Einführung in das Informationsmanagement: Grundlagen, Methoden, Konzepte [2., ergänzte Auflage. Reprint 2017] 9783486807929, 9783486256994

Der zweckmäßige und effiziente Einsatz der Informationstechnologie als Wettbewerbsfaktor hat für alle Unternehmen zunehm

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Einführung in das Informationsmanagement: Grundlagen, Methoden, Konzepte [2., ergänzte Auflage. Reprint 2017]
 9783486807929, 9783486256994

Table of contents :
Vorwort
Vorwort zur zweiten Auflage
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einführung
2 Information und Kommunikation
3 Informationssystem
4 Management Informationssystem
5 Berichtssystem
6 Management des Faktors Information
7 Projektmanagement
8 Erhebungstechniken
9 Verhalten
10 Aktuelle Entwicklungen
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis

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Managementwissen fur Studium und Praxis Herausgegeben von Professor Dr. Dietmar Dorn und Professor Dr. Rainer Fischbach Bisher erschienene Werke: Arrenberg • Kiy • Knobloch • Lange, Vorkurs in Mathematik Behrens • Kirspel, Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, 2. Auflage Behrens, Makroökonomie - Wirtschaftspolitik Bichler • Dörr, Personalwirtschaft - Einfuhrung mit Beispielen aus S A P " R / 3 " HR" Blum, Grundzüge anwendungsorientierter Organisationslehre Bontrup, Volkswirtschaftslehre Bonlrup, Lohn und Gewinn Bontrup • Pulle, Handbuch Ausbildung Bradtke, Mathematische Grundlagen für Ökonomen Bradtke, Übungen und Klausuren in Mathematik für Ökonomen Bradtke, Statistische Grundlagen für Ökonomen Breitschuh, Versandhandelsmarketing Busse, Betriebliche Finanzwirtschaft, 4. Auflage Clausius, Betriebswirtschaftslehre I Clausius, Betriebswirtschaftslehre II Dinauer, Allfinanz - Grundzüge des Finanzdienstleistungsmarkts Dorn • Fischbach, Volkswirtschaftslehre II, 3. Auflage Drees-Behrens • Schmidt, Aufgaben und Fälle zur Kostenrechnung Eilinghaus, Werbewirkung und Markterfolg Fank, Informationsmanagement, 2. Auflage Fank • Schildhauer • Klotz, Informationsmanagement: Umfeld - Fallbeispiele Fiedler, E i n f ü h r u n g in das Controlling, 2. Auflage Fischbach, Volkswirtschaftslehre I, Π. Auflage Fischer, Vom Wissenschaftler z u m Unternehmer Frodi, Dienstleistungslogistik Götze, Techniken des Business-Forecasting Gohout, Operations Research Haas, Kosten, Investition, Finanzierung Planung und Kontrolle, 3. Auflage Haas, Marketing mit EXCEL, 2. Auflage Hardt, Kostenmanagement Heine • Herr, Volkswirtschaftslehre, 2. Auflage Hildebrand • Rebstock, Betriebswirtschaftliche E i n f ü h r u n g in S A P * R/3" Hofmann, Globale Informationswirtschaft Hoppen, Vertriebsmanagement Koch, Marketing Koch, Marktforschung, 3. Auflage Koch, Gesundheitsökonomie: Kosten- und Leistungsrechnung Krech, Grundriß der strategischen Unternehmensplanung Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band I, 5. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band II, 5. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band III, 5. Auflage

Laser, Basiswissen Volkswirtschaftslehre Lebefromm, Controlling - Einführung mit Beispielen aus S A P ' R/3% 2. Auflage Lebefromm, Produktionsmanagement Einführung mit Beispielen aus S A P " R/3*, 4. Auflage Martens, Betriebswirtschaftslehre mit Excel Martens, Statistische Datenanalyse mit SPSS für Windows Mensch, Finanz-Controlling Mensch, Kosten-Controlling Miiller, Internationales Rechnungswesen Olivier, Windows-C - Betriebswirtschaftliche Programmierung für Windows Peto, Einführung in das volkswirtschaftliche Rechnungswesen, 5. Auflage Peto, Grundlagen der MakroÖkonomik, 12. Auflage Piontek, Controlling Piontek, Beschaffungscontrolling, 2. Auflage Piontek, Global Sourcing Posluschny, Kostenrechnung für die Gastronomie Posluschny • von Schorlemer, Erfolgreiche Existenzgründungen in der Praxis Reiter • Matthäus, Marktforschung und Datenanalyse mit EXCEL, 2. Auflage Reiter • Matthäus, Marketing-Management mit EXCEL Rothlauf, Total Quality Management in Theorie und Praxis Rudolph, Tourismus-Betriebswirtschaftslehre Rüth, Kostenrechnung, Band I Sauerbier, Statistik für Wirtschaftswissenschaftler Schaal, Geldtheorie und Geldpolitik, 4. Auflage Schambacher • Kiefer, Kundenzufriedenheit, 2. Auflage Schuchmann • Sanns, Datenmanagement mit MS ACCESS Schuster, Kommunale Kosten- und Leistungsrechnung Specht • Schmitt, Betriebswirtschaft fur Ingenieure und Informatiker, 5. Auflage Stahl Internationaler Einsatz von Führungskräften Steger. Kosten- und Leistungsrechnung, 2. Auflage Stock, Informationswirtschaft Strunz • Dorsch, Management Weindl • Woyke, Europäische Union, 4. Auflage Zwerenz, Statistik Zwerenz, Statistik verstehen mit Excel - Buch mit CD-ROM

Einfuhrung in das Informationsmanagement Grundlagen - Methoden - Konzepte

Von Professor

Dr. Matthias Fank

2., ergänzte Auflage

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Fank, Matthias: Einführung in das Informationsmanagement : Grundlagen, Methoden, Konzepte / von Matthias Fank. - 2., erg. Aufl.. - München ; Wien : Oldenbourg, 2001 (Managementwissen fur Studium und Praxis) ISBN 3-486-25699-8

© 2001 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: ( 0 8 9 ) 4 5 0 5 1 - 0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Druck: R. Oldenbourg Graphische Betriebe Druckerei GmbH ISBN 3-486-25699-8

Vorwort

Vorwort Daß der Faktor Information zunehmend als kritischer Erfolgsfaktor für Unternehmen angesehen wird, ist mittlerweile keine Neuigkeit mehr. Bereits Marshall McLuhann hat uns angekündigt, daß die ganze Welt zu einem einzigen globalen Dorf (Global Village) werden wird und demzufolge unser ganzes Leben verändert wird. Diese Entwicklung zu einer Informationsgesellschaft, wurde durch die rasanten Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologie verstärkt. Schlagworte wie Multimedia und Internet finden sich fast täglich in der Tagespresse und sagen einen drastischen Lebenswandel vorher. Diese Entwicklungen und Tendenzen haben natürlich auch Auswirkungen auf Unternehmen. Immer häufiger liest man den Spruch: „Gewinner von gestern und heute sind die Verlierer von morgen." Renommierte Unternehmen geraten immer häufiger in Krisen, bzw. neue Unternehmen tauchen auf, von denen zuvor niemand etwas gehört hat. An dieser Stelle ist es wichtig, zwischen den klassischen Branchen und den neuen Branchen der Informations- und Kommunikationstechnologien zu unterscheiden. Mittlerweile halten in allen Branchen neue Informations- und Kommunikationstechnologien Einzug, wodurch Unternehmen in einer Branche versuchen, Wettbewerbsvorteile zu erringen. In einigen Branchen drohen neue Informations- und Kommunikationstechnologien wie z.B. Multimedia-Computer, ältere Technologien wie FAX, Fernseher, Telefon, Terminplaner zu ersetzen. Die Branche der Informations- und Kommunikationstechnologien zählt zu denen mit den höchsten und schnellsten Wachstumsraten. Ständig entstehen neue Unternehmen, die über Nacht weltbekannt werden. Versucht man, diese Entwicklungen mit den klassischen Instrumenten und Methoden der Managementlehre zu erklären, stellt man sehr schnell fest, daß vieles hier nicht mehr anwendbar ist. Während es früher großen Unternehmen vorbehalten war, auf einem Markt als Reagierer zu fungieren, indem neue Entwicklungen zunächst nur beobachtet wurden, kann diese Haltung heute schnell zur Unternehmenskrise fuhren. Aufgrund der rasanten Entwicklungen in der Praxis und der bislang fehlenden spezifischen Managementtechniken versucht das vorliegende Buch, einen ersten Einblick in die Thematik Informationsmanagement zu geben, indem Grundlagen, Methoden und Konzepte in Form einer Handlungsanleitung vorgestellt werden. Behandelt werden eine Reihe von Methoden der Managementlehre, mit dem Versuch, sie auf den Faktor Information zu übertragen. Zukünftig müssen sicherlich neue eigenständige Konzepte für den Bereich Informationsmanagement entwickelt werden, wenn sie in der 3

Vorwort Praxis als Hilfestellung bei der Bewältigung der rasanten Entwicklungen der Informationsund Kommunikationstechnologien dienen sollen. An dieser Stelle möchte ich mich insbesondere bei meiner Frau bedanken, die mir ständig als ernüchterndes Korrektiv zur Seite stand und mir den nötigen Zeitraum gab, um dieses Buch zu schreiben. Meinem Kollegen Prof. Dr. Norbert Zdrowomyslaw danke ich für die kritische Durchsicht des Manuskripts, seine hilfreichen Anmerkungen sowie seine persönliche Unterstützung beim Entstehungsprozeß dieses Buches. Herrn Dr. Michael Klotz danke ich fur seine wertvollen Verbesserungs- und Ergänzungsvorschläge.

Vorwort zur zweiten Auflage Zunächst möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mir eine Rückmeldung haben zukommen lassen. Die erfreulicherweise durchweg positiven Rückmeldungen haben inhaltlich erkennen lassen, das es mir mit dem vorliegenden Buch weitgehend gelungen ist, ein leicht verständliches und einführendes Buch in die Thematik Informationsmanagement zu schreiben. Aufgrund der Anregungen und bedingt durch das unverändert schnelle Innovationstempo der I+K-Technologien, wäre eine gründlich überarbeitete zweite Auflage wünschenswert gewesen. Aus Verlagsgründen war dies leider nicht möglich und führte zu der Kompromißlösung, in die vorliegende Auflage ein neues Kapitel „Aktuelle Entwicklungen" aufzunehmen.

Matthias Fank

P.S.: Weiterhin gilt, wer die Abbildungen als Dateiform erhalten will, möge dies per E-Mail ([email protected]) kundtun. Anregungen und Kommentare aus Theorie und Praxis sind selbstverständlich erwünscht. 4

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Vorwort

3

Abbildungsverzeichnis

11

1 Einführung

15

1.1 Modell des Informationsmanagements

16

1.2 Gegenstand und Aufgaben des Informationsmanagements

19

1.3 Gründe für ein Informationsmanagement

20

1.3.1 Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien

20

1.3.2 Anwender

23

1.4 Einordnung von Informationsmanagement innerhalb der Managementlehre

23

1.5 Weiterentwicklung bestehender Theorien um den Aspekt Information

24

2 Information und Kommunikation 2.1 Begriffliches zu Information

28 28

2.1.1 Informationsversorgung

31

2.2 Begriffliches zu Kommunikation

33

2.2.1 Die vier Seiten der Kommunikation

37

2.2.2 Kommunikationsstrukturen

40

2.2.3 Kommunikationsarten

43

2.2.4 Kommunikationsbarrieren

45

2.2.5 Die wirksame Kommunikation

47

2.3 Information und Kommunikation aus prozeßorientierter Sicht

50

2.3.1 Informationsgewinnung

51

2.3.2 Informationsverarbeitung

56

2.3.2.1 Beurteilung der erhaltenen Information

56

2.3.2.2 Transformation von Informationen

58

2.3.2.3 Speicherung und Beseitigung von Informationen

58

2.3.3 Informationsweitergabe

59

5

Inhaltsverzeichnis 2.3.4 Zeitbezug von Informationen 2.4 Zusammenfassung

3 Informationssystem

60

64

3.1 Definition Informationssystem

65

3.2 Computergestützte Informationssysteme

66

3.3 Grundtypen von Informationssystemen

67

3.4 Elemente eines Informationssystems

71

3.4.1 Daten - Informationen

72

3.4.1.1 Aufbau von Datenbanken

74

3.4.1.2 Eingabe

75

3.4.1.3 Verarbeitung

79

3.4.1.4 Übertragung

81

3.4.1.5 Ausgabe

82

3.4.1.6 Archivierung

83

3.4.1.7 Regenerierung

84

3.4.2 Sachmittel

84

3.4.2.1 Hardware

84

3.4.2.2 Software

85

3.4.3 Menschen

6

59

87

3.5 Integrierte Informationssysteme

88

3.6 Organisatorische Einbindung

91

3.6.1 Der Begriff Organisation im Rahmen des Informationsmanagements

91

3.6.2 Zentralisierung versus Dezentralisierung

93

3.6.3 Eingliederungsmöglichkeiten im Unternehmen

96

3.6.3.1 Informationsmanagement als Teil einer Fachabteilung

97

3.6.3.2 Informationsmanagement als Stabsstelle

98

3.6.3.3 Informationsmanagement als Linienabteilung

99

3.6.4 Organisation der Informationsabteilung

101

3.6.5 Auslagerungsmöglichkeiten (Outsourcing)

103

3.6.5.1 Gründe fur Outsourcing

104

3.6.5.2 Gegenstand des Outsourcing

105

Inhaltsverzeichnis 3.7 Teilprobleme eines Informationssystems

108

3.8 Allgemeine Entwurfsprinzipien

109

3.9 Auswahlkriterien fur Informationssysteme

111

3.10 Sicherheit von Informationssystemen

113

3.10.1 Objektschutz

116

3.10.2 Hardwareschutz

117

3.10.3 Softwareschutz

117

3.10.3.1 Unberechtigter Zugriff

118

3.10.3.2 Manipulation

118

3.10.4 Datenschutz 3.11 Zusammenfassung

4 Management Informationssystem

119 120

124

4.1 Gegenstand und Definition

124

4.2 Geschichtliche Entwicklung der Management Informationssysteme

128

4.3 Gründe fur ein Management Informationssystem

130

4.4 Anforderungen an ein Management Informationssystem

132

4.4.1 Benutzerfreundlichkeit

133

4.4.2 Entscheidungsunterstützung

134

4.4.3 Simulation

136

4.4.4 Datentransfer

137

4.4.5 Integration

137

4.5 Einsatz von Management Informationssystemen

138

4.6 Zusammenfassung

138

5 Berichtssystem

142

5.1 Gegenstand und Definition

142

5.2 Aspekte eines Berichtssystems

143

5.2.1 Berichtsadressaten

143

5.2.2 Berichtsfunktion

144

5.2.3 Modell eines Berichtssystems

144

5.3 Berichtssysteme in Industrien mit hohem Gefährdungspotential

148

7

Inhaltsverzeichnis 5.3.1 Ausgangslage

148

5.3.2 Der Faktor Mensch

149

5.3.3 Beinahe-Ereignisse

150

5.3.4 Phasenmodell eines Berichtssystem

152

5.3.5 Zusammenfassung

156

6 Management des Faktors Information 6.1 Einleitung

160

6.2 Strategisches Informationsmanagement

164

6.2.1 Situationsanalyse

165

6.2.2 Wettbewerbskräfte

168

6.2.3 Wertkette

173

6.2.4 Unternehmenspolitik

178

6.2.5 Strategische Zielplanung

179

6.2.6 Strategien

181

6.2.6.1 Unternehmensstrategie

181

6.2.6.2 Informationsmanagementstrategie

183

6.2.7 Strategische Geschäftseinheiten

185

6.2.8 Strategische Maßnahmen

190

6.3 Administratives Informationsmanagement

191

6.3.1 Datenmanagement

193

6.3.2 Anwendungsmanagement

194

6.3.3 Technologiemanagement

196

6.3.4 Personalmanagement

197

6.3.5 Benutzer-Service

199

6.3.6 Katastrophenmanagement

200

6.4 Operatives Informationsmanagement

202

6.4.1 Produktionsmanagement

202

6.4.2 Problemmanagement

203

6.5 Zusammenfassung

8

160

207

Inhaltsverzeichnis

7 Projektmanagement

212

7.1 Projektdefinition

213

7.1.1 Aufgaben

216

7.1.2 Informationsmanagement = Projektarbeit

217

7.2 Projektauslösung

217

7.3 Vorgehensmodell

218

7.3.1 Projektphasen

219

7.3.1.1 Vorstudie

222

7.3.1.2 Hauptstudie

223

7.3.1.3 Teilstudien

223

7.3.1.4 Realisierung

224

7.3.1.5 Einfuhrung

225

7.3.1.6 Erhaltung

225

7.3.2 Meilensteine

226

7.3.3 Phasenzyklus

226

7.4 Projektorganisation

228

7.4.1 Projektbeteiligte

229

7.4.2 Eingliederung der Projekte in die Organisation

232

7.5 Projektplanung

236

7.6 Projektüberwachung und Projektsteuerung

238

7.7 Zusammenfassung

240

8 Erhebungstechniken

244

8.1 Inhalte der Erhebung

245

8.2 Interview

247

8.2.1 Interviewformen

247

8.2.2 Allgemeine Hinweise zur Durchführung von Interviews

251

8.2.3 Der Interviewer

253

8.2.4 Workshop

253

8.2.5 Aufbau und Fragen eines Interviews

254

8.3 Fragebogen 8.3.1 Konstruktion eines Fragebogens

258 259 9

Inhaltsverzeichnis 8.3.2 Durchführung einer Fragebogenaktion 8.4 Beobachtung

260 261

8.4.1 Formen der Beobachtung

262

8.4.2 Der Beobachter

263

8.5 Dokumentenanalyse

264

8.6 Selbstaufschreibung

266

8.7 Grenzen und Einsatzmöglichkeiten von Erhebungen

267

8.8 Zusammenfassung

268

9 Verhalten

272

9.1 Mensch und Information

273

9.2 Aspekte des Verhaltens

277

9.2.1 Widerstand

277

9.2.1.1 Gründe für Widerstand

279

9.2.1.2 Maßnahmen gegen Widerstand

281

9.2.1.3 Reaktanz - ein Spezialfall des Widerstands

283

9.2.1.4 Widerstand bei der Einführung von computergestützten Informationssystemen

284

9.2.2 Akzeptanz

286

9.2.3 Macht

288

9.2.4 Konflikte

291

9.2.4.1 Konfliktformen

292

9.2.4.2 Konfliktentstehung

293

9.2.4.3 Konfliktarten und -Ursachen

294

9.3 Zusammenfassung

298

10 A k t u e l l e E n t w i c k l u n g e n

301

Literaturverzeichnis

311

Stichwortverzeichnis

323

10

Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis Abb. 1 : Modell des Informationsmanagements

16

Abb. 2: Einordnung des Informationsmanagements in die Managementlehre

24

Abb. 3: Aspekte der Information (in Anlehnung an Wittlage, 1984, S. 161)

29

Abb. 4: Informationsangebot, -nachfrage und -bedarf (nach Berthel, 1975, S. 30)

33

Abb. 5: Prozeßmodell der Kommunikation (in Anlehnung an Staehle, 1991, S. 275)

35

Abb. 6: Vier-Seiten Modell (nach Schulz von Thun, 1989, S. 30)

38

Abb. 7: Kommunikationsstrukturen (Quelle: Staehle, 1994, S. 280)

41

Abb. 8: Beispiel einer Kommunikationsmatrix

42

Abb. 9: Beispiel eines Kommunikationsnetzes

42

Abb. 10: Arten der Kommunikation

43

Abb. 11 : Die wirksame Kommunikation

48

Abb. 12: Prozeßmodell der Information

51

Abb. 13: Quellen der Informationsgewinnung

52

Abb. 14: Medien der Informationsgewinnung

55

Abb. 15: Beurteilung unterschiedlicher Medien (Quelle: Jones & McLeod, 1986, S. 233)

55

Abb. 16: Integrierte Informationssysteme (in Anlehnung an Scheer, 1990, S. 8)

71

Abb. 17: Computergestützte Informationssysteme

72

Abb. 18: Aufbau des ΕΑΝ-Codes

78

Abb. 19: Beispiel eines Datenflußplans (Quelle: Schmidt, 1991, S. 321)

80

Abb. 20: Elektronische Datenverarbeitungsanlage

85

Abb. 21: Softwareklassifikation (Quelle: Heinrich, Lehner & Roithmayr, 1994, S. 29)

86

Abb. 22: Dreistufige Client Server Architektur

94

Abb. 23: Informationsmanagement als Teil von Fachabteilungen

98

Abb. 24: Informationsmanagement als Stabsstelle

99

Abb. 25: Informationsmanagement als Linienabteilung

100

Abb. 26: Organisation einer Informationsabteilung

102

Abb. 27: Auslagerung von Aufgaben

103

Abb. 28: Informationsmanagement als Querschnittsfunktion

104

Abb. 29: Managementfunktionen (nach Staehle, 1991, S. 79)

125

Abb. 30: Aufgaben und Anforderungen an ein MIS

132

11

A bbildungsverzeichnis Abb. 31 : Ampelfunktion

134

Abb. 32: Modell eines Berichtssystems (in Anlehnung an Blohm, 1970, S. 14)

145

Abb. 33: Eisbergmodell

151

Abb. 34: Die sieben Module eines Berichtssystems (nach van der Schaaf, 1991, S. 29, aus Giesa, 1993, S.81) Abb. 35: Die Entwicklung des digitalen Raums (Hamel & Prahald, 1995, S. 73)

152 165

Abb. 36: Die strategische Rolle der Information (nach McFarland & McKenney, 1983, aus Heinrich, 1992, S. 111) Abb. 37: Wettbewerbskräfte (Porter, 1984, S. 26)

167 170

Abb. 38: Durchdringung der Wertkette mit Informationstechnik (aus Porter & Miliar, 1986, S. 29) Abb. 39: Drei Typen von Wettbewerbsstrategien (Porter, 1984, S. 67)

175 182

Abb. 40: Portfolio Matrix der Boston Consulting Group (aus Trux, Müller & Kirsch, 1985, S. 119)

187

Abb. 41: Beispiel eines Portfolios

188

Abb. 42: Technologie-Portfolio (aus Arthur D. Little, 1981)

189

Abb. 43: Strukturunterschiede zwischen strategischem und operativem Informationsmanagement (in Anlehnung an Naumann, 1982, S. 59)

192

Abb. 44: Lebenszyklusmodell für Anwendungssysteme (in Anlehnung an Heinrich, 1992, S. 191)

195

Abb. 45: Aggregierte Gesamtanwendungskurve (in Anlehnung an Kirsch, 1985, S. 434)

195

Abb. 46: Vorgehensweise bei der Problembewältigung (nach IBM, 1988, aus Heinrich, 1992, S. 252)

205

Abb. 47: Interdisziplinäre Projektarbeit (in Anlehnung an Mees et. al., 1993, S. 88)

212

Abb. 48: Vorgehen in einem Phasenkonzept (aus Biethahn et. al. 1994, S. 200)

220

Abb. 49: Projektablauf mit Phaseneinteilung

221

Abb. 50: Zusammenspiel der Projektbeteiligten (in Anlehnung an Schmidt, 1991, S. 99)

231

Abb. 51: Reine Projektorganisation

233

Abb. 52: Einfluß-Projektorganisation

234

Abb. 53: Matrix-Projektorganisation

235

12

Abbildungsverzeichnis Abb. 54: Vergleich unterschiedlicher Interviewformen hinsichtlich deren Standardisierung (in Anlehnung an Schmidt, 1991, S. 124)

249

Abb. 55: Unterschiedliche Interviewformen hinsichtlich ihres Autoritätsanspruchs (in Anlehnung an Schmidt, 1991, S. 125)

251

Abb. 56: Triade: Mensch, Information, Technik (in Anlehnung an Groffmann, 1992, S. 3)

273

Abb. 57: Kippbild Dame (aus Zimbardo, 1983, S. 322)

274

Abb. 58: Vereinfachtes Modell der Informationsaufnahme

276

Abb. 59: Richtung des Widerstands

278

Abb. 60: Akzeptanz-Typen (aus Müller-Böling & Ramme, 1990, S.144)

287

Abb. 61: Machtbasen und Machtentstehung (aus Krüger, 1994, S. 316)

290

Abb. 62: Information - Wissen - Lernen

304

Abb. 63: Interventionsfelder (nach Potthof, aus Heilmann, 1999, S. 10)

305

Abb. 64: Informationsmanagement ein interdisziplinäres Aufgabengebiet

308

13

Einführung

1 Einführung Unser Leben ist seit jeher von Informationen geprägt. Permanent empfangen wir Informationen und entscheiden über deren Bedeutung, die dann zum Teil Eingang in unser Verhalten finden. Wer beispielsweise morgens im Radio in den Wetternachrichten hört, daß Regen vorhergesagt ist, wird sich beim Verlassen des Hauses darauf einstellen und eventuell einen Regenschirm mit sich fuhren. Diese Prozesse der persönlichen Informationsverarbeitung passieren ständig. In ähnlicher Form verhält es sich auch in Unternehmen. Jedes Unternehmen ist in der Situation, daß es auf Informationen angewiesen, bzw. ohne Informationen nicht überlebensfahig ist. Hinzu kommt, daß die Informations- und Kommunikationstechnik in den letzten 30 Jahren sehr stark vorangeschritten ist, was viele Unternehmen dazu veranlaßt, sich mit dem Thema Information aktiv auseinanderzusetzen. Der zweckmäßige und effiziente Einsatz der Informationstechnologie als Wettbewerbsfaktor gewinnt für viele Unternehmen an Bedeutung. Durch die Entwicklungen im Hard- und Softwarebereich haben sich die Einsatzgebiete der EDV in Unternehmen immer stärker ausgedehnt. Geschichtlich betrachtet, begann die EDV mit Tätigkeiten wie Buchhaltung, Lagerhaltung und Kostenrechnung. Noch vor rund zwanzig Jahren waren weniger als 2% aller betriebswirtschaftlichen Rechenvorgänge computergestützt. Heute nähern wir uns bereits der 80%-Marke (Hoch & Schirra, 1993). Die computerisierte Informationsunterstützung steht heute hingegen erst am Anfang einer solchen Entwicklung. Bislang werden ca. 6% aller Informationen in Unternehmen elektronisch gespeichert, aufbereitet und weiterentwickelt (Butler Cox Foundation, 1989). Die Informationstechnologie ist demzufolge noch lange nicht an ihrem Ende angekommen, soweit es ihren praktischen Einsatz betrifft. Das Management von Informationen birgt für viele Unternehmen bislang unausgeschöpfte Potentiale, die es in Wettbewerbsvorteile umzusetzen gilt, denn die Informationsintensität hat in vielen Branchen erheblich zugenommen. Wettbewerbsvorteile durch Kostenminimierung können durch den effizienten Einsatz moderner Informationstechnologien erzielt werden (Hoch, 1990). Aber auch eine Differenzierung der Leistungen gegenüber anderen Wettbewerbern kann durch den Einsatz von Informationstechnologien erreicht werden. Mit dem Ziel, einen besseren Kundennutzen zu bieten oder die Serviceangebote von Produkten zu steigern, erhöhen viele Unternehmen den Informationsanteil ihrer Produkte. Ein Beispiel hierfür ist das Vordringen der Boardcomputer in Autos. Unabhängig davon, ob sich ein Unternehmen 15

Einführung mittels moderner

Informations- und

Kommunikationstechnologie

Wettbewerbsvorteile

erringen will, befindet sich jedes Unternehmen in der Situation, daß es sich Gedanken machen muß, welche Informationen als relevant anzusehen sind (Osterie, Brenner & Hilbers, 1991). Basierend auf diesen Vorüberlegungen ist dieses Buch aufgebaut und soll als eine Art Handlungsanleitung angesehen werden.

1.1 Modell des Informationsmanagements Das folgende Modell bildet den Rahmen der in diesem Buch abzuhandelnden Themen, innerhalb derer Grundlagen, Methoden und Konzepte vorgestellt werden.

Informationssystem Projektmanagement

Erhebungstechniken

Verhalten

Abb. 1:

16

Modell des

Informationsmanagements

Einfiihrung Information und Kommunikation Information und Kommunikation bilden den Ausgangspunkt der Betrachtung, wobei der Gedanke, daß kein Unternehmen ohne Informationen sein Tagesgeschäft erledigen kann, zugrunde gelegt wird. Neben der begrifflichen Klärung soll der Leser für das Thema Informationsmanagement sensibilisiert werden, indem den folgenden Fragen nachgegangen wird. Wer erhält von wem, wann, zu welcher Zeit, welche Informationen, und wie werden sie übermittelt? Dies setzt eine Analyse des Informationsbedarfs voraus. Im Mittelpunkt der Betrachtungen des zweiten Kapitels „Information und Kommunikation" steht die individuelle Informationsversorgung, die jeden Mitarbeiter eines Unternehmens mehr oder weniger betrifft.

Informationssystem Die meisten Unternehmen befinden sich in der Situation, daß einerseits zu viele zu verarbeitende Informationen vorhanden sind und andererseits ein Bedürfnis nach qualitativ hochwertigeren Informationen besteht. Die Flut an Informationen, die täglich in Unternehmen aufgenommen, verarbeitet und weitergeleitet werden, ist derart groß, daß hierfür zahlreiche Regeln und Prozeduren festgelegt werden, die den Informationsfluß bestimmen. Zur Bewältigung dieser Fülle von Informationen bzw. deren Filterung steht eine reichhaltige Auswahl von computergestützten Informationssystemen zur Verfügung. Computergestützte Informationssysteme bilden das dritte Kapitel dieses Buches. Fortlaufende Entwicklungen im Computerbereich haben es ermöglicht, daß zahlreiche Funktionsbereiche über computergestützte Informationssysteme verfugen. Im Anschluß an eine Einführung über Informationssysteme wird darum deren Bedeutung z.B. im Hinblick auf ihre Auswahl, Sicherheit, Eingliederung oder Auslagerung behandelt.

Management Informationssystem Eine besondere Bedeutung innerhalb der Informationssysteme bilden die Management Informationssysteme, die in einem eigenständigen Kapitel behandelt werden. Ihnen obliegt eine eigene Philosophie und Struktur bzw. Funktion, die einen eigenen Bereich innerhalb der Informationssysteme bilden.

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Einführung Berichtssystem Industrien mit hohem Gefährdungspotential, wie beispielsweise die Chemieindustrie, erfahren, bedingt durch einige markante Störfälle in den letzten Jahren, eine Renaissance der ereignisbezogenen Berichtssysteme. Berichtssysteme beziehen sich dabei primär auf Ereignisse, Störfälle oder Unfälle, deren Inhalte und Bedeutung in einem eigenen Kapitel abgehandelt werden.

Management des Faktors Information Das Management des Faktors Information besteht nicht nur in der Versorgung von Mitarbeitern mit Informationen oder in der Entwicklung von Informationssystemen. Die Aufgaben des Informationsmanagements sind deutlich vielfaltiger und lassen sich wie folgt einteilen: •

Strategische Aufgaben

• Administrative Aufgaben •

Operative Aufgaben

Eine Beschreibung der Aufgaben erfolgt im sechsten Kapitel dieses Buches. Dabei wird auch auf eine Reihe von methodischen Aspekten eingegangen, die dem Informationsmanagement hierbei zur Verfügung stehen.

Projektmanagement Informationsmanagement ist meist Projektarbeit. Demzufolge wird das Thema Projektmanagement in einem eigenständigen Kapitel (Kapitel 7) behandelt. Dazu werden Methoden vorgestellt, die während eines Projektablaufs zum Einsatz kommen, und es wird erklärt, wer für welche Aufgaben in einem Projekt zuständig ist.

Erhebungstechniken Informationsmanagement beginnt immer mit einer Bestandsaufnahme. D.h., es muß festgestellt werden, welche Informationen vorhanden sind, welche gewünscht werden, etc. Hierbei kann man sich unterschiedlicher Erhebungstechniken bedienen, die im Kapitel 8 behandelt werden.

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Einführung Verhalten Schließlich und nicht zuletzt wird Informationsmanagement von Menschen fur Menschen geleistet. Die dabei auftretenden Probleme, wie beispielsweise Interessenkonflikte, Widerstände und Angst, werden im Kapitel 9 thematisiert.

1.2 Gegenstand und Aufgaben des Informationsmanagements Zerlegt man das Wort Informationsmanagement in die beiden Begriffe Information und Management, so kann man sagen, es handelt sich um das Management von Informationen. Der Gegenstand ist die Information, welche geplant, organisiert, koordiniert und kontrolliert wird, d.h. eines Managements bedarf. Information als Gegenstand bedeutet, daß Informationen eine Ressource (Horton, 1985) bzw. einen Produktionsfaktor darstellen. Zur Erfüllung der Aufgaben kommen Methoden, Werkzeuge und Informations- und Kommunikationstechnik zum Einsatz. Da jeder Mitarbeiter in einem Unternehmen darauf angewiesen ist, über die für seine Arbeit notwendigen Informationen zu verfugen, welche er persönlich plant und meist selbst organisiert und koordiniert, könnte man daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß jeder Mitarbeiter ein Informationsmanager ist. In Anbetracht der wachsenden Fülle und Bedeutung von Informationen in Unternehmen ist es sicherlich sinnvoll und wünschenswert, Mitarbeiter für diesen Aufgabenbereich bereitzustellen. Informationsmanagement kann demnach auch mit einer Person(-engruppe) in Verbindung gebracht werden. Es handelt sich beim Informationsmanagement also um Mitarbeiter, deren zentraler Aufgabenbereich der Umgang mit Informationen ist. Diese Auffassung des Begriffs Informationsmanagement wird von vielen Autoren geteilt (Bullinger, 1984, Krüger & Pfeiffer, 1990, Reinermann, 1981). Eine einheitliche Aufteilung der Aufgaben gibt es jedoch nicht. Einige Autoren (Heinrich, 1992, Hildebrand, 1995, Rauh, 1990) unterteilen den Aufgabenbereich des Informationsmanagements in die drei Managementebenen: strategisches, administratives und operatives Management.

Informationsmanagement und seine Aufgaben sollten aber nicht auf Informationsmanager begrenzt werden, denn Informationsmanagement ist mehr als die Summe der beiden Begriffe Information und Management. Informationsmanagement kann und sollte auch als eine Art Philosophie betrachtet und sowohl von Informationsmanagern wie auch von allen anderen 19

Einführung Mitarbeitern eines Unternehmens wahrgenommen werden. Wenn auch das Schwergewicht der Aufgaben und deren Betrachtungsweise bei den Informationsmanagern liegt, ist eine aktive Mitarbeit aller Mitarbeiter unerläßlich, wenn es darum geht, Wettbewerbsvorteile zu erringen. Diese Betrachtungsweise findet ihren Ausdruck in der Forderung nach einem ganzheitlichem Informationsmanagement, wie es z.B. Biethahn, Mucksch & Ruf, (1994) fordern.

1.3 Gründe für ein Informationsmanagement Es gibt zahlreiche Gründe, von denen an dieser Stelle zwei herausgegriffen werden, die es fast allen Unternehmen unmöglich machen, sich der Thematik zu entziehen bzw. sie zu ignorieren, vor allem weil sich der Aufgaben- und Wirkungsbereich des Informationsmanagements in den letzten Jahren stark verändert hat und dies auch in Zukunft tun wird. Diese beiden Gründe sind: •

Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien



Bessere Anwenderunterstützung

1.3.1 Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien Ein sehr frühes Beispiel der Informationstechnik ist die Druckmaschine, die es erstmals ermöglichte, Informationen einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Seit der Erfindung der Druckmaschine hat sich in der Informationstechnik sehr viel verändert. Diese Entwicklung beschreibt Vetter (1982) wie folgt: „Hätte die Automobiltechnik im Laufe der dreißig Jahre eine ähnliche Entwicklung durchgemacht, wie die Informationstechnologie, dann wäre heute ein Wagen der Mittelklasse wie folgt charakterisiert: - Sein Preis beträgt 10 Franken - seine Spitzengeschwindigkeit 100.000 km/h - er hat 5000 Sitzplätze - sein Benzinverbrauch beträgt 0,5 l für 100 km. " (Vetter, 1982, S. 79) Hierbei handelt es sich sicherlich um einen überspitzten und nicht ganz realistischen Vergleich. An dieser Stelle soll jedoch festgehalten werden, daß die Informationstechnik in den letzten dreißig Jahren großen Veränderungen unterlegen war, die sowohl die Betriebswirtschaftslehre als auch andere Disziplinen sehr stark beeinflußt und verändert hat. Diese Veränderungen haben sich in Hard- und Software vollzogen, was näher erläutert werden soll. 20

Einführung a)

Hardware

Die Weiterentwicklung im Hardwarebereich in den achtziger Jahren, die primär durch das Aufkommen der Personal Computer (PC) geprägt wurde, setzt sich auch in den neunziger Jahren weiter fort. Nach Hoch & Schirra (1993) lassen sich im Hardwarebereich drei Trends aufzeigen: • Verbesserung des Preis/Leistungsverhältnisses • Entwicklung dezentraler, vernetzter Systeme • Zusammenwachsen mit benachbarten Technologien

Verbesserung des Preis-/Leistungsverhältnisses Die Leistungsfähigkeit von Computern konnte in den letzten 10 Jahren deutlich verbessert werden. Diese Entwicklung läßt sich z.B. sehr gut im Bereich der Personal Computer aufzeigen. Personal Computer verfügen über eine Leistungsfähigkeit, die bis vor wenigen Jahren nur von Großrechenanlagen erreicht wurde. Diese gesteigerte Leistungsfähigkeit basiert im wesentlichen auf neueren besseren Chips. Neben der drastischen Leistungssteigerung kam ein enormer Preisverfall hinzu. Die Anschaffungspreise für Computer konnten um ein vielfaches gesenkt werden, was die Investitionsbereitschaft von Unternehmen erhöht und die Bindung finanzieller Ressourcen gesenkt hat.

Entwicklung dezentraler, vernetzter Systeme Die Leistungssteigerung der PC ermöglichte es Unternehmen, verstärkt Technik einzusetzen, was den Rückgang von Mainframes zur Folge hatte. Neben diesem verstärkten Einsatz, der zunächst zu dezentralen Lösungen führte, ist gleichzeitig ein Trend zur Vernetzung zu verzeichnen (IDC, 1991).

Zusammenwachsen mit benachbarten Technologien Das Zusammenwachsen von Computern, Kommunikationssystemen und Konsumelektronik wurde in den letzten Jahren verstärkt vorangetrieben. Hier greift das Schlagwort Multimedia. Eine immer stärkere Verbindung von Computern mit Video, Fernsehen, Sound, Animation und vielem mehr zeichnet sich ab. Allein die Verbindung von PC und Telekommunikation ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit geworden. Faxe zu senden und zu empfangen, bzw. der Aufbau von Telefonverbindungen, gehört inzwischen zu den Grundausstattungen moderner PC. 21

Einführung Diese Entwicklungen sind für Unternehmen in zweifacher Hinsicht von großer Bedeutung. Zum einen wird dadurch die Bürokommunikation verbessert, und zum anderen ergeben sich neue Märkte für Unternehmen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Internet, eines der großen Datennetze, das immer stärker zum Dreh- und Angelpunkt wird. Über dieses Netz können Tageszeitungen bezogen, Produkte bestellt und unzählige andere Anfragen getätigt werden. Im Internet gewinnt der Anwendungsdienst World Wide Web (WWW) zunehmend an Bedeutung. WWW steht für die interaktive Abfrage von Informationsangeboten, die sich durch Querverweise mit Hilfe von Hypertext-Technik verknüpfen lassen (Stahlknecht, 1990).

b)

Software

Auch die Software-Entwicklung hat in den letzten 10 Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Die Leistungsfähigkeit von Programmen konnte basierend auf der Leistungssteigerung der Hardware deutlich verbessert werden. Betrachtet man die Entwicklung der Textverarbeitungsprogramme, läßt sich festhalten, daß heute Programme über deutlich mehr Funktionen verfugen als noch vor wenigen Jahren. Das automatische Erstellen von Inhalts- und Indexverzeichnissen sowie Rechtschreibprogramme, sind Funktionen über die Textverarbeitungsprogramme noch nicht lange verfügen. Zur Leistungssteigerung kommt außerdem ein größeres Angebot an Standardsoftware hinzu. Neben der Bereitstellung von einer breiten Basis an Standardsoftware ist auch hier ein starker Preisverfall zu verzeichnen. Wer heute beispielsweise einen PC kauft, erhält automatisch eine Fülle an Software. Auch der Preis spezieller Software für Unternehmen unterliegt in den letzten Jahren einem drastischen Preisverfall. Software-Ergonomie, die sich mit der Oberflächengestaltung und Bedienerfreundlichkeit beschäftigt, hat ebenfalls in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Die weitgehend einheitliche Oberflächengestaltung unterschiedlicher Software verkürzt erheblich die Einarbeitungszeit und erhöht die Akzeptanz auf Seiten der Anwender. Der Trend zum objektorientierten Programmaufbau gegenüber der Befehlseingabe, die ein erhöhtes Wissen über das jeweilige Programm erforderte, hat sich positiv auf die Akzeptanz ausgewirkt.

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Einführung 1.3.2 Anwender Die Entwicklungen im Softwarebereich, insbesondere die ergonomische Gestaltung, führten auf Seiten der Anwender zu positiven Wirkungen. Die erhöhte Leistungsfähigkeit der Software läßt erkennen, welche Vorteile durch ihren Einsatz entstehen. Während früher eine lange Einarbeitungszeit und begrenzte Funktionalität Argumente gegen die Anwendung von Computertechnik waren, nach dem Motto „das kann ich mit meiner alten Methode besser und schneller", ist dieser Trend nun rückläufig. Auch die Tatsache, daß junge Nachwuchskräfte in Unternehmen bereits vor Eintritt ins Berufsleben Kontakt mit Computern hatten, hat die Akzeptanz von Computern am Arbeitsplatz sehr gesteigert und wird es weiter tun.

1.4 Einordnung von Informationsmanagement innerhalb der Managementlehre Aus den zuvor geschilderten Entwicklungen ist ein eigenständiger Bereich entstanden, der als Informationsmanagement bezeichnet wird. Besonders die Managementlehre hat sich in den letzten 20 Jahren verstärkt in bestimmten Themengebieten weiterentwickelt. Es existieren zahlreiche Wortkombinationen, bestehend aus Management und anderen für das Unternehmen wichtigen

Ressourcen,

wie

z.B.

Umweltmanagement,

Qualitätsmanagement,

Lean-

Management und Informationsmanagement. Gegenstand der näheren Betrachtung soll hier der Begriff „Informationsmanagement" sein.

Informationsmanagement ist entsprechend der Managementlehre eine Querschnittsfunktion der betrieblichen Funktionen (Steinmann & Schreyögg, 1991). Das heißt, daß Informationen aus allen betrieblichen Bereichen, wie z.B. Einkauf, Verkauf, Produktion und Logistik, eine wichtige Rolle spielen und diese auch untereinander verknüpft sein müssen. Graphisch läßt sich die Querschnittsfunktion wie folgt darstellen.

23

Einführung

Sachfunktionen Einkauf

Abb. 2:

Produktion

Einordnung des Informationsmanagements

Verkauf

in die Managementlehre

Informationsmanagement ist aufgrund dieser Betrachtungsweise ein Teilgebiet der Managementlehre. Heinrich (1992) sieht den Aufgabenschwerpunkt des Informationsmanagements in der Informationsfunktion und ordnet es der Wirtschaftsinformatik zu. Eine zunehmende Bedeutung des Faktors Information und neue Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnik rücken aber den Managementaspekt verstärkt in den Vordergrund. Der Einsatz neuer Technik des Informations- und Kommunikationsbereichs muß schließlich geplant, organisiert und gesteuert werden und wird deshalb hier der Managementlehre zugeordnet. Die Informationsfunktion und die enge Verbundenheit zur Informations- und Kommunikationstechnik ist sicherlich eine Besonderheit bzw. das Charakterisierende dieses Gebietes und zeigt die enge Verbundenheit zur Wirtschaftsinformatik. Basis der weiteren Abhandlungen ist hier die Zuordnung des Informationsmanagements zur Managementlehre.

1.5 Weiterentwicklung bestehender Theorien um den Aspekt Information Die Entwicklung der Informationstechnik und die Bedeutung der Information hat dazu geführt, daß bereits bestehende theoretische Ansätze um den Aspekt Information erweitert wurden, was im folgenden an der Drei-Sektoren-Hypothese bzw. Vier-Sektoren-Hypothese und der Erweiterung der Produktionsfaktoren um den Aspekt Information verdeutlicht werden soll. In der Volkswirtschaftslehre gibt es die Drei-Sektoren-Hypothese (Fischer, 1939 und Clark, 1940). Sie stützt sich auf den Strukturwandel, der in zahlreichen Ländern zu beobachten ist. Sie besagt, daß in einer Volkswirtschaft im Wachstumsprozeß zunächst der sekundäre Sektor den Anteil des primären Sektors zurückdrängt und daß schließlich der sekundäre Sektor zugunsten des tertiären Sektors schrumpft. 24

Einführung Der primäre Sektor besteht aus: Land-, Forstwirtschaft und Fischerei Der sekundäre Sektor besteht aus: Bergbau, Industrie und Handwerk Der tertiäre Sektor besteht aus: Dienstleistungen

(Handel,

Verkehr,

Kreditwirtschaft,

Versicherungswirtschaft,

Gesundheitsdienst und Bildungswesen)

Inzwischen spricht man sogar von einer Vier-Sektoren-Theorie, indem als vierter Sektor die Informationswirtschaft hinzugefügt wurde (Szyperski & Eschenröder, 1983).

Eine weitere These in diesem Zusammenhang ist die von der Information als viertem Produktionsfaktor. Neben Kapital, Boden und Arbeit beeinflußt heutzutage die Information den Leistungserstellungsprozeß. Dies hat zur Folge, daß sich Unternehmen immer stärker mit dem Thema Information auseinandersetzen müssen. Die Anforderungen der Märkte unterliegen einem permanenten und immer schnelleren Wandel. Dies erfordert von den Unternehmen flexible Anpassungen und die Fähigkeit, veränderungsrelevante Informationen rechtzeitig zu sammeln und zu verwerten. Der Einsatz innovativer Informationstechnik ist dabei unerläßlich (Nefiodew, 1990).

Bereits in den siebziger Jahren wurde in der Betriebswirtschaftslehre die Thematik Informationsmanagement durch die sogenannten Management Informationssysteme bekannt (Kirsch, 1977). Zwischen 1970 und 1975 befragten Köhler & Heinzelbecker (1979) die 100 umsatzstärksten deutschen Industrieunternehmen, inwieweit Sie durch den Einsatz von EDV eine gezielte Versorgung des Managements mit Führungsinformationen betreiben. Über achtzig Prozent der Befragten gaben an, zumindest über realisierte Teilsysteme zu verfugen. Dennoch machte sich Ende der siebziger Jahre eine gewisse Skepsis bezüglich der Leistungsfähigkeit von Informationssystemen breit. Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre entfachte sich eine neue Welle von Forschungsarbeiten und führte auch in Unternehmen wieder verstärkt zu Aktivitäten. (Hoch & Schirra, 1993).

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Einführung Vertiefungsliteratur: Heinrich, L.J., Wirtschaftsinformatik als Wissenschaft und als wissenschaftliches Studium. In Information Management, 1/1986, S. 64-69. Hoch, D.J. & Schirra, W., Entwicklung der Informationstechnologie. Management des Wandels in einer Zeit des Paradigmenwechsels. In A.-W., Scheer (Hrsg.), Handbuch Informationsmanagement, Wiesbaden, 1993, S. 3-47. Nefiodew, L.W., Der fünfte Kondratieff, Wiesbaden, 1990. Osterie, H., Brenner, W. & Hilbers, K., Unternehmensfuhrung und Informationssysteme - Der Ansatz des St. Gallener Informationssystem-Managements, Stuttgart, 1991.

Kontrollfragen: 1) Warum müssen sich Unternehmen immer stärker mit dem Thema Information auseinandersetzen? 2) Welche Bedeutung haben die Entwicklungen im Hard- und Softwarebereich für Unternehmen? 3) Was bedeutet die Aussage, daß es sich bei Informationsmanagement um eine Querschnittsfunktion handelt? 4) Sind die Aufgaben des Informationsmanagements von jedem Mitarbeiter eines Unternehmens wahrzunehmen, oder handelt es sich um Aufgaben, die spezielle Mitarbeiter ausführen? 5) Welche Bedeutung steht hinter dem Modell des Informationsmanagements?

26

Information und Kommunikation

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Information und Kommunikation

2 Information und Kommunikation 2.1 Begriffliches zu Information Als Information können beispielsweise Aussagen über Ereignisse, Entwicklungen oder Sachverhalte bezeichnet werden. Die Spannbreite dessen, was wir im alltäglichen Sprachgebrauch unter Information verstehen, ist beträchtlich. Sie reicht von einfachen Auskünften (z.B. Himmelsrichtung) bis hin zu Aussagen über komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge (z.B. die Umsatzentwicklung wird durch die Dollarentwicklung bedingt). Das Phänomen der Information in der Unternehmung ist so alt wie die Unternehmung selbst.

Die Semiotik mit den Teilgebieten Syntax, Semantik und Pragmatik hat sich mit dem Begriff Information beschäftigt. Ihre Entwicklung und Bedeutung kann wie folgt umrissen werden (Wittlage, 1984 und Kramer, 1965).

Lange bevor Informationen als wirtschaftlicher Faktor angesehen wurde, beschäftigte sich die mathematische Informationstheorie mit der Gewinnung, Speicherung und Verteilung von Informationen, da Informationen für sich gesehen weder übertragbar noch speicherfahig oder wahrnehmbar sind. Erst durch ihre Bindung an Signale erhalten sie eine dem Menschen wahrnehmbare physikalische Substanz.

Diese Signale bestehen aus einem oder mehreren Zeichen, z.B. einem Wort, Satz, einer Zahl, Farbe, Tonfolge, Sprache, Temperatur, Strom usw. Z.B. die Buchstabenfolge „Pqxkmr" beinhaltet in der deutschen Sprache keine sinnvolle Information, ist also kein Wort. Mit Hilfe der Syntax (Syntaktik) werden die Signale gebildet. Sie gibt formale Regeln vor, nach denen im sprachlichen Bereich z.B. aus den Wörtern der jeweils verwendeten Sprache Ausdrücke und Sätze gebildet werden.

28

Information und

Abb. 3:

Kommunikation

Aspekte der Information (in Anlehnung an Wittlage, 1984, S. ¡61)

Mit den Bedeutungsinhalten z.B. der Wörter und Sätze beschäftigt sich die Syntax nicht. Diese Aufgabe kommt der Semantik zu. Sie legt fest, welche Gegenstände, Eigenschaften und/oder Beziehungen mit welchen Signalen belegt werden und deren Bedeutung. Z.B. das Wort „Rennen" ist ein Wort der deutschen Sprache und kann als die schnelle Bewegung einer Masse bezeichnet werden. Die Semantik bezieht die hinter den Zeichen stehenden Tatbestände mit ein. Sie fuhren zur Betrachtung von Nachrichten. Unter Nachrichten wird hier die sinnvolle für Dritte verständliche Form betriebswirtschaftlicher Tatbestände, wie z.B. Lohnstatistik und Jahresabschluß, verstanden.

Auf die Nutzer der Sprache wird in der Pragmatik eingegangen. Sie ordnet einer Nachricht eine bestimmte Zweckorientierung zu, die auf den Adressaten bezogen ist. Ein Beispiel hierfür wäre: „Ich laufe nach Hause, da ich zu spät bin." Die Information ist demzufolge eine zweckbezogene Nachricht, die von einem Sender erzeugt und in Signale mit Bedeutungsinhalten umgesetzt und an einen Empfanger übermittelt wird. Hierbei kann es z.B. um Leistungsvorgaben oder Ist-Wert-Meldungen handeln. Der Semiotik folgend, läßt sich zusammenfassend „Information" wie folgt beschreiben:

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Information und Kommunikation Ausgehend von der physischen Substanz der Information, wird diese physische Substanz mit Bedeutungsinhalten assoziiert. Der Schritt zur Information ist dann getan, wenn diese mit einem Ziel oder Verwendungszweck verbunden wird. Wie aus dem zuvor Geschilderten hervorgeht, kann man sich dem Begriff Information über die Semiotik nähern. Die einzelnen Teilgebiete der Semiotik verdeutlichen auch, daß vieles, was wir im täglichen Gebrauch verwenden, als Information bezeichnet wird, im eigentlichen Sinne aber keine Information ist. Informationen, die nicht ziel- oder zweckorientiert sind, werden als Nachricht bezeichnet. Bereits an dieser Stelle bestehen in vielen Unternehmen deutliche Schwachstellen. Viele sogenannte Informationen, die besser als Nachrichten bezeichnet werden sollten, werden gesammelt und verbreitet, wobei ihr Ziel und ihre Zweckorientierung nicht definiert wird. Hieraus resultiert die schon klassische Aussage:

Ich ersticke an Informationen und bin immer noch auf der Suche nach Informationen. An diesem Punkt setzen die Aufgaben des Informationsmanagements an, indem ermittelt wird, welche Informationen für wen von Bedeutung bzw. zur Tätigkeitsausübung relevant sind.

In einer ersten Eingrenzung wurden als Informationen all die Angaben bezeichnet, die einen bestimmten Zweck verfolgen. Für eine betriebswirtschaftliche

Betrachtung reicht diese

Beschreibung nicht aus, was anhand der beiden nachstehenden Definitionen

aufgezeigt

werden soll. Die erste Definition stammt von Wittlage (1984):

„Anwendungsorientiert betrachtet kann unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten die Information als das Wissen verstanden werden, das ein Element des soziotechnischen Systems Unternehmung besitzen muß, um seine Aufgabe sachgerecht zu erfüllen (richtige Entscheidung) und um sich systemgerecht verhalten zu können. " (Wittlage, 1984, S. 161) Heinrich ( 1 9 9 2 ) definiert Information wie folgt:

„ Generell wird unter Information eine Auskunft, Aufklärung oder Belehrung verstanden. Zur Vorbereitung wirkungsvoller Handlungen gehört erfahrungsgemäß Wissen; aus Informationen kann Wissen entstehen. In der Betriebswirtschaftslehre wird daher Information als zweckorientiertes Wissen verstanden. " (Heinrich, 1992, S. 7)

30

Information und Kommunikation Beide hier zitierte Definitionen machen deutlich, daß in der betriebswirtschaftlichen Literatur der Begriff Information als zweckorientiertes Wissen verstanden wird. Wissen bezeichnet, etwas im Gedächtnis oder Bewußtsein zu haben, was man jederzeit anwenden oder zum Ausdruck bringen kann. Damit wird ausgesagt, daß das Weltwissen auf unternehmensbezogene Ziele und Zwecke hin ausgewählt werden soll und dadurch das Wissen der Mitarbeiter vermehrt wird. Unter Rückgriff auf die bisherigen Darlegungen zum Begriff Information soll Information hier somit als zweckorientiertes betriebliches Wissen verstanden werden, welches auf den Vollzug von Handlungen zur Erreichung unternehmensbezogener Ziele gerichtet ist. Da Informationen in allen betrieblichen Abteilungen und Stellen benötigt werden, lassen sich in der Praxis eine Vielzahl von Informationen nach inhaltlichen und formalen Gesichtspunkten unterscheiden, worauf im weiteren Verlauf noch näher eingegangen wird. Zunächst soll jedoch die Informationsversorgung betrachtet werden.

