Ein Lehrer auch an der kleinsten Schule: Elementarschulreform in der preußischen Provinz Pommern am Beispiel des Schulaufsichtsbezirkes Penkun 1763 – 1872 [1 ed.] 9783412523527, 9783412523503

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Ein Lehrer auch an der kleinsten Schule: Elementarschulreform in der preußischen Provinz Pommern am Beispiel des Schulaufsichtsbezirkes Penkun 1763 – 1872 [1 ed.]
 9783412523527, 9783412523503

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Dietmar Roglitz

Ein Lehrer auch an der kleinsten Schule Elementarschulreform in der preußischen Provinz Pommern am Beispiel des Schulaufsichtsbezirkes Penkun 1763– 1872

forschungen zur pommerschen geschichte

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VERÖFFENTLICHUNGEN DER HISTORISCHEN KOMMISSION FÜR POMMERN Für die Historische Kommission für Pommern herausgegeben von Gerd Albrecht, Felix Biermann, Nils Jörn, Michael Lissok und Haik Thomas Porada RE I HE V: FO R SCH U N GE N Z U R P O MME RSCHE N GE SCHI CHTE Ba n d 5 8

DIETMAR ROGLITZ

E I N L E H R E R AU C H AN DER KLEINSTEN SCHULE ELEMENTARSCHULREFORM IN DER PREUSSISCHEN PROVINZ POMMERN AM BEISPIEL DES SCHUL AUFSICHTSBEZIRKES PENKUN 1763 –1872

BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN

Für die Unterstützung dieses Vorhabens dankt die Historische Kommission für Pommern herzlich: dem Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den Parlamentarischen Staatssekretär für Vorpommern, Schwerin und Anklam; der Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte, Greifswald; der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Kiel; der Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement; in Mecklenburg-Vorpommern, Güstrow; der Bischofskanzlei, Greifswald; der Kirchengemeinde Retzin; Waltraud Wuttke, Schmölln. Die Arbeit der Historischen Kommission für Pommern wird gefördert durch das Land Mecklenburg-Vorpommern und das Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung in Marburg an der Lahn.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2022 Böhlau, Lindenstraße 14, D-50674 Köln, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Schulkinder von Grünz mit Lehrer Hermann Bohnenstengel, aufgenommen 1913 Korrektorat: Ulrike Weingärtner, Gründau Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Satz und Layout: büro mn, Bielefeld Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-52352-7

Schulkinder von Grünz mit Lehrer Hermann Bohnenstengel, aufgenommen 1913

Mien lewen Oellern tau eigen

Inhalt Vorwort  .. ...................................................................................................................  1. Einleitung  ............................................................................................................  1.1 Zielstellung  ...................................................................................................  1.2 Methodische Vorbemerkungen und Untersuchungsgang  .............................  1.3 Quellenlage und Forschungsstand  ................................................................  2. Reformen des 18. Jahrhunderts als Ausgangssituation für die vorliegende Untersuchung  . . ......................................................................  2.1 Die preußische Provinz Pommern  ................................................................  2.2 Die große Schulrevision von 1768 und die daraus resultierenden Reformanstrengungen unter Karl Abraham von Zedlitz und Leipe  .. ............  2.3 Die Reformvorschläge Julius Eberhard von Massows und seine Vision von einem allgemeinen Schulgesetz  ..............................................................  2.4 Zusammenfassung  ........................................................................................  3. Die bildungspolitische Neuausrichtung Preußens zwischen Reform und Restauration  .. ................................................................................................  3.1 Die politische Situation nach 1806 und erste administrative Weichenstellungen für das Reformwerk  .. ......................................................  3.2 Die inhaltliche Ausgestaltung der Bildungsreform  .. ......................................  3.3 Auf dem Wege zum allgemeinen Unterrichtsgesetz  ......................................  3.4 Die Pommersche Provinzialschulordnung  ....................................................  3.5 Der vermeintliche Sieg der Reaktion  ............................................................  3.5.1 Die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Preußen  . . .........  3.5.2 Die bildungspolitische Situation in Preußen  ......................................  3.5.3 Das endgültige Scheitern des Gesetzentwurfs  .. ...................................  3.6 Zusammenfassung und Ausblick  ..................................................................  4. Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet  .................................  4.1 Historische Grundlagen für die Entstehung dortigen Schulwesens  ..............  4.2 Räumliche Abgrenzung, wirtschaftliche und administrative Strukturen  ......  4.3 Akteure im Prozess der Schulreform  .............................................................  4.3.1 Die Superintendenten und Pfarrer  .....................................................  4.3.2 Die Rittergutsbesitzer und Dorfbewohner  .........................................  4.3.2.1 Die Bauernbefreiung  .. ............................................................  4.3.2.2 Die Reform der Gemeindeordnung  .. .....................................  4.3.3 Die Schulen im Untersuchungsgebiet  ................................................  5. Die Professionalisierung der Elementarlehrer  ......................................................  5.1 Zur Penkuner Schulwirklichkeit am Ende des 18. Jahrhunderts  . . .................  5.1.1 Allgemeiner Überblick  .. ......................................................................  5.1.2 Die Besetzung der Wolliner Küster- und Schulstelle 1791  .................. 

11 13 13 14 20 23 23 27 37 43 45 45 48 52 58 61 61 63 67 69 71 71 72 76 77 81 82 87 90 92 94 94 96

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Inhalt

5.2 Lehrerbildung in Pommern  ..........................................................................  98 5.2.1 Die Lehrerbildung im 18. Jahrhundert  ...............................................  98 5.2.1.1 Die Anfänge des Stettiner Lehrerseminars  .............................  99 5.2.1.2 Die Fortführung der Lehrerbildung an der Stettiner Ministerialschule  .. ..................................................................  104 5.2.1.3 Die Wiederbelebung des Lehrerseminars an der Lastadischen Schule  ....................................................  107 5.2.2 Die pommersche Lehrerausbildung im 19. Jahrhundert  .. ...................  114 5.2.2.1 Allgemeine Entwicklungen im Zuge der preußischen Reformen  .. ...................................................  114 5.2.2.2 Die Neustrukturierung der Lehrerbildung in Stettin  ............  117 5.2.2.3 Administrative Regelungen im Zusammenhang mit der Lehrerbildung  ...........................................................  129 5.2.2.4 Die Entstehung von Nebenseminaren  ...................................  140 5.3 Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert  ....................................  143 5.3.1 Der Qualifikationsgrad der Lehrer um 1820  ......................................  143 5.3.2 Staatlicher Anspruch an die Qualifikation von Lehramtsbewerbern vs. lokalpolitisches Interesse an ausgewählten Beispielen  ...................  148 5.3.2.1 Die Stellenbesetzung in Cummerow  .....................................  148 5.3.2.2 Die Stellenbesetzung in Glasow  . . ...........................................  150 5.3.3 Die Qualifizierung amtierender Lehrer  ..............................................  151 5.3.3.1 Die Parochialkonferenzen  ......................................................  153 5.3.3.2 Die Weiterentwicklung des Konferenzwesens  . . ......................  159 5.3.4 Fachlich ungeeignet, aber glücklicherweise genügsam – Das Ringen um den Lehrer Gustav Baebelich  . . ..................................  163 5.4 Zusammenfassung  ........................................................................................  168 6. Die Hebung der Lehrergehälter  ...........................................................................  173 6.1 Die Einkommenssituation im 18. Jahrhundert  .............................................  173 6.2 Die Einkommenssituation der Penkuner Schulstellen im 19. Jahrhundert  ....  179 6.2.1 Das Küstergehalt  ................................................................................  183 6.2.2 Das Lehrergehalt  .. ...............................................................................  185 6.3 Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts  ......................................................  189 6.3.1 Die Einführung eines allgemeinen Schulgeldes  ..................................  190 6.3.1.1 Die Höhe und Zahlung des Schulgeldes in der Penkuner Synode am Anfang des 19. Jahrhunderts  ...............................  190 6.3.1.2 Die Einführung des allgemeinen Schulgeldes in der Penkuner Synode  . . .......................................................  193 6.3.1.3 Zur Rolle der Schulvorstände bei der Erhebung des erhöhten Schulgeldes  .......................................................  196 6.3.1.4 Widerstand in der Retziner Gemeinde  ..................................  198

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Inhalt

6.3.1.5 Die Ortsschulkassen  ..............................................................  200 6.3.1.6 Der Umgang mit Problemlagen bei der Zahlung des neuen Schulgeldsatzes – Die Schulversäumnisstrafen  ......................  201 6.3.2 Die Zuweisung von Dienstland als Mittel der Stellenaufwertung  ......  203 6.3.2.1 Die Teilung der Gemeinheiten  ..............................................  203 6.3.2.2 Die Verbesserung der Schulstelle in Grünz durch die Zuweisung von Dienstland  ..............................................  204 6.3.2.3 Das Konfliktpotential am Beispiel der Schulstelle in Schmagerow  ......................................................................  206 6.3.2.4 Die Ergebnisse der Regulierungen und Separationen

im Hinblick auf die Verbesserung der Einkommenssituation der Schulstellen  . . ....................................................................  6.3.3 Die Vereinigung von Schul- und Küsteramt  ......................................  6.3.3.1 Der Zustand im 18. Jahrhundert  ...........................................  6.3.3.2 Die Separation der Küstereien als staatlich verordnete Maßnahme zur Gehaltsaufbesserung der Lehrerstellen  .........  6.4 Die Bilanz staatlich initiierter Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrergehälter  .........................................................................................  6.5 Auf dem Wege zur gesetzlichen Festsetzung eines Mindestgehalts  .. ..............  6.6 Zusammenfassung  ........................................................................................  7. Die Verbesserung der Schulhäuser  .......................................................................  7.1 Die Ausgangslage am Ende des 18. Jahrhunderts  ..........................................  7.1.1 Die Synode Penkun  ............................................................................  7.1.2 Das Schulinventar  ..............................................................................  7.2 Das Schulhaus in amtlichen Verordnungen  ..................................................  7.3 Reformbestrebungen im beginnenden 19. Jahrhundert und ihre Umsetzung in der Penkuner Synode  ..............................................  7.3.1 Allgemeiner Überblick um 1820  . . .......................................................  7.3.2 Das Wartiner Schulhaus  .....................................................................  7.3.3 Die Schaffung separater Unterrichtsräume  . . .......................................  7.3.4 Die Reglementierung der Raumgröße  . . ..............................................  7.4 Schulbauvorschriften  ....................................................................................  7.4.1 Schulbauvorschriften im Spiegel der Zeit  . . .........................................  7.4.2 Regelungen für den Regierungsbezirk Stettin 1833  ............................  7.5 Vergleich der Baugeschichte dreier ausgewählter Schulhäuser in der Penkuner Synode  ................................................................................  7.5.1 Das Radewitzer Schulhaus  . . ................................................................  7.5.2 Das Raminer Schulhaus  .....................................................................  7.5.3 Das Storkower Schulhaus  ...................................................................  7.5.4 Zwischenergebnis  ...............................................................................  7.6 Schulbauten in der Mitte des 19. Jahrhunderts  ............................................. 

208 213 213 216 217 219 233 236 236 240 243 244 247 247 251 253 257 258 259 261 262 262 267 275 280 281

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Inhalt

7.7 Staatliche Beteiligung am Bau und der Unterhaltung der Schulhäuser  ........  7.8 Die Realität in der Penkuner Synode  ............................................................  7.9 Ausblick  ........................................................................................................  7.9.1 Investitionen in den Schulhausbau zum Ende des 19. Jahrhunderts  ....  7.9.2 Der Neubau eines Schulhauses im Schmagerow 1910/11  ....................  7.10 Zusammenfassung  ........................................................................................ 

8. Zusammenfassung und Ausblick  .........................................................................  9. Anhänge  ...............................................................................................................  Verzeichnis der Abkürzungen  ...................................................................................  Verzeichnis der Abbildungen  ....................................................................................  Verzeichnis der Tabellen  ...........................................................................................  Quellen- und Literaturverzeichnis  ............................................................................  Personenregister  ........................................................................................................  Ortsregister  ............................................................................................................... 

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Vorwort Vor gut 25 Jahren kam ich als junger Student in einer Bodenkammer des Penkuner Pfarramtes in Berührung mit einem Aktenkonvolut, das dort seit Jahrzehnten scheinbar unbeachtet geschlummert hatte, sich in einem heillosen Durcheinander befand und unglaublich verstaubt war. Es handelte sich um den nahezu vollständigen Bestand des Archivs der vormaligen Superintendentur Penkun, den ich daraufhin säuberte, sichtete und auf der Grundlage der vorhandenen Registratur ordnete. Somit brachte mich jene Zeit in den Sommersemesterferien Anfang der 1990er Jahre in Berührung mit ­diesem nunmehr gehobenen Schatz. Obgleich bereits seinerzeit unausgegorene Vorstellungen für seine Nutzbarmachung in meinem Kopfe schwirrten, sollten fast weitere 20 Jahre vergehen, ehe die konkrete Idee für die Thematik der vorliegenden Studie geboren war. Dass mit ihr nunmehr eine Arbeit vorliegt, die die nicht nur geographisch am Rande unseres Bundeslandes liegende Randow-Region in den Fokus rückt, erfüllt mich mit Stolz und stiller Freude. Der Weg zum fertigen Produkt sollte noch einmal einige Jahre beanspruchen und gestaltete sich neben den vielfältigen beruflichen Herausforderungen einer vollen Lehr- bzw. Lehrerstelle nicht immer einfach. Es ist mir darum ein besonderes Bedürfnis, an jene Menschen zu denken, die mich in dieser Zeit begleitet, unterstützt, gefördert und ermutigt haben. So gilt der erste Dank meinem Doktorvater Prof. Dr. Andreas Pehnke, der mich äußerst vorbildlich und sorgsam betreute und von dem ich eine Vielzahl von Hinweisen und Anregungen erhielt. Als ein von Anbeginn großer Freund meiner Untersuchung verstand er es immer wieder aufs Neue, durch seine Begeisterung meine Motivation aufrechtzuerhalten. Besonders danken möchte ich Pastor Dr. Irmfried Garbe für seine uneingeschränkte Hilfsbereitschaft, für zahlreiche konstruktive Diskussionen und kritische Hinweise, für die vielen Stunden, die er mir und meinem Manuskript gewidmet hat, und nicht zuletzt für den freundlichen, aufbauenden Zuspruch in Zeiten, in denen mi Moot und Kräft valoten wullten. Da diese Untersuchung zu einem erheblichen Teil auf der Auswertung von bisher unveröffentlichtem, handgeschriebenem Quellenmaterial basiert, konnte sie nur durch die Unterstützung zahlreicher Archive bzw. die für sie Verantwortung Tragenden entstehen. So möchte ich Maylind Dally und Jana Holzberg für den unkomplizierten Zugang zu den zunächst in Pasewalk, dann in Greifswald gelagerten Penkuner Superintendenturakten danken. Dank gebührt in gleichem Maße Witold Mijal, dessen persönliches Engagement und freundschaftliche Verbundenheit mir die Benutzung der Bestände des Stettiner Staatsarchivs erheblich vereinfachten. In dieser Aufzählung dürfen die zahlreichen Pfarrämter nicht unerwähnt bleiben, in denen ich bis auf Gartz an der Oder uneingeschränkte Hilfe erfuhr und immer auf offene Türen und hilfsbereite Menschen stieß. Die vorliegende Studie wurde im November 2020 von der Philosophischen Fakultät der Universität Greifswald als Dissertationsschrift angenommen und für ihre Druckfassung geringfügig bearbeitet. Dass sie in der Reihe „Forschungen zur Pommerschen Geschichte“

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Vorwort

erscheinen konnte, ist maßgeblich dem Engagement von Prof. Dr. Haik Porada zu verdanken, der nicht nur den Prozess bis zur Drucklegung vorbildlich begleitet hat, sondern mir auch bei den vielen Antragsformularen eine große Hilfe war. Nicht zuletzt ermöglichten die großzügigen Zuschüsse vonseiten der Historischen Kommission für Pommern, der Ehrenamtsstiftung Mecklenburg-­Vorpommern, der Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte, der Nordkirche, der Bischofskanzlei Greifswald, des VorpommernFonds, der Kirchengemeinde Retzin und Waltraud Wuttkes, Schmölln, ihre Drucklegung. Allen Spendern sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Penkun, im April 2021 

Dietmar Roglitz

1. Einleitung 1.1 Zielstellung „Ich bin überzeugt, daß die wesentlichen Erforderniße einer durchgreifenden, fortschreitenden Verbeßerung des Volksschulwesens (wie aller Schulverbeßerung) sind: gehörig vorbereitete und gebildete Lehrer, also wohl eingerichtete Seminarien; dann ein hinlängliches, von fremder Willkür unabhängiges, festes Einkommen für ­solche Lehrer […] und endlich die Anordnung einer treuen, ernsten und weisen Schulaufsicht.“ 1

Als der pommersche Oberpräsident Johann August Sack diese Zeilen im April 1818 verfasste, stand ein für das Schulwesen seiner Provinz bedeutsames Ereignis unmittelbar bevor. Nur sechs Wochen ­später, am 1. Juni, trafen sich die Schulräte der Regierungsbezirke Stralsund, Köslin und Stettin, um gemeinsam über die Konzeption einer Provinzialschulordnung zu beraten, die im Einklang mit dem von Johann Wilhelm Süvern erarbeiteten Unterrichtsgesetzentwurf dem reformorientierten Geist einer neuen Ära preußischer Geschichte Rechnung tragen sollte. Insofern fasste die Aussage Sacks einerseits Grundzüge der intendierten Bildungsreform zusammen, zum anderen wurden durch sie jene Mängel benannt, die seit Jahrzehnten der Anlass zahlreicher Monita pommerscher Schulverwaltungsbeamter gewesen waren.2 Allerdings hatte im Jahre 1818 die nach der preußischen Niederlage von 1806 begonnene Neugestaltung des Staates durch das Erstarken reaktionärer Kräfte merklich an Fahrt verloren. Die von altständisch gesinnten Vertretern allerorten gewitterte Gefahr vermeintlicher revolutionärer Umtriebe fand in den Ereignissen des Wartburgfestes 1817 und in der Ermordung August von Kotzebues im März 1819 ihre offensichtliche Bestätigung. Preußen überführte im Oktober 1819 die Karlsbader Beschlüsse in Landesrecht, wodurch die restaurative Wende endgültig besiegelt war. Unter d ­ iesem Signum blieb dem Süvernschen Gesetzentwurfs von vornherein jegliche Chance versagt. Weder er noch die mit ihm korrespondierende pommersche Provinzialschulordnung sollten jemals in Kraft treten. Dieses Scheitern bedeutete jedoch keineswegs das Ende der Reformbewegung. Für die in der Bildungsforschung unbestrittene „Fortschrittlichkeit der reaktionären Bildungspolitik“ 3 entwickelte beispielsweise Frank-Michael Kuhlemann 1992 Erklärungsansätze

1 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (künftig GStA PK), I. HA, Rep. 76, VII neu Sekt. 17 A Teil I, Nr. 1, Band 1, unpag.: Oberpräsident Sack an das Konsistorium und Schulkollegium Stettin, Stettin vom 17. April 1818. 2 Vgl. hierzu Kapitel 2 dieser Arbeit. 3 Kuhlemann, Frank-Michael: Modernisierung und Disziplinierung. (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Band 96). Göttingen 1992, S. 19.

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Einleitung

und stellte dabei „den Prozess der Modernisierung der preußisch-deutschen Volksschule als ein ebenso kleinschrittiges wie kontinuierliches Entwicklungsgeschehen dar, das auch in den konservativen Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nicht abbrach“.4 So widmeten staatliche Organe während der kommenden Jahrzehnte vor allem der Modernisierung der Lehrerausbildung ihre besondere Aufmerksamkeit. Ludwig Beckedorff, der als einer der schärfsten Gegner des Süvernschen Gesetzentwurfs gelten kann, trieb mit großem Eifer und erfolgreich den Ausbau von Lehrerseminaren voran. Auch für andere reformbedürftige Bereiche des Volksschulwesens forderte der Staat Innovationen, beschränkte sich aber hierbei weitgehend auf die Rolle eines normgebenden Begleiters. Wenn also trotz des Scheiterns von Johann Wilhelm Süvern ein für das Volksschulwesen sich allmählich vollziehender Modernisierungsprozess verzeichnet werden kann, war andererseits dennoch die Chance zur Klärung wichtiger Fragen, vor allem jener, die die Kosten für die Lehrerbesoldung und die Schulunterhaltung betrafen, ungenutzt verstrichen. Wie ehedem mussten „die ländlichen Schulgemeinden […] weiterhin ihre eigene Antwort auf die durch den politischen, ökonomischen und sozialen Wandel verursachten Herausforderungen“ finden.5 An dieser Stelle setzt die vorliegende Arbeit ein. Sie will die von Kuhlemann in toto aufgestellte These auf ihre Triftigkeit für einen klar begrenzten Forschungsraum untersuchen bzw. jene dort gegebenen „eigenen Antworten“ aufzeigen und diskutieren. Dabei soll als weiteres Ziel überprüft werden, inwieweit sich Süverns Impulse in den provinzialen Verordnungen und Erlassen der Jahrzehnte nach 1820 wiederfinden, obwohl ihnen 1819 die Erhebung in den Rang eines allgemeinen Gesetzes versagt worden war. Dies betrifft sensible Fragen der Schulunterhaltung, aus deren konträr geführter Diskussion ein emotionsgeladenes Spannungsfeld ­zwischen staatlichem Anspruch und lokalen Akteuren entstand.

1.2 Methodische Vorbemerkungen und Untersuchungsgang Die Auswahl des methodischen Vorgehens leitet sich aus der markierten Zielstellung ab. Es ist das Anliegen dieser Forschungsarbeit, innerhalb des Penkuner Schulaufsichtsbezirkes die von jeder Gemeinde, jedem Kirchspiel und jeder Schule gefundene Antwort auf die staatlichen Modernisierungsimpulse zu analysieren. Diesem Anspruch kann sie nur gerecht werden, wenn sie direkt auf die Ebene der lokalen Akteure zugreift. Allein dort lässt sich eruieren, ­welche Personen mit welcher Intensität und auf w ­ elche Art und Weise in ­diesem Prozess mitwirkten und an welcher Stelle und durch ­welche Entscheidungen und Motive sie Innovationen beförderten, bremsten oder verhinderten. In ­diesem Sinne orientiert sich die Arbeit an dem mikrohistorischen Forschungsansatz von Jürgen Schlumbohm, der sich für die Tiefenlotung eines gesellschaftlichen Systems 4 Scholz, Joachim: Die Lehrer leuchten wie die Sterne. Landschulreform und Elementarlehrerbildung in Brandenburg-Preußen. Bremen 2011. 5 Kuhlemann, S. 64.

Methodische Vorbemerkungen und Untersuchungsgang

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in besonderem Maße eignet.6 Schlumbohm entwickelte einen spezifischen Zugang, der es ihm erlaubte, „die gewöhnlichen Lebensgeschichten der einfachen Menschen aufgrund der ,normalen‘ Massenquellen zu rekonstruieren und erzählend wie analysierend darzustellen“.7 Damit wich er von der ursprünglichen Idee mikrohistorischer Geschichtsschreibung ab, die sich Anfang der 1970er Jahre in Italien entwickelte und durch die Arbeiten von Carlo Ginzburg und Carlo Poni als deren Pioniere geprägt wurde.8 Sie gingen von jeweils singulären Extremfällen aus und widmeten sich der Vorstellungswelt eines einzelnen Menschen, der durch sein außergewöhnliches Denken und Handeln Anstoß erregte und dadurch möglicherweise auf Strukturen und Prozesse einwirkte. Schlumbohms methodische Divergenz ist indes keineswegs als problematisch zu betrachten. Obgleich Mikrohistorie als innovative Art von Geschichtsschreibung seit mehr als 40 Jahren praktiziert wird, verzichtet sie bis heute bewusst auf ein einheitliches Leitkonzept oder festes Programm.9 Vielmehr begreift sie ihre konzeptuelle Vielfalt als Tugend, die dem Forschenden einen großen Spielraum eröffnet. Insofern geht der von Jürgen Schlumbohm entwickelte Ansatz einen von mehreren denkbaren Wegen innerhalb der mikrohistorischen Forschung. Für ihn besaßen nicht nur die von der ursprünglichen Idee berücksichtigten Einzelfälle Relevanz. Sein Blick fokussierte auch den Kreis der im weiteren Sinne Beteiligten mit dem Ziel, „Handelnde mit eigenen Zielen und Strategien“ 10 hervortreten zu lassen. Dabei nutzte er Elemente der Sozialgeschichte und der historischen Demographie, die er um soziale, ökonomische, kulturelle, familiengeschichtliche und politisch-herrschaftliche Aspekte erweiterte. Weil aber jene ihre Untersuchungen auf der Makroebene durchführen, reduzieren sie den einzelnen Menschen auf bestimmte quantitative Merkmale. Schlumbohms Interesse ging jedoch darüber hinaus. Ein mikroskopisch feingestellter Blick auf ein räumlich klar begrenztes Untersuchungsfeld ermöglichte ihm die vollständige Erfassung der vorhandenen Quellen, deren intensive Lektüre und Verknüpfung. Dadurch ließ er ein Netz von Beziehungen und Abhängigkeiten sichtbar werden, das eine Verhaltensinterpretation der Akteure begünstigte. Bei d ­ iesem Vorgehen adaptierte Schlumbohm das Bemühen der Alltagsgeschichte, die vielen „Namenlosen“ der Geschichte nicht nur als Objekte, sondern vor allem als Subjekte zu verstehen. Allerdings waren für ihn die Methoden der 6 Schlumbohm, Jürgen: Lebensläufe, Familien, Höfe. Die Bauern und Heuerleute des Osnabrückischen Kirchspiels Belm in proto-industrieller Zeit, 1650 – 1860. Göttingen 1994 (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Band 110). 7 Ebd., S. 19. 8 Vgl. Schlumbohm, Jürgen (Hg.): Mikrogeschichte – Makrogeschichte: komplementär oder inkommensurabel? Göttingen 1998, S. 18 – 24. 9 Otto Ulbricht verweist darauf, dass Mikrogeschichte „kein festes Programm, aber einige Eckpfeiler“ besitzt, die er im Folgenden benennt und ausführt. Vgl. Ulbricht, Otto: Divergierende Pfade der Mikrogeschichte. Aspekte der Rezeptionsgeschichte, in: Hiebl, Ewald/ Langthaler, Ernst (Hrsg.): Im Kleinen das Große suchen. Mikrogeschichte in ­Theorie und Praxis. Innsbruck, Wien, Bozen 2012 (= Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes 2012), S. 22 – 36, hier S. 22 f. 10 Schlumbohm 1994, S. 21.

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Einleitung

Alltagsgeschichte nur bedingt anwendbar, weil ihm die dort verwendete Oral History nicht und andere wichtige quantitative Quellenarten – ­solche, die Wahrnehmungen spiegeln – nur bedingt zur Verfügung standen. Um dennoch einen Zugriff auf die inneren Einstellungen und Motive der Protagonisten zu erhalten, analysierte Schlumbohm einzelne, ausführlich überlieferte Konfliktfälle. Mit ­diesem Vorgehen konnte er quantifizierende Methoden mit qualitativen Merkmalen verbinden und somit ein wesentlich höheres Aussagepotential ­nutzen. Die in meiner Arbeit thematisierten Fragen der Lehrerbesoldung und Schulunterhaltung, aber auch die geistlich angeleitete Lehrerfortbildung bedurften in vielfacher Hinsicht der Entscheidung einzelner Protagonisten, die je nach persönlicher Disposition unterschiedlich ausfallen konnten, immer jedoch Auswirkungen auf das soziale Gefüge des Dorfverbandes zeitigten. In Bezug auf den angestrebten Erkenntnisgewinn macht es Schlumbohms methodischer Ansatz möglich, das differenzierte Verhalten der lokalen Akteure als ein von Strategie geleitetes Handeln innerhalb der sie umgebenden Gesellschaft zu analysieren. Wenn d ­ ieses Verfahren geeignet ist, in der Summe der individuellen Fälle auch bestimmte Tendenzen oder Regeln sichtbar zu machen, so treten dennoch Abweichungen von einer wie auch immer gearteten Norm auf, die Schlumbohm in Anlehnung an Ginzburg und Poni als „normale Ausnahmen“ 11 bezeichnet. Abweichungen können sowohl in eine positive als auch negative Richtung weisen. Die in dieser Studie verwendeten Quellen dokumentieren fast ausschließlich jene Normabweichungen, aus denen Konfliktsituationen erwuchsen. In der Regel war das immer dann der Fall, wenn Gemeinden oder Einzelpersonen materiell belastet wurden oder einzelne Schicksale sich außergewöhnlich prekär gestalteten. Die Analyse dieser Fälle birgt das große Potential, mittels der dichten Beschreibung tiefere Einblicke in die Motive der Beteiligten, deren Strategien und die daraus resultierenden Konsequenzen zu gewinnen. Ein derartiger Zugang ist in der pommerschen Geschichtsschreibung noch immer ein Desiderat. Ein wesentliches Merkmal mikrogeschichtlicher Forschung besteht in der Vergrößerung des Maßstabes, also in der Verkleinerung der Untersuchungseinheit.12 Insofern stellt sich für die Bewältigung der hier skizzierten Aufgabe zunächst die Forderung einer Eingrenzung des Untersuchungsraumes. Nur auf diese Weise kann das vielgestaltige „Netz sozialer Beziehungen“,13 das ­zwischen den einzelnen Individuen besteht, eingefangen werden. Mit der Kreisschulinspektion Penkun wurde der kleinstmögliche Radius einer solchen Untersuchung abgesteckt und durch seine relativ gute Quellenlage als potentiell ergebnisträchtiges Forschungsfeld legitimiert. Seine überschaubare Größe ermöglicht „die vollständige Erfassung d[ies]er Quellen und deren intensive Lektüre“.14 Die A ­ nalyse einer 11 Ebd., S. 22. 12 Ulbricht, Otto: Mikrogeschichte. Menschen und Konflikte in der Frühen Neuzeit. Frankfurt am Main 2009, S. 12. 13 Ginzburg, Carlo/Poni, Carlo: Was ist Mikrogeschichte?, in: Geschichtswerkstatt 6 (1985), S. 48 – 52, hier S. 50. 14 Hiebl, Ewald/Langthaler, Ernst (Hrsg.): Im Kleinen das Große suchen. Mikrogeschichte in ­Theorie und Praxis. Innsbruck, Wien, Bozen 2012 (= Jahrbuch für Geschichte des ländlichen

Methodische Vorbemerkungen und Untersuchungsgang

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einzelnen hierarchisch tiefer angesiedelten Lokalschulinspektion wäre denkbar und durchaus reizvoll gewesen. Allerdings schloss die unzureichende Quellendichte diese Option von vornherein aus. Ist ein mikrogeschichtlicher Zugang in besonderem Maße dazu geeignet, die Tiefen eines lokalen Systems auszuloten, so muss Mikrogeschichte auf der anderen Seite immer und notwendigerweise in einem Dialog mit der Makrogeschichte stehen, will sie nicht den von Jürgen Kocka formulierten Vorwurf des „mikrohistorischen Klein-Klein“ 15 bedienen. Wenn Mikrogeschichte nicht das Kleine um seiner selbst willen untersucht, sondern im Kleinen forscht,16 sind Fragen der Makroebene unmittelbar eingeschlossen. Bezogen auf den in dieser Arbeit angestrebten Erkenntnisgewinn stellt sich die Frage, inwieweit trotz des Scheiterns von Süvern seine bzw. die von der pommerschen Provinzialregierung gegebenen Impulse an der Basis aufgenommen und umgesetzt wurden. Trotz (oder vielmehr wegen) des Fehlens eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes griffen staatliche Organe auf dem Verwaltungswege in die lokale Schulwirklichkeit ein und eröffneten den Beteiligten Handlungsspielräume, die diese entsprechend ihrer Disposition nutzten. Gemeinden, Patrone, Pfarrer, Lehrer – sie alle setzten eigene Akzente. Insofern verlangen die bestehenden komplexen Wechselwirkungen z­ wischen der Makroebene der preußischen bzw. pommerschen Schulgeschichte und der Mikroebene des Untersuchungsraumes eine besondere Aufmerksamkeit. Neben einer räumlichen wird diese Untersuchung auch von einer zeitlichen Eingrenzung determiniert. Mit der Wahl eines Themas, das einen Teil preußischer Schulreform fokussiert, ist im Grunde der zeitliche Anfangspunkt dieser Untersuchung auf das Jahr 1806 festgelegt. Im Konsens mit Franzjörg Baumgart erachte ich jedoch diese Terminierung als zu kurz greifend, da die Reform an Vorarbeiten aus den vorangegangenen Jahrzehnten anknüpfen konnte.17 Weil mit dieser Arbeit auch eine explizit pommersche Schulgeschichte geschrieben werden soll, setzen meine Betrachtungen mit dem wachsenden Interesse preußischer Herrscher an dem niederen Schulwesen der pommerschen Provinz und der Einführung des Generallandschulreglements ein. Darüber hinaus sind punktuell Rückblicke bis in die nachreformatorische Zeit des 16. Jahrhunderts erforderlich, um historische Kontinuitäten aufzuzeigen und zu verdeutlichen. Die preußische Schulgeschichtsschreibung verbindet mit dem Jahr 1872 eine bildungspolitische Wende. Mit Adalbert Falk übernahm im Januar d­ ieses Jahres erstmals ein liberaler Raumes 2012). Einleitung, S. 7 – 21, hier S. 14. 15 Kocka, Jürgen: Perspektiven für die Sozialgeschichte der neunziger Jahre, in: Schulze, Winfried (Hg.): Sozialgeschichte, Alltagsgeschichte, Mikrohistorie. Göttingen 1994, S. 33 – 39, hier S. 34. 16 In Anlehnung an die von Giovanni Levi 1990 getroffene Aussage: „Microstoria ne veut pas dire regarder des petites choses, mais regarder petit.“ – Mikro-Historie, das heißt nicht, kleine Dinge anzuschauen, sondern im Kleinen zu schauen. Zitiert nach: Medick 1994, S. 40. 17 Baumgart, Franzjörg: Zwischen Reform und Reaktion. Preußische Schulpolitik 1806 – 1859. Darmstadt 1990, S. 11.

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Einleitung

Minister die Kultusgeschäfte und unterstützte Bismarck in dessen als Kulturkampf bezeichnetem Bestreben, den ­Kirchen prägenden Einfluss auf das Schulwesen zu entziehen. Die geistliche Schulaufsicht wurde durch das Gesetz vom 11. März 187218 beendet. Insofern markiert d ­ ieses bedeutsame Jahr den Abschluss der vorliegenden Arbeit. Allerdings greift auch hier mit Blick auf die gewählten Untersuchungsschwerpunkte eine scharfe Terminierung zu kurz. Obwohl Falk mit den Allgemeinen Bestimmungen vom 15. Oktober 187219 dem Volksschul-, Präparanden- und Seminarwesen zu einer juristischen Normierung verhalf, konnten die Lehrerbesoldungs- und Schulunterhaltungsfragen erst in den folgenden 30 Jahren geklärt werden. Diese Entwicklung deutet ein Ausblick am jeweiligen Kapitelende an. Reformen nehmen im Allgemeinen ihren Anfang in den von Zeitgenossen als unhaltbar empfundenen Defizitzuständen. Die Geschichte des pommerschen Volksschulwesens ist durchzogen von den immer wiederkehrenden Klagen über unzureichend gebildete und ungenügend besoldete Lehrer, über unzulänglichen Schulbesuch und schließlich über Schulhäuser, deren bauliche Substanz nicht annähernd befriedigen konnte. Diese vier „Grundübel“ sollten ursprünglich den thematischen Gang dieser Untersuchung bestimmen. Die von der Bildungsprogrammatik der Reformperiode intendierte Nationalerziehung musste in der Schule ihren Anfang nehmen. Insofern erhielt die Ausbildung von Landschullehrern einen bis dahin nicht gekannten Stellenwert. Allein dieser Umstand rechtfertigt eine Untersuchung der Lehrerprofessionalisierung, einmal im provinzial geweiteten Blick am Beispiel des Stettiner Lehrerseminars, dann aber auch mit dem Fokus auf die speziellen Gegebenheiten im Penkuner Raum. In die beiden darüber hinaus gewählten Themenfelder der Lehrerbesoldung und der Verbesserung der Schulhaussituation spielen in dominanter Weise die bereits erwähnten Schulunterhaltungsfragen hinein. Süvern hatte mit seinem Gesetzentwurf eine praktikable Lösung präsentiert, die jeden Einwohner eines Schulbezirks nach dem Verhältnis seines Grundbesitzes und Einkommens an den Schulunterhaltungskosten beteiligt hätte. Sein Scheitern jedoch stellte die dörflichen Gemeinden vor die Herausforderung, die von Staats wegen geforderten Investitionen in den Bildungssektor größtenteils allein zu realisieren, und das in einer Zeit großer wirtschaftlicher Umbrüche. Die ursprünglich geplante Bearbeitung des vierten Schwerpunktes, Durchsetzung der Schulpflicht, wurde von mir verworfen. Die vorhandenen Quellen boten nicht die benötigte Materialgrundlage für eine verlässliche Analyse des Schulbesuchsverhaltens in den einzelnen Ortschaften. Nötig wären in erster Linie die Absentenlisten aus den jeweiligen Schulen gewesen, die darüber hinaus auch möglicherweise verhängte Strafmaßnahmen gegen die Eltern verzeichnet hätten. Diese Dokumente sind in den Pfarrarchiven der 18 „Gesetz, betreffend die Beaufsichtigung des Unterrichts- und Erziehungswesens“, in: Zentral­ blatt für die gesammte Unterrichts-Verwaltung in Preußen (künftig Zentralblatt), 3/1872, S.  129 f. 19 „Allgemeine Bestimmungen des Königl. Preuß. Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten vom 15. October 1872, betreffend das Volksschul-, Präparandenund Seminar-Wesen“, in: Zentralblatt, 10/1872, S. 585 – 646.

Methodische Vorbemerkungen und Untersuchungsgang

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Lokalschulinspektionen zu verorten und wegen deren zum Teil bruchstückhafter Überlieferung lediglich für einzelne Jahre und Schulen erhalten. Auch die auf der Ebene des Landkreises angefertigten statistischen Notizen erfüllen nur sehr bedingt den von mir erhobenen Anspruch. Der Untersuchungsgang beginnt mit einer geschichtlichen Darstellung des Elementarschulwesens im 18. Jahrhundert, in dem wichtige Grundlagen geschaffen wurden, auf denen die Innovationsprogramme nach 1806 aufbauen konnten. Ausgehend von einem ersten schulpolitischen Interesse Friedrichs II. an der pommerschen Provinz wird ein großer Bogen über die Reformanstöße der Minister von Zedlitz und von Massow geschlagen. Das dritte Kapitel beschreibt die politische und schulpolitische Situation, in der sich der verbleibende preußische Reststaat nach der Niederlage von Jena und Auerstedt 1806 befand, und versucht, daraus die Notwendigkeit einer umfassenden Bildungs- und Schulreform für das Überleben des Landes herzuleiten. Ein besonderes Gewicht erhält hierbei die Entstehungs- und Verhinderungsgeschichte des Süvernschen Unterrichtsgesetzentwurfes, der als erster Versuch gelten kann, das gesamte preußische Schulwesen einheitlich zu gestalten. Nachdem mit der Klärung der historischen Bedingungen eine Verständnisbasis gelegt worden ist, wird im vierten Kapitel der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsraum vorgestellt. Neben geographischen Informationen rücken die maßgeblichen Akteure und die ihre Zeit prägenden gravierenden wirtschaftlichen Umgestaltungsprozesse in das Blickfeld. Die folgenden drei Kapitel thematisieren jeweils einen Schwerpunkt innerhalb der preußisch-pommerschen Schulreform. In ihrem Kontext maßen die Vertreter der neuen Bildungspolitik unbestritten der Professionalisierung des Volksschullehrerstandes die höchste Bedeutung bei. Das fünfte Kapitel erforscht daher diesen Prozess en detail, indem es mit dem Stettiner Seminar nicht nur die bedeutendste, sondern auch die älteste Lehrerbildungsanstalt der Provinz betrachtet. Um Kontinuität und Wandel zu verstehen, setzt die Untersuchung bei der 1732 erfolgten Seminargründung ein. Doch Lehrerprofessionalisierung bezog sich nicht allein auf die Ausbildung von Seminaristen. Eine weitaus größere Anzahl von Lehrern befand sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts seminaristisch unvorbereitet im Lehramt. Die Aufgabe, sie auf ein höheres Bildungsniveau zu heben, fiel in den ersten Jahrzehnten vorrangig den Pfarrern im Rahmen von Lehrerkonferenzen zu. Umsetzung und Erfolg dieser staatlich verordneten Weiterbildungsmaßnahme beschreibt das fünfte Kapitel mit der Fokussierung auf den Penkuner Raum. Die mit Sicherheit aus dem Blickwinkel der Lehrer bedeutsamste Frage nach ihrer materiellen Besserstellung erfährt im sechsten Kapitel Berücksichtigung. Diese waren ähnlich wie der Schulhausbau zunächst am geringsten einem direkten staatlichen Zugriff unterworfen. Nachdem ein Überblick über die Einkommensverhältnisse aller vorpommerschen Synoden vorgenommen wurde, werden an drei ausgewählten Schwerpunkten Möglichkeiten für Gehaltsaufbesserungen analysiert. Die Reform des Schulwesens und die mit ihr einhergehende Durchsetzung der Schulpflicht mussten zwangsläufig auch Konsequenzen für die Arbeits- und Wohnsituation der Lehrer haben. Das siebente Kapitel wird daher den diesbezüglichen Entwicklungen nachgehen.

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Einleitung

1.3 Quellenlage und Forschungsstand Erfreut sich die preußisch-brandenburgische Schulgeschichte einer bemerkenswert umfassenden und tiefgehenden Erforschung,20 bleibt die pommersche Entwicklung bislang weitestgehend unbeachtet. Abgesehen von einer überschaubaren Anzahl von Artikelbeiträgen 21 thematisierten lediglich zwei in jüngerer Zeit entstandene Qualifikationsschriften das Themenfeld Schule. Reimund Meffert unternahm im Jahre 2000 in einer breit angelegten Studie erstmals den Versuch einer umfassenden wissenschaftlichen Analyse pommerscher Schulgeschichte für die Jahre 1815 – 1933.22 Nicht allein der weitgefasste Zeitraum, sondern auch die Ausdehnung des Untersuchungsgebietes auf die gesamte Provinz sowie die Vielfalt der ausgewählten Untersuchungsgegenstände verleihen seiner Arbeit den Charakter einer Überblicksdarstellung. Dirk Mellies reduzierte 2012 seinen Untersuchungsradius auf den Regierungsbezirk Stettin, grenzte den dabei interessierenden Zeitraum auf die Spanne ­zwischen 1815 und 1870/71 ein und untersuchte in ihr den Prozess der partiellen Modernisierung der relativ rückständigen Provinz Pommern.23 Neben dem Ausbau der Infrastruktur und der 20 Zu den gewichtigen Werken der brandenburgisch-preußischen Schulgeschichtsschreibung zählen unter anderem: Neugebauer, Wolfgang: Absolutistischer Staat und Schulwirklichkeit in Brandenburg-Preußen. Berlin, New York 1985; Baumgart, Franzjörg: Zwischen Reform und Reaktion. Preußische Schulpolitik 1806 – 1859. Darmstadt 1990; Kuhlemann, Frank-Michael: Modernisierung und Disziplinierung. Sozialgeschichte des preußischen Volksschulwesens 1794 – 1872. Göttingen 1992; Schmitt, Hanno: Erziehungsreform und Gesellschaftsinitiative in Preußen 1798 – 1840. Berlin 1999; Scholz, Joachim: Die Lehrer leuchten wie die Sterne. Landschulreform und Elementarlehrerbildung in Brandenburg-Preußen. Bremen 2011. 21 Die kurze Zeit nach der Wende erschienene Publikation von Hans Fenske: Die Verwaltung Pommerns 1815 – 1945. Köln, Weimar, Wien 1993 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern, Reihe V, Band 26) gibt unter Verwendung meist älterer Quellen auf schmalem Raum (Seiten 98 bis 114) einen groben Überblick zum gesamten pommerschen Bildungswesen inklusive der Lehrervorbereitung und der Greifswalder Universität. Der von Werner Buchholz im Jahre 2000 herausgegebene Tagungsband „Kindheit und Jugend in der Neuzeit 1500 – 1900“ thematisiert in einzelnen Artikeln auch Aspekte regionaler Schulgeschichte. Sie sind vom Umfang her jeweils eher knapp gehalten und skizzieren größere Zeiträume. Als Ergebnis eines im Oktober 2005 in Greifswald durchgeführten Symposiums erschien der unter Nutzung zahlreicher archivalischer Quellen entstandene Artikel von Dirk Mellies: Landbevölkerung, Stadtbürgertum und staatliche Schulpolitik in Pommern, in: Stamm-Kuhlmann, Thomas (Hg.): Pommern im 19. Jahrhundert Staatliche und Gesellschaftliche Entwicklung in vergleichender Perspektive. Köln, Weimar, Wien 2007 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern, Reihe V, Band 43), S. 209 – 232. Der Artikel kann als Vorarbeit zu Mellies‘ Dissertation gewertet werden. 22 Meffert, Reimund: Schulreform in Pommern 1815 – 1933. Studien zur Bildungsgeschichte einer preußischen Provinz. Frankfurt am Main u. a. 2000 (= Greifswalder Studien zur Erziehungswissenschaft, Band 9). 23 Mellies, Dirk: Modernisierung in der preußischen Provinz. Der Regierungsbezirk Stettin im 19. Jahrhundert. Göttingen 2012 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Band 201).

Quellenlage und Forschungsstand

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­Entfaltung zivilgesellschaftlicher Strukturen interessierte ihn auch der Bereich des Schulwesens. Durchsetzung der Schulpflicht, der Ausbau und die Ausdifferenzierung des Schulsystems, die Verberuflichung des Lehrerstandes sowie die Ausweitung der Lehrinhalte waren für ihn die Indikatoren, an denen er den partiellen Modernisierungsprozess nachwies. Der universal angelegten Thematik seiner Arbeit folgend, berücksichtigte er dabei sowohl die höheren als auch die niederen Schulen und bezog das Schulwesen in der Stadt und auf dem platten Lande ein. Damit konnte eine im Vergleich zur Arbeit von Meffert tiefergehende Analyse erfolgen. Eine die Landschulentwicklung fokussierende Darstellung ist jedoch für Pommern noch immer nicht vorhanden und auch jenseits dieser Provinz recht selten vorzufinden. Das hier intendierte Vorhaben kann auf einer als relativ gut zu bezeichnenden Quellenlage aufbauen. Aufgrund des gesteckten Ziels, die schulrelevanten Vorgänge auf der Ebene der Kreisschulinspektion bzw. der Lokalschulinspektionen zu erfassen, hält der nahezu vollständig überlieferte und für die Forschung bislang gänzlich ungenutzte Bestand des ehemaligen Superintendenturarchivs Penkun einen reichen Fundus bereit. In seiner dritten Sektion (Schulsachen) finden sich insgesamt 24 Akten, die die schulischen Verwaltungsvorgänge dieser Ephorie für das 18. und 19. Jahrhundert vorbildlich dokumentieren. Für die Ebene der Ortsschulinspektionen bietet der in der vierten Sektion (Parochialia) – leider nicht vollständig – überlieferte Bestand eine wertvolle Ergänzung und gestattet damit einen Zugang zur unmittelbaren lokalen schulischen Wirklichkeit und den sie prägenden Akteuren. Dieser Blickwinkel konnte durch die Nutzung einzelner Pfarrarchive erweitert werden.24 Die vorhandene Materialbasis erfuhr darüber hinaus durch Aktenbestände des Stettiner Staatsarchivs (Archiwum Państwowe w Szczecinie) eine Ergänzung. Sie ermöglichten es, die Verbindung zur provinzialen Schulaufsichtsebene herzustellen, dienten aber auch dazu, das Thema dieser Arbeit in den Gesamtzusammenhang zur pommerschen Schulgeschichte einzubinden. Hierfür kamen für das 18. Jahrhundert vor allem Bestände des Stettiner Evangelischen Konsistoriums (Konsystorz Szczeciński) infrage. Für das 19. Jahrhundert fanden Schulakten der Regierung Stettin (Rejencja Szczecińska), der Kreisschulinspektion Randow (Powiatowa Inspekcja Szkolna w Szczecinie) – beide Bestände enthalten Spezialakten zu jeder einzelnen Schule des Untersuchungsgebietes –, des Landratsamtes Randow (Starostwo Powiatowe w Szczecinie) und des Oberpräsidiums (Naczelne Prezydium Prowincji Pomorskiej w Szczecinie) Verwendung. Ergänzend wurden einzelne Bestände des im Greifswalder Landesarchiv überlieferten Schriftgutes des Provinzialschulkollegiums hinzugezogen. Dieser relativ dichte Überlieferungsbestand darf jedoch nicht über einen entscheidenden Mangel hinwegtäuschen. In sämtlichen Akten dominiert die 24 Von den ursprünglich zwölf Pfarrstellen existieren heute nur noch Blumberg, Löcknitz, Retzin und Penkun. In ihnen sind die Akten der Lokalschulinspektion zum Teil vollständig überliefert. Aus anderen Pfarren befinden sich lediglich Restbestände in den Archiven der noch bestehenden vier Pfarrstellen. Von manchen Orten existiert nichts, ohne dass über den Verbleib der Akten etwas bekannt ist.

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Einleitung

Perspektive der Verwaltung, die ihrerseits bestrebt war, entweder durch eigene Akzente Reformen voranzutreiben oder staatlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Das dabei von ihnen gezeichnete Bild ließe sich mit Sicherheit nicht mit der Wahrnehmung der Dorfgemeinden, Lehrer und auch Patronatsherren in Einklang bringen. Stimmen, die diese andere Perspektive spiegeln, fehlen in der vorliegenden Untersuchung weitgehend. Meist erklingen sie in Konfliktsituationen und sind daher nur bedingt objektiv. Wenn es bei der Untersuchung des höheren Schulwesens oft möglich ist, durch (Selbst-)Zeugnisse involvierter Lehrer oder ehemaliger Schüler einen multiperspektivischen Zugang zu erhalten, muss in ­diesem Falle darauf verzichtet werden, weil diese Quellen schlichtweg fehlen. Der gewählte Titel dieser Studie ist einer Schriftprobe entlehnt, die der Kandidat Friedrich Höppner 1808 im Rahmen seiner Bewerbung auf die Schulstelle von Hohenholz abgab. Höppners Aussage hat an Berechtigung nichts eingebüßt und erscheint mir geeignet, als Teil des Berufsethos heutiger Lehrer festgehalten zu werden. Im Volltext lautet sie: „Ein Lehrer auch an der kleinsten Schule, der seine Pflicht in Unterricht und Billdung der Jugend gewißenhaft übt, hatt Werth bey Gott u[nd] findet Achtung bei allen Verständigen.“ 25

25 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 3, Tit. IV, unpag.: Schriftprobe Höppners, Penkun vom 16. März 1806.

2. Reformen des 18. Jahrhunderts als Ausgangssituation für die vorliegende Untersuchung In der Geschichte des preußischen und damit auch des pommerschen Schulwesens markiert das Jahr 1806 eine der bedeutendsten Zäsuren. Hier erfolgte nicht allein der Zusammenbruch des alten Staates, sondern zugleich begründete eine durch umfassende Reformtätigkeit gekennzeichnete Periode die Anfänge des modernen Preußens. Bei aller ­diesem Neuanfang anhaftender Faszination darf jedoch nicht vergessen werden – und darauf verweist beispielsweise Franzjörg Baumgart –, dass sich ­zwischen beiden Epochen „tieferliegende Kontinuitätslinien“ finden.1 Dies betrifft speziell die Stein-Hardenbergschen Reformen, deren Grundlagen bereits „in der Vorreformzeit z­ wischen 1797 und 1808 entweder eingeleitet oder geplant waren“.2 Darüber hinaus griffen sie aber auch „Problemlagen, Programmdiskussionen und erste administrative Maßnahmen der vorangegangenen Jahrzehnte“ auf.3 Insofern erscheint es legitim und für das historische Verständnis erforderlich, auf den Beginn preußischer Reformtätigkeit und damit auf die letzte Regierungsphase Friedrichs des Großen zu blicken.4 Dabei soll bereits Gesagtes nicht unnötigerweise repetiert werden. Vielmehr legt die in d ­ iesem Kapitel summarisch gestaltete historische Rückschau ihren besonderen Fokus auf die Schulreform in Pommern.

2.1 Die preußische Provinz Pommern Mit dem am 21. Januar 1720 geschlossenen Frieden von Stockholm fiel das als „Vorpommern“ – s­päter auch als „Alt-Vorpommern“ – bezeichnete Gebiet z­ wischen Oder und Peene mit den Inseln Usedom und Wollin an Preußen.5 Damit unterstand die Synode Penkun nunmehr preußischer Jurisdiktion. Eine der ersten auf die Hebung des Schulwesens abzielenden administrativen Maßnahmen Friedrich Wilhelms I. stellte 1735 die Einführung der bereits im alten Preußen geltenden „Erneuerte[n] und erweiterte[n] Verordnung über das ­Kirchen- und Schulwesen“ dar.6 Sie kodifizierte für Pommern erstmals Grundanforderungen an die Ausbildung in Landschulen. Das wesentliche Ziel des Unterrichts 1 Baumgart 1990, S. 11. 2 Huber, Ernst Rudolf: Deutsche Verfassungsgeschichte. Band I. Reform und Restauration 1789 bis 1830. Stuttgart, Berlin, Köln 21990, S. 102. 3 Baumgart 1990, S. 11. 4 Huber, S. 99. 5 Hinterpommern war bereits nach dem Westfälischen Frieden 1648 an Preußen gekommen. 6 Eine Druckfassung ist enthalten in: Kirchenkreisarchiv des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises (künftig KKA), Superintendentur Penkun (künftig Sup Pen), Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 35 – 46. Eine knappe Zusammenfassung der das Schulwesen betreffenden Inhalte bietet von Rönne, Ludwig: Das Unterrichts-Wesen des Preußischen Staates, Band 1, Nachdruck der 1855 in Berlin erschienenen Ausgabe. Köln, Berlin 1990, S. 125 f.

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Reformen des 18. Jahrhunderts als Ausgangssituation für die vorliegende Untersuchung

bestand demnach darin, den Schülern das Lesen und die Grundzüge des Katechismus zu vermitteln. Erst mit diesen Kenntnissen ausgerüstet, sollte ein Kind aus seiner Schulzeit entlassen werden und die Konfirmation empfangen. Schreiben und Rechnen blieben hingegen die Ausnahme und auf begabtere bzw. für das Amt des Dorfschulzen vorgesehene Kinder beschränkt. Eine exponierte Rolle bei der Umsetzung dieser Verordnung wurde den Pfarrern zugeschrieben. Sie sollten auf einen regelmäßigen, ganzjährigen [!] Schulbesuch der Kinder hinwirken und dabei saumselige Eltern ermahnen, sie stellten die Befähigung eines Lehrers vor dessen Anstellung fest und blieben nicht nur dessen unmittelbare Vorgesetzte, sondern erteilten die offenbar notwendigen methodischen Hinweise im Rahmen einer Vielzahl ihnen auferlegter Visitationen.7 Obgleich Friedrich II. in seiner Instruktion an das 1750 gegründete lutherische Oberkonsistorium 8 die Ausarbeitung eines „zulänglichen Reglements“ befohlen hatte und damit die rechtlichen Grundlagen für eine Verbesserung der Landschulen legen wollte, war in dieser Hinsicht bis zum Jahre 1763 nichts geschehen. Für Wolfgang Neugebauer sprechen viele Belege dafür, dass die kurz vor Beendigung des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763) einsetzenden schulpolitischen Maßnahmen einer persönlichen Motivation des Königs entsprangen.9 Dieser informierte am 8. Februar 1763 in einer Kabinettsorder seinen Staatsminister Carl Ludolph von Danckelmann,10 dass „bei nunmehro bald völlig wiederum hergestellter Ruhe Ich Meine Attention mit auf die Verbesserung derer vorhin und bisher so gar schlecht bestellten Schulen auf dem Lande richte“.11 Dieser Befehl, der sich zunächst 7 Vgl. Neugebauer 1985, S. 174 f.: Danach erfolgte die Einführung der Verordnung in Pommern nicht ohne Widerstand, der vor allem von den Predigern ausging, was angesichts der ihnen zugeschriebenen Belastung nachvollziehbar erscheint. Vgl. auch: Acta Borussica, Behördenorganisation, 5. Band, 1. Hälfte, Berlin 1910, S. 526, Anm. 3: „Durch Cabinetsordre vom 16. November 1735 mußte dieser Befehl, der auf mannigfachen Widerstand in Pommern stieß, erneut eingeschärft werden.“ Aus ­diesem Grunde erging ein halbes Jahr ­später erneut eine vom König unterzeichnete Weisung in dieser Angelegenheit. 8 „Instruction, vor das über alle Königlichen Lande errichtete Lutherische Ober-Consistorium, de dato Berlin, den 4. October 1750“, abgedruckt in Corpus Consitutionum Marchicarum, Continuatio IV, Spalte 291 – 295. Vgl. zur Organisation des Oberkonsistoriums Wiggermann, Uta: Woellner und das Religionsedikt. Tübingen 2010, S. 58. 9 Neugebauer 1985, S. 178. 10 Saring, Hans: Danckelman, Karl Ludolph Freiherr von [Artikel], in: Neue Deutsche Biographie, Band 3 (1957), S. 504: Geboren am 12. Oktober 1699 in Halle. Studium der Rechtswissenschaft in Halle, 1725 Oberhofgerichtsrat in Marburg, 1731 Geheimer Justizrat am preußischen Hof, 1740 Geheimer Staatsminister in der Grafschaft Hanau, 1748 Wirklich Geheimer Staatsminister und Präsident des Geheimen Justizrats und Lehndirektor in Berlin, dort auch Chef des geistlichen Departements sowie erster Präsident des evangelisch-lutherischen Oberkonsistoriums. 1764 Abschied aus dem Staatsdienst. Verstorben am 13. Dezember 1764 in Berlin. 11 Cabinets-Ordre an den Etats-Minister von Danckelmann. Leipzig, 8. Februar 1763, abgedruckt in: Acta Borussica. Behördenorganisation, Band 12, Nr. 410, S. 620 f.

Die preußische Provinz Pommern

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ausschließlich auf die königlichen Amtsdörfer der Kurmark bezog, zielte darauf ab, bei Stellenneubesetzungen nur ­solche Lehrer zu berücksichtigen, deren Qualifikation zuvor vom Leiter des 1748 gegründeten Kurmärkischen Landschullehrerseminars Johann Julius Hecker 12 festgestellt worden war. Jene Verfügung führte in ihrer Folge zu Beratungen, „die maßgeblich durch […] Hecker und Johann Peter Süßmilch 13 geprägt wurden“.14 Bereits ihre Gutachten benannten Lehrerausbildung, Stellendotation und Schulbesuch als grundlegend defizitär. Am 1. April 1763 wurden die Reformabsichten auf die Städte und Dörfer adligen Patronats erweitert und darüber hinaus sämtliche preußische Provinzen einbezogen.15 Der Wunsch des Königs gab letztlich den Anstoß zur Erarbeitung des Generallandschulreglements.16 Diese von Hecker ausgearbeitete und am 12. August 1763 publizierte Ordnung war der bis dahin umfangreichste Versuch, dem Schulwesen des gesamten Staates einen einheitlichen rechtlichen Rahmen zu geben, und formulierte „erstmals von höchster Stelle [ausgesprochene] Zielvorstellungen […], die bis weit in das 19. Jahrhundert […] die Grundlage der Reform des preußischen Schulwesens darstellten“.17 Allerdings wurde in ­diesem Gesetz zum größten Teil das gesagt, „was schon in früheren Zeiten reglementiert 12 Kämmel, Julius: Hecker, Johann Julius [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 11 (1880), S. 208 – 211 sowie Schindler, Georg: Hecker, Julius [Artikel], in: Neue Deutsche Biographie, Band 8 (1969), S. 182 f.: Geboren in Werden an der Ruhr am 2. November 1707. 1726 Studium an der Universität Halle, 1729 Übernahme eines Lehramtes am Franckeschen Pädagogicum in Halle, 1735 Prediger und Schulinspektor am großen Militärwaisenhaus in Potsdam, 1738 erster lutherischer Prediger an der Dreifaltigkeitskirche zu Berlin, wo er sich vor allem des Volksschulunterrichts annahm und mehrere Schulen gründete. 1747 Eröffnung einer Realschule für die Ausbildung junger Menschen, die nicht den Weg des universitären Studiums einschlugen. 1748 Gründung eines Lehrerseminars. 1750 Mitglied des neuetablierten Oberkonsistoriums, verstorben in Berlin am 24. Juni 1768. 13 John, Vincent: Süßmilch, Johann Peter [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 37 (1894), S. 188 – 195: Geboren in Zehlendorf bei Berlin am 3. September 1707. Studium der Rechtswissenschaft, Medizin und Theologie, 1742 Propst und Konsistorialrat in Berlin, 1745 Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften, 1750 Mitglied des neugegründeten Oberkonsistoriums. Verstorben in Berlin am 22. März 1767. 14 Mainka, Peter: Karl Abraham von Zedlitz und Leipe. Ein schlesischer Adeliger in Diensten Friedrichs II. und Friedrich Wilhelms II. von Preußen. Berlin 1995, S. 242. Auszüge aus den Stellungnahmen der beiden Oberkonsistorialräte bietet Clausnitzer, Eduard: Die Volksschulpädagogik Friedrichs des Großen. Halle 1902, S. 58 – 63. 15 Cabinets-Ordre an den Etats-Minister von Danckelmann. Berlin, 1. April 1763, abgedruckt in: Acta Borussica, Behördenorganisation, Band 13, Nr. 27, S. 51 f. 16 Das Reglement ist abgedruckt in Novum Corpus Constitutionum, Band III (zu 1763), Nr. 53, Sp. 265 – 282. Der Geltungsbereich des Generallandschulreglements sollte sämtliche preußische Provinzen umfassen. Dass dieser Anspruch nicht der historischen Wirklichkeit entsprach, belegt beispielsweise Mainka, S. 243, Anmerkung 8. Bereits in älterer Literatur wird eingeräumt, dass das Reglement nicht überall in gleichem Maße beachtet wurde. Vgl. dazu Beckedorff, Ludolph: Zur Geschichte des preußischen Volksschulwesens, in: ders. (Hg.): Jahrbücher des preußischen Volks-Schul-Wesens, Band 2, Heft 1, Berlin 1825, S. 3 – 46, hier S. 39. 17 Mellies, S. 43.

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war oder gar als tradierte Regel in der Schulwirklichkeit erkannt werden kann“.18 Seine neue Qualität bestand in dem Versuch, die für die einzelnen Provinzen geltenden Regelungen zusammenzufassen, um ein gesamtpreußisches Reglement zu formen.19 Doch genau d ­ ieses Ansinnen ließ manchen Widerwillen in einzelnen Provinzen erwachen, wofür sich bereits in älterer Literatur Belege finden.20 Auch im Oberkonsistorium selbst regte sich noch zu Lebzeiten Heckers eine „scharfe Kritik“, als deren Wortführer der unlängst ins Kollegium berufene Anton Friedrich Büsching 21 galt, der „zu einer Generalkritik an dem Reglement ansetzte, indem er es als an vielen Stellen unvollkommen geißelte“.22 Christian Friedrich Sadewasser,23 ebenfalls Mitglied des Oberkonsistoriums, bemängelte die fehlende Berücksichtigung bestehender provinzialer Unterschiede.24 Um den sich abzeichnenden Schwierigkeiten zu begegnen, versuchte das Oberkonsistorium unter anderem, den Verwaltungsaufwand zu minimieren. Die den Schulinspektoren 1764 auferlegte Pflicht zur jährlichen Visitation aller Schulen ihres Amtsbezirks 25 wurde bereits ein Jahr s­päter zugunsten der „Schul-Catalogi“ ersetzt.26 Da jedoch d ­ ieses Verfahren einen hohen bürokratischen Aufwand 18 Neugebauer 1985, S. 181. Auf den „weitgehend proklamatorischen Charakter“ weist auch Mellies, S. 42, hin. 19 Beispiele, die belegen, dass ältere Bestimmungen in das Generallandschulreglement einflossen, bietet Neugebauer 1985, S. 180 f. 20 Beckedorff: Jahrbücher, Band 2, Heft 1, S. 41: Eine wesentliche Schwierigkeit bei der Umsetzung des Generallandschulreglements lag in der „Unwillfährigkeit nicht bloß von Seiten der Patrone, Magisträte und Gutsherrschaft, sondern auch des größern Theils der Geistlichkeit und selbst mancher Behörden“. Lewin, Heinrich: Geschichte und Entwicklung der preußischen Volksschule. Leipzig 1910, S. 93: Konsistorium und Regierung der Neumark berichten, dass einzelne Schulpatrone und selbst königliche Ämter „ihr Unvermögen, die Schule zu unterhalten, vorschützen“. Ferner verlangten die Schulinspektoren für die Durchführung der häufigen Schulvisitationen eine angemessene Entschädigung. 21 Loewenberg, Julius: Büsching, Anton Friedrich [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 3 (1876), S. 644 – 645 und Wilhelm, Michel: Büsching, Anton Friedrich [Artikel], in: Neue Deutsche Biographie, Band 3 (1957), S. 3 f.: Geboren am 27. September 1724 in Stadthagen in Schaumburg-Lippe. 1744 – 1747 Studium der Theologie in Halle, 1754 Professor in Göttingen, 1766 Direktor des Grauen Klosters in Berlin, im gleichen Jahr Berufung zum Oberkonsistorialrat. Verstorben am 28. Mai 1793 in Berlin. 22 Neugebauer 1985, S. 185. Ebd., Anm. 76: Die Denkschrift Büschings ist datiert auf den 21. November 1767, das Votums Sadewassers auf den 27. Dezember 1767. 23 Straubel, Rolf: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740 – 1806/15. Teil 1. München 2009 (= Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin), S. 840: 1717 – 1770 Oberkonsistorialrat in Berlin, erster Prediger der Friedrichwerderschen ­Kirche. 24 Neugebauer 1985, S. 185. 25 „Instruction wegen der jährlichen Land-Kirchen- und Schulen-Visitation“ vom 1. März 1764, abgedruckt in Novum Corpus Constitutionum, Band III, Nr. 13 (zu 1764), Sp. 376 – 370. 26 „Vorschrift eines Schul-Catalogi“ vom 27. Juni 1765, abgedruckt in: Novum Corpus Constitutionum, Band III, Nr. 67 (zu 1765), Sp. 931 – 970. Die Vorschrift ersetzte die jährlichen Schulvisitationen, weil „der hiervon erhoffte Nutzen nicht gestiftet worden“, durch nun halbjährlich

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verlangte, geriet es ebenfalls in die Kritik. Im Oktober 1771 kam es zur Einführung eines weniger umfangreichen Formulars.27

2.2 Die große Schulrevision von 1768 und die daraus resultierenden Reformanstrengungen unter Karl Abraham von Zedlitz und Leipe Fünf Jahre ­später befahl Friedrich II . am 12. November 1768 eine landesweite außerordentliche Revision aller Schulen mit dem Ziel zu erfahren, ­welche Verbesserungen sich seit dem Erlass des Generallandschulreglements eingestellt hatten.28 Von diesen Plänen wurde das Stettiner Konsistorium durch ein auf den 26. November 1768 datiertes Schreiben des Ministers Ernst Friedemann Freiherr von Münchhausen 29 unterrichtet. Der König erwartete demnach von seiner Behörde nicht weniger als ein wahrheitsgetreues Bild vom Zustand des pommerschen Schulwesens, „worinnen die angemerckte[n] Mängel nicht verschwiegen werden sollen, damit Wir dagegen Allerhöchst Selbst die erforderlichen Vorkehrungen treffen können“.30 In seiner Antwort vom 19. Dezember berichtete Gottlob Friedrich Herr 31 als Direktor des Konsistoriums ausführlich über das Ergebnis der Visitation sämtlicher Stadt- und Landschulen aus den 19 hinter- und elf vorpommerschen

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einzusendende Schul-Catalogi. Die Spalten 937 – 968 geben das Muster vor und verdeutlichen den enormen Umfang. Der Schulkatalog war zunächst vom jeweiligen Lehrer auszufüllen und dann an den Ortspfarrer einzureichen, der seinerseits Anmerkungen zum Zustand der Schule hinzufügte und in dreifacher Ausfertigung über den Präpositus an das Konsistorium weiterleitete. Abgedruckt in Novum Corpus Constitutionum, Band V, Teil 3, Nr. 4 (Nachtrag zu 1775), Sp.  453 – 462. Dieser „Cabinets-Befehl an das Geistliche Departement“ ist abgedruckt bei Lehmann, Max: Preußen und die katholische ­Kirche seit 1640. 4. Teil. Leipzig 1878 – 1894, S. 340. Friedrichs Motivation entsprach demnach dem Umstand, dass er „seit geraumer Zeit von dem Erfolg Dero […] eingeführten neuen Schul-Anstalten keine Nachricht erhalten“ habe. Friedländer, Ernst: Münchhausen, Ernst Friedemann Freiherr von [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 22 (1885), S. 727 f.: Geboren am 19. September 1724 in Weimar. 1750 Präsident der Neumärkischen Regierung, 1751 Präsident der Oberamtsregierung in Breslau. 1763 Wirklich Geheimer Etats- und Justizminister, wenige Wochen ­später Präsident des Kammergerichts. Dieses Amt trat er bereits 1764 wieder ab und erhielt dafür eine Reihe anderer Ämter, z. B. das geistliche Departement der lutherischen K ­ irchen- und Schulsachen. Verstorben am 30. November 1784 in Berlin. Archiwum Państwowe w Sczcecinie (künftig APS), Konsystorz, 437, fol. 1: Minister von Münchhausen auf Spezialbefehl des Königs an das Pommersche Konsistorium in Stettin. Berlin vom 26. November 1768. Straubel, S. 413: Gottlieb Friedrich Herr, getauft am 24. Februar 1718 in Berlin, Besuch des Joachimsthalschen Gymnasiums, Studium der Rechtswissenschaften in Jena und Halle. Seit 1760 Referendar in Stettin und Berlin, Mai 1763 Regierungsrat in Stettin, 1767 bzw. 1769 Bestallung zum Direktor des Stettiner Konsistoriums. Verstorben am 9. Mai 1790 in Hohen­ grape. Vgl. auch APS, Konsystorz, 96, unpag.: Herr erbat 1783 seinen Abschied. Ihm folgte als Konsistorialdirektor Julius Eberhard Wilhelm Ernst von Massow.

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Synoden.32 Eine umfassende Analyse ­dieses Aktenmaterials ist bereits 1918 von Friedrich Vollmer vorgenommen worden und kann, beschränkt auf die Landschulen, an dieser Stelle in Kürze zusammengefasst werden.33 Wenn auch in Vorpommern eine höhere Schuldichte konstatiert werden konnte, so fanden sich dennoch in beiden Bezirken annähernd dieselben Mängel hinsichtlich geeigneter Schulhäuser und auskömmlicher Gehälter. Beide Faktoren verursachten, dass sich hauptsächlich schlecht qualifizierte Personen im Schuldienst befanden. Herr beklagte dabei nicht nur den „großen Mangel tüchtiger und zum Unterricht der Jugend praeparirter Schulhalter“, deren Qualifikation teilweise so schlecht sei, „daß sie nicht einmahl eine leserliche Hand schreiben, nicht richtig buchstabiren, geschweige catechisiren können“, sondern benannte klar deren Ursache: „Solche schlechten Leute aber zu behalten, ist man daher gezwungen, weil die meisten Schulmeister auf dem Lande kein ordentlichen Gehalt, und an den meisten Orten nicht einmal Holz zur Feuerung bekommen.“ Wohl konnte die pommersche Regierung in wenigen Fällen aus Kirchenmitteln Zulagen zum Bareinkommen der Lehrer erwirken oder einzelne Gemeinde bewegen, durch Zugabe von Messkorn oder die Überlassung von Acker oder Wiese deren Naturaleinkommen zu heben, allerdings bedingten diese Maßnahmen neben dem Willen in erster Linie auch die ökonomische Möglichkeit ihres Finanziers. Diese war mutmaßlich nicht vorhanden, wodurch eine Verbesserung der Situation nach Aussage Herrs „wegen Armuth der Unterthanen, nur den wenigen Orten geschehen“ konnte. Insgesamt wären sowohl ­Kirchen als auch die adligen Patrone finanziell nicht in der Lage, eine grundlegende Verbesserung herbeizuführen, weshalb der Konsistorialdirektor konstatierte: „So müssen wir uns in den Hülflosen Zustand, den Dorf-Schulen aufzuhelfen, versetzt sehen.“ Das Schreiben Herrs bietet nicht allein eine erste und umfassende Zustandsskizze des pommerschen Schulwesens, sondern zeigt darüber hinaus einen Weg zu dessen Reform auf, die mit der finanziellen Aufwertung der Schulstellen ihren Anfang nehmen musste. Da offenbar die eigenen Möglichkeiten der Provinz dazu nicht hinreichten, erbat Herr unter Erinnerung an den von Friedrich Wilhelm I. gestifteten „mons pietatis“ die Hilfe des Königs.34 Erst danach sollte in einem zweiten Schritt durch die Eröffnung eines Seminars die Anzahl qualifizierter Lehrer erhöht werden. Auch hier verwies das Konsistorium auf die im Jahre 1732 von Friedrich Wilhelm I. an Johann Christoph Schinmeyer ergangene 32 APS, Konsystorz, 437, fol. 86 – 88: Bericht des Konsistorialdirektors Herr, Stettin vom 19. Dezember 1768. Ebd. fol. 90 – 96: Anlage A 1. Bericht über die Stadtschulen; fol. 97 – 104: Anlage A 2. Bericht über die Landschulen Hinterpommerns; fol. 105 – 110. Anlage B. Bericht über die Landschulen Vorpommerns. 33 Vollmer, Friedrich: Die preußische Volksschule unter Friedrich dem Großen. Berlin 1918, S.  109 – 114. Ferner Clausnitzer, Eduard: Zur Geschichte der preußischen Volksschule unter Friedrich dem Großen, in: Die deutsche Schule. 5. Jg. (1901), S. 411 – 428; S. 413 f. werten die pommerschen Berichte aus. 34 Friedrich Wilhelm I. stiftete am 21. Februar 1737 den „mons pietatis“ [= Berg der Frömmigkeit]. Es handelte sich dabei um eine Stiftungssumme von 50.000 Talern, die zur Anstellung tüchtiger Schulmeister im Königreich Preußen Verwendung finden sollte.

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Kabinettsorder zur Gründung eines Lehrerseminars in Stettin. In einem dritten Schritt würde die entscheidende Mitarbeit der Geistlichkeit als wirksame örtliche Kontrollinstanz gewonnen werden, indem diese während ihrer theologischen Ausbildung durch eigene Unterrichtspraxis die dafür notwendigen Erfahrungen erhielte. Die aus den verschiedenen Provinzen einlaufenden Nachrichten fasste Münchhausen in einem auf den 29. Januar 1769 datierten Bericht an den König zusammen.35 Während es beispielsweise in Schlesien seit der Einführung des Generallandschulreglements zu einer beachtlichen Anzahl von Schulneugründungen gekommen war, lagen im landesweiten Vergleich die Dinge in Pommern besonders im Argen. Münchhausens Vorschläge hinsichtlich der beiden Hauptdefizite – qualifizierte Lehrer und auskömmliche Gehälter – zeigten mit den Worten Vollmers „nur seine völlige Ratlosigkeit“.36 Alle notwendigen Maßnahmen, die zu einer Hebung des Schulwesens hätten führen können, ließen sich nur durch entsprechende finanzielle Mittel realisieren. Die Klärung dieser wichtigen Frage ließ Friedrich II. in seiner Antwort an Münchhausen vom 2. Februar 1769 unbeantwortet, bekräftigte allerdings sein besonderes Interesse an einer Reform des Landschulwesens: „In Absicht [der Dorfschulen] muß nothwendig dahin gesorgt werden, daß die Kinder der Bauern und Landleute einen vernünftigern und deutlicheren Unterricht in der Religion erhalten, damit ihr Verstand mehr aufgeklärt und ihnen richtigere Begriffe von ihren Pflichten beigebracht werden möge. […] Die mehresten Bauern-Kinder bleiben darüber in der größesten Unwissenheit, und dieser Dummheit, um Mich so auszudrücken, muß nothwendig am ersten abgeholfen werden.“ 37

Bis zur umfassenden Neuverteilung der Ressorts in den Staatsministerien um die Jahreswende 1770/71 geschah in dieser Hinsicht allerdings nicht mehr viel.38 Als neuer Minister des lutherischen Geistlichen Departements wirkte nun Karl Abraham Freiherr von Zedlitz 35 Vgl. Vollmer, S.  129 – 132. 36 Ebd., S. 130. 37 Die „Kabinets-Ordre“ an von Münchhausen ist abgedruckt bei Beckedorff: Jahrbücher, Band 2, Heft 1, S. 3 – 46, hier S. 42 f. 38 Vgl. Mainka, S. 99 – 108. Dieses „große Ministerrevirement“ wurde ausgelöst durch den Tod des bisherigen Großkanzlers Philipp Joseph von Jariges am 9. November 1770 und das wenige Zeit ­später erfolgte Ableben des Ministers des reformierten Geistlichen Departements Johann Ludwig von Dorville am 12. Dezember 1770. Im Rahmen der dadurch notwendig werdenden Neubesetzungen erfolgte die Berufung des bisherigen oberschlesischen Oberamtsregierungspräsidenten Karl Abraham Freiherr von Zedlitz und Leipe zum Wirklichen Geheimen Etats- und Justizminister. Vgl. auch Acta Borussica. Behördenorganisation, Band 15, Nr. 158, S. 414: Durch Änderungen in den Geschäftsbereichen einzelner Minister wurde das lutherische Geistliche Departement aus dem bisherigen Zuständigkeitsbereich von Münchhausens ausgegliedert und an von Zedlitz und Leipe übertragen. Ferner ebd.: Nr. 164, S. 430: Dadurch erweiterte sich sein Aufgabenbereich um wichtige Kompetenzen auf dem Gebiet des ­Kirchenund Schulwesens.

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und Leipe auf eine Reform des Schulwesens hin. Er verschaffte sich zunächst auf der Basis der im Jahre 1768 durchgeführten Revision einen Gesamtüberblick über das Schulwesen im preußischen Staatsverband, das sich in den einzelnen Provinzen sehr inhomogen gestaltete. Aufgrund der bestehenden konfessionellen Differenzierung der Schulangelegenheiten und durch deren Verteilung auf verschiedene Staats- bzw. Kirchenbehörden ergaben sich zusätzliche Schwierigkeiten.39 Alle nun zu planenden Reformvorhaben mussten sich an den provinzialen Unterschieden orientieren. Nachdem erste Reformen 1771/72 in der Kurmark und wenig s­ päter in Westpreußen auf den Weg gebracht waren, richtete sich das Interesse des Ministers auf Pommern.40 Von diesen Plänen erfuhr man in Stettin am 20. Januar 1773, als von Zedlitz das Konsistorium vom Unmut des Königs unterrichtete, „daß es mit [der] Unterweisung der Jugend in Pommern noch so wenigen Fortgang gewinnen will“, was der Grund für seinen Entschluss sei, „ein beträchtliches Quantum zu assigniren, welches zu Salarirung solcher Dorf-Schulmeister angelegt werden kann“.41 Die Reform sollte demnach mit der Hebung der Einkünfte ausgewählter Lehrerstellen beginnen. Ihr Umfang war jedoch durch ökonomische Zwänge begrenzt und konnte sich daher vorerst auf gerade einmal 40 Stellen mit einem Einkommen von jeweils 100 Talern erstrecken. Die königlichen Zuwendungen waren allerdings an Bedingungen geknüpft. Für die Besetzung dieser Stellen kamen nur s­ olche Lehrer infrage, die neben einem „unbescholtenen Wandel […] auch guten Willen und Fähigkeit genug haben“, ihren Unterricht nach den neuesten pädagogischen Erkenntnissen zu erteilen.42 Neben dem Stelleninhaber würden auch die Einwohner der Orte profitieren, indem sie fortan von jeder Schulgeldabgabe befreit, dafür aber umso stärker verpflichtet waren, den regelmäßigen Schulbesuch ihrer Kinder zu gewährleisten. Herr wurde beauftragt, geeignete Ortschaften zu finden, die nach von Zedlitz’ Empfehlung idealerweise an der „route w ­ elche des Königs Majestät bey den Revuen passieren“ lagen.43 39 Ebd., S. 245. 40 Ebd., S.  268 – 270. 41 APS, Konsystorz, 440, fol. 1 f.: Minister von Zedlitz an Konsistorialdirektor Herr, Berlin vom 20. Januar 1773. 42 Dazu wurden zwei Schriften explizit erwähnt: a) Schlosser, Johann Georg: Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk. Frankfurt am Main 1771; b) von Rochow, Friedrich Eberhard: Versuch eines Schulbuchs für Kinder der Landleute oder Unterricht für Lehrer in niedern und Landschulen. Berlin 1772. 43 Vgl. Vollmer, S. 161 f.: Vollmer entkräftete den von Ludolf Beckedorff erhobenen Vorwurf, man wolle durch diese Wahl dem „Fürsten schmeicheln“ (Beckedorff: Jahrbücher, Band 2, Heft 1, S. 43) und ihm „Potemkinsche Dörfer“ (Vollmer, S. 162) vorgaukeln. Vielmehr rühre von Zedlitz’ Empfehlung aus der Annahme, dass sich Friedrich II. persönlich von den Fortschritten der Reformen überzeugen wolle. Das Schreiben an Herr (vgl. Anm. 41) belegt auch, dass von Zedlitz „keineswegs aber darauf bestehe, wenn etwa mir unbekannte Ursachen, ein anderes erheischten“. Einzig wichtig erschien ihm, „daß eine gantze Gegend mit einmahl genommen und nicht hin und her etwa alle 3 oder wie viel Meilen ein solcher Schulmeister gesetzt wird“. Dieses Zitat stützt die Interpretation Mainkas, „die Reformen von einem leicht zugänglichen Bezirk aus beginnen zu lassen“ (Mainka, S. 268).

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Bei der ihm übertragenen Aufgabe bezeugte der Konsistorialdirektor einen bemerkenswerten Eifer. Bereits am 4. Februar teilte er von Zedlitz die genaue Route des Königs mit 44 und verlangte zugleich von den verantwortlichen Präpositi Auskunft über die jeweiligen Schulverhältnisse. Da diese offenbar in Qualität und Quantität nur mäßig befriedigten,45 begab sich Herr auf von Zedlitz’ Anraten persönlich vom 10. bis zum 28. Mai 1773 auf eine Visitationsreise.46 Für jedes der insgesamt 75 besuchten Dörfer fertigte der Beamte ein ausführliches Protokoll an und benannte letztlich 50 Ortschaften, in denen seiner Ansicht nach eine Verbesserung des Schulwesens nötig sei.47 In seinem abschließenden Bericht an den Minister fasste Herr das Ergebnis seiner Untersuchung zusammen, das exemplarisch ein Bild vom verfallenen pommerschen Schulwesen des ausgehenden 18. Jahrhunderts zeichnete und die altbekannten Mängel beklagte.48 Bislang war – entgegen den Bestimmungen des Generallandschulreglements – von den staatlichen Organen kein Zwang auf die Eltern zur Entrichtung des Schulgeldes ausgeübt worden. Weiterhin fehlte es an geeigneten Schulhäusern und qualifizierten Lehrern. Zur Finanzierung ­dieses Reformvorhabens waren Gelder aus dem sogenannte Meliorationsfonds vorgesehen. Friedrich II. hatte 1773 dem pommerschen Adel 200.000 Taler und ein Jahr ­später weitere 50.000 Taler zu Meliorationszwecken überwiesen. Die Zinsen von ­diesem Kapital à 2 Prozent sollten ab 1775 an eine Schulkasse abgeführt werden; ein erster Zahlungseingang konnte aber wegen verschiedener Dilationsgesuche des Adels erst 1777 registriert werden. Mithilfe dieser nun regelmäßig einlaufenden Summe wurde es möglich, ab Trinitatis 49 die Gehälter von vorerst 47 „Gnadenschullehrern“ auf – entgegen dem früheren Plan – nun jeweils 80 Taler anzuheben.50 Die Anzahl der auf diese Art staatlich geförderten Schulstellen stieg in den folgenden Jahren und wurde 1788 mit 86 beziffert.51 44 APS, Konsystorz, 440, Teil I, fol. 3 f.: Stations-Liste von der Reise Sr. Königl. Majestaet Allerhöchster Persohn in Anno 1772 zur Revue von Cüstrin nach Stargardt und von da durch Pommern, und die Neumark nach Marienwerder. 45 Ebd., fol. 6, undatiertes Postskriptum: „Da die Berichte derer Praepositorum nicht allemahl völlig zuverläßig […].“ 46 Ebd., fol. 11: Minister von Zedlitz an Herr, Berlin vom 30. April 1773. 47 Ebd., Teil I, fol. 20 – 66: Protokolle zur Untersuchung der Schulanstalten; ebd., fol. 67 – 72: Verzeichnis derjenigen Örter, wo die Schul-Anstalten zu verbeßern seyn möchten. 48 Ebd., fol. 16 – 19: Bericht Herrs an Minister von Zedlitz (undatiert). Nach Vollmer, S. 163, übersandte Herr das Schreiben Anfang Juli 1773. 49 Trinitatis ist ein Fest im Kirchenjahr, das auf den Sonntag nach Pfingsten fällt. 50 Vgl. APS, Konsystorz, 440, Teil II, fol. 1: Spezial-Befehl des Königs an Konsistorialdirektor Herr und Generalsuperintendenten Göring, Berlin vom 8. März 1776. Für das Jahr 1776 sollte eine Summe von 3826 Talern zur Verbesserung der Lehrerstellen an den Gnadenschulen bereitgestellt werden, zu deren Verteilung auf insgesamt 60 Schulstellen Göring eine entsprechende Liste anfertigte. (Vgl. ebd., fol. 104). Wegen des gewährten Aufschubs erfolgte eine erste Ausschüttung erst 1777. Vollmer führte für das Rechnungsjahr 1781/82 eine Summe von 4628 Talern an. (Vgl. Vollmer, S. 166). 51 Vgl. Auszug aus einem Bericht der Pommerschen Regierung und des Pommerschen Konsistoriums zu Stettin über die Verfassung der Schulanstalten in dem Herzogthum Pommern vom

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War durch die Gelder aus dem Meliorationsfonds zumindest für eine geringe Anzahl von Lehrerstellen deren Dotation gesichert, so bestand die nächste Schwierigkeit darin, geeignete Kandidaten zu finden. 1773 hatte sich von Zedlitz dafür ausgesprochen, Lehrer aus Sachsen anzuwerben, wogegen Herr aber deutlich Position bezog und vielmehr die Errichtung eines eigenen Lehrerseminars anregte.52 Dazu sollte es aber erst zehn Jahre ­später kommen.53 Herr und mit ihm Generalsuperintendent Christian Friedrich Göring 54 standen nun vor der Aufgabe, für die neugeschaffenen Gnadenschulstellen geeignete Kandidaten in der pommerschen Provinz zu finden. Die vorliegenden Akten geben darüber Auskunft, dass es sich dabei nicht, wie leicht vermutet werden könnte, ausschließlich um Neueinstellungen handelte. Vielmehr bezogen die Beamten die bereits im Schuldienst stehenden Lehrer in ihre Planung ein und beurteilten auf der Grundlage der von Herr 1773 durchgeführten Visitation deren Qualifikation. Danach konnten fünf von ihnen den erhöhten Anforderungen sofort genügen, weitere 13 sollten zunächst von ihren Predigern und Präpositi unterwiesen und s­päter an der unter Görings Direktorat stehenden Lastadischen Schule nachqualifiziert werden. Würde diese Fortbildung für die benannten Männer keine erkennbaren Erfolge zeitigen, so sollten sie wie all jene, denen man von vornherein jede Fähigkeit abgesprochen hatte, entweder auf eine schlechter dotierte Stelle versetzt oder des Amtes gänzlich enthoben werden.55 Offenbar stand eine Bewerbung auf die neuen Stellen auch anderen Personen offen. Vollmer spricht in ­diesem Zusammenhang von einer „Tabelle aus dem J[ahre] 1776 […], die über 80 solcher Kandidaten aufzählte“.56 Belegt ist im Stettiner Archiv eine von Göring 1776 gefertigte Aufstellung, die seinen Vorschlag zur Verteilung der Gelder auf 60 Schulstellen erfasste; 13 davon wurden in ­diesem Zuge in den „neu angelegten Colonie Dörfern“ geschaffen.57 Vergeblich erbat die Stettiner Behörde unter dem

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31. Oktober 1788, in: Gedike, Friedrich (Hg.): Annalen des Preußischen Schul- und Kirchenwesens. 2. Band. 1. Heft. Berlin 1801, S. 69 – 114, hier S. 108. APS, Konsystorz, 440, Teil I, fol. 16 – 19: Bericht Herrs an Minister von Zedlitz (undatiert), hier fol. 18: Sowohl der Charakter als auch die Sprache der Sachsen stünden der pommerschen Art zu stark entgegen. Neben diesen personalen Eigenschaften verhindere auch die vergleichsweise bessere Dotation der Lehrer in Sachsen, dass tatsächlich die qualifizierteren sich auf den Weg nach Pommern machten. In Stettin war es bereits 1732 zur Gründung eines mit der Lastadischen Schule verbundenen Seminars für Landschullehrer gekommen, das allerdings nach nur fünf Jahren wieder aufgelöst wurde. Dennoch war es gelungen, von dort das System der Präparandenbildung an die Stettiner Ministerialschule zu überführen. Seine quantitative Wirkung kann jedoch bestenfalls als marginal charakterisiert werden. Vgl. dazu die Kapitel 5.2.1.1 und 5.2.1.2 dieser Arbeit. Vgl. zum Wirken Görings Kapitel 5.2.1.3 dieser Arbeit. Dort finden sich auch biographische Angaben unter Anm. 70. APS, Konsystorz, 440, Teil II, fol. 2 – 3: Göring an Herr, Stettin vom 18. März 1776. Vollmer, S. 165. Es fehlt dort eine exakte Quellenangabe. APS, Konsystorz, 440, Teil II, fol. 104.

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Verweis auf jahrelang bestehende Vakanzen auch die Berücksichtigung der Schulstellen in einigen kleineren Städten.58 Neben der Schaffung der Gnadenschulstellen darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass der König 1779 auch den Neu- bzw. Umbau von 43 Schulhäusern genehmigte, deren Kosten durch das Einwirken des Finanzrates Franz Balthasar von Brenckenhoff 59 aus dem sogenannten Büdner-Etablissiment-Fonds bestritten wurden.60 Von dieser Verbesserung profitierten zu einem großen Teil die Gnadenschulstellen.61 Damit endete aber auch das bildungspolitische Engagement Friedrichs II. in dieser Provinz und blieb „bei weitem unzureichend, um dem pommerschen Schulwesen positive Impulse zu geben“.62 Der Vergleich von weniger als 50 aus Staatsmitteln verbesserten Schulen mit der von ­Friedrich Vollmer genannten Zahl von 1200 pommerschen Landschulen verdeutlicht die starke Diskrepanz ­zwischen Anspruch und Realität.63 Peter Mainka konstatierte generell für die letzten Regierungsjahre des Königs „im preußischen Schul- und Erziehungswesen eine gewisse Stagnation“. Für grundlegende Reformen „fehlte es nicht nur an der Bewilligung zusätzlicher Gelder, sondern vor allem am letzten Willen des Monarchen zur Durchführung inhaltlicher und organisatorischer Schulverbesserungsmaßnahmen“.64 Dieser Befund kann auf Pommern übertragen und überprüft werden. Dort trieb der seit November 1777 als zweiter Präsident der pommerschen Regierung in Stettin tätige und im April 1783 Gottlob Friedrich Herr im Amt des Konsistorialdirektors nachfolgende Julius 58 Ebd., fol. 108 – 112: Gutachterlicher Bericht von Göring und Herr an den König, Stettin vom 25. November 1776, hier fol. 110. Im Hinblick auf dessen Ablehnung: Vollmer, S. 174. 59 Vgl. Meitzen, August: Brenckenhof, Friedrich Balthasar Schönberg v. [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 3 (1876), S. 307: Geboren am 15. April 1723 in Reideburg bei Halle. 1762 als Wirklich Geheimer Finanzrat Mitglied des Generaldirektoriums, widmete sich der Wiederherstellung der Landeskultur in Pommern, der Neumark und im Netzedistrikt und besonders der Melioration von Brüchen (1763 Kultivierung der Warthe- und Netzebrüche, 1769 Umgebung des Madüsees, 1771 Thurbruch auf Usedom, 1774 Plöneniederung). Nach der Veruntreuung von Staatsgeldern erfolgte die Beschlagnahmung seiner Güter. Verstorben am 21. Mai 1780 in Carzig bei Friedland an der Warthe. 60 Vgl. zu den genaueren Umständen Vollmer, S. 171 – 173, und APS, Konsystorz, 478, fol. 17: Königlich-preußische Kriegs- und Domänenkammer an das Stettiner Konsistorium, Stettin vom 10. Januar 1780. Für die Erbauung von 43 Schulhäusern in den königlichen Ämtern und sechs in adligen Kreisen standen jeweils 100 Taler, insgesamt 4900 Taler, zur Verfügung. Fol. 18 gibt eine Übersicht über die ausgewählten Ortschaften. Auf den folgenden Seiten dieser Akte befinden sich zahlreiche Kostenanschläge mit kolorierten Rissen der Schulgebäude. 61 APS , Konsystorz, 479, fol. 27: Rectificirtes Verzeichniß von denen nach dem Büdner Etablissiments-Plan pro 1780 zu erbauenden 43 Schulmeister-Häuser; ebd., fol. 145: Rectificirtes Verzeichniß der nach dem Büdner-Etablissiments-Plan de anno 1780 in der Provinz Pommern angesetzten 43 Gnaden-Schulmeister. Der Vergleich beider Listen belegt, dass neben den Gnadenschulstellen auch Schulhäuser in anderen Dörfern erbaut bzw. verbessert wurden. 62 Mainka, S. 270. 63 Vollmer, S. 167. 64 Mainka, S. 516.

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Eberhard von Massow 65 Pläne zur Reform des pommerschen Schulwesens voran. Bereits im November 1783 wandte er sich an das Ministerium, um nicht nur den bestehenden Mangel an geeigneten Schulhäusern, sondern auch den Unwillen von Gemeinden und Patronen zu beklagen.66 Da das Konsistorium sich trotz aller bisher erfolgten Bemühungen offenbar außer Stande sah, deren Widerstand zu erweichen, erbat es konkrete Anweisungen aus Berlin. Diese blieb das geistliche Departement nicht nur schuldig, sondern verwies darauf, dass mit der Erbauung neuer Schulhäuser auch die Schaffung ausreichend besoldeter Lehrerstellen verbunden wäre, und spielte den Ball elegant zurück, indem es darauf vertraute, dass „die Mittel beydes zu bewürken Euch als dem Consistorio der Provinz am besten bekannt seyn“.67 Diese Nachricht bestätigt nicht nur obigen Befund Peter Mainkas, sie beschränkte auch von Massows Möglichkeiten enorm. Solange die Verbesserung des Schulwesens nicht durch staatliche Mittel gefördert wurde, blieb er in starkem Maße auf die Mithilfe lokaler Größen angewiesen. Wohl aus dieser Erkenntnis heraus wandte sich das Konsistorium im Januar 1784 an sämtliche Präpositi, Kirchenpatrone, Gerichtsobrigkeiten und Magistrate der Provinz, um ihnen den Wert einer Schulverbesserung nahezubringen.68 Bereits die ersten Zeilen des Dokuments bestätigen, dass das vor 20 Jahren publizierte Generallandschulreglement bislang in Pommern kaum Beachtung gefunden hatte. Die Ursachen dafür waren breit gefächert und reichten von „eingewurzelte[n] Vorurteile[n], herrschende[m] Leichtsinn, unverantwortliche[r] Sorglosigkeiten […] mancher Eltern“ über den „Mangel an äußer­ lichen Hilfsmitteln“ bis dahin, „daß zuweilen die Schuld davon an den Lehrern selbst lieget, ­welche sich kein Gewißen machen ihre Pflicht zu vernachlässigen“.69 Um diesen Missstand zu beenden, zählte von Massow in erster Linie auf die Mitwirkung der Ortspfarrer und der ihnen vorgesetzten Präpositi. Sie sollten zunächst moralisch auf die Gemeinde einwirken, bevor sie von Zwangsmitteln wie der Versagung von Konfirmation und Abendmahl Gebrauch machten. Die Verbesserung des Schulbesuchs, vor allem die Einführung der Sommerschule, sollte durch materielle Anreize – verminderte Schulgeldzahlung oder 65 Vgl. Friedländer, Ernst: Massow, Julius Eberhard Wilhelm Ernst von [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 20 (1884), S. 573. Geboren am 11. April 1750 in Neuguth, das damals zum Königlichen Preußen gehörte und erst mit der ersten polnischen Teilung 1772 als Provinz Westpreußen der Hohenzollernmonarchie zugeschlagen wurde. Juristische Laufbahn: 1770 Referendar beim Hofgericht in Königsberg, 1772 Kammergericht in Berlin. 1777 zweiter Präsident, 1784 erster Präsident der Stettiner Regierung. Wechsel nach Berlin: 1798 Staats- und Justizminister und Leiter des geistlichen und Ober-Schuldepartements. 1807 Austritt aus dem Staatsdienst. Verstorben am 22. Juli 1816 in Neuguth. 66 APS, Konsystorz, 475, fol. 27 f.: Des Pommerschen Consistorii zu Stettin allerunterthänigster Bericht wegen nöthiger Erbauung der in vielen Dörfern dieser Provinz fehlenden Schulhäuser, Stettin vom 23. Oktober 1783. 67 Ebd., fol. 29: Minister von Zedlitz an das Pommersche Konsistorium, Berlin vom 6. November 1783. 68 Ebd., fol. 39 – 55: Schreiben des Pommerschen Konsistoriums, Stettin vom 24. Januar 1784. 69 Ebd., Zitat fol. 39v.

Die große Schulrevision von 1768 und die daraus resultierenden Reformanstrengungen

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sogar vollständiger Dispens für kinderreiche Familien – sowie die Vergabe von aus kirchlichen Kassen gezahlten Prämien erfolgen. Hierbei hoffte von Massow auf die Hilfe der Patrone, „denen selbst daran gelegen seyn muß, verständige, ehrliche, fleißige und gehorsame kurz christlich gesinnte Untertanen, ­welche ohne Unterricht und Erziehung nicht gedacht werden können, zu haben“.70 Während dem Konsistorium gegenüber den Geistlichen das Weisungsrecht zustand, konnte es jedoch den Adel nur durch Überzeugung für seine Pläne gewinnen. Wie wichtig gerade seine Mitwirkung war, belegt exemplarisch die Antwort des Penkuner Präpositus Kaspar Friedrich Engelcken:71 „Da alle unsere Verwendungen ohne Unterstützung der Patronen pia desideria [= fromme Wünsche] bleiben, so verehren wir es mit dem unterthänigsten Danck, daß Ew. Königl[iche] Majestät zu gleicher Zeit an die sämtlichen Kirchenpatronen rescribiret, und wenigstens einige derselben dadurch willig gemacht haben, unseren Vorschlägen […] Gehör zu geben.“ 72

Dass von Massows reformorientierte Ideen nicht den gewünschten Widerhall fanden, belegt ein von ihm 1788 verfasster Bericht, der als Ursache des schlechten Zustandes, vor allem der Landschulen, im Wesentlichen die 1768 von Gottlob Friedrich Herr bezeichneten Mängel wiederholte.73 Neue Hoffnungen auf die Realisierung einer Schulreform weckte die Thronbesteigung Friedrich Wilhelms II.74 Ihm konnte von Zedlitz am 22. Januar 1787 seine Denkschrift „Ueber das Schulwesen in den Königlichen Landen“ übergeben, in der er konkrete Reformpläne darlegte und deren Finanzierung erörterte, vor allem aber die Schaffung einer zentralen Schulaufsichtsbehörde als zwingend notwendig erachtete.75 Durch die vom Monarchen bereits zwei Tage s­ päter genehmigten Pläne wurden die nächsten Schritte von Zedlitz‘ legitimiert, die am 22. Februar 1787 in der Errichtung des „Ober-Schul-Collegiums“ mündeten.76 Mit seiner Etablierung sollten die institutionellen Voraussetzungen für eine Reform 70 Ebd., fol. 46. 71 Biographische Angaben finden sich in Kapitel 4.3.1 dieser Arbeit. 72 APS, Konsystorz, 475, fol. 185: Präpositus Engelcken an das Konsistorium, Penkun vom 15. Mai 1784. 73 Auszug aus einem Bericht der Pommerschen Regierung und des Pommerschen Konsistoriums zu Stettin über die Verfassung der Schulanstalten in dem Herzogthum Pommern, Stettin vom 31. Oktober 1788, in: Gedike, 1801, S. 69 – 114. 74 Geboren am 25. September 1744 in Berlin, verstorben am 16. November 1797 in Potsdam. Er folgte seinem kinderlosen Onkel Friedrich II. nach dessen Tode am 17. August 1786 auf dem preußischen Thron. 75 Vgl. Mainka, S. 529 f. und ebd. S. 529, Anm. 61: Die Denkschrift entspricht im Wesentlichen dem Wortlaut der „Vorschläge zur Verbesserung des Schulwesens in den Königlichen Landen“, in: Berlinische Monatsschrift, Band 10 (1787), S. 97 – 116. 76 Vgl. von Rönne, S. 76 f.: Instruction für das errichtete Ober-Schul-Kollegium, De Dato Berlin den 22. Febr. 1787. Das Kollegium bestand neben dem Minister von Zedlitz aus fünf Oberschulräten, nämlich dem Oberfinanzrat Johann Christoph von Wöllner, dem Kanzler der

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Reformen des 18. Jahrhunderts als Ausgangssituation für die vorliegende Untersuchung

des Schulwesens geschaffen werden. Allerdings verhinderte die Verteilung der Zuständigkeiten auf verschiedene Ressorts ein effektives, einheitliches Vorgehen.77 Im nächsten Schritt veranlasste von Zedlitz eine landesweite Erhebung der aktuellen Verhältnisse. Die entsprechende Verfügung zur Einsendung tabellarischer Nachrichten, die den inneren und äußeren Zustand der Bildungseinrichtungen erfassten, erging am 26. September 1787 an die Landesbehörden.78 Aus Stettin antwortete Julius Eberhard von Massow auffallend spät am 31. Oktober 1788.79 Sein Bericht klagte das alte Lied und diente als Beweis, dass seine 1784 angeregten Reformbemühungen nur spärliche Frucht getragen hatten. Nach wie vor fehlten in den meisten Orten geeignete Schulhäuser und qualifizierte Lehrer – letzteres bedingt durch die geringe Kapazität des gerade wiedereröffneten Seminars sowie nicht ausreichend besoldete Stellen. Die sich daraus ergebenden Fragen zur Finanzierung einer Schulverbesserung waren bislang nicht gelöst worden, und Pommern würde, so von Massow, wegen seiner im Vergleich zu anderen Provinzen auffallenden wirtschaftlichen Rückständigkeit die Kosten allein nicht tragen können. Auch die Sommerschule war trotz mehrfacher Anläufe noch immer so gut wie nirgends eingeführt. Die Gründe hierfür lagen nach der Auffassung des Berichterstatters zum einen in der ökonomischen Notwendigkeit saisonaler Kinderarbeit in der Landwirtschaft, vor allem während des Sommers, zum anderen an der mit der sprichwörtlichen Sturheit der Pommern gepaarten Abneigung gegen jedwede Störung des gewohnten Rhythmus.80 Universität Halle Carl Christoph von Hofmann, dem Kirchenrat und Rektor des Joachimthalschen Gymnasiums Johann Heinrich Ludwig Meierotto, dem Konsistorialrat und Professor der Universität Frankfurt an der Oder Gotthelf Samuel Steinbart, dem Oberkonsistorialrat und Rektor des Friedrichswerderschen Gymnasiums Friedrich Gedike sowie den notwendigen Subalternbeamten, also einem Sekretär, Kanzlisten und Boten. 77 Vgl. Heubaum, Alfred: Die Geschichte des ersten preußischen Schulgesetzentwurfs, in: Monatsschrift für höhere Schulen 1 (1902), S. 20 – 40, 111 – 122, 145 – 154, 209 – 220, 305 – 321, hier S. 113: Dem Oberschulkollegium waren nur die lutherischen Schulen, mit Ausnahme der schlesischen, und ein Teil der katholischen Schulen unterstellt mit Ausnahme Schlesiens, Südund Ostpreußens. Die Aufsicht über die reformierten Schulen hingegen oblag dem Kirchendirektorium. Die Gymnasien bildeten aufgrund ihrer von alters her bestehenden Kuratorien eine gesonderte, jedem Einfluss des Oberschulkollegiums entzogene Kategorie. 78 Als Grundlage hierfür diente § 4 der oben genannten Instruktion, nach der „das Ober-SchulCollegium vor allen Dingen bedacht sein [muß], sich von dem ganzen Zustand, und dem Etat einer jeden Schule und Schulanstalt in allen Provinzen genau zu unterrichten“. 79 Abgedruckt in: Gedike 1801, S. 69 – 114. Gedike datierte den Bericht auf den 31. Oktober 1788. Vgl. auch APS, Konsystorz, 484. Diese Akte enthält die Tabellen aus 24 pommerschen Synoden. Ebd.: fol. 79 – 87: General Tabelle von dem äußern Zustand der Schulen in der Pencunschen Synode vom 28. Januar 1788 sowie fol. 88 – 103: General Tabelle vom innern Zustand der Schulen in der Pencuner Synode vom 30. Januar 1788. 80 Gedike 1801, S. 80 f.: „Ohne äußerlichen Zwang thut der pommersche Bauer, wenn er sich’s einmal in den Kopf setzt, nichts. Er schikt weder die Kinder ordentlich zur Schule, noch leistet er Abgaben an ­Kirchen- und Schulbedienstete, wenn er weiß, daß er mit der Verweigerung davon ganz oder doch zum Theil loskömmt. […] Ein Hauptzug der Pommerschen

Die Reformvorschläge Julius Eberhard von Massows

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Doch auch ähnlich negativ gefärbte Berichte aus den anderen Provinzen bremsten von Zedlitz in seinem Eifer nicht, wohl aber seine durch den wachsenden Einfluss von Johann Christoph von Wöllner 81 schwächer werdende Position als Minister. Nur etwa 16 Monate nach der Gründung des Oberschulkollegiums verlor er am 3. Juli 1788 das Ministerium des lutherischen Geistlichen Departements an seinen Widersacher. Während dieser ­kurzen Zeit konnten für das Landschulwesen lediglich Reformmaßnahmen in Westpreußen auf den Weg gebracht werden; sie blieben allerdings unvollendet.82 Mit der Ablösung ­dieses aufgeklärten und reformorientierten Ministers nahm eine restaurative Phase ihren Anfang, die nach Einschätzung Manfred Schneiders für Preußen „nicht nur eine Stagnation, sondern sogar ein[en] Rückschritt“ bedeutete.83 Ernst Rudolf Huber verortete „in den schweren Versäumnissen und Fehlgriffen d[ies]er Ära“ einen der Gründe für die Katastrophe von 1806.84

2.3 Die Reformvorschläge Julius Eberhard von Massows und seine Vision von einem allgemeinen Schulgesetz Erst mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. im November 1797 änderte sich die Situation grundlegend.85 Von Wöllner wurde am 11. März 1798 aus seinen Ämtern entlassen und durch den bisherigen Stettiner Regierungspräsidenten Julius Eberhard von Denkungsart besteht in einer Abneigung gegen alle Veränderung der alten bis hieher gegoltenen Verfassungen, und sogar offenbarer Misbräuche.“ 81 Vgl. Bailleu, Paul: Woellner, Johann Christof von [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 44 (1898), S. 148 – 158: Geboren am 19. Mai 1732 in Döberitz (Mark Brandenburg), 1750 Studium der Theologie in Halle, 1755 Prediger in Groß-Behnitz, 1762 Pachtung des Gutes Groß-Behnitz, umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit im Hinblick auf die Landwirtschaft und die Lage des Bauernstandes. Konnte im Rosenkreuzerorden einen immer stärker werdenden Einfluss auf den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm gewinnen. Nach dessen Regierungsantritt 1786 politischer Aufstieg Woellners: 1786 Ernennung zum Geheimen Oberfinanzrat, Nobilitierung, Kabinetts- und Premierminister, 1787 Rat beim Oberschulkollegium, 1788 Wirklich Geheimer Staats- und Justizminister und Chef des geistlichen Departements. In dieser Position Bekämpfer von aufklärerischem Gedankengut. 1798 Entlassung aus seinen Ämtern ohne Pensionsanspruch durch Friedrich Wilhelm III. Verstorben am 10. September 1800 auf Gut Groß-Rietz. 82 Vgl. Mainka, S. 567 – 598. Mainka beschreibt dort die ersten Aktivitäten des Oberschulkollegiums. Dabei geht er auf die Landschulreform in Westpreußen und im Ermland, die Verbesserung der höheren Lehrerbildung durch die Eröffnung des Seminars an der FriedrichUniversität in Halle und des Seminars am Friedrichswerderschen Gymnasium in Berlin und zuletzt auf die Einführung des Abiturexamens ein. 83 Schneider, Manfred: Julius Eberhard Wilhelm Ernst von Massows Beitrag zur Bildungsreform in Preußen (1770 – 1806). Frankfurt am Main u. a., 1996, S. 32. 84 Huber, S. 100. 85 Geboren am 3. August 1770 in Potsdam, verstorben am 7. Juli 1840 in Berlin. Sein Vater ­Friedrich Wilhelm II. überließ ihm am 9. November 1797 die Regierungsgeschäfte und verstarb am 16. November desselben Jahres.

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Massow ersetzt. An ihn erging am 3. Juli 1798 der Auftrag des jungen Monarchen, Vorschläge für eine Reform des Schulwesens zu entwerfen: „Mein lieber Etats-Minister von Massow. Es kann Euch nicht entgangen seyn, das Ich das Schulwesen in Meinen sämmtl[ichen] Staaten, als einen Gegenstand der alle Meine Aufmerksamkeit und Fürsorge verdient, betrachte. Unterricht und Erziehung bilden den Menschen und den Bürger, und Beides ist den Schulen wenigstens in der Regel anvertrauet, so daß ihr Einfluß auf die Wohlfahrt des Staates von der höchsten Wichtigkeit ist, dies hat man längst anerkannt, und dennoch hat man fast ausschließend bloß auf die sogenannten Gelehrten Schulen die Sorgfalt verwandt, die man bei weitem mehr den Bürger- und Landschulen schuldig war, sowohl wegen der überwiegenden Menge der ihrer bedürftigen Unterthanen, als um deswillen, weil bisher einzelne Versuche ausgenommen, gar nichts dafür geschehen war. Es ist also endlich einmahl Zeit für zweckmäßige Erziehung und den Unterricht der Bürger- und Bauerkinder zu sorgen. Der dabei zum Grunde liegende Zweck kann kein anderer als der seyn, sie zu künftigen gutgesinnten gehorsamen und fleißigen Bürgern und Bauern zu bilden; darnach muß die Materie des Unterrichts sorgfältig bestimmt werden. […] [Es] wird für alle Provinzen eine Einförmigkeit stattfinden müssen, die dem zu entwerfenden Plane nicht zum Vorwurf gereichen kann. Ueber die so bestimmte Materie ist für zweck­mäßige faßliche Schulbücher und sodann für gute Lehrer die im Seminarium gebildet worden, zu sorgen. Dann muß der gegenwärtige Zustand der Schulen untersucht und die Art und Weise ihrer Reform ausgemittelt werden. […] Mit allem diesen werdet Ihr selbst einsehen, muß nach einem durchdachten Plan verfahren werden, und Ich trage Euch die Besorgung desselben, als Chef des Ober-Schul-Collegii auf.“ 86

Die Absicht des jungen Monarchen tritt in dieser Order deutlich hervor. Der bislang hinsichtlich ihrer Schulbildung vernachlässigten Mehrheit der preußischen Schüler sollte nun eine „zweckmäßige Erziehung“ zukommen, freilich mit dem staatstragenden Ziel, „gutgesinnte gehorsame und fleißige Bürger und Bauern zu bilden“. Insofern erklärt der hier durchschimmernde und in den Jahren der preußischen Reformen nach 1806 wieder aufgenommene Gedanke von einer Nationalerziehung die Vorgabe für ein landesweit einheitliches Verfahren. Von Massow wurde als Chef des Oberschulkollegiums die Aufgabe zuteil, alle dafür notwendigen Schritte zu initiieren, zu koordinieren und zusammenzuführen. Bereits kurze Zeit s­päter begann der neue Minister, sich einen Gesamtüberblick über die Zustände im preußischen Schulwesen zu verschaffen. Neben der Nutzung des von Zedlitz erhobenen Datenmaterials erging an die einzelnen Provinzialregierungen der Befehl zur Berichterstattung.87 Für Pommern lag diese zum Jahresbeginn 1799 in tabellarischer Form vor und konnte am 21. Februar vom Konsistorium an den Minister 86 APS, Konsystorz, 552, fol. 3 f.: Abschrift der Kabinettsorder, Berlin vom 3. Juli 1798. 87 Eine Zusammenfassung bietet Heubaum 1902, S. 210 – 213.

Die Reformvorschläge Julius Eberhard von Massows

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übersandt werden.88 Auf weitere Ausführungen verzichtete die Behörde. Im entsprechenden Begleitschreiben verwies Konsistorialrat Ludwig Wilhelm Brüggemann 89 lediglich auf die bereits 1788 ausführlich erfolgte Beschreibung des pommerschen Schulwesens und die seinerzeit unterbreiteten Reformvorschläge.90 Diese dürften von Massow nur zu gut bekannt gewesen sein, entstammten sie doch weitgehend seiner Feder. Schon am 16. März 1799, als die Berichterstattung aus den einzelnen Landesteilen noch nicht abgeschlossen war, bat von Massow den König um eine Veränderung der Ressortverhältnisse zu seinen Gunsten, damit er sämtliche Schulen der Monarchie in die Reformpläne einbeziehen könne. Darüber hinaus verwies er auf die Notwendigkeit, die Stelleneinkünfte von Landschullehrern zu verbessern. Die nur wenige Tage ­später ergangene Antwort musste ernüchternd auf den Minister gewirkt und ihm verdeutlicht haben, wie eng die Grenzen seiner Möglichkeiten gesteckt waren. Auf die erbetene Abänderung der Zuständigkeiten ging das Schreiben gar nicht erst ein und beschied lediglich, dass momentan keine Gelder bereitstünden.91 Unter Zugrundelegung der mittlerweile aus den meisten Provinzen eingegangenen Berichte verfasste von Massow ein Promemoria, welches er am 20. Juni 1799 im Oberschulkollegium zur Diskussion stellte. In ihm hielt er an seiner ursprünglichen und den Auftrag des Königs erweiternden Idee fest, ein General-Schulreglement zu entwerfen, das sich auf die nationale Erziehung in allen Schularten erstrecken sollte. Zur Erschließung der benötigten Kapitalmittel beabsichtigte er Verhandlungen mit dem Finanzdepartement. Die in ­diesem Zusammenhang von Friedrich Gedike formulierten und dem Finanzdirektorium am 25. Juni übersandten Forderungen fokussieren vor allem die Erbauung zweckmäßiger Schulhäuser mit einem separaten, vom Wohnbereich des Lehrers getrennten Lehrzimmer, 88 Siehe: APS, Konsystorz, 554: Adhibendium ad Acta Generalia des Pommerschen Consistorii wegen Verbesserung des Schulwesens, enthaltend die Tabellen B von den Vor-Pommerschen Land-Schulen. Die Übersichten erfassten vor allem die äußeren Zustände des Schulwesens: Größe des Schulbezirks, Anzahl und Stand der Einwohner, Patronatsverhältnisse, Existenz und Zustand des Schulhauses und dessen Beheizung, Konfessionalität, Einkommenssituation des Lehrers. 89 Hering, Hermann: Brüggemann, Ludwig Wilhelm [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 3 (1876), S. 406 – 407. Ludwig Wilhelm Brüggemann, geboren am 1. März 1743 in Jakobshagen, Studium an der Universität Frankfurt an der Oder. 1765 Eintritt ins Pfarramt in Gielsdorf (Mittelmark) und noch im selben Jahr Feld- und Garnisonsprediger in Berlin. In dieser Stellung wurde er auch Seelsorger und Lehrer der Prinzessin Amalie von Preußen, einer Schwester Friedrichs II . 1773 Hofprediger an der Schlosskirche zu Stettin und Mitglied des Pommerschen Konsistoriums, in dem er bis zu seinem Tode am 1. März 1817 tätig war. Bekannt auch über die Grenzen Pommerns hinaus wurde er außerdem durch die von ihm herausgegebene „Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommerns“, 3 Bände (1779 – 84), 2 Ergänzungsbände (1800). 90 APS, Konsystorz, 552, fol. 66: Bericht des Konsistoriums, Stettin vom 21. Februar 1799. 91 Vgl. Heubaum 1902, S. 214.

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die kostenfreie durch die Gemeinde zu gewährleistende Lieferung von ausreichend Brennholz und drittens die Umwandlung des bisher allein von den Eltern der schulpflichtigen Kinder zu zahlenden Schulgeldes in eine auf sämtliche Grundstücke umzulegende bzw. nach den Vermögensverhältnissen zu modifizierende Steuer.92 Ganz im Sinne der königlichen Sparvorgaben wies das Finanzdepartement diese Forderungen am 16. Juli zurück. Erneute Versuche des Oberschulkollegiums wurden am 27. August hinhaltend beantwortet, da die Direktion zunächst Berichte der zuständigen Landeskammern einholen wollte.93 Am gleichen Tage wandte sich das Generaldirektorium an die Pommersche Kammer und erbat unter Berücksichtigung der provinzialen Besonderheiten Vorschläge für die Realisierung der Gedikeschen Forderungen.94 Obwohl die Kammer bereits im Oktober 1799 Kontakt zum Stettiner Konsistorium aufgenommen hatte, gelangten die Verhandlungen ­zwischen ihrem Direktor Gustav Reinhold von Schmeling 95 und Konsistorialrat Carl Wilhelm Brunn 96 erst im Juli des nächsten Jahres zu einem Ergebnis. In ihrer Beratung gingen beide über den von Berlin abgesteckten Themenkreis hinaus und bezogen das aus ihrer Sicht bestehende Grundübel – die unzureichenden Einkommensverhältnisse – in ihre Überlegungen ein. Diese Überschreitung rechtfertigte die Stettiner Regierung in ihrem Bericht nach Berlin, indem sie erklärte, dass „ohne sie die Allerhöchste Instruction, die Schulen zu verbeßern nicht würde erreicht werden können“.97 Die Beamten besaßen genügend Realitätssinn, um zu erkennen, dass auf ausgebildete Lehrer die schlecht dotierten Stellen in keiner Weise anziehend wirkten, außer „wenn sie nicht dabei mehr auf einen bequemen Betrieb ihrer etwannigen Handthierungen als auf den Unterricht der Kinder sehen, vielmehr diesen als eine gelegentliche Neben Arbeit erachten“. Hier mussten ihrer Ansicht nach erste Maßnahmen ansetzen, für die folgender „generaler Grundsatz“ definiert wurde: 92 Vgl. ebd., S. 215 wie auch den Bericht des Kurmärkischen Oberkonsistoriums als ProvinzialSchulkollegium ueber das Schulwesen in der Kurmark vom 28. Februar 1799, in: Gedike, Friedrich (Hg.): Annalen des Preußischen Schul- und Kirchenwesens. 1. Band, 1. Heft. Berlin 1800, S.  1 – 12. 93 Schneider, S. 369. 94 APS, Konsystorz, 552, fol. 74: Generaldirektorium an die Pommersche Cammer, Berlin vom 27. August 1799. 95 Vgl. Straubel, S. 886: Geboren am 22. Dezember 1740 in Danzig. Besuch des Gymnasiums in Danzig, ab April 1761 Studium an der Universität Frankfurt, Ende 1763 Referendar bei der Kammerdeputation in Köslin, 1764 Ernennung zum Rat, Dezember 1787 Beförderung zum zweiten Kammerdirektor in Stettin, dort verstorben am 21. Dezember 1804. 96 Vgl. Arndt, Andreas; Virmond, Wolfgang (Hrsg.): Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher. Briefwechsel 1803 – 1804. Berlin, New York 2005, S. XXVII: „Brunn war seit 1777 Hilfsprediger und seit 1782 Hofprediger in Stettin; 1785 wurde er zum Konsistorialrat und Inspekteur der reformierten ­Kirchen und Schulen in Pommern ernannt.“ Ferner APS, Konsystorz, 94, fol. 93: Verfügung hinsichtlich der Berufung Brunns zum Konsistorialrat, Berlin vom 30. Juni 1785; ebd. fol. 94: Protokoll der Vereidigung, Stettin vom 18. Juli 1785. 97 APS, Konsystorz, 552, fol. 77: Entwurf eines undatierten Schreibens an den König.

Die Reformvorschläge Julius Eberhard von Massows

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a) in jedem Dorf Bau eines Schulhauses und Einstellung eines Lehrers, b) Verbindung des Schulamtes mit den Küsterdiensten, c) freie Wohnung, 6 Klafter Brennholz und dessen freie Anfuhr, mindestens 45 Quadratruten Gartenfläche, 1 Morgen Wiesenwachs, Weidefreiheit für eine Kuh, ein Schwein, eine Gans nebst Zuzucht, 1 Scheffel Roggen und 8 Metzen Gerste von jedem Bauern, 24 Taler Bareinkommen.

Schon dieser „Mindeststandard“ lässt den enormen Finanzbedarf der intendierten Reformabsichten erahnen. Allein für die Erbauung von 400 fehlenden Schulhäusern in den Ämtern veranschlagten Schmeling und Brunn 42.000 Taler – Gelder, die wegen des königlichen Patronats sukzessive aus der Staatskasse fließen müssten. Weitaus schwieriger würde sich hingegen die Lage in den unter adligem Patronat stehenden Dörfern gestalten, da dort die Finanzierungslast für 1339 fehlende bzw. zu verbessernde Schulhäuser nach den Regelungen des Allgemeinen Landrechts auf dem Gutsherrn und seiner Dorfschaft ruhte. Auch wenn ihnen das Protokoll für jeden Schulneubau einen Zuschuss von jeweils 50 Talern in Aussicht stellte, so bleibt zweifelhaft, ob das den Unwillen der Beteiligten dämpfen würde, zumal seine Bewilligung spekulativ war und die königliche Kasse mit weiteren rund 45.000 Talern belastet hätte. Die Gesamtzahl der in Pommern benötigten Häuser bezifferten Schmeling und Brunn auf 2133, davon befanden sich 635 in den königlichen Amtsdörfern, 159 in den städtischen, 1339 in den adligen Dörfern. In ihrer Berechnung gingen sie davon aus, dass in etwa nur einem Drittel der Dörfer zweckmäßige Schulhäuser vorhanden waren, also für zwei Drittel entweder umfassende Aus- oder Neubauten nötig sein würden. Darüber hinaus verlangte die Hebung der Stelleneinkommen weitere Mittel, die nur durch die Erhöhungen von Steuern und Naturalabgaben auszugleichen waren und auf Widerstand stoßen würden. Insofern schien den Behörden die Verbindung des Lehramtes mit dem oft einträglicheren Küsteramt als eine notwendige Konsequenz. Die Berichte aus Stettin gingen im Oktober 1801 nach Berlin, wo sie „mit Wohlgefallen aufgenommen“ wurden.98 Eine Aussage darüber, inwieweit die darin enthaltenen Vorschläge Berücksichtigung fänden, behielt sich der Minister bis zur Genehmigung seines allgemeinen Schulverbesserungsplans vor. Während in Stettin noch verhandelt wurde, arbeitete von Massow fieberhaft an seinem Schulgesetz. Da die langwierigen Verhandlungen mit den verschiedenen Departements noch nicht abgeschlossen waren, konnte er vorerst die wichtigsten Punkte nur skizzieren und sie den Mitgliedern des Oberschulkollegiums am 31. Juli 1800 zur Begutachtung vorlegen.99 Die Voten der Räte unterstützten ein weiteres Mal von Massows Intention. So rügte Gedike „die für das Ganze so höchst nachteilige Zerstückelung der Generalaufsicht über das Schulwesen“ 100 und sprach sich zugleich für eine Einschränkung der Patronatsrechte 98 Ebd., fol. 93: Von Massow an das Pommersche Konsistorium, Berlin vom 17. November 1801. 99 Heubaum 1902, S. 217. 100 Ebd.

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in Bezug auf Stellenbesetzungen aus.101 Meierotto sah in den angedachten Lokalvisitationen „das einzige Mittel, um einen wahren Einblick in die Verhältnisse zu gewinnen“.102 Obwohl dieser Enthusiasmus im Oktober 1800 bei einem Zusammentreffen des Ministers mit Friedrich Wilhelm III. stark gedämpft wurde, verfolgte von Massow sein Ziel weiter und konnte im November den nunmehr vollendeten Gesetzentwurf zur Begutachtung im Oberschulkollegium vorstellen.103 Die in ­diesem Zusammenhang von den Oberschulräten verfassten Stellungnahmen wurden am 23. Januar 1801 auf einer außerordentlichen Konferenz beraten. Als Ergebnis entstand ein vorläufiger Schulverbesserungsplan, den von Massow am 10. Februar 1801 dem König nebst einer 20-seitigen Erläuterung überreichte.104 Auf eine Bestätigung des Plans wartete der Minister allerdings vergeblich. Friedrich Wilhelm III. schützte in erster Linie finanzielle Beweggründe vor, als er im Mai 1802 entschied, erst nach gesicherter Finanzierbarkeit den Plan endgültig beurteilen zu wollen. Im Lichte der historischen Tatsachen erscheint diese Begründung ungerechtfertigt. Von Massow war sich durchaus darüber im Klaren, dass der Staat nicht alle schulischen Einrichtungen unterstützen konnte; dazu war ihre Zahl zu groß. Darum sprach er den höheren Schulen wegen ihres eigenen Vermögens und der einkommenden Schulgelder jede Förderung von vornherein ab. Für die verbleibende Zahl der Land- und Bürgerschulen wollte der Minister die Finanzkraft der Gemeinden stärker n ­ utzen, ehe der Staat bei deren nachgewiesenem Unvermögen subsidiär einspränge. Die dazu erforderlichen Mittel sollten aus einer besonderen, allgemeinen Schulsteuer fließen, wodurch „Bildungsfinanzierung […] erstmals zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe gemacht [worden wäre]“.105 Das Aufschieben des Schulreformwerkes lag demnach weniger an der finanziellen Lage des Staates, die sich nach Jahren der Misswirtschaft wieder zu stabilisieren begann.106 Vielmehr 101 Wörtlich: „Alle Maßregeln für eine bessere Vorbildung der Lehrer ­seien solange vergeblich, als Patrone der einzelnen Schulen garnicht daran gebunden sind, einen auf irgend eine Art für eine gewisse Klasse von Schulen vorbereiteten Seminaristen zu wählen, sondern auch das erste beste unvorbereitete Subjekt wählen können.“ 102 Heubaum 1902, S. 218. 103 Ebd., S. 219: Friedrich Wilhelm III . zog einem allgemeinen Unterrichtsgesetz vorerst eine möglichst schnelle Reform der Land- und Bürgerschulen vor. Ebenso lehnte er die geplanten Visitationen ab. 104 Dieser vorläufige Schulverbesserungsplan sowie die Erläuterungen von Massows finden sich abschriftlich im APS , Konsystorz, 552, unpag. Eine Zusammenfassung des Inhalts bietet Heubaum 1902, S. 311 – 313, dort findet sich auf S. 309 – 311 auch eine Zusammenfassung der Erläuterungen. 105 Zilch, Reinhold: Staatsfinanzierung und Bildungsreform. Formen staatlicher Finanzierung des Bildungswesens 1797 bis 1819, in: Kloosterhuis, Jürgen; Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Krise, Reformen – und Finanzen. Preußen vor und nach der Katastrophe von 1806, Berlin 2008, S. 147 – 168, hier S. 150. 106 Vgl. Treue, Wilhelm: Preußens Wirtschaft vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Nationalsozialismus, in: Büsch, Otto (Hg.): Handbuch der preußischen Geschichte. Band II. Berlin, New York 1992, S. 449 – 604, hier S. 495. Innerhalb eines Jahrzehnts hatte Friedrich Wilhelm II. nicht nur den ererbten Staatsschatz seines Onkels Friedrich II. in Höhe von 50 Millionen Talern

Zusammenfassung

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resultierte aus der von Friedrich Wilhelm III. innerhalb des europäischen Mächtespiels betriebenen Politik der strikten Neutralität einerseits und der auf den Erwerb Hannovers gerichteten Begehrlichkeit andererseits die zunehmende Isolation Preußens und die wachsende Gefahr eines Krieges mit England und Frankreich.107 Nach Jena und Auerstedt war die Reform indes „nicht mehr finanzierbar“.108

2.4 Zusammenfassung Wenn ­dieses Kapitel mit einer Beurteilung der preußischen Bestrebungen hinsichtlich einer Reform des Landschulwesens abschließen soll, so kommt es nicht umhin, die Ambivalenz ­zwischen dem Anspruch des Staates auf eine Nutzbarmachung der Schule für gesellschaftliche und ökonomische Zwecke einerseits und seinem eigentlich daraus resultierenden, notwendigen, realiter jedoch verweigerten finanziellen Engagement andererseits zu beschreiben. Diese Diskrepanz tritt in dem hier beschriebenen Zeitraum erstmals 1750 in der Instruktion des lutherischen Oberkonsistoriums auf. Zwar wird die neugeschaffene Behörde verpflichtet, auf die Anstellung „tüchtiger“ Schulmeister zu achten, ohne allerdings in bestehende Patro­ natsrechte einzugreifen.109 Obgleich das Generallandschulreglement 1763 darauf abzielte, „geschicktere und bessere Unterthanen [in den Schulen] bilden und erziehen zu können“, konservierte es diese Privilegien ausdrücklich.110 Das hier den geistlichen Schulinspektoren zugestandene Prüfungs- und im verschärften Falle Entsetzungsrecht charakterisierte Dirk Mellies als Versuch, „das Schulwesen deutlicher unter staatliche Kontrolle zu stellen“.111 Vor dem Hintergrund, dass von Massow 1783 in seinem Bericht an das Ministerium die Ohnmacht selbst des Konsistoriums beklagte, erscheint es für die ländliche Praxis umso fraglicher, inwieweit das möglicherweise vorgebrachte Veto des Ortsgeistlichen bzw. des Präpositus Einfluss auf die Entscheidung eines Gutsherrn zeitigte. ausgegeben, sondern Schulden in derselben Höhe angehäuft. Friedrich Wilhelm III. übernahm 1797 somit einen hoch verschuldeten Staat. Dieser Umstand nötigte ihn 1798 zu einer Finanzreform, deren geistige Väter Kammergerichtsrat Carl Friedrich von Beyme, Kabinettsminister Karl August von Hardenberg und Kammerdirektor Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein waren. Zwischen 1797/98 und 1805/06 stiegen die jährlichen Staatseinnahmen von 20,5 auf 27 Millionen Taler. Dieses Resultat half nicht nur, die Schuldenlast um 7 Millionen Taler zu verringern, sondern ermöglichte die Bildung eines Staatsschatzes in Höhe von 13,5 Millionen Talern. 107 Vgl. Mieck, Ilja: Preußen und Westeuropa, in: Neugebauer, Wolfgang (Hg.): Handbuch der Preußischen Geschichte. Band I. Berlin, New York 2009, S. 447 – 851, hier S. 664 – 671. 108 Schneider, S. 379. 109 Vgl. „Instruction, vor das über alle Königlichen Lande errichtete Lutherische Ober-Consistorium, de dato Berlin, den 4. October 1750“, abgedruckt in Corpus Consitutionum Marchicarum, Continuatio IV, Spalte 292. 110 Vgl. die Einleitung sowie die §§ 13 und 14 des Generallandschulreglements von 1763, abgedruckt in Novum Corpus Constitutionum, Band III (zu 1763), Nr. 53, Sp. 265 – 282. 111 Mellies, S. 42.

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Reformen des 18. Jahrhunderts als Ausgangssituation für die vorliegende Untersuchung

Das auf von Zedlitz’ Initiative zurückgehende und 1787 gegründete Oberschulkollegium sollte nach dessen Vorstellung die Oberaufsicht über alle Schulen erhalten und mit umfänglichen Vollmachten ausgestattet werden. Auf die sich dadurch ergebenden Schwierigkeiten verwies Franzjörg Baumgart. Obgleich von Zedlitz behauptete, nicht in die althergebrachten Patronatsrechte einzugreifen, „verschleierte er – bewußt oder unbewußt – die Radikalität seiner Vorschläge. Der Anspruch des Staates auf eine umfassende Kontrolle und ein planmäßiges Einwirken auf die Schulen mußte zwangsläufig zu Konflikten mit den Stiftungsrechten einzelner Schulen und ihrer adligen Patrone führen, zu Kollisionen mit dem traditionellen Recht der ­Kirchen auf innere Schulaufsicht und zu Auseinandersetzungen mit den lokalen Untergewalten, die für Einrichtung und finanzielle Unterhaltung der Schulen verantwortlich waren“.112

Dass der Staat dessen ungeachtet an d ­ iesem Anspruch festhielt, belegt das Allgemeine Landrecht von 1794 gleich mehrfach, indem es „Schulen und Universitäten [zu] Veranstaltungen des Staates“ (§ 1) erklärte und „alle öffentlichen Schul- und Erziehungsanstalten […] unter [seine] Aufsicht“ (§ 9) stellte. Allerdings – und hier tritt erneut eine Ambivalenz deutlich zutage – verblieben die niederen Schulen „unter der Direktion der Gerichtsobrigkeit eines jeden Ortes“ (§ 12), also der Gutherrschaft. Ihr kam nach wie vor die Bestellung der Lehrer zu (§ 22), wenn auch das Prüfungsrecht beim Kreisschulinspektor verblieb (§ 25).113 Obwohl in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch das Wirken reformorientierter Ideen durchaus tragfähige Konzepte entstanden waren, ist es zu deren Realisierung nicht gekommen. Ein Hauptgrund dafür lag sicherlich in der als mangelhaft zu bezeichnenden Bereitschaft des Staates, dem proklamierten Ziel einer Hebung der Landschulen durch entsprechende Finanzmittel Nachdruck zu geben. Die mehrfach konstatierte Schonung althergebrachter Patronatsrechte fand ihren Grund nicht zuletzt in deren Verknüpfung mit den Schulunterhaltungspflichten. Die sich hier offenbarende Zurückhaltung staatlicher Stellen hob damit zugleich die Bedeutung lokaler Gewalten. Wenn es unter diesen Vorzeichen überhaupt zu einer Reform des Landschulwesens kommen konnte, dann allein durch das Einwirken dezentraler Kräfte.

112 Baumgart, Franzjörg, S. 20. 113 Allgemeines Landrecht, Teil II, Titel 12: Von den niedern und höhern Schulen, auszugsweise abgedruckt bei Schneider, Karl/von Bremen, Egon: Das Volksschulwesen im Preußischen Staate. Dritter Band. Berlin 1887, S. 682 – 684.

3. Die bildungspolitische Neuausrichtung Preußens zwischen Reform und Restauration 3.1 Die politische Situation nach 1806 und erste administrative Weichenstellungen für das Reformwerk Der am 9. Juli 1807 unterzeichnete Frieden von Tilsit markierte das Ende des alten Preußen. Degradiert „vom Status einer europäischen Großmacht auf das Maß eines deutschen Mittelstaates […] wurde ihm gestattet, eine staatliche Scheinexistenz weiterzufristen“.1 Dem Lande verblieb mit seinen alten Kernprovinzen Preußen, Brandenburg, Pommern und Schlesien lediglich etwa die Hälfte seines vorherigen Staatsgebietes. Aufgrund der territorialen Einbuße von etwa 160.000 Quadratkilometern schrumpfte die Einwohnerzahl um knapp fünfeinhalb Millionen auf nunmehr viereinhalb Millionen Personen.2 Damit war Preußen „an Umfang und Einwohnerzahl […] auf den Stand von 1740 zurückgeworfen“.3 Neben der katastropalen wirtschaftlichen Lage 4 erschwerten die bestehende französische Besatzung und Kontributionsforderungen in dreistelliger Millionenhöhe den inneren Wiederaufbau des Landes.5 1 Huber, S. 114. Ebd. befindet sich eine Zusammenfassung der Hauptbedingungen des Friedensvertrages. Ein Abdruck des in französischer Sprache verfassten Originals ist zu finden unter: Corpus Iuris Confoederationis Germanicae, Band 1, S. 96 – 100. Eine deutsche Fassung findet sich bei Bassewitz, Magnus Friedrich: Die Kurmark Brandenburg im Zusammenhang mit den Schicksalen des Gesamtstaats Preußen während der Zeit vom 22. Oktober 1806 bis zum Ende des Jahres 1808. Band 1. Leipzig 1851, S. 422 – 429. 2 Mieck, Ilja: Preußen von 1807 bis 1850, in: Büsch, Otto (Hg.): Handbuch der preußischen Geschichte. Band II. Berlin, New York 1992, S. 3 – 292, hier S. 16 f. 3 Huber, S. 114. 4 Vgl. Vogel, Barbara: Die preußischen Reformen als Gegenstand und Problem der Forschung, in: Dies. (Hg.): Preußische Reformen 1807 – 1820. Königstein 1980, S. 2: Vogel benennt einen massiven Rückgang der Getreide-, Holz- und Fleischproduktion und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Absatzmöglichkeiten des städtischen Gewerbes. 5 Die Konvention von Königsberg vom 12. Juli 1807 (abgedruckt bei Bassewitz, S.  430 – 432) regelte einen schnellen, etappenweisen Abzug der französischen Truppen, setzte dabei allerdings die vollständige Zahlung der Kriegskontributionen voraus. Nach zähen Verhandlungen wurde deren Summe erst am 8. September 1808 (abgedruckt bei Bassewitz, S. 543 – 546) auf die für damalige Verhältnisse unfassbare Summe von 140 Millionen Francs festgesetzt. Diese von Napoleon beabsichtigte Verschleppung führte zu einer unverhältnismäßig langen Besatzungszeit Preußens. Ein zweiter Vertrag gleichen Datums (gedruckt bei Bassewitz, S.  546 – 547) limitierte die Zahl des preußischen Heeres auf 42.000 Mann und verpflichtete das Land zur Bündnistreue gegenüber Frankreich bei einem Krieg gegen Österreich. Vgl. Mieck 1992, S. 33: Auf dem Kongress der Fürsten in Erfurt, der im September/Oktober 1808 stattfand, verringerte Napoleon die Kontributionssumme auf 120 Millionen Francs, die innerhalb der nächsten 2½ Jahre in monatlichen Raten à 4 Millionen Francs zu tilgen waren. Der in ­diesem Zusammenhang zugesagte Abzug der französischen Truppen erfolgte bis Anfang Dezember 1808.

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Die bildungspolitische Neuausrichtung Preußens zwischen Reform und Restauration

Das alte in der Zeit Friedrichs des Großen wurzelnde ständisch-absolutistische Gesellschaftssystem war damit endgültig zusammengebrochen. Preußen befand sich in einer umfassenden Krisensituation, in der allein umfangreiche Reformen ein Überleben des Staates möglich machen konnten. Die Grundlagen hierfür waren in den Jahren zuvor gelegt worden. Sie gelangten nun mithilfe einer gebildeten, reformorientierten Beamtenschaft und unter der Führung von Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein und Karl August von Hardenberg zum Durchbruch.6 Im Frühjahr 1807 übernahm diese neue Elite mit der Abschaffung der überholten Kabinettsregierung die Führung im Lande und leitete die dringend notwendige Modernisierung des preußischen Staates ein.7 Die dabei zu bewältigenden Aufgaben fasste Ilja Mieck zu drei Komplexen zusammen: „Wiederherstellung des Staates und Überwindung der Kriegsfolgen“, die Rückführung des Landes „in den Kreis der Großmächte“ und die „politisch-moralische Wiederaufrichtung [der Bevölkerung]“, wodurch Reformen auf dem Gebiet von „Bildung und Erziehung“ zwingend notwendig wurden.8 Ihnen wies Ernst Rudolf Huber einen „nicht geringere[n] Verfassungsrang als [der] Erneuerung der Verwaltung oder der Armee“ zu.9 Nachdem von Hardenberg auf Befehl Napoleons noch vor dem Friedensschluss zu ­Tilsit entlassen worden war, erfolgte im Oktober 1807 die Wiedereinsetzung des im Januar 1807 in Ungnaden demittierten vom Stein. In seine 14-monatige Amtszeit fielen für die Durchführung der Bildungsreform wichtige Entscheidungen. Eine erste Bedingung für ein landesweit einheitliches Vorgehen war die Schaffung einer obersten, mit entsprechenden Befugnissen ausgestatteten Zentralbehörde und den ihr nachgeordneten Instanzen. Während in den Übergangsjahren 1806/07 Kultus und Unterricht aus historischen Gründen zunächst weiterhin beim Justizdepartement ressortierten, stand angesichts der Bedeutsamkeit von Bildung und Erziehung für die Wiedergeburt des Staates die Schaffung eines eigenen Ministeriums im Raum.10 Aufgrund der Größe des verbliebenen Staatsgebietes und aus 6 Ein derart umfangreich angelegtes Reformprogramm konnte nur durch die Mitarbeit eines Kreises exzellenter Beamter gelingen. So müssen neben Stein und Hardenberg auch eine Reihe anderer Namen genannt werden. Vgl. Huber, S.  127 – 135. 7 Stein hatte die alte Kabinettsregierung bereits im April 1806 kritisiert. Vgl. seine Denkschrift „Darstellung der fehlerhaften Organisation des Kabinetts und der Notwendigkeit der Bildung einer Ministerialkonferenz“, Berlin vom 26./27. April 1806, gedruckt in: Hubatsch, Walther (Hg.): Freiherr vom Stein. Briefe und amtliche Schriften. Bearbeitet von Erich Botzenhart (Neubearbeitung). Zweiter Band. Erster Teil. Neu bearbeitet von Peter G. Thielen. Stuttgart 1959, S.  206 – 214. 8 Mieck, S. 21. 9 Huber, S. 261. 10 Stein hatte in der Nassauer Denkschrift (Juni 1807) die Schaffung eines eigenständigen, vom geistlichen Departement getrennten Kultusministeriums empfohlen. Der Einfluss des geist­lichen Departements auf das öffentliche Schulwesen sollte ausschließlich auf den Religionsunterricht begrenzt werden. Vgl. Steins Denkschrift „Über die zweckmäßige Bildung der obersten und der Provinzial- Finanz- und Polizeibehörden in der Preußischen Monarchie“. Nassau, im Juni 1807, abgedruckt in: Winter, Georg (Hg.): Die Reorganisation des Preussischen Staates unter

Die politische Situation nach 1806

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Gründen der Sparsamkeit musste darauf jedoch zunächst verzichtet werden.11 Stattdessen erfolgte im Zuge der Neuordnung des preußischen Verwaltungssystems in fünf Ministerien am 16. Dezember 1808 die Gründung der „Sektion für Kultus und öffentlichen Unterricht“, die als dritte Abteilung dem Innenministerium zugeordnet wurde.12 Zu ihrem ersten Leiter wurde am 20. Februar 1809 Wilhelm von Humboldt berufen, der, da vorerst keine Aussicht auf eine Rückkehr der Regierung nach Berlin bestand, am 13. April in Königsberg eintraf.13 In seiner etwas mehr als ein Jahr dauernden Amtszeit erfolgten die entscheidenden Weichenstellungen für die einsetzende Erneuerung des Bildungswesens. Bereits im Juli 1808 waren Georg Ludwig Heinrich Nicolovius 14 und Johann Wilhelm Süvern 15 in die Sektion Stein und Hardenberg. Erster Teil. Band I. Leipzig 1931, S. 189 – 206, dort insbesondere S. 189 und 192. 11 Ihre Aufwertung zu einem eigenständigen Ministerium erfuhr die Sektion erst am 3. November 1817. Vgl. Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, 1817, S. 289 – 292. 12 Novum Corpus Constitutionum, Band 12 (1807 – 10), Sp. 527 – 546: „Publikandum, betreffend die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden der Preußischen Monarchie, in Beziehung auf die innere Landes- und Finanzverwaltung. Vom 16ten Dezember 1808.“ Dort: „4. Das Departement des Innern theilt sich in folgende Sektionen: […] 3) die Sektion für den Kultus und den öffentlichen Unterricht, die in zwei Unter-Abtheilungen zerfällt: a. für den Kultus, b. für den öffentlichen Unterricht.“ Die ­gleiche Verordnung bestimmte die Einrichtung einer wissenschaftlichen Deputation, die an die Stelle des früheren Oberschulkollegiums trat. (Vgl. ebd., Sp. 533 f.) Neben ihrer Funktion als Prüfungsbehörde oblag ihr die Mitwirkung bei der Entwicklung eines allgemeinen Lehrplans. Ihre bereits 1816 erfolgte Auflösung ist als Indikator für den Niedergang der Reformära zu verstehen. 13 Vgl. Leitzmann, Albert (Hg.): Wilhelm von Humboldts Werke. Dreizehnter Band. Berlin 1920, S. 214, Anm. 4. 14 Friedländer, Ernst: Georg Ludwig Heinrich Nicolovius [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 23 (1886), S. 635 – 640. Geboren am 13. Januar 1767 in Königsberg. Studium der Rechtswissenschaft und Theologie. Ab Januar 1791 Reisebegleitung des Grafen von Stolberg in Holstein, wodurch er Bekanntschaft mit Pestalozzi schloss, aus der ein reger Briefwechsel entstand. Februar 1795 Anstellung als erster Sekretär der bischöflichen Kammer in Euthin. August 1805 Konsistorialrat und Mitglied des ostpreußischen Konsistoriums, Bearbeitung der Generalsachen des gesamten Schulwesens, der gelehrten Schulen, der Königsberger Schulanstalten und der katholischen Angelegenheiten der Provinz. Dezember 1808 Staatsrat beim Ministerium des Innern als Leiter der Sektion des Kultus und des öffentlichen Unterrichts. 1817 Mitglied des Staatsrates. Mai 1839 Entlassung aus dem Staatsdienst. Verstorben am 2. November 1839 in Berlin. 15 Dilthey, Wilhelm: Johann Wilhelm Süvern [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 37 (1894), S. 206 – 245. Geboren am 3. Januar 1775 in Lemgo (Lippe-Detmold). 1793 theologisches Studium in Jena, ­später Göttingen. 1796 Eintritt in das philologisch-pädagogische Seminar von Gedike. Im Alter von 25 Jahren Rektor des Thorner Gymnasiums, 1803 Rektor des Elbinger Gymnasiums. Herbst 1806 Ruf an die Universität Königsberg als Professor für Alte Literatur. 1807/08 „Vorlesungen über die politische Geschichte Europas seit Karl dem Großen“, ­welche ihn in den Gesichtskreis des Hofes und damit auch Steins brachte. Sommer/ Herbst 1808 Beginn von Süverns Mitwirkung an der Reform der preußischen Elementarschulen. Ab 1809 durch Steins und Nicolovius’ Einwirken Staatsrat in der Sektion für Kultus und Unterricht. Verstorben in Berlin am 2. Oktober 1829.

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berufen worden.16 Beiden Beamten ist der maßgebliche Anteil an der inhaltlichen Ausgestaltung des Reformwerks beizumessen, das sie auch nach Humboldts Ausscheiden unter dessen konservativem Nachfolger Friedrich von Schuckmann 17 konstruktiv weiterführten.

3.2 Die inhaltliche Ausgestaltung der Bildungsreform Noch bevor mit der Neustrukturierung der Staatsbehörden der organisatorische Rahmen für eine einheitliche Schulgesetzgebung geschaffen werden konnte, wurden in der preußischen Verwaltung spätestens ab dem Sommer 1808 Diskussionen über die innere Ausgestaltung der Reform geführt.18 Diese war umso notwendiger, da nach der Auffassung der Reformpartei „die Katastrophe [von 1806] ihre Ursache nicht nur im Versagen der Institutionen, sondern weit mehr noch im Versagen der Menschen gehabt habe“.19 Exemplarisch spiegelt sich diese Ansicht in der Denkschrift des späteren Kultusministers Karl Sigmund Freiherr vom Stein zum Altenstein vom 11. September 1807: „Es muß eine neue Schöpfung eintreten. Diese setzt notwendig eine klare Idee von dem, was der Zweck sein und zum Ziel führen soll, voraus. Nur eine s­ olche klare, richtige, in sich geschlossene Idee […] kann als leitendes Prinzip ein lebendiges, fruchtbares Schaffen bewirken, in dessen Verfolg eine neue Schöpfung hervorgeht. […] Der Mangel einer solchen kräftig ergriffenen und unaufhaltsam verfolgten höheren Idee hat den Untergang Deutschlands und auch des Preußischen Staates herbeigeführt. […] Nur das Ergreifen

16 Vgl. „Plan zu einer interimistischen verbesserten Einrichtung des Geschäfts-Ganges“, abgedruckt in: Pertz, Georg Heinrich: Das Leben des Ministers Freiherrn vom Stein. Zweiter Band. Berlin 21851, S.117 – 128. Nach dem von Stein vorgelegten und vom König am 25. Juli 1808 unterzeichneten Papier sollten „in einer besonderen Abteilung“ des Provinzialdepartements die „Geistlichen, Universitäts-, Schul- und Armensachen bearbeitet […] und die erforderlichen Räthe beygezogen [werden], insbesondere der Geheime Finanz-Rath Sack, Consistorialrath Nikolovius und Professor Süvern“. (Zitat, S. 121) Der Geschäftskreis dieser Behörde erstreckte sich ausschließlich auf die von Napoleon geräumten Provinzen Ost- und Westpreußen und Litauen, weshalb Süvern vorerst seine Stellung als Professor an der Königsberger Universität behielt und sich dem neuen Aufgabenfeld nur nebenamtlich widmen konnte. 17 Wippermann, Karl: Kaspar Friedrich von Schuckmann [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 32 (1891), S. 647 – 650. Geboren am 25. Dezember 1755 in Mölln im Amt Stavenhagen in Mecklenburg-Schwerin. Besuch der Ritterakademie in Brandenburg, 1775 Studium der Rechte und der Staatswissenschaft in Halle. Zahlreiche Ämter in der höheren Verwaltung und Justiz. 1810 Geheimer Preußischer Staatsrat, 1814 Minister des Inneren, 1834 Ausscheiden aus dem Staatsdienst. Verstorben am 17. September 1834 in Berlin. 18 Neugebauer, Wolfgang: Das Bildungswesen in Preußen seit Mitte des 17. Jahrhunderts, in: Büsch, Otto (Hg.): Handbuch der Preußischen Geschichte. Band II. Berlin, New York 1992, S. 605 – 798, hier S. 667. 19 Huber, S. 271.

Die inhaltliche Ausgestaltung der Bildungsreform

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dieser Idee wird eine Nation bilden, d. i. eine Vereinigung von Menschen, von gleichem Geiste beseelt.“ 20

Es sollte demnach um nichts Geringeres gehen als um die „Erziehung eines neuen Menschengeschlechts“.21 In Berlin begann wenig ­später – ab Dezember 1807 – Johann Gottlieb Fichte seine berühmten „Reden an die Nation“ zu halten. In ihnen kritisierte er die alleinige Bildung einer elitären Schicht, während „die große Mehrzahl aber, auf welcher das gemeine Wesen ruht, das Volk, von der Erziehungskunst fast gänzlich vernachlässigt, und dem blinden Ohngefähr übergeben“ 22 werde. Fichte verlangte, durch eine radikale Veränderung „die Deutschen zu einer Gesamtheit [zu] bilden“, indem an die Stelle einer ständebezogenen nun eine „eigenthümliche deutsche Nationalerziehung“ treten sollte.23 Diese Veränderung sei „das einzige Mittel die deutsche Nation im Daseyn zu erhalten“.24 Dafür verwies er explizit auf die von Johann Heinrich Pestalozzi entwickelte Unterrichtsmethode.25 Eine auf verschiedenen Ebenen erfolgte Rezeption der Pädagogik von Johann Heinrich Pestalozzi lässt sich in Preußen bereits für die Zeit vor 1806 nachweisen.26 Diese führte zwar in ihrer vielfältig angelegten Diskussion zur theoretischen „Erkenntnis […] der in [ihr] liegenden Initialkraft für freiheitliche Umwälzungen im schulischen […] politisch-sozialen Bereich“,27 20 Altensteins Denkschrift „Über die Leitung des Preußischen Staats an S. des Herrn Staatsministers von Hardenberg Exzellenz“. Riga, 11. September 1807, abgedruckt in: Winter, S. 369 f. 21 Baumgart 1990, S. 35. 22 Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin 1808, S. 41. 23 Ebd., S. 41 f. 24 Ebd., S. 37. 25 Ebd., S. 292. 26 Gebhardt, Bruno: Die Einführung der Pestalozzischen Methode in Preußen. Berlin 1896, S.  6 – 18; Hinz, Renate: Pestalozzi und Preußen. Zur Rezeption der Pestalozzischen Pädagogik in der preußischen Reformzeit. Frankfurt am Main 1991, S. 150 – 156; Thiele, Gunnar: Die Organisation des Volksschul- und Seminarwesens in Preußen 1809 – 1819. Leipzig 1912, S. 15. Zum Aufenthalt von Nicolovius bei Pestalozzi: Fischer, Fritz: Ludwig Nicolovius. Rokoko, Reform, Restauration. Stuttgart 1939, S. 78 – 91. Offenbar erregte ein von Johann Friedrich Wilhelm Himly verfasster Artikel, der im März 1803 in der „Neuen Berlinischen Monatsschrift“ erschienen war und den Titel „Zur Einleitung in die Pestalozzische Unterrichtsmethode“ trug, das Interesse Friedrich Wilhelms III. für diese neue Pädagogik. Aus ­diesem Grunde beauftragte er Friedrich Gedike, zu Pestalozzi zu reisen und vor Ort seine Lehre zu studieren. Allerdings verhinderte das der plötzliche Tod Gedikes im Mai 1803. Nur wenig ­später schickte Otto Karl Friedrich Voß, dem die Verwaltung der durch die polnischen Teilungen hinzugewonnenen Gebiete Westpreußens unterstand, von Juli bis Oktober 1803 den Seminardirektor Joseph Jeziorowski zu Pestalozzi. Hintergrund war, die Pestalozzische Methode im mehrheitlich polnisch sprechenden Südpreußen einzuführen, was der König allerdings dann doch zu ­diesem Zeitpunkt als verfrüht ansah. Daneben kam es 1805 durch Johann Ernst Plamann in Berlin zur Gründung einer Erziehungsanstalt nach Pestalozzischem Muster. 27 Vgl. Hinz, S. 156.

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allerdings erwuchsen gerade deshalb von konservativer Seite hartnäckige Widerstände, die jede praktische Umsetzung vorerst vereitelten.28 Erst mit der Einsicht in die Notwendigkeit einer Umgestaltung des Schulwesens und der neu zu begründenden Staatserziehung erfuhren diese Gedanken nun eine neue Konjunktur. Da auch der an entscheidender Stelle wirkende Nicolovius durch seine persön­ liche Freundschaft und zahlreichen Briefwechsel mit den Ideen Pestalozzis bestens vertraut war,29 erschien es konsequent, nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt in einer Denkschrift vom 23. August 180830 zu empfehlen, „die vorhandenen Methoden der Landschulen, die nur auf das Erlernen von Lesen und Schreiben gerichtet gewesen ­seien, durch die Methode Pestalozzis zu ergänzen“.31 Dabei benannte er die dafür notwendigen Maßnahmen: die Entsendung einheimischer Lehrlinge an Pestalozzis Institut in Yverdon 32 und die Errichtung eines unter der Leitung des Pestalozzischülers Carl August Zeller stehenden Normalinstituts, um bereits im Dienst stehende Lehrer fortzubilden.33 Nicolovius, dessen Bestreben vorerst ausschließlich auf eine Reform des Landschulwesens ausgerichtet war, fand für seine Pläne in Süvern, der drei Tage ­später erstmalig im Unterrichtsdepartement in Erscheinung trat, einen eifrigen Unterstützer: „[…] ein Staat, der eine übereinstimmende echte und kräftige Bildung seiner Bürger bezweckt, kann durch keine bessere als jene Lehrart diese Bildung begründen. Dies ist es hauptsächlich, was ihre Einführung in unsern, nur durch höhere Nationalerziehung innerlich neu zu schaffenden Staat wünschenswert, ja notwendig macht.“ 34

28 Als Wortführer der Gegnerschaft tat sich vor allem Bernhard Moritz Snethlage (1753 – 1849) hervor. Er war 1802 als Nachfolger des 1800 verstorbenen Johann Heinrich Ludwig Meierotto zum Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums und Mitglied des Oberschulkollegiums berufen worden. 29 Nicolovius teilte nach seiner Ernennung zum Staatsrat Pestalozzi am 13. Februar 1809 mit: „Ich antworte Dir hier sogleich, damit Du wißest, daß ich seit meinem letzten Briefe zum Staatsrath erhoben u. dadurch in kräftigere Wirksamkeit für Deinen großen Zweck versetzt bin. Wir werden aufleben an Deinem Licht, u. Du wirst auch in uns Wunderkräfte wecken. Die Regierung u. der König persönlich sind ganz entschieden für die allgemeine Einführung der Methode.“ Zitiert nach Hinz, S. 236 aus einem Brief, der sich in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich, Ms. Pestal. Briefe an Pestalozzi: Umschlag 261, befindet. 30 Fischer, S. 256, Anm. 29. 31 Zitiert nach: Gebhardt 1896, S. 16. 32 Das Schloss Yverdon war ursprünglich eine Burg der Herzöge von Savoyen. 1803 erwarb die Stadt Yverdon die Liegenschaft, in der Pestalozzi am 3. Juni 1805 ein Erziehungsinstitut eröffnete. 33 Nach Hinz, S. 237, sehen Fritz Fischer und Bruno Gebhardt in dieser frühen Denkschrift von Nicolovius den Beleg, dass er der eigentliche Initiator einer praktischen Pestalozzi-Rezeption in Preußen gewesen ist, die dann in ihrer Durchsetzung jedoch im Wesentlichen von Süvern getragen wurde. 34 Zitiert nach: Süvern, Wilhelm: Johann Wilhelm Süvern. Preußens Schulreformer nach dem Tilsiter Frieden. Berlin, Leipzig 1929, S. 111.

Die inhaltliche Ausgestaltung der Bildungsreform

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Nur wenig ­später, am 31. August, entfaltete Süvern in einem Promemoria seine Vorstellungen von einer umfassenden Bildungsreform – verbunden mit der bedeutungsvollen Idee eines allgemeinen Schulplans, den er im Jahre 1819 vorlegen sollte –, in deren Zentrum die im Fichteschen Sinne verstandene Nationalerziehung rückte. Im Hinblick auf den von Süvern verfolgten organischen Stufenaufbau des Unterrichts musste dabei die Reform neben den Elementar- zwangsläufig auch die Stadt- und höheren Schulen berücksichtigen: „Würde der Elementarunterricht verbessert und zwar auf eben die Art, wie es geschehen soll, ohne eine mit dem Geist desselben völlig übereinstimmende Verbesserung des höhern Unterrichts, so würde die größte Disharmonie in dem gesamten Unterrichtswesen entstehen, indem die Art der ersten Anfangsbildung einen lebendigen und kräftigen Trieb in den Zöglingen anregte, w ­ elche die ihr mechanisch angesetzt sein sollende höhere unbefriedigt ließe und wieder tötete. […] Eine radikale und totale Reform des öffentlichen Unterrichtswesens ist außerdem um so notwendiger, da der gesamte Staat die wesentlichsten innern Verbesserungen erfährt, ­welche auf ein im Denken klareres, im Wollen kräftigeres Geschlecht, in Absicht ihres Genusses sowohl als auch ihrer Verwaltung, berechnet sind, demnach an eine gleichmäßige Nationalerziehung sich anschließen.“ 35

Damit war die Leitlinie für das Bildungsprogramm der preußischen Reformära definiert: Fichtes Idee der Nationalerziehung sollte mit dem Pestalozzischen Erziehungsziel der allgemeinen Bildung verbunden und fruchtbar gemacht werden. Seine politische Legitimation erhielt d ­ ieses Vorhaben am 21. Oktober 1808 durch Friedrich Wilhelms III. „Proklamation an sämtliche Bewohner des preußischen Staates“: „Und die Erziehung der Jugend zu einem kräftigen Geschlechte, worin die erhabenen Zwecke des Staates sich erhalten und fortentwickeln, ist bereits Gegenstand ernsthafter Beschäftigungen der dazu angeordneten Behörde und wird es ferner sein. Der schon längst vorbereiteten gleichmäßigen Nationalbildung, auf einen neuen und sichern Grund gestützt, soll endlich die preußische Jugend sich zu erfreuen haben.“ 36

Nachdem mit der Gründung der Unterrichtssektion eine handlungsfähige Behörde entstanden war, erinnerte diese am 31. Januar 1809 den König erneut an die Notwendigkeit der Pestalozzischen Methode und drängte auf ihre Einführung: 35 Ebd., S. 113. 36 „Entwurf der ,Proklamation an sämtliche Bewohner des preußischen Staates‘. Königsberg, 21. Oktober 1808“, gedruckt in: Hubatsch, Walther (Hg.): Freiherr vom Stein. Briefe und Amtliche Schriften. Bearbeitet von Erich Botzenhart (Neubearbeitung). Zweiter Band. Zweiter Teil. Neu bearbeitet von Peter G. Thielen. Stuttgart 1960, S. 902 – 905, Zitat: S. 905.

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Die bildungspolitische Neuausrichtung Preußens zwischen Reform und Restauration

„Ihr Wesen besteht darin, daß sie nicht ein mechanisches Anlernen und Anüben gewisser Kenntnisse und Fertigkeiten bezweckt, sondern die innerste Grundkraft der menschlichen Natur […] umfassend in Anspruch nimmt […]. Sie erzeugt dadurch in ihren Zöglingen, was ihnen als Menschen im allgemeinen, weß Volkes oder Standes sie auch sein mögen, wesentlich und zugleich, was ihnen als Bürgern eines Gemeinwesens nothwendig und nützlich ist, und erfüllt alle Erfordernisse, ­welche Ew. Königl. Majestät […] an eine neu einzuführende Lehrart zu machen geruht haben.“ 37

Kurze Zeit ­später genehmigte Friedrich Wilhelm III. die notwendigen Gelder für Johann Wilhelm Preuß und Peter Friedrich Theodor Kawerau, beide ehemalige Schüler Süverns, die Ende März 1809 ihre Reise in die Schweiz antraten.38 Damit und mit der Eröffnung des Königsberger Normalinstituts am 1. September 1809 waren die wesentlichen Weichenstellungen für eine an den Pestalozzischen Grundsätzen ausgerichtete Reform des Elementarschulwesens bereits vor dem Amtsantritt Humboldts erfolgt.

3.3 Auf dem Wege zum allgemeinen Unterrichtsgesetz Obgleich Wilhelm von Humboldt im Mai 1809 die Arbeit der Sektion unter anderem mit der Zielvorgabe der „Festsetzung eines allgemeinen Schulplans“ 39 versehen hatte, verzögerte er den Beginn d ­ ieses gewichtigen Werkes vorerst ganz bewusst, „weil [es] sich nicht auf die Einsichten weniger, sondern aller Mitglieder der Section sowohl, als der wissenschaftlichen Deputation 40 gründen, und ein Resultat ihrer gemeinsamen Bemühungen seyn muss“.41 Zur Einrichtung ­dieses Gremiums war es, obwohl bereits im Dezember 1808 verkündet,42 37 Vgl. Gebhardt 1896, S. 28 f.: Dieser Antrag wurde von Süvern entworfen und von ihm, Nicolovius und dem Vortragenden Rat für Rechtsangelegenheiten, Daniel Ludwig Albrecht, unterzeichnet. 38 Bereits in dieser Genehmigung vom 13. Februar 1809 war ein Stipendium für einen dritten Eleven, den aus dem pommerschen Rügenwalde stammenden und seinerzeit in Basel als Privatlehrer wirkenden Johann Wilhelm Matthias Henning, genehmigt worden. Von 1827 bis 1851 wirkte Henning als Seminardirektor in Köslin. Schon Anfang März 1809 beantragte die Sektion eine weitere Erhöhung der Anzahl der Eleven auf zwölf. 39 „Generalverwaltungsbericht der Sektion für Kultus und öffentlichen Unterricht. Königsberg vom 19. Mai 1819“, gedruckt in: Leitzmann, S. 214 – 220, Zitat: S. 217. 40 Die Idee zur Gründung von wissenschaftlichen oder technischen Deputationen, die, aus Fachmännern bestehend, die Verwaltungsarbeit der Behörden ergänzen sollten, stammte von Stein, um „die Nachteile zu vermeiden, ­welche für verschiedene Geschäftszweige unfehlbar entspringen, wenn sie ausschließlich bloß eigentlichen Geschäftsmännern überlassen bleiben. […] Diesem Nachteil läßt sich nur durch die Beiziehung wissenschaftlicher und technischer Männer aus allen Ständen als Ratgeber der Geschäftsmänner in diesen Geschäftszweigen vorbeugen“. Vgl. Hubatsch 1960, S. 503 f. 41 Wie Anm. 39, Zitat: S. 218. 42 Novum Corpus Constitutionum, Band 12 (1807 – 10), Sp. 527 – 546: „Publikandum, betreffend die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden der Preußischen Monarchie, in

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indes bislang noch nicht gekommen. Erst nach Rückkehr der Staatsbehörden nach Berlin konnte sich Humboldt dieser Aufgabe widmen und übergab am 7. November 1809 seine Ausarbeitungen zu einer „Instruktion für die Wissenschaftliche Deputation“ in Antragsform an Friedrich Wilhelm III., der diese am 25. Februar 1810 als „Vorläufige Instruktion“ 43 genehmigte. Zu den Aufgaben des neugeschaffenen Gremiums gehörte auch „die Prüfung neuer Unterrichtsmethoden und Erziehungssysteme [sowie die] Entwerfung neuer Einrichtungspläne für […] Bildungsanstalten“.44 Es ist das Ziel des vorliegenden Kapitels, die Bedeutung des 1819 vorgelegten Unterrichtsgesetzentwurfs herauszuarbeiten. Insofern verdienen der komplexe Entstehungsprozess und das Einwirken verschiedener Akteure auf ihn eine besondere Beachtung. Nur wenige Wochen nach ihrer Gründung erhielt die Wissenschaftliche Deputation am 21. Mai 1810 den Auftrag zur „Ausarbeitung eines allgemeinen Schulplans für die gelehrten Schulen des Staats“.45 Die Arbeit dazu schloss sie am 21. September 1810 mit dem Entwurf der Wissenschaftlichen Deputation zur allgemeinen Einrichtung der gelehrten Schulen ab.46 Zahlreiche Einwände des neuen Sektionschefs – Humboldts Amtszeit endete am 23. Juni 1810, worauf seit dem 20. November 1810 Friedrich von Schuckmann nach einem ­kurzen Interim durch Nicolovius die Geschäfte leitete – führten zu einer Redaktion und erneuten Vorlage am 26. Mai 1811. Der Entwurf bildete schließlich die Grundlage für die von Süvern am 7. Februar 1813 vorgelegte Instruktion über die Einrichtung der öffentlichen allgemeinen Schulen des preußischen Staats. Diese auch als Hauptinstruktion in die Literatur eingegangene Arbeit Süverns skizzierte die „Prinzipien der inneren Schuleinrichtung“,47 berücksichtigte dabei allerdings vorrangig die höheren Schulen.48

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44

45 46 47 48

Beziehung auf die innere Landes- und Finanzverwaltung. Vom 16ten Dezember 1808.“ Dort Sp. 533 Abs. 11 Satz I. Die vorläufige Instruktion, deren Verfasser Humboldt und Süvern waren, ist abgedruckt in: Meckenstock, Günter et al. (Hrsg.): Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher. Kritische Gesamtausgabe. Zweite Abteilung. Band 12. (hrsg. von Jens Beljan et al.): Vorlesungen über die Pädagogik und amtliche Voten zum öffentlichen Unterricht. Berlin, Boston 2017, S. 8 – 17. Ebd. S. 38 f.: Wilhelm von Humboldt an die Wissenschaftliche Deputation, Berlin vom 5. Mai 1810. Mit der Kabinet-Ordre vom 26. April 1810 erfolgte die Berufung der ordentlichen, außerordentlichen und korrespondierenden Mitglieder. Zur Gruppe der Letztgenannten zählte auch der Stettiner Schulrat Georg Wilhelm Bartholdy, der den Fachbereich Mathematik vertrat. „Verordnung über die veränderte Verfassung aller obersten Staatsbehörden in der Preußischen Monarchie. Vom 27. Oktober 1810“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten Nr. 1/1819, S. 3 – 23, Zitat: S. 10. Ebd. S. 14: Es wurden auch in Breslau und Königsberg wissenschaftliche Deputationen bei den jeweiligen Provinzialregierungen eingerichtet. Sie erlangten jedoch nicht die Bedeutung, die die Berliner Deputation hatte. Meckenstock, S. 40 f.: Humboldt an die Wissenschaftliche Deputation zu Berlin, Berlin vom 21. Mai 1810. Vgl. zu den Vorarbeiten und den wesentlichen Inhaltspunkten: Meckenstock, S. XL–XLV. Thiele, Gunnar: Süverns Unterrichtsgesetzentwurf vom Jahre 1819. Leipzig 1913, S. XIX. Diese Hauptinstruktion bezeichnete Friedrich Paulsen als die „Konstitutionsakte des neuen Gymnasiums“. Vgl. Paulsen, Friedrich.: Geschichte des gelehrten Unterrichts. Zweiter Band.

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Parallel dazu initiierte die Sektion Maßnahmen, die vorrangig das Gebiet der Elementarschulen tangierten, und beauftragte am 11. Oktober 1812 Ludwig Natorp 49 mit der Erarbeitung eines entsprechenden Entwurfs.50 Knapp zwei Monate s­päter überreichte Natorp am 5. Dezember 1812 einen Grundriß zur Organisation der Elementarschule, zu dem er auf Wunsch und Veranlassung Süverns im Januar 1813 einen Nachtrag im Hinblick auf die Gliederung der Klassen, den zu vermittelnden Lehrstoff und dessen Verteilung lieferte. Hatten bislang Katechismus, Lesen, Schreiben und gelegentlich Rechnen das Bildungsfundament dieser Schulform geprägt, so erfolgte nun unter dem Einfluss reformorientierter Gedanken eine Erweiterung ­dieses Kanons um Sprachunterricht, Formen- und Zahlenlehre, Realienkunde, Gesangs- und Turnunterricht. Natorps Grundriss verarbeitete Süvern zu einer Besonderen Instruktion über die Einrichtung der allgemeinen Elementarschulen,51 die er am 7. Februar 1813 zusammen mit der Hauptinstruktion der Sektion vorlegte. Beide Teile gemeinsam verbanden sich zur Gesamtinstruktion und regelten den inneren Aufbau der höheren und niederen Schulen. Süvern definierte sein Verständnis vom Wesen und Zweck der Elementarschule: „Die Elementar-Schule führt diesen Namen, weil sie die Elemente der ganzen menschlichen Bildung, von w ­ elchen die gesammte Erziehung in ihrem Fortschritt durch die Schule wie durchs Leben, wie die Natur in ihren Entwicklungen von den physischen Elementen umfangen und durchdrungen ist, in ihrer ursprünglichen Einfachheit auffaßt und am reinsten darstellt. Sie soll die Keime der menschlichen Bildung zu einer graden und stätigen Entwickelung anregen u[nd] zum Bewußtsein bringen, und den Gang ihrer Entwickelung so befestigen, daß, soviel an ihr liegt, die in den Individuen verschiedenen Richtungen der Thätigkeit in jedem möglichst ihr Gleichgewicht behaupten, alle von ihrem gemeinsamen Quell, dem ursprünglichen höhern Geiste des Lebens beseelt bleiben, und das ganze Dasein der Menschen, wie mannigfaltig es sich auch hienieden gestalte, auf seinem Einen unwandelbaren Grunde für Zeit und Ewigkeit erbaut sei.“ 52

Berlin, Leipzig 31921, S. 291. 49 Natorp war 1809 von Humboldt an die Regierung der Kurmark und zum Mitglied der Sektion berufen worden. 50 Dazu hieß es im entsprechenden Schreiben an Natorp: „Das Departement, welches sich mit einer allgemeinen Instruktion über die Einrichtung der Schulen beschäftigt, wünscht Ihre vollständige Ansicht über die Einrichtung der Elementarschulen dabei benutzen zu können.“ Zitiert nach Thiele 1912, S. 30. 51 Vgl. zum Anteil Natorps an der Süvernschen Besonderen Instruktion Thiele 1912, S. 36 – 66. Nach Thiele war die Besondere Instruktion dazu bestimmt, die ­gleiche Bedeutung für die Elementarschule zu erhalten wie die Hauptinstruktion für die Gymnasien. 52 APS, Naczelne Prezydium Prowincji Pomorskiej w Szczecinie (künftig NPPP), 4035, fol. 69 – 110: Anweisungen über die Einrichtung der allgemeinen Elementarschule. Zitat: fol. 69.

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Dem Wunsch Süverns gemäß wurde d ­ ieses Werk nun Friedrich Schleiermacher zur Begutachtung vorgelegt.53 Der erneute Ausbruch des Krieges 54 verzögerte die Erstellung seines Gutachtens, das erst am 10. Juli 1814 fertiggestellt und vier Tage s­päter der Sektion eingereicht werden konnte.55 Mit der Verarbeitung der von Schleiermacher geäußerten Kritikpunkte hatte Süvern bis zu ­diesem Zeitpunkt eine Grundlage erarbeitet, die dem gesamten preußischen Unterrichtswesen eine inhaltliche Ausrichtung hätte geben können. Damit aber war das von Humboldt gesteckte Ziel, die inneren und äußeren Zustände des Schulwesens zu reformieren, nur zum Teil erfüllt. Ungelöst blieben unter anderem Fragen der Schulunterhaltung, der Lehrerbesoldung und der Schulaufsicht. Süvern skizzierte seine diesbezüglichen Vorstellungen gegenüber dem Minister erstmals in einem Schreiben vom 5. Oktober 1814.56 „Denn während alle Zweige der Verfassung unseres Staates einer abgeschlossenen gesetzlichen, möglichst vollkommenen Begründung zustreben, fehlt ihm eine durch ein zusammenhängendes, deutliches, alle wesentlichen Teile begreifendes Gesetz begründete Schulverfassung noch gänzlich. Was wir davon haben, besteht in Bruchstücken.“ 57

Schuckmann, der dem Schulgesetz zwar nicht uneingeschränkt ablehnend gegenüberstand, verweigerte sich vor allem jenen Teilen, ­welche die Schulunterhaltungspflicht betrafen: „Es könnte aber der Zeitpunkt dazu nicht unglücklicher für die Schulen gewählt werden als jetzt, wo das Geschrei über das aufgehobene Unrecht der Untertänigkeit – als der allerdings eine Verpflichtung für die Erziehung der Untertanen zu folgern war – noch fortdauern, und nach Aufhebung der Dienste dem Bauern ein freies Eigentum überwiesen werden soll. Dieser Zeitpunkt kann von der einen Seite nicht der passende sein, den Gutsherren 53 Meckenstock, S. XXII–XXIV: Friedrich Schleiermacher wurde am 26. April 1810 offiziell zum Direktor der Berliner Wissenschaftlichen Deputation und am 1. Juli – und damit nicht wie in der älteren Literatur durchgängig behauptet am 1. September 1810 – zum Mitglied der Unterrichtsabteilung ernannt. Das Amt des Direktors übte er bis zum Jahresende 1810 aus; seine Entlassung aus der Unterrichtsabteilung erfolgte auf Betreiben von Schuckmanns im Jahre 1815. 54 Im Frühjahr 1813 begann der Befreiungskampf gegen die Napoleonische Fremdherrschaft. Die offizielle Kriegserklärung Preußens an Frankreich erfolgte am 16. März 1813. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 beendete der Erste Frieden von Paris am 30. Mai 1814 den Kriegszustand. Vgl. Mieck 1992, S. 51 – 73. 55 Das Gutachten Schleiermachers mit den s­päter hinzugefügten Anmerkungen Süverns ist abgedruckt bei Kade, Franz: Schleiermachers Anteil an der Entwicklung des preußischen Bildungswesens von 1808 – 1818. Leipzig 1925, S. 184 – 204. Vgl. auch Thiele 1912, S. 68 – 75: Dort beleuchtet Thiele vor allem Schleiermachers Kritik hinsichtlich der Elementarschule und deren Rezeption durch Süvern in der zweiten Fassung. 56 Thiele 1913, S. XXI. 57 Zitiert nach Süvern, S. 211.

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neue Dotationen der Bauernschulen aufzuerlegen, indessen sie ihre Zinsen zu bezahlen und die Güter zu retablieren außerstande sind. Von der andern Seite genießen die Bauern noch nicht die Früchte des freien Eigentums und vermögen deshalb noch ebensowenig etwas Bedeutendes für die Schulen zu tun, und ebenso schmachten die Städte noch unter Erschöpfung und Schulden.“ 58

Diese Verzögerung kann mit der den Behörden nach dem Friedensschluss von 1815 gestellten Aufgabe, zunächst die neu- und wiedergewonnenen Landesteile in das preußische Unterrichtswesen einzugliedern, erklärt werden. Allerdings schimmern in der Antwort von Schuckmanns erste Z ­ eichen einer einsetzenden reaktionären Strömung durch. Trotz ­dieses Rückschlages verlor Süvern die Arbeit an dem Schulgesetz nicht aus dem Blick und ersuchte am 23. Februar 1816 seinen Dienstherrn, wenigstens die Teile des Gesetzes ausarbeiten zu dürfen, die nicht von Schulunterhaltungsfragen berührt wurden.59 Dieser antwortete einen Tag ­später und stellte nun die Notwendigkeit eines umfassenden Gesetzes generell infrage.60 Einmal mehr trat damit der eigentliche Unwille des Ministers zutage.61 Erst im Zusammenhang mit der Ministerkrise von 1817 und der Ablösung von Schuckmanns als Sektionschef konnte im neugeschaffenen, nun eigenständigen Kultusministerium unter der Leitung von Karl Sigmund Freiherr vom Stein zum Altenstein die Arbeit am Unterrichtsgesetz konstruktiv fortgeführt werden.62 Bereits am 23. Oktober 1817 war 58 Ebd., S. 212. 59 Ebd., S. 213: Süvern an von Schuckmann vom 23. Februar 1816. Darin argumentiert Süvern, dass das Schulgesetz aus mehreren Teilen bestünde, „welche füglich einzeln behandelt werden können. Die Grundbestimmung und die Abstufungen der Schulen, über ihre innere Einrichtung, über ihre Verteilung nach Lokalverhältnissen, über Schulpflichtigkeit, über die Lokalund Distriktschulbehörden, über die Vorbereitung, Prüfung, Anstellung und Beförderung der Lehrer und über die Privatschulen, sind unabhängig von dem, was die Ausstattung der Schulen betrifft“. 60 Vgl. Süvern, S. 215. 61 Ein weiterer Beleg für von Schuckmanns Bestreben, die Umsetzung der Pläne Süverns zu verhindern, findet sich in seinem Schreiben aus dem Jahre 1823 an Wilhelm Fürst Wittgenstein, der von 1814 – 1819 das Amt des preußischen Polizeiministers bekleidete und als führende Kraft der reaktionären Kräfte anzusehen ist: „[…] denn da schon vor mehr als 10 Jahren ein allgemeines Schulgesetz […] eifrig betrieben ward, so habe ich […] als damaliger Chef ein solches Produkt nicht aufkommen lassen, und wenn man derartige Grundsätze in einige Schulgesetze einschwärzen wollte, sie mit dicker Feder weggestrichen.“ Zitiert nach Süvern, S. 215. Nach Holtz, Bärbel; Rathgeber, Christiane: Zwischen Bildungskonzept und Bildungsweg – Lokale Schulhoheit und Intensivierung des Staatsdurchgriffs, in: Acta Borussica, N. F., 2. Reihe, Abt. I, Band 2.1, Berlin 2010, S. 7 Anm. 10 ist ­dieses Schreiben archiviert im Brandenburg-Preußischem Hausarchiv, Rep. 192, NL Wittgenstein, V 5, 27, Bl. 108 f. 62 Vgl. zum Hintergrund Pietschmann, Dietrich: Das Preußische Finanzministerium unter Stein und Hardenberg. Hg. von Holz, Bärbel. Berlin 2018, S. 161 – 172: Das 1814 eingerichtete kollegialisch geführte Staatsministerium hatte den intendierten Zweck einer einheitlichen Verwaltung nicht erreicht, weshalb sich die Stimmen mehrten, die auf die Schaffung einer

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eine Instruktion an die Provinzialkonsistorien ergangen;63 am 3. November 1817 erfolgte die Berufung einer Immediