reihe altertümlicher Reliktwörter in der Randlage des Ins.-Nfr. dank einer lexikalischen Stützung60 durch das benachbarte Dän. erhalten blieben, während sie in den übrigen westgerm. Sprachen meist früh verschwunden sind, oder wenn bestimmte Lautentwicklungen des Fries. und (M)nd./(M)nl. parallel verliefen, so daß in diesen Fällen eine sichere Trennung aus formalen Gründen kaum erfolgen kann. 2.6. Indogermanisch (Idg) Der Abschnitt „Idg“ erscheint nur dann, wenn dadurch die Ausführungen Heidermanns essentiell ergänzt werden oder eine Darstellung der idg. Wortbildungvorgänge zur Klärung der Verhältnisse in den germ. Einzelsprachen Wesentliches beiträgt. Die für das Idg. angenommenen drei Laryngale werden einheitlich mit -Ωbezeichnet, die entsprechenden Hochstufenvokale durch -Ɲ-, -Ɨ- und -ǀ-. Die Notation folgt im übrigen ganz überwiegend der von Pokorny (IEW 1959) benutzten. 2.7. Literatur (Lit) Unter der Rubrik „Lit“ werden vorzugsweise jene Einzelveröffentlichungen und Artikel mit Namen, Jahr und in der Regel auch mit Seitenangabe aufgeführt, die sich speziell mit dem betreffenden fries. Adj. und/oder dem verwandter Sprachen befassen. Inwieweit der Autor sich den Etymologien der zitierten Abhandlungen anschließt, ist den Darlegungen in den Abschnitten „Germ“ und „Idg“ zu entnehmen. Die Anordnung der Literaturhinweise geschieht chronologisch.

60

Zu dem Begriff der „lexikalischen Stützung“ im Ins.-Nfr. vgl. Århammar 1966: 309f. und ders. 2001: 316

SYSTEMATISCHER TEIL Nachstehend werden alle im Wörterbuch behandelten Adj. gemäß ihrer Wortbildung aufgelistet. Die Gliederung hält sich dabei an die von Heidermanns (Hm 28) de¿nierten sechs Adjektivtypen: P *V V R S *D D *K K

Primäradjektiv, das sich weder aus dem Inventar des german. Lexikons herleiten läßt noch sich im Idg. als Sekundärbildung zu erkennen gibt: langa- I ‘lang’, swarta- ‘schwarz’ Ursprüngliches Verbaladjektiv, das infolge semantischer Verschiebungen oder durch den Untergang des zugrundeliegenden Verbs seinen verbalen Bezug im Germ. verloren hat: arga- ‘unzüchtig’, leuba- ‘geliebt’ Verbaladjektiv neben einem starken oder primär schwachen Verb des Germ.: skarpa- ‘zusammengeschrumpft, rauh’, waikwa- ‘weich’ Adj., das durch Rückbildung bzw. durch retrograde Ableitung aus einem schwachen Verb hervorgegangen ist: krunja- ‘klagend, murrend’, stellja‘still’ Adj., das aus einem Substantiv in prädikativer Stellung oder als Erstglied eines Kompositums erwachsen ist: hula- ‘hohl’, skurfa- ‘schor¿g’ Im Germ. autonomes Adj., das durch Derivation aus einem idg. Subst. oder Adv. erwachsen ist: Àugja- ‘Àügge’, medja- ‘in der Mitte be¿ndlich’ Adj., das durch Derivation aus einem germ. Subst. oder Adv. erwachsen ist, sich aber semantisch verselbständigt hat: aþalja- ‘angestammt’, liþuga- ‘ledig, frei’ Im Germ. autonomes Adj., das im Idg. Teil eines exozentrischen Kompositums (BahuvrƯhiadj.) war: maini- ‘(gemein)’ Adj., das als Primärbildung erscheint, ursprünglich aber Teil eines germ. exozentrischen Kompositums (BahuvrƯhiadj.) war: -meta- ‘gemäß, passend’, -handja- ‘was bei der Hand ist’

Die Adj. sind zunächst angeordnet nach den Suf¿xen der Adj. in den Kategorien P V D K, sodann nach den zugrundeliegenden Derivationsbasen in den Kategorien R und S. Daneben dient auch der Wurzelablaut zur weiteren Klassi¿zierung. Adj., deren Wortbildung mehrdeutig ist, sind durch ein vorangestelltes Fragezeichen markiert und erscheinen entsprechend ihren alternativen Zuordnungen

20

Systematischer Teil

an mehreren Stellen des systematischen Teils. In der Kopfzeile eines Wortartikels wird auf den/die betreffenden Paragraphen verwiesen. Die in den Abkürzungen de¿nierten Sprachsiglen in der Reihenfolge F E S N D W O G geben die Beleglage eines Adj. wieder. Großbuchstaben zeigen dabei an, daß es als Simplex, Kleinbuchstaben, daß es lediglich in einer Ableitung bezeugt ist. Fettdruck gibt an, daß der Beleg bei Heidermanns fehlt.

1. Primäradjektiva Heidermanns, dessen Untersuchungen zu seinem Etymologischen Wörterbuch der germanischen Primäradjektive konzeptionell auf die besondere Klasse der Primäradj. ausgerichtet sind, mangelt es keineswegs an der Einsicht, daß der Begriff „Primarität“ relativ ist und sich durchaus nicht als eine konstante, allgemeingültige Größe in den Wortbildungsprozessen des Germ. und mehr noch denen seiner Einzelsprachen de¿nieren läßt. Für Heidermanns ist ein Adj. dann morphologisch primär, „wenn es seiner äußeren Form nach lediglich in eine synchron nicht weiter segmentierbare Wurzel und ein Stammbildungselement zerfällt, ohne Rücksicht darauf, ob es innerhalb der Sprache isoliert oder mit anderen Lexemen assoziiert ist. Damit fallen im Prinzip solche Adj. heraus, deren Ableitungsgrundlage bereits formativ charakterisiert, also selbst abgeleitet ist.“1 Gleichwohl dürften bei den nachstehend angeführten Bildungen nur zum Teil echte Primäradj. vorliegen. Vielmehr erwecken nicht wenige von ihnen den Eindruck, als handele es sich dabei in Wirklichkeit um ursprüngliche Verbaladj., in denen der verbale Bezug nicht mehr oder nurmehr versteckt zutage tritt. Primäradjektiva mit dem Suf¿x -a§ 1.

1. Die Wurzel enthält idg. -e-:

demmadenkwadeupagreisagremmahweitareibarengwa? seidaskelha1

Hm 27.

‘dunkel’ ‘dunkel’ ‘tief’ ‘grau’ ‘grimmig, zornig’ ‘weiß’ ‘befriedigend’ ‘leicht’ ‘sich lang hinziehend’ ‘schief, schielend’

F F F F F F F F F F

E E E E E E E

S S S S S S S S

N N N N N N N N

D D D D D D D

W W W W W W W -

O O O O O O O -

G G G -

idg. ? idg. *dhengԥidg. *dheubidg. *ghrƝ-iidg. *ghremidg. *âk ԥeididg. ? idg. *rengԥhidg. ? idg. *skel-

21

Primäradjektiva skewwasnella*steupa- I þerba-

§ 2. ? bausablankablasablautablauþabraidafaita? -faldafarwafawagrannahaldahaltahalþahauhaklamakrausalaiþalanga- I mallasmanþastramba? swakaswartataltatartawanna-

§ 3. haitaskaibawraikwa-

§ 4. dumba? gladahulþakrumba-

‘widerwillig, scheu’ ‘sich rasch bewegend’ ‘verwaist’ ‘fade’

F F F F

E E E

S S S

N N N N

D D D

W W W W

O O O O

-

idg. ? idg. ? idg. ? idg. *terp-

S S S S S S S S S S S S s S S n S S S S S S S s -

N N N N N N N N N N N N N N N N N N N N -

D D D D D D D D D D D D D D d D D D D D D -

W W W W W W W W W W W W w W W W W

O O O O O O O O O O O O O O -

g G G G G g G G -

idg. *bheuidg. ? idg. *bhelidg. *bhleuidg. *bhleuidg. ? idg. *peiΩidg. *pelidg. *per-ԥidg. *pΩuidg. ? idg. *âk ol-tvorgerm. *koldidg. *âk ol-tidg. *kou-k- ? idg. *glemidg. *gr-eu-s- ? idg. *leitidg. *dhlongidg. ? idg. ? idg. *steridg. ? idg. *sԥerdidg. *delidg. ? idg. ?

2. Die Wurzel enthält idg. -o-: ‘aufgeblasen’ ‘schwach glänzend’ ‘mit weißem Fleck’ ‘weich, nackt’ ‘schwach’ ‘breit’ ‘fett’ ‘-fach, -fältig’ ‘nicht trächtig’ ‘gering an Anzahl’ ‘dünn, schmal’ ‘zugeneigt’ ‘fußlahm’ ‘geneigt’ ‘hoch’ ‘zusammenhaltend’ ‘auserlesen’ ‘unwillig; verhaßt’ ‘lang’ ‘töricht’ ‘weich, sanft’ ‘stramm, steif’ ‘schwankend’ ‘schwarz’ ‘schwankend’ ‘zart, zärtlich’ ‘schwärzlich’

F F F F F F F F F F F F F F F F F F F F F F F F F f F

e E E E e E E E E E E E E E E e E E E E

3. Die Wurzel enthält idg. -a-: ‘heiß’ ‘schief’ ‘krumm’

F E S F E S F - -

N D W O - idg. *kaiN D W O - idg. *skai-bh- - - o G idg. *ԥraigԥ-o-

4. Die Wurzel zeigt Schwundstufe: ‘stumm, dumm’ ‘(glatt)’ ‘geneigt, zugetan’ ‘krumm’

F F F F

E E E E

S S S S

N N N N

D D D D

W W W -

O O O -

G G -

idg. *dheubhidg. *ghlΩdhidg. *kelidg. *greup-

22 kwiwamurwaskurtastultastummastumpa-

§ 5. rǀta-

§ 6. smƣha-

§ 7. hlnjkakrnjsa? -lƯkarnjhastrnjbastnjba-

§ 8. lƝ2balƝ2pa-

Systematischer Teil ‘lebendig’ ‘zart, fein’ ‘kurz’ ‘hochmütig’ ‘stumm’ ‘verstümmelt’

F F f F F F

E E -

S S s S S S

N N n N N N

D D D D D D

W w -

O o -

-

D w -

G -

idg. *gԥiԥoidg. *mer-ԥ- ? idg. *sker-didg. ? idg. ? idg. ?

-

idg. *rǀ/Ɨd-

5. Die Wurzel enthält germ. -ǀ-: ‘fröhlich’

f

E -

6. Die Wurzel enthält germ. -ƣ-: ‘klein, gering’

F E S

N D W O -

idg. *smƝ(i)k-

7. Die Wurzel enthält germ. -Ư-/-nj- unklarer Herkunft: ‘lau’ ‘kraus’ ‘(ähnlich)’ ‘rauh’ ‘rauh, struppig’ ‘stumpf’

F F F F F F

E E E -

S S S S S S

n N N N N -

D D D D -

w W w w

O o

G -

idg. *âk leu-gidg. *gr-eu-sidg. ? idg. *reu- ? idg. *streu-pidg. *steup-

-

-

-

idg. *lƝi-bh-? idg. *lƝi-bh-?

8. Die Wurzel enthält germ. -Ɲ2-: ‘gebrechlich’ F E S ‘krumm; gebrechlich’ F - S

- N -

Primäradjektiva mit dem Suf¿x -uDas Suf¿x -u- bildet im Idg. vornehmlich primäre Adj. und Subst. aus einer verbalen Wurzel. Auch für das hier angeführte germ. *þeku- sowie für das ohnehin als u-Stamm unsichere *tanhu- dürfte eine verbale Grundlage anzunehmen sein, obwohl die weiteren Zusammenhänge dabei nicht deutlich werden. Das gilt im übrigen ebenso für die anderen von Heidermanns (Hm 43) genannten Beispiele. Wie bei den u-stämmigen Verbaladj. ist die ursprüngliche u-Flexion teils in die ja-, teils in die a-Flexion übergetreten. Im Falle von *tanhu- ‘zäh’ stehen in F fa. tuch und synonymem tai ‘zäh’ beide Flexionsweisen sogar nebeneinander. Näheres unter den u-stämmigen Verbaladj. (§§ 47ff.). § 9. þeku*-

§ 10. tanhu*? bausu-

1. Die Wurzel enthält idg. -e-: ‘dick’

F E S

N D W O -

idg. *teg-

N D w o N D W -

idg. ? idg. *bheu-

2. Die Wurzel enthält idg. -o-: ‘festhaltend, zäh’ ‘aufgeblasen’

F F

E S - S

-

23

Primäradjektiva

Primäradjektiva mit dem Suf¿x -waPrimäradj. mit dem Suf¿x -wa- gehen offenbar von den u-Stämmen aus, bei denen thematische Ableitungen erfolgt sind. Bei vielen dieser Bildungen handelt es sich, wie vergleichsweise im Lat., Balt. oder Slav., um Farbbezeichnungen.2 Andere Adj. auf -wa- sind, wie beispielsweise germ. *frawa-, von (Orts)adv. abgeleitet (vgl. § 103), thematische Bildungen zu primären Wurzelerweiterungen auf -u- wie offenbar in germ. *farwa- (§ 2) und *murwa- (vgl. § 4) oder denominale Ableitungen von u-Stämmen, so etwa in germ. *salwa- (vgl. § 98). § 11. blƣwagelwagrƣwa-

§ 12. ? balwafalwakalwa-

§ 13. harwa-

§ 14. blƯwa-

1. Die Wurzel ist e-stu¿g: ‘dunkelblau’ ‘gelb’ ‘grau’

F E S F E S F E S

N D W O N D - - N D W O -

idg. *bhlƝ-ԥoidg. *ghel-ԥoidg. *ghrƝ-ԥo-

- D w N D W N D - -

g -

idg. *bhol-/ƣhuelo idg. *pelidg. *gol-

s

N D w -

-

idg. *kar- ?

S

n

-

idg. *bhlƯ-ԥo-

2. Die Wurzel enthält idg. -o-: ‘quälend’ ‘fahl’ ‘kahl’

F E S F E S F E s

3. Die Wurzel enthält idg. -a-: ‘herb’

f

e

4. Die Wurzel enthält idg. -Ư-: ‘farbig; schön’

F e

d

w o

Primäradjektiva mit dem Suf¿x -laBildungen mit dem Suf¿x idg. -lo- in bindevokalloser Fügung des Suf¿xes an eine offene Wurzel begegnen im Germ. nur wenige. Ganz überwiegend handelt es sich dabei um ursprüngliche Verbaladj. Für germ. *haila- ist eine solche verbale Basis nicht in Sicht, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß der verbale Bezug durch semantische Verschiebungen oder den frühen Untergang des betreffenden Verbes verschüttet sein kann und demnach auch für *haila- der Ansatz eines ursprünglichen Verbaladj. nicht vorderhand auszuschließen ist. Für germ. *Ưd(a)la- liegt eine sekundäre Wortbildung nahe. Das Adj. wird lediglich seiner undurchsichtigen Wortbildungsstruktur wegen hier eingeordnet. Näheres zu den adj. la-Stämmen unter den Verbaladj. (vgl. § 52).

2

Krahe/Meid 1967: 74f., Bammesberger 1990: 243.

24

§ 15. haila? Ưd(a)la-

Systematischer Teil

Die Wurzel erscheint in verschiedenen Ablautstufen: ‘heil, gesund’ ‘wirkungslos’

F F

E S E S

N D W O G idg. ? N D - - - idg. ?

Primäradjektiva mit dem Suf¿x -raDas Suf¿x -ro- bildet im Idg. ganz überwiegend primäre Adj. zu Verbalwurzeln. Diese sind im Germ. in beträchtlicher Anzahl überliefert. Bei einigen dieser ra-stämmigen Adj. wird die verbale Basis nicht deutlich, da eine sichere Anknüpfung an eine entsprechende Verbalwurzel nicht gegeben ist bzw. allenfalls durch andere Ableitungen angenommen werden kann. Gleichwohl dürfte es sich auch in diesen Fällen mehrheitlich um ursprüngliche Verbaladj. handeln. Näheres zu den Verbaladj. mit r-Suf¿x s.u. (§§ 58ff.), zu den denominalen Derivationen mit r-Suf¿x s. § 105. § 16. ƣdra-

§ 17. haidrahaira-

§ 18. saira-

§ 19. kwiwramagra-

1. Die Wurzel ist e-stu¿g: ‘rasch’

F E S

N D W o

-

idg. ?

- D - N D W -

-

idg. *âk eitidg. *âk ei-

2. Die Wurzel enthält idg. -o-: ‘heiter, klar’ ‘grau(haarig)’

F E S F E S

3. Die Wurzel enthält idg. -a-: ‘schmerzlich’

F

E S

N D W O g

idg. *sai-

- - - - N D W O -

idg. *gԥiԥoidg. *mƗâk -

4. Die Wurzel ist schwundstu¿g: ‘lebendig’ ‘mager’

F e S F E S

Primäradjektiva mit dem Suf¿x -naPrimäradj. mit dem Suf¿x idg. -no- in bindevokalloser Fügung an eine nichtverbale Wurzel erscheinen im Germ. in einigen wenigen Bildungen, vorzugsweise in Farbadj. Näheres zu den adj. na-Stämmen unter den Verbaladj. (vgl. §§ 66ff., 80). § 20. brnjna-

Die Wurzel enthält idg. -nj-: ‘braun’

F

E S

N D W O -

idg. *bhrnj-

25

Verbaladjektiva

Primäradjektiva mit dem Suf¿x -tDas Suf¿x idg. -t- bildet im Idg. vorzugsweise Verbaladj. (vgl. §§ 72, 81ff.) sowie in einigen Fällen auch denominale Derivationen (vgl. § 106). Eine Bildung mit Mittelvokal und ohne erkennbaren verbalen Bezug liegt vor in germ. *nakwad-. § 21.

Das einzige hierhergehörige Adj. endet auf dem Suf¿x idg. -ot-:

nakwad-

‘nackt’

F

E S

N D W O G idg. *ne/ogԥ-ot-

Suppletive Komparation Wie in den meisten idg. Sprachen bilden auch im Germ. zahlreiche Adj. aus den Bedeutungsbereichen ‘groß’ – ‘klein’, ‘gut’ – ‘schlecht’, ‘viel’ – ‘wenig’ ihren Komparativ (-izan-) und Superlativ (-ista-) suppletiv. Steigerungsformen solcherart sind fast durchgehend als Primärbildungen anzusehen.3 Eine weitere ursprüngliche – wenngleich nicht suppletive – Steigerung mit doppeltem Komparationssuf¿x liegt vor in germ. *wenistra- ‘link’. § 22.

Suppletive Komparation begegnet im Fries. in folgenden Fällen:

batizanhaldizanlaizizanmaizanminwizanwerzizan-

§ 23. wenistra-

‘besser’ ‘eher, lieber’ ‘weniger’ ‘mehr’ ‘kleiner’ ‘schlechter’

F F F F F F

E E E E

S S S S S S

N N N N N

D D D D D

W W W W W

O O O O O

G G G G G

idg. ? idg. *âk ol-tidg. ? idg. *mǀ-/meidg. *minuidg. *uers-

o

Außerhalb der suppletiven Komparation steht: ‘link’

F E S

-

D W O -

idg. *ԥen-is-tro-

2. Verbaladjektiva Unter dem Begriff Verbaladjektiv sind in diesem Abschnitt sowohl ursprüngliche, aus dem Idg. ererbte Verbaladj. (*V) mit oftmals partizipialem Charakter zu verstehen, die infolge von semantischen Verschiebungen oder dadurch, daß das zugrundeliegende Verb untergegangen ist, ihren verbalen Bezug im Germ. vielfach verloren haben, als auch Adj. (V), die auf unterschiedlicher Ablautstufe neben starken germ. Verben oder neben germ. Primärverben stehen. Die Übergänge der Klasse V zu *V, aber auch *V zu P sind Àießend. Eine genaue Zuordnung ist daher in mehreren Fällen problematisch, wenn nicht gar unmöglich. 3

Krahe/Meid 1969: 84f., Bammesberger 1990: 235.

26

Systematischer Teil

2.1. Bildungen außerhalb des Verbalparadigmas Die Adj. dieser Kategorie sind – im Gegensatz zu der in 2.2. dargestellten – nicht aus ehemals paradigmatischen (partizipialen) Bildungen hervorgegangen. Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -a1. -a-Adj. neben starken Verben mit diphthongischer Wurzel. § 24. Die Wurzel steht in der e-Stufe (=Präsensstamm); in der II. Ablautreihe begegnet auch -u-. I. Ablautreihe: a) zu germ. starken Verben: ? bleikareipawreiha-

‘scheinend; sichtbar’ ‘reif’ ‘verdreht’

F - F E S F E S

- - N D N - -

-

-

bleika- ‘scheinen’ reipa- ‘ernten’ wreiha- ‘winden’

F E S F E S

N D - N D w o

- *steip- ‘festdrücken’ G *ueik- ‘aussondern’

F F F F F F

N N N

G G -

b) zu idg. Primärverben: steifaweiha-

‘steif’ ‘heilig’

o

II. Ablautreihe: c) zu germ. starken Verben: dreugaleutaseukasteupa- II slnjkasmnjga-

‘festhaltend’ ‘heuchlerisch’ ‘krank’ ‘aufragend’ ‘schlaff, träge’ ‘schmiegsam’

E E E -

S -

D D -

W W W -

O O O -

dreuga- ‘(ausführen)’ lnjta- ‘sich neigen’ seuka- ‘siechen’ stnjpa- ‘hochragen’ slnjka- ‘schleichen’ smeuga- ‘schmiegen’

d) zu idj. Primärverben: leubaslnjfaslnjha-

‘geliebt’ ‘schlaff’ ‘hinterlistig’

F E S F - S F - S

N D W O G *leubh- ‘lieben’ N - - - - *(s)leup- ‘herabhängen’ N D - - - *sleuk- ‘schleichen’

F F F F F F F

N N N

III. Ablautreihe: e) zu germ. starken Verben: derba? grellamelkatrendaþrella(-)wenda? werþa-

‘kühn, dreist’ ‘zornig’ ‘milchgebend’ ‘rund’ ‘sich schnell drehend’ ‘verdreht, schief’ ‘würdig, wert’

E e E

S S S S S S

D D D

W w W W W

O O O

G G

derba- ‘sich mühen’ grella- ‘laut schreien’ melka- ‘melken’ *trenda- ‘wälzen’ *þrella- ‘drehen’ wenda- ‘winden’ werþa- ‘(sich wenden)’

27

Verbaladjektiva

f) zu idg. Primärverben: blendaþwerha-

‘blind’ ‘verkehrt’

F F

E S E S

N D W O G *blendh- ‘(sich trüben)’ N D W O G *terkԥ- ‘verdrehen’

§ 25.

Die Wurzel steht in de o-Stufe: I. Ablautreihe: a) zu germ. starken Verben: blaika? glaida*kaiba-maidaskraidawaikwawraiþa-

‘glänzend’ ‘spreizbeinig’ ‘hitzig, heftig’ ‘(geschädigt)’ ‘voranschreitend’ ‘weich’ ‘zornig; lockig’

F F F F F F F

E E E E

S S S S

N N N N

D D D D D D

W W W W W W

O O O O

G G -

bleika- ‘schimmern’ gleida- ‘(kriechen)’ keiba- ‘zanken’ meiþa- ‘meiden’ skreiþa- ‘schreiten’ weika- ‘weichen’ wreiþa- ‘winden’

F F F F

E E E E

S s S S

N N N N

D D D D

W W W

O O O

G -

*peik- ‘(erzürnen)’ *peik- ‘(erzürnen)’ *reidh- ‘ordnen’ *sleiu- ‘mißraten’

F F F F F F F

E E E E E

S S S S S -

N N N N N -

D D D D D D D

W W W W -

O O O O -

G G G -

*deuba- erschlaffen’ greuta- ‘zerreiben’ -leusa- ‘verlieren’ *reuda- ‘röten’ sleupa- ‘schleichen’ *sneuþa- ‘entblößen’ stnjpa- ‘hochragen’

F -

-

N -

-

-

-

*(s)leup- ‘herabhängen’

F F F F F F F F

S S s S S S

N n N N -

W W W W W W

O O O O -

-

krenka- ‘fallen’ -lenga- ‘vorankommen’ melta- ‘(schmelzen)’ senga- ‘sengen’ skerpa- ‘schrumpfen’ smerta- ‘schmerzen’ snerha- ‘winden’ stenwka- ‘(springen)’

b) zu idg. Primärverben: faigafaiha(-)raidaslaiwa-

‘dem Tode verfallen’ ‘feindlich’ ‘geordnet’ ‘stumpf, matt’

o

II. Ablautreihe: c) zu germ. starken Verben: daubagrautalausaraudaslaupasnauþastaupa-

‘emp¿ndungslos’ ‘stark, dick, groß’ ‘frei, los’ ‘rot’ ‘träge, müßig’ ‘entblößt, beraubt’ ‘aufragend’

d) zu idg. Primärverben: laufa-

‘schlaff, matt’

III. Ablautreihe: e) zu germ. starken Verben: kranka(-)langa- II maltasangaskarpasmartasnarha? stankwa-

‘schwach, krank’ ‘zugewandt’ ‘zart, keimend’ ‘versengt’ ‘zus.geschrumpft’ ‘schmerzend’ ‘gewandt, schnell’ ‘springend; stinkend’

E E e E E e -

D D D D D -

-

28 starkaþrallaþrangwa(-)wardawranga-

Systematischer Teil ‘steif, stark’ ‘sich schnell drehend’ ‘gedrängt’ ‘gewendet’ ‘verdreht; verdrehend’

F F F F F

E E E E

S S S S S

N N

D D D -

W W W W

O O O O

-

*sterka- ‘erstarren’ *þrella- ‘drehen’ þreng(w)a- ‘drängen’ werþa- ‘(sich wenden)’ wrenga- ‘wringen’

F F F F F

E E e E E

S s S S

N N n N

d D D

w W W W W

o O O o O

-

*gengh- ‘drehen’ *re(n)ƣ- ‘recken’ *skeng- ‘hinken’ *skerdh- ‘abschaben’ *strengh- ‘zus.ziehen’

f) zu idg. Primärverben: kankarankaskankaskardastranga-

§ 26. klungamurkasmulta-

‘verdreht; verwirrt’ ‘aufrecht stehend’ ‘schief’ ‘beschädigt’ ‘stark, kräftig’

Adj. mit schwundstu¿ger Wurzel begegnen lediglich in der III. Ablautreihe: ‘zusammengeballt’ ‘mürbe’ ‘sanft’

F E F E S F E -

- d w o - D w o N D - -

-

klenga- ‘zus.ziehen’ *merka- ‘zerfallen’ smelta- ‘schmelzen’

2. a-Adj. neben starken Verben der IV. Ablautreihe. § 27. Die Wurzel steht in der o-Stufe. a) zu germ. starken Verben: swala-

‘kühl’

F -

-

-

-

W -

-

swela- ‘schwelen’

F F F F

S S S S

N N N N

D D D D

W w W W

O O O O

g G g

*ghrem- ‘zürnen’ *lem- ‘zerbrechen’ *smel- ‘zerkleinern’ *dem- ‘fügen’

-

-

swela- ‘schwelen’

b) zu idg. Primärverben: gramalamasmala? tama-

‘zornig, grimmig’ ‘lahm’ ‘klein’ ‘gezähmt, zahm’

E e E E

§ 28. Die Wurzel enthält dehnstu¿ges -ǀ-: a) zu germ. starken Verben: swǀla-

‘schwül’

F -

S

N D -

b) zu idg. Primärverben: tǀma-

‘frei verfügbar’

f

E S

-

d

W O -

*dem- ‘fügen’

3. a-Adj. neben starken Verben der V. Ablautreihe. § 29. Die Wurzel steht in der e-Stufe. a) zu starken germ. Verben: leka? -sehwa-

‘leck’ ‘(sehend)’

F E S F - S

N D W N - W -

-

leka- ‘leck sein’ sehwa- ‘sehen’

29

Verbaladjektiva

§ 30. Die Wurzel steht in der o-Stufe. a) zu den germ. starken Verben: ? brakawraka-

‘mangelhaft’ ‘(getrieben)’

F - S F E S

N N -

-

-

-

breka- ‘gebrechen’ wreka- ‘treiben’

F F F F

N N N N

W W -

O O -

G

*bhes- ‘abreiben’ *kret- ‘schütteln’ *kret- ‘schütteln’ *ret- ‘laufen’

-

-

-

*dhԥes- ‘(aushauchen)’ *(s)kel- ‘austrocknen’

b) zu den idg. Primärverben: bazahradahraþaraþa-

‘entblößt’ ‘locker, undicht’ ‘schnell, Àink’ ‘gerade verlaufend’

E E E E

S S S S

D D D

§ 31. Die Wurzel enthält dehnstu¿ges -ƣ-. a) zu idg. Primärverben: dwƣsahƣla-

‘töricht’ ‘vertrocknet’

F E S F - S

N d N -

§ 32. Die Wurzel enthält dehnstu¿ges -ǀ-. a) zu germ. Primärverben: -nǀga-

‘(genug)’

F E S

N D W O G -nah/nnjg- ‘genügen’

F E S F E S

N D - - g *dhrebh- ‘(gerinnen)’ N D W O G *ghedh- ‘(verbinden)’

b) zu idg. Primärverben: drǀbagǀda-

‘trübe, verwirrt’ ‘gut’

4. a-Adj. neben starken Verben der VI. Ablautreihe. § 33. Die Wurzel steht in der o-Stufe (=Vokal des Präsens): faga(n)? skaka-

§ 34. frǀdaklǀkakǀla

‘gefällig’ ‘sich schnell bewegend’

f E s F - -

-

D - -

-

-

*faga- ‘befriedigen’ skaka- ‘schnellen’

Die Wurzel enthält dehnstu¿ges -ǀ- (= Vokal des Präteritums): ‘verständig’ ‘(aufbrechend)’ ‘kühl’

F E S F - S F E S

N D W O G fraþja- ‘verstehen’ N D - - - *klaka- ‘aufbrechen’ N D - - - kala- ‘kalt sein’

5. a-Adj. neben reduplizierenden Verben. § 35. Die Wurzel enthält den Vokal des Präsensstamms: ? faldahnawwa-

§ 36. hwatalata-

‘-fach, -fältig’ ‘karg, eng’

F F

E S E S

N D W O G falþa- ‘falten’ N D W O - hnawwa- ‘stoßen’

Die Wurzel enthält schwundstu¿ges -a-, das im Verbalparadigma nicht vorkommt: ‘scharf’ ‘säumig, träge’

F E S F E S

- - W O g hwƣta- ‘stoßen’ N D W O G lƣta- ‘lassen’

30

Systematischer Teil

6. a-Adj. zu idg. Primärverben außerhalb der germ. Ablautreihen. § 37. Das Adj. zeigt den Wurzelvokal des Primärverbs: argafrijahaisa? haitahalba? (-)inkalƣgalina? natastunta? swƣsa-

‘unzüchtig’ ‘frei; lieb; eigen’ ‘heiser’ ‘heiß’ ‘halb’ ‘erzürnt’ ‘niedrig; gering’ ‘mild, lind’ ‘naß’ ‘kurz, stumpf’ ‘eigen, vertraut’

F F F F F F F F f F F

E E E E E e E E E

S S S S S s S s S

N N N N N N n N -

D D D D D D D D D D

W W W W w W W w W W

O O O O O O O O O

G G G g G

*erƣh- ‘besteigen’ *prƯ- ‘lieben’ *kai-s- ‘brennen’ *kai-d- ‘brennen’ *(s)ko/alp- ‘teilen’ *i-n-g- ‘sich regen’ *lƝƣh- ‘kriechen’ *li-n- ‘nachgeben’ *ԥned- ‘benetzen’ *(s)tu-n-d- ‘(ab)hauen’ *sԥƝdh- ‘gewohnt sein’

§ 38. Das Adj. weicht vom Vokal das Präsensstamms ab. Die Wurzel steht in der a-Stufe: narwataita-

‘eingeschnürt’ ‘(strahlend)’

F f

E S e -

N d w N D W -

-

*ner-u- ‘einschnüren’ o *deiΩ- ‘strahlen’

7. Ursprüngliche Komposita, deren verbales Hinterglied a-Flexion zeigt. § 39. Die Wurzel ist schwundstu¿g: fasta-

‘fest’

F

E S

N D W O g

*stƗ- ‘stehen’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -iDas i-Suf¿x bildet im Germ., insbesondere im An., Verbaladj. in größerer Anzahl, wenngleich die i-Flexion allein im Got. – und dort auch nur zum Teil – evident wird. In den übrigen germ. Sprachen hat ein Übertritt in die ja-Flexion stattgefunden.4 Freilich liegt darin – sozusagen per se – ein ganz wesentlicher Unsicherheitsfaktor: Nicht wenige Belege, die sich auf den ersten Blick als iAdj. gerieren, entpuppen sich bei genauer Betrachtung als sekundäre Bildungen, seien es Konversionen oder thematische Ableitungen aus i-stämmigen Subst. oder seien es gar prä¿gierte BahuvrƯhiadj. mit (meist später hinzugefügtem) jaSuf¿x.5 Für germ. *bruki- ‘zerbrechlich’ ist beispielsweise eine Konversion aus germ. *bruki- m. ‘Bruch’ nicht vorderhand auszuschließen. Desgleichen handelt es sich bei westgerm. *Àugja- ‘Àugfähig’ und *nutja- ‘nützlich’ vielleicht eher um alte thematische Ableitungen auf -o- aus schwundstu¿gen Verbalabstrakta mit i-Suf¿x zu idg. *pleu-k- ‘Àiegen’ bzw. *neu-d- ‘nutzen, genießen’, wie sie etwa in as. Àugi, ae. Àyge, an. Àugr < germ. *Àugi- m. ‘Flug’ und ahd. nuz < germ. *nuti- m. ‘Nutzen’ sicher bezeugt sind. Für *nutja- könnte überdies eine 4 5

Kluge 1926: 90, Krahe/Meid 1967: 66f., Bammesberger 1990: 259ff. Matzel 1992: 94.

31

Verbaladjektiva

Rückbildung aus germ. *nutja- swv.1 ‘nützen’ mit im Spiel sein. Schließlich sind die jeweils unter dem Lemma germ. *falli- ‘fallend’ (Hm 189), *fangi‘wirksam; zu erlangen’ (Hm 190) oder *wrƣki- ‘betreibend; vertrieben’ (Hm 694f.) angeführten afr. Belege gersfell(e) ‘abgehauen; ungebüßt’, (ful)fensze ‘(völlig) passend, geeignet’ und inwrƝze ‘eindringend, durchbohrend’ besser als erweiterte BahuvrƯhibildungen zu beurteilen, die auch sonst im Afr. keineswegs selten vorkommen. Die verschiedentlich vertretene Ansicht, daß in i-Adj. – vor allem in solchen mit diphthongischer Wurzel – der schwundstu¿ge Ablaut dominiere,6 wird durch das fries. Wortmaterial nicht bestätigt. Läßt man nämlich die zweifelhaften Formen germ. *Àugi-/-ja-, *nuti-/-ja- und *bruki- (s.o.) zunächst beiseite, begegnen im Fries. unter den i-stämmigen Verbaladj. der I. und II. Ablautreihe überhaupt keine schwundstu¿gen Bildungen. Wenn, wie angenommen worden ist,7 der Typ schwundstu¿ger i-Adj. eine westgerm. Neuerung darstellt, und das möglicherweise in Anlehnung an die i-stämmigen Subst., dann hat das Fries. an dieser Entwicklung offensichtlich nicht oder doch nur am Rande teilgenommen. Bezeichnenderweise fehlen im Fries. ebenfalls die schwundstu¿gen i-Adj. aus der III. Ablautreihe völlig. Dasselbe gilt im übrigen für das Nd. Vielmehr zeigen die Ableitungen der I. und II. Ablautreihe im Fries. durchgehend den Vokal der abgetönten Hochstufe,8 während entsprechende Ableitungen der IV. und V. Ablautreihe ausschließlich dehnstu¿ges -ƣ-, die der VI. Ablautreihe dehnstu¿ges -ǀ- enthalten,9 worin das Fries. mit dem übrigen Nordseegerm. im wesentlichen übereinstimmt. 1. i-Adjektiva neben starken Verben der I. und II. Ablautreihe. § 40. Die Wurzel steht für gewöhnlich in der a-Stufe. I. Ablautreihe. a) zu germ. Primärverben: draibi? glaidi*klaini*wraini*-

‘unfest; unbeständig’ ‘spreitzbeinig’ ‘fein’ ‘brünstig’

F F F f

E E

S s

N n

D d

W W w

o

-

dreiba- ‘treiben’ gleida- ‘(kriechen)’ kl(e)ina- ‘beschmieren’ wreina- ‘wiehern’

F

-

S

N D W O G *kri-n- ‘scheiden’

b) zu idg. Primärverben: hraini-

‘rein’

II. Ablautreihe. zu germ. Primärverben: ? kausi6 7 8 9

‘wählerisch’

F E -

Krahe/Meid 1967: 66, Kuryáowicz 1968: 290ff. Vgl. z.B. Hm 58, § 66. Matzel 1974: 109. Matzel 1974: 111f.

-

-

-

-

-

keusa- ‘wählen’

32

§ 41. ? Àugi/ja? nuti/ja-

Systematischer Teil

Verschiedentlich steht die Wurzel in der Schwundstufe. II. Ablautreihe: ‘Àügge’ ‘nützlich’

F E S F E S

N D N D -

-

-

Àeuga- ‘Àiegen’ neuta- ‘genießen’

2. i-Adj. neben starken Verben, deren Wurzel auf -e- + einfachem Konsonant endet. § 42. Die Wurzel enthält ganz überwiegend dehnstu¿ges -ƣ-. Die Wurzel endet auf Sonant (IV. Ablautreihe). bƣrinƣmi-

‘tragend; erträglich’ ‘nehmend’

F E S F - S

N D W O - bera- ‘tragen’ N D W O G nema- ‘nehmen’

Die Wurzel endet auf Klusil (V. Ablautreihe). gƣbitrƣgiwƣgi? wrƣki-

§ 43. ? bruki-

§ 44. ? kǀni-

‘zu geben’ ‘unwillig’ ‘abzuwägen’ ‘vertrieben; treibend’

F F F F

-

S S S -

N N -

D D D -

W W W

O o -

-

geba- ‘geben’ trega- ‘betrüben’ wega- ‘(wägen)’ wreka- ‘vertreiben’

-



breka- ‘brechen’

N D W O -

*ƣenΩ- ‘kennen’

In einem Fall ist die Wurzel schwundstu¿g: ‘zerbrechlich’

F

E -

-

D -

Vereinzelt enthält die Wurzel dehnstu¿ges -ǀ-: ‘erfahren; kühn’

F E S

3. i-Adj. neben starken Verben der VI. Ablautreihe. § 45. Die Wurzel enthält ganz überwiegend -ǀ- (=Vokal des Präteritums): dǀbi*fǀri-

‘schicklich’ ‘beweglich, fähig’

F f

E E s

N - - - G -daba- ‘(zukommen)’ - D W O - fara- ‘fahren’

5. i-Adj. neben reduplizierenden Verben. § 46. Die Wurzel enthält den Vokal des Präsensstamms. a) zu germ. starken Verben: ? -falli? fangigangi-

‘fallend’ F ‘wirksam; zu erlangen’ F ‘gehend; begehbar’ F

- E E S

- - W - - D W O N D W O -

falla- ‘fallen’ fanha- ‘fangen’ ganga- ‘gehen’

E -

-

*prƝ-d ‘(aufreiben)’

b) zu idg. Primärverben: frƣti*-

‘widerspenstig’

F

d

-

-

-

33

Verbaladjektiva

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -uVerbaladj. mit dem Suf¿x -u- sind für gewöhnlich von einer schwundstu¿gen Basis abgeleitet, wobei einige von ihnen – aufgrund ihrer vorgeschichtlichen Endbetonung – grammatischen Wechsel zeigen (z.B. hardu-, þurzu-).10 Daneben begegnen aber auch – wenngleich weit weniger häu¿g – Bildungen aus anderen Vokalstufen. Die Gründe dieser Divergenzen sind vielschichtig und schwer zu durchschauen. In saltu- und swǀtu- etwa könnten ursprüngliche Komposita vorliegen,11 während man für kwerru- ein dissimiliertes † kwurru- annimmt, indem durch ein Ausweichen auf die Hochstufe drei unmittelbar aufeinanderfolgende u-Laute vermieden worden seien.12 Das u-Suf¿x war bereits in vorgerm. Zeit nicht mehr produktiv. Die adj. uFlexion ist außerhalb des Got. im West- und Nordgerm. zu einem großen Teil in die der ja-/jǀ-Stämme eingetreten.13 Dieser Wechsel ging offenbar von dem Flexionsmorphem -Ư-/-jǀ- aus, mit dem die u-Stämme anfangs das Fem. bildeten.14 Andere u-Stämme haben sich der a-/ǀ-Flexion angeschlossen, wie insbesondere im Fries. und An. zu beobachten ist. Vielfach stehen beide Flexionsweisen nebeneinander, so etwa in F wang. ong ‘ängstlich’, W an. ƫng ‘eng’ neben E ae. enge, S as. engi ‘eng’ oder in F awfr. thurre, W an. þurr neben E ae. þyrre, S mnd. dörre ‘dürr’. Zu den Primäradj. auf -u- siehe oben (§§ 9f.). 1. u-Adj. neben starken Verben mit diphthongischer Wurzel. § 47. Die Wurzel ist schwundstu¿g: ? þurzu-

§ 48.

‘dürr’

F E S

N D W O G þersa- ‘trocken sein’

F -

-

Die Wurzel ist e-stu¿g:

kwerru-

‘(befriedigt)’

S

D W O G *kwerra- ‘(befriedigen)’

2. u-Adj. neben starken Verben der IV. Ablautreihe. § 49. Die Wurzel ist o-stu¿g: hnasku*-

‘zart, weich’

F

E -

N -

-

-

G *hneska- ‘(zerreiben)’

10

Hm 62.

11

Seebold 1984: 121ff., 125f. Heidermanns 1986: 285. Krahe/Meid 1967: 68f.; vgl. ferner van Helten 1895: 515f., Kluge 1926: 90f.; Ross 1952: 114ff. und ders. 1954: 85ff., Bammesberger 1990: 261ff. Heidermanns 1986: 287f., Bammesberger 1990: 229, 263.

12 13

14

34

Systematischer Teil

3. u-Adj. neben idg. Primärverben. § 50. Die Wurzel ist schwundstu¿g: saltuswǀtuþunu*-

§ 51. anguhardustaru*-

‘salzig’ ‘süß’ ‘dünn’

F E S F E S F E S

N d W O g N D W O N D W O -

*dǀ- ‘geben’ *dǀ- ‘geben’ *ten- ‘spannen’

F E S F E S F E S

N D W O G *anƣh- ‘beengen’ N D W O G *kert- ‘abhauen’ N D - O - *ster- ‘starr sein’

Die Wurzel ist o-stu¿g: ‘eng’ ‘hart, rauh’ ‘starr’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -laPrimäre Verbaladj. mit dem Suf¿x -la-/-lǀ- in bindevokalloser Fügung an eine offene oder geschlossene Wurzel sind im Fries. nur in einem einzigen Fall sicher zu belegen. Allerdings könnte es sich bei dem in § 15 genannten Primäradj. haila- wohl ebenfalls um ein ursprüngliches Verbaladj. handeln. Die Bildungsweise ist bereits in vorgerm. Zeit nicht mehr produktiv.15 Zu den Primäradj. siehe oben (§ 15)! § 52. fnjlagaila-

la-Adj. von einer offenen Wurzel begegnen lediglich in: ‘faul, stinkend’ ‘heftig verlangend’

F E S F E S

N D W O G *peuΩ- ‘faulen, stinken’ N D w O g *ghei- ‘gähnen, klaffen’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -ulaDeverbale Ableitungen mit einem bindevokalischen l-Suf¿x sind aus dem Idg. ererbt. Sie bilden nach dem Muster von ai. grahila ‘empfänglich’, griech. ijİȚįȦȜȩȢ ‘schonend, sparsam’, lat. bibulus ‘gerne trinkend’ auch im Germ. in größerer Anzahl Verbaladj. der Neigung, die inhaltlich zumeist eine charakteristische Eigenschaft des zu bezeichnenden Lebewesens bzw. Gegenstandes oder ein gewohnheitsmäßiges Tun ausdrücken, nicht selten mit einer pejorativen Konnotation. Der überwiegende Teil dieser Adj. ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen – mit dem Partizip Präsens des Basisverbs paraphrasierbar und demnach von aktivischer Bedeutung.16 In den Verbaladj. erscheint das bindevokalische Suf¿x mit „Suf¿xablaut“ nach Art des wurzelhaften Ablauts idg. -el-/-ol-/-ӭ- als germ. -ila-/-ala-/-ula-,17 15 16

17

Krahe/Meid 1967: 84f.; vgl. ferner Kluge 1926: 94 und Bammesberger 1990: 248. Tiefenbach 1991: 103, 108, Faltings 1996: 107f.; vgl. ferner Wilmanns 1899: 428ff., Kluge 1926: 94ff., Henzen 1965: 195, Lloyd/Springer 1988: 1,131ff. Krahe/Meid 1967: 85.

35

Verbaladjektiva

wobei im Ahd. die Form -ala-, im Ae., As. und An. -ula- überwiegt. Das Fries. läßt diesbezüglich keine Präferenz erkennen, da das Suf¿x durchgängig zu -el abgeschwächt worden ist, obwohl es sich in dieser Hinsicht sehr wahrscheinlich nicht vom übrigen Nordseegerm. unterschied. Ableitungen von starken Verben der Klassen V-VI sowie der reduplizierenden und schwachen Verben zeigen für gewöhnlich den Vokal des Präsensstammes bzw. den des schwachen Verbs, die der Klassen I-IV allesamt schwundstu¿gen Wurzelablaut, was zumindest in letzterem Fall auf ein hohes Alter dieser Wortbildung schließen lassen dürfte. Dafür spricht ferner der grammatische Wechsel, der in einigen Formen mit schwundstu¿ger Derivationsbasis – erwartungsgemäß – zu beobachten ist.18 Im Fries. fehlt es dafür jedoch an verläßlichen Beispielen. Wie in den übrigen germ. Sprachen scheint dort in den meisten schwundstu¿gen und deshalb ursprünglich endungsbetonten Bildungen früh Ausgleich zugunsten der Formen mit einer wurzelbetonten Derivationsbasis stattgefunden zu haben. Im Nl. sind zahlreiche Adj. mit dem Suf¿x -ula- schon in mnl. Zeit um das frequente und noch produktive Suf¿x -iga- erweitert worden. Dasselbe gilt für die neufries. Mundarten, wo etwa im heutigen Sprachgebrauch erweiterte Formen neben nichterweiterten stehen, ohne daß ein Bedeutungsunterschied erkennbar wäre.19 Darüber hinaus korreliert im Nfr. mit den Verbaladj. auf -ulaeine Reihe iterativer Verben mit dem Suf¿x -ulǀja-, wie etwa fa. haable swv.2 ‘gieren, heftig nach etwas verlangen’, nedle/nödle swv.2 ‘mit dem Kopf stoßen (Rind)’ oder skedle swv.2 ‘an Durchfall leiden (Vieh)’, bei denen es sich jeweils um denominale Derivate aus den Adj. fa. haabel, nedel und skedel handeln dürfte.20 Mit Blick auf die Beleglage ist festzustellen, daß ula-Adj. in größerem Umfang vor allem im An. und mehr noch im Ae. auftreten.21 Dasselbe scheint – der spärlichen Überlieferung des afr. Wortschatzes eingedenk – für das Fries. zu gelten. Die vielen Einzelbelege im Fries. und Engl. zeugen dort zudem von einer noch lange währenden Produktionskraft dieses Wortbildungsmodells, während es im übrigen Westgerm. offenbar wesentlich früher im Absterben begriffen war. 1. ula-Adj. neben starken Verben der Klassen I-IV. § 53. Die Wurzel ist tiefstu¿g. I. Ablautreihe: bitulahnitula-

18 19 20 21

‘beißend’ ‘stößig’

F - S F E S

Hm 65. Schönfeld 1970: 204, Faltings 1996: 109. Krahe/Meid 1967: 263. Hm 65.

- N -

-

-

-

beita- ‘beißen’ hneita- ‘stoßen’

36

Systematischer Teil

skitulawribula-

‘abführend’ ‘wendig’

F E S F - S

- N -

-

-

-

skeita- ‘scheißen’ wreiba- ‘wenden’

-

-

-

- W -

-

dnjka- ‘tauchen’ skeuta- ‘schießen’

-

-

-

-

-

-

swemma- ‘schwimmen’

N - -

-

-

-

breka- ‘brechen’ nema- ‘nehmen’

-

-

skrekka- ‘schrecken’ stika-/steka- ‘stechen’

-

-

hlahja- ‘lachen’

II. Ablautreihe: dukulaskutula-

‘eintauchend, -sinkend’F ‘(schießend)’ F -

III. Ablautreihe: swumula-

‘schwimmend’

F -

IV. Ablautreihe: brukulanumula-

‘brechend; gebrochen’ F E S ‘fassend’ F E -

2. ula-Adj. neben starken Verben der V. Ablautreihe. § 54. Die Wurzel ist e-stu¿g (=Präsensstamm): skrekkula- ‘schreckhaft’ stikula‘stechend’

F - F E S

-

- D -

3. ula-Adj. neben starken Verben der VI. Ablautreihe. § 55. Die Wurzel ist o-stu¿g (= Präsensstamm): hlagula-

‘zu lachen geneigt’

F E -

-

-

-

4. ula-Adj. neben reduplizierenden Verben. § 56. Die Wurzel stimmt im Ablaut mit dem Präsensstamm überein: skrƣhula- ‘eingeschrumpft’

F -

S

N -

-

-

-

skrƣha- ‘schrumpfen’

5. ula-Adj. neben (primären) schwachen Verben. § 57. Der Wurzelvokal stimmt mit dem des Verbs überein: habulaskamulaskrutulawankula-

‘habgierig’ ‘schamhaft’ ‘schreiend’ ‘schwankend’

F F F F

E

S S

N N

D D

-

-

-

habƣ- ‘haben’ skamƣ- ‘schämen’ skrutǀ- ‘schreien’ wankǀ- ‘(sch)wanken’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -raVerbaladj. mit dem Suf¿x idg. -ro- sind in beträchtlicher Anzahl im Germ. überliefert, wenngleich das Wortbildungsmodell dort einzelsprachlich nicht mehr produktiv ist.22 Diese Aussage ist jedoch mit besonderem Blick auf das Fries. zu relativieren, da sich in den afr. und neufries. Quellen zusammengenommen gerade einmal eine Handvoll Belege ¿nden lassen. 22

Kluge 1926: 96, Krahe/Meid 1967: 78f., Bammesberger 1990: 246ff.

37

Verbaladjektiva

Das ra-Suf¿x bildet im Idg. vornehmlich Verbaladj. mit überwiegend aktivischer oder intransitiver Bedeutung und zudem bei diphthongischer Ausgangsstruktur mehrheitlich – im Fries. sogar ausschließlich – von einer schwundstu¿gen Wurzel. Einige dieser schwundstu¿gen Ableitungen verfügen über außergerm. Entsprechungen, was für ein relativ hohes Alter dieses Wortbildungstyps spricht. Dagegen ist der Typ mit o-Ablaut auf das Germ. beschränkt und deshalb als Neuerung anzusehen.23 Zu den Primäradj. mit ra-Suf¿x s.o. (§§ 16ff.), zu den denominalen Derivationen mit ra-Suf¿x s.u. (§ 105). 1. ra-Adj. neben starken Verben der I. Ablautreihe: § 58. Die Wurzel ist schwundstu¿g. a) zu germ. starken Verben: bitradigra-

‘beißend, bitter’ ‘dick, voll’

F E S F E S

N D W O N D W O g

beita- ‘beißen’ diga- ‘kneten’

F -

N -

*bhi i-es- ‘fürchten’

b) zu idg. Primärverben: bƯstra-

‘verwirrt, verirrt’

S

-

-

-

o

2. ra-Adj. neben starken Verben der VI. Ablautreihe. § 59. Die Wurzel steht in der o-Stufe (=Präsensstamm): wakra-

‘wachsam, munter’

F E S

N D W O -

wakna- ‘wachen’

3. ra-Adj. zu idg. Primärverben außerhalb der germ. Ablautreihen. § 60. Die Wurzel ist hochstu¿g: haidrastǀra-

§ 61. hlnjtra-

‘heiter’ ‘gewichtig’

F E S F E S

-

D - - d W O -

*kai-t- ‘leuchten’ *stƗ- ‘stehen’

Die Wurzel enthält germ. -nj- unklarer Herkunft: ‘lauter’

F E S

N D -

-

G *âk l(ǀ)ud- ‘reinigen’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -riDas im Vergleich zum ra-Suf¿x seltenere ri-Suf¿x begegnet im Fries. nur vereinzelt und tritt dort lediglich an vokalisch auslautende Verbwurzeln, wobei der Wurzelablaut e-stu¿g ist oder germ. -Ɲ2 - enthält. Darin stimmt es im wesentlichen mit den übrigen westgerm. Sprachen überein.24 § 62. skeiri23 24

Die Wurzel ist e-stu¿g: ‘klar, rein’

F

E S

Hm 67. Kluge 1926: 97, Krahe/Meid 1967: 80f., Hm 67.

N D W O G *skei- ‘scheinen’

38

Systematischer Teil

§ 63. skƝ2ri*? tƝ2ri-

Die Wurzel enthält germ. -Ɲ2-: ‘schnell’ ‘glänzend, prächtig’

F F -

S S

N D n D -

-

-

*skƝi-‘unterscheiden’ *deiΩ- ‘leuchten’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -maDas Suf¿x -ma-, das bevorzugt an offene oder auf Liquida endende Wurzeln unterschiedlicher Ablautstufen tritt, bildet im Idg. Verbaladj. mit medio-passiver oder Zustandsbedeutung. Es hat im Germ. ebenfalls nur wenige Spuren hinterlassen.25 § 64. rnjma-

Die Tiefstufe gehört zu idg. Wurzeln mit u-Diphthong: ‘weit, geräumig’

F

E S

N D W O G *reuΩ- ‘s. erstrecken’

§ 65. Die Wurzel zeigt o-Stufe. a) mit monophthongischem Wurzelvokal: armawarma-

‘elend, erbärmlich’ ‘warm’

F F

E S E S

N D W O G *er- ‘(sich auÀösen)’ N D W O g *ԥer- ‘kochen’

b) mit diphthongischem Wurzelvokal: lauma-

‘schlaff, ermüdet’

F -

S

N -

-

-

-

*leu- ‘entkräften’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -naVerbaladj. mit dem bindevokallosen Suf¿x -na-, die außerhalb des Verbalparadigmas stehen und nicht aus einer partizipialen Wurzel erwachsen sind, liegen im Germ. nur in sehr begrenzter Anzahl vor. Das Wortbildungsmodell war offensichtlich schon in vorgerm. Zeit nicht mehr produktiv.26 Zu den schwundstu¿gen Verbaladj. mit partizipialem na-Suf¿x s.u. (§ 80). 1. na-Adj. neben einem erschlossenen reduplizierenden Verb. § 66. Die Wurzel entspricht dem Präsensstamm: faikna‘verderblich’ ? gaisna*- ‘mangelhaft’

f E S F E S

-

D W d - -

-

*faika- ‘bedrohen’ *gaisa- ‘mangeln’

-

darǀ- ‘sich verbergen’

2. na-Adj. neben primären schwachen Verben. § 67. Die Wurzel stimmt mit der des Verbs überein: ? darna*-

25 26

‘heimlich’

F

E S

Kluge 1926: 92f., Krahe/Meid 1967: 123f. Kluge 1926: 111, Krahe/Meid 1967: 104, Hm 69.

-

D -

-

39

Verbaladjektiva

3. na-Adj. zu idg., im Germ. nicht mehr bezeugten Verbalwurzeln. § 68. Die Wurzel ist e-stu¿g: gerna-

§ 69. haunaskauna-

‘begierig’

F

E S

N D W O G *gher- ‘begehren’

Die Wurzel enthält germ. -au-: ‘schimpÀich’ ‘schräg, schief’

F E S F - -

D - -

- w -

G *kau- ‘(beschämen)’ - *skeu- ‘schneiden’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -niEin deverbales ni-Suf¿x läßt sich mit Sicherheit lediglich in germ. *grǀni- nachweisen. Die Wurzel steht bei Ableitungen aus starken Verben für gewöhnlich in der Hochstufe oder stimmt mit der des zugrundeliegenden schwachen Verbs überein.27 1. ni-Adj. neben reduplizierenden Verben. § 70. Die Wurzel enthält den Langvokal der Hochstufe: grǀni? kǀni-

‘grün’ ‘erfahren; kühn’

F E S F E -

N D W O N D W O -

grǀa- ‘wachsen’ *knǀ- ‘kennt, kann’

2. ni-Adj. neben primären schwachen Verben. § 71. Die Wurzel stimmt mit der des Verbs überein: ? darni*skauni-

‘heimlich’ ‘schön’

F F

E S E S

- D N D -

-

- darǀ- ‘sich verbergen’ G skau(w)ǀ- ‘schauen’

Verbaladjektiva mit dem idg. t-Suf¿x Das konsonantische to-Suf¿x bildet im Idg. „vorzugsweise Verbaladj. mit dem Sinn der am Subjekt oder Objekt vollzogenen Verbalhandlung, die als Participia Praeteriti (aktiv bei intransitivem, passiv bei transitivem Verbum) dem Verbalsystem angegliedert werden konnten.“28 Die primären Verbaladj. zeigen dementsprechend meist schwundstu¿gen Ablaut (vgl. §§ 81ff.). Nun haben aber die nachstehenden Adj., die ebenfalls mit einem *t-Suf¿x gebildet sind und durchgehend a-Flexion aufweisen, eine hochstu¿ge Wurzel, die überdies in allen Fällen auf Guttural endet.29 § 72. berht*27 28 29

*t-Adj. zu idg., im Germ. nicht bezeugten Verbwurzeln. Die Wurzel ist e-stu¿g. ‘glänzend’

F

Kluge 1926: 111, Krahe/Meid 1967: 116. Krahe/Meid 1967: 141. Hm 70.

E S

N D W O G ? *bherg- ‘leuchten’

40

Systematischer Teil

lenhwt*leuht*senht*þenht*-

‘leicht’ ‘hell’ ‘versickernd’ ‘dicht, fest’

F F F F

E E E E

S S S

N N N

D D D D

W W

O O

G g -

*lengwh- ‘(eilen)’ *leuk- ‘leuchten’ *se(n)k- ‘versickern’ *tenk- ‘gerinnen’

Verbaladjektiva mit dem st-Suf¿x Das eine – sehr unsichere – Beispiel haifsta*- steht neben dem ti-Abstraktum haifsti- f. und wird von Heidermanns (Hm 266) als Verbaladj. auf idg. -ta- aufgefaßt, da ta-Adj. und ti-Abstraktum oft nebeneinander stünden.30 Das zweite – ebenfalls unsichere – Beispiel zeigt formale Nähe zu lat. trƯstis ‘unfreundlich; traurig’. st-Suf¿xe korrelieren mit den idg. ta-/ti-Suf¿xen und sind aus diesen erweitert.31 § 73.

Die Wurzel ist o-stu¿g:

haifsta*þreihst*-

‘heftig’ ‘kühn’

F f

E S E S

- D N D -

-

-

idg. ? idg. *treik- ?

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -þja-/-djaDas Suf¿x idg. -t io- steht in einem engen Zusammenhang mit dem Wurzelo determinativ idg. -t- und den anderen davon ausgehenden t-Suf¿xen. Es bildet unter anderem Verbaladj., häu¿g von offener Wurzel, die ein dauerhaftes Merkmal oder eine charakteristische Eigenschaft, in der Regel an einer Person, zum Ausdruck bringen.32 Unerklärt bleibt bislang der grammatikalische Wechsel im Suf¿x und die Konditionierung, nach der er eintritt oder unterbleibt – insbesondere bei e-stu¿ger Wurzel.33 Zu den denominalen Derivationen auf -þja- vgl. § 107. 1. Adj. mit dem Suf¿x -þja-/-dja- zu germ. Primärverben. § 74. Die Wurzelstufe entspricht der des Präsensstamms: stƣdja*-

2. § 75.

‘beständig’

31 32 33

-

S

N D -

-

-

stƣ- ‘stehen’

Adj. mit dem Suf¿x -þja-/-dja- zu idg. Primärverben. Die Wurzel ist hochstu¿g:

? meldja? teudja*welþja30

F

‘mild’ ‘Schaden bringend’ ‘wild’

F E S F - F E S

Hm 71. Kluge 1926: 68f., Krahe/Meid 1967: 163. Kluge 1926: 112f., Krahe/Meid 1967: 147f. Hm 71.

N D W O G *mel- ‘zerreiben’ - - - - - *deu- ‘schaden’ N D W O G *ԥel(Ω)- ‘verwirren’

41

Verbaladjektiva

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -skaDas Suf¿x idg. -sko- tritt vorzugsweise an Verbalwurzeln mit Dental oder Sonant im Auslaut. Die Wurzel steht überwiegend in der Schwundstufe, daneben aber verschiedentlich in der o-Stufe, die offenbar vom Perfektstamm ausgeht, sofern in den betreffenden Fällen nicht eine Derivationsbasis mit verbalem oder substantivischem sk-Suf¿x anzusetzen ist.34 Das Suf¿x erscheint vor allem in Adj. aus der Begriffssphäre ‘scharf, bitter; kühn, schnell’.35 ska-Adj. zu primären idg. Verbalwurzeln. § 76. Die Wurzel ist schwundstu¿g: wlispa-

§ 77. ? barska-

‘lispelnd’

F E -

N D -

O -

*ԥlei- ‘(drücken)’

F -

-

-

*bher- ‘schneiden’

Die Wurzel ist o-stu¿g: ‘scharf, bitter’

S

-

-

-

2.2. Bildungen innerhalb des Verbalparadigmas Die Adj. dieser Kategorie sind – im Gegensatz zu der in 2.1. dargestellten – aus dem Verbalparadigma hervorgegangen. Es handelt sich dabei um erstarrte Partizipien. Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -ana-/-enaDas bindevokalische Suf¿x -ana-/-ena- bildet im Germ. das Partizip Präteritum Passiv der starken Verben. Nicht wenige dieser Partizipien sind zu selbständigen Adj. geworden und als solche auch dann erhalten geblieben, wenn das dazugehörige starke Verb in den germ. Einzelsprachen unterging.36 1. ana-Adj. zu Verbalwurzeln der VI. Ablautreihe. § 78. Die Wurzel enthält schwundstu¿ges -a-: fagana-

‘erfreut’

F E S

-

D W O g

*faga- ‘befriedigen’

-

d

*reƣ- ‘richten’

2. ana-Adj. zu idg. Verbalwurzeln. § 79. Die Wurzel steht in der e-Stufe: rekana-

34 35 36

‘geordnet; schnell’

F

E S

Hm 72. Krahe/Meid 1967: 194f.; vgl. ferner Kluge 1926: 103f. Kluge 1926: 110f., Krahe/Meid 1967: 105.

-

-

-

42

Systematischer Teil

Verbaladjektiva mit dem partizipialen na-Suf¿x Das schon in vorgerm. Zeit nicht mehr produktive bindevokallose Suf¿x idg. -no- hat sich im Germ. nur in wenigen ursprünglichen Verbaladj. überliefert. Diese hatten oder haben allesamt einen partizipialen Charakter, d.h., sie bezeichnen einen durch den Vollzug der Verbalhandlung entstandenen Zustand.37 Verbaladj. auf -na- zu idg. Verbalwurzeln. § 80. Die Wurzel ist schwundstu¿g: fulnawana-

‘voll’ ‘mangelnd’

F F

E S E S

N D W O G *pelΩ- ‘füllen’ N D W O G *ԥƗ- ‘dahinschwinden’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -þa-/-da- (idg. -to-) Das Suf¿x -þa-/-da- bildet im Germ. das Partizip Präteritum zu schwachen Verben, aktiv bei intransitiver, passiv bei transitiver Rektion, während vergleichsweise im Partizip Präteritum der starken Verben das Suf¿x -anaerscheint. Indes muß das to-Suf¿x dereinst partiell auch bei den starken Verben verwandt worden sein, wie entsprechende to-Adj. mit dem partizipialen Sinn der am Subjekt oder Objekt vollzogenen Verbalhandlung neben starken Verben nahelegen. Offensichtlich war das Wortbildungsmodell noch über einen längeren Zeitraum im Germ. produktiv.38 Ableitungen zu starken Verben zeigen für gewöhnlich schwundstu¿gen Ablaut, sofern die Wurzelstruktur dies zuläßt. Vgl. ferner die ebenfalls mit t-Suf¿x gebildeten Verbaladj. in § 72; zu den denominalen Derivationen mit t-Suf¿x vgl. § 106. 1. *to-Adj. neben starken Verben der I. Ablautreihe. § 81. Die Wurzel ist durchgängig schwundstu¿g: missaslihtawissa-

‘abwechselnd’ ‘glatt, eben’ ‘gewiß’

F F F

E S E S E S

N D W O G meiþa- ‘meiden’ N D W O G sleika- ‘(schleichen)’ N D W O G wait- ‘weiß’

2. *to-Adj. neben starken Verben der VI. Ablautreihe. § 82. Die Wurzel ist durchgängig a-stu¿g (= Vokal des Präsens): aldabalþakalda-

37 38

‘alt’ ‘kühn’ ‘kalt’

F F F

E S E S E S

N D - - G ala- ‘aufziehen’ N D W O G bala- ‘(schwellen)’ N D W O G kala- ‘kalt sein’

Kluge 1926: 111, Krahe/Meid 1967: 104f. Kluge 1926: 108ff., Krahe/Meid 1967: 141f., Hm 76.

43

Rückbildungen

Hierher eventuell auch: dauda-

‘tot’

F

E S

N D W O G dauja- ‘sterben’

3. *to-Adj. neben reduplizierenden Verben. § 83. Die Wurzel enthält schwundstu¿ges -a-, das im Verbalparadigma nicht begegnet. ? glada-

‘glänzend’

F

E S

N D W O -

glǀa- ‘glühen, glänzen’

4. *to-Adj. zu idg. Primärverben. § 84. Die Wurzel ist überwiegend schwundstu¿g: ? blƯþa*buttagustahlnjdaluftasadarehtawƯdawunda-

‘mild, freundlich’ ‘abgehauen, stumpf’ ‘trocken, unfruchtbar’ ‘laut’ ‘schlaff; link’ ‘satt’ ‘gerade, recht’ ‘weit’ ‘verwundet’

F F F F F F F F F

E E E E E E E E

S S S S S S S S S

N N N N N N N N N

D D D D D D D

W W W W w

O O O o

G G

*bhlei-/*bhlƯ- ‘glänzen’ *bhau-/*bhu- ‘schlagen’ *ƣhƝi-/*ƣhƝu- ‘klaffen’ *âk leu- ‘hören’ *(s)leup- ‘herabhängen’ *sƗ- ‘sättigen’ *reƣ- ‘richten’ - *-ei- ‘gehen’ G *ԥen- ‘verwunden’

Verbaladjektiva mit dem Suf¿x -nþ-/-ndDas Suf¿x idg. -nt- bildet im Germ. das Partizip Präsens Aktiv. Ursprünglich handelt es sich dabei wohl um Verbaladj., die in partizipialer Funktion dem Verbalsystem angegliedert wurden.39 Das ehedem konsonantische Suf¿x hat sich der a-Flexion angeschlossen. § 85. sanþ*stenþ*-

In folgenden Adj. scheint ein erstarrtes Partizip Präsens vorzuliegen: ‘wahr’ ‘fest, steif’

f F

E S E S

- d N -

W O W O -

es- ‘sein’ stƣ- ‘stehen’

3. Rückbildungen Bei den nachfolgenden fries. Belegen handelt es sich durchgehend um Rückbildungen aus schwachen germ. Verben. Rückbildungen aus primären Abstrakta können nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Rückbildung oder retrograde Ableitung vollzieht sich – diachron gesehen – nicht durch Hinzufügung, sondern durch Tilgung oder Substitution eines Wortbildungssuf¿xes, einhergehend mit dem Wechsel in eine andere Wortart. Das vorherrschende Sprachgefühl erweckt indessen oft den Eindruck, als sei – 39

Kluge 1926: 113, Krahe/Meid 1967: 170ff., Hm 76.

44

Systematischer Teil

wenn auch nur scheinbar – das kürzere rückgebildete Adj. die Derivationsbasis für das längere Verb und nicht umgekehrt. Für gewöhnlich erlaubt die Art der semantischen Beziehung bzw. Abhängigkeit zwischen Adj. und Verb einen Einblick in das Motivationsverhältnis.40 Dennoch geben die Formativstrukturen in vielen Fällen selbst bei sehr sorgfältiger Konstituentenanalyse die Richtung der Ableitung nicht klar zu erkennen. Heidermanns (Hm 80) kritisiert die Auffassung von Darms, „daß rückgebildete Adj. viel seltener sind als rückgebildete Substantiva“,41 zu Recht. Darms’ Aussage ist auch aus der Sicht des Fries. sehr stark zu relativieren. Rückbildungen aus ja-Verben § 86.

1. Das Adj. Àektiert als a-Stamm:

? -fǀgagarwa? grella? nata? tama-

§ 87.

‘passend’ ‘bereit’ ‘zornig’ ‘naß’ ‘gezähmt, zahm’

41

E E E E

S S S S S

N N N N

D D D D D

W w W

O O

g -

fǀgja- ‘zus.fügen’ g(a)-arwja- ‘bereiten’ grellja- ‘zürnen’ natja- ‘benetzen’ tamja- ‘zähmen’

D D D D -

W W W -

O O O -

G G G G -

bleugja- ‘sich schämen’ erzja- ‘verwirren’ hradja- ‘retten’ kalja- ‘frieren’ kapja- ‘betrachten’ kauzja- ‘wählen’ kraunja- ‘klagen’ knjmja- ‘klagen’ mƣrja- ‘rühmen’ mulja- ‘zermalmen’ neutja- ‘nutzen’ nutja- ‘nützen’ skakja- ‘schnellen’ stellja- ‘stillen’ strambja- ‘spannen’ tƣwja- ‘ordnen’ þeudja- ‘nützen’ welhja- ‘welken’

2. Das Adj. Àektiert als ja-Stamm:

? bleugjaerzjahradjakalja(-)kapja? kauzjakraunjaknjmjamƣrja? muljaneutja? nutja? skakjastelljastrambja? (-)tƣwja? *-þeudjawelhja-

40

F F F f F

‘beschämt’ ‘verwirrt, irre’ ‘gesichert’ ‘frierend’ ‘hübsch anzusehen’ ‘wählerisch’ ‘klagend, murrend’ ‘kläglich’ ‘berühmt’ ‘zermalmt’ ‘nützlich’ ‘nützlich’ ‘s. schnell bewegend’ ‘still’ ‘stramm, steif’ ‘geordnet’ ‘gütig, freundlich’ ‘welk’

F F F F F F F F F F F F F F F F F F

E E E E E E E E E -

S S S S S S S S -

N N N n N N N N -

Henzen 1965: 240ff., Erben 1993: 34ff., Fleischer/Barz 1992: 51f. Darms 1978: 280.

45

Adjektiva aus Substantiva

Rückbildungen aus -ǀ-Verben § 88. drnjgadwela? glƣza? kwaka(-)makaruskastaukatnjka? þurza-

Das Adj. Àektiert als a-Stamm: ‘trocken’ ‘herumirrend’ ‘glänzend, hell’ ‘schwach’ ‘bequem, passend’ ‘schnell, plötzlich’ ‘steif’ ‘heftig ziehend’ ‘verdorrend’

F F F F F F F F F

-

S S S S -

N N N N -

D D -

-

O -

-

drnjgǀ- ‘trocknen’ dwelǀ- ‘herumirren’ glƣzǀ- ‘glänzen’ kwakǀ- ‘zittern’ makǀ- ‘machen’ ruskǀ- ‘voranstürmen’ staukǀ- ‘stoßen’ tnjkǀ- ‘heftig ziehen’ þurzǀ- ‘dorren’

Rückbildungen aus ehemaligen -ƣ-Verben § 89. dubadwula? mulka ? swaka-

Das Adj. Àektiert als a-Stamm: ‘emp¿ndungslos’ ‘töricht’ ‘milchgebend’ ‘schwankend’

f F F F

e E -

S S S

N N N

D D D

w -

-

-

dubƣ- ‘gefühllos sein’ dwulƣ- ‘umherirren’ mulkƣ- ‘milchen’ swakƣ- ‘schwanken’

Rückbildungen aus Verben auf -alǀ§ 90. hamalakitala-

Das Adj. Àektiert als a-Stamm: ‘verstümmelt’ ‘kitzelig’

F e F -

s -

-

D- W O - - -

hamalǀ- ‘verstümmeln’ kitalǀ- ‘kitzeln’

4. Adjektiva aus Substantiva Konversionen zum Adj. aus Subst. in prädikativer Stellung begegnen auch im Fries. weit weniger häu¿g als entsprechende deadj. oder deverb. Konversionen zum Subst. Das adj. Konversionsprodukt übernimmt für gewöhnlich die Flexionsklasse des Subst. und kann darüber hinaus meist nicht attributiv verwendet werden. Bei den zugrundeliegenden Subst. handelt es sich mehrheitlich um Abstrakta, während Konkreta eher seltener sind.42

42

Dokulil 1968: 215ff., Fleischer/Barz 1992: 276, Hm 82.

46

Systematischer Teil

Adjektiva aus a-stämmigen Substantiva § 91.

Das Adj. Àektiert als a-Stamm:

? balwa? brakaÀuta? glƣzaharmahulakwaudamainaskurfastaba? stankwastukkasulaþrnjbaþwanga? werþa-

‘quälend’ ‘mangelhaft’ ‘in Fluß be¿ndlich’ ‘glänzend, hell’ ‘schmerzend’ ‘hohl’ ‘schlecht, böse’ ‘schändlich’ ‘schor¿g’ ‘steif, starr’ ‘stinkend’ ‘steif’ ‘schmutzig, dunkel’ ‘klumpenförmig’ ‘drückend’ ‘würdig, wert’

F F F F F F F F F F F F F F F F

E E E E E E E

S S S S S S S S S S S S

N N N N N N N

D D D D

W W W

O O O O

g G

balwa- n. ‘Qual’ braka- m.n. ‘Mangel’ Àuta- n. ‘Fluß’ glƣza- m. ‘Bernstein’ harma- m. ‘Schmerz’ hula- n. ‘Höhle’ kwauda- n. ‘Übel’ maina- n. ‘Unheil’ skurfa- m. ‘Schorf’ staba- m. ‘Stab’ stankwa- m. ‘Gestank’ stukka- m. ‘Stock’ sula- n. ‘Kotlache’ þrnjba- m. ‘Klumpen’ þwanga- m. ‘Zwang’ werþa- m.n. ‘Wert’

Adjektiva aus -ja-/-jǀ-stämmigen Substantiva § 92. ? rƯkja? muljasebja-

Das Adj. Àektiert als ja-Stamm: ‘mächtig’ ‘zermalmt’ ‘verwandt’

F E S F - F E S

N D W O G rƯkja- n. ‘Herrschaft’ N - - - - mulja- n. ‘Zermalmtes’ N D - - - sebjǀ- f. ‘Sippschaft’

Adjektiva aus ursprünglich i-stämmigen Substantiva § 93. ? bruki? haifsti-

Das Adj. Àektiert als i-Stamm, sekundär auch als ja-Stamm: ‘zerbrechlich’ ‘heftig’

F F

E E S

-

D D -

-

-

bruki- m. ‘Bruch’ haifsti- f. ‘Streit, Eifer’

Adjektiva aus n-stämmigen Substantiva § 94. bulla? inkan-

§ 95.

1. Das Adj. Àektiert als a-Stamm: ‘von runder Form’ ‘erzürnt’

F F -

S -

N - -

-

-

-

bullan- m. ‘Rundliches’ inkan- m. ‘Groll’

N D -

-

-

wunan- m. ‘Gewohnheit’

2. Das Adj. folgt der schwachen Flexion:

(-)wuna(n)- ‘gewohnt’

F E S

47

Derivata

5. Derivata Adj., die von einem idg. oder germ. Subst. bzw. Adv. deriviert sind, begegnen in allen germ. Sprachen zahlreich. Nachstehend werden jedoch nur solche denominalen Ableitungen berücksichtigt, die nicht mehr ohne weiteres als solche zu erkennen sind und sich gegenüber der Derivationsbasis semantisch verselbständigt haben. Denominativa mit dem Suf¿x -aIn den folgenden a-stämmigen Bildungen bewirkt allein der Themavokal die denominale Ableitung. § 96.

1. Ableitungen von Wurzelnomina:

hrawaswƣra? trewwawƣra-

‘roh’ ‘gewichtig’ ‘treu’ ‘zuverlässig, wahr

F F F F

E E E E

S S S S

N N N N

D D D D

W W W -

O O O -

G G -

*kreԥΩ- ‘rohes Fleisch’ *s(ԥ)Ɲr- ‘Gewicht’ *dreu- ‘Eiche’ *ԥƝr- ‘Vertrauen’

§ 97. 2. Ableitungen von sonstigen Konsonantstämmen. a) Ableitungen von s-Stämmen: ? swƣzaweisa-

‘eigen, vertraut’ ‘weise’

F F

E S E S

- D W O G *sԥƝdhes-‘Gewohnheit’ N D W O G *ԥeides- ‘Wissen’

b) Ableitungen von t-Stämmen: ? bleiþa*? seida-

§ 98. salwa-

§ 99. ? auþjaebnafernamedja? sebjasen(a)*upena-

§ 100. wƣta? nƣhwa-

‘mild, freundlich’ F E S ‘sich lang hinziehend’ F E S

N D W O G *m(e)lit- ‘Honig’ N D W O G *sƝß i-t- ‘lang’

3. Ableitungen von u-Stämmen: ‘dunkel, schwärzlich’ F E s

N D W -

-

*sel-u- ‘Salz’

4. Ableitungen von idg. Adverbien und Präpositionen: ‘verlassen’ ‘eben, gleich’ ‘vorig’ ‘mittig’ ‘verwandt’ ‘beständig, ewig’ ‘offen’

F F F F F F F

E E E E E E

S S S S S S

N N N N N

D D D D D D D

W W W W W

O O O O O

G G G G G -

*au-ti- ‘weg’ *ep-n- ‘daran’ *per-n- ‘vorher’ *medhi- ‘inmitten’ *se-bhi- ‘bei sich’ *sem- ‘in einem fort’ *upanƣ- ‘von oben’

5. Ableitungen von Substantiven mit Dehnung des Wurzelvokals: ‘naß’ ‘nah’

F E F E S

N - W O - *ԥed- ‘Wasser’ N D W O G *neâk -u- ‘Nähe’

48

Systematischer Teil

Denominativa mit ja-Suf¿x Sekundäre denominale Adj. mit ja-Suf¿x sind im Germ. nicht zahlreich belegt, obschon aus dem Idg. ererbt, wie vergleichbare außergerm. Wortbildungen zeigen: ai. áĞvya- ‘auf das Pferd bezüglich’ zu ai. áĞva- f. ‘Pferd’, lat. noxius ‘schädlich’ zu lat. noxa f. ‘Schaden’.43 Für einige der Derivationen ergeben sich Berührungen mit dem Suf¿x germ. -þja-/-dja-, so etwa in *meldja- ‘mild’ und *sleiþja- ‘grimmig, gefährlich’, während in den unter § 101c genannten Bildungen alte thematische Ableitungen auf -o- von einer i-stämmigen Basis vorliegen könnten. § 101. 1. Ableitungen von Substantiven. a) Das Substantiv Àektiert konsonantisch: failja? rƯkjasleiþja*-

‘(beschützt)’ F E S ‘mächtig’ F E S ‘grimmig, gefährlich’ F E S

ß N D - - - *pǀi-l‘Schutz’ N D W O G *rƯg- ‘König’ - d w - G *slei-t- ?

b) Das Substantiv Àektiert als a-/ǀ-Stamm: aþaljadeurja*hleuja? meldjatnjdrja-

‘angestammt’ ‘teuer’ ‘geborgen, lauwarm’ ‘mild’ ‘(erschöpft)’

F F F F F

E E E E E

S S S -

N N N N -

D D D -

W W W -

O O O -

G -

aþala- ‘(Vererbung)’ *dheur(o)- ‘Verzückung’ hlewa- ‘Schutz’ *meldho- ? *tnj(h)ra- ‘Ziehen’

-

-

Àugi- ‘Flug’ nuti- ‘Nutzen’

c) Das Substantiv Àektiert als i-Stamm: ? Àugja? nutja-

§ 102. neuja-

‘Àügge’ ‘nützlich’

F E S F E S

N D N D -

2. Ableitungen von idg. Adverbien: ‘neu’

F

E S

N D W O G *nu- ‘jetzt’

Denominativa mit dem Suf¿x -waBei denominalen Adj. mit wa-Suf¿x handelt es sich ganz überwiegend um alte Derivationen von Adverbien. Die Bildungsweise ist aus dem Idg. ererbt.44 Zu den Primäradj. mit wa-Suf¿x vgl. §§ 11ff. § 103. frawa? nƣhwa43 44

Ableitungen von lokalen Adverbialien: ‘hurtig; fröhlich’ ‘nah’

Krahe/Meid 1967: 71. Krahe/Meid 1967: 75, Hm 85.

F E S F E S

N D W O - *pro- ‘vorwärts’ N D W O G *nƝ- ‘in Richtung’

49

Derivata

Derivata mit dem Suf¿x -ela-/-ilaMit dem Suf¿x -ela-/-ila- werden auch im Fries. verschiedene denominale Adj. aus Adverbien oder Präpositionen gebildet. Anhand lautlicher Kriterien läßt sich in den meisten Fällen nicht entscheiden, ob das Suf¿x als -ela- oder -ila- anzusetzen ist.45 § 104.

Ableitungen von idg. Adverbien, Präpositionen:

nƯhwelatilaubela-

‘abfallend’ ‘geeignet’ ‘böse’

F F F

E S E s E S

N - - n d W o N D - -

- *nƯkԥ- ‘nach unten’ G *ad- ‘zu’ G *upo- ‘(über-hinaus)’

Denominativa mit dem Suf¿x -raDas Suf¿x -ra- bildet im Germ. vorzugsweise Verbaladj. (vgl. §§ 58ff.) sowie in geringerem Umfang Primäradj. (vgl. §§ 16ff.). Daneben begegnen auch einige alte denominale Derivationen, von denen germ. *þemstra- und *þeustra- sich durch t-Einschub von den übrigen ra-Bildungen abheben.46 § 105.

Ableitungen von Substantiven der konsonantischen Flexion:

heurja*snjraþemstraþeustra*-

‘lieb, vertraut’ ‘feucht; sauer’ ‘¿nster’ ‘düster’

F F f F

E E E

S S S S

N N N N

D D D -

W W -

O -

g -

heiwa(n)- ‘(Familie)’ *snj- ‘Saft’ *temΩ-os- ‘Finsternis’ (þeuk- ‘trübe’)

Denominativa mit dem Suf¿x idg. -toDie große Zahl von Verbaladj. mit dem „partizipalen“ to-Suf¿x (vgl. §§ 81ff.) zeigt, daß dieser Wortbildungstyp im Germ. lange produktiv geblieben ist. Wie jedoch germ. *swenþa- und *wǀsta- nahelegen, scheint es in vorgerm. Zeit vereinzelnd auch zu denominalen to-Ableitungen gekommen zu sein. Zu germ. *nakwad- ‘nackt’ vgl. § 21. § 106. swenþawǀsta-

45 46

Ableitungen von idg. Konsonantstämmen: ‘kräftig’ ‘unbewohnt’

Krahe/Meid 1967: 86, Hm 85. Krahe/Meid 1967: 80.

F F

E S E S

N D W O G- *sƣhԥén- ‘Stärke’ N D - *ԥƗs- ‘Leere’

50

Systematischer Teil

Derivata mit dem Suf¿x -þjaNeben Verbaladj. (vgl. §§ 74f.) bildet das Suf¿x -þja- im Germ. verschiedentlich auch Derivationen von einer adverbialen Basis.47 § 107. ? auþjasamþja-

Ableitungen von idg. (lokalen) Adverbien: ‘verlassen’ ‘bequem, leicht’

F E F E S

- D W O G *au- ‘weg, ab’ N D - - - *som- ‘mit, zusammen’

Derivata mit dem Suf¿x -kaDas k-Suf¿x, das im anglo-fries. und nd.-nl. Raum vor allem in der Diminutivbildung produktiv geworden ist, im Ins.-Nfr. sogar bis in die jüngste Vergangenheit hinein, begegnet im kontinentalen Nordseegerm. darüber hinaus in dem denominalen Adj. für ‘klein’ germ. *leitika-/*lutika-. Der gefühlsbetonte Bedeutungsinhalt des k-Suf¿xes, wie er insbesondere in Termini des häuslichintimen Umfeldes zu beobachten ist, tritt auch hier deutlich zutage.48 Zu dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ikǀda- in einigen deadj. Ableitungen des Ins.-Nfr. siehe S. 5. § 108. leitika-

Ableitungen mit dem bindevokalischen Suf¿x -ika-: ‘klein’

F

-

-

N -

-

-

-

*leitǀ ‘wenig’

Derivata mit dem Suf¿x idg. -ko- (germ. -ka-/-ha-/-ga-) Denominale Derivationen mit dem Suf¿x idg. -ko- erscheinen teils mit, teils ohne Bindevokal.49 Dabei zeigen Ableitungen mit dem Suf¿x -ga- im Einklang mit ihrer a-, i- oder u-stämmigen Derivationsbasis sekundären Suf¿xablaut. Fraglich ist die durch Heidermanns (Hm 86, 216f.) vorgeschlagene Einordnung von germ. *friska- als denominale Sekundärbildung. § 109. ? barskafriskajunga-

47 48 49

1. Ableitungen ohne Bindevokal: ‘bitter, scharf’ ‘neu entstanden’ ‘jung’

F - S F E S F E S

- - - - - *bhor-s- ‘spitz’ N D - - - *pris- ? N D W O G * iuԥ(e)n- ‘jung’

o

Krahe/Meid 1967: 148. Krahe/Meid 1967: 214; zu den k-Diminutiva im Nfr. vgl. grundlegend Hofmann 1961. Krahe/Meid 1967: 188ff.

51

Komposita

§ 110. 2. Ableitungen mit Bindevokal und Suf¿x -ga-. a) Bindevokal -a-: weitaga-

‘weissagend’

F E -

-

D -

-

-

*weita- ‘Sicht’

f

-

s

n

-

-

G ?

F

-

S

N D W O -

b) Bindevokal -i-: þariga-

‘weich’

-

c) Bindevokal -u-: liþuga-

‘ledig, frei’

liþu- ‘Diener’

6. Komposita Mit Ausnahme von germ. *Ưd(a)la- ‘wirkungslos’ (§ 116) handelt es sich bei den nachstehenden adj. Komposita des Typs Prä¿x + Substantiv primär um exozentrische Bildungen oder um sogenannte BahuvrƯhiadj. Das Zweitglied wird wie bei einem Determinativkompositum zwar durch das Erstglied semantisch spezi¿ziert, doch charakterisieren beide Glieder zusammen einen außerhalb des Kompositums liegenden adj. Begriff.50 Anfänglich begegnen diese Prä¿xkomposita unerweitert, indem das Prä¿x an das unÀektierte subst. Grundwort tritt, wie beispielsweise in aofr. sǀm ‘im Wert gleichgestellt’ < germ. *ga-sǀma- ‘einvernehmlich’ zu germ. *sǀmǀ- f. ‘Einvernehmen’ oder aofr. met ‘mäßig, unbedeutend’ < germ. *ga-meta- ‘gemäß, passend’ zu germ. *meta- n. ‘Maß’. Später bestand jedoch offenbar vermehrt das Bedürfnis, die adj. Funktion des unÀektierten subst. Zweitgliedes grammatisch zu markieren, was unter anderem durch Anfügung des Derivationssuf¿xes -jaerreicht werden konnte:51 vgl. aofr. stalle ‘gültig, rechtskräftig’ < germ. *gastall-ja- ‘feststehend’ zu germ. *stalla- m. ‘Bestand’ oder awfr. hende adv. ‘nahe’ < germ. *ga-hand-ja- ‘was bei der Hand ist’ zu germ *handu- f. ‘Hand’. Anders als im Ae. oder An. bewirkt das ja-Suf¿x im Afr. für gewöhnlich keinen Umlaut. Vermutlich erfolgte hier Ausgleich zugunsten der nichterweiterten Formen, die mehrfach noch neben den erweiterten fortbestehen. Denkbar wäre freilich auch, daß viele ja-Erweiterungen erst nach Abschluß der Umlautperiode zustande gekommen sind, was am Ende für eine noch lang anhaltende Produktivität dieses Wortbildungsmodells sprechen würde. Zudem konkurriert in den erweiterten Prä¿xkomposita das Suf¿x -ja- mit den Ableitungssuf¿xen -iga- und -ǀda- und wird – insbesondere in jüngerer Zeit – meist durch eines der beiden ersetzt.52

50

51 52

Kluge 1926: 88ff., Henzen 1965: 78ff., Krahe/Meid 1967: 30ff.; vgl. für das Friesische vorzugsweise Faltings 1996: 85ff. Kluge 1926: 89, Henzen 1965: 80, Krahe/Meid 1967: 32 u. 34, Sauer 1992: 317. Vgl. Marchand 1969: 265ff., Hirtle 1970: 19ff., Koziol 1972: 76f., Bammesberger 1984: 87f., Sauer 1992: 309ff. u. 313ff., Faltings 1996: 85ff.

52

Systematischer Teil

Auch sind im Unterschied zu den reinen BahuvrƯhiadj. die erweiterten nicht mehr exozentrisch, sondern endozentrisch.53 Darüber hinaus erwecken mehrere Belege des Afr., in denen Heidermanns von einem i-stämmigen Verbaladj. ausgeht, so unter anderem in -falli- (Hm 189), -fangi- (Hm 190), -tƝ2ri- (Hm 595), -wrƣki- (Hm 694) usw., bei genauerer Betrachtung den Eindruck, als seien sie das Zweitglied eines solchen BahuvrƯhiadj. mit sekundärer ja-Erweiterung. Unerweiterte BahuvrƯhiadjektiva § 111.

1. Das Hinterglied zeigt a-Flexion:

fra-aÀa‘rücksichtslos’ ? -inka‘erzürnt’ ? -lƯka‘(ähnlich)’ -meta‘gemäß, passend’ -sǀma‘einvernehmlich’ -s(w)unda*- ‘heil, gesund’ -tala‘(gefügig)’ ? -wada‘(durchwatbar)’

§ 112.

F F F F F F F F

E e E E E E E -

S S S S S -

N N N -

D D D D -

w W W -

O -

G -

aÀa- ‘Kraft’ inkan- ‘Groll’ lƯka- ‘Körper’ meta- ‘Maß’ sǀmǀ- ‘Einvernehmen’ s(w)unda- ‘Kraft’ tala/ǀ- ‘Erzählung’ wada- ‘Furt’

2. Das Hinterglied zeigt ja-Flexion:

-steurja? -wadja-welja-

‘lenkbar’ ‘(durchwatbar)’ ‘gewillt’

F - S F - F E -

N - - - - - - D W -

- steurja/jǀ- ‘Steuer’ - wadjǀ- ‘Schwemme’ G weljan- ‘Wille’

Erweiterte BahuvrƯhiadjektiva mit sekundärem ja-Suf¿x § 113.

1. Das Hinterglied zeigt ursprünglich a-/ǀ-Flexion:

? -fǀga? -sehwa-stalla? -tƣwa? -trewwa-

‘passend’ ‘ansehnlich’ ‘feststehend’ ‘geordnet’ ‘treu’

F F F F F

E E E

S S -

N N N

D D

-

-

-

fǀga- ‘Fug’ sehwa- ‘Ansicht’? stalla- ‘Bestand’ tƣwǀ- ‘Ordnung’ trewwǀ- ‘Treue’

G G -

falli- ‘Fall’ fangi- ‘Fang’ segwni- ‘Gesicht’ waldi- ‘Gewalt’

§ 114. 2. Das Hinterglied zeigt ursprünglich i-Flexion. a) Das Hinterglied zeigt von Haus aus i-Flexion: ? -falli? -fangi-segwni-waldi53

‘fallend’ ‘zu erlangen’ ‘sichtbar’ ‘absichtlich’

Sauer 1992: 314.

F F f F

E E -

S -

N -

D D -

W W W -

O -

53

Komposita -wƣni? -wrƣki-

‘(zu hoffen)’ ‘eindringend’

F E S F - -

-

D W O - W - -

wƣni- ‘Hoffnung’ *wrƣki- ‘Eindringen’

b) Die i-Flexion tritt erst im Kompositum auf: -maini? -tƝ2ri-

§ 115. -handja-

‘(gemein)’ ‘glänzend, prächtig’

F E S F - S

N D - D -

-

G *moino- ‘Wechsel’ - tƝ2rƯn- ‘Pracht’

Das Hinterglied führt auf eine u-stämmige Derivationsbasis zurück: ‘was bei der Hand ist’ F E S

N D -

O -

handu- ‘Hand’

§ 116. Ein Kompositum mit dem pronominalen Element *Ư- im Erstglied könnte vorliegen in: ? Ưd(a)la-

‘wirkungslos’

F

E S

N D -

-

-

?

ABKÜRZUNGEN 1. Abkürzungen für Sprachen und Mundarten abulg. adän. ae. afestl.-nfr. afr. afranz. ahd. ai. ains.-nfr. air. aksl. alem. amr. an. anfr. anl. aofr. aruss. arüst. as. aschw. awang. awfr. balt. bök. brok. fa. festl.-nfr. Àäm. föhr. germ. griech. gron. hall.

altbulgarisch altdänisch altenglisch altfestlandnordfriesisch altfriesisch altfranzösisch althochdeutsch altindisch altinselnordfriesisch altirisch altkirchenslavisch alemannisch amring (lokale Mundart der Insel Amrum) altnordisch gemeinaltnordfriesisch altniederländisch altostfriesisch altrussisch altrüstringisch altsächsisch altschwedisch altwangerogisch altwestfriesisch baltisch festlandnordfriesische Mundart der Bökingharde ostfriesische Mundart des Brokmerlandes inselnordfriesische Mundart der Inseln Föhr und Amrum festlandnordfriesisch Àämisch föhring (lokale Mundarten der Insel Föhr) germanisch griechisch groningisch festlandnordfriesische Mundart der Halligen

56

harl. hd. helg. heth. hind. holl. idg. ins.-nfr. jüt. karrh. kym. lat. lett. lit. luv. md. me. mgos. mhd. mir. mnd. mnl. nd. ndän. ne. nfr. ngos. nhd. nl. nnd. nnl. nnorw. nord. nschw. nwfr. od. ofr. pfr. russ. sat. schierm. sgos. shetl. sjüt.

Abkürzungen

ostfriesische Mundart des Harlingerlandes hochdeutsch inselnordfriesische Mundart der Insel Helgoland hethitisch westfriesische Ortsmundart der Stadt Hindeloopen holländisch indogermanisch inselnordfriesisch jütisch festlandnordfriesische Mundart der Karrharde kymrisch lateinisch lettisch litauisch luvisch mitteldeutsch mittelenglisch festlandnordfriesische Mundart der mittleren Goesharde mittelhochdeutsch mittelirisch mittelniederdeutsch mittelniederländisch niederdeutsch neudänisch neuenglisch nordfriesisch festlandnordfriesische Mundart der Nordergoesharde neuhochdeutsch niederländisch neuniederdeutsch neuniederländisch neunorwegisch nordisch neuschwedisch neuwestfriesisch oberdeutsch ostfriesisch protofriesisch russisch ostfriesische Mundart des Saterlandes westfriesische Mundart der Insel Schiermonnikoog festlandnordfriesische Mundart der Südergoesharde westnordisch geprägte Mundart der Shetland-Inseln südjütisch

Abkürzungen

slav. str. sy. tersch. wang. wfr. wied. wurst. wyk. zwh.

57

slavisch festlandnordfriesische Mundart des Alten Strandes inselnordfriesische Mundart der Insel Sylt westfriesische Mundart der Insel Terschelling, gewöhnlich zitiert in der Form des östlichen Dialekts, sonst tersch. (W) = westterschellingsch ostfriesische Mundart der Insel Wangerooge westfriesisch festlandnordfriesische Mundart der Wiedingharde ostfriesische Mundart des Landes Wursten festlandnordfriesische Ortsmundart der Stadt Wyk auf Föhr westfriesische Mundart des Zuidwesthoek

2. Sprachensiglen AFR D E F FNF G INF N O OFR PFR S W WFR

Altfriesisch Hochdeutsch Englisch Friesisch Festlandnordfriesisch Gotisch Inselnordfriesisch Niederländisch Ostnordisch Ostfriesisch Protofriesisch Sächsisch, Niederdeutsch Westnordisch Westfriesisch

3. Textsiglen zu den benutzten altfriesischen Handschriften A B1 B2 BnB Bo

Codex Aysma, ca. 1500, zitiert nach Buma, Gerbenzon & Tragter-Schubert edd. 1993 Die erste Brokmer Handschrift, Ende 13. Jh., zitiert nach Buma ed. 1949 Die zweite Brokmer Handschrift, a. 1345, zitiert nach Buma ed. 1949 Bene¿ciaalboeken van Friesland, 1543, zitiert nach van Leeuwen ed. 1850 Reyner Bogermans Reimsprüche, a. 1542/1551, zitiert nach de Boer ed. 1900

58

BS BTr Cr D

E1 E2 E3 EdJ F FrB FrR Fs

FV H1 H2 J KBE LSt

Abkürzungen

Bischofssühne von 1276 (Konkordat zwischen dem Bischof von Münster und dem Emsingo, Brokmerland, Reiderland und dem Oldamt), zitiert nach von Richthofen ed. 1840: 140ff. Die Baseler Traureden, um 1445, zitiert nach Buma ed. 1957 Altfriesische Chroniken, erste Hälfte 16. Jh., zitiert nach Meijering 1986 Alter Druck, Inkunabel um 1485, zitiert nach von Richthofen 1840 ohne Stellenangabe, bezüglich des Älteren Schulzenrechts nach Steller 1926, bezüglich des Autentica Riocht nach Brouwer 1941, bezüglich des Jüngeren Schulzenrechts nach van Klaarbergen 1947, bezüglich der Upstalsbomer Willküren von a. 1323 nach Meijering 1974, weitere Zitate nach Gerbenzon ed. 1961 Die erste Emsinger Handschrift, 14. Jh., zitiert nach Sipma ed. 1943 Die zweite Emsinger Handschrift, um 1450, zitiert nach Fokkema ed. 1953 Die dritte Emsinger Handschrift, um 1450, zitiert nach Fokkema ed. 1959 Annalen und Memoiren des Edo Jongama († 1536), zitiert nach Gerbenzon ed. 1965 Die Fivelgoer Handschrift, erstes Drittel 15. Jh., zitiert nach Sjölin ed. 1970 Friesische Briefe a. 1491-1581, zitiert nach Gerbenzon et al. edd. 1967 Thet Freske Riim, vor 1490 [abschriftl. 17. Jh.], zitiert nach Campbell ed. 1952 Codex Furmerius, ca. 1600 angelegte Abschriften verschiedener Hss., zitiert nach Gerbenzon, Buma et al. edd. [1963], sonst nach Gerbenzon ed. 1961 und bezüglich der Upstalsbomer Willküren von a. 1323 nach Meijering 1974; vgl. hinsichtlich der Wynyma Wilkeren, 13. Jh., ferner Buma 1959-60 Fivelgoer Verordnung von 1385, zitiert nach Buma/Ebel 1972: 208ff. Erste Hunsingoer Handschrift, um 1300, zitiert nach Hoekstra ed. 1950 Zweite Hunsingoer Handschrift, um 1300, zitiert nach Hoekstra ed. 1950 als H, Abweichungen in H1 als H1 Jus Municipale Frisonum, Mitte 16. Jh., ed. Buma, Ebel & TragterSchubert 1977, zitiert nach Buma 1996 Küren der Brokmer und Emsinger, 2. Hälfte 13. Jh., in lat. Sprache mit verschiedenen friesischen Einsprengseln, zitiert nach von Richthofen ed. 1840 (Rq): 137f. De Leeuwarder Stedstiole 1502-1504, zitiert nach Vries/Oosterhout edd. 1982

Abkürzungen

O P PrJ Ps R1 R2 Ro RoK SnR U

UbD

59

Oudfriese Oorkonden [Altwestfriesische Urkunden], a. 1329-1573, ed. P. Sipma 1927-41 und O. Vries 1977; das Zitat erfolgt ohne Stellenangabe. Codex Parisiensis, um a. 1500, zitiert nach Gerbenzon ed. 1954 Processus Judicii [Verfahren des geistlichen Rechts], hier die emsinger Fassung von a. 1457 [abschriftl. 18. Jh.], zitiert nach Buma/Ebel edd. 1967: 232ff. Altostfriesische Psalmenfragmente, 12. Jh.?, zitiert nach Langbroek 1990 Erste Rüstringer Handschrift, um 1300, zitiert nach Buma ed. 1961 Zweite Rüstringer Handschrift, a. 1327, zitiert nach Buma ed. 1954 Codex Roorda, ca. 1480, zitiert nach Hettema ed. 1834-35, bezüglich des Älteren Schulzenrechts gelegentlich auch nach Steller 1926 Codex Roorda, ed. Hettema 1834-35, mit Korrekturanmerkungen durch Gerbenzon 1981 Snitser Recesboeken 1440-1517, zitiert nach Oosterhout 1960 Codex Unia, a. 1475 [abschriftl. ca. 1650], bezüglich des Älteren Schulzenrechts nach Steller 1926, bezüglich der Gemeinfriesischen Siebzehn Küren nach Hoekstra 1940, bezüglich des Autentica Riocht nach Brouwer 1941, bezüglich des Jüngeren Schulzenrechts nach van Klaarbergen 1947, sonst Sipma 1947 und Ahlsson 1960, bezüglich der Upstalsbomer Willküren von a. 1323 nach Meijering 1974 Fragmente der Upstalsbomer Willküren von a. 1323 in einer awfr. Marginalglosse von ca. a. 1500 der Inkunabel D (Alter Druck, s.o.) aus dem Besitz der Fries Genootschap, zitiert nach Meijering 1974

4. Literatursiglen und verkürzt zitierte Literatur Afr.Hwb. AH Ahlsson Baetke Beitr. Bendsen BJ Blöndal BM BnG 1-2 Böning

Altfriesisches Handwörterbuch, D. Hofmann & A.T. Popkema 2008 Ansck in Houk (ca. 1610), zitiert nach Brouwer/Hellinga 1935 L.-E. Ahlsson 1960 W. Baetke 1976 Beiträge zur nordfriesischen Mundartenforschung, E. Löfstedt 1933 B. Bendsen 1860 B. Jacobsen 1743 S. Blöndal 1920-24 B.P. Möller 1916 Beiträge zu einer nordfriesischen Grammatik, Bd. 1-2, E. Löfstedt 1968 und 1971 H. Böning 1970

60

Brem. Wb. BT CB Ch CJ CM CQ CR DF DH DK DW EFS FA Feilberg FF FÖW FRU FT FU FW GB GJ Gl GvS HEN Hh HHa HL Hm HMN HoH IEW JG JH JM Kalkar

Abkürzungen

Versuch eines bremisch-niedersächsischen Wörterbuches 176771, 1869 J. Bosworth & T.N. Toller 1898, Supplement 1921, Addenda 1972 C. Borchling 1928 Groot Placcaat en Charter-Boek van Vriesland, Bd. 2, thoe Schwartzenberg en Hohenlansberg 1773 C. Johansen 1862 J. Cadovius Müller 1691, zitiert nach E. König ed. 1911 C. Quedensen 1754, Uhn Hemmel efter ä Duaß thu kemmen, zitiert nach V. Faltings 2000: 140ff. C. Roggen 1976 D. Fokkema 1968 D. Hofmann 1978 J. ten Doornkaat Koolman 1879-84 Deutsches Wörterbuch 1864-1960 Englisch-Friesische Sprache, T. Siebs 1889 Friesisches Archiv, ed. H.G. Ehrentraut ed. 1849-54 H.F. Feilberg 1886-1914 F. Feddersen ca. 1820 Fering-öömrang wurdenbuk. Wörterbuch der friesischen Mundart von Föhr und Amrum 2002 Freesk Uurdebok 1994 H.S. Falk & A. Torp 1910-11 Frasch Uurdebök 1988 Friesch Woordenboek, W. Dijkstra 1900-11 G. Blom 1981 Gysbert Japicx (1603-1666), zitiert nach E. Epkema 1824 Dat Baiglickniß vón di verlorne Senn, in einer wykerfriesischen Übersetzung von Knudt A. Frerks a. 1855, zitiert nach D. Hofmann 1960 Das Gleichnis vom verlorenen Sohn, in einer Mittelgoesharder Übersetzung von ca. 1810, zitiert nach Hoekstra 2009 H.G. Ehrentrauts Nachlaß, zitiert nach A. Versloot ed. 1996 Holthausen 1954 Harro Harring 1767, zitiert nach Hoekstra 2009a Halligfriesisches Lesebuch, J. Lorenzen 1981 F. Heidermanns 1993 H. Möllers Nachlaß, zitiert nach P. Jørgensen ed. 1938 F. Holthausen & D. Hofmann 1985 Indoeuropäisches etymologisches Wörterbuch, J. Pokorny 1959 „Jenaer Glossar“, B. Jacobsen ca. 1745 J. Hansen 1933 J.F. Minssen 1846, zitiert nach P. Kramer ed. 1965 O. Kalkar 1881-1918

Abkürzungen

Kat. KF

KJC Kon. Kück LB Lexer LFM LHol Lo MAH MB I-II MED Mensing MF MN MOH 1 MOH 2 MTW NfSt 1-2 NfWb NH ODS OED OfSt OSS OTJ Outzen PG PK PMC RA RM Rq Sb SB

61

Nordfriesischer Katechismus in Strander und Föhringer Mundart [um a.1600], zitiert nach W. Ziesemer 1922 Knudt A. Frerks 1851, Sprichwörter in Wyker Mundart, zitiert nach einer Abschrift von L.F. Mechlenburg, in: Mechlenburgs Nachlaß in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Nr. 3d [dort als „Sprüchwörter in Nordmarscher Mundart“ bezeichnet] K.J. Clement 1851-53 Weimarer Konversionen. Onnerressingä aaf Freesk, auerseetet voon Boy Jacobsen 1760, zitiert nach J. Hoekstra (Hrg.) 2009 E. Kück 1941-68 A. Lasch, C. Borchling et al. 1956ff. M. Lexer 1872-78 L.F. Mechlenburg 1854, zitiert nach R. Jannen ed. 1997 L. Holberg 2006 J. Lorenzen 1977 Martin A. Hansen 1910-11 Michael Brasch ca. 1750-1784, I. Enn Märn-Song, II. En EenSoong, zitiert nach V. Faltings 2000: 159ff. Middle English Dictionary, H. Kurath & S.M. Kuhn 1956ff. O. Mensing 1927-35 M.C. Fort 1980 M. Nissen 1889 Mundart des Dorfes Ockholm und der Halligen, E. Löfstedt 1928 Mundart des Dorfes Ockholm und der Halligen, E. Löfstedt 1931 Matthias Lexers Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch 1969 Nordfriesische Studien I-II, F. Holthausen 1921 und 1924a Zetteldatei der Nordfriesischen Wörterbuchstelle der Universität Kiel N. Hinrichsen 1997 Ordbog over det danske sprog 1918-56 The Oxford English Dictionary 1933 Ostfriesische Studien, F. Holthausen 1927 Ordbok över svenska språket 1898ff. O.T. Jabben 1931 N. Outzen 1837 P. Grünberg, zitiert nach O. Wilts 1975 P. Kramer 1992 P. M. Clemens 2008 R. Arfsten 1965 R. Möllencamp 1968 Friesische Rechtsquellen, ed. K. v. Richthofen 1840 E. Seebold 1970 Die Sprichwörter von C.B. van Burmania (a. 1614), zitiert nach Brouwer/Sipma edd. 1940

62

Sjem. SL SP SPEJ Spenter SU Teut TJ TS Verf. VV WFO WFT WK WNG WNT Woeste Wright WT

Abkürzungen

De frơske Sjemstin, M.M. Nissen 1868 Schiller, Karl & August Lübben 1875-81 J. Schmidt-Petersen 1912 J. Schmidt-Petersen 1912 mit handschriftlichen Korrekturen und Ergänzungen durch Eike Jensen (1874-1930), Oevenum/Föhr, Kopie im Archiv der Ferring Stiftung, Alkersum/Föhr A. Spenter 1968 Sölring Uurterbok 2006 H. Teut 1959-60 Die Thahierer Jesu, edd. W. Gosch & D. Hofmann 1957 T. Siebs 1909 handschriftliche Aufzeichnungen des Verfassers E. Verwijs & J. Verdam 1885-1952 Wurdenbuk för Feer an Oomram, O. Wilts 1986 Wurdboek fan de Fryske taal 1984ff. W. Krogmann 1957ff. Kleines friesisches Wörterbuch der Nordergoesharder Mundart 1981 Woerdenboek der Nederlandse Taal 1864ff. F. Woeste 1930 J. Wright 1898-1905 Woutir in Tialle (1609), zitiert nach Brouwer 1939

5. Sonstige Abkürzungen a. adj. adv. akk. ält. anom. comp. dat. Dith. ed., edd. Eid. Ems. f., Fem. FlN g. gen. Had.

anno Adjektiv, adjektivisch Adverb, adverbial Akkusativ älter anomales Verb Komparativ Dativ Dithmarschen edidit, ediderunt, Editor (herausgegeben, Herausgeber) Halbinsel Eiderstedt (Nordfriesland) Emsland Femininum Flurname Genus commune Genitiv Land Hadeln

Abkürzungen

Hess. Holst. Hrg., hrg. Hs. instr. intr. K Kl. Komp. Lün. m., Mask. mRN Ms. n., Neutr. NF nom. Ofal. OF Old. ON part. Part.Prät. pers. pl. PN pos. Präp. red. RN Schl. sgl. SH skand. St. stv. I-VI subst. sup. Suppl. swv. 1-3 trans. V Wfal.

Hessen Landesteil Holstein Herausgeber, herausgegeben Handschrift instrumental intransitiv Konsonant Verbklasse Komparativ Regierungsbezirk Lüneburg Maskulinum männlicher Rufname Manuskript Neutrum Nordfriesland Nominativ Ostfalen Ostfriesland Land Oldenburg Ortsname partizipial Partizipium Präteriti personae (Kasus) Plural Personenname Positiv Präposition reduplizierendes Verb Rufname Landesteil Schleswig Singular Schleswig-Holstein skandinavisch Nominalstamm starkes Verb der Klassen I-VI Substantiv, substantivisch Superlativ Supplement schwaches Verb der Klassen 1-3 transitiv Verb Westfalen

63

64

Abkürzungen

6. Symbole > < * † §

wird zu entstanden aus vorangestellt: erschlossene, rekonstruierte Form; nachgestellt: aus Àektierter, zusammengesetzter oder derivierter Form normalisiert kennzeichnet konstruierte, lediglich der Argumentation zuliebe angesetzte Form verweist auf Paragraphen des systematischen Teils

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WÖRTERBUCH

„Dictionaries are like watches, the worst is better than none, and the best cannot be expected to go quite true.“ Samuel Johnson (1709-1784)

A Hm 97f. alda- ‘alt’ *V (§ 82) F

AFR aofr. ald ‘alt; vormalig’ (B1-2, E1-3, F, FV 208, H, PrJ 254, R1-2), eldra comp. (E1, H), eldest sup. (E1, H) awfr. ald (A 222, 250, BTr, Cr, D [Meijering], FrB 126, FrR, Fs 1,41, J, LSt, Ro 1,202, SnR 29, U [Brouwer], O), Ɨud (FrB 156, Ro 2,74, O), Ɨuld (FrB 50, SnR 19, O) ‘alt; vormalig’, alder comp. (FrR, U [Steller]), jolder comp. (J), ielder comp. (D [Steller 65], Ro 2,44) spätawfr. aud ‘alt’ (Bo) INF ält. fa. uhl (a. 1757, NfSt 1,26), fa. ual ‘alt’, ääler comp., äälst sup. (WFO 298, FÖW 640f.) helg. ool ‘alt’ (TS 260) sy. ual ‘alt, bejahrt’, ialer comp., ialst sup. (BM 280, SU 809) FNF bök. üülj ‘alt’, åler comp., ålst sup. (FU 263) hall. ual ‘alt’, aoler comp., aolst sup. (MOH 1,133) ält. karrh. uhl ‘alt’, uhler comp., ahlst sup. (ca. a. 1820, FF 171), karrh. üülj ‘alt’ (OTJ 42) mgos. uul ‘alt’ (HMN 133), ält. mgos. ahlst sup. (ca. a. 1810, GvS v. 25) ält. ngos. uul, uel ‘alt’, aler comp., aalst sup. (a. 1743, BJ 2,194, a. 1745, TJ 31; ca. a. 1745, JG 4), ngos. uul ‘alt’, åler, aaler comp., ålst, aalst sup. (WNG 10) sgos. ual ‘alt’ (Beitr. 37) wied. uuil, ul ‘alt’, aaler comp., aalst sup. (FRU 361) wyk. ul [-u.-] ‘alt’ (KF nr. 99), aalst sup. (Gl 275) OFR brok. aeld ‘alt’ (OfSt 69, 70) harl. ohld ‘alt’ (CM 44) sat. oold ‘alt’, aller comp., ooldeste sup. (MF 141) wang. ooel ‘alt’, aller comp., alst sup. (FA 1,24) wurst. ahld, aahl ‘alt’ (RM 89) WFR frühnwfr. aad ‘alt’ (SB 43, GJ 3) nwfr. âld ‘een bepaalde leeftijd hebbende (van wezens); lang geleefd hebbende; bejaard; overjaars, niet nieuw; van vroeger, verouderd, historisch’ (WFT 1,49ff.) hind. aald ‘oud’, èalder comp., èaldst sup. (GB 11) schierm. aud ‘oud’ (DF 11) tersch. ôd ‘oud’ (CR 74)

104

-iga-ikǀda-

-iska-

-lƯka-

-an-Ưn-

-kǀ-nassjǀ-

-haidu-ǀja-

Bel Germ

alda-

INF fa. ualig ‘nicht mehr frisch, modrig’ (WFO 298, FÖW 641), WFR nwfr. âldich ‘oudachtig’ (WFT 1,67) INF fa. äälerket ‘ältlich, älter’ (FÖW 4) < ains.-nfr. *elderikad; eine diminutivisch-hypokoristische Ableitung mit dem hybriden Suf¿x -ket aus dem Komp. fa. ääler; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und Faltings 1996b: 95f. INF fa. ualsk, uask ‘fade, modrig, verdorben’ (SP 145, FÖW 641), sy. ualsk ‘ältlich; schimmelig’ (HMN 76, SU 810), FNF bök. üüljsch ‘alt, schimmelig, modrig (besonders vom Korn und Brot)’ (FU 263), hall. ualsk ‘muf¿g’ (MOH 1,133), karrh. uulsk, üülsk ‘ältlich, anbrüchig durch Schimmel; altmodisch’ (MN 2156, OTJ 42), wied. uuilsk ‘verdorben (weil zu alt)’ (FRU 362), WFR nwfr. âldsk ‘oud lijkend, ouwelijk; sterk; enigszinds bedorven door ouderdom, niet vers; verouderd, ouderwets’ (WFT 1,71), hind. aaldsk ‘ouwelijk; sterk, enigzinds bedorven door ouderdom’ (GB 11), schierm. audsk ‘ouds’ (DF 10), tersch. ôdsk ‘duf’ (CR 75) FNF ält. ngos. uwlick ‘ältlich’ (ca. a. 1745, JG 5), OFR sat. oolk ‘häßlich; schlecht, böse, hinterlistig’ (MF 141) < aofr. *ƗldlƯk; vgl. auch E ae. ealdlƯc adj. ‘old, senile, venerable’ (BT 228); daneben mit komparativer Basis INF fa. äälerk ‘ältlich’ (FÖW 4) < ains.-nfr. *elderlƯk WFR nwfr. âlde ‘ouderdom, leeftijd’ (WFT 1,54) AFR aofr. elde f. ‘Alter’ (PrJ 234), awfr. jelde f. (A 388, Ro 1,94, U [Brouwer]), jolde f. (A 444) ‘Alter’, WFR frühnwfr. jeld ‘ouderdom, het oudzijn; leeftijd’ (GJ 220, WFT 10,33) mit nwfr. je- < jƝ- < diphthongiertem -Ɲ- < gedehntem -e- vor -ld, daneben bereits im Awfr. Formen mit jo- < je-; zu den afr. Formen vgl. auch Ahlsson 2. INF helg. alerk n. ‘Alter’ (WK 73); die Bildung deadj. Abstrakta mit k-Suf¿x ist im Nfr. wohl dän. beeinÀußt; vgl. Hofmann 1956: 102f. WFR nwfr. âldens ‘ouderdom, leeftijd’ (WFT 1,56), tersch. ôdens ‘leeftijd’ (CR 74), daneben mit einer komparativen Basis INF fa. äälerns f.n. ‘Lebensalter, Altersstufe’ (FÖW 4) [oder sekundär aus ains.-nfr. *elder n. ‘Alter’ mit dra-Suf¿x? (s.u.)] AFR awfr. ƗldhƝd f. ‘Alter, Lebensalter’ (Ro 1,214, 216), daneben mit ig-Erweiterung awfr. aldichƝd f. ‘Alter’ (O), INF fa. ualhaid n. ‘Alterserscheinung’ (FÖW 641); vgl. auch Ahlsson 169. AFR awfr. aldia swv.2 ‘altern’ (A 276, U [Brouwer]), INF fa. uale (WFO 298, FÖW 641), sy. uali (BM 281, SU 809) swv.2 ‘altern’, WFR nwfr. âldsje swv. ‘verouderen’ (WFT 1,74) Westgerm. und got.: E ae. eald, S as. ald, N mnl. out (-d-), D ahd. alt, G krimgot. alt. PFR *ald > *Ɨld mit Frühdehnung des -a- vor -ld, das in den neufries. Mundarten wie das aus germ. -au-/ai- monophthongierte afr.

angu-

Lit

105

-Ɨ- weiterentwickelt wird, im Wfr. über eine Zwischenstufe *Ɨuld mit Ɨu- < Ɨ- vor -ld. Ursprüngliches Verbaladj., das neben germ. *ala- stv.VI ‘nähren’ (Sb 75) steht; demnach für das Adj. etwa folgende Bedeutungsentwicklung: ‘ernährt’ > ‘aufgewachsen’ > ‘erwachsen, alt’ (Hm 98); deverbal mit dra-Suf¿x auch das Abstraktum AFR awfr. alder* n. ‘Alter, Lebensalter, Leben’ in alderlang ‘immerwährend, ewig’, adv. ‘allzeit, auf immer, ewig’ (J), FNF bök. åler (FU 4), hall. aoler (MOH 2,8), ält. karrh. ahler m. (ca. a. 1820, FF 2), ngos. åler, aaler (WNG 10), wied. aaler (FRU 2) n. ‘Alter’ < afestl.-nfr. *alder n., daneben mit Umlaut INF sy. ialer n. ‘Alter, Lebensalter’ (BM 122, SU 603) < ains.-nfr. *elder. Siebs 1889: 58; Delbrück 1907: 127; Falk/Torp 1909: 20; Brugmann 1918: 310ff.; Löfstedt 1928: 133; Löfstedt 1933: 37; Porzig 1954: 343ff.; Pokorny 1959: 26; Spenter 1968: 308; Buma 1969: 23ff.; Seebold 1970: 75ff.; Becker 1991; Boutkan/Siebenga 2005: 14. Hm 100f. angu- (> *angwu-) ‘eng’ *V (§ 51)

F

O

-lƯka-

-ǀja-

Bel

OFR wang. ong ‘bange, ängstlich’ (FA 1,99) WFR frühnwfr. æng ‘ang, bang, beangst’ (GJ 10) nwfr. eang ‘angstig, bang; gevaarlijk; akelig, om te zien, afschrikwekkend; eng, nauw; schraal, mager; gierig; eggig, stroef, gevoelig’ (WFT 4,236f.) ndän. ang ‘snæver’ (ODS 1,585), jüt. ang in der Wendung ang efter en ‘er den, som hænger efter en, idelig vil være hos en’ sowie in der Verbindung angbrystet ‘trang for brystet’ (Feilberg 1,26) INF ält. fa. onggelck (a. 1757, NfSt 1,21), fa. ongelk ‘häßlich, unangenehm; schrecklich; abstoßend, widerwärtig; hinterlistig’ (WFO 198, FÖW 395, Verf.), FNF bök. unglik ‘ängstlich, bange’ (FU 257), hall. onglik ‘schauderhaft, ekelhaft’ (MOH 1,240), karrh. unglik ‘ängstlich’ (MN 2368), ngos. unglik ‘ängstlich’ (MOH 1,240), wied. onglik ‘ängstlich; beängstigend, furchterregend’ (FRU 238) AFR awfr. angia swv.2 ‘ängstigen, angst werden’ (A 530, FrB 106, O), INF ält. fa. ongi swv.2 ‘ekeln’ (a. 1757, NfSt 1,24), WFR frühnwfr. engje (SB 67), ængje (AH 22, Z. 47) swv.2 ‘fürchten, ängstigen’ Gemeingerm.: E ae. enge, S as. engi, N mnl. enge, D ahd. engi, W an. ƫngr, G aggwus.

Germ

PFR *ong mit Verdumpfung des -a- > -o- vor Nasal, im Nfr. mit Frühdehnung des -o- vor -ng > *ǀng, dessen -ǀ- in bök. ngos. ung-

106

Idg

Lit

arga-

lik zu -u- verengt wird, in fa. ongelk, hall. wied. onglik mit weiterer Senkung zu -o-, im Wfr. aus *ong > awfr. *ang > *Ɨng mit Dehnung des anlautenden -a- vor -ng > nwfr. eang. Dabei ist zu beachten, daß der u-Stamm germ. *angu- hier nicht, wie im übrigen Westgerm., in die i- bzw. ja-Flexion, sondern – entsprechend W an. ƫngr – in die a-Flexion eingetreten ist. Aus der Bedeutung ‘eng’ entwickelt sich im metaphorischen Gebrauch a) passivisch: ‘bedrängt’ > ‘ängstlich’, b) aktivisch: ‘bedrängend’ > ‘ekelerregend, abstoßend’. Ursprüngliches Verbaladj. zu idg. *anƣh- ‘einengen, schnüren’ (IEW 42), etwa in griech. ȐȖȤȦ ‘schnüre zusammen, erdrossele’, lat. angǀ ‘beenge, schnüre zusammen; beängstige’. Vgl. neben dem Adj. das s-stämmige Subst. idg. *anƣhos- ‘Beklemmung, Angst’ in W an. angr ‘Angst’ sowie erweitert und in derselben Bedeutung AFR aofr. ongosta, awfr. anxta, INF fa. ongst, sy. ungst, FNF ngos. ongst, OFR wang. ongst, WFR nwfr. eangste, D ahd. angust. Falk/Torp 1909: 12; Löfstedt 1928: 241; Pokorny 1959: 42; Heidermanns 1986: 279f. Hm 102f. arga- ‘unzüchtig’ *V (§ 37)

F

AFR aofr. erch (E1, F, H, R1) ‘schlimm, böse, schlecht’, erge adv. ‘arg, böse, schlecht, verkehrt’ (R1-2) awfr. erch (BTr, D, J, Ro 2,182, U [Brouwer], O), erich (Ro 2,126), arch (A 296 [in thet arge ‘das Böse’], Fs 1,41, O) ‘böse, schlecht, übel, schlimm’ INF frühfa. ärig ‘arg, böse’ (ca. a. 1600, Kat. 70) fa. iarig ‘schlimm; böse; traurig; schlecht, kümmerlich, schlecht aussehend; wund, eiternd’ (WFO 123, FÖW 250) helg. iaari ‘arg, böse’ (WK 322) sy. Ɨrig ‘arg, schlimm; böse, zornig’ (BM 36, SU 478) FNF ält. bök. eirig (a. 1748, NfSt 2,4), bök. ärj ‘böse, schlimm, übel’ (FU 17) ält. hall. eehrg (a. 1749, NfSt 1,6), hall. eerg (MOH 1,61) ‘arg’ ält. karrh. äirig (ca. a. 1820, FF 4), karrh. äirch, eeri (OTJ 46, MN 1168) ‘arg; böse’ mgos. äärch ‘arg’ (BnG 1,119) ält. ngos. eerg ‘arg’ (a. 1743, BJ 2,36), ngos. eerj, eerch ‘schlimm’ (WNG 91) sgos. eeri ‘arg’ (EFS 50, MN 1168) wied. eeri ‘böse, schlimm’ (FRU 70) wyk. eerig in hatt deh ham erig ‘es tat ihm leid’ (KF nr. 16, Gl 276)

arga-

O -a-

-Ưni-

-engǀ-nassjǀ-

-haidu-ǀja-

107

OFR sat. äärch ‘arg’ (PK 1,35) wang. äärch ‘arg’ (HEN 212, EFS 50) WFR nwfr. erch ‘van ernstige, onaangename, bedenklijke, betreurenswaardige aard; slecht; van zieken met betr. tot hun toestand: slecht, ernstig; hevig, in hoge mate; schrander’ (WFT 4,373f.) hind. erch ‘erg’ (GB 43) schierm. erch ‘erg’ (DF 29) tersch. erch ‘erg’ (Knop 1954: 15) adän. argh ‘gejl’ (ODS 1,816f., Nielsen 1989: 32) AFR awfr. erch n. (D [Steller], J, Ro 2,210, U [Steller], O), arch n. (O) ‘Böses, Übel; Nachteil, Schaden’, INF frühfa. ärg (ca. a. 1600, Kat. 65), ält.fa. ihrig (a. 1754, CQ v.2) ‘Arg’, fa. iarig n. ‘Kummer, Leid, Beschwerden; Böses, Schlimmes; Entzündung’ (WFO 123, FÖW 250f.), sy. Ɨrig n. ‘Arg, Leid’ (BM 36), FNF bök. ärj n. ‘Schlimmes, Böses’ (FU 17), hall. eerg n. ‘Böses’ (HL 36), karrh. äirch, eeri n. ‘das arge, böse’ (MN 1169), mgos. äärch n. ‘Ärger, Kummer’ (LHol 158), ält. ngos. eerg ‘Arg’ (a. 1743, BJ 2,38), sgos. eeri n. ‘das arge, böse’ (MN 1169), wied. eeri n. ‘Böses, Schlimmes’ (FRU 70), OFR wang. äärch n. ‘Arg, Leid’ (HEN 420), WFR nwfr. erch ‘kwaad vermoeden, argwaan; vermoeden, besef’ (WFT 4,373), hind. erch n. ‘erg’ (GB 43) AFR awfr. ergene f. (A 496, D, J, U [Ahlsson]) bzw. mit Schwund des -g- nach -r- in erene f. (U [Ahlsson]) ‘Beschädigung, Lähmung’; wohl deverbal aus afr. ergia swv. ‘verschlimmern’; vgl. Ahlsson 14 und Munske 1973: 152. AFR awfr. erginge f. ‘Beschädigung; Lähmung’ (U [Ahlsson]); wohl deverbal aus afr. ergia swv. ‘verschlimmern’; vgl. Ahlsson 47 und Munske 1973: 152. AFR awfr. ergense f. (D, J, U [Ahlsson]), ergens f. (D), ergenisse f. (O) ‘Verschlimmerung, Schädigung, Schwächung, Lähmung’, INF helg. iaarigens n. ‘Arg’ (WK 322), WFR nwfr. ergens ‘ernst, het erg zijn’ (Neologismus?) (WFT 4,378); vgl. ferner His 1901: 294, Ahlsson 116 und Munske 1973: 152. INF fa. iarighaid n. (SP 64), sy. Ɨrighair g. ‘Bosheit; Zorn’ (BM 36, SU 478), FNF bök. ärjhäid f. (FU 18), wied. eerihaid n. (FRU 70) ‘Bosheit’ AFR aofr. ergia swv.2 (F), awfr. ergia (A 276, O) swv.2 ‘verschlimmern, schlechter werden’, urergia swv. ‘vermindern’ (Ro 1,204), INF fa. äärige, erige swv.2 ‘ärgern; schlimmer werden’ (Tedsen 1906: 35, Verf.), sy. Ɨrigi swv.2 ‘ärgern’ (BM 36, SU 478), FNF mgos. äärge swv.2 ‘ärgern’ (LHol 158), daneben aus dem Komp. AFR aofr. erge-

108

arma-

ria swv.2 ‘vermindern, beschädigen, kränken, verschlechtern’ (R1-2), WFR nwfr. ergerje swv. ‘ergeren’ (WFT 4,378) Bel Germ

Idg

Lit

West- und nordgerm.: E ae. earg, S mnd. arch, N anl. arg, D ahd. arg, W an. argr. PFR *erg. Die nfr. und partiell auch die awfr. Belege führen auf eine Basis mit gedehntem -e- vor -rg zurück, wie nicht zuletzt etwa die Schreibung eerg (D), eergh n. (Ro) andeutet, während sy. Ɨrig ebenso wie awfr. arch Senkung des -e- > -a- vor -rg zeigt (vgl. Selmer 1921: 62 und Gosses 1928: 54f.), möglicherweise hervorgerufen durch Àektierte Formen, in denen das -g- auf die Folgesilbe gezogen wurde (Siebs 1901: 1177), demnach also: erch : *arges etc. und im weiteren afr. erch > awfr. arch, ains.-nfr. *arch > sy. Ɨrig. Die Annahme, sy. Ɨrig sei entlehnt (Siebs 1889: 50) – wie vergleichsweise fa. arig ‘böse, wütend’ (WFO 16, FÖW 46) aus sjüt./dän. arrig ‘böse, schlecht; bösartig, zornig’ –, ist m.E. unbegründet. Ursprünglich handelt es sich um ein übles Schimpfwort der Germanen. Seine Grundbedeutung ist zunächst ‘wollüstig (Frau)’, ‘pervers, homosexuell, weibisch (Mann)’, ‘unzüchtig (Zauberhandlung)’: daraus ‘unmännlich, feige [in W argr, E earg]’, aber auch in christlicher Moralauffassung ‘schändlich, schlimm, böse, gottlos’. Nach Puhvel 1986: 154f. ist für das ererbte Verbaladj. von folgender Etymologie auszugehen: idg. *órƣho- ‘kopuliert habend’ neben *orƣhó- ‘Kopulator’ in denominativem griech. ȩȡȤȑȠȝȐȚ ‘tanze, springe, bebe’ [d.h. ‘handle wie ein ȩȡȤoȢ’]; dazu heth. ark- ‘besteigen, bespringen’, lit. aržùs, eržùs ‘lüstern, geil’ sowie griech. ȩȡȤȚȢ ‘Hode’ (Hm 103). Siebs 1889: 50; Siebs 1901: 1177; Falk/Torp 1909: 19; Selmer 1921: 62; Weisweiler 1923: 16ff.; Gosses 1928: 54f.; Löfstedt 1928: 61; Pokorny 1959: 339; Spenter 1968: 105; Lühr 1982: 682ff.; Gade 1986: 124ff.; Puhvel 1986: 154f.; Schuhmann 2002: 453ff.; Boutkan/ Siebenga 2005: 90f. Hm 104f. arma- ‘elend, erbärmlich’ *V? (§ 65a)

F

AFR aofr. erm ‘arm, bedürftig’ (B1-2, E2-3, F, FV 208, H, PrJ 234, R1) awfr. erm , Ɲrm (A 16, D, FrR, Fs 2,80, P, Ro 1,98, SnR 528, U [Sipma], O) neben arm (A 310, FrR, O) ‘arm, bedürftig’ spätawfr. aerm ‘arm’ (Bo) INF frühfa. arm ‘arm’ (ca. a. 1600, Kat. 73) fa. aarem, arem ‘arm, bedürftig; bedauernswert’ (WFO 3, 16, FÖW 8, Verf.)

arma-

O -lƯka-eþǀ-haidu-ǀja-

Bel Germ

109

helg. aarem ‘arm’ (WK 86) sy. Ɨrem ‘arm, mittellos; bedauernswert’ (BM 36, SU 478) FNF bök. eerm ‘arm’ (FU 60) ält. hall. eerm (a. 1749, NfSt 1,8), hall. eerm, äärm ‘arm’ (MOH 1,60) ält. karrh. ährm (ca. a. 1820, FF 3), karrh. äirm (MN 717, OTJ 46) ‘arm’ mgos. eerm, äärm ‘arm’ (HMN 121, JH 9) ält. ngos. eerm (a. 1743, BJ 2,36), ngos. eerm ‘arm’ (MOH 1,60) sgos. eerm ‘arm’ (EFS 49, Beitr. 33) str. ehrm ‘arm’ (ca. a. 1600, Kat. 73) wied. jarm ‘arm, mittellos; bedauernswert, jämmerlich’ (FRU 153) OFR harl. irm ‘arm’ (CM 94) sat. äärm ‘bedauernswert, jämmerlich’ (PK 1,35f., MF 72) wang. äärm ‘arm’ (FA 1,88) wurst. aérm ‘arm’ (RM 90) WFR frühnwfr. aerm (SB 97), ærm (AH 21, Z. 24, WT 27, Z. 89), erm (AH 21, Z. 5), earm (GJ 100) ‘arm’ nwfr. earm ‘behoeftig, niet of bijna niets hebbende; armzalig, pover; beklagenswaardig, ongelukkig; met een stompe hoek’ (WFT 4,256) hind. êrm ‘arm’ (GB 44) schierm. air(e)m ‘arm’ (DF 9, Spenter 177) tersch. earem ‘arm’ (CR 20) adän. arm ‘stakkels, ynkværdig; fattig, trængende; fuldstændig ubemidlet’ (ODS 1,831ff., Nielsen 1989: 32f.) INF fa. aaremk (< *aarmelk) ‘ärmlich’ (Verf.), FNF bök. eermlik (FU 60), ält. ngos. eermlick (a. 1743, BJ 2,37) ‘ärmlich’, OFR sat. äärmelk ‘ärmlich’ (PK 1,36) AFR awfr. Ɲrmde [f.] ‘Armut’ (J [Hettema ed. 1847: 179]); vgl. auch Ahlsson 129. AFR aofr. ermichƝd (F), awfr. ƝrmichƝd (Ro) f. ‘Armut’ mit sekundärer ig-Erweiterung FNF wied. jarme swv. ‘arm machen’ (FRU 153), WFR nwfr. earmje swv.2 ‘arm worden; voortdurend jammerklachten uiten’ (WFT 4,262) Gemeingerm.: E ae. earm, S as. arm, N anl. arm, D ahd. arm, W an. armr, G armosts sup. In den meisten neufries. Belegen ist eine Vorstufe mit teils früh, in der Regel jedoch sekundär gedehntem -e- vor -rm anzusetzen
-a- vor -rm trat möglicherweise zunächst in Àektierten Formen ein, wo das -m- auf die Folgesilbe gezogen wurde (s.o. unter germ. *arga-). Man hat das im Germ. isoliert stehende *arma- mehrfach als ursprüngliches Verbaladj. angesetzt in den Bedeutungen ‘beklagenswert, elend, unglücklich’, ‘besitzlos, arm’, ohne daß die näheren etymologischen Zusammenhänge bislang befriedigend erläutert werden konnten; vgl. dazu resümierend Lloyd/Springer 1988ff.: 1,333ff. und Heidermanns (Hm 105). van Helten 1890: 2; Siebs 1889: 49; Siebs 1901: 1177f.; Delbrück 1907: 127; Falk/Torp 1909: 19; Selmer 1921: 48; Weisweiler 1923: 304ff.; Löfstedt 1928: 60; Gosses 1928: 54f.; Wirth 1966; Pokorny 1959: 782; Spenter 1968: 177; Beck/Strunk 1972: 18ff.; Humbach 1985: 189ff.; Lloyd/Springer 1988ff.: 1,333ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 92. Hm 107ff. aþalja- ‘angestammt’ D (§ 101b)

F

AFR aofr. ethele ‘vollfrei, vollbürtig; adlig; edel, vortrefÀich (Person)’ (E1, F, H, R1) awfr. ethel (J, U [Sipma]), edel (A 326, BTr, D, FrB 104, FrR, Fs 2,149, J, Ro 1,210, O) ‘vollfrei, vollbürtig; adlig; edel, vortrefÀich (Person); ererbt (Sachen)’ spätawfr. eel ‘edel’ (Bo) OFR harl. eedel* in eedelstein ‘ein Edelgestein’ (CM 39) sat. eedel (PK 1,460), edel (MF 52) ‘edel; adlig; kostbar’ WFR frühnwfr. eel ‘edel, nobilis’ (a. 1588, Claes 50, GJ 102) nwfr. eal ‘van adel; hoogstaand, edelaardig, voortreffelijk’ (WFT 4,233)

un-

AFR aofr. unethele (E1 [in subst. unethela m.], H), unedel (E3), awfr. onedele (D [in subst. onedela m.pl.], J), onedel (FrB 104, Ro 2,92) ‘unedel, nicht vollbürtig, hörig’

-lƯka-enga-

AFR awfr. edellƯke adv. ‘vortrefÀich, schön, vollkommen’ (BTr) AFR aofr. etheling m. (E1, F, R1-2), awfr. edeling (J, Fs 1,43, O), edling (D, Fs 1,43, O) m. ‘Edeling, Adliger; Vollfreier, von freien,

aþalja-

-dǀma-

-haidu-

Bel Germ

Lit

111

vollehelichen Vorfahren abstammender Besitzer eines Erbgutes’; vgl. Siebs in Heck 1894: 226ff., van Helten 1907: 105ff., Jaekel 1907: 66ff., Mayer 1910: 54, Heck 1939: 50ff. AFR aofr. etheldǀm m. (E1, F, H, R1-2), awfr. edeldǀm m. (D, J), ethildǀm m. (U [Hoekstra]) ‘freie, gesetzliche Geburt, das Gehören zum Stand der Wohlgeborenen, volle Bürgerrechte’; vgl. Ahlsson 223 (falsch die Deutung bei van Helten 1907: 104). AFR aofr. edelhƝd f. (PrJ 250), awfr. edelhƝd f. (A 466, BTr, Ro 1,70, U [Ahlsson]) ‘vornehmer Stand, Adel; Schönheit, VortrefÀichkeit’, WFR frühnwfr. edelheyt ‘edelheid (een Eeretijtel)’ (GJ 102); vgl. Ahlsson 172. Westgerm. und ostnord. (in Ableitungen auch westnord.): E ae. æðele, S as. ethili, N mnl. adel, D ahd. adal, O aschw. aþul. Wie die übrigen westgerm. Formen ist auch PFR *ethele als eine ja-stämmige Ableitung aus dem Subst. germ. *aþala- ‘Geschlecht, angestammte Eigenschaft’ anzusehen. Die in den jüngeren afr. – insbesondere awfr. – Quellen überwiegende Schreibung mit apokopiertem -e läßt vermuten, daß die inlautende stimmhafte Spirans spätestens im 15. Jahrhundert zu einem stimmhaften dentalen Verschlußlaut oder einem diesen nahestehenden Laut reduziert worden war, der bereits im Spätawfr. des 16. Jahrhunderts intervokalisch schwindet (vgl. Siebs 1901: 1275f.). Die zu germ. *aþala- ‘Geschlecht’ gebildete Vԍddhi-Ableitung germ. *ǀþela- ‘ererbter Besitz’ begegnet in AFR Ɲthel m.n. ‘Erbgut’ bzw. in einem daraus hervorgegangenen ja-stämmigen Kollektivum Ɲthele n. ‘Erbgüterkomplex’ sowie in dem schwachen Verb Ɲthelia swv.2 ‘zu Erbeigen machen’. Van Helten 1896: 15f. begreift das afr. Adj. danach als BahuvrƯhiadj. Ɲthel ‘Erbeigen besitzend’ < germ. *gaǀþelja-. Dieser Ansatz ist indessen zu verwerfen. Unter den neufries. Belegen liegt zumindest in FNF bök. wied. äädel ‘edel’ (FU 1, FRU 1) und OFR wang. ëddël ‘edel’ in eddelmon ‘Edelmann’, eddelwüüf ‘Edelfrau’ (HEN 228), aber wahrscheinlich auch in WFR hind. eadel ‘edel’ (GB 41) Entlehnung aus dem Nd. bzw. Nl. vor. van Helten 1907: 105f.; Falk/Torp 1909: 10; Neckel 1916: 385ff.; Gosses 1928: 29; Boersma 1939: 16; Szemerényi 1952: 42ff.; Pokorny 1959: 71; Betz 1962: 9ff.; Darms 1978: 192ff.; von Olberg 1991: 185ff.; Vennemann 2001: 189ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 96.

112

auþja-

Hm 111 auþja- ‘verlassen’ *D (§ 99, 107) F

INF fa. ias ‘kalt, eisig, ungemütlich; öde, einsam’ (WFO 124, FÖW 252) sy. iir ‘öde, wüst’ (BM 126, SU 611) FNF hall. ia ‘öde’ (MOH 1,103) sgos. iad ‘öde’ (NfWb)

Bel

Gemeingerm., außer im Nd. und Nl.: E ae. Ưeðe, D ahd. ǀdi, W an. auðr, O adän. øǀthæ, G auþeis*. Aus ains.-/afestl.-nfr. *ƣðe. Entlehnung aus dem Nhd. – möglicherweise über eine nnd. Zwischenstufe – ist INF helg. eed ‘öde’ (WK 173). Das Adj. ist formal identisch mit griech. ĮȔįȚȠȢ ‘nichtig, eitel’. Als Basis wird gewöhnlich ein Adv. idg. *au-ti- angesetzt zu idg. *au‘weg von’ (IEW 72f.), woraus sich nicht zuletzt die Grundbedeutung ‘verlassen, leer’ erklärt. Falk/Torp 1909: 4f.; Löfstedt 1928: 103; Pokorny 1959: 72f.

Germ Idg

Lit

B Hm 115f. balþa- ‘kühn’ *V (§ 82) F

AFR aofr. balde adv. ‘bald’ (H) awfr. bald adj. ‘kühn, mutig, tapfer’ (A 430, FrR, J), bold adj. ‘zuversichtlich’ in bold wesa up ‘sich verlassen auf’ (Ro) spätawfr. bƗud adv. ‘bald, schnell’ (Bo) WFR frühnwfr. bald, boude ‘audax [kühn]’ (nach a. 1599, Claes 30)

Bel

Gemeingerm.: E ae. beald, S as. bald, N anl. baldo adv., D ahd. bald, W an. ballr, O adän. bold, G balþaba adv. PFR *bald, das sich in den modernen Mundarten nicht fortsetzt. Entlehnungen aus dem Nd. sind INF fa. bal (WFO 23, FÖW 55), helg. bal (WK 91), sy. bal (BM 41) adv. ‘bald, schnell; fast, beinahe’, FNF bök. bål (FU 24), hall. bale (Lo 5), karrh. bal (OTJ 42), ält. ngos. ball (a. 1743, BJ 2,7), ngos. bal, baal (WNG 15), wied. bal adv. (FRU 25), wyk. båål (KF nr. 48) adv. ‘bald; fast, beinahe’ sowie wahrscheinlich OFR wang. bol (FA 1,89) und sat. bolde (PK 1,273), boalde (MF 82) adv. ‘bald; fast beinahe’ (< nnd. (OF) bold), vielleicht auch AFR awfr. bold ‘kühn, dreist’ (Ro 1,18), sofern die Schreibung hier nicht lediglich den spätawfr. Lautwert /bȃ:d/ widerspiegelt. Bodenständig begegnet germ. *balþa- im Nfr. lediglich im Erstglied des Föhrer ON INF fa. Bualigsem ‘Boldixum’, dem wiederum ein mRN zugrunde liegt (Faltings 1996a: 63). Vermutlich handelt es sich bei germ. *balþa- um ein ursprüngliches Verbaladj. in der Bedeutung ‘nach vorne drängend’, nach Matzel 1992: 121 angeblich ein Part.Prät. auf idg. -to- zu einem starken Verb germ. *bala- stv.VI ‘schwellen’ (Sb 99). Grundlage eines solchen Verbs germ. *bala- und der relikthaft überlieferten Variante germ. *bela- stv.IV ‘schwellen’ (Sb 99) dürfte die idg. Wurzel *bhΩl(Ω)- ‘schwellen’ (IEW 120f.) sein. Delbrück 1907: 128; Falk/Torp 1909: 267; Weisweiler 1923: 70ff.; Buma ed. 1949: 158; Oksaar 1958: 280ff., 346ff., 404ff.; Pokorny 1959: 120f.; Green 1965: 5ff.; Seebold 1970: 99; Lloyd/Springer 1988: 1,434ff.; Matzel 1992: 121.

Germ

Idg Lit

114

balwa- – barska-

Hm 116f. balwa- ‘quälend’ P/S (§ 12, 91) F

AFR aofr. bale* ‘übel, böse, schlecht’ in balumon m. (R1), balemunda m. (E1, F, H) ‘ungetreuer Vormund’, balemund m. ‘ungetreue Vormundschaft’ (F) awfr. bale* ‘übel, böse, schlecht’ in balemund (U [Hoekstra]), balemond (J), balmond (A 224, D, J, Ro 1,204, SnR 405) m. ‘ungetreuer Vormund’

-ǀja-

AFR aofr. urbalia (F), awfr. urbalia (Ro 2,124) swv.2 ‘(Vermögen) verschleudern, durchbringen’

Bel Germ

Westgerm.: E ae. bealu, S as. balu-, D ahd. balolƯhho adv. PFR *balu. Das Suf¿x germ. -wa- wird im Afr. über -u zu -e abgeschwächt. In den arüstr. Texten bleibt -u- in der Kompositionsfuge erhalten. Das Adj. setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort, auch nicht in derivierten oder kompositionellen Formen. INF fa. balstjüürig, -schüürag (WFO 23, FÖW 55), sy. balstjüürig (BM 41) ‘widerspenstig, störrisch’, FNF bök. bålstjöri ‘ungebärdig, widerspenstig’ (FU 24), OFR sat. balstjúrich ‘schwer lenksam; grob; überlaut’ (MF 74) usw. dürfte Entlehnung aus (m)nd. balstürich ‘unbändig, unlenksam, widerspenstig’ sein. Das Adj. steht im Germ. isoliert. Hinsichtlich der Wortbildung ist unklar, ob *balwa- als Primäradj. aufzufassen oder aus dem gleichlautenden Subst. (wie in E ae. bealu, S as. balu ‘Unheil’) erwachsen ist. Nach Seebold 1980: 482f. gehört germ. *balwa- zu idg. *ƣhԥel- ‘täuschen’ in griech. ijȘȜȩȢ ‘betrügerisch’, lat. fallǀ ‘täusche, betrüge’ mit idg. ƣhԥ- > germ. b-. Aus der Grundbedeutung ‘betrügerisch’ könnte sich ‘übelwollend’ und ‘schlimm, böse, verderblich’ entwickelt haben. van Helten 1890: 94; van Helten 1907: 25, 138 Anm. 1; Oberdörffer 1908: 14; Falk/Torp 1909: 268f.; Weisweiler 1923: 70ff.; Pokorny 1959: 125; Ilkow 1968: 56f.; Schubert 1968: 44, 64; Seebold 1980: 482f.; Bammesberger 1990: 243; Boutkan 1998: 62f.; Boutkan/ Siebenga 2005: 31.

Idg

Lit

barska- ‘bitter, scharf’ *V/*D (§ 77, 109) F S

FNF ält. ngos. beersk ‘bitterlich (Geschmack)’ (a. 1743, BJ 1,19) mnd. barsch ‘von scharfem Geschmack, stark von Wein, Gewürz u. dgl.’ (LB 1,149), nnd. (SH) basch ‘barsch; scharf (Gewürz); herbe,

barska-

115

schroff; schneidig, dreist’ (Mensing 1,241), nnd. (Had.) basch ‘barsch, schroff; scharf von Geschmack’ (Teut 1,170), nnd. (Old.) barsk, bask ‘barsch; scharf, ranzig’ (Böning 7), nnd. (Lün.) basch ‘scharf (Geschmack); barsch’ (Kück 1,111) Bel

Germ

Idg

Erstbeleg a. 1582 bei N. Chyträus als S mnd. barsch ‘astringens’. Bodenständig begegnet das Adj. heute lediglich im nd. Sprachgebiet, wo es in den meisten Mundarten zum frequenten Wortschatz zählt, doch deutet der Beleg im Festl.-Nfr. an, daß der Ausdruck einst auch im Fries. verbreitet gewesen sein muß. Als relativ späte Entlehnungen aus dem Nd. (17. Jh.) entpuppen sich N ält. nnl. barsch, D ält. nhd. barsch, O ält. ndän. barsk, ält. nschw. barsk. PFR *bersk mit -e- < tonerhöhtem germ. -a-, S as. *barsk < germ. *barska. FNF beersk setzt afestl.-nfr. *bersk regelhaft fort. Die weitere etymologische Herleitung, insbesondere mit Blick auf den Wortbildungsprozeß, ist mehrdeutig (s.u.). INF fa. bääsk ‘herbe, bitter’ (FÖW 53) hingegen deutet wie FNF bök. bäisch (FU 23), karrh. wied. bäisk (Sjem. XXIII, FRU 25) ‘bitter, ranzig; widerlich schmeckend; fade, geschmackslos’ Entlehnung an aus einem ält. ndän. besk ‘bitter, herbe’ < germ. *baiska- ‘bitter’ (Hm 113), es sei denn, man setzt für fa. bääsk eine ältere Vorstufe † bäärsk an mit Verlust des -r- vor -sk wie in fa. faask ‘ungesalzen’ < ält. faarsk < ains.-nfr. *fersk oder fa. maask ‘Marsch’ < ält. maarsk < ains.-nfr. *mersk, aber dann hätte man sicherlich auch ein fa. † baask < ält. † baarsk erwarten dürfen mit altem -e- > -Ɨ- vor der Konsonanz -rsk. Die meisten etymologischen Nachschlagewerke stellen das Adj. zu dem Fischnamen ‘Barsch (perca Àuviatilis)’ in FNF ält. ngos. bäers /-e:-/ (a. 1743, BJ 1,13), WFR nwfr. bears (WFT 1,260), E ae. bærs, bears, S as. bars, N mnl. baerse, D mhd. bars < germ. *barsa- m. < idg. *bhór-so- ‘der Stachelige’ sowie mit grammatischem Wechsel zu D ahd. bar (-rr-) ‘starr aufgerichtet’, W an. barr (-rr-) ‘feurig, heftig’ < germ. *barza- < idg. *bhor-só- ‘spitz, emporragend’, einer s-Erweiterung zu der o-stu¿gen Wurzel idg. *bhor- ‘hervorstechend, spitz’ (IEW 109, Hm 117). Man hat demnach für germ. *barskaeine Formation idg. *bhórs-ko- angesetzt in der ursprünglichen Bedeutung ‘borstig, spitz hervorstechend’ und dabei offenbar an eine der seltenen denominalen Derivationen mit bindevokallosem idg. kSuf¿x gedacht. Meines Erachtens sollte alternativ dazu auch eine Morphemfolge germ. *bar-ska- < idg. *bhór-sko- in Erwägung gezogen werden, die man als primäres Verbaladj. mit sk-Suf¿x auffassen könnte, möglicherweise aus der o-Stufe der Verbalwurzel idg. *bher- ‘mit einem scharfen Werkzeug bearbeiten, ritzen, schneiden’ (IEW 133ff.): vgl. z.B. im Germ. E ae. berian swv.1 ‘zerdrücken; quälen’, bered

116

Lit

batizan-

part.prät. ‘niedergeschlagen’, D ahd. berien swv.1 ‘schlagen, klopfen; reiben, kneten’, W an. berja swv.2 ‘schlagen, stoßen’, entsprechend außergerm. lat. feriǀ, -Ưre ‘stoßen, hauen, schlagen, stechen’. Verbaladj. mit sk-Suf¿x sind meist schwundstu¿g (Hm 72), doch gibt es vereinzelt auch solche, die den o-stu¿gen Ablaut des Perfektstammes zeigen, wie etwa germ. *kar-ska- ‘munter, lebhaft’ (S mnd. karsch, D mhd. karsch, W an. karskr) zu idg. *ger- ‘wecken’ (Hm 330). Germ. *barska- bezeichnete nach Ausweis der neusprachlichen Belege ursprünglich wohl den scharfen, bitteren Geschmack von etwas, während die übertragene Verwendung ‘von schroffem, barschem Wesen’ sekundär sein dürfte. Das weist auf eine Grundbedeutung ‘schneidend’. Auch sonst stehen Verbaladj., die die Geschmacksoder Geruchswahrnehmung ‘bitter, scharf, rauh’ ausdrücken, oft in Verbindung mit Verben bzw. idg. Verbwurzeln aus dem Sinnbezirk des Schneidens oder Beißens: vgl. unter anderem germ. *baiska‘bitter’ (Hm 113f.), *bitra- ‘beißend, bitter’ (s.u.), *skarpa- ‘rauh, scharf’ (s.u.). Falk/Torp 1909: 262, 265; Falk/Torp 1910-11: 1,52; Hellquist 1948: 1,55; Franck/van Wijk 1949: 35; Pokorny 1959: 109; Kluge/Mitzka 1975: 53f.; Nielsen 1989: 42; de Vries 1992: 32; Kluge/Seebold 2002: 93. Hm 118f. batizan- ‘besser’ P (§ 22)

F

AFR aofr. betera comp. ‘besser’ (B1-2, H, F, R1), best sup. ‘best’ (H), bet adv. comp. ‘besser, mehr’ (F, PrJ 252), beste (B1-2), best (F) adv.sup. ‘am besten’ awfr. bett(e)ra (Fs 2,76, J, U [Brouwer], O), batter (O) comp. ‘besser; größer, mehr’, best (A 98, BTr, D, FrB 10, Fs 1,138, J, P, SnR 203, O), bast (O) sup. ‘best’, bet (BTr, D, FrR, Fs 1,41, J, LSt, P, Ro 2,114, SnR 539, O), bat (O) adv. comp. ‘besser, mehr’ spätawfr. batter comp. ‘besser’, bast sup. ‘best’, bat adv. comp. ‘besser’ (Bo) INF frühfa. bäder* comp. ‘besser’ in bäderi swv.2 ‘bessern’ (s.u.), bast sup. ‘best’ (ca. a. 1600, Kat. 64) ält. fa. beeder (a. 1754, CQ v. 3), fa. beeder comp. ‘besser; genesen; besser gestellt, von besserer Qualität’, baast sup. ‘best’ (WFO 23, 25, FÖW 53) helg. beeter comp. ‘besser’, bast sup. ‘best’ (WK 92, 97) sy. beeter comp. ‘besser’, bääst sup. ‘best’ (BM 42, 43, SU 583)

batizan-

117

FNF ält. bök. beest* sup. in dä beeste ‘die Besten’ (a. 1748, NfSt 2,3), bök. bääder comp. ‘besser’, beest sup. ‘best’ (FU 89) ält. hall. bäher (a. 1749, NfSt 1,8), hall. beer (MOH 1,214) comp. ‘besser’, beest sup. ‘best’ (EFS 103) ält. karrh. bähser comp. ‘besser’, beest sup. ‘best’ (ca. a. 1820, FF 25, 27), karrh. bääðer (MN 851), bäärer (OTJ 61) comp. ‘besser’, beest sup. ‘best’ (MN 696) mgos. baaër (MN 851), baa (LHol 159) comp. ‘besser’, ält. mgos. bäst (ca. a. 1810, GvS v. 22), beest (MN 696) sup. ‘best’ ält. ngos. bäser comp. ‘besser’ (a. 1743, BJ 2,10), beest sup. ‘best’ (a. 1743, BJ 2,10), ngos. beer, bäär comp. ‘besser’ (MOH 1,214, WNG 18), beest sup. ‘best’ (MOH 1,193, WNG 18) sgos. bääðer (Beitr. 24), bääder (MN 851) comp. ‘besser’, beest sup. ‘best’ (MN 696) str. bähr* comp. in bähre swv. ‘bessern’ (s.u.), behst sup. ‘best’ (ca. a. 1600, Kat. 64) ält. wied. biæst sup. ‘best’ (a. 1749, NfSt 1,43), wied. bäär comp. ‘besser’, beest sup. ‘best’ (FRU 111) wyk. bääder comp. ‘besser’ (KF nr. 10) OFR harl. better* comp. in bettri ‘bessern’ (s.u.) sat. beeter (PK 1,186), beter (MF 79) comp. ‘besser’, bääst sup. ‘best’ (PK 1,153, MF 75) wang. bëttër comp. ‘besser’, bëst sup. ‘best’ (EFS 103, HEN 215) WFR frühnwfr. better comp. ‘besser’ (GJ 45), bêst sup. ‘best’ (GJ 43, SB 43), bet adv. ‘besser’ (AH 23, Z. 91, GJ 44) nwfr. better comp. ‘beter; uitmuntender, voortreffelijker, gunstiger, nuttiger, voordeliger; minder ziek of hersteld; van hogere kwaliteit; maatschappelijk of ¿nanciël in welvarender of gunstiger omstandigheiden verkerend; moreel vooruitgaand’, bêst sup. ‘best; waarde, lieve; zondagse; gemakkelijk, ruimschoots’, bet adv. ‘beter’ (WFT 2,169ff., 195, 217f.) hind. better comp. ‘besser’, best sup. ‘best’ (GB 22, 23) schierm. batter comp. ‘besser’, bast sup.‘best’ (DF 12) tersch. better comp. ‘besser’, bêst sup. ‘best’ (CR 7,8) -engǀ-

AFR aofr. betringe f. ‘Vergütung; Mehrwert’ (F), awfr. bet(e)ringe (A 130, 242), bett(e)ringe (A 544, D, Fs 2,76, J, Ro 2,166, U [Brouwer], O), batteringe (O) f. ‘Besserung, Entschädigung, Friedegeld’, INF fa. beed(e)ring f. (WFO 26, FÖW 61), helg. beeterung f. (WK 97), sy. beetring g. (BM 42) ‘Besserung; Heilung’, FNF hall. beering (Lo 11), ält. karrh. bähsereng (ca. a. 1820, FF 25), karrh. bäärering (OTJ 61), ält. ngos. bäsring (ca. a. 1745, JG 19), sgos. bäädring (MN 851), wied. bääring (MN 851) f. ‘Besserung’, WFR nwfr. bet-

118

-nassjǀ-skapi-

-ǀja-

Bel Germ

batizan-

tering ‘herstel van gezondheid’ (WFT 2,218), schierm. ferbattering ‘(Ver)besserung’ (Spenter 60); vgl. Ahlsson 37. WFR frühnwfr. betternisse ‘beterschap’ (GJ 45) AFR awfr. beterskip f. ‘Mehrwert, Überschuß’ (O), OFR sat. beeterschup f. ‘Besserung; Verbesserung; Genesung’ (PK 1,187) [dürfte aus dem Nd. entlehnt oder durch eine nd./nl. Form beeinÀußt sein], WFR frühnwfr. betterschip (GJ 45), nwfr. betterskip (WFT 2,219), tersch. betterschip (CR 8) ‘beterschap’ [auch hier möglicherweise Entlehnung aus dem Nl.]; vgl. Ahlsson 203. AFR aofr. beteria (E1, F), awfr. beteria (A 136, BTr, J, LSt), bett(e)ria (A 136, D, Fs 1,138, J, Ro 1,86, SnR 29, U [Brouwer], O), batteria (O) swv.2 ‘ersetzen, entschädigen, büßen’, INF frühfa. bäderi (ca. a. 1600, Kat. 64), fa. beedere (WFO 26, FÖW 61), helg. beetere (WK 97), sy. beeteri (BM 42) swv.2. ‘bessern’, FNF bök. bäädere (FU 20), hall. beere (Lo 11), ält. karrh. bähsere (ca. a. 1820, FF 25), karrh. bääðere (MN 851), mgos. baare (MN 851), ält. ngos. bäsriä (a. 1743, BJ 2,10), ngos. bääre, beere (MN 851), sgos. bäädere (MN 851), str. bähre (ca. a. 1600, Kat. 64), wied. bääre (FRU 23) swv.2 ‘bessern’, OFR harl. bettri (CM 95), sat. beeterje (PK 1,187) swv.2 ‘bessern; genesen’, WFR frühnwfr. betterje (GJ 45), nwfr. betterje (WFT 2,218), hind. betterje (GB 23), schierm. ferbatterje (Spenter 60), tersch. betterje (CR 8) swv.2 ‘bessern, verbessern; genesen; büßen’ Gemeingerm.: E ae. betera, S as. betara, N anl. betera, D ahd. bezziro, W an. betri, O adän. betræ, G batiza. PFR *betera comp., *best sup. Auf eine Vorstufe better mit geminiertem -tt- vor -r- < synkopiertem *betra führen OFR weserfries. better und wahrscheinlich auch WFR better, batter zurück, in den übrigen Mundarten hat sich afr. betera regelhaft fortgesetzt. Verschiedene Formen zeigen Senkung des -e- > -a-: so bereits awfr. batter, bast, ferner schierm. batter, bast und positionsbedingt INF fa. baast, helg. bast < ains.-nfr. *best. Suppletiver Komp. zu germ. *gǀda- ‘gut’; neben dem Komp. germ. *batizan- adj. steht germ. *batiz adv. (AFR bet, bat). Der Stamm germ. *bata- ‘gut’ liegt außerdem vor in: -an- AFR aofr. bata (E3), awfr. bata (Ro 2,212, O) m. ‘Nutzen, Vorteil’, INF fa. baad m. (FÖW 49), sy. baat g. (BM 40) ‘Nutzen, Vorteil’, FNF bök. bååse m. (FU 21), wied. boare pl. (FRU 36) ‘Nutzen, Vorteil’, OFR sat. boate f. ‘Gewinn, Vorteil; Hilfe’ (MF 82) mit sekundärem Genuswechsel nach mnd. bƗte f. ‘Gewinn, Vorteil’ (und eventuell aus diesem entlehnt), WFR frühnwfr. baet(e) (GJ 18), nwfr. baat, bate (WFT 1,170) ‘Nutzen, Vorteil’

bausa-

119

-ǀja- AFR awfr. batia swv.2 ‘nutzen, frommen, helfen’ (Ro 2,166, O), INF ält. fa. baadi (a. 1757, NfSt 1,20), fa. baade (FÖW 49) swv.2 ‘bessern; zunehmen’, sy. baati swv.2 ‘nützen, helfen, frommen, zugute kommen’ (BM 40), FNF bök. bååse (FU 21), ält. ngos. basiä (ca. a. 1745, JG 92) swv.2 ‘nützen, förderlich sein’

Lit

Siebs 1889: 103; van Helten 1890: 29; Siebs 1901: 1186, 1272, 1360; Falk/Torp 1909: 258; Gosses 1928: 57ff.; Löfstedt 1928: 193, 214; Löfstedt 1933: 24; Wissmann 1938: 14f.; Pokorny 1959: 106; Spenter 1968: 60, 66; Bammesberger 1990: 235; Boutkan/Siebenga 2005: 44. Hm 120f. bausa*- ‘aufgeblasen’ P (§ 2, 10)

F

AFR aofr. bƗs(e/a)- ‘gemein, ordinär, unzüchtig’ in bƗsafeng (E1), bƗsefeng (H), bƗs(e)feng (F), bƗsfeng (E2-3) m. ‘unzüchtiger Griff’

Bel

Kontinentalwestgerm. und nord.: S mnd. böês(e), N mnl. boos, D ahd. bǀsi, W an. baus, O aschw. bǦs. Der von Heidermanns (Hm 120) mit Rücksicht auf W nnorw. baus ‘stolz, vorwitzig, keck’ (FT 1,54 f.) erwogene Ansatz einer a-stämmigen Basis germ. *bausa- ist m.E. nicht zwingend, da die i- und uStämme im An. in die a-Flexion eingetreten sind, mit der Folge, daß insbesondere eine Trennung zwischen den a- und u-Stämmen ohne Vergleichsmöglichkeiten aus den anderen germ. Sprachen vielfach unmöglich ist; der fehlende i-Umlaut bei nnorw. baus besagt daher wenig (vgl. Noreen 1970: 289). Insofern sollte man nicht zuletzt wegen der umgelauteten Formen S mnd. böês(e) adj./adv. ‘böse, übel; argwillig; schädlich; zornig etc.’ und D mhd. bœse adj. ‘böse, schlecht, übel; gering, wertlos, schwach etc.’ < ahd. bǀsi mit van Helten 1907: 26, Kluge/Mitzka 1975: 93, de Vries 1992: 78 u.a. eine u-stämmige Vorstufe germ. *bausu- nicht völlig außer Acht lassen, was im übrigen auch das Fehlen des i-Umlautes in der Kompositionsfuge von aofr. bƗs(a/e)feng erklären würde. Allerdings zeigen die meisten adj. u-Stämme – wenngleich nicht alle – schwundstu¿gen Ablaut (vgl. Krahe/Meid 1967: 68f., Bammesberger 1990: 261f.). Kaum wahrscheinlich ist die von Bremer 1893: 304 in Betracht gezogene Anknüpfung an OFR sat. boazje swv.2 ‘phantasieren, im Fieber irre reden’ (MF 82), S nnd. (Wfal.) bâseln swv. ‘blind zulaufen; laufen, ohne mass und ziel zu wissen’ (Woeste 21) etc. Fraglich bleibt ferner, ob die Belege OFR harl. bays ‘hastig, zornig’ (CM 48) bzw. daraus substantiviert bayse ‘das Böse’ (CM 55, 68)

Germ

120

Idg Lit

baza-

und wurst. boß ‘böse’ (RM 92) als autochthon fries. Entwicklungen anzusehen sind. Zumindest harl. bays mit einem offenbar geschlossenen /e:j/ < aofr. -Ɲ- < -ǀ- + -i/j- der Folgesilbe spricht wie wang. bööz ‘böse’ (FA 1,89) für eine frühe Entlehnung aus mnd. böêse, aber auch im Falle von wurst. boß könnte, wenn nicht ein umlautloses aofr. *bƗs im Spiel sein sollte, ein entlehntes (m)nl. boos vorliegen. Hinsichtlich der Wortbedeutungsentwicklung ist von ‘aufgeblasen’ > a) ‘auffahrend, vorwitzig’, b) ‘ausschweifend, unzüchtig’, c) ‘inhaltslos, eitel, nichtig’ auszugehen (Hm 120). Vermutlich s-Erweiterung von idg. *bheu- ‘aufblasen, schwellen’ (IEW 101). Bremer 1893: 304; van Helten 1907: 26; Falk/Torp 1909: 276; Walter 1911: 52; Pokorny 1959: 101. bausu*- ‘aufgeblasen’ vgl. bausa*Hm 121 baza- ‘entblößt’ *V (§ 30b)

F

AFR aofr. ber- in bereskinse (E1), bereskense (F), berskinsze (R1-2) ‘barschenklig’ awfr. ber (O), bar (A 488) ‘bar, bloß; offenbar’, sonst in berefǀt (J), berfǀt (J, O), barfǀt (O), bereskinke (J, U [Siebs 1901: 1207]), berskinse (D) ‘barschenklig’ sowie mit adv. Erstglied in berwilde ‘sehr wild’ (J) zu *bere adv. ‘sehr, ganz, besonders’ INF fa. beer- in beerfetet (LFM 15), beerfutet (FÖW 62), daneben kontrahiert beeftet (SP 14) ‘barfüßig’ helg. *-beer- in plaperfutelt (< *platbeerfutelt) ‘barfüßig’ (Århammar, brieÀ.) FNF bök. beer- in beerfätjet ‘barfuß’ (FU 27) hall. beer- in beerfeet ‘barfuß’ (Lo 8) ält. karrh. bährfauttet (ca. a. 1820, FF 24), karrh. beer- in beerfötjed (MN 849, OTJ 48) ‘barfuß’ mgos. baar- in baarfeeted ‘barfuß’ (MN 849) ält. ngos. bäer ‘bloß’ (a. 1743, BJ 2,19) und in bärfaut (ca. a. 1745, JG 15, 27, 101), bäerfeyt (a. 1743, BJ 2,8), ngos. beer- in beerfäit (MN 849, WNG 15) ‘barfuß’ sgos. beer- in beerfäitet ‘barfuß’ (MN 849) wied. bäär- in bäärfäitet ‘barfuß’ (FRU 23) WFR frühnwfr. bâr ‘bloß’ (SB 72) sowie ber- in berfot ‘barfuß’ (SB 64)

berht-

121

nwfr. baar ‘onbedekt, open, kaal, naakd, bloot; ruw; vreeswekkend, zonder enige vermomming, inz. van de duivel, de dood enz.; erg, zeer, hevig, heel, groot; zuiver klinkklaar, zonder bijmengsels; kontant, gereed (bij geld)’ (WFT 1,160; vgl. auch WFT 1,214) hind. bar ‘bar’, adv. ‘erg’ (GB 16) schierm. bar [-ȃ-] ‘bar’, adv. ‘erg’ (DF 11) tersch. bar ‘bar’, adv. ‘erg’ (CR 3) Bel Germ

Idg Lit

West- und nordgerm.: E ae. bær, S as. bar, N mnl. baer, D ahd. bar, W an. berr, O aschw. bar. PFR *ber bzw. im Kompositum wohl größtenteils *bere- mit tonerhöhtem -e- < -a-, auf das sämtliche neufries. Formen zurückführen. WFR awfr. bar-, nwfr. bar zeigt Senkung des -e- > -a- vor -r. Auch FNF mgos. baar- ist regulär aus afestl.-nfr. *bere- hervorgegangen (Löfstedt 1933: 78). Als Entlehnungen aus dem Nd. sind OFR sat. boar ‘bar, nackt’ (MF 82) und wang. boor ‘baar’ (FA 1,89) anzusehen. Formal identisch mit lit. bãsas ‘barfuß’ < idg. *bhosó- zu der idg. Wurzel *bhes- ‘abreiben’ (IEW 163), wonach die Bedeutung ‘entblößt’ auf ‘abgeschabt’ beruhen würde (Hm 121). Delbrück 1907: 128; Falk/Torp 1909: 276; Pokorny 1959: 163; Spenter 1968: 68; Lloyd/Springer 1988: 1,465f.; Boutkan/Siebenga 2005: 38. Hm 123f. berht*- ‘glänzend’ *V (§ 72)

F

O Bel Germ

Lediglich in mRN wie AFR awfr. Briocht (O), patronymisch Briochtinga (O) sowie verschiedentlich mit monophthongischem -o- und hypokoristischem k-Suf¿x Brochtik (Verwijs 1869: 337f.); entsprechend WFR nwfr. Brjocht, Brjucht (Winkler 1898: 52, 53) neben monophthongischem Brocht, Brucht (van der Schaar 1992: 124); vgl. ferner Miedema 1977: 79ff. mit weiteren Belegen. adän. b(i)ert ‘lys; blank; klar; strålende og skøn; net; pæn’ (ODS 2,737f., Nielsen 1989: 54) Gemeingerm.: E ae. beorht, S as. berht, N anl. -berht (in mRN), D ahd. beraht, W an. bjartr, G bairhts. PFR *(-)briucht < *(-)breht mit positionsbedingter Brechung des -e> -iu- vor -ht. Des weiteren ist wohl von einer Vorstufe *(-)bereht auszugehen mit Sproßvokal zwischen -r- und -ht. Durch Verschiebung des Nebentones auf den Sproßvokal scheint – möglicherweise bevorzugt im Hinterglied komponierter RN – der Stammvokal ausgefallen

122

Idg

Lit

bƣri-

zu sein (Kaufmann 1968: 59), demnach also: germ. *(-)berht*- > *(-)bereht > *(-)breht > PFR *(-)briucht > awfr. Briocht. Wie die Formen awfr. Brochtik, nwfr. Brocht, Brucht zeigen, konnte der dem steigenden Diphthong vorangehende Liquid Schwund der ersten Diphthongkomponente bewirken. Wahrscheinlich mit t-Suf¿x zu westidg. *bhereêk - ‘glänzen’ (IEW 139ff.). Eine formal identische Form liegt vor in kym. berth ‘schön’; vgl. mit anderer Vokalisierung D mhd. brehen stv.V ‘stark leuchten, glänzen, funkeln’, W an. brjá swv.2 ‘glänzen, funkeln’ (Sb 132, Hm 124) < germ. *brehw-; anders Bammesberger 1990: 256. Falk/Torp 1909: 264f.; Üçok 1938: 59; Pokorny 1959: 139ff.; Kaufmann 1968: 59; Seebold 1970: 131; Miedema 1977: 79ff.; Bammesberger 1990: 256; van der Schaar 1992: 124; Boutkan 1998a: 84. æri- ‘tragend’ *V (§ 42) Hm 124f. bǀ

F

AFR aofr. -bƝr(e) in ƗbƝre (E1), ƗubƝre (H, R1-2) ‘offenkundig’, epenbƝr ‘offenbar, offenkundig’ (E3, F, PrJ 250), tilbƝr ‘beweglich (Güter)’ (H) awfr. -bƝr(e) in epenbƝre (J), epenbƝr (D, J, SnR 22, O), epenbier (A 404, Fs 1,143) ‘offenkundig, deutlich’, ƝrbƝr ‘ehrbar’ (Ro 1,222, O), ƝtbƝr ‘eßbar’ (D, J, U [Steller]), skalkbƝr ‘schalkhaft, spitzbübisch’ (RoK 2,22), tilbƝr (Fs [Meijering], O), tilbir (Ro 2,12) ‘beweglich (Güter)’ FNF ält. ngos. -beer in ämenbeer ‘offenbar’ (ca. a. 1745, JG 242) OFR harl. -beehr in siuchtbeehr ‘sichtbar’ (CM 96) sat. -beer in eepenbeer ‘offenbar’ (PK 1,480) WFR frühnwfr. -bier in ijpenbier ‘openbaar’ (GJ 224) nwfr. -bier, -ber in earber ‘eerbaar’ (WFT 4,242), iepenbier ‘openbaar’ (WFT 9,220), ytber ‘eetbaar’ (WFT 9,385) usw.

-lƯka-

AFR aofr. epenbƝrlƯk ‘offenkundig’ (F), awfr. epenbƝrlƯk ‘offenkundig, öffentlich’ (D, J, O), linjdbƝrlƯke adv. ‘öffentlich, vor allen Leuten’ (J), FNF ält. ngos. ämenbäerlick ‘offenbar’ (a. 1745, TJ 38), WFR frühnwfr. ijpenbierlijck ‘openbarlijk’ (GJ 224), nwfr. iepenbierlik ‘openbaarlijk’ (WFT 9,220) AFR aofr. epenbƝria (PrJ 246), awfr. epenbƝria (D, Ro 1,108, O) swv.2 ‘offenbaren, bekanntmachen’, OFR sat. eepenbeerje swv.2 ‘offenbaren’ (PK 1,480), WFR frühnwfr. ijpenbierje (GJ 224), nwfr. iepenbierje (WFT 9,220) swv.2 ‘openbaren’; vgl. auch Jacobs 1900: 192.

-ǀja-

bƯstra-

Bel Germ

Idg Lit

123

West- und nordgerm.: E ae. -bƣre, S mnd. -bƗr(e), N mnl. -baer, D ahd. -bƗri, W an. bærr, O aschw. bær. PFR *bƝr bzw. *bƝre nach Übertritt in die ja-Flexion. Wie in den übrigen westgerm. Sprachen begegnet afr. -bƝr(e) lediglich als Zweitglied eines Kompositums. Grundlage des Adj., das im Westgerm. ursprünglich die aktivische Bedeutung ‘tragend’ hatte, bildet eine dehnstu¿ge Ableitung zu germ. *bera- stv.IV ‘tragen’ (Sb 104ff.). Partiell ist der primär lange Stammvokal in minderbetonter Stellung des zweiten Kompositumsgliedes gekürzt worden. Bereits im Afr. ¿nden sich Formen mit dem mnd./mnl. Lehnsuf¿x -bƗr; vgl. etwa aofr. tilbƗr (E3), awfr. tilbƗr (Ro 3,8, O) ‘beweglich’, awfr. fruchtbƗr ‘fruchtbar; schwanger’ (D). Im Ins.-Nfr., Festl.-Nfr. und Ofr. sind Wortbildungen mit dem noch produktiven (m)nd. Lehnsuf¿x -bƗr recht häu¿g. Offensichtlich eine ererbte gerundivische Bildung, die identisch ist mit ai. bhƗryà- ‘zu tragen’ (Hm 125). Lindqvist 1909: 253; Wissmann 1932: 123f.; Flury 1964; Seebold 1970: 104ff.; Matzel 1974: 100; Dishington 1981: 436f., 440ff., 445f.; Bammesberger 1986: 20, 74; Matzel 1992: 108; Boutkan/Siebenga 2005: 40. beustrja- ‘verwirrt’ vgl. bƯstrabƯstra- ‘verwirrt, verirrt’ *V (§ 58b)

F

AFR spätawfr. bioester /-iu:-/ ‘den Weg verfehlt habend’ (Bo) INF ält. fa. biester ‘wild, unbändig’ (a. 1757, NfSt 1,20), fa. bister ‘aufgeregt; voreilig, unbedacht’ (WFO 34, FÖW 82) sy. bister ‘erzürnt, böse, unfreundlich, zornig’ (BM 48, SU 497) FNF bök. bister ‘wild; verwirrt; böse, schlecht; böse, ärgerlich’ (FU 32) hall. bister ‘verwirrt’ (MOH 1,9) karrh. bister ‘wild; wütend, toll, böse’ (MN 1533) ält. ngos. bister ‘irre’ (a. 1743, BJ 2,20), ngos. bister ‘verwirrt’ (MOH 1,9) wied. bister ‘wild; böse, ärgerlich; böse, schlecht; schwer’ (FRU 32) OFR harl. byster ‘heßlich’ (CM 45) WFR frühnwfr. bioster (SB 47), byuster (WT 27, Z. 93), bjuester (GJ 52) ‘bijster; zeldzaam, vreemd; zonderling; vervaarlijk, geweldig, groot’, adv. ‘zeer’

124

S

N

-iga-lƯka-

-engǀ-nassjǀ-haidu-ǀ(ja)-

Bel

bƯstra-

nwfr. biuster ‘bijster; wonderlijk, vreemd, ongewoon; buiïg, onstuimig (van het weer); roerig, ongedurig (van levende wezens)’; adv. ‘zeer, erg, in hoge mate; verwonderd, bevreemd, verbaasd; afhendig’ (WFT 2,330f.) hind. byster ‘bijster’ (GB 24) schierm. bjoster ‘bijster’, byster adv. ‘erg’ (DF 17) mnd. bîster ‘umherirrend, vom rechten Wege abweichend, abgekommen, in die Irre, ins Wilde gehend; verwirrt, verworren, unklar; (übertragen) verwildert, verkommen, unzüchtig; elend, schlecht aussehend, häßlich’ (LB 1,285), nnd. (OF) bîster (seltener büêster) ‘wild, wirr, wüst; unfreundlich, böse, schlimm, garstig, greulich, schrecklich, abscheulich, eklig; unartig, zornig, heftig; stark’, adv. ‘sehr’ (DK 1,172), nnd. (Bremen) büster ‘wüst, wild, wirr, irre; unfreundlich, düster, fürchterlich’ (Brem.Wb. 1,171), gron. biester ‘bijster’, adv. ‘zeer, erg’ (ter Laan 1952: 87) mnl. bijster ‘losloopend, rondloopende waarhen men wil; uitzinnig; verwilderd, woest, onherbergzaam; woest, vervallen, in slechte staat, niet onderhouden; buitensporig, buitengewoon’ (VV 1,1251f.) INF fa. bistrig ‘aufgeregt, voreilig, unkontrolliert handelnd’ (Verf.), FNF ält. ngos. bistrich ‘irrig’ (ca. a. 1745, JG 160) AFR aofr. binjsterlƯke (PrJ 250), awfr. binjsterlƯk (Ro 1,70), biǀsterlƯk (A 466), bƯsterlƯk (A 324) adv. ‘verwirrt’, INF helg. bisterk ‘häßlich, böse; unartig (Kind); rauh, unangenehm (Wetter)’ (WK 109) < *bƯsterlƯk, S mnd. bîsterlîk ‘verwirrt, heimat-, herrenlos, sinnverwirrend, unglücklich, elendiglich’ (LB 1,285), N mnl. bijsterlijc ‘verwonderd, verslagen’ (VV 1,1252) FNF ält. ngos. bistering ‘Irrung’ (ca. a. 1745, JG 160), S mnd. bîsteringe f. ‘Irrtum, Unklarheit, Verwirrung’ (LB 1,285) FNF ält. ngos. bisterniss ‘Irrtum’ (ca. a. 1745, JG 160); vermutlich entlehnt aus S mnd. bîsternisse f. ‘Irrtum, Irregehen, Irrweg’ (LB 1,285) INF sy. bisterhair g. ‘Zorn’ (BM 48, SU 497), FNF bök. bisterhäid f. ‘Verwirrtheit; Zorn’ (FU 32), wied. bisterhaid n. ‘Zorn’ (FRU 32), S mnd. bîsterhêt f. ‘Wirrnis, Verwirrung, Irrung, Irrweg’ (LB 1,285) FNF ält. ngos. bistriä swv.2 ‘(umher)irren; verwirrt sein’ (a. 1760, Kon. 76, 161) sowie in ambeibistriä ‘irre gehen [wild herumgehen]’ (ca. a. 1745, JG 160), OFR sat. biesterje (PK 1,231), büüsterje (MF 80) swv.2 ‘wild herumlaufen; rasen, toben’, wang. farbiister swv.2 ‘sich verirren’ (FA 1,84), S mnd. bîster(e)n swv. ‘(umher)irren’ (LB 1,285), N mnl. bijsteren swv. ‘tot aermode brengen’ (VV 1,1252) Bodenständig lediglich in F, S und N bezeugt ohne außergerm. Parallelen; das Vorkommen in D, W und O beruht auf Entlehnung aus dem Mnd.

bƯstra-

Germ

Idg

Lit

125

Während S bîster, N bijster auf germ. *bƯstra- oder gegebenenfalls *bƯstrja- zurückführen, ist für F afr. binjstere*, nwfr. biuster, bioster ein umgelautetes germ. *beustrja- mit sekundärem ja-Suf¿x anzusetzen. Dasselbe gilt eventuell auch für S nnd. büêster aus dem westlichen Küstennd., sofern hier ein ursprüngliches -Ư- positionsbedingt nach b- nicht labialisiert worden ist. Bei diesem sicherlich sekundären Wechsel in die eu-Reihe denkt Löfstedt 1965-69: 23,21 an analoge Vorgänge, ohne sich allerdings über die näheren Umstände auszulassen. Die Formen des Ins.-Nfr. und Festl.-Nfr. hält Löfstedt 1928: 9f. – offenbar mit Blick auf afr. binjstere* – allesamt für Entlehnungen aus dem (M)nd., da sie ohne Zweifel eine Vorstufe *bƯster voraussetzen. Meines Erachtens ist die Annahme einer Entlehnung nicht zwingend; der obenerwähnte Übertritt in die eu-Reihe muß einst nicht a priori das gesamte fries. Sprachgebiet erfaßt haben, sondern konnte sich vielleicht nur in Teilen davon durchsetzen, und zwar konkret im Wfr., während in den übrigen fries. Mundartgebieten die ursprünglichere Ư-Form bewahrt blieb bzw. sich gegenüber der eu-Neuerung behauptete. Für gewöhnlich wird *bƯstra- zu dem schwachen Verb F fa. bese swv.2, sy. bösi swv.2 (SU 506), bök. baase swv.2., hall. bese swv.2 ‘wild umherrennen, durchgehen, verschreckt und blindlings davonrennen (vom Rindvieh, wenn dieses bei sommerlicher Hitze von DasselÀiegen gestochen wird)’ < ains.-/afestl.-nfr. *bisia swv.2 (Löfstedt 1928: 183) gestellt, das in derselben Bedeutung ebenfalls in S mnd. bis(s)en swv., N mnl. bisen mnl., D ahd. bisǀn swv., mhd. bisen swv., O adän. bis(s)e swv., aschw. bisa swv. begegnet (vgl. Wissmann 1932: 78). Hinsichtlich der Wortbildung scheint ein primäres Verbaladj. mit ra-Suf¿x vorzuliegen, hier mit sekundärem t-Einschub zwischen s- + -r-, dessen Grundlage in der Regel eine Verbalwurzel ist (Krahe/Meid 1967: 78). Einen Anknüpfungspunkt böte etwa die erweiterte Wurzel idg. *bhƯs- (*bhi i-es-) in ai. uddbhyása-ӝ ‘sich fürchtend’, ai. bhƯԕayatƝ o ‘schreckt’, ai. bhƯí ԕaӽa-ӝ ‘Schrecken erregend’ usw. (IEW 162) zu idg. *bhǀi- : *bhΩi- : *bhƯ- ‘sich fürchten’ (IEW 161). Die fast allen Belegen gemeinsame Bedeutung ‘verwirrt, verirrt, kopÀos’ ging dann vielleicht von ‘verschreckt, voller Furcht davonrennend’ aus; über die Zwischenstufe ‘sich kopÀos, unkontrolliert benehmend’ konnte sich wohl auch ‘ungestüm, wild’, aber auch ‘böse, zornig’ usw. entwickeln. Falk/Torp 1909: 271; Löfstedt 1928: 9f.; Hellquist 1948: 1,73; Löfstedt 1965-69: 23,21; Spenter 1968: 282; Nielsen 1989: 53; de Vries 1992: 58.

126

bitra-

Hm 126f. bitra- ‘beißend, bitter’ V (§ 58a) F

O -iga-lƯka-

-nassjǀ-haidu-

INF fa. bater ‘bitter’ (WFO 24, FÖW 58) sy. beter ‘beißend, bitter, scharf’ (BM 43, SU 589) FNF bök. bater ‘bitter’ (FU 25) ält. hall. batter (a. 1749, NfSt 1,11), hall. bater ‘bitter’ (MOH 1,150) ält. karrh. batter (ca. a. 1820, FF 26), karrh. bater ‘bitter’ (OTJ 33) ält. ngos. batter (a. 1743, BJ 2,12), ngos. bater (MOH 1,150) ‘bitter’ sgos. bater ‘bitter’ (NfWb) wied. bäter ‘bitter’ (FRU 27) OFR sat. bitter ‘bitter, beißend, schmerzlich’ (PK 1,243) wang. bitter ‘bitter’ (HEN 111) sowie in der verstärkenden Bedeutung ‘sehr’, z.B. in bittersaum ‘sehr schön’ (FA 1,24) WFR frühnwfr. bitter ‘bitter’ (GJ 52), ‘beißend, scharf (Rauch)’ (SB 69) nwfr. bitter ‘een scherpe (onaangename) smaak veroorzakende; pijnlijk treffend, grievend, onaangenaam, verdrietig, ellendig; scherp, spijtig; verbitterd; in hoge mate, erg, zeer’ (WFT 2,322f.) hind. bitter ‘bitter’ (GB 25) schierm. bitter ‘bitter’ (DF 17) aschw. bit(t)er, beter ‘bitande, skarp, bitter’ (Söderwall 1884-1918: 1,115, Hellquist 1948: 1,74) INF fa. batrig (MN 476), helg. beteri (WK 100) ‘bitter’, FNF ält. ngos. battrich ‘herbe’ (ca. a. 1745, JG 146), WFR nwfr. bitterich ‘bitterachtig’ (WFT 2,324) AFR awfr. bitterlƯke adv. ‘bitterlich’ (A 520), INF fa. baterk ‘scharf [im Geschmack]’ (LFM 14), sy. beterk ‘bitterlich’ (SU 489) < synkopiertem *bitterlƯk, daneben (jünger) fa. baterlik, sy. beterlig ‘bitterlich’, FNF bök. baterlik (FU 25), ält. karrh. batterlick (ca. a. 1820, FF 26), karrh. baterlik (MN 476), ält. ngos. batterlick (ca. a. 1745, JG 24) ‘bitterlich’, OFR wang. bitterliik ‘bitterlich’ (FA 1,81), WFR nwfr. bitterlik ‘bitterlijk’ (WFT 2,324) WFR nwfr. bitterens ‘het bitter zijn, bittere smaak’ (WFT 2,323) AFR awfr. bitterhƝd f. ‘Bitterkeit; Not’ (A 506), INF sy. beterhair g. ‘Bitterkeit’ (SU 489), FNF karrh. baterhäid n. (MN 476), ält. ngos. batterheit f. (ca. a. 1745, JG 24) ‘Bitterkeit’, WFR frühnwfr. bitterheijte ‘bitterheid’ (GJ 52); vgl. auch Ahlsson 170.

bitula- – blaika-

Bel Germ

Lit

127

West- und nordgerm.: E ae. biter, S as. bittar, N anl. bitter, D ahd. bittar, W an. bitr. In allen neufries. Mundarten aus PFR *bitter mit Gemination des -tvor unmittelbar folgendem -r-. Schwundstu¿ges Verbaladj. zu germ. *beita- stv.I ‘beißen’ (Sb 96ff.) + ra-Suf¿x, das ebenfalls in anderen Adj. mit der Bedeutung ‘scharf, bitter’ (s.u. germ. *snjra-) begegnet (Lidén 1906: 58). Löfstedt 1928: 150; Seebold 1970: 96ff. bitula- ‘beißend’ V (§ 53)

F S

OFR wang. biitel ‘bissig’ (FA 1,88) nnd. (Old.) beddel ‘bissig, beißend’ (Böning 7)

-iga-

Mit sekundärer Suf¿xerweiterung INF fa. bedlig ‘bissig’ (WFO 25), helg. betli ‘bissig, grimmig’ (WK 101), WFR nwfr. bitelich ‘bijtachtig, geneigd te bijten’ (WFT 2,318)

Bel

Offenbar lediglich im F (OFR) und S (westliches Nordnd.); der Beleg E ae. bitol ‘bissig’, den Löfstedt 1932: 6 anführt, bezieht sich wohl auf das Subst. ae. bitol m. ‘Zaum, Gebiß’. PFR *bitol, Verbaladj. der Neigung aus der Schwundstufe zu germ. *beita- stv.I ‘beißen’ (Sb 96ff.). Falk/Torp 1909: 270; Seebold 1970: 96ff.; Faltings 1996: 110.

Germ Lit

Hm 127f. blaika- ‘glänzend’ V (§ 25a) F

INF fa. bliak, bliik ‘blaß, bleich’ (RA 14, WFO 36, FÖW 85) helg. bleak ‘bleich, blaß; still (vom Wasser)’ (WK 113) FNF bök. bliik ‘bleich’ (FU 34) hall. bliak ‘bleich’ (MOH 1,109) ält. karrh. blieck (ca. a. 1820, FF 35), karrh. bliik (OTJ 43) ‘bleich’ mgos. bliik ‘bleich’ (JH 3) ält. ngos. blieck (a. 1743, BJ 2,13), ngos. bliik (MOH 1,109) ‘bleich’ sgos. bliik ‘bleich’ (Beitr. 37) wied. bliik ‘bleich, blaß’ (FRU 34) OFR sat. bleek ‘bleich, blaß, fahl’ (PK 1,253) wang. bleik ‘bleich’ (FA 1,88)

128

O

-ǀ-

-(j)ǀn-

-nassjǀ-eþǀ-(ǀ)ja-

Bel Germ

blaika-

WFR nwfr. bleek ‘zonder blos, zwakker gekleurd dan normaal, wit (van gelaat of andere lichaamsdelen; zeer licht van tint, witachtig; mat, Àauw’ (WFT 2,356f.) hind. bleek ‘bleek’ (GB 25) schierm. bleek ‘bleek’ (DF 17) tersch. bleek ‘bleek’ (Knop 1954: 49) adän. blƝk ‘hvis farve ikke er kraftig, men falder i det hvidlige; om den farve, som (ansigts)huden faar, naar blodet forlader den’ (ODS 2,789f., Nielsen 1989: 55) INF fa. bliak, bliik f. (NfWb), helg. bleak f. (WK 113) ‘Bleiche, Platz, wo das Zeug gebleicht wird’, FNF bök. bliik (FU 34), hall. bliak [ohne Genusangabe] in uw e bliak ‘auf der Bleiche’ (MOH 1,109), ält. karrh. blieck (ca. a. 1820, FF 35), mgos. bliik (MN 1201), ält. ngos. blieck (a. 1743, BJ 2,13), sgos. bliik (MN 1201), wied. bliik (FRU 34) f. ‘Bleiche, Trockenzeit; Bleiche, Platz zum Wäschebleichen’, WFR nwfr. bleek ‘bleek, bleekveld’ (WFT 2,357); zur dialektgeographischen Verteilung von bleek : blikke vgl. Hof 1933: 186f. FNF bök. bliike m. ‘Blässe’ (FU 34), karrh. bliike m. ‘Bleiche’ (MN 1201), sgos. bliike m. ‘Bleichplatz’ (NfWb), wied. bliike m. ‘Bleiche, Bleichplatz’ (FRU 34) mit sekundärem Genuswechsel in Analogie zu den mask. an-Stämmen, WFR nwfr. blikke ‘bleek, bleekveld’ (WFT 2,370f.) < awfr. *blƝke (vgl. Boersma 1939: 37). INF fa. bliakens n. ‘Blässe’ (Clement 1862: 83), helg. bleakens n. ‘das Bleiche’ (WK 113), WFR nwfr. blekens, blikens ‘bleekheid’ (WFT 2,359) < ains.-nfr./awfr. *blƝkense f. OFR sat. bleekede f. ‘Bleiche’ (PK 1,253) mit -ede statt -te, hier möglicherweise durch EinÀuß (m)nd. Formen (vgl. Ahlsson 126). AFR aofr. blƗkia (F), awfr. blƗka (jünger: blƝka) (O) swv.1/2 ‘bleichen’ mit -Ɨ- < -ai-, INF helg. bleake swv.2 ‘bleichen’ (WK 113), FNF bök. bliike swv.2 ‘verbleichen, bleich werden’ (FU 34), hall. bliake swv.2 ‘Leinen bleichen’ (MOH 1,109), karrh. bliike swv.2 ‘bleichen’ (OTJ 29), ält. ngos. bliekiä (a. 1743, BJ 2,13), ngos. bliike swv.2 ‘(Leinen) bleichen’ (MOH 1,109), sgos. bliike swv.2 ‘bleichen’ (NfWb), wied. bliike, bliige swv.2 ‘bleichen’ (FRU 34), WFR nwfr. blikke sww. ‘bleek worden; bleek maken’ (WFT 2,370f.) < awfr. *blƝka swv1. West- und nordgerm.: E ae. blƗc, S as. blƝk, N mnl. bleec, D ahd. bleih, W an. bleikr. PFR *blƣk. Verbaladj. aus der o-Stufe des starken Verbs germ. *bleika- stv.I ‘glänzen, scheinen, schimmern’ (Sb 118ff.). Aus der Grundbedeutung ‘glänzend’ ergibt sich im Fries. offenbar ‘schwach

blanka-

Lit

129

glänzend, bleich’ (Hm 128). – Oder ist von ‘glänzend’ > ‘stark, glänzend, hell’ > ‘weiß, bleich’ auszugehen? Davon abweichend mit e-stu¿gem Ablaut aus germ. *bleik- INF fa. blik swv.1 ‘bleichen’ (SP 20), blik m. ‘Bleiche’ (WFO 36, FÖW 85) sowie OFR sat. blike swv.1 ‘bleichen, erbleichen, verblassen’, blike f. ‘Bleiche’, blikenge f. ‘Bleichung’ (PK 1,256) [MF 81 schreibt bliekje swv.2, blieke f.] und wahrscheinlich auch WFR nwfr. (Makkum) bliik ‘bleekveld’ (FW 1,195, WFT 2,357). Ob es sich dabei allerdings um Primärableitungen handelt, ist fraglich. Eher würde man angesichts der wenigen einzeldialektalen Nebenformen an sekundäre Vorgänge denken; wahrscheinlich ist eine gegenseitige BeeinÀussung von Verb und Adj. Dieselbe Entwicklung zeigt sich übrigens in S nnd. (OF) blîken stv.I ‘bleich oder blass werden, eine bleiche oder matte Farbe bekommen etc.’ (DK 1,186) und D mhd. blîche ‘bleich’, blîche f. ‘ort zum bleichen der wäsche’ (Lexer 1,306). Vgl. dazu im weiteren auch die e-stu¿ge Ableitung germ. *bleika- ‘scheinend, offenbar’! Jüngere Entlehnungen aus dem Nnd. dürften INF fa. bleek (WFO 35,), sy. bleek (BM 49) ‘bleich, blaß’, fa. bleek f. ‘Bleichplatz’ (SP 19) sein. Mead 1899: 176ff.; Oberdörffer 1908: 8; Schwentner 1915: 39ff.; Löfstedt 1928: 109; Löfstedt 1933: 37; Pokorny 1959: 156f.; Spenter 1968: 192; Seebold 1970: 118f.; de Grauwe 1979-82: 2,310. Hm 129 blanka- ‘schwach glänzend’ P (§ 2)

F

O -an-nassjǀ-

AFR awfr. blank ‘blank, glänzend (vom Schwert)’ (A 550, O) spätawfr. blanck ‘blank, glänzend’ (Bo) OFR sat. blonk (JM 12, PK 1,261), bloank (MF 82) ‘blank, glänzend; rein, sauber; hell; dünn (Tee); überschwemmt; nackt, unverhüllt’ wang. blonk ‘blank’ (FA 1,88) WFR frühnwfr. blanck ‘glänzend’ (SB 93) nwfr. blank ‘blank, blinkend, spiegelend; helder, wit, licht gekleurd; onbeschreven, onbedrukt; onbepaald; onbedekt, bloot; rein, onbevlekt, schuldloos’ (WFT 2,336) hind. blank ‘blank’(GB 25) tersch. blank ‘blank’ (DF 17) aschw. blakker ‘svartaktig, mörk’ (Söderwall 1884-1918: 1,119), ält. ndän. blak ‘blakket el. bleg’ (Kalkar 1,215) OFR sat. blonke n. ‘Glanz’ (PK 1,262) WFR nwfr. blankens ‘blankheid, het blank, blinkend wit of licht van kleur zijn’ (WFT 2,336)

130

blanka-

-haidu-ja-

OFR sat. blonkegaid f. ‘Blankheit’ (PK 1,262) mit ig-Erweiterung AFR awfr. blenka swv.1 ‘glänzen’ (A 520, O), daneben blintsia swv. ‘saubermachen, waschen’ [< ‘blank machen’] (O; vgl. Stapelkamp 1954a: 16), INF fa. bleenk swv.1 (Verf.) neben iterativer r-Erweiterung bleenkre swv.2 (FÖW 84) ‘blinken; schimmern, glänzen’, WFR schierm. blenke stv.1 ‘blinken’ (Spenter 84). – Wie E me. blenchen swv., S mnd. blenken swv., N mnl. blenken swv., D mhd. blenken swv. ‘blinken’ scheinen auch die Formen des Fries. auf eine deadj. Ableitung germ. *blankja- swv.1 zurückzuführen, sofern sie nicht aus dem (M)nl./(M)nd. entlehnt sind, was aber zumindest für fa. bleenk kaum zutreffen dürfte, da bei Entlehnung eher fa. † bleenke zu erwarten gewesen wäre. Der Ansatz afr. blenkia swv.2 (HoH 151) sollte wegen des Umlauts und der Konjugationsverhältnisse im Neufries. besser verworfen werden. Auch awfr. blintsia stützt diese Form nicht, da die graphematische Sequenz hier offenbar durch das voraufgehende Assibilierungsprodukt -ts- < k + j bedingt ist und mithin keine morphonologische Bewandtnis hat. FNF bök. blainke swv. (FU 33), karrh. blenke swv. (OTJ 53), wied. blänke swv. (FRU 34) ‘blinken, glänzen; blinzeln’ usw. deuten Entlehnung aus S (m)nd. blinken an (vgl. Löfstedt 1928: 164f.), das übrigens wie N (m)nl. blinken z.T. stark Àektiert. Durchgehend starke Flexion zeigt ferner WFR frühnwfr. blinke stv.III (GJ 54), nwfr. blinke stv.III ‘blinken’ (WFT 2,336). Falls der Stammvokal -i- sekundär aus -e- vor -nk entstanden sein sollte, sind die i-Formen als jüngere Varianten von blenken, blenka etc. anzusehen. Die starke Flexion wäre dann ebenfalls sekundär, wahrscheinlich analog nach vergleichbaren starken Verben der III. Ablautreihe wie z.B. drinken, sinken (Lühr 1988: 97). Sicher ist diese Deutung jedoch nicht (vgl. Hm 129).

Bel

West- und nordgerm.: S as. -blank, N mnl. blanc, D ahd. blank, W an. blakkr. PFR *blonk mit Verdumpfung des -a- > -o- vor Nasal, das sich in sat. bloank positionsbedingt vor -nk ohne Folgevokal zu „schleiftonigem“ [-ȃ:-] weiterentwickelt hat (Siebs 1901: 1385), sonst aber im Ofr. erhalten bleibt, während sich das verdumpfte -a- im Wfr. wieder zu -a- zurückbildet. Insofern könnte awfr./nwfr. blank autochthon sein. In sämtlichen Formen des Nfr., etwa INF fa. blank, FNF bök. blånk usw., liegt Entlehnung aus dem Nd. vor. Offenbar ererbtes Primäradj. Lühr 1988: 97, 182 erwägt für germ. *blanka- eine „expressive“ Nasalierung und stellt es neben germ. *blaka- ‘schwarz’ [< *‘glänzend’?]. Falk/Torp 1909: 284; Siebs 1901: 1385; Schwentner 1915: 37f.; Pokorny 1959: 125; Spenter 1968: 84; Lühr 1988: 96f., 182.

Germ

Lit

blasa- – blauta-

131

Hm 130 blasa- ‘mit weißem Fleck’ P (§ 2) F S Bel Germ

Idg Lit

WFR nwfr. blês ‘kaal, haarloos; ontschorste plek aan een boomstam’ (WFT 2,359) as. blas ‘blaß’ (Hh 8) Offenbar westgerm: F, S, D, sofern die fries. Form autochthon ist. Bei bodenständiger Entwicklung vermutlich PFR *bles mit tonerhöhtem -e- < -a-, das sich über awfr. *bles regelhaft in nwfr. blês [-æ:-] fortsetzen würde; vgl. entsprechend nwfr. *glês ‘Glas’ < awfr. gles < germ. *glasa-. Während S as. blas ‘blaß’ und D ahd. blas ‘mit einer Blesse’, mhd. blas ‘kahl (Kopf)’ ganz offensichtlich auf germ. *blasa- zurückführen, ist in N mnl. bles ‘met een bles’ (VV 1,1293) eher von einem ablautenden germ. *blesa- auszugehen; eine Basis germ. *blasja-, möglicherweise aus dem Subst. Germ. *blasjǀ- f. ‘Blesse, weißer StirnÀeck’ erwachsen, kommt dagegen angesichts der Flexionsform mnl. blƝse /-z-/ nicht in Betracht. Indessen könnte wohl auch WFR blês aus germ. *blesa- hervorgegangen sein, ja, selbst eine Entlehnung aus dem Nl. läßt sich hier nicht ausschließen. INF fa. bleesket ‘mit einer Blesse versehen’ (FÖW 84) mit dem hybriden Derivationssuf¿x -ket (Hofmann 1961: 35ff. und Faltings 1996b: 95f.) dürfte von dem nicht belegten Subst. *blääs (< germ. *blasjǀ-) abgeleitet sein. Nur germ. s-Erweiterung von idg. *bhel- ‘weiß glänzend’ (IEW 158). Falk/Torp 1909: 285f.; Schwentner 1915: 43f.; Franck/van Wijk 1949: 70; Pokorny 1959: 158; de Vries 1992: 64. Hm 130f. blauta- ‘weich, nackt’ P (§ 2)

F

AFR aofr. blƗt ‘arm, bedürftig’ (B1-2, E2, F, H, R1-2) awfr. blƗt ‘bloß’ (D, J) INF fa. bluat ‘nackt, bloß; kahl’, adv. ‘bloß, nur’ (WFO 37, FÖW 87, Verf.) helg. blooat adv. ‘bloß, nur’ (WK 117) sy. bluat ‘bloß, nackt’, adv. ‘bloß, nur’ (BM 51, SU 502) FNF bök. blüütj ‘bloß, bar’ (FU 35) ält. hall. bluht (a. 1749, NfSt 1,8), hall. bluat ‘bloß, nackt’, adv. ‘bloß, nur’ (MOH 1,128) mgos. bluut adv. ‘bloß, nur’ (MAH 90) ält. ngos. bluet ‘bloß’ (a. 1743, BJ 2,14), adv. ‘nur’ (a. 1745, TJ 28) sgos. bluat (MN 1814), bluats (NfWb) adv. ‘bloß, nur’

132

blauta- – blauþa-

O

OFR sat. bloot ‘bloß, nackt; unverhüllt; arm’, adv. ‘bloß, nur’ (PK 1,262, MF 82) wang. blooet adv. ‘bloß, nur’, sonst in blooetfaitelng ‘ohne Schuhe, auf Strümpfen’, blooetfootert ‘barfüßig’ (FA 1,89) WFR frühnwfr. blaet (SB 64 Anm.), blæt (WT 26, Z. 61), bleat (GJ 334) ‘nackt, bloß; leer; sichtbar’ nwfr. bleat ‘naakt, zonder kleeren, onbedekt; zonder dek of bedekking; arm, berooid; zonder overdak; onbegroeid, kaal; zonder enig hulpmiddel of wapen; open, duidelijk, merkbaar; enkel, slecht, eenvoudig; zonder meer’ (WFT 2,348ff.) hind. blaet [-ȃ.ș-] ‘bloot’ (GB 25) schierm. blait ‘bloot’ (DF 17) tersch. bleat [-Ȋ:-] ‘bloot’ (CR 9, Knop 1954: 54) adän. blǀøtær ‘blød’ (ODS 2,913ff., Nielsen 1989: 58)

-nassjǀ-ǀja-

AFR aofr. blƗtnese f. ‘Armut’ (B1-2); vgl. Ahlsson 110. WFR frühnwfr. ontbleattje swv.2 ‘ontblooten’ (GJ 334)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. blƝat, S mnd. blôt, N mnl. bloot, D ahd. blǀz, W an. blautr. PFR *blƗt mit monophthongischem afr. -Ɨ- < germ. -au-, auf das sämtliche neufries. Formen zurückführen. Das nur adv. verwendete FNF bök. karrh. mgos. ngos. wied. bloot(s) ‘bloß, nur’ ist Entlehnung aus dem Nd. Die bereits im Afr. begegnende Nebenbedeutung ‘arm, bedürftig’ hat sich wie in E ae. blƝat, S mnd. blôt, N mnl. bloot aus älterem ‘nackt, entblößt’ entwickelt, daraus wiederum ‘kahl’ und ‘offen, offenbar, deutlich’ neben ‘einfältig, schlicht’. Die insbesondere für das Nordgerm. bezeugte Bedeutung ‘weich’ und ‘verzagt’ scheint im Fries. nicht vorzukommen. Im weiteren ist für das offensichtlich ererbte Primäradj. wohl Anschluß an germ. *blauþa- ‘schwach’ zu suchen (s.u.). Siebs 1901: 1231, 1267; Oberdörffer 1908: 10; Falk/Torp 1909: 287; Löfstedt 1928: 128; Holthausen 1956: 97; Pokorny 1959: 159; Spenter 1968: 178; Lühr 1988: 267f.; Boutkan/Siebenga 2005: 52.

Germ

Lit

Hm 131f. blauþa- ‘schwach’ P (§ 2) F O

OFR sat. blood ‘blöde’ (PK 1,262) WFR frühnwfr. blae (SB 88), blea (GJ 53) ‘schüchtern, feige’ nwfr. blea ‘bleu, blo(de)’ (WFT 2,348, 361) ält. ndän. blød ‘fej, svag’ (Kalkar 1,232)

bleika-

133

-nassjǀ-

WFR nwfr. bleaëns ‘bleuheid’ (WFT 2,361)

Bel

Gemeingerm.: E ae. blƝað, S as. blǀth, N mnl. bloot, D ahd. blǀdi, W an. blauðr, G indirekt in blauþjan swv.1. PFR *blƗþ ‘stumpfsinnig’. Aus der Grundbedeutung ‘weich, schwach’ ergab sich ‘verzagt, feige’ und weiter ‘stumpfsinnig, blöde’. Das Primäradj. germ. *blauþa- steht mit anderem Dental neben germ. *blauta- ‘weich, nackt’ (s.o.); vgl. Lühr 1988: 267f. mit weiterführender Literatur. Entlehnung aus dem Nl. scheint WFR nwfr. bleu ‘bleu, blo(de)’ (WFT 2,361) zu sein, desgleichen OFR sat. blöö ‘blöde’ (PK 1,191). Möglicherweise zu idg. *bhlƝu- ‘schwach, elend’ (IEW 159) in ȣ ȜȠȢ ‘gering, wertlos, schlicht, schlecht’ (Hm griech. ijȜĮ ~ ȣ ȡȠȢ, ijȜĮ ~ 132). Falk/Torp 1909: 287; Pokorny 1959: 159; Schubert 1968: 64; Lühr 1988: 267f.

Germ

Idg Lit

bleika- ‘scheinend; offenbar’ V/R? (§ 24a, 86) F

AFR awfr. blƯk ‘sichtbar, augenscheinlich’ (Fs 1,123, Ro 2,216, O) in der tautologischen Wendung blƯk en(de) epenbƝr

Bel Germ

Belege lediglich im F (AWFR). PFR *blƯk, bei dem es sich um eine e-stu¿ge Ableitung aus germ. *bleika- stv.I ‘scheinen, schimmern’ (Sb 118ff.) handeln könnte. Germ. *bleika- lebt in aofr./awfr. *blƯka stv.I ‘sichtbar sein, augenscheinlich werden; entblößt sein’ fort. Neben der starken begegnet dort partiell auch die schwache Flexion wie vergleichsweise in S mnd. blîken swv. ‘glänzen; scheinen, augenscheinlich, offenbar werden, klar hervorgehen; sehen lassen, entblößen’ (LB 1,294f.). Insofern wäre wohl ebenfalls eine (späte?) einzelsprachliche Rückbildung aus einem schwach Àektierenden afr. blƯka swv. denkbar. – Oder ist an den betreffenden Textstellen, in denen die idiomatisch geprägte Wendung blƯk en(de) epenbƝr vorkommt, in Wirklichkeit bliken(d)e epenbƝr ‘deutlich zu Tage tretend’ anzusetzen mit dem nicht selten bezeugten Partizipialadj. awfr. blƯken(d)e ‘sichtbar, offenkundig’, in adv. Gebrauch möglicherweise in der verstärkenden Bedeutung ‘klar, deutlich’? Zumindest die Belege blycken openbeer (Ro) und bliken epenbier (Fs) statt blick en[de] ope[n]beer (O II, 67, Z. 13f.) widersprechen dieser Annahme auf den ersten Blick nicht, obwohl natürlich die Schreibung seinerseits ein entstelltes blƯk en ‘sichtbar und’ wiedergeben könnte, indem das zugrundeliegende blƯk in der formalhaften Verbindung blƯk en epenbƝr gegenüber dem

134

Lit

bleiþa-

häu¿geren Partizipialadj. bliken(d)e vielleicht nicht mehr verstanden wurde. Vgl. im weiteren die a-stu¿ge Ableitung germ. *blaika- ‘glänzend’. Seebold 1970: 118ff.; de Vries 1977: 44; de Vries 1992: 64; Kluge/ Seebold 2002: 131f. Hm 132f. bleiþa*- (-Ư-?) ‘mild, freundlich’ *V?/*D?(§ 84, 97b)

F

AFR awfr. blƯde (A 440, BTr, FrR, J), blƯd (J), blƯ (FrB 144, J) ‘froh, heiter’ spätawfr. blyd ‘froh, heiter’ (Bo) INF ält. fa. blih’s, blihl ‘fröhlich’ (a. 1757, NfSt 1,20), fa. bliis [-z], bliid, bliil, bliar ‘froh, vergnügt; strahlend, heiter (Wetter)’ (WFO 36, FÖW 85, Verf.) helg. bliid ‘froh, vergnügt’ (WK 115) sy. bliir, bliid, bliiÿ ‘froh, fröhlich; heiter, freundlich’ (BM 50, SU 500) FNF ält. bök. blee (a. 1748, NfSt 2,4), bök. blees [-z] (FU 34) ‘freundlich, fröhlich; heiter, strahlend’ hall. blää ‘froh, vergnügt’ (Lo 34) ält. karrh. blees (ca. a. 1820, FF 35), karrh. blees [-z] (MN 697), bliir (OTJ 51) ‘froh, freundlich’ mgos. blee (MN 697), blees [-z] (JH 1, 3, 4, 5, 15, BnG 1,119), bler (HMN 121), bliir (EFS 217) ‘freundlich, froh’ ält. ngos. bleis (a. 1743, BJ 2,19), blees (a. 1760, Kon. 65), ngos. blee, bli (MOH 1,11, WNG 40) ‘freundlich’ sgos. bliir ‘froh, freundlich’ (MN 697, EFS 217, Beitr. 30) wied. blir ‘freundlich, fröhlich; hell, heiter, strahlend (Wetter)’ (FRU 34) wyk. bläi ‘froh’ (Gl 275) OFR sat. bliede ‘froh, fröhlich’ (PK 1,254) wang. blîd (EFS 216), blii (FA 1,88) ‘fröhlich, vergnügt’ WFR frühnwfr. blijd (SB 59), bly (GJ 56) ‘froh, fröhlich’ nwfr. bliid ‘vrolijk, opgewekt; gelukkig, inz. verheugd over; blijk gevende van opgewektheid, ook van een tijd, waarin men zich opgewekt gevoelt’ (WFT 2,365f.) hind. blii ‘blij’ (GB 25) schierm. bliid ‘blij’ (DF 18) tersch. bli ‘blij’ (CR 10)

-iga-lƯka-

AFR awfr. blƯdich adv. ‘froh, freundlich’ (BTr) AFR awfr. blƯdelƯke (FrR), blƯdelƯk (O) adv. ‘frohgemut, erfreut’

bleiþa-

-nassjǀ-

-haidu-

-skapi-

-ǀjaBel Germ

Idg

135

INF helg. bliidens n. ‘Frohsinn, Heiterkeit, Vergnügen’ (WK 115), WFR nwfr. blidens ‘blijheid, opgewektheid van geest’ (WFT 2,362), hind. bliiens (GB 25), schierm. bliidens m. (DF 18) ‘Freude, Fröhlichkeit’ FNF ält. bök. bleeheid (a. 1748, NfSt 2,5), bök. bleeshäid f. ‘Milde, Freundlichkeit’ (FU 34), wied. blirhaid n. ‘freundliches Wesen’ (FRU 34) sowie mit ig-Erweiterung INF sy. bliirighair n. ‘Frohsinn, Heiterkeit, Vergnügen’ (BM 50), OFR sat. bliedigaid f. ‘Freude’ (PK 1,254) und WFR frühnwfr. blyigheid ‘Fröhlichkeit’ (GJ 56) AFR awfr. blƯdskip f. ‘Freude, Fröhlichkeit’ (A, D, FrR), INF sy. bliirskep g. ‘Frohsinn, Heiterkeit, Vergnügen’ (BM 50, SU 500), WFR frühnwfr. blyschip (GJ 56), nwfr. blydskip (WFT 2,362), hind. bliidskip (GB 25), tersch. blydschip (CR 10) ‘Freude, Fröhlichkeit’, daneben mit mnd./mnl. Lehnsuf¿x -schap AFR awfr. blƯskap f. (A 270), blƯtskap (A 538, FrR), OFR sat. bliedskup f. (PK 1,254), WFR frühnwfr. blyschap (GJ 56), schierm. bliidschap m. (Spenter 259) ‘Freude, Heiterkeit’; vgl. Ahlsson 203. FNF ält. ngos. verblissiä swv.2. ‘erfreuen’ (a. 1760, Kon. 135) Gemeingerm.: E ae. blƯðe, S as. blƯthi, N mnl. blƯde, D ahd. blƯdi, W an. blíðr, O adän. blƯthær, G bleiþs. Heidermanns (Hm 133) erwägt eine primär a-stämmige Bildung. Zumindest die überlieferten westgerm. Formen (s.o.) Àektieren jedoch nach der ja-Flexion, so daß dort von einem sekundären jaStamm auszugehen ist. Entsprechend führen sämtliche neufries. Belege auf PFR *blƯðe zurück. Im Germ. auf gleicher Stufe isoliert. Das Primäradj. bleibt ohne sicheren außergerm. Anschluß. Man hat zuletzt eine Beziehung zu heth. miliddu-/maliddu- ‘süß; gütig’, luv. mlitu- ‘honigsüß’ vermutet mit anlautendem idg. ml- > germ. bl- und dabei an ein altes Denominativum idg. *mlƯt-o- ‘honigsüß’ gedacht zu heth. melit-, griech. ȝȑȜȚIJ, got. miliþ ‘Honig’ mit der Bedeutungsentwicklung ‘honigsüß’ > ‘sanft, mild, freundlich’; vgl. die resümierende Darstellung bei Heidermanns (Hm 133) mit weiterführender Literatur. Vielleicht sollte man jedoch eine ältere Etymologie nicht ganz aus den Augen verlieren, die an die Verbalwurzel idg. *bhlƯ- ‘glänzen’ (IEW 155f.) anknüpft: Eine schwundstu¿ge Ableitung mit to-Suf¿x idg. *bhlƯ-to- hätte ebenso zu germ. *blƯþa- geführt, und aus der ursprünglichen Bedeutung ‘glänzend’ konnte sich zunächst wohl ‘licht, hell, heiter (Wetter)’ ergeben, dann aber im metaphorischen Gebrauch auch ‘fröhlich, froh, freundlich (Gemütsverfassung)’. Sicher ist diese Deutung ebenfalls nicht.

136

Lit

blenda-

Siebs 1889: 216f.; Johansson 1891: 226f.; Falk/Torp 1909: 286; Löfstedt 1928: 11; Löfstedt 1933: 30; Üçok 1938: 45; de Vries 1958: 23f.; Pokorny 1959: 155f.; Krahe/Meid 1967: 148; Spenter 1968: 259; de Grauwe 1979-82: 1,67ff. Hm 133f. blenda- ‘blind’ *V (§ 24f)

F

AFR aofr. blind ‘blind’ (F, PrJ 234), sonst kompositionell in aofr. stareblind (B1-2, E1-2, H), starblind (E3), starublind (R1) ‘in der Sehkraft beeinträchtigt; teilweise blind’. – Buma setzt offenbar in Anlehnung an van Helten 1907: 312 für die aofr. Formen star(e)-, starublind partiell ein neutr. (?) Subst. ‘starke Beeinträchtigung des Sehvermögens, teilweise Blindheit’ an (vgl. Buma ed. 1949: 119ff., 1961: 239 sowie Buma/Ebel edd. 1963: 61, 1965: 113, 1967: 55, 1968: 97) und gibt z.B. die Textstelle staru blind alsa felo in R1 mit ‘teilweise Blindheit ebensoviel’ wieder; m.E. könnte hier jedoch mit Blick auf das voraufgehende thes age inskathinge sex and thritich skillinga ‘Beschädigung des Auges 36 Schillinge’ bzw. das folgende jef thet age is elle blind ... ‘falls das Auge ganz blind ist ...’ ebensogut eine elliptische Satzkonstruktion mit adj. Bezug vorliegen: ‘[Ist das Auge] starblind [d.h. in seiner Sehkraft stark beeinträchtigt], [beträgt die Buße] ebensoviel’; derartige elliptische Konstruktionen sind auch für die übrigen Textstellen in Erwägung zu ziehen, in denen Buma von einem Subst. ausgeht; zu star(e)-, starublind vgl. ferner His 1901: 152, van Helten 1907: 312 und Nauta 1941: 152. awfr. blind ‘blind’ (A 444, J, Ro 2,222, SnR 64), daneben kompositionell awfr. starblind ‘in der Sehkraft beeinträchtigt; teilweise blind’ (D, J) spätawfr. blyn ‘blind’ (Bo) INF fa. blinj ‘blind; beschlagen (Fenster)’ (WFO 36, FÖW 86, Verf.) helg. blin ‘blind’ (WK 116) sy. blinj ‘blind’ (BM 50, SU 501) FNF bök. blin ‘blind’ (FU 34) hall. blin ‘blind’ (MOH 1,17) ält. karrh. blinn (ca. a. 1830, FF 36), karrh. blin ‘blind’ (MN 1536, OTJ 52) mgos. blin ‘blind’ (MN 1536, LHol 161) ält. ngos. blinn (a. 1743, BJ 2,13), ngos. blin (MN 1536, MOH 1,17) ‘blind’ sgos. blin ‘blind’ (EFS 143, Beitr. 29) wied. blin ‘blind; vorgetäuscht (z.B. von einem Blendfenster)’ (FRU 34)

blenda-

137

OFR harl. blihnd*/-i:-/ in blihndheyde ‘Blindheit’ (s.u.) sat. bliend ‘blind’ (MF 81) wang. blin ‘blind’ (FA 1,88) wurst. blinn*/-i-/ in Blinn ‘[der Blinde]’ (RM 92) WFR frühnwfr. blijn [-i:-] ‘blind’ (SB 48) nwfr. blyn ‘blind; niet door verstand en overleg bestuurd; onzichtbaar; heimelijk; zonder opening; ongeldig; bot, stomp’ (WFT 2,374) hind. blynd ‘blind; smoordronken’ (GB 26) schierm. blyn ‘blind’ (DF 18) tersch. blyn ‘blind’ (CR 10) -Ưn-Ưni-engǀ-nassjǀ-haidu-

-ja-ǀja-

Bel Germ

INF möglichweise in fa. uun blinjem ‘blindlings’ (MN 1537), das als fa. blinj* ‘Blindheit’ zu normalisieren wäre, sowie in FNF ält. wied. ohn æ blinde ‘blindlings’ (a. 1749, NfSt 1,44). AFR awfr. blindene (J) f. ‘Blendung’; deverbal aus afr. blinda swv.1 (s.u.); vgl. ferner Ahlsson 12. FNF bök. blininge f. in önj e blininge ‘blindlings’; in der gleichen idiomatischen Verwendung karrh. blininge f. (MN 1537) und wied. blininge m. (FRU 34) WFR nwfr. blinens ‘blindheid’ (WFT 2,377) INF fa. blinjhaid f.n. (LFM 21, SP 20), sy. blinjhair g. (BM 50, SU 501), FNF ält. karrh. blinhäid (ca. a. 1820, FF 36), ält. ngos. blinnheit (ca. a. 1745, JG 27) f. ‘Blindheit’, OFR harl. blihndheyde (CM 45) sowie mit ig-Erweiterung sat. bliendigaid f. (MF 81) ‘Blindheit’ AFR awfr. blinda (D, Fs 1,42) swv.1 ‘blenden; die Augen verbinden’ AFR aofr. blindia (F), awfr. blindia (A 300) swv.2 ‘blenden’, WFR nwfr. blyndzje swv.2 (WFT 2,376) sowie mit ig-Erweiterung INF sy. blinjigi swv.2 (BM 50, SU 501) ‘blenden, des Augenlichts berauben’ Gemeingerm.: E ae. blind, S as. blind, N mnl. blind, D ahd. blind, W an. blindr, G blinds. PFR *blind. Sämtliche fries. Mundartgruppen setzen indessen eine Vorstufe *blƯnd mit früher Dehnung des -i- vor der Konsonanz -nd voraus, das im Nfr. in geschlossener Silbe nachträglich wieder gekürzt wird. OFR wang. blin /-i-/ statt eines zu erwartenden † bliin /-i:-/ mit erhaltener Länge, wie vergleichsweise in wang. wiin m. ‘Wind’, biin stv. ‘binden’, ¿in stv. ‘¿nden’ etc., scheint durch die komparierten Formen wang. blinner comp., blinst sup. (HEN 217) beeinÀußt zu sein, in denen die Komparationssuf¿xe -er und -st Kürzung des Stammvokals bewirkten. In der dem Wang. nahe verwandten Mundart des Wurst. wird -Ư- in geschlossener Silbe offenbar regulär gekürzt, auch das vor -nd frühgedehnte -i-, sofern man den Schreibfor-

138

Idg

Lit

bleugja-

men wurst. Blinn ‘ein Blinder’, Winn ‘Wind [= Furz]’ (RM 192) vertrauen darf und die Graphie hier phonetische Relevanz besitzen und Kürze des voraufgehenden Vokals ausdrücken sollte. In germ. *blenda- dürfte ein e-stu¿ges Verbaladj. aus der III. Ablautreihe vorliegen, obwohl das dazugehörige Basisverb im Germ. nicht (mehr) belegt ist; vgl. mit o-stu¿gem Ablaut u.a. auch AFR aofr./awfr. blenda swv.1 ‘blenden, die Augen verbinden’ (E1, F, H, U [van Klaarbergen]) < germ. *blandja- swv.1, wozu ferner aofr. blendene (H), blendinge f. ‘Blendung’ (E1, R1), mit schwundstu¿gem Ablaut W an. blunda swv. ‘die Augen (halb) schließen, blinzeln’, blundr m. ‘Schlummer, Schlaf’ < germ. *blund-. Das Faktitivum afr. blenda swv.1. ‘blenden’ bzw. die daraus hervorgegangenen Ableitungen aofr. blendene f. ‘Blendung’ (H), blendinge f. ‘Blendung’ (B1-2, E1, R1) sind weitgehend synonym mit den obengenannten e-stu¿gen Formen afr. blinda swv.1, blindia swv.2 ‘blenden’, blindene f. ‘Blendung’. Das Adj. hat keine außergerm. Parallelen, doch kehrt die e-Stufe bei einigen baltischen und slavischen Verben wieder (vgl. Seebold 1970: 116f. unter germ. *blanda- red. ‘(hinein)mischen’); im weiteren ist wohl an idg. *blendh- ‘undeutlich schimmern, trübe sein’ (IEW 157) anzuknüpfen, wonach die Grundbedeutung des Adj. mit ‘trübe, verschwommen’ anzusetzen wäre. Siebs 1889: 143; Delbrück 1907: 128; Falk/Torp 1909: 285; Löfstedt 1928: 17; Wissmann 1932: 82; Wissmann 1932: 82; Löfstedt 1933: 29; de Vries 1958: 23; Pokorny 1959: 157; Spenter 1968: 256; Seebold 1970: 115ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 53f. blesa- ‘mit weißem Fleck’ vgl. blasableugja*- ‘beschämt’ R (§ 87)

F

INF ält. fa. blig ‘blöde’ (a. 1757, NfSt 1,20), fa. blich ‘schüchtern, befangen, geniert’ (WFO 36, FÖW 85) helg. blich ‘schüchtern, zaghaft, verlegen’ (WK 114) sy. blüch ‘blöde, schüchtern, zaghaft, verschämt’ (BM 51, SU 502) FNF bök. blüch, blöög ‘schüchtern’ (FU 35) hall. bjuch ‘schüchtern, blöde’ (MOH 2,128) ält. karrh. blöch (ca. a. 1820, FF 36), karrh. blüch, blöch ‘blöde’ (OTJ 58, 74) ält. ngos. blüch (a. 1743, BJ 2,13), blöch (a. 1760, 30, 106), ngos. blöch (MOH 2,128) ‘schüchtern, blöde’

bleugja-

139

wied. blüch ‘scheu, schüchtern’ (FRU 35) OFR wang. bliuuch ‘blöde’ (FA 1,88) -lƯka-nassjǀ-eþǀ-haidu-

-ǀja-

Bel Germ

FNF ält. ngos. blöglick ‘beschämend’ (a. 1760, Kon. 45) INF helg. blichens n. ‘Schüchternheit’ (WK 115) FNF bök. blööged f. ‘Schamgefühl; Schande, Schmach; Scham, Blöße’ (FU 34), ält. ngos. blöget f. ‘Schande’ (a. 1743, BJ 2,14) INF fa. blichhaid f. ‘Blödigkeit, Schüchternheit’ (CJ 136, SP 20, FÖW 85), sy. blüchhair g. ‘Blödigkeit, Zaghaftigkeit, Schüchternheit’ (BM 51, SU 502), FNF ält. karrh. blöchhäid (ca. a. 1820, FF 36), ält. ngos. blüchheit (a. 1743, BJ 2,14) f. ‘Blödigkeit’, OFR wang. bliuuchheit f. ‘Blödigkeit’ (HEN 217) INF fa. bliige swv.2 ‘sich genieren, schüchtern sein’ (LFM 21, CJ 169, FÖW 85), sy. blügi swv.2 ‘unentschlossen sein, zurückschrecken, sich genieren’ (BM 51, SU 502), FNF bök. blööge swv. ‘schämen’ (FU 34) Falls in den angeführten Belegen von einer bodenständigen Rückbildung aus dem jan-Verb auszugehen ist (s.u.), nur F. Århammar 1966: 311 und 1969: 130 hält das fries. Vorkommen für autochthon; u.U. sei es im Nfr. zu einer lexikalischen Stützung durch die nordischen Formen gekommen – namentlich wohl durch O adän. blǮghær ‘verschämt, verlegen’ (Nielsen 1989: 57) < an. bljúgr (de Vries 1977: 44) < germ. *bleuga- (Hm 134), das sich in ndän. bly ‘verschämt, schüchtern’ fortsetzt. Allerdings stehen der Annahme einer bodenständigen Entwicklung einige formale Hindernisse im Wege: Während die nord. Formen, von der ablautenden Variante ndän. blu ‘schüchtern’ < germ. *blnjga(Hm 136) abgesehen, auf germ. *bleuga- zurückführen, muß bei den fries. i-Umlaut im Spiel sein. Dabei dürfte ein i-stämmiges Verbaladj. ausscheiden, da derartige Ableitungen aus der ei-/eu-Reihe zumeist schwundstu¿gen Ablaut zeigen. Eher würde man eine ja-stämmige Rückbildung aus dem jan-Verb germ. *bleugja- ‘sich schämen’ in Erwägung ziehen, wonach eine Vorstufe afr. *blinjge < germ. *bleugja- zu erwarten wäre. Nun läßt sich jedoch allenfalls FNF bök. blöög aus afestl.-nfr. *blinjge herleiten, das hier aber ebensogut aus einer Àektierten Form oder aus dem Adv. herrühren könnte; in allen übrigen fries. Belegen ist vermutlich von afr. *blinjch auszugehen, im Nfr. mit -inj- > -iǮ-, dessen -Ǯ- sich nach Ausfall der ersten Diphthongkomponente durch Einwirkung des voraufgehenden -l- teils der Palatalisierung des alten -nj- > -Ǯ-/ǀø-, teils der Entwicklung des alten Ư-/-Ǯ- > -i- in geschlossener Silbe angeschlossen hat, während in FNF hall. bjuch, OFR wang. bliuuch der Diphthong erhalten blieb. Diese Vorgänge erklären indessen die Form afr. *blinjch statt *blinjge (s.o.)