2.1.1 Informationsversorgung Eine der wohl schwierigsten Aufgaben des Informationsmanagements ist die Bestimmung der optimalen Informationsversorgung in einem Unternehmen. Jeder Mitarbeiter eines Unternehmens hat unterschiedliche Ziele und Bedürfnisse an die Informationsversorgung, die er individuell bestimmt. Dagegen steht, daß eine optimale Informationsversorgung bereits durch das Informationsangebot begrenzt ist. Zusätzlich variiert auch die Informationsnachfrage von Situation zu Situation, wodurch eine für alle Mitarbeiter optimale Informationsversorgung erschwert wird. Die Informationsversorgung wird demnach durch den Informationsbedarf, das Informationsangebot und die Informationsnachfrage bestimmt. Die Bereitstellung von Informationen innerhalb eines Unternehmens erfolgt aus internen und externen Quellen. Die Summe aller vorhandenen bzw. zur Verfügung stehenden Informationen aus diesen unterschiedlichen Quellen wird als Informationsangebot bezeichnet. Das Informationsangebot ändert sich vor allem durch den Einsatz computergestützter Informationssysteme. Kürzere Übertragungszeiten und bessere Vernetzung verbessern es. Das Informationsangebot kann als die Gesamtheit der Informationen, welche einem Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Informationsnachfrage zur Verfugung stehen, bezeichnet werden. Aus diesen unterschiedlichen Informationsbedürfnissen resultiert die Informationsnachfrage. Innerhalb der Belegschaft eines Unternehmens ist die Informationsnachfrage sehr unterschiedlich. 31

Information und Kommunikation Individuelle Lernprozesse und verschiedene Erfahrungen prägen den Wissensstand, der in einer unterschiedlichen Informationsnachfrage seinen Ausdruck findet. Ein Problem der Praxis besteht darin, daß sich das Informationsangebot und die Informationsnachfrage meist nicht decken. Auf der Seite des Angebots ist eine wachsende Informationsflut zu verzeichnen, während die Informationsnachfrage oft unzureichend ist. Diese Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage hat zur Folge, daß zunächst einmal der Informationsbedarf ermittelt werden muß. Hierbei unterscheidet man meist zwischen einem objektiven und einem subjektiven Bedarf (Biethahn, Mucksch & Ruf, 1994). Zur Ermittlung des objektiven Informationsbedarfs werden aus der Sicht der zu erfüllenden Aufgaben die notwendigen Informationen bestimmt. Der subjektive Informationsbedarf wird aus der Sicht des individuellen Aufgabenträgers bestimmt. Diese Unterscheidung ist jedoch weder theoretisch sinnvoll noch praktikabel (Schneider, 1990). Aufgabe und Aufgabenträger bilden bei der Aufgabenbearbeitung eine Einheit. Zur Ermittlung des Informationsbedarfs ist sowohl auf die für die Aufgabe notwendigen als auch auf die subjektiv notwendigen Informationen zu achten, da sie eine Einheit bilden. Der objektive Informationsbedarf läßt sich in der Praxis nie frei von subjektiven Einflüssen oder umgekehrt ermitteln (Picot & Frank, 1988). Dies kann dazu führen, daß Informationen, die sich aus der Aufgabe heraus ableiten lassen, als Informationsbedarf angesehen werden, von Mitarbeitern aber nicht angefragt werden. Dieser Fall liegt vor, wenn ein Mitarbeiter nicht vollkommen rational handelt. Aus der Sicht des Informationsmanagements liegt das Interesse vor allem darin, das Informationsangebot, die Nachfrage und den Bedarf zu systematisieren und besser zu organisieren. Damit der Prozeß der Informationsversorgung möglichst systematisch erfolgt, versucht man, ihn computergestützt ablaufen zu lassen. Ein Kreisdiagramm veranschaulicht modellhaft die drei genannten Kategorien und zeigt anhand von Schnittmengen und deren Restmengen die Kernprobleme der optimalen Informationsversorgung. Eine völlige Deckungsgleichheit der Kreise ist nicht möglich. Die Schnittmengen sollten jedoch möglichst groß sein, denn jedes Überangebot und jede Übernachfrage von Informationen hat UnWirtschaftlichkeit zur Folge. Der Umfang und die Lage der Kreise gibt im hier vorliegenden Beispiel keine Auskunft über die tatsächlichen Größenverhältnisse der drei Kategorien. Diese können von Situation zu Situation sehr unterschiedlich ausfallen.

32

Information und Kommunikation

Legende: 1. Information die angeboten wird, aber weder nachgefragt wird noch notwendig ist 2. Information die angeboten und nachgefragt wird, die nicht notwendig ist 3. Information die nachgefragt wird, die aber weder angeboten wird, noch wichtig ist 4. Wichtige Information die nachgefragt, aber nicht angeboten wird 5. Notwendige Information, die weder angeboten noch nachgefragt wird 6. Information die angeboten, aber nicht nachgefragt wird, die aber notwendig ist 7. Angebot, Nachfrage und Bedarf decken sich

Abb. 4:

Informationsangebot,

-nachfrage und -bedarf (nach Berthel, 1975, S. 30)

2.2 Begriffliches zu Kommunikation Aus empirischen Studien zum Managerhandeln wissen wir, daß Manager den weitaus größten Teil ihrer Zeit (> 60%) mit mündlicher Kommunikation verbringen (Mintzberg, 1968). Andererseits wissen wir, daß Mitarbeiter mehr Informationen von ihren Vorgesetzten wünschen (Noelle-Neumann & Strümpel, 1984). Bekannt ist, daß Kommunikationsmängel verantwortlich sind für eine Vielzahl von Problemen in der Organisation und daß umgekehrt die erfolgreichsten Organisationen über bessere Kommunikationsstrukturen verfugen als diejenigen, die weniger erfolgreich sind (Hax, 1975). Unlängst durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, daß eine kohärente und wirksame

33

Information und Kommunikation Kommunikationspolitik im Betrieb die Leistung bis zu 20% erhöhen kann (Harper & Lynch, 1992). Die Wichtigkeit der Kommunikation für eine Organisation kann so zusammengefaßt werden: • Wichtige Rolle bei den Koordinationsprozessen der Organisation • Notwendig, um innerhalb der Organisation Anweisungen zu geben, an die Mitarbeiter Informationen weiterzugeben und von diesen Informationen zu erhalten • Unterhält eine Interaktionsbeziehung zwischen Organisation und Umwelt • Grundlage für ein organisationales Lernsystem

Infolgedessen läßt sich sagen, daß Kommunikation eine wesentliche Einflußgröße für die Effektivität des Unternehmens darstellt. Die Effektivität wird in diesem Zusammenhang sehr weit gefaßt und beinhaltet Aspekte wie z.B. Leistung, Sicherheit, Verfügbarkeit, Zufriedenheit. Kommunikationsprozesse sollten auf unterschiedlichen Ebenen analysiert werden: Zwischen Individuen, zwischen Organisationsebenen und zwischen Organisation und Umwelt (Weinert, 1987). Allerdings hat sich der größte Teil der Kommunikationsforschung im wesentlichen mit Kleingruppen beschäftigt. Die am häufigsten erforschten Themen sind: • Zwischenpersönliche Kommunikationsmechanismen •

Netzwerke

• Kommunikationskanäle in Gruppen

Bei der Definition des Begriffes Kommunikation ist zwischen einem nachrichtentechnischen (technische Kommunikation)

und einem verhaltenswissenschaftlichen Aspekt

(soziale

Kommunikation) zu unterscheiden.

Technische Kommunikation Kommunikation umfaßt den Austausch von Informationen zwischen den Elementen (Mensch, Sachmittel) in einem Unternehmen bzw. zwischen Unternehmen und ihrer Umwelt, die Informationen aufnehmen, speichern und umformen können (Wittlage, 1984). Das Grundmodell der technischen Kommunikation stammt von Shannon & Weaver (1976). Das Kommunikationsverständnis wird dabei zweigeteilt in einem Empfanger-Sender Modell dargestellt. Es beschreibt die Übermittlung einer Information von einem Sender zu einem Empfanger. Dabei sind mehrere Ebenen zu unterscheiden: 34

Information und Kommunikation • Die physische Ebene, bei der ein Kanal als physikalische Basis dient (z.B. ein Mikrophon). • Die Bedeutungsebene (Semantik) betrifft die Codierung bzw. Decodierung. Störungen können dabei vor allem aufgrund von unterschiedlichen Wissensvorräten, oder wenn verschiedene Bedeutungsinhalte beigemessen werden, auftreten. • Die dritte Ebene betrifft den handlungsreievanten Teil. Intentionsbewegungen auf der Senderseite rufen beim Empfanger eine Orientierung hervor.

Sollen kommunikative Beziehungen gestaltet oder dargestellt werden, sind folgende Elemente bedeutsam: •

Sender

• Art des Kommunikationsweges • Länge des Kommunikationsweges • Kommunikationsinhalt (Information) • Benutzte Sprache •

Kommunikationsart (mündlich, schriftlich)

• Kommunikationsmittel und dessen Kapazität •

Kommunikationshäufigkeit

Abb. 5:

Prozeßmodell der Kommunikation (in Anlehnung an Staehle, 1991, S. 275)

35

Information und Kommunikation Soziale Kommunikation Die soziale Kommunikation konzentriert sich auf den zwischenmenschlichen Austausch von Mitteilungen, Gedanken und Gefühlen sowie auf die Fähigkeit von Menschen, in Gruppen soziale Beziehungen zu unterhalten (Luhmann, 1975, Sader, 1976). Diese Fähigkeit wird auch als soziale Kompetenz bezeichnet, deren stark positive Ausprägung für Manager eine wichtige Voraussetzung darstellt. Managementprobleme sind häufig auf eine mangelnde soziale Kommunikation zurückzuführen, was verstärkt Untersuchungen in diesem Bereich hervorgerufen hat. Der Verhaltenswissenschaftler Paul Watzlawick (Watzlawick, Beavin & Jackson, 1982) ist hierfür bekannt geworden. Er hat vier Grundsätze zur menschlichen Kommunikation formuliert, an denen sich die unterschiedlichen Aspekte und Ebenen jeder Botschaft und Kommunikationshandlung aufzeigen lassen.

• Man kann nicht nicht kommunizieren Da Verhalten kein Gegenteil hat, findet immer, wenn zwei oder mehrere Menschen in irgendeiner Weise Kontakt miteinander haben, Kommunikation statt. Handeln oder Nichthandeln, Worte oder Schweigen haben alle Mitteilungscharakter. In der Managementlehre wurde die nichtverbale Kommunikation lange Jahre außer acht gelassen. Der Mensch verfügt neben der stets dominierenden Sprache über eine Vielzahl weniger entwickelter Ausdrucksformen, wie Mimik, Gestik, Körperhaltung, Plazierung im Raum, Düfte und Kleidung (Argyle, 1982). Es gibt eine Vielzahl von Medien, über die ein Mensch mit anderen nichtverbal kommunizieren kann, von denen im folgenden drei aufgeführt werden: • Die Zeit als Medium, z.B. Einstellung zur Pünktlichkeit • Der Raum als Medium, z.B. Lage der Mitarbeiterbüros zum Chefbüro, privat oder öffentlich • Gegenstände als Medien, z.B. Auto, Kleidung, Schreibtisch oder Haus

• Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und Beziehungsaspekt. Der Inhalt jeder Mitteilung in einer Kommunikation ist Information. Diese Information wird aber vom Sender immer auch mit Hinweisen versehen, wie sie vom Empfanger verstanden werden soll. Dadurch macht der Sender mit jeder sachlichen Information zugleich Aussagen über seine Beziehung zum anderen. Gegenstand 36

Information und Kommunikation der Inhaltsebene können Dinge, Sachen, Projekte, Termine und Probleme sein. In der Beziehungsebene geht es um die Art und Weise, wie wir miteinander sprechen. Sympathien, Emotionen, Erwartungen und Ängste spielen dabei eine wichtige Rolle. Es ist wichtig, daß sich die Gesprächspartner sowohl auf der Inhalts- als auch auf der Beziehungsebene verstehen, um MißVerständnisse zu vermeiden.

• Die Art einer Beziehung wird durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bestimmt In vielen Situationen ist es für die Positionsbestimmung der Beteiligten wichtig, wer mit einem Konflikt angefangen hat (also schuld ist) und wer nur reagiert hat (bzw. das Opfer ist). Oft wollen wir wissen, ob wir mit unserem Verhalten nur auf das des anderen reagieren, oder ob wir der Überzeugung sind, daß wir selbst aktiv Einfluß auf die Gestaltung der Beziehung nehmen. Voneinander abweichende Auffassungen über die Interpunktion von Verhaltensabläufen sind die Ursache vieler sozialer Konflikte. Es gibt zu allem drei Meinungen: deine, meine und die richtige.

• Menschliche Kommunikation bedient sich sowohl digitaler als auch analoger Modalitäten Es gibt zwei Ausdrucksweisen, mit denen Menschen Dinge darstellen können; entweder durch Worte oder durch analoge, also bedeutungsgleiche oder bedeutungsähnliche Handlungen (z.B. durch eine Zeichnung, Geste, Kleidung, Körperhaltung oder Mimik). Sprache ist insofern ein digitales Zeichensystem, als ihren Worten willkürlich, aber möglichst eindeutig Bedeutungen zugeordnet werden.

2.2.1 Die vier Seiten der Kommunikation Bei dem Vier-Seiten Modell handelt es sich um eine Erweiterung des klassischen SenderEmpfänger-Modells der Kommunikation. Der Sender einer Information wählt in der Regel für seine Gedanken die Worte, von denen er annimmt, daß der Empfänger sie versteht. Bei diesem Übermittlungsprozeß können jedoch zahlreiche Mißverständnisse entstehen. So passiert es häufig, daß der Empfänger eine Information ganz anders versteht, als der Sender es beabsichtigt hat.

37

Information und

Kommunikation

Um verstehen zu können, wie der Prozeß des Verstehens oder Mißverstehens verlaufen kann, wird hier das Vier-Seiten Modell nach Schulz von Thun (1989) zugrunde gelegt. Er unterscheidet vier Seiten einer Information. 1) Sachinhalt

=>

worüber ich informiere

2) Appell

=>

wozu ich den anderen veranlassen will

3) Selbstoffenbarung =>

was ich von mir selbst mitteile

4) Beziehung

was ich vom anderen halte, wie wir zueinander stehen

=>

Selbstoffenbarung

Sender

'S 1 υ te CZ)

CD

Nachricht

/ Abb. : 6:

/ o Ei. et

Empfänger

tro Appell

\

Vier-Seiten Modell (nach Schulz von Thun, 1989, S. 30)

Zur besseren Verdeutlichung ein kleines Beispiel: Frau Müller aus der Abteilung Informationsmanagement eines großen Automobilunternehmens sagt zu Herrn Schmidt, Sachbearbeiter in der Marketingabteilung: „ Ich habe meine Sekretärin gestern mit den Unterlagen zu Ihnen geschickt, aber Sie waren nicht in Ihrem Büro. " •

Der Sachinhalt dieser Aussage ist klar. Unklar für Herrn Schmidt ist, was Frau Müller mit dieser Aussage bezwecken will.

• Auf der Selbstoffenbarungsebene äußert Frau Müller möglicherweise Enttäuschung darüber, daß Herr Schmidt die Unterlagen nicht sofort erhalten hat. • Als Appell mag von ihr zu hören sein: „Kümmern Sie sich mal etwas mehr um die wirklich wichtigen Arbeiten." • Aus der Aussage ist außerdem ableitbar, was Frau Müller von Herrn Schmidt hält. Das betrifft den Beziehungsinhalt. Wie z.B.: „Sie Drückeberger, Sie sind nie an Ihrem Arbeitsplatz."

38

Information und Kommunikation Der Informationsgehalt der einzelnen Informationsinhalte wird durch nicht-sprachliche Signale verstärkt bzw. untermauert. Hierzu zählen Mimik, Gestik und Tonfall. Sie übernehmen einen wichtigen Teil der Vermittlung von Informationen, da die meisten Menschen ihre verbale Kommunikation sehr gut kontrollieren können, ihre non-verbale Kommunikation hingegen nur schwer steuern können. Dieses fuhrt dazu, daß der Empfanger von Informationen verstärkt auf diese Form der Kommunikation achtet. Der Empfänger einer Information spielt im Kommunikationsprozeß eine wichtige Rolle, er hat Einstellungen, Gefühle, Ängste und Erwartungen, die Einfluß auf die Kommunikation haben. Analog läßt sich das Vier-Seiten Modell auf den Empfanger von Informationen anwenden. Der Empfanger entscheidet, welche der vier Seiten einer Information er vorrangig benutzt und wie er darauf reagiert. In dem zuvor geschilderten Kommunikationsbeispiel könnte Herr Schmidt wie folgt reagieren: • Reaktion auf den Sachinhalt: „Ach ja, mein Kollege Herr Bauer hat mich davon unterrichtet, daß ihre Sekretärin bei uns war." • Reaktion auf die Selbstoffenbarung: „Oh, es scheint sie geärgert zu haben, daß ich Ihre Unterlagen nicht sofort erhalten habe." • Reaktion auf den Beziehungsinhalt: „Ich verbitte mir, in solch einem Ton mit mir zu reden." • Reaktion auf den Appellinhalt: „Ja, es ist schlimm in letzter Zeit, ich sollte wirklich öfters an meinem Arbeitsplatz sein."

Der Empfänger kann zwar prinzipiell Nachrichten auf allen vier Ebenen empfangen. Häufig dominiert jedoch eine der vier Seiten. Die Reaktion eines Empfangers bzw. die Konzentration auf eine der vier Seiten wird dabei stark von der Persönlichkeit des Betroffenen beeinflußt. Dabei spielen u.a. die Erziehung, Lebenserfahrungen und die momentane physische und psychische Verfassung eine große Rolle. Auch die hierarchische Beziehung und Position der Gesprächspartner in einem Unternehmen zueinander beeinflussen den Kommunikationsprozeß. In den seltensten Fällen wird der Empfanger alle Informationen so aufnehmen, wie der Sender es beabsichtigt hat. Häufig interpretiert der Empfanger mehr in die Information hinein, als der Sender beabsichtigt hat. Der Empfänger hingegen nimmt die Information so auf, wie es in sein Gedankenbild, seine Erfahrungen und seine Erwartungen paßt. Je besser es den Gesprächspartnern gelingt, einander aktiv zuzuhören, um so größer wird das, was gemeint ist und das was verstanden wird, sich decken. Die Verwendung einfacher und klar verständlicher 39

Information und Kommunikation Begriffe wirkt sich zusätzlich positiv auf einen Gesprächsverlauf aus. Vor allem ist die Verwendung einheitlicher und klar verständlicher Begriffe eine wichtige Voraussetzung für ein computergestütztes Informationssystem, was im weiteren Verlauf noch intensiver behandelt wird.

2.2.2 Kommunikationsstrukturen Erkenntnisse über Kommunikationsstrukturen stammen primär aus der Kleingruppenforschung. Geleitet wurden diese Untersuchungen durch die Frage: Gibt es einen besten Weg der Kommunikation in kleinen Gruppen? Verschiedene Forschungsarbeiten haben gezeigt, daß vor allem die Art der Kommunikationsstruktur die Leistung, Organisation und Zufriedenheit einer Gruppe beeinflußt. Bereits 1951 trat Leavitt (1962) mit einer Versuchsanordnung hervor. Die Versuchspersonen saßen allein in Kabinen, welche durch Schlitze miteinander verbunden waren. Die Kommunikation erfolgte schriftlich über Karten. Die bei den Experimenten verwandten Kommunikationsstrukturen waren: Typ I:

Zentrales Kommunikationssystem (Stern, Y)

Typ II:

Kreisförmiges Kommunikationssystem (Kreis)

Typ III:

Ungebundenes Kommunikationssystem (Vollstruktur)

Die Aufgaben die zur Gruppenlösung vorgegeben wurden, variierten zwischen: • Sehr einfachen • Leicht routinisierbaren Aufgaben • Sehr komplexen Problemlösungen

Die Effizienz der Gruppenarbeit wurde gemessen an: • Benötigter Lösungszeit • Richtigkeit der Leistung • Zahl der Botschaften • Zufriedenheit der Gruppenmitglieder • Flexibilität bei neuartigen Problemen

40

Information und Kommunikation Die Lösung sieht Leavitt in der Wahl unterschiedlicher Kommunikationsstrukturen für unterschiedliche Aufgaben und unterschiedliche Zielsetzungen. Es zeigte sich, daß bei einfachen Problemen zentralisierte Kommunikationsstrukturen effizienter waren als dezentralisierte. Bei komplexen Problemen war es umgekehrt. Die Zufriedenheit war bei dezentralisierten Strukturen höher.

Kommunikationsstruktur

Bezeichnung

Zufriedenheit (Gruppe)

Empfohlene Aufgabenschwierigkeit leicht

O

Stern

niedrig

Kreis

mittel

Vollstruktur

hoch

}1 schwer

Abb. 1:

Kommunikationsstrukturen

(Quelle: Staehle, 1994, S. 280)

Zur Darstellung von Kommunikationsstrukturen werden in der Praxis zwei unterschiedliche Darstellungstechniken verwendet: • Kommunikationsmatrix (Dreiecksform) •

Kommunikationsnetz

Kommunikationsmatrix In die einzelnen Felder der Matrix kann einer der drei Sachverhalte eingetragen werden: • Kommunikationszeiten oder -häufigkeiten • Vorwiegende Kommunikationsmedien •

Kommunikationsrichtung

Bei mehr als einer Betrachtungsweise müssen weitere Kommunikationsdiagramme erstellt werden.

41

Information und Kommunikation

Abb. 8:

Beispiel einer

Kommunikationsmatrix

Kommunikationsnetz Kommunikationsbeziehungen können auch in Form von Netzwerken dargestellt werden. Die Knoten bilden dabei die Stellen bzw. Abteilungen. Die Größe der Knoten kann dabei die Personalstärke der Abteilung darstellen. Die Stärke der Verbindungslinien zwischen den Knoten gibt die Kommunikationsdauer oder -häufigkeit wieder. Die Länge der Linien kann dabei entsprechend zum Standort im Unternehmensgelände oder Gebäude veranschaulicht werden.

Abb. 9: 42

Beispiel eines

Kommunikationsnetzes

Information und Kommunikation Den beiden vorgestellten Darstellungstechniken haftet ein grundsätzlicher Mangel an. Es lassen sich keine Aussagen über die Qualität, d.h. Wert, Wichtigkeit und Inhalt der Informationen treffen. Demzufolge haben diese Darstellungstechniken einen sehr begrenzten Anwendungscharakter. Man benutzt sie überwiegend für die Raum- und Kommunikationsplanung.

2.2.3 Kommunikationsarten Kriterium

Schilderung

Art

vertikal

Richtung

nach

Von oberen Ebenen bis zu unteren

unten

Ebenen

intern nach oben

Von unteren Ebenen bis zu oberen Ebenen Zwischen Mitgliedern derselben

horizontal

Ebene Zwischen Ebenen, die keine hierarchi-

diagonal

extern

Zwischen Organisation und Umwelt

formell

Aus Arbeitsgründen durch die

Inhalt

vorgeschriebenen Kanäle

informell

Abb. 10:

sche Beziehung miteinander haben

Arten der

Unabhängig von der Arbeit

Kommunikation

43

Information und Kommunikation Dem Kriterium gemäß ergeben sich verschiedene Einordnungen der organisationalen Kommunikation: Die Forschung konzentriert sich derzeit zum einen auf die vertikale Dimension und zum anderen auf die informale Kommunikation. Zu den anderen Dimensionen liegen kaum Untersuchungen vor. Die nach unten gerichtete Kommunikation hat ihre Quelle in den hohen Ebenen der Hierarchie und wird durch die mittlere Ebene bis zur unteren Ebene übermittelt. Katz & Kahn (1978) haben nach dem Inhalt zwischen fünf Arten von nach unten gerichteter Kommunikation unterschieden: 1 ) Befehle zu einer spezifischen Aufgabe 2) Information, damit die Aufgabe und deren Zusammenhang mit anderen Aufgaben der Organisation verstanden wird 3) Information über Verfahren der Organisation 4) Rückmeldung über die Leistung 5) Ideologische Information

Diese Art von Kommunikation verfolgt drei Hauptziele: 1) Die verschiedenen Einheiten der Organisation zu organisieren 2) Den Menschen über die Organisation in Kenntnis zu setzen 3) Die Mitarbeiter zu motivieren

Um diese Ziele zu erreichen, werden sehr unterschiedliche Mittel benutzt: Zeitungen, Zeitschriften, Briefe, Sitzungen, etc. Untersucht wurden die Faktoren, die die Genauigkeit und Wirksamkeit dieser Art von Kommunikation beeinflussen: Inhalt der Kommunikation, Größe des Empfangerkreises, Mittel, etc.

Die nach oben gerichtete Kommunikation beginnt in der unteren oder mittleren Ebene und wird bis zur übergeordneten Ebene weitergeleitet. Die wichtigsten Funktionen dieser Art von Kommunikation sind: • Sie erlaubt den Vorgesetzten, den nach unten gerichteten Kommunikationsbedarf zu bestimmen • Sie fungiert als Rückmeldung der nach unten gerichteten Kommunikation • Sie hilft bei der Entschlußfassung

44

Information und Kommunikation •

Sie ermöglicht eine Beteiligung

• Sie trägt zur Erkennung der Bedürfnisse und Erwartungen der Mitarbeiter bei

Zu den Faktoren, die diese Art von Kommunikation beeinflussen, zählen u.a. organisatorische Merkmale (Größe, Entfernungen, etc.), Macht und Status.

Die horizontale Kommunikation besteht in einem Informationsaustausch zwischen Mitarbeitern gleicher Ebenen. Diese Kommunikation kann im Prinzip zwischen Mitgliedern einer Arbeitsgruppe oder zwischen Mitgliedern verschiedener Abteilungen stattfinden. Die horizontale Kommunikation kann im Hinblick auf Informationsübermittlung, Koordination und Problemlösung wirksam sein.

Die diagonale Kommunikation findet zwischen Mitgliedern der Organisation ohne hierarchische Beziehung statt, wie z. B. zwischen Linie und Stab.

Die externe Kommunikation findet zwischen Organisation und Umwelt (andere Organisationen, etc.) statt. Diese leistet einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung und Innovation der Organisation. Trotz ihrer Wichtigkeit wurde sie bislang jedoch kaum untersucht.

Die formale Kommunikation findet durch die von der Organisation vorgeschriebenen Kanäle statt und ist inhaltlich arbeitsbezogen.

Die informale Kommunikation findet zwar innerhalb der Organisation statt, benutzt aber weder die offiziellen Kanäle noch die Mittel, die die Organisation vorgeschrieben hat. Sie ist inhaltlich relativ unabhängig von der Arbeit und betrifft eher soziale Beziehungen.

2.2.4 Kommunikationsbarrieren Eine perfekte Kommunikation findet statt, wenn der Empfanger genau das versteht, was der Sender kommunizieren wollte. Dieser Prozeß erfolgt aber nicht immer einwandfrei, da verschiedene Barrieren die Kommunikation stören können. Die wesentlichen Faktoren sind:

45

Information und Kommunikation Überbelastung: Der Kommunikationsprozeß kann unterbrochen werden, wenn der Empfanger durch zu viele Übermittlungen überlastet ist und partiell blockiert wird. Solche Blockaden treten bei Positionen mit zahlreichen Kommunikationschancen auf. Stereotypisierung: Stereotypen, die der Empfanger im Kopf hat, können das Verständnis der Nachricht lenken. Interpretation von Ursachen: Die Interpretation von Ursachen stört auch die organisationale Kommunikation, indem die Wahrnehmung der Nachricht verzerrt wird. Das organisationale Klima spielt hier eine wesentliche Rolle, da ein offenes Klima in einer Organisation solche Verzerrungen vermindern kann. Filter: Wenn die Information durch unterschiedliche Einheiten übermittelt wird, kann die Nachricht verändert werden, da der Empfanger/Sender dazu neigt, die Information zu interpretieren und diese auf eine andere Weise weiter zu übermitteln. Es können unterschiedliche Verzerrungen durch Filter auftreten: Kurzfassung der Information, Betonung eines Teiles der Information nach eigenen Kriterien und Assimilation zum Kontext, zu Hauptinhaltslinien und zu erwarteten Nachrichten oder zu eigenen Einstellungen. Gerüchte: Ein Gerücht ist die inoffizielle Übermittlung von Informationen, die fur die Empfanger interessant, aber nicht bestätigt sind. Verschiedene Faktoren wie z.B. der Mangel an offiziellen Informationen können die Gerüchtübermittlung beeinflussen, d.h., je weniger offizielle Informationen vorhanden sind, desto mehr werden Gerüchte entwickelt und übermittelt. Feedbackmangel: Der Feedbackmangel verhindert, daß der Sender erfahrt, ob seine Kommunikation wirksam und angemessen war, und verhindert damit auch eine Verbesserung der künftigen Kommunikation. Unverständlichkeit der Nachricht: Die Nachricht selbst kann auch eine Barriere darstellen, wenn ihr Inhalt nicht zu verstehen ist. In bestimmten Bereichen ist es üblich, mittels einer Fachsprache zu kommunizieren. Diese vereinfacht zwar die Kommunikation zwischen eingeweihten Mitgliedern, wirkt aber als Barriere fur alle Empfanger, die mit dieser Fachsprache nicht vertraut sind. Der Gebrauch von Abkürzungen kann ebenfalls zu Unklarheiten fuhren, wenn diese nicht standardisiert sind. Des weiteren kann die Unvollständigkeit oder Mehrdeutigkeit einer Nachricht verursachen, daß die Information verlorengeht bzw. mißverstanden wird.

Information und Kommunikation 2.2.5 Die wirksame Kommunikation Von der Qualität der Kommunikation hängt ein wesentlicher Teil des Erfolges einer Organisation ab. In diesem Zusammenhang wurde das Kooperationsprinzip postuliert, das aus vier Maximen besteht: 1) Die Quantitästmaxime: Sei so informativ wie es notwendig ist, aber nicht informativer als nötig. 2) Die Qualitätsmaxime: Sag immer die Wahrheit. 3) Die Relevanzmaxime: Sei relevant. Man soll nicht über Themen sprechen, die nicht Gegenstand des Gesprächs sind. 4) Die Klarheitsmaxime: Sei klar und deutlich. Man soll keine unklaren und mehrdeutigen Ausdrücke verwenden, und die Formulierungen sollen so kurz wie möglich sein.

Da der Kommunikationsprozeß vielfaltig ist, muß man unterschiedliche Aspekte berücksichtigen, um eine wirksame Kommunikation zu ermöglichen: strukturelle Aspekte, Aspekte sprachlicher Gestaltung und inhaltliche Aspekte.

Strukturelle Aspekte Wie wichtig ein strukturiertes Nachrichtensystem ist, hat sich in Laboruntersuchungen erwiesen. Dabei ergab sich, daß bei systematisch übermittelten Informationen Gruppen effektiver sind als bei zufallig übermittelten Informationen. Ein Beispiel für verbesserte Kommunikation durch strukturelle Veränderungen ist die Benutzung computergestützter Informationssysteme. Ein weiterer Aspekt der Kommunikationsstruktur ist, daß ein Kanal für Feedback vorhanden sein sollte. Dadurch wird es möglich, künftige Kommunikationen zu verbessern, weil der Sender die Wirksamkeit und Angemessenheit seiner Kommunikation erfahren kann. Zudem hat sich erwiesen, daß Kommunikationsstrukturen mit Feedback-Kanal zu besserer Leistung fuhren als jene, die ohne operieren. Die Auswahl von Mitteln und Modi erscheint als der dritte wichtige Faktor bei der Kommunikationsstruktur: Sie müssen derart ausgewählt werden, daß man die Zwecke und Ziele der Kommunikation berücksichtigt.

47

Information und

("STRUKTURELLE ASPEKTE

Kommunikation



Strukturiertes Nachrichtensystem



Feedback-Kanal

• Angemessene Mittel und Modi ASPEKTE SPRACHLICHER



Einfachheit

GESTALTUNG



Gliederung/Ordnung



Kürze/Prägnanz

• Zusätzliche Stimulanz •

Fehlerfreiheit



Standardisierte Abkürzungen



Angemessene Sprache

INHALTLICHE



Genauigkeit/Objektivität

ASPEKTE



Konkretisierung



Unterscheidung zwischen neuer und gegebener Information



Abb. 11:

48

Die wirksame

Information:

Kommunikation



günstig



angepaßt



kohärent



unterschiedlich



transparent



einfach



schnell



realistisch



überzeugend

I

Information und Kommunikation Aspekte sprachlicher Gestaltung Schulz von Thun (1974) hat eine Theorie zur Verständlichkeit schriftlicher Informationstexte erstellt. Nach dieser Theorie ist das Verständnis und die Speicherung der Information durch den Leser von drei Dimensionen der sprachlichen Textgestaltung abhängig: • Einfachheit, Gliederung bzw. Ordnung • Kürze, Prägnanz und • Zusätzliche Stimulanz

Aus seinen empirischen Untersuchungen kann gefolgert werden, daß ein optimal verständlicher Text durch ein hohes Ausmaß an Einfachheit und Gliederung bzw. Ordnung und durch ein mittleres bis mäßig hohes Maß an Kürze, Prägnanz gekennzeichnet ist. Auch zusätzliche Stimulanz fördert das Verständnis des Lesers, allerdings nur bei gleichzeitig hohem Ausmaß an Gliederung bzw. Ordnung; andernfalls hätte zusätzliche Stimulanz eine eher behindernde Wirkung. In diesem Zusammenhang können noch weitere Aspekte zur Verständlichkeit des Textes einen Beitrag leisten: • Die Fehlerfreiheit des Textes • Die Benutzung von Abkürzungen, die standardisiert und für die Empfänger zugänglich sind • Die Angemessenheit der Sprache gegenüber dem Empfänger

Inhaltliche Aspekte Zum Inhaltlichen sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden: • Genauigkeit/Objektivität: Je genauer und objektiver eine Nachricht ist, desto höher ist ihre Glaubwürdigkeit. • Konkretisierung: Dieser Aspekt steht im Zusammenhang mit der Relevanzmaxime; konkrete und direkte Mitteilungen werden vom Empfanger besser beachtet als solche, die vom Thema abweichen. • Unterscheidung zwischen neuer und gegebener Information: Damit Kommunikation erfolgreich ist, müssen die Kenntnisse des Senders über das Vorwissen des Empfängers möglichst genau sein, und es muß in der Mitteilung deutlich zwischen gegebener und neuer Information differenziert werden. 49

Information und Kommunikation Die Information in einer Mitteilung sollte sein: • Günstig: Sie muß rechtzeitig und dem Umstand gemäß mitgeteilt werden • Angepaßt an den Empfanger • Kohärent mit den Werten und der Kultur der Organisation • Unterschiedlich je nach Empfanger • Transparent, um Gerüchte und Interpretationen zu vermeiden •

Einfach



Schnell



Realistisch



Überzeugend

2.3 Information und Kommunikation aus prozeßorientierter Sicht Besteht die Aufgabe des Informationsmanagements in der Versorgung der Mitarbeiter mit Informationen und ist Kommunikation die Übertragung von Informationen, kann ein Prozeßmodell zugrunde gelegt werden, da alle Mitarbeiter eines Unternehmens Informationen aufnehmen, verarbeiten und weitergeben. Die Aufgaben i.S. einer Verbesserung der Information und Kommunikation in Unternehmen durch Informationsmanagement kann an den drei Punkten Input, Transformation und Output ansetzen. Zunächst muß bestimmt werden, von wo Informationen stammen bzw. bezogen werden. Es geht um die Frage der Informationsgewinnung. In einem zweiten Schritt richtet sich das Augenmerk auf die Verarbeitung der Informationen. Es wird die Frage gestellt, was mit Informationen gemacht wird, um abschließend zu untersuchen, an wen Informationen weitergeleitet werden. Im Rahmen dieses Prozeßmodells findet die Zeitdimension, die in der Praxis an allen drei Punkten sehr wichtig ist, keinen Eingang und soll deshalb zusätzlich in Betracht gezogen werden.

50

Information und Kommunikation

Informationsgewinnung •Quellen •Medien

Informationsverarbeitung •Beurteilung •Speicherung •Beseitigung

Informationsweitergabe •Direkt •Nach Transformation •Verzögert

Zeitbezug

Abb. 12:

Prozeßmodell der Information

2.3.1 Informationsgewinnung Im Rahmen der Informationsgewinnung haben die Quellen eine wichtige Bedeutung, da Informationen durch verschiedene Medien übermittelt werden. Die zentrale Frage ist dabei, aus welchen Quellen Informationen bezogen werden können. Die Anzahl der möglichen Quellen, derer sich Mitarbeiter in einem Unternehmen bedienen, ist derart vielfaltig, daß eine Auflistung weder erstrebenswert noch machbar ist. Um dennoch einen Einblick in die unterschiedlichen Quellen zu geben, werden im weiteren die wichtigsten bzw. am häufigsten genutzten Quellen erläutert. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, soll am nachfolgenden Beispiel erläutert werden. Herr Schmidt, Geschäftsführer eines Unternehmens, erhält von Herrn Müller, seinem Assistenten, einen Geschäftsbericht von einem Konkurrenzunternehmen, den der Assistent über eine öffentliche Stelle bezogen hat. Die Frage der Quelle ist in diesem Fall nicht eindeutig zu beantworten. Je nach Sichtweise ist es der Assistent, der Geschäftsbericht, die öffentliche Stelle oder das Konkurrenzunternehmen. Fragt man den Geschäftsführer, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit seinen Assistenten als Quelle bezeichnen. Diese Betrachtungsweise ist sicherlich nicht falsch, dürfte aber im Rahmen eines Informationsmanagements zu eng sein. In den folgenden Erläuterungen soll die Bezeichnung Quelle weiter gefaßt werden, als es im obigen Beispiel erfolgte. Neben Personen 51

Information und Kommunikation werden auch Unternehmen, öffentliche Institutionen, bestimmte Dokumente u.ä. als Quellen bezeichnet.

Anmerkung: An dieser Stelle erscheint es wichtig, darauf hinzuweisen, daß zwischen den Quellen und der inhaltlichen Seite von Informationen klar zu unterscheiden ist. Dies soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden. Der Leiter einer Verkaufsabteilung erhält von einem Außendienstmitarbeiter Neuigkeiten über die Konkurrenz. So bekommt der Leiter der Verkaufsabteilung über eine interne Quelle Informationen, deren Inhalt einen externen Bezug hat.

Zur Strukturierung von Quellen stehen in der Literatur eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfugung. Die wohl geläufigste und am weitesten verbreitete Aufteilung von Aguilar (1967) soll hier zugrunde gelegt werden.

Er unterteilt Quellen in zwei Gegensatzpaare: • Interne versus externe Quellen • Persönliche versus unpersönliche Quellen

persönlich Gespräch mit Mitarbeiter

Anruf eines Kunden

extern

intern Umsatzstatistik

Prospekte der Konkurrenz

unpersönlich Abb. 13:

52

Quellen der

Informationsgewinnung

Information und Kommunikation Daraus ergibt sich eine Vier-Felder-Matrix mit den folgenden Bezeichnungen:

Interne persönliche Quellen Informationen aus persönlichen Quellen zeichnen sich durch folgende Merkmale aus: •

Sie müssen von einem Menschen stammen

• Sie weisen eine gewisse Individualität auf Beispiele für interne persönliche Quellen sind: • Kenntnisse und Erfahrungen der betreffenden Person •

Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen und Hierarchien aus dem Unternehmen selbst



Speziell angefertigte Berichte und Dokumente, die keinen routinemäßigen Charakter haben, z.B. Gesprächsnotizen eines Außendienstmitarbeiters, die er an seinen Abteilungsleiter weiterleitet

Interne unpersönliche Quellen Zu den internen unpersönlichen Quellen zählen interne Berichte und Mitteilungen, die nicht für Einzelpersonen verfaßt sind. Sie liegen oft in Papierform vor, werden jedoch immer stärker durch computergestützte Informationssysteme ersetzt.

Beispiele für interne unpersönliche Quellen sind: •

Lagerbestandsmeldungen

• Firmeninterne Zeitschriften •

Umsatzstatistiken

• Unterlagen aus der Finanz- und Betriebsbuchhaltung

Externe persönliche Quellen Externe persönliche Quellen bestehen primär aufgrund persönlicher Kontakte von Managern mit Personen, die nicht dem Unternehmen angehören, aber dennoch von großem Interesse sind. Empirische Untersuchungen haben ergeben, daß speziell diese Informationsquellen auf den oberen Führungsebenen einen hohen Stellenwert genießen. Beispiele für externe persönliche Quellen sind:

53

Information und Kommunikation •

Banken

• Verbände (Berufsverbände, Handelsverbände) • Messen, Ausstellungen •

Kunden

Externe unpersönliche Quellen Der Fundus an Informationen aus externen unpersönlichen Quellen ist riesig. Sie werden von Managern eher selten angegangen aufgrund ihres zeitlichen Aufwands zur Gewinnung relevanter Informationen. Beispiele fur externe unpersönliche Quellen sind: • Fachzeitschriften, Fachliteratur • Konjunktur- und Zukunñsforschungsstellen •

Industriestudien



Online-Datenbanken

Online-Datenbanken erleben seit einigen Jahren einen enormen Aufschwung. Sie sind bei der Suche nach Quellen und Informationen eine große Hilfestellung und nehmen deutlich weniger Zeit in Anspruch (Oppenheim, 1990). Internet, sicherlich eines der Schlagworte von 1996, verdeutlicht sehr gut, die zunehmende Bedeutung von Online-Datenbanken. Innerhalb kürzester Zeit kann mit ihnen eine bislang unvorstellbare Menge an Daten nach relevanten Informationen durchforstet werden, bei vergleichsweise geringem Kostenaufwand. Informationsgewinnung erfolgt, worauf bereits eingangs hingewiesen wurde, mittels bestimmter Medien. Hierauf soll im folgenden näher eingegangen werden. Vereinfacht ausgedrückt, werden Medien zur Speicherung und zur Kommunikation von Informationen unterschieden. An dieser Stelle geht es um mögliche Kommunikationsmedien, die aus der Sicht von Managern beim Erhalt und der Weitergabe von Informationen eine Rolle spielen. Dabei geht es nicht darum, einen Überblick über die bestehenden technologischen Entwicklungen im Telekommunikationsbereich zu geben. Für interessierte Leser sei auf die einschlägigen Publikationen aus dem Bereich der Wirtschaftsinformatik hingewiesen. Im folgenden geht es um das Aufzeigen unterschiedlicher Medien, derer sich Manager bedienen, um Informationen zu erhalten bzw. weiterzugeben. Mintzberg (1968) legte bei seinen empirischen Studien die folgenden fünf Basis-Medien (basic media) zugrunde: 54

Information und

Kommunikation

• Mail (Schreibtischarbeit) •

Telephone (Telefon)



Scheduled Meeting (geplante Besprechungen)



Unscheduled Meeting (nicht geplante Besprechungen)



Tour (Besuche)

1

Abb. 14:

Medien der

'"M ~l==

Unscheduled Meeting

Scheduled Meeting

Telephone

Mail

Tour

w

1 s

iL

Informationsgewinnung

Jones & McLeod (1986) untersuchten, basierend auf diesen fünf Medien, auf welche Weise Manager Informationen erhalten, wie häufig sie diese erhalten und welchen Wert sie den Informationen beimessen. Eine vereinfachte und reduzierte Zusammenfassung der Ergebnisse kann aus der folgenden Abbildung entnommen werden.

Quantität

Scheduled Meeting

4

Wert

1

Reichhaltigkeit Hoch i k

Abb. 15:

Unscheduled Meeting

3

2

Tours

5

3

Telephone

1

5

Mail

2

4

Niedrig

Beurteilung unterschiedlicher Medien (Quelle: Jones & McLeod, 1986, S. 233)

55

Information und Kommunikation Es zeigt sich, daß reichhaltige Informationen, die gleichzeitig einen hohen Stellenwert haben, in Besprechungen gewonnen werden. Schriftliche Kommunikationsmedien, deren Häufigkeit sehr hoch ist, werden bezüglich der Reichhaltigkeit und Wertigkeit eher gering eingeschätzt.

2.3.2 Informationsverarbeitung Für die Informationsverarbeitung durch den Manager stellen computergestützte Informationssysteme ein wichtiges Hilfsinstrument dar, worauf im Kapitel Management Informationssystem näher eingegangen wird. Stellt man die Informationsverarbeitung eines Managers in den Mittelpunkt der Betrachtung, sind folgende Aspekte von Bedeutung. Zuerst wird der Manager eine Beurteilung der Informationen vornehmen. Eventuell nimmt er auch Veränderungen an den Informationen vor, um sie abschließend zu speichern oder zu vernichten.

2.3.2.1 Beurteilung der erhaltenen Information Bei der Beurteilung der Information wird der Manager auf verschiedene Bewertungsdimensionen zurückgreifen. Typische Bewertungsdimensionen sind: •

Inhalt



Relevanz

• Verfügbarkeit •

Verläßlichkeit

Inhalt Die inhaltliche Betrachtung einer Information gibt Aufschlüsse über den betroffenen Personenkreis, Anlaß, Ortsangabe und zeitliche Aspekte. Es wird beurteilt, inwieweit offene Fragen mit Hilfe dieser Information gelöst werden können. Eine Beurteilung von Informationen erfolgt in der Praxis meist intuitiv und rasch, was auch die Ergebnisse von Mintzberg (1968) bestätigen. Dennoch sollten sich Manager von Zeit zu Zeit Gedanken darüber machen, nach welchen Kriterien sie Informationen bewerten und wie effektiv diese sind.

Relevanz Die Relevanz einer Information wird durch die Bedeutung der Information fur Entscheidungen bestimmt. Hierzu gehört auch die Frage des Informationswertes aus monetärer Sicht. In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Versuche, den Wert einer Information zu ermitteln 56

Information und Kommunikation (Platz, 1980, Niemeyer, 1977). Niemeyer, der sich sehr intensiv damit auseinandergesetzt hat, kommt zu dem Schluß: „Allerdings erscheint, ebenso wie bei der Beurteilung des Informationsnutzens, eine genaue Bestimmung der Informationskosten im Regelfall von vornherein als aussichtsloses Unterfangen. " (Niemeyer, 1977, S.219) Der Versuch, den Wert einer Information zu bestimmen, verursacht offenbar unlösbare Probleme. Ihre Beurteilung ist demzufolge immer subjektiv und kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Die Frage der Relevanz ist sicherlich eine der wichtigsten Fragen, die es zu entscheiden gilt, für die es aber nur wenig Anhaltspunkte gibt.

Verfügbarkeit Die Verfügbarkeitsdimension bezieht sich auf die Quellen von Informationen, wobei drei Aspekte eine besondere Rolle spielen: • Verfügbarkeit Hier dreht es sich um die Frage, ob Informationen überhaupt beschafft werden können. Während gewisse Informationen leicht erhältlich sind (z.B. Umsatzzahlen), stehen andere auch für viel Geld nicht zur Verfügung (z.B. Informationen über das Marktvolumen in 10 Jahren). •

Zeitaspekt Man kann zu früh, zu spät und rechtzeitig kommende Informationen unterscheiden. Auch wenn Informationen rechtzeitig eingehen, kann es im falschen Moment passieren (z.B. Abwesenheit aufgrund einer wichtigen Sitzung).

• Ressourcenaufwand Der Aufwand an Mitteln (meist finanzieller Art) für die Beschaffung von Informationen kann sehr unterschiedlich sein. Marktstudien sind z.B. eine recht kostspielige Angelegenheit, während Informationen, die aus dem eigenen Unternehmen gewonnen werden können, vergleichsweise günstig zu haben sind.

Verläßlichkeit Bei der Beurteilung der Verläßlichkeit einer Information können zwei Fälle unterschieden werden:

57

Information und Kommunikation • Informationen, die wahr sind • Informationen, die falsch sind

Bei Marktinformationen sollten sich Manager über deren Unzuverlässigkeit bewußt sein. Es kann aber auch sein, daß Informationen verläßlich, aber unvollständig sind (nur die halbe Wahrheit). Die Beurteilung der Verläßlichkeit ist von Person zu Person unterschiedlich. Meist hängt es von zugrundegelegten Maßstäben ab, ob eine Information als verläßlich oder nicht eingestuft wird.

2.3.2.2 Transformation von Informationen Für den Fall, daß ein Manager eine Information positiv bewertet, wird er die Information bebzw. verarbeiten. Z.B.: • Ein Manager markiert die wichtigsten Stellen in einem Dokument • Er sortiert seine Post nach Prioritäten • Er nimmt Stellung zu einem Dokument • Ein Verkaufsleiter erhält die Umsatzzahlen des letzten Monats und berechnet fur jeden seiner Verkäufer die entsprechenden Umsatzanteile

2.3.2.3 Speicherung und Beseitigung von Informationen Nach der Transformation hat ein Manager grundsätzlich drei sich zum Teil nicht gegenseitig ausschließende Möglichkeiten: • Veränderte Information wird gespeichert • Information wird an andere Personen weitergeleitet • Information wird beseitigt

Ein Bedürfnis für die Speicherung von Informationen entsteht dadurch, daß: • Informationen über einen längeren Zeitraum relevant sein können • Informationen erst zu einem späteren Zeitpunkt benötigt werden

Medien zur Speicherung sind Papier, Mikrofilm, elektronische Speichermedien oder auch das persönliche Gedächtnis. Elektronische Speichermedien (vgl. Kapitel Informationssystem) und das persönliche Gedächtnis (vgl. Kapitel Verhalten) werden an anderer Stelle intensiver 58

Information und Kommunikation behandelt. Informationen können direkt nach Erhalt oder Bearbeitung bzw. Verwendung beseitigt werden. Ausschlaggebend für die Beseitigung ist: •

Relevanz



Aktualität



Platzmangel

Unter Beseitigung kann je nach Speichermedium etwas anderes verstanden werden, z.B. das Vergessen (Gedächtnis), Löschen (elektronische Speichermedien) oder Vernichtung (Papier).

2.3.3 Informationsweitergabe Der Begriff Informationsweitergabe beinhaltet alle Aktivitäten, in denen Informationen an Dritte weitergeleitet werden. Dieses beinhaltet auch Informationen, die von einem Manager selbst erstellt wurden und keinen direkten Eingang hatten. Dem Prozeßmodell der Information und Kommunikation folgend kann eine Weitergabe an drei Stufen ansetzen: • Gleich nach Erhalt leitet ein Manager die Information an Dritte weiter • Bsp.: Weiterleitung einer eingehenden Bestellung an den Versand • Die Weitergabe der Information erfolgt nach der Transformation •

Bsp.: Antwort auf eine Frage in einem Telefongespräch

• Die Weitergabe erfolgt verzögert, indem die Information zwischenzeitlich gespeichert wird •

Bsp.: Anfrage an einen Untergebenen, ob ein früher erteilter Auftrag ausgeführt wurde

2.3.4 Zeitbezug von Informationen Unabhängig davon, ob ein Unternehmen den Faktor "Zeit" als Wettbewerbsvorteil nutzt, ist eine frühzeitige Verfügbarkeit von Informationen für alle Unternehmen von großer Wichtigkeit. Nur wenn Informationen rechtzeitig zur Verfügung stehen, können Unternehmen bessere Entscheidungen treffen. Informationen können nach ihrem zeitlichen Bezug wie folgt eingeteilt werden: • Vergangenheitsbezogene Informationen z.B. Personalbestand der letzten Jahre

59

Information und Kommunikation • Gegenwartsbezogene Informationen z.B. aktueller Personalbestand • Zukunftsbezogene Informationen z.B. zukünftiger Personalbedarf

Aufgabe eines jeden Unternehmens ist es, die drei zeitlichen Ebenen der Informationen gleichzeitig zu verfolgen. Diese Informationen gilt es zeitgerecht bereitzustellen. D.h., Informationen müssen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Gelingt einem Unternehmen dies nicht, gibt es verschiedene Möglichkeiten, dem zu entgegnen: • Aufbauorganisation verändern • Ablauforganisation verändern • Neue Informationsquellen erschließen • Nutzung moderner Informationssysteme

Informationssysteme sind Gegenstand des zweiten Kapitels dieser Arbeit. Inwieweit es durch Informationssysteme gelingt, die Schwächen der Information und Kommunikation zu verbessern, ist die Kernfrage der folgenden Abhandlungen.

2.4 Zusammenfassung Der Begriff Information wurde als zweckorientiertes Wissen bezeichnet, welches auf den Vollzug von Handlungen zur Erreichung unternehmensbezogener Ziele gerichtet ist. Neben der deflnitorischen Bestimmung wurde die Problematik der optimalen Informationsversorgung behandelt. Dabei bestimmt sich die optimale Informationsversorgung aus der Schnittmenge der Nachfrage, des Angebots und des Bedarfs an Informationen. Da Informationen per se nicht vorhanden sind, sondern der Übermittlung bzw. Bereitstellung bedürfen, rückt der Begriff Kommunikation in den Mittelpunkt der Betrachtung. Kommunikation wurde bezeichnet als der Austausch von Informationen zwischen den Elementen in einem Unternehmen bzw. zwischen Unternehmen und ihrer Umwelt. Hierbei sind eine Reihe von technischen und sozialen Aspekten zu berücksichtigen, damit dieser Kommunikationsprozeß reibungslos funktioniert. Verschiedene Untersuchungen, die in Kleingruppen durchgeführt wurden und unterschiedliche Kommunikationsstrukturen getestet haben, zeigten, daß bei einfachen Problemen zentralisierte Kommunikationsstrukturen effizienter sind als dezentrali-

60

Information und Kommunikation sierte. Bei komplexen Problemen ist es umgekehrt. Die Zufriedenheit ist bei dezentralisierten Strukturen höher. Einige Forscher wählen eine andere Betrachtungsweise dieser Thematik, indem sie Manager nach ihrer Informationsversorgung und den Formen ihrer Kommunikation befragten bzw. sie beobachteten. Hierzu sind die Studien von Mintzberg bekannt geworden. Diese Untersuchungen haben ergeben, daß Manager über 60% ihrer Zeit mit mündlicher Kommunikation verbringen. Andererseits weiß man, daß Manager nach besseren Informationen hungern. Empirische Studien wurden hierzu bislang eher selten durchgeführt, so daß hier ein Nachholbedarf zu verzeichnen ist, um allgemeingültige Aussagen ableiten zu können.

Vertiefungsliteratur: Hax, H., Kommunikation. In Grochla, E. & Wittman, W. (Hrsg.), Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Stuttgart, 1975, S. 2169ff. Kramer, R., Information und Kommunikation, Berlin, 1965. Luhmann, L., Soziale Kommunikation. In Grochla, E. & Wittman, W. (Hrsg.), Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Stuttgart, 1975, S. 83ff. Müller-Böling, D. & Ramme, I., Informations- und Kommunikationstechniken für Führungskräfte. Top Manager zwischen Technikeuphorie und Tastaturphobie, München, 1990. Sader, M., Psychologie der Gruppe, München, 1976.

Kontrollfragen: 1) Wodurch unterscheiden sich die beiden Begriffe Information und Kommunikation? 2) Welche typischen Kommunikationsstrukturen lassen sich unterscheiden? 3) Welche Bedeutung hat der Zeitbezug von Informationen? 4) Warum läßt sich die Relevanz von Informationen nicht quantitativ bestimmen? 5) Nach welchen Medien kann man die Informationsübermittlung klassifizieren?

61

Informationssystem

63

Informationssystem

3 Informationssystem Im vorangegangenen Kapitel Information und Kommunikation lag der Schwerpunkt der Betrachtungen bei der individuellen Informationsversorgung der Mitarbeiter respektive Manager in einem Unternehmen. Die Aufgabe des Informationsmanagements ist es demnach, die von den Mitarbeitern benötigten Informationen bereitzustellen. Informationsmanagement ist demzufolge eine Aufgabe, die von jedem Mitarbeiter in einem Unternehmen selbst wahrgenommen wird. Es gibt jedoch zahlreiche Gründe, warum Informationsmanagement nicht nur Aufgabe eines jeden Mitarbeiters sein sollte. Zwei Gründe sollen hier kurz umrissen werden:

Überlastung Mitarbeiter sind aufgrund der hohen Belastung mit ihrem Tagesgeschäft selten in der Lage, sich Gedanken darüber zu machen, welche Informationen überflüssig oder mangelhaft sind und welche Informationen gänzlich fehlen. In der Regel finden sich Mitarbeiter mit ihrer Situation ab und klagen von Zeit zu Zeit über die Mangelhaftigkeit der Informationsversorgung. Spätestens hier sollte sich ein Unternehmen Gedanken machen, inwieweit die Übertragung der Informationsversorgung auf spezielle Informationsmanager Abhilfe schaffen könnte.

Koordination Überläßt man die Aufgaben der Informationsversorgung den Mitarbeitern selbst, besteht die Gefahr, daß die Weiterleitung von Informationen nicht optimal unterstützt wird. Zudem besteht die Gefahr, daß sich mehrere Mitarbeiter um die gleichen Informationen bemühen, wodurch Redundanzen entstehen. Auch hier erscheint die Übertragung der Aufgaben auf ein Informationsmanagement als angebracht. Seine Aufgabe besteht u.a. darin, für einen optimalen Informationsfluß zu sorgen und das Auftreten von Redundanzen soweit als möglich zu vermeiden. Betrachtet man allein diese beiden Tatsachen, daß Mitarbeiter zum einen wenig Zeit haben, um sich mit der Informationsversorgung zu beschäftigen, und daß zum anderen in einem Unternehmen eine gewisse Koordination der Informationen erfolgen muß, ist es nur sinnvoll, sogenannte Informationssysteme einzuführen. Der Frage "Was sind Informationssysteme?" soll im folgenden durch die Betrachtung unterschiedlicher Definitionen nachgegangen werden. 64

Informationssystem 3.1 Defínition Informationssystem Hax & Majluf (1991) definieren Informationssystem wie folgt: „Als Informationssystem bezeichnen wir den eher formalen Prozeß des Sammeins, Verwertens, Filterns und Verteilens der für die Manager auf allen hierarchischen Ebenen relevanten Daten. " (Hax & Majluf, 1991, S. 98) Den Schilderungen von Kapitel „Information und Kommunikation" zufolge befindet sich jeder Mitarbeiter in einem Unternehmen in der Situation, daß er Informationen: •

Sammelt



Verwertet



Filtert



Verteilt

Werden diese einzelnen Schritte nach bestimmten Regeln oder formalisierten Prozessen durchgeführt, so spricht Hax & Majluf von einem Informationssystem, das auf allen hierarchischen Ebenen in einem Unternehmen auftritt. Demzufolge wäre jeder systematisierte Informationsaustausch in einem Unternehmen ein Informationssystem. Geschäftsberichte oder Betriebszeitungen wären demnach typische Informationssysteme. Faßt man den Begriff derart weit, so gilt der Spruch, daß jedes Unternehmen ein Informationssystem hat, immer. Ähnlich weitreichend sieht auch Jaggi den Begriff Informationssystem. Nach Jaggi (1975) ist ein Informationssystem "die Gesamtheit der Elemente, welche fur Entscheidungszwecke nutzbare Informationen erzeugen und den Systembenutzern zur Verfugung stehen". Die primäre Funktion besteht in der Bereitstellung von Informationen. Die Aufgabe eines Informationssystems definiert er wie folgt: „Seine Aufgabe ist die Identifizierung des Informationsbedarfs seiner Benutzer, die Erfassung, Speicherung und Wiederauffindung von Daten, die Planung des Informationsflusses, die Umwandlung von Daten in Informationen sowie die Übermittlung dieser Informationen an die Benutzer. " (Jaggi, 1975, S. 168) Jaggi schränkt den Begriff gegenüber Hax & Majluf ein, indem er Informationssysteme als entscheidungsunterstützende Systeme bezeichnet. Demnach wird nicht jedes systematisierte Sammeln, Verarbeiten etc. von Informationen als ein Informationssystem bezeichnet. Anhand der Aufgaben von Informationssystemen wie sie Jaggi auffuhrt, ist sehr gut erkennbar, daß diese Aufgaben heutzutage überwiegend von Computern wahrgenommen werden können.

65

Informationssystem Viele Autoren definieren Informationssysteme als computergestützte Informationssysteme. Fischbacher definiert Informationssysteme wie folgt: „ Informationssysteme verstehen wir als institutionalisierte Prozesse der computergestützten Produktion und Distribution von Informationen. " (Fischbacher, 1986, S. 14) Auf die Bedeutung und Notwendigkeit, Informationssysteme als computergestützte Systeme zu bezeichnen, soll im folgenden näher eingegangen werden.

3.2 Computergestützte Informationssysteme Die zitierten Definitionen von Hax & Majluf und Jaggi sehen Informationssysteme als eine Art Informationsversorgung der Informationsbedürfnisse von Mitarbeitern bezogen auf deren Entscheidungen. Dies umfaßt auch die rein verbal durchgeführte Kommunikation, die zum Teil auch einmalig sein kann. Hierfür wird sich der Einsatz eines computergestützten Informationssystems in der Regel kaum lohnen. Der größte Teil der Informationen, die in einem Unternehmen ausgetauscht werden, Iäßt sich systematisieren bzw. organisieren. Die Wirtschaftsinformatik hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Frage beschäftigt, wie man Informationsflüsse in Unternehmen mittels computergestützter Systeme besser systematisieren und organisieren kann (Biethahn, Mucksch & Ruf, 1994 und Scheer, 1990). Die Wirtschaftsinformatik beschreibt Scheer wie folgt: „ Wirtschaftsinformatik ist die Wissenschaft von der Entwicklung und Implementierung betriebswirtschaftlicher computergestützter Informationssysteme. " (Scheer, 1990, S. 1) Durch die zunehmende Bedeutung von computergestützten Informationssystemen in Unternehmen wird es unerläßlich, daß sich auch die Betriebswirtschaftslehre im Rahmen ihrer Ausbildung mit ihnen beschäftigt, was nicht bedeutet, daß die Wirtschaftsinformatik an Bedeutung oder Gewicht verliert. Vielmehr geht es darum, die Bedeutung moderner Hardund Software im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre zu verdeutlichen. Die Möglichkeiten, für Unternehmen mittels moderner Soft- und Hardware Wettbewerbsvorteile zu erringen, haben sich in den letzten Jahren deutlich vermehrt. Nicht nur die Möglichkeit, Wettbewerbsvorteile zu erringen, haben hierbei eine Bedeutung. Selbst die Überlebensfahigkeit von Unternehmen wird immer stärker durch den Einsatz von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bestimmt.

66

Informationssystem Betrachtet man die Entwicklung der EDV in Unternehmen, so fand diese ihren Ausgangspunkt in den Bereichen Buchhaltung, Lagerhaltung und Kostenrechnung. Vor rund zwanzig Jahren waren weniger als 2% aller betriebswirtschaftlichen Rechenvorgänge computergestützt. Heute nähern wir uns der 80%-Marke (Hoch & Schirra, 1993). Im Bereich der Bürokommunikation gewinnen Workflow-Systeme und Workgroup Computing zunehmend an Beachtung und Bedeutung. Als Workflow-System (Vorgangssteuerung) wird die Steuerung von Arbeitsabläufen zwischen allen an der Bearbeitung eines Geschäftsprozesses beteiligten Arbeitsplätzen bezeichnet. Dies setzt voraus, daß alle am Vorgang beteiligten Arbeitsplätze vernetzt sind. Unter Workgroup Computing versteht man die computergestützte Gruppenbzw. Teamarbeit. Während bei Workflow-Systemen automatisierbare Prozesse zugrunde liegen müssen, unterstützt Workgroup Computing eine Arbeitsgruppe mit gemeinsam benutzten Informationen (Hildebrand, 1995). Bevor man sich Gedanken darüber macht, inwieweit mittels moderner computergestützter Informationssysteme die Überlebensfahigkeit bzw. Wettbewerbsvorteile gesichert werden, ist es notwendig, über entsprechende Grundkenntnisse zu verfugen. Dementsprechend werden in den folgenden Abhandlungen verkürzt und vereinfacht die wesentlichen Grundkenntnisse computergestützter Informationssysteme dargestellt.

3.3 Grundtypen von Informationssystemen Versucht man die unzähligen Typen von Informationssystemen zu klassifizieren bzw. zu ordnen, steht man vor einem fast unlösbaren Problem. Hinzu kommt, daß immer stärker die Forderung nach integrierten Informationssystemen geäußert wird. Wohlwissend um diese Schwierigkeiten, werden hier zwei typische Kriterien aufgeführt, anhand derer Informationssysteme in bestimmte Typen eingeteilt werden können. Dies sind: a) Automatisierungsgrad b) Aufgabenstellung

a)

Unterscheidung nach dem Grad der Automatisierung

Entsprechend den Stufen der Rationalisierung der Informationsverarbeitung kann man Informationssysteme unterscheiden in:

67

Informationssystem • Manuelle •

Teilautomatisierte



Automatisierte

Bei der manuellen Informationsverarbeitung wird vom Menschen durchgeführt: •

Schreiben



Rechnen



Vergleichen

• Prüfen

Bei der teilautomatisierten Informationsverarbeitung werden zusammenhängende Arbeitsstufen maschinell abgewickelt, wie z.B. durch: • Programmierbare Tischrechner •

Buchungsmaschinen



Lochkartenmaschinen

Die Menschen führen hierbei: •

Bedienungs-



Steuerungs-

• Kontrollfunktion aus

Die automatisierte Informationsverarbeitung besteht dagegen in der Übernahme mehrstufiger Arbeitsprozesse durch Arbeitsmittel in Form der EDV. Dem Menschen verbleibt lediglich die Bedienerfunktion.

b)

Unterscheidung nach der Aufgabenstellung

Die wohl beliebteste und am häufigsten verwendete Klassifikation von Informationssystemen erfolgt nach der Art der Aufgaben, die mit Hilfe des Informationssystems bewältigt werden sollen (Mertens & Griese, 1988). Bei der Art der zu bewältigenden Aufgaben wird untergliedert in:

68



Administrationssysteme



Dispositionssysteme

Informationssystem • Analyse- und Kontrollsysteme • Planungs- und Entscheidungssysteme

Administrationssysteme Werden computergestützte Informationssysteme lediglich zur schnelleren und umfangreicheren Datenverarbeitung verwendet, so spricht man von administrativer Datenverarbeitung. Die Hauptaufgaben bestehen meist aus einfachen Abläufen wie z.B.: • Schreiben von Adressen • Erstellen von Serienbriefen • Verwalten von Lagerbeständen

Informationssysteme dieser Art findet man in allen Bereichen und Funktionen eines Betriebes, wie z.B. Einkauf, Verkauf und Produktion.

Dispositionssysteme Werden mit einem Informationssystem einfache, gut strukturierte Arbeitsabläufe innerhalb eines Unternehmens gesteuert, so bezeichnet man diese Systeme als Dispositionssysteme. Es handelt sich um Routineentscheidungen, die überwiegend auf unteren und mittleren Managementebenen getroffen und die durch diese Informationssysteme gestützt werden. Typische Anwendungsbereiche sind: • Auftragsabwicklung • Festlegung von Losgrößen •

Maschinenbelegung

Auch diese Informationssysteme finden sich in allen Funktionsbereichen eines Unternehmens.

Analyse- und Kontrollsysteme Sie bauen auf den Administrations- und Dispositionssystemen auf bzw. setzen diese voraus. Die Aufgabe dieser Systeme besteht in der Verdichtung von Informationen. Hierdurch bilden sie die Grundlage für Entscheidungen auf den mittleren Managementebenen. Diese Systeme ermöglichen Soll-Ist-Vergleiche. Sie dienen überwiegend der Steuerung und Überwachung eines Unternehmens. Analyse- und Kontrollsysteme können ebenfalls nach Funktionsbereichen gegliedert werden. Sie können aber auch als übergreifende Informationssysteme gestaltet 69

Informationssystem werden. Die Hauptaufgaben bestehen in der Überwachung des betrieblichen Geschehens und dem Vergleich von Soll-Ist-Werten, wie z.B.: • Überwachung der Umsatzentwicklung durch den Vergleich zwischen dem geplanten und dem tatsächlichen Umsatz • Überwachung der Kostenentwicklung

Planungs- und Entscheidungssysteme Die höchste Verdichtungsstufe bilden die Planungs- und Entscheidungssysteme. Sie werden in der Regel für schlecht strukturierte und komplexe Aufgaben eingesetzt, wie z.B.: •

Vertriebsplanung



Investitionsplanung



Gewinnplanung

Eine Gliederung dieser Systeme nach unterschiedlichen Funktionsbereichen wird nur selten vorgenommen. Auf dieser Ebene der Betrachtung wird versucht, die Verkettung bzw. Verzahnung der einzelnen Funktionsbereiche deutlich zu machen. Moderne Planungs- und Entscheidungssysteme verfugen über die Möglichkeit, Simulationen durchführen zu können. Dies ermöglicht es dem oberen Management, bei schwierigen und komplexen Entscheidungen zunächst verschiedene Alternativen zu erproben und auch deren Konsequenzen zunächst theoretisch zu betrachten. Häufig werden sie als Management Informationssysteme bezeichnet, worauf später noch ausfuhrlicher eingegangen wird.

Diese vier Arten von Informationssystemen lassen sich auch in Form eines Schichtenmodells darstellen. Scheer (1990) hat versucht, eine Architektur integrierter Informationssysteme aufzustellen. Als Architektur bezeichnet Scheer das Regelwerk zur ganzheitlichen Beschreibung von Informationssystemen. Die Schichtung der Informationssysteme nach ihrem Detaillierungsgrad stellt Scheer durch eine Pyramide dar.

70

Informationssystem

Planungs- und Entscheidungssysteme Analyse- und Kontrollsysteme Dispositionssysteme

Administrationssysteme

Abb. 16: Integrierte Informationssysteme (in Anlehnung an Scheer, 1990, S. 8) Das Thema Integration von Informationssystemen wird im weiteren Verlauf dieses Kapitels noch näher betrachtet.

3.4 Elemente eines Informationssystems Als Elemente eines Informationssystems sind anzusehen: • Daten (als Objekt, die es zu verarbeiten gilt) • Sachmittel (Maschinen und Programme, die die Verarbeitung vornehmen) sowie • Menschen (Gestalter und Nutzer der Systeme)

Die Elemente und die damit verbundenen Aufgaben, die ein computergestütztes Informationssystem übernehmen kann, können graphisch wie folgt dargestellt werden.

71

Informationssystem

Elemente Daten

Sachmittel

Mensch

ï

Funktionen Eingab

Verarbeitung

Übertragung

Archivierung

Regenerierung

Sicherheit

Abb. 17:

Computergestützte

Informationssysteme

3.4.1 Daten - Informationen In der Literatur über computergestützte Informationssysteme wird häufig der Begriff Daten verwendet. In welchem Zusammenhang er zu dem Terminus Information steht, soll kurz erläutert werden. Daten und Informationen bezeichnen verschiedene Seiten eines einheitlichen Phänomens. Daten sind optische, akustische, elektronische oder auf eine andere Weise ausgedrückte Signale oder Zeichen, also physikalische Erscheinungen. Sie stellen das physische Substrakt von Informationen dar. Informationen werden durch den Erkenntniswert von Daten repräsentiert.

Der Begriff Daten wird vom Deutschen Normausschuß in der DIN 44300 wie folgt definiert: „ Daten sind Zeichen oder kontinuierliche Funktionen, die zum Zweck der Verarbeitung Informationen aufgrund bekannter oder unterstellter Abmachungen darstellen. "(DIN 44300)

Die Darstellung von Daten erfolgt durch Zeichen, die nach unterschiedlichen Merkmalen eingeteilt werden können: •

72

Buchstaben

Informationssystem • Ziffern •

Sonderzeichen

Sie werden unterschieden nach: • Aufgabe (z.B. Rechen- oder Ordnungsdaten) • Unzulässige Zeichen (z.B. numerische oder alphanumerische Daten) •

Änderbarkeit (z.B. Stammdaten oder Bewegungsdaten)



EDV-Behandlung (z.B. Eingabedaten oder Ausgabedaten)

Der Begriff Daten ist gewissermaßen die äußere Beschreibung von Informationen. Informationen hingegen sind der Sinn und spezifische Gehalt von Daten. Im Rahmen computergestützter Informationssysteme erfordert der Umgang mit ihnen eine genaue Strukturierung. Diese Strukturierung schafft eine Ordnung von der kleinsten Dateneinheit, dem Zeichen, bis zur größten Dateneinheit der Datenbank. Dabei entsteht eine sogenannte Datenhierarchie.

Datenfeld Werden mehrere Zeichen zusammengesetzt, entsteht ein Datenfeld. So finden sich beispielsweise bei einer Banküberweisung mehrere Feldbezeichnungen wie Name oder Kontonummer des Empfängers. In diese Datenfelder werden Feldinhalte eingetragen. In der Regel sind die Felder durch eine Feldlänge (maximale Anzahl an Zeichen) begrenzt.

Datensatz Für die Bearbeitung betrieblicher Aufgaben benötigt man eine Reihe von zusammengehörigen Daten. Für eine Banküberweisung benötigt man nicht nur den Namen und die Kontonummer, zusätzlich müssen auch die Bank und Bankleitzahl angegeben werden. Ein Datensatz ist demzufolge eine Einheit logisch zusammengehöriger Daten.

73

Informationssystem Datei Faßt man Datensätze mit einheitlichem Format unter einem gemeinsamen Oberbegriff zusammen, wird dadurch eine Datei erstellt, z.B. Überweisungen an fremde Banken.

Datenbank Datenbanken sind ein System von Dateien, die über Verbindungsadressen miteinander verknüpft sind. Eine Kundenbestellung löst z.B. nicht nur eine Ausgangsrechnung aus, sondern führt gleichzeitig zur Fortschreibung der Artikelbestände, zur Buchung auf dem Kundenkonto und zur Berechnung der Provision des Vertreters.

3.4.1.1 Aufbau von Datenbanken Will man ein Informationssystem in einem Unternehmen aufbauen, ist es notwendig, daß man über eine Datenbasis verfügt. In den meisten Fällen wird eine Datenbank im Rahmen eines Informationssystems aufgebaut. Datenbanken können Daten beliebiger Art abspeichern, wiederauffinden, löschen, ändern und in aggregierter Form aufbereiten. Eines der größten Probleme beim Aufbau von Datenbanken ist die sachliche Gliederung der Informationen. Welche Informationen sollen in welchen Dateien gespeichert werden? Welche Informationen sollen benachbarte Speicherplätze erhalten? In der Praxis begegnet man diesen Fragestellungen indem man: • Informationen nach Funktionsbereichen gliedert • Die Häufigkeit des Auftretens bestimmt • Benötigte Datenkombinationen festlegt • Falls möglich, Gewichtungen vornimmt (Informationen erzeugen, auf Informationen zugreifen und Informationen ändern)

Im Rahmen des Aufbaus einer Datenbank muß außerdem festgelegt werden, inwieweit Dateien (gruppierte Informationen) weiter zusammengefaßt werden sollen. Die Anzahl der Gliederungsstufen wirkt sich jedoch auf die Zugriffsgeschwindigkeit aus. Die enorme Masse an Daten, die heutzutage in Unternehmen anfallen und bearbeitet werden müssen, hat ein Datenmanagement unumgänglich gemacht (Biethahn, Mucksch & Ruf, 1991).

74

Informationssystem 3.4.1.2 Eingabe Als erstes müssen Prozeduren definiert werden, anhand derer die in der Datenanalyse fur relevant befundenen Daten beschafft werden können. Hierzu müssen die Datenquellen identifiziert werden. Als nächstes müssen die relevanten Dimensionen der Daten festgelegt werden. Daten werden auf Lieferscheinen, Rechnungen, Etiketten, Zetteln mit handschriftlichen Notizen oder auf Disketten festgehalten. Diese werden als Datenträger bezeichnet. Erstmalig auftretende Daten werden per Dateneingabe erfaßt, was die Grundlage aller anschließenden weiteren Verarbeitungen der Informationen ist. In diesem Zusammenhang ist vor allem darauf zu achten, daß die Daten genau und vollständig erfaßt werden.

Anforderungen an erfaßte Daten • Verfügbarkeit Daten müssen auf solchen Datenträgern erfaßt werden, die einen schnellen Zugriff auf die gespeicherten Informationen ermöglichen. •

Aussagefähigkeit Daten müssen stets dem aktuellen Stand des betrieblichen Geschehens entsprechen. Nur so sind sie fur die Entscheidungen des Managements aussagefähig.



Rekonstruierbarkeit Alle Informationen müssen nachprüfbar sein. D.h., es muß überprüfbar sein, wer welche Informationen wo und wann erfaßt hat. Diese Forderung wird durch die Bereitstellung von Regeln und Prozeduren unterstützt. In Unternehmensbereichen, wo Informationserfassung und -kontrolle zeitlich weit auseinander liegen, wie z.B. das Rechnungswesen, ist diese Anforderung wichtig.



Genauigkeit Daten müssen fehlerlos, vollständig und zeitgerecht erfaßt werden. Vor allem bei der Datenerfassung muß sichergestellt sein, daß keine Informationen verloren gehen bzw. falsch eingegeben werden. Jeder bei der Datenerfassung gemachte Fehler kann in einem Unternehmen zu Fehlentscheidungen fuhren, wobei grundsätzlich alle Fehler im Rahmen der Datenerfassung zur Beeinträchtigung der Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens führen. In der Praxis wird diesem Phänomen durch verstärkte Automatisierung bei der Datenerfassung und deren Weiterverarbeitung entgegengetreten. 75

Informationssystem Diese sogenannte Online-Datenerfassung erfordert jedoch neue Methoden zur Entdeckung von Erfassungsfehlern, um die Fehlerquote möglichst gering zu halten.

Erfassungsverfahren Die Datenerfassung kann dreistufig, zweistufig oder einstufig erfolgen. Dies soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden.

Beispiel: Im Rahmen einer Auftragsbearbeitung soll ein Informationssystem Auftragsbestätigungen, Lieferscheine und Rechnungen ausdrucken sowie die Lagerbestände aktualisieren. Eingabedaten sind Kundennummer, Artikelnummer und Menge.

Datenerfassung dreistufig Die Auftragsbestellung erfolgt zunächst per Schriftstück oder telefonisch und kann nicht direkt in ein Informationssystem aufgenommen werden. In einem zweiten Schritt werden die Informationen in eine maschinenlesbare Form gebracht (Erstellung eines Kundenauftrags). Der dritte Schritt beinhaltet die Eingabe der Daten in ein Informationssystem (Eingabe eines Kundenauftrags).

Datenerfassung zweistufig Bereits die Auftragsbestellung erfolgt auf einem maschinenlesbaren Medium. In einem zweiten Schritt werden die Daten mittels eines Lesegerätes (z.B. Scanner) oder per Hand eingegeben.

Datenerfassung einstufig Hierbei erfolgt direkt bei der Eingabe die Weiterleitung der Daten an ein Informationssystem. Im Rahmen der Datenerfassung stehen eine Reihe unterschiedlicher Datenerfassungsgeräte zur Verfügung. An dieser Stelle soll nur ein einführender Einblick in die Bedeutung und Unterschiedlichkeit der Erfassungsgeräte gegeben werden. Eine tiefergehende Behandlung findet sich bei Heinrich, Lehner & Roithmayr (1994) und bei Hoffmann (1984).

76

Informationssystem Datenerfassungsgeräte Die wesentlichen Erfassungsgeräte sind Tastatur und Bildschirm und die Lesegeräte:

a)

Tastatur und Bildschirm

Mit Hilfe der Tastatur können Informationen direkt in ein Informationssystem eingegeben werden. Die Tastatur ist direkt mit dem Computer verbunden. Sie ermöglicht eine einstufige Datenerfassung. Moderne Informationssysteme verzichten auf die Tastatur und verwenden Bildschirmgeräte (Touch-Screens). Sie ermöglichen, durch Berührung des Bildschirms Informationen in ein System einzugeben oder abzurufen. Hierbei handelt es sich um Geräte zur direkten Datenerfassung. Beispiele: Bankautomaten, elektronische Warenkassen, Tastenwahltelefone.

b)

Lesegeräte

Hierbei handelt es sich um indirekte Eingabegeräte. Typische Lesegeräte sind Belegleser wie z.B. Handleser, Magnetschriftleser und Bildabtaster. Belegleser sind Geräte, mit deren Hilfe Zeichen von schriftlichen Unterlagen (z.B. maschinenlesbarer Bestellschein) direkt erfaßt werden können. Belegleser sind z.B. Handleser. Sie werden von Hand über die zu lesenden Zeichen gefuhrt und sind meist mit Bildschirmarbeitsplätzen verbunden. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, daß die Zeichen über das Lesegerät gefuhrt werden. In diesem Fall spricht man von stationären Lesegeräten, wie sie in fast allen Lebensmittelgeschäften vorzufinden sind. Solche Handlesegeräte werden meist zur Erkennung von Strichcodes verwendet. Strichcodeetiketten, auch Barcodeetiketten genannt, sind optisch lesbare Datenträger. In der Regel befinden sie sich auf Warenverpackungen. Mit Hilfe eines Laserstrahls, der sich im Lesegerät befindet, werden die Abstände zwischen den Hell-Dunkel-Informationen aufgrund der Abstandsrelationen registriert. Der Strichcode enthält eine Artikelnummer, die in verschlüsselter Form Aussagen über die Ware beinhaltet. Der wohl bekannteste Strichcode ist der 13stellige ΕΑΝ-Code. Diese Bezeichnung steht für Europäische-Artikel-Nummer. Die beiden ersten Stellen des ΕΑΝ-Codes enthalten das Länderkennzeichen. Für die BRD gelten die Vorziffern 40 bis 43. Die 13te Stelle schließlich dient als Prüfzahl, mit deren Hilfe der Computer mit 99%iger Sicherheit fehlerhafte Eingaben identifiziert und ablehnt. Neben der 13stelligen Version gibt es noch eine 8stellige Kurzform des EAN-Strichcodes. Sie unterscheidet sich nur insofern, als die Artikelnummer nicht enthalten ist.

77

Informationssystem

2

Stelle

1

3

4

5

Bedeutung

Länder-

Bundeseinheitliche

kenn-

Betriebsnummer

6

7

8

9

10

11

12

Artikelnummer

Prüfnum-

zeichen Beispiel

4

Bedeutung

BRD

13

mer 0

2

0

5

0

0

9

1

1

Senf KG,

Süßer Hausmacher

Leipzig

Senf250g

5

2

7

Abb. 18: Auflau des EAN-Codes

Magnetschriftleser tasten Magnetstreifen ab, die alle wichtigen Informationen enthalten. Besondere Bedeutung haben sie bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs von Banken. So enthält z.B. die Rückseite einer Euroscheckkarte einen Magnetstreifen mit folgenden Informationen: • Persönliche Kennummer •

Kontonummer



Bankleitzahl

• Verfugungszähler (maximale Summe, die pro Tag abgehoben werden kann)

Eine Weiterentwicklung der Magnetstreifenkarte ist die Chipkarte, wie z.B. die Telefonkarten.

Mit Hilfe von Bildabtastgeräten besteht die Möglichkeit Bilder, Zeichnungen oder Grafiken in Binärmuster umzuwandeln. Eine weitere Möglichkeit der Informationserfassung ist die mobile Datenerfassung. Bei dieser Form der Erfassung besteht während der Informationsaufnahme keine Verbindung mit einem Informationssystem. Das Gerät nimmt zunächst selbst eine Informationsspeicherung vor. Die gespeicherten Daten werden später, wenn das Gerät mit einem Informationssystem verbunden ist, in das System eingelesen. Die Verbindung kann durch einen direkten Anschluß oder mit Hilfe eines Akustikkopplers (Modem) über eine Telefonleitung erfolgen.

78

Informationssystem 3.4.1.3 Verarbeitung Innerhalb der computergestützten betriebswirtschaftlichen Informationssysteme nimmt der Komplex Datenverarbeitung eine zentrale Stellung ein. Durch Transformation werden Daten aufgrund arithmetischer und logischer Operationen zu aussagekräftigen Informationen. Innerhalb der Transformation sollen aus Daten durch Operationen die gewünschten Informationen gewonnen werden. Typische Operationen sind: •

Sortieren Hierbei übernimmt das Informationssystem Aufgaben der Ordnung, z.B. Sortieren von Kunden nach Postleitzahlen oder Umsatzanteil.



Vergleichen In diesem Fall werden Übereinstimmungsvergleiche, Richtigkeitsprüfungen oder SollIst-Vergleiche vorgenommen, z.B. ein Vergleich zwischen der Lieferfähigkeit und Lieferscheindaten.



Aggregieren Das Informationssystem übernimmt hier einfache mathematische Operationen. Z.B. im Rahmen einer Auftragsbearbeitung berechnet das Informationssystem selbständig die Endsumme des zu zahlenden Betrages.



Selektieren Hierbei durchsucht das Informationssystem nach zuvor bestimmten Kriterien eine Datenbank, die es anschließend in Auszügen auflistet. Z.B. diejenigen Kunden, die im vergangenen Jahr einen Umsatz von mehr als 10.000,- DM gemacht hatten.



Löschen Diese Operation dient zur Entfernung bestimmter Daten aus dem Informationssystem. Alle Kunden, die beispielsweise in den letzten zwei Jahren keine Bestellung gemacht haben, sollen gelöscht werden.



Berechnen Operationen von Informationssystemen die eigene Berechnungen durchführen, können vielfältiger Art sein. Es können statistische Auswertungen, Optimierungsmodelle oder Simulationen sein.

79

Informationssystem

Abb. 19: Beispiel eines Datenflußplans (Quelle: Schmidt, 1991, S. 321) Datentransformation erfolgt durch Anwendungsprogramme unter Aufsicht des Betriebssystems. Mit Hilfe von Datenfluß- und Programmflußdiagrammen kann die Informationsverarbeitung grafisch dargestellt werden. Auf diese Weise werden Einzelheiten klassifiziert und mit geeigneter Symbolik logisch angeordnet.

80

Informationssystem Diese Form der Darstellung ist wegen ihrer Übersichtlichkeit und Strukturiertheit einer verbalen Beschreibung überlegen. Mit ihr können Prozesse zur Umwandlung der Daten in Informationen Schritt für Schritt entwickelt werden. Neben der Einteilung der Informationsverarbeitung aufgrund der Operationen, die vom Informationssystem durchgeführt werden, wird in der Literatur häufig eine Einteilung nach der Art der Information vorgenommen. Informationsarten werden nach Daten, Text, Bild und Sprache unterschieden. Auf diese Unterteilung wird hier nicht näher eingegangen. Genaueres hierzu findet sich z.B. bei Heinrich, Lehner & Roithmayr (1994).

3.4.1.4 Übertragung Neben der Informationsverarbeitung spielt die Übertragung von Informationen (EDI Electronic Data Interchange) bei der Entwicklung von Informationssystemen eine zusehends wichtigere Rolle. Der elektronische Datenaustausch (EDI) bezeichnet den Transport von Informationen zwischen verschiedenen Systemen. Dieser Transport erfolgt über Übertragungsnetze. Innerhalb eines Unternehmens können Übertragungen mit Hilfe eines unternehmenseigenen Netzes zwischen Datenverarbeitungsanlage und Datenstationen sowie umgekehrt erfolgen. Durch die zunehmende Globalisierung der Märkte und immer stärkere Internationalisierung von Unternehmen gewinnt die Datenfernübertragung immer größere Bedeutung. Das derzeit am häufigsten verwendete Fernübertragungsnetz in der Bundesrepublik Deutschland ist das Telefonnetz. Das Telefonnetz ist ein öffentliches Wählnetz, das zur Sprach- und Datenübertragung benutzt wird. Hierbei finden die Modems (MOdular-DEModular) Anwendung. Modems wandeln Gleichstromsignale in Tonfrequenzsignale um und umgekehrt. Für eine reibungslose Übertragung müssen folgende Parameter richtig eingestellt sein: •

Übertragungsgeschwindigkeit Die Geschwindigkeit, mit der die Informationen übertragen werden, wird durch die Maßeinheit Baud (Anzahl der Zeichen pro Sekunde) gekennzeichnet.



Parität Die Parität ist eine Form der Fehlerkontrolle.

81

Informationssystem •

Datenbits Sie stehen fur die Anzahl von Bits in jedem Zeichen.



Übertragungsverfahren Hier wird angegeben, ob es sich um serielle oder parallele Bits handelt.

• Stopbit Es kann auf 1 oder 2 eingestellt werden.

Im Rahmen des Informationsmanagements gilt es zu entscheiden, inwieweit Übertragungen durch ein unternehmenseigenes Übertragungsnetz erfolgen sollen und ob zusätzlich das öffentliche Telefonnetz bzw. in naher Zukunft auch ein Netz privater Anbieter verwendet werden soll. Übertragungsnetze schaffen dabei eine ganze Bandbreite neuer Kommunikationsmöglichkeiten wie z.B. Electronic Mail, Satellitenübertragung und interaktives Fernsehen. In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff Datenautobahn, auf der Basis von Glasfaserkabeln, verwendet. Wird auch via öffentliches Telefonnetz übertragen, ist sicherzustellen, daß bei der Übermittlung von geheimen, betriebsinternen Daten kein fremder Zugriff möglich ist. Hierfür verschlüsseln, mittels kryptographischer Verfahren, immer mehr Unternehmen ihre Informationen, bevor sie sie über Telefonnetze transportieren.

3.4.1.5 Ausgabe Die Informationsausgabe ist in der Regel weniger problematisch als die Informationseingabe, da hier die Informationen bereits in verarbeiteter Form vorliegen. Beim Entwurf des Elements Ausgabe muß entschieden werden, welcher Informationsgehalt in welchem Format dargestellt werden soll. Z.B.: • Verbale Berichte bzw. Texte • Tabellen, Graphiken •

Bilder

• Geräusche oder Musik

Die Art der Darstellung wird wesentlich von der Anwendung bestimmt. Des weiteren besteht ein enger Zusammenhang zum verwendeten Ausgabemedium. Typische Medien sind:

82

Informationssystem •

Bildschirm Der Bildschirm auch als flüchtiges Ausgabemedium bezeichnet. Er eignet sich dort gut, wo Informationen nur kurzfristig dargestellt werden müssen. Der Bildschirm selbst gilt als Interaktionsmedium fur die unmittelbare Interaktion zwischen Nutzern und dem Informationssystem.



Drucker Papier ist das wichtigste Ausgabemedium und eignet sich dort, wo Informationen für längere Zeit benötigt werden, bzw. aufbewahrt werden müssen.



Datei Die Ausgabe in Dateien wird eingesetzt, wenn Informationen zu einem späteren Zeitpunkt maschinell weiterverarbeitet werden sollen. Auf diese Weise ist es möglich, die Informationsausgabe in stark verkleinerter Form durchzufuhren, was sich fur Archivierungszwecke sehr gut eignet.

Die Art der Ausgabemedien muß vom Informationsmanagement geplant werden. Es muß außerdem entschieden werden, ob eine vollständige Berichterstattung erfolgen soll, oder ob nur Ausnahmefalle berichtet bzw. ausgegeben werden sollen, wodurch möglicherweise auf unnötige Informationen verzichtet werden kann.

3.4.1.6 Archivierung Unter dem Begriff der Archivierung wird die Speicherung all jener Daten- und Informationsmengen verstanden, die aufgrund ihres Informationsgehalts nicht mehr der aktuellen Basis zugerechnet werden, aber für den jeweiligen Benutzer noch von Bedeutung, z.B. für spezielle Auswertungen wichtig sind. Es handelt sich um die Speicherung von Informationen auf externen Geräten. Gründe für eine Archivierung sind: • Gesetzliche Vorschriften hinsichtlich der Dokumentationspflicht • Aufgrund begrenzter Kapazität erforderliche externe Speicherung aller nicht aktuell notwendigen Informationen • Zeitliches Auseinanderfallen von Informationsverfügbarkeit und Informationsverarbeitung

83

Informationssystem Zu archivierende Informationen werden meistens auf Magnetbändern gespeichert. Diese Informationen stehen dem Informationssystem trotzdem innerhalb kürzester Zeit wieder zur Verfugung. Aufgabe des Informationsmanagements ist es zu bestimmen, welche Informationen mittels welchen Speichermediums (z.B. Magnetbänder, Magnetplatten, Diskette, optische Speicher oder Bildplatte) archiviert werden können bzw. müssen. Eine ausfuhrliche Beschreibung der unterschiedlichen Speichermedien ist bei Heinrich, Lehner & Roithmayr (1994) nachzulesen.

3.4.1.7 Regenerierung Die einfachste Methode der Regenerierung besteht darin, vom Gesamtinhalt des Informationssystems in gewissen Zeitabständen (u.U. täglich) auf andere Medien zu kopieren (Backup). Dieses Verfahren hat allerdings einige Nachteile. Zum einen stellen die umfangreichen Übertragungsvorgänge eine starke Belastung fur das Informationssystem dar, und zum anderen gehen bei einem Systemausfall die aktuellen Informationen verloren. Dieses Verfahren bezeichnet man als statischen Plattenabzug, dem der dynamische Plattenabzug gegenübersteht. Der dynamische Plattenabzug berücksichtigt, daß alle neu angelegten und veränderten Informationen innerhalb kurzer Zeit auf ein Speichermedium übertragen werden.

3.4.2 Sachmittel Computergestützte Informationssysteme sind Systeme, die aus elektronischen Bauelementen (Hardware) und Programmen (Software) bestehen und der Verarbeitung von Informationen dienen. Alle Geräte, mit denen ein Informationssystem betrieben wird, heißen Hardware. Dagegen werden die Programme, zur Verarbeitung der Informationen innerhalb der Hardware, Software genannt.

3.4.2.1 Hardware Im Mittelpunkt eines Informationssystems stehen die Verarbeitungsgeräte Steuerwerk, Rechenwerk und Arbeitsspeicher. Diese drei Baugruppen bilden die Zentraleinheit. Sind Steuer- und Rechenwerk zu einem Prozessor zusammengefaßt, wird auch von einer CPU (Central Processing Unit) gesprochen. Der Arbeitsspeicher, er wird auch Hauptspeicher genannt, nimmt die Programm- und Arbeitsdateien auf. Um mit der Zentraleinheit in Verbin84

Informationssystem dung treten zu können, werden um sie herum Ein- und Ausgabegeräte sowie externe Speichermedien angeordnet.

Zentraleinheit Prozessor

Arbeitsspeicher Bewahrt (speichert) Pro-

Steuerwerk

Rechenwerk

Steuert u.a. den Ablauf der

Rechnet und vergleicht

gramme und Arbeitsdateien auf |

Programme Abb. 20: Elektronische

Datenverarbeitungsanlage

3.4.2.2 Software Das Programmsystem, auch Software genannt, beinhaltet die gesamte Steuerung des Informationssystems durch gespeicherte Programme. Programme setzen sich aus einer Reihe von Befehlen einer Programmiersprache zusammen. Die Basis eines Programms besteht im sogenannten Quellprogramm, welches in für Menschen lesbarer Form erstellt ist. Quellprogramme können in der Regel nicht vom Computer selbst ausgeführt werden. Es bedarf einer Transformation in eine für ihn lesbare Form. Ein transformiertes Quellprogramm wird als Objekt- oder Maschinenprogramm bezeichnet.

Software steht als übergreifende und zusammenfassende Bezeichnung für den gesamten immateriellen Bereich eines Informationssystems. Sie läßt sich in Anlehnung an Heinrich, Lehner & Roithmayr (1994) in mehrere Bereiche einteilen: • Betriebssystem (auch Systemsoftware genannt) • Anwendungsprogramme (auch Anwendungssoftware genannt).

85

Informationssystem

Abb. 21:

Softwareklassifikation

(Quelle: Heinrich, Lehner & Roithmayr, 1994, S. 29)

Die Systemsoftware beinhaltet alle Programme, die zum Betrieb eines computergestützten Informationssystems notwendig sind. Der wichtigste Bestandteil ist das Betriebssystem, das in Verbindung mit der Hardware die Voraussetzung für den Betrieb eines Informationssystems bilden. Das Betriebssystem übernimmt dabei folgende Aufgaben: • Bereitstellung von Programmen • Steuerung des Datenverkehrs zwischen Peripherie und Zentraleinheit • Überwachung des Programmablaufs • Koordination bei Simultanabläufen • Start und Abschluß von Programmen

Zur Klasse der Systemsoftware zählen neben dem Betriebssystem: •

Programmentwicklung



Dienstprogramme

• Systemnahe Software

Hierauf soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Der interessierte Leser kann z.B. bei Heinrich, Lehner & Roithmayr (1994) sowie bei Hoffmann (1984) tiefergehende Informationen erhalten.

86

Informationssystem Vom Anwender werden zur Unterstützung oder Durchführung betrieblicher Aufgaben spezielle Anwendungsprogramme eingesetzt. Bei der Anwendersoftware wird unterschieden zwischen: • Standardsoftware •

Individualsofitware

Anwendungssoftware kann aber auch nach Branchen untergliedert werden wie z.B.: •

Banken



Industrie



Handel

Oder hinsichtlich unterschiedlicher Funktionsbereiche wie z.B. •

Vertrieb



Rechnungswesen



Personalwesen

Ein Informationsmanagement übernimmt im Softwarebereich im wesentlichen die folgenden Aufgaben: • Entwicklung von Individualsofitware • Einsatz von Standardsoftware • Verlagerung von Teilen der Softwareentwicklung in die Fachabteilung. • Kompatibilität unterschiedlicher Software

• Gestaltung und Anforderungen an die Software (Softwareergonomie)

3.4.3 Menschen Der Anteil des Elementes Mensch ist zwar während der eigentlichen Informationsverarbeitung relativ gering, desto wichtiger ist er bei der Entwicklung und Gestaltung von Informationssystemen. Weiterhin ist dem Menschen innerhalb eines Informationssystems aus folgenden Gründen großes Gewicht beizumessen: •

Seine Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge durch schöpferische Denkakte zu verstehen

• Das kognitive Informations-, Entscheidungs- und Lernverhalten des Menschen

87

Informationssystem Mit diesen Aspekten ist der Mensch sowohl als Informationsgenerator wie auch als Benutzer von Informationssystemen angesprochen. Das Thema Mensch wird ausfuhrlich im Kapitel Verhalten behandelt.

3.5 Integrierte Informationssysteme In den letzen Jahren wird die Forderung nach integrierten Informationssystemen immer stärker (Scheer, 1991; Heilmann, 1989). Integration wird oft für Zusammenhänge verwendet, die im Rahmen der Organisationstheorie mit Koordination bezeichnet werden. Integration ist demzufolge eine Art Eingliederung oder Einbeziehung in ein großes Ganzes. Rund 80% der Unternehmen verfugen über mindestens ein computergestütztes Informationssystem, viele versuchen ihre Informationssysteme auszubauen (Hoch & Schirra, 1993). Hieraus entstehen zum Teil enorme Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten entstehen zum einen bei der Entwicklung besserer und leistungsfähigerer Informationstechnologien und zum anderen bei der ständigen Verbesserung der Software. Bislang waren Informationssysteme primär funktionsorientiert, wie z.B. für Rechnungswesen, Personalwesen oder Logistik. Man hat jedoch erkannt, daß eine Verknüpfung der einzelnen Systeme immer wichtiger wird. So wird inzwischen bei der Entwicklung moderner computergestützter Informationssysteme die Prozeßorientierung des Informationsflusses zugrundegelegt. Eine Folge hiervon ist, daß Informationen quer durch verschiedene Funktionsbereiche eines Unternehmens fließen und bereitgestellt werden müssen. So stehen z.B. viele Funktionen der Personalwirtschaft in wechselseitiger Beziehung zueinander. Gleiches gilt für Verbindungen mit betriebswirtschaftlichen Abläufen in anderen Fachbereichen. Moderne Informationssysteme sind in der Lage, diesen Zusammenhängen zu folgen. Die Durchgängigkeit aller Funktionen zählt somit zu den herausragenden Leistungsmerkmalen von Informationssystemen. Alle Informationen eines betriebswirtschaftlichen Vorgangs werden unmittelbar nach der Erfassung in die davon betroffenen Informationskreise weitergeleitet. Automatisch entsteht eine Verkettung von Funktionen, die zu einer wesentlichen Beschleunigung und Vereinfachung betriebswirtschaftlicher Abläufe führt. Informationen aus der Lohn- und Gehaltsabrechnung stehen unmittelbar für nachgelagerte Funktionen wie Finanzbuchhaltung oder Kostenrechnung zur Verfugung. Oder Informationen aus der Produktionsplanung und -Steuerung fließen direkt in die Zeitwirtschaft ein. Integration ist ebenfalls gefragt, wenn es um den internationalen Einsatz von Informationssystemen geht. 88

Informationssystem Mit dem Angebot landesspezifischer Versionen werden die jeweilig geltenden gesetzlichen Vorschriften berücksichtigt, was zum Beispiel im Personalwesen fur die Lohn- und Gehaltsabrechnung von Bedeutung ist. Der Begriff Integration wird, wie zuvor geschildert, zum Teil sehr unterschiedlich verwendet. Aufgrund der unterschiedlichen Verwendungszusammenhänge werden im folgenden drei Aspekte der Integration (Krcmar, 1991) erläutert. Integration kann unterschieden werden, nach: a) Gegenstand b) Ausrichtung c) Nutzungsbezug

a) Gegenstand der Integration Basis und damit gleichzeitig Gegenstand eines jeden Informationssystems bilden Daten bzw. Informationen. Integration legt u.a. fest, welche Informationen gemeinsam genutzt werden können. Hierbei handelt es sich um eine Datenintegration. Die wichtigsten Gründe der Informationsintegration sind: •

Wegfall von Mehrfacherfassung und -speicherung der Informationen



Redundanzarme Informationsspeicherung



Gleichzeitige Aktualität aller Informationen

Des weiteren wird bestimmt, wie Daten redundanzarm erfaßt, gespeichert,

strukturiert

verarbeitet und ausgegeben werden können. Die Zusammenfassung der Schritte Informationserfassung, -bearbeitung, -speicherung, -Verarbeitung bezeichnet man als Aufgabenintegration. Der Gegenstand der Integration kann sich aber auch auf die Benutzeroberfläche von Informationssystemen beziehen. Diese Form der Integration beinhaltet die optische Gestaltung der Bildschirmoberfläche, auch als Softwareergonomie bezeichnet. Benutzeroberflächenintegration umfaßt z.B. den einheitlichen Aufbau von Kommandos, Funktionstastenbelegungen, Fehlermeldungen, Rückmeldungen sowie den Bildschirmaufbau. Gründe für die Integration der Benutzeroberfläche sind: •

Kürzere Einarbeitungsaufwand bei neuen Informationssystemen



Leichterer Wechsel zwischen verschiedenen Anwendungen

89

Informationssystem b) Ausrichtung der Integration Konzentriert man sich bei der Integration nur auf den Gegenstand, fuhrt dies zur Beibehaltung einer funktionsorientierten Betrachtungsweise von Informationen im Unternehmen. Integration sollte jedoch horizontal und vertikal erfolgen. Die horizontale Ausrichtung der Integration überbrückt dabei die durch die Aufbauorganisation vorgegebenen Abgrenzungen. An einem Beispiel verdeutlicht bedeutet dies, daß Informationen zwischen den Abteilungen Personal und Rechnungswesen direkt ausgetauscht werden. Eine gemeinsame Datenbank, d.h. Datenintegration ist die unabdingbare Voraussetzung hierfür. Horizontale Integration hingegen bedeutet die Zusammenführung verschiedener Prozeßschritte in einem Unternehmen. Die vertikale Ausrichtung der Integration beschäftigt sich primär mit der Frage der Verdichtung von Informationen. Informationen für die oberen Managementebenen basieren auf Informationen der operativen Ebene, sind jedoch um ein vielfaches verdichteter. Während es für einen Außendienstmitarbeiter wichtig ist zu wissen, welche Umsätze er mit welchen Kunden gemacht hat, ist für den Außendienst überwachenden Manager in der Hauptverwaltung wichtig, welcher Außendienstmitarbeiter welche Umsätze erwirtschaftet hat. Diese Form der Verdichtung findet sich in allen Funktionsbereichen eines Unternehmens und geht einher mit den hierarchischen Stufen eines Unternehmens. Die Bedeutung der horizontalen und vertikalen Integration ist von Scheer (1990) durch eine Pyramide dargestellt worden, die bereits vorgestellt wurde. Während die horizontale Integration versucht, durch Aufgliederung der Organisation in verschiedene Funktionsbereiche entstandene Schnittstellen zu überbrücken, hat die vertikale Integration das Ziel, unterschiedliche Detaillierungsgrade aufeinander abzustimmen.

c) Nutzungsbezug der Integration Der dritte Aspekt der Integration betrifft den Kreis derer, die an einem Informationssystem partizipieren. Der Kreis der Nutzer kann von Abteilungen über Unternehmen bis hin zu internationalen Konzernen gezogen werden. Der Nutzungsbezug der Integration kann auch als Reichweite bezeichnet werden. Für international operierende Unternehmen entwickelt sich die Kette zwischen Lieferanten, Produktionsstandorten, Lagern und Abnehmern in unterschiedlichen Ländern zu einem bedeutsamen organisatorischen Leistungsfaktor. Mit länderspezifischen Versionen, die Sprachen, Währungen und länderspezifische Gesetze einbeziehen, wird der Aufbau integrierter Informationssysteme über nationale Grenzen hinweg ermöglicht.

90

Informationssystem Die drei zuvor geschilderten Aspekte der Integration zeigen die Vielschichtigkeit und Fülle der Möglichkeiten, wie Integration innerhalb computergestützter Informationssysteme im Rahmen des Informationsmanagements bearbeitet werden muß. Der Integrationsgedanke legt es nahe, nicht nur einzelne Ausprägungen der Aspekte, sondern vielmehr ein Bündel von Ausprägungen zu betrachten. Gestützt wird diese Forderung durch die Tatsache, daß einzelne Ausprägungen der Aspekte nicht unabhängig voneinander sind. So stehen beispielsweise die Datenintegration und der Nutzungsbezug in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis. Diese zunächst aus theoretischer Sichtweise logische Forderung nach einem integrierten Informationssystem stößt in der Praxis auf zahlreiche Probleme und Schwierigkeiten, was zu einem Dilemma der Integration führt. Integration soll, wie bereits ausgeführt, dazu beitragen, die Kosten- und Leistungsfähigkeit der Informationsverarbeitung zu verbessern. Eine unternehmensweite Integration erfordert hohe Investitionskosten, die zwar durch zunehmend günstigere Preis-Leistungs-Relationen reduziert werden, aber dennoch beachtlich sind. Durch den schnellen technischen Fortschritt unterliegen computergestützte Informationssysteme schnell der Veralterung. Unternehmen sehen sich also dazu veranlaßt, sowohl aus Kosten- als auch aus Fortschrittsgründen, zunächst nur Insellösungen zu wählen. Diese Insellösungen führen in der Praxis in den seltensten Fällen zu integrierten Gesamtkonzepten. Diese Tendenz dezentraler Lösungen wird zusätzlich durch das Streben der einzelnen Funktionsbereiche nach Unabhängigkeit, Flexibilität und Schnelligkeit gestützt.

3.6 Organisatorische Einbindung 3.6.1 Der Begriff Organisation im Rahmen des Informationsmanagements Die Begriffe Organisation und organisieren sind Entlehnungen französischen Ursprungs und wurden im 17. Jahrhundert ins Deutsche übernommen. Während sich der Begriff organisieren auf den Prozeß einer planvollen Koordinationstätigkeit bezieht, beschreibt das Wort Organisation das Gebilde, das nach Abschluß eines solchen Prozesses entstanden ist. Man unterscheidet meist zwischen (Krüger, 1994): • Dem institutionellen Organisationsbegriff • Dem instrumentellen Organisationsbegriff

91

Informationssystem Der institutionelle Begriff besagt, daß ein Betrieb ein besonderer Typ von Organisation ist, wogegen der instrumenteile Begriff besagt, daß eine Organisation etwas Geordnetes ist. Demzufolge hat ein Betrieb eine Organisation. Nun sind die beiden Begriffe in der Realität nicht sehr weit auseinander. Mit Organisation ist nicht nur die Institution gemeint, sondern auch seine Ordnung, so daß sich die beiden Begriffe nicht widersprechen. Anders ausgedrückt heißt dies, daß beide Begriffe komplementär verwendet werden können. Ordnung ist also der zentrale Gegenstand von Organisation. Durch Ordnung werden Beziehungszusammenhänge zwischen den Elementen einer Organisation hergestellt. Die Elemente einer Organisation sind Menschen und Dinge (Gebäude, Maschinen, Rohstoffe, Werkzeuge). Es gibt zwei Faktoren, die eine Ordnung bedingen: • Aufbauorganisation •

Ablauforganisation

Die Aufbauorganisation beinhaltet die Verknüpfung der organisatorischen Elemente zu einer organisatorischen Struktur und den Beziehungszusammenhang zwischen den Elementen. Die Ablauforganisation behandelt demgegenüber das Ordnen von Handlungsvorgängen. Anders formuliert: die Aufbauorganisation beschäftigt sich mit Fragen der Institution, die Ablauforganisation mit den Arbeits- und Bewegungsabläufen innerhalb dieser Institution.

In der Praxis sind die Organisationsstruktur eines Betriebes und die darin vollzogenen Abläufe untrennbar. Beide bedingen sich gegenseitig. Das heißt auch, daß die Organisation des Ablaufs und des Aufbaus synchron erfolgen muß. Somit wird deutlich, daß es sich bei dieser Trennung um einen wissenschaftlichen "Kunstgriff' handelt, dessen direkte praktische Anwendung fragwürdig ist. Jedoch erleichtert diese gedankliche Abstraktion es, den komplexen Begriff Organisation zu strukturieren. Eine Unterteilung findet sich in allen gängigen betriebswirtschaftlichen Lehrbüchern und soll auch hier zugrunde gelegt werden. Auf- und Ablauforganisation bilden die formelle Organisationsstruktur eines Betriebes. Sie fügen das betriebliche Geschehen zu einer Einheit zusammen. Im Rahmen des Informationsmanagements gilt es im wesentlichen, zwei Fragen zu beantworten (Wolfram, 1990). Zum einen stellt sich die Frage, wie Informationsmanagement bzw. Informationssysteme strukturell in das Unternehmen eingegliedert werden sollen. Zum anderen stellt sich die Frage, wie die Abteilung der fur das Informationsmanagement bzw. die Informationssysteme Verantwortlichen strukturiert sein soll, und wie die Mitarbeiter zusam92

Informationssystem menarbeiten sollen. Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, die Arbeit des Informationsmanagements auszulagern. Im folgenden Abschnitt geht es zunächst um die Frage der Zentralisation oder Dezentralisation von Informationssystemen.

3.6.2 Zentralisierung versus Dezentralisierung Zwischen dem Informationssystem und der Organisationsstruktur eines Unternehmens bestehen enge Verbindungen. Grundlage für die Struktur der Informationssysteme sind einerseits die Beziehungen

der Aktionseinheiten im Unternehmen

untereinander

(Gebildestruktur), die sich aus dem Aufgabenzusammenhang als Basis der gewählten Aufbauorganisation ergeben. Weiterhin ist die Gestaltung der Prozeßstruktur von großem Gewicht, da die Aufgabenträger im Rahmen der Aufgabenerfullung eine Vielzahl von Informationen benötigen. Andererseits beeinflußt das Informationssystem mit seinen spezifischen Anforderungen die Gestaltung der Gebilde- und Prozeßstruktur eines Unternehmens (Huschke, 1987), woraus sich eine Reihe von Auswirkungen ergeben.

Auswirkungen auf die Gebildestruktur • Verringerung der Anzahl der Führungsebenen: Routineentscheidungen werden nicht mehr durch das Management erarbeitet, sondern maschinell durch das InformationsEntscheidungssystem • Informationszentralisation: Bisher dezentral erfüllte Informationsaufgaben, wie Eingabe und Erfassung, werden zu einem Aufgabenkomplex zentralisiert • Verknüpfung bisher isolierter Unternehmensbereiche durch einen erhöhten Informationsaustausch und verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten durch den Einsatz eines Informationssystems Auswirkungen auf die Prozeßstruktur • Verkürzung der Durchlaufzeiten, hier in erster Linie der Bearbeitungszeiten, durch kurzfristige Zurverfügungstellung der für die Aufgabenerfullung erforderlichen Informationen durch das Informationssystem • Rationalisierung der Arbeitsabläufe durch Übernahme informationstransformierter und -auswertender Akte des Informationssystems (Wegfall des Führens von Tabellen, Verzeichnissen, Karteien und Statistiken) • Verknüpfung bisher isolierter Arbeitsabläufe 93

Informationssystem Informationssysteme können sowohl zentralisiert als auch dezentral organisiert werden. Hierbei ist zu entscheiden, inwieweit eine räumliche, technische und organisatorische Zentralisation bzw. Dezentralisation erfolgen sollte (Mertens, 1985).

a)

Räumliche Zentralisierung/Dezentralisierung

Bei der räumlichen Zentralisation bzw. Dezentralisation eines Informationssystems geht es um die Wahl der Standorte, an denen sich Hardwareelemente befinden.

b)

Technische Zentralisierung/Dezentralisierung

Eng mit der räumlichen Entscheidung verbunden ist auch die Frage nach der technischen Ausrichtung. Eine derzeit von vielen Unternehmen verfolgte Strategie besteht in einer technischen Dezentralisierung. Eine Möglichkeit dieser technischen Dezentralisierung besteht in der Client Server Architektur. In einem Client Server System werden durch Server viele Clients (Nutzer) berücksichtigt und versorgt. Die Verarbeitung wird an den Arbeitsplatz (Personal Computer) verlagert, während Programme und Daten von einem Server dem Client zur Verfugung gestellt werden. Dabei können die Anwendungen auf mehrere Rechnerebenen verteilt werden, was am Beispiel einer dreistufigen Client Server Architektur verdeutlicht werden soll.

Datenbankserver

Anwendungsserver



Β

Client

^

^

tt •

Abb. 22: Dreistufige Client Server Architektur

94

Β *

1



Β

Informationssystem Eine dreistufige Client Server Architektur verwendet eigene Rechner für Präsentationen, Applikationen und Datenbanken. Am Arbeitsplatz übernehmen Personal Computer (Clients bzw. Nutzer) primär die Aufgabe der Dialog- und Präsentationsfunktion. Die zweite Ebene stellen die Anwendungsserver. Hier erfolgt die Bereitstellung entsprechender Programme. Um eine möglichst homogene Last und optimale Leistung zu erreichen, können Anwendungsserver für einzelne Arbeitsgebiete wie z.B. Finanzbuchhaltung, Vertrieb oder Personalwirtschaft installiert werden. Diese Anwendungsserver sind wiederum mit einem Datenbankserver verbunden. Es können auch mehrere Datenbankserver existieren. Mit den Daten eines Datenbankservers können mehrere Anwendungsserver parallel arbeiten. Im Rahmen der Client Server Architektur lassen sich folgende Stufen der Dezentralisation unterscheiden (Franke, 1993): •

Downsizing Downsizing bezeichnet die Auslagerung einfacher Anwendungen wie z.B. Textverarbeitung vom Großrechner auf den Personal Computer.



Rightsizing Zusätzlich zur Auslagerung von Anwendungen werden auch Datenbanken auf dezentrale Datenbankserver ausgelagert.



Smartsizing Hier werden gleichartige Aufgaben, die zuvor auf mehrere Server verteilt waren, zusammengefaßt und auf wenige Server verteilt.

Diese drei Stufen spiegeln Entwicklungsschritte der technischen Dezentralisierung wider. Da die mehrstufige Client Server Architektur (Dezentralisierung) die gleiche Verarbeitungsmöglichkeit wie Zentralrechner (Zentralisierung) bietet, fragt man sich, wozu dieser Aufwand betrieben werden soll. In der Praxis sind es im wesentlichen die drei folgenden Gründe, die eine Dezentralisierung sinnvoll erscheinen lassen: • Reduzierung der Kosten Hier ist primär auf das günstigere Preis-Leistungs-Verhältnis von z.B. RISC-Rechnern und Personal Computern gegenüber Zentralrechnern hinzuweisen. • Herstellungsunabhängigkeit (offene Systeme) Es besteht die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen Herstellern und ihren Produkten wählen zu können.

95

Informationssystem • Bessere oder neue Formen von Anwendungslösungen Standardisierte Schnittstellen ermöglichen die Integration von Fremdsoftware.

c)

Organisatorische Zentralisierung/Dezentralisierung

Hier stellt sich die Frage, inwieweit die Aufgaben der Informationsversorgung zentralisiert oder denzentralisiert erfolgen sollten.

Dezentralisation: Sie beinhaltet die Verteilung der Aufgaben auf mehrere Stellen und Abteilungen. Eine dezentrale Informationsversorgung erleichtert es, die individuellen Informationsbedürfnisse der Mitarbeiter eines Unternehmens zu berücksichtigen.

Zentralisation: Sie bezieht sich auf die Zusammenfassung einer Reihe gleichgerichteter Tätigkeiten bezüglich der Informationsversorgung. Hieraus entsteht eine Spezialisierung, die in der Regel die Informationsversorgung des oberen Managements erleichtert. Durch eine Zentralisierung können stark verdichtete Informationen aus den unterschiedlichsten Bereichen eines Unternehmens, wie sie vom oberen Management benötigt werden, leichter bereitgestellt werden. Die Entscheidung im Hinblick auf Zentralisation oder Dezentralisation wird stark durch die Frage bestimmt: Sind die zentralen oder peripheren Stellen besser in der Lage, die relevanten Informationen zu beschaffen und zu verarbeiten? Eine konkrete Entscheidung für die eine oder andere Organisationsform kann nur auf der Basis der jeweils vorliegenden Gegebenheiten eines Unternehmens getroffen werden.

3.6.3 Eingliederungsmöglichkeiten im Unternehmen Seit der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) wurde in zahlreichen Unternehmen hierfür eine eigenständige Abteilung gegründet. In vielen Unternehmen werden die Aufgaben der EDV mit den Aufgaben der Organisation in einer Abteilung verbunden und „Organisation und Datenverarbeitung" genannt. Der Einsatz der EDV begann in den meisten Unternehmen zunächst im Bereich des Rechnungswesens, wo es um die Verarbeitung von Massendaten geht. Da Unternehmenserfolge immer stärker durch Informationsvorsprünge 96

Informationssystem bestimmt bzw. Informationen als Produktionsfaktor gesehen werden, ist Informationsmanagement unabdingbar und stellt viele Unternehmen vor die Frage, welche Mitarbeiter mit der Informationsversorgung betraut und wie diese Mitarbeiter hierarchisch in das Unternehmen eingegliedert werden sollen. Dabei genügt es nicht, die Abteilung neu zu benennen bzw. einer anderen Abteilung zuzuordnen. Vielmehr müssen Ziele und Aufgaben des Informationsmanagement neu definiert und in das bestehende Unternehmen integriert werden. Die einführenden Erläuterungen zum Thema Organisation haben gezeigt, daß die Gliederung eines Unternehmens durch die Aufbauorganisation bestimmt wird. Letztlich geht es um die Einteilung des Unternehmens in Teilbereiche, Abteilungen und Stellen und deren Koordination durch die Schaffung von Leitungs- und Informationsbeziehungen. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Unternehmen hinsichtlich ihrer Größe, internationalen Ausrichtung, Branche und Innovationsfreundlichkeit ist es nicht möglich, ein universelles und gleichzeitig bestes Einordnungsschema für das Informationsmanagement in die Organisationsstruktur eines Unternehmens zu geben. Betrachtet man umgekehrt den Stellenwert, den Unternehmen diesem Thema beimessen, läßt sich seine Wichtigkeit deutlich erkennen. Man ist sich weitgehend einig, daß aufgrund der immer stärker zunehmenden Bedeutung des Informationsmanagement eine hohe hierarchische Einordnung angebracht ist. Im folgenden werden drei grundsätzlich unterschiedliche Formen der Eingliederung vorgestellt.

3.6.3.1 Informationsmanagement als Teil einer Fachabteilung Diese Form der Eingliederung findet sich häufig in Unternehmen, bei denen die elektronische Datenverarbeitung zuerst im Bereich Rechnungswesen Einzug gehalten hat und diesem untergeordnet wurde. Durch die immer größer werdenden Einsatzbereiche neuer Informations· und Kommunikationstechnologien in allen Funktionsbereichen eines Unternehmens wird das Informationsmanagement oftmals sehr unterschiedlichen Bereichen zugeordnet.

97

Informationssystem

Abb. 23:

Informationsmanagement

als Teil von Fachabteilungen

In der Praxis fuhrt diese verteilte Durchdringung des Unternehmens mit den Aufgaben des Informationsmanagements schnell zu Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den verschiedenen Bereichen eines Unternehmens. Bereichsorientiertes Denken und Handeln fuhrt oft dazu, daß eine zielgerichtete bereichsübergreifende Abstimmung nur unzureichend gelingt. Dieses widerspricht dem Gedanken der Integration, der heute für eine effektive Nutzung computergestützter Informationssysteme immer wichtiger wird. Positiv ist hingegen zu vermerken, daß durch die direkte Einbindung in einzelne Bereiche eine engere und intensivere Zusammenarbeit zwischen Informationsmanagement und Nutzern des Informationssystems möglich ist.

3.6.3.2 Informationsmanagement als Stabsstelle Aufgabe der Stabsabteilungen ist es, die Vorbereitung von Entscheidungsunterlagen für die Linie vorzubereiten und durchzurechnen, bzw. das Bestimmen von Handlungsalternativen. Informationsmanagement in Form einer Stabsstelle einzugliedern fuhrt dazu, daß ihm keine Weisungs- und Machtbefugnis zukommt. Diese Form der Eingliederung betont sehr stark den Dienstleistungscharakter bzw. die beratende Funktion des Informationsmanagements.

98

Informationssystem

Abb. 24:

Informationsmanagement

als Stabsstelle

Die fehlende Weisungs- und Machtbefugnis der Stabsabteilung sollte durch eine hierarchisch möglichst hoch angeordnete Eingliederung, wie z.B. unterhalb der Geschäftsleitung, die Stellung des Informationsmanagements verbessern. Stabsabteilungen übernehmen in vielen Unternehmen die Funktion von Spezialistenteams, was einerseits positiv zu werten ist, aber andererseits in vielen Unternehmen nicht umgesetzt wird. Durch die fehlende Distanz des Informationsmanagements zur operativen Ebene kann unter Umständen der Nutzungsbezug verlorengehen. Dem kann durch entsprechende informelle Kontakte und Beziehungen entgegengewirkt werden. Als positiver Aspekt ist festzuhalten, daß eine Stabsabteilung aufgrund ihrer Stellung außerhalb der Linie von vielen Routineaufgaben befreit ist und mehr strategische Aufgaben in den Vordergrund rücken kann, die gerade beim Informationsmanagement immer wichtiger werden.

3.6.3.3 Informationsmanagement als Linienabteilung Die dritte hier vorzustellende Eingliederungsform besteht in der Einführung eines eigenständigen Unternehmensbereiches Informationsmanagement, der gleichberechtigt neben anderen Bereichen existiert. Der Vorteil ist hierbei, daß dem Informationsmanagement klare Kompetenzen zugeordnet werden und es mit einer formalen Entscheidungsbefugnis ausgestattet wird. Durch die gleichgestellte Eingliederung wird der Kontakt zu anderen Bereichen positiv unterstützt. Nachteilig wirkt sich jedoch die fehlende bereichsübergreifende Abstimmung aus. 99

Informationssystem

Abb. 25:

Informationsmanagement

als Linienabteilung

Die drei vorgestellten Eingliederungsformen lassen deutlich erkennen, daß alle Formen positive und negative Aspekte in sich bergen. Die Tatsache, daß Informationsmanagement eine betriebswirtschaftliche Querschnittsfunktion ist, die alle Funktionsbereiche

eines

Unternehmens betrifft, bringt es mit sich, daß es keine optimale Eingliederungsform gibt. Zur Problematik der Querschnittsfunktion kommt hinzu, daß sich die Informations- und Kommunikationstechnologie derart rasch entwickelt, daß Spezialisten, die für die Abschätzung und Bedeutung neuerer Entwicklungen verantwortlich sind, unabdingbar sind. Informationsmanagement im Sinne eines Innovationsmanagements würde also für eine Eingliederung als Stabsstelle sprechen. Generell läßt sich sagen, daß Informationsmanagement innerhalb der Aufbauorganisation eines Unternehmens möglichst hoch im hierarchischen Gefuge erfolgen sollte. Durch eine Eingliederung im Sinne einer Linienabteilung kann die gleichrangige Bedeutung neben anderen Bereichen sehr gut untermauert werden, wobei das Informationsmanagement mit Kompetenzen und Verantwortung ausgestattet ist. Diese Linienabteilung sollte zur besseren Kooperation mit anderen Bereichen zusätzlich durch eine Informationsmanagementunterabteilung in den einzelnen Fachbereichen unterstützt werden. Hierbei übernimmt die Linienabteilung Informationsmanagement die fachliche Vorgesetztenfunktion und der jeweilige Fachbereich die disziplinarische Vorgesetztenfunktion. Durch die Bildung von Unterabteilungen in den einzelnen Fachbereichen soll der Bezug zum Anwender und zu seinen Wünschen bzw. zu operativen Problemen verbessert werden.

100

Informationssystem Der Forderung nach einer funktions- bzw. fachübergreifenden Abstimmung des Informationsmanagements aufgrund seiner Querschnittsfunktion kann durch die Einführung eines Lenkungsausschusses Rechnung getragen werden. Der Lenkungsausschuß ist ein Gremium, das meist aus Mitgliedern der Unternehmensleitung, den Leitern der Funktions- bzw. Fachabteilungen sowie dem Leiter der Abteilung Informationsmanagement besteht. Dieser Ausschuß besteht zum Zweck der Kommunikation zwischen den Mitgliedern und zur Koordination und Nutzung der Spezialkenntnisse seiner Mitglieder. Typische Aufgaben eines Lenkungsausschusses sind: • Umsetzung der Unternehmensstrategie in eine Informationsmanagement-Strategie • Festlegung der Ziele fur das Informationsmanagement • Festlegung von Anforderungen für ein integriertes Informationssystem

Der hier vorgeschlagene Königsweg, d.h. Eingliederung als Linienabteilung, Bildung von Unterabteilungen in den Fachbereichen und Etablierung eines Lenkungsausschusses, ist sicherlich nicht fur alle Unternehmen ratsam bzw. durchsetzbar. Die Umsetzungsmöglichkeiten sind zahlreichen Einflußfaktoren, wie Größe des Unternehmens, Branche und auch der Einstellung des Unternehmens gegenüber einem Informationsmanagement, unterworfen. Hier soll lediglich einer von mehreren möglichen Wegen aufgezeigt werden, der aus einer Kombination unterschiedlicher theoretischer Modelle besteht, deren isolierte Anwendung sicherlich nicht zu einer befriedigenden Lösung in der Praxis führen würde. Die Entscheidung, wie und in welchem Umfang ein Informationsmanagement in ein Unternehmen eingegliedert wird, hat einen großen Einfluß auf die Größe und Struktur der Abteilung Informationsmanagement. Die Organisation einer Informationsabteilung wird im folgenden näher betrachtet.

3.6.4 Organisation der Informationsabteilung In den letzten Jahren vergrößerte sich der Aufgabenbereich des Informationsmanagements ständig. So werden immer mehr Mitarbeiter in diesen Abteilungen beschäftigt. Dies hat zur Folge, daß auch Informationsmanagementabteilungen eine eigene hierarchische Struktur aufweisen (Seibt, 1990). Die Gliederung einer größeren Abteilung könnte beispielsweise nach Aufgaben und Funktionen, die ausgeübt werden, vorgenommen werden. Informationsmana-

101

Informationssystem gementabteilungen können aus wenigen Mitarbeitern - in kleinen Unternehmen findet man Abteilungen von zwei bis drei Mitarbeitern - bis hin zu über hundert Mitarbeitern, bestehen. Wegen der Unterschiedlichkeit bezüglich der Anzahl der Mitarbeiter in diesen Abteilungen erscheint eine Einteilung sinnvoll. Eine mögliche Dreiteilung wäre: •

Kleine Abteilung:

bis zu 10 Mitarbeitern



Mittlere Abteilung:

10 bis 50 Mitarbeiter



Große Abteilung:

über 50 Mitarbeiter

Kleine Abteilungen werden häufig in zwei Stellen gegliedert, Rechenzentrum und Programmierung. Mittlere Abteilungen fuhren meist eine zusätzliche Führungsebene ein und untergliedern die Stellen Rechenzentrum und Programmierung nach ihren Aufgaben. Typisch für eine Untergliederung des Rechenzentrums ist die Aufteilung in Operation, Arbeitsvorbereitung und Datenerfassung. Programmierung wird meist in Anwendungsprogrammierung, Systemprogrammierung und Datenbankbetreuung geteilt. Große Informationsmanagementabteilungen verzichten in der Regel auf die Einrichtung einer weiteren Führungsebene. Oft wird eine stärkere Auffacherung der Abteilungen bevorzugt. Ein Beispiel für die Aufbauorganisation einer großen Abteilung gibt die nachstehende Abbildung.

Abb. 26: 102

Organisation

einer

Informationsabteilung

Informationssystem 3.6.5 Auslagerungsmöglichkeiten (Outsourcing) Outsourcing bzw. die Auslagerung von Aufgaben und Leistungen des Informationsmanagements, d.h. der Bezug von Leistungen durch Dritte, wird in der Literatur und Praxis kontrovers diskutiert. Outsourcing ist kein neuer oder nur auf das Informationsmanagement zutreffender Begriff. Das Thema Outsourcing hat in den letzten Jahren in der Betriebswirtschaftslehre durch Lean Management und Business Process Reengeneering Konzepte zunehmend an Bedeutung gewonnen. Ausgangspunkt dieser Entwicklung bildete die weltbekannte Studie von Womack (1990) vom Massachusetts Institut of Technology über die Automobilindustrie. Diese Branche hat heute eine Eigenfertigungstiefe von ca. 50%. Die verbleibenden 50% werden durch Fremdbezug bereitgestellt. Der Strategie des Outsourcing liegt der Gedanke zugrunde, daß sich ein Hersteller auf die Bereiche konzentriert, die er am besten beherrscht, am billigsten produzieren kann und die besonders imageprägend sind. Durch die Konzentration auf die tatsächlich wertschöpfenden Tätigkeiten eines Unternehmens, sollen so Wettbewerbsvorteile erreicht werden. Als Auswahlkriterium der wertschöpfenden Tätigkeiten wurde in den meisten Fällen der Kostenaspekt angewendet. Strategische Aspekte wurden vielfach außer acht gelassen, so daß das Thema Outsourcing in jüngster Vergangenheit einer kritischen Auseinandersetzung unterzogen wurde (Heitfeld, 1995).

Abb. 27:

Auslagerung von Aufgaben

103

Informationssystem Klassische Outsourcingbereiche sind Kantine, Gebäudereinigung und Wachdienst. Hier hat die Praxis gezeigt, daß Outsourcing vorteilhaft sein kann. Wie verhält es sich aber mit dem Informationsmanagement? Zur Beantwortung dieser Frage ist es wichtig, sich noch einmal die Funktion des Informationsmanagements vor Augen zu fuhren. Informationsmanagement, wie aus der folgenden Abbildung ersichtlich, ist eine Querschnittsfunktion. D.h., daß alle Bereiche eines Unternehmens vom Informationsmanagement betroffen sind. Klassische Outsourcingbereiche sind hingegen im wesentlichen isolierte Bereiche, wie z.B. die Kantine.

Abb. 28:

Informationsmanagement

als

Querschnittsfunktion

Die Frage, ob der Bereich Informationsmanagement ausgelagert werden soll, muß zunächst um die Frage "Was soll ausgelagert werden?" ergänzt werden. Der Gegenstand der Auslagerung kann sich zum einen an den Funktionsbereichen (Einkauf, Produktion, Verkauf) orientieren. Zum anderen kann sich auch an den Elementen des Informationssystems, Daten, Sachmittel, bestehend aus Hard- und Software, und Menschen, orientiert werden. Bevor auf den Gegenstand der Auslagerung näher eingegangen wird, werden im folgenden zunächst einige Gründe fur die Auslagerung des Informationsmanagements aufgeführt.

3.6.5.1 Gründe für Outsourcing Warum gehen selbst Großkonzerne dazu über, umfangreiche Aufgaben und Leistungen des Informationsmanagements von außen zu beziehen? Generell gilt, daß die Gründe vielfaltig

104

Informationssystem sind, es jedoch kein herausragendes Argument gibt bzw. in der Praxis meist eine Vielzahl von Gründen den Ausschlag für Outsourcing bilden. Häufig anzutreffende Gründe sind z.B.: • Senkung der Fixkosten Durch die Auslagerung von Aufgaben und Leistungen des Informationsmanagements können die Fixkosten gesenkt werden. Zur Bewertung der Kostenseite werden häufig verwendet: Faktorkosten, Mengeneffekte und Produktivität. • Steigerung der Flexibilität Outsourcing und die damit einhergehende Senkung der Fixkosten ermöglichen zum einen eine Flexibilitätserhöhung, indem zwischen verschiedenen Anbietern gewählt bzw. gewechselt werden kann und nicht auf unternehmenseigene Abteilungen zurückgegriffen werden muß. Die Flexibilität wird aber auch dahingehend erhöht, daß bestimmte Aufgaben und Leistungen leichter eingestellt werden können als Inhouse. • Fehlende Spezialisten Informationstechnologien waren in den letzten Jahren einem drastischen Wandel unterlegen, so daß hochqualifiziertes Personal für neue Technologien schwer zu gewinnen bzw. schwer bei der Stange zu halten ist. • Kurze Lebenszyklen moderner Informationstechnologien Hohe Investitionskosten bei der Auslagerung von Hard- und Software sowie deren schnelle Veralterung sprechen für Outsourcing. • Unzureichende eigene Ressourcen Grundsätzlich sind auch das Fehlen eigener Ressourcen wie Personal, finanzielle Mittel oder Räumlichkeiten Gründe, sich für Outsourcing zu entscheiden.

Neben diesen Gründen, die in der Praxis sicherlich bei vielen Unternehmen dazu geführt haben, sich für Outsourcing zu entscheiden, ist es wichtig, die Möglichkeit des Verlustes einer strategischen Ressource vor der Entscheidung mit einzubeziehen, da die Informationstechnologie in der Leistungserbringung eines Unternehmens eine immer bedeutendere Rolle einnimmt.

3.6.5.2 Gegenstand des Outsourcing Die Möglichkeiten des Outsourcing der Leistungen sind aufgrund der Querschnittsfunktion des Informationsmanagements derart vielfaltig, daß in den seltensten Fällen der gesamte 105

Informationssystem Bereich ausgelagert wird. Meist werden nur Teilbereiche ausgelagert, d.h., es handelt sich um sogenanntes "Selective Outsourcing". Externe Dienstleiter bieten spezielle einzelne Leistungen wie Netzwerkmanagement oder Schulungen an. Eine Beschreibung dessen, was ausgelagert werden kann, wird im folgenden anhand der Elemente eines Informationssystems vorgenommen.

Daten In den 70er Jahren haben viele Unternehmen angefangen, ihre Datenverarbeitung auszulagern und rechtlich selbständig zu machen. Dies bezeichnet man heute als Inhouse-Outsourcing. Aber auch die gemeinschaftliche Nutzung von Rechenzentren ist ein typische Dienstleitung, die man outsourcen kann.

Sachmittel Als Sachmittel wird die Soft- und Hardware bezeichnet. Outsourcing betrifft zum einen den Zukauf von Software und zum anderen die Bereitstellung von Hardware. Beim Zukauf von Software ist zu unterscheiden, ob es sich um Individualentwicklungen oder um Standardsoftware handelt. Standardsoftware kommt überall dort zum Einsatz, wo Aufgaben, die in vielen Unternehmen gleich oder ähnlich ablaufen, unterstützt werden können. Hierzu zählen u.a. die Aufgaben des Finanz- und Rechnungswesens oder des Personalwesens. Die Anpassungsfähigkeit von Standardsoftware an unternehmensspezifische Anforderungen ist dabei ein wichtiges Kriterium. Standardsoftware zeichnet sich dadurch aus, daß sie einen genau beschriebenen Aufgabenbereich übernimmt, hardware- und hetriebssystemunabhängig einsetzbar ist und zu einem Festpreis angeboten wird. Vorteile von Standardsoftware liegen vor allem im Preisvorteil gegenüber Individualsoftware. Prozentual gesehen liegt der Preisvorteil laut Literatur zwischen 5 und 20% (Scheer, 1990 oder Frank, 1977). Des weiteren sind schnelle und leichte Verfügbarkeit, d.h. kurze Lieferfristen, Vorteile von Standardsoftware. Meist ist Standardsoftware bereits in der Praxis erprobt worden, so daß in der Regel funktionsfähige Programme angeboten werden. Durch den Zukauf von Standardsoftware erübrigt sich außerdem der kostenintensive Aufbau eines Entwicklerteams im Unternehmen. Erfolgreiche Standardsoftwarelösungen werden vom Hersteller permanent weiterentwickelt und verbessert und den Nutzern durch Updates bereitgestellt. Durch Standardsoftware werden zudem Parallelentwicklungen weitgehend vermieden. Obwohl die aufgeführten Vorteile der Standardsoftware überzeugend sind, gibt es 106

Informationssystem Fälle, in denen eine Individual- oder Spezialentwicklung unabdingbar ist. Obwohl das Angebot an Standardsoftware ständig wächst, gibt es dennoch Bereiche, die nicht abgedeckt werden, so daß Individualentwicklungen unumgänglich sind. Auch aus Gründen der Exklusivität, Imagepflege oder Änderungsanfälligkeit entscheiden sich Unternehmen für Spezialentwicklungen. Neben dem Outsourcing als Softwarezukauf ist auch die Auslagerung von Hardware häufig anzutreffen. Der schnelle technologische Innovationszyklus im Hardwarebereich verlangt erhebliche Investitionen. Um dennoch an neuen technologischen Entwicklungen teilhaben zu können, wird Hardware oft gemietet oder geleast. Outsourcing-Verträge im Hardwarebereich haben aufgrund der kurzen Produktlebenszyklen eine relativ lange Laufzeit, in der Regel 5-10 Jahre (Knolmayer, 1993). Hinzu kommt, daß jede Umstellung der Hardware einen beträchtlichen Aufwand in finanzieller, rechtlicher und organisatorischer Hinsicht mit sich bringt.

Mensch Auch das im Rahmen eines Informationsmanagements benötigte Personal kann ausgelagert werden. Dies betrifft Service, Wartungsarbeiten und den Betrieb von Informationssystemen durch Dritte. Für die Betreuung sensibler Unternehmensdaten erscheint eine Verarbeitung durch Dritte allerdings bedenklich. Desgleichen können Entwicklungs- und Forschungsarbeiten ausgelagert werden. Hierdurch kann jedoch langfristig gesehen ein Verlust von Know-how und Kompetenz im Unternehmen entstehen, was eine stärkere Abhängigkeit vom Outsourcer zur Folge hat. Beratung und Schulung vor und während der Einführung von Informationssystemen ist ein weiteres Feld fur Outsourcing, das sich in der Praxis bereits durchgesetzt hat. Soll Personal ausgelagert werden, sollten immer die folgenden Aspekte berücksichtigt werden. Inwieweit entstehen durch die Auslagerung von Personal Know-how-Lücken? Diese gilt es aus strategischen Gesichtspunkten zu vermeiden. Handelt es sich um Personal, das langfristig auch im Unternehmen notwendig ist, sollte eine Auslagerung nicht unbedingt erfolgen. Des weiteren ist zu prüfen, inwieweit Kostenvorteile durch den Fremdbezug von Personal entstehen. Entscheidet sich ein Unternehmen für ein Outsourcing, müssen Fragen der Personalfreisetzung geklärt werden, was in der Praxis häufig dazu fuhrt, daß das vorhandene Personal von den neuen Firmen übernommen werden muß.

107

Informationssystem 3.7 Teilprobleme eines Informationssystems Bei der Entwicklung und Einfuhrung von Informationssystemen entstehen in der Praxis zahlreiche Probleme. Blohm (1965) hat die charakteristischen Störungen betrieblicher Informationssysteme herausgearbeitet, deren Kenntnis bei der Konzeption eines Informationssystems hilfreich sein kann. Diese Störungen können sowohl die Information selbst wie die Strukturen der Berichterstattung betreffen.

Störungen durch inhaltliche Mängel: • Manipulierte Information • Ungeeignete Vergleichsangaben • Zu viele Einzelheiten an Leitungsorgane •

Doppelberichterstattung

• Unklarheit der verwendeten Begriffe • Fehlschlüsse aus der Berichterstattung • Übertriebene Genauigkeit

Störungen durch strukturelle Mängel: • Bevorzugung inoffizieller Informationsübermittlung • Fortführung nicht mehr benötigter Informationen • Ungeeignete Form der Daten • Zu lange Verbalberichte • Überfeinerte Verbalberichte • Fehler im Formularwesen • Überfüllte Datenbänke • Fehler beim Einsatz maschineller Hilfsmittel • Überflüssige Transportfunktionen • Laufende Berichterstattung bei gelegentlicher Auswertung • Zu frühe Termine • Zu späte Termine • Bearbeitung an falscher Stelle • Zu kleine Verteiler • Zu große Verteiler 108

Informationssystem Diese Listen der Störungsmöglichkeiten sind sicherlich nicht allumfassend. Sie sollen einen groben Überblick über typische Problembereiche geben. Sie können bei der Entwicklung von Informationssystemen als Checkliste verwendet werden.

3.8 Allgemeine Entwurfsprinzipien In der Literatur finden sich einige Prinzipien, die beim Entwurf eines Informationssystems beachtet werden sollten (Birk, 1991, Jaggi, 1975, Onsi, 1975).

Einfachheit Das Informationssystem sollte so einfach wie möglich konzipiert sein. Dies ermöglicht kurze Verarbeitungsvorgänge, reduziert den Arbeitsaufwand und erhöht das Verständnis der Organisationsteilnehmer für das Informationssystem und damit auch seine Akzeptanz. Außerdem werden hierdurch die Betriebskosten niedrig gehalten.

Durchführbarkeit Das Informationssystem sollte realistisch geplant sein. D.h., die technischen Voraussetzungen und Möglichkeiten der Umsetzung müssen gegeben sein. Dieses Prinzip ist eng verknüpft mit dem Prinzip der Einfachheit.

Flexibilität / Weiterentwicklungsfähigkeit Das Informationssystem sollte soviel Flexibilität erhalten, daß es auch noch unter sich ändernden Umweltbedingungen relevante, genaue und aktuelle Informationen liefern kann. Es sollte in der Lage sein, sich an sich verändernde Informationsbedürfnisse anzupassen.

Einheitlichkeit Durch das Prinzip der Einheitlichkeit kann der Zugang zu anderen Informationssystemen erleichtert werden, und Datenkonversionen können möglich gemacht werden. Mit Einheitlichkeit ist eine Uniformität der Ein- und Ausgabeformate sowie der Sprachen für die Datenübermittlung gemeint.

109

Informationssystem Zuverlässigkeit Nur wenn ein Informationssystem zuverlässig die gewünschten Informationen liefert, wird es von den Benutzern akzeptiert und als nützlich für die Organisation angesehen. Zur Gewährleistung der Zuverlässigkeit müssen geeignete interne Kontrollmechanismen aufgebaut werden.

Optimalität / Wirtschaftlichkeit Der Output eines Informationssystems sollte die optimale Nutzung der Ressourcen zur Erreichung multipler Ziele im Rahmen gegebener Restriktionen ermöglichen. Kosten und Nutzen des Informationssystems müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Abbildungsgüte / Richtigkeit Das Informationssystem sollte die zu lösenden Probleme und die zugrundeliegenden Ziele und Sachverhalte wirklichkeitsnah abbilden. Manipulationen sollten soweit wie möglich ausgeschlossen werden.

Konsistenz Zwischen den Outputs verschiedener Informationssysteme eines Unternehmens sollte es keine Widersprüche geben.

Feedback Das Informationssystem sollte über Rückkoppelungsmechanismen zur Überwachung der Systemleistung verfügen.

Vertraulichkeit Unter bestimmten Bedingungen (z.B. aus Gründen des Personen- und Datenschutzes) kann Vertraulichkeit unerläßlich sein. Dies betrifft insbesondere Informationssysteme im Personalwesen.

110

Informationssystem 3.9 Auswahlkriterien für Informationssysteme Die Auswahl eines geeigneten Informationssystems setzt voraus, daß zuerst ein betriebliches Anforderungsprofil erstellt wird. Die Anforderungen, die an ein Informationssystem gestellt werden, sind derart vielfältig, daß eine Auflistung hier nicht als sinnvoll erachtet wird. Ähnliches gilt für die Auswahlkriterien. Auf einem abstrakten Niveau lassen sich Kriterien nennen, die in der Praxis eine wichtige Rolle spielen. Dabei handelt es sich um wertneutrale Kriterien, die unternehmensindividuell zu gewichten sind. Bei der Auswahl eines geeigneten Informationssystems stehen die betrieblichen Anforderungen im Vordergrund. Auf dieser Basis sind Soft- und Hardwarelösungen zu suchen, die das Problem am effektivsten, d.h. mit geringstem zeitlichen, finanziellen und personellen Aufwand bewältigen. Anschließend ist zu prüfen, ob die gewählte Soft- und Hardware mit bereits vorhandener Hard- und Software kompatibel ist. Die folgende Checkliste dient zur Bestimmung von Leistungsmerkmalen eines Informationssystems. Sie gliedert die Punkte, die bei der Auswahl untersucht werden müssen, in vier Teilbereiche: a) Technische Voraussetzungen b) Verarbeitungsfunktionen c) Auswertungen d) Anbieter

a)

Die technischen Voraussetzungen beziehen sich auf:

Hardware Welche Mindestanforderungen wird an die Hardware gestellt? Mit welcher Hardware ist das Informationssystem optimal ausgelastet?

Betriebssystem Aufweichen Betriebssystemen kann das Informationssystem eingesetzt werden?

Schnittstellen Welche Datenbanken werden durch das Informationssystem unterstützt? Wird ein Datenaustausch zwischen PC und Host unterstützt? Setzt das Informationssystem fur bestimmte Funktionen eine spezielle Peripherie voraus?

111

Informationssystem b)

Die Verarbeitungsfunktion bezieht sich auf:

Vorgefertigte Funktionen Hat das Informationssystem vorgefertigte Standardfunktionen (z.B. logische, arithmetische, statistische, finanzmathematische Funktionen)?

Eigendefinierte Funktionen Wird der Aufbau einer eigenen Funktionsbibliothek unterstützt?

Anwendungsmöglichkeiten der Funktionen Analysefáhigkeiten bilden bei Entscheidungsunterstützungssystemen die Grundlage zum Testen von Annahmen und zur Bearbeitung von Szenarien. Welche Anwendungsschwerpunkte werden durch die zur Verfügung stehenden Funktionen abgedeckt (z.B. Sensitivitätsanalyse, Risikoanalyse, Optimierungsmodelle, Break-Even-Analyse)? c)

Die Auswertung bezieht sich auf:

Abfragesysteme Nach welchen Kriterien können Auswertungen vorgenommen werden? Können individuelle Abfragen erstellt werden?

Grafikfunktionen Die Erstellung von Grafiken sollten mit dem Informationssystem möglich sein. Eine Reihe grundlegender Grafikfunktionen sollte deshalb unterstützt werden. Welche Typen von Grafiken stehen zur Verfugung?

Benutzerfreundlichkeit Läßt sich die Benutzeroberfläche individuell für jeden Anwender gestalten? Werden grafische Elemente in der Benutzeroberfläche gegeben? Gibt es Menüauswahl und/oder Kommandoeingabe?

112

Informationssystem d)

Der Anbieter bezieht sich auf:

Referenzen Bei welchem Unternehmen wurde dieses oder ein ähnliches Informationssystem bereits installiert?

Preise/Konditionen Welche Preise/Konditionen liegen z.B. fur eine Grundversion, Zusatzmodule, fertige Anwendungspakete, Anpassungsleistungen und Schulung vor?

Service/Schulung Gibt es Handbücher in deutscher Sprache? Wird ein Hotline-Service angeboten? Werden Schulungen angeboten?

Anbieter selbst Zuverlässigkeit und Bekanntheitsgrad des Anbieters? Sind Hersteller und Anbieter identisch?

Da Informationssysteme häufig von Unternehmen angeboten werden, die aufgrund ihrer Mitarbeiterzahl und ihres Umsatzes eher zum Kreis der kleineren Unternehmen gehören, sind anbieterspezifische Kriterien nicht außer acht zu lassen.

3.10 Sicherheit von Informationssystemen Die Sicherheit von Informationssystemen ist ein Aspekt, unter dem sich nahezu jeder etwas vorstellen kann, zumal hierüber in den Medien häufig diskutiert wird. So wurde z.B. die Anfang 1995 in der Bundesrepublik Deutschland bundesweit eingeführte Chipkarte der gesetzlichen Krankenkassen in den Medien häufig bezüglich ihrer Sicherheit diskutiert. Hierbei ging es überwiegend um Belange des Datenschutzes. Ein anderes Beispiel ist die Volkszählung, die ebenfalls im Hinblick auf den Datenschutz kontrovers diskutiert wurde.

113

Informationssystem Anlage zu § 6 Abs. 1 Satz 1 Werden personenbezogene Daten automatisch verarbeitet sind zur Ausführung der Vorschriften dieses Gesetzes Maßnahmen zu treffen, die je nach Art der zu schützenden personenbezogenen Daten geeignet sind, •

Unbefugten den Zugang zu Datenverarbeitungsanlagen, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, zu verwehren (Zugangskontrolle),



Personen, die bei der Verarbeitung personenbezogener Daten tätig sind, daran zu hindern, daß sie Datenträger unbefugt entfernen (Abgangskontrolle),



die unbefugte Eingabe in den Speicher sowie die unbefugte Kenntnisnahme, Veränderung

oder

Löschung

gespeicherter

personenbezogener

Daten

zu

verhindern

(Speicherkontrolle), •

die Benutzung von Datenverarbeitungssystemen, aus denen oder in die personenbezogene Daten durch selbsttätige Einrichtungen übermittelt werden, durch unbefugte Personen zu verhindern (Benutzerkontrolle),



zu gewährleisten, daß die zur Benutzung eines Datenverarbeitungssystems Berechtigten durch selbständige Einrichtungen ausschließlich auf die ihrer Zugriffsberechtigung unterliegenden personenbezogenen Daten zugreifen können (Zugriffskontrolle),



zu gewährleisten, daß überprüft und festgestellt werden kann, an welche Stellen personenbezogene

Daten durch selbsttätige Einrichtungen übermittelt werden

können

(Übermittlungskontrolle), •

zu gewährleisten, daß nachträglich überprüft und festgestellt werden kann, welche personenbezogenen Daten zu welcher Zeit von wem ins Datenverarbeitungssystem eingegeben worden sind (Eingabekontrolle),



zu gewährleisten, daß personenbezogene Daten, die im Auftrag verarbeitet werden, nur entsprechend

den

Weisungen

des

Auftraggebers

verarbeitet

werden

können

(Auftragskontrolle), •

zu gewährleisten, daß bei der Übermittlung personenbezogener Daten sowie beim Transport entsprechender Datenträger diese nicht unbefugt gelesen, verändert oder gelöscht werden können (Transportkontrolle),



die innerbehördliche oder innerbetriebliche Organisation so zu gestalten, daß sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes gerecht wird (Organisationskontrolle).

In anderen Fällen ist der Schutz des Informationssystems vor unberechtigtem Zugriff ein wichtiger Aspekt. Gemeint ist der Schutz vor sogenannten Hackern, die sich Zugang zu Informationen von außen verschaffen. Ein drittes in den Medien häufig vorgetragenes Thema sind Computerviren, die die Sicherheit von Informationssystemen gefährden.

114

Informationssystem Für Unternehmen wird die Sicherheit ihrer Informationssysteme zunehmend wichtiger. Einige Autoren sprechen davon, daß die Sicherheit von Informationssystemen zu einem kritischen Erfolgsfaktor bei Planung, Realisierung und Betrieb wird (Krallmann, 1989). Hierfür lassen sich zwei wesentliche Gründe anfuhren. Viele Aufgaben eines Unternehmens lassen sich ohne den Einsatz computergestützter Informationssysteme nicht mehr erfüllen oder nur mit unvergleichbar höherem Aufwand. Die Verfügbarkeit von Informationen muß daher hergestellt, überwacht und erhalten werden. Der zweite Grund besteht in der Einhaltung des Datenschutzgesetzes

(Bundesdaten-

schutzgesetz, BDSG vom 27.01.1977) und sonstiger Verordnungen. Durch die verstärkte Ansammlung von Informationen besteht bei personenbezogenen Informationen die Gefahr des Mißbrauchs. Aus diesem Grund wurde das "Gesetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung", kurz Datenschutzgesetz, verabschiedet. Diesem Gesetz folgend muß jedes Unternehmen, das personenbezogene Informationen verarbeitet, 10 Kontrollen einbauen, die in der Anlage zu § 6 Abs. 1 Satz 1 näher erläutert sind. Zusätzlich muß jedes Unternehmen, das mit mehr als fünf Mitarbeitern in der computergestützten Datenverarbeitung, oder mit mehr als 20 Mitarbeitern, die mit personenbezogenen Daten arbeiten, einen betriebsinternen Datenschutzbeauftragten einsetzen. Die zentralen Begriffe für die Sicherheit von Informationssystemen sind Datenschutz und Datensicherung. Während sich der Datenschutz auf die Forderungen der Informationsbehandlung bezieht, beschäftigt sich die Datensicherung mit den Maßnahmen, die bei einem computergestützten Informationssystem zur Sicherung der erfaßten Informationen zu ergreifen sind. Aufgabe des Sicherheitsmanagements ist die Abwendung möglicher Schäden für das Unternehmen. Dies erfolgt zum einen durch das Erkennen von Gefahren bzw. Bedrohungen für die Informationssysteme und zum anderen durch den Schutz vor diesen Bedrohungen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, permanent eine Bedrohungsanalyse (Gefahrenanalyse) und eine Schwachstellenanalyse durchzufuhren. Jede Bedrohung, die nicht mit Schutz- oder Sicherungsmaßnahmen abgewehrt wird, stellt ein Risiko für die Verfügbarkeit der Informationssysteme dar. Bedrohungs- und Schwachstellenanalyse wird auch zusammenfassend als Risikoanalyse bezeichnet.

115

Informationssystem

Risiko = Bedrohung + Schwachstelle

Eine an den Elementen der Informationssysteme orientierte Systematik von Sicherungsmaßnahmen kann wie folgt aussehen (Heinrich, 1992): • Sicherungsmaßnahmen zum Schutz von Objekten wie Gelände, Gebäuden und Räumen (Objektschutz) •

Sicherungsmaßnahmen zum Schutz von Hardware



Sicherungsmaßnahmen zum Schutz von Software, durch Betriebssystem oder Anwendungsprogramm



Sicherungsmaßnahmen zum Schutz von Daten

3.10.1 Objektschutz Eine Möglichkeit des Objektschutzes ist der Gebäudeschutz. Hierzu zählen alle Maßnahmen, die an den Gebäuden, in denen sich die Informationssysteme befinden, vorgenommen werden können. So schützen z.B.: • Brandschutzwände vor Feuer •

Spezialglas vor Hitzeentwicklung

• Klimaanlagen vor Raumtemperaturschwankungen (zur Vermeidung von Rechnerabstürzen) • Notstromaggregate vor Stromausfall

Objektschutz beinhaltet aber auch Maßnahmen zum Schutz vor dem Eindringen durch Unbefugte. Bauliche Maßnahmen, die das Eindringen durch Unbefugte verhindern sollen, sind folgende Zutrittskontrollen: •

Sonderschlüssel Durch die Vergabe eines Sonderschlüssels kann der zutrittsberechtigte Personenkreis eingeengt werden.



Rechnergesteuerte Ausweisleser Durch Einführen eines Ausweises in ein Lesegerät wird geprüft, ob der Ausweis zum System gehört.

116

Informationssystem •

Kameraüberwachung Mittels Monitoren können Räume durch entsprechendes Personal (z.B. Wachpersonal) überwacht werden und unbefugte Personen gesichtet werden.

3.10.2 Hardwareschutz Die Hardware besteht aus den elektronischen Bauelementen eines computergestützten Informationssystems. Innerhalb eines Sicherheitsmanagements gilt es, die Hardware separat zu analysieren. Im folgenden werden die grundlegenden Maßnahmen aufgezeigt, die im Rahmen einer Sicherheitsstudie durchzufuhren sind. Die Sicherheit im Hardwarebereich konzentriert sich im wesentlichen auf die Zuverlässigkeit der Hardware. Zuverlässigkeit wird zumeist mittels statistischer Größen erfaßt, die Auskunft über die Ausfallrate der elektronischen Bauelemente geben. Solche Größen sind: • Durchschnittliche Ausfallzeit vom Abschluß einer Reparatur bis zum nächsten Ausfall • Durchschnittlicher Zeitaufwand zur Behebung der Reparatur • Durchschnittliche Zeit vom Beginn eines Ausfalls bis zum Beginn des nächsten Ausfalls •

Summe der Zeitintervalle, in denen störungsfreier Betrieb herrscht, dividiert durch die Gesamtlaufzeit

Diese Angaben beziehen sich nur auf Hardwarefehler, die aufgrund von Materialermüdung oder durch Herstellungsfehler hervorgerufen werden. Hier bestehen seitens der Unternehmen, die die Hardware nutzen, keine direkten Eingriffsmöglichkeiten. Durch ständige Qualitätskontrollen und Dokumentation der Ausfallraten können Materialermüdungen frühzeitig erkannt und die entsprechenden Teile ausgetauscht werden. Zusätzlich können diese Erfahrungen Eingang bei der Anschaffung neuer Hardware finden.

3.10.3 Softwareschutz Softwareschutz kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Häufig wird unterteilt in: • Unberechtigter Zugriff •

Manipulation

117

Informationssystem 3.10.3.1 Unberechtigter Zugriff Mit dem Zugriffsschutz wird festgelegt, welcher Personenkreis Zugang zum Informationssystem erhalten soll. Eine einfache und sichere Kontrolle für die Benutzung eines Informationssystems kann mittels einer Kennkarte erfolgen. Ein Code auf der Kennkarte gibt Auskunft über den Benutzer und seine spezifischen Zugriffsberechtigungen. Hierbei besteht jedoch die Gefahr, daß Kennkarten gefälscht werden. Auch ist der Aufwand für die Vergabe und den Einzug von Kennkarten recht hoch. Durch turnusmäßigen Wechsel der Kennkarten bzw. deren Ausstattung mit einem Verfallsdatum wird dieser Vorgang vereinfacht. Sollen gewisse Daten oder Informationen vor unberechtigtem Zugriff geschützt werden, so muß ihnen ein Kennungsteil vorangestellt werden. Dieser Kennungsteil wird als Paßwort bezeichnet und gewährt einen softwaremäßigen Datenzugriffssicherungsschutz. Grundsätzlich kann jede beliebige Zeichenfolge benutzt werden. Sind Benutzungsunberechtigte von Benutzungsberechtigten getrennt, kann der Adressatenkreis weiter unterteilt werden. Je nach der Funktion des Benutzers eines Systems, sind folgende weitere Differenzierungen möglich: •

Update-Berechtigung



Leseberechtigung

• Berechtigung zur Dateneingabe • Berechtigung zur Datenausgabe

3.10.3.2 Manipulation In den letzten Jahren hat die Verbreitung von "Computerviren" verstärkt zugenommen. Neben den Computerviren, die eine Softwaremanipulation vornehmen, gibt es semantische Programme und Trojanische Pferde. Eine semantische Programmanipulation erfolgt durch Hinzufügen, Verändern oder Entfernen kleiner Programmteile. Hierbei wird der Bedeutungsgehalt (Semantik) von Dateien verändert. Dies hat zur Folge, daß die Funktionalität der Programme verändert wird. Das Erkennen semantischer Programmanipulationen ist sehr schwer. Trojanische Pferde sind eigenständige Programme, die in der Regel Namen bekannter Standardsoftwareprogramme benutzen und mit einer entsprechenden Ausfuhrungsdatei (*.EXE) ausgestattet sind. Beim Start einer Software erscheint der Anfangsbildschirm, aber im Hintergrund werden alle Textdateien gelöscht. Trojanische Pferde sind Programme mit einer Schadensroutine, die sich sehr schnell erkennen lassen und nur sehr selten anzutreffen 118

Informationssystem sind. Computerviren existieren seit Beginn der EDV-Technik. Die Zahl der verschiedenen Viren ist in den letzten Jahren exorbitant gestiegen, so daß ihre Bedeutung für die Sicherheit von Informationssystemen nicht ignoriert werden kann. Für das Betriebssystem DOS existierten 1990 ca. 30 Viren. Anfang 1995 waren es bereits 4000 Viren. Computerviren sind nach Dierstein (1987) Programme, die zwei charakteristische Eigenschaften besitzen. Sie können zum einen Kopien von sich selbst erzeugen und in andere Programme (Wirtprogramm) einpflanzen und zum anderen wohldefinierte Funktionen ausführen. Die Wirkungen der Viren kann dabei sehr unterschiedlich sein. Der bekannte Virus Michelangelo wird am 6. März aktiv und formatiert die Festplatte. Der Virus Sunday wird jeweils Sonntags aktiv und zeigt am Bildschirm folgenden Satz: Today is Sunday, why do you work so hard?. Es gibt sogar Computerviren, die eine physische Zerstörung der Hardware (z.B. des Lese-/Schreibkopf) auslösen können. Die negativen Auswirkungen der Computerviren gehen weit über die von semantischen Manipulationen oder trojanischen Pferden hinaus. Die Arbeitsweise von Computervieren kann durch drei Phasen beschrieben werden: •

Infektion Der Computervirus kopiert seinen Code in ein Programm.



Vermehrung Der Virus infiziert ausgehend vom Wirtprogramm weitere Programme.



Wirkung Zu einem bestimmten Zeitpunkt kommt es zur Ausführung einer Schadensroutine.

Schutzmaßnahmen haben zum Ziel, das Eindringen bzw. die Vermehrung von Computerviren zu verhindern. Zu diesem Zweck werden eine Reihe von Prüfprogrammen eingesetzt. Mit Hilfe dieser Prüfprogramme sollen bereits infizierte Programme erkannt, die Vermehrung des Virus gestoppt und seine eigentliche Funktion unterbunden werden.

3.10.4 Datenschutz Die Verfügbarkeit von Daten ist eine der wichtigsten Sicherheitsanforderungen, die in einem Unternehmen gewährleistet sein muß. Zumal die meisten großen Unternehmen von der elektronischen Datenverarbeitung abhängig sind. Da es keine 100%ige Sicherheit eines computergestützten Informationssystems gibt, ist es wichtig über ein Backup-Konzept zu verfügen. 119

Informationssystem 3.11 Zusammenfassung Informationssysteme sind als systematisierter und strukturierter Austausch von Informationen bezeichnet worden, was im weiteren Verlauf auf computergestützte Informationssysteme eingegrenzt wurde. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, daß der Einsatz von computergestützten Informationssystemen stärkere Bedeutung fur die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen erlangt. Bei der Entwicklung und Einfuhrung computergestützter Informationssysteme müssen die Elemente Daten, Sachmittel und Menschen gestaltet und berücksichtigt werden. Daten bezeichnen die Objekte, die es zu verarbeiten gilt, Sachmittel bestehen aus Hard- und Software, die die Verarbeitung vornehmen, und der Mensch ist das dritte Element. Er soll die Systeme nutzen und bedienen. Dabei ist er als Informationsgenerator und als Benutzer von Informationssystemen angesprochen. Neben der Gestaltung der Elemente müssen bei der Entwicklung und Einfuhrung von Informationssystemen Entscheidungen darüber getroffen werden, welche Funktionen ein Informationssystem ausüben soll. Funktionen sind Eingabe, Verarbeitung, Übertragung, Ausgabe, Archivierung und Regenerierung. Die Sicherheit von Informationssystemen ist ein dritter wichtiger Bereich, was Ausdruck in unterschiedlichen Maßnahmen findet. Hierzu zählen z.B. der Schutz vor fremden Zugriff durch bauliche Maßnahmen oder Zugangskontrollen durch die Vergabe von Paßwörtern. Auch Aspekte der Datensicherheit zählen zu den Sicherheitsmaßnahmen. Neben den rein gestalterischen Aufgaben von Informationssystemen wurde auch die Frage der organisatorischen Einbindung bzw. Auslagerung des Informationsmanagements behandelt. Eine Eingliederung kann als Teil der Fachabteilungen, einer Stabsstelle oder einer Linienabteilung erfolgen. Eine Auslagerung ist in vollem Umfang oder auch nur fur Teilbereiche möglich.

120

Informationssystem Vertiefungsliteratur: Blohm, H., Schwachstellen der betrieblichen Berichterstattung, Baden Baden, 1965. Heinrich, L.J., Lehner, F. & Roithmayr, F., Informations- und Kommunikationstechnik für Betriebswirte und Wirtschaftsinformatiker, 4. Aufl., München, 1994. Hertmann, G., Neue Organisationsformen des IV-Betriebes: Outsourcing, Facilities Management. In Handbuch der Modernen Datenverarbeitung, 1991, S. 8 ff. Hoffmann, F., Computergestützte Informationssysteme. Einfuhrung für Betriebswirte, München, 1984. Jacob, H., Becker, J. & Krcmar, H., Integrierte Informationssysteme. Schriften zur Unternehmensführung, Band 44, Wiesbaden, 1991. Krallmann, H., EDV-Sicherheitsmanagement. Integriertes Sicherheitskonzept für betriebliche Informations- und Kommunikationssysteme, Berlin, 1989. Scheer, A.-W., Informationssysteme im Industriebetrieb, 3. Aufl., Stuttgart, 1990. Wolfram, G., Organisatorische Gestaltung des Informationsmanagements, Köln, 1990.

Kontrollfragen: 1) Hat jedes Unternehmen ein Informationssystem? Begründen Sie diese Aussage anhand von Definitionsmerkmalen eines Informationssystems. 2) Durch welche Elemente und Funktionen wird ein Informationssystem bestimmt? 3) Welche Aspekte bestimmen die Integration eines Informationssystems? 4) Welche grundsätzlichen Eingliederungsmöglichkeiten gibt es für ein Informationsmanagement? 5) Welche Gründe sprechen für eine Auslagerung von Aufgaben und Leistungen des Informationsmanagements? 6) Welche Auswirkungen kann ein Informationssystem auf ein Unternehmen haben? 7) Nennen sie die vier Teilbereiche für die Auswahl von Informationssystemen und geben Sie je ein Beispiel an. 8) Warum gewinnt die Sicherheit von Informationssystemen zunehmend an Bedeutung? 9) Welche Sicherheitsmaßnahmen, an den Elementen eines Informationssystems orientiert, gibt es? 10) Was sind Computerviren?

121

Management Informationssystem

123

Management

Informationssystem

4 Management Informationssystem 4.1 Gegenstand und Definition Dieses Buch wurde mit dem Kapitel Information und Kommunikation begonnen. Informationen sind Daten oder Nachrichten, deren Übermittlung oder Austausch als Kommunikation bezeichnet wird, oder anders ausgedrückt ist Information der Gegenstand, und Kommunikation der Prozeß des Austausches. Unternehmen, wie wir sie heute vorfinden, sind derart komplex und vielschichtig, daß die Übermittlung und der Austausch von Informationen geplant und strukturiert werden muß. Diese Planung und Strukturierung bzw. Institutionalisierung bezeichnet man als Informationssystem; sie wurde im zweiten Kapitel behandelt. Aufgrund der Fülle von Informationen, die in einem Unternehmen anfallen, bzw. des Vorhandenseins verschiedener Informationssysteme ist deren Verwaltung unerläßlich. Dieses wurde bereits als Informationsmanagement bezeichnet. Neu in die Betrachtung wird jetzt der Begriff „Management" einbezogen, der im folgenden etwas näher erläutert wird.

Unter Management versteht man heute sowohl im englischsprachigen als auch im deutschsprachigen Raum eine Funktion (Tätigkeit), die in arbeitsteiligen Unternehmen notwendig wird, sowie eine Institution, d.h. die Personen innerhalb einer Organisation, die diese Funktion wahrnehmen (Staehle, 1991). Mit Management als Institution meint man die Gruppe von Personen in einer Organisation, die mit Anweisungsbefugnissen oder Leitungshandeln vertraut ist.

Anders ausgedrückt, handelt es sich um die Personen, die eine Vorgesetztenfunktion wahrnehmen. Demzufolge können sie Positionen vom Meister bis zum Vorstandsmitglied bekleiden. Im angelsächsischen Sprachraum wird hierfür häufig der Begriff "Manager" verwendet, während im deutschen Sprachraum dieser Terminus den oberen Führungsebenen vorbehalten ist und in der Regel auch den Eigentümer eines Unternehmers mit einschließt. Aus der historischen Entwicklung heraus wird das Management im Sinne von kapitallosen Funktionären gesehen, die von den Eigentümern zur Führung des Unternehmens eingesetzt werden (Staehle, 1991). Unabhängig davon, welche Position eine Person im Unternehmen hat, beschäftigt sich der funktionale Ansatz mit jenen Handlungen und Tätigkeiten, die zur Steuerung eines Unternehmens notwendig sind, um gewinnbringend wirtschaften zu können.

124

Management

Informationssystem

Die Bildung der Grundfunktionen wurde durch den POSDCORB Ansatz, der von Gulick & Urwick (1937) entwickelt wurde, beeinflußt. Die einzelnen Buchstaben stehen fur: •

Planning D.h. die Bestimmung dessen, was zu tun ist und wie es getan werden soll, um die Unternehmensziele zu erreichen.



Organizing Welche Art von Mitarbeiter soll welche Tätigkeit ausüben? Wer ist fur was zuständig?

• Staffing Welche Mitarbeiter kommen für die einzelnen Funktionen in Frage? •

Directing Dies ist z.B. die typische Funktion eines Controllers: Impulse geben, anleiten, usw.



Coordinating Da arbeitsteilig organisiert wird, muß jemand da sein, der koordiniert.



Reporting Diese Tätigkeit umfaßt die Vermittlung des Feedbacks zu den Schwierigkeiten bzw. Abweichungen, die bei der Realisierung der Strategien auftreten.



Budgeting Die Zuteilung und Kontrolle quantifizierbarer Budgets zu bestimmten Positionen.

Ausgehend von diesem Ansatz, hat sich die folgende inzwischen schon klassische Fünfergruppe der Managementfunktionen gebildet (Staehle, 1991). Dies sind: Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Kontrolle. Zur Unterstützung dieser Aufgaben stehen die sogenannten Management Informationssysteme zur Verfügung. Sie dienen ausschließlich dem Management und werden auch als Führungsinformationssysteme bezeichnet (Behme & Schimmelpfeng, 1993).

Abb. 29:

Managementfunktionen



Planung



Organisation



Personaleinsatz



Führung



Kontrolle

(nach Staehle, 1991, S. 79) 125

Management

Informationssystem

Im folgenden soll der Begriff Management Informationssystem (MIS) durch die Betrachtung verschiedener Definitionen näher beschrieben werden. „A management information system is a system for collecting, sorting, retrieving and processing information which is used, or described, by one or more managers, in the performance of their duties. " (Ein-Dor & Segev, 1978, S. 1065) Diese Definition ist sehr weit gefaßt. In neuerer Zeit wird der Begriff MIS überwiegend für computergestützte Informationssysteme verwendet, wie die folgende Definition zeigt. „ MIS ist ein Informationssystem das unter Einsatz der Datenverarbeitung alle Informationen bereitstellt, die zur Lenkung eines wirtschaftlichen Unternehmens benötigt werden. " (Fischer & Walter, 1971, S.133) Neben dem eindeutigen Bezug zur EDV wird hier auf die Managementfunktion Lenkung Bezug genommen. Moderne MIS dienen jedoch nicht nur zur Steuerung und Koordination eines Unternehmens. Eine dritte Definition die aufgeführt werden soll, stammt von Koreimann. „ Unter einem MIS versteht man die organisatorische Konzeption des gesamten betrieblichen Informationswesens in dem Sinne, daß das Management die für die Durchführung seiner Aufgaben benötigten Informationen über die Vergangenheit über das Ist und über die Zukunft (Prognosen), entsprechend dem jeweiligen Zweck (Situation), mit dem richtigen Inhalt, zum richtigen Zeitpunkt in der zweckmäßigen Form unter Berücksichtigung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsprinzips zur Verfügung hat. " (Koreimann, 1971, S. 21) Auch wenn Koreimann hier das gesamte Informationswesen eines Unternehmens in die Definition mit einbezieht, sind der inhaltliche und der zeitliche Aspekt wichtige Merkmale von MIS, was im folgenden näher ausgeführt werden soll.

a) Inhaltlicher Geltungsbereich Der inhaltliche Geltungsbereich bezieht sich auf: • Information Es müssen Informationen bereitgestellt werden, die zuvor bestimmt werden und für den Nutzer einen Zweck darstellen. •

Disposition Für die Zwecke der Planung ist es notwendig, daß ein Management Informationssystem Informationen, die für zukunftsweisende Entscheidungen wichtig sind, statistisch aufbereitet.

126

Management •

Informationssystem

Simulation Hier geht es um die Bereitstellung und Verarbeitung von alternativen Entscheidungsmöglichkeiten hinsichtlich der Frage: „Was wäre wenn?"

Bei der Entwicklung eines Management Informationssystems wird in der Praxis meist ein Schwerpunkt auf einen dieser drei Bereiche gelegt.

b) Zeitlicher Geltungsbereich Eine weitere Aufgabe besteht in der Bestimmung des zeitlichen Geltungsbereiches. Die zentralen Fragestellungen lauten dabei: •

Welche Informationen aus der Vergangenheit,

• welche heutigen Informationen und • welche Nachrichten über die Zukunft stehen zur Verfügung?

Vergangenheitsbezogene Informationen Diese Informationen finden nur dann Eingang in das Management Informationssystem, wenn sie die Basis fur zukünftige Entscheidungen bilden. Ist-Informationen Ist-Informationen ermöglichen es, ein weitgehend reales Abbild zu geben. Das Abbild kann sich dabei entweder auf das Unternehmen selbst oder auf die Umwelt beziehen. D.h., es gibt interne und externe Ist-Informationen. Für die Bewertung des Abbilds eines Unternehmens (interne Ist-Informationen) werden in der Regel durch ein Management Informationssystem sogenannte Plan-Ist-Vergleiche vorgenommen. Externe Ist-Informationen sind normalerweise vom Unternehmen nicht beeinflußbar (z.B. Änderungen der Zinskonditionen). Aufgrund der immer stärker werdenden Marktorientierung seitens der Unternehmen werden externe Informationen für die Komplettierung der Entscheidungsgrundlagen immer wichtiger, um am Markt überleben zu können. Zu den externen Informationen gehören neben Markt- und Brancheninformationen auch allgemeine Wirtschaftsinformationen. Bei externen Ist-Informationen ist es wichtig zu prüfen, inwieweit sie der Wahrheit entsprechen. Eine derartige Wahrheitsprüfung kann z.B. durch einen Vergleich gleicher Informationen aus unterschiedlichen Quellen erfolgen. 127

Management

Informationssystem

Zukunfts-Informationen Zukunfts-Informationen zeichnen sich dadurch aus, daß es sich um Wahrscheinlichkeitswerte handelt, deren Eintreten grundsätzlich erfolgen kann, aber nicht muß. Mittels statistischer Methoden können für Zukunfts-Informationen bestimmte Wahrscheinlichkeitswerte ermittelt werden. Ihre Bewertung unterliegt jedoch immer subjektiven Annahmen, die nur hinsichtlich ihrer Plausibilität geprüft werden können. Der Geltungsbereich eines Management Informationssystems bezogen auf die Zukunft wird meist durch Planperioden festgelegt. Eine häufig verwendete Einteilung erfolgt in drei Planungszyklen: • Kurzfristige Planung Ein Zeithorizont zwischen 1-12 Monaten. Hierbei erfolgt meist eine monatliche Überprüfung. • Mittelfristige Planung Dieser Zeithorizont bewegt sich zwischen 1 -4 Jahren. Eine Überprüfung erfolgt meist halbjährlich. • Langfristige Planung Für eine Zeitdauer zwischen 5-7 Jahren, die mindestens jährlich überprüft wird.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß Management Informationssysteme spezielle Informationssysteme fur das Management darstellen. Das Informationsobjekt eines MIS leitet sich dabei aus den Managementfunktionen ab. Die Hauptaufgabe eines MIS besteht in der Unterstützung des Managements bei seinen Entscheidungen. Voraussetzung hierfür sind neben der Informationsbereitstellung die Informationsanalyse, -diagnose und -prognose. Hierzu werden sowohl interne als auch externe Informationen verwendet. Die rasante Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie hat dazu gefuhrt, daß MIS ausschließlich computergestützte MIS darstellen.

4.2 Geschichtliche Entwicklung der Management Informationssysteme Die Idee der Management Informationssysteme wurde Anfang der sechziger Jahre zuerst von amerikanischen Hardwareherstellern aufgenommen. Sie beabsichtigten damit die Einsatzmöglichkeiten ihrer Hardware zu erweitern. In der angloamerikanischen Literatur wurde dieser Gedanke sehr schnell aufgegriffen, und es entstanden zahlreiche Publikationen, die sich mit der Anwendung von Computern für nicht nur rein abrechnungstechnische Aufgaben 128

Management

Informationssystem

beschäftigten (Stahlknecht, 1990). In der Bundesrepublik Deutschland entstand das Interesse an MIS von Seiten der Unternehmen gegen Ende der sechziger Jahre. Die als MIS-Euphorie bezeichnete Phase führte bis zur Vision des „Total System Approach" (Vetschera, 1995). Dahinter steht der Gedanke, daß ein totales integriertes Informationssystem für alle managementrelevanten Entscheidungen bereitgestellt wird. In der Unternehmenspraxis fanden Management Informationssysteme großes Interesse als Verkaufsargument für Hard- und Software. Dies führte zu einem verstärkten Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung in den Unternehmen. Eine Untersuchung von Köhler & Heinzelbecker (1977) ergab, daß bis Mitte der siebziger Jahre über 80% der deutschen Unternehmen zumindest über realisierte Teilsysteme verfügten. Das große Interesse des Managements an Informationen für die Wahrnehmung ihrer Managementfunktionen konnte jedoch nicht befriedigt werden. Während in der Praxis immer häufiger Enttäuschung zum Ausdruck kam, hielt die Flut der Publikationen weiter an. Als Folge wurden Mitte der siebziger Jahre die Entwicklungsarbeiten für MIS weitgehend eingestellt. Das Scheitern der MIS-Idee in den sechziger Jahren hat viele Gründe (Frackmann, 1990), von denen die wichtigsten kurz genannt werden. Die Idee, ein total umfassendes Informationssystem (total system approach) zu entwickeln, setzt ein starres, planbares und vorherbestimmbares Unternehmen voraus. Vor dem Hintergrund der in der Realität vorherrschenden Komplexität und Ungewißheit war dieser Ansatz zum Scheitern verurteilt. Anhand der Definition eines MIS von Koreimann wird dieser Gedanke sehr gut deutlich. In den Anfangen der Entwicklung von MIS wurde es versäumt, auf den subjektiven Bedarf von Managementinformationen einzugehen. Häufig wurden nur die bereits im Unternehmen vorhanden Informationen erfaßt, so daß bestehende Informationslücken nicht beseitigt wurden. Hinzu kamen schlechte Benutzerfreundlichkeit und hohe Anforderungen hinsichtlich der Computerkenntnisse der Anwender, was das Scheitern der MIS verstärkte. Noch nicht ausgereifte Computertechnologie und hohe Anforderungen an Hard- und Software waren letztendlich die wesentlichen Gründe, die das Scheitern der MIS verursachten.

Der Begriff „Management Informationssystem" wird sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft weitgehend vermieden. Zu viele negative Assoziationen sind mit diesem Begriff verbunden.

Heute

findet

der

Begriff

„Führungsinformationssystem"

oder

„Chefinformationssystem" weite Verbreitung, was mit MIS gleichgesetzt werden kann. Im 129

Management

Informationssystem

angloamerikanischen Sprachraum hat sich hierfür der Begriff „Executive Information System" oder kurz EIS herausgebildet. Die rasante Entwicklung der Hard- und Software und die Integrationsmöglichkeiten in die unternehmensweite Datenverarbeitung haben die Voraussetzungen für eine neue Klasse von Management Informationssystemen geschaffen (Klotz & Reichardt, 1994). Da es sich bei den Führungsinformationssystemen nicht grundsätzlich um neue Informationssysteme handelt, sondern lediglich versucht wurde, die Nachteile der klassischen MIS zu überwinden, soll hier weiterhin der Begriff „Management Informationssystem" oder kurz MIS verwendet werden.

4.3 Gründe für ein Management Informationssystem Die heutige Situation, wie sie in der Mehrzahl aller Unternehmen anzutreffen ist, kann durch folgende Symptome dargestellt werden: • Benutzung der gleichen Informationsmittel mit gleichem Inhalt fur verschiedene Zwekke • Anfertigung umfangreicher Berichte, obwohl Einzelangaben genügen • Mangelhafte Definition der Aufgaben des Informationsempfangers • Mangelhafte Aktualität der Information • Lange Informationswege, d.h. zeitliche Distanz zwischen Sender und Empfänger • Keine Verdichtung von Primärinformationen zu aussagefähigen Globalgrößen für Entscheidungssituationen • Mangelhafte Verarbeitung von Informationsmaterial für zukünftige Entwicklungen

Moderne Management Informationssysteme gehen auf die Tatsache zurück, daß leitende Manager täglich eine Vielzahl von Entscheidungen zu treffen haben, für die sie die Informationen benötigen. Da der Mensch eine begrenzte Aufnahmekapazität besitzt, werden Hilfsmittel benötigt. Ein MIS ist also ein Hilfsmittel, welches dem Management die Informationen liefert, die es für seine Entscheidungen benötigt (Hichert & Moritz, 1995). In Zeiten, als die Nachfrage für produzierte Güter größer als deren Angebot war, konnten Manager bei ihren Entscheidungen z.B. den Faktor Käufer vernachlässigen. Heute müssen Manager eine lange Reihe von Variablen bei der Führung eines Unternehmens berücksichtigen.

130

Management

Informationssystem

Die wesentlichen Gründe für ein Unternehmen, sich mit dem Thema MIS auseinanderzusetzen, sind: • Zunehmende Dynamik und Komplexität der Umweltfaktoren Umweltfaktoren sind in ihrer Entwicklung und in ihren Auswirkungen schwerer voraussagbar geworden, was dazu fuhrt, daß die Versorgung der Manager mit aktuellen und qualitativ hochwertigen Informationen wichtiger wird. Durch die Bereitstellung von Informationen soll Flexibilität und schnelle Handlungsmöglichkeit eines Unternehmens erreicht werden. • Existenz großer Datenbestände Die meisten Unternehmen verfugen über elektronisch gespeicherte Informationen. Bislang werden diese Informationen akribisch gesammelt und archiviert. Eine Aufbereitung und Aggregation der Informationen, die als Grundlage für Managemententscheidungen dienen können, fehlt in den meisten Unternehmen. Häufig spricht man von sogenannten Datenfriedhöfen, die ungenutzt in den Archiven der Unternehmen schlummern. • Gesteigerte Informationsflut Dies kann als Mangel im Überfluß bezeichnet werden. Informationslücken und Informationsmängel gibt es bezüglich Inhalt, Form, Zeit und Qualität. D.h., es herrscht kein Mangel an Informationen, sondern ein Überfluß. Die bloße Bereitstellung von Informationen reicht deshalb nicht mehr aus. Informationen müssen aufbereitet und gefiltert werden. • Expansion der Unternehmen Uber nationale Grenzen hinaus. Das „Entdecken" neuer Märkte (z.B. China, Indien oder Rußland) erzwingt eine Dezentralisierung der Unternehmen. D.h., Unternehmen erweitern sich in regionaler und geographischer Hinsicht. Diese Dezentralisierungstendenzen erfordern jedoch Steuerungsinstrumente, die Informationen in quantitativer und qualitativer Hinsicht bereitstellen. • Bereitstellung externer Informationen auf elektronischen Datenträgern Die Zahl der zur Verfugung stehenden externen Informationen, die auf computerlesbaren Medien gespeichert sind, hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen und wird auch weiterhin steigen. Diese Tatsache sowie die zunehmende Bedeutung externer Informationen für die Sicherung und den Ausbau von Wettbewerbsvorteilen erfordern neue Konzepte. Die Fähigkeit, interne Unternehmensdaten mit externen Informationen

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Management

Informationssystem

zu verbinden, soll durch die Bereitstellung von Management Informationssystemen ermöglicht werden.

Die zuvor geschilderten Gründe, die den Einsatz von Management Informationssystemen propagieren, stellen auf der anderen Seite auch Anforderungen an MIS (Klotz & Reichardt, 1994). Geprägt durch negative Erfahrungen in den sechziger Jahren und aktuelle Forderungen aus der Praxis, lassen sich einige allgemeingültige Anforderungen für Management Informationssysteme formulieren, die im nächsten Abschnitt behandelt werden.

4.4 Anforderungen an ein Management Informationssystem Innerhalb der Unternehmen hat eine zunehmende Vernetzung der verschiedenen Bereiche zu einer Vervielfachung der auszuwertenden Daten gefuhrt. Gleichzeitig wird Information zu einem wichtigen Produktionsfaktor. Für das Management wird es somit immer schwieriger, zum richtigen Zeitpunkt alle entscheidungsrelevanten Informationen zu berücksichtigen. Es gilt, die Fülle der Informationen und ihre Verbindungen untereinander in den Griff zu bekommen. Hieraus entwickelte Softwarelösungen waren in der Vergangenheit meist nur in der Lage, fest vorgegebene Informationen anzubieten. Inzwischen werden Programme angeboten, die modernen Anforderungen gerecht werden (Klotz & Reichardt, 1994). Die Aufgaben und Anforderungen eines Management Informationssystems lassen sich in 5 übergeordnete Bereiche strukturieren, die in den folgenden Abschnitten beschrieben werden.

Aufgaben und Anforderungen eines MIS •

Abb. 30:

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Benutzerfreundlichkeit



Entscheidungsunterstützung



Simulation



Datentransfer



Integration

Aufgaben und Anforderungen an ein MIS

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Informationssystem

4.4.1 Benutzerfreundlichkeit Mangelnde Benutzerfreundlichkeit war in den sechziger Jahren sicherlich ein wichtiger Grund für das Scheitern der Management Informationssysteme. Mittlerweile wurden diesbezüglich deutliche Verbesserungen erzielt, die sich mehr oder weniger als Standards für MIS herausgebildet haben (Klotz & Reichardt, 1994). Von Unternehmen akzeptierte MIS zeichnen sich durch eine Reihe von Funktionen aus, die im folgenden näher beschrieben werden.

Menügesteuerte Benutzeroberfläche Ein Menüauswahlsystem in Verbindung mit objektorientierten Anwendungen, d.h. erst Auswahl eines Objektes, dann Festlegung der Verarbeitungsschritte, hat sich als am geeignetsten erwiesen.

Verwendung übersichtlicher Fenstertechniken Die Drill Down Technik macht einen Analysepfad durch den gesamten Informationsbaum (hierarchische Strukturierung von Informationen) von der höchsten Verdichtungsstufe bis zum gewünschten Detail möglich und zeigt Schwachstellen auf. Dabei können durch das Anklikken eines Datenfeldes an beliebiger Stelle Detailinformationen über dahinterliegende Daten abgerufen werden.

Schwachstellen aufzeigen Zur schnellen Entdeckung von Schwachstellen verfügen neuere MIS über sogenannte Ampelfunktionen. Auch als „Traffic Lighting" bezeichnet, werden kritische Bereiche in den Farben einer Verkehrsampel dargestellt (Hichert & Moritz, 1995). Die Alarmbedingungen machen darauf aufmerksam, wann eine Information einen kritischen Wert erreicht hat. Alarmbedingungen können für verschiedene Informationen bestimmt werden. Meist werden die Grenzen, analog zur Verkehrsampel, mit den Farben grün = keine Gefahr, gelb = im Auge behalten und rot = es besteht Handlungsbedarf, versehen. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft eine Ampelfunktion. Abweichungen und Ausnahmen werden in den Daten durch farbige Kennzeichnungen hervorgehoben. Der Blick des Managers konzentriert sich dadurch auf das Wesentliche.

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Management

Informationssystem

Alarm - Lageibewertung

BEDINGUNG 11

STATUS 1

PL4 g

1

Abb. 31:

lj

BEREICH .1.1 II.

WARNUNG

m m *1 •HH

WARNUNG

'Standard 1

WARNUNG

>=100 AND = 50 AND =0 AND = 501 AND = 10001

SONSTIGE WERTE

Ampelfunktion

Das Beispiel zeigt die Alarmbedingungen für die Lagerbewertung. Die normale Lagerbewertung liegt zwischen 100 und 500 und wird in der Farbe Grün angezeigt. Eine Lagerbewertung die größer als 10001 oder kleiner als 49 ist, wird als Alarm gemeldet und in der Farbe Rot angezeigt.

Ergebnisdarstellungstechniken Es ist weithin bekannt, daß Grafiken aussagekräftiger als tausend Zahlen sind. Diese Erkenntnis wurde auch bei der Entwicklung von MIS berücksichtigt. So werden zur besseren Visualisierung Diagramme und Grafiken eingesetzt. Die Form, in der Informationen optisch präsentiert werden, muß den Vorstellungen und Wünschen der Nutzer entsprechen. Anschauliche Grafiken sind ein wichtiger Bestandteil der Informationsbereitstellung (Hichert & Moritz, 1995). Inhaltlich zusammengehörige Grafiken sollten ein aufeinander abgestimmtes Format haben. Dies gilt für Farbgebung, Achsenskalierungen und Beschriftungen, deren Konsistenzprüfung von den MIS selbst vorgenommen wird.

4.4.2 Entscheidungsunterstützung Ziel eines MIS ist es vor allem, auf Probleme und Schwachstellen aufmerksam zu machen und die Entscheidungsfindung der Manager zu unterstützen. Dazu müssen vorhandene

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Informationen möglichst umfassend interpretiert werden können. Die Präsentation der Informationen in Form von Grafiken reicht dabei jedoch nicht aus. Erst wenn es gelingt Informationen analytisch tiefer zu durchdringen, können zusätzliche und neue Informationen gewonnen werden. Die hierzu verwendeten Verfahren tragen in der Regel entscheidungsunterstützenden Charakter. Dazu zählen Funktionen wie: • Hierarchisches Durchdringen der Informationen • Möglichkeit zur Formulierung eigener Analysen • Anwendung von Analyseverfahren

Die Möglichkeit des hierarchischen Durchdringens der Informationen wird normalerweise durch die Drill Down Technik ermöglicht, wie unter dem Punkt Benutzerfreundlichkeit bereits angesprochen wurde. Das Verknüpfen einzelner Informationen zu einem Strukturbaum ermöglicht schnelles und gezieltes Finden von Informationen Top Down oder Buttom Up. Um konkrete Entscheidungen treffen zu können, reicht es jedoch nicht aus, Informationen durch einen Strukturbaum zu verknüpfen. Sie müssen vielmehr mit Hilfe von Analysetechniken verarbeitbar sein, um so als Basis für eine Beurteilung oder Bewertung verwendet werden zu können (Vetschera, 1995). Neben der Möglichkeit, eigene Analysen formulieren zu können, sollte ein MIS auch über die nachfolgend aufgelisteten häufig verwendeten Analysefunktionen verfügen: •

Kennzahlenanalyse Diese Analyse liefert betriebswirtschaftliche Kennzahlen, welche detailliert und in verdichteter Form über zahlenmäßig abbildbare Ereignisse und Entwicklungen eines Unternehmens informieren. Neben der Möglichkeit, Kennzahlen selbst definieren zu können, sollte ein MIS Kennzahlen über Break-Even-Point, Cash-Flow, Liquidität und Verschuldungsgrad sowie Kennzahlen für unterschiedliche Funktionsbereiche wie z.B. Logistik, Produktion, Verkauf und Einkauf eines Unternehmens bereitstellen können.



ABC-Analyse Sie ermöglicht die Darstellung von Rangfolgen und Hitlisten in auf- und absteigender Reihenfolge. Hierbei handelt es sich um ein Analyseverfahren zur Schwerpunktbildung. Die Schwerpunkte werden dabei in einer Dreiteilung festgelegt. Absolute oder relative Grenzen zwischen den Schwerpunkten werden vom jeweiligen Nutzer individuell bestimmt. Der Α-Bereich wird dabei als dringend oder wichtig, der B-Bereich als 135

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weniger wichtig und der C-Bereich als unwichtig oder als nebensächlich eingestuft. Hauptanwendungsgebiete sind Absatzplanung, Umsatzplanung oder Projektplanung. Darstellungen von ABC-Analysen sollten grafisch unterstützt werden. •

Abweichungsanalyse Zur Überwachung der Kosten oder anderer Größen in einem Unternehmen stellt die Abweichungsanalyse eines der wichtigsten Analyseinstrumente dar. Ihre wesentliche Aufgabe besteht im Vergleich von vordefinierten Soll-Werten mit den tatsächlichen IstWerten. Soll-Ist-Abweichungen liefern einen schnellen und anschaulichen Überblick über positive und/oder negative Entwicklungen quantitativer Größen eines Unternehmens. Für die positive und negative Abweichung können Warnfunktionen in Form der bereits beschriebenen Ampelfunktion eingerichtet werden.

Um diese Analysefunktionen sinnvoll einsetzen zu können, ist es zwingend erforderlich, daß das Management über ein Methodenwissen verfugt, wie z.B. über die Eignung einer Methode für eine bestimmte Analyse.

4.4.3 Simulation Simulation bedeutet die modellhafte Abbildung der Realität; Sie ist eine besondere Planungstechnik zur Prognose von zukünftigen Umweltzuständen oder zur Bestimmung der Wirkung von Lösungsalternativen. Im Gegensatz zu einer Zeitreihe werden Zusammenhänge vielfach mittels EDV durchgespielt. Die Simulationstechnik ist ein bedeutendes Instrument zur Analyse und Modellierung komplexer Systeme. Es werden zwei Arten der Simulation unterschieden (Mertens, 1982): • What if Simulation • How to achieve Simulation

Die „What if Simulation" überprüft, welche Konsequenzen eine Maßnahme oder Veränderung hat. So kann beispielsweise geprüft werden, welche Konsequenzen eine 3,5 prozentige Lohnerhöhung auf das Unternehmensergebnis hat, unter der Annahme, daß alle anderen geplanten Werte, wie z.B. Absatzzahlen usw., sich nicht verändern. Bei der „How to achieve Simulation" handelt es sich um eine umgekehrte Vorgehensweise. Ausgehend von einem anzustrebenden Ziel wird bestimmt, welche Maßnahmen ergriffen 136

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Informationssystem

werden müssen, um dieses Ziel zu erreichen. So kann z.B. bestimmt werden, um wieviel der Preis eines Erzeugnisses variiert werden muß (= Maßnahme), um eine bestimmte Absatzmenge (= Ziel) zu erreichen.

Alle zuvor beschriebenen Leistungsmerkmale eines MIS, wie Benutzerfreundlichkeit, Entscheidungsunterstützung und Simulation können jedoch nur zum Tragen kommen, wenn das MIS auf die hierzu erforderlichen Daten zurückgreifen kann. Diese müssen in der Regel von Basisdatenbanken bereitgestellt werden. Der hierbei notwendige Datentransfer war in der Vergangenheit häufig sehr schwierig und komplex, worauf im folgenden Abschnitt näher eingegangen wird.

4.4.4 Datentransfer Datentransfer bezieht sich zum einen auf den Import und zum anderen auf den Export von Daten. Management Informationssysteme greifen stets auf Datenbanken zurück, so daß Schnittstellen zu den gängigen Datenbanktypen vorhanden sein müssen. Das gleiche gilt für die Weitergabe (Export) der Daten an Datenbanken. Zusätzlich sollte jedes MIS die Möglichkeit besitzen, auch auf externe Datenbanken zugreifen zu können, da jedes erfolgreiche und dynamische Unternehmen darauf angewiesen ist, Informationen über sein wirtschaftliches Umfeld einzuholen. Diese Informationen befinden sich jedoch nicht in unternehmensinternen Datenbanken. Der Zugriff auf externe Datenbanken gibt Managern außerdem wichtige Informationen über die Wettbewerbssituation an die Hand (Hichert & Moritz, 1995). Ein MIS muß daher auch auf externe Online-Datenbanken, wie z.B. Nielsen, Dow-Jones und Reuters zugreifen können. All diese Integrationsmöglichkeiten werden auch als offene Systeme bezeichnet.

4.4.5 Integration Oft geht es nicht nur darum, Daten in ein Management Informationssystem zu übernehmen (Import) oder weiterzugeben (Export), sondern auch um die Übertragung der Daten in andere Informationssysteme. Das Thema „Integrierte Informationssysteme" wurde bereits im Kapitel „Informationssystem" behandelt, so daß an dieser Stelle nur darauf hingewiesen wird. Bei der Integration eines MIS in die in einem Unternehmen vorhandene Struktur von Informationssystemen ist die Datenintegration zu beachten (Vetschera, 1995). Aber auch Daten aus anderen 137

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Informationssystem

Anwendungsprogrammen sollten in ein MIS integrierbar sein. Z.B. Daten aus der PCTabellenkalkulation oder der Textverarbeitung müssen in ein MIS einspeisbar sein. Des weiteren sollten Verbindungen zu elektronischen Terminplanern und zu elektronischer Post, wie z.B. Electronic Mail, möglich sein.

4.5 Einsatz von Management Informationssystemen Inzwischen kann nicht nur das Top-Management durch ein MIS unterstützt werden. Manager auf allen Ebenen der Unternehmenshierarchie sind auf gut aufbereitete und aktuelle Informationen angewiesen (Bullinger, Friedrich & Koll, 1992). Einige Beispiele für in heute installierten Management Informationssystemen repräsentierte Inhalte sind: • Darstellung der Einhaltung bzw. Abweichung von kritischen Erfolgsfaktoren in grafischer und farbiger Form • Ausnahmeberichtswesen mit farbiger Markierung, Grafiken und Erläuterungen durch Texte • Analysen über Marktanteile • Informationen über die wichtigsten Mitbewerber und/oder Kunden • Strategische Unternehmensplanung durch Forecast und Soll-Ist-Analyse

Während Management Informationssysteme in der Vergangenheit primär in Großunternehmen zum Einsatz kamen, werden zunehmend auch in mittelständischen Unternehmen MIS eingesetzt. Dies liegt darin begründet, daß die Zahl der MIS-Anbieter in den letzten Jahren drastisch zugenommen hat und auch Standardprodukte zu erschwinglichen Preisen angeboten werden, die durch leichte und schnelle Eingriffe individuell an einzelne Unternehmen angepaßt werden können.

4.6 Zusammenfassung In diesem Kapitel sollte ein kurzer Überblick über die vielschichtiges Aspekte der Managementunterstützung durch elektronische Datenverarbeitung gegeben werden. Diese Entwicklungen werden sich sicherlich in den kommenden Jahren fortsetzen. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit es modernen Management Informationssystemen gelingen wird, jene

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Informationssystem

Mängel, die in den sechziger Jahren zunächst zum Scheitern der Management Informationssysteme beitrugen, in der Zukunft weiter zu beseitigen. Die Hauptaufgabe eines Management Informationssystems besteht darin, die wachsende Informationsflut eines Unternehmens elektronisch zu strukturieren. Ein wichtiger Faktor ist hierbei, die fur das Unternehmen erfolgskritischen Größen aufzubereiten und grafisch darzustellen. Ein Management Informationssystem muß dabei aber immer die Akzeptanz der Personen gewinnen, die diese Systeme nutzen sollen. Demzufolge soll als Abschlußbemerkung festgehalten werden, daß selbst moderne Management Informationssysteme, die die Aufgabe haben, das Management bei seinen Entscheidungen zu unterstützen und zu entlasten, nicht die Aufgaben des Managements ersetzen kann.

Vertiefungsliteratur: Behme, W. & Schimmelpfeng, K. (Hrsg.), Führungsinformationssysteme. Neue Entwicklungstendenzen im EDV-gestützten Berichtswesen, Wiesbaden, 1993. Bullinger, H.J., Friedrich, R. & Koll, P., Management Informationssysteme (MIS), Trends und Entwicklungen. In Office Management, Heft 11, 1992, S. 6-18. Frackmann, E., The revival of Management Information Systems in industry. In Zeitschrift für Planung, Heft 4, 1990, S.283-301. Hichert, R. & Moritz, M. (Hrsg.), Management-Informationssysteme. Praktische Anwendungen, 2. Aufl., Berlin, 1995. Klotz, M. & Reichardt, K., Wann ist ein Unternehmen reif für ein Führungsinformationssystem?. In M., Klotz & H., Wenzel (Hrsg.), Führungsinformationssysteme im Unternehmen. Erfolgsfaktoren, Vorgehensweisen und Perspektiven, Berlin, 1994. Stahlknecht, P., Management Informationssysteme. In P. Mertens (Hrsg.), Lexikon der Wirtschaftsinformatik, 2. Aufl., Berlin, 1990, S. 265-267. Vetschera, R., Informationssysteme der Unternehmensfuhrung, Heidelberg, 1995.

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Informationssystem

Kontrollfragen: 1) Welche Funktionen werden durch das Management ausgeübt? 2) In welchem Zusammenhang stehen die Managementfunktionen zu Management Informationssystemen? 3) Warum scheiterten Management Informationssysteme in den sechziger Jahren? 4) Welche Vorteile bietet die Ampelfunktion für Management Informationssysteme? 5) Welche Bedeutung hat die Funktion der Entscheidungsunterstützung im Rahmen eines Management Informationssystems?

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Berichtssystem

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Berichtssystem

5 Berichtssystem 5.1 Gegenstand und Definition Grundsätzlich läßt sich streiten, inwieweit die Begriffe Informationssystem und Berichtssystem nicht ein und dieselbe Bedeutung haben. Betrachtet man sie zunächst aus geschichtlicher Sicht, läßt sich festhalten, daß der Terminus Berichtssystem bzw. Berichtswesen älter ist und im deutschen Sprachraum insbesondere durch Blohm geprägt wurde. Seine Definition lautet wie folgt: „Als Berichtssystem einer Unternehmung bezeichnet man die Gesamtheit der Einrichtungen, Vorschriften und Handlungen, die zur Erstellung, Verarbeitung, Weiterleitung und Auswertung von Informationen in der betreffenden Unternehmung eingesetzt werden. " (Blohm, 1980 S. 315) Blohm bezieht also den gesamten Informationsaustausch innerhalb einer Organisation in seine Betrachtung ein. Unter dem Begriff "Berichtssystem (BS)" werden sowohl die Vorschriften zur Erstellung, Weiterleitung und Auswertung von überwiegend schriftlichen Informationen als auch die Berichte und ihre Erfassung selbst verstanden. Die übergeordnete Zielsetzung eines BS liegt in der Steuerung und Überwachung betrieblicher Ereignisse mittels Dokumentation. Demnach handelt es sich um ein Mittel der Kommunikation.

In einer neueren Arbeit versucht Birk (1991) den Begriff Management-Systeme, wie ihn Kirsch (1981) verwendet, auf Berichtssysteme zu übertragen: Birk sagt, bei Berichtssystemen „... handelt es sich um bewußt institutionalisierte Systeme, die in formalisierter Weise der Unterstützung der Führung auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Führungsbereichen des Unternehmens dienen. " (Birk, 1991 S. 6) Hierbei werden diejenigen Aspekte des Berichtssystems hervorgehoben, die in institutionalisierter und formalisierter Weise den Informationsstrom in den Dienst von Führungsaufgaben stellen. Demnach könnten die Begriffe Informationssystem, Management Informationssystem und Berichtssystem synonym verwendet werden.

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Berichtssystem Wilpert, Fank, et al. (1994) definieren Berichtssystem wie folgt: „ Ein Berichtssystem ist die Gesamtheit institutionalisierter und formalisierter Einrichtungen, Vorschriften und Handlungen, die zur Erstellung, Verarbeitung, Weiterleitung und Auswertung von ereignisbezogenen Informationen eingesetzt werden, um zur Steuerung und Steigerung von Leistung und Produktivität einer Organisation beizutragen. " (Wilpert, Fank, et ai, 1994, S. 31) Der wesentliche Unterschied zwischen einem Informationssystem und einem Berichtssystem besteht darin, daß Berichtssysteme ereignisbezogen angefertigt werden. D.h., es bestehen genaue Vorschriften und Anleitungen, wann und wie ein Bericht zu erstellen ist. In der Betriebswirtschaftslehre findet das Berichtswesen im Controlling breite Anwendung. Dem Zweck gemäß können verschiedene Arten von Berichtswesen unterschieden werden, wie z.B. Störfallberichte, Marktforschungsberichte, Geschäftsberichterstattung einer Aktiengesellschaft, Finanzberichte oder der Gewinn- und Verlustbericht. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen hier im weiteren Verlauf ereignisbezogene Berichte. Als Beispiel werden Störfallberichte herausgegriffen, die in Industrien mit hohem Gefahrdungspotential eingesetzt werden.

5.2 Aspekte eines Berichtssystems Neben der definitorischen Bestimmung eines Berichtssystems, ist es notwendig, einige typische Aspekte hervorzuheben. Im folgenden werden die Aspekte Berichtsadressaten und Berichtsfunktion näher erläutert.

5.2.1 Berichtsadressaten Grundsätzlich unterscheidet man zwischen: • Internen Berichtssystemen • Externen Berichtssystemen

Die externe Berichterstattung zielt vornehmlich darauf ab, die für ein Unternehmen relevante Umwelt, wie z.B. Kunden, Lieferanten und Gläubiger, mit Informationen zu versorgen. Ein typischer externer Bericht ist der Geschäftsbericht. Externe Berichte sind dazu angelegt, die Umwelt mit Informationen zu versorgen, wobei dafür Sorge zu tragen ist, daß keine Informationen nach außen getragen werden, die Geschäftsgeheimnisse darstellen oder die von der Konkurrenz als Vorteil genutzt werden können. Bei externen Berichten steht demzufolge die

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Berichtssystem Frage, was berichtet werden soll, muß oder kann, im Vordergrund. Als internes Berichtssystem werden all jene Berichte bezeichnet, die in einem Unternehmen erstellt werden und auch in diesem verbleiben. Absender und Empfanger gehören demnach demselben Unternehmen an.

5.2.2 Berichtsfunktion Der Berichtsadressat sagt gleichzeitig etwas über den Berichtszweck bzw. die Berichtsfunktion aus. In Anlehnung an Birk (1991) lassen sich drei unterschiedliche Verwendungszwecke unterscheiden: •

Dokumentationsfunktion

• Analysefunktion • Kontrollfunktion

Diese Funktionen müssen sich nicht gegenseitig ausschließen. Ein Bericht kann gleichzeitig für mehrere Funktionen verwendet werden. Berichte zur Dokumentation haben einen stark vergangenheitsorientierten Charakter und dienen der Akkumulation von Daten und Erfahrungswerten. Diese können nach einer Aufarbeitung und Analyse Entscheidungen beeinflussen und somit der Kontrolle eines Unternehmens dienen und der Adaption an bestimmte Erfordernisse.

5.2.3 Modell eines Berichtssystems Im folgenden soll versucht werden, unter Anwendung der erarbeiteten theoretischen Ansätze, das Modell eines Berichtssystems aufzuzeigen, welches entsprechend den Anforderungen eines Unternehmens genutzt werden kann. Hierzu ist es notwendig, fünf Fragen zu beantworten, die sich auch grafisch darstellen lassen (vgl. Blohm 1970): 1) Wozu soll berichtet werden? 2) Was soll berichtet werden? 3) Wer soll berichten, und wer soll unterrichtet werden? 4) Wie soll berichtet werden? 5) Wann soll berichtet werden?

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Berichtssystem

Abb. 32: Modell eines Berichtssystems (in Anlehnung an Blohm, ¡970, S. 14) Die Pfeile in der Abbildung bringen die gegenseitige Abhängigkeit bzw. Beeinflussung der W-Fragen untereinander zum Ausdruck.

Wozu Bevor ein Bericht erstellt wird, muß das Ziel festgestellt werden. Jeder Bericht muß ein klares und bekanntes Ziel haben, damit er nützlich für ein Unternehmen ist. Je präziser der Berichtszweck bestimmt wird, um so vollständiger kann der Informationsbedarf befriedigt werden. Zusätzlich muß bestimmt werden, für welchen Auswertungszweck die Berichte verwendet werden sollen. Hierbei kann unterschieden werden, zwischen: • Vorgesehenem Auswertungszweck •

Möglichem Auswertungszweck

• Tatsächlichem Auswertungszweck

In der Praxis existieren meist große Differenzen zwischen den möglichen bzw. vorgesehenen Auswertungsmöglichkeiten eines Berichtssystems und den tatsächlich genutzten Auswertungszwecken. Bei der Entwicklung neuer Berichtssysteme ist dafür Sorge zu tragen, daß die angestrebten Auswertungszwecke den Bedürfnissen und Anforderungen der Nutzer entsprechen. Nur so lassen sich optimale und effektive Berichtssysteme in die Praxis umsetzten. 145

Berichtssystem Was Der Inhalt eines Berichtes muß an seinem Ziel bzw. Zweck ausgerichtet sein. Berichte dienen dem Management als Entscheidungsgrundlage und müssen daher mit Inhalten versehen sein. In der Praxis wird oft seitens der Nutzer über mangelnde Aussagekraft von Berichten geklagt. Um dieses Ziel zu erreichen und um die Aussagekraft von Berichten zu erhöhen, ist es empfehlenswert, die in einem Bericht verwendeten Begriffe einheitlich und klar zu verwenden. Zusätzlich muß sichergestellt sein, daß die Nutzer der Berichte diese Begriffe verstehen und richtig interpretieren können. Ein anderer Aspekt betrifft die Informationsmenge. Sie sollte auf den jeweiligen Nutzer zugeschnitten sein, d.h., jeder Nutzer sollte nur die Berichtsinhalte erhalten, die er unbedingt benötigt. In den meisten Fällen erfordert dies eine auf den Nutzer bezogene Verdichtung der Informationen. Zu diesem Zweck kann z.B. ein Filtersystem eingesetzt werden.

Wer Hierbei muß entschieden werden, inwieweit die Berichterstattung zentral oder dezentral erfolgen sollte. Eine zentralisierte Berichterstattung hat zur Folge, daß ausschließlich bestimmte Mitarbeiter eines Unternehmens mit dieser Aufgabe betraut werden. Für eine Zentralisation sprechen Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit der Berichte. Dies setzt jedoch voraus, daß die zentrale Stelle über ausreichend Fachwissen verfügt und ausreichend Informationen bereitgestellt werden, um die Berichte aussagefahig gestalten zu können. Diese zentrale Stelle sollte für das gesamte Berichtssystem zuständig sein. Sie sollte, um alle für die Berichterstattung notwendigen Unterlagen zu beschaffen, gegebenenfalls Untersuchungen mit Hilfe der betroffenen Personen durchführen. Damit eine zentrale Stelle ihre Aufgaben optimal erfüllen kann, sollte sie von der Geschäftsleitung unterstützt werden und gute Kontakte zu allen wichtigen Stellen eines Unternehmens haben. Im Rahmen einer Dezentralisation werden Berichte von den jeweils betroffenen Abteilungen selbst verfaßt. Eine Dezentralisation sollte erfolgen, wenn sichergestellt ist, daß Berichte einheitlich und vergleichbar angefertigt werden. Sind einzelne Abteilungen in der Lage, ihre Berichte schneller und flexibler zu verfassen und weiterzuleiten, sollte ebenfalls eine dezentrale Berichterstattung erfolgen. Neben der reinen Berichterstattung muß auch darüber entschieden werden, wer in einem Unternehmen die Auswertung der Berichte vornimmt. Die Einrichtung einer zentralen Stelle zur Analyse und Auswertung aller Berichte ist hierfür sinnvoll. Die Auswertung sollte 146

Berichtssystem möglichst von Experten durchgeführt werden. Hauptaufgabe der Auswertungsstelle ist es, Konsequenzen und Schlußfolgerungen aus den Berichten zu ziehen, die es ermöglichen, Korrektur- und präventive Maßnahmen für das Unternehmen vorschlagen zu können. Zur kontinuierlichen Verbesserung eines Berichtssystems ist es unerläßlich Rückmeldungen zu etablieren. Rückmeldungen bedeuten, daß die jeweiligen Berichterstatter über Qualität, Aussagekraft und Bedeutung bzw. Konsequenzen ihrer Berichte informiert werden. Zusätzlich dienen Rückmeldungen zur Motivation der Berichterstatter, um bessere Berichte zu verfassen.

Wie Hier können alle Regeln angewendet werden, die für eine wirksame Kommunikation

an

früherer Stelle bereits geschildert wurden. Für Berichtssysteme sind außerdem einige Regeln zu erläutern: • Berichte sollten in Form von Standardberichten erscheinen. Diese Stetigkeit erleichtert ihre Auswertung und macht sie untereinander vergleichbar. • Berichte sollten nach Möglichkeit mit Hilfe eines EDV-Systems erstellt und übermittelt werden. Hierdurch werden die Schnelligkeit des Empfangs und die Klarheit erhöht, sowie eine leichtere Anpassung der Informationen an den Empfanger erreicht. •

Die Geheimhaltung bestimmter Teile von Berichten muß gesichert sein. Dies betrifft zum einen die Anonymität und zum anderen der Zugang für einen bestimmten Personenkreis zu den Berichten.



Es sollten zuverlässige Berichtswege vorhanden sein: D.h., daß zwischen den verschiedenen Organen, die mit dem Berichtswesen umgehen, formelle Kanäle sowohl für die Berichtermittlung als auch für die Rückmeldung existieren sollten. Hierdurch wird die Entwicklung von Gerüchten und falschen Nachrichten vermieden.

• Zu einem Berichtssystem sollten folgende Hilfsmittel gehören: • Anleitung zum Erstellen von Berichten • Begriffskatalog mit klaren und präzisen Kriterien • Katalog mit standardisierten Abkürzungen

Wann Hierbei handelt es sich um den Zeitpunkt der Berichterstattung. Sie kann entweder zu einem zuvor genau festgelegten Terminen erfolgen, wie z.B. quartalsweise oder halbjährlich, oder auch laufend. Eine dritte Form der Berichterstattung wird als ereignisbezogene Berichte oder 147

Berichtssystem Abweichungsberichte bezeichnet. Ereignis- oder Abweichungsberichte werden meist aufgrund der Überschreitung bestimmter Toleranzgrenzen, sogenannter Meldekriterien, erstellt. Der Zeitpunkt, wann Berichte anzufertigen sind, sollte so gewählt werden, daß die in einem Bericht enthaltenen Informationen rechtzeitig die zuständigen Stellen erreichen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß am Anfang des Entwicklungsprozesses für ein Berichtssystem die Situationsanalyse stehen muß, in der Unternehmensziele, -Strategien und -verfahren und die Anforderungen der Entscheidungsträger identifiziert werden. D.h., es muß zuerst der Informationsbedarf ermittelt werden, der durch die Berichte gedeckt werden soll. Ist der Informationsbedarf ermittelt, kann das Berichtssystem, insbesondere die einzelnen Elemente eines Berichtssystems, entworfen werden. Als Elemente zählen Daten, Sachmittel und der Mensch. Charakteristische Störungen der Berichterstattung sollten bereits in der Entwurfsphase bekannt und berücksichtigt werden, wie auch einige Entwurfsprinzipien.

5.3 Berichtssysteme in Industrien mit hohem Gefährdungspotential 5.3.1 Ausgangslage Unternehmen mit hohem Gefahrdungspotential, wie z.B. Kernkraftwerke, Chemieunternehmen oder der Betrieb von Flugzeugen, Fährschiffen, Tankschiffen und der Gefahrguttransport, sind in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik der Öffentlichkeit geraten. Ausgelöst durch schwere Zwischenfälle in den Kernkraftwerken Tschernobyl und Three Mile Island, im Chemieunternehmen Sandoz und Hoechst, durch Schiffsunglücke der Estonia und der Exxon Valdez, ist das Thema Sicherheit verstärkt in den Mittelpunkt gerückt worden. Das Management von Sicherheit und Zuverlässigkeit in Unternehmen wurde in der betriebswirtschaftlichen Literatur jedoch bislang nur am Rande behandelt. Aber nicht nur Unternehmen mit hohem Gefährdungspotential müssen sich mit dem Thema Sicherheit beschäftigen. Unfälle am Arbeitsplatz zu reduzieren bzw. die Sicherheit am Arbeitsplatz zu erhöhen, betrifft alle Unternehmen. Immer wieder ergeben Untersuchungen, daß dem Faktor Mensch beim Entstehen und im Verlauf von Störfallen eine große Bedeutung zukommt. Dabei stehen nicht mehr nur die Menschen der operativen Ebene, d.h. die direkt am Geschehen Beteiligten, im Mittelpunkt der Betrachtung. In neueren Untersuchungen wird immer stärker auch das Management mit

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Berichtssystem einbezogen und verantwortlich gemacht (Reason, 1990). Betrachtet man die räumliche Distanz zwischen Management und operativer Ebene, wird sehr schnell klar, daß das Management auf Informationen aus zweiter Hand angewiesen ist. Dies führte in der Vergangenheit dazu, daß Industrien mit hohem Gefahrdungspotential ereignisbezogene Berichtssysteme installierten, die dem Management bei der Steuerung und Kontrolle des Unternehmens dienen sollten. Diese Berichtssysteme waren primär an technischen Aspekten orientiert und erfaßten den Faktor Mensch nur am Rande, was aktuellen Entwicklungen entgegenstand, so daß ein Handlungsbedarf bestand. Für Kernkraftwerke ist 1973 vom Staat ein offizielles bundeseinheitliches Berichtssystem für meldepflichtige Ereignisse eingeführt worden (Fank & Wilpert, 1994). Eine ähnliche Entwicklung vollzieht sich derzeit in der Chemieindustrie, wo mögliche Gefahren bei Stör- und Unfällen und die damit zusammenhängenden Konsequenzen fur Mensch und Umwelt drastisch zugenommen haben. Im weiteren Verlauf wird zunächst die Bedeutung des Faktors Mensch bei Stör- und Unfällen sowie die Schwierigkeit, diesen über ein Berichtssystem zu erfassen, erläutert. Neuere Erfahrungen haben ergeben, daß Berichtssysteme, die auch Beinahe-Ereignisse erfassen, ein wichtiges Instrument fur das Management darstellten, so daß auch hierauf eingegangen wird und ein Phasenmodell für ein Beinahe-Ereignis Berichtssystem vorgestellt.

5.3.2 Der Faktor Mensch Das zunehmende Interesse am Faktor Mensch, auch „Human Factors" genannt, bei Stör- und Unfällen liegt unter anderem darin begründet, daß der Rolle von Personalhandlungen fur Sicherheit und Zuverlässigkeit in Unternehmen mit hohem Gefährdungspotential eine wachsende relative Bedeutung zuwächst. In der Vergangenheit wurden bei Störungen in Sicherheitsbereichen Berichte primär unter technischen Aspekten abgefaßt und Verbesserungsmaßnahmen entsprechend an der Technik ausgerichtet. Aufgrund dieser Tatsache ist der Anteil an Störfällen und Systemausfallen, die durch den Menschen bestimmt sind, deutlich gestiegen. Einige Autoren beziffern diesen Anteil mit 70% (Schäffler, 1994). In der Berichterstattung von Stör- und Unfällen hat sich diese Erkenntnis bislang jedoch nicht niedergeschlagen. Beim Versuch den Begriff „Faktor Mensch" näher zu erläutern, stellt man sehr schnell fest, daß es keine allgemeingültige Definition gibt. Einige Autoren verwenden den Begriff syn149

Berichtssystem onym mit „Menschlicher Fehlhandlung" (Human Error) und verwenden ihn nur fur die operativen Mitarbeiter eines Unternehmens. Ein derartig enges Verständnis ist sicherlich nicht angebracht, zumal beim Entstehen von Ereignissen zunehmend auch das Management als Einflußfaktor mit in die Betrachtung einbezogen wird. In neueren Arbeiten wird der Faktor Mensch wesentlich umfassender definiert. Fank & Wilpert definieren wie folgt: „ Human Factors sind all jene Handlungsmöglichkeiten auf unterschiedlichen Systemebenen, die einzeln oder interaktiv einen Beitrag zur Steigerung oder Minderung der Effektivität, Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie der befriedigenden Nutzung eines sozio-technischen Systems liefern. " (Fank & Wilpert, 1993, S. 3). Menschliches Handeln soll also im Kontext des jeweiligen sozio-technischen Systems (Unternehmens) betrachtet werden. D.h., neben individuellen Dispositionen (z.B. Aufmerksamkeit, Kompetenz), den Anforderungen des unmittelbaren Arbeitsplatzes (z.B. Aufgabenkomplexität, Zeitdruck) und Merkmalen der Arbeitsgruppe (Arbeitsteilung, soziale Beziehungen) umfaßt die Definition auch Aspekte wie Management, Kommunikationsstrukturen, Verfügbarkeit, Angemessenheit von Regelungen und Prozeduren bis hin zur Unternehmenskultur. Berichtssysteme können einerseits Informationen über bereits eingetretene Ereignisse zum Gegenstand haben und somit reaktiv angewendet werden. In diesem Fall hat das Management dafür Sorge zu tragen, daß diese Ereignisse in der Zukunft nicht wieder auftreten. Andererseits können Berichtssysteme auch proaktiv eingesetzt werden. Auf der Basis sichtbarer Symptome müssen dann rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um mögliche Stör- und Unfälle zu vermeiden. Diese Berichtssysteme bezeichnet man als Beinahe-Ereignis Berichtssysteme, die Gegenstand der weiteren Betrachtung sind.

5.3.3 Beinahe-Ereignisse Will man wirklich mehr über den Faktor Mensch wissen, bzw. aus Erfahrungen lernen, muß man auch solche Ereignisse berücksichtigen, die nicht zu einem Stör- oder Unfall gefuhrt haben. D.h., man muß auch die sogenannten Beinahe-Ereignisse erfassen. Dies ermöglicht es dem Management, rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Auch wird durch die Erfassung von Beinahe-Ereignissen eine breitere Datenbasis geschaffen. Diese Datenbasis wird in der Literatur mit Hilfe des sogenannte Eisbergmodells dargestellt.

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Berichtssystem Das Eisbergmodell besagt, daß einem Unfall eine Reihe leichter Unfälle vorausgehen, die wiederum eine Reihe von Störfällen als Vorläufer haben. Kleinere Zwischenfälle und Beinahe-Ereignisse treten, von ihrer Häufigkeit her betrachtet, recht oft auf und gelten als Vorläufer fur Unfälle und Störfälle. Umgekehrt ist die Schadensquote oder die Sicherheitsrelevanz bei Beinahe-Ereignissen am niedrigsten und bei Unfällen am höchsten. Diese beiden Gründe Häufigkeit und Sicherheitsrelevanz, sprechen eindeutig für den Einsatz von Berichtssystemen bei Beinahe-Ereignissen. Was versteht man nun aber unter einem Beinahe-Ereignis? Ein Beinahe-Ereignis bezeichnet ein unbeabsichtigtes und unerwartetes Ereignis, das den Arbeitsablauf merklich stört und dessen Konsequenzen oder Auswirkungen für Personen bzw. dessen Sachschäden nicht wesentlich und nur unerheblich sind. Wären die Umstände etwas ungünstiger gewesen, so hätte es leicht zu einem Stör- oder Unfall mit erheblichem Personen- und/oder Sachschaden kommen können.

Berichtssystem 5.3.4 Phasenmodell eines Berichtssystem Ein Phasenmodell für Berichtssysteme zur Erfassung von Beinahe-Ereignissen wurde von van der Schaaf (1991) entwickelt. Er unterteilt den Ablauf der Berichterstattung in sieben Module, die in gegenseitiger Wechselwirkung stehen und zahlreiche Rückkopplungsschleifen beinhalten. Das Berichtssystem soll dem Bericht, der Beschreibung, der Analyse und der Interpretation von Beinahe-Ereignissen dienen. Organisationale und manageriale Ursachen sollten neben technischen Komponenten und menschlichem Verhalten als beitragende Faktoren Berücksichtigung finden, womit das gesamte Unternehmen zum Gegenstand des Berichtssystems wird. Das Berichtssystem soll als ein Analyseinstrument für strukturelle Probleme eingesetzt werden.

DIE SIEBEN M O D U L E EINES BERICHTSSYSTEMS



1. Entdeckung

Erkennen und melden

2. Auswahl

Gemäß dem Zweck

3. Beschreibung

Aller relevanten Faktoren: Hardware, menschliche und organisationale Faktoren

4. Klassifikation

Gemäß einem Modell der Zusammengehörigkeit von Ereignissen

5. Berechnung

Statistische Analyse einer großen Datenbank der Ereignisse um (Muster an) Faktoren aufzudecken

6. Interpretation und

Übertragung der statistischen Ergebnisse in korrigierende und vorbeugende Maßnahmen

Implementierung —

Abb. 34:

7. Monitoring

Messen der Effektivität der vorgeschlagenen Maßnahmen nach ihrer Implementierung

Die sieben Module eines Berichtssystems (nach van der Schaaf, 1991, S. 29, aus Giesa, 1993, S.81)

Hauptziel eines Berichtssystems ist „Organisationales Lernen", wodurch Einsicht in das Geschehen eines Unternehmens erreicht wird. Dabei stehen Kontrolle und das Management der Sicherheitsaspekte im Vordergrund. Eine besondere Betonung wird auf Rückmeldungen (Feedback) gelegt. Ein Berichtssystem sollte in der Lage sein, sich selbst zu korrigieren und sich damit fortlaufend selbst zu verbessern. Das Grundgerüst fur ein Berichtssystem bilden dabei die sieben Module von van der Schaaf (1991). 152

Berichtssystem 1) Entdeckung Das wohl wichtigste und zugleich am schwierigsten vorab bestimmbare Modul ist die Entdeckung. Die Möglichkeiten und Vielfältigkeit menschlicher Handlungen vorab zu bestimmen ist nicht möglich. Dies erfordert seitens der Mitarbeiter sehr viel Feingefühl für die Bestimmung von Schwachstellen, was sich in der Regel über längere Zeiträume hinweg verbessert. So haben Nachuntersuchungen ergeben, daß die Qualität der Berichte seit einigen Jahren eingesetzten Berichtssystemen mit der Zeit immer besser wurden. Erschwerend und zugleich hemmend, was die Bereitschaft der Berichterstattung betrifft, ist die Tatsache, daß niemand gern über seine Schwächen oder Fehlhandlungen berichtet. Dem wird dadurch Rechnung getragen, daß die Berichte freiwillig sind und gleichzeitig Anonymität garantieren. Die Berichtlegung erfolgt in der Regel zunächst formfrei. 2) Auswahl Da nicht alle Ereignisse von Bedeutung oder bereits bekannt sind, müssen im nächsten Schritt die für eine weitere Analyse interessanten Berichte herausgefiltert werden. Die Anzahl der verwertbaren und nicht verwertbaren Berichte steht in einem direkten Zusammenhang mit der Entdeckung. Werden Mitarbeiter motiviert und geschult, läßt sich die Zahl der nicht verwertbaren Berichte sicherlich senken. Die Auswahl der weiterzuverarbeitenden Berichte sollte dabei von einem Experten erfolgen. Experte bedeutet in diesem Zusammenhang, daß diese Person über entsprechende fachliche Qualifikation verfügt, um die Beinahe-Ereignisse beurteilen zu können. 3) Beschreibung Für die ausgewählten Berichte erfolgt in einem dritten Schritt eine ausführliche Beschreibung und Analyse durch einen Experten. Die erneute Beschreibung soll die von unterschiedlichen Personen berichteten Beinahe-Ereignisse in eine einheitliche Form bringen. Es erfolgt eine Standardisierung der Berichte. Zusätzlich sollten eine tiefergehende Ursachenanalyse durchgeführt und Gegenmaßnahmen erarbeitet werden, falls diese im Bericht nicht enthalten waren. 4) Klassifikation Um dem Management einen schnellen und gezielten Zugriff auf Daten von BeinaheEreignissen durch das Berichtssystem zu ermöglichen, müssen die Beinahe-Ereignisse klassifiziert werden. Eine Klassifizierung kann dabei beispielsweise nach den Funktionsbereichen eines Unternehmens oder nach der Art des Fehlers (technische oder 153

Berichtssystem menschliche Fehler) vorgenommen werden. Ereignisse können dabei auch mehreren Klassen zugeordnet werden. Allgemeingültige Klassifikationen lassen sich nicht angeben. Diese sind vom Ziel und Zweck des Berichtssystems abhängig und müssen im jeweiligen Fall individuell bestimmt werden. 5) Berechnung Nachdem die Beinahe-Ereignisse bestimmten Klassen zugeordnet wurden, sollte das Berichtssystem in der Lage sein, statistische Auswertungen vorzunehmen. Hierzu ist es erforderlich, daß das Berichtssystem über eine Datenbank verfugt. Durch den fortlaufenden Aufbau einer Datenbank können Problemmuster und typische Schwachstellen aufgedeckt werden. Bei der Berechnung geht es nicht um einzelne Ereignisse, sondern um nicht auf den ersten Blick zu erkennende in der Organisation latent vorhandene Ursachen. 6) Interpretation und Implementierung Nachdem Problemmuster und Schwachstellen mit Hilfe der statistischen Auswertung identifiziert wurden, müssen sie so interpretiert werden, daß Einflußfaktoren gefunden werden, mit denen Verbesserungen innerhalb des Unternehmens vorgenommen werden können. Diese abgeleiteten Maßnahmen müssen anschließend implementiert werden. Die Reaktion bzw. Rückmeldung auf die bereitwillig abgefaßten Berichte ist dabei ein wichtiges Instrument zur Motivation der Mitarbeiter, weiterhin Berichte zu schreiben. Wenn Personen, die mehrmals bereitwillig Berichte abgefaßt haben, sehen, daß keine Maßnahmen zur Änderung ergriffen werden, wird es sicherlich ihre Bereitschaft senken, weiterhin Berichte abzufassen. Entschließt sich ein Management fur die Einfuhrung eines Beinahe Berichtssystems, muß es gleichzeitig akzeptieren, daß es auf die Berichte in irgendeiner Art und Weise reagieren muß. 7) Monitoring Im Anschluß an die Implementierung der Verbesserungsvorschläge sollte deren Überprüfung auf Wirksamkeit und Effektivität überprüft werden. Dies ist in der Praxis ein häufig vernachlässigtes Modul. D.h., in der Zeit nach der Implementierung sollte sich die Auftretenshäufigkeit der gefundenen Probleme und Schwachstellen verändern. Die aus dem Monitoring gemachten Erfahrungen sollten schließlich Eingang bei der zukünftigen Entdeckung von Beinahe-Ereignissen finden. Damit schließen sich die sieben Module eines Berichtssystem zu einem Kreislauf, der dafür sorgen soll, daß sich das Berichtssystem kontinuierlich verbessert und weiterentwickelt. 154

Berichtssystem Diese besonders hervorgehobene Rückkoppelung zwischen Monitoring und Entdeckung ist sicher nicht die einzige, die ein Beinahe Berichtssystem enthalten sollte. So müssen z.B. ebenso die Auswahl, die Beschreibung, das Klassifikationsmodell oder die Berechnungsmethode kontinuierlich auf ihre Wirksamkeit geprüft und gegebenenfalls verändert werden. Zwischen den einzelnen Modulen des Berichtssystems müssen daher weitere geeignete Feedbackschleifen konzipiert werden.

Ein Berichtssystem für Beinahe-Ereignisse kann nach van der Schaaf (1991) drei unterschiedlichen Zwecken dienen. Es kann zu qualitativen Einsichten fuhren (Modelling), es kann zu quantitativen Einsichten führen (Monitoring) oder es kann zur Aufrechterhaltung der Wachsamkeit (Motivation) verwendet werden.

Beim Modelling geht es darum, Erkenntnisse über neue Beinahe-Ereignisse zu gewinnen. Zu diesem Zweck werden aus den Berichten nur bisher nicht aufgetretene Beinahe-Ereignisse ausgewählt, die dann detailliert beschrieben und analysiert werden. Aus ihnen sollen neue Erkenntnisse gewonnen und Maßnahmen abgeleitet werden. Aufgrund ihrer Neuheit und Einmaligkeit sind jedoch keine statistischen Auswertungen möglich. Statt dessen werden die einzelnen Ereignisse genau betrachtet, um neue Wege zur Verbesserung eines Unternehmens zu finden.

Beim Monitoring werden Beinahe-Ereignisse anhand einer vorhandenen Klassifikation von auslösenden Faktoren und Ursachen mit Hilfe einer Datenbank statistisch ausgewertet. Anhand dieser Auswertung wird die Zweckmäßigkeit bestimmter Maßnahmen überprüft. Der Aspekt der Motivation ist mehr ein Nebeneffekt des Berichtssystems, da er laufend daran erinnert, sicher zu handeln und neue Schwachstellen und Probleme aufzudecken. Er verdeutlicht, daß die Abwesenheit von Unfällen, Störfällen oder Zwischenfällen keinesfalls ein perfekt funktionierendes Unternehmen impliziert.

155

Berichtssystem 5.3.5 Zusammenfassung Geschichtlich betrachtet können Berichtssysteme als Vorläufer moderner Informationssysteme angesehen werden. Ausgelöst durch den Störfall im Kernkraftwerk Tschernobyl, den Zwischenfall im Chemieunternehmen Hoechst oder den Untergang des Fährschiffes Estonia, wurde eine neue Art von Berichtssystemen entwickelt. Diese neueren Berichtssysteme können als eine spezielle Form von Informationssystemen bezeichnet und computergestützt eingesetzt werden. Eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten nach bereits eingetretenen Stör- und Unfällen und zunehmende Haftung des Managements für deren Ursachen führt dazu, daß verstärkt BeinaheEreignis Berichtssysteme etabliert werden. Die größere Häufigkeit, mit der BeinaheEreignisse auftreten, und deren geringere Auswirkungen sind ebenfalls Gründe für die Einfuhrung solcher Berichtssysteme. Seit einigen Jahren werden sie mit Erfolg im Flugverkehr und zum Teil in der Chemieindustrie eingesetzt. Das bekannteste Berichtssystem für Beinahe-Ereignisse, das inzwischen zahlreiche Nachahmungen gefunden hat, ist das Aviation Safety Reporting System (ASRS). Das ASRS wird von der NASA (National Aeronautics and Space Administration) und dem Batteile Institut als unabhängige Institution im Auftrag der zivilen Luftfahrtbehörde der USA (Federal Aviation Administration, FAA) betrieben. In der Chemieindustrie ist es vor allem die Firma Dow Chemical, die durch die Einführung eines Berichtssystems für Beinahe-Ereignisse positive Erfolge aufweisen kann. In ähnlicher Form werden in nahezu allen Bereichen der Industrie sogenannte Verbesserungsvorschlagssysteme eingerichtet, die eine ähnliche Bedeutung haben. Bedingt durch die großen technologischen Fortschritte der Informations- und Kommunikationstechnologie, werden diese Berichtssysteme in naher Zukunft verstärkt Berücksichtigung finden.

156

Berichtssystem Vertiefungsliteratur: Blohm, H., Berichtssysteme. In E. Grochla (Hrsg.), Handwörterbuch der Organisation, Stuttgart, 1980, S. 315-320. Birk, S., Berichtssysteme, München, 1991. Fank, M. & Wilpert, B., Weiterentwicklung der Erfassung und Auswertung von meldepflichtigen Vorkommnissen und sonstigen registrierten Ereignissen beim Betrieb von Kernkraftwerken hinsichtlich menschlichen Fehlverhaltens, In R., Gersinska, R., Hennig & B., Kociok (Hrsg.), Drittes Expertengespräch zum BMU/BfS-Konzept „MenschMaschine-Wechselwirkung in Kernkraftwerken, BfS-KT-7/94, Salzgitter, 1994, S. 2543. Schaaf, T.W. van der, A Framework for Designing Near Miss Management Systems, In T.W. van der Schaaf, D.A., Lucas & A. Haie (Hrsg.), Near Miss Reporting as a Safety Tool, Oxford, 1991, S. 27-34.

Kontrollfragen: 1) Wodurch unterscheidet sich ein Informationssystem von einem Berichtssystem? 2) Welche Fragen bestimmen das Modell eines Berichtssystems? 3) Warum gewinnen Berichtssysteme insbesondere in Industrien mit hohem Gefahrdungspotential zunehmend an Bedeutung? 4) Was bedeutet ein proaktives Berichtssystem? 5) Aus welchen Modulen besteht das Phasenmodell eines Berichtssystems?

157

Management des Faktors Information

159

Management des Faktors Information

6 Management des Faktors Information 6.1 Einleitung Eine Umfrage von Top-Managern europäischer und US-amerikanischer Unternehmen Ende 1989 zur Beurteilung der Bedeutung und des Nutzens der Informations- und Kommunikationstechnologie durch die Zeitschrift „Computerworld" ergab folgendes Bild (Müller-Ettrich, 1993): • Verschlingt viele Ressourcen, die nur schwer kontrollierbar sind • Bislang erhoffte Erwartungen sind nicht eingetreten • Paßt nicht in die Unternehmensstrategie

Diese zum Teil doch sehr erschreckende und ernüchternde Einschätzung seitens der Manager hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert. In den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ist unverkennbar ein wichtiger Erfolgsfaktor zu sehen. Die Entwicklung der Informationstechnik hat heute ein Stadium erreicht, in der sie Marktbeziehungen stark beeinflußt, also Marktchancen eröffnet oder aber das Unternehmen im Wettbewerb zurücksetzt, wenn diese Chancen nicht genutzt werden. Zwei Beispiele für solche Entwicklungen sind im Bankbereich das Electronic Banking die Entstehung von Datenautobahnen, wobei „Internet" in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung und Interesse gewonnen hat, sowie die Anbindung von Lieferanten an eigene DV-Systeme, was unter dem Schlagwort JIT (Just in Time) bekannt wurde. Die Liste der Beispiele könnte noch beliebig fortgesetzt werden. Nicht nur die Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien fuhren zu einer zunehmenden Bedeutung des Informationsmanagements. Es sind vielmehr auch die in Unternehmen bestehenden Probleme, die verstärkt nach einem Informationsmanagement verlangen. Unternehmen sind einerseits weitgehend von EDV durchdrungen, andererseits sind die eingesetzten Techniken oft nicht geeignet, eine harmonische und integrierte unternehmensweite EDV zu betreiben. Dies hat zur Folge, daß zum einen unerledigte Entwicklungswünsche (Anwendungsstau) und zum anderen mehrfach vorhandene Daten (Redundanzen) vorliegen. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Informationsmanagements für alle Unternehmen stellt sich die Frage, was genau unter Informationsmanagement zu verstehen ist. Die erste Definition stammt von Rauh (1990) und besagt folgendes:

160

Management des Faktors Information „Das Informationsmanagement soll die Datenverarbeitung eines Unternehmens so gestalten und verwalten, daß deren Elemente harmonisch aufeinander abgestimmt und miteinander verbunden sind und die Marktstellung des Unternehmens optimal gefördert wird. Dazu ist es nötig, innerhalb der strategischen Unternehmensplanung auch die Datenverarbeitung zu planen. " (Rauh, 1990, S. 23) Informationsmanagement wird in diesem Zusammenhang als eine Art Weiterentwicklung der klassischen Informationsverarbeitung angesehen. Eine ähnliche Sicht vertritt auch MüllerEttrich

(1993), der unterschiedliche

Entwicklungsstufen der

Informationsverarbeitung

aufzeigt. Informationsmanagement, eine Entwicklung der neunziger Jahre, ist demzufolge eine Weiterentwicklung des Datenmanagements der achtziger Jahre. Eine etwas andere Definition gibt Heinrich (1992): „ Mit dem Konstrukt Informationsmanagement wird also das Leitungshandeln (Management) in einer Betriebswirtschaft in bezug auf Information und Kommunikation bezeichnet, folglich alle Führungsaufgaben, die sich mit Information und Kommunikation in der Betriebswirtschaft befassen. " (Heinrich, 1992, S. 8) Der Begriff Informationsmanagement setzt sich demzufolge aus den beiden Begriffen Information und Management zusammen. Dabei bildet das Informationsmanagement einen spezifischen Ausschnitt der Managementaufgaben, nämlich diejenigen, die sich mit Information und Kommunikation befassen. Die Funktionen des Informationsmanagements sind analog zu denen des Managements Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Kontrolle. Etwas konkreter formulieren Zahn & Rüttler (1990) die Aufgaben des Informationsmanagements: „In dieser Interpretation umfaßt Informationsmanagement die systematische Planung, Gestaltung, Koordination und Kontrolle aller Informationsaktivitäten eines Unternehmens mit dem letztendlichen Ziel, den Unternehmenserfolg nachhaltig zu steigern. " (Zahn & Rüttler, 1990; S. 9) Die Definitionen von Heinrich (1992) und Zahn & Rüttler (1990) beinhalten die wesentlichen Elemente, die den Begriff Informationsmanagement für den weiteren Verlauf dieses Buches treffend kennzeichnen. Informationsmanagement beinhaltet die Aufgaben, die für Planung, Gestaltung, Organisation, Koordination und Kontrolle der Information und Kommunikation in einem Unternehmen wichtig sind. Dabei besteht das Ziel des Informationsmanagements in der Unterstützung der Unternehmensstrategie, auf die sie abgestimmt sein muß.

161

Management des Faktors Information Die Aufgaben der Koordination und Kontrolle bestehen u.a. in der Entwicklung von integrierten Konzepten, die sich aufgrund der Querschnittsfunktion des Informationsmanagements ergeben. Das Thema Organisation betrifft zum einen die Eingliederung des Informationsmanagements in eine bestehende Organisation und zum anderen die Organisation der Abteilung Informationsmanagement an sich. Gegenstand der Gestaltung ist die individuelle Informationsversorgung, wie auch die Gestaltung von Informationssystemen. Ein bislang nicht behandelter Bereich ist die Planungsaufgabe eines Informationsmanagements. Der Frage: „Was ist Planung eigentlich?" soll im folgenden kurz nachgegangen werden. Planung wird meist mit Zukunftsdenken gleichgesetzt. D.h., daß bei der Planung die Zukunft zu berücksichtigen ist. Mit Hilfe der Planung soll die Zukunft besser kontrolliert werden können. Kirsch (1985) erklärt den Begriff Planung durch folgenden Spruch: „ Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum. " (Kirsch, 1985, S. 59) Der Grundgedanke ist dabei, daß man aus Irrtümern lernen kann. Die Marktchancen, die in der Informationstechnik stecken, könnten besser genutzt werden, wenn das Auffinden von Ideen nicht dem Zufall überlassen würde. Der Einsatz der Informationstechnik sollte methodisch geplant werden, was sowohl die Informationsverarbeitung als auch die übrigen Bereiche des Unternehmens einschließt. Planung ist demzufolge ein systematischer formalisierter Prozeß der Erkenntnis und Lösung von Zukunftsproblemen (Mintzberg, 1995). Dabei ist man auch durch Planung nicht vor Irrtümern gewappnet. Planung bedeutet, daß mit dem zur Verfugung stehenden Wissen versucht wird, Pläne aufzustellen, und diese im Laufe der Zeit auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung steht immer im Zusammenhang mit Kontrolle und Steuerung. Innerhalb der Planung unterscheidet man hinsichtlich des Zeithorizonts bzw. der Tragweite der Planung und den mit ihr verbundenen Entscheidungen unterschiedlicher Planungsarten. Im weiteren Verlauf wird zwischen strategischer, operativer und administrativer Planung des Informationsmanagement unterschieden (Hildebrand, 1995, Biethahn, Mucksch & Ruf, 1994, Heinrich, 1992, Rauh, 1990).

162

Management des Faktors Information Strategische Planung Sie ist mit Entscheidungen verbunden, die das Unternehmen auf lange Zeit festlegen. Es sind grundlegende Entscheidungen, welche die Richtung bestimmen und unternehmensweit gültige, langfristig wirksame Voraussetzungen für die Gestaltung des Informationsmanagements schaffen. Strategische Planung fixiert den zukünftigen Sollzustand und bildet einen Rahmen für adäquate Maßnahmen. Ihre Durchführung erfolgt meist in Form von Projekten. Aktionsfelder: • Situationsanalyse, d.h. die Bestimmung der strategischen Rolle des Faktors Information für ein Unternehmen. Fragen nach dem Leistungs- und Erfolgspotential von Informationen stehen im Vordergrund. Leistungspotential ist eine Größe zum Bestimmen des Beitrags der Informationsfunktion zur Erreichung der strategischen Unternehmensziele. Erfolgspotentiale bezeichnet man als die Gesamtheit der Auswirkungen aller Erfolgsfaktoren des Informationssystems. Das Leistungspotential der Informationsfunktion kann also in Unternehmenserfolg umgesetzt werden (Heinrich, 1992) • Analyse der unternehmensinternen und -externen Bedeutung des Faktors Information • Festlegen der Ziele und Strategien, an denen sich die Planung orientiert • Erarbeiten strategischer Maßnahmen

Administrative Planung Während sich strategische Planung primär mit dem Auffinden zukünftiger Potentiale beschäftigt, besteht die Aufgabe der administrativen Planung in der besseren Ausnutzung der im Unternehmen vorhandenen Potentiale. Sie umfaßt auch die Überwachung und Steuerung aller Komponenten der Informationsinfrastruktur. Die Durchführung der administrativen Planung des Informationsmanagements schafft die Voraussetzungen für die Nutzung der Informationssysteme und der Informationsversorgung auf der operativen Aufgabenebene. Aktionsfelder sind: • Überwachung und Steuerung der Projekte aus der strategischen Planung • Integration der bestehenden Informationssysteme • Pflege und Weiterentwicklung des Bestandes von Anwendungssystemen (Hard- und Software) • Schaffen und Aufrechterhalten der Sicherheit der Informationssysteme

163

Management des Faktors Information Operative Planung Sie erfordert schnelle Entscheidungen, die natürlich auch geplant sein müssen, die jedoch eher kurzfristig angelegt sind. Diese Ebene befaßt sich mit der Nutzung der im Unternehmen vorhandenen Informationen. Die Durchführung der operativen Aufgabe ist gleichbedeutend mit der Produktion von Information und Kommunikation. Aktionsfelder sind: • Versorgung der Mitarbeiter mit relevanten Informationen • Produktives Betreiben der Informationssysteme, insbesondere des Rechenzentrums, der Netze, der Kommunikationsinfrastruktur • Erkennen und Beseitigen jeder Art von Störung in der Informationsversorgung

In den folgenden Abschnitten werden fur das strategische, administrative und das operative Informationsmanagement ausgewählte Methoden, Ansätze und Konzepte aufgezeigt, die bei einem umfassenden ganzheitlichen Informationsmanagement zum Einsatz kommen können.

6.2 Strategisches Informationsmanagement Die strategischen Aufgaben des Informationsmanagements sind mit Entscheidungen verbunden, die das Unternehmen auf lange Zeit festlegen. Langfristig bedeutet in diesem Zusammenhang nicht eine Extrapolation der Unternehmensdaten auf lange Sicht. Es betrifft vielmehr die grundlegenden Entscheidungen, die die Richtung bestimmen. Sie schaffen unternehmensweit gültige, langfristig wirksame Voraussetzungen fur die Gestaltung des Informationsmanagements. Nach Steinmann & Schreyögg (1991) sollen Strategien die beiden folgenden Fragen beantworten: • In welchen Geschäftsfeldern soll das Unternehmen tätig sein? • Wie soll der Wettbewerb in den Geschäftsfeldern bestritten werden?

Während die erste Frage Antwort gibt, welches die vom Unternehmen zu vertreibenden Produkte sind, beantwortet die zweite Frage, mit welchen Maßnahmen und Konzepten den Wettbewerbern dieser Produkte begegnet wird. Um diese beiden Fragen umfassend beantworten zu können, müssen eine Reihe weiterer Analysen getätigt werden. In einem ersten Schritt geht es also darum, eine Situationsanalyse durchzufuhren. 164

Management

des Faktors

Information

6.2.1 Situationsanalyse Unter einer Situationsanalyse wird die systematische Durchleuchtung des Sachverhalts zu Beginn einer Planungstätigkeit verstanden. Der Zweck einer Situationsanalyse ist, den für das Unternehmen relevanten Bereich transparenter zu machen. Im Rahmen des Informationsmanagements geht es darum, die strategische Rolle der Informationsfunktion zu bestimmen und die inner- und außerbetrieblichen Bedingungen fur die Umsetzung des Leistungspotentials der Informationsfunktion in Erfolgspotentiale zu erkunden (Heinrich, 1992). Informationsfunktion bezeichnet die Aufgaben einer Betriebswirtschaft, welche sich mit Information und Kommunikation als wirtschaftliches Gut (Produktionsfaktor) befassen (Heinrich, 1992).

*+

Η

Unterhaltungselektronik Sony, Philips, Matsushita, Sharp, Toshiba

+ + + + τ+

>' IPÜ

Büroelektronik

Informationsinhalt

Kodak, Xerox, Canon, Motorola, Intel, Hughes

CBS, 3 DO, Disney, Time Warner, Viacom, Nintendo

Digitaler Highway AT&T, MCI, British Telecom, Baby Beils, McCaw, TCI '•-'•'s Computersysteme IBM, NEC, Siemens, Alcatel, DEC, Apple, Hewlett-Packard, Hitachi, Fujitsu

Informationstechnologie-Services Computer Sciences, Cap Sogetti, Anderson Consulting, EDS e ι

Abb. 35:

Die Entwicklung

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Betriebssysteme und Anwendungen

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Microsoft, Lotus, Electronic Arts, Computer Associates, Oracle

-|1||1

des digitalen Raums (Hamel & Prahald, 1995, S. 73)

Bei der Durchführung einer Situationsanalyse ist es wichtig zu unterscheiden, in welcher Branche ein Unternehmen tätig ist. Nicht alle Branchen sind gleich stark strukturiert, d.h., in einigen Branchen sind die Wettbewerbsregeln klarer, die Grenzen der Branche besser erkennbar, der technologische Wandel leichter vorherzusagen, und die Kundenbedürfnisse sind besser bestimmbar (Hamel & Prahalad, 1995).

165

Management des Faktors Information Zum einen gibt es die klassischen Branchen wie Maschinenbau, Chemie und Banken etc., in denen Informationsmanagement eine unterstützende Funktion ausübt. Zum anderen hat sich in den letzten Jahren eine eigenständige Branche fur Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt. Hamel & Prahalad (1995) sprechen in diesem Zusammenhang von der Digitalindustrie. Diese Industrie kann grob in sieben mehr oder weniger klar voneinander trennbare Untergruppen eingeteilt werden. Diese Einteilung wird gemeinhin von Wirtschaftsmagazinen und Unternehmensberatungen verwendet, auch wenn einige wenige Firmen wie z.B. AT & Τ in mehreren Untergruppen vertreten sind. Das Besondere dieser Branche ist, daß der technologische Wandel schwer bestimmbar, die Kundenbedürfnisse noch unklar und die Grenzen der Branche nicht klar sichtbar sind. Eine Situationsanalyse für Unternehmen dieses Bereichs durchzuführen ist deutlich schwieriger und erfordert andere Vorgehensweisen. Industrien mit klar definierten Märkten können auf eine Reihe nützlicher Instrumente wie Strukturanalyse, Analyse der Wettbewerbskräfte und Wertschöpfungskette zurückgreifen. Die neuen Märkte der digitalen Branche bieten hingegen bislang noch nicht ausgeschöpfte Potentiale, was eine Reihe von Unternehmen veranlaßt hat, sich in jüngster Vergangenheit verstärkt in diesen Bereichen zu engagieren. Die weiteren Ausführungen gelten nur im begrenzten Umfang für diese Branche, aufgrund ihrer Sonderstellung und weil es für sie bislang wenig ausgereifte Konzepte gibt. Für eine erste grobe Einschätzung der Bedeutung von Information kann die VierFeldertypologie von McFarlan & McKenney (1983) verwendet werden. In dieser Typologie wird zwischen der gegenwärtigen und der zukünftigen Rolle der Information unterschieden.

Die vier Typen lassen sich wie folgt beschreiben:

Unterstützung Unterstützung bedeutet, daß Informationen gegenwärtig und in Zukunft nur eine geringe Bedeutung für ein Unternehmen haben. Der Stellenwert des Informationsmanagements ist demzufolge eher gering. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien finden überwiegend dort ihren Einsatz, wo es um Rationalisierungen oder Kosteneinsparungen geht. Informationen, die durch das Informationsmanagement bereitgestellt werden, betreffen primär die Sicherstellung der täglichen Informationsversorgung der Mitarbeiter. Das Informationsmanagement konzentriert sich demzufolge auf operative Aufgaben.

166

Management des Faktors Information

hoch

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Durchbruch

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Unterstützung

Fabrik

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niedrig niedrig

hoch

Gegenwärtige Rolle der Information

Abb. 36:

Die strategische Rolle der Information (nach McFarland & McKenney, 1983, aus Heinrich, 1992, S. 111)

Fabrik Hier hat Information zwar gegenwärtig eine große Bedeutung für den Erfolg eines Unternehmens, sie wird aber in Zukunft abnehmen. Einsatzmöglichkeiten neuerer technologischer Entwicklungen stehen nicht im Vordergrund. Die Hauptaufgabe des Informationsmanagements besteht in der Optimierung der vorhandenen Informationsversorgung. Dazu zählt z.B. Integration bestehender Informationssysteme, Sicherheit der Informationssysteme und bessere und schnellere Verteilung der zur Verfugung stehenden Informationen. Strategische Aufgaben haben hier eine geringere Bedeutung.

Durchbruch Die Rolle der Information hat hier gegenwärtig nur eine geringe Bedeutung, welche aber in der Zukunft stark zunimmt. Daraus resultiert ein höherer Stellenwert der strategischen Aufgaben des Informationsmanagements. Beobachtung der Mitbewerber und Verfolgung der technologischen Entwicklungen gehören zu den wichtigsten Aufgaben. Bei der Anschaffung computergestützter Informationssysteme ist darauf zu achten, daß diese auch den zukünftigen Entwicklungen genügen. 167

Management des Faktors Information Waffe Der Faktor Information hat sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft eine große Bedeutung. Der Erfolg bzw. das Überleben eines Unternehmens wird in hohem Maße durch den Faktor Information bestimmt. Unternehmen, die sich in dieser Situation befinden, müssen dem Informationsmanagement einen hohen Stellenwert einräumen. Die Aufgaben des Informationsmanagements umfassen dabei strategische, administrative und operative Aufgaben.

Bereits diese grobe Einteilung bzgl. der Rolle der Information fur ein Unternehmen und seine Branche hat eine Reihe weiterer grundlegender Entscheidungen zur Folge, wie z.B.: • Art und Umfang der Aufgaben, die durch das Informationsmanagement wahrgenommen werden • Personelle Besetzung des Informationsmanagements •

Organisatorische Einbindung und Aufbau der Abteilung Informationsmanagement

• Gestaltung der computergestützten Informationssysteme

Wichtig ist, daß die Rolle der Information, d.h. die Funktion, die Information in einem Unternehmen ausübt, und die bereitgestellten Informationssysteme in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen. Erst hierdurch ist die Wirksamkeit der Informationsversorgung in einem Unternehmen sichergestellt, d.h., es werden alle Informationen ausgeschöpft mit maximaler Wirtschaftlichkeit der Informationssysteme, d.h. mit minimalen Kosten.

Der Einsatz und die Nutzung von Informationen und Informationssystemen zielt letztendlich immer darauf ab, Wettbewerbsvorteile zu erringen. Neben der

Situationsanalyse ist es

wichtig, sich mit den Kräften des Wettbewerbs und deren Bedeutung fur das Informationsmanagement zu beschäftigen.

6.2.2 Wettbewerbskräfte In diesem und dem nächsten Abschnitt wird analysiert, welche Bedeutung Information im Wettbewerb hat und wo angesetzt werden kann, die Informationsversorgung zu verbessern. Hierzu werden die Umweltfaktoren analysiert und auf ihre Bedeutung für den Unternehmenserfolg untersucht. 168

Management des Faktors Information Als Wettbewerb bezeichnet man den Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen, die auf dem gleichen Markt tätig sind. Im vorangegangenen Abschnitt über Situationsanalyse wurden bereits einige Wettbewerbsfaktoren angesprochen. Dabei wird die Intensität und Stärke des Wettbewerbs durch folgende Faktoren beeinflußt: •

Branche

• Größe der Unternehmen •

Produktangebote



Marktanteile

• Zahl der Mitbewerber

Diese Faktoren müssen nicht immer klar erkennbar sein und können sich im Laufe der Zeit ändern, was ihre Bestimmung erschwert. Dies trifft für die Digitalindustrie zu. Die Analyse der Wettbewerbsumwelt erfolgt hier in Anlehnung an Porter (1984). Porter unterscheidet fünf Kräfte des Wettbewerbs, die eine Branche bestimmen. Branche bezeichnet dabei eine Gruppe von Unternehmen, die Produkte herstellen, welche sich gegenseitig nahezu ersetzen können (Porter, 1984). Die Kräfte sind: • Gefahr des Markteintritts neuer Konkurrenten • Gefahr vor Ersatzprodukten • Verhandlungsstärke der Lieferanten • Verhandlungsstärke der Abnehmer • Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern

169

Management des Faktors Information

Potentielle neue Konkurrenten Bedrohung durch neue Konkurrenten

\/

r

Wettbewerber in der Branche

Abnehmer

Lieferanten Verhandlungsstärke der Lieferanten

Verhandlungsstärke der Abnehmer

Rivalität unter den bestehenden Unternehmen Á

/\

Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste

Ersatzprodukt

Abb. 37:

Wettbewerbskräfte (Porter, 1984, S. 26)

Gefahr des Markteintritts neuer Konkurrenten Durch den Eintritt neuer Marktteilnehmer werden die Kapazitäten bzw. das Angebot erhöht. Sinkende Preise und steigender Kostendruck sind meist die Folge. Die Gefahr des Markteintritts neuer Konkurrenten wird im wesentlichen durch die Eintrittsbarrieren bestimmt. Markteintrittsbarrieren können Betriebsgrößenersparnisse, Produktdifferenzierung, Kapitalbedarf, Umstellungskosten und Zugang zu Vertriebskanälen sein (Porter, 1984). Aufgabe eines strategischen Informationsmanagements ist also, Informationen über die Eintrittsbarrieren bereitzustellen, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen einleiten zu können (Hildebrand, 1995). Durch den Besitz von Informationen bzw. durch den Einsatz von Informationssystemen ist es z.T. sogar möglich, Eintrittsbarrieren aufzubauen. Der Besitz von Know-how über bestimmte Produkttechnologien kann einen Informationsvorteil darstellen, der die Markteintrittsbarrieren erhöht. In einigen Geschäftszweigen wurde beobachtet, daß die Stückkosten eines Produkts in

Management des Faktors Information dem Maße sanken, wie das Unternehmen Erfahrung in Produktion, Vertrieb oder Logistik sammelte. Dieses Wissen kann ebenfalls als Informationsvorsprung zur Erhöhung der Eintrittsbarrieren umgesetzt werden.

Gefahr durch Ersatzprodukte Von Ersatzprodukten spricht man dann, wenn fur den Käufer durch andere Produkte der gleiche Bedarf abgedeckt wird. Der Gefahr von Ersatzprodukten unterliegen alle Unternehmen. Ein klassisches Beispiel dazu sind Schreibmaschinen, die durch das Aufkommen der Personal Computer und deren Einsatz als Textverarbeitungssysteme, weitgehend ersetzt worden sind. Gerade die jüngsten Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologie stellen viele Produkte vor die Gefahr, durch Ersatzprodukte ersetzt zu werden. So werben bereits einige Computerhersteller damit, daß die neuen Multimedia Computer Produkte wie Videorecorder, Fernseher, CD-Player, Terminplaner, Diktiergerät, Fax-Gerät oder Fotoalben überflüssig machen werden. Das Besondere der Entwicklungen im Informations- und Kommunikationsbereich ist, daß eine Reihe von Produkten gleichzeitig der Gefahr ausgesetzt ist, ersetzt zu werden. Der zunehmende Einsatz dieser Technologien wird aber auch die Märkte vollkommen verändern, ein weiterer Beleg, daß diese Branche in der Zukunft eine Sonderstellung einnehmen wird und neue Analysetechniken erforderlich sind.

Verhandlungsstärke der Abnehmer Die Verhandlungsstärke der Abnehmer wird durch eine Reihe von Faktoren bestimmt, wie z.B. Preisempfindlichkeit der Abnehmer, Zahl der Abnehmer, Informationsstand der Abnehmer oder Rückwärtsintegration. Zur stärkeren Bindung der Abnehmer an ein Unternehmen werden vermehrt computergestützte Informationssysteme eingeführt, mit dem Ziel die Abnehmer besser und umfassender zu informieren. Hierzu zählen Konzepte wie z.B. das Data Warehouse. In einer speziellen Informationsdatenbank werden Datenbanken, Archive und andere Quellen zusammengefaßt. Data Warehouse vereinigt unterschiedliche Datenbestände in einer eigenen Datenbank. Dies erfordert eine sehr große Speicherkapazität. Mindestvoraussetzung sind mehrere hundert Gigabyte. Von Unternehmen werden immer mehr Kundeninformationen genutzt, um zielgruppenspezifische Angebote unterbreiten zu können. Hier sind es u.a. die Kreditkartengesellschaften, die Informationen über ihre Kunden dazu nutzen, ihnen spezifische Zusatzleistungen anzubieten. Geschäftskunden, die beispielsweise ihre Kreditkarte

171

Management des Faktors Information überwiegend für Flüge und Hotels verwenden, erhalten zusätzliche Dienstleistungsangebote für Flug- und Hotelbuchungen oder vergünstigte Angebote von der Kreditkartengesellschaft. Das Ziel besteht darin, durch den Einsatz von Informationssystemen den Kunden stärker an ein Unternehmen zu binden. Aufgabe des strategischen Informationsmanagements ist es, diese Möglichkeiten zu analysieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

Verhandlungsstärke der Lieferanten Lieferanten können ihre Stärke z.B. dadurch ausspielen, daß sie drohen, die Preise zu erhöhen (Porter, 1984). Hier verhält es sich genau umgekehrt zu den Abnehmern, da hier das Unternehmen selbst Abnehmer ist. Das Unternehmen kann versuchen, einige wenige Lieferanten mit einem großen Auftragsvolumen an sich zu binden, so daß wiederum die Lieferanten in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen stehen, oder das Unternehmen verteilt sein Auftragsvolumen auf viele Lieferanten. Dies setzt jedoch voraus, daß das Unternehmen über ausreichend Informationen verfugt, welche Lieferanten hierfür in Betracht gezogen werden können. Aufgabe des strategischen Informationsmanagements ist es, die Informationen über Lieferanten bereitzustellen.

Konkurrenz unter den bestehenden Wettbewerbern Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern gibt es immer. Jedes Unternehmen versucht, durch Preiskämpfe, Einführung neuer Produkte, Kostensenkung oder durch die Einführung von Service- und Zusatzleistungen seine Position gegenüber den Mitbewerbern zu verbessern. Informationen über die von der Konkurrenz eingesetzten oder angestrebten Veränderungen sind für jedes Unternehmen von größter Wichtigkeit. Sind die oben genannten Maßnahmen in einer Branche weitgehend ausgereizt, gewinnt der Faktor Information zunehmend an Bedeutung. In dieser Situation können Informationssysteme, die beispielsweise zur Differenzierung der Produkte beitragen, eine strategisch wichtige Bedeutung bekommen (Hildebrand, 1995).

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß der Faktor Information in allen fünf Wettbewerbskräften zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dabei spielen computergestützte Informationssysteme, vor allem in strategischer Hinsicht, eine wichtige Rolle. Um das gegenwärtige Erfolgspotential eines bestehenden Informationssystems einschätzen zu können, ist eine Analyse unerläßlich. D.h., die Stärken und Schwächen eines Informationssystems müssen im Hinblick auf ihre strategische Bedeutung und Wirkung bzgl. der fünf Wettbewerbskräfte analysiert 172

Management des Faktors Information werden. Die Analyse des Istzustandes kann nach den Komponenten des Informationssystems, welche im Kapitel Informationssystem behandelt wurden, durchgeführt werden (Heinrich, 1992): • Datensysteme: Architektur, Aktualität, Qualität, Sicherheit • Methodensystem: Funktionalität, Schnittstellen • Ressourcen: Personal, Hardware, Software, finanzielle Mittel • Strukturorganisation und Ablauforganisation: Gliederung und Einordnung der Informationssysteme in das Gesamtunternehmen

6.2.3 Wertkette Bei der Wertkette handelt es sich um eine unternehmensinterne

Betrachtungsweise

(Unternehmensanalyse) der wichtigsten strategischen Aktivitäten eines Unternehmens. Das zentrale Moment fur den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ist sein Verhalten im Wettbewerb. Die Schaffung und Erhaltung von Vorteilen gegenüber Mitbewerbern im Sinne von Erfolgspotentialen steht daher im Mittelpunkt der strategischen Betrachtung. Mit Hilfe der Wertkette von Porter (1989) kann ein Unternehmen in neun strategisch relevante Tätigkeitsbereiche eingeteilt werden. Die Wertkette ist ein Analyseinstrument zur systematischen Aufgliederung der Aktivitäten eines Unternehmens und deren Wechselbeziehungen. Dies ist notwendig um die Ursprünge von Wettbewerbsvorteilen zu analysieren. Die Zielsetzung von Porter (1989) besteht darin, Erkenntnisse über das Kostenverhalten und bestehende oder potentielle Quellen für eine Differenzierung zu gewinnen. Die Wertkette eines Unternehmens, d.h. die Kette der Leistungen innerhalb der Wertschöpfungsprozesse, wird in einzelne Wertbausteine gegliedert, die ebenfalls Gegenstand einer detaillierten Betrachtung sind. Die Kette der Leistungsbausteine wird dabei nicht isoliert betrachtet. Sie ist vielmehr eingebettet in einen großen Verbund des Wertsystems, welches letztendlich ausschlaggebend für den Erfolg eines Unternehmens ist. Dazu gehören die Wertketten der Lieferanten, wo vorgelagerte Werte entstehen, und die Wertkette der Vertriebskanäle, wo nachgelagerte Werte entstehen. Ein wichtiges Merkmal im Vergleich von Leistungsketten ist der Umfang der Leistungsbausteine eines Unternehmens im Bezug zur Gesamtbranche. Porter unterscheidet zwischen Primärbausteinen (Primäre Aktivitäten), die direkt den Prozeß der Leistungserstellung betreffen, und flankierenden Bausteinen (Sekundäre Aktivitäten) mit Unterstützungsfunktion (Porter, 1989). Die primären und sekundären Aktivitäten stellen den Gesamtwert 173

Management des Faktors Information (Marktwert) eines Unternehmens dar. Darüber hinaus enthält die Wertkette eine Gewinnspanne, die sich als Differenz aus dem Gesamtwert (Marktwert) und den Kosten der Wertaktivitäten ergibt. Ein Unternehmen erwirtschaftet dann eine Gewinnspanne, wenn die Wertschöpfung über den Kosten fur die Erstellung der Produkte liegt.

Zu den primären Leistungsbausteinen gehören: •

Eingangslogistik Hierzu zählen Aktivitäten des Empfangs, der Lagerung und der Verteilung von Roh-, Hilfs- und Betriebsmitteln.



Transformation Sie beinhaltet alle Aktivitäten der Produktion einschließlich der Qualitätsprüfung.

• Marketing und Vertrieb Hierzu zählen Aktivitäten wie Preisgestaltung, Werbung oder Vertriebsorganisation. •

Ausgangslogistik Aushändigung der Ware, Transport der Ware und Auftragsabwicklung sind typische Aktivitäten dieses Leistungsbausteins.



Kundendienst Hierzu zählen alle Serviceleistungen die seitens des Unternehmens den Kunden angeboten werden wie Reparatur, Instandhaltung, Schulung oder Installation.

Zu den sekundären Aktivitäten, die fur die Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig sind, zählen: • Infrastruktur des Unternehmens Rechnungswesen, Unternehmensfuhrung, Unternehmensplanung, Finanzierung oder Öffentlichkeitsarbeit sind typische Aktivitäten dieses Bausteins. •

Personalwesen Dies betrifft alle Aktivitäten des Produktionsfaktors Arbeit, wie Personaleinstellung, Arbeitsentgeld und Aus- und Weiterbildung.

• Technische Entwicklung Sie bezieht sich nicht nur auf den Einsatz von Technologien bei der Produktion, wie z.B. die Verfahrenstechnik. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien gehört ebenfalls zu diesem Baustein.

174

Management des Faktors Information • Beschaffung Hierzu zählen der Einkauf von Rohstoffen, Maschinen, Lizenzen und Informationssystemen.

Das Personalwesen, die technische Entwicklung und die Beschaffung stellen Aktivitäten dar, die sich nur auf einzelne primäre Aktivitäten oder auf die ganze Kette beziehen können. Eine Sonderstellung nimmt die Infrastruktur des Unternehmens ein. Sie steht in keiner direkten Verbindung zu den primären Aktivitäten und umfaßt die gesamte Wertkette. Zwar ist dieser Ansatz nicht ganz ohne Kritik geblieben und die Auswahl der neun Bausteine ist zumindest aus theoretischer Sicht nicht unbedingt zwingend, aber dieses Analyseinstrument eignet sich recht gut als strategische Checkliste fur eine Unternehmensanalyse, die nun unter dem Aspekt Information näher betrachtet werden soll.

Abb. 38:

Durchdringung der Wertkette mit Informationstechnik

(aus Porter & Miliar,

1986, S. 29) Die strategische Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnik liegt darin begründet, daß sie die Wertkette an jedem Punkt durchdringt und zwischen den einzelnen Aktivitäten bestehende Verkettungen verändert. Jede Wertschöpfungsaktivität in einem Unternehmen besteht sowohl aus einer physischen- als auch einer Informationskomponente. 175

Management des Faktors Information D.h., jede Aktivität verwendet und schafft Informationen (Hildebrand, 1995). In der Logistik sind dies Liefertermine für eine pünktliche Lieferung. Die Produktion benötigt Informationen über die Anzahl und Art der zu erstellenden Produkte oder Dienstleistungen. Das Marketing benötigt Informationen über das Kaufverhalten der Kunden. Die externe Logistik benötigt die fur die Auftragsabwicklungen notwendigen Informationen, wie beispielsweise die Kundenbonität oder Zahlungsgewohnheiten. Im Kundendienst werden Informationen über die Serviceanforderungen benötigt, um Termine mit den Kunden abstimmen zu können. Die Beschaffung benötigt Informationen über die Art und Anzahl der benötigten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. Im Rahmen der technischen Entwicklung werden Informationen über die sich bereits im Einsatz befindenden Verfahrenstechniken benötigt. Das Personalwesen braucht Informationen über die Art und Anzahl der einzusetzenden Mitarbeiter. Die Infrastruktur schließlich benötigt Informationen wie z.B. den Deckungsbeitrag, der für die Führung und Steuerung eines Unternehmens wichtig ist. Die Informations- und Kommunikationstechnik kann dabei in allen neun Bereichen der Wertschöpfung eingesetzt werden, um Wettbewerbsvorteile zu erringen. Mit dem Ausbau der Informations- und Kommunikationstechnologie wird primär bei den Wertaktivitäten angesetzt, in denen hohe Wertschöpfungspotentiale liegen und wo deutliche Beiträge zur Kostensenkung oder Differenzierung möglich erscheinen. Dabei wird berücksichtigt, daß zwischen den Wertaktivitäten der Wertkette eines Unternehmens (z.B. zwischen den Kunden und Lieferanten eines Vertriebsweges) Schnittstellen (Verknüpfungen) bestehen. Gerade diese Schnittstellen ermöglichen es häufig, Wettbewerbsvorteile zu erringen.

Zum besseren Verständnis werden im folgenden am Beispiel von Kundeninformationssystemen die Einsatzmöglichkeiten und deren zukünftige Bedeutung aufgezeigt. Eine Befragung von Link & Hildebrand (1994) der 198 wichtigsten Unternehmen des Investitions-, Konsumgüter- und Dienstleistungsbereichs ergab, daß 97% bereits Kundeninformationssysteme einsetzen oder dies in naher Zukunft tun werden. Spitzenreiter im Einsatz sind Versicherungen und Versandhandel. Kundeninformationssysteme können nach Link & Hildebrand (1995) zum einen in Marketing, auf der Basis von Kundendatenbanken (Database Marketing), und computergestützte Verkaufsförderung (Computer Aided Selling), eingeteilt werden. Database Marketing bedeutet, daß Kundeninformationen zu Bedürfnissen sowie Kaufmotive und Nachfragepotentiale in einem computergestützten Informationssystem erfaßt werden und damit die Voraussetzung für ein zielgruppenspezifisches Marketing liefern. 176

Management des Faktors Information Für den Bereich Verkauf gibt es computergestützte Systeme zu allen Phasen eines Verkaufprozesses, von der Phase der Verkaufsvorbereitung über den eigentlichen Verkauf, bis hin zur Nachverkaufsphase (Link & Hildebrand, 1995). Personen, die sich beispielsweise eine Kücheneinrichtung kaufen möchten, können in Fachgeschäften ihre zukünftige Küche, entsprechend den zur Verfugung stehenden räumlichen Maßen, am Bildschirm selbst gestalten und betrachten. Wer eine neue Frisur ausprobieren möchte, kann dies in ausgewählten Friseurgeschäften zunächst am Bildschirm tun, wobei die Grundlage der eigene eingescante Kopf bildet. Diese schon sehr ausgereiften Systeme reichen bis hin zum Erstellen eines Eigenheims am Bildschirm nach eigenen Vorstellungen und Wünschen (Link & Hildebrand, 1995). Zu den computergestützten Verkaufssystemen zählen auch elektronische Produktkataloge, die auf Diskette oder CD-ROM für Kunden zum Teil kostenlos bereitgestellt werden. Sie ermöglichen eine zuverlässige, schnelle und gezielte Auswahl der gewünschten Produkte oder Dienstleistungen. So bietet die Deutsche Bahn seit mehreren Jahren ihren Fahrplan und das Kursbuch auf elektronischen Datenträgern an. Aber auch Versandhäuser setzen immer stärker elektronische Produktkataloge ein. Eine weitere Entwicklung sind Präsentationen auf elektronischen Datenträgern. Sie ermöglichen die Visualisierung von Produkten und Produktinformationen in Gestalt von Text, Grafiken, Bildern und Videosequenzen (Link & Hildebrand, 1995). Diese Technik wird bislang vor allem von der Automobilindustrie bei der Einfuhrung neuer Modelle eingesetzt, wird jedoch in naher Zukunft auch in anderen Bereichen weite Verbreitung finden.

Immer stärker bestehen auch die Produkte an sich aus einer Informationskomponente, auf die kurz eingegangen werden soll (Porter & Miliar, 1986). Die Informationskomponente enthält alles, was der Kunde wissen muß, um das Produkt nutzen und verstehen zu können. Hierzu zählen Leistungsmerkmale, Bedienung und Anwendung. Neue Informationstechnologien machen es möglich, einem Produkt immer mehr Informationen mit auf den Weg zu geben, wodurch die Leistungsfähigkeit der Produkte verbessert wird. So wurde z.B. durch die Einfuhrung von Show View das Programmieren von Fernsehsendungen auf Video deutlich vereinfacht. Videorecorder und Show View übernehmen automatisch alle Schritte der Programmierung, die bislang vom Anwender mühevoll und einzeln ausgeführt werden mußten. Ein anderes Beispiel bietet die Ausbreitung elektronischer Kontrollen und Navigationsinstrumente in Kraftfahrzeugen, die den Autofahrern neuartige Informationen anbieten und das Autofahren vereinfachen sollen. Private Paketdienste können aufgrund moderner Infor177

Management des Faktors Information mationssysteme jederzeit ihren Kunden Auskunft geben, wo sich ein aufgegebenes Paket befindet bzw. ob es bereits ausgeliefert wurde. Der Extremfall sind Produkte, die nur noch aus einer Informationskomponente, wie z.B. Kundendaten, Firmendaten oder Börsenkurse bestehen (Hildebrand, 1995).

Die Möglichkeiten, mittels moderner Informationstechnologien Wettbewerbsvorteile zu erringen, sind derart vielfaltig, daß hier nur ein kleiner Ausschnitt wiedergegeben werden konnte. Sicherlich sind sie in jenen Branchen höher, in denen die Informationskomponente, wie z.B. bei Banken und Versicherungen, eine große Rolle spielt. Der Einsatz von Informationstechnologien wird aber auch durch die im jeweiligen Unternehmen vorherrschende Unternehmenspolitik bestimmt, auf die im folgenden näher eingegangen wird.

6.2.4 Unternehmenspolitik Unternehmenspolitik ist ein großer Teilbereich der Betriebswirtschaftslehre, der sich mit dem Treffen von Entscheidungen grundsätzlicher Art beschäftigt (Staehle, 1991). Diese Grundsatzentscheidungen sind dadurch gekennzeichnet, daß sie langfristige Gültigkeit besitzen, eher allgemeingültigen Charakter haben und von der obersten Geschäftsführung getroffen werden. Ihren Niederschlag finden diese Entscheidungen in Kompetenzaussagen, Unternehmensgrundsätzen oder Leitbildern. Mit Hilfe von Kompetenzaussagen wird versucht, nach außen bestimmte Gedanken zu vermitteln. In der Automobilindustrie sind dies Aussagen wie „Freude am Fahren" (BMW), „Vorsprung durch Technik" (Audi), oder „Ihr guter Stern auf deutschen Straßen" (Daimler Benz). Aussagen dieser Art bringen die Positionierung eines Unternehmens in seinem Umfeld zum Ausdruck. Unternehmensgrundsätze enthalten Aussagen, die das Innenverhältnis eines Unternehmens, hinsichtlich Zweck und Tätigkeitsbereich, regeln. Sie regeln das Verhältnis zwischen Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Kapitalgebern und geben Auskunft über den Verantwortungsbereich eines Unternehmens. Sehr bekannte Grundsätze „Basic Believes" sind von IBM und enthalten Aussagen wie: „Dienst am Kunden", „Hervorragende Qualität ist das Kennzeichen des Unternehmens" oder „Achtung vor den Rechten und der Würde jedes Menschen". Diese Grundsätze hören sich zunächst recht trivial an und haben keinen konkreten Hand-

178

Management des Faktors Information lungsbezug. Wichtig ist aber, daß sie auch mit Inhalten und Handlungen gefüllt werden. Watson begründet solche Grundsätze wie folgt: „ Ich glaube, daß jede Organisation, um zu überleben und Erfolg zu erzielen, feste Grundsätze haben muß, auf die sie ihre Politik und ihr Handeln begründet. .. mit anderen Worten, die Philosophie der Geist und der Schwung einer Organisation sind bei weitem bestimmender für ihren relativen Erfolg als technologische und wirtschaftliche Kräfte, Organisationsstruktur, Neuerungen und Zeitwahl. Alle sind nach meiner Ansicht überlagert von der Stärke der Überzeugung, mit der die Menschen in der Organisation an deren Grundsätze glauben, und der Gewissenhaftigkeit, mit der sie nach ihnen handeln. " (Watson, 1968, S. 15 aus Müller Stewens, 1988) Eine dritte Ausdrucksform der Unternehmenspolitik sind Leitbilder. Leitbilder sind eine erweiterte und detailliertere Variante der Unternehmensgrundsätze. Mit der Erarbeitung eines Leitbildes wird der Versuch unternommen, ein bisher nur formiertes Rahmenkonzept der Unternehmenspolitik zu rekonstruieren und Leitlinien für eine bewußte Weiterentwicklung zu setzen. Dabei übernimmt das Leitbild eine Orientierungs-, Motivations- und Legitimationsfunktion. Mögliche Themenbereiche eines Leitbildes können das Leistungsprogramm, wie z.B. die anzubietende Hard- und Software, die Rolle der Technik, wie z.B. die Informationsund Kommunikationstechnik, oder grundsätzliche Aussagen zur Führung und Organisation sein. An den inhaltlichen Themen von Leitbildern wird ersichtlich, welche Bedeutung Unternehmenspolitik für Informationsmanagement hat. Zum einen legt die Unternehmenspolitik den Rahmen fest, innerhalb dessen das Informationsmanagement tätig werden kann, und zum anderen müssen die Tätigkeiten des Informationsmanagements mit den Unternehmensgrundsätzen abgestimmt werden. Ein Verfeinerung bzw. Konkretisierung der Unternehmenspolitik bilden Ziele, die im folgenden Abschnitt näher behandelt werden.

6.2.5 Strategische Zielplanung Auf der Grundlage der Unternehmenspolitik werden in einem zweiten Schritt die Unternehmensziele bzw. die strategischen Ziele des Informationsmanagements festgelegt. Unternehmen werden gegründet, um bestimmte Zwecke und Ziele zu erreichen. Dabei verfolgen sie in der Regel mehrere Ziele gleichzeitig. Man spricht auch von einem Zielsystem (Gutenberg, 1958) bzw. einer Zielhierarchie. Hierzu zählen Gewinnstreben, Effizienz und Liquiditätssiche-

179

Management des Faktors Information rung. Strategische Ziele des Informationsmanagements können nach Heinrich (1992) in Sachziele und Formalziele eingeteilt werden. Strategisches Sachziel des Informationsmanagements ist es, Leistungspotentiale der Informationssysteme bzw. der Informations- und Kommunikationstechnik im Hinblick auf den Untemehmenserfolg zu bestimmen, sowie Erfolgspotentiale zu schaffen. Formalziele beschreiben die Qualität oder Güte, mit der Sachziele erreicht werden sollen. D.h., daß mit Formalzielen das Handeln des Informationsmanagements so geplant, überwacht und gesteuert wird, daß die Informationssysteme bestimmten Anforderungen an Qualität oder Güte gerecht werden.

Die Festlegung der strategischen Ziele kann durch folgende Teilaufgaben erfolgen (Heinrich, 1992): • Festlegen des Zielinhalts, also der Eigenschaften oder Merkmale, mit denen die Qualität oder die Güte geplant, überwacht und gesteuert werden soll • Festlegen des Zielmaßstabs, also der Dimension des Zielinhalts und wie dieser gemessen werden soll (Meßvorschrift) • Festlegen des Ausmaßes der Zielerreichung, also der Qualität des Zielinhalts, der erreicht werden soll • Festlegen des zeitlichen Bezugs der Zielerreichung, also des Zeitraums, in dem das angestrebte Zielausmaß erreicht werden soll

Empirische Untersuchungen haben ergeben, daß die wichtigsten strategischen Formalziele eines Informationsmanagements Sicherheitsstreben, Produktivitätsstreben und Wirtschaftlichkeitsstreben sind (Heinrich, 1992). Sicherheitsstreben kann beispielsweise darin bestehen, Gefahrdungszustände der computergestützten Informationssysteme zu vermeiden bzw. bestehende Gefahrdungszustände zu beseitigen. Sicherheitsstreben kann sich aus übergeordneten Unternehmenszielen ableiten, wie z.B. der Qualitätsverbesserung. Besteht das Ziel seitens des Unternehmens darin, die Produktivität zu steigern, bedeutet dies für das Informationsmanagement, daß durch den Einsatz von Informationssystemen eine Produktivitätssteigerung erzielt werden soll. Das Ziel kann aber auch darin bestehen, die Produktivität der bestehenden Informationssysteme zu verbessern.

180

Management des Faktors Information Ähnlich verhält es sich mit dem Ziel Wirtschaftlichkeitsstreben. Hier wird geprüft, inwieweit die vom Informationsmanagement geplanten Kosten den tatsächlichen Kosten entsprechen (Heinrich, 1992). D.h., die Wirtschaftlichkeit beschreibt die Eigenschaft der Informationssysteme bezüglich der zu verbessernden Kosten- und Leistungssituation. Unternehmensziele und die Ziele des Informationsmanagements, bedürfen zu ihrer Verwirklichung weiterer Konkretisierung. So kann das Ziel, die Sicherheit zu erhöhen, durch unterschiedliche Wege und Maßnahmen erreicht werden. Eine Konkretisierung der Ziele sind Strategien, die im folgenden näher behandelt werden.

6.2.6 Strategien Auf der Basis der Ziele können in einem weiteren Schritt die Strategien bestimmt werden. Strategien bilden die Brücke zwischen strategischen Zielen und strategischen Maßnahmen (Heinrich, 1992). Strategie bezeichnet dabei die Vorgehensweise die bestimmt, was zur Erreichung der strategischen Ziele unternommen werden muß (Heinrich, 1992). Sie enthält keine Details über Maßnahmen und gibt im wesentlichen nur die Richtung an. Auch hier wird zwischen Unternehmensstrategie und Informationsmanagementstrategie unterschieden, die aufeinander aufbauen bzw. untereinander abgestimmt sein müssen.

6.2.6.1 Unternehmensstrategie Durch Abstimmung der Unternehmensziele mit denen des Informationsmanagements wird zwar grundsätzlich eine Verträglichkeit erreicht, die aber auch auf der Ebene der Strategien erfolgen sollte. Ein zusätzlicher Abgleich hat den Vorteil, daß konkret inhaltliche Aussagen überprüft werden. Die Abstimmung mit der Unternehmensstrategie erfolgt hier anhand des Wettbewerbsmodells von Porter (1989), das drei Typen von Wettbewerbsstrategien unterscheidet. Diese sind umfassende Kostenfuhrerschaft, Differenzierung und Konzentration auf Schwerpunkte (Kosten oder Differenzierung).

181

Management des Faktors Information

weit -σ

S •e

Umfassende Kostenführerschaft

Differenzierung

£

£

Konzentration auf Schwerpunkte

£

eng Differenzierung

Kosten Wettbewerbsvorteil

Abb. 39:

Drei Typen von Wettbewerbsstrategien

(Porter, 1984, S. 67)

Die Strategie der Kostenführerschaft verfolgt das Ziel, aufgrund von Erfahrungen und Rationalisierungen, einen Kostenvorteil in einer Branche zu erlangen. Kostenfuhrerschaft erfordert den Aufbau von Produktionsanlagen effizienter Größe und das Ausnutzen von Erfahrungen im Hinblick auf eine Kostensenkung. Die Kontrolle der Kosten richtet sich primär auf variable Kosten und Gemeinkosten. Die Bereiche Forschung & Entwicklung, Kundendienst, Service und andere Bereiche spielen nur eine untergeordnete Rolle (Porter, 1984). Zur Erreichung einer Kostenfuhrerschaft sind meist ein hoher Marktanteil oder andere Vorteile erforderlich, z.B. günstiger Zugang zu Rohstoffen. Hierbei kann Informationsmanagement in vielen Bereichen seinen Beitrag leisten. Voraussetzung ist zunächst, daß die im Unternehmen eingesetzten Informationssysteme wirtschaftlich und kostengünstig eingesetzt werden. Bestimmte Informationssysteme können z.B. Kosten identifizieren. Hierzu zählen Management Informationssysteme mit Controlling Werkzeugen. Aber auch der Einsatz von Informationssystemen an sich kann zu Kostenvorteilen entlang der Wertkette fuhren (Porter & Miliar, 1986). Canon konnte beispielsweise durch die Automatisierung des innerbetrieblichen Lager- und Transportwesens Kostenvorteile erzielen. Die Literatur zum Thema Business Process Reengeneering verdeutlicht sehr ausfuhrlich, welchen Beitrag Informationssysteme zur Rationalisierung und damit zur Kosteneinsparung leisten können (Osterie, 1995).

182

Management des Faktors Information Der zweite Strategietyp Differenzierung besteht darin, ein Produkt oder die Dienstleistung eines Unternehmens zu differenzieren und damit etwas in der Branche Einzigartiges zu schaffen. Die Differenzierung kann sich auf Produkte, Vertrieb, Kundendienst oder Marketing und andere Bereiche der Wertkette beziehen. Diese Einmaligkeit muß aber vom Kunden honoriert werden, d.h., er muß bereit sein, einen hohen Preis fur Produkte oder Dienstleistungen zu bezahlen. Dabei dürfen die Kosten für die Einmaligkeit nicht über dem Zusatzerlös liegen. Auch hier kann der Einsatz von Informationssystemen große Hilfe leisten. Dem privaten Paketdienst UPS gelang es z.B. als erstem, ein weltumspannendes Logistik Informationssystem aufzubauen, das ermöglicht, jederzeit den genauen Aufenthaltsort eines Paketes festzustellen. Hierdurch konnte sich UPS von anderen Paketdiensten differenzieren und Wettbewerbsvorteile erringen.

Die Strategie Konzentration auf Schwerpunkte hat das Ziel, Marktnischen zu besetzen. Nischen können bestimmte Abnehmergruppen, spezielle Produktausprägungen oder geographische Regionen sein. Der Konzentrationsstrategie geht es darum, ein Ziel bevorzugt zu bedienen. Dahinter verbirgt sich der Grundgedanke, daß ein Unternehmen ein eng begrenztes Ziel wirkungsvoller und effizienter erreichen kann als seine Konkurrenten (Porter, 1984). Eine Konzentration führt dazu, daß entweder ein Kostenvorteil oder ein höherer Differenzierungsgrad erreicht wird. So können beispielsweise durch hochentwickelte Produktionssteuerungssysteme individuelle Sonderwünsche der Kunden bei der Fließfertigung berücksichtigt werden (Hildebrand, 1995). Hierzu zählen auch Angebote neuer Informationssysteme, wie z.B. Navigationssysteme, die von der Automobilbranche auf Wunsch bereitgestellt werden.

6.2.6.2 Informationsmanagementstrategie Wettbewerbsstrategien gelten für das gesamte Unternehmen und bedürfen, soweit das Informationsmanagement davon betroffen ist, einer Konkretisierung. Demnach repräsentiert die Informationsmanagementstrategie die Maßnahmen zur Unterstützung der Wettbewerbsstrategie. Informationsmanagementstrategien beziehen sich inhaltlich in der Regel auf einzelne Elemente und Funktionen der Informationssysteme. Hierzu zählen Daten, Anwendungssysteme, Kommunikationswege, Sachmittel wie Hard- und Software und Personal (Heinrich, 1992). Bezüglich der Ausprägung der Informationsmanagementstrategie können nach Szyperski (1981) vier strategische Grundhaltungen unterschieden werden: 183

Management des Faktors Information •

Momentum-Strategic Sie sollte gewählt werden, wenn die installierten und geplanten Informationssysteme einander entsprechen und auch in Zukunft den strategischen Zielen genügen. Grundlegende Änderungen sind nicht zu erwarten, d.h., man kann sich abwartend verhalten. In ihr kommt eine konservative Haltung gegenüber technologischen Entwicklungen zum tragen.

• Aggressive Strategie Sie ist durch das Streben an "vorderster Front" gekennzeichnet. Man ist bemüht, die Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien selbst voranzutreiben, wobei es nicht genügt, technologische Neuerungen nur zu übernehmen. Dies setzt voraus, daß für Neuentwicklungen entsprechende Budgets seitens des Unternehmens bereitgestellt werden. Diese Strategie sollte dann gewählt werden, wenn ein Unternehmen aufgrund der technologischen Entwicklungen in seiner strategischen Position existentiell bedroht ist. • Moderate Strategie Hier stellt sich das Unternehmen den technologischen Entwicklungen im Informationsund Kommunikationsbereich. Aus Sicht des Unternehmens sind die Entwicklungen zwar wichtig, betreffen aber nur Teilaspekte ihrer strategischen Position, so daß sie eher als Mitläufer bezeichnet werden können. Ihren Ausdruck findet diese Strategie, indem Pilotprojekte bzw. strategische Studien durchgeführt werden. • Defensive Strategie Mit dieser strategischen Grundhaltung versucht das Unternehmen, den Einfluß von Informationssystemen zurückzudrängen und Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien zu ignorieren. Diese Strategie kann im Grenzfall destruktiv sein. Das Unternehmen versucht, Wege und Möglichkeiten zurück zu besseren alten Verfahren zu suchen. Dies kann darin begründet liegen, daß bislang schlechte Erfahrungen mit technologischen Neuerungen gemacht wurden.

Die Bestimmung der Inhalte der Strategien, die von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein können, kann sich an folgenden Aspekten orientieren, zu denen die Strategien Stellung beziehen sollten (Heinrich, 1992). • Verhältnis von Mensch und Technik

184

Management des Faktors Information • Art und Umfang der Benutzerbeteiligung • Gestaltung der Arbeitsorganisation • Art und Umfang der Auslagerung • Zu verwendende Software • Verteilung (Zentralisation, Dezentralisation) • Schutz und Sicherheit •

Integration



Standards und Normen

• Verfügbare Budgets und Finanzplanung

6.2.7 Strategische Geschäftseinheiten Eine Strategie bestimmt im wesentlichen die Stoßrichtung eines Unternehmens auf der Basis der strategischen Ziele. Strategische Geschäftseinheiten sind eine Verfeinerung bzw. Konkretisierung der Strategien. Das Analysefeld strategisches Geschäftsfeld bildet den Ausgangspunkt zur Analyse, zum Entwurf und zur Bewertung von Strategien (Trux, Müller & Kirsch, 1985). In einer Studie der Harvard Business School (Aguilar & Hamermesh, 1981) werden die strategischen Geschäftseinheiten wie folgt beschrieben: „Die strategischen Geschäftseinheiten wurden ursprünglich entwickelt, um den Gesamtzusammenhang der Organisation sicherzustellen, und erlaubten zugleich dem Direktor der strategischen Geschäftseinheiten, die Geschäftsstrategie effizient und wettbewerbsmäßig umzusetzen (ohne die Strategien der anderen strategischen Geschäftseinheiten innerhalb des Konzerns zu beeinflussen). Die strategischen Geschäftseinheiten hätten als lebensfähige und absolut erfolgreiche unabhängige Firmen existieren können, jede mit... ihrem eigenen definierten Markt oder Marktsegment. " (Aguilar & Hamermesh, 1981 aus Hax & Majluf 1991, S. 32) Strategische Geschäftseinheiten sind demzufolge das Ergebnis einer Zusammenfassung homogener Produkt/Markt-Kombinationen, die sich in Konkurrenz zu anderen Anbietern an eine klar abgrenzbare Kundengruppe richtet. Ein strategisches Geschäftsfeld entspricht einem möglichst isolierten Ausschnitt des gesamten Betätigungsfeldes eines Unternehmens, für den relativ unabhängige Maßnahmen entwickelt werden können (Trux, Müller & Kirsch, 1985). Kriterien zur Bildung strategischer Geschäftsfelder sind nach Szyperski & Winand (1979): • Es muß eine eigenständige Marktaufgabe vorliegen. D.h., die strategischen Geschäftsfelder müssen untereinander unabhängig sein 185

Management des Faktors Information • Die eigenständige Entwicklung von Maßnahmen erfordert eine klare Abhebung von anderen Produkt/Markt-Kombinationen (Homogenität der strategischen Geschäftseinheiten) und damit auch eine relative Unabhängigkeit der Entscheidungen. • Es müssen eindeutig bestimmbare Konkurrenten vorliegen • Die Erreichbarkeit relativer Wettbewerbsvorteile erfordert, daß Erfolgspotentiale vorliegen • Eigenverantwortliche Entscheidungen über den Ressourceneinsatz müssen getroffen werden können • Ausreichende Managementkompetenz muß existieren

Strategische Geschäftseinheiten werden meist im Zuge der Einrichtung eines PortfolioManagements gebildet. Die Portfoliomethode dient dazu, die Bestimmung der strategischen Verteilung vorhandener Ressourcen auf die zuvor bestimmten strategischen Geschäftseinheiten zu unterstützten. Diese Methode stammt ursprünglich aus dem finanzwirtschaftlichen Bereich, wo es um die optimale Zusammenstellung von Wertpapier-Portfolios fur Investoren ging. Dieser Grundgedanke wurde auch auf Unternehmen übertragen. Hinterhuber (1992) definiert eine Portfolio wie folgt: „ Unter dem Portfolio versteht man die Gesamtheit der Produkte und/oder Dienstleistungen, mit denen sich die Unternehmung zu einem gegebenen Zeitpunkt auf dem Markt präsentiert." (Hinterhuber, 1992, S. 108) Der Ausgangspunkt bildet also die strategischen Geschäftseinheiten. Die bekannteste Portfoliomatrix stammt von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group. Ihre Darstellung beruht auf den beiden Faktoren relativer Marktanteil und Marktwachstum. Der relative Marktanteil wird bestimmt, indem der Umsatz der Geschäftseinheit durch den Umsatz des stärksten Konkurrenten dividiert wird. Ein relativer Marktanteil von zwei bedeutet, daß der Umsatz der Geschäftseinheit doppelt so hoch ist, wie der des stärksten Konkurrenten. Die Marktwachstumsrate wird anhand des Produktlebenszyklusses bestimmt und in Prozentwerten abgetragen. Durch eine Kombination der beiden dichotom skalierten Dimensionen ergibt sich eine Vier-Felder-Matrix (Staehle, 1991).

186

Management des Faktors Information

M A

hoch FRAGEZEICHEN • selektiv vorgehen

R

Κ Τ

STARS • fördern • investieren

w A C H

S

ARME HUNDE • desinvestieren • liquidieren

Τ U M

MELKKÜHE • halten • ernten

niedrig niedrig

hoch

RELATIVER MARKTANTEIL Abb. 40:

Portfolio Matrix der Boston Consulting Group (aus Trux, Müller & Kirsch, 1985, S. 119)

Die Portfoliofelder der Matrix orientieren sich am jeweils zu erwartenden Cash Flow (Gewinn bzw. Erfolgsgrößen). Stars liegen vor, wenn ein hoher Marktanteil bei wachsenden Märkten gegeben ist. Hier entsprechen die Einnahmen den Ausgaben, so daß der Cash Flow ungefähr bei Null liegt. Melkkühe hingegen weisen einen hohen positiven Cash Flow-Wert auf. Mit weiterem Marktwachstum ist hier nicht zu rechnen. Die schlechteste Konstellation bilden die armen Hunde. Hier liegt ein negativer Cash Flow vor. Das vierte Feld wird als Fragezeichen bezeichnet. Hier liegt der Finanzmittelbedarf über dem erzielten Cash Flow. Es handelt sich um bislang nicht genügend genutzte Chancen bei wachsenden Märkten (Hildebrand, 1995). Für jedes der vier Felder werden sogenannte Normstrategien angegeben. Sie erläutern das weitere strategische Vorgehen. In Stars sollte weiter investiert werden, um eine Marktfuhrerschaft zu erreichen. Melkkühe hingegen sollten abgeschöpft werden, aber aufgrund des nicht zu erwartenden Maktwachstums sollte hier in Zukunft nicht weiter investiert werden. Arme Hunde gilt es zu eliminieren, d.h., es sollten Desinvestitionen getätigt werden. Eine Zwischenstellung nehmen die Fragezeichen ein. Hier kann entweder investiert oder desinvestiert werden, was von Fall zu Fall individuell zu entscheiden ist. Die Position der einzelnen 187

Management des Faktors Information Geschäftsfelder können durch Kreise dargestellt werden. Die Größe der Kreise wird dabei durch den Anteil am Gesamtumsatz bestimmt.

M A

hoch

FRAGEZEICHEN Desinvestition

R

Investition

Κ Τ

STARS

Q Investition

W A C H

V A

S

Τ U M

Desinvestition

niedrig

ARME HUNDE niedrig

O MELKKÜHE hoch

RELATIVER MARKTANTEIL Abb. 41:

Beispiel eines Portfolios

Ziel der Portfolio-Analyse ist es, ein ausgewogenes Portfolio aufzustellen. Ausgewogen bedeutet, daß genügend Melkkühe-Geschäftseinheiten vorhanden sind, um Nachwuchsprodukte und Star-Geschäftseinheiten finanzieren zu können. Aufgabe des Informationsmanagements ist dabei, Möglichkeiten aufzuzeigen, inwieweit durch die Informations- und Kommunikationstechnik ein ausgewogeneres Portfolio erreicht werden kann oder inwieweit z.B. aus Fragezeichen mit Hilfe dieser Technologien ein Star oder sogar eine Melkkuh gemacht werden kann. Auch die Informations- und Kommunikationstechnologie eines Unternehmens kann in Form einer Portfoliomatrix dargestellt werden. Hierzu kann das Technologie-Portfolio von Arthur D. Little herangezogen werden. Die beiden Dimensionen bilden die relative Position und die Lebenszyklusphase der Technologien. Die Lebenszyklusphasen werden in Entstehung, Wachstum und Reife unterteilt. Technologien, die sich in der Entstehungsphase befinden, werden nach Arthur D. Little als Schrittmachertechnologien bezeichnet, deren Auswirkung auf das Marktpotential und die Wettbewerbsdynamik sich erst in der Zukunft erkennen lassen.

Management des Faktors Information Technologien, die sich im Wachstum befinden, werden als Schlüsseltechnologien bezeichnet. Sie beeinflussen bereits im gegenwärtigen Stadium die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Als Basistechnologien bezeichnet man die Technologien, die sich in der Reifephase befinden. Sie sind verfugbar und werden von nahezu allen Konkurrenten eingesetzt.

R E L A τ ι V E Τ E C Η Ν O L 0 G 1 E

stark

günstig

Ρ 0 S schwach 1 τ I o N

Abb. 42:

Technologie-Portfolio

i i

fό Entstehung

©

Wachstum

Reife

TECHNOLOGIE-ZYKLUS

(aus Arthur D. Little, 1981)

Das hier dargestellt Technologie-Portfolio ist durch eine starke Position bei BasisTechnologien und eine günstige bzw. schwache Position bei Schlüssel- und Schrittmachertechnologien gekennzeichnet. Die Größe der Kreise entspricht dem Investitionsvolumen der einzelnen Technologien. Dieses Bild deutet auf eine Innovationsschwäche hin, die die zukünftige Stellung im Markt negativ beeinflussen kann. Das technische Informations- und Kommunikationspotential bildet demzufolge die Grundlage der zukünftigen Wettbewerbsstellung im Markt, während der relative Marktanteil der Indikator der gegenwärtigen Stärke eines Unternehmens ist. Hieraus können die Grundstrategien für die Informations- und Kommunikationstechnik abgeleitet werden. Zu den Grundstrategien zählen Eigenentwicklung, Kooperation mit einem Partner, Akquisition von Know-how und Rückzug (Arthur D. Little, o.J.).

189

Management des Faktors

Information

6.2.8 Strategische Maßnahmen Die strategische Maßnahmenplanung ist die letzte Aufgabe bzw. Stufe des strategischen Informationsmanagements. In ihr werden die Maßnahmen zur Gestaltung der Informationsund Kommunikationstechnik bzw. der Informationssysteme und deren strukturelle Einbindung, sowie die dafür erforderlichen Budgets geplant (Heinrich, 1992). Hier werden strategische Überlegungen insoweit konkretisiert, daß administratives und operatives Informationsmanagement in der Lage sind, die vom strategischen Informationsmanagement erarbeiteten Erfolgspotentiale zu realisieren. Strategische Maßnahmen umfassen alle auf die Geschäftseinheiten bezogenen Ziele und strategischen Stoßrichtungen sowie die Aufgliederung in Unterziele und Unterstrategien. Strategische Maßnahmen sind genauer, umfassender und konkreter als die Normstrategie der Portfolio-Positionierung (Kirsch, 1985). Ergebnis der strategischen Maßnahmenplanung ist der Informationsplan. Er besteht in der Regel aus einer Reihe von Teilplänen. Jeder dieser Teilpläne nimmt konkreten Bezug auf folgende Komponenten (Heinrich, 1992): • Technologie-Einsatzplan der Informations- und Kommunikationstechnik. Als Ergebnis können Lücken zwischen Ist- und Soll-Konzeption entdeckt werden, die es zu schließen gilt • Anwendungssystemplan. Hierzu zählen: • Analysieren und Bewerten des Bestands an Anwendungssystemen • Herausfinden von weiteren Anwendungssystemen, durch deren Einfuhrung Wettbewerbsvorteile erreicht werden können • Analysieren und Bewerten von Projektideen und Vergabe von Prioritäten • Organisationsplan (Aufbau- und Ablauforganisation) • Analysieren, inwieweit vorhandene Strukturen ausreichen, oder ggf. neue Stellen gebildet werden müssen • Analysieren der Abläufe von Informationen, d.h., welche Stellen betroffen sind.

Wichtig ist hierbei, den Bedarf an Informationen und die dafür notwendigen Technologien zu ermitteln. Für den Fall, daß Mitarbeiter diese Wünsche nicht verspüren, müssen die Maßnahmen und die daraus abgeleiteten Projekte verworfen werden.

190

Management des Faktors Information Ein Ergebnis der zuvor genannten Pläne könnte sein, daß weitere detailliertere Pläne fur Personal, Daten und Methoden erstellt werden müssen (Personalplan, Datenplan, Methodenplan) (Heinrich, 1992). Mit Hilfe von Teilaufgaben kann eine Vorgehensweise der strategischen Maßnahmenplanung gegeben werden. Heinrich (1992) schlägt folgende Reihenfolge vor: • Feststellung strategischer Lücken Zweck ist es, die Ergebnisse der Istzustandsanalyse mit denen der Ziel- bzw. Strategieanalyse zu vergleichen. Die hierbei ermittelten Lücken bilden den Ausgangspunkt für die Entwicklung von Projektideen. • Generieren von Projektideen Ziel ist die Schließung der Lücken zwischen Ist- und Soll-Zustand des Informationsmanagements. Wichtig ist hierbei die Einbeziehung aller betroffenen Mitarbeiter bzw. Fachabteilungen, da diese am besten in der Lage sind, Defizite bzw. Lücken zu nennen bzw. zu identifizieren. Zudem werden sie diejenigen sein, die die neuen Informationssysteme anwenden werden, so daß auch eine entsprechende Akzeptanz aufgebaut werden soll. Zuletzt gilt es, die Ideen mit der Unternehmensstrategie abzustimmen, was u.U. zum Ausschluß von Projekten führen kann.

Strategische Maßnahmen umfassen letztendlich den Output aller bisher aufgeführten Stufen des Entwicklungsprozesses eines strategischen Informationsmanagements. Sie enthalten Aussagen über Maßnahmen zur Verwirklichung der Strategien und zur Überprüfung von Lücken und deren möglicher Bewältigung. Meist werden diese Maßnahmen in Form von Projekten oder unmittelbar im administrativen oder operativen Geschäft in Angriff genommen.

6.3 Administratives Informationsmanagement Die Entwicklung eines strategischen Informationsmanagements bedeutet auf jeden Fall, daß neben einer groben Skizzierung der strategischen Ziele und der Auflistung von Maßnahmen auch erste Schritte zur Realisierung dieser Ziele unternommen werden müssen. Dies geschieht entweder durch Maßnahmen, die direkt im operativen Geschäft durchgeführt werden können, oder durch die Initiierung von Projekten. Die Umsetzung und Durchführung von Projekten erfolgt auf der administrativen Ebene. Da dies zu den wichtigsten Aufgaben des Informatici

Management des Faktors Information onsmanagements gehört und in der Vergangenheit häufig defizitär behandelt wurde und der Begriff Projektmanagement zudem nicht ausschließlich durch das Informationsmanagement belegt ist, wird das Thema Projektmanagement in einem eigenständigen Kapitel behandelt. Ein zweites wichtiges Aufgabengebiet des administrativen Informationsmanagements besteht in der Übersetzung der strategischen Maßnahmen in operative Aufgaben. Strategisches Informationsmanagement beschäftigt sich primär mit Erfolgspotentialen, die ihren Ausdruck in Indikatoren wie Marktattraktivität oder relativer Wettbewerbsposition finden. Gegenstand des operativen Informationsmanagement sind hingegen Erfolgsgrößen wie Kosten, Aufwand oder Ertrag. Aufgabe des administrativen Informationsmanagements ist es, diese Übersetzung zu leisten.

Dimension

Strategisches IM

Operatives IM

Abstraktionsgrad

hoch

niedrig

Bezugsgröße

Erfolgspotentiale

Erfolgsgrößen

Bezugszeit

eher langfristig

eher kurzfristig

Orientierung

bereichsübergreifend

bereichsspezifisch

Komplexität

hoch

mittel bis gering

Strukturierungsgrad

wenig bis schlecht

mittel bis gut

Art der Information

eher extern orientiert und

eher intern orientiert und

qualitativ

quantitativ

Kontrollierbarkeit

gering

hoch

Managementfahigkeit

kreati v-analyti sch

administrativ-effizient

Abb. 43:

Strukturunterschiede

zwischen strategischem und operativem

Informationsmana-

gement (in Anlehnung an Naumann, 1982, S. 59) Die Inhalte der administrativen Aufgaben des Informationsmanagements lassen sich nach Heinrich (1992) wie folgt unterteilen:

192



Projektmanagement



Sicherheitsmanagement



Datenmanagement



Anwendungsmanagement



Technologiemanagement

Management des Faktors Information •

Personalmanagement



Benutzer-Service



Katastrophenmanagement

Da „Projektmanagement" in einem eigenständigen Kapitel abgehandelt wird und Sicherheitsaspekte bereits im Kapitel „Informationssystem" behandelt wurden, werden diese beiden Punkte an dieser Stelle nicht weiter vertieft.

6.3.1 Datenmanagement Datenmanagement befaßt sich mit dem gesamten Datensystem eines Unternehmens. Szidzek definiert Datenmanagement wie folgt: „ Der Begriff Datenmanagement umfaßt die Administration und die Selektion der relevanten Daten aus der Realwelt sowie deren Modellierung. Neben Datenschutz und Datensicherungsmaßnahmen soll eine kontinuierliche Qualitätskontrolle den bedarfsgerechten Zustand der Daten gewährleisten. " (Szidzek, 1992, S. 307) Die administrative Aufgabe besteht darin, gemeinsam mit der Anwendungsentwicklung Datenbanken zu entwerfen, einzurichten und zu überwachen (Hildebrand, 1995). Oberstes Ziel des Datenmanagements ist die wirtschaftliche Bereitstellung der richtigen Informationen. Nach Heinrich (1992) ergeben sich daraus folgende Teilziele: •

Richtigkeit Die durch das Datenbanksystem bereitgestellten Informationen sollten die Wirklichkeit möglichst genau abbilden. Die Genauigkeit hat sich dabei an den Anforderungen der Aufgabenerfullung und der Wirtschaftlichkeit zu orientieren.



Vollständigkeit Es sollten keine Informationslücken entstehen. Auch die Vollständigkeit orientiert sich an der Wirtschaftlichkeit bzw. an den Anforderungen der Aufgabenerfullung.



Aktualität Veränderungen der Informationen sollen im Datensystem ihren Niederschlag finden, sofern dies für die Aufgabenerfullung notwendig ist, bzw. den Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit entspricht.



Aufgabenadäquanz Informationen müssen den Anforderungen für die Erfüllung der Aufgaben entsprechen. 193

Management des Faktors Information •

Konsistenz Das Datensystem sollte keine sich widersprechenden Informationen enthalten und mehrfach geführte Informationen vermeiden.

Zur Erreichung dieser Teilziele werden folgende Aufgaben vom Datenmanagement durchgeführt (Heinrich, 1992): •

Datenanalyse



Datenbankentwurf

• Organisation der Datenbeschaffung und Datennutzung •

Wartung und Pflege des Datensystems

6.3.2 Anwendungsmanagement Die Aufgabe des Anwendungsmanagements besteht in der Administration, der besseren Nutzung und gegebenenfalls in der Eliminierung der in einem Unternehmen vorhandenen Informationssysteme. Das Anwendungsmanagement hat somit die Aufgabe, jedes Informationssystem während seiner Lebensdauer in seinem Einsatz zu planen, zu überwachen und zu steuern. Grundlage bildet dabei das Lebensphasen-Konzept, das in die Phasen Einfuhrung, Wachstum, Reife und Sättigung eingeteilt werden kann (Heinrich, 1992). Daraus ergibt sich fur jedes Informationssystem eine Glockenkurve.

194

Management des Faktors Information

Indikator (Kennzahl) l ^Einführung Wachstum

Reife

! Sättigung

Zeit

Abb. 44:

Lebenszyklusmodell für Anwendungssysteme

(in Anlehnung an Heinrich, 1992, S.

191) Verschiedene Informationssysteme lassen sich zu einer aggregierten Gesamt-Glockenkruve addieren. Ziel des Anwendungsmanagements ist dabei ein ausgewogener Bestand an Informationssystemen. D.h., es müssen genügend Informationssysteme vorhanden sein, die sich in der Wachstums- und Reifephase befinden und wenige, die sich in der Einführungs- und Sättigungsphase befinden.

195

Management des Faktors Information Der Vorteil des Lebenszykluskonzeptes besteht in der Möglichkeit, Anwendungssytseme in ihrem zeitlichen Verlauf betrachten zu können um so mögliche Lücken leichter erkennen zu können. Nachteilig ist die Bestimmung der jeweiligen Phase eines Anwendungssystems, die sich häufig als nicht einfach erweist. Die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie hat dazu beigetragen, daß viele Systeme, schon bevor sie in die Phase des Wachstums eintreten konnten, bereits durch neue Entwicklungen abgelöst wurden.

6.3.3 Technologiemanagement Aufgabe des Technologiemanagements ist es, auf der Basis des strategischen TechnologiePortfolios, den Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien zu planen und zu realisieren. Die Technologien können nach Heinrich (1992) in Basistechnologien, Schlüsseltechnologien, Schrittmachertechnologien und Zukunftstechnologien untergliedert werden. Als Basistechnologien bezeichnet man diejenigen Technologien, die in der Vergangenheit ein großes Veränderungspotential hatten, inzwischen verfugbar sind und von nahezu allen Konkurrenten eingesetzt werden. Schlüsseltechnologien haben in der Gegenwart ein hohes Veränderungspotential und beeinflussen in diesem Stadium stark die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Als Schrittmachertechnologien bezeichnet man jene Technologien, deren Auswirkung auf das Marktpotential und die Wettbewerbsdynamik in der Zukunft an Bedeutung gewinnt. Technologien von denen man annimmt, daß sie in der Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen werden, wovon es jedoch noch keine konkreten Anhaltspunkte gibt, bezeichnet man als Zukunftstechnologien. Während Entscheidungen bezüglich der Zukunfts- und Schrittmachertechnologien primär dem strategischen Informationsmanagement zugerechnet werden, liegen die Aufgaben des administrativen Technologiemanagements stärker im Bereich der Basis- und Schlüsseltechnologien. Der Umfang der zum Einsatz kommenden Technologien wird zunächst auf der strategischen Ebene bestimmt. Auf administrativer Ebene werden diese grundlegenden Entscheidungen dann präzisiert. So kann z.B. aufgrund von strategischen Überlegungen entschieden werden, daß Individualsoftware eingesetzt werden soll. Auf administrativer Ebene wird aufgrund weiterer Analysen bestimmt, inwieweit diese Individualsoftware durch eigene Mitarbeiter oder durch Dritte entwickelt werden soll. Für den Fall, daß sie durch Dritte erstellt werden soll, obliegt es dem administrativen Informationsmanagement, ein geeignetes Unternehmen 196

Management des Faktors Information zu finden und auszuwählen. Die Aufgaben des administrativen Technologiemanagements umfassen demzufolge alle Entscheidungen über die zum Einsatz kommenden Technologien. Hierzuzählen (Heinrich, 1992): • Die Aufgaben der Informationsfunktion, die durch den Einsatz von Technologien unterstützt werden sollen • Die Art der einzusetzenden Technologie • Der Umfang der einzusetzenden Technologie • Der Zeitpunkt, an dem die Investition getätigt werden soll

Bei der Festlegung der Aufgaben, die durch die Technologie unterstützt werden sollen, wird zum einen von bestehenden Engpässen (Anwendungsstau) und zum anderen vom zukünftigen Bedarf an Anwendungen ausgegangen. Die Art der einzusetzenden Technologie wird zunächst durch die Strategie (z.B. aggressiv oder defensiv) des Informationsmanagements geprägt. Auf dieser Basis werden die Entwicklungen der Technologie beurteilt, und es wird entschieden, welche Technologiearten (z.B. Schrittmachertechnologien) zum Einsatz kommen. Auch der Umfang der einzusetzenden Technologie wird durch die Strategie des Informationsmanagements determiniert. Des weiteren wird der Umfang durch die zur Verfugung stehenden finanziellen Ressourcen festgelegt. Der Zeitpunkt ist sicherlich einer der kritischsten Erfolgsfaktoren bei der Einführung neuer Technologien. Es darf weder zu früh noch zu spät investiert werden. Zu frühe Investitionen bergen meist ein hohes Risiko in sich, während durch eine zu späte Investition mögliche Wettbewerbsvorteile ungenutzt bleiben.

6.3.4 Personalmanagement Die Frage des Personals, die im Rahmen des Informationsmanagements zum Tragen kommt, wird ebenfalls der administrativen Ebene zugeordnet. Heinrich (1992) definiert Personalmanagement wie folgt: „ Personalmanagement ist der Teil des Informationsmanagements, der die Führungsaufgaben der Personalwirtschaft für das Personal umfaßt, das Aufgabenträger für die Planung, Überwachung und Steuerung der Informationsinfrastruktur ist. " (Heinrich, 1992, S. 209) Hierbei handelt es sich um eine sehr weit gefaßte Definition, die neben dem Personal und der Abteilung Informationsmanagement auch alle anderen Mitarbeiter anderer Abteilungen einbezieht, welche von der Abteilung Informationsmanagement betroffen sind. Da es sich 197

Management des Faktors Information beim Informationsmanagement um eine Querschnittsfunktion handelt, sind also nahezu alle Mitarbeiter eines Unternehmens betroffen, die alle mehr oder weniger die bestehenden Informationssysteme eines Unternehmens nutzen. Die Möglichkeit, Aufgaben des Personalmanagements durch das Informationsmanagement ausüben zu können, wird stark durch die Art der Eingliederung des Informationsmanagements in die bestehende Organisation bestimmt. Ungeachtet der Möglichkeiten seitens des Informationsmanagements bzgl. des Personalmanagements werden sich vor allem Personalaufgaben auf die Abteilung Informationsmanagement konzentrieren. Hierzu zählen Mitarbeiter wie Anwendungsprogrammierer, Systemplaner, Datenbankadministrator oder Systemprogrammierer. Zu den wichtigsten Aufgaben des Personalmanagements zählen (Heinrich, 1992, Hildebrand, 1995): •

Personaleinsatz



Personalplanung

• Personalbeschaffung •

Personalentwicklung

• Personal fuhrung

Bevor ein Personaleinsatz vorgenommen werden kann, müssen zuerst die Aufgaben bestimmt werden, die es zu erfüllen gilt. Dies wird in der Organisationslehre als Aufgabenanalyse bezeichnet. Auf der Basis der Aufgabenanalyse werden dann aufgrund der Bündelung von Aufgaben Stellen gebildet. Stellen können dabei von einer oder von mehreren Personen besetzt werden. Die Zusammenfassung von Aufgaben zu Stellen wird als Aufgabensynthese bezeichnet. Ergebnisse der Stellenbildung werden meist in Form von Stellenbeschreibungen dokumentiert. Parallel hierzu kann der Personalbestand in quantitativer (Anzahl der zur Verfugung stehenden Mitarbeiter) und qualitativer (Qualifikation und Einsatzmöglichkeiten der Mitarbeiter) Hinsicht ermittelt werden. Auf der Basis der Stellenbildung und der Erfassung des Personalbestandes kann der Personaleinsatz bestimmt werden. Er regelt die Zuordnung der Mitarbeiter zu den Stellen. Dabei können Engpässe auftreten, weil für die Erfüllung der Aufgaben nicht ausreichend Personal in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht zur Verfugung steht. Durch eine Personalplanung kann dies vermieden werden. Personalplanung sollte jedoch nicht erst dann zum Tragen kommen, wenn bereits Lücken bestehen, sondern es sollte mit ihrer Hilfe der zukünftige Personalbedarf ermittelt werden. Dies gilt sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. 198

Management des Faktors Information Ist ein Engpaß entstanden, d.h., der Personal-Istbestand ist kleiner als der PersonalSollbestand, und die Anpassung kann nicht durch Mitarbeiter des Unternehmens gedeckt werden, muß Personal von außen, d.h. auf dem Arbeitsmarkt, beschafft werden. Personalbeschaffung erfolgt häufig von außen, aufgrund der schnellen Änderungen der Informationsund Kommunikationstechnologie Möglicherweise kann der Engpaß aber auch durch Aus- und Weiterbildung vorhandener Mitarbeiter behoben werden. Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung werden der Personalentwicklung zugerechnet. Sie verbessert die Qualifikation der Mitarbeiter auf der Grundlage eines systematisch ermittelten Ausbildungsbedarfs (Heinrich, 1992). Die Verbesserung der Qualifikation orientiert sich an den zu erreichenden strategischen Zielen. Personalführung, ein weiterer Aufgabenbereich des Personalmanagements, dient der Koordination der Arbeitsaufteilung und bestimmt das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen (Hildebrand, 1995). Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Informationsund Kommunikationstechnologien und der sich daraus ergebenden Ausweitung der Abteilung Informationsmanagement werden Führungsaufgaben immer wichtiger. Hierzu zählt auch die Motivation der Mitarbeiter. So berichtet Lehner (1990) in einer empirischen Studie zur Motivation und Zufriedenheit von Mitarbeitern einer Informationsmanagementabteilung, daß die Mehrheit ihre Arbeit als hochinteressant einstuft. Schlecht hingegen werden Aufstiegschancen beurteilt. Hier sahen nur 15% der Befragten eine positive Chance für ihre Karrierentwicklungsmöglichkeiten. Da die Aufgaben der Abteilung Informationsmanagement immer wichtiger für den Unternehmenserfolg werden, sind neue Konzepte fur die Personalentwicklung dieser Mitarbeiter erforderlich. Nur so kann es für den Managementnachwuchs interessant sein, sich in diesen Bereichen stärker zu engagieren.

6.3.5 Benutzer-Service Alle Aufgaben, die vom Informationsmanagement wahrgenommen werden, fuhren letztendlich dazu, daß ihre Produkte und Dienstleitungen von anderen Mitarbeitern eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang spricht man von Benutzern, Anwendern und Endbenutzern. Der Erfolg der Arbeit des Informationsmanagements wird durch die Akzeptanz und den Einsatz seitens der Benutzer bestimmt. An dieser Stelle geht es primär um die Inhalte der Aufgaben, die dem Informationsmanagement bei der Benutzerbetreuung zukommen. Der BenutzerService dient zur Steigerung der Produktivität seitens der Anwender. Auch hier obliegt es dem 199

Management des Faktors Information administrativen Informationsmanagement Planungs-, Steuerungs- und Überwachungsaufgaben wahrzunehmen. Müller (1987) unterteilt den Benutzer-Service in drei Bereiche: • Hardwarebezogene Aufgaben • Auswahl der Hardware • Analyse des Benutzerverhaltens •

Netzwerkkontrolle

• Beschaffung und Installierung der Hardware • Instandhaltung und Pflege der Hardware • Softwarebezogene Aufgaben • Auswahl der Software (Individual- oder Standardsoftware) • Beschaffung und Installierung der Software • Instandhaltung, Pflege und Modifikation der Software • Anwendungsbezogene Aufgaben • Schulung der Benutzer in der Anwendung • Erstellen von Richtlinien und Anweisungen zur Bedienung der Hard- und Software (z.B. Benutzerhandbuch, Sicherheitsrichtlinien) • Unterstützung der Benutzer bei der Anwendung (z.B. Hot-Line) • Beratung der Benutzer bei der Anwendung

Die Hauptaufgabe des Benutzer-Service ist die Schulung der Benutzer in der Bedienung und Nutzung der Hard- und Software. Die laufenden Kosten für einen Computer-Arbeitsplatz werden hauptsächlich durch Schulung verursacht.

6.3.6 Katastrophenmanagement Der letzte hier zu behandelnde Aufgabenbereich des administrativen Informationsmanagements besteht im Katastrophenmanagement. Es beschäftigt sich mit dem Management von Problemfallen. Zu Problemfällen zählen all jene Ereignisse, bei denen die Schadenshöhe als groß und ihre Eintrittswahrscheinlichkeit als eher gering eingeschätzt wird (Heinrich, 1992). Die Infrastruktur wird dabei so stark beschädigt, daß sie nicht binnen kurzer Zeit wieder zur Verfugung steht. Da Katastrophen weder vorhersehbar sind noch völlig ausgeschlossen werden können, ist es aufgrund ihrer schweren Folgen wichtig, ein Konzept zu erarbeiten, was bei Eintritt einer Katastrophe getan werden kann bzw. sollte. Dabei wird die Szenario-Technik 200

Management des Faktors Information angewendet. Mit ihrer Hilfe werden mögliche Katastrophen gedanklich durchgespielt und dabei Maßnahmen erarbeitet, die die Schadensquote eindämmen sollen. Katastrophen können mit unterschiedlicher Intensität eintreten, von größeren Betriebsstörungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien bis hin zum Totalausfall. Grundlage des Katastrophenmanagements bildet der Totalausfall der Informationsinfrastruktur, von dessen Annahmen Varianten der eingeschränkten Verfügbarkeit abgeleitet werden. Für die unterschiedlichen Arten von Katastrophen werden Maßnahmen zur Bekämpfung und Beseitigung erarbeitet, wobei sich drei Arten von Maßnahmen unterscheiden lassen (Heinrich, 1992): •

Vorsorgemaßnahmen

• Maßnahmen bei Eintritt der Katastrophe • Maßnahmen nach Eintritt der Katastrophe

Bei den Vorsorgemaßnahmen handelt es sich um Maßnahmen die ergriffen werden können bzw. sollten, damit eine Katastrophe verhindert wird, oder zumindest nur in abgeschwächter Form eintritt. Vorbeugende Maßnahmen sind organisatorischer, technischer und personeller Art. Maßnahmen die bei Eintritt einer Katastrophe ergriffen werden sollten, zielen primär darauf ab, den entstandenen Schaden möglichst gering zu halten. Hierzu gehört die Alarmierung von Verantwortlichen und die Rettung von Menschen sowie der Hard- und Software. Maßnahmen die nach dem Eintritt einer Katastrophe ergriffen werden sollten, beziehen sich im wesentlichen auf den Wiederanlauf der Informations- und Kommunikationstechnik. Hier ist das Ziel eine möglichst rasche Verfügbarkeit der Informations- und Kommunikationstechnik. Bei einem Totalausfall sollte sichergestellt sein, daß auf ein Ausweichrechenzentrum zurückgegriffen werden kann. Dies kann durch Fremdversorgung oder durch Einrichtung eines eigenen Ausweichrechenzentrums geschehen. Fremdversorgung heißt in diesem Fall, daß auf ein Ausweichrechenzentrum des Dienstleistungsmarktes zurückgegriffen wird. Bei einem unternehmenseigenen Ausweichrechenzentrum

kann zwischen verschiedenen

Varianten

unterschieden werden. Diese reichen von einem vollwertigen parallel existierenden Rechenzentrum, einem Rechenzentrum mit den Mindestanforderungen bis hin zur einfachen Bereitstellung von bislang nicht installierter Hard- und Software.

201

Management

des Faktors

Information

6.4 Operatives Informationsmanagement Hauptgegenstand des operativen Informationsmanagement ist die unmittelbar erfolgsorientierte Nutzung und Bereitstellung von Informationen in einem Unternehmen bei gleichzeitiger laufender Sicherung der Qualität. Entscheidungen die im Rahmen des operativen Informationsmanagements getroffen werden, sind eher kurzfristiger Natur, erfordern aber dennoch Planung. Die Durchführung der operativen Aufgabe kann gleichbedeutend mit der Produktion von Information und Kommunikation gesetzt werden. Hierzu zählen auch Aufgaben zur Überwachung und Steuerung der im Unternehmen vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik. Während das strategische Informationsmanagement mit der Entdeckung und Entwicklung von Erfolgspotentialen beauftragt ist, geht es im operativen Informationsmanagement darum, Erfolgspotentiale effizient zu nutzen und sie in tatsächliche Erfolge zu verwandeln. Erfolg, Umsatz und Kosten sind demzufolge typische operative Steuerungsgrößen (Gälweiler, 1986). Operatives Informationsmanagement konkretisiert sich inhaltlich nach Heinrich (1992) wie folgt: •

Durch das produktive Betreiben der Informationssysteme, insbesondere des Rechenzentrumsbetriebs (Produktionsmanagement)



Durch das Erkennen und Beseitigen jeder Art von Störung im Produktionsbetrieb (Problemmanagement)

6.4.1

Produktionsmanagement

Rauh (1990) vergleicht das Produktionsmanagement des operativen Informationsmanagements mit der Fertigungssteuerung eines Industriebetriebs und leitet daraus die Aufgaben des Produktionsmanagements

ab. Demzufolge sorgt das Produktionsmanagement

fur eine

ordnungsgemäße, pünktliche und effiziente Informationsproduktion. Hierzu gehört der Betrieb der Hard- und Software, die Ablaufsteuerung der Informationsproduktion, die Optimierung der Leistung und die Zurechnung der Leistung auf die Benutzer. Für eine ordnungsgemäße, pünktliche und effiziente Informationsproduktion ist eine Produktionsplanung und -Steuerung unerläßlich. Hierbei müssen die Anwendungen, unter Beachtung aller Abhängigkeiten von anderen Programmen und Ressourcen, zur richtigen Zeit gestartet und abgeschlossen werden (Rauh, 1990). Voraussetzung hierfür ist die Festlegung des Zeitpunktes, der Reihenfolge und der benötigten Ressourcen, die durch das Produktionsmanagement geplant und gesteuert werden müssen. Der Zeitpunkt legt fest, wann mit der Abarbei202

Management des Faktors Information tung von Aufträgen begonnen werden kann, und die Reihenfolge, in der die Aufträge abgearbeitet werden sollen. Dabei wird zwischen Stapelverarbeitung und Dialogbetrieb unterschieden. Der wesentliche Unterschied ist, daß beim Dialogbetrieb der Benutzer die Durchführung seiner Aufgaben selbst bestimmt (Heinrich, 1992). Die Ressourcen beziehen sich auf die Betriebsmittel, die zur Abarbeitung der Aufträge benötigt werden. Hierzu zählen z.B. Drukkerpapier, Bänder oder Mikrofilme. Neben der Produktionsplanung und -Steuerung stellt das Kapazitätsmanagement eine wichtige Aufgabe des operativen Informationsmanagements dar. Kapazitätsmanagement konzentriert sich zum einen auf die Einhaltung der Kosten und zum anderen auf die Minimierung der Durchlaufzeiten. Ergebnisse des Kapazitätsmanagements sind Aussagen über die maximale Kapazität, den aktuellen Auslastungsgrad und den zu erwartende Auslastungsgrad aufgrund neuer Anwendungssysteme, mögliche oder bestehende Engpässe und Angaben über Kosten und Leistungen beim Betrieb der Informations- und Kommunikationstechnik. Dabei ist es sinnvoll, Kapazitäts- und Kostengrößen zu dokumentieren, um sie dem strategischen Informationsmanagement für seine zukünftigen Aufgaben zur Verfugung stellen zu können. Zu den Kapazitäts- und Kostengrößen zählen die Verfügbarkeit der Informationssysteme, Durchlaufzeiten von Informationen, der Auslastungsgrad, die Höhe der entstandenen Kosten für Wartung und Instandhaltung und die Anzahl und Art der Systemausfalle (Hildebrand, 1995).

6.4.2 Problemmanagement Sicherlich erhofft man sich durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationssysteme, daß sie sich durch problemlosen Betrieb auszeichnen. Als Probleme werden ungeplante Ereignisse der Hard- oder Software bezeichnet, die zu einem Fehler führen können und ihren Niederschlag in der Zuverlässigkeit und/oder Verfügbarkeit der Systeme finden (Heinrich, 1992). Probleme oder Fehler treten im Lebenszyklus einer Technik am Anfang und am Ende verstärkt auf. Am Anfang aufgrund von Qualitätsmängeln bei der Produktion und am Ende aufgrund von Alterungserscheinungen in Form von Materialermüdung bzw. -verschleiß. Probleme, die ungelöst oder unbeachtet bleiben können mitunter zu Katastrophen führen, die es zu vermeiden gilt. Problemmanagement unterteilt sich zum einen in aktives und zum anderen in reaktives Problemmanagement. Reaktiv bedeutet, daß das Problemmanagement erst dann tätig wird, 203

Management des Faktors Information wenn Probleme aufgetreten sind und bereits ein Schaden vorliegt, welcher oft zu Akzeptanzproblemen bei den Benutzern fuhrt. Aktiv bedeutet, daß sich bereits im Vorfeld, d.h., bevor ein Problem auftritt, das Problemmanagement mit potentiellen Problemfeldern beschäftigt und versucht, Schwachstellen aufzuzeigen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Nach Heinrich (1992) ergeben sich hieraus folgende Teilaufgaben des Problemmanagements: • Minimierung von Betriebsstörungen, u.a. durch vorbeugende Maßnahmen • Erarbeitung eines Verfahrens zur Fehlermeldung • Schnellstmögliche Beseitigung sowie Umgehung oder Minimierung eines Fehlers und seiner Auswirkungen • Dokumentation aller Fehler und Störungen

Da Probleme nicht völlig ausgeschlossen werden können, ist es wichtig, daß das Problemmanagement durch eine systematische Vorgehensweise bei der Problembewältigung unterstützt wird. Eine in der Literatur (Heinrich, 1992, Hildebrand, 1995) häufig zitierte Vorgehensweise stammt von der Firma IBM (1988). Hierbei wird das Vorgehen in sechs aufeinander folgende Schritte eingeteilt.

Ausgangspunkt dieses Problemmanagements bildet ein Ereignis in Form eines Problems oder Fehlers. Typische Probleme bzw. Fehler sind Funktionsstörungen in der Hard- oder Software, Leistungsabfälle der Technik und Abweichungen von Standardwerten oder Erwartungen. Diese Probleme sollten zunächst möglichst schnell erkannt werden. Schnelligkeit bedeutet zum einen, den möglichen Schaden einzudämmen, und zum anderen, die Funktionsbereitschaft wiederherstellen zu können. Der Abschnitt Problemerkennung umfaßt auch die Untersuchung von Trends, welche möglicherweise ein zukünftiges Problem erkennen lassen, sowie die Ermittlung von Informationen, mit denen die Existenz von Problemen nachgewiesen werden kann (Heinrich, 1992).

204

Management des Faktors Information

Abb. 46:

Vorgehensweise bei der Problembewältigung

(nach IBM, 1988, aus Heinrich,

1992, S. 252) In einem zweiten Schritt ist auf der Basis der Problemerkennung ein Problembericht anzufertigen. Hierbei ist es wichtig, daß die Berichte nach einheitlichen und klaren Berichtsprozeduren erstellt werden, die möglichst durch ein Formular und eine Anleitung zur Erstellung unterstützt werden (näheres hierzu im Kapitel Berichtswesen). In der Praxis hat sich gezeigt, daß das Vorhandensein einer Meldestelle und eines Problemkoordinators sehr wichtig ist, da sie die einheitliche Gestaltung und Aussagekraft der Berichte gewährleisten. Für den Melder des Problems kann es unter Umständen wichtig sein, daß ihm Anonymität gewährleistet wird.

205

Management des Faktors Information Die Problembestimmung erfolgt als dritter Schritt. Seine Aufgabe ist, Art, Auswirkung und Ausmaß des Problems festzustellen und dessen Ursachen zu bestimmen. Der Umfang der Problembestimmung wird dabei im wesentlichen durch das Ausmaß des Problems bestimmt. IBM (1988) unterscheidet vier Problemebenen: 1) Schnell zu lösende Probleme Hierbei handelt es sich um Probleme, die schnell behoben werden können und unter Umständen auch vom Benutzer oder Benutzer-Service beseitigt werden können. In der Regel handelt es sich um bereits bekannte Probleme. 2) Probleme mit leicht feststellbaren fehlerhaften Systemkomponenten Ihre Ursache ist gut erkennbar und kann innerhalb kurzer Zeit behoben werden. Die Arbeiten werden aber von einem Spezialisten durchgeführt. 3) Schwierige Probleme Ihre Ursachen sind nicht klar erkennbar, und da diese Probleme eher sporadisch auftreten, nimmt die Problemlösung längere Zeit in Anspruch. Eine tiefergehende Ursachenanalyse durch Spezialisten ist meist erforderlich. 4) Sehr schwierige Probleme Hierbei handelt es sich um völlig neuartige Probleme, die derart umfassend sind, daß das verantwortliche Management eingeschaltet werden muß.

Der vierte Schritt Problemumgehung/-behebung befaßt sich mit Maßnahmen zur Wiederherstellung der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Systeme. Hierzu zählen Maßnahmen wie neuer Systemstart, Wiederanlauf der Datenbank oder Umschalten auf Ersatzgeräte (Hildebrand, 1995). Weil die Problemumgehung nur zur vorübergehenden Wiederherstellung geeignet ist, erfolgt eine Lösung des Problems erst durch die Problembehebung. Die eigentliche Problemlösung erfolgt im fünften Schritt. In Abhängigkeit vom Umfang und von der Stärke des Problems muß eine stabile Lösung gefunden und implementiert werden. Bei der Implementierung ist jedoch darauf zu achten, daß durch die Änderung keine neuen Störungen verursacht werden. Den vorläufigen Abschluß bildet der Management-Bericht. Das Management ist darüber zu informieren, welche Maßnahmen zur Problemlösung ergriffen wurden. Die Erkenntnisse der Managementberichte können Eingang in strategische und administrative Überlegungen finden. Inhalte der Berichte sind beispielsweise Aussagen über Zeiten und Gründe für

206

Management des Faktors Information Wiederholungsanläufe,

Störungsarten

und

-häufigkeiten und

den jeweiligen

Status

(Hildebrand, 1995). Letztendlich entscheidet das Management, inwieweit ein Problem als gelöst angesehen wird oder ob erneut das Problemmanagement mit der Aufgabe betraut wird. Managementberichte sind ein wichtiges Steuerungsinstrument für das Management.

6.5 Zusammenfassung Da Informationsmanagement ein junger Bereich der Betriebswirtschaftslehre bzw. der Wirtschaftsinformatik ist, existiert bislang keine anerkannte Systematik der Aufgabenfelder. Im Rahmen dieser Abhandlung wurden die Aufgabengebiete in strategisches, administratives und operatives Informationsmanagement unterschieden, wie es zum Teil auch in der Managementlehre getan wird. Die strategischen Aufgaben des Informationsmanagements sind mit Entscheidungen verbunden, die das Unternehmen auf lange Zeit festlegen. Langfristig bedeutet in diesem Zusammenhang nicht eine Extrapolation der Unternehmensdaten auf lange Sicht. Es betrifft vielmehr die grundlegenden Entscheidungen, die die Richtung bestimmen. Die Entwicklung eines strategischen Informationsmanagements bedeutet auf jeden Fall, daß neben einer groben Skizzierung der strategischen Ziele und der Auflistung von Maßnahmen auch erste Schritte zur Realisierung dieser Ziele unternommen werden müssen. Dies geschieht entweder durch Maßnahmen, die direkt im operativen Geschäft durchgeführt werden können, oder durch die Initiierung von Projekten. Die Umsetzung und Durchführung von Projekten erfolgt auf der administrativen Ebene. Strategisches Informationsmanagement beschäftigt sich primär mit Erfolgspotentialen, die ihren Ausdruck in Indikatoren wie Marktattraktivität oder relativer Wettbewerbsposition finden. Gegenstand des operativen Informationsmanagements sind hingegen Erfolgsgrößen wie Kosten, Aufwand oder Ertrag. Aufgabe des administrativen Informationsmanagements ist es, diese Obersetzung zu leisten. Eine strikte Trennung der Aufgaben in diese drei Ebenen ist jedoch nicht immer möglich. Oft werden die Aufgaben auf allen drei Ebenen durchgeführt, wobei sie sich durch ihren Abstraktionsgrad, d.h. ihre Nähe zum Tagesgeschäft, unterscheiden lassen. Dabei erlangt das strategische Informationsmanagement zunehmend an Bedeutung. Zu sehr beeinflußt der Faktor Information die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen jeder Branche, als das man es außer acht lassen könnte. Bislang existieren nur wenige eigenständige Konzepte und Methoden des strategischen Informationsmanagements. Meist werden bestehende Konzepte der Betriebswirtschaftslehre 207

Management des Faktors Information auf das Informationsmanagement übertragen, wie es auch hier durch die Konzepte von Porter erfolgte. Diese Konzepte bilden erste Anhaltspunkte, die in Zukunft zu validieren und weiterzuentwickeln sind. Durch die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien entsteht eine eigenständige und zukunftsweisende Branche, die für viele Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, sich zu diversifizieren. Jährliche Umsatzwachstumsraten von 50-70%, von denen klassische Branchen nur träumen können, sind keine Seltenheit. Strategische Konzepte, die den Unternehmen bei ihren strategischen Überlegungen behilflich sein können, fehlen jedoch bislang weitgehend. Dieser Tatbestand hat dazu beigetragen, daß sich einige Unternehmen bei ihren Diversifizierungsversuchen deutlich verschätzt haben und ihre Erwartungen nicht eingetreten sind. Hierdurch sehen sich immer mehr Unternehmen veranlaßt, sich beim Aufbau von Kompetenzen im Informations- und Kommunikationsbereich auf Koalitionen zu konzentrieren.

Vertiefungsliteratur: Heinrich, L.J., Informationsmanagement. Planung, Überwachung und Steuerung der Informationsinfrastruktur, 4. Aufl., München, 1992. Hildebrand, K., Informationsmanagement. Wettbewerbsorientierte Informationsverarbeitung, München, 1995. Porter, M.E. & Millar, V.E., Wettbewerbsvorteile durch Information. In Harvardmanager, 1/1986, S. 26-35. Rauh, O., Informationsmanagement im Industriebetrieb. Lehrbuch der Wirtschaftsinformatik auf der Grundlage der integrierten Datenverarbeitung, Berlin, 1990. Szyperski, N., Geplante Antwort der Unternehmung auf den informations- und kommunikationstechnischen Wandel. In E. Frese, P. Schmitz & Szyperski, N. (Hrsg.), Organisation, Planung, Informationssysteme, Stuttgart, 1981, S. 177-195.

208

Management des Faktors Information Kontrollfragen: 1) Was bedeutet strategisches Informationsmanagement? 2) Warum muß zwischen der Branche der Informations- und Kommunikationstechnolgie und den restlichen Branchen unterschieden werden? 3) Welche Rolle spielt Information, wenn sie zu einer strategischen Waffe werden soll? 4) Geben Sie ein Beispiel für Auswirkungen, die durch den Einsatz moderner Informationsund Kommunikationstechnologien entstehen und der Beeinflussung der fünf Wettbewerbskräfte nach Porter dienen. 5) Welche Rolle spielt die Informations- und Kommunikationstechnik innerhalb der Wertkette von Porter? 6) In welchem Zusammenhang stehen Unternehmenspolitik und Informationsmanagement? 7) Welche Rolle spielt die Informations- und Kommunikationstechnik innerhalb der drei Strategietypen von Porter? 8) Was wird in einem Technologie-Portfolio dargestellt, und zu welchem Zweck wird es eingesetzt? 9) Was sind administrative Aufgaben des Informationsmanagements? 10) Was sind operative Aufgaben des Informationsmanagements?

209

Projektmanagement

211

Projektmanagement

7 Projektmanagement Unabhängig davon, wie ein Unternehmen das Informationsmanagement in die Organisation eingegliedert hat, handelt es sich beim Informationsmanagement um eine Querschnittsfunktion. Arbeiten, die vom Informationsmanagement durchgeführt werden, betreffen alle Bereiche und Abteilungen eines Unternehmens. Für ein erfolgreiches Informationsmanagement ist also auch eine Zusammenarbeit mit diesen Bereichen und Abteilungen unerläßlich. Projekte werden initiiert, in denen Mitarbeiter unterschiedlicher Fachabteilungen und Qualifikationen gemeinsam mit dem Informationsmanagement an einer Aufgabenstellung arbeiten. Damit die Zusammenarbeit erfolgreich ist, sollte der Gebrauch von Begriffen und Konventionen für alle Projektbeteiligten klar und verständlich sein. Dies ist oft nicht gegeben, da jedes Projektmitglied gern die Problemstellung vor seinem fachlichen Hintergrund beschreibt, wie die nachstehende Abbildung verdeutlicht.

Wir benötigen ein Kundeninformationssystem

nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BDSG bedeutet dies. Die neue Client Server Architektur benötigt...

Abb, 47:

212

... bedeutet filr die NVK eine Veränderung an der KS

Interdisziplinäre Projektarbeit (in Anlehnung an Mees et. al, ¡993, S. 88)

Projektmanagement Projekte sind keine spezielle Methode des Informationsmanagements. Sie werden für viele Aufgaben in einem Unternehmen eingesetzt. Andererseits werden jedoch viele Aufgaben des Informationsmanagements mit Hilfe von Projekten durchgeführt (Hildebrand, 1995). Die Einführung eines neuen Informationssystems, Management Informationssystems oder Berichtssystems ist komplex und langwierig, so daß es nicht allein vom Informationsmanagement vorgenommen wird. Da die Verwendung und Nutzung der Systeme nicht durch das Informationsmanagement erfolgt, sondern durch die Mitarbeiter der jeweiligen Fachabteilungen, ist es unerläßlich, daß die Betroffenen in die Entwicklung einbezogen werden. Letztendlich kann niemand besser bestimmen welche Inhalte in ein Informationssystem aufgenommen werden sollen, als diejenigen Personen, die dieses System später nutzen sollen. Zusätzlich wird durch die frühe Beteiligung deren Akzeptanz erhöht. Unabhängig davon, in welcher Branche ein Unternehmen tätig ist, bestimmt die Qualität seines Informationsmanagements zunehmend die Qualität des Gesamtunternehmens. Steigende Investitionen und die Gefahr von Fehlinvestitionen haben in der Vergangenheit dazu beigetragen, daß Aufgaben des Informationsmanagements, die unternehmensweite Bedeutung haben, in Projektarbeit durchgeführt werden. Hieraus entsteht die Notwendigkeit, daß die Aufgaben des Informationsmanagements in Form von Projekten organisiert werden müssen, um effizientes Arbeiten zu ermöglichen und Risiken zu mindern (Litke, 1993). Aus den zuvor geschilderten Gründen gewinnt Projektmanagement als Führungsaufgabe des Informationsmanagements bei der Bewältigung von Projekten zunehmend an Bedeutung. Projekte besitzen die Eigenschaft der Interdisziplinarität, Neuartigkeit und Komplexität. Effizientes Projektmanagement sollte dazu beitragen, Entwicklungen überschaubarer zu machen, Problemsituationen rechtzeitig zu erkennen und frühzeitig steuernd Eingriff nehmen zu können. Projekte stellen besondere Anforderungen hinsichtlich Organisation, Planung, Überwachung und Steuerung, was im weiteren Verlauf näher beschrieben wird.

7.1 Projektdefinition Wie bei vielen anderen Begriffen, gibt es auch für den Begriff Projekt, keine allgemeingültige Definition. Zur Annäherung an den Projektbegriff und zum Entwickeln eines Vorverständnisses werden zunächst einige Projektbeispiele angeführt: • Entwicklung und Einführung neuer Informationssysteme (z.B. Management Informationssystem, Auftragsabwicklung, Berichtssystem) 213

Projektmanagement • Weiterentwicklung und Anpassung bestehender Informationssysteme • Integration unterschiedlicher Informationssysteme • Informationsbedarfsanalyse der Mitarbeiter in einem Unternehmen

Versucht man bei den zuvor aufgeführten Beispielen, gemeinsame Eigenschaften zu untersuchen, so könnte man Projekte durch folgende Charakteristika beschreiben (Biethahn, Mucksch & Ruf, 1994): • Zeitlich begrenzt mit definiertem Anfang und Ende • Beteiligung von Personen unterschiedlicher Fachabteilungen (Interdisziplinäres Team) aufgrund der Komplexität der Fragestellung bzw. Aufgabe • Definierte Zielsetzung als Bestandteil der Aufgabenstellung • Außergewöhnliche Aufgabe für das Unternehmen, die meistens eine Neuartigkeit beinhaltet • Große Bedeutung für das Unternehmen, mit gleichzeitigem Risiko in technischer, wirtschaftlicher und zeitlicher Hinsicht

Zur weiteren Einführung hier noch zwei häufig verwendete Definitionen. Schröder (1970) definiert wie folgt: „Als Projekt kann jede Aufgabe bezeichnet werden, die einen definierten Anfang und ein definiertes Ende besitzt, die den Einsatz mehrerer Produktionsfaktoren für jeden der einzelnen, miteinander verbundenen und wechselseitig voneinander abhängigen Teilvorgänge erfordert, die ausgeführt werden müssen, um das dieser Aufgabe vorgegebene Ziel zu erreichen. " (Schröder, 1970, S. 17) Diese Definition läßt einige der zuvor aufgeführten Eigenschaften von Projekten wiedererkennen. Die zweite Definition ist die DIN 69901 : „Ein Projekt ist ein Vorhaben, das im wesentlichen durch eine Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist. " (DIN 69901) Die Einmaligkeit der Bedingungen sind z.B. die Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle und personelle Bedingungen und die Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben. Projekte unterscheiden sich von der täglichen Routinearbeit und müssen dementsprechend nach anderen Gesetzmäßigkeiten behandelt werden. Zusammenfassend läßt sich eine Projekt durch folgende 6 Eigenschaften definieren:

214

Projektmanagement 1) Komplexität Es wird dann von einem Projekt gesprochen, wenn die durchzuführende Aufgabe einen hohen Schwierigkeitsgrad besitzt. 2) Einmaligkeit Die Aufgabe kehrt in der vorliegenden Form nicht mehr wieder oder ihre Wiederkehr ist nicht absehbar oder geplant. 3) Bedeutung Die Aufgabe hat für das Unternehmen und seinen Erfolg einen erkennbaren Einfluß. 4) Zeitbegrenzung Die im Projekt durchzuführende Aufgabe ist keine Daueraufgabe. Sie ist zeitlich befristet mit Anfang und Ende. 5) Umfang Durch die Aufgabe sind verschiedene Bereiche in einem Unternehmen betroffen. 6) Risiko Die Erfüllung der Aufgabe ist mit einer Unsicherheit verbunden, d.h., ihr Ausgang ist ungewiß. Sie kann gelingen oder mißlingen.

Aus den Projekteigenschaften ergeben sich eine Fülle von Anforderungen an das Projektmanagement. Bedingt durch die Forderung nach einem Mindestmaß an Komplexität für das Projekt und die Zusammenarbeit der Projektmitarbeiter unterschiedlicher Disziplinen bzw. Fachabteilungen, werden besondere Anforderungen an Organisation, Planung, Überwachung und Steuerung derartiger Aufgaben gestellt (Stahlknecht, 1993). Als Projektmanagement bezeichnet man ein Konzept für das Management von Projekten. Aggteleky & Bajna (1992) definieren Projektmanagement wie folgt: „ Unter Projektmanagement versteht man sowohl das Vorgehen bei der Planung und die Abwicklung von Projekten als auch die Institution (Projektteam), die diese Aufgaben zu erfüllen hat. " (Aggteleky & Bajna, 1992, S. 45) Projektmanagement besteht zum einen aus Projektorganisation und zum anderen aus Aufgaben, die im Rahmen eines Projektes auszuführen sind und zusätzlich geplant, überwacht und gesteuert werden müssen. Im folgenden Abschnitt wird eine Beschreibung der wichtigsten Aufgaben gegeben, die im Rahmen eines Projektes auszuführen sind. Bedingt durch die Komplexität und Vielschichtigkeit von Projekten, werden sie in zeitlich aufeinander folgende

215

Projektmanagement Phasen eingeteilt. Die Phaseneinteilung und die Aufgaben, die innerhalb der einzelnen Phasen anfallen, werden ausfuhrlicher im Abschnitt „Projektphasen" beschrieben.

7.1.1 Aufgaben Nach Aggteleky & Bajna (1992) stehen bei der Gestaltung und Formulierung des Planungsvorgehens folgende Projekteigenschaften im Vordergrund: •

Situationsanalyse und Problemdefinition

• Bestimmung des Projektgegenstandes • Abgrenzung gegenüber anderen Projekten bzw. Routinearbeiten • Formulierung des Projektziels • Abstimmung des Projektziels mit den Unternehmenszielen • Formulierung des Projektauftrags mit den Randbedingungen und Auflagen für die Proj ektdurchführung • Gliederung des Projektes • Bestimmung der Projektbeteiligten und Ernennung eines Projektleiters • Festlegung der Kompetenzen und Verantwortung • Festlegung der organisatorischen Einbindung in das Unternehmen • Ermittlung der erforderlichen Ressourcen • Festlegen der Projektphasen und der Meilensteine zwischen den einzelnen Phasen • Terminieren der Planungsschritte und Überwachung der Termine • Ermittlung der erforderlichen Ressourcen z.B. hinsichtlich Sachmittel, Personal, Fremdleistungen und Finanzmittel • Festlegung der Projektprioritäten zur Vermeidung von Kollisionen bei Kapazitätsengpässen •

Budgetierung

• Festlegung der Projektberichterstattung und der Projektdokumentation • Festlegung der Projektsteuerung, für den Fall, daß es Soll-Ist-Abweichungen gibt

Die Vielzahl der Aufgaben, die nur einen kleinen Ausschnitt des Projektmanagements darstellen, machen es notwendig, sich auf einige wesentliche Kernaufgaben zu beschränken. Das Entwickeln eines Phasenmodells, die Projektorganisation und -planung sollen im Rahmen dieses Kapitels als Fokus herausgegriffen werden. Zunächst soll jedoch kurz der Frage 216

Projektmanagement nachgegangen werden, inwieweit Informationsmanagement mit Projektarbeit gleichgesetzt werden kann oder identisch ist.

7.1.2 Informationsmanagement = Projektarbeit Als Projekt wurde ein abgegrenztes Vorhaben bezeichnet, das in seiner Form einmalig ist, ein Mindestmaß an Komplexität aufweist und mit einem Risiko behaftet ist. Damit unterscheiden sich Projekte von dauerhaften Aufgaben in einem Unternehmen. Der Begriff Projekt

ist

prinzipiell unabhängig von der Größe eines Vorhabens. Grundsätzlich ist Projektarbeit mit Informationsmanagement gleichzusetzen. Dies trifft in den Fällen zu, wo die Aufgaben des Informationsmanagements auf spezielle Mitarbeiter übertragen werden. Zusammenarbeit zwischen den Bereichen und dem Informationsmanagement ist unerläßlich und erfolgt in der Regel über Projektarbeit. Projektarbeit und Informationsmanagement können in diesem Fall gleichgesetzt werden. Informationsmanagement kann aber auch kontinuierlich stattfinden. D.h. nicht in Form von Projekten. Dies ist immer dann der Fall, wenn Informationsmanagement als eine Aufgabe aufgefaßt wird, die jeden Mitarbeiter in einem Unternehmen betrifft und bei der es um Fragen der individuellen Informationsversorgung geht. Aber auch die Pflege und das Betreiben der bestehenden Informationssysteme durch das Informationsmanagement entspricht nicht der Projektarbeit. Informationsmanagement sollte immer dann als Projektarbeit behandelt werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind: • Es hat hohe Bedeutung für das Unternehmen • Mehrere Mitarbeiter unterschiedlicher Bereiche eines Unternehmens sind betroffen • Die finanziellen Mittel für das Projekt stellen einen hohen Aufwand für das Unternehmen dar

• Der Zeitbedarf, gemessen an den Mitarbeitertagen ist hoch

7.2 Projektauslösung In den letzten Jahren ist die Zahl der Projekte zunehmend gestiegen. Unternehmen sind in der heutigen Zeit mehr und mehr gezwungen, Entwicklungsprozesse zu planen und zu realisieren, um dem ständigen technologischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandel gewachsen zu sein. 217

Projektmanagement Die Konkurrenzfähigkeit vieler Unternehmen hängt immer mehr vom schnellen und zielgerichteten Umgang mit internen und externen Informationen ab. Veränderungsbereitschaft und Innovationsfähigkeit werden in der Zukunft die Überlebensfrage bestimmen, nach dem Motto „Wer nicht mit der Entwicklung geht, der geht mit der Entwicklung" (Litke, 1993). Wenn auch die Veränderungsbereitschaft nichts Neues ist, so hat doch die Geschwindigkeit der Veränderungen ständig zugenommen (Hamel & Prahalad, 1995). Mit Hilfe von Projekten, kann diesem schnellen Wandel begegnet werden. Der Stellenwert von Projekten gibt demnach Auskunft über die zukünftige Überlebensfahigkeit eines Unternehmens. Projektauslösung sollte jedoch nicht dem Zufall oder dem Fingerspitzengefühl, subjektiven Kriterien oder Tagesgegebenheiten überlassen werden. Projektmanagement sollte durch Projektantrags verfahren, in dem Prioritäten vergeben werden, ausgelöst werden. Je nachdem, ob das Informationsmanagement von sich aus tätig oder durch Dritte angestoßen wird, ist von aktivem bzw. reaktivem Informationsmanagement die Rede. Während reaktives Informationsmanagement sich um die Beseitigung von Störungen in Anwendungen kümmert oder sich mit der Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen beschäftigt, versucht aktives Informationsmanagement, systematisch nach Problemen und deren Ursachen zu suchen. Vergleiche mit den Besten (Benchmarking), Checklisten zur Ermittlung von Schwachstellen und Lösungsvorschlägen, Überprüfen von Konsequenzen der Informations- und KommunikationtechnologieEntwicklungen fur das Unternehmen sind Aufgaben des aktiven Informationsmanagements. Erst durch aktive Arbeit entstehen vernünftige Kriterien fur Projektantragsverfahren. Mit aktiv ausgerichteter Arbeit wird so der Grundstein für die erfolgreiche Durchführung von Projekten gesetzt. Sie ist zwar kein Garant für erfolgreiche Projekte, aber eine notwendige Voraussetzung.

7.3 Vorgehensmodell Die Grobstruktur des Ablaufs von Projekten wird in den Projektphasen geregelt. Das Vorgehen in den einzelnen Phasen regelt der Phasenzyklus. Den Abschlußpunkt einer Phase bilden die Meilensteine (Schmidt, 1991). Die einzelnen Punkte dieses Vorgehensmodells werden im folgenden näher beschrieben.

218

Projektmanagement 7.3.1 Projektphasen Die Bildung von Projektphasen ist die Grundlage für die spätere Projektplanung, d.h., es werden Planungshilfen durch die Aufstellung eines Vorgehensleitfadens entwickelt. Mittels der Phasenbildung ergeben sich aber noch weitere Vorteile (Litke, 1993): • Entscheidungs-, Korrektur- und Ausstiegsstellen aus dem Projekt werden bestimmt, um sicherzustellen, daß die Entscheidungsberechtigten eingebunden werden. • Die Beherrschung komplexer Projekte benötigt Transparenz. Hohe Transparenz wird durch eine Vorgehensweise vom Groben zum Detail, bzw. von der Breite in die Tiefe, erreicht. Vom Groben zum Detail bedeutet, daß sich die Projektgestaltung in einem zunehmenden Prozeß der Konkretisierung vollzieht. • Ein standardisiertes Modell zur Förderung des einheitlichen Vorgehens wird entwikkelt, was gleichzeitig die Koordination der Arbeiten des Informationsmanagements erleichtert. • Der phasenweise Projektablauf ist eine wesentliche Voraussetzung zur wirtschaftlichen Durchführung von Projekten.

Phasenweiser Projektablauf bedeutet, daß einzelne Phasen definiert werden, die durch Entscheidungssituationen miteinander verbunden sind. Voraussetzung hierfür ist eine ganzheitliche Sichtweise, durch die, losgelöst von Einzelheiten, das Projekt aus verschiedenen Perspektiven global beleuchtet wird (Biethahn, Mucksch & Ruf, 1994). Mit der Unterteilung eines Projektablaufs werden bewußt Zäsuren in diesen Ablauf eingebaut. Hierdurch entsteht die Möglichkeit, ein Projekt zu bestimmten Zeitpunkten einer Weiterführungsprüfung zu unterziehen. Die Arbeiten der Folgephasen beginnen anhand von bereinigten und genehmigten Zwischenergebnissen. Dies setzt voraus, daß in jeder Phase die erarbeiteten Ergebnisse in Form von Abschlußberichten vorliegen und überprüft werden. Umfassende Projektdokumentation ist vorteilhaft, um die in einem Projekt gemachten Erfahrungen, in positiver wie negativer Hinsicht, in Folgeprojekte einfließen lassen zu können.

219

Projektmanagement

^

Vorgabe

Phase

Ergebnis

I

I

Prüfung

Vorgabe

Phase

Ergebnis

t

Prüfung

Abb. 48:

— • Vorgabe

Vorgehen in einem Phasenkonzept (aus Biethahn et. al. 1994, S. 200)

In Praxis und Literatur finden sich zahlreiche Vorschläge zur Bildung und Bezeichnung von Projektphasen (Aggteleky & Bajna, 1992). All diese Vorschläge haben ihre Berechtigung und Bedeutung. Die Bildung und Auslegung der Planungsphasen wird immer an die jeweiligen Gegebenheiten und Anforderungen der Projekte angepaßt. Im weiteren Verlauf wird eine Phaseneinteilung dargestellt, die einen allgemeingültigen bzw. typischen Charakter aufweist. In ähnlicher und leicht abgewandelter Version wird diese Phaseneinteilung primär für EDVProjekte und für Organisationsprojekte verwendet (Schmidt, 1991). Die einzelnen Phasen lauten wie folgt: •

Vorstudie



Hauptstudie



Teilstudien



Realisierung

• Einführung •

220

Erhaltung

Projektmanagement

Abb. 49:

Projektablauf mit Phaseneinteilung

Projektmanagement 7.3.1.1 Vorstudie Die Vorstudie beschäftigt sich nur sehr grob, ohne tiefer in Einzelheiten einzusteigen, aber dafür sehr breit, mit dem Gesamtprojekt (Schmidt, 1991). Die Vorstudie beginnt meist mit einer Situations- bzw. Istanalyse (Litke, 1993). Stärken und Schwächen des Ist-Zustandes werden hierbei ermittelt. Aufbauend auf der Ist-Analyse werden Ziele bestimmt, die im Rahmen des Projektes erreicht werden sollen. Basierend auf der Situationsanalyse und den Zielvorstellungen werden, zunächst unabhängig von der Realisierbarkeit, unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. Hierzu zählt auch die sogenannte Null-Variante, d.h. die Alternative, in der alles beim Alten bleibt (Schmidt, 1991). Je mehr Alternativen erarbeitet werden, desto leichter fallt das Urteil über die Eignung einer bestimmten Lösung. Für jede Alternative werden sogenannte Grobmodelle erarbeitet. Grobmodelle sollten so breit wie möglich angelegt werden. Diese Grobmodelle werden abschließend einer Kosten-NutzenSchätzung unterzogen. Die Wahl der geeigneten Variante erfolgt meist durch den Vergleich der zuvor erarbeiteten Alternativen. Bevor eine Alternative ausgewählt wird, werden die einzelnen Varianten hinsichtlich ihrer Integrationsfahigkeit in das Unternehmen geprüft. Bei der Einführung eines neuen computergestützten Informationssystems muß beispielsweise geprüft werden, inwieweit die erarbeiteten Alternativen kompatibel zu den bestehenden Informationssystemen sind. Den Abschluß dieser Phase bildet ein Vorschlag an den Entscheider, wie und in welcher Weise das Projekt weiterzufuhren ist. Vorstudien sollen klären (Schmidt, 1991): • Ob das richtige Problem angegangen wird • Inwieweit Lösungen für das Problem existieren • Welchen Anforderungen die Lösung genügen muß

Mit der Vorstudie werden die Grundsteine für das weitere Vorgehen gelegt. Sie ist damit sicherlich eine der entscheidendsten Phasen. Es sollten aber nicht mehr als 5 bis 10% des geschätzten Zeitaufwandes für das Projekt von dieser Phase in Anspruch genommen werden. Vorstudien dienen primär zu Richtungsentscheidungen, die durchaus im weiteren Verlauf eines Projektes verändert bzw. revidiert werden können.

222

Projektmanagement 7.3.1.2 Hauptstudie Gegenstand der Hauptstudie ist der Vorschlag, der in der Vorstudie ausgewählt und akzeptiert wurde. Die Hauptstudie beschäftigt sich also mit einem eingegrenzten Gebiet. Zur Reduktion der Komplexität eines Projektes werden in der Hauptstudie zunächst überschaubare kleine Teilaufgaben definiert (Schmidt, 1991). Für jede dieser Teilaufgaben werden, soweit möglich, mehrere Varianten konzipiert und Kosten-Nutzen-Analysen erstellt, von denen schließlich eine Version ausgewählt wird. Zum Abschluß dieser Phase werden dem Entscheider die Vorschläge der Teilaufgaben vorgelegt, und es wird über deren Realisierung entschieden. Alle Teilaufgaben werden in eine zeitliche Reihenfolge gebracht oder nach Bearbeitungsprioritäten gegliedert. Hierdurch können Aussagen über eventuelle Parallelarbeit und die Reihenfolge der Bearbeitung gemacht werden. Ein Kernpunkt der Hauptstudie ist die Ermittlung der Wünsche und Anforderungen der späteren Nutzer an das System. Dieser frühe Einbezug der Nutzer in die Projektentwicklung soll Fehlentwicklungen, d.h. an den Bedürfnissen der Nutzer vorbei entwickelte Lösungen, vermindern. Zusätzlich kann hierdurch die Akzeptanz der Nutzer erhöht werden. Um dies zu erreichen, muß vom Projektmanagement Überzeugungsarbeit geleistet werden. Das wichtigste Argument an die Nutzer ist in diesem Zusammenhang, daß ihre Interessen weitestgehend berücksichtigt werden. Eine weitere Hilfe zur Überzeugung sind Prototypen. Prototypen sind vereinfachte Modelle, die lediglich die Benutzerschnittstellen, wie z.B. die Bildschirmgestaltung, abbilden (Schmidt, 1991). Eine andere Möglichkeit, möglichst frühzeitig die Akzeptanz der Benutzer zu erreichen, ist ihre Einbeziehung in die Projektarbeit. Hierbei wird ihnen die inhaltliche Projektverantwortung dieser Phase übertragen. Dies setzt jedoch voraus, daß die Benutzer über genügend Fachkenntnisse verfugen, um die Planungsarbeit durchführen zu können. In der Praxis wurde hierdurch häufig eine Identifikation seitens der Nutzer mit dem Projekt erzielt.

7.3.1.3 Teilstudien Die Erläuterungen zur Vor- und Hauptstudie haben verdeutlicht, daß dieses Vorgehensmodell vom Groben ins Detail geht (Schmidt, 1991). Eine weitere und zunächst letzte Verfeinerung erfolgt in den Teilstudien. Die in der Hauptstudie erarbeiteten Teilaufgaben werden soweit detailliert, daß sie anschließend umgesetzt bzw. realisiert werden können. Bei EDV-Projekten

223

Projektmanagement sind die Programmlogik und die Datenflußpläne erstellt, Masken und Listbildbeschreibungen festgelegt, und die Dateiorganisation ist abgeschlossen. In der Praxis hat sich das Erarbeiten von Normalfallen als erster Schritt dieser Phase am besten bewährt. Sobald die Normalfalle einwandfrei funktionieren, können Ausnahme- oder Sonderfälle bearbeitet werden (Schmidt, 1991). Dabei kann es durchaus sinnvoll sein, für bestimmte Sonderfalle keine Lösungen zu erarbeiten, wenn die Auftretenshäufigkeit in ungleichem Verhältnis zu den Entwicklungskosten steht. Hierzu ein Beispiel: Ein Unternehmen führt seine Auftragsabwicklung mit Hilfe eines computergestützten Informationssystem durch. 95% aller Aufträge erfolgen aus dem Inland und werden über dieses System bearbeitet. Bei den restlichen 5% handelt es sich um Aufträge aus dem Ausland (Sonderfälle). Aufgrund der sich ständig ändernden Wechselkurse, besitzt das Programm hierfür keine angemessene Lösung. Sonderfälle werden somit nach klassischem manuellen Verfahren bearbeitet und abschließend im Informationssystem erfaßt. Die realisationsreifen Teilstudien bilden den Abschluß dieser Phase. Sie werden den Entscheidungsberechtigten vorgelegt und geprüft. Die Entscheidungsberechtigten bestimmen die für die Realisierung notwendigen finanziellen und personellen Mittel. Mit dieser Phase sind die Planungs- und Vorarbeiten abgeschlossen, und die Realisierungsphase kann beginnen (Schmidt, 1991).

7.3.1.4 Realisierung In dieser Phase werden die Konzeptionen der Teilstudien realisiert. Bei Informationsmanagement-Projekten, wie z.B. bei der Entwicklung eines Informationssystems, besteht nun die Hauptaufgabe in der Umsetzung. Eine vernünftige Projektdokumentation ist in dieser Phase unerläßlich. Die Dokumentation sollte während des gesamten Projektfortschritts mitgeführt werden. Projektdokumentation ist für spätere Wartungs- und Anpassungsarbeiten notwendig. Sie dient primär Fachleuten. Mit dieser Phase wird gleichzeitig die Projektdokumentation abgeschlossen (Schmidt, 1991). Zusätzlich muß in dieser Phase eine Benutzerdokumentation erstellt werden, die anderen Anforderungen genügen muß. Sie muß klar und übersichtlich aufgebaut sein und für den Benutzer eine echte Hilfestellung bieten. Am Ende der Realisierungsphase liegt das fertige Produkt, wie beispielsweise eine computergestützte Auftragsabwicklung, vor. Auch jetzt muß eine Genehmigung für das weitere Vorgehen durch die Entscheidungsberechtigten eingeholt werden. Dabei geht es primär um die Freigabe für die Einführung. 224

Projektmanagement 7.3.1.5 Einführung Überlegungen zur Einführung eines Projektes dürfen nicht erst mit dieser Phase beginnen. Einfuhrungsvorbereitungen müssen projektbegleitend erfolgen. Dies ist vor dem Hintergrund der Akzeptanzproblematik bei den Benutzern, auf die bereits hingewiesen wurde, von Bedeutung. Bei der Einführung werden drei Formen unterschieden (Schmidt, 1991): • Schlagartige Einführung • Stufenweise Einführung • Parallellaufende Einfuhrung

Die schlagartige Einführung erfolgt zu einem festen Termin. Komplexe und unternehmensumfassende Informationssysteme lassen sich aus Kapazitäts- und Kostengründen nur schlagartig einführen. Dieses Vorgehen birgt zwar die größten Risiken in sich, führt aber in der Regel zu wenig Brüchen und Übergangslösungen. Die stufenweise Einführung bietet sich dort an, wo das Vorhaben in kleinere unabhängige Teillösungen zerlegt werden kann und keine Schnittstellenprobleme vorliegen. Es kann auch zunächst nur für den Normalfall installiert werden, um dann Sonderfälle nachträglich einzuführen. Die sicherste aber zugleich auch aufwendigste Variante ist die parallellaufende Einführung. Alle bisherigen und die neuen Varianten werden für bestimmte Zeit parallel betrieben, bis die neue Variante sicher und zuverlässig funktioniert. Häufig verhindern Schnittstellenprobleme und die damit notwendige doppelte Datenerfassung und -haltung, dieses Vorgehen zu wählen. Unabhängig davon, welches Vorgehen bei der Einführung gewählt wird, müssen für eine erfolgreiche Einführung eine Reihe flankierender Maßnahmen ergriffen werden. Jede Einführung sollte durch schriftliche Unterlagen und persönliche Betreuung unterstützt werden. Hier bietet sich eine Vor-Ort-Unterstützung mit Rückfragemöglichkeit an. Mit dem Nachweis der Funktionsfahigkeit gilt die Einführungsphase als abgeschlossen. Dies geschieht in der Regel durch eine offizielle Übergabe (Schmidt, 1991).

7.3.1.6 Erhaltung Projekte, die geplant, entwickelt und auch eingeführt wurden, bedürfen im weiteren Verlauf ihrer Nutzung einer Betreuung aufgrund von technischen oder funktionalen Störungen.

225

Projektmanagement Kontrovers diskutiert wird die Frage, inwieweit diese Wartungsarbeiten ebenfalls einem Projekt zugerechnet werden (Schmidt, 1991). Nachdem ein Projekt erfolgreich eingeführt wurde, sollten die damit gemachten Erfahrungen erfaßt werden. Aber auch die mit dem Projekt angestrebten Ziele sollten auf ihre Realisierbarkeit hin überprüft werden. Dabei geht es um die Bestimmung, ob mit dieser Lösung die erwarteten Verbesserungen eingetreten sind. Unterstützend sollte hierzu eine nachträgliche Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt werden. Ihr Ziel ist, die Qualität der Projektarbeit zu bestimmen und Erfahrungen in zukünftige Projekte einfließen zu lassen (Schmidt, 1991).

7.3.2 Meilensteine Den Abschluß einer jeden Phase bildet ein sogenannter Meilenstein. Ein Meilenstein bezeichnet ein termingebundenes Sachergebnis. Meilensteine dienen einerseits zur Orientierung der Projektverantwortlichen und Entscheidungsträger und bieten andererseits die Möglichkeit, an wichtigen Punkten eines Projektes, falls erforderlich, Weichen zu stellen. Meilensteine können auch als Schlüsselereignisse bezeichnet werden, die phasenübergreifend bestimmt werden (Litke, 1993). Eine schematische Darstellung der einzelnen Projektphasen mit ihren zahlreichen Prüfungsund Rückkoppelungschritten und Meilensteinen kann aus der folgenden Abbildung entnommen werden.

7.3.3 Phasenzyklus Der Phasenzyklus bedeutet, daß Aufgaben in sich wiederholenden zyklischen Vorgängen während der verschiedenen Projektphasen einer Lösung zugeführt werden sollen (Kummer, Spühler & Wyssen, 1986). Aus der Beschreibung der Aufgaben innerhalb der einzelnen Phasen ist bereits ersichtlich, daß die drei Phasen, Vorstudie, Hauptstudie und Teilstudien, die gleiche Struktur aufweisen (Schmidt, 1991). Sie unterscheiden sich lediglich in der Abgrenzung und im Detaillierungsgrad der jeweils zu bearbeitenden Aufgaben. Gemeinsamkeiten sind:

226



Antrag



Erhebung

Projektmanagement •

Analyse



Bewertung

Für jede Phase eines Projektes, d.h. für Vorstudie, Hauptstudie, Teilstudie, Realisierung und Einfuhrung sind einzelne Anträge zu stellen. Bedingt durch die Tatsache, daß jedes Projekt einen Auftraggeber hat, der nicht identisch mit dem Projektleiter ist, müssen vor Beginn jeder Phase Projektanträge gestellt werden. Kein Projektleiter darf von Beginn der Vorstudie an bis hin zur Einführung alles allein entscheiden. Es müssen stets Zwischenbescheide eingeholt werden. Hierdurch kann der Auftraggeber sich nicht seiner Steuerungsfunktion entziehen, da er Entscheidungen fällen muß. Bedingt durch den Projektfortschritt wächst der Wissensstand der Projektmitarbeiter, so daß nachfolgende Projektanträge immer detaillierter und präziser werden. Projektanträge späterer Phasen sind praktisch identisch mit den Ergebnissen und Beschlüssen der Vorphasen (Schmidt, 1991). Unter einer Erhebung wird die Sammlung von Informationen verstanden. Intensive Informationssammlung erfolgt in den Phasen Vorstudie, Hauptstudie und Teilstudien. Die notwendige Breite und Tiefe der zu sammelnden Informationen wird primär durch den Projektfortschritt bestimmt. So werden im Rahmen von Vorstudien mehr breit angelegte Erhebungen angestellt, da noch nicht erkennbar ist, welcher Weg in der Hauptstudie eingeschlagen wird. Die Qualität der gewonnen Informationenen hängt neben den Informationsquellen auch von den Erhebungstechniken ab (Schmidt, 1991). Als Analyse wird die Ordnung der erhobenen Informationen bezeichnet. Eine Analyse erfolgt zunächst wertfrei und dient der anschließenden Bewertung. Alle erfaßten Informationen werden nach Kriterien, die sich aus Ziel und Zweck des Projektes ergeben, geordnet. Diese Kriterien können derart vielfaltig sein, daß eine Auflistung für nicht sinnvoll erachtet wird. Kriterien können jedoch so angelegt werden, daß sie über verschiedene Phasen hinweg Gültigkeit besitzen (Schmidt, 1991). Am Ende einer jeden Phase erfolgt eine Bewertung. Bewerten heißt, Aussagen darüber machen, inwieweit die erarbeiteten Lösungen die gesetzten Ziele erreichen, bzw. welche Lösung fur das vorliegende Projekt am geeignetsten ist. Die Bewertung ist die Grundlage der Entscheidungsträger fur den weiteren Verlauf des Projektes. Eine Bewertung, die sowohl Vorais auch Nachteile der Lösungen aufzählt, wird den Anforderungen der Bewertung nicht gerecht. Wesentlich besser geeignet sind Kosten-Nutzen-Analysen. Je weiter ein Projekt

227

Projektmanagement fortgeschritten ist, desto besser lassen sich Kosten-Nutzen-Analysen durchführen (Schmidt, 1991).

7.4 Projektorganisation Die Organisation befaßt sich mit der Strukturierung von Unternehmen zur Erfüllung von wiederkehrenden, bekannten und dauerhaften Aufgaben. Projekte, die als einmalige Vorhaben einer Aufgabendurchführung bezeichnet werden, bedürfen einer spezifischen Strukturierung. Ein Projekt, das die Entwicklung eines Informationssystems zum Inhalt hat, ist komplex und langwierig, so daß es notwendig ist, diese Entwicklung zu organisieren, um effizient und risikoarm zu arbeiten. Aufgrund der Komplexität der Problemstellung, der Beteiligung mehrerer Personen unterschiedlicher Fachrichtungen, der Neuartigkeit der Fragestellung und des hohen Stellenwertes fur das Unternehmen ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit einer Projektorganisation. Unter Projektorganisation wird im weiteren Verlauf die mit der Durchführung eines Projektes beauftragte Gruppe und ihre Eingliederung in die Struktur- und Ablauforganisation des Unternehmens verstanden (Kummer, Spühler & Wyssen, 1986). Durch Projektorganisation wird ein Ordnungsrahmen geschaffen, der zum einen die zielgerichtete Zusammenarbeit der am Projekt beteiligten Mitarbeiter und zum anderen den reibungslosen Ablauf des Projektes sicherstellen soll. Für den reibungslosen Ablauf eines Projektes ist es wichtig, daß eine gute Verzahnung zwischen dem Projekt und der Organisation des Unternehmens erreicht wird. Hierzu müssen Kompetenzen, Verantwortungen und die Zuständigkeiten klar geregelt sein. Die zielgerichtete Zusammenarbeit in einem Projekt wird durch die Festlegung von Regeln ermöglicht. Die Vorgehensweise und alle Aktivitäten werden hierdurch vereinheitlicht und transparenter, wodurch Stabilität entsteht. Projekte erfordern aber auch ein hohes Maß an Flexibilität, um sich schnell an veränderte Entwicklungen anpassen zu können. Im Rahmen der Projektorganisation muß sowohl der Stabilität als auch der Flexibilität Rechnung getragen werden. Straffe Reglementierungen stoßen bei Projektmitarbeitern oft auf Ablehnung. Regelungen, die im Rahmen der Projektorganisation getroffen werden, sollten sich im wesentlichen auf die Festlegung von Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verantwortungen beschränken.

228

Projektmanagement Nach Heinrich (1992) sollten die folgenden struktur- und ablauforganisatorischen Gesichtspunkte des Projektmanagements festgelegt werden: •

Die am Projekt beteiligten und betroffenen Mitarbeiter



Die Form der Projektorganisation

7.4.1 Projektbeteiligte Der Kreis der am Projekt beteiligten Mitarbeiter wird durch mehrere Faktoren bestimmt. Vor allem Größe und Art des Vorhabens sind hierbei entscheidend. Große Projekte, gemessen am Zeitaufwand, benötigen selbstverständlich mehr Mitarbeiter als kleine Projekte. Steht das Projekt zusätzlich unter hohem Zeitdruck, kann sich die Zahl der Projektbeteiligten erhöhen (Litke,

1993). Die Entwicklung

eines unternehmensumfassenden

Informationssystems

involviert andere Personen als Projekte, die Datenintegration zum Gegenstand haben. Unabhängig davon, wie groß der Kreis der Projektbeteiligten ist, gibt es eine Reihe weiterer Personen, die an einem Projekt beteiligt sind oder Einfluß nehmen können. An einem Projekt können beteiligt sein (Schmidt, 1991): •

Antragsteller



Bewilligungs- und Entscheidungsgremium



Beratungsgremium



Leitung Informationsmanagement



Benutzer/Betroffene



Projektgruppe



Fachausschuß

Projektanträge können von Benutzern, dem Informationsmanagement und der Geschäftsleitung gestellt werden. Daß selbst Benutzer Projektanträge stellen können, soll eine möglichst anwendungs- und bedarfsnahe inhaltliche Bestimmung wirklich notwendiger und wichtiger Projekte ermöglichen. Das Bewilligungsgremium soll sicherstellen, daß nur solche Projekte in Angriff genommen werden, die für das Unternehmen Nutzen bringen, mit der Unternehmensstrategie vereinbar sind und denen keine rechtlichen oder sonstigen Gründe entgegenstehen. Dieses Gremium setzt sich aus leitenden Mitarbeitern zusammen. Bei Projekten die das Informationsmanagement betreffen, ist meist der Leiter des Informationsmanagements Mitglied dieses Gremiums. 229

Projektmanagement Das Bewilligungsgremium vergibt Projektaufträge und bestimmt die Mitglieder des Entscheidungsgremiums für das jeweilige Projekt. Entscheidungsgremien werden für jedes Projekt neu bestimmt. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Überwachung des Projektablaufes hinsichtlich der erreichten Ergebnisse, der Termineinhaltung und der Kostenentstehung. Dieses Gremium wird zum Ende einer jeden Projektphase tätig. Mitglieder sind die Leiter der vom Projekt betroffenen Bereiche und Abteilungen. Die Benennung des Projektverantwortlichen und die Einrichtung der Projektgruppe sind einmalige Entscheidungen, die ebenfalls von diesem Gremium getroffen werden. Das Beratungsgremium hat im Gegensatz zum Entscheidungsgremium keine Handlungsvollmacht. Seine Tätigkeit besteht überwiegend in fachlicher Beratung. Dabei kann das Gremium für verschiedene Gruppen und Gremien wie Bewilligungs-, Entscheidungsgremium oder Projektgruppe tätig werden. Eine ähnliche beratende Funktion übernimmt der Leiter Informationsmanagement im Rahmen eines Projektes. Beratend tätig ist er überwiegend für das Bewilligungs- und Entscheidungsgremium. Zusätzlich obliegt ihm Koordination und Überwachung sämtlicher Projekte des Bereichs Informationsmanagement. Hierdurch sollen Doppelarbeiten in unterschiedlichen Projekten und Engpässe vermieden werden. Soweit die von den Lösungen des Projektes Betroffenen bzw. die späteren Benutzer nicht direkt Projektmitglieder sind, bilden sie eine wichtige Personengruppe für erfolgreiches Projektmanagement. Zum einen dienen sie als Informationsquelle bei der Ist-Analyse und der Entdeckung von Schwachstellen, und zum anderen kann durch ihren Einbezug die spätere Akzeptanz der im Projekt erarbeiteten Lösungen erhöht werden. Den Definitionskriterien zufolge besteht ein Projekt aus mehreren Mitarbeitern. Die Gesamtheit der an einem Projekt arbeitenden Personen wird als Projektgruppe bezeichnet. Sie kann als die Personenmehrheit, die gemeinsam und überwiegend hauptamtlich eine Projektlösung erarbeitet, definiert werden. Eine Projektgruppe setzt sich aus einem Projektleiter und den Projektmitarbeitern zusammen. Dem Projektleiter auch Projektmanager genannt, obliegt die Zielklärung, Organisation, Planung, Steuerung und Überwachung des Gesamtprojektes. Zu seinen laufenden Aufgaben zählen die Koordination aller am Projekt beteiligten Mitarbeiter und Stellen, die projektwirtschaftliche Beurteilung und fortlaufende Prüfung, die Führung der Mitarbeiter und das Entscheiden über Lösungsalternativen, die sich auf den Projektgegenstand und das Projektvorgehen beziehen. Der Projektleiter bildet gleichzeitig das Bindeglied zwischen der Projektgruppe und den am Projekt beteiligten Gremien. Bei Großprojekten, die 230

Projektmanagement sich wiederum in Unterprojekte aufgliedern, kann es zusätzlich einen Projektkoordinator geben. Er steuert und koordiniert die Aktivitäten der Projektleiter aus den Unterprojekten. Die Projektmitarbeiter können aus allen Abteilungen einer Unternehmung kommen und voll oder nur teilweise am Projekt mitarbeiten. Des weiteren können interne und externe Mitarbeiter beteiligt sein. Externe Mitarbeiter werden in der Regel von Beratungsunternehmen, Herstellerunternehmen wie z.B. Soft- und Hardware Unternehmen oder Verbandsorganisationen angeworben. Darüberhinaus gibt es Beteiligte, die aufgrund ihrer Fachzuständigkeit an einem Projekt mitwirken. Hierzu zählen u.a. die Personalabteilung, der Betriebsrat oder die Rechtsabteilung. Werden im Rahmen eines Projektes neue Mitarbeiter eingestellt, so werden meist die Personalabteilung bzw. der Betriebsrat bei deren Auswahl und Einstellung mit einbezogen. Die Rechtsabteilung wird bei der Prüfung juristischer Belange hinzugezogen. Bei Informationsmanagement Projekten kann zu dieser Gruppe auch der Datenschutzbeauftragte gezählt werden. Die Fachzuständigen werden nur bei Bedarf hinzugezogen und zählen nicht zu den ständigen Mitarbeitern eines Projektes. Das Zusammenspiel der an einem Projekt Beteiligten zeigt folgende Abbildung (nach Schmidt, 1991).

Antragsteller

/

Leiter IM

1

Entscheidungsgremium

O jjfy ü ü Projektgruppe

ProjektBewilligungsgremium

Benutzer/ Betroffene

Projektleiter

Beratungsgremium Fachzuständige

Abb. 50:

Zusammenspiel

der Projektbeteiligten

(in Anlehnung an Schmidt, 1991, S. 99)

231

Projektmanagement 7.4.2 Eingliederung der Projekte in die Organisation Die Literatur bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie Projekte in ein Unternehmen integriert werden können. Dabei treten drei Grundtypen in den Vordergrund (Biethahn, Mucksch & Ruf, 1994): a) Reine Projektorganisation b) Einfluß-Projektorganisation c) Matrix-Projektorganisation Diese drei Organisationsformen unterscheiden sich nach Art und Ausmaß der Kompetenz des Projektleiters.

a) Reine Projektorganisation Es wird eine eigenständige Projektorganisation aus der Unternehmensorganisation heraus aufgebaut, wobei der Projektleiter hinsichtlich seiner Projektverantwortlichkeit in die Linienorganisation eingebunden ist. Er hat umfassende Befugnisse und Weisungsrecht in fachlicher Hinsicht. Er trägt die volle Verantwortung für das Projekt. Die Projektmitarbeiter werden für die Dauer des Projektes dorthin versetzt und erhalten ihre Anweisungen ausschließlich vom Projektleiter. Von einer Linienabteilung unterscheidet sich diese Organisationsform durch die zeitliche Befristung. Diese Form eignet sich fur strategisch bedeutsame Projekte, wie z.B. die Einführung eines integrierten Informationssystems.

Vorteile: •

Schnelle Reaktion bei Abweichungen oder Störungen möglich

• Klare Verantwortlichkeit und Zuordnung durch die Linienstruktur • Intensivere Auseinandersetzung und volle Konzentration auf das Projekt • Verstärkte Identifikation der Mitarbeiter mit dem Projekt

Nachteile: •

Schwieriger Einsatz von Spezialisten, die nur zeitweise benötigt werden

• Gefahr der Unterauslastung von Mitarbeitern im Projekt • Hohe organisatorische Umstellungskosten für die Zeit des Projektes und nach Beendigung des Projektes 232

Projektmanagement

Abb. 51:

Reine

Projektorganisation

b) Einfluß-Projektorganisation Die Projektgruppe arbeitet in Form eines Stabs mit Beratungsfunktion, ohne Kompetenzen bzw. Verantwortung für die Projektziele zu haben. Demnach wird diese Form häufig auch als Stabsorganisation bezeichnet. Dabei bleibt die funktionale Hierarchie im Unternehmen unverändert. Der Projektleiter übt beratende, koordinierende und entscheidungsvorbereitende Funktionen aus. Er verfolgt den Projektverlauf in sachlicher, terminlicher und kostenmäßiger Hinsicht und schlägt im Bedarfsfall den zuständigen Linienmanagern Maßnahmen vor. Die Stabsstelle sollte aufgrund ihrer fehlenden Weisungs- und Entscheidungsbefugnis möglichst hoch im Unternehmen angesiedelt werden. Dabei handelt es sich um eine Minimalausstattung der Projektorganisation, welche bei Projekten, die Veränderungen bestehender Informationssysteme zum Gegenstand haben, angewendet werden. Vorteile: • Erfordert keine organisatorische Umstellung • Flexibler Personaleinsatz ist möglich • Mitarbeiter können gleichzeitig in mehreren Projekten arbeiten

233

Projektmanagement Nachteile: • Es fehlt eine Person mit voller Verantwortlichkeit • Bei Projektabweichung ist die Reaktionsfähigkeit gering, da die Linie zuerst eingeschaltet werden muß • Es besteht die Gefahr der Isolierung des Projektleiters

Abb. 52:

Einfluß-Projektorganisation

c) Matrix-Projektorganisation Sie ist eine Kombination aus der Reinen und der Einfluß-Projektorganisation. Die Projektleitung erhält die Zuständigkeit fur die Projektplanung, die Projektüberwachung und die Projektsteuerung. Der Leiter in der Linienverantwortung ist für die Projektdurchführung zuständig. Eine bestehende Unternehmensorganisation wird somit durch eine projektbezogene Weisungsbefugnis überlagert. Es wird für die Dauer des Projektes eine zeitlich befristete Mehrlinienorganisation gebildet. Eine überschneidungsfreie Weisungsregelung ist dabei unerläßlich. Während der Projektleiter für die Definition der Zielvorgabe und die zeitliche Realisierung des Projektes zuständig ist, bestimmt der Linienvorgesetzte die fachliche Durchführung. Die Auswahl der am Projekt Beteiligten erfolgt in gegenseitiger Abstimmung. Das Gleiche gilt für den Ort der Durchführung.

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Projektmanagement Vorteile: • Volle Verantwortlichkeit des Projektleiters •

Flexibler Personaleinsatz



Geringer Umstellungsaufwand



Gezielter Einsatz von Spezialwissen, das entsprechend kontrolliert wird

Nachteile: •

Es besteht die Gefahr von Kompetenzkonflikten zwischen Projektleiter und Linieninstanz



Hoher Koordinationsaufwand zwischen Tagesgeschäft und Projektarbeit



Hohe Anforderungen an Kommunikations- und Informationsbereitschaft



Gefahr der Überforderung der Mitarbeiter, da sie von zwei Vorgesetzten Weisungen erhalten

Geschäftsleitung

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