140

Lit

blƣwa-

nicht, da die Apokope des auslautenden -e in den nominalen ja-Stämmen für gewöhnlich nur nach kurzer Silbe eintritt (vgl. Siebs 1901: 1237). Insofern müßte früh Ausgleich zugunsten der endungslosen kurzsilbigen Stämme erfolgt sein. Am Ende kann denn im Nfr. wohl auch eine alte Entlehnung aus adän. *blinjghær (jünger blǮghær) < *bleuga- (s.o.) nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, worauf bereits Löfstedt 1931: 129 hingewiesen hat. OFR wang. bliuuch spricht nicht unbedingt dagegen, denn gerade im Wang. begegnen mehrere Wörter, die der Entlehnung aus dem Nord. verdächtig sind – vermutlich durch Vermittlung des Nfr., insbesondere des Helg. (vgl. Århammar 1966: 314 Anm. 22). Schwentner 1915: 69ff.; Löfstedt 1931: 128; Århammar 1966: 311. æwa- ‘dunkelblau’ P (§ 11) Hm 135 blǀ

F

-iga-

-iska-

AFR aofr. blƗw, blƗu ‘blau’ (E3) awfr. blƗu ‘blau’ (Fs 2,57, LSt, SnR 66, U, O) INF ält. fa. bleh (a. 1757, NfSt 1,20), fa. blä ‘blau’ (WFO 34, FÖW 83) helg. bli ‘blau’ (WK 114) sy. blö ‘blau’ (BM 51, SU 501) FNF sgos. blau ‘blau’ (NfWb) OFR sat. blau ‘blau’ (PK 1,252) wang. blaau ‘blau’ (EFS 205) WFR frühnwfr. blauw ‘blau’ (GJ 53, SB 48) nwfr. blau ‘blauw, blauwachtig’ (WFT 2,338f.) hind. blaau ‘blauw’ (GB 25) schierm. blau ‘blauw’ (DF 17) tersch. blauw ‘blauw’’(CR 9) WFR nwfr. blauwich ‘blauwachtig’ (WFT 2,346), daneben mit unorganischem Fugen-l in intervokalischer Position INF helg. blili ‘bläulich’ (WK 115), sofern hier nicht eine Lehnbildung nach nhd. bläulich vorliegt. OFR sat. blausk ‘bläulich’ (PK 1,253); hierher auch INF sy. blösket ‘bläulich’ (BM 51, SU 502) < ains.-nfr. *blƝ-isk + sekundärem adj. Derivationssuf¿x -et? Oder ist von sy. blö + unorganischem -s- + verstärkendem hypokoristischen Suf¿x -ket auszugehen, wie in sy. ringket ‘schwächlich, kränklich’ (BM 212) zu ring ‘schlecht, elend, kränkelnd’ oder fa. kleenket ‘schmächtig, dünn (Gliedmaße)’ zu klian ‘dünn, schlank, schmächtig’? Zu diesem Adjektivtypus vgl. Hofmann 1961: 35ff. und Faltings 1996b: 95f.

blƣwa-

-lƯka-a-eslan-nassjǀ-

-ǀjaBel Germ

141

INF fa. bläelk ‘bläulich’ (WFO 35), daneben in derselben Bedeutung bläselk (CJ 147, FÖW 85) mit unorganischem Fugen-s [-z-] in intervokalischer Position INF fa. blä n. ‘blauer Farbstoff’ (FÖW 83) AFR aofr. blƗwelsa m. ‘blauer Fleck’ (E3) INF fa. bläens n. ‘Bläue’ (WFO 35, FÖW 83), helg. blidens n. ‘Bläue’ (WK 115) mit eingeschobenem -d- in intervokalischer Position, WFR nwfr. blauwens ‘blauwheid’ (WFT 2,346); der Genuswechsel Fem. > Neutr. ist sekundär. INF sy. blöi swv. ‘Wäsche bläuen’ (BM 51, SU 501), WFR nwfr. blauje swv. ‘blauw maken of zijn, worden’ (WFT 2,342) West- und nordgerm.: E ae. blƣ- , S as. blƗo, N mnl. blau, D ahd. blƗo, W an. blár, O adän. blƗ. Unter den angeführten Belegen sind mit Sicherheit nur INF blä, bli, blö als autochthone Entwicklungen aus afr. bzw. ains.-nfr. *blƝ < *blƝw anzusehen. Offensichtlich hatten die Vorfahren der Inselnordfriesen, als sie im 7./8. Jahrhundert von Ost- und/oder Westfriesland aus den äußeren Küstensaum Nordfrieslands besiedelten (vgl. dazu resümierend Århammar 1995: 64ff.), das Erbwort germ. *blƣwa ‘blau’ noch nicht durch das Stoffadj. germ. *waidƯna- ‘waidfarben’ ersetzt; wenigstens scheint sich diese Neuerung, eine Ưn-stämmige Ableitung aus germ. *waida- (älter *waizda-) ‘Waid’ (vgl. FT 2,1343), erst nach Abwanderung der späteren Inselnordfriesen in den südlichen fries. Stammlanden ausgebreitet zu haben, von wo sie mit den fries. Kolonisten der zweiten Einwanderungswelle im 11. Jh., den späteren Festlandnordfriesen, auch nach Nordfriesland gelangte: AFR aofr. wƝden (E1-2, F, H, R1-2), awfr. wƝden, wƝdin, wƝdan (A 482, J) ‘blau’ neben awfr. wƝde f. (?) ‘Waid, zum Blaufärben dienende PÀanze, blauer Farbstoff’ (J, U) [primär *wƝd m./n. ?] FNF bök. ween (FU 270), hall. weeden (MOH 1,126), ält. karrh. ween (ca. a. 1820, FF 185), karrh. ween (OTJ 26, 32, 70, 79), mgos. wään (HMN 133), ält. ngos. ween (a. 1743, BJ 2,206), ngos. ween (MOH 1,126), wied. wjin (FRU 375), wyk. ween, weeden (EFS 271) ‘blau’ < *wedn mit Kürzung des Stammvokals vor mehrfacher Konsonanz < *wƝden < afestl.-nfr. *wƣden (Löfstedt 1928: 125f.) E ae. wƣden ‘blue, purple’ neben ae. wƗd n. ‘woad’ (BT 1148, Suppl. 740) D ahd. weitƯn ‘bläulich’ neben ahd. weit m. ‘Waid’ (Schützeichel 2006: 403)

142

Idg

Lit

blƣwa- – blƯwa-

In allen anderen neufries. Mundarten des Ofr. und Wfr. sowie übrigens auch in dem festl.-nfr. Dialekt der Südergoesharde (s.o.) begegnen die Formen blau, blaau, blauw oder ähnlich, aber man fragt sich, ob diese wirklich bodenständig sein können. Angesichts vergleichbarer Bildungen mit altem -ƣ- vor -w- wie awfr. grƝ ‘grau’ < germ. *grƣwa- (s.u.) und awfr. klƝ* f. (pl. klƝwen) ‘Klaue’ < germ. *klƣwǀ- und nicht zuletzt wegen INF blä, bli, blö ‘blau’ < ains.-nfr. *blƝ < germ. *blƣwa- sollte man hier besser eine Entlehnung aus (m)nd. blau bzw. (m)nl. blau in Erwägung ziehen. Entsprechend dürfte auch das von Heidermanns (Hm 135) angeführte afr. blau (s.o.) als mnd./mnl. Lehnwort aufzufassen sein. Eine positionsbedingte Sonderentwicklung von germ. -ƣ- vor -w- > afr. -Ɨu- (etwa ähnlich ae. -Ɨw- < germ. -ƣ- + -w-), wie van Helten 1890: 17, Spenter 1968: 309 und andere sie in Betracht ziehen (van Helten spricht von „residua“), halte ich nicht für wahrscheinlich. Das Primäradj. idg. *bhlƝ-ԥo-s (IEW 160) hat keine genauen außergerm. Parallelen. Mit gleicher Wurzelstufe und verwandter Bedeutung, aber anderem Suf¿x vergleicht sich u.a. kym. blawr ‘grau, graublau’, mit gleichem Suf¿x, doch abweichendem Vokalismus und unterschiedlicher Bedeutung lat. ÀƗvus ‘rot-, goldgelb’, air. blá ‘gelb’ (Hm 135). Siebs 1889: 193, 205, 271; van Helten 1890: 17, 77; Siebs 1901: 1216; Falk/Torp 1909: 285; Schwentner 1915: 69ff.; Löfstedt 1928: 125f.; Boersma 1939: 12; Hofmann 1956: 83f.; Pokorny 1959: 160; Lehmann 1964: 57f.; Århammar 1968: 68; Spenter 1968: 309; Munske 1973: 143; Bammesberger 1990: 244; Århammar 1995: 86f.; Wanzeck 2002: 130ff. blƯþa*- ‘freundlich, heiter’ *V vgl. bleiþablƯwa- ‘farbig; schön, gediegen’ P (§ 14)

F S

AFR aofr. blƯ adv. ‘schön, gediegen, gut’ (R1) as. blƯ ‘farbig’ (Gallée 1903: 31)

-a-

AFR aofr. blƯ n. ‘Gesichtsfarbe’ (E1-3), INF fa. blei n. ‘Farbton; Gesichtsfarbe; Schamröte’ (MN 2850, EFS 215), sy. blii n. ‘Gesichtsfarbe’ (MN 2850, EFS 215), FNF bök. blai (MN 2850, FU 33), karrh. blai (MN 2850, OTJ 54), mgos. bläi (Outzen 25), blai (EFS 215), ält. ngos. blay (a. 1743, BJ 2,13), ngos. blai (MN 2850, EFS 215), wied. blai (MN 2850, FRU 33) n. ‘Farbe, Farbton; Gesichtsfarbe; Schamröte’, E ae. blƝo(h), blƯo(h) n. ‘colour, hue;

blƯwa-

143

complexion; form’ (BT 109, Suppl. 96), ne. dial. blee ‘colour; complexion; gladness’ (Wright 1,296), S as. blƯ n. ‘Farbe’ (Gallée 1903: 31), N mnl. blie n.m. ‘kleur; gelaatskleur’ (VV 1,1295f.) Bel Germ

Idg

Als Adj. offenbar lediglich F und S. Der Einzelbeleg AFR blƯ in der Textstelle ...thet hit hebbe alle utad alsa bli, sa hiut hede anda were ebrocht (R1) ist allerdings unterschiedlich interpretiert worden: von Richthofen 1840: 653 setzt blƯ gleich awfr. blƯde, blƯ ‘froh, heiter’ (vgl. oben unter germ. *bleiþa-), wogegen neben semantischen Gründen vor allem der formale Umstand spricht, daß der Abfall der intervokalischen Spirans -ð- in der konservativen Mundartgruppe des Altweserfries., zu der auch das Rüstr. gehört, kaum zu erwarten ist. Van Helten 1907: 55f. emendiert blƯ in bƯ lƯke gǀd ‘gleichwertig’ nach der mnd. Parallelstelle ... dat hyt hebbe al uthgheven alsoe by lycke ghuedt, soese daer hadde in der were ghebracht (Rq 305), aber auch das ist fraglich. Meines Erachtens macht es am meisten Sinn, bei der Lesart blƯ zu bleiben und die betreffende Passage mit Buma ed. 1961: 170 bzw. Buma/ Ebel edd. 1963: 103 als ‘... daß man es ihr alles in demselben Werte herausgegeben habe, wie sie es in das Gut eingebracht hatte’ zu übersetzen. Sollte AFR blƯ ‘gut, prächtig, gediegen’ mit S as. blƯ ‘farbig’ korrespondieren, dem sich zumindest die formalen Kriterien nicht entgegenstellen, ist am besten von einem wa-stämmigen Farbadj. germ. *blƯwa- auszugehen (dieses auch die Basis des substantivierten Adj.). Seine ursprüngliche Bedeutung ‘glänzend’ könnte im weiteren sowohl ‘farbig’ als auch ‘von prächtigem, schönem Äußeren’ ergeben haben, woraus schließlich ‘von gediegener Qualität oder Quantität’. Dagegen scheint das adj. Kompositum INF fa. stäärblei ‘hell-graublau (vom Ge¿eder des HausgeÀügels)’ (NfWb, Verf.) mit fa. stäär n. ‘Stern’ im Bestimmungswort keine adj. Derivationsbasis zu enthalten, sondern dürfte eher als desubst. BahuvrƯhiadj. zu fa. blei n. ‘Farbe’ (s.o.) aufzufassen sein, sei es unerweitert in der exozentrischen Bedeutung ‘eine [graublaue] Sternfarbe habend’ oder erweitert mit ja-Suf¿x entsprechend S as. grƝ-blƯhi ‘graublau’ (Hh 28) mit anorganischem h-Einschub im Hiatus < germ. *-blƯwja-; vgl. daneben mit dentalem Derivationssuf¿x und derselben Bedeutung auch fa. stäärbleid (SP 126, FÖW 561) sowie ferner E ae. ge-blƝod ‘coloured, variegated; gifted with beauty; beautiful in contenance’ (BT 374) < germ. *(ga-)blƯwǀda- (Faltings 1996b: 96f.). Bei einem Ansatz germ. *blƯwa- würde sich außergerm. etwa lit. blýva-s ‘lila, veilchenblau’ < idg. *bhlƯ- vergleichen mit weiterem Anschluß an idg. *bhlΩi-: *bhlƝi- ‘glänzen’ (IEW 155).

144

Lit

braida-

van Helten 1890: 77; van Helten 1907: 55f.; Falk/Torp 1909: 286; de Vries 1958: 23f.; Pokorny 1959: 155f.; Lerchner 1965: 35f.; Krahe/ Meid 1967: 75; Faltings 1996b: 96f.; Boutkan 1998: 47f.; Boutkan/ Siebenga 2005: 53. Hm 136f. braida- ‘breit’ P (§ 2)

F

AFR aofr. brƝd ‘breit; höherstehend (Gericht)’ (B1-2, E3, F) awfr. brƝd (A 430, D, FrB 44, J, SnR 76, U [van Klaarbergen], O), breid (D, J, U [Sipma]) ‘breit’ spätawfr. breed ‘breit’ (Bo) INF fa. briad ‘breit; korpulent, von massigem Körperbau’, adv. ‘reichlich, ¿nanziell gut situiert’ (WFO 42, FÖW 98f., Verf.) helg. bread ‘breit’ (WK 126) sy. breer, breed ‘breit’ (BM 55, SU 507) FNF bök. briidj ‘breit; umfangreich’ (FU 38) hall. briad ‘breit’ (MOH 1,107) ält. karrh. bried (ca. a. 1820, FF 39), karrh. briidj (MN 1292, OTJ 43) ‘breit’ mgos. briidj ‘breit’ (MN 1292) ält. ngos. bried (a. 1743, BJ 2,16), ngos. briid (EFS 271, MOH 1,107) ‘breit’ sgos. briad ‘breit’ (EFS 271) wied. briidj ‘breit’ (FRU 42) OFR harl. brayd ‘breit’ (CM 54) sat. breed, braader, bradder comp. ‘breit’ (PK 1,301, MF 84) wang. breid, bredder comp., breist sup. (FA 1,24, II,78), brâid (EFS 271) ‘breit’ wurst. breed* in einer Flexionsform brede ‘breit’ (RM 92) WFR frühnwfr. breed, brie ‘breed’ (CJ 65) nwfr. breed ‘zich (ver) uitstrekkend naar rechts en links; onbekrompen, ruim; familiaar, intiem gemeenzaam; trots, ¿er’, adv. ‘erg, zeer, erg goed’ (WFT 3,181) hind. brea [-ș:-] ‘breed’ (GB 30) schierm. breed ‘breed’ (DF 20) tersch. breed ‘breed’ (CR 13)

-Ưn-

AFR awfr. brƝde (D, U [Ahlsson], O), brƝd (J, O) f. ‘Breite’, INF fa. briad ‘(Acker)breite’ in dem amr. FlN Bramster Briad für eine Landparzelle südöstlich von Nebel (Verf.), FNF bök. briidj f.n. ‘Breite; Doppelacker’ (FU 38), ält. ngos. bried [ohne Genus] ‘Breite’ (a. 1743, BJ 2,16); in dieser Bedeutung wohl auch in dem FlN mgos. de Briidj (MN 1294); – z.T. schwer oder gar nicht zu trennen von

braida-

-Ưni-engǀ-

-eslan-nassjǀ-eþǀ-

-haidu-ja-

Bel Germ

145

dem dazu in schwundstu¿gem Ablautverhältnis stehenden germ. *bridǀ(n)- ‘Fläche’, das im Afr. in hondbrede f. ‘Àache Hand’ und vielleicht in hƝlibrede f. ‘Hirnblatt, Hirnhaut’ vorkommen soll; vgl. Ahlsson 2. AFR aofr. -brƝdene in mnjlbrƝdene f. ‘Munderweiterung (Delikt)’ (F) FNF bök. briiding f. (FU 38), karrh. briidjing f. (MN 1293, OTJ 43), wied. briidjing m. (FRU 42) ‘hochgelegener Acker’, OFR sat. breedenje neben assimiliertem breedelge f. ‘abgetorftes Moor’ (PK 1,301, MF 84) FNF wied. briidjels m. ‘Breite’ (FRU 42); vermutlich durch dän./jüt. EinÀuß aus einer ursprünglichen nassjǀ-Ableitung hervorgegangen; dazu Löfstedt 1968: 25f. INF fa. briadens n. ‘Breite’ (MN 1293), WFR nwfr. bredens ‘breedte’ (WFT 3,180) AFR awfr. brƝt f. ‘Breite’ (BnB, Cr, O), INF helg. bradj f. ‘Breite’ (WK 123), FNF hall. braotje f. (MOH 2,23), ält. ngos. bratjä f. (a. 1743, BJ 2,16), ngos. broit, braatje m. (WNG 22), mgos. braatje m. (BnG 1,39) ‘Breite’, OFR sat. bratte f. neben erweitertem brattenje f. ‘Breite’ (PK 1,301, MF 83), WFR frühnwfr. breete (SB 99), nwfr. breedte (WFT 3,183), hind. breate (GB 30), schierm. breete (Spenter 192) ‘Breite’. – Die Formen des Nfr. und Ofr. führen auf eine Vorstufe mit gekürztem Stammvokal vor der durch Synkope entstandenen Doppelkonsonanz zurück; vgl. auch Ahlsson 128. AFR awfr. brƝdhƝd f. ‘Breite’ (A 550); vgl. Ahlsson 170. AFR awfr. brƝda swv.1 ‘erweitern, vergrößern’ (J, FrR), INF fa. briad swv.1 ‘breiten; Mist breiten’ (WFO 42, FÖW 98f.), FNF bök. briidje (FU 38), hall. utbriade (MOH 1,107), ält. karrh. briede (ca. a. 1820, FF 39), karrh. briidje (MN 1293, OTJ 43), mgos. briidj (MN 1293), ngos. briidje (MN 1293), sgos. briade (MN 1293), wied. briidje (FRU 42) swv.1 ‘breiten, ausbreiten’, OFR sat. breede swv.1 ‘breiten’ (PK 1,302); Übertritt in die Konjugation der schwachen Verben 2. Kl. zeigen INF, helg. itbreade swv.2 ‘ausbreiten’ (WK 338) und sy. breeri, breedi swv.2 ‘breiten, ausbreiten’ (BM 55, SU 508) – daneben in Analogie zu dem Subst. bradj ‘Breite’ oder einer ursprünglichen Präteritumsform auch helg. itbradje swv.2 – (WK 126) Gemeingerm.: E ae. brƗd, S as. brƝd, N mnl. breet, D ahd. breit, W an. breiðr, O adän. brƝth, G braiþs. Sämtliche Formen des Fries. setzen PFR *brƣd < germ. *braida- regelhaft fort, die des Awfr. mit positionsbedingtem -ei- < ält. -Ɲ- (van Helten 1897: 348, Siebs 1901: 1231). Das Primäradj. steht neben dem ablautenden Subst. germ. *bridǀ(n)f., *brida- n. ‘Breite, Fläche’ (s.o.).

146

Idg

Lit

bruki-

Vgl. daneben mit anlautendem s- die verbale Sippe um germ. *spreida- stv.I ‘sich ausbreiten’ (Sb 455) und das daraus hervorgegangene Kausativum germ. *spraidja- swv.1 ‘ver-, ausbreiten’; zu den fries. Formen vgl. zuletzt Faltings 1996b: 99. Siebs 1889: 271; van Helten 1897: 348f.; Siebs 1901: 1162, 1230; Delbrück 1907: 128; Falk/Torp 1909: 277; Heinertz 1913: 325; Löfstedt 1928: 107; Buma ed. 1949: 167; Trier 1951: 43; Spenter 1968: 192; Bammesberger 1990: 252 Anm. 409. braka- ‘mangelhaft’ V/S (§ 30, 91) vgl. brukiHm 141f. bruki- ‘zerbrechlich’ V/S (§ 43, 93)

F

AFR awfr. brek ‘gebrechlich’ (Ro 1,106)

Bel

Falls aus der Grundform germ. *bruki-: westgerm. (F, E, D), wenn aus germ. *braka-: nordseegerm. (F, S, N). Die nur in der Hs. Roorda (Ro) überlieferte Form awfr. brek läßt zwei Deutungen zu: 1. eine i-stämmige Basis germ. *bruki- ‘zerbrechlich’ hätte wie in E ae. bryce ‘zerbrechlich; vergänglich’, D mhd. -brüche in schifbrüche ‘schiffbrüchig’ auch PFR *breke mit -e- < -u- + -i- ergeben. Die Frage, ob es sich dabei um ein Verbaladj. aus der Schwundstufe zu germ. breka stv.V ‘brechen’ (Sb 132 ff.) oder um das in prädikativer Stellung adjektivierte und später apokopierte Subst. afr. breke m. ‘Bruch’ < germ. *bruki- handelte, muß zunächst unentschieden bleiben. Da jedoch i-stämmige Verbaladj. aus der V. Ablautreihe für gewöhnlich dehnstu¿g sind, würde man der zweiten Möglichkeit den Vorzug geben; 2. mit Blick auf S mnd. brak ‘mangelhaft, „defectus“’ (LB 1,338), nnd. (SH) brack ‘gebrechlich, hinfällig, schwach’ (Mensing 1,498) und N mnl. brac ‘onbruikbaar’ (VV 1,1413) wäre freilich auch eine a-stämmige Basis PFR *brek mit -e- aus tonerhöhtem -a- < germ. *braka- ‘mangelhaft, schadhaft’ denkbar; diese könnte man zunächst wohl als o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *breka- stv. V ‘brechen’ auffassen, sofern ihr nicht ebenfalls ein Subst. zugrunde liegt: vgl. S mnd. brak n.m. ‘Gebrechen, Mangel; Abbruch, Versäumnis’ (LB 1,338) und nnd. (SH) brack n. ‘Gebrechen, Mangel’ (Mensing 1,498) < germ. *braka- ‘das Fehlende, Gebrechende’. Im übrigen scheint Germ. *braka- inhaltlich auf das lautlich ähnliche, aber nicht verwandte germ. *wraka- ‘(getrieben)’ (s.u.) eingewirkt zu haben. Daß umgekehrt *braka- gar mit Anlautsubstitution wr- > br- aus *wraka-

Germ

brukula- – brnjna-

Lit

147

hervorgegangen sei, wie manche glauben, ist zumindest für die fries. und nd./nl. Formen kaum anzunehmen. Die von Heidermanns (Hm 141) offenbar nach von Richthofen 1840: 1100 angeführte Form aofr. unbretse ist indessen zu streichen. Hierbei handelt es sich vielmehr um das Partizipialadj. aofr. unbretsen (E1), awfr. onbritsen (D) ‘unversehrt’ zu afr. breka stv.IV ‘brechen, verletzen’. Vgl. ferner das folgende germ. *brukula-! Oberdörffer 1907: 14; Lerchner 1965: 46f.; Seebold 1970: 140f.; Matzel 1974: 97; Matzel 1992: 134f. Hm 142f. brukula- ‘leicht brechend’ V (§ 53)

F N

WFR nwfr. brûkel ‘kwaad, nors, humeurig, weerspannig’ (WFT 3,247) nnl. breukel ‘licht breekbaar, bros (van stoffen en voorwerpen); broos, zwak (van menschen); zwak, krachteloos, nietig (van onstoffelijke zaken)’ (WNT 3.1,1311)

Bel

Westgerm. unter Ausschluß des D, daher ursprünglich vielleicht nur nordseegerm: F, E, S, N. PFR *brukol > awfr. *brukel > nwfr. brûkel mit Dehnung des awfr. -u- in offener Silbe. Wie in E -brucol, S brǦkel, N breukel schwundstu¿ges Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x zu germ. *breka- stv.V ‘brechen’ (AFR breka stv.IV) (Sb 132ff.). Die Bedeutung ‘unwirsch, launisch’ ergab sich offenbar aus älterem ‘in schlechter Gemütsverfassung’ neben ‘in schlechter körperlicher Verfassung, gebrechlich’ < ‘leicht brechend, brüchig’ (vgl. S mnd. brǦkel ‘gebrechlich, zerbrechlich’, E ae. -brucol, etwa in ae. ƣ-brucol ‘ehebrecherisch’, ne. dial. bruckle adj. ‘brittle, friable, fragile; given to breaking down fences (sheep, cattle)’, swv. ‘to crumble away, to break off easily’ (Wright 1,419)). – Oder ist von einer passivischen Grundbedeutung ‘gebrochen’ auszugehen wie in E ae. scipbrucol ‘schiffbrüchig’ und anbrucol ‘zerklüftet’? Vgl. ferner vorhergehendes germ. *bruki-! Seebold 1970: 132ff.

Germ

Lit

Hm 143 brnjna- ‘funkelnd, rotbraun’ P (§ 20) F

AFR aofr. brnjn ‘braun; glänzend’ (R1) awfr. brnjn ‘braun; glänzend’ (J, O)

148

O -iga-iska-lƯka-nassjǀ-ǀjaBel Germ

Idg

brnjna-

INF fa. brün ‘braun’ (WFO 44, FÖW 102) sy. brün ‘braun’ (BM 58, SU 511) FNF bök. brün ‘braun’ (FU 39) hall. brun [-u-] ‘braun’ (MOH 1,27) ält. karrh. brünn (ca. a. 1820, FF 39), karrh. brün ‘braun’ (OTJ 59) mgos. brün ‘braun’ (HMN 122) ält. ngos. brünn (a. 1743, BJ 2,16), ngos. brün (MOH 1,27) ‘braun’ sgos. brün ‘braun’ (Beitr. 31) wied. brün ‘braun’ (FRU 43) wyk. brün ‘braun’ (EFS 249) OFR sat. brun (PK 1,317), bruun (MF 84) ‘braun’ wang. bruun ‘braun’ (EFS 249) WFR frühnwfr. brun (SB 48), bruijn [-y:-] (GJ 68) ‘braun’ nwfr. brún ‘bruin’ (WFT 3,250) hind. brún ‘bruin’ (GB 31) schierm. brún ‘bruin’ (DF 21) tersch. brún ‘bruin’ (CR 14) ält. ndän. brun ‘blank, skinnende’ (Kalkar 1,287) WFR nwfr. brúnich ‘bruinachtig, bruinig’ (WFT 3,252) INF fa. brons ‘bläulich rot, bräunlich; lila’ (FÖW 100) < ains.-nfr. *brun(i)sk mit Kürzung des -nj- vor „schwerer“ Folgekonsonanz, dagegen helg. brens ‘braun’ (WK 22, 128) < ains.-nfr. *brǮnisk. INF fa. brünelk (LFM 26, FÖW 102), sy. brünelk (SU 511) ‘bräunlich’, FNF ält. ngos. brünnlick ‘bräunlich’ (ca. a. 1745, JG 36) INF fa. brünens n. ‘Bräune; Braunton; braune Stelle’ (Verf.), WFR nwfr. brunens ‘bruinheid’ (WFT 3,252) INF fa. brüne (Verf.), sy. brüni (SU 510) swv.2 ‘bräunen’ West- und nordgerm.: E ae. brnjn, S as. -brnjn, N mnl. bruun, D ahd. brnjn, W an. brúnn. PFR *brnjn; in allen nfr. und wfr. Mundarten mit -y-/-Ǯ- < palatalisiertem -nj-, ursprünglich auch in FNF hall. brun [-u-] mit sekundärer Entrundung. Im Ofr. unterbleibt diese – offenbar spontane – Palatalisierung. Im Germ. auf gleicher Stufe isoliert. Die Vorkommen in den nichtgerm. Nachbarsprachen sind germ. Entlehnungen (Hm 143). Das Primäradj. vorgerm. *bhrnjno- ‘braun’ ist vielleicht an griech. ʔ ijȡ~ ȣȞȠȢ, ijȡéȣȞȘ ‘Kröte, Frosch’ anzuschließen, falls die Benennung nach der braunen Farbe erfolgte. Eine einfachere reduplizierte Wechselform liegt vor in ai. babhrnj- ‘braun’; vgl. ferner lit. bëras ‘braun’ zu idg. *bher- ‘glänzend, hellbraun’ (IEW 136); dazu resü-

bulla-

Lit

149

mierend Heidermanns (Hm 143) und Kluge/Seebold 2002: 147 mit weiterführender Literatur. Siebs 1889: 249; Mead 1899: 193ff.; Falk/Torp 1909: 264; Schwentner 1915: 56ff.; Löfstedt 1928: 27; Hof 1933: 221, 258; Löfstedt 1933: 31; Szadrowsky 1943: 273; Krogmann 1943-47: 176; Pokorny 1959: 136; Spenter 1968: 243; Kluge/Seebold 2002: 147; Boutkan/ Siebenga 2005: 64. bulla- ‘aufgedunsen, von runder Form’ S (§ 94)

F

S

N O

INF fa. bol ‘stumpf (von Schneidewerkzeugen)’ (WFO 37, FÖW 90) FNF bök. bul ‘stumpf (von schneidenden Werkzeugen)’ (FU 40) hall. bol ‘stumpf’ (MOH 2, 93) karrh. bul ‘stumpf, nicht scharf’ (MN 2171, OTJ 39) ngos. bol ‘stumpf, nicht scharf’ (NfWb) wied. bol ‘stumpf, nicht scharf’; adv. ‘überdrüssig’ (FRU 36) wyk. bol ‘stumpf’ (KF nr. 106) WFR frühnwfr. bôl ‘bol, concavus’ (GJ 60) nwfr. bol ‘zacht, week; los, slap; mul, zul, erg los (van de bodem); met losse, zachte vlagen waaiend, met guur (van weeren wind); rond en dik, poezelig; gerond, rond uitstaand; opgezet; convex’ (WFT 3, 93) hind. bol ‘bol’ (GB 28) tersch. bol ‘mul [locker (vom Sand)]’ (CR 10) mnd. bol ‘hohl, unterhöhlt; aufgebläht’ (LB 1,311), nnd. (Eid.) boll ‘unterhöhlt’ (Mensing 1,418), nnd. (OF) bol ‘nicht spitz, sondern rundlich, dick und spitz zulaufend; rundlich voll, geschwollen, aufgequollen, aufgeblasen, expandiert’ (DK 1,198), nnd. (Had.) boll ‘hohl’ (Teut 1,252), nnd. (Lün.) boll ‘hohl’ (Kück 1,188), nnd. (Wfal.) bol ‘rundhohl (Früchte), hohl und holzig’ (Woeste 36) mnl. bol ‘bol [nicht fest, locker]’ (VV 1,1354) jüt. (Westschleswig) bol ‘tyk i biddet, om skærende og stikkende redskaber’ (Feilberg 1,102)

-iga-

N mnl. bollich ‘bol, bollich, niet vast, pafferig’ (VV 1,1356)

Bel

Westgerm. unter Ausschluß des E und D, daher vielleicht ursprünglich nur kontinental-nordseegerm. PFR *bul (-ll-) mit erhaltenem -u- vor geminiertem Liquid, das in den neufries. Mundarten teils fortlebt, teils zu -o- gesenkt worden ist. Allerdings kann für die obengenannten fries. Formen auch eine Entlehnung aus mnd./mnl. bol nicht ausgeschlossen werden. Wenigstens OFR sat. bol ‘stumpf (Messer)’ (PK 1,273, MF 82)

Germ

150

Idg

Lit

butta-

zeigt nd. Lautung, da sonst sat. † bul zu erwarten gewesen wäre. Andererseits weist die Bedeutungsentwicklung ‘abgerundet’ > ‘stumpf (von der Schneide eines Messers)’, die lediglich im Nfr. und Ofr. begegnet, auf eine eigenständige und wohl auch ältere semantische Tradition des Adj. in Teilen des Fries. hin. O jüt. bol ‘stumpf’ knüpft daran an, dürfte aber aus dem benachbarten Festl.-Nfr. entlehnt bzw. weiterentlehnt sein. Das Adj. steht neben dem Subst. germ. *bullan- m., -ǀn f. ‘Aufgeschwollenes; Rundliches’ in AFR bolla m. ‘Brotlaib (als Abgabe an die Kirche)’ und knƝbolla m. ‘Kniescheibe’, strotbolla m. ‘Kehlkopf’, ferner in E ae. bolla f. ‘Napf, Gefäß’, S as. bollo m. ‘Schale, Napf’, D ahd. bollo m. ‘Becher, Schale’, bolla f. ‘Flachsknoten, Wasserblase, Becher’, W an. bolli m. ‘Schale, Maß, Schiff’. Wegen der Gemination ist eventuell von einem primär n-stämmigen idg. *bhӭ-n- auszugehen, sofern nicht eine sekundäre expressive oder intensive Bildung vorliegen sollte. Das im wesentlichen auf den nordseegerm. Raum beschränkte Vorkommen des Adj. läßt vermuten, daß es sekundär aus dem gemeinwestgerm.-nord. Subst. erwachsen ist. Aus seiner ursprünglichen Bedeutung ‘rundlich aufgebläht’ ergab sich zunächst etwa ‘von runder Form, abgerundet, rundlich’, woraus später ‘hohl, konvex’ und ‘stumpf, nicht spitz’, dann aber auch – mit größerer Betonung auf ‘aufgebläht’ – ‘von weicher, lockerer Konsistenz’. Anscheinend aus schwundstu¿gem idg. *bhӭ-n- ‘aufgeblasen, rundlich’ zu idg. *bhel- ‘aufblasen, aufschwellen’: vgl. z.B. im weiteren griech. ijĮȜȜȩȢ ‘Penis’ < idg. *bhӭnós-, lat. follis ‘lederner Schlauch, Blasebalg’ < idg. *bhӭnis (IEW 120f.). Löfstedt 1931: 93; Franck/vanWijk 1949: 78; Spenter 1968: 220; Lühr 1988: 202; de Vries 1992: 74. butta- ‘abgehauen, stumpf’ *V (§ 84)

F

INF fa. bot ‘kurz angebunden, schroff, abweisend; stumpf (Gegenstand)’ (WFO 40, FÖW 95) helg. bot ‘grob, unfreundlich, kurz ab’ (WK 123) sy. bot ‘am Ende abgestumpft, dick, stumpf; grob, abstoßend, kurz angebunden, bärbeißig’ (BM 53, SU 505) FNF bök. but ‘stumpf (als Gegensatz zu spitz); derb, grob; unwirsch’ (FU 41) hall. bot ‘stumpf (z.B. Messer); abstoßend, unfreundlich’ (MOH 2,84)

butta-

S

N Bel Germ

151

karrh. but ‘stumpf; spitz; derb, abgebissen, trotzig’ (MN 2179, OTJ 39) wied. bot ‘abgestumpft; grob und bärbeißig’ (FRU 40) OFR sat. but ‘grob, derb; rücksichtslos; vierschrötig; rauh, handfest’ (PK 1,337, MF 85) WFR frühnwfr. bot ‘bot, dom’ (GJ 63) nwfr. bot ‘stomp, onscherp, inz. van de snede van een mes; ruw, lomp, onbeschoft; dom, kortzichtig’, adv. ‘erg, zeer; overvloedig’ (WFT 3,40f.) hind. bot ‘bot’ (GB 29) schierm. bot ‘ruw, bot’ (DF 19) nnd. (SH, NF, Eid.) butt ‘stumpf, stumpf abgeschnitten; dick und breit; abstoßend, grob, unfreundlich’ (Mensing 1,600, Rogby 1968: 48), nnd. (OF) but ‘dick, stark, grob, plump; unverschämt, gemein, obscön’ (DK 1,265), nnd. (Wfal.) butt ‘grob, plump; rücksichtslos’ (Woeste 46) mnl. bot ‘bot, niet scherp, stomp, ook van het verstand’ (Verdam 1932: 112) Die Belege konzentrieren sich auf den nd.-nl. Sprachraum unter Einschluß des Fries. mit weiteren west- und nordgerm. Bezügen. PFR *but (-tt-), S as. *butt, N anl. *butt setzt eine Vorstufe mit expressiver Gemination voraus, ausgehend von einer Basis germ. *but- ‘stumpf, abgehauen’ [oder aus idg. *bhud-nó-? So Falk/Torp 1909: 274]. Aus dem Adj. abgeleitet sind offenbar mit Blick auf die äußere Form der verbreitete Fischname Butt ‘pleuronectus Àesus’ (INF bot m., FNF but, bot m., OFR but m., WFR bot m., S mnd. but(te) m., N mnl. botte, butte m.) sowie E me. butte ‘a strip of land abutting on a boundary; a short strip ploughed in the angle where two furlongs meet’ (Smith 1970: 1,65, MED 1,1242), ne. dial. butt ‘the end of anything’ (Wright 1,464), N mnl. botte f. ‘knop van bloemen en vruchten’ (VV 1,1394) und D nhd. (od.) butz m. ‘plumpes, unförmiges stück’ (DW 2,588ff.), ferner mit diminutivischem k-Suf¿x E ae. buttuc m. ‘a small butt’ (BT Sup. 113; dazu Hofmann 1961: 70) und INF fa. -böötj/-bötj in kuugelböötj/-bötj n. ‘Beule im Fell des Rindes, hervorgerufen durch die Larve der DasselÀiege’ (RA 37, Verf.) < ains.-nfr. *bot-/butika m. ‘Beule’ mit Reduktion der Stammkonsonanz vor dem „schweren“ Diminutivsuf¿x -ika sowie schließlich ohne Gemination W an. bútr m. ‘abgehauener klotz’ (de Vries 1977: 66). Im weiteren ist wohl – wenngleich außerhalb der verbalen Ablautreihe stehend – an germ. *bauta- red. ‘schlagen’ (Sb 90f.) anzuknüpfen, woraus E ae. bƝatan, D ahd. bǀzan, W an. bauta red. ‘schlagen, stoßen’. Die ursprüngliche verbale Bedeutung ‘schlagen’ wird eben-

152

Idg Lit

butta-

falls noch in verschiedenen schwundstu¿gen Bildungen deutlich, wie etwa in W an. buta, nnorw. dial. buta swv.2 ‘in (kleine) Stücke hauen; einen Baum zerteilen’ (Falk/Torp 1910-11: 1,120, de Vries 1977: 66) oder in dem diminutisch-iterativen Verb mit kombiniertem k-/r-Suf¿x INF fa. böötjre/bötjre swv.2 ‘Geschirr zerschlagen, fallen lassen; zwei Eier mit der Spitze aneinanderstoßen (Osterbrauch)’ neben ‘mit Àachen Steinen über eine WasserÀäche werfen, daß die Steine springen’ (FÖW 93, Verf.) < ains.-nfr. *bot-/butikeria swv.2, dazu offenbar deverbal fa. böötj/bötj n. ‘ins Eis gehauene und dann offengehaltene Wasserstelle (für die Hausenten)’ (RA 14, Verf.) < ains.-nfr. *bot-/butike f. Als Entlehnungen aus dem Nd. gelten etwa O ndän. but ‘stump; mut’ (Nielsen 1989: 75) und nschw. butter (älter butt) ‘grov, ohyfsad’ (Hellquist 1948: 1,115). Entsprechend sehen Löfstedt 1931: 84 und Krogmann 1957ff.: 123 auch die fries. Formen als nd. Entlehnungen an. Zu dieser Annahme besteht jedoch weder in formaler noch in semantischer Hinsicht ein zwingender Grund. Zwar entwickelt sich germ. -u- + -t- vor ursprünglich folgendem -a unter normalen Bedingungen zu pfr. -o- wie in fa. sproot m. ‘Sproß, Trieb’ < ains.-nfr. *sprot < germ. *spruta-, doch wirkt der a-Umlaut in der Regel nicht über Doppelkonsonanz hinweg: vgl. etwa fa. pod n. ‘Kröte’ < ains.nfr. *pud (-dd-) < germ. *pudda-, bök. buk m. ‘Bock’ < afestl.-nfr. *buk (-kk-) < germ. *bukka-, hall. knobe m. ‘Höcker, Unebenheit’ < afestl.-nfr. *knubba < germ. *knubban-. Anderenfalls müßte man diese und andere vergleichbare Formen mit altem -u- vor Gemination – zumindest im Nfr. und Ofr. – allesamt als nd. Entlehnungen auffassen, was in diesem Ausmaß gewiß nicht zutrifft; siehe im Vorhergehenden auch germ. *bulla-. Wahrscheinlich mit d-Formans zu den idg. Wurzeln *bhau- : *bhu‘schlagen, stoßen’ (IEW 112). Falk/Torp 1909: 274; Falk/Torp 1910-11: 1,120; Löfstedt 1931: 84; Hellquist 1948: 1,115; Franck/van Wijk 1949: 86; Pokorny 1959: 112; Rogby 1968: 48; Lockwood 1969: 253ff.; Nielsen 1989: 75; de Vries 1992: 80f.; Kluge/Seebold 2002: 164.

D Hm 147f. darna*- ‘heimlich’ V vgl. darni*darni*- ‘heimlich’ V (§ 67, 71) F

AFR aofr. dern* ‘heimlich, verborgen, geheim’ in dern¿Ɨ f. (B1-2, E1-2) sowie mit Metathese dren¿Ɨ f. (B2) ‘verheimlichtes Gut’, dernlendenge f. ‘wegen einer zustande gebrachten außergerichtlichen Sühne zu erhaltende Gebühr’ (H) (vgl. Ahlsson 45) [Holthausen 1924: 463 emendiert in dernsendinge f. ‘heimliche Sendung’], ferner aofr. dernesǀne f. ‘heimliche, außergerichtliche Sühne’ (F) awfr. dern* ‘heimlich, verborgen, geheim’ in dernsǀne ‘heimliche, außergerichtliche Sühne’ (J, U)

Bel Germ

Westgerm. Wie in E ae. dierne ‘verborgen, geheim; heimtückisch’, S as. derni ‘heimtückisch, böse’, D ahd. tarni ‘verborgen’ ist auch in AFR dern* am besten von einer ni-stämmigen Ableitung germ. *darni- aus dem schwachen Verb germ. *darǀ-/ǀja- swv.2 ‘verborgen sein’ (AFR aofr./awfr. deria swv.2 ‘schaden, bedrängen, quälen’, E ae. darian swv.2 ‘lauern, verborgen sein’) auszugehen (vgl. Krahe/Meid 1967: 116). Gleichwohl setzt Heidermanns (Hm 148) eine na-stämmige Grundform *darna- an, da „es kaum klare Verbaladj. auf -ni- gibt“. Diese Ansicht ist m.E. nicht zwingend. Kein sicherer außergerm. Anschluß. van Helten 1907: 78ff.; Falk/Torp 1909: 202; Pokorny 1959: 253; Lerchner 1965: 58; Krahe/Meid 1967: 116; Munske 1973: 167; Onions ed. 1978: 258.

Idg Lit

dartna- ‘ausgelassen’ vgl. tarta-

154

dauba-

Hm 148 dauba- ‘emp¿ndungslos’ *V (§ 25c) F

AFR aofr. dƗf ‘taub’ (E1-3, F, H, PrJ 232) awfr. dƗf ‘taub’ (A 442, D, J, Ro 1,18, SnR 150) spätawfr. daeff ‘taub’ (Bo) INF fa. duuf ‘taub, gehörlos; emp¿ndungslos, abgestorben (Körperglied); taub, leer (Nüsse, Ähren)’ (WFO 60, FÖW 130f., Verf.) helg. dooaf ‘taub’ (WK 165) sy. doov [-f] ‘taub, schwerhörig’ (BM 64, SU 522) FNF bök. duuf ‘taub’ (FU 56) hall. duuf ‘taub’ (MOH 1,128) ält. karrh. duhw (ca. a. 1820, FF 51), karrh. duuf (MN 2038, OTJ 40) ‘taub’ mgos. duuf ‘taub’ (BnG 1,119) ält. ngos. duef (a. 1743, BJ 1,76, 2,30), ngos. duuf (MN 2038, MOH 1,128) ‘taub; leer’ sgos. duuf ‘taub’ (EFS 282, Beitr. 37) wied. duuf ‘taub, gehörlos; taub, leer (von Früchten)’ (FRU 66f.) wyk. duuf ‘taub’ (EFS 282) OFR harl. dauf* in dauffheyde ‘die Taubheit’ (CM 45) sat. doof ‘taub, schwerhörig; leer [Früchte]’ (PK 1,414) wang. dooef ‘taub’ (FA 1,90) wurst. daaf ‘Taubheit’ [sic] (RM 123); gemeint ist aber wohl das Adj. WFR hind. daif ‘doof’ (GB 34) tersch. (W) deaf ‘taub’ (EFS 282) zwh. (Warns) deauw ‘doof’ (FW 1,282)

-nassjǀ-eþǀ-haidu-

AFR awfr. dƗvenisse f. ‘Taubheit’ (J); vgl. Ahlsson 111. AFR awfr. dƗved (D), dƗvede (J) f. ‘Taubheit’ INF fa. duufhaid n. (SP 30), sy. doofhair g. (BM 64, SU 522) ‘Taubheit’, FNF bök. duufhäid n. (MN 2038), ält. karrh. duhwhäid (ca. a. 1820, FF 51), karrh. duufhäid n. (MN 2038), ält. ngos. duefheit f. (ca. a. 1745, JG 382), sgos. duufhaid n. (MN 2038) ‘Taubheit’, OFR harl. dauffheyde ‘Taubheit’ (CM 45); vgl. auch Ahlsson 171. AFR aofr. dƗvia (E1, F, H, R1-2), awfr. dƗvia (D, J) swv.2 ‘taub werden’, FNF mit ig-Erweiterung und Prä¿x ält. ngos. beidue¿giä swv.2 ‘taub werden’ (ca. a. 1745, JG 382)

-ǀja-

Bel Germ

Gemeingerm.: E ae. dƝaf, S mnd. dôf, N anl. douf, D ahd. toub, W an. øf, G daufs. daufr, O adän. dǀ Sämtliche angeführten neufries. Belege führen direkt auf PFR *dƗf zurück. Entlehnung aus dem (M)nl. ist WFR nwfr. dôf, doof ‘doof’ (WFT 4,72), das die aus awfr. dƗf entwickelten Formen bis auf die

dauda-

Idg

Lit

155

obengenannten Relikte vollständig verdrängt hat (Hof 1933: 158f.); bereits C.B. van Burmania und Gysbert Japicx verwenden ausschließlich das Lehnwort doaf(f) ‘taub’ (SB 65, GJ 84). Nach Seebold 1970: 155 aus der o-Stufe zu einem noch relikthaft in dem Part.Prät. W an. dofenn, nisl. do¿nn ‘erlahmt’, O aschw. duven, ält. ndän. do(v)en ‘abgestanden (Bier); schlaff’ erkennbaren Verb germ. *deuba- stv.I ‘emp¿ndungslos sein’; vgl. hierzu ferner de Vries 1977: 78, Nielsen 1989: 92, Blöndal Magnússon 1995: 117. Aus der Grundbedeutung ‘ohne Gefühl, emp¿ndungslos’ entwickelte sich a) ‘taub’, b) ‘leer, unbrauchbar’. Außergerm. vergleicht sich griech. IJȣijȜȩȢ ‘blind; unsichtbar’ und air. dub ‘schwarz’, daher vielleicht ursprünglich ‘umnebelt’ zu griech. IJȪijȠȝĮȚ ‘rauche, qualme’ (Hm 148). Vgl. ferner germ. *duba- ‘emp¿ndungslos’ und *dumba- ‘stumm; dumm’ (s.u.). Siebs 1889: 282; Falk/Torp 1909: 209f.; Löfstedt 1928: 128; Wissmann 1932: 88; Hof 1933: 158f.; Löfstedt 1933: 37; Pokorny 1959: 264; Seebold 1970: 155; Munske 1973: 148. Hm 149 dauda- ‘tot’ V (§ 82)

F

AFR aofr. dƗd ‘tot’ (E1-3, F, H, R1-2) awfr. dƗd ‘tot; getilgt, nicht mehr rechtskräftig’ (A 256, Cr, D, FrR, Fs 2,148, J, P, Ro 1,122, SnR 28, U [van Klaarbergen], O) spätawfr. daed ‘tot’ (Bo) INF fa. duad ‘tot; leblos, abgestorben’ (WFO 59, FÖW 129, Verf.) helg. dooad ‘tot’ (WK 164) sy. duar ‘tot’ (BM 69, SU 527) FNF bök. düüdj ‘tot’ (FU 56) hall. duad ‘tot’ (MOH 1,128) ält. karrh. duhd (ca. a. 1820, FF 50), karrh. düüdj (MN 2034, OTJ 41) ‘tot’ ält. mgos. dud (ca. a. 1810, GvS v. 24, 32), mgos. duud (MN 2034, HMN 123) ‘tot’ ält. ngos. dued (a. 1743, BJ 2,27), ngos. duud (MN 2034, MOH 1,128) ‘tot’ sgos. duad ‘tot’ (EFS 280, HMN 39) wied. duuid ‘tot’ (FRU 67) wyk. duud ‘tot’ (KF nr. 11, Gl 271) OFR harl. doude, dout ‘tott’ (CM 46, 68) sat. dood ‘tot; alle [leer]; endigend in einen Sack [von einer Sackgasse]’ (PK 1,410)

156

dauda-

wang. dooed ‘tot’ (FA 1,90) wurst. dad* ‘tot’ in subst. dade ‘eine Leiche’ (RM 123) WFR frühnwfr. daed, deed (SB 44), dae (SB 56), dea (GJ 75) ‘tot’ nwfr. dea ‘gestorven; levenloos, onbezield; stil; saai, zonder spanning; drommels, akelig, verwenst’ (WFT 3,344ff.) hind. daa ‘dood’ (GB 33) schierm. daid ‘dood’ (DF 22) tersch. dead ‘dood’ (CR 15) -nassjǀ-ǀja-

Bel Germ

WFR nwfr. deadens ‘dood, het dood-zijn; lustloosheid, doodsheid’ (WNT 3,348); vermutlich Neologismus des 19. Jahrhunderts. AFR awfr. dƗdia swv.2 ‘töten’ (A 252, Ro 2,294, U [van Klaarbergen], O), INF fa. duade swv.2 ‘abnehmen an Kraft; abschwellen (Entzündung)’ (LFM 38, FÖW 129), FNF bök. düüdie swv.2 ‘löschen; er-, verlöschen, aufhören zu brennen’ (FU 56), wied. duuide swv.2 ‘ertöten, löschen (Feuer)’ (FRU 67), OFR harl. doudi swv. ‘tötten’ (CM 60, 91), WFR frühnwfr. deadje swv.2 ‘dooden’ (GJ 75), nwfr. deadzje swv.2 ‘van het leven beroven; vernietigen, doen ophouden; tot rust komen, genezen’ (WNT 3,351), hind. daadje swv.2 ‘dooden’ (GB 33), schierm. daidje swv.2 ‘doven (van een zweer)’ (DF 22), tersch. deadzje swv2. ‘doden’ (CR 15) Gemeingerm.: E ae. dƝad, S as. dǀd, N mnl. doot (-d-), D ahd. tǀt, W an. dauðr, O adän. dǀøth, G dauþs. Verbaladj. in der ursprünglichen Bedeutung ‘gestorben’ zu germ. *dauja- stv.VI ‘sterben’ (Sb 147ff.); vgl. dazu mit grammatischem Wechsel aus germ. *dauþa- m. ‘Tod’: AFR aofr. dƗth (B1-2 [dƗth* in dƗd(d)el n. ‘Totschlag, Totschlagsbuße’], E1-3, F, H, R1-2), awfr. dƗth (J, U [Brouwer]), dƗd (A 260, BTr, Cr, D, EdJ 69, FrR, Fs [Meijering], J, P, Ro 1,172, SnR 20, U [Steller], O, Bo) m. ‘Tod, Totschlag’ INF ält. fa. duhs m. (a. 1754, CQ v.1), fa. duas m. (WFO 59, FÖW 129), helg. dooad m. (WK 165), sy. duar g. (BM 69, SU 527) ‘Tod’ FNF bök. düüs (FU 57), hall. dua (MOH 1,128), ält. karrh. duhs (ca. a. 1820, FF 51), karrh. düüs (MN 2544, OTJ 41), ält. ngos. dues (a. 1743, BJ 2,32), ngos. duus (MN 2544), mgos. duus (MN 2544), sgos. duad (EFS 280), ält. wied. ta dude ‘zu Tode’ (a. 1749, NfSt 1,44), wied. duus, düüs (FRU 67), wyk. duud (EFS 280), duus (KF nr. 20) m. ‘Tod’ OFR harl. doude (CM 46), sat. dood (PK 1,410f.), wang. dooeth [-0] (FA 1,363), wurst. dad (RM 123) m. ‘Tod’ WFR frühnwfr. daed m. (SB 58), dea(d) m. (GJ 75), nwfr. dea (WFT 3,343f.), hind. daa (GB 33), schierm. daid m. (WFT 3,343), tersch. dead (CR 15) ‘Tod’

demma- – denkwa-

Lit

157

Siebs 1889: 280; Siebs 1901: 1231, 1284; van Helten 1907: 74; Löfstedt 1928: 128; Schubert 1968: 61; Spenter 1968: 179; Seebold 1970: 147ff; Boutkan/Siebenga 2005: 67. Hm 151f. demma- (-mz-?) ‘dunkel’ P (§ 1)

F

AFR aofr. dimme adv. ‘dunkel’ (E1, F) awfr. dimme adv. ‘dunkel’ (D, J, U)

Bel

Anglofries. und nordgerm.: E ae. dim (-mm-), W an. dimmr, O aschw. dimber. PFR *dim (-mm-). Das nur adv. bezeugte afr. dimme scheint sich in den neufries. Mundarten nicht fortzusetzen. Entlehnung aus ält. ndän. dim ‘mørk’ (Kalkar 1,361) ist INF fa. dim ‘unklar, verschwommen’ (FÖW 118). Mit gleichem Anlaut germ. *denkwa- ‘dunkel’ (s.u.) und germ. *þemstra- ‘¿nster’ (s.u.). Keine genauen Vergleichsmöglichkeiten. Heidermanns erwägt Kreuzung zwischen germ. *dankwa- (Hm 146) [bzw. *denkwa-] ‘dunkel’ und gleichbedeutendem germ. *þemza- (Hm 619). Falk/Torp 1909: 201; Schwentner 1921: 454f.; Kolb 1957: 46f.; Pokorny 1959: 247f.

Germ

Idg Lit

Hm 152f. denkwa- ‘dunkel’ P (§ 1) F

AFR aofr. diunk ‘dunkel; unklar (von einer gerichtlichen Aussage oder Schrift)’ (PrJ 244) awfr. dionker (A 324, Ro 1,174, O), diunker (Ro 1,54), dynck (RoK 1,80), dyncker (Ro 1,82), thionker (A 460) ‘dunkel; unklar (von einer gerichtlichen Aussage oder Schrift)’ INF ält. fa. junck (a. 1757, NfSt 1,23), fa. jonk ‘¿nster; dunkel im Farbton’ (WFO 131, FÖW 266) helg. djunk ‘dunkel’ (WK 161) sy. junk ‘dunkel, düster, ¿nster’ (BM 132, SU 619) FNF bök. junk ‘dunkel’ (FU 123) hall. jonk ‘dunkel’ (MOH 2,140) ält. karrh. junk (ca. a. 1820, FF 90), karrh. djunk (OTJ 23, 67, 72, 75) ‘dunkel’ mgos. (d)junk ‘dunkel’ (JH 2, 9, HMN 125) ält. ngos. jaenck (a. 1743, BJ 2,62), jonck (a. 1760, Kon. 102), ngos. junk, jonk (WNG 28) ‘dunkel’ sgos. djonk (EFS 152), jonk (Beitr. 39) ‘dunkel’

158

O

-lƯka-

denkwa-

wied. djonk ‘dunkel’ (FRU 56) wyk. jonk, junk ‘dunkel’ (KF nr. 5, 200) OFR harl. djunk* in substantiviertem tyunck, tjunck, djunck ‘die Finsternis’ (CM 47) sat. djunker ‘dämmerig’ (Kramer 1961: 39) wang. djunk ‘dunkel, ¿nster’ (FA 1,90) aschw. diunker, diunkin ‘dunkel’ (Kock 1911-16: 313, Lidén 1926: 289), nschw. (dial.) djonkk-är, jonkk-är, djonkki(n) ‘dunkel, matt’ (Lidén 1926: 290, 292)

AFR awfr. dionkerlƯke (A 324, Ro 1,70, U), thionkerlƯke (A 466) adv. ‘dunkel, unklar (von einer gerichtlichen Aussage oder Schrift)’, INF fa. jonkelk ‘dunkel (Farbton)’ (WFO 131, FÖW 267) -an-/ǀn- FNF bök. junke m. (FU 123), karrh. djunke m. (MN 2194), mgos. djunke n. (JH 15), sgos. djonke m. (MN 2194), wied. djonke m. (FRU 56) ‘Dunkelheit’, hall. -jonke in hualewjonke ‘Dämmerung’ (MOH 2,140) ist der Form nach ein mask. n-St. (Adjektivabstraktum), doch können hier auch ǀn-, ǀ- bzw. jǀ-Stämme im Spiel sein, die im Festl.Nfr. weitgehend in die mask. n-Flexion eingetreten sind; vgl. dazu Löfstedt 1968: 18ff.; OFR wang. in der djunk f. ‘im Dunkeln’ (HEN 227) -engǀOFR sat. djunkelenge f. ‘Dämmerung’ (Kramer 1961: 39), jünger junkelge f. ‘Abenddämmerung’ (MF 117) mit abgeschwächtem Suf¿x und mit dissimilierendem -l- < *dunkerenge, möglicherweise durch EinÀuß von nnd. nhd. dunkel, nhd. Dunkelung; die Form INF sy. junkning g. ‘Dunkelheit’ (SU 619) steht unter dem EinÀuß von jüt. mørkning ‘Dämmerung, Dunkelheit’ (Feilberg 2,653). -nassjǀ- INF fa. jonkens n. ‘dunkle Stelle’ (KJC 9,181), helg. djunkens n. ‘das Dunkel’, vor allem auch in der Wendung uun djunkems ‘im Dunkeln’ (WK 161), sy. junkens g. ‘Dunkelheit’ (BM 132, SU 619), FNF ält. ngos. yaanckens f. ‘Finsternis’ (ca. a. 1745, JG 85), OFR wang. djunkens f.n. ‘Dämmerung, Dunkelheit’ (HEN 42, 49) -eþǀOFR wang. djunket n. ‘Dunkelheit, Dämmerung’ (HEN 132) -haidu- FNF wied. djonkhaid n. ‘Dunkelheit’ (FRU 56) -ǀjaINF fa. jonke (WFO 131, FÖW 266), helg. -djunke in bidjunke, tudjunke (WK 161), sy. junki (BM 132) swv.2 ‘dämmern, dunkel werden’, FNF bök. junke (FU 123), karrh. djunke (MN 2194), mgos. djunke (MN 2194), sgos. djonke (MN 2194), wied. djonke (FRU 56) swv. ‘dunkel werden, dunkeln, dämmern’, OFR wang. djunk swv. ‘dunkeln’ (HEN 132) -nǀO nschw. (dial.) djonkkna swv. ‘dunkeln, verdunkeln’ (Lidén 1926: 290)

derba-

Bel Germ

Lit

159

Offenbar nicht allein F, sondern eine nordseegerm.-nord. Gleichung, auf die bereits Löfstedt 1965-69: 23,44 hingewiesen hat (vgl. auch Nielsen 1995: 152). In allen neufries. Formen aus PFR *diunk < germ. *dinkwa- (< *denkw a-) mit w-Umlaut des -i- > -iu- vor -nkw- der Folgesilbe; in F awfr. dionker, sat. djunker ist es offenbar zu einer Vermischung mit germ. *dunkwra- ‘dunkel’ (Hm 167) gekommen, woraus etwa S as. dunkar, N mnl. donker und vielleicht auch AFR aofr. dunkerlƯke adv. ‘unklar’ (PrJ 244), sofern hier nicht eine Verschreibung für diunkerlƯke (s.o.) vorliegt. Die in manchen (a)ofr. und (a)wfr. Belegen auftretende Schreibung mit initialem th-/t- könnte, wenn sie phonetisch relevant sein sollte, auf EinÀuß des synonymen aofr. thinjstere, awfr. t(h)iǀstere ‘dunkel’ < germ. *þeustrja- (s.u.) zurückzuführen sein. Entgegen der vorherrschenden Meinung ist für W an. døkkr ‘dunkel, schwarz’ (vgl. Hm 146) eine Basis germ. *dankwa- wohl nicht der einzig vorstellbare Ansatz, sondern in Übereinstimmung mit AFR diunk und O aschw. diunker wäre eine Herleitung aus germ. *denkwaebensogut denkbar; vgl. Lidén 1926: 289ff., Moberg 1944: 112ff. und Benediktsson 1964: 15. Die Nebenform O aschw. diunkin, nschw. (dial.) djonkki(n) scheint eine alte Variante mit Nasalsuf¿x zu sein, sofern nicht eine Rückbildung aus dem schwachen inchoativen Verb aschw. *diunkna, nschw. (dial.) djonkkna ‘dunkeln, verdunkeln’ vorliegen sollte. Siebs 1889: 152; van Helten 1890: 41; Siebs 1901: 1197; Walter 1911: 27; Lidén 1926: 289ff.; Löfstedt 1931: 40; Löfstedt 1933: 39; Moberg 1944: 112ff.; Benediktsson 1964: 15; Löfstedt 1965-69: 23,44; Heidermanns 1986: 297; Nielsen 1995: 152. Hm 152f. derba- ‘kühn, dreist’ *V (§ 24e)

F

AFR awfr. derve ‘derb, hart, heftig’ (A, J, D, U)

Bel

Nordseegerm. und nord.: E ae. deorf (-ea-), S as. derbi, W an. djarfr, O adän. dierf; in ae. deorf ist Entlehnung aus an. djarfr allerdings nicht ausgeschlossen (Holthausen 1974: 427). PFR *derve. Vermutlich Verbaladj. aus der e-Stufe des starken Verbs germ. *derba- stv.III ‘sich mühen’. Zumindest F awfr. derve und S as. derbi scheinen aber doch auf eine ja-stämmige Basis hinzudeuten, die dann sekundär sein dürfte. Der o-stu¿ge Ansatz *darbja- (Walter 1911: 67, Ilkow 1968: 227 und de Vries 1977: 77), etwa als ja-stämmige Rückbildung aus einem schwachen jan-Verb oder als i-stämmige Ableitung, ist m.E. wenig wahrscheinlich, da offenbar nirgends

Germ

160

Lit

deupa-

ein Verb germ. † darbja- swv.1 existiert und i-stämmige Verbaladj. aus der III. Konjugationsreihe fast durchweg schwundstu¿gen Ablaut zeigen. Anscheinend hat derve auf das synonyme, aber nicht verwandte awfr. therf* ‘derb, hart, heftig’ < germ. *þerba- (s.u.) eingewirkt. Falk/Torp 1909: 202; Walter 1911: 67; Pokorny 1959: 257f.; Ilkow 1968: 227f.; Seebold 1970: 154f.; de Vries 1977: 77. Hm 153f. deupa- ‘tief’ P (§ 1)

F

AFR aofr. diƗp ‘tief’ (B1-2, E1, F, H) awfr. diƗp ‘tief’ (D, O), diƗpe adv. ‘tief’ (J) INF fa. jip ‘tief’ (WFO 130, FÖW 265) helg. djüp ‘tief’ (WK 157) sy. diip ‘tief; tiefgreifend’ (BM 63, SU 520) FNF ält. bök. diep* in ollerdiepst sup. ‘allertiefst’ (a. 1746, CB 18), bök. diip ‘tief’ (FU 47) ält. hall. diep (a. 1749, NfSt 1,8), hall. diip (MOH 2,120) ‘tief’ ält. karrh. diep (ca. a. 1820, FF 46), karrh. diip (MN 1299, OTJ 66) ‘tief’ mgos. diip ‘tief’ (MN 1299, HMN 122) ält. ngos. diep (a. 1743, BJ 2,32), ngos. diip (MN 1299, MOH 2,120) ‘tief’ sgos. diip ‘tief’ (MN 1299, EFS 305) wied. diip ‘tief’ (FRU 53) wyk. diip* ‘tief’ in diipte ‘Tiefe’ (s.u.) OFR harl. diap ‘tief’ (CM 53) sat. djoop (PK 1,397), joop (MF 117) ‘tief’ wang. djooep ‘tief’ (FA 1,24) wurst. tiap ‘tief’ (RM 123) WFR frühnwfr. diep, diopst sup. (SB 50,93), djiep (GJ 78) ‘tief’ nwfr. djip ‘diep’ (WFT 4,45) hind. dêp ‘diep’ (GB 35) schierm. jep ‘diep’ (DF 55) tersch. jip ‘diep’ (CR 50)

-a-

AFR awfr. diƗp (J, LSt, O), diƝp (FrB 118) n. ‘Tief; Fahrwasser; Fluß, Strom’, INF fa. jip n. (WFO 130, FÖW 265), helg. djüp n. (WK 157), sy. diip g. (BM 64, SU 520) ‘Tief; Fahrwasser, Wattstrom’, FNF bök. diip (FU 47), hall. diip (MOH 2,120), karrh. diip (MN 1299), ält. ngos. diep (a. 1743, BJ 2,32), wied. diip (FRU 53) n. ‘Tief; Fahrwasser; niedriges Land’, OFR harl. diap ‘Tief, Wasserzug’ (CM 37), sat.

deupa-

-engǀ-eslan-nassjǀ-eþǀ-

-haidu-ja-ǀja-

Bel Germ

161

djoop n. ‘Bach, Fluß’ (PK 1,397), wang. djooep n. ‘der Canal’ (FA 1,350), WFR nwfr. djip ‘diep; diepte der zee’ (WFT 4,45) AFR awfr. diƝpinge f. ‘Vertiefung, Graben’ (O); vgl. auch Ahlsson 1963: 245. FNF wied. diipels n. ‘Tiefe (als Maß)’ (FRU 53); vermutlich durch dän./jüt. EinÀuß aus einer ursprünglichen nassjǀ-Ableitung hervorgegangen; vgl. dazu Löfstedt 1968: 25f. INF fa. jipens (WFO 130, FÖW 265), helg. djüpens (WK 157) n. ‘Tiefe; tiefe Stelle’, FNF bök. diipens f. ‘Tiefe; tiefe Stelle’ (FU 47), WFR nwfr. djippens ‘Tiefe; tiefe Stelle’ (WFT 4,46) AFR awfr. diƗpt f. (O), diƝpt n. (FrB 110), INF fa. jipde n. (WFO 130, FÖW 265), helg. djüpte f. (WK 157), sy. diipdi g. (BM 64, SU 520) ‘Tiefe (als Maß)’, FNF bök. diipde m. (MN 1300), hall. diipde f. (MOH 2,120), karrh. diipde m. (MN 1300), mgos. diipde m. (JH 2), ngos. diipde m. (WNG 105), sgos. diipde m. (NfWb), wied. diipte m. (FRU 53), wyk. diipte m. (KF nr. 123) ‘Tiefe (als Maß)’, WFR frühnwfr. djiepte ‘diepte, afgrond’ (GJ 78), nwfr. djipt (WFT 4,45), djipte (WFT 4,47), schierm. jepte m. (DF 55), tersch. jipte (CR 50) ‘diepte’, daneben mit Umlaut AFR awfr. diǀpt(e) f. ‘Tiefe’ (O), OFR wang. djuupt f. ‘die Tiefe’ (FA 1,363), während sat. jüpte f. ‘Tiefe’ (MF 118) durch das gleichbedeutende S nnd. düpte beeinÀußt zu sein scheint. Das Suf¿x -de/te der nfr. und wfr. Formen dürfte ebenfalls aus dem Nd./Nl. entlehnt sein; vgl. auch Ahlsson 128. FNF bök. diiphäid f. ‘Tiefe’ (FU 47) AFR aofr. -dinjpa swv.1 in tǀdinjpa ‘vertiefen’ (E2-3), awfr. -diǀpa swv.1 in bidiǀpa ‘vertiefen’ (O) WFR frühnwfr. djiepje swv.2 ‘diepen, peilen’ (GJ 79), nwfr. djipje swv.2 ‘peilen, de diepte van water opnemen; ondervragen, polsen’ (WFT 4,46), hind. dêpje swv.2 ‘diepen’ (GB 35), tersch. jipje swv.2 ‘nog niet veilig in water staan’ (CR 50) Gemeingerm.: E ae. dƝop, S as. diop, N anl. diep, D ahd. tiof, W an. djúpr, O adän. dinjpær, G diups. PFR *diƗp. Die nfr. und wfr. Formen zeigen folgende Entwicklung: pfr. *diƗp > *diƣp > *diƝp > *diip mit Palatalisierung des -Ɲ- > -Ưdurch Einwirkung des voraufgehenden -i- und nachfolgender positionsbedingter Kürzung vor -p, wobei in schierm. jep die Kürzung bereits auf der Stufe *diƝp eintrat und in sy. und festl.-nfr. diip das -Ưauf ein assimiliertes - iƯ- (oder - ii-?) hinweist, während in hind. dêp o o die erste Diphthongkomponente elidiert worden ist (vgl. Fokkema 1969: 242), dagegen die ofr. Formen aus älterem *diǀp < aofr. diƗp, in denen sich die zweite Diphthongkomponente wie altes -Ɨ- weiterentwickelte. In allen drei Mundartgruppierungen begegnet partiell Anlautverschmelzung von dj- > j-.

162

Idg

Lit

deurja-

Vgl. daneben o-stu¿g: AFR dƝpa swv.1 ‘taufen’, dƝpe f., dƝpene f. ‘Taufe’, OFR harl. daipen swv. ‘tauffen’ (CM 61), bee(h)ndaip(e) ‘Kindtauff’ (CM 66), WFR schierm. deupe swv. ‘dopen’ (DF 23), deup m. ‘doop’ (DF 23), tersch. (W) deppe swv. ‘indopen’ (Knop 1954: 56) < germ. *daupja- swv.1 ‘eintauchen’, *daupjǀn-, -Ưni- f. ‘das Eintauchen’. Formverwandt in der Bedeutung ‘tief’ sind lit. dubùs ‘eingesunken; hohl, konkav’ und air. domain ‘tief’ (Hm 154); im weiteren liegt wohl ein Primäradj. zu der idg. Wurzel *dheub- ‘tief, hohl’ (IEW 267f.) vor. Siebs 1889: 305; Delbrück 1907: 129; Falk/Torp 1909: 208f.; Löfstedt 1931: 120; Pokorny 1959: 267f.; Spenter 1968: 280; Århammar 1969: 55; Seebold 1970: 156. Hm 154f. deurja*- (-z-) ‘teuer’ *D? (§ 101b)

F

AFR aofr. dinjre (B1-2, E1, F, H, PrJ 246), diǀre (R1) ‘teuer, kostbar; kostspielig’ awfr. diǀre (A 224, D, FrR, Fs [Gerbenzon ed. 1961: 22], J, Ro 2,262, U [Brouwer]), diǀr (FrB 132, Ro 1,66, O), dinjre (O) ‘teuer, wertvoll, kostbar’ spätawfr. dioer (Bo) ‘teuer’ INF frühfa. jür* in jürbar ‘kostbar’ (ca. a. 1600, Kat. 66) fa. jüür ‘teuer, kostbar’ (WFO 132, FÖW 269) helg. djiir ‘teuer’ (WK 155) sy. jüür ‘teuer; kostbar’ (BM 133, SU 620) FNF bök. jöör ‘teuer’ (FU 122) hall. jur [-u-] ‘teuer’ (MOH 2,130) ält. karrh. jörr (ca. a. 1820, FF 90), karrh. (d)jör (MN 2435, OTJ 18, 66, 72) ‘teuer’ ält. mgos. jürr (ca. a. 1810, GvS v. 14), mgos. djör (MN 2435), jör (HMN 125, LHol 175) ‘teuer’ ält. ngos. jürr (a. 1743, BJ 2,66), jörr (a. 1760, Kon. 35), ngos. djör (MN 2435), jöör (MOH 2,130) ‘teuer’ sgos. djür (MN 2435), jür (NfWb), jör (EFS 299) ‘teuer’ str. djür* in djürbahr ‘kostbar’ (ca. a. 1600, Kat. 66) wied. djür, djüür ‘teuer’ (FRU 56) wyk. jür* in jürte ‘Teuerung’ (s.u.) OFR sat. júur ‘teuer’ (MF 117) wang. djuur ‘teuer’ (FA 1,90) WFR frühnwfr. dior (SB 53), djoer (GJ 81) ‘teuer, von hohem Wert’ nwfr. djoer ‘duur’ (WFT 4,48) hind. dier ‘duur’ (GB 36)

deurja-

163

schierm. júer ‘duur’ (DF 56) tersch. joer ‘duur’ (CR 50) -kǀ-

-man-

-nassjǀ-eþǀ-

Bel Germ

Idg

INF fa. jörk n. ‘Wert’ (WFO 132, FÖW 267), jörke n. ‘Teuerung’ (WFO 132, FÖW 267), FNF bök. jöörke (FU 122), karrh. djöörk (NfWb), wied. djürk (FRU 56) m. ‘Teuerung’; wohl aus dem Dän. entlehnt (vgl. Hofmann 1956: 102). WFR nwfr. djoertme ‘duurte’ (WFT 4,48); ein Neologismus des 19. Jahrhunderts, der von nwfr. djoerte (s.o.) ausgehen dürfte und sich an Vorbildern wie afr. swƝtma m. ‘Süße’ etc. orientiert; vgl. dazu Brouwer 1963: 252ff. FNF ält. ngos. jürrens f. ‘Teuerung’ (ca. a. 1745, JG 385), WFR nwfr. djoerens (WFT 4,48), hind. dierens (GB 36) ‘duurte’ AFR awfr. dinjrthe (Ro [Ahlsson], U [Ahlsson]), diǀrthe (J) f. ‘Kostbarkeit, Kleinod, Schmucksache’, FNF hall. jurde (Lo 114), wyk. jürte (Gl 275) f. ‘Teuerung’, OFR sat. júurte f. ‘Teuerung, hohe Preise’ (MF 117), WFR frühnwfr. djoerte ‘dierte, duurte’ (GJ 82), nwfr. djoerte ‘duurte’ (WFT 4,48); das Suf¿x -de/te zumindest der festl.-nfr. und nwfr. Formen verrät nd./nl. EinÀuß; vgl. auch Ahlsson 128. West- und nordgerm.: E ae. dƯere, S as. diuri, N mnl. diere, D ahd. tiuri, W an. dýrr, O adän. dϷr. PFR *dinjre. Die nfr. und wfr. Formen führen auf eine Basis mit -inj-, die der wfr. auf -iǀ- zurück (< germ. -eu- + Umlautfaktor). Ebenfalls im Arüst. erscheint positionsbedingt vor -r die Schreibung , dem in der phonetischen Realisation wohl auch ein /io:/ entsprach; die zweite Diphthongkomponente -nj-/-ǀ- wird wie altes -nj-/-ǀ- fortentwickelt. Partiell ist in den einzelnen Mundarten Anlautverschmelzung von dj- > j- eingetreten. Eine Ablautvariante auf -nj- könnte vorliegen in INF fa. düüre swv.2 ‘aushalten; übers Herz bringen; züchtigen, bestrafen’ (WFO 60, FÖW 131), D mhd. tûren swv. in ‘Mitleid emp¿nden’; ein überzeugender Nachweis dieser bislang lediglich angenommenen Verbindung fehlt allerdings. Die weitere etymologische Herleitung gestaltet sich schwierig. Dem Adj. könnte eine denominale Ableitung mit io-Suf¿x aus idg. o *dheur(o)- ‘Verzückung’ zugrundeliegen, das etwa im Kleinrussischen als dur m., durá f. ‘Betäubung, Taumel’, russ. durɶ ‘Torheit’ weiterlebt (IEW 267, Hm 155). Die Bedeutung ‘lieb, geliebt, teuer’ müßte sich dann über ‘entzückend, enthusiasmierend’ aus einem ursprünglichen ‘verzückend, betäubend’ entwickelt haben; anders Seebold in Kluge/Seebold 2002: 914, der an eine r Erweiterung zu idg. *dhegԥh- ‘brennen, wärmen’ (IEW 240f.) denkt, woraus sich die Bedeutung ‘geliebt’ erklären lasse.

164

Lit

digra-

Siebs 1889: 299; Delbrück 1907: 129; Falk/Torp 1909: 199; Löfstedt 1931: 130; Hof 1933: 239, 240; Götz 1957: 53ff.; Pokorny 1959: 266f.; Spenter 1968: 283; de Grauwe 1979-82: 1,27ff.; Kluge/Seebold 2002: 914; Boutkan/Siebenga 2005: 73. Hm 156f. digra- ‘dick, voll’ *V (§ 58a)

F

AFR awfr. diger(e) adv. ‘ganz, gut; sorgfältig, genau’ (A 244, Ro 2,28, SnR 8, O); vgl. dazu Oosterhout 1970: 214f. INF fa. deger ‘zerbrechlich, dünn (Gegenstände, Material); schwächlich (Körper)’ (WFO 50, FÖW 114) WFR nwfr. diger ‘nauwlettend, opmerkzaam; nauwgezet, nauwkeurig, stipt, zorgvuldig; zuinig, spaarzaam’ (WFT 4,15)

-lƯka-

AFR awfr. digerlƯke(n) adv. ‘sorgfältig, genau’ (FrR, O); vgl. dazu Oosterhout 1970: 216. WFR nwfr. digerens ‘nauwlettenheid, opmerkzaamheid, nauwgezetheid, nauwkeurigheid, stiptheid, zorgvuldigheid; Àinkheid; zuinigheid, spaarzaamheid’ (WFT 4,15) AFR awfr. digerhƝd f. ‘Treue, Sorgfalt’ (Ro 2,168), WFR nwfr. digerheid ‘nauwlettenheid, opmerkzaamheid, nauwgezetheid, nauwkeurigheid, stiptheid, zorgvuldigheid; Àinkheid; zuinigheid, spaarzaamheid’ (WFT 4,15); vgl. auch Ahlsson 171. AFR awfr. digeria swv.2 ‘eine Geldbuße nach Art und Umfang des Vergehens (Friedensbruch) festlegen’ (LSt, SnR 36, O); vgl. dazu Oosterhout 1970: 204ff. und 214ff.

-nassjǀ-haidu-

-ǀja-

Bel Germ

Gemeingerm.: S mnd. dƝger adv., N mnl. deger adv., D mhd. tiger(e) adv., W an. digr, O adän. digher, G indirekt in digrei f. sowie vielleicht auch E ae. diger* (s.u.). PFR *diger(e), auf die auch die ins.-nfr. Form deger zurückführt. Wenn die Entwicklung von der Grundbedeutung ‘dick, voll’ > ‘stark, groß’, adv. ‘völlig, sehr’ (Hm 156) richtig ist und der adv. Gebrauch dann auch ‘sorgfältig, umsichtig, sparsam’ ergeben konnte, wird daraus ebenfalls INF ‘zerbrechlich, dünn’ hervorgegangen sein, etwa aus einer adv. geprägten Fügung ‘etwas Zerbrechliches sorgfältig, umsichtig behandeln’. Im appellativischen Wortschatz des Engl. scheint germ. *digrazu fehlen, doch könnten die ON-Belege E ae. DigerlƝa (a. 1156), DigerlƝge (a. 1195) für den heutigen Ort ne. Doiley in Hampshire ein ae. *diger enthalten, wonach DigerlƝa, DigerlƝge mit ae. lƝah m.f.

-dǀbi- – draibi-

Lit

165

‘Wald’ im Grundwort etwa als ‘dicker, dichter Wald’ zu interpretieren wäre (Ekwall 1941: 35, Smith 1970: 1,133). Im ält. Westgerm. lediglich als Adv. bezeugt; der Ansatz als a-Stamm wegen der Seltenheit von ri-Bildungen zu starken Verben. Im weiteren wahrscheinlich zu germ. *diga- stv.I ‘kneten’ (Sb 151f.): Dann müßte sich die Bedeutung ‘dick, voll’ aus einem ursprünglichen ‘fest geknetet, kompakt geformt’ entwickelt haben. Falk/Torp 1909: 205; Feist 1939: 118f.; Pokorny 1959: 244f.; Schubert 1968: 45; Oosterhout 1970: 203ff.; Seebold 1970: 151f.; Lehmann 1986: 90. Hm 157 -dǀbi*- ‘schicklich’ V (§ 45)

F

AFR lediglich mit Negationsprä¿x in aofr. unidƝve ‘jämmerlich, greulich, abscheulich’ (R1)

un-

AFR unidƝve (s.o.)

-lƯka-

AFR awfr. undƝvelƯke adv. ‘elend’ (Fs 2,64)

Bel

Nordseegerm. und Got.: E ae. gedƝfe, N mnl. ongedǀve, G gadob, gadof. Das Adj. erscheint stets komponiert. PFR *ji-dƝve. Dehnstu¿ges Verbaladj. zu germ. *ga-daba- stv.VI ‘zukommen’ (Sb 146); vermutlich i-Stamm, doch kann wohl auch ein a-Stamm mit sekundärer ja-Flexion nicht ausgeschlossen werden. – Äußerlich gleicht das Adj. einem erweiterten BahuvrƯhiadj. mit jaSuf¿x (< germ. *ga-dǀb-ja-), wenngleich zumindest im Westgerm. nirgends eine passende substantivische Derivationsbasis in Sicht ist, die einen solchen Ansatz rechtfertigen würde. Delbrück 1907: 132; Buma 1951: 337f.; Löfstedt 1965-69: 22,34f.; Seebold 1970: 146; Matzel 1974: 104; Matzel 1992: 119.

Germ

Lit

draibi- ‘unfest, unbeständig’ V (§ 40a) F W Bel Germ

AFR awfr. drƝve ‘aufgeweicht, schlammig; unbefahrbar (Weg)’ (D, J, U) an. dreift adj.n. in der Wendung fara dreift ‘zerstreut, in loser Ordnung, weit auseinandergezogen ziehen’ (Baetke 91) Zumindest in formaler Hinsicht nur fries.-nord. belegt. PFR *drƣve. Vermutlich o-stu¿ges Verbaladj. mit i-Suf¿x zu germ. *dreiba- stv.I ‘treiben’ (Sb 163). Aus der Grundbedeutung ‘unfest, unbeständig’ entwickelte sich einerseits F ‘aufgeweicht, schlammig

166

Idg Lit

dreuga-

(vom Weg)’, andererseits W ‘in lockerer Ordnung (von der Marschformation)’. Möglicherweise Anschluß an die idg. Wurzel *dher- ‘matschig sein (Wetter); ausfallen (vom Bodensatz in Flüssigkeiten); Durchfall haben’ (Sb 163, IEW 251f.). van Helten 1896: 13; Walter 1911: 25; Holthausen 1924: 470; Pokorny 1959: 251f.; Seebold 1970: 162f. Hm 159 dreuga- ‘festhaltend’ *V (§ 24c)

F

S

-haidu-

INF fa. drech ‘lange vorhaltend, gehaltvoll; dick (schwangere Frau); stämmig’ (WFO 57, FÖW 124, Verf.) sy. drech ‘ausgiebig, verschlagsam, lange vorhaltend’ (BM 68, SU 526) FNF bök. driich ‘lang dauernd, ausgedehnt; ergiebig, sparsam im Gebrauch; ausgiebig, umfassend, reichlich; dick (von Schwangeren); langweilig’ (FU 53) hall. driich ‘lange vorhaltend, verschlagsam; schwanger’ (MOH 2,120) ält. karrh. drieg (ca. a. 1820, FF 49), karrh. driich (MN 1304) ‘lange vorhaltend; korpulent; schwanger’ mgos. driich ‘verschlagsam’ (BnG 1,119) ngos. driich ‘lange vorhaltend, verschlagsam; schwanger’ (MOH 2,120) wied. driich ‘lang dauernd, ausgedehnt; ergiebig, sparsam im Gebrauch’ (FRU 64) OFR sat. d(r)jooch ‘ergiebig, reichlich’ (PK 1,430f.) WFR ält. nwfr. drijg adv. ‘reichlich, im ÜberÀuß’ (AH 23, Z. 85) nwfr. dreech ‘stevig, vast, hard, sterk, zwaar, massief; machtig, zwaar te verteren; krachtig, stevig gebouwd (personen); doorzettend, taai volhoudend; stoer, onversettelijk; gedegen, grondig, langdurige inspanning vragend; zwanger’ (WFT 4,128) nnd. (Dith., Schl.) dreeg ‘lange vorhaltend, verschlagsam, ausgiebig’ (Mensing 1,845), nnd. (Had.) dreeg’ ‘langsam, schwer, schwierig’ (Teut 1,439), nnd. (OF) drêg, drêge ‘strecksam, austrägig, lange ausreichend u. vorhaltend, viel enthaltend und ausliefernd (besonders an Nahrungsstoff), verschlagsam etc.; ertragreich, fruchtbar’ (DK 1,329), nnd. (Old.) dreeg ‘was gut vorhält, im Verbrauch sparsam; ausdauernd’ (Böning 23) INF fa. drechhaid n. (MN 1305), sy. drechhair g. (SU 526), FNF bök. driichhäid n. (MN 1305), karrh. driichhäid n. (MN 1305) ‘Ergiebigkeit’

drǀba-

Bel Germ

Idg

Lit

167

Nordseegerm. (nicht nur anglofries.!) und nordgerm.: E ae. drƝog, W an. drjúgr, O adän. drǮgh. PFR *driƗch. Im Nfr. und Wfr. aus afr. *driƗch > *driƝch mit Ausfall der ersten Diphthongkomponente nach -r- > INF fa. sy. drech (mit Kürzung des -Ɲ- vor stimmloser Spirans), dreeger comp., WFR nwfr. dreech, in FNF driich, WFR ält. nwfr. drijg mit Palatalisierung des -iƝ- > -Ư-, dagegen in OFR sat. d(j)jooch < *driǀch < *driƗch. Zur Entwicklung von ains.-/afestl.-nfr. -iƗ- vgl. Århammar 1969: 53ff. Der bei Heidermanns (Hm 159) angeführte Beleg ofr. drege ‘ausgiebig, lang vorhaltend’ entstammt übrigens dem Ostfriesischen Wörterbuch Stürenburgs (1857: 38), bei dem es sich zweifellos um einen nd. und nicht fries. Sprachgebrauch Ostfrieslands handelt. Das Adj. steht neben dem starken Verb germ. *dreuga- stv.II ‘Gefolgschaft leisten; ausführen; ertragen’ (Sb 167f.), zeigt aber eine davon abweichende semantische Entwicklung. Zu der Wurzel idg. *dher- ‘halten, festhalten, stützen’ (IEW 252f.), etwa in ai. dhƗráyati- ‘hält, trägt, erhält’. Die Grundbedeutung des Adj. war demnach vermutlich ‘festhaltend’, woraus a) bezogen auf eine Menge oder Gegenstände: ‘lange vorhaltend, ausreichend, ergiebig’, b) bezogen auf eine Person: ‘kräftig, zupackend’ > ‘derb, groß, plump’, ‘energisch, tüchtig’, ‘mit festem Willen betreibend’ (Hm 159). Falk/Torp 1909: 213f.; Löfstedt 1931: 120; Boersma 1944: 3f.; Pokorny 1959: 252f.; Dick 1965: 286ff.; Löfstedt 1965-69: 23,44f.; Seebold 1970: 167f.; de Vries 1977: 84; Faltings 1983: 254f.; Faltings 1996: 105. Hm 160f. drǀba- ‘trübe, verwirrt’ *V (§ 32b)

F

WFR frühnwfr. droaf /-o:-/ ‘droef, droevig’ (GJ 92) nwfr. drôf [-o:-], droef [-u:-] ‘treurig; treurig gestemd, stemmend; neerslachtig’, adv. ‘zeer, erg’ (WFT 4,159f.)

-iga-

AFR awfr. drǀvich ‘betrübt, traurig’ (FrR), WFR ält. nwfr. droevich ‘betrübt’ (AH 21, Z. 9), nwfr. drôvich, droevich ‘mistroostig en verdrietig gestemd; van droefheid getuigend; tot droefheid stemmend; lastig, onaangenaam’, adv. ‘verbazend, uitermate’ (WFT 4,260) AFR awfr. drǀvelƯke adv. ‘traurig’ (A 534) WFR frühnwfr. droaftme ‘droefnis’ (GJ 93), wohl eine von G. Japicx geprägte Neubildung, ausgehend von einer Basis droafte (s.o.), die durch die romantische Sprachbewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts als nwfr. droeftme (Salverda 1834: 29) wiederaufgegriffen wird; vgl. Brouwer 1963: 252, 254.

-lƯka-man-

168

-nassjǀ-eþǀ-haiduBel Germ

Idg

Lit

drnjga-

WFR frühnwfr. droaffenisse (GJ 93), nwfr. drôf(e)nis, droevenis ‘bedroefdheid, het treurig-zijn’ (WFT 4,160) WFR frühnwfr. droafte (GJ 93), nwfr. drôfte (WFT 4,160) ‘droefnis’ AFR awfr. drǀfhƝd f. ‘Trübnis, Trübseligkeit’ (P), WFR nwfr. droefheid ‘droefheid’ (WFT 4,160); Ahlsson 175. Westgerm. und indirekt got.: E ae. drǀf, S as. drǀbi, N mnl. droeve, D ahd. truobi und G in drǀbjan, (-)drǀbnan swv. PFR *drǀf führt offenbar wie E ae. drǀf ‘draffy, dreggy, dirty, troubled’ (BT 214) auf ein a-stämmiges germ. *drǀba- zurück, im Gegensatz zu S as. drǀbi, D ahd. truobi ‘trübe, betrübt’ mit sekundärem Übertritt in die ja-Flexion. Allerdings ist sein Vorkommen im Fries. auf den wfr. Raum beschränkt und eine jüngere Entlehnung aus N mnl. droeve ‘zonder licht, donker, duister; zonder helderheid, troebel; somber, droefgeestig, melankoliek’ (VV 2,423) deshalb wohl nicht grundsätzlich auszuschließen, zumal die verschiedenen deadj. Ableitungen (z.B. AFR awfr. drǀvich, drǀvelƯke, drǀfhƝd, WFR nwfr. drôf(e)nis) fast alle eine direkte Entsprechung im (M)nl. ¿nden und dabei vielfach eine Entlehnung oder Lehnbildung nach einem (m)nl. Vorbild andeuten. Germ. *drǀba- steht in dehnstu¿gem Ablaut zu germ. *drab- in S mnd. draf pl., D mhd. treber pl. ‘Rückstände beim Keltern’. Darms 1978: 280f. hält das Adj. für eine Vԍddhi-Ableitung zum Subst., während de Vries 1992: 137 und Kluge/Seebold 1995: 839 mit einem alten Verbaladj. zu idg. *dhrebh- (griech. IJȡȑijȦ ‘werde dick, gerinne’) rechnen. Die adj. Bedeutung ‘trübe, undurchsichtig’ bzw. im übertragenen Sinne ‘mit trübem Sinn’ ginge dann etwa von einem ursprünglichen ‘von dickÀüssiger Konsistenz’ aus. Der nähere Zusammenhang wird dabei freilich nicht recht deutlich (Hm 161). Falk/Torp 1909: 203; Pokorny 1959: 252; Ruprecht 1959: 17ff.; Schubert 1968: 64f.; Darms 1978: 280f.; de Grauwe 1979-82: 1,65f.; de Vries 1992: 137; Kluge/Seebold 1995: 839. drnjga- ‘trocken’ R (§ 88)

F

AFR awfr. drnjch ‘trocken’ (O) in druuge ziela wörtl.: ‘trockene Seele’; gemeint ist ein Verstorbener, für den keine Totenmesse gehalten wurde; vgl. Verhoeven/Mol edd. 1994: 545. INF fa. drüg ‘trocken’ (WFO 58, FÖW 127) helg. driig ‘trocken’ (WK 168) sy. drüch ‘trocken; dürr, verdörrt’ (BM 69, SU 527) FNF bök. dröög ‘trocken’ (FU 54, MN 2391) hall. druch [-u-] ‘trocken’ (MOH 1,32)

drnjga-

169

ält. karrh. dröhg (ca. a. 1820, FF 50), karrh. dröög (MN 2391, OTJ 57), drüüch (OTJ 49) ‘trocken’ mgos. dröög ‘trocken’ (MN 2389, BnG 1,119) ält. ngos. drög (a. 1743, BJ 2,34), ngos. drüch (MN 2391, WNG 107), drüüg (MN 2391) ‘trocken’ sgos. drüüch ‘trocken’ (MN 2391, NfWb) wied. drüüg ‘trocken’ (FRU 65, MN 2391) OFR sat. druch [-u.-] (PK 1,435), druuch (MF 89) ‘trocken’ wang. druuch ‘trocken’ (FA 1,90) WFR frühnwfr. drugh (SB 76), druwg (GJ 94) ‘trocken’ nwfr. droech ‘droog; ondiep; geen melk gevend; zonder geld’ (WFT 4,153ff.) hind. drûch ‘droog’ (GB 40) schierm. drúch [-Ⱦ-] ‘droog’ (DF 26) tersch. droeg ‘trocken’ (CR 18) -an-

-engǀ-kǀ-

-eslan-man-nassjǀ-

-eþǀ-

FNF bök. drööge m. in aw e drööge ‘auf dem Trocknen’ (FU 54), wied. drüüge m. in ääw e drüüge ‘in/auf dem Trocknen’ (FRU 65) mit sekundärem Genuswechsel Neutr. > Mask., OFR sat. druge n. ‘das Trockne’ (PK 1,435) INF sy. drüchning g. ‘Trockenheit, Dürre’ (SU 527), vermutlich Lehnbildung nach jüt. törning ‘tørke, tör tid’ (Feilberg 3,937). INF helg. driik f. ‘Trockenheit’ (Århammar 1996: 341), Driik FlN für eine Àache Stelle an der Nordspitze Helgolands, die bei Ostwind trockenläuft (WK 168), FNF wied. drüük m. ‘Dürre’ (FRU 65); die Bildung deadj. Abstrakta mit k-Suf¿x – primär mit fem. Genus – ist im Nfr. dänisch beeinÀußt (vgl. Hofmann 1956: 102f.); indessen ist die von Krogmann 1937: 33 erwogene Anknüpfung an S as. drokno, D ahd. trockan ‘trocken’ < germ. *drukna- (Hm 162f.) aus formalen Gründen abzulehnen. INF fa. drüglis n. ‘Sikkativ, Löschpapier’ (FÖW 127), WFR nwfr. droechsel (WFT 4,156), hind. drûchsel n. (GB 40) ‘siccatief’ WFR nwfr. droechtme ‘droogte’ (WFT 4,158); offenbar Neologismus der romantischen Sprachbewegung zu Beginn des 19. Jahrhunderts; vgl. Brouwer 1963: 254. INF fa. drügens n. ‘Trockenheit, Dürre; trockene Stelle’ (WFO 58, FÖW 127), helg. driigens n. ‘das Trockne’ (WK 168), sy. drügens g. ‘Trockenheit, Dürre’ (BM 69, SU 527), OFR wang. druuchens n. ‘Dürre’ (HEN 49), WFR nwfr. droegens (WFT 4,158), hind. drûgens (GB 40) ‘droogheid’ INF fa. drügde m. (WFO 58, FÖW 127), sy. drüchdi g. (BM 69, SU 527), FNF bök. dröögde m. (FU 54), karrh. dröögde m. (MN 2392), ngos. drüügde m. (MN 2392), OFR sat. druchte f. (PK 1,435), wang. druugt f. (FA 1,364), WFR nwfr. droechte (WFT 4,157), schierm.

170

-ǀja-

Bel

Germ

drnjga-

drúchte m. (DF 26), tersch. droegte (CR 18) ‘Trockenheit, Dürre’, im Tersch. auch ‘Untiefe’; zumindest die nfr. Formen mit Genuswechsel Fem. > Mask. sind mit dem (m)nd. Lehnsuf¿x -de gebildet. INF fa. drüge (WFO 58, FÖW 127), helg. driige (WK 168), sy. drügi (BM 69, SU 527) swv.2 ‘trocknen’, FNF bök. drööge (FU 54), hall. druge (MOH 1,32), ält. karrh. dröhge (ca. a. 1820, FF 50), karrh. drööge (MN 2392), ält. ngos. drögiä (ca. a. 1745, JG 393), mgos. drööge (MN 2392), ngos. drüge (WNG 107), sgos. drüüge (MN 2392, NfWb), wied. drüüge (FRU 65) swv.2 ‘trocknen’, OFR sat. drugje (PK 1,436), druugje (MF 89), wang. druug (FA 1,60) swv.2 ‘trocknen’, WFR frühnwfr. druwgje (GJ 94), nwfr. droegje (WFT 4,159), hind. drûgje (GB 40), schierm. drúgje (DF 26), tersch. droegje (CR 18) swv.2 ‘trocknen’ Im Gegensatz zu E ae. drϷge, S mnd. drüêge ‘trocken’ < germ. *drnjgi(Hm 162), das sich in Ergänzung zu Heidermanns übrigens auch in N mnl. drnjghe (VV 2,426), nnl. dial. druge (Århammar 1968: 64) und D md. treuge (DW 11.2.1.,347ff.) fortsetzt, führen sämtliche Belege des Fries. auf germ. *drnjga- zurück. Inwiefern ebenfalls N mnl. (holl.) druuch (VV 2,443), nnl. dial. (holl.) druig (Århammar 1968: 74 Anm. 63) hierherzustellen sind, muß aufgrund des fehlenden iUmlauts und der früh einsetzenden Apokope im Holl. offenbleiben. – Diese kontinentale nordseegerm. oder vielleicht sogar speziell fries. Sonderform *drnjga- scheint einst nach dem umlautlosen schwachen Verb F afr. *drnjgia swv.2 ‘trocknen’, E ae. drnjgian swv.2 ‘to become dry, wither’ (BT 215) < germ. *drnjgǀja- swv.2 gebildet zu sein, das aber ursprünglich wohl der ƣ-Flexion angehörte. PFR *drnjch. Die weitere Entwicklung des -nj- verläuft unterschiedlich: Erhaltung des -nj- im Ofr., Kürzung vor -Ȥ- in geschlossener Silbe im Wfr. (das Schierm. allerdings ausgenommen), dagegen Palatalisierung des -nj- > -Ϸ- im Schierm. und allen nfr. Mundarten, in schierm. drúch, hall. druch (mit sekundärer Entrundung), ngos. drüch mit anschließender Kürzung vor -Ȥ- in geschlossener Silbe (im Hall. an allen Positionen). Die übrigen nfr. Formen gehen indessen von einem Àektierten *drϷge < *drnjge aus, fa. drüg und vielleicht auch sy. drüch (vgl. sy. büch stv. ‘beugen’ < ains.-nfr. *bnjga) anscheinend über eine jüngere Vorstufe *drϷg mit apokopiertem -e. Bemerkenswerterweise zeigen die bei M. Nissen bezeugten Nebenformen karrh. drüüch, ngos. drüüg die zu erwartende Senkung des -Ϸ- > -ǀø- in altoffener Silbe (positionsbedingt vor spirantischem -Ȗ- + -e?) nicht. Vgl. ferner mit o-stu¿gem Ablaut: S mnd. dröêge, N mnl. drǀge ‘trocken, dürr’ < germ. *draugi- (Hm 157f.) zu E ae. drƝahnian swv.2 ‘to drain out’ (BT 210), INF fa. druuge/druuwe, sy. droogi, FNF bök.

duba-

Lit

171

druuge, ält. karrh. druhwe (ca. a. 1820, FF 50), karrh. druuwe (Sjem. XVIII), mgos. druuwe, OFR sat. droogje, wang. droog, WFR nwfr. dreagje, schierm. ofdraigje swv.2 ‘(Milch) durchseihen, Flüssigkeit abgießen’ < germ. *draugǀja-, daneben nominal INF fa. druug, druuw f., helg. droog m., sy. droog g., FNF bök. druug f., hall. druug f., ält. karrh. druhw (ca. a. 1820, FF 50), ngos. druuw f. wied. druuch, druug n. ‘(Milch)sieb’ < germ. *draugǀ- f.; zu diesen au-Formen ausführlicher Löfstedt 1965-69: 19/21,317f., Spenter 1968: 173 und Faltings 1983: 221f. Verdam 1884: 205ff.; van Wijk 1913: 184ff.; Löfstedt 1928: 32; Krogmann 1937: 22ff.; Jung 1938: 1ff.; van Coetsem 1952: 58ff.; Löfstedt 1965-69: 23,22f.; Spenter 1968: 242; Århammar 1968: 64; Sanders 1970: 418ff.; Koivulehto 1983: 66ff. Hm 163f. duba- ‘emp¿ndungslos’ R (§ 89)

F

S

N D

AFR eventuell in aofr. devra* comp. ‘kraft-, gefühllos’ (R2) INF fa. dof ‘matt, glanzlos (Farbe); stumpf (glatte Fläche); dumpf, hohl (Klang); beschlagen (Glasfenster)’ (LFM 33, WFO 54, FÖW 119) helg. dof ‘matt, glanzlos (von Glas, Metallen, Farben)’ (WK 163) sy. duf ‘gedämpft, dumpf’ (Mungard 1909: 54, SU 528) FNF bök. duf ‘matt, glanzlos’ (FU 55) hall. dof ‘matt, glanzlos (vom Garn)’ (MOH 2,82) karrh. duf ‘matt, ohne glanz’ (MN 2186) WFR nwfr. dof ‘mat, niet helder, niet glanzend; gedempt (van geluiden); min of meer vochtig’ (WFT 4,72) hind. dof ‘dof’ (GB 38) schierm. dof ‘dof’ (DF 24) nnd. (SH) duff ‘matt, glanzlos; beschlagen von Metall, Glas, Farben usw.’ (Mensing 1,897), nnd. (OF) duff ‘gedämpft, dumpf (von Ton und Farbe, von der Luft, Wetter, von Gemüth etc.), daher: klanglos, hohl; farblos, matt, trübe; nebligt, damp¿g, feucht, moderig etc.; trübe, traurig, still, leblos etc.’ (DK 1,352), nnd. (Had.) duff ‘matt, nicht blank, wie mit Reif überzogen; neblig, trübe’ (Teut 1,461f.), nnd. (Lün.) duff ‘matt, stumpf, glanzlos (von einem Stoff)’ (Kück 1,385), gron. dof ‘dof; vochtig’ (ter Laan 1952: 173) nnl. dof ‘weinig opgewekt, weinig levendig, lusteloos, mat, passief; weinig helder van geest’ (WNT 3.2,2742ff.) ahd. tob ‘wahnsinnig, rasend’ in in tobemo muote (von Steinmeyer 1916: 145), mhd. top, tôp ‘nicht bei verstande, unsinnig, toll’ (Lexer 2,1461)

172

Bel Germ

duba-

Kontinental-Westgerm. Germ. *duba- hätte vermutlich PFR *dof ergeben mit Senkung des -u- > -o- durch Einwirkung des folgenden -a. Aus einer solchen Vorstufe könnte unter alleiniger Berücksichtigung der formalen Aspekte WFR dof hervorgegangen sein, doch erwecken sämtliche Belege des Wfr. eher den Eindruck einer Entlehnung aus dem Nl. Auch bei dem von Spenter 1968: 221 als autochthon verzeichneten schierm. dǀv ‘taub, ohne Gehalt (von Kohlen)’ mit angeblicher „Ersatzdehnung vor lenisierter Fortisspirans“ handelt es sich in Wirklichkeit wohl um das (m)nl. Lehnwort doof ‘taub’ < germ. *dauba-. Entlehnung deuten ferner die nfr. Formen an, und zwar wahrscheinlich aus mnd. *duf, worauf bereits Löfstedt 1931: 82 und Krogmann 1957: 163 hingewiesen haben. Die zu erwartende Basis ains.-/afestl.nfr. *dof- erscheint im Nfr. lediglich in dem schwachen Verb INF fa. dööwe swv.2 ‘vergeßlich sein, geistesabwesend sein; kindisch, senil sein’ (CJ 38, RA 17, WFO 55, FÖW 122), sy. dööwi swv.2 ‘ohne richtiges Bewußtsein handeln’ (Mungard 1974: 41, SU 525), FNF bök. doowe swv.2 ‘schläfrig herumgehen, geistesabwesend sein; toben’ (FU 52), karrh. doowe swv.2 ‘toben’ (OTJ 64), ngos. doowe swv.2 ‘rasen, toben’ (MOH 1,232), wied. doowe swv.2 ‘toben, lärmen, tollen; rasen, wüten’ (FRU 60) < ains.-/afestl.-nfr. *dovia sowie in der substantivischen idiomatischen Wendung INF fa. uun (a) dööw (SP 28, FÖW 122), FNF bök. önj e doowe (FU 52) ‘geistesabwesend’ < ains.-/afestl.-nfr. *ǀn thƗ/thƝr dova dat.sgl. Ob sich dagegen hinter der undurchsichtigen Graphie (R2) ein verderbtes aofr. devra comp. ‘kraft-, gefühllos’ verbirgt, in dem van Helten 1889: 236 ein umgelautetes germ. *dubizan- (zu germ. *duba-) erblickt, ist formal und inhaltlich freilich denkbar, wird sich aber kaum mit Sicherheit feststellen lassen. Ebensogut könnte in derselben Bedeutung und mit Vokallänge ein aofr. dƝvra comp. (HoH 15) im Spiel sein aus umgelautetem germ. *daubizan- (zu germ. *dauba- ‘taub’; s.o.), während der Ansatz *dƝvra < germ. *dnjbizan(Walter 1911: 62) besser zu verwerfen ist. Germ. *duba- steht in schwundstu¿gem Ablautverhältnis zu o-stu¿gem germ. *dauba- ‘emp¿ndungslos’ (s.o.), einem ursprünglichen Verbaladj. Da aus der II. Ablautreihe starker Verben keine schwundstu¿gen Verbaladj. begegnen, wird man für *duba- mit Wissmann 1932: 88 und 1975: 98 vorzugsweise von einer Rückbildung aus den schwachen Verben germ. *dubǀ(ja)- swv.2 bzw. *dubƣ- swv.3 ‘emp¿ndungslos sein’ ausgehen; vgl. außer den obengenannten fries. Verbformen noch E ae. do¿an swv.2 ‘rasen’, S as. dovǀn swv.2, D ahd. tobǀn swv.2 ‘wahnsinnig sein’, D ahd. tobƝn swv.3 ‘toben’. Aus der Grundbedeutung ‘ohne Gefühl sein’ entwickelte sich einerseits

dukula-

Idg

Lit

173

‘teilnahmslos, geistesabwesend sein’, zum anderen aber auch ‘unbedacht, töricht handeln’, woraus schließlich ‘toben, rasen, wüten’; entsprechend die Bedeutungsentfaltung beim Adj.: ‘ohne Gefühl’ > a) ‘matt, glanzlos’ neben b) ‘nicht bei Verstand; toll’. Der davon abweichenden Auffassung bei Franck/van Wijk 1949: 121 und de Vries 1992: 141, nnl. dof mit sekundär gekürztem Vokal sei identisch mit nnl. doof ‘taub’ < germ. *dauba-, kann nicht beigepÀichtet werden. Vgl. mit schwundstu¿ger Basis ferner a) substantivisch: W an. do¿ m. ‘Schlaffheit’ (de Vries 1977: 78) < germ. *duban-, b) adjektivisch: ra-stämmiges germ. *dubra- ‘töricht’ (Hm 164) und nasaliertes germ. *dumba- ‘dumm; stumm’ (s.u.) sowie c) das Partizipialadj. W an. do¿nn ‘taub, ohne Emp¿ndung (von Gliedmaßen); träge, schläfrig’ (Baetke 87), das Seebold 1970: 155 für das Relikt eines untergegangenen starken Verbs der II. Kl. hält. Im weiteren Anschluß an die Wurzel idg. *dheu- ‘hinschwinden, bewußtlos werden, sterben’ (IEW 260) bzw. seiner bh-Erweiterung idg. *dheubh- ‘stieben, rauchen; neblig, verdunkelt, auch vom Geist und den Sinnen’ (IEW 263f.). van Helten 1889: 236; Falk/Torp 1909: 209f.; Walter 1911: 62; Löfstedt 1931: 82; Wissmann 1932: 88; Franck/van Wijk 1949: 121; Spenter 1968: 221; Pokorny 1959: 264; Wissmann 1975: 98; Lühr 1988: 102f.; de Vries 1992: 141. dukula- ‘leicht einsinkend’ V (§ 53)

F

WFR frühnwfr. duwckel* ‘boos, verkeerd’ (GJ 95) [in ijnn’ duwckle ‘im Bösen’]

Bel

Lediglich einmal bei G. Japicx, so daß eine singuläre Wortschöpfung des Dichters nicht völlig auszuschließen ist. Im Falle einer autochthonen Entwicklung: PFR *dukol > awfr. *dukel > nwfr. dnjkel mit Dehnung des -u- in offener Silbe. Des weiteren schwundstu¿ges Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x zu germ. *dnjka- stv.II ‘tauchen’ (AFR dnjka stv.II ‘tauchen, untertauchen’) (Sb 156f.). Daneben begegnet die ig-Erweiterung WFR frühnwfr. duwcklich ‘schlammig, dreckig’ in dem Sprichwort Hy hat mennich duwcklich daam our wadde ‘er hat manche schlammige Furt durchwatet’ (SB 65) [d.h. er hat manche unangenehme, schlimme Situation gemeistert], die sich mundartlich in zwh. dûkelich ‘modderig, vuil’ (Stapelkamp 1957: 28) fortsetzt. Posthumus 1824: XXV verwendet duwckelig dagegen in der Bedeutung ‘ungünstig, schlimm’. Entsprechend könnte sich auch in frühnwfr. dnjkel die Bedeutung ‘böse, schlecht, sündig’

Germ

174

Lit

dumba-

durch übertragenen Gebrauch aus ursprünglichem ‘schmutzig, dreckig, schlammig’ ergeben haben, ausgehend von einer Basis ‘leicht einsinkend, -tauchend’. – Oder ist mit Blick auf WFR nwfr. dûke stv. ‘zich verschuilen, wegkruipen’ (WFT 4,182) und OFR wang. duukel swv. ‘sich verbergen’ (FA 1,78) etwa eine Zwischenstufe ‘im Verborgenen agierend, sich in unlauterer Absicht versteckend etc.’ < ‘sich wegduckend, abtauchend’ anzusetzen? Stapelkamp 1957: 27f.; Seebold 1970: 156f. Hm 166 dumba- ‘stumm, dumm’ P (§ 4)

F

AFR aofr. dumb (E2), dum (E3, F, PrJ 252) ‘stumm; dumm; leichtsinnig, unbedacht’ awfr. dum (A 236, D, Fs 1,43, Ro 1,238, U [Brouwer]), dom (Fs 1,108, J, O) ‘unverständig, töricht’ INF fa. dom ‘dumm, einfältig; ungeschickt, unvernünftig; unangenehm’, adv. ‘zufällig, blind (handelnd)’ (WFO 54, FÖW 120, Verf.) helg. dom ‘dumm’ (WK 163) sy. dum ‘dumm, geistig stumpf, schwach von Verstand’ (BM 69, SU 528) FNF bök. dum ‘dumm’ (FU 55) hall. dom ‘dumm’ (MOH 2,90) ält. karrh. dumm (ca. a. 1820, FF 51), karrh. dum (MN 2189) ‘dumm’ mgos. dum ‘dumm’ (MN 2189, LHol 165) ält. ngos. domm (a. 1743, BJ 2,35), ngos. dum, dom (MOH 2,90, WNG 27) ‘dumm’ sgos. dum ‘dumm’ (MN 2189) wied. dum ‘dumm, nicht intelligent, einfältig; unvernünftig, ungeschickt, töricht; verkehrt, übel, unangenehm’, adv. ‘zufällig, blind’ (FRU 66) wyk. dom ‘dumm, töricht’ (KF nr. 75) OFR sat. dum ‘dumm’ (PK 1,444, MF 89) wang. duum ‘dumm’ (FA 1,90) WFR frühnwfr. dom ‘dumm’ (SB 78, GJ 88) nwfr. dom [-ȃ-], dûm [-u-] ‘dom, niet gemakkelijk begrijpend, beperkt van verstand; van weinig verstand, van domheid getuigend; onwetend; onderontwikkeld’ (WFT 4,82f.), daneben hauptsächlich im östlichen Mundartgebiet dûm ‘dol, razend, woest, uitzinnig; lijdende aan hondsdolheid’ (WFT 4,185, Hof 1933: 41, Tamminga 1973: 113ff.)

dumba-

O -lƯka-

-nassjǀ-

-haidu-

Bel Germ

175

hind. dom ‘dom’ (GB 38) schierm. dom ‘dom’ (DF 24) tersch. dom ‘dom’ (Knop 1954: 31) adän. dum ‘dum’, ält. ndän. dum ‘mørk, mat; svagsynet, svag; døv, tunghør; stum’ (Kalkar 1,400) AFR aofr. dumlƯk adj. ‘töricht’ (PrJ 252), awfr. domlƯke adv. ‘dümmlich’ (A 324), INF fa. domelk ‘dümmlich’ (WFO 54, FÖW 120) sowie in derselben Bedeutung mit komparativer Basis fa. domerk (WFO 54, FÖW 120) < ält. *domerlik AFR awfr. domnisse f. (U [Brouwer]), dumnisse f. (A 246, Ro 2,296) ‘Dummheit’, WFR nwfr. dommens (WFT 4,87), hind. dommens (GB 38) ‘domheid’ neben östlichem dûmens ‘dolheid, razende drift; hondsdolheid’ (WFT 4,185); vgl. auch Ahlsson 111. AFR aofr. dumhƝd (F), awfr. dumhƝd (A 300, D, J, U [Ahlsson]), domhƝd (J, U [Ahlsson]) f. ‘Dummheit’, INF fa. domhaid n.f. (SP 27, WFO 54), sy. dumhair g. (BM 70, SU 528) ‘Dummheit’, FNF hall. domhaid f. (Lo 23), karrh. dumhäid n. (MN 2190), mgos. dumhaid n. (MN 2190), ält. ngos. dommheit f. (a. 1743, BJ 2,35), ngos. domhaid, dumhaid n. (WNG 27), sgos. dumhaid n. (MN 2190) ‘Dummheit’, OFR mit sekundärem ig-Einschub in Analogie zu den ig-Adj. sat. dumigaid (PK 1,444, MF 89), wang. duumiigheit (FA 1,364) f. ‘Dummheit’ ; vgl. Ahlsson 171. Gemeingerm.: E ae. dumb, S as. dumb, N anl. dump, D ahd. tumb, W an. dumbr, G dumbs. PFR *dumb. Da altes -u- vor der Nasalverbindung -mb im Nfr., Ofr. sowie partiell im Wfr. – wenigstens im Schierm. – für gewöhnlich gedehnt (vgl. wang. duum) und im Nfr. und Schierm. zudem wie die alte Länge -nj- zu -Ϸ- palatalisiert und positionsbedingt gekürzt wird (vgl. nfr. krüm, schierm. krúm [-Ⱦ-] < *krnjmb), ist man vorderhand geneigt, INF/FNF dom, dum, OFR sat. dum, WFR schierm. dom mit -o-/-u- < ursprünglichem -u- in geschlossener Silbe für eine Entlehnung aus mnd. dum bzw. mnl. dom ‘dumm, töricht’ zu halten (vgl. Århammar 2001: 321). Andererseits könnte die Nasalassimilation des -mb- > -mm- so früh erfolgt sein, daß die Dehnung des -u- entweder ausblieb oder vor der neuen Gemination -mm- bald wieder rückgängig gemacht wurde. Vielleicht setzte die Dehnung zunächst nur vor einem silbenschließenden -mb ein, nicht jedoch in solchen Formen, in denen das -b- an eine Folgesilbe trat: demnach also *dnjmb, aber *dum-be, *dum-bes usw. Insofern ließe sich dom/dum in den genannten Mundarten wohl auch als analoger Ausgleich nach entsprechenden Àektierten Kasus mit Vokalkürze

176

Lit

dwela-

erklären. Dagegen scheint WFR nwfr. hind. tersch. dom regulär aus awfr. dom < dum hervorgegangen zu sein, möglicherweise auch hier aus einem älteren *dnjm(b), dessen -u- vor -m- gekürzt und weiter zu -o- gesenkt wurde. Die Formen auf -û- [-u-] sind weitgehend auf das östliche Sprachgebiet des Nwfr. beschränkt. Vermutlich handelt es sich bei dem Primäradj. germ. *dumba- um die Nasalierung einer schwundstu¿gen Bildung derselben Wurzel, auf die ablautend ebenfalls germ. *dauba- ‘emp¿ndungslos’ (s.o.), *duba- ‘gefühllos’ (s.o.) und *dubra- ‘töricht’ (Hm 164) zurückführen. Auch im Fries. dominiert die nur im kontinentalen Westgerm. begegnende Bedeutung ‘dumm, töricht’, doch ist die gemeingerm. – und offenbar ältere – Grundbedeutung ‘stumm’ im Aofr. und Wfr. bewahrt geblieben. Aus ‘dumm, ohne Verstand handelnd’ entwickelte sich in nwfr. dûm zudem ‘rasend, tobsüchtig’. Siebs 1901: 1264, 1267; Falk/Torp 1909: 201; Löfstedt 1931: 90; Pokorny 1959: 264; Tamminga 1973: 113ff.; Lühr 1988: 101f. Hm 169 dwala- ‘töricht, irre’ V vgl. dweladwela- ‘herumirrend‘ R (§ 88)

F

WFR nwfr. dwyl ‘duizelig; ijlend’ (WFT 4,217)

-iga-

AFR awfr. dwalich ‘irrend; irrgläubig, ketzerisch’ (J), INF fa. dwaalig ‘zum planlosen Umherziehen neigend’ (FÖW 132), OFR sat. dweelich ‘wirr, verdreht; schwindlig’ (PK 1,455), WFR nwfr. dwilich ‘ijlend (in koorts); duizelig, licht in het hoofd’ (WFT 4,218); hier wie dort möglicherweise deverbal. INF helg. dwelsk ‘schwindlig; verwirrt’ (WK 172), OFR sat. dwälsk ‘irrsinnig’ (MF 90), wang. dwelsk ‘verwirrt’ (FA 1,97), die aber möglicherweise eher als Entlehnungen aus dem Nd. aufzufassen sind (vgl. Århammar 2001: 324). Fries. Substrat liegt dagegen in S nnd. (OF) dwilsk ‘wirr, betäubt, dumpf, schwindligt etc.’ (DK 1,374) vor; wie die iga-Ableitungen (s.o.) vermutlich deverbal. AFR aofr. dwalinge (PrJ 248), awfr. dwalinge (A 464, Ro 1,72, U [Ahlsson]) f. ‘Irrtum, Irrung’, WFR nwfr. dwaling ‘dwaling; verkeerde inzicht, vergissing; afwijking van de juiste leer of het juiste pad’ (WFT 4,207); vgl. Ahlsson 46. WFR nwfr. dwilens ‘duizeligheid, draaierigheid’ (WFT 4,217) AFR awfr. dwalhƝd f. ‘Irrtum, Irresein’ (Ro 1,70), daneben in derselben Bedeutung in Anlehnung an das Adj. dwalich/dwilich usw. (s.o.) aofr. dwalichƝd f. (PrJ 250), awfr. dwalichƝd f. (A 466, Ro 2,216, U

-iska-

-engǀ-

-nassjǀ-haidu-

dwela-

-ǀja-

Bel Germ

177

[Ahlsson]) und WFR nwfr. dwilichheid ‘ijlhoofdigheid’ (WFT 4,218) sowie in Kontamination mit afr. dwalinge AFR awfr. dwalinghƝd f. (A 12); vgl. Ahlsson 172. AFR awfr. dwalia swv.2 ‘töricht sein, irrig handeln’ (J, Ro 1,2), INF fa. dwaale swv.2 ‘planlos umherziehen’ (WFO 60, FÖW 132), WFR frühnwfr. dwaelje swv.2 ‘dwalen’ (GJ 96), nwfr. dwale swv.1, dwaalje swv.2 ‘doellos rondlopen, zwerven; van het een op het ander springen, weiden (van gedachten en blikken); afdwalen; het kwade doen; van het zedelijk juiste pad afdwalen; zich vergissen’ (WFT 4,207); daneben mit -il- < -el- vor folgendem - i - und offenbar sekuno där aus dem starken Verb germ. *dwela- abgeleitet (s.u.) AFR awfr. dwilia swv.2 ‘irren’ (O), spätawfr. dwillie swv.2 ‘herumirren’ (Bo), OFR wang. fardwiilii swv.2 ‘sich verirren’ (FA 1,54) und WFR frühnwfr. dwylje swv.2 ‘ijlen, bazen, in den slaap’ (GJ 98), nwfr. dwylje swv.2 [regional vereinzelt auch dwile swv.1] ‘ijlen, onsamenhangend spreken; razen, te keer gaan; uitgelaten zijn; dwalen’ (WFT 4,218), schierm. ferdwilje ‘sich verirren’ (Spenter 143). Daß diesen Formen ursprünglich ein schwaches Verb der 3. Kl. zugrunde liegen könnte, wie Spenter 1968: 144 meint, ist weniger wahrscheinlich, da dann wohl eher schwundstu¿ger Ablaut zu erwarten gewesen wäre (Krahe/ Meid 1967: 249); vgl. auch Jacobs 1900: 192. Entgegen S mnd. dwal ‘irre’ G dwals ‘töricht’ < germ. *dwala- liegt in WFR dwyl kein Verbaladj. zu germ. *dwela- stv.IV vor, sondern eine Rückbildung aus dem daraus derivierten jan-Verb. Das Verbaladj. germ. *dwala- und die darauf basierenden Ableitungen sind aus der o-Stufe des starken Verbs germ. *dwela- stv.IV ‘verharren’ (Sb 172) hervorgegangen, das u.a. auch in OFR sat. dwele stv.IV ‘umherirren; irre reden’ (PK 1,454, MF 90) und S mnd. dwƝlen stv.IV ‘irren, irre gehen, umherirren’ (LB 1,504) begegnet. Die e-stu¿ge Variante WFR nwfr. dwyl und andere e-stu¿ge Ableitungen dürften analog nach dem schwachen Verb awfr. dwilia swv.2, nwfr. dwylje swv.2 usw. rückgebildet sein, das seinerseits auf eine sekundäre Derivation aus dem starken Verb germ. *dwela- deutet (s.o.); e-stu¿gen Ablaut oder eventuell Umlaut zeigt ebenfalls S mnd. dwel. Entlehnungen aus dem Nd. sind zweifellos FNF bök. dwalsch ‘querköp¿g’ (FU 57), wied. dwalsk ‘verrückt; unberechenbar, tückisch’ (FRU 69) und hall. dwaale swv.2 ‘träumen, nicht bei der Sache sein’ (MOH 2,71) sowie möglicherweise INF helg. dwalsk, dwelsk ‘schwindlig, verwirrt’ (WK 172), doch auch für die übrigen fries. Formen auf -a-/e- kann eine Entlehnung aus dem Mnd. und/oder Mnl. nicht ausgeschlossen werden, während diejenigen auf -i- < -eautochthon zu sein scheinen. Vgl. ferner germ. *dwula- ‘töricht’.

178

Lit

dwƣsa- – dwula-

Falk/Torp 1909: 215; Wissmann 1932: 110; Pokorny 1959: 265f.; Spenter 1968: 143f.; Seebold 1970: 172f., Tamminga 1973: 152ff. æsa- ‘töricht’ *V (§ 31a) Hm 169f. dwǀ

F

AFR awfr. dwƝs* ‘töricht, verrückt’ in substantiviertem en dwƝs ‘ein Geisteskranker’ (A 468)

-lƯka-haidu-

AFR awfr. dwiƝslƯken adv. ‘töricht’ (A 532) AFR awfr. dwƝshƝd f. ‘Torheit’ (Ro 2,284) sowie in derselben Bedeutung mit ig-Erweiterung – möglicherweise von einer adj. Basis – awfr. dwƝsighƝd (Ro 2,172); vgl. Ahlsson 172.

Bel Germ

Westgerm.: E ae. dwƣs, S mnd. dwâs, N mnl. dwaes. PFR *dwƝs < germ. *dwƣsa- setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort. Entlehnungen aus dem Mnl. sind AFR awfr. dwƗshƝd f. ‘Torheit’ (A 66) sowie WFR nwfr. dwaes ‘töricht’. Formverwandt mit lit. dvơõsti (dvesiù) ‘den Geist aushauchen, verenden’, lett. dvèst (dvesu) ‘schwer atmen’; vgl. ferner lat. bƝstia f. ‘wildes Tier’, lit. dvasià ‘Geist, Atem’ sowie air. dásacht f. ‘Besessenheit’. Die Grundbedeutung des ursprünglichen Verbaladj. könnte demnach ‘von einem wilden (bösen) Geist besessen’ sein (Hm 170). Falk/Torp 1909: 216; Franck/van Wijk 1949: 144; Pokorny 1959: 269; de Vries 1992: 146.

Idg

Lit

Hm 170 dwula- ‘töricht’ R (§ 89) F

AFR aofr. dol, dul ‘töricht, vermessen, verbrecherisch’ (F) sowie kompositionell in dolstrƯd m. ‘Widerspenstigkeit, vermessener Trotz’ (R1) awfr. dul ‘töricht, vermessen’ (U [Munske 1973: 113]) sowie kompositionell in dolstrƯd m. ‘Widerspenstigkeit, vermessener Trotz’ (J, U [Munske 1973: 112]) INF fa. dol ‘wütend, zornig; böse, schlimm; verrückt; tollwütig’ (WFO 89, FÖW 120) FNF bök. dul ‘schlimm’ (FU 55) ält. karrh. doll (ca. a. 1820, FF 48), karrh. dul (MN 2188) ‘zornig, böse, toll’ mgos. dol ‘zornig, böse, toll’ (MN 2188, LHol 165) ält. ngos. doll (a. 1743, BJ 2,30), ngos. dul, dol (MN 1957, 2188, WNG 106) ‘toll; tollwütig’

dwula-

179

sgos. dol ‘böse, zornig, toll’ (MN 1957, 2188) wyk. dol ‘tollwütig’ (KF nr. 34) OFR sat. dul ‘böse, zornig; toll, wild; falsch; verrückt; brandig, entzündet’ (PK 1,442, MF 89) wang. dul ‘toll, zornig’ (FA 1,90) WFR frühnwfr. dol ‘dol, dul, furiosus, furens’ (GJ 86) nwfr. dol ‘uitzinnig, razend, woedend; onbezonnen, onvoorzichtig; onvast op de benen’ (WFT 4,79) hind. dol ‘dol’ (GB 38) schierm. dol ‘dol’ (DF 24) tersch. dol ‘dol’ (CR 17) -nassjǀ-haidu-ǀjaBel Germ

WFR nwfr. dollens ‘dolheid, dwaasheid’ (WFT 4,82) INF fa. dolhaid n. ‘Wut, Zorn’ (WFO 89, FÖW 120), WFR frühnwfr. dolheyt ‘dolheid’ (GJ 86) sowie mit ig-Erweiterung OFR sat. dullegaid f. ‘Wut, Zorn; Tollwut; Entzündung’ (PK 1,443, MF 89) INF fa. dole swv.2 ‘zürnen, schlecht gelaunt sein’ (Verf.) Westgerm.: E ae. dol, S as. dol, N anl. dol (-u-), D ahd. tol. PFR *dol. Die Formen des Nfr. sind verschiedentlich als relativ junge Entlehnungen aus S nnd. doll, dull angesehen worden (vgl. etwa Århammar 1969a: 133). Das ist in der Tat nicht auszuschließen, zumal germ. -u- offenbar lediglich vor geminiertem -l- erhalten bleibt, wie z.B. in fa. skol f. ‘Flunder’, fol ‘voll’, bol ‘stumpf’ bzw. entsprechend bök. schul, ful, bul < ains.-/afestl.-nfr. *skulle, *full, *bull, nicht jedoch vor einfachem -l-: vgl. fa. hool, hall. hool ‘hohl’ < ains.-/afestl.-nfr. *hol < germ. *hula- (s.u.). Allerdings könnte hier das voraufgehende -w- den a-Umlaut verhindert oder nachträglich wieder rückgängig gemacht haben. Bereits im Afr. stehen dol und dul nebeneinander. Insofern scheint zumindest aus formaler Sicht nichts gegen eine Bodenständigkeit der nfr. Belege zu sprechen, was im übrigen gleichermaßen für OFR sat. wang. dul gilt. Entlehnung aus nnd. (westl. Küstennd.) düll liegt indessen wohl in INF helg. del ‘toll, böse’ (WK 149) vor, sofern nicht wie in E me. dill (Onions ed. 1978: 293) eine bodenständige umlautende Vorstufe germ. *dulja- im Spiel sein sollte, für die es aber im Fries. sonst keine Parallele gibt. Da die IV. verbale Ablautreihe keine schwundstu¿gen a-Adj. aufweist und das Wort außerhalb des Westgerm. nicht vorkommt, ist mit Heidermanns (Hm 170) nicht von einer primären Ableitung aus der Schwundstufe zu germ. *dwela- stv.IV ‘verharren’ auszugehen, sondern von einer Rückbildung aus einem daraus derivierten schwachen Verb germ. *dwulƣ- swv.3, wie es etwa in E ae. dwolian swv.2 ‘to wander out of the way, err’ (BT 220), S mnd. dǀlen swv. ‘irren, abschweifen’ (LB 1,441), N mnl. dolen, dwolen swv. ‘dwalen,

180

Lit

dwula-

onzeker zijn omtrent den te volgen weg; dolen; in onrust verkeren; dwalen; zijne bewustheid verliezen’ (VV 2,274f., 506) vorliegt; vgl. Wissmann 1932: 104. Vgl. auch germ. *dwala- ‘töricht, irre’. (Hm 169), *dwela- ‘herumirrend’ (s.o.). Delbrück 1907: 129; van Helten 1907: 81f.; Falk/Torp 1909: 215; Wissmann 1932: 104; Pokorny 1959: 266; Seebold 1970: 172f.; Tamminga 1973: 114, 153; Munske 1973: 112f.; Boutkan/Siebenga 2005: 74.

E Hm 171f. ebna- ‘eben, gleich’ *D? (§ 99) F

AFR aofr. even (E1, F, H), ivin (R2), iven (H, R1) adv. ‘gleich’, ferner evna (B2), efne (H) adv. ‘in gleicher Weise wie’ und ivenes (R1) adv. ‘in gleichem Maße’, daneben im Erstglied kompositioneller – häu¿g exozentrischer – Bildungen wie etwa evenekker adj. ‘in gleicher Ackerlage, evenpende adj. ‘gleichwertig’ (B1-2), evenkristena m. ‘Mitchrist’ (H) oder ivinƝtha m. ‘richterlicher Amtskollege’ (R1) awfr. even adv. ‘gleich’ (D, Fs 2,80, J, Ro 1,28, O), jǀwen- in jǀwenkristena m. ‘Mitchrist’ (Ro 2,56), evene adv. ‘gleich’ (J), daneben jǀns adv. ‘zugleich’ (A 34, Ro 1,160) sowie exozentrisch evenpenninge adj. ‘von gleichem Wert’ (U [Steller]), ferner njǀnke (FrB 78), njǀunke (SnR 621) präp. ‘gegenüber’ INF fa. eewen ‘eben, Àach; langsam; gerade (Zahl)’, adv. ‘gleichmäßig, egal; behutsam, leise; langsam’, präp. ‘neben, in gleicher Höhe von’ (WFO 63, FÖW 136) helg. iiwen, iiben ‘eben, Àach, glatt’, adv. ‘gerade, gleich; eben, gerade, knapp’ (WK 332) sy. iiwen ‘eben, geebnet, glatt, Àach; langsam; gerade (Zahl)’, adv. ‘ruhig, gelassen, gemächlich’ (BM 127, SU 612) FNF bök. äiwen ‘gleichmäßig, Àach’, adv. ‘soeben, gerade, gerade eben; knapp’ (FU 3) hall. eewenst adv. ‘soeben’, aleewen adv. ‘langsam’ (MOH 1,68) < mnd. Ɲvens(t) ält. karrh. äiwen (ca. a. 1820, FF 4), karrh. ääwen (OTJ 62) ‘eben, gerade’ ält. ngos. eewen (a. 1743, BJ 2,37), ngos. eewen, äiben (MOH 1,68, WNG 28) ‘eben’, adv. ‘eben’ sgos. eem ‘eben’ (NfWb) str. euen präp. ‘neben’ (ca. a. 1600, Kat. 62) wied. eewen, eeben ‘eben, gleichmäßig, Àach; fortdauernd, stetig; gerade (Zahl)’, adv. ‘soeben; eben; gerade noch, kaum’ (FRU 71) OFR sat. ieuwen ‘eben, Àach’, adv. ‘eben’ (MF 115) wang. iifen ‘eben’, iiven adv. ‘eben’ (FA 1,95) wurst. iven ‘eben’ (RM 95)

182

ebna-

WFR frühnwfr. njuencke präp. ‘nevens; jegens, teven’ (GJ 312) nwfr. njonke(n) präp. ‘naast, nevens; tegenover, jegens’ (WFT 14,198) schierm. jaun(e), jaunken präp. ‘gegenüber, neben’ (Spenter 314, DF 55) un-

AFR awfr. onjǀwen adv. ‘ungleich’ (Ro 1,154), INF fa. üneewen (FÖW 657), sy. üniiwen (SU 814) ‘uneben; ungerade (Zahl)’, FNF ält. ngos. üneewen ‘uneben’ (ca. a. 1745, JG 60)

-iska-

AFR aofr. ivenske adv. ‘in gleicher Weise’ (F), INF fa. emsk, aamsk (WFO 65, FÖW 4, 140), sy. emsk (BM 74, SU 533) adv. ‘gleichzeitig; zusammen, miteinander’, FNF bök. äiwensch (FU 3), karrh. emsk (MN 862), wied. ääwensk (FRU 7) adv. ‘zugleich, gleichzeitig’; vgl. auch Löfstedt 1971: 52. WFR frühnwfr. jamck ‘gut, schön, hübsch’, adv. ‘sehr, heftig’ (AH 22, Z. 67, WT 25, Z. 32, GJ 218), nwfr. jamk ‘goed, gunstig; mooi, aantrekkelijk’; adv. ‘terdege, zeer; wellicht, misschien’ (FW 2,24) < awfr. *evenlƯk; vgl. Hoekstra 1998: 1ff. und Dyk 2007: 210. AFR aofr. evene f. ‘Ebene, glatte Stelle; Bartlücke’ (F) FNF bök. äiwenhäid f. ‘Ebenheit; Friedfertigkeit’ (FU 3) AFR aofr. ivenia swv.2 ‘ebnen, Àach machen’ (R1), INF fa. eewne (WFO 63, FÖW 137), helg. iiwene (WK 332), sy. iiweni (BM 127, SU 612) swv.2 ‘glätten, ebnen; schlichten’, FNF bök. äiwne (FU 4), hall. eewne (MOH 1,68), wied. eewne (FRU 71) swv.2 ‘ebnen’

-lƯka-

-Ưn-haidu-ǀja-

Bel Germ

Gemeingerm.: E ae. efen, S as. efni, N mnl. even, D ahd. eban, W an. jafn, O adän. iafn, G ibns. PFR *even. In INF helg. sy. iiwen < *Ɲwen < ains.-nfr. *even ist altes e- in offener Silbe zunächst gedehnt und anlautend weiter zu [i:-] geschlossen worden, während fa. eewen diese letzte Entwicklungsstufe nicht mehr erreicht hat. FNF äiwen, ääwen, eewen, eem etc. führt auf ein synkopiertes afestl.-nfr. *Ɲvn oder eine entsprechende Flexionsform wie etwa *Ɲvne zurück mit früher Dehnung in altgeschlossener Silbe < ält. *even bzw. *evene. Dehnung in altoffener Silbe zeigen sat. ieuwen, wang. iifen, iiven und vermutlich auch wurst. iven < aofr. iven, ivin mit initialem i- < e- durch EinÀuß des i-haltigen Sproßvokals; ebenfalls in awfr. even muß, wie die späteren awfr. Formen jǀns, onjǀwen und WFR schierm. jaun(e), nwfr. njonke(n) etc. andeuten, Dehnung vor -vn- eingetreten sein und die anlautende Sequenz Ɲvein triphthongisches jǀu-, jƗu- ergeben haben. Die Präp. AFR awfr. niǀunke, WFR frühnwfr. njuencke, nwfr. njonken ist wohl durch falsche Abtrennung aus der adv. Fügung *on evne

ƣdra-

Idg

Lit

183

‘in gleicher Weise’ (vgl. D nhd. neben, N nnl. neven, E ne. anent < me. onevent mit parasitischem -t) hervorgegangen; das sekundär angefügte -ke(n) orientiert sich dabei an mnl. Vorbildern, in denen das k-Suf¿x vorzugsweise im affektischen und intimen Sprachgebrauch an Adv. treten kann (Schönfeld 1970: 232). Mnl. Entlehnung scheint WFR hind. eaven [ș:a-] adv. ‘even’ (GB 42) zu sein. Die germ. Lautverhältnisse sind unklar. Unter der Prämisse, daß -bnauf -mn- zurückführt, erwägt Heidermanns (Hm 172) eine „Sekundärbildung idg. *epn-ó- ‘daran seiend’ zu einem mit n gebildeten Adv. (vgl. zur Bedeutung F evna ‘dicht bei’ [...]) zu *epi- ‘bei, an’“. Johansson 1891: 229f.; van Helten 1894: 358; Siebs 1901: 1387; Delbrück 1907: 129; Falk/Torp 1909: 28; Sommer 1912-13: 361f.; Selmer 1921: 64; Löfstedt 1928: 68; Pokorny 1959: 505; Hofmann 1961a: 318; Mezger 1965: 44f.; Spenter 1968: 314. ǀ dra- ‘rasch’ P (§ 16) Hm 173 æ

F

AFR awfr. Ɲdre adv. ‘früh’ (J) INF ält. fa. äder (a. 1757, NfSt 1,19), fa. ääder (WFO 1, FÖW 1) adv. ‘früh’ helg. eder [-ø-] adv. ‘früh’ (WK 173) sy. eeÿer adv. ‘früh’ (BM 71, SU 530) FNF bök. eeder adv. ‘früh’ (FU 58) hall. eeder adv. ‘früh’ (MOH 1,198) ält. karrh. ehder (ca. a. 1820, FF 51), karrh. eeder adv. (MN 708) ‘früh’ mgos. ääder adv. ‘früh’ (Beitr. Anhang Tab. 1a, LHol 157) ält. ngos. eeder (a. 1743, BJ 2,36), ngos. eeder (MOH 1,198) adv. ‘früh’ sgos. (Schobüll) ider, (Hattstedt) eeder (Beitr. Anhang Tab. 1a) adv. ‘früh’ str. eeder adv. ‘früh’ (a. 1662, DH 215) wied. jider adv. ‘früh, zeitig’ (FRU 153) ält. wyk. eder adv. ‘früh’ (ca. a. 1750-84, MB I) OFR sat. ädder adv. ‘früh’ (PK 1,41f.) wang. edder adv. ‘früh’ (FA 1,91) WFR schierm. -idder ‘früh’ in menidder, meurnidder adv. ‘morgenochtend’ (DF 73, 74)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. ƣdre adv., S as. Ɨdro adv., N anl. Ɨdro adv., D ahd. Ɨtar, W an. áðr adv.; außer ahd. Ɨtar lediglich als Adv. belegt.

184

Germ

Idg

Lit

erzja-

In sämtlichen neufries. Mundarten ist von einer Vorstufe *eddre < PFR *Ɲdre adv. mit Kürzung des Stammvokals vor sekundär geminiertem -d- vor -r- auszugehen. Das nur einmal in ahd. Ɨtar bezeugte Adj. bedeutet ‘rasch, eifrig’. Die adv. Bedeutung ‘früh(er)’ entwickelte sich vermutlich aus ‘kürzlich, soeben’ < ‘sogleich’ < ‘rasch’; im weiteren wohl eine Ableitung mit ra-Suf¿x von einer germ. Basis *ƣd-, aus der ebenfalls W an. áðan adv. ‘früher, damals’ hervorging (Hm 173). Das Primäradj. hat keine direkten außergerm. Entsprechungen. Das Verhältnis zu lit. otùs ‘eilfertig, behende; eilig, dringend’, otu adv. ‘schnell’, lit. otrùs ‘lebhaft, temperamentvoll, gierig’, lett. ãtrs ‘rasch, heftig, hitzig’, ãtri adv. ‘schnell’ bedarf noch der Klärung (Hm 173). Falk/Torp 1909: 559f.; Löfstedt 1928: 198; Pokorny 1959: 345; Spenter 1968: 205; Löfstedt 1971: 48; de Grauwe 1979-82: 2,316; Faltings 1996: 104. Hm 177f. erzja- ‘verwirrt, irre’ R (§ 87)

F

AFR aofr. Ưre ‘zornig’ (H) in der Wendung bƯ Ưre mǀde ‘im Zorn’ awfr. Ưre (A 248, D, J, Ro 2,168, U [Brouwer]) ‘zornig’ in bƯ Ưra mǀd(e) (A, D, J, Ro), fan Ưra mǀde (D, J) mit Ưra mǀde (D) sowie mit Sup. mit Ưrsta mǀd (Ro 2,204), bƯ Ưrsten mǀde (O) ‘im Zorn’

Bel

Westgerm. und got.: E ae. ierre, S as. irri, N mnl. erre, D ahd. irri, G airzeis. Vermutlich Rückbildung aus dem schwachen Verb germ. *erzjaswv.1 ‘irreführen’; die Ausgangsbedeutung ‘verwirrt’ führt über ‘geistig verwirrt’ zu nordseegerm. ‘zornig’ (Hm 177f.). Im Afr. wird ursprüngliches -rr- < germ. -rz- gekürzt und der voraufgehende kurze Vokal, hier -i- < germ. -e- vor folgendem -i-/-j-, gedehnt. Der Ausdruck setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort. van Helten 1890: 44, 161; His 1901: 38; Siebs 1901: 1259; van Helten 1907: 200; Falk/Torp 1909: 26; Pokorny 1959: 336f.; Munske 1973: 113.

Germ

Lit

F Hm 180 faga(n)- ‘gefällig, zufriedenstellend’ *V (§ 33) -tu-/-ti-

-ǀja-

-æƝ Bel Germ

AFR aofr. facht (R2, F), fachta (E3), fecht (B1-2) m. ‘Einnahme; Feldfrucht, Feldertrag’ daneben in einer juristischen Bedeutung auch ‘Anteil; Magsühneportion; Verwandte, die eine Magsühneportion erhalten’, awfr. facht m. ‘Familienstamm, sämtliche Abkömmlinge eines gemeinsamen Vorfahren’ (J), INF fa. fäächt, feecht m. (f./n.) ‘Wolle eines Schafes [die bei einem Schervorgang von einem Schaf gewonnen werden kann]’ (LFM 43, SP 35, FÖW 141), FNF bök. fåcht m. (FU 62), hall. faacht f. (Lo 123) [neben desubstantivischem ol faachte swv. ‘Wolle in Bündel je 5 Pfund einpacken’ (MOH 2,37)], ngos. faacht m. (MOH 2,37), wied. facht f. (FRU 72) ‘die geschorene, noch zusammenhängende Wolle eines Schafes bei einer Schur’, OFR wurst. facht ‘die Frucht’ (RM 98), E ae. feht, ¿ht ‘a sheepskin’ (BT Add. 24, 25), S mnd. vacht m. ‘Kornertrag eines Jahres, Ernte’ (LB 1,629) [fries. Substrat im Mnd. Ostfrieslands, Ahlsson 1964: 21], vechte pl. ‘Nachkommenschaft der Geschwister der acht Urgroßeltern des Erschlagenen bei der Verteilung [...] des an die Verwandtschaft zu zahlenden Teiles vom Wergeld’ (LB 1,673) [fries. Substrat im Mnd. Eiderstedts], N mnl. vacht m.f. ‘het vel met de wol erop’ (VV 8,1131ff.), O adän. fæt ‘ulden paa et faar, især om (lang) uld, der er klippet saaledes, at den danner et sammenhængende hele, og derefter rullet sammen; ogs. om faareskind med ulden paa’ (ODS 6,363), aschw. ulla-fætter ‘(på fåret sittande el. afklippt) ullpels’ (Söderwall 1884-1918: 2.2,791) AFR aofr. fagia swv.2 ‘nutzen, in Gebrauch nehmen; abernten (Land); Erbschaft in Besitz nehmen’ (B1-2, E2-3), S as. gefagǀn (Wadstein 1899: 87), während mnd. vƗgen swv. ‘Land benutzen, den Ertrag aus einem Acker ziehen’ (LB 1,632) fries. Substrat im Mnd. Ostfrieslands sein dürfte (Ahlsson 1964: 21), D ahd. fagǀn swv.2 ‘Angenehmes erweisen, zufriedenstellen’ (Schützeichel 2006: 97) D ahd. fagƝn swv.3 ‘sich freuen an’ (Schützeichel 2006: 97) Als Adj. lediglich E und D. Die schwachen Verben afr. fagia, as. gefagon, ahd. fagǀn/fagƝn stehen neben dem ursprünglichen Verbaladj. E ae. gefægra comp. ‘lieb, erwünscht’, D ahd. gifago ‘mit etwas zufrieden; gutgestellt’

186

faga(n)-

< germ. *faga(n)- und führen wie dieses auf ein älteres starkes Verb germ. *faga- stv.VI ‘befriedigen, zufriedenstellen; sich freuen’ zurück. Die Grundbedeutung des schwachen Verbs westgerm. *fagǀja- wäre dann etwa ‘sich des Genusses (Nießbrauchs) an etwas erfreuen’ (van Helten 1906: 281). Aus der a-stu¿gen Wurzel von germ. *faga- stv.VI ‘zufriedenstellen’ sind ferner das Verbalabstraktum afr. facht, fecht m. ‘Anteil, Ertrag’ und seine Entsprechungen in den neufries. Mundarten hervorgegangen, für die zunächst wohl eine tu-stämmige Bildung germ. *fahtu- m. anzunehmen ist. Zwar gehen im Westgerm. die tu-Stämme in den ti-Stämmen auf, doch unterscheiden sich die ursprünglichen tu-Abstrakta vielfach durch ihr mask. Genus und eine hochstu¿ge Derivationsbasis von den entsprechenden ti-Ableitungen, die meist schwundstu¿g sind und fem. Genus zeigen (Krahe/ Meid 1967: 151ff., 157ff.). Der ins.-nfr. Beleg fa. fäächt, feecht setzt dabei wie aofr. fecht eine Vorstufe mit i-Umlaut, dagegen die festl.-nfr. und ofr. Belege entsprechend aofr./awfr. facht eine Vorstufe ohne i-Umlaut voraus; wie vergleichbare Fälle – etwa afr. macht f. neben mecht f. ‘Macht’ < germ. *mahti- f. – zeigen, konnte der i-Umlaut vor der Konsonantenverbindung -cht zuweilen ausbleiben. Die Grundbedeutung des Subst. ist offenbar ‘befriedigende Zuteilung’, ausgehend von der verbalen Bedeutung ‘sich des Genusses an etwas erfreuen; zufriedenstellen’. Im Zuge einer durch die Sippe und die dörÀiche Allmendewirtschaft geprägte Lebensordnung konnte das Abstraktum im weiteren ‘den durch Verwandtschaftsgrad bestimmten und zugeteilten Anteil am (gemeinsamen) Familienbesitz’ bezeichnen bzw. spezi¿zierend in rechtsterminologischer Verwendung sowohl ‘Anteil an der Magsühne’ als auch ‘Sippenmitglieder, die einen Anteil an der Magsühne erhalten’, sodann schließlich ganz allgemein ‘sämtliche Mitglieder eines Geschlechts, die von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen – und aus diesem Grunde gegebenenfalls erb- oder nutzungsberechtigt sind’; auf der anderen Seite entwickelt sich aus der zugrundeliegenden Ausgangsbedeutung mit Blick auf die genossenschaftlichen Wirtschafts- und Besitzverhältnisse in der Allmende ‘Anteil an der gemeinsam eingebrachten Ernte gemäß der persönlichen Nutzungsquote’, woraus allgemein ‘Ernteertrag; Feldfrüchte’, ferner in offenbar alter nordseegerm.-nord. Sonderbedeutung ‘Wollertrag, den ein Schaf liefert’, daraus wiederum allgemein ‘Schafvlies’. Vgl. im folgenden auch die Adj. germ. *fagana- ‘erfreut’ sowie mit Dehnstufe germ. *fǀga- ‘passend’.

fagana- – faiga-

Lit

187

van Helten 1906: 281f.; van Helten 1907: 114; Walter 1911: 59; Braune 1918: 367; Holthausen 1942: 267; Wissmann 1932: 14; Löfstedt 1931: 37; Löfstedt 1965-69: 19/21: 304; Seebold 1970: 189. Hm 180f. fagana- (-ena-) ‘erfreut’ *V (§ 78)

F O

INF fa. faanj ‘übertrieben freundlich; befangen, verzagt; verlegen, ängstlich; unterwür¿g’ (SPEJ 35, Århammar 1960: 279, FÖW 144) aschw. fäghin ‘glad öfver’ (Söderwall 1884-1918: 1,367)

-ǀja-

INF fa. feenje swv.2 ‘übertrieben freundlich tun; (heraus)putzen’ (NfWb, FÖW 148), feentje swv.2 ‘streicheln’ (Århammar 1960: 279)

Bel

Gemeingerm.: E ae. fægen, S as. fagan, D ahd. gifagan, W an. feginn, G indirekt in faginon swv.2. Aus einer Vorstufe *fain mit dissimiliertem -ai- < -ei- < ains.-nfr. *fein < *fegen, daraus offenbar denominal das Verb *fainia < ains.nfr. *feinia swv.2, das wiederum die Grundlage bildete für das diminutivische Verb fa. feentje < ains.-nfr. *feinikia swv. Die Form feenje (statt feentje) ist offenbar kindersprachlich beeinÀußt und nicht als eine reguläre Ableitung ohne Diminutivsuf¿x aus ains.-nfr. *fein aufzufassen. Ursprünglich wohl Part.Prät. eines starken Verbs germ. *faga- stv.VI ‘sich freuen; zufriedenstellen’ (Sb 189 unter feha- sowie Noreen 1970: 337). Im weiteren vielleicht zu der Sippe um idg. *pǀêk - ‘hübsch machen, aufgeräumt oder vergnügt sein’ (IEW 796f.), etwa in lit. púošiu, púošti ‘schmücken’, lett. pùost ‘reinigen, säubern, schmücken’. Falk/Torp 1909: 225; Braune 1918: 367; Wissmann 1932: 14; Pokorny 1959: 796f.; Århammar 1960: 279f.; Hofmann 1961: 9, 29; Schubert 1968: 81; Noreen 1970: 337; Seebold 1970: 189.

Germ

Idg Lit

Hm 182 faiga- ‘dem Tod verfallen’ *V (§ 25b) F

AFR awfr. fƗi ‘zur Bestrafung (Tötung?) freigegeben, geächtet’ (Ro 2,228, 230, SnR 23, O); zur Bedeutung vgl. HoH 185. INF fa. fai ‘dem Tode geweiht’ (Clement 1862: 77) helg. fai in der Wendung fai miis ‘weiße Mäuse, die den nahen Tod einer Person ankündigen sollen’ (N. Århammar, mündl.) sy. fai ‘dem Tode verfallen’ (BM 76, SU 536)

188

O Bel Germ

Idg Lit

faiga-

FNF bök. ¿i ‘dem Verderben geweiht’ (FU 71) hall. fäi to’t steerwen ‘dem Tode geweiht’ (Löfstedt 1957: 6) karrh. ¿i weere ‘verloren sein’ (OTJ 43) mgos. fäi ‘dem Tode verfallen’ (EFS 269) wied. fäi ‘dem Tode verfallen’ (FRU 73) OFR sat. fee ‘dem Tode verfallen, zum Tode reif; bange, feige’ (MF 92) wang. fei ‘dem Tode nahe’ (FA 1,92) WFR frühnwfr. faej, faeij ‘heikel, mißlich, brenzlich; dem Tode geweiht’ (SB 60, 69) nwfr. faai ‘ten dode gedoemd, hachelijk, netelijk, gevaarlijk, onheilspellend etc.’ (WFT 4,395) schierm. fooje tekens ‘böse Zeichen’ (Spenter 294) adän. fƝgh ‘døden nær; bestemt til døden’ (Lund 1877: 31, ODS 4,861f.) West- und nordgerm.: E ae. fƣge, S as. fƝgi, N mnl. veech, D ahd. feigi, W an. feigr. PFR *fƝi. Im Ins.-Nfr. < ains.-nfr. *fei mit Kürzung des -Ɲ- vor -i im Hiatus < *fƝi < *fƣje, während im Festl.-Nfr. in dieser Position -ƣ- > -Ɲ- vor -i (ohne Kürzung und ohne voraufgehende Spaltung des -Ɲ-) zu diäretischem -Ưi- verengt wird, das in bök. karrh. ¿i auf der Entwicklungsstufe /-i:-/ stehenbleibt, dagegen in hall. wied. fäi zu /-Ȋi-/ diphthongiert wird; in sat. fee aus älterem *fƝ, das vermutlich aus einer Flexionsform aofr. *fƝ ie hervorgegangen ist mit Synkope des o Gleitlautes - i-; im Wfr. < awfr. fƗi mit dissimiliertem -Ɨi- < -ƣi-. o Wie im übrigen Westgerm. ist auch im Fries. zunächst von einer ja-stämmigen Vorstufe auszugehen, die dann aber mit Blick auf das a-stämmige W an. feigr sekundär sein müßte. Germ. *faiga- ‘dem Tode verfallen’ steht mit grammatischem Wechsel neben germ. *faiha- ‘feindlich’ (s.u.): Wer feindlich gesonnen ist, verfällt dem Tod. Die nicht ganz geklärte Bedeutungsentwicklung zu ‘feige’ begegnet im Fries. lediglich in OFR sat. fee. Heidermanns (Hm 183, 184) rechnet aufgrund der außergerm. Beziehungen mit einem ursprünglichen Verbaladj. zu idg. *peiâk - ‘erzürnen’ (IEW 795). Siebs 1889: 269; Falk/Torp 1909: 223; Löfstedt 1928: 126f.; Löfstedt 1957: 6; Pokorny 1959: 795; de Tollenaere 1960: 48f.; Gillam 1962: 165ff.; Spenter 1968: 294; Faltings 1996: 104, 115; Seebold 1996: 252f.; Kluge/Seebold 2002: 283.

faiha-

189

Hm 184 faiha- ‘feindlich’ *V (§ 25b) F

AFR aofr. fƗch ‘straffällig, geächtet’ (E1, R1-2) INF fa. fuch, fuuch ‘bange (im Dunkeln und vor Gespenstern)’ (WFO 89f., FÖW 178) helg. huaach (WK 316), fuaach (HMN 67) ‘bange’ FNF bök. fuuch ‘bange’ (FU 82) ält. hall. fuhg (a. 1749, NfSt 1,6), hall. fuuch (MOH 1,128) ‘ängstlich, unheimlich zu Mute’ ält. karrh. fuhg (ca. a. 1820, FF 66), karrh. fuuch (OTJ 20, 40, 82) ‘bange’ mgos. fuuch ‘schüchtern, bange, furchtsam’ (HMN 67) ält. ngos. fuech ‘blöde; feige’ (a. 1743, BJ 2,39), ngos. fuuch ‘schüchtern, bange, furchtsam’ (HMN 67) wied. fuuch ‘ängstlich, unheimlich zumute’, auch idiomatisch in fuuch än fäi ‘feige und dem Tode verfallen’ (FRU 95)

un-

AFR aofr. unfƗch ‘straffrei’ (R1)

-nassjǀ-

INF helg. huaachens n. ‘Bangigkeit, Angst’ (WK 316) < *fƗchense < *fƗchnisse. AFR aofr. fƝthe (E1-2, H, R1), awfr. fƗithe (J, U [van Klaarbergen]), fƗite (D [van Klaarbergen], fƗede (J) f. ‘Fehde, Feindschaft, Kampf, Streit, Blutschuld’; vgl. auch Ahlsson 129. AFR aofr. fƗd (B1-2, E1, F, H2, R1), awfr. fƗd (D, J, U [Ahlsson 143]) m. ‘Münzfälschung; Prägung von geringwertiger Münze; falsche Münze’ < germ. *faihǀdu- m. ‘Betrug’, daneben in derselben Bedeutung awfr. fƝd m. (U [Ahlsson 143]) < germ. *faihdu- m. mit synkopiertem Mittelsilbenvokal (vgl. Heinertz 1912: 321); offenbar ein deverbales Abstraktum aus einem schwachen Verb 2.Kl., entsprechend got. bi-faihon, ga-faihon swv.2 ‘übervorteilen’ (Feist 1939: 89) < germ. *-faihǀn swv.2 ‘betrügen’; vgl. ferner van Helten 1889: 242ff., Buma 1949: 180, Ahlsson 1960: 143 und Munske 1973: 174f.; anders – aber kaum zutreffend – Siebs 1901: 1228. INF fa. fuuchhaid n. ‘schüchternheit, ängstlichkeit’ (MN 2046), FNF bök. fuuchhäid n. ‘schüchternheit, ängstlichkeit’ (MN 2046), ält. ngos. fuechheit f. ‘Furchtsamkeit; Feigheit’ (ca. a. 1745, JG 77, 81)

-eþǀ-ǀdu-

-haidu-

Bel Germ

Westgerm.: E ae. fƗh, fƗg, N mnl. vee, gevee, D ahd. gifƝh. PFR *fƗch. Die von Löfstedt 1928: 128 erwogene Anknüpfung an D ahd. fǀh ‘wenig’ (= lat. paucus) ist bereits von Hofmann 1956: 51 zurückgewiesen worden; vielmehr wird eine enge formale und semantische Berührung mit germ. *faiga- ‘dem Tode verfallen’ (s.o.) deutlich. Der auffällige Wechsel von anlautendem f- > h- in INF helg.

190

Idg Lit

faikna- – failja-

huaach ist für das Helg. sonst nicht regulär; es scheint eine singuläre „Entgleisung“ im Spiel zu sein, die nach Århammar (brieÀ.) möglicherweise so erklärt werden kann: Aufgrund des steigenden Diphthongs -uá- [-wa:] im älteren Helg. – Oelrichs 1882: 42 schreibt huààch – sei es zu dem einmaligen Anlaut [fw-] gekommen, der schließlich durch [hw-] ersetzt worden sei, was umso leichter geschehen könne, als die phonetische Opposition [fw-] : [hw-] weder akustisch noch motorisch-lautbildend sonderlich groß sei. Germ. *faiha- ‘feindlich’ steht mit grammatischem Wechsel neben germ. *faiga- ‘dem Tode verfallen’ (s.o.). Formal identisch mit lit. paƭkas ‘dumm’; vgl. ferner air. oech m. ‘Feind’ < westidg. *poiêk o- zu der Verbalwurzel idg. *peiêk - ‘feindselig gesinnt’ (IEW 795). Siebs 1889: 269f.; Siebs 1901: 1306; van Helten 1906: 192; Delbrück 1907: 130; van Helten 1907: 113f.; Oberdörffer 1908: 21; Falk/Torp 1909: 240f.; Löfstedt 1928: 128; Jørgensen ed. 1938: 67; Wissmann 1938: 79ff.; Hofmann 1956: 84f.; Pokorny 1959: 795; de Tollenaere 1960: 48ff.; Århammar 1993a; de Sousa Costa 1993: 186ff.; Kluge/ Seebold 2002: 282f. (unter Fehde und feig(e)); Boutkan/Siebenga 2005: 98. Hm 184f. faikna- ‘verderblich, hinterlistig’ *V (§ 66)

-iga-

Lit

AFR aofr. fƝkni(gi)a swv.2 ‘reklamieren’ (F) sowie mit verbalem Erstglied fƝknianƝth, fƝknie-Ɲth m. ‘Reklamationseid’ (F) Aofr. fƝknigia bzw. mit Kontraktion fƝknia gehört zu den im Afr. häu¿g vorkommenden desubst. schwachen Verben der 2. Kl. auf -igia (vgl. van Zuiden 1934: 2f.) in der Wortbildungsbedeutung ‘jmd. etwas zuteil werden lassen, antun’, die wohl ihrerseits durch „Suf¿xübertragung“ in Verbindung mit den ig-Adj. stehen, ohne daß notwendigerweise ein solches Adj. als Zwischenstufe existieren muß; vgl. Fleischer/Barz 1992: 310f., Hoekstra 1993: 5ff., Faltings 1996b: 85. Oberdörffer 1908: 20; Falk/Torp 1909: 241; Pokorny 1959: 795; Buma 1963: 255ff.; Sjölin 1970: 187f.; Krause 1971: 122; Lühr 1988: 337f. Hm 185f. failja*- ‘(beschützt)’ *D? (§ 101a)

F

AFR aofr. fƝle ‘feil, käuÀich, gedungen’ (B1-2) awfr. fƝil ‘feil’ (A 130, SnR 139) WFR nwfr. feil ‘te koop; wellustig en te koop; ter beschikking, beschikbaar’ (WFT 5,81)

faita-

191

-iga-

AFR aofr. fƝlich (E3), awfr. fƝlich (O), fƝilich (FrB 18, SnR 22, Ro 2,12, O) ‘(durch Friedegebot) sicher’, daneben in subst. Ableitung awfr. fƝilichƝd f. ‘Sicherheit, Friede’ (O, vgl. Ahlsson 175), ferner WFR nwfr. feilich (WFT 5,82), hind. feilich (GB 46), schierm. feilich (DF 31) ‘buiten gevaar; beschermend tegen gevaar; gerust, vrij; zonder bezwaar’

Bel Germ

Westgerm.: E ae. fƣle, S mnd. vêl(e), N mnl. veile, D ahd. feili. PFR *fƣle. Die Bedeutung ‘käuÀich’ (F, S, N, D) ging wohl von ‘in gutem Zustand (Gegenstand); lieb, treu (Person)’ (E) < ‘beschützt, sicher’ (N) aus (Hm 186). Die awfr. Ɲi-Formen können bodenständig sein und ein diphthongisches /-e:i- / < /-e:-/ widerspiegeln (vgl. van Helten 1897: 348f., Siebs 1901: 1231, Boersma 1939: 85 und Sjölin 1970: 196), obwohl – wie für die nwfr. Ɲi-Formen – die Annahme einer Entlehnung aus mnl. veil ‘käuÀich’ bzw. veilich ‘sicher’ naheliegt. Die Grundbedeutung ‘beschützt, behütet’ führt zu der Wurzel idg. *pǀ(i)- ‘schützen’ (IEW 839). Die morphologische Funktion des lFormans bleibt unklar. Heidermanns denkt an eine denominale Abš leitung mit io-Suf¿x aus idg. *pǀi-l‘Schutz’. o van Helten 1907: 119; Oberdörffer 1908: 12; Falk/Torp 1909: 237; Walter 1911: 53; Buma ed. 1949: 182; Pokorny 1959: 804, 839; Lerchner 1965: 251.

Idg

Lit

Hm 186f. faita- ‘fett’ P (§ 2) F

AFR awfr. fat (O), fet (FrB 108, O) ‘fett’ spätawfr. faat ‘fett’ (Bo) INF fa. fäät, feet, fet ‘fett’ (WFO 67, 69, 77, FÖW 145) helg. fat ‘fett’ (WK 191) sy. fat ‘fett’ (BM 77, SU 538) FNF bök. fåt ‘fett’ (FU 64) hall. faot, fat ‘fett’ (MOH 2,23) ält. karrh. faht (ca. a. 1820, FF 59), karrh. fåt (MN 271, OTJ 28, 29) ‘fett’ ält. mgos. faat, fat (ca. a. 1810, GvS v. 23, 27), mgos. faat (HMN 123) ‘fett’ ält. ngos. faat (a. 1743, BJ 2,40), ngos. fåt, faat (MN 271, MOH 2,23, WNG 37) ‘fett’ sgos. faat ‘fett’ (EFS 274, Beitr. 25) str. fatt ‘fett’ (a. 1637-61, DH 181) wied. foat ‘fett’ (FRU 85) wyk. faat ‘fett’ (Gl 275)

192

O -iga-ikǀda-

-a-

-nassjǀ-ǀja-

Bel Germ

faita-

OFR sat. fat ‘fett’ (MF 92) wang. fat ‘fett’ (FA 1,92) wurst. fatt* in subst. fatt ‘Fett’ (RM 97) WFR frühnwfr. fet ‘vet, pinguis’ (GJ 112) nwfr. fet ‘vet, niet mager, rijk aan vet; vruchtbaar; winstgevend; voordelig; met vet veronreinigd, vuil; onweer voorspellend’ (WFT 5,336f.) hind. fet ‘vet’ (GB 51) schierm. fet ‘fett’ (Spenter 79) tersch. (O) fot (CR 33), (W) fet (Knop 1954: 51) ‘fet’ adän. fƝd ‘fed; tyk’ (ODS 4,840ff., Nielsen 1989: 116) INF fa. fäätig, -ag, feetig, fetig (WFO 67, 69, 77), helg. fati (WK 191), sy. fatig (BM 77, SU 538) ‘fettig’ INF fa. feetjet ‘feist (von kleinen Kindern)’ (LFM 45, FÖW 145) < ains.-nfr. *fetikad mit Stammsilbenreduktion vor dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ket aus ains-nfr. *fætt; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und 135 sowie Faltings 1996b: 95f. AFR awfr. fet n. ‘Fett’ (O) sowie in fetkƝper m. ‘Fettkäufer [= Anhänger einer Partei im mittelalterlichen Friesland westlich der Lauwers]’ (J), INF fa. fäät, feet, fet n. (WFO 67, 69, 77, FÖW 145), helg. fat n. (WK 191), sy. fat n. (BM 77, SU 538) ‘Fett’, OFR sat. fat n. (MF 92), wurst. fatt [n.] (RM 97) ‘Fett’, WFR nwfr. fet n. (WFT 5,336), hind. fet n. (GB 51), schierm. fet n. (Spenter 79) ‘Fett’ INF mit ig-Erweiterung helg. fatigens n. ‘Fettes’ (WK 191) INF fa. fääte, feete, fete swv.2 ‘fetten, schmieren’ (FÖW 145), sy. fati swv.2 ‘fett machen, fett werden’ (BM 77, SU 538), FNF hall. faote (HL 86), karrh. fåte (MN 271), wied. foate (FRU 85) swv.2 ‘mästen’, OFR sat. fatje swv.2 ‘fetten’ (MF 92) West- und Nordgerm. Wie in E ae. fætt, S mnd. vet(t), N mnl. vet(t) ‘fett’ basieren sämtliche Formen des Fries. auf dem Part.Prät. des deadj. jan-Verbs germ. *faitja- swv.1 ‘fett machen’ aus germ. *faita- ‘fett’ (S mnd. vêt, N anl. feit, D ahd. feiz, W an. feitr) (Hm 186f.); demnach also germ. *faitida- > PFR *fƣtid > afr. *fæt (-tt-) mit Kürzung des Stammvokals vor der durch Synkope entstandenen Doppelkonsonanz. Während INF fa. fäät, feet, fet direkt auf ains.-nfr. *fæt zurückführt, ist für die übrigen Formen des Ins.-Nfr., aber auch die des Festl.-Nfr. und Ofr. – entsprechend awfr. fat – eine Zwischenstufe mit positionsbedingter Senkung des -e- > -a- vor -tt anzunehmen. In spätawfr. faat wurde dieses -a- sekundär gedehnt, desgleichen im Festl.-Nfr. (dort z.T. in geschlossener Silbe nachträglich wieder gekürzt). Ob WFR fet angesichts awfr. fat als Entlehnung aus dem Mnl. einzustufen ist, wie

-falda-

Lit

193

Spenter 1968: 79 zumindest für schierm. fet postuliert, indem er vermutlich ein schierm. † fat [-ȃ-] erwartete, oder ob es möglicherweise aus awfr. fet hervorging, d.h. einer bodenständigen Entwicklung ohne Senkung des -e- > -a- (wie vergleichsweise in INF fa. fäät, feet, fet), sei dahingestellt. Die Nebenform FNF hall. fat könnte Entlehnung aus mnd. fett sein, wobei das mnd. -e- sich möglicherweise der Entwicklung afestl.-nfr. -i- > -e- > -a- in geschlossener Silbe anschloß (Löfstedt 1931: 53). Siebs 1889: 274; Siebs 1901: 1229; Falk/Torp 1909: 241; Löfstedt 1931: 23; Hofmann 1955: 50; Pokorny 1959: 794; Linke 1961: 235ff.; Spenter 1968: 79; Hofmann 1978: 188; de Grauwe 1979-82: 2,281ff.; Kluge/Seebold 2002: 288f. Hm 187f. -falda- ‘-fach, -fältig’ P/V (§ 2, 35)

F

AFR aofr. -fald, etwa in Ɲnfald ‘einfach’ (R1-2), menichfald ‘mannigfaltig’ (PrJ 256), thrƯfald ‘dreifach’ (E3), twƯfald ‘zweifach’ (E1, F, H) awfr. -fald, etwa in Ɲnfald ‘einfach’ (U [Brouwer]), manichfald (J, FrR, Ro 1,124), menichfald (BTr) ‘mannigfaltig’, sƗunfald ‘siebenfach’ (A 248, D, SnR 37), tiƝnfald ‘zehnfach’ (Fs 1,113), twƯfald ‘zweifach’ (D, P, O) WFR frühnwfr. yenfâd ‘eenvoudig’ (GJ 549) nwfr. ienfâld ‘eenvoudig’ (FW 2,3), mannichfâld ‘veelvoudig’ (WFT 9,203)

-iga-

AFR aofr. Ɲnfaldich ‘einfältig’ (B1-2), twƯfaldech ‘doppelt’ (E3), INF fa. fölfualig, -ag ‘vielfältig’ (FÖW 171), frühfa. ianfuhlig (ca. a. 1600, Kat. 73), ianfualig, -ag (WFO 123) ‘einfältig’, manigfualig, -ag ‘vielfältig’ (Verf.), sy. jenfualig ‘einfältig, beschränkt’ (BM 130), hönert-, söstig-, dörtigfualig ‘hundert-, sechzig-, dreißigfältig’ (PMC 42, v. 8), FNF bök. iinjfüülji adv. (FU 113), karrh. iinfüülji (MN 2547), ält. ngos. yinfuelich (ca. a. 1745, JG 71), wied. iinjfuuili adj. (FRU 143) ‘einfältig’, [OFR wang. thrääifoltiich ‘dreifach’, ¿uurfoltiich ‘vierfach’ (EFS 59, Siebs 1901: 1364), wurst. ehnfoldig* in ehnfoldigkeit ‘Einfalt’ (RM 96) scheint wie FNF str. ianfoldig ‘einfältig’ (ca. a. 1600; Kat. 73) aus dem Nd. entlehnt zu sein], WFR frühnwfr. yenfâdig (GJ 549), nwfr. ienfâldich (WFT 9,203), hind. eenfaaldich (GB 42), schierm. ienfaudich (DF 52) ‘eenvoudig, argeloos’ INF fa. (obsolet) manigfual n. ‘Vielfalt, Vielfältigkeit’ (Verf.), WFR frühnwfr. yenfâd ‘eenvoud, eenvoudigheid’ (GJ 549), wfr. ienfâld ‘eenvoud’ (WFT 9,202), schierm. ienfaud ‘eenvoud’ (DF 52) WFR nwfr. ienfâldens ‘eenvoudigheid’ (WFT, 9,203)

-a-nassjǀ-

194

Bel Germ

Lit

falli-

Gemeingerm.: E ae. -feald, S as. -fald, N mnl. -falt, D ahd. -falt, W an. -faldr, O adän. -fald, G -falþs. PFR *-fald > *-fƗld mit Dehnung des -a- vor -ld, aus dem sämtliche neufries. Formen hervorgegangen sind. Das lediglich im Hinterglied eines Multiplikativadj. vorkommende germ. *-falda- steht im Germ. sowohl formal als auch semantisch dem Verb germ. *falþa- red. ‘falten’ (Sb 183ff.) nahe. Nach Ausweis der außergerm. Belege ist es jedoch ratsam, das Adj. vom Verb zu trennen (Hm 188). Siebs 1889: 59; van Helten 1890: 1; Wilmanns 1899: 602f.; Siebs 1901: 1364; Falk/Torp 1909: 238; Wissmann 1932: 33; Pokorny 1959: 802f.; Seebold 1970: 183ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 99f. falla- ‘fallend’ V vgl. -falliHm 189 -falli- ‘fallend’ V/K? (§ 46a, 114a)

F

AFR aofr. -felle/-falle in gersfelle (B1, E1, H), gresfelle (B2), jersfelle (E1) neben gersfalle (R2), gresfalle (E2) sowie part. gresfallen (E3) ‘abgehauen (von einem Körperglied); ungebüßt’ mit dem dazugehörigen i-stämmigen Subst. aofr. gersfal (E1-2, F, R2), gresfal (F) neben gersfel (E1, H) m. ‘Abhauen eines Körperteils; Verstümmelung; Buße für das abgehauene Gliedmaß oder eines Teiles davon’, während das Awfr. lediglich die sekundären Ableitungen gersfellich (Fs 2,60,), gersfallich (A 484, D, Fs 1,69, J, U [Sipma]), grasfallich (J) ‘auf das Gras, die Erde fallend; niedergeschlagen, erschlagen; abgehauen, ausgeschlagen (Gliedmaßen, Zähne); verlorengegangen (Gesundheit)’ kennt.

Bel

Fries. und westnord.: W an. -fellr. Das adj. Kompositum aofr. gersfelle usw. ‘abgehauen; ungebüßt’ (eigentl. „ins Gras gefallen“) kommt außerhalb der afr. Rechtsterminologie nicht vor. Die gleichbedeutenden mnd. Formen grasvellich, grasvallende (LB 2,150) entstammen den mnd. Fassungen afr. Hss.; laut SL 2,141 und Deutschem Rechtswörterbuch 1914ff.: 4,1072 begegnet mnd. grasvellich a. 1539 allerdings auch einmal in Dith.; vgl. dazu ferner Ahlsson 1963: 245 und Munske 1973: 146 Anm. 218. In PFR *felle mit sekundärer ja-Flexion liegt nach Heidermanns (Hm 189) ein ursprüngliches i-stämmiges Verbaladj. der Möglichkeit zu afr. falla red. ‘fallen’ < germ. *falla- red. (Sb 181f.) vor. Die Op-

Germ

falwa- – (-)fangi-

Lit

195

position -felle : -falle sei nach van Helten 1906: 179 auf die Einwirkung eines jeweils hellen oder dunklen Suf¿xvokals zurückzuführen („mit a aus -*fa ell- [...] des Nom. Sgl. sowie aus -*fa ellj- [...] mit dunklem Suf¿xvokal, mit e a aus -*fa ellj- mit hellem Suf¿xvokal“); entsprechend würde das substantivische „-fal aus dem Sgl. *fa ell, [dagegen] fel aus dem Plural mit altem -i- oder -i-, -io- oder -ia- oder dem Instrumental auf -i“ herrühren (a.a.O., S. 178), doch könnten hier wohl auch analoge Vorgänge im Spiel sein, etwa der EinÀuß des Verbs afr. falla red. ‘fallen’ oder eine wechselseitige BeeinÀussung von gersfalle adj. durch gersfal m. oder von gersfel m. durch gersfelle adj. Der Ansatz einer separaten a-stämmigen Basis germ. *falla- ‘fallend’, wie Heidermanns (Hm 188f.) sie vorschlägt, ist m.E. wenigstens für die fries. Formen besser zu streichen. Allerdings wäre wohl zu erwägen, ob nicht stattdessen auch ein erweitertes BahuvrƯhiadj. mit ja-Suf¿x im Spiel sein könnte, ausgehend von dem Subst. gersfal m. van Helten 1906: 178f.; van Helten 1907: 153ff.; Buma 1949: 191; Fokkema 1959: 80f.; Seebold 1970: 181f.; Munske 1973: 146f, Matzel 1974: 106; Matzel 1992: 127; Boutkan/Siebenga 2005: 100. Hm 189f. falwa- ‘fahl’ P (§ 12)

F

OFR sat. foal ‘bleich, bläßlich; matt, glanzlos’ (MF 101) WFR frühnwfr. feal ‘vaal’ (GJ 109) nwfr. feal ‘verschoten, verbleekt; verkleurd; ongezond bleek; bruingrijs’ (WFT 5,54) schierm. fail ‘fahl’ (Spenter 172)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. fealu, S as. falo, N mnl. valu, D ahd. falo, W an. fƫlr. PFR *falu, ein wa-stämmiges Farbadj.; das Primäradj. hat seine außergerm. Entsprechung in lit. paávas ‘fahl, blaßgelb’ < idg. *polԥo‘fahl’ (IEW 804f.). Mead 1899: 198f.; Falk/Torp 1909: 239; Schwentner 1915: 83f.; Pokorny 1959: 804f.; Spenter 1968: 172; Kluge/Seebold 2002: 271.

Germ Lit

Hm 190 (-)fangi- ‘wirksam; zu erlangen’ V/K? (§ 46a, 113a) F

AFR aofr. fensze (B1-2) ‘passend, geeignet, zweckdienlich’ (Buma ed. 1949: 182) oder ‘in Privateigentum überführbar (von Land)’ (HoH 156)?; daneben kompositionell fulfensze (B1-2)

196

farwa-

‘völlig passend, völlig geeignet, gehörig quali¿ziert’ (Buma ed. 1949: 189) oder ‘zahlungsfähig (?)’, ‘ertragsfähig (von Land) (?)’ (HoH 158)? ana-

AFR awfr. onfenze, one¿nze adj. ‘ergreifbar (wer ergriffen, verhaftet werden kann)’ (Ro)

Bel Germ

West- und nordgerm.: E ae. andfenge, D ahd. antfengi, W an. -fengr. Nach Heidermanns (Hm 190) i-stämmiges Verbaladj. der Möglichkeit zu afr. fƗ red. ‘fangen, fassen, greifen; ergreifen, wegnehmen; in Besitz nehmen, bekommen’ < germ. *fanha- red. ‘fangen’; zur Entwicklung von afr. fƗ < *fanha- vgl. Hofmann 1979: 530. Der von van Helten 1906: 177 und in späteren Arbeiten erwogene Ansatz einer ja-stämmigen Kollektivbildung germ. *ga-fangja- n., dem Holthausen 1925: 25 in afr. fenze n. coll. ‘Erbe’ folgt, ist zwar formal vorstellbar, m.E. jedoch aus der betreffenden Textstelle des Brokmerbriefes (B1-2) nicht zu entnehmen. Eher wäre an ein erweitertes BahuvrƯhiadj. germ. *ga-fang-ja zu denken, ausgehend von der Grundbedeutung ‘was leicht zu fassen ist’ > ‘wirksam, passend, zweckdienlich’. Zumindest das Prä¿xkompositum awfr. onfenze, one¿nze scheint in seinem zweiten Teil auf eine Basis germ. *gafangja- zurückzuführen. van Helten 1890: 160; Heck 1894: 205f.; van Helten 1906: 177; van Helten 1906a: 273 Anm. 1; van Helten 1907: 120; Lindqvist 1909: 256ff.; Swart 1910: 244ff.; Walter 1911: 36; Buma ed. 1949: 182f.; Seebold 1970: 185f.; Matzel 1974: 106; Matzel 1992: 127.

Lit

farwa- ‘nicht trächtig’ P (§ 2) F

INF fa. feer ‘trocken, milchlos; nicht trächtig (Kuh); nicht mehr Eier legend (Huhn)’ (KJC 10,270, LFM 45, WFO 69, FÖW 148) sy. ¿ar ‘von Kühen, nicht belegt, mit dem Kalben ein Jahr überschlagend’ (BM 78, SU 540) FNF bök. for ‘nicht trächtig (von Kühen)’ (FU 76) hall. foor ‘nicht trächtig (von einer Kuh)’ (MOH 2,66) karrh. fåår ‘nicht tragend (von Kühen)’ (MN 267) mgos. foor ‘nicht trächtig (von Kühen)’ (NfWb) ngos. foor ‘nicht trächtig (von Kühen)’ (MOH 2,66) sgos. fåår ‘nicht trächtig (von Kühen)’ (MN 267) wied. foor ‘nicht trächtig, aber Milch gebend (von einer Kuh)’ (FRU 87) wyk. fåår ‘nicht trächtig (von Kühen)’ (KF nr. 139)

farwa-

E S

N

197

OFR sat. foarmeelk ‘güst (von Kühen)’ (Kramer 1961: 68), foarmölk ‘zu früh melk; schon lange melk’ (MF 102) WFR nwfr. fear ‘vaar, gust, niet drachtig van koeien en schapen’ (WFT 5,63) hind. faer ‘vaar (van koeien)’ (GB 44) schierm. fair ‘gelt (von Kuh)’ (Spenter 171) tersch. fear ‘niet bevrucht (van koe)’ (CR 22) spätme. ferow (Beleg a. 1494), ne. (dial.) farrow ‘of a cow that is not with calf; not yielding milk’ (OED 4,79, Wright 2,302) nnd. (SH) fehr ‘nicht trächtig, unfruchtbar; keine Milch gebend’ (Mensing 2,46), nnd. (OF) fâr ‘jung, jungfräulich, ungeschwängert, nicht trächtig, ledig etc. (von einer Kuh, die noch nicht beim Bullen gewesen ist und daher nicht trächtig gewesen ist)’ (DK 1,420) und fähr ‘nicht trächtig (vom Rinde)’ (Stürenburg 1857: 50), nnd. (Lün.) fêrmelk ‘seit ferner Zeit oder seit langem milchend, von einer Kuh, die noch vom letzten (vorjährigen) Kalben her Milch gibt’ (Kück 1,447), nnd. (Wfal.) fêr ‘übers Jahr oder länger ohne Kalb’ (Woeste 288), gron. voar, voarmӍlk, voalmӍlk ‘een jaars overslaande met kalven’ (ter Laan 1952: 1131) nnl. vaar, daneben dialektal varre, veer, varwe, verwe ‘van koeien: die men niet heeft laten bevruchten doch doormelkt [...]; die men niet bij den stier laat [...]; onvruchtbaar’ (WNT 18,56ff.)

-iga-

OFR wang. fariig ‘fehr (von einer Kuh)’ (FA 1,91), S nnd. (Lün.) ferich ‘seit langem milchend’ (Kück 1,447)

Bel Germ

Nordseegerm. unter Einschluß des Nd. und Nl.: F, E, S und N. Die Formen des Ins.-Nfr. und Nd. weisen auf eine Vorstufe *fere, die des übrigen Fries. und Nl. und wohl auch des Engl. auf *fare. In S nnd. (OF) fâr (neben fêr) ist nnl. EinÀuß denkbar, sofern nicht Substrat der mittlerweile ausgestorbenen ofr. Mundarten im Spiel sein sollte. Man hat in diesem Wechsel von -e- und -a- ein altes Ablautverhältnis vermutet und entsprechend germ. *ferwa- : *farwa- angesetzt; allerdings ließen sich beide Gruppen wohl auch auf eine gemeinsame Basis germ. *farwa- zurückführen, wenn man für die e-Formen i-Umlaut annimmt, hervorgerufen durch einen frühen Übertritt von der a- in die ja-Flexion. Undurchsichtig bleiben die Belege FNF karrh. wied. feer ‘trocken, keine Milch gebend (von Kühen, die nicht trächtig sind)’ (OTJ 31, FRU 75) statt des zu erwartenden und schließlich auch bezeugten karrh. fåår, wied. foor in derselben Bedeutung (s.o.). Denkbar wäre eine Entlehnung aus dem Nd., was dann übrigens auch für die ins.nfr. Formen wohl nicht vorderhand ausgeschlossen werden könnte.

198

Idg

Lit

farwa-

Nd. Entlehnung scheint auf jeden Fall O sjüt. (Angeln) fer ‘ufrugtbar, om ko’ (Jul Nielsen/Nyberg 1995: 154) zu sein. Obwohl der Ausdruck überall verhältnismäßig spät bezeugt ist, dürfte es sich doch um eine recht alte Bildung aus dem Sachbereich der Viehzucht handeln, der sich nach Ausweis aller Belege ausschließlich auf das weibliche milchgebende Nutztier bezieht und der unter Vernachlässigung einiger Sonderbedeutungen eine Kuh (verschiedentlich auch ein Schaf) bezeichnet, die vor längerer Zeit (im Vorjahr) gekalbt hat, aber noch Milch gibt und noch nicht wieder trächtig ist. Ohne genaue Entsprechung. Einen Anknüpfungspunkt böte die Wurzel idg. *per- ‘das Hinausführen über’ (IEW 810ff.) und das daraus hervorgegangene Temporaladv. idg. *per- ‘über – hinaus’ (IEW 810f.). Mit besonderem Blick auf den Zeitaspekt und ausgehend von ‘im Vorjahr gekalbt habend’ wäre man zunächst geneigt, eine deadv. wa-stämmige Ableitung germ. *farwa- in Betracht zu ziehen, doch würde das eine abgetönte Derivationsbasis idg. *por- voraussetzen, die sich aber m.W. weder innerhalb noch außerhalb des Germ. nachweisen ließe. Insofern ist vielleicht eher Falk/Torp 1909: 235 und Pokorny 1959: 818 zuzustimmen, die an die Verbalwurzel idg. *per- ‘gebären, hervorbringen’ und den daraus derivierten Bezeichnungen für ‘Tierjunges’ anknüpfen möchten: vgl. lat. parere, pariǀ, peperƯ, partum, paritnjrus ‘gebären’, lit. periú, perëti ‘brüte’; dazu nominal E ae. fearr m. ‘Stier, Ochse’, S mnd. var(re), ver m. ‘(junger) Stier’, N mnl. var(re), verre m. ‘(junger) Stier’, D ahd. far(ro) m. ‘Stier, Ochse’, W an. farri m. ‘Ochse, Stier’ und abgeleitet F awfr. fƝring m. ‘Stier’ (J) mit gedehntem -e- vor gekürztem ursprünglichen -rr- < -rz< germ. *farz- sowie mit grammatischem Wechsel S mnd. verse f., N mnl. vaerse, veerse, verse f., D mhd. verse f. ‘Färse, junge Kuh’ < germ. *fars-; vgl. weiter griech. ʌȩȡȚȢ, ʌȩȡIJĮȟ, ʌȩȡIJȚȢ ‘Kalb, junge Kuh’, ai. pԍthuka m. ‘Rind, Kalb, Tierjunges’. Anscheinend hält man das Adj. für eine thematische Bildung zu einer o-stu¿gen ԥ-Erweiterung der obengenannten Verbalwurzel. Mit Blick auf die ebenfalls o-stu¿gen Bildungen für ‘Tierjunges’ könnte idg. *por-ԥ-o ursprünglich etwa ‘juvenil, noch nicht fortpÀanzungsfähig’ bedeutet haben, woraus später ‘nicht trächtig’ und/oder ‘nicht milchgebend’. Falk/Torp 1909: 235; Löfstedt 1931: 66; Franck/van Wijk 1949: 720 und Suppl. 176; Pokorny 1959: 810f., 818f.; Lerchner 1965: 250; Århammar 1968: 55, 61; Spenter 1968: 171; Onions ed. 1978: 345; de Vries 1992: 761.

fasta-

199

Hm 192f. fasta- ‘fest’ *V (§ 39) F

AFR aofr. fest ‘solide, fest’ (E2-3, F), kompositionell in bƝnfest ‘am Knochen festgewachsen (von der Haut)’ (R2), bnjkfest ‘zeugungsfähig, mannbar’ (F), frethofest ‘mit einem Friedensgeld zu büßen’ (R1) awfr. fest ‘fest, stark; unwandelbar, unverbrüchlich; dauerhaft, sicher; ehrenfest’ (A 436, Cr, D, FrB 46, 118, FrR, Fs 2,81, J, Ro 1,228, SnR 29, O), feste (A 374, FrR, Fs [Meijering], J), fest (A 86, D, EdJ 71, J, P, Ro 1,196, U [Meijering], O), faste (A 76), fast (BTr, O) adv. ‘fest, unverbrüchlich; schnell; andauernd’ spätawfr. fast adv. ‘fest’ (Bo) INF frühfa. fäst, fest adv. ‘fest’ (ca. a. 1600, Kat. 68, 72) ält. fa. fehst adv. ‘fest’ (a. 1754, CQ v.2), fa. fääst, feest ‘fest; gebunden, verpÀichtet; zugeschlossen’ (WFO 67, 69, FÖW 145, NfWb) helg. fast ‘fest’ (WK 189f.) sy. fast ‘fest, eng verbunden; dauerhaft, stark’ (BM 76, SU 537) OFR harl. fest adv. ‘fest’ (CM 102) sat. fääst ‘fest’ (MF 92) wang. fääst ‘fest, festiglich’ (FA 1,92) WFR frühnwfr. fest ‘vast, sterk’ (AH 23, Z. 100, GJ 110) nwfr. fêst ‘niet bewegelijk of verplaatsbaar; niet licht te onderbreken, of zonder onderbreking; niet weifelend, niet bevend, zeker; onwankelbaar; standvastig; zeker; ongetwijfeld; onveranderlijk blijvend, constant; niet tijdelijk, niet van tijd tot tijd wisselend; permanent; dicht, compact; niet vloeibaar of gasvormig; stevig, krachtig, goed houdend; versterkt; beet; op slot; intussen, onderhand; alvast’ (WFT 5,351) hind. fest ‘vast’ (GB 51) schierm. fast ‘vast’ (DF 30) tersch. fêst ‘vast’ (CR 27)

ana-

AFR aofr. onfest ‘gesund, unverletzt; festsitzend’ (E1, H, R1-2); van Helten 1907: 262, Munske 1973: 148.

-iga-lƯka-

AFR awfr. -festich in stalfestich ‘unbeweglich’ (J) AFR aofr. festelƯke adv. ‘unverbrüchlich’ (PrJ 238), awfr. festlƯke (J), festelƯk (Ro 1,116, O), festlƯken (O) adv. ‘fest, unerschütterlich’, WFR frühnwfr. festlijck ‘vast, vastelijk’ (GJ 110) WFR nwfr. fêste ‘ell. voor vaste wal; vaste, stevige ondergrond; verdedigingswerk’ (WFT 5,354) AFR awfr. feste f. ‘Festigkeit, Bestimmtheit’ (J, U [Steller])

-an-Ưn-

200

-Ưni-ja-

-engǀ-

-nassjǀ-haidu-ja-ǀja-

-nǀjaBel Germ

fasta-

AFR aofr. -festene f. in sƯlfestene f. ‘Sielverband’ (FV 208, HoH 172); in derselben Quelle und derselben Bedeutung auch sƯlfestense f. (FV 210); anders Ahlsson 121. AFR aofr. feste n. ‘Vertrag, Abkommen, Übereinkunft’ (B1-2, E2), dagegen scheint INF fa. fääst n. ‘in Erbpacht genutztes herrschaftliches oder kirchliches Land’ (Clement 1845: 129) eher aus O adän. fæstæ n. ‘Übertragung des Nutzungsrechts’ (Nielsen 1989: 147) entlehnt zu sein. AFR awfr. festinge f. ‘Bekräftigung, Beglaubigung’ (O), INF fa. fäästing, -ang, feesting f. ‘Festigkeit; Festung; Übergabe eines Geschenkes, an das eine VerpÀichtung gebunden ist’ (LFM 44, FÖW 145), helg. fasteng f. ‘das Festhaken der Angelhaken auf dem Meeresgrund, wodurch die Angelschnüre verlorengehen’ (WK 190); vgl. Ahlsson 150. INF helg. fastens n. ‘Festes’ (WK 190), OFR wang. fäästens n. ‘das Feste’ (HEN 49), WFR nwfr. fêstens ‘vastheid, stevigheid’ (WFT 5,355) AFR mit analoger ig-Erweiterung awfr. festichƝd f. ‘Sicherheit, Bekräftigung’ (A 343, Cr, Fs 2,15, Ro 1,58, U [Ahlsson], O); vgl. Ahlsson 175. AFR awfr. -festa in bifesta swv.1 ‘jmd. etwas aushändigen, anvertrauen’ (J); vgl. Jacobs 1900: 150. WFR nwfr. fêstje ‘vesten; funderen; bouwen’ (WFT 5,358); daneben mit ig-Erweiterung AFR awfr. festigia (Cr, D, J, O), bifestigia (Cr, FrB 70, O) swv.2. ‘befestigen; bekräftigen’, OFR sat. festigje swv.2 ‘bevestigen’ (Hettema/Posthumus 1836: 136), WFR frühnwfr. festgje swv.2 ‘bevestigen’ (GJ 110); vgl. Jacobs 1900: 193. AFR aofr. festnia swv.2 ‘befestigen’ (E1,3), bifestnia swv.2 ‘bekräftigen’ (FV 208); vgl. Jacobs 1900: 193. Gemeingerm.: E ae. fæst, S as. fast, N anl. fast, D ahd. fast, W an. fastr, O adän. fastær, G indirekt in fastan swv.3 PFR *fest mit -e- < -a- durch Tonerhöhung in geschlossener Silbe. Ob AFR awfr. fast adv. (O) als bodenständig eingestuft werden kann mit Senkung von -e- > -a- wie vergleichsweise in den nordwestlichen wfr. Formen spätawfr. fast (Bo) und schierm. fast [-ȃ-], ist fraglich. Positionsbedingte Senkung des -e- > -a- begegnet ferner in den Mundarten von Helgoland und Sylt, darunter offenbar auch vor -s+ K, wenngleich nicht durchgehend: vgl. etwa INF helg. bast sup. ‘best’ (fa. baast, sy. bääst), mask ‘Masche’ (fa. määsk, sy. meesk), sy. hast ‘Hast’ (fa. hääst), last ‘Last’ (fa. lääst) usw. Insofern könnte wohl auch INF helg. sy. fast ‘fest’ aus ains.-nfr. *fest hervorgegangen sein. Anderenfalls käme für diese a-Formen – mit Ausnahme von

fawa-

Idg

Lit

201

helg. bast – nur eine Entlehnung aus dem Nd. in Frage, entsprechend FNF bök. fååst (FU 62), hall. fast (MOH 2,199), ält. karrh. fahst (ca. a. 1820, FF 59), karrh. fast (MN 270), mgos. fast (MN 270), ält. ngos. faast (a. 1743, BJ 2,40), ngos. fast (MN 270) sgos. fast (MN 270), str. fast (ca. a. 1600, Kat. 68), ält. wied. fast (a. 1749, NfSt 1,45), wied. fast, faost (FRU 74). Das Adj. steht im Germ. isoliert. Über die unterschiedlichen Auffassungen zu seiner Etymologie vgl. resümierend Heidermanns (Hm 193) mit weiterführender Literatur. Heidermanns (a.a.O.) denkt übrigens mit Blick auf das ana-Kompositum AFR onfest ‘festsitzend’, D ahd. anafasto adv. ‘feststehend’ an eine Ableitung aus einem Verb mit lokaler Bedeutung und setzt entsprechend idg. *po-stΩ-o- ‘feststehend, -liegend’ zu idg. *stƗ- ‘stehen’ an; er vergleicht im weiteren u.a. lit. pastóti ‘eintreten, sich hinstellen’, pastatýti ‘hinstellen, aufrichten’ und in der Bedeutung ‘fest’ lit. pastovùs ‘beständig, fest’. Siebs 1901: 1186; Delbrück 1907: 130; van Helten 1907: 29, 262f.; Falk/Torp 1909: 239; Pokorny 1959: 789; Schubert 1968: 13f., 87; Spenter 1968: 68; Seebold 1989: 499ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 107f. fawa- ‘gering an Anzahl’ P (§ 2)

F E S D W O G Bel Germ

Idg

AFR aofr. fƝ ‘wenig’ (B1-2, E2) ae. fƝa ‘few’, adv. ‘even a little, ever so little’ (BT 270) [ae. fƝawe pl. > ne. few ‘wenige’] as. fâho ‘wenig’ (Gallée 1903: 62) ahd. fao, fô ‘wenig’ (Schützeichel 2006: 99) an. fár ‘wenig, kaum ein, (pl.) wenige; zurückhaltend, wortkarg, unfreundlich’ (Baetke 125) runendän. faiR nom. pl. mask. ‘ringe i antal’ [> ndän. få pl. ‘wenige’] (Jacobsen/Moltke 1942: 281ff., Nr. 230, Nielsen 1989: 148) fawai nom. pl. mask. ‘wenige’ (Lehmann 1986: 112) Gemeingerm. Das aus PFR *few (möglicherweise über eine Àektierte Vorstufe *fewe) kontrahierte afr. fƝ mit Dehnung des silbenauslautenden -e- (< tonerhöhtem -a-) nach erfolgtem w-Schwund setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort. Mit o-Suf¿x zu idg. *pΩu- ‘klein, gering, wenig’; dazu mit koFormans lat. paucus ‘wenig’ (hiervon mit lo-Formans lat. paul(l)us < *pauks-lo-), mit ro-Formans griech. ʌĮȪȡȠȢ ‘klein, gering’ und mit Metathese lat. parvus ‘klein’ usw. (IEW 842f.).

202

Lit

ferna- – ¿twes-

van Helten 1890: 30, 75, 162, 166; van Helten 1907: 117; Falk/Torp 1909: 239; Feist 1939: 147; Hellquist 1948: 1,250; Buma ed. 1949: 181; Pokorny 1959: 842f.; de Vries 1977: 112; Lühr 1982: 439; Lehmann 1986: 112; Nielsen 1989: 148; Bammesberger 1990: 239. ferna- ‘vorig’ *D (§ 99)

F S D G Bel Germ

Idg

Lit

AFR awfr. fern* ‘vorig’ in fernjƝre adv. ‘im vorigen Jahr’ (J, U [vgl. Hofmann 1970: 105ff.]) as. fern ‘vorig’ (Hh 19) in fernun gƝre/iƗra ‘im vorigen Jahr’ (Heliand) mhd. vern(e) adv. (Lexer 3,186), frühnhd. fern adv. ‘im vorigen Jahr’ (Luther) (DW 3,1535) got. faírns ‘vorjährig’ in af faírnin jƝra ‘seit vorigem Jahr’ (Feist 1939: 104) In der vorliegenden Form und Bedeutung westgerm. (F, S) und ostgerm., als Adv. auch D. Bei awfr. fernjƝre (zu afr. jƝr n. ‘Jahr’) handelt es sich wie bei as. fernun gƝre/iƗra um eine adv. gebrauchte syntaktische Fügung im Dativ. Formal und inhaltlich ist *ferna- ‘vorig’ von *fernja- ‘alt’ (Hm 196) zu unterscheiden. Vermutlich ist das Adj. aus dem Adv. hervorgegangen; vgl. dazu ablautendes W an. forn adj. ‘alt’ neben S as. forn adv. ‘vordem, ehemals’, D ahd. forn adv. ‘früher, einst’ (Hm 225). Germ. *ferna- schließt außergerm. unmittelbar an lett. pƝrns adj. ‘vorjährig’ und lit. pérnai adv. ‘im vorigen Jahr’ an. Im weiteren liegt wohl eine na-stämmige Ableitung von der idg. Wurzel *per- ‘über – hinaus’ (IEW 810f.) vor. Falk/Torp 1909: 231; Pokorny 1959: 810f.; von Polenz 1960: 228ff.; Hofmann 1970: 105f.; Bammesberger 1990: 246; Kluge/Seebold 2002: 295. Hm 197f. ¿twes* ‘schlau, gewitzt’ *V

F

WFR nwfr. ¿ts ‘snibbig, vinnig, bits; tuk op winst; gierig; schrander, pienter’ (WFT 6,145)

Germ

Entgegen Heidermanns (Hm 197f.) besteht wohl keine Verbindung zu D ahd. ¿zus ‘schlau, gewitzt, klug; arglistig, verschlagen, betrü-

Àugja-

203

gerisch, falsch’. Man würde eher eine ursprünglich adv. Bildung mit genetivischem s-Suf¿x vermuten, möglicherweise ausgehend von einem Verb, das sich offenbar auch in dem iterativen nwfr. ¿terje swv.2 ‘aandrijven, aanspornen, aanzetten; (op)jagen; drillen, hard gaan, draven, snellen’ (WFT 6,42f.) enthalten ist, aber vermutlich liegt dem Adj. lediglich die lautmalende Interjektion nwfr. ¿ts ‘klanknabootsing von iets dat uitgeblazen wordt’ (WFT 6,45) zugrunde. Hm 203f. Àugi- ‘Àügge’ V vgl. ÀugjaÀugja- ‘Àügge’ *D (§ 41, 101c) F

INF fa. Àag ‘Àügge’ (WFO 80, FÖW 165), daneben in der Bedeutung ‘lebhaft, aufgeweckt, selbständig (Kinder)’ (Verf.) FNF ält. ngos. Àägg ‘kirre, Àück’ (a. 1743, BJ 1,33, 61)

Bel Germ

Westgerm.: E, S, N, D. Aus ains.-nfr. *Àyg (-gg-), afestl.-nfr. *Àeg (-gg-) mit -e- < -y-. Da auch die vergleichbaren westgerm. Formen E ae. unÀycg ‘federlos’ (überliefert in Àektiertem unÀigge), ne. Àedge ‘ge¿edert, Àügge’ < ae. *Àecg mit sekundärem -e- < -y- sowie S nnd. Àügg, Àüch < mnd. vlügge ‘Àügge, Àüchtig, behende, eifrig’, N mnl. vlugge ‘Àügge, schnell’ und D mhd. vlücke ‘Àügge, Àiegend, ge¿edert’ allesamt Gemination des Stammkonsonanten zeigen, ist vielleicht nicht von einem verbalen i-St. (Hm 203), sondern besser von einer ja-stämmigen Bildung aus dem i-stämmigen Subst. germ. *Àugi- m. ‘Flug’ (zu idg. *pleu-k-) auszugehen. Dabei könnte es sich um eine alte thematische Ableitung auf -o- handeln, wie vergleichsweise in E ae. lycg, S as. luggi, D ahd. luggi ‘lügnerisch’ < germ. *lugja- als ursprünglich thematischer Bildung zu germ. *lugi- m. ‘Lug’ (Krahe/Meid 1967: 71). Die Möglichkeit einer „lautgesetzlichen“ Entwicklung der Geminata durch Einwirkung eines ursprünglich folgenden n-Suf¿xes (Lühr 1988: 307) ist wenig wahrscheinlich. Eher käme eine Bildung mit expressiver bzw. intensivierender Gemination (Sb 202) in Frage. Eine Entlehnung aus (m)nd. vlügge dürfte OFR sat. Àuch ‘schön, hübsch’ (MF 101) sein. Seebold 1970: 202; Lühr 1988: 307; Århammar 1989: 118; Bammesberger 1990: 242; Matzel 1992: 100f.; Faltings 1996: 106.

Lit

204

Àuta-

Àuta- ‘in Fluß be¿ndlich’ S (§ 91) F

S N

INF fa. Àoot ‘Àott [von einem Schiff]; durch Regengüsse unter Wasser stehend (Land, Wege)’ (RA 21, FÖW 168) helg. Àot ‘Àott (von Schiffen)’ (WK 232) sy. Àot ‘schwimmend, treibend (von Schiffen)’ (BM 81, SU 545) FNF bök. Àut ‘Àott’ (MN 1802) hall. Àoot ‘Àott von einem Schiff’ (MOH 1,227) karrh. Àoot ‘Àott’ (MN 1802) ngos. Àoot ‘Àott von einem Schiff’ (MOH 1,227) nnd. (SH) Àott ‘schwimmend, treibend’ (Mensing 2,160), gron. vlöt ‘vlot, drijvend’ (ter Laan 1952: 1129) mnl. vlot ‘vloeibaar’ (VV 9,673)

-a-

INF helg. Àot n. ‘das Wasser der See’ (WK 232), E ae. Àot n. ‘water deep enough for sustaining a vessel; the sea’ (BT 295), S mnd. vlot n. ‘das Fließen’ in an vlot bringen ‘ein Schiff fahrtbereit machen’ (LB 1,754), N mnl. vlot n. ‘het vlieten’ (VV 9,672), W an. Àot n. ‘Àießen, bewegung; fahrwasser; schwimmendes fett’ (de Vries 1977: 134) -an-/ǀn- 1. INF fa. Àööd n. ‘Schar, Gruppe, Anzahl’ (SP 44, FÖW 168) mit sekundärem Genuswechsel, FNF bök. Àoose (FU 74), karrh. Àoose (MN 1833), ält. ngos. Àoosä (a. 1743, BJ 2,43), ngos. Àooë (MN 1833), sgos. Àooge, Àoore (MN 1833) m. ‘Schar, Gruppe, Herde’, E me. Àote ‘Àeet of ships; troop, army; herd of animals’ (MED 3,653), ne. Àote ‘herd’ (OED 4,346), WFR nwfr. Àoat ‘menigte’ (WFT 6,134) usw. (vgl. Faltings 1983: 116f.); 2. INF fa. Àööd f. ‘Flotte’ (FÖW 168), WFR nwfr. Àoat ‘een antaal samen varende, bijeenhorende schepen’ (WFT 6,134), schierm. Àeut [-ø:-] f. ‘Flotte’ (DF 37), E ae. Àota m. ‘a ship, vessel, Àeet’ (BT 295), W an. Àoti m. ‘Àoss, fahrzeug, Àotte’ (de Vries 1977: 134) usw. -ǀjaINF fa. Àööde swv.2 ‘zu Wasser wegschaffen’ (Faltings 1983: 101) < ains.-nfr. *Àotia swv., E ae. Àotian swv. ‘to Àoat’ (BT 295). Bel Germ

Erst spät in F (ins.-/festl.-nfr.), S (nnd.) und N (mnl.); offenbar ein Küstenwort entlang der Nordsee; von dort über die Seefahrtsterminologie ab dem 17. Jh. auch ins Nhd., Dän. und Schwed. Die nfr. Formen führen auf ains.-/afestl.-nfr. *Àot zurück; vermutlich handelt es sich dabei um eine (relativ späte?) Adjektivierung des Subst. germ. *Àuta- n. ‘das Àießende Bewegtsein’ aus der Schwundstufe zu germ. *Àeuta- stv.II ‘Àießen’ (Sb 275), woraus offenbar auch die Faktitiva INF fa. Àööde, E ne. to Àoat < *Àutǀjan- swv. ‘Àießen machen’. Die Konversion ist offenbar aus Wendungen wie mnd. dat schip an vlot bringen ‘das Schiff fahrbereit machen’ oder mnl. dat schip is ant vlot ‘das Schiff treibt auf dem Wasser’ hervorgegangen.

-fǀga-

Lit

205

Dafür spricht auch, daß das Adj. nicht attributiv verwendet werden kann. Jüngere Entlehnung aus dem Nd. ist FNF bök. wied. Àot ‘schwimmend, fahrbereit’ (FU 74, FRU 84). Im Nd. kommt es partiell zu einer inhaltlichen Vermengung mit S mnd. vlôt ‘Àach, seicht’ < germ. *Àota- ‘Àach’ (Hm 203), so etwa in nnd. (SH) Àott ‘schwimmend, treibend’ neben ‘Àach, seicht’ (Mensing 2,161) und von dort anscheinend auch in INF helg. Àot ‘Àach, seicht’ (WK 233) übernommen. Entlehnung aus dem Nd. dürfte OFR sat. Àoot ‘seicht’ (MF 101) sein. Hellquist 1948: 1,222; Franck/van Wijk 1949: 751f., Suppl. 184; Seebold 1970: 202ff.; Nielsen 1989: 124; Faltings 1983: 101, 116f.; Kluge/Seebold 2002: 304. Hm 205 -fǀga- ‘passend’ R/K (§ 86, 113)

F

AFR aofr. unefǀch* ‘unziemlich, unschicklich’ (E1) sowie substantiviert in unefǀch n. ‘ungebührliches Benehmen’ (R2) WFR nwfr. foech ‘tamelijk klein; jong; haast, bijna; ongeveer; klein (van tijd en getal); het een of ander, zoiets als, een soort van’; adv. ‘nauwelijks, ternauwernood’ (WFT 6,238f.) neben on-, ûnfoech ‘onvoegzaam, onbetamelijk, grof, (ook) overdreven’ (FW 2,288) hind. foech ‘klein (van tijd en getal); ongeveer’ (GB 55) schierm. fúech ‘groot, dik’ (DF 39) neben eeunfúech ‘onvoegzaam’ (DF 27) tersch. foeg ‘handig’ (CR 31)

un-

AFR unefǀch*, WFR nwfr. on-, ûnfoech, schierm. eeunfúech (s.o.)

-ja-

INF fa. feeg swv.1 ‘fügen’ (Verf.), FNF bök. fäige (FU 80), karrh. fäige (OTJ 49), ngos. feege, fäige (WNG 40) swv.1 ‘fügen’ AFR awfr. fǀgia swv.2 ‘fügen, passen, gelegen kommen, gefallen’ (J), FNF bök. fouge swv.2 ‘fügen’ (FU 80), WFR nwfr. foegje (WFT 6,240f.), hind. foegje (GB 55), schierm. fúegje (CR 31) swv.2 ‘bijeendoen, verenigen; passen, betamen; gelegen, te pas, te stade komen; (zich) schikken; gevoegzaam behandelen’, dagegen OFR sat. fougje (MF 102), wang. oonfaug (HEN 241) swv.2 ‘eine Mauer einfugen’ wohl desubst. nach sat. fouge f., wang. faug m. ‘Fuge’.

-ǀja-

Bel

Westgerm.: E ae. ungefǀg, S mnd. vöêge, gevôch, N mnl. gevoech, D ahd. gifuogi.

206

Germ

Lit

-fǀri-

Van Helten 1890: 38 und Holthausen 1925: 118 normalisieren den einzigen Beleg aofr. huelic vnefoge word akk.pl.n. offenbar mit Blick auf die ja-stämmigen Bildungen S mnd. vöêge ‘passend, geeignet; geschickt’ und D ahd. gifuogi ‘wohlgefügt; passend, geeignet’ in aofr. unefǀge*; der zu erwartende i-Umlaut sei in Analogie zu dem schwachen Verb afr. fǀgia ‘fügen’ (s.o.) unterblieben oder ausgeglichen worden. Vielleicht sollte man wie in E ae. ungefǀg ‘unangemessen, unmäßig’ und S mnd. gevôch ‘passend, geschickt’ (LB 2,39) ebenfalls im Aofr. von einer a-stämmigen Ableitung aofr. unefǀch* ausgehen, was das Fehlen des Umlauts besser erklären würde. Das Adj. dürfte dann aus einem jan-Verb rückgebildet sein, das seinerseits auf ein ehemaliges starkes Verb germ. *faga- stv.VI ‘zufriedenstellen’ weist (Hm 205). Allerdings ist zu erwägen, ob hier nicht eher ein desubst. BahuvrƯhiadj. PFR *(un)jifǀch bzw. mit sekundärer ja-Erweiterung *(un)jifǀge vorliegt zu aofr. omfǀ m. ‘ungeschickliches Benehmen’ (R2) < *un-ji-fǀch (D nhd. Unfug) (vgl. van Helten 1907: 256). Das ja-Suf¿x bewirkt in den erweiterten BahuvrƯhiadj. des Afr. für gewöhnlich keinen Umlaut (Faltings 1996b: 88). Aus der ursprünglich neutralen Bedeutung ‘passend’ entwickelte sich a) ‘handlich’ > ‘eher klein’ > ‘klein’, b) ‘etwas größer als veranschlagt’ > ‘groß, dick’. van Helten 1890: 38, 160; Wissmann 1975: 60; Matzel 1992: 121f. Hm 205f. fǀri- ‘beweglich, fähig’ V (§ 45)

F O

-ja-

FNF bök. fäär ‘stark, kräftig (Körperbau); rüstig; gesund, von einer Krankheit genesen’ (MN 1175, FU 62) karrh. fäir ‘rüstig (vom alter gesagt)’ (MN 1175) adän. fǀør ‘som er i stand til at fare; før; rask, duelig; om vej: farbar’ (Skautrup ed. 1941: 256), ält. ndän. før ‘rask, kraftig; i stand til’ (Kalkar 1,832), jüt. før ‘arbejdsdygtig; voksen; stor og stærk; sund, rask; fed, sær af krop og lemmer’ (Feilberg 1,402) Dazu deadj. AFR aofr. fƝre n. (R1-2), awfr. fƝre n. (D, Fs 1,44) ‘Nutzen, Vorteil, Gewinn’, das durch Konversion in prädikativer Stellung auch adj. verwendet werden kann wie z.B. in ther send alle Frison fremo and fere ‘die allen Friesen vorteilhaft und nützlich sind’ (R1, S. 144, Z. 120), ferner INF fa. isfeer n. ‘Begehbarkeit des Eises’ (FÖW 261, Århammar 1975: 43), O ält. ndän. føre ‘om beskaffenhed af vej, man passerer’ (Kalkar 5,953), (west)jüt. føre ‘vejens beskaffenhed’ (Feilberg 1,403) < adän. fǀøre ‘terrænbeskaffenhed; lejlighed til at komme over fx et sund; forfatning, stilstand etc.’ (Nielsen 1989: 148).

-fǀri-

207

Hierher offenbar auch der Inselname Föhr, fa. Feer, Fer, (a. 1231 Føør) < ains.-nfr. *Fǀøre < germ. *fǀri-/ja- (Laur 1986: 29ff. und 1992: 253f.), „wobei die Fahr- oder Schiffbarkeit der die Insel umgebenden Gewässer, evtl. auch der früher ins Inselinnere führenden Fahrrinnen das Benennungsmotiv abgegeben hat“ (Århammar 1975: 43 und 1993: 279). Verfehlt ist der Deutungsvorschlag Sjölins 1984: 281ff., der Föhr zusammen mit den schwed. Hydronyma Fyris, Föret und dem bei Jordanes (6. Jh.) belegten Völkernamen Fervir auf eine Basis germ. *ferwja- zurückführen möchte; Laur 1986: 29ff. hat diese Etymologie mit gutem Grund abgewiesen. Bel Germ

Lit

West- und nordgerm.: E ae. -fƝre, D ahd. gifuori, W an. fœrr. Formal spricht nichts gegen eine bodenständige Herkunft aus afestl.ør < germ. *fǀri- bzw. aus afestl.-nfr. *fƝre mit nfr. *fƝr < älterem *fǀ Übertritt in die ja-Flexion, einem Adj. der Möglichkeit mit aktivischer Bedeutung aus der Dehnstufe des starken Verbs germ. *farastv.VI ‘fahren’ (Sb 186ff.). Allerdings legt die mit den dän./jüt. Belegen korrespondierende Bedeutungsentwicklung ‘fähig, imstande zu etw.’ > ‘rüstig, gesund’ und ‘groß, kräftig’ den Verdacht nahe, daß ør entlehnt sei oder zumindest doch durch FNF fäär, fäir aus O adän. fǀ dieses inhaltlich beeinÀußt; vgl. Löfstedt 1957: 6. Gleiches gilt wohl auch für das Subst. INF -feer n. in fa. isfeer ‘Begehbarkeit des Eises’, dessen passivische Grundbedeutung ‘Beschaffenheit, Zustand; Passierbarkeit’ ebenfalls in den dän./jüt. Formen wiederbegegnet. Nicht hierher gehört der Ausdruck FNF bök. fäär wääder (FU 62), karrh. fäirwäärer (Sjem. 351, OTJ 246), ält. ngos. feer wäser (a. 1760, Kon. 142) n. ‘Gewitter’, offenbar ein Kompositum, das in seinem Erstglied entsprechend S mnd. vârwƝder n. ‘gefährliches, stürmisches Wetter’ (LB 1,661), N mnl. vaerweder n. ‘noodweer, gevaarlijk weer’ (VV 8,1176) ein nominales germ. *fƣrǀ- f. ‘Gefahr’ enthält, für das wir wie in mnd. vâre f. ‘Gefahr’ ein sonst im Fries. nicht belegbares afestl.-nfr. *fƝre f. ‘Gefahr’ ansetzen dürfen – oder ist gemäß ae. fƣr m. ‘plötzliche Gefahr, Unglück’, as. fƗr m. ‘Nachstellung’ von afestl.-nfr. *fƝr m. < germ. *fƣra- m. auszugehen? Boy Jacobsen 1760: 142, Bende Bendsen 1862: 76, 427 sowie das Frasch Uurdebök 1988: 62 schreiben das Kompositum auseinander, wohl weil sie das Bestimmungswort fäär-, fäir- fälschlich mit dem obigen Adj. fäär, fäir in Verbindung bringen. Darauf hat bereits Löfstedt 1957: 6 hingewiesen. Lindqvist 1909: 258ff.; Falk/Torp 1910-11: 1,291; Hellquist 1948: 1,25 6f.; Löfstedt 1957: 6; Seebold 1970: 186ff.; Matzel 1974: 104; de Vries 1977: 150; Nielsen 1989: 148; Matzel 1992: 119; Blöndal Magnússon 1995: 221.

208

fraÀa-

fraÀa- (< *fra-aÀa-) ‘rücksichtslos’ K (§ 111) F

E S N D -iga-lƯka-

-Ưn-nassjǀ-haidu-

Bel Germ

AFR awfr. frivel ‘vermessen, ruchlos’ (O), sonst lediglich in frevelhƝd f. ‘Kühnheit’ (s.u.) WFR frühnwfr. freuel ‘malus; quaed, boes; temerarius, sot ende licht-vaerdigh’ (nach a. 1599, Claes 20, 28) ae. fræfel ‘cunning, crafty, wanton’ (BT Suppl. 260) as. fravol ‘hartnäckig, trotzig’ (Hh 54) mnl. vrevel ‘trotsch, overmoedig, dwars; onbeschaamd, driest, vermetel; ijdel, nietig, beuzelachtig’ (VV 9,1308) ahd. fravili ‘frevelhaft, böse; vermessen, stolz’, adv. fravilo, -olo ‘frech, vermessen’ (Schützeichel 2006: 117) N mnl. vrevelich ‘weerbarstig, balsturig; trotsch; overmoedig’ (VV 9,1308) E ae. fræfellƯce ‘cunningly, craftily, wantonly’ (BT Suppl. 260), daneben auch in der positiven Bedeutung ‘carefully’ (BT Add. 28), S as. fravillƯko adv. ‘starrsinnig’ (Hh 54), D ahd. fravallƯhho adv. ‘frech’ (Schützeichel 2006: 117) D ahd. frafali, fravali, fravili f. ‘Frevel, Übel; Übeltat, Vergehen, Vermessenheit’ (Schützeichel 2006: 117) E ae. fræfelnes f. ‘cunning, craft’ (BT Suppl. 260) AFR awfr. frevelhƝd f. ‘Kühnheit, Verwegenheit’ (D, J, Ro, U [Ahlsson]), S as. frevilhƝd f. ‘Bosheit’ (Gallée 1903: 82), N mnl. vrevelheit f. ‘schaamteloosheid, driestheid, onbeschaamdheid, teugelloosheid’ (VV 9,1308) Belege lediglich im Westgerm.; die Wortbildung scheint aber doch in eine voreinzelsprachliche Zeit zu fallen. Bei germ. *fraÀa- < *fra-aÀa- dürfte es sich um ein adj. BahuvrƯhikompositum handeln, das sich offenbar aus dem Prä¿x germ. *fra‘voran’ und dem Subst. germ. *aÀa- n. ‘Kraft’ (E ae. afol n., S as. aval n., W an. aÀ n., O adän. afÀ n. ‘Kraft, Stärke’) zusammensetzt und dessen ursprüngliche Bedeutung vielleicht ‘mit Stärke vorangehend’ war, woraus zunächst a) ‘rücksichtslos vorgehend’, dann aber auch b) ‘frevelhaft, frech’, c) ‘trotzig, stolz’ und d) ‘listig, verschlagen’ usw. Das unerweiterte BahuvrƯhiadj. *fra-aÀa- (E ae. fræfel, S as. fravol) konkurriert mit der daraus erweiterten Bildung *fra-aÀja- (D ahd. fravali). Vermutlich hatte man bei der unerweiterten Form das Bedürfnis, die adj. Funktion ihres aus einem unÀektierten Subst. be-

frawa-

Lit

209

stehenden Zweitgliedes auch grammatisch zu markieren, hier durch Anfügung des Derivationssuf¿xes -ja-. Die Schreibung awfr. läßt indes nicht erkennen, ob es mit Apokope aus PRF *frevele < *fraÀja- oder aus *frevel < *fraÀa- hervorging. Falk/Torp 1909: 232; Franck/van Wijk 1949: 806 und Suppl. 199; Kluge/Mitzka 1975: 218; de Vries 1992: 850; de Sousa Costa 1993: 306f.; Kluge/Seebold 2002: 316. Hm 211f. frawa- ‘hurtig; fröhlich’ *D (§ 103)

F

AFR aofr. frƝ ‘frei’ (R1) awfr. frƝ ‘froh, erfreut, wohlgemut’ (J)

Bel

West- und nordgerm.: E me. frow, S as. frƗ, N mnl. vro, D ahd. frǀ, W an. frár. PFR *frƝ < ält. *frew (möglicherweise über eine Àektierte Form *frewe) mit tonerhöhtem -e- < -a-, das nach Abfall des vokalischen -w im absoluten Auslaut gedehnt wurde. Buma/Ebel 1963: 118f. übersetzen aofr. frƝ mit ‘frei, befreit’ (thes send fre to tha iungosta di alle tha, the thit riucht haldath ‘davon sind befreit am Jüngsten Tage alle diejenigen, die dieses Recht halten’); nach van Helten 1907: 142 sei die Bedeutungsentwicklung von ‘froh’ > ‘frei’ durch „den innigen zusammenhang der begriffe ‘froh’ und ‘frei’“ in alliterierenden Wendungen wie mhd. vri unde vroelich, nhd. frank und froh etc. zu erklären. Das Adj. setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort. Als Entlehnungen aus dem Mnl. haben awfr. frǀ ‘froh, erfreut’ (A 434, D, FrR, J), frühnwfr. frolyck (GJ 157), nwfr. froalik (WFT 6,367) ‘froh, fröhlich’ usw. zu gelten. Das Adj. steht im Germ. isoliert; es fehlen zudem außergerm. Vergleichsmöglichkeiten. Möglicherweise deadv. wo-Ableitung zu idg. pro ‘vor, voran, vorwärts’ (IEW 813f.) und im weiteren zu ai. pravaӽá ‘steil, jäh, abfallend’, pravát ‘Vorwärtsdrang, schneller Fortgang’ (Kluge/Seebold 2002: 318). Delbrück 1907: 131; van Helten 1907: 117f., 141f.; Falk/Torp 1909: 233; Pokorny 1959: 845f.; Ruprecht 1959: 25ff.; de Grauwe 1979-82: 1,66ff.; Heidermanns 1986: 298; Kluge/Seebold 2002: 318; Boutkan/ Siebenga 2005: 127.

Germ

Idg

Lit

210

frƣti- – frija-

æti*- ‘widerspenstig’ *V? (§ 46b) Hm 213f. frǀ F

AFR aofr. frƝte ‘geächtet, vogelfrei’ (R1)

-an-

AFR aofr. frƝta m. ‘Friedloser, Geächteter’ (B1-2)

Bel

Als Adj. nur anglofries, indirekt auch in D ahd. frƗza f. ‘Hartnäckigkeit’. PFR *frƝt < *frƣti- bzw. aofr. frƝte mit sekundärem Übertritt in die ja-Flexion ist wie E ae. frƣte ‘widerspenstig, eigensinnig’ ohne deutliche Anknüpfungsmöglichkeiten (Hm 214). Vgl. daneben mit ra-Suf¿x germ. *frƣtra- ‘widerspenstig’ in D ahd. frƗzar (Hm 214). Keine deutlichen außergerm. Anknüpfungsmöglichkeiten. Vielleicht ist von einem ursprünglichen Verbaladj. auszugehen zu einer sonst nicht bezeugten d-Erweiterung der Wurzel idg. *prƝ- ‘anzünden, entfachen’ (IEW 809). Die Grundbedeutung wäre dann etwa ‘sich aufreibend, sich an etwas erregend’. Oberdörffer 1908: 12; Holthausen 1921b: 297f.; Buma 1949: 187; Pokorny 1959: 809; Löfstedt 1965-69: 23,13; Boutkan/Siebenga 2005: 128.

Germ

Idg

Lit

Hm 215f. frija- ‘frei; lieb; eigen’ *V (§ 37) F

AFR aofr. frƯ (B1-2, E1-3, F, FV 208, H, PrJ 242, R1-2), frei (F) ‘frei; freigeboren; ungehindert; selbständig’ awfr. frƯ ‘frei; freigeboren; frei von; auf freiem Fuß; straffrei; froh, erfreut; ungehindert; selbständig; rechtmäßig’, adv. ‘aus freien Stücken’ (A 18, BTr, D, FrB 14, FrR, Fs 1,144, J, P, Ro 1,138, SnR 33, U [Brouwer], O) spätawfr. fry ‘frei’ (Bo) INF fa. frei ‘frei; ledig; von offenem Wesen’ (WFO 87, FÖW 176) helg. frai ‘frei’ (WK 239) sy. frii ‘frei, unabhängig’ (BM 92, SU 561) FNF ält. hall. frei (a. 1749, NfSt 1,13), hall. frai (MOH 1,25) ‘frei’ mgos. fräi ‘frei’ (MN 1570, HMN 123) sgos. fräi ‘frei’ (MN 1570, EFS 156, Beitr. 30) OFR harl. fry* in fryheyde ‘Freiheit’ (s.u.) sat. fräi ‘frei’ (MF 103) wang. frii ‘frei’ (FA 1,92) wurst. frie* in frieheit ‘Freiheit’ (s.u.) WFR frühnwfr. ffry (a. 1588, Claes 50), frij /-i:-/ (SB 60), fry (GJ 157) ‘frei’

frija-

211

nwfr. frij ‘zonder iets dat beperkt of afsluit, zonder belemmering; ruim, open, wijd; los, van elkaar, apart; ongestoord, zonder gehindert te worden; het tegengestelde van gevangen, kunnen gaan en staan waar men wil; over zich zelf naar goeddunken kunnen beschikken, van niemand afhankelijk; tot de vrije stand behoerend; geen verkering hebbend; niet onderworpen, niet bezet; vrij gesteld, vrijaf; onbesmet, niet aangetast door; verlost, zonder; onschuldig; waarover niet betaald hoeft te worden, gratis; niet onderworpen aan invloed van buiten of anderen; toegestaan, veroorlofd; over, beschikbaar; vrijmoedig, vrijpostig; tamelijk, aardig’ (WFT 6,334) hind. fry [-i-] ‘vrij’ (GB 58) schierm. free ‘vrij’ (DF 38) tersch. fri ‘vrij; vrijmoedig’ (CR 34) -lƯka-a-lenga-

-nassjǀ-eþǀ-dǀma-

-haidu-

-ja-ǀja-

Bel

AFR aofr. frƯlƯk ‘frei (Land)’ (H), frƯlƯke adv. ‘frei, ungehindert’ (H), awfr. frƯlƯke adv. ‘frei, ungehindert’ (D, U [Hoekstra]) AFR awfr. frƯ n. (?) ‘Freiheit’ (Fs 1,144, P) AFR aofr. frƯling m. ‘Gemeinfreier, der in männlicher Linie noch keine drei freien Vorfahren hatte und demnach nicht altfrei ist, Freier von nichtadliger Geburt’ (F, R1-2); vgl. Heck 1894: 225, Jaekel 1906: 275ff., van Helten 1907: 105ff., Buma 1954: 102; Munske 1964: 79. WFR nwfr. frjiens ‘vrijheid’ (WFT 6,340); offenbar ein jüngerer Neologismus. WFR nwfr. frijte ‘open ruimte, het vrije veld’ (WFT 6,352) AFR aofr. frƯdǀm (R1), awfr. frƯdǀm (A 64, D, FrR, Fs [Meijering], J, Ro 2,192, SnR 14, U [Brouwer], O), m. ‘Freiheit’, WFR frühnwfr. frydomme (GJ 158), nwfr. frijdom (WFT 6,338), schierm. freejdom (Spenter 269) ‘vrijheid’; vgl. Ahlsson 224. AFR awfr. frƯhƝd f. ‘Freiheit’ (Cr, D, EdJ 71, J, Ro 1,80, SnR 55, O), INF fa. freihaid n. (WFO 88, FÖW 176), helg. fraiheit f. (WK 241), sy. friihair g. (BM 92, SU 561) ‘Freiheit’, OFR harl. fryheyde (CM 55), wang. friiheit f. (FA 1,368), wurst. frieheit (RM 98) ‘Freiheit’, WFR frühnwfr. frijheyt (GJ 158), nwfr. frijheid (WFT 6,340) m. ‘Freiheit’; vgl. Ahlsson 177. AFR awfr. frƯa swv.1 ‘befreien’ (A 372, Ro 2,166, O), WFR frühnwfr. frye swv.1 (GJ 157), nwfr. frije swv.1 ‘bevrijen, vrijwaren’ (WNT 6,340) AFR aofr. frƯaia swv.2 ‘frei machen, befreien; freisprechen; einlösen (Pfand)’ (B1-2, E2-3, F), offenbar denominal aus *frƯa; vgl. Jacobs 1900: 195, van Helten 1907: 344; Buma ed. 1949: 188. Gemeingerm.: E ae. frƝo, S mnd. vrî, N mnl. vri, D ahd. frƯ, W im Erstglied von frjáls, G freis.

212

Germ

frija-

PFR *frƯ. Das aus der Lautverbindung -ija- kontrahierte auslautende oder im Hiatus stehende -Ư(-) bleibt in den neufries. Mundarten teils erhalten (frii), teils wird es zu -ei (-äi) oder -ai diphthongiert (frei, fräi, frai, frij). Entsprechend dürfte auch die in der Hs. F mehrfach belegte Form AFR aofr. frei aus frƯ hervorgegangen sein (vgl. Sjölin 1970: 106). Dagegen scheint FNF bök. fri (FU 81), ält. karrh. frä (ca. a. 1820, FF 64), karrh. fri (OTJ 54), mgos. fri (JH 2, 13), ält. ngos. frih (a. 1743, BJ 2,41), ngos. fri (MOH 1,25, WNG 39), wied. fri (FRU 91) ‘frei’ relativ spät aus mnd. vrî entlehnt zu sein, nachdem der obengenannte Diphthongierungsprozeß abgeschlossen war. Die Pronominalformen FNF we ‘wir’, de ‘dir/dich’, me ‘mir/mich’ < afestl.-nfr. *wƯ, *þƯ, *mƯ, in denen die Diphthongierung aufgrund minderer Betonung unterblieb, sollten hier nicht zum Vergleich herangezogen werden. Die germ. *frija- zugrundeliegende Bedeutung ‘lieb’ begegnet wie im übrigen Germ. auch im Fries. lediglich in Ableitungen: -ǀ-

-ja-

Idg

INF fa. frei f. ‘Heirat; Brautschau; Liebesverhältnis’ (MN 2861, FÖW 176), FNF bök. frai (MN 2861), karrh. frai (MN 2861), mgos. fräi (MN 2861), ngos. frai (MN 2861), sgos. fräi (MN 2861), wied. frai (FRU 91) f. ‘Heirat; Brautschau’; möglicherweise handelt es sich um eine Entlehnung aus gleichbedeutendem mnd. vrîe f. (LB 1,998). INF fa. frei swv.1 (WFO 88, FÖW 176), helg. fraie swv.2 (WK 239) [mit Übertritt in die 2. Kl. schwacher Verben, sofern nicht Entlehnung aus mnd. vrîen vorliegt], sy. frii swv.1 (BM 92, SU 561) ‘freien, um eine Braut werben; heiraten; schmusen’, FNF bök. fraie (FU 80), hall. fraie (MOH 1,25), ält. karrh. freie (ca. a. 1820, FF 65). karrh. fraie (OTJ 54), mgos. fräi (MN 2862), ält. ngos. frayä (ca. a. 1745, JG 41), sgos. fräie (MN 2862), wied. fraie (FRU 91) swv.1 ‘freien, um eine Braut werben; heiraten’, OFR harl. frië* in fridde prät. ‘freite’ (CM 80), sat. fräie (MF 103), wang. frii (FA 1,70) swv.1 ‘freien’, WFR frühnwfr. frye (GJ 158), nwfr. frije (WFT 6,339) swv.1 ‘iem. het hof maken; iem. en huwelijksaanzoek doen; minnekozen; geslachtsgemeenschap hebben; verkering hebben’.

Germ. *frija- entspricht kym. rhydd ‘frei’; vgl. ferner lat. pro-prius ‘eigen, eigentümlich, fest angehörend’ und ai. priyá ‘eigen, lieb’ < idg. *pri io- (IEW 844). Die ursprüngliche Bedeutung des Adj. o war demnach etwa ‘was man bei sich hat, eigen’, woraus ‘was einem vertraut ist, lieb’ und schließlich ‘eigenständig’ > ‘frei’. Der Bedeutungswandel ‘eigenständig’ > ‘frei’ fällt, wie die kymr. Form zeigt, bereits in vorgerm. Zeit. Grundlage des Adj. ist offenbar ein idg. Primärverb *prƯ- ‘lieben, gern haben’.

friska-

Lit

213

Siebs 1889: 156; van Helten 1891: 468; Siebs 1901: 1199; Delbrück 1907: 131; van Helten 1907: 143f.; Falk/Torp 1909: 247f.; Löfstedt: 1928: 25; Löfstedt 1933: 30; Pokorny 1959: 844; Scheller 1959; Mezger 1964: 32ff.; von See 1964: 142ff.; Spenter 1968: 269; Bammesberger 1990: 242; von Olberg 1991: 74ff.; Kluge/Seebold 2002: 314; Boutkan/Siebenga 2005: 130. Hm 216f. friska- ‘neu entstanden’ *D? (§ 109)

F

AFR awfr. fersk (Fs 1,143, O), farsk (O) ‘frisch’ INF fa. faa(r)sk ‘wenig gesalzen (von Speisen), trinkbar, nicht salzig (von Süßwasser); nüchtern; Àau, von geringer Qualität; ohne Ausstrahlung, unscheinbar (Wesensart)’ (NfWb, WFO 67, FÖW 144, Verf.) helg. faarsk ‘frisch’ (WK 185) sy. fää(r)sk ‘frisch, ungesalzen (Speisen), nicht salzig (Trinkwasser)’ (BM 78, SU 539) FNF bök. fjarsch ‘ungesalzen’ (FU 72) karrh. feersk ‘frisch, ungesalzen’ (OTJ 47) ält. ngos. feersck ‘frisch (Wasser)’ (a. 1743, BJ 1,34) wied. fjask, fjärsk ‘frisch, ungesalzen’ (FRU 81) OFR harl. fasck ‘frisch’ (CM 63) wang. färsk ‘frisch’ (FA 1,92) WFR frühnwfr. fersck ‘versch’ (GJ 110) nwfr. farsk, fersk ‘nieuw, fris; [...] nog niet lang geleden, ontstaan of geschied’ (WFT 5,48) hind. fòrsk ‘vers’ (GB 57) schierm. fask [-ȃ-] ‘frisch, ungesalzen’ (DF 30) tersch. (W) fosk in fosk wetter ‘Süßwasser’ (Knop 1954: 15, 25)

-nassjǀ-ǀja-

WFR nwfr. farskens ‘versheid’ (WFT 5,49) INF fa. faarske swv. ‘entsalzen’ (FÖW 145), OFR wang. -färsk swv. in auffärsk ‘frischen, frisch machen (z.B. Fleisch, Heringe)’ (HEN 240), WFR nwfr. farskje swv. ‘versen, ontzouten; onderzoeken of eieren al of niet bebroed zijn’ (WFT 5,49)

Bel

Westgerm.: E ae. fersc, S mnd. vresch, versch, vrisch, N mnl. versch, D ahd. frisk; im Nord. (W an. ferskr, O aschw. fersker, frisker) liegt Entlehnung aus dem Mnd. vor. Alle friesischen Formen gehen von der metathetischen Basis PFR *fersk aus, in FNF bök. fjarsch, wied. fjask, fjärsk < *fƝrsk mit Dehnung des -e- vor -rsk; AFR awfr. farsk mit Senkung des -e- > -a- [-ȃ-] vor -r- setzt sich in WFR nwfr. farsk, schierm. fask etc. fort.

Germ

214

Idg

Lit

frǀda-

Auch INF fa. helg. faarsk hat -a- < -e- vor -r-. Jüngere Entlehnungen aus dem Nd. sind z.B. INF/FNF fa. sy. hall. wied. sat. frisk, bök. ngos. frisch. Im Germ. auf gleicher Stufe keine Vergleichsform. Außergerm. ist idg. *prisko- ohne genaue Entsprechung, zumal der Wortbildungsprozeß nicht deutlich wird: *pr-isko- oder *pris-ko-? Das Verhältnis offenbar verwandter Bildungen wie lit. prČskas ‘ungesäuert, frisch, fade schmeckend’ und lat. prƯscus ‘vorig, vormalig, altertümlich’ zu germ. *friska- und nicht zuletzt untereinander ist bislang noch nicht hinreichend erklärt worden. Es spricht einiges dafür, daß sowohl germ. *friska- < idg. *pris-ko-/*pr-isko- als auch lat. prƯscus < idg. *pri-isko- und lit. prƟskas < idg. *pro-isko- parallele Sekundärableitungen sind (Hm 217). Sicher ist das jedoch nicht. Falk/Torp 1909: 248; Spenter 1968: 70; Faltings 1983: 253; Lehmann 1986: 123; Faltings 1996: 104; Bammesberger 2000: 113ff. Hm 217f. frǀda- ‘verständig’ V (§ 34)

F

O

AFR aofr. frǀd ‘erfahren, klug’ (PrJ 258) awfr. frǀd ‘klug, erfahren, weise, verständig; rechtserfahren’ (A 64, FrR, J, P, Ro 1,16, O) spätawfr. frood ‘klug, verständig’ (Bo) WFR frühnwfr. froed ‘zedig, bezadigd, deugdzaam, wijs’ (GJ 156) nwfr. froed ‘vroed; eerzaam, deugdzaam, zedig; zoet, braaf; vroom, godvruchtig, tot inkeer geneigd; verstandig, wijs, schrander; vreedzaam, vriendelijk, gemoedelijk; goedertieren, rechtvaardig; schijnheilig; aangenaam, plezierig’ (WFT 6, 369f.) aschw. frodher ‘kunnig, lärd’ (Söderwall 1884-1918: 1,338)

un-

AFR awfr. unfrǀd ‘unglücklich’ (FrR)

-nassjǀ-

WFR nwfr. froedens ‘wijsheid, goedheid; braafheid, goedaardigheid; bekrompenheid; valse vriendelijkheid; schijnheiligheid’ (WFT 6,371) AFR awfr. frǀdhƝd f. ‘Vetretung der Bürgerschaft, Geschworene’ (O); vgl. auch Ahlsson 178. AFR awfr. frǀdskip f. ‘Klugheit, Weisheit, Vernunft’ (A 444, Ro 1,94, O); vgl. auch Ahlsson 210. AFR awfr. bifrǀdia swv.2 ‘belehren, unterrichten’ (SnR)

-haidu-skapi-ǀjaBel

Gemeingerm.: E ae. frǀd, S as. frǀd, N mnl. vroet, D ahd. fruot, W an. fróðr, G froþs.

fnjla-

Germ

Lit

215

PFR *frǀd, das sich in den neufries. Mundarten lediglich im Wfr. fortsetzt. Verbaladj. aus der Dehnstufe zu germ. *fraþja- stv.VI ‘verstehen’ (Sb 208). Aus der Grundbedeutung ‘verständig, klug’ entwickelte sich im Westgerm. früh ‘erfahren, weise’ (Trier 1931: 71ff.; anders Piirainen 1971: 11ff.). Delbrück 1907: 31f.; Trier 1931: 71ff.; Rooth 1939: 54ff.; Seebold 1970: 208; Piirainen 1971: 11ff. Hm 219 fnjla- ‘faul, stinkend’ *V (§ 52)

F

AFR aofr. fnjl ‘schmutzig, stinkend’ (F) awfr. fnjl ‘schmutzig; niederträchtig’ (FrB 42, O) spätawfr. ful ‘schmutzig’ (Bo) INF fa. fül ‘verfault, verdorben; schmutzig, unrein; eitrig; unsittlich; minderwertig; boshaft, hinterhältig; angebrütet (von Eiern)’ (WFO 89, NfWb, FÖW 179) helg. fül ‘zotig, unanständig’ (WK 223) sy. fül ‘faul, unrein, schmutzig; böse, gemein, schlimm’ (BM 98, SU 570) FNF bök. fül, fööler comp. ‘schmutzig; verdorben; schlecht, böse, schrecklich, abscheulich’ (FU 82) ält. hall. föll (a. 1749, NfSt 1,8), hall. ful [-u-] (MOH 1,28) ‘moralisch schlecht, böse’ ält. karrh. föll (ca. a. 1820, FF 63), karrh. fööl, fül (OTJ 58) ‘schmutzig’ mgos. fööl, fül ‘schmutzig; schlecht von Gesinnung’ (MN 2393, EFS 248) ält. ngos. füll, föhl ‘faul [verdorben], garstig’ (a. 1743, BJ 2,39), ngos. fööl, fül ‘moralisch schlecht, böse’ (MN 2393, MOH 1,28) sgos. fül ‘verdorben (vom Fleisch); schlecht von Gesinnung’ (EFS 248, Beitr. 31) ält. wied. föll (a. 1749, NfSt 1,43), wied. fül (FRU 93) ‘faul, verdorben; unbändig, schwer zu bewältigen; schlecht, boshaft; schmutzig’ wyk. föl ‘schlimm, schlecht von Gesinnung’ (KF nr. 83) OFR harl. fuhl ‘listig’ (CM 55) sat. fuul ‘moderig’ (MF 104) wang. fuul ‘faul, träge; schmutzig; schlau’ (FA 1,93) WFR frühnwfr. ful, fuwl ‘faul (Ei), verdorben, stinkend’ (SB 60, 71, 72, GJ 159) nwfr. fûl ‘smerig, onrein, onzuiver; bebroed (ei); zedelijk afkeurenswaardig, laag, gemeen’ (WFT 7,5)

216

fnjla-

hind. fúl [-Ⱦ-] ‘bedorven (ei)’ (GB 59) schierm. fúl [-Ⱦ-] ‘schmutzig, unrein’ (Spenter 244) tersch. fúl [-Ⱦ-] ‘vuil (ei); kwaadaardig (paard)’ (CR 34) -iga-lƯka-

-engǀ-nassjǀ-

-haidu-

-ǀja-

Bel Germ

Idg

INF fa. fülig ‘unreinlich; boshaft, schlecht von Charakter’ (FÖW 179, Verf.) AFR awfr. fnjlk ‘gemein, schäbig’ (FrB 14), INF fa. fülk ‘verdorben, faul; eitrig, entzündet; unangenehm; gemein, schäbig’ (WFO 89, FÖW 179), sy. fülk ‘schmutzig, unrein; unanständig, obszön; böse, gemein, schlimm’ (SU 570) mit Synkope < PFR *fnjllƯk WFR tersch. fulings n. ‘nageboorte van koe, geit en schaap’ (CR 34), das aber doch sekundär aus *fulens hervorgegangen sein könnte (s.u.) AFR aofr. fnjlnisse f. ‘Fäulnis, Schmutz’ (E3), INF fa. fülens n. ‘Schmutz, Unrat; Schlechtigkeit, Gemeinheit’ (LFM 57, SP 48, FÖW 179), OFR wang. fuulens n. ‘das Unreine’ (HEN 163), WFR nwfr. fûlens ‘vuil, ongerechtigheid; afval; onkruid; nageboorte van een koe, varken of schaap’ (WFT 7,7), hind. fúlens n. ‘vuilnis; nageboorte’ (GB 59), schierm. fúllens m. ‘felheid’ (DF 39); vgl. auch Ahlsson 111. INF fa. fülhaid f. ‘Verdorbenheit, Roheit’ (SP 48), FNF bök. fülhäid f. ‘Schmutzigkeit, Schlechtigkeit’ (FU 82), daneben erweitert mit dem Suf¿x -iga- INF sy. fülighair n. ‘Schmutz; Unreinlichkeit; Nachgeburt beim Vieh’ (BM 98, SU 570), FNF wied. fülihaid n. ‘Bosheit’ (FRU 93) INF fa. füle swv.2 ‘faulen, eitern, rotten’ (LFM 57, FÖW 179), FNF karrh. fööle swv.2 ‘faulen, z.b. wunde, wenn der kalte brand hinzutritt’ (MN 2394), OFR sat. fuulje swv.2 ‘faulen’ (MF 104) Gemeingerm.: E ae. fnjl, S mnd. vûl, N mnl. vuul, D ahd. fnjl, W an. fúll, O adän. fuul, G fuls. In allen neufries. Mundarten aus PFR *fnjl, im Nfr. und partiell auch im Wfr. (vgl. Hof 1933: 219, 250f.) mit Palatalisierung des -nj- > -Ϸ-, das positionsbedingt in geschlossener Silbe zu -y- gekürzt wird. Neben der primären Bedeutung ‘faul, verdorben, schmutzig’ in den meisten Mundarten übertragen auch ‘moralisch verdorben, durchtrieben’, woraus schließlich ‘listig, schlau, klug’. Seebold 1970: 196f. stellt das Adj. zu dem lediglich in dem Part.Prät. W an. fúinn ‘verfault’ belegten starken Verb germ. *fnja- ‘faulen’. Offenbar handelt es sich um ein ursprüngliches Verbaladj. mit loSuf¿x, das ohne Zwischenvokal an ein Primärverb mit offener, auf Vokal endender Silbe tritt, hier an idg. *pnj- ‘stinken, faulen’ (IEW 848f.); vgl. dazu lit. púlơüti ‘eitern’, pnjüliai pl. ‘Eiter’ < idg. *pnjlo-.

fulna-

Lit

217

Siebs 1889: 248; van Helten 1907: 147; Falk/Torp 1909: 242; Löfstedt 1928: 28; Hof 1933: 219, 250f.; Löfstedt 1933: 31; Pokorny 1959: 848f.; Spenter 1968: 244; Seebold 1970: 196f.; Tamminga 1973: 2,205; Lehmann 1986: 131. Hm 220f. fulna- (> fulla-) ‘voll’ *V (§ 80)

F

AFR aofr. ful ‘voll, vollkommen, vollständig’, adv. ‘gänzlich, sehr durchaus’ (B1-2, E1 [in fulbrǀther m. ‘Vollbruder’], E2-3, F, H, R1-2) awfr. ful (A 48, 408, Cr, D, Fs 2,60, J, P, Ro 1,102, U [van Klaarbergen], O), fol (BTr, Cr, D, FrR, Fs 1,68, J, P, Ro 2,112, SnR 49, U [van Klaarbergen], O) ‘voll, stark; völlig, vollkommen, vollständig, ganz; vollzählig; groß; offen (Kampf)’, adv. ‘gänzlich, sehr; voll’ spätawfr. fol ‘voll’ (Bo) INF fa. fol ‘voll; betrunken’ (WFO 83, FÖW 170) helg. fol ‘voll’ (WK 237) sy. fol ‘voll, gefüllt’ (BM 83, SU 546) FNF bök. ful ‘voll, gefüllt; betrunken; voll erwachsen, zurechnungsfähig’ (FU 82) ält. hall. voll (a. 1749, NfSt 1,7), hall. fol (MOH 2,94) ‘voll’ ält. karrh. voll (ca. a. 1820, FF 179), karrh. ful (MN 2199, EFS 176) ‘voll’ mgos. fol ‘voll’ (MN 2199, BnG 1,109) ält. ngos. voll (ca. a. 1745, JG 400), ngos. ful, fol (MOH 2,94, WNG 115) ‘voll’ sgos. fol ‘voll’ (EFS 176, Beitr. 28) str. vol- in voldeen ‘vollbracht’ (a.1662, DH 215) wied. fol ‘voll, gefüllt; vollständig; betrunken’ (FRU 86) ält. wyk. voll- in vollbrocht ‘vollbracht’ (ca. a. 1750-84, MB II), wyk. fol adv. ‘voll’ (KF nr. 102) OFR harl. full ‘voll’ (CM 65, 72) sat. ful ‘voll; besoffen’ (MF 103) wang. ful ‘voll’ (FA 1,93) wurst. foll- in follmeckie ‘füllen’ (RM 98) WFR frühnwfr. fol ‘voll’ (SB 83, GJ 124) nwfr. fol ‘geheel gevuld, het tegengestelde van leeg; in hoge mate met iets gevuld; dronken; bevrucht (van zeug, vis); over de gehele oppervlakte bedekt met; vermengd met; gevuld, opgezet, gezond; volkomen, volledig, geheel en al, waarvan niets ontbreekt; geheel verlopen, om; volwaardig’ (WFT 6,257ff.)

218

fulna-

hind. fòl ‘vol’ (GB 56) schierm. fol ‘voll’ (Spenter 133) tersch. fol ‘vol’ (CR 32) -ǀn-ǀni-engǀ-ja-

-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

FNF wied. fole m. ‘Fülle’ (FRU 86) mit sekundärem Übertritt in die mask. n-Deklination AFR awfr. fullene f. ‘Erfüllung’ (U), deverbal aus fullia swv. (s.u.); vgl. Ahlsson 14. AFR awfr. follinge f. ‘Erfüllung, Entschädigung; Bußzahlung’ (J, P); INF fa. foling, -ang f.n. (FÖW 170), sy. foling g. (PMC 18, v. 22) ‘Erfüllung’ AFR aofr. fella (B1-2, E1-3, F, H, R1-2), awfr. fella (J, O) swv.1 ‘erfüllen; vergelten, ersetzen, entschädigen’, daneben in Analogie zum Adj. urfolla swv.1 ‘erfüllen’ (J, O), INF fa. fal (WFO 67, FÖW 156), helg. fel (WK 202), sy. fel (BM 77) swv.1 ‘füllen’, FNF bök. feele (FU 64), hall. feele (MOH 1,199), ält. karrh. feelle (ca. a. 1820, FF 61), karrh. feele (OTJ 32), ält. mgos. fähle (ca. a. 1810, GvS v. 16), ält. ngos. fehle (a. 1743, BJ 1,35), ngos. feele (MOH 1,199) swv.1 ‘füllen’, OFR wang. oonfääl swv.1 ‘einfüllen’ (HEN 241); vgl. van Helten 1906: 161 und 1907: 119. AFR aofr. fullia (R1-2), awfr. fullia (J) swv.2. ‘Genüge leisten; befriedigen; vergüten, ersetzen, zahlen’, WFR frühnwfr. follje (GJ 124), nwfr. folje (WFT 6,268f.) swv.2 ‘vullen, vol doen, vol maken; een ruimte innemen’ Gemeingerm.: E ae. ful (-ll-), S as. ful (-ll-), N mnl. fol (-ll-), D ahd. fol (-ll-), W an. fullr, O adän. full, G fulls. PFR *ful (-ll-), dessen -u- in den neufries. Mundarten teils erhalten, teils zu -o- gesenkt wird. Die schwankende Schreibung awfr. ful/fol deutet auf eine geschlossene Qualität des -o- vor -l- hin (Gosses 1928: 101). Im Germ. isoliert. Ererbtes Verbaladj.; identisch mit ai. pnjrná-, lit. pìlnas, air. lán ‘voll’ < idg. *plΩnó-, zu idg. *pelΩ-, *plƝ- ‘gießen, schütten, aufschütten, füllen’ (IEW 798f.). Siebs 1889: 176; Delbrück 1907: 130; Falk/Torp 1909: 235; Löfstedt 1931: 94; Hof 1933: 28; Löfstedt 1933: 28; Buma ed. 1949: 188; Pokorny 1959: 798f.; Spenter 1968: 133; Lehmann 1986: 131; Boutkan/ Siebenga 2005: 132f.

G Hm 226 gaila- ‘heftig verlangend’ *V (§ 52) F O

FNF ält. karrh. giel ‘geil’ (ca. a. 1820, FF 70) ält. ndän. gæl ‘parrelysten (om katte)’ (Kalkar 2,113), jüt. gjel ‘parringslysten, om hund og kat; dröv’ (Feilberg 1,440), aschw. gƣl- in gäl maþer m. ‘[Beischläfer]’ (Söderwall 1884-1918: 1,437), nschw. dial. gel, gäl, gjäl ‘yr; glad, munter, liÀig; kåt, ukysk, brunstig’ (Rietz 1862-67: 189)

-iga-

W (spät)an. geiligr ‘schön, tüchtig’ (de Vries 1977: 161, Nielsen 1989: 153; nicht bei Baetke 1976)

Bel

Nicht nur westgerm.: E ae. gƗl, S as. (Heliand) gƝl, N mnl. gƝl, D ahd. geil, sondern auch nordgerm. sowie indirekt in W an. geiligr und G gailjan swv.1 ‘fröhlich machen, erfreuen’. Unter der alleinigen Berücksichtigung formaler Kriterien könnte FNF ält. karrh. giel – in heutiger Normalorthographie giil – ‘geil’ durchaus regelhaft aus afestl.-nfr. *gƣl < germ. *gaila- hervorgegangen sein. Zudem beweist der Umstand, daß sich aus den übrigen fries. Mundarten bzw. Mundartgruppen keine weiteren Belege beibringen lassen, ja an sich noch nichts Gegenteiliges. Angesichts des breiteren Vorkommens im ält. Dän. und dialektalen Jüt. kann allerdings für karrh. giil die Möglichkeit einer frühen Entlehnung aus adän. *gƣl < germ. *gaila- nicht vorderhand ausgeschlossen werden. Eine entsprechende Entlehnung aus dem Nd. erscheint dagegen kaum plausibel, da in den nd. Mundarten des Nordniedersächsischen – inklusive denen des Mnd. – ausnahmslos die Form geil ‘übermütig, ausgelassen; kräftig, vital; von üppigem PÀanzenwuchs; lüstern, unkeusch’ begegnet (vgl. u.a. LB 1.2,46, Mensing 2,328, Schütze 1800-06: 2,18, DK 1,601), und in dieser Form und Bedeutung ist (m)nd. geil schließlich in zahlreiche fries. Mundarten weiterentlehnt worden: INF fa. geil (FÖW 185), sy. gail (BM 99), FNF bök. gail (FU 83), hall. gail (MOH 2,208), ngos. gail (MOH 2,208), wied. gail (FRU 96f.), OFR sat. gail (MF 104). Selbiges ist für O ndän. gejl, jüt. gejl anzunehmen (Nielsen 1989: 153f.), während WFR nwfr. geil (FW 1,446) vermutlich auf (m)nl. geil zurückführt. In einem e-stu¿gen Ablautverhältnis stehen S mnd. gîlen swv. ‘aufdringlich betteln, dringend begehren’, N mnl. gƯlen swv. ‘ausgelas-

Germ

220

Idg

Lit

gaisna-

sen, übermütig sein; schäumen, sprudeln, gären’, in nnl. gijlen swv. auch ‘begehrlich, brünstig sein’, D mhd. gîlen stv.I ‘übermütig sein’, dagegen schwundstu¿g W an. gil- ‘Bier, das im Gären begriffen ist’ in gilbúð ‘Brauhütte’, gilker ‘Braubottich’ sowie O jüt. (Ostjütland) gil, nschw. dial. (Götland) gil ‘brünstig (Hund oder Katze)’; vgl. Falk/Torp 1909: 120, de Vries 1977: 166 und de Vries 1992: 207. Eigentümlich ist sämtlichen germ. Belegen die auffällige Divergenz ihrer Wortbedeutungen: ‘ausgelassen, fröhlich’, ‘unkeusch, lüstern’, ‘kräftig, üppig, fruchtbar’, wobei die Parallelität von ‘fröhlich’ und ‘sexuell erregt’ zumindest in ‘lustig’ und ‘lüstern’ wiederbegegnet (Hm 226); zur Bedeutungsentwicklung im einzelnen s.u. Dem Adj. germ. *gaila- entsprechen außergerm. lett. gails ‘wollüstig’ und lit. gailùs [mit sekundärer u-Flexion] ‘jähzornig; beißend, scharf (Geschmack); bitter (Tränen)’ < idg. *ghoi-lo-, offenbar einem alten o-stu¿gen Verbaladj. mit l-Suf¿x zu der verbalen Wurzel idg. *ghei‘gähnen, klaffen’ (IEW 419ff., 452, Kluge/Seebold 2002: 340). Mit Blick auf idg. *ghei- ‘gähnen, klaffen’ könnte die Grundbedeutung des Verbaladj. idg. *ghoi-lo- einst ‘den Mund vor Begierde, Verlangen weit aufsperrend’ gewesen sein, daraus im Germ. – partiell auch im Balt. – zunächst vielleicht ‘heftig nach etwas verlangend’ bzw. ‘mit Eifer einer Sache nachkommend’, woraus einzelsprachlich a) ‘voller Leidenschaft und Temperament’ > ‘übermütig, ausgelassen, fröhlich’, b) ‘lüstern, von sexuellem Verlangen gesteuert’, c) ‘voller (wilder) Energie und Stärke’ > ‘von hoher, kräftiger Statur, von schönem Äußeren; kerngesund, vital; tüchtig (Personen); üppig gewachsen (PÀanzen)’. Delbrück 1907: 132; Oberdörffer 1908: 21; Falk/Torp 1909: 120; Falk/Torp 1910-11: 1,306; Feist 1939: 185; von Lindheim 1951: 39ff.; Pokorny 1959: 420, 452; Schabram 1960: 265ff.; Schubert 1968: 65; Holthausen 1974: 123; Piirainen 1971: 56; Bammesberger 1979: 60; Lehmann 1986: 139f.; Brandt 1989: 113ff.; Nielsen 1989: 153f.; de Vries 1992: 189; Kluge/Seebold 2002: 339f. Hm 227 gaisna*- ‘mangelhaft’ *V (§ 66)

F

E

INF fa. giisen ‘bleich, fahl, elend [Gesichtsfarbe]’ (NfWb, FÖW 188) sy. giisen ‘gusten, af skrophulöst Udseende’ [‘fahl-bleich, tuberkulös aussehend’] (Saxild 1842: 37) WFR nwfr. geizen ‘geelbleek, ziekelijk (van gelaatskleur)’ (WFT 7,156f.) ae. gƣsne ‘barren, sterile, empty, wanting, void of, lifeless’ (BT 357), me. gƝsen ‘scarce, rare; barren’ (Stratmann/Bradley 1940: 285),

gaisna-

S

221

ne. dial. geason ‘producing scantily; barren, unproductive; exhausted; scantily produced; rare, scarce, uncommon; rare, extraordinary, amazing’ (OED 4,92 und Wright 2,589 für Northumberland, North Hampshire, Essex) nnd. (Dith., Oldenburg/Holst.) gesen ‘bleich, gelblich von der Gesichtsfarbe’ (Mensing 2,358), drent. giezem, gezem ‘met een ongezonde gelaatskleur; met een hongerig, Àauw gevoel’ (Kocks 19962000: 1,337)

-iga-

WFR nwfr. geizenich ‘geelbleek, ziekelijk (van gelaatskleur)’ (WFT 7,156f.)

Bel

Nordseegerm.: F, E, S, aber indirekt auch in D ahd. geisin m.n. ‘Mangel’. PFR *gƣsen/*gƣsne, auf das sich INF sy. giisen < ains.-nfr. *gƣsen/*gƣsne und WFR nwfr. geizen mit -ei- < -Ɲ- vor Dental < awfr. *gƝsen regelhaft zurückführen lassen. Dasselbe gilt für S nnd. gesen und drent. gezem neben giezem mit -ie- < -Ɲ- und sekundärem -em < -en aus mnd. *gêsen; vgl. hierzu detailliert Hoekstra 2010. Schwierigkeiten bereitet hingegen die ins.-nfr. Form fa. giisen, die der einzige Zettelbeleg der Nordfriesischen Wörterbuchstelle der Universität Kiel als amring ausweist. Diese Lokalisation stammt von dem Föhrer Julius Tedsen (1880-1939), dem Hauptbearbeiter des Nordfriesischen Wörterbuches bis 1939, doch zeigt eine nachträgliche Bleistiftnotiz von anderer Hand, daß der Ausdruck einst auch in Oevenum auf Osterlandföhr als giisen bekannt gewesen sein soll. Man hätte in erster Linie wohl ein fa. † giasen erwartet, denn ob auch nach einem anlautenden g- ohne Palatalfaktor altes -ƣ-/Ɲ- > -Ưverengt werden konnte wie vergleichsweise in fa. jiiw stv. ‘geben’ < *jƝva < ains.-nfr. *jeva mit palatalisiertem g- vor ursprünglich hellem Folgevokal < germ. *geba-, ist unsicher, zumal es dafür schließlich an überzeugenden Parallelbeispielen zu fehlen scheint. Ein unmittelbar folgender stimmhafter frikativer Alveolarlaut bewirkte die Verengung von -ƣ-/-Ɲ- > -Ư- normalerweise ebenfalls nicht, wie etwa fa. wias [-z] f. ‘Speiseröhre’ < ains.-nfr. *wƣse < germ. *wƣsǀ-, fa. snias [-z] f./n. ‘Stiege, Anzahl von 20’ < ains.-nfr. *snƣse < germ. *snaisǀ- usw. zeigen. Will man für fa. giisen eine außerhalb der Lautgesetzmäßigkeit stehende Sonderentwicklung von -ƣ- > -Ư- nicht gelten lassen, sozusagen als eine Art „Entgleisung“ von der Norm als Ergebnis bestimmter analoger Vorgänge, bliebe noch zu prüfen, ob nicht irgendwelche Interferenzerscheinungen im Spiel sein könnten, wobei meines Erachtens eine direkte Entlehnung aus sy. giisen so gut wie auszuschließen wäre, aber auch eine Entlehnung aus dem Nd. führte nicht entscheidend weiter, da sie die Entwicklung von (m)nd.

Germ

222

gaisna-

gƝsen > fa. giisen ebenfalls nicht schlüssig erklären könnte. Freilich muß an dieser Stelle noch auf einen ganz anderen Sachverhalt hingewiesen werden: Der bislang einzige Beleg für sy. giisen, dessen Authentizität wohl außer Frage steht, entstammt dem kleinen handschriftlichen syltring-dänischen Wörterbuch des Sylter Arztes Peter Saxild (1804-1849) von 1842. Der Amrumer Pastor Lorenz Friedrich Mechlenburg (1799-1875), der seit gemeinsamen Studientagen in Kopenhagen mit Saxild bekannt war, hat dieses Wörterbuch 1848 abgeschrieben (Hofmann 1957: 11f. und Riecken 2000: 131) und dabei den syltringer Eintragungen – wenngleich lückenhaft – die jeweiligen Entsprechungen in Amrumer und z.T. Karrharder Friesisch hinzugefügt. Hat Julius Tedsen, als er den Zetteleintrag für fa. giisen anlegte, aus dieser Abschrift geschöpft und dabei die sy. Form giisen irrtümlich dem Amring zugeordnet? Allerdings bezeugt Mechlenburg darin eine entsprechende amr. Form nicht (s. Saxild 1848: 32). Dagegen spräche ferner der unabhängig von der Vorlage angeführte amringische Beispielsatz Wat waant ‘ar ham well, hi hä so’n gisenen Klör ‘was fehlt ihm wohl, er hat so eine fahle Gesichtsfarbe’ sowie mehr noch der ergänzende Hinweis, daß fa. giisen über Amrum hinaus auch in Oevenum auf Föhr vorkomme. – Der Beleg fa. giisen bleibt also rätselhaft. Heidermanns (Hm 227) plädiert angesichts D ahd. geisin m.n. ‘Mangel’ für ein na-stämmiges Verbaladj. germ. *gaisna- aus dem Präsensstamm eines reduplizierenden Verbs germ. *gaisa- ‘mangeln’, obwohl zumindest E ae. gƣsne mit -ƣ- < -ai- + i-Umlaut eher für eine ni-stämmige Bildung germ. *gaisni- spricht. Im Nd. entwickelt sich germ. -ai- mit oder ohne Umlautfaktor zu -Ɲ- (auch in drent. giezem mit -ie- < -Ɲ-), im Fries. mehrheitlich ebenso, doch begegnen dort darüber hinaus Fälle, in denen das Monophthongierungsprodukt von -ai- aus nicht endgültig geklärten Ursachen -Ɨ- war, und zwar vorzugsweise vor dunklem Vokal der Folgesilbe, allerdings nicht durchgehend, wie zahlreiche Ausnahmen zeigen, so daß die heutigen nd. und fries. Formen zur Klärung der Frage, ob man einer na- oder nistämmigen Herleitung den Vorzug geben sollte, nichts Entscheidendes beitragen können. Weijnen 2003: 55 sieht indessen in drent. giezem, gezem mit Blick auf Formen wie mnl. geedoot ‘plötzlicher Tod’ oder nnl. geeuwhonger ‘Heißhunger’ eine Zusammensetzung aus *gƝ- ‘plötzlich eintretend’ (nhd. jäh, mnd. mnl. gâ) und dem Suf¿x -sama- und nimmt dafür sogar eine Zwischenstufe *geehongerzaam an, aus dem die Klammerform drent. giezem, gezem sekundär hervorgegangen sei. Diese Herleitung wird von Hoekstra 2010 mit gutem Grund abgewiesen. Ausgehend von germ. *gaisa- red. ‘mangeln’ war die Grundbedeutung des Verbaladj. germ. *gaisna-/*gaisni- wohl ‘mangelhaft, un-

gaisna-

Idg

223

zulänglich’, woraus sich einerseits im kontinentalen Nordseegerm. über ‘schwach, matt, kraftlos’ sowohl ‘kränklich aussehend, bleich im Gesicht’ als auch speziell ‘Àau vor Hunger’ entwickeln konnte, andererseits im Engl. aber ‘von magerer Bodenbeschaffenheit’ > ‘unfruchtbar’ sowie ‘öde, leer’. Daneben begegnen von derselben Derivationsbasis in weitgehend homonymer Bedeutung Formen mit dem Suf¿x -iga-: OFR wang. girziig ‘kränklich, gelb, blaß; auch vom Geschmack, wenn der Kohl nicht fett ist’ (FA 1,93, HEN 252) mit epenthetischem -r- < aofr. *gƝsich, WFR nwfr. geizich ‘geelbleek, ziekelijk (van gelaatskleur)’ (WFT 7,156f.), S nnd. (OF) gêsîg ‘geisterhaft, blass wie ein Geist, krankhaft bleich, blut- und farblos etc.’ (DK 1,616), nnd. (Old.) gesig ‘bleich, blutlos’ (Böning 37f.), nnd. (Dith., Bordesholm) gesig ‘bleich, gelblich von der Gesichtsfarbe’ (. 2,358), daraus entlehnt FNF ält. ngos. geesich ‘Blaß, Bleich’ (a. 1743, BJ 2,45). Hierher gehört sehr wahrscheinlich auch N nnl. dial. (Katwijk, S-Holland) gâestig [-Ȋ:-] ‘erg bleek’ (Overdiep 1949: 20) mit unorganischem -t-, das unter volksetymologischem EinÀuß von mnl. gheest, nnl. geest ‘Geist’ stehen könnte (Hoekstra 2010), so daß man für diese Form ebenfalls von einer Vorstufe *gƝsig ausgehen sollte. Ferner erweckt das isoliert stehende FNF wied. gisk ‘gelblich von Gesichtsfarbe, ungesund’ (NfWb) einstweilen den Eindruck, als handele es sich dabei um eine weitere – und dann wohl sekundäre, einzeldialektale – Variante mit dem Suf¿x -iska-, etwa in Analogie zu Bildungen wie wied. bitsk ‘bissig’, dosk ‘nicht ganz wach’, uuilsk ‘verdorben’ usw. Gleichwohl haftet auch dieser Form, die lediglich durch einen einzigen Zettelbeleg unbestimmter Herkunft in der Nordfriesischen Wörterbuchstelle zu Kiel bezeugt ist, etwas Obskures an, und bezeichnenderweise wurde sie nicht in das Freesk Uurdebuk (FRU) aufgenommen. Dem Verbstamm germ. *gais- liegt offenbar eine s-Erweiterung der Wurzel idg. *ƣhƝ(i)- ‘leer sein, fehlen’ (IEW 418f.) zugrunde. Wie es scheint, besteht zunächst keine formale Beziehung zu an. gísl m. ‘Aufpasser, Späher’ [d.h. ‘einer, der die Augen aufsperrt’] und nnorw. dial. gƯsa swv. ‘blinzeln, grinsen’ [ursprünglich wohl ‘Augen oder Mund aufsperren’] neben schwundstu¿gem nisl. gisinn, ält. ndän. gissen ‘durch Trockenheit rissig, undicht; schütter’, Part.Prät. zu einem mittlerweile untergegangenen Verb an. *gísa stv.I ‘klaffen; undicht, rissig sein’ aus einer Derivationsbasis germ. *geis- < idg. *ghei-s- mit s-Formans zu der Wurzel idg. *ƣhƝi- ‘gähnen, klaffen’ (IEW 419ff.). Freilich kommt es in anderen Fällen durchaus zu einer gegenseitigen semantischen Überlagerung von Formen aus idg. *ƣhƝ(i)- ‘leer sein, fehlen’ und idg. *ƣhƝi- ‘gähnen, klaffen’, so nicht nur in ae. gƣsne, ne. geason (s.o.), sondern z.B. auch in der Landschaftsbezeichnung

224

Lit

gaista-

Geest ‘hohes, trockenes Land’ < germ. *gaist- (s.u.) und den unter germ. *gusti- ‘trocken, unfruchtbar’ angeführten Formen – in die übrigens noch eine dritte Wurzel idg. *ƣhƝu- hineinspielt (s.u.). Dasselbe gilt für das Adj. jüt. gisten aus einer schwundstu¿gen nominalen Basis mit Dentalsuf¿x zu germ. *geis-, das primär ‘rissig, undicht’ bedeutet, sodann aber sekundär auch ‘mager, eingefallen’ und ‘bleich, fahl im Gesicht’ (Feilberg 1,436), letzteres eventuell doch unter dem semantischen EinÀuß des formal nicht verwandten jüt. gusten ‘von bleicher, blasser Gesichtsfarbe’ (Feilberg 1,520), zu ndän. gust ‘Windhauch’, nnorw. alv(e)gust ‘Hautausschlag [wörtl. „Elfenhauch“], der nach dem Volksglauben durch Behauchen der Elfen hervorgerufen wurde’, so daß für das Adj. eine ursprüngliche Bedeutung ‘mit einer von den Elfen eingehauchten Krankheit behaftet’ anzunehmen ist; vgl. Falk/Torp 1910-11: 362 und Nielsen 1989: 167. Kaum zutreffend ist dagegen die von Doornkaat Koolman (DK 1,616) für nnd. gêsîg erwogene Anknüpfung an idg. *gheis- in got. us-geisnan swv.4 ‘erschrecken (intrans.), us-gaisjan swv.1 ‘erschrecken (trans.)’ bzw. idg. *ƣheiz-d- in afr. gƗst m. ‘Geist’, ae. gƣstan swv.1 ‘erschrecken’ usw. (IEW 427). Oberdörffer 1908: 21; Falk/Torp 1909: 134f.; Holthausen 1910-11: 312; Pokorny 1959: 418f.; Lerchner 1965: 76f.; Holthausen 1974: 122; Weijnen 2003: 55; Hoekstra 2010. Hm 227 gaista- ‘trocken, unfruchtbar’

F/S/N

Der Ansatz eines ursprünglichen Verbaladj. germ. *gaista- ist m.E. sehr fraglich, da einerseits das von Heidermanns angeführte AFR gƝst besser als aofr. geste unter germ. *gusti- (s.u.) eingereiht werden sollte und andererseits das von ihm zitierte S nnd. geest ‘trocken, unfruchtbar’ in den einschlägigen Wörterbüchern nicht belegt ist. Als gesichert darf lediglich das Vorkommen des Subst. germ. *gaist- gelten: AFR awfr. gƗst(land), gƝst f. ‘Geest, Geestland’ (A 386, J, SnR 112, 357, O) FNF bök. gååst f. (FU 83), hall. gaost (MOH 2,23), ält. karrh. gahst (ca. a. 1820, FF 67), karrh. gååst (OTJ 25, 29, 79), ngos. gååst, gaast f. (WNG 42), sgos. gaaslön n. [Ȥ-] (Beitr. 25), wied. goast f. (FRU 103), wyk. gaast- ‘Geest, Geestland’ (in gaastwüf ‘Frau von der Geest’) (KF nr. 98) OFR sat. gastlând ‘hohes Land’ (Hettema/Posthumus 1836: 238) WFR nwfr. geast, gaast ‘hooggelegen stuk zandgrond, zandheuvel’ (WFT 7,113) S mnd. gêst f. ‘Geest, das hohe sandige Land’ (LB 2,90)

gangiN

Lit

225

mnl. gƝst m. ‘zandgrond, hooger gelegen dan de omliggende holocene gronden, veelal ook minder vruchtbare grond’ (VV 11,155)

Falk/Torp 1909: 134f.; Löfstedt 1931: 23; Pokorny 1959: 422; Lerchner 1965: 76f.; Löfstedt 1965-69: 22,42f.; Sausverde 1996: 126ff. Hm 230 gangi- ‘gehend; begehbar’ V (§ 46a)

F

AFR aofr. genzie (H), gens (F), ganse (R1) ‘gangbar, gültig, im Umlauf be¿ndlich (Geld)’ in der Wendung iƝue end genzie (H), iƝue and gens (F), gƝue and ganse (R1) ‘gang und gäbe’ sowie kompositionell in aofr. stefgens(z)e (E1-2) [neben part. stefgende (E3) zu afr. gƗn red. ‘gehen’] ‘am Stock gehend’ awfr. gens ‘gangbar (Geld)’ (O) in gƝf ende gens ‘gang und gäbe’

-an-

AFR aofr./awfr. -genza m. in aofr. stefgenza m. (B1-2), stefgenzia m. (H) ‘Lahmheit, wobei man am Stab geht’, awfr. brƗdgensa m. ‘Bettler’ [wörtl. „Brotgänger“] (J) dürfte sekundär aus dem Adj. genze hervorgegangen sein.

Bel

West- und nordgerm.: E ae. genge, S mnd. genge, N mnl. genge, D ahd. gengi, W an. gengr, O aschw. -gænger. Ursprünglich i-stämmiges Verbaladj. der Möglichkeit zu afr. gunga red. ‘gehen’ < germ. *ganga- red. mit Übertritt in die ja-Flexion. Das Adj. setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort. Die Schreibung des ¿nalen in genzie adj., -genzia m. (H) dürfte durch das voraufgehende Assibilierungsprodukt -dz- < -g- + -e hervorgerufen sein, hat also keine morphonologische Bewandtnis, während das apokopierte gens (F) möglicherweise unter dem EinÀuß der mnd. Wendung ganc unde gêve, ganc-, gencgêve ‘gänge und gebe’ (LB 2,14) steht. Van Helten 1906: 179 erklärt das nichtumgelautete ganse (R1) als Analogie nach einem Àektierten Kasus mit ursprünglich dunklem Suf¿xvokal, doch erscheint es mir wahrscheinlicher, daß auch hier EinÀuß der umlautlosen mnd. Form gange (LB 2,69) vorliegt, einer offenbar sekundären Entwicklung aus germ. *gangi(Hm 230). Die aktivische Grundbedeutung ‘gehend’ entwickelte sich zunächst wohl zu ‘gängig, im Umlauf be¿ndlich’, woraus schließlich ‘vorherrschend, üblich’. van Helten 1906: 179; van Helten 1907: 313; Lindqvist 1909: 266ff.; Buma 1949: 190, 263; Seebold 1970: 213ff.; Matzel 1974: 106; Matzel 1992: 127; Boutkan/Siebenga 2005: 135.

Germ

Lit

226

garwa-

Hm 233f. garwa- ‘bereit’ R (§ 86) F

AFR awfr. gƗr adv. ‘gar’ (SnR 415) FNF bök. gåår ‘fertiggekocht, -gebraten’ (FU 83) hall. goor ‘gar [gekocht]’ (MOH 2,66) ält. karrh. gaar (ca. a. 1820, FF 66), karrh. gåår (OTJ 48) ‘gar [gekocht]’ mgos. gaar ‘gar [gekocht]’ (EFS 46) ngos. gåår, gaar ‘gar gekocht’ (MOH 2,66, WNG 41) sgos. gåår ‘gar gekocht’ (NfWb) wied. goar ‘gar, fertiggekocht, zu Ende gebraten’ (FRU 103) OFR sat. goar ‘gar, gekocht; reif, vernünftig’ (MF 107) wang. gooer ‘gar gekocht’ (FA 1,93) WFR frühnwfr. gear ‘gaar, gaargekookt’ (GJ 162) nwfr. gear ‘gaar, voldoende gebakken, gekookt, gestooft enz. om geconsumeerd te worden; genoegzaam gelooid voor verdere bewerking; vergaan, versleten; afgemat, geheel op; geraadbraakt; uitgekookt, bij de pinken, schrander, slim’ (WFT 7,91f.) hind. gaer ‘gaar (voldoende gekookt); afgemat; vergaan door ouderdom (weefsels)’ (GB 60) schierm. gair ‘gaar’ (DF 40) tersch. gear ‘gaar; uitgeput; vergaan (hout, weefsels)’ (CR 35)

-ja-

INF ält. fa. gehr* (a. 1754, CQ v.2; Faltings 2000: 140, 185 Anm. 74), fa. geer swv. ‘tun, machen; geraten, werden’ (FÖW 184)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. gearu, S as. garu, N ahd. garo, D ahd. garo, W an. gƫrr, O adän. gør. Für alle neufries. Formen ist von einer Basis PFR *garu < germ. *garwa- auszugehen, dessen -a- entweder positionsbedingt vor -rwnicht palatalisiert wurde oder in offener Silbe vor dunklem Folgevokal erhalten blieb (vgl. afr. nare ‘unheimlich’ < germ. *narwa-). Im Festl.-Nfr. und Ofr. ist altes -a- in offener Silbe sekundär gedehnt worden, während im Wfr. in dieser Stellung Frühdehnung eintrat, wobei das gedehnte -a- vor -r- mit dem Monophthongierungsprodukt von germ. -au- und -ai- zusammen¿el und wie dieses zu awfr. -ƣweiterentwickelt wurde: afr. *gare > *gƗre > awfr. *gƣre. Anscheinend keine autochthonen Belege im Ins.-Nfr.: dort – zumindest im Fa. und Sy. – in der Bedeutung ‘gar gekocht’ Entsprechungen von germ. *-nǀga- ‘genug’ (s.u.). Relativ späte Entlehnung aus dem Nd. liegt vor in dem Adv. INF fa. goor, gaar (WFO 97, FÖW 194), sy. gaar [-ȃ:-] (BM 98), FNF bök. goor (FU 90), hall. gor (Lo 35), ngos. goor (WNG 41), wied. goor (FRU 105) usw., zumeist in der Verbindung ‘gar nicht’. Formal könnte INF helg. goar ‘gar gekocht’,

Germ

gƣbi-

Lit

227

adv. ‘gar’ (WK 259) bodenständig aus ains.-nfr. *gare hervorgegangen sein (vgl. helg. noar ‘eng’ < germ. *narwa-), doch dürfte es sich auch hier um eine Entlehnung aus dem Nd. handeln. Das primäre wa-stämmige Adj. scheint aus dem jan-Verb germ. *g(a)-arwja- swv.1 ‘bereiten’ (INF fa. geer, E ae. (ge)gierwan, S as. (gi)garwian, gerwian, D ahd. (-)garawen, W an. gør(v)a, gƫra, gera) rückgebildet zu sein, das seinerseits aus dem Adj. germ. *arwa‘schnell bereit’ (S as. aru) (Hm 106) abgeleitet sein dürfte. Siebs 1889: 46; Siebs 1901: 1177; Delbrück 1907: 133; Falk/Torp 1909: 128; Löfstedt 1931: 66; Pokorny 1959: 494; Seebold 1967: 107f.; Spenter 1968: 171; Kabell 1973: 26ff.; Seebold 1980: 458f. æbi- ‘zu geben; heilbringend’ V (§ 42) Hm 236f. gǀ

F

AFR aofr. jƝve (F, H), gƝve (R1) ‘gäbe, gültig, annehmbar’ in der Wendung iƝue and gens (F), iƝue end genzie (H), gƝue and ganse (R1) ‘gang und gäbe’ INF sy. jaav [jȃ:f] ‘beliebt, begehrt (vorzugsweise auf junge Mädchen angewandt)’ (BM 129, SU 615) FNF bök. jäiw ‘ergiebig, fruchtbar; haltbar, gut’ (FU 120) karrh. jäif ‘gesucht, begehrt (von Waren)’ (MN 1187) ält. ngos. jäv ‘gäbe’ in goong enn jäv ‘gang und gäbe’ (ca. a. 1745, JG 102)

un-

AFR aofr. unjƝve ‘unziemlich’ (E2, H)

Bel

Westgerm. (unter Ausschluß des Engl.) und nordgerm.: S mnd. gêve, N mnl. gave, D ahd. gƣbe, W an. gæfr, O adän. g(i)ƣv. Ursprünglich i-stämmiges Verbaladj. der Möglichkeit aus der Dehnstufe zu afr. jeva stv.V ‘geben’ < germ. *geba- stv.V (Sb 217ff.) mit Übertritt in die ja-Flexion; so sicherlich auch INF sy. jaav < *jiƗve < ains.-nfr. *jƣve und FNF bök. jäiw , ält. ngos. jäv < afestl.-nfr. *jƝve mit der Bedeutungsentwicklung ‘zu geben, was sich geben läßt’ > ‘was sich gut geben läßt’ > ‘annehmbar, angenehm, gut’ > ‘von guter Qualität; ergiebig’ und ‘von angenehmem Wesen, beliebt’. Im Nfr. ist – zumindest in semantischer Hinsicht, aber wohl mit Ausnahme von ält. ngos. jäv – eine ältere Entlehnung aus dem Dän./ Jüt. nicht vorderhand auszuschließen: vgl. etwa O sjüt. gjæv ‘kostbar; god, fortræffelig, dygtig; pynted i klæder; kær, dyrebar’ < adän. g(j)ƣv (Feilberg 1,452). Entlehnung aus mnd. gêve könnte dagegen aofr. gƝve (R1) andeuten, wofür auch der zweite Teil der Wendung ganse (R1) spräche (s.o. unter germ. *gangi-), sofern das initiale

Germ

228

Lit

gelwa-

in gƝve nicht einen zwischen /j-/ und /Ȗ-/ liegenden Palatallaut bezeichnen sollte (vgl. van Helten 1890: 115). Siebs 1901: 1215; Lindqvist 1909: 269ff.; Rooth 1926: 22f.; Seebold 1970: 217ff.; Matzel 1974: 102; Matzel 1992: 112; Boutkan/Siebenga 2005: 139. Hm 240 gelwa- ‘gelb’ P (§ 11)

F

OFR sat. (d)jeel ‘gelb’ (EFS 124, MF 116)

-iska-

OFR sat. jeelsk ‘gelblich’ (MF 116)

Bel Germ

Westgerm.: E ae. geolu, S as. gelu, N mnl. gelu, D ahd. gelo. Aus aofr. *jele < PFR *jelu mit positionsbedingtem j- < g- vor folgendem Palatalvokal (Siebs 1901: 1300f.). Entlehnung aus mnd. gêl bzw. mnl. geel, gelu ‘gelb’ sind AFR awfr. gƝl ‘gelb’ (SnR 278), OFR wang. geel ‘gelb’ (FA 1,93), WFR nwfr. geel, giel ‘geel’ (WFT 7,236, Hof 1933: 50ff.), während die nfr. Formen eine ältere Entlehnung aus adän. *gnjl ‘gelb’ (an. gulr) < germ. *gula- ‘gelb’ (Hm 262) andeuten. Wie etwa FNF bök. gööl (FU 90), ält. karrh. göhl (ca. a. 1820, FF 71), hall. gul [-u-] (MOH 2,117), wyk. gül (EFS 124) ‘gelb’ nahelegen, ist dabei jedoch von einer zweisilbigen (Àektierten) Vorstufe *gule auszugehen, in INF fa. sy. güül (FÖW 203, BM 107), helg. giil (WK 254), FNF ält. ngos. gähl (a. 1743, BJ 2,46), güel (ca. a. 1745, JG 111), wied. güül (FRU 113) ‘gelb’ zudem mit ursprünglicher Vokallänge < *gnjle, offenbar in Anlehnung an adän. gnjl mit sekundärer Vokaldehnung in geschlossener Silbe (vgl. Brøndum-Nielsen 1950-57: 1,383f.). Löfstedt 1931: 117 erwägt dagegen für das Festl.-Nfr. eine bodenständige Entwicklung aus afestl.-nfr. *gule < älterem *gulu mit progressiver Vokalangleichung < *gelu < *gelwa-. Das wa-stämmige Farbadj. ist identisch mit lat. helvus ‘honiggelb’, lit. žeñlvas ‘grünlich, gelblich’; im weiteren zu der Wurzel idg. *ƣhel‘gelb, grün, blau, grau’ (IEW 429f.), etwa in air. gel ‘weiß, leuchtend, ai. hári- ‘gelb, gelblich, goldfarben’. Möglicherweise handelt es sich bei idg. *ƣhel-ԥ-o- um eine Vԍddhiableitung zu schwundstu¿gem *ƣhӭ-u-, woraus an. gulr ‘gelb’ < germ. *gulu- (Bammesberger 1990: 397 Anm. 397; anders Hm 262). Siebs 1889: 124; Mead 1899: 197f.; Falk/Torp 1909: 131; Schwentner 1915: 66ff., Löfstedt 1931: 117; Pokorny 1959: 429f.; Spenter 1968: 195; Ball/Stiles 1983: 5ff.; Bammesberger 1990: 243 Anm. 397.

Idg

Lit

gerna- – glada-

229

Hm 242 gerna- ‘begierig’ *V (§ 68) F

AFR aofr. jerne (F, H, R1, PrJ 246), gerne (H) adv. ‘gerne’ awfr. jerne (A 76, D, FrB 108, FrR, J, Ro 2,138, SnR 21, U [Brouwer], O), jern (D, EdJ 72, Ro 1,42, O) adv. ‘gerne, bereitwillig’ spätawfr. jern adv. ‘gerne, bereitwillig’ (Bo) OFR sat. jädden adv. ‘gerne’ (MF 116) WFR frühnwfr. iern (SB 45), jern (AH 22, Z. 48, GJ 219) adv. ‘gerne’ nwfr. jern(e) adv. ‘gaarne; met genoegen; bereidwillig, zonder bezwaren te maken’ (WFT 10,40)

Bel

Gemeingerm.: E ae. georn, S as. gern, N anl. gerne adv., D ahd. gern, W an. gjarn, O adän. gerne, aschw. giærna, G -gairns. Die anlautende palatale Spirans j- < g- vor -e- dürfte auch für die Schreibung aofr. anzusetzen sein (vgl. van Helten 1890: 115), während OFR harl. gehrn adv. (CM 95), wang. geern adv. (FA 1,80), INF fa. geern, giarn adv. (FÖW 184), FNF str. gehrn (ca. a. 1600, Kat. 63) ‘gern’ aus dem (M)nd. entlehnt sind, im Gegensatz zu OFR sat. jädden mit Reduktion des -r- > -d- < aofr. jerne. Im Nfr. gelten sonst Formen von germ. *halda- ‘zugeneigt’ (s.u.). Es scheint sich um eine nur im Germ. vorkommende no-stämmige Bildung zu der Verbwurzel idg. *gher- ‘begehren’ (IEW 440f.) zu handeln. Delbrück 1907: 133; Oberdörffer 1908: 12; Falk/Torp 1909: 128; Feist 1939: 186; Pokorny 1959: 440f.; Lehmann 1986: 140; Bammesberger 1990: 246.

Germ

Idg Lit

Hm 244f. glada- ‘glänzend, fröhlich, glatt’ P/*V (§ 4, 83) F

AFR aofr. gled ‘glatt’ (E1-3, H) INF fa. glääd, gleed ‘glatt; spiegelglatt (Wasser)’ (WFO 95, FÖW 189, Verf.) helg. glaad ‘glatt; spiegelglatt (Wasser)’ (WK 257) sy. gläär, glääd ‘glatt’ (BM 101) FNF mgos. glääd ‘froh’ (JH 7) OFR sat. glääd ‘glatt’ (MF 106) wang. glääd ‘glatt’ (FA 1,93) WFR frühnwfr. gled ‘glatt’ (SB 58), gled ‘glad, glibberig; blinkend, schitterend; fraai, schoon, mooi’ (GJ 173) nwfr. glêd ‘glad, vlak, zonder uitsteeksels; glibberig glad van oppervlak; glimmend, glanzend; welgesteld; vloeiend, vlot; slim, listig, geslepen’ (WFT 7,255ff.)

230

glada-

hind. glòd ‘glad’ (GB 65) schierm. gled ‘glad’ (DF 43) tersch. glêd ‘glad’ (CR 36) -iga-nassjǀ-eþǀ-ǀja-

Bel Germ

Idg

WFR nwfr. glêdich (WFT 7,258), hind. glòdich (GB 65) ‘gladachtig; tamelijk glad’ INF fa. gläädens, gleedens n. ‘glatte Stelle’ (KJC 9,181; NfWb), helg. glaadens n. ‘Glattes’ (WK 257), WFR nwfr. glêdens ‘gladheid’ (WFT 7,257) WFR nwfr. glêdte ‘gladheid’ (WFT 7,259) INF fa. glääde, gleede (LFM 62, NfWb), sy. glääri (BM 101, SU 577) swv.2 ‘glätten, ebnen’, OFR sat. gläädje swv.2 ‘glätten, ebnen’ (MF 106), WFR nwfr. glêdzje swv.2 ‘glätten, ebnen’ (WFT 7,259), daneben mit iterativer r-Erweiterung INF fa. gläädre, gleedre swv.2 ‘glitschen’ (FÖW 189) West- und nordgerm.: E ae. glæd, S as. glad-, N mnl. glat, D ahd. glat, W an. glaðr, O adän. glath. PFR *gled mit -e- < tonerhöhtem germ. -a-, das in den neufries. Mundarten in geschlossener Silbe zumeist zu /-e:-/ gedehnt wird (in INF helg. glaad mit [-Ȁ:-] < -a- < develarisiertem -e-). WFR hind. glòd (mit Senkung des -e- > [-ȃ-]) und schierm. gled zeigen diese positionsbedingte Dehnung erwartungsgemäß nicht. Entlehnung aus mnd. glat ‘glatt’ sind sämtliche Formen des FNF: vgl. etwa bök. glat (FU 86), hall. glat (MOH 2,198), ält. karrh. glatt (ca. a. 1820, FF 70), ngos. glat (MOH 2,198), wied. glat (FRU 101) ‘glatt, schlüpfrig; fein, hübsch’. Eine Ausnahme macht allerdings FNF mgos. gleed ‘froh’. Die Bedeutung ‘froh, freundlich, heiter’ begegnet sonst im Fries. nicht, wohl aber in E ae. glæd, S as. gladmǀd und W an. glaðr, so daß hier vermutlich EinÀuß der benachbarten sjüt. Mundarten vorliegt: vgl. O sjüt. (Viöl) gla (Bjerrum/Bjerrum 1974: 1,196), (Angeln) glaj (Jul Nielsen/Nyberg 1995: 190) ‘froh, heiter’; entsprechend dürfte FNF ält. karrh. glahs ‘heiter, froh’ (ca. a. 1820, FF 70) aus dem Jüt. entlehnt sein. Nach Heidermanns (Hm 245) entwickelte sich die ursprüngliche Bedeutung ‘glänzend’ zunächst offenbar zu ‘leuchtend, hell’ und weiter zu ‘fröhlich’. Das Adj. sei daher möglicherweise als germ. *gla-da- zu germ. *glǀa- red. ‘glühen’ (Sb 233) zu stellen. Die nur westgerm. Bedeutung ‘glatt’ bleibe dabei unerklärt. Die Bedeutung ‘glatt’ begegnet allerdings auch in lit. glodùs, glòdnas ‘glatt anliegend, sanft’ sowie mit ro-Erweiterung in lat. glaber ‘glatt, unbehaart, kahl’ < idg. *ghlΩdh- ‘glatt’ (IEW 431f.). Heidermanns (a.a.O.) fragt sich, ob es im Germ. nicht zu einer Kreuzung aus germ. *gla-da- < idg. *ghlΩ-tó- ‘glänzend’ und idg. *ghlΩdho- ‘glatt’

glaida- – glƣza-

231

gekommen sein könnte. Meines Erachtens lassen sich jedoch alle Formen miteinander auf einer Basis idg. *ghlΩdho- vereinen, wenn man stattdessen folgende Bedeutungsentwicklung annimmt: ‘glatt’ > ‘kahl, haarlos, ohne Bewuchs’ > ‘optisch hervorstechend, hell, leuchtend, glänzend (zunächst vielleicht nur von einer Kahlstelle; vgl. nhd. Glatze)’ > übertragen: ‘fröhlich’. Delbrück 1907: 133; Falk/Torp 1909: 147; Schwarz 1954: 439ff.; Pokorny 1959: 431f.; Meid 1965: 292f.; Spenter 1968: 75; Seebold 1970: 233.

Lit

Hm 245 glaida- (-iz) ‘schlüpfrig; gespreizt, weit geöffnet’ V (§ 25a, 40a) F

FNF bök. gliidj ‘glatt, schlüpfrig, glitschig’ (MN 1328, FU 87) karrh. gliidj ‘schlüpfrig’ (MN 1328) ält. ngos. glied ‘glatt’ (a. 1743, BJ 2,46)

Bel Germ

Nordseegerm.-nord.: F (NFR), W. PFR *glƣd/*glƣde. Offenbar ein a-stämmiges oder i-stämmiges Verbaladj. zu germ. *gleida- stv.I ‘gleiten’ (AFR glƯda stv.I, FNF glide stv.I) (Sb 230f.). Formal korrespondiert W an. gleiðr ‘mit gespreizten Beinen’, nnorw. gleid ‘weit geöffnet (Kluft)’. Der Bedeutungsunterschied F ‘schlüpfrig, glitschig’ < ‘was gleiten macht’ (aktivisch) : W ‘gespreizt, weit geöffnet’ < ‘was auseinandergeglitten ist’ (passivisch) scheint alt zu sein. Das Nebeneinander von aktivischer und passivischer Paraphrase könnte auf eine i-stämmige Derivation deuten. Vgl. ferner mit schwundstu¿gem Ablaut: E ae. glid ‘schlüpfrig’ < germ. *glidi- (Hm 248) und in derselben Bedeutung E ae. glidder, N anl. glider < germ. *glidra- (Hm 249). Falk/Torp 1909: 148; Falk/Torp 1910-11: 1,327; Kolb 1957: 55; Seebold 1970: 230f.

Lit

glǀ æza- ‘hell, glänzend’ R/S (§ 88, 91) F

S N

WFR frühnwfr. glier ‘hell, glänzend; freundlich’ [so bei G. Japicx; vgl. Brouwer/Haantjes/Sipma 1966: 188; anders Epkema ed. 1821: 2,194, der glier fälschlich in blier ‘freundlich’ verbessert] ält. nwfr. glier ‘hell’ (Salverda 1834: 19), nwfr. glier ‘hel, blinkend; doorschijnend (van spek); fel (¿g.)’ (WFT 7,268) nnd. (SH) glaar ‘schlüpfrig, glitschig’ (Mensing 2,384) mnl. glaer ‘groot, starend, schitterend, helder (van de oogen gezegd)’ (VV 2,1985)

232

gǀda-

-ǀja-

WFR nwfr. glierje swv.2 ‘blinken, stralen, opklaren (van de lucht)’ (WFT 7,268), S mnd. glƗren swv. ‘sich schminken’ (LB 2,118), N mnl. glƗren swv. ‘schitteren, glinsteren (vooral van de oogen)’ (VV 2,1986)

Bel

Als Adj. lediglich WFR, S (westl.) und N, daher möglicherweise kontinental-nordseegerm. PFR *glƝr, S as. *glƗr, N anl. *glƗr zeigt dehnstu¿gen Ablaut. Das Adj. gehört zu den „Glanz“-Wörtern mit anlautendem gl-. Die weitere Herleitung wird nicht deutlich. Offensichtlich ist von der dehnstu¿gen Wurzel idg. *ƣhlƝ- ‘schimmern, glänzen’ (IEW 429) auszugehen, und zwar am ehesten von einer s-Erweiterung idg. *ƣhlƝs-: vgl. germ.-lat. glƝsum (Tatitus), glaesum (Plinius) ‘Bernstein’, dazu mit grammatischem Wechsel E ae. glƣr m., S mnd. glƗr ‘Bernstein, Harz’ neben WFR glierje, S mnd. glƗren, N mnl. glƗren swv.2 ‘glänzen, blinzeln etc.’ (s.o.), ferner ohne grammatischen Wechsel W an. glæsa swv.1 ‘glänzen machen, schmücken’. Entsprechend wird man für das Adj. germ. *glƣzaansetzen dürfen, wobei allerdings das Verhältnis zwischen Adj. und Subst. unklar ist. Ging es aus dem Subst. germ. *glƣza- hervor (wie vergleichsweise S as. glasa ‘blaugrau’ aus glas n. ‘Glas’), oder wurde es aus dem denominalen schwachen Verb westgerm. *glƣzǀja- swv.2 rückgebildet? Bei germ. *glƣza- ‘Bernstein, Harz’ könnte es sich um eine VԍddhiBildung zu germ. *glasa- ‘Glas’ handeln < idg. *ƣhles-: vgl. AFR gles n., E ae. glæs n., S as. glas n., D ahd. glas n. Falk/Torp 1909: 147f.; Pokorny 1959: 429ff.; Stapelkamp 1959a: 66f.; Nielsen 1989: 158.

Germ Idg

Lit

Hm 250ff. gǀda- ‘gut’ *V (§ 32b) F

AFR aofr. gǀd (B1-2, E1-3, F, FV 208, R1-2), gnjd (E2) ‘gut; zuverlässig; wertvoll; frei; groß; zweckmäßig’, adv. ‘gut’ awfr. gǀd (A 476, BTr, EdJ 72, FrR, Fs 2,16, J, U [Brouwer], O), gnjd (A 236, BTr, Cr, D, FrB 14, Fs 1,44, J, P, Ro 1,254, SnR 286, O) ‘gut; zuverlässig; wertvoll; frei; groß; zweckmäßig’, adv. ‘gut’ spätawfr. goed, gued Àektiert ghoen, ghon ‘gut’ (Bo) INF frühfa. gudd ‘gut’ (ca. a. 1600, Kat. 72) fa. gud, Àektiert gooden ‘gut; reichlich bemessen; günstig, vorteilhaft; gütig; zuverlässig, einwandfrei’, adv. ‘gut; fertig, reif; gesund; leicht, mühelos’ (WFO 102, FÖW 201, Verf.)

gǀda-

233

helg. gud ‘gut; sicher, zuverlässig; gütig’ adv. ‘gut; fertig, reif; richtig’ (WK 273f.) sy. gur, gud ‘gut’ (BM 106, SU 583) FNF ält. bök. göid adv. (a. 1748, NfSt 2,3), bök. gödj, Àektiert gou ‘gut; umfangreich, reichlich; günstig, vorteilhaft, angenehm; gesund, frisch; freundschaftlich, wohlgesinnt; einwandfrei’; adv. ‘gut; vorteilhaft; leicht, mühelos’ (FU 89) ält. hall. göhd, Àektiert göhen (a. 1749, NfSt 1,8, 9), hall. gööd, Àektiert göö (MOH 1,81) ‘gut’ ält. karrh. gaud, Àektiert gau (ca. a. 1820, FF 67), karrh. gödj, Àektiert gou (MN 2444, OTJ 55, 56) ‘gut’ ält. mgos. god (ca. a. 1810, GvS v. 32), mgos. good, Àektiert gooën (MN 2444, BnG 1,119, MAH 91) ‘gut’, goo adv. ‘gut’ (PG 129) ält. ngos. gaud (a. 1743, BJ 1,40), Àektiert goosä (a. 1745, TJ 34, 48), ngos. goud, Àektiert goue (MN 2444, MOH 1,81) ‘gut’ sgos. gööd, Àektiert göö ‘gut’ (MN 2444, EFS 237, HMN 43) str. göed*, Àektiert göede (ca. a. 1600, Kat. 72), göe (a. 1662, DH 215) ‘gut’ wied. ält. wied. goid ‘gut’ (a. 1749, NfSt 1,43), wied. guid, Àektiert goo ‘gut, hochwertig; tüchtig; günstig, geeignet; reichlich, umfangreich; gesund, frisch; erfreulich, angenehm; angesehen, rechtschaffen; recht; freundschaftlich, wohlgesinnt; nicht alltäglich, für besondere Anlässe vorbehalten’ (FRU 111f.) wyk. gööd, Àektiert göö ‘gut’ (KF nr. 125, EFS 237) OFR brok. goed* in Àektiertem goede ‘guter’ (OfSt 70) harl. good*, goed* in Àektiertem gooden ‘guten’, goede ‘guter’ (CM 45) sat. goud ‘gut’ (MF 107) wang. good ‘gut’ (FA 1,24) wurst. god* in Àektiertem gode ‘guter’ (RM 101) WFR frühnwfr. goed (SB 103), goe (GJ 179) ‘gut’ nwfr. goed ‘goed; naar behoren, zoals het moet zijn; degelijk, deugdelijk, betrouwbaar; van hoge kwaliteit; vruchtbaar; passend, adequaat; heilzaam; zuiver, foutloos; heilig, vroom; braaf, rechtschapen; eerlijk, oprecht; welwillend, vriendelijk; gezond; krachtig, Àink; geschikt, gewenst; bruikbaar; dienstig, nuttig [...]’ (WFT 7,294ff.) hind. goo ‘goed’ (GB 66) schierm. gúed ‘goed’ (DF 45) tersch. goed ‘goed’ (CR 37) zwh. goei ‘gued’ (WFT 7,295

234

-lƯka-

-a-

-Ưn-

-nassjǀ-haidu-

-ja-

-ǀja-

gǀda-

AFR aofr. gǀdelƯk ‘angemessen, billig’ (E1, R1), awfr. gǀd(e)lƯk ‘angemessen, passend; freundlich, wohlwollend’ (A, D, Fs, J, Ro, U), gǀdlƯke adv. ‘auf freundliche Weise’ (SnR, O), WFR tersch. goedelik ‘goedig’ (CR 37) AFR aofr. gǀd (B1-2, E1-3, F, H, R1-2), gnjd (E2), awfr. gǀd (A 240, Cr, BTr, EdJ 69, J, LSt, Ro 1,110, O), gnjd ( A 192, Cr, D, FrB 14, J, Ro 1,6, P, O) n. ‘Gut, Habe, Vermögen’, spätawfr. gued ‘Gut; Gutes’ (Bo), INF frühfa. gud (ca. a. 1600, Kat. 64), ält. fa. gud (a. 1754, CQ v. 6), fa. gud (WFO 102, FÖW 201), sy. gur, gud (BM 106, SU 583) n. ‘Gut, Habe, Vermögen, Mobilien’, FNF bök. gödj (FU 89), hall. gööd (HL 52), karrh. gödj (MN 2445), ält. mgos. god n. (ca. a. 1810, GvS v. 12), mgos. good (MN 2445), ält. ngos. gaud (a.1743, BJ 2,48), ngos. goud (MN 2445), sgos. gööd (MN 2445), str. göed (ca. a. 1600, Kat. 64), wied. guid (FRU 111), wyk. gööd (Gl 275) n. ‘Habe, Gut, Besitz, Mobilien; Landbesitz’, OFR harl. goot n. ‘Vieh’ (CM 42), sat. goud n. ‘Gut; Stoff’ (MF 107), WFR frühnwfr. goed ‘goed, geluk, welvaart, heil’ (GJ 179), nwfr. goed (WFT 7,304), hind. goed (GB 66), schierm. gúed (DF 45), tersch. goed (CR 37) n. ‘bezit, vermogen; erfgoed; spullen’ AFR awfr. gƝd(e) f. ‘PÀege, Versorgung’ (O), INF ält. fa. gid (a. 1757, NfSt 1,21), fa. ged n. ‘Dünger, Mist’ (FÖW 183), FNF bök. gäi (FU 83), ält. karrh. gäi (ca. a. 1820, FF 67), karrh. gäi (MN 2927), sgos. geed (MN 2927), wied. geer (FRU 97) n. ‘Dung, Dünger’; die spezielle Bedeutung ‘Dünger’ macht im Nfr. Entlehnung oder zumindest doch Bedeutungsentlehnung aus adän. *gǀødhæ f. (jüt. gjøde) ‘Dünger’ wahrscheinlich; so auch Århammar 1966: 311. INF helg. gudens n. ‘Gutes’ (WK 276), WFR nwfr. goedens (WFT 7,306), hind. goedens (GB 66), schierm. gúedens (DF 45) ‘goedheid, vriendelijkheid, welwillenheid’ AFR awfr. gǀdichƝd f. ‘Güte, guter Wille’ (O) mit sekundärer igErweiterung, INF fa. gudhaid n. (FÖW 201), sy. gurhair g. (SU 584) ‘Güte; Herzensgüte’, FNF bök. gödj-, gouhäid f. (FU 89, 91), hall. göödheit f. (Lo 42), wied. guidhaid n. (FRU 112) ‘Güte; Herzensgüte’, WFR nwfr. goedheid (WFT 7,308), hind. goedicheid (GB 66), schierm. gúedheid (DF 45), tersch. goedhyd (CR 37) ‘goedheid’ AFR awfr. gƝda swv.1 ‘verbessern; ausgleichen, einigen’ [?] (J, O) [formal nicht zu unterscheiden von afr. gƝda swv.1 ‘versorgen, pÀegen; beachten, einhalten < *gauþja- < germ. *gawiþja- [?], mit dem gƝda < germ. *gǀdja- z.T. inhaltlich zusammenfällt], INF fa. ged swv.1 ‘düngen’ (FÖW 183), FNF bök. gäie (FU 83), karrh. gäie (MN 2927) swv.1 ‘düngen’; wie in dem Ưn-stämmigen Subst. (s.o.) liegt im Nfr. Entlehnung, zumindest aber Bedeutungsentlehnung aus dem Dän. vor; vgl. O jüt. gjøde ‘düngen’ < adän. *gǀødhæ swv.1. AFR awfr. gǀdia swv.2 ‘verbessern, aufbessern’ (O)

gǀda-

Bel Germ

235

Gemeingerm.: E ae. gǀd, S as. gǀd, N anl. guot, D ahd. guot, W an. góðr, O adän. gǀthær, G gǀþs. PFR *gǀd, aus dem alle neufries. Formen regelhaft hervorgegangen sind. In zahlreichen neufries. Mundarten ist in (ehemals) zweisilbigen oder Àektierten Formen intervokalisches -d- ausgefallen; vgl. Siebs 1901: 1275 und Löfstedt 1931: 256. Im weiteren ist offenbar an die schwundstu¿ge Sippe um germ. *gad- anzuschließen, etwa in *gadǀja- ‘verbinden, vereinigen’ (AFR gadia swv.2 ‘vereinigen’). Demnach ergibt sich für das Adj. eine Grundbedeutung ‘zusammenfassend, verbunden’ (Hm 251). Komp. und Sup. werden suppletiv mit germ. *batizan- ‘besser’ (s.o.) gebildet. Darüber hinaus begegnet auch im Fries. das suppletive Adv. germ. *welǀ ‘wohl, gut’ (zu dem Primärverb germ. *wel- anom. ‘wollen’; vgl. Flasdieck 1937: 1ff.): AFR aofr. wel (B1-2, E1-3, F, H, R1-2), wƗl (E1), awfr. wel (A 232¸Cr, BTr, D, FrR, Fs 2,153, J, Ro 2,24, O), wƝl (BTr), wal (Cr, D, BTr, J, Ro 2,64, SnR 43, O), wƗl (O), wil (J), wol (Cr, BTr, FrR, Fs 2,154, J, P, U [Brouwer]) adv. ‘wohl, gut, richtig, genau, scharf, kräftig, herzlich; ganz völlig; wohl mindestens (in Verbindung mit einer Kardinalzahl)’, spätawfr. waal, wal adv. ‘wohl’ (Bo) INF frühfa. well (ca. a. 1600, Kat. 63), ält. fa. well (a. 1754, CQ v.1), fa. wel (WFO 331, FÖW 697), ält. helg. wel (a. 1758, NfSt 1,49), helg. wel (TS 302), sy. wel (BM 297, SU 833) [die von Selmer 1921: 61 angegebene Variante sy. wial ‘wohl’ ist zu streichen; sie gehört zu dem etymologisch verwandten – und vermutlich aus dem Nd. entlehnten – sy. wääl ‘ausgelassen’] adv. ‘wohl, gut, richtig; wohlauf, gesund; wahrscheinlich’, als Konjunktion ‘wohl, zwar, allerdings’ FNF ält. bök. weiil (a. 1746, CB 17), bök. wälj (FU 268), ält. hall. weel (a. 1749, NfSt 1,8), hall. weel (MOH 1,69), wil (Lo 134), ält. karrh. wäil (ca. a. 1820, FF 182), karrh. wel (MN 1240), mgos. weel, wil (MAH 91, Löfstedt 1971: 58), wül (PG 129), ält. ngos. wäyl, weyl (a. 1743, BJ 2,217), ngos. wäil (MOH 1,69, WNG 122), sgos. wel (HMN 36), wil (MN 1240), str. weel (ca. a. 1600, Kat. 63), ält. wied. wehl (a. 1749, NfSt 1,43), wied. wil (FRU 372) adv. ‘wohl, gut, richtig; wohlauf, gesund; wahrscheinlich’, als Konjunktion ‘wohl, zwar, allerdings’ OFR brok. wel(l) (OfSt 69), harl. wey(h)l, wayhl, wall, woll (CM 62, 80, 90, 94), sat. wäil, wöil, wül (MF 181), wang. wail (FA 1, 107), wurst. weel (RM 128) adv. ‘wohl’ WFR frühnwfr. wol (AH 21, Z. 11, WT 24, Z. 20, GJ 534), nwfr. wol (FW 3,471), hind. wòl (GB 181), schierm. wal (DF 125), tersch. wol (CR 127) adv. ‘wohl’

236

gramaDie neben AFR wel stehenden Varianten awfr. wal, wol und ihre neufries. Entsprechungen sind mit Blick auf S as. wel : wala : wola adv. ‘wohl’ (Holthausen 1921a: 57) zumeist als Ablautformen erklärt worden (vgl. etwa Siebs 1901: 1387, Walter 1911: 63 und Gosses 1928: 82, 84). Wenigstens für awfr. und nwfr. wal, wol ist jedoch ebenfalls eine Vorstufe afr. wel denkbar, da altes -e- im Nordosten und Südwesten des wfr. Sprachgebietes schon in awfr. Zeit zu -abzw. -o- gesenkt wurde (so auch Spenter 1968: 69). Inwieweit ferner mit LehneinÀuß durch mnd. wal, wol bzw. mnd. wel, wƝl, wal, wƗl, wole etc. zu rechnen ist, läßt sich insbesondere für die frühen Graphien kaum entscheiden; für AFR wƗl und und wƝl ist das wahrscheinlich, möglicherweise aber auch für OFR wäil, wail, weel < *wƝl, sofern dort nicht von einer Sonderentwicklung auszugehen ist, etwa einer ehemals zweisilbigen Vorstufe oder einer Dehnung vor ¿nalem -l (wie angeblich im Mnd. und Mnl.), für die es allerdings keine Parallelen zu geben scheint. Die übrigen neufries. Belege lassen sich regelhaft auf PFR *wel zurückführen, teils mit erhaltenem, teils mit gedehntem und partiell wieder gekürztem (und verengtem) -e-.

Lit

Siebs 1889: 237; van Helten 1890: 19; Schmidt 1898; Siebs 1901: 1221; Delbrück 1907: 133f.; Falk/Torp 1909: 124; Löfstedt 1928: 81; Weinacht 1929: 13f., 29f., 41; Hof 1933: 153; Mitzka 1934: 319f.; Boersma 1939: 48; Buma ed. 1949: 191; Pokorny 1959: 423f.; Spenter 1968: 230; Stang 1972: 23f.; Tamminga 1973: 137ff.; de Grauwe 1979-82: 1,27ff.; Lehmann 1986: 158; Boutkan/Siebenga 2005: 141f. Hm 253 grama- ‘zornig, grimmig’ *V (§ 27b)

F

AFR FNF OFR WFR

-a-

INF fa. groom m. ‘Gram’ (LFM 68, SP 54, FÖW 199), FNF ält. ngos. groom [ohne Genusangabe] ‘Gram’ (a. 1743, BJ 2,47) INF fa. greemes, greemels n. ‘Jammer, Elend’ (WFO 99, FÖW 196), FNF hall. graamels [ohne Genus] ‘Gram, Trauer’ (MOH 2,28), vermutlich eine Entlehnung aus adän. *græm(m)ilsæ ‘Trauer’ (ält. ndän. græmmelse); in INF fa. greemes könnte indes auch ein denominales Abstraktum ains.-nfr. *gremeþe f. mit dem Suf¿x germ. -eþǀ- vorliegen, wie etwa in an. gremd f. ‘Zorn’. Die Formen auf -es/-as < -eþe zeigen mittlerweile fast vollständig einen Suf¿xwechsel zu -els.

-eslan-

spätawfr. gram ‘gram’ (Bo) ält. ngos. groom ‘gram’ (ca. a. 1745, JG 121) wang. grom ‘gram’ (FA 1,93) nwfr. gram ‘wars, zat, beu; erg, boos, tornig’ (WFT 7,337)

granna-

-ja-

-ǀjaBel Germ

Idg Lit

237

FNF bök. grååme ‘grämen’ (FU 91), hall. graame (MOH 2,289), ält. karrh. grahme (ca. a. 1820, FF 72), karrh. graame (Sjem. 57), mgos. graame (LHol 170), ält. ngos. graamä* [in ät graamt meh ‘es tut mir leid’] (a. 1743, BJ 2,50), wied. graame (FRU 108) swv.1 ‘grämen’ < *gramma < afestl.-nfr. *gremma swv.1. INF fa. groome swv.2 ‘sich grämen’ (SP 54, FÖW 199) Gemeingerm.: E ae. gram, S as. gram, N mnl. gram, D ahd. gram, W an. gramr, O ält. ndän. gram, G indirekt in (in)gramjan swv. PFR *grom. Die ofr. und nfr. Formen mit -o- vor Nasal < germ. -asind zweifellos bodenständig, dagegen ist in nwfr. gram Entlehnung aus dem Nl. nicht auszuschließen. Germ. *grama- steht neben verwandtem germ. *gremma- (s.u.). Ursprüngliches Verbaladj. mit Anschluß an die idg. Wurzel *ghrem‘laut und dumpf tönen, donnern, grollen, zornig sein’ (IEW 458f.). Delbrück 1907: 134; Falk/Torp 1909: 142; Feist 1939: 219; Pokorny 1959: 458f.; Blum 1960: 186ff.; de Vries 1977: 184; Lehmann 1986: 159. Hm 254f. granna- ‘dünn, schmal’ P (§ 2)

F O

FNF bök. groon ‘seicht und fest [vom Untergrund eines Gewässers]’ (FU 93) karrh. groon ‘seicht mit hartem grunde [Gewässer]’ (MN 1841) ält. ndän. grand ‘¿n, ren, skær; forsigtig, nøjeseende; stiv, fornem’; adv. ‘klart, skarpt’ (Kalkar 2,65), dazu jüt. granner ‘rask og livlig i bevægelser; livlig og skarp i sans el. fatteevne; meget begærlig’ (Feilberg 1,476) und nschw. grann ‘tunn, liten, ¿n’ (Hellquist 1948: 1,296)

-ǀja-

FNF karrh. groone swv.2 ‘seichter werden’ (MN 1841)

Bel

Kontinental-nordseegerm. und nord.: F (NFR), S nnd. (OF) grann, W an. grannr. Im Festl.-Nfr. wohl bodenständig aus afestl.-nfr. *gron (-nn-) mit Verdumpfung des germ. -a- > -o- vor Nasal, während INF fa. gran, granj ‘Àach, seicht (von einem Gewässer sowie in der Verbindung granj pluuge ‘Àach pÀügen’)’ (NfWb, FÖW 195, Verf.) statt eines zu erwartenden † groon zumindest in lautlicher Hinsicht durch die dän. Formen beeinÀußt zu sein scheint. Im Germ. auf gleicher Stufe isoliert; vgl. daneben ohne Gemination germ. *granǀ- f. ‘Granne, Barthaar’: E ae. granu, S mnd. gran, D ahd. grana, W an. grƫn. Die weiteren Beziehungen sind unklar.

Germ

238

Lit

grauta-

Falk/Torp 1909: 139; Falk/Torp 1910-11: 1,341f.; Hellquist 1948: 1,296. Hm 256f. grauta- ‘stark, dick, groß’ *V (§ 25c)

F

AFR aofr. grƗt ‘groß; heftig, schwer; schrecklich; viel, hoch; voll’ (E1-3, F, FV 208, H, PrJ 256, R1) awfr. grƗt (A 12, Cr, BTr, D, EdJ 68, FrB 18, FrR, Fs 1,144, LSt, Ro 1,30, SnR 18, U [Brouwer], O), grƝt (Cr, FrB 116, J, O) ‘groß; heftig, schwer; viel, hoch’ spätawfr. graet ‘groß’ (Bo) INF frühfa. gratt (ca. a. 1600, Kat. 69) ‘groß’ ält. fa. grat (a. 1754, CQ v.2), fa. grat (WFO 98f., FÖW 195f.) ‘groß; schön, ansehnlich; vornehm’, adv. ‘viel’ helg. gurt ‘groß’ (WK 278), zumeist in stehenden Wendungen oder als verstärkende Vorsilbe, sonst durch das nd. Lehnwort groot (WK 270) ersetzt sy. gurt ‘groß’ (BM 107, SU 584) FNF ält. bök. grott (a. 1746, CB 17), bök. grut ‘groß’ (FU 94) hall. grot ‘groß’ (MOH 2,22, 54) ält. karrh. grott (ca. a. 1820, FF 73), karrh. grot (MN 282, OTJ 29) ‘groß’ mgos. gråt ‘groß’ (MN 282, HMN 124, BnG 1,119) ält. ngos. grott (a. 1743, BJ 2,48), ngos. grot, gråt (MOH 2,22, WNG 48) ‘groß; vornehm’ sgos. gråt (MN 282), grüt (BnG 1,109) ‘groß’ str. grott ‘groß’ (ca. a. 1600, Kat. 71, 74) wied. grot ‘groß’ (FRU 109) wyk. grot ‘groß’ (KF nr. 13, Gl 275) OFR harl. graat ‘groß’ (CM 61, 100) sat. groot, gratter comp., gratst sup. ‘groß’ (MF 108) wang. grooet, gratter comp., gratst sup. ‘groß’ (FA 1,24, 60, HEN 247) wurst. grad, graat, groot /-o:-/ (RM 100), gretter comp. (RM 101), grottesten sup. (RM 101) ‘groß’ WFR frühnwfr. graet (SB 43), grett (SB 41), gretter comp. (SB 68), græt (AH 22, Z. 53, WT 25, Z. 35), great (GJ 182) ‘groß’ nwfr. grut [-œ-] ‘groot; taalrijk, veel; omvangrijk, uitgebreid; kostbaar; van hoge rang, hooggeplaatst; trots, hoogmoedig; heftig; hevig, swaar’ (WFT 8,24ff.) hind. graet, grätter comp., grätst sup. ‘groot; trots, hoogmoedig’ (GB 66)

grauta-

239

schierm. gret, gretter comp., gretst sup. ‘groot’ (FW 1,472) tersch. great, gretter comp., gretst sup. ‘groot’ (CR 38) -iska-

-lƯka-Ưn-

-eslan-man-nassjǀ-

-eþǀ-haidu-

Bel Germ

INF fa. gratsk ‘eingebildet’ (FÖW 196), FNF bök. grutsch (FU 95), hall. grotsk (MOH 2,22), ält. karrh. grottsk (ca. a. 1820, FF 73) ‘stolz, hochmütig’, OFR sat. grootsk ‘hochmütig, aufgeblasen; verschwenderisch’ (MF 108), WFR nwfr. grutsk (WFT 8,36), hind. graetsk, grätsk (GB 67), schierm. gretsk (Spenter 179), tersch. greatsk (CR 38) ‘stolz, hochmütig’ AFR awfr. grƗtlƯk (FrB 152, LSt), grƗtlƯken (O) adv. ‘großartig’ AFR awfr. grƝte f. (D, O), daneben offenbar analog nach dem Adj. grƗte f. (J) ‘Größe, Ausdehnung’ sowie vielleicht auch OFR wang. grattii f. (FA 1,369), wurst. groote (RM 100) ‘Größe’, aber hier könnte wohl auch ein nichtumlautendes Suf¿x im Spiel sein; vgl. Ahlsson 2. FNF bök. grutelse m. (FU 94), ält. karrh. grottelse (ca. a. 1820, FF 73), wied. grotels m. (FRU 110) ‘Größe, Umfang’; vermutlich durch dän./ jüt. EinÀuß Suf¿xwechsel -nassjǀ- > -eslan-; vgl. Löfstedt 1968: 25f. WFR nwfr. grutme ‘grootheid’ (WFT 8,35); Neologismus des 19. Jahrhunderts; vgl. Brouwer 1963: 254. INF fa. gratens n. (WFO 99, FÖW 196), sy. gurtens g. (BM 107, SU 584) ‘Größe’, FNF bök. grutense (FU 95), ngos. grotens (WNG 48), wied. grotens (MN 284) m. ‘Größe’, WFR nwfr. gruttens ‘grootheid’ (WFT 8,39), tersch. grettens ‘grootheid; overvlakte’ (CR 38) WFR frühnwfr. greatte (GJ 182), nwfr. grutte (WFT 8,38) ‘grootte; grootheid’ AFR awfr. grƗthƝd (D, Ro 1,54, O), grƝthƝd (SnR 654), grƝtheid (J, O) sowie mit ig-Erweiterung grettichƝd (FrB 134) f. ‘Größe, Umfang, Höhe; Länge (Weg); Bedeutung’, FNF ält. ngos. grottheit f. ‘Größe’ (a. 1760, Kon. 78), WFR nwfr. grutheid (WFT 8,32), hind. graetheid (GB 66) ‘grootheid; elite’ Westgerm.: E ae. grƝat, S as. grǀt, N mnl. groot, D ahd. grǀz. PFR *grƗt mit -Ɨ- < monophthongiertem germ. -au-. Auf dem Pos. afr. grƗt basieren lediglich OFR groot, grooet sowie – über die speziell awfr. Vorstufe grƝt /-æ:-/ – WFR frühnwfr. great, hind. graet, tersch. great, während INF fa. grat, FNF gråt, grot, grut, aber auch sgos. grüt (< ält. *grǀøt, anscheinend aus einem Àektierten *grote) als Analogiebildungen nach dem Komp. anzusehen sind, ausgehend von ains.-/afestl.-nfr. *gratter mit geminiertem -t- vor der synkopierten Komparativendung -era und damit verbundener Kürzung des Langvokals < *grƗtra < *grƗtera. Entsprechendes gilt für WFR ält. schierm. gret nach dem Komparativ awfr. *gretter < *grƣtra < *grƗtera, desgleichen für nwfr. grut [-œ-, -œ.-] mit gerundetem -edurch den labialisierenden EinÀuß des voraufgehenden -r-. Kurzer

240

Idg Lit

greisa-

Stammvokal begegnet ebenfalls in den metathetischen Formen INF helg. sy. gurt, vermutlich auch hier zunächst aus ains.-nfr. *grat mit kurzem -a- in Analogie zum Komp. oder Sup., das nach vollzogener Metathese in der Position vor -r zu -ǀ- gedehnt und später zu -u- gekürzt bzw. verengt wurde. Die Komparation von afr. grƗt erfolgt suppletiv mit germ. *maizan‘größer; mehr’ (s.u.). In den neufries. Mundarten gilt das relikthaft noch für das Nfr.; dort erscheinen verschiedentlich im Bereich des Komp. neben regulären auch suppletive Formen. Im Nfr. hat mit Ausnahme des Helg. der erstarrte – und wohl aus einer adv. Fügung stammende – Dat. Pl. der ursprünglichen starken AdjektivÀexion die Bedeutung ‘laut’ angenommen: INF fa. gratem (WFO 99, FÖW 195), sy. gurtem (BM 107, SU 584), FNF ält. bök. grottum (a. 1748, NfSt 2,3), bök. grutem (FU 95), hall. grotem (MOH 2,22), ält. karrh. grottem (ca. a. 1820, FF 73), karrh. grotem (OTJ 75), mgos. gråtem (MN 284), ält. ngos. grottem (ca. a. 1745, JG 195), ngos. grotem (MN 284), sgos. grütem (MN 284), wied. grotem (FRU 110). Entlehnung aus mnl./mnd. grôt soll nach Spenter 1968: 137 in WFR schierm. got ‘groß’ vorliegen („am besten [...] mit einer vom Komp. u. Sup. ausgehenden Kürzung sowie mit Metathese und Schwund des r“); Entlehnung aus dem Nd. ist zweifellos INF helg. groot ‘groß’ (WK 270). Im weiteren ist offenbar von einem o-stu¿gen Verbaladj. zu dem noch relikthaft bezeugten Verb germ. *greuta- stv.II ‘zermahlen, zerreiben’ (Sb 242) auszugehen. Seine ursprüngliche Bedeutung war demnach wohl ‘grobkörnig gemahlen’, woraus ‘grob, klobig, dick’, ‘stark’, ‘schwer’ usw. Formal identisch mit lit. graudùs [sekundäre u-Flexion] ‘spröde, brüchig, bröckelig’ < idg. *ghreu-d- ‘zerreiben’ (IEW 461), einer Erweiterung zu idg. *gher- ‘reiben’ (IEW 439f.). Siebs 1889: 285; Koch 1906: 18, 46-58, 85-99; Falk/Torp 1909: 145; Löfstedt 1931: 22, 54; Mitzka 1934: 312ff.; Knop 1954: 54f.; Pokorny 1959: 439f., 461; Frings/Müller 1966-68: 1,205; Stanforth 1967: 4ff., 68, 78f.; Spenter 1968: 137; Seebold 1970: 242; Boutkan/ Siebenga 2005: 143. Hm 257 greisa- ‘grau’ P (§ 1)

F

AFR awfr. grƯs ‘grau’ (Ro 2,4) spätawfr. grys ‘grau’ (Bo) FNF ält. ngos. gris ‘grau’ (a. 1743, BJ 2,47) OFR sat. gries ‘grau’ (MF 108) wang. griis ‘grau’ (FA 1,101)

grella-

241

WFR frühnwfr. grijz [-i:-] ‘grijs, graauw’ (GJ 186) nwfr. griis ‘lichtgrauw; witachtig vaal; mengkleur van zwart en wit; donker, ondoorzichtig; met grijs haar; aloud, overoud’ (WFT 7,369) hind. griis ‘grijs’ (GB 67) schierm. grys ‘grauw’ (DF 45) tersch. griis ‘grijs’ (CR 38) -iga-nassjǀ-haidu-ǀja-

WFR nwfr. grizich ‘grijzich; grijze haren krijgend’ (WFT 7,390) WFR nwfr. grizens ‘grijsheid’ (WFT 7,369, 390) WFR nwfr. griisheid ‘grijsheid’ (WFT 7,369) WFR nwfr. griizje swv.2 ‘grijzen; grijs worden, inz. van haar’ (WFT 7,369)

Bel Germ

Kontinentalwestgerm.: S as. grƯs, N mnl. grijs, D ahd. grƯs. In den ofr. und wfr. Mundarten hat afr. grƯs das synonyme Erbwort afr. grƝ ‘grau’ < germ. *grƣwa- (s.u.) durchgehends ersetzt. Im Nfr. ist es für das ältere Ngos. bezeugt, könnte dort aber aus dem Nd. entlehnt sein; das im Nfr. begegnende Primärsubst. INF fa. gris n., sy. gris g., FNF bök. hall. wied. gris n. ‘Ferkel’ ist eine ältere Entlehnung aus adän. grƯs ‘Ferkel’, zu an. gríss m. ‘Ferkel, Eber’, wobei es m.E. aber fraglich bleibt, ob hier tatsächlich an germ. *greisa- ‘grau’ anzuschließen ist, wonach gríss als ‘das graufarbene Tier’ zu interpretieren wäre (FT 1,348f.), oder ob man nicht besser eine andere Herleitung in Betracht ziehen sollte (Hellquist 1948: 1,300, de Vries 1977: 189f.). Nach Pokorny Primäradj. zu idg. *ƣhrƝi-, einer Wurzelerweiterung zu idg. *ƣhrƝ- ‘scheinen, glänzen, schimmern’ mit weiterem Anschluß an air. grían f. ‘Sonne’ < idg. *ƣhrei-nƗ- (IEW 441f.). Falk/Torp 1909: 144; Pokorny 1959: 441f.; Spenter 1968: 261.

Idg Lit

Hm 257f. grella- ‘zornig’ V/R? (§ 24e, 86) F

S

FNF wied. greel ‘naßkalt’ (FRU 107) WFR nwfr. gril ‘scherp, helder, schel (van licht, lucht; fel, opzichtig, schreeuwend (van kleuren); scherp (van geluid); wild, hevig, erg’ (WFT 7,370) mnd. grel ‘zornig, böse, verärgert, ergrimmt’ (LB 2,155), nnd. (Dith.) grell ‘heftig, scharf’ (Mensing 2,476), nnd. (Wfal.) grell ‘heftig, schnell; ranzig (Speck); lebhaft, übereifrig’ (Woeste 85), gron. grӍl ‘met grote ogen kijkend; gril’ (ter Laan 1952: 277)

242

-iga-(j)an-engǀ-jaBel Germ

Lit

gremma-

FNF ält. karrh. greelig ‘der Fieberschauer hat’ (ca. a. 1820, FF 72) INF fa. gralen pl. ‘Kälteschauer’ (FÖW 195), FNF bök. greele pl. ‘Kälteschauer’ (FU 92), S mnd. grelle m. ‘Zorn, Erbitterung’ (LB 2,155) FNF karrh. greelinge pl. ‘Kälteschauer’ (Sjem. 373), wied. greeling f. ‘Schauder’ (FRU 108) E ae. grillan swv.1 ‘to provoke, offend’ (BT 489), S nnd. (SH) grillen swv.1 ‘boshaft blicken’ (Mensing 2,482) usw. Als Adj. nicht nur N und D, sondern auch F und S, und damit kontinental-westgerm. Das Verbaladj. germ. *grella- scheint aus dem in D mhd. grellen stv.III ‘laut, vor zorn schreien’ (Lexer 1,1077) vorliegenden starken Verb hervorgegangen zu sein. Aus der Grundbedeutung ‘schrill, zornig schreiend’ entwickelte sich zunächst ‘zornig, böse, heftig’, dann im übertragenen Sinne auch ‘schreiend bunt’, ‘grell (Licht)’ und ‘schrill (Geräusch)’sowie ‘(vor Kälte) zitternd’ > ‘nasskalt’. Allerdings setzt nwfr. gril ein PFR *gril (-ll-) voraus mit -i- < -e- + iUmlaut. Das deutet zumindest im Wfr. auf eine ja-stämmige Vorstufe hin, möglicherweise unter EinÀuß des jan-Verbs (s.o.) oder gar aus diesem rückgebildet. Überdies ist eine Entlehnung aus N mnl. gril (neben grel) ‘jähzornig, hitzig’ nicht grundsätzlich auszuschließen. Umlaut zeigt ferner das nominale INF fa. gralen pl. < ains.-nfr. *grill-, nicht dagegen FNF greel, greelig, greele pl., greeling f. < afestl.-nfr. *grell-, wobei m.E. auch für die festl.-nfr. Formen mnd. Entlehnung oder zumindest doch mnd. Lehnlautung nicht auszuschließen ist. Stapelkamp 1959: 70f.; Kluge/Seebold 2002: 372. Hm 258f. gremma- ‘grimmig, zornig’ P (§ 1)

F

AFR aofr. grim ‘grimmig, böse, grausig, schrecklich’ (E1, F, H, R1) awfr. grim (J, U [Hoekstra]), grem (P, O) ‘grausig, schrecklich; kalt; streng (von einem Urteil)’ spätawfr. grim ‘schlecht, schlimm’ (Bo) WFR frühnwfr. grim ‘grimmig’ (GJ 184), de grymme ‘der Grimmige’ (SB 68 Anm.) nwfr. grym ‘fel, wreed, boosaardig; afschrekkend, beangstigend; toornig, woedend; nors, onvriendelijk’ (WFT 7,372)

-iga-

WFR nwfr. grimich ‘woedend, toornig; afschrikwekkend’ (WFT 7,374) WFR nwfr. grymsk ‘toornig, onvriendelijk’ (WFT 7,375)

-iska-

grƣwa-

-lƯka-an-ǀjaBel Germ

Lit

243

AFR aofr. grimlƯke adv. (H), awfr. grimmelƯk adj. (A 524) ‘grimmig, schrecklich’ WFR frühnwfr. grjimme ‘grimmigheid, toorn’ (GJ 184), nwfr. grime ‘grimmigheid, toorn, boosheid; monster, gruwel’ (WFT 7,373) WFR nwfr. grymje swv. ‘boos, toornig zijn; dreigend, toornig aankijken’ (WFT 7,374) West- und nordgerm.: E ae. grim, S as. grim, N mnl. grim, grem, D ahd. grim, W an. grimmr, O adän. grim. PFR *grim scheint sich im Nfr. und Ofr. nicht fortzusetzen. Die Form awfr. grem zeigt Senkung des -i- > -e- vor Nasal (van Helten 1890: 11, Gosses 1928: 92f.), sofern sie nicht durch mnl. grem beeinÀußt ist. Das in fast allen nfr. Mundarten bezeugte grimig ist eine Entlehnung aus dem Nd. (MOH 2,178). Das Primäradj. germ. *gremma- steht neben verwandtem germ. *grama- (s.o.). Falk/Torp 1909: 142; Pokorny 1959: 458f.; Blum 1960: 178ff.; Seebold 1970: 239; Kluge/Seebold 2002: 373; Boutkan/Siebenga 2005: 144. æwa- ‘grau’ P (§ 11) Hm 259 grǀ

F

AFR awfr. grƝ ‘grau’ (Ro 2,4) sowie in grƝhwƯt ‘grauweiß, mit grauen Haaren’ (J), grau, grouw ‘grau’ (SnR 415, O) INF fa. grä ‘grau; trübe, nebelverhangen (vom Wetter)’ (WFO 98, FÖW 194, Verf.) helg. gri ‘grau’ (WK 266) sy. gre ‘grau’ (BM 103, SU 579) FNF bök. gra ‘grau’ (FU 91) hall. grai ‘grau’ (MOH 1,78) ält. karrh. grä (ca. a. 1820, FF 72), karrh. grä (OTJ 16, 48, 73) ‘grau’ mgos. grä ‘grau’ (Beitr. 34) ält. ngos. gräh (a. 1743, BJ 2,47), ngos. grä (WNG 47) ‘grau’ sgos. grää [Ȥ-] ‘grau’ (Beitr. 33); Siebs (EFS 205) führt stattdessen für Hattstedt die schwer zu durchschauende Form sgos. grî an. wied. grä ‘grau; trübe (vom Wetter)’ (FRU 106) wyk. grai ‘grau’ (EFS 205) OFR harl. graw ‘grau’ in grawe hohldduhfe ‘eine Turteltaube’ (CM 42), grawe ulck ‘eine [sic!] Marder’ (CM 43) wang. grau ‘grau’ (HEN 55, 100, 114)

244

grǀni-

WFR frühnwfr. graeu ‘grau’ (SB 85), grauw ‘graauw, stuursch, grimmig’ (GJ 187) nwfr. grau ‘grijs, vaalwit; donkergrijs, niet helder van kleur’ (WFT 7,342f.) hind. graau ‘grauw’ (GB 66) schierm. grau ‘grauw’ (DF 44) tersch. graauw ‘grauw’ (CR 38) -iga-lƯka-nassjǀ-

INF helg. grili ‘gräulich’ (WK 267) INF fa. gräelk ‘gräulich’ (WFO 98, FÖW 195) INF fa. gräens n. (Verf.), helg. gridens n. (WK 267) ‘Graues’ mit eingeschobenem unorganischen -d- in intervokalischer Position; der Genuswechsel Fem. > Neutr. ist sekundär.

Bel

West- und nordgerm.: E ae. grƣg, S as. -grƝ, N mnl. grau, D ahd. grƗo, W an. grár, O adän. grƗ. PFR *grƝ < ält. *grƝw ist bodenständig aus germ. *grƣwa- entwickelt worden. Aus den unter germ. *blƣwa- ‘dunkelblau’ erläuterten lautlichen Gründen sind die ofr. und (a)wfr. Formen grau, graau, graauw etc. besser als Entlehnungen aus (m)nd. bzw. (m)nl. grau anzusehen. Im weiteren wohl ein aus dem Idg. ererbtes wa-stämmiges Farbadj., das im Germ. isoliert steht und auch außergerm. ohne direkte Entsprechung ist. Vgl. ferner germ. *greisa- ‘grau’. Siebs 1889: 205; Mead 1899: 189f.; Falk/Torp 1909: 142f.; Schwentner 1915: 76ff.; Löfstedt 1928: 78f.; Löfstedt 1933: 33ff.; Boersma 1939: 12; Pokorny 1959: 441f.; Bammesberger 1990: 244.

Germ

Lit

Hm 260f. grǀni- ‘grün’ *V (§ 70) F

AFR aofr. grƝne ‘grün’ (E3, R1-2) awfr. grƝne (A 546, FrR, J, U [Sipma], O), grƝn (Ro 1,246, SnR 18, O) ‘grün’ INF fa. green ‘grün; unreif; frisch’ (WFO 99, FÖW 196) helg. green ‘grün’ (WK 263) sy. green ‘grün’ (BM 103, SU 579) FNF bök. gräin ‘grün’ (FU 92) hall. green ‘grün’ (MOH 1,53) ält. karrh. gräin (ca. a. 1820, FF 72), karrh. gräin (OTJ 22, 49) ‘grün’ mgos. green ‘grün’ (HMN 124) ält. ngos. green (a. 1743, BJ 2,48), ngos. green, gräin (WNG 48) ‘grün’

grǀni-

O -iga-

-lƯka-engǀ-nassjǀ-

-eþǀ-ǀja-

Bel Germ

Lit

245

sgos. green ‘grün’ (EFS 242) wied. green ‘grün’ (FRU 108) wyk. green ‘grün’ (EFS 242) OFR sat. gräin ‘grün’ (MF 107) wang. grâin ‘grün’ (EFS 242) WFR frühnwfr. grien ‘grün’ (SB 67, GJ 185) nwfr. grien ‘groen; met gras begroeid; jong, fris; onverwelkt, levend; verliefd; onrijp; onervaren; zwanger’ (WFT 7,358ff.) hind. green ‘groen’ (GB 67) schierm. grien ‘groen’ (DF 45) tersch. grien ‘groen’ (CR 38) adän. grǀøn ‘grøn; frisk’ (ODS 7,265ff., Nielsen 1989: 165) INF fa. greenig ‘grün durchschimmernd; grün hervorsprießend (vom Bewuchs)’ (Verf.), sy. greenig ‘grünlich’ (BM 103, SU 579), helg. greenli (WK 263) ‘grünlich’ mit unorganischem -l- vermutlich in Analogie zu nhd. grünlich, WFR nwfr. grienich ‘groenig, groenachtig van kleur’ (WFT 3,362) INF fa. greenelk ‘grünlich’ (FÖW 196) INF fa. greening n. ‘magere Gemeindeweide’ (FÖW 196), sy. greening g. ‘Weidegrund in und an den Dünen’ (BM 103, SU 579) INF fa. greenens n. ‘das Grüne’ (WFO 99, FÖW 196), OFR wang. greinens n. ‘das Grüne, der grüne PÀanzenwuchs’ (HEN 355), WFR nwfr. grienens ‘groenheid; verliefdheid; onrijpheid; onervarenheid’ (WFT 7,362) mit sekundärem Genuswechsel Fem. > Neutr. WFR nwfr. griente ‘groente; liefde, verliefdheid’ (WFT 7,364), schierm. griente m. ‘groente’ (DF 45), tersch. griente ‘groente; grasgrond’ (CR 38) INF fa. greene (FÖW 196), helg. greene (WK 263), sy. greeni (BM 103, SU 579) swv.2 ‘grünen’, FNF bök. gräine (FU 92), ält. ngos. greeniä (a. 1760, Kon. 142) swv.2 ‘grünen’, OFR sat. gräinje (MF 107), wang. grein swv.2 (FA 1,70) ‘grünen’, WFR frühnwfr. grienje (GJ 185), nwfr. grienje (WFT 7,363) swv.2 ‘grünen’ West- und nordgerm.: E ae. grƝne, S as. grǀni, N mnl. groene, D ahd. gruoni, W an. grœnn. PFR *grƝne mit Übertritt in die ja-Flexion. Verbaladj. zu germ. *grǀa- red. ‘wachsen’ (Sb 242f.). Die Bedeutung ‘grün’ ergab sich mit Blick auf den PÀanzenwuchs aus einem ursprünglichen ‘wachsend, sprießend’. Siebs 1889: 242; Mead 1899: 200f.; Falk/Torp 1909: 144; Schwentner 1915: 62ff.; Löfstedt 1928: 53; Pokorny 1959: 454; Spenter 1968: 204; Seebold 1970: 242f.; Bammesberger 1986: 18f.; Boutkan/Siebenga 2005: 144; Kluge/Seebold 2002: 376.

246

gusta-

gusta- (-ja-) ‘trocken, unfruchtbar’ *V (§ 84) F

E S

N D -jǀ-lenga-

-ja-

AFR aofr. geste* ‘sandig und trocken’ (B1-2) INF ält. fa. gast ‘trocken’ (a. 1758, NfSt 1,21), fa. gast ‘keine Milch gebend’ (WFO 91, FÖW 182) sy. gest ‘trocken, gelt, keine Milch gebend’ (BM 100, SU 574) FNF bök. geest ‘trocken (von Kühen, die keine Milch geben)’ (FU 84) hall. geest ‘keine Milch gebend’ (MOH 1,194) ält. karrh. geest (ca. a. 1820, FF 68), karrh. geest (OTJ 32) ‘keine Milch gebend’ mgos. gääst ‘keine Milch gebend’ (NfWb) ngos. geest ‘keine Milch gebend’ (MOH 1,194) sgos. gääst [Ȥ-] ‘trocken, von der Kuh’ (Beitr. 22) wied. geest ‘trocken, keine Milch mehr gebend’ (FRU 98) OFR sat. gääst ‘unbefruchtet, milchlos’ (MF 104) wang. gest ‘güst, keine Milch gebend (von der Kuh)’ (FA 1,93) ne. dial. (Kent, Sussex, Hertfortshire, Bedfordshire, Lincolnshire) guess, guest, guessed ‘of a cow or ewe which does not produce in the season; barren; dry of milk’ (Wright 2,753) mnd. güste, güst, güste, güst ‘unfruchtbar (vom Boden); trocken (von Tieren)’ (LB 2,190), nnd. (SH Westküste) göst, güst ‘unfruchtbar, nicht tragend; keine Milch gebend; kinderlos; ausgetrocknet’ (Mensing 2,457f.), nnd. (OF) güêst ‘brach, ohne Ertrag; unfruchtbar, nicht trächtig; nicht milch oder milchgebend; trocken, dürr’ (DK 1,709), nnd. (Wfal.) güste ‘trocken, nicht Milch gebend, abgemilcht’ (Woeste 88), gron. gust [-Ⱦ-] ‘droog (van koeien, schapen enz. gezegd); nog geen melk gevend; lens (pump)’ (ter Laan 1952: 286) mnl. (nordnl.) gust ‘gust; onvruchtbaar; nog niet gedragen hebbende’ (VV 2,2212), nnl. gust, guis ‘niet drachtig; geld, vaar; niet melkgevend, droogstaande’ (WNT 5,1224, 1309f.) nhd. dial. (rheinhess., alemann., elsäss., lothr.) güst ‘nicht milchgebend, unfruchtbar’ (DW 4,1205) S nnd. (Holst.) göst f. ‘von Kühen, wenn sie aufhören, Milch zu geben, auch Frauen, die ihr Kind von der Brust entwöhnen’ (Mensing 2,458) INF fa. gastling m. ‘einjähriges, nicht milchgebendes Schaf oder Rind, das noch nicht trächtig war’ (Faltings 1983: 208, FÖW 182), sy. gestling g. ‘einjähriges Schaf’ (BM 100, SU 574), S mnd. güstling m. ‘Hering ohne Milch und Rogen’ (LB 2,190), nnd. (Eid.) gösslingsschaap ‘Schaf, das nicht trächtig geworden ist’ (Mensing 2,457) INF fa. apgast swv.1 ‘eine Kuh trocken werden lassen’ (RA 10), daneben sekundär mit Übertritt in die 2. Kl. fa. gaste, apgaste (SP 6, 49, FÖW 33), FNF bök. geeste (FU 84), ält. karrh. geeste (ca. a. 1820,

gusta-

247

FF 68), karrh. apgeeste (MN 735), wied. gêrstie (NfWb) swv. ‘gelt, güst machen’, ferner S nnd. (Eid.) opgüssen swv. ‘(eine Kuh) trocken stellen’ (Rogby 1967: 47) Bel Germ

Idg

Westgerm. PFR *gyste > *geste mit Rundung des zu -y- umgelauteten -u-, woraus regelhaft FNF/OFR ge(e)st, gääst, während INF gast/gest die nichtgerundete Vorstufe *gyste direkt fortsetzt. Die Graphie des nur im Dat.Sgl.N. belegten aofr. geste gibt indessen nicht eindeutig zu erkennen, ob die Normalform als gƝst < germ. *gaista- ‘trocken, unfruchtbar’ (Hm 227) oder als geste < germ. *gustja- angesetzt werden sollte, auch wenn letzteres doch am wahrscheinlichsten ist, nicht zuletzt wegen der auf *gustja- zurückführenden Belege im Neuofr.; so ebenfalls van Helten 1890: 161 und 1907: 154 sowie Walter 1911: 53. Entsprechend dürften die mit einer Ausnahme im Südosten Englands begegnenden Dialektformen E guess, guest, guessed bodenständig aus ae. *geste < ält. *gyste entwickelt sein mit der für die südöstlichen ae. Mundarten typischen Rundung von umgelautetem -y- > -e-. Bense 1926-39: 133 erwägt stattdessen eine Entlehnung aus dem südlichen kontinentalen Nordseebereich, wobei aber m.E. lediglich eine Entlehnung aus dem Afr. in Frage käme. Die heutigen mundartlichen Formen des Nd. und Nl. zeigen regional langen Stammvokal, der zumindest im Nnd. durch sekundäre Dehnung vor -st entstanden sein dürfte (vgl. Sarauw 1921-24: 1,136). Entlehnung aus dem Nnd. ist zweifellos O sjüt. (Angeln) gyst ‘om kvie, som endnu ikke har kælvet samt vistnok om ældre ko, der er blevet sen (ikke giver mælk)’ (Jul Nielsen/Nyberg 1995: 199). Der in allen germ. Formen begegnende Umlaut führt zunächst auf ein ja-stämmiges germ. *gustja-, doch wird dieses sekundär aus germ. *gusta- ‘trocken; unfruchtbar’ hervorgegangen sein, dem schließlich eine Ableitung mit to-Suf¿x aus der Schwundstufe eines idg. Primärverbs zugrunde liegen dürfte (s.u.). Inhaltlich läßt sich germ. *gusta- mit dem Nominalstamm germ. *gaist- ‘trockenes, unfruchtbares Land’ verbinden (s.o. unter gaista- und Hm 227), einer o-stu¿gen Ableitung aus idg. *ƣhei-s- (IEW 422), in dem sich offenbar zwei Wurzeln vereinen: idg. *ƣhƝ(i)‘mangeln, leer sein’ und idg. *ƣhƝi- ‘gähnen, klaffen’ (IEW 418, 419). Formal liegt jedoch eine schwundstu¿ge Bildung aus der II. Ablautreihe vor. Anscheinend wirkt hier noch eine dritte Wurzel ein, etwa das synonyme idg. *ƣhƝu- ‘gähnen, klaffen’ (IEW 449). Der Wechsel von Formen der ei-Reihe in die eu-Reihe oder umgekehrt ist auch anderswo zu beobachten (vgl. de Vries 1958: 1ff.). Die Bedeutung ‘gähnen, klaffen’ läßt sich wohl mit der von ‘mangeln, leer sein’ vereinen, wenn man etwa mit Blick auf trockene,

248

Lit

gusta-

magere Bodenverhältnisse und die dort vorherrschende spärliche Vegetation von folgender Entwicklung ausgeht: ‘sich gähnend öffnen’ > ‘offen, mit kurzem, nicht üppigen Bewuchs daliegen (von einer offenen Landschaft im Gegensatz zu einer dichten Busch- oder Waldvegetation)’ und demnach für das Verbaladj.: ‘dünn, spärlich bewachsen’ / ‘trocken, mager (Boden)’ > ‘wenig Ertrag liefernd; unfruchtbar’, woraus in übertragener Bedeutung ‘unfruchtbar, nicht trächtig; trocken, keine Milch gebend (Kuh, Schaf)’. Zu der Wurzel idg. *ƣhƝ(i)- ‘mangeln, fehlen’ vgl. ferner das Verbaladj. germ. *gaisna*- ‘mangelhaft’ (s.o.). van Helten 1890: 161; van Helten 1907: 154; Falk/Torp 1909: 135; Walter 1911: 53; Löfstedt 1928: 194; Löfstedt 1933: 22; Buma ed. 1949: 191; Pokorny 1959: 422; Lerchner 1965: 76f.; Rogby 1967: 47; Faltings 1983: 205f.; de Vries 1992: 226, 227.

H habula- ‘habgierig’ V (§ 57) F

INF fa. haabel ‘habgierig’ (LFM 1,110, FÖW 205)

-iga-

INF fa. haablig ‘habgierig’ (FÖW 205) mit sekundärer Suf¿xerweiterung INF fa. haable swv. ‘gieren, heftig nach etwas verlangen’ (Verf.)

-lǀjaBel Germ

Lit

Vermutlich einzelsprachliche Bildung des Ins.-Nfr., wenn nicht gar erst spät in der Mundart von Föhr und Amrum entstanden. Ains.-nfr. *habel, ein Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x zu ains.nfr. *habba swv. ‘haben’ < germ. *habƣ- swv.3. Die Grundform *habel setzt gegenüber der verbalen Basis Stammsilbenreduktion voraus, indem -bb- vor der „schweren“ zweisilbigen Endung -ulagekürzt wurde. Faltings 1996: 112. Hm 265f. haidra- ‘heiter, klar’ P/*V (§ 17, 60)

F

FNF bök. håder ‘heiter’ (FU 98) karrh. håder ‘heiter’ (MN 285) mgos. haader ‘heiter’ (JH 12) ngos. håder, hoder ‘heiter’ (MOH 2,23) wied. hoder ‘heiter’ (FRU 129)

-iga-

WFR nwfr. heardich, herrich, heurich ‘krachtig en gezond; gezond en opgewekt’ (WFT 8,212, 295, 310), drei metathetische Formen < awfr. *hƝderich < *hƣderig; vgl. Hoekstra 1992: 1ff. FNF bök. hådere swv 2. ‘aufheitern; gelb werden (Korn)’ (FU 98), daneben mit ig-Erweiterung WFR nwfr. opheurgje swv. 2 ‘opÀeuren, opvrolijken’ (WFT 16,20)

-ǀja-

Bel Germ

Westgerm: E ae. hƗdor, S as. hƝdar, D ahd. heitar. PFR *hƣder mit -ƣ- aus monophthongiertem germ. -ai-. In FNF haader, hååder < afestl.-nfr. *hadder < älterem *hæddre, einer ursprünglichen Flexionsform mit Kürzung des Stammvokals vor sekundär geminiertem -d- vor folgendem -r- < ält. *hƣdre. Anders Löfstedt

250

Idg

Lit

haifsti-

1931: 23, der frühen Schwund der zweiten Diphthongkomponente vor Doppelkonsonanz vermutet, was m.E. jedoch nicht Stich hält. Über die nicht völlig geklärten phonologischen Bedingungen und den Verlauf der Monophthongierung von germ. -ai- > -Ɨ- im Fries. zuletzt Hofmann 1995. Germ. *haidra- mit ra-Suf¿x steht neben gleichbedeutendem germ. *haida- (Hm 265). Aus der Grundbedeutung ‘hell, klar, heiter (Wetter)’ entwickelte sich im übertragenen Gebrauch schließlich ‘heiter (Gemüt)’; vgl. ferner das Subst. germ. *haidu- ‘Erscheinung, Wesen, Art und Weise’, das im Westgerm. in substantivischen Komposita als sogenanntes „Halbsuf¿x“ außerordentlich produktiv geworden ist. Das Subst. germ. *haidu- hat seine Entsprechung in ai. ketú ‘Licht, Erscheinung, Gestalt’ < idg. *kΩi-tú- (IEW 916). Heidermanns hält germ. *haidra- für ein ererbtes Primäradj. (Hm 265f.), weil offenbar keine hierhergehörende Verbalwurzel überliefert ist, obwohl sie sich aber doch in germ. *haidu- (s.o.) andeuten könnte (Bammesberger 1990: 247). Seebold scheint daher von einem ursprünglichen Verbaladj. mit ro-Suf¿x zu einer Verbalwurzel idg. *kai-t- ‘leuchten’ auszugehen, einer t-Erweiterung der Wurzel idg. *kai- ‘brennen’ (Kluge/ Seebold 2002: 404; vgl. ferner IEW 916f.). Falk/Torp 1909: 64; Löfstedt 1931: 23; Feist 1939: 231; Pokorny 1959: 916f.; Lehmann 1986: 168f.; Bammesberger 1990: 247; Hoekstra 1992: 1ff.; Kluge/Seebold 2002: 404. Hm 266 haifsta*- ‘heftig’ *V? vgl. haifstihaifsti- ‘heftig’ S (§ 73, 93)

F

AFR aofr. hƗst* ‘erregt, zornig; gewaltsam’ (F, H) in den stehenden Wendungen mith hƗsta hei ‘mit zornigem Sinn’, mith hƗster hond ‘mit gewaltsamer Hand’ bezüglich einer im Affekt begangenen Tat awfr. hƗst* ‘hastig, übereilt; erregt, zornig, gewaltsam’ (A 216, D, J, Ro 2,136, U [Brouwer]) in der stehenden Wendung mith hƗster hand ‘mit gewaltsamer Hand’ (s.o.) WFR hind. hest adv. ‘ bijna’ (GB 73)

-iga-

AFR awfr. hƗstich ‘erregt, zornig; heftig, gewaltsam’ (J, Ro 2,40, SnR 662), INF fa. häästig, heestig (WFO 105, 109), sy. hastig (BM 111, SU 589) ‘hastig, eilig’, WFR hind. hestich ‘haastig (driftig; tornig)’ (GB 73)

haifsti-

-lƯka-sti-ǀjaBel Germ

251

AFR aofr. hƗstelƯke adv. ‘heftig’ (H), awfr. hƗstelƯk adv. ‘gewaltsam’ (U [Brouwer]) AFR awfr. hƗst f. ‘Aufregung, Erregung, Zorn’ (A 264, D, J, SnR 14), INF fa. hääst, heest f. (WFO 105, 109, FÖW 207), sy. hast (BM 111, SU 589) ‘Hast, Eile’ INF fa. hääste, heeste (FÖW 207), sy. hasti (BM 111, SU 589) swv.2 ‘hasten, eilen’ Westgerm.: F, E, S, D. Heidermanns (Hm 266) normalisiert in afr. hƗst* und setzt eine Grundform germ. *haifsta*- an; da das Adj. neben dem i-stämmigen Subst. germ. *haifsti- f. ‘Streit’ (E ae. hƣst f., W an. heifst f., G haifsts ‘Streit’) stehe, sei es wohl als germ. *haifsta- aufzufassen, denn ta-Adj. und ti-Abstraktum stünden oft nebeneinander. Er folgt darin leicht modi¿ziert van Helten 1906: 186 und 1907: 165, der aber mit Blick auf E ae. hƣste, D ahd. heisti ‘heftig, gewaltsam’ von einer Grundform germ. *haifsti- ausgeht, das sich zu afr. hƗste entwickelt habe mit -Ɨ- aus monophthongiertem -ai- vor der tautosyllabischen Konsonanz -f-st-. Den fehlenden Umlaut erläutert er nicht. Sowohl Heidermanns als auch van Heltens Erklärung ist mit einem Fragezeichen zu versehen. Warum sollte im Gegensatz zu den übrigen autochthonen westgerm. Formen ausgerechnet afr. hƗst* auf eine nichtumlautende Vorstufe zurückführen, und wenn doch, weshalb unterblieb der Umlaut in afr. hƗst* dann? Meines Erachtens macht es mehr Sinn, entsprechend S mnd. hâst ‘eilig, schnell, übereilt’, hâst f.m. ‘Hast, Eile, Eifer, Aufregung, Zorn’ (LB 2,243), N mnl. haest ‘haastig in het handelen’, haest m.f. ‘haast’ (VV 3,16f.) usw. auch für afr. hƗst und seinen Ableitungen bzw. Nachkommen in den neufries. Mundarten eine Entlehnung aus afranz. haste ‘Hast’ anzunehmen, das seinerseits sicherlich aus dem Fränkischen (< germ. *haifsti- f.) entlehnt ist. In das Fries. gelangte das Fremdwort am ehesten durch mnd. und/oder mnl. Vermittlung, und zwar zu einem Zeitpunkt, als im Mnd./Mnl. die Dehnung des Kurzvokals vor -st- schon abgeschlossen war (vgl. dazu Lasch 1974: 54, Sarauw 1921-24: 1,136ff. und van Loey 1976: 11ff.). Obwohl er sich nicht explizit dazu äußert, scheint das auch Buma 1996: 128 zu befürworten, indem er das Graphem der Schreibungen (J) in seiner Notation mit -Ɨ- (= sekundär gedehntes -a-) und nicht mit -â- (= Monophthongierungsprodukt von germ. -ai-/-au-) wiedergibt. Bodenständig ist indessen wohl S mnd. hêist [oder hêiste?, Verf.] ‘hastig, heftig’ (LB 2,301) < germ. *haifst- und vermutlich auch INF fa. hääst, heest f. ‘Hast’, häästig, -ag, heestig ‘hastig’, sy. hast g. ‘Hast’, hastig ‘hastig’ mit positionsbedingtem -a- < -e- sowie WFR

252

Lit

haila-

hind. hest adv. ‘beinahe’, hestich ‘hastig, zornig’ < älterem *hestmit Kürzung des Stammvokals vor -st- < ains.-nfr./awfr. *hƣst- < germ. *haifst-, falls hier nicht Entlehnung aus einer nichtgedehnten Vorstufe hast (vgl. mnd. hast) im Spiel sein sollte mit Substitution des fremden -a- durch heimisches -e- nach analogen Vorbildern wie mnd.mnl. last : afr. hlest ‘Last’, mnd.mnl. fast/vast : afr. fest ‘fest’ usw. Daß das Adj. aus einem nicht näher bezeichneten Primärverb hervorgegangen sei, wie Heidermanns glaubt, ist nur eine Möglichkeit. Ebensogut könnte es wohl in prädikativer Stellung aus dem Subst. germ. *haifsti- f. erwachsen sein. Die weiteren – insbesondere außergerm. – Beziehungen sind unklar und bislang noch nicht überzeugend dargestellt worden. His 1901: 37f.; van Helten 1906: 186; van Helten 1907: 165; Falk/ Torp 1909: 65; Brouwer 1941: 107f.; Franck/van Wijk 1949: 224; Öhmann 1960: 166f.; Krahe/Meid 1967: 167; Spenter 1968: 181f.; Munske 1973: 113; Hamp 1988: 89; de Vries 1992: 230. Hm 267f. haila- ‘heil, gesund’ P (§ 15)

F

AFR aofr. hƝl ‘heil, geheilt; voll, vollständig, ganz; fest’ (B1-2, E2-3, F, H, R1-2) awfr. hƝl ‘ganz, völlig, vollständig; spruchreif’, adv. ‘ganz; unversehrt’ (A 210, 278, Cr, D, EdJ 70, FrB 156, Fs 1,145, J, Ro 2,106, 2,172, SnR 32, U [Steller], O) INF frühfa. hiel ‘ganz’ (ca. a. 1600, Kat. 67) ält. fa. hiel adv. ‘ganz’ (a. 1754, CQ v.2), fa. hial ‘ganz, gesamt; heil, unversehrt; wiederhergestellt, geheilt; beträchtlich groß; von einer Kuh, die die Nachgeburt abgestoßen hat’, adv. ‘sehr, ganz’ (WFO 111, FÖW 223, Verf.) sy. hiil ‘heil, ganz, unversehrt; vollständig’, adv. ‘ganz’ (BM 115, SU 594) FNF ält. bök. hiel ‘ganz’ (a. 1748, NfSt 2,3), bök. hiil, hiilj ‘ganz, gesamt; heil, unversehrt; wiederhergestellt, geheilt’, adv. ‘ganz’ (FU 103) hall. hial ‘heil, ganz’ (MOH 1,106) ält. karrh. hiel (ca. a. 1820, FF 79), karrh. hiil (MN 1335, OTJ 43) ‘heil, ganz’ mgos. hiil ‘heil, ganz’ (MN 1335, EFS 266, HMN 125) ält. ngos. hiel (a. 1743, BJ 2,51, 54), ngos. hiil (MN 1335, MOH 1,106) ‘heil, ganz’, adv. ‘sehr’ sgos. hial ‘heil, ganz’ (MN 1335, EFS 266) str. hiel adv. ‘ganz’ (a. 1662, DH 215)

haila-

253

ält. wied. hiel ‘ganz’ (a. 1749, NfSt 1,44), wied. hiil ‘ganz, gesamt; heil, unversehrt; sehr groß, beträchtlich’, adv. ‘sehr, überaus; ganz’ (FRU 122f.) ält. wyk. hiel (ca. a. 1750-84, MB I), wyk. hiil (KF nr. 99, Gl 275) ‘ganz’ OFR harl. hehl adv. ‘sehr, ganz’ (CM 102) sat. heel ‘heil; ganz’ (MF 111) wang. heil ‘ganz; heil’, adv. ‘ganz’ (FA 1,94, HEN 160, 251) WFR frühnwfr. heel ‘ganz, vollständig’, adv. ‘ganz, sehr’ (SB 71, 84, GJ 198) nwfr. hiel, heel, heul [-ø:-] ‘geheel, gaaf, ongeschonden; in goede staat; genezen; niet stuk of in stukken; waarvan niets ontbreekt, gans [...]; groot, omvangrijk, lang; belangrijk, gewichtig’, adv. ‘geheel an al, volkomen; zeer, erg, in hoge mate’ (WFT 8,316ff.) hind. heal [-ș:-] ‘heil, unversehrt’ (Hof 1933: 187) schierm. heel ‘heel; heel veel’ (DF 48) tersch. (W) heel ‘heel’ (Knop 1954: 49) -iga-

AFR aofr. hƝlich (B1-2, E1,3, F, H, R1-2), hillich (E2) ‘heilig’, awfr. hƝlich (A 404, FrB 44, FrR, Fs 2,82, J, U [Meijering]), hƝlch (P), hellich (Fs [Meijering], Ro 2,270, O), heilich (A 520, BTr, D, FrR, Fs 1,45, J, U [Hoekstra], O), hillich (FrR, U [Brouwer], O), hollich (A 478, J), spätawfr. halch (Bo) ‘heilig’. – Daneben substantiviert in aofr. hƝliga (B1-2, E1,3, H, R1-2), hƝlga (F, FV 208, PrJ 240), hilga (E2) m.pl. ‘Heilige; Reliquien; Kirche’, awfr. hƝliga (Fs 2,83, J), hƝlga (A 408, J, P, Ro 1,44, U [Sipma]), heiliga (BTr, FrR, J), heilga (A 318, Fs 2,16), holga (A 453, J), holliga (J), haliga (U [Sipma]), spätawfr. halgen (Bo) m.pl. ‘Heilige; Heiligenbilder; Reliquien; Kirche’, davon abgeleitet ferner awfr. heiligia swv.2 ‘heiligen’ (BTr), INF fa. halig, -ag ‘heilig; feiertags’ (WFO 105, FÖW 209), hilig ‘heilig; fromm; scheinheilig’ (WFO 112, FÖW 225), helg. heli (WK 296), hili (WK 302) ‘heilig’, sy. helig ‘heilig’ (BM 112, SU 591), FNF bök. håli ‘heilig’ (FU 99), hili ‘heilig; fromm, frömmelnd’ (FU 105), hall. hali (MOH 1,156), hili (MOH 2,178) ‘heilig’, karrh. hali ‘heilig’ (OTJ 33, 44), mgos. hali ‘heilig’ (Beitr. 14), ält. ngos. hallich (a. 1743, BJ 2,54), ngos. hali, hili (WNG 51) ‘heilig’, sgos. hali ‘heilig’ (Beitr. 14), wied. häli, hili ‘heilig; fromm’ (FRU 117), OFR harl. hillig (CM 92), sat. hillich (MF 111), wang. heiliig ‘gottesfürchtig’ (FA 1,94), hilliig ‘heilig’ (FA 2,10, HEN 343), WFR frühnwfr. heijlig ‘heilig’ (GJ 202), nwfr. hillich ‘heilig’ (WFT 8,338), hind. heilich ‘heilig’ (GB 72), tersch. heilig ‘heilig; beter’ (CR 42). – Während die jüngeren afr. Formen in den synkopierten Formen Kürzung des Stammvokals zeigen, teils mit weiterer Verengung zu -i- vor -l-

254

-lƯka-sama-ǀn-

-engǀ-

-ja-ǀja-

Bel Germ

Idg

haila-

(Boersma 1939: 79), teils mit Senkung und Rundung zu -o-, scheinen im Nfr. die a-Formen ältere, die i-Formen jüngere Entlehnung aus mnd. hillich zu sein (Löfstedt 1928: 156 und 1931: 178); Entlehnung aus dem Mnd. dürfte ferner in OFR hillich usw. vorliegen, dagegen aus mnl. heilich vielleicht WFR heilich, sofern nicht wie in awfr. heilig mit Diphthongierung des alten -Ɲ- > -Ɲi- zu rechnen ist (s.o. unter germ. *failja- awfr. feilich, nwfr. feilich). AFR awfr. hƝllƯk adv. ‘vollständig’ (O) WFR nwfr. hielsum ‘heelzaam’ (WFT 8,319); möglicherweise eine neologische Lehnbildung nach dem Nnl. FNF sgos. hial f.n. ‘Heilung; Nachgeburt’ (FÖW 223); in dieser Bedeutung ferner S nnd. (Dith.) heel f. (Mensing 2,697) sowie als mask. n-St. E ae. hƗlan m.pl. ‘afterbirth’ (BT 504), W nnorw. dial. heile m. (Bandle 1967: 301); vgl. das Folgende: INF fa. hialing f.n. ‘Heilung; Nachgeburt (Tier)’ (WFO 111, FÖW 223), sy. hiiling g. ‘Heilung’ (BM 115, SU 594), FNF bök. hiiljing (FU 103), ält. karrh. hiellenge pl. (ca. a. 1820, FF 96), karrh. hiiling (OTJ 43), ngos. hiiling (MOH 1,105) und entstellt hall. hiangling, hian(g)els, hianerng (MOH 1,105) n. ‘Nachgeburt’; vgl. in der Bedeutung ‘Nachgeburt’ ferner N nnl. heeling (WNT 6,279) sowie mit der Basis germ. *-swunda- ‘heil, gesund’ auch OFR wang. suunels n. (s.u.); dazu ausführlich Löfstedt 1965-69: 19/21,305. AFR awfr. hƝla swv.1 ‘für heil, unverletzt erklären; in Ordnung bringen; vergüten’ (D, J, O) AFR aofr. hƝlia swv.2 ‘heilen; für heil erklären’ (F), INF fa. hiale (WFO 111, FÖW 223), sy. hiili (BM 115, SU 594) swv.2 ‘heilen’, FNF bök. hiile (FU 103), hall. hiale (MOH 1,105), ält. karrh. hiele (ca. a. 1820, FF 79), karrh. hiile (MN 1337), mgos. hiile (MN 1337), ält. ngos. hieliä (ca. a. 1745, JG 143), ngos. hiile (MOH 1,105), sgos. hiale (MN 1337), wied. hiile (FRU 123) swv.2 ‘heilen’, im Bök. auch ‘in Ordnung bringen’, OFR sat. heelje (MF 111), wang. heil (FA 1,70) swv.2 ‘heilen’, WFR frühnwfr. heelje swv.2 ‘heelen, genezen’ (GJ 198), nwfr. hielje, heelje, heulje (WFT 8,319), schierm. heelje (DF 48) swv.2 ‘helen’ Gemeingerm.: E ae. hƗl, S as. hƝl, N mnl. heel, D ahd. heil, W an. heill, O adän. hƝl, G hails. In sämtlichen neufries. Mundarten regulär aus PFR *hƣl mit monophthongischem afr. -ƣ- < germ. -ai-. Entlehnung aus dem Nd. bzw. nd. Lehnlautung deutet INF helg. heel ‘heil, ganz’ (WK 292) an. Ererbtes Adj. aus idg. *koilo- ‘heil, unversehrt’ (IEW 520): identisch mit abulg. cČlɴ ‘gesund, ganz, unversehrt’.

haira-

Lit

255

Siebs 1889: 266; Delbrück 1907: 134; Falk/Torp 1909: 65; Löfstedt 1928: 106; Hof 1933: 187f.; Baetke 1942: 68ff.; Pokorny 1959: 520; Must 1960: 184ff.; Beckers 1968; Spenter 1968: 193; Stang 1972: 25, 81; de Grauwe 1979-82: 1,2ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 159. Hm 269f. haira- ‘grauhaarig’ P (§ 17)

F

AFR aofr. hƗr ‘hoch’ (R1), harra comp. ‘höher’ (H), hƗrist sup. ‘höchst’ (F) awfr. hƗr adv. komp. ‘höher’ (J)

-engǀ-

FNF bök. eenhärnge (FU 60), karrh. äänhärnge (Sjem. 181), äänhärng (OTJ 35, 75) m. ‘Abenddämmerung’, E ae. hƗrung f. ‘greyness, hoariness, age’ (BT 510)

Bel

Als Adj. west- und nordgerm.: E ae. hƗr, S as. hƝr, N mnl. heer, D ahd. hƝr, W an. hárr sowie indirekt auch F. Statt einer formal möglichen Herleitung aus germ. *haira- ‘grauhaarig’ erwägt van Helten 1890: 180 und 1907: 164f. für afr. hƗr eine analogische Bildung nach dem Komp. harra ‘höher’, den er als eine kontrahierte Form aus älterem *hƗhra < *hƗhara comp. ansieht und zu afr. hƗch ‘hoch’ < germ. *hauha- (s.u.) stellt. Siebs 1901: 1304, Holthausen 1925: 39 und Buma ed. 1961: 192 folgen dieser Ansicht, und in der Tat weist die allen afr. Belegen zugrundeliegende Bedeutung ‘hoch’ eher auf germ. *hauha-; die von Sjölin 1975: 38 und Heidermanns (Hm 269) angeführte Bedeutung ‘erhaben, hehr’ ist nirgends direkt bezeugt, es sei denn, man wollte in der Textstelle i agen frethe to bonnane tham erst, ther is aller harist: alle godis husum ende alle godis monnum ... ‘Ihr sollt zuerst das unter Frieden stellen, was am allerhöchsten ist: alle Gotteshäuser und alle Gottesmänner ...’ (F 364) den Sup. hƗrist ‘höchst’ als ‘erhabenst, vornehmst’ verstanden wissen. Allerdings war germ. *haira- in der Bedeutung ‘grau’ dem Fries. doch wohl nicht vollends unbekannt, wie gegebenenfalls die obengenannten Komposita FNF bök. eenhärnge, karrh. äänhärng(e) m. ‘Abenddämmerung’, aber vermutlich ebenso INF fa. daaring f. ‘Morgendämmerung’ (FÖW 108), helg. doarung f. ‘Dämmerung’ (WK 162), FNF bök. deeringe m. (FU 46), wied. deering f. (FRU 52) ‘Morgendämmerung, Tagesanbruch’ nahelegen, die in ihrem abgeschwächten bzw. kontrahierten zweiten Teil eine aus dem Adj. hervorgegangene ing-Ableitung ains.-/afestl.-nfr. *hƣringe f. ‘Dämmerung’ enthalten könnten. Die Konnotation ‘grau’ in Ausdrücken für ‘Dämmerung, dämmern’ begegnet ja unter anderem ebenfalls in ver-

Germ

256

haira-

gleichbaren Komposita wie nhd. Morgengrauen ‘Morgendämmerung’, Tagesgrauen ‘Tagesanbruch’ oder verbal in nnd. (SH) grauen, gragen swv. ‘grauen [= Tag werden]’ (Mensing 2,473), nhd. grauen swv. ‘Tag werden’. Auf germ. *haira- basiert ferner auch im Fries. das aus dem schwachbeugenden Komp. germ. *hairizan- substantivierte Wort für ‘Herr’ [eigentlich: ‘der Erhabenere’]: AFR aofr. hƝra (B1-2, E1-3, F, H, R1), awfr. hƝra (A 38, D, FrR, Fs [Meijering], J, Ro 3,4, SnR 174, U [van Klaarbergen], O), hƝre (BTr, FrB 50, P), spätawfr. hƝr (Bo) m. ‘Herr’ INF frühfa. hehr (ca. a. 1600, Kat. 64), ält. fa. hir (a. 1757, NfSt 1,22), fa. hiar (LFM 76, CJ 198, FÖW 221) m. ‘vornehmer Herr; Amtsperson’, helg. -hiaar in kark(h)iaar m. ‘Pastor’ (WK 351), älter karckheer (a. 1758, NfSt 1,47), sy. hiir m. ‘Herr’ (EFS 265) FNF ält. bök. hiere (a. 1748, NfSt 2,2), bök. hiire (FU 104), hall. hiire (MOH 1,123), ält. karrh. hiere (ca. a. 1820, FF 79), karrh. hiire (OTJ 43, MN 1343), mgos. hiir (MN 1343, EFS 265), ält. ngos. hierä (a. 1743, BJ 2,55), ngos. hiire (MOH 1,123), sgos. hiire (MN 1343, EFS 265), str. hiare (ca. a. 1600, Kat. 64), wied. hiire (FRU 123), ält. wyk. hiere (ca. a. 1750-84, MB II) m. ‘Herr’ OFR harl. heehr(e) m. ‘(vornehmer) Herr, Gott, Christus’ (CM 62, 91, 93), sat. heer m. ‘Herr’ (MF 111), wang. häär m. ‘Herr’ (EFS 265), wurst. här ‘Herr’ (RM 103) WFR frühnwfr. heere ‘heer’ (GJ 198), nwfr. hear ‘heer; God, Christus; adellijke persoon, overheidspersoon; meester, gebieder; man van stand en aanzien; man van opvoeding en beschaving’ (EFS 266, WFT 8,208f.), heare ‘naam waarme God, Christus wordt aangeduid’ (EFS 266, WFT 8,212), hind. hear ‘heer, aanzienlijk persoon’ (GB 71), schierm. hear ‘Herr’ (EFS 266), tersch. hear ‘heer’ (CR 41) -skapi- AFR aofr. hƝrskip(e) (B1-2), hƝrskipi (R1-2) n. ‘Gerichtsbarkeit, Amt, Gerichtsbezirk’ Löfstedt 1928: 123 hält in Anlehnung an Heinertz 1912: 324 afr. hƝra m. für eine Entlehnung aus mnd. hêre m. ‘Herr’. Diese Ansicht ist m.E. jedoch nicht zwingend, auch wenn die apokopierten Belege AFR spätawfr. hƝr, OFR harl. heehr, sat. heer, wurst. här, aber auch WFR nwfr. hind. schierm. tersch. hear offenbar EinÀuß der endungslosen mnd./mnl. Anredeform hƝr vor einem Titel oder Eigennamen zeigen (vgl. LB 2,281f. und VV 3,347f.).

Idg

Dem germ. Farbadj. *haira- entspricht aksl. sČrɴ ‘grau’ < idg. *êk oiro-, daneben e-stu¿g air. cíar ‘dunkel’ < idg. *êk eiro- (IEW 541).

haisa-

Lit

257

van Helten 1890: 180; Siebs 1901: 1304; van Helten 1907: 164f.; Pokorny 1959: 541; Sjölin 1975: 38; Kluge/Seebold 2002: 400; Boutkan/ Siebenga 2005: 152. Hm 270 haisa- ‘heiser’ *V? (§ 37)

F

O

INF ält. fa. huh’s (a. 1757, NfSt 1,22), fa. huas, huask ‘heiser’ (WFO 117, FÖW 238) helg. huaask ‘heiser’ (WK 317) sy. huas, huask ‘heiser, rauh von Stimme’ (BM 118, SU 599) FNF bök. hüüs, hüüsk ‘heiser’ (FU 112) ält. hall. huhs (a. 1749, NfSt 1,10), hall. huask (MOH 1,131) ‘heiser’ ält. karrh. huhser (ca. a. 1820, FF 83), karrh. hüüs (OTJ 41) ‘heiser’ wied. huus ‘heiser’ (FRU 142) OFR wang. hooes ‘heiser’ (FA 1,94) WFR nwfr. heas ‘hees’ (WFT 8,223) hind. haes ‘hees’ (GB 70) schierm. hais ‘hees’ (DF 46) tersch. heas ‘hees’ (CR 41) adän. hees ‘hæs’ (Nielsen 1989: 198), sjüt. (Viöl, Angeln) hiesk ‘lidende af hæshed’ (Bjerrum/Bjerrum 1974: 2,254, Jul Nielsen/Nyberg 1995: 242), aschwed. hƝs ‘hes’ (Hellquist 1948: 1,349f.)

-nassjǀ-

INF helg. huaaskens n. ‘Heiserkeit’ (WK 317)

Bel

Entgegen Hm 270 nicht nur westgerm.: E ae. hƗs, N anl. heis, D ahd. heis, sondern auch ostnord. In allen neufries. Mundarten aus PFR *hƗs mit -Ɨ- < monophthongiertem germ. -ai-. Im Nfr. begegnen mehrfach Formen mit k-Suf¿x; vermutlich sind diese sekundär nach anderen Adj. mit sk-Suf¿x gebildet worden (vgl. z.B. germ. *friska-) – vielleicht durch EinÀuß von S (m)nd. hƝsch ‘heiser’ < *haiska-, der offenbar auch in O sjüt. hiesk wirksam geworden ist. Entlehnung aus O adän. hƣs deutet FNF bök. hiis ‘heiser’ (FU 104) an, dagegen scheint FNF ält. ngos. hiesk, häisk (ca. a. 1745, JG 144), ngos. heesch, häisch (WNG 51), sgos. hiasch (NfWb) ‘heiser’ – z.T. jüngere – Entlehnung aus dem Nd. zu sein; vgl. auch Löfstedt 1928: 70. Germ. *haisa- steht neben dem gleichbedeutenden ra-stämmigen *haisra- (Hm 270f.). Heidermanns verweist auf W nnorw. heisa swv. ‘vor der Reife vertrocknen’ und das dazugehörige schwundstu¿ge

Germ

258

Idg Lit

haita-

nnorw. his n. ‘leeres Korn in der Ähre’; hinsichtlich der Bedeutung dann ‘heiser’ < ‘rauh, trocken’. Die Bedeutung ‘rauh, trocken’ könnte schließlich auf eine s-Erweiterung zu der idg. Wurzel *kai- ‘brennen’ (IEW 519) deuten, wonach von einem ursprünglichen Verbaladj. auszugehen wäre. Falk/Torp 1909: 65; Falk/Torp 1910-11: 1,449; Löfstedt 1928: 131; Hellquist 1948: 1,349f.; Pokorny 1959: 519; Spenter 1968: 180; Onions 1978: 443; Nielsen 1989: 198; de Vries 1992: 243f. haiska- ‘heiser’ vgl. haisaHm 271f. haita- ‘heiß’ P/*V (§ 3, 37)

F

O

AFR aofr. hƝt ‘heiß; stark (Hunger)’ (E1-3, F, H, R1) awfr. hƝt (J, Ro 2,180, O), hiet (EdJ 74, SnR 143) ‘heiß, glühend; heiß, stark (etwa Hunger)’ spätawfr. hiet ‘heiß, stark (Hunger)’ (Bo) INF fa. hiat ‘heiß; leidenschaftlich’ (WFO 112, FÖW 224, Verf.) helg. heat ‘heiß’ (WK 291) sy. hiit ‘heiß’ (EFS 270) FNF bök. hiitj ‘heiß’ (FU 104) hall. hiat ‘heiß’ (MOH 1,107) ält. karrh. hiet (ca. a. 1820, FF 79), karrh. hiitj (MN 1344, OTJ 24, 44) ‘heiß’ mgos. hiit ‘heiß’ (MN 1344, HMN 125) ält. ngos. hiet (a. 1743, BJ 2,54), ngos. hiit (MOH 1,107) ‘heiß’ sgos. hiat ‘heiß’ (EFS 270, Beitr. 37) wied. hiitj ‘heiß’ (FRU 124) wyk. hiit ‘heiß’ (KF nr. 224) OFR sat. heet, hatter comp. ‘heiß’ (MF 111) wang. heit, hetter comp. ‘heiß’ (FA 1,24) WFR frühnwfr. hiet ‘heiß’ (SB 61, 70, 71, GJ 205) nwfr. hjit, hyt ‘zeer warm; vurig van aard, driftig; wellustig, heet van zinnen’ (WFT 9,19); zur dialektgeographischen Verteilung von hjit und hyt vgl. Hof 1933: 192f. hind. heet ‘heet’ (GB 72) schierm. jit ‘heet’ (DF 56) < nwfr. hjit; vgl. Spenter 1968: 273 (anders Siebs 1901: 1426). tersch. hyt ‘heet’ (CR 43) adän. heet ‘hed’ (Nielsen 1989: 176), ält. ndän. hed ‘hidsig, vred’ (Kalkar 2,179)

haita-

-ǀ-Ưn-

-Ưni-engǀ-man-nassjǀ-eþǀ-

-ja-

-ǀja-

Bel Germ

259

FNF wied. hiitj f. ‘Hitze’ (FRU 124); vermutlich sekundäre Subst. nach dem Adj. AFR aofr. hƝte (E1, F, H, R1), awfr. hƝte (J) f. ‘Hitze; Überemp¿ndlichkeit gegen Hitze’, OFR harl. hayte ‘die Wermte’ (CM 47), WFR ält. nwfr. hiette ‘hitte’ (GJ 205), nwfr. hjitt, hite ‘hitte’ (WFT 9,22); vgl. auch Ahlsson 3. FNF mgos. hiiten [ohne Genusangabe] ‘Hitze’ (HMN 125), WFR frühnwfr. hiet(e)ne ‘hitte’ (GJ 205) WFR nwfr. hjitting, hiting ‘warmtevermogen; keer dat verhit wordt’ (WFT 9,23) WFR nwfr. hjitme ‘hitte’ (WFT 9,21); vielleicht romantischer Neologismus aus dem Anfang des 19. Jh.; vgl. Brouwer 1963: 254. WFR nwfr. hjittens ‘hitte, vurigheid’ (WFT 9,23) AFR aofr. hette (E1), awfr. hette (D) f. ‘Hitze’ mit Kürzung des Stammvokals vor Doppelkonsonanz < *hƣteþe < germ. *haiteþǀ-, OFR sat. hatte f. ‘Hitze’ (MF 110), wo sich das Kürzungsprodukt – u.U. schon auf der afr. Sprachstufe – zu -a- entwickelte; vgl. auch Ahlsson 130. INF sy. hat swv.1 ‘den Backofen anheizen’ (BM 111, SU 589) < ains.-nfr. *hetta swv.1 mit kurzem -e- < -ƣ- vor Doppelkonsonanz < *haitja-; dieses Kürzungsprodukt entwickelt sich im Sy. zu -a- (vgl. etwa auch sy. fat ‘fett’ < *fætt < *fƣtiþ). INF fa. hiate swv.2 ‘heizen, feuern’ (MN 1345), FNF bök. hiitje (FU 104), karrh. hiitje (MN 1345), ält. ngos. hietiä (ca. a. 1745, JG 144), sgos. hiate (MN 1345) swv.2 ‘heizen, feuern’, WFR nwfr. hjitsje, hytsje swv.2 ‘heet maken, hitte geven’ (WFT 9,22) West- und nordgerm.: E ae. hƗt, S as. hƝt, N anl. heit-, D ahd. heiz, W an. heitr. Alle neufries. Belege führen auf PFR *hƣt mit -ƣ- < monophthongiertem germ. -ai- zurück. Nach Heidermanns ein Primäradj., doch könnten die zu germ. *haita- ‘heiß’ in Ablaut stehenden Subst. G heito f. ‘Fieber’ < germ. *heitǀn- (e-Stufe) und N mnl. hitte f., D ahd. hizzi f. Hitze’ < germ. *hitjǀ- (Schwundstufe) die Vermutung nahelegen, daß hier anfangs auch ein (nicht mehr vorhandenes) starkes Verb der I. Kl. im Spiel gewesen sein könnte; zu germ. *hitjǀ- vgl. ferner: AFR awfr. hitte f. ‘Hitze’ (U [Ahlsson]); vgl. Ahlsson 130. INF fa. hatj m. (n.) (WFO 108, FÖW 215), helg. het f. (WK 300) ‘Hitze’ FNF bök. hatj m. (FU 102), hall. haitj [f.] (MOH 1,166), ält. karrh. haitt (ca. a. 1820, FF 76), karrh. hatj m. (MN 496), mgos. hätj (MAH 93), ält. ngos. hatje (a. 1743, BJ 2,56), ngos. häitj, hatj m. (WNG 54) ‘Hitze’ OFR wang. hittii f.n. ‘Hitze’ (FA 1,372)

260

Idg Lit

halba-

Keine direkte außergerm. Entsprechung; im weiteren offenbar aus idg. *kai-d-, einer d-Erweiterung der Verbalwurzel *kai- ‘brennen’ (IEW 519); vgl. auch das voraufgehende germ. *haisa-. Siebs 1889: 270; Falk/Torp 1909: 89; Löfstedt 1928: 107; Hof 1933: 192f.; Mitzka 1934: 321; Pokorny 1959: 519; Spenter 1968: 273; Boutkan/Siebenga 2005: 168. Hm 272f. halba- ‘halb’ *V? (§ 37)

F

AFR aofr. half ‘halb’ (B1-2, E1-3, F, H, PrJ 258 [Àektiert hƗle], R1-2) ‘halb’ awfr. half (A 294, D, FrR [in halfhundert ‘fünfzig’], Fs 2,16, J, Ro 2,144, U [Hoekstra], O), hallef (D), hƗl (A 48, Cr, D, J, Ro 2,78, SnR 33, O) ‘halb’ INF fa. hualew ‘halb’ (WFO 116, FÖW 237) helg. hualow ‘halb’ (WK 317) sy. hualev ‘halb’ (BM 118, SU 599) FNF ält. bök. hulw (a. 1748, NfSt 2,3), bök. huulew (FU 111) ‘halb’ hall. hualew ‘halb’ (MOH 1,134) ält. karrh. hulew (ca. a. 1820, FF 83), karrh. huul(e)w (MN 2062, HMN 125) ‘halb’ mgos. huulw ‘halb’ (MN 2062, LHol 173) ält. ngos. huelf (a. 1743, BJ 1,41), ngos. huulef (MN 2062, WNG 49) ‘halb’ sgos. hualw ‘halb’ (EFS 57, HMN 40) wied. huulew ‘halb’ (FRU 141) OFR harl. half ‘halb’ (CM 69) sat. holich ‘halb’ (MF 113) wang. halv ‘halb’ (FA 1,94) WFR frühnwfr. hael (SB 58), heal (GJ 197) ‘halb’ nwfr. heal ‘half, wat gelijk is aan de helft van iets; ziek, ziekelijk; halfwaardig’ (WFT 8,193f.) hind. hael ‘half; niet recht lekker, niet erg gezond’ (GB 69) schierm. hail ‘half’ (DF 46) tersch. holf ‘half’ (CR 42)

-an-

INF helg. hualow (WK 317), sy. hualev (BM 118) n. ‘Seite’, FNF wied. huulwe m. ‘Hälfte’ (FRU 141) AFR aofr. halve (B1-2 [in twi(a)halve adv. und präp. ‘auf zwei Seiten; gegenseitig; auf verschiedene Art und Weise’], E1-2, E3 [in bihalva präp. ‘außer, ausgenommen’], F, H, R1-2), awfr. halve (J) f. ‘Seite’

-ǀn-

halda-

Bel Germ

Idg

Lit

261

Gemeingerm.: E ae. healf, S as. half (halb), N mnl. half, D ahd. halb, W an. halfr, O adän. half, aschw. halver, G halbs. PFR *half, dessen -a- vor der Konsonanz -lf früh gedehnt wird; auf eine derart gedehnte Vorstufe *hƗlf führen die meisten neufries. Belege zurück, allerdings mit Ausnahme von OFR (weserfries.) harl. half, wang. halv und WFR tersch. holf, in denen altes -a- an dieser Position erhalten bleibt. Die Formen AFR aofr. halfte, awfr. helft(e) scheinen wie ihre neufries. Entsprechungen aus mnd./mnl. helfte bzw. halfte entlehnt zu sein (anders Spenter 1968: 177). Das Adj. steht im Germ. isoliert, und die weiteren etymologischen Zusammenhänge sind unklar. Wurzelverwandt sind lit. šalìs ‘Seite, Richtung, Gegend’, lett. salis ‘Speckseite’, sala ‘Schweinehälfte’. Möglicherweise zu ai. kalpáyati ‘teilt zu’, kálpatƝ ‘gelingt, fügt sich, wird zuteil’ und im weiteren zu der Verbalwurzel idg. *(s)ko/alp- ‘teilen’. Siebs 1889: 57; Siebs 1901: 1162, 1178; Falk/Torp 1909: 85; Löfstedt 1928: 134; Pokorny 1959: 926; Spenter 1968: 177; Lehmann 1986: 173; Kluge/Seebold 2002: 385; Boutkan/Siebenga: 149f. Hm 276f. halda- ‘zugeneigt’ P (§ 2, 22)

F

N D

AFR awfr. hald ‘geneigt, hold’ (U, O) INF frühfa. hal adv. ‘gerne’ (ca. a. 1600, Kat. 63) ält. fa. hall (a. 1754, CQ v. 6), holl (a. 1757, NfSt 1,22), fa. hal, hol (WFO 105, 113, FÖW 208) adv. ‘gerne’ sy. hol adv. ‘gerne’ (BM 116, SU 595) FNF ält. bök. hall (a. 1748, NfSt 2,3), bök. hål (FU 99) adv. ‘gerne’ hall. haol adv. ‘gern’ (MOH 2,33) ält. karrh. hahl (ca. a. 1820, FF 74), karrh. håål (MN 287, OTJ 57) adv. ‘gerne’ mgos. haal adv. ‘gerne’ (MN 287, JH 4, PG 129) ält. ngos. haal adv. (a. 1743, BJ 1,37), ngos. hål, haal adv. (MOH 2,33, WNG 45) ‘gerne’ sgos. haal adv. ‘gerne’ (MN 287) wied. haal adv. ‘gerne’ (FRU 115) ält. wyk. haal (a. 1758, NfSt 1,22), wyk. håål (KF nr. 20) adv. ‘gerne’ mnl. houde adv. ‘gaarne, spoedig, weldra, welhaast; gemakkelijk, licht’ (VV 3,620 ff.) ahd. halto adv. ‘schnell, rasch, sofort, alsbald, bald’ (Schützeichel 2006: 148)

262

Bel Germ

Lit

halda-

Der adv. Pos. germ. *haldǀ ist kontinental-westgerm. (F, N, D), der adv. Komp. germ. *haldiz(an)- ‘lieber’ (Hm 276) gemeingerm. belegt. Germ. *halda- begegnet adj. lediglich in AFR awfr. hald ‘hold, geneigt’ in der idiomatischen Wendung hald and enstich [wesa] ‘sich einsetzen für’ (U, zitiert nach dem Archiv Fries Instituut, Groningen) sowie in einer Eidesformel von 1494 ... wsen riochta ende natuerlike hera getrouw, hald, onderdenich ende willich tho wessen ... ‘unserem rechtmäßigen, natürlichen Herren treu, hold, untertänig und willig zu sein’ (O IV, 102, Z. 4), daneben noch in W an. heldri komp. ‘eher, besser’, helztr sup. ‘erster’, wobei zumindest die an. Belege sekundär aus dem Adv. hervorgegangen zu sein scheinen. Außerdem werden in awfr. hald die formalen und inhaltlichen Beziehungen zu afr. -hald ‘schräg geneigt’ < germ. *halþa- ‘geneigt’ (s.u.) nicht deutlich. In allen anderen Fällen wird germ. *halda- sowohl im Pos. als auch im Komp. ausschließlich adv. verwendet. Im Nfr. werden Komp. und Sup. des Adv. fast durchgehend suppletiv – nach nd. Vorbild? – mit ‘lieber’ und ‘liebst’ gebildet, doch zeigt etwa das Paradigma FNF bök. hål – hålere komp. – hålst sup. (Bendsen 1860: 339) und mgos. haal – halere – halst (Löfstedt 1971: 53), daß die Steigerung des Adv. einst regelmäßig war. Dafür spricht auch die Kürze des Stammvokals in INF hal, hol, die analog aus dem Komp. *haler, *holer < ains.-nfr. *hald(e)ra, übernommen sein dürfte, da sonst fa. sy. † hual < ains.-nfr. *hƗlde mit Frühdehnung des -a- vor -ld- zu erwarten gewesen wäre: vgl. etwa fa. grat ‘groß’ nach dem Komp. grater < ains.-nfr. *grat(e)ra, statt † gruat < ains.nfr. *grƗt. Die zunächst von Löfstedt 1931: 33ff. vertretene Ansicht, sämtliche nfr. Formen seien aus dem Dän. entlehnt, ist mit Århammar 1966: 316 zu verwerfen; aus dem Nord. dagegen sicherlich E me. helder adv. ‘rather’ (Björkman 1900-02: 167). In der Regel wird germ. *halda- mit grammatischem Wechsel zu germ. *halþa- ‘geneigt’ (s.u.) gestellt. Die dem adv. Pos. zugrundeliegenden Bedeutungen ‘gerne’ neben ‘rasch, bald’ könnten sich aus einer gemeinsamen Vorstufe ‘zielgerichtet auf etwas ¿xiert’, ‘einer Sache zugeneigt, zugewendet’ entwickelt haben. Die letztgenannte Bedeutung spiegelt sich ja ebenfalls in dem Adj. awfr. hald ‘hold, geneigt’ wider. Siebs 1901: 1360; Falk/Torp 1910-11: 1,396; Behaghel 1923-32: 3,182ff.; Löfstedt 1931: 33ff.; Hellquist 1948: 1,345f.; Lindquist 1961: 24ff.; Århammar 1966: 316; Löfstedt 1971: 53; Nielsen 1989: 179.

halla- – halta-

263

Hm 275 halla- ‘vertrocknet’ F

INF fa. hal, hall, haal ‘seicht, niedrig’ (SP 56)

Bel

Kontinentalwestgerm.: D mhd. hel (-ll-) ‘ermüdet; ärmlich’ sowie im Bestimmungswort von W an. hallæri n. ‘schlechtes Jahr, Mißernte’. Die von Heidermanns (Hm 275) unter nfr. hall gegebene Bedeutung ‘trocken, ausgetrocknet’ ist m.W. nirgends bezeugt. Heidermanns Form hall scheint auf das obenerwähnte Hapax legomenon INF fa. hal, hall, haal ‘seicht, niedrig’ bei Schmidt-Petersen (SP 56) zurückzuführen, dem aber insofern mit Mißtrauen zu begegnen ist, als die Form hall /hal/ nicht regulär aus ains.-nfr. *hall hervorgegangen sein kann. Möglicherweise erschloß Schmidt-Petersen sie aus INF fa. halig [ƍhalԥȒ] m. (f.) ‘Hallig, kleine unbedeichte Insel’, das er jedoch fälschlich als substantiviertes halleg ‘niedrig’ oder als kompositionelles hall-äg ‘niedriges Ufer’ interpretiert, obwohl hier sicherlich an E ae. halh, healh m. ‘Landzipfel, feuchte Wiese’ (Löfstedt 196569: 22,43ff.) anzuknüpfen ist. Insofern ist das Lemma besser zu streichen. Vgl. ferner unter germ. *hƣla- ‘trocken’ (s.u.). Faltings 1996: 105.

Germ

Lit

Hm 275f. halta- ‘fußlahm’ P (§ 2) F

AFR aofr. halt* ‘lahm, gelähmt’ in fǀthalt ‘fußlahm’ (H), griphalt ‘unfähig zum Greifen’ (E1-2, H; vgl. van Helten 1907: 158), *hexehalt [Hs. esxehalt] ‘in der Kniekehle gelähmt’ (H; vgl. van Helten 1907: 100 und HoH 160, dagegen verfehlt van Helten 1890: 29 und Siebs 1901: 1287), homerhalt ‘aufgrund von Lähmung unfähig, einen Hammer zu führen’ (KBE [Rq 137]), strikhalt ‘lahm, so daß der Fuß am Boden schleift’ (B12, KBE [Rq 137], E1, F; vgl. His 1901: 289; van Helten 1907: 316), aofr. strumphalt ‘lahm durch Verstümmelung’ (E1-3; vgl. van Helten 1907: 316, Walter 1911: 51 und HoH 175) awfr. halt ‘lahm, gelähmt’ (D, J, U), sonst nur kompositionell in awfr. strikhalt ‘lahm, so daß der Fuß am Boden schleift’ (D, J) INF ält. fa. haalt (a. 1757, NfSt 1,22), fa. haalt (WFO 104, FÖW 206) ‘lahm [fußlahm]’ FNF bök. hålt ‘lahm, hinkend’ (FU 100) hall. haolt ‘hinkend’ (MOH 2,7) ält. karrh. hahlt (ca. a. 1820, FF 75), karrh. hålt (OTJ 19, 28) ‘lahm’ mgos. haalt ‘lahm’ (HMN 124, MN 291)

264

O -iga-Ưn-haidu-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

halþa-

ngos. hålt, haalt ‘lahm, hinkend’ (MOH 2,7, MN 291) wied. haalt ‘lahm, hinkend’ (FRU 115) adän. halt ‘lam’ (ODS 7,758f., Nielsen 1989: 172) INF fa. haaltig ‘leicht hinkend’ (Verf.) AFR aofr. -helte in strumphelte f. ‘Lahmheit durch Verstümmelung’ (H); vgl. Ahlsson 4. INF fa. haalthaid n. ‘Lahmheit’ (MN 291, FÖW 206), FNF karrh. hålthäid n. ‘Lahmheit’ (MN 291) INF fa. haalte swv.2 ‘lahmen, hinken’ (WFO 104, FÖW 206), FNF bök. hålte (FU 104), ält. karrh. hahlte (ca. a. 1820, FF 75), karrh. hålte (MN 291), ält. ngos. haaltiä (a. 1743, BJ 2,56), ngos. hålte, haalte (WNG 53), wied. haalte (FRU 115) swv.2 ‘lahmen, hinken’ Gemeingerm.: E ae. healt, S as. halt, N mnl. hout, D ahd. halz, W an. haltr, O adän. halt, G halts. PFR *halt lebt lediglich im Nfr. fort, allerdings mit Ausnahme der ins.-nfr. Mundarten von Sylt und Helgoland; möglicherweise wirkte sich O dän./jüt. halt ‘fußlahm’, halte swv. ‘lahm gehen’ (Nielsen 1989: 172) stabilisierend auf das nfr. Vorkommen aus; zu dieser Art lexikalischer Stützung vgl. Århammar 1966: 309f. Das Primäradj. steht im Germ. isoliert. Unter dem Ansatz idg. *kol-do- zu idg. *kol- in griech. țȩȜȠȢ ‘verstümmelt’ (griech. țȜĮȦ ‘breche’), und damit zu der Sippe um idg. *kel-, *kelΩ-, *klƗ- ‘schlagen, hauen’ (IEW 545f.). Siebs 1889: 58; Delbrück 1907: 134; van Helten 1907: 158; Falk/ Torp 1909: 84; Löfstedt 1931: 7; Trier 1952: 49; Pokorny 1959: 545f.; Munske 1973: 151; de Grauwe 1979-82: 1,178. Hm 276f. halþa- ‘geneigt’ P (§ 2)

F O

AFR aofr. -hald in northhald ‘nordwärts gerichtet’ (B1-2, E1-3, F, H), njthald ‘seewärts gerichtet’ (E1-3, H, R1) ält. ndän. hald ‘hældende, skrå’ (Kalkar 2,130)

-Ưn-

AFR awfr. helde (D), hilde (D, J), hielde (J) f. ‘Deichberme; Straßenböschung’, z.T. mit -i-, -ie- < -Ɲ- vor -ld (Siebs 1901: 1369); vgl. van Klaarbergen 1947: 104 und Ahlsson 2f.

Bel

Gemeingerm.: E ae. heald, D ahd. hald, W an. hallr, G indirekt in wiljahalþei f. PFR *hald. Das lediglich in den beiden Komposita aofr. northhald und njthald begegnende Adj. setzt sich in den neufries. Mund-

Germ

hamala-

Idg Lit

265

arten nicht fort. Vgl. im weiteren mit schwundstu¿gem Ablaut germ. *hulþa- ‘geneigt; zugetan’ sowie mit grammatischem Wechsel germ. *halda- ‘zugeneigt’. Offensichtlich Primäradj. mit Dentalerweiterung zu idg. *êk ol- ‘neigen’ und weiter zu *(s)kel- ‘biegen; anlehnen’ (IEW 928). Falk/Torp 1909: 82f.; Hermann 1937: 359; Feist 1939: 563; Pokorny 1959: 552, 928; Lehmann 1986: 174; Boutkan/Siebenga 2005: 148. Hm 277 hamala- ‘verstümmelt’ R (§ 90)

F

E

S

O

-engǀ-ǀja-

INF fa. heemel* ‘abgestumpft, verstümmelt, abgeschrägt etc.’ im Bestimmungswort des Föhrer FlN Heemelhuug für einen jetzt verschwundenen prähistorischen Grabhügel (fa. huug m. < voraltdän. *haugr m.) nordöstlich von Witsum, dessen Spitze möglicherweise abgegraben, durch Absacken der Grabkammer eingefallen oder sonstwie beeinträchtigt war (Faltings 1996a: 19). WFR nwfr. heamel adv. ‘nauwelijks, zojuist; schuchter, angstig’ (WFT 8,205); daneben diminutivisch eameltsjes adv. ‘armoedig; dunnetjes, schraal, licht, zwak’ (WFT 4,236) und daraus verkürzt ealtsjes adv. ‘armoedig, schraal, dunnetjes, lichtjes, zachtjes’ (WFT 4,235) ae. hamel* ‘broken, rugged’, überliefert in schwachÀektiertem hamalan, etwa in æt hamelan dene (BT Suppl. 505); „[hamel*] is chieÀy used in hill-names, in the sense ‘crooked, scarred, mutilated’ or the like; it also may be used of a Àat-topped hill, that is, of one which appears to have been cut off or mutilated [...]“ (Smith 1970: 1,231). gron. hoamel ‘min uitziend, mager’ (ter Laan 1952: 326), drent. hamel, haemel, hoamel ‘mager, schraal, goor, ziekelijk’ (Kocks 19962000: 1,389); in Drenthe auch diminutivisch haemelties adv. ‘schamel, armoedig’ (Kocks 1996-2000: 1,389) ndän. dial. hammel ‘afstumpet, lemlæstet; fast, tæt, god; hvas, haard, streng; arrig, skændesyg’ (ODS 7,779, Feilberg 1,547); daneben adän. hæmil* ‘abgestumpft’ in dem früh bezeugten ON adän. hæmlæbyargh (a. 1231) (Brøndum-Nielsen 1950-57: 2,267) sowie in dem Hügelnamen Himmelbjerg (a. 1653 Hemmelberg) mit zu ‘Himmel’ umgedeutetem Erstglied im Kirchspiel Adelby/Angeln (Sydslesvigs Stednavne 1948ff.: 7.1,51). AFR aofr. hemelinge (R1), hemelenge (E1), homelinge (F), awfr. hemelinge (D, J), hamelinge (J) f. ‘Verstümmelung’; vgl. Ahlsson 60. AFR aofr. homelia swv.2 ‘verstümmeln, zerhauen, verwüsten’ (F, H)

266

Bel Germ

Lit

handja-

Das Adj. scheint sowohl im Nord- als auch im Westgerm. einst weiter verbreitet gewesen zu sein, als Heidermanns (Hm 277) zunächst annimmt. Tatsächlich spricht vieles für eine Rückbildung aus dem Verb germ. *hamalǀ-/-ǀja- swv.2 ‘verstümmeln’ (Hm 277), das die Basis für F nwfr. heamel < awfr. *hamal, E ae. hamel, N nnl. dial. hamel, hoamel, D hamal, W hamall* (überliefert im Neutr. hamalt), O ndän. hammel gewesen sein könnte; zu den diminutivischen Formen nwfr. eameltsje, ealtsjes, nnl. haemelties vgl. Hoekstra 2005: 185. Daneben dürfte auch eine umlautende Seitenform germ. *hamilǀ-/ -ǀja- swv.2 mit Suf¿xablaut bestanden haben, wie INF fa. heemel* < ains.-nfr. *hemel, O adän. hæmil* nahelegen; vgl. dazu BrøndumNielsen 1950-57: 2,267, Kousgård Sørensen 1968-96: 3,86 sowie zur Bildung iterativer Verben mit dem ablautenden Suf¿x -alǀ-/-ilǀKrahe/Meid 1967: 263f. Ob die ins.-nfr. Form dabei aus dem Adän. entlehnt ist oder angesichts der zahlreichen Belege im Westgerm. (insbesondere auch im Afr.) als bodenständig gelten kann, sei dahingestellt. Wie der Föhrer Grabhügelname Heemelhuug ist wohl auch der Sylter Hügelname Hemelhoog nördlich von Tinnum zu beurteilen mit einem sekundär aus sy. *heemel- ‘abgestumpft’ zu sy. hemel g. ‘Himmel’ umgedeuteten Erstglied (Faltings 1996a: 19). Falk/Torp 1909: 73; Brøndum-Nielsen 1950-57: 2,267; Pokorny 1959: 929; Kousgård Sørensen 1968-96: 3,86; Smith 1970: 1,231; Wissmann 1975: 97f.; Faltings 1987: 393; Faltings 1996a: 19; Boutkan/ Siebenga 2005: 163ff. -handja- ‘was bei der Hand ist’ K (§ 115)

F

AFR awfr. hende (U [hendra comp.]), hind(e) (D, O [hindera comp.]), heind (Ro 2,120) adv. ‘nahe’ (vgl. Buma 1961a: 7) INF fa. hen, hän ‘klein, schmächtig; zerbrechlich; minderwertig’ (LFM 75, SP 59, WFO 110, FÖW 218, Verf.) FNF bök. hiinj ‘schlecht, von mangelhafter Qualität; in schlechter körperlicher Verfassung; ungünstig; moralisch schlecht, böse; übel’ (FU 103) ält. karrh. hieng (ca. a. 1820, FF 80), karrh. hiin, hiinj (MN 1339; OTJ 44) ‘gering, niedrig; schlecht, elend, schwach; abscheulich; gottlos’ mgos. hiin ‘gering, niedrig; schlecht; schwach, elend; abscheulich; gottlos’ (MN 1339)

hardu-

E S N D O Bel Germ

Lit

267

ält. ngos. hien (a. 1743, BJ 2,60), ngos. hiin (MN 1339, MOH 1,113) ‘schlecht, krank, elend; gering, niedrig; abscheulich; gottlos’ sgos. hian ‘schlecht; krank, elend’ (NfWb) ält. wied. hiend (a. 1749, NfSt 1,46), wied. hiinj (FRU 123) ‘schlecht, von minderwertiger Qualität; unzureichend, mangelhaft; schlecht, ungünstig; übel, körperlich unwohl; elend, jämmerlich; (moralisch) schlecht, böse’ WFR frühnwfr. hende adv. ‘propre & vicinus’ (a. 1599, van der Kooi 1976: 18), heijn adv. ‘heinde, digtbij, nabij’ (GJ 202) nwfr. hein adv. ‘dichtbij, nabij’ (WFT 8,258) ae. gehende ‘neighbouring, next; handy’ (BT 400) mnd. hende ‘geschickt’ (LB 2,274), nnd. (OF) hend, hende adv. ‘beim Hause, nahe oder dicht bei, in der Nähe’ (DK 2,73) mnl. (ge)hende, heinde adv. ‘nabij, in de nabijheid’ (VV 3,327) ahd. gihenti ‘hilfreich, zugehörig’ (Schützeichel 2006: 157) jüt. (Vendsyssel) uhænd ‘unæm, ubekvem’ (Feilberg 3,966) Die Belege konzentrieren sich auf das Westgerm., aber offensichtlich ist das Adj. auch im Nordgerm. heimisch, wie der Einzelbeleg im O (Nordjütland) zeigt. PFR *ji-hænde > afr. hænde > *hƣnde mit frühgedehntem -æ- vor -nd-, das im Ins.-Nfr. positionsbedingt vor dentalem Nasal < ains.nfr. -nd- + V gekürzt, im Festl.-Nfr. zunächst zu -Ưa- diphthongiert und mundartlich wiederum zu -Ư- monophthongiert worden ist. Der Diphthong -Ɲi- < -Ɲ- < -ƣ- vor Nasal kann in den awfr. und nwfr. Formen bodenständig entwickelt sein, obwohl dort eine Entlehnung aus mnl. heinde nicht auszuschließen ist. Des weiteren ist von einer exozentrischen Bildung germ. *ga-handja- ‘was bei/vor der Hand liegt’ auszugehen, daraus einerseits die Bedeutung ‘benachbart’, adv. ‘nahebei’, andererseits ‘bequem, leicht zu handhaben’ > ‘handlich, nicht zu groß’ > ‘klein, schmächtig’ und schließlich ‘gering, schlecht’ usw. Löfstedt 1928: 113; Franck/van Wijk 1949: 242; Buma 1961a: 5ff.; Löfstedt 1971: 54; de Vries 1992: 247. Hm 289f. hardu- ‘hart, rauh’ *V (§ 51)

F

AFR awfr. herd (Cr, D, FrR, J, O), hird (A 536), hard (SnR 20, O) ‘hart’, herde (A 434, FrR, J), hierd (Fs 1,145) adv. ‘sehr, besonders, kräftig’ spätawfr. hyrd, hird ‘hart’ (Bo)

268

hardu-

INF fa. hard ‘hart; schlimm, heftig; schnell’ (WFO 107, FÖW 212) ält. helg. hart (a. 1758, NfSt 1,49), helg. har (WK 286) ‘hart, fest; hartnäckig, unnachgiebig; streng, gewaltig; mühevoll, schwer, schwierig’ sy. hart ‘hart, fest; stark; strenge’ (BM 110, SU 588) FNF bök. hard ‘hart’ (FU 101) ält. hall. hard (a. 1749, NfSt 1,6), hall. hard (MOH 1,57) ‘hart’ ält. karrh. hard (ca. a. 1820, FF 76), karrh. hard (MN 493) ‘hart, streng’ mgos. hard ‘hart, strenge’ (MN 493, LHol 171) ält. ngos. hard (a. 1743, BJ 2,53), ngos. hard (MOH 1,57) ‘hart’ sgos. hard ‘hart’ (EFS 50, MN 493) wied. hoard ‘hart; schwer’ (FRU 128) wyk. hard ‘hart’ (KF nr. 135) OFR sat. häd ‘hart’ (MF 110) wang. hard ‘hart’ (FA 1,94) WFR frühnwfr. hird ‘hart’ (SB 56, GJ 207) nwfr. hurd ‘hard; hevig, krachtig; straf, streng; gauw, snel; luid’ (WFT 9,149f.) hind. hard ‘hard’ (GB 71) schierm. hes ‘hard’ (DF 48) mit [-z] < -rd tersch. hêd (CR 41), (W) hôd (Knop 1954: 3) ‘hard; streng; ongevoelig’ -iga-

INF fa. hardig ‘abgehärtet; hart gegen sich selbst’ (WFO 108, FÖW 213) -an-/-ǀn- FNF bök. harde f. ‘das Harte, der harte Boden’ (FU 101), wied. hoarde m. ‘fester Boden; der Streifen Landes am Deich zwischen Knie und Berme, dem untersten Rande des Deiches’ (FRU 128) -ƯnOFR sat. hädde f. ‘Härte, Strenge’ (MF 110) -eþǀWFR nwfr. hurdte ‘hardheid; hardbevroren grond; vorst’ (WFT 9, 158) -nassjǀ- INF fa. hardens n. (SP 58, FÖW 212), helg. hardens n. (WK 287), sy. hartens g. (BM 110, SU 588) ‘Härte; Verhärtung’, WFR nwfr. hurdens (WFT 9,153), hind. hardens (GB 71) ‘hardheid; ongevoeligheid, strengheid’ -haidu- INF fa. hardhaid n. (MN 494), sy. harthair g. (SU 589) ‘Härte’, FNF bök. hardhäid f. (FU 101), ält. karrh. hardhäid (ca. a. 1820, FF 76), wied. hoardhaid n. (FRU 128) ‘Härte’, daneben mit ig-Erweiterung ält. ngos. hardichheit ‘Härte, Hartnäckigkeit [?]’ (a. 1760, Kon. 78), möglicherweise nach mnd. hardicheit. -jaAFR aofr. herda swv.1 ‘bekräftigen, erhärten’ (B1-2), biherda swv.1 ‘bekräftigen; auf etwas beharren’ (B1-2, F), awfr. hirda swv.1 ‘verstärken’ (P, Ro 2,188), biherda (SnR 409), bihirda (J) swv.1 ‘bekräfti-

hardu-

-ǀja-

Bel Germ

Idg

Lit

269

gen; erweisen’, WFR frühnwfr. hirde swv.1 ‘harden’ (GJ 207), nwfr. hurde swv.1 ‘harden, uithouden, verduren, verdragen’ (WFT 9,153) INF fa. harde swv.2 ‘härten; aushalten, über sich bringen’ (WFO 107, FÖW 212), sy. harti swv.2 ‘härten, hart machen oder werden; gegen etwas abgehärtet oder gestählt sein, besonders gegen Kälte’ (BM 110, SU 589), FNF bök. harde swv. ‘hart werden, härten’ (FU 101), OFR sat. hädje swv.2 ‘härten’ (MF 110), WFR nwfr. hurdzje swv.2 ‘hardmaken, stalen; gehard worden’ (WFT 9,158) mit sekundärem ig-Einschub < älterem *hirdigje Gemeingerm.: E ae. heard, S as. hard, N anl. hart* (-d-), D ahd. hart, W an. harðr, O adän. harth, G hardus. Alle Belege des Fries. führen anscheinend auf eine Vorstufe *herd < *hardi- bzw. *herde < *hardja- zurück mit Wechsel von den u- zu den i-/ja-Stämmen. Im Nfr. ist -e- stellungsbedingt vor -r- zu -a- gesenkt worden (im Wied. mit weiterer Diphthongierung zu -oa-). Auch wang. hãrd dürfte, wenn nicht Entlehnung aus nd. hard vorliegen sollte, aus einem älteren *hærd hervorgegangen sein, da im Wang. nach Siebs 1901: 1379 geschlossenes -æ- vor -rd/-rt vielfach in ein geschlossenes -a- übergeht. Im Sat. dagegen bleibt -e- vor ehemaligem -rd als -æ- erhalten. Für das Wfr. ist indessen Durchgang durch *herd anzunehmen mit vorübergehender Vokaldehnung vor -rd, das aber bald wieder zu einem geschlossenen -e- gekürzt und in den einzelnen Mundartgruppen unterschiedlich entwickelt wurde: 1. mit Verengung zu -i- (spätawfr./ält. nwfr. hird) und sekundärer Rundung zu -ø- (nwfr. hurd [höt]), 2. mit Senkung teils zu -æ- (schierm. hes [-Ȋ-], in tersch. hêd [-Ȋ:-] mit Dehnung durch EinÀuß des resorǀ (westtersch. hôd bierten -r-), teils zu -a- (hind. hard [hat]) und -å[-ȃ:-], auch hier mit jüngerer Dehnung vor resorbiertem -r-). Eine Zwischenform mit zunächst gedehntem, aber bald wieder gekürztem -e- ist wohl ebenfalls für das Ains.-/Afestl.-Nfr. – sowie eventuell für das Aofr. – nicht auszuschließen. Aus der Grundbedeutung ‘hart, rauh’ ergab sich ‘kräftig, heftig, stark, streng’, aber auch ‘kühn, schnell’. Heidermanns (Hm 282) vergleicht das formal identische lit. kartùs ‘bitter, scharf (Geschmack)’ < idg. *kortú-. Die Bedeutungen germ. ‘hart, rauh’ und balt. ‘bitter, scharf’ könnten auf ein ursprünglicheres ‘schneidend’ schließen lassen mit weiterem Anschluß an die Verbalwurzel idg. *(s)ker- ‘schneiden’ (IEW 938ff.), was auch den Ansatz als Verbaladj. rechtfertigen würde. Siebs 1889: 50; Siebs 1901: 1177; Delbrück 1907: 135; Falk/Torp 1909: 78; Löfstedt 1928: 57; Spenter 1968: 105; Strunk 1976: 169ff.; Levickij 1998: 214.

270

harma-

Hm 282 harma- ‘schmerzlich’ S (§ 91) F

INF fa. haarem, harem ‘böse gesinnt; schwermütig’ (LFM 73, FÖW 206) FNF bök. hiirem ‘derb’ (FU 104) hall. heerm ‘böse, aufgebracht’ (MOH 1,60) karrh. heerm ‘ärgerlich’ (MN 742, 1033) ngos. härm ‘böse, aufgebracht’ (MOH 1,61) WFR frühnwfr. herm ‘tristis, lugens, dolens’ in Kilians Etymologicum Teutonicae linguae von 1599 (zitiert nach Fokkema 1969: 74; vgl. ferner van der Kooi 1976: 19).

-lƯka-

WFR on-, ûnhiermlik, -hjirmlik ‘onverdraaglijk, onduldbaar’ (FW 2,292) < awfr. *-hƝrmlƯk. AFR awfr. herm m. ‘Harm, Leid, Schmerz (O)’ sowie in hermskere f. ‘Kirchenbuße, Kirchenstrafe, Pönitenz’ (J) neben awfr. harm m. ‘Harm, Leid, Schmerz’ (A 430, J), INF fa. harem m. ‘Harm’ (SP 58), sy. hƗrem g. ‘Geruch’ (BM 110, SU 588), FNF karrh. heerm [ohne Genusangabe] (OTJ 47), ält. ngos. heerm [m.] (a. 1743, BJ 2,53), ‘Harm’, sonst kompositionell in bök. heermkrüd n. ‘Harmelraute (peganum harmale)’ (FU 103) sowie idiomatisch in hall. härmkrud soomle ‘auf Böses sinnen’ (MOH 1,60) FNF ält. ngos. heermensä f. ‘Ärgernis’ (ca. a. 1745, JG 9) FNF karrh. heermhäid n. ‘Ärgernis’ (MN 1033) INF fa. harme swv.2 ‘stark riechen, duften’ (LFM 73, FÖW 213), sy. hƗremi swv.2 ‘riechen’ (BM 110, SU 588), FNF bök. hiirme, heerme (FU 103, 104), karrh. hiirme (OTJ 46), ält. ngos. heermiä (a. 1745, TJ 40) swv.2 ‘härmen, grämen, ärgern; ängstigen’

-a-

-nassjǀ-haidu-ǀja-

Bel Germ

West- und nordgerm: E ae. hearm, S as. harm, O adän. harm. PFR *herm. Auch die festl.-nfr. Formen führen auf afestl.-nfr. *herm zurück mit -e- < tonerhöhtem germ. -a-, das vor -rm sekundär gedehnt wird, in ngos. härm allerdings nachträglich wieder gekürzt. Bök. hiirem [ƍhi:ԥm] verweist auf eine Vorstufe *hƝ am mit -Ɲ a- vor vokalisiertem -r- und anschließender Dissimilation zu -Ư a-. In INF fa. harem dagegen scheint ains.-nfr. -e- vor folgendem -rm wieder zu -a- gesenkt worden zu sein (wie vergleichsweise in INF fa. a(a)rem, helg. arem, sy. Ɨrem ‘arm’ < *erm < germ. *arma-), sofern nicht eine Entlehnung aus O adän. harm ‘zornig’ (Nielsen 1989: 174) im Spiel sein sollte. Auch in AFR awfr. harm m. (J) könnte die Tonerhöhung des -a- positionsbedingt vor -rm unterblieben sein (vgl. Siebs 1901: 1177), aber hier ist eine Entlehnung aus mnl. harm m. wohl ebenfalls nicht auszuschließen.

harwa-

Lit

271

In INF fa. harme swv. ‘stark riechen’, sy. hƗremi swv. ‘riechen’ geht die Bedeutungsentwicklung offenbar von ‘jmd. etwas Unangenehmes/ Böses antun’ > ‘jmd. durch Geruch belästigen’ > ‘stark riechen’ > ‘riechen’ aus. Nach Århammar 1967: 200 soll es sich dabei um eine Entlehnung aus dem Dän. handeln; eine nähere Begründung erfolgt nicht. Das Adj. ist vermutlich in prädikativer Stellung aus dem Subst. germ. *harma- erwachsen. Falk/Torp 1909: 79; Löfstedt 1928: 60f.; Pokorny 1959: 615; Fokkema 1969: 74; de Sousa Costa 1993: 276ff. Hm 283 harwa- ‘herb’ P (§ 13)

N

nnl. (dial.) haar ‘droog, schraal (wind); dor (van een weide)’ (WNT 5,1424)

-iga-

OFR sat. hoarich ‘aufgesprungen (Hände)’ (JM 24, Kramer 1961: 96), WFR nwfr. harch, harrich ‘dor, scherp en daardoor weinig opleverend (van de grond, inz. van zeebodem met veel scherpe zand)’ (WFT 8,164) INF fa. heere (WFO 109, FÖW 216), sy. hiari (BM 114, SU 593) swv.2 ‘mit einem Hammer die Sense oder Sichel schärfen, dengeln’, FNF hall. ferheere swv.1 ‘verspotten’ (MOH 1,207), ngos. eewerheere swv.1. ‘nachäffen’ (MOH 1,207), OFR wang. naahirii swv.1 ‘nachäffen’ (FA 1,72) [die Bedeutung ‘verhöhnen’ < ‘herb, bitter machen’ begegnet ebenfalls in E ae. (ge)hyrwan swv.1], WFR nwfr. heare swv.1, hearje swv.2 ‘haren, in de keel prikkelen (van rook, scherpe spijs of drank enz.)’ (WFT 8,212), dazu deverbal nwfr. hearich ‘in de keel prikkelend; naar rook smakend (van rook, de atmosfeer, scherpe spijs of drank, inz. spek en vet’ (WFT 8,215); deadj. < germ. *harwja- swv.1 ‘scharf machen; scharf sein’, im Ins.-Nfr. sowie in nwfr. hearje mit Übertritt in die Konjugation der schwachen Verben 2. Kl. FNF bök. hååre (FU 97), hall. hååre (MOH 2,68), ält. karrh. haare (ca. a. 1820, FF 74), karrh. hååre (MN 295), mgos. hååre (MN 295), ngos. haare (MOH 2,68), sgos. hååre (NfWb), wied. hoare (FRU 128) swv.2 ‘Sense oder Sichel schärfen, dengeln’, OFR sat. hoarje swv.2 ‘schärfen, dengeln’ (MF 112; die bei Stürenburg 1857: 79 und in MOH 2,68 angeführte Form sat. häre vermag ich nicht zu belegen), WFR nwfr. harje swv.2 ‘haren, een zeis scherpen op een haarspit door er met een haarhamer op te kloppen’ (WFT 8,155), hind. harje (GB 71), schierm. harje, haarje (DF 47), tersch. harje (CR

-ja-

-ǀja-

272

hauha-

40) swv.2 ‘mit einem Hammer die Sense oder Sichel schärfen, dengeln’, S mnd. hƗren swv. ‘scharf sein, bes. vom scharf und trocken wehenden Wind’ (Ahlsson 1964: 59), nnd. (Had.) haren ‘stark aus dem Osten wehen, wodurch sich Trockenheit einstellt’ (Teut 2,186), N mnl. haren ‘scherp zijn; doordringend zijn’ (VV 3,135) < germ. *harwǀ(ja)- swv.2 ‘scharf machen; scharf sein’; anders Löfstedt 1931: 68, der zumindest die festl.-nfr. Formen auf afestl.-nfr. *hera < germ. *harwja- zurückführen möchte, mit Durchgang des umgelauteten -æ- > -a- vor -r-, was m.E. jedoch mit Blick auf die übrigen ofr. und wfr. Belege nicht wahrscheinlich ist. Bel Germ

Idg Lit

Das Adj. ist entgegen Heidermanns über das hd. Sprachgebiet hinaus im Westgerm. verbreitet gewesen. Auch die deadj. Ableitungen im Fries. zeigen, daß das Adj. hier einst bekannt gewesen sein dürfte. PFR *haru mit erhaltenem -a- vor folgendem vokalisierten -w-, das bei regelhafter Entwicklung afr. *hare ergeben hätte. Vgl. daneben auf -ska- germ. *harska- ‘rauh’ (S mnd. harsch) (Hm 282). Primäradj. mit wa-Suf¿x zu idg. *kar- ‘hart, rauh’ (IEW 531f.), etwa in ai. karkara-, karkaĞá- ‘rauh’. Löfstedt 1931: 68; Pokorny 1959: 531f.; Lerchner 1965: 99; Spenter 1968: 44; de Vries 1992: 229. Hm 285f. hauha- ‘hoch’ P (§ 2)

F

AFR aofr. hƗch ‘hoch; groß, umfangreich; belangreich; schwer, quali¿ziert; vornehm’ (B1-2, E1-3, F, H, R1-2), hƗge (E1, F, R1), hƗch (B1-2) adv. ‘hoch; groß; viel; eindringlich’ awfr. hƗch (A 286, D, EdJ 68, FrB 28, FrR, Fs 2,61, J, Ro 2,6, SnR 197, O), hƝch (EdJ 68, FrB 134, Fs 2,150, O) ‘hoch; groß; angesehen, vornehm; schwer, schlimm’, hƗge (FrR, J), hƗch (J, P, U [Sipma]), hƗge (J), hƝch (J) adv. ‘hoch; sehr, nachdrücklich; hart, schwer’ spätawfr. heech, haech* ‘hoch’ (Bo) INF fa. huuch ‘hoch; zeitlich weit fortgeschritten; laut; vornehm’ (WFO 120, FÖW 244f., Verf.) helg. hoog ‘hoch’ (WK 315f.) sy. hoog ‘hoch’ (BM 116, SU 596) FNF ält. bök. hug (a. 1748, NfSt 2,3), bök. huuch (FU 110) ‘hoch; laut’ ält. hall. hugh (a. 1749, NfSt 1,6), hall. huuch (MOH 1,128) ‘hoch’

hauha-

273

ält. karrh. huhg (ca. a. 1820, FF 82), karrh. huuch (MN 2054, OTJ 40) ‘hoch; vornehm’ mgos. huuch ‘hoch; vornehm’ (EFS 284, HMN 125, MAH 90, BnG 1,119) ält. ngos. huech (a. 1743, BJ 2,56), ngos. huuch (MN 2054, MOH 1,129) ‘hoch; vornehm’ sgos. huuch ‘hoch; vornehm’ (MN 2054, EFS 284, Beitr. 40) str. huch ‘hoch’ (ca. 1637-1661, DH 181) wied. huuch ‘hoch; zahlen- oder mengenmäßig groß; weit nach oben; zeitlich weit fortgeschritten; hoch in einer Rangordnung; hoch (von Tönen); laut’, adv. ‘sehr’ (FRU 140) wyk. huuch ‘hoch’ (KF nr. 25) OFR brok. hach* /-ȃ:-/ ‘hoch’ in thet hagst’ ‘das Höchste’ (OfSt 69) harl. hach* /-ȃ:-/ ‘hoch’ in de hageste ‘der Höchste’ (CM 105) sat. hooch ‘hoch; schwierig, verwickelt’ (MF 113) wang. hooch ‘hoch’ (FA 1,94, HEN 42, 351) wurst. haach [-ȃ:-], hoch ‘hoch’ (RM 103) WFR frühnwfr. haeg (SB 57), heag (GJ 196), heeg (GJ 198) ‘hoch’ nwfr. heech ‘hoog; ver in het noorden liggend, vanuit het noorden komend, noordelijk; scherp aan den wind; hoog van toon, stem of geluid; van tijd of leeftijd: gevorderd; hooghartig, trots, eigenwijs; edel, voornaam, verhevend’, adv. ‘zeer, ver, groot, hevig’ (WFT 8,228) hind. haich ‘hoog; hooghartig’ (GB 70) schierm. heich, hêch ‘hoog’ (DF 48) tersch. heag ‘hoog; deftig’ (CR 40) -lƯka-

-a-

-an-Ưn-

AFR aofr. hƗlƯk adj. ‘hoch’ (H), awfr. hƗchlƯk, hƗlƯk adv. ‘hoch, sehr’ (O), hƝgelƯke adv. ‘(ehr)würdig’ (BTr), FNF ält. ngos. huechlick adv. ‘kräftig, sehr, außerordentlich’ (a. 1760, Kon. 68), OFR sat. halk ‘hoch’ (Siebs 1901: 1249, 1304), WFR frühnwfr. heaglijck ‘hooglijk, groot, heerlijk’ (GJ 196), nwfr. heechlik adv. ‘hoogelijk, zeer, in hoge mate’ (WFT 8,234) WFR nwfr. heech n. ‘hooggelegen land (bodem)’ (FW 1,505); INF fa. huug, huuch m. (LFM 82, FÖW 245), sy. hoog g. (BM 116, SU 596), FNF karrh. huuch m. (NfWb) mgos. huuch m. (NfWb), wied. huuch m. (Verf.) ‘vorgeschichtlicher Grabhügel’ ist Entlehnung bzw. Lehnbildung aus dem Nord. (adän. hǀøgh m., an. haugr m. ‘Grabhügel’ < germ. *hauga- m.); vgl. Faltings 1996a: 27f. FNF bök. huuge m. (FU 110), wied. huuge m. (FRU 140) ‘Höhe; Anhöhe’ INF helg. haik f. ‘Hügel, Anhöhe’ (WK 280) < ains.-nfr. *heike f. mit diminutivischem k-Suf¿x zu PFR *hƣje f. < germ. *hauhƯnǀ-; vgl. dazu auch Århammar 1974: 160.

274

-engǀ-eslan-

-man-nassjǀ-eþǀ-

-haidu-

-ja-

-ǀjaBel Germ

hauha-

INF sy. hoogning g. ‘Anhöhe, Erhebung des Bodens’ (BM 116, SU 597); – nach gleichbedeutendem jüt. forhöjning (Feilberg 1,343) mit dän. Lehnsuf¿x. FNF bök. huugels n. ‘Anhöhe’ (FU 110); die apokopierte Form huugels anstatt eines zu erwartenden † huugelse ist auffällig und deutet auf eine Entlehnung aus sjüt. höjelse /ƍhywԥls/ (Feilberg 1,742) oder auf eine Herkunft aus einer benachbarten festl.-nfr. Mundart; durch jüt. und/oder nd. EinÀuß sind im Festl.-Nfr. deadj. Derivationen mit dem Suf¿x germ. *-nassjǀ- meist in die Gruppe entsprechender Bildungen auf germ. *-eslan- übergetreten; vgl. Löfstedt 1968: 25. WFR frühnwfr. heechtme ‘Höhe’ (GJ 198), offenbar eine von heechte ausgehende sekundäre Erweiterung; vgl. Brouwer 1963: 252, 254. INF fa. huugens n. ‘Anhöhe’ (KJC 9,180, WFO 121, FÖW 245) INF fa. huuchte m. (WFO 121, FÖW 245), sy. hoogdi g. (BM 116, SU 596) ‘Höhe’, FNF bök. huugde m., huuget n. ‘Höhe; Anhöhe’ (FU 110), OFR harl. hacht (CM 105), sat. hachte f. (Kramer 1961: 96) ‘Höhe’, WFR frühnwfr. heagte (GJ 196), heegte (GJ 198), nwfr. hichte, heechte, huchte (WFT 8,313, Hof 1933: 183), hind. haichte (GB 70), schierm. heichte (DF 48), tersch. heagte (CR 41) ‘hoogte’; im Nfr. und Wfr. mit mnd./mnl. Lehnsuf¿x -de/-te. AFR awfr. hƝgheid f. ‘Höhe’ (A 550), INF fa. huuchhaid n. ‘Fest, Familienfeier’ (WFO 120, FÖW 245), FNF bök. huuchhäid f. (FU 110) ‘hochgestellte Persönlichkeit; Fest, (Familien)feier’, ält. ngos. huecheit ‘Hoheit’ (a. 1743, BJ 2,56), OFR harl. hochheyt f. ‘ein Geschlechter’ (CM 49), WFR frühnwfr. heagheyt ‘hoogheid’ (GJ 196), nwfr. heechheid ‘hoogheid, hoge staat, het hoogzijn (door geboorte of positie); onaantastbaarheid; hooghartigheid, trots; gezag; eretitel van vorstelijk persoon’ (WFT 8,234); vgl. auch Ahlsson 180. AFR aofr. hƝia (F, H, Ps 278, R1), awfr. hƝia (O) swv.1 ‘erhöhen; eine höhere Summe zahlen’, INF fa. hii und aphii swv.1 ‘höher machen’ (LFM 8, FÖW 225), FNF bök. hiie swv.1 ‘steigen (vom Wasser); höher machen’ (FU 103), ält. ngos. hyä (ca. a. 1745, JG 151) und verhyä swv.1 ‘erhöhen’ (a. 1760, Kon. 123) swv.1 ‘erhöhen’, wied. hiie swv.1 ‘steigen (vom Wasser)’ (FRU 122) < *hƯ i(e) < *hƝ ia < o o ains.-/afestl.-nfr. *hƣja swv.1; vgl. Jacobs 1900: 166. AFR awfr. forhƝgia swv.2 ‘erhöhen’ (O), WFR nwfr. heegje swv.2 ‘verhogen, hoger maken; hoger worden’ (WFT 8,241) Gemeingerm.: E ae. hƝah, S as. hǀh, N anl. hǀ, D ahd. hǀh, W an. øgh, G hauhs. hár, O adän. hǀ PFR *hƗch mit -Ɨ- < monophthongiertem germ. -au- hat sich in den neufries. Mundarten regulär weiterentwickelt, im Nfr. und Ofr. über ǀ im Wfr. über *hƣch. Im weiteren ist von einem eine Vorstufe *håch, Primäradj. auszugehen mit unsicherem außergerm. Anschluß.

hauna-

Lit

275

Siebs 1889: 284; Delbrück 1907: 135; Falk/Torp 1909: 91; Pokorny 1959: 589; Spenter 1968: 184; Stang 1972: 27; Lehmann 1986: 179; Kluge/Seebold 2002: 416; Boutkan/Siebenga 2005: 146f. Hm 286f. hauna- ‘schimpÀich’ *V (§ 69)

F

AFR spätawfr. hƝn ‘karg (vom Land)’ (BnB [O]) INF fa. huan ‘hämisch, ehrverletzend; peinlich, unangenehm; benachteiligt; enttäuschend, niederdrückend’ (SP 62, RA 29, FÖW 237f., Verf.) FNF bök. hüünj ‘beschämend’ (MN 2551) WFR nwfr. hean ‘schraal, mager, spichtig, bleek; niet tierig; klein; krap’ (WFT 8,205f.)

-iska-

INF fa. huansk ‘höhnisch’ (SP 62, FÖW 238), FNF bök. hüünsch (FU 112), hall. huansk (MOH 1,128), ält. ngos. huensch (a. 1743, BJ 2,58) ‘höhnisch’ INF fa. huanelk (CJ 236, FÖW 238), sy. huanelk (BM 118, SU 599) ‘höhnisch’, FNF ält. ngos. huenlick ‘schmählich’ (ca. a. 1745, JG 312) INF fa. huan m. (SP 62, FÖW 237), sy. huan g. (BM 118, SU 599) ‘Hohn’, FNF bök. hüünj m. ‘Hohn’ (in der Form huune m. offenbar mit sekundärem Anschluß an die mask. n-Stämme) (FU 112), ält. ngos. huen [ohne Genusangabe] ‘Schmach’ (a. 1743, BJ 2,58), OFR sat. hoon m. ‘Hohn’ (MF 114); trotz des durchgehend mask. Genus ist möglicherweise primär von einem fem. Adjektivabstraktum auszugehen. AFR aofr. hƗna (B1-2), awfr. hƗna (Fs 1,144, Ro 1,140, O) m. ‘Geschädigter, Beleidigter; Kläger, Beklagter’, INF fa. huan m. ‘Gerichtspartei (Kläger oder Beklagter)’ (SP 62) AFR aofr. hƗnethe f. ‘Anklage’ (E2), awfr. hƝnde f. ‘Schaden, Schimpf’ (U [Ahlsson]); vgl. Ahlsson 130. AFR aofr. hƝna swv.1 ‘verletzen, mißhandeln’ (E1,3), awfr. hƗna swv. ‘anklagen, gerichtlich belangen, verfolgen’ (J) mit -Ɨ- statt -Ɲ-, vermutlich unter EinÀuß des Substantivs hƗna m. ‘Kläger, Beklagter’ INF fa. huane swv.2 ‘höhnen, spotten’ (FÖW 238), sy. -huani in forhuani swv.2 ‘verhöhnen’ (PMC 181), daneben mit ig-Erweiterung sy. huanigi swv.2 ‘verhöhnen’ (BM 118, SU 599), FNF bök. huunie (FU 112), ält. ngos. huniä (a. 1743, BJ 2,58), huenigiä (a. 1745, TJ 48) swv.2 ‘höhnen; erniedrigen’ und mit Prä¿x AFR awfr. behƗn(i)gia swv.2 ‘schädigen, übervorteilen’ (Ro 1,242, 250, U, O), FNF ngos. beihuenigiä* swv.2. in beihuenicht ‘geschädigt, übervorteilt’ (a. 1760, Kon. 108) als sekundäre denominale Ableitungen.

-lƯka-a-/ǀ-

-an-eþǀ-ja-ǀja-

276

Bel Germ

Idg

Lit

hƣla-

Westgerm. und got.: E ae. hƝan, S as. hǀnlƯko adv., D ahd. hǀni, G hauns. PFR. *hƗn ‘beschämend, schimpÀich’ mit -Ɨ- < monophthongiertem germ. -au-, auf das sämtliche Belege zurückführen, im Wfr. mit der Bedeutungsentwicklung ‘schimpÀich’ > ‘von schmachvoller, kümmerlicher Art oder Gestalt’ > ‘hager, schmächtig, kleinwüchsig’ > ‘nicht üppig, knapp, karg’. Das ursprüngliche Verbaladj. germ. *hauna- ‘schimpÀich’ ist identisch mit griech. țĮȣȞȩȢ ‘schlecht’; vgl. dazu auch lit. kàunas ‘Schmach, Schande, Scham’ < idg. *kau-n- ‘erniedrigt, gedemütigt’ (IEW 535); – in der Grundbedeutung ‘zusammengekrümmt’ zu der idg. Verbalwurzel *keu- ‘biegen, krümmen etc.’ (IEW 588f.)? van Helten 1894: 397ff.; Falk/Torp 1909: 66; Pokorny 1959: 535, 588f.; Bammesberger 1990: 246; Faltings 1996: 106. æla- ‘trocken’ *V (§ 31a) hǀ

F

S N -iga-ǀjaBel Germ

FNF bök. häil ‘dünn, fadenscheinig, abgenutzt; emp¿ndlich (gegen Kälte)’ (FU 99) karrh. häil ‘undicht gewebt’ (MN 2929) wied. häil ‘emp¿ndlich (durch spärliche Behaarung)’ (FRU 116) nnd. (Wfal.) hâl ‘rauh, kalt (Wind)’, hæl ‘trocken’ (Woeste 90) mnl. hael ‘uitgedroogd, dor, schraal, scherp’ (VV 3,8) S nnd. (Schl.) halig ‘zugig’ (Mensing 2,575), nnd. (Ofal.) hƗlig ‘trocken’ (Schambach 1858: 84) S nnd. (Dith.) halen (Mensing 2,574), nnd. (Had.) halen (Teut 2,117), nnd. (Lün.) hålen (Kück 1,668) swv.2 ‘heftig ziehen (Wind)’ Nordseegerm. PFR *hƝl < germ. *hƣla- oder gegebenenfalls PFR *hƝle < germ. *hƣlja- mit sekundärem ja-Suf¿x wie in dem umgelauteten S nnd. hƣl. Germ. *hƣla- steht vermutlich in dehnstu¿gem Ablautsverhältnis zu germ. *halla- ‘vertrocknet’, wie etwa in D mhd. hel (-ll-) ‘schwach, matt; ärmlich’, W an. hallæri m. ‘schlechtes Jahr’ (s.o. und Hm 275). Daß darüber hinaus an germ. *hƣla- ‘glatt, schlüpfrig’ (D ahd. hƗli, W háll) (Hm 289) und im weiteren an idg. *êk el- ‘frieren, kalt’ (IEW 551) anzuknüpfen sei, wie z.B. de Vries 1992: 228 meint, ist nicht sehr wahrscheinlich. Die Bedeutung FNF ‘dünn, fadenscheinig, abgenutzt’ geht offenbar von der Entwicklung ‘ärmlich’ < ‘vertrocknet’ aus, die von FNF ‘kälteemp¿ndlich’ < ‘trocken-kalt (Wind)’.

heurja-

Idg Lit

277

Wohl zu der Wurzel idg. *(s)kel- ‘austrocknen, dörren’, griech. ıțȑȜȜȦ ‘trockne aus, dörre’, lett. kàlls ‘mager’, kàlstu, kàlst ‘vertrocknen, verdorren’ (IEW 927). Pokorny 1959: 927; Matzel 1992: 110; de Vries 1992: 228; Heidermanns 1993: 275. Hm 290f. heurja*- (-z-?) ‘lieb, vertraut’ *D (§ 105)

F

WFR frühnwfr. njoer ‘boos, kwaad, norsch’ (GJ 512) nwfr. njoer ‘boos, kwaad, nors; angstaanjagend, benauwend, naar’ (WFT 14,192f.)

un-

WFR njoer s.o., E ae. unhƯore ‘¿erce, savage, cruel, deadly, dire, dreadful, frightful’ (BT 1118), S as. unhiuri ‘unheimlich’, N mnl. ongehiere ‘schrecklich, abscheulich, abstoßend’, D ahd. ungehiuri ‘schrecklich, abscheulich’ (Hm 290)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. hƯore, S as. unhiuri, N mnl. ongehiere, D ahd. hiuri, W an. hýrr. Die etymologische Zuordnung von nwfr. njoer ist undurchsichtig und bislang noch nicht überzeugend dargelegt worden. Am ehesten ist entsprechend E ae. unhƯore, S as. unhiuri, D ahd. unhiuri von einer prä¿gierten Vorstufe PFR *un-hinjre ‘unheimlich, schrecklich, böse’ auszugehen, dessen erster Bestandteil un- in minderbetonter Silbe zu n- verkürzt wurde: vgl. ganz ähnlich awfr. njǀunke präp. ‘gegenüber’ mit sekundärem k-Suf¿x aus der syntaktischen Fügung *on evene (s.o. unter germ. *ebna- ‘eben’). Dagegen deutet das bei Kilianus 1599: 353 ausdrücklich als fries. bezeichnete WFR ält. nwfr. on-huer ‘turpis, horridus, deformis’ (zitiert nach Fokkema 1935: 75) auf eine Entlehnung aus mnd. un(ge)hüêre ‘böse, unfreundlich; wild, ungestüm’ – natürlich unter der Prämisse, daß die Graphie = /y:/ hier phonetische Relevanz besitzt. Der dem Adj. zugrundeliegende Wortbildungsprozeß ist nur schwer zu durchschauen. Falk/Torp 1909: 88 etwa und die meisten anderen etymologischen Nachschlagewerke denken in erster Linie an ein rastämmiges germ. *heiwra-, das wegen der besonderen Lautstruktur zu *heurja- umgestellt worden sei. Die Ableitung basiere auf dem Subst. germ. *heiwa-/ǀn- ‘Hausgemeinschaft, Familie’, das neben E ae. hƯwan, hƯgan pl., D ahd. hƯwun, hƯun pl. etc. auch in F afr. hiǀna, hinjna, hƯna pl. ‘Ehegatten, Gesinde, Hausgenossen’ (HoH 44) bezeugt ist; vgl. zu den fries. Formen vorzugsweise van Helten 1889: 251f. und Heinertz 1915: 315ff.

Germ

278

Idg

Lit

hlagula- – hleuja-

Aus der ursprünglichen Bedeutung ‘lieb, vertraut, familiär’ entwickelte sich ‘lieblich, freundlich’, mit dem Negationsprä¿x un- ‘nicht vertraut, unheimlich, angsteinÀößend’ > ‘böse, schrecklich’. Dem Subst. germ. *heiwa-/ǀn- entspricht offenbar ai. Ğéva- ‘liebt, vertraut’, abulg. po-sivɴ ‘wohlwollend’ < idg. *êkeiԥo- zu idg. *êk ei- ‘liegen’ (IEW 539f.). Die substantivische Derivationsbasis des Adj. könnte demnach ursprünglich das gemeinsame Lager der Hausgemeinschaft, insbesondere der Ehegatten, bezeichnet haben. Oberdörffer 1908: 8; Falk/Torp 1909: 88; Pokorny 1959: 539f., 626; Lehmann 1986: 376; Kluge/Seebold 2002: 403. Hm 291 hlagula- ‘zu lachen geneigt’ V (§ 55)

F

OFR wang. lägel ‘von jemandem, der lacht oder lächelt’ (FA 1,96)

Bel

Unter Berücksichtigung der lautlichen Besonderheiten der weserfries. Form nicht exklusiv E, sondern eher nordseegerm. Anders als E ae. hlagol ‘apt to laugh’ (BT 541) basiert OFR wang. lägel nicht direkt auf germ. *hlagula-, einem Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x (und grammatischem Wechsel aufgrund der Suf¿xbetonung) aus dem Präsens des ursprünglich starken Verbs germ. *hlahja- stv.VI ‘lachen’ (Sb 257), das aber in den weserfries. Mundarten des Ofr. offenbar früh in die 1. Kl. der schwachen Verben eingetreten ist (Siebs 1901: 1305), wie harl. leggen (CM 60), wang. läg (FA 1,62) zeigen. Vielmehr ist wang. lägel < aofr. *lechel wahrscheinlich erst sekundär nach aofr. *lecha swv.1 ‘lachen’ gebildet worden, wobei allerdings eine ältere, aus germ. *hlagula- hervorgegangene Form Ausgleich nach der Konjugation des mittlerweile schwachen Verbs erfahren haben könnte. Seebold 1970: 257f.; Faltings 1996: 112f.

Germ

Lit

Hm 294 hleuja- ‘geborgen, lauwarm’ D (§ 101b) F

INF fa. lei ‘lau, warm’ (CJ 148, FÖW 317), zumeist determinativ in leiwarem ‘lauwarm’ (RA 38, FÖW 318) sy. lii ‘lau’ (BM 161, SU 653) FNF bök. lai ‘lau(warm)’ (FU 144) hall. lai ‘lauwarm, milde’ (MOH 1,23) ält. karrh. lei (ca. a. 1820, FF 103), karrh. lai ‘lau’ (MN 2877) ält. ngos. ley (a. 1743, BJ 1,72), ngos. lai (MOH 1,23) ‘lauwarm, mild’

hlnjda-

O Bel Germ

Idg Lit

279

OFR sat. lîô ‘lau’ (JM 32), ljouwoorm ‘lauwarm’ (MF 131) wang. lii ‘lau’, liiwarm ‘lauwarm’ (FA 1,96) WFR frühnwfr. lij ‘windstill’ (SB 89) nwfr. lij ‘lauw, halfwarm; warm; luw, windvrij; van de wind afgekeerd, onder de wind; met weinig wind, stil’ (WFT 12,281) schierm. lej ‘windfrei, lau’ (Spenter 270) ält. ndän. lju ‘varm’ (Kalkar 2,813) Nordseegerm. und nord.: E ae. hleowe adv., W an. hlýr. In den neufries. Formen aus *hlƯ < *hliwi < *hlinjja- < *hleuja-, außer in OFR sat. ljou < *hliǀ < *hliǀwe < *hlinjja- < *hleuja-, das bislang meist als denominale Ableitung zu germ. *hlewa- ‘Schutz’ aufgefaßt worden ist, woraus auch AFR aofr. hlƯ (E1), awfr. hlƯ (J) n. ‘Schutz’, INF fa. uun lei (WFO 161), sy. ön lii (BM 161), helg. uun li (WK 423) idiom. ‘in Lee’, FNF bök. önj e lai neben tu lai ‘vor Wind geschützt’ (FU 144), hall. to lai ‘in Lee’ (MOH 1,23), WFR nwfr. lij n. ‘luwte, lij, lijzijde’ (WFT 12,281f.) < *hliwi, vermutlich eine Àektierte Form (Dat.-Instr.) zu *hlewa-. Die Verbindung zu germ. *hlewa- ‘Schutz’ ist freilich keineswegs so sicher, wie es zunächst den Anschein hat. Harðarson 2002: 127f. und Kluge/Seebold 2002: 560 empfehlen daher nicht ohne Grund, mit zwei nichtverwandten Wortsippen zu rechnen, wenngleich sich Adj. und Subst. zum Teil aber doch semantisch eng berühren. Im weiteren wohl Anschluß an die Wurzel idg. *êk el- ‘warm’ bzw. eine daraus erweiterte Basis *êk leu- ‘lau, warm, mild’ (IEW 551f.); hierher mit Ablaut auch das Adj. germ. *hlnjka- ‘lau’(s.u.). Oberdörffer 1908: 10; Falk/Torp 1909: 109; Löfstedt 1928: 23; Pokorny 1959: 552; Spenter 1968: 270; Darms 1978: 56; Faltings 1996: 104; Harðarson 2002: 124ff.; Kluge/Seebold 2002: 560. Hm 296f. hlnjda- ‘laut’ *V (§ 84)

F

AFR awfr. hlnjd ‘laut’ (A), adv. hlnjde ‘laut, weithin hörbar’ (D, J, Ro, U) FNF ält. ngos. lüdd ‘laut’ (ca. a. 1745, JG 194) OFR harl. luhd ‘laut’ (CM 105) sat. lúud ‘laut’ (MF 132) wang. luud ‘laut’ (FA 1,95) WFR frühnwfr. luwd (SB 81, GJ 282), lud (WT 27, Z. 97), lwd (WT 26, Z. 66) ‘laut’ nwfr. lûd ‘sterk, hard klinkend; hevig, heftig; helder, krachtig’ (WFT 13,44) hind. loed ‘luid’ (GB 100) tersch. luud ‘luid’ (CR 65)

280

-a-

-ja-

Bel Germ

Idg Lit

hlnjka-

AFR aofr. hlnjd (E1), lnjd (H) n. ‘Klang, Schall’, awfr. hlnjd n. ‘Laut, Ton, Klang, Schall’ (J, O), ‘Gerücht’ (A 326, LSt, Ro, 2,218, SnR 155, O), spätawfr. luud n. ‘Laut’ (Bo), FNF ält. ngos. lüdd m. ‘Laut’ (ca. a. 1745, JG 194), WFR frühnwfr. luwd (GJ 282), nwfr. lûd n. (WFT 13,44) ‘geluid; stem; antwoord’ AFR aofr. hlƝda (F), awfr. hlƝda (D, J) swv.1 ‘läuten’, OFR harl. leyde (CM 60), sat. läide (MF 128), wang. leid (FA 1,52) swv.1 ‘läuten’, WFR frühnwfr. liede (GJ 271), nwfr. liede (WFT 12,265), hind. lede (GB 97) swv.1 ‘läuten’. – Daneben ohne Umlaut und wahrscheinlich sekundär nach dem Subst: AFR awfr. hlnjda swv.1 ‘lauten’ (Ro 2,82), ‘klingen’ (FrR, O), FNF hall. lude swv. ‘lauten’ (HL 20), OFR wang. luud swv.1 ‘lauten’ (FA 1,53) sowie mit ig-Erweiterung AFR awfr. bihlnjdigia swv.2 ‘beschuldigen’ (Ro 2,218) und WFR nwfr. lûdzje swv.2 ‘luiden, klinken; spreken, praten’ (WFT 13,47); Siebs 1889: 251; vgl. Jacobs 1900: 163. Westgerm.: E ae. hlnjd, S as. hlnjd, N mnl. luut (-d-), D ahd. hlnjt. PFR *hlnjd setzt sich regelhaft in den neufries. Mundarten fort, in FNF lüdd mit -y- < palatalisiertem -nj-. Im übrigen Nfr. gilt für ‘laut’ eine Àektierte Form von germ. *grauta- ‘stark, groß’ (s.o.), im Helg. dagegen dich < mnd. dicht ‘stark, kräftig [eigentlich ‘dicht’]’, im Ngos. neben grotem ‘laut’ jetzt auch das nd. Lehnwort luut. Entlehnungen aus dem (M)nd. sind: INF fa. lüt m. (FÖW 338), sy. lüt g. (BM 167) ‘Laut’, fa. lüt (FÖW 338), sy. lüt (BM 167) swv.1 ‘lauten’, ferner FNF bök. luut (FU 153), wied. luut (FRU 215) m. ‘Laut’; jüngere Entlehnung aus dem Nl. ist WFR schierm. lieude swv.1 ‘lauten’ (DF 70, Spenter 250). Vermutlich ein to-Part. zu der idg. Verbalwurzel *êk leu- ‘hören’ (IEW 605f.); demnach folgende Bedeutungsentwicklung: ‘gehört’ > ‘hörbar’ > ‘laut’ (Hm 297). Siebs 1889: 251; Falk/Torp 1909: 112f.; Pokorny 1959: 605f.; Frisk 1966: 63f.; Kluge/Seebold 2002: 561. hlnjka- ‘lau’ P (§ 7)

F

INF fa. lük- in lükluuwen ‘sehr mild; völlig windstill’ (WFO 169, FÖW 334), zu fa. sy. luuwen ‘windstill’ < adän. lǀghn. sy. lük- in lükluuwen ‘windstill’ (PCM 31, v. 26), s.o. OFR sat. luuk- in luukstäited ‘niedergeschlagen, deprimiert; erniedrigt’ (MF 132), zu sat. stäit m. ‘Schwanz’, hier als desubstantivisches Adj. mit Dentalsuf¿x. WFR nwfr. lûk ‘slim, sluw’ (WFT 13,49)

hlnjka-

E

S

-iska-jaBel Germ

Idg

Lit

281

me. leuk(e), leuk(e), louk ‘lukewarm, tepid, of moderate warmth; slothful, apathetic, indifferent’ (MED 5.2,938), ne. (obsolet und dial.) luke sowie kompositionell lukewarm ‘moderately warm, tepid; having little warmth or depth of feeling, lacking zeal, enthousiasm or ardour; indifferent’ (OED 6,493, Wright 3,689) nnd. (OF) lûk ‘lau, warm; Àau; still, ruhig, unbewegt; lau, kühl, gleichgültig’ (DK 2,540), gron. loek [-u:-] ‘loos, slim; bedaard’ (ter Laan 1952: 521) N nnl. (Achterhoek) lukes [-y:-] ‘lauw; doodkalm; aardig, grappig’, (Veluwe) luekes ‘onnozel, dom’ (de Vries 1992: 394) E ne. luke swv. ‘to make lukewarm’ (OED 6,494) Nordseegerm.: F, E und S sowie indirekt vielleicht auch in W an. hlúki m. ‘Tölpel, Taugenichts, fauler Mensch’ (Harðarson 2002: 129f., anders de Vries 1977: 239). PFR *hlnjk, dessen -nj- in den neufries. Mundarten teils erhalten, teils zu -y- palatalisiert wird. Auf eine Vorstufe *hlnjk < germ. *hlnjkaführen ebenfalls die Belege S nnd. (OF) lûk, gron. loek zurück, hier wie dort möglicherweise als fries. Substrat. Umlaut zeigen E me. luke (13. Jh.), leuk(e) (14. Jh.) /-y:-/, ne. luke < ae. *hlǮke < germ. *hlnjkja-; eine schwundstu¿ge Basis erfordert dagegen N nnl. leuk [-ø:-] ‘lauw, halfwarm; aardig, vroolijk, grappig’, adv. ‘op doodkalme wijze, kalmpjesweg, koeltjes’ (WNT 8.1,1685f.) < *hluki < germ. *hlukja-. Aus der Grundbedeutung ‘mäßig warm, lau’ entwickelte sich ‘ruhig, still, mild’, daneben in übertragener Verwendung einerseits ‘von angenehmem, fröhlichem Wesen’, andererseits ‘gefühl-, regungslos; deprimiert, niedergeschlagen’. Germ. *hlnjk(j)a-/*hlukja- mit k-Suf¿x gehört nach allgemeiner Auffassung zu der aus idg. *êk el- ‘kalt; warm’ erweiterten Wurzel idg. *êk leu- ‘lau, warm, mild’ (IEW 551f.), die im Germ. unter anderem in germ. *hleuja- ‘lauwarm’ (s.o.) sowie dehnstu¿g in derselben Bedeutung in germ. *hlƣwa- (Hm 295) begegnet; dazu ferner mit m-Formans etwa O nschw. ljum ‘lau, mild, warm’ < *hleuma-, ndän. dial. lum ‘mild, lau’ < germ. *hluma- sowie vermutlich auch D nhd. dial. (schweiz.) lnjm ‘mild (Wetter)’ < germ. *hlnjma-. Falk/Torp 1910-11: 1,662; Kluge 1926: 105; van der Meer 1927: 49; Hellquist 1948: 1,582; Franck/van Wijk 1949: 380; Pokorny 1959: 551f.; Lerchner 1965: 182; Krahe/Meid 1967: 214; Onions ed. 1978: 539; Nielsen 1989: 268; de Vries 1992: 394; Harðarson 2002: 129f.; Kluge/Seebold 2002: 560.

282

hlnjtra- – hnasku-

Hm 297f. hlnjtra- ‘lauter’ *V? (§ 61) F

AFR awfr. hlutter (Ro 2,192, U [Brouwer]), lutter [Hs. luttel] (A 226) adv. ‘lauter, rein, unverfälscht’ INF frühfa. lotter adv. ‘lauter, rein’ (ca. a. 1600, Kat. 67) helg. lüter ‘lauter, rein’, adv. ‘nur’ (WK 430) sy. lüter ‘lauter’, adv. ‘nur’ (BM 167, SU 661) FNF str. lohtter adv. ‘lauter’ (ca. a. 1600, Kat. 67) OFR sat. luter [-u:-] ‘lauter; nichts als’ (MF 132) WFR frühnwfr. lotter ‘louter, zuiver, rein; schoon’ (GJ 280) nwfr. lotter ‘rein, zuiver, ongemengd; onbebroed (van eieren)’, adv. ‘slechts, enkel, alleen’ (WFT 13,36f.)

Bel

Westgerm. und got.: E ae. hlnjtor, S as. hluttar, N anl. lutter, D ahd. hlnjtar, G hlutrs. Awfr. hlutter mit geminiertem -t- vor -r- und damit einhergehender Kürzung des Langvokals setzt sich regional in WFR (früh)nwfr. lotter fort. Desgleichen führen INF frühfa. lotter und sehr wahrscheinlich auch FNF str. lohtter (die Graphie ist hier wohl nicht als Dehnungs-h zu werten) bei bodenständiger Entwicklung auf ains.-/ afestl.-nfr. *hlutter zurück, während in INF helg. sy. lüter und OFR sat. luter [-u:-] von einer Vorstufe mit nichtreduziertem alten -nj- auszugehen ist, das in INF lüter palatalisiert und in der Position vor -tgekürzt worden ist, aber man fragt sich, ob diese Formen nicht besser als Entlehnungen aus S mnd. lûter adv. ‘rein, klar, sauber, unvermischt’ (LB 2,879) aufgefaßt werden sollten. Auf (m)nd. lnjter basieren u.a. FNF bök. luuter adv. (FU 153), hall. luuter ad. (MOH 2,164), ält. karrh. luhter (ca. a. 1820, FF 107), wied. luuter adv. (FRU 215) sowie INF fa. luuter adv. ‘lauter’ (Verf.), einer Nebenform zu dem sonst gebräuchlichen fa. luter adv. (FÖW 338) < (m)nd. lutter. Im Germ. isoliert. Das germ. Adj. führt auf eine – verbale? – Vorstufe *êk lnj-d-; daneben griech. țȜȪȗȦ ‘spüle, reinige’ und ohne Dentalerweiterung altlat. cluǀ ‘reinige’; im weiteren zu idg. *êk leu- : *êk lǀ(u)- : *êk lnj- ‘spülen, reinigen’ (IEW 607). Siebs 1901: 1272; Delbrück 1907: 135; Falk/Torp 1909: 113; Pokorny 1959: 607; Lehmann 1986: 188; Kluge/Seebold 2002: 562.

Germ

Idg

Lit

Hm 299f. hnasku*- (> hnaskwu-) ‘zart, weich’ *V (§ 49) F

INF fa. neesk, nääsk ‘weich, mollig (anzufühlen); sanft; behaglich warm’ (CJ 148, SP 91, RA 44, FÖW 371)

hnawwa-

283

helg. neäsk ‘weich und erfrischend angenehm’ (Oetker 1855: 402), nach N. Århammar (brieÀ.) jedoch ‘mollig, angenehm weich’ sy. nääsk ‘zart, sanft, weich anzufühlen’ (BM 182, SU 678) FNF bök. neesch ‘zart (von der Haut)’ (FU 163) hall. neesk ‘zart, weich anzufühlen’ (MOH 1,194) karrh. neesk ‘zart’ (OTJ 30) ält. ngos. neesk ‘zart’ (a. 1743, BJ 1,173) sgos. neesch ‘weich, zart’ (MN 770) WFR nwfr. nesk ‘behaaglijk, warm; rustig, kalm; aangenaam; zacht, week’ (WFT 14,131) Bel Germ

Lit

Nordseegerm. und got.: E ae. hnesce, N mnl. nesch, nisch, G hnasqus*. PFR *hneske < *hnaskja- mit Wechsel von der u- in die i-/ja-Flexion liegt ein ursprüngliches Verbaladj. aus der o-Stufe eines starken Verbs germ. *hneska- stv.IV ‘zerreiben’ zugrunde, dessen starke Flexion noch relikthaft in D ahd. ¿rnoscan part.prät. ‘zerrieben’ durchblickt (Sb 268, Hm 299). Sievers 1899: 383; Falk/Torp 1909: 97f.; Löfstedt 1928: 194; Pokorny 1959: 561; Lerchner 1965: 212f.; Löfstedt 1965-69: 19/21,293; Seebold 1970: 268; Bammesberger 1975: 283 ff.; Onions 1978: Heidermanns 1986: 280f.; Faltings 1996: 104. Hm 300 hnawwa- ‘karg, eng’ V (§ 35)

F

AFR awfr. nau adv. ‘knapp, kaum, nur mit Mühe’ (Cr) INF fa. nau, naw ‘eng; sorgfältig’ adv. ‘ernst, wichtig; knapp; scharf, deutlich (Wahrnehmung)’ (WFO 187f., FÖW 375) sy. nau ‘karg; geizig’, adv. ‘genau’ (BM 181, SU 677) FNF bök. nau ‘genau; knauserig’ (FU 163) hall. nau adv. ‘scharf, deutlich’ (MOH 2,143) ält. karrh. nåu (ca. a. 1820, FF 114), karrh. nau (MN 2752, OTJ 65) ‘knapp, sparsam, wenig vorhanden’, adv. ‘genau’ mgos. nau ‘knapp, sparsam, wenig vorhanden’ (MN 2752) ält. ngos. nau (a. 1743, BJ 1,58), ngos. nau (MN 2752, MOH 2,143) ‘knapp, sparsam, karg, wenig vorhanden’, adv. ‘scharf, deutlich’ sgos. nau ‘knapp, sparsam, wenig vorhanden’ (MN 2752) wied. nau ‘genau, exakt; knapp; karg, knauserig’, adv.‘genau, sorgfältig; knapp’ (FRU 228)

284

O

-lƯka-a-/ǀ-eþǀ-haidu-

Bel Germ

Lit

hnawwa-

OFR sat. nau ‘zuverlässig, genau; sparsam’, adv. ‘knapp’ (MF 138) wang. nau ‘schmal; geizig, sparsam’ (FA 1,98) WFR frühnwfr. naeu (SB 60), nauw (GJ 306) ‘eng, beengt’ nwfr. nau ‘niet ruim, niet wijd, smal; hecht, dicht aansluitend; zuinig, gierig, krap’, adv. ‘nauwkeurig, scherp, stipt; gewetensfol, scrupuleus’ (WFT 14,69f.) hind. naau ‘nauw’ (GB 108) schierm. nau ‘eng’ (Spenter 309) tersch. naauw ‘nauw; precies; zuinig’ (CR 70) ält. ndän. nygger ‘karrig’ (Kalkar 3,245), jüt. nøg ‘blottet for alt, bar; dårlig, syg; fuld [betrunken]’ (Feilberg 1,722), nschw. njugg, nägg, nugger ‘sparsam, geizig’ (Rietz 1862-67: 460, 472, Hellquist 1948: 1,700) FNF ält. ngos. naulick ‘kärglich’ adv. ‘kaum’ (ca. a. 1745, JG 162, 163) INF fa. nau n. ‘Enge, Klemme’ (LFM 131, FÖW 375), WFR nwfr. nau ‘engte in een vaarwater; verlegenheid, benauwdheid’ (WFT 14,69) FNF wied. naude n. ‘Bedrängnis, Klemme’ (FRU 228), WFR nwfr. naute (WFT 14,70), tersch. naauwte (CR 70) ‘engte; krapte, armoede; benauwdheid, verdrukking’ mit dem nd./nl. Lehnsuf¿x -de/te INF fa. nauhaid n. (Verf.), FNF bök. nauhäid f. (FU 163), wied. nauhaid n. (FRU 228), daneben mit ig-Erweiterung INF fa. nauighaid n. (SP 91), sy. nauighair g. (BM 181, SU 677) ‘Genauigkeit, Präzision’, FNF karrh. nauihäir f. ‘Geiz’ (OTJ 65) West- und nordgerm.: E ae. hnƝaw, S mnd. nau, nouwe, N mnl. nauwe, D mhd. nou, W an. hnøggr. PFR *hnauw. Spenter 1968: 309 setzt für das Awfr. den Diphthong als -Ɨu- < germ. -aww- an. Zumindest die nfr. Formen weisen aber eher auf eine Vorstufe mit einem Kurzdiphthong -au-, der erhalten bleibt. Allerdings ist für sämtliche fries. Formen eine Entlehnung aus dem Mnd./Mnl. wohl nicht auszuschließen. Wahrscheinlich Verbaladj. zu germ. *hnawwa- red. ‘(stoßen)’ (Sb 270). Aus der Grundbedeutung ‘knapp, eng’ ergab sich zunächst teils ‘geizig, sparsam’, teils ‘genau, sorgfältig’, woraus wiederum ‘scharf, deutlich, präzise’. Oberdörffer 1908: 10; Falk/Torp 1909: 99; Löfstedt 1931: 143; Pokorny 1959: 562; Spenter 1968: 309; Seebold 1970: 270; Heidermanns 1986: 296.

hnitula-

285

Hm 300 hnitula- ‘stößig’ V (§ 53) F

S

-iga-

-lǀjaBel Germ

Lit

INF fa. nedel ‘zum Stoßen mit den Hörnern neigend’ (FÖW 375, Verf.) FNF bök. nal ‘stößig (von Rindern)’ (FU 162) ält. karrh. nell (ca. a. 1820, FF 114), karrh. näl (MN 1076) ‘stößig (vom Vieh)’ ält. ngos. nell (ca. a. 1745, JG 370), ngos. näl (MOH 1,175) ‘stößig’ sgos. nädel ‘stößig’ (Beitr. 21) wied. näl ‘stößig (von Rindern und Schafen)’ (FRU 227) OFR wang. niitel ‘stößig’ (FA 1,98) WFR nwfr. nitel ‘stoots, geneigd tot stoten, gez. van hoornvee’ (WFT 14,187) westmnd. (Groningen) nƝtel ‘stößig (Stier)’ (Rq 266), mnd. (Old.) nîtel ‘stößig (vom Rind)’ (LB 2,1104), nnd. (Old.) neddel, niddel, nittel ‘stößig (Vieh), spitz, stachelig’ (Böning 73) Mit sekundärer Suf¿xerweiterung INF fa. nedlig, nödlig (WFO 188, 192, FÖW 376), FNF hall. nädli (MOH 1,175), WFR nwfr. nitelich ‘stoots, geneigd tot stoten; kittelorig, licht geraakt, prikkelbar; nijdig, boos’ (WFT 14,187f.) INF fa. nedle, nödle swv.2 ‘(von Rindern:) mit dem Kopf stoßen’ (FÖW 376) Nordseegerm.: F, E ae. hnitol, S (westl. Küstennd.). PFR *hnitol. Verbaladj. der Neigung aus der Schwundstufe zu germ. *hneita- stv.I ‘stoßen’ (Sb 267). Der von Heidermanns (Hm 300) angeführte Beleg N mnl. nƝtel ‘wütend, böse (Stier)’ ist identisch mit der obigen westmnd. Form nƝtel, in der möglicherweise ursprünglich fries. Sprachgebrauch in westmnd. Lautgestalt vorliegt. Ofr. Substrat könnte S nnd. (OF) nitel ‘stößig, brünstig vom Stier’ (Stürenburg 1857: 160) sein, dagegen O sjüt. neddel ‘vanskelig at komme nær, om hest der vil bide eller slå’ (Feilberg 2,677) sowie wahrscheinlich auch S nnd. (NF) niddel bzw. nnd. (Dith.) nüttel ‘stößig’ (Mensing 3, 820) Entlehnung aus dem Festl.-Nfr. Löfstedt 1928: 175; Löfstedt 1965-69: 19/21,285; Seebold 1970: 267f.; Faltings 1992: 88f.; Faltings 1996: 110f.

286

hrada-

hrada- ‘locker, undicht’ *V(§ 30b) F

E S N

FNF bök. reed ‘leck (bei Holzgefäßen durch Austrocknen der Dauben)’ (FU 194) hall. ree, reed ‘durch die Sonne undicht geworden, zusammengetrocknet (von einer Tonne)’ (MOH 1,199) karrh. reed ‘undicht’ (OTJ 30) wied. reed ‘leck (bei Holzgefäßen durch Austrocknen der Dauben)’ (FRU 257) OFR wang. rääd ‘locker, undicht’ (FA 1,100) ne.dial. rad ‘loosely woven; coarse, of open texture’ (Wright 5,8) nnd. (OF) rad, rat ‘locker, lose, undicht, nicht schließend, in Zwischenräumen stehend; trocken, hart, überreif und leicht brechend [Korn]’ (DK 3,2), nnd. (Old.) ratt ‘locker, undicht, trocken’ (Böning 85) nnl. rad ‘[...] van graan: goed droeg en hard’ (WNT 12.3,143)

-ǀja-

WFR nwfr. ferrêdzje swv.2 ‘open naden krijgen, uit elkaar dreigen te vallen door droogte (van houten vaten, deuren); [übertragen:] vergaan van dorst; uit stel brengen, in het ongerade raken’ (WFT 5,246) sowie mit iterativer r-Erweiterung S nnd. (OF) radern swv. ‘durch Hitze, Wind, Sonnenbrand etc. so dürr u. trocken werden, dass alle Theile ganz beweglich, lose u. locker werden u. das Ganze aus den Fugen od. auseinander geht u. keine Festigkeit u. Halt od. Zusammenhang mehr hat; daher überhaupt: aus den Fugen gehen, dürr, hart u. zerbrechlich werden, ausdörren, austrocknen etc.’ (DK 3,4) neben prä¿giertem ferradern swv. ‘aus den Fugen gehen, auseinander fallen etc.’ (DK 1,459)

Bel Germ

Nordseegerm.: F (NFR, OFR), E, S (nordwestl. Küstennd.) und N. Die neufries. Belege führen auf eine Vorstufe PFR *hred < germ. *hrada- ‘locker, undicht’ zurück (die Nebenform FNF hall. ree wohl auf eine Àektierte Form *hrede), das mit grammatischem Wechsel formal in enger Verbindung mit germ. *hraþa- ‘schnell, Àink’ (s.u.) zu stehen scheint. INF fa. rad ‘lose, locker sitzend, ausgeleiert; lückenhaft (Zähne)’ (FÖW 432, Verf.) deutet Entlehnung aus dem westlichen Küstennd. an, sofern hier nicht altes -e- durch Einwirkung des voraufgehenden r- irregulär zu -a- gesenkt worden sein sollte, was aber gänzlich unsicher ist. Fries. Substrat der untergegangenen festl.-nfr. Mundart des Alten Strandes dürfte sich dagegen jeweils in den lokalen nnd. Formen S ree (< *hrede) und reed ‘wacklig, baufällig; zusammengetrocknet (von hölzernen Gefäßen)’ der Inseln Nordstrand bzw. Pellworm widerspiegeln (vgl. Rogby 1967: 67).

hradja-

Idg

Lit

287

Rogby 1967: 67 denkt im weiteren wohl an ein a-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *hreþa- stv.V ‘sieben’ (Sb 274f.), das in D ahd. redan stv.V ‘sieben’ (Schützeichel 2006: 272), mhd. reden stv.V ‘durch ein Sieb schütteln, sieben, sichten’ (Lexer 2,367) sicher bezeugt ist. Entsprechend nimmt er für das Adj. die Grundbedeutung ‘was leicht zu sieben ist (weil hart und trocken)’ an. Dieser Ansatz greift jedoch aus semantischen Gründen zu kurz. Die Adj. germ. *hrada- ‘locker, undicht’ und *hraþa- ‘schnell, Àink’ lassen sich freilich mit dem starken Verb germ. *hreþa- ‘sieben’ verbinden, wenn man an eine gemeinsame verbale Basis idg. *kret‘schütteln, rütteln’ (IEW 620) anknüpft, die sich im Germ. e-stu¿g in dem starken Verb *hreþa- ‘durch ein Sieb schütteln’ fortsetzt, dagegen in o-stu¿ger Ableitung in den Adj. *hrada- und *hraþa-. Die weitere semantische Entwicklung ging bei *hrada- offenbar von ‘durch Schütteln bzw. Rütteln locker geworden’ aus, bei *hraþa- eher ‘durch Schütteln und Rütteln munter gemacht bzw. aufgerüttelt, aufoder angestachelt’ o.ä. Von derselben o-stu¿gen Wurzel vergleicht sich außergerm. mir. crothaim ‘schüttle’ sowie ai. Ğrath- ‘lockern, lösen, freimachen’, ĞrathnƗéti ‘wird locker, lose, gibt nach’ (Kluge/Seebold 2002: 761). Siehe im folgenden auch germ. *hradja- ‘gesichert’. Löfstedt 1928: 199; Pokorny 1959: 620; Rogby 1967: 67; Kluge/Seebold 2002: 761; Hoekstra 2006: 151f. Hm 302 hradja- ‘gesichert’ R (§ 87)

F

AFR aofr. hredde ‘gesichert, unangetastet, intakt’ (F)

Bel Germ

Keine Belege außerhalb des Afr., und dort lediglich einmal in Hs. F. Rückbildung aus dem – ursprünglich wohl kausativen – jan-Verb westgerm. *hradja- swv.2 ‘retten’ (AFR hredda swv.1 ‘retten; entziehen; beanspruchen’, E ae. hreddan swv.1 ‘befreien, retten, entziehen’, S as. ahreddian swv.1 ‘erretten’, D ahd. hredda swv.1 ‘retten’). Wie in germ. *hrada- ‘locker, undicht’ (s.o.) und germ. *hraþa‘schnell, Àink’ (s.u.) handelt es sich bei germ. *hradja- um eine o-stu¿ge Bildung zu dem idg. Primärverb *kret- ‘schütteln, rütteln’ (IEW 620). Die Bedeutung ‘retten’ geht dabei anscheinend von einem ursprünglichen ‘durch Rütteln lockern, lösen’ aus, woraus mit besonderem Blick auf einen Gefangenen ‘die Fesseln lösen’ entstehen konnte und im weiteren allgemein ‘aus einer Notlage befreien, erretten’; vgl. außergerm. entsprechend ai. ĞrathƗéyati ‘macht locker, löst’ als Kausativ zu ai. ĞrathnƗti ‘wird lose, wird locker, gibt nach’ (Kluge/Seebold 2002: 761).

Idg

288

Lit

hraini-

van Helten 1890: 162; Falk/Torp 1909: 102; Pokorny 1959: 620; Kluge/Seebold 2002: 761. Hm 302f. hraini- ‘rein’ *V (§ 40b)

F

AFR aofr. rƝne ‘rein, lauter’ (R1) awfr. rƝn (U [Brouwer]), reine (A 278, BTr) ‘rein’ INF frühfa. rian adv. ‘rein’ (ca. a. 1600, Kat. 67) fa. rian ‘rein, sauber; unvermischt, pur; reinlich’, adv. ‘ganz und gar; fehlerfrei’ (WFO 217, FÖW 441f.) ält. helg. rihn (a. 1758, NfSt 1,49), helg. riin (TS 271) ‘rein, sauber’ sy. riin ‘rein, sauber, frei von Schmutz’ (BM 211, SU 726) FNF bök. riin ‘rein, sauber’, adv. ‘ganz und gar’ (FU 195) ält. hall. riehn (a. 1749, NfSt 1,8), hall. rian (EFS 268, MOH 1,105) ‘rein’ ält. karrh. riin (ca. a. 1820, FF 129), karrh. riin (MN 1424, OTJ 43) ‘sauber, rein’ mgos. riin ‘sauber, rein’ (MN 1424, HMN 129, MAH 93) ält. ngos. rien (a. 1743, BJ 2,123), ngos. riin (MN 1424, EFS 268, MOH 1,105) ‘sauber, rein’ sgos. rian ‘sauber, rein’ (MN 1424, EFS 268) str. rian adv. ‘rein’ (ca. a. 1600, Kat. 67) wied. riin ‘rein, unvermischt; sauber; geordnet, klar’, adv. ‘ganz’ (FRU 259) wyk. riin ‘sauber, rein’ (KF nr. 4) OFR harl. reyhn ‘rein’ (CM 98)

un-

AFR awfr. unrƝn(e), -rein ‘unrein, besudelt’ (A, Ro, SnR, U)

-ikǀda-

INF fa. reenket ‘reinlich’ (LFM 145, FÖW 438) < ains.-nfr. *hrenikad mit Stammsilbenreduktion vor dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ket aus ains.-nfr. *hrƣne; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und 162 sowie Faltings 1996b: 95f. INF fa. renelk (WFO 216, FÖW 439), sy. renelk (BM 210, SU 725) ‘reinlich’, FNF bök. riinlik (FU 195), ält. karrh. rienleck (ca. a. 1820, FF 129), karrh. riinlik (MN 1424), mgos. riinlik (MN 1424), ngos. riinlik (MN 1424), sgos. rianlik (MN 1424), wied. riinlik (MN 1424) ‘reinlich’, OFR sat. rännelk (MF 147), wang. rennelk (FA 1,100) ‘reinlich’. – In der Form renelk, ränelk, rennelk ist von einer Vorstufe *renl(i)k auszugehen mit Kürzung des alten -ƣ- vor „schwerer“ Folgesilbe, sofern nicht eine Entlehnung aus S nnd. rennlich ‘reinlich’ (DK 3,30, Mensing 4, 84) vorliegt.

-lƯka-

hraþa-

289

-haidu-

AFR awfr. rƝnichƝd (Ro 2,234, U [Ahlsson]), reinicheit (A 276) f. ‘Reinheit, Klarheit’; die zweite Form könnte aus dem Mnd./Mnl. entlehnt sein; vgl. Ahlsson 190.

Bel

Gemeingerm.: S as. hrƝni, N mnl. reine, D ahd. hreini, W an. hreinn, O adän. rƝn, G hrains. PFR *hrƣne mit -ƣ- < germ. -ai- + -i-. Für die Nebenform awfr. rein(e) kann eine Entlehnung aus mnd./mnl. rein(e) ‘rein, sauber’ wohl nicht vorderhand ausgeschlossen werden; anderenfalls müßte sich awfr. -ƣ- positionsbedingt zu -Ɲ- > -Ɲi- weiterentwickelt haben, wie vergleichsweise in awfr. breid ‘breit’, deil ‘Teil’, teiken ‘Zeichen’ neben brƝd, dƝl und tƝken (van Helten 1897: 348f. und Siebs 1901: 1231); vgl. auch awfr. tweintich ‘zwanzig’ (J, O) < ält. *twƝntich (Boersma 1939: 79, 85). Dagegen setzen NFR rian, riin und OFR harl. reyhn die Vorstufe *hrƣne regelhaft fort. In den übrigen neufries. Mundarten wird der Begriff ‘rein, sauber’ zumeist durch eine Entsprechung von germ. *skauni- ‘schön’ (s.u.) ausgedrückt; im Wang. gilt keim ‘rein’ < germ. *knjmja- ‘kläglich’ (s.u.). Idg. *kroini- ist offenbar ein altes Verbaladj. zu dem Nasalpräsens von idg. *krei- ‘durch Sieben Grobes und Feines scheiden’ (vgl. IEW 945f.); vgl. griech. țȡȓȞȦ ‘scheide, sichte’, lat. cernǀ ‘unterscheide, erkenne’, kym. go-grynu ‘sieben’. Siebs 1889: 268; Delbrück 1907: 135; Falk/Torp 1909: 104; Gaupp 1920; Löfstedt 1928: 105; Wolff 1930: 263ff.; Üçok 1938: 37; Pokorny 1959: 945f.; Kluge/Seebold 2002: 754; Boutkan/Siebenga 2005: 318.

Germ

Idg

Lit

Hm 304f. hraþa- ‘schnell, Àink’ *V (§ 30b) F

O

FNF bök. reed ‘eilig’ (FU 194) WFR frühnwfr. red ‘rasch, snel, rad’ (GJ 372) nwfr. rêd ‘vlug, snel, rep, gauw’ (WFT 17,311) hind. ròd ‘vlug’ (GB 133) schierm. red ‘snel’ (DF 90) tersch. rêd ‘vlug’ (CR 90) ält. ndän. ra(d) ‘rask, hurtig’ (Kalkar 3,548), sjüt. rad, raj adv. ‘snart, straks’ (Feilberg 3,3)

-Ưn-

FNF bök. reed f. ‘Eile, Hast’ (FU 194)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. hræð, S mnd. rat (-d-), N mnl. rat (-d-), D ahd. hrad, W an. hraðr.

290

Germ

Idg

Lit

hrawa-

PFR *hreþ mit -e- aus tonerhöhtem germ. -a-, woraus awfr. *hreþ ‘schnell, Àink’, im Hind. positionsbedingt mit -e- > -o-. Hingegen scheint FNF bök. reed auf afestl.-nfr. *hred zurückzuführen, möglicherweise durch EinÀuß des homonymen bök. reed ‘undicht’ < germ. *hrada- (s.o.); anderenfalls müßte hier germ. *hrada- mit grammatischem Wechsel angesetzt werden, so u.U. auch für E ae. hræd ‘schnell, rasch’, das Heidermanns (Hm 305) allerdings lediglich als Schreibvariante zu ae. hræð ansieht. Entlehnung aus dem Nd. ist FNF hall. rat in der idiomatischen Wendung rat to de mu ‘locker im Mundwerk, schlagfertig’ (MOH 2,198). Ursprüngliches Verbaladj., dessen verbale Grundlage idg. *kret‘schütteln’ noch in D ahd. redan, mhd. reden stv.V ‘durch ein Sieb schütteln’ sowie lit. kreþiù, krƟsti ‘schütteln, rütteln’ sichtbar wird (IEW 620), vgl. nähere Einzelheiten unter germ. *hrada- ‘locker, undicht’ (s.o.) und *hradja- ‘gesichert’ (s.o.). Falk/Torp 1909: 102; Schwentner 1924: 79ff.; Oksaar 1958: 335f., 372f., 437f.; Pokorny 1959: 620; Spenter 1968: 75; Kluge/Seebold 2002: 744. Hm 306 hrawa- ‘roh’ *D? (§ 96)

F

AFR spätawfr. ree ‘roh’ (Bo) INF fa. rä ‘roh, ungekocht; wundgescheuert; rauh; unbehandelt’ (WFO 212, FÖW 429) helg. ri ‘roh’ (TS 270) sy. re ‘roh, ungekocht; grob, ungeschliffen’ (BM 209, SU 723) FNF bök. ra ‘roh, ungekocht; wund; rauh (Wetter)’ (FU 191) hall. rai ‘roh’ (MOH 1,78) karrh. rä ‘roh, ungekocht; wund; entblößt, kahl’ (MN 1090, OTJ 48, 73) mgos. rä ‘roh’ (Beitr. 34) ält. ngos. räh (a. 1743, BJ 2,125), ngos. rai, rä (MOH 1,78, Beitr. 33, WNG 86) ‘roh’ sgos. rää, rä ‘roh’ (Beitr. 33f.) wied. rä ‘ungekocht, roh; roh, wund; rauh (Luft)’ (FRU 255) OFR sat. räi ‘roh, ungekocht; wund’ (MF 146) wang. ree ‘roh’ (FA 1,100, HEN 289) WFR frühnwfr. rie ‘roh’ (SB 70) nwfr. rie ‘rauw, ongekookt’ (WFT 18,8) schierm. ree ‘roh, nicht gar (z.B. von Kartoffeln)’ (Spenter 199)

hula-

291

-haidu-

INF sy. rehair g. ‘Roheit’ (BM 209, SU 724), FNF bök. rahäid n. ‘Roheit’ (MN 1090)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. hrƝaw, S as. hrao, N mnl. ro, D ahd. rao*, W an. hrár, O adän. rƗ. PFR *hrƝ < ält. *hrew (vielleicht über eine Àektierte Form *hrewe) mit tonerhöhtem -e- < germ. -a-, das nach Abfall des vokalischen -w in ¿naler Position gedehnt wird. Im Germ. isoliert. Zu ai. krávis-, griech. țȡȑĮȢ ‘rohes Fleisch’ < idg. *kreԥΩ(s)-, so daß vermutlich von einer alten denominalen Ableitung von idg. *kreuΩ‘rohes Fleisch’ (IEW 621f.) auszugehen ist; daneben offenbar als „quasi-verbale“ o-stu¿ge Ableitung das Adj. idg. *kroԥΩ-o- ‘roh, blutig’. Daß abweichend davon ae. hrƝaw ein e-stu¿ges idg. *kreԥΩ-ofortsetze, wie Hamp 1977: 75f. meint, ist völlig unbegründet, da sich der Entwicklung germ. -au- > ae. -Ɲa- auch die Lautfolge germ. -aw(a)- anschließt (Brunner 1965: 49). Falk/Torp 1909: 106; Löfstedt 1928: 78; Löfstedt 1933: 33f.; Pokorny 1959: 622; Spenter 1968: 199; Hamp 1977: 75f.

Germ

Idg

Lit

Hm 310f. hula- ‘hohl’ S (§ 91) F

AFR aofr. hol ‘hohl’ (E1, F) awfr. hol ‘hohl’ (D, J, U, O) INF ält. fa. hohl (a. 1757, NfSt 1,22), fa. hool (WFO 114, FÖW 232) ‘hohl’ helg. hol ‘hohl’ (WK 311) sy. hol ‘hohl’ (BM 116, SU 595) FNF bök. hool ‘hohl’ (FU 106) hall. hool ‘hohl’ (MOH 1,229) ält. karrh. hohl (ca. a. 1820, FF 80), karrh. hool (MN 1844) ‘hohl’ mgos. hool ‘hohl’ (MN 1844) ält. ngos. hool (a. 1743, BJ 2,57), ngos. hool (MN 1844) ‘hohl’ sgos. hool ‘hohl’ (MN 1844) wied. hool ‘hohl’ (FRU 131) OFR sat. hol ‘hohl; unfruchtbar’ (MF 113) wang. hol ‘hohl’ (FA 1,94) WFR frühnwfr. hôl ‘hol, cavus; diep, altus’ (GJ 111) nwfr. hol ‘hol; inwendig leeg, niet massief, niet gevuld; leeg en verlaten en daardoor naargeestig (van vertrekken); dof (van geluid); veer uiteenstaand (van gewassen); niet dicht genog geweven (van stoffen); ijdel, leeg, voos; concaaf; onstuimig (van de zee)’ (WFT 9,73)

292

O -iska-a-

-engǀ-nassjǀ-eþǀ-haidu-ǀja-

Bel Germ

Lit

hula-

hind. hòl [-ȃ-] ‘hol’ (GB 75) schierm. hool [-ȃ:-] ‘hol’ (DF 50) tersch. hôl [-ȃ:-] ‘hol’ (CR 44) adän. hol ‘hohl’ (Nielsen 1989: 188) INF fa. hoolsk ‘hohl klingend’ (FÖW 232) AFR aofr. hol (B1-2, E1-3, F, H, R1), awfr. hol (A, D, J, O) n. ‘Höhle, Loch, Öffnung’, INF fa. hool n. ‘Loch; After; Gefängnis; Tierbau’ (LFM 79, WFO 114, FÖW 232, Verf.), sy. hol n. ‘Loch, Höhle’ (BM 116, SU 595), FNF bök. hool (Bendsen 35) [jetzt allgemein huul (FU 110)], hall. hool (MOH 1,229), ält. karrh. hohl (ca. a. 1820, FF 80), karrh. hool (MN 1845, OTJ 36), mgos. hool (MN 1845), ält. ngos. hool (a. 1743, BJ 2,51), ngos. hool (MN 1845), sgos. hool (NfWb), wied. huol (FRU 137), wyk. hool (KF nr. 72) n. ‘Gesäß; After’, daneben auch wied. hool n. ‘Loch, Tierbau’ (FRU 130) FNF bök. hooling n. ‘Loch; Höhle, Nest; Gefängnis’ (FU 106f.) INF fa. hoolens n. ‘Höhlung’ (SP 61), helg. holens n. ‘Hohles’ (WK 311), WFR nwfr. hollens ‘holheid; hongerichheid’ (WFT 9,83) WFR nwfr. holte (WFT 9,85), hind. hòlte (GB 75), schierm. hoolte m. (DF 50), tersch. hôlte (CR 44) ‘holte’ WFR nwfr. holheid ‘holheid’ (WFT 9,76) INF fa. hööle swv.2 ‘höhlen’ (WFO 114, FÖW 232), FNF bök. hoole (FU 106), mgos. hoole (MN 1845) swv.2 ‘aushöhlen’, OFR sat. holje swv.2 ‘aushöhlen’ (MF 113), WFR nwfr. holje swv.2 ‘hol worden (van de zee); uithollen’ (WFT 9,76) West- und nordgerm.: E ae. hol, S as. hol, N mnl. hol, D ahd. hol, W an. holr, O adän. hol; indirekt auch G in ushulon swv.2. PFR *hol mit -o- < germ. -u- vor dunklem Folgevokal, auf das sämtliche neufries. Belege zurückführen und dessen -o- im weiteren teils erhalten, teils gedehnt wird. Auffällig ist allerdings die Form FNF wied. hool anstelle eines zu erwartenden † huol mit „Brechungs“Diphthong -uo- < -o- (vgl. Hofmann 1997: 129ff.). Sofern hier nicht lediglich eine ungenaue Notation früherer Wörterbuchsammler (zumeist Laien) Eingang in das FRU gefunden haben sollte, wird man vorzugsweise an EinÀuß der benachbarten Mundarten der Bök. und/ oder Karrh. denken. Das auf das Germ. beschränkte Adj. scheint aus dem Subst. germ. *hula- n. ‘Loch’ hervorgegangen zu sein (Hm 310f.). Oberdörffer 1908: 14; Falk/Torp 1909: 81; Löfstedt 1928: 229; Pokorny 1959: 537; Schubert 1968: 82; Spenter 1968: 220.

hulþa-

293

Hm 311f. hulþa- ‘geneigt, zugetan’ P (§ 4) F

AFR aofr. hold ‘hold, treu, pÀichtbewußt’ (E2) awfr. hold (J, U [Sipma], O), hǀud (Cr, O) ‘hold, ergeben, treu’ FNF ält. ngos. hüll ‘hold’ (ca. a. 1745, JG 153)

-ǀFNF ält. ngos. hüll [ohne Genusangabe] ‘Huld’ (a. 1743, BJ 2,58) -an-/ǀn- AFR aofr. holda m. (B1-2, E3), awfr. holda m. (A 430, Fs 2,17, J, Ro 2,138 [dort in synes sones wyff jeffta holda möglicherweise f.], O), hǀude m. (D) ‘Freund, Getreuer, Verwandter’, fem. ‘Geliebte’ -ƯnAFR aofr. helde (R1), hild (F) ‘Huld’, awfr. helde (J, U [Ahlsson]), hilde (FrR, J, U [Hoekstra]), hielde (A 44, J), hiulde (J) f. ‘Huld; Gnade, Gunst; Treue, Ergebenheit’, daneben in dem Kompositum gƗrhilde, -hielde f. ‘gemeinsame Gunst, gemeinsamer Nutzen’ (O), WFR frühnwfr. hilde f. ‘hulde, bescherming, trouw, eerbied, gehoorzaamheid’ (GJ 206); Entlehnung aus mnl. hulde ist awfr. hulde f. ‘Huld’ (Ro 2,116, O); – zu den Formen mit -i-, -ie-, -iu-< -Ɲ- vor -ld siehe Siebs 1901: 1369; vgl. im weiteren Ahlsson 3. Bel Germ

Lit

Gemeingerm.: E ae. hold, S as. hold, N mnl. hout (-d-), D ahd. hold, W an. hollr, O adän. huld, G hulþs. PFR *hold mit -o- < germ. -u- vor dunklem Folgevokal. In awfr. hǀud < ält. *hǀld ist das gutturale -l- vokalisiert worden. Dagegen weist FNF ält. ngos. hüll /hyl/ mit -y- < palatalisiertem -nj- auf afestl.nfr. *huld, dessen -u- vor der Folgekonsonanz -ld regelhaft gedehnt werden mußte. Dabei scheint auch afestl.-nfr. *huld auf ein älteres *hold zurückzuführen; verschiedentlich entwickelt sich altes -o- vor -l- zu -u- zurück (Siebs 1901: 1202). – Oder liegt frühe Entlehnung aus mnd. hulde f. ‘Huld’ vor, das durch prädikativen Gebrauch adjektiviert wurde? Entlehnungen aus dem (M)nl. sind offenbar awfr. hulgia swv.2 ‘Treue schwören’ (Fs 2,150), nwfr. huldigje, huldzje swv.2 ‘huldigen’ (WFT 9,124) und nwfr. hulde ‘eer, eerbetoon; gunst; genegenheid; vriendschap’ (WFT 9,124). Aus der ursprünglichen Bedeutung ‘geneigt; zugetan’ entwickelt sich auch im Fries. sowohl ‘gnädig (der Herr dem Diener)’ als auch ‘ergeben (der Diener dem Herrn)’ (Hm 312). Germ. *hulþa- steht offenbar in Ablaut zu germ. *halþa- ‘geneigt’ und *halda- ‘zugeneigt’ (s.o.). Siebs 1901: 1262; Delbrück 1907: 136; Oberdörffer 1908: 21; Falk/ Torp 1909: 83; Üçok 1938: 23f.; Trier 1951: 55f.; Pokorny 1959: 552; Green 1965: 140ff.; Rosengren 1968: 51ff.; Mezger 1969: 150ff.

294

hwata- – hweita-

Hm 316 hwata- ‘scharf’ *V (§ 36) F O Bel Germ

Lit

INF fa. waat, wot ‘rüstig, bei Kräften; Àink, weit entwickelt (Kind); befähigt, fähig; vornehm, wohlhabend’ (WFO 325, 340, MN 588, FÖW 686) jüt. (Westschleswig) hvat adv. ‘pludselig, overbrat’ (Feilberg 1,693) Nordseegerm.-nord.: F, E, S, W, O. PFR *hwat, dessen -a- durch EinÀuß des voraufgehenden -w- nicht palatalisiert worden ist: demnach reguläre Entwicklung von ains.-nfr. *hwat > fa. waat, wot. Innerhalb des fries. Sprachgebietes begegnet das Adj. lediglich in der ins.-nfr. Mundart von Föhr und Amrum, und es erhebt sich die Frage, ob dort nicht eine Entlehnung aus dem Nord. vorliegen könnte. Zwar läßt sich W an. hvatr ‘kühn, tapfer, schnell’ im Adän. nicht nachweisen, doch zeigt das dialektale O westjüt. hvat adv. ‘plötzlich’, daß das Adj. von altersher in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nfr. existierte. Gleichwohl wird man INF fa. waat, wot mit Blick auf E ae. hwæt ‘scharf (Waffe); kühn, tapfer, eifrig’ und S as. -hwat in mƝnhwat ‘frevelhaft’, nƯthhwat ‘feindselig’ zum autochthonen fries. Wortschatz zählen dürfen (so auch Århammar 1969: 18 bzw. 1975: 50). Im weiteren altes Verbaladj. zu germ. *hwƣta- red. ‘stoßen’ (Sb 284f.). Die ursprüngliche Bedeutung ‘scharf’ scheint durch das schwache Verb germ. *hwatja- swv.1 ‘wetzen, schärfen’ beeinÀußt zu sein, das sich in dieser Bedeutung auch in INF fa. wääte, weete swv.2 (mit Übertritt in die schwache Konjugation der 2. Kl.), sy. wäät swv.1 fortsetzt. Oberdörffer 1908: 8; Falk/Torp 1909: 115; Pokorny 1959: 636; Schubert 1968: 66; Århammar 1969: 18; Seebold 1970: 284f.; Århammar 1975: 50. Hm 316f. *hweita- ‘weiß’ P (§ 1)

F

AFR aofr. hwƯt ‘weiß, glänzend’ (F, H, R1-2), Àektiert auch hwittes gen.sgl.n., witta akk.sgl.m. (H) awfr. hwƯt, wƯt ‘weiß, glänzend, silbern’ (A 484, D, FrR, J, SnR 56, O), Àektiert auch hwitte dat.sgl.f. (O) spätawfr. wit ‘weiß’ (Bo) INF fa. witj ‘weiß; weißblond, weißhaarig; glänzend sauber’ (WFO 337, FÖW 705f., Verf.) helg. wit ‘weiß (TS 304) sy. wit ‘weiß’ (BM 302, SU 838)

hweita-

295

FNF bök. wit ‘weiß’ (FU 273) hall. wit ‘weiß’ (MOH 1,15) ält. karrh. witt (ca. a. 1820, FF 188), karrh. wit (OTJ 50, 71) ‘weiß’ mgos. wit ‘weiß’ (EFS 219, LHol 196) ält. ngos. witt (a. 1743, BJ 2,213), ngos. wit (MOH 1,15) ‘weiß’ sgos. wit ‘weiß’ (EFS 219, Beitr. 29) wied. wit ‘weiß’ (FRU 374) wyk. wit ‘weiß’ (KF nr. 111, EFS 219) OFR harl. wiht* /-i:-/ ‘weiß’ in wiht¿osck ‘eine Rodauge [Fisch]’ (CM 42) sat. wiet ‘weiß’ (MF 183) wang. wiit ‘weiß’ (FA 1,109) wurst. wit ‘weiß’ (RM 127) WFR frühnwfr. wijt [-i:-] (SB 78, GJ 536), witt (a. 1588, Claes 54) ‘weiß, blank’ nwfr. wyt ‘wit; bleek’ (FW 3,467f.) hind. wyt ‘wit’ (GB 180) schierm. wyt ‘wit’ (DF 129) tersch. wyt ‘wit’ (CR 127) -lenga-ela-nassjǀ-

-ǀja-

Bel Germ

FNF hall. witling ‘Kindertuch’ (MOH 1,15), WFR nwfr. wytling ‘onderlaken; in’t algemeen het laken of linnen op een bed’ (FW 3,466) INF fa. witjel m. ‘wollenes Bettlaken, Wärmedecke’ (CJ 262, WFO 337, FÖW 706), sy. witel g. ‘weißwollenes Bettuch’ (BM 302, SU 838), FNF bök. witel (FU 273), karrh. witel (MN 1799) m. ‘Windel’ INF fa. witjens n. ‘das Weiße (im Ei, Auge etc.); weiße Stelle, weißer Fleck’ (KJC 9,180, WFO 337, FÖW 706), OFR wang. wiitens ‘etwas weißes’ (HEN 170), WFR nwfr. witens ‘witheid, de witte kleur’ (FW 3,465) INF fa. witje (WFO 337, FÖW 706), sy. witi (BM 302, SU 838) swv.2 ‘weißen, mit Kalk tünchen’, FNF hall. wite (MOH 1,15), ält. karrh. witte (ca. a. 1820, FF 188), ält. ngos. wittiä (a. 1743, BJ 2,213), ngos. wite (MOH 1,15) swv.2 ‘weiss tünchen’, OFR sat. wietje swv.2 ‘tünchen, mit Kalk bestreichen’ (MF 184), WFR nwfr. wytsje swv.2 ‘witten, met kalk wit maken, stukadoren’ (FW 3,466) Gemeingerm.: E ae. hwƯt, S as. hwƯt, N anl. wƯt, D ahd. hweiz, W an. hvítr, O adän. hwƯt, G hweits. In allen neufries. Mundarten regulär aus PFR *hwƯt. Auffällig sind die jeweils einmal in der Hs. H begegnenden Àektierten Formen aofr. hwittes gen.sgl.n. und witta akk.sgl.m. sowie awfr. witte dat.sgl.f. mit Kurzvokal und Geminata anstelle des sonst regulären aofr./awfr. hwƯtes und hwƯta; van Helten 1890: 120 hält sie für

296

Idg Lit

hweita-

Analogiebildungen nach dem Comp. *hwitra < *hwƯtera bzw. Sup. *hwitst < *hwƯtest, während Seebold 1989: 153 unter Verweis auf S mnd. wit(t) und N mnl. wit(te) ‘weiß’ an EinÀuß der alten neutr. Nom./Akk.Sgl.-Endung germ. -at denkt, wie sie noch in as. (Heliand) hwitt ‘weiß’ < germ. *hweitat- sichtbar werde (vgl. dazu ebenfalls Bammesberger 1990: 223f.). Die von Lühr 1988: 263f. und anderen entsprechend ai. Ğvítna- ‘hell, licht’ erwogene Nebenform germ. *hwitta mit n-Assimilation < idg. *êk ԥitnó- wird m.E. zu Recht von Seebold (a.a.O.) abgelehnt; vielmehr handelt es sich hier um sekundäre und – wie es scheint – recht späte Vorgänge, von denen etwa in altsächsischer Zeit noch nichts zu spüren ist und die sich außerhalb der afr. Formen sonst nirgends im Fries. nachweisen lassen. Germ. *hweita- ‘weiß’ steht neben o-stu¿gem germ. *hwaitja- ‘Weizen’: F awfr. wƝt m., E ae. hwƣte m., S as. hwƝti m., D ahd. hweizi m., W an. hveiti m. Die Benennung erfolgte offenbar nach der weißen Farbe des Weizenmehls. Die für das Primäradj. anzusetzende Vorstufe idg. *êk ԥei-d- ‘leuchten; hell, weiß’ (IEW 628f.) ist ohne Vergleichsmöglichkeit. Siebs 1889: 219; Mead 1899: 178ff.; van Helten 1890: 120; Falk/ Torp 1909: 118; Schwentner 1915: 24ff.; Löfstedt 1928: 15; Löfstedt 1933: 29; Mitzka 1934: 321; Holthausen 1955: 201f.; Pokorny 1959: 628f.; Spenter 1968: 259; Lühr 1982: 724f. Anm. 7; Lühr 1988: 263f.; Seebold 1989: 153; Boutkan/Siebenga 2005: 190.

I Hm 321 Ưd(a)la- (ei-?) ‘wirkungslos’ *V/K? (§ 15, 116) F

AFR aofr. Ưdle adv. ‘leichtfertig’ (R1) awfr. Ưdel ‘töricht, nichtig’ (D) INF frühfa. idjel, ydjel ‘rein, lauter’ (ca. a. 1600, Kat. 65, 69) FNF ält. ngos. iddel ‘lauter’ (ca. a. 1745, JG 195) str. iddel ‘rein, lauter’ (ca. a. 1600, Kat. 65, 69) OFR wang. iidel ‘eitel, lauter’ (FA 1,95, HEN 269) WFR frühnwfr. ijdel /-i:-/ ‘ijdel, ledig, nietig; gering’ (GJ 222) nwfr. idel ‘onoverdacht, oppervlakkig, betekenisloos; hol, leeg; ongebruikt; vergankelijk, vluchtig; lichtzinnig, pronkziek’ (WFT 9,187) hind. idel ‘ijdel’ (GB 77) schierm. ydel ‘ijdel’ (DF 51)

-nassjǀ-

AFR awfr. Ưdelnisse (Ưdelnese) f. ‘Eitelkeit, Nichtigkeit’ (D [Ahlsson], J, Ro [Ahlsson], U [Ahlsson]), WFR nwfr. idelens ‘zinloosheid, nietswaardigheid; lichtzinnigheid, wuftheid; eigenwaan, hoogmoed; pronkzucht’ (WFT 9,187f.); vgl. Ahlsson 112. WFR nwfr. idelheid ‘zinloosheid, nietswaardigheid; lichtzinnigheid, wuftheid; eigenwaan, hoogmoed; pronkzucht’ (WFT 9,187f.) WFR nwfr. idelje swv. ‘verijdelen, doen mislukken’ (WFT 9,188)

-haidu-ǀjaBel Germ

Idg Lit

Westgerm.: E ae. Ưdel, S as. Ưdal, N anl. Ưdel, D ahd. Ưtal. Ob und inwieweit mnd. îdel ‘eitel, töricht, leer’ und/oder mnl. Ưdel ‘eitel, vergeblich’ auf die fries. (insbesondere neufries.) Formen eingewirkt haben, bleibt unklar: sonst PFR *Ưdel. Im Germ. isoliert und auch außergerm. ohne Vergleichsmöglichkeiten. Zu der Verbalwurzel idg. *ei- ‘gehen’? Oder altes Kompositum mit dem pronominalen Element idg. *Ư- im Vorderglied? Vgl. dazu resümierend Heidermanns (Hm 321). Delbrück 1907: 136; Falk/Torp 1909: 3; Franck/van Wijk 1949: 272; Pokorny 1959: 12; de Vries 1992: 277; Kluge/Seebold 2002: 237; Boutkan/Siebenga 2005: 191.

298

(-)inka-

Hm 322 (-)inka- (e-?) ‘erzürnt’ *V/K? (§ 37, 94, 111) F

AFR aofr. ink, inxta sup. ‘erzürnt, jähzornig’ (F)

Bel Germ

Als Adj. nur F. Das zu E ae. inca m. ‘doubt, question, cause of complaintment, offence, ill-will or fear’ (BT 590), W an. ekki m. ‘Kummer, Betrübnis, Sorge’ (Baetke 108) zu stellende Adj. scheint in den neufries. Mundarten nicht fortzuleben. Die weitere Herleitung ist nicht eindeutig geklärt. Mit derselben Wurzelstufe vergleicht sich das Nasalpräsens ai. íӻgati, -te ‘regt sich, bewegt sich’; demnach ist vielleicht ein altes Verbaladj. idg. *ing-o- anzusetzen (Hm 322), sofern nicht ein exozentrisches Kompositum *ga-inka- im Spiel sein sollte, wie Walter 1911: 23 meint. – Oder ist gar von einer Adjektivierung des Subst. germ. *inkan- m. ‘Groll’ in prädikativer Stellung auszugehen? Holthausen 1904-05: 295; van Helten 1906a: 285; Falk/Torp 1909: 28; Walter 1911: 23; Pokorny 1959: 13; Seebold 1970: 73; de Vries 1977: 99.

Idg

Lit

J Hm 325f. junga- ‘jung’ *D (§ 109) F

AFR aofr. jung ‘jung’ (E1,3, F, H, R1-2), im subst. Komp. ‘Abkömmling, Nachkomme’ awfr. jung (FrB 64, FrR, Fs 2,84, U [Siebs 1901: 1203], O), jong (A 48, BTr, D, Fs 2,84, LSt, P, Ro 2,128, SnR 60, U [Siebs 1901: 1203], O) ‘jung’, im Sup. auch ‘letzt’, im subst. Komp. ‘Nachkomme; Jünger’ spätawfr. jong ‘jung’ (Bo) INF frühfa. jung* ‘jung’ in jungsten sup. (ca. a. 1600, Kat. 67) fa. jong ‘jung’ (WFO 130, FÖW 266) helg. djong (WK 159), jong (EFS 176) ‘jung’ sy. jung ‘jung’ (BM 132, SU 618) FNF bök. jung ‘jung’ (FU 122) ält. hall. jung (a. 1749, NfSt 1,14), hall. jong (MOH 2,109) ‘jung’ ält. karrh. jung (ca. a. 1820, FF 90), karrh. jung (MN 2231, OTJ 39) ‘jung’ ält. mgos. jung (ca. a. 1810, GvS v. 12), mgos. jung (MN 2231, MAH 93, BnG 1,119) ‘jung’ ält. ngos. jaang (a. 1743, BJ 2,65), ngos. jung (MN 2231, MOH 2,109) ‘jung’ sgos. jung (EFS 176, HMN 39), jong (Beitr. 29) ‘jung’ str. jung* ‘jung’ in jungsten sup. (ca. a. 1600, Kat. 67) wied. jong ‘jung; frisch, neu’ (FRU 156) wyk. jong*, jung* ‘jung’ in dä jongen pl. ‘die Jungen’ (KF nr. 6) und jungste sup. (Gl 275) OFR harl. jong* [Hs. siong] ‘jung’ (CM 66), jongsten sup. (CM 67) sat. jung ‘jung’ (MF 117) wang. jung ‘jung’ (FA 1,35) WFR frühnwfr. jongh (SB 70, AH 21, Z. 26), jong (GJ 229) ‘jung’ nwfr. jong ‘niet bejaard, weinig jaren tellend; toebehorend aan jong persoon; nog niet lang gegroeid hebbend, vers, mals (van planten); nog niet lang geleefd hebbend (van dieren); kort geleden, onervaren, pas beginnend’ (WFT 10,86ff.) hind. jûng ‘jong’ (GB 80) schierm. jong ‘jong’ (DF 56)

300

-a(n)-

-lenga-dǀma-haidu-

-ǀja-

Bel Germ

junga-

AFR awfr. jonge m. ‘Junge’ (FrB 112, O), INF frühfa. jungen pl. ‘Jünger (Christi)’ (ca. a. 1600, Kat. 73), fa. jong n. ‘Tierjunges’, im Pl. jongen auch ‘Kinder’ (WFO 130, FÖW 266), helg. djong m. ‘Junge, Knabe, Sohn’ (WK 159), sy. jungen n. ‘Kind’ (< nnl. jongen oder durch dieses beeinÀußt), im gleichlautenden Pl. ‘Kinder’ (BM 132, SU 618), FNF bök. jung n. ‘Tierjunges’ (FU 122), junge m. ‘Junge’, im Pl. ‘Kinder’ (FU 122), hall. jonge m. ‘Junge’ (MOH 2,109), karrh. jung n. ‘das junge (von einem vogel)’ (MN 2232), mgos. jung m. ‘Junge’ (MAH 90), ält. ngos. jungä (ca. a. 1745, JG 161), ngos. junge (MOH 2,109) m. ‘Junge’, sgos. jong m. ‘Junge’ (Beitr. 29), wyk. jonge m. ‘Junge’ (KF nr. 174), OFR harl. junge ‘ein Knabe’ (CM 44), WFR frühnwfr. jonge (GJ 229), nwfr. jong n. (WFT 10,87f.) ‘jong, pasgeboren of nog niet geboren dier; mensenkind, nakomeling’, nwfr. jonge (WFT 10,88f.), hind. jûnge (GB 80), schierm. jonge (DF 56), tersch. jonge (CR 50) ‘Junge; männlicher Nachkömmling; Freier, Verlobter; Freund’; vgl. auch Ahlsson 183. AFR awfr. jongeling (A 370), jongelƯn (FrR) m. ‘Jugendlicher, Jüngling’; vgl. Munske 1964: 79. INF sy. jungdom n. ‘Jugend, junge Leute’ (SU 618), FNF wied. jongdom n. ‘Jugend’ (FRU 156) AFR awfr. jonkhƝd f. ‘Jugend’ (O), FNF ält. ngos. jaangheit ‘das Jungsein, Jugend’ (a. 1760, Kon. 79), WFR frühnwfr. jongheijte ‘jonkheid’ (GJ 229), nwfr. jonkheid (WFT 10,98), hind. jûnkheid ‘jeugd’ (GB 81) sowie mit ig-Erweiterung OFR sat. jungigaid f. ‘die Zeit des Jungseins; Jugend’ (MF 117) INF fa. jonge swv.2 ‘Junge werfen’ (MN 2231, FÖW 266), FNF bök. junge (FU 122), hall. jonge (Lo 51), karrh. junge (MN 2233), wied. jonge (FRU 156) swv.2 ‘jungen’, OFR sat. jungje swv.2 ‘jungen’ (MF 117), WFR nwfr. jongje (WFT 10,96), hind. jûngje (GB 80), schierm. jongje (DF 56), tersch. jongje (CR 50) swv.2 ‘jongen werpen’ Gemeingerm.: E ae. geong, S as. jung, N mnl. jonc (-g-), D ahd. jung, W an. ungr, O adän. ung, G juggs. Sämtliche fries. Belege setzen PFR *jung regelhaft fort. Germ. -ubleibt im Afr. vor der Nasalgruppe -ng erhalten, wird aber partiell bereits im Awfr. und später in zahlreichen neufries. Mundarten bzw. Mundartgruppen zu -o- gesenkt (Siebs 1901: 1203, 1369). Im weiteren Anschluß an germ. *juwunþi- f. ‘Jugend’ (Hm 326): vgl. AFR awfr. jogede (U [Brouwer]), joget (BTr, Ro 1,216, O) f. ‘Jugend; Zeit des Jungseins’, INF fa. jööges f. (LFM 89), jüng. jöögels n. (FÖW 267) ‘Jugend(zeit)’ < ains.-nfr. *jogeþe f., FNF bök. jööged f. (FU 121), ält. ngos. jäget (a. 1743, BJ 2,65) ‘Jugend’ < afestl.-nfr. *jugeþe f. usw.

junga-

Idg

Lit

301

Demnach beruht das Adj. germ. *junga- wohl auf einer Vorstufe *juwunga-. Das ererbte Adj. idg. * iuԥnêk ó- ‘jugendlich’ mit êk ó-Suf¿x (IEW 510) o ist identisch mit air. óac, lat. iuvencus, ai. yuvaĞá- ‘jung, jugendlich’, ausgehend von idg. * iuԥ(e)n- ‘jung’ in ai. yúvan, lat. iuvenis usw. o (IEW 510f.). Siebs 1889: 176; Siebs 1901: 1203; Delbrück 1907: 136; Falk/ Torp 1909: 331; Löfstedt 1931: 109; Löfstedt 1933: 29; Pokorny 1959: 510f.; Eggers 1964: 62ff., Spenter 1968: 132; Hamp 1970: 1; Boutkan/Siebenga 2005: 205f.

K Hm 327 kaiba- ‘hitzig, heftig’ *V (§ 25a) F

S

D O

-iska-

INF fa. kiaf ‘widerlich; unangenehm, peinlich; überdrüssig; langweilig, langwierig’ (WFO 137, FÖW 277) helg. keaf ‘ganz frisch’ (WK 354), das neben keafk aber nach N. Århammar (brieÀ.) ‘fest im Fleisch (von Fischen und Hummern); kernig, kraftvoll (von einem Mann)’ bedeutet; so auch bereits in dem frühen Beleg helg. kiáw ‘gut genährt’ bei Hoffmann von Fallersleben 1856: 3,126. FNF bök. kiif ‘langweilig; überdrüssig; unerfreulich; schlimm’ (FU 128) hall. kiaf in kiaf auer/foon wat weese ‘etwas überdrüssig sein, satt haben’ (MOH 1,119f.) ält. karrh. kiew ‘müde, was Einem zu lange dauert’ (ca. a. 1820, FF 94), karrh. kiif ‘schlimm’, kiiw wäirk ‘üble Sache’, kiif deerfoon weese ‘einer Sache überdrüssig sein’ (OTJ 43) mgos. kiif ‘langweilig’ (HMN 126) ngos. kiif ‘langweilig; überdrüssig’ (WNG 65, 108) sgos. kiaf ‘langweilig, überdrüssig; beschwerlich; widerlich’ (MN 1369) wied. kiif ‘langweilig; überdrüssig; unerfreulich; schlimm, schwer, mühsam’ (FRU 165) spätmnd. (Norderdith., a. 1634) keef ‘böse, übel, lästig’ (zitiert nach Gaedertz 1881: 145; nicht bei LB), nnd. (überwiegend Mittelschl., NF, Eid., Norderdith.) keef ‘langweilig; mühsam; überdrüssig; zuwider; schlimm’ (Mensing 3,82f., Rogby 1967: 189) nhd. (od.) keif ‘fest, dicht (von stoffen wie Àeisch, haut, wurzeln); ausdauernd, streng, hart, rauh (menschen)’ (DW 5,411f.) jüt. (Westjütl., Nordschl.) kiv, kyv, køv, kav, kev ‘kjed, kedsommeligt; sørgeligt, bedrøvet; besværligt’ (Feilberg 2,136) sowie in derselben Bedeutung sjüt. kiev (Bjerrum/Bjerrum 1974: 1,288), kjæv (Jul Nielsen/Nyberg 1995: 275) und Bornholm kjew, kjiw (Nielsen 1989: 218) INF fa. kiawsk ‘widerlich süß; überdrüssig’ (SP 70, WFO 137, FÖW 278)

kaiba-

-haiduBel

Germ

Lit

303

FNF karrh. kiifhäid n. (MN 1369), wied. kiifhaid n. (FRU 165) ‘Langeweile’ Die Konzentration der Belege auf Westjütland, Nord- und Mittelschl. sowie auf das angrenzende Norderdith. mit einem breiten dialektalen Vorkommen in Nfr. macht nach Löfstedt 1928: 119f. im Nfr. und Nd. eine ältere Entlehnung aus dem Jüt. wahrscheinlich, im Nd. wohl durch nfr. Vermittlung. Für diese Ansicht, der sich Rogby 1967: 189 anschließt, würde ferner der Umstand sprechen, daß der Ausdruck den übrigen fries. und nd. Mundarten fehlt, während er im Nord. auch über das Jüt. hinaus begegnet. Allerdings ist germ. *kaiba- dem Westgerm. ja keineswegs unbekannt, und zumindest INF helg. keaf ‘fest im Fleisch; kernig’ dürfte angesichts E ae. cƗf ‘quick, sharp, prompt, nimble, swift’ (BT 143) und D nhd. keif ‘fest, dicht; ausdauernd’ (s.o.) bodenständig aus ains.-nfr. *kƣf entwickelt sein. In den übrigen nfr. und wohl auch nd. Formen könnte indessen die Bedeutung ‘überdrüssig, unangenehm, schlimm’ aus dem Jüt. entlehnt oder zumindest doch beeinÀußt sein. PFR *kƣf, ein Verbaladj. aus der o-Stufe des Primärverbs germ. *keiba- stv.I ‘zanken, streiten’ (nicht bei Seebold 1970), das wenigstens in S mnd. kîven stv.I ‘streiten, zanken; schelten, schimpfen; uneinig sein; kämpfen, Krieg führen’ (LB 2,564f.) stark, sonst aber schwach konjugiert: vgl. AFR aofr. szƯvia swv.2 (B1-2, E1-3, F, H, PrJ 258), awfr. kƯvia swv.2 (A 78, Fs 1,46, J, Ro 1,156), szƯvia swv.2 (U [vgl. Fs 1,33]) ‘keifen, streiten, uneinig sein’, INF frühfa. kiefe* swv. (ca. a. 1600, Kat. 73), ält. fa. kihfe (a. 1754, CQ v.2), fa. kiiwe (FÖW 278), sy. kiiwi (BM 139) swv2 ‘schelten, keifen’, FNF ält. karrh. kiwwe (ca. a. 1820, FF 94), karrh. kiwe swv.2 (OTJ 51), ält. ngos. kif¿ä swv.2 (a. 1743, BJ 2,72) str. kiffy* swv. (ca. a. 1600, Kat. 73) ‘zanken, streiten’, W an. kífa swv. ‘streiten, zanken’ usw., daraus deverbal u.a. AFR aofr. szƯve f. (B1-2, E2, H), awfr. kƯf m. (FrR, Fs 2,18, Ro 1,240, SnR 66 [meenkif], O) ‘Streit, Zank, Uneinigkeit; Prozeß’, INF fa. kif n. ‘Schelte’ (SP 70, FÖW 278), FNF bök. kif n. (MN 1630), karrh. kif n. (MN 1630), ält. ngos. kiff ‘Schelte’ (a. 1760, Kon. 79), ngos. kif n. (MN 1630), sgos. kiw n. (MN 1630) ‘Ausschelte’, S mnd. kîf m. ‘Streit, Zank, Krieg’. Nach vorherrschender Meinung soll ebenfalls O adän. keed, ndän. k(j)ed ‘überdrüssig, langweilig etc.’ mit sekundärem (analogem) -d auf germ. *kaiba- zurückführen (vgl. FT 1,514, Nielsen 1989: 218 u.a.) sein, was m.E. aber noch einer kritischen Überprüfung bedürfte. Oberdörffer 1908: 10; Falk/Torp 1909: 43; Persson 1912: 1,12; Löfstedt 1928: 119f.; Rogby 1967: 189.

304

kalda-

Hm 328 kalda- ‘kalt’ V (§ 82) F

AFR aofr. kald ‘kalt’ (E1-3, F, H) awfr. kald ‘kalt’ (A 254, Cr, BTr, D, J, Ro 2,90, U [van Klaarbergen]) spätawfr. caud ‘kalt’ (Bo) INF fa. kual adv. ‘schnell, plötzlich, übereilt’ (FÖW 300) OFR sat. koold, kaller comp., kooldeste sup. ‘kalt’ (MF 124) wang. kooel, kaller comp., kalst sup. ‘kalt’ (FA 1,24) WFR frühnwfr. kaad (SB 78), kâd (GJ 230) nwfr. kâld ‘een lage temperatuur hebbend; dood; ongevoelig, onaangedaan, onverschillig; zonder hartstocht; droog; onbezet, leeg; arm, zonder bezit; aangetrouwd; ongebruikt’ (WFT 10,141ff.) hind. kaald [-Ȁ:-] ‘koud’ (GB 81) schierm. kaud ‘koud’ (DF 58) tersch. kôd ‘koud’ (CR 56)

-Ưn-

AFR aofr. kelde (E1, F, H), awfr. kelde (D), kielde (J), kilde (U [Ahlsson]) f. ‘Kälte; Emp¿ndlichkeit gegen Kälte (bei vernarbten Wunden)’, OFR sat. keelde f. ‘Kälte; Erfrierung an den Gliedmaßen’ (MF 119), WFR frühnwfr. kjeald ‘de koude’ (GJ 238), nwfr. kjeld ‘eigenschap of toestand waarbij warmte ontbreekt; vorst; ongesteldheid door koudvatting inz. verkoudheid’ (WFT 10,341), hind. keald, kiald [-șȃ-] ‘koude’ (GB 83), schierm. tjald m. ‘kou’ (DF 117) mit Palatalisierung des anlautenden kj- > tj- < *kjeld, wobei awfr. kielde, kilde, nwfr. kjeld, tjald usw. Brechung des vor -ld- gedehnten -e- > -je-/jo- zeigt (vgl. van Helten 1897: 334ff., Siebs 1901: 1190, 1261, 1369, Spenter 1968: 273); vgl. auch Ahlsson 3. Daneben ohne Umlaut AFR aofr. kalde f. ‘Kälte; Emp¿ndlichkeit gegen Kälte (bei vernarbten Wunden)’ (E1 [in winterkalde], F, R1), INF sy. kual g. ‘das kalte Fieber, Wechsel¿eber, cotidiana’ (BM 153, SU 643), OFR harl. kohlde ‘daß Fieber; die Kälte’ (CM 37, 47), wurst. kóhlde ‘das Fiber’ (RM 97), kóhl ‘die Kälte’ (RM 104), WFR schierm. kaude m. ‘kou’ (DF 58); der fehlende Umlaut erklärt sich vielleicht als analogischer Ausgleich nach dem Adj., sofern nicht etwa das zwischen a und e liegende Umlautsprodukt positionsbedingt vor -ld wieder zu a geöffnet worden war oder – wie in S mnd. kolde n. (LB 2,612), N mnl. coude n. (VV 3,1994ff.), D mhd. kalte, kalde n. (Lexer 1,1499) ‘Wechsel¿eber’ – eine Abstraktbildung mit dem umlauthindernden an-/ǀn-Suf¿x im Spiel sein sollte. Zumindest OFR harl. wurst. kohlde, WFR schierm. kaude scheinen darauf hinzudeuten, und auch das apokopierte INF sy. kual spräche nicht dagegen. Allerdings könnte schierm. kaude angesichts schierm. tjald auch eine

kalja-

-man-

-nassjǀ-ja-ǀjaBel Germ

Lit

305

jüngere Lehnbildung nach (m)nl. koude darstellen. Århammar 1989: 106 rechnet hier in Anlehnung an VV 3,1994, Lexer 1,1994 u.a. mit einer elliptischen Form für ‘das kalte Fieber, Weh etc.’ WFR frühnwfr. kieltme, kjealtme ‘de koude’ (GJ 238), nwfr. kjeltme ‘koude’ (WFT 10,341), ein offenbar durch G. Japicx in Anlehnung an kjeld (s.o.) geprägter Neologismus, der seitdem Eingang in die nwfr. Schrift- und Literatursprache gefunden hat (vgl. Brouwer 1963: 252). WFR nwfr. kâldens ‘koudheid’ (WFT 10,144) AFR aofr. kelda* swv.1 ‘erkälten’ in ekalt part.prät. (F) mit positionsbedingtem -a- statt -e- in Àektierten Formen (vgl. Siebs 1901: 1185 und van Helten 1906: 180f.) WFR nwfr. kâldzje swv.2 ‘koud maken’ (WFT 10,145), wohl sekundär nach dem Adj. Gemeingerm.: E ae. keald, S as. kald, N mnl. cout (-d-), D ahd. kalt, W an. kaldr, O adän. kald, aschw. kalder, G kalds. PFR *kald, in den neufries. Mundarten aus einer Vorstufe *kƗld mit Frühdehnung des -a- vor -ld, das sich im Awfr. vor gutturalem -l- zu -Ɨu- entwickelt (Spenter 1968: 305f.); des weiteren liegt ein Verbaladj. zu germ. *kala- stv.VI ‘kalt sein, frieren’ (Sb 288f.) vor. Im Nfr. ist germ. *kalda- ‘kalt’ früh durch germ. *kǀla- ‘kühl’ (s.u.) verdrängt worden; es lebt lediglich fort in dem Subst. INF sy. kual < ains.-nfr. *kƗlde f. in der Sonderbedeutung ‘Wechsel¿eber’ (s.o.) sowie in adv. Gebrauch schließlich in INF fa. kual < ains.-nfr. *kƗlde adv., möglicherweise auch hier begünstigt durch seine besondere Bedeutung ‘plötzlich, übereilt’ < ‘ohne Vorbedacht’ < ‘emotionslos, hartherzig, kalt’, wie etwa ganz ähnlich in der Wendung nhd. es hat mich kalt erwischt ‘es hat mich völlig überraschend getroffen’. Siebs 1889: 59; Spenter 1968: 308; Seebold 1970: 288f.; Århammar 1989: 106. kalja- ‘frierend’ R (§ 87)

F

E

WFR frühnwfr. kel ‘perterritus, pavidus’ in Kilians Etymologicum Teutonicae linguae von a. 1599 (zitiert nach Fokkema 1969: 75; vgl. ferner van der Kooi 1976: 24), kiel ‘kil, koud’ (GJ 238) nwfr. kjel, kel ‘verschrikd’ (WFT 10,341), daneben in derselben Bedeutung kjeld (WFT 10,342) hind. kèal ‘verschrikd’ (GB 83) schierm. kal [-ȃ-] ‘verschrikd’ (DF 57) ne. chill ‘cold, cold to the touch; depressingly affected by cold; creeping or shivering with cold’ (OED 2,345)

306

S N -iga-a-engǀ-haidu-ja-

Bel Germ

Lit

kalja-

nnd. (OF) kel, kell ‘sehr schmerzhaft und emp¿ndlich oder reizbar [...]’ (DK 2,194), gron. kӍl ‘koud van schrik’ (ter Laan 1952: 397) nnl. kil ‘koud, ijskoud; warmte, gloed, vuur ontberende; matig, maar onaangenaam, grillig, griezelig, huiverig koud’ (WNT 7.2,2922ff.) N nnl. killig, kellig ‘een weinig koud, koudachtig’ (WNT 7.2,2931) AFR awfr. kel (-ll-) m. ‘Einschüchterung’ (O), das wohl als ‘Einschüchterung durch Erschrecken, Angst machen’ zu verstehen ist, E ne. chill ‘coldness of the weather’ (OED 2,345) S mnd. killinge, kellinge f. ‘anhaltender, ziehender Schmerz, rheumatische Schmerzen’ (LB 2,558) N nnl. kilheid ‘onaangenaame, kelderachtige, waterige koude’ (WNT 7.2,2927) OFR sat. källe stv./swv.1 ‘schmerzen’ (FA 2,193, MF 119), E ne. to chill swv. ‘(intrans.:) to grow or become cold; to shiver or shudder with cold; to be seized by a sudden cold; (trans.:) to make cold’ (OED 2,345), S mnd. kellen, killen stv.III/swv. ‘schmerzen, weh tun, im Schmerz brennen, vom ziehenden Schmerz der Krankheit oder Wunde’ (LB 2,535), nnd. (OF) kellen stv.III ‘intensiv schmerzen, bzw. Qual und Schmerz machen etc. [...], brennend oder stechend schmerzen und prickeln, wie z.B. wenn Einem bei starkem Frost die Glieder fast erfroren sind [...]’ (DK 2,194), N mnl. killen swv. ‘koud zijn; ijskoud zijn’ (VV 3,1427), D mhd. kellen stv.III ‘frieren’ (Lexer 1,1541), nhd. dial. (md.) kellen, killen stv.III ‘frieren, Kälte schmerzlich emp¿nden’ (DW 11,511) Lediglich nordseegerm.: F (WFR), E, N. Aus awfr. *kel (-ll-). Das ja-stämmige Adj. scheint aus dem primär schwachen jan-Verb germ. *kalja- ‘frieren’ (s.o.) rückgebildet zu sein, bei dem es sich um eine Ableitung mit iterativer bzw. intensiver Bedeutung zu germ. *kala- stv.VI ‘kalt sein, frieren’ handeln dürfte; als Partizipialadj. des schwachen Verbs ist offenbar ält. ne. chil(le)d ‘cold etc.’ (OED 2,345f.) aufzufassen, sofern das auslautende -d hier – wie möglicherweise auch in WFR nwfr. kjeld, keld (s.o.) – nicht analog nach germ. *kalda- ‘kalt’ (s.o.) oder einem daraus derivierten Subst. angefügt worden ist. Vgl. auch germ. *kǀla- ‘kühl’. Die Bedeutung WFR ‘erschrocken’ ging vermutlich von folgender Entwicklung aus: ‘frierend’ > ‘vor Kälte, Angst, Schreck zitternd’ > ‘erschrocken’. Franck/van Wijk 1949: 307; Spenter 1968: 57; Seebold 1970: 288f.; Tamminga 1973: 17ff.; Onions ed. 1978: 169; Århammar 1989: 106; de Vries 1992: 319.

kalwa-

307

Hm 329 kalwa- ‘kahl’ P (§ 12) F

AFR awfr. kale ‘kahl’ (O) INF fa. kaal ‘kahl, ohne Haare, ohne Laub; ohne Zucker und Sahne (Kaffee); abgeerntet; schneelos; bloß, unbedeckt; ohne Tischtuch’ (WFO 133, FÖW 269) helg. koal ‘kahl’ (WK 377) sy. kaal [-ȃ:-] ‘kahl’ (BM 133, SU 620) FNF bök. kåål ‘kahl’ (FU 123) hall. kaol ‘kahl’ (MOH 2,63) ält. karrh. kahl (ca. a. 1820, FF 91), karrh. kåål (OTJ 61) ‘kahl’ ält. ngos. kaal (ca. a. 1745, JG 161), ngos. kåål, kaal (MOH 2,63) ‘kahl’ sgos. kaal (EFS 56), kåål (Beitr. 25) ‘kahl’ wied. koal ‘kahl’ (FRU 177) OFR sat. koal ‘kahl’ (MF 124) wang. kaluuch ‘kahl’ (FA 1,95) WFR frühnwfr. keal ‘kaal’ (GJ 232) nwfr. keal ‘geheel of bijna haarloos; afgesleten, glad geworden; zonder bladeren; kaalgevreten; zonder middelen, arm; schraal, zuinig’ (WFT 10,233) hind. kael [-ȃ.ș-] ‘kaal’ (GB 81) schierm. kail ‘kaal’ (DF 57) tersch. keal ‘kaal’ (CR 52)

-ǀn-

AFR aofr. -kale f., -kal f. in sinkale (E2), sinkael (E3) ‘bleibende Kahlheit’; vgl. Ahlsson 4. AFR aofr. -kele in sinkele (E1, F, H), awfr. -kele in sinkele (J) f. ‘bleibende Kahlheit’; vgl. Ahlsson 4. INF fa. kaalens f. ‘kahle Stelle’ (KJC 9,181, FÖW 269) AFR awfr. kalia swv.2 ‘kahl machen, scheren’ (D)

-Ưn-nassjǀ-ǀjaBel Germ

Westgerm.: E ae. calu, N mnl. kalu, D ahd. kalo. In allen neufries. Mundarten auf eine Vorstufe PFR *kalu < *kalwazurückführend. OFR wang. kaluuch geht dabei wahrscheinlich von einer Àektierten Form arüstr. *kaluwe aus. Im Rüstringer Ofr., zu dem auch das Wang. zählt, bleiben die unbetonten Suf¿xvokale -i- und -unach kurzer, offener Stammsilbe bewahrt und werden im Wang. später gedehnt (außer vor folgendem -l- oder -r-) (vgl. Hofmann 1961a: 304f.). Das ist zum Teil offenbar auch in den kurzsilbigen wa-/wǀ-St. der Fall; demnach also folgende Entwicklung: germ. *kalwa > arüst. *kalu, Àektiert *kaluwe > ält. wang. *kalnjw/*kalnjg > wang. kaluuch mit sekundärem Wechsel von auslautendem -w > -g. Ein paralleler

308

Idg

Lit

kanka-

Vorgang zeigt sich in wang. baruuch f. ‘Bahre’ (FA 1,359) < *barnjg/ *barnjw < arüstr. *baruwe < germ. *barwǀ- f.; vgl. ferner wurst. fruw ‘Farbe’ (RM 96) < arüstr. *faruwe f. < germ. *farwǀ- f. ‘Farbe’ (vgl. Hofmann 1961a: 142, 153). Das wa-stämmige Primäradj. germ. *kalwa- ist verwandt mit abulg. golɴ ‘nackt, bloß’, „entweder als Suf¿xvariante idg. *gol-o- oder als genaue Entsprechung idg. *gol-ԥo – mit Schwund des -ԥ- vor -o-“ (Hm 329). Siebs 1889: 56; Falk/Torp 1909: 42; Löfstedt 1931: 63; Löfstedt 1933: 25; Pokorny 1959: 349f.; Spenter 1968: 172. kanka- ‘verdreht, verwirrt’ *V? (§ 25f)

F E N

-a-

-haidu-ǀ-

Bel Germ

INF ält. fa. köönk ‘nicht alles essen mögen[d]’ (a. 1757, NfSt 1,23), fa. koonk ‘wählerisch, sich geziert verhaltend’ (LFM 104, SP 74, WFO 148, FÖW 290) ne. dial. cank ‘dumb’ (obsolet) (Wright 1,505; OED 2,69) nnl. dial. (Oud-Beierland, S-Holland) kankatig ‘lastig op het eten’ (Weijnen 2003: 85), eine Zusammensetzung aus kank- ‘wählerisch’ und -atig ‘essend’ E ae. canc n. ‘mockery, derision’ (BT Suppl. 116), W nisl. kank n. ‘drillen’ (Blöndal 418), nnorw. dial. kank ‘drehung, knoten im faden; unwilligkeit’ (FT 1,510), O ält. ndän. kank ‘fagter [Gebärden]’ (Kalkar 2,479) INF fa. koonkhaid n. ‘das wählerisch sein’ (MN 306) E ne. dial. to cank swv. ‘to cackle as geese; to talk rapidly, to chatter’ (OED 2,69), W nisl. kanka swv. ‘staa til for spøg, tjatte en’ (Blöndal 418), O ndän. dial. kanke swv. ‘optræde paa en stolt spotsk maade; slaa med nakken’ (ODS 9,1202), nschwed. kanka, (dial.) kånka swv. ‘hänga och slänga, gunga’ (Hellquist 1,459) Nordseegerm.: F (INF), E und N, jedoch mit weiterer Anbindung an das Nord. Germ. *kanka- führte zu ains.-nfr. *konk mit Verdumpfung des -a- > -o- vor Nasal, aus dem fa. koonk mit Dehnung des -o- in geschlossener Silbe regelhaft hervorging. Davon abweichend entwickelte sich in der älteren Nebenform köönk altes -o- > [-ø:-] wie in offener Silbe. Offenbar geschah das zuweilen positionsbedingt vor gewissen Konsonantenverbindungen wie -ks-, -st- und wie hier vor -nk-; derselbe Vorgang zeigt sich in fa. stöönk ‘faul, verdorben’ < ains.-nfr. *stonk < germ. *stankwa- (s.u.); dazu im weiteren Faltings 1992a: 104.

(-)kapja-

Idg Lit

309

Vgl. mit e-stu¿gem Ablaut u.a. S/N nnd. nnl. kink n. ‘Schlinge, Verdrehung im Seil’ < germ. *kenk-, mit schwundstu¿gem Ablaut E ne. dial. conk ‘proud, vain, perky’ (Wright 1,717), N nnl. dial. konk ‘draaikolk’ (WNT 7.1, 5301) < germ. *kunk-, so daß hier vielleicht von einer verbalen Ablautreihe aus der III. Kl. auszugehen ist, obwohl ein entsprechendes Verb *kenka- oder gegebenenfalls mit Auslautvariante *kenga- stv.III ‘drehen, verwirren etc.’ m.W. in der Germania nicht vorkommt. Vgl. auch germ. *kangana- ‘spöttisch’ (Hm 329f.). Die Grundbedeutung des Adj. war demnach vermutlich ‘verdreht, (geistig) verwirrt’, aus dem über die Zwischenstufe ‘töricht, absonderlich, anormal’ einerseits F ‘wählerisch, geziert im Benehmen’, N ‘wählerisch im Essen’ und andererseits E ‘schweigsam, still, sprachlos, einfältig’ hervorgegangen sein könnte, letzteres etwa aus ‘schweigsam, still wie eine einfältige (geistig verwirrte) Person’. Offenbar mit Auslautvariante zu idg. *gengh- ‘drehen, winden, Àechten, weben’ (IEW 380); vgl. ferner idg. *geng-/*gong- ‘Klumpen, klumpig’ (IEW 379f.). Falk/Torp 1909: 36; Falk/Torp 1910-11: 1,510; Hellquist 1948: 1,441, 459; Pokorny 1959: 379f.; Lerchner 1965: 138; de Vries 1977: 300, 306; Blöndal Magnússon 1995: 444. (-)kapja- ‘hübsch anzusehen’ R (§ 87)

F

WFR ält. nwfr. (18. Jh.) tijep, tjep ‘hübsch, gut aussehend’ (u.a. Feitsma ed. 1957: 57, 179), nwfr. tsjep ‘knap, netjes, fraai’ (FW 3,336) ‘knap, mooi, welgevormd (van uiterlijk); netjes, fatsoenlijk; op bekwame wijse, handig’ (Zettelapparat WFT, zitiert nach Århammar 1989: 122)

-nassjǀ-ǀja-

WFR nwfr. tsjeppens ‘knapheid van uiterlijk’ (Zettelapparat WFT) WFR nwfr. -tsjepje swv. in optsjepje ‘opknappen, mooi of mooier maken’ (Zettelapparat WFT), E ae. capian swv.2 ‘to look up, to lie on one’s back’ (BT Suppl. 117), S as. kapǀn swv. ‘gaffen’ (Hh 41), mnd. kapen swv. ‘aufmerksam ansehen, Ausschau halten; verwundert hinschauen, gucken, gaffen’ (LB 2,515) D mit Geminata ahd. kapfƝn swv.3 ‘schauen, ausschauen (nach)’ (Schützeichel 2006: 182)

-æƝ Bel Germ

Als Adj. in der vorliegenden Form lediglich F (WFR). Die von Buma 1961: 45f. vorgeschlagene Herleitung aus afr. *kƣpe < germ. *kaupi- ‘verkäuÀich, zum Brautkauf lockend’ scheidet aus formalen Gründen aus, da eine frühe Palatalisierung des anlautenden

310

Lit

kausi-

k- vor -Ɨ- + -i- im Afr. nicht eintritt und auch später im Wfr. nicht sehr wahrscheinlich ist. Krook 1963: 118ff. erwägt eine Anknüpfung an N mnl. cappen swv. ‘schneiden, hacken’, S mnd. kappen swv. ‘kappen, abhauen’ und im weiteren an die idg. Wurzel *(s)kap- ‘mit scharfem Werkzeug schneiden, spalten’ (IEW 930ff.) und verweist auf die Bedeutungsparallele nhd. schneidig ‘forsch, mutig’, nnd. (OF) sneidig ‘einschneidend, scharf, klug, schnell, Àink, behende, schlank, zierlich, wohl proportioniert’ (DK 3,242) zu nhd. schneiden. Århammar 1989: 122 wendet ein, daß eine entsprechende adj. Derivation aus dem germ. Verbstamm *kapp- ‘schneiden’ sonst nirgends im Germ. belegt sei und daß Verbaladj. dieser Art beinahe ausschließlich aus starken Verben gebildet würden. Ersteres ist sicherlich richtig, das Zweite nur bedingt: Sogenannte sekundäre Rückbildungen mit jaSuf¿x aus schwachen Verben begegnen durchaus nicht selten. Insofern sollte man eine Entwicklung aus germ. *kapja- oder möglicherweise mit perfektivierendem Prä¿x aus *ga-kapja- > a(w)fr. *tsjep (-pp-) > nwfr. tsjep auch weiterhin im Auge behalten, jedoch besser nicht aus germ. *kapp- ‘schneiden’, sondern vorzugsweise aus dem obengenannten Verb germ. *kapǀ-, *kapǀja-, *kapƣ- swv. ‘schauen, betrachten’ (Wissmann 1932: 191). Die Ausgangsbedeutung dieser nur im Wfr. bezeugten und eventuell recht späten Rückbildung wäre dann ‘ansehnlich, hübsch anzusehen’. Vgl. mit dehnstu¿gem Ablaut auch E ae. gecǀp ‘passend, angemessen (Zeit etc.)’ < germ. *kǀpa‘(passend)’ (Hm 340f.); zu ae. cƝpan swv.1 ‘beobachten, beachten, sorgen für’ < germ. *kǀpja-. Falk/Torp 1909: 34; Buma 1961: 45f.; Krook 1963: 12ff.; Århammar 1989: 121ff. kausi*- ‘wählerisch’ V/R (§ 40, 87)

F

INF fa. kiar ‘wählerisch’ (LFM 95) FNF bök. kiir ‘wählerisch (bes. im Essen und Trinken)’ (FU 128) hall. kiir ‘wählerisch’ (MOH 2,121) ält. karrh. kier ‘kührsch, der nicht recht mag’ (ca. a. 1820, FF 93), karrh. kiir ‘wählerisch in bezug auf essen und trinken’ (MN 1372) ngos. kiir ‘wählerisch’ (MOH 2,121) wied. kiir ‘wählerisch’ (FRU 166)

-i-

AFR aofr./awfr. kere m.(f.) ‘Wahl, Beliebung, rechtliche Bestimmung’, FNF u.a. bök. keer m. ‘(freie) Wahl; Ding, Sache, Gegenstand’ (FU 127f.), ält. ngos. kehr f. ‘Kür’ (a. 1743, BJ 2,77, ca. a. 1745, JG 177) < germ. *kuzi- m.

kitala-

Bel Germ

Lit

311

Nordseegerm: F (INF, FNF), E. Löfstedt 1931: 121 erwägt mit Blick auf N ält. nnl. kies ‘curiosus, affectator, delectu gaudens’ (Kilianus 1599: 292; zitiert nach WNT 7,2802) < *keusa- eine Herleitung aus germ. *keuza-, dagegen Århammar 1989: 112 aus germ. *kauzi-, indem er auf E ae. cƯs ‘choice, nice in eating, fastidious, squeamish’ (BT 156 und Add. 15) mit -Ư- < -Ưe- < germ. *kausi- verweist und dabei offenbar wie Seebold 1970: 293 und Matzel 1974: 95/1992: 99 von einem i-stämmigen Verbaladj. aus der o-Stufe von germ. *keusa- stv.II ‘wählen’ ausgeht. Auch INF fa. kiar spricht eher für eine Vorstufe mit umgelautetem germ. -au-. Beide Ansätze erklären jedoch den grammatischen Wechsel von -s- > -z- der nfr. Formen nicht, der in Verbaladj. aus starken Verben der ei-/eu-Reihe erwartungsgemäß lediglich in schwundstu¿gen Ableitungen begegnet, nicht jedoch in e-/o-stu¿gen. Falls der Wechsel -s-/z- nicht als analoger Vorgang zu erklären ist, etwa durch EinÀuß des Subst. germ. *kuzi- ‘Wahl’ (s.o.), bliebe noch die Möglichkeit einer Rückbildung aus einem ursprünglich suf¿xbetonten Kausativum germ. *kauzja- swv.1, wie es etwa in G kausjan swv.1 ‘kosten, kennenlernen’ bezeugt ist. Das von Seebold 1970: 294 angeführte AFR kƝra swv.1 < *kauzja- würde diese Annahme sogar sehr wahrscheinlich machen, doch kann ich diese Form in den afr. Quellen nirgends belegen. Entlehnung aus dem Nl. ist sicherlich S nnd. (OF) kies ‘wählerisch [...]’ (DK 2,21); vgl. dazu Foerste 1938: 127f. Oberdörffer 1908: 12; van Lessen 1928: 38ff.; Löfstedt 1931: 121; Teuchert 1944: 302f.; Lerchner 1965: 133f.; Seebold 1970: 293f.; Matzel 1974: 95, 104; Århammar 1989: 112; Matzel 1992: 99. kitala- ‘kitzelig’ R (§ 90)

F

FNF bök. kil ‘kitzelig’ (FU 128) ngos. käl (MOH 1,175, WNG 60)

-iga-

INF fa. kedlig (FÖW 274), daneben mit diminutivischem k-Suf¿x auch kelkig (FÖW 274), FNF bök. kili (FU 128), hall. kädli (MOH 1,175) ‘kitzelig’ INF fa. ked(e)le (FÖW 274) sowie mit diminutivischem k-Suf¿x INF fa. kedelke und kelke (Hofmann 1961: 145, FÖW 274), sy. kölke (BM 14) swv.2 ‘kitzeln’ < ains.-nfr. *kitelikia, FNF bök. kile (FU 128), hall. kädle (MOH 1,175), ngos. käle, kädele (WNG 60) swv.2 ‘kitzeln’, E ae. citelan swv.2 ‘to tickle’ (BT 156), N mnl. ketelen swv.2 ‘kittelen, ketelen’ (VV 3,1405), D ahd. kitelǀn swv.2 ‘kitzeln’ (Kluge/ Seebold 2002: 491); daneben in derselben Bedeutung Formen mit

-ǀja-

312

Bel Germ

Lit

klaini-

expressiver Gemination: E to kittle, S mnd. kettelen, kittelen, N mnl. kittelen, D ahd. kizzilǀn usw. Anscheinend nur FNF. Afestl.-nfr. *kitel. Da das Adj. im übrigen Germ. nicht belegt ist, scheint es sich um eine einzelsprachliche Neuschöpfung des Festl.Nfr. zu handeln, genauer gesagt um eine Rückbildung aus bök. kile, ngos. käle swv.2 ‘kitzeln’ < afestl.-nfr. *kitelia, einem Iterativum mit l-Formans. Dabei könnte sich die Wortbildung einst in Analogie zu verschiedenen Adj. mit dem inklinativen Suf¿x -ula- vollzogen haben, wie etwa dem lautlich ähnlich struktierten FNF bök. nal, karrh. näl, ngos. näl ‘stößig (Rind)’ < afestl.-nfr. *hnitol oder bök. schal, karrh. skäl, ngos. schäl ‘mit Kot behaftet’ < afestl.-nfr. *skitol. Löfstedt 1928: 175. Hm 332f. klaini*- ‘fein’ *V (§ 40a)

F

AFR aofr. klƝne (F) ‘klein’ sowie in der subst. Fügung thruch thet klƝne thes maga ‘durch den schmalen Teil des Magens’ (R1-2) awfr. klƝne (J), klƝn (Ro 3,12, SnR 26, UbD, O), klien (O) ‘klein, schmal, dünn’ INF fa. klian ‘dünn, schmächtig’ (WFO 141, FÖW 281) sy. kliin ‘dünn, zierlich, von geringem Umfang’ (BM 141, SU 629) FNF bök. kliin ‘zierlich, zart, schmächtig’ (FU 131) hall. klian ‘dünn’ (MOH 1,105) karrh. kliin ‘dünn, zart, fein; klein’ (MN 1377) mgos. kliin ‘schlank, dünn, zart’ (MAH 93, BnG 1,109, 115, 119) ält. ngos. klien (ca. a. 1745, JG 170), ngos. kliin (MN 1377, MOH 1,105) ‘dünn, zart, fein; klein’ sgos. klian ‘klein, zart’ (EFS 268, MN 1377) wied. kliin ‘schmächtig, zart, schlank’ (FRU 170) wyk. kliin ‘zart’ (EFS 268) OFR harl. klain, kleener comp. ‘klein’ (CM 40, 44, 54, 66) sat. kleen, klanner comp., kleenst sup. ‘fein, zierlich, dünn’ (MF 121) wang. klein ‘klein’ (FA 1,95), klâin ‘dünn’ (EFS 268) WFR frühnwfr. klien ‘klein; kleen, gering, weinig’ (AH 24, Z. 108, GJ 243) nwfr. klien ‘dun, rank, slank; teer, gevoelig; gemakkelijk te kwetsen of beschadigen; klein’ (WFT 11,13) hind. klên ‘klein; dünn, schmächtig’ (EFS 269) schierm. klien ‘klein’ (DF 61) tersch. klien ‘klein; dünn, schmächtig’ (EFS 269)

klaini-

-ikǀda-

-lƯka-nassjǀ-haiduBel Germ

Idg

Lit

313

INF fa. kleenket ‘ein bißchen dünn (von den Gliedmaßen kleiner Kinder oder kleiner Haustiere)’ (Hofmann 1961: 35) < ains.-nfr. *klenikad mit Stammsilbenreduktion vor dem hyporistischen Hybridsuf¿x -ket aus ains.-nfr. *klƣne; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und Faltings 1996b: 95f. INF fa. klenelk ‘kleinlich; von schmächtiger Statur’ (EFS 268, FÖW 281) INF fa. klianens n. ‘dünne Stelle; Dünnheit’ (KJC 9,181) AFR awfr. klƝnhƝd f. ‘Kostbarkeit, Kleinod’ (O); vgl. Ahlsson 183. Westgerm.: E ae. clƣne, S as. klƝni, N mnl. cleine, D ahd. kleini. Sämtliche neufries. Belege führen auf eine Basis *klƣn bzw. *klƣne mit Übertritt in die ja-Flexion zurück, dessen -ƣ-, sofern es nicht als -Ɲ-/ƣ- erhalten blieb (sat. kleen, hind. klên), diphthongiert wurde: im Nfr. teils zu -ia-, teils zu monophthongischem -Ư- < älterem -iƝ-, im Ofr. zu -ai-/-ei-, im Wfr. zu -ie-. Entlehnung aus dem Nd. liegt in INF helg. kleen ‘klein’ (WK 369) vor. Neben germ. *klaini- begegnet im D die Variante nhd.dial. (Schweiz) chlƯ(n), dessen -Ư- nicht ohne weiteres als Ablaut erklärt werden kann (Kluge/Seebold 2002: 495). Nach Heidermanns (Hm 333) sei an die Verben W an. klína swv.1 ‘(be)schmieren’, nnorw. kleina swv.1 ‘zukleben, besudeln’ anzuknüpfen: Aus der Grundbedeutung ‘fein verschmiert, fein verputzt’ habe sich zunächst ‘handwerklich fein, geschickt hergestellt’ entwickelt, woraus a) ‘makellos’ > ‘rein, unschuldig usw.’, b) ‘zart, zierlich, schlank’ > ‘klein usw.’ Folgerichtig geht Heidermanns von einem Nasalpräsens germ. *klina- ‘bestreichen, beschmieren’ aus, zu idg. *ƣlei-/*glei- ‘beschmieren, heften’ (Hm 333), das u.a. auch in air. glenaid ‘haftet an, bleibt kleben’, griech. ȖȜȓȞȘ ‘klebrige Substanz’, abulg. glɴna ‘Lehm, Ton’ vorliegt. Dieser Ansatz ist indessen nicht zwingend. Wenn man sich vor Augen führt, daß die ursprüngliche Bedeutung des Adj. einst ‘klar, rein’ war, aus der sich erst relativ spät – in belegbarer Zeit – über ‘zierlich’ die heutige Bedeutung ‘klein’ entwickelte, dann erscheint ausgehend von der Wurzel idg. *ƣel-, *ƣ(e)lei- ‘hell sein, glänzen’ (IEW 366) und mit besonderem Blick auf air. glé, kym. gloyw ‘klar’ < idg. *ƣlei-ԥo- für die germ. Formen eine Herleitung aus einer o-stu¿gen Basis idg. *ƣloi-no- ‘klar, glänzend’ durchaus nicht abwegig; vgl. dazu Baader 1953: 38ff. und Seebold 2005: 203f. Siebs 1889: 268f.; Delbrück 1907: 136; Falk/Torp 1909: 57; Löfstedt 1928: 105; Frings 1929: 454ff.; Mitzka 1934: 312ff.; Trier 1951: 30ff.; Baader 1953: 38ff.; Pokorny 1959: 366f.; Hotzenköcherle 1963: 118ff.; Seebold 1970: 299; Stanforth 1967: 35f., 97f.; Tamminga 1973: 44f.; Kluge/Seebold 2002: 495; Boutkan/Siebenga 2005: 217f.; Seebold 2005: 203f.

314

klama-

Hm 333f. klama- ‘zusammenhaltend; steil’ P (§ 2) F

INF fa. kloom, kluum ‘klamm, feucht’ (WFO 142, 143, FÖW 282) helg. klam ‘steif gefroren, kalt und feucht’ (WK 363) sy. klam ‘feucht, nicht trocken, wird namentlich von Wäsche und Stoffen gesagt, die nicht ganz getrocknet sind oder Feuchtigkeit aufgesogen haben’ (BM 140, SU 627) FNF bök. kluum ‘feucht, klamm’ (FU 132), älter kloom (Bendsen 165) ält. karrh. kluhm (ca. a. 1820, FF 95), karrh. kluum (OTJ 38) ‘feucht’ mgos. kloom ‘feucht’ (HMN 126) ält. ngos. kloom ‘klamm’ (a. 1743, BJ 2,73) wied. kluum ‘eingeklemmt, schief; klamm, in Geldverlegenheit; klamm, feucht’ (FRU 173) OFR sat. klom ‘klamm, feuchtkalt’ (MF 121) WFR nwfr. klam ‘klam’ (WFT 10,357) hind. klam ‘klam’ (GB 86) schierm. klam ‘klam, vochtig’ (DF 60)

-iga-

INF fa. kloomig, kluumig ‘klamm’ (FÖW 282), helg. klami ‘steif gefroren, feucht und kalt’ (WK 363), FNF wied. kluumi ‘klamm, etwas feucht (von Sachen)’ (FRU 173) WFR nwfr. klammens ‘klamheid’ (WFT 10,357) FNF karrh. kluumhäid n. (MN 2086), wied. kluumhaid n. (FRU 173) ‘Feuchtsein (von Kleidern usw.)’ INF fa. kloome, kluume swv.2 ‘durch Feuchtigkeit naß werden (Stoff), vor Kälte erstarren (Finger)’ (FÖW 282, Verf.)

-nassjǀ-haidu-ǀjaBel Germ

Westgerm.: E ne. clam, S mnd. klam, N mnl. klam, D ahd. klam. PFR *klom mit Verdumpfung des germ. -a- vor Nasal. In INF helg. sy. klam, WFR klam ist das -o- jedoch früh wieder develarisiert worden (vgl. Århammar 1995: 80f.), während in INF westföhr. kluum (älter ebenfalls kloom) das in geschlossener Silbe gedehnte -o- sich offenbar sekundär der Entwicklung des alten -ǀ- > -nj- vor Dauerlaut oder der des alten -Ɨ- > -nj- angeschlossen hat, falls hier nicht eine (m)nd. Form, etwa S mnd. vorklƗmen swv. (LB 1,845) oder nnd. (SH) verklamen [-ȃ:-] swv. ‘vor Kälte steif werden’ (Mensing 5,393), eingewirkt haben sollte. Sekundären EinÀuß der Entwicklung -Ɨ- > -nj- zeigt ebenfalls die Form FNF kluum. Entlehnungen aus dem Nd. sind INF fa. klam ‘schlecht getrocknet, feucht, dunstig’ (SP 71), OFR wang. klam ‘klamm’ (EFS 84). Das Primäradj. steht formal und semantisch in Verbindung mit dem starken Verb germ. *klemba- stv.III ‘klimmen, fest anpacken, kneifen’; dazu anscheinend mit schwundstu¿gem Ablaut auch OFR sat.

klǀka-

Lit

315

kluumje swv. ‘frösteln, frieren; vor Kälte zittern’ (MF 122), WFR nwfr. klomje [-ȃ-], klûmje [-u-] swv. ‘kleumen, kou lijden’ (WFT 11,47), schierm. klúmje [-Ⱦ-] swv. ‘kleumen’ (DF 62); vgl. ferner S mnd. vorklǦmen swv. ‘vor Kälte erstarren’ (LB 1,846), N nnl. kleumen swv. ‘frösteln’ (de Vries 1992: 327), D nhd. beklommen ‘bedrückt, ängstlich’, W/O nnorw. klumra stv. ‘mit steifen oder erfrorenen Händen arbeiten’, nnorw. kluma, nnorw. nschwed. dial. klumsen ‘steif vor Kälte’ (FT 1,538). Pokorny 1959: 361; Lerchner 1965: 139ff.; Seebold 1970: 298. Hm 336 klǀka- ‘(aufbrechend)’ *V (§ 34)

F

AFR awfr. klǀk ‘klug, verständig’ (O) spätawfr. clock ‘kloek’ (Bo) INF fa. kluk ‘klug’ (WFO 82, FÖW 284) FNF bök. klök ‘klug’ (FU 131) ält. hall. klöck (a. 1749, NfSt 1,11), hall. klöök (MOH 1,82) ‘klug’ ält. karrh. klauk (ca. a. 1820, FF 94), karrh. klöuk (OTJ 55) ‘klug’ mgos. klook ‘klug’ (EFS 233, LHol 176) ält. ngos. klauck (a. 1743, BJ 2,74), ngos. klouk (MOH 1,82) ‘klug’ sgos. klöök ‘klug’ (EFS 233) wied. klook ‘klug, schlau’ (FRU 171) wyk. klöök ‘klug’ (KF nr. 14) OFR brok. kloeck* ‘klug’ in kloeckheed ‘Klugheit’ (s.u.) harl. klouck, kloock ‘verständig, klug’ (CM 48, 65) sat. klouk ‘verständig, erfahren, klug’ (MF 122) wang. klauk ‘klug’ (FA 1,95) WFR frühnwfr. kloeck ‘kloek, verstandig, vernuftig; gaauw, schrander’ (GJ 246) nwfr. kloek ‘spaarzaam, zuinig; ijverig, bedrijvig, wijs, verstandig, kloek, dapper, Àink’ (WFT 11,37) hind. klûk ‘zuinig, spaarzaam’ (GB 87) schierm. klúek ‘zoet’ (DF 62)

-lƯka-nassjǀ-

AFR awfr. klǀklƯke adv. ‘in kluger, verständiger Weise’ (O) WFR nwfr. kloekens ‘spaarzaamheid, zuinigheid; ijver; wijsheid, verstandigheid’ (WFT 11,37f) AFR awfr. klǀkhƝd f. ‘Schläue, List, Betrug’ (O), INF fa. klukhaid f.(n.) ‘Klugheit’ (WFO 143), FNF hall. klöökhait f. (Lo 55), ält. karrh. klaukhäid (ca. a. 1820, FF 94), ält. ngos. klauckheit [ohne Ge-

-haidu-

316

-ǀja-

Bel Germ

Lit

klunga-

nusangabe] (a. 1743, BJ 2,74), wied. kloukhaid n. (FRU 172), wyk. klöökheid m. (KF nr. 70) ‘Klugheit’, OFR brok. kloeckheed (OfSt 69), sat. kloukhaid f. (MF 122) ‘Klugheit’; vgl. auch Ahlsson 183. AFR awfr. biklǀkia swv. ‘betrügen, übervorteilen’ (A 412, Ro 1,206, 248, O) mit Prä¿x bi- sowie davon abgeleitet awfr. biklǀkinge f. ‘Betrug’ (Ro 1,216) Westgerm.: S mnd. klôk, N mnl. cloec, D nhd. (alem.) chluech; Entlehnung aus dem Mnd. ist W an. klókr und D mhd. kluoc. In allen angeführten fries. Formen auf PFR *klǀk zurückführend; jüngere Entlehnung aus dem Nd. ist etwa INF helg. klook (TS 242), sy. klook (BM 142) sowie FNF hall. klook (MOH 2,169). Århammar 1969: 132 und 2001: 321 hält ebenfalls fa. kluk für eine alte Entlehnung aus mnd. klôk. Diese Annahme ist jedoch nicht zwingend, denn zumindest aus formaler Sicht spricht nichts gegen eine bodenständige Entwicklung von fa. kluk. Piirainen 1971: 83ff. verweist etwa auf W nnorw. dial. kløk ‘üppig wachsend; hoch aufgewachsen, biegsam, spröde’ < germ. *klǀki-, O nschw. dial. klak(er) ‘stark, groß gewachsen, üppig wachsend’. Die Stämme *klǀka-, *klǀki-, *klaka- deuten auf ein starkes Verb germ. *klaka- stv.VI ‘aufbrechen, sprießen, gedeihen’ (Hm 336). Daraus ergibt sich folgende Bedeutungsentwicklung: ‘sprießend, gedeihend’ > a) ‘stark, stattlich’, b) ‘klug, verständig [= ‘im Geiste stark’]’. Siebs 1889: 233; Falk/Torp 1909: 58; Trier 1932: 625ff.; Scheidweiler 1941: 184ff.; Pokorny 1959: 358; Stanforth 1967: 61; Spenter 1968: 229; Piirainen 1971: 83ff.; Faltings 1996: 104. klunga- ‘zusammengeballt’ V (§ 26)

F E

-ǀn-

INF fa. klong ‘klamm’ (FÖW 282) ne. dial. clung ‘closed up, stopped; shrunken, hungry; [Früchte:] shrunk, shrivelled, dried up, juiceless, Àaccid; [Holz:] close-grained, very tough, ¿breless; [Boden:] heavy, tenacious, stiff, clayey, damp; [Essen:] close, heavy, ‘sad’; daubed, closed up; cold, damp, clammy’ (Wright 1,669; s. auch OED 2,539 mit weiteren Sonderbedeutungen)

D ahd. klunga f. ‘Knäuel’ (Kluge/Seebold 2002: 500, unter Klüngel), W nnorw. dial. klunge ‘Klette’ (FT 1,539, unter klynge), O nschw. klunga ‘Klumpen, Haufen, Knäuel’ (Hellquist 1948: 1,471) -jaO ält. ndän. klynge swv.1 ‘klynge sig (til), hænge fast (ved)’ (Kalkar 2,542) Ɲ - INF fa. klonge swv.2 ‘erstarren; fester werden, binden; äußere Kruste -ǀja-/æ eines Brotes im Ofen härten; schrumpfen; zusammenschieben’ (FÖW

klunga-

317

282), E ne. dial. clunge swv.2 ‘to crowd; to squeeze closely together’ (Wright 1,669), O ält. ndän. klunge* (in klungde hand) svw. ‘anhaften, kleben’ (Kalkar 2,540, 542) nschwed. dial. klonga swv. ‘klettern’ (FT 1,539, unter klynge); im Nord. gehört das Verb wohl der 3. Konjugationsklasse an. Bel Germ

Idg Lit

Als Verbaladj. offenbar lediglich im Anglo-Fries.: F (INF) und E; von derselben schwundstu¿gen Derivationsbasis aber auch im D und W/O verschiedene verbale und nominale Bildungen. PFR *klung > ains.-nfr. *klung, das zu fa. klong mit der zu erwartenden Senkung von -u- > -o- in geschlossener Silbe weiterentwickelt worden ist; desgleichen setzt ne. clung die germ. Vorstufe *klunga- regelhaft fort. Dabei handelt es sich um ein Verbaladj. aus der Schwundstufe des starken Verbs germ. *klenga- stv.III ‘sich zusammenziehen’, das insbesondere in ae. clingan stv.III ‘schrumpfen, sich zusammenziehen’, me. clingen und ne. cling gut bezeugt ist (Sb 300), dazu ferner das Part.Prät. ae. healfclungen ‘halberstarrt, halbgeronnen’ (Schlutter 1927: 92). Wie Heidermanns (Hm 52) betont, lassen sich a-stämmige Verbaladj. mit schwundstu¿ger Wurzel lediglich in der dritten Ablautreihe nachweisen. Mit o-stu¿ger Derivationsbasis begegnen dagegen z.B. E ae. clengan swv.1 ‘festhaften, anhängen’ und W nnorw. klænge, klengje swv.1 ‘hangen an, sich an etwas festhängen’ < germ. *klangja-; Kausativa dieser Art Àektieren erwartungsgemäß schwach nach der 1. Konjugationsklasse; vgl. ferner W an. klengjast swv. ‘sich herandrängen, fordern’. Die Grundbedeutung des Verbaladj., etwa ‘zusammengeballt, Àockig, koaguliert’, geht offenbar von einer mehr oder weniger konsistenten Masse aus, die speziell bei Feuchtigkeit oder Zufuhr von Flüssigkeit klumpt oder klebt. Trocknet diese Masse aus, schrumpft sie und härtet schließlich aus, wobei sie überdies ihre ursprüngliche Geschmeidigkeit und Formbarkeit verliert. Demnach ist am ehesten von folgenden Bedeutungsentwicklungen auszugehen: a) ‘von weicher, geschmeidiger Konsistenz’ > ‘klumpig, kleiig, klebrig’, b) ‘von fester, zäher Konsistenz’ > ‘steif, unbiegsam’, woraus einerseits ‘ausgetrocknet, schrumpelig’, andererseits ‘durch Kälte erstarrt, klamm’. Eine ganz ähnliche Bedeutungsentwicklung zeigen die oben unter germ. *klama- angeführten Formen. Sehr wahrscheinlich nasalierte Gutturalerweiterung zu der Wurzel idg. *gel- ‘ballen, sich ballen; Gerundetes, Kugeliges’ mit unsicherem außergerm. Anschluß (IEW 357f.). Falk/Torp 1909: 56; Schlutter 1910: 198; Falk/Torp 1910-11: 1,538f.; Schlutter 1926: 92f.; Hellquist 1948: 1,471f., 474; Pokorny 1959:

318

kǀla-

357f.; Seebold 1970: 300; Holthausen 1974: 52; de Vries 1977: 316, 318; Onions 1978: 182; Lühr 1988: 123f.; Nielsen 1989: 227; Kluge/ Seebold 2002: 500. Hm 339 kǀla- ‘kühl’ V (§ 34) F

INF fa. kuul, kul ‘kalt’ (WFO 154, 155, FÖW 301) helg. kuul ‘kalt’ (WK 400) sy. kuul ‘kalt’ (BM 154, SU 645) FNF bök. kölj, koul, kouler comp. ‘kalt’ (FU 134) ält. hall. köhl (a. 1749, NfSt 1,6), hall. kööl (MOH 1,83) ‘kalt’ ält. karrh. kåul (ca. a. 1820, FF 93), karrh. köil (OTJ 57,84) ‘kalt’ mgos. kuul ‘kalt’ (HMN 126, LHol 177) ält. ngos. kauel (a. 1743, BJ 2,69), ngos. koul (MOH 1,83) ‘kalt’, daneben mit Umlaut ält. ngos. keel ‘kühl’ (a. 1760, Kon. 142) sgos. kööl ‘kalt’ (Beitr. 36) wied. kool ‘kalt’ (FRU 181), daneben mit Umlaut keel ‘kühl’ (FRU 165) WFR nwfr. koel ‘koel, matig koud; rustig, kalm, bedaard, Àegmatiek; terughoudend, onhartelijk’ (WFT 11,169f.) hind. koel [-u.ș-] ‘koel’ (GB 89) schierm. kúel [-y.ԥ-] ‘koel’ (DF 65)

-iga-

INF fa. keelig, keelag (WFO 130, FÖW 275), helg. keeli (WK 355) ‘kühl’, woraus auch helg. keeligens n. ‘Kühles’ (WK 355), FNF bök. käili (FU 124), karrh. keeli (MN 1188), wied. keeli (FRU 181) ‘kühl’, entweder sekundär nach dem Verb oder Lehnbildung nach nnd. köhlig. FNF bök. käil f. ‘Kühle’ (FU 124) INF fa. keeling n. ‘Kühlung; kühler Luftzug’ (WFO 136, FÖW 275), FNF bök. käiling n. ‘Kühlung; Denkzettel’ (FU 124), hall. keeling ‘Kühlung, schwacher Wind’ (MOH 1,53), ält. karrh. käileng (ca. a. 1820, FF 92), karrh. käiling ‘Abkühlung’ (OTJ 49), sgos. keeling n. ‘kühlung’ (MN 1188), wohl sekundär aus dem Verb gebildet oder Lehnbildung nach mnd. köêlinge f. ‘Abkühlung, Erquickung’ WFR nwfr. koeltme ‘koelte’ (WFT 11,170), offenbar ein in Anlehnung an nwfr. koelte (s.o.) gebildeter Neologismus der „jungfriesischen“ Sprachbewegung des 20. Jh. (vgl. Brouwer 1963: 251ff.) INF fa. kuulens n. ‘das Kalte’ (Verf.), helg. kuulens n. ‘Kälte’ (WK 400), WFR nwfr. koelens ‘kilheid, verkoeling’ (WFT 11,170) INF helg. keelt n. ‘frische Brise’ (WK 356), WFR frühnwfr. kielte (SB 84 Anm.), koelte (SB 48), nwfr. koelte (WFT 10,170) ‘koel-

-jǀ-engǀ-

-man-nassjǀ-eþǀ-

kǀla-

-haidu-ja-

-ǀja-

Bel Germ

319

te; frisheid, bries’, hier wie dort möglicherweise Entlehnung oder Lehnbildung nach nnd. köhlte bzw. nnl. koelte ‘Kühle, Brise’ FNF wied. koolhaid n. ‘Gefühlskälte’ (FRU 181) AFR aofr. kƝla (E1, F, FV 209, H, R1), awfr. kƝla (BTr, D) swv.1 ‘kühlen; büßen, vergelten; lindern, befriedigen’, INF fa. keel swv.1 (WFO 130, FÖW 275), helg. keele swv.2 (WK 355) mit Wechsel in die Konjugation der schwachen Verben 2. Kl. (falls nicht Entlehnung aus mnd. köêlen swv. ‘kühlen’), FNF bök. käile (FU 124), hall. keele (MOH 1,53), karrh. käile (OTJ 32, 49), ält. ngos. kehlä (a. 1743, BJ 2,69), ngos. keele, käile (MOH 1,53, WNG 63), sgos. keele (MN 1187), wied. keele (FRU 165) swv.1 ‘kühlen’ sowie OFR wang. keil swv.1 ‘kühlen; büßen’ (HEN 64, 154) AFR awfr. bikǀlia swv.2 ‘abkühlen’ (EdJ 70), INF fa. (uf)kuule swv.2 ‘abkühlen’ (WFO 302, FÖW 301), wohl eine sekundäre Bildung nach dem Adj., ebenso WFR frühnwfr. koolie (SB 101), nwfr. koelje (WFT 11,170), hind. koelje (GB 89) swv.2 ‘(ab)kühlen’ (sofern hier nicht LehneinÀuß durch nnl. koelen swv. ‘kühlen’) Westgerm. und indirekt nordgerm.: E ae. cǀl, S mnd. kôl, N mnl. coele, D ahd. kuoli, W an. in kœla swv. und kólna swv. sowie O adän. kǀøle swv. und nschw. dial. kǀlna swv. PFR *kǀl ‘kühl’ < germ. *kǀla-, das im Nfr. in der Bedeutung ‘kalt’ das verwandte PFR *kald ‘kalt’ < germ. *kalda- verdrängt hat (s.o.). Daneben begegnet umgelautetes FNF ält. ngos. keel (in heutiger Normalorthographie käil), wied. keel < afestl.-nfr. *kƝle < germ. *kǀljamit der besonderen Bedeutung ‘kühl’, in dem entweder eine Rückbildung aus dem Kausativum ngos. käile, wied. keele swv.1 ‘kühlen’ vorliegt oder eine analoge Neubildung nach mnd. köêle ‘kühl’, eventuell sogar aus letzterem entlehnt. Im weiteren handelt es sich bei germ. *kǀla- um ein dehnstu¿ges Verbaladj. zu germ. *kala- stv.VI ‘kalt sein, frieren’ (Sb 288). Entlehnung aus schwundstu¿gem adän. kuldæ ‘Kälte’ (< an. kuldi m. n-St.) dürfte dagegen in INF fa. kol m. (WFO 146, FÖW 288), helg. kol m. (WK 382), sy. kol g. (BM 147) ‘Kälte’ vorliegen, des weiteren in FNF bök. kule (FU 140), hall. kole (MOH 2,94), ält. karrh. kolle (ca. a. 1820, FF 97), karrh. kole (OTJ 74), ält. ngos. kollä (a. 1743, BJ 2,69), ngos. kole, kule (WNG 58), sgos. kole (BnG 1,19), wied. kole (FRU 179) m. ‘Kälte’, im Helg., Bök. und Karrh. auch in der Bedeutung ‘Wechsel¿eber’, die ebenfalls in INF fa. kolsküür n. ‘Schüttelfrost bei ¿ebriger Erkrankung’ (Verf.) und FNF hall. koleskur ‘kaltes Fieber’ (MOH 2,94) vorliegt; Entlehnung aus mnd. külde f. ‘Kälte; kaltes Fieber’ (< *kuldƯn-) mit Dehnung des -ü- deutet OFR wang. küuuld f.n. ‘Kälte; Fieber’ (FA 1,378) an; vgl. im weiteren Löfstedt 1931: 94 und ders. 1968: 19 sowie Århammar 1989: 106.

320

Lit

kǀni- – kranka-

van Helten 1907: 199; Löfstedt 1928: 53, 83; Löfstedt 1933: 36; Spenter 1968: 232; Seebold 1970: 288. Hm 339f. kǀni- ‘erfahren, kühn’ *V (§ 44)

F

WFR nwfr. kein ‘mooi, knap, bevallig (inz. van vrouwen); sierlijk, prachtig, aangenaam voor het oog; netjes, keurig; ¿er, permantig, trots; kuis; preuts; zuiver, rein’ (WFT 10,266f.)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. cƝne, S mnd. köêne, N mnl. coene, D ahd. kuoni, W an. kœnn, O adän. kǀøn(ær). Aus AFR awfr. *kƝn(e) mit -Ɲ- < -ǀ- + -i-. Entlehnung aus dem Mnl. ist awfr. kǀne (J), kǀn (A 432) ‘kühn, mutig, tapfer’, desgleichen awfr. kǀnhƝd f. ‘Kühnheit’ (A 430). Der germ. *kǀni- zugrundeliegende Wortbildungsprozeß ist bislang nicht eindeutig geklärt. Sehr wahrscheinlich ursprüngliches Verbaladj. zu der Wurzel idg. *ƣenΩ-/*ƣnǀ- ‘kennen, erkennen’ (IEW 376). Die Grundbedeutung des Adj. war demnach zunächst wohl ‘verständig, erfahren’, woraus im Westgerm. ‘kühn’. Falk/Torp 1909: 36; Lindqvist 1909: 272f.; Schabram 1956: 181ff.; Pokorny 1959: 378; Seebold 1970: 289f.; Meid 1971: 23f.; Piirainen 1971: 49f.; Matzel 1974: 98, 109f.; Lühr 1982: 537f.; Århammar 1989: 110; Bammesberger 1990: 243; Matzel 1992: 132.

Germ

Idg

Lit

Hm 341f. kranka- ‘schwach, krank’ V (§ 25e) F

AFR aofr. kronk ‘krank, schwach’ (E2-3) awfr. krank ‘krank, schwach’ (A 278, Cr, Ro 1,190, U [Brouwer], O) spätawfr. krank ‘krank, schwach’ (Bo) FNF bök. krunk ‘krank’ (FU 139) ält. hall. kronck (a. 1749, NfSt 1,7), hall. kronk (MOH 1,242) ‘krank’ ält. karrh. krohnk (ca. a. 1820, FF 99), karrh. krunk, kroonk ‘krank’ (OTJ 37) mgos. krunk ‘krank’ (HMN 126) ält. ngos. kroonck (a. 1743, BJ 2,78), ngos. krunk (MOH 1,242) ‘krank’ sgos. kronk ‘krank’ (EFS 88) wied. krunk, kronk ‘krank’ (FRU 189)

kranka-

321

OFR harl. kronck* in kronckheyde ‘Krankheit’ (s.u.) sat. kronk ‘krank’ (JM 30) wang. kronk ‘krank’ (FA 1,96) -lƯka-

-eþǀ-

-haidu-

-ja-

-ǀjaBel Germ

AFR awfr. kranklƯk ‘kränklich, schwächlich’ (Ro 1,106), daneben in der subst. Fügung awfr. kranklikhƝd f. ‘Krankheit, Kränklichkeit’ (O), FNF bök. krunklik (MN 1873), karrh. krunklik ‘kränklich’ (MN 1873) AFR awfr. krankte f. ‘Krankheit’ (O), FNF ält. ngos. kraangd (a. 1760, Konv. 28), sgos. krenkt f. (MN 1053, NfWb) ‘Krankheit’, letzteres aber vermutlich entlehnt aus mnd. krenkede f. ‘Krankheit’; vgl. auch Ahlsson 130. AFR awfr. krankhƝd f. ‘Krankheit, Schwäche; HilÀosigkeit; schlechter Zustand’ (A 530, Ro 2,284, O), FNF bök. krunkhäid f. (FU 139), ält. karrh. krohnkhäid (ca. a. 1820, FF 99), ngos. krunkhaid f. (WNG 62), wied. krunkhaid n. (FRU 189) ‘Krankheit’, OFR harl. kronckheyde (CM 45), wang. kronkheit f. (HEN 265) ‘Krankheit’; vgl. auch Ahlsson 184. AFR awfr. krenza swv.1 ‘schädigen, beeinträchtigen’ (O), in derselben Bedeutung mehrfach auch mit Prä¿x bikrenza (A 196, SnR 29, O), bikrinza (Ro 2,60, 258, SnR 24, O), INF sy. kreenk swv.1 ‘kränken’ (SU 640), FNF bök. krainke swv.1 ‘kränken’ (FU 137), WFR frühnwfr. krinckje swv. ‘krenken, verzwakken’ (GJ 254) FNF bök. krunke (FU 139), karrh. krunke (MN 1873) swv.2 ‘kranken’, OFR wang. kronk swv. ‘kranken’ (HEN 265) Kontinentalwestgerm.: S mnd. krank, N mnl. kranc, D ahd. krank. PFR *kronk mit -o- < -a- vor Nasal setzt sich direkt in den ofr. Mundarten fort. Für die festl.-nfr. Formen ist eine Zwischenstufe *krǀnk mit Dehnung des Stammvokals vor -nk anzunehmen (Löfstedt 1928: 242); die später wieder eingetretene Kürzung und Verengung des -ǀzu -u-, z.T. mit weiterer Senkung zu -o-, ist jüngeren Datums. Im Wfr. ist das zu -o- verdumpfte germ. -a- früh wieder develarisiert worden. Im weiteren o-stu¿ge Ableitung zu germ. *krenka- stv.III ‘fallen’ (Sb 308f.). Kontinentalwestgerm. *kranka- hat übrigens auch im Fries. das offensichtlich ältere germ. *seuka- ‘siech, krank’ (s.u.) weitgehend verdrängt. INF fa. kraank (WFO 149, FÖW 293), helg. kroank (WK 395), sy. kraank [-ȃ:-] (BM 149), OFR sat. kroank (MF 126) ‘krank’ sind als Entlehnungen aus dem (M)nd. anzusehen; entsprechend zeigen INF fa. kraankels n. (WFO 149, FÖW 293), helg. kroanket n. (WK 395), sy. kraanker g. (BM 149) ‘Krankheit’ < *krankeþ/*kranket zumin-

322

Lit

kraunja-

dest im Lautbild nd. EinÀuß; vgl. dazu auch mnd. krankte, krenkede f. ‘Krankheit’. Siebs 1889: 88; Falk/Torp 1909: 52; Löfstedt 1928: 242; Seebold 1970: 308f.; Niederhellmann 1983: 47ff. kraunja- ‘klagend, murrend’ R? (§ 87)

F

E N

-iga-

-ja-

INF fa. kren ‘emp¿ndlich, emp¿ndsam, der leicht emp¿ndet’ (LFM 106, HMN 86), meist aber kompositionell in siarkren ‘emp¿ndsam, wehleidig’ (WFO 233, FÖW 483) sy. kren ‘wund, schmerzhaft’ (NfWb) FNF bök. -kräim (< *kräin) in äimkräim ‘schmerzemp¿ndlich, überemp¿ndlich, wählerisch’, siirkräim ‘emp¿ndlich (gegen Schmerz)’ (FU 3, 213) wied. -krain in eemkrain ‘leicht emp¿ndlich, zimperlich’, siirkrain ‘schmerzemp¿ndlich’ (FRU 70, 276) ae. -cren in sƗrcren ‘disposed to soreness’ (BT 817) [Clark Hall 1961: 249 normalisiert in sƗrcrƝne ‘sore, tender’] nnl. (Küstenmundarten) kreen ‘gauw kreunend, klagend; kleinzerig, gevoelig’ (Buma 1960: 68, mit Verweis auf die vielfältigen Bedeutungsnuancen in WNT 8,138ff. und verschiedene Mundartwörterbücher) S nnd. (OF) särkrênig ‘weh- oder schmerzwimmerig oder durch Weh und Schmerz leicht zum Ächzen, Stöhnen, Klagen oder Weinen gebracht und so: wehgefühlig, weich- oder schwachherzig, sehr emp¿ndlich etc.’ (DK 2,357); vgl. ferner WFR nwfr. searkreunich ‘mismoedig klagend, steunend; kleinzerig’ (WFT 18,285), das aber in seinem Hinterglied Lehnlautung nach nnl. kreunen ‘klagen, stöhnen, ächzen’ zeigt (s.u). E ne. dial. to creen swv. ‘to repine, fret, grieve; to complain with little cause’ (Wright 1,786), S mnd. krǦnen swv.1 ‘klagen, jammern, seufzen, schelten’ (LB 2,682), N mnl. (Brabant) hem becreunen swv.1 ‘zich over iemand of iets beklagen’ (VV 1,818f.), nnl. kreunen swv.1 ‘leise klagen; stöhnen, ächzen’ (vgl. Franck/van Wijk 1949: 347f., de Vries 1992: 360), O sjüt. (Angeln) krøne swv. ‘småbrumme (om hornkvæg, mens det tygger drøv)’ (Jul Nielsen/Nyberg 1995: 300) sowie mit sekundärer Vokalkürze vor positionsbedingter Konsonantenverdoppelung in jüt. krøn, krønni swv. ‘vrinske, om hestene, når de kalder på foder; nok også om hingstens og væderens lyd’ (Feilberg 2,306 u. 320) [daneben ablautend ält. ndän. krune swv. ‘behaglich leise brummen’, jüt. kronnie, kronne swv. ‘leise wiehern’ (s.u.)]

kraunja-

323

-ǀ-

W an. krauna swv.2 ‘plätschern’, nnorw. krauna swv. ‘unlustgefühl haben, sich beklagen’ (de Vries 1977: 329)

Bel Germ

Nordseegerm.: F (INF, FNF), E und N (Küstenmundarten). Buma 1960: 66ff. und in seinem Gefolge Löfstedt 1965-69: 19/21,343 setzen für F (-)kren, -kräim etc., E -cren, N kreen ein ni-stämmiges Verbaladj. germ. *krau-ni- an als „ingwäonische“ [d.h. nordseegerm.] Variante zu D ahd. krǀn ‘geschwätzig, plappernd’ (Hm 343) das man dann folgerichtig als ein ursprünglich na-stämmiges germ. *krau-na- auffassen könnte; ni- und na-stämmige Ableitungen aus der abgetönten Hochstufe einer offenen Verbalwurzel stehen verschiedentlich nebeneinander und sind dabei im Einzelfall nicht immer mit Sicherheit diesem oder jenem Suf¿x zuzuordnen. Vgl. dazu mit einem anderen Suf¿x noch W nnorw. kraunen ‘ømskindet’ (Torp 1919: 318), in dem aber wohl nicht, wie Löfstedt 1965-69: 19/21,343 vermutet, ein Adj. der Neigung oder des Hanges mit dem Suf¿x -Ưnavorliegt, da diese Wortbildung eine nominale Derivationsbasis erfordert, eine solche jedoch nirgends in Sicht ist. Insofern ist besser von einem sekundären Partizipialadj. zu nnorw. krauna swv. ‘klagen, nörgeln’ auszugehen mit einem analogen, aus der starken VerbÀexion übernommenen Partizipialendung -en < germ. *-ana-. Zwar erscheint ein ursprüngliches Verbaladj. mit ni-Suf¿x formal durchaus möglich zu sein, doch deutet die Beleglage, wie Heidermanns (Hm 343) m.E. zu Recht einwendet, eher auf eine Rückbildung aus dem schwachen jan-Verb germ. *kraunja- ‘klagen’, das ja insbesondere im Westgerm. in E ne. dial. to creen, S mnd. krǦnen, N nnl. kreunen, D ahd. krǀnen, mhd. krœnen gut bezeugt ist. Tatsächlich ließe sich auch INF fa. (-)kren sowie das in einem unsicheren Zettelbeleg der Nordfriesischen Wörterbuchstelle überlieferte sy. kren problemlos auf ains.-nfr. *krƣne < germ. *kraunja- zurückführen. In der sonst regulären Entwicklung von ains.-nfr. -ƣ- zu diphthongischem fa. -ia- bzw. monophthongischem sy. -Ư- (letzteres partiell auch fa.) wurde auf der Zwischenstufe - ie- die erste Dipho thongkomponente stellungsbedingt nach einem unmittelbar vorausgehenden -r- resorbiert wie vergleichsweise in fa. sy. drem swv.1 ‘träumen’ < *dr ieme < ains.-nfr. *drƣma < germ. *draumja- oder fa. o gren swv.1 ‘greinen, nörgeln, stöhnen’ < *gr iene < ains.-nfr. *grƣna o < germ. *grainja-. Der Ansatz einer Rückbildung aus germ. *kraunja- – oder eines o-stu¿gen Verbaladj. germ. *krauni- – ist indessen für FNF bök. -kräim, wied. -krain auszuschließen, denn das aus germ. -au- + -i-/ -j- umgelautete afestl.-nfr. -ƣ- hätte in den betreffenden Mundarten -Ư- ergeben, wonach am Ende bök. wied. † -kriin zu erwarten gewesen wäre. Abgesehen davon, daß -kräim (< *-kräin) in der tautologi-

324

Idg

kraunja-

schen Verbindung äimkräim ganz offensichtlich unter dem EinÀuß seines Vordergliedes bök. äim ‘wund, emp¿ndlich’ < adän. ǀøm < an. aumr steht, der natürlich schon früh einen assimilierenden Wechsel von -ƣ- > -ǀø- bewirkt haben könnte, muß man doch die Möglichkeit einer mnd. oder adän. Lehnform *krǀøn(e) mit -ǀø- < -au- + -i-/ -j- (im Adän. auch ohne Umlautsfaktor) ins Auge fassen, selbst wenn ein entsprechendes Adj. weder im Nd. noch im Dän. neben den dort bezeugten schwachen Verben mnd. krǦnen, dän.dial. krøne, krønne vorzukommen scheint. Das entlehnte -ǀø- hätte sich über -Ɲ- regelhaft zu bök. -äi- weiterentwickelt. Theoretisch könnte ebenfalls ins.-nfr. (-)kren aus einem entlehnten *krǀøne hervorgegangen sein, obgleich das angesichts der Beleglage doch weniger wahrscheinlich ist. Nun begegnen neben den o-stu¿gen Formen auf germ. *kraun- auch solche mit einer u-haltigen Basis, wie in O ält. ndän. krune swv. ‘småbrumme venlig (om dyr)’ (Kalkar 2,643) < germ. *krnjn-, worauf mit positionsbedingter Kürzung vermutlich auch O jüt. kronnie, kronne swv. ‘vrinske, om hestene, når de kalder på foder; nok også om hingstens og væderens lyd’ (Feilberg 2,306), so daß man sich fragt, ob festl.-nfr. (-)kräim (< *kräin), krain nicht ebenso auf eine u-haltige Vorstufe zurückführen könnte, und zwar am ehesten auf afestl.-nfr. *krƝne < germ. *krnjnja-, dessen -nj- + Umlautfaktor sich über afestl.-nfr. -Ɲ- regulär zu bök. wied. -äi- entwickelt hätte. Dagegen könnte das bei Bosworth/Toller (BT 817) mit Kürze angesetzte E ae. -cren [Àektiert -crenne in þe habbað swiþe gefelne and sarcrenne magan ‘die einen sehr reizbaren und schmerzemp¿ndlichen Magen haben’ (Cockayne 1865: 176)] auf eine schwundstu¿ge Basis germ. *krunja- deuten. Kurzes -u- hätte im Ae. Umlaut zu -y- erfahren, das in den südöstlichen Mundarten – wie übrigens im Afr. – zu -e- entrundet worden wäre. Vielleicht handelt es sich bei ae. sƗrcren, -crenne gar um eine solche südöstliche Form. Sicher ist das jedoch mit Blick auf ne.dial. to creen swv. < germ. *kraunja- keineswegs, was u.a. Clark Hall 1961: 249 dazu veranlaßt haben dürfte, das Adj. als ae. sƗrcrƝne anzusetzen mit -Ɲ- < -au- + -i-/-j-. Schließlich verzeichnet die Zetteldatei der Nordfriesischen Wörterbuchstelle neben FNF bök. äimkräim die alternativen Belege bök. äjnkrem, äjmkräm, dessen Hinterglied sich wohl ebenfalls aus germ. *krunja- herleiten ließe, indem umgelautetes germ. -u- im Altfestl.-nfr. -e- ergeben hätte mit weiterer Dehnung zu bök. -Ɲ- in geschlossener Silbe, dabei jedoch stillschweigend vorausgesetzt, daß das der Graphie den bök. Langvokal [-e:-] wiedergibt. Aber letztlich muß auch diese Überlegung ein weitgehend hypothetisches, von zu vielen Prämissen begleitetes Gedankenspiel bleiben. Es ist sicherlich von der Schallwurzel idg. *greu-, etwa in griech. ȖȡȪȗȦ ‘grunze’, lat. gruo ‘krächze’ (IEW 384, Hm 343), auszugehen.

krausa-

Lit

325

Schlutter 1907: 259; Torp 1919: 318; Franck/van Wijk 1949: 347 und Sup. 92; Pokorny 1959: 384; Buma 1960: 61ff.; Löfstedt 1965-69: 19/21,343; de Vries 1992: 360; Heidermanns 1993: 343. Hm 343f. krausa- ‘auserlesen’ P (§ 2)

F

FNF bök. kriis ‘keck, kühn; gesund’ (FU 138) WFR ält. nwfr. kræs ‘geprikkeld, boos’ (a. 1755, zitiert nach Stapelkamp ed. 1957: 197), krées ‘schön, hübsch, adrett, gepÀegt’ (a. 1774, zitiert nach Århammar 1989: 110) nwfr. kreas ‘knap (van personen en hun uiterlijk), mooi, netjes, ordelijk, proper; ¿er, trots; lichtgeraakd, snel ontstemd’ (WFT 11,297) hind. kreas ‘keurig, knap’ (GB 92) schierm. krais ‘knap, mooi’ (DF 64) tersch. kreas ‘knap, netjes (van personen)’ (CR 59)

Bel Germ

Als Adj. lediglich anglofries. Während WFR nwfr. kreas, schierm. krais < awfr. *krƗs in Übereinstimmung mit E ae. crƝas ‘¿ne, elegant’ (BT Suppl. 134) auf germ. *krausa- zurückführt, ist für FNF bök. kriis < afestl.-nfr. *krƣse eine Umlaut bewirkende Vorstufe germ. *krausja- anzusetzen, offenbar mit sekundärem Übertritt von der a- in die ja-Flexion. Das Primäradj. germ. *krausa- scheint in einem o-stu¿gen Ablautverhältnis zu germ. *krnjsa- ‘kraus’ (s.u.) zu stehen. Hier wie dort könnte sich aus der Grundbedeutung ‘kraus, gekräuselt’ [zu idg. *greu- ‘(zusammen)gekrümmt’ (IEW 388ff.)] zunächst in übertragener Verwendung ‘üppig, stark (vom Wuchs der PÀanzen, Haare etc.)’ entwickelt haben und im weiteren teils ‘prächtig gewachsen oder anzuschauen, hübsch, schön’, teils ‘gereizt, ärgerlich [= ‘mit krausem Sinn’]’. WFR hind. kreas zeigt Lehnlautung nach dem nwfr. Standard kreas. Als fries. Substrat sind die Formen der holl. Mundarten der fries. Städte, der Insel Ameland sowie des Midslands auf Terschelling zu werten, dagegen als fries. Adstrat die der holl. Mundart von Het Bildt im Nordwesten sowie der niedersächsischen Mundart der Stellingwerven im Südosten der Provinz Fryslân; vgl. dazu ausführlich Århammar 1989: 111. Falk/Torp 1909: 55; Schlutter 1910: 178f.; Craigie 1948: 106; Pokorny 1959: 390; Löfstedt 1965-69: 25,27f.; Spenter 1968: 179; Århammar 1989: 110f.

Lit

326

krumba-

Hm 344 krumba- ‘krumm’ P (§ 4) F

AFR aofr. krumb ‘krumm’ (R1-2) awfr. krum (J), krom (O) ‘krumm, gekrümmt’ spätawfr. crum ‘krumm, gekrümmt’ (Bo) INF fa. krüm ‘krumm; verwachsen (Körper)’ (WFO 153, FÖW 298) helg. krüm ‘krumm’ (WK 392) sy. krüm ‘krumm’ (BM 153, SU 642) FNF bök. krüm ‘krumm’ (FU 139) ält. hall. kröm (a. 1749, NfSt 1,9), hall. krum [-u-] (MOH 1,37) ‘krumm’ ält. karrh. krömm (ca. a. 1820, FF 99), karrh. krüm (OTJ 60) ‘krumm’ ält. ngos. krümm (a. 1743, BJ 2,79), ngos. krüm (MOH 1,37) ‘krumm’ sgos. krüm ‘krumm’ (Beitr. 31) wied. krüm ‘krumm’ (FRU 189) OFR harl. kruhm* ‘krumm’ in kruhmthut ‘Zunge [Fisch]’ (CM 42), kruhmhingst ‘Kamel’ (CM 43) sat. kruum ‘krumm’ (MF 126) wang. kruum ‘krumm’ (FA 1,96) wurst. krum ‘krumm’ in Krum’ réƵ ‘Ein Höcker’ (RM 103) WFR frühnwfr. krom ‘krumm’ (AH 25, Z. 157, GJ 256) nwfr. krom, krûm ‘afwijkende van een rechte lijn, verdraaid, gebogen, met bochten; niet volgens de regels van zedelijkheid, schoonheid of redelijkheid; ongepast, ongewoon; buitenlands, uitheems’ (WFT 11,367ff.) hind. krom ‘krom’ (GB 93) schierm. krúm ‘krom’ (DF 65) tersch. kroem ‘krom’ (CR 60)

-eþǀ-

OFR sat. kruumte f. ‘Krümmung’ (MF 126), WFR nwfr. kromte, krûmte ‘kromheid, kromming’ (2,99) INF fa. krim swv.1 ‘den Mund, das Gesicht verziehen’ (KJC 10,279, WFO 152, FÖW 297), WFR nwfr. krieme swv.1 ‘wenden, draaien, keren; bijdraaien, zich schikken, toegeven; afnemen, verminderen; kronkelen (van een rivier)’ (WFT 11,314); vgl. Århammar 1960: 281ff. INF fa. krüme (WFO 153), helg. krüme (WK 392), sy. krümi (SU 643) swv.2 ‘(sich) krümmen’, FNF bök. krüme (FU 139), ält. ngos. krümmiä (ca. a. 1745, JG 182), wied. krüme (FRU 189) swv.2 ‘(sich) krümmen’, WFR frühnwfr. krumie (SB 100), kromje (GJ 256), nwfr. kromje, krûmje (WFT 11,370) swv.2 ‘(sich) krümmen’

-ja-

-ǀja-

krnjsa-

Bel Germ

Idg Lit

327

Westgerm.: E ae. crumb, S as. krumb, N mnl. krumb, krom(b), D ahd. krumb. PFR *krumb; in allen neufries. Mundarten über eine Vorstufe *krnjmb mit frühgedehntem -u- vor -mb, das im Nfr. und Schierm. palatalisiert wurde; über die dialektgeographische Verteilung von nwfr. krom und krûm vgl. Hof 1933: 38, 230. Vgl. daneben mit einem stimmlosen Wurzelauslaut germ. *krumpa‘krumm’ (Hm 345), das offenbar unter EinÀuß des starken Verbs germ. *krempa- stv.III ‘krampfen’ (Sb 308) steht. Bei dem Primäradj. handelt es sich um eine nasalierte Form zu idg. *gerb- ‘sich kräuseln, runzeln, einschrumpfen, sich zusammenschrumpfen’ (IEW 387). Oberdörffer 1908: 30; Falk/Torp 1909: 53; Löfstedt 1928: 37; Pokorny 1959: 387, 389; Spenter 1968: 238; Lühr 1988: 269; Boutkan/ Siebenga 2005: 223. krnjnja- vgl. krauni*krnjsa- ‘kraus’ P (§ 7)

F

S

INF fa. krüs ‘aufrecht in der Haltung’ (WFO 153, FÖW 299), ‘mit stolz herausgekehrter Brust’ (Verf.), daneben krüüs [-z] ‘kraus’, wohl aus einer Àektierten Form ains.-nfr. *krnjse. helg. krüs ‘kraus’ (WK 393) FNF bök. krüs ‘kraus’ (FU 139) hall. krus [-u-] ‘kraus’ (MOH 1,32) ält. karrh. krösz ‘kraus’ (ca. a. 1820, FF 99) mgos. krüs ‘kraus’ (BnG 1,120, LHol 177) ält. ngos. krüß (a. 1743, BJ 2,78), ngos. krüs (MOH 1,32) ‘kraus’ sgos. krüs ‘kraus’ (NfWb) wied. krüs ‘kraus’ (FRU 190) OFR sat. krúus ‘kraus’ (MF 126) wang. kruus ‘kraus’ (FA 1,96) WFR nwfr. kroes ‘dicht of ¿jn gekruld (van haar); met omgekrulde bladeren; krullend; tierig (van planten); ¿er, trots; opgericht (van paardehals); licht geraakd, snel ontstemd’ (WFT 11,360f.) mnd. krûs ‘kraus, gekräuselt, in Falten gelegt’, übertragen: ‘verwirrt, durcheinander’, adv. ‘störrisch’ (LB 2,689), nnd. (SH) kruus ‘kraus’, übertragen ‘widerstrebend, aufgeregt, reizbar’ (Mensing 3,346), nnd. (NF) ‘muthig (von Pferden)’ (Schütze 1800-06: 2,359), nnd. (OF) ‘kraus; wohlhabend; zierlich, schmuck’(Stürenburg 1857: 126), ‘kraus,

328

N D

-iga-ǀ-

-i-jǀ-engǀ-(ǀ)ja-

-lǀjaBel Germ

krnjsa-

vielfach geknickt, faltig, runzlig, wollig; kraus, bunt, toll; üppig, mächtig reich; übermüthig, stolz’ (DK 2,386) mnl. cruus ‘kroesharig; met omgekrulde bladeren; kruis; opvliegend, onstuimig; twistziek’ (VV 3,2183) mhd. krûs ‘kraus, gelockt’ (Lexer 1,1757), nhd. kraus ‘kraus, gefältelt, ausgezackt, wirr durcheinander; launenhaft, eigensinnig; geschnörkelt’; dial. (Franken) ‘fein, zart, dünn’ (DW 5,2088) INF fa. krüüsig ‘kraus, ungereimt (Gedanken)’ (WFO 153, FÖW 300) INF fa. krüüs f. ‘Krause’, zumeist pl. krüüsen ‘Tüll, Spitzen, Krausen, Kräuselung’ (SP 77, FÖW 299), S mnd. krûse ‘Falte, Kleiderfalte, in Falten gelegtes Kleiderstück’ (LB 2,691), nnd. (OF) krûse ‘Krause, krauses oder gekraustes, gefaltetes Etwas’ (DK 2,386), D mhd. krûse f. ‘Krausheit, krauses Haar’ (Lexer 1, 1757), nhd. Krause f. ‘Halskrause’ (DW 5,2095) N nnl. kreus ‘een gereedschap, dienende om in de duigen de groef te maken, waarin de bodem moet passen’ (WNT 8.1,184f.) S nnd. (OF) krüse ‘Krause, Falte, Runzel, Furche’ (DK 2,386), nnd. (Old.) krüse ‘Krause, Falte, Runzel’ (Böning 61) FNF karrh. krüsing f. ‘Krause’ (MN 2649), offenbar deverbal, entsprechend INF fa. krüüsling n. ‘Krause’ (MN 2649) FNF bök. krüse (MN 2649), karrh. krüse (MN 2649), sgos. krüüse (MN 2649), wied. krüse (FRU 190) swv.2 ‘kräuseln’, WFR nwfr. kroezje swv. ‘kroezen; oprichten (van een paardehals)’ (WFT 11,361), S mnd. krüêsen swv. ‘kräuseln, in Locken, Falten legen’ (LB 2,693), nnd. (SH) krüsen swv. ‘kräuseln’ (Mensing 2,353), D mhd. krûsen swv. ‘crispare’ (Lexer 1,1757) INF fa. krüüsle swv. ‘kräuseln’ (MN 2649) Bodenständig und relativ spät lediglich im Westgerm. (F, S, N, D) bezeugt. PFR *krnjs < germ. *krnjsa- steht offenbar in schwundstu¿gem Ablautsverhältnis zu o-stu¿gem germ. *krausa-/*krausja- (s.o.). Bei den sekundären Bedeutungen a) ‘stolz, keck; hübsch, schön’ und b) ‘böse, gereizt, aggressiv’ ist vielleicht von der übertragenen Verwendung ‘üppig, stark (etwa vom Wuchs der Haare, PÀanzen)’ auszugehen (vgl. das Sprichwort krauses Haar – krauser Sinn); dazu ausführlich Århammar 1989: 111. Entlehnung aus dem Nd. sind INF sy. kruus ‘kraus’ (BM 153), O ält. ndän. krus ‘krøllet; vred, opbragt’ (Kalkar 2,644), jüt. krus ‘tvær, tavs, vranten’ (Feilberg 2,310) sowie ält. nschw. krus ‘krusig; förvirrad; virrig; egensinnig’ (OSS 15,2965), aus dem Mnl. E me. crous (u.a.) ‘¿erce, grim, bold [...]’ (MED 1,772), woraus ne. dial. crouse

knjmja-

Idg

Lit

329

‘sharp-tempered, pugnacious, captious, cross, touchy’ (Wright 1,814, Toll 1926: 62). Keine sichere Anknüpfung für das Primäradj. außerhalb des Germ. Möglicherweise handelt es sich um die Schwundstufe einer s-Erweiterung zu idg. *gr-eu- ‘(zusammen)gekrümmt’ (IEW 388ff.) mit weiterer Anbindung an idg. *ger- ‘drehen, winden’ (IEW 385), doch sollte man wegen der Vokallänge in germ. *krnjsa- besser nicht von idg. *greu-s-, sondern von *greԥΩ-s- (IEW 390) ausgehen. Pokorny 1959: 385, 388ff., 390; Kluge/Mitzka 1975: 400; Århammar 1989: 110f.; de Vries 1992: 364f. knjmja- ‘kläglich’ R? (§ 87)

F

S

FNF bök. käim ‘emp¿ndlich, spröde; zimperlich; schön’ (FU 124) karrh. käim ‘emp¿ndlich; schön’ (OTJ 49) ält. wied. kehm (a. 1749, NfSt 1,43), wied. keem ‘schön, hübsch’ (FRU 165) OFR wang. keim ‘rein’, daneben kompositionell in fottiikeim ‘überrein, übermäßig reinlich’ (FA 1,24, 95) mnd. küême ‘schwach, matt, hinfällig, ohnmächtig’ (LB 2,701) [entgegen Hm 345 nicht knjme, dieses das Adv. in der Bedeutung ‘mit Mühe und Not; kaum, beinahe nicht’], daraus u.a. nnd. (SH) küm ‘schwach, matt, kränklich; zimperlich; prüde; bescheiden tuend; wählerisch; schnippisch’ (Mensing 3,384), nnd. (Lün.) küm ‘schwach (durch Krankheit), matt, Àau, hinfällig’ (Kück 2,243), nnd. (Wfal.) küm ‘engbrüstig’ (Woeste 149)

-jǀ-Ưni-ja-

AFR aofr. kƝme f. ‘Klage’ (B2, E3); vgl. Ahlsson 6. AFR aofr. kƝmne f. ‘Klage’ (B1); vgl. Ahlsson 16. AFR aofr. kƝma swv.1 ‘klagen; sich beklagen über’ (B1-2), daneben prä¿giert aofr. bikƝma swv.1 ‘beklagen, Klage erheben wegen’ (B1-2)

Bel Germ

Als ja-Stamm lediglich F (FNF, OFR), E und S. Entgegen D mhd. knjm(e) ‘dünn, schmal, zerbrechlich’, nhd. dial. (Schweiz) kum ‘kränklich, unbehaglich’ (Århammar 1989: 112) zeigen die Formen des Fries., Engl. und Nd. Umlaut und führen daher nicht unmittelbar auf germ. *knjma- ‘kläglich’ (Hm 345) zurück. Wie E ae. cϷme ‘fein, zierlich; lieblich, herrlich’ und S mnd. küême ‘schwach, matt, hinfällig, ohnmächtig’ nahelegen, ist – wenn nicht von einem sekundären Übertritt in die ja-Flexion – am ehesten von einer ja-stämmigen Rückbildung aus dem schwachen Verb *knjmjaswv.1 ‘klagen’ auszugehen (s.o. und Hm 346). Die Basis aller fries. Belege ist daher als PFR *kƝme < germ. *knjmja- anzusetzen.

330

Lit

kwaka-

Aus der Grundbedeutung ‘kläglich’ entwickelte sich zunächst wohl ‘schwächlich’, woraus ‘zart, fein’ > ‘lieblich, herrlich, schön’, aus ‘zart, fein’ offenbar auch ‘zimperlich, prüde’ > ‘schnippisch’. Entlehnung aus dem Nd. sind INF helg. kiim ‘schnippisch, kurz angebunden, eingeschnappt’ (Århammar 1989: 112), FNF hall. küüm ‘geziert, vornehm und zurückhaltend’ (MOH 2,173), karrh. küüm ‘wählerisch (im Essen)’ (MN 747) sowie WFR nwfr. kúm ‘gedeisd, stil, rustig; gedwee, gewillig’ (WFT 12,18). Falk/Torp 1909: 45; Holthausen 1921: 43; Teuchert 1944: 303; Buma ed. 1949: 214; Pokorny 1959: 403; Århammar 1989: 111f. kuzi*- ‘wählerisch’ vgl. keusa*kwaka- (-kk-) ‘schwach’ R? (§ 88)

F

N O -iska-ja-ǀja-

Bel Germ

FNF bök. kweek, tweek ‘dünn, zart; schwach, schwächlich; untauglich’ (FU 142, 254) karrh. kweek ‘schwächlich; zerbrechlich, fragil’ (Sjem. 372) ält. ngos. queik ‘schwächlich’ (a. 1760, Kon. 160), ngos. tweek ‘schwach’ (WNG 94) wied. tweek ‘zart von Körperbau’ (FRU 350) nnl. kwak ‘ week, Àauw; zwak, slap’ (WNT 8,672) ält. ndän. kvak ‘svag, ringe’ (Kalkar 2,667), jüt. kvak ‘upasselig, uden at være rigtig syg; om dyr mest, også msker’ (Feilberg 2,335) N nnl. kwaksch ‘Àauw, de bezwijming nabij’ (WNT 8,672) E ae. cweccan swv.1 ‘to vibrate, move’ (BT 177), O ndän. kvække ‘fare sammen, forskrækkes’ (ODS 11,996) E ae. cwacian swv.2 ‘to quake, shake, tremble’ (BT 176); mit expressiver Gemination N nnl. kwakken swv.2 ‘zwak zijn, onfast zich bewegen, onzeker te werk gaan’ (WNT 8,672), O ält. ndän. kvakke ‘være svag; gå langsomt; være skødesløs’ (Kalkar 2,667) sowie mit iterativer l-Erweiterung S nnd. (Dith.) quackeln (Mensing 4,3), nnd. (Old.) quackeln (Böning 83) swv.2 ‘kränkeln; sich kränker stellen, als man ist, mit unbedeutenden Dingen, Kleinigkeiten handeln; pfuschen’ Als Adj. F (FNF), N und O (dän.). Für sämtliche Formen ist von einer Vorstufe germ. *kwaka- oder gegebenenfalls von *kwakka- mit (sekundärer) expressiver Gemination auszugehen, woraus afestl.-nfr. *kwek(k) mit Palatalisierung des -a> -e- in geschlossener Silbe, aus dem sich FNF kweek, tweek regel-

kwauda-

Lit

331

haft fortentwickelte, letzteres mit anlautendem tw- < kw- wie in bök. tweeg f. ‘Färse, junge Kuh’ < *kwƯga, tweele swv.2 ‘sebern’ < *kwƯlia usw. Für kweek, tweek wäre alternativ – zumindest in formaler Hinsicht – wohl auch eine Herleitung aus einem umgelauteten afestl.-nfr. *kwekk < germ. *kwakja- denkbar, wenngleich mit Blick auf N nnl. kwak, O dän./jüt. kvak doch weniger wahrscheinlich. Der zugrundeliegende Wortbildungsvorgang wird nicht recht deutlich. In Frage käme etwa eine Rückbildung aus dem schwachen Verb germ. *kwakǀja- swv.2, das gemäß E ae. cwacian swv.2 ‘to shake, quake, tremble’ ursprünglich vielleicht ‘schütteln, zittern’ bedeutete. Die Grundbedeutung des Adj. könnte demnach einst ‘auf zittrigen, wackligen Beinen stehend (aufgrund von Krankheit, Alter etc.)’ gewesen sein, daraus wiederum ‘schwächlich, kränklich’, aber im weiteren auch ‘von zartem Körperbau’ und ‘zerbrechlich (weil zu dünn)’ sowie schließlich ‘untauglich (weil nicht stabil genug)’. Löfstedt 1957: 14f.; Holthausen 1974: 64; Onions 1978: 728; Nielsen 1989: 244; de Vries 1992: 373. kwauda- ‘schlecht, böse’ S (§ 91)

F

AFR aofr. quƗd ‘böse, schlecht, übel; fehlerhaft’ (E2-3, F, PrJ 234) awfr. quƗd ‘böse, übel, schlecht; verbrecherisch’ (A 134, D, FrR, Fs 1,50, J, P, Ro 1,206, SnR 9, U [Brouwer], O) spätawfr. quaed ‘böse, schlecht’ (Bo) INF fa. kuad ‘böse, schlecht’ (FÖW 300) OFR sat. kwood ‘schlecht, schädlich, böse; dreckig; unfreundlich’ (MF 128) wang. quooed ‘böse, erbost’ (FA 1,100) wurst. quad* /-ȃ:-/ ‘böse’ in subst. Quade ‘das Böse’ (RM 101) WFR ält. nwfr. quæd ‘böse, übel’ (AH 24, Z. 100) nwfr. kwea ‘in slechte staat, van slechte hoedanigheid; gebrekkig; ethisch verwerpelijk, afkeurenswaardig; boosaardig; boos, vertoornd, ontstemd, slecht gezind; hinderlijk, moeilijk, lastig; schadelijk; stoutmoedig, vermetel, onverschrokken; vortreffelijk, uitstekend’ (WFT 12,45ff.) hind. kwaa ‘kwaad’ (GB 95) schierm. kwaid ‘kwaad’ (DF 66) tersch. kwead ‘kwaad; boos’ (CR 61)

-lƯka-

AFR awfr. quƗdelƯk, quƗlƯk (BTr, D, FrB 70, J, P, SnR 9, O), quƝlƯk (Ro 1,42) ‘arg, schlimm, übel’, WFR nwfr. kwealik, kwealk (WFT 12,50f.), hind. kwaelik (GB 95), schierm. kwailik (DF 66) ‘schlecht, verkehrt; moralisch verwerÀich’, adv. ‘kaum’

332

-a-

-nassjǀ-haiduBel Germ

kwauda-

AFR aofr. quƗd n. ‘Kot, Mist’ (E1-2), awfr. quƗd (J), quƝd (Cr) n. ‘Böses, Nachteil, Schaden’, spätawfr. quaed n. ‘Übel, Böses’ (Bo), INF fa. kuad n. (WFO 153, FÖW 300), sy. kur n. (BM 154) ‘Schmutz, Kehricht, Kot; Unkraut’, FNF hall. küüdj n. ‘Kehricht; auch: kurzes, sprödes Gras, das sich nicht gut harken läßt’ (MOH 1,142), WFR nwfr. kwea n. ‘wat in strijd is met de zedenleer, regels of wetten; het afkeurenswaardige; onheil, schade; euvel; etter, vuil; drek, uitwerpselen’ (WFT 12,43ff.), hind. kwaa n. (GB 95), tersch. kwead n. (CR 61) ‘Übel, Böses’ WFR nwfr. kweadens (WFT 12,48), schierm. kwaidens m. (DF 66) ‘kwaadheid’ AFR awfr. quƗdhƝd f. ‘Schlechtigkeit, Übel’ (A 236, D, Fs 1,50, Ro 1,108, U [Brouwer], O); vgl. Ahlsson 189. Mit ursprünglichem Stammvokal germ. -au- offenbar speziell F und E. Heidermanns rechnet im Fries. mit einer bodenständigen Herleitung aus germ. *kwƣda-, vielleicht in Anlehnung an van Helten 1890: 17 und 1907: 141, 210, der afr. quƗd für ein „residuum“ hält, in dem westgerm. -Ɨ- < urgerm. -ƣ- durch voraufgehendes -w- erhalten geblieben und nicht, was für die übrigen Fälle gilt, zu afr. -Ɲ- palatalisiert worden sei. Eine solche positionsbedingte Bewahrung des westgerm. -Ɨ- ist indessen ganz unwahrscheinlich. Eher würde man hier eine mnd./mnl. Entlehnung oder doch eine lautliche BeeinÀussung durch mnd./mnl. quƗd ‘schlecht, böse’ in Betracht ziehen, wie das bereits Siebs 1901: 1216, Boersma 1939: 12 und danach Sjölin 1970: 189, 213 getan haben. Nun begegnet im Engl. neben me. cwƝd, cwƗd ‘bad’ (Stratmann/ Bradley 1940: 148) [letzteres unter Umständen ebenfalls < mnd./ mnl. quƗd, sofern nicht mundartlich, d.h. „West Saxon“ mit me. -Ɨ- < ae. -ƣ-] < germ. *kwƣda- die Form ae. cwead n. ‘dung, ¿lth, ordure’ (BT 176), die eine ablautende Vorstufe germ. *kwauda- voraussetzt. Sollten dementsprechend afr. quƗd und seine Nachfolger in den neufries. Mundarten auf eine Basis germ. *kwauda- n. ‘Übel; Dreck’ zurückführen, aus dem das Adj. durch prädikativen Gebrauch hervorgegangen sein könnte? Germ. -au- wäre dabei regelhaft zu afr. -Ɨmonophthongiert worden. Zumindest Spenter 1968: 179 favorisiert diese Deutungsmöglichkeit. Auch Löfstedt 1928: 142 und Pokorny 1959: 484 gehen stillschweigend von einer au-Form aus. Weiterhin unklar bliebe allerdings mit Blick auf den Wortbildungsvorgang und die differierende Ablautstufe das lexikologische Verhältnis zwischen germ. *kwƣda- und *kwauda-. Entlehnung aus dem Mnl. ist offenbar WFR frühnwfr. quae ‘böse, übel’ (SB 43, GJ 364), sofern als /-a:-/ zu lesen ist.

kwerru-

Lit

333

van Helten 1890: 17; Siebs 1901: 1216; van Helten 1907: 141, 210; Falk/Torp 1909: 60; Löfstedt 1928: 142; Boersma 1939: 12; Teuchert 1944: 316; Pokorny 1959: 484; Spenter 1968: 179; Sjölin 1970: 189, 213. ǀ da- ‘schlecht, böse’ S vgl. kwaudaHm 348f. kwæ Hm 350f. kwerru- ‘(befriedigt)’ *V (§ 48)

F

WFR nwfr. kwier ‘bevallig, lieÀijk, knap, vlot aangenaam om waar te nemen (inz. van meisjes of jonge vrouwen)’ (WFT 12,59)

Bel

Gemeingerm. unter Einschluß des Nordseegerm. (nicht jedoch des Engl.): S mnd. quƝre, D mhd. kirre, kürre, W an. kyrr, O aschw. kvar, ält. ndän. kvær, kvar, G qairrus. PFR *kwerre (sekundärer ja-Stamm). Für nwfr. kwier ist am ehesten awfr. *kwƝr anzusetzen mit Dehnung des -e- vor -rr- wie in nwfr. stjir(re)/stjer(re) ‘Stern’ < awfr. *stƝra (aofr. stƝra) < *sterra < germ. *sternǀn-, gegebenenfalls auch awfr. *kwƯr mit -Ư- < -e- vor -rr- wie in nwfr. ¿er < awfr. fƯr < germ. *fer(e)rǀ; vgl. im weiteren ausführlich Århammar 1989: 120. Das ursprüngliche Verbaladj. steht neben E ae. Ɨcworren ‘betrunken, übersättigt’, metecweorra ‘Übersättigung’ und ist im weiteren zu einem starken Verb germ. *kwerra- stv.III zu stellen, dessen Bedeutung vielleicht mit ‘befriedigen’ (Hm 351) anzusetzen ist und nicht mit ‘schlingen’ (Sb 318). Die Grundbedeutung des Adj. wäre demnach etwa ‘befriedigt’, woraus a) ‘freundlich’ > ‘nett, hübsch’, b) ‘zahm, gefügig, ruhig’. Entlehnung aus S gron. kweer ‘walgelik zoet’ (ter Laan 1952: 482, Molema 1888: 233) ist offenbar WFR schierm. kweer, kwerich ‘overzoet, kweer’ (DF 66). Die Bedeutungsübertragung ‘widerlich süß’ entwickelte sich hier vielleicht aus ‘zahm, ruhig’ > ‘fade (vom Geschmack)’ > ‘süßlich’ (Århammar 1989: 120). Falk/Torp 1909: 61f.; Fowkes 1949: 39f.; Pokorny 1959: 476; Seebold 1966: 280; Seebold 1970: 318; Lühr 1976: 75; Heidermanns 1986: 285; Århammar 1989: 120; Knobloch 1990: 286ff.

Germ

Lit

Hm 352f. kwiwa- (> kwik(w)a-) ‘lebendig’ P (§ 4) F

AFR awfr. quik ‘lebend, lebendig’ (D, J, U) INF sy. kwek ‘lebendig’ (BM 156, SU 647)

334

kwerru-

FNF ält. karrh. queck ‘zerbrechlich, schwach’ (ca. a. 1820, FF 126), karrh. kwek ‘beweglich’ (OTJ 71) wied. kwäk ‘Àink, schnell; zerbrechlich (weil zu dünn)’ (FRU 195) OFR sat. kwiek ‘lebhaft’ (MF 127) WFR frühnwfr. quick ‘levendig’ (GJ 366) -a-

AFR aofr. quik (B1-2, E1-3, R1-2), awfr. quik (A 502, D, Fs 2,18, Ro 2,174, U [quik- in quik¿Ɨ n. ‘Vieh’, Steller], O), quek (J) n. ‘Vieh (Rinder)’, FNF ält. ngos. quack ‘Vieh, das gille ist’ (a. 1743, BJ 2,120), S mnd. quick, queck, nnd. (Dith., obs.) quick (Mensing 4,14) n. ‘Vieh’, N mnl. quic, quec n. ‘een levend dier, vooral en stuk vee, groot en klein; en jong dier, het jong van een stuk vee; vee’ (VV 6,902f.), D nhd. (od.) queck n. ‘frisch und gesundes, zahmes vieh’ (DW 7,2335). – Für die festl.-nfr. Form läßt sich eine Entlehnung aus dem Nd. wohl nicht ausschließen.

Bel

G qius < germ. *kwiwa-, west- und nordgerm.: E ae. cwicu, S as. quik, N anl. quic*, D ahd. queh, W an. kvikr, O adän. kuikær < germ. *kwik(w)a-. PFR *kwik. Zumindest die festl.-nfr. Formen kwek, kwäk deuten entsprechend O ndän. kvik ‘lebendig’ (statt ält. ndän. kvæg, kvig < adän. kvikær) wohl eher Entlehnung aus S mnd. quick an, wie nicht zuletzt karrh. kwek nahelegt, in dem bei bodenständiger Entwicklung † kwak zu erwarten gewesen wäre; bodenständig daher im Nfr. vielleicht nur das subst. ält. ngos. quack ‘Vieh’. Entsprechend könnte auch INF sy. kwek entlehnt sein, obwohl formal nichts gegen eine bodenständige Herleitung spräche. Überdies zeigen FNF ält. karrh. queck, wied. kwäk in der besonderen Bedeutung ‘schwächlich, zerbrechlich’ EinÀuß durch FNF kweek, tweek < afestl.-nfr. *kwek(k) < germ. *kwak(k)a- ‘schwach’ (s.o.). Die west- und nordgerm. Basis *kwika- bzw. *kwikwa- ist offenbar mit w-Dissimilation aus ursprünglicherem *kwiwa- hervorgegangen; anders Kluge/Seebold 2002: 481, die von einer Vorstufe germ. *kwikuausgehen. Ererbtes Primäradj., identisch mit ai. béo, béu, kym. byw ‘lebendig’ < westidg. *gԥiԥo-. Falk/Torp 1909: 63; Pokorny 1959: 467f.; Matzel 1967: 47f.; Hamp 1976: 87ff.; Koivulehto 1983: 69ff.; Bammesberger 1986b: 259ff.; Heidermanns 1986: 305f.; Lehmann 1986: 278f.; Klein 1988: 257ff.; Boutkan 1998: 50f.; Kluge/Seebold 2002: 481.

Germ

Idg Lit

kwiwra-

335

kwiwra- (> kwibra-) ‘lebendig’ P (§ 4, 19) F E S

OFR wang. quiiver ‘kräftig, von Genesenden’ (FA 1,100) ae. cwiferlƯce adv. ‘actively, zealously’ (BT Suppl. 139), ne. (obs. und dial.) quiver ‘active, nimble, quick, rapid’ (OED 8,74, Wright 4,687) nnd. (OF) kwifer, kwiver ‘lebendig, lebhaft, munter, frisch, gesund’, dazu wohl sekundär kwifern, kwivern swv. ‘leben, auÀeben, lebendig werden oder machen, muntern, frischen’ (DK 2,445)

-iga-an-

OFR wang. quiivërg ‘kräftig (vom Genesenden)’ (HEN 264) OFR wang. quiiver n. ‘Kraft’ (FA 1,386)

Bel

Offenbar nordseegerm.: F (OFR), E und vielleicht auch S (westl. Küstennd.), falls dort nicht fries. Relikt vorliegen sollte. OFR wang. quiiver mit -Ư- < -i- in offener Silbe < aofr. *kwiver und im weiteren sehr wahrscheinlich Erweiterung mit ra-Suf¿x zu germ. *kwiwa- ‘lebendig’ (s.o.). Die Form nordseegerm. *kwibra- könnte sekundär aus *kwiwra- entstanden sein, entsprechend westgerm./ nordgerm. *kwik(w)a- aus *kwiwa- (vgl. Hm 353). Eine Verbindung zu germ. *kwerru- (s.o.) besteht wohl nicht. Zu westidg. *gԥiԥo- ‘lebendig’ (IEW 467); vgl. weiter Hm 354. Löfstedt 1965-69: 19/21,333; Århammar 1989: 120.

Germ

Idg Lit

L Hm 357f. laiþa- ‘unwillig; verhaßt’ P (§ 2) F

AFR aofr. lƝth (E1 [in subst. tha lƝtha], E2, H [in subst. tha lƝtha], R1), leith (F) ‘leid, verhaßt, unangenehm’ awfr. lƝth (J), lƝd (A 264, BTr, D, J, Ro 2,202, SnR 9, O), leith (U [Siebs 1901: 1281]), leid (J, FrR, O) ‘leid, unangenehm, verhaßt; traurig’, lƝde, leide adv. ‘leid, unangenehm, traurig’ (J); inwieweit auch das Komparativadv. leider ‘leider, bedauerlicherweise’ (BTr, D, O) bodenständig ist, sei dahingestellt. spätawfr. lee adv. ‘leid’ (Bo) INF frühfa. liadh adv. (+ dat.pers.) ‘leid’ (ca. a. 1600, Kat. 73) fa. lias [-z] adv. ‘leid’ in der Wendung lias du ‘leid tun’ (WFO 163, FÖW 321) helg. lead adv. ‘leid’ in den verb. Verbindungen lead wür ‘leid werden’, leäd du ‘leid tun’ (WK 409) sy. liir adv. ‘leid’ in liir dö ‘leid tun’ (BM 162, SU 654) FNF bök. liis [-z] adv. ‘leid’ in liis düünj ‘leid tun’ (FU 148) hall. lia adv. (+ dat.pers.) ‘leid, verleidet’ (MOH 1,108) ält. karrh. lisz adv. ‘überdrüßig’ in he es her lisz ‘er ist ihr über’ (ca. a. 1820, FF 105) ält. ngos. lies (a. 1743, BJ 2,93) und in lies duen ‘leid tun’ (a. 1745, TJ 31), ngos. liis [-z] adv. (+ dat.pers.) ‘leid, verleidet’ (MOH 1,108) str. liadh adv. (+ dat.pers.) ‘leid’ (ca. a. 1600, Kat. 73) OFR wang. leith adv. ‘leid’ in leith doo ‘leid tun’ (FA 1,96, HEN 270) WFR frühnwfr. lee adv. (SB 97), leed adv. (GJ 263) (+ dat.pers.) ‘leid’ nwfr. leed adv. ‘leed; niet gunstig; minder, minst gaarne’ (WFT 12,184) schierm. leed, leej adv. ‘leid, verhaßt’ (Spenter 191)

-lƯka-

AFR awfr. lƝthalƯk (U [Siebs 1901: 1281]), lƝdelƯk (J), lƝdlƯk (D, Ro [Hs.: Haet is riocht, Z. 73f.]), lƝlƯk (O), lƝlk (FrB 42) ‘leidig, unangenehm, schlecht’, WFR nwfr. lilk, lulk, lilts ‘boos, kwaad; niet mooi; ongunstig; akelig, naar, hinderlijk; tegenvallend, slecht, bij de verwachtingen achterblijvend; ondeugend, stout’ (WFT 12,307f.), hind. lilk ‘lelijk (van het gelaat)’ (GB 99), schierm. lilk ‘häßlich; schlimm’ (DF 70, Spenter 192) < synkopiertem *lƝlk < *lƝthelƯk mit Kürzung

laizizan-

-a-

-haiduBel Germ

Lit

337

des Stammkonsonanten in minderbetonter Position mehrsilbiger Wortkonstruktionen; vgl. Buma 1964: 13. AFR aofr. lƝth n. ‘Leid, Böses; Nachteil, Schade’ (R1), awfr. lƝd (D, Ro 1,22), leid (FrR) n. ‘Leid’, INF frühfa. liadh n. ‘Leid’ (ca. a. 1600, Kat. 63), FNF ält. ngos. lies (a. 1745, TJ 48), str. liadh (ca. a. 1600, Kat. 63) n. ‘Leid’, WFR frühnwfr. leed ‘leed, verdriet, smart’ (GJ 263), nwfr. leed n. ‘leed; verdriet, kommer; begrafenismaal; rouwbrief’ (WFT 12,183f.), schierm. leed n. ‘leed’ (DF 68) AFR awfr. leitheit f. ‘Abneigung, Widerwille’ (Fs 2,19); vgl. Ahlsson 185. West- und nordgerm.: E ae. lƗð, S as. lƝth, N mnl. leet, leit (-d-), D ahd. leid, W an. leiðr, O adän. lƝth. PFR *lƣþ. Das attributive afr. lƝth setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort; dort begegnen ausschließlich Formen in prädikativer bzw. adv. Verwendung, dabei zumindest im Nfr. und partiell im (Früh)nwfr. auf ein Àektiertes oder adv. *lƣthe zurückführend; zur Entwicklung von awfr. -ƣ- > nwfr. schierm. -Ɲ- (statt -ie-/-ai-) vgl. Siebs 1901: 1230 und Spenter 191. Als Entlehnung aus mnd. lêd ist OFR sat. läid adv. ‘leid’ in läid dwoo ‘leid tun’ aufzufassen sowie vermutlich auch die Ableitung sat. lälk ‘böse, schlecht; häßlich; ungehorsam’ (MF 128) < mnd. lellik in derselben Bedeutung. Das Primäradj. ist im Germ. isoliert und ohne direkten Anschluß im übrigen Idg. Siebs 1901: 1230f., 1281; Delbrück 1907: 136; van Helten 1907: 109 Anm. 10, 215; Falk/Torp 1909: 355; Löfstedt 1928: 108; Maurer 1951; Pokorny 1959: 672; Spenter 1968: 191; Boutkan/Siebenga 2005: 236. Hm 358 laizizan- ‘weniger’ P (§ 22)

F

AFR aofr. lessa (B1-2, E2-3, F, R1), lessera (E2) comp. ‘kleiner, geringer, niedriger’, lƝrest (B1-2, E1-3), leist (H) sup., lƝs adv. ‘weniger’ (H) awfr. lessa comp. ‘kleiner, geringer, leichter’ (A 276, D, J, Ro 2,118, 122, U [Brouwer], O), lessa adv. ‘weniger’ (D, J)

Bel Germ

Nordseegerm.: E ae. lƣssa comp., S as. lƝs adv. Suppletiver Komp. zu germ. *leitika-/*littika- ‘klein’; vgl. germ. *minwizan- ‘kleiner’ (s.u.). Den Ansatz mit grammatischem Wechsel bedingen die sup. Formen auf -r- (F afr. lƝrest, E ae. lƣrest), das nach der Synkope an die folgende Konsonanz -st assimiliert wird.

338

Lit

lama-

Germ. *laizizan- steht neben ablautendem germ. *leisa- ‘sanft’ (Hm 370). van Helten 1906: 197; van Helten 1907: 215; Falk/Torp 1909: 367; Krogmann 1935: 46; Pokorny 1959: 661f.; Löfstedt 1965-69: 23,31; Stearns 1978: 144; Boutkan/Siebenga 2005: 234f. Hm 359f. lama- ‘lahm’ *V (§ 27b)

F

E W O

-iga-eslan-

AFR aofr. lom ‘lahm, gelähmt, gebrechlich’ (B1-2, E1-3, F, H, PrJ 234, R1) awfr. lam ‘lahm, gelähmt’ (A 490, Fs 1,69, J, LSt, Ro 1,66, SnR 68, U [Sipma], O) INF fa. loom ‘lahm’ (WFO 167, FÖW 329f.) helg. lom ‘lahm’ (WK 432) sy. lam ‘lahm, gelähmt, hinkend’ (BM 157, SU 649) FNF bök. loom ‘lahm, gelähmt, schwerfällig’ (FU 150) hall. loom ‘lahm’ (MOH 1,230) karrh. luum, loom ‘lahm’ (OTJ 38, MN 612) ält. ngos. loom (a. 1745, TJ 40), ngos. loom, lååm (WNG 65) ‘lahm’ sgos. loom ‘lahm’ (EFS 83) wied. loom ‘lahm’ (FRU 211) OFR sat. lom ‘lahm’ (MF 131) wang. lom ‘lahm’ (FA 1,97) WFR frühnwfr. lam (SB 83), laem (GJ 258) ‘lahm’ nwfr. lam ‘lam; krachteloos, zonder macht; futloos, lui, loom; verlopen, stukgedraaid (van sloten, schruiven); vervelend, onaangenaam, beroerd’ (WFT 12,84) hind. lam ‘lam’ (GB 96) schierm. lam ‘lam’ (DF 67) ae. lama, loma ‘lame, disabled in the limbs, maimed, crippled, weak, paralysed, palsied, paralytic’ (BT 616); das Adj. begegnet offenbar lediglich in schwachgebeugter Form (Pilch 1970: 210). an. lami ‘lahm, unfähig sich zu bewegen’ (Baetke 359); auch dieses Adj. begegnet ausschließlich schwachgebeugt. adän. lam ‘som lider af en svækkelse, sygdom, der umuliggør bevægelse af et ell. Àere lemmer’ (ODS 12,236ff., Nielsen 1989: 254), aschw. lamber ‘utmattad, uttröttad, svag ell. styf i lemmarne’ (Söderwall 1884-1918 1,727) OFR sat. lommich ‘lahm’, davon sekundär abgeleitet lommigaid f. ‘Lahmheit’ (MF 131) AFR aofr. lamelsa m. ‘Lähmung’ (E3); vgl. Ahlsson 139.

langa- I

-eþǀ-

-ja-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

339

AFR aofr. lemithe, lemethe f. (B1-2, E1, F, H, R1-2), lamethe f. (B2, E2-3) ‘Lähmung’, awfr. lametha, lamatha (J), lam(e)the (A 492, D, Fs [Meijering], Ro 2,276, U [van Klaarbergen]), lamde (U [Meijering]) f. ‘Lähmung, Lähmungsbuße’; vgl. Ahlsson 131. AFR aofr. lem(m)a (B1, E1, F, H, R1-2), lamma (B2, E2-3), awfr. lamma (A 400, J, O) swv.1 ‘lähmen’ INF fa. loome (WFO 167, FÖW 330), helg. lome (WK 432), sy. lami (BM 157, SU 649) swv.2 ‘lahmen, hinken’, FNF bök. loome (FU 150), hall. loome (Lo 59), karrh. loome (MN 612), sgos. loome (Beitr. 26), wied. loome (FRU 211) swv.2 ‘lahmen, hinken’ West- und nordgerm.: S as. lam, N mnl. lam, laem, D ahd. lam. PFR *lom setzt sich regulär in den neufries. Mundarten fort; in INF sy. lam und WFR lam ist das -o- jedoch früh wieder develarisiert worden (vgl. Århammar 1995: 80f.), während sich in FNF karrh. luum [statt † loom] das durch Dehnung entstandene -ǀ- der Entwicklung ǀ > -nj- angeschlossen hat; vgl. entsprechend festl.des alten -Ɨ- > -ånfr. kluum ‘klamm’ neben regulärem kloom < *klom (s.o. unter germ. *klama-). Oder kam es hier zu einer formalen und inhaltlichen Vermengung mit festl.-nfr. luum ‘schlaff, matt’ < germ. *lauma- (s.u.)? Auffällig sind die Belege E ae. lama, loma, W an. lami, die ausschließlich in schwachgebeugter Form bezeugt sind. Möglicherweise haben wir es hier mit Konversionen n-stämmiger Subst. in prädikativer Stellung zu tun, in denen ihrerseits das substantivierte Adj. germ. *lama- vorliegt (vgl. Jünemann 1967: 16). Ebenso zeigt AFR aofr. lom bei prädikativer Verwendung statt der zu erwartenden starken Flexion verschiedentlich die schwache, so z.B. in B1 ... and hi werthe loma ‘und er lahm wird’ (Buma ed. 1949: 111, Z. 5) oder in E1 ... Gef thi erm al gader loma is ‘wenn der Arm vollständig lahm ist’ (Sipma ed. 1943: 78, Z. 106); vgl. dazu auch van Helten 1890: 162, § 204. Zu germ. *lama- ‘lahm’ vgl. ferner mit Dehnstufe germ. *lǀma‘weich, matt’ (Hm 385). Altes Verbaladj. zu idg. *lem- ‘(zer)brechen’ (IEW 674), in lit. lìmti ‘einknicken, brechen’, dazu kausativisch abulg. lomiti ‘brechen, zerbrechen’ usw. Siebs 1889: 83; Falk/Torp 1909: 363; Pokorny 1959: 674; Jünemann 1967: 16; Spenter 1968: 47; Boutkan/Siebenga 2005: 244. Hm 360f. langa- I ‘lang’ P (§ 2)

F

AFR aofr. long ‘lang’ (F, R1), longe (B1-2, E1-2, F, H, R1-2), long (E3, F) adv. ‘lange, lange Zeit’, leng (B1-2, H), lang (F) adv. comp. ‘länger’

340

langa- I

INF

FNF

OFR

WFR

un-

awfr. lang (A 492, Cr, D [Steller], EdJ 71, Fs 1,46, J, LSt, Ro 1,56, SnR 24, U [Steller], O), in FlN auch long (O) ‘lang’, lange adv. (A 1,134, BTr, D [Steller], FrB 106, Fs 1,109, J, U [Steller], O), lang adv. (EdJ 68, FrB 64, FrR, Fs 1,109, J, Ro 1,110, O), long(e) adv. (O) ‘lange’, leng adv. comp. ‘länger’ (D [Steller], Ro [Steller], U [Steller]) spätawfr. lang ‘lang’, lang adv. ‘lange’ (Bo) frühfa. lang /-o:-/ adv. ‘lange’ (ca. 1600, Kat. 63) ält. fa. long adv. ‘lange’ (a. 1754, CQ v.11), fa. lung ‘lang’ (WFO 170, FÖW 335), fa. loong (WFO 167, FÖW 330) adv. ‘lange’ helg. lung ‘lang’ (WK 440), loang adv. ‘lange’ (WK 431) sy. lüng ‘lang (räumlich)’ (BM 167, SU 660), lung ‘lang (zeitlich)’ und adv. ‘lange’ (BM 166, SU 660) ält. bök. long (a. 1746, CB 18), bök. lung (FU 151) ‘lang’, adv. ‘lange’ ält. hall. long adv. (a. 1749, NfSt 1,7), hall. long (MOH 1,240) ‘lang’, adv. ‘lange’ karrh. lung ‘lang’ (MN 2258, OTJ 37) ält. mgos. long (ca. 1810, GvS v. 13), mgos. lung (EFS 89), lung, longer comp., longst sup. (LHol 178), long (MN 2258) ‘lang’, adv. ‘lange’ ält. ngos. laang, laanger comp., langst sup. (a. 1743, BJ 2,87), ngos. lung, long (MOH 1,240, WNG 65) ‘lang’, adv. ‘lange’ sgos. long (EFS 89), lung (MN 2258, NfWb) ‘lang’ str. lung adv. ‘lange’ (ca. a. 1660, Kat. 63, a. 1662, DH 214), longer comp. adv. ‘länger’ (nach a. 1637, DH 182) ält. wied. long adv. (a. 1749, NfSt 1,43), wied. long (FRU 209) ‘lang’, adv. ‘lange’ ält. wyk. long adv. ‘lange’ (ca. a. 1750-84, MB I), wyk. long ‘lang’ (KF 102), loong (KF nr. 8), long (Gl 275) adv. ‘lange’ harl. long ‘lang’ (CM 69), longe adv. ‘lange’ (CM 105) sat. long ‘lang’ (EFS 89), loang ‘lang’, loange adv. ‘lange’ (MF 131) wang. lung ‘lang’ (EFS 89, Siebs 1901: 1380), long adv. ‘lange’ (HEN 345), dagegen bei Ehrentraut laang ‘lang’ (FA 1,96) wurst. long ‘lang’, adv. ‘lange’ (RM 107) frühnwfr. lang ‘lang’, adv. ‘lange’ (SB 53, GJ 260) nwfr. lang ‘lang; (van vloeistoffen) slap, dun, taai, slijmerig, draderig’, adv. ‘lange’ (WFT 12,99ff.) hind. lang ‘lang’, adv. ‘lange’ (GB 96) schierm. lang ‘lang’, adv. ‘lange’ (DF 67)

AFR awfr. unlange adv. ‘nicht lange’ (J)

langa- I

-lƯka-sama-

-ja-

-ǀn-

-Ưn-man-

-nassjǀ-eþǀ-

-haidu-ja-

341

INF fa. lungelk ‘länglich’, daneben mit Umlaut in derselben Bedeutung auch lingelk (FÖW 327) INF fa. loongsem, -soom ‘langsam, allmählich’ (WFO 168), helg. loangsoam ‘langsam’ (WK 431), sy. lungsom ‘langsam, träge’ (BM 166, SU 660), FNF bök. lungsoom (FU 151), karrh. lungsam (OTJ 37), ält. ngos. loongsem (a. 1743, BJ 2,87), ngos. long-, lungsoom (WNG 65) ‘langsam’, OFR wang. longsaam (FA 1,97), wurst. longsahm (RM 107) ‘langsam’, WFR frühnwfr. langsom ‘langzaam’ (GJ 260); Löfstedt 1971: 55 rechnet im Nfr. mit einer Entlehnung aus O ält. ndän. langsom < mnd. lanksam. INF fa. Linge FlN (Verf.), sy. Läängi FlN (BM 160), jeweils ein größeres Gewann in den Gemarkungen Wrixum/Föhr und Westerland/ Sylt bezeichnend, das ursprünglich in lange und schmale Ackerstreifen eingeteilt war. Im weiteren ist offenbar von einem ursprünglich prä¿gierten Kollektivum ains.-nfr. *(ji-)lenge n. < germ. *ga-langja- n. ‘das aus langen Ackerstreifen bestehende Gewann’ auszugehen (vgl. Krahe/Meid 1967: 72). Die Endung -e/-i deutet indessen nicht auf den Casus rectus ains.-nfr. *(ji-)lenge n. hin, sondern auf den Dat.Sgl. *(ji-)lengie. AFR awfr. lang(e) f. ‘Länge’ (J), WFR hind. lang in yn it lang ‘in die Länge’ (GB 96), sofern nicht ein ursprüngliches Ưn-stämmiges Abstraktum mit analogem -a- nach dem Adj. vorliegen sollte oder dialektale Formen mit -a- < -e-, was aber für J und das Hind. nicht unbedingt zu erwarten ist (vgl. Miedema 1976 und 1986). AFR aofr. lentze f. ‘Länge’ (E3); vgl. Ahlsson 4. WFR nwfr. langstme ‘Verlangen, Begierde’ (WFT 12,107), ein Neologismus des 19. Jahrhunderts, ausgehend von dem gleichbedeutenden sti-stämmigen Verbalabstraktum frühnwfr. langst (GJ 260), nwfr. langst (WFT 12,107), hind. langst (GB 96); vgl. Brouwer 1963: 254. INF helg. lungens n. ‘Langes’ (WK 441) AFR awfr. lingete, linkt f. ‘Länge’ (O), WFR nwfr. lingte (WFT 12,318f.), schierm. lengte m. (Spenter 89) ‘Länge’, daneben in derselben Bedeutung AFR awfr. lankt(e) f. (O), WFR frühnwfr. langte (SB 99), nwfr. langte (WFT 12,218), hind. langte (GB 96), tersch. langte (CR 61), wobei eine Entlehnung aus mnl. lancte f. wohl nicht auszuschließen ist; vgl. Ahlsson 132. AFR awfr. langhƝd f. ‘Länge’ (Fs [Meijering], P, Ro 3,14, O); vgl. Ahlsson 184. AFR awfr. linza swv.1 (Ro 1,56), forlenga, -lensa swv.1 (O) ‘verlängern’, INF fa. ling (FÖW 326), sy. lääng (BM 160, SU 651) swv.1 ‘länger werden (Tage)’, WFR nwfr. linge swv.1 sowie lingje swv.2 (WFT 12,318f.), schierm. lingje swv.2 (DF 69) ‘lengen (van dagen)’ mit Übertritt in die 2. Konjugationsklasse; daneben in derselben Be-

342

langa- I

deutung ohne Umlaut analog zum Adj. oder sekundär daraus abgeleitet WFR nwfr. lange, langje (WFT 12,104), hind. langje (GB 96), tersch. langje (CR 61); vgl. auch Jacobs 1900: 152 und Loopstra 1935: 66. Bel Germ

Gemeingerm.: E ae. lang, long, S as. lang, N anl. lango adv., D ahd. lang, W an. langr, O adän. langer, G laggs. PFR *long mit Verdumpfung des germ. -a- > -o- vor Nasal, das im Nfr. in geschlossener Silbe vor -ng früh gedehnt und in dieser Position unter Stoßton wiederum zu -u- gekürzt wird, im Festl.-Nfr. z.T. mit weiterer Senkung zu -o-. In zwei- und mehrsilbigen Konstruktionen wie z.B. im Adv. fa. loong, helg. loang ‘lange’ < ains.-nfr. *longe oder in Komposita unterblieb die Frühdehnung zunächst; dort ist das -o- erst später gedehnt worden, sofern hier nicht Ausgleich nach dem unÀektierten adj. Simplex eintrat. Eine davon abweichende, irreguläre Entwicklung zeigt sy. lüng ‘lang (räumlich)’ mit -y- < palatalisiertem -nj- gegenüber dem anfangs vielleicht nur adv. verwendeten sy. lung ‘lange’ mit -u- < -ǀ-. Diese „Entgleisung“ beruht in erster Linie wohl auf dem EinÀuß analoger Vorbilder, in denen Formen wie sy. düng n. ‘Dung’ < ains.-nfr. *dnjng und sy. tung g. ‘Zunge’ < ains.nfr. *tunge nebeneinander stehen und in denen die morphonologisch bedingte Lautopposition -y- < frühgedehntem -nj- vor -ng ohne Folgevokal : -u- < nichtgedehntem -u- vor -ng + -e sichtbar wird. Ihre Übertragung auf das Wortpaar für ‘lang’ : ‘lange’ erlaubte zugleich auch eine funktionale Unterscheidung des einsilbigen Adj. lüng (lokal) von dem (ursprünglich) zweisilbigen Adv. lung (temporal) (vgl. Siebs 1901: 1403). In OFR wang. lung ‘lang’ hat sich nach Siebs 1901: 1380 das „schleiftonige“ -u- [-u.-] aus aofr. -o- vor velarem -ng ohne Folgevokal entwickelt, während es im Adv. long < aofr. longe vor -ng + -e erhalten blieb; entsprechend dürfte sat. loang mit junggedehntem [-ȃ:-] vor -ng ohne Folgevokal aus aofr. long hervorgegangen sein (vgl. Siebs 1901: 1385), die Form sat. long dagegen aus einer Flexionsform oder dem Adv. Das von Ehrentraut bezeugte wang. laang ‘lang’ deutet schließlich Entlehnung aus mnd. lang an. Dagegen ist im Wfr. das vor Nasal verdumpfte germ. -a- bereits früh wieder develarisiert worden, wenngleich nicht durchgehend, wie die Belege awfr. long, longe (O) zeigen. Das endungslose Komparativadv. afr. leng, lang (mit -a- < -e-) < germ. *langiz (van Helten 1890: 183, Siebs 1901: 1360) lebt in den neufries. Mundarten nicht weiter; dort ausschließlich Fortsetzungen von afr. langer(a)/lengera adv. Das Adj. steht im Germ. isoliert.

(-)langa- II

Idg Lit

343

Ererbtes Primäradj. idg. *dlongho- ‘lang’ (IEW 196f.), etwa in lat. longus, neupersisch dirang. Siebs 1889: 89; Siebs 1901: 1380, 1403; Delbrück 1907: 137; Falk/ Torp 1909: 360f.; Löfstedt 1928: 240ff.; Pokorny 1959: 196f.; Spenter 1968: 14, 49; Lühr 1988: 161; Boutkan/Siebenga 2005: 245. Hm 361f. (-)langa- II ‘zugewandt’ V (§ 25e)

F

AFR lediglich prä¿giert in aofr. ondlenge (E2), ondlenges (E1, H), ondling (B1-2), o-, onlinga (F) adv./präp. + gen. ‘der Länge nach, in der gesamten Ausdehnung sich erstreckend, entlang’

anda-

AFR aofr. ondlenge(s), -ling(a) s.o.

-ja-

INF fa. ling (NfWb, FÖW 327), helg. ling (WK 429), sy. lääng (BM 160, SU 651) swv.1 ‘verlangen, sich sehnen, Heimweh haben’, FNF bök. länge (FU 145), hall. liange (MOH 1,111), karrh. linge (OTJ 28, 45), mgos. ling (MN 1654, EFS 89), ngos. linge (MOH 1,111), sgos. linge (MN 1654), wied. linge (FRU 207) swv.1 ‘sich sehnen’, OFR wang. leng swv.1 ‘lechzen, verlangen’ (FA 1,80) WFR frühnwfr. langje (GJ 260), nwfr. langje (WFT 12,104) swv.2 ‘verlangen (naar iemand of iets)’

-ǀjaBel Germ

West- und nordgerm.: E ae. -lang, -long, S as. -lang, D ahd. -lang, W an. -langr; O aschw. -langer, als Simplex lediglich in E ae. lenge adv. Das präpositional verwendete Adv. aofr. ondlenge und dessen Varianten zeigen im Gegensatz zu E ae. andlang, S as. antlang ‘fortlaufend, ganz (Tag)’ und W an. endlangr, O aschw. ændlanger ‘(längs) vor jemandem liegend, sich (nach hinten) erstreckend’ Umlaut. Vermutlich liegt hier eine erstarrte Lokativbildung germ. *langi- vor, teils mit Anschluß an andere Àektierte Kasus (ondlenges gen.sgl.n., ondling akk.sgl.n., o(nd)linga nach casus obliqui sgl.n. der schwachen Deklination), teils mit Übergang des geschlossenen -e- in -i-. Im weiteren wohl o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *lenga- stv.III ‘(vorwärtskommen)’ (Sb 331). Adj. mit dem Prä¿x anda- setzen entsprechend komponierte Verben voraus (Hm 362). Von derselben Ablautstufe ist ebenfalls das obenangeführte schwache Verb germ. *lang(ǀ)ja- ‘sich sehnen nach’ abgeleitet. Die adj. Bedeutung ‘sich erstreckend’ geht offenbar von ‘sich zielgerichtet auf etwas zubewegend’ aus.

344

Lit

laskwa- – lata-

van Helten 1890: 182; van Helten 1906: 183; van Helten 1907: 257f; Wissmann 1932: 24; Johannisson 1939: 10; Buma ed. 1949: 239; Pokorny 1959: 676f.; Seebold 1970: 331. Hm 363 laskwa- ‘träge, matt’ V

F

INF fa. laask (amr.), laas ‘leicht, nach hinten fallend (Getreide)’ (NfWb, FÖW 309) WFR nwfr. lask ‘licht, dunnetjes; mager; zonder vet of vlees; te veel verdund; ongetrouwd’ (WFT 12,134) schierm. laask, lask ‘eenzaam en alleen wonend’ (DF 67)

Germ

Das wahrscheinlich aus der o-Stufe von germ. *leskwa- stv.IV ‘erlöschen’ (vgl. F afr. leskia swv.2 ‘löschen’) abgeleitete Verbaladj. läßt sich im Fries. bodenständig nicht nachweisen. Die von de Vries 1977: 374, Heidermanns (Hm 363) u.a. offenbar als autochthon angesehene Form WFR nwfr. lask dürfte ebenso wie INF fa. laask Entlehnung aus S mnd. lasch ‘müde, matt’ bzw. im Wfr. auch aus N mnl. lasch ‘schlaff, lose, schwach’ sein. Angesichts INF fa. määsk, meesk f., WFR nwfr. mesk, schierm. mask [-ȃ-] ‘Masche’ < ains.- nfr./awfr. *meske < germ. *maskwǀ- f. mit -e- < tonerhöhtem -a- wäre wohl eher ein fa. † lääsk/leesk und nwfr. † lesk, schierm. † lask [-ȃ-] zu erwarten gewesen. Zum Ansatz germ. *laskwa- vgl. Heidermanns 1986: 303f. Hm 363f. lata- ‘säumig, träge’ *V (§ 36)

F

AFR aofr. letera (B1-2, E1-2, F, H), leiter (E3), letora (R1) comp. ‘später, folgender, nächster, zweiter’, lest sup. ‘letzt’ (B1-2, E1-3, F, H, R1) awfr. let ‘spät’ (A, Cr, EdJ 69, SnR), lettera (A 8, BTr, D, Fs 1,85, J, P, Ro 1,86, SnR 13, U [Steller], O), latera (O) comp. ‘später, folgender, nächster, zweiter’, lest (A 168, BTr, D, FrR, Fs 1,147, J, P, Ro 1,46, SnR 13, U [Steller], O), last (O) sup. ‘letzt’, lete (J), let (A 418, SnR 14) adv. ‘spät’ spätawfr. last sup. ‘spätest’ (Bo) INF frühfa. lehst sup. ‘letzt’ (ca. a. 1600, Kat. 69) fa. leed ‘spät’, leeder comp. ‘später, zweiter, nächstfolgend’, leedst sup. ‘spätest’, leetst, letst sup. ‘letzt’, adv. ‘neulich, unlängst’ (WFO 159, 162, FÖW 316, Verf.) helg. leet ‘spät’, leeter comp. ‘später’, leäst sup. ‘letzt’ (WK 416f.)

lata-

O -ja-

345

sy. leet ‘spät’, leeter comp. ‘später, nächstfolgend’, leest sup. ‘letzt’ (BM 159, SU 651) FNF bök. lääs ‘spät’, lääser, lääder comp. ‘später, zweiter, nächstfolgend’, lääst sup. ‘spätest’, leest sup. ‘letzt’ (FU 142, 143, 147) hall. lää, läi ‘spät’, lääre comp. (Àektiert) ‘nächstfolgend’ (MOH 1,214), ält. hall. leest in tho leest ‘zuletzt’ (a. 1749, NfSt 1,12), hall. leest (Lo 62) sup. ‘letzt’ karrh. leer, läär ‘spät’ (OTJ 30), leeðer comp., lääre comp. (Àektiert) ‘später, zweiter, nächstfolgend’ (MN 892, Beitr. Anhang Tab. 3b), leest sup. ‘letzt’ (MN 892, OTJ 31) mgos. laar (MN 893, BnG 1,109), laa (HMN 127, Beitr. Anhang Tab. 3b) ‘spät’, laae comp. (Àektiert) ‘später’, leest sup. ‘letzt’ (MAH 90) ält. ngos. läes ‘spät’, läeser comp.‘später’, leest sup. ‘letzt’ (a. 1743, BJ 2,82), ngos. lää ‘spät’ (MOH 1,214), lääe comp. (Àektiert) ‘nächstfolgend’ (Beitr. Anhang Tab. 3b), leest sup. ‘letzt’ (WNG 67) sgos. leer, läär ‘spät’ (MN 892, Beitr. 24), lääðer (Beitr. Anhang Tab. 3b), leeër (EFS 109) comp. ‘später’, leest sup. ‘letzt’ (NfWb) str. leh adv. ‘spät’ (a. 1662, DH 215), lehst sup. ‘letzt’ (ca. a. 1600, Kat. 69) ält. wied. läd (a. 1749, NfSt 1,43), wied. läär ‘spät’, läärer comp. ‘später, zweiter, folgender’, ält. wied. liæst sup. in ta liæst ‘zuletzt’ (a. 1749, NfSt 1,43), wied. leest sup. ‘letzt’ (FRU 197, 202) ält. wyk. läh adv. ‘spät’ (ca. a. 1750-84, MB I), wyk. leetst sup. ‘letzt’ (KF nr. 87) OFR harl. di leste m. ‘der Letzte’ (CM 100) sat. leet ‘spät’, leeter comp. ‘später’, lääst sup. ‘letzt’ (Kramer 1961: 132, MF 129) wang. littii ‘spät’, litiider comp. ‘später’, litiist sup. ‘spätest’, lest (FA 1,96), lääst (HEN 305) sup. ‘letzt’ WFR frühnwfr. let ‘spät’ (SB 50, GJ 265), lest sup. ‘spätest, letzt’ (SB 53, GJ 265) nwfr. let ‘laat’, letter comp., lêst ‘laatst’ (WFT 12,216f.) hind. let ‘laat’, letter comp., lest sup. ‘laatst’ (GB 98) schierm. lat [-ȃ-] ‘laat’, latter comp., last sup. ‘laatst’ (DF 68) tersch. let ‘laat’, letter comp., lêst sup. ‘laatst’ (CR 62) adän. ladh(er) ‘doven’ (ODS 12,149f., Nielsen 1989: 253) AFR aofr. letta (F), awfr. letta (Fs 1,47, Rq 514), lotta (J) swv.1 ‘verhindern, behindern, aufhalten; stören’ neben awfr. biletta swv.1

346

-ǀjaBel Germ

Lit

laufa-

‘in Arrest nehmen’ (Fs 1,90, P), OFR sat. lätte swv.1 ‘hindern’ (MF 128); vgl. Jacobs 1900: 152 und van Helten 1907: 216, 267. OFR sat. sik leterje swv.2 ‘sich verspäten’ (MF 129) Gemeingerm.: E ae. læt, S as. lat, N anl. letisto sup., D ahd. laz, W an. latr, G lats. PFR *let mit tonerhöhtem -e- < germ. -a-. Im Nfr. und Ofr. ist das Adj. – wahrscheinlich in Analogie zum Adv. – auf eine zweisilbige Vorstufe *lete zurückzuführen. In diesen Mundarten begegnet partiell neben dem kontrahierten Sup. le(e)tst, leest, lääst usw. ‘letzt’ < *let(i)st auch eine jüngere, offenbar nach dem Positiv gebildete Form fa. leedst, bök. lääst, wang. litiist in der Bedeutung ‘spätest’. Dialektalen Übergang von -e- > -å- zeigen WFR schierm. lat [-ȃ-] und AFR awfr. lotta swv.1. Für die Form INF fa. letst sup. ist indessen Entlehnung aus dem Nd. wahrscheinlich. Altes Verbaladj. zu germ. *lƣta- red. ‘lassen’ (Sb 334). Siebs 1889: 109; Delbrück 1907: 137; Falk/Torp 1909: 359; Löfstedt 1928: 214; Löfstedt 1933: 24 und Anhang Tab. 3b; Pokorny 1959: 666; Spenter 1968: 66; Seebold 1970: 334; Löfstedt 1971: 49. laufa- ‘schlaff, matt’ *V (§ 25d)

F

N

INF fa. -lu(u)f in auerluuf, -luf ‘überdrüssig’ (LFM 11, SP 10, WFO 19, FÖW 14) sy. -lof in aurlof ‘überdrüssig’ (BM 38, SU 481) WFR frühnwfr. læf ‘laf, bloode, kleenmoedig’ (GJ 253) nwfr. leaf ‘vermoeid’ (FW 2,111) nnl. (Nordholl.) loof ‘moede, vermoeid, afgemat’ (Boekenoogen 1897: 589); im ält. Nnl. auch südholl. (WNT 8.2,2761)

ga-

N mnl. geloof ‘moe, mat’ (VV 2,1274), gelove ‘doodmoe, afgemat, uitgeput’ (VV 2,1283), dazu mit ig-Suf¿x gelovich ‘moe, mat, uitgeput van vermoeinis’ (VV 2,1293)

Bel Germ

Nordseegerm.: F (INF, WFR), N (Nord-, Südholl.). Aus PFR *lƗf, N anl. *lǀf mit monophthongiertem germ. -au-. Die von Selmer 1921: 106 erwogene Anknüpfung an afr. lƗvia swv. ‘übriglassen’ < germ. *laibǀja- ist abzulehnen. Vielmehr ist Anschluß an das schwundstu¿ge S nnd. (OF) luff ‘schlaff, matt, müde, träge; still, unbewegt’ (DK 2,539), FNF bök. lu¿ ‘faul, träge’ (FU 151), INF fa. lofe swv.2 ‘kriechen (auf allen Vieren); krabbeln; auf den Knien arbeiten’ (FÖW 328), O nschw.dial. luffa swv. ‘springa

lauma-

Idg

Lit

347

tungt och klumpigt som en björn’ (Rietz 1862-67: 413) zu suchen, das auf eine deverbale Ableitung aus der II. Ablautreihe schließen läßt, obwohl ein germ. *leufa- stv.II einzelsprachlich nicht nachgewiesen ist. Vermutlich zu der Wurzel idg. *(s)leup- ‘schlaff herabhängen(d)’; dazu ferner F afr. luft ‘link’ < germ. *lufta- ‘schwach; link’ (s.u.); vgl. aus idg. *(s)leub(h)- auch S mnd. lobbe ‘hängende Lippe’, N nnl. lobbig ‘schlottrig, schlaff’, lit. lúpa f. ‘Lippe’ und slùbnas ‘schlaff, matt’ (IEW 964f.); anders van Haeringen in Franck/van Wijk 1949: Suppl. 103, der germ. *laufa- zu der Wurzel idg. *leup- ‘abschälen, entrinden, abbrechen, beschädigen’ (IEW 690) stellen möchte, indem er auf griech. ȜȪʌȘ ‘Kränkung, Verdruß’, ȜȣʌȩȢ ‘armselig, elendig’ verweist, doch scheint diese Gleichung insbesondere aus semantischen Gründen weniger gut zu passen. Selmer 1921: 106; Löfstedt 1946: 65; Franck/van Wijk 1949: Suppl. 103; Pokorny 1959: 964f.; Löfstedt 1965-69: 19/21,335; de Vries 1992: 411; Århammar 1995: 91. lauma- ‘schlaff, ermüdet’ *V (§ 65b)

F

S Bel

Germ

INF helg. looam ‘weich anzufühlen, mollig’ (WK 423) sy. loom ‘klam, fugtig, f. Ex. nyt Brød’ (Saxild 1842: 64) FNF bök. luum ‘gleichgültig, träge, niedergeschlagen’ (FU 152) hall. luum ‘nicht hart genug gesponnen (Garn), aufgeweicht (Kuchen)’ (MOH 1,129) karrh. luum ‘lose, locker, schwach’ (MN 2091) mgos. luum ‘lose, locker, schwach’ (MN 2092) ält. ngos. luem ‘locker’ (a. 1743, BJ 1,79) sgos. luum ‘locker’ (NfWb) wied. luum ‘lahm (übertragen), schlaff, matt’ (FRU 214) OFR harl. lohm, loohm ‘schwach, träge’ (CM 45, 63) sat. loom ‘müde, abgespannt’ (MF 131 nnd. (Ems.) loom ‘mager, elend, matt, müde, faul, lauwarm, drückend’ (Schönhoff 1908: 65) mit -ǀ- < mnd. -ô²Belege lediglich im F (INF, FNF, OFR) und S sowie vielleicht auch N, falls nnl. loom ‘traag, lui’ (de Vries 1992: 411) auf germ. *laumaund nicht auf germ. *lǀma- ‘weich, matt’ (Hm 385f.) zurückführt, was aber nicht sicher ist. PFR *lƗm, eine o-stu¿ge Ableitung mit ma-Suf¿x zu dem noch in Resten erkennbaren Verb germ. *leua- stv.II ‘entkräften (?)’, wozu auch W an. lúinn ‘erschöpft’, nnorw. luen ‘schlaff, ermüdet’, O aschw. luinn ‘ohnmächtig’.

348

Lit

lausa-

Entlehnung aus dem Nl. ist WFR frühnwfr. loam ‘loom, traag’ (GJ 277), nwfr. loom ‘loom, traag, mat, langzaam’ (WFT 13,17). Löfstedt 1928: 129; de Vries 1958: 26f.; Pokorny 1959: 681f.; Seebold 1970: 335; de Vries 1977: 354, 368; Faltings 1996: 106f. Hm 366f. lausa- ‘frei, los’ *V (§ 25c)

F

AFR aofr. lƗs (+ Gen.) ‘los, frei; von Rechtsverfolgung frei’ (E1-2, R1-2), sonst meist als -lƗs ‘-los’ in adj. Komposita wie alderlƗs ‘elternlos’ (B1-2), hƗvdlƗs ‘führungslos’ (F), tuchtelƗs ‘impotent’ (E2), warlƗs ‘obhutlos’ (H) usw. awfr. lƗs ‘nichtig, ungültig’ in lƗs ende falsk riucht (Ro 1,24), sonst als -lƗs ‘-los’ in adj. Komposita wie bǀtlƗs ‘bußlos’ (A 241), dǀmlƗs ‘urteilsunfähig’ (J), ƝrlƗs ‘ehrlos’ (O), ferdlƗs ‘friedlos’ (Fs 2,85), fƯlƗs ‘treulos’ (SnR 22), lƯÀƗs ‘leblos’ (D, SnR 186), warlƗs ‘obhutlos’ [in subst. alla warlƗsem] (U [Hoekstra]) usw. INF fa. luas ‘lose, locker; frei, ungebunden; leichtfertig’, adv. ‘los; einzeln’ (WFO 169, FÖW 332) helg. -looas ‘-los’ [in Komposita] (Århammar, mündl.) sy. luas ‘lose, ungebunden, locker; frei, ledig’, adv. ‘los’ (BM 166, SU 659) FNF bök. lüüs, luus(e) ‘lose, locker; leichtfertig’, adv. ‘los’ (FU 152) hall. luas ‘lose, locker’ (MOH 1,129) karrh. luus (MN 2099, OTJ 41), lüüs (EFS 281, OTJ 41) ‘lose, locker’ mgos. luus ‘lose, locker’ (MN 2099, HMN 127, BnG 1,128) ält. ngos. lues ‘lose; verschlagen’(a. 1743, BJ 1,80, a. 1760, Kon. 80) , ngos. luus (MN 2099, WNG 68) ‘lose, locker’ sgos. luas ‘lose, locker’ (MN 2099, EFS 281, Beitr. 37) wied. luus ‘lose, nicht fest anhaftend; nicht kompakt; leichtfertig’, adv. ‘los; einzeln’ (FRU 215) wyk. luus ‘lose, locker’ (KF nr. 27) OFR harl. lohs ‘listig, verschlagen’ (CM 80), laas adv. ‘los’ (CM 94) sat. loos ‘lose, locker; leer’, adv. ‘los’ (Kramer 1961: 136, MF 131) wang. looes ‘lose, locker; schlau’ (FA 1,97, 2,16) WFR frühnwfr. laes (SB 81, 88), leaz (GJ 262) ‘lose, locker; verschlagen, listig’ nwfr. leas ‘loos, vals, gemeen; slim, listig, sluw’ (WFT 12,170)

lausa-

-lƯka-a-ǀn-engǀ-haidu-ja-

-ǀja-

Bel Germ

349

AFR awfr. lƗslƯk ‘betrügerisch, leichtfertig’ (Ro 1,170) FNF bök. luus (FU 152), hall. luas (MOH 1,129), karrh. luus (MN 2099), sgos. luas (MN 2099), wied. luus (FRU 215) n. ‘Innereien beim Schlachten’ AFR aofr. hnjslƗse f. ‘Obdachlosigkeit’ (E1), awfr. thinglƗse (J, U [van Klaarbergen]), tinglƗse (D, J) f. ‘Gerichtsversäumnis’ INF fa. luasing f. ‘Innereien beim Schlachten’ (WFO 169, FÖW 332), FNF wied. luusing f. (FRU 215) ‘Innereien beim Schlachten’, vermutlich sekundäre Erweiterungen zu obigem luas, luus etc. AFR awfr. lƗshƝd f. ‘Falschheit, Arglistigkeit’ (Ro 1,42); vgl. Ahlsson 184. AFR aofr. lƝsa (E1,3, F, H, R1), awfr. lƝsa (BTr, D, J, Ro 2,30, O), liesa (A 198 [in inliesa], J) swv.1 ‘lösen, auslösen, loskaufen; erlösen’, FNF bök. liise (FU 148), hall. liase (MOH 1,103), karrh. liise (EFS 281), mgos. liise (EFS 281), ält. ngos. liesä (a. 1743, BJ 1,80, a. 1760, Kon. 81), ngos. liise (MOH 1,103), sgos. liase (EFS 281), wied. liise (FRU 204) swv.1 ‘lösen; erlösen’, in INF fa. liase (WFO 163, FÖW 321), sy. liise (BM 162, SU 654) swv.2 ‘lösen; erlösen’ wohl mit sekundärem Übertritt in die Konjugation der schwachen Verben 2. Kl., dazu mit prä¿giertem ver- ‘ver-’ die frühen Belege INF frühfa. verlehse, FNF str. verliase ‘erlösen’ (ca. a. 1600, Kat. 66) als Lehnübersetzung nach gleichbedeutendem mnd. vorlǦsen swv.1, OFR harl. layse (CM 94), sat. leese (EFS 281, Kramer 1961: 132), wang. leiz (FA 1,71) swv.1. ‘lösen’; vgl. auch Jacobs 1900: 162 (dort fälschlich auf eine Basis germ. *lǀsjan- zurückgeführt). INF sy. luasi swv.2 ‘lösen, lockern’ (BM 166, SU 659), WFR frühnwfr. leazje swv.2 ‘loos en afgerigt noemen’ (GJ 263), vermutlich sekundäre Bildungen nach dem Adj. Gemeingerm.: E ae. lƝas, S as. lǀs, N anl. lǀs, D ahd. lǀs, W an. lauss, O adän. lǀøs, G laus. PFR *lƗs mit monophthongischem -Ɨ- < germ. -au- hat sich in den obengenannten neufries. Formen regulär weiterentwickelt, im Nfr. ǀ im WFR über *lƣs. In minderund Ofr. über eine Vorstufe *lås, betonter Position eines Kompositums erscheint das Grundwort afr. -lƗs ‘-los’ auch abgeschwächt als -les. Darüber hinaus steht das Erbwort afr. -lƗs in dergleichen Komposita vielfach neben einem schon früh entlehnten mnd./mnl. -lǀs. In FNF ält. ngos. luesem adv. ‘locker, lose’ (a. 1745, TJ 39) liegt formal ein erstarrter Dat.Pl. der ursprünglichen starken AdjektivÀexion vor; vgl. nach demselben Wortbildungsmuster NFR letjem, litjem, latjem adv. ‘leise’ (zu germ. *leitika- ‘klein’), gratem, gurtem, grutem adv. ‘laut’ (zu germ. *grauta- ‘groß’) usw.

350

Lit

lƝ2ba-

Der germ. Basis *lausa- wird ein o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *-leusa- stv.II ‘(verlieren)’ (Sb 339f.) zugrunde liegen. Parallel dazu existierte in derselben Bedeutung anscheinend ein schwundstu¿ges germ. *lusa-, wie N mnl. los (Àektiert losse) ‘vrij, onbelemmerd, ongehinderd, los; beroofd, kwijt, zonder; verwijderd, weg’ (VV 4,806f.) und S mnd. los ‘los(e), locker’ (LB 2,850) andeuten, woraus regional übrigens auch nnd. (Wfal.) loss ‘los’ (Woeste 164) sowie nnd. (Ems.) løs (Schönhoff 1908: 61), nnd. (OF) lös ‘los, lose, abgeschieden od. abgetrennt, nicht fest, ungebunden, locker, frei, ledig, leer etc.’ (DK 2,531f.) mit „Dentalumlaut“ des -o- > -ø- vor -s (Nörrenberg 1932: 294ff.). Als Entlehnungen aus einem solchen schwundstu¿gen (m)nl./westl. (m)nd. los sind am ehesten WFR frühnwfr. los (GJ 280), nwfr. los (WFT 13,21ff.), hind. lòs (GB 101), schierm. las [-ȃ-] (DF 68) ‘los, frei’ aufzufassen, vermutlich aber auch INF helg. los ‘lose, beweglich’, adv. ‘los’ (WK 438) und OFR wang. los ‘los’ (HEN 36, 367), während WFR nwfr. loas (WFT 12,383f.), hind. loas (GB 100), tersch. lôs (CR 64) ‘lose, nicht fest’ und das als Halbsuf¿x fungierende nwfr. -leas, schierm. -leus (DF 69) ‘-los’ das bereits in afr. Zeit entlehnte mnd./mnl. (-)lǀs fortsetzen. Die ebenfalls im Fries. gut bezeugte Nebenbedeutung ‘böse, verschlagen, listig’ dürfte im Westgerm. alt sein. Siebs 1889: 281; Delbrück 1907: 137; Falk/Torp 1909: 377; van Helten 1909: 56f.; Löfstedt 1928: 129; Löfstedt 1933: 37; Boersma 1939: 91; Buma ed. 1949: 218; Spenter 1968: 118, 331; Seebold 1970: 339; Boutkan/Siebenga 2005: 227. Hm 367f. lƝ2ba- ‘gebrechlich’ P (§ 8)

F

AFR aofr. lƝf ‘schwach, krank, gebrechlich (Person)’ (B1-2)

Bel Germ

Nordseegerm.: F, E, S. PFR *lƝf. Das lediglich in den Brokmer Hss. jeweils nur einmal bezeugte aofr. lƝf setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort, doch wird seine Existenz sowohl formal als auch inhaltlich durch E ae. lƝf ‘weak, injured, in¿rm’ (BT 627), S as. lƝf ‘krank, schwach’ (Hh 45) abgesichert. Den Ansatz mit germ. -Ɲ2- legt die ae. Form nahe. Die weitere etymologische Zuordnung innerhalb des Germ. ist schwierig. Die zuletzt von Bammesberger 1990: 258 versuchte Anknüpfung an das starke Verb germ. *-leiba- stv.I ‘(bleiben)’, indem er eine Vԍddhibildung *lƝ2ba- < *leaiba- zu einem o-stu¿gem

lƣga-

Lit

351

Stamm *laib-a- ‘übrig(geblieben)’ vorschlägt (woraus die Bedeutung ‘schwach’), scheint nur eine von mehreren Möglichkeiten zu sein. Sehr wahrscheinlich ist germ. *lƝ2ba- Ausgangsform für germ. *lƝ2pa(Näheres s. dort). Sievers 1885: 504; Holthausen 1906-07: 323f.; van Helten 1907: 213; Oberdörffer 1908: 22; Falk/Torp 1909: 363; Holthausen 1921: 36; Pokorny 1959: 661; Lerchner 1965: 178f.; Löfstedt 1965-69: 19/21,335; Knapp 1974: 209; Bammesberger 1990: 258. Hm 368f. lǀ æga- ‘niedrig, gering’ *V (§ 37)

F

AFR aofr. lƝch ‘niedrig; gering’ (B1-2, E2, F) awfr. lƝch (Cr, FrB 134, Ro 2,74, SnR 197, O), liech (O) ‘niedrig; stromabwärts’ spätawfr. leech ‘niedrig’ (Bo) INF fa. liach, liich ‘niedrig; mit niedriger Deckenhöhe; tief (Stimme); von niedrigem Rang; niedrig gelegen (Land)’ (WFO 162, 163, FÖW 320, Verf.) sy. liig ‘niedrig’ (BM 161, SU 653) FNF bök. läich ‘niedrig, nicht hoch; niedrig, schlecht’ (FU 144) hall. leech ‘niedrig, tief; moralisch schlecht’ (MOH 1,47) karrh. läich ‘niedrig’ (MN 1194, OTJ 48) mgos. leech ‘niedrig’ (MN 1194, HMN 127, BnG 1,119) ält. ngos. leich (a. 1743, BJ 1,98), ngos. läich (MOH 1,47, WNG 77) ‘niedrig, tief; moralisch schlecht’ sgos. leech ‘niedrig’ (MN 1194, Beitr. 32) wied. leech ‘niedrig; gemein, von niedriger Gesinnung’ (FRU 202) wyk. leech adv. ‘niedrig, tief’ (KF nr. 25) OFR sat. läich ‘niedrig’ (MF 128) wang. leich ‘niedrig’ (FA 1,96) WFR frühnwfr. leeg ‘laag’ (GJ 264) nwfr. leech ‘laag; gering, klein (waarden); gering, niet uitstekend, onaanzienlijk (rang, stand); minderwaardig, gemeen; benedenwinds’ (WFT 12,178f.) hind. leech ‘laag’ (GB 97) schierm. liech ‘laag’ (DF 69) tersch. liig ‘laag’ (CR 63)

-a-

WFR nwfr. leech n. ‘laagte, laage of lager gelegen plaats, diepte, dal, vallei, slenk, kom; laaggelegen land’ (WFT 12,179f.), auch ‘Ungelegenheit, brenzliche Situation’ in immen yn ‘t leech ¿ere (FW 2,113)

352

-an-engǀ-eslan-

-eþǀ-

-man-nassjǀ-

-haidu-ǀja-

Bel Germ

lƣga-

FNF bök. läige (FU 144), karrh. läige (MN 1295), wied. leege (FRU 202) m. ‘Niederung’; WFR nwfr. lege g. ‘uitgegraven strook in veenland’ (WFT 12,189) INF sy. liigning g. ‘Niederung, Schlucht, Vertiefung’ (BM 161, SU 654); möglicherweise Lehnbildung nach O jüt. lavning ‘et lavt sted, f. eks. i marken’ (Feilberg 2,387). FNF bök. läigels n. (FU 144), wied. leegels m. (FRU 202) ‘Niederung’; vermutlich durch dän./jüt. EinÀuß aus einer ursprünglichen nassjǀ-Ableitung hervorgegangen; vgl. dazu Löfstedt 1968: 25f. sowie Nielsen 1989: 106. FNF bök. läiged n. (MN 1195, FU 144), läigde m. (FU 144), hall. leechte n. (MOH 1,47), karrh. läiged n. (MN 1195), läichte m. (OTJ 48), ält. ngos. leget (ca. a. 1745, JG 385), sgos. leeged n. (MN 1195), wied. leegde m. (FRU 202) ‘Niederung, niedrige Stelle’, OFR sat. läichte f. ‘Niederung, Vertiefung’ (MF 128), WFR frühwfr. leegte (GJ 264), nwfr. lichte, leechte (WFT 12,183, 256), schierm. liechte m. ‘laagte’; zumindest die Formen des WFR und die meisten des FNF sind mit dem (m)nd./(m)nl. Lehnsuf¿x -de/-te gebildet. WFR frühnwfr. leegtme ‘laagte’ (GJ 264); offenbar eine durch G. Japicx geprägte sekundäre Erweiterung von leegte; vgl. Brouwer 1963: 253. INF fa. liagens, liigens n. ‘Niederung’ (KJC 9,180, WFO 162, 163, FÖW 321), FNF hall. leegens ‘niedrige Stellen im Halligboden’ (MOH 1,47), ält. ngos. läichens ‘Niederung’ (a. 1760, Kon. 103), WFR nwfr. legens g. ‘laaggelegen plaats; onbeduidendheid, geringheid van rang, stand; minderwaardig, onedel, gemeen iets’ (WFT 12,189) FNF ält. ngos. leichheit [ohne Genusangabe] ‘Niedrigkeit’ (a. 1743, BJ 1,98), wied. leechhaid n. ‘Niedrigkeit, niedrige Lage; Gemeinheit’ (FRU 202) AFR awfr. forlƝgia swv.2 ‘niedriger machen’ (O), spätawfr. forlege part. prät. ‘erniedrigt’ (Bo), FNF ält. ngos. leigiä* swv.2 [in leigt ‘geniedriget’] (a. 1743, BJ 1,98) und vaarleigiä swv.2 ‘erniedrigen’ (a. 1745, TJ 44), hall. leege swv.2 ‘sich senken, untergehen (von der Sonne)’ (MOH 1,47), WFR nwfr. leegje swv.2 ‘dalen, nedergaan’ (FW 2,113), hind. ferleegje (GB 48), schierm. forliegje (Spenter 206) swv.2 ‘niedriger machen, vermindern’; – daneben mit iterativer r-Erweiterung oder aus dem Komp. abgeleitet INF fa. liagre, liigre swv.2 ‘niedriger machen, senken’ (Verf.), OFR wang. leiger swv.2 ‘sich senken (Sonne)’ (FA 1,84) West- und nordgerm.: S mnd. lêch, lêge, N mnl. lage, laech, lege, leech, D mhd. læge, W an. lágr, O adän. lƗgh. PFR *lƝch, das sich in den neufries. Mundarten regulär weiterent-

leitika-

Idg

Lit

353

wickelt, im Ins.-Nfr. und dialektal im Wfr. mit diphthongischem -iabzw. -ie-, das wiederum partiell zu -Ư- monophthongiert wird. Entlehnung aus dem Nd. oder wenigstens nd. Lehnlautung deutet INF helg. leeg ‘niedrig, Àach’ (WK 416) an. Man ist vorderhand geneigt, in den germ. Formen ein Verbaladj. zu germ. *legja- stv.V ‘legen’ (Sb 324f.) zu sehen, doch ist wahrscheinlich eher an eine Wurzelform idg. *lƝƣh- ‘niedrig, Àach’ (IEW 660) anzuschließen, die ebenfalls in synonymem lit. lơõksnas, lett. lêĊzns ‘Àach, platt, eben’ usw. vorliegt. van Helten 1890: 161; van Helten 1907: 213; Falk/Torp 1909: 358; Walter 1911: 72; Löfstedt 1928: 47; Teuchert 1944: 190ff.; Pokorny 1959: 660; Spenter 1968: 206; Seebold 1970: 324f. Hm 371 leitika- ‘klein’ *D (§ 108)

F

AFR aofr. lƯtik (F, H), littik (E3), littek (E2) ‘klein, gering’, adv. ‘wenig’ awfr. lƯtik (A 432, Cr, D, J, LSt, Ro 1,52, SnR 59, U [Hoekstra], UbD, O), littik (A 500, Cr, Fs 2,63, Ro 1,138, O), luttik (Fs 2,151, J, O), lits (Cr, O), lutz (O) ‘klein’, adv. ‘wenig’, Àektiert litka (A 106, D), litia (SnR 173), litika, litteke, litia, littia (O) spätawfr. lityk, lytz, Àektiert littie ‘klein, gering’ (Bo) INF fa. letj ‘klein, gering; arm(selig); kleinmütig’ (WFO 162, FÖW 319, Verf.) helg. letj ‘klein’ (WK 419) sy. litj ‘klein, wenig’ (BM 163, SU 656) FNF ält. bök. leit (a. 1748, NfSt 2,3), bök. latj (FU 146) ‘klein, kleinmütig’ hall. litj (EFS 186, Lo 54), leitj (MOH 1,166) ‘klein’, adv. ‘wenig’ karrh. leitj ‘klein’ (MN 1196, OTJ 32) mgos. lätj ‘klein’ (HMN 127, BnG 1,109) ält. ngos. lettie (a. 1743, BJ 1,61), lätj’, läetj’ (a. 1760, Kon. 70, 76), lait (a. 1767, Langenhorn, HHa), ngos. läitj (MOH 1,166) ‘klein’ sgos. letj (MN 1196, NfWb), leitj (Beitr. 16) ‘klein’ wied. lait ‘klein’ (FRU 199) wyk. letj* ‘klein’ in dä letje pl. ‘die kleinen Leute’ (KF nr. 17) OFR harl. lutk ‘klein’ (CM 54) sat. líetik, Àektiert líetje ‘sehr klein, winzig’ (MF 130) neben littik, Àektiert litje ‘klein’ (MF 130) wang. litk ‘klein’ (FA 1,96)

354

leitika-

WFR frühnwfr. lijts ‘klein, gering’, adv. ‘wenig’ (SB 54, AH 25, Z. 148, GJ 273), luttik ‘klein’ (nach a. 1591, Claes 22) nwfr. lyts ‘niet groot; van geringe grootte, afmeting, omvang, van minder dan middelmatige grootte, afmeting, omvang; kort, niet lang van gestalte; jong, niet volwassen; niet aanmerkelijk, gering, nietig; in zijn soort beneden anderen staand, minder in aanzien, rang, staat, stand; weinig kwaliteit bezittend; beperkt van opzet, omvang, werking; niet groot of weids, niet voornaam; kort van duur; niet ver; niet talrijk, gering in aantal; kleingeestig, kinderachtig; zwak, machteloos; bang, bevreesd, nederig, ootmoedig’, adv. ‘weinig; niet lang (duur); slecht, gebrekkig’ (WFT12,337ff.) hind. lik, älter likj, litj ‘klein’ (GB 99) schierm. lytj ‘klein’ (DF 70) tersch. lyts ‘klein’ (CR 63) -engǀ-nassjǀ-ǀjaBel Germ

WFR nwfr. lytsinge g. ‘het naar boven toe afnemen van de breedte van de dijk, waterkering’ (FW 12,342) INF fa. letjens n. ‘Kleinheit, kleine Statur’ (KJC 9,180, FÖW 320), WFR nwfr. lytsens ‘kleinheid; kleingeestigheid, laagheid; bekrompenheid; gevoel van minderwaardigheid’ (WFT 12,341) AFR awfr. lƯtikia swv.2 ‘verkleinern’ (D, J, U [Steller], Ro [Steller]); vgl. Jacobs 1900: 202. Nur F und in N mnl. littik; im übrigen Westgerm. (mit Ausnahme des D) und Nordgerm. gilt germ. *leitila- (Hm 371f.). Die Belege des Afr. zeigen teils Länge, teils Kürze des Stammvokals. Während das unÀektierte lƯtik die germ. Basis *leitika- regulär und ungestört fortsetzt, spielen bei littik offenbar Àektierte Kasus wie etwa afr. litka, litke < synkopiertem *litika/-e hinein, in denen die Dreisilbigkeit eine Reduktion der Stammsilbe, hier die Kürzung des -Ư-, bewirkt hatte. In der für das Afr. ungewöhnlichen Lautverbindung -tk- konnte auch in synkopierten Flexionsformen der unbetonte Mittelsilbenvokal nachträglich wieder eingefügt werden. Ob dabei die Doppelschreibung des tatsächlich eine positionsbedingte – und dann sicherlich sekundäre – Gemination ausdrückt oder doch nicht eher als ein graphematisches Kriterium zur Bezeichnung der voraufgehenden Vokalkürze zu werten ist, sei dahingestellt. Die Annahme einer expressiven Gemination, „wie sie bei pejorativen Wörtern nicht überrascht“ (Hm 372), ist zumindest für das Fries. nicht wahrscheinlich.

leitika-

Lit

355

Auf einen gekürzten Stammvokal führen zurück INF letj < ains.-nfr. *litik-, FNF latj, läitj, leitj, letj < afestl.-nfr. *litk-, OFR wang. litk < awang. *litk-, sat. líetik/littik < asat. *litik-/*litk-. Dagegen setzen WFR lyts, lik(j), litj und bei normaler Entwicklung auch INF sy. litj, FNF hall. litj eine Vorstufe mit langem Stammvokal voraus, es sei denn, in den beiden letztgenannten Formen wäre gekürztes -i- vor dem palatalen Folgekonsonanten nicht gesenkt, sondern erhalten geblieben, wofür es aber an Vergleichsmaterial zu fehlen scheint. Auf Entlehnung aus S mnd. luttik und/oder N mnl. luttik ‘klein’ aus germ. *luttika- (Hm 391) – oder ist *lnjtika- anzusetzen? – deuten AFR awfr. luttik sowie OFR harl. lutk und WFR frühnwfr. luttik hin. Die von Spenter 1968: 258 wohl in Anlehnung an Siebs 1889: 186, Löfstedt 1928: 166 und andere vertretene Ansicht, sämtliche fries. Formen seien mit Umlaut aus germ. *luttika- hervorgegangen, ist zu verwerfen. Der Komp. wird im Afr. überwiegend suppletiv mit germ. *laizisan- ‘weniger’ oder *minwizan- ‘weniger’ gebildet (siehe dort); Komparativa aus germ. *minwizan- begegnen partiell auch in den neufries. Mundarten. Zu erwähnen ist schließlich noch die nfr. Bezeichnung für ‘leise’: INF ält. fa. litjem (a. 1757, NfSt 1,23), fa. letjem adj. adv. (WFO 162, FÖW 320), sy. litjem adv. (BM 163, SU 656), FNF bök. latjem adv. (FU 146), karrh. leitjem adv. (MN 1198), wied. laitem adv. (FRU 200), ein wohl aus einer adv. Fügung stammender erstarrter Dat.Pl. der ursprünglichen starken AdjektivÀexion; eine Bildung mit der alten neutr. Nom./Akk.-Endung germ. -at könnte in dem sowohl adj. wie adv. verwendeten INF fa. letjet ‘wenig’ (WFO 162, FÖW 320), ält. helg. en letjet (a. 1758, NfSt 1,49), helg. en letjet (WK 420) ‘ein wenig’, sy. en litjet ‘ein wenig’ (BM 163, SU 656) vorliegen, entsprechend FNF ält. bök. leitiet (a. 1748, NfSt 2,4), karrh. leitjet (MN 1196), mgos. lätjet (MAH 93), ält. ngos. letjet (ca. a. 1745, JG 414), sgos. letjet (MN 1196), ält. wied. leitet (a. 1749, NfSt 1,44), wied. laitet (FRU 200), wyk. letjet (KF nr. 20) sowie möglicherweise auch bök. lait (FU 146) ‘wenig’, falls dort von einer kontrahierten Form auszugehen ist. Germ. *leitika- scheint aus einem ursprünglichen Adv. germ. *leitǀ ‘ein wenig’ (G leita) abgeleitet zu sein. Siebs 1889: 186; van Helten 1890: 120; von Grienberger 1900: 146; Siebs 1901: 1221; Delbrück 1907: 137; van Helten 1907: 223; Löfstedt 1928: 166; Krogmann 1935: 44ff.; Loopstra 1935: 115ff.; Boersma 1939: 31f.; de Vries 1958: 26; Pokorny 1959: 661f.; Matzel 1963: 153ff.; Stanforth 1967: 94ff.; Spenter 1968: 258; Hofmann 1979a: 59f.; Lühr 1982: 496ff.; Kluge/Seebold 2002: 586.

356

leka-

Hm 372f. leka- ‘leck’ V (§ 29a) F

INF fa. lääk, leek, lek ‘leck’ (WFO 157, FÖW 308) helg. lak ‘leck, undicht’ (WK 406) sy. lak ‘leck, undicht, wasserdurchlassend’ (BM 157, SU 649) FNF ält. ngos. leeck ‘leck’ (a. 1743, BJ 1,74) OFR sat. läk ‘leck, durchlässig’ (MF 129) WFR frühnwfr. leck ‘lek, vol gaten of scheuren’ (GJ 263) nwfr. lek ‘niet dicht, op een bepaalde plaats de inhoud niet inhoudend, een stof, inz. water, toelatend’ (WFT 12,196) hind. lek ‘lek’ (GB 97) schierm. lek ‘leck’ (Spenter 87) tersch. lek ‘lek’ (CR 62)

-a-

INF fa. lääk, leek, lek n. ‘Leck; Dachtraufe’ (WFO 160, FÖW 308), helg. lak n. ‘Leck von einem Schiff’ (WK 406), sy. lak n. ‘Leck, undichte Stelle’ (SU 649), OFR wang. lek f. ‘Traufe’ (FA 1,379), WFR nwfr. lek n. ‘plaats waar iets lek is’ (WFT 12,196f.) INF fa. lääkens, leekens, lekens n. ‘undichte Stelle’ (KJC 9,181 u. WFO 160, FÖW 308) mit sekundärem Genuswechsel Fem. > Neutr. INF fa. lääk, leek, lek (WFO 160, FÖW 308), helg. lak (WK 406), sy. lak (BM 157, SU 649) swv.1 ‘lecken, tröpfeln, triefen; undicht sein’, OFR sat. läkke (MF 129), wang. lek (FA 1,62) swv.1 ‘lecken’, WFR nwfr. lekke (WFT 12,198), hind. lekke (GB 97), schierm. lekke (Spenter 87), tersch. lekke (CR 62) swv.1 ‘lecken’

-nassjǀ-ja-

Bel Germ

Lit

West- und nordgerm.: E ae. hlec (zum Anlaut hl- vgl. Seebold 1970: 263, 330), S nnd. leck, M mnl. lec, D frühnhd. lech, W an. lekr. Alle obenerwähnten fries. Belege führen auf PFR *lek zurück, auch INF helg. sy. lak mit altem -e- > -a- in geschlossener Silbe vor -k wie in helg. sy. sak m. ‘Sack’ < ains.-nfr. *sekk, helg. spak n. ‘Speck’ < ains.-nfr. *spekk usw. Das Adj. dürfte deverbal aus germ. *leka- stv.V ‘leck sein’ (Sb 330) hervorgegangen sein. Entlehnung aus S mnd. lak ‘leck, durchlässig, undicht’ (LB 2,723) deuten dagegen die Formen FNF bök. hall. ngos. lak ‘leck’, lak n. ‘Leck; Dachtraufe’, lake swv. ‘lecken’ an (FU 145, MOH 2,196, Lo 61, WNG 66). Entlehnung scheint auch FNF wied. läk ‘leck’, läk n. ‘Dachtraufe; Leck, undichte Stelle’, läke swv. ‘leck sein, lecken; triefen, tröpfeln’ (FRU 200) zu sein, vermutlich aus S nnd. (SH) leck ‘wasserdurchlässig, undicht’ (Mensing 3,424). Kluge 1911: 524f.; Spenter 1968: 87; Seebold 1970: 330.

lenhwt*-

357

Hm 373f. lenhwt*- ‘leicht’ *V (§ 72) F

AFR aofr. licht ‘leicht (Gewicht); nicht schwierig; mit minderem Gehalt (Münze); mild’ (E1, F, H, R2), lichte adv. ‘leicht, anstandslos’ (E1-2, F, H) awfr. licht ‘leicht (Gewicht); nicht schwierig; geringfügig (Straftat); mit minderem Gehalt (Münze); mild; leicht berührend’ (A 106, Cr, D, J, LSt, Ro 1,52, SnR 9, U [Hoekstra], O), lichte (J), licht (O) adv. ‘leicht, ohne Schwierigkeit, anstandslos; niedrig im Preis; unstet; vermutlich’. – Hierher wohl auch awfr. liocht (J), licht (O) adj. ‘niedrig, gering von Rang oder Stand’, lichter komp. ‘außerehelich’ (O) spätawfr. licht ‘leicht’ (Bo) INF fa. lacht ‘leicht von Gewicht; nicht schwierig; leichtsinnig, von oberÀächlicher Gemütsart, fröhlich’ (WFO 158; FÖW 310) helg. lech ‘leicht von Gewicht; nicht schwierig; leichtsinnig’ (WK 414) sy. lecht ‘leicht von Gewicht; leicht, einfach’ (BM 158, SU 650) FNF bök. lacht ‘leicht, nicht schwer; nicht schwierig’ (FU 144) hall. lacht ‘leicht’ (MOH 1,157) karrh. lacht ‘leicht; leichtsinnig’ (MN 510, OTJ 35) mgos. lacht ‘leicht; leichtsinnig’ (MN 510, PG 130) ält. ngos. lacht (a. 1743, BJ 2,93), ngos. lacht (MN 510, MOH 1,157) ‘leicht’ sgos. lacht ‘leicht; leichtsinnig’ (EFS 219, Beitr. 5) wied. lächt ‘leicht, nicht schwer; nicht schwierig’ (FRU 198) wyk. lacht adv. ‘leicht’ (KF nr. 51) OFR sat. licht ‘leicht’ (MF 129) wang. licht ‘leicht’ (FA 1,96) WFR frühnwfr. licht ‘leicht’ (SB 60, WT 26, Z. 65, GJ 267) nwfr. licht ‘niet veel wegend, niet zwaar, hetzij absoluut of in vergelijking met iets anders; niet zwaar, stevig, plomp; zich gemakkelijk bewegend, niet plomp; duizelig; weinig moeite en inspanning vergend; door weinig dichtheid gemakkelijk te bewerken; gemakkelijk verteerbaar, niet zwaar op de maag liggend; droog (hooi); onbezward, opgewekt; onbeduidend, weinig betekend, gering; lichtzinnig, losbandig; niet diep, onvast (slaap)’ (WFT 12,253ff.) hind. licht ‘licht (niet zwaar); lichtgebouwd’ (GB 98) schierm. licht ‘licht’ (DF 69) tersch. lecht ‘licht, niet zwaar’ (Knop 1954: 113)

358

-lƯka-an-engǀ-

-eslan-nassjǀ-

-haidu-

-ja-

-ǀja-

Bel Germ

lenhwt*-

AFR awfr. lichtlƯk (A 50), lichtelƯk (U [Brouwer]) ‘leichtfertig; geringfügig’, lichtelƯke, -lƯken (J), lichtlƯk (O) adv. ‘leicht, nicht heftig’, FNF ält. ngos. lachtlick ‘leichtlich’ (a. 1743, BJ 2,90) FNF bök. lachte m. ‘Bequemlichkeit’ (FU 144), wied. lächte m. ‘Leichtigkeit’ (FRU 198) INF fa. lachting n. (FÖW 311), sy. lechting g. (BM 158, SU 650) ‘Erleichterung’, FNF ält. ngos. lachting [ohne Genusangabe] ‘Erleichterung’ (a. 1743, BJ 2,90), WFR nwfr. lichting ‘het omhoogbrengen; verlichting; mindering, afneming; het smaller en minder diep toelopen van de einden (van een schip)’ (WFT 12,258) FNF wied. lächtels m. ‘Erleichterung’ (FRU 198), wohl Lehnbildung nach O jüt. lettelse ‘Erleichterung’ AFR awfr. lichtenisse f. ‘Erleichterung, Herabsetzung’ (O), INF helg. lechtens n. ‘Leichtes’ (WK 414), sy. lechtens g. ‘Leichtigkeit’ (BM 158, SU 650); WFR nwfr. lichtens g. ‘duizeligheid; het niet zwaar, dicht, vettig zijn (van grond)’ (WFT 12,257); vgl. Ahlsson 119. AFR awfr. lichtichƝd f. ‘geringes Gewicht (Münze); Leichtigkeit’ (O) mit analoger ig-Erweiterung, FNF bök. lachthäid f. ‘Leichtigkeit’ (FU 144), wied. lächthaid n. ‘Leichtigkeit; Leichtsinn’ (FRU 198f.); vgl. Ahlsson 185. AFR aofr. lichta (E1, F), awfr. lichta (FrB 18, SnR 16, O) swv.1 ‘erleichtern; herabsetzen’, INF fa. lacht swv.1 ‘erleichtern; ein Schiff entladen’ (FÖW 311), FNF bök. lachte swv.1 ‘erleichtern’ (FU 144), WFR nwfr. lichte swv.1 ‘lichten’ (WFT 12,255) INF sy. lechti swv.2 ‘erleichtern, leichter machen’ (BM 158, SU 650), WFR nwfr. lichtsje swv.2 ‘lichten’ (WFT 12,255f.), daneben mit iterativer r-Erweiterung nach dem gleichbedeutenden nnl. lichtern swv. INF helg. lechtere swv2. ‘leichtern (Schiff)’; erleichtern’ (WK 414) sowie mit ig-Erweiterung FNF bök. lachtie (FU 144), ält. ngos. lachtiä (a. 1743, BJ 2,90), wied. lächtie (FRU 199) swv.2 ‘erleichtern’ Gemeingerm.: E ae. lƝcht, S as. lƯhto adv., N mnl. licht, D ahd. lƯht, W an. léttr, O adän. lƣt, G leihts. Der ursprünglich lange Stammvokal in kontrahiertem PFR *lƯcht < germ. *lenhwt- ist schon in afr. Zeit positionsbedingt vor -cht gekürzt und im Nfr. in geschlossener Silbe regulär zu -e- und partiell weiter zu -a- gesenkt worden. Aus der Grundbedeutung ‘leicht’ ergibt sich a) ‘einfach, ohne Mühe’, b) ‘gering’, c) ‘leichten Sinns’ und d) ‘leichtsinnig’. Wie van Helten 1894: 412f. bereits vorgeschlagen hat, ist vermutlich auch der Beleg awfr. liocht (J) in der besonderen Bedeutung ‘niedrig, gering (von Rang, Stand)’ < älterem *licht mit „Brechung“ des -i- > -iu- vor -cht hierherzustellen. Die betreffende Textpassage aus dem

lƝ2pa-

Idg

Lit

359

westerlauwersschen Sendrecht Hwat soe di decken wroeght iefta oere liochte lioede, so ne thor ma dae werdem nen andword iaen ... ‘Was immer der Dekan rügt oder andere niedrige Leute, so braucht man auf diese Anschuldigungen keine Antwort zu geben’ (J 1,180) könnte dahingehend verstanden werden, daß der gegenüber dem Bischof rangniedrigere Dekan und andere niedere Geistliche ohne die Assistenz der Sendgeschworenen (Laienrichter) nicht urteilen dürfen. Deutlicher wird dies noch in der Parallelstelle in D: Haetso di decken vroghet buta da eedsuara, iefta di prester iefta ander lichta lioed, so ne thorma da virden neen andert iowa ... (Rq 403). Die Bedeutungsentwicklung von ‘leicht’ > ‘gering’ > ‘gering, niedrig von Rang, Stand’ begegnet übrigens ebenfalls in D mhd. ein leihter man im Gegensatz zu adelich (Lexer 1,1918; vgl. ferner DW 6,638). – Anders jedoch Buma 1996: 183, der – möglicherweise in Anlehnung an von Richthofen 1840: 897 – awfr. liocht für eine Variante von awfr. liƗcht ‘hell, licht’ hält, mit analogem -inj- nach awfr. -linjchta swv. ‘leuchten’ und der übertragenen Bedeutung ‘erleuchtet, klug, weise’. Seebold 1981: 294ff. setzt einen Konsonantstamm idg. *lenghԥhot-/ *lengԥht- an. Der Vergleich mit ai. ráӹhate ‘eilt, läuft, beschleunigt’ zeigt, daß das -n- des Adj. aus dem Verb übernommen ist. Die ursprüngliche Bedeutung wäre danach etwa ‘sich leicht bewegend’ (Hm 374). Siebs 1889: 219; Siebs 1901: 1221; Falk/Torp 1909: 360; Löfstedt 1928: 157; Pokorny 1959: 660f.; Rosengren 1968: 100f.; Seebold 1981: 294ff.; Lehmann 1986: 229f.; Bammesberger 1990: 256f. lƝ2pa- ‘krumm; gebrechlich’ P (§ 8)

F

S

AFR awfr. lƝp ‘schlecht, von schlechter Qualität’ (O) spätwfr. leep ‘schlecht, lästig’ (Bo) OFR harl. leep ‘schwach’ (CM 45) sat. läip ‘schlecht, böse’, adv. ‘schwer, sehr’ (MF 128) WFR frühnwfr. ljeap, liep ‘leep, schrander’ (GJ 270) nwfr. liep ‘leep, slim, listig’ (WFT 12,271f.) hind. leep ‘leep, slim’ (GB 97) schierm. liep ‘leep’ (DF 70) nnd. (OF) lêp ‘böse, arg, schlecht, schlimm; entzündet, eitrig; moralisch schlecht; körperlich schwach; armselig, mißlich’ (DK 2,495), nnd. (Bremen) leep ‘elend, schlecht, mager; verkommen’ (Brem. Wb. 3,53), nnd. (old.) leep ‘schlimm, schlecht’ (Böning 64), nnd. (wfal.) lƝp, läip ‘schlimm (Schwäre); wütend; schlecht’ (Nörrenberg 1950: 333), gron. laip, laaip ‘ziekelijk, zwak; leep, listig, loos’ (ter Laan 1952: 404)

360

N

D Bel

Germ

lƝ2pa-

mnl. leep ‘schuinsch; slim; bedenkelijk, erg, van slecht gehalte, ellendig; gevat, gewikst, sluw, bijdehand’ (VV 4,276), nnl. (westÀäm.) leep ‘dat scheeve of kwade vouwen heeft; dat afwijkt van het effene of van het rechte’ (de Bo 1892: 617); zu weiteren mundartlichen Formen vgl. Lerchner 1965: 179. niederrhein. lƝp, lîep ‘leicht gebaut, nicht solide, zu schwach (von Gegenständen)’ (Müller/Dittmeier 1928-71: 4,490) Ursprünglich vielleicht nur nordseegerm. (F, S, N): ein relativ spät bezeugtes Wort der südlichen Nordseeküste mit Kernvorkommen im südwestlichen, mittleren und nordwestlichen Nl. Die nnd. Belege aus dem östlich angrenzenden Emsland und westlichen Westfalen, aber auch die des nördlichen Niederrheins zwischen Kleve und Mörs entstammen Mundarten, die in der Vergangenheit einem mehr oder weniger starken nl. EinÀuß unterlagen, so daß dort mit einer nl. Entlehnung zu rechnen ist. Schönhoff 1908: 95 zählt etwa nnd. (emsl.) lƝp ‘krank, verkommen; falsch (vom Gelde); von Menschen, die hexen können’ sicherlich zu Recht zu den nl. Lehnwörtern. Am Ende kann sogar für nnd. (OF) lêp sowie für sämtliche fries. Belege eine nl. Entlehnung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. PFR *lƝp, woraus regulär OFR läip, WFR liep, leep. Die Form harl. leep könnte dagegen auf Entlehnung aus nd./nl. *lƝp deuten, da Cadovius Müller den Diphthong harl. /-e:j-/ < aofr. -Ɲ- zumeist mit bezeichnet, wenigstens in der Position vor Verschlußlaut, doch kann hier von einer wirklichen Orthographie kaum eine Rede sein, so daß man den von der Regel abweichenden Schreibungen kein allzu großes Gewicht beimessen sollte. Die weiteren etymologischen Zusammenhänge sind undurchsichtig und bislang noch nicht überzeugend dargelegt worden. Zunächst ist festzuhalten, daß im WestÀämischen neben nnl. leep eine gleichbedeutende Ablautvariante nnl. lijp (de Bo 1892: 636f.) begegnet. Dasselbe Ablautverhältnis zeigen germ. *lƝ2ba- ‘gebrechlich’ (s.o.) und germ. *leiba- in E ae. lƯf (Hm 370), letztere ebenfalls in der Bedeutung ‘gebrechlich’. Vermutlich sind die p-Formen einst aus den b-Formen hervorgangen und daher mit ihnen im Ursprung identisch; bei der sekundären Schärfung des -b- > -p- dürfte es sich schließlich um eine regional begrenzte Entwicklung der südlichen Nordseeküste handeln. Obskur bleiben allerdings nach wie vor die historisch-genetischen Umstände des Wortbildungsprozesses, aus dem sich der auffällige Ablaut -ei- : -Ɲ2- plausibel erklären ließe. Man könnte sich an dieser Stelle fragen, ob germ. *lƝ2b/pa- nicht besser als *laib/pa- angesetzt werden sollte, wie van der Meer 1927: 26 vorgeschlagen hat. Dagegen spricht nicht nur E ae. lƝf < *lƝ2ba-, sondern auch OFR sat. läip mit [-e:j-] < aofr. -Ɲ- (= -Ɲ1-/-Ɲ2-; zu -Ɲ2- im Fries. vgl. Hofmann

leuba-

Idg

Lit

361

1964: 160ff.); eine Basis aofr. † lƣp mit -ƣ- < monophthongiertem germ. -ai- hätte wohl eher sat. † leep ergeben. Die verschiedenen Wortbedeutungen ‘durchtrieben, verschlagen, listig, schlau’ < ‘schief, krumm’ neben ‘schwach, elendig, ärmlich, schlecht’ lassen sich in einer Grundbedeutung ‘in einem schlechten und heruntergekommenen äußerlichen Zustand’ vereinen. Offenbar bh-Erweiterung zu der idg. Wurzel *lei- ‘eingehen, abnehmen, schwinden; mager, schlank’ (IEW 661f.) und daher wohl verwandt mit lit. láibas ‘schlank, schmächtig, hager, dünn’, líebas ‘dünnbeinig’ usw. van der Meer 1927: 26; Franck/van Wijk 1949: 375; Pokorny 1959: 661f.; Lerchner 1965: 178f.; Spenter 1968: 210; de Vries 1992: 389. Hm 376 leuba- ‘geliebt’ *V (§ 24d)

F

AFR aofr. liƗf ‘lieb; angenehm; verwandt’ (B1-2, E2, F, H, PrJ 238, R2) awfr. liƗf ‘lieb, beliebt, teuer; angenehm’; adv. ‘freundlich, herzlich’ (A 272, Cr, BTr, D, FrB 44, FrR, Fs [Gerbenzon ed. 1961: 27], J, Ro 2,166, SnR 84, U [Brouwer], O) spätawfr. liaaf ‘lieb’ (Bo) INF frühfa. leff (ca. a. 1600, Kat. 62) fa. lef, leewer comp., lefst sup. (WFO 161, FÖW 317) ‘lieb’, jünger auch im Pos. leew nach dem Komp. oder Àektierten Formen. helg. lif, liiwer comp., liiwst sup. ‘lieb’ (WK 424), der Pos. lediglich in lif hoa ‘lieb haben’ (TS 250) sy. lef, lewer comp., lefst sup. ‘lieb’ (BM 159, SU 652) FNF ält. bök. lief* in Àektiertem live und ollerlievst sup. ‘allerliebst’ (a. 1746, CB 17), bök. liif, liiwer comp., liifst sup. ‘lieb’, adv. ‘gerne’ (FU 147) ält. hall. liever comp. (a. 1749, NfSt 1,6), hall. liif, liiwer comp., liiwst sup. (MOH 2,121) ‘lieb’ karrh. liif, liiwer comp., liiwst sup. ‘lieb’ (MN 1390, OTJ 66) mgos. liiw, liiwer comp., liiwst sup. ‘lieb’ (MN 1390, BnG 1,115) ält. ngos. lief, liewer comp., liefst sup. (a. 1743, BJ 2,92), ngos. liif, liiwer comp., liiwst sup. (MN 1390, MOH 2,121) ‘lieb’ sgos. liif, liiwer comp., liiwst sup. ‘lieb’ (MN 1390, EFS 301, HMN 35) str. lief* in min lieve wif/wüff ‘mein liebes Weib’ (a. 1637-61, DH 181), lief(f) adv. ‘lieb’ (ca. a. 1660, Kat. 63) ält. wied. lief adv. (a. 1749, NfSt 1,45), wied. liif, liiw, liiwer comp., liifst sup. (FRU 203) ‘lieb’

362

leuba-

ält. wyk. lief* in Àektiertem liewe Hiere ‘lieber Herr’ (ca. a. 1750-84, MB II) OFR brok. liaf* in liawe bidnern ‘liebe Kinder’ (OfSt 70) harl. liaf ‘lieb’ (CM 62) sat. ljoof, ljauer comp., ljoofste sup. ‘lieb’ (MF 131) wang. liuuef, liaver comp., liafst sup. ‘lieb’ (FA 1,24) wurst. liof ‘lieb’ (RM 108) WFR frühnwfr. liaeff (SB 80), liæf (AH 21, Z. 3, WT 27, Z. 108), ljeaf (GB 268) ‘lieb’ nwfr. leaf, ljeawer, ljouwer comp., ljeafst, ljoust sup. ‘bemind, geliefd; best; kostelijk, kostbaar; dierbaar, geliefd; aardig, vriendelijk, goed van karakter; aardig, mooi, bekoorlijk, bevallig’ (WFT 12,148ff.) hind. lêf, lèuwer, löuwer comp., lèust, löust sup. ‘lief; al te vriendelijk’ (GB 97) schierm. jaif ‘lieb’ (DF 54) tersch. jiw, jevver, jiwwer comp., jefst, jiwst sup. ‘lief’ (CR 49, 50), (W) jêf ‘lief’ (Knop 1954: 60) -lƯka-

-nassjǀ-eþǀ-

-haidu-

AFR aofr. liƗÀƯke adv. ‘freundlich, wohlwollend’ (R1), awfr. liƗÀƯk ‘freundlich; freundschaftlich, angenehm; ordnungsgemäß’ (Cr, D, FrB 134, J, Ro, U, O), INF fa. lefelk ‘lieblich, fein’ (MN 1391, WFO 159, FÖW 317), FNF ält. bök. liÀick (a. 1748, NfSt 2,4), hall. liiÀik (Bonken 1925: 39), karrh. liiÀik, liifelk (MN 1391), ält. ngos. lieÀick (ca. a. 1745, JG 206), wied. liiÀik (FRU 203) ‘lieblich, angenehm’, OFR sat. ljowelk ‘lieb, artig’ (MF 131), WFR frühnwfr. læÀick (WT 26, Z. 82), ljeafÀijck (GJ 268) ‘lieblich, artig’, hind. lêÀik ‘erg klein’ (GB 97) WFR schierm. jaivens n. ‘liefheid’ (DF 54) AFR awfr. liƗfte f. ‘Liebe; Euer Liebden (Anrede)’ (FrB 42, 70, Ro 2,218, O), FNF mit dem nd. Lehnsuf¿x -de bök. liiwde m. (MN 1403), ält. hall. liefde (a. 1749, NfSt 1,7), karrh. liiwde m. (MN 1403, OTJ 66), mgos. liifde f. (LHol 178), ngos. liifde f. (WNG 67), sgos. liifde m. (MN 1403), ält. wied. lievde (a. 1749, NfSt 1,45) ‘Liebe’, OFR brok. lyaffd’ (OfSt 70), harl. liafde (CM 48), sat. ljoote f. (Kramer 1961: 135), wurst. liafd (RM 108) ‘Liebe’ [Entlehnungen aus dem Nd. sind dagegen INF fa. leefde f. (WFO 159, FÖW 314), sy. leefdi g. (BM 159) ‘Liebe’], WFR frühnwfr. liafte (SB 96), ljeafte (GJ 269), nwfr. ljeafde (WFT 12,150) ‘liefde’; vgl. auch Ahlsson 132. AFR awfr. liƗfhƝd f. ‘Liebe; Lieblichkeit, Zuneigung; Annehmlichkeit’ (A 60, BTr, P, O) neben gleichbedeutendem liƗfthƝd f. (A 16) – mit anorganischem -t- nach liƗfte f. (s.o.) oder lediglich Schreibfehler? –,

leuba-

-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

363

ferner INF fa. lefhaid n. (CJ 216, FÖW 317), sy. lefhair g. (BM 160, SU 652) ‘Liebe’; vgl. auch Ahlsson 185. AFR aofr. liƗvia (E1, H), awfr. liƗvia (O) swv.2 ‘liebwerden, gefallen; belieben’, FNF hall. liiwe (Lo 63), karrh. liiwe (OTJ 66), ält. ngos. lieviä (a. 1745, TJ 30), str. lieve, lievy (ca. a. 1600, Kat. 63) swv.2 ‘lieben’, OFR harl. liafen (CM 58), wurst. tjeljáfen (RM 108 [wörtl.: ‘zu lieben’; vgl. Hofmann 1961a: 147]) swv. ‘lieben’, WFR frühnwfr. ljeafje (GJ 269), nwfr. ljeavje (WFT 12,175f.) swv.2 ‘lieven, beminnen’; vgl. auch Jacobs 1900: 201f. und van Helten 1907: 216. Gemeingerm.: E ae. lƝof, S as. liof, N anl. lief* (-v-), D ahd. liob, W an. ljúfr, O adän. ljnjv, G liufs. Die neufries. Belege zeigen eine unterschiedliche Fortentwicklung aus PFR *liƗf: 1. Im Nfr. führt ains.-/afestl.-nfr. *liƗf zunächst zu *liƣf > *liƝf mit palatalisierter zweiter Diphthongkomponente durch Einwirkung des voraufgehenden -i-, danach a) INF fa. sy. lef mit Vokalkürzung vor stimmloser Spirans und vorherigem Ausfall der ersten Diphthongkomponente -i- (- i-) nach l-, b) INF helg. lif, FNF liif o mit weiterer Palatalisierung des -iƝ- > - iƯ-, das schließlich zu -Ư- assio miliert und in helg. lif wiederum positionsbedingt vor -f gekürzt worden ist; 2. OFR sat. ljoof und offenbar auch wurst. liof sind dagegen direkt aus aofr. liƗf hervorgegangen mit regulärer Verdumpfung der zweiten Diphthongkomponente -Ɨ- > /ȃ:/; davon abweichend weist der Pos. wang. liuuef (statt eines zu erwartenden † liooef) scheinbar auf ein umgelautetes aofr. -inj- < germ. -eu-+ -i-/j-, doch dürften dabei jüngere analoge Vorgänge im Spiel sein, möglicherweise ausgehend von verschiedenen starken Verben der II. Kl. wie wang. Àiuug ‘Àiegen’, liuug ‘lügen’, riuuk ‘riechen’ etc., die den Umlaut aus der 2. und 3. P.Sgl.Präs. übernommen haben (vgl. Siebs 1901: 1310); 3. WFR ljeaf, lêf, jaif, jêf usw. setzen allesamt ein awfr. liƣf < afr. liƗf fort, teils mit progressiver Anlautverschmelzung des lj- zu j-, teils regressiv zu l-. Die ursprüngliche verbale Grundlage (II. Ablautreihe) macht sich auch im Fries. noch in schwundstu¿gem AFR awfr. luve f. ‘Liebe’ (A 60, Ro 2,288) < germ. *lubǀ- f. bemerkbar sowie davon abgeleitet in awfr. luvia swv.2. ‘lieben’ (D, J). Ererbtes Adj., identisch mit abulg. lubɴ ‘lieb’ < idg. *leubho- ‘lieb’ (IEW 683f.); dazu die verbale Grundlage ai. lúbhyati ‘verlangt heftig’, lat. libet, lubet ‘es beliebt’. Siebs 1889: 301; Delbrück 1907: 137; Falk/Torp 1909: 376; Weinacht 1929: 14, 28f., 39f.; Löfstedt 1931: 120f.; Pokorny 1959: 683f.; Spenter 1968: 280; Århammar 1969: 55; Boutkan/Siebenga 2005: 238f.

364

leuht-

Hm 379f. leuht*- ‘hell’ *V (§ 72) F

AFR aofr. liƗcht (B1-2, E1, F) ‘licht, hell’, daneben als Grundwort eines Kompositums in dǀmliƗcht ‘taghell’ (E1, F, R1-2) sowie in einer ähnlichen verstärkenden Bedeutung hƝmliƗcht (H) awfr. liƗcht ‘licht, hell’ (D, J, Ro 2,174, U, O) INF fa. laacht ‘hell; klar (Wetter); blond’ (WFO 157, FÖW 307) sy. läächt ‘licht, hell’ (BM 158, SU 650) FNF bök. jåcht ‘hell; blond’ (FU 120) hall. jaacht ‘hell’ (Bonken 1925: 39) ält. karrh. jahgt ‘hell’ (ca. a. 1820, FF 83) ält. ngos. liacht ‘hell’ (ca. a. 1745, JG 205) str. liacht ‘hell’ (a. 1637-61, DH 181) wied. (l)jaacht- in (l)jaachtwjin ‘hellblau’ (FRU 207) OFR sat. ljoacht ‘licht, hell’ (MF 130) wang. liacht ‘hell’ (FA 1,96, HEN 251) WFR nwfr. ljocht ‘niet donker, helder, vol licht, veel licht gevend; helder van kleur; duidelijk; opgewekt, blij, gelukkig, geluk brengend’ (WFT 12,365) hind. lêcht [-Ȋ.ԥ-] ‘licht, helder; blond’ (GB 97) schierm. jiet ‘licht, helder’ (DF 55) tersch. (l)jecht ‘licht’ (CR 49)

-lƯka-

INF fa. laagelk ‘hellfarbig; leicht blond’ (NfWb, Verf.) < *liƗgdelk < *liƗcht(e)lƯk mit Reduktion und Lenisierung der auslautenden Stammkonsonanz -cht vor dem „schweren“ Suf¿x -lƯk; vgl. dazu Hofmann 1961: 25.f. AFR awfr. liƗcht n. ‘Licht; Kerze’ (D, FrR, J, Ro 2,220, U, O), spätawfr. liacht n. (Bo) ‘Licht’, INF ält. fa. laagt (a. 1754, CQ v.5), fa. laacht (WFO 157, FÖW 307) n. ‘Licht; Kerze’, helg. leäch n. ‘Licht, Helligkeit; Kerze; Donnerkeil, Belemnit’ (WK 411), sy. läächt n. ‘Licht, Glanz, Helle; Kerze’ (BM 158, SU 650), FNF bök. jåcht n. ‘Licht, Helligkeit; Kerze’ (FU 119f.), hall. jaacht, jåcht n. ‘Licht’ (MOH 2,126), ält. karrh. jahgt (ca. a. 1820, FF 83), karrh. (l)jåcht n. ‘Licht; Talglicht’ (MN 317, OTJ 29, 66), mgos. (l)jaacht n. ‘Licht, Kerze’ (MN 317, EFS 303), ält. ngos. liacht (a. 1743, BJ 1,60), ngos. jaacht, jåcht (MOH 2,126, WNG 59, 67) n. ‘Licht, Kerze’, sgos. l(j)ååcht n. ‘Licht’ (MN 317, Beitr. 38), wied. (l)jaacht n. ‘Licht, Helligkeit; Beleuchtung; Kerze’ (FRU 207), wyk. jaacht n. ‘Kerze’ (KF nr. 24), OFR brokm. liacht n. ‘Licht’ (OfSt 69), harl. liacht n. ‘Licht’ (CM 47, 53), sat. ljoacht n. ‘Helligkeit, Lichtschein’ (MF 131), wang. liacht n. ‘Licht’ (FA 1,379), wurst. ljacht ‘Licht; Kerze’ (RM 108), WFR frühnwfr. ljeacht (GJ 268), nwfr. ljacht, ljeacht (WFT 12,361), schierm. jiet n. (DF 55), tersch. (l)jecht n. (CR 49)

-a-

leuht-

-Ưni-

-engǀ-

-nassjǀ-haidu-ja-

Bel Germ

365

‘Licht’. – Daneben mit Umlaut in Analogie zu afr. -linjchta swv. ‘leuchten’ (s.u.) AFR awfr. linjcht- in linjchtmissa ‘Lichtmesse’ (Rq 513), spätawfr. liocht, lyucht n. (Bo) ‘Licht’, OFR harl. liucht ‘Licht’ (CM 96), sat. lucht n. ‘Kerze, Lampe, Lichtquelle’ (MF 182), wurst. liucht ‘Blitz; Laterne’ (RM 92, 107), WFR frühnwfr. ljuecht (GJ 268), nwfr. ljocht (WFT 12,361ff.), hind. locht (GB 100) n. ‘Licht’ AFR awfr. -liƗchtene f. in dei-, nachtliƗchtene f. ‘Tages-, Nachtbeleuchtung’ (J), ein Verbalabstraktum mit -iƗ- in Analogie zum Adj. oder Subst., statt mit -inj- aus -linjchta swv. ‘leuchten’; vgl. Ahlsson 12. INF fa. aplaachting, -ang n. ‘Erleuchtung’ (MN 328), wohl eine sekundäre Ableitung nach dem Adj. oder Subst.; aufgrund der Wortbildungsstruktur wäre eher ein Verbalabstraktum zu fa. ljocht swv. ‘leuchten’ (s.u.) zu erwarten gewesen. INF fa. laachtens n. ‘Helles, helle Stelle; Helligkeit’ (KJC 9,181, WFO 157, FÖW 307), sy. läächtens g. ‘Helligkeit’ (BM 158, SU 650) OFR sat. ljoachtigaid f. ‘Helligkeit’ (MF 130) mit ig-Erweiterung AFR awfr. forlinjchta (A 530), biliǀchta (O) swv.1 ‘erleuchten’, im Nfr. z.T. mit Übertritt in die Konjugation der schwachen Verben 2. Kl.: INF frühfa. vörlochte* swv.2 ‘erleuchten’ (ca. a. 1600, Kat. 67), fa. ljocht swv.1 ‘leuchten; feuern mit leicht brennbarem Material’ (WFO 166, FÖW 327), sy. ljucht swv.1 ‘leuchten, erleuchten’ (BM 163f., SU 656), helg. lochte swv.2 ‘leuchten’ (WK 432), FNF bök. juchte (FU 120, 122), karrh. liuchte (Sjem. 214), ält. ngos. liochtiä (a. 1743, BJ 2,94) swv.2 ‘leuchten’, str. erljochte* swv. ‘erleuchten’ (ca. a. 1600, Kat. 67), wied. ljochte, jochte swv. sowie mit sekundärer ig-Erweiterung ljochtie swv.2 ‘leuchten; mit Reisig oder Stroh einen Kessel zum Kochen bringen’ (FRU 208), OFR sat. ljuchte, luchte (MF 131, 132), wang. liucht (FA 1,57) swv.1 ‘leuchten’, WFR frühnwfr. ljuechte swv.1, nwfr. ljochte swv.1 (FW 2,128, WFT 12,370) ‘leuchten’ und – möglicherweise sekundär aus dem Subst. – frühnwfr. ljuechtje swv.2 (GJ 268), nwfr. ljochtsje (WFT 12,370), hind. lochtje (GB 100) swv.2 ‘leuchten, hell werden, Licht verbreiten’. – Daneben ohne Umlaut in Analogie zu dem Adj. bzw. Subst. hind. lêchtsje swv.2 (GB 97), schierm. jiete swv.1, jietje swv.2 (DF 55), tersch. jechtsje swv.2 (CR 49) ‘leuchten, Licht verbreiten’. Westgerm.: E as. lƝoht, S as. lioht, -i, N mnl. licht, D ahd. lioht, -i; indirekt auch in G liuhtjan swv.1. PFR *liƗcht. Im Nfr. und Ofr. ist nach Ausweis der neufries. Belege eine Vorstufe *liacht anzunehmen mit früher Kürzung der zweiten Diphthongkomponente vor -cht, in INF helg. leächt, sy. läächt über *liecht mit palatalisiertem -a- durch Einwirkung des voraufgehen-

366

Idg Lit

leuta-

den -i-/j-, während WFR ljeacht, lêcht, jiet (mit Schwund des /-Ȥ-/ vor -t), (l)jecht < *liƝcht < *liƣcht < awfr. liƗcht eine direkte Fortsetzung des Langdiphthongs andeuten; zur geographischen Verbreitung der aus awfr. liƗcht hervorgegangenen Reliktformen gegenüber dem nwfr. Standard ljocht < *linjcht mit Umlaut in Analogie zum Verb awfr. -linjchta swv. vgl. Hof 1933: 149. In allen heutigen Mundartgebieten ist die initiale mouillierende Konsonanz lj-, wo sie nicht erhalten blieb, teils regressiv zu l-, teils progressiv zu j- reduziert worden. Buma 1996: 183 führt unter awfr. liƗcht ‘licht, hell’ eine umgelautete Variante liocht ‘erleuchtet, klug, weise’ an, aber vielleicht ist awfr. liocht hier besser zu afr. lƯcht ‘leicht’ < germ. *lenhwt- zu stellen (s. dort). Zugrunde liegt ein ursprünglicher Konsonantstamm idg. *léukot-/ *leukt- (Seebold 1981: 295), zu idg. *leuk- ‘leuchten’ (IEW 687f.), etwa in ai. rócate ‘leuchtet’. Siebs 1889: 303; Siebs 1901: 1234; Delbrück 1907: 137; Falk/Torp 1909: 373; Kluge 1926: 109f.; Hof 1933: 148ff.; Schwarz 1954: 434f.; Pokorny 1959: 687ff.; Schubert 1968: 67; Spenter 1968: 278; Århammar 1969: 55; Seebold 1981: 295; Kluge/Seebold 2002: 574; Boutkan/Siebenga 2005: 238. Hm 380f. leuta- ‘heuchlerisch; entstellt’ *V (§ 24c)

F O

AFR aofr. liƗt ‘lügnerisch’ (E2) nschw. dial. ljot, ljut, ljöt ‘ful, stygg; ful, vanskaplig; mager’ (Rietz 1862-1867: 408)

-iga-

AFR awfr. -liƗtich in leinliƗtich ‘lügenhaft, lügnerisch’ (A, U)

Bel

Lediglich im Fries., Nordgerm. und Got. bezeugt; das bei de Vries 1977: 361 angeführte ahd. lioz ‘lügnerisch’ läßt sich in den Sammlungen des Althochdeutschen Wörterbuches der Sächsischen Akademie nicht nachweisen (brieÀ. Auskunft Hans U. Schmid, Leipzig). Die nur in E2 belegte Form aofr. liƗt wird wie W an. ljótr ‘häßlich; schlimm, übel, schändlich’, O nschwed. dial. ljot, ljut, ljöt ‘häßlich, garstig’, G liuts ‘heuchlerisch’ für gewöhnlich zu germ. *lnjta- stv.II ‘sich neigen, bücken (in Verehrung); niederstürzen’ (Sb 340f.) gestellt. Allerdings ist die semantische Entwicklung des ursprünglichen Verbaladj. zu a) ‘heuchlerisch, lügnerisch’ (= aktivisch) und b) ‘häßlich, übel’ (= passivisch) bislang noch nicht überzeugend geklärt worden. Die aktivische Bedeutung entstand möglicherweise aus ‘übertrieben ehrerbietig, katzbuckelnd, devot’ < ‘Unterwür¿gkeit,

Germ

-lƯka-

Idg

Lit

367

Verehrung, Ergebenheit zeigend’ – die passivische aus ‘erniedrigt, gedemütigt, zu unterwür¿gem Verhalten gezwungen’ (Hm 381). Das e-stu¿ge Adj. germ. *leuta- ‘heuchlerisch’ < idg. *leud- ‘geduckt’ (IEW 684) ¿ndet seine Entsprechung in o-stu¿gem aksl. ludɴ ‘töricht’, in dem aber offenbar eine Rückbildung aus *ludjƫ in russ. lužú ‘betrügen, täuschen’ < *laudeiǀ vorliegt. van Helten 1907: 262; Falk/Torp 1909: 374; van Helten 1910: 56; Weisweiler 1923: 63ff.; Krogmann 1935: 44ff.; Feist 1939: 335f.; Brouwer 1941: 214; Pokorny 1959: 684; Seebold 1970: 340f.; de Vries 1977: 361; Lehmann 1986: 236f. Hm 381ff. -lƯka- ‘(ähnlich)’ P/K (§ 7, 111)

F

AFR aofr. lƯk ‘gleich, übereinstimmend’ (B1-2, E1-3, F, H, PrJ 252), lƯke (B1-2, F, H, R1), lƯk (E3, F) adv. ‘in gleicher Weise, zu gleichen Teilen’, lƯke conj. ‘wie’ (R1) awfr. lƯk ‘gleich, übereinstimmend; gleich, ähnlich’ (A 22, D, FrR, Fs 2,19, J, SnR 48, O), lƯke (D, FrR, J), lƯk (A 238, Cr, D, Fs 2,19, P, U [Brouwer], O) adv. ‘auf gleiche Weise, ebenso; zu gleichen Teilen, gleich’, lƯke conj. ‘wie, gleichwie’ (J, FrR) spätawfr. lyck ‘gleich; gleichmäßig’, lyck(e), lyken adv. ‘eben; gleich’ (Bo) INF frühfa. lyck* in min lyck ‘meinesgleichen’ (ca. a. 1600, Kat. 73) fa. lik ‘gerade, ohne Krümmung’, adv. ‘gleich, identisch; gerade, hochgerichtet; geradewegs, direkt’, konj. ‘wie’ (WFO 164, FÖW 324) helg. lik ‘gerade’, adv. ‘gleich; gerade’ (WK 428) sy. lik ‘eben, gerade’, adv. ‘gleich, ähnlich; gerade’ (BM 163,, SU 654) FNF bök. lik ‘gerade, ohne Krümmung’, adv. ‘gleich, ähnlich; direkt, unmittelbar; kerzengerade; gerade (nach oben)’ (FU 148) hall. lik ‘gerade’ (MOH 1,13) karrh. lik ‘gerade’, adv. ‘ähnlich, gleich’ (MN 1648f., OTJ 50) mgos. lik ‘gerade’, adv. ‘ähnlich, gleich’ (MN 1648f., HMN 127, EFS 218) ält. ngos. lick (a. 1743, BJ 1,37, 38), ngos. lik (MN 1648f., EFS 218) ‘gerade’, adv. ‘ähnlich, gleich’ sgos. lik ‘gerade’, adv. ‘ähnlich, gleich’ (MN 1648f., EFS 218) str. lick* in minß gelicke ‘meinesgleichen’ (ca. a. 1600, Kat. 73) wied. lik ‘gerade’, adv. ‘gleich, identisch; ähnlich; billig; rechtmäßig’ (FRU 205) wyk. lik adv. ‘gerade’ (KF nr. 97)

368

-lƯka-

OFR sat. liek ‘gerade’, adv. ‘eben, Àach’ (MF 130) wang. liik ‘gerade’ (FA 1,96) WFR frühnwfr. lijck adv. ‘gleich, ähnlich; gerade’ (SB 50), lijck ‘gleich’ (GJ 272) nwfr. lyk ‘gelijk; overeenkomend wat betreft hoedanigheden, omstandigheden, rang, stand, macht; even groot; quitte, zonder schulden; even hoog’, adv. ‘op gelijke wijze, gelijkelijk; even, in dezelfde mate; even hoog; precies; niet scheef of schuin, onder een rechte hoek; recht, niet te vast; pal, vlak, zonder tussenruimte’, konj. ‘gelijk, (even)als’ (WFT 12,289ff.) hind. lyk ‘gelijk; quitte’ (GB 99) schierm. lyk ‘gelijk’ (DF 70) tersch. lyk ‘gelijk; quitte’ (CR 63) un-

AFR awfr. unlƯk ‘ungleich’ (A, Ro, SnR, U), INF fa. ünlik ‘ungleich; ungleichmäßig [von Form und OberÀächenstruktur]’ (FÖW 658)

-ja-an-

INF fa. lik n. ‘Gleiches’ (NfWb) AFR awfr. lƯka m. ‘Gleichheit’ (BTr), FNF wied. like m. ‘Ebenbild’ (FRU 205), WFR frühnwfr. lijcke ‘gelijken, gelijkheid’ (GJ 272) AFR aofr. lƯtsene f. ‘Gleichmachung, Ebnung, das Ebnen’ (B1-2); vgl. Ahlsson 20. AFR aofr. lƯkenisse (F, [lƯkens dat.sgl.]), awfr. lƯkenisse (Ro 1,10, O), lƯknisse (U [Brouwer]), lƯkenis (A 226, O) f. ‘Gleichheit, gleicher Verwandtschaftsgrad’, FNF bök. likense (FU 148), wied. likens (FRU 206) m. ‘Ähnlichkeit; Gleiches, Vergleichbares’, WFR nwfr. likens ‘gelijke, evenbild’ (WFT 12,296); vgl. Ahlsson 112. INF fa. likhaid n. (Verf.), sy. likhair g. (BM 163, SU 655) ‘Ähnlichkeit’, FNF ält. ngos. lickheid [ohne Genusangabe] ‘Gleichheit’ (a. 1743, BJ 1,37), wied. likhaid n. ‘Ähnlichkeit’ (FRU 206), WFR nwfr. lykheid ‘gelijkheid’ (WFT 12,298) AFR aofr. lƯtsa swv.1 ‘die Dossierung eines Deiches durch das Anbringen von Soden gleich machen’ (F) AFR aofr. lƯkia (E1), awfr. lƯkia (BTr, D, Fs 1,109, J, O) swv.2 ‘ähnlich sein, gleichen; gefallen, zusagen’, spätawfr. lykie swv.2 ‘gleichen’ (Bo), INF fa. like (WFO 165, FÖW 325), sy. liki (BM 163, SU 655) swv.2 ‘gleichen, ähneln; den Anschein haben; geradeziehen’, FNF bök. like (FU 148), hall. like (MOH 1,13), karrh. like (OTJ 50), ält. ngos. lickiä (a. 1745, TJ 35), wied. like (FRU 206) swv.2 ‘ähneln, gleichen; gefallen, zusagen’, OFR sat. liekje swv.2 ‘eine Ähnlichkeit oder gemeinsame Herkunft feststellen’ (MF 130), WFR frühnwfr. lijckje (GJ 272), nwfr. lykje (WFT 12,299), hind. lykje (GB 99), lykje (DF 70), tersch. lykje (CR 63) swv.2 ‘gleichen, gleich sein; scheinen; gefallen, zusagen’; vgl. Jacobs 1900: 202.

-Ưni-nassjǀ-

-haidu-

-ja-ǀja-

lina-

369

-nǀja-

AFR aofr. alƯknia swv.2 ‘vergleichen’ (R1-2), FNF bök. likne (FU 148), karrh. likne (MN 1651), wied. likne (FRU 206) swv.2 ‘gleich, ähnlich sein’, OFR wang. liiken swv.2 ‘gleichen’ (FA 1,77), WFR nwfr. likenje swv.2 ‘lijken, lijkenen’ (WFT 12,296); vgl. Jacobs 1900: 202.

Bel

Gemeingerm.: E ae. gelƯc, S as. gilƯk, N anl. gelƯk, D ahd. gilƯh, W an. líkr, O adän. lƯk, G galeiks. PFR *ji-lƯk. Das Adj. führt in allen germ. Sprachen auf ein Prä¿xkompositum germ. *ga-lƯka- zurück und dürfte aus dem Subst. germ. *lƯka- n. ‘Körper, Gestalt’ (vgl. z.B. E ae. lƯc n., S as. lƯk n., D ahd. lƯh n.) erwachsen sein, wobei das Prä¿x im Fries. schon in vorliterarischer Zeit geschwunden ist. Das Subst. wiederum scheint – wie einige der unkomponierten Verben, etwa westgerm. *lƯkǀja- swv.2 ‘gleichmachen’ und das damit im Fries. zusammengefallene germ. *lƯkƣ- swv.3 ‘gleich sein’ – aus einem Adj. germ. *lƯka- ‘gleich’ hervorgegangen zu sein (Hm 382). Das erschlossene Primäradj. *lƯka- korrespondiert mit lit. lýgus ‘gleich, gleichartig’ (mit sekundärer u-Flexion) (Hm 383). Siebs 1889: 216; van Helten 1890: 18f., 70; Delbrück 1907: 132; Falk/ Torp 1909: 366; Löfstedt 1928: 13; Walker 1949: 274ff.; Schröder 1961: 151ff.; Spenter 1968: 259; Stang 1972: 32f.; Wissmann 1977: 108ff.; Seebold 1989a: 343ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 240.

Germ

Idg Lit

Hm 383 lina- ‘mild, lind’ *V (§ 37) F

O

-iga-

INF fa. len- [normalisiert: *lan] ‘glatt, schlicht, eben’ in dem Kompositum fa. lensköör f. ‘glatter, senkrechter Einschnitt von oben oder unten in das Ohr eines Schafes oder Rindes (als Ohrmarke, Eigentumszeichen)’ (SP 81 u. 86, RA 39, Faltings 1974: 18, Faltings 1983: 166f., FÖW 319) ält. ndän. lin, len ‘blød, bøjelig; mild’ (Kalkar 2,803), jüt. lin ‘böjelig i modsætn. til stiv, om Àenerne på en greb, om et tov; blød at føle på; om Àöjel, et silketörklæde; smidig i kroppen; venlig i tale; mild’ (Feilberg 2,432) INF fa. lenig ‘schlaff, biegsam, elastisch’ (WFO 161, FÖW 319), helg. leni ‘windgeschützt’ (WK 418), sy. lenig ‘gelenkig, geschmeidig, biegsam’ (BM 160, SU 653), FNF bök. laani ‘biegsam, behende; milde’ (FU 143), hall. leni ‘gelenkig, geschmeidig’ (MOH 1,181), karrh. leni ‘geschmeidig’ (OTJ 74), mgos. laani ‘gelenkig, lose’ (MN 1062), ngos. leni ‘gelenkig, geschmeidig’ (MOH 1,181), wied. läni ‘geschmeidig’ (FRU 201), WFR nwfr. linich ‘zich gemakkelijk

370

lina-

bewegende, buigende, soepel, buigzaam; rap, vlug; vaardig, handig, behendig; niet bevroren (van grond, modder); inschikkelijk, handelbaar’ (WFT 12,320f.), hind. lyndich ‘lenig’ (GB 99), schierm. lynich ‘lenig’ (DF 70), S nnd. (OF) länîg ‘biegsam, nachgiebig, weich’ (DK 2,132), nnd. (Had.) lenig ‘lose, beweglich’ (Teut 3,39) Bel

Germ

West- und nordgerm.: D ahd. leno adv., W an. linr; in der igAbleitung erweist sich germ. *lina- auch als F (INF, FNF, WFR) und S (nordwestl. Küstennd.). Entlehnung aus dem Nd. ist vielleicht O sjüt. (Angeln) lindig ‘smidig (i lemmerne); om vejrforhold: mild’ (Jul Nielsen/Nyberg 1995: 323f.). Während die Ableitung mit dem Suf¿x -iga- im Fries., Nd. und Nl. entlang der kontinentalen Nordseeküste recht gut bezeugt ist, scheinen dort – wie übrigens auch im Engl. – simplizische Belege für germ. *lina- zu fehlen, freilich mit einer möglichen Ausnahme: Der aus der Ohrmarkenterminologie der Insel Föhr stammende terminus technicus INF fa. lensköör f. ‘glatter, senkrechter Schnitt in das Ohr eines Schafes oder Rindes’ könnte in seinem ersten Teil len- durchaus das Adj. PFR *lin widerspiegeln. Unter normalen Bedingungen hätte sich daraus fa. *lan entwickelt mit Senkung von -i- > -a- in geschlossener Silbe. In der Komposition kam ains.-nfr. *lin offenbar vor einem Fugenvokal zu stehen, wonach eine Vorstufe ains.nfr. *lin-e-skore f. anzusetzen wäre, aus dem lensköör lautgesetzlich hervorgehen konnte, in len- nunmehr mit -i- > -e- in ehemals offener Silbe, im zweiten Kompositumsteil mit -sköör f. ‘Einschnitt’ < ains.-nfr. *skore f. und im weiteren zu ae. scoru f., an. skora f. ‘Einschnitt’. Zwar schwindet in der Komposition der ursprüngliche Suf¿xvokal eines kurzsilbigen Erstgliedes der a-Flexion für gewöhnlich (Siebs 1901: 1249), doch lassen sich mehrere Fälle beibringen, in denen der unbetonte Fugenvokal auch bei den kurzsilbigen a-Stämmen begegnet oder – was wahrscheinlicher ist – aus artikulatorischen (euphonischen) Gründen nachträglich eingefügt worden ist (vgl. Faltings 1995: 8ff.), wie beispielsweise in fa. skebfaard f. ‘Schiffahrt’ < ains.-nfr. *skip-e-fard zu fa. skap n. ‘Schiff’ < ains.-nfr. *skip < germ. *skipa-. Gleiches gilt für viele langsilbigen Stämme, bei denen der Fugenvokal ebenfalls irregulär auftritt, hier einhergehend mit einer Stammsilbenreduktion, indem sowohl ein Langvokal als auch ein Doppelkonsonant gekürzt wurde: vgl. etwa fa. lenskaawels n. ‘Scharpie’ < ains.-nfr. *lin-e-skavelse zu ains.-nfr. *lƯn n. ‘Lein, Flachs’ < germ. *leina- oder fa. kentjaap/-tjop n. ‘Unterkiefer’ < ains.-nfr. *kin-e-kjap zu fa. kan n. ‘Kinn’ < ains.-nfr. *kin(n) n. < westgerm. *kinnja-. Aus der Grundbedeutung ‘mild, lind’ konnte sich einzelsprachlich sowohl ‘sanft, weich, geschmeidig’ als auch ‘bequem, passend’ oder

liþuga-

Idg

Lit

371

‘glatt, eben’ entwickeln, zu letzterem in fa. lensköör mit besonderem Blick auf die Beschaffenheit eines Schnittes auch ‘glatt, einfach, gerade’. Vermutlich identisch mit dem Bestimmungswort von griech. ȜȚȞȩıĮȡțȠȢ ‘mit weichem, zarten Fleisch’ < idg. *lin-Ω-o- ‘nachgebend’ (Hm 383) und im weiteren vielleicht zu den n-Präsentien ai. linƗti ‘duckt sich, kauert, schmiegt sich an’, griech. ȜȓȞĮȝĮȚ ‘wende mich’, ȑȜȚȞȪȦ ‘ruhe, höre auf’. Falk/Torp 1909: 365; Falk/Torp 1910-11: 1,645f.; Löfstedt 1928: 181; Löfstedt 1932: 49; Hellquist 1948: 1,568; Franck/van Wijk 1949: 378f. u. Suppl. 99; Spenter 1968: 197; Seebold 1970: 331f.; de Vries 1977: 358; Faltings 1983: 212; Nielsen 1989: 263; de Vries 1992: 392; Blöndal Magnússon 1995: 565. Hm 384f. liþuga- ‘ledig, frei’ D (§ 110c)

F

AFR aofr. lethoch (R1), lethech (F, H) ‘ledig, frei; frei von Rechtsverfolgung’ awfr. lethich (A 498, J), ledich (D, J, Ro 2,252, O), lƝch (A 70, J) ‘ledig, frei von, ohne, nicht verurteilt aufgrund von; frei, herrschaftsfrei (Land); frei herumlaufend’ INF fa. leesig, -ag, leelig ‘leer’ (WFO 160, FÖW 315) helg. ledi ‘leer’ (WK 415) sy. lerig, ledig ‘leer; müßig, unbeschäftigt’ (BM 161, SU 653) FNF bök. läädi ‘frei, ledig; ledig, unverheiratet’ (FU 142) hall. lääch ‘leer; unverheiratet’ (MOH 1,217) karrh. lääri ‘ledig, leer; müßig’ (OTJ 62, MN 894) mgos. laari ‘leer, ledig; müßig’ (MN 894) ält. ngos. läsig (a. 1743, BJ 2,87), ngos. lääi (MOH 1,217, WNG 66) ‘leer; unverheiratet’ sgos. lääri ‘ledig, leer’ (MN 894, Beitr. 24) wied. lääri ‘leer; ledig’ (FRU 197) OFR sat. ledich ‘ledig, unverheiratet; müßig’ (MF 129) wang. lüthuuch ‘leer; ledig’ (FA 1,97) WFR frühnwfr. ledig, liddig, leeg ‘ledig, ijdel; ongevuld; werkeloos; zonder geschenk’ (GJ 263) nwfr. ledich, leech, liddich ‘vrij van werkzaamheden of verplichte bezigheden; vrij, waarin niet gewerkt wordt; niets bevattend; niet bezet; zonder resultaat’ (WFT 12,261) hind. leech ‘leeg’ (GB 97) schierm. leech ‘leeg’ (DF 68)

372

lufta-

un-

AFR aofr. onledich (PrJ 240), awfr. onledich (FrB 140, J), onlƝch (A 452, Ro 1,44) ‘nicht frei, vollbeschäftigt’, WFR frühnwfr. onleegh ‘eifrig beschäftigt’ (SB 76), nwfr. onleech ‘onledig, druk, bezig’ (FW 2,293)

-engǀ-eþǀ-

AFR aofr. oÀethinge, -lethegenze f. ‘Ablösung’ (E1-2) WFR nwfr. leechte (FW 2,113), hind. leechte (GB 97) ‘Leere; leerer Raum; Mangel’; Lehnbildung nach bzw. Entlehnung aus (m)nl. leegte. AFR aofr. lethogia swv.2 ‘befreien’ (R1-2), awfr. ledigia (J), lƝgia (J) swv.2 ‘erlösen, befreien; auslösen’, INF fa. leesige, -age (WFO 160), sy. lerigi, ledige (BM 161, SU 653) swv.2 ‘leeren, entleeren, ausleeren’, FNF wied. läärie swv.2 ‘leeren’ (FRU 197), WFR nwfr. leegje (WFT 12,186), hind. leegje (GJ 97), schierm. leegje (DF 69) swv.2 ‘leeren’; vgl. Jacobs 1900: 201.

-ǀja-

Bel Germ

Lit

West- und nordgerm.: S mnd. led(d)ich, N mnl. ledich, D mhd. lidec, ledic, W an. liðugr, O aschw. liþugher, adän. lithug. PFR *lethoch entwickelt sich in den neufries. Mundarten regulär weiter, teils mit Kontraktion der Lautsequenz -eðe-/-ede- und Schwund des -ð-/-d- (lƝch), teils mit vokalisierter auslautender Spirans -Ȗ- (läädi, lääri etc.). Im weiteren vermutlich denominal zu germ. *liþu- ‘Diener’ (D ahd. lid m. ‘Diener, Anhänger’), das wiederum mit germ. *liþu- n. ‘Glied’ identisch sein dürfte. Die Bedeutungsentwicklung des Adj. kann man sich demnach so vorstellen: ‘über Diener, Gefolgsleute verfügend’ > ‘frei, unabhängig’ > ‘frei von etwas’ > ‘leer’ (Hm 385). Siebs 1901: 1247, 1281, 1380, 1382, 1401; Falk/Torp 1909: 366; Löfstedt 1928: 217; Bloom¿eld 1930: 91ff.; Löfstedt 1933: 24; Spenter 1968: 187; Boutkan/Siebenga 2005: 236f. lufta- ‘schlaff; link’ *V (§ 84)

F

AFR awfr. lufter (O), lofter (O) ‘link’ in thoe dae lufter syda ‘zur linken Seite’, aen dae loefdra foet ‘am linken Fuß’ INF fa. lacht ‘link’, z.B. in de lachter fut ‘der linke Fuß’, lachthunet ‘linkshändig’, lachts adv. ‘links’ (WFO 158, FÖW 311) helg. left ‘link’ (WK 417) sy. left ‘link’ (BM 160, SU 652) FNF bök. leeft ‘link’ (FU 147, Beitr. Anh. Tab. 1b) hall. leeft ‘link’ (MOH 1,191) karrh. leeft ‘link’ (MN 755, OTJ 32, Beitr. Anh. Tab. 1b) mgos. lääft ‘link’ (Beitr. Anh. Tab. 1b)

lufta-

E

S

N Bel Germ

Idg

373

ält. ngos. leeft (a. 1743, BJ 2,76), ngos. leeft (MOH 1,191, Beitr. Anh. Tab. 1b) ‘link’, ält. ngos. leefts adv. ‘link’ (ca. a. 1745, JG 207) sgos. leeft, lääft ‘link’ (Beitr. Anh. Tab. 1b) wied. leeft ‘link’ (FRU 202) OFR wang. läft ‘link’ (FA 1,96) wurst. locht ‘link’ in lochter Hohn ‘die lincke Hand’ (RM 108) WFR frühnwfr. lofts ‘links’ (GJ 279), linker ‘linker’ (GJ 272) nwfr. lofter ‘linker’, lofts adj. adv. ‘linksch’ (WFT 12,398 und 13,1) hind. lôfter ‘linker’ (GB 100) schierm. lafter [-ȃ-] ‘linker’ (DF 67) ae. (Glossenbeleg Kent) left ‘inanis [leer, ohne Gehalt]’ (Skeat 1963: 335) sowie in ae. lyft-Ɨdl f. ‘palsy, paralysis’ (BT 650), me. lift, left, luft ‘left; with sinister or pejorative implication’ (MED 5.2,998f.), ne. left ‘the distinctive epithet of the hand which is normally the weaker of the two, and the other parts on the same side of the human body’ (OED 6,179) mnd. lucht, locht ‘link’, überwiegend in der Steigerungsform lüchter, löchter, etwa in lüchter/löchter hant, arm, vôt usw. (LB 2,865), nnd. (OF) lüchter ‘linker’ (DK 2,536), nnd. (Dith.) lucht ‘link’ (Mensing 3,522, Schütze 1800-06: 3,56) mnl. lucht, luft, loft ‘linksch’, vor allem in der komparativen Form luchter, lofter (VV 4,863) und nnl. (östl.) lucht Nordseegerm.: F, E, S (westl. Küsten-Nd.), N. Für sämtliche nordseegerm. Belege ist zunächst wohl von einer Basis germ. *lufta- auszugehen, woraus PFR *luft. Der in INF fa. lacht(er), helg. sy. left, FNF leeft, lääft, OFR wang. läft, WFR schierm. lafter und E ae. lyft-, left auftretende Umlaut könnte analog aus dem Komp. germ. *luftizan- übertragen worden sein, zumal die komp. Form ja vielfach auch als Positiv gebraucht wird (s.o.). Die Verwendung des Komp. in positiver Funktion ist hier möglicherweise durch das synonyme F afr. winster, E ae. winestra, S as. winistar < germ. *wenistra- ‘link’ (s.u.) beeinÀußt worden, das seinerseits aus einer alten Komparativbildung hervorgegangen sein dürfte. Der Übergang der konsonantischen Sequenz -ft > -cht in INF fa. lacht(er) und OFR wurst. lochter ist offenbar auf nd./nl. Lehnlautung zurückzuführen. Vermutlich primäres Verbaladj. mit to-Suf¿x zu der nur im Germ. und Balt. begegnenden Wurzel idg. *(s)leup- ‘schlaff herabhängen’ (IEW 964f.). In Ableitungen dieser Art erscheint das Suf¿x gewöhnlich ohne Bindevokal, während die Verbalwurzel aufgrund der Suf¿xbetonung erwartungsgemäß schwundstu¿gen Ablaut zeigt

374

Lit

lufta-

(Krahe/Meid 1967: 141f.); vgl. mit schwundstu¿ger Basis ferner S nnd. luff ‘schlaff, matt’ sowie mit o-Stufe F fa. auerlu(u)f, sy. aurlof ‘überdrüssig’, nwfr. leaf ‘abgemattet’, N nnl. loof ‘müde’ (s.o. unter germ. *laufa-), daneben mit s-mobile F fa. slüf ‘schräg, abgeschrägt’, wied. slof ‘lässig’, sat. sluf ‘müde, matt’, nwfr. slof ‘nachlässig’ usw. (s.u. unter germ. *slnjfa-). Aus der ursprünglichen Bedeutung ‘schlaff herabhängend, kraftlos’ entwickelte sich einerseits ‘ohne Substanz, leer, wertlos’, sodann – mit besonderem Blick auf die Unbrauchbarkeit der linken Hand – auch ‘ungeeignet, ungelenk, täppisch, link’. Falk/Torp 1909: 376; Löfstedt 1928: 191; Franck/van Wijk 1949: Suppl. 102; Hoops 1950: 89f.; Pokorny 1959: 964f.; Skeat 1963: 335; Lerchner 1965: 189ff.; Spenter 1968: 71; Onions ed. 1978: 522. luttika- ‘klein’ vgl. leitika-

M Hm 393 magra- ‘mager’ P (§ 19) F

O -ikǀda-nassjǀ-haidu-

-ǀja-

AFR spätawfr. megher ‘mager’ (Bo) INF fa. maager ‘mager’ (WFO 172, FÖW 341) helg. moager ‘mager’ (TS 255) sy. maager [-ȃ:-] ‘mager, Àeischlos, hager’ (BM 168, SU 661) FNF bök. määger ‘mager’ (FU 153) hall. määger ‘mager’ (MOH 1,187, 212) karrh. määger (MN 896), mååger (OTJ 60) ‘mager; unfruchtbar’ mgos. maager ‘mager’ (MN 896) ält. ngos. mäger (a. 1743, BJ 2,100), ngos. määger (MOH 1,212) ‘mager’ sgos. määger ‘mager’ (Beitr. 24) wied. määger (MN 896), maager (FRU 216) ‘mager’ wyk. meeger ‘mager’ (KF nr. 66) OFR sat. meger ‘mager’ (MF 134) wang. mooger ‘mager’ (FA 1,98) WFR frühnwfr. meeger, maeger (SB 82, 85), meager (GJ 286) ‘mager’ nwfr. meager, meger ‘niet vlezig, niet vet, dun, schraal; dor, unvruchtbaar; armoedig, pover, schamel’ (WFT 13,148) hind. mêger (GB 103), maiger (Hof 1933: 66) ‘mager’ schierm. mêger, meiger ‘mager’ (DF 73) tersch. mêger ‘mager’ (CR 66) zwh. mâger ‘mager’ (Hof 1933: 66) adän. magær, ndän. mager ‘som ikke har meget fedt ell. kød paa kroppen; tynd; lidet frugtbar’ (ODS 13,766, Nielsen 1989: 277) INF fa. meegerket ‘sehr mager (besonders von kleinen Kindern)’ (KJC 10,142, FÖW 353) mit dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ket; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und 154 sowie Faltings 1996b: 95f. WFR nwfr. meagerens ‘magerheid’ (WFT 13,149) INF fa. maagerhaid n. (LFM 122), sy. maagerhair g. (SU 661) ‘Magerkeit’, FNF bök. määgerhäid (MN 897), karrh. määgerhäid (MN 897), ält. ngos. mägerheit [ohne Genusangabe] (a. 1743, BJ 2,100) n. ‘Magerkeit’, OFR sat. megergaid f. (MF 134) ‘Magerkeit’ INF fa. maagre swv.2 ‘mager werden’ (MN 897), FNF bök. määgere (MN 897), karrh. määgere (MN 897) swv.2 ‘mager werden’, OFR sat. oumegerje swv.2 ‘abmagern’ (MF 134)

376

Bel Germ

Idg Lit

-maida-

West- und nordgerm.: E ae. mæger, S mnd. mƗger, N mnl. mager, D ahd. magar, W an. magr. Nach Ausweis der neufries. Belege ist teils von einer Grundform PFR *meger, teils von *mager auszugehen. In *mager würde altes -a- in offener Silbe erhalten geblieben sein, während in afr. *meger offenbar Tonerhöhung zu -e- in geschlossener Silbe eintrat, möglicherweise in Analogie zu Àektierten Formen wie vorafries. *magre, *magrum, *magran etc., in denen sich der Sproßvokal anders als im Nom. *mager zunächst nicht herausbildete. Auf *meger basieren AFR megher, FNF määger, OFR meger und WFR mêger, meiger, dagegen auf *mager INF maager, moager, FNF maager, mååger, OFR môger, WFR mâger, aber auch meager, maiger < älterem *mƗger mit frühgedehntem -a- in offener Silbe, das an der Entwicklung von afr. Ɨ- < monophthongiertem -au-/-ai- teilgenommen haben müßte. Die Annahme einer Entlehnung der a-Formen aus mnd. bzw. mnl. mƗger ‘mager’ ist daher nicht zwingend, wenngleich wohl auch nicht völlig auszuschließen. Das diminutivische Adj. INF fa. meegerket ‘sehr mager’ stützt den Verdacht einer mnd. Entlehnung indes nur scheinbar, denn in dieser Bildung hat sich nicht etwa ein autochthones ains.-nfr. † meger erhalten, sondern andere Diminutiva zu Wörtern mit altem -a- im Stammvokal, wie beispielsweise fa. geepke n. ‘kleines Loch’ zu fa. gaap n. ‘Öffnung; Kerbe’, fa. steelk m. ‘kleiner Stiel’ zu fa. staal m. ‘Stiel’ oder fa. skreepke swv.2 ‘leicht schaben, kratzen’ zu fa. skraabe swv.2 ‘schrapen, kratzen’ etc., zeigen den Vokalwechsel -Ɨ- : -Ɲ- ebenfalls, so daß fa. meegerket systemkonform aus ains-nfr. *mager abgeleitet worden sein dürfte; vgl. dazu Hofmann 1961: 28. Das ra-stämmige Primäradj. steht im Germ. isoliert. Germ. *magra- mit grammatischem Wechsel -h- > -g- ist identisch mit lat. macer ‘mager’ < idg. *mΩêk -ró- (IEW 699); griech. ȝĮțȡȠȢ ‘lang, groß’ deutet auf eine ursprüngliche Bedeutung ‘langgestreckt’. Falk/Torp 1909: 304; Löfstedt 1928: 187, 212; Hof 1933: 65f.; Löfstedt 1933: 24; Pokorny 1959: 699; Spenter 1968: 64. Hm 394f. -maida- ‘(geschädigt)’ *V (§ 25a)

F

FNF karrh. miidj ‘gemächlich’ (MN 1405) in der Wendung karrh. briidj an miidj släipe ‘tief und fest, gemütlich schlafen’

Bel

Westgerm. und got.: E ae. gemƗd, S as. gemƝd, N mnl. gemeet, -meit (-d-), D ahd. gimeit, G gameiþs.

-maida-

Germ

Lit

377

Afestl.-nfr. *ji-mƣd. Die von M. Nissen für FNF karrh. miidj gegebene Bedeutung ‘gemächlich’ bezieht sich auf den behaglichen, unbekümmerten Schlaf und dürfte von der jüngeren Nebenbedeutung ‘vergnügt, lebensfroh’ ausgegangen sein, wie sie etwa in N mnl. gemeet ‘fröhlich, lebensfroh’ oder D mhd. gemeit ‘vergnügt, lustig, lebensfroh; lieb, angenehm’ begegnet; demnach also ‘geschädigt’ > ‘geistig geschädigt’ > ‘verrückt, töricht’ > ‘fröhlich’ > ‘unbekümmert’ > ‘gemütlich’. Das Adj. steht neben dem jan-Verb G maidjan swv.1 ‘verfälschen’, inmaidjan swv.1 ‘verwandeln’. Falls das Verb germ. *maidja- einst etwa ‘verändern, entstellen’ bedeutete, könnte die Ausgangsbedeutung des ursprünglichen Verbaladj. ‘entstellt, verändert’ gewesen sein. Im weiteren liegt möglicherweise Verwandtschaft zu germ. *meiþa- stv.I ‘meiden’ (Sb 348f.) vor. Man könnte einstweilen wohl ebenfalls AFR awfr. -mƝde in unemƝde (U) hier einordnen, wenn man den einzigen Beleg in der betreffenden Textpassage des „Älteren Schulzenrechts“ ... thes e[r]wenama une mede ... (zitiert nach der Abschrift von B. Sjölin, Archiv Fries Instituut, Groningen) als ‘unangenehm, unerwünscht’ interpretierte, wie das Afr.Hwb. 530 es tut. Mit Blick auf die Parallelstelle in der Hs. J ... sonder des eerfnama moede ... ‘ohne die Zustimmung des Erbnehmers’ (Buma/Ebel/Tragter-Schubert edd. 1977: 92) ist man allerdings geneigt, ebenso awfr. unemƝde mit ‘ohne Zustimmung’ wiederzugeben. Dafür spricht im weiteren auch E ae. ungemêde ‘disagreeable, discordant, adverse’ (BT 1109). Wortbildungsmäßig handelt es sich dabei offenbar um ein exozentrisches BahuvrƯhi-Kompositum, ausgehend von awfr. mƝde n. (?) ‘Zustimmung, Einwilligung’ (D, U), ae. gemêde n. ‘that which is agreeable, that which pleases, satis¿es, due observance; that which is agreeable, in conformity with one’s will, pleasure’ (BT 415, Suppl. 369) < germ. *ga-mǀdja- n., einer ursprünglichen Kollektivbildung zu aofr./awfr. mǀd m.n. ‘Sinn; Mut; Absicht, Wunsch; Zustimmung, Erlaubnis; Befriedigung’, ae. môd n. ‘the inner man, the spiritual as opposed to the bodily part of man; courage, high spirit; greatness, magni¿cence, pride’ (BT 693) < germ. *mǀda- m. ‘Mut’. Dieselben Derivationsverhältnisse mit zum Teil ähnlichen Bedeutungsentwicklungen begegnen beispielsweise in S mnd. gemöêde n. – môt m., N mnl. gemoede n. – moet m. oder D ahd. gemuoti n. – muot m. Falk/Torp 1909: 321; Schwietering 1919: 125ff.; Feist 1939: 161; Pokorny 1959: 697; Schubert 1968: 59f.; Seebold 1970: 348f.; Gottschalk 1972; Lehmann 1986: 144.

378

maina- – -maini-

Hm 395f. maina- ‘schändlich’ S (§ 90) F

AFR aofr. mƝn ‘falsch, frevelhaft’ (F), mƝnis (E2), mƝnes (F) adv. ‘falsch’, sonst kompositionell in mƝnƝth (R1), mƝnƝd (PrJ 234) m. ‘Meineid’ und mƝnƝthoch adj. (R2), mƝnƝdich (PrJ 254) ‘meineidig’ awfr. mƝn ‘falsch’ (A 444, D, J, U [Steller], O), mƝns (A 120, Ro 1,184), mƝnis (U [Brouwer]) adv. ‘falsch’, daneben negiert onmƝnes (Rq 489), unmƝnes (D, J, U [Steller]) adv. ‘nicht meineidig’, sonst in mƝnƝth (A 310), mƝnƝd (LSt, Ro 1,98, O) m. ‘Meineid’ und mƝnƝthich (U [Hoekstra], O), mƝnƝdich (Fs [Gerbenzon ed. 1961], Ro 1,6, SnR 22, O) ‘meineidig’ und mƝnlǀvich ‘falschgläubig’ (O) INF fa. mian adv. in mian sweer ‘einen Meineid schwören’ (Verf.), sonst in mianias m. ‘Meineid’ (WFO 180, FÖW 357) sy. miin- in miiniir g. ‘Meineid’ (BM 175, SU 670) FNF ält. ngos. mien- in mienys m. ‘Meineid’ (ca. a. 1745, JG 62)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. mƗn, mƣne, S as. mƝn-, N mnl. mein, D ahd. mein, W an. meinn, O adän. mƝn-. PFR *mƣn mit -ƣ- < monophthongiertem germ. -ai-. Das Adj. dürfte entweder in prädikativer Stellung aus dem Subst. germ. *maina- n. ‘Unheil, Schaden, Frevel, Verbrechen, Sünde’ erwachsen oder aus dem Kompositum Meineid herausgelöst sein (Hm 396). van Helten 1907: 229; Oberdörffer 1908: 9; Falk/Torp 1909: 319; Pokorny 1959: 710; Ilkow 1968: 283ff.; Munske 1973: 180; Boutkan/ Siebenga 2005: 255f.

Germ

Lit

Hm 396f. -maini- ‘(gemein)’ *K (§ 113b) F

AFR aofr. mƝne (B1-2, E1-3, F, FV 208, H, R1-2), mein- (F [in meinwƯf n. ‘Hure’, meinesne m. ‘gemeinsam gezahlter Lohn’] ‘gemein; gemeinsam, gemeinschaftlich; beiderseitig; allgemein’ awfr. mƝne (A 300, BTr, D, FrB 10, Fs 1,47, J, Ro 1,4, U [Brouwer], O), mƝn (A 500, Cr, Fs 1,85, P, SnR 22, O) ‘gemeinsam, allgemein; öffentlich; sämtlich’ INF fa. mian- in mianbicht f. ‘öffentliche Beichte’ (LFM 126, FÖW 357) FNF ält. ngos. mien ‘gemein’ (a. 1743, BJ 1,86) sowie in mianbecht ‘Kirchenbuße’ (a. 1743, BJ 1,24) WFR nwfr. mien- in mienskar, -sker n. ‘Gemeindeweide’ (WFT 13,237)

maizan-

-lƯka-sama-Ưn-

-eþǀ-

-skapi-

Bel Germ

Idg

Lit

379

AFR aofr. mƝnlƯke adv. (F, FV 208), awfr. mƝnlƯke (Fs 2,19, J, O), mƝnlƯk (Ro 1,148), mƝnlƯken (J, O) adv. ‘gemeinschaftlich’, FNF ält. ngos. mienlick ‘gemeiniglich’ (a. 1743, BJ 2,101) WFR nwfr. miensum ‘gemeenzaam’ (WFT 13,238) AFR aofr. mƝne f. ‘Genossenschaft, Gemeinde; Versammlung, versammelte Genossenschaft’ (E1, F), awfr. mƝne f. ‘Gemeinschaft’ (O), INF fa. mian f.n. ‘genossenschaftlich genutztes Land, Allmende’ (NfWb, FÖW 357) AFR aofr. mƝnte (FV 208), mƝnte (E3), awfr. mƝnthe (J, Ro 1,228, O), mƝnth (J, Ro 3,16), mƝnete (J), mƝnte (A 234, Cr, D, EdJ 70, FrB 28, Fs 2,19, J, SnR 22, U [Brouwer], O), mƝnt (Cr, D, Ro 1,192), meinte (O) f. ‘Gemeinde; Gerichts-, Bezirks-, Landesgemeinde’; WFR frühnwfr. meente (a. 1591, Claes 16), miente (GJ 292), nwfr. miente (WFT 13,239) ‘gemeente, meente’; vgl. Ahlsson 133. AFR awfr. mƝnskip f. ‘Gemeinschaft; Geschlechtsverkehr’ (A 368, J, Ro 2,138, U [Brouwer], O), INF fa. mianskap n. ‘Umgang, Verkehr (mit einer Person)’ (Verf.), FNF ält. ngos. mienschap [ohne Genusangabe] ‘Gemeinschaft’ (a. 1743, BJ 1,86), WFR mienskip ‘gemeenschap’ (WFT 13,237); vgl. Ahlsson 214. Westgerm. und got.: E ae. gemƣne, S as. gimƝni, N mnl. meen, D ahd. gimeini, G gamains. PFR *ji-mƣne (sekundärer ja-Stamm), dessen -ƣ- in den neufries. Mundarten regelhaft zu fa. -ia-, nwfr. -ie- diphthongiert worden ist. Wie in den übrigen westgerm. Sprachen ist auch im Fries. von einem Prä¿xkompositum germ. *ga-maini- (westgerm. -ja-) auszugehen. Dabei scheint es sich um ein altes exozentrisches BahuvrƯhiadj. zu handeln, ausgehend von dem Subst. idg. *moino- ‘Wechsel, Tausch’, dem außergerm. lat. commnjnis ‘gemeinsam, allgemein’ genau entspricht (Hm 397). van Helten 1890: 22, 160; Delbrück 1907: 132; Falk/Torp 1909: 319; Buma ed. 1949: 227; Pokorny 1959: 710; Seebold 1970: 349; Boutkan/Siebenga 2005: 256. Hm 398 maizan- ‘größer; mehr’ P (§ 22)

F

AFR aofr. mƗ(r) (B1, F, H), mƗra (E3), marra (B1-2, E2, F, FV 209, PrJ 258, R1-2), merra (FV 208) comp. (präd.) ‘größer, mehr’, mƗst sup. (E3, H, PrJ 256), mƗ (B1-2, E1,3) ‘meist’, mƗr (F, H, R1-2) adv. ‘mehr’, daneben mƝ adv. ‘mehr’ (E2) awfr. mƗr(a), marra comp. (präd.) (A 7, D [Steller], J, FrB 38, Fs 2,19, Ro 1,120, U [Steller], O), merra comp. (A 242, O) ‘mehr, größer, schwerer, schlimmer’, mƗst(a) (A 88, Cr,

380

maizan-

INF

FNF

OFR WFR

Bel Germ

BTr [allermƗst], EdJ 74, J, Ro 1,164, O) sup. ‘meist, höchst, schwerst’, mƗra (J), mƗr (Fs 2,19), mƝr (A 350, Cr, BTr, D [Steller], EdJ 71, FrB 42, FrR, Fs 2,19, J, Ro 3,12, U [Steller], O) adv. ‘mehr’ spätawfr. maest neben meest sup. ‘meist’ (Bo) fa. muar adv. ‘mehr’, miast adj. ‘meist’, adv. ‘beinahe’ (WFO 180, 183, FÖW 365) helg. mooar adv. ‘mehr’, meast adj. ‘meist’, adv. ‘meist’ (TS 253, 255) sy. muar adv. ‘mehr’, miist adj. ‘meist’, adv. ‘meist’ (BM 175, 177, SU 670, 673) ält. bök. mör, mür (a. 1748, NfSt 2,2 u. 3), bök. mör adv. ‘mehr; größer, stärker’, mååst adj. ‘meist’, adv. ‘beinahe’ (FU 153, 159) hall. mor ‘mehr’, maost ‘meist’ (MOH 2,24, 25) karrh. mor ‘mehr’, mååst ‘meist’ (OTJ 29, 41) ält. mgos. morr (ca. a. 1810, GvS v. 19, 21), mgos. måår (EFS 272, LHol 180) ‘mehr’, maost ‘meist’ (MOH 2,47) ält. ngos. morr ‘mehr’, maast ‘meist’ (a. 1743, BJ 2,101, 102), ngos. moor, mår ‘mehr’, mååst, maast ‘meist’ (WNG 71) sgos. mor ‘mehr’, mååst ‘meist’ (EFS 272) str. mur ‘mehr’ (a. 1637-61, DH 181) ält. wied. mur (a. 1749, NfSt 1,44), wied. mur (FRU 224) adv. ‘mehr’, ält. wied. myhst (a. 1749, NfSt 1,44), wied. miist (FRU 220) adj. ‘meist’, adv. ‘beinahe’ wyk. mur ‘mehr’ (KF nr. 138), mååst ‘meist’ (KF nr. 23) brok. ma ‘mehr’ (OfSt 69) sat. moor ‘mehr’, maaste ‘meiste’ (MF 133, 136) wang. moo ‘mehr’, meist ‘meist’ (FA 1,24) frühnwfr. meer ‘meer’ (GJ 286), meast ‘meest’ (GJ 284), maest adv. ‘meist’ (SB 61) nwfr. mear adv. ‘meer’, meast adv. ‘meest’ (WFT 13,152) hind. mear adv. ‘meer’, mest adv. ‘meest’ (GB 103, 104) schierm. mair adv. ‘meer’, maist adj. ‘meest’ (DF 72) tersch. mear adv. ‘meer’, meest adj. ‘meest’ (CR 66)

Gemeingerm.: E ae. mƗra, S as. mƝro, N anl. merra, D ahd. mƝro, W an. meiri, O adän. mƝræ, G maiza. Suppletiver Komp. zu afr. grƗt adj. ‘groß’, dieser in allen neufries. Mundarten aus PFR *mƗr, in OFR wang. moo allerdings aus altwang. *mƗ, im Ins.-Nfr. vielleicht mit kurzem Stammvokal wie in aofr./awfr. marra < *marira mit zweifachem Komparativsuf¿x entsprechend D ahd. mêriro. Der Sup. führt teils auf PFR *mƣst (INF, FNF wied., OFR wang.), teils auf *mast (FNF, OFR sat.) und *mƗst (WFR) zurück.

(-)maka-

Lit

381

Auf gleicher Stufe im Germ. isoliert. Wurzelverwandt sind germ. *mƣrja- ‘berühmt’ (s.u.) und in derselben Bedeutung germ. *mǀrja(Hm 415f.). Siebs 1889: 272; van Helten 1890: 177; Falk/Torp 1909: 300; Löfstedt 1931: 24, 25; Pokorny 1959: 704; Spenter 1968: 180; Boutkan 1998: 54f.; Boutkan/Siebenga 2005: 250f. Hm 399f. (-)maka- ‘bequem, passend’ R (§ 87)

F

INF fa. määk, meek, mek ‘zutraulich, zahm’ (WFO 172, 178f., FÖW 342) sy. mak ‘zahm, anhänglich, zutraulich’ (BM 169, SU 662) FNF bök. meek ‘zahm, gefügig’ (FU 156) hall. meek ‘zahm, ruhig (von einem Pferde)’ (MOH 1,192) karrh. meek ‘zahm’ (OTJ 30) mgos. määk ‘zahm’ (HMN 128) ält. ngos. meeck ‘gemach’ (a. 1743, BJ 1,82) ‘zahm’ (ca. a. 1745, JG 433), ngos. meek ‘zahm, ruhig (von einem Pferde)’ (MOH 1,192) sgos. määk ‘zahm’ (Beitr. Anhang Tab. 1a) wied. meek ‘geruhsam, sanft’ (FRU 219) OFR sat. mäk ‘zahm, fügsam’ (MF 138) wang. mäk ‘zahm’ (FA 1,97)

-lƯka-

INF fa. määkelk, meekelk, mekelk ‘bequem; wenig arbeitsam [träge bei der Arbeit, arbeitsscheu]; gemächlich’ (WFO 178f., FÖW 342), helg. makelk ‘bequem, gemächlich’ (TS 252), sy. makelk ‘gemächlich, bequem’ (BM 169, SU 662), FNF bök. meeklik ‘bequem, gemächlich; gemütlich, behaglich’ (FU 156), karrh. meeklik ‘gemach’ (OTJ 30), ält. ngos. meecklick ‘gemächlich’ (a. 1743, BJ 2,60), wied. meeklik ‘behaglich, bequem, gemächlich’ (FRU 219), OFR sat. mäckelk ‘gemächlich, bequem’ (MF 134) FNF bök. meek (FU 156), ält. ngos. meeck [ohne Genusangabe] (a. 1743, BJ 2,99), wied. meek (FRU 219) n. ‘Gemächlichkeit, Behaglichkeit’ sowie prä¿giert auch ält. ngos. ünmeek ‘Ungemach’ (a. 1760, Kon. 31). INF ält. fa. megeh’s [ohne Genusangabe] (a. 1757, NfSt 1,24), fa. meekes (SPEJ 87), meekels n. (Verf.) ‘Gemächlichkeit, Behaglichkeit; Ruhe’ mit sekundärem Genuswechsel Fem. > Neutr. INF fa. meekhaid n. ‘zahmheit’ (MN 763), FNF wied. meekhaid n. ‘Gemächlichkeit’ (FRU 219), wofür sonst INF fa. määkelk-, meekelk-, mekelkhaid n. ‘Bequemlichkeit’ (LFM 122, SP 85, FÖW 342), sy. makelkhair g. ‘Gemächlichkeit, Bequemlichkeit’ (BM 169,

-a-

-eþǀ-haidu-

382

malla-

SU 662), FNF bök. meeklikhäid f. (FU 156), wied. meeklikhaid n. (FRU 219) ‘Bequemlichkeit’ Bel Germ

Lit

West- und nordgerm.: E ae. gemæc, S as. ungimak, N mnl. gemac, D ahd. gimah, W an. -makr. Aus PFR *ji-mek mit tonerhöhtem -e- < germ. -a-; im Nfr. trat zumeist Dehnung des -e- in geschlossener Silbe ein, das in ostföhr. mek positionsbedingt vor -k wieder gekürzt wird; regulär ist die Senkung von -e- > -a- in helg. sy. mak. Das Prä¿x ist im Fries. ganz überwiegend bereits in vorliterarischer Zeit geschwunden. Entlehnung aus dem (M)nl. sind in allen wfr. Mundarten die Formen WFR mak ‘mak; handelbaar en vertrouwbaar; makkelijk, verdraagzaam; zacht’ bzw. makkelik, maklik ‘gemakkelijk, makkelijk’ (WFT 13,90, 92), so bereits bei Gysbert Japicx frühnwfr. mack ‘mak, tam’, macklijck ‘gemakkelijk’ (GJ 284). Das Adj. gehört als Rückbildung zu dem westgerm. Primärverb germ. *makǀ- ‘machen, bereiten’ (F afr. makia, E ae. macon, S as. makǀn, D ahd. mahhǀn). Die Grundbedeutung ist demnach etwa ‘zu machen’, woraus ‘passend’ > a) ‘bequem’, b) ‘geruhsam’, c) ‘zahm, zutraulich’. Oberdörffer 1908: 22; Falk/Torp 1909: 303; Löfstedt 1928: 192; Pokorny 1959: 696f. Hm 400 malla- ‘töricht’ P (§ 2)

F

AFR awfr. mal ‘dumm’ (Ro 1,98), mal adv. ‘sehr’ (A 510) spätawfr. mal ‘verrückt’ (Bo) INF helg. moal ‘eingebildet; stolz; unartig’ (Århammar, brieÀ.) sy. mal ‘aufgeregt, zornig, toll, verrückt’ (BM 169, SU 663) FNF bök. måål ‘verrückt, toll, wild; aufgebracht, wütend, böse’ (FU 153) hall. maol ‘böse, zornig’ (MOH 2,6) karrh. måål ‘böse’ (OTJ 47) mgos. maal ‘wüthend; schrecklich, furchtbar, schauderhaft’ (MN 331) ält. ngos. maal ‘toll’ (ca. a. 1745, JG 387), ngos. måål, maal ‘böse, zornig’ (MOH 2,6, 46) sgos. maal ‘vergnügt’ (MN 331) OFR sat. maal ‘verrückt, wunderlich, sonderbar’ (MF 133) wang. mal ‘unsinnig, wahnsinnig’ (FA 1,97) WFR frühnwfr. maal, mall (SB 47, 57, AH 21, Z. 14, WT 24, Z. 17), mâl (GJ 285) ‘toll, verrückt, bösartig’

malta-

383

wfr. mâl ‘dwaas, gek, idioot; lelijk, raar; uitgelaten, overstuur; slecht, lastig; boos, nijdig; dol (van honden); misselijk, beroerd’, adv. ‘zeer, erg, in grote mate’ (WFT 13, 94f.) hind. mal ‘mal, boos’ (GB 102) schierm. mal ‘mal’ (DF 72) -iga-engǀ-haidu-ǀja-

Bel Germ

Lit

INF fa. maalig, -ag ‘spaßhaft’ (MN 518, FÖW 342), dazu maalighaid n. ‘Scherz’ (MN 518, FÖW 342) INF fa. maaling f. ‘unstetes Hin- und Herspringen des Windes bei Àauem Wetter; Ungewißheit’ (FÖW 342) INF sy. malhair g. ‘Wut, Zorn, Jähzorn’ (SU 663), FNF ält. ngos. maalheit [ohne Genusangabe] ‘Tollheit’ (ca. a. 1745, JG 387) INF fa. maale swv.2 ‘ziellos umhergehen; Zeit, Geld verschwenden; stetig wechseln (vom Wind, Strom)’ (FÖW 342, Verf.), WFR frühnwfr. mâllje swv. ‘malen, gecken, gekscheeren, schertsen, boerten, jokken’ (GJ 285) Nordseegerm.: S mnd. mall, N mnl. mal (-ll-). Von den bodenständig aus PFR *mal (-ll-) entwickelten Formen deutet hind. schierm. mal auf eine Entwicklung aus einem Àektierten awfr. *malle hin, da sonst wohl ein hind. schierm. † maal mit Ersatzdehnung in geschlossener Silbe zu erwarten gewesen wäre; anderenfalls müßte eine relativ junge Entlehnung aus dem Nl. vorliegen. INF fa. mal ‘übermütig, aufgebracht, verrückt’ (WFO 175, FÖW 347), FNF mgos. mal ‘ausgelassen’ (HMN 128) ist sicherlich Entlehnung aus N nnl. mal oder einer daraus entlehnten westl. nnd. Form. Ob partiell auch in den übrigen fries. Mundarten mit einer älteren Entlehnung zu rechnen ist, läßt sich formal nicht entscheiden. Das Primäradj. steht im Germ. isoliert. Lerchner 1965: 196f. erwägt, das Adj. zu dem starken Verb germ.*mala- stv.VI ‘mahlen’ (Sb 344) zu stellen mit sekundärer expressiver Gemination. Sicher ist das jedoch nicht. Ungeklärt bleibt überdies der EinÀuß von franz. mal ‘schlecht’. Löfstedt 1931: 6; Feist 1939: 524; Lerchner 1965: 196f.; Spenter 1968: 52; Lehmann 1986: 378f.; Faltings 1996: 104. Hm 401 malta- ‘zart, keimend’ *V (§ 25e)

F O

AFR aofr. malt ‘schlecht, verdorben (Milch)’ (F) nschw. dial. malt ‘liten rutten’ (OSS 16,147)

384

Bel Germ

Lit

medja-

West- und nordgerm.: E ae. mealt, D ahd. malz, W nisl. maltr. PFR *malt. Es besteht Anschluß an das starke Verb germ. *meltastv.III ‘schmelzen’ (Sb 351) sowie mit derselben Ablautstufe an das Subst. germ. *malta- ‘Malz’, ein Begriff des Brauwesens, der die in Wasser eingeweichten Getreidekeimlinge bezeichnet, von denen der bittere, herbe Geschmack des Bieres herrührt. Die Bedeutungsentwicklung des ursprünglichen Verbaladj. vollzog sich dann vielleicht folgendermaßen: ‘zart, weich (vom PÀanzenkeim)’ > ‘herb, bitter im Geschmack’ (Hm 401). Der Ausdruck setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort. Falk/Torp 1909: 317; Pokorny 1959: 718; Buma 1963: 258; Seebold 1970: 351. medja- ‘in der Mitte be¿ndlich’ *D (§ 98)

F

AFR aofr. midde-, midda-, mid- ‘mittlerer’ in middehnjs (E1), middahnjs (E3) n. ‘mittlerer Teil des Hauses’, middesumer m. ‘Mittsommer’ (F), midref, -rif n. ‘Zwerchfell’ (F), midrede n. ‘Zwerchfell’ (R1-2) usw., midda präp. + dat. ‘inmitten, zwischen’ (F, R1-2) awfr. midde (D, J, U [Steller]), medde (J) ‘mittlerer’, sonst kompositionell etwa in midsomer m. ‘Mittsommer’ (J), ferner in Àektiertem middes adv. ‘inmitten von’ (Fs 2,86, O) INF fa. mad- ‘mittlerer’ in ält. fa. madinj m. ‘Vesperbrot’ (a. 1757, NfSt 1,24), matahlem ‘Vordiele’ (a. 1757, NfSt 1,24), fa. madfääst, -feest f. ‘Mittfasten (19. März)’ (Verf.), madnaacht f. ‘Mitternacht’ (MN 515) etc., ferner fa. mad adv. ‘inmitten von’, präp. ‘unter, zwischen’ (WFO 174, FÖW 346) helg. med- ‘mittlerer’ in medai m. ‘Mittag’ (TS 253), mednoacht m. ‘Mitternacht’ (TS 253) sy. med- ‘mittlerer’ in medinj m. ‘Vesperabend’ (Siebs 1901: 1407), medsomer m. ‘Mittsommer’ (MN 515), ferner mer adv. ‘inmitten von’, präp. ‘inmitten’ (BM 173, SU 667) FNF bök. mad- ‘mittlere’ in madnåcht f. ‘Mitternacht’ (FU 154), madunerne n. ‘zweites Frühstück’ (FU 154) usw., mad adv. ‘mitten’ (FU 154), made präp. ‘zwischen, unter’ (FU 154) hall. ma(a)d- ‘mittlerer’ in madai (HMN 48), maadi (MOH 1,150) m. ‘Mittag’, madeen m. ‘Vesperbrot um 5 Uhr auf dem Felde während der Heuernte’ (MOH 1,150), madsomer m. ‘Johannis (24. Juni)’ (MOH 1,150), ferner maade adv. ‘mitten’ (Lo 68), präp. ‘zwischen, unter’ (Lo 144) karrh. mad- ‘mittlerer’ in madwunter m. ‘Mittwinter, Winteranfang’ (MN 515), madålerk ‘von mittlerem alter’ (MN 515)

medja-

E S

385

etc., ferner mad adv. ‘mitten’ (MN 515), made präp. ‘unter, zwischen’ (MN 516) mgos. mad- ‘mittlerer’ in madi m. ‘Mittag’ (HMN 127), madnaacht f. ‘Mitternacht’ (MN 515), ferner mad adv. ‘mitten’, präp. ‘unter, zwischen’ (MN 515f., HMN 127) ngos. mad- ‘mittlerer’ in ält. ngos. maddai m. ‘Mittag’ (ca. a. 1745, JG 381), maddsammerapel m. ‘Johannsapfel’ (a. 1743, BJ 2,99), maddä adv. ‘mitten’ (a. 1743, BJ 2,104), ngos. madin madi m. ‘Mittag’ (WNG 72), made adv. ‘mitten’ (WNG 72) sgos. mad- ‘mittlerer’ in madäi m. ‘Mittag’ (MN 515), madfeest f. ‘Mittfasten’ (MN 515), made präp. ‘unter, zwischen’ (MN 516) wied. mäd- ‘mittlerer’ in mädfeest (FRU 217) -fjast (MN 515) f. ‘Mittfasten (19. März)’, mädjin m. ‘Zwischenmahlzeit am Nachmittag’ (FRU 217), mäd adv. ‘mitten’ (FRU 217), mäde präp. ‘zwischen, unter’ (FRU 217) wyk. mard adv. ‘mitten’ (KF nr. 71) OFR harl. mid(d)- ‘mittlerer’ in middy ‘der Mittag’ (CM 36), middu(h)ren ‘Fruhstuckspeisen, das Vesperbrodt’ (CM 37, 46) sat. mid(de)- ‘mittlerer’ in middai m. ‘Mittag’ (MF 134), middewinter m. ‘Weihnachten, Wintersonnenwende’ (MF 134), ferner midde adv. ‘mitten’ (MF 134) wang. mid- ‘mittlerer’ in midhuus n. ‘Vorhaus, HausÀur’ (FA 1,381), midii m. ‘Mittag’ (FA 1,381), ferner mid adv. ‘mitten’ (FA 1,97) WFR frühnwfr. mid- ‘mittlerer’ in middey ‘middag’ (GJ 290), ferner in Àektiertem mids adv. ‘midden’ (GJ 290) nwfr. mid- ‘mittlerer’ in middei ‘het midden van de dag; namiddag’ (WFT 13,217f.), midfêste ‘Halfvasten, midelste zondag van de vastentijd’ (WFT 13,228) etc., ferner in Àektiertem mids adv. ‘in, bij het midden’, präp. ‘te midden van’ (WFT 13,228) hind. mid- ‘mittlere’ in midde ‘middag’ (GB 105), ferner in Àektiertem mids adv. ‘medio’ (GB 105) schierm. mid- ‘mittlerer’ in middei, -de m. ‘middag’ (DF 74), ferner in Àektiertem mids adv. ‘midden’ (DF 74) tersch. mid- ‘mittlere’ in midforge ‘vore in midden van akker’ (CR 67), midzje ‘middag’ (CR 67) ae. midd ‘mid, middle’ (BT 685), sonst kompositionell in midfeorh ‘the period of middle age’ (BT 686), midweg m. ‘mid-way’ (BT 687) usw. as. middi ‘mittlerer’ (Hh 52), sonst kompositionell in mid¿ri ‘in reifem Alter’ (Hh 52), midgarni n. ‘Nierenfett’ (Hh 52) usw.

386

N

D W O G -ja-jǀn-

-ƯnBel Germ

medja-

anl. in Àektiertem mitdon dage dat.sgl. ‘Mittag’ (de Vries 1992: 441), mnl. mid(de)- ‘mittlerer’ in midherfst ‘Herbstanfang’, midnacht, middenacht ‘Mitternacht’, middemaent ‘Monatsmitte’ usw., midde adv. ‘mitten’ (VV 4,1531ff.) ahd. mitti ‘der mittlere’ (Schützeichel 2006: 241) an. miðr ‘mittlerer, in der Mitte liegend’ (Baetke 418) adän. mithær ‘som be¿nder sig i midten’, mitt adv. ‘mitten’ als ursprünglich neutr. Form des Adj. (Nielsen 1989: 284) got. midjis ‘middle’ (Lehmann 1986: 253) D ahd. mitti n. ‘Mitte’ (Schützeichel 2006: 241), W an. mið n. ‘Mitte’ (Baetke 417), das wohl als substantiviertes Adj. aufzufassen ist. FNF bök. mad m. (MN 515), hall. maade f. (Lo 68), karrh. mad m. (MN 515, OTJ 33), ält. ngos. maddä m. (a. 1743, BJ 2,104), ngos. mad m. (MN 515) ‘Mitte’ mit sekundärem Suf¿xwechsel, OFR sat. midde f. ‘Mitte’ (MF 134), WFR frühnwfr. midde ‘het midden’ (GJ 290), E ae. midde f. ‘the middle’ (BT 685), S as. middia f. ‘Mitte’ (Hh 52), D ahd. mitti f. ‘Mitte’ (Schützeichel 2006: 241), W an. miðja f. ‘Mitte’ (Baetke 418), O adän. mithiæ f. ‘midterdel’ (Nielsen 1989: 284) D ahd. mittƯ f. ‘Mitte’ (Schützeichel 2006: 241) Gemeingerm. Für sämtliche fries. Formen ist von PFR *mid (-dd-) adj. ‘mittlerer’ auszugehen bzw. in der Komposition auch *midde- mit erhaltenem ursprünglichen Suf¿xvokal, das sich in den neufries. Mundarten regelhaft fortsetzt. Daneben begegnen wie in den meisten anderen germ. Sprachen schon früh l-Erweiterungen: a) Auf germ. *medlja- von einer Basis idg. *medh io- führen zurück: o AFR aofr. middel ‘mittlerer’ (B1-2, E1-3, F, H, R1-2) awfr. middel ‘mittlere’ (D, J, O) INF fa. madel-, medel- ‘mittlerer’ in madelbualk m. ‘Feldrain’ (WFO 174, FÖW 346), Medelsünj m. FlN für ein Tief [wörtl. „Sund“] zwischen Föhr und Amrum (LFM 125) usw., sonst sup. madelst ‘mittlerer’ (WFO 174, FÖW 346) helg. medel ‘mittlerer’ (TS 253), sonst kompositionell wie in medeldjel ‘mittlere Jolle, größeres Boot’ (TS 254) sy. merel- ‘mittlerer’ in mereldüür g. ‘Mitteltür’ (BM 173, SU 667), merelforig g. ‘Mittelfurche des gepÀügten Ackers’ (BM 173, SU 667) usw., sonst sup. merelst ‘mittlerer’ (BM 173) FNF bök. madel- ‘mittlerer’ in madelschot n. ‘Scheidewand zwischen den Ständen in Kuh- und Pferdestall’ (FU 154), madelsliik m. ‘Mittelsorte’ (FU 154) usw., sonst sup. madelst ‘mittlerer’ (FU 154)

medja-

387

ält. ngos. mell- ‘mittlerer’ in melleeder ‘Mittelader’ (a. 1743, BJ 2,98) wied. mäl- ‘mittlerer’ in mäldik m. ‘Mitteldeich’ (FRU 218), mälskot n. ‘Scheidewand zwischen den Viehständen’ (FRU 218) usw. OFR harl. middel- ‘mittlerer’ in middelhues ‘mittlerer Teil des Hauses’ (CM 75) sat. middel- ‘mittlerer’ in middelschot n. ‘Scheidewand’ (MF 134), middelsleek m. ‘Durchschnitt’ (MF 134) WFR nwfr. mul- ‘mittlerer’ in mulbân ‘gordel, ceintuur (door vrouwen gedragen)’ (WFT 14,3), mulhûs ‘middelste vertrek in de hals van een boerderij’ (WFT 14,9) usw. hind. middel- ‘mittlerer’ in middeldôr ‘middeldeur’ (GB 105), sonst sup. in middelste ‘middelste’ (GB 105) schierm. middel- ‘mittlerer’ in middel¿nger m. ‘middelvinger’ (DF 74) usw. tersch. middel- ‘mittlerer’ in middeljolter ‘middelteugel van een tweespan paarden’ (CR 67) E ae. middel ‘middle’ (BT 686) S as. middil- ‘mittlerer’ in middilgard m.f. ‘Erde’ (Hh 52) N mnl. middel- ‘mittlerer’ in middeltijt f. ‘tusschentijd’ (VV 4,1552), middelwech m. ‘middelweg’ (VV 4,1553), sonst sup. middelst ‘mittlerer’ (VV 4,1554) D ahd. mittil ‘mittel; der mittlere, in der Mitte be¿ndlich’ (Schützeichel 2006: 241) b) Dagegen mit Suf¿xablaut aus germ. *meda/ula- von einer Basis idg. *medhu-: ahd. metal ‘der mittlere, in der Mitte be¿ndlich’ (Schützeichel D 2006: 236) W an. meðal n. ‘Mitte’ (de Vries 1977: 381)

Beachtenswert sind ferner die Ableitungen E ae. me(o)dume, medeme ‘middling, moderate, common; occupying the middle or mean position as regards a) size, amount etc., b) place, rank, means; observing the just mean, perfect, meet, ¿t, worthy’ (BT 676), D ahd. metam ‘mittlere’ (Schützeichel 2006: 236) sowie als Substantivierung G miduma f. ‘Mitte’ (Lehmann 1986: 253) < germ. *meduma- ‘mittelster’ mit dem Suf¿x germ. *-uma- (< idg. *-ӹmo-), das im Germ. eine Reihe von Raumadj. mit primär superlativischem Wortsinn bildet (Krahe/Meid 1967: 126, Bammesberger 1990: 233), auch wenn in den vorliegenden Fällen eher ein komparativischer Gebrauch durchblickt. Vermutlich ist die lexikalische Bedeutung des Suf¿xes recht bald verblaßt, nachdem seine wortbildende Funktion innerhalb des Komparationssystems fast ganz durch das Suf¿x germ. *-ista- übernommen worden war. Am Ende kommt es verschiedentlich zu einer

388

Idg

Lit

medja-

erneuten Steigerung wie in F aofr. medemesta sup. ‘mittlerer’ (H) und E ae. mid(e)mest sup. ‘mittlerer’ (BT 685); vgl. weiter mit j-haltigem Suf¿x G midjun-gards m. ‘inhabited world’ (Lehmann 1986: 253) < germ. *medjuma-, zu G midjis ‘mittlerer’ wie ai. madhyamá‘mittlerer’ zu ai. mádhya- ‘mitten’. Entsprechend S mnd. middernacht, N mnl. middernacht, D mhd. mitternaht f. ‘Mitternacht’ kann wohl auch im Fries. z.B. für AFR awfr. middernacht f. (FrR), INF fa. madernacht f. (NfWb), FNF ält. ngos. maddernacht (ca. a. 1745, JG 225), OFR sat. middernoacht f. (MF 134), WFR hind. midder’naet (GB 105) eine autochthone hypostatische Wortbildung aus einer ursprünglich präpositionalen Fügung in Betracht gezogen werden, und dann am ehesten aus afr. *tǀ middre nachte dat.sgl. ‘zur mittleren Nacht’, während die Formen mit auslautendem -n , etwa INF fa. maden adv. ‘mitten’, maden m. ‘Mitte’ (WFO 174, FÖW 346), FNF wyk. marden m. ‘Mitte’ (KF nr. 80), WFR hind. midden adv. ‘mitten’, midden m. ‘Mitte’ (GB 105) u.a., besser als Entlehnungen aus (m)nd./(m)nl. midden adv. ‘mitten’ und subst. ‘Mitte’ aufzufassen sind, dem jeweils ein erstarrter Dat.Sgl. des Adj. oder Subst. in adv. bzw. subst. Verwendung zugrunde liegt, der hier wie dort aus den zahlreichen präpositionalen Verbindungen mit lokaler oder temporaler Bedeutung hervorgegangen sein dürfte (vgl. Franck/van Wijk 1949: 428, de Vries 1992: 441, Lasch/Borchling 1956ff.: 2,974f., 978). Germ. *medja- ist identisch mit ai. mádhyas, griech. ȝȑıȠȢ, lat. medius, gallisch medio- (in Medio-lanum ‘Mailand’), altpreußisch median usw. < idg. *medh io- ‘mittlerer’ (IEW 706). Dabei handelt o es sich möglicherweise um eine adj. Derivation aus idg. *medhi‘inmitten’, einem Raumadv. auf -i (Krahe/Meid 1967: 70). Dagegen erwägt Benveniste 1935: 73 eine subst. Basis idg. *medhi-, aus dem idg. *medh io- mit Hilfe des Themavokals abgeleitet sei; vgl. o ferner Bammesberger 1990: 242, der einen aus dem Idg. ererbten Adjektivstamm auf -ja- in Betracht zieht. Falk/Torp 1909: 307; Falk/Torp 1910-11: 1,718f.; Kluge 1926: 92; Benveniste 1935: 73; Hellquist 1948: 1,654; Franck/van Wijk 1949: 427f.; Pokorny 1959: 702, 706; Ilkow 1968: 295f.; Spenter 1968: 93; de Vries 1977: 386; Onions ed. 1978: 575; Lehmann 1986: 253; Nielsen 1989: 284; Bammesberger 1990: 219, 242; de Vries 1992: 441; Boutkan/Siebenga 2005: 260f.

meldja-

389

Hm 406f. meldja*- ‘mild, barmherzig’ *V/*D (§ 74, 100b) F

AFR aofr. milde ‘demütig’ (PrJ 260) awfr. milde ‘barmherzig, gnädig’ (A, J, Ro 1,84), milde adv. ‘milde (gesonnen)’ (A 282) INF fa. milj, mil ‘milde, sanft (Wetter); sanft, freundlich (Wesen)’ (WFO 180, FÖW 358) helg. mil ‘milde’ (TS 255) sy. milj ‘mild, sanft, gelinde’ (BM 175, SU 670) FNF ält. bök. mill (a. 1748, NfSt 2,4), bök. mil (FU 157) ‘mild’ hall. mil ‘mild’ (MOH 1,20) karrh. mil ‘milde, angenehm’ (MN 1666, OTJ 52) mgos. mil ‘milde’ (JH 3, 4) ält. ngos. mill (a. 1743, BJ 2,103), ngos. mil (WNG 72) ‘mild’ wied. mil, mjil ‘milde’ (FRU 220) WFR frühnwfr. mijld [-i:-] ‘mild, zacht; togeeÀijk, goedgunstig; mededeelzaam’ (GJ 294) nwfr. myld ‘zachtaardig, welwillend, niet streng; zacht, weldadig, verkwikkend (van het weer en de natuur); vrijgevig, royaal’ (WFT 13,250f.) hind. myld ‘mild’ (GB 105) tersch. myld ‘mild’ (DF 75)

-lƯka-Ưn-man-

WFR frühnwfr. mijldlijck ‘mildelijk’ (GJ 294) INF fa. milj, mil f. ‘Milde’ (NfWb) WFR nwfr. myldtme ‘mildheid’ (WFT 13,251); offenbar ein jüngerer, von myldte (s.o.) ausgehender Neologismus; vgl. Brouwer 1963: 251ff. WFR nwfr. myldens ‘milddadigheid; zachtheid, aangenaamheid (van het weer)’ (WFT 13,251), schierm. myldens m. ‘mildheid; goedgeefsheid’ (DF 75) WFR nwfr. myldte ‘mildheid’ (WFT 13,251) AFR awfr. mildichƝd f. ‘Milde’ (A 274, U [Brouwer]) neben onmildichƝd f. ‘Härte, Strenge’ (A 296, D, Ro 1,2) mit ig-Erweiterung, ferner INF fa. miljhaid f. ‘Milde’ (SP 88), FNF bök. milhäid f. ‘Milde’ (FU 157) sowie mit ig-Erweiterung ält. ngos. millichheit ‘Güte, Freundlichkeit; Freigiebigkeit’ (a. 1760, Kon. 110), WFR frühnwfr. mijldheijt ‘mildheid, goedheid; goedgunstigheid, barmhertigheid, goedertierenheid’ (GJ 294); vgl. Ahlsson 186.

-nassjǀ-eþǀ-haidu-

Bel Germ

Gemeingerm.: E ae. milde, S as. mildi, N mnl. milde, D ahd. milti, W an. mildr, O aschw. milder, adän. mild, G -mildeis*. PFR *milde mit -i- < germ. -e- vor -j-. Für sämtliche neufries. Formen ist eine Zwischenstufe *mƯlde mit Frühdehnung des -i- vor -ld anzusetzen.

390

Idg

Lit

melka-

Die weitere Zuordnung ist mehrdeutig. Falls idg. *melt- ió-, ist am o ehesten an die Wurzel idg. *mel- ‘zerreiben’ (germ. *mala- stv.VI ‘mahlen’) (IEW 716) anzuknüpfen mit der Bedeutungsentwicklung ‘zermahlen’ > ‘weich, sanft’ > ‘mild, freundlich’. Es scheint allerdings nicht ratsam, das Adj. von idg. *meldh- in ai. márdhati ‘vernachlässigt’, griech. ȝĮȜįȘ ‘Wachs’, ȝĮȜįĮțȩȢ ‘weich, sanft, mild’ (IEW 719) zu trennen. Delbrück 1907: 138; Falk/Torp 1909: 317; Weisweiler 1923: 352ff.; Löfstedt 1928: 20; Pokorny 1959: 719; Rosengren 1968. Hm 408 melka- ‘milchgebend’ V (§ 24e, 88)

F

AFR awfr. molk ‘milchgebend’ (SnR) INF fa. melk ‘milchgebend’ (LFM 125, FÖW 355) FNF bök. mäl(j)k ‘Milch gebend (von Kuh nach dem Kalben)’ (FU 154) hall. meelk ‘Milch gebend’ (MOH 1,201) karrh. meelk (MN 1201), moolk (OTJ 56) ‘Milch gebend’ ält. ngos. meelck (a. 1743, BJ 1,91), ngos. mäilk (MOH 1,201) ‘Milch gebend’ sgos. meelk ‘milch gebend’ (MN 1201) wied. meelk ‘Milch gebend’ (FRU 219) OFR sat. mêlk ‘milchgebend’ (JM 35), jünger mölk (MF 136) mit Labialisierung des -e- > -ö- durch voraufgehendes mwang. melk ‘milchgebend’ (HEN 275) WFR nwfr. melk, melts ‘melkgevend’ (WFT 13,180)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. meolc, S mnd. melk, N mnl. melc, D ahd. melk, W an. mjolk. In allen genannten neufries. Formen – außer AFR awfr. molk, FNF karrh. moolk – auf eine Vorstufe PFR *melk zurückführend, in den festl.-nfr. Mundarten wohl über eine Zwischenform *mƝlk mit Frühdehnung des -e- vor -lk, allerdings mit Ausnahme von hall. meelk, dessen -Ɲ- ein kurzes -e- voraussetzt. In INF fa. melk ist die Dehnung des -e- in der Position vor -l- + -k- entweder von vornherein unterblieben oder bald rückgängig gemacht worden. Im weiteren liegt ein Verbaladj. zu germ. *melka- stv.III ‘melken’ (Sb 350f.) vor. AFR awfr. molk, FNF karrh. moolk weist dagegen auf eine schwundstu¿ge Basis, wobei nicht deutlich wird, ob wir es hier mit einer Rückbildung aus awfr. molkia swv.2 ‘melken’ (SnR, O), karrh. moulke swv.2 ‘melken; milchen’ < westgerm. *mulkǀja- swv.2 / *mulkƣ- swv.3 zu tun haben oder ob hier lediglich eine sekundäre Vokalangleichung stattgefunden hat, bei der neben dem schwundstu-

Germ

mƣrja-

Lit

391

¿gen Verb auch das Subst. aofr. molke f. ‘Milch’ (F, R1) bzw. karrh. moolke n. ‘Milch’ minnizan-) ‘kleiner’ P (§ 22) F

AFR aofr. min(ne)ra, -e (E1, FV 208, H1, PrJ 258, R1-2), minner (E3) comp. ‘kleiner, jünger’, min(ne/a)sta (E2-3, F, H), minnust (R12) sup. ‘kleinst, jüngst’, aofr. min adv. ‘weniger’ (R1-2) awfr. min(ne)ra comp. ‘kleiner, jünger’ (A 242, D [Meijering], Fs 1,111, J, Ro 1,30, U [Brouwer], O), min(ni)st (J), minsta (O) sup. ‘kleinst, jüngst’, min adv. ‘weniger’ (A 350, Fs 1,148, J, LSt, Ro 2,66, SnR 24, U [Brouwer]) INF fa. maner comp. ‘kleiner, schmächtiger’, manst sup. [in subst. Verwendung ält. fa. do mansten ‘die Wenigsten’ (a. 1754, CQ v.1)], man, maner adv. ‘weniger, gering’ (SP 86, WFO 176, FÖW 349) helg. mener adv. comp. ‘schlechter, minderwertig’, menst sup., mener adv. ‘geringer’ (TS 254) sy. mener comp. ‘minder’, menst sup., mener adv. ‘weniger’ (BM 173, SU 667) FNF bök. maner comp. ‘kleiner, geringwertig’, manst sup., maner adv. ‘weniger’ (FU 155) hall. man adv. ‘wenig’, maner comp., manst sup. (MOH 1,19, 151) karrh. män adv. ‘wenig’, mäner comp., mänst sup. (MN 1070, OTJ 52) mgos. mäner comp. ‘weniger’ (MN 1070) ält. ngos. män adv. ‘wenig’, männer comp., mänst sup. (a. 1743, BJ 1,64), ngos. män adv. ‘wenig’, mäner comp., mänst sup. (MOH 1,19, WNG 119) sgos. man adv. ‘wenig’, maner comp., manst sup. (MN 1070) wied. mäner comp. ‘minder, kleiner’, mänst sup., män adv. ‘gering’ (FRU 219) OFR sat. min adj. ‘wenig’, minner adv. comp. ‘geringer, spärlicher, weniger’, minste sup. ‘wenigst, kleinst’ (JM 35, MF 134f.) wang. min ‘wenig’, minner comp., tum minsten adv. ‘wenigstens’ (FA 1,97) WFR frühnwfr. min adv. ‘weinig, gering’, minder comp., minst sup. (GJ 295) nwfr. min adj. adv. ‘slecht (van kwaliteit, opbrengst, omstandigheiden); gemeen, verachtelijk; weinig; moeilijk, lastig, onaangenaam; zwak, ziek; erg slaperig en moe, lamlendig’, minder comp., minst sup. (WFT 13,255f.) hind. min adj. adv. ‘min; doodziek’, minder comp., minst sup. (GB 105) schierm. min adj. adv. ‘slecht’, minder comp., minst sup. (DF 67) tersch. min adj. adv. ‘weinig; verachtelijk, slecht’, minst sup. (CR 67)

394

-lƯka-nassjǀ-ǀja-

Bel Germ.

Idg Lit

missa-

OFR sat. minnelk ‘klein, zärtlich; unterentwickelt, verkümmert’ (MF 135) WFR nwfr. minnens ‘minheid, slechtheid’ (WFT 13,268) AFR awfr. minria swv.2 ‘sich vermindern, abnehmen’ (D), daneben awfr. forminria swv.2 ‘verkleinern, reduzieren, kürzen’ (A 206, FrB 30, Ro 2,20) und in derselben Bedeutung awfr. urminria swv.2 (Ro 2,28), ferner INF fa. manre (WFO 176, FÖW 350), helg. menere (TS 254), sy. meneri (BM 173, SU 667) swv.2 ‘mindern, vermindern, weniger werden’, FNF bök. manere (FU 155), karrh. mänere (OTJ 52), ält. ngos. männria swv.2 (a. 1760, Kon. 80) swv.2 ‘mindern’, OFR sat. minderje swv.2 ‘mindern, vermindern; herabsetzen’ (MF 135), WFR nwfr. minderje swv.2 ‘afnemen, kleiner, minder worden; kleiner, geringer maken, doen afnemen’ (WFT 13,258f.) Gemeingerm.: S as. minniro, N anl. min adv., D ahd. minniro, W an. minni, O adän. minnæ, G minniza; im Nordseegerm. z.T. durch germ. *laizizan- comp. ‘weniger’ (s.o.) ersetzt. Suppletiver Komp. zu germ. *leitika-/*littika- ‘klein’ (Hm 371). In den meisten modernen fries. Mundarten wird der alte adv. Komparativ afr. min ‘weniger’ mittlerweile als Positiv verwendet. Die Form FNF ngos. mäner führt offenbar auf afestl.-nfr. *minder zurück mit früh ef¿giertem -d-, analog dazu män pos., mänst sup. (Löfstedt 1928: 19). Im Germ. auf gleicher Stufe isoliert. Idg. *minu- ‘klein’ (IEW 711) in griech. ȝȚȞȣ-ĮȞįȒȢ ‘kurze Zeit blühend’, lat. minus n. ‘weniger’. Falk/Torp 1909: 319; Löfstedt 1928: 19, 151; Pokorny 1959: 711; Spenter 1968: 103; Heidermanns 1986: 283f.; Kluge/Seebold 2002: 621. Hm 413 missa- ‘abwechselnd’ *V (§ 80)

F

AFR aofr. mis- etwa in misdƯtsa swv.1 ‘unzulänglich deichen’ (F), misgunga red. ‘verunglücken; sich mindern’ (E1, H, R1), misside m. ‘böse Sitte’ (F) awfr. mis- etwa in misdƝde f. ‘Missetat’ (Fs 1,148, LSt, Ro 1,114, SnR 25, O), misdwƗn anom. ‘sich vergehen, Unrecht tun’ (BTr, SnR 25, O), mishope f. ‘Ketzerei’ (A 272, U [Brouwer]), mislƗwich ‘irrgläubig’ (FrR, Ro 2,136), misskiƗ stv.V ‘übel geschehen’ (D, J, P, O) spätawfr. mis adv. ‘falsch, verkehrt’ (Bo) INF fa. mas- etwa in masgung m. ‘Fehlgeburt’, masraage swv.2 ‘mißglücken’, sonst adv. mas ‘fehl, verkehrt’ (WFO 177, FÖW 352)

missa-

395

helg. mes- etwa in mesloke swv.2 ‘mißglücken’, sonst adv. mes ‘fehl, verkehrt’ (TS 254) sy. mes adj. ‘falsch, verkehrt’ in di mes ech ‘die Innenseite des Stoffes’, sonst prä¿giert als mes- etwa in mesgreep g. ‘Mißgriff’ sowie adv. mes ‘fehl, verkehrt’ (BM 174, SU 668) FNF bök. mas- etwa in mashoow f. ‘Enttäuschung’, mashoowe swv.2 ‘enttäuschen’ (FU 156) hall. mas- etwa in masloke swv.2 ‘mißglücken’ (MOH 1,149) karrh. mas- etwa in masfünj red. ‘mißlingen’, masgunst m. ‘Mißgunst’, sonst adv. mas ‘fehl, verkehrt’ (OTJ 42) mgos. mas- in masgonsti ‘mißgünstig’ (MN 521, MAH 90) ält. ngos. mass- etwa in massfeerä swv.1 ‘verleiten’ (a. 1745, TJ 41), mas adv. ‘fehl’ (a. 1743, BJ 2,104), ngos. mas- etwa in masluke, -loke swv.2 ‘mißlingen’ (WNG 72) sgos. mas- etwa in masguner m. ‘Neider’ (MN 521) str. maß- etwa in maßbrücke swv. (ca. a. 1600, Kat. 63), maßmödigheit [f.] ‘Mißmutigkeit’ (a. 1662, DH 216) wied. mäs- in mäsgönen adj. ‘mißgönnt’ (FRU 219) ält. wyk. maß- in maßmödigheit [f.] ‘Mißmutigkeit’ (ca. a. 175084, MB II), wyk. mas- in masgonen ‘mißgönnt’ (KF nr. 11) OFR harl. mis- in mistwyvelinge ‘die Verzweifelung’ (CM 48) sat. mis- etwa in misklöär n. ‘Fehlfarbe’, misbruke swv.1 ‘mißbrauchen’, sonst adv. mis ‘fehl; verkehrt, falsch’ (MF 135) wang. mis- etwa in mismoodiig ‘mißmüthig’, mistwivelch ‘zweifelnd’, sonst adv. mis ‘fehl’ (FA 1,97) WFR frühnwfr. mis- etwa in misdied ‘misdaad’ (GJ 297), adv. mis ‘fehl; verkehrt, schlecht’ (SB 56, 58) nwfr. mis adj. adv. ‘niet raak; het doel of voorwerp niet treffend; onjuist, niet waar; niet in orde, slecht, verkeerd’ (WFT 13,284f.), sonst prä¿giert mis- etwa in misbaksel ‘mislukt baksel’ (WFT 13,285) hind. mis adj. adv. ‘mis’, sonst prä¿giert mis- etwa in mishandelje swv. 2 ‘mishandelen’ (GB 105) schierm. mis adj. adv. ‘mis, verkeerd’, sonst prä¿giert misetwa in mislokke swv.1 ‘mislukken’ (DF 75) tersch. mis adj. adv. ‘verkeerd, mis’, sonst prä¿giert mis- etwa in misdruw ‘misdrijf’ (CR 67) -lƯka-

AFR aofr. mislƯke adv. ‘verschieden, veränderlich’ (F), awfr. mislƯk ‘verschieden, ungleich; verwickelt; mißlich’ (D, Fs 1,47, FrR, J, LSt, O), adv. mislƯke ‘verschieden; falsch’ (J), INF fa. maselk ‘mißlich’ (Verf.), sy. meselk ‘mißlich, zweifelhaft, gewagt, ungewiß’ (BM 174, SU 668), FNF bök. maslik (FU 156), ält. ngos. maßlick (a. 1743, BJ 2,104) ‘mißlich’, OFR sat. misselk, mizzelk ‘mißlich, unangenehm;

396

-nassjǀ-ja-

missa-

traurig, bedauerlich’ (MF 135), wang. misselk ‘traurig’ (FA 1,97), WFR frühnwfr. mislijck (GJ 298), nwfr. mislik (WFT 13,292), hind. mislik (GB 106), schierm. mislik (DF 75) ‘misselijk’ INF sy. mesens in der Wendung tö mesens kum ‘einen Mißgriff begehen, in einem Unternehmen scheitern, Unglück haben’ (BM 174, SU 668) AFR awfr. missa swv.1 ‘fehlen; entbehren’ (A 504, D, FrB 156, J, Ro 2,144, SnR 26, O), WFR frühnwfr. misse swv.1 (GJ 297), nwfr. misse (WFT 13,295f.), hind. misse (GB 106), schierm. misse (DF 75), tersch. misse (CR 68) swv.1 ‘missen; fehlen, entbehren; vermissen’ Dazu sekundär aus dem Part.Prät.: INF fa. mast (WFO 177, FÖW 352), helg. mest (TS 254), sy. mest (BM 174, SU 669) swv.1 ‘entbehren; vermissen; hergeben’ FNF bök. maste (FU 156), hall. maste (MOH 1,149), karrh. maste (OTJ 42), mgos. mast (MN 522, JH 4), ält. ngos. mastä (a. 1743, BJ 2,99), ngos. maste (MOH 1,149), sgos. maste (MN 522, Beitr. 6), wied. mäste (FRU 219) swv.1 ‘entbehren, verlieren; vermissen’ OFR sat. miste (MF 135), wang. mist (FA 1,57) swv.1 ‘missen, entbehren; weggeben’ WFR nwfr. miste ‘missen, ontberen, afwezig zijn’ (WFT 13,295) S mnd. (OF und in skand. Urkunden) misten swv.1 ‘entbehren, fehlen; vermissen’ (LB 2,997) O adän. mistæ (Nielsen 1989: 286), aschw. mista (Hellquist 1948: 1,650) swv.1 ‘fehlschlagen; entbehren, verlieren’

-ǀja-

INF fa. mase (WFO 177, FÖW 352), sy. mesi (BM 174, SU 668) swv.2 ‘verfehlen, nicht treffen; mißglücken; vermissen’, FNF bök. mase (FU 156), hall. mase (MOH 1,149), karrh. mase (MN 522), ält. ngos. massiä* [in masset ‘geirrt’] (a. 1743, BJ 2,107), wied. mäse (FRU 219) swv.2 ‘verfehlen; fehlschlagen; vermissen’, OFR harl. misse swv.2 ‘missen’ (CM 102), sat. misje swv.2 ‘verfehlen’ (MF 135)

Bel

Gemeingerm.: E ae. mis-, S as. mislƯko adv., N anl. mis-, D ahd. missi*, W an. in ýmiss, O adän. miss-, G misso adv. PFR *mis(-), im Nfr. mit Senkung des alten -i- > -e- und weiter zu -a-. Wie im übrigen Germ. zumeist in prä¿xoider Verwendung, daneben aber auch selbstständige Bildungen. Germ. *missa- steht als altes Verbaladj. neben dem starken Verb *meiþa- stv.I ‘meiden’ (Sb 348f.), dessen Bedeutung aus ‘wechseln, tauschen’ hervorgegangen ist; demnach also beim Adj. folgende Bedeutungsentwicklung: ‘abwechselnd’ > ‘verschieden’ und ‘verkehrt’ (Hm 413). Falk/Torp 1909: 321; Löfstedt 1928: 149; Pokorny 1959: 715; Seebold 1970: 348ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 263f.

Germ

Lit

mǀdja-

397

mǀdja- ‘müde’ *V F

WFR nwfr. mêd ‘moe, afgemat’ (WFT 13,158)

-ja-/-jǀ-

WFR frühnwfr. med ‘eene zware en vermoeijende arbeid; pak, last, sjouw’ (GJ 286) WFR frühnwfr. medjen swv.2 ‘matten’, æf-medjen swv.2 ‘afmatten’ (GJ 286), davon æf-med ‘afgemat, vermoeid, afgetobt’ (GJ 7); vermutlich sekundär aus dem Adj.

-ǀja-

Bel Germ

Westgerm.: E ae. mƝðe, S as. mǀthi, N mnl. moede, D ahd. muodi, als einfacher a-St. auch W an. móðr, O adän. mǀd. Heidermanns (Hm 414) setzt für das Verbaladj. mit Blick auf W an. mǀðr eine a-stämmige Grundform germ. *mǀþa- an als partizipiale Bildung mit to-Suf¿x von dem primären Verbum purum germ. *mǀja- ‘sich mühen, Mühe machen’ in S mnd. möêyen, D ahd. muoen, wozu ebenfalls G af-mauiþs ‘ermüdet’ zu stellen ist (Feist 1939: 9, Lehmann 1986: 6). Die Bedeutung ‘müde’ entwickelte sich offensichtlich aus einem ursprünglichen ‘sich abgemüht habend’. Nun zeigen sämtliche westgerm. Belege Umlaut, so daß hier besser von einer Stammform germ. *mǀdja- auszugehen ist mit dem Suf¿x -dja- < idg. -t io-. Dieses geht vielfach mit dem to-Suf¿x paralo lel, dessen partizipiale Funktion es übernehmen kann (Krahe/Meid 1967: 148). Demnach wäre wohl auch für das Fries. eine Vorstufe PFR *mƝde mit -Ɲ- < -ǀ- + i-Umlaut anzunehmen, auf die sich zumindest INF helg. meed ‘müde’ < ains.-nfr. *mƝde regelhaft zurückführen ließe, obgleich diese Form – möglicherweise nicht zu Unrecht – bislang freilich als Entlehnung aus (m)nd. möde angesehen worden ist (TS 253, Århammar 2001: 324). Entlehnungen aus dem (M)nd. bzw. (M)nl. sind dagegen mit Sicherheit OFR wang. mööd (FA 1,98), wurst. mode /-ø:-/ (RM 111), WFR schierm. múed (DF 76, Spenter 233). Für WFR nwfr. mêd ‘moe, afgemat’ kommt indessen eine Herleitung aus PFR *mƝde kaum in Betracht, da awfr. -Ɲ- < -ǀ- + i-Umlaut im Normalfall zu nwfr. -ie- /-iԥ-/ führte und dementsprechend nwfr. † mied zu erwarten gewesen wäre. Jarich Hoekstra (brieÀ.) fragt sich an dieser Stelle, ob nicht gar ein relativ später Neologismus der sogenannten „jungfriesischen“ Bewegung um Douwe Kalma (18961953) aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts im Spiel sein könnte. Ausgehend von äquivalenten nnl.-nwfr. Sprachmustern wie nnl. zat – nwfr. sêd ‘satt’ usw. wäre nach nnl. mat ‘matt, müde’ < afranz. mat wohl ebenfalls ein analoges nwfr. mêd denkbar, möglicherweise begünstigt durch Formen des westfriesischen Barockdichters Gysbert Japicx (1603-1666), wie z.B. frühnwfr. æf-medjen swv. ‘afmatten’

398

Lit

mulja-

und daraus offenbar rückgebildet æf-med ‘afgemat, vermoeid, afgetobt’, bei denen es sich ihrerseits wiederum um sprachliche Neuschöpfungen des Dichters nach mnl. Vorbildern handeln könnte. Zusammengenommen scheint es demnach im Fries. kaum überzeugende Indizien für die Existenz autochthoner Formen aus germ. *mǀdja- ‘müde’ zu geben. Darüber hinaus begegnet im Fries. für ‘müde’ AFR awfr. wirch ‘müde, erschöpft’ (A), INF helg. würi (TS 305), OFR sat. wúrig, wurig (MF 186) sowie WFR frühnwfr. wirg (GJ 540), nwfr. wirch, warch (FW 3,458), hind. wurch (GB 182), eine Ableitung mit gaSuf¿x, die ebenfalls in E ae. wƝrig ‘müde, erschöpft’, S as. -wǀrig ‘müde, entkräftet, matt’, D ahd. wuorag ‘berauscht’ vorliegt. Wie ae. wƝrig führen die wfr. Formen auf eine umlautende Vorstufe germ. *wǀriga- zurück, die ins.-nfr. und ofr. Formen dagegen wie ahd. wuorag auf ein nichtumlautendes germ. *wǀraga-. Das Adj. steht neben E ae. wǀrian swv. ‘wandern, wanken, zerfallen’ und W an. œrr ‘geistesgestört, verwirrt’ < germ. *wǀrja-, an. órar f.pl. ‘Betäubtsein’ < germ. *wǀrǀ-; vgl. im weiteren Falk/Torp 1909: 414, Pokorny 1959: 1180, de Vries 1977: 419, 684 und Onions 1978: 996. Im Nfr. gilt für ‘müde’ sonst INF fa. träät, treet, tret (FÖW 614), sy. trƝt (BM 277), FNF bök. trååt (FU 245), hall. traot (MOH 2,38), karrh. trååt (OTJ 73), mgos. traat (Outzen 363), ält. ngos. traat (ca. a. 1760, Kon. 52), ngos. trååt, traat (WNG 73), str. traat (a. 1662, DH 215), wied. troat (FRU 345), ält. wyk. traat (ca. a. 1750-84, MB II) < O adän. thrææt; vgl. an. þreyttr ‘müde’, Part. Prät. zu an. þreuta swv.1 ‘ermüden’ < germ. *þrautja-, dem Kausativum zu germ. *þreuta- stv.II ‘müde werden’ (Sb 523); vgl. Löfstedt 1931: 38 und Nielsen 1989: 464. Delbrück 1907: 138; Falk/Torp 1909: 322; Feist 1939: 9; Pokorny 1959: 746; Krahe/Meid 1967: 148; Meid 1971: 87; Lehmann 1986: 6; Matzel 1992: 132; Kluge/Seebold 2002: 635. Hm 414 mǀþa- ‘müde’ V vgl. mǀdjamulja- ‘zerrieben, zermalmt’ R?/S? (§ 86, 91)

F N

FNF hall. meel ‘locker von Erde’ (MOH 1,199) nnl. mul ‘van aarde: pulverig, niet vast, niet in kluiten, ook wel van den grond: los, gemakkelijk te bewerken’ (WNT 9,1230f.)

-iga-

WFR nwfr. mellich ‘zacht, kneedbaar, murw (van de grond)’ (WFT 13,184)

mulja-

-ja-

-ja-

Bel Germ

399

E ae. myl [n.] ‘dust’ (BT 703), S mnd. mül (-ll-) n. ‘Staub, pulvis, „scobis“’ (LB 2,1031), N nnl. mul n. ‘stof, ¿jn poeder, ook wel gruis’ (WNT 9,1228f.) und als Kollektivum D ahd. gimulli n. ‘Staub; Schutt; Zermalmtes’ (Köbler 1993: 421) S nnd. (Wfal.) müllen swv. ‘stauben’ (Woeste 180), D mhd. müllen swv. ‘zerstoßen, zermalmen’ (Lexer 1,2224), W an. mylja swv. ‘zermalmen’ (Baetke 431) usw. Lediglich im F (FNF) und N, ohne Umlaut auch S und D. Aus afestl.-nfr. *mel (-ll-) < germ. *mulja-, in dem vermutlich eine Rückbildung aus dem jan-Verb germ. *mulja- swv.1 ‘zermalmen, zermahlen’ vorliegt – oder handelt es sich um eine Adjektivierung des Subst. germ. *mulja- n. ‘Staub, feine Erde’, das wiederum sekundär aus dem jan-Verb hervorgegangen sein könnte? Parallel dazu ¿nden sich vereinzelt umlautlose Formen: OFR S D -a-

sat. mul ‘weich’ (JM 36) nnd. (OF) mul ‘mürbe, locker, lose’ (DK 2,625) nhd. dial. (Hess.) mull ‘weich, mild, feucht’ (Vilmar 1883: 271) nnd. (SH) mull m.n. ‘lockere Erde, Staub, Kehricht’ (Mensing 3,701f.)

In diesen Fällen ist sowohl für das Adj. als auch für das Subst. eine Vorstufe mit erhaltenem -u- und geminiertem -l- anzusetzen, möglicherweise wiederum als Rückbildungen aus einem schwachen Verb, entweder aus einem westgerm. *mullǀja- swv.2. mit intensiver Bedeutung und frühgeminiertem (expressivem) -l- oder einem inchoativen westgerm. *mulnǀja- swv.2 [ursprünglich 4. Kl.] mit der Konsonantenfolge -ln- > -ll-, wobei das Adj. auch hier natürlich durch prädikativen Gebrauch aus dem Subst. erwachsen sein könnte. Zwar entwickelt sich germ. -u- + -l- vor -a- unter normalen Bedingungen zu pfr. -o-, wie in fa. hool ‘hohl’ < ains.-nfr. *hol < germ. *hula- oder fa. fööl m. ‘Fohlen’ < ains.-nfr. *fola < germ. *fulan-, doch wirkt der a-Umlaut für gewöhnlich nicht über Doppelkonsonanz hinweg: vgl. beispielsweise fa. skol f. ‘Scholle, Flunder’ < ains.nfr. *skulle f. < germ. *skullǀn- oder fa. fol ‘voll’ < ains.-nfr. *full < germ. *fulna-. Im übrigen kann für OFR mul Entlehnung aus dem (M)nd. nicht ausgeschlossen werden. Dasselbe gilt für INF fa. mol, mul n. ‘feine Erde; Gekrümel von Torf oder Rasentorf’, molig ‘feinerdig’ und mole swv.2 ‘Boden beim Eggen krümeln; mittels einer Pferdeschaufel [fa. molburd n.] Erdbewegungen durchführen’ (FÖW 359). Weiterhin begegnen im kontinentalen Westgerm. eine Reihe von Belegen in der vorherrschenden Bedeutung ‘weich, mürbe’ < ‘zerrieben, zermahlen’, die einen noch anderen Wortbildungsprozeß erkennen lassen:

400

murkaFNF ält. ngos. mool ‘mürbe’ (ca. a. 1745, JG 383) S nnd. (OF) mol ‘mürbe, bröcklig, krümelig, wie zerrieben; locker, lose etc.’ (DK 2,613), nnd. (Ofal.) môl, mol ‘weich, übermürbe, moll, molsch (z.B. von überreifem, teigigem Obst); mürbe und lose (z.B. auch von der Erde)’ (Schambach 1858: 137) N mnl. mol (moll) ‘los, droog en ¿jn van zand en aarde; week, zacht, murw’ (VV 4,1861 und Teuthonista ed. Verdam 1896: 238) D nhd. dial. moll ‘weich, locker, in bezug auf obst weich’ (DW 6,2480) -iga- S nnd. (OF) mollig ‘mürbe, bröckelig, krümelig, locker’ (DK 2,613), nnd. (Ofal.) molig ‘weich, mürbe’ (Schambach 1858: 137), D mhd. molwic ‘weich, staubartig’ (Lexer 1,2195), nhd. mollig, älter mollicht ‘weich, locker, weich anzufühlen’ (DW 6,2481)

Idg Lit

Grundlage dieser Variante ist anscheinend ein schwaches Verb der 3. Kl. mit ursprünglich inchoativer oder durativer Denotation, wie es in ahd. molawƝn swv.3 ‘verfaulen’ [= ‘weich werden’] (Graff 1834-46: 2,713) vorliegt; vgl. im weiteren Kluge/Seebold 2002: 628. Offenbar ist hier von einer schwundstu¿gen Basis mit u-Erweiterung idg. *mӭ-ԥ- zu der idg. Wurzel *mel- (s.u.) auszugehen; eine entsprechende o-stu¿ge Erweiterung bezeugt G ga-malwjan swv.1 ‘zermalmen, zerknirschen’ (Feist 1939: 192). Urverwandt ist vermutlich lat. mollis ‘weich, geschmeidig’ < idg. *mӭdԥ-is; vgl. dazu und anderen außergerm. Bezügen Pokorny 1959: 716f. Auch für FNF mool ist letztlich eine Entlehnung aus dem Mnd. nicht auszuschließen. Im weiteren aus der Schwundstufe der Wurzel idg. *mel- ‘zermalmen, schlagen, mahlen’ (IEW 716ff.), die im Germ. vor allem durch germ. *mala- stv.VI ‘mahlen’ (Sb 344f.) vertreten ist. Falk/Torp 1909: 314f.; Löfstedt 1928: 199; Rogby 1967: 54; Seebold 1970: 344f.; de Vries 1977: 377; de Vries 1992: 459; Hoekstra 2006: 144. mulka- ‘milchgebend’ vgl. melkaHm 417 murka- ‘mürbe’ *V (§ 26)

F

AFR awfr. Murck (a. 1503, Ch 2,226a, Tietjerksteradeel), buijten der Morck (a. 1543, BnB 190b, Murmerwoude) als FlN für ein sump¿ges Fließgewässer in den Gemeinden Dantumadeel und Tietjerksteradeel im Nordosten der Provinz Fryslân

murka-

S Bel

Germ

401

WFR nwfr. De Moark (Beetstra 1987: 134) für dieselben Örtlichkeiten gron. mork ‘natte massa op de bodem van de sloot, bedorven modderig water met rottende planten enz.’ (ter Laan 1952: 583) Nicht nur in E ae. murc* und D mhd. murk belegt, sondern substantiviert als Bezeichnung für ein Gewässer auch F (WFR) und S (Gron.) und somit einst weiter im Westgerm. verbreitet, als es zunächst den Anschein hat; daneben indirekt auch in deadj. Ableitung in W an. morkna, O nschw. murkna. Kalma 1949: 194ff., der sich als erster ausführlich mit dem Hydronym awfr. Murk/Mork, nwfr. De Moark beschäftigt hat, denkt unter Hinweis auf die sump¿ge Natur des Fließgewässers an eine Herleitung aus germ. *mǀra- n. ‘Moor, Sumpf’ + diminutivischem k-Suf¿x, das hier einen pejorisierenden Sinn haben soll. Diese Deutung wird von Buma 1950: 146ff. mit gutem Grund abgelehnt. Er verweist stattdessen auf ae. mirce, as. mirki, an. myrkr ‘dunkel’ < germ. *merkwa- (Hm 409f.) bzw. *merkwja- mit dem für die a-Adj. auf Labiovelar typischen Wechsel von den a- zu den ja-Stämmen (Heidermanns 1986: 299f.). Der Gewässername sei demnach mit Blick auf das dunkle Moorwasser als ‘der Dunkle’ zu interpretieren. In der Tat hätte sich ein zugrundeliegendes, aber appellativisch nicht überliefertes Adj. nwfr. *murk ‘dunkel’ < awfr. *mirke < germ. *merkwjaentwickelt mit positionsbedingter Rundung des -i- > -y- () vor -r-, wie vergleichsweise in nwfr. wurk ‘Arbeit’ < awfr. wirk < germ. *werka- n., nwfr. sturt ‘Schwanz’ < awfr. stirt < germ. *sterta- m. usw. Bumas Ansatz, der in der zeitgenössischen Fachwelt und auch später allgemein Zustimmung fand, offenbart bei genauerer Betrachtung jedoch zwei Schwachstellen, auf die bereits Gildemacher 1993: 396f. aufmerksam gemacht hat. Zum einen hätte man in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter den awfr. Belegen anstelle oder wenigstens neben den Schreibungen auch Formen wie erwarten dürfen als ReÀex eines seinerzeit wohl weitgehend noch ungerundeten -i-. Das ist jedoch, wie die Quellenlage zeigt, durchgehends nicht der Fall (vgl. Gildemacher 1993: 397). Zum anderen kann die heutige Sprechform De Moark nicht aus awfr. *mirk hervorgegangen sein, da sie zweifellos eine Vorstufe awfr. *mork voraussetzt. Will man dennoch an einer Verbindung zu germ. *merkwa- ‘dunkel’ festhalten, käme statt einer e-stu¿gen wohl nur eine schwundstu¿ge Basis germ. *murk- in Betracht, etwa eine Rückbildung aus einem ǀn-Verb, wie es beispielsweise in nnd. (Lün.) murk’n swv.2 ‘dunkel sein (etwa vom Abend)’ (Kück 2,417f.) oder nnl. (Zeeland) murke(n)

402

murka-

swv.2 ‘donker kijken’ (Ghijsen 1964: 606) vorliegt. Ein ursprüngliches Verbaladj. germ. *murkwa- als schwundstu¿ge Variante zu germ. *merkwa- schiede als Möglichkeit eher aus, da vermutlich auch hier vor stammauslautendem Labiovelar ein Übertritt von der a- in die ja-Flexion zu beobachten gewesen wäre, der am Ende zu einem umgelauteten awfr. *merke geführt hätte. Aber letztlich bleiben derlei Überlegungen doch weitgehend hypothetisch und von zu vielen Prämissen begleitet, so daß man sich besser nach einer weniger spekulativen Herleitung umsehen sollte. Eine einfachere und meines Erachtens schlüssigere Deutung des Hydronyms bietet hier nun das Adj. germ. *murka- ‘mürbe’, das im Awfr., sofern es dort appellativisch belegt wäre, in den Varianten *murk und *mork begegnete mit derselben Vokalalternanz -u- : -owie in awfr. burger : borger ‘Bürger’, kurt : kort ‘kurz’, furke : forke ‘Forke’ usw. Aus awfr. *mork hätte sich nwfr. *moark regelhaft weiterentwickelt. Heidermanns (Hm 417) setzt für germ. *murka- die Ausgangsbedeutung ‘mürbe’ an, d.h. ‘brüchig, leicht zerfallend, leicht zerreibbar’, wie sie ebenfalls in S nnd. morken swv.2 ‘quassare [zerdrücken, zerbröckeln]’ (LB 2,1021), D nhd.dial. murken swv.2 ‘das brot in stücke schneiden; mit den händen zusammendrücken, kneten, sonst machen, thun, treiben, agere’ neben zermurken swv.2 ‘glattes zusammendrücken, zerknittern’ (DW 6,2716) anklingt. Daraus entwickelte sich einerseits trans. ‘mürbe machend’ und weiter in dichtersprachlichem E ae. murc* in übertragenem Sinn ‘drückend, erbärmlich (Hunger)’ (vgl. Krapp/Dobbie 1931-1942: 5,145), andererseits im Kontinentalwestgerm. intrans. ‘morsch’ > ‘faul, verrottet, welk’ sowie mit Blick auf die Beschaffenheit des Bodens in D mhd. murk auch ‘sump¿g, morastig’ (vgl. Lexer 1,2250 und MTW 146); dazu ferner in inchoativer Ableitung noch W an. morkna swv.4 ‘zerfallen, dahinschwinden; verwelken’ (Baetke 427), nisl. morkna swv. ‘raadne; opløse sig’ (Blöndal 557), nschw. morkna swv. ‘bli murken; (delvis) upplösas gm förruttnelse’ (OSS 17: 1621). Demnach ist die Gewässerbezeichnung F awfr. Murck/Morck, nwfr. De Moark, S gron. mork am ehesten als Substantivierung eines nicht überlieferten Adj. PFR *murk, S as. *mork ‘sump¿g, morastig’ aufzufassen, sofern in gron. mork nicht ein Residuum der mittlerweile ausgestorbenen aofr. Mundart Groningens vorliegen sollte. Heidermanns (Hm 417) hält es für wahrscheinlich, daß die obengenannten Verben mnd. morken swv.2, nhd.dial. murken swv.2 primär sind und das Adj. daraus rückgebildet ist. Gleichwohl spricht ein gewichtiges Indiz für einen anderen Wortbildungsvorgang: Vor allem das Partizipialadj. W nisl. morkinn ‘raadden (is. om Fisk)’ (Blöndal 557), nnorw. morken ‘mürbe vor faulheit, morsch’ (FT 1,732), shetl.

murwa-

Idg

Lit

403

morken ‘somewhat spoiled or rotten; musty’ (Jakobsen 1985: 2,572), O nschw. murken ‘(delvis) upplöst l. sönderfallen gm förruttnelse, angripen av röta, (halv)rutten; söndervittrad, lös; om is, snödriva: upplöst av solvarme’ (OSS 17: 1619) läßt vorzugsweise an ein ursprüngliches Verbaladj. aus der Schwundstufe der III. Ablautreihe denken, auch wenn das zugrundeliegende Verb germ. *merka- stv.III ‘zerfallen; vergehen; verfaulen’ im Germ. außerhalb des adjektivierten Part.Prät. anscheinend nicht (mehr) vorkommt (Sb 352). Offenbar Gutturalerweiterung zu der Wurzel idg. *mer-, *merΩ- ‘aufreiben, reiben’ (IEW 735f.); dabei steht neben idg. *merƣ- ‘zerfallen, zerreiben; morschen, faulen’ – woraus schwundstu¿g germ. *murk(IEW 736, 740) – die gleichbedeutende Auslautvariante idg. *merk(IEW 739f.). Falk/Torp 1909: 311; Falk/Torp 1910-11: 1,732f.; Hellquist 1948: 1,668; Kalma 1949: 194ff.; Buma 1950: 146ff.; Schönfeld 1955: 264; Pokorny 1959: 739f.; Lerchner 1965: 208f.; Seebold 1970: 352; Jakobsen 1985: 2,572; Gildemacher 1993: 395ff. Hm 418 murwa- ‘zart, fein’ P (§ 4)

F

INF fa. mörig ‘morsch; mürbe’ (WFO 182, FÖW 362) helg. meri [-œ-] ‘mürbe’ (Århammar, mündl.) FNF bök. möri ‘mürbe’ (FU 159) hall. mur [-u-] ‘morsch, mürbe’ (Lo 69) karrh. möri ‘mürbe; gar’ (MN 2481, OTJ 75) mgos. mörch ‘mürbe; gar’ (MN 2482) ält. ngos. mäer, märrig (a. 1743, BJ 1,93), mörrich (ca. a. 1745, JG 383), ngos. möri (WNG 74) ‘mürbe’ sgos. meri ‘mürbe; gar’ (MN 2482) wied. möri ‘mürbe; morsch’ (FRU 223) OFR sat. múur ‘weich; spröde; fadenscheinig’ (MF 137)

Bel

Kontinentalwestgerm.: S mnd. mǦr(e), N mnl. morw(e), D ahd. muruwi. PFR *muru, woraus über aofr. *mure OFR sat. múur mit Dehnung in offener Silbe. Auf eine Vorstufe *mure scheinen ebenfalls FNF hall. mur [-u.-] und ält. ngos. mäer /-œ.-/ zurückzuführen. Für die übrigen nfr. Belege ist indessen besser von einem Àektierten ains.-/afestl.nfr. *murge mit sekundärem Wechsel von /-w-/ > /-Ȓ-/ auszugehen, wie z.B. in fa. sparig m., bök. spåri f. ‘Sperling’ < *sperge < ains./afestl.-nfr. *sperwa/e < germ. *sperwan-/ǀn-. Demnach dort etwa folgende Entwicklung: *murwe > *murge > *murig mit Swarabhakti zwischen -r- und spirantischem -g- nach der Apokope des auslauten-

Germ

404

Lit

murwa-

den Flexionsvokals. Kurzes -u- in offener Silbe vor -r- + -ig ergab in den betreffenden nfr. Mundarten regulär -ö-. Da den wa-Stämmen schwundstu¿ge Ableitungen sonst fremd sind, ist das -w- wohl nicht Suf¿x, sondern Wurzelerweiterung: demnach also germ. *mur-w-a-. Das Primäradj. steht neben germ. *marwa‘zart, fein’ (Hm 404). Inwieweit auch W an. meyrr, O adän. mør bzw. ohne Umlaut W nnorw. maur ‘verzagt, kleinlaut, kleinlich’ < germ. *maur(j)a- ‘mürbe, weich’ hierherzustellen sind – Heidermanns denkt an an umgestelltes germ. *marw(j)a- (Hm 404) –, ist unklar; zu den nord. Formen vgl. Andersen 1983: 41ff. Entlehnung aus nnd. möör oder sjüt. mør ist INF sy. möör ‘mürbe’ (BM 177), aus mnl. murw(e), morw(e) WFR nwfr. murf, morf ‘zacht; zonder weerstand (¿g.)’ (WFT 14,24). Falk/Torp 1909: 311; Pokorny 1959: 735f.; Andersen 1983: 41ff.

N Hm 419f. nakwad*- ‘nackt P (§ 21) F

AFR aofr. naked (E1), naket (PrJ 250), naken(d) (F) ‘nackt’ sowie in stoknakad (E1), -naked (E1), -naket (E1), -nakend (F) ‘ganz nackt’ awfr. naked (J, U [Sipma]), naket (SnR 150), neket (J), naken (A 326, J, LSt, Ro 1,80, SnR 648, O), nakend (FrR, J, SnR 81) ‘nackt; bloß; armselig’ INF fa. naagelt ‘nackt; unzulänglich angezogen; entblößt, bloß’ (WFO 185, FÖW 369) helg. noakelt ‘nackt’ (TS 259) sy. naaken [-ȃ:-] ‘nackt, nackend, unbekleidet’ (BM 180, SU 675) FNF bök. nåågel(t) ‘nackt’ (FU 161) hall. naagelt ‘nackt’ (MOH 2,57) karrh. nåågelt ‘nackt’ (MN 346, OTJ 60) mgos. naagelt ‘nackt’ (MN 346) ält. ngos. nagelt (a. 1743, BJ 2,109), ngos. nåågelt, naagelt (WNG 75) ‘nackt’ sgos. nåågelt (NfWb), nåågen(d) (MN 346) ‘nackt’ wied. naagel(t) ‘nackt, arm’ (FRU 226) wyk. nåågel ‘nackt’ (KF nr. 72) OFR sat. noakend ‘nackt’ (MF 139, EFS 68) wang. nacket ‘nackt’ (FA 1,98) wurst. núckúde ‘nackt’ (RM 111) WFR frühnwfr. neaken ‘naakt’ (GJ 307) nwfr. neaken ‘naakt; geheel ontkleed; nauwelijks gekleed; onbekleed, onbedekt, bloot; onbegroeid, kaal, onbeschermd; sober, zonder opsmuk of overdaad; onontkoombaar’ (WFT 14,72f.) hind. naiken ‘naakt; spaarzaam gekleed’ (GB 109) schierm. naiken ‘naakt’ (DF 77) tersch. neaken ‘naakt’ (CR 70)

Bel

Gemeingerm.: E ae. nacod, nacud, S mnd. nƗket, N mnl. naekt, D ahd. nahhut, nackot, W an. nøk(k)viðr, nøkkr, O aschw. naqvidher, G naqaþs. PFR *nakad/*nakud mit erhaltenem -a- in offener Silbe vor nichtpalatalem Folgevokal, das in den meisten neufries. Mundarten unter

Germ

406

Idg

Lit

narwa-

Dehnung in offener Silbe teils als /-Ȁ:-/ fortlebt, teils zu /-ȃ:-/ verdumpft wird, im Festl.-Nfr. und Fa. zudem mit regulärer Lenisierung des Stammkonsonanten, während im Wfr. das frühgedehnte -a- positionsbedingt vor -k- wie das aus germ. -au- und -ai- monophthongierte afr. -Ɨ- zu -ƣ- weiterentwickelt und schließlich zu -ea-/-aidiphthongiert worden ist. Dagegen haben die konservativen weserfries. Mundarten des Wurst. und Wang. die alten Vokalqualitäten und -quantitäten in den Nebensilben noch lange beibehalten (vgl. Hofmann 1961a: 304ff.), demzufolge die Dehnung in offener Silbe unterblieb. Überdies zeigt wurst. núckúde aufgrund der dem Wurst. eigentümlichen Suf¿xbetonung progressive Vokalangleichung. Durch In¿gierung eines -n- nimmt das Adj. auch in Teilen des Fries. die Form eines Part.Präs. an: vgl. etwa afr. nakend, sy. naaken, nwfr. neaken. Sekundär ist ebenfalls der l-Einschub in nfr. naagelt, nåågelt, hier möglicherweise in Analogie zum Part.Prät. iterativer Verben mit l-Suf¿x oder Verbaladj. mit dem Derivationssuf¿x -ula-, wie vielleicht auch bök. wyk. nåågel und wied. naagel nahelegen. Auf welche Weise dabei (m)nd. nakent bzw. nakelt eingewirkt haben könnte, läßt sich formal nicht feststellen. Das Primäradj. steht im Germ. isoliert. Für die germ. Formen ist von dem Konsonantstamm idg. *nógԥotauszugehen, dagegen für air. nocht, kym. noeth von idg. *nogԥt- (Hm 420); vgl. daneben noch mit Dehnstufe lit. núagas, abulg. nagɴ ‘nackt’ sowie no-stämmig ai. nagná ‘nackt’ (IEW 769). Siebs 1889: 68; van Helten 1890: 4; van Helten 1907: 242; Falk/Torp 1909: 289; Löfstedt 1931: 57; Pokorny 1959: 769; Hofmann 1961a: 308, 319; Krahe/Meid 1967: 142; Spenter 1968: 171; Kluge/Seebold 2002: 643. Hm 421 narwa- ‘(eingeschnürt)’ *V (§ 37)

F

AFR awfr. nare ‘eng; unheimlich’ (D, J, SnR 654, U) INF fa. naar, nor ‘schmal, eng’ (WFO 186, FÖW 370) helg. noor ‘eng’ (TS 258) sy. naar ‘eng, beengend; knapp, drückend’ (BM 180, SU 675) FNF bök. nåår ‘eng’ (FU 160) hall. noor ‘eng’ (MOH 2,66) karrh. nåår ‘elend’ (OTJ 48) mgos. naar (EFS 46), nåår (PG 130) ‘eng’ ält. ngos. naar ‘eng’ (a. 1743, BJ 1,30), ngos. nåår, naar ‘elend’ (MOH 2,66, WNG 31) sgos. nåår ‘eng’ (Beitr. 25)

narwa-

407

wied. noar ‘eng, räumlich eingeschränkt; beschränkt, bescheiden’ (FRU 230) OFR harl. naahr* in naahrbostigheyde ‘Engbrüstigkeit’ (CM 46) sat. noar ‘elend, schlecht, kränklich; eng’ (MF 139) wang. nooer ‘traurig, elend’ (FA 1,99) WFR frühnwfr. naer (SB 71), near (GJ 308) ‘eng’, daneben in naer (nach a. 1599, Claes 16, 20) in der Bedeutung ‘krank, schwächlich’ nwfr. near ‘nauw(sluitend), smal, krap; ellendig, treurig, beangst; benauwd, drukkend (van de atmosfeer); kortademig, aamborstig, benauwd; pikdonker’, adv. ‘in hoge mate’ (WFT 14,75) schierm. nair ‘unheimlich, widerlich’ (Spenter 172) -lƯka-a-/ǀ-kǀ-nassjǀ-

-haidu-ja-ǀja-

Bel Germ

INF fa. naarelk ‘beengt’ (Verf.), FNF bök. nåårlik ‘eng’ (FU 161), wied. noarlik ‘ziemlich eng’ (FRU 231) AFR aofr. nare f. ‘Haft’ (H), FNF karrh. nåår n. ‘die enge, enger raum; der enge abÀusz eines kleinen binnenlandsees in ein gröszeres [sic]’ (MN 348) FNF karrh. nåårke ‘Enge’ (OTJ 48), ngos. nåårke ‘Klemme’ (MOH 2,66), wied. noark m. ‘Enge’ (FRU 231); das Wortbildungsmodell ist dän. beeinÀußt (vgl. Hofmann 1956: 102f.). INF fa. naarens f. ‘Enge, enge Stelle’ (KJC 9,180, FÖW 371), sy. naarens g. ‘Enge’ (BM 180, SU 675), WFR nwfr. nearens ‘naarheid; ellende, treurnis, benauwdheid; kortademigheid, aamborstigheid’ (WFT 14,76) INF fa. naarhaid f. ‘Enge’ (SP 91, FÖW 371), FNF bök. noarhaid n. (FRU 231), ält. ngos. naarheit f. (ca. a. 1745, JG 65) ‘Enge’, WFR nwfr. nearheid ‘naarheid’ (WFT 14,76) AFR awfr. nera swv.1 ‘bedrängen, behindern’ (J), daneben mit Prä¿x aofr. binera (E1, F, H), awfr. binera (J), binara (J) swv.1 ‘behindern, versperren’ INF fa. naare swv.2 ‘eng werden’ (CJ 169, FÖW 371), FNF bök. nååre (FU 161), wied. noare (FRU 230) swv. ‘enger werden’, WFR nwfr. nearje swv.2 ‘benauwen, angst inboezemen; minderen bij het breien’ (WFT 14,77) Westgerm.: E ae. nearu, S as. naru, N mnl. nare, naer sowie indirekt auch nordgerm. in Eigennamen wie W an. Nƫrva, Nƫrr usw. PFR *naru mit erhaltenem -a- vor -rw-. Im Wfr. ist früh Dehnung in offener Silbe eingetreten; das Dehnungsprodukt fällt positionsbedingt vor -r- mit dem aus germ. -au-/-ai- monophthongierten afr. -Ɨzusammen, demnach also awfr. nare > *nƗre > *nƣr > nwfr. near, schierm. nair.

408

Idg Lit

nata-

Neben dem wa-stämmigen Adj. steht mit Dehnstufe W an. nári m. ‘Weiche, Leistengegend’ und D mhd. nærlich ‘knapp, spärlich, gering’. Mit Blick auf lit. nãras ‘Schlinge’, lit. nérti (neriù) ‘einfädeln, einrenken, schlingen’ wird die Grundbedeutung des Adj. zumeist als ‘eingeschnürt’ angesetzt, woraus im Germ. ‘eng geschnürt’ > a) räumlich: ‘eng, schmal’, b) übertragen: ‘bedrückend, unheimlich’, ‘traurig, elendig’ usw. Offenbar ist von einem ursprünglichen Verbaladj. auszugehen mit Anschluß an die idg. Wurzel *(s)ner- ‘drehen, winden; zusammenschnüren etc.’ (IEW 975f.). Siebs 1889: 46; Falk/Torp 1909: 294; Löfstedt 1931: 66; Löfstedt 1933: 25; Pokorny 1959: 975f.; Spenter 1968: 172. Hm 422 nata- ‘naß’ *V/R (§ 37, 85)

F

FNF bök. nätj ‘naß’ (Bauer 1925: 11, FU 163)

-Ưn-

FNF bök. neet (FU 163), karrh. neet (MN 772), ält. ngos. neet (a. 1743, BJ 1,158), sgos. neet (NfWb), wied. neet (FRU 229) n. ‘Urin (der früher zum Waschen und Färben gesammelt wurde)’ mit Genuswechsel Fem. > Neutr. FNF bök. neete (FU 163), ält. ngos. neet part.prät. (ca. a. 1745, JG 233), wied. neete [-ea-] (FRU 229) swv.1 ‘naß machen, benetzen’

-jaBel

Germ

Als Adj. westgerm.: E ae. nata-, S mnd. nat, N anl. nat, D ahd. naz ‘naß’; indirekt in W an. Nƫd ‘Name eines Flusses’, G (ga)natjan swv.1 ‘naß machen’; indirekt möglicherweise auch in FNF neet, neete, sofern dort nicht Entlehnung vorliegt (s.u.). Im Fries. gilt für den Begriff ‘naß’ sonst durchgehend germ. *wƣta(s.u.), so daß es als fraglich angesehen werden muß, ob daneben auch ein PFR *net mit -e- < tonerhöhtem germ. -a- existierte, möglicherweise in der Sonderbedeutung ‘mit Feuchtigkeit bespritzt, angefeuchtet’. Äußerst obskur bleibt in diesem Zusammenhang der vorerst nur bei Bauer 1925: 11 bezeugte Beleg FNF bök. nätj ‘naß’. Vermutlich handelt es sich dabei aber lediglich um eine Fehlschreibung für wätj ‘naß’ oder gar schlicht um einen Druckfehler, der in dieser Form später unkritisch durch das Frasch Uurdebök (FU 163) übernommen worden ist. Schließlich scheint auch Bauer in Wirklichkeit von einer Form wätj auszugehen, denn ihr Hinweis, der Stammvokal [-Ȋ-] sei vor dem moullierten Konsonanten [-Ġ-] aus germ. -ƣ- hervorgegangen, kann nur auf bök. wätj < germ. *wƣta- zutreffen, nicht jedoch auf ein angebliches nätj.

nƣhwa-

Lit

409

Für die festl.-nfr. Formen neet n. ‘Urin’ und neete swv.1 ‘naß machen’ kann überdies eine Entlehnung aus mnd. nette f. ‘Harn, Urin’ bzw. netten swv.1 ‘benetzen, naß machen’ (LB 2,1095) wohl nicht ausgeschlossen werden. Falk/Torp 1909: 291; Weigand/Hirt 1909-10: 2,276; Fowkes 1949: 38f.; Löfstedt 1968: 14; Schubert 1968: 69; Hamp 1984: 49ff.; Kluge/ Seebold 2002: 646. æhwa- ‘nah’ *D (§ 99, 102) nǀ

F

AFR aofr. nei (F, H), nƯ (R1-2) adv. ‘nahe’, niƗr adv. comp. ‘näher; näher verwandt; näher berechtigt’ (E1,3, F, H, R1-2), nƝst (B1-2, E1-3, F, H, PrJ 240, R1-2), nƗst (F) adj./adv. sup. ‘nächst, nächstliegend; nächststehend (Verwandtschaftsverhältnis); die meisten Ansprüche habend’ awfr. nei adv. ‘nahe’ (A 44, Fs 1,149, J, LSt, Ro 2,126, SnR 29, O), niƗr adv. comp. ‘näher; näher verwandt; näher berechtigt’ (A 380, D [Steller], FrB 132, Fs 2,88 [in niƗrlegere m. ‘Näherberechtigter’], J, LSt, Ro 1,38, SnR 125, U [Steller], O), nƝst adj./adj. sup. ‘nächst, nächstliegend; nächstsstehend (Verwandtschaftsverhältnis); die meisten Ansprüche habend’ (A 42, D [Steller], FrB 38, Fs 1,86, J, LSt, P, Ro 1,46, SnR 10, U [Steller], O) spätawfr. ney ‘nach’ (Bo) INF frühfa. nay* ‘nah(e)’ [in üeß Naysten ‘unseren Nächsten’] (ca. a. 1600, Kat. 64) fa. nai, noi ‘räumlich nahe; zeitlich nahe; nahe, Beziehung ausdrückend’ (FÖW 372), adv. auch ‘beinahe’ (Verf.) helg. nai ‘nah(e)’ (TS 257) sy. nai ‘nah(e)’ (BM 180, SU 676) FNF bök. näi ‘nah(e)’, adv. auch ‘beinahe’ (FU 162) ält. hall. nay adv. ‘nahe’ (a. 1749, NfSt 1,6), hall. nai [Langeneß, Oland], nää [Hooge] ‘nah(e)’ (MOH 2,149) karrh. näi ‘nah(e)’ (MN 2935, OTJ 65) ält. mgos. nai (ca. a. 1810, GvS v. 25), mgos. nai (HMN 128, JH 11, MAH 91, 92, MN 2935), näi [Bohmstedt] (BnG 2,45) ‘nahe’ ält. ngos. nay ‘nah(e)’ (a. 1743, BJ 2,109, ca. a. 1745, JG 232), ngos. noi [Ockholm], nai [Langenhorn] (MOH 2,149, WNG 75) ‘nah(e)’ sgos. näi ‘nahe’ (EFS 201) str. ney* ‘nah(e)’ [in üesen Neysten ‘unseren Nächsten’] (ca. a. 1600, Kat. 64)

410

E S N

D W O G -nassjǀ-eþǀ-

Bel Germ

nƣhwa-

wied. näi ‘(räumlich) nahe; (zeitlich) nahe; (Beziehung angebend) nahe’ (FRU 227) wyk. nèi adv. ‘nahe’ (Gl 276), nei* ‘nahe verwandt’ [in da Neiste ‘die Nächsten (= Verwandten)’] (KF nr. 16) OFR sat. nai [Ramsloh], näi [Scharrel, Strücklingen] ‘nah(e)’ (EFS 201, MF 137) WFR frühnwfr. neij (SB 71), ney (GJ) adv. ‘nahe’, neyer comp. ‘näher’ (GJ), neyst sup. ‘nächst’ (GJ) nwfr. nei adj. ‘graad van verwantschap’, adv. ‘dichtbij, nabij; op geringe afstand; bijna’ (WFT 14,97ff.) hind. nei ‘na’ (GB 109) schierm. nooi ‘na’ (DF 79, Spenter 293) tersch. nei ‘na’ (CR 70) ae. neáh adv., neár comp., niehst, nést sup. adv., ‘nigh, near’ (BT 710f.) as. nƗh adv. ‘nahe’ (Hh 54), mnd. nâ adj., nê(i)ger (nâder, nâ(g)er, nâr) com., nêgest (neest, nest, nâgest, nâst) sup., ‘räumlich nahe; nahe am Erbe; verwandt’ (LB 2,1049) mnl. na adv., nader comp., naest, neest sup. adv., ‘nabij, van ruimbegrippen; nabij, van tidjsbegrippen; na, nabij, van verwantschapsen vriendschapsbetrekkingen; na, nauw, nauwkeurig; bijna’ (VV 4,2045ff.) ahd. nƗhi adj., nƗhisto sup. ‘benachbart’ (Schützeichel 2006: 247) neben nƗho adv., nahǀr comp., nahǀst sup. ‘nahe’ (Schützeichel 2006: 248) an. ná- in nálægr ‘naheliegend’, náinn adj. ‘nah’ (de Vries 1977: 402, 404) adän. nƗ- ‘benachbart’ in nƗbnj m. ‘Nachbar’ (Lund 1867: 103) got. neŗ(a) adv., neŗis comp.adv. ‘nahe’ (Lehmann 1986: 265) INF fa. naiens f. ‘Nähe’ (FÖW 373), WFR nwfr. neiens ‘graad van verwantschap’ (WFT 14,104); im Nwfr. offenbar relativ junger Neologismus. INF fa. naite, noite f. ‘Nähe’ (FÖW 373), FNF bök. näide m. (FU 162), hall. naide f. (Lo 70), karrh. näide m. (MN 2938), mgos. naide m. (LHol 181), ngos. naide, noide m. (WNG 75), wied. näide m. (FRU 227) ‘Nähe’, OFR sat. naite f. ‘Nähe’ (MF 137), WFT nwfr. neite ‘nabijheid’ (WFT 14,125); im Nfr. und wohl auch im Ofr. und Wfr. mit dem nd./nl. Lehnsuf¿x -de/-te. Gemeingerm. PFR *nƝi, *nƯar comp., *nƝst sup. Für die afr. Form nei setzt van Helten 1890: 181 und 1907: 248 mit Blick auf ahd. nƗhi adj. ‘nahe’ eine adv. Vorstufe *nƝhie an, ausge-

nƣhwa-

Idg

411

hend von einer ja-stämmigen Basis germ. *nƣhwja-. Aus dem Adv. *nƝhie sei nach der Synkope des inlautenden -h- und der Apokope des Endvokals -e PFR *nƝi entstanden mit späterer Kürzung zu afr. nei, in der rüstringischen Form nƯ schließlich mit der für diese aofr. Mundart typischen Kontraktion von -Ɲi- > -Ư- (van Helten 1890: 3, Siebs 1901: 1188, 1301). Boutkan/Siebenga 2005: 284 folgen van Helten in dieser Auffassung. Angesichts der Tatsache, daß indes im übrigen Nordseegerm. kein sekundärer ja-Stamm im Spiel ist – vgl. ae. neáh adv., as. nƗh adv. –, sollte man auch im Fries. besser von einer nichtumlautenden Vorstufe germ. *nƣhwa- ausgehen und für afr. nei eine alternative Herleitung in Betracht ziehen, am ehesten analogische Vorgänge, etwa dergestalt: In dem Komparativ afr. niƗr mit Akzentwechsel < *nƯar hat sich älteres -Ɲ- vor dunklem Folgevokal regelhaft zu -Ư- entwickelt (Siebs 1901: 1214), so daß von einer Zwischenstufe *nƝar < *nƝhor < germ. *nƣhwoz- auszugehen ist. Vermutlich entstand, als -Ɲ- bei Schwund des intervokalischen -h- vor -a- zu stehen kam, in der nun tautosyllabischen Phonemfolge -Ɲa- ein Gleitlaut, demnach also: *nƝ iar > *nƯar > niƗr, entsprechend o der Superlativ germ. *nƣhwista- > *nƝhist > *nƝ iist mit weiterer o Verkürzung > afr. nƝst. Der Positiv afr. nei < *nƝi – statt eines zu erwartenden afr. *nƝ – könnte dann in der Tat analog nach dem Komparativ und Superlativ gebildet worden sein; vgl. hierzu ganz ähnlich bereits Löfstedt 1931: 145. Sämtliche neufries. Formen führen auf PFR *nƝi zurück, auch FNF hall. (Hooge) nää mit -ƣ < -ei im Auslaut (Löfstedt 1931: 144). In allen neufries. Mundarten ¿ndet freilich im Komparativ und Superlativ Ausgleich zugunsten des Positivs statt. Van Helten 1890: 17 hält AFR aofr. nƗ (E1-2, H, PrJ, R1), awfr. nƗ (Fs 1,34, J) präp.adv. ‘nach’ sowie aofr. nƗst sup. ‘nächst’ (F) für autochthone Formen, indem er in der Entwicklung des germ. -ƣ- > afr. -Ɲ- Durchgang durch -Ɨ- annimmt. Das ist kaum wahrscheinlich. Vielmehr sind die afr. Belege nƗ, nƗst ebenso wie OFR wang. naah ‘nahe’, naahder comp., naahst sup. (FA 1,98) besser als Entlehnungen aus dem Mnd. und/oder Mnl. anzusehen. Keine direkten außergerm. Entsprechungen. Seebold vermutet in germ. *nƣhwa- eine Adjektivbildung aus einer lokalen Partikel idg. *nƝ-, die etwa als aksl. vǎznakǎ ‘zurückgeneigt, rücklings’, russ. na präp. ‘auf, an, zu’ erscheine sowie vielleicht auch in ai. nƗéka- ‘Firmament, näherer Himmel’, demnach die Ausgangsbedeutung des Adj. wohl ‘zugeneigt, in Richtung auf, da’ gewesen sei (Kluge/ Seebold 2002: 644), während Bammesberger 1990: 257f. in Fortführung früherer Herleitungen bei Pokorny 1959: 316f. und zuvor bei Zupitza 1896: 396, Feist 1939: 373 u.a. an die Wurzel idg. *neêk - [h2neӧ] ‘reichen’ (‘erreichen, darreichen, zuteilen, emporrei-

412

Lit

nƣmi-

chen, heben’) anknüpfen möchte. Germ. *nƣhwa- sei dann eventuell als Vԍddhibildung auf der Grundlage eines primären Stammes *neêk -ú- erklärbar. In idg. *neêk -ú- liege eine adj. Bildung auf -ú- vor, bei der zwar morphologisch schwundstu¿ge Wurzel erwartet werden könne, doch sei sehr wohl denkbar, daß eine Wurzel des Typs idg. *neêk - die Schwundstufe *ӽêk - durch die Hochstufe ersetzt habe, da eine solche Vԍddhiableitung idg. *nƝk-ԥ-o- < idg. *neêk -ú- eine hochstu¿ge Basis unabdingbar mache. Als Bedeutung für diese als neutr. Subst. auftretende Bildung könne man etwa ‘die Nähe’ annehmen. Daraus sei das Adj. sekundär hervorgegangen. Seine ursprüngliche Bedeutung könnte demnach etwa ‘durch Nähe charakterisiert’ gewesen sein. Die weit verbreitete und offenbar im wesentlichen auf Brugmann 1906: 2,799 zurückzuführende Ansicht, germ. *nƣhwa- sei aus einem ursprünglichen Kompositum, bestehend aus der Präp. idg. *an‘an einer schrägen Fläche hin, hinan’ (IEW 39f.) und dem Verb idg. *okԥ- ‘sehen’ (IEW 775ff.), hervorgegangen in der Bedeutung ‘heransehend, herangewendet’, ist in vielerlei Hinsicht problematisch und deshalb weniger wahrscheinlich. van Helten 1890: 16f., 179; Zupitza 1896: 396; Siebs 1901: 1214, 1304; Brugmann 1906: 2,799; van Helten 1907: 141, Anm. 2, 248f.; Löfstedt 1931: 145; Feist 1939: 373, Pokorny 1959: 40, 317; Spenter 1968: 293; de Vries 1977: 402f.; Lehmann 1986: 265; Nielsen 1989: 306; Bammesberger 1990: 257f.; de Vries 1992: 461; Kluge/Seebold 2002: 644; Boutkan/Siebenga 2005: 281ff., 284ff. æmi- ‘nehmend, zu ergreifen’ *V (§ 42) Hm 424f. nǀ

F

INF fa. neem ‘habgierig, übertrieben sparsam, geizig’ (Faltings 1996: 106, FÖW 376)

Bel

Gemeingerm. (außer Engl.): S mnd. annâme, -nême, N mnl. gename, geneme, D ahd. nƗmi, W an. næmr, O aschw. næmber, ält. ndän. nem, G andanems. Ains.-nfr. *nǀøme < nordseegerm. *nǀmja- (sekundärer ja-Stamm) mit -ǀ- < -ƣ- vor Nasal < germ. *nƣmi-. Dabei handelt es sich um ein dehnstu¿ges Verbaladj. der Möglichkeit zu germ. *nema- stv.IV ‘nehmen’ (Sb 357ff.). Aus der aktivischen Grundbedeutung ‘nehmend’ entwickelte sich zunächst wohl ‘gerne nehmend’, woraus schließlich INF ‘geizig, gierig’. Passivisches ‘zu ergreifen’ ergab in W an. næmr ‘den man ergreifen soll’. Eine ältere dän./jüt. Entlehnung scheint FNF bök. wied. nääm ‘einfach, leicht’ (FU 161, FRU 226) zu sein mit [-Ȋ:-] < -e- in offener

Germ

neuja-

Lit

413

Silbe vor Konsonant + -e < *neme, wohl einer Àektierten oder adv. verwendeten Form zu O adän. *næm, woraus ndän. sjüt. nem ‘leicht, bequem’ (Nielsen 1989: 300) mit Kürzung des Langvokals vor -m< *nƣmi- wie in W an. næmr ‘lernbegierig, gelehrig; zu ergreifen (Geächteter)’. Falk/Torp 1909: 293f.; Lindqvist 1909: 276f.; Weinacht 1929: 14; Wissmann 1932: 113; Seebold 1970: 357ff.; Matzel 1974: 99f.; Matzel 1992: 108; Faltings 1996: 106, 117. Hm 425f. neuja- ‘neu’ *D (§ 101)

F

AFR aofr. nƯ (B1-2, E2, F, H, R1-2), nƯe (B1-2, E2) ‘neu’ awfr. nƯ (A 114, D, EdJ 73, FrR, Fs 2,20, J, LSt, P, Ro 1,152, SnR 27, O), nƯe (O) ‘neu’ spätawfr. ny ‘neu’ (Bo) INF frühfa. ney ‘neu’ (ca. a. 1600, Kat. 71) ält. fa. neis adv. ‘neulich’ (a. 1757, NfSt 1,24), fa. nei ‘neu, frisch’ (WFO 189, FÖW 377) helg. nai ‘neu’ (WK 20) sy. nii ‘neu’ (BM 182, SU 679) FNF bök. nai ‘neu’ (FU 162) ält. hall. nei (a. 1749, NfSt 1,7), hall. nai (MOH 1,23) ‘neu’ karrh. nai ‘neu’ (MN 2883, OTJ 54) mgos. nai (MN 2883), näi (HMN 128, BnG 1,114) ‘neu’ ält. ngos. ney (a. 1743, BJ 2,110), nai (a. 1760, Kon. 81), ngos. nai (MOH 1,23, WNG 76) ‘neu’ sgos. näi (MN 2883, Beitr. 30), nai (EFS 156) ‘neu’ str. ney ‘neu’ (ca. a. 1600, Kat. 71) wied. nai ‘neu’ (FRU 226f.) wyk. näi* in näisgirig ‘neugierig’ (KF nr. 68) OFR harl. ny ‘neu’ (CM 96) sat. näi ‘neu’ (MF 138) wang. nii ‘neu’ (FA 1,98) WFR frühnwfr. nij (SB 86, AH 22, Z. 36), ny (GJ 315) ‘neu’ nwfr. nij ‘nieuw, vers; jong’ (WFT 14,150ff.) hind. nii ‘nieuw’ (GB 110) schierm. nee ‘nieuw’ (DF 77) tersch. ni ‘nieuw’ (CR 71)

-lƯka-

AFR awfr. nƯlƯke adv. ‘neulich’ (O), INF helg. naielk ‘sonderbar’ (TS 257), FNF bök. nailik ‘neugierig, gespannt’ (FU 162), hall. nailik ‘neulich’ (MOH 1,23), ält. ngos. neylick ‘neulich’ (a. 1743, BJ 2,111), ngos. nailke ‘neugierig’ (WNG 76), wied. nailik ‘neulich, kürzlich’

414

neutja-

(FRU 227), daneben mit sekundärem iga-Suf¿x ngos. naili ‘neugierig’ (WNG 76), WFR ält. nwfr. nylick ‘fremd, sonderbar’ (AH, Titel) Bel Germ

Idg

Lit

Gemeingerm.: E ae. nƯowe, S as. niuwi*, N anl. nnjwi, D ahd. niuwi, W an. nýr, O adän. nϷ, G niujis. PFR *nƯ, offenbar eine Kontraktion aus *niwi nom.sgl.m.f. < germ. *neuja-, das sich in afr. nƯ, Àektiert nƯe fortsetzt. In den meisten neufries. Mundarten wird älteres -Ư im Auslaut oder Hiatus regelhaft diphthongiert, sofern es nicht erhalten bleibt. Ererbtes ja-stämmiges Adj. idg. *neԥ io- ‘neu’ (IEW 769) in ai. o návya-, griech. ȞİƭȠȢ, air. núae, lit. naNJjas ‘neu, jung’, daneben der synonyme o-Stamm idg. *neԥo- in ai. náva-, griech. ȞȑȠȢ, lat. novus, abulg. novɴ. Offenbar handelt es sich dabei um eine Vԍddhi-Bildung zu dem Adv. idg. *nu- ‘jetzt’; die io-Form ist dabei eventuell in o Analogie zu einem semantisch ähnlichen Wort, etwa germ. *alþja‘alt’, übernommen worden. Siebs 1889: 156; van Helten 1890: 78; Siebs 1901: 1199, 1255; van Helten 1907: 249; Falk/Torp 1909: 298; Walter 1911: 34; Gosses 1928: 87; Löfstedt 1928: 23; Porzig 1954: 343; Pokorny 1959: 769; Spenter 1968: 270; Bammesberger 1990: 255; Boutkan/Siebenga 2005: 284. Hm 426f. neutja- ‘nützlich R (§ 86)

F

S O

FNF bök. njüt ‘nützlich’ (FU 165) hall. njot ‘nützlich’ (HL 20) karrh. njöt ‘nützlich’ (MN 2484) ält. ngos. niött ‘taugbar’ (ca. a. 1745, JG 383) sowie in niötter comp. ‘nützlicher’ (a. 1745, TJ 41) wied. njöt ‘nütze’ (FRU 230) WFR frühnwfr. njuet ‘tam, mak, bedaard’ (GJ 311) nwfr. nuet [-Ⱦ.e-], njuet [-jȾ.e-], njût [-ju:-] ‘(van dieren:) mak, getemd, niet wild, als huisdier te houden; bij uitbr.: gewillig, gemakkelijk te leiden of te beheersen; (van mensen:) gekweekt, niet in het wild groeiend; krachteloos, zonder uitwerking; bij uitbr.: zonder bezieling, gezapig, plichtmatig, al te gemoedelijk, mat; kalm, rustig, niet heftig; onschuldig, braaf, niets kwaads in de zin hebbend; verdacht onschuldig; geheimzinnig, mysterieus; neutraal, onopval lend’ (WFT 14,285f.) nnd. (OF) nüêt ‘lieb, nett, still, artig, angenehm, niedlich, allerliebst etc.’ (DK 2,668) adän. nϷtær ‘nyttig’ (Lund 1877: 105)

neutja-

415

-lƯka-engǀ-nassjǀ-

FNF ält. ngos. niötlick ‘nützlich’ (a. 1743, BJ 2,111) FNF ält. ngos. niötting f. ‘Genuß, Nutzung’ (a. 1743, BJ 2,49) FNF ält. ngos. niötens [ohne Genusangabe] ‘Genuß, Nutzung’ (a. 1743, BJ 2,111) WFR nwfr. nuetens ‘tamheid, makheid, gedweeheid, kalmte, rust’ (WFT 14,286)

Bel

Nicht nur nordgerm. (W an. nýtr, O adän. nϷt(ær)), sondern offensichtlich auch nordseegerm. (F, S). PFR *ninjte < germ. *neutja-, in den neufries. Mundarten zum Teil mit Palatalisierung der zweiten Diphthongkomponente -nj- > -y-/ø, ist vermutlich eine Rückbildung aus dem Kausativ germ. *neutjan swv.1 ‘zunutze machen, nützen’, das im Fries. vielleicht in FNF bök. njüte (FU 165), karrh. njöte (MN 2485), ält. ngos. niöttiä (a. 1743, BJ 2,111), ngos. njüte, njöte (WNG 78), wied. njöte (FRU 230) swv.1 ‘nützen’ weiterlebt [anders Löfstedt 1931: 135, der an eine Analogie nach njütst, njötst bzw. njüt, njöt 2./3. P. Sgl. Präs. zu bök. niitje stv.II ‘genießen’ < afestl.-nfr. *niƗta stv.II < germ. *neuta- stv.II denkt]. Um ein primäres i-stämmiges Verbaladj. germ. *neuti- zu germ. *neuta- stv.II ‘genießen’, wie Seebold und danach Århammar und Matzel meinen, wird es sich dagegen kaum handeln, da derartige Ableitungen aus der II. Ablautreihe durchgehend schwund- oder ostu¿g sind. Inwieweit das schwache Verb FNF njüte, njöte auch aus dem Subst. bök. njüt n., karrh. njöt, ält. ngos. niöt m. (ca. a. 1745, JG 240), wied. njöt n. ‘Nutzen’ hervorgegangen sein könnte oder besser umgekehrt das Subst. aus dem schwachen Verb und welchen EinÀuß schließlich einerseits O adän. nϷt ‘nützlich’ (W an. nytr ‘nützlich’) < germ. *neutja-, andererseits das ablautende S mnd. nütte ‘nützlich’ < germ. *nutja- (s.u.) auf die festl.-nfr. Formen ausgeübt hat, wird dabei nicht deutlich. Entsprechend könnte ebenso das Subst. S mnd. nütte f., O adän. nyttæ ‘Nutzen’ < germ. *nutjǀ- auf FNF njüt, njöt eingewirkt haben. Eine Verbindung zu der Sippe um AFR awfr. niǀd [f.?] ‘persönlicher Bedarf; Vorteil, Annehmlichkeit’ (woraus durch prädikativen Gebrauch auch WFR frühnwfr. njoe ‘angenaam, liefelijk’ (GJ 311)), E ae. nied, neod f. ‘Wunsch, Eifer’, S as. niud m. ‘Verlangen, Begier’, D ahd. niot m. ‘Verlangen, Sehnsucht’, nhd. niedlich usw. liegt nicht vor; vgl. Århammar 1989: 125, Kluge/Seebold 2002: 652. Lindqvist 1909: 275f.; Hof 1933: 42; Hellquist 1948: 1,712; Seebold 1970: 361; Matzel 1974: 95; Århammar 1989: 125; Nielsen 1989: 305; Matzel 1992: 98.

Germ

Lit

416

nƯhwula-

Hm 427 nƯhwula- (-ila-?) ‘abfallend’ *D (§ 103) F

AFR vermutlich aofr. niwul* ‘bodenlos, abgrundtief’ aus verderbtem in niuent hille ‘abgrundtiefe Hölle’ (R1), sonst nur kompositionell in aofr. neilthinjster ‘stock¿nster’ (E1), niwelkald ‘nebelkalt’ (F) awfr. lediglich kompositionell in neiltinjster (D [Rq 37]), niewilthiǀster (J), neiltiǀster (U) ‘stock¿nster’ sowie in nevilkald (D [Rq 47]) ‘nebelkalt’, daneben subst. in awfr. niwilkelde f. ‘Nebelkälte’ (U), niewelnacht f. ‘Nebelnacht’ (J), niewilwinter m. ‘Nebelwinter’ (J); zu den afr. Belegen vgl. Sjölin 1963: 319f. FNF bök. njööl ‘schwerfällig, plump; plump, grob, derb; heftig (vom Wind); schnell, hastig; erheblich, erstaunenswert’ (FU 164) karrh. njül ‘sehr groß, stark; bedeutend, ungeheuer’ (MN 2663) ngos. njül ‘ungestüm’ (MOH 2,131) wied. njööl ‘plump, grob, derb; stark, heftig; heftig, ungestüm; schnell, plötzlich’ (FRU 230) OFR sat. nejltjuster ‘stikdonker’ (Hettema/Posthumus 1836: 244), das in heutiger Orthographie als nailtjuuster wiedergegeben werden müßte. WFR nwfr. neiltsjuster ‘pikdonker, volslagen donker’ (WFT 14,114)

-iga-haidu-ǀja-

FNF karrh. njüli ‘sehr, in großem Maße’ (OTJ 72) FNF bök. njöölhäid f. ‘Schwerfälligkeit, Plumpheit’ (FU 164) OFR wang. njuul swv.2 ‘den Kopf hängen lassen; kopÀastig sein (von einem Schiff)’ (FA 1,72, HEN 184)

Bel

Nordseegerm.: neben F und E auch S mnd. nîgel, nüêgel adv. und N mnl. niel ‘vornüber, auf dem Boden liegend’ Das festl.-nfr. njül führt ebenso wie das deadj. wang. njuul swv. auf eine Basis afestl.-nfr./ofr. *ninjl zurück mit Akzentumschwung aus *nƯul < PFR *niwul, festl.-nfr. njööl indessen wohl eher auf ein nichtsynkopiertes *niuel (Löfstedt 1931: 132); entsprechend E ae. nƝowol, nƝol, nƯhol, nƯwol ‘prone, prostate; deep, down, low, profound’ (BT 715f.) scheint dabei auch im Fries. das Suf¿x germ. -ula- im Spiel zu sein, so daß hier besser von nordseegerm. *nihwulabzw. wegen der ursprünglichen Suf¿xbetonung mit grammatischem Wechsel von *nigwula- auszugehen ist statt germ. *hnihwe/ila- und *hnigwe/ila- (vgl. auch Brunner 1965: 59). Während wang. njuul swv. ‘den Kopf hängen lassen; kopÀastig sein’ offenbar direkt aus der Grundbedeutung ‘abfallend, nach vorne geneigt’ hervorgegangen ist, könnte die semantische Entwicklung in den festl.-nfr. Formen folgenden Verlauf genommen haben: ‘abfallend’ > a) ‘nach vorne gebeugt’ > ‘schwerfällig’ > ‘plump’ > ‘derb’, daneben b) ‘steil, tief’

Germ

-nǀga-

Idg

Lit

417

> ‘unterirdisch, höllisch’ > ‘kräftig, heftig (von der Kälte, zunächst wohl mit Bezug auf die Unterwelt, Hölle)’ > verstärkendem ‘sehr, in großem Maße, übertrieben heftig’ (vgl. Sjölin 1963: 322). Auch für die Mehrheit der überlieferten aofr. und awfr. Belege wäre vorderhand eine kontrahierte Form *ninjl zu erwarten gewesen. Allem Anschein nach unterblieb die Kontraktion jedoch, indem man PFR *niwul, bedingt durch seine formelhafte Verwendung etwa in *thƯ niwul kalda winter ‘der höllisch kalte Winter’ oder *thinj niwul thinjstere nacht ‘die höllisch dunkle Nacht’, in seiner ursprünglichen Bedeutung vielleicht nicht mehr verstand und früh mit germ. *nebula- m. ‘Nebel’ gleichsetzte (vgl. Sjölin 1963: 322f.); dieses wird übrigens auch in E ae. nifol ‘dunkel’ – wahrscheinlich durch prädikativen Gebrauch des Subst. – adj. verwendet (Hm 423). Auf eine Vorstufe *nƯul deutet awfr./nwfr. neil-, dessen -Ư- im Hiatus zu -ei- diphthongiert worden sein müßte wie vergleichsweise in aofr. heine n.pl. ‘Hausvolk’ (F, H2) < *hƯune < *hƯwǀnǀ, daneben aofr. hƯon(a) (R1), hƯuna (E1-2, H1) (vgl. Sjölin 1970: 196). Selbiges gilt für aofr. neilthinjster (E1), das der Schreiber von E1 nach B. Sjölins Ansicht aber auch aus einer westerlauwersschen Vorlage übernommen haben könnte (Sjölin 1963: 323f.). Doch spricht sat. nailtjuuster ‘stock¿nster’ (s.o.) als reguläre Fortsetzung der altemsfries. Form eher für eine bodenständige Tradition – die Authentizität des einzigen Belegs bei Hettema/Posthumus 1836: 244 allerdings vorausgesetzt; diese Quelle ist jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht immer zuverlässig. Im weiteren wohl eine Derivation mit l-Suf¿x aus einer adv. Basis idg. *nƯkԥ- ‘nach unten’ zu idg. *ni- ‘herab’ (Hm 427). Über die divergierenden Ansichten bezüglich der etymologischen Herleitung von afr. niwel-, neil- etc. vgl. die folgende Literaturliste. van Helten 1890: 89; van Helten 1896: 41ff.; Siebs 1901: 1270 Anm. 3; Weyhe 1905: 135; van Helten 1907: 246, 250; Falk/Torp 1909: 297; Holthausen 1924: 463; Holthausen 1927b: 92; Löfstedt 1931: 131; Sjölin 1963: 319ff.; Schaffner 1996: 131ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 288f. Hm 428f. -nǀga- ‘(genug)’ V (§ 32a)

F

AFR aofr. enǀch ‘genug’ (R1), nǀch adv. ‘genug’ (E3, F) awfr. anǀch (A, D, FrR, Ro 1,114, SnR 571, O), nǀch (Fs 2,88, J) ‘genug’ INF frühfa. naach adv. ‘genug’ (ca. a. 1600, Kat. 67) ält. fa. nögen subst.pl. ‘genügend viele’ (a. 1757, NfSt 1,24), fa. nooch ‘genug, viel; gar’, adv. ‘genug, reichlich; wohl; ausgiebig, hinlänglich; zur Genüge’, pl. nöög, nöögen etwa in

418

-nǀga-

nöög mensken ‘genügend viele Menschen’, hingster nöögen ‘Pferde genug’ (WFO 192), ferner in Verbindung mit einem voraufgehenden Bezugswort enooch adv. etwa in ual enooch ‘alt genug’ (WFO 65, FÖW 140) helg. nuch ‘genug’, pl. nugen in liden nugen ‘Leute genug’, in Verbindung mit einem voraufgehenden Bezugswort enuch in tid enuch ‘Zeit genug’ (TS 259) sy. noch ‘genug; gar’, adv. ‘genug, hinreichend; reichlich, wohl, gern’ (BM 183, SU 680), pl. nöögen in lir nöögen ‘Leute genug’, in Verbindung mit einem Bezugswort inoch adv. etwa in gurt inoch ‘groß genug’ (BM 128, SU 613) FNF bök. nooch ‘gar; genug’, adv. ‘genug; wohl’, pl. nooge etwa in manschne nooge ‘Menschen genug’ (FU 165), in Verbindung mit einem voraufgehenden Bezugswort -enooch adv. ‘genug’ etwa in knååpenooch ‘kaum’, gouenooch ‘gut genug’ (FU 60) hall. nooch ‘genug’ (MOH 1,226), in Verbindung mit einem voraufgehenden Bezugswort enooch adv. ‘genug’ etwa in glat enooch ‘glatt genug’ (Hinrichsen 1934: 74) karrh. nooch ‘genug’ (MN 1989), in Verbindung mit einem voraufgehenden Bezugswort enooch adv. ‘genug’, etwa in håål enooch ‘sehr gern [wörtl.: ‘gern genug]’ (Sjem. 246) ält. mgos. naag (ca. a. 1810, GvS v. 17), mgos. nooch (MN 1989), nåå(ch) (LHol 181) ‘genug’, in Verbindung mit einem voraufgegangenen Bezugswort enåå(ch) adv. ‘genug’ (LHol 166) ält. ngos. nooch (ca. a. 1745, JG 117), ngos. nooch ‘genug’ (WNG 44), in Verbindung mit einem voraufgehenden Bezugswort enooch adv. ‘genug’, z.B. in ält. ngos. grottänooch ‘groß genug’ (a. 1760, Kon. 30) sgos. nooch ‘genug’ (MN 1989) str. noog adv. ‘genug’ (a. 1662, DH 214) ält. wied. nog adv. ‘wohl’, goue noch adv. ‘gut genug’ (a. 1749, NfSt 1,43, 44), wied. nooch ‘genug; gar’, adv. ‘genug; wohl, schon’, pl. nooge in hjilpere nooge ‘Helfer genug’ (FRU 231), in Verbindung mit einem voraufgehenden Bezugswort enooch adv. ‘genug’ (FRU 71) ält. wyk. nog adv. ‘genug’ (ca. a. 1750-84, MB I), wyk. enooch adv. ‘genug’ (KF nr. 13), nooch adv. ‘wohl’ (KF nr. 77) OFR wang. nauch adv. ‘genug’ (FA 1,98) WFR frühnwfr. noag ‘genoeg’ (GJ 512) nwfr. nôch ‘gaar; (van weefsels:) vergaan, versleten; (van personen:) afgemat, geheel op’ (WFT 14,249), daneben -ernôch adv. in feststehenden Verbindungen wie likernôch ‘ungefähr’, spitigernôch ‘bedauerlicherweise’ etc. (WFT 4,379) tersch. noog adv. ‘genoeg (met eten)’ (CR 72)

-nǀga-

419

O

adän. nǀgh(er) ‘tilstrækkelig’ (ODS 14,1299ff., Nielsen 1989: 302)

-lƯka-

AFR aofr. nǀgelƯk (PrJ 252), awfr. nǀgelƯk (BTr, Ro 1,32, O), nǀuw(e)lƯk, nǀulƯk, nowlik (A 444, FrB 28, J, P, Ro 1,62, SnR 376, O) ‘genügend, sicher, geeignet; glaubwürdig; lieblich’, spätawfr. nochlik ‘genügend’ (Bo), WFR frühnwfr. nolck ‘goed, braaf, hupsch, in staat, geschikt, bekwaam’ (GJ 513), nwfr. noÀik, nochlik, nolk ‘aangenaam, genoeglijk, plezierig; opgeruimd, vrolijk; geschikt, dienstig; nobel’ (WFT 14,263ff.) FNF ält. ngos. neegä f. ‘Genüge’ (ca. a. 1745, JG 117) INF fa. ferneeg swv.1 ‘(sich) vergnügen’ (FÖW 156) neben ferneed part.prät. ‘vergnügt, zufrieden’ (RA 20, Verf.), FNF ält. hall. neege swv.1 ‘genügen’ (a. 1749, NfSt 1,12), ält. ngos. verneegd part.prät. ‘vergnügt’ (ca. a. 1745, JG 117) AFR aofr. nǀgia (H), awfr. nǀgia (A, Fs 2,22, SnR 534, O) swv.2 ‘genügen’, WFR frühnwfr. noagje swv.2 ‘genoeg hebben’ (GJ 512), nwfr. noegje swv.2 ‘genoegen, aanstaan, bevallen, plezier verschaffen’ (WFT 14,262)

-jǀn-ja-

-ǀja-

Bel Germ

Lit

Gemeingerm.: E ae. genǀg, -h, S as. ginǀg, N mnl. genoech, D ahd. ginoeg, W an. (g)nógr, G ganohs. Nach Ausweis der alt- und neufries. Belege ist von einem Prä¿xkompositum PFR *ji-nǀch < germ. *ga-nǀga- auszugehen; das Prä¿x bleibt in den meisten Mundarten bei voraufgehendem Bezugswort (vielfach in stehenden Wendungen) relikthaft als e- (i-, er-) erhalten, fällt aber sonst regelhaft fort. Im Nfr. muß der Stammvokal -ǀ- in nebentoniger Stellung früh gekürzt worden sein, da sämtliche nfr. Formen eine Vorstufe ains.-/afestl.-nfr. *(j)i-noch voraussetzen. Gemeingerm. *ga-nǀga- ist offenbar deverbal aus dem Präteritopräsens germ. *ga-nah- ‘genügt’ (Sb 355f.) hervorgegangen. Die Dehnstufe des Adj., die dem Basisverb fremd ist, könnte in Analogie zu dehnstu¿gen Verbaladj. aus starken Verben der Kl. VI. eingeführt worden sein. Die besondere Bedeutung ‘gar, mürbe (von Speisen)’ im Nfr. und Wfr., daraus im übertragenen Sinne auch ‘verschlissen; abgemattet’, entwickelte sich wohl aus ‘hinlänglich, in genügendem Maße (gekocht)’. Als Entlehnungen bzw. Lehnbildungen aus dem Mnd./Mnl. haben OFR harl. genog (CM 68), sat. genouch (MF 105), WFR nwfr. genôch (WFT 7,186) zu gelten. Delbrück 1907: 132; Löfstedt 1928: 226; Seebold 1970: 355f.; Darms 1978: 267; Matzel 1992: 118; Kluge/Seebold 2002: 347.

420

numula- – nutja-

Hm 429 numula- ‘nehmend, fassend’ V (§ 53) F

WFR frühnwfr. nommel ‘gepast, geschikt, bekwaam, opregt’ (GJ 313) nwfr. nommel, z.T. auch njommel ‘nobel, edel, hoogstaand, rechtschapen; Àink, dapper; aardig, lief, net’ (WFT 14,271)

Bel Germ

Belege lediglich im Anglo-Fries: E ae. numul, -ol. Stapelkamp 1954: 22 sieht in nwfr. nommel eine Ableitung mit lSuf¿x aus dem schwachen Verb awfr. nomia swv.2 ‘nennen; namentlich angeben, bestimmen’ (zu awfr. nama, noma m. ‘Name’); seine Bedeutung ‘nobel, edel etc.’ habe sich aus passivischem ‘oft genannt, in Ehren erwähnt’ entwickelt. Allerdings setzt sich awfr. nomia swv. in den nwfr. Mundarten nicht fort: dort ausschließlich Nachkommen des umgelauteten awfr. nemia swv.2 ‘nennen’. Deshalb und mit Blick auf E ae. numel, -ol ‘fähig; erfassend; räuberisch; geräumig’ könnte wohl auch für nwfr. nommel ein schwundstu¿ges Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x in Betracht gezogen werden zu germ. *nema- stv.IV ‘nehmen’ (AFR nima stv.IV) (Sb 357f.). Germ. *numula- hätte ebenfalls zu PFR *numol > awfr. *numel > nwfr. nommel geführt, die Bedeutung ‘nobel, edel, rechtschaffen’ dabei aus den Vorstufen ‘tüchtig, fähig, tauglich’ < ‘anpackend, gerne nehmend, erfassend’ hervorgehend. Vgl. mit anderer Ablautstufe germ. *nƣmi- ‘nehmend; zu ergreifen’ (s.o. und Hm 424f.). Oberdörffer 1908: 15f.; Stapelkamp: 1954: 22ff; Seebold 1970: 357f.

Lit

Hm 429 nuti- ‘nützlich’ V vgl. nutjanutja- ‘nützlich’ R/*D (§ 41, 86, 100c) F

AFR aofr. nette ‘nütze, nützlich, brauchbar’ (F, H, R1-2) awfr. nette (A 242, D, Fs 1,111, J, Ro 1,2, U [Brouwer], O), net (Fs 1,149) ‘nützlich, förderlich’ INF frühfa. natt ‘nütze’ (ca. a. 1600, Kat. 70, 74) fa. nat ‘nütze’ in nat wees ‘von Nutzen sein’ (NfWb) FNF hall. neet ‘nütze’ in neet weese ‘zum Nutzen gereichen’ (MOH 1,194) str. neht ‘nütze’ (ca. a. 1600, Kat. 70, 74)

un-

AFR awfr. unnette (U [Sipma]), onnette (J, Ro 1,42, SnR 7, O), onnet (D, O), onnatte (O) ‘unnütz; sündhaft, unerlaubt’, INF frühfa. ünnatt

nutja-

421

(ca. a. 1600, Kat. 63), fa. ünnat (WFO 308, FÖW 659) ‘unnütz; nutzlos’, FNF hall. unneet ‘quengelig, pimpelig’ (MOH 1,149) -iga-lƯka-Ưn-haidu-ja-

Bel Germ

Lit

AFR awfr. nettich ‘nützlich’ (Fs 1,49), INF fa. natig, -ag ‘nützlich’ (LFM 131, FÖW 375) AFR awfr. nettelƯk (J, U), netlƯk (A, D, Fs 1,49, Ro, O) ‘nützlich’, INF fa. natelk ‘nützlich’ (LFM 131, WFO 187, FÖW 375), FNF str. unnethlick ‘unnütz’ (ca. a. 1600, Kat. 63) INF fa. nat n. ‘Nutzen; Vorteil’ (LFM 131, FÖW 375) AFR awfr. nettichƝd f. ‘Nutzen, Nützlichkeit’ (A 300, D, J, Ro 2,306, O); vgl. Ahlsson 187. AFR aofr. netta (F), awfr. netta (D, J, U) swv.1 ‘benutzen, genießen’, FNF hall. neete (MOH 1,194), sgos. neete (MN 772) swv.1 ‘nützen’, daneben sekundärer Übertritt in die Konjugation der 2. Klasse: AFR awfr. nettia swv.2 ‘nutzen’ (O), INF fa. nate swv.2 ‘nutzen, benutzen’ (SP 91) sowie mit ig-Erweiterung AFR awfr. nettigia swv.2 ‘nutzen’ (A, D, J, O), INF fa. natige, -age (LFM 131, WFO 187, FÖW 375), sy. netigi (BM 182, SU 679) swv.2 ‘nützen; (be)nutzen’ Gemeingerm.: Vgl. neben den westgerm. Formen (s.u.) auch W an. -nytr in málnytr, G unnutjans akk.pl.m. PFR *net(te), woraus AFR net(te) und FNF neet, während INF nat auf ains.-nfr. *nit(te) < *nyt(te) zurückführt. Für gewöhnlich wird das Adj. im Westgerm. als i-stämmiges Verbaladj. der Möglichkeit aus der Schwundstufe zu germ. *neuta- stv.II ‘genießen’ (Sb 361) angesehen, wobei der Übertritt in die ja-Flexion erwartungsgemäß Gemination des Stammvokals bewirkt haben würde: vgl. ferner E ae. nyt (-tt-), S as. nutti, N mnl. nutte, D ahd. nuzzi ‘nützlich’. Stattdessen könnte hier ebensogut eine Rückbildung aus dem schwachen Verb germ. *nutjan- swv.1 ‘nützen’ im Spiel sein, das aus dem Ưn-stämmigen Subst. abgeleitet ist, etwa vergleichbar dem synonymen germ. *neutja- ‘nützlich’ (s.o.) aus germ. *neutjan swv.1 ‘zunutze machen’. Auch eine alte thematische Ableitung von einem schwundstu¿gen Verbalabstraktum mit i-Suf¿x zu idg. *neu-d- ‘in Nutzung nehmen’, wie es in ahd. nuti m. ‘Nutzen’ vorliegt, ist wohl nicht grundsätzlich auszuschließen. Siebs 1889: 181; van Helten 1890: 36, 162; Delbrück 1907: 139; Oberdörffer 1908: 9; Löfstedt 1928: 194; Wissmann 1932: 59f.; Seebold 1970: 361; Matzel 1974: 96; Matzel 1992: 101; Boutkan/Siebenga 2005: 283f.

R Hm 433f. (-)raida- ‘(geordnet)’ *V (§ 25b) F

AFR aofr. rƝde ‘bereit, zur Hand, vorhanden’ (E3, F, R1) awfr. rƝde (Cr, BTr, J, O), rƝd (A 262, Cr, D, FrB 64, J, P, Ro 1,238, SnR 33, U [Brouwer], O) ‘bereit, kampfbereit; in gutem Zustand, gangbar, passierbar; bar (Geld); einforderbar, fällig’ FNF ält. ngos. ried ‘bereit’ (a. 1743, BJ 2,124), ‘bar’ (ca. a. 1745, JG 15, a. 1760, Kon. 121) OFR sat. reed ‘vorteilhaft’ (MF147) WFR frühnwfr. reed (WT 25, Z. 28), ree (GJ 373) ‘gereed, vaardig, klaar’ nwfr. ree ‘gereed, klaar; bereid, genegen; commando om overstag te gaan’ (WFT 17,320f.) hind. rea [-ș:-] ‘gereed, klaar’ (GB 129)

-ja-

AFR aofr. birƝda (F), awfr. birƝda (A, Cr, J, U) swv.1 ‘bereiten, fertigstellen, abfassen’

Bel

Gemeingerm.: E ae. rƣde, S mnd. (ge)rêde, N mnl. re(e)de, D ahd. -reiti, W an. greiðr, O aschw. rƝþer, adän. rƝthæ, G gareiþs. PFR *(ji-)rƣde < germ. *(ga-)raidja-. Im Westgerm. ist das Adj. durchgehend ja-stämmig und begegnet teils als Simplex, teils als Prä¿xkompositum: vgl. etwa E ae. rƣde ‘bereit, vorbereitet’ neben D ahd. gi-reiti ‘bereit’. Die fries. Formen lassen indes nicht erkennen, ob sie aus einer simplizischen oder kompositionellen Basis hervorgegangen sind, da das Prä¿x germ. ga- bereits im Afr. weitgehend geschwunden ist. Unklar bleibt ferner das Verhältnis des Adj. zum jan-Verb: Vermutlich handelt es sich wegen seiner außergerm. Entsprechungen (s.u.) um ein primäres Verbaladj., doch wirkt das davon abgeleitete jan-Verb später offenbar auf das Adj. zurück (Hm 434). Entlehnung aus mnd. rêde ‘bereit, fertig, gerüstet’ sind FNF bök. räi (FU 193), karrh. räi (MN 1207), wied. räi (FRU 255) ‘geordnet; leicht verfügbar; schnell fertig; bereit, fertig; leicht, bequem’.

Germ

ranka-

Idg

Lit

423

Vgl. lit. raidùs ‘schnell, bereit, fertig’, lett. raids ‘bereit, fertig’ (IEW 861); als zugrundeliegendes Primärverb könnte nach Heidermanns (Hm 434) die Vorstufe zu lett. rist (riedu) ‘ordnen’ herangezogen werden. Oberdörffer 1908: 14; Falk/Torp 1909 344; Oksaar 1958: 336f.; Pokorny 1959: 861; Schubert 1968: 60; Seebold 1970: 368; Boutkan/ Siebenga 2005: 314f. Hm 437 ranka- ‘aufrecht stehend’ *V (§ 25f)

F

O

OFR sat. ronk ‘rank, schlank’ (MF 149) wang. ronk ‘schlank, schwank’ (FA 1,101) WFR nwfr. rank ‘slank, ¿jngebouwd, mager; onfast, wankel’ (WFT 17,279) schierm. rank ‘rank’ (DF 89) adän. rank ‘ikke bøjet; som holder sig lige opret, strakt’ (ODS 17,41ff., Nielsen 1989: 339)

-ǀja-

INF fa. roonke swv.2 ‘sich unsicher bewegen, wanken’ (WFO 221, FÖW 452)

Bel

Nordseegerm. und nord.: E ae. ranc, S mnd. rank, N mnl. rank, W an. rakkr, O adän. rank. PFR *ronk mit -o- < germ. -a- vor Nasal, im Wfr. über eine Zwischenstufe awfr. *rank mit regulär develarisiertem -o-. Dagegen scheint das Adj. im Nfr. Entlehnung aus dem Nd. zu sein: vgl. INF fa. raank ‘hochaufgeschossen, schlaksig’ (WFO 212, FÖW 430), helg. rank ‘Àach, gefährlich (von Booten)’ (TS 268), sy. rank ‘rank, schwank (von Schiffen, die leicht kentern)’ (BM 208), FNF bök. rånk ‘rank, aufrecht’ (FU 194), hall. raank ‘dünn und schlank, auch wackelig von einem Boot, das nicht viel Wind vertragen kann’ (MOH 2,4), wied. rank ‘rank, schlank’ (FRU 257). Entlehnung aus dem Nl. könnte, muß aber nicht in WFR nwfr. rank vorliegen. Vgl. daneben ohne Nasalierung germ. *raka- ‘gerade’ (Hm 436). Die Nasalierung scheint verbaler Herkunft zu sein: vgl. lit. réĊ žti, rąžýti ‘straffen, recken’ zu idg. *reƣ- ‘gerade richten’ (IEW 854ff.); vgl. im weiteren auch germ. *rehta- ‘gerade, recht’ (s.u.). Falk/Torp 1909: 334; von Bahder 1925: 39f., 44; Pokorny 1959: 854ff.; Lerchner 1965: 222f.; Lühr 1988: 136f.; Kluge/Seebold 2002: 742f.

Germ

Idg Lit

424

raþa- – rauda-

Hm 437f. raþa- ‘gerade verlaufend’ *V (§ 30b) F

INF fa. rääs [-s] ‘scharf, spitz (Messer)’ (NH 173, FÖW 431)

-ǀjaBel

INF fa. rääse swv.2 ‘ein Messer schärfen’ (NH 173) Westgerm. und got.: E ae. reðe, S mnd. gerƗde adv., N mnl. gerade adv., D mhd. gerat, gerade, G raþizo comp. Wie fa. bääs n. ‘unfreiwillige Durchnässung’ < ains.-nfr. *beþ n. mit -e- aus tonerhöhtem -a- auf germ. *baþa- ‘Bad’ zurückführt, könnte entsprechend fa. rääs < ains.-nfr. *reþ < germ. *raþa- hervorgegangen sein. In Frage käme ebenfalls eine Basis germ. *hraþa- ‘schnell, Àink’ (s.o.), doch scheint diese semantisch weniger gut zu passen als die von *raþa-. Auszuschließen ist indessen eine Verbindung zu oder gar Entlehnung aus mhd. ræze ‘scharf, schneidend’, nhd. (od.) räß ‘scharf’ < germ. *rƣta-/i- (Hm 446f.). Allerdings ist wohl auch die oben vorgeschlagene Herleitung aus semantischen Gründen nicht ganz unproblematisch: Die auffällige Bedeutungsentwicklung von ‘gerade verlaufend’ > ‘scharf’ läßt sich m.E. nur begreifen, wenn man mit Blick auf die Schneide des Messers bzw. seine Schneidefähigkeit die Zwischenstufen ‘glatt geschliffen, ohne Scharten und Grate’ < ‘gleichmäßig gerichtet’ oder ähnlich annimmt, wofür es in der übrigen Germania aber offenbar keine Parallelen gibt. Das ursprüngliche Verbaladj. steht auf gleicher Stufe im Germ. isoliert. Sehr wahrscheinlich ist an idg. *ret- ‘laufen, rollen’ (IEW 866) anzuschließen; vgl. air. reithid ‘läuft, rennt’. Falk/Torp 1909: 336; Schwentner 1924: 83f.; Feist 1939: 394; Pokorny 1959: 866; Lehmann 1986: 282.

Germ

Idg Lit

Hm 438f. rauda- ‘rot’ *V (§ 25c) F

AFR aofr. rƗd ‘rot’ (E1, F, H, R1) awfr. rƗd ‘rot’ (A 436 [in fulrƗd ‘brandrot’], D [Gerbenzon ed. 1961], FrR, Fs [Gerbenzon ed. 1961: 29], J, SnR 33, U [Sipma], O) INF fa. ruad ‘rot’ (WFO 222, FÖW 454) helg. rooad ‘rot’ (TS 271) sy. ruar, ruad ‘rot’ (BM 215, SU 730) FNF bök. rüüdj ‘rot’ (FU 199) ält. hall. ruhd (a. 1749, NfSt 1,10), hall. ruad (MOH 1,130) ‘rot’ karrh. rüüdj ‘rot’ (OTJ 17, 41, 73)

rauda-

425

mgos. ruud ‘rot’ (HMN 130, LHol 185) ält. ngos. rued (a. 1743, BJ 2,126), Àektiert rusä, rusen in dä rusä Lauä ‘der Rote Löwe [Name einer Herberge]’oder rusen winn ‘roten Wein’ (a. 1760, Kon. 51, 54), ngos. ruud (WNG 87) ‘rot’ sgos. ruad ‘rot’ (EFS 286) wied. ruuid ‘rot’ (FRU 265) wyk. ruud ‘rot’ (KF nr. 197, EFS 286) OFR harl. rohd* in rohde beyen ‘St. Johannis Beerlein’ (CM 40) sat. rood ‘rot’ (MF 148) wang. rooed ‘rot’ (FA 1,101) wurst. raade ‘roht’ (RM 115) WFR frühnwfr. rea ‘rood’ (GJ 370) nwfr. rea(d) ‘rood’ (WFT 17,292f.) hind. raa ‘rood’ (GB 128) schierm. raid ‘rood’ (DF 89) tersch. read [-Ȋ:-] ‘rood’ (CR 90) -lƯka-a-

-nassjǀ-haiduBel Germ

Idg Lit

INF fa. ruadelk (LFM 152, FÖW 454), sy. ruarelk (BM 215, SU 730) ‘rötlich’, FNF bök. rüüdjlik (FU 200), ält. ngos. ruedlick (a. 1743, BJ 2,126) ‘rötlich’ INF fa. ruad n. ‘das rot; viehkrankheit’ (MN 2572), FNF bök. rüüdj (MN 2572), karrh. rüüdj (MN 2572) n. ‘das rot; viehkrankheit’, wied. ruuid n. ‘Röte; Menstruation; Hitzschlag’ (FRU 265); WFR read g. ‘de [rode] kleur; blos; dooier (van een ei)’ (WFT 17,293) INF fa. ruadens n. ‘Röte; rote Stelle’ (KJC 9,180, FÖW 454), WFR nwfr. readens ‘roodheid’ (WFT 17,294) FNF wied. ruuidhaid n. (FRU 265) sowie mit ig-Erweiterung ält. ngos. ruedigheit [ohne Genusangabe] (a. 1743, BJ 2,126) ‘Röte’ Gemeingerm.: E ae. rƝad, S as. rǀd, N mnl. root (-d-), D ahd. rǀt, W an. rauðr, O adän. rǀøth, G rauþs. PFR *rƗd mit -Ɨ- aus monophthongiertem germ. -au-, aus dem sämtliche neufries. Formen regelhaft hervorgegangen sind; im weiteren handelt es sich um ein altes ursprüngliches Verbaladj. neben dem starken Verb germ. *reuda- stv.II ‘röten’ (Sb 377f.). Ererbte Bildung, identisch mit lat. dial. rnjfus, rǀbus, air. rúad, lit. raNJdas, aruss. rudɴ. Siebs 1889: 286; Mead 1899: 195ff.; Delbrück 1907: 139; Falk/Torp 1909: 351; Schwentner 1915: 44ff.; Löfstedt 1928: 130; Schwentner 1956: 110ff.; Pokorny 1959: 872f.; Spenter 1968: 179; Seebold 1970: 377f.; Risch 1979: 708f.; Kluge/Seebold 2002: 772; Boutkan/ Siebenga 2005: 312f.

426

rehta-

Hm 441f. rehta- ‘gerade, recht’ *V (§ 83) F

AFR aofr. riucht ‘recht; rechtmäßig, gesetzlich’ (B1-2, E1-3, F, H, PrJ 232, R1-2), riuchte (B1-2, E1-2, F, H, R1-2), riucht (E3, F) adv. ‘richtig, rechtmäßig, von Rechts wegen’ awfr. riucht (A 14, Cr, D, FrB 112, Fs 1,50, J, Ro 2,82, U [Hoekstra], O), riocht (Cr, FrR, J, SnR 41, U [Brouwer], O) ‘recht, richtig; rechtschaffen; wahrhaft; gerecht; gesetzlich; gerichtlich’; riuchte (J), riucht (Cr, D, J), riochte (J, U [Brouwer]), riocht (FrR) adv. ‘recht, richtig; rechtmäßig; wahr’ spätawfr. riucht, riocht adj. adv. ‘recht’ (Bo) INF frühfa. rocht ‘recht’ (ca. a. 1600, Kat. 64) ält.fa. rocht adv. ‘recht’ (a. 1754, CQ v.1), fa. rocht ‘richtig, echt, wirklich; recht, auf der rechten Seite (Stoff)’, adv. ‘richtig, nicht falsch; recht, angemessen; wirklich; gehörig, ordentlich’ (WFO 220, FÖW 448f.) sy. rocht ‘recht; gerecht; richtig’ (BM 213, SU 728) FNF ält. bök. rocht adv. ‘recht’ (a. 1748, NfSt 2,3), bök. rucht ‘auf der rechten Seite be¿ndlich; recht, richtig; recht, billig; gerade’ (FU 198) ält. hall. rocht (a. 1749, NfSt 1,6), hall. rocht (MOH 2,139) ‘recht’ karrh. rocht ‘recht’ (MN 2294, OTJ 67) mgos. rocht ‘recht’ (MN 2294, EFS 129, MAH 91, PG 130) ält. ngos. racht (a. 1743, BJ 1,109), rocht (ca. a. 1745, JG 268), ngos. rucht, rocht (MN 2294, MOH 2,139, WNG 86) ‘recht, richtig’ sgos. rocht ‘recht’ (MN 2294, EFS 129, Beitr. 39) str. rocht ‘recht’ (ca. a. 1600, Kat. 66) wied. rocht ‘recht, nicht krumm oder schief; rechts (von Stoffen); richtig, nicht falsch; recht, passend; recht, rechtmäßig; richtig, wirklich’, adv. ‘richtig, korrekt; recht, ausgesprochen’ (FRU 261) OFR brok. riucht adv. ‘recht’ (OfSt 69, 70) harl. riucht ‘recht’ (CM 68, 78, 100) sat. rjucht, jucht (EFS 129), gjucht (MF 105) ‘recht, richtig’ wang. riucht ‘recht’ (FA 1,100) wurst. riúcht* in riúchtér Hohn ‘die rechte Hand’ (RM 114) WFR frühnwfr. rucht adj. ‘recht, richtig’, riucht adv. ‘recht’ (SB 55, 105), rjuecht ‘regt, regte; goed, wettig, opregt, ongeveinsd, regtvaardig’ (GJ 383) nwfr. rjocht, rjucht ‘niet gebogen of bochtig; volgens een rechte lijn, niet met een bocht; normaal omhoog gericht van stand of houding, rechtop; niet scheef of schuin; rechtvaardig,

rehta-

427

oprecht, rechtgeaard, goed, billijk; in overeenstemming met de eis der omstandigheden, de menselijke wil of bedoeling, vereist, juist; echt, helemaal, ten volle; precies, nauwkeurig, juist, pal’ (WFT 18,83ff.) hind. rocht ‘recht; rechtvaardig’ (GB 133) schierm. jocht ‘recht’ (DF 56) tersch. rucht ‘recht; rechtvaardig’ (CR 93) un-

AFR aofr. unriucht (B1-2, E1-3, F, H, R1), onriucht (PrJ 236), awfr. onriucht (A 256, D, Fs 1,49, J, Ro 2,144), onriocht (J, U [Brouwer]) ‘(von Menschen:) ungerecht; böse, übel; (von Sachen:) unrechtmäßig; unrechtmäßig erworben; ungerechtfertigt; unrecht, unerlaubt; schlecht; falsch (Maße, Gewicht)’, spätawfr. onriocht ‘unrecht’ (Bo), INF fa. ünrocht (WFO 308, FÖW 659), sy. ünrocht (BM 284, SU 815) ‘unrecht; links (beim Stricken)’, FNF bök. ünrucht (FU 258), hall. onrocht (Lo 119), karrh. ünrucht (MN 2295), ngos. ünrucht (MN 2295), sgos. ünrocht (MN 2295) ‘unrecht’. OFR harl. uhnriucht (CM 54), sat. uungjucht (MF 178), wang. uunriucht (HEN 44) ‘unrecht’, WFR frühnwfr. onrjuechte adv. ‘onregt, verkeerd, kwaad’ (GJ 330), nwfr. onrjucht ‘verkeerd’ (FW 2,296)

-iga-

INF sy. rochtig ‘richtig’ (BM 213, SU 728), OFR wang. riuchtiig ‘richtig’ (FA 1,100), WFR schierm. jochtich adv. ‘recht’ (DF 56); prä¿giert in AFR awfr. unriuchtig ‘ungerecht’ in subst. ‘der Ungerechte’ (Fs 1,49) AFR aofr. riuchtelƯk (F), riuchtlƯk (E1, H) ‘rechtlich; gerecht’, awfr. riucht(e)lƯk (Fs 1,51), riochtlƯk (J, SnR 288) ‘rechtlich’, riucht(e)lƯk(e) (D, Fs [Meijering]), J, Ro 1,2, U [Meijering], O), riocht(e)lƯk(e) (BTr, Fs [Meijering], J, P, SnR 428, O), ruchtelƯke, rochtelƯke (BTr) adv. ‘rechtlich’, INF fa. rochtelk (NfWb), sy. rochtelk (SU 728) ‘rechtlich; gesetzlich; gesetzestreu’, WFR nwfr. rjochtlik ‘rechtelijk, rechtmatig, wettig; rechtvaardig; gerechtelijk; juist, eigen’ (WFT 18,90) AFR aofr. riucht n. ‘Recht, Rechtsanspruch; Strafe; Rechtsaufzeichnung; Rechtsgültigkeit; Gericht; Richteramt; Freischwörung’ (E1-3, F, FV 208, H, PrJ 232, R1-2), awfr. riucht (A 2, Cr, D, Fs 1,50, J, LSt, P, Ro 1,240, U [Hoekstra], O), riocht (Fs [Meijering], FrR, J, P, SnR 125, U [Brouwer], O) n. ‘Richtigkeit; Recht, Gesetz; Rechtsprechung; Richteramt; Gerichtsverfahren; Rechtsanspruch; Gericht’, spätawfr. riucht, riocht n. ‘Recht’ (Bo), INF fa. rocht n. ‘Recht; Richtigkeit; Gerechtigkeit; Gesetz; Gericht’ (WFO 220, FÖW 448), sy. rocht n. ‘Recht; Gesetz’ (BM 213, SU 728), FNF bök. rucht (FU 198), hall. rocht (MOH 2,139), karrh. rucht (MN 2295), mgos. rocht (MN 2295), ält. ngos. raacht (a. 1743, BJ 2,125), rocht (ca. a. 1745, JG 268), ngos. rucht (MOH 2,139), sgos. rocht (MN 2295), wied.

-lƯka-

-a-

428

-Ưn-nassjǀ-engǀ-haidu-ja-

-ǀja-

Bel

rehta-

rocht (FRU 261) n. ‘Recht; Gesetz; Gericht’, OFR brok. ryucht (OfSt 69), sat. gjucht (MF 105), wang. riucht (FA 1,388), wurst. riucht (RM 114) n. ‘Recht; Gericht’, WFR frühnwfr. riucht (SB 55), rjuecht (GJ 383) n. ‘Recht’, nwfr. rjocht, rjucht (WFT 18,81ff.), hind. rocht (GB 133), schierm. jocht (DF 56), tersch. rocht (CR 93) n. ‘gerechtigheid, rechtvaardigheid, billijkheid; complex van rechtsregels; rechtsgeleerdheid; gerecht, rechtbank, rechterlijke macht; proces; wettelijke of zedelijke bevoegdheid; door een overheid opgelegde hef¿ng, belasting’ OFR sat. gjuchte f. ‘kürzester Weg; Luftlinie’ (MF 105) WFR nwfr. rjochtens, rjuchtens ‘rechtheid; oprechtheid’ (WFT 18,86) AFR aofr. riuchtinge (F), awfr. riochtinge (O) f. ‘Recht’; vgl. van Helten 1907: 278. AFR awfr. riuchticheit (A, Ro), riuchtichƝd (O), riochtichƝd (A, J, O) f. ‘Gerechtigkeit; Recht’ mit sekundärer ig-Erweiterung; vgl. Ahlsson 191. AFR aofr. riuchta (B1-2, F, H, PrJ 258, R1-2 [in upriuchta swv.1 ‘aufrichten’]), awfr. riuchta (A 234, D, FrB 10, Fs 1,86, J, Ro 1,22, SnR 41, U [Hoekstra], O), riochta (J, U [Brouwer], O) swv.1 ‘richten, Recht sprechen, gerichtlich entscheiden; sich eidlich reinigen; berichtigen’, daneben prä¿giert biriuchta swv.1 ‘aburteilen, richten’ (Ro 1,150), INF sy. rocht swv.1 ‘richten’ (MN 2296, SU 728), FNF bök. ruchte (FU 198), hall. rochte (Lo 83), karrh. ruchte (MN 2296), mgos. rochte (MN 2296), ält. ngos. -rochtä [in tharochtä swv. ‘zubereiten (Essen)’] (a. 1760, Kon. 58) neben rachtä* [in ’t rachten ‘das Richten’] (a. 1743, BJ 1,109), ngos. ruchte, rochte (WNG 86), sgos. rochte (MN 2296), wied. rochte (FRU 262) swv.1 ‘richten, zielen; (aus)richten, in gerade Richtung bringen; richten, urteilen’, OFR harl. riuchte swv.1 ‘richten’ (CM 61, 92, 97, 101), sat. gjuchte ‘richten; einen Auftrag übermitteln; gerade machen; unternehmen, schaffen’ (MF 105f.), wang. riucht swv.1 ‘richten’ (FA 1,57), WFR frühnwfr. rjuechte swv.1 ‘regten, rigten, vonnissen’ (GJ 384) WFR frühnwfr. rjuechtje swv.2 ‘regten, rigten, vonnissen; verrigten, doen’ (GJ 384), hind. rochtje swv.2 ‘richten, recht maken; rechtspreken’ (GB 133), FNF ält. ngos. rochtiä swv.2 ‘richten’ (a. 1760, 22, 130), daneben mit ig-Erweiterung INF fa. rochtige, -age swv.2 ‘sich gerichtlich auseinandersetzen’ (CJ 169, 196, FÖW 449), WFR nwfr. rjochtsje, rjuchtsje swv.2 ‘recht maken; oprichten, overeind brengen; strekken; rechtspreken, het recht handhaven, regeren; een rechtsgeding voeren, procederen; in het openbaar straf uitoefenen, terechtstellen; oordelen’ (WFT 18,95f.) Gemeingerm.: E ae. riht, S as. reht, N anl. reht, D ahd. reht, W an. réttr, O adän. rƣt, G raihts.

rehta-

Germ

Idg

Lit

429

PFR *riucht mit positionsbedingter „Brechung“ des -e- > -iu- vor -ht (vgl. Boutkan 1998a: 81ff.). Die anlautende Sequenz rj- wird mundartlich teils progessiv zu r- (rocht, rucht), teils regressiv zu j- (jocht) reduziert, in sat. gjucht wohl über jucht (vgl. Siebs 1901: 1259); zur geographischen und zeitlichen Distribution der sich von Westen her ausbreitenden Schreibweise AFR awfr. riocht statt oder neben riucht vgl. Gerbenzon 1960: 71ff. INF helg. rech ‘recht’ (TS 269) ist eine relativ junge Entlehnung aus (m)nd. recht, während fa. racht swv.1 ‘richten; urteilen’ (WFO 213, FÖW 432) mit -a- < -i- ältere Lehnlautung nach mnd. richten swv.1 andeutet, sofern nicht ein bodenständiges ains.-nfr. *richta swv.1 < germ. *rehtja- zugrunde liegt, in dem das folgende -j- die „Brechung“ des -e- > -iu- verhindert haben müßte, wie Siebs 1901: 1198 glaubt, doch zeigen die übrigen fries. Formen des jan-Verbs diese Entwicklung nicht. Das Adj. steht neben dem noch relikthaft als starkes Verb erkennbaren germ. *reka- stv.V ‘rechen, zusammenscharren’ (Sb 373f.), dessen ursprüngliche Bedeutung wohl ‘aufrichten’ war; vgl. im weiteren auch das nasalierte germ. *ranka- (s.o.). Ererbtes Verbaladj. aus dem Primärverb idg. *reƣ- ‘gerade richten, recken’ (IEW 854ff.). Identisch ist griech. ȩȡİțIJȠȢ ‘(vor)gestreckt‘, lat. rƝctus ‘gerade, aufrecht; recht, richtig’; vgl. mit Nasaleinschub auch germ. *ranka- ‘aufrecht stehend’ (s.o.). Siebs 1889: 129; van Helten 1907: 286; Falk/Torp 1909: 333f.; Löfstedt 1931: 139; Kapteyn 1933: 145ff.; Löfstedt 1933: 39; Hoops 1950: 84f.; Gonda 1956: 16;1Pokorny 1959: 854ff.; Gerbenzon 1960: 71; Spenter 1968: 275; Seebold 1970: 373f.; Boutkan/Siebenga 2005: 321f. Hm 442f. reiba- ‘befriedigend’ P (§ 1)

F

INF fa. riiw ‘reichlich, üppig; freigebig, verschwenderisch’ (Tedsen 1906-07: 39,16, FÖW 444) sy. riiv ‘freigebig, verschwenderisch’ (BM 211, SU 726) OFR sat. rieuw ‘verschwenderisch’ (MF 148) WFR frühnwfr. riuw (AH 23, Z. 103, 106), rju (GJ 383) adv. ‘vrij veel, vrij wat, zeer, schier, weldra, straks’ nwfr. rij ‘verkwistend, niet zuinig; niet zuinig in gebruik, snel slijtend of minderend; overdadig’ (WFT 18,23), rjû adv. ‘vrij veel; behoorlijk, Àink, nogal, vrijwat; genoeg; vaak, dikwijls’ (WFT 18,100f.) hind. rii ‘verkwistend’ (GB 131)

430

reipa-

schierm. ree [-e:j-] ‘veel verbruikend’ (DF 90, Spenter 269) tersch. ri [-i.-] ‘royaal’ (CR 91) -nassjǀ-

WFR nwfr. rijens ‘kwistigheid, verkwisting’ (WFT 18,24)

Bel

Nordseegerm. und nord.: E ae. rƯfe, S mnd. rîve, N mnl. rive, W an. rífr, O aschw. rƯver. Im Ins.-Nfr. und Ofr. < ains.-nfr./aofr. *rƯve < nordseegerm. *reibja[in der übrigen Germania *reiba-], während die wfr. Belege rij, ri(i), ree < awfr. *rƯ sehr wahrscheinlich auf ein kontrahiertes älteres *rƯvi zurückführen; in der Nebenform nwfr. rjû erblickt van Helten 1894: 355 das ursprüngliche Adv. afr. *rinjwe < älterem *rƯvo. Da das ablautende germ. *raiba- ‘fröhlich’ (Hm 431) bedeutet, scheint die ursprüngliche Bedeutung von germ. *reiba- ‘zufriedenstellend’ gewesen zu sein. Die weiteren Beziehungen des Primäradj. liegen im Dunkeln. Für das Ins.-Nfr. und Ofr. ist Entlehnung aus S mnd. rîve ‘verschwenderisch, freigebig; reichlich’ wohl nicht grundsätzlich auszuschließen. van Helten 1894: 355; Falk/Torp 1909: 345; Lindqvist 1909: 279f.; Lerchner 1965: 224; Spenter 1968: 269; Matzel 1992: 95.

Germ

Lit

Hm 443 reipa- ‘reif’ V (§ 24a) F

AFR awfr. rƯp ‘(geistig und körperlich) reif; reiÀich’ (Ro 1,216, 220, SnR 665, O) INF fa. rip ‘reif; in der Entwicklung abgeschlossen’ (WFO 219, FÖW 447) helg. rip ‘reif’ (TS 271) sy. rip ‘reif’ (BM 212, SU 727) FNF bök. rip ‘reif’ (FU 196) hall. rip ‘reif’ (MOH 1,12) karrh. rip ‘reif’ (OTJ 50) mgos. rip ‘reif’ (HMN 130) ält. ngos. ripp (a. 1743, BJ 2,123), ngos. rip (MOH 1,12) ‘reif’ sgos. rip ‘reif’ (EFS 220) wied. rip ‘reif; in der Entwicklung abgeschlossen; reif für etwas’ (FRU 261) OFR sat. riep ‘reif’ (MF 148) wang. riip ‘reif’ (EFS 220) WFR frühnwfr. rijp [-i:-] ‘rijp’ (GJ 380) nwfr. ryp ‘geschikt om geplukt of geoogst te worden (van vruchten en gewassen); tot (volle) wasdom gekomen, de volle ontwikkeling bereikt hebbende (van zaken en personen); slachtrijp;

rekana-

431

geslachtsrijp; aan het kalven toe; ervaren, wijs; gevorderd in leeftijd (van personen); weloverwogen, doordacht’ (WFT 18,64) hind. ryp ‘rijp; aan het kalven toe (van een koe)’ (GB 132) schierm. ryp ‘rijp’ (DF 92) -a-Ưn-man-nassjǀ-eþǀ-dǀma-ǀja-

Bel Germ

Lit

AFR awfr. -rƯp n. ‘Ernte’ in overrƯp (J), njrrƯp (U) ‘unrechtmäßiges Ernten (über die Grenze des eigenen Landes hinaus)’ FNF bök. ripe m. ‘Reife’ (FU 196) mit sekundärem Wechsel zu den mask. an-Stämmen WFR nwfr. ryptme ‘rijpheid’ (WFT 18,67), vermutlich ein Neologismus des 19. Jahrhunderts; vgl. Brouwer 1963: 251ff. INF fa. ripens n. ‘Reifegrad (Obst, Getreide)’ (Verf.), WFR nwfr. ripens ‘rijpheid’ (WFT 18,65) OFR sat. riepte f. ‘Reife’ (MF 148) OFR sat. rîpdôm n. ‘Reife’ (JM 150), WFR rypdom g. ‘rijpheid’ (WFT 18,65) INF fa. ripe (WFO 219, FÖW 447), helg. ripe (TS 271), sy. ripi (BM 212, SU 727) swv.2 ‘reifen’, FNF bök. ripe (FU 196), hall. ripe (MOH 1,12), karrh. ripe (OTJ 50), wied. ripe (FU 261) swv. ‘reifen’, WFR nwfr. rypje (WFT 18,66), hind. rypje (GB 132), schierm. rypje (DF 92) swv.2 ‘reifen’ Westgerm.: E ae. rƯpe, S as. rƯpi, N mnl. ripe, rijp, D ahd. rƯf. PFR *rƯp, ein e-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *reipa- stv.I ‘ernten’ (Sb 370f.), auf das sämtliche neufries. Formen regulär zurückführen, teils mit erhaltenem -Ư-, teils mit Kürzung in geschlossener Silbe. Daraus ergibt sich die ursprüngliche Bedeutung ‘was zu ernten ist’. Ein istämmiges Verbaladj. der Möglichkeit germ. *reipi- dürfte für die jastämmigen Formen ausscheiden, da entsprechende Ableitungen aus der II. Ablautreihe durchgehend o- oder schwundstu¿g sind. Insofern dürfte dort sekundärer Übertritt in die ja-Flexion vorliegen. Siebs 1889: 220; Falk/Torp 1909: 344; Löfstedt 1928: 12; Seebold 1970: 370f.; Matzel 1974: 94; Matzel 1992: 95; Kluge/Seebold 2002: 753. Hm 444f. rekana- (-ena-) ‘geordnet; schnell’ V (§ 78)

F

AFR aofr. rekon ‘in guter Ordnung, in gutem Zustand; frei, offen’ (von einem Weg in der alliterierenden Wendung rekon and rnjm ‘offen und frei’) (R2) awfr. rekin ‘in guter Ordnung, in gutem Zustand; frei, nicht gesperrt’ (von einem Weg in der alliterierenden Wendung rekin ende rƝde ‘frei und gangbar’) (J, U) OFR sat. reken, räken ‘in guter Ordnung, glatt; zurecht’ (MF 147)

432

rengwa-

-ǀja-

AFR aofr. rekenia swv.2 ‘berichten, aussagen; verteilen’ (E3, F), awfr. rek(e)nia swv.2 ‘rechnen, berechnen, umrechnen; in Ordnung bringen’ (Fs 2,65, J, Ro 1,42, SnR 493, O), INF fa. reegne (WFO 215, FÖW 437), helg. reekene (TS 269), sy. reekeni (BM 209, SU 723) swv.2 ‘rechnen’, FNF bök. räägne (FU 192), hall. räägne (MOH 1,210), karrh. räägene (OTJ 62), ält. ngos. rägniä (a. 1760, Kon. 82), mgos. raane, raagne (Beitr. Anh. Tab. 3a), ngos. räägne (MOH 1,210), sgos. rääne, räägne (Beitr. Anh. Tab. 3a), wied. räägne (FRU 255) swv.2 ‘rechnen’, OFR harl. reykenen, rayckenen (CM 72, 78), sat. rekenje (MF 147) swv.2 ‘rechnen’, WFR nwfr. rekkenje (WFT 17,362f.), hind. rekkenje (GB 131), schierm. rakkenje (DF 89), tersch. rekkenje (CR 91) swv.2 ‘rechnen’

Bel Germ

Als Adj. lediglich nordseegerm.: E ae. recen, ricen, S mnd. rƝken. PFR *rekon, offenbar eine Partizipialbildung zu dem Verb germ. *reka- stv.V ‘rechen, zusammenscharren’ (Sb 373f.), etwa in F awfr. reka stv.IV ‘das Feuer zusammenkratzen’ (J); demnach also die adj. Bedeutung ‘geordnet’ < ‘ordentlich zusammengerecht’. Zumindest für die Form OFR sat. reken ist eine Entlehnung aus S mnd. rƝken ‘von richtiger Beschaffenheit, in guter Ordnung, ordentlich, genau’ nicht auszuschließen, da mnd. -e- in offener Silbe im allgemeinen zu sat. -ƣ- wird. Vgl. ferner germ. *rehta- ‘gerade, recht’ (s.o.). Holthausen 1906-07: 329; van Helten 1907: 143, 283, 393f.; Falk/ Torp 1909: 333; Wissmann 1932: 106; Krogmann 1937: 17; Pokorny 1959: 856; Löfstedt 1965-69: 23,15; Seebold 1970: 373f.; Lühr/Matzel 1986: 261.

Lit

Hm 445f. rengwa- ‘leicht’ P (§ 1) F

AFR aofr. ring adv. ‘schnell (sterben)’ (E3) awfr. ring ‘gering’ (O) spätawfr. rengh adv. ‘schnell’ (Bo) INF fa. ring ‘gering, niedrigstehend; schlecht, minderwertig; ungünstig, unerfreulich; elend, kränklich; moralisch schlecht’ (WFO 218, FÖW 446) sy. ring ‘gering, schwach, unbedeutend; leidend, schwächlich’ (BM 212, SU 727) FNF bök. räng ‘schwach, kümmerlich’ (FU 194) hall. räng ‘kränklich’ (MOH 1,159)

rengwa-

433

karrh. ring ‘klein, gering’ (OTJ 52) mgos. ring ‘schlecht’ (HMN 129) ält. ngos. ring (a. 1760, Kon. 65), ngos. räng (MOH 1,159) ‘kränklich’ sgos. ring ‘schlecht’ (MN 1689, NfWb) wied. ring ‘schlecht; von schlechter Beschaffenheit; mäßig; minderwertig, niedrig; arm’ (FRU 260) WFR frühnwfr. ringh, ringe, ringen adv. ‘ras, schielijk, dra, weldra’ (GJ 378) nwfr. ring, ringen adv. ‘spoedig, weldra; snel, vlug’ (WFT 18,47) -ikǀda-

INF sy. ringket ‘schwächlich, kränklich’ (BM 212) mit dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ket; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und Faltings 1996b: 95f.

Bel

Kontinentalwestgerm. und got.: S mnd. ringe, N mnl. geringe, D ahd. ringi, G in un-manariggws. PFR *ringe. Löfstedt 1928: 159 und Århammar 1969: 132 bzw. 2001: 321 betrachten die Formen des Nfr. sämtlich als Entlehnungen aus S mnd. ringe ‘gering, leicht; wertlos, unbedeutend; klein, wenig; niedrig; einfach’, adv. ‘schnell, rasch’, das ebenfalls in das Nord. entlehnt worden ist: vgl. etwa O ält. ndän. ringe ‘ringe, fattig’ (Kalkar 3,602f.), jüt. ringe ‘om hvad der er af dårlig beskaffenhed; syg, skrøbelig; ubetydelig, lille’ (Feilberg 3,63). Insofern könnte wohl auch WFR nwfr. ring, ringe, ringen aus dem Mnd. oder N mnl. geringe ‘licht, niet zwaar; van weinig waarde, onbeduidend, klein, weinig’, adv. ‘snel, schielijk, spoedig, vlug’ (VV 2,1546) entlehnt sein. Dafür spricht nicht zuletzt die adv. gebrauchte adj. Kasusform auf -en, die im ält. Nnl. als geringen (17. Jh.) begegnet (vgl. van Helten 1883: 148 und Nauta 1893: 45). Selbst für das apokopierte AFR ring, rengh < ält. *ringe kann am Ende eine Entlehnung aus dem Mnd./Mnl. nicht völlig ausgeschlossen werden. Das Primäradj. steht im Germ. isoliert.

Germ

Idg Lit

Der Vergleich mit dem Adv. griech. ȡȓȝijĮ ‘leicht, behende, rasch’ erlaubt einen Ansatz idg. *rengԥho- (Hm 446). Die weiteren Beziehungen bleiben unklar. Löfstedt 1928: 159; Pokorny 1959: 332, 1155; Seebold 1967: 116; Stanforth 1967: 108; Rooth 1971: 26f.

434

rƯkja-

Hm 450f. rƯkja*- ‘mächtig’ S/*D (§ 91, 100a) F

AFR aofr. rƯke ‘reich; mächtig, stark’ (B1-2, E1-3, F, FV 208, H, R1) awfr. rƯke (A 282, FrR [hier in subst. Verwendung], Fs 2,89, J, U [Steller]), rƯk ‘reich: mächtig, stark’ (A 16, D, Fs 1,151, Ro 1,22, SnR 170, O) spätawfr. ryck /-i:-/ ‘reich’ (Bo) INF frühfa. rick* in ricklick ‘reichlich’ (s.u.) fa. rik ‘reich’ (WFO 218, FÖW 444) helg. rik ‘reich’ (TS 270) sy. rik ‘reich’ (BM 211, SU 727) FNF bök. rik ‘reich’ (FU 196) hall. rik ‘reich’ (MOH 1,13) karrh. rik ‘reich’ (MN 1684, OTJ 50) mgos. rik ‘reich’ (HMN 129) ält. ngos. rick (a. 1743, BJ 2,123), ngos. rik (MN 1684) ‘reich’ sgos. rik ‘reich’ (EFS 218, Beitr. 19) str. rick* in ricklick ‘reichlich’(s.u.) wied. rik, reek ‘reich, wohlhabend’ (FRU 260) wyk. rik ‘reich’ (EFS 218) OFR brok. -rijck ‘reich’ in dugentrijck ‘tugendreich’ (OfSt 68) harl. ryhk ‘reich’ (CM 102) sat. riek ‘reich’ (MF 147) wang. riik ‘reich’ (FA 1,25) wurst. rick /-i:-/ ‘reich’ (RM 115) WFR frühnwfr. rijck (SB 55, 105), rijk /-i:-/ (GJ 379) ‘reich’ nwfr. ryk ‘veel geld og goed bezittend, vermogend; veel van iets hebbend, ruim voorzien van; groot in omvang; veel opleverend; van rijkdom getuigend, kostbaar; veel inhoud hebbend, overvloedig; veel omvattend’ (WFT 18,26f.) hind. ryk ‘rijk’ (GB 131) schierm. ryk ‘rijk’ (DF 92) tersch. ryk ‘rijk’ (CR 92)

-lƯka-

AFR awfr. rƯkelƯke adv. ‘reichlich; in genügendem Maße’ (FrR), INF frühfa. ricklick (ca. a. 1600, Kat. 65), fa. rikelk (WFO 218, FÖW 445), sy. rikelk (BM 212, SU 727) ‘reichlich’, FNF bök. riklik (FU 196), hall. riklik (Lo 82), karrh. rikelk (OTJ 50), ält. ngos. ricklick (a. 1760, Kon. 83), ngos. riklik, rikli (WNG 85), sgos. riklik (MN 1686), str. ricklick (ca. a. 1600, Kat. 65, 67), wied. riklik (FRU 260) ‘reichlich’, OFR sat. riekelk ‘völlig, ganz’ (MF 147), wang. riikelk ‘reichlich, ausreichend’ (HEN 403), WFR frühnwfr. rijcklijck (SB 53), nwfr. ryklik (WFT 18,31), hind. ryklik (GB 131), tersch. rikelik (CR 92) ‘reichlich’

rƯkja-

-ja-

-Ưn-engǀ-

-nassjǀ-dǀma-

-haidu-ǀjaBel Germ

435

AFR aofr. rƯke (E1, F, H, R1-2), awfr. rƯke (FrR, J, U [Sipma]), rƯk (Cr, BTr, D, EdJ 68, O) n. ‘Reich’, INF frühfa. rick (ca. a. 1600, Kat. 66), fa. rik (WFO 218, FÖW 444), helg. rik (TS 270), sy. rik (BM 211, SU 727) n. ‘Reich’, FNF ält. bök. rick (a. 1746, CB 17), bök. rik (FU 196), ält. hall. -rick (a. 1749, NfSt 1,5), hall. rik (MOH 1,13), karrh. rik (MN 1686), ält. ngos. rick (a. 1745, TJ 32, 35), ngos. rik (WNG 85), str. rick (ca. a. 1600, Kat. 66, 68), wied. rik, rääk (FRU 260), ält. wyk. -rick [in hemmelrick ‘Himmelreich’] (ca. a. 1750-84, MB I) n. ‘Reich’, OFR harl. ryhck n. (CM 102), sat. riek (MF 147), wang. riik (HEN 41) n. ‘Reich’, WFR frühnwfr. rijck /-i:-/ (GJ 379), nwfr. ryk (WFT 18,25f.), hind. ryk (GB 131), schierm. ryk (DF 92) ‘Reich’ AFR aofr. rƯze (E2), awfr. rƯke (D, J) f. ‘Reichtum’; dazu auch N mnl. rƯke f. ‘rijkdom’ (VV 6,1412) AFR aofr. rƯkenge f. ‘Schenkung, Vergabung’ (B1-2, E2), wohl zu afr. rƯkia swv.2 ‘Vermögen erwerben’ (s.u.) und dann im Sinne von ‘Vermögenerwerb durch Vergabung’; vgl. van Helten 1907: 285, Buma ed. 1949: 247 und Ahlsson 81; anders von Richthofen 1840: 994 und Holthausen 1925: 87, die rƯkinge mit aofr. rƝkinge f. ‘Schenkung’ (F) gleichsetzen wollen (zu afr. rƝka swv.1 ‘reichen, überreichen’). WFR nwfr. rikens ‘rijkdom, het rijk zijn’ (WFT 18,28) AFR aofr. rƯkedǀm (H), awfr. rƯkdǀm (Cr, FrB 118) m. ‘Reichtum’), INF fa. rikduum, -dum, -dom m. (n.) (WFO 218, FÖW 445), helg. rikdoom m. (TS 270), sy. rikdoom g. (BM 212, SU 727) ‘Reichtum’, FNF ält. bök. rickdom (a. 1746, CB 18), bök. rikduum n. (FU 196), hall. rikdoom m. (Bonken 1925: 7), sgos. rikdoom m. (MN 1685), wied. rikdom n. (FRU 260) ‘Reichtum’, OFR harl. ryhckdomm (CM 55), sat. rikdùm (Kramer 1961: 176), wang. riikiido(o)m (HEN 75, 412) m. ‘Reichtum’, WFR frühnwfr. rijckdom (SB 91), rijckdomme /-i:-/ (GJ 379), nwfr. rykdom (WFT 18,27), hind. rykdom (GJ 131) ‘Reichtum, Wohlstand’; vgl. auch Ahlsson 225. AFR awfr. rƯkhƝd f. ‘die Reichen, die Vornehmen’ (O); Lehnbildung nach gleichbedeutendem mnl. rijcheit f. (VV 6,1390)? vgl. Ahlsson 190. AFR aofr. rƯkia swv.2 ‘reich werden’ (E2), WFR frühnwfr. rijkje /-i:-/ swv.2 ‘reich werden’ (GJ 379) Gemeingerm.: E ae. rƯce, S as. rƯki, N mnl. rike, D ahd. rƯhhi, W an. ríkr, O adän. rƯk, G reiks*. Die neufries. Belege führen sämtlich auf eine Vorstufe PFR *rƯke mit erhaltenem -Ư- zurück, das im Nfr. in geschlossener (auch früh geschlossener) Silbe gekürzt wird. Das Suf¿x der regulären („klassischen“) Form afr. rƯke ist im jüngeren Awfr. bereits apokopiert worden.

436

Idg

Lit

rǀta-

Zu idg. *rƝƣ- ‘König’ (IEW 854ff.), etwa in ai. rí, at. rƝx, gallisch -rƯx, und idg. *rƝƣ io- ‘Herrschaft’ in lat. rƝgum, air. ríge, germ. *rƯkjao (s.o.). Das Adj. ist entweder eine io-Ableitung zum Wurzelnomen o idg. *rƝƣ- oder aus dem io-Subst. adjektiviert (Hm 451). o Siebs 1889: 218; Delbrück 1907: 139; Falk/Torp 1909: 342; Löfstedt 1928: 13; Löfstedt 1933: 19; Pokorny 1959: 854ff.; Spenter 1968: 257; Seebold 1970: 369f.; Ris 1971; Normier 1977: 187; Seebold 1981: 100ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 320. Hm 453 rǀta- ‘fröhlich’ P? (§ 5)

-rǀja-

INF fa. ruutre, rutre swv.2 ‘ausgelassen toben (im Bett, auf dem Sofa)’ (Verf., FÖW 458,459) < ains.-nfr. *rǀteria swv.2

Bel

Nur E ae. rǀt ‘froh, fröhlich’ und unsicher in D ahd. unruoz* ‘traurig’, indirekt aber auch F und W an. málrœtinn ‘redselig’. Im Germ. isoliert. Heidermanns (Hm 453) setzt ein Primäradj. an. Angesichts W an. -rœtinn in málrœtinn ‘redefreudig’, das man für das Part.Prät. eines sonst nicht bezeugten starken Verbs der VI. Kl. halten könnte, käme wohl auf den ersten Blick auch ein ursprüngliches Verbaladj. in Betracht, doch zeigt das Part.Prät. der VI. Kl. – sofern nicht ein Palatal- oder r-Umlaut im Spiel ist – keinen Umlaut. Daher liegt in an. -rœtinn eher eine Ableitung mit dem Suf¿x -Ưnavor, ausgehend von einem Subst. entsprechend E ae. rêtu* f. ‘Freude’ [ae. un-rêtu f. ‘Angst, Besorgnis’], me. rǀt ‘Feude, Heiterkeit’. Derivationen dieser Art bilden auch im An. nicht nur Stoffadj., sondern können als Adj. der Neigung oder des Hanges ebenso aus Abstrakta hervorgegangen sein, wie z.B. in an. geyminn ‘aufmerksam, achtsam, vorsichtig’ aus an. gaum f., gaumr m. ‘Aufmerksamkeit, Augenmerk’, hrœsinn ‘großsprecherisch’ aus an. hróð m. ‘Ruhm, Lobpreis’, hyginn ‘verständig’ aus hugr m. ‘Sinn, Gedanke’, lyginn ‘verlogen’ aus lygi f. ‘Lüge’ usw. deutlich wird. Ererbtes Primäradj., identisch mit aksl. radɴ ‘froh, freudig’. Die weiteren Beziehungen sind unklar. Die von de Vries 1977: 457 erwogene Anbindung an die Wurzel idg. *ԥrǀd- ‘aufreißen, wühlen, graben’ (IEW 1163), wie etwa in INF fa. wrote swv.2, E ae. wrǀtan stv.red. ‘wühlen’, ist indessen abzulehnen. Oberdörffer 1908: 12; Falk/Torp 1909: 347; Michiels 1912: 58f.; Pokorny 1959: 853; Holthausen 1974: 262f.; de Vries 1977: 457; Blöndal Magnússon 1989: 787.

Germ

Idg

Lit

rnjha-

437

Hm 454f. rnjha- ‘rauh’ P (§ 7) F

AFR awfr. rnjch ‘rauh’ (FrR, SnR 89), ‘von rauhem Bewuchs’ in rnjch land (O) INF fa. rüch, röög ‘rauh; struppig, behaart; mit dichtem Gras bewachsen; unrasiert; unbearbeitet, roh (Holz); unordentlich; grob im Umgang; verschwenderisch (mit Geld und Material)’ (WFO 222, FÖW 454, Verf.) helg. rich ‘rauh’ (TS 270) sy. rüch ‘rauh; behaart; zottig’ (BM 215, SU 731) FNF bök. rüch, röög ‘rauh, nicht glatt; unfreundlich, grob, roh; unordentlich; verschwenderisch’ (FU 197f.) hall. ruch [-u-] ‘rauh; struppig’ (MOH 1,32) karrh. rüch (MN 2669), röög (OTJ 57) ‘rauh; zottig; lang behaart; mit langem, dichtem Grase bewachsen’ mgos. rüch ‘rauh; zottig; lang behaart; mit langem, dichtem Grase bewachsen’ (MN 2669) ält. ngos. rüch (a. 1743, BJ 2,123), ngos. rüch (MOH 1,32) ‘rauh; zottig’ sgos. rüch ‘rauh; struppig; mit langem Gras bewachsen’ (MN 2669, Beitr. 31) wied. rüch ‘rauh, nicht glatt, ungekämmt; roh, unzivilisiert’ (FRU 264) OFR sat. ruuch ‘rauh’ (MF 150) wang. ruuch ‘rauh’ (FA 1,101) WFR frühnwfr. ruwg ‘ruig’ (GJ 387) nwfr. rûch ‘dicht bezet met haar, borstelig; harig, grof, ruw (van stoffen en kleren); met rijp bedekt; met riet, biezen enz. begroeid; oneffen, ruw, niet glad; onstuimig (van weer en wind); niet net(jes), onachtzaam, onordelijk, slordig; oppervlakkig, globaal; onbeschaafd, plomp; bruto; onbewerkt, niet behandeld, niet geraf¿neerd’ (WFT 18,173ff.) hind. roech [-u:-] ‘ruig; slordig (in het werk); oppervlakkig, globaal; onstuimig (weer)’ (GB 133) schierm. rúch [-Ⱦ-] ‘ruig; ruw (weer, zee); ruigharig’ (DF 93) tersch. roeg [-u:-] ‘ruig’ (CR 92)

-iga-a-

INF fa. röögig ‘rauh, kalt, feucht (Luft, Wetter)’ (FÖW 451) INF fa. rüch n. ‘das Rauhe; Heu, Stroh, Rauhfutter; abgestorbenes Gras; Reetabfall, zusammengeharkter Dünenhafer’ (SP 108, WFO 222, FÖW 454), FNF bök. rüch n. ‘Rauhfutter; Getreide- und Bohnenstoppeln (als Feuerung)’ (FU 197), hall. ruch n. ‘überjähriges Gras’ (MOH 1,32), karrh. rüch n. ‘das rauhe; rauhfutter’ (MN 2670), mgos. rüch n. ‘Rauhfutter’ (MN 2670), sgos. rüch n. ‘Rauhfutter’

438

-lenga-man-nassjǀ-

-eþǀ-

-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

rnjma-

(MN 2670), wied. rüch n. ‘PÀanzenabfall’ (FRU 264), WFR nwfr. rûch ‘ruigte, riet, biezen en dergelijke gewassen die in en bij het water groeien; verdord gras, riet, vlasafval; delen van de bladmaag van een koe’ (WFT 18,175) INF fa. rüchling, -lang n. ‘Streu’ (LFM 153, FÖW 455) WFR nwfr. rûchtme ‘ruigte’ (WFT 18,179); Neologismus der romantischen Sprachbewegung des frühen 19. Jahrhunderts; vgl. Brouwer 1963: 254. INF fa. rüchens n. ‘das Rauhe; rauhe Stelle; dichter, ver¿lzter Grasbewuchs’ (KJC 9,181, FÖW 455), WFR nwfr. rûgens (WFT 18,182f.), hind. roegens (GB 133) ‘ruigheid; slordigheid, onordelijkheid, onachtzaamheid; ruwheid, onbeschaafdheid’; der Genuswechsel Fem. > Neutr. ist sekundär. WFR nwfr. rûchte ‘wild door elkaar groeiend gewas; afval van bladeren, dor gras, stro, riet e.d., vaak als strooisel en vroeger als brandstof gebruikt; beharing, inz. baardgroei’ (WFT 18,178f.), schierm. rúchte m. ‘ruigte’ (DF 93), auch ‘Heu- und Strohabfälle’ (Spenter 242), tersch. roegte ‘ruigte (helm, droog gras)’ (CR 92) FNF wied. rüche swv. ‘mit etwas verschwenderisch umgehen’ (FRU 264); wohl eine relativ junge deadj. Bildung nach der obigen Nebenbedeutung ‘verschwenderisch’. Westgerm.: E ae. rnjh, S mnd. rû, rûch, rûw, N mnl. ru, ruw, D ahd. rnjh. Lediglich im Ofr. des Sat. und Wang. ist altes -nj- in geschlossener Silbe bewahrt geblieben, während es im Nfr. sowie in der wfr. Inselmundart des Schierm. in dieser Position zu -y- palatalisiert wurde (in helg. rich mit sekundärer Entrundung; in hall. ruch ist die Entrundung zusätzlich mit Senkung zu [-u-] verbunden), im übrigen Wfr. zu -u- gekürzt. Die nfr. Nebenform röög dürfte aus einem Àektierten *rnjge hervorgegangen sein, in fa. röög mit [-ø:-] < sekundär gerundetem -Ϸ- durch EinÀuß des voraufgegenden r-. Das Primäradj. steht im Germ. isoliert. Ohne genaue Entsprechung in den außergerm. Sprachen. Wurzelverwandt ist wohl ai. rnjkԕá- ‘rauh, trocken, dürr’. Falk/Torp 1909: 350; Löfstedt 1928: 32; Hof 1933: 233; Ader 1958: 86ff.; Pokorny 1959: 869f.; Trier 1981: 27; Spenter 1968: 242. Hm 455f. rnjma- ‘weit, geräumig’ *V(§ 63)

F

AFR aofr. rnjm ‘geräumig, ungehindert’ (E1, F, H, R2) awfr. rnjm (D, J, U [Hoekstra]) ‘geräumig; ungehindert’ INF fa. rüm ‘weit, geräumig’ (WFO 223, FÖW 456)

rnjma-

439

helg. rüm ‘geräumig, weit’ (TS 271) sy. rüm ‘geräumig, weit, offen’ (BM 216, SU 731) FNF bök. rüm ‘geräumig’ (FU 199) hall. rum [-u-] ‘geräumig, bequem’ (MOH 1,28) karrh. rüm ‘geräumig’ (OTJ 59) mgos. rüm ‘geräumig’ (EFS 249) ngos. rüm ‘geräumig’ (NfWb) sgos. rüm ‘geräumig’ (EFS 249, Beitr. 45) wied. rüm ‘weit, Platz habend’ (FRU 264) OFR sat. ruum ‘weit, offen, geräumig; reichlich; verschwenderisch’ (MF 150) WFR frühnwfr. ruum ‘kräftig (Furz)’ (SB 60), rom ‘ruim’ (GJ 386) nwfr. rom, rûm ‘zich ver uitstrekkend in alle richtingen; veel plaats, ruimte biedend, hebbend, innemend; open, vrij, niet versperd of afgesloten; wijd; niet mager, gevuld; uitgebreid, veel omfattend, verstrekkend; in meer dan genoegzame, in Àinke hoeveelheid, rijkelijk, overvloedig; niet bekrompen, niet eng; niet bezwaard, gedrukt door schuldgevoel’ (WFT 18,136f.) hind. rûm ‘ruim’ (GB 135) schierm. rúm ‘ruim’ (DF 93) tersch. roem ‘ruim’ (CR 93) -iga-lƯka-a-

-man-eþǀ-

INF fa. rümig ‘geräumig’ (WFO 223, FÖW 456), FNF ält. ngos. rümmich ‘geräumig’ (ca. a. 1745, JG 258) INF fa. rümelk (WFO 223, FÖW 456), helg. rimelk (EFS 249), sy. rümelk (EFS 249) ‘geräumig’, FNF bök. rümlik (FU 199), wied. rümlik (FRU 264) ‘geräumig’, OFR sat. rumelk (MF 149) ‘geräumig’ AFR awfr. rnjm n.(?) ‘Berechtigung, Erlaubnis zu freiem Besitz’ (P), INF fa. rüm n. (WFO 223, FÖW 456), helg. rüm m.n. (TS 270), sy. rüm g. (BM 215, SU 731) ‘Raum, Zimmer; Räumlichkeit, Raumkapazität; Schiffsraum’, FNF bök. rüm n. (FU 199), hall. rum [m.] (MOH 1,28), karrh. rüm n. (OTJ 58, 59), mgos. rüm n. (EFS 249), ält. ngos. rümm (a. 1743, BJ 2,123), ngos. rüm n. (WNG 84), sgos. rüm n. (NfWb), wied. rüm n. (FRU 264) ‘Raum, Zimmer; Räumlichkeit, Raumkapazität; Schiffsraum’, OFR sat. ruum m. (MF 150), wang. ruum n. (HEN 286) ‘Raum, Räumlichkeit’, WFR nwfr. rom, rûm (WFT 18,136), schierm. rúm n. (DF 93) ‘Raum, Räumlichkeit; Raumkapazität; Schiffsraum; Zimmer’ WFR nwfr. rûmtme ‘ruimte, plaats, onbekrompenheid; overvloed’ (FW 3,40); Neologismus der romantischen Sprachbewegung des frühen 19. Jahrhunderts; vgl. Brouwer 1963: 255. OFR sat. ruumte (MF 150), wang. ruumt (HEN 286) f. ‘Schiffsraum, Kapazität’, WFR frühnwfr. romte (GJ 386), nwfr. romte, rûmte

440

-ja-

-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

ruska-

(WFT 18,146ff.), hind. rûmte (GB 135), schierm. rúmte m. (Spenter 242), tersch. roemte (CR 93) ‘(Schiffs)raum, Kapazität’ AFR aofr. rƝma (F, H), awfr. rƝma (A 436, D, Fs 1,151, J, SnR 457, U [van Klaarbergen], O) swv.1 ‘räumen, verlassen, verzichten auf; reinigen, säubern’, FNF karrh. apräime swv.1 ‘aufräumen’ (OTJ 49); vgl. Jacobs 1900: 163f. INF fa. rüme (WFO 223, FÖW 456), helg. rüme (TS 271), sy. rüme (BM 216, SU 731) swv.2 ‘räumen; abnehmen (Wind)’, FNF bök. rüme (FU 199), ält. ngos. rümmiä (a. 1760, Kon. 140), wied. rüme (FRU 264) swv.2 ‘räumen’, OFR sat. rumje (Kramer 1961: 180), wang. ruum (HEN 286) swv.2 ‘räumen’, WFR frühnwfr. romje (GJ 386), nwfr. romje, rûmje (WFT 18,142f.), hind. rûmje (GB 135), schierm. rúmje (DF 93), tersch. roemje (CR 93) swv.2 ‘räumen; abnehmen (Wind)’ Gemeingerm.: E ae. rnjm, S as. rnjmo adv., N mnl. ruum, D ahd. rnjmi, W an rúmr, O adän. rnjm, G rums. PFR *rnjm. Altes -nj- ist in geschlossener Silbe lediglich im Ofr. des Sat. und Wang. erhalten geblieben, während es im Nfr. sowie in der wfr. Inselmundart des Schierm. zu -y- palatalisiert wurde (in helg. rim mit sekundärer Delabialisierung, in hall. rum zudem mit Senkung zu [-u-]). Im übrigen Nwfr. trat in dieser Position teils Kürzung zu [-u-] ein (nwfr. rûm, roem), teils war aber bereits im Awfr. altes -nj- vor -mgekürzt und zu [-ȃ-] gesenkt worden (nwfr. rom), offenbar ausgehend von Àektierten Formen, in denen -nj- in offener Silbe zu stehen kam (Siebs 1901: 1225); zur dialektgeographischen Verteilung von rûm : rom vgl. Hof 1933: 230. Entlehnung aus dem Nd. ist OFR sat. rüme swv. ‘räumen’ (MF 150). Zugrunde liegt eine deverbale Ableitung mit mo-Suf¿x zu idg. *reԥ(Ω)- ‘öffnen’ (IEW 874). Siebs 1889: 249; Koch 1906: 16f., 62; Oberdörffer 1908: 14f.; Falk/ Torp 1909: 353; Löfstedt 1928: 28; Hof 1933: 230; Pokorny 1959: 874; Spenter 1968: 243; Bammesberger 1990: 244. Hm 457 ruska- ‘schnell, plötzlich’ R (§ 87)

F

AFR aofr. rosk ‘unerwartet eintretend’ (PrJ 240) awfr. rosk ‘schnell, rasch, unerwartet auftretend, sich sofort aufdrängend’ (A 452, Ro 1,44, 78)

Bel

Kontinentalwestgerm.: S mnd. rusch ‘schnell, rasch’(SL 3,534, nicht bei LB!), D mhd. rosch.

ruska-

Germ

Lit

441

Afr. rosk scheint sich den neufries. Mundarten nicht fortzusetzen. WFR schierm. roskje swv. ‘rasseln, schütteln’ (Spenter 129, DF 93) gehört wie O ält. ndän. ruske, W nnorw. dial. ruska swv. ‘rasseln, sausen (in den Zweigen)’ (FT 2,923) wohl nicht hierher. Das Adj. ist vermutlich aus dem schwachen Verb germ. *ruskǀ-/ǀjaswv.2 ‘voranstürmen, -stürzen’ (O adän. ruskæ, aschw. ruska swv.2) rückgebildet. van Helten 1896: 48f.; van Helten 1907: 287; Walter 1911: 41; Wissmann 1932: 132f.

S Hm 458f. sada- ‘satt’ *V (§ 83) F

OFR sat. sääd ‘satt’ (MF 150) wang. sääd ‘satt’ (FA 1,101) WFR frühnwfr. sed ‘satt’ (SB 44, WT 26, Z. 76, GJ 410) nwfr. sêd ‘zat, verzadigd; opgenomen hebbend wat mogelijk is; (meer dan) genoeg; voldoende’ (WFT 18,288) schierm. sed ‘verzadigd, zat’ (DF 98)

-Ưn-

AFR aofr. sede f. (H) neben apokopiertem sed (F) f. ‘Sättigung, Speise’, INF helg. seed n. ‘eine Mittagsportion’ (TS 273); – anders van Helten 1907: 292 [unter send], der ein dehnstu¿ges afr. sƝde f. ansetzt unter Verweis auf G sǀþ [n.?] ‘Sättigung’, ga-sǀþjan swv.1 ‘sättigen’, E ae. sƣdan swv.1 ‘sättigen’ (vgl. dazu Sjölin 1970: 214f. und Bammesberger 1990: 80). Doch daß es neben F afr. sǀth [n.?] ‘Sättigung’ < germ. *sǀþa- auch eine mehr oder weniger gleichbedeutende dehnstu¿ge Variante † sƝde f. mit grammatischem Wechsel und i-Umlaut < germ. *sǀdƯn- gegeben haben soll, leuchtet nicht so recht ein, zumal der grammatische Wechsel -þ- > -d- in Verbindung mit der tontragenden Dehnstufe bei ungestörter Entwicklung nicht unbedingt zu erwarten ist. Gegen eine Herleitung aus germ. *sǀdƯnspricht schließlich auch INF helg. seed n., da das aus altem -ǀ- umø- im Helg. lediglich vor Dauerlaut + (ehemals) gelautete ains.-nfr. -ǀ folgendem Vokal zu -Ɲ- wird, während ains.-nfr. *sede < germ. *sadƯn- regelhaft zu helg. seed führte. WFR nwfr. sêdens ‘verzadigdheid’ (WFT 18,290) WFR nwfr. sêdzje swv.2 ‘verzadigen; verzadigd maken’ mit igErweiterung (WFT 18,291)

-nassjǀ-ǀjaBel Germ Idg

Gemeingerm.: E ae. sæd, S as. sad, N anl. sat* (-d-), D ahd. sat, W an. saðr, G saþs. Sämtliche fries. Belegen gehen von PFR *sed aus mit Tonerhöhung des germ. -a- > -e-. Germ. *sada- entspricht griech. Ȑ-ĮIJȠȢ ‘ungesättigt, unersättlich’ < idg. sΩ-tó, in dem sehr wahrscheinlich ein ursprüngliches Verbaladj. mit to-Suf¿x zu idg. *sΩ- ‘sättigen’ (IEW 876) vorliegt, während das dehnstu¿ge germ. *sǀþa- offenbar aus dem tu-Abstraktum idg. *sƗé -tu- hervorging.

sahta- – saira-

Lit

443

Delbrück 1907: 139; Falk/Torp 1909: 421; Wissmann 1938: 67f.; Pokorny 1959: 876; Spenter 1968: 75; Szemerényi 1979: 103. Hm 459 sahta- ‘gestritten (habend)’ V

Germ

Lit

Löfstedt 1931: 13 hält INF fa. ünsaacht (WFO 308, FÖW 659), sy. ünsaacht [-ȃ:-] (BM 284, SU 815), FNF bök. ünsåcht (FU 258), hall. unsaacht (MOH 2,13), karrh. ünsåcht (MN 371), ngos. ünsåcht, ünsaacht (WNG 109), wied. ünsaacht (FRU 356) adj. ‘uneinig, entzweit, zertritten’ für eine bodenständige nordseegerm.-nord. Entwicklung und verweist auf E ae. unseht ‘not in agreement, in hostility, at variance’ (BT 1128), W an. úsattr ‘uforligt, uens’ (Fritzner 1886-96: 3,803) und O aschw. osätter ‘med vilken man er i ovänskap, ¿entlig’ (Söderwall 1884-1918: 2,183), jüt. usåttes ‘uens, usams’ (Feilberg 3,986) < germ. *-sahta-/-ja-. Diese Ansicht ist zu verwerfen. Vielmehr sind die fries. Formen ebenso wie die des Engl. aus dem Nord. entlehnt. Löfstedt 1931: 13; Århammar 1966: 311. Hm 463f. saira- ‘schmerzlich, verwundet’ P (§ 18)

F

AFR aofr. sƝre adv. ‘in schmerzhafter Weise, heftig, sehr’ (E3, F, H, PrJ 250) awfr. sƝr ‘schmerzhaft’ (A 282, D, J, U); sƝre (A 244, BTr, FrR, J, U [Brouwer]), sƝr (Cr, BTr, D, EdJ 69, FrB 22, J, Ro 2,92, SnR 12, O) adv. ‘schmerzhaft; gefährlich; schwer; hart, heftig, kräftig; sehr, besonders’ spätawfr. seer adv. ‘sehr’ (Bo) INF fa. siar ‘wund, schmerzhaft; mit Ausschlag behaftet’, adv. ‘weh; sehr’ (WFO 232, FÖW 483) helg. sear ‘wund’, adv. ‘weh’ (TS 273) sy. siir ‘schmerzhaft, wund’, adv. ‘weh’ (BM 221, SU 739) FNF bök. siir ‘wund’, adv. ‘weh; leid’ (FU 213) ält. hall. zier adv. ‘schmerzlich’ (a. 1749, NfSt 1,11), hall. siir ‘wund’ (EFS 266, Lo 135), adv. ‘weh’ (MOH 1,106) karrh. siir ‘wund, schmerzhaft’, adv. ‘weh’ (MN 1442, OTJ 43) mgos. siir adv. ‘weh’ (JH 8) ält. ngos. sier (a. 1743, BJ 1,163), ngos. siir (WNG 118) adv. ‘weh’ sgos. siir ‘wund’, adv. ‘weh’ (EFS 266, NfWb) wied. siir ‘schmerzemp¿ndlich; schmerzend’ (FRU 276) OFR sat. seer ‘krank; wund’ (MF 156) wang. seer ‘schmerzend’ (HEN 263), adv. ‘weh’ (FA 1,102)

444

saira-

WFR frühnwfr. seer adv. ‘weh, schmerzend’ (SB 81, GJ 410) nwfr. sear ‘pijnlijk, pijn veroorzakend; ontstoken, zwerend; met open wonde; schurftig, met kwaadaardige huiduitslag; dienende ter afscherming, bedekking vaan en pijnlijke plaats, een wond’ (WFT 18,283) hind. sear [-ș .ԥ-] ‘zeer’ (GB 137) schierm. seer ‘wund; böse’ (DF 98, Spenter 193) tersch. sear- in searkriend ‘kleinzerig’, seare-eagenblom ‘duizendblad’ (CR 98) -iga-

-lƯka-a-

-kǀ-eslan-man-nassjǀ-

-eþǀ-haidu-

INF fa. siarig ‘mit Ausschlag behaftet’ (Verf.), FNF wied. siiri in siiri wjise ‘zu Schmerzen geneigt’ (FRU 276), OFR sat. serich ‘wund, entzündet’ (MF 156), wang. seeriich ‘aussätzig’ (FA 1,102), WFR nwfr. searich ‘zerig; door ziekte aangetast (van aardappels)’ (WFT 18,284) AFR aofr. sƝrlƯk ‘schmerzhaft’ (F), sƝrlƯke adv. ‘sorgfältig; besorgt; nachdrücklich’ (H) AFR awfr. sƝr n. ‘Wunde, Verletzung’ (A 278, J, LSt, Ro 2,166, SnR 621, U [Sipma], O), INF fa. siar n. ‘Leid, Weh; Wunde; Ausschlag’ (WFO 232, FÖW 483), sy. siir n. ‘Wunde’ (MN 1442), FNF bök. siir n. ‘Wunde; Leid’ (FU 213), ält. ngos. sier n. ‘Weh’ (ca. a. 1745, JG 410), wied. siir n. ‘Schmerz; Schorf auf einer Wunde’ (FRU 276), OFR sat. seer n. ‘Weh; Wunde’ (Kramer 1961: 193) und mit Genuswechsel (oder ǀ-St.?) wang. seer f. ‘Wunde; Wundschorf’ (FA 1,391, HEN 278), WFR frühnwfr. seer ‘Wunde’ (SB 86, GJ 410), nwfr. sear n. ‘pijn, pijnlijke gewaarwording; wonde, uitslag; kwaal, onvolkomenheid op maatschappelijk gebied’ (WFT 18,284), schierm. seer n. ‘zeer’ (DF 98) FNF wied. siirk m. ‘Schmerzgefühl’ (FRU 276); die Bildung deadj. Abstrakta mit k-Suf¿x – primär mit fem. Genus – ist offenbar dän. beeinÀußt (Hofmann 1956: 102f.). AFR aofr. sƝrelsa m. ‘Verwundung’ (F); vgl. Ahlsson 140. WFR frühnwfr. seertme ‘smart, pijn, wond’ (GJ 410), nwfr. seartme m. ‘kwaal, pijn’ (WFT 18,285), offenbar ausgehend von einer Basis mit Dentalsuf¿x (s.o.) AFR aofr. sƝrnesse f. ‘Verletzung’ (FV 209), FNF ält. ngos. sierens(ä) f. ‘Schmerz’ (ca. a. 1745, JG 313) sowie mit Genuswechsel Fem. > Neutr. INF fa. siarens n. ‘kleine Wunde; wunde Stelle’ (LFM 158, FÖW 483) und OFR wang. seerens n. ‘Geschwür’ (FA 1,391), daneben mit ig-Erweiterung WFR nwfr. searigens ‘zerigheid, uitslag’ (WFT 18,284); vgl. Ahlsson 121. WFR nwfr. searte ‘kwaal, pijn’ (WFT 18,285) AFR awfr. sƝrichƝd f. ‘Schmerz, Trauer; Verletzung’ (A 54, O), offenbar von einer adj. Derivationsbasis *sƝrich ausgehend oder analog

saltu-

-ja-ǀja-

Bel Germ

Lit

445

nach vergleichbaren Ableitungen mit ig-Suf¿x gebildet; vgl. Ahlsson 192. AFR awfr. sƝra swv.1 ‘versehren, verletzen’ (Ro 2,252), daneben bisƝra ‘ds.’ (J, Ro 2,252), WFR frühnwfr. beseere swv.1 ‘bezeeren, kwetsen’ (GJ 41) AFR aofr. sƝria swv.2 ‘schmerzen’ (E1), daneben mit ig-Erweiterung und prä¿giert awfr. bisƝrigia swv.2 ‘verwunden, verletzen’ (Ro 2,166), INF fa. siare swv.2 ‘sich entzünden, schlimm werden’ (FÖW 483) Gemeingerm.: E ae. sƗr, S as. sƝr, N anl. sƝr, D ahd. sƝr, W an. sárr, O adän. sƗr, indirekt auch in G sair n. In sämtlichen neufries. Mundarten regulär aus einer Vorstufe PFR *sƣr mit monophthongischem afr. -ƣ- < germ. -ai-. Bei FNF bök. siirm (FU 213), karrh. siir(e)m (MN 1443, OTJ 43), mgos. siirm (JH 8), ält. ngos. sierm (ca. a. 1745, JG 339), wied. siirm (FRU 276) ‘tüchtig; groß, heftig; schlimm, schlecht, böse’, adv. ‘sehr’ handelt es sich um eine Konversion aus dem syntaktischen Bereich, zunächst wohl mit adv. Bezug, deren Flexionssuf¿x -em entweder als erstarrter Dat.Pl. der ursprünglichen starken AdjektivÀexion zu werten ist oder analog nach ähnlichen Konstruktionen wie FNF grutem ‘laut’, latjem ‘leise’ usw. gebildet wurde (vgl. oben unter germ. *grauta- und *leitika-). Das Primäradj. steht im Germ. isoliert ohne direkten außergerm. Anschluß. Siebs 1889: 266; Falk/Torp 1909: 422; Löfstedt 1928: 106; Feist 1939: 405f.; Pokorny 1959: 877; Spenter 1968: 193; Mitzka 1970: 83 ff.; Lehmann 1986: 292; Kluge/Seebold 2002: 837. Hm 466 saltu*- ‘salzig’ *V (§ 50)

F

AFR aofr. salt ‘salzig’ (E1-2, F, H1, R1) awfr. salt (D [van Klaarbergen], J, Ro [Steller], SnR 199, U [van Klaarbergen]), sƗut (D, J, O) ‘salzig’ INF fa. saalt ‘salzig’ (WFO 225, FÖW 462) helg. soalt ‘salzig’ (TS 284) sy. saalt [-ȃ:-] ‘salzig’ (BM 217, SU 732) FNF bök. sålt ‘salzig’ (FU 202) hall. saolt ‘salzig’ (MOH 2,7) karrh. sålt ‘salzig’ (Sjem. 19) mgos. saalt ‘salzicht’ (MN 373) ngos. sålt, saalt ‘salzig’ (WNG 88)

446

O -iga-

-a-

-nassjǀ-ǀja-

Bel Germ Idg.

Lit

saltu-

sgos. saalt (EFS 58), såålt (Beitr. 25) ‘salzig’ wied. saalt ‘salzig’ (FRU 267) OFR wang. salt ‘salzig’ (FA 1,101) WFR frühnwfr. sât ‘zout’ (GJ 391) nwfr. sâlt ‘zout, gezouten’ (WFT 18,243) adän. salt ‘salt, saltholdig’ (ODS 18,488ff., Nielsen 1989: 359) INF fa. saaltig (WFO 225), sy. saaltig (BM 217) ‘salzig’, FNF bök. sålti (FU 202), karrh. sålti (OTJ 28), ält. ngos. saaltich (ca. a. 1745, JG 283), sgos. såålti (Beitr. 25), wied. saalti, solti (FRU 267, 306) ‘salzig’, OFR sat. soalterch ‘salzig’ (MF 161) mit sekundärem epenthetischen -r-, WFR nwfr. sâltich ‘salzig, brack’ (WFT 18,244) AFR awfr. salt n. ‘Salz’ (SnR 72, O) sowie in sƗultwerk, -wirk n. ‘Areal (salzhaltiger Boden) zur Gewinnung von Meersalz, Salzbrennerei’ (O), spätawfr. saut ‘Salz’ (Bo), INF fa. saalt (WFO 225, FÖW 462), helg. soalt (TS 284), sy. saalt (BM 217) n. ‘Salz’, FNF bök. sålt (FU 202), hall. saolt (MOH 2,7), karr. sålt (OTJ 28), mgos. sålt (HMN 131), ält. ngos. saalt (a. 1743, BJ 2,138), ngos. sålt, saalt (WNG 88), wied. saalt (FRU) n. ‘Salz’, OFR harl. salt (CM 39), sat. soalt (MF 161), wang. salt (FA 1,388), wurst. sölt (RM 116) n. ‘Salz’, WFR frühnwfr. sât (GJ 391), nwfr. sâlt (WFT 18,242ff.) n. ‘Salz’ INF fa. saaltens f. ‘das Salzige’ (Verf.), WFR nwfr. sâltens n. ‘zoutheid’ (WFT 18,244) INF fa. saalte (WFO 225), helg. soalte (TS 284), sy. saalti (BM 217) swv.2 ‘salzen’, FNF bök. sålte, karrh. sålte (MN 374), ält. ngos. saaltiä (a. 1743, BJ 2,138), ngos. sålte, saalte (MN 374), wied. saalte (MN 374) swv.2 ‘salzen’, OFR sat. soaltje swv.2 ‘salzen’ (MF 161), WFR nwfr. sâltsje swv.2 ‘zouten’ (WFT 18,245f.) Das Adj. ist nordseegerm. und nord.: E ae. sealt, S mnd. solt, N mnl. sout, W an. saltr; das Subst. ist gemeingerm. PFR *salt. Das ursprüngliche Verbaladj. steht neben germ. *saltared. ‘würzen’ (Sb 385f.). Außergerm. ist etwa lit. saldùs ‘würzig’, abulg. sladɴkɴ ‘süß’ zu vergleichen, ausgehend von einer Basis idg. *sΩl-dΩ-u- ‘würzig’ aus dem Faktitivum idg. *sΩl-dǀ- ‘würzen’; zu idg. *sΩl- ‘Salz, Würze’ (IEW 879). Vgl. ferner das folgende germ. *salwa- und *sula-. Siebs 1889: 58; Löfstedt 1931: 7; Löfstedt 1933: 25; Pokorny 1959: 879; Spenter 1968: 308; Seebold 1970: 385f.; Seebold 1984: 125f.; Boutkan/Siebenga 2005: 326.

salwa- – samþja-

447

Hm 466f. salwa- ‘dunkel, schwärzlich’ *D (§ 97) F

INF fa. saal ‘einfach, gewöhnlich, abgetragen (Kleidung); dunkelfarbig, schwarz’ (SP 110, RA 52, FÖW 461); daneben auch in dem Kompositum saalbruad n. ‘Schwarzbrot’ (WFO 225, FÖW 461)

-iga-

S mnd. sƗlich ‘schwarzbraun’ (LB 3,15)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. salo, sealo, N mnl. salu, D ahd. salo, sal(a)wi, W an. sƫlr; indirekt auch in S mnd. sƗlich. PFR *salu, aus dem sich die ins.-nfr. Form regelhaft fortentwickelt hat; vgl. mit derselben Struktur auch germ. *falwa- ‘fahl’. Ererbtes wa-stämmiges Farbadj. Außergerm. vergleicht sich etwa russ. solovój ‘gelblich-grau (Pferd)’. Grundlage dürfte eine von einem u-Stamm ausgehende thematische Ableitung idg. *sΩlu-o- sein mit weiterer Anknüpfung an idg. *sΩl- ‘Salz, Würze’ (IEW 879); die Grundbedeutung von germ. *salwa- geht dann vielleicht von der schmutzig-grauen Farbe des Salzes aus (Näheres Hm 467); vgl. auch obiges germ. *saltu- ‘salzig’. Falk/Torp 1909: 437; Pokorny 1959: 879; Seebold 1984: 128; Faltings 1996: 106.

Germ Idg

Lit

Hm 468f. samþja- ‘bequem, leicht’ *D (§ 106) F

AFR awfr. seft ‘mild (Wetter)’ (A 548) spätawfr. safft ‘sanft’ (Bo) INF sy. sääft ‘sanft, behutsam’ (MN 786) FNF bök. seeft ‘sanft’ (FU 212) hall. seeft ‘sanft’ (MOH 1,191) karrh. seeft, säift ‘sanft’ (MN 786, OTJ 50) mgos. seeft ‘sanft’ (JH 3) wied. seeft ‘sanft’ (FRU 274) OFR harl. sefft ‘sanft’ (CM 106) sat. sääft adv. ‘wohl, vielleicht, hoffentlich’ (MF 150) WFR frühnwfr. seft ‘sanft’ (SB 92, GJ 411) nwfr. sêft, seaft ‘niet hard, week, niet buigzaam; niet koud, mild, angenaam (van het weer); niet streng (van de winter); niet fel, het oog aangenaam aandoend (van licht- en kleurindrukken); voorzichtig, teder; niet luid; licht verteerbaar; niet scherp (van alcoholische dranken); niet snel, kalm, rustig; niet fel, niet hevig; slap, week van karakter, zonder pit, goedaardig; niet hartstochtelijk; toegankelijk voor tedere gevoelens en

448

sanga-

gedachten; niet grof, niet bars, niet streng, niet wreed, humaan; weinig moeite vereisend, gemakkelijk; zavelig (van klei, land); weinig kalk bevattend (van water)’ (WFT 18,308ff.) hind. seft ‘zacht’ (GB 137) schierm. saft [-ȃ-] ‘zacht’ (DF 92) -haidu-

AFR aofr. sƝftichƝd f. ‘Sanftheit, Milde’ (E2), offenbar auf eine erweiterte Derivationsbasis afr. *sƝftich zurückführend; vgl. Ahlsson 191.

Bel

Nur westgerm.: E ae. sƝfte, S as. sƗftor adv., D ahd. semfti, samft, N anl. senifte. PFR *sƝfte, woraus awfr. seft mit Apokope und Kürzung des Stammvokals vor -ft. Auf eine Vorstufe mit gekürztem Vokal weisen auch die übrigen neufries. Formen, allerdings mit Ausnahme von FNF karrh. säift, WFR nwfr. seaft < *sƝft(e). Der spätawfr. Beleg safft zeigt ebenso wie schierm. saft die bereits im Awfr. einsetzende positionsbedingte Senkung des -e- > -a-, wie sie insbesondere für das nordwestliche Sprachgebiet des Wfr. typisch ist; vgl. dazu vor allem Miedema 1976: 21ff., 1976a: 93ff. und 1986: 12ff. Ererbte Sekundärbildung idg. *som-t(i) io- zu der adv. Basis idg. o *som- ‘mit, zusammen’. Aus der ursprünglichen Bedeutung ‘zusammen, dabei seiend’ entwickelte sich ‘zusammenpassend, einem passend’ und schließlich ‘angenehm, bequem’ (Hm 469). Löfstedt 1928: 191; Pokorny 1959: 904; Hoffmann 1968: 29ff.; Rosengren 1968: 22ff.; Spenter 1968: 65; Faltings 1996: 104.

Germ

Idg

Lit

sanga- ‘versengt’ V (§ 25e) F

D W -a-ǀn-

FNF bök. sung ‘angebrannt schmeckend (Milch)’ (FU 235) hall. song ‘angebrannt von Speisen’ (MOH 1,241) karrh. sung ‘angebrannt von Milchspeisen’ (OTJ 37), daneben offenbar auch in der Bedeutung ‘madig, morastig vom marschgraben, wenn derselbe sehr weichen boden hat’ (MN 1923) ngos. sung ‘angebrannt von Speisen’ (MOH 1,241) sgos. sung ‘angebrannt’ (NfWb) wied. sung ‘etwas angebrannt (von Milch)’ (FRU 325) OFR wang. song ‘leicht angebrannt (von Speisen)’ (FA 1,102) nhd. sang ‘dürr, trocken, vom Getreide’ (DW 8,1789) nisl. sangur ‘sveden’ (Blöndal 677) D nhd. sang m. ‘Brand’ (DW 8,1789) S mnd. sange f. ‘Ährenbüschel des noch auf dem Halm stehenden [trocknen, d.h. reifen] Getreides’ (LB 3,24)

sanga-

-rǀja-

-ja-

Bel Germ

Idg Lit

449

INF fa. soongre swv. ‘simmern (Kessel); prickeln, schmerzen’ (FÖW 544), WFR nwfr. sangerje swv. ‘zeuren, zaniken; op eentonige, vervelende of klagende toon spreken, eentonig, vervelend, klagend klinken; zacht ruisen, zingen (van water dat bijna kookt); pijnlijk kloppen of tintelen’ (WFT 18,257f.), schierm. sangerje swv. ‘zaniken; aanbranden van melk’ (DF 93), ein o-stu¿ges iteratives Verb mit r-Suf¿x, woraus deverbal wohl das Adj. nwfr. sangerich ‘zangerig, licht aangebrand’ (FW 3,55), schierm. sangerich ‘licht aangebrand (van melk)’ (DF 93). Eine Entlehnung aus N nnl. zangeren swv. ‘schroeien, aanbranden’ (WNT 27,931) bzw. zangerig ‘aangebrand en daardoor en bep. onaangenamen smaak hebbend’ (WNT 27,936) ist nicht auszuschließen; vgl. allerdings OFR sat. sóngerg ‘angebrannt’ (JM 46) mit friesischer Verdumpfung von -a- > -o- vor Nasal, wobei hier natürlich ebensogut ein bodenständiges älteres sat. *song durch nl./nd. EinÀuß erweitert worden sein könnte. Auch S gron. sangerg ‘gezengd; erger dan aangebrand’ (ter Laan 1952: 853) könnte Entlehnung aus dem Nl. sein. AFR aofr. -sanga in ofsanga swv.1 ‘absengen’ (E3), awfr. senga swv.1 (J) und bisinga swv.1 (A 504) ‘sengen, absengen, abbrennen’, E ae. sengan swv. ‘to singe, scorch’ (BT 863), entsprechend S mnd. sengen swv., N mnl. sengen, singen swv., D mhd. sengen swv. ‘sengen’ < germ. *sangja- swv.1, offenbar einem o-stu¿gen Kausativum in der Bedeutung ‘brennen machen’ zu germ. *senga- stv.III ‘brennen, dörren’ (s.u.); in AFR aofr. -sanga ist der i-Umlaut vor der Konsonanz -ng- unterblieben; ebenfalls trat die Verdumpfung von germ. -a- > aofr. -o- vor Nasal aufgrund des ursprünglich folgenden -j- nicht ein. In der Bedeutung ‘angebrannt’ nur nordseegerm.-nord. (F, W), in der Bedeutung ‘dürr, trocken’ auch Kontinentalwestgerm. (D). PFR *song mit -o- < germ. -a- vor Nasal ist ein Verbaladj. aus der o-Stufe eines noch in Resten erkennbaren Verbs germ. *senga- stv.III ‘brennen, dörren’ (nicht bei Seebold 1970): vgl. dazu in e-stu¿ger Ableitung D mhd. sinc (-g-) m. ‘das Sengen’ (Lexer 2,928), in schwundstu¿ger Ableitung D mhd. sungen swv. ‘anbrennen, versengt werden’ (Lexer 2,1314). Zu der nur im Germ. und Slav. begegnenden idg. Wurzel *senk‘brennen, dörren’ (IEW 907). Falk/Torp 1909: 429; Löfstedt 1928: 241; Pokorny 1959: 907; Löfstedt 1965-69: 19/21, 328; Lühr 1988: 138; Blöndal Magnússon 1995: 796.

450

sanþ- – sebja-

Hm 469f. sanþ*- ‘wahr’ *V (§ 84) -iga-a-

AFR aofr. sǀthich ‘wahr’ (F) AFR aofr. sǀth (E1, F, H), awfr. sǀth (J) n. ‘Verwirklichung, Erfüllung einer VerpÀichtung (speziell: der PÀicht, einem im Kampf bedrängten nahen Verwandten zu helfen)’

Bel

Nordseegerm.-nord.: E ae. sǀð, S as. sǀth, W an. sannr, O adän. sandær. Das aus den obigen Ableitungen afr. sǀth, sǀthich zu erschließende Adj. PFR *sǀþ ‘wahr’ mit -ǀþ < -anþ- setzt sich in den überlieferten afr. und neufries. Mundarten nicht fort. Dort scheint – wie übrigens im S – das nordseegerm.-nord. *sanþ- schon relativ früh durch das kontinentalwestgerm. *wƣra- ‘wahr’ (s.u.) verdrängt worden zu sein; vgl. Ilkow 1968: 391f. Im weiteren ist germ. *sanþ- wohl auf das Part.Präs. zu germ. *es‘sein’ zurückzuführen; die ursprüngliche Bedeutung wäre dann etwa ‘so seiend’ (Hm 470). van Helten 1907: 310f.; Schlutter 1926a: 377f.; Frisk 1936; Pokorny 1959: 341; Lerchner 1965: 236; Löfstedt 1965-69: 23,57; Krahe/ Meid 1967: 150, 172; Ilkow 1968: 391f.; Seebold 1969: 14ff.

Germ

Idg Lit

Hm 472 sebja- ‘verwandt’ S/*D? (§ 91, 98) F

AFR aofr. sib (B1-2, E2, F, R1-2), sibbe (E1,3, H) ‘(nahe) verwandt’ awfr. sib (A 42, D, Fs 1,86, Ro 2,114, O), sibbe (A 328, D, J, Fs 2,90, U [Meijering]) ‘verwandt; (im Sup.:) zu nahe verwandt’, daneben auch mit Prä¿x bisib (s.u.) WFR frühnwfr. sibst sup. ‘am nächsten verwandt’ (SB 86) nwfr. sib ‘verwant, naast verwant, naaste familie zijnd; verknocht, hecht, serieus (m.b.t. vriendschap en liefde)’ (WFT 18,379)

bi-

AFR awfr. bisib ‘verwandt’ (Ro 1,100, U)

-jǀ-

AFR aofr. sibbe f. (B1-2, E1-3, F, H, R1-2), awfr. sib, sibbe n. (A 236, D, J, P, Ro 1,144, U [Brouwer], O) ‘Verwandtschaft, Verwandtschaftsgrad; Sippe’; das Neutrum der awfr. Form ist sicherlich sekundär; WFR nwfr. sibbe ‘sibbe, familie, gezamenlijke bloedverwanten’ (WFT 18,379f.) AFR aofr. sibba (PrJ 252), awfr. sibba (D, J, U, O) m. ‘Verwandter’; WFR nwfr. sibbe ‘familielid, bloedverwant, nabestaande’ (WFR 18,380)

-jan-

segwni-

451

-nassjǀ-

WFR nwfr. sibbens ‘verwantschap, nauwe betrekking, overeenkomst’ (WFT 18,380)

Bel

Als Adj. nur westgerm.: E ae. sibb, S mnd. sibbe, N mnl. sibbe, D ahd. sippi. Da im Afr. bei den ja-Stämmen lediglich die ursprünglich langsilbigen den unbetonten Endvokal erhalten, ist aofr./awfr. sib die reguläre, dagegen sibbe eine analogische Form (vgl. Siebs 1901: 1237), weshalb PFR *sib (-bb-) anzusetzen ist. Das Verhältnis zwischen dem Adj. germ. *sebja- und dem Subst. germ. *sebjǀ- ist unklar: Wurde das Subst. in prädikativer Stellung adjektiviert, oder liegt dem Subst. das substantivierte Adj. zugrunde? van Helten 1890: 161; Siebs 1901: 1237; Üçok 1938: 33; Buma ed. 1949: 253; Pokorny 1959: 882f.; Boutkan/Siebenga 2005: 339.

Germ

Lit

Hm 473f. (-)segwni- ‘sichtbar’ K (§ 113a) un-

S mnd. unsΉne [-y:-] ‘unsichtbar’ (SL 5,81), nnd. (OF) unsün ‘unansehnlich, unsauber, unrein, ekelhaft, nicht zum Sehen geeignet’ (DK 3,473), N mnl. onsien(e) ‘leelijk, onaanzienlijk’ (VV 5,925ff.). – Das durch Kilian in seinem Etymologicum Teutonicae linguae (a. 1599) als „fris.“ bezeichnete onsuen ‘informis, squalidus’ (van der Kooi 1976: 38) ist – sofern denn seine Graphie phonetische Relevanz besitzen sollte – wohl keine frühnwfr., sondern mnd. Form; vgl. Fokkema 1969: 81.

-iga-

AFR awfr. forsiǀnich ‘klug’ (SnR 5, O), onforsiǀnich ‘unbedacht’ (Ro 2,172); INF sy. sjüntig ‘ansehnlich, stattlich, in die Augen fallend’ (BM 223) liegt vermutlich ein entlehntes und mit ig-Suf¿x erweitertes O jüt. synet ‘sichtbar, erkennbar’ (Feilberg 3,705) zugrunde, dieses anscheinend eine ursprüngliche neutr. Form zu adän. *sinjn, sϷn ‘sichtbar’ (Nielsen 1989: 440). AFR aofr. sinjnlƯk ‘sichtbar’ (F), FNF bök. schöönlik ‘sichtbar’ (FU 208), hall. sjunlik [-u-] ‘hübsch, schön’ (MOH 2,131) AFR aofr. sinjne (E1-3, F, H), siǀne (R1-2), awfr. siǀne (A 486, J, U [Brouwer], O), siǀn (D, Ro 1,22, O) f. ‘Gesicht; Sehen; Sehvermögen’, daneben in prä¿giertem awfr. onsiǀne (A 466), onsiǀn (SnR 26, Ro 1,78, O) f. ‘Untersuchung, Inaugenscheinnahme’ und kompositionellem awfr. Ɨg-siǀn f. ‘Augenschein’ (SnR 46, O), INF fa. schüün, sjüün n. ‘Erscheinung, Vorspuk’ (CJ 108, 117, FÖW 477f.), sy. sjüün g. ‘Erscheinung, Aussehen; das, was bedeutsam in die Augen fällt’ (BM 223) sowie adv. tö sjüün adv. ‘sichtbar’ (MN 2689), FNF bök. schöön n. ‘Gesicht, Sehvermögen; Gesicht, Erscheinung’ sowie in der

-lƯka-ni-

452

segwni-

adv. Verbindung tu schüns ‘zu sehen, sichtbar’ (FU 211), wied. schün n. ‘Sehkraft; Gesicht, Erscheinung; Aussehen, Aussicht’ (FRU 274), WFR frühnwfr. sjoene n. (GJ 419), nwfr. sjoene n. (WFT 19,161) ‘Sehvermögen’; im FNF sonst in sekundärer Ableitung mit kǀ-Suf¿x bök. schünk n. ‘Aussicht, Ausblick’ (MN 2688, FU 211), hall. sjunk [-u-] n. ‘spukartiges Licht’ (MOH 2,131), karrh. sjünk n. ‘das sehen, gesicht’ (MN 2668), ält. ngos. siönk f. ‘Schau’ (ca. a. 1745, JG 394), aber wohl auch in der Bedeutung ‘spukartige Erscheinung’ (a. 1760, Kon. 35), ngos. schünk n. ‘Sehvermögen’ (MOH 2,131); die Bildung von Abstrakta mit k-Suf¿x – primär wohl fem. – ist im Nfr. dän./jüt. beeinÀußt; siehe im weiteren Hofmann 1956: 102f. Bel Germ

Gemeingerm.: E ae. -sϷne, S mnd. sΉne, N mnl. siene, D ahd. -siuno adv., W an. sýnn, O aschw. syn, G -siuns. PFR *-sinjne mit „w-Umlaut“ von -i- > -inj- vor -gw-. Vermutlich exozentrisches BahuvrƯhiadj. zum gleichlautenden Verbalabstraktum germ. *segwni- f. ‘Gesicht, Aussehen, Gestalt’ (s.o.). Das Adj. erscheint ursprünglich stets komponiert; die relativ späten Simplexbelege, etwa S mnd. sΉne ‘sichtbar; klar, deutlich; voraussichtlich’ und O aschw. sϷne ‘sichtbar; Spuren hinterlassend’, dürften sekundär aus einem Kompositum herausgelöst sein (Hm 474). Synonym zu S unsΉn(e), N onsien(e) ‘häßlich, unansehnlich’ (s.o.) begegnen im Wfr. und den unmittelbar angrenzenden Mundarten des Nd. und Nl. Formen mit einer davon abweichenden Derivationsbasis: WFR nwfr. sjoch, sjuch ‘ooglijk, goed uitziend, knap’ (WFT 19,156), on-, ûnsjoch ‘onooglijk, onbehaaglijk uitziende, leelijk’ (FW 2,297), schierm. eeunsjúech ‘onooglijk, armetierig’ (DF 28) S gron. onsjoch ‘morsig, vuil, onogelik, slordig’ (ter Laan 1952: 689, Heeroma 1951: 24) N nordholl. (Drechterland) onsjoch ‘häßlich, unansehnlich’ (Heeroma 1951: 24) Heeroma 1951: 24 hält onsjoch für ein ingwäonisches Relikt der südlichen Nordseeküste, doch haben wir es hier möglicherweise mit einer (späten) einzelsprachlichen Neuschöpfung des Fries. zu tun, und die Belege im Gron. und Nordholl. könnten ebensogut als Substrat der dort einmal gesprochenen fries. Mundart aufgefaßt werden. Die weitere Herleitung der zweiten Konstituente wird nicht ganz deutlich. Ist etwa entsprechend W an. fyrirsjár ‘bedächtig, vorsichtig’ von einem Verbaladj. germ. *(-)sehwa- zu germ. *sehwa- stv.V ‘sehen’ auszugehen (vgl. § 29 und Hm 474), das hier jedoch im Gegensatz zu an. -sjár die passivische Bedeutung ‘zu sehen, sichtbar’ gehabt haben müßte, woraus schließlich PFR *-sinjch ‘ansehnlich, ins Auge fallend’? Oder liegt auch in onsjoch wie in dem obenge-

seida-

453

nannten S unsΉne, N onsiene ein exozentrisches Adj. vor (§ 112)? Gab es einst im F parallel zu germ. *sehwan- m. ‘das Sehen, Blick’ (F aofr. siƗ- m. ‘Pupille’ in siƗwerdene f. ‘Verletzung der Pupille’ (F)) ein Verbalabstraktum germ. *sehwa- m./n. ‘Ansicht, Anblick’? Zumindest WFR schierm. eeunsjúech mit erhaltener Vokallänge in ursprünglich offener Silbe würde dabei freilich auf eine Vorstufe awfr. *on-siǀge zurückführen, die sich aber als sekundär erweitertes BahuvrƯhiadj. mit ja-Suf¿x erklären ließe (dazu Faltings 1996b: 88f.). Århammar 2004: 119 fragt sich indes – möglicherweise zu Recht – , ob „für eine so spät und im germanischen Rahmen beinahe nur lokal überlieferte Wortbildung wie (ûn)sjoch eine urfries. oder gar germ. Grundform angesetzt werden darf. Es könnte sich am Ende um eine relativ junge (awfr.?) Analogiebildung zur gebrochenen Flexionsform sjoch von sjen handeln.“

Lit

Wilmanns 1899: 421, [anders] 545; Falk/Torp 1909: 425; Heeroma 1938-52: 65,13f.; Heeroma 1951: 24; Pokorny 1959: 898; Seebold 1967: 117; Schubert 1968: 58; Spenter 1968: 281; Fokkema 1969: 81; Seebold 1989a: 351ff.; Århammar 2004: 118f. -sehwa- ‘ansehnlich’ V/K (§ 29a, 112) vgl. (-)segwniHm 475 seida- (-Ư-) ‘sich lang hinziehend’ P/*D (§ 1, 96b)

F

O

AFR aofr. sƯde adv. ‘niedrig, tief’ (R1) INF fa. sidj ‘tief herabhängend; lang (Kleidung); niedrig; weit’ (WFO 233, FÖW 484) helg. sid in der Wendung wid en sid ‘weit und breit’ (TS 275) sy. sir, sid ‘herabhängend, lang (von Gewändern)’ (BM 222, SU 740) FNF bök. sid ‘lang und weit herabhängend (von Kleidern usw.)’ (FU 213) hall. sid ‘lang herabhängend’ (MOH 1,12) karrh. sid ‘tief’ (OTJ 50, 82), ‘lang und weit herabhangend von kleidungsstücken’ (MN 1705) wied. sid ‘lang und weit herabhängend (von Kleidern)’ (FRU 275) OFR sat. sîd ‘niedrig, namentl. von niedrig gelegenem Lande’ (JM 45) wang. siid ‘niedrig’ (FA 1,102) WFR nwfr. siid in der Wendung wiid en syd ‘wijd en zijd’ (WFT 19,16f.) ält. ndän. sid ‘langt, bredt; lavt, dybt’ (Kalkar 3,712)

454

-ǀn-

-nassjǀ-ǀjaBel Germ

Lit

sen(a)-

AFR aofr. sƯde (B1-2, E1-3, F, H, R1-2), awfr. sƯde (A 40, J, Ro 2,112, SnR 213) f. ‘Seite’, INF fa. sidj f. (WFO 233, FÖW 483), helg. sid f. (TS 275), sy. sir, sid g. (BM 222) ‘Seite’, FNF bök. sid (FU 213), hall. sid (MOH 1,12), karrh. sid (OTJ 50), mgos. sid (EFS 220), ält. ngos. sidd (ca. a. 1745, JG 339), ngos. sid (MOH 1,12), sgos. sid (EFS 220), wied. sid (FRU 275), wyk. sid in bai side ‘zur Seite (KF nr. 17) f. ‘Seite’, OFR harl. siede (CM 45), sat. siede (MF 156), wang. siid (FA 1,391), wurst. sidd’e (RM 119) f. ‘Seite’, WFR nwfr. side ‘Seite’ (WFT 18,384ff.) INF fa. sidjens n. ‘Niederung’ (MN 1705) mit sekundärem Genuswechsel Fem. > Neutr. INF fa. sidje swv.2 ‘Kleider länger machen’ (WFO 233, FÖW 484), sicherlich sekundär nach dem Adj. Westgerm. und nordgerm.: E ae. sƯd, S mnd. sîde, N mnl. side, D ahd. sƯto adv., W an. síðr. PFR *sƯd mit Anschluß an E ae. sƯð, W an. síð adv. ‘spät’ und dem komparativen Adv. E sƯð, S as. sƯth ‘später’, D ahd. sƯd ‘seitdem’ usw. Aus der Grundbedeutung ‘sich lang hinziehend’ ergab sich teils ‘ausgedehnt’, teils ‘lang herabhängend’, woraus wiederum ‘tief, niedrig’. Koch 1906: 16, 62; Trier 1951: 42f.; Pokorny 1959: 891; Lühr 1978: 121ff. sen(a)*- ‘beständig, ewig’ *D (§ 98)

F

E

AFR aofr. sin- ‘beständig’ in sinhƯgen (R1), sinene (F), sinnane (E3), sinnene* [Hs. sinnethe] (B1), sennene (B2), senne (B2, E3) pl. ‘Ehegatten’, zu afr. hiǀna, hinjna, hƯna pl. ‘Ehegatten’ < germ. *hiwan- m. ‘Mitglied einer Hausgemeinschaft’, ferner in sinkale (E2), sinkƗl (E3), -kele (E1, F, H) f. ‘bleibende Kahlheit’, zu germ. *kalwa- ‘kahl’ (s.o.) awfr. sin- ‘beständig’ in sinena pl. ‘Ehegatten’ (J, U), sinkele f. ‘bleibende Kahlheit’ (J) INF vielleicht in dem FlN fa. Sanlun für ein Ackergewann nordwestlich des Dorfes Hedehusum/Föhr, möglicherweise in der Bedeutung ‘in Dauernutzung stehendes Land (im Gegensatz zu dem temporär bebauten Wechselland)’ (Verf.) ae. sin- ‘beständig, ewig; groß’ etwa in sinhƯwan pl. ‘members of a family united by the lasting bond of marriage; a married pair’, sinhere n. ‘an immense army’ (BT 877), daneben verstärkend in der Bedeutung ‘sehr, ganz’ z.B. in sinhwurfol ‘round’ (BT 877) zu germ. *hwurbula- ‘sich ändernd’ (Hm 320).

sen(a)-

S N D W

O G Bel Germ

Idg

455

as. sin- ‘beständig, ewig’ etwa in sinlƯf n. ‘ewiges Leben’, sinnahti n. ‘ewige Nacht’, daneben in der verstärkenden Bedeutung ‘ganz, sehr’ in sinwell ‘ganz rund’ (Hh 64) zu germ. *wella- ‘rund’ (Hm 668). mnl. sin- ‘beständig’ in sindegroen n. ‘senegroen [Immergrün]’ (VV 7,1143) ahd. sin(e)- ‘groß’ in sinÀuot f. ‘SintÀut’, verstärkend auch ‘sehr, ganz’ in sinwelb, sinewelbe ‘ganz rund’ (Schützeichel 2006: 301) zu germ. *hwelba- ‘rund’ (Hm 318) an. sí- ‘überall, dauernd’ etwa in sídœgr adv. ‘täglich’ zu an. dagr m. ‘Tag’, síreiðr ‘dauernd zornig’ (Baetke 530) zu germ. *wraiþa‘zornig’ (s.u.), nisl. sí adv. ‘altid’ in der Verbindung sí og æ ‘stædse, bestandig’ (Blöndal 689) adän. sƯ- ‘ganz, sehr’ in adän. sƯwal ‘helt rund (som en stok)’ (Nielsen 1989: 440) zu germ. *wala- ‘rund’ (Hm 646) sin- ‘andauernd’ in sinteins ‘täglich’ zu ai. dínam ‘Tag’, lat. nnjn-dinae f. ‘Wochenmarkt’ < idg. *dey-no- (Lehmann 1986: 305) Gemeingerm. Sämtliche Formen des Germ. führen auf eine gemeinsame Vorstufe germ. *sen(a)- zurück; INF fa. san- zeigte dabei regelhaft Senkung des ains.-nfr. -i- > -a- in geschlossener Silbe. Mit Ausnahme der formelhaften Wendung W nisl. sí og æ ‘ewig und immer, unaufhörlich’ erscheint germ. *sen- stets als erstes Glied eines adj. oder subst. Kompositums. Die Frage, ob germ. *sen- in der Komposition als Adj. oder Adv. aufzufassen sei, ist von der Forschung bislang unterschiedlich beurteilt worden. Die meisten einschlägigen Etymologika begnügen sich mit der knappen Feststellung, daß ein Prä¿x vorliege (so auch Hm 34). Cleasby/Vigfusson 1874: 530 rechnen dagegen, ausgehend von dem adv. nisl. sí og æ, mit einem Adv., ähnlich das DWB 10.1: 1178, das von einer Partikel spricht, und Carr 1939 erwähnt derartige Komposita gar nicht, wohl weil er sie ebenfalls für Partikelkomposita hält, während Wilmanns 1899: 564 und Hucko 1904: 137 vielleicht nicht zu Unrecht für ein Adj. plädieren. Ilkow 1968: 352 verweist in diesem Zusammenhang auf morphologisch ganz ähnliche Konstruktionen wie z.B. as. Ɲn-hard ‘nichts als böse, sehr böse’ oder ala-hwƯt ‘vollkommen weiß’, für die Carr ebenfalls ein Adj. im Erstglied annehme. Schließlich macht es daher wohl am meisten Sinn, germ. *sen- hier als Adjektivierung eines ursprünglichen Adv. zu begreifen. Germ. *sen- mit -n < -m im absoluten Auslaut führt auf die Numeralwurzel idg. *sem- ‘eins’ zurück, wie sie unter anderem auch in lat. semper ‘immer’, simplex ‘einfach’ vorliegt, ferner in griech. ȩȝĮȜȠȢ ‘gleich, eben, glatt’ , lat. similis ‘ähnlich’ (< ‘*in einer Art verlaufend, von ein und derselben Art’), got. simlƝ ‘einst’ (< ‘*einmal’), ae.

456

Lit

senht-

sim(b)le, ahd. simbles ‘immer’ (< ‘*eine Zeit’) (IEW 902f.). Die von Franck/van Wijk erwogene Verknüpfung mit idg. *sen(o)- ‘alt’ ist indessen abzulehnen. Für germ. *sen- setzt man demnach am besten eine adv. Grundbedeutung ‘in eins zusammen’ voraus. „Auf die Zeit bezogen, drückt das Zahlwort ‘eins’ eine Zeitspanne aus, die eine in sich geschlossene Einheit darstellt, sich nicht ändert oder nicht aufhört zu sein“ (Ilkow 1968: 352): von daher also ‘in einem fort’ > ‘beständig, ewig, immer’. Durch Übertragung eines zeitlichen Verhältnisses auf ein räumliches dürfte die Bedeutung ‘groß, unendlich’ zu erklären sein, daraus wiederum die Entwicklung zum abstrakten Intensivierungselement ‘sehr, ganz’. Wilmanns 1899: 564, 594; Hucko 1904: 137; Falk/Torp 1909: 432; Falk/Torp 1910-11: 2,960f.; Franck/van Wijk 1949: 607; Pokorny 1959: 902; Ilkow 1968: 352f.; Koziol 1972: 113; Kluge/Mitzka 1975: 709f.; Lehmann 1986: 305; de Vries 1992: 860f.; Blöndal Magnússon 1995: 809; Kluge/Seebold 2002: 849. Hm 479 senht*- ‘versickernd’ *V (§ 71)

F S

FNF bök. sacht, seecht ‘seicht’ (FU 212) nnd. (Lün.) sich’ ‘niedrig’ (Kück 3,115)

-iga-

FNF karrh. sachtig ‘uneben, niedrig, hohl auf dem lande, wo das regenwasser sich sammelt’ (MN 537) FNF bök. sacht n. ‘Senke, Niederung’ (FU 201), karrh. sacht n. ‘unebene stelle in der fenne, auf dem acker’ (MN 537) mit sekundärem Genuswechsel, S mnd. sichte f. ‘Niederung, moorige Stelle’, regional auch ‘Abwasser, Jauche; Abwasserröhre, Riole’ (LB 3,224), nnd. (SH) sicht f. ‘Niederung; sump¿ge Stelle im Acker, moorige Wiese, quelliges Land’ (Mensing 4,483)

-ǀ-

Bel Germ

Westgerm.: E ae. sƯht*, D mhd. sƯhte. Der ursprünglich lange Stammvokal -Ư- in kontrahiertem PFR *sƯcht < *senht- ist vor der Sequenz -cht gekürzt und in FNF bök. sacht regulär in geschlossener Silbe über -e- > -a- gesenkt worden. Daneben existiert die Variante bök. seecht. Dieselbe Lautopposition [-a-] : [-e:-] begegnet in dem homonymen, aber etymologisch nicht verwandten Begriff bök. sacht : seecht f. ‘kurzstielige Sense, Sichel’ (FU 201, 212) < mnd. sichte f. ‘Schlagsichel zum Hauen von Korn und Heide’ (LB 3,224) < germ. *segeþjǀ-, auf das ebenfalls die übrigen festl.-nfr. Belege, etwa wied. sächt f. ‘langstielige Sichel zum Erbsenschneiden’ (FRU 268), aber auch nnd. (NF, Eid., SH) sicht

seuka-

Idg

Lit

457

f. ‘kleine Handsichel, wie sie in der Marsch zum Hauen des Korns, auch der Erbsen und Bohnen gebraucht wird’ (Mensing 4,481, Rogby 1967: 35) zurückführen. Insofern scheidet die südlichere Nebenform nnd. (Old.) sêgd (neben sicht) ‘Sichel’ (Böning 96), nnd. (Bremen) seg(e)d ‘eine Art Sichel, oder vielmehr eine scharfe Querhacke, womit sie [die Bauern] die Plaggen, d.i. die moosige dünne Rasen, welche unter dem Dung gemischet werden, von der OberÀäche eines Angers ab hauen’ (Brem. Wb. 4,733) < mnd. *sigede als Entlehnungsbasis für FNF seecht eher aus, wenngleich sie formal denkbar wäre. Stattdessen dürfte auch bök. seecht aus mnd. sichte hervorgegangen sein. Vermutlich wurde die spirantische Konsonanz -cht- in zwei- oder mehrsilbigen Konstruktionen wie ein einfacher Konsonant in intervokalischer Stellung behandelt und zu -gd- lenisiert, wobei das zwischenzeitlich zu -e- gesenkte -i- wiederum wie in offener Silbe Dehnung zu -Ɲ- erfuhr. Demnach also: sichte > *sechte > *segde > *sƝgde > sƝcht mit jüngerer Auslautverhärtung nach Apokope des minderbetonten ¿nalen -e. Daß diese positionsbedingte Lautentwicklung im Fries. durchaus eintreten konnte, zeigen Formen wie das diminutivische Verb INF fa. sleechtje swv.2 ‘streicheln’ < *slegdikia < ains.-nfr. *slichtikia zu fa. slachte swv.2 ‘schlichten’ < ains.nfr. *slichtia, ferner fa. aagedaar, sy. aagedaar pl. ‘Zeitspanne von acht Tagen’ < *agde-dagar < ains.-nfr. *achte dagar zu fa. sy. aacht num. ‘acht’ < ains.-nfr. *achta sowie das gleichbedeutende OFR wang. age-digge pl. (FA 1,87) < *agde-dega < aofr. achta dega (vgl. dazu Hofmann 1961: 25f.). Entsprechend ist wohl für das Adj. bök. seecht eine lenisierte zweisilbige Vorstufe *segde vorstellbar, ausgehend von einem Àektierten Kasus afestl.-nfr. *sichte. Die Basis germ. *senht*- mit Dentalsuf¿x bei e-stu¿ger Wurzel weist am ehesten auf einen ursprünglichen Konsonantenstamm. Das ursprüngliche Verbaladj. führt auf die idg. Wurzel *sek- bzw. ihre nasalierte Variante *senk- ‘versickern, versiegen’ (IEW 906); die spätere Bedeutung ‘seicht, niedrig’ bezog sich primär wohl auf nasse, feuchte Örtlichkeiten, an denen das Wasser versickert. Eine direkte Verbindung zu germ. *seiga-/*seihwa- stv.I ‘sinken; seihen’ und *senkwa- stv.III ‘sinken’ besteht nicht (Hm 479). Falk/Torp 1909: 429; Pokorny 1959: 906; Seebold 1970: 388f., 389f. Hm 480f. seuka- ‘krank’ V (§ 24c)

F

AFR aofr. siƗk ‘krank’ (E1-2, F, R1) awfr. siƗk (BTr, D, J, U), siƝk (D, J, Ro 3,16, SnR 499 [sieckbod], O) ‘krank’ spätawfr. sieeck ‘krank’ (Bo)

458

seuka-

INF fa. sek, seg ‘Durchfall habend (Vieh)’ (LFM 157, FÖW 478) FNF ält. ngos. sieck* ‘krank’ in sieckbeed ‘Süchbette [= Krankenbett]’ (a. 1743, BJ 1,17) WFR frühnwfr. sieck (SB 64), sjeack (GJ 413) ‘krank’ hind. sêk ‘ziek’ (GB 137) tersch. sjeek ‘ziek’ (CR 101) -lƯka-Ưn-eþǀ-jaBel Germ

AFR awfr. siƝklƯk ‘kränklich’ (O), WFR tersch. sjekelik ‘kränklich’ (CR 101) AFR aofr. sinjke (PrJ 260), awfr. sinjke (U [Ahlsson]), siǀke (A 334, BTr, U [Ahlsson]) f. ‘Krankheit, Seuche’, OFR wang. sjuuk f. ‘Seuche’ (FA 1,392); vgl. Ahlsson 4. AFR awfr. sinjkte (Ro 2,58), sinjkt (Ro 2,72), siǀkte (A 370, J, P) f. ‘Krankheit, Seuche’, WFR tersch. sjekte ‘ziekte’ (CR 101); vgl. Ahlsson 134. AFR awfr. bisinjka swv.1 ‘erkranken’ (Ro 2,240) Gemeingerm.: E ae. sƝoc, S as. siok, N mnl. siec, D ahd. sioh, W an. sjúkr, O adän. sinjk(ær). PFR *siƗk > awfr. siƣk, aus dem die obengenannten wfr. Formen hervorgegangen sind, in frühnwfr. sjeak mit weiterer Aufspaltung der zweiten Diphthongkomponente -ƣ- > -ea-, in hind. sêk mit resorbierter erster Diphthongkomponente. FNF ält. ngos. sieck* [in heutiger Normalorthographie siik] mit -Ư- aus palatalisiertem -Ɲ- führt regulär über *siƝk < *siƣk auf afestl.-nfr. *siƗk zurück. Als problematisch erweist sich INF fa. sek bzw. seg mit lenisiertem -k unter dem EinÀuß ursprünglich zweisilbiger Flexionsformen, die nicht regulär aus einem ains.-nfr. *siƗk hervorgegangen sein können. Auch die positionsbedingte Sonderentwicklung von ains.-nfr. -iƗ> -iƣ- > -iƝ- > -e- wie in fa. Àet stv. ‘Àießen’ < germ. *Àeuta-, lef ‘lieb’ < germ. *leuba-, spret n. ‘(Bug)spriet’ < germ. *spreuta-, krep stv. ‘kriechen’ < germ. *kreupa- usw. unter Resorption der ersten Diphthongkomponente nach Liquida sowie anschließender Kürzung des -Ɲ- vor bestimmten stimmlosen, meist explosiven und frikativen Konsonanten scheidet hier natürlich aus (vgl. Löfstedt 1948: 76f. und Århammar 1969: 55). Allenfalls wäre eine in der Position nach initialem stimmlosen dentalen s- nicht zu erwartende Monophthongierung des ains.-nfr. -iƗ- > -Ɲ- in Erwägung zu ziehen, entsprechend der Monophthongierung von as. -ia- > -ie- > mnd. -ê-, die im Mnd. bekanntlich regelhaft eingetreten ist (vgl. Rooth 1949: 81). Århammar 2008: 321 scheint eine solche Entwicklung von ains.-nfr. -iƗ- > fa. -e- wenigstens in diesem einen Fall zu befürworten, auch wenn

seuka-

459

sich dafür im heutigen Fa. keine weiteren Parallelen ¿nden lassen. Insofern ist wohl für fa. sek, seg eher von einer Entlehnung aus mnd. sêk ‘krank’ (LB 3,189) oder nnd. seek ‘siech, krank’ (Mensing 4,448) auszugehen. Entlehnung aus mnd. sêk liegt sicherlich in AFR awfr. sƝk ‘krank’ (J) vor, desgleichen in WFR schierm. siek ‘krank’ (Spenter 212). Dagegen führt WFR nwfr. siik ‘ziek’ (WFT 19,17) offenbar auf mnl. siec zurück. Auch OFR harl. sihk ‘krank’ (CM 67) kann nicht bodenständig sein, sollte die Schreibung dem Phonem /-i:-/ entsprechen. Hier dürfte statt mnd. sêk die westliche Variante siek (LB 3,189) als Entlehnungsbasis im Spiel gewesen sein. Sonst gelten im Fries. Formen von kontinental-westgerm. *kranka- ‘schwach, krank’ (s.o.), auch hier zum Teil als Entlehnung aus mnd. krank. Des weiteren handelt es sich um ein e-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *seuka- stv.II ‘krank sein’ (Sb 398f.); dazu schwundstu¿g mit ti-Suf¿x germ. *suhti- f. ‘Seuche, Sucht’: AFR aofr. secht(e) (E1-2, F, R1) ‘Krankheit’ mit umgelautetem -u- > -e-, awfr. siuchte, siocht(e) (D, J, Ro 2,224, O) f. ‘Krankheit’ mit Brechung des umgelauteten -e- > -iu- (-io-) vor -ht (Siebs 1901: 1209). Siebs (a.a.O.) erwägt für die west- und inselnordfries. Formen alternativ eine Kontamination von afr. secht(e) und gleichbedeutendem afr. sinjke bzw. sinjkte, und auch Århammar (1995: 84 und 2004: 111f.) rechnet in den betreffenden Fällen nicht mit Brechung, sondern erwägt wie Siebs eine Mischform aus secht(e) und sinjke bzw. sinjkte, die sich unabhängig voneinander im West- und Ins.-Nfr. entwickelt habe. INF fa. schocht f. (FÖW 475), helg. soch n. (TS 284), sy. sjucht g. (BM 223) ‘ansteckende Krankheit, Seuche: Erkältung, Grippe’ < ains.-fr. *siucht FNF bök. seecht m. (FU 212), hall. seecht f. (MOH 1,203), karrh. seecht f. (MN 786), seechte f. (OTJ 82), ngos. seecht f. (MOH 1,203), sgos. seecht f. (NfWb), wied. seechte m. (FRU 274) ‘Krankheit, Seuche’ ohne Brechung WFR frühnwfr. siucht (SB 59), sjocht(e) (GJ 417) ‘Krankheit; Sucht; Schmerz, Unpäßlichkeit’

Lit

Siebs 1889: 302; Siebs 1901: 1235; Delbrück 1907: 139; Lid 1934: 170; Pokorny 1959: 915; Spenter 1968: 212; Seebold 1970: 398f.; Kluge/Seebold 2002: 847; Boutkan/Siebenga 2005: 338; Århammar 2008: 321, 330 Anm. 10.

460

skaiba-

Hm 481f. skaiba- ‘schief’ P (§ 3) F

O

INF fa. skiaf ‘schief’ (WFO 239, FÖW 496f.) helg. skeaf ‘schief’ (TS 276) sy. sküüv [-f] ‘schief; schräg’ (BM 233, SU 752) FNF bök. schiif ‘schief’ (FU 206) hall. skiif ‘schief’ (Lo 89) karrh. skiif ‘schief’ (MN 1448, OTJ 43) mgos. schiif ‘schief’ (MN 1448, LHol 186) ält. ngos. schief (a. 1743, BJ 1,117), ngos. schiif (MN 1448, WNG 90) ‘schief’ sgos. schiaf ‘schief’ (MN 1448, NfWb) wied. skiif ‘schief’ (FRU 284) wyk. skiif ‘schief’ (KF nr. 2) OFR sat. scheeuw ‘schief’ (MF 152) wang. scheif ‘schief’ (FA 1,101) WFR nwfr. skeef ‘afwijkend van de loodrechte of horizontale richting; niet symmetrisch; scheel; dronken, beschonken; verkeerd, niet zoals het behoort, vals’ (WFT 19,225f.) hind. skeaf [-i:-] ‘scheef’ (GB 141) ält. ndän. skæv, skeff, skjæff, skøff ‘skæv; ond, listig’ (Kalkar 3,862)

-haidu-lǀja-

FNF bök. schiifhäid n. ‘Schiefheit’ (MN 1448) INF fa. skiawle swv.2 ‘taumeln, schwanken; mit schiefen Beinen gehen’ (WFO 239, FÖW 497), eine iterative Verbbildung mit l-Suf¿x

Bel

West- und nordgerm.: E ae. scƗf-, S as. skƝf, N mnl. scheef, D nhd. dial. scheib, W an. skeifr. Sämtliche angeführten neufries. Formen setzen bei bodenständiger Entwicklung eine Basis PFR *skƣf voraus. Inwieweit dabei in den einzelnen Mundarten bzw. Mundartgruppen Entlehnung aus mnd. bzw. mnl. schêf vorliegt, läßt sich nicht ausmachen. Nicht autochthon ist auf jeden Fall WFR schierm. schiif ‘schief’ (Spenter 266), und auch FNF hall. skiif müßte, wenn nicht lediglich eine ungenaue Notation im Spiel sein sollte, aus einem benachbarten Festlandsdialekt stammen, da im Normalfall eher hall. † skiaf zu erwarten gewesen wäre. Das Primäradj. ist ohne genaue Entsprechung in den außergerman. Sprachen. Am nächsten stehen lett. šƷìbs ‘schief’, lit. pãskybas ‘ein wenig schief, schräg’, daneben von einer unerweiterten Wurzel idg. *skai- griech. ıțĮȚȩȢ und lat. scaevus ‘links’. Falk/Torp 1909: 464; Pokorny 1959: 922; Spenter 1968: 266; Knapp 1974: 210f.; Klein 1977: 249; Lühr/Matzel 1986: 257f.

Germ

Idg

Lit

skaka- – skamula-

461

skaka- ‘sich schnell bewegend’ V/R (§ 33, 86) F

WFR nwfr. skek ‘begerig (naar), tuk (op)’ (WFT 19,231)

Bel Germ

In der vorliegenden Form lediglich F (WFR). PFR *skek ‘hastig, gierig greifend’ mit tonerhöhtem -e- < -a-. Vermutlich o-stu¿ges Verbaladj. aus dem Präsens des starken Verbs germ. *skaka- stv.VI ‘schütteln’ (trans.), ‘sich schnell (weg)bewegen’ (intr.) (Sb 404), das in AFR aofr. skeka stv.VI ‘sich eilig davonmachen; von zu Hause fortlaufen, durchgehen’ (B1-2, E2) fortlebt; vgl. ferner WFR nwfr. skekke swv.1 ‘bij het schaatsenrijden forsche streken over het ijs maken, met Àinke streken rijden; het stroo van het gedorschte graan afhalen’ und skek ‘streek, glijdende beweging die een schaatsenrijder met de schaats over het ijs doet’ (WFT 19,230f.). Insofern ist wohl auch eine Rückbildung aus dem schwachen Verb nicht völlig auszuschließen. Aus der Grundbedeutung ‘(sich) schnell bewegend’ ergab sich etwa ‘hastig auf etwas zustrebend’, woraus schließlich ‘gierig nach etwas heischend, erpicht auf, süchtig nach’. Zu der idg. Wurzel *(s)keg- ‘springen, sich lebhaft bewegen’ (IEW 922) mit weiterer Anbindung an ai. khájati ‘rührt, rührt um’. Falk/Torp 1909: 447; Franck/van Wijk 1949: 572; Buma ed. 1949: 256; Pokorny 1959: 922f.; Seebold 1970: 404; Kluge/Mitzka 1975: 629f.

Idg Lit

Hm 484f. skamula- ‘schamhaft’ V (§ 57) F

AFR awfr. skamel ‘mittellos, arm’ (LSt, Ro 1,106, 150, SnR 91, O) WFR frühnwfr. schamel (SB 91), schamel, scheamel (GJ 393) ‘armselig’ nwfr. skamel, skammel, skeamel ‘arm, armoedig, behoeftig; van geringe staat; getuigend van armoede of geringe staat; weinig opleverend; niet groot, gering in aantal, hoeveelheid, omfang; onbeduidend, onbelangrijk; armzalig, ramspoedig’ (WFT 19,216)

-nassjǀ-

WFR nwfr. skeamelens ‘schamelheid’ (WFT 19,216); offenbar jüngerer Neologismus. AFR awfr. skamelhƝd f. ‘Armut’ (FrB 146, O); vgl. Ahlsson 194.

-haiduBel

Kontinentalwestgerm.: S mnd. schƗmel, schƝmel, N mnl. schamel, schemel, D ahd. skamal, skemil.

462

Germ

Lit

skanka-

Verbaladj. der Neigung zu westgerm. *skamǀja- swv.2 ‘sich schämen’. Die nwfr. Formen zeigen z.T. Dehnung des alten -a- > -Ɨ- in offener Silbe, in scheamel hat sich das gedehnte -a- der Entwicklung des alten -Ɨ- < -au- zu diphthongischem -ea- angeschlossen. Überdies könnte in sämtlichen fries. Belegen Entlehnung aus dem Mnd. und/ oder Mnl. vorliegen. Walter 1911: 34; Schlutter 1926: 377; Faltings 1996: 112f. Hm 485 skanka- ‘schief’ *V (§ 25f)

F

O

INF ält. fa. schoonk (a. 1757, NfSt 1,25), fa. skoonk (WFO 242, FÖW 504) ‘häßlich (von Aussehen), unansehnlich’ sy. skaank [-ȃ:-] ‘häßlich, unansehnlich (besonders vom Angesicht); scheußlich, unschön; gemein, schändlich, niedrig, unanständig’ (BM 224, SU 743) FNF wied. skonk ‘unschön’ (FRU 288) frühndän. skak ‘skrå, skæv’ (Kalkar 3,253f.), jüt. skak ‘skrå, skæv’ (Feilberg 3,224)

-haidu-

INF sy. skaankhair g. ‘Häßlichkeit, Gemeinheit’ (BM 224)

Bel

Falls im Nfr. bodenständig, nordseegerm.-nord.: F (NFR), W an. skakkr, O. Århammar 1967: 14 und 1969: 131 reiht INF fa. skoonk, sy. skaank unter den älteren nord. Lehnwörtern ein. Da freilich die noch urnord. Nasalassimilation von -nk- > -kk- nach Brøndum-Nielsen 1950-57: 3,30 um a. 800 abgeschlossen sein soll, müßte die Entlehnung von urn. *skankaR bereits in der Frühphase der ersten fries. Immigration im 7./8. Jahrhundert erfolgt sein, als Friesen aus den südlichen fries. Stammlanden den westlichen Küstensaum Nordfrieslands besiedelten. Möglicherweise handelt es sich bei skoonk, skaank gar um ein voraltdän. Substrat jenes nordischen Bevölkerungselementes, das etwa gleichzeitig oder doch nur wenig später einwanderte und bald von den zahlenmäßig überlegenen Friesen assimiliert wurde. Das würde bedeuten, daß FNF wied. skonk nicht direkt dem Urnord. entlehnt worden sein kann, denn allem Anschein begann die Kolonisierung der östlichen, hinter den diluvialen Geestkernen gelegenen nordfriesischen Marschen durch die vermutlich aus dem Emsmündungsgebiet stammenden Vorfahren der heutigen Festlandnordfriesen kaum vor dem 11. Jahrhundert (vgl. dazu Århammar 1995: 87ff.). Insofern würde der Ausdruck erst zu einem späteren Zeitpunkt durch ins.-nfr. Vermittlung in das Festl.-Nfr. gelangt sein, vielleicht auch hier als Substrat einer fries. Bevölkerungsgruppe der ersten wikin-

Germ

skarda-

Idg Lit

463

gerzeitlichen Einwanderungswelle, die nach neuesten archäologischen Erkenntnissen ebenfalls Teile der Wiedingharde erfaßte. Andererseits ist eine bodenständige Entwicklung aus ains.-/afestl.nfr. *skonk < *skanka- nicht prinzipiell auszuschließen. Dieser Ansicht scheint zumindest auch Löfstedt 1965-69: 23,56 zu sein, indem er auf die zahlreichen fries.-nord. Gemeinsamkeiten in anderen Bereichen des Wortschatzes verweist, die sich aus der engen Verkehrsgemeinschaft der Friesen und Skandinavier im Frühmittelalter erklären ließen (Löfstedt 1965-69: 25,39); vgl. daneben mit Umlaut auch D nhd. (Südtirol) schenk ‘link’ (Hoops 1950: 94). Auf gleicher Ablautstufe steht - wohl als Faktitivum zu dem Verbaladj. germ. *skanka- ‘schief, schräg’ – das schwache jan-Verb germ. *skankja- swv.1 ‘schräghalten’ > ‘einschenken’ [eigentlich: ‘das Gefäß schräghalten’] in F afr. skenka, skenza, E ae. scencan, S as. skenkian, D ahd. (gi)skenken, W an. skekkja swv.1 ‘einschenken’ (vgl. dazu etwa van Helten 1906: 182) sowie das Subst. germ. *skanka(n)m. ‘Schenkel’, das außer in E ae. scanca m. ‘Unterschenkel, Schienbein’ auch in INF fa. skunk m. ‘Pferdeschenkel’ (WFO 246, FÖW 514), skunken pl. ‘Eisbeine’ (Verf.), FNF bök. schoonke (FU 208), karrh. skunke (Sjem. 248) m. ‘Balken in der Längsrichtung des Dachstuhls’ begegnet; vgl. ferner ablautend F afr. skunk(a) m. ‘Schenkel(knochen)’. Entlehnung aus INF fa. skoonk ist S nnd. skonk ‘häßlich (von Angesicht)’ (Århammar 1975: 52 und Faltings ed. 1993: 152) in der örtlichen nnd. Mundart des Dorfes Nieblum/Föhr, die auf allen sprachlichen Ebenen starke fries. EinÀüsse zeigt. Vermutlich aus der o-Stufe der Verbalwurzel idg. *(s)keng- ‘hinken’ (IEW 930); vgl. ferner germ. *henka- stv.III ‘hinken’ (Sb 255). Moberg 1944: 149ff.; Hoops 1950: 94; Löfstedt 1955: 96; Pokorny 1959: 930; Löfstedt 1965-69: 23,56; Århammar 1967: 14; Århammar 1969: 131; Lühr 1988: 143; Nielsen 1989: 369; Matzel 1992: 115; Nielsen 1995: 152; Kluge/Seebold 2002: 799. Hm 485f. skarda- ‘beschädigt’ *V (§ 25f)

F

AFR aofr. skerd* ‘schartig; aufgeschlitzt’ (E2, H)

-a-

AFR aofr. skerd n. (B1-2, F), awfr. skerd n. (J) ‘Schnitt, Scharte, Riß; Scherbe, Stück’, INF fa. skörd n. ‘Scharte; Kante des Kornfeldes, an der entlang gemäht worden ist’ (RA 56, NH 173, FÖW 505), ferner in dem historischen Föhrer FlN a. 1644 Kohlschörd [= fa. *Kualskörd] für ein Ackergewann südwestlich von Toftum, FNF bök. skjard

464

-Ưni-

-engǀBel Germ

Idg

Lit

skarda-

n. ‘Zeit des Kornschnitts’ (FU 214), ält. ngos. schäerd ‘Scharte’ (a. 1743, BJ 1,116); vgl. van Helten 1907: 300 und Buma ed. 1949: 300. AFR aofr. -skerdene f. in breinskerdene ‘Gehirnverletzung’ (E1), brƝskerdene (F), brieskerdene (H) ‘Einschnitt in der Augenbraue’, ileskerdene ‘Zerschneiden der Fußsohle’ (H), wƝdskerdene ‘Zerschneiden der Kleider’ (H), awfr. -skirdene f. in brƝskirdene ‘Gehirnverletzung’ (U [Ahlsson]); vgl. Ahlsson 24f. AFR aofr. skerdinge (E2), skardinge (E3) f. ‘Abgrenzung, Hofzaun’; vgl. auch Ahlsson 88. West- und nordgerm.: E ae. sceard, S as. skard, D ahd. -skart, W an. skarðr. Holthausen 1925: 96 setzt skerd als Normalform an, Hofmann dagegen in der ZweitauÀage (HoH 173) skerde, dem das Afr.Hwb 437 folgt. Nun begegnet skerde aber offenbar lediglich in R1 und R2 als Grundwort eines erweiterten BahuvrƯhiadj. mit ja-Suf¿x und der ornativen Bedeutung ‘versehen mit’: thete ha skerde se m.akk.sgl. ‘daß er hasenschartig sei’ (R1) und thet hi half skerde se m.akk.sgl. ‘daß er halb aufgeschlitzt sei’ (R2), demnach also aofr. halfskerde [wörtl.: ] ‘halbschartig’ und hasskerde ‘hasenschartig’ < germ. *-skardja-; zu den BahuvrƯhiadj. im Afr. vgl. zuletzt Faltings 1996b: 88f. Davon zu trennen ist das schwachgebeugte simplizische skerde n.akk.sgl. in thet skerde ¿al ‘das schartige Rad’ (E2, H), das man mit Blick auf E ae. sceard ‘beschädigt, schartig’, S as. skerd ‘zerhauen, verwundet’ usw. (Hm 485f.) wohl besser in aofr. skerd* < germ. *skarda- normalisiert. Seebold 1970: 414 stellt das Adj. mit da-Suf¿x zu germ. *skerastv.IV ‘schneiden’, doch hätte man bei einer da-stämmigen Ableitung eher eine schwundstu¿ge Basis erwartet; daher ist wohl eine thematische Primärbildung zu einer Verbalwurzel germ. *skerd- ‘abschneiden’ anzunehmen (Hm 486). Die Basis idg. *skerdh- ist eine Wurzelerweiterung zu idg. *sker‘schneiden’ (IEW 940) und begegnet u.a. auch in air. sceird- ‘kratzen, abschaben’, lit. skersti, skardýti ‘schlachten, stechen’, abulg. oskrɴdɴ m. ‘Meißel, Spitzhacke’, ai. áskԍdhoyu- ‘nicht verkürzt, nicht kärglich’. Vgl. ferner germ. *skarpa- und *skurta- (s.u.). van Helten 1890: 29, 160; Delbrück 1907: 140; van Helten 1907: 163, 300; Oberdörffer 1908: 8; Falk/Torp 1909: 454; Pokorny 1959: 940; Seebold 1970: 413f.

skarpa-

465

Hm 487 skarpa- ‘zusammengeschrumpft, rauh’ V (§ 25e) F

O -lƯka-

AFR aofr. skerp ‘scharf; heftig’ (B1-2, E1, F) awfr. skerp (A 550, D, FrB 52, FrR, Fs [Gerbenzon ed. 1961: 30], J, O), skarp (D, J, O) ‘scharf’, adv. ‘heftig’ spätawfr. scharp ‘scharf’ (Bo) INF fa. skarep ‘scharf, schneidend; durchdringend (Blick); schonungslos, unnachsichtig; bissig (Hund); stark, bitter, herb, gehaltvoll (Getränk); heftig (Wind, Strömung); sparsam’ (WFO 237, FÖW 492, Verf.) helg. skarp ‘scharf’ (TS 276) sy. skarp ‘scharf (von der Klinge); scharf, streng (vom Geschmack)’ (BM 225, SU 744) FNF bök. scharp ‘scharf’ (FU 206) hall. skarp ‘scharf’ (MOH 1,63) karrh. skarp ‘scharf’ (MN 549, OTJ 48) mgos. scharp ‘scharf’ (EFS 51, MN 549) ält. ngos. scharp (a. 1743, BJ 2,169), ngos. scharp (WNG 89) ‘scharf’ sgos. scharp ‘scharf’ (EFS 51, MN 549) wied. skärp, skarp ‘scharf; hart, schonungslos; streng, unnachsichtig; scharf, bissig; stark, tüchtig; heftig’ (FRU 282f.) OFR sat. schäärp ‘scharf’ (MF 151) wang. schäärp ‘scharf’ (FA 1,101) WFR frühnwfr. scherp ‘scharf’ (SB 62, GJ 396) nwfr. skerp ‘goed snijdend; goed geslepen, puntig; smal, spits toelopend, niet rond(achtig); in sterke mate afwijkend van de rechte lijn (van een bocht); met harde punten; een pijnlijk gevoel veroorzakend, snijdend, koud, prikkelend; bijtend; onvriendelijk, vinnig, hatelijk; hevig, vel, hard, ernstig; streng; gevaarlijk, moeilijk, lastig, pijnlijk; duidelijk, helder; secuur, nauwkeurig; doordringend, geconcentreerd; scherpzinnig; het gemoed rakend; hevig; met een kleine winstmarge hanterend’ (WFT 19,251ff.) hind. skerp ‘scherp’ (GB 142) schierm. scharp ‘scherp’ (DF 94) tersch. (W) scherp ‘scherp’ (Knop 1954: 3) adän. skarp(ær) ‘som har kanter ell. spidser olgn., der kan skære, stikke, saare’ (ODS 19,271ff., Nielsen 1989: 371) AFR awfr. skerpelƯke (O), skarplƯke (SnR 24, O) adv. ‘scharf, streng, unnachsichtig’

466

-a-

-nassjǀ-eþǀ-haidu-ǀja-

Bel Germ

Idg

skarpa-

INF fa. skarep n. ‘zerstoßene Muschelschalen (Hühnerfutter)’ (WFO 237, FÖW 492), FNF bök. schårp (FU 206), karrh. skarp (MN 549), sgos. scharp (MN 549) n. ‘Schärfe (Messer)’, WFR hind. skerp n. ‘scherp; metalen punt aan een vaarboom’ (GB 142), tersch. skerp n. ‘scherpte; schelpgrit voor kippen’ (CR 95) INF fa. skarpens n. ‘Schärfe’ (SP 114), offenbar auch ‘zerstoßene Muschelschalen (Hühnerfutter)’ (FÖW 492), WFR nwfr. skerpens ‘scherpte’ (WFT 19,255) WFR tersch. scherpte ‘scherpte; schelpgrit voor kippen’ (CR 95) INF fa. skarephaid n. ‘Sparsamkeit; Strenge; Schärfe’ (WFO 237, FÖW 492), sy. skarphair g. ‘Schärfe’ (BM 235) INF fa. skarpe (WFO 237, FÖW 492), sy. skarpi (BM 225) swv.2 ‘schärfen, scharf machen’, FNF bök. scharpe (FU 206), karrh. skarpe (MN 550), mgos. scharpe (MN 550), sgos. scharpe (MN 550), wied. skärpe, skarpe (FRU 283) swv.2 ‘schärfen’, OFR sat. schäärpje swv.2 ‘schärfen’ (MF 151), WFR frühnwfr. scherpje (GJ 396), nwfr. skerpje (WFT 19,256), hind. skerpje (GB 142), schierm. scharpje (DF 94) swv.2 ‘scherp maken’ West- und nordgerm.: E ae. scearp, S as. skarp, N anl. skarp, D ahd. skarpf, W an. skarpr. In allen neufries. Mundarten ist entsprechend afr. skerp zunächst von einer Basis PFR *skerp mit -e- aus tonerhöhtem -a- auszugehen, das in der Stellung vor -r- + K regional im Awfr., aber auch im Nfr. – hier wohl ebenfalls schon früh – zu -a- gesenkt worden ist, davon ausgenommen allerdings wied. skärp mit einem offeneren [-İ-] < gedehntem afestl.-nfr. /-e-/ in geschlossener Silbe. Ob dabei ebenso für die nfr. a-Formen eine Zwischenstufe *skƝrp mit vorübergehender Dehnung anzusetzen ist oder die Senkung zu -a- auf direktem Wege erfolgte, muß offen bleiben. Im Ofr. trat die Dehnung des aofr. -e- > [-İ:-] sicherlich positionsbedingt vor dem vokalisierten -r- ein. Das Adj. ist wohl als o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *skerpa- stv.III ‘schrumpfen’ (Sb 415f.) zu begreifen; inwieweit dabei das homonyme Verb germ. *skerpa- stv.III ‘schaben’ (Sb 416) hineinspielt, wird nicht deutlich. Aus einer Grundbedeutung ‘geschrumpft’ konnte sich ‘rauh’, aber auch ‘hart’ und ‘scharf, spitz’ entwickeln, doch scheint es nicht unmöglich, daß die ursprüngliche Bedeutung ‘abgeschabt’ gleichfalls zu ‘rauh’ und ‘scharf, spitz’ geführt hätte. Dem germ. Adj. entspricht genau lett. skarbs ‘scharf, streng, rauh’ (sofern es nicht aus dem Germ. entlehnt ist); vgl. daneben ablautend aruss. šþɶrbɴ ‘unvollständig, schadhaft’ und ohne s-mobile air. cerb ‘scharf, schneidend’. Alle diese Ableitungen lassen sich auf der Basis idg. *sker- ‘schneiden’ (IEW 940) vereinen; vgl. im weiteren germ. *skarda- (s.o.) und *skurta- (s.u.).

skauna-

Lit

467

Siebs 1889: 51; van Helten 1890: 2; Siebs 1901: 1177f.; Schröder 1904-05: 459ff.; Falk/Torp 1909: 456; Löfstedt 1928: 63; Pokorny 1959: 940ff.; Kuhn 1960: 107ff.; Spenter 1968: 68; Seebold 1970: 415f.; de Grauwe 1979-82: 2,305ff.; Lühr 1982: 707f.; Lühr 1988: 266. skauna- ‘schräg, schief’ *V (§ 68)

F

AFR awfr. skƗn- ‘schräg’ in skƗnwƯs ‘in schräger Weise’ (O) WFR frühnwfr. schean ‘schuinsch, scheef’ (GJ 393) nwfr. skean ‘niet recht, rechthoekig, in een rechte hoek; zijdelings (kijkend), van terzijde, uit de ooghoeken; cursief; dronken, beschonken; misprijzend, afkeurend, kwaad, wantrouwig, afgunstig, jaloers (m.b.t kijken); verwijtend, gemeen, onvriendelijk; zonderling, vreemd, eigenaardig; niet in orde; tegenvallend, problematisch; afwijkend van de waarheid; onkies, onzedelijk; grappig, kluchtig; haveloos’ (WFT 19,217f.)

-nassjǀ-

WFR nwfr. skeanens ‘scheefheid’ (WFT 19,218); offenbar jüngerer Neologismus WFR nwfr. skeante ‘schuinte, helling’ (WFT 19,219) W nnorw. dial. skøyna swv.1 ‘schräg abschneiden’ (Falk/Torp 1909: 467)

-eþǀ-jaBel Germ

In o-stu¿ger Ableitung lediglich im WFR, indirekt auch in W nnorw. skøyna, in e- bzw. schwundstu¿ger Ableitung ebenfalls N und eventuell S (OF, Old.). PFR *skƗn mit -Ɨ- aus monophthongiertem germ. -au- > awfr. skƗn > *skƣn > nwfr. skean. Neben der o-stu¿gen Basis germ. *skauna- ‘schräg’ steht mit derselben Bedeutung schwundstu¿ges *sknjn-: nnd. (OF) schüên ‘schräg, diagonal von der geraden oder waagerechten Richtung abweichend; schief, über- oder abhängend, abschüssig etc.’ (DK 3,160), nnd. (Old.) schün(s) ‘schräg’ (Böning 95), nnd. (Bremen) schiens, schüns ‘schräg’ (Brem. Wb. 4,656) N nnl. schuin ‘niet rechthoekig, begrensd door lijnen die een anderen dan een rechten hoek vormen, afwijkend van de loodrechte of horizontale richting’ (WNT 14,1164ff., erster Beleg 1642) Franck/van Wijk 1949: 603 gehen von einer Vorstufe germ. *skeunja- aus (alternativ von einem weniger wahrscheinlichen germ. *skujina-), aber man fragt sich, ob nicht besser ein germ. *sknjnaS

468

skauniangesetzt werden sollte (so de Vries 1958: 26 und 1992: 635) oder eventuell *sknjnja- (van der Meer 1927: 63). Bei einer Basis *sknjnamüßten allerdings – was ohnehin wahrscheinlich ist – die nnd. Formen aus nnl. schuin(s) entlehnt sein wie vergleichsweise INF fa. sküüns (WFO 247, FÖW 515), helg. skiinsk (TS 278), sy. sküüns (BM 233) ‘schräg’ sowie OFR wang. schüün ‘schräg’ (FA 1,108) und WFR hind. sköin (GB 144), schierm. scheun (DF 95) ‘schräg’. Der Beleg S nnd. schiens [-i:-] ‘schief’ von der Weichselmündung ist als Substrat niederländischer Siedler anzusehen (Mitzka 1958: 220); eines eigens dafür rekonstruierten westgerm. *skƯna- ‘schief’ (de Vries 1958: 26) bedarf es nicht!

Idg

Lit

Zu der idg. Wurzel *skeu- ‘schneiden, trennen’, einer Erweiterung von idg. *sek- ‘schneiden’ (IEW 954). Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Faktitivums W nnorw. skøyna swv. ‘schrägmachen, schräg abschneiden’ < germ. *skaunja- swv.1 wäre die Grundbedeutung des ursprünglichen Verbaladj. germ. *skaun-/*sknjn- etwa mit ‘schräg abgeschnitten’ anzusetzen. Neben einer Basis idg. *skeu-n- mit nFormans begegnen in der Bedeutung ‘schräg, schief’ auch Formen mit l-Formans, etwa W an. skýlihƫgg ‘schräger Hieb’, nisl. skýla swv. ‘schräg hauen’ (de Vries 1977: 509) und vermutlich schwundstu¿g an. skol- in skolbeinn ‘schiefbeinig’, skolbrúnn ‘mit schiefen Augenbrauen’ (de Vries 1977: 497). Falk/Torp 1909: 467; Falk/Torp 1910-11: 2,1014; van der Meer 1927: 63; Franck/van Wijk 1949: 603f.; Heeroma 1951a: 87f.; de Vries 1958: 26; Pokorny 1959: 954; Lerchner 1965: 231f.; Spenter 1968: 329; de Vries 1992: 635; Århammar 2004: 112f. Hm 488f. skauni- ‘schön’ *V (§ 70)

F

AFR aofr. skƝne ‘schön, hübsch’ (H, R1) awfr. skƝne (J) neben apokopiertem skƝn (A 434, D, J, SnR 67 [in skƝnmake ‘saubergemacht’], O) ‘schön, herrlich, lieblich, lieb; (im Sup.) gut, günstig, hoch, groß’, adv. ‘schön, lieblich, hell, klar, gut, auf gute Weise’ spätawfr. scheen ‘schön; sauber; klar’ (Bo) INF ält. fa. schieh’n (a. 1757, NfSt 1,25), fa. skian (WFO 239, FÖW 497, Verf.) ‘rein, sauber; hell, klar’, adv. ‘deutlich, gefällig, angenehm’ sy. skiin ‘blank, smuk’ (Saxild 1842: 91) OFR sat. scheen ‘rein, sauber’ (MF 152) WFR frühnwfr. schien ‘sauber, rein; schön’ (SB 67, AH 27, Z. 221, GJ 397)

skauni-

469

nwfr. skjin, skien, skin ‘rein, vrij van vuil, niet bezoedeld; gereinigd, gewassen; zonder sneeuwval; helder, onbewolkt; noch niet gebruikt; klaar, afgewerkt, leeg; vrij van onkruid; klaar, zonder bitter (van genever); mooi; volkomen, helemaal, geheel en al; vrij van belemmeringen’ (WFT 19,351) hind. skeen ‘schoon (rein, ongebruikt, geheel en al); zindelijk, proper; netto’ (GB 142) schierm. schien ‘schoon’ (DF 96) tersch. schien ‘schoon, zindelijk’ (CR 95) -engǀ-man-

-nassjǀ-eþǀ-haidu-ǀja-

Bel Germ

AFR aofr. skƝninge f. ‘Verschönerung; Bevorzugung’ (F, H); vgl. Ahlsson 88 und Sjölin 1970: 215f. WFR nwfr. skientme ‘Schönheit’, ein Neologismus der „jungfriesischen“ ‘Sprachbewegung um a. 1920, der offenbar von nwfr. skjinte (s.o.) ausgeht und sich an Vorbildern wie aofr. swƝtma m. ‘Süßigkeit’, nwfr. swietme ‘Süße’ usw. orientiert (vgl. Brouwer 1963: 253, 255). WFR nwfr. skjinnens ‘reinheid; het gereinigde; zindelijkheid, properheid, netheid; schoonheid’ (WFT 19,355) WFR frühnwfr. schiente ‘schoonte’ (GJ 398), nwfr. skjinte ‘schoon of schoongemaakte gedeelte’ (WFT 19,356) WFR frühnwfr. schienheijt ‘schoonheid’ (GJ 398), nwfr. skjinheit ‘schoonheid, reinheid, zindelijkheid’ (FW 3,112) AFR aofr. skƝnia swv.2 ‘schön machen’ (E1, H), ‘reinigen, säubern’ (E3 [Fokkema ed. 1959: 47 (fehlt im Register)]); vgl. Jacobs 1900: 209. Westgerm. und got.: E ae. scƯene, S as. skǀni, N mnl. schone, D ahd. skǀni, G skauns. Neben dem umgelauteten PFR *skƣne (afr. skƝn(e)) mit sekundärem Wechsel zu den ja-Stämmen und den darauf zurückführenden neufries. Formen skian, skiin, scheen, skjin, skien etc. begegnet bereits früh ein umlautloses AFR aofr. skǀne (H), awfr. skǀne (A 520, BTr, J) bzw. mit Apokope skǀn (D, FrR) ‘schön, herrlich, prächtig’. Dieses ist bislang meist als eine Entlehnung aus mnl. schǀne ‘strahlend, hell, schön’ angesehen worden. Dasselbe gilt für WFR skoan ‘zeer goed, best; mooi, heerlijk, aanzienlijk; helder’ (FW 3,114) und INF fa. skoon, skuan (Århammar 1989: 126, FÖW 504), sy. skuan ‘schön; rein, sauber’ (Saxild 1842: 92), aber auch wohl ält. helg. schon /sko:an/ ‘rein’ (a. 1758, NfSt 1,49); letzteres könnten im 17./ 18. Jahrhundert über die nl. Seefahrtsterminologie in das Ins.-Nfr. gedrungen sein, während FNF ält. ngos. schoon ‘schön; sauber’ (a. 1743, BJ 128, 150), sgos. schuan ‘schön’ (NfWb) – z.T. früh – aus mnd. schôn(e) adv. ‘herrlich, schön; angenehm; vorzüglich’ entlehnt sein könnte. Ob auch die sekundäre Bedeutung ‘schön, herrlich’ in

470

Lit

skeiri-

den neufries. Formen auf EinÀuß von nnl. schoon ‘schön, herrlich’ zurückzuführen ist, wie Århammar 2004: 114 meint, sei dahingestellt. Eine bodenständige Entwicklung der umlautlosen nfr. Formen skuan, skoan, schuan aus einem ursprünglichen Adv. germ. *skaunǀwäre zwar – entsprechend S mnd. schôn(e) adv., D mhd. schǀne adv. – formal denkbar, aber angesichts der obendargestellten Verhältnisse doch eher unwahrscheinlich. Zu dem früh bezeugten mRN skanomodu in einer wohl friesischen Runeninschrift des 6. Jahrhunderts, dessen Bestimmungswort nach allgemeiner Ansicht das Namenelement germ. *skaun- ‘schön’ enthält, vgl. Bammesberger 1990a: 457ff. mit weiterführender Literatur. Die meisten etymologischen Nachschlagewerke sehen in dem Adj. eine ni-stämmige Ableitung zu dem schwachen Verb germ. *skauwǀ(ja)- swv.2 ‘schauen’ (F afr. skƗwia, skǀwia, E ae. scƝawian, S as. skauwǀn, D ahd. skauwǀn swv.2); die Grundbedeutung sei demnach ‘ansehnlich’. Heidermanns (Hm 489) weist allerdings darauf hin, daß die Basis der seltenen Verbaladj. mit ni-Suf¿x durchgehend ein starkes oder red. Verb ist, und er erwägt daher alternativ eine i-stämmige Ableitung aus der o-Stufe eines verbalen Elements germ. *skeun‘glänzen’, wie es e-stu¿g offenbar auch in W nisl. skjóna f., skjóni m. ‘nafn á skjóttri hryssu og skjóttum hesti [= ‘Name eines Pferdes mit hellen Flecken’]’ (Blöndal Magnússon 1995: 850) vorliegt. Falk/Torp 1909: 465; Weinacht 1929: 9ff., 15ff., 30ff.; Wissmann 1932: 40; Pokorny 1959: 588; Spenter 1968: 210; Kress 1972; Århammar 1989: 126; Århammar 2004: 114; Boutkan/Siebenga 2005: 347. Hm 492 skeiri- ‘klar, rein’ *V (§ 61)

F

AFR aofr. skƯr(e) ‘vollwertig (Münze)’ (E2-3) awfr. skƯr ‘schier, unvermischt; vollwertig (Münze); grau; frisch (Morgen)’ (FrB 156, SnR 176, O) INF fa. skiir, skir ‘klar, glänzend; unvermischt, lauter; glatt, schier; unbebrütet (Ei)’ (WFO 240, FÖW 498) helg. skiir ‘frisch, rein’ (TS 270, WK 20) sy. skiir ‘schier, rein’ (BM 228, SU 747) FNF bök. schäär, schir ‘rein, unvermischt, schier; klar’ (FU 204, 207) hall. skir ‘frisch (Ei); zart (Gesichtsfarbe)’ (MOH 1,5) karrh. skär (MN 1106), skir (OTJ 15, 51) ‘rein, hell’ mgos. schär ‘schier, rein’ (EFS 216) ngos. schäär ‘rein, pur’ in schäär neis moolke ‘reine Vollmilch’ (MOH 1,5) sgos. schir (EFS 216), schiir (NfWb) ‘schier, rein’

skeiri-

471

wied. skeer, skir ‘klar, schier, rein; adrett; frisch; lauter’, adv. ‘schier, geradezu’ (FRU 284) OFR sat. schíer ‘sauber, rein, unvermischt’ (MF 153) wang. schiir ‘rein’ (EFS 216) WFR frühnwfr. schier ‘schier, grijs’ (GJ 398) nwfr. skier ‘grijs(achtig), grauw, vaal; zonder kleur, ongebleekt; met grijs haar; bleek, zonder glans, dof; vuil, onzindelijk; aloud, overoud’ (WFT 19,288) hind. skier ‘grijs, grauw’ (GB 143) schierm. schier ‘grijs’ (DF 96) tersch. schir ‘grijs’ (CR 96) -enga-

-nassjǀ-haidu-ǀja-

-nǀja-

Bel Germ

AFR awfr. skƯring m. ‘Schiering, Anhänger der fries. Volkspartei im 14.-15. Jahrhundert’ (Cr, Fs 2,155, J, O), benannt nach den „schieren“, d.h. grauen Konversen des Zisterzienserordens und Gegner der adligen „Vetkoper“. INF fa. skiirens, skirens n. ‘schieres, knochenloses Fleisch’ (FÖW 498) OFR mit ig-Erweiterung sat. schíerigait f. ‘Sauberkeit, Reinlichkeit’ (MF 153) AFR aofr. skƯria swv.2 ‘klären, läutern; reinigen; erklären, bestimmen; prüfend entscheiden’ (B1-2), awfr. biskƯria swv.2 ‘deutlich machen, nachweisen, beweisen’ (J), INF fa. skire swv.2 ‘Sahne von der Milch trennen; Eier auf Frische überprüfen; bei kleinen Tieren das Geschlecht feststellen’ (WFO 240, FÖW 498), sy. skiiri swv.2 ‘prüfen, ob etwas schier ist’, aier skiiri ‘untersuchen, ob Eier frisch sind’ (BM 228), FNF bök. schire (FU 207), hall. aoie skire (MOH 1,5), karrh. skäre (MN 1106), ngos. oie schäre (MOH 1,5), sgos. schiire (Beitr. 37), wied. skeere, skire (FRU 284) swv.2 ‘untersuchen, ob Eier frisch sind’ INF fa. skürne swv.2 (genetisch wohl ursprünglich swv.4) ‘prunken, glänzen; leuchten, prangen’ (WFO 246, FÖW 514) mit Rundung des -i- vor -r- (vgl. Århammar 1975: 51); zur Bildung inchoativer schwacher Verben mit Nasalsuf¿x und adj. Basis vgl. Krahe/Meid 1967: 253f. Gemeingerm.: E ae. scƯr, S as. skƯr, N anl. skƯri, D mhd. schƯr, W an. skírr, O aschw. skir, G skeirs. Für sämtliche neufries. Mundarten ist zunächst eine Vorstufe PFR *skƯre anzusetzen mit sekundärem Wechsel zu den ja-Stämmen, in FNF karrh. skär, mgos. schär mit Senkung des in altoffener Silbe gekürzten -Ư- > /-İ-/, das in bök. ngos. schäär, wied. skeer in dieser Position weiter gedehnt worden ist; daneben Formen wie INF fa. skir, FNF bök. sgos. schir, karrh. wied. skir mit -i- < -Ư- in offenbar frühgeschlossener Silbe.

472

Lit

skelha-

WFR nwfr. skier (statt eines zu erwartenden † skiir wie etwa in tersch. schir [-i.-]) zeigt sekundäre Diphthongierung des /-i:-/ > /-i:ԥ-/ durch EinÀuß des ¿nalen -r. Eine formal denkbare Entwicklung aus einem ablautenden awfr. † skƣre < germ. *skairi- ‘rein, glänzend’ (W an. skærr ‘pur, rein, glänzend’) (Hm 482f.) ist indessen wenig wahrscheinlich. Die speziell im Wfr. begegnende Bedeutung ‘grau’ geht wohl von ‘hell’ < ‘glänzend, klar’ aus. Im weiteren zu der Verbwurzel germ. *skei- in germ. *skeina- stv.I ‘scheinen’ (Sb 409f.). Siebs 1889: 216; Falk/Torp 1909: 462; Löfstedt 1928: 5; Löfstedt 1933: 30; Pokorny 1959: 917f.; Seebold 1970: 410; de Grauwe 197982: 2,309ff.; Faltings 1983: 230. Hm 493f. skelha- ‘schief, schielend’ P (§ 1)

F

INF fa. skelig, -ag ‘schielend’ (LFM 164, CJ 155, SP 115, FÖW 496) FNF bök. scheeli ‘schieläugig’ (FU 206) karrh. skeeli ‘schielend’ (MN 796)

-ǀja-

INF fa. skelge, skelige, -age swv. ‘schielen’ (LFM 2,282, RA 55, WFO 239, FÖW 496)

Bel

Westgerm.: E ae. sceol, S mnd. schƝl(e), N mnl. scheel, schele, D ahd. skelah. Die nfr. Belege führen zunächst auf eine Grundform PFR *skelh zurück: Ob im weiteren eine Àektierte Zwischenstufe ains.-/afestl.nfr. *skelge mit stimmhaft gewordener Spirans zwischen -l- und Folgevokal angenommen werden muß, ist fraglich. Die auslautende stimmlose Spirans der Lautsequenz -lh scheint nach der Herausbildung des unbetonten Sproßvokals generell stimmhaft geworden zu sein. In INF fa. skelig ist zudem die Dehnung des Stammvokals vor -l- + ursprünglichem -h- unterblieben, wie in fa. selig, -ag m. ‘Seehund’ < ains.-nfr. *selh m. oder fa. halig, -ag m. ‘Hallig’ < ains.-nfr. *halh (vgl. Löfstedt 1965-69: 22,43ff.), im Gegensatz zu FNF bök. scheeli, wo die Dehnung an dieser Position eingetreten ist. Entlehnung aus S (m)nd. schƝl ‘schielend’ dürften FNF ngos. scheel ‘schielend’ (MOH 1,71) und OFR sat. sgel ‘scheel’ (JM 44), schäl ‘schief’ (MF 15), wang. schääl ‘[schielend]’ (FA 1,73) sein. Nicht bodenständig scheint ferner OFR sat. schíelich, schielich ‘scheel’ [-i:-, -i.-] (MF 153) zu sein, da die Entwicklung von aofr. -e- > -i- > sat. -Ư- m.W. lediglich vor -r- + K erfolgte, nicht jedoch vor -l- + K (vgl. Siebs 1901: 1191f.); in allen anderen Fällen ist sat. -Ư- aus -i- in offener Silbe hervorgegangen. Insofern wird Entlehnung aus S mnd.

Germ

skƝ2ri-

Idg Lit

473

*schilich vorliegen als ig-Ableitung zu mnd. schil ‘schielend’ (LB 3,67) mit -i- < -e- vor -l- + Spirans (Lasch 1974: 86f.), wie in nnd. (OF) schillig ‘schielend, schief oder seitwärts sehend, falsch sehend etc.’ (DK 3,108). Auf ein entlehntes mnd. *schilich weisen ferner AFR awfr. skil(i)ch ‘schielend’ als adj. Namenattribut in schylighe gherck (SnR 106), schijlge foppa (SnR 165), zchylge foppa (SnR 191) sowie in WFR nwfr. skilich ‘scheel ziend’ (WFT 19,308), es sei denn, man würde auch hier von einer älteren Vorstufe *skelich mit Sproßvokal ausgehen, wobei das -e- in der Position vor -l- zu -i- [-i.-] verengt worden sein müßte. Das ist indessen ganz unsicher. Entlehnung aus N mnl. schelu(w) ‘schief, schielend’ < germ. *skelwa- ‘schief, schielend’ (Hm 494) ist WFR nwfr. schierm. schelw ‘schief’ (Spenter 1968: 79). In den außergerm. Sprachen ohne genaue Entsprechung; Grundlage des Primäradj. ist die idg. Wurzel *skel- ‘krumm’ (IEW 928); vgl. auch griech. ıțȠȜȚȩȢ ‘krumm’ und lat. scelus n. ‘Verbrechen’. Falk/Torp 1909: 460; Löfstedt 1932: 55; Pokorny 1959: 928; Kluge/ Seebold 2002: 796. Hm 495 skƝ2ri*- ‘schnell’ *V (§ 62)

F

AFR awfr. skƝre adv. ‘frischweg, eifrig’ (FrR 90, Z. 1214)

Bel

Kontinentalwestgerm.: S mnd. schêre adv., N mnl. schier(e) adv., D ahd. sciari adj. PFR *skƝre mit ursprünglichem germ. -Ɲ2-, das in awfr. skƝre mit altem -ƣ- und -Ɲ- < -ǀ-/-nj- + i-Umlaut in -Ɲ- zusammengefallen ist (vgl. Hofmann 1964: 174, 182). Der einzige Beleg für awfr. skƝre entstammt der Reimchronik Thet Freske Riim, deren Herausgeber A. Campbell das Adv. in englischer Übersetzung mit ‘clearly’ wiedergibt (Campbell 1952: 226). Das Afr.HwB. 437 folgt ihm darin und setzt eine Bedeutung ‘genau, deutlich’ an. Mit Blick auf S mnd. schêre adv. ‘bald, in kurzer Zeit; fast, beinahe’ (LB 3,82) und N mnl. schier(e) adv. ‘snel, ras, vlug, haastig; in korten tijd; snel, spoedig, ras, dra, in een oogenblik; op het oogenblik, aanstonds, onmiddellijk; zonder moeite, gemakkelijk; voorzeker, zonder twijfel’ (VV 7,504ff.) und der dort vorherrschenden Grundbedeutung ‘schnell’ sollte auch für awfr. skƝre besser von einer Bedeutung ‘rasch, frischweg, eilfertig, ohne Umschweife, unmittelbar’ ausgegangen werden, wenn nicht gar von ‘mit Scharfsinn begabt, das Wesentliche erfassend’ oder ‘eifrig, inbrünstig’, entsprechend D ahd. skiari adj. ‘scharfsinnig, nachspürend, eifrig’ (Hm 495).

Germ

474

Idg

Lit

skewwa-

In germ. *skƝ2ri- liegt allem Anschein nach eine ri-stämmige Ableitung aus der offenen Verbalwurzel idg. *skƝi- ‘schneiden, trennen, scheiden’ vor mit weiterem Anschluß an lat. scƯre ‘wissen, in Erfahrung gebracht haben’ < ‘scheiden, unterscheiden’ (IEW 919f.), daraus mit t-Formans ebenfalls germ. *skaida- red. ‘scheiden, unterscheiden’ (Sb 402ff.). Demzufolge ergibt sich für das Adj. etwa diese Bedeutungsentwicklung: ‘schnell, gut im Unterscheiden’ > a) ‘schnell, behende agierend’ > ‘ohne Umschweife, zielgerichtet handelnd’, b) ‘mit scharfen Sinnen begabt’ > ‘mit Eifer tätig’. Falk/Torp 1909: 462f.; Oksaar 1958: 314-318, 378-382, 449-454; Pokorny 1959: 919f.; Seebold 1970: 402ff.; Knapp 1974: 209, 216f.; de Vries 1992: 618; Kluge/Seebold 2002: 802. Hm 497f. skewwa- ‘widerwillig, scheu’ P (§ 1)

F S N

W O

-ǀ-ja-ǀjaBel Germ

INF fa. schau, schaw ‘scheu, bange’ (FÖW 473) FNF ält. ngos. schau ‘scheu’ (a. 1743, BJ 1,117) OFR sat. schjou ‘scheu, schüchtern’ (MF 154) mnd. schüêw(e), schûw(e), schouw(e) ‘furchtsam, schreckhaft, ängstlich; scheu, unsicher, verlegen’ (LB 3,171) mnl. schu(w), schouw ‘schuw, schrikachtig; afkeerig van de aanraking met menschen, niet geneigd om zich onder de menschen te vertoonen; wild, woest, onbeschaafd; bevreesd, bang, onderworpen’ (VV 7,790ff.) nnorw. dial. skygg ‘scheu’ (FT 2,1044) nschwed. skygg ‘[von Tieren:] som (av naturen) er rädd av sig o. Àyr undan, som är svår at komma nära, lättskrämd; otämd, vild; [von Menschen:] som (av naturen) er rädd l. ängslig l. osäker o. drar sig undan; som skyr l. (ängsligt) undviker andra människor l. främlingar l. personer av motsatt kön’ (OSS 27,5502ff.) INF fa. schau, schaw f. (m.) ‘Scheu’ (FÖW 473) INF fa. schau, schaw swv.1 ‘sich scheuen, fürchten, gruseln’ (FÖW 473) OFR sat. schjouje swv.2 ‘scheuen, zurückschrecken’ (MF 154) Westgerm. und Nordgerm.: F, S, N, D scheu, W, O. Germ. *skewwa- führt bei regelhafter Entwicklung zu PFR *skinjw > aofr./afestl.-nfr. *skiǀ(w) > ngos. schau, sat. schjou, desgleichen ains.-nfr. *skiǀ(w) > fa. schau, schaw mit initialem /sj-/ aus der palatalen Konsonantenverbindung /skj-/ unter Ausstoßung des -k-. Entsprechend aofr. triǀwe > ngos. trou, sat. tjou ‘treu’ (vgl. germ. *trewwa-) könnten sämtliche fries. Formen wohl auch auf ein ja-

skitula-

Lit

475

stämmiges PFR *skiǀwe zurückführen. Als ja-St. ist zweifellos S mnd. schüêw(e) < as. *skiuwi anzusetzen, nicht dagegen mnd. schûw und westliches mnd. schouw (Lasch 1974: 111, § 196) sowie allem Anschein nach N mnl. schû(w), schouw < *skewwa- (Schönfeld 1970: 63, § 54). Entlehnung aus dem (M)nd. deuten FNF bök. schuu(f) (FU 211), hall. skuu (Lo 89), ngos. schuu (NfWb) ‘scheu’ an, in wied. sküch ‘scheu’ (FRU 292) offenbar aus nnd. (Schleswig) schüch; ferner dürfte in WFR nwfr. skou ‘schuw’ (WFT 20,18f.) Entlehnung aus dem (M)nl. vorliegen. Die neben INF fa. schau begegnende Form fa. skau, skaw (FÖW 473) scheint dagegen aus einem westlichen (m)nd. oder nl. schou(w) entlehnt zu sein bzw. durch dieses beeinÀußt. Über die weiteren Beziehungen des Primäradj. herrschen unterschiedliche Ansichten, wobei insbesondere das Verhältnis zu germ. *skeuha- ‘scheu’ (E ae. scƝoh, D mhd. schiech ‘scheu’) nicht deutlich wird (Hm 496). Lindroth 1908: 344; Falk/Torp 1910-11: 2,1044; Hellquist 1948: 2,964; Franck/van Wijk 1949: 605f.; Polomé 1949: 187f.; Pokorny 1959: 1032; Schönfeld 1970: 63; Kluge/Mitzka 1975: 644f.; de Vries 1977: 557; Onions 1978: 825; Nielsen 1989: 383; de Vries 1992: 637. Hm 499 skitula- ‘abführend’ V (§ 53)

F

S -iga-inga-haidu-lǀjaBel

INF fa. skedel ‘an Durchfall leidend, kotbeschmutzt (Vieh)’ (FÖW 492) FNF bök. schal ‘an Durchfall leidend (Vieh)’ (FU 204) karrh. skäl ‘bauchÀüssig (von thieren), wenn ihnen die excremente im Àüssigen zustande abgehen’ (MN 1102) ngos. schäl ‘mit Durchfall behaftet (Schafe)’ (MOH 1,175) sgos. schädel ‘Durchfall habend [Vieh]’ (NfWb) wied. skäl ‘an Durchfall leidend (Tiere)’ (FRU 280) nnd. (Süderdith.) scheddel ‘an Durchfall leidend (Vieh)’ (Mensing 4,327) INF fa. skedlig (WFO 238, FÖW 493), sy. skerlig (BM 228) ‘an Durchfall leidend (Vieh)’ mit sekundärer Suf¿xerweiterung INF fa. skedling n. ‘kotbeschmutzte Wolle bei der Schur’ (FÖW 493) FNF karrh. skälhäid n. ‘bauchÀüssigkeit’ (MN 1102) INF fa. skedle swv.2 ‘Durchfall haben (Tiere)’ (FÖW 493) Offenbar nordseegerm.: F (INF, FNF), E ae. scitol und S (Süderdith.).

476

Germ

Lit

skraida- – skrƣhula-

PFR *skitol, ein Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x aus der Schwundstufe zu germ. *skeita- stv.I ‘scheißen’ (Sb 410f.), demnach ains.-/afestl.-nfr. *skitel. FNF bök. schal bedeutet auch ‘gierig (bes. nach Alkohol)’, doch kam es hier sekundär zu einer inhaltlichen Vermengung mit bök. schul ‘gierig’ < germ. *skutula- (s.u.). Entlehnung aus dem Festl.-Nfr. dürfte O sjüt. skiddel ‘får, som har tyndt liv’ (Feilberg 4,337) sein. Löfstedt 1928: 175; Seebold 1970: 410f.; Faltings 1996: 111. Hm 500 skraida- ‘voranschreitend’ V (§ 25a)

F

FNF bök. schriidj ‘dünn wachsend (Getreide)’ (MN 1456) karrh. skriidj ‘dünn wachsend (Getreide)’ (MN 1456)

Bel Germ

West- und Nordgerm.: D mhd. schreit, W an. skreiðr. Afestl.-nfr. *skrƣd, woraus regulär bök. schriidj, karrh. skriidj; darüber hinaus keine Belege im übrigen Fries. Des weiteren wohl o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. skreida-/skreiþa- stv.I ‘schreiten’ (Sb 421f.), und demnach zu D mhd. schreit ‘breit, ausgedehnt’, W an. auðskreiðr ‘leichte, schnelle Fahrt habend’, ƫrskreiðr ‘sich rasch vorwärts bewegend (Schiff)’. Aus der Grundbedeutung ‘voranschreitend’ entwickelte sich einerseits W ‘sich schnell fortbewegend’, dagegen im Westgerm. offenbar zunächst ‘weit ausschreitend, raumgreifend’, woraus F ‘dünn gewachsen, breitwür¿g stehend (Halme)’, D ‘breit, ausgedehnt’. Eine BeeinÀussung durch germ. *braida- ‘breit’, wie Heidermanns (Hm 500) vermutet, ist in den westgerm. Formen denkbar, muß aber nicht zwingend vorliegen. Seebold 1970: 421f.; Matzel 1974: 95; Matzel 1992: 96.

Lit

æhula- ‘vertrocknet, eingeschrumpft’ V (§ 56) skrǀ F S

N

WFR nwfr. skriel ‘mager, dünn, schmächtig; dürftig, armselig; trocken (Wind)’ (Tamminga 1973: 191ff., WFT 20,37f.) nnd. (OF) schrâl ‘schlecht, mager, dünn; elend, arm, knapp etc. oder dürr, unfruchtbar’ (DK 3,143), nnd. (Old.) schraal ‘trocken, mager, kümmerlich; fettarm (Fleisch); trocken (Wind); unfruchtbar (Land)’ (Böning 93), nnd. (Had.) schraal ‘ungünstig (Wind)’ (Teut 4,73), gron. schroal ‘schraal’ (ter Laan 1952: 891) nnl. schraal ‘mager, niet vet of vlezig; niet gegoed; tamelijk arm; slecht gevuld, slecht voorzien; dun en armelijk; niet vruchtbaar, wei-

skrƣhula-

477

nig opleverend; veel zand bevattend; niet groeizaam; bepaaldelijk koud en droeg; onvoldoende in hoeveelheid of voedzaamheid, armelijk, mager; slecht van gehalte, vaak ook enigzins zuur; niet ruim, niet overvloedig, armelijk; niet vol en krachtig; karig, schriel; zeer droeg en rijp; niet voldoende in de richting die een schip behoeft’ (WNT 14,971ff.) Bel Germ

Idg

Die Belege konzentrieren sich auf die südliche Nordseeküste (WFR, S, N), jedoch mit anderem Suf¿xvokal ursprünglich auch nordgerm. (W, O). PFR *skrƣl, S as. *skrƗl, N anl. *skrƗl mit dehnstu¿gem Ablaut steht neben S mnd. schrâch ‘elend, mager; dürftig, kärglich’ (LB 3,137), D mhd. schrâch ‘mager, dürr; rauh, grob’ (Lexer 2,783) < germ. *skrƣha-. Vielleicht ist dabei von einem red. Verb germ. *skrƣha- ‘(ein)schrumpfen, vertrocknen’ auszugehen, das relikthaft in dem Part.Prät. W nnorw. skråen, O jüt. skrån, nschw. dial. skråen ‘dürr, knüppeltrocken’ (Hellquist 1948: 2,955, Feilberg 3,332) < an. *skráinn erhalten geblieben sein könnte. Entsprechend wäre ein Verbaladj. westgerm. *skrƣhula- mit dem Suf¿x germ. *-ula- anzusetzen; daneben mit Suf¿xablaut und Umlaut offenbar auch in W an. *skræll ‘schwächlich, elendig’ < nordgerm. *skrƣhila-, wie die Derivationen W an. skrƣlingar m.pl. ‘Eskimos’, O ndän. skrælling ‘schwache Person; Eskimo’ < urnord. *skrƣhilinga- nahelegen. Sogenannte Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x haben mehrheitlich eine aktivische Bedeutung und sind mit dem Part.Präs. paraphrasierbar (Tiefenbach 1991: 108). Zumindest germ. *skrƣhula- und *brukula- (s.o.) erfordern dagegen eine passivische Paraphrase (vgl. auch Hm 65). Entlehnungen aus dem Nd. bzw. Nl. (möglicherweise aus der nd. und nl. Seefahrtssprache) sind: INF fa. skraal (WFO 243, FÖW 506), sy. skraal [-ȃ:-] (BM 230) ‘hager, mager; schwach (Wind)’, FNF bök. skrål ‘knapp, wenig, spärlich’ (FU 209), hall. skraol ‘schlecht, nicht günstig vom Winde’ (MOH 2,167), WFR nwfr. skraal (WFT 20,26), hind. skrael (GB 145), schierm. schraal (DF 97), tersch. schraal (CR 97) ‘mager, dünn’ (auch frühnwfr. skreal ‘schraal, dun, rank, tenger’ (GJ 407) führt auf mnl. *schrƗl zurück), ferner O ndän. skral, nschw. skral ‘mager, dünn, schwach’ (Nielsen 1989: 379), während N nordholl. schriel ‘mager, dünn’ wohl aus nwfr. skriel entlehnt ist (Schönfeld 1970: 96). Im weiteren zu der Wurzel idg. *(s)ker- ‘einschrumpfen, runzeln’ (IEW 933); die dehnstu¿ge Gutturalerweiterung idg. *skrƝk- läßt sich außergerm. nicht nachweisen.

478

Lit

skrekkula- – skrutula-

Falk/Torp 1909: 472; Falk/Torp 1910-11: 2,1023; Kluge 1911: 704; Hellquist 1948: 2,945; Franck/van Wijk 1949: 596; Pokorny 1959: 933; Tamminga 1973: 191ff.; de Vries 1977: 505f.; Nielsen 1989: 379. skrekkula- ‘schreckhaft’ V (§ 54)

F

INF fa. skregel ‘scheu, schüchtern, schreckhaft’ (LFM 168, WFO 244, FÖW 508) WFR nwfr. skrikkel, skrichel ‘schuchter, schuw, verlegen’ (WFT 20,44)

Bel

Nur F (INF, WFR), so daß von einer relativ späten einzelsprachlichen Wortbildung auszugehen ist, wenngleich wohl nicht von einer zu späten, da die beiden Vorkommen an der jeweils nördlichen und südlichen Peripherie des fries. Sprachgebietes kaum unabhängig voneinander entstanden sein dürften; auch eine Entlehnung in die eine oder andere Richtung wird man ausschließen können, zumal eine entsprechende mnd. bzw. mnl. Form als Zwischenträger – oder gar als gemeinsame Basis – einer solchen Entlehnung nirgends in Sicht ist. PFR *skrikkol; ein Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x zu germ. *skrekka- stv.V ‘springen; auffahren, aufschrecken’ mit expressiver Gemination (Sb 422): vgl. etwa D ahd. skrikkan stv.V ‘springen’, S mnd. schricken stv.V ‘hüpfen, springen; Hände und Füße rasch bewegen’, nnd. schrecken, schricken stv.V ‘schrecken’. Ursprünglich Àektiert das Verb schwach (1. Kl.), und die starke Konjugation hat sich erst sekundär nach dem Muster der Kausativa (trans.) : starken Verba (intrans.) entwickelt. Die ins.-nfr. Form fa. skregel < ains.-nfr. *skrikel < *skrikkel zeigt frühe Stammsilbenreduktion vor „schwerer“ Folgesilbe (vgl. dazu Hofmann 1961: 20ff.). Vgl. daneben germ. *-skrekka*- ‘(springend)’ in D ahd. framskrecki ‘unüberlegt, unbesonnen’ (Hm 501). Seebold 1970: 422; Faltings 1996: 113.

Germ

Lit

skrutula- ‘schreiend, lärmend’ V (§ 57) F

WFR nwfr. skrutel ‘vreesachtig, schrikachtig, schuw’ (WFT 20,61) hind. skrútel ‘bevreesd; schuchter, verlegen’ (GB 146, van der Kooy 1937: 148) schierm. schrúttel ‘bang, schuw’ (DF 97, Spenter 140)

skurfa-

479

-iga-

WFR nwfr. skrutelich ‘bevreesd, beangst’ (FW 3,128) mit sekundärer Suf¿xerweiterung

Bel Germ

Vermutlich eine jüngere, einzelsprachliche Bildung des Wfr. Awfr. *skrutel, ein Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x zu nwfr. skrute swv.2 ‘schrikken, bang worden’ (WFT 20,61) < germ. *skrutǀswv.2. ‘schreien, lärmen’, woraus ebenfalls mnd. schrûten swv.2 ‘schnauben, schnarchen, grunzen’ (LB 2,152), daneben mit i-Umlaut dän. skryde swv.1 ‘frembringe kradsende ell. skragende lyd; optræde højrøstet, brovtende; prale’ (Nielsen 1989: 379) und nschw. skryta swv.1 ‘skria’ (Hellquist 1948: 2,954). Die Bedeutungsentwicklung von ‘schreien’ > ‘ängstlich sein’ ging im Wfr. wahrscheinlich von ‘vor Angst schreien’ aus. Im weiteren liegt offenbar eine schwundstu¿ge Dentalerweiterung zu der Wurzel idg. *skreu- ‘schreien’ (IEW 570f.) vor. Spenter 1968: 148; Faltings 1996: 113.

Idg Lit

skurfa- ‘schor¿g’ S (§ 90) F

S N

INF fa. skürew ‘räudig (Haustier), mit Hautausschlag, SchuppenÀechte behaftet (Mensch); schor¿g (Obst, Gemüse)’ (FÖW 514, Verf.) WFR frühnwfr. schurf* in een schurre schiep ‘ein räudiges Schaf’ (SB 58) nwfr. skurf ‘beschadigd, geschonden, haveloos; gemeen, slecht, misdadig, schurkachtig; schuldig, geen zuiver geweten hebbend’ (WFT 20,82f.) mnd. schorf ‘als fehlerhafte Eigenschaft von der Wolle’ (LB 3,124) mnl. schorf ‘schurftig, schurft’ (VV 7,675)

-ǀja-

WFR nwfr. skurvje swv.2 ‘schelmachtig spelen’ (WFT 20,83)

Bel Germ

Westgerm.: F, S, N, aber offenbar keine Belege in E und D. Vermutlich desubstantivische Konversion aus germ. *skurfa- m./n. ‘juckender Hautausschlag; Schorf’, einer schwundstu¿gen deverbalen Bildung zu germ. *skerfa- stv.III ‘abnagen, -kratzen, -schaben’ (E ae. sceorfan stv.III ‘abnagen, beißen’) (Sb 414f.): AFR awfr. sknjr [m./n.?] ‘Räude, Krätze’ (Ro 2,298) < Àekt. *skurve INF fa. skürew n. ‘Räude, Krätze; Hautausschlag; Schorf’ (FÖW 514, Verf.), sy. skürev [-f] g. ‘Räude, Grind’ (BM 233) FNF bök. schörw (FU 208), hall. schurw (MOH 1,38), karrh. skörw (MN 2515), mgos. schörf (MN 2515), ält. ngos. schürf (a. 1743,

480

skurtaBJ 2,132), ngos. schörf (MOH 1,38), sgos. schürf (NfWb), wied. skür(e)w (FRU 293) n. ‘Krätze; Räude (Schafe)’ OFR harl. schurff, schuurf ‘die Kretze’ (CM 46), sat. schuurich, schuurch m. ‘Schorf, Räude’ (Kramer 1961: 192, Siebs 1901: 1270), wang. schäärf f. ‘Krätze’ (FA 1,391) S mnd. schorf m. ‘Schorf, Grind; Krätze, Räude’ (LB 3,124) N mnl. schorf f. ‘schorft, scabies’ (VV 7,675)

Lit

Im Fries. aus PFR *sknjrf mit frühgedehntem -u- vor -rv, das im Ofr. erhalten bleibt, im Nfr. dagegen zu -Ϸ- palatalisiert und anschließend in geschlossener Silbe gekürzt wird, im Festl.-Nfr. z.T. mit Senkung des -y- > -ø- vor -r. Die übertragene Bedeutung ‘schurkisch, schelmisch’ – wohl aus ‘mit charakterlichen Makeln behaftet’ < ‘mit dem Makel der Räude behaftet’ – begegnet lediglich im Nwfr. und scheint jüngeren Datums zu sein. Seebold 1970: 414f.; Kluge/Seebold 2002: 823. Hm 503 skurta- ‘kurz’ P (§ 4)

-a-/-ǀ-

-jǀn-

AFR awfr. skort m. (?) ‘Streit, Auseinandersetzung’ (O) [oder ist von ursprünglichem *skorte f. < germ. *skurtǀ- auszugehen?], INF fa. skort n. ‘Frauenrock aus schwerem Stoff; Frauenschurz’ (FÖW 505), helg. skort ‘unteres Stück der Kleidung; Rock’ (TS 280), sy. skort g. ‘Rock der Frauenkleidung; Unterrock’ (BM 230); FNF bök. schort n. ‘Schürze’ (FU 208), hall. skort f. ‘Frauenrock’ (MOH 2,100), karrh. skort n. ‘Unterrock; Schürze’ (MN 2012, OTJ 56), mgos. schort n. ‘Schürze’ (MN 2012), ält. ngos. schort f. ‘Schurz, Schürze’ (ca. a. 1745, JG 329), ngos. schort, schoort n. ‘Schürze’ (MOH 2,100, WNG 94), sgos. schort n. ‘Schürze’ (MN 2012), wied. skort n. ‘Rock’ (FRU 289), OFR sat. schoarte f. ‘Schürze’ (MF 154), wang. schort [ohne Genusangabe] ‘Rock’ (FA 2,17, 18), WFR nwfr. skoart [-wa-] ‘vrouwen-overrok; een linnen overkleedje, van de middel tot over de knieën reikend’ (FW 3,116, WFT 19,381f.), schierm. schort m. ‘overrok’ (DF 97). – Die meisten neufries. Formen lassen, abgesehen von sat. skoarte f. (ǀ-St.), nicht erkennen, ob sie auf ein a-stämmiges germ. *skurta- m.n. oder ǀ-stämmiges germ. *skurtǀ- f. zurückführen, da die heutigen Genusverhältnisse keinen sicheren Anhaltspunkt bieten. Die Annahme Löfstedts (1931: 100), daß es sich im Nfr. um „westliche [d.h. nnl.] Entlehnungen“ handele, ist kaum naheliegend; vgl. auch Hofmann 1961: 167. INF fa. skört n. [< f.] ‘leinene Arbeitsjacke’ (WFO 242, Verf.), helg. skert f. ‘Unterrock’ (TS 278) mit -ö-/-e- vor -r- < ains.-nfr. -i- < germ. -u- + -i-, WFR hind. skerte n. ‘schort (van menselijk lichaam; van

skurta-

-engǀ-

-ja-

-æƝ

Bel Germ

Idg Lit

481

vrouwenkleed)’ (GB 142), tersch. schet ‘schoot (voorkant van vrouwenkledingsstuk)’ (CR 95) mit -e- < awfr. -e- < germ. -u- + -i-. AFR awfr. skurtinge (Ro 2,28, O), skurting (FrB 146), skorting(e) (Cr, SnR 12, O) f. ‘Streitfall, Auseinandersetzung’, INF fa. skörting, -ang f. ‘Fieber-, Krankheitsanfall’ (LFM 167, FÖW 505) mit i-Umlaut, sy. skorting g. ‘Fehler, Gebrechen, Gebresten’ (BM 230), WFR frühnwfr. schorting ‘hapering, verschil, oneenigheid’ (GJ 405); vgl. Ahlsson 92. INF fa. skört swv.1 ‘sein Kleid unten aufheben, schürzen’ (LFM 167, FÖW 505); für das von Holthausen 1925: 120 angeführte AFR upskerta swv.1 ‘kürzen’ lassen sich laut Hofmann (HoH 120) keine Belege beibringen. Dasselbe gilt für die von van Helten 1896: 52f. angesetzte Form awfr. skertha ‘das Fehlen’ < germ. *skurtiþ-; diese aus scortha (Ro 2,124) verbesserte Lesart ist jedoch insgesamt zu streichen, da sie offenbar aus jeertha verlesen ist (RoK 124). AFR awfr. skorta swv.1 ‘streiten; fehlen’ (SnR 210, O), INF fa. skort (LFM 167, FÖW 505), sy. skort (BM 230) swv. ‘mangeln, fehlen; zu kurz kommen’, FNF ält. ngos. schortiä (ca. a. 1745, JG 329), wied. skorte (FRU 289) swv. ‘schürzen’, WFR frühnwfr. schorte swv. ‘schorten, schelen, gebreken, haperen’ (GJ 405). – Der fehlende Umlaut deutet wohl auf die schwache VerbÀexion der 3. Kl. hin, sofern nicht Enlehnung aus N (m)nl. schorten swv. ‘fehlen, mangeln’, im Ins.-Nfr. vielleicht eher aus O adän. skorta swv. ‘fehlen, mangeln’ vorliegen sollte. Westgerm.: E ae. scort, D ahd. skurz; indirekt auch F und W/O. Das Primäradj. PFR *skurt ‘kurz’, wie es aus den obengenannten deadj. Derivationen zu erschließen ist, setzt sich in den afr. und neufries. Mundarten nicht fort; dort gelten einzig Formen des lat. Lehnwortes curtus ‘kurz’. Neben dem schwundstu¿gen Adj. steht das e-stu¿ge Subst. INF sy. sjaart g. ‘Scherbe, Topfscherbe’ (BM 222) sowie diminutivisch fa. sjartje f. ‘Zwieback’ (WFO 23) < *skiart < *skƝrte mit positionsbedingter Dehnung vor -rt < ains.-nfr. *skerte f. [entgegen Hofmann 1961: 164f. und Århammar 1967: 198 wohl nicht identisch mit germ. *skarda- n. ‘Scharte’; s.o. unter *skarda-], D mhd. scherze m. ‘abgeschnittenes Stück’< germ. *skertan-, wonach die Grundbedeutung des Adj. einst ‘abgeschnitten’ gewesen sein dürfte. Offenbar ist von einer Wurzelerweiterung idg. *sker-d- zu idg. *sker‘schneiden’ (IEW 940ff.) auszugehen; vgl. im weiteren auch ablautendes germ. *skarda- und *skarpa- (s.o.). van Helten 1896: 52f.; Falk/Torp 1909: 455; Pokorny 1959: 941; Frings/Müller 1966-68: 1,194; de Grauwe 1979-82: 2,300f.; Lühr/ Matzel 1986: 259.

482

skutula- – slaiwa-

Hm 504 skutula- ‘(schießend)’ V (§ 53) F

FNF bök. schul ‘mundfertig, beredt, lüstern, gierig nach Alkohol’ (MN 2319, FU 210) karrh. skool ‘lüstern nach geistigen getränken’ (MN 619) mgos. (Breklum) schaal ‘lüstern’ (MN 2319) ngos. school ‘lüstern nach geistigen getränken’ (MN 619) sgos. (Hattstedt) schäädel ‘lüstern’ (MN 2319)

-iga-

INF fa. sköödlig ‘habgierig, gierig’ (WFO 242, FÖW 503) mit sekundärer Suf¿xerweiterung INF fa. sköödle swv.2 ‘lungern’ (FÖW 503)

-ǀjaBel Germ

Lit

Nur F und in W an. viðrskotull in orðum ‘gerne widersprechend, ständig stichelnd’ PFR *skotol; schwundstu¿ges Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x zu germ. *skeuta swv.II ‘schießen’ (Sb 417f.). Bök. schul in der Bedeutung ‘lüstern’ hat inhaltlich auf bök. schal < germ. *skitula- eingewirkt (s.o.). Die Bedeutung ‘gierig, lüstern’ entwickelte sich offenbar aus ‘die Angewohnheit habend, auf etwas loszuschießen’. Seebold 1970: 417f.; Faltings 1996: 111. Hm 505f. slaiwa- ‘stumpf, matt’ *V (§ 25b)

F

O Bel Germ

OFR sat. sljou ‘mutlos’ (JM 46) WFR frühnwfr. sleau ‘loom, traag’ (GJ 422) nwfr. sleau ‘traag, langzaam, niet voortvarend; futloos, suf, lusteloos; achteloos, laks, nalatig, slof; slordig, niet netjes; Àauw, kinderachtig, onnozel; smakeloos, onkies; temerig en onnozel in het spreken; slap, zonder veel handel; wee’ (WFT 20,122f.) hind. sleau ‘traag, lusteloos; slordig, onnozel’ (GB 147) schierm. sleeu ‘sloom, traag, loom’ (DF 101) tersch. sleauw ‘suf¿g; treuzelig’ (CR 101) adän. sløff, sløw ‘ikke skarp, stump; mat, svag; kraftløs’ (ODS 20,709f., Nielsen 1989: 393) West- und nordgerm.: E ae. slƗw, S as. slƝu, N mnl. slee, sleu, D ahd. slƝ*, W an. sljór, slær. PFR *slƣuwe mit Akzentumsprung > aofr. *slinjwe > *sliǀ(w) > sat. sljou, entsprechend awfr. *slƣ(u)w(e) > nwfr. sleau (Siebs 1901:

slaupa- – sleiþja-

Idg

Lit

483

1217 und Dyk 2007: 115). Wie in sat. schjou ‘scheu’, tjou ‘treu’ ist vielleicht auch hierbei von einer ja-stämmigen Basis auszugehen. Die weiteren germ. und außergerm. Zusammenhänge werden nicht deutlich. Heidermanns 1986: 296 und Bammesberger 1990: 244 erwägen eine alte wa-stämmige Bildung germ. *slai-wa-, andere dagegen setzen eine Stammformation germ. *slaiw-a- an < idg. *sloiԥ-omit Anschluß an ai. srƯí vyati ‘mißrät’ und ai. sreváyant ‘Fehlgeburt’. Falk/Torp 1909: 532f.; Heidermanns 1986: 296; Bammesberger 1990: 244. Hm 508 slaupa- ‘schlaff, träge’ V (§ 25c)

F

FNF bök. sluup ‘lose, locker’ (FU 217)

Bel Germ

Westgerm.: FNF, D. ǀ > -ǀa- > -nja- regulär zu bök. PFR *slƗp, dessen -Ɨ- sich über -å[-u:-] fortentwickelt. Wie D ahd. slouf ‘träge, müßig’ ein o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *sleupa- stv.II ‘schleichen’ (Sb 435f.). Die Bedeutung ‘lose, locker (sitzend)’ der fries. Form ging offenbar von ‘schlaff’ aus, dieses wiederum aus ‘sich träge fortbewegend, schleichend’. Seebold 1970: 435f.

Lit

Hm 509 sleiþja-* ‘grimmig, gefährlich’ *D? (§ 100a) F

S

WFR nwfr. slij ‘verzot, verlekkerd (op iets, vooral spijs of drank)’ (FW 3,138, WFT 20,142), daneben auch ‘mannstoll’ (Buma 1965: 46) schierm. slei ‘begerig naar’ (DF 101) nnd. (OF) slît ‘lüstern, begierig, gierig’ (DK 3,205)

-nassjǀ-

WFR nwfr. slijens ‘verzoetheid’ (WFT 20,142)

Bel Germ

Westgerm. und got.: E ae. slƯðe, S as. slƯthi, G sleidj-. PFR *slƯðe > awfr.*slƯde mit weiterer Entwicklung zu *slƯ > nwfr. slij wie in awfr. *blƯðe> jünger blƯde ‘froh, heiter’ > blƯ > nwfr. blij. Die Bedeutungsentwicklung von ‘grimmig, gefährlich’ > ‘gierig’ zeigt sich ebenfalls in W slíðrliga adv. ‘gierig’ < germ. *sleiþra‘schlimm, gefährlich’ mit ra-Suf¿x (Hm 510). Das Adj. steht im Germ. isoliert und bietet auch in den außergerm. Sprachen keine Anknüpfungsmöglichkeit. Heidermanns erwägt eine denominale Ableitung mit ja-Suf¿x.

484

Lit

slihta-

Falk/Torp 1909: 539; Wissmann 1938: 75ff.; Fowkes 1949: 43f.; Pokorny 1959: 672; Buma 1965: 45ff.; Griepentrog 1991: 111f. Anm. 7. Hm 512f. slihta- ‘glatt, eben’ *V (§ 80)

F

AFR awfr. sliucht (A 128, Cr, Ro 1,122, O), sliocht (Fs 2,67, SnR 12, O), slucht (Fs 2,67) ‘schlicht, einfach; einfältig; unquali¿ziert’ INF sy. slocht ‘schlicht, eben, gerade, glatt, platt; geistig einfach’ (BM 236, SU 756) FNF bök. schucht, slucht ‘schlicht, eben; einfach; schlecht, niederträchtig’ (FU 210) hall. schocht ‘schlicht’ (MOH 2,139) karrh. schucht ‘schlicht, eben, glatt’ (MN 2314, OTJ 67, 74) mgos. schocht ‘schlecht’ (LHol 187) ält. ngos. sliocht ‘gering; schlecht’ (a. 1743, BJ 2,145), ngos. schocht, schucht ‘schlicht, einfach’ (MOH 2,139, WNG 91) sgos. slocht ‘schlicht’ (EFS 129, Beitr. 39) str. schljocht ‘schlicht’ (ca. a. 1600, Kat. 70, 71) wied. sljocht ‘schlicht, eben; rechts (von einer Strickmasche)’ (FRU 297) OFR harl. schliucht ‘schlecht, schlicht, eben’ (CM 62, 68, 70, 105, 106) sat. sljucht ‘schlecht; eben, glatt; schlicht, einfach’ (MF 158) wang. sliucht ‘schlicht, glatt’ (FA 1,102, HEN 297) WFR frühnwfr. sliucht ‘schlicht’ (SB 91, A 21, Z. 5), sljuecht ‘slecht, opregt; eenvoudig, braaf’ (GJ 424) nwfr. sljocht, sljucht ‘effen, vlak, plat, glad; eenvoudig, gewoon; zonder opsmuk of tierelatijnen; dwaas, gek, krankzinnig; recht (bij breien); verkeerd, ongunstig’ (WFT 20,162f.) hind. slocht ‘effen, vlak; slecht’ (GB 148) schierm. sjocht ‘min, slecht; effen, vlak’ (DF 101) tersch. sl(j)ucht ‘slecht’ (CR 102)

-a-

FNF wied. sljocht n. ‘Mehlkleister, mit dem der Weber das Schergarn bestreicht, um das Ausrauhen der Fäden zu verhindern’ (FRU 297) FNF bök. schuchte, sluchte (FU 210), wied. sljochte (FRU 297) m. ‘ebene Fläche’ INF sy. slochtens g. ‘Ebene, ebene Fläche’ (BM 236), WFR nwfr. sljochtens, sljuchtens ‘effenheid; eenvoudigheid; dwaasheid’ (FW 3,142, WFT 20,164) INF sy. slochthair g. ‘Schlichtheit, Einfachheit’ (SU 756) INF sy. slochti swv.2 ‘schlichten, ausgleichen, ebenen’ (BM 236), FNF bök. sluchte (FU 217), hall. schochte (Lo 91), ält. ngos. sliochtiä (ca. a. 1745, JG 309) swv.2 ‘schlichten’, OFR sat. sljuchtje

-an-nassjǀ-haidu-ǀja-

slihta-

485

(MF 158), wang. sliucht (FA 1,58) swv.2 ‘schlichten’, WFR nwfr. sljuchtsje (WFT 20,165), hind. slochtje (GB 148), schierm. sjoch(t)je (DF 101), tersch. sl(j)uchtsje (CR 102) swv.2 ‘slechten, effenen’, daneben erweitert mit dem Suf¿x germ. -iga- FNF bök. schuchtie (FU 210), wied. sljochtie (FRU 297) swv.2 ‘schlichten, eben machen; schlichten, beilegen’ Bel Germ

Lit

Gemeingerm.: E ae. -slihtes adv., S as. sliht, N mnl. slecht, slicht, D ahd. sleht, W an. sléttr, O adän. slƣt, G slaihts. PFR *sliucht < *slehta < zeigt positionsbedingte „Brechung“ des -e> -iu- vor -ht (vgl. Boutkan 1998a: 81ff.). Die anlautende Sequenz slj- wird mundartlich teils progressiv zu sl-, teils regressiv zu sj- reduziert. Altes Verbaladj. mit ta-Suf¿x zu germ. *sleika- stv.I ‘schleichen’ (Sb 428f.) < ursprünglicherem ‘gleiten, geschmeidig auftreten’. Das Adj. bedeutete zunächst wohl ‘glatt, geglättet’, daraus a) ‘Àach, eben’, b) ‘einfach, schlicht, einfältig’. Als Entlehnungen aus (m)nd. slicht sind INF fa. slacht ‘schlicht, eben, glatt; schlecht’ (FÖW 518), helg. slecht ‘schlecht; schlicht’ (TS 281) sowie FNF sgos. slacht ‘schlicht’ (EFS 129) aufzufassen, es sei denn, man würde wie etwa in nhd. schlicht von einem aus germ. *slihtja- swv.1 ‘einebnen, glätten’ rückgebildeten ains.-/afestl.-nfr. *slicht ausgehen, in dem das -j- des Suf¿xes den a-Umlaut des -i- > -e- und damit auch die „Brechung“ des -e- > -iu- verhindert haben würde; hierher auch INF fa. slachte swv.2 ‘schlichten, ebnen’ und das daraus diminutiv derivierte fa. sleechtje swv.2 ‘streicheln’ < ains.-nfr. *slichtikia (Hofmann 1961: 167). Siebs 1889: 129; Löfstedt 1931: 139; Löfstedt 1933: 39; Pokorny 1959: 664; Rosengren 1968: 67ff.; Spenter 1968: 275; Seebold 1970: 428f. slnjfa- (-uff-) ‘schlaff’ *V (§ 24d)

F

INF fa. slüf ‘schräg, abgeschrägt, geebnet’ (KJC 10,279, FÖW 528) sy. slüf ‘schräg, abfallend’ (SU 757)

Bel

In der vorliegenden Form lediglich INF, mit expressiver Gemination auch kontinental-nordseegerm.: F, S (westl. Küstennd.), N. PFR *slnjf, das sich lediglich in INF fa.sy. slüf fortsetzt mit Palatalisierung des -nj- > -Ǯ- und positionsbedingter Kürzung in geschlossener Silbe. Die Bedeutung ‘schräg, abgeschrägt’ entwickelte sich aus ‘nach unten geneigt’ < ‘schlaff herabhängend’.

Germ

486

slihta-

Weiter verbreitet sind dagegen im kontinentalen Nordseegerm. Formen, die allesamt von einer Vorstufe germ. *sluffa- ausgehen mit expressiver Gemination und Kürzung des Stammvokals vor Doppelkonsonanz: AFR aofr. slof* in slofbende f. ‘leichte, lose Fesselung’ (F), das in mnd. (OF) Übersetzung als slofbant ‘locker anliegende Fessel’ (LB 3,277) erscheint. FNF wied. slof ‘lässig’ (FRU 298) OFR sat. sluf ‘matt, müde, mutlos; feucht [von den Wänden eines Hauses]’ (MF 158) WFR nwfr. slof ‘nalatig, laks; achteloos, onachtzaam; niet drogend (van het weer); vochtig, nattig; Àauw, niet scherp’ (WFT 20,172), hind. slof ‘slof’ (DF 148), tersch. slof ‘vergeetachtig, achteloos’ (CR 102) S nnd. (OF) sluf ‘hinfällig, matt, müde, muthlos etc.’ (DK 3,312), gron. slof ‘min of meer met vocht doortrokken’ (ter Laan 1952: 916) N spätmnl. slof ‘slof, traag, nalatig’ (VV 7,1296) -iga- INF fa. slo¿g (WFO 251, FÖW 525), sy. slo¿g (BM 236), FNF bök. slu¿ (FU 217), hall. slo¿ (MOH 2,83), karrh. slu¿ (MN 2329), ngos. slu¿, slo¿ (WNG 74), wied. slo¿ (FRU 298) ‘nachlässig, unordentlich, schlampig; schlurfend gehend’, OFR wang. sluf¿ig ‘nachlässig angezogen’ (HEN 160), S nnd. (NF, Schl.) sluf¿g, slof¿g ‘nachlässig, unordentlich; langstielig, säumig’ (Mensing 4,572) -nassjǀ- WFR nwfr. sloffens ‘slofheid, het slof, nalatig, laks zijn’ (WFT 20,172) -ǀja- INF fa. slofe (WFO 251, FÖW 525), helg. slofe (TS 282), sy. slo¿ (BM 236) swv.2 ‘schlurfend, schleppend gehen’, FNF bök. slufe (FU 217), hall. slofe (MOH 2,83), karrh. slufe (MN 2329), sgos. slofe (NfWb), wied. slofe (FRU 298) swv.2 ‘schleppend, schlurfend gehen’, WFR nwfr. slofje (WFT 20,172), hind. slofje (GB 148), schierm. sloffe (DF 102), tersch. slofje (CR 102) swv.2 ‘nachlässig sein; schlurfend gehen’, S nnd. (OF) sluffen swv. ‘schlaff, matt, träge und nachlässig sein oder werden’ (DK 3,212), nnd. (SH Westküste) sluffen swv. ‘schlurrend gehen; die Kleider nicht schonen’ (Mensing 4,571), nnd. (Wfal.) sluffen swv. ‘auf schluffen [Pantoffeln] gehen; saumselig sein; langsam schlurfen’ (Woeste 242), N nnl. sloffen ‘laksch, nalatig, met verzuim of uitstel handelen; loopen, dat de zool over de grond schuift of sleept; slap afhangen; slobberen’ (WNT 14,1856f.) Die genannten Belege des Festl.-Nfr. und des Ofr. setzen ein afr. *sluf (-ff-) voraus, wobei die Doppelkonsonanz -ff- die Senkung von

slnjha-

487

germ. -u- > -o- vor -a- offenbar verhinderte. Allerdings ist für alle fries. Formen mit expressiver Gemination eine Entlehnung aus dem (M)nd. bzw. (M)nl. nicht auszuschließen.

Idg

Lit

Im weiteren Anschluß an idg. *(s)leup- ‘schlaff herabhängen(d)’ (IEW 964f.), eine p-Erweiterung zu der im Germ. und Balt. weitverbreiteten Wurzel idg. *(s)leu- ‘schlaff herabhängend’ (IEW 962), so daß primär offenbar eine Derivation aus der II. Ablautreihe vorliegt, obwohl sich ein dazugehöriges starkes Verb germ. *sleufa- einzelsprachlich nicht nachweisen läßt; vgl. ohne s-mobile germ. *laufa- : *lufa- ‘schlaff, matt’ (s.o. mit weiteren Einzelheiten). Falk/Torp 1909: 542; Löfstedt 1931: 83; Franck/van Wijk 1949: 619; Pokorny 1959: 962, 964f.; Rogby 1967: 57; Sjölin 1970: 216f.; de Vries 1992: 651. Hm 515f. slnjha- ‘schleichend’ *V (§ 24d)

F

WFR frühnwfr. sluwg ‘vadzig, loom, traag, slaperig’ (GJ 27) nwfr. slûch ‘slaperig; sloom, druilorig; Àauw, niet krachtig; niet bewegend, golvend (van water); sluik (van haar)’ (WFT 20,184) hind. sloech ‘slaperig; loom, suf’ (GB 148) schierm. slúch ‘slaperig’ (DF 102) tersch. sloeg ‘slaperig’ (CR 102)

-nassjǀ-

WFR nwfr. slûgens ‘slaperigheid, sufheid, loomheid’ (WFT 20,186), schierm. slúgens m. ‘Trägheit, Schlaffheit’ (Spenter 243) WFR nwfr. slûgje swv.2 ‘dutten, sluimeren; dralen, talmen, suffen, luieren’ (WFT 20,186)

-ǀjaBel Germ

Idg

Kontinentalwestgerm. unter Einschluß des F. Awfr. *slnjch < germ. *slnjha- entsprechend awfr. rnjch ‘rauh’ < germ. *rnjha-. Die angenommene Grundbedeutung ‘schleichend’ führte teils zu F ‘träge, dösend, schläfrig’, teils wohl über eine Zwischenstufe ‘unauffällig im Verborgenen agierend, (hinter)listig’ zu ‘heimlich’ und ‘schlau’ wie etwa in S mnd. slûhöêrer m. ‘heimlicher Lauscher’, nnd. slnj ‘schlau’, N nnl. sluw ‘schlau’, und D nhd. schlau, bair. schlauch ‘schlau’. WFR nwfr. slou ‘achteloos; traag, loom’ in der reimenden Verbindung slou en drou (FW 3,145) setzt eine Vorstufe *slnjw voraus und dürfte aus dem Nl. entlehnt sein. Ursprüngliches Verbaladj. zu der Verbalwurzel idg. *(s)leuk- ‘gleiten, schlüpfen’ und der Auslautvariante idg. *(s)leuƣ-, woraus germ.

488

Lit

slnjka-

*slnjka- stv.II ‘schlucken, schleichen’ und INF fa. slük m. ‘Stirnzapfen des Hornviehs’ (LFM 174), FNF bök. slük (FU 217), hall. sluk [-u-] (MOH 2,75) m. ‘Stirnzapfen des Hornviehs’, ält. ngos. schlück ‘Schlauch’ (a. 1743, BJ 1,120), S as. slnjk m., D mhd. slnjch m. ‘Schlangenhaut, Schlauch’ (IEW 964); vgl. germ. *slnjka- ‘schlaff’. Falk/Torp 1909: 541; Lindqvist 1909: 282f.; Kroes 1918: 188ff.; Franck/van Wijk 1949: 622f. und Suppl. 153; Pokorny 1959: 964; Spenter 1968: 243; Kluge/Mitzka 1975: 654; de Vries 1992: 654; Kluge/Seebold 2002: 807. slnjka- (-ukk-) ‘schlaff, träge’ V (§ 24c)

F

S N

Bel Germ

INF fa. slük ‘kraftlos herabhängend; lustlos’ (MN 2329, NH 225, Verf.), sonst in slükskolert ‘mit hängenden Schultern’ (FÖW 528), slükuaret ‘mit hängenden Ohren, niedergeschlagen’ (WFO 251, FÖW 528) WFR nwfr. slûk ‘glad neerliggend, zonder neiging tot springen of krullen (van haar); slap neerhangend (inz. van kleren); afhangend (van schouder en kruis)’ (WFT 20,187) hind. slûk ‘sluik’ (GB 148) tersch. sloek ‘sluik; slank’ (CR 102) gron. sloek [-u:-] ‘neerslachtig, stil; niet Àeurig’ (ter Laan 1952: 915) nnl. sluik ‘tenger, smal, dun, mager; slap, krachteloos; glad neerliggend, zonder neiging op te springen of om te krullen; slap neerhangend; onopgesmukd, eenvoudig, niet de aandacht trekkend’ (WNT 14,1931f.) Nordseegerm.: F, S, N. PFR *slnjk ‘schlaff’, im Ins.-Nfr. mit Palatalisierung des -nj- > fa. -Ǯund positionsbedingter Kürzung in geschlossener Silbe. Verbaladj. zu germ. *slnjka stv.II ‘schleichen’ (intr.), ‘schlucken’ (trans.) (Sb 435), woraus etwa INF fa. slük stv.II/swv. ‘schleichen’ und ütjslük stv.II ‘ausschlürfen (Ei)’ (FÖW 528, Verf.); daneben mit expressiver Gemination und Kürzung des Stammvokals vor -kk-: INF fa. slok ‘abgenutzt, ausgeleiert; niedergeschlagen’ (WFO 251, FÖW 526), sy. slok ‘niedergeschlagen’ (BM 236) FNF bök. sluk (FU 217), hall. slok (MOH 2,75), karrh. sluk (MN 2329), ngos. slok, sluk (MOH 2,75), wied. slok (FRU 298) ‘schlaff, locker; niedergeschlagen’ S nnd. (SH) sluck ‘schlaff’ (Mensing 4,567), gron. slòk ‘slap, niet stijf gespannen, los aangebonden, slof, zonder strengheid, sluik’ (ter Laan 1952: 916)

smala-

Lit

489

Die fries. Formen mit expressiver Gemination setzen eine Vorstufe ains.-/afestl.-nfr. *sluk (-kk-) voraus, in der die Doppelkonsonanz -kk- anscheinend die Senkung des germ. -u- > -o- vor -a- verhinderte. Jedoch ist eine Entlehnung aus dem (M)nd. in den genannten Fällen wohl nicht auszuschließen. Vgl. darüber hinaus mit o-stu¿gem Ablaut E ae. slƝac ‘träge, faul’ (Hm 507f.). Zu den weiteren Zusammenhängen s.o. unter germ. *slnjha- ‘schleichend’. Seebold 1970: 435; Lühr 1988: 293; de Vries 1992: 653. Hm 517f. smala- ‘klein’ *V (§ 27b)

F

O -iga-

AFR aofr. smel ‘klein, schmal’ (F, H) awfr. smel, (Cr, D, J, O), smal (D, J, SnR 41, O), smol (O) ‘klein, gering; von geringem Ansehen’ INF fa. smääl, smeel ‘schmal; schmächtig; karg (Lohn, Auskommen)’ (WFO 252, FÖW 529f., Verf.) sy. smääl ‘schmal’ (BM 238, SU 757) FNF bök. smeel ‘schmal; gering; schwach’ (FU 218) hall. smeel ‘schmal’ (MOH 1,199) karrh. smeel ‘schmal’ (OTJ 23, 30) mgos. smääl (Beitr. Anhang Tab. 1b), schmääl (PG 129) ‘schmal’ ält. ngos. schmeel (a. 1743, BJ 2,147), ngos. smeel (MOH 1,199) ‘schmal’ sgos. smääl ‘schmal’ (Beitr. 22) wied. smjil, smeel ‘schmal, dünn, schmächtig; karg; leicht’ (FRU 301) OFR sat. smäl ‘schmal, dünn’ (MF 159) wang. smel ‘schmal’ (FA 1,102) WFR frühnwfr. smol ‘smal’ (GJ 431) nwfr. smel ‘smal; mager, als gevolg, teken van zwakte of ziekte; klein, gering, onbelangrijk; onhandig; klein, onnozel, niet ernstig (van ongelukken, daden)’ (WFT 20,204) hind. smòl ‘smal’ (GB 149) schierm. smal ‘smal’ (DF 103) tersch. smel ‘smal, schraal’ (CR 103) adän. smal(l), smaal ‘ringe af omfang; lille’ (ODS 20,789ff., Nielsen 1989: 394) WFR nwfr. smellich (WFT 20,206), tersch. smellich (CR 103) ‘enigzins smal’

490

-ikǀda-

-a-engǀ-

-ǀja-

Bel Germ

Idg

Lit

smala-

INF fa. smeelket ‘ein wenig schmächtig (von kleinen Kindern oder kleinen Haustieren)’ (LFM 175, FÖW 530) mit dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ket < ains.-nfr. *smelikad; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und 168 sowie Faltings 1996b: 95f. WFR nwfr. smel n. ‘smalle strook vlees van een geslacht varken; inwendige delen van een geslacht varken’ (WFT 20,206) AFR aofr. smelinge f. ‘Schmalwerden, Schmälerung eines Gliedes’ (F), daneben in derselben Bedeutung im Kompositum lithsmelinge f. (E1,3), INF sy. smääling n. ‘Bauchspeck, Dünnspeck’ (BM 238); vgl. zu den afr. Formen auch Ahlsson 92. AFR aofr. smelia swv.2 ‘schmäler machen’ (E3), FNF bök. smeele swv. ‘schmälern’ (FU 218), WFR frühnwfr. smellje swv.2 ‘schmäler machen’ (SB 55) Gemeingerm.: E ae. smæl, S as. smal, N mnl. smal, D ahd. smal, W an. smal, G smalists sup. Sämtliche neufries. Belege führen auf PFR *smel mit -e- < tonerhöhtem -a- in geschlossener Silbe zurück, auch die dialektalen wfr. Formen smol, smal mit positionsbedingtem -o-/-a- < -e- vor -l- (vgl. Miedema 1976, 1976a, 1986). WFR nwfr. smel in der Bedeutung ‘höhnisch, ehrkränkend’ (WFT 20,205) ist eine Rückbildung aus germ. *smalja- swv.1 ‘schmäler machen’, woraus ‘jmd. herabsetzen, kränken’ (vgl. z.B. N nnl. smalen, D nhd. schmälen swv. ‘höhnen’). Die weiteren etymologischen Zusammenhänge sind unklar. Sowohl die Verknüpfung mit W nnorw. dial. smola swv.2 ‘zermalmen, zerstoßen, zerkleinern’ bzw. ohne s-mobile mit an. mola swv.2 ‘vermahlen’ zu idg. *mel- ‘mahlen’ (IEW 716ff.) als auch die Verbindung mit lat. malus ‘böse, schlecht’, abulg. malɴ ‘klein’ und N anl. mƗla, nnl. maal ‘junge Kuh’ zu idg. *mƝlo- ‘klein’, ‘kleines, junges Tier’ (IEW 724) ist mit lautlichen, morphologischen und semantischen Schwierigkeiten behaftet (dazu resümierend Hm 517). Am ehesten ist Anschluß an die Verbalwurzel idg. *smel- ‘fein zerreiben’ zu suchen, die auch in lit. smơlys (smơlio) m. ‘Sand’, smiltìs (-iƝs) f. ‘feiner Sand’ vorliegt (Hm 518); dazu mit Gutturalerweiterung germ. *smelha- ‘klein, gering’ (Hm 519f.). Siebs 1901: 1178; Koch 1906: 139, 144f., 146ff.; van Helten 1907: 308; Falk/Torp 1909: 528; Falk/Torp 1910-11: 2,1084; Löfstedt 1928: 199; Pokorny 1959: 724; Stanforth 1967: 97; Spenter 1968: 69; von Olberg 1991: 235f.

smanþa- – smƣha-

491

Hm 518 smanþa- ‘weich, sanft’ P (§ 2) F

OFR sat. smoud ‘geschmeidig, weich’ (MF 159)

Bel Germ

Nordseegerm. unter Einschluß des F. PFR *smǀþ ‘geschmeidig, weich’ wie E ae. smǀþ ‘smooth, unrufÀed’ (BT 890) mit nordseegerm. -ǀ- < -an- vor Spirans < germ. *smanþa-, daneben in derselben Bedeutung mit ja-Suf¿x und Umlaut E ae. smƝðe (BT 888) und S as. smǀthi ‘sanftmütig’ (Hh 68), wahrscheinlich als Rückbildung aus dem Kausativum germ. *smanþja- swv.1 ‘weich machen’ (E ae. smƝðan swv.1 ‘to make smooth, soothe’ (BT 888), S nnd. (SH) smöden swv.1 ‘geschmeidig machen’ (Mensing 4,601)). Vermutlich Primäradj. mit s-mobile zu germ. *manþa- ‘freundlich’ (Hm 402; dort weitere Aufschlüsse). Falk/Torp 1909: 526f.; Sarauw 1924: 211; Pokorny 1959: 904; Lerchner 1965: 235; Heeroma 1968: 267ff.; Lühr 1988: 154f.

Lit

Hm 518 smarta- ‘schmerzend’ V (§ 25e) F

AFR aofr. smert ‘schmerzend’ (F) OFR sat. smet ‘wund, sagt man von Kindern, die wund hinter den Ohren sind’ (JM 46)

Bel Germ

Anglo-fries.: E ae. smeart. ǀ-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *smerta- swv.III ‘schmerzen’ (Sb 439); in OFR sat. smet < aofr. smert ist -r- vor -t regulär geschwunden; vgl. sat. swot, swoot ‘schwarz’ (Siebs 1901: 1261). Seebold 1970: 439; Sjölin 1970: 217.

Lit

æha- ‘klein, gering’ P (§ 6) Hm 519 smǀ F

INF fa. smen, smän f. ‘Pfeifente; junges, gutaussehendes Mädchen’ (WFO 252, FÖW 530) sy. smjen g. ‘Schmünte, Pfeifente’ (BM 238, SU 758) FNF bök. smün f. ‘Pfeifente’ (FU 219) ält. hall. schmönn ‘Pfeifente’ (a. 1749, NfSt 1,14) karrh. smün f. ‘Pfeifente’ (MN 2695) wied. smün f. ‘Pfeifente’ (FRU 302) WFR frühnwfr. smeant (Gesner 1555: 118; vgl. auch Claes 36), smiaeount (GJ 451) ‘Pfeifente’

492

E

S

N

Bel

Germ

smƣha-

nwfr. smjunt ‘smient (anas penelope); klein, schraal person of dier; schavuit, schurk’ (WFT 20,216) hind. smênt ‘smient’ (GB 149) schierm. smaunt, smeeunt m. ‘Pfeifente’ (Spenter 304) tersch. smjôn ‘smient’ (CR 103) ne. dial. smee ‘the widgeon [Pfeifente] (mareca penelope); the smew [Zwergsäger] (mergus albellus); a wild duck in its ¿rst year’s plumage’; daneben komponiert smee-duck in derselben Bedeutung, z.T. auch ‘the pochard [Tafelente] (fuligula ferina)’ (Wright 5,551, OED 9,268 und 272) nnd. (NF) smenn (Föhr), smeen (Eid.) n. ‘Pfeifente’, nnd. (MittelSchl.) smönn n. ‘Bekassine’ (Mensing 4,588), nnd. (OF) smênt ‘Halbente oder kleine Ente, und zwar sowohl die Kriech-Ente (anas querquedula) als auch die Pfeif-Ente (anas penelope); schmächtiger Mensch’ (DK 3,226), gron. smaint ‘anas penelope’ (ter Laan 1952: 920, 921) ält. nnl. (Holland) smeente f. ‘Pfeifente’ (Kilianus 1599: 496; vgl. auch Claes 37), nnl. (Ameland) smeent, nnl. smient ‘anas penelope’ (de Vries 1992: 658) Das Primäradj. ist im Germ. nicht allein auf das D (ahd. smƗh ‘gering’) und W/O (an. smár, adän. smƗ ‘klein, gering’) beschränkt, sondern in der vorliegenden Komposition auch F, E, S und N: demnach also ursprünglich allgemein westgerm.-nordgerm. Nach vorherrschender Auffassung enthält die kontinental-nordseegerm. Bezeichnung für ‘Pfeifente (anas penelope)’ [z.T. auch für andere kleinere Entenarten] in ihrem ersten Teil das Adj. germ. *smƣha- ‘klein, gering’, wonach die obengenannten Komposita als ‘kleine Ente’ zu interpretieren wären. Auch E ne. smee, smew, offenbar verkürzt für smee-/smew-duck, deutet in dieselbe Richtung (Onions 1978: 838). Die kleineren Pfeifenten zählen zu den am meisten gefangenen oder gejagten Wasservögeln entlang der gesamten Nordseeküste. Das würde zu einem Ansatz PFR *smƝch berechtigen oder – entsprechend D ahd. smƗhi (sekundärer ja-St.) – eventuell auch zu *smƝi. Die kompositionelle Basis PFR *smƝ-æned (< germ. *-aniði- f. ‘Ente’) bzw. *smƝ-oned (< germ. *-anuði f. ‘Ente’) hätte wohl zu ains.-nfr. *smiænd, afestl.-nfr. *sminjnd, awfr. *smiond, *sminjnd führen können, im Wfr. (außer in tersch. smjôn) sowie im Nd. und Nl. mit irregulärem ¿nalem -t. Entlehnung aus dem Nl. scheint in WFR hind. smênt vorzuliegen, es sei denn, man nähme auch hier eine Vorstufe awfr. *smiænd an. Zu germ. *aniði-/*anuði- f. ‘Ente’ im Fries. vgl. Löfstedt 1931: 67 und Spenter 1968: 299.

smnjga-

Lit

493

Die nnd. Belege Nordfrieslands und Mittelschleswigs sind als Entlehnungen aus dem Nfr. anzusehen, im Nd. Eiderstedts möglicherweise als fries. Substrat. Im Frühnhd. begegnen am Oberrhein (Straßburg) Formen wie smye, smiche ‘Pfeifente’ (smyhen, smychen pl.). Nach Suolahti 1909: 433 soll dieser Ausdruck durch nl.-fries. Vermittlung rheinaufwärts gewandert sein. Er lebt dialektal als D nhd. Schmeiente, Schmiente, Schmüente ‘Pfeifente’ (DW 9,998, 1078, 1130) fort. Falk/Torp 1909: 526; Suolahti 1909: 433; Franck/van Wijk 1949: 626 und Supp. 154; Pokorny 1959: 966; Löfstedt 1965-69: 22,54; Stanforth 1967: 96; Spenter 1968: 304; Onions 1978: 838; Nielsen 1989: 397; de Vries 1992: 658. smnjga- (> -k-) ‘schmiegsam’ V (§ 24c)

F N

WFR nwfr. smûk ‘beschut, luw; aangenaam, behaaglijk, genoeglijk; gezellig, knus; onderhoudend, boeiend (van vertellen, praten); aanminnig, bevallig’ (WFT 20,230) ält. nnl. smuik ‘van een schip: laag op het water’ (WNT 14,2221)

-iga-ǀja-

N mnl. smnjkich ‘kruiperig, laag’ (VV 7,1382) WFR nwfr. opsmûkje swv.2 ‘opsmukken’ (WFT 16,101), N mnl. smnjken swv.2 ‘laag of kruiperig zijn’ (VV 7,1382)

Bel

In der vorliegenden Form lediglich an der südlichen Nordseeküste im F und N. PFR *smnjk ‘sich behaglich anschmiegend’; das a-stämmige Adj. ist zweifellos an die im Germ. durch germ. *smeuga- stv.II ‘schmiegen’ (Sb 439f.) und seine vielfältigen Ableitungen vertretene Sippe anzuknüpfen, im Anglo-Fries. mit der für die II. verbale Ablautreihe typischen Variante auf -nj-: vgl. F afr. insmnjge f., smnjga, smnjch m. ‘Einschleichen, Eindringen’, nwfr. smûge swv. [primär wohl stv.II] ‘mit Beschwerden atmen (etwa bei Asthma)’, E ae. smnjgan stv.II ‘kriechen, schmiegen’, N nnl. smuigen stv.II ‘heimlich naschen’. Überdies begegnen im Nord- und Westgerm. verschiedene Formen mit stimmlosem Plosiv, und zwar sowohl mit einfachem -k- und langem -u- (germ. *smnjk-) als auch mit expressiv geminiertem -kk- und kurzem (schwundstu¿gem? oder vor Doppelkonsonanz gekürztem?) -u- (germ. *smukk-: vgl. etwa INF fa. smook, helg. smok m. ‘Frauenhemd’, FNF ält. ngos. smoock [ohne Genusangabe] ‘Frauenhemd’ (a. 1743, BJ 1,43), E ae. smocc m. ‘Unterhemd’, W an. smokkr m. ‘Hemd’, D ahd. smoccha m. ‘Untergewand’, S mnd. smuk (-kk-) ‘geschmeidig, biegsam; schmuck, schön, zierlich’, N nnl. smokkelen swv. ‘schmuggeln; schleichend gehen’). In der adv.

Germ

494

Idg Lit

smulta-

Wendung N nnl. ter smuig : smuik ‘heimlich’ stehen g- und k-Variante sogar nebeneinander. Freilich wird man der Opposition *smnjg- : *smnjk- kein sonderlich hohes Alter beimessen dürfen, denn vermutlich entstand sie erst einzelsprachlich an der südlichen Nordseeküste durch analoge Vorgänge. Denkbar wäre, daß ein Verbaladj. germ. *smnjga- ‘sich in etwas hineinschmiegend oder -drückend’, woraus N ‘tief im Wasser liegend’ und F ‘behaglich, gefällig, schön’, lautlich durch das etymologisch verwandte germ. *mnjka- ‘weich’ (N nnl. muik, meuk, S nnd. muuk ‘weich, reif’) (Hm 415) beeinÀußt worden sein könnte oder durch das obenerwähnte S mnd. smuk (-kk-) mit expressiver Gemination, dessen Bedeutung ‘geschmeidig’ neben ‘schön, ansehnlich’ obendrein in Teilbereichen mit der von WFR smûk übereinstimmt und einst vielleicht sogar damit korrelierte. S nnd. (OF) smüêk ‘schmiegsam, biegsam, geschmeidig; lenksam, gefügig, gehorsam; zahm, still’ (DK 3,233f.) dürfte Entlehnung aus dem Nl. sein. Zu idg. *smeugh- bzw. ohne s-mobile idg. *meug- ‘schlüpfen, kriechen’ (IEW 744f.). Zu weiteren Beziehungen vgl. germ. *meuka‘weich, sanft’ (Hm 411) und *mnjka- ‘weich’ (Hm 415). Falk/Torp 1909: 531f.; de Vries 1921-22: 40,102; Franck/van Wijk 1949: 627f.; Pokorny 1959: 744f.; Kluge/Mitzka 1975: 665, 667; Lühr 1988: 224; Århammar 1989: 121; de Vries 1992: 660; Kluge/ Seebold 2002: 815. Hm 522 smulta- ‘sanft’ *V (§ 26)

F

WFR nwfr. smout ‘luw, windvrij; erg warm tot heet (van het weer); aangenaam, behaaglijk; knus, gezellig; leuk, boeiend, geestig (van vertellen); vriendelijk’ (WFT 20,228)

-nassjǀ-eþǀ-ǀja-

WFR nwfr. smoutens ‘warmte; onderhoudenheid’ (WFT 20,228) WFR nwfr. smoute ‘luwte’ (WFT 20,228) WFR nwfr. smoutsje swv2. ‘luwen, beschutting geven tegen de wind, ook tegen tocht’ (WFT 20,229)

Bel

Westgerm.: E ae. smolt, S as. smultro adv. comp., N mnl. smout, D mhd. smolz. PFR *smolt > awfr. *smǀlt mit gedehntem -o- vor -lt > nwfr. smout; nach voraufgehendem -ǀ- ist das gutturale -l- regulär vokalisiert worden (Siebs 1901: 1261f.). Dennoch läßt sich wohl auch eine Entlehnung aus gleichbedeutendem N (m)nl. smout nicht ausschließen.

Germ

snarha-

Lit

495

Das Adj. steht neben dem Verb germ. *smelta- stv.III ‘schmelzen’ (Sb 438f.); daher vermutlich ein primäres schwundstu¿ges Verbaladj. der III. Ablautreihe (Hm 522). Aus der Grundbedeutung ‘(dahin)geschmolzen’ konnte sich zunächst etwa ‘von weicher, leicht zu handhabender Konsistenz’ entwickeln, daraus wiederum ‘sanft, angenehm’ und ‘friedlich, ruhig (Wetter, See)’. Falk/Torp 1909: 529; Pokorny 1959: 718; Lerchner 1965: 235; Seebold 1970: 438f. Hm 522 snarha- ‘gewandt, schnell’ V (§ 25e)

F S

O Bel Germ

Lit

FNF str. snaer /-a:-/ ‘heftig, kräftig’, adv. ‘rasch’ (a. 1637-61, DH 181) mnd. snarlîkest adv. sup. ‘schnellstens, schleunigst’ (LB 3,302), nnd. (Norderdith., Mittelschl.) snarr adv. ‘schnell’ (Mensing 4,621), nnd. (Bremen) snar (-rr-) ‘hurtig, geschwind’ (Brem. Wb. 4,881f.), nnd. (Wfal.) snår ‘schnell’, „als Adv. noch sehr gebräuchlich“ (Woeste 245) adän. snar (Nielsen 1989: 398), ält. ndän. snar (Kalkar 4,18), westjüt. snar (Feilberg 3,425) ‘hurtig, rask’ Nordseegerm. und nord.: F, S, N und O. Bei bodenständiger Entwicklung müßte FNF str. snƗr aus einer zweisilbigen Vorstufe mit ursprünglich dunklem Endvokal hervorgegangen sein, am ehesten aus dem Adv. afestl.-nfr. *snare < germ. *snarhǀ. Anderenfalls wäre wohl besser von einer Entlehnung aus dem Dän./Jüt. auszugehen, die ebenso in den nnd. Formen Mittelschleswigs und Norderdithmarschens vorliegen könnte. Allerdings ist das Adj. bzw. sein Adv. im Nd. sonst durchaus als heimisch anzusehen, so etwa im heutigen Westfälischen, und seine nunmehr relikthafte Verbreitung erstreckte sich einst vielleicht auch auf andere Mundartgebiete. Derartige Relikte sind daher wohl ebenfalls für das Vorkommen im Festl.-Nfr. bzw. Nnd. Schleswigs und Norderdithmarschens nicht vorderhand auszuschließen, wobei es an der Peripherie zum Dän. zu einer lexikalischen Stützung durch dän./jüt. snar und insbesondere durch das frequente Adv. snart ‘rasch, schnell’ gekommen sein könnte. Im übrigen liegt wahrscheinlich ein o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *snerha- stv.III ‘schlingen, winden’ vor (Sb 444), aus dem sich für das Adj. die Ausgangsbedeutung ‘sich schnell windend/wendend’ ergäbe (Hm 522). Falk/Torp 1909: 521; Falk/Torp 1910-11: 2,1090; Hellquist 1948: 2,1011; Seebold 1970: 444; Nielsen 1989: 398.

496

snauþa-

Hm 523 snauþa- ‘entblößt, beraubt’ V (§ 25c) F

O

-ǀ-jaBel Germ

Lit

INF fa. snuas ‘kurz abgemäht; sauber, adrett; klug, gescheit’ (FÖW 538, Faltings 1983: 142) sy. snuar, snuad ‘gescheit, gewitzt, schlau’ (BM 240, SU 760) FNF bök. snüüs, snuus ‘sauber, adrett’, daraus in sekundärer Ableitung mit k-Suf¿x (hier in iterativer Funktion) bök. snüüske swv. ‘(sich) fein machen, zurechtmachen’ (FU 221) karrh. snüüs ‘nett, schlank, gewandt’ (MN 2581) ält. ngos. snues ‘schnöde’ (ca. a. 1745, JG 318), ngos. snuus ‘glatt, vom Tisch’ (HMN 62) wied. snuus ‘plötzlich, jäh; kurz abgeschnitten; untadelig, sauber, adrett’ (FRU 305) OFR sat. snôd ‘witzig, gescheit, schlau’ (JM 46) WFR schierm. sneud ‘slim, snugger’ (DF 103) aschw. snǦþer ‘bar; utan fjäderklädnad; blottad, beröfvad, ödelagd; öde, ufruktbar; värdelös, usel, dålig; usel, dålig, ond, snöd’ (Söderwall 1884-1918: 2.1,451), ält. ndän. snød(e) ‘ringe, slet’ (Kalkar 4,31) INF fa. snuas f. ‘abgebissenes oder abgemähtes Büschel Gras oder Getreide’ (Faltings 1983: 142, FÖW 538) < ains.-nfr. *snƗþe f. dürfte denominal aus dem Adj. hervorgegangen sein. W an. sneyða swv.1 ‘berauben’ (de Vries 1977: 524), O jüt. snøde swv.1 ‘hugge smågrene af træer’ (Feilberg 3,446) West- und nordgerm.: S mnd. snöêde, N mnl. snode, snoot, D mhd. snœde, W an. snauðr; offenbar keine Belege im Engl. In allen neufries. Mundarten aus PFR *snƗþ; Entlehnung aus N (m)nl. snood ist AFR awfr. snǀd ‘ärmlich (Kleidung)’ (A 532, Ro 1,106, O) WFR nwfr. snoad ‘schrander, snugger’ (FW 3,160, WFT 20,270), dagegen zeigt FNF karrh. snoud ‘klug’ (OTJ 82) Lehnlautung nach S (m)nd. snǀd ‘schnöde; gering’; – im weiteren wohl o-stu¿ges Verbaladj. zu dem in Resten erkennbaren Verb germ. *sneuþa- stv.II ‘entblößen’ (Sb 445). Die Bedeutung ‘klug, gescheit’ ging offenbar von ‘sauber, adrett’ aus, dieses wiederum aus ‘glatt’ < ‘entblößt’. Jørgensen ed. 1938: 62f.; Kolb 1957: 55ff.; Pokorny 1959: 585; Spenter 1968: 330; Seebold 1970: 445; Faltings 1983: 142; Århammar 1989: 115f.; Faltings 1996: 106.

snella- – -sǀma-

497

Hm 524f. snella- ‘sich schnell bewegend’ P (§ 1) F

AFR awfr. snel ‘schnell, rasch, geschwind’ (A 438, J)

-lƯka-ǀja-

AFR awfr. snellƯke adv. ‘schnell’ (A 548) WFR frühnwfr. snellje swv.2 ‘snellen, snel voort gaan’ (GJ 432)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. snel, S as. snel, N mnl. snel (-ll-), D ahd. snel, W an. snjallr, O adän. snialdær. Das nur in wenigen Belegen bezeugte Adj. setzt sich in den neufries. Mundarten – außer in den untengenannten Ableitungen und Wendungen – nicht fort und könnte seinerseits aus N mnl. snel(l) und/ oder S mnd. snel(l) ‘schnell, behende’ entlehnt sein. Entlehnungen aus O sjüt. snild ‘glat, ¿n i hårlag, om kreaturer’ (Feilberg 3,434) < adän. snildær (Nielsen 1989: 399) sind zweifellos FNF bök. sniil (FU 220) und wied. sniilj (FRU 303) ‘glatthaarig (vom Vieh)’, Entlehnung aus S mnd. snel (-ll-) ‘schnell, wendig, beweglich’ (LB 3,305) dagegen FNF bök. snal ‘schnell; p¿f¿g’ (FU 220). Inwieweit schließlich die idiomatischen Wendungen WFR hind. oen ‘e snelle wêze (GB 150) und schierm. yn ‘e snelle wazze (DF 103) ‘Durchfall haben’ als autochthon einzustufen sind, ist unklar. Vermutlich ein Primäradj., das neben germ. *snalla- m. ‘rasche Bewegung’ (D mhd. snal (-ll-)), germ. *snallja- swv.1 ‘sich schnell bewegen’ (W an. snelljask, N mnl. snellen, D mh. snellen) und germ. *snallǀ- swv.2 ‘sich schnell bewegen’ (D mhd. snallen) steht. Die weiteren Zusammenhänge bleiben im Unklaren. Der zuletzt von Bammesberger 1984: 78 und 1990: 248 vorgeschlagene Ansatz germ. *snid-la- zu germ. *sneiþa- stv.I ‘schneiden’ befriedigt nicht. Falk/Torp 1909: 522; Ritter 1910: 471; Oksaar 1958: 323ff., 383ff., 454ff.; Bammesberger 1984: 78; Bammesberger 1990: 248.

Germ

Lit

-sǀma- ‘einvernehmlich’ K (§ 110) F

E Bel Germ

AFR aofr. sǀm ‘im Wert gleichgestellt, angemessen’ (F, H) INF fa. suum ‘befangen, schüchtern’ (Århammar 1989: 112, FÖW 589) OFR harl. sauhm ‘schön’ (CM 37, 62) wang. saum, sommer, somst ‘schön’ (FA 1,101) ae. ge-sǀm ‘unanimous; united; peaceable’ (BT 443) In der vorliegenden Derivation lediglich im Anglo-fries. belegt. PFR *ji-sǀm scheint wie E ae. ge-sǀm ein adj. BahuvrƯhikompositum aus dem Prä¿x germ. *ga- und dem Subst. germ. *sǀmǀ- f. ‘Einver-

498

Idg Lit

staba-

nehmen’ (AFR aofr. sǀm f. ‘Übereinstimmung, Gleichwertiges, entsprechender Wert’ (F), E ae. sǀm f. ‘Einvernehmen, Übereinkunft; Versöhnung’) zu sein, dieses offenbar eine dehnstu¿ge Vԍddhi-Ableitung zu germ. *sama- ‘passend, geneigt’ (Hm 457). Aus der ursprünglichen exozentrischen Bedeutung ‘einvernehmlich’ entwickelt sich einerseits a) ‘paritätisch, kongruent’ und b) ‘gleich-, ebenmäßig, schön’, andererseits aber auch c) ‘von ausgeglichenem Wesen, friedfertig’, woraus wiederum d) ‘zurückhaltend, schüchtern’. Neben germ. *ga-sǀma- existierte im Nord- und kontinentalen Westgerm. das i-stämmige Adj. germ. *sǀmi- ‘verträglich, passend’ (S as. sǀmi ‘schicklich, passend’, D mhd. süeme ‘angenehm, lieblich’, W an. sœmr ‘geeignet, passend, ehrend; angenehm’), für das eine verbale Basis in Betracht gezogen worden ist (Hm 529). Vgl. ai. sƗman-, sƗmaná- ‘ruhig’, air. sám, sáim ‘ruhig’, sám ‘Ruhe’ < idg. Wurzel *sǀm- (IEW 904f.). Falk/Torp 1909: 434; Darms 1978: 167ff.; Århammar 1989: 112f.; Bammesberger 1990: 257; Faltings 1996: 106. staba- ‘steif, starr’ S (§ 90)

F S

AFR aofr. stef ‘steif’ (R1-2) nnd. (OF) staff ‘still, unbewegt; steif, lahm; ungelenk, ungeschickt; dumm etc.; still od. starr u. stumm vor Erstaunen etc.’ (DK 3,294), nnd. (westl. SH) staff ‘unbeugsam, trotzig’ (Mensing 4,795)

-ǀja-

AFR aofr. stevia swv.2 ‘steif sein, steif werden; unterstützen, helfen’ (R1-2) in der alliterierenden Wendung stevande and stƗk ‘steif und starr’; vgl. Jacobs 1900: 210. S nnd. (OF) stafen swv. ‘steif und starr sein od. werden; steif, unbeholfen, unsicher und tappend gehen, hinken, stolpern etc.’ (DK 3,295), D ahd. stabƝn swv.3 ‘steif, starr werden’ (Schützeichel 2006: 330), mhd. staben swv. ‘starr, steif werden; sich steifen’ (Lexer 2,1126), nhd. staben ‘steif, starr sein’ (DW 10.2.1,362)

æ-ǀ-/-Ɲ

Bel Germ

Belege lediglich in F (Aofr.) und S (westl. Küstennd.) Das nur in zwei Belegen überlieferte Adj. aofr. stef dürfte durch desubstantivische Konversion aus afr. stef m. ‘Stab, Stock’ < germ. *staba- m. hervorgegangen sein, entsprechend aofr. stok ‘steif’ < afr. stok m. ‘Stock’ < germ. *stukka- m. (s.u.), mit dem es in der alliterierenden Wendung stef and stok ‘steif und starr (Körperglied)’ (R1) begegnet. Dasselbe gilt für S staff adj. < staff m. ‘Stab’. Die Entwicklung der Wortbedeutung ginge dann in beiden Fällen wohl von der Starrheit bzw. Steifheit eines Stabes bzw. Stockes aus, mög-

stalla-

Lit

499

licherweise aus einer syntaktischen Fügung mit idiomatischem Inhalt oder einem Kompositum. Das von Holthausen angesetzte stƝf mit Vokallänge wäre – etwa als o-stu¿ge Ableitung zu germ. *steifa- ‘steif’ (s.u.) – formal wohl denkbar (vgl. auch Holthausen 1927a: 237), aber aufgrund fehlender Parallelen doch eher unwahrscheinlich, zumal man dann afr. stef von nnd. staff trennen müßte. Noch weniger vorstellbar ist eine Form mit germ. -Ɲ2- (Hm 549), da -Ɲ2- im Weserfries. zu -Ư- ausweicht, wie beispielsweise in arüst. mƯde f. ‘Geldgeschenk’ (R1) statt mƝde f. < *mƝ2de < germ. *mizdo- f. in den übrigen aofr. Mundarten (vgl. dazu Hofmann 1964: 174ff.). Jeglicher Grundlage entbehrt schließlich die von Walter 1911: 40 vorgeschlagene Herleitung von „afr. stef < *stiffoz < *stifnoz-“. Als Entlehnungen aus dem westl. (M)nd. sind u.a. anzusehen: INF fa. staf ‘regungslos steif; sturztrunken; dumm’ (LFM 183, CJ 149, WFO 263, FÖW 561), OFR sat. staf ‘steif’ (JM 47), ‘abgenutzt; lahm, ungelenk’ (MF 163), WFR nwfr. staf ‘traag van bevatting, door verzwakking der hersenen, ook door doofheid’ (FW 3,186, WFT 21,60). van Helten 1889: 236; van Helten 1907: 312; Walter 1911: 40; Holthausen 1927a: 237; Franck/van Wijk 1949: 666 und Suppl. 162; Kluge/Mitzka 1975: 735; Heidermanns 1993: 549; Boutkan/Siebenga 2005: 370f. Hm 543f. -stalla- ‘feststehend’ K (§ 112)

F

AFR aofr. stalle ‘gültig, rechtskräftig (Gesetz)’ in der Rechtsformel stƝde and stalle ‘unverbrüchlich geltend’ (R1) awfr. stalle ‘fest’ (U)

-a-

AFR aofr. stal (-ll-) (PrJ 234), awfr. stal (-ll-) (A, D, P, Ro 2,12, SnR 547, O) m. ‘Standplatz im Stall; Stehen; Recht zum Stehen oder Auftreten vor Gericht; Bestand, Rechtskraft’, INF fa. staal m. (WFO 262, FÖW 560), sy. stal g. (BM 248) ‘Standplatz im Stall’, FNF bök. stål (FU 227), hall. staol (MOH 2,6), karrh. ståål (Sjem. 251), ngos. ståål, staal (WNG 114), sgos. staal (EFS 56), wied. stoal (FRU 318) m. ‘Standplatz im Stall; Fuß, Fundament eines Deiches, einer Düne etc.’, OFR harl. stal (CM 80), sat. staal (MF 163) m. ‘Stall’, WFR frühnwfr. stâl (GJ 413), nwfr. stâl (WFT 21,63f.), schierm. staal m. (DF 107), tersch. stol (CR 110) ‘Stall’

Bel Germ

Nordseegerm.: F, E ae. -steall, N mnl. stel(le). Das auslautende -e hätte eher ein umgelautetes aofr. † stelle < germ. *stallja- erwarten lassen, doch sei nach van Helten 1890: 31f. und

500

Lit

stankwa-

1906: 176ff. der Umlaut im Fries. vielfach vor altem -llj- unterblieben. Zumindest N mnl. stel, stelle ‘abgestanden (Flüssigkeit)’ scheint aus dem schwachen Verb germ. *stallja- swv.1 ‘stellen’ rückgebildet zu sein. Heidermanns (Hm 543) erwägt dagegen, ob das -e nicht sekundär in der formelhaften Wendung stƝde and stalle aus stƝde übernommen worden sein könnte. In der Tat macht es am meisten Sinn, sowohl E ae. fæststeall ‘sicher stehend (Fuß)’ als auch aofr. stalle auf das Subst. germ. *stalla- m. ‘Stand’ und nicht auf das Verb germ. stallja- *stellen’ zurückzuführen. Dabei sollte man hier wie dort am besten von einem exozentrischen BahuvrƯhiadj. ausgehen, für aofr. stalle zunächst von germ. *ga-stalla- ‘Bestand habend, Rechtskraft besitzend’. Diese primär unerweiterten Bildungen werden später oft erweitert, unter anderem mit dem ja-Suf¿x, das im Fries. meist keinen Umlaut (mehr) bewirkt (vgl. Faltings 1996b: 88). Demnach ist also ein erweitertes PFR *ji-stalle aus älterem *ji-stal (-ll-) anzusetzen. van Helten 1890: 32, 160; van Helten 1906: 179; Boutkan/Siebenga 2005: 367. Hm 545 stankwa- ‘stinkend’ V?/S? (§ 25e, 90)

F S

-ikǀda-

-a-

Bel Germ

INF fa. stöönk ‘faul, verdorben (Ei); ausgelassen, übermütig’ (WFO 268, FÖW 573) nnd. (Föhr) stank ‘faul, verdorben (Ei)’ (Verf.) und nnd. (Bremen) stank ‘ekel, dem da ekelt, gleichsam Etwas stinkend vorkommt, fastidiosus’ (Brem. Wb. 6,344) INF ält. fa. stöhnket (a. 1757, NfSt 1,25), fa. stöönket (LFM 108, FÖW 573) ‘ungezogen; übermütig’ mit dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ket; vgl. dazu Hofmann 1961: 35ff. und Faltings 1996b: 95f. INF fa. stöönk m. (WFO 268, FÖW 573), sy. stoonk g. (BM 252) ‘Gestank’, FNF bök. stjunk, stunk (FU 230), karrh. stoonk (Sjem. 259), ält. ngos. stoonk (a. 1743, BJ 2,164), wied. stjonk, stonk (FRU 317), wyk. stoonk (KF nr. 128) m. ‘Gestank’, OFR wang. stonk m. ‘Gestank’ (FA I,396), WFR nwfr. stank ‘stank; deugniet’ (WFT 21,83), S as. stank m. ‘Gestank, Geruch’ (Holthausen 1954: 70) In der vorliegenden Form und Bedeutung lediglich F (INF) und S (westl. Küstennd.). Verbaladj. aus der o-Stufe des starken Verbs germ. *stenkwa- stv.III ‘stoßen’ (Sb 471f.), das im Westgerm. weitgehend die Bedeutung ‘duften, riechen, stinken’ angenommen hat: vgl. INF fa. stjonk,

starka-

Lit

501

sy. stjunk stv.III ‘stinken’ < *stiunka, E ae. stincan stv.III ‘duften, stinken’, S as. stinkan stv.III, D ahd. stinkan stv.III ‘duften, stinken’ usw. Da die westgerm. Formen sich womöglich erst nach der Bedeutungsentwicklung des Verbs von ‘stoßen’ > westgerm. ‘duften, stinken’ herausgebildet haben, könnten sie unabhängig von dem formal identischen Verbaladj. W an. støkkr ‘schnell springend, rutschend, leicht zerspringend’ < germ. *stankwa- ‘springend’ (Hm 545) zu W an. støkkva stv.III ‘springen, bersten, spritzen, Àiehen’ < germ. *stenkwastv.III ‘stoßen’ entstanden sein, vielleicht sogar durch eine sekundäre Adjektivierung des Subst. germ. *stankwa- m. ‘Gestank’ und gegebenenfalls beeinÀußt durch Determinativkomposita mit subst. Erstglied wie S nnd. (SH) Stankbüdel, -maker m. ‘Stunkmacher’ und u.U. nnd. (Westschleswig) Stankei n. ‘verdorbenes Ei’ (Mensing 4,807), FNF bök. stunkoi (FU 234), karrh. stoonkoi (Sjem. 244), wied. stjonk-, stonkoi (FRU 318) n. ‘faules Ei, angebrütetes Ei’ usw., obwohl wenigstens Stankei/stunkoi stattdessen auch aus einer syntaktischen Fügung mit adj. Attribut, wie nnd. dat is en stanke Ei/ bök. dåt as en stunk oi ‘das ist ein faules Ei’, hervorgegangen sein könnten. Für die nfr./ofr. Formen ist eine Vorstufe *stonk m./*stonk adj. mit -o- < -a- + Nasal anzusetzen; in fa. stöönk ist die Entwicklung von altem kurzen -o- > fa. [-ø:-] in offener Silbe auch vor der Konsonanz -nk- eingetreten; vgl. denselben Vorgang in fa. köönk ‘wählerisch beim Essen < ains.-nfr. *konk < germ. *kanka- (s.o.). Seebold 1970: 471; Faltings 1992a: 104. Hm 545f. stara- ‘starrend’ R vgl. staruHm 546f. starka- ‘steif, stark’ *V (§ 25e)

F

AFR aofr. sterk (H, Ps 278), sterik (H) ‘stark, kräftig’ awfr. sterk (A 430, Cr, D, FrB 118, Fs 1,112, J, Ro 2,248, O), stark (J, O) ‘stark, kräftig’, sterke adv. ‘genau, streng, strikt’ (FrR) spätawfr. sterck, starcker comp. ‘stark, kräftig’ (Bo) INF frühfa. starck ‘stark’ (ca. a. 1600, Kat. 64) fa. stark ‘stark; haltbar (Material); von kräftiger Konstitution; streng, stark (Getränk)’ (WFO 264, FÖW 564) helg. stark ‘stark’ (TS 287) sy. stark ‘stark, kräftig; solide’ (BM 249, SU 770) FNF bök. stark ‘stark, kräftig; dick, umfangreich; mächtig, heftig; tüchtig’ (FU 228)

502

starka-

ält. hall. starck (a. 1749, NfSt 1,12), hall. stark (MOH 1,61) ‘stark’ karrh. stark ‘stark’ (MN 561, OTJ 48) mgos. stark ‘stark’ (EFS 50, MN 561) ält. ngos. starck (ca. a. 1745, JG 360), ngos. stark (MOH 1,61) ‘stark’ sgos. stärk ‘stark’ (EFS 50, Beitr. 33) wied. stärk ‘stark’ (FRU 314) OFR harl. sterck ‘stark’ (CM 91) sat. stäärk ‘stark’ (MF 163) wang. stäärk ‘stark’ (FA 1,103) WFR frühnwfr. sterck ‘stark, kräftig’ (SB 86, GJ 449) nwfr. sterk ‘krachtig; niet gauw ziek wordend, van goede gezondheid zijnd; moeilijk breekbaar, slijtvast, duurzaam; machtig, gezaghebbend; moedig, Àink, volhardend; overtuigend; groot, intens; uitmuntend, bekwaam, kundig, bedreven; in hoge mate, meer dan gewoon, erg, met aandrang; veel in getal, groot in aantal; krachtig, prikkelend, doordringend; scherp zijnd; intens licht verspreidend; fors, stevig, zwaar (van planten); vruchtbaar, veel vrucht dragend’ (WFT 21,154ff.) hind. sterk ‘sterk’ (GB 157) schierm. stark [-ȃ-] ‘sterk’ (DF 108) tersch. sterk ‘sterk’ (Knop 1954: 3, 15) -lƯka-engǀ-

-eslan-

-man-nassjǀ-eþǀ-haidu-

AFR awfr. sterkelƯke (A 548), sterkelƯken (EdJ 68) adv. ‘tapfer’ AFR awfr. sterkinge f. ‘Stärkung’ (O), INF fa. starking n. (MN 561), sy. starking g. (SU 770) ‘Stärkung’, FNF ält. ngos. starking (a. 1743, BJ 2,165), wied. stärking (MN 561) f. ‘Stärkung’, WFR nwfr. sterking ‘sterking, het sterken of gesterkt worden, bemoediging’ (WFT 21,156); vgl. auch Ahlsson 93. INF fa. starkels n. ‘Stärkemehl’ (WFO 264, FÖW 564), FNF bök. starkelse (FU 228), karrh. starkelse (MN 562), ält. ngos. starkels [ohne Genusangabe] ‘Stärke’ (a. 1743, BJ 2,164), wied. stärkels (FRU 314) n. ‘Stärkemehl’ WFR frühnwfr. stercktme ‘sterkte, kracht’ (GJ 449); wohl eine von G. Japicx auf der Basis von *sterkte geprägte Wortschöpfung. OFR harl. sterckenis ‘Stärkung’ (CM 95), WFR nwfr. sterkens (WFT 21,156), schierm. starkens m. (Spenter 68) ‘Stärke, Kraft’ WFR nwfr. sterkte (WFT 21,157), schierm. starkte m. (Spenter 68) ‘Stärke’ AFR awfr. sterkhƝd f. ‘Stärke, Kraft, Mut’ (A 506, U [Ahlsson], O), INF fa. starkhaid n. ‘körperliche Stärke’ (WFO 264, FÖW 564), sy. starkhair g. ‘Stärke, Kraft; starker strenger Geschmack; Korpulenz’ (BM 249), FNF ält. ngos. strarkheit (a. 1760, Kon. 84), wied. stärk-

starka-

-ja-

-ǀja-

Bel Germ

503

haid n. (FRU 314) ‘Stärke’; AFR awfr. starkheit f. ‘Stärke’ (BTr) könnte – zumindest dem Schriftbild nach – eine Entlehnung aus dem Mnl./Mnd. sein, obwohl Formen mit Senkung des -e- > -a- bereits im (Spät)awfr. begegnen (s.u.); vgl. auch Ahlsson 194. AFR aofr. sterka swv.1 ‘stärken, stützen’ (E1, R1), awfr. sterka swv.1 ‘unterstützen, stärken’ (A 404, SnR 30), INF frühfa. starck (ca. a. 1600, Kat. 68), fa. stark (WFO 264, FÖW 564) swv.1 ‘stärken; Kraft geben (bei Trauerfall)’, sy. stark swv.1 ‘stärken, kräftigen’ (BM 249) AFR aofr. sterkia swv.2 ‘bekräftigen’ (F), awfr. sterkia (A 518, D, FrB 14, Fs 1,153, J, P, Ro [Steller], U [Steller], O), starkia (SnR 29, O) swv.2 ‘stärken; bekräftigen, bestätigen’, spätawfr. starckie swv.2 ‘stärken’ (Bo), FNF bök. starke (FU 228), karrh. starke (MN 562), ält. ngos. starkiä (a. 1743, BJ 2,165), str. stärcke (ca. a. 1600, Kat. 68), wied. stärke (MN 562) swv.2 ‘stärken’, OFR sat. stäärkje (MF 163), wang. stäärk (FA 1,65) swv.2 ‘stärken’, WFR frühnwfr. sterckje (GJ 449f.), nwfr. sterkje (WFT 21,156f.), hind. sterkje (GB 157), schierm. starkje (DF 108) swv.2 ‘sterken, versterken’ West- und nordgerm.: E ae. stearc, S as. stark, N anl. stark, D ahd. stark, W an. starkr, O aschw. starker. In allen neufries. Mundarten ist entsprechend afr. sterk zunächst von einer Vorstufe PFR *sterk auszugehen mit -e- < tonerhöhtem -a-, das im Nfr. in der Stellung vor -r- zu -a- gesenkt wird, davon ausgenommen allerdings sgos. wied. stärk mit einem offeneren [-İ-]. Dieses dürfte durch späte Kürzung aus gedehnter, aber wohl nicht frühgedehnter Länge entwickelt worden sein. Ob ebenso für die nfr. a-Formen eine Zwischenstufe *sterk mit vorübergehender Dehnung anzusetzen ist oder ob die Senkung des -e- > -a- auf direktem Wege erfolgte, sei dahingestellt. Senkung zu -a- [-ȃ-] trat ebenfalls in der wfr. Inselmundart des Schierm. ein. Dieser positionsbedingte Vorgang vor -rk begegnet partiell bereits im Awfr. Insofern müssen die Formen (spät)awfr. stark ‘stark’, starckie swv. ‘stärken’ etc., aber auch Wörter wie awfr. market ‘Markt’ usw. nicht zwangsläu¿g als Entlehnungen aus dem Mnl./Mnd. aufgefaßt werden. Siebs 1901: 1177 rechnet hier mit der Möglichkeit, daß germ. -a- vor -rk in Àektierten Kasus dann erhalten blieb, wenn -k- auf die zweite Silbe gezogen wurde: also etwa sterk neben starkes (so bei Bogerman; s.o.). Diese Ansicht ist m.E. dennoch fraglich. Im Ofr. – wenigstens in sat. wang. stäärk – erfolgte Dehnung des -e> [-İ:-]. Anscheinend handelt es sich dabei aber um eine relativ junge positionsbedingte Entwicklung vor vokalisiertem -r-.

504

Lit

staru-

Verbaladj. aus der o-Stufe zu dem in Relikten nachweisbaren Verb germ. *sterka- stv.III ‘erstarren’ (Sb 473f.). Die ursprüngliche Bedeutung war demnach zunächst ‘erstarrt, steif, hart’, woraus dann ‘kräftig, stark, streng (Geschmack, Geruch)’. Vgl. daneben in der Bedeutung ‘stark’ ablautend W an. styrkr < germ. *-sturki- (exozentrisch), W an. sterkr < germ. *sterka- und D ahd. stirki* < germ. *sterkja- (Rückbildung). Siebs 1889: 50; Siebs 1901: 1177; Falk/Torp 1909: 486f.; Löfstedt 1928: 61; Löfstedt 1933: 33; Pokorny 1959: 1023; Spenter 1968: 68; Seebold 1970: 473f. staru*- ‘starr’ *V? (§ 51)

F

AFR aofr. stareblind (B1-2, E1-2, H), starublind (R1), starblind (E3) ‘teilweise geblendet, mit eingeschränktem Sehvermögen’ awfr. stareblind (J), starblind (D) ‘teilweise geblendet, mit eingeschränktem Sehvermögen’ INF fa. stäärblinj ‘kurzsichtig; am Star erkrankt; nachtblind’ (RA 61, FÖW 561, Verf.) sy. stiarblinj ‘kurzsichtig’ (BM 250, SU 772)

Bel Germ

West- und Nordgerm.: F, E, S, N, D, O. Das Adj. begegnet als Simplex lediglich in N mnl. staer ‘[Anblick:] donker, troebel; [Blick:] strak, stijf, starende zonder iets te zien, bewegingslos en zonder leven’ (VV 7,1885f.) und soll nach Heidermanns (Hm 545) aus dem west- und nordgerm. Kompositum F afr. star(e-/u)blind, E ae. stareblind, stær(e)blind, S mnd. stƗr(e)blint, N mnl. staerblint, D ahd. starablint, O aschw. starblinder ‘mit getrübtem Blick, stockblind’ rückgebildet sein. Folglich dürfte auch das Subst. wie etwa INF helg. steer m. ‘Star [Glaukom, Katarakt]’ (TS 288) oder S mnd. stƗr n. ‘Totenstarre der Augen; Augenkrankheit, Star’ (LB 3,428) usw. daraus rückgebildet sein (Hm 545). Heidermanns setzt für das Vorderglied ein a-stämmiges germ. *stara- ‘starrend’ an und stellt es neben das ƣn-Verb E ae. starian ‘starren, blicken’, D ahd. (nidar)starƝn ‘(nieder)starren’, W an. stara ‘starr blicken, starren’. Dieser Ansatz ist aus der Sicht des Afr. zu verwerfen. In den kurzsilbigen i-, u-und wa-Stämmen der konservativen aofr. Mundart des Rüstringischen bleibt der Suf¿xvokal in der Komposition größtenteils erhalten, so daß für rüstringisch starublind bzw. mit abgeschwächtem oder synkopiertem Kompositumsvokal sicherlich auch für die übrigen afr. Formen stareblind, starblind eher von einem PFR *staruauszugehen ist. Van Helten 1907: 312 denkt dabei an einen primären wa-Stamm. Eine solche Wortbildung ist wohl nicht grundsätz-

staru-

Idg

Lit

505

lich auszuschließen, doch handelt es sich hier möglicherweise eher um eine u-stämmige Ableitung aus einem idg. Primärverb. In einem schwundstu¿gen Ablautverhältnis steht beispielsweise S nnd. storren swv. ‘starren’, storr, sturr ‘starr, spröde, brüchig, steif, nicht biegsam’ (Mensing 4,866 u. 915), D mhd. storren ‘starr sein oder werden, steif hervorstehen’ (Lexer 2,1215) oder O sjüt. storre swv. ‘stå stift ud, stritte, strutte, om fjær, hår’ (Feilberg 3,597), G and-staúrran ‘scharf blickend gegenüberstehen, starrren’ (Feist 1939: 50). Diese Ablautverhältnisse könnten in der Tat auf eine verbale Basis hindeuten, wonach germ. *staru- als ein ursprüngliches Verbaladj. der IV. Ablautreihe anzusehen wäre, wenngleich im Germ. ein entsprechendes starkes Verb offenbar nicht (mehr) belegt ist. Zwar sind die meisten ustämmigen Verbaladj. schwundstu¿g, doch begegnen – insbesondere in der IV. Ablautreihe – auch solche aus der der a-Stufe (Hm 62). Die Belege INF fa. stäärblinj, sy. stiarblinj, aber auch das Substantiv helg. steer führen indessen nicht direkt auf ein ains.-nfr. *starublind zurück. Dort blieb der Stammvokal -a- vor -u- in der Kompositionsfuge offensichtlich nicht erhalten, sondern es fand vermutlich früh Ausgleich nach einer umgelauteten Form ains.-nfr. *stere(-) < westgerm. *stari-/ja- statt; wie in der übrigen Westgermania treten auch im Fries. die meisten u-Stämme in die i-/ja-Deklination ein. Denkbar wäre ferner, daß das nichtverwandte Substantiv fa. stäär m., helg. steer, sy. stiar m. ‘Stern’ < ains.-fr. *sterra m. EinÀuß genommen haben könnte, wofür im Fa. nicht zuletzt die Nebenbedeutung ‘nachtblind’ spricht. Eine Entlehnung der ins.-nfr. Formen aus ält. ndän. stærblind ‘kurzsichtig; eingeschränkt sehfähig; völlig blind’, stær ‘Augenstar’ ist weniger wahrscheinlich, da die benachbarten sjüt. und westjüt. Mundarten ausschließlich starblind bzw. star bezeugen; vgl. Feilberg 1886-1914: 3,541 und Bjerrum/Bjerrum 1974: 2,211. Das aus mnd. stƗr m., stƗr(e)blind adj. entlehnte ält. ndän. star ‘stær (øjensvaghed)’, starblind ‘blind af stær; svagsynet, mørkeblind’ (Kalkar 4,109) erfuhr partiell eine sekundäre Umbildung nach ält. ndän. stær ‘Star (sturnus sturnus)’, indem laut dänischer Volksmeinung der Star ein nur schlechtes Sehvermögen besitzen soll. Außergerm. vergleicht sich griech. ıIJİȡİȩȢ ‘starr, hart, fest’ < idg. *stereԥo- sowie lit. stérti (stĊrù/stérstu) < idg. *stere- zu idg. *ster‘starr, steif sein’ (IEW 1022). Aus einer entsprechenden Verbalwurzel könnte in o-stu¿ger Ableitung auch ein u-stämmiges germ. *staruhervorgegangen sein. Außergerm. Parallelen, durch die sich diese Annahme erhärten ließe, scheinen allerdings zu fehlen. van Helten 1890: 67, § 80Ȗ Anm. 3; His 1901: 298; van Helten 1907: 312; Feist 1939: 50; Nauta 1941: 152; Hellquist 1948: 2,1067f.; Pokorny 1959: 1022; Bammesberger 1990: 248; Kluge/Seebold 2002: 876; Boutkan/Siebenga 2005: 368f.

506

stauka- – staupa-

Hm 548 stauka- ‘verstaucht’ R (§ 87) F

AFR aofr. stƗk ‘steif’ in der alliterierenden Wendung stevande (stƯvande) and stƗk ‘steif und starr’ (R1-2)

Bel Germ

In der vorliegenden Form lediglich im F (AFR) belegt. Am ehesten Rückbildung aus einem schwachen Verb germ. *staukǀja- swv.2 ‘stoßen’, aus dem offenbar auch INF fa. stuuke swv.2 ‘Feuer schüren, im Feuer stochern’ (LFM 190, FÖW 582), FNF wied. stuuke swv.2 ‘stoßen’ (FRU 324) < ains.-/afestl.-nfr. *stƗkia hervorgegangen sind, desgleichen N mnl. stǀken swv. ‘steken, stoten, duwen; kloppen, bonzen tegen iets; iets in brand steken; met een puntig werktuig of voorwerp in iets roeren’ (VV 7,2184ff.), W nnorw. dial. stauka swv.2 ‘stoßen, niederstampfen, stolpern, beim Lesen stottern’ (FT 2,1142); dazu ablautend germ. *stnjkǀja- swv.2 ‘stoßen’ (S mnd. stûken, N mnl. stnjken, D nhd. stauchen), woraus im Fries. in der Sonderbedeutung ‘in einem Stoß oder Stapel zusammenstellen’ auch INF fa. stüke swv.2 (LFM 190, FÖW 582), FNF bök. stüke swv.2 (FU 233), ngos. stüke swv.2 (MOH 1,35), wied. stüke swv.2 (FRU 324). Die Grundbedeutung des Adj. wäre demnach etwa ‘gestoßen, verstaucht’. Walter 1911: 10f. setzt mit Blick auf S mnd. stak ‘steif’ < germ. *staka- (Hm 542) ein aofr. stak ‘steif’ mit kurzem Stammvokal an, doch hätte das wohl eher aofr. † stek ergeben. Ebenfalls eine Herleitung aus germ. *stalka- ‘starr aufragend’ (Hm 543) mit Assimilierung des -lk- > -k-, wie van Helten 1890: 82 sie vorschlägt, ist kaum wahrscheinlich. Vgl. im weiteren auch germ. *stukka- ‘steif’. van Helten 1890: 1, 82; van Helten 1907: 311; Walter 1911: 10f.; Holthausen 1924: 464, 466; Boutkan/Siebenga 2005: 366.

Lit

Hm 548 staupa- ‘aufragend’ V (§ 25c) F

AFR aofr. stƗp ‘hoch aufragend (Helm)’ (R1) FNF wied. stuup adv. in stuup ufbreege ‘kurz [d.h. glatt, unmittelbar] abbrechen’ (FRU 324)

Bel

Entgegen Löfstedt 1965-69: 23,37 nicht exklusiv anglo-fries., sondern westgerm.: E ae. stƝap, D ahd. stou¿. PFR *stƗp, in dem sehr wahrscheinlich ein o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *stnjpa- stv.II ‘herausragen’ (Sb 474) vorliegt. Das von derselben Ablautstufe gebildete Nomen instrumenti germ. *staupa- m. ‘Becher, Gefäß’ setzt sich ebenfalls fort in FNF bök.

Germ

stƣdja-

Idg Lit

507

stuup m. (NfWb), wied. stuup n. (FRU 324) ‘hölzerner Eimer mit Stiel (verlängerter Daube) zum Kälbertränken’ < afestl.-nfr. *stƗp; daneben steht schwundstu¿g und mit Gemination germ. *stuppa(n)m. ‘Eimer, Gefäß’, woraus u.a. INF fa. stoop m.(n.) (Faltings 1983: 222, FÖW 573), FNF bök. stoop m.(n.) (FU 231, NfWb), hall. stoup n.f. (MOH 2,169) ‘hölzerner Eimer mit Stiel’, E ae. stoppa m. ‘a stop, bucket, pail’ (BT 924), S as. stoppo m. ‘Krug, Eimer’ (Hh 71); zu *staupa- : *stuppa(n)- vgl. Faltings 1983: 222ff. Die Bedeutung ‘Becher, Eimer’ geht sicherlich von ‘aufrecht stehender Gegenstand’ aus (Hm 555). Vgl. ferner germ. *steupa- II ‘aufragend’ (s.u.). Im weiteren wohl zu idg. *(s)teup- ‘stoßen’ (IEW 1034), einer konsonantischen Erweiterung zu der Wurzel idg. *steu- ‘stoßen, schlagen’ (IEW 1032). Pokorny 1959: 1034; Löfstedt 1965-69: 23,37; Seebold 1970: 474; Boutkan/Siebenga 2005: 367. ædja*- ‘beständig’ *V (§ 73) Hm 548f. stǀ

F

AFR aofr. stƝde ‘fest, beständig, unverbrüchlich; rechtskräftig’ (F, H, R1-2), stedes adv. ‘stets’ (E3) awfr. stƝde (A 382, D, J, P, Ro 2,10, O), stƝd (Ro 1,166, SnR 195, O) ‘fest, beständig; rechtskräftig’, stƝdes adv. ‘stets’ (O) spätawfr. steed ‘fest, beständig’ (Bo) OFR wang. steid adv. ‘stets, immer’ (FA 1,103)

un-

AFR aofr. unstƝde ‘ungültig’ (R2)

-iga-

AFR awfr. stƝdich ‘fest, unverbrüchlich’ (O), OFR wang. steidiig adv. ‘stets, immer’ (FA 1,103) AFR aofr. stƝd(i)gia (R2), awfr. stƝd(e)gia (D, J, U) ‘bestätigen, bekräftigen; zusichern’; vgl. Jacobs 1900: 210.

-ǀjaBel Germ

Lit

Kontinentalwestgerm.: S mnd. stêde, N mnl. stede, D ahd. stƗti. PFR *stƝde ‘beständig’. Das kontinentalwestgerm. Verbaladj. gehört als germ. *stƣ-dja- wahrscheinlich zu dem Primärverb germ. *stƣ‘stehen’ (Sb 460f.). Aus der Grundbedeutung ‘beständig’ entwickelte sich im weiteren a) ‘unerschütterlich, fest’, b) ‘andauernd’, adv. ‘immer’. Falk/Torp 1909: 478; Seebold 1970: 460f.; Matzel 1974: 105; de Grauwe 1979-82: 2,311; Matzel 1992: 113f.; Boutkan/Siebenga 2005: 370.

508

steifa-

Hm 549f. steifa- ‘steif’ *V (§ 24b) F

-iga-

AFR awfr. stƯve adv. ‘regungslos’ (A 550), stƯf adv. ‘entschlossen’ (O) INF fa. stif, stiiwer comp. ‘steif, starr; steif, förmlich; kräftig, stark (z.B. Wind, Getränk usw.)’ (WFO 266, FÖW 569, Verf.) helg. stüf ‘steif’ (TS 288) sy. stüf ‘steif, fest, starr; unbeugsam’ (BM 256, SU 778) FNF bök. stif, stiw, stiwer comp. ‘steif, starr, fest; kräftig (Wind); steif, förmlich’ (FU 228) hall. stif ‘steif’ (MOH 1,7) karrh. stif ‘steif’ (OTJ 51) mgos. stüf ‘steif’ (EFS 218, LHol 190) ält. ngos. stiff (a. 1743, BJ 2,165), ngos. stif (MOH 1,7) ‘steif’ sgos. stif ‘steif’ (EFS 218) wied. stüf, stüwer comp. ‘steif, nicht biegsam; steif, förmlich; starr, unbeweglich; schwer betrunken; stark (Getränk)’ (FRU 323) wyk. stif ‘steif’ (KF nr. 180) OFR sat. stieuw ‘steif, starr’ (MF 165) wang. stiif ‘steif’ (FA 2,67) WFR nwfr. stiif ‘moeilijk buigbaar, niet meegaand, niet soepel; strak; niet slap, niet in plooien vallend; zwaar bewolkt (van de lucht); goed samenhangend; dicht, zwaar, moeilijk te bewerken; moeilijk te melken; onvermurwbaar, onbuigzaam, koppig; star, bekrompen, niet plooibaar; onafgewend, strak, inspannen; vast, onwrikbaar; ruim, iets meer dan; fors, vrij, behoorlijk van grootte; rijk, welgesteld; dichtbij, vlakbij; levendig, druk (van handel)’ (WFT 21,181ff.) schierm. stiif ‘stijf’ (DF 109) tersch. stiif ‘stijf; stijfkoppig’ (CR 158)

WFR frühnwfr. stioegh ‘steif’ (SB 52), stjuwg ‘stug; onbuigzaam, hard’ (GJ 455), nwfr. stjûch ‘stug, onbuigzaam, onverszettelijk’ (FW 3,209), hind. stiuwch ‘stijf’ (GB 158), dazu stiuwgje swv. ‘stijven, met stijfsel bewerken’ (GB 158); vgl. Dyk 2007: 110. -engǀAFR aofr. stƯvinge f. ‘Steifwerden, Steifheit’ (F); vgl. auch Ahlsson 94. -esla(n)- OFR sat. stieuwelse f. (MF 165), wang. stiivels n. (FA 1,65) ‘Glanzstärke, Stärkemehl’ (MF 165), WFR nwfr. styfsel, stisel (WFT 21,224), hind. stysel (GB 158), tersch. stisel (CR 109) ‘stijvsel’ -nassjǀ- INF fa. stifens n. ‘das Steife’ (Verf.), WFR nwfr. stivens (WFT 21,225), schierm. stiivens (DF 109) ‘stijfheid’ -haidu- INF fa. stifhaid n.f. ‘Steifheit’ (LFM 186), OFR sat. stieuwigait f. ‘Steifheit, Stei¿gkeit’ (MF 165) mit sekundärem ig-Einschub

stellja-

509

-ǀja-

AFR aofr. stƯvia (E1, F, R1), awfr. stƯvia (J) swv.2 ‘steif sein, steif werden; unterstützen, helfen’, INF sy. stüfe swv.2 ‘steifen, stärken’ (BM 256), FNF bök. stiwe (FU 229), karrh. steewe ‘steif machen’ (MN 812), wied. stüwe (FRU 323) swv.2 ‘steif machen, steifen’, OFR sat. stieuwje swv.2 ‘steifen’ (MF 165), wang. stiiv swv.2 ‘Wäsche stärken’ (FA 1,65), WFR nwfr. stiivje (WFT 21,185), schierm. styvje (DF 110), tersch. stiivje (CR 108) swv.2 ‘stijven van gewasschen linnengoed’, daneben INF fa. stiiwre (WFO 266, FÖW 569), FNF bök. stiwere (FU 229), ält. ngos. stiffriä (ca. a. 1745, JG 273) swv.2 ‘steif werden, gerinnen, eindicken’ und WFR nwfr. stjurje swv.2 ‘stollen’ (FW 3,210) mit iterativem r-Einschub

Bel Germ

Westgerm.: E ae. stƯf, S mnd. stîf, N mnl. stijf, D mhd. stƯf. In allen neufries. Mundarten regulär aus PFR *stƯf, im Nfr. z.T. mit labialisiertem -Ư- vor folgendem -f. Das ursprüngliche Verbaladj. korrespondiert mit dem Hinterglied in lat. obstƯpus ‘zur Seite, rückwärts geneigt’ (< ‘fest weggedrückt’), zu lat. stƯpƗre ‘zusammendrängen, -pressen, -stopfen’ < idg. *steip-, *stƯp- ‘festdrücken’ (IEW 1015f.). Siebs 1889: 218; Falk/Torp 1909: 492; Pokorny 1959: 1015f.; Spenter 1968: 260.

Idg

Lit

Hm 558f. stellja*- ‘still’ R (§ 86) F

AFR awfr. stille ‘still, unbeweglich; windstill’ (FrR, J, O), stil adv. ‘still; geheim’ (FrB 102, J, Ro 2,112, SnR 9, U [van Klaarbergen], O) spätawfr. stil adv. ‘still’ (Bo) INF ält. fa. stall (a. 1754, CQ v.3), fa. stal (LFM 184, WFO 263, FÖW 563) ‘still, ruhig; unbewegt (Wasser, Luft); sanftmütig’ helg. stel [-ø-] ‘still’ (TS 288) sy. stel ‘still, ruhig; schweigend’ (BM 250; SU 771) FNF bök. stal ‘still, nicht laut; unbewegt; zurückhaltend’ (FU 227) hall. st(a)al ‘still’ (MOH 1,155, Beitr. 6) karrh. stal ‘still’ (MN 559, OTJ 34) mgos. stäl ‘still’ (MN 559, Beitr. 6) ält. ngos. stall (a. 1743, BJ 2,163, 167), ngos. stal (MOH 1,155, Beitr. 6) ‘still’ sgos. stäl ‘still’ (EFS 140, Beitr. 6) str. stell ‘still’ (ca. a. 1661, DH 181) ält. wied. stell (a. 1747, NfSt 1,43), wied. stäl (FRU 313) ‘still, ruhig, nicht laut; unbewegt (Luft, See); ohne Arbeit; zurückhaltend; unauffällig’

510

stellja-

OFR sat. stil ‘windstill, ruhig, angenehm; geheim’ (MF 165) wang. stil ‘still’ (FA 1,25) WFR frühnwfr. stil(l) ‘still’ (SB 93, GJ 453) nwfr. stil ‘zonder geluid; zonder of met zeer weinig beweging; rustig; stiekem, verholen, heimelijk, geheim’ (WFT 21,200f.) hind. stòl ‘stil’ (GB 159) schierm. stil ‘stil’ (DF 109) tersch. stil ‘still’ (EFS 140) -Ưn-

-man-nassjǀ-

-eþǀ-

-haidu-ja-

INF fa. stal* in uun stalem ‘im Stillen’ (falls nicht eine (n-stämmige?) Substantivierung des Adj. vorliegen sollte) (FÖW 563), FNF bök. stale m. (FU 227), karrh. stale m. (MN 559), wied. stäle m. (FRU 313) ‘Stille’ mit sekundärem Genuswechsel Fem. > Mask. nach den mask. n-St. (insofern sind wohl ebenfalls n-stämmige Bildungen nicht auszuschließen); hierher vielleicht auch OFR wang. stiil n. in dait moonaatliich stiil ‘Menstruation’ (FA 1,396) mit [-i:-] < -i- in offener Silbe, doch wäre dann unter dem Ansatz eines Ưn-Stammes bei regelhafter Bildung eher † stiilii zu erwarten gewesen; die Bedeutungsentwicklung ‘Stille’ > ‘Menstruation’ geht offenbar von der Vorstellung aus, daß Frauen sich während der Menstruation still verhalten (möglicherweise auch mit Hinblick auf das Sexualverhalten); vgl. im folgenden auch afr. stilnisse. WFR frühnwfr. stiltme (GJ 453), nwfr. stiltme ‘stilte, stilheid’, wohl eine sekundäre Wortbildung, ausgehend von dem Subst. stilte (s.o.) AFR aofr. stilnisse f. ‘Menstruation’ (E1-3 [in E3 fälschlich scil nisse]) (s.o. unter wang. stiil), INF fa. stalens n. (FÖW 563), helg. stelens n. (TS 288), sy. stelens g. (BM 250) ‘Stille, Windstille’ mit sekundärem Genuswechsel fem. > neutr. bzw. g.; zu den afr. Formen vgl. Fokkema 1958: 11ff. und Ahlsson 113f. INF fa. stalte m.f. (LFM 184, FÖW 563), sy. stelti g. (MN 260) ‘Windstille’, FNF hall. stalte [ohne Genusangabe] (MOH 1,155), karrh. stalte m. (MN 260) ‘Windstille; Stille nach dem Sturm’, OFR sat. stilte f. ‘Stille’ (MF 165), WFR nwfr. stilte (WFT 21,208), hind. stòlte (GB 159), schierm. stilte m. (DF 109) ‘stilte’; zumindest die nfr. Formen mit dem nd./nl. Lehnsuf¿x -te deuten eine Entlehnung aus der nd./nl. Seefahrtsterminologie an. INF fa. stalhaid n. (FÖW 563), sy. stelhair g. (SU 771) ‘Schweigsamkeit, Schweigen’ AFR awfr. stilla swv.1 ‘zufriedengeben’ (FrB), INF sy. stel swv.1 ‘stillen; beruhigen, besänftigen’ (BM 250, SU 771), FNF ält. ngos. stallä swv.1 ‘stillen’ (a. 1743, BJ 2,163), WFR frühnwfr. stille swv.1 ‘stillen, beruhigen’ (SB 55)

stenþ-

511

-ǀja-

INF fa. stale swv.2 ‘zum Stillstand bringen bzw. kommen’ (WFO 263, FÖW 563), FNF bök. stale swv.2 ‘stillen, befriedigen’ (FU 227), ält. ngos. stalliä swv.2 ‘zum Stillstand bringen’ (ca. a. 1745, JG 365), wied. stäle swv.2 ‘stillen, nähren; zum Stillstand bringen’ (FRU 313), OFR sat. stilje swv.2 ‘stillen’ (MF 165), WFR frühnwfr. stillje swv.2 ‘stillen, doen bedaren, tot rust brengen’ (GJ 453), nwfr. stilje swv.2 ‘doen ophouden, stoppen, beëindigen, tot zwijgen, tot rust brengen; bevredigen’ (WFT 21,204)

Bel

Westgerm.: E ae. stille, S as. stillo adv., N mnl. stille, stil, D ahd. stilli, indirekt auch in W an. stilli n., stilla swv. Sämtliche fries. Belege setzen PFR *stille voraus, dessen -i- in geschlossener Silbe in den meisten nfr. Mundarten zu -e- gesenkt wird, im Fa. und in den Kernbereichen des Festl.-Nfr. (Bök., Hall., Karrh., Ngos.) mit weiterer Senkung zu -a- (vgl. Löfstedt 1933: 6ff.); in hind. stòl führte die Senkung des -i- in geschlossener Silbe vor -ll- über die Zwischenstufe -e- > -o- [-ȃ-] (vgl. de Boer 1950: 71f.). Die Bestimmung der germ. Grundform und Stammbildung der nur im Westgerm. vorkommenden Adj. gestaltet sich schwierig, doch spricht einiges dafür, daß wir es hier mit einer ja-stämmigen Rückbildung aus einem jan-Verb zu tun haben (Hm 551). Vgl. daneben schwundstu¿g D ahd. stull(i)a, stullƯ ‘Augenblick’, stullen swv. ‘stocken’ usw.; daher im weiteren wohl zu der im Germ. weiter verbreiteten Sippe um germ. *stallja- swv.1 ‘stellen’ und der idg. Wurzel *stel- ‘stellen, aufstellen’, ‘stehend’, ‘Ständer, Pfosten’ (IEW 1019). Siebs 1889: 140; Falk/Torp 1909: 488; Persson 1912: 424; Löfstedt 1928: 155; Löfstedt 1933: 6ff.; Pokorny 1959: 1019; Rosengren 1968: 72ff.

Germ

Lit

Hm 552 stenþ*- ‘fest, steif’ *V (§ 84) F O

AFR aofr. stƯth ‘stark, kräftig; streng’ (E1, H) adän. stin(d) ‘streng; urokkelig’ (ODS 21,1424f., Nielsen 1989: 420)

Bel

Nordseegerm. und nord.: E ae. stƯð, S mnd. stîde, N mnl. stijt, W an. stinnr, stiðr. Afr. stƯth mit -Ư- < germ. -enþ- scheint sich in den neufries. Mundarten nicht fortzusetzen. Vermutlich ist im weiteren von einem ursprünglichen Part.Präs. *stƣ-nþ- ‘feststehend’ zu germ. *stƣ- anom. ‘stehen’ (Sb 464) auszugehen, dessen langer Stammvokal positionsbedingt gekürzt worden ist (vgl. nhd. Wind neben wehen).

Germ

512

Lit

steupa- I

Eventuell ist auch das schwundstu¿ge Subst. germ. *stundǀ- f. ‘feststehender Zeitabschnitt, Stunde’ (F afr. stunde, E ae. stund, S as. stunda, D ahd. stunta, W an. stund) hierherzustellen. Siebs 1901: 1199, 1264; Falk/Torp 1909: 481; Pokorny 1959: 1021f.; Lerchner 1965: 242. Hm 554 *steupa- I‘verwaist’ P (§ 1)

F

AFR aofr. stiƗp- in aofr. stiƗpfeder m. ‘Stiefvater’ (F, H, R1), -mǀder m. ‘-mutter’ (F) awfr. stiƗp-/stiep- in stiƗpfather, -fader m., -mǀder f. ‘Stiefvater, -mutter’ (A 294, J, U [Hoekstra]) neben stiep- in stiepdochter f. ‘Stieftochter’ (LSt, SnR 165), -fader m. (D, J, Ro 2,124, SnR 165, O), -fƗr m. (O) ‘-vater’, -mǀder f. ‘-mutter’ (J, SnR 175), -sen (LSt), -sin (SnR 162) m. ‘-sohn’ INF fa. stjip-, sjip- in stjip-/sjipaalern pl. ‘Stiefeltern’, -aatj m. ‘-vater’, -biarn n. ‘-kind’, -bruder/-bruler m. ‘-bruder’, -doochter f. ‘-tochter’, -feeder m. ‘-vater’, -mam/-mem f. und -muder f. ‘-mutter’, -saster f. ‘-schwester’, -sön m. ‘-sohn’ usw. (LFM 160, WFO 235, 267, FÖW 474) sy. stiip- in stiipaalern pl. ‘Stiefeltern’, -faader g. ‘-vater’, -jungen pl. ‘-kinder’, -mooter g. ‘-mutter’ (BM 251) FNF bök. stjåp- in stjåpålerne pl. ‘Stiefeltern’, -brouder m. ‘-bruder’, -¿der m. ‘-vater’, -mam f. ‘-mutter’, -söster f. ‘-schwester’, -taatje m. ‘-vater’ (FU 229) hall. schaap- in schaapbaabe m. ‘Stiefvater’, -mem f. ‘-mutter’ (MOH 2,124) karrh. stjåp- in stjåpbeerne pl. ‘Stiefkinder’, -doochter f. ‘-tochter’, -mem f. ‘-mutter’, -seen m. ‘-sohn’, -teete m. ‘-vater’ usw. (MN 408, OTJ 29, 66) mgos. schaap- in schaapfoor m. ‘Stiefvater’, -meem f. ‘-mutter’ (Outzen 1837: 304, MN 408, EFS 305) ält. ngos. sia(a)p- in siapmemm ‘Stiefmutter’, siaapsänn ‘Stiefsohn’ (a. 1743, BJ 2,135, 175), ngos. stjåp-, schaap- in stjåp-/schaapmäm f. ‘Stiefmutter’, -fooje/-fååje m. ‘-vater’ usw. (MN 408, WNG 101) sgos. stjaap- in stjaapfåår m. ‘Stiefvater’, -mäm f. ‘-mutter’ (MN 408, EFS 305, NfWb, Beitr. 24, 38) wied. stjap- in stjapaalerne pl. ‘Stiefeltern’, -börn n. ‘-kind’, -broor m. ‘-bruder’, -määm f. ‘-mutter’, -sän m. ‘-sohn’, -söster f. ‘-schwester’, -tääte m. ‘-vater’ (FRU 317) OFR harl. stiap- in stiapmem ‘Stiefmutter’, -tiochter ‘-tochter’, -vaa(h)r ‘-vater’, -zuhn/-suhn ‘-sohn’ (CM 44)

steupa- II

513

wang. stiap- in stiapbeen n. ‘Stiefkind’ (FA 1,396), -faun f. ‘-tochter’ (HEN 438), -fooer m. ‘-vater’, -maam f. ‘-mutter’ (FA 1,396) wurst. stjip- in stjipdochter ‘Stieftochter’, -möhme ‘-mutter’, -nann ‘-vater’, -snuh ‘-sohn’ (RM 122) Bel Germ

Lit

West- und nordgerm.: E ae. stƝop-, N mnl. stiep-, steep-, D ahd. stiof-, W an. stjúp-, O adän. stinjp-. PFR *stiƗp-. Zumindest die Formen des Festl.-Nfr. und Ofr., aber vermutlich auch die des Ins.-Nfr. und awfr. stiep- setzen eine Vorstufe *stiap- < stiƗp- mit Kürzung der zweiten Diphthongkomponente im ersten Kompositumsglied voraus, die sich teils wie altes -a- weiterentwickelt (FNF stjaap-, stjåp-, schaap-, OFR stiap-), teils durch Einwirkung des voraufgehenden - i-/-i- über -e- (awfr. stiep-) zu -i- palatalio siert wird (INF fa. stjip-, OFR wurst. stjip-), in sy. stiip- mit Assimilierung des - ii- zu -Ư-. Die nfr. Formen sjip-/schaap- < stjip-/stjaap- zeio gen Ausfall des -t- in der anlautenden Konsonantensequenz stj-. Im weiteren zu germ. *stnjba- und seiner nasalierten Auslautvariante germ. *stumpa- ‘stumpf’ (s.u.). Die Grundbedeutung des Primäradj. wäre demnach etwa ‘abgeschnitten, beraubt’ > ‘der Eltern, der Mutter, des Vaters etc. beraubt’. Vgl. ferner das folgende germ. *steupaII ‘aufragend’! Siebs 1889: 305; Siebs 1901: 1234; Falk/Torp 1909: 497; Löfstedt 1931: 126; Holthausen 1942: 274; Pokorny 1959: 1034; Århammar 1969: 55; Boutkan/Siebenga 2005: 376. steupa- II ‘aufragend’ V (§ 24c)

F E

D Bel Germ

AFR awfr. stiƗp- ‘emporstehend, aufragend’ in stiƗpsine f. ‘Hochsehne’ [d.h. Schwellkörper des Penis] (J) ne. steep ‘extending to a great height; elevated, lofty; of eyes: projecting, prominent; staring, glaring with passion; of a hill, mountain, cliff: having an almost perpendicular face or slope, a staircase, etc.; of an aim, an undertaking: arduous, full of dif¿culty, ambitious; excessive, extravagant; exorbitant; exaggerated, incredible’ (OED 10,898f., Wright 5,746) mhd. stief ‘steil’ (Lexer 2,1189) Westgerm. (F, E, D). PFR *stiƗp ‘aufragend’, das sich in den neufries. Mundarten nicht fortsetzt. Neben dem o-stu¿gen Verbaladj. germ. *staupa- ‘aufragend’ (F afr. stƗp, E ae. stƝap, D ahd. stou¿) (s.o.) zu dem im Westgerm. bezeug-

514

Idg Lit

-steurja-

ten starken Verb germ. *stnjpa- stv.II ‘hochragen’ (Sb 474) gab es offenbar zumindest im Afr. und Mhd. auch eine gleichbedeutende estu¿ge Variante germ. *steupa-, aber ebenfalls E ne. steep deutet der Schreibung nach eher auf eine Vorstufe ae. *stƝop < *steupa-. Vgl. im Vorhergehenden auch germ. *staupa- und germ. *steupa- I! Zu der idg. Wurzel *(s)teup- ‘stoßen, schlagen’, ‘emporragen’, ‘Stumpf, aufrechtstehender Gegenstand’ (IEW 1034). Pokorny 1959: 1034; Onions ed. 1978: 866. -steurja- ‘lenkbar’ K (§ 111)

F S N

INF fa. ünstjüür ‘schlecht lenkbar, widerspenstig, zügellos’ (Verf.) mnd. unstur [-y:-] ‘frei von Zwang, wild, ungebunden; ungestüm’ (SL 5,80) mnl. onstnjr ‘onstuimig, uitgelaten, wild, woest; teugelloos, toomeloos, ongebonden; onstuimig, stormachtig’ (VV 5,953f.)

un-

s.o.

Bel Germ

Kontinentales Nordseegerm. (F, S, N). Anders als D ahd. stiuri ‘groß, bedeutend, ausgezeichnet, erhaben’, in dem wahrscheinlich eine Rückbildung aus dem schwachen Verb ahd. stiuren swv.1 ‘lenken, steuern; stützen, fördern, ausstatten’ < germ. *steurja- swv.1 (AFR stinjra, stiǀra swv.1 ‘steuern; wehren hindern’, INF fa. stjüür swv.1 ‘lenken, steuern; senden, schicken’) vorliegt (Hm 554), scheinen die obengenannten Formen auf ein exozentrisches BahuvrƯhiadj. zurückzuführen, dessen Basis germ. *steurja- n./*steurjǀ- f. ‘Steuer’ unter anderem in F afr. stinjre f. ‘Steuerruder’, fa. stjüür n. ‘Steuer, Lenkung’ < ains.-nfr. *stinjre n. oder f.?, S mnd. stüêr(e) n., N mnl. stnjre f., stnjr(e) n. ‘Steuer, Lenkung’ weiterlebt. Hinsichtlich der Wortbildungsstruktur ist von einem Prä¿xkompositum germ. *ga-steurja- in Kombination mit dem Negationsprä¿x un- auszugehen in der ursprünglichen Bedeutung ‘keine Steuerung habend’; vgl. dazu entsprechend AFR awfr. onstiǀr [n.] ‘öffentliches Ärgernis erregendes Betragen; ruhestörender Krach’ (SnR 72), WFR nwfr. on-, ûnstjoer ‘verwarring, wanorde’ (FW 2,297); auf eine exozentrische Bildung deutet ebenfalls G usstiuriba ‘zügellos’ hin. Vgl. unter germ. *-wada- auch afr. unwad, -wed(de) ‘undurchwatbar’. Feist 1939: 535; Lehmann 1986: 326.

Lit

stikula- – stǀra-

515

Hm 555 stikula- ‘stechend’ V (§ 54) F

OFR wang. stiikel ‘dornig’ (FA 1,103)

-iga-

OFR sat. stíekelch ‘stachelig’ (MF 164), WFR nwfr. stikelich ‘stekelig’ (WFT 21,194)

Bel Germ

Westgerm.: E ae. sticol, S as. stekul, D ahd. stehhal. Auf die Grundform aofr. *stikel zurückführend als Verbaladj. zu germ. *stika- stv.V ‘stechen’ (Sb 467f.), wobei wang. stiikel Dehnung des -i- in offener Silbe zeigt. Seebold 1970: 467f.; Tiefenbach 1991: 108; Faltings 1996: 111.

Lit

Hm 557f. stǀra- ‘gewichtig’ *V (§ 60) F

AFR aofr. stǀr ‘groß’, adv. ‘viel’ (B1-2, E1-3, H) awfr. stǀr (A 484, D, J, U), stnjr (J) adv. ‘viel’ OFR sat. stúur ‘schwer’ (MF 168) WFR nwfr. stoer ‘fors gebouwd, sterk, groot; moeilijk, zwaar, gevaarlijk; stuurs, nors, stug, onvriendelijk, knorrig’ (WFT 21,262f.) hind. stoer ‘stoer’ (GB 159)

-iska-

WFR nwfr. stoersk ‘stuurs, nors, onvriendelijk, knorrig’ (WFT 21,263) WFR nwfr. stoerens ‘het groot-, sterk-, krachtig-zijn; stugheid, onverzettelijkheid’ (WFT 21,263) AFR aofr. stƝra swv.1 ‘stärken’ (H, R1); vgl. van Helten 1889: 272 und 1907: 313.

-nassjǀ-jaBel Germ

West- und nordgerm.: E ae. stǀr, S as. stǀri, O adän. stǀr, aschw. stǀr. PFR *stǀr. Awfr. stnjr zeigt Übergang des offenbar recht geschlossenen -ǀ- > -nj- vor -r, so auch in den neufries. Formen OFR sat. stúur, WFR stoer [-uԥ-, -u:-] (Siebs 1901: 1221f.). Dagegen dürfte OFR wang. stuur ‘schwer, schwierig’ (FA 1,103) angesichts wang. brooer ‘Bruder’, rooer ‘Ruder’, swooer prät. ‘schwor’ (vgl. sat. brúur, rúur usw.) Entlehnung aus nd. (OF) stuur ‘schwer, schwierig’ (DK 3,355) sein. Zumindest in WFR nwfr. stoer in der Bedeutung ‘kräftig, mannhaft’ scheint es homonymiebedingt zu einer inhaltlichen Vermengung mit germ. *stnjra- ‘dick, stattlich, kräftig’ (Hm 566) gekommen zu sein, das in einem schwundstu¿gen Ablautverhältnis zu hochstu¿gem

516

Idg Lit

stramba-

germ. *stǀra- ‘gewichtig’ steht, wobei noch zu klären wäre, inwieweit dabei LehneinÀuß durch mnd./mnl. stnjr im Spiel sein könnte. Entlehnung aus jüt. stor ‘fornem, stolt, storagtig’ (Feilberg 3,588) oder nnd. (Schl.) stuur ‘stattlich, ansehnlich’ (Mensing 4,919) liegt vor in FNF karrh. stuur ‘ansehnlich gekleidet’ (MN 2136). Im Germ. ohne direkte Vergleichsmöglichkeiten. Das ursprüngliche Verbaladj. ist aus dem Idg. ererbt und identisch mit lit. stóras ‘dick, grob’, abulg. starɴ ‘alt’ mit weiterem Anschluß an idg. *stƗ- ‘stehen’ (IEW 1004ff., 1008). van Helten 1890: 19, 176; Falk/Torp 1909: 479; Walter 1911: 68; Buma ed. 1949: 264; Pokorny 1959: 1008; Stanforth 1967: 3, 66f., 78. stramba- ‘stramm, steif’ P (§ 2)

F

S N D -nassjǀ-ǀjaBel Germ

FNF bök. stroom, struum ‘stramm, straff; kräftig gebaut’ (FU 232f.) hall. stroom in der Wendung stif en stroom ‘steif vor Kälte (von den Fingern)’ (MOH 1,230) wied. stroom ‘stramm (in der Bewegung)’ (FRU 323) OFR sat. strom ‘stramm’ (MF 167) WFR frühnwfr. straem ‘stram’ (GJ 459) nwfr. stram ‘stram, stijf, niet soepel bewegend; klam, enigzins, vochtig’ (WFT 21,303) mnd. stram, stramp ‘straff gespannt (Tuch), straff angespannt (Sehnen, Glieder des Körpers); steif, stramm; steil, hochaufgerichtet’ (LB 3,523) mnl. stram ‘stram’ (VV 7,2267) nhd. (Schweiz) stramm ‘straff’ (Kluge/Seebold 1995: 706) WFR strammens ‘stramheid; het enigzins klam-, vochtig-zijn’ (WFT 21,304) FNF bök. stroome, struume swv. ‘strammen, spannen’ (FU 233), WFR nwfr. streamje swv. ‘stremmen’ (FW 3,218) Erst spät bezeugt in F, S, N und D. Die Belege im dialektalen Schweizerdeutschen deuten jedoch darauf hin, daß das Adj. nicht sekundär im Nordseeraum entstanden sein wird. PFR *stromb mit nasaliertem -a- vor -mb < germ. *stramba-. Im Nfr. und Ofr. trat vor -mb normalerweise Frühdehnung des -o- ein, wonach FNF bök. † ström, hall. † strööm, wied. † strum, OFR sat. † stroum zu erwarten gewesen wäre. Indessen führen die festl.-nfr. und ofr. ‘Belege auf eine afestl.-nfr./aofr. Vorstufe *strom (-mm-) zurück. Wahrscheinlich bewirkte lediglich ein silbenschließendes -mb

strambja- – stranga-

Idg

Lit

517

Frühdehnung, nicht jedoch ein heterosyllabisches -m-b- Àektierter Formen, in denen die Kürze bewahrt geblieben und analog auf den casus rectus übertragen worden sein könnte. Entsprechend wäre WFR straem, stram teils mit, teils ohne jüngere Dehnung aus einem analogen awfr. *stram < Àekt. *stram-bes etc. hervorgegangen mit regulär aus älterem -o- rückentwickelten awfr. -a- (vgl. Siebs 1901: 1180f.), sofern nicht eine Entlehnung aus mnd./ mnl. stram vorliegen sollte. Vermutlich Primäradj. mit Labialerweiterung zu der Wurzel idg. *ster- ‘starr, steif’ (IEW 1022, 1025); außergerm. vergleicht sich vielleicht griech. ıIJİȡȑȝȞȚȠȢ ‘starr, hart, fest’; vgl. Persson 1912: 1,430. Falk/Torp 1909: 499; Falk/Torp 1910-11: 2,1176; Persson 1912: 1,430; Löfstedt 1928: 230; Hellquist 1948: 2,1084; Pokorny 1959: 1022, 1025; de Vries 1977: 552; Nielsen 1989: 423; de Vries 1992: 707; Kluge/Seebold 1995: 706. strambja- ‘stramm, steif’ R (§ 86)

F

INF fa. striam ‘kerzengerade’ (CJ 28, 149, 165, FÖW 578)

Bel Germ

Offenbar keine Belege außerhalb des F (INF). INF fa. striam < ains.-nfr. *strƝmbe mit -Ɲ- vor dehnender Konsonanz -mb- < germ. *strambja- könnte auf eine Rückbildung aus dem schwachen Verb *strambjan- ‘steif werden, spannen’ (vgl. etwa N mnl. stremmen ‘keeren, stuiten, tegengaan; stelpen; doen stremmen of dik worden’ (VV 7,2290f.), W nnorw. stremba ‘die Brust herausstrecken’) hindeuten, das seinerseits denominal aus dem Primäradj. germ. *stramba- ‘stramm, steif’ abgeleitet ist (s.o.). Falk/Torp 1909: 499; Löfstedt 1948: 78f.; Hellquist 1948: 2,1084; Kluge/Mitzka 1975: 755; de Vries 1977: 552; Århammar 1989: 110; Nielsen 1989: 423; de Vries 1992: 707, 709.

Lit

Hm 560f. stranga- ‘stark, kräftig’ *V (§ 25f) F

AFR awfr. streng (A, Fs, Ro 2,112, O), string (O) ‘streng’ spätawfr. strang ‘streng’ (Bo) INF fa. string ‘streng, herrisch; scharf, herb (im Geschmack, Geruch)’ (LFM 189, WFO 271, FÖW 579) sy. strääng ‘streng, hart, unnachgiebig; herb, scharf vom Geschmack’ (BM 254, SU 776)

518

O

-lƯka-haidu-

-ja-

stranga-

FNF bök. string (MN 1753), sträng (FU 232) ‘streng, strikt; stark, schwer; streng im Geschmack’ hall. striang ‘scharf, streng’ (MOH 1,112) karrh. string ‘streng’ (MN 1753, OTJ 15, 45) mgos. string ‘streng’ (MN 1753), striing ‘stark’ (HMN 132) ält. ngos. string (a. 1743, BJ 1,142), ngos. string (MN 1753, MOH 1,112) ‘streng’ sgos. string ‘streng’ (MN 1753, NfWb) str. striang ‘streng’ (ca. a. 1600, Kat. 64) wied. string ‘hartnäckig, anhaltend; scharf schmeckend; streng’ (FRU 322) OFR wang. strong ‘strenge’ (FA 1,103) WFR frühnwfr. string ‘streng’ (SB 95), strang, string ‘streng, gestreng, onmedogend’ (GJ 459) nwfr. strang, string ‘streng, ernstig, gewichtig; met hevigheid optredend; strak, gespannen’ (WFT 21,306) schierm. string, streng ‘streng’ (DF 111, Spenter 86) aschw. stranger, stronger ‘stuf, hård, oböjelig; sträf; barsk; gensträfvig; grym; häftig, våldsam; obeveklig, sköningslös, nokräknande; stark, duglig; mäklig, framstående’ (Söderwall 1884-1918: 2,517) AFR awfr. strenglƯke adv. ‘streng, kräftig’ (A 510, Cr, O), stringlƯken adv. ‘heftig’ (A 552) AFR awfr. strenghƝd f. (A 506, Ro 2,114), stringhƝd (A 370) ‘Strenge’, daneben mit ig-Erweiterung awfr. strengighƝd f. ‘Strenge’ (Cr), INF sy. sträänghair g. ‘Strenge’ (SU 776), FNF bök. stränghäid f. (FU 232), wied. stringhaid n. (FRU 322) ‘Strenge’; vgl. auch Ahlsson 194. Buma normalisiert in Anlehnung an einen früheren Artikel (Buma 1955: 69ff.) ein AFR awfr. stringa*, strinza* swv.1 ‘stark machen, aufziehen’ (Buma 1996: 324) aus t(h)ruchstrinzed part.prät. ‘großgezogen, vollwüchsig’ (Buma 1996: 360) in der Wendung thruchstrinzede rƯtherne ‘vollwüchsige Rinder’ (J, Teil 1, S. 88, § 34b). Mit Blick auf den bei Heimreich a. 1668 (Falck ed. 1819: 2,19) bezeugten und wohl aus der festl.-nfr. Mundart des Alten Strandes stammenden agrarrechtlichen Fachterminus boelstrengig Land ‘Land, das in schmale Streifen („Stränge“) aufgeteilt ist und das der Privatnutzung unterliegt’ – im Gegensatz zu hamscherig Land ‘Allmendeland’ – sollte man einen Vorschlag von Breuker 1978: 62f. aufgreifen und in Erwägung ziehen, ob auch truchstrinzede rƯtherne nicht besser als ein terminus technicus ähnlicher Art aufzufassen ist, etwa als in Gemenglage liegende, d.h. durch den betreffenden kommunalen Weidekomplex schießende und möglicherweise durch kleine Gräben voneinander abgegrenzte Landstreifen, die hier von den Flurgenossen

stranga-

-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

519

in Eigentum oder in Pertinenz zur Gräsung von Rindern genutzt wurde. Hinsichtlich der Wortbildung ist dann vielleicht eher von einer desubst. Ableitung mit Dentalsuf¿x auszugehen; zu diesem im Fries. zahlreich vorkommenden Adjektivtypus mit et-Suf¿x vgl. Faltings 1996b; noch anders Postma 1932 und 1955 sowie Sipma 1955 und 1956. INF fa. stringe swv.2 ‘strenger werden’ (WFO 271, FÖW 579), ‘jmd. drängen’ (LFM 189), ‘mit Strenge fordern’ (CJ 180), FNF bök. stränge (FU 232), wied. stringe (FRU 322) swv. ‘strenger werden’, WFR nwfr. strang(j)e swv. ‘strengen, nijpen’ (FW 3,217), stringje swv. ‘strengen, strenger, heviger worden’ (WFT 21,307) West- und nordgerm.: E ae. strang, S as. strang, N mnl. stranc (-g-), D ahd. strang, strengi, W an. strangr, O aschw. stranger. PFR *strong mit -o- < germ. -a- vor Nasal < germ. *stranga-, woraus OFR wang. strong, WFR nwfr. strang < awfr. *strang mit develarisiertem -o- < ält. *strong; daneben PFR *strenge < germ. *strangja-, auf das alle übrigen fries. Formen zurückführen. Im Festl.-Nfr. ist das umgelautete -a-, dessen phonetischer Wert offenbar ein offenes -æ- war, zunächst vor -ng früh zu -ƣ- gedehnt und zu -ia- diphthongiert worden (hall. str. striang), das im weiteren Verlauf zu -Ư- monophthongiert (mgos. striing) und schließlich in geschlossener Silbe gekürzt wurde (string), in bök. sträng mit relativ junger Senkung zu -e- [-İ-]. Im Ins.-Nfr. indessen scheint die Frühdehnung entweder unterblieben oder noch vor der Monophthongierung wieder rückgängig gemacht worden zu sein, da zumindest sy. strääng mit sekundärer Dehnung in geschlossener Silbe auf eine Vorstufe *streng weist. Aber vermutlich ist auch fa. string aus einem älteren *streeng hervorgegangen, dessen -Ɲ- positionsbedingt vor -ng Verengung zu -i- erfuhr. Entlehnung aus dem Nd. deutet INF helg. streng ‘streng’ (TS 289) an. Das Adj. dürfte wie das Subst. germ. *strangi- m. ‘Strang’ (F fa. string m., sy. strääng g., bök. sträng m., nwfr. string etc.) aus der o-Stufe eines starken Verbs der III. Ablautreihe hervorgegangen sein. Eine entsprechende Basis germ. *strenga- stv.III ist noch in W nnorw. dial. strungen ‘mit aufgetriebenem Magen’ (FT 2,1184) erkennbar. Falls die verbale Grundbedeutung ‘zusammendrehen, -ziehen’ war, wird sich die adj. Bedeutung ‘stark, kräftig’ aus älterem ‘fest, stramm gedreht’ entwickelt haben. Die verbale Basis idg. *strengh- ‘straff, stramm werden’ liegt ebenfalls in lat. stringǀ ‘ziehe an, schnüre zusammen’ (IEW 1037f.) vor. Delbrück 1907: 141; Falk/Torp 1909: 498; Löfstedt 1928: 111f.; Pokorny 1959: 1037; Spenter 1968: 86, Lühr 1988: 161.

520

strnjba- – stnjba-

Hm 561f. strnjba- ‘struppig’ P (§ 7) F

FNF ält. ngos. strüf ‘sträubicht’ (a. 1743, BJ 2,169) OFR sat. struuf ‘rauh, uneben; spröde, rissig’ (MF 167) WFR nwfr. stroef ‘niet glad, enigzins oneffen, ruw (van oppervlakken); niet vlot, niet toeschietelijk, niet gemakkelijk in de omgang’ (WFT 21,362) hind. strûf ‘stroef’ (GB 161) schierm. strúf ‘stroef’ (DF 112)

-ǀja-

OFR sat. strúuwje swv.2 ‘sich sträuben’ (MF 167)

Bel

Nicht nur auf das deutsche Sprachgebiet beschränkt (S as. strnjf* ‘struppig’, N mnl. struuf ‘rauh, uneben’, D ahd. strnjb* ‘struppig’), sondern kontinentalwestgerm. unter Einschluß des Fries. PFR *strnjf, dessen -nj- in den neufries. Mundarten teils erhalten, teils palatalisiert wird. Entlehnungen aus mnd. strûf ‘rauh, uneben’ sind INF fa. struf ‘stumpf (von der OberÀäche), nicht glatt’ (WFO 271, FÖW 580), FNF bök. struuf (FU 233), hall. struuf (MOH 2,162), ngos. struuf (MOH 2,162), wied. struuf (FRU 323) ‘rauh, uneben, struppig; straff’, aber auch für die ofr. und wfr. Formen ist eine (m)nd. Entlehnung wohl nicht ganz auszuschließen, wobei im Wfr. mnl. struuf ‘rauh, uneben’ oder partiell gar das gleichbedeutende nnl. stroef mit östlichem -oe[-u.-] im Spiel gewesen sein könnte. Offenbar ein im Germ. ererbtes Primäradj., dem sich etwa außergerm. griech. ıIJȡȣijȞȩȢ ‘herb, sauer, streng’ < idg. *strnjp-sno- zur Seite stellt. Die Grundlage idg. *streu-, woraus mit Gutturalerweiterung auch germ. *strnjk- m. ‘Strauch’ (IEW 1027f.), führt auf eine Wurzel idg. *ster- ‘starr, steif’ (IEW 1022ff.). Falk/Torp 1909: 504; Pokorny 1959: 1022ff., 1027f.; Lühr 1988: 278f.; de Vries 1992: 270f.

Germ

Idg

Lit

Hm 562 stnjba- ‘stumpf’ P (§ 7) F

INF fa. stüf ‘abweisend, von schroffem Wesen’ (FÖW 581f.) OFR sat. stû (JM 48), stuuf (MF 168) ‘stumpf; glatt; unmittelbar, direkt’ wang. stuuf ‘stumpf’ (HEN 293, 309) WFR nwfr. stoef, stûf ‘stuurs, onvriendelijk, bars, stug; sterk, straf, kras, overdreven; stevig, fors, erg; Àink, kras’, adv. ‘erg, zeer’ (WFT 21,256)

stnjba-

S

521

hind. stûf ‘stuurs (Àink)’ (GB 161) schierm. stúf ‘stuurs, stroef’ (DF 112) tersch. stoef ‘brutaal’ (CR 109) mnd. stûf ‘stumpf, verstümmelt (von Gliedmaßen); ohne Spitze, mit stumpfem Bug; abgeplattet’ (LB 3,562), nnd. (SH) stuuf ‘stumpf; kahl, rein abgemäht; ohne Spitze’, adv. ‘nahe, unmittelbar, knapp’ (Mensing 4,917) usw.

-ja-

S mnd. stüêven swv. ‘(Bäume, Hecken) stutzen, kappen, beschneiden’ (LB 3,578), vielleicht auch INF fa. -stiiwre in auerstiiwre swv. ‘die Ohrspitze querab kupieren (als Merkzeichen im Ohr von Rindern und Schafen)’, dazu auerstiiwert part.prät. ‘mit kupierter Ohrspitze’ < ains.-nfr. *stǮveria mit iterativer r-Erweiterung < ains.-nfr. *stǮva swv.1 ‘stutzen’, sofern hier nicht eine ältere Entlehnung aus dem Dän. vorliegt (vgl. O ndän. styve swv. ‘Bäume beschneiden’); vgl. Faltings 1983: 163.

Bel Germ

Als Adj. nur F (INF, OFR, WFR) und S. In allen neufries. Mundarten aus PFR *stnjf. Das im Groningschen begegnende stoef ‘stroef, nors; zwaar, moeilijk; dicht, vlak (bij), plotseling etc.’ zählt Heeroma 1951: 20 aufgrund wortgeographischer Kriterien zum fries. Substrat. Die übertragene Bedeutung ‘von schroffem Wesen, stur etc.’ kommt offenbar lediglich im Fries. vor; der adv. Gebrauch ‘unmittelbar, knapp, nahe bei etc.’ geht wohl von ‘stumpf, glatt abgeschnitten oder -gebrochen’ aus. Entlehnung aus nnd. stuff ‘stumpf’ (Mensing 4,911) mit expressiver Gemination und Kürzung des Stammvokals vor Doppelkonsonanz – oder mit analogischer Kürze nach dem Komp. stuffer? – scheint in INF fa. stuf ‘bissig, kurz angebunden’ (LFM 190, FÖW 581) vorzuliegen, dagegen aus nnd. stuuf (s.o.) FNF hall. stuuf (MOH 2,162), karrh. stuuf ‘stumpf; glatt ab’ (MN 2135). Vgl. ebenfalls die nasalierte Auslautvariante germ. *stumpa- ‘stumpf’ (s.u.) sowie o-stu¿g germ. *staupa- (s.o.), dagegen e-stu¿g germ. *steupa- I ‘verwaist’ und *steupa- II ‘aufragend’ (s.o.). Ererbtes Primäradj. mit weiterem Anschluß an idg. *(s)teup- ‘stoßen’, ‘emporragen’, ‘Stock, Stumpf’ (IEW 1034), woraus ebenfalls lett. stups ‘Stumpf’, griech. ıIJȪʌȠȢ n. ‘Stock, Stiel, Stengel’ sowie ohne s-mobile griech. IJȪʌIJȦ ‘schlage, haue’. Heeroma 1951: 20; Pokorny 1959: 1034; Spenter 1968: 241; Lühr 1988: 257.

Idg

Lit

522

stukka- – stulta-

Hm 562f. stukka- ‘steif’ S (§ 90) F

AFR aofr. stok ‘steif, starr (Körperglied)’ (R1)

Bel Germ

Nur AFR. Lediglich einmal in der alliterierenden Wendung stef and stok ‘steif und starr’ (R1) belegt. Vermutlich handelt es sich bei aofr. stok um eine Adjektivierung des Subst. afr. stok (-kk-) m. ‘Stock’ < germ. *stukka-, entsprechend aofr. stef ‘steif’ < afr. stef m. ‘Stab’ < germ. *staba- (s.o.), möglicherweise beeinÀußt oder hervorgerufen durch ein Kompositum wie vergleichsweise nhd. stocksteif ‘steif wie ein Stock’. van Helten 1907: 314; Holthausen 1927a: 237; Buma ed. 1961: 241; Boutkan/Siebenga 2005: 378.

Lit

Hm 563f. stulta- ‘hochmütig’ P (§ 4) F

AFR aofr. stult ‘stolz; kühn’ (H) awfr. stolt ‘stolz, hochfahrend’ (EdJ 69, FrR, O) spätawfr. stout ‘stolz’ (Bo) INF fa. stolt ‘stolz, hochmütig’ (WFO 267, FÖW 571, Verf.) sy. stolt ‘stolz, hochmütig’ (BM 252, SU 774) FNF bök. stult ‘stolz, hochmütig’ (FU 233) hall. stolt ‘stolz’ (MOH 2,96) karrh. stult (MN 2339), stolt (OTJ 40) ‘stolz’ (letztere Form wohl eher Entlehnung aus dem Nd.) ält. ngos. stollt ‘keck, stolz’ (a. 1743, BJ 1,59, 141) wied. stolt ‘stolz’ (FRU 319) OFR sat. stolt ‘stolz; hoch, gerade’ (MF 166) wang. stolt ‘stolz’ (FA 1,61) WFR frühnwfr. stout ‘mutig, tapfer, kühn’ (SB 58), ‘stout, driest, vermetel; moedwillig, boos’ (GJ 458) nwfr. stout ‘ondeugend, ongezeglijk, ongehoorzaam; stoutmoedig, vermetel, in hoege mate moedig; driest, vrijmoedig’ (WFT 21,296) hind. stoalt ‘stout’ (GB 158) schierm. steeut ‘moedig, stout; ondeugend’ (DF 108)

-lƯka-

AFR aofr. stultlƯke adv. ‘kühn, wagemutig; vermessen’ (H); awfr. stoltelƯk adv. ‘kühn’ (Cr), FNF ält. ngos. stoltlick ‘stolz; hochmütig’ (a. 1760, Kon. 84)

stulta-

-a-haidu-

Bel Germ

Idg

Lit

523

INF fa. stolt m. ‘Stolz’ (WFO 267, FÖW 571), FNF bök. stult (FU 233), karrh. stult (MN 2339), wied. stolt (FRU 319) m. ‘Stolz’, OFR sat. stolt m. ‘Stolz’ (MF 166) INF fa. stolthaid n. (WFO 267, FÖW 571), sy. stolthair g. (BM 252) ‘Stolz’, FNF ält. ngos. stoltheit (a. 1760, Kon. 84) sowie mit igErweiterung bök. stultihäid f. (FU 233) ‘Stolz’ Kontinentalwestgerm.: S mnd. stolt, N mnl. stout, stolt, D ahd. stolz, stulz. PFR *stolt. Awfr. stolt setzt sich mit Dehnung des -o- vor -lt und nachheriger Vokalisierung des -l- regulär in den wfr. Mundarten fort (Spenter 1968: 300). Aofr. stult dagegen zeigt – offenbar positionsbedingt vor Labial – Übergang von -o- > -u- (van Helten 1890: 14f.). Auf eine Vorstufe mit altem -u- würden bei autochthoner Entwicklung ebenfalls die nfr. Formen zurückführen, dagegen die ofr. auf eine Basis mit altem -o-, aber man fragt sich, ob hier wie dort nicht eher eine relativ junge Entlehnung aus S nnd. stolt ‘stolz’ vorliegen könnte, in FNF bök. karrh. stult dann allerdings über ein älteres *stǀlt mit Dehnung in geschlossener Silbe < mnd. stolt. Schließlich wäre für letztere eine bodenständige Herleitung aus afestl.-nfr. *stolt wiederum nicht auszuschließen. Für Entlehnung der nfr. Formen plädiert ebenfalls Århammar 2001: 323. Welche Überlegungen allerdings Löfstedt 1931: 96 dazu veranlassen, afr. stult für eine Entlehnung aus dem Mnd. zu halten, bleibt mir unverständlich. Die Herkunft des Adj. ist nicht geklärt. Frings/Müller 1966-68: 2,274f. halten es für eine Entlehnung aus lat. stultus ‘töricht, albern’. Bei bodenständiger Entwicklung ist vielleicht an germ. *stultjǀn- f. ‘Stelze’ anzuknüpfen: vgl. O adän. styltæ, aschw. stylta ‘Stelze’ sowie mit r-haltigem Suf¿x INF fa. stolter n. ‘Stelze’, vermutlich deverbal zu fa. stoltre swv.2 ‘auf Stelzen gehen; einherstolzieren; unsicher gehen’ (WFO 267, FÖW 571), OFR wang. stulter swv.2 ‘stolpern’ (FA 1,83). Die ursprüngliche Bedeutung des Adj. könnte demnach etwa ‘steif, gestelzt einhergehend’ gewesen sein. Falls in germ. *stulta- ein autochthon ererbtes Primäradj. vorliegt, dann am ehesten zu idg. *stel- ‘stellen’, ‘unbeweglich, steif’, ‘Ständer, Pfosten, Stiel’ (IEW 1019f.); die Wurzelerweiterung idg. *stel-d(E me. stilte, D ahd. stelza ‘Stelze’) und ihre schwundstu¿ge Variante (s.o.) lassen sich außerhalb des Germ. nicht nachweisen. van Helten 1890: 14f.; Falk/Torp 1909: 489; Löfstedt 1931: 96; Pokorny 1959: 1020; Frings/Müller 1966-68: 2,474f.; Spenter 1968: 300.

524

stumma-

Hm 564 stumma- ‘stumm’ P (§ 4) F

AFR aofr. stum ‘stumm’ (PrJ 232) awfr. stom (A 442, Ro 1,18), stum (A 308, Ro 2,72) ‘stumm’ INF fa. stom ‘stumm’ (WFO 267, FÖW 571) helg. stom ‘stumm’ (TS 289) sy. stum ‘stumm, sprachlos’ (BM 256, SU 778) FNF bök. stum ‘stumm’ (FU 234) hall. stom ‘stumm’ (MOH 2,92) karrh. stum ‘stumm’ (MN 2340, OTJ 39) mgos. stum, stom (MN 2340), stom (JH 10) ‘stumm’ ält. ngos. stamm (a. 1743, BJ 1,144), stomm (a. 1760, Kon. 84), ngos. stum, stom (MOH 2,92, WNG 103) ‘stumm’ sgos. stum ‘stumm’ (MN 2340) wied. stum ‘stumm’ (FRU 324) OFR sat. stum ‘stumm’ (MF 167) WFR frühnwfr. stom* (SB 53 [in de stomme ‘der Stumme’]), stom (GJ 458) ‘stumm’ nwfr. stom ‘stom; geen geluid gevend; beklagenswaardig, arm; geen verstand, geest bezittend; uitermate dom, onnozel stompzinnig’ (WFT 21,279f.) hind. stom ‘stom’ (GB 159) schierm. stom ‘stumm; dumm’ (Spenter 131, DF 110) tersch. stom ‘stom’ (Knop 1954: 32)

-lenga-

WFR nwfr. stommeling ‘stommeling, dom persoon, sufferd; iem. die niet bij machte is te spreken als dit nodig is’ (WFT 21,282) WFR nwfr. stommens ‘stomheid; domheid; traagheid van begrip’ (FW 3,214) INF fa. stomhaid n. (SP 128), sy. stumhair g. (SU 778) ‘Stummheit’ WFR frühnwfr. stomje swv.2 ‘stommen, verstommen’ (GJ 458) OFR wang. stummer swv.2 ‘stammeln’ (FA 1,75)

-nassjǀ-haidu-ǀja-rǀjaBel Germ

Kontinentalwestgerm.: S as. stum, N mnl. stom, stum, D ahd. stum (-mm-, -mb-). In allen neufries. Mundarten aus einer Vorstufe PFR *stum (-mm-), teils mit erhaltenem -u- in geschlossener Silbe, teils mit Senkung zu -o-, die im Wfr. positionsbedingt vor Nasalverbindungen schon im Awfr. zu einem Zusammenfall von germ. -o- und -u- führt, wenngleich nicht durchgehend (vgl. germ. *krumba- ‘krumm’). Das Primäradj. germ. *stumma- steht im Ablaut zu germ. *stama- ‘gehemmt, behindert’ (Hm 544). Die Grundbedeutung ‘in der Sprache stockend, gehemmt’ entwickelt sich im F generell zu

stumpa-

Lit

525

‘stumm, schweigsam, unfähig zu sprechen’, im (A)wfr. speziell aber auch zu ‘dumm, nicht wissend, was man sagen soll’, möglicherweise unter Einwirkung des partiell synonymen germ. *dumba- ‘stumm, dumm’ (s.o.). Falk/Torp 1909: 483; Löfstedt 1931: 92; Pokorny 1959: 1021; Spenter 1968: 131; Lühr 1988: 102f. Hm 564 stumpa- ‘verstümmelt’ P (§ 4)

F

INF fa. stomp ‘stumpf, abgerundet; glatt abgebrochen; nicht glänzend; nicht scharf’ (WFO 267f., FÖW 571f.) helg. stomp ‘stumpf’ (TS 289) sy. stump ‘stumpf; ohne Schärfe; altersschwach’ (BM 256, SU 778) FNF bök. stump ‘kurz (besonders von Kleidern); gekürzt, gestutzt’ (FU 234) hall. stomp ‘stumpf’ (MOH 2,92) karrh. stump ‘stumpf’ (MN 2340, OTJ 39) ält. ngos. stump (a. 1743, BJ 1,144), stomp (ca. a. 1745, JG 375), ngos. stump, stomp (WNG 103) ‘stumpf’ sgos. stump ‘stumpf’ (NfWb) wied. stomp ‘stumpf’ (FRU 319) OFR sat. stump ‘stumpf’ (MF 167) WFR nwfr. stomp ‘stomp; niet scherp, puntig of spits; bot, niet snijdend; plomp, op en plompe manier; zonder waarde; onvriendelijk, bot, onbeleefd, niet gedienstig’ (WFT 21,284) hind. stûmp ‘stomp’ (GB 161) schierm. stomp ‘stomp, bot’ (DF 110)

-a-

INF fa. stomp m. (FÖW 571), sy. stump m. (BM 256) ‘Stumpf’, FNF bök. stump m. (FU 234), hall. stomp m. (Lo 111), wied. stomp m. (FRU 319) ‘Stumpf’ AFR awfr. stumpe, stompe m. ‘Knüppel’ (D, Fs); – oder liegt ein fem. ǀ-St. vor? INF fa. stompens n. ‘das Stumpfe, stumpfe Stelle’ (KJC 9,181, FÖW 572), WFR nwfr. stompens ‘stompheid’ (WFT 21,285f.)

-an-nassjǀBel Germ

Kontinentalwestgerm.: S mnd. stump, N mnl. stomp, stump, D ahd. stumpf. PFR *stump, dessen -u- in den neufries. Formen teils erhalten, teils regulär zu -o- gesenkt worden ist. In allen Fällen kann Entlehnung aus mnd./mnl. stump wohl nicht ausgeschlossen werden.

526

Lit

stunta- – sula-

Offenbar ererbtes Primäradj.; seine Bedeutung ‘stumpf’ zeigt sich ebenfalls in der nichtnasalierten Variante germ. *stnjba- (s.o. und Hm 562) sowie versteckt auch in germ. *steupa- I ‘verwaist’ (s.o. und Hm 554) und germ. *steupa- II ‘aufragend’ (s.o.). Falk/Torp 1909: 484; Löfstedt 1931: 92; Pokorny 1959: 1012; Lühr 1988: 164. Hm 564f. stunta- ‘kurz, stumpf’ *V (§ 37)

F O -sla-ǀjaBel Germ

Lit

INF fa. stont ‘kurz, zu kurz (Kleidung); stumpf’ (WFO 268, FÖW 572) sy. stönt ‘kurz, fußfrei (von Kleidern)’ (BM 253, SU 774) jüt. stunt ‘stødt, kort for hoved’ (Feilberg 3,626f.) S nnd. (Hamburg) stuntsel ‘kurzer, dicker Mensch’ (Schütze 180006: 4,218), dazu nnd. (Holst.) stunzelig ‘kurz (Kleidung)’ (Mensing 4,914) INF sy. stönti swv.2 ‘stutzen, kürzen, kürzer machen’ (SU 774) West- und nordgerm.: E ae. stunt, D ahd. stunz, W an. stuttr. Die ins.-nfr. Formen setzen ein ains.-nfr. *stunt voraus. Entlehnung aus dem (A)dän. ist wohl nicht grundsätzlich auszuschließen, doch kann es sich ebensogut um die Bewahrung einer autochthonen Reliktform handeln, möglicherweise lexikalisch gestützt durch das Vorkommen im Jüt. Die weitere etymologische Herleitung des ursprünglichen Verbaladj. ist umstritten: Entweder liegt eine nasalierte Schwundstufe germ. *stunt- zu germ. *steut- in germ. *stauta- red. ‘stoßen’ (Sb 463f.) vor oder es handelt sich um eine schwundstu¿ge Variante zu germ. *stenta- in S mnd. stint m. ‘Stint (osmerus eperlanus)’ und O nschw. dial. stinta ‘halbwüchsiges Mädchen’ (FT 2,1168, 1191f.). Falk/Torp 1909: 482; Falk/Torp 1910-11: 2,1168, 1191f.; Kolb 1957: 53ff.; Pokorny 1959: 1033f.; Seebold 1970: 463f.; Lühr 1988: 102; Nielsen 1989: 428 (unter stut); Koller 1990: 129ff.; Faltings 1996: 104f.; Kluge/Seebold 2002: 885 (unter Stint). Hm 567 sula- ‘schmutzig, dunkel’ S (§ 90)

F

AFR aofr. sol- in soldƝde (B1-2, E1-3, F, R1), soldƝd (H) f. ‘Sudeltat’, d.h. ‘eine Mißhandlung, die Erbrechen, Durchfall und längeres Ohnmächtigliegen im eigenen Kot zur Folge hat’

snjra-

Bel Germ

Lit

527

Anglo-fries. Holthausen 1924: 455 nimmt unter Verweis auf das unsichere E ae. sol ‘schwärzlich, dunkel, schmutzig’ auch für das Erstglied in aofr. soldƝd(e) ‘Sudeltat’ ein adj. *sol ‘schmutzig’ < germ. *sula- an, das seinerseits vermutlich über einen prädikativen Gebrauch oder über ein Kompositum aus dem Subst. germ. *sula- n. ‘Schlamm, Kot’ (E ae. sol n., N sol n., D ahd. sol n. ‘Kotlache, -pfütze’) hervorging. Aber gerade weil aofr. sol- hier in einem Kompositum auftritt, wird es eher auf das Subst. zurückzuführen sein, obwohl ein entsprechendes Simplex im Fries. nicht bzw. nicht mehr bezeugt ist. Dort kommt offenbar lediglich die ǀ-stämmige Variante WFR nwfr. soal ‘geul, vaargeul’ (WFT 20,289) vor < AFR awfr. sǀl f. ‘wassergefüllte Senke’ (SnR 937, O) mit Dehnung der Kürze in offener Silbe < älterem *sole, ferner in der Bedeutung ‘Salzlake, Pökel, Butterlake’ INF fa. söl f.(n.) (WFO 256, FÖW 541), FNF ngos. sööl f. (MOH 2,117) < ains.-/afestl.-nfr. *sule f. mit positionsbedingtem -u- < -o- vor -l-. Daß indessen das Neutr. germ. *sula- n. ‘Schlamm, Kot’ dem Fries. vielleicht doch nicht unbekannt war, könnten die Ableitungen INF fa. solig, -ag ‘leicht beschmutzt, schmuddelig’ (WFO 256, FÖW 541) und sole swv. ‘besudeln’ (LFM 178, FÖW 541) andeuten, für die eine Basis fa. *sol ‘Schmutz, Schlamm, Kot’ < ains.-nfr. *sul (älter *sol) anzusetzen wäre. Das Nebeneinander von Fem. und Neutr., teils mit kongruentem, teils mit differenzierendem Wortinhalt, begegnet ebenfalls im Engl., Nd. und Nl. His 1901: 324; van Helten 1907: 309; Falk/Torp 1909: 572; Holthausen 1924: 466; Löfstedt 1931: 2,117; Buma ed. 1949: 261; Pokorny 1959: 913; Munske 1973: 142; Seebold 1984: 128ff.; Gildemacher 1993: 500ff.; Kluge/Seebold 2002: 855; Boutkan/Siebenga 2005: 360f. Hm 568f. snjra- ‘feucht; sauer’ *D (§ 104)

F

AFR awfr. snjre adv. ‘hart, unerbittlich’ (FrR) INF fa. sör, sür, süür ‘sauer’ (WFO 257, 275f., FÖW 546) helg. siir ‘sauer’ (TS 276) sy. süür ‘sauer’ (BM 258, SU 780) FNF bök. sör ‘sauer’ (FU 222) hall. sur [-u-] ‘sauer’ (MOH 1,30) karrh. sör ‘sauer’ (OTJ 58) mgos. sör ‘sauer’ (HMN 131) ält. ngos. sürr (a. 1743, BJ 1,114), ngos. sör (MOH 1,30) ‘sauer’ sgos. sür (EFS 247), süür (Beitr. 31) ‘sauer’ wied. sür ‘sauer’ (FRU 326)

528

O -iga-ikǀda-

-lƯka-a-engǀ-

-nassjǀ-haidu-ǀja-

Bel Germ Idg

snjra-

OFR harl. suhr* ‘sauer’ (CM 94) sowie in wyhnsuhr ‘sauer’ (CM 41) sat. súur ‘sauer’ (MF 168) wang. suur ‘sauer’ (FA 1,103) WFR frühnwfr. zoer (SB 68), soer (GJ 436) ‘sauer’ nwfr. soer ‘zuur; van een scherpe smaak, niet zoet; bedorven (van melk); verzuurd, niet geschikt voor plantengroei; onaangenaam, vervelend, bezwaarlijk, hard, moeilijk, zwaar; nors, onvriendelijk, ontevreden’ (WFT 20,301) hind. soer ‘zuur’ (GB 151) schierm. sieur ‘zuur’ (DF 100) tersch. soer ‘zuur’ (CR 104) adän. snjr ‘af en skarp, sammensnerpende ell. ætsende smag’ (ODS 22,1026ff., Nielsen 1989: 433) INF fa. sörig, sürig, süürig ‘säuerlich’ (FÖW 546) INF fa. sörket ‘ein wenig sauer, säuerlich’ (KJC 10,142, WFO 257, FÖW 546) < ains.-nfr. *surikad mit Stammsilbenreduktion vor dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ket aus ains.-nfr. *snjr; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und 169 sowie Faltings 1996b: 95f. INF fa. sörelk, sürelk ‘säuerlich’ (WFO 257, 276, FÖW 546), FNF wied. sürlik ‘säuerlich’ (FRU 326) WFR nwfr. soer (WFT 20,300f.), schierm. sieur (Spenter 249), tersch. soer (CR 104) n. ‘een zuur vocht; zuur’ INF fa. söring, süring (WFO 257, 275, FÖW 546), sy. süüring (BM 258) n. ‘Sauerteig’, FNF bök. söring m. (FU 222), hall. surling m. (MOH 1,30), karrh. söring (OTJ 58), mgos. söring n. (MN 2501) ‘Sauerteig’; der Genuswechsel Fem. > Neutr./Mask. ist sekundär. INF fa. sörens, süürens n. ‘Säure’ (SP 131, FÖW 546), WFR nwfr. soerens ‘zuurheid’ (WFT 20,302) FNF bök. sörhäid f. ‘Säure (Beschaffenheit)’ (FU 222) INF fa. söre, süre (WFO 257, 276, FÖW 546), helg. siire (süüre) (TS 276), sy. süüri (BM 258) swv.2 ‘säuern’, FNF bök. söre (FU 222), karrh. söre (OTJ 58), wied. süre (FRU 326) swv.2 ‘säuern, sauer werden’, OFR sat. súurje swv.2 ‘säuern’ (MF 169), WFR nwfr. sûrje swv.2 ‘säuern, sauer werden’ (FW 3,242) West- und nordgerm.: E ae. snjr, S mnd. sûr, N mnl. suur, D ahd. snjr, W an. súrr. In allen neufries. Mundarten aus PFR *snjr, im Nfr. mit Palatalisierung des -nj- > -Ǯ-/-y-, teils mit weiterer Senkung zu -ø- vor -r. Das Adj. steht im Germ. isoliert. Ererbtes Adj. idg. *snj-ro- (IEW 1039) und identisch mit lit. snjüras ‘salzig’, abulg. syrɴ ‘naß, feucht; roh’, dazu substantivisch lit. snjüris, abulg. syrɴ ‘Käse’. Die Grundbedeutung war mit Blick auf die

swaka- – swala-

Lit

529

Käseherstellung zunächst ‘Wasser ziehend’, woraus ‘sauer (von der Molke)’. Idg. *snj-ro- ist eine Sekundärbildung zu dem Wurzelnomen idg. *sԥƗ-, *snj- ‘Saft’; vgl. im weiteren auch germ. *swǀtu-. Siebs 1889: 247; Falk/Torp 1909: 446; Löfstedt 1928: 30; Löfstedt 1933: 31; Kolb 1957: 127; Pokorny 1959: 1039; Spenter 1968: 249; Seebold 1984: 124f. Hm 571 swaka- ‘schwankend’ P/R? (§ 2, 88)

F

OFR sat. swäk ‘schwach’ (MF 169)

-lƯka-eþǀ-haidu-

OFR sat. swäkkelk ‘kraftlos, schwächlich’ (MF 169) OFR sat. swäkte f. ‘Schwachheit, Schwäche’ (MF 169) OFR sat. swäkhaid f. ‘Schwäche’ (MF 169)

Bel Germ

Kontinentalwestgerm.: S mnd. swak, N mnl. swac, D mhd. swach. Aus aofr. *swek mit tonerhöhtem -e- < -a-; anders Århammar 1969: 83, der an eine relativ junge Entlehnung aus (m)nd. swak ‘schwach, kraftlos etc.’ denkt, wobei (m)nd. -a- nach analogen Vorbildern, in denen nd. -a- für tonerhöhtes fries. -e- stehe, durch sat. -e- ersetzt worden sei. Im weiteren wird nicht deutlich, ob das Adj. als primär anzusehen ist oder aus germ. *swakƣ- swv.3 ‘schwanken, schwach werden’ rückgebildet wurde. Nach Heinertz 1927: 132ff. handelt es sich um eine unnasalierte Nebenform zu germ. *swanka- ‘schlank, biegsam’ (Hm 573). Entlehnungen aus mnd. swak bzw. mnl. swac sind in der Tat: INF fa. swak (WFO 276, FÖW 592), helg. swak (TS 291), sy. swak (BM 259), FNF bök. swåk (FU 237), hall. swak (MOH 2,197), karrh. swåk (MN 564), OFR wurst. swack (RM 118), WFR ält. nwfr. swack (GJ 468), nwfr. swak (WFT 22,66ff.), hind. swak (GB 162), schierm. swak (DF 113) ‘schwach’. Falk/Torp 1927: 545; Heinertz 1927: 132ff.; Löfstedt 1931: 197; Pokorny 1959: 1047f.; Århammar 1969: 83; Lühr 1988: 166f.

Lit

Hm 571f. swala- ‘schwelend, brennend; kühl’ V (§ 27a) F W O

AFR gegebenenfalls als aofr. swal*- ‘brennend’ in aofr. swaldolch* [Hs. ] n. ‘Brandwunde’ (F) an. svalr ‘kühl, frisch, kalt (Wetter)’ (Baetke 622) adän. swal ‘kühl’ (Nielsen 1989:434)

530

Bel Germ

Lit

swarta-

Für den Fall, daß das Bestimmungswort in aofr. swaldolch* ein Adj. ist, eine nordgerm.-nordseegerm. Gleichung. o-stämmiges Verbaladj. zu germ. *swela- stv.IV ‘schwelen’ (Sb 488). Die auffällige und sicherlich sekundäre Bedeutungsverkehrung von ‘schwelend, sengend’ > ‘kühl’, vielleicht über eine neutrale Zwischenstufe ‘lauwarm’, begegnet lediglich im Nordgerm. Für das Erstglied des Kompositums AFR aofr. swaldolch* ‘Brandwunde’ ist ein Adj. swal* ‘schwelend, brennend’ wohl ebenfalls nicht grundsätzlich auszuschließen. Seine passivische Bedeutung könnte sich aus dem reÀexivischen Gebrauch des Verbs ergeben haben. Allerdings sollte mit Blick auf W an. svali m. ‘Kühle; unglücklicher Zustand’ auch für die afr. Form ein n-stämmiges Subst. aofr. swala* m. ‘Brand’ weiterhin im Auge behalten werden, wie van Helten 1907: 83 das schon getan hat. Vgl. ferner die dehnstu¿ge Ableitung germ. *swǀla- ‘schwül’ (s.u.). Bechtel 1879: 17; van Helten 1907: 83; Falk/Torp 1909: 551; Pokorny 1959: 1045; Seebold 1970: 488. Hm 5574f. swarta- ‘schwarz’ P (§ 2)

F

AFR aofr. swart (E1-3, F, H, R1-2), swert (E1) ‘schwarz; unsauber, schmutzig’ awfr. swart (A 242, D, FrR, J, LSt, Ro 1,20, SnR 123, U [Brouwer], O), swert (A 284, J, O), ‘schwarz; dunkelfarbig; schmutzig, unsauber; böswillig’ spätawfr. zwart ‘schwarz’ (Bo) INF ält. fa. zuhrt ‘schwarz’ (a. 1757, NfSt 1,27), fa. suart ‘schwarz; dunkel, ¿nster (Wetter); böse, verdrießlich (Miene); bitter (übertr.)’ (WFO 273, FÖW 585, Verf.) ält. helg. swart (a. 1758, NfSt 1,48), helg. suaart, geschrieben auch swooart, swart ‘schwarz’ (TS 291) sy. suurt ‘schwarz’ (BM 257, SU 779) FNF bök. suurt ‘schwarz; bitter (übertr.)’ (FU 236) hall. süürt ‘schwarz’ (MOH 1,142) karrh. suurt ‘schwarz’ (OTJ 42, 71) mgos. suurt ‘schwarz’ (HMN 132, LHol 190) ält. ngos. suert (a. 1743, BJ 1,128), ngos. suurt (MOH 1,145) ‘schwarz’ sgos. süürt ‘schwarz’ (Beitr. 38) wied. suurt ‘schwarz; düster, ¿nster; schwarz, geheim (Magie)’ (FRU 327) OFR harl. swert, schwert ‘schwarz’ in swerte beyen ‘Gichtbeern’, schwerte rayfe ‘ein Rettig’ (CM 40)

swarta-

O -iga-lƯka-nassjǀ-

-haidu-ǀja-

Bel Germ

531

sat. swoot, swot ‘schwarz’ (EFS 45, MF 169) wang. swart ‘schwarz’ (FA 2,7, HEN 122) wurst. schwart ‘schwarz’ (RM 118) WFR frühnwfr. swart ‘schwarz’ (SB 53, GJ 469) nwfr. swart ‘zwart; donker, duister, zwartachtig; orthodox, rechtzinnig; vuil, morsig, bemorst; zonder toestemming van de overigheid; slecht, ongunstig; rampspoedig, ongeluk brengend; somber voor het gemoed; nors, onvriendelijk, verstoord’ (WFT 22,75ff.) hind. swart [swat] ‘zwart’ (GB 163) schierm. swets ‘zwart’ (DF 113) tersch. swat ‘zwart’ (CR 112) adän. swartær, swƗrt, swǀrt, sǀrt ‘sort’ (Lund 1877: 134, ODS 21,3ff., Nielsen 1989: 404) WFR nwfr. swartich ‘min of meer zwart; vuil’ (WFT 22,79) INF fa. suartelk (WFO 273, FÖW 585), sy. suurtelk (BM 257) ‘schwärzlich’ INF fa. suartens n. ‘Schwarzes; schwarze Stelle’ (LFM 191, KJC 9,180, FÖW 585) mit sekundärem Genuswechsel Fem. > Neutr., WFR nwfr. swartens ‘het zwart-zijn, zwarte kleur; vuil, rechtzinnigheid’ (WFT 22,78) FNF wied. suurthaid n. ‘Schwärze; dunkles Aussehen’ (FRU 327) INF fa. suarte swv.2 ‘schwärzen’ (LFM 191, FÖW 585), FNF bök. suurte swv. ‘schwärzen’ (FU 236), wied. suurte swv. ‘anschwärzen, schlechtmachen’ (FRU 327) Gemeingerm.: E ae. sweart, S as. swart, N mnl. swart, D ahd. swarz, W an. svartr, G swarts. Mit Ausnahme von OFR harl. swert und WFR schierm. swets < afr. swert setzen sämtliche neufries. Belege eine Vorstufe PFR *swart voraus, im Nfr. offenbar mit früher Dehnung des Stammvokals vor folgendem -rt. Während INF fa. suart [suart] mit fallendem Diphthong, helg. suaart [swa:rt] mit steigendem Diphthong direkt auf ains.-nfr. *swƗrt zurückführen, ist für INF sy. suurt, FNF suurt, süürt eine andere Entwicklung anzunehmen; hier scheint das gedehnte -a- der Lautfolge -wƗ- durch EinÀuß des labialen -w- nicht diphthongiert, sondern über -ǀ- zu -nj- verengt worden zu sein, wobei das -w- hier wie im Ins.-Nfr. positionsbedingt vor -nj- resorbiert wurde. In hall. sgos. süürt ist dieses -nj- zudem „spontan“ zu -Ǯ- palatalisiert worden. Auch WFR schierm. swets ist vermutlich aus awfr. *swƝrt mit langem Stammvokal vor dehnender Konsonantenverbindung hervorgegangen; die Vokalkürze der heutigen Form dürfte se-

532

Idg

Lit

swenþa-

kundär sein. Die übertragene Bedeutung ‘böswillig, verdrießlich etc.’ begegnet lediglich im Nordseegerm. Vgl. daneben mit Schwundstufe die nordgerm. Formen W an. sorti m. ‘Schwärze, Dunkel’, sorta f. ‘schwarze Farbe’, sorta swv ‘verdunkeln; teeren’, sortna swv. ‘sich verdunkeln’. Das Primäradj. westidg. *sԥordo- ‘schwarz, schmutzfarben’ (IEW 1052) könnte wohl ebenfalls in lat. sordeǀ ‘bin schmutzig’, sordƝs ‘Schmutz’ und sordidus ‘schmutzig’ zugrunde liegenden Adj. *sordus ‘schmutzig’ enthalten sein, sofern nicht das schwundstu¿ge *sԥԍdoim Spiel sein sollte. Im weiteren ist vermutlich auch mit e-Stufe und anderem Auslaut germ. *swerka- stv.III ‘dunkeln’ (Sb 495f.) < idg. *sԥer-g- (IEW 1052) hierherzustellen, woraus deverbal INF fa. swark n. ‘dunkle Regenwolke’, FNF wied. swärk m. ‘Wolke’ (FRU 328) und OFR wang. swäärk f. ‘Wolke’ (FA 1,397) sowie E ae. ge-sweorc ‘Dunkelheit’, S as. gi-swerk ‘dunkles Gewölk’, D ahd. gi-swerk ‘Regenwolke’. Siebs 1889: 45; Siebs 1901: 1254; Falk/Torp 1909: 550; Schwentner 1915: 4ff.; Löfstedt 1928: 142f., 145; Löfstedt 1933: 37f.; Pokorny 1959: 1052; Spenter 1968: 176; Seebold 1970: 495; Bailey 1976: 29ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 384. Hm 577f. swenþa- ‘kräftig’ *D (§ 105)

F

O

AFR aofr. swƯthe adv. ‘heftig, sehr’ (E1, F, H) awfr. swƯth adj. ‘arg, schlimm’ (J), swƯthe adv. (D, J), swƯde adv. (A 438, J, U [Hoekstra]) ‘heftig, sehr; schlimm’ OFR sat. swied adv. ‘sehr, viel’ (JM 49, Kramer 1961: 219) wang. swiith in swiithfeel adv. ‘sehr viel’ (FA 1,25) WFR nwfr. swiid ‘prachtig, luisterrijk, groots, indrukwekkend’, adv. ‘bijzonder, buitengewoon; zeer, erg, in hoge mate, haastig, vlug’ (WFT 22,106f.) ält. ndän. svind ‘stærk, voldsom, hurtig’ (Kalkar 4,236)

-nassjǀ-

WFR nwfr. swidens ‘grootsheid, luister, pracht; buitengewoonheid’ (WFT 22,95)

Bel

Gemeingerm.: E ae swƯð, S as. swƯth, N anl. swƯtho, D mhd. swint, swinde; W an. svinnr, sviðr, G swinþs. PFR *swƯþ mit -Ư- < -enþ-. Vgl. daneben mit schwundstu¿gem Ablaut und grammatischem Wechsel afr. (e)sund ‘gesund’ < germ. *-s(w)unda- (s.u.). Die gemeinsame Grundbedeutung ist ‘im Vollbesitz der Kräfte be¿ndlich’.

Germ

swƣra-

Idg

Lit

533

Seebold (1983: 32f.) geht von einem Nominalstamm idg. *sƣhú- mit weiterem Anschluß an idg. *seƣh- ‘festhalten, (im Kampf) überwältigen’, wonach das germ. Adj. als Sekundärbildung mit to-Suf¿x zu idg. *sƣhԥén- ‘Macht’ aufzufassen wäre; vgl. dazu resümierend Heidermanns (Hm 578). Grienberger 1900: 206; Siebs 1901: 1199, 1264; Falk/Torp 1909: 547; Hoops 1950: 82f.; Oksaar 1958: 329ff., 389ff., 466ff.; Pokorny 1959: 1048; Piirainen 1971: 48f.; de Grauwe 1979-82: 2,315f.; Seebold 1983: 32f.; Bammesberger 1990: 251; Kluge/Seebold 2002: 351f. æra- ‘gewichtig’ *D (§ 95) Hm 578f. swǀ

F

O -lƯka-nassjǀ-eþǀ-haidu-ja-ǀjaBel

AFR aofr. swƝr ‘schwer; schwierig’ (E1,3, F, R2) awfr. swƝr (A 234, Cr, FrB 42, FrR, Fs 2,24, 67, J, LSt, Ro 1,90, 118, U [Brouwer], O), swier (EdJ 70, Ro 1,130) ‘schwer, vollwichtig; lästig, unbequem; schlimm’ OFR sat. sweer ‘schwer’ (MF 169) wang. sweer ‘schwer’ (FA 1,103) WFR frühnwfr. swier ‘zwaar’ (AH 21, Z. 10, GJ 469) nwfr. swier ‘zwaar; groot, fors, massief; van grot omvang, zwaarlijvig; moeilijk te verteren; aanzienlijk; hevig, onstuimig; dicht, geconcentreerd; zwanger’, adv. ‘moeilijk, moeizaam’ (WFT 22,95ff.) hind. swier ‘zwaar; zwanger’ (GB 163) schierm. swier ‘zwaar; zwanger’ (DF 113) tersch. swier ‘zwaar’ (CR 112) adän. svƗr ‘tung, stor’ (Lund 1867: 134, Nielsen 1989: 435) AFR awfr. swƝrlƯk (Cr, J, Ro 1,2, O), swierlƯk (SnR 186, O), swƝrlƯken (J), adv. ‘schwer, heftig; sehr’, WFR frühnwfr. swierlick ‘bezwaarlijk, lastig’ (GJ 470) WFR nwfr. swierens ‘zwaarte’ (WFT 22,97f.) WFR nwfr. swierte ‘gewicht; moeilijkheid, ernst, hevigheid’ (WFT 22,100) AFR awfr. swƝrhƝd f. ‘Bürde, Schwere’ (BTr, FrR, O), daneben mit ig-Erweiterung awfr. swƝrichƝd f. ‘Bedenken’ (Cr, FrB); vgl. Ahlsson 195. AFR awfr. -swƝra in biswƝra swv.1 ‘sich abmühen, sich plagen’ (J) AFR aofr. swƝria swv.2 ‘zu schwer sein’ (R1) Gemeingerm.: E ae. swƣr, S as. swƗr, N mnl. swaer, D ahd. swƗr, W an. svárr, G swers.

534

Germ

Idg

Lit

swƣsa-

Die Belege des Ofr. und Wfr. führen regulär auf PFR *swƝr zurück, während die des Nfr. sämtlich als Entlehnungen aus dem Nd. anzusehen sind: vgl. INF fa. swaar, helg. swoar, sy. swaar [-ȃ:-], FNF bök. swåår, hall. swoor, karrh. swåår, mgos. swaar, ngos. swåår, swaar, sgos. swaar, wied. swoar. Entlehnung aus dem Mnl. ist AFR awfr. swƗr (O). Das Adj. steht im Germ. isoliert. Dehnstu¿ge Bildung neben dem in lit. sveãrti (sveriù) ‘wägen’/ ‘wiegen’ vorliegenden Primärverb und ablautend zu lit. svãras ‘Pfund, Waage’, svarùs ‘schwer, schwerwiegend, wichtig’, lit. svìrti (svƳrù) ‘Übergewicht bekommen’. Das Adj. könnte demnach als thematische Ableitung zu einem dehnstu¿gem Wurzelnomen idg. *s(u)Ɲr- ‘Gewicht’ angesehen werden (Hm 579); vgl. ferner lat. sƝrius ‘ernsthaft, ernstlich’. Siebs 1889: 203; Falk/Torp 1909: 550; Pokorny 1959: 1150f.; Spenter 1968: 206; Boutkan/Siebenga 2005: 384. æsa- ‘eigen, vertraut’ *V/*D (§ 37, 96) Hm 579f. swǀ

F

O

AFR aofr. swƝs ‘verwandt; verwandtschaftlich zur Erbschaft berechtigt’ (E1, F, H, R1), sonst in Komposita wie z.B. swƝsbed n. ‘Blutschande’ (R1-2) awfr. swƝs ‘verwandt’ (J) runendän. suasum dat.mask.sgl. ‘egen’ (Jacobsen/Moltke 1942: 132f., Nr. 97)

-lika-

AFR aofr. swƝslƯk adj., swƝslƯke adv. (E1, F, H), awfr. swƝslƯk adj. (D, U [Hoekstra]) ‘verwandtschaftlich’

Bel Germ

Gemeingerm.: E ae. swƣs, S as. swƗs, D ahd. swƗs, W an. sváss, G swes. PFR *swƣs. Im Germ. ohne Anknüpfungsmöglichkeiten (Hm 580); keine Belege in den neufries. Mundarten. Die Bedeutungsentwicklung ‘vertraut, lieb’ > ‘verwandt (insbesondere auch im rechtlichen Sinne)’ scheint speziell fries. zu sein: vgl. dagegen etwa E ae. swƣs, S as. swƗs ‘eigen, vertraut, lieb’, D swƗs ‘privat, vertraut, häuslich’. Offensichtlich zu dem ReÀexivstamm idg. *sԥe- ‘sich, eigen’ (IEW 882f.). Hiernach könnte es sich um eine thematische Ableitung auf -o- des s-Stammes idg. *sԥƝdhes- ‘Gewohnheit’ handeln (IEW 883), wenn nicht etwa ein ursprüngliches Verbaladj. mit to-Suf¿x im Spiel sein sollte zu der Verbalwurzel *sԥƝdh- ‘gewohnt sein’, wie sie durch die griech. Perfektform ȑƱȦįĮ ‘bin gewohnt’, aber auch durch griech. ã ȒįȠȢ ‘Sitte, Gewohnheit’ vorausgesetzt wird (Falk/Torp 1909: 543, Bammesberger 1979: 57, Hm 580).

Idg

swǀla-

Lit

535

Delbrück 1907: 141; van Helten 1907: 318; Falk/Torp 1909: 543; Pokorny 1959: 882f.; Bammesberger 1979: 57; Boutkan/Siebenga 2005: 385. Hm 572 swǀla- ‘schwül’ *V (§ 28a)

F

S

N

Bel Germ

INF fa. swol ‘schwül’ (FÖW 597) FNF ält. ngos. swaul ‘schwül’ (a. 1760, Kon. 142), daneben mit Umlaut ält. ngos. sweel ‘schwül’ (ca. a. 1745, JG 334) OFR sat. swoul ‘schwül’ (MF 169) wang. swooel ‘schwül’ (FA 2,74) WFR nwfr. soel ‘zoel, warm (van het weer)’ (FW 3,165, WFT 20,299) schierm. swúel ‘zwoel’ (DF 114) mnd. swôle ‘sommerlich warm’ (LB 3,735), nnd. (Holst.) swuul, swool ‘schwül’ (Mensing 4,1022), nnd. (OF) swôl ‘schwül, schwul, drückend und ermattend warm od. heiss; drückend oder ängstlich beklommen etc.’ (DK 3,385), nnd. (Lün.) swoul ‘schwül, drückend warm; stellenweise auch von der Emp¿ndung der beklemmenden Angst’ (Kück 3,375), nnd. (Wfal.) swuul ‘schwül’ (Woeste 266), gron. swoul ‘zwoel; door de zon verbrand; donker van tint’ (ter Laan 1952: 1010) nnl. zoel, zwoel ‘een zodanig hoogen graad van temperatur en luchtvochtigheid hebbend dat het vor de zintuiglijke waarneming als onaangenaam, afmattend, loommakend wordt ervaren; drukkend, benauwd, vochtig, warm’ (WNT 28,1448f. und 29,1810ff.) Bislang lediglich im kontinentalen Nordseegerm. (F, S, N) nachgewiesen. D nhd. schwul, schwül gilt als relativ späte Entlehnung aus dem Nd. PFR *swǀl < germ. *swǀla, auch INF fa. swol < *swul < ains.-nfr. *swǀl mit positionsbedingtem -o- < -ǀ- nach -w- wie in fa. Wol FlN < ains.-nfr. *wǀld ‘buschreiches Weideland’ (vgl. Faltings 1983: 72), daneben mit Umlaut FNF ält. ngos. sweel [in heutiger Orthographie ngos. *swäil] < afestl.-nfr. *swƝle < germ. *swǀlja-. Der Umlaut ist auffällig und begegnet ebenfalls in D nhd. schwül < mnd. swôle. Seebold denkt dabei an eine Analogie nach nhd. kühl < *kǀlja(Kluge/Seebold 2002: 752). Steht demzufolge FNF ngos. swäil unter dem EinÀuß von ngos. käil ‘kühl’? Die Graphie OFR wang. swooel suggeriert entsprechend wang. ooel ‘alt’ < *Ɨld eine Vorstufe *swƗl, doch handelt es sich hier vermutlich nur um eine Fehlnotation oder schlicht um eine „Entgleisung“. WFR nwfr. soel scheint dagegen eher eine Entlehnung aus nl. zoel zu sein, während INF sy. suulig ‘kühl, schattig, vor Sonnenstrahlen geschützt’ (BM 257) mit vokali-

536

Idg Lit

swǀtu-

siertem -w- vor -nj- < -ǀ- < -o- < gerundetem germ. -a- nach -w- sicherlich auf das ablautende adän. swal ‘kühl’ < germ. *swala- (s.o.) zurückführt, das unter anderem auch in den benachbarten west- und sjüt. Mundarten als suwel, swål, sul etc. fortlebt (Feilberg 3,659). Das dehnstu¿ge germ. *swǀla- wird für gewöhnlich zu germ. *swela- stv.IV ‘schwelen’ (Sb 488) gestellt, steht jedoch im Germ. außerhalb des Paradigmas der IV. verbalen Ablautreihe, die keine ǀ-haltige Abtönung kennt. Heidermanns (Hm 572) denkt an eine späte Analogiebildung nach germ. *kǀla- ‘kühl’, was aber nicht sicher ist. Es spricht wohl nichts gegen eine vorgerm. Bildung mit dehnstu¿gem -ǀ-, das auch sonst in der IV. Ablautreihe begegnet, obgleich sich für germ. *swǀla- keine außergerm. Parallelen ¿nden. Zu idg. *sԥel- ‘schwelen, brennen’ (IEW 1045); vgl. ai. svárati ‘leuchtet, scheint’, lit. svƳlù ‘sengen, ohne Flamme brennen’ (intr.), svìlinti ‘sengen’ (trans.). Falk/Torp 1909: 551; Franck/van Wijk 1949: 839, Sup. 206; Pokorny 1959: 1045; de Vries 1992: 880; Kluge/Seebold 1995: 752. Hm 584f. swǀtu- ‘süß’ *V (§ 50)

F

AFR awfr. swƝte ‘lieb, süß’ (D [Rq 29 Anm. 13], J, U [Hoekstra]) spätawfr. zweet, swiet ‘süß’ (Bo) INF ält. fa. zwit ‘süß’ (a. 1757, NfSt 1,27), fa. swet ‘süß; übertrieben freundlich; frisch (Milch)’ (WFO 277, FÖW 594) helg. swet ‘süß’ (TS 291) sy. swet ‘süß (vom Geschmack); frisch (Milch)’ (BM 260, SU 782) FNF bök. swätj ‘süß; einschmeichelnd’ (FU 237) hall. swiit ‘süß’ (Lo 111), hall. sweet (EFS 242) ‘süß’ karrh. swäitj ‘süß’ (OTJ 49, 71, 89) mgos. sweet ‘süß’ (HMN 132) ält. ngos. schweit (a. 1743, BJ 2,173), ngos. swäit (MOH 1,54) ‘süß’ sgos. sweet ‘süß’ (Beitr. 32) wied. swäit ‘süß schmeckend; süß, hübsch (von Menschen); übertrieben freundlich’ (FRU 327) OFR harl. sweyt ‘süß’ in sweyte melck ‘susse Milch’ (CM 41) sat. swäit ‘süß’ (MF 169) wang. sweit ‘süß’ (FA 1,24) wurst. schweet ‘süß’ (RM 122) WFR frühnwfr. swiet ‘süß’ (SB 70, AH 23, Z. 78, WT 24, Z. 7, GJ 470)

swǀtu-

O

537

nwfr. swiet ‘zoet; niet bitter, zuur of zout; aangenaam van smaak, lekker; aangenaam voor het gehoor, reuk, gevoel enz.; aangenaam, genoeglijk; vleiend, zoetsappig; niet zout of brak (van water); vers, niet zuur (van zuivelprodukten)’ (WFT 22,101f.) hind. sweet ‘zoet’ (GB 163) schierm. swiet ‘zoet’ (DF 113) tersch. swiet ‘zoet; heerlijk; lekker’ (CR 113) ø(dh), sǀøt(h) ‘sød’ (ODS 23,253f., Nielsen 1989: 443) adän. sǀ

-iga-

INF fa. swetig ‘süß, widerlich süß schmeckend’ (FÖW 594), WFR nwfr. swietich ‘zoetig’ (WFT 22,104) -iskaOFR sat. swäitsk ‘süßlich’ (MF 169) -lƯkaAFR awfr. swƝtelƯk adv. ‘angenehm’ in sueteliikera comp. (U [Brouwer]), INF fa. swetelk adv. (WFO 277, FÖW 594), sy. swetelk (BM 260) ‘süßlich’, FNF ält. ngos. schweitlick ‘süßlich’ (a. 1743, BJ 2,173) -Ưn-/-ǀn- OFR harl. sweyt ‘Zucker, item Zuckersuß’ (CM 41) ohne Genusangabe, WFR frühnwfr. swiette ‘zoetheid’ (GJ 470), nwfr. swiet n. (WFT 22,102), hind. sweet n. (GB 163) ‘zoet, het zoete’, offenbar mit sekundärem Genuswechsel -manAFR aofr. swƝtma (E1-3), awfr. swƝtma (O) m. ‘Süßigkeit’ WFR nwfr. swietme ‘zoetheid’ (WFT 22,104); vgl. auch Ahlsson 159. -nassjǀ- INF fa. swetens n. ‘Süße; Südfrüchte; Süßigkeit’ (KJC 9,181, FÖW 594), helg. swetens n. ‘Kompott’ (TS 291), FNF bök. swätjens n. ‘Süße’ (FU 237) mit sekundärem Genuswechsel Fem. > Neutr., WFR nwfr. swietens ‘zoetheid’ (WFT 22,103) -haidu- INF fa. swethaid n. ‘Grad der Süße’ (FÖW 594), FNF bök. swätjhäid f. ‘Süße; Süßigkeit’ (FU 237), ält. ngos. sweitheit ‘Süße’ (a. 1760, Kon. 84), wied. swäithaid n. ‘Süße; übertriebene Freundlichkeit’ (FRU 327) sowie mit ig-Erweiterung INF sy. swetighair g. ‘Süße’ (SU 783), FNF ält. ngos. schweiticheit ‘Süßheit’ (a. 1743, BJ 2,173), WFR frühnwfr. swietheyt ‘zoetheid’ (GJ 470) -ǀjaAFR spätawfr. zwetie swv.2 ‘besänftigen’ (Bo), INF fa. swete swv.2 ‘süßen; schmeicheln’ (FÖW 594, Verf.), sy. sweti swv.2 ‘süßen’ (MN 1234), FNF bök. swätje (FU 237), ält. ngos. schweitiä (a. 1743, BJ 2,173) swv.2 ‘süßen’ Bel Germ

West- und nordgerm.: E ae. swǀt, swƝte, S as. swǀti, N anl. suoti, D ahd. suozi, W an. sœtr. In allen neufries. Mundarten aus PFR *swƝte mit -Ɲ- < -ǀ- + -i-. Rätselhaft bleibt dabei allerdings die von Lorenzen 1977: 111 gegebene Form FNF hall. swiit, die sich nicht regulär aus älterem *sweet weiterentwickelt haben kann. Dabei unterlief dem Muttersprachler Lo-

538

Idg

Lit

swumula- – -s(w)unda-

renzen sicherlich kein Irrtum, denn auch der von der Hallig Nordmarsch stammende Bonken kennt lediglich swiit (Bonken 1925: 41). Löfstedt als ausgewiesenen Kenner des Hall. stellt diese „schwer erklärbare Ausnahme“ (MOH 2,272) ebenfalls vor ein unlösbares Problem. Siebs 1889: 242 hingegen führt hall. sweet an, das sich zwar regulär aus afestl.-nfr. *swƝte herleiten ließe, aber man fragt sich doch, ob hier nicht eine Verwechslung vorliegen könnte. Handelt es sich bei sweet möglicherweise um einen Beleg des Wyker Friesischen? Das Adj. ist im Germ. auf gleicher Stufe isoliert. Entlehnung aus mnl. soete ist zweifellos der Beleg AFR awfr. sǀte ‘süß’ (FrR). Ererbtes Verbaladj.; ursprünglich identisch mit lat. suƗvis, griech. ȒįȪȢ, ai. svƗdú ‘süß’. Nach Seebold 1984: 121ff. liegt ein Kompositum idg. *sԥƗ-dΩ-ú- ‘Saftgeschmack gebend’ vor, aus den Konstituanten idg. *sԥƗ-, *snj- Saft’ und *dǀ- ‘geben’. Siebs 1889: 242; Falk/Torp 1909: 556; Weinacht 1929: 24ff., 37f.; Löfstedt 1933: 32; Armknecht 1936; Krogmann 1937: 205f.; Pokorny 1959: 1039f.; Rosengren 1968: 75ff.; Spenter 1968: 203; Seebold 1984: 128ff. swumula- ‘schwimmend’ V (§ 53)

F

AFR awfr. swommel ‘streunend’ (Ro 2,210)

Bel Germ

Keine Belege außerhalb des F (AFR). Verbaladj. der Neigung aus der Schwundstufe zu awfr. swomma stv.III ‘umherstreunen (Vieh); schwimmen’ (Ro 2,210, O) mit -o- < -i- durch EinÀuß des voraufgehenden w- < germ. *swem(m)a- stv.III/ IV ‘schwimmen’ (Sb 491). van Helten 1894: 428f.; Seebold 1970: 491f.; Holthausen/Hofmann 1985: 176; Faltings 1996: 111.

Lit

Hm 586 *-s(w)unda- ‘heil, gesund’ *K (§ 110) F

AFR aofr. sund (B2, E2-3, F), esund (B1) ‘gesund’ awfr. sond (A 436, BTr, D, FrB 10, FrR, J, Ro 2,40, 42, SnR 22, U [Brouwer], O), sund (U [Steller], O), sǀund (FrB 114) ‘gesund, unverletzt’ spätawfr. soun ‘gesund’ (Bo) INF frühfa. sündj* in sündjehait ‘Gesundheit’ (s.u.) ält. fa. sün (a. 1757, NfSt 1,25), fa. sünj (WFO 274, FÖW 588) ‘gesund; robust’

-s(w)unda-

539

helg. sin ‘gesund’ (TS 276) sy. sün ‘gesund’ (BM 258, SU 780) FNF ält. bök. sünn (a. 1748, NfSt 2,5), sün (FU 235) ‘gesund’ ält. hall. sönn* (a. 1749, NfSt 1,10), hall. sun [-u-] (MOH 1,37) ‘gesund’ karrh. sün ‘gesund’ (OTJ 60) ält. mgos. sünn (ca. a. 1810, GvS v. 27), mgos. sünd (HMN 132), sün (MAH 92, LHol 190) ‘gesund’ ält. ngos. sünn (a. 1743, BJ 2,172), ngos. sün (MOH 1,37) ‘gesund’ sgos. sün ‘gesund’ (EFS 179) str. sün* in sünheit ‘Gesundheit’ (s.u.) wied. sün ‘gesund’ (FRU 325) wyk. sün ‘gesund’ (Gl 275) OFR harl. suhn* in suhner comp. ‘gesünder’ (CM 63) sat. suund ‘gesund’ (MF 168) wang. suun ‘gesund; von einer Kuh, die die Nachgeburt abgestoßen hat’ (FA 1,103, 397) wurst. sonn ‘gesund’ (RM 100) WFR frühnwfr. soun (SB 52), suwn (GJ 466) ‘gesund’ nwfr. sûn ‘gezond; gezondheid uitstralend, blijk van een goede gezondheid gevend; heilzaam, geschikt om iemands welzijn te bevorderen; vris, onbedorven, natuurlijk; gaaf, ongeschonden, deugdelijk’ (WFT 22,38f.) hind. gesûnd ‘gezond’ (GB 64) mit nichtheimischem Prä¿x geschierm. seeun ‘gezond’ (DF 98) -ǀn-eslan-

-nassjǀ-haidu-

AFR awfr. sonde (BTr, D), sunde (A 484, J) f. ‘Gesundheit’, OFR wurst. sunn ‘Gesundheit’ (RM 100) OFR harl. suhndels ‘allerhand VnÀath [gemeint ist offenbar eine Nachgeburt]’ (CM 38), wang. suunels n. ‘Nachgeburt einer Kuh’ (FA 1,397, HEN 179); vgl. in derselben Bedeutung auch S nnd. (OF) sundels (DK 3,365) und nnd. (Old.) sunnels, sundels (Böning 111) sowie mit der Basis germ. *haila- ‘heil, gesund’ INF fa. hialing, FNF hiil(j)ing usw. (s.o. unter germ. *haila-). WFR nwfr. sûnens (WFT 22,43f.), schierm. seeunens m. (DF 98) ‘gezondheid’ AFR awfr. sondhƝd, sundhƝd f. (O), INF frühfa. sündjehait (ca. a. 1600, Kat. 69), fa. sünjhaid f.(n.) (WFO 274, FÖW 588), helg. sin-, sünhait (TS 276), sy. sünhair g. (BM 258) ‘Gesundheit’, FNF ält. bök. sündhed (a. 1746, CB 18), bök. sünhäid n. (FU 235), karrh. sünhäid n. (MN 2681), hall. sunhait (MOH 1,37), mgos. sünhaid n. (MN 2681), ält. ngos. sünnheit (a. 1743, BJ 2,172), ngos. sünhaid f. (NWB 46), sgos. sünhaid n. (MN 2681), str. sünheit (ca. a. 1600, Kat.

540

-s(w)unda-

69), wied. sünhaid n. (FRU 325), OFR harl. suhnheyde ‘Gesundheit’ (CM 45); vgl. auch Ahlsson 194. Bel Germ

Idg

Lit

Westgerm.: E ae. sund, S as. gi-sund, N anl. gesunt (-d-), D ahd. gisunt. Alle neufries. Formen führen auf eine Basis PFR *ji-sund zurück, dessen -u- vor -nd früh gedehnt wurde. Im Nfr. wurde dieses frühgedehnte -nj- zu -Ǯ- palatalisiert und positionsbedingt gekürzt, in hall. sun nach der Kürzung auch entrundet (vgl. Löfstedt 1928: 26f.), während es im Ofr. (vielleicht mit Ausnahme des Wurst.) und Teilen des Wfr. als -nj- erhalten blieb (vgl. Siebs 1901: 1203f.). In anderen wfr. Mundarten des Festlandes und der Insel Schiermonnikoog ist von einer älteren Vorstufe *sǀun auszugehen. Nach Spenter 1968: 300 „ist awfr. -ǀu- das Produkt eines durch Dissimilation aus nj (< u mit Frühdehnung) entstandenen ǀ + u, das sich vor nt, nd entwickelte“ (vgl. auch Hoekema 1979: 102); vielleicht sollte man für dieses -ǀu- jedoch besser Durchgang durch gedehntes -ǀ- vor -nd annehmen (Siebs 1889: 174 und 1901: 1431) und demnach folgende Herleitung in Erwägung ziehen: awfr. sond > *sǀnd > *sǀun > nwfr. dial. soun, seeun. Das Adj. steht mit Ablaut und grammatischem Wechsel neben germ. *swenþa- ‘kräftig’ (s.o.). Das Prä¿xkompositum germ. *gas(w)undja- deutet im weiteren auf eine alte exozentrische Bildung hin (Hm 586). Um eine Ablautvariante zu germ. *sanþ- ‘wahr’, wie Seebold 1988: 505 erwägt, handelt es sich wohl eher nicht (Hm 586). Bammesberger 1990: 251 denkt dagegen an eine schwundstu¿ge Ableitung mit toSuf¿x zu dem Zahlwort idg. *sem- ‘eins’. Idg. *sӹ-tó- hätte etwa ‘einheitlich, ganz’ bedeutet, aber auch dieser Ansatz ist fraglich. Siebs 1889: 179; Delbrück 1907: 133; Falk/Torp 1909: 547; Löfstedt 1928: 37; Pokorny 1959: 1048; Spenter 1968: 301; Seebold 1983: 33; Seebold 1988: 505; Bammesberger 1990: 251.

T Hm 587f. taita- ‘(strahlend)’ *V? (§ 38) F

Lediglich in mRN mit dem Zweitglied -tet (z.T. verkürzt -t); vgl. etwa aus der Werdener Urbare des 10. Jh. Bentet, Poptet, Entet, Meintet, Rentet, Sigitet (zitiert nach Bach 1952: 1,120), ferner OFR harl. Altet, Barrtet, Folptet, Luhtet usw. (CM 81ff.), wang. Gentert ‘Gentet’, Wíltert ‘Wiltet’ usw. (FA 1,340, Siebs 1928: 94f.)

Bel Germ

West- und nordgerm.: N mnl. teet, D ahd. zeiz, W an. teitr. Für das abgeschwächte RN-Element -t, -tet, wang. -tert mit dissimilatorisch eingeschobenem -r- ist afr. *-tƝt (oder *tƗt?) anzusetzen. Inwieweit dabei die Graphie auch eine mnd. Schreibtradition (< as. -tƝt) widerspiegeln könnte, läßt das Belegmaterial indes nicht erkennen. Im Germ. ohne Vergleichsmöglichkeiten. Vielleicht eine reduplizierende Bildung zu der Wurzel in lit. dailùs ‘schön, anmutig, elegant’, griech. įȑĮIJȠ ‘schien’, germ. *teiri- ‘Zier’ ( E ae. tƯr, W an. tírr) und im weiteren zu der Verbalwurzel idg. *deiΩ‘strahlen’ (IEW 183); vgl. ferner ai. d Ưí deti ‘strahlt, leuchtet, glänzt’, d Ưí divi- ‘leuchtend’. Die Bedeutungsentwicklung wäre demnach etwa ‘strahlend’ > ‘heiter, fröhlich’. Falk/Torp 1909: 162; de Vries 1952: 91ff.; Pokorny 1959: 183f.

Idg

Lit

Hm 588f. -tala- ‘(gefügig)’ K (§ 110) F

AFR awfr. tel (U [Brouwer]), telle (A 272), talle (O) ‘schnell, geschwind’ FNF karrh. tåål ‘Àink, schnell’ in der Wendung tåål to de müs ‘redegewandt, schlagfertig, beredt’ (Sjem. 221, EFS 67) WFR frühnwfr. tel adv. ‘schnell, geschwind’ (SB 81, WT 24, Z. 2, GJ 474) nwfr. tel adv. ‘spoedig; binnen korte tijd, weldra; met snelle voortgang’ (WFT 22,284)

Bel Germ

Westgerm. und got.: E ae. getæl, S as. gital, D ahd. zal, G in untals. Bei awfr. tel (U) handelt es sich vermutlich wie in E ae. getæl ‘behende, eifrig, schnell, bereit’ und S as. gital ‘behende, schnell’ ein

542

Lit

-tala-

exozentrisches BahuvrƯhiadj. aus PFR *ji-tel mit -e- < tonerhöhtem germ. -a- in geschlossener Silbe < germ. *ga-tala- in der ursprünglichen Bedeutung ‘beredt, eloquent’, woraus ‘geistig gewandt, verständig’ > ‘Àink, schnell’. Grundlage des Prä¿xkompositums ist offenbar das Neutr. germ. *tala- ‘Zahl, Erzählung’ (E ae. tæl n., S as. tal n., D ahd. zal n. W an. tal n.), das lediglich in awfr. tal n. ‘Zahl’ (O) vorkommt, in dem aber eine Entlehnung aus mnl. tal n. ‘Zahl’ vorliegen könnte, falls nicht von einem dialektalen awfr. tal < älterem *tel auszugehen ist, etwa einer Form des Südwestens (Zuidwesthoek) mit dem dort typischen Übergang von -e- > -a- (Siebs 1901: 1194 und 1369, Gosses 1928: 79ff.). Ansonsten begegnen im Fries. ausschließlich Nachkommen des Fem. germ. *talǀ- ‘Zahl, Erzählung’ (AFR aofr./awfr. tele f., E ae. talu f., S as. tale f., D ahd. tala f.) – im Fries. übrigens ebenfalls in den fem. ǀ-Stämmen mit Tonerhöhung durch Einwirkung Àektierter Kasus; vgl. dazu Siebs 1889: 67. Die awfr. Varianten telle (A) und talle (O), letzteres mit dem obenerwähnten Übergang von -e- > -a-, setzen indes eine – sekundäre? – jastämmige Ableitung germ. *ga-talja- voraus. Inwieweit hier das denominative Verb afr. *tella swv.1 ‘zählen, erzählen’ < germ. *talja- eingewirkt haben könnte, wird nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Wortbildungstruktur sieht awfr. telle, talle in der Tat aus wie eine Rückbildung aus dem schwachen jan-Verb. Die nwfr. Belege lassen dagegen nicht erkennen, ob sie auf eine Vorstufe germ. *-tala- mit Tonerhöhung oder *-talja- mit Umlaut und geminiertem -ll- zurückführen. Im Gegensatz dazu zeigt FNF karrh. tåål ‘Àink, schnell’ weder Tonerhöhung noch Umlaut des germ. -a- > -e-. Am naheliegendsten wäre es wohl, eine Entlehnung aus dem (M)nd. in Erwägung zu ziehen, doch sucht man in den einschlägigen (m)nd. Quellen vergeblich nach einer entsprechenden Form, von der die Entlehnung hätte ausgehen können. Freilich scheint der Ausdruck den heutigen Mundarten in Fortsetzung von S as. gital ‘behende, schnell’ nicht gänzlich unbekannt zu sein, wie drent. tal ‘kras, Àink, vlot’ (Kocks 1996-2000: 1,1215) darlegt, wenngleich eine Entlehnung von dort natürlich allein wegen der räumlichen Entfernung kaum in Frage kommt. Insofern sollte alternativ auch eine bodenständige Entwicklung nicht völlig außer Acht gelassen werden, etwa ein analogischer Ausgleich nach dem Adverb germ. *ga-talǀ- oder Àektierten Formen der schwachen Deklination, in denen altes -a- in offener Silbe zu stehen kam, wodurch die Tonerhöhung des -a- verhindert worden wäre. – Oder liegt hier lautlicher EinÀuß des Nomens karrh. tåål f. ‘Zahl’ vor, das Löfstedt 1931: 5 und ǖrhammar 2001: 321 in allen nfr. Mundarten zu den älteren Entlehnungen aus dem Mnd. rechnen? Falk/Torp 1909: 158; Brouwer 1941: 214f.; Oksaar 1958: 303f., 374, 440f; Pokorny 1959: 193.

talta- – tama-

543

Hm 589 talta- ‘schwankend’ P (§ 2) F

INF fa. taalt ‘leicht umfallend (von kleinen Kindern, Tischen und dgl. gesagt)’ (KJC 12,74, FÖW 599) sy. taalt [-ȃ:-] (sekundär tolt) ‘wackelig, wankend, unsicher stehend’ (BM 262, 268, SU 793) FNF hall. taolt ‘wackelig’ (MOH 2,7)

-iga-

INF fa. taaltrig (Verf.), sy. toltrig (SU 793) ‘wackelig, wankend, unsicher stehend’, FNF bök. tåltri ‘wackelig, unsicher (Gang)’ (FU 240), wied. taaltri ‘unsicher in den Bewegungen’ (FRU 331), mit inter¿giertem -r- in Analogie zu dem folgenden Verb *talteria swv. oder aus diesem rückgebildet, OFR wang. talterch, talteriich ‘zerlumpt, verschlissen (von Kleidern)’ (HEN 166) INF fa. taaltre swv.2 ‘unsicher gehen’ (Verf.), sy. toltri swv.2 ‘wackeln, stolpern, purzeln’ (BM 268), FNF wied. taaltere swv.2 ‘unsicher gehen’ (FRU 331) < ains.-/afestl.-nfr. *talteria swv.2, einem iterativen Verb mit r-Suf¿x, das sicherlich denominal aus dem Adj. abgeleitet ist.

-rǀja-

Bel Germ

Idg Lit

Nur anglo-fries. PFR *talt, das als Adj. zusammen mit E ae. tealt ‘unsteady (in a physical sense); unstable, not to be relied on, untrustworthy, precarious (in a ¿gurative sense)’ (BT 972) offenbar lediglich anglo-fries. belegt ist; vgl. dazu mit Ablaut jedoch u.a. O nschwed. (dial.) tulta swv. ‘mit unsicheren Schritten gehen’ sowie mit Umlaut W nnorw. (dial.) tylta swv. ‘leicht auftreten’. Zu der bei Pokorny (IEW 193f.) unter idg. *del- ‘wackeln, schwanken’ zusammengestellten Gruppe; weitere (außergerm.) Zusammenhänge werden nicht deutlich. Falk/Torp 1909: 160; Meibergen 1918: 281ff.; Löfstedt 1931: 7; Pokorny 1959: 193f.; Lerchner 1965: 248; Löfstedt 1965-69: 23,38; Faltings 1996: 105. Hm 589f. tama- ‘gezähmt, zahm’ *V/R (§ 27b, 85)

F

AFR awfr. tam ‘zahm’ (D [van Klaarbergen], J, U [van Klaarbergen]) sowie in njdertam ‘„euterzahm“, d.h. leicht zu melken’ (D, J) spätawfr. tam ‘zahm’ (Bo) INF fa. toom ‘zahm’ (WFO 286, FÖW 611) helg. tam ‘zahm (z.B. von Vögeln)’ (TS 292) sy. tam ‘zahm, gezähmt’ (BM 263, SU 786)

544

tama-

FNF bök. toom ‘zahm’ (FU 244) hall. toom ‘zahm’ (MOH 1,230) karrh. tååm ‘zahm’ (OTJ 38) ält. ngos. thaam (a. 1743, BJ 2,189), ngos. toom, tååm (WNG 123) ‘zahm’ sgos. toom ‘zahm’ (MN 625) wied. toom ‘zahm’ (FU 341) OFR sat. tom ‘zahm’ (MF 172) wang. tooem ‘zahm’ (FA 1,105) WFR nwfr. tam ‘zahm’ (EFS 84, WFT 22,193) -ǀja-

INF sy. tami swv.2 ‘zähmen’ (BM 263), FNF hall. toome (Lo 136), wied. toome (FRU 341) swv.2 ‘zähmen’, OFR sat. tomje swv.2 ‘zähmen’ (MF 172), WFR nwfr. tamje swv.2 ‘temmen; onhandelbare menschen klein maken’ (FW 3,265, WFT 22,194)

Bel

Gemeingerm.: E ae. tam, tom, S as. tam, N mnl. tam, D ahd. zam, W an. tamr, O adän. tam, aschw. tamber, indirekt auch in G gatamjan swv. PFR *tom mit Verdumpfung des germ. -a- > -o-, aus dem die nfr. und ofr. Formen regulär hervorgegangen sind, jedoch mit Ausnahme von INF helg. sy. tam, wo die Velarisierung – wie u.a. auch in helg. sy. man m. ‘Mann’, sy. lam ‘lahm’ – wieder rückgängig gemacht worden ist (vgl. dazu Århammar 1995: 80f.). Die develarisierte Form AFR awfr. tam < ält. *tom ist ebenfalls regulär entwickelt worden. Eine direkte historische Verbindung zu ai. -dama- ‘bändigend’ (etwa in arim-dama- ‘die Feinde im Zaume haltend’) besteht – vor allem auch wegen seiner aktivischen Bedeutung – eher nicht (Hm 590). Vielmehr sprechen die weite Verbreitung von Verben der Bedeutung ‘zähmen’, z.B. o-stu¿g lat. domƗre, D ahd. zamǀn, schwundstu¿g ai. damƗyati ‘bezwingt, beherrscht sich’, griech. įȐȝȝȞȘȝȚ ‘bezähme, bändige’, air. damnaid ‘bindet fest’, für eine Rückbildung aus dem jan-Verb germ. *tamja- ‘zähmen’ (E ae. Ɨtemian, D ahd. (gi)zem(m)en, W an. temja, G gatamjan). Siebs 1889: 84; Falk/Torp 1909: 156; Löfstedt 1928: 230; Wissmann 1932: 44f.; Wissmann 1938: 42ff.; Pokorny 1959: 199f.; Rosengren 1968: 31; Schubert 1968: 73f.; Benveniste 1993: 242f.

Germ

Idg

Lit

tanhja- ‘zäh’ vgl. tanhu*-

tanhu-

545

Hm 591f. tanhu*- ‘festhaltend, zäh’ P (§ 10) F

E S D

INF fa. tuch ‘zäh; schwer zu dreschen’ (WFO 291, FÖW 623) helg. tuch ‘zäh’ (WK 18) sy. toch ‘zäh, hart, widerstandsfähig’ (BM 268, SU 792) FNF bök. toog ‘zäh’ (FU 243) hall. töög ‘zähe’ (MOH 1,87) karrh. töouch ‘zähe’ (OTJ 55) mgos. tooch ‘zäh’ (JH 12) ält. ngos. tauch (a. 1743, BJ 2,184), ngos. touch (MOH 1,87, WNG 123) ‘zäh’ sgos. tööch ‘zähe’ (NfWb) wyk. tööch ‘zähe’ (KF nr. 105) WFR schierm. túeg ‘zäh, weich (von Brot, Zwieback usw.)’ (Spenter 223) ae. tǀh ‘tough, tenacious, holding fast together’ (BT 999) mnd. tâ ‘zäh, festhaltend’ (SL 4,502) ahd. zƗh ‘fest, zäh’ (Wells 1990: 753)

-nassjǀ-haidu-

INF fa. tuchens n. ‘das Zähe’ (Verf.) INF fa. tuchhaid (MN 2838, FÖW 623), FNF bök. toochhäid (MN 2838), karrh. töouchhäid (MN 2838) n. ‘Zähigkeit’

Bel

Als Adj. nur westgerm.: ohne Umlaut E ae. tǀh, S mnd. tâ, D ahd. zƗh, mit Umlaut S mnd. tê(ge), N mnl. taey, D ahd. zƗhi, indirekt auch in W an. tá n. PFR *tǀch mit nordseegerm. -ǀ- < germ. -an- + -h-, das sich in den neufries. Mundarten regelhaft fortsetzt. Daneben steht in derselben Bedeutung die sekundäre ja-stämmige Variante germ. *tanhja- > nordseegerm. *tǀhi > PFR *tƝi, im Nfr. aus ains.-/afestl.-nfr. *tei mit Kürzung der ersten Diphthongkomponente vor folgendem -i:

Germ

F

INF fa. tai ‘zäh; ausdauernd’ (WFO 280, FÖW 599) sy. tai ‘zäh’ (BM 262, SU 785) FNF bök. täi ‘zäh’ (FU 201) karrh. täi ‘zähe’ (OTJ 51) ngos. toi ‘zähe’ (MOH 2,145) OFR sat. toai ‘zäh’ (MF 172) wang. tooii ‘zähe’ (FA 1,105) WFR nwfr. taai ‘taai; kleverig samenhangend, dik, papperig, vloeibaar; sterk gespierd; veel kunnende verdragen; hardnekkig; vervelend door weinig variatie; vermoeiend; moeizaam, zwaar; overdreven gierig, krenterig; zuur, nors, onvriendelijk’ (WFT 22,133f.)

546

tartahind. taei ‘taai’ [-o:j-] (GB 164) schierm. tooi ‘taai’ (DF 119) tersch. taai ‘taai; moeilijk te melken; sterk in de bek (van paard)’ (CR 113) S mnd. tê(ge) ‘zäh, festhaltend’ (SL 4,502) N mnl. taey ‘taai, kleverig, lijmig, slijmig; taai, duurzaam, verstandsvermogen hebbende, niet licht brekende; vasthoudende, gierig; uitgedroogd, taai, niet malsch’ (VV 8,8) D ahd. zƗhi ‘zähe, sich ziehen lassend, geschmeidig; sich fest anhängend, klebrig’ (Schade 1969: 2,1225) -haidu- INF fa. taihaid n. ‘Zähigkeit’ (FÖW 599) sowie in derselben Bedeutung mit ig-Erweiterung sy. taiighair g. (SU 785)

Lit

Mit grammatischem Wechsel neben dem schwachen Verb germ. *tangja- swv.1 ‘sich eng anschließen’ (INF fa. uunting ‘anfangen, beginnen’, E ae. getengan ‘hinwenden, widmen’, S mnd. (be)tengen ‘anfangen, beginnen’, N mnl. betengen ‘beginnen; in die Enge treiben’, W an. tengja saman ‘verbinden’). Die weiteren Beziehungen werden nicht deutlich. Anders Walde/Pokorny 1927-30: 1,785, die zwei verschiedene Wurzeln annehmen möchten: a) urgerm. *tanh- ‘dicht anpressen, verbinden’ neben b) *tah- ‘(zer)reißen, ausfasern’, was aber nicht wahrscheinlich ist; vgl. dazu ebenfalls Lühr 1988:170. Siebs 1901: 1306; Falk/Torp 1909: 152; Walde/Pokorny 1927-30: 1,785; Löfstedt 1928: 87; Löfstedt 1931: 145; Pokorny 1959: 191, 201; Foerste 1963: 424; Spenter 1968: 223, 293; Lühr 1988: 170. Hm 592 tarta- (+ l-, n-Suf¿x) ‘zart, zärtlich’ P (§ 2)

F

S N

AFR aofr. dertin ‘wahnsinnig’ (PrJ 232) awfr. derten ‘unklug, töricht, verrückt’ (A 242, Ro 2,164, U [Brouwer]) spätawfr. derten* in subst. de dertne ‘der Mutwillige, Verschwenderische’ (Bo) WFR frühnwfr. derten ‘unbesonnen, ausgelassen; töricht, irre’ (SB 69, GJ 77) nwfr. derten ‘dartel, speels en uitgelaten; onbezonnen, brooddronken’ (WFT 3,396) hind. derten, dertel ‘dartel’ (GB 36) mnd. derten, darten neben tertel und dartel ‘verwöhnt, verzärtelt; ausgelassen, mutwillig’ (LB 1,400, 419) mnl. derten, darten neben dertel, dartel ‘dartel, wulpsch, wellustig; wuft, lichtzinnig’ (VV 2,132, Verdam ed. 1896: 74)

tarta-

-lƯka-nassjǀ-lǀja-

Bel Germ

Lit

547

S mnd. dertelîken ‘verzärtelt’ (LB 1,419), N mnl. derte(n)lƯke, dertellƯke ‘weelderig, in weelde’ (VV 2,132) WFR nwfr. dertenens ‘dartelheid, speelheid, uitgelatenheid’ (WFT 3,396) INF fa. tjartle swv.2 ‘herumalbern, kokettieren; unnütz herumsitzen, ziellos umherstreifen; verlieren, unversehens fallen lassen’ (WFO 283, FÖW 607, Verf.) mit -já- < -ía- < gedehntem -e- vor r-Verbindung In den vorliegenden Formen lediglich WFR, S (westl. Küstennd.) und N, und somit offenbar ein Wort der südlichen Nordseeküste. Die etymologische Zuordnung und Wortbildungsstruktur der adj. Bildungen derten/darten bzw. dertel/dartel ist bislang noch nicht überzeugend dargelegt worden, auch wenn einiges dafür spricht, sie unter den sekundären Ableitungen des Primäradj. germ. *tarta- ‘zart’ (D ahd. zart, mhd. zart ‘zart, fein, schön; weichlich, schwächlich’) einzureihen. Offenbar handelt es sich dabei um Wortschöpfungen aus dem Bereich des intimen, affektischen Sprechens, möglicherweise ausgehend von inchoativen und iterativen schwachen Verben mit n- respektive l-Suf¿x: vgl. zu letzterem etwa D nhd. zärteln, INF fa. tjartle (s.o.), in denen überdies noch die diminutivische Aktionsart deutlich zutage tritt. Allerdings könnte bei den n-Formen auch eine Analogie nach (z.T. erstarrten) Partizipialadj. wie AFR awfr. dronken ‘trunken’, S as. fagan ‘froh’ etc. vorliegen. Der Wechsel des initialen Konsonanten t- > d- erklärt sich vielleicht aus dem affektischen Gebrauch des Adj. und dem darin ausgedrückten Gefühlswert; zugleich bewirkt dieser Wechsel eine Dissimilation der Konsonantenfolge t-t-. Anders Buma 1975: 98ff., der von der idg. Ablautreihe *dher- : *dhor- : *dher- ‘springen, bespringen’ (IEW 256) ausgeht und einen Stamm germ. *dart- mit t-Suf¿x in Erwägung zieht, indem er unter anderem auf W nnorw. darta ‘trippeln’, färöisch darta ‘schwingen’ verweist. Er scheint im weiteren auf ein inchoativ-iteratives schwaches Verb mit n-Erweiterung zu reÀektieren, aus dem das Adj. rückgebildet worden sein müßte. Seine Grundbedeutung sei ‘springend, ausgelassen’. Im übrigen ist für sämtliche fries. Formen eine Entlehnung aus dem Mnd./Mnl. wohl nicht auszuschließen. Falk/Torp 1909: 158; Walter 1911: 53; Franck/van Wijk 1949: 107; Jóhannesson 1956: 518; Pokorny 1959: 207; Löfstedt 1965-69: 23,22; Kuhn 1970: 42f.; Buma 1975: 98f.; Lühr/Matzel 1986: 250; de Vries 1992: 106; Blöndal Magnússon 1995: 107.

548

tƝ2ri- – teudja-

Hm 595f. tƝ2ri- ‘glänzend, prächtig’ *V/K? (§ 62, 113b) F

WFR frühnwfr. ontier adv. ‘auf unschöne, schändliche Weise’ (GJ 331, Stapelkamp 1957a: 30)

un-

s.o.

Bel

Nicht nur auf das deutsche Sprachgebiet (S, D) beschränkt, sondern eher kontinental-westgerm., sofern der Beleg im Wfr. bodenständig ist. Heidermanns (Hm 596) erwägt für D ahd. ziari ‘schön, herrlich’ eine i-stämmige Ableitung aus einem vorgerm. red. Verb, was auch den Ansatz mit germ. -Ɲ2- erklären würde (vgl. dazu insbesondere Hofmann 1964: 160ff.). Da sich germ. -Ɲ2- im Awfr. nicht nachweisen läßt bzw. mit -Ɲ1- und dem aus Umlaut und Monophthongierung entstandenen -ƣ- zusammengeÀossen ist (zumindest nach Ausweis des Schriftbildes), wäre eine Entwicklung aus germ. *tƝ2 ri- > awfr. *(-)tƝre > nwfr. -tier durchaus vorstellbar. Allerdings sollte wenigstens für die kompositionelle Form ontier mit dem Negationsprä¿x un- die Möglichkeit einer erweiterten BahuvrƯhibildung germ. *ga-tƝ2rja- ‘passend, schicklich’ nicht außer Acht gelassen werden, ausgehend von dem Subst. WFR frühnwfr. tier ‘Art und Weise’ (GJ 479), das wie das gleichbedeutende S mnd. têre f., N mnl. tiere f. auf germ. *tƝ2 rƯn- f. zurückführt. Dasselbe gilt übrigens auch für S mnd. untêre ‘widerwärtig, guter Lebensart zuwider’. Zudem ist im Wfr. eine Entlehnung aus mnd. untêre wohl nicht auszuschließen. Falk/Torp 1909: 161f.; Weinacht 1929: 36f.; Stapelkamp 1957a: 30f.; Pokorny 1959: 186; Knapp 1974: 209.

Germ

Lit

*teudja- ‘Schaden bringend’ *V?/R? (§ 74, 86) F

AFR spätawfr. tioed, tyoed ‘schlecht, verkehrt’ (Bo) WFR frühnwfr. tyoe (WT 26, Z. 69), tzjoed (GJ 506) ‘kwaad, boos’ nwfr. tsjoe, tsjoed ‘verkeerd, slecht, kwaad’ (FW 3,346) hind. tjoo ‘slecht, verkeerd’ (GB 168)

Bel Germ

Lediglich im F (WFR) bezeugt. Buma 1959: 22ff. stellt das Adj. zu WFR nwfr. tsjoene swv.1 ‘zaubern, hexen’ in der ursprünglichen Bedeutung ‘Schaden zufügen’. Er erwägt offenbar ein ursprüngliches Verbaladj. mit dem Suf¿x germ. *-dja- zu einer Wurzel idg. *deu-, aus dem mit n-Formans außer nwfr. tsjoene swv. E ae. tínan swv. ‘to vex, annoy, irritate, provoke;

tƣwja-

Idg

Lit

549

to insult, abuse, revile’ (BT 987 u. Suppl. 722), S as. gi-tiunian swv. ‘schaden’ (Hh 75), W an. týna swv. ‘verlieren, einbüßen; aus dem Gedächtnis verlieren, vergessen; verderben, zunichte machen; töten, umbringen’ (Baetke 669f.) usw. hervorgegangen sein soll, anscheinend als denominale Ableitung zu E ae. tƝona m. ‘damage, harm, hurt, mischief, annoyance, trouble, vexation, detriment, loss; injury, iniquity, offence, abuse, violence; reproach, insult; strife, discord’ (BT 978), S as. tiono m. ‘Übeltat, Verbrechen; Sünde’ (Hh 75), W an. tjón n.f. ‘Verlust, Schaden; Verderben’ (Baetke 659) etc. Weitere, insbesondere außergerm. Verhältnisse werden nicht deutlich. Die von Pokorny – möglicherweise in Anlehnung an Falk/Torp 1910-11: 2,1309 u. 1570 und andere – erwogene Anbindung an die idg. Wurzel *dƗu-, *deu-, *dnj- ‘brennen; verletzen, quälen, vernichten etc.’ (IEW 179) wird von de Vries 1977: 592 verworfen; seine Verknüpfung mit germ. *teudra- n. ‘Fessel, Weideseil’ überzeugt allerdings ebenfalls nicht. Heeroma 1938-52: 65,12 und 69,187 dagegen stellt das Adj. zu G þiuþ n. ‘Gut’, (ga)þiuþjan swv. ‘segnen’, þiuþeigs ‘gut, gepriesen’, W an. þýdr ‘freundlich, mild, hold’, E ae. geþǮde ‘gut, gütig, tugendhaft’, aus dem sich das Adj. ostgerm. *þeuþa- ‘gut, segensreich’, nord-/westgerm. *gaþeudja- ‘gütig, wohlwollend, verständlich’ rekonstruieren läßt (Hm 621ff.); offenbar rechnet er hinsichtlich der Bedeutungsverschiebung von ‘gut’ > ‘schlecht’ in WFR tsjoed mit einer Antiphrase, aber auch diese Gleichung muß wohl als fraglich eingestuft werden. Fries. Substrat im Groningschen scheint S gron. tjoud ‘slecht’ (ter Laan 1952: 1037) zu sein. Falk/Torp 1910-11: 2,1309 und 1570; Heeroma 1938-52: 65,12 u. 69,187; Buma 1959: 22ff.; Pokorny 1959: 179; de Vries 1977: 592. æwja- ‘geordnet’ R/K (§ 86, 112) -tǀ

F E

G

AFR aofr. -tƝ in el-tƝ ‘vollständig, vollkommen, gesund, kräftig, stark; frisch’ (B1-2, E2) mit dem Bestimmungswort el- ‘ganz’ OFR wang. elt ‘kräftig, gesund’ (FA 1,91) < awang. *el-te ae. -tƣwe in æltƣwe, -teáwe, -tƝowe, -tǀwe ‘all good, excellent, entire, sound, healthful, perfect, honest’ (BT 15, BT Suppl. 16) und manig-tƣwe ‘skilfull, dexterous’ (BT 668, BT Suppl. 631) mit den Bestimmungswörtern æl- ‘ganz’ und manig- ‘manch, viel’ -tƝweis in taíhun-tƝweis ‘zehnreihig (Verdeutlichung des zehnreihigen (dekadischen) Hundert im Gegensatz zum Grosshundert)’ (Feist 1939: 472; Lehmann 1986: 340) mit dem Bestimmungswort taíhun num. ‘zehn’

550

-ǀ-(ǀ)ja-

Bel Germ

Idg

tƣwja-

AFR awfr. tƗwe f. ‘Beweis’ (D, Ro 2,298), daneben awfr. tƗ f. ‘Beweis’ (J, U [Steller 1926: 33, 51 Anm.]) [n.? (HoH 176)], G tƝwa f. ‘Ordnung’ (Feist 1939: 476, Lehmann 1986: 343) AFR awfr. tƗwa swv.1, tƗwia, tƗia swv. 2 ‘beweisen; ausrüsten’ (J, Fs, U), G ga-tƝwjan swv.1 ‘verordnen’ (Feist 1939: 205), dazu die partizipiale Form un-ga-tƝwiþs ‘ungeordnet, unordentlich’ (Feist 1939: 520, Lehmann 1986: 343) Belege nur im Got. und Nordseegerm. (F, E), in dem Kompositum aofr. eltƝ, ae. æltƣwe ‘vollkommen, gesund etc.’ als anglo-fries. Sonderwort. In G -tƝweis liegt anscheinend eine ja-stämmige Rückbildung zu dem schwachen Verb ga-tƝwjan swv.1 ‘verordnen’ vor, das seinerseits als Denominativum zu dem fem. Abstraktum got. tƝwa ‘Ordnung’ anzusehen ist. Entsprechend dürfte in F aofr. -tƝ (< *-tƝwe), E ae. -tƣwe eine ja-stämmige Rückbildung aus einem denominalen schwachen Verb nordseegerm. *tƣwja- swv. 1 vorliegen, zu germ. *tƣwǀ- f. ‘Ordnung’, woraus AFR awfr. tƗwia, tƗia swv. ‘beweisen’ und awfr. tƗwe f. ‘Beweis’ hervorgegangen sein soll, allerdings unter der Voraussetzung, daß hier die Entwicklung von germ. -ƣ- > westgerm. -Ɨ- > nordseegerm. -ƣ- im Awfr. vor -w- + dunklem Folgevokal nicht eingetreten ist. Das aber ist eher unwahrscheinlich. Alternativ zu einer Rückbildung muß indes zumindest für die anglo-fries. Formen auch ein erweitertes BahuvrƯhiadj., ausgehend von germ. *tƣwǀ- f. ‘Ordnung’, in Betracht gezogen werden. Bammesberger 1990: 120 erwägt für germ. *tƣw- < *tƣ(g)w- eine Vԍddhibildung zu germ. *teh-w- < idg. *dek-ԥ-/-u-, falls an D ahd. zehǀn swv. ‘anordnen, zusammenfügen’, E ae. (ge)teohhian swv. ‘bestimmen, beabsichtigen, vorschlagen; betrachten, denken, urteilen’, ae. (ge)teon swv. ‘bereiten, liefern; ordnen, schmücken; hervorbringen, schaffen, machen; bestimmen, festsetzen’ anzuschließen ist < germ. *teh(h)ǀ(ja)-/*tih(h)ǀ(ja)- (vgl. dazu Hofmann 1973: 70ff. und ders. 1973a: 17). Die Bedeutungsentwicklung von F aofr. -tƝ, E ae. -tƣwe ‘vollständig, gesund etc.’ geht offenbar über ‘heil, ganz’ von einer Basis ‘geordnet’ aus. Falls die obige Etymologie zutrifft, zu der idg. Wurzel *deêk - ‘nehmen, aufnehmen’ mit weiterer Bedeutungsentfaltung zu ‘begrüßen, Ehre erweisen; annehmen, gern aufnehmen’, daraus: ‘gut passend, geeignet, sich schicken, ziemen, es jemandem recht machen; als annehmbar darstellen, etwas einem gut scheinend machen, lehren, lernen’ (IEW 189).

tila-

Lit

551

van Helten 1894: 430; Walter 1911: 16; Wissmann 1932: 110; Holthausen 1934: 107; Feist 1939: 472; Buma ed. 1949: 175; Löfstedt 1965-69: 19/21,332; Hofmann 1973: 70ff.; Hofmann 1973a: 17; Holthausen 1974: 342; Lehmann 1986: 340, 343; Bammesberger 1990: 120f.; Matzel 1992: 115f. Hm 596f. tila- ‘geeignet’ *D? (§ 103)

F

AFR awfr. til ‘passend, geeignet, brauchbar; gut, sicher’ (D, J, U, O)

-iska-

WFR nwfr. tylsk ‘tochtig, bronstig (van vrouwelijk dier, inz. geit en schaap)’ (WFT 22,381) AFR awfr. tilinge f. (Kollektivum) ‘Zeugungsglieder; Genitalien’ (A 494, D, J, U [Ahlsson]), dagegen scheint aofr. telinge f. ‘Feldanbau’ (E3) durch mnd. tƝlinge f. beeinÀußt zu sein; vgl. Ahlsson 1960: 97. AFR aofr. tilath m. [?] ‘Ackerbau’ (H), wohl ein deverbales Abstraktum aus einem ǀjan-Verb (s.u.); vgl. Holthausen 1942: 265; Ahlsson 1960: 142f. und Krahe/Meid 1967: 157. AFR aofr. tilia swv.2 ‘anbauen; zeugen’ (B1-2, E3, F), awfr. tilia swv.2 ‘zeugen’ (A 286, D, J, Ro, U [Steller]), WFR nwfr. tylje swv.2 ‘telen; tot ontwikkeling brengen, kweken, verbouwen (m.b.t. gewassen); door geslachtsverkeer voortbrengen; teweegbrengen’ (WFT 22,377); vgl. Jacobs 1900: 211, Buma ed. 1949: 282.

-engǀ-ǀþu-ǀja-

Bel Germ

Idg

Gemeingerm.: E ae. til, W an. tilt adv., G tils*, sonst indirekt in S as. tilian swv., N anl. tilon swv., D ahd. zillen, zilƝn swv. Afr. til scheint sich in den neufries. Mundarten nicht fortzusetzen. Nicht hierher gehört INF fa. talhun ‘das dem Fuhrmann nähere Pferd’ (LFM 196, FÖW 600), FNF bök. talhönj m. ‘linke Seite im Pferdegespann’ < ains.-/afestl.-nfr. *til hǀnde, sicherlich eine ältere Entlehnung aus dem Dän./Jüt.; vgl. O sjüt. (Viöl) tilhånd adj. ‘nærmer, om den venstre hest i tospandet’ (Bjerrum/Bjerrum 1974: 2,261f.) aus einer ursprünglich syntaktischen Fügung adän. *til handæ ‘zur Hand (hin)’ mit der Präp. adän. til ‘zu, bis, nach’ + Gen., daneben auch mit dem analogen Ausgleichsgenitiv-s jüt. tilhånds adj. ‘hesten tilvenstre i forspandet’ (Feilberg 3,799); der Begriff ‘rechts im Gespann’ heißt dementsprechend jüt. frahånd adj. ‘fjærner, om den højre hest i et forspand’ (Bjerrum/Bjerrum 1974: 1,175), eigentlich ‘von der Hand (weg)’. Vorgerm. *d-ilo- ist eventuell zu kym. eddyl ‘Ziel’ < idg. *ad-ilo- (daneben kym. addas ‘passend’) zu stellen. Die Basis dieser Bildungen wäre dann die westidg. Präp. *ad- ‘zu, an, bei’ (IEW 3), das im Germ.

552

Lit

tǀma-

als F afr. at, E ae. æt, S as. at usw. fortlebt; demnach wäre von einem ablautenden *d- + l-Suf¿x auszugehen; dazu Hamp 1985: 70. Falk/Torp 1909: 161; Szogs 1931: 108ff.; Wissmann 1938: 72; Pokorny 1959: 3; Schubert 1968: 84f.; Hamp 1985: 70. Hm 598 tǀma- ‘frei verfügbar’ *V (§ 28b)

-iga-ja-

O Bel Germ

Lit

WFR frühnwfr. tomigh ‘leer; müßig, unbeschäftigt’ (nach a. 1599, Claes 22, 28) AFR awfr. tƝma swv.1 ‘ausschlämmen, reinigen, ausÀießen lassen (Gewässer); bezahlen, entrichten (Schulden, Verbindlichkeiten); halten, nachkommen (Eid, Vertrag); beweisen, nachweisen (Sachverhalt)’ (D, Fs 2,92, J, SnR 100, U [Steller], O) adän. tǀm ‘uden indhold’ (ODS 24,141ff., Nielsen 1989: 473) West- und nordgerm.: E ae. tǀm, S as. tǀm, W an. tómr, indirekt aber auch in F afr. tƝma swv. und frühnwfr. tomigh sowie D ahd. f. Das aus den Ableitungen frühnwfr. tomigh ‘leer’ und awfr. tƝma swv.1 ‘leer machen’ zu erschließende nordseegerm.-nord. Adj. PFR *tǀm ‘leer, frei von’ (E ae. tǀm, S tǀm, W an. tómr, O adän. tǀm) ist in den überlieferten afr. und neufries. Mundarten nicht zu belegen; auch das speziell als Wasserbauterminus gebrauchte awfr. tƝma swv. ‘ein Gewässer ausleeren, reinigen’ setzt sich im Neufries. nicht fort, allerdings vielleicht mit Ausnahme von INF sy. tem swv.1 ‘einen Wagen leeren, ein Fuder Getreide oder Heu abladen’ (BM 264) und FNF karrh. täime swv.1 ‘einen Wagen entleeren’ (MN 1236, OTJ 49), in dem aber ebensogut ein entlehntes O adän. tǀømæ swv. ‘leeren, frei machen’ (Nielsen 1989: 473) vorliegen könnte. Germ. *tǀma- steht offenbar in einem dehnstu¿gen Ablautverhältnis zu dem starken Verb germ. *tema- stv.IV ‘fügen, passen, ziemen’ (Sb 501f.), daher folgende Bedeutungsentwicklung: ‘frei verfügbar, ledig’ > ‘leer’ (Hm 598). Jordan 1906: 74; Delbrück 1907: 141; van Oosten 1950: 464; Sassen 1954: 112f.; Buma 1959-60: 9,16f.; Löfstedt 1965-69: 22,59; Seebold 1970: 501f.; Rooth 1971: 33, 44ff.; Zanni 1980: 31ff. ægiHm 601 trega- ‘betrüblich; unwillig’ vgl. trǀ æga- ‘unwillig’ V vgl. trǀ ægiHm 601 trǀ

trƣgi-

553

ægi- ‘unwillig’ V (§ 42) trǀ F

AFR awfr. trƝch ‘träge’ (A 546) INF fa. trai ‘träge, unwillig; faul’, adv. ‘ungern’ (LFM 201, WFO 287, FÖW 614) FNF bök. träi adv. ‘ungerne’ (FU 245, MN 2907) karrh. trai ‘unwillig; bedrückt (vom Vieh, das ungern weggeht)’ (MN 2907, OTJ 77) wied. träi ‘widerwillig’ (FRU 344)

-haidu-

INF fa. traihaid n. ‘Unlust, Trägheit’ (FÖW 614)

Bel Germ

Westgerm. PFR *trƝge mit sekundärer ja-Flexion, das regulär zu apokopiertem awfr. trƝch führen konnte. Die stillschweigend vorausgesetzte Vokallänge ist allerdings insofern problematisch, als Langvokale in der Gesta Fresonum der Hs. Aysma (A) normalerweise, wenngleich nicht ausnahmslos, durch Hinzufügung eines -e- gekennzeichnet werden. Demnach würde man vielleicht eher eine Schreibung erwartet haben. Für die nfr. Formen trai/träi gilt eine Vorstufe PFR *trƝge nur, wenn man im weiteren von einem ains.-/afestl.-nfr. *trei ausgeht mit Kürzung der ersten Diphthongkomponente im Hiatus < ält. *trƝje vor palatalisiertem -g- + -i-/-j-. Anderenfalls müßte wohl entsprechend W an. tregr ‘unwillig, träge; traurig; Unlust bereitend’ eine Herleitung aus ablautendem germ. *trega- (Hm 601) erwogen werden, das regelhaft ains.-/afestl.-nfr. *trei ergeben hätte. Die Möglichkeit einer Entlehnung aus dem Dän./Jüt. ist weniger wahrscheinlich, da an. tregr dort offenbar nicht fortlebt, auch in den heutigen dän. Mundarten nicht. Daß sich ebenso ein awfr. † trech mit kurzem statt langem Vokal autochthon aus germ. *trega- entwickelt haben könnte, läßt sich praktisch ausschließen; das Resultat wäre wie im Nfr. kaum etwas anderes als awfr. † trei gewesen. Trotz aller Schwierigkeiten sollte daher germ. *trƣgi- als Basis aller fries. Formen den Vorzug erhalten. Heidermanns (Hm 602) nimmt mit Blick auf E ae. trƗg ‘evil, bad’ (BT 1011) ein a-stämmiges germ. *trƣga- an als Verbaladj. zu germ. *trega- stv.V ‘betrüben’ (S as. tregan stv.V ‘leid sein’, W an. trega stv.V ‘betrüben, bekümmern, betrauern’) (Sb 506), woraus ebenfalls die e-stu¿ge Variante germ. *trega- ‘unwillig’ (s.o.). Die in a-stämmigen Derivationen der V. Ablautreihe nicht unbedingt zu erwartende Dehnstufe erklärt er – zumal ihm Vergleiche fehlen – als innergerm. Vorgang. Diese Annahme ist indessen ganz ungewiß, da ae. trƗg ‘übel, schlecht’ schwerlich regelhaft aus germ. *trƣga- hervor-

554

Lit

trenda-

gegangen sein kann. Ae. -Ɨ- statt ƣ- < germ. -ƣ- begegnet lediglich in westsächsischen Quellen positionsbedingt vor gewissen Konsonanten (u.a. Guttural) und dunklem Folgevokal (vgl. etwa westsächs. mƣϩ m. ‘Verwandter – mƗgas pl.). Aus diesem Grunde sollte man besser ein i-stämmiges germ. *trƣgi- in Betracht ziehen, dieses um so mehr, als i-stämmige Verbaladj. der V. Ablautreihe regulär dehnstu¿g sind. Die übrigen westgerm. Belege S mnd. trêge neben trƗge, N mnl. trage, D ahd. trƗgi ‘träge’ legen diesen Ansatz ebenfalls nahe. Falk/Torp 1909: 169; Persson 1912: 46f.; Pokorny 1959: 226f.; de Grauwe 1979-82: 1,101ff.; Matzel 1992: 116. Hm 602f. trenda- ‘rund’ *V (§ 24e)

F

-lƯka-

AFR aofr. trind ‘rund’ in trind umbe adv. ‘rundherum’ (E1-3) awfr. trind ‘rund’ (Fs [Meijering], Ro 3,12, UbD) INF ält. fa. trinj (a. 1757, NfSt 1,26), fa. trinj (WFO 289, FÖW 617) ‘rund; rundlich, füllig’ sy. trinj ‘rund’ (BM 277, SU 805) FNF bök. trin ‘rund’ (FU 246) hall. trin ‘rund’ (MOH 1,18) karrh. trin ‘rund’ (OTJ 52, 73) mgos. trin ‘rund’ (EFS 143, MAH 92) ält. ngos. trinn (a. 1743, BJ 2,183), ngos. trin (MOH 1,18) ‘rund’ sgos. trin ‘rund’ (EFS 143) str. trin* in trinam adv. ‘rundum’ (a. 1662, DH 216) wied. trin ‘rund’ (FRU 345) ält. wyk. trin* in trinam adv. ‘rundum’ (ca. a. 1750-84, MB II) OFR harl. trind* ‘rund’ in trintbutte ‘eine grosse Schulle’ (CM 42) wang. triin* ‘rund’ in trinbut m. (FA 1,344), trimbut (EFS 143) ‘Steinbutt’ mit Kürzung des Stammvokals im Kompositum

INF fa. trinjelk (WFO 289, FÖW 618), FNF bök. trinlik (FU 247) ‘rundlich’ -ǀ(n)INF fa. trinj* f. ‘Scheibe’ in saarentrinj f. ‘runde Scheibe am Stempel der Karne’ (Faltings 1983: 258, FÖW 462) -engǀFNF wied. trining* f. ‘Scheibe’ in scharntrining f. ‘runde Scheibe am Stempel der Karne’ (NfWb); vgl. das Vorhergehende. -esla(n)- FNF bök. trinelse m. ‘Rundheit’ (FU ‘246), wied. trinels m. ‘Rundung’ (FRU 345); beides ist wohl sekundär aus einer deadj. Ableitung mit dem Suf¿x -ens hervorgegangen (vgl. Löfstedt 1968: 25); dieser Suf¿xwechsel ist möglicherweise dänisch beeinÀußt (vgl. Nielsen 1989: 106, 363).

trewwa-

-nassjǀ-haidu-ǀjaBel Germ

Lit

555

INF fa. trinjens n. ‘das Runde, Rundung’ (KJC 9,181, FÖW 618) INF fa. trinjhaid n. ‘Rundlichkeit; Dickleibigkeit’ (FÖW 618), FNF mgos. trinhäid f. ‘Rundheit’ (LHol 192) INF fa. trinje swv.2 ‘rund machen’ (FÖW 618), FNF bök. trine swv.2 ‘runden’ (FU 246) Nordseegerm.: S mnd. trint (-d-). In allen neufries. Mundarten aus PFR *trind. Die neufries. Belege setzen eine Vorstufe *trƯnd mit frühgedehntem -i- vor -nd- voraus; vgl. dazu mit o-stu¿gem Ablaut O jüt. trant [traȡt] ‘rund træskive’ (Feilberg 3,836), S nnd. (Eid.) trant m. ‘Steinbutt’ (Mensing 5,151) und INF sy. trantj g. ‘Steinbutt’ (BM 276), wobei letzteres aus dem Jüt. oder Nnd. entlehnt sein dürfte; vgl. ferner mit schwundstu¿gem Ablaut S nnd. (OF) trunt ‘rund od. kurz; kurz u. scharf von Wort u. Wesen, kurz angebunden, abweisend; trotzig’ (DK 3,439) < mnd. trunt ‘rund’, O ndän. trunte ‘træstamme, bul; tyk, klodset person’ (Nielsen 1989: 462), sjüt. (Viöl) trond swv. ‘svulme op, udvide sig i fugtig luft, om træværk’ (Bjerrum/Bjerrum 1974: 273) usw. (vgl. Hm 603), die auf eine verbale Basis germ. *trend- : *trand- : *trund- aus der III. Ablautreihe deuten, obwohl sich die Existenz eines germ. *trenda- stv.III einzelsprachlich nicht nachweisen läßt. Sonst gilt im Fries. für ‘rund’ das aus dem Afranz. entlehnte ronde ‘rund’ < lat. rotundus, das durch nd. und/oder nl. Vermittlung zu unterschiedlichen Zeiten in die fries. Mundarten gelangt ist: INF helg. rin, rün ‘rund’ (TS 271) < *rnjnd, OFR sat. rund (MF 149), wang. ruun (FA 1,101), WFR nwfr. rûn (WFT 18,188ff.), hind. rûnd (GB 135), schierm. reeun (DF 90, Spenter 300), tersch. roon (CR 93) ‘rund’. Siebs 1889: 143; Falk/Torp 1909: 170; Löfstedt 1928: 18; Löfstedt 1933: 29. Hm 603f. trewwa- ‘treu’ *D/K (§ 95, 112)

F

AFR aofr. trinjwe (B1-2, E2-3), triǀwe (BS 145, E2, F), trǀwe (F) ‘treu, getreu, zuverlässig; glaubwürdig, sicher’ awfr. trouwe (D, Fs 2,94, J), trouw (Cr, FrB 44), trow (A 3, 28, D, Ro 1,200, SnR 55, U [Brouwer]), trou (FrR), triu (P) ‘treu, aufrichtig, ehrlich; glaubwürdig, vertrauenswürdig, zuverlässig; glaubhaft’ INF frühfa. trauw ‘treu’ (ca. a. 1600, Kat. 69) fa. trau, traw ‘treu; gutmütig, ohne Arg; fest, energisch; leichtgläubig’ (WFO 288, FÖW 615, Verf.) sy. truu ‘treu, getreu; zuverlässig’ (BM 278, SU 806)

556

trewwa-

FNF ält. bök. trau ‘treu’ (a. 1748, NfSt 2,5), bök. trou ‘treu; leichtgläubig, einfältig’ (FU 247) hall. trau ‘treu’ (MOH 2,136) karrh. trou ‘treu’ (MN 2762) mgos. trou (MN 2762, EFS 301), trau (LHol 192) ‘treu; einfältig’ ält. ngos. trau (a. 1743, BJ 2,186), ngos. trau (MOH 2,136, MN 2762) ‘treu’ sgos. trou ‘treu’ (MN 2762, EFS 301, Beitr. 39) str. trauw ‘treu’ (ca. a. 1600, Kat. 69) wied. trou ‘treu’ (FRU 346) ält. wyk. trau* in trawlick ‘getreulich’ (s.u.) OFR harl. trow* in trowhertig ‘treuherzig’ (CM 100) sat. trjou (EFS 301), tjou (MF 172) ‘treu, ehrlich; gehorsam, fügsam’ wang. treoo, trau ‘treu’ (FA 1,105) WFR frühnwfr. trouw ‘trouw, getrouw’ (SB 76, GJ 500) nwfr. trou ‘trouw, getrouw’ (FW 3,333) hind. trou ‘trouw’ (GB 171) tersch. trou ‘treu’ (Knop 1954: 62) un-

AFR awfr. untriuwe, untrou ‘untreu’ (Ro, O)

-lƯka-

AFR aofr. trouwelƯk (PrJ 252), awfr. trouwelƯke (A 468) ‘glaubwürdig’, troulƯke (Cr, P, Ro [Meijering]), trouwelƯk (O) adj./adv. ‘glaubhaft; getreulich, zuverlässig’, FNF ält. ngos. trawlick, trauwlick (a. 1760, Kon. 71, 73), str. trawlick adv. (a. 1662, DH 214), ält. wyk. trawlick adv. (ca. a. 1750-84, MB I) ‘getreulich’ AFR aofr. trinjwe (B1-2, E1, H), tr(i)ǀwe (F), tre(u)we (R1), trouwe (PrJ 248) f., awfr. trouwe (BTr, D, J, P, O), trowe (A 114, D, FrR, U [Siebs 1901: 1236] f. ‘Zuverlässigkeit, Treue; feierliches Versprechen; Verbindlichkeit, Vergleich, Sühne; Eheversprechen; Übereinkommen, Satzung, Statut’, INF fa. trau, traw f. ‘Treue’ (FÖW 615), FNF hall. -trau in hountrau ‘Verlobungsgeschenk’ (MOH 2,136) [vgl. awfr. handtrouwe f. ‘Versprechen in die Hand’ (D)], karrh. trou f. (OTJ 67), ält. ngos. trauw (ca. a. 1745, JG 390) f. ‘Treue’, OFR harl. trowe (CM 80), sat. tjoue (MF 172) f. ‘Treue’, WFR frühnwfr. trouwe ‘de trouw, getrouwheid’ (GJ 500), trou ‘trouw’ (FW 3,333), schierm. treeu m. ‘trouw’ (DF 120). – Spenter 1968: 290 rechnet für WFR schierm. treeu m. ‘Treue’ mit einer Vorstufe awfr. *treuwe, offenbar in Anlehnung an Siebs 1901: 1236, der sich fragt, ob nicht auch die rüstringer Variante aofr. tre(u)we direkt aus germ. *trewwǀ- hervorgegangen sein könnte. Zumindest schierm. treeu scheint aber doch auf awfr. trou(we) zurückzuführen:

-ǀ-

trewwa-

-nassjǀ-haidu-

-ja-

-ǀja-

Bel Germ

Idg

Lit

557

vgl. etwa schierm. greeu ‘grob’ < awfr. *grouwes, -e etc., breeuje stv. ‘stricken’ < awfr. *brou(w)dia < *brugdia. WFR nwfr. trouwens (FW 3,334), hind. trouwens (GB 171) ‘getrouwheid’ INF fa. trau-, trawhaid n. (MN 2763), sy. truuhair g. (BM 278) ‘Treue’, FNF bök. trouhäid f. (FU 247), karrh. trouhäid n. (MN 2763), ält. ngos. trauheit (a. 1760, Kon. 78), mgos. trouhaid n. (MN 2763), ngos. trouhaid n. (MN 2763), sgos. trouhaid n. (MN 2763), wied. trouhaid n. (FRU 346) ‘Treue’, WFR frühnwfr. trouwheijt ‘getrouwheid’ (GJ 500) AFR awfr. trouwa (D, J), trowa (FrR) swv.1 ‘vertrauen’, INF fa. trau, traw (WFO 288, FÖW 615), helg. trau (TS 295), sy. truu (BM 278) swv.1 ‘trauen, vertrauen’, FNF bök. troue (FU 247), karrh. troue (MN 2763), mgos. troue (MN 2763), ngos. troue (MN 2763), sgos. troue (MN 2763), wied. troue (FRU 346) swv.1 ‘trauen, Vertrauen schenken’, OFR sat. tjoue (MF 172), wang. treoo (FA 1,76) swv.1 ‘trauen’, WFR nwfr. trouwe (FW 3,334), schierm. treeuwe (DF 120) ‘trouwen, huwen’ AFR awfr. trouwia swv.2 ‘das Eheversprechen geben, sich verloben mit’ (D, Ro 2,290), WFR frühnwfr. trouwje (GJ 500), nwfr. trouje swv.2 ‘vertrouwen’ (FW 3,333), hind. trouje (GB 171) ‘huwen’ Gemeingerm.: E ae. trƝowe, S as. triuwist sup., N anl. getriuwi, D -triuwi, W an. tryggr, O adän. tryg, aschw. trygger, G triggws. PFR *trinjwe. Die afr. Belege weisen das Adj. als ja-St. aus, der bei dem von Heidermanns angesetzten germ. *trewwa- sekundär sein müßte. Allerdings ist entsprechend D ahd. gi-triuwi ‘getreu’ auch im Fries. eine exozentrische Bildung PFR *ji-trinjwe < germ. *gatreww-ja- mit späterem (regulärem) Schwund des Prä¿xes wohl nicht von der Hand zu weisen. In den neufries. Mundarten entwickelt sich die Lautsequenz -injwe > -injԥ > - ioԥ > -ou und schließlich zu -au. o Die erste Diphthongkomponente wird dabei zum Teil recht früh in der Position nach -r- resorbiert; der umgekehrte Vorgang zeigt sich in sat. tjou. Das Adj. soll aus dem Subst. idg. *deru-/*dreu- ‘Hartholz, Eiche’ (IEW 215f.) deriviert sein. Aus seiner Grundbedeutung ‘hart, fest (wie das Holz einer Eiche) hätte sich demnach ‘sicher, zuverlässig, treu’ ergeben. Siebs 1889: 301; Siebs 1901: 1236, 1256; Delbrück 1907: 141; Falk/ Torp 1909: 171; Löfstedt 1931: 136; Löfstedt 1933: 39; Üçok 1938: 27; Boersma 1939: 98; Marstrander 1945: 330ff.; Buma ed. 1949: 284; Pokorny 1959: 215f.; von See 1964: 204ff.; Spenter 1968: 290; Tiefenbach 1973: 108f.; Heidermanns 1986: 297f.; Bammesberger 1990: 257; Benveniste 1993: 85ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 414.

558

tnjdrja-

Hm 606f. tnjdrja- ‘(erschöpft)’ D (§ 100b) F

AFR aofr. teddre ‘zart, schwach’ (E1, H) awfr. tƝder ‘zart, schwach’ (O) WFR frühwfr. tier ‘teeder, teer’ (GJ 479) nwfr. tear ‘teer; licht breek- of kreukbaar, fragiel; ¿jn gebouwd, tenger; licht kwetsbaar; niet sterk van gestel, niet gehard; netelijk, hachelijk; ¿jngevoelig, ¿jnbesnaard; Àauw, verzacht, getemperd; warm, hartelijk of liefdevol; intiem, vertrouwelijk’ (WFT 22,240f.) hind. tear, teader ‘teer’ (GB 165) schierm. teer ‘teer’ (DF 115) tersch. tear ‘teer’ (CR 113)

-nassjǀ-

WFR hind. tearens ‘teerheid’ (GB 165)

Bel Germ

Nordseegerm.: E ae. tǮdre, tƝdre, tƯdre, S mnd. tƝder, N mnl. tƝder. PFR *tƝder. Aofr. teddre < älterem *tƝdere zeigt Gemination des -dvor der synkopierten Endung -ere unter Kürzung des Stammvokals; auf eine Vorstufe mit ursprünglicher Vokalkürze deuten ebenfalls die modernen wfr. Belege teader bzw. kontrahiert tear, teer, sofern in diesen nicht eine relativ junge Entlehnung aus (m)nl. teder, teer vorliegen sollte; ohne Kürzung und Gemination dagegen awfr. tƝder, das bei regulärer Entwicklung zu nwfr. † tier geführt hätte. Die fries. und engl. Formen lassen sich auf eine gemeinsame Basis germ. *tnjdrja- zurückführen, wenn man dabei gleichzeitig mnd./ mnl. tƝder als Entlehnung aus dem Fries. ansieht. Darauf hat bereits Holthausen 1906-07: 324 hingewiesen, der allerdings fälschlich von einer Vorstufe germ. *taudri- ausgeht. Vielmehr handelt es sich offenbar um eine ja-stämmige Derivation aus dem Subst. germ. *tnjdra-, das in E ae. tnjdor n. ‘Abkömmling; Nachkommenschaft’ begegnet. Meist werden auch S mnd. , N mnl. ‘Weideseil’ aus germ. *tnjdra- hergeleitet, doch spricht vieles dafür, daß wir es – entsprechend dem gleichbedeutenden FNF tjöder, tjüder, OFR tjúder, tjúdder – mit einer umgelauteten Variante von germ. *teudra- zu tun haben, das sich regelhaft in AFR tiƗder ‘Weideseil’, INF tjider, tiiÿer ‘Weideseil’, D ahd. ziotar ‘Deichsel’, W an. tjóðr ‘Fußfessel’ fortsetzt (vgl. dazu Faltings 1983: 137f.). Das aus germ. *teuha- stv.II ‘ziehen’ (Sb 503ff.) abgeleitete germ. *teu(h)ra: *tnj(h)ra- bedeutete zunächst wohl ‘das Ziehen, der Zug’, woraus a) ‘Zucht, Nachkommenschaft [= ‘das, was gezogen wird’]’, b) ‘Zugseil, -stange’. Die Bedeutung das Adj. entwickelte sich dann etwa aus einem ursprünglichen ‘am Zugseil, an der Deichsel laufend’, woraus

tnjka-

Lit

559

‘durch längeres Laufen am Zugseil bzw. an der Deichsel ermattet’ > ‘schwach, gebrechlich, kränklich’ und schließlich ‘zart’. van Helten 1890: 120; Falk/Torp 1909: 167; Holthausen 1906-07: 234; van Helten 1907: 321; Seebold 1970: 503ff. tnjka- (-kk-) ‘heftig ziehend’ R (§ 87)

F

S N Bel Germ

OFR sat. tuuk ‘zahm, ruhig, fügsam’ (MF 175) WFR frühnwfr. tuwck ‘tuk, net, naauwkeurig; bedreven, afgerigt on’t treffen van het doel’ (GJ 502) nwfr. tûk [-u:-] ‘schrander, vaardig, bekwaam; afgericht op iets’ (FW 3,350) hind. tûk [-u:-] ‘bedreven, bekwaam’ (GB 171) schierm. túk [-Ⱦ-] ‘tuk; begerig’ (DF 121) tersch. túk [-y.-] ‘bekwaam’ (CR 120) nnd. (OF) tûk ‘zahm, ruhig, still, fügsam etc.’ (DK 3,443), gron. toek ‘Àink, bij de hand; loos, listig; fel, begerig; zwaar, moeilik’ (ter Laan 1952: 1040) nnl. tuk, nordholl. tuik ‘dol op, begerig naar; bedreven in, ervaren in, behendig met; slim, listig, geslepen’ (WNT 17.2, 4007ff.) Nordseegerm. (F, S, N): offenbar ein Wort der südlichen Nordseeküste. PFR *tnjk, woraus regelhaft sat. tuuk, nwfr. hind. tûk, schierm. tersch. túk, letztere mit palatalisiertem -nj- und positionsbedingter Kürzung (die von Spenter 1968: 141 angesetzte Vorstufe awfr. *tuk ist zu verwerfen); entsprechend S as. *tnjk, N anl. *tnjk/*tukk. Die weiteren etymologischen Zusammenhänge sind unklar. Vermutlich aber handelt es sich um eine relativ junge Bildung der südlichen Nordseeküste zu germ. *teuha- stv.II ‘ziehen’ (Sb 503ff.). Die einzelsprachlichen Belege führen dabei teils auf eine langvokalische Basis *tnjk- zurück, teils mit Kurzvokal und Intensivgemination auf *tukk-. Der Wechsel von organischem -h-/-g- und unorganischem -k(k)- begegnet in den deverbalen Ableitungen der II. Ablautreihe auch sonst: vgl. germ. *slnjha- ‘schleichend’ : *slnjka- ‘schlaff’ : *slukka- ‘schlaff’ zu idg. *sleuk- ‘gleiten, schlüpfen’ oder *smnjga- ‘schmiegsam’ : *smnjka- ‘schmiegsam’ : *smukka- ‘hübsch’, *smukkǀ- ‘Untergewand’ zu germ. *smeuga- ‘schmiegen’ (s.o.). Diese Opposition kann im Einzelfall alt sein, doch scheinen hier eher jüngere analoge Vorgänge vorzuliegen. Eines ererbten voreinzelsprachlichen Ansatzes germ. *tnjk- < idg. *dnjƣ- bzw. germ. *tukk- < idg. *dnjƣ-n-, wie ihn van der Meer 1927: 47, Franck/van Wijk 1949: 713 und andere erwägen, bedarf es m.E. nicht. Im weiteren ist vielleicht von einer Rück-

560

Lit

tnjka-

bildung aus einem schwachen Verb auszugehen: vgl. etwa WFR nwfr. tûkje swv.2 ‘tikkend en prikkelend pijnigen van een wond of gezwel’ (FW 3,350), tersch. túkje swv.2 ‘gooien’ (CR 120), hind. tukke ‘kloppen (van een wond, gezwel)’ (GB 172), S nnd. (OF) tûken swv. ‘ziehen, locken, an sich ziehen od. zerren; reissen, aus- od. losziehen u. zupfen etc.’ und tukken swv. ‘ziehen, zücken, zappeln; ruckweise ziehen od. stoßen; klopfen, pochen, pulsiren etc.’ (DK 3,444), daneben mit Umlaut AFR aofr. tetsia swv. ‘sich zueignen’, awfr. bitetsa swv. ‘an sich reißen; verwehren, versperren’, undtetsia swv. ‘entreißen’ (HoH 109, 148, 189) sowie INF fa. tak swv.1 ‘zucken, schnell zurückziehen’ (FÖW 599) < germ. *tukkja-. Hinsichtlich der verschiedenen Wortbedeutungen ist von folgender Entwicklung auszugehen: ‘heftig ziehend, schnell zupackend’ > a) ‘gierig nach, erpicht auf’, b) ‘Àink, helle, aufgeweckt; listenreich, schlau’, woraus schließlich ‘von umgänglichem Wesen, fügsam’. de Vries 1921-22: 41,197f.; van der Meer 1927: 47; Franck/van Wijk 1949: 713, Suppl. 173; Heeroma 1951: 24; Spenter 1968: 141; de Vries 1992: 754.

Þ Hm 614f. þariga- ‘weich’ *D? (§ 109b) -a-

AFR awfr. op (den) tergen (O) in einem FlN für ein niedriggelegenes Stück Heuland in Doniaga, INF fa. (föhr.) terig n., (amr.) seraw n. ‘Moorerde, Salztorf’ (CJ 124, FÖW 481) neben dem FlN Teerig für ein kleines Moor nördlich von Borgsum im Westen der Insel Föhr (Verf.), FNF bök. teeri n. ‘in Schlick abgelagerte Torferde’ (FU 241), karrh. teeri n. ‘das dargmoor’ (MN 823), mgos. täärch n. ‘Moorerde unter dem Kleiboden’ (MN 823, Löfstedt 1965-69: 22,41), ngos. teeri ‘Moorerde’ (MOH 2,241), sgos. teeri n. ‘das dargmoor’ (MN 823), wied. tääre n. ‘Seetorf (auf dem Meeresgrund und im Gotteskoog, früher zur Salzgewinnung verwendet)’, dazu sekundär tääri ‘mit Seetorf durchsetzt’ (FRU 331), OFR sat. FlN Teerge, Täärge pl. für niedrige sump¿ge Wiesen an der Sater Ems südöstlich von Bokelesch (Kramer 1994: 371), WFR nwfr. FlN de Tergen pl. für verschiedene moorige und sump¿ge, zumeist am Wasser gelegene Flurstücke im Südosten Frieslands (Doniawerstal, Rauwerdahem, Wymbritseradel) (Sipma 1939: 64, van der Molen 1941: 74f., Schönfeld 1950: 47), S mnd. darrich, darrig, darring(e), darg(e), derrich, derch usw. m. ‘Torf-, Moorerde von vermoderten SumpfpÀanzen, Schilf unter dem Kleiboden, übelriechend und gröber als die eigentliche Torferde (Nordseeküste); Grabenschlamm’ (LB 1,399), nnd. (SH Westküste) dark, darg (darrik, dari) m. ‘bräunliche schwammige Erdschicht aus vermoderten PÀanzenresten (bes. Schilf und Reet), mit Tonerde (Klei) untermischt; unterste auf Kleiboden lagernde Torfschicht der Hochmoore; Treibsel (bes. Schilf), das sich nach der Flut an den Elbund Nordseedeichen ablagert; sump¿ge Niederung am Flußufer, die mit Reet bestanden ist’ (Mensing 1,682), nnd. (OF) darg ‘schwarzbraune, morige, bz. tor¿ge Erde von vermoderten SumpfpÀanzen, die hauptsächlich im brakischen Wasser wachsen u. der sich von der eigentlichen Torf- od. Moor-Erde durch seine gröbere Textur u. seinen üblen Geruch unterscheidet’ und daraus dargig ‘dargig, aus Torf bestehend’ (DK 1,281f.), nnd. (Old.) darg ‘Schilftorf mit Sand’ (Böning 19), gron. daarg(e) ‘derrie, weke, zwarte, veenachtige, onvruchtbare grond; veen, in zout water gevormd’ (ter Laan 1952: 145), drent. darg, daarg, darf, darre ‘darg, in het hoogveen de onderste veenlaag op het zand. buiten de hoogveengebieden veenachtige bovenlaag of oerachtige gronden in de madelanden of langs stroompjes’ (Kocks

562

þeku-

1996-2000: 1,188f.), N mnl. derrie, derrinc, dary, dari m. ‘veensoort, gelegen onder de klei van de Zuidhollandsche eilanden en van Zeeland’ (VV 11,74), nnl. dial. (Nord-, Südholl., Zeeland, Kampen) derrie, (WestÀand.) der(r)ing etc. (Franck/van Wijk 1949: 112) Bel Germ

Idg Lit

Als Subst. ein Küstenwort des kontinentalen Nordseegerm.: F (INF, FNF, OFR, WFR), S (nordwestl. Küstennd.), N (Küstenmundarten). Die von Heidermanns (Hm 615) und anderen erwogene Anknüpfung an das Adj. G þarihs ‘ungewalkt (Tuch)’ (Lehmann 1986: 355f.) wird durch de Vries 1992: 112 in Zweifel gezogen, der stattdessen lieber an ein nordseegerm. Sonderwort denken möchte, möglicherweise aus einer Substratsprache. Sollte dennoch eine gemeinsame Basis aus einer denominalen Ableitung mit dem Suf¿x germ. *-ga- (vgl. Krahe/Meid 1967: 188ff.) zu der Wurzel idg. *ter- ‘reiben; drehend reiben’ (IEW 1071ff.) vorliegen, bleibt zu bemerken, daß im Gegensatz zum Adj. germ. *þariga- das Suf¿x des Substantivs offenbar ohne Bindevokal anzusetzen ist: demnach also germ. *þarga- m./n., das regulär PFR *þerg ergeben hätte, in NFR teerig, tääri, S (m)nd. darrich, darrig z.T. mit sekundärem Swarabhakti zwischen -r- + -g. Auch im Nl. ist zunächst wohl von einer Vorstufe *derg/darg auszugehen, aus dem im Holländischen durch Übergang von -rg > -rj die Formen mnl. derrie, dary, dari etc. entstanden sein sollen (Heeroma 1951: 265). Entlehnungen aus dem Festl.-Nfr. sind O sjüt. terg [ɲtærԥ] ‘lag under klægen af mosejord’ (Feilberg 3,783) sowie ferner S mnd. (NF) terig, terichmor (Hansen ed. 1901: 91, 291) und nnd. (Dith.) terig, terrig ‘Seetorf’ (Mensing 5,59). Das von Rogby 1967: 47 für die Halbinsel Eiderstedt bezeugte nnd. törri ‘Salztorf’ dürfte Substrat aus einer dort mittlerweile ausgestorbenen nfr. Mundart sein. Die germ. Formen unterscheiden sich durch Ablaut und Suf¿x von ai. táruӽa- ‘jung, frisch, zart’, griech. IJȑȡȘȞ ‘zart, sanft’. van Wijk 1909: 36f.; Löfstedt 1931: 241; Feist 1939: 490; Sipma 1939: 64; van der Molen 1941: 74f.; Schönfeld 1950: 47; Heeroma 1951: 265; Pokorny 1959: 1070f.; Lerchner 1965: 58ff.; Löfstedt 1965-69: 22,41; Sipma 1966: 111; Rogby 1967: 147; Lehmann 1986: 355f.; Faltings 1993: 105f.; Kramer 1994: 371. Hm 617f. þeku*- (> þekwu-) ‘dick’ P (§ 9)

F

AFR awfr. thiuk ‘dick’ (O), thikke ‘mannigfaltig, zahlreich, vielerlei’ (D, J) INF ält. fa. tjock (a. 1757, NfSt 1,26), fa. tjok, sjok ‘dick; dicht, undurchdringlich; dickÀüssig; angeschwollen; dick (in Bezug auf

þeku-

563

Schwangerschaft); trübe, bewölkt (Wetter)’ (WFO 235, 284, FÖW 475, Verf.) helg. tjok ‘dick’ (TS 298) sy. tjuk ‘dick; dicht’ (BM 268, SU 792) FNF bök. tjuk ‘dick; diesig, neblig’ (FU 243) hall. tjok ‘dick; neblig’ (MOH 2,139) karrh. tjuk ‘dick’ (OTJ 67) mgos. tjok ‘dick’ (EFS 152, LHol 191) ält. ngos. tiock (a. 1743, BJ 2,179), ngos. tjok, tjuk (WNG 26) ‘dick’ sgos. tjok ‘dick’ (EFS 152) wied. tjok ‘dick; dicht, undurchdringlich; beleibt; dickÀüssig, angeschwollen; dick (in Bezug auf Schwangerschaft)’ (FRU 336) OFR sat. tjuk ‘dick’ (MF 172) WFR frühnwfr. tiock (SB 74), tjock (GJ 483) ‘dick’ nwfr. tsjok, tsjûk ‘dik; dichtbewolkt’ (FW 3,348) hind. tok ‘dik; troebel (water)’ (GB 168) schierm. tjok ‘dik’ (DF 118) tersch. tsjok ‘dik; troebel (water)’ (CR 120) -lƯka-an-/-ǀn-Ưn-eslan-nassjǀ-

-eþǀ-

-haidu-ǀja-

INF fa. tjokelk, sjokelk ‘dicklich, rundlich (beleibt)’ (CJ 149) FNF bök. tjuke m. ‘Dicke’ (FU 243) AFR aofr. thiukke f. ‘Länge und Breite’ (B1-2); vgl. Ahlsson 4. FNF bök. tjukelse (BnG 1,25), wied. tjokels (FRU 336) m. ‘Dicke, Stärke’; vermutlich durch dän./jüt. EinÀuß aus ursprünglichen nassjǀ-Ableitungen hervorgegangen; vgl. dazu Löfstedt 1968: 25f. INF fa. tjokens, sjokens n. ‘Dicke; dicke Stelle’ (KJC 9,180, FÖW 475), sy. tjukens g. ‘Dicke’ (BM 268), FNF bök. tjokens (FU 243), ält. ngos. tiokensä (a. 1760, Kon. 77) ‘Dicke’, zumindest in den heutigen festl.-nfr. Mundarten mit sekundärem Genuswechsel Fem. > Neutr./Mask. INF fa. tjokde, sjokde n. (WFO 284, FÖW 608), helg. tjokte f. (TS 298), sy. tjukdi g. (BM 268) ‘Dicke’, FNF bök. tjukde (FU 243), karrh. tjukde (MN 2360), mgos. tjokde (BnG 1,39), ngos. tjokde (MN 2360), sgos. tjokde (MN 2360) m. ‘Dicke’, OFR sat. tjukte f. ‘Dicke’ (MF 172), WFR nwfr. tjsokte, tsjûkte (FW 3,348), schierm. tjokte m. (DF 118), tersch. tsjokte (CR 120) ‘Dicke’; zumindest die nfr., aber wahrscheinlich auch die übrigen fries. Formen sind Lehnbildungen nach (m)nd. dickede f. bzw. (m)nl. dicte f. ‘Dicke’. INF fa. tjokhaid n. (SP 136, FÖW 608), sy. tjukhair g. (SU 792) ‘Grad der Dicke’ INF fa. tjoke swv.2 ‘dicken, eindicken’ (WFO 235, FÖW 475), FNF bök. tjuke swv. ‘verdicken, dicken’ (FU 243)

564

Bel Germ

Idg Lit

þemstra-

West- und nordgerm.: E ae. þicce, S as. thikki, N mnl. dic, dicke, D ahd. dick(i), W an. þjokkr, O adän. thiuc. Im Fries. bewirkt ein ursprüngliches -kw- der Folgesilbe w-Umlaut des voraufgehenden -i- > -iu-, demnach also regelhaft PFR *þiukke, woraus sämtliche autochthonen neufries. Formen hervorgegangen sind. Entlehnungen aus dem Nd. bzw. Nl. sind zweifellos OFR wang. dik ‘dick’ (FA 2,11) sowie WFR nwfr. dik ‘dick’, letzteres nach Hof 1933: 239 vor allem in den Wâlden im Osten des westfries. Sprachgebietes, das in der Bedeutung ‘umfangreich’ aber auch sonst im Wfr. begegnet. Durch die nd. bzw. nl. Form dürfte ebenfalls AFR awfr. thikke beeinÀußt sein. Germ. *þeku*- steht im Germ. isoliert. Ererbtes Primäradj.: vgl. air. tiug, kym. tew ‘dick’ < westidg. *tegu-; daneben die Auslautvariante germ. *þenht*- (s.u.); die übrigen Beziehungen sind unklar. Siebs 1889: 152; Siebs 1901: 1197; Delbrück 1907: 141; Falk/Torp 1909: 176; Löfstedt 1931: 139; Hof 1933: 239f.; Pokorny 1959: 1057; Spenter 1968: 275; Heidermanns 1986: 282. Hm 618f. þemstra- ‘¿nster’ *D (§ 104)

-nassjǀ-

WFR frühnwfr. thimsternisse ‘Dunkelheit, Finsternis’ (a. 1598, Claes 46)

Bel

In der nassjǀ-Ableitung erweist sich germ. *þemstra- auch als Fries.; demnach also kontinentalwestgerm.: vgl. N mnl. de(e)mster, D ahd. dinstar ‘dunkel, düster’ neben gleichbedeutendem S mnd. vinster, N mnl. vinster, D ahd. ¿n(i)star mit dissimilatorischem f- < þ- vor Dental der Folgesilbe. PFR *þimster, das in den neufries. Mundarten nicht fortlebt; vgl. auch germ. *demma- ‘dunkel’ (s.o.). Offenbar ro-Ableitung zu s-stämmigem ai. támas- ‘Finsternis, Dunkel’, lat. temere ‘blindlings’, D ahd. demar- ‘Dämmerung’ < idg. *temΩ-os- (Hm 619f.). Falk/Torp 1909: 180f.; Schwentner 1921: 253ff.; Krogmann 1937: 59ff.; Pokorny 1959: 1063f.; Frings/Müller 1966-68: 1,198; de Grauwe 1979-82: 2,257ff.

Germ Idg Lit

þenht-

565

Hm 619f. þenht*- ‘dicht, fest’ *V (§ 71) F

O -haidu-ǀja-

Bel Germ

AFR awfr. thicht (FrR), ticht (FrB 28) ‘dicht, nah; undurchlässig (Wald)’ INF fa. tacht, sacht ‘dicht, geschlossen, undurchlässig; ganz nahe; verschwiegen; mit verschleimten Atemwegen’ (WFO 279, FÖW 463f., Verf.) helg. tech ‘dicht’ (TS 293) sy. techt ‘dicht, verschlossen; undurchlässig’, adv. ‘dicht, nahe’ (BM 263, SU 787) FNF bök. tacht ‘dicht; verschwiegen’ (FU 239) hall. tacht ‘dicht; verschwiegen’ (MOH 1,157) karrh. tacht ‘dicht; verschwiegen’ (MN 567, OTJ 35) mgos. tacht ‘dicht; verschwiegen’ (MN 567, MAH 90) ält. ngos. tacht (a. 1743, BJ 2,179), ngos. tacht (MOH 1,157) ‘dicht; verschwiegen’ sgos. tacht ‘dicht; verschwiegen’ (MN 567, Beitr. 5) wied. tächt ‘dicht; undurchsichtig (Wetter); kurzatmig, verschleimt; undurchlässig; verschwiegen’ (FRU 331) wyk. tacht ‘dicht’ (KF nr. 42) OFR sat. ticht ‘dicht’ (MF 171) wang. thicht ‘dicht’ (FA 1,104) WFR frühnwfr. ticht ‘dicht’ (SB 71, GJ 477) nwfr. ticht ‘dicht; ondoorzichtig, ondoordringbaar; stevig, vast, massief; stijf, krachtig; niet lek, niet poreus’ (WFT 22,334ff.) hind. ticht ‘dicht’ (GB 166) schierm. ticht ‘dicht’ (DF 116) tersch. ticht ‘dicht’ (CR 115) adän. thææth, thæt* ‘tæt’ (ODS 24,1471ff., Nielsen 1989: 472) INF fa. tachthaid n. ‘dichtigkeit; engbrüstigkeit’ (MN 568), FNF karrh. tachthäid (MN 568), wied. tächthaid (FRU 331) n. ‘Dichte, Dichtigkeit; Verschleimung der Atemwege’ INF fa. tachte (Verf.), sy. techti (BM 263) swv.2 ‘abdichten, dicht machen’, FNF bök. tachte (FU 239), karrh. tachte (MN 568), wied. tächte (FRU 331) swv.2 ‘abdichten, dicht machen’ West- und nordgerm.: E ae. -þƯht*, S mnd. dichte, N mnl. dicht, D mhd. dƯhte, W an. þéttr. Sämtliche neufries. Belege führen auf eine Vorstufe *þicht zurück aus PFR *þƯcht mit Frühkürzung das -Ư- (< -enh-) vor folgendem -cht (vgl. Siebs 1901: 1221).

566

Idg

Lit

þerba-

Das Adj. steht neben germ. *þenha-/*þeiha- stv.III/I ‘gedeihen’ (Sb 512ff.), wenngleich konsonantische Stämme mit t-Suf¿x und e-stu¿ger Wurzel sonst im Germ. nicht produktiv sind (Hm 620); unterschiedlich auch die semantische Entwicklung von Verb und Adj. Germ. *þenht*- entspricht air. técht ‘dick, zähÀüssig, gefroren’ < idg. *tenk-t-; daneben steht wurzelverwandt lit. tánkus ‘dicht’ sowie G þƗho ‘Ton, Lehm’. Die Basis dieser Ableitungen ist das Primärverb idg. *tenk- ‘gerinnen, sich zusammenziehen’ (IEW 1068), etwa in ai. Ɨ-tanákti ‘läßt gerinnen’, air. con-téici ‘erstarrt’. Vgl. daneben mit anderem Auslaut germ. *þeku*- (s.o.). Falk/Torp 1909: 179; Löfstedt 1928: 157; Jabben 1931: 35; Trier 1951: 16ff.; Pokorny 1959: 1068; Spenter 1968: 101; Seebold 1970: 512ff. Hm 620 þerba- ‘fade’ P (§ 1)

F

O Bel Germ

AFR awfr. therf* ‘derb, hart, heftig’ (J) INF fa. terew, seraw ‘fade, ohne Saft und Kraft, spez. vom Brot, wenn es nicht genug gesäuert ist; widerlich süß’ (LFM 158, CJ 29, SP 135, FÖW 481) sy. tƗrev [-f] ‘ungesäuert [vom Brot]’ (BM 305) ält. nschw. tiärf, nschwed. kärv ‘herb, derb, schroff’ (Rietz 1862-67: 384, Hellquist 1948: 1,548) West- und nordgerm.: E ae. þeorf, S as. therbi, N mnl. derf, D ahd. derbi, W an. þjarfr. Buma 1996: 342 normalisiert den schwachÀektierten Beleg therua nom. sgl. mask. zu therve. Er läßt sich dabei offensichtlich von dem synonymen, aber ursprungsverschiedenen awfr. derve ‘derb, hart heftig’ < germ. *derb(j)a- ‘kühn, dreist’ leiten, mit dem germ. *þerba‘fade’ später im Nd. und – wie es scheint – im Fries. (allerdings nicht im Ins.-Nfr.) inhaltlich zusammenfällt. Bei ungestörter Entwicklung ist mit Holthausen 1925: 110 jedoch eher von awfr. therf* und damit von PFR *þerf auszugehen. Auf ein ains.-nfr. *þerf führen ebenfalls die ins.-nfr. Belege zurück; die Stimmhaftigkeit der ¿nalen Spirans in fa. terew setzt keine Àektierte Form ains.-nfr. † þerve voraus, sondern auslautendes -f ist nach Herausbildung des unbetonten Sproßvokals in der Lautsequenz -rf – wie etwa auch in fa. werew f. ‘Warft’ < *hwerf – generell stimmhaft geworden. In sy. tƗrev trat Senkung und Dehnung des alten -e- vor -rf ein, in fa. terew ist die Dehnung in dieser Position unterblieben oder zumindest doch früh rückgängig gemacht worden. Das Pimäradj. steht im Germ. isoliert.

þeustra-

Idg

Lit

567

Im weiteren vermutlich zu lat. torpƝre ‘steif, erstarrt sein’, lit. tirpti (tirpstù) ‘erstarren, gefühllos werden’. Da der grammatische Wechsel im Germ. bei e-stu¿ger Wurzel auffällig ist, erwägt Heidermanns (Hm 620) dort eine Auslautvariante auf idg. -bh-. Falk/Torp 1909: 183; Walter 1911: 67f.; Löfstedt 1948: 79; Pokorny 1959: 1024. *-þeudja- ‘gütig, freundlich’ R? (§ 86) vgl. *teudjaHm 621 þeustra- ‘düster’ *D (§ 104)

F

AFR aofr. thinjstere (E1), thinjster (F) ‘dunkel, unklar’ awfr. t(h)iǀstere (J), thiǀster (A 382), tiǀster (FrB 126, Fs 1,153, O), tinjster (Ro 1,220, 2,70) ‘dunkel; unklar, zweifelhaft’, daneben awfr. tnjster ‘unklar, zweifelhaft’ (O) spätawfr. tioester ‘duister’ (Bo) OFR sat. tjuster (Hettema/Posthumus 1836: 252), tjüüster (JM 50) ‘dunkel’ wurst. tuster* in Tusterniß ‘Finsternis’ (s.u.) WFR frühnwfr. tioester (SB 43), tjuester (GJ 484) ‘¿nster’ nwfr. tsjuster ‘duister’ (FW 3,349) hind. tiaster [-șȃ-] ‘duister, donker’ (GB 166) schierm. tjoster ‘duister, donker’ (DF 118) tersch. tsjúster ‘duister, donker’ (CR 120)

-iga-

OFR sat. tjuusterch ‘dunkel, schwarz’ (MF 172), davon abgeleitet mit dem Suf¿x -haidu- auch tjuustergaid f. ‘Dunkelheit’ (MF 172) AFR awfr. tinjsterlƯke adv. ‘unklar, undeutlich’ (Ro 1,164) AFR aofr. thnjsternesse ‘Dunkelheit’ (Ps 278, 279), awfr. tiǀsternisse (FrR, O), tinjsternisse (Ro 1,92, O) f. ‘Dunkelheit; Unklarheit’, OFR wurst. Tusterniß ‘Finsternis’ (RM 97), WFR frühnwfr. tjuesternisse (GJ 484), nwfr. tjusternisse (FW 3,349), schierm. tjosternes m. (Spenter 282) ‘Dunkelheit, Finsternis’, daneben nwfr. tjusterens (FW 3,349), schierm. tjosterens m. (Spenter 282) ‘Dunkelheit, Finsternis’; zu den afr. Formen vgl. auch Ahlsson 114. WFR frühnwfr. tjuesterheyt ‘duisterheid’ (GJ 484) AFR awfr. bitiǀsteria swv.2 ‘verdüstern’ (FrR), urtiǀsteria swv.2 ‘(den Verstand) verdüstern, verdunkeln’ (O), WFR frühnwfr. tijoesterje (SB 95), tjuesterje (GJ 484) swv.2 ‘verdunkeln, dunkel sein oder werden’, nwfr. tjusterje swv.2 ‘duister worden’ (FW 3,349), schierm. fertjosterje swv.2 ‘verdunkeln’ (Spenter 282)

-lƯka-nassjǀ-

-haidu-ǀja-

568

þralla-

Bel Germ

Lit

Nordseegerm.: E ae. þƝostre, S as. thiustri, N mnl. diester. PFR *þinjst(e)re. Heidermanns rechnet mit einer Wortkreuzung, indem das Erbwort germ. *þemstra- ‘¿nster’ (Hm 618, s.o.) sich sekundär an Bildungen aus der Wurzel idg. *teug- ‘schwellen’ (IEW 1081) angeglichen haben soll: vgl. dazu etwa schwundstu¿ges INF helg. teek m., sy. töök g. ‘Nebel’, fa. töögig ‘diesig’ (< ains.-nfr. *þoke f./ *þokich),W an. þoka f., S mnd. dǀk(e)/dƗk(e) m. ‘Nebel’, ferner E ae. þuxian swv. ‘neblig machen’ und geþuxod ‘ver¿nstert (Himmel)’ etc. Analog zu germ. *þemstra- setzt er daher auch für germ. *þeustraeine a-stämmige Derivation aus einem idg. Substantiv an, obwohl die Belege F thinjstere, E ae. (westsächs.) þƯestre, þƯstre, þǮstre, (nordhumbr.) þƯostre, (kent.) þƝostre (Brunner 1965: 78f.), S as. thiustri und N nnl. duister allesamt doch eher eine Ableitung aus ja-stämmigem germ. *þeustrja- andeuten. Neben Formen mit umgelautetem -eu- begegnen auch solche mit altem -nj- ohne Umlaut: vgl. S nnd. dial. duuster, N mnl. duuster, D mhd. (md.) dûster ‘düster, ¿nster; trübe unklar; zweifelhaft’ (vgl. dazu ausführlich Teuchert 1944: 379f.). In diese Reihe ließen sich wohl ebenfalls F awfr. tnjster, aofr. thnjsternesse f., wurst. Tusterniß ‘Dunkelheit’ einordnen, so daß die Annahme einer ungenauen graphematischen Wiedergabe des afr. -inj- bzw. wurst. -ju- hier nicht zwingend ist. Dagegen zeigt der von Minssen a. 1846 überlieferte Beleg OFR sat. tüüster (JM 50) nd. Lehnlautung nach nnd. düüster, sofern nicht ein versehentlicher Schreibfehler vorliegen sollte. Bereits in afr. Zeit scheint thinjstere auf das synonyme afr. dinjnk ‘dunkel’ < germ. *denkwa- (s.o.) eingewirkt zu haben. Falk/Torp 1909: 186; Schwentner 1921: 456; Teuchert 1944: 379f.; Pokorny 1959: 1063f.; Lerchner 1965: 63f., 68; Frings/Müller 196668: 1,198; Spenter 1968: 282; de Grauwe 1979-82: 2,257f.; Kluge/ Seebold 2002: 294f. Hm 621ff. *þeuþa- ‘gut; freundlich’ P/*D? vgl. teudja-

Hm 623f. þralla- ‘fest gedreht; sich schnell drehend’ V (§ 24e, 25e) F

AFR aofr. thralle adv. ‘schnell’ (E2) INF fa. traal ‘drall, rund, dick’ (SPEJ 138), daneben auch tral in der Wendung trinj an tral ‘dick und drall’ (NH 55, FÖW 615) FNF bök. trål ‘drall, fest gedreht; drall, rundlich, stramm’ (FU 245) hall. traol ‘fest gedreht von einem Tau; kräftig und gedrungen von einem Mädchen’ (MOH 2,6) karrh. traal (Sjem. 173), tral (OTJ 73, 81) ‘drall, rund’

þralla-

569

mgos. traal ‘scharf gedreht, gesponnen’ (MN 434) ngos. traal ‘scharf gedreht, gesponnen’ (MN 434) sgos. traal ‘scharf gedreht, gesponnen’ (MN 434) wied. troal ‘festgedreht (Seil, Tau); drall’ (FRU 345) OFR sat. traal ‘drall’ (MF 173) wang. thral ‘drall’ (FA 1,104) -a-ǀja-

-ƣ-

Bel Germ

INF fa. traal m. ‘Drehung, Windung’ (FÖW 614), sy. traal [-ȃ:-] g. ‘Draht eines Gespinstes’ (Mungard 1909: 228), OFR sat. traal m. ‘Drehung’ (MF 173) INF sy. traali [-ȃ:-] swv.2 ‘fest umeinander drehen (Fäden usw.)’ (BM 275), FNF bök. tråle (FU 245), hall. traole (MOH 2,6), wied. troale (FRU 345) swv.2 ‘drehen (bes. Strohseile); mit den Fingern drehen’ INF fa. traal swv.1 ‘Tau zusammendrehen mit den Fingern; rund drehen (z.B. einen Stock in der Hand); umdrehen’ (LFM 201, SP 138, FÖW 614), OFR sat. trale swv.1 ‘drehen’ (FM 173), WFR schierm. trale swv.1 ‘winden, wikkelen’ (DF 120); [die Formen fa. traal, sat. traale, schierm. trale statt fa. † traale, sat. † tralje, schierm. † traalje sind möglicherweise aber doch sekundär]. Nordseegerm.: E möglicherweise in ae. þearl, S mnd. dral (-ll-). PFR *þral (-ll-), ein offenbar o-stu¿ges Verbaladj. zu einem starken Verb germ. *þrella- stv.III ‘drehen’ (vgl. D mhd. gedrollen part.prät. ‘rund gedreht’). Die Vokalkürze in INF fa. tral, FNF karrh. tral statt fa. traal, karrh. † trål deutet möglicherweise auf nd. Lehnlautung nach S nnd. drall ‘fest, stramm (Mädchen)’ (Mensing 1,835) hin, könnte aber auch durch das schwache Verb INF fa. trale swv.2 ‘rollen, kullern’ (WFO 288, FÖW 615) beeinÀußt sein, das wie etwa INF helg. trele swv. ‘rollen, kollern’ (TS 296), S mnd. drillen swv. ‘drehen, rollen’ (LB 1,479), N mnl. drillen swv. ‘boren, drillen; zwaaien; in een cirkel omdraaien’ (VV 2,407) aus dem starken Verb germ. *þrella- hervorgegangen zu sein scheint. Allerdings ist angesichts S mnd. drill ‘drall, drell, fest gedreht’ (LB 1,478) wohl auch für fa. karrh. tral ein e-stu¿ges Verbaladj. < ains.-/afestl.-nfr. *þril (-ll-) nicht vorderhand auszuschließen, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um primäre oder sekundäre Bildungen handelt. Hierher gehört ebenfalls der bei Woeste 58 bezeugte Beleg drill ‘geschäftig’ (< ‘sich schnell drehend, wirbelnd’), in dem jedoch nicht wfäl., sondern bergischer Sprachgebrauch vorliegt. Schwundstu¿gen Ablaut zeigt FNF bök. treele (FU 246), karrh. treele (Sjem. 153) swv.1 ‘rollen, kullern’ < afestl.-nfr. *þrella < germ. *þrulja-, dazu ohne Umlaut etwa OFR wang. trul(l) swv. 1. ‘rollen,

570

Lit

þrangwa-

wälzen’ (HEN 315, 325) und S mnd. sik drullen swv.2 . ‘sich trollen’ (LB 1,488), nnd. (SH) drullen swv.2 ‘Fäden zusammendrehen’ (Mensing 1,878). Holthausen 1906-07: 323; Falk/Torp 1909: 182; Holthausen 1924: 467; Löfstedt 1931: 6; Pokorny 1959: 1072; Buma 1962: 68ff.; Spenter 1968: 166. Hm 624 þrangwa- ‘gedrängt’ V (§ 25e)

F

O -lƯka-

-a-

INF ält. fa. trong (a. 1757, NfSt 1,26), fa. trong (LFM 202, SP 139, FÖW 618) ‘bang, ängstlich; verschleimt (Atemwege), asthmatisch; beengt, beklemmt; ranzig (Butter), verdorben (Fleisch)’ helg. trong ‘verdorben (Fisch)’ (TS 296) sy. trung ‘eng, engbrüstig, angst, beklommen, wird namentlich von Asthmatikern gesagt, die nach Luft ringen, aber auch von heißer, drückender Luft’ (BM 278, SU 806) FNF bök. trung ‘ängstlich’ (FU 247) ält. hall. trong (a. 1749, NfSt 1,7), hall. trong (MOH 1,241) ‘bange’ karrh. trung ‘bange, beengt’ (OTJ 37, 73, 81, MN 2021) mgos. trung (HMN 133), trong (MN 2364) ‘bange’ ält. ngos. trong (a. 1743, BJ 2,175), ngos. trung (MOH 1,241), trong (MN 2364) ‘bange’ sgos. trung ‘ängstlich’ (MN 2364) str. tröng* /-ø:-/ ‘ängstlich’ in tröngigheit ‘Ängstlichkeit’ (s.u.) wied. trong (FRU 346), trung (MN 2364) ‘bange; ängstlich, furchtsam; beängstigend, furchterregend; besorgt’ wyk. trong ‘bange; furchtsam’ (KF nr. 5) WFR nwfr. trang ‘ransig (van spek, botter, of ander vet), sterksmakend, garstig’ (FW 3,309) schierm. trang ‘ransig, garstig’ (DF 120) adän. thrang ‘af forholdsvis ringe bredde, vidde ell. omfang; som bevæger sig ell. fungerer tungt’ (ODS 24,362ff., Nielsen 1989: 459) INF fa. trongelk ‘ängstlich’ (MN 2364), FNF bök. trunglik ‘ängstlich; ängstlich im Ausgeben, geizig’ (FU 247), karrh. trungelk ‘ängstlich’ (OTJ 76), ält. ngos. tronglick ‘ängstlich’ (ca. a. 1745, JG 7), wied. tronglik ‘ängstlich, beängstigend, furchterregend’ (FRU 346) INF fa. trong ‘Brustkrankheit des Viehs’ in uun trong wees ‘mit einer Brustkrankheit behaftet sein’ sowie idiomatisch uun trong lei ‘hilÀos auf dem Rücken liegen (von Schafen)’ (SP 139, FÖW 618) ohne Genusangabe, doch wird entsprechend nhd. Drang m. primär von ei-

þreihst-

-nassjǀ-

-eþǀ-

-haidu-

-ja-

Bel Germ

Lit

571

nem Mask. auszugehen sein, so auch in OFR sat. troang m. ‘Drang’ (MF 174), jedoch Fem. in wang. trong f. ‘Drang’ (FA 1,399). INF trongans n. ‘Schnupfen, Erkältung’ (LFM 202, FÖW 618) < ains. *þrongense (-ense < *-nesse), vermutlich mit sekundärem Genuswechsel aus einem ursprünglichen Fem. wie in FNF ält. ngos. trangens (ca. a. 1745, JG 7), trongensä (a. 1760, Kon. 127) f. ‘Angst’; vgl. Ahlsson 108ff. und Löfstedt 1968: 25f. INF fa. tronges (SP 139), tronghoos (CJ 29) ‘Schnupfen, Brustverschleimung’ ohne Genusangabe < ains.-nfr. *þrongeþe, doch dürfte es sich hier wie in fa. frööges, fröögels f. ‘Freude’, jöögels f. ‘Jugend’ etc. um ein (ursprüngl.) Fem. handeln; daneben trongels f. ‘Furcht’ (NH 83), vermutlich mit jüngerem Suf¿xwechsel -es (< älterem -eþ) > -els (< *-elsa). INF fa. tronghaid n. ‘Ängstlichkeit’ (WFO 290, FÖW 618), FNF bök. trung(i)häid f. (FU 247), str. tröngigheit (a. 1662, DH 216), wied. tronghaid n. (FRU 346), ält. wyk. trongigheit (ca. a. 1750-84, MB II) ‘Angst, Ängstlichkeit’ INF sy. trääng swv.1 ‘drängen’ (BM 276), wie z.B. das gleichbedeutende S mnd. drengen swv.1, D mhd. drengen swv.1, W an. þrøngva swv.1 Faktitiv zu germ. *þrenha-/*þrengwa- stv.III ‘(be)drängen’ (s.u.) West- und nordgerm.: S mnd. dranc, drange, D mhd. drange, W an. þrƫngr. PFR *þrong mit -o- < germ. -a- vor Nasal, im Nfr. über die Zwischenstufe *þrǀng mit Frühdehnung des -o- vor -ng, das sekundär zu -u- verengt und z.T. weiter zu -o- gesenkt worden ist (vgl. dazu Löfstedt 1928: 240f.). In str. tröng* /-ø:-/ wurde wie in str. söngh / -ø:-/ ‘Gesang’ (Hofmann 1978: 214, 215) frühgedehntes -o- auch vor -ng zu -ǀø - palatalisiert – im Gegensatz zu den engverwandten Mundarten des Hall. und der Sgos.; dagegen aus awfr. *þrang mit regulär develarisiertem -o- < ält. *þrong die nwfr. Formen. Verbaladj. aus der o-Stufe zu germ. *þrenha-/*þreng(w)a- stv.III ‘bedrängen, drängen, zwingen’ (Sb 520f.). Löfstedt 1928: 241; Spenter 1968: 49; Seebold 1970: 520f.; Heidermanns 1986: 296f.; Matzel 1992: 103f. Hm 626f. þreihst*- (*þrenhst*-?) ‘kühn’ *V (§ 72)

-iga-

OFR mit r-Erweiterung sat. thríesterch ‘dreist’ (JM 52) sowie in deadj. Ableitung in AFR aofr. thrƯstigia swv.2 ‘sich erdreisten’ (F)

572

Bel Germ

Lit

þrnjba-

Nordseegerm.: E ae. þrƯst, S as. thrƯst, N mnl. drijst. PFR *þrƯst ‘kühn, dreist’ begegnet in den afr. und neufries. Mundarten bodenständig lediglich in den obengenannten Derivationen. Belege mit anlautendem d-, etwa INF fa. drist, FNF bök. dristi, OFR wang. driist, WFR nwfr. dryst, sind Entlehnungen aus dem Mnd./Mnl., desgleichen D nhd. dreist. Für gewöhnlich wird das Adj. zu dem starken Verb germ. *þrenha-/ *þreiha- stv.III ‘drängen’ (Sb 520f.) gestellt, wonach die Grundbedeutung etwa als ‘kühn, forsch vorandrängend’ wäre. Der Wortbildungsprozeß – t-Suf¿x bei e-stu¿ger Wurzel und s-In¿x – bleibt dabei allerdings undurchsichtig. Delbrück 1907: 142; Falk/Torp 1909: 193; Pokorny 1959: 1092; Lerchner 1965: 66f.; Seebold 1970: 520f. þrella- ‘fest gedreht; wirbelnd’ V (§ 24e) vgl. þrallaþrnjba- ‘klumpenförmig’ S (§ 90)

F

S

FNF bök. trüf ‘gesund und kräftig’ (FU 247) hall. truf [-u-] ‘rüstig, gesund’ (MOH 1,31) karrh. trüf ‘rüstig’ (MN 2713) mgos. trüf ‘rüstig, kerngesund; dreist’ (HMN 133, BnG 1,120) ngos. trüf ‘rüstig, gesund’ (MOH 1,31) wied. trüf ‘gesund’ (FRU 346) nnd. (OF) drûf ‘fest, dicht, gedrungen, drall, voll, steifgespannt, stark aufgebläht’ (DK 1,344)

-iga-a-/-ǀ-

FNF karrh. trüwi ‘rüstig’ (OTJ 1931: 59) INF fa. trüf m. ‘der Knopf an einem Bootsstock’ (LFM 203, FÖW 619), FNF hall. truf (MOH 1,31), ngos. trüf (MOH 1,31) n. ‘hölzerner Griff am Spaten, Bohrer etc.’, S mnd. drûf f., drûve f. ‘gedrechselter Knauf, Handgriff (des Bohrers)’ (LB 1,487, 490), nnd. (OF) drûf ‘der rundgedrehte Knauf oder Knopf z.B. am Bohrer’ (DK 1,344), gron. droeve ‘klout’ (ter Laan 1952: 190)

Bel

Nordseegerm.: Belege lediglich im F (FNF) und S (westl. Küstennd.). PFR *þrnjf, wohl wie D nhd. Traube f. auf eine Basis germ. *þrnjba/-ǀ- n.f. ‘klumpenförmiger Gegenstand’ zurückführend und vermutlich in prädikativer Stellung aus dem Subst. erwachsen: ‘er ist ein Klumpen’ > ‘er ist wie ein Klumpen’ > ‘er ist gedrungen, drall wie ein Klumpen’.

Germ

þunu-

Idg Lit

573

Keine sicheren Anknüpfungsmöglichkeiten. Löfstedt 1928: 31; Hellquist 1948: 2,1226; de Vries 1992: 140; Kluge/ Seebold 2002: 926. Hm 630 þunu*- (> þunwu- > þunnu-) ‘dünn’ *V (§ 50)

F

O -ikǀda-

-nassjǀ-ǀjaBel Germ

INF ält. fa. tann (a. 1757, NfSt 1,26), fa. tan, san ‘dünn’ (WFO 280, FÖW 469) helg. ten ‘dünn’ (TS 293) sy. ten ‘dünn’ (BM 264, SU 789) FNF bök. teen ‘dünn’ (FU 241) hall. tään ‘dünn’ (MOH 1,202) karrh. teen ‘dünn’ (OTJ 32) mgos. tään ‘dünn’ (Beitr., Anhang Tab. 1b) ält. ngos. teen (a. 1743, BJ 2,180), ngos. teen (MOH 1,202) ‘dünn’ sgos. teen (EFS 184), tään (Beitr. 22) ‘dünn’ wied. tjin ‘dünn’ (FRU 336) wyk. teen ‘dünn’ (KF nr. 138) OFR sat. tään ‘dünn’ (MF 170) wang. then ‘dünn’ (FA 1,104) WFR frühnwfr. tin ‘dun’ (GJ 482) nwfr. tin ‘dun; slank, tenger, mager, niet vet of vlezig; niet veel, schaars; in hoge mate vloeibaar, waterachtig’ (WFT 22,387) hind. ton ‘dun’ (GB 169) schierm. tin ‘dun’ (DF 117) tersch. tin ‘dun’ (CR 115) adän. thunt ‘tynd’ (ODS 24,1285ff., Nielsen 1989: 469) INF fa. tenket, senket ‘ziemlich dünn’ (LFM 157, FÖW 479) < ains.nfr. *þynikad mit Stammsilbenreduktion vor dem hypokoristischen Hybridsuf¿x -ket aus ains.-nfr. *þynne; vgl. Hofmann 1961: 35ff. und 177 sowie Faltings 1996b: 95f. INF fa. tanens, sanens n. ‘das Dünne, dünne Stelle’ (KJC 9,180, FÖW 600), WFR nwfr. tinnens ‘dunheid, magerheid’ (FW 3,523) INF fa. tane swv.2 ‘ausdünnen’ (Verf.), WFR nwfr. tinje swv.2 ‘dunnen’ (WFT 22,394) West- und nordgerm.: E ae. þynne, S as. thunni, N mnl. dunne, D ahd. dunni, W an. þunnr, þuðr. Wie im übrigen Westgerm. ist auch im Fries. dieser u-Stamm in die i- bzw. ja-Deklination eingetreten: Demnach ist regulär von ains.-nfr. *þynne, in allen übrigen Mundarten von afr. *þenne auszugehen, auch für WFR hind. ton mit awfr. -e- > hind. -o- (vgl. de Boer 1950: 67, 69).

574

Idg

Lit

þurzu-

Die ursprüngliche Bedeutung des Adj. war ‘gespannt, ausgestreckt’, die im Germ. noch in D ahd. donƝn swv. ‘ausgestreckt sein (Körper)’ wiederbegegnet; dazu postverbal S mnd. dǀn ‘straff, ausgestreckt’, N mnl. done adv. ‘gespannt, steif, hart’, D mhd. don ‘gespannt’. Das ererbte Adj. ist identisch mit lat. tenuis, air. tana(e) (?), lit. téĊ vas (?), abulg. tɶnɴktɴ, ai. tanú- ‘dünn’, griech. IJĮȞȦ ‘lang ausgestreckt’, allesamt von der verbalen Grundlage idg. *ten- ‘spannen’ (IEW 1065) ausgehend; vgl. etwa griech. IJİȓȞȦ ‘dehne, spanne’. Siebs 1889: 184; Falk/Torp 1909: 178; Löfstedt 1928: 202; Wissmann 1932: 87; Löfstedt 1933: 22 und Anhang, Tab. 1b; Pokorny 1959: 1069; Spenter 1968: 100; Heidermanns 1986: 282f. Hm 632 þurzu- ‘dürr’ *V/R? (§ 47, 87)

F

AFR awfr. thurre ‘dürr, verdorrt’ (FrR) WFR frühnwfr. tor ‘dor’ (GJ 494) nwfr. toar ‘dor, mager, uitgedroogd’ (FW 3,291) hind. tòr ‘dor’ (GB 169) schierm. tor ‘dor’ (DF 119)

-nassjǀ-ǀja-

WFR nwfr. toarrens ‘dorheid, magerheid’ (FW 3,523) AFR awfr. thurria* swv.2 ‘dorren, verdorren’ in thurrad part.prät. (FrR), WFR frühnwfr. torje swv.2 ‘verdorren’ (GJ 494), nwfr. toarje swv.2 ‘dorren, verdorren’ (FW 3,291)

Bel

Gemeingerm.: E ae. þyrre, S mnd. dörre, N mnl. durre, dorre, D ahd. durri, W an. þurr, O adän. thur, thør, G þaursus. Entsprechend E ae. þyrre, S mnd. dörre, D mhd. dürre ‘dürr’ hätte man vorderhand wohl auch im Fries. Übertritt in die i-Stämme und dementsprechend eine umgelautete Form erwartet. Falls in awfr. thurre, nwfr. tor, toar der Umlaut nicht stellungsbedingt vor -rr- ausblieb, wofür es aber keine Parallelen zu geben scheint, wird man entweder mit lautlichem EinÀuß durch N mnl. durre, dorre ‘dürr’ oder mit einer Analogie nach dem schwachen Verb nwfr. torje, toarje ‘dorren’ (s.o.) – möglicherweise sogar mit einer Rückbildung aus demselben – rechnen müssen. Schließlich könnte auch der umlautlose Nom. Sg. der i-Flexion im Spiel sein, der Ausgleich nach der a- bzw. ǀ-Flexion erfahren hat; vgl. Gallée 1910: 61. Auch in anderen Fällen treten im Fries. und Nord. ursprüngliche u-Stämme in die a-Flexion ein, wo im übrigen Nordseegerm. die i- bzw. ja-Flexion vorherrscht, wie vergleichsweise in germ. *angu- ‘eng’ (s.o.). Entlehnung aus nl. dor ‘dürr, trocken; langweilig, eintönig’ scheint INF sy. dor ‘matt, glanzlos, trübe; dürr, trocken’ (SU 522) zu sein.

Germ

þwanga- – þwerha-

Lit

575

Germ. *þurzu- ist ein ursprüngliches Verbaladj. aus der Schwundstufe eines nur noch in Resten erkennbaren starken Verbs germ. *þersastv.III ‘trocknen, trocken sein’ (Sb 515). Falk/Torp 1909: 183; Gallée 1910: 61; Pokorny 1078f.; Spenter 1968: 227; Seebold 1970: 515. þwanga- ‘drückend’ S (§ 90)

F

AFR awfr. twang ‘drückend, einengend (Gesetz)’ (Ro 2,114) WFR frühnwfr. twang ‘fraai gekleed’ (GJ 504); Brouwer übersetzt die betreffende Textstelle ijn proncx twangg’ ploay mit ‘in der scharfgekniffenen [oder: ‘schönen’?] Falte des Prunks’ (Brouwer/Haantjes/Sipma 1966: 91). ält. nwfr. twang ‘adrett gekleidet’ (a. 1710, zitiert nach Århammar 1989: 122), nwfr. (obsolet) twang ‘net, bevallig en ingetogen gekleed, met zelfbedwinging van buitensporige kleedij, van vrouwen’, ‘afgemeten, deftig, gedwongen’ (FW 3,356)

Bel

Belege lediglich im WFR, daher wohl eine relativ späte, einzelsprachliche Bildung. Sehr wahrscheinlich über prädikativen Gebrauch aus dem Subst. germ. *þwanga- m. ‘Zwang’ (awfr. t(h)wang m.) erwachsen. Nach Epkema 1824: 504 rührt die Bedeutung ‘hübsch, adrett herausgeputzt’ von dem enganliegenden, geschnürten Mieder des Sonntagsstaats her, also vom einzwängenden Sitz dieser Kleidung, und er zitiert dazu die wortspielende nwfr. Redensart moatten is twang en twang is moai ‘Müssen ist Zwang und „zwang“ ist schön’. Århammar 1989: 123.

Germ

Lit

Hm 634f. þwerha- ‘verkehrt’ *V (§ 24f) F

AFR aofr. thweres adv. ‘quer’ (B1-2) awfr. thwers, twers adv. ‘quer’ (O) INF fa. twäär, swäär adv. ‘quer’, twäärs, swäärs adj.adv. ‘quer; querköp¿g, eigensinnig, halsstarrig’ (WFO 275, 297, FÖW 591) FNF bök. twar adv. ‘quer; eigensinnig, starrköp¿g’, twas adj.adv. ‘quer; eigensinnig, starrköp¿g’ (FU 254) karrh. twus ‘quer’ (EFS 135, OTJ 71) mgos. twas ‘quer’ (MN 575) ält. ngos. twors (a. 1743, BJ 193), ngos. twus, twos (WNG 83) ‘quer’

576

þwerha-

sgos. twas ‘quer’ (MN 575) wied. twäs, twas ‘eigensinnig; quer’ (FRU 350) OFR sat. twäärs ‘quer’ (MF 175) wang. thwärs ‘quer’ (FA 1,104) WFR hind. twors ‘dwars’ (GB 172) -iga-haidu-ǀjaBel Germ

Idg

Lit

FNF bök. twari ‘eigensinnig, starrköp¿g, halsstarrig’ (FU 254), karrh. twari ‘widerspenstig’ (MN 575) INF fa. twäärs-, swäärshaid n. ‘Eigensinn, Halsstarrigkeit’ (WFO 297, FÖW 591), FNF bök. twarhäid f. ‘Eigensinn, Verstocktheit’ (FU 254) INF fa. twäärse, swäärse swv.2 ‘sich halsstarrig, querköp¿g verhalten’ (Verf.), FNF wied. twääre swv. ‘trotzen’ (FRU 350) Gemeingerm.: E ae. þweorh, S as. thwerh, N mnl. dwers adv., D ahd. dwerah, W an. þverr, O adän. thwær, G þwairhs. PFR *þwerch. In sämtlichen neufries. Mundarten aus dem adv. verwendeten Genitiv *þwer(e)s mit Schwund des inlautenden -h- vor folgendem Vokal aus älterem *þwerhes. UnÀektierte Formen begegnen offenbar lediglich in INF fa. twäär/ swäär und FNF bök. twar. Das -o- in WFR hind. twors entspricht der regelhaften Entwicklung von awfr. -e- > hind. -o-, während in FNF karrh. twus, ngos. twus, twos der dunkle Stammvokal auf den labialisierenden EinÀuß des voraufgehenden -w- zurückzuführen ist. Entlehnungen aus adän. thwært adv. ‘quer’ (ursprünglich das Neutr. zu adän. thwær adj. ‘quer’) sind INF sy. twäärt (BM 280), FNF karrh. tweert (OTJ 47) ‘quer; eigensinnig’, Entlehnungen aus (m)nd. bzw. (m)nl. dwers, dwars ‘quer’ dagegen AFR awfr. dwers ‘quer’ (Fs 1,142, J, Ro 1,30), INF helg. dwars ‘quer’ (WK 172), WFR frühnwfr. dwerz (GJ 97), nwfr. dwers, dwars (WFT 4,211f.), schierm. dwas (DF 26), tersch. dwes (CR 19) ‘quer, schräg, schief’. Das Adj. steht im Germ. isoliert. Die weitere Herleitung ist nicht geklärt. Nach Heidermanns (Hm 635) und anderen ist vorgerm. *tԥerk- möglicherweise umgestellt aus ursprünglichem idg. *terkԥ-, dem auch lat. torquƝo- ‘drehe’ zugrundeliegt (IEW 1077), während Pokorny an eine Kontamination mit idg. *tԥer- ‘drehen’ (IEW 100) denkt; anders, wenngleich kaum richtig, Bammesberger 1990: 254. Siebs 1889: 135; Siebs 1901: 1253, 1279, 1304; Falk/Torp 1909: 197; Pokorny 1959: 1077; Löfstedt 1971: 46; Bammesberger 1990: 254; Kluge/Seebold 2002: 1021.

U Hm 637f. ubela- ‘böse’ *D? (§ 103) F

AFR aofr. evel ‘übel, böse’ (E1, F, H) awfr. evel ‘übel, böse’ (D, FrR, U), evele adv. ‘verhängnisvoll’ (FrR) INF fa. ewel ‘übel, boshaft’ (FÖW 141) FNF ält. ngos. äwel ‘übel’ (a. 1743, BJ 1,10) OFR sat. eeuel ‘übel, elend, unwohl’ (PK 1,486) [MF 91 eeuwel] WFR frühnwfr. euel ‘übel, schlecht’ (a. 1591, Claes 10) nwfr. evel ‘kwaad, slecht’ (WFT 4,387)

-iga-

INF fa. ewlig ‘bissig, boshaft, streitsüchtig; nervös, aufgeregt’ (LFM 43, WFO 66, FÖW 141), OFR sat. eeuelch ‘übel, unwohl’ (PK 1,486), WFR nwfr. evelich ‘geraakt, kwaad’ (WFT 4,389) WFR nwfr. evelsk ‘verwenst, vervloekt; erg, kwaad, boos; enorm, geweldig; zeer’ (WFT 4,389) AFR aofr. evel n. ‘Übel’ (E2, F) sowie kompositionell stƝnevel n. ‘„Steinübel“, d.h. Blasenstein’ (F), awfr. iowel, iǀl n. ‘Übel’ (FrR), INF fa. ewel n. ‘Bosheit, Schalkheit’ (SP 34, FÖW 141), daneben auch personi¿ziert in der Bedeutung ‘bissiger, boshafter Mensch’ (WFO 66, FÖW 141), FNF ält. hall. eävel (a. 1749, NfSt 1,6), ält. ngos. äwel (a. 1743, BJ 2,5), str. ävell (ca. a. 1600, Kat. 65, 69) n. ‘Übel’, OFR sat. eeuel n. ‘Übel, Leiden’ (PK 1,486), WFR nwfr. evel n. ‘kwaal, ziekte, ongesteldheid, inz. op zedelijk en geestelijk gebied; manko; kwaad; onenigheid’ (WFT 4,387) AFR aofr./awfr. -evelia in urevelia swv.2 ‘übel zurichten, mißhandeln’ (E1, D, J, U), INF fa. ewle swv.2 ‘bissige, boshafte Bemerkungen machen’ (WFO 66, FÖW 141); vgl. Jacobs 1900: 212.

-iska-a-

-ǀja-

Bel Germ

Westgerm. und got.: E ae. yfel, S as. ubil, N anl. uvil, D ahd. ubil, G ubils. PFR *evel mit -e- < -y- < -u- + i. Für INF fa. ewel ist statt *evel eine Vorstufe ains.-nfr. *yvel anzusetzen. Der unregelmäßige Komp. AFR aofr. werra (B1-2), wirra (E1, H) ‘übler’ setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort; s.u. unter *werzizan-. Jüngere Entlehnung aus dem Nd. sind INF helg. eewel (WK 176), sy. ööwel (BM 196) sowie sämtliche Formen des heutigen Festl.-Nfr.,

578

Idg

Lit

upena-

u.a. FNF bök. ööwel (FU 171), wied. ööwel (FRU 242) ‘übel’, ferner OFR harl. -öf(f)el [n.] ‘Übel, Leiden’ in haunde-, knidde-, fautöffel (CM 46) und wang. öövel ‘übel’ (FA 1,100), Entlehnung aus dem Nl. offensichtlich WFR nwfr. euvel ‘kwaad, slecht’ (WFT 4,387). Germ. *ubela- < westidg. *upélo- kann mit air. fel ‘schlecht’ gleichgesetzt werden, sofern dieses nicht aus afranz. fel ‘treulos’ entlehnt sein sollte. Im weiteren vermutlich zu dem Präverb bzw. zu der Präp. idg. *upo‘über’ (IEW 1106), woraus die adj. Grundbedeutung ‘übermäßig, über das Normale hinausgehend’. Johansson 1891: 238f.; Delbrück 1907: 142; Falk/Torp 1909: 31f.; Pokorny 1959: 1106f. Hm 639f. upena- ‘offen’ *D (§ 98)

F

AFR aofr. epen ‘offen; offenbar, offenkundig; deutlich, klar’ (B1-2, E3, F, PrJ 250 [in epenbƝr ‘offenbar’], R1) awfr. epen ‘offen, frei, nichtgemeinschaftlich; offen (Wunde); offen, unverhohlen’ (A 336, D, FrB 48, Fs 1,142 [in epenbier ‘offenbar’], J, P [in epenbƝria swv.2 ‘offenbaren’], U [Steller], SnR 22, O) INF fa. eeben ‘offen; aufgeschlossen; nichtheilend (Wunde); eisfrei (Witterung, Wasser); öffentlich’ (WFO 61, FÖW 133, Verf.) helg. eepen ‘offen; nicht heilend’ (WK 174) sy. iipen ‘offen; gastfrei; eisfrei (Wasser)’ (BM 127, SU 610) FNF bök. ääm, im ‘offen’ (EFS 170, FU 1) hall. ääben ‘offen’ (MOH 1,208) ält. karrh. ähmen (ca. 1820, FF 2), karrh. ääben, ääm, äämen (MN 861, EFS 170, Beitr. Anh. Tab. 3a, OTJ 62) ‘offen’ mgos. aaben, aam ‘offen’ (MN 861, EFS 170, Beitr. Anh. Tab. 3a) ält. ngos. ämen (a. 1743, BJ 1,100), ngos. ääben (MOH 1,208, WNG 78) ‘offen’ sgos. ääben, ääm ‘offen’ (EFS 170, Beitr. 24, Beitr. Anh. Tab. 3a) wied. ääben ‘offen’ (FRU 1) wyk. eeben ‘offen’ (KF nr. 72) OFR harl. aipen ‘offen’ (CM 59) sat. eepen ‘offen; unbedeckt; ungeschützt; offenherzig; öffentlich’ (PK 1,478, MF 91) wang. ipiin ‘offen’ (FA 1,95) WFR frühnwfr. eepen (SB 56), iepin (WT 24, Z. 2), ijpen /-i:-/ (GJ 224) ‘offen’

upena-

579

nwfr. iepen ‘geopend, niet gesloten; ruim, vlak; opengesteld, toegankelijk voor publiek; onbedekt, onoverdekt; openhartig, oprecht; hol, niet gevuld; niet bezet, niet ingenomen; met openingen, ajour bewerkt’ (WFT 9,219f.) hind. epen ‘open’ (GB 43) schierm. epen ‘open’ (DF 29) tersch. epen ‘open; openhartig; zonder ijs; vrije toegang verlenende’ (CR 21) zwh. ypen [-i:-] ‘offen’ (WFT 9,219, Hof 1933: 31) -iga-engǀ-

-ǀja-

Bel Germ

INF fa. eebnig ‘lückenhaft bewachsen (Zaun); undicht’ (WFO 61, FÖW 133) AFR awfr. epeninge f. ‘Bekanntmachung’ (A), INF fa. eebning f.n. (WFO 61, FÖW 133), sy. iipening g. (BM 127) ‘Öffnung; Loch, Lücke’, OFR sat. eepenge f. ‘Öffnung’ (PK 1,480), WFR nwfr. iepening (WFT 9,223), tersch. epening (CR 21) ‘opening’ AFR aofr. epenia (F), -epernia [in: ajƝnepernia ‘aufmachen’] (E2), awfr. epenia (D, J, Ro 2,240) swv.2 ‘öffnen’, INF fa. eebne (WFO 61, FÖW 133), sy. iipeni (BM 127) swv.2 ‘öffnen’, OFR sat. eepenje swv.2 ‘öffnen’ (PK 1,481), WFR nwfr. iepenje (WFT 9,224), tersch. epenje (CR 21) swv.2 ‘openen’; vgl. Jacobs 1900: 192. West- und nordgerm. Anders als E ae. open, S opan, N mnl. open, D ahd. offan, W an. opinn, O adän. opæn < germ. *upana- führen O aschw. ypin, nschw. öppen (Hellquist 1948: 2,1462) und afr. epen auf die umlautende Variante germ. *upena- zurück (vgl. Löfstedt 1965-69: 23,45), und auch die neufries. Belege – die des Ins.-Nfr. allerdings vorerst ausgenommen – setzen das aus den aofr./awfr. Quellen bezeugte epen mit entrundetem e- < ø- < y- < u- + -i- direkt fort, im Festl.-Nfr. und Ofr. mit jüngerer Dehnung in offener Silbe (Löfstedt 1928: 208), darunter ebenfalls FNF mgos. aaben mit auffälligem [a:-] < e- + K + -en (Löfstedt 1933: 78f.), während im Wfr. in dieser Position wohl mit früher Anlautdehnung des e- zu rechnen ist, wie sie wenigstens die mundartlichen Formen nwfr. iepen, ypen, epen voraussetzen würden und wie die gelegentliche Schreibung awfr. eepen schon andeutet (Gosses 1928: 104f.). Im Ins.-Nfr. dagegen wird das aus germ. -u- umgelautete -y- nicht wie im Festl.-Nfr. zu -e-, sondern in aller Regel zu -i- entrundet, das sich wie altes -i- weiterentwickelt. Doch hat bereits Hofmann 1960a: 72f. darauf hingewiesen, daß parallel zu den Vorgängen im Festl.Nfr., aber wohl unabhängig davon, auch im Ins.-Nfr. in einer Reihe von Fällen -y- zu -e- entrundet werden kann: vgl. etwa fa. breeg f., helg. breek f., sy. breek g. ‘Bruch, Geldstrafe’ < ains.- nfr. *breke
-ø- mit weiterer Entrundung > -e- bevorzugt in labialer Umgebung, doch auch vor und nach alveolarem -r- ein. Demnach also: altins.-nfr. *ypen > *øpen > *epen > fa. eeben, helg. eepen. In sy. iipen < ält. *Ɲpen ist das anlautende Ɲ- in offener Silbe überdies zu [-i:-] geschlossen worden: vgl. entsprechend helg. sy. iiwen ‘eben’ < *Ɲven < ains.-nfr. *even, ferner fa. iidj, helg. sy. iit stv. ‘essen’ < *Ɲte < ains.-nfr. *eta. – Anders, wenngleich kaum zutreffend, Spenter 1968: 189. Daneben mit ja-Suf¿x aus germ. *upja- noch E ae. yppe ‘brought to light, disclosed, manifest’ (BT 1300) und AFR aofr. eppe ‘offenkundig, sichtbar’ (B1-2) sowie daraus abgeleitet epplƯk ‘offenbar, offenkundig’ (E2), eplƯke adv. ‘öffentlich’ (E2), awfr. epelƯken adv. ‘öffentlich’ (O). Afr. eppe setzt sich im Neufries. nicht fort. Die passivische Bedeutung ‘geöffnet’ in Verbindung mit dem Suf¿x -ena/-ana- läßt zunächst an ein Verbaladj. denken, owohl ein dazugehöriges Primärverb oder wenigstens eine Spur davon nirgends belegt zu sein scheint. Szemerényi 1985: 469ff. erwägt die Adjektivierung eines prädikativ verwendeten Adv. *upanƣ- ‘von oben’; die Suf¿xvariante germ. *upena- würde sich dann als analoger Anschluß an die Verbaladj. auf -ena- erklären lassen. Entlehnung aus mnd./mnl. open liegt in AFR awfr. open ‘offen’ (O) vor sowie in aofr. opinbƝr (H), awfr. openbƝr, -bier ‘offenbar’ (A 12, BTr, D, Fs 2,22, J, P, Ro 1,144, U, O). Siebs 1889: 170; Falk/Torp 1909: 31; Walter 1911: 15; Gosses 1928: 104f.; Löfstedt 1928: 208; Löfstedt 1933: 24 und Anh. Tab. 3a; Hammerich 1937: 357; Buma ed. 1949: 177; Hofmann 1960a: 73; Löfstedt 1965-69: 23,45; Århammar 1968: 64; Spenter 1968: 189; Szemerényi 1985: 469ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 89.

W Hm 642f. -wada- ‘durchwatbar’ K (§ 110, 111) F

AFR aofr. unwad (E1-3), unewad (F), untwad (F), unwedde (E1) ‘undurchwatbar, tief’ awfr. on-, unwad (J), onwed(de) (J) ‘undurchwatbar, tief’, daneben sekundär erweitert und in derselben Bedeutung awfr. onwadich – oder onwed(d)ich? – [Hs. unwerdich] (A 496)

un-

AFR un(e)wad, untwad, unwedde, onwad, onwed(de), s.o.

Bel Germ

Nur F. Entgegen van Helten 1890: 160 und 1907: 345 als auch Seebold 1970: 530 ist nicht von einem ja-stämmigen Verbaladj. zu germ. *wada- stv.VI ‘waten’ (AFR aofr. wada stv.VI ‘waten’ (R1)) auszugehen, sondern von einem exozentrischen BahuvrƯhiadj. aus prä¿giertem ga- + Subst. in Kombination mit dem Negationsprä¿x unin der ursprünglichen Bedeutung ‘kein Durchwaten (des Gewässers) gewährend’ (Krahe/Meid 1967: 44). Dabei ist hinsichtlich des subst. Grundwortes -wed/-wad auf der einen und -wedde auf der anderen Seite zwischen germ. *wada- n. ‘Watstelle, Furt’ und der aus dem Kausativ germ. *wadja- swv.1 ‘waten machen’ hervorgegangenen Ableitung germ. *wadjǀ- f. ‘Schwemme zum Tränken und Baden des Viehs’ zu unterscheiden. Vgl. entsprechend die mundartlichen Formen: 1. mit Tonerhöhung in geschlossener Silbe OFR sat. wääd n. ‘Watt’ (Kramer 1961: 248), WFR schierm. wed n. ‘Watt, Wattenmeer’ (Spenter 75) < *wed, 2. ohne Tonerhöhung in Analogie zu dem starken Verb oder nach Àektierten Kasus des Pl. FNF bök. wåd n. ‘Furt’ (FU 266), OFR wang. wad n. ‘Watt’ (FA 1,402), WFR nwfr. wâd, waed n. ‘wed, ondiep water’ (FW 3,294) < *wad und 3. INF fa. Weed FlN < *wedde f. neben diminutivischem Weetj FlN < *wedike f. für zwei seichte Gewässer im Westen der Insel Föhr (Faltings 1984: 295f.). Ob in dem adj. Grundwort -wedde stattdessen ein erweitertes -wad/-wed mit + sekundärem ja-Suf¿x enthalten sein könnte, ist vielleicht weniger wahrscheinlich, da in erweiterten BahuvrƯhikomposita dieses Typs das ja-Suf¿x im Afr. normalerweise weder Umlaut noch Konsonantengemination bewirkt (Faltings 1996b: 88). van Helten 1890: 30, 161; van Helten 1907: 345; Seebold 1970: 530f.; Faltings 1984: 295ff.; Matzel 1992: 125f; Gildemacher 1993: 594f.

Lit

582

waikwa-

-wadja- ‘durchwatbar’ K vgl. -wadaHm 644f. waikwa- ‘weich’ V (§ 25a) F

O -lƯka-

AFR awfr. wƗk ‘weich, zart, sanftmütig’ (Fs 1,154) spätawfr. wack ‘weich’ (Bo) INF fa. wok ‘weich; feinfühlig’ (WFO 338, FÖW 706) helg. wok ‘weich’ (TS 304) sy. wuk ‘weich’ (BM 303, SU 839) FNF bök. uuk ‘weich’ (FU 263) hall. üük ‘weich’ (MOH 1,142) karrh. uuk ‘weich’ (OTJ 71) mgos. wuk ‘weich’ (HMN 134) ält. ngos. uuk (a. 1743, BJ 2,203), ngos. uuk (MOH 1,145) ‘weich’ sgos. üük ‘weich’ (EFS 272) wied. uuk ‘weich’ (FRU 362) OFR sat. wook, wakker comp., wookste sup. ‘weich, geschmeidig’ (MF 185) wang. wook ‘weich’ (FA 1,109) WFR frühnwfr. waeck ‘weich’ (SB 78), weack ‘week, zacht; neerslachtig, vloeiend’ (GJ 522) nwfr. weak ‘week, zacht; gevoelig; gemakkelijk, handelbaar; verteederd’ (FW 3,412) hind. waik ‘week’ (GB 176) schierm. waak ‘week’ (DF 124) tersch. weak ‘week’ (CR 124) adän. wƝgh ‘bøjelig, smidig; blid, blød’ (ODS 26,798, Nielsen 1989: 489)

AFR awfr. wƗklƯk ‘schwach, zart (von der Konstitution, Gesundheit)’ (O), INF fa. wokelk ‘weichlich, etwas weich’ (LFM 223, FÖW 706), FNF ält. ngos. uuklick ‘weichlich’ (a. 1743, BJ 2,203) -a(n)-/-ǀ(n)- INF fa. wok subst. in der Verbindung uun wok lei/du ‘einweichen’ (WFO 338, FÖW 706), desgleichen FNF bök. önj uuk seete/leede ‘einweichen’ (FU 263) sowie idiomatisch karrh. hi heet foole önj uuk ‘(wörtl.:) er hat vieles eingeweicht, d.h. er hat viele Eisen im Feuer’ (Sjem. 319), WFR hind. yn ‘e waike sótte ‘in de week zetten’ (GB 176), ferner tersch. weak ‘moerassige grond’ (CR 124), nwfr. weak n. ‘het niet door beenderen beschermde deel van het lichaam; gezwollenheid, bij oude koeien wel vorkomende, waardoor het dier veel omfang heeft onder de korte ribben’ [= nhd. Weiche] (FW 3,412)

wakra-

-nassjǀ-eþǀ-ǀja-

Bel Germ

Lit

583

INF fa. wokens n. ‘das Weiche; weiche Stelle, wo man einsacken kann’ (KJC 9,180, WFO 338, FÖW 706), WFR nwfr. weakens ‘weekheid’ (FW 3,412) WFR schierm. waakte ‘blabber, slijk, weke modder’ (DF 124) AFR aofr. wƝkia swv.2 ‘weich werden, erschlaffen’ (R1-2) in wƝkande part.präs., spätawfr. wackie swv.2 ‘weich werden, purgieren’ (Bo), INF fa. woke (WFO 338, FÖW 706), helg. woke (TS 304), sy. wuki (BM 303) swv.2 ‘erweichen; weichen, einweichen’, FNF bök. uuke (FU 263), hall. -üüke in inüüke (Lo 128), karrh. wuuke (OTJ 41), ält. ngos. uukiä (a. 1743, BJ 2,203), wied. uuke (FRU 362) swv.2 ‘einweichen, weich machen; weichen, weich werden’, OFR sat. wookje swv.2 ‘weichen; weich machen’ (MF 185), WFR nwfr. weakje (FW 3,412), hind. waikje (GB 176), tersch. waakje, wakje (DF 124), tersch. wekje (CR 124) swv.2 ‘weken’ West- und nordgerm.: E ae. wƗc, S as. wƝk, N mnl. weec, D ahd. weih, W an. veikr. Für das Adj. ist in allen fries. Mundarten eine Vorstufe PFR *wƗk anzusetzen, im Nfr. mit einer Sonderentwicklung der Lautsequenz *wƗ-, die sich in den einzelnen Mundartgruppen unterschiedlich ausgewirkt hat: ains.-/afestl.-nfr. *wƗk führte zunächst überall durch Einwirkung des initialen w- zu *wǀk, woraus 1. sy. mgos. wuk, fa. helg. wok (letzteres möglicherweise über eine Zwischenstufe *wuk), 2. bök. karrh. ngos. wied. uuk mit w-Schwund < *wnjk < *wǀk und 3. hall. sgos. üük mit spontan palatalisiertem -nj- < *njk < *wnjk < *wǀk. Verbaladj. aus der o-Stufe zu germ. *weika- stv.I ‘weichen, nachgeben’ (Sb 545f.). Siebs 1889: 272; Falk/Torp 1909: 407; Löfstedt 1928: 142, 145; Trier 1951: 44ff.; Pokorny 1959: 80; Rosengren 1968: 86ff.; Spenter 1968: 159; Seebold 1970: 545f. Hm 645 wakra- ‘wachsam, munter’ V (§ 59)

F

AFR awfr. wakker ‘wacker; aufmerksam’ (O) INF fa. waaker, woker ‘tüchtig, wacker’, adv. ‘Àink, schnell’ (WFO 322, 338, FÖW 682) FNF bök. wiiker ‘wacker, tüchtig’, adv. ‘schnell’ (FU 271) karrh. wiiker ‘wacker, tüchtig’ (Sjem. 197) ält. ngos. wiecker ‘artig, wacker’ (a. 1743, BJ 2,205) wied. wiiker ‘wacker’ (FRU 371) WFR wfr. wakker ‘wakker, waakzaam’, adv. ‘bijster, zeer, bijzonder, terdege, in hoge mate’ (FW 3,400) neben wekker ‘wakker’ (FW 3,426)

584

O

Bel Germ

Lit

waldi-

hind. wakker adv. ‘vrijwel’ (GB 177) neben wekker ‘wakker’ (GB 178) schierm. wakker ‘wakker, Àink’, adv. ‘terdege’ (DF 125) tersch. wakker adv. ‘zeer, bijzonder’ (CR 123) aschw. vak(k)er, vakar ‘vakande, vaksam; vaksam, som är på sin vakt, varsam, aktsam’ (Söderwall 1884-1918: 2.2,898, Hellquist 1948: 2,1292) West- und nordgerm.: E ae. wacor, S mnd. wacker, N mnl. wacker, D ahd. wahhar, W an. vakr. PFR *wakker mit geminiertem -k- vor ursprünglich folgendem -r(Siebs 1901: 1289). Die Tonerhöhung des alten -a- > -e- in geschlossener Silbe ist durch EinÀuß des voraufgehendem w- verhindert worden (Siebs 1901: 1177). Trotz dieser möglichen authochthonen Herleitung ist für sämtliche fries. Formen eine Entlehnung aus mnd./ mnl. wacker ‘wachsam; Àink’ nicht auszuschließen; das gilt übrigens auch für das Vorkommen im Dän. (Nielsen 1989: 483). Des weiteren liegt ein Verbaladj. zu germ. *wakna- stv.VI ‘wachen’ (Sb 535f.) vor. Dagegen scheint das umgelautete FNF wiiker ‘wacker’, WFR wekker ‘wach’ wie E ae. wæcer, wæccer ‘wachsam’ eine Rückbildung aus einem schwachen Verb zu sein (Wissmann 1975: 67), wobei im Festl.-Nfr. die Entwicklung des Umlaut-e in der Stellung zwischen w- und -k- irgendwie „entgleist“ sein muß, indem es sich nach erfolgter Dehnung in offener Silbe dem afestl.-nfr. -ƣ- anschloß, das zunächst zu -ia- „gebrochen“ und in den betroffenen Mundarten schließlich zu -Ư- monophthongiert worden ist. Falk/Torp 1909: 380; Kluge 1926: 97; Löfstedt 1928: 117; Seebold 1970: 535f.; Wissmann 1975: 67. Hm 648f. -waldi- ‘zu bewältigen’ V vgl. -waldi- ‘absichtlich’ K -waldi- ‘absichtlich’ K (§ 113a)

F

AFR aofr. -walde, -welde in unwalde (E2), unwelde (E1-2, F), urwalde (B1-2, E3) ‘ungewollt, unfreiwillig; unbeabsichtigt’ awfr. unwald ‘unfreiwillig’ (D)

unuz-

AFR unwald(e), -welde (s.o.) AFR urwalde (s.o.)

-i-

AFR aofr. unwald (F), unewald (H), unweld (H) f., awfr. unwald (U), onwald (J, D) f. ‘machtloser Zustand, Ohnmacht’

wana-

Bel Germ

Lit

585

Nur F (Afr.). Das von Heidermanns (Hm 648) und zuvor von Matzel 1974: 106 und 1992: 127 erwogene i-stämmige Verbaladj. germ. *waldi- ‘zu bewältigen’ aus germ. *walda- red. ‘herrschen, walten’ (Sb 536) dürfte nicht in AFR unwalde, -welde bzw. urwalde enthalten sein. Vielmehr scheinen dort, wie Matzel 1992: 127 schon alternativ vorgeschlagen hat, zwei BahuvrƯhiadj. mit den Negationsprä¿xen germ. *unund *uz- vorzuliegen, ausgehend von dem i-stämmigen Subst. germ. *waldi- f. ‘Macht, Gewalt’, das auch im Fries. als AFR weld und wald (mit positionsbedingtem -a- < -æ- vor -ld-) f. ‘Gewalt, Macht, Herrschaft; Verfügung, freier Wille etc.’, INF frühfa. wieldh [f.] ‘Gewalt’ (ca. a. 1600, Kat. 66) < ains.-nfr. *wƝlde f. gut bezeugt ist. Die kompositionelle Basis germ. *ga-waldi- mit der exozentrischen Bedeutung ‘mit freiem Willen begabt, über einen freien Willen verfügend’ wird wie alle BahuvrƯhiadj. dieser Art zunächst unerweitert gewesen sein. Die ja-Erweiterung zur deutlicheren Hervorhebung ihres adj. Charakters erfolgte wohl erst später, im Fries. zumeist so spät, daß das ja-Suf¿x dabei für gewöhnlich keinen Umlaut mehr bewirkte (vgl. Faltings 1996b: 88f.). Demnach ist also ein erweitertes PFR *jiwelde (-walde) < älterem *ji-weld (-wald) ‘willentlich’ anzusetzen. Seebold 1970: 536f.; Munske 1973: 114; Matzel 1974: 106; Matzel 1992: 127. Hm 653f. wana- ‘mangelnd’ *V (§ 79)

F

AFR aofr. won- ‘mangelnd, fehlend, ungenügend, unvollständig’ in wongapa m. ‘defektes Mundöffnen’ (F), aofr. wongare f. ‘mangelhafte Kleidung (infolge einer Realinjurie)’ (E1), wonsprƝke f. ‘Sprachstörung’ (H), wonware f. ‘Verminderung des Sehvermögens’ (R1) awfr. wan- ‘mangelnd, fehlend, ungenügend, unvollständig’, als Prä¿x auch ‘un-, nicht-’ in wanlƗvich ‘ungläubig’ (A 218), wanwitskip f. ‘Unkenntnis’ (D), wanlathinge f. ‘Ladungsversäumnis’ (Fs 2,95), wanmƝte f. ‘unrichtiges Maß’ (J), wanweder n. ‘schlechtes Wetter’ (P), wanhǀd f. ‘mangelhafte Beaufsichtigung’ (Ro 2,168), wanwek f. ‘mangelhafte Verrichtung des Wachdienstes’ (SnR 181), wansƝkane f. ‘Nichtbesuchung’ (U [Ahlsson 22]), wanwicht f. ‘unrichtiges Gewicht’ (O) usw. INF fa. won-, woon- in wo(o)nai n. ‘Windei’, wo(o)nluuw m. ‘Aberglaube’, wo(o)nskelet ‘ohne Schale (von einem Hühnerei, das die Henne infolge Kalkmangels ohne Schale legt)’ usw. (WFO 338f., FÖW 707f.)

586

wana-

FNF bök. woon- in woonbåk m. ‘Tölpel’, woonlöm n. ‘schlecht gedeihendes Lamm’, woonsteele stv. ‘entwenden, berauben’ usw. (FU 274) hall. woon- in woonluuwe m. ‘Aberglaube’ (Lo 1), woonskääben ‘mißgestaltet’ (MOH 1,231) karr. woon- in woonbaagen ‘ungeschliffen’, Woonräidjswäi FlN wörtl. ‘Wahnratsweg’ für einen deichartig erhöhten Weg östlich von Trollebüll (MN 1950f.) ält. ngos. woon- in woonräyd ‘verkehrter Rath’ (a. 1743, BJ 2,218), ngos. woon- in woonbaagen ‘ungeschliffen’, woonräid m. ‘wahnrat, thorheit’ (MN 1951) sgos. woon-, wun- in woonreed m. ‘wahnrat, thorheit’ (MN 1951), wunschääm ‘mißgestaltet’ (NfWb) wied. won- in oon e wonhörn käme wörtl. ‘in die falsche Ecke kommen’, d.h. ‘schlecht ankommen’, wonmäit n. ‘falsches Maß’, wonwääder n. ‘schlechtes Wetter’ usw. (FRU 377f.) OFR wang. wonlooeviich ‘mißtrauisch, eifersüchtig’ (FA 1,109) WFR frühnwfr. wan- in wanhoape ‘wanhoop, vertwijfeling’, wanlieuweringhe ‘slechte levering, gebrek aan aÀevering’ (GJ 519) nwfr. wan ‘niet vol, bijna ledig; slecht, verkeerd, mis; krom, scheefhoekig’ (FW 3,404) schierm. wan- in wanheupe m. ‘wanhoop’, wantiidich ‘ontijdig’, wantreeuwe swv. ‘wantrouwen’ (DF 125) tersch. wan-, won- in wan-/wongunst ‘wangunst’, wansjoggelig ‘slordig gekleed’, wan-/wontrouwje swv. ‘wantrouwen’ (CR 123, 128) -ǀja-

AFR aofr. wonia swv. ‘abnehmen, schwinden, vermindern’ (B1-2, E3, H)

Bel

Gemeingerm.: E ae. wan, S as. wan, N mnl. wan, waen, D ahd. wan, W an. vanr, O adän. wan-, G wans. Als Simplex begegnet germ. *wana- im Fries. lediglich in WFR nwfr. wan, sonst als Erstglied eines Kompositums, wo es teilweise auch als Prä¿x in der Bedeutung ‘un-, nicht-’ verwendet wird. PFR *won mit -o- < germ. -a- vor Nasal, auf das sämtliche nfr. und ofr. Formen regulär zurückführen. Die nfr. Dehnung des -o- > -ǀin geschlossener Silbe bzw. im Wied. die Diphthongierung („Brechung“) des -o- > -uo- (dazu Hofmann 1997: 129ff.) ist in fa. won-, wied. won- in minderbetonter Position des ersten Kompositumsgliedes unterblieben oder gegebenenfalls wieder rückgängig gemacht

Germ

wankula-

Idg

Lit

587

worden, während in sgos. wun- Verengung des ursprünglicheren -ǀ- > -u- stattgefunden hat. Als Entlehnung aus O dän./jüt. van- ist dagegen in INF sy. wan- in wanreer g. ‘Torheit’, wanskeepen ‘mißgestaltet’ usw. (BM 293) aufzufassen; eine nachträgliche Develarisierung des ains.-nfr. -o- > -a- vor -n, wie sie im Sy. gelegentlich begegnet, etwa in sy. man g. ‘Mann’, fan ‘von’ etc. (vgl. Århammar 1995: 80f.), dürfte durch Einwirkung des voraufgehenden initialen w- verhindert worden sein. Überdies erwecken verschiedene fries. Formen den Eindruck, als seien sie Lehnbildungen nach einem (m)nd. bzw. (m)nl., im Nfr. auch nach einem dän./jüt. Vorbild. Autochthon sind dagegen im Wfr. die develarisierten Formen mit -a- < -o-. Im Germ. auf gleicher Stufe isoliert. é Altes Verbaladj. zu ai. v Ɨyati ‘schwindet dahin, ermattet, geht verlustig’. Neben germ. *wana- < idg. *ԥΩ-no- steht mit jeweils differierendem Ablaut lat. vƗnus ‘leer, nichtig’ und ai. njná ‘unzureichend, ermangelnd’ sowie mit anderer Stammbildung griech. İȪȞȚȢ ‘beraubt, verlustig’ usw. Wilmanns 1899: 561; Delbrück 1907: 142; Falk/Torp 1909: 378; Löfstedt 1928: 231; Pokorny 1959: 345f.; Löfstedt 1965-69: 19/ 21,292; Schubert 1968: 30; Sjölin 1970: 225f.; Munske 1973: 141; Bammesberger 1990: 246; Boutkan/Siebenga 2005: 455. Hm 656 wankula- ‘schwankend’ V (§ 57)

F

AFR awfr. wankel ‘schwankend, unberechenbar’ (Ro 1,18) WFR frühnwfr. wanckel ‘wankel, onzeker, ongewis’ (GJ 519) nwfr. wankel ‘wankel, onzeker, onvast, niet vertrouwbaar’ (FW 3,405)

Bel

Westgerm.: E ae. wancol, wencele, S as. wankol, -al, N mnl. wankel, D ahd. wankal. Verbaladj. der Neigung mit l-Suf¿x zu westgerm. *wankǀja- swv.2 ‘schwanken’. Entlehnung aus dem Nd. dürfte OFR wang. wankel ‘wankend’ (FA 1, 108) sein. Ob auch die wfr. Formen Entlehnung aus N mnl. wankel ‘zwak, broos; niet sterk, stevig of vast; onbetrouwbaar, ongestadig; onstandvastig, veranderlijk, wuft’ (VV 9,692ff.) sind, läßt sich formal nicht entscheiden. Falk/Torp 1909: 389; Wissmann 1932: 110; Pokorny 1959: 1148f.; Krahe/Meid 1967: 86; Faltings 1996: 113.

Germ

Lit

588

wanna- – -warda-

Hm 656f. wanna- ‘schwärzlich’ P (§ 2) F

AFR awfr. wan- in wanfel (D), wanfelle (A 482, J), wanfellich (D, J), -fallich (J) ‘blutunterlaufen’

-eslan-

AFR ofr. wonnelsa m. ‘blauer, dunkler Fleck’ (E1-2, H); vgl. Munske 1973: 142.

Bel

Belege offenbar lediglich im Anglo-fries.; das Adj. setzt sich in den neufries. Mundarten nicht fort. Gegebenenfalls war das Adj. einst aber auch im Nord. bekannt; so deutet etwa Indrebø 1933: 207 den Gewässernamen W nnorw. Vannen < an. *Vanni m. (n-St.) als ‘der dunkle See’; spätere Forscher folgen dieser Ansicht; vgl. dazu Löfstedt 1965-69: 23,60. PFR *won (-nn-) ‘dunkelfarbig, bläulich-schwarz (von einem Bluterguß)’ mit -o- < -a- vor Nasal (in awfr. wan* mit regulär develarisiertem -o-) steht zusammen mit E ae. wan, won (-nn-) ‘dunkel, schwarz (Rabe, Wasser, Wolke etc.)’ innerhalb der Germania isoliert. Das Primäradj. vergleicht sich im Kelt. anscheinend mit mir. fann, kym. gwann ‘schwach’ (Holthausen 1974: 383). von Richthofen 1840: 1158; van Helten 1896: 14 Anm. 2; Mead 1899: 187f., 194; Walter 1911: 20; Schwentner 1915: 17ff.; Löfstedt 196569: 23,60; Munske 1973: 143 Anm. 202; Bremmer 1988: 11; Buma 1996: 428.

Germ

Idg Lit

Hm 658f. -warda- ‘gewendet’ V (§ 25e) F

AFR aofr. -ward in bekward ‘rückwärtig, mit rückwärts getragener Waffe verübt’ (B1-2, E2), sonst adv. in njtawardes (E1, H, R1), njtwardis (F) ‘äußerlich, auswendig’ awfr. -ward, -werd in njt(e)ward (J, U), njtewerd (J), njtwerd (Fs 2,47), sonst adv. in njtwerd (Fs 2,47), njtwƝrd (O), njtwerth /-t/ (A 258) ‘auswärts’, njtwardis ‘von außen’ (J, Ro 2,246), ferner in sƝward ‘seewärts’ (O), westwert ‘westwärts’ (A 510), snjdwirt ‘südwärts’ (D) OFR wang. farwas adv. ‘vorwärts’ (FA 1,92), rigwas adv. ‘rückwärts’ (FA 1,110) mit -s- < -rþ oder aus adv. genit. -þes; vgl. Siebs 1889: 92.

-iga-

AFR aofr. bekwardich ‘rückwärtig’ (R1), jƝnwardich (PrJ 260), awfr. jƝnwerdich (J), jƝnwirdich (A 152, J, Ro 1,40), jƝnwordich (A 200) ‘anwesend (im Gericht)’, WFR frühnwfr. jin-wirddig (GJ 226), nwfr.

warma-

-Ưn-

Bel Germ

Lit

tsjinwirdich (FW 3,345), hind. tjianwòrdich (GB 167), schierm. tjinwezzich (DF 118), tersch. tjinwerrig (CR 120) ‘gegenwärtig’ AFR aofr. ondwerde (PrJ 236), ondwarde (R2) f. ‘Gegenwart, Anwesenheit’; die gleichbedeutenden Formen aofr. onderd f. (H), onder(d) f. (F), ondert f. (PrJ 248), awfr. andert f. (D, J, U [Hoekstra]) stehen offenbar unter EinÀuß von aofr. ondert, awfr. andert n. ‘Antwort’ < germ. *anda-wurdja-. West- und nordgerm.: E ae. -weard, als Simplex weard adv., S as. -ward, D ahd. -wart, W an. -varðr, O aschw. -varþer. Heidermanns trennt – völlig zu Recht – in germ. *-warda-, *-werda(Hm 672f.) und *-wurdi- (Hm 697), die mit differierender Ablautstufe, aber mit der übereinstimmenden Grundbedeutung ‘gewendet’ als Verbaladj. zu germ. *werþa- stv.III ‘werden’ < ursprünglichem ‘sich wenden’ (Sb 559f.) anzusetzen sind. Demnach stellt er die afr. Belege auf -ward zu germ. *-warda-, die auf -werd zu germ. *-werda-, eine Unterscheidung, die indessen fraglich ist. Vielmehr könnte man auch die a-Formen teilweise oder ganz auf germ. *-werda- zurückführen, da im Afr. altes -e- vor -r- nicht selten zu -a- gesenkt wird, vor allem dann, wenn ein -w- vorangeht (van Helten 1890: 1, 8, Siebs 1901: 1194, Gosses 1928: 54f.). Deshalb läßt sich an den überlieferten Belegen des Afr. nicht mit Sicherheit ausmachen, ob neben PFR *-werd einst auch ein *-ward existierte oder umgekehrt. Entlehnung aus dem Nd. (im Ins.-Nfr. eventuell auch aus dem Nl.) liegt vor in INF fa. lunwart adv. ‘landwärts’, siawart adv. ‘seewärts’, uunwart adv. ‘vorwärts’ (Clement 1862: 89, 96), apwarts adv. ‘aufwärts’, deelwarts adv. ‘abwärts’ (LFM 10, 31, FÖW 113), FNF bök. loonwards adv. ‘landeinwärts’ (FU 150), karrh. apwards adv. ‘aufwärts’ (MN 465). Entsprechend ist für OFR wang. far-, rigwas ‘vor-, rückwärts’ (s.o.) nd. Entlehnung nicht auszuschließen. Siebs 1889: 45; van Helten 1890: 1, 8; Siebs 1901: 1177; Spenter 1968: 107; Seebold 1970: 559ff. Hm 659f. warma- ‘warm’ *V (§ 64a)

F

589

AFR aofr. warm ‘warm’ (F) awfr. warm ‘warm’ (BTr, Cr, EdJ 74, J, U) INF fa. warem ‘warm, heiß, geheizt’ (WFO 326, FÖW 689) helg. waarem ‘warm’ (TS 301) sy. wƗrem ‘warm’ (BM 293, SU 828) FNF bök. wurm ‘warm’ (FU 269) hall. woorm ‘warm’ (Lo 127)

590

warma-

karrh. wårm (MN 447), wurm (EFS 44), wuurm (OTJ 42) ‘warm’ mgos. wårm ‘warm’ (MN 447) ält. ngos. worm (a. 1743, BJ 2,211), ngos. wurm, worm (WNG 117) ‘warm’ sgos. würm (EFS 44), wüürm (NfWb) ‘warm’ wied. woarm ‘warm’ (FRU 376) OFR sat. woorm ‘warm’ (MF 186) wang. warm ‘warm’ (HEN 325, EFS 44) wurst. worm ‘warm’ (RM 126) WFR frühnwfr. waarm, waerm ‘warm’ (SB 78, 102) nwfr. waerm ‘warm’ (FW 3,398) hind. waerm ‘warm’ (GB 176) schierm. wairm ‘warm’ (DF 125) tersch. warem [-a:-] (CR 123), (W) warm (Knop 1954: 2) ‘warm’ -Ưn-kǀ-

-nassjǀ-eþǀ-

-ja-

-ǀja-

FNF ält. ngos. wirm [ohne Genusangabe] ‘Wärme’ (ca. a. 1745, JG 41) INF fa. waremk n. (m.), helg. waremk f. (TS 301, FÖW 689), sy. wƗrmker g. (BM 293) mit Suf¿xerweiterung -hair ‘-heit’, FNF bök. wårmk (FU 269), karrh. wårmk (MN 448), ngos. warmk, wårmk (WNG 117), wied. woarmk (FRU 376) m. ‘Wärme, Hitze’; die Bildung deadj. Abstrakta mit k-Suf¿x – primär offenbar Fem. – ist im Nfr. dänisch beeinÀußt; hier scheint sogar eine direkte Entlehnung vorzuliegen (vgl. etwa sjüt. værmk ‘varme’ (Bjerrum/Bjerrum 1974: 2,330)); siehe im weiteren Hofmann 1956: 102f. und Århammar 1996: 341. WFR nwfr. waermens ‘warmte’ (FW 3,398) FNF bök. wårmd (FU 269), hall. warmtj (MOH 2,10) neben umgelautetem wiarmde (Lo 129), ngos. wiirmde (WNG 117), sgos. warmd (MN 448) neben wüürmde (NfWb), wied. woarmde neben woarmt (FRU 376) m. ‘Wärme’; die meisten der nfr. Formen – wie etwa hall. warmtj, wiirmede, ngos. wiirmde, sgos. warmd – sind direkt aus mnd. warmede, warmte, wermede entlehnt oder zumindest doch Lehnbildungen danach; ferner WFR nwfr. waermte (FW 3,398), schierm. wairmte m. (DF 125) ‘warmte’; auch hier möglicherweise Lehnbildungen nach dem Nl. FNF hall. wiarme (Lo 129), ält. ngos. wierme (a. 1743, BJ 2,211), ngos. wiirme (WNG 117) swv.1 ‘wärmen’; inwiefern hier Entlehnung aus oder zumindest doch LehneinÀuß durch (m)nd. wermen vorliegt, bleibt unklar. AFR awfr. warmia swv.2 ‘erhitzen’ (SnR 75), INF fa. warme (WFO 327, FÖW 689), helg. wareme (TS 301), sy. wƗremi (Bm 293) swv.2

wƣgi-

591

‘wärmen’, FNF bök. wårme (FU 269), wied. woarme (FRU 376) swv. ‘wärmen’, WFR schierm. wairmje (DF 125), tersch. waremje (CR 123) swv.2 ‘wärmen’ Bel Germ

Idg

Lit

Gemeingerm.: E ae. wearm, S as. warm, N mnl. warm, D ahd. warm, W an. varmr, O adän. warm, aschw. varmber, indirekt auch in G warmjan swv1. PFR *warm. Im Festl.-Nfr. und Ofr. (mit Ausnahme des Wang.) aus einer Vorstufe *worm mit -o- < -a- durch EinÀuß des initialen w- und weiterer Dehnung zu -ǀ- vor -rm, das im Festl.-Nfr. zu -u- verengt wird. In sgos. würm hat sich das gedehnte -o- zunächst wie altes -ǀ> -nj- weiterentwickelt. Seine anschließende Palatalisierung dürfte nach analogen Vorbildern geschehen sein: Im Nfr. begegnet diese „spontane“ Palatalisierung des alten -nj- > -y- in geschlossener Silbe regelhaft; vgl. dazu Löfstedt 1928: 141ff. Die Belege des Ins.-Nfr., des Wang. und des Wfr. zeigen indessen diese positionsbedingte Verdumpfung des -a- > -o- nicht. Offensichtlich blieb hier altes -a- vor -rm erhalten; seine Dehnung ist sekundär. Neben germ. *warma- steht e-stu¿g D ahd. wirma f. ‘Wärme’ < germ. *werm-jǀ-, schwundstu¿g W an. orna swv.2 ‘warm werden’ < germ. *wur-nǀ-. Im weiteren zu der Verbalwurzel idg. *ԥer- ‘brennen, verbrennen’ (IEW 1166), etwa in lit. vìrti (vérdu), abulg. vɶrƟti ‘kochen, sieden’ usw. – Offenbar besteht EinÀuß der synonymen Wurzel idg. *gԥher‘heiß, warm’ (IEW 493f.). Siebs 1889: 44; Siebs 1901: 1177; Falk/Torp 1909: 395; Pokorny 1959: 1166; Seebold 1967: 108f.; Schubert 1968: 75; Spenter 1968: 177; Seebold 1980: 446ff., 466f. ægi- ‘abzuwägen’ *V (§ 42) Hm 661 f. wǀ

F

AFR aofr. -wƝi, -wƝie in inwƝi (E2), inwƝie (E1,3) ‘nach innen geneigt’, njtwƝi (B1-2, E2), njtwƝie (E1,3) ‘nach außen geneigt’

Bel

West- und nordgerm.: S mnd. wêger (erstarrter Komp.), D ahd. -wƗgi in unwƗgi, W an. vægr. Die Termini aofr. in-/njtwƝi(e) ‘nach innen/außen geneigt’ bezeichnen die Wände oder Mauern eines Hauses, die infolge einer schweren Heimsuchung in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Heidermanns (Hm 662) rechnet daher mit exozentrischen Prä¿xkomposita in der ursprünglichen Bedeutung ‘mit nach innen/außen geneigter Wand’ zu afr. wƗch m. ‘Wand’ < germ. *waiha- (vgl. Löfstedt 1965-69: 19/21,321), wobei der Umlaut dann durch ein folgendes ja-Suf¿x

Germ

592

Lit

weiha-

bewirkt worden sein müßte, mit dem ein BahuvrƯhiadj. zur deutlicheren Hervorhebung seines adj. Charakters oft nachträglich erweitert wird. Allerdings unterbleibt im Afr. der Umlaut in derartigen jaErweiterungen zumeist. Insofern sollte die Auffassung Walters (1911: 34) und später Bumas (1949: 293), es handle sich wie etwa in D mhd. wƣge ‘Übergewicht habend, sich neigend’ und W an. vægr ‘ausgewogen, im Gleichgewicht be¿ndlich’ um ein ursprüngliches i-stämmiges Verbaladj. aus der Dehnstufe zu germ. *wega- stv.V ‘(bewegen)’ bzw. ‘wägen’ (Sb 542ff.), auch weiterhin die bevorzugte Aufmerksamkeit genießen. Die Grundbedeutung der prä¿gierten Komposita afr. in-/njtwƝi(e) wäre demzufolge ‘nach innen/außen sich neigend’. In den Brokmer Hss. begegnet njtwƝi in der Paarformel inwind and utwei im Sinne von ‘schief und krumm’; s.u. unter germ. *-wenda-. van Helten 1890: 16, 113, 160; His 1901: 354; Falk/Torp 1909: 383; Walter 1911: 34; Buma ed. 1949: 293; Pokorny 1959: 1118ff.; Krogmann 1965: 302ff.; Seebold 1970: 542ff.; Matzel 1974: 102, 117; Matzel 1992: 114. Hm 663 f. weiha- ‘heilig’ *V (§ 24b)

F

AFR awfr. wƯ- in wƯrǀk m. ‘Weihrauch’ (O), das im Grundwort -rǀk (statt afr. rƝk m.) mnd./mnl. Lehnlautung zeigt, aber auch sonst begrifÀich aus mnd./mnl. wƯrǀk m. entlehnt sein dürfte. WFR frühnwfr. wƯ- in wierck (GJ 533), nwfr. wiereek, verkürzt wierk ‘wierook’ (FW 3,438)

-Ưn-Ưni-

AFR aofr. wƯ* f. ‘Weihe’ < *wƯhƯn- in wƯlƗs ‘ungeweiht’ (R1) AFR aofr. wƯgene, wƯene f. ‘Weihe, das Geweihtsein (von einem Gebäude)’ (R1); vgl. Ahlsson 29. AFR awfr. wƯenge f. ‘Weihung’ (FrR, Ro 2,242) sowie in aofr. ordƝlwƯ(g)enge (F), awfr. ordƝlwƯenge (D, J) f. ‘Weihung des Gottesurteils’ und awfr. tzierkewƯengedei m. ‘Tag der Kirchweihe’ (O), WFR nwfr. wijinge ‘wijding, inzegening met kerklijke plechtigheiden’ (FW 3,448) ; vgl. Ahlsson 104f. AFR aofr. wƯelsa (E1, F, H), wƯgelsa (H), awfr. wƯelsa (A 409, U [Ahlsson], O) m. ‘Weihe; eine der sieben Weihen, die ein Priester empfängt’; vgl. Ahlsson 140. AFR aofr. wƯthe (E1, F, H, R1-2), awfr. wƯthe (J) f. ‘Reliquie’, sonst kompositionell in aofr. wƯthƝth (E2-3), awfr. wƯthƝth, -Ɲd (J), wƯtƝd (D) m. ‘Eid auf die Reliquien’; vgl. Ahlsson 135. AFR awfr. wƯhƝd f. ‘Weihe, Heiligkeit’ (D); vgl. Ahlsson 197.

-engǀ-

-eslan-eþǀ-haidu-

weisa-

593

-ja-

AFR aofr. wƯa (B1-2, E1-2, F, H, R1), awfr. wƯa (D, Cr, Fs 2,27, J, P, Ro 2,250, O) swv.1 ‘weihen’ sowie prä¿giert in awfr. undwƯa swv.1 ‘entweihen, entwürdigen’ (D, O), INF ält. fa. wai (a. 1757, NfSt 1,26), fa. wei (WFO 331, FÖW 697), sy. wii (BM 300) swv.1 ‘weihen; kirchlich trauen’, FNF bök. waie (FU 267), hall. waie (MOH 1,26), karrh. waie (OTJ 54), mgos. wai (EFS 201), ngos. waie (WNG 106), sgos. wäie (NfWb) swv.1 ‘weihen; kirchlich trauen’, OFR sat. wäie swv.1 ‘weihen’ (MF 181), WFR nwfr. wije swv.1 ‘wijden, toewijden, offeren’ (FW 3,443); die Bedeutung ‘kirchlich trauen’ ist in den nfr. Belegen aus dem Dän. entlehnt; vgl. im weiteren auch Jacobs 1900: 160, van Helten 1907: 21.

Bel Germ

Als Adj. ursprünglich wohl gemeingerm. PFR *wƯ ‘heilig’ mit Schwund des -h- in ursprünglich intervokalischer Position < *wƯha-. Germ. *weiha- begegnet als selbständiges Adj. lediglich in D wƯh, G weihs, doch darf seine einstige Existenz im Fries. durch die oben angeführten Komposita und Derivationen wohl als gesichert gelten, scheint dort aber früh durch germ. *hailaga- (s.o. unter germ. *haila-) verdrängt worden zu sein. Die weitere Herleitung ist umstritten; möglicherweise als ursprüngliches Verbaladj. in der Bedeutung ‘von der profanen Welt getrennt, religiös abgesondert’ zu idg. *ԥeik- ‘aussondern’ (IEW 1128) in ai. vinákti ‘siebt, sichtet, sondert, trennt’ oder in der Bedeutung ‘(religiös) gebunden, gefesselt’ zu idg. *ԥeik- ‘biegen, winden’ (IEW 1130) in lat. vinciǀ ‘binde, fessele’; dazu ferner W an. vébƫnd pl. ‘Weihebänder, die um den altnorwegischen Thingplatz gezogen waren’ (Krause 1971: 67). Delbrück 1907: 143; Falk/Torp 1909: 408f.; Braune 1918: 398ff.; Üçok 1938: 35f.; Baetke 1942: 55ff., 80ff., 160ff.; Trier 1951: 48f.; Pokorny 1959: 1128, 1130; Frings/Müller 1966-68: 1,25ff.; Krause 1971: 66f.; Scardigli 1973: 219ff.; de Grauwe 1979-82: 1,5ff.

Idg

Lit

Hm 664f. weisa- ‘weise’ *D (§ 96a) F

AFR aofr. wƯs ‘weise, klug, erfahren; rechtskundig’ (F, H, R1-2) awfr. wƯs ‘weise, klug, erfahren; rechtskundig’ (A 132, D, EdJ 75, FrB 50, FrR, Fs 1,55, J, Ro 1,96, SnR 639, U [Brouwer], O) spätawfr. wys ‘weise’ (Bo) INF fa. wis, wiiser comp. ‘weise, klug, vernünftig; naseweis, vorlaut’ (WFO 336f., FÖW 705) helg. wis in wis würd ‘gewahr werden’ (TS 303f.) sy. wis ‘weise, klug, kundig, verständig’ (BM 302, SU 838)

594

weisa-

FNF ält. bök. wisz (a. 1746, CB 17), bök. wis (FU 273) ‘weise, klug, gescheit’ hall. wis ‘weise’ (MOH 1,9) karrh. wis ‘klug, weise’ (MN 1792, OTJ 50) mgos. wis ‘klug, weise’ (NfWb) und in wis wåår ‘gewahr werden’ (MAH 93) ält. ngos. wiß (a. 1743, BJ 2,207), ngos. wis (EFS 217) ‘weise’ sgos. wis ‘weise’ (EFS 217) wied. wis ‘weise, klug, gescheit’ (FRU 374) wyk. wis ‘weise, verständig’ (KF nr. 82) OFR sat. wíes ‘weise, klug, verständig, erfahren; naseweis, vorlaut’ (MF 183) wang. wiis ‘weise; vorwitzig’ (FA 1,109) wurst. wiss* in wissheit ‘Weisheit’ (s.u.) WFR frühnwfr. wijs (AH 25, Z. 168, WT 25, Z. 33), wijz (GJ 537) ‘wijs, verstandig’ nwfr. wiis ‘wijs, verstandig; neuswijs’ (FW 3,443) hind. wiis ‘wijs; neuswijs’ (GB 179) schierm. wys ‘wijs’ (DF 129) tersch. wiis ‘wijs’ (CR 126) un-

INF fa. ünwis (WFO 309, FÖW 660), sy. ünwis (BM 285) ‘närrisch, unklug; außerordentlich’, adv. ‘sehr’, FNF bök. ünwis ‘töricht, albern; rüchsichtslos’ (FU 258), wied. ünwis ‘unklug; unwahrscheinlich’ (FRU 356), WFR nwfr. on-, ûnwiis ‘onwijs, onverstandig’ (FW 2,306)

-lƯka-

AFR aofr. wƯslƯke adv. (PrJ 236), awfr. wƯsklƯk(e) (A 36, Fs 1,72, J, Ro 1,160, U, O) adv. ‘reiÀich, wohlüberlegt’, WFR nwfr. wyslik ‘wijselijk; neuswijs’ (FW 3,463f.) WFR nwfr. wizens ‘waanwijsheid’ (FW 3,467) AFR aofr. wƯsdǀm m. ‘Urteil, Rechtsweisung; Unterweisung’ (E1, H, R1), awfr. wƯsdǀm m. ‘Rechtsweisung; Weisheit’ (D, Fs 1,55, J, U [Ahlsson]), INF fa. wisdum n. ‘Weisheit’ (FÖW 705), WFR frühnwfr. wijsdom (GJ 537), nwfr. wysdom (FW 3,463) ‘wijsheid, verstand, overlegt’; vgl. Ahlsson 225. AFR aofr. wƯshƝd (F, H), awfr. wƯshƝd (A 272, J, Ro 2,120, SnR 27, U [Brouwer], O) f. ‘Weisheit; Gruppe der Rechtskundigen’, spätawfr. wysheit ‘Weisheit’ (Bo), INF fa. wishaid n. (FÖW 705), sy. wishair g. (BM 302) ‘Weisheit, Klugheit’, FNF ält. bök. wiszhed (a. 1746, CB 18), karrh. wishäid n. (MN 1792), wyk. wisheid m. (KF nr. 70) ‘Weisheit’, OFR wurst. wissheit ‘die Weisheit’ (RM 127) sowie mit ig-Erweiterung sat. wiezigait f. ‘Klugheit; Naseweisheit’ (MF 184),

-nassjǀ-dǀma-

-haidu-

weitaga-

-ja-

-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

595

WFR frühnwfr. wijsheyte ‘wijsheid’ (GJ 537), nwfr. wysheid (FW 3,463), schierm. wysheid (DF 129), tersch. wiishyd (CR 126) ‘wijsheid’; vgl. Ahlsson 198. AFR aofr. wƯsa (B1-2, E2, F, H, R1), awfr. wƯsa (A 110, BTr, D, FrR, J, P, Ro 1,4, U [van Klaarbergen], O) swv.1 ‘weisen, zeigen; anweisen; zuerkennen; unterweisen, lehren usw.’, spätawfr. wyse swv.1 ‘zeigen’ (Bo), FNF bök. wise (FU 273), hall. wise (MOH 1,9), karrh. wise (MN 1793), mgos. weese (MN 1794), ngos. wise (WNG 124), sgos. wiise (Beitr. 30), wied. wise (FRU 374) swv. ‘zeigen, weisen’, OFR sat. wieze (MF 184), wang. wiiz (FA 1,77) swv.1 ‘weisen, zeigen’, WFR nwfr. wize (FW 3,467), schierm. wiize (DF 128), tersch. wiize (CR 126) swv.1 ‘wijzen, aanwijzen’, aber wahrscheinlich auch mit sekundärem Übertritt in die Konjugation der schwachen Verben 2.Kl. INF fa. wise (WFO 337, FÖW 705), helg. wise (TS 304), sy. wise (BM 302) ‘weisen, zeigen’; vgl. Jacobs 1900: 160, van Helten 1907: 380, Walter 1911: 33. AFR aofr. wƯsia (E1, R1), awfr. wƯsia (J, U) swv.2 ‘sich umsehen nach’, WFR frühnwfr. wijzje swv.2 ‘wijs worden’, wijzgje ‘onderwezen’ (GJ 537), nwfr. wiizje sowie mit ig-Erweiterung wiizgje ‘wijs worden’ (FW 3,443) Gemeingerm.: E ae. wƯs, S as. wƯs, N anl. wƯslƯkǀ adv., D ahd. wƯs, W an. víss, O aschw. vƯs, G -weis. Sämtliche neufries. Belege setzen germ. *weisa- über eine Vorstufe PFR *wƯs regelhaft fort; lediglich in WFR schierm. [vi:z] (Spenter 262) scheint eine Àektierte Form awfr. wƯse im Spiel zu sein. Im weiteren wohl zum Präteritopräsens germ. *wait- ‘weiß’ (Sb 533f.). Nach Heidermanns (Hm 665) eine thematische Ableitung von dem s-Stamm idg. *ԥeides- ‘Wissen’, demnach also idg. *ԥeids-o-. Siebs 1889: 217; Delbrück 1907: 143f.; Falk/Torp 1909: 410; Löfstedt 1928: 9; Trier 1931: 73f.; McLintock 1959: 18ff.; Pokorny 1959: 1127; Spenter 1968: 262; Seebold 1970: 533f.; Seebold 1974: 291ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 452. Hm 666f. weitaga- ‘weissagend’ *D (§ 109a)

F

OFR wang. wittiich* ‘weissagend’ in wittiicher m. ‘Wahrsager’ (FA 1,405), möglicherweise aus aofr. *wƯtiga m. (n-stämmige Substantivierung des Adj.) und sekundärem arja-Suf¿x, ferner in wittîchwüüf n. ‘Wahrsagerin’ (FA 1,405), sofern nicht in beiden Fällen das schwache Verb aofr. *wƯtigia swv.2 (s.u.) im Spiel sein sollte.

596

-ja-

Bel Germ

Lit

welhja-

AFR awfr. wƯt(i)gia swv.2 ‘weissagen’ (Ro 2,262), OFR wang. wittiich swv2. ‘wahrsagen’ (FA 1,66), WFR frühnwfr. wijtgje (GJ 536), nwfr. wytgje (FW 3,466) swv.2 ‘voorspellen, doen weten, waarschuwen, dreigende vorspellen’ Westgerm.: E ae. wƯtig, D ahd. wƯzag PFR *wƯtich ‘weissagend’. Das Adj. mit dem Suf¿x germ. -agascheint aus einem Verbalsubst. germ. *weita- < idg. *ԥeidos- n. ‘das Sehen’ abgeleitet zu sein; vgl. dazu verbal auch G farweitjan swv.1 ‘gespannt hinblicken’ (Lehmann 1986: 127). Die ursprüngliche Bedeutung des Adj. wäre dann etwa ‘mit guter Sicht begabt’ (Hm 667). Zum weiteren Anschluß an das Präteritopräsens germ. *wait- ‘weiß’ und anderen verwandten nominalen und verbalen Derivationen vgl. Pokorny 1959: 1125f. und Seebold 1970: 533f. Falk/Torp 1909: 410; Wesche 1940: 92ff.; de Boor 1945: 65f.; Pokorny 1959: 1125f.; Schubert 1967: 75; Seebold 1970: 533ff. welhja- ‘welk’ R (§ 86)

F

INF fa. wel ‘welk’ (WFO 331, FÖW 697) FNF bök. wal ‘welk’ (FU 267) karrh. wäl ‘welk, gedörrt’ (MN 1140) wied. wäl ‘welk’ (FRU 367)

-iga-

OFR wang. wiiliich ‘welk’ (FA 1,108), WFR nwfr. wilich ‘verwelkt, verÀenst, vooral van planten en vruchten, door te grote droogte’ (FW 3,448), hind. wylich ‘voos, uitgedroogd (van planten en vruchten)’ (GB 180), schierm. wylich ‘slap en gerimpeld (oude aardappelen, appels)’ (DF 128), tersch. wilig ‘taai, uitgedroogd (appel, wortel)’ (CR 126) OFR sat. wîlsk ‘welk’ (JM 57) AFR aofr. wilia* swv.2 ‘verwelken, atrophieren’, überliefert in Àektiertem wilat part.prät. (F) sowie in welande part.präs. (E2-3), letzteres offenbar mit progressiver Vokalangleichung von -i- > -e- vor -a- der Folgesilbe (HoH 181), INF fa. wele (WFO 331, FÖW 697), sy. weli (BM 297) swv.2 ‘welken, verdorren’, woraus als Partizipialadj. auch sy. welet ‘welk’, FNF bök. waale (FU 265), hall. (fer)wale (MOH, 179), karrh. wääle (OTJ 62, 71), ngos. (fer)wääle, -waale (WNG 119), wied. wäle (FRU 369) swv.2 ‘(ver)welken’ OFR wang. farwiilii swv. ‘verwelken’ (HEN 329, 456), WFR frühnwfr. wijllje swv. ‘verwelken, verkweelen, verÀenschen, verleppen’ (GJ 535), nwfr. wylje, wylgje swv. ‘verwelken, verÀensen, van planten, groenten, bloemen en vruchten, bij langdurige droogte’ (FW 3,448), S mnd. (Dith.) wƝlen swv. ‘welken’ (Dahlmann ed. 1827: 2,377), nnd. (Schl., Dith.) wĊlen swv. ‘zu welken beginnen (durch Eintrocknung

-iska-ǀja-

-welja-

597

des PÀanzensaftes)’ (Mensing 5,584), nnd. (OF) welen, wälen, walen swv. ‘welk werden, welken, gelb od. dürr u. trocken werden, verdorren etc.’ (DK 3,532), nnd. (Old.) wêlen swv. ‘welken’ (Böning 131) usw., D ahd. irwelchƝn swv.3 ‘welk werden, verwelken’ (Schützeichel 2006: 404) Bel Germ

Idg

Lit

Als Adj. in der vorliegenden Form und davon abgeleitet mit ig-Suf¿x primär nur F. Sämtliche neufries. Belege verweisen auf eine Basis PFR *wile ‘welk’ < germ. *welhja-. Vermutlich handelt es sich dabei um eine Rückbildung aus dem schwachen Verb afr. wilia* swv.2 ‘welken’ mit -e- > -i- vor -i- der Folgesilbe sowie mit Schwund des inlautenden -h- nach Konsonant und vor Vokal (Siebs 1901: 1304) < germ. *welhǀjan. Den Ansatz einer Grundform afr. welia* rechtfertigen die neufries. Formen nicht. Kaum richtig dürfte ferner die von Heinertz 1912: 319 erwogene Anknüpfung an E ae. wƣlan swv. ‘belästigen, quälen’ sein. Das Verb wird sekundär aus dem Primäradj. germ. *welha- hervorgegangen sein, das in D ahd. welh ‘weich, milde’ (Schützeichel 2006: 404), mhd. welch, wilch ‘feucht; lau, milde’ (Lexer 3,749f.) bezeugt ist. AFR awfr. welk ‘welk’ (Cr), FNF wied. wälk ‘welk’, wälke swv. ‘verwelken’ (FRU 369) und OFR sat. wíelk ‘welk’, wíelkje swv. ‘welken’ (neben wüülk, wüülkje mit positionsbedingter Rundung von -Ư- > -Ǯnach anlautendem w-) (MF 183, 187) sowie WFR hind. wylkje swv. ‘verwelken’ (GB 128) zeigen EinÀuß der nd./nl. Formen welk, welken, während INF helg. weelke swv. ‘welken’ (TS 302) Entlehnung aus dem Nd. andeutet. Offenbar aus der Wurzel idg. *ԥelk- ‘feucht naß’, daneben in derselben Bedeutung *ԥelg- (IEW 1145f.), woraus das Primäradj. germ. *welka- ‘weich’ und die daraus hervorgegangenen Formen N mnl. welc, S mnd. welk, D ahd. welk (-ch) ‘welk’ (Hm 667f.). van Helten 1889: 275f.; van Helten 1907: 319, 368, 379; Heinertz 1912: 319; Löfstedt 1928: 179; Spenter 1968: 144; Sjölin 1970: 223; Boutkan/Siebenga 2005: 437. -welja- ‘geneigt, gewillt’ K (§ 111)

F E

AFR aofr. wille ‘genehm, angenehm’ (B1-2) awfr. nur mit dem Negationsprä¿x un- in unwille (s.u.) ae. -wille in Ɨnwille ‘pertinax [eigenwillig, halsstarrig]’ (BT Suppl. 45), onwille ‘desired’ (BT 762), selfwille ‘voluntary, spontanous’ (BT 861), yfelwille ‘malevolent, spiteful, envious’ (BT Suppl. 752)

598

welþja-

D W G

ahd. -willi in einwilli ‘hartnäckig, halsstarrig’ (Wells 1990: 123) an. -vilja in illvilja ‘übelwollend, feindlich gesinnt’ (Baetke 304) -wiljis in ga-wiljis ‘einmütig’ (gawiljis wisan ‘gewillt sein’) (Lehmann 1986: 303), silba-wiljis ‘freiwillig’ (Lehmann 1986: 303)

un-

AFR aofr. unwille (F), awfr. unwille (D, U) ‘unbeabsichtigt; unfreiwillig, widerwillig’, awfr. unwilla adv. ‘unbeabsichtigt’ (J, Ro)

Bel Germ

Gemeingerm. Erweitertes BahuvrƯhiadj. mit ja-Suf¿x, ausgehend von der n-stämmigen Derivationsbasis germ. *weljan- m. ‘Wille, Neigung’, im Fries. entsprechend G ga-wiljis aus germ. *ga-welja- ‘den Willen, die Neigung habend’, wonach schließlich PFR *ji-wille anzusetzen wäre. Das später zu unbetontem e- abgeschwächte Prä¿x ist bereits in afr. Zeit – zumindest im nominalen Bereich – fast ohne Ausnahme geschwunden. Des weiteren zu germ. *wel- anom. ‘wollen’ (Sb 551f.). van Helten 1890: 162; Feist 1939: 212; Buma ed. 1949: 302; Seebold 1970: 551f.; de Vries 1977: 663; Lehmann 1986: 303.

Lit

Hm 668f. welþja- ‘wild’ *V (§ 74) F

AFR aofr. wilde (H, R1), wild (F) ‘wild, ungestüm; wüst, unwirtlich’ awfr. wilde (A 508, D, J, Ro [Steller], U [Steller]), wild (Cr, SnR 146, O) ‘wild, ungestüm’ INF fa. wilj, wil ‘wild; wild lebend oder wachsend; ausgelassen, laut; locker, nicht zu bändigen; geistig verwirrt’ (WFO, FÖW 702, Verf.) helg. wül ‘wild’ (TS 303) sy. wilj ‘wild, ungezähmt; wüst, unbebaut; verirrt, in die Irre gehend’ (BM 300, SU 836) FNF bök. wil ‘wild; obdachlos’ (FU 272) hall. wil ‘wild, verwirrt’ (MOH 1,20) karrh. wil ‘wild, verwirrt, unrein’ (MN 1783, OTJ 52) mgos. wil ‘wild, verwirrt, unrein’ (MN 1783, BnG 1,109) ält. ngos. will (a. 1743, BJ 2,208), ngos. wil (MN 1783, MOH 1,20) ‘wild, verwirrt’ sgos. wil ‘wild, verwirrt, unrein’ (MN 1783, EFS 140, Beitr. 29, 44) wied. wil ‘wild; ungeordnet, unordentlich’ (FRU 372) OFR harl. wild* ‘wild’ in wildwucht ‘eine Bestia’ und wilde zege ‘eine Gembse’ (CM 42)

wenda-

599

sat. wüüld (MF 187) neben wield (EFS 140) ‘wild’ wang. wiil ‘wild’ (FA 1,108, Siebs 1928: 79, 84) WFR frühnwfr. wijld [-i:-] ‘wild, ungestüm’ (SB 104, AH 21, Z. 12, GJ 535) nwfr. wyld ‘wild, het tegengestelde van tam en gekweekt; buitensporig, in gedrag of kleeding; wild groeiend’ (FW 3,445) hind. wyld ‘wild’ (GB 180) schierm. wyld ‘wild’ (Spenter 256) tersch. wild ‘wild’ (Knop 1954: 23) -iga-a-nassjǀ-engǀ-haidu-ǀja-

Bel Germ

Idg Lit

WFR nwfr. wyldich ‘wild, onrustig’ (FW 3,446) AFR awfr. wild n. ‘Wild’ (Ro 2,10) WFR nwfr. wyldens ‘wildheid’ (FW 3,446) sowie erweitert in AFR awfr. wildernesse f. ‘Wildnis’ (Cr) INF fa. wiljing, -ang in der Wendung uun wiljing kem/gung ‘in Verwirrung geraten’ (KJC 10,275, FÖW 702) INF fa. wiljhaid n. (NH 254), sy. wiljhair g. (BM 300) ‘Wildheit’ INF fa. wiljige, wilage swv.2 ‘umherirren, streunen’ (FÖW 702), FNF bök. wilie swv.2 ‘umherirren, umherschweifen’ (FU 272) mit sekundärem ig-Einschub sowie in OFR sat. wüülderje swv.2 ‘streunen’ (MF 187) mit iterativer er-Erweiterung (s.o. auch unter awfr. wildernesse) Gemeingerm.: E ae. wilde, S as. wildi, N mnl. wilde, wilt, D ahd. wildi, W an. villr, O adän. wildær, G wilþeis. PFR *wilde. Sämtliche neufries. Formen setzen eine Zwischenstufe *wƯlde mit Frühdehnung des -i- vor -ld- voraus, das z.T. positionsbedingt wieder gekürzt wird; die Bedeutung ‘verwirrt, irrend etc.’ in verschiedenen nfr. Ausdrücken und Wendungen könnte nord. beeinÀußt sein. Das ursprüngliche Verbaladj. idg. *ԥel(Ω)- ‘verwirren’ (IEW 1139f.) ist an kym. gwyllt ‘ungezähmt’ anzuknüpfen. Ob im weiteren zu lit. vélti (veliù), das neben ‘walken, wälzen’ auch ‘verwirren’ bedeutet? Siebs 1889: 140; Falk/Torp 1909: 403f.; Löfstedt 1928: 20; Löfstedt 1933: 44; Pokorny 1959: 1139f.; Trier 1963: 48ff.; Spenter 1968: 256; Splett 1976: 259; Boutkan/Siebenga 2005: 450. Hm 669 (-)wenda- ‘verdreht’ V (§ 24e)

F O

AFR aofr. inwind ‘nach innen schief stehend (Wand)’ (B1-2) ält. ndän. vind ‘skæv, skrå’ (Kalkar 4,833)

600

-wƣni-

-iska-

INF fa. winjsk (WFO 336, FÖW 704), sy. winsk (BM 301) ‘windschief; schief, gebogen; mißgestaltet’, FNF bök. wansch (MN 1146, FU 269), hall. winsk (MOH 1,18), karrh. wensk (MN 1146, OTJ 70), wied. wänsk (FRU 369) ‘windschief; merkwürdig, wunderlich’, OFR sat. winsk ‘schief, krumm’ (MF 184), WFR nwfr. wynsk (FW 3,454), hind. wynsk (GB 180), schierm. wynsk (DF 129), tersch. wynsk (CR 127) ‘schelf, scheef; scheefgetrokken (lakens)’, S nnd. (Schl., Mittelholst.) windsch, winnsch ‘sich windend, krumm, gebogen, schief gezogen, schief’ (Mensing 5,657), nnd. (OF) windsk ‘windisch, sich windend oder drehend und krümmend, krumm gebogen oder gezogen’ (DK 3,554), nnd. (Wfal.) windsk, winds ‘windschief, krumm, schief, nicht lotrecht; eigensinnig, ungehorsam’ (Woeste 325), O sjüt. vindsk ‘skæv, fortrykket’ (Feilberg 3,1062). – Im Fries. und Jüt. ist Entlehnung aus dem Nd. wohl nicht auszuschließen.

Bel

Nicht nur Nord- und Ostgerm.: W an. vindr ‘schief, gewunden’, G inwinds ‘ungerecht, verkehrt’, sondern auch Westgerm.: F, S. PFR *wind ‘verdreht, schief’. Verbaladj. zu germ. *wenda- stv.III ‘winden’ (Sb 554f.). Die von van Helten 1907: 196, Holthausen 1925: 51 und anderen für aofr. inwind angenommene Bedeutung ‘dem Winde ausgesetzt’ wird von Hofmann (HoH 162) zu Recht in ‘nach innen schief stehend’ verbessert. Die Verbindung mit aofr. njtwƝi ‘nach außen geneigt’ in der formelhaften Wendung inwind and utwei (B1-2) legt diese Interpretation wenigstens sehr nahe. Vgl. dazu germ. *-wƣgi- ‘zu erwägen’. Wilmanns 1899: 414; van Helten 1907: 196; Weisweiler 1923: 350f.; Buma ed. 1949: 213; Krogmann 1965: 302ff.; Seebold 1970: 554ff.; de Vries 1977: 665; Lühr 1982: 607; Nielsen 1989: 496.

Germ

Lit

æni- ‘(zu hoffen)’ K (§ 113a) Hm 670 -wǀ F

O

unur-

AFR aofr. -wƝne in unwƝne ‘unvermutet, unverhofft’ (E1, F, H), urwƝna ‘hoffnungslos’ (H) awfr. -wƝne in onwƝne ‘unvermutet, unerwartet, unverhofft’ (D, J, U) adän. wƣn ‘hübsch’, ndän. væn ‘(saare) smuk; skøn, dejlig; fager’ (ODS 27,792f., Nielsen 1989: 505), aschw. vƣn ‘hübsch, liebenswürdig’ (Hellquist 1948: 2,1389). AFR un-, onwƝne ‘unvermutet’ s.o. AFR urwƝna ‘hoffnungslos’ s.o.

wenistra-

-iga-i-engǀ-jaBel Germ

Lit

601

AFR aofr. wƝnich ‘hoffend, erwartend’ (B1-2, E2) AFR awfr. wƝn(e) f. (Ro 1,92, U, O) ‘Meinung, Vermutung’; Entlehnung aus mnl. wƗn ist hingegen WFR frühnwfr. wean (GJ 524), nwfr. wean (FW 3,412) ‘waan, verbeelding’. AFR aofr. wƝninge (PrJ 234), awfr. wƝninge (A 310, Ro 1,78, U [Ahlsson]) f. ‘Vermutung’; vgl. Ahlsson 101. AFR aofr. wƝna (H, PrJ 246), awfr. wƝna (A 248, D, FrR, J, Ro 2,144, U [Brouwer]) swv.1 ‘meinen, glauben’ West- und nordgerm.: E ae. -wƣne, S as. nur anawƗni, D ahd. -wƗni, W an. vænn. Nach Heidermanns (Hm 670) ist am ehesten von einem ursprünglichen BahuvrƯhiadj. mit Prä¿x und exozentrischer Bedeutung nach dem Subst. germ. *wƣni- f. ‘Erwartung, Hoffnung’ (F afr. wƝn(e) f., s.o.) auszugehen. Entsprechend E ae. ƣ-, orwƣne ‘zweifelhaft’, unwƣne ‘hoffnungslos’ würden dabei ebenfalls die afr. Formen eine sekundäre Erweiterung mit ja-Suf¿x zeigen (Krahe/Meid 1967: 32 u. 34, Faltings 1996b: 88). In aofr. urwƝna ‘hoffnungslos’ begegnet auch in prädikativer Stellung statt der zu erwartenden starken die schwache Flexion (van Helten 1890: 162). van Helten 1890: 161; Siebs 1901: 1212; Falk/Torp 1909: 387f.; Swart 1910: 297ff; Pokorny 1959: 1146f.; Matzel 1992: 111. wenistra- ‘link’ P (§ 23)

F

E S D W O

-ǀn-

AFR aofr. winster ‘link’ (E1-3) awfr. winster (A 486, D [Steller]), winstera (D [Steller], J, Ro 2,110), winnest(e)r(a), wen(ne)ster (J), winnistra, winstra (U [Steller]) ‘link’ INF fa. wenster ‘link; links’ (obsolet) (WFO 332, FÖW 698) FNF wied. wänster ‘link; links’ (FRU 369) ae. winestra ‘left’ (BT 1233) as. winistar ‘link’ (Hh 88) ahd. win(i)star, winestar, winster ‘der linke, auf der linken Seite be¿ndlich’ (Schützeichel 2006: 418), mhd. winster ‘link’ (Lexer 3,913) aisl. vinstri comp. ‘link(er)’ (Baetke 745) adän. winstræ, wenstræ (ndän. venstre), aschwed. vinstre, venstre (nschwed. vänster) ‘link; links’ (Nielsen 1989: 491, Hellquist 1948: 2,1391) D mhd. winstere f. ‘die linke’ (Lexer 3,913)

602

Bel Germ

Idg

Lit

wƣra-

West- und Nordgerm. PFR *win(e)ster. INF fa. wenster führt auf ains.-nfr. *winester, FNF wied. wänster auf afestl.-nfr. *winster zurück. In beiden Fällen ist wohl eine Entlehnung aus dem Dän. nicht völlig auszuschließen. Auf jeden Fall ist bei bodenständiger Entwicklung eine lexikalische Stützung durch die dän. Form wahrscheinlich. Offensichtlich ist von einer ursprünglichen Komparativbildung idg. *ԥenistro- ‘die vorteilhaftere, bessere, günstigere (Seite)’ auszugehen mit weiterem Anschluß an die idg. Wurzel *ԥen-, ԥenΩ- ‘streben’, woraus ‘wünschen, lieben, befriedigt sein etc.’ (IEW 1146f.), wobei nicht ganz deutlich wird, ob die Ableitung von einem s-Stamm *ԥenΩs- erfolgte oder direkt von der Wurzel *ԥen- mit doppeltem Komparativsuf¿x idg. -is- + -tro-; vgl. hinsichtlich der Bildung auch lat. sinister. Falk/Torp 1909: 387; Falk/Torp 1910-11: 2,1367; Hellquist 1948: 2,1391; Hoops 1950: 88f.; Pokorny 1959: 1147; Krahe/Meid 1967: 180; de Vries 1977: 666f.; Faltings 1983: 157, 191; Nielsen 1989: 491. æra- ‘zuverlässig, wahr’ *D (§ 95) Hm 671f. wǀ

F

AFR aofr. wƝr ‘wahr, wahrhaft; glaubhaft, glaubwürdig, zuverlässig’ (B1-2, E1-2, H, R1) awfr. wƝr (A 12, Cr, BTr, D, EdJ 73, Ro 2,180, SnR 59, U [Sipma], O), wier (A 408, Ro 1,72) ‘wahr, wahrhaftig’ spätawfr. weer ‘wahr’ (Bo) INF frühfa. weer ‘wahr’ (ca. a. 1600, Kat. 65) fa. wiar ‘wahr’ (EFS 202, WFO 333, FÖW 700) FNF bök. wäär ‘wahr’ (FU 265) ält. hall. weehr (a. 1749, NfSt 1,10), hall. weer, wäär (MOH 1,50) ‘wahr’ karrh. weer ‘wahr’ (MN 1242, OTJ 48) mgos. weer ‘wahr’ (MN 1242, EFS 202, HMN 133) ält. ngos. weer (a. 1743, BJ 2,211), ngos. weer, wäär (MN 1242, MOH 1,50, WNG 116) ‘wahr’ sgos. weer ‘wahr’ (MN 1242, EFS 202, Beitr. 32) str. weer ‘wahr’ (ca. a. 1600, Kat. 65 OFR harl. weehr* in weehrhafftig ‘wahrhaftig’ (CM 100) sat. weer ‘wahr’ (EFS 202, MF 182) wang. weer ‘wahr’ (FA 1,108) wurst. wer* in werheit ‘Wahrheit’ (s.u.)

wƣra-

603

WFR frühnwfr. wier ‘wahr’ (SB 49, WT 24, Z. 19, GJ 532) nwfr. wier ‘waar, overeenkomstig de waarheid; waarlijk’ (FW 3,438) hind. wier ‘waar’ (GB 179) schierm. wier ‘waar’ (DF 127) -lƯka-

-nassjǀ-eþǀ-

-haidu-

-ja-

AFR awfr. wƝrlƯke (D, J), wirlƯke (A 436, J) adv. ‘wahrlich, wahrhaftig’, FNF bök. wäärlik (FU 265), ält. ngos. weerlick (a. 1760, Kon. 47) adv. ‘wahrlich’, WFR nwfr. wierlik (FW 3,349), schierm. wierlik (DF 127) ‘waarlijk’ WFR nwfr. wierens ‘waarheid’ (FW 3,438) AFR aofr. -wƝrthe, -wƝrde in godiswƝrthe (F), -wƝrde (H) f. ‘Gotteswahrheit’, awfr. wierd(e) f. ‘Wahrheit’ (O), INF ält. fa. wiehrd (a. 1754, CQ v.4), fa. wiard (WFO 333, FÖW 700) m. ‘Wahrheit’, FNF bök. wjaard m. (FU 273), hall. weerde (MOH 1,50), weerd m. (Bonken 1925: 28), karrh. weerd (OTJ 48), mgos. weerde m. (LHol 195), ält. ngos. wäerd (a. 1743, BJ 1,160), ngos. weerd f., weerde m. (WNG 117), wied. wörd f.m. (FRU 378) ‘Wahrheit’. – Dagegen liegt in AFR aofr. werde (B1-2, E1-2, F, H1, PrJ, R1-2), wirde (H2), awfr. werde (J, P), wird(e) (A 50, 114, D, P, Ro 1,102, SnR 14, 25, U [Ahlsson], O) f. ‘Zeugnis, Aussage; Beweis; Wahrheit’ wohl ein Verbalnomen germ. *wurdƯni- zu germ. *wurdja- swv.1 ‘sich durch Worte äußern’ zugrunde mit Übertritt zu den formal und inhaltlich ähnlichen Adjektivabstrakta mit Ưn-Suf¿x; die offenbar sekundäre Bedeutung ‘Wahrheit’ dürfte aus ‘Zeugnis, Beweis’ hervorgegangen sein. Daß afr. -e- < -u- + -i-/-j- in der Position vor -rd- zwischenzeitlich gedehnt worden war, wie awfr. wierd < *wƝrd(e) < werde bereits andeutet, wird die Assoziation mit afr. wƝr ‘wahr’ zusätzlich gefördert haben. Auch INF fa. wiard < ains.-nfr. *wƝrde kann aus einer Vorstufe mit frühgedehntem -e- < -u- + -i-/-j- hervorgegangen sein, da umgelautetes -u- im Ains.-Nfr. nicht zwangsläu¿g zu -i- < entrundetem -y- führen mußte, sondern bisweilen in labialer Umgebung auch -e< entrundetem -ø- ergab (s.o. unter germ. *upena- ‘offen’ und Hofmann 1960: 117f.); dazu im weiteren Ahlsson 7, ferner van Helten 1889: 276f. und 1907: 372f. sowie Gosses 1928: 119, Boersma 1939: 24 und Buma ed. 1949: 297. AFR awfr. wƝrhƝd (A 540, D, P, Ro 2,158, SnR 25, O), wyrheet (Ro 1,128), wierhƝd (O) f. ‘Wahrheit’, FNF sgos. weerhäid f. ‘Wahrheit’ (NfWb), OFR sat. weerhaid (MF 182), wang. weerheit (FA 1,404), wurst. werheit (RM 125) f. ‘Wahrheit’, WFR frühnwfr. wierheijt (GJ 532), nwfr. wierheid (FW 3,439), hind. wierheid (GB 179), schierm. wierheid (DF 127) ‘Wahrheit’; vgl. auch Ahlsson 197. AFR aofr. wƝra swv.1 ‘eidlich bekräftigen, beweisen’ (R1); vgl. Jacobs 1900: 159.

604

werþa-

-ǀja-

AFR aofr. wƝria (R2), biwƝria (B1-2, E3, F) swv.2 ‘eidlich bekräftigen, beweisen’; vgl. Jacobs 1900: 215 und Buma ed. 1949: 165f.

Bel

Kontinentalwestgerm.: S as. wƗr, N anl. gewƗri, D ahd. wƗr; der Beleg E ae. wƣr entstammt der Genesis und dürfte demnach ursprünglich as. sein. Sämtliche obengenannten fries. Formen setzen PFR *wƝr < germ. *wƣra- regelhaft fort. Entlehnung aus (m)nd. wƗr ist INF fa. woor (WFO 339, FÖW 708), helg. woar (TS 304), sy. waar [-ȃ:-] (BM 292) ‘wahr’; auch WFR tersch. wear scheint aus mnd./mnl. wƗr entlehnt zu sein (Knop 1954: 39). Vgl. germ. *sanþ- ‘wahr’ (s.o.). Ererbtes Adj., identisch mit lat. vƝrus, air. fír, kym. gwƯr ‘wahr’ < westidg. *ԥƝro- (IEW 1166); im weiteren wohl thematische Ableitung von den Wurzelnomen idg. *ԥƝr- ‘Vertrauen, Treue’, was auch die Dehnstufe erklären würde. Aus der Grundbedeutung ‘durch Vertrauen geprägt’ konnte sich schließlich a) ‘zuverlässig’, b) ‘gültig, wahr’ entwickeln. Siebs 1889: 202; van Helten 1890: 17; Siebs 1901: 1215; Falk/Torp 1909: 395; Walter 1911: 71; Löfstedt 1928: 50; Wissmann 1932: 115ff.; Löfstedt 1933: 32; Pokorny 1959: 1166; Ilkow 1968: 391f.; Spenter 1968: 207; Hommel 1969: 159ff.; Seebold 1973: 159ff.; Boutkan/Siebenga 2005: 439.

Germ

Idg

Lit

-werda- ‘gewendet’ vgl. -wardaHm 674f. werþa- ‘angemessen, würdig, wert’ *V/S? (§ 24e, 90) F

AFR aofr. werth (R1-2), wert (E3) ‘wert, würdig’ awfr. werd (BTr, Fs 2,27, J, Ro [Steller]), wird (O) ‘wert; gültig, rechtsgültig’ INF frühfa. wehrt adv. ‘wert’ (ca. a. 1600, Kat. 63) fa. wäärs, wääs, wäärt ‘wert’ (WFO 324, FÖW 685) helg. wert (TS 302), besser: wort (TS 305) ‘wert’ sy. wäärt ‘wert’ (BM 298, SU 835) FNF bök. wjart ‘wert’ (FU 273) hall. weert ‘wert’ (MOH 1,59) karrh. wiart (MN 1779), weert (OTJ 47) ‘wert’ ält. mgos. werth (ca. a. 1810, GvS v. 19, 21), mgos. weert (MN 1779) ‘wert’

werþa-

605

ält. ngos. weerth (ca. a. 1745, JG 415), ngos. weert (MOH 1,59, WNG 120) ‘wert’ sgos. weert (MN 1779), weerd (Beitr. 33) ‘wert’ str. wehrt adv. ‘wert’ (ca. a. 1600, Kat. 63) wied. wjart, wjarcht ‘wert’ (FRU 375) wyk. weert ‘wert’ (KF nr. 74, Gl 275) OFR harl. werth ‘wert’ (CM 65) sat. wäid ‘wert’ (MF 181) wang. wart ‘wert’ (FA 1,108) WFR frühnwfr. wird ‘waard’ (GJ 539) nwfr. wird [-Ⱦ-] ‘waard, waardig’ (FW 3,459) un-

AFR awfr. unwerth, -wird ‘unwürdig’ (Ro)

-iga-

AFR awfr. werdich (A 66, J, P, O), wirdich (O) ‘wert’, INF frühfa. wehrdig ‘würdig’ (ca. a. 1600, Kat. 74), fa. wäärdig (WFO 324, FÖW 684), sy. werdig (PMC 83) ‘wertvoll, kostbar; würdevoll’, FNF bök. wjardi (FU 273), str. wehrdig (ca. a. 1600, Kat. 74) ‘würdig’, WFR frühnwfr. wirddig ‘waardig’ (GJ 539), wirdich ‘wert’ (SB 70), nwfr. wirdich (FW 3,460), hind. wòrdich (GB 181), schierm. wezzich (DF 127), tersch. worrich (Knop 1954: 10) ‘wert’ AFR aofr. werthelƯke adv. ‘würdig, schicklich’, sonst unwerthelƯke adv. (E1), awfr. unwerdelƯke, onwerdelƯke(n) (D, J), onwerdelƯk (D, J), -wirdelƯke (J) adv. ‘schmählich, schändlich’ AFR aofr. werth n. (B1-2, E3), awfr. werth m. (J, U [Steller]), wird m. (D, J, O) ‘Wert, Kaufpreis’, hierher vielleicht auch awfr. werthe ‘Prozeßfähigkeit’ (A 112), INF fa. wäärs, wääs, wäärt m. (WFO 324, FÖW 685), sy. wäärt g. (BM 298) ‘Wert’, FNF bök. wjart (FU 273), hall. weert (Lo 130), karrh. wiart (MN 1779), ält. ngos. wäerth (ca. a. 1745, JG 416), wied. wjart, wjarcht (FRU 375) m. ‘Wert’, OFR sat. wäid m. ‘Wert’ (MF 181) FNF bök. wjarde m. ‘Würde’ (FU 273), WFR frühnwfr. wirdde (GJ 539), nwfr. wirde (FW 3, 459) ‘waarde’ AFR awfr. werde f. ‘Wert, Kaufpreis’ (P, J); die von Ahlsson angeführten Belege aofr. godis werthe (F), godes werde (H) gehören nicht hierher, sondern sind wohl eher zu afr. werde, wirde ‘Zeugnis, Beweis; Wahrheit’ und wƝrthe ‘Wahrheit’ zu stellen (s.o. unter germ. *wƣra- und Sjölin 1970: 194); vgl. Ahlsson 5. AFR awfr. werdene (J), werden (A 340), wirdene (J, O), wirden (D, Ro 1,26, O) f. ‘Wert, Preis, Wertbetrag’; Ahlsson 28. AFR aofr. werthma m. ‘Schätzung, Wert’ (R1); vgl. Ahlsson 160. AFR awfr. werdia swv.2 ‘schätzen, abschätzen, taxieren’ (J)

-lƯka-a-

-an-Ưn-

-Ưni-man-ǀja-

606

Bel Germ

Lit

werzizan-

Gemeingerm.: E ae. wearð, S as. werth, N mnl. wert, D ahd. werd, W an. verðr, O adän. wærthær, G wairþs. PFR *werþ, woraus aofr. werth, awfr. werd, wird, letzteres mit -i- < -e- vor -rd. Die auslautende Sequenz -rþ wird mundartlich (wie bereits im Afr.) teils zu -rd reduziert, teils entwickelt sie sich zu -rt und -(r)s. Durch EinÀuß des initialen w- ist altes -e- in OFR wang. wart zu -a- gesenkt worden, in INF helg. wort mit weiterer Rundung zu -o-. Eine Entlehnung aus dem westlichen Küstennd. kommt hier kaum in Betracht, da dort ausnahmslos e-Formen begegnen. In FNF wiart, wjart ist zudem altes -e- vor -rþ gedehnt und schließlich zu -ia- „gebrochen“ worden. Möglicherweise ist partiell auch in anderen neufries. Mundarten zunächst mit dieser positionsbedingten Dehnung des -e- zu rechnen, die aber bald wieder rückgängig gemacht worden sein muß. Germ. *werþa- stimmt hinsichtlich der Wurzelstufe mit germ. *werþa- stv.III ‘werden’ überein, das ursprünglich ‘sich wenden’ bedeutete (Sb 559). Demnach also für das Adj. folgende Bedeutungsentwicklung: ‘wohin gewendet, zugewandt’ > ‘entsprechend, angemessen’. Allerdings könnte das Adj. auch aus dem a-stämmigen Subst. (s.o.) hervorgegangen sein (Hm 675). Vgl. mit grammatischem Wechsel auch germ. *-warda-, *-werda(s.o.). Siebs 1889: 98, 118, 121; Delbrück 1907: 142f.; Falk/Torp 1909: 394; Löfstedt 1928: 59; Löfstedt 1933: 33; Wissmann 1938: 77; Pokorny 1959: 1157; Spenter 1968: 107; Boutkan/Siebenga 2005: 443f. Hm 675f. werzizan- ‘schlechter’ P (§ 22)

F

AFR aofr. werra (B1-2), wirra (E1, F, H) comp. ‘schlechter, schlimmer’, wirst sup. ‘schlechtst, schlimmst’ (F) sowie in allerwirst sup. ‘allerschlimmst’ (F) awfr. wirst (U [Brouwer]) sup. ‘schlechtest, schlimmst’

Bel

Gemeingerm.: E ae. wiersa, wyrsa, S as. wirsa, N mnl. wers adv., D wirsiro, wirsǀro adv., W an. verri, O adän. wærræ, G wairsiza. Die Form werra dient darüber hinaus als suppletiver Komp. von afr. evel ‘übel’ < germ. *ubela- (s.o.). Vgl. auf gleicher Grundlage der suppletive Komp. air. ferr ‘besser’. „Die gerade entgegengesetzten Bedeutungen führen auf den gemeinsamen Ausgangspunkt ‘weiter außen’, was sich je nach Gegenpol zu ‘besser’ oder ‘schlechter’ entwickelt hat“ (Hm 676).

Germ Idg

wƣta-

Lit

607

van Helten 1890: 44, 80, 177; Siebs 1901: 1259, 1360; Delbrück 1907: 143; Falk/Torp 1909: 399; Sturtevant 1935: 141; Buma ed. 1949: 299; Pokorny 1959: 1152; Seebold 1967: 109f.; Seebold 1980: 471f.; Bammesberger 1990: 236. æta- ‘naß’ *D (§ 99) Hm 676f. wǀ

F

N O -iga-lƯka-a-an-nassjǀ-

AFR aofr. wƝt ‘naß’ (B1-2, E1-3, H, R1) awfr. wƝt ‘naß’ (BTr, D, Cr, J, SnR 662, U, O) INF ält. fa. wiht (a. 1757, NfSt 1,27), fa. wiat ‘naß, feucht’ (WFO 333, FÖW 700) helg. weat ‘naß’ (TS 301) sy. wiit ‘naß, durchnäßt’ (BM 300, SU 836) FNF bök. wätj ‘naß’ (FU 270) hall. weet ‘naß’ (MOH 1,50) karrh. wäitj ‘naß’ (OTJ 48, 70) mgos. weet ‘naß’ (HMN 133, MAH 93) ält. ngos. weit (a. 1743, BJ 1,97), ngos. wäit (MOH 1,50) ‘naß’ sgos. weet ‘naß’ (Beitr. 32) wied. wäit ‘naß’ (FRU 367) ält. wyk. weet (a. 1757, NfSt 1,27), wyk. weet (KF nr. 35), wäit (EFS 207) ‘naß’ OFR sat. wäit ‘naß’ (MF 181) wang. weit ‘feucht, naß’ (FA 1,108) wurst. weet ‘naß’ (RM 112) WFR frühnwfr. wiet ‘nat, vochtig’ (GJ 533) nwfr. wiet ‘nat’ (FW 3,440) hind. weet ‘nat’ (GB 178) schierm. wiet ‘nat’ (DF 128) tersch. wiet ‘nat’ (CR 126) mnl. (Südnl.) wƝt (wit) ‘nat, vochtig; waterig’ (VV 9,2372) adän. wƗtær ‘fugtig’ (Lund 1867: 162, Nielsen 1989: 507) WFR tersch. wietig ‘nattig’ (CR 126) FNF wied. wäitlik ‘naß, feucht’ (FRU 367) FNF bök. wätj m.n. ‘Nasses’ (FU 270), WFR nwfr. wiet n. ‘het nat, ook het water of wateren’ (FW 3,440) WFR frühnwfr. wiette ‘natheid, vochtigheid’ (GJ 533), nwfr. wiette n. ‘natheid, vochtigheid’ (FW 3,440) INF fa. wiatens n. ‘Nässe; feuchte Niederung’ (SP 162, FÖW 700), FNF bök. wätjens n. ‘Nässe’ (FU 270), WFR nwfr. wiettens n. (FW 3,440), schierm. wietens m. (DF 128) ‘natheid, vochtigheid’

608

-eþǀ-

-haidu-(ǀ)ja-

Bel Germ

Idg Lit

wƯda-

FNF bök. wåtj m. ‘Nässe’ (FRU 270) < afestl.-nfr. *wette f. < *wƝtede mit positionsbedingter Kürzung des langen Stammvokals vor einer „schweren“, hier synkopierten Konsonantenverbindung der Folgesilbe; sekundär ist der Genuswechsel Fem. > Mask., dagegen ohne Kürzung ält. ngos. weitj ‘Nässe’ (ca. a. 1745, JG 233). – Oder aus einer Vorstufe germ. *wƣtjǀ- f.? FNF bök. wätjhäid n. ‘Nässe’ (FU 270), N mnl. (Südnl.) wƝtheit f. ‘vloeistof, vocht’ (VV 9,2400) AFR aofr. wƝta swv.1 ‘naß machen’ (E1), INF fa. wiate swv.2 ‘naß machen, anfeuchten’ (LFM 221, FÖW 700), FNF bök. wätje, weete swv. ‘nässen; Flüssigkeit abscheiden (aus Wunden usw.)’ (FU 270), karrh. wäitje swv. ‘Wäsche befeuchten’ (OTJ 48), ält. ngos. beweitiä swv. 2. ‘befeuchten’ (a. 1760, Kon. 167), wied. wäite swv. ‘naß machen’ (FRU 367), OFR sat. wäitje swv.2 ‘nässen’ (MF 181), WFR nwfr. wietsje swv.2 ‘aanhoudend nattig zijn’ (FW 3,440) Aufgrund der südlichen mnl. Belege nicht nur anglo-fries. und nord. (E ae. wƣt, W an. vátr), sondern nordseegerm.-nord. PFR *wƝt, das sich in den neufries. Mundarten regulär weiterentwickelt hat. Unter den verschiedenen Derivationen im substantivischen Bereich ist noch INF fa. wääsk, weesk n. (WFO 325, FÖW 686), FNF hall. waosk n. (MOH 2,38), wied. wask n. (FRU 370) ‘Urin (zum Färben der Wolle)’ zu erwähnen, bei dem es sich jedoch um eine ältere Entlehnung aus dem Dän. handelt: vgl. ndän. væske < adän. wætske ‘Flüssigkeit’ < germ. *wƣtiskǀn- f. (Löfstedt 1931: 38, Faltings 1992: 62, 84). Das Adj. steht im Germ. isoliert. Unter Umständen eine Vԍddhi-Ableitung zu einem Wurzelnomen idg. *ԥed- ‘Wasser’; vgl. dazu resümierend Heidermanns (Hm 677). Falk/Torp 1909: 384; Walter 1911: 22; Pokorny 1959: 80; Löfstedt 1965-69: 23,61; Spenter 1968: 50; Darms 1978: 13ff.; Bammesberger 1990: 255f.; Boutkan/Siebenga 2005: 445. Hm 678f. wƯda- ‘weit’ *V (§ 83)

F

AFR aofr. wƯd ‘weit’ (E3), wƯde adv. ‘weit’ (F) awfr. wƯd ‘weit, breit’ (D, J, SnR 466, U, O), wƯde adv. ‘weit(hin)’ (A, J) spätawfr. wid adv. ‘weit’ (Bo) INF fa. widj ‘weit; geräumig, ausgedehnt’, adv. ‘entfernt’ (WFO 334, FÖW 701) helg. wid ‘weit’ (TS 303)

wƯda-

609

sy. wir, wid ‘weit; geräumig, umfangreich, ausgedehnt’ (BM 301, SU 837) FNF bök. wid ‘weit, breit’, adv. ‘fern’ (MN 1779, FU 271) hall. wid ‘weit’ (MOH 1,12) karrh. wid ‘weit, breit’, adv. ‘fern’ (MH 1779, OTJ 50) ält. mgos. wid (ca. a. 1810, GvS v. 13, 20), mgos. wid (MH 1779, MAH 93, PG 130) ‘weit, breit’, adv. ‘fern’ ält. ngos. widd (a. 1743, BJ 2,206), ngos. wid (MH 1779, MOH 1,12) ‘weit, breit’, adv. ‘fern’ sgos. wid ‘weit, breit’, adv. ‘fern’ (MH 1779, Beitr. 29, 44) ält. wied. widd (a. 1749, NfSt 1,43), wied. wid (FRU 371) ‘weit, ausgedehnt’ OFR sat. wíed ‘weit’ (MF 183) wang. wiid ‘weit’ (FA 1,108) WFR frühnwfr. wijd /-i:-/ ‘wijd’ (AH 23, Z. 99, GJ 535) nwfr. wiid ‘wijd, breed’ (FW 3,442) hind. wiid ‘wijd, ruim’ (GB 179) schierm. wiid ‘wijd’ (DF 128) tersch. wiid ‘wijd’ (CR 126) -an-Ưn-

FNF bök. wide (FU 272), wied. wide (FRU 371) m. ‘Weite’ AFR awfr. wƯde f. ‘Weite’ (O); vgl. Ahlsson 5. – INF fa. widje n. ‘Weite (Kleidung)’ (FÖW 701) ist junge Lehnbildung nach S nnd. wiede n.f. ‘Weite’. -kǀFNF bök. wiitj f. ‘Weite’ (FU 272) < afestl.-nfr. *wid(e)ke f.; die Bildung deadj. Abstrakta mit k-Suf¿x ist im NFR dän./jüt. beeinÀußt; vgl. Hofmann 1956: 102f. -esla(n)- FNF bök. widelse m. (FU 272), karrh. widelse m. (MN 1780), wied. widels m. (FRU 371) ‘Weite’; vermutlich durch dän./jüt. EinÀuß aus einer ursprünglichen nassjǀ-Ableitung hervorgegangen; vgl. Löfstedt 1968: 25f. -nassjǀ- INF fa. widjens n. ‘Weite; weite Stelle; Entfernung’ (KJC 9,190, WFO 334, FÖW 701), FNF hall. to widens ‘in die Ferne’ (MOH 1,12), karrh. widens m. ‘Weite’ (MN 1780), önj de widens (OTJ 50) ‘in die Ferne’ mit sekundärem Genuswechsel fem. > neutr./mask. -eþǀOFR sat. wiete f. ‘Weite, Ferne’ (MF 183), WFR nwfr. wiidte (FW 3,442), hind. wiidte (GB 179), schierm. wiidte (DF 128), tersch. wiidte (CR 126) ‘wijdte’; die mit dem Lehnsuf¿x -te gebildeten Formen des WFR sind wahrscheinlich Lehnbildungen nach mnd. widde f./ mnl. wijdte f. ‘Weite’. -ǀjaINF fa. widje (WFO 334, FÖW 701), sy. wiri (BM 301) swv.2 ‘weiten, erweitern; sich weiten’, FNF bök. wide swv. ‘erweitern’ (FU 271), OFR sat. wíedje (MF 183), wang. wiidii (FA 1,84) swv.2 ‘dehnen, weiter machen; geräumiger machen’, WFR frühnwfr. wijd-

610

wissa-

je swv.2. ‘verwijden, wijder maken’ (GJ 535), daneben mit komparativer Basis AFR awfr. wƯderia swv.2 ‘erweitern, verbreitern’ (O) sowie mit ig-Erweiterung WFR nwfr. wiidzje swv.2 ‘verwijden’ (FW 3,442), tersch. wiidzje swv.2 ‘meerderen (bij brijen, hooiberg zetten)’ (CR 126) Bel Germ

Idg

Lit

Westgerm. und nordgerm.: E ae. wƯd, S as. wƯd, N mnl. wijt, D ahd. wƯt, W an. víðr, O adän. wƯth. PFR *wƯd setzt sich regulär in den neufries. Mundarten fort, im NFR mit Kürzung des alten -Ư- in geschlossener Silbe und positionsbedingter Mouillierung des auslautenden -d nach voraufgehendem -Ư-. Im Germ. isoliert ohne gesicherten Anschluß in den außergerm. Sprachen. Sehr wahrscheinlich ist idg. *ԥi-ito- ‘auseinandergegangen’ anzusetzen, bei dem es sich wohl um das Part.Prät.Pass. zu einem Primärverb idg. *ԥi-ei- ‘weggehen, auseinandergehen’ handelt. Möglicherweise bietet die verbale Grundlage in ai. vi-i- ‘in verschiedene Richtungen gehen, sich verbreiten, sich zerstreuen, verschwinden’ eine Erklärung der Bedeutungsentwicklung im Germ.: ‘auseinandergegangen’ > ‘weit auseinander’ > a) ‘weit, ausgedehnt’, b) ‘weit entfernt’ (Hm 679). Koch 1906: 15, 62f.; Delbrück 1907: 143; Falk/Torp 1909: 412; Löfstedt 1928: 12; Trier 1951: 50f.; Pokorny 1959: 295. Hm 681f. wissa- ‘gewiß’ *V (§ 80)

F

AFR aofr. wis ‘sicher, zuverlässig’ (E3, F), sonst prä¿giert in unwis (E1,3, F, H, R1), unewis (H) ‘ungewiß; nicht nachweisbar’ awfr. wis ‘sicher’ (Ro 1,252, O) und unwis ‘unsicher, ungewiß’ (Ro, O) spätawfr. wis ‘sicher, gewiß’ (Bo) INF frühfa. waß adv. ‘sicher’ (ca. a. 1600, Kat. 70) ält. fa. was (a. 1754, CQ v.2), fa. was (WFO 269, FÖW 789, Verf.) ‘sicher, gewiß; zuverlässig; geregelt, festgelegt’ helg. wes ‘gewiß’ (TS 302) sy. wes ‘gewiß, sicher; zuverlässig’ (BM 298, SU 835) FNF bök. was ‘gewiß, sicher, wahr; geregelt; festgelegt, bestimmt; zuverlässig’ (FU 269) hall. was ‘gewiß’ (MOH 1,149) karrh. was ‘gewiß’ (MN 585, OTJ 34) mgos. was (MAH 91, JH 8, 10), wäs (Beitr. 7) ‘gewiß, sicher; zuverlässig’

wissa-

611

ält. ngos. was (a. 1743, BJ 2,220), ngos. was (MOH 1,149) ‘gewiß’ sgos. was ‘gewiß’ (MN 585, Beitr. 6) str. waß adv. ‘sicher’ (ca. a. 1600, Kat. 70) ält. wied. wess ‘gewiß’ (a. 1749, NfSt 1,44), wied. wäs ‘sicher, gewiß; zuverlässig’ (FRU 370) OFR sat. wisse ‘sicher, gewiß’ (MF 185) wang. wis ‘gewiß’ (FA 1,109) WFR frühnwfr. wis ‘gewiß, sicher’ (SB 59, GJ 540) nwfr. wis ‘wis, zeker; stellig; precies, secuur’ (FW 3,462) hind. wis ‘wis, zeker; stellig’ (GB 180) schierm. wis ‘wis, zeker’ (DF 129) tersch. wis ‘wis; vast en zeker; stellig’ (CR 127) un-

AFR aofr./awfr. unwis, unewis ‘unsicher, ungewiß’ (s.o.), INF fa. ünwas (WFO 308), sy. ünwes (BM 285) ‘ungewiß, unsicher’, FNF bök. ünwas ‘unsicher’ (FU 258), WFR nwfr. on-, ûnwis ‘onwis, onzeker’ (FW 2,306)

-lƯka-

AFR awfr. wisselƯk adv. ‘genau, zuverläsig’ (SnR 411), FNF ält. ngos. waslick adv. ‘gewiß, mit Sicherheit’ (a. 1760, Konv. 45) INF fa. was n. ‘Gewißheit, Sicherheit’ (MN 586, FÖW 689), FNF bök. was n., sgos. was n. ‘das gewisse, sichere’ (MN 586); für FNF bök. wase (FU 269), wied. wäse (FRU 370) in der Wendung bök. önj e wase resp. wied. oon e wäse ‘mit Gewißheit, in Sicherheit’ ist keine ǀn-stämmige Ableitung anzusetzen (vgl. W an. vissa f. ‘sicheres Wissen; Sicherheit, Bürgschaft’, O aschw. vissa f. ‘Gewißheit, Sicherheit’); vielmehr liegt ein in einem Präpositionalgefüge erstarrter schwachbeugender Dat.Sgl.Neutr. auf -e zu obigem was n. vor; vgl. Löfstedt 1968: 43f., 122. AFR awfr. wissinge f. (O) neben prä¿giertem biwissinge f. (O) ‘sachliche Garantie, Sicherheit, Gewißheit’; wohl deverbal zu awfr. biwissia swv.2 ‘versichern’ (s.u.); vgl. Ahlsson 106. WFR nwfr. wissens ‘zekerheid van doen, vardigheid’ (FW 3,464) AFR awfr. wishƝd f. (A 380, J, Ro 1,92, O) sowie mit ig-Erweiterung wissichhƝd f. (Ro 2,34, SnR 227, O) ‘Garantie, Sicherstellung, Bürgschaft’, INF fa. washaid n. (WFO 327, FÖW 690), sy. weshair g. (SU 835) ‘Gewißheit’, FNF ält. ngos. waßheit f. ‘Sicherheit’ (ca. a. 1745, JG 344), daneben in derselben Bedeutung mit ig-Erweiterung INF fa. wasighaid n. (WFO 327, FÖW 690), sy. wesighair g. (BM 298), FNF bök. wasihäid n. (FU 269), karrh. wasihäir n. (OTJ 34), wied. wäsihaid n. (FRU 370), ferner WFR nwfr. wissichheid ‘zekerheid, waarborg’ (FW 3,464); vgl. Ahlsson 198. AFR awfr. biwissia swv.2 ‘versichern’ (D, U, O)

-a-

-engǀ-nassjǀ-haidu-

-ǀja-

612

Bel Germ

Lit

wlispa-

Gemeingerm.: E ae. gewis (-ss-), S as. wiss, N anl. gewisso adv., D ahd. giwis, -wissi, W an. viss, O adän. viss, G -wiss. Sämtliche fries. Belege setzen PFR *wis (-ss-) regelhaft fort, wobei die adj. Form OFR sat. wisse (statt † wiss) offenbar aus dem Adv. oder einem Àektierten Kasus übernommen worden ist. Im weiteren wohl altes Verbaladj. zu dem Präteritopräsens germ. *wait- ‘weiß’ (Sb 533f.). Delbrück 1907: 143; Falk/Torp 1909: 410; Löfstedt 1928: 149; Pokorny 1959: 1125f.; Schubert 1968: 48; Spenter 1968: 94; Seebold 1970: 533f.; Boutkan/Siebenga 2005: 452. Hm 684f. wlispa- ‘lispelnd’ *V (§ 75)

F S

INF fa. lasep [-s-] ‘lispelnd; leise, mit schwacher Stimme sprechend’ (LFM 114, FÖW 313) as. wlisp ‘lispelnd’ (Hh 89)

-ǀja-

INF sy. lespi swv.2 ‘lispeln’ (BM 161), FNF bök. laspe swv. (FU 146), wied. läspe swv. (FRU 201) ‘lispeln’, daneben mit iterativem lSuf¿x und in derselben Bedeutung INF fa. lasple swv.2 (FÖW 313), FNF ält. ngos. läspliä (ca. a. 1745, JG 207), wied. läspele swv.2 (FRU 201), OFR sat. lispelje swv.2 (MF 130)

Bel

West- und nordgerm.: E ae. wlisp, wlips, N mnl. lisp, lesp, D ahd. (w)lisp, -st, O aschw. læsper. INF fa. lasep mit sekundärem Sproßvokal in der Lautsequenz -sp< ains.-nfr. *(w)lisp; entsprechend die schwachen Verbformen aus einer afr. Basis *(w)lisp(el)ia swv.2, während die regionale Variante INF fa. (wföhr.) leesp swv. ‘lispeln’ eine Vorstufe mit -e- voraussetzt, möglicherweise als Entlehnung aus dem Dän.: vgl. O jüt. læspe swv. ‘tale læspende’ (Feilberg 2,503) < adän. *læspæ, jüt. læsp ‘om den, som taler læspende’ (Feilberg 2,503) < adän. læsper mit Kürzung des Stammvokals vor -sp- < älterem *lƝsp- (vgl. Brøndum-Nielsen 195057: 1,307f.), das wohl wie in W nnorw. dial. leisp ‘lispelnd’ auf ein o-stu¿ges germ. *wlaisp- zurückführt. Die weitere Herleitung ist nicht geklärt. Ursprüngliches Verbaladj. zu idg. *ԥlei- ‘drücken’ (IEW 1143)? Vgl. dazu etwa ai. vlinƗti ‘drückt zusammen, drückt nieder’ (Hm 683). Falk/Torp 1909: 420; Falk/Torp 1910-11: 1,636; Pokorny 1959: 1143; Nielsen 1989: 273; de Vries 1992: 405; Kluge/Seebold 2002: 578.

Germ

Idg Lit

wǀsta-

613

Hm 688 wǀsta*- ‘unbewohnt’ *D (§ 105) F

AFR aofr. wǀst ‘wüst, verwüstet’ (R1) awfr. wǀst ‘wüst’ (FrB 144) sowie in wǀsthaftich ‘wüst, verfallen’ (O) spätawfr. woest ‘wüst’ (Bo) OFR sat. wäst ‘brach, wüst’ (MF 182) wang. wost ‘wüst’ (FA 1,109) WFR frühnwfr. woast ‘woest’ (GJ 542) nwfr. woest, woast ‘woest’ (FW 3,470) hind. woest ‘woest’ (GB 181) schierm. wúest ‘woest’ (DF 130)

-Ưni-

AFR aofr. wƝstene f. (E1, H1), wǀstene f. ‘Wüste’ (R1), letzteres ohne Umlaut des -ǀ- in Analogie zum Adj., daraus sekundär in derselben Bedeutung aofr. wƝstenie f. (F), awfr. wǀstenie f. (A 530, J) mit Lehnsuf¿x afr. -ie < afranz. -ie; dazu ferner WFR ält. nwfr. woastijnne ‘woestijn’ und woastenije ‘woestenij’ (GJ 542); vgl. auch Ahlsson 162, 165. AFR aofr. wƝstenese f. (H1), wǀstnesse f. ‘Wüste’ (Ps 278), WFR nwfr. woastens, woestens ‘woestheid’ (FW 3,470); vgl. auch Ahlsson 114.

-nassjǀBel Germ

Idg

Lit

Westgerm.: E ae. wƝste, S as. wǀsti, N anl. wuosti, D ahd. wuosti. Heidermanns (Hm 688) setzt für das Adj. trotz S as. wǀsti, N anl. wuosti, D ahd. wuosti einen primären a-St. an, der sich im Fries. auch in den neufries. Mundarten fortsetzt, allerdings mit Ausnahme von OFR sat. wäst < aofr. *wƝste < germ. *wǀsti-, wobei die Frage offenbleiben muß, ob hier eine bodenständige Entwicklung oder frühe Entlehnung aus dem As. vorliegt. Die in sat. wäst zu beobachtende Kürzung des langen Stammvokals vor -st zeigt sich ebenfalls in OFR wang. wost. Eine jüngere Entlehnung aus dem (M)nd. deuten INF sy. wööst ‘wüst, öde’ (PMC 40, BM 302), FNF ält. ngos. wöest ‘wüst’ (a. 1745, BJ 2,221), OFR sat. wöist ‘wüst; erregt; kräftig; hemmungslos’ (MF 186) an. Im Germ. auf gleicher Stufe isoliert. Das ererbte Adj. ist identisch mit lat. vƗstus ‘öde, wüst, verlassen, leer’, air. fás ‘verlassen, unbewohnt, öde, leer’ < westidg. *ԥƗsto(IEW 346). Morphologisch scheint es sich um eine to-Ableitung eines nominalen s-Stammes idg. *ԥƗs- zu handeln mit weiterem Anschluß an die Wurzel idg. *ԥƗ- ‘mangeln’, etwa in ai. vƗé yati ‘schwindet dahin, ermattet, geht verlustig’ (IEW 345f.). van Helten 1907: 386f.; Falk/Torp 1909: 414; Pokorny 1959: 345f.; Spenter 1968: 231; de Grauwe 1979-82: 2,277; Boutkan/Siebenga 2005: 457.

614

wraikwa- – wraini-

Hm 689f. wraikwa- ‘krumm’ P (§ 3) F

AFR aofr. wrƗk ‘krumm’ (R1)

Bel

In Resten in G wraiqs ‘krumm’ und F wrƗk erkennbar, möglicherweise auch in O nschw. (dial.) vrƝk ‘verdrießliche Person’ (Falk/Torp 1909: 415). PFR *wrƗk ‘krumm’ mit -Ɨ- < monophthongiertem germ. -ai-. Der Ansatz aofr. wrak ‘beschädigt’ mit Vokalkürze, wie Siebs 1901: 1252 ihn mit Blick auf OFR sat. wrak, INF wrak ‘fehlerhaft, beschädigt’ erwägt, ist nicht wahrscheinlich; dort liegt offenbar Entlehnung aus (m)nd. wrak vor. Stattdessen vielleicht Anschluß an W an. reika swv.2 ‘(ziellos) umherwandern, umherstreifen, -schlendern; unsicher sein, schwanken, taumeln’ (Baetke 491) < germ. *wreikǀn-. Heidermanns geht von einem Primäradj. aus. Außergerm. vergleicht sich griech. ȡĮȚȕȩȢ ‘gekrümmt, gebogen, o-beinig’ < idg. *ԥraigԥo-, eine Ablautvariante zu idg. *ԥreiêk - in germ. *wreiha- ‘verdreht’ (s.u.). van Helten 1889: 278; Siebs 1901: 1252; van Helten 1906: 191; van Helten 1907: 387; Falk/Torp 1909: 415; Walter 1911: 29; de Saussure 1912: 204; Pokorny 1959: 1158; Boutkan/Siebenga 2005: 457f.

Germ

Idg

Lit

Hm 690 wraini*- ‘brünstig’ V (§ 40a) -iska-

INF fa. wriansk ‘brünstig (Hengst); lüstern, geil (Mann); halb kastriert’ (SP 165, FÖW 710, Verf.), FNF bök. wriinsch (FU 275), karrh. wriinsk (MN 1520), ält. ngos. wriensk (a. 1743, BJ 2,216), wied. wriinsk (FRU 379) ‘brünstig (Hengst); lüstern, geil (Mann)’ < ains.-/ afestl.-nfr. *wrƣnisk

Bel

Als adj. Simplex nur E ae. wrƣne, indirekt aber auch im übrigen Westgerm. o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *wreina- stv.I ‘drehen, verdrehen’ (nnorw. vrina stv.1 ‘grinsen, in der Brunst die Oberlippe und Nase heben und verdrehen’ (FT 2,1379f.)), so auch in derselben Bedeutung S mnd. wrên(e)sch, N mnl. wre(e)nsch; entsprechende Ableitungen aus der e-Stufe sind z.B. O ndän. vrinsk [-i:-] ‘brünstig (vom Hengst)’ (Nielsen 1989: 502) und WFR nwfr. wrynsk ‘onregelmatig, scheef’ (FW 3,479), wo die ursprüngliche Bedeutung ‘verdreht’ noch durchblickt.

Germ

wraiþa-

Lit

615

Palander 1899: 1,87f.; Falk/Torp 1909: 419; Falk 1925: 115; Löfstedt 1928: 105; Ideforss 1931: 7; Wissmann 1932: 157; Pokorny 1959: 81, 1158; Nielsen 1989: 502; Matzel 1992: 97; de Vries 1992: 850; Faltings 1994: 119f.; Kluge/Seebold 2002: 384. Hm 691f. wraiþa- ‘zornig, lockig’ V (§ 25a)

F

O

AFR awfr. wrƝth (J, FrR), wrƝd (Cr) ‘schlimm, schlecht, ungünstig; bösartig, gemein, niederträchtig, grausam’, ‘streng, ernsthaft’ (FrR) INF ält. fa. wri’hes ‘unwillig, böse’ (a. 1757, NfSt 1,27), fa. wrias ‘zornig, erzürnt’ (LFM 225, FÖW 710) sy. wreer, wreeÿ ‘zornig, erzürnt’ (BM 303, SU 839) FNF bök. wriis ‘zornig, verwirrt’ (FU 275) karrh. wriis (MN 1520), wriir (OTJ 71) ‘böse, erzürnt, unwirsch’ ält. ngos. wries ‘böse’ (a. 1743, BJ 2,206) wied. wriis ‘zornig, böse, erzürnt’ (FRU 379) OFR sat. wreed ‘gut, vorzüglich, gedeihlich’ (MF 186) wang. wreet ‘gut, schön, vortrefÀich, vorzüglich’ (FA 1,109) WFR frühnwfr. wrea ‘wreed’ (GJ 545) nwfr. wreed ‘wreed, oneffen’ (FW 3,477) schierm. wreed ‘wreed’ (DF 130) adän. wrƝth(er) ‘opbragt, fortørnet’ (ODS 27,528ff, Nielsen 1989: 501)

-haidu-

AFR awfr. wrƝdhƝd f. ‘Bosheit, Grausamkeit’ (Ro 2,216), INF sy. wreeÿhair g. ‘Zorn’ (PMC 87), FNF bök. wriishäid (MN 1520), karrh. wriishäid (MN 1520) n. ‘Entrüstung, Zorn’; vgl. Ahlsson 199.

Bel

West- und nordgerm.: E ae. wrƗð, S as. wrƝth, N mnl. wreet (-d-), D ahd. reid, W an. reiðr. PFR *wrƣþ, ein o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *wreiþa- stv.I ‘winden’ (Sb 567f.). WFR wreed könnte, muß aber nicht Entlehnung aus N (m)nl. wreed ‘grausam’ sein. Siebs 1901: 1252; Delbrück 1907: 144; Falk/Torp 1909: 418; Pokorny 1959: 1159f.; Lerchner 1965: 46f.; Ilkow 1968: 430; Seebold 1970: 567f.; Piirainen 1971: 55f.; Faltings 1996: 104.

Germ Lit

616

wraka- – wranga-

Hm 692 wraka- ‘(getrieben)’ V (§ 30a) F

OFR wang. wrek ‘beschädigt, untauglich’ (Siebs 1901: 1252)

-a-

FNF hall. wreek n. ‘Schiffswrack, Trümmer’ (MOH 1,192), OFR wang. wrek n. ‘Rumpf eines gestrandeten Schiffes, Wrack’ (FA 1,405)

Bel Germ

Nordseegerm.: F, E ae. -wræc*, S mnd. wrak, N mnl. wrac. PFR *wrek mit Tonerhöhung des germ. -a- > -e- in geschlossener Silbe. Verbaladj. zu germ. *wreka- stv.V ‘verfolgen, treiben’ (Sb 568). Die Bedeutung ‘getrieben’ sei „spezialisiert zu ‘an den Strand getrieben’, daher ‘beschädigt, verdorben’“ (Hm 692), doch liegt hier möglicherweise daneben oder stattdessen EinÀuß des lautlich ähnlichen, aber nicht verwandten germ.*braka- ‘schadhaft’ vor (s.o. unter germ. *bruki- ‘zerbrechlich’); vgl. ferner mit dehnstu¿gem Ablaut germ. *wrƣki- ‘vertrieben; treibend’ (s.u.). Entlehnungen aus mnd./mnl. wrak sind INF fa. wrak (FÖW 709), sy. wrak (BM 302) ‘fehlerhaft, beschädigt, verdorben; wrack’, FNF bök. wrak (FU 275), wied. wrak (FRU 379) n. ‘Wrack’, OFR sat. wrak ‘fehlerhaft, verdorben’ (MF 186), WFR nwfr. wrak (FW 3,475), hind. wrak (GB 181), schierm. wrak (DF 130) ‘niet gaaf, beschadigd, gebroken, gebrekkig; niet stevig, ondeugdelijk, niet vertrouwbaar’. Siebs 1901: 1252; Falk/Torp 1909: 416; Löfstedt 1928: 192; Lerchner 1965: 46f.; Spenter 1968: 54; Seebold 1970: 568ff.

Lit

Hm 692f. wranga- ‘verdreht; verdrehend’ V (§ 25e) F

WFR frühnwfr. wrang* in wranghitsigheijt ‘bitterheid, knellend verdriet, bittere droefheid’ (GJ 545) nwfr. wrang ‘wrang, scherp zuur, bijtend, samentrekkend (van onrijp ooft)’ (FW 3,477) hind. wrang ‘wrang’ (GB 181) schierm. wrang ‘wrang’ (DF 130)

Bel

Nordseegerm.-nord.: E ae. wrang, S mnd. wrank, N mnl. wranc, W an. rangr, O adän. wrang(ær). Obwohl eine bodenständige Herleitung aus awfr. *wrang durchaus im Bereich des Möglichen liegt, sollte eine Entlehnung aus mnl. wranc ‘herb’ nicht außer Betracht bleiben. Den nfr. und ofr. Mundarten scheint der Ausdruck zu fehlen.

Germ

wreiha-

Lit

617

Allerdings sei an dieser Stelle auf FNF hall. rong ‘verkehrt’ verwiesen in der Wendung de rong wai gonge wörtl.: ‘den verkehrten Weg gehen (von Dingen, die mißlingen)’ (MOH 1,240 und 2,215), das Löfstedt unter Verweis auf O ndän. vrang, jüt. vrong, vrång < adän. wrang(ær) ‘schief, krumm; falsch’ (Nielsen 1989: 501) zu den älteren dän./jüt. Entlehnungen zählt. Den vorderhand nicht zu erwartenden Schwund des anlautenden /v/ vor /r/ erklärt er als dissimilatorischen Vorgang: de *wrong wai > de rong wai, was m.E. aber rein spekulativ ist. Stattdessen könnte in hall. rong wohl auch eine relativ junge Entlehnung aus E ne. wrong [Ȩȃƾ] ‘falsch, unrichtig, verkehrt’ vorliegen, vermittelt etwa im Kontakt nordfriesischer Seeleute zu englischen oder englischsprachigen Seeleuten während der für die nordfriesischen Inseln und Halligen so bedeutsamen internationalen Segelschiffahrt des 19. Jahrhunderts. Daß eine solche Entlehnung in den nfr. Mundarten der betreffenden Inseln und Halligen keinen Einzelfall darstellt, belegen hier wie dort eine Reihe von Interferenzerscheinungen aus dem Bereich der komplexen englischen Seefahrtsterminologie, und zwar nicht allein im Bereich einzelner Fachbegriffe, sondern auch in phraseologischer Hinsicht. Im weiteren handelt es sich um ein o-stu¿ges Verbaladj. zu germ. *wrenga- stv.III ‘winden, wringen’ (Sb 570). Siebs 1901: 1252; Falk/Torp 1909: 417; Löfstedt 1928: 240; Löfstedt 1931: 215; Seebold 1970: 570. Hm 694 wreiha- ‘verdreht’ V (§ 24a)

F

FNF mgos. wrich ‘erbittert, verärgert’ (HMN 134)

Bel Germ

Nordseegerm.: E ne. wry, S mnd. wrîch, N mnl. wrijch. Aus PFR *wrƯch, im Festl.-Nfr. mit Kürzung des -Ư- in geschlossener Silbe und der Bedeutungsentwicklung ‘verdreht’ > ‘mit verwirrten („krausen“) Sinnen’ > ‘eigensinnig, trotzig’ > ‘zornig’; das lediglich im Nordseegerm. bezeugte Verbaladj. führt auf eine e-stu¿ge Ableitung aus germ. *wreiha- stv.I ‘winden’ (Sb 566) zurück; dazu schwundstu¿g AFR awfr. wrigia swv.2 ‘wanken, wackeln, schwanken, schwankend einhergehen’ (A, D, J, U), INF fa. wrege (neben wregle mit iterativem l-Suf¿x) swv.2 ‘wricken (Boot); durch Hinund Herbewegen losrütteln’ (FÖW 709) < ains.-nfr. *wrigia swv.2 sowie E ae. wrigian swv.2 ‘to turn, wend, hie, go, move’ (BT 1275); vgl. hierzu van Helten 1896: 70 und Siebs 1901: 1252. Für das Adj. keine Belege in den übrigen fries. Mundarten; eine Entlehnung aus S mnd. wrîch ‘verbogen, verdreht; starr, steif; ver-

618

Lit

wrƣki-

rückt, eigensinnig, trotzig; heimtückisch’ ist deshalb zumindest aus formaler Sicht nicht auszuschließen. Seebold 1970: 566. æki- ‘vertrieben; treibend’ V/K? (§ 42, 113a) Hm 694f. wrǀ

F

AFR aofr. inwrƝze ‘eindringend, durchbohrend (Wunde)’ (B1-2, E2) INF fa. wriak ‘verwildert umherstreifend; ziellos, heimatlos; beschädigt’ (SP 165, FÖW 710) helg. wreak ‘beschädigt, wrack’ (TS 305) FNF ält. ngos. wreick ‘wüst, öde’ (a. 1743, BJ 2,208)

-a-

INF fa. wriak n. ‘Wrack, Wrackholz; Holzsplitter’ (LFM 224, FÖW 710), helg. wreak n. ‘Wrack’ (TS 305) AFR aofr. wrƝka swv.1 ‘einen Zeugen verwerfen, ablehnen, zurückweisen’ (B1-2), INF fa. wriak swv.1 ‘Holz ausbrechen; mit Gewalt herausstrecken; mit einem Hebel etwas fortbewegen; hin- und herrücken’ (LFM 224, KJC 10,284, FÖW 710). Die Bedeutung ‘hin- und herbewegen’ steht unter dem EinÀuß von Formen wie INF fa. wrege swv.2 oder S nnd. wricken swv. ‘hin- und herbewegen, losrütteln’ (letzteres eine iterative Bildung mit expressiver Gemination), die im weiteren offenbar von germ. *wreiha- stv.I ‘drehen, winden’ (Sb 566) abgeleitet sind; s.o. unter germ. *wreiha- ‘verdreht’. In FNF bök. wriike swv.1 ‘wackeln, bes. durch Hin- und Herbewegen lösen (Pfahl, Baum usw.)’ (FU 275) mit [-i:-] < afestl.-nfr. -Ư- oder dehnstu¿gem -ƣ- erstreckt sich dieser EinÀuß auch auf den Stammvokal, da bei ungestörter Entwicklung aus afestl.-nfr. *wrƝka wohl eher bök. † wräike zu erwarten gewesen wäre.

-ja-

Bel Germ

Fries. und nordgerm.: W an. rækr. PFR *wrƝke. Dehnstu¿ges Verbaladj. der Möglichkeit zu germ. *wreka- stv.V ‘verfolgen, vertreiben’ (Sb 568ff.), woraus u.a. auch AFR aofr./awfr. wreka stv.IV ‘rächen’. Die passivische Bedeutung ‘beschädigt, zum Wrack geworden’ < ‘an den Strand getrieben’ in INF wriak, wreak korreliert mit den unter germ. *wraka- ‘(getrieben)’ angeführten Formen (s.o.) und ist möglicherweise durch diese inhaltlich beeinÀußt bzw. mit ihnen zusammengefallen. Dagegen scheint die Bedeutung ‘verwildert, heimatlos’ über ‘ausgestoßen’ aus ‘vertrieben’ hervorgegangen zu sein. Ob für AFR inwrƝze ‘eindringend, durchbohrend’ die passivische Grundbedeutung ‘eingedrungen’ angesetzt werden sollte oder ein ak-

wribula-

Lit

619

tivisches ‘eindringend’, sei dahingestellt. Indes muß an dieser Stelle für aofr. inwrƝze auch eine ganz andere Herleitung in Betracht gezogen werden: Meines Erachtens ist nicht auszuschließen, daß es sich dabei um ein exozentrisches Adj. handelt, ausgehend von einem Prä¿xkompositum PFR *in-wrƝke f. ‘das Eindringen (einer Waffe) in eine Körperhöhlung’, entsprechend dem synonymen Begriffspaar awfr. inrethe f. – inrethe adj. (Munske 1973: 139). Lübben 1877: 239f., Siebs 1901: 1253; van Helten 1907: 195; Wissmann 1932: 133; Buma ed. 1949: 213; Seebold 1970: 568ff.; Munske 1973: 139; Matzel 1974: 100f.; Matzel 1992: 109. wribula- ‘wendig’ V (§ 53)

F S N

FNF bök. wraawel ‘brünstig (Schaf)’ (FU 275) OFR sat. wrieuwel ‘stark, übermütig, kräftig’ (MF 186), ‘tüchtig vom Hengst’ (Siebs 1901: 1253) mnd. wrƝvel ‘mutig, kühn; trotzig, vermessen, frech, unziemlich, ausfallend, böswillig, widersetzlich’ (LB 1,994), nnd. (Holst.) wrewel ‘frech, streitsüchtig’ (Mensing 5,710) mnl. wrevel ‘trotsch, overmoedig, dwars, onbeschaamd, driest, vermetel’ (VV 9,1308) [unter vrevel] und nnl. wrevel in derselben Bedeutung (WNT 27,18)

-iga-

S nnd. (Had.) wrĊwelig ‘von strengem Geschmack; gewalttätig, frech’ (Teut 4,658) und nnd. (Lün.) wräwelich ‘reizbar, jähzornig, leicht aufbrausend, unruhig, mißgestimmt, querköp¿g’ (Kück 3,815)

Bel Germ

Lediglich im F (FNF, OFR), S und N. PFR *wrivol; Verbaladj. der Neigung aus der Schwundstufe zu germ. *wreiba- stv.I ‘drehen, wenden’ (Sb 565). Die von Franck/van Wijk (1949) und de Vries (1992) für N nnl. wrevel, S nnd. wrewel erwogene Anknüpfung an germ. *fraÀa-/-ja- ‘übermütig, hartnäckig, verschlagen’ (s.o.), woraus D ahd. fravali, S as. fravol, ae. frævel(e), überzeugt nicht, da sie das anlautende wr- nicht erklärt. Entlehnung aus dem Nd. dürfte OFR wang. wreeveliig ‘stolz, streitsüchtig, bösartig’ (FA 1,109) sein. Zu idg. *ԥrei-p- ‘drehen’, einer Ableitung zu der Wurzel idg. ԥer‘drehen’ (IEW 1152, 1159). Siebs 1901: 1253; Mensing 1911: 68f.; Franck/van Wijk 1949: 806; Pokorny 1959: 1152, 1159; Seebold 1970: 565; de Vries 1992: 850; Faltings 1996: 111f.

Idg Lit

620

-wuna(n)-

Hm 696f. -wuna(n)- ‘(gewohnt)’ S (§ 94) F

INF helg. wuunt ‘gewohnt’ (TS 305) sy. uun ‘gewohnt’ (BM 282, SU 811), daneben mit sekundärem Prä¿x bi-uun ‘gewohnt’ (BM 305) FNF hall. wone ‘gewohnt’ (MOH 2,117) OFR wang. wunnen ‘gewohnt’ (FA 1,109)

-haidu-

AFR awfr. wonheit f. ‘Gewohnheit, Angewohnheit’ (Fs 1,56) neben der gleichbedeutenden ig-Erweiterung aofr./awfr. wunichƝd, wonichƝd f. (A, F, J, U) AFR aofr. wunia (E2), awfr. wonia (A 396, FrR, J, O) swv.2 ‘wohnen’, INF helg. wuune (TS 305), sy. uuni (BM 282) swv.2 ‘wohnen’, FNF hall. wone swv. ‘wohnen’ (MOH 2,117), OFR sat. woonje (MF 186), wang. wuunii (FA 1,53) swv.2 ‘wohnen’

-ǀja-

Bel Germ

Westgerm.: E ae. gewuna, S as. giwono, -wuno, N mnl. gewone, -woon, D ahd. giwon. Aus ains.-nfr. *wona > *wǀna mit Frühdehnung der anlautenden Phonemsequenz /wo/ > /wo:/ in offener Silbe, in sy. uun mit wAbfall wie in sy. uurt g. ‘Wort’ < *wǀrd < ains.-nfr. *word, in helg. wuunt offenbar mit sekundärem -t in Analogie zu dem Part.Prät. helg. wuunt ‘gewohnt’, zu helg. wuune swv. ‘wohnen’; vgl. entsprechend nhd. gewohnt statt älterem gewohn. FNF hall. wone scheint dagegen auf afestl.-nfr. *wuna zurückzuführen; eine Entwicklung von frühgedehntem wǀ- mit weiterer Verengung und Kürzung > wu- und schließlich Senkung > wo- kommt hier vielleicht weniger in Frage, da anlautendes wƗ-/wǀ- im Hall. sonst zu /y:-/ wird wie in hall. üük ‘weich’ < afestl.- nfr. *wƗk, hall. üürd n. ‘Wort’ < *wǀrd mit Frühdehnung des -o- vor -rd (vgl. Löfstedt 1928: 141ff.). Allerdings sollte in diesem speziellen Fall sowohl im Ins.-Nfr. als auch im Festl.-Nfr. eine durch das initiale und später resorbierte bilabiale w- verursachte Sonderentwicklung nicht völlig außer Betracht bleiben, die dann jedoch nicht klar erkennen ließe, ob primär von einer Basis *wona oder *wuna auszugehen ist. Auf ein aofr. *wona weist OFR wang. wunnen; diese Form – statt eines zu erwartenden wang. † wunne – ist wahrscheinlich sekundär nach dem ebenfalls sekundären starken Part.Prät. wunnen ‘gewöhnt’ entstanden, zu dem von Haus aus schwachen Verb wang. wunnii ‘gewöhnen’ (vgl. Löfstedt 1932: 27f.). Das Adj. ist wahrscheinlich aus dem Subst. germ. *ga-wunan- m. ‘Gewohnheit’ erwachsen (mit weiterer Anbindung an das schwache Verb germ. *wunƣ- swv.3 ‘gewohnt, zufrieden sein’).

wunda-

621

Daneben mit Umlaut aus ains.-/afestl.-nfr. *wina < germ. *ga-wunjan m. ‘Gewohnheit’, woraus auch FNF bök. waane m. ‘Gewohnheit’ (FU 265): INF ält. fa. wen (a. 1757, NfSt 1,27), fa. wen (WFO 332, FÖW 698) ‘gewohnt; gewöhnt; vertraut, nicht fremd’ FNF bök. waane ‘gewohnt’ (FU 265) karrh. wane ‘gewohnt’ (MN 581) mgos. wään ‘gewohnt’ (Beitr. 20, LHol 194) ält. ngos. wanne (a. 1743, BJ 1,170), ngos. waane, wane (MOH 1,181, WNG 46) ‘gewohnt’ sgos. wane ‘gewohnt’ (Beitr. 19) wied. wäne ‘gewohnt’ (FRU 368)

Lit

Delbrück 1907: 133; Falk/Torp 1909: 388f.; Löfstedt 1928: 181; Löfstedt 1931: 117; Löfstedt 1932: 27f.; Feist 1939: 526f.; Lerchner 1965: 259; Lehmann 1986: 379; Århammar 1995: 92f. Hm 696f. wunda- ‘verwundet’ *V (§ 83)

F

INF fa. wünj ‘wund (Säugling)’ (WFO 341, FÖW 711) FNF ält. ngos. wünn ‘wund’ (a. 1743, BJ 2,219) OFR sat. wúund ‘wund’ (MF 186)

-ǀn-

AFR aofr. wunde (B1-2, E1-3, F, H, R1-2), awfr. wunde (J, O), wonde (Fs 1,113, LSt, O), wond (SnR 136) f. ‘Wunde’, INF fa. wünj f. ‘große, klaffende Wunde’ (FÖW 711, Verf.), FNF bök. wünen pl. in dåt de da ¿iw wünen! (FU 276) und hall. wunjen [-u-] pl. in dat di de wunjen! (MOH 1,37) ‘daß dich die (fünf) Wunden [Christi schmerzen mögen]!’, ferner ält. ngos. wünnä (ca. a. 1745, JG 428), sgos. wün (NfWb), wied. wün (FRU 380) f. ‘Wunde’, OFR harl. wuhnde (CM 46), sat. wúunde (MF 186), wang. wuun (HEN 335) f. ‘Wunde’, WFR frühnwfr. woune (SB 92), wuwne (GJ 547), nwfr. woune (FW 3,474), hind. wûnde (GB 182), schierm. weeune m. (DF 126) ‘Wunde’ AFR aofr. wundunge (R1), wundinge (E2), awfr. wondinge (SnR 195) f. ‘Verwundung’; wohl deverbal aus afr. wundia swv.2 (s.u.); vgl. Ahlsson 107. AFR aofr. wundia (B1-2, E1-3, F, H, R1-2), awfr. wondia (J, SnR) swv.2 ‘verwunden’, WFR frühnwfr. wuwnje (GJ 547), nwfr. wounje (FW 3,475) swv.2 ‘wonden’; vgl. Jacobs 1900: 217.

-engǀ-ǀja-

Bel

Gemeingerm.: E ae. wund, S as. wund, N anl. *wunt (-d-), D ahd. wunt, G wunds, indirekt auch in W an. unda swv.2.

622

Germ

Idg Lit

wunda-

Aus PFR *wund mit früher Dehnung des -u- vor -nd, das im Nfr. palatalisiert und positionsbedingt gekürzt wird; über die Entwicklung von (frühgedehntem) -nj- in den einzelnen fries. Mundartgruppen vgl. unter germ. *s(w)unda- ‘heil, gesund’. Die ablautende Form E ae. wenn n. ‘a wen’ (BT 1190), S mnd. wƝne [f.?] ‘Geschwulst’ (SL 5,670) < germ. *wanja-/-ǀ- begegnet ebenfalls in INF fa. wään, ween n. ‘Fettgeschwulst unter der Haut’ (LFM 215, SP 157, RA 71, FÖW 683); vgl. dazu Lerchner 1965: 259. Heidermanns (Hm 697) erwägt hinsichtlich der Wortbildungsstruktur ein to-Partizip idg. *ԥӽ-tó-. Die weiteren Zusammenhänge bleiben allerdings unklar. Delbrück 1907: 144; Falk/Torp 1909: 388f.; Feist 1939: 577; Pokorny 1959: 1108; Lerchner 1965: 259; Niederhellmann 1983: 247ff.; Lehmann 1986: 413; de Vries 1992: 845f.; Kluge/Seebold 2002: 997.

INDEX

INDEX 1. GERMANISCH ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 2. ALTFRIESISCH .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 2.1. Altostfriesisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 2.2. Altwestfriesisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635 3. INSELNORDFRIESISCH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Frühes Föhring-Amring (ca. a. 1600) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Föhring-Amring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Helgoländisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Syltring .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

641 641 641 645 647

4. FESTLANDNORDFRIESISCH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Bökingharder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Halligfriesisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Karrharder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Mittelgoesharder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5. Nordergoesharder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6. Strandfriesisch (ca. a. 1600-1662) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7. Südergoesharder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.8. Wiedingharder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.9. Ortsmundart von Wyk auf Föhr (19. Jh.). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

650 650 652 655 658 660 663 663 665 668

5. OSTFRIESISCH .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1. Brokmer Friesisch (a. 1632) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Harlinger Friesisch (ca. a. 1690) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Saterländisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Wangeroogisch (19. Jh.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5. Wurster Friesisch (a. 1688-1720) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

670 670 670 671 673 676

6. WESTFRIESISCH .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Frühneuwestfriesisch (ca. a. 1550-1665). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Neuwestfriesisch (Standard) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3. Ortsmundart von Hindeloopen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4. Schiermonnikooger Friesisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5. Terschellingsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6. Mundart des Zuidwesthoek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

677 677 680 684 686 688 690

Index

627

1. GERMANISCH ° = nicht bei F. Heidermanns 1993, Etymologisches Wörterbuch der germanischen Primäradjektive

alda- alt 103 angu- eng 105 arga- unzüchtig 106 arma- elend, erbärmlich 108 aþalja- angestammt 110 auþja- verlassen 112 balþa- bald 113 balwa- quälend 114 °barska- scharf, bitter 114 batizan- besser 116 bausa- aufgeblasen 119 baza- entblößt 120 berht*- glänzend 121 Ɲ tragend 122 bæri°bƯstra- verwirrt 123 bitra- bitter 126 °bitula- beißend 127 blaika- glänzend 127 blanka- schwach glänzend 129 blasa- mit weißem Fleck 131 blauta- weich, nackt 131 blauþa- schwach 132 °bleika- scheinend; sichtbar 133 bleiþa*- mild, freundlich 134 blenda- blind 136 °bleugja*- beschämt 138 Ɲ blæwablau 140 °blƯwa- farbig, schön 142 braida- breit 144 °braka- mangelhaft 146 bruki- zerbrechlich 146 brukula- leicht brechend 147 brnjna- braun 147 °bulla- rundlich 149 °butta- stumpf 150 darni*- heimlich 153 dauba- emp¿ndungslos 154 dauda- tot 155

demma- dunkel 157 denkwa- dunkel 157 derba- kühn, dreist 159 deupa- tief 160 deurja*- teuer 162 digra- dick, voll 164 -dǀbi- schicklich 165 °draibi- unfest 165 dreuga- festhaltend 166 drǀba- trübe, verwirrt 167 °drnjga trocken 168 duba- emp¿ndungslos 171 °dukula- leicht einsinkend 173 dumba- stumm, dumm 174 dwela- herumirrend 176 Ɲ dwæsatöricht 178 dwula- töricht 178 ebna- eben, gleich 181 Ɲ ædrarasch 183 erzja- verwirrt, irre 184 faga(n)- gefällig 185 fagana- erfreut 187 faiga- dem Tod verfallen 187 faiha- feindlich 189 faikna- verderblich 190 failja*- (beschützt) 190 faita- fett 191 -falda- -fach 193 -falli- fallend 194 falwa- fahl 195 fangi- wirksam; zu erlangen 195 °farwa- nicht trächtig 196 fasta- fest 199 °fawa- gering an Anzahl 201 °ferna- vorig 202 ¿twes*- schlau 202 Àugja- Àügge 203 °Àuta- in Fluß be¿ndlich 204

628 -fǀga- passend 205 fǀri- beweglich, fähig 206 °fraÀa- rücksichtslos 208 frawa- hurtig; fröhlich 209 Ɲ widerspenstig 210 frætifrija- frei, lieb; eigen 210 friska- frisch 213 frǀda- verständig 214 fnjla- faul, stinkend 215 fulna- voll 217 gaila- heftig verlangend 219 gaisna*- mangelhaft 220 gaista- Geest 224 gangi- gehend; begehbar 225 garwa- bereit 226 Ɲ gæbizu geben 227 gelwa- gelb 228 gerna- begierig 229 glada- glänzend, glatt 229 glaida*- schlüpfrig 231 Ɲ °glæzaglänzend 231 gǀda- gut 232 grama- zornig 236 granna- dünn, schmal 237 grauta- stark, dick, groß 238 greisa- grau 240 grella- zornig 241 gremma- grimmig 242 Ɲ græwagrau 243 grǀni- grün 244 °gusta- trocken 246 °habula- habgierig 249 haidra- heiter 249 haifsti*- heftig 250 haila- heil, gesund 252 haira- grau(haarig) 255 haisa- heiser 257 haita- heiß 258 halba- halb 260 halda- zugeneigt 261 halla- vertrocknet 263 halta- fußlahm 263

Index halþa- geneigt 264 hamala- verstümmelt 265 °-handja- zur Hand 266 hardu- hart 267 harma- schmerzlich 270 harwa- herb 271 hauha- hoch 272 hauna- schimpÀich 275 Ɲ vertrocknet 276 °hælaheurja*- lieb, vertraut 277 hlagula- zu lachen geneigt 278 hleuja- lauwarm 278 hlnjda- laut 279 °hlnjka- lau 280 hlnjtra- lauter 282 hnasku- zart 282 hnawwa- karg, eng 283 hnitula- stößig 285 °hrada- locker 286 hradja- gesichert 287 hraini- rein 288 hraþa- schnell 289 hrawa- roh 290 hula- hohl 291 hulþa- geneigt, zugetan 293 hwata- scharf 294 hweita- weiß 294 Ưd(a)la- wirkungslos 297 (-)inka- erzürnt 298 junga- jung 299 kaiba- hitzig, heftig 302 kalda- kalt 304 °kalja- frierend 305 kalwa- kahl 307 °kanka- verdreht 308 °(-)kapja- ansehnlich 309 kausi- wählerisch 310 °kitala- kitzelig 311 klaini*- fein 312 klama- feucht 314 klǀka- aufbrechend 315

Index °klunga- zusammengeballt 316 kǀla- kühl 318 kǀni- kühn 320 kranka- krank 320 °kraunja- murrend 322 krausa- auserlesen 325 krumba- krumm 326 °krnjsa- kraus 327 °knjmja- kläglich 329 °kwaka- schwach 330 °kwauda- schlecht, böse 331 kwerru- ruhig 333 kwiwa- lebendig 333 °kwiwra- lebendig 335 laiþa- unwillig, verhaßt 336 laizizan- weniger 337 lama- lahm 338 1 langa- lang 339 2 (-)langa- zugewandt 343 laskwa- träge, matt 344 lata- säumig, träge 344 °laufa- schlaff, müde 346 °lauma- schlaff 347 lausa- los, frei 348 lƝ2ba- gebrechlich 350 Ɲ læganiedrig, gering 351 leitika- klein 353 leka- leck 356 lenhwt*- leicht 357 °lƝ2pa- krumm, gebrechlich 359 leuba- geliebt 361 leuht*- hell 364 leuta- heuchlerisch 366 -lƯka- ähnlich 367 lina- mild 369 liþuga- frei von 371 °lufta- schlaff, link 372 luttika- klein 355 magra- mager 375 -maida- (geschädigt) 376 maina- schädlich 378 -maini- gemein 378

maizan- mehr 379 (-)maka- zahm 381 malla- töricht 382 malta- zart, keimend 383 °medja- in der Mitte be¿ndlich 384 meldja*- mild, barmherzig 389 melka-, mulka- milchgebend 390 Ɲ mærjaberühmt 391 °-meta- zu schätzen; mäßig 392 minwizan- weniger 393 missa- abwechselnd 394 mǀdja- müde 397 °mul(j)a- zerrieben 398 °mulka- vgl. melkamurka- mürbe 400 murwa- zart, fein 403 nakwad*- nackt 405 narwa- eingeschnürt 406 nata- naß 408 Ɲ °næhwanah 409 Ɲ næminehmend 412 neuja- neu 413 neutja- nützlich 414 nihwula- abfallend 416 -nǀga- (genug) 417 numula- nehmend, fassend 420 nutja- nützlich 420 (-)raida- (geordnet) 422 ranka- aufrecht 423 raþa- gerade verlaufend 424 rauda- rot 424 rehta- gerade, recht 426 reiba- befriedigend 429 reipa- reif 430 rekana- geordnet 431 rengwa- leicht 432 rƯkja- mächtig 434 rǀta- fröhlich 436 rnjha- rauh 437 rnjma- weit, geräumig 438 ruska- schnell 440

629

630 sada- satt 442 sahta- gestritten habend 443 saira- schmerzlich 443 saltu*- salzig 445 salwa- dunkel 447 samþja- sanft 447 °sanga- versengt 448 sanþ*- wahr 450 sebja- verwandt 450 segwni- sichtbar 451 °sehwa- ansehnlich 452 seida- herabhängend 453 °sen(a)*- beständig, ewig 454 senht*- versickernd 456 seuka- krank 457 skaiba- schief 460 °skaka- sich schnell bewegend 461 skamula- schamhaft 461 skanka- schief 462 skarda- beschädigt 463 skarpa- scharf 465 skauna- schräg, schief 467 skauni- schön 468 skeiri- klar, rein 470 skelha- schielend 472 skƝ2ri*- schnell 473 skewwa- scheu 474 skitula- abführend 475 skraida- voranschreitend 476 Ɲ °skræhulavertrocknet 476 °skrekkula- schreckhaft 478 °skrutula- schreiend 478 °skurfa- schor¿g 479 skurta- kurz 480 skutula- schießend 482 slaiwa- stumpf, matt 482 slaupa- schlaff, träge 483 sleiþja*- grimmig, gefährlich 483 slihta- glatt, eben 484 °slnjfa- schlaff 485 slnjha- schleichend 487 °slnjka- schlaff, träge 488 smala- klein 489 smanþa- weich, sanft 491

Index smarta- schmerzend 491 Ɲ smæhaklein, gering 491 °smnjga- schmiegsam 493 smulta- sanft 494 snarha- gewandt, schnell 495 snauþa- entblößt 496 snella- rasch 497 -sǀma- passend 497 °staba- steif, starr 498 -stalla- feststehend 499 stankwa- stinkend 500 starka- steif, stark 501 staru*- starr 504 stauka- verstaucht 506 staupa- aufragend 506 Ɲ stædja*beständig 507 steifa- steif 508 stellja*- still 509 stenþ*- fest, steif 511 1 *steupa- verwaist 512 2 °steupa- aufragend 513 °-steurja- lenkbar 514 stikula- stechend 515 stǀra- gewichtig 515 °stramba- stramm 516 °strambja- stramm 517 stranga- stark, kräftig 517 strnjba- struppig 520 stnjba- stumpf 520 stukka- steif 522 stulta- hochmütig 522 stumma- stumm 524 stumpa- verstümmelt 525 stunta- kurz 526 sula- schmutzig, dunkel 526 snjra- sauer 527 swaka- schwankend 529 swala- schwelend; kühl 529 swarta- schwarz 530 swenþa- kräftig 532 Ɲ swæraschwer 533 Ɲ swæsaeigen, vertraut 534 swǀla- schwül 535 swǀtu- süß 536

Index °swumula- schwimmend 538 *-s(w)unda- gesund 538 taita- (strahlend) 541 -tala- (gefügig) 541 talta- schwankend 543 tama- zahm 543 tanhu*- zäh 545 tarta- zart 546 tƝ2ri- glänzend 548 °teudja- Schaden bringend 548 Ɲ °tæwjageordnet 549 tila- geeignet 551 tǀma- frei verfügbar 552 Ɲ unwillig 553 trægitrenda- rund 554 trewwa- treu 555 tnjdrja- erschöpft 558 °tnjka- heftig ziehend 559 þariga- weich 561 þeku*- dick 562 þemstra- ¿nster 564 þenht*- dicht 565 þerba- fade 566 þeustra- düster 567 þralla- fest gedreht 568 þrangwa- bedrängt 570 þreihst*- kühn 571 °þrella fest gedreht 569 °þrnjba- klumpenförmig 572 þunu*- dünn 573 þurzu- dürr 574 °þwanga- drückend 575 þwerha- verkehrt 575 ubela- übel 577 upena- offen 578

-wada- (durchwatbar) 581 waik(w)a- weich 582 wakra- wachsam, munter 583 -waldi- absichtlich 584 wana- mangelnd 585 wankula- schwankend 587 wanna- schwärzlich 588 -warda- gewendet 588 warma- warm 589 Ɲ abzuwägen 591 wægiweiha- heilig 592 weisa- weise 593 weitaga- weissagend 595 °welhja- welk 596 °-welja- geneigt, gewillt 597 °welǀ wohl, gut 235 welþja- wild 598 (-)wenda- verdreht 599 Ɲ -wæni(zu hoffen) 600 °wenistra- link 601 Ɲ wahr 602 wærawerþa- angemessen, wert 604 werzizan- schlechter 606 Ɲ wætanaß 607 wƯda- weit 608 wissa- gewiß 610 wlispa- lispelnd 612 wǀsta*- wüst 613 wraikwa- krumm 614 wraini*- brünstig 614 wraiþa- zornig 615 wraka- (getrieben) 616 wranga- verdreht 616 wreiha- verdreht 617 Ɲ wrækivertrieben, treibend 618 °wribula- wendig 619 -wuna(n)- gewohnt 620 wunda- verwundet 621

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Index

2.0. ALTFRIESISCH 2.1. Altostfriesisch ƗbƝre, aubƝre offenkundig 122, vgl. -bƝr(e) ald alt 103 ƗubƝre vgl. ƗbƝre balde bald 113 bale* übel 114 bƗs* gemein, unzüchtig 119 bekward mit rückwärts getragener Waffe verübt 588, vgl. -ward ber- bar, nackt 120, vgl. berskinze -bƝr(e) -bar 122, vgl. ƗbƝre, Ɨubere, epenbƝr, tilbƝr berskinze, -skenze barschenklig 120 best best 116 bet adv. besser 116 betera besser 116 binjsterlƯke verwirrt 124 blƗt arm 131 blƗu, blƗw blau 140 blƯ schön, gut 142 blind blind 136; vgl. star(e)-, starublind brƝd breit 144 brnjn braun 147 dƗd tot 155 dƗf taub 154 dern* heimlich, geheim 153; vgl. dern¿Ɨ, dren¿Ɨ, dernlendenge, dernesǀne dernesǀne f. außergerichtliche Sühne 153 dern¿Ɨ, dren¿Ɨ f. verheimlichtes Gut 153 dernlendenge f. Gebühr für eine außergerichtliche Sühne 153 dertin wahnsinnig 546 -dƝve vgl. unidƝve devra* comp. kraft-, gefühllos 171 diƗp tief 160 dimme dunkel 157 dinjnk dunkel 157 dinjre teuer 162 dol, dul töricht, vermessen 178

dren¿Ɨ vgl. dern¿a dul vgl. dol dum vgl. dumb dumb, dum stumm, dumm 174 dunkerlƯke unklar 159 eltƝ gesund; vollständig 549 Ɲnfald einfach 193 enǀch, nǀch genug 417 epen offen 578 epenbƝr offenkundig 122, vgl. -bƝr(e) eppe offenkundig 580 erch arg 106 erm arm 108 esund vgl. sund esxehalt vgl. *hexehalt ethele vollfrei, edel, vortrefÀich 110 evel übel 577 even gleich 181 facht, fecht m. Anteil 185 fagia swv. nutzen 185 fƗch straffällig; geächtet 189 -fald -fach 193, in menichfald, thrƯfald, twƯfald -falle vgl. gersfelle fƝ wenig 201 fecht m. vgl. facht fƝknia vgl. fƝknigia fƝknianƝth, fƝknie-Ɲth m. Reklamationseid 190 fƝknie-Ɲth vgl. fƝknianƝth fƝknigia, fƝknia swv. reklamieren 190 fƝle gedungen 190 -felle vgl. gersfelle fensze passend, geeignet 195 fest fest 199 fǀthalt fußlahm 263 frƝ frei 209 frei vgl. frƯ frƝte geächtet 210 frƯ, frei frei 210

Index frǀd erfahren 214 ful voll 217 fnjl schmutzig 215 fulfensze völlig geeignet (?); zahlungsfähig (?); ertragsfähig (?) 195 ganse vgl. genzie gens vgl. genzie genzie, ganse, gens gangbar (Geld) 225 gerne vgl. jerne gersfalle vgl. gersfelle gersfelle, gresfelle, jersfelle, gersfalle, gresfalle abgehauen, ungebüßt 194 geste* trocken und sandig 246 gƝve vgl. jƝve gled glatt 229 gǀd, gnjd gut 232 grƗt groß 238 grƝne grün 244 gresfalle vgl. gersfelle gresfelle vgl. gersfelle grim grimmig 242 griphalt unfähig zu greifen 263 gnjd vgl. gǀd hƗch hoch 272 -hald gerichtet, in northhald, njthald (s.u.) 264 half halb 260 -halt lahm 263; vgl. fǀt-, grip-, *hexe-, homer-, strik-, strumphalt hƗr hoch 255 hƗst* gewaltsam 250 hƝl heil 252 hƝra m. Herr 256 hƝt heiß 258 *hexehalt, esxehalt in der Kniekehle gelähmt 263 hol hohl 291 hold hold, treu 293 homerhalt unfähig, einen Hammer zu halten 263 hredde gesichert, intakt 287 hwƯt weiß 294

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Ưdle leichtfertig 297 ink erzürnt 298 inwƝi(e) nach innen geneigt 591 inwind nach innen schief stehend 599 inwrƝze eindringend 618 Ưre zornig 184 jerne, gerne gerne 229 jersfelle vgl. gersfelle jƝve, gƝve gangbar (Geld) 227 jung jung 299 kald kalt 304 klƝne klein, dünn 312 kronk krank 320 krumb krumm 326 lƗs los 348 lƝch niedrig 351 lƝf schwach, krank 350 leist vgl. lƝrest leiter vgl. letera lƝrest, leist kleinst 337 lƝs weniger 337 lessa, lessera kleiner 337 lessera vgl. lessa lest sup. letzt 344 letera, letora, leiter comp. später, folgender 344 lƝth leidig 336 lethoch, lethech ledig, frei 371 letora vgl. letera liƗcht hell, licht 364 liƗf lieb 361 liƗt lügnerisch 366 licht leicht 357 lƯk gleich 367 lƯtik, littik klein 353 littik vgl. lƯtik lom lahm 338 long lang 339 mƗ vgl. mƗr malt verdorben 383

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Index

mƗr, mƗr(r)a, mƗ, mƝ größer; mehr 379 mƗst, mƗ meist 379 mƝ vgl. mƗr medemest mittlere 388 mƝn falsch 378 mƝne gemein 378 menichfald vielfältig 193 met mäßig 392 mid- vgl. middemidda präp. inmitten 384 midde-, midda-, mid- der mittlere, in midde-, middahnjs, middesumer, midref, -rif, midrede usw. 384 middel mittlere 386 milde barmherzig, gnädig 389 min wenig 393 minner vgl. min(ne)ra min(ne)ra, minner kleiner, jünger 393 mis- miß- 394 naked, naken(d) nackt 405 naken(d) vgl. naked nei, nƯ nach 409 neilthinjster nebel¿nster 416 nette nützlich 420 1 nƯ vgl. nei 2 nƯ(e) neu 413 niwelkald nebelkalt 416 niwul* abgrundtief 416 nǀch vgl. enǀch northhald nordwärts gerichtet 264 olina vgl. ondlenge(s) ondlenge(s), ondling(a), olina entlang 343 ondling(a) vgl. ondlenge(s) onledich nicht frei 372 quƗd böse, schlecht 331 rƗd rot 424 rƝde bereit 422 rekon in guter Ordnung 431 rƝne rein 288 rƯke reich 434

ring schnell 432 riucht recht 426 rosk rasch 440 rnjm ungehindert 438 salt salzig 445 sede f. Sättigung 442 sƝre sehr 443 siƗk krank 457 sib, sibbe verwandt 450 sibbe vgl. sib sƯde niedrig 453 sin- beständig, in sinhƯgen, sinkale, -kele usw. 454 sinjnlƯk sichtbar 451 skƝne schön 468 skerd* schartig 463 skerp scharf 465 skƯr(e) vollwertig (Münze) 470 slof* locker 486 smel klein, schmal 489 smert schmerzend 491 soldƝde f. Sudeltat 526 sǀm im Wert gleichgestellt 497 sǀth n. Wahrheit 450 sǀthich wahr 450 stƗk steif, starr 506 stalle feststehend, gültig 499 stƗp hoch aufragend 506 staru-, star(e)blind partiell blind 136, 504 stƝde fest, beständig 507 stef steif 498 stefgenze am Stock gehend 225 sterk stark 501 stiƗp- Stief- in stiƗpfeder Stiefvater, -mǀder -mutter 512 stƯth stark 511 stok steif 522 stǀr groß 515 strikhalt lahm, so daß der Fuß am Boden schleift 263 strumphalt lahm durch Verstümmelung 263 stult stolz 522

Index stum stumm 524 sund, esund gesund 538 swaldolch n. Brandwunde 529 swart, swert schwarz 530 swƝr schwer 533 swert vgl. swart swƝs verwandt 534 swƯthe heftig, sehr 532 -tƝ vgl. eltƝ teddre zart, schwach 558 -tƝt heiter (in mRN) 541 thinjster(e) dunkel 567 thralle schnell 568 thrifald dreifach 193 thrƯstigia swv. sich erdreisten 571 thnjsternesse f. Dunkelheit 568 thweres quer 575 tilbƝr beweglich 122 tilia swv. anbauen, zeugen 551 trind rund 554 triǀwe vgl. trinjwe trinjwe, triǀwe, trǀwe treu 555 trǀwe vgl. trinjwe twifald zweifach 193 unbretsen unversehrt 147 unefǀch* unziemlich 205 unidƝve jämmerlich 165 un(e)wad, -wedde undurchwatbar 581 unwalde, -welde unbeabsichtigt 584 unwedde vgl. unwad unwelde vgl. unwalde unwƝne unvermutet 600 urwalde unbeabsichtigt 584 urwƝna hoffnungslos 600 njtawardes, -is äußerlich 588; vgl. -ward njthald seewärts gerichtet 264 njtwƝi(e) nach außen geneigt 591 -wad, -wedde durchwatbar 581; vgl. un(e)wad, -wedde wƗl vgl. wel

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-walde, -welde beabsichtigt 584; vgl. unwalde, -welde, urwalde -ward -wärts, in bekward mit rückwärts getragener Waffe verübt, njtawardes, -is äußerlich usw. 588 warm warm 589 wƝden blau 141 -wƝi(e) sich neigend 591, in in-, njtwƝi(e) wel, wƗl wohl 236 -welde vgl. -walde -wƝne zu hoffen 600, in un-, urwƝne wƝr wahr 602 werra, wirra schlechter 606 werth wert 604 wƝt naß 607 wƯa swv. weihen 593 wƯd weit 608 wilde wild 598 wille genehm, angenehm 597 -wind schief 599, in inwind winster link 601 wirra vgl. werra wis gewiß 610 wƯs weise 593 won- mangelnd, un-, nicht- 585 wonnelsa m. blauer Fleck 588 wǀst wüst 613 wrƗk krumm 614 -wrƝze treibend, bohrend 618, in inwrƝze eindringend, durchbohrend

2.2. Altwestfriesisch ald, Ɨuld, Ɨud alt 103 anǀch, nǀch genug 417 arch vgl. erch arm vgl. erm Ɨud vgl. ald Ɨuld vgl. ald bald kühn 113 bal(e)* übel 114 bar vgl. ber

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Index

bast vgl. best bat vgl. bet batter vgl. bett(e)ra bƗud bald 113; vgl. bald ber, bar bloß 120 -ber(e) -bar 122, in epenbƝr(e), -bier, ƝrbƝr, ƝtbƝr, skalkbƝr, tilbƝr best, bast best 116 bet, bat adv. besser 116 bett(e)ra, batter besser 116 biǀster den Weg verfehlt habend 123 bisib verwandt 450 bitterlƯke bitterlich 126 blank glänzend 129 blƗt bloß 131 blƗu blau 140 blƯ vgl. blƯde blƯd vgl. blƯde blƯde, blƯd, blƯ froh 134 blƯk augenscheinlich 133 blind blind 136 brƝd, breid breit 144 breid vgl. brƝd brek gebrechlich 146 Briocht mRN Brecht 121 brnjn braun 147 dƗd tot 155 dƗf taub 154 dern* heimlich; geheim 153; vgl. dernsǀne dernsǀne f. außergerichtliche Sühne 153 derten unklug, verrückt 546 derve derb, hart 159 diƗp tief 160 diger(e) sorgfältig, genau; ganz 164 dimme dunkel 157 dionker, diunker, thionker dunkel 157 diǀr(e) teuer 162 diunker vgl. dionker dol-, dul töricht, vermessen 178 dom vgl. dum drƝve aufgeweicht 165 drǀvich betrübt 167 drnjch trocken 168

dul vgl. dol dum, dom dumm, töricht 174 dwƝs* verrückt 178 edel, ethel, eel vollfrei, edel, vortrefÀich 110 Ɲdre früh 183 eel vgl. edel Ɲnfald einfach 193 epen offen 578 epenbƝr(e), -bier offenkundig 122 epenbier vgl. epenbƝr ƝrbƝr ehrbar 122 erch, arch arg 106 erm, Ɲrm, arm arm 108 ƝtbƝr eßbar 122 ethel vgl. edel evel übel 577 even, -jowen gleich 181 facht m. Familienstamm 185 fƗi zur Bestrafung (Tötung?) freigegeben 187 -fald -fach 193, in Ɲnfald, manich-, menichfald, sƗunfald, tiƝnfald, twifald farsk vgl. fersk fast vgl. fest fat, fet fett 191 fƝil feil 190 fernjƝre im vorigen Jahr 202 fersk, farsk frisch 213 fest, fast fest 199 fet vgl. fat fol, ful voll 217 forsiǀnich klug 451 frƝ froh 209 frƯ frei 210 frivel vermessen 208 frǀd weise, klug 214 ful vgl. fol fnjl schmutzig 215 gƗr gar 226 gƗst(land) n. Geest 224 gens gangbar 225

Index gersfallich, grasfallich niedergeschlagen; ab-, ausgeschlagen 194 gƝst f. Geest 224 gǀd, gnjd gut 232 gram gram 236 grasfallich vgl. gersfallich grƗt, grƝt groß 238 grƝ grau 243 grƝne grün 244 grƝt vgl. grƗt grim grimmig 242 grƯs grau 240 gnjd vgl. gǀd hƗch, hƝch hoch 272 hƗl vgl. half hald geneigt, hold 261 half, hƗl halb 260 halt lahm 263 hƗst* gewaltsam 250 hƗr hoch 255 hƝch vgl. hƗch heind vgl. hende hende, hind(e), heind nahebei 266 hƝl heil 252 hƝn karg (Land) 275 hƝra m. Herr 256 herd, hird hart 267 hƝt, hiet heiß 258 hiet vgl. hƝt hind(e) vgl. hende hird vgl. herd hlnjd laut 279 hlutter lauter, rein 282 hol hohl 291 hold, hǀud hold, treu 293 hǀud vgl. hold hwƯt, wƯt weiß 294 Ưdel töricht 297 Ưre zornig 184 jern(e) gerne 229 jong vgl. jung

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-jǀwen vgl. even jung, jong jung 299 kale kahl 307 kald, kƗud kalt 304 kƗud vgl. kald klƝn(e) klein, dünn 312 klǀk klug 315 krank krank 320 krom vgl. krum krum, krom krumm 326 lam lahm 338 lang, long lang 340 lƗs los, ungültig 348 last vgl. lest latera vgl. lettera 1 lƝch, liech niedrig 351 2 lƝch vgl. lethich lƝd vgl. lƝth ledich vgl. lethich leid vgl. lƝth leith vgl. lƝth lƝp schlecht 359 lessa kleiner, weniger 337 lest, last sup. letzt 344 let spät 344 lettera, latera comp. später, folgender 344 lƝth, lƝd, leith, leid leidig 336 lethich, ledich, lƝch ledig, frei von 371 liƗcht hell, licht 364 liƗf lieb 361 licht leicht 357 liech vgl. lƝch lƯk gleich 367 lƯtik, littik, luttik, lutz, lytz klein 353 littik vgl. lƯtik lofter vgl. lufter long vgl. lang lufter, lofter link 372 luttik vgl. lƯtik lutz vgl. lƯtik lytz vgl. lƯtik

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Index

mal verrückt 382 manich-, menichfald vielfältig 193 mƗr, mƗr(r)a, mƝ(r) größer, mehr 379 mar(r)a vgl. mƗr mƗst, mƝst meist 379 medde vgl. midde -mƝde vgl. unemƝde meger mager 375 mƝn falsch 378 mƝne (all)gemein 378 menichfald vgl. manichmƝ(r) vgl. mƗr mƝre beliebt 391 mƝst vgl. mƗst met mäßig 392 midde, medde mittlere 384 middel mittlere 386 milde barmherzig, gnädig 389 min wenig 393 min(ne)ra kleiner, jünger 393 mis(-) miß-, fehl 394 molk milchgebend 390 Morck vgl. Murck Murck, Morck sump¿ges Fließgewässer (FlN) 400 naked, naken(d) nackt 405 naken(d) vgl. naked nare unheimlich 406 nau knapp, kaum 283 nei nahe 409 neiltiǀster vgl. niewilthiǀster neiltinjster vgl. niewilthiǀster nette nützlich 420 nevilkald nebelkalt 416 nƯ(e) neu 413 niewilthiǀster, neiltiǀster, -tinjster nebel¿nster 416 nǀch vgl. anǀch onbritsen unversehrt 147 onfenze, one¿nze ergreifbar 196 onjǀwen ungleich 182; vgl. even onlƝch vgl. onledich

onledich, onlƝch nicht frei 372 onwad, onwed(de), unwad undurchwatbar 581 onwed(de) vgl. onwad onwƝne unvermutet 600 quƗd böse, schlecht 331 quik lebend 333 rƗd rot 424 rƝ roh 290 rƝd(e) bereit 422 rein(e) vgl. rƝn rekin in guter Ordnung 431 rƝn, rein(e) rein 288 rengh schnell 432; vgl. ring rƯk(e) reich 434 ring gering 432; vgl. rengh riocht vgl. riucht rƯp reif 430 riucht, riocht recht 426 rosk rasch 440 rnjch rauh 437 rnjm ungehindert 438 saft vgl. seft salt, sƗut salzig 445 sƗut vgl. salt seft, saft mild 447 sƝr schmerzhaft 443 siƗk krank 457 sib, sibbe verwandt 450 sibbe vgl. sib sin- beständig, in sinena, sinkele 454 skalkbƝr schalkhaft 122 skamel arm 461 skƗn- schräg, in skƗnwƯs in schräger Weise 467 skarp vgl. skerp skƝne schön 468 skƝre frischweg, eifrig 473 skerp, skarp scharf 465 skƯr vollwertig (Münze) 470 skort m. Streit 480

Index sliocht vgl. sliucht sliucht, sliocht schlicht, einfach 484 smal vgl. smel smel, smal, smol klein, schmal 489 smol vgl. smel snel schnell 497 sǀl f. Wasserlauf 527 sond, sund, sǀun(d) gesund 538 sǀth n. Erfüllung einer VerpÀichtung 450 sǀun(d) vgl. sond stalle fest 499 star(e)blind partiell blind 136, 504 stark vgl. sterk stƝd(e) fest, beständig 507 sterk, stark stark 501 1 stiƗp-, stiep- Stief- in stiƗpfather, stiepdochter usw. 512 2 stiƗp- hochragend in stiƗpsine f. Hochsehne 513 stƯf, stƯwe entschlossen 508 stille still 509 stolt, stǀut stolz 522 stom vgl. stum stǀr viel 515 stǀut vgl. stolt strang vgl. streng streng, string, strang streng 517 strikhalt lahm, so daß der Fuß am Boden schleift 263 string, vgl. streng stum, stom stumm, dumm 524 sund vgl. sond snjre hart, unerbittlich 527 swart, swert schwarz 530 swƝr schwer 533 swert vgl. swart swƝs verwandt 534 swƝt(e) süß 536 swƯde vgl. swƯthe swƯth arg, schlimm 532 swƯthe, swƯde heftig, sehr 532 swommel streunend 538

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talle vgl. tel tam zahm 543 tƝder zart, schwach 558 tel, telle, talle schnell 541 tƝma swv. entleeren 552 tergen pl. moorige Grundstücke (in FlN) 561 therf derb, hart, heftig 566 thicht, ticht dicht 565 thionker vgl. dionker thiǀster(e), tiǀster, tinjster dunkel 567 thiuk dick 562 thurre dürr, verdorrt 574 thwers, twers quer 575 ticht vgl. thicht til passend 551 tilbƝr beweglich 122 tiǀd, tyoed schlecht 548 tiǀster vgl. thiǀster(e) tinjster vgl. thiǀster(e) trƝch träge 553 trind rund 554 trinj vgl. trouw(e) trouw(e), trinj treu 555 tnjster dunkel 567 twang drückend 575 twers vgl. thwers twifald zweifach 193 tyoed vgl. tiǀd undƝvelƯke elend 165 unemƝde ohne Zustimmung 377 unwad vgl. onwad, -wad unwald unfreiwillig 584 unwille unfreiwillig 597 -wad, -wed(de) durchwatbar 581, in onwad, -wed(de), unwad wƗk weich 582 wakker wachsam 583 wal, wƗl vgl. wel -wald vgl. unwald wan- mangelnd, un-, nicht- 585

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Index

wanfel(le)-, -fellich, -fallich blutunterlaufen 588 wankel schwankend 587 -ward, -werd -wärts, in njteward, sƝwerd usw. 588 warm warm 589 wƝden, wƝdan, wƝdin blau 141 wel, wƝl, wal, wƗl, wil, wol wohl 235 -wƝne zu hoffen 600; vgl. onwƝne wen(ne)ster vgl. winster wƝr, wier wahr 602 1 -werd vgl. –ward 2 werd, wird wert 604 wƝt naß 607 wƯa swv. weihen 593 wƯd weit 608

wier vgl. wƝr wil vgl. wel wilde wilde 598 -wille vgl. unwille winster, winstera, winn(e)stera, win(ni)stra, wen(ne)ster link 601 wirch müde 398 wird vgl. werd wirst schlimmst 606 wis gewiß 610 wƯs weise 593 wƯt vgl. hwƯt wƯt(i)gia swv. weissagen 596 wol vgl. wel wǀst wüst 613 wrƝd vgl. wrƝth wrƝth, wrƝd schlimm, böse 615

Index

3.0. INSELNORDFRIESISCH 3.1. Frühes Föhring-Amring (ca. a. 1600)

3.2. Föhring-Amring

ärig arg, böse 106 arm arm 108 bäder* besser 116 bast best 116 fäst, fest fest 199 fest vgl. fäst gratt groß 238 gudd gut 232 hal gerne 261 hehr m. Herr 256 hiel ganz 252 ianfuhlig einfältig 193 idjel, ydjel rein, lauter 297 jung* jung 299 jür* teuer 162 lang lange 340 leff lieb 361 lehst letzt 344 liadh leid 336 lotter lauter, rein 282 lyck* gleich 367 naach genug 417 natt nütze 420 nay* nahe 409 ney neu 413 rick* reich 434 rian rein 288 rocht recht 426 starck stark 501 sündj* gesund 538 trauw treu 555 waß sicher, gewiß 610 weer wahr 602 wehrt wert 604 well wohl 235 ydjel vgl. idjel

ääder früh 183 aarem, arem arm 108 arem vgl. aarem auerlu(u)f überdrüssig 346 baast best 116 bater bitter 126 beeder besser 116 beer- bar, in beerfetet barfuß 120 bister aufgeregt 123 blä blau 140 bliak, bliik bleich 127 bliar vgl. bliis blich schüchtern 138 bliid vgl. bliis bliik vgl. bliak bliil vgl. bliis bliis, bliid, bliil, bliar froh 134 blinj blind 136 bluat bloß 131 bol stumpf 149 bot schroff 150 briad breit 144 brün braun 148 daaring f. Morgengrauen 255 deger zerbrechlich 164 dol zornig 178 dom dumm 174 dööwe swv. vergeßlich sein 172 drech ergiebig 166 drüg trocken 168 duad tot 155 duuf taub 154 eeben offen 578 eewen eben 181 enooch, nooch genug 417 ewel übel 577

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642 fäächt, feecht m. Schafvlies 185 faanj übertrieben freundlich 187 faa(r)sk nicht salzig, fade 213 fääst, feest fest 199 fäät, feet, fet fett 191 fai dem Tode geweiht 187 feecht m. vgl. fäächt feer nicht trächtig 196 feest vgl. fääst feet vgl. fäät fet vgl. fäät Àag Àügge 203 Àoot Àott; überschwemmt 204 fol voll 217 frei frei 210 -fualig -fältig 193 fül schmutzig 215 fu(u)ch ängstlich 189 gast keine Milch gebend 246 giisen bleich im Gesicht 220 glääd, gleed glatt 229 gleed vgl. glääd grä grau 243 grat groß 238 green grün 244 groom m. Gram 236 gud gut 232 haabel habgierig 249 ? haal seicht, niedrig 263 haalt lahm 263 häästig, -ag, heestig hastig 250 hal, hol gerne 261 hän vgl. hen hard hart 268 harem böse 270 heemel* abgestumpft (in FlN) 265 heere swv. dengeln 271 heestig vgl. häästig hen, hän schmächtig 266 hial heil 252 hiar m. Herr 256 hiat heiß 258

Index hol vgl. hal hool hohl 291 hualew halb 260 huan beschämend 275 huas(k) heiser 257 huuch hoch 272 ianfualig einfältig 193 iarig arg, böse 106 ias öde 112 jip tief 160 jong jung 299 jonk dunkel 157 jüür teuer 162 kaal kahl 307 kiaf unangenehm 302 kiar wählerisch 310 klian dünn, schmächtig 312 klong klamm 316 kloom, kluum klamm 314 kluk klug 315 kluum vgl. kloom koonk, köönk wählerisch 308 köönk vgl. koonk kren wehleidig 322 krüm krumm 326 krüs aufrecht 327 krüüs kraus 327 kuad böse, schlecht 331 kual schnell, plötzlich 304 kul vgl. kuul kuul, kul kalt 318 laacht hell, licht 364 lääk, leek, lek leck 356 laask leicht 344 lacht leicht 357 lacht(er) link 372 lasep lispelnd; mit leiser Stimme 612 leed spät 344 leek vgl. lääk leelig vgl. leesig

Index leesig, -ag, leelig leer 371 leetst vgl. letst leew vgl. lef lef, leew lieb 361 lei lau 278 lek vgl. lääk lenig biegsam, schlaff 369 lensköör f. glatter Schnitt (Ohrmarke) 369 letj klein 353 letst, leetst sup. letzt 344 liach, liich niedrig 351 lias leid 336 liich vgl. liach lik gerade 367 loom lahm 338 luas los 348 lük- lau, in lükluuwen windstill 280 lung lang 340 maager mager 375 maalig, -ag spaßhaft 383 määk, meek, mek zahm 381 mad- mittlere, in madnaacht, madfääst-, -feest usw. 384 mad adv. inmitten von, präp. zwischen 384 madel-, medel- mittlere, in madelbualk, Medelsünj usw. 386 madelst mittlere 386 maner minder, kleiner 393 mas(-) miß-, fehl 394 medel- vgl. madelmeek vgl. määk mek vgl. määk melk Milch gebend 390 1 mian falsch 378 2 mian- öffentlich, in mianbicht öffentliche Beichte 378 miast meist 380 mil vgl. milj milj, mil mild 389 mörig mürbe 403 muar mehr 380

naagelt nackt 405 naar, nor eng 406 nääsk, neesk zart, weich 282 nai, noi nah(e) 409 nat nütze 420 nau, naw eng, sorgfältig 283 naw vgl. nau nedel stößig 285 neem habgierig, geizig 412 neesk vgl. nääsk nei neu 413 noi vgl. nai nooch vgl. enooch nor vgl. naar ongelk unangenehm 105 ongi swv. ängstigen 105 rä roh 290 rääs scharf (Messer) 424 rian rein 288 riiw reichlich; freigebig 429 rik reich 434 ring gering, schlecht 432 rip reif 430 rocht recht 426 röög vgl. rüch ruad rot 424 rüch, röög rauh 437 rüm geräumig 438 ru(u)tre swv. toben 436 saal gewöhnlich; dunkelfarbig 447 saalt salzig 445 sacht vgl. tacht san vgl. tan Sanlun FlN 454 schau, schaw scheu, bange 474 schaw vgl. schau schüün, sjüün n. Erscheinung 451 sek, seg an Durchfall leidend 458 seraw adj. vgl. terew seraw n. vgl. terig siar wund 443

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Index

siarkren wehleidig 322 sidj lang herabhängend 453 sjip- vgl. stjipsjok vgl. tjok sjüün vgl. schüün skarep scharf 465 skedel kotbeschmutzt (Vieh) 475 skelig, -ag schielend 472 skiaf schief 460 skian hell, klar, sauber 468 skiir, skir schier 470 skir vgl. skiir sköödlig, -ag habgierig 482 skoonk häßlich 462 skort swv. mangeln 481 skregel schreckhaft 478 skürew räudig 479 slok ausgeleiert, niedergeschlagen 488 slüf abgeschrägt 485 slük schlaff 488 smääl, smeel schmal 489 smän vgl. smen smeel vgl. smääl smen, smän f. Pfeifente 491 snuas kurz abgemäht 496 söl f.(n.) Salzlake 527 sör vgl. süür stäärblinj am Star erkrankt 504 stal still 509 stark stark 501 stif steif 508 stjip-, sjip- Stief-, in stjip-, sjipmam f. ‘Stiefmutter’ etc. 512 stolt stolz 522 stom stumm 524 stomp stumpf 525 stont kurz (Kleidung) 526 stöönk faul (Ei) 500 striam kerzengerade 517 string streng 517 stüf abweisend, schroff 520 suart schwarz 530 sünj gesund 538 sür vgl. süür

suum befangen, schüchtern 497 süür, sür, sör sauer 527 swäär(s) vgl. twäär(s) swet süß 536 swol schwül 535 taalt unsicher stehend 543 tacht, sacht dicht 565 tai zäh 545 tan, san dünn 573 terew, seraw fade 566 terig, seraw n. Moorerde 561 tjok, sjok dick 562 toom zahm 543 trai träge 553 traal, tral drall 568 trau, traw treu 555 traw vgl. trau trinj rund 554 trong bang 570 tuch zäh 545 twäär, swäär quer 575 twäärs, swäärs quer, eigensinnig 575 ual alt 103 ünsaacht uneins 443 ünstjüür unlenkbar 514 waaker, woker wacker, Àink 583 wää(r)s, wäärt wert 604 wäärt vgl. wää(r)s waat, wot rüstig 294 warem warm 589 was gewiß 610 1 wel wohl 235 2 wel welk 596 wen gewohnt 621 wenster link 601 wiar wahr 602 wiat naß 607 widj weit 608 wil vgl. wilj wilj, wil wild 598 wis weise 593

Index witj weiß 294 wok weich 582 woker vgl. waaker won-, woon- miß- 585 woon vgl. wonwot vgl. waat wriak beschädigt; verwildert 618 wriansk brünstig (Pferd) 614 wrias zornig 615 wünj wund 621

3.3. Helgoländisch

faarsk frisch 213 fai todbringend 187 fast fest 199 fat fett 191 Àot Àott, schwimmend 204 fol voll 217 frai frei 210 fül zotig, unanständig 215 glaad glatt 229 green grün 244 gri grau 243 gud gut 233 gurt groß 238

aarem arm 109 bast best 116 beeter besser 116 *-beer- bar, in plaperfutelt barfuß 120 beteri bitter 126 bisterk häßlich, böse 124 bleak bleich 127 bli blau 140 blich schüchtern 138 bliid froh, freundlich 134 blin blind 136 blooat bloß 131 bot schroff 150 bread breit 144 brens braun 148 djiir teuer 162 djong, jong jung 299 djunk dunkel 157 djüp tief 160 doarung f. Dämmerung 255 dom dumm 174 dooad tot 155 dooaf taub 154 driig trocken 168 eder früh 183 eepen offen 578 enuch, nuch genug 418

har hart 268 heat heiß 258 -hiaar m. Herr 256; vgl. kark(h)iiar hol hohl 291 hoog hoch 272 huaach bange 189 huaask heiser 257 hualow halb 260 iaari arg 106 iiben vgl. iiwen iiwen, iiben eben 181 jong vgl. djong kark(h)iiar m. Pastor 256; vgl. -hiiar keaf(k) fest (Fleisch); kernig 302 klam klamm, feucht 314 koal kahl 307 krüm krumm 326 krüs kraus 327 kuul kalt 318 lak leck 356 lead leid 336 leäst sup. letzt 344 lech leicht 357 ledi leer 371 leet spät 344

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Index

left link 372 leni windgeschützt 369 letj klein 353 lif lieb 361 lik gleich, gerade 367 lom lahm 338 looam weich, mollig 347 -looas -los (in Komposita) 348 lung lang 340 lüter lauter 282 meast meist 380 med- mittlere, in medai, mednoacht usw. 384 medel mittlere 386 meed müde 397 mener schlechter 393 meri mürbe 403 mes- miß- 395 mil milde 389 moager mager 375 moal eingebildet; unartig 382 mooar mehr 380 nai nah(e) 409 nai neu 413 neäsk mollig weich 283 noakelt nackt 405 noor eng 406 nuch vgl. enuch 1 2

ool alt 103 plaperfutelt vgl. *beerri roh 290 rich rauh 437 riin rein 288 rik reich 434 rip reif 430

rooad rot 424 rüm geräumig 439 sear wund 443 seed n. Mittagsportion 442 sid tief herabhängend 453 siir sauer 527 sin gesund 539 skarp scharf 465 skeaf schief 460 skiir frisch 470 soalt salzig 445 stark stark 501 stel still 509 stom stumm 524 stomp stumpf 525 stüf steif 508 suaart schwarz 530 swet süß 536 tam zahm 543 tech dicht 565 ten dünn 573 tjok dick 563 trong verdorben 570 tuch zäh 545 waarem warm 589 weat naß 607 wel wohl 235 wes gewiß 610 wid weit 608 wis gewiß, sicher 593 wit weiß 294 wok weich 582 wort wert 604 wreak beschädigt 618 wül wild 598 würi müde 398 wuunt gewohnt 620

Index 3.4. Syltring Ɨrig arg 106 Ɨrem arm 109 aurlof überdrüssig 346 bääst best 116 beeter besser 116 beter bitter 126 bister erzürnt 123 bi-uun gewohnt 620 bliid vgl. bliir bliiÿ vgl. bliir bliir, bliid, bliiÿ froh 134 blinj blind 136 blö blau 140 bluat bloß 131 blüch schüchtern 138 bot schroff, stumpf 150 breed vgl. breer breer, breed breit 144 brün braun 148 diip tief 160 doov taub 154 dööwi swv. geistesabwesend sein 172 drech ergiebig 166 drüch trocken 168 duar tot 155 dum dumm 174 eeÿer früh 183 fää(r)sk ungesalzen 213 fai dem Tode geweiht 187 fast fest 199 fat fett 191 ¿ar nicht trächtig 196 Àot Àott, treibend 204 fol voll 217 frii frei 210 -fualig -fältig 193 fül schmutzig 215

gest keine Milch gebend 246 giisen bleich im Gesicht 220 glääd vgl. gläär gläär, glääd glatt 229 gre grau 243 green grün 244 gud vgl. gur gur, gud gut 233 gurt groß 238 hƗremi swv. riechen 270 hart hart 268 hastig eilig 250 hiari swv. dengeln 271 hiil heil 252 hiir m. Herr 256 hiit heiß 258 1 hol gerne 261 2 hol hohl 291 hoog hoch 272 hualev halb 260 huas(k) heiser 257 iipen offen 578 iir öde 112 iiwen eben 181 inoch, noch genug 418 jaav beliebt 227 jenfualig einfältig 193 jung jung 299 junk dunkel 157 jüür teuer 162 kaal kahl 307 klam feucht, klamm 314 kliin dünn, schmächtig 312 kreenk swv. kränken 321 kren wund 322 krüm krumm 326 kual g. Wechsel¿eber 304 kuul kalt 318 kwek lebendig 333

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Index

läächt hell, licht 364 lak leck 356 lam lahm 338 lecht leicht 357 ledig vgl. lerig leest sup. letzt 345 leet spät 345 lef lieb 361 left link 372 lenig biegsam, geschmeidig 369 lerig, ledig leer 371 lii lau 278 liig niedrig 351 liir leid 336 lik gleich, gerade 367 litj klein 353 loom klamm, feucht 347 luas los 348 lük- lau, in lükluuwen windstill 280 lung lang (zeitlich); lange 340 lüng lang (räumlich) 340 lüter lauter 282 maager mager 375 mak zahm 381 mal zornig 382 med- mittlere in medinj, medsomer usw. 384 mener weniger 393 mer adv. inmitten von, präp. inmitten 384 merel- mittlere, in mereldüür, merelforig usw. 386 merelst mittlere 386 mes(-) verkehrt, miß- 395 miin- falsch, in miiniir Meineid 378 miist meist 380 milj milde 389 muar mehr 380 naaken nackt 405 naar eng 406 nääsk zart, weich 283 nai nahe 409 nau karg, geizig 283

nii neu 413 noch vgl. inoch re roh 290 riin rein 288 riiv freigebig 429 rik reich 434 ring gering, schwach 432 rip reif 430 rocht recht 426 ruar, ruad rot 424 rüch rauh 437 rüm geräumig 439 sääft sanft 447 saalt salzig 445 siir wund 443 sir, sid tief herabhängend 453 sjüün n. Erscheinung 451 skaank häßlich 462 skarp scharf 465 skerlig an Durchfall leidend (Vieh) 475 skiin blank, hübsch 468 skiir schier 470 skort swv. mangeln 481 sküüv schief 460 slocht schlicht 484 slok niedergeschlagen 488 slüf abgeschrägt 485 smääl schmal 489 smjen Pfeifente 491 snuar, snuad gescheit 496 stark stark 501 stel still 509 stiarblinj kurzsichtig 504 stiip- Stief-, in stiipaalern, -jungen etc. 512 stolt stolz 522 stönt kurz (Kleidung) 526 strääng streng 517 stüf steif 508 stum stumm 524 stump stumpf 525 sün gesund 539 süür sauer 527

Index suurt schwarz 530 swet süß 536 taalt unsicher stehend 543 tai zäh 545 tam zahm 543 tƗrev ungesäuert (Brot) 566 techt dicht 565 tem swv. entleeren 552 ten dünn 573 tjuk dick 563 toch zäh 545 trinj rund 554 trung beklommen 570 truu treu 555

ual alt 103 ünsaacht uneins 443 uun gewohnt 620 wäärt wert 604 wƗrem warm 589 wel wohl 235 wes gewiß 610 wid vgl. wir wiit naß 607 wilj wild 598 wir, wid weit 609 wis weise 593 wit weiß 294 wreeÿ vgl. wreer wreer, wreeÿ zornig 615 wuk weich 582

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Index

4.0. FESTLANDNORDFRIESISCH 4.1. Bökingharder ääm, im offen 578 äimkräim schmerzemp¿ndlich 322 äiwen gleichmäßig 181 ärj böse, schlimm 106 bääder besser 117 bater bitter 126 beer- bar, in beerfätjet barfuß 120 beest best 117 bister verwirrt 123 blees froh 134 bliik bleich 127 blin blind 136 blöög vgl. blüch blüch, blöög schüchtern 138 blüütj bloß 131 briidj breit 144 brün braun 148 bul stumpf 149 but stumpf, schroff 150 deeringe m. Morgengrauen 255 diip tief 160 doowe swv. geistesabwesend sein 172 driich anhaltend; ergiebig 166 dröög trocken 168 dul schlimm 178 dum dumm 174 düüdj tot 155 duuf taub 154 eeder früh 183 eenhärnge m. Dämmerung 255 eerm arm 109 enooch, nooch genug 418 fäär stark, kräftig 206 fåcht m. Schafvlies 185 fåt fett 191 ¿i dem Verderben geweiht 188

fjarsch ungesalzen 213 Àut Àott (Schiff) 204 for nicht trächtig 196 ful voll 217 fül schmutzig; verdorben 215 fuuch bange 189 -füülji- -fältig 193 gåår gar 226 gååst f. Geest 224 geest keine Milch gebend 246 gliidj glatt, schlüpfrig 231 gödj gut 233 gra grau 243 gräin grün 244 groon seicht 237 grut groß 238 hååre swv. dengeln 271 håder heiter 249 häil dünn, abgenutzt 276 hål gerne 261 hålt lahm 263 hard hart 268 hiil(j) heil 252 hiinj schlecht 266 hiire m. Herr 256 hiirem derb 270 hiitj heiß 258 hool hohl 291 huuch hoch 272 huulew halb 260 hüünj beschämend 275 hüüs, hüüsk heiser 257 hüüsk vgl. hüüs iinjfüülji einfältig 193 im vgl. ääm jåcht hell, licht 364 jäiw ergiebig; haltbar 227 jöör teuer 162

Index jung jung 299 junk dunkel 157 kåål kahl 307 käim emp¿ndlich; schön 329 kiif langweilig; überdrüssig 302 kiir wählerisch 310 kil kitzelig 311 kliin zierlich, schmächtig 312 klök klug 315 kluum klamm 314 kölj, koul kalt 318 koul vgl. kölj -kräim vgl. äimkräim kriis keck; gesund 325 krüm krumm 326 krunk krank 320 krüs kraus 327 kweek vgl. tweek läädi leer 371 laani biegsam 369 lääs spät 345 lacht leicht 357 lai lauwarm 278 läich niedrig 351 latj klein 353 leeft link 372 leest sup. letzt 345 liif lieb 361 liis leid 336 lik gerade, gleich 367 loom lahm 338 lung lang 340 luum gleichgültig; träge 347 lüüs, luus(e) los 348 luus(e) vgl. lüüs määger mager 375 måål verrückt; böse 382 mååst meist 380 mad- mittlere, in madnåcht, madunerne usw. 384 mad adv. mitten 384

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made präp. zwischen, unter 384 madel- mittlere, in madelschot, madelsliik usw. 386 madelst mittlere 387 mäl(j)k Milch gebend 390 maner kleiner 393 mas- miß- 395 meek zahm 381 mil milde 389 mör mehr 380 möri mürbe 403 nåågel(t) nackt 405 nåår eng 406 nai neu 413 näi nah(e) 409 nal stößig 285 ? nätj naß 408 nau genau, knauserig 283 neesch zart 283 neete swv. benetzen 408 njööl schwerfällig, heftig 416 njüt nützlich 414 nooch vgl. enooch ra roh 290 räng schwach 432 1 reed undicht (Faß) 286 2 reed eilig 289 riin rein 288 rik reich 434 rip reif 430 röög vgl. rüch rüch, röög rauh 437 rucht recht 426 rüm geräumig 439 rüüdj rot 424 sacht, seecht seicht 456 sålt salzig 445 schäär, schir schier 470 schal an Durchfall leidend (Vieh) 475 scharp scharf 465 scheeli schielend 472

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Index

schiif schief 460 schir vgl. schäär schöönlik sichtbar 451 schriidj dünn wachsend 476 schucht, slucht schlicht 484 schul mundfertig; alkoholsüchtig 482 seecht vgl. sacht seeft sanft 447 siir wund 443 sid lang herabhängend 453 slucht vgl. schucht sluk schlaff, locker 488 sluup lose, locker 483 smeel schmal 489 smün f. Pfeifente 491 snuus vgl. snüüs snüüs, snuus sauber, adrett 496 sör sauer 527 stal still 509 stark stark 501 stif, stiw steif 508 stiw vgl. stif stjåp- Stief-, in stjåpålerne, -brouder etc. 512 string vgl. sträng sträng, string streng 518 stroom, struum stramm 516 struum vgl. stroom stult stolz 522 stum stumm 524 stump kurz (Kleidung) 525 sün gesund 539 sung angebrannt 448 suurt schwarz 530 swätj süß 536

träi ungerne 553 trål fest gedreht 568 trin rund 554 trou treu 556 trüf gesund, kräftig 572 trung ängstlich 570 twar, twas quer, eigensinnig 575 twas vgl. twar tweek, kweek zart; schwach 330 unglik ängstlich 105 ünsåcht uneins 443 uuk weich 582 üülj alt 103 waane gewohnt 621 wäär wahr 602 wal welk 596 wälj wohl 235 wätj naß 607 was gewiß 610 ween blau 141 wid weit 609 wiiker wacker 583 wil wild 598 wis weise 594 wit weiß 295 wjart wert 604 woon- miß-, un-, ent- 586 wraawel brünstig (Schaf) 619 wriinsch brünstig (Pferd) 614 wriis zornig 615 wurm warm 589

4.2. Halligfriesisch tacht dicht 565 täi zäh 545 tåltri unsicher (Gang) 543 teen dünn 573 teeri n. Moorerde 561 tjuk dick 563 toog zäh 545 toom zahm 544

ääben offen 578 äärm vgl. eerm bater bitter 126 beer besser 117 2 beer- bar, in beerfeet barfuß 120 beest best 117 1

Index bister verwirrt 123 bjuch schüchtern 138 blää froh 134 bliak bleich 127 blin blind 136 bluat bloß 131 bol stumpf 149 bot stumpf, schroff 150 briad breit 144 brun braun 148 diip tief 160 dom dumm 174 driich lange vorhaltend 166 druch trocken 168 duad tot 155 duuf taub 154 eävel n. Übel 577 eeder früh 183 eerg arg 106 eerm, äärm arm 109 eewenst soeben 181 enooch, nooch genug 418 faacht Schafvlies 185 fäi dem Tode verfallen 188 faot, fat fett 191 fat vgl. faot ferheere swv. verspotten 271 Àoot Àott, treibend 204 fol voll 217 foor nicht trächtig 196 frai frei 210 ful moralisch schlecht 215 fuuch ängstlich 189 gaost Geest 224 geest keine Milch gebend 246 gööd gut 233 goor gar 226 grai grau 243 green grün 244 grot groß 238

hååre swv. dengeln 271 haol gerne 261 haolt lahm 263 hard hart 268 heerm böse, aufgebracht 270 hial heil 252 hiat heiß 258 hiire m. Herr 256 hool hohl 291 hualew halb 260 huask, huhs heiser 257 huhs vgl. huask huuch hoch 272 ia öde 112 jaacht hell 364 jong jung 299 jonk dunkel 157 jur teuer 162 kaol kahl 307 kiaf überdrüssig 302 kiir wählerisch 310 klian dünn 312 klöök klug 315 kööl kalt 318 kronk krank 320 krum krumm 326 krus kraus 327 lää, läi spät 345 lääch leer 371 lacht leicht 357 lai lauwarm 278 läi vgl. lää leech niedrig 351 leeft link 372 leest sup. letzt 345 leitj, litj klein 353 leni geschmeidig, biegsam 369 lia leid 336 liif lieb 361 lik gerade 367

653

654

Index

litj vgl. leitj long lang 340 loom lahm 338 luas los 348 luum locker gesponnen; aufgeweicht 347

rocht recht 426 rong verkehrt 617 ruad rot 424 ruch rauh 437 rum geräumig 439

ma(a)d- mittlere, in maadi, madeen usw. 384 maade adv. mitten, präp. unter 384 määger mager 375 mad- vgl. ma(a)dman wenig 393 maol böse 382 maost meist 380 mas- miß- 395 meek zahm 381 meel locker (Erde) 398 meelk Milch gebend 390 mil milde 389 mor mehr 380 mur mürbe 403

saolt salzig 445 schaap- Stief-, in schaapbaabe, -mem etc. 512 schmönn [f.] Pfeifente 491 schocht schlicht 484 seeft sanft 447 sid lang herabhängend 453 siir wund 443 slok schlaff, locker 488 skarp scharf 465 skiif schief 460 skir frisch 470 smeel schmal 489 song angebrannt 448 sta(a)l still 509 stark stark 502 stif steif 508 stolt stolz 522 stom stumm 524 stomp stumpf 525 striang streng 518 stroom erstarrt (vor Kälte) 516 sun gesund 539 sur sauer 527 süürt schwarz 530 swiit süß 536

nää vgl. 1nai naagelt nackt 405 nädli stößig (Rind) 285 1 nai, nää nah(e) 409 2 nai neu 413 nau scharf, deutlich 283 neesk zart, weich 283 neet nütze 420 njot nützlich 414 nooch vgl. enooch noor eng 406 onglik ekelhaft 105 rai roh 290 räng kränklich 432 ree, reed durch Sonne undicht geworden 286 reed vgl. ree rian rein 288 rik reich 434 rip reif 430

tään dünn 573 tacht dicht 565 taolt unsicher stehend 543 tjok dick 563 töög zäh 545 toom zahm 544 traol fest gedreht 568 trau treu 556 trin rund 554 trong bange 570 truf rüstig 572

Index ual alt 103 unsaacht uneins 443 üük weich 582

brün braun 148 bul stumpf 149 but stumpf, schroff 151

wäär vgl. weer was gewiß 610 weeden blau 141 weel, wil wohl 235 weer, wäär wahr 602 weert wert 604 weet naß 607 wid weit 609 1 wil vgl. weel 2 wil wild 598 wis weise 594 wit weiß 295 wone gewohnt 620 woon- miß- 586 woorm warm 589 wreek n. Wrack 616

diip tief 160 djör, jör teuer 162 djunk, junk dunkel 157 doowe swv. toben 172 driich lange vorhaltend 166 dröög, drüüch trocken 169 drüüch vgl. dröög dul zornig 178 dum dumm 174 düüdj tot 155 duuf taub 154

4.3. Karrharder ääben, ääm, äämen offen 578 ääm(en) vgl. ääben äänhärnge m. Abenddämmerung 255 ääwen eben 181 äirch, eeri arg 106 äirm arm 109 bääðer, bäärer besser 117 bäärer vgl. bääðer bater bitter 126 beer- bar, in beerfötjed barfuß 120 beest best 117 bister wütend 123 blees, bliir froh 134 bliik bleich 127 bliir vgl. blees blin blind 136 blöch vgl. blüch blüch, blöch schüchtern 138 briidj breit 144

eeder früh 183 eeri vgl. äirch enooch, nooch genug 418 fåår nicht trächtig 196 fäir rüstig 206 fåt fett 191 feersk frisch; ungesalzen 213 ¿i dem Tode verfallen 188 Àoot Àott (Schiff) 204 fööl, fül schmutzig 215 ful voll 217 fül vgl. fööl fuuch bange 189 -füülji -fältig 193, vgl. iinfüülji gåår gar 226 gååst [f.] Geest 224 geest keine Milch gebend 246 giel geil 219 gliidj schlüpfrig 231 gödj gut 233 grä grau 243 gräin grün 244 groon seicht 237 grot groß 238

655

656 håål gerne 261 hååre swv. dengeln 271 håder heiter 249 häil undicht gewebt 276 hålt lahm 263 hard hart 268 heerm ärgerlich 270 hiil heil 252 hiin(j) gering, schlecht 266 hiire m. Herr 256 hiitj heiß 258 hool hohl 291 huuch hoch 273 huul(e)w halb 260 hüüs heiser 257 iinfüülji einfältig 193 jahgt hell 364 jäif gesucht, begehrt 227 jör vgl. djör jung jung 299 junk vgl. djunk kåål kahl 307 käim emp¿ndlich, schön 329 kiif schlimm; überdrüssig 302 kiir wählerisch 310 kliin zierlich, schmächtig 312 klöuk klug 315 kluum feucht, klamm 314 köil kalt 318 kroonk vgl. krunk krösz kraus 327 krüm krumm 326 krunk, kroonk krank 320 kweek schwächlich 330 kwek beweglich 334 läär, leer spät 345 lääri leer 371 lacht leicht 357 lai lauwarm 278 läich niedrig 351

Index leeft link 372 leer vgl. läär leest sup. letzt 345 leitj klein 353 leni geschmeidig 369 liif lieb 361 lik gerade, gleich 367 lisz leid, überdrüssig 336 loom, luum lahm 338 lung lang 340 luum locker, lose 347; vgl. auch loom luus, lüüs los 348 lüüs vgl. luus mååger vgl. määger määger, mååger mager 375 måål böse 382 mååst meist 380 mad- mittlere, in madwunter, madålerk usw. 384 mad adv. mitten 385 made präp. unter 385 män wenig 393 mas(-) miß-, fehl 395 meek zahm 381 meelk, moolk keine Milch gebend 390 miidj gemächlich 376 mil milde 389 moolk vgl. meelk mor mehr 380 möri mürbe 403 nåågelt nackt 405 nåår eng 406 nai neu 413 näi nah(e) 409 näl zum Stoßen mit den Hörnern neigend 285 nau knapp, sparsam 283 neesk zart 283 njöt nütze 414 njül sehr groß 416 nooch vgl. enooch

Index rä roh 290 reed undicht 286 riin rein 288 rik reich 434 ring klein, gering 433 rip reif 430 rocht recht 426 rüch rauh 437 rüm geräumig 439 rüüdj rot 424 säift vgl. seeft sålt salzig 445 schucht schlicht 484 seeft, säift sanft 447 sid lang herabhängend 453 siir wund 443 sluk schlaff, locker 488 skäl an Durchfall leidend (Vieh) 475 skär, skir rein 470 skarp scharf 465 skeeli schielend 472 skiif schief 460 skir vgl. skär skool alkoholsüchtig 482 skriidj dünn wachsend 476 smeel schmal 489 smün f. Pfeifente 491 snüüs nett; adrett 496 sör sauer 527 stal still 509 stark stark 502 stif steif 508 stjåp- Stief-, in stjåpbeerne, -teete etc. 512 string streng 518 stult stolz 522 stum stumm 524 stump stumpf 525 sün gesund 539 sung angebrannt 448 suurt schwarz 530 swäitj süß 536

657

tåål Àink, schnell 541 tååm zahm 544 tacht dicht 565 täi zäh 545 täime swv. einen Wagen entleeren 552 teen dünn 573 teeri n. Moorerde 561 tjuk dick 563 töouch zäh 545 traal, tral drall 568 trai unwillig 553 tral vgl. traal trin rund 554 trou treu 556 trüf rüstig 572 trung bange; beengt 570 twus quer 575 unglik ängstlich 105 ünsåcht uneins 443 uuk weich 582 üülj alt 103 wäitj naß 607 wäl welk 596 wane gewohnt 621 wårm, wurm, wuurm warm 590 was gewiß 610 ween blau 141 weer wahr 602 weert vgl. wiart wel wohl 235 wiart, weert wert 604 wid weit 609 wiiker wacker, tüchtig 583 wil wild 598 wis weise 594 wit weiß 295 woon- miß-, un- 586 wriinsk brünstig (Pferd) 614 wriir vgl. wriis wriis, wriir zornig 615 wu(u)rm vgl. wårm

658

Index

aaben, aam offen 578 ääder früh 183 aam vgl. aaben äärch arg 106 äärm vgl. eerm

gaar gar 226 gääst keine Milch gebend 246 glääd froh 229 good gut 233 grä grau 243 gråt groß 238 green grün 244

baa(ër) besser 117 baar- bar, in baarfeeted barfuß 120 beest best 117 blee, blees, bler, bliir froh 134 blees vgl. blee bler vgl. blee bliik bleich 127 bliir vgl. blee blin blind 136 bluut bloß, nur 131 briidj breit 144 brün braun 148

haader heiter 249 haal gerne 261 haalt lahm 263 hååre swv. dengeln 271 hard hart 268 hiil heil 252 hiin schlecht 266 hiir m. Herr 256 hiit heiß 258 hool hohl 291 huuch hoch 273 huulw halb 260

diip tief 160 djör, jör teuer 162 djunk, junk dunkel 157 dol zornig 178 driich lange vorhaltend 166 dröög trocken 169 dum dumm 174 duud tot 155 duuf taub 154

jör vgl. djör jung jung 299 junk vgl. djunk

4.4. Mittelgoesharder

eerm, äärm arm 109 enååch, nooch genug 418 faat fett 191 fäi dem Tode verfallen 188 fol voll 217 fööl, fül schmutzig 215 foor nicht trächtig 196 fräi frei 210 fül vgl. fööl fuuch schüchtern 189

kiif langweilig 302 kliin zierlich, schmächtig 312 klook klug 315 kloom klamm, feucht 314 krunk krank 320 krüs kraus 327 kuul kalt 318 laa vgl. laar lääft link 372 laani gelenkig, lose 369 laar, laa spät 345 laari leer 371 lacht leicht 357 lätj klein 353 leech niedrig 351 leest sup. letzt 345 liiw lieb 361 lik gerade, gleich 367

Index long, lung lang 340 lung vgl. long luum locker, lose 347 luus los 348 maager mager 375 määk zahm 381 maal wütend 382 måår mehr 380 mad- mittlere, in madi, madnaacht etc. 385 mad adv. mitten, präp. unter 385 mäner weniger 393 maost meist 380 mas- miß- 395 mil milde 389 mörch mürbe 403 naagelt nackt 405 naar, nåår eng 406 1 nai, näi nah(e) 409 2 nai, näi neu 413 nau knapp, sparsam 283 nooch vgl. enååch rä roh 290 riin rein 288 rik reich 434 ring schlecht 433 rip reif 430 rocht recht 426 rüch rauh 437 rüm geräumig 439 ruud rot 425 saalt salzig 445 schaal lüstern 482 schaap- Stief-, in schaapfoor, -meem etc. 512 schär schier 470 scharp scharf 465 schiif schief 460 schocht schlecht 484 seeft sanft 447

siir weh 443 smääl schmal 489 sör sauer 527 stäl still 509 stark stark 502 stom vgl. stum striing, string streng 518 string vgl. striing stüf steif 508 stum, stom stumm 524 sün, sünd gesund 539 sünd vgl. sün suurt schwarz 530 sweet süß 536 tään dünn 573 täärch n. Moorerde 561 tacht dicht 565 tjok dick 563 tooch zäh 545 traal scharf gedreht 569 trin rund 554 trong, trung bange 570 trou treu 556 trüf rüstig 570 trung vgl. trong twas quer 575 uul alt 103 wään blau 141 wään gewohnt 621 wårm warm 590 was, wäs gewiß 610 weel, wil, wül wohl 235 weer wahr 602 weert wert 604 weet naß 607 wid weit 609 1 wil vgl. weel 2 wil wild 598 wis weise 594 wit weiß 295 wrich erbittert, verärgert 617 1 2

659

660 wuk weich 582 wül vgl. weel

Index eerm arm 109 eewen, äiben eben 181 eewerheere swv. nachäffen 271 enooch, nooch 418

4.5. Nordergoesharder ääben offen 578 äiben vgl. eewen ämenbeer offenbar 122 äwel übel 577 bäär vgl. beer bater bitter 126 1 beer, bäär besser 117 2 beer- bar, in beerfäit barfuß 120 3 -beer -bar 122, vgl. in ämenbeer beersk herbe 114 beest best 117 bister verwirrt 123 blee, bli froh 134 bli vgl. blee bliik bleich 127 blin blind 136 blöch schüchtern 138 bluet bloß 131 bol stumpf 149 briid breit 144 brün braun 148 diip tief 160 djör, jöör teuer 162 dol, dul zornig 178 dom vgl. dum doowe swv. rasen 172 driich lange vorhaltend 166 drüch, drüüg trocken 169 drüüg vgl. drüch dul vgl. dol dum, dom dumm 174 duud tot 155 duuf taub 154 eeder früh 183 eerch vgl. eerj eerj, eerch schlimm 106

faacht m. Schafvlies 185 faat, fåt fett 191 fåt vgl. faat feersck frisch 213 Àägg Àügge 203 Àoot Àott (Schiff) 204 fol vgl. ful fööl, fül moralisch schlecht 215 foor nicht trächtig 196 -fuelich -fältig 193, vgl. yinfuelich ful, fol voll 217 fül vgl. fööl fuuch schüchtern 189 gaar vgl. gåår gåår, gaar gar 226 gaast vgl. gååst gååst, gaast f. Geest 224 geest keine Milch gebend 246 glied glatt 231 goud gut 233 grä grau 243 gräin vgl. green gråt, grot groß 238 green, gräin grün 244 gris grau 240 groom gram 236 grot vgl. gråt haal vgl. hål haalt vgl. hålt haare swv. dengeln 271 håder, hoder heiter 249 hål, haal gerne 261 hålt, haalt lahm 264 hard hart 268 härm böse, aufgebracht 270 hiil heil 252 hiin schlecht 267

Index

661

hiire m. Herr 256 hiit heiß 258 hoder vgl. håder hool hohl 291 hüll hold 293 huuch hoch 273 huulef halb 260

lik gerade, gleich 367 long, lung lang 340 loom, lååm lahm 338 lüdd laut 279 luem locker 347 lung vgl. long luus los 348

iddel lauter 297

määger mager 375 maal vgl. måål måål, maal böse 382 maast vgl. mååst mååst, maast meist 380 mad- mittlere, in maddsammerapel, madi etc. 385 made adv. mitten 385 mäilk Milch gebend 390 män wenig 393 mår vgl. moor mas- miß- 395 meek zahm 381 mell- mittlerer, in melleeder Mittelader 387 1 mien- falsch, in mienys Meineid 378 2 mien gemein 378 mil milde 389 mool mürbe 400 moor, mår mehr 380 möri mürbe 403

jäv gäbe 227 jonk, junk dunkel 157 jöör vgl. djör jung jung 299 junk vgl. jonk kaal vgl. kåål kåål, kaal kahl 307 käl kitzelig 311 keel kühl 318 kiif langweilig; überdrüssig 302 kiir wählerisch 310 kliin zierlich, schmächtig 312 kloom klamm 314 klouk klug 315 koul kalt 318 krüm krumm 326 krunk krank 320 krüs kraus 327 lää spät 345 lääi leer 371 lååm vgl. loom lacht leicht 357 lai lauwarm 278 läich niedrig 351 läitj klein 353 leeck leck 356 leeft link 373 leest sup. letzt 345 leni gelenkig, geschmeidig 369 liacht hell 364 liif lieb 361 liis leid 336

naagelt vgl. nåågelt nåågelt, naagelt nackt 405 naar vgl. nåår nåår, naar elend 406 1 nai, noi nahe 409 2 nai neu 413 näl stößig 285 nau knapp, sparsam 283 neesk zart 283 neet n. Urin zum Färben 408 niött nützlich 414 njül ungestüm 416 noi vgl. 1nai nooch vgl. enooch

662

Index

queik vgl. tweek rä vgl. rai rai, rä roh 290 räng kränklich 433 ried bereit 422 riin rein 288 rik reich 434 rip reif 430 rocht vgl. rucht rüch rauh 437 rucht, rocht recht 426 rüm geräumig 439 ruud rot 425 saalt vgl. sålt sålt, saalt salzig 445 schaap- vgl. stjåpschäär schier 470 schäl an Durchfall leidend (Vieh) 475 scharp scharf 465 schau scheu 474 schiif schief 460 schocht vgl. schucht school alkoholsüchtig 482 schucht, schocht schlicht 484 sieck* krank 458 siir weh 443 slok, sluk schlaff, locker 488 smeel schmal 489 snuus glatt 496 sööl f. Salzlake 527 sör sauer 527 stal still 509 stark stark 502 stif steif 508 stjåp-, schaap- Stief-, in stjåp-, schaapmäm etc. 512 stollt stolz, keck 522 stom vgl. stum stomp vgl. stump string streng 518 strüf sträubicht 520 stum, stom stumm 524

stump, stomp stumpf 525 sung angebrannt 448 sün gesund 539 suurt schwarz 530 swäit süß 536 swaul schwül 535 sweel schwül 535 tååm vgl. toom tacht dicht 565 teen dünn 573 teeri Moorerde 561 tjok, tjuk dick 563 tjuk vgl. tjok toi zäh 545 toom, tååm zahm 544 touch zäh 545 traal scharf gedreht 569 trau treu 556 trin rund 554 trong vgl. trung trüf rüstig 572 trung, trong bange 570 tweek, queik schwach 330 twos, twus quer 575 twus vgl. twos unglik ängstlich 105 ünsåcht, -saacht uneins 443 uuk weich 582 uul alt 103 waane, wane gewohnt 621 wäär vgl. weer wäil wohl 235 wäit naß 607 wane vgl. waane was gewiß 611 ween blau 141 weer, wäär wahr 602 weert wert 605 wid weit 609 wiecker wacker 583 wil wild 598

Index wis weise 594 wit weiß 295 woon- miß-, un- 586 worm vgl. wurm wreick wüst, öde 618 wriensk brünstig 614 wries böse 615 wünn wund 621 wurm, worm warm 590 yinfuelich einfältig 193

4.6. Strandfriesisch (ca. 1600-1662) ävell n. Übel 577 bähr* besser 117 behst best 117 djür* teuer 162 eeder früh 183 ehrm arm 109 euen präp. neben 181 fatt fett 191 göed gut 233 grott groß 238 hiare m. Herr 256 hiel ganz 252 huch hoch 273 iddel rein, lauter 297 jung* jung 299 leh spät 345 lehst sup. letzt 345 liacht hell, licht 364 liadh leid 336 lick* gleich 367 lief(f) lieb 361 lohtter lauter 282 lung lang 340 maß- miß- 395 mur mehr 380 neht nütze 420 1 ney* nahe 409 2 ney neu 413 noog genug 418

rian rein 288 rick reich 434 rocht recht 426 schljocht schlicht 484 snaer kräftig, heftig 495 stell still 509 striang streng 518 sün* gesund 539 trauw treu 556 trin* rund 554 tröng* ängstlich 570 voll- voll 217 waß gewiß 611 weel wohl 235 weer wahr 602 wehrt wert 605

4.7. Südergoesharder ääben, ääm offen 578 bääðer, bääder besser 117 bääder vgl. bääðer bater bitter 126 beer- bar, in beerfäitet barfuß 120 beest best 117 blau blau 140 bliik bleich 127 bliir froh 134 blin blind 136 bluat bloß 131 briad breit 144 brün braun 148 diip tief 160 djonk, jonk dunkel 157 djür, jür, jör teuer 162 dol zornig 179 drüüch trocken 169 duad tot 155 dum dumm 174 duuf taub 154

663

664 eeder, ider früh 183 eem eben 181 eeri arg 106 eerm arm 109 fåår nicht trächtig 196 faat fett 191 fol voll 217 fräi frei 210 fül verdorben 215 gåår gar 226 gaaslön n. Geestland 224 gääst keine Milch gebend 246 gööd gut 233 grää, grii grau 243 gråt, grüt groß 238 green grün 245 grii vgl. grää grüt vgl. gråt haal gerne 261 hååre swv. dengeln 271 hard hart 268 hial heil 252 hian schlecht 267 hiat heiß 258 hiire m. Herr 256 hool hohl 291 hualw halb 260 huuch hoch 273 iad öde 112 ider vgl. eeder jong, jung jung 299 jonk vgl. djonk jör vgl. djür jung vgl. jong jür vgl. djür kaal, kåål kahl 307 kåål vgl. kaal kiaf überdrüssig, widerlich 302

Index klian zierlich, schmächtig 312 klöök klug 315 kööl kalt 318 kronk krank 320 krüm krumm 326 krüs kraus 327 lääft vgl. leeft läär vgl. leer lääri leer 371 lacht leicht 357 leech niedrig 351 leeft, lääft link 373 leer, läär spät 345 leest sup. letzt 345 leitj, letj klein 353 liif lieb 361 lik gerade, gleich 367 long, lung lang 340 loom lahm 338 luas los 348 lung vgl. long luum locker 347 määger mager 375 määk zahm 381 maal vergnügt 382 mååst meist 380 mad- mittlere, in madäi, madfeest etc. 385 made präp. unter 385 man wenig 393 mas- miß- 395 meelk Milch gebend 390 meri mürbe 403 mor mehr 380 nåågelt, nåågen(d) nackt 405 nåågen(d) vgl. nåågelt nåår eng 406 nädel stößig 285 nai, näi neu 413 1 näi vgl. nai 2 näi nah(e) 409 nau knapp, sparsam 283

Index neesch weich, zart 283 neet n. Urin zum Färben 408 nooch genug 418 rä vgl. rää rää, rä roh 290 rian rein 288 rik reich 434 ring schlecht 433 rip reif 430 rocht recht 426 ruad rot 425 rüch rauh 437 rüm geräumig 439 saalt, såålt salzig 446 såålt vgl. saalt schäädel lüstern 482 schädel an Durchfall leidend (Vieh) 475 scharp scharf 465 schiaf schief 460 schiir, schir schier 470 schir vgl. schiir siir wund 443 slocht schlicht 484 smääl schmal 489 stäl still 509 stärk stark 502 stif steif 508 stjaap- Stief-, in stjaapfåår etc. 512 string streng 518 stum stumm 524 stump stumpf 525 sür, süür sauer 527 sün gesund 539 sung angebrannt 448 süür vgl. sür süürt schwarz 530 sweet süß 536 tään, teen dünn 573 tacht dicht 565 teen vgl. tään teeri n. Moorerde 561

tjok dick 563 tööch zäh 545 toom zahm 544 traal scharf gedreht 569 trin rund 554 trou treu 556 trung ängstlich 570 twas quer 576 ual alt 103 üük weich 582 wane gewohnt 621 was gewiß 611 weer wahr 602 weerd, -t wert 605 weet naß 607 wel, wil wohl 235 wid weit 609 1 wil vgl. wel 2 wil wild 598 wis weise 594 wit weiß 295 woon-, wun- miß-, un- 586 wun- vgl. woonwürm, wüürm warm 590 wüürm vgl. würm

4.8. Wiedingharder ääben offen 578 bäär besser 117 bäär- bar, in bäärfäitet barfuß 120 bäter bitter 126 beest best 117 bister böse 123 bliik bleich 127 blin blind 136 blir froh 134 blüch schüchtern 139 bol stumpf 149 bot stumpf, schroff 151 1 2

665

666 briidj breit 144 brün braun 148 deering f. Morgengrauen 255 diip tief 160 djonk dunkel 158 djü(ü)r teuer 162 doowe swv. toben 172 driich ergiebig; anhaltend 166 drüüg trocken 169 dum dumm 174 duuf taub 154 duuid tot 155 eeben vgl. eewen eemkrain emp¿ndlich 322 eeri böse, schlimm 106 eewen, eeben eben 181 enooch, nooch genug 418 facht f. Schafvlies 185 fäi dem Tode verfallen 188 fjask, fjärsk frisch; ungesalzen 213 fjärsk vgl. fjask foat fett 191 fol voll 217 foor nicht trächtig 196 fül verdorben; schmutzig 215 fuuch ängstlich 189 -fuuili -fältig 193, vgl. iinjfuuili geest keine Milch gebend 246 goar gar 226 goast f. Geest 224 grä grau 243 greel naßkalt 241 green grün 245 grot groß 238 guid gut 233 haal gerne 261 haalt lahm 264 häil emp¿ndlich 276 hiil heil 253

Index hiinj schlecht 267 hiire m. Herr 256 hiitj heiß 258 hoard hart 268 hoare swv. 271 hoder heiter 249 hool hohl 291 huuch hoch 273 huulew halb 260 huus heiser 257 iinjfuuili einfältig jaacht- vgl. (l)jaachtjarm arm 109 jider früh 183 jong jung 299 keel kühl 318 keem schön 329 kiif langweilig; überdrüssig 302 kiir wählerisch 310 kliin schmächtig, schlank 312 klook klug 315 kluum eingeklemmt; klamm 314 koal kahl 307 kool kalt 318 -krain vgl. eem-, siirkrain kronk vgl. krunk krüm krumm 326 krunk, kronk krank 320 krüs kraus 327 kwäk Àink, schnell 334 läär spät 345 lääri leer 371 lächt leicht 357 lait klein 353 läni geschmeidig 369 leech niedrig 351 leeft link 373 leest sup. letzt 345 liif, liiw lieb 361 liiw vgl. liif

Index lik gerade, gleich 367 (l)jaacht- hell, in (l)jaachtwjin hellblau 364 long lang 340 loom lahm 338 luum schlaff, matt 347 luus los 348 maager vgl. määger määger, maager mager 375 mäd- mittlere, in mädfeest, -fjast, mädjin etc. 385 mäd adv. mitten 385 mäde präp. unter 385 mäl- mittlere, in mäldik, mälskot usw. 387 mäner minder; kleiner 393 mäs- miß- 395 meek geruhsam, sanft 381 meelk Milch gebend 390 miist meist 380 mil, mjil milde 389 mjil vgl. mil möri mürbe 403 mur mehr 380 naagel(t) nackt 405 nai neu 413 näi nah(e) 410 näl stößig 285 nau knapp, sparsam 283 neet n. Urin zum Färben 408 njööl plump; ungestüm 416 njöt nütze 414 noar eng 407 nooch vgl. enooch onglik ängstlich 105 rä roh 290 reed undicht (Faß) 286 reek vgl. rik riin rein 288 rik, reek reich 434 ring schlecht 433 rip reif 430

667

rocht recht 426 rüch rauh 437 rüm geräumig 439 ruuid rot 425 saalt salzig 446 schocht vgl. sljocht seeft sanft 447 sid lang herabhängend 453 siir schmerzend 443 siirkrain schmerzemp¿ndlich 322 skäl an Durchfall leidend (Vieh) 475 skarp vgl. skärp skärp, skarp scharf 465 skeer, skir schier 471 skiif schief 460 skir vgl. skeer skonk unschön 462 sljocht, schocht schlicht 484 slof lässig 486 slok schlaff, locker 488 smeel vgl. smjil smjil, smeel schmal 489 smün f. Pfeifente 491 snuus kurz abgeschnitten; adrett 496 stäl still 509 stärk stark 502 stjap- Stief-, in stjapaalerne, -börn etc. 512 stolt stolz 522 stomp stumpf 525 string streng 518 stroom stramm 516 stüf steif 508 stum stumm 524 stuup kurz, glatt, unmittelbar 506 sün gesund 539 sung angebrannt 448 sür sauer 527 suurt schwarz 530 swäit süß 536 taaltri unsicher (Gang) 543 tääre n. Moorerde 561 tächt dicht 565

668 tjin dünn 573 tjok dick 563 toom zahm 544 träi widerwillig 553 trin rund 554 troal fest gedreht 569 trong, trung bange 570 trou treu 556 trüf gesund 572 trung vgl. trong twas, twäs quer, eigensinnig 576 tweek zart 330 ul vgl. uuil ünsaacht uneins 443 uuil, ul alt 403 uuk weich 582 wäit naß 607 wäl welk 596 wäne gewohnt 621 wänster link 601 wäs gewiß 611 wid weit 609 wiiker wacker 583 1 wil wohl 235 2 wil wild 598 wis weise 594 wit weiß 295 wjarcht vgl. wjart wjart, wjarcht wert 605 wjin blau 141 woarm warm 590 won- miß- 586 wriinsk brünstig (Pferd) 614 wriis zornig 615

4.9. Ortsmundart von Wyk/Föhr (19. Jh.) bääder besser 117 bläi froh 134 bol stumpf 149 brün braun 148

Index diip tief 160 dol tollwütig 179 dom dumm 174 duud tot 155 duuf taub 154 eder früh 183 eeben offen 578 eerig arg 106 enooch, nooch genug 418 fåår nicht trächtig 196 faat fett 191 fol voll 217 föl schlimm 215 gaast* [f.] Geest 224 gööd gut 233 grai grau 243 green grün 245 grot groß 238 håål gerne 261 hard hart 268 hiil ganz 254 hiere m. Herr 256 hiit heiß 258 huuch hoch 273 jong*, jung* jung 299 jonk, junk dunkel 158 jung* vgl. jong junk vgl. jonk jür* teuer 162 kliin dünn, schmächtig 312 klöök klug 315 lacht leicht 357 läh spät 357 leech niedrig 351 leetst sup. letzt 344 letj klein 353 lief* lieb 362

Index lik gerade 367 long lang 340 luus los 348

skiif schief 460 stif steif 508 sün gesund 539

mååst meist 380 mard adv. mitten 385 mas- miß- 395 meeger mager 375 mur mehr 380

tacht dicht 565 teen dünn 573 tööch zähe 545 trau* treu 556 trin* rund 554 trong bange 570

nåågel nackt 405 näi* neu 413 nei nah(e) 410 nooch vgl. enooch riin rein 288 rik reich 434 ruud rot 425

ul alt 103 wäit, weet naß 607 weeden vgl. ween ween, weeden blau 141 weert wert 605 weet vgl. wäit wis weise 594 wit weiß 295

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Index

5.0. OSTFRIESISCH 5.1. Brokmer Friesisch (a. 1632) aeld alt 103 goed* gut 233 hach* hoch 273 kloeck* klug 315 liaf* lieb 362 ma mehr 380 -rijck* reich 434 riucht recht 426 wel(l) wohl 235

5.2. Harlinger Friesisch (ca. a. 1690) aipen offen 578 bays hastig, zornig 119 -beehr -bar 122, vgl. siuchtbeehr better* besser 117 blihnd* blind 137 brayd breit 144 byster häßlich 123 dauf* taub 154 diap tief 160 djunck*, tjunck*, tyunck* dunkel 158 doude, dout tot 155 dout vgl. doude eedel* edel 110 fasck ungesalzen 213 fest fest 199 fry* frei 210 fuhl listig 215 full voll 217

hach* hoch 273 half halb 260 hayte [f.] Wärme 259 heehr(e) m. Herr 256 hehl ganz 253 irm arm 109 jong* jung 299 klain klein 312 kloock vgl. klouck klouck, kloock klug 315 kohlde [f.] Kälte 304 kronck* krank 321 kruhm* krumm 326 laas, lohs, los, listig 348 leep schwach 359 lest sup. letzt 345 liaf lieb 362 lohm, loohm schwach, träge 347 lohs vgl. laas long lang 340 loohm vgl. lohm los vgl. laas luhd laut 279 lutk klein 353 mid(d)- mittlere, in middy, middu(h)ren 385 middel- mittlere, in middelhues 387 mis- miß- 395 naahr* eng 407 ny neu 413 ohld alt 103

good* gut 233 graat groß 238 graw grau 243

reyhn rein 288 riucht recht 426

Index rohd rot 425 ryhk reich 434 sauhm schön 497 schliucht schlicht; schlecht 484 schwert vgl. swert sefft sanft 447 siuchtbeehr sichtbar 122 sterck stark 502 stiap- Stief-, in stiapmem, -zuhn/-suhn etc. 512 suhn* gesund 539 suhr* sauer 528 swert, schwert schwarz 530 sweyt süß 536 tjunck vgl. djunck trind* rund 554 trow* treu 556 tyunck vgl. djunck wall vgl. wey(h)l wayhl vgl. wey(h)l weehr* wahr 602 werth wert 605 wey(h)l, wayhl, wall, woll wohl 235 wiht* weiß 295 wild* wild 598 woll vgl. wey(h)l

5.3. Saterländisch äärch bedauernswert 107 äärm arm 109 ädder früh 183 bääst best 117 -beer -bar 122, vgl. eepenbeer beeter besser 117 bitter bitter 126 blau blau 140 bleek bleich 127 bliede froh 134

bliend blind 137 bloank vgl. blonk blonk, bloank blank 129 blood blöde 132 bloot bloß 132 breed breit 144 bru(u)n braun 148 but grob, derbe 151 djeel vgl. jeel djooch, drjooch ergiebig 166 djoop, joop tief 160 djunker dunkel 158 dood tot 155 doof taub 154 drjooch vgl. djooch dru(u)ch trocken 169 dul zornig 179 dum dumm 174 e(e)del edel, kostbar 110 eepen offen 578 eepenbeer offenbar 122 eeuel übel 577 fääst fest 199 fat fett 192 fee dem Tode verfallen 188 foal bleich, glanzlos 195 foarmeelk, -mölk nicht trächtig 197 fräi frei 210 ful voll 217 fuul moderig 215 gääst milchlos, unbefruchtet 246 gastlând [n.] hohes Land 224 gjucht vgl. rjucht glääd glatt 229 goar gar 226 goud gut 233 gräin grün 245 gries grau 240 groot groß 238

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672

Index

häd hart 268 heel heil 253 heer m. Herr 256 heet heiß 258 hoarich aufgesprungen 271 hoarje swv. dengeln 271 hol hohl 291 holich halb 260 hooch hoch 273

loang, long lang 340 lom lahm 338 long vgl. loang loom müde 347 loos los, leer 348 luter lauter 282 lúud laut 279 luuk- schlaff, in luukstäited niedergeschlagen 280

ieuwen eben 181

maal verrückt 382 maaste meiste 380 mäk zahm 381 meger mager 375 mêlk, mölk Milch gebend 390 mid(de)- mittlere, in middai, middewinter usw. 385 midde adv. mitten 385 middel- mittlere, in middelschot, middelsleek usw. 387 min wenig 393 mis(-) miß-, fehl 395 mölk vgl. mêlk moor mehr 380 mul weich 399 múur mürbe 403

jädden gerne 229 jeel, djeel gelb 228 joop vgl. djoop jucht vgl. rjucht jung jung 299 júur teuer 162 kleen fein, zierlich 312 klom klamm 314 klouk klug 315 koal kahl 307 koold kalt 304 kronk krank 321 kruum krumm 326 krúus kraus 327 kwiek lebhaft 334 kwood böse, schlecht 331 lääst sup. letzt 345 läich niedrig 351 läip schlecht 359 läk leck 356 ledich ledig 371 leet spät 345 licht leicht 357 liek gerade 368 líetik sehr klein, winzig 353 lîô lau 279 littik klein 353 ljoacht hell, licht 364 ljoof lieb 362 ljouwoorm lauwarm 279

nai nah(e) 410 näi neu 413 nau genau, sparsam 284 nejltjuster stock¿nster 416 noakend nackt 405 noar elend; eng 407 oold alt 103 räi roh 290 räken vgl. reken reed vorteilhaft 422 reken, räken in guter Ordnung 431 riek reich 434 riep reif 430 rieuw verschwenderisch 429 rjucht, gjucht, jucht recht 426

Index ronk rank 423 rood rot 425 ruuch rauh 437 ruum geräumig 439 sääd satt 442 sääft sanft 447 schäärp scharf 465 scheen rein, sauber 468 scheeuw schief 460 schíer sauber, rein 471 schjou scheu 474 seer wund 443 sîd niedrig gelegen 453 sljou mutlos 482 sljucht schlecht; eben 484 sluf matt, müde; feucht 486 smäl schmal 489 smet wund (Säugling) 491 smoud geschmeidig 491 snôd witzig; schlau 496 stäärk stark 502 stieuw steif 508 stil still 510 stolt stolz 522 strom stramm 516 struuf rauh, uneben 520 stû, stuuf stumpf, glatt 520 stum stumm 524 stump stumpf 525 stuuf vgl. stû stúur schwer 515 suund gesund 539 súur sauer 528 swäit süß 536 swäk schwach 529 sweer schwer 533 swied sehr, viel 532 swo(o)t schwarz 531 swoul schwül 535 tään dünn 573 Täärge, Teerge pl. moorige Wiesen (FlN) 561

Teerge vgl. Täärge thríesterch dreist 571 ticht dicht 565 tjou vgl. trjou tjuk dick 563 tjuster, tjüüster ¿nster 567 tjüüster vgl. tjuster toai zäh 545 tom zahm 544 traal drall 569 trjou, tjou treu 556 tuuk zahm, fügsam 559 twäärs quer 576 wäid wert 605 wäil, wöil, wül wohl 235 wäit naß 607 wäst brach, wüst 613 weer wahr 602 wíed weit 609 wield vgl. wüüld wíes weise 594 wiet weiß 295 wîlsk welk 596 wisse gewiß 611 wöil vgl. wäil wook weich 582 woorm warm 590 wreed gut, vorzüglich 615 wrieuwel stark, übermütig 619 wül vgl. wäil wúrig, wurig müde 398 wüüld, wield wild 599 wúund wund 621

5.4. Wangeroogisch (19. Jh.) äärch arg 107 äärm arm 109 bëst best 117 bëtter besser 117 biitel bissig 127

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674 bitter bitter 126 blaau blau 140 bleik bleich 127 blîd, blii froh 134 blii vgl. blîd blin blind 137 bliuuch blöde 139 blonk blank 129 blooet bloß 132 breid breit 144 bruun braun 148 djooep tief 160 djunk dunkel 158 djuur teuer 162 dooed tot 156 dooef taub 154 druuch trocken 169 dul zornig 179 duum dumm 174 edder früh 183 elt kräftig, gesund 549 fääst fest 199 färsk frisch 213 farwas vorwärts 588 fat fett 192 fei dem Tode nahe 188 foottiikeim übertrieben reinlich 329 frii frei 210 ful voll 217 fuul faul; schmutzig 215 gest keine Milch gebend 246 girziig bleich im Gesicht 223 glääd glatt 229 good gut 233 gooer gar 226 grâin grün 245 grau grau 243 griis grau 240 grom gram 236 grooet groß 238

Index häär m. Herr 256 halv halb 260 hard hart 268 heil heil 253 heit heiß 258 hol hohl 291 hooch hoch 273 hooes heiser 257 iidel lauter, rein 297 iifen eben 181 ipiin offen 578 jung jung 299 kaluuch kahl 307 keim rein 329; vgl. foottiikeim klâin, klein dünn, klein 312 klauk klug 315 klein vgl. klâin kooel kalt 304 kronk krank 321 kruum krumm 326 kruus kraus 327 lääst vgl. lest läft link 373 lägel zu lachen geneigt 278 leich niedrig 351 leith leid 336 lest, lääst sup. letzt 345 liacht hell 364 licht leicht 357 lii lau 279 liik gerade 368 liiwarm lauwarm 279 litk klein 353 littii spät 345 liuuef lieb 362 lom lahm 338 looes los, schlau 348 lung lang 340 lüthuug leer 371 luud laut 279

Index mäk zahm 381 mal unsinnig 382 meist meist 380 melk keine Milch gebend 390 mid- mittlere, in midhuus, midii etc. 385 mid adv. mitten 385 min wenig 393 mis(-) miß-, fehl 395 moo mehr 380 mooger mager 375 naahirii swv. nachäffen 271 nacket nackt 405 nau schmal, geizig 284 nauch genug 418 nii neu 413 niitel stößig 285 nooer traurig, elend 407 ong bange 105 ooel alt 103 quiiver kräftig 335 quooed böse, erbost 331 rääd locker, undicht 286 ree roh 290 rigwas rückwärts 588 riik reich 434 riip reif 430 riucht recht 426 ronk rank 423 rooed rot 425 ruuch rauh 437 sääd satt 442 salt salzig 446 saum schön 497 schäärp scharf 465 scheif schief 460 schiir rein 471 seer schmerzend 443 siid niedrig 453 sliucht schlicht, glatt 484

675

smel schmal 489 song angebrannt 448 stäärk stark 502 steid stets, immer 507 stiap- Stief-, in stiapbeen, -faun etc. 513 stiif steif 508 stiikel dornig 515 stil still 510 stolt stolz 522 strong streng 518 stuuf stumpf 520 suun gesund 539 suur sauer 528 swart schwarz 531 sweer schwer 533 sweit süß 536 swiithfeel sehr viel 532 swooel schwül 535 then dünn 573 thicht dicht 565 thral drall 569 thwärs quer 576 tooem zahm 544 tooi zäh 545 trau vgl. treoo treoo, trau treu 556 triin* rund 554 wail wohl 235 warm warm 590 wart wert 605 -was -wärts 588; vgl. far-, rigwas weer wahr 602 weit naß 607 wiid weit 609 wiil wild 599 wiiliich welk 596 wiis weise 594 wiit weiß 295 wis gewiß 611 wittiich* weissagend 595 wook weich 582 won- miß- 586

676 wost wüst 613 wreet gut, vorzüglich 615 wrek beschädigt 616 wunnen gewohnt 620

5.5. Wurster Friesisch (a. 1688-1720) aahl, ahld alt 103 aérm arm 109 ahld vgl. aahl blinn* blind 137 breed* breit 144 daaf taub 154 dad* tot 156 ehnfoldig einfältig 193 facht Frucht 185 fatt* fett 192 foll* voll 217 frie* frei 210 god* gut 233 graat vgl. grad grad, graat, groot groß 238 groot vgl. grad haach, hoch hoch 273

Index hoch vgl. haach iven eben 181 kóhl Kälte 304 krum krumm 326 liof lieb 362 locht link 373 long lang 340 núckúde nackt 405 quad* böse 331 raade rot 425 rick reich 434 riúcht recht 426 schwart schwarz 531 schweet süß 536 sonn gesund 539 stjip- Stief-, in stjipdochter, -möhme etc. 513 tiap tief 160 tuster* dunkel 567 weel wohl 235 weet naß 607 wer* wahr 602 wiss* weise 594 wit weiß 295 worm warm 590

Index

6.0. WESTFRIESISCH 6.1. Frühneuwestfriesisch (ca. a. 1550-1665) aad alt 103 æf-med ermattet 397 æng ängstlich 105 aerm, ærm vgl. erm bald, boude bald 113 bâr bloß 120 bêst best 117 bet adv. besser 117 better besser 117 -bier -bar 122, vgl. ijpenbier bioster, bjuester, byuster den Weg verloren habend 123 bitter bitter 126 bjuester vgl. bioster blae vgl. blea blaet, blæt vgl. bleat blanck blank, glänzend 129 blauw blau 140 blea, blae schüchtern 132 bleat, blaet, blæt bloß 132 blijd, bly froh 134 blijn blind 137 bly vgl. blijd bôl weich, hohl 149 bot schroff 151 boude vgl. bald breed vgl. brie brie, breed breit 144 bruijn, brun braun 148 brun vgl. bruijn byuster vgl. bioster dae(d) vgl. dea dea, dae(d), deed tot 156 deed vgl. dea derten ausgelassen 546 diep vgl. djiep djiep, diep tief 160

dior vgl. djoer djoer, dior teuer 162 dol zornig 179 dom dumm 174 drijg reichlich, im ÜberÀuß 166 droaf betrübt 167 drugh vgl. druwg druwg, drugh trocken 169 duwckel böse, schlecht 173 earm vgl. erm eel edel 110 eepen, ijpen offen 578 erm, aerm, ærm, earm arm 109 euel übel 577 -fâd -fältig 193, vgl. yenfâd fae(i)j heikel, brenzlich 188 feal fahl 195 fersck frisch 213 fest fest 199 fet fett 192 fol voll 217 freuel böse, schlecht 208 frij, fry frei 210 froed sittsam, weise 214 fry vgl. frij ful vgl. fuwl fuwl, ful faul, stinkend 215 gear gar 226 gled glatt 229 glier hell 231 goe(d) gut 233 graet vgl. great grauw grau 244 great, graet, græt, grett groß 238 grett vgl. great grien grün 245 grijz grau 241 grim grimmig 242

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678 haeg vgl. heag hael vgl. heal heag, haeg, heeg hoch 273 heal, hael halb 260 heeg vgl. haeg heel ganz 253 heijn, hende nahebei 267 heere m. Herr 256 hende vgl. heijn herm traurig, schmerzlich 270 hiet heiß 258 hird hart 268 hôl hohl 291 iern vgl. jern ijdel nichtig, gering 297 ijpen vgl. eepen ijpenbier offenbar 122

Index lest sup. letzt 345 let spät 345 liaeff, liæf, ljeaf lieb 362 licht leicht 357 liddig vgl. ledig liep vgl. ljeap lij windstill 279 lijk gerade 368 lijts, luttik klein 354 linker link 373 ljeaf vgl. liaeff ljeap, liep listig 359 lofts links 373 lotter lauter, rein 282 luttik vgl. lijts luwd laut 279

kaad vgl. kâd kâd, kaad kalt 304 keal kahl 307 kel, kiel furchtsam, kalt 305 kiel vgl. kel klien klein, schmächtig 312 kloeck klug 315 kielte, koelte f. Kühle 318 koelte vgl. kielte krom krumm 326

maal vgl. mâl maeger vgl. meager maest adv. meist 380 mâl, maal, mall verrückt 382 mall vgl. mâl meager, meeger, maeger mager 375 meast meist 380 med Mühsal 397 meeger vgl. meager meer mehr 380 mid- mittlere, in middey 385 mids adv. mitten 385 mijld milde 389 min wenig 393 mis(-) miß-, fehl 395

laem, lam lahm 338 læf schlapp 346 laes vgl. leaz lam vgl. laem lang lang 340 leaz, laes los 348 ledig, leeg, liddig leer 371 lee(d) leid 336 1 leeg niedrig 351 2 leeg vgl. ledig leck leck 356

naer vgl. near naeu vgl. nauw nauw, naeu eng 284 neaken nackt 405 near, naer eng 407 ney nah(e) 410 nij neu 413 njoe angenehm 415 njoer böse 277 njuencke präp. neben 182 njuet zahm 414

jern, iern gerne 229 jong jung 299

Index noag genug 418 nommel tauglich, fähig 420 onleegh beschäftigt 372 ontier auf unschöne Weise 548 quæd böse, übel 331 quick lebendig 334 rea rot 425 red schnell 289 ree(d) bereit 422 rie roh 290 rijk reich 434 rijp reif 430 ringh schnell 433 riucht, rjuecht, rucht recht 426 riuw, rju reichlich; sehr 429 rju vgl. riuw rjuecht vgl. riucht rom, ruum geräumig; kräftig 439 rucht vgl. riucht ruwg rauh 437 ruum vgl. rom sât salzig 446 schamel, scheamel ärmlich 461 scheamel vgl. schamel schean schräg 467 scherp scharf 465 schien schön 468 schier grau 471 schorte swv. mangeln 481 schurf* räudig 479 seer schmerzend 444 sed satt 442 seft sanft 447 sibst am nächsten verwandt 450 sieck, sjeack krank 458 sjeack vgl. siek sleau träge 482 sliucht, sljuecht schlicht 484 sljuecht vgl. sliucht sluwg träge 487

smeant, smiaeount Pfeifente 491 smellje swv. schmäler machen 490 smiaeount vgl. smeant smol schmal 489 snellje swv. schnellen 497 soer, zoer sauer 528 sterck stark 502 stil(l) still 510 stioegh, stjuwg steif 508 stjuwg vgl. stioegh stom stumm 524 stout stolz 522 straem stramm 516 strang, string streng 518 string vgl. strang soun vgl. suwn suwn, soun gesund 539 swart schwarz 531 swier schwer 533 swiet süß 536 tel schnell 541 thimsternisse f. Finsternis 564 ticht dicht 565 tier zart 558 tin dünn 573 tiock vgl. tjock tioester vgl. tjuester tjock, tiock dick 563 tjuester, tioester ¿nster 567 tomigh leer 552 tor dürr 574 trou(w) treu 556 tuwck Àink, versessen auf 559 twang eng (?), schön (?) 575 tzjoed, tyoe böse, schlecht 548 tyoe vgl. tzjoed waarm, waerm warm 590 waeck vgl. weack waerm vgl. waarm wan- miß-, falsch 586 wanckel wackelig; unsicher 587 weack, waeck weich 582

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Index

wier wahr 603 wierck Weihrauch 592 wiet naß 607 wijd weit 609 wijld wild 599 wijs, wijz weise 594 wijt, witt weiß 295 wijtgje swv. wahrsagen 596 wird wert 605 wirg müde 398 wis gewiß 611 witt vgl. wijt woast wüst 613 wol wohl 235 wrang* herb, bitter 616 wrea bösartig 615 yenfâd einfältig 193 zoer vgl. soer

blyn blind 137 bol weich, locker 149 bot schroff, stumpf 151 breed breit 144 Brjocht, Brjucht mRN Brecht 121 Brjucht vgl. Brjocht brûkel mürrisch 147 brún braun 148 dea tot 156 derten ausgelassen 546 diger aufmerksam, sorgfältig 164 djip tief 160 djoer teuer 162 dol zornig 179 dom, dûm dumm 174 dreech fest, kräftig 166 droech trocken 169 droef vgl. drôf drôf, droef betrübt 167 dûm tobsüchtig 174; vgl. auch dom dwyl schwindelig, irre redend 176

6.2. Neuwestfriesisch (Standard) âld alt 103 baar bloß 121 -ber, -bier –bar 122, vgl. earber, iepenbier, ytber bêst best 117 bet adv. besser 117 better besser 117 -bier vgl. -ber bitelich bissig 127 bitter bitter 126 biuster den Weg verloren habend 124 blank blank 129 blau blau 140 blea schüchtern 132 bleat bloß 132 bleek bleich 128 blês mit Stirnglatze 131 bliid froh 134

eal adlig, vortrefÀich 110 eang ängstlich 105 earber ehrbar 122 earm arm 109 erch arg 107 -ernôch genug 418; vgl. nôch evel übel 577 faai dem Tode geweiht 188 -fâld -fältig 193, vgl. ienfâld farsk vgl. fersk feal verblaßt; farblos 195 fear nicht trächtig 197 feil feil 190 fersk, farsk frisch 213 fêst fest 199 fet fett 192 ¿ts schnippisch, bissig 202 foech klein 205 fol voll 217

Index frij frei 211 froed weise, verständig 214 fûl schmutzig; verdorben 215 gaast vgl. geast gear gar 226 geast, gaast hochgelegenes, sandiges Land 224 geizen kränklich aussehend 220 glêd glatt 229 glier hell 231 goed gut 233 gram böse; abgeneigt 236 grau grau 244 grien grün 245 griis hellgrau; graumeliert 241 gril grell 241 grut groß 238 grym bösartig 242 harch, harrich verdorrt 271 harrich vgl. harch heal halb 260 heamel adv. kaum, ängstlich 265 hean mager, schmächtig 275 hear m. Herr 256 heardich, herrich, heurich kräftig 249 heas heiser 257 heech hoch 273 heel vgl. hiel hein nahebei 267 herrich vgl. heardich heul vgl. hiel heurich vgl. heardich hiel, heel, heul ganz 253 hjit, hyt heiß 258 hol hohl 291 hurd hart 268 hyt vgl. hjit idel oberÀächlich; vergänglich; leer 297 ienfâld einfältig 193 iepen offen 579 iepenbier offenbar 122

jern(e) gerne 229 jong jung 299 kâld kalt 304 keal kahl 307 kein ordentlich, sauber; reizend 320 kel vgl. kjel kjel, kel erschrocken 305 klam klamm 314 klien dünn, schlank 312 kloek sparsam; klug 315 koel kühl 318 kræs vgl. kreas kreas, kræs, krées hübsch, adrett 325 krées vgl. kreas kroes kraus; leicht reizbar 327 krom, krûm krumm 326 krûm vgl. krom kwea schlecht, böse 331 kwier nett, hübsch 333 lam lahm 338 lang lang 340 lask leicht 344 1 leaf lieb 362 2 leaf müde, ermüdet 346 leas los 348 ledich, leech, liddich leer 371 1 leech niedrig 351 2 leech vgl. ledich leed leid 336 lek leck 356 lêst sup. letzt 345 let spät 345 licht leicht 357 liddich vgl. ledich liep verschlagen 359 lij lau, windarm 279 linich biegsam 369 ljocht hell, licht 364 lofter link 373 lotter lauter, rein 282 lûd laut 279 lûk heiter, im Windschatten 280

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Index

lyk gleich 368 lyts klein 354 mâl töricht; häßlich 383 meager, meger mager 375 mear mehr 380 meast meist 380 mêd müde 397 meger vgl. meager melk, melts Milch gebend 390 mellich locker (Erde) 398 melts vgl. melk mid- mittlere, in middei, midfêste etc. 385 mids adv. mitten, präp. zwischen 385 mien- öffentlich, in mienskar öffentliche Weide 378 min schlecht; schwierig 393 mis(-) verkehrt, miß- 395 Moark sump¿ges Fließgewässer (FlN) 401 mul- mittlere, in mulbân, mulhûs etc. 387 myld milde 389 nau eng 284 neaken nackt 405 near bedrückend; beengt 407 nei nah(e) 410 neiltsjuster stock¿nster 416 nesk sanft, ruhig 283 nij neu 413 nitel stößig 285 njoer böse, zum Fürchten 277 njonke(n) präp. neben 182 njuet vgl. nuet njût vgl. nuet nôch gar 418; vgl. -ernnôch nommel rechtschaffen 420 nuet, njuet, njût zahm 414 on-, ûnfoech unfügsam 205 on-, ûnhiermlik, -hjirmlik unerträglich 270 onhjirmlik vgl. on-, ûnhiermlik onleech nicht frei 372 on-, ûnsjoch häßlich 452

rank schwankend, unfest 423 rea(d) rot 425 rêd rasch, schnell 289 ree bereit 422 rie roh 290 ring(en) rasch 433 rij verschwenderisch; freigebig 429 rjocht, rjucht recht 426 rju reichlich 429 rjucht vgl. rjocht rom, rûm geräumig 439 rûch rauh 437 rûm vgl. rom ryk reich 434 ryp reif 430 sâlt salzig 446 seaft vgl. sêft sear wund 444 sêd satt 442 sêft, seaft sanft 447 sib verwandt 450 siid weit, ausgedehnt 453 sjoch vgl. sjuch sjuch, sjoch ansehnlich 452 skam(m)el, skeamel ärmlich 461 skeamel vgl. skam(m)el skean schräg 467 skeef schief 460 skek erpicht auf 461 skerp scharf 465 skien vgl. skjin skier grau 471 skin vgl. skjin skjin, skien, skin sauber, rein; vollkommen 469 skrichel vgl. skrikkel skriel dünn, mager 476 skrikkel, skrichel schüchtern 478 skrutel ängstlich 478 skurf schelmisch 479 sleau träge 482 slij versessen auf 483 sljocht vgl. sljucht

Index sljucht, sljocht eben 484 slof nachlässig 486 slûch träge 487 slûk schlaff 488 smel schmal 489 smjunt Pfeifente 492 smout windfrei 494 smûk behaglich, anmutig 493 soal Fahrrinne 527 soel schwül 535 soer sauer 528 sterk stark 502 stiif steif 508 stil still 510 stoef, stûf mürrisch, barsch 520 stoer kräftig; schwer 515 stom stumm; dumm 524 stomp stumpf 525 stout stolz 522 stram stramm 516 strang, string streng 518 string vgl. strang stroef rauh, uneben 520 stûf vgl. stoef sûn gesund 539 swart schwarz 531 swier schwer 533 swiet süß 537 swiid sehr, außergewöhnlich 532 taai zäh 545 tam zahm 544 tear zart, schwach 558 Tergen pl. mooriges Land (FlN) 561 tel schnell 541 ticht dicht 565 tin dünn 573 toar dürr 574 trang ranzig 570 trou treu 556 tsjep hübsch; adrett 309 tsjoe(d) schlecht, böse 548 tsjok, tsjûk dick 563 tsjûk vgl. tsjok

tsjuster ¿nster 567 tûk Àink, versessen auf 559 twang adrett gekleidet 575 tylsk brünstig 551 ûnfoech vgl. onfoech ûnhiermlik, -hjirmlik vgl. onhiermlik ûnsjoch vgl. onsjoch waerm warm 590 wakker wach(sam) 583 wan nicht voll; verkehrt; krumm 586 wankel schwankend 587 warch vgl. wirch weak weich 582 wekker wach 583 wier wahr 603 wiereek Weihrauch 592 wiet naß 607 wiid weit 609 wiis weise 594 wilich welk 596 wirch, warch müde 398 wird wert 605 wis gewiß 611 woast vgl. woest woest, woast wüst 613 wol wohl 235 wrang herb, bitter 616 wreed rauh (Hände) 615 wrynsk unregelmäßig, schief 614 wyld wild 599 wyt weiß 295 ytber eßbar 122

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684 6.3. Ortsmundart von Hindeloopen aald alt 103 bar bar 121 best best 117 better besser 117 bitter bitter 126 blaet bloß 132 blaau blau 140 blank blank 129 bleek bleich 128 blii froh 134 blynd blind 137 bol weich, locker 149 bot stumpf 151 brea breit 144 brún braun 148 byster den Weg verloren habend 124 daa tot 156 daif taub 154 dêp tief 160 dertel vgl. derten derten, dertel ausgelassen 546 dier teuer 162 dol zornig 179 dom dumm 175 drûch trocken 169

Index gaer gar 226 gesûnd gesund 539 glòd glatt 230 goo gut 233 graau grau 244 graet groß 238 green grün 245 griis grau 241 hael halb 260 haes heiser 257 haich hoch 273 hard hart 268 harje swv. dengeln 271 heal ganz 253 hear m. Herr 256 heet heiß 258 hest beinahe 250 hòl hohl 292 idel oberÀächlich; vergänglich 297 jûng jung 299

eenfaaldich einfältig 193 epen offen 579 erch arg 107 êrm arm 109

kaald kalt 304 kael kahl 307 kèal erschrocken 305 klam klamm 314 klên dünn, schlank 312 klûk sparsam 315 koel kühl 318 kreas hübsch 325 krom krumm 326 kwaa schlecht, böse 331

-faaldich -fältig 193, vgl. eenfaaldich faer nicht trächtig 197 fest fest 199 fet fett 192 foech klein 205 fòl voll 218 fòrsk frisch 213 fry frei 211 fúl faul (Ei) 216

lam lahm 338 lang lang 340 lêcht licht, hell 364 1 leech niedrig 351 2 leech leer 371 leep verschlagen 359 lêf lieb 362 lek leck 356 lest sup. letzt 345

Index let spät 345 licht leicht 357 lik, likj, litj klein 354 likj vgl. lik litj vgl. lik loed laut 279 lôfter link 373 lyk gleich 368 lyndich biegsam 370 maiger vgl. mêger mal böse 383 mear mehr 380 mêger, maiger mager 375 mest meist 380 mid- mittlere, in midde 385 middel- mittlere, in middeldôr 387 middelste mittlere 387 mids adv. mitten 385 min gering; todkrank 393 mis(-) verkehrt, miß- 395 myld milde 389 naau eng 284 naiken nackt 405 nei nah(e) 410 nii neu 413 raa rot 425 rea bereit 422 rii verschwenderisch 429 rocht recht 429 ròd schnell 289 roech rauh 437 rûm geräumig 439 ryk reich 434 ryp reif 431 sear wund 444 seft sanft 448 sêk krank 458 skeaf schief 460 skeen schön; rein 469 skerp scharf 465

skier grau 471 skrútel ängstlich 478 sleau träge 482 slocht eben 484 sloech schläfrig 487 slof nachlässig 486 slûk schlaff 488 smênt Pfeifente 492 smòl schmal 489 soer sauer 528 sterk stark 502 stoalt stolz 522 stoer kräftig; schwer 515 stòl still 510 stom stumm 524 strûf rauh, uneben 520 stûf mürrisch 521 stûmp stumpf 525 swart schwarz 531 sweet süß 537 swier schwer 533 taei zäh 546 teader vgl. tear tear, teader zart, schwach 558 tiaster ¿nster 567 ticht dicht 565 tjoo schlecht 548 tok dick 563 ton dünn 573 tòr dürr 574 trou treu 556 tûk gewandt, tüchtig 559 twors quer 576 waerm warm 590 waik weich 582 wakker ziemlich 584 weet naß 607 wekker wach 584 wier wahr 603 wiid weit 609 wiis weise 594 wis gewiß 611

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686 woest wüst 613 wòl wohl 235 wrang herb, bitter 616 wurch müde 398 wyld wild 599 wylich welk 596 wyt weiß 295

6.4. Schiermonnikooger Friesisch air(e)m arm 109 aud alt 103 bar bar 121 bast best 117 batter besser 117 bitter bitter 126 bjoster den Weg verloren habend 124 blait bloß 132 blau blau 140 bleek bleich 128 bliid froh 134 blyn blind 137 bot schroff, stumpf 151 breed breit 144 brún braun 148 daid tot 156 dol zornig 179 dom dumm 175 drúch trocken 169

Index fol voll 218 fooj* unheilbringend 188 free frei 211 fúech groß, dick 205 fúl schmutzig, unrein 216 gair gar 226 gled glatt 230 grau grau 244 gret groß 239 grien grün 245 grys grau 241 gúed gut 233 ha(a)rje swv. dengeln 271 hail halb 260 hais haiser 257 hear m. Herr 256 hêch vgl. heich heel ganz 253 heich, hêch hoch 273 hes hart 268 hool hohl 292 -idder früh 183; vgl. menidder, meurnidder ienfaudich einfältig 193

eeunfúech unfügsam 205 eeunsjúech häßlich 452 epen offen 579 erch arg 107

jaif lieb 362 jaun, jaune, jaunken präp. neben 182 jaunken vgl. jaun jep tief 160 jiet licht, hell 364 jit heiß 258 jocht recht 427 jong jung 299 júer teuer 163

fail fahl 195 fair nicht trächtig 197 fask frisch; ungesalzen 213 fast fest 199 -faudich -fältig 193, vgl. ienfaudich fet fett 192

kal erschrocken 305 kail kahl 307 kaud kalt 304 klam klamm 314 klien klein 312 klúek niedlich, lieb 315

Index krais hübsch 325 krúm krumm 326 kúel kühl 318 kwaid schlecht, böse 331 laask, lask allein wohnend 344 lafter link 373 lam lahm 338 lang lang 340 lask vgl. laask last sup. letzt 345 lat spät 345 leech leer 371 leed, leej leid 336 leej vgl. leed lej windfrei 279 lek leck 356 licht leicht 357 liech niedrig 351 liep verschlagen 359 lyk gerade 368 lynich biegsam 370 lytj klein 354 mair mehr 380 maist meist 380 mal töricht, toll 383 mêger, meiger mager 375 meiger vgl. mêger menidder, meurnidder morgen früh 183 meurnidder vgl. menidder mid- mittlere, in middei, -de 385 middel- mittlere, in middel¿nger 387 mids adv. mitten 385 min schlecht 393 mis(-) verkehrt, miß- 395 naiken nackt 405 nair unheimlich 407 nau eng 284 nee neu 413 nooi nah(e) 410

raid rot 425 rank schwankend 423 red schnell 289 1 ree verschwenderisch 430 2 ree roh 290 rúch rauh 437 rúm geräumig 439 ryk reich 434 ryp reif 431 saft sanft 448 scharp scharf 465 schien sauber, rein 469 schier grau 471 schrúttel ängstlich 478 sed satt 442 seer wund 444 seeun gesund 539 sieur sauer 528 sjocht eben; schlecht 484 sleeu träge 482 slei begierig nach 483 slúch schläfrig 487 smal schmal 489 smaunt, smeeunt Pfeifente 492 smeeunt vgl. smaunt sneud schlau 496 stark stark 502 steeut stolz 522 stiif steif 508 stil still 510 stom stumm 524 stomp stumpf 525 streng vgl. string string, streng streng 518 strúf rauh, uneben 520 stúf mürrisch, störrisch 521 swets schwarz 531 swier schwer 533 swiet süß 537 swúel schwül 535 teer zart, schwach 558 ticht dicht 565

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688 tin dünn 573 tjok dick 563 tjoster ¿nster 567 trang ranzig 570 tooi zäh 546 tor dürr 574 túeg zäh 545 túk geschickt; versessen auf 559 waak weich 582 wairm warm 590 wakker Àink 584 wal wohl 235 wan- miß-, falsch 586 wier wahr 603 wiet naß 607 wiid weit 609 wis gewiß 611 wrang herb, bitter 616 wreed rauh (Hände) 615 wúest wüst 613 wyld wild 599 wylich welk 596 wys weise 594 wyt weiß 295 ydel leer, vergeblich 297

6.5. Terschellingsch bar bar 121 bêst best 117 better besser 117 blank blank 129 blauw blau 140 bleat bloß 132 bleek bleich 128 bli froh 134 blyn blind 137 bol weich, locker 149 breed breit 144 brún braun 148

Index dead tot 156 deaf taub 154 dol zornig 179 dom dumm 175 droeg trocken 169 earem arm 109 epen offen 579 erch arg 107 fear nicht befruchtet (Kuh) 197 fêst fest 199 fet, fot fett 192 foeg leicht zu handhaben 205 fol voll 218 fosk nicht salzig (Wasser) 213 fot vgl. fet fri frei 211 fúl faul 216 gear gar 226 glêd glatt 230 goed gut 233 graauw grau 244 great groß 239 grien grün 245 griis grau 241 harje swv. dengeln 271 heag hoch 273 hear m. Herr 256 heas heiser 257 hêd, hôd hart 268 heel ganz 253 hôd vgl. hêd hôl hohl 292 holf halb 260 hyt heiß 258 jecht vgl. (l)jecht jêf, jiw lieb 362 jip tief 160 jiw vgl. jêf joer teuer 163

Index keal kahl 307 klien schmächtig, klein 312 kôd kalt 304 kreas hübsch 325 kroem krumm 326 kwead schlecht, böse 331 lecht leicht 357 lek leck 356 lêst sup. letzt 345 let spät 345 liig niedrig 351 (l)jecht hell, licht 364 luud laut 279 lyk gleich 368 lyts klein 354 mear mehr 380 meest meist 380 mêger mager 375 mid- mittlere, in midforge, midzje 385 middel- mittlere, in middeljolter 387 min wenig 393 mis(-) verkehrt, miß- 395 myld mild 389 naauw eng 284 neaken nackt 405 nei nah(e) 410 ni neu 413 noog genug 418 ôd alt 103 read rot 425 rêd schnell 289 ri freigebig 430 roeg rauh 437 roem geräumig 439 rucht recht 427 ryk reich 434 scherp scharf 465 schien sauber, rein 469

689

schir grau 471 sear- wund 444 sjeek krank 458 sleauw trödelnd 482 sl(j)ucht schlecht 484 sloeg schläfrig 487 sloek schlaff 488 slof nachlässig; vergeßlich 486 smel schmal 489 smjôn Pfeifente 492 soer sauer 528 sterk stark 502 stiif steif 508 stil still 510 stoef frech, unverschämt 521 stom stumm 524 swat schwarz 531 swier schwer 533 swiet süß 537 taai zäh 546 tear zart, schwach 558 ticht dicht 565 tin dünn 573 trou treu 556 tsjok dick 563 tsjúster ¿nster 567 túk geschickt 559 wakker sehr, besonders 584 wan-, won- miß-, falsch, ungenügend 586 warem warm 590 weak weich 582 wiet naß 607 wiid weit 609 wiis weise 594 wild wild 599 wilig zäh, vertrocknet 596 wis gewiß 611 wol wohl 235 won- vgl. wanwyt weiß 295

690 6.6. Mundart des Zuidwesthoek deauw taub 154 dûkelich schlammig 173 goei gut 233 mâger mager 375 ypen offen 579

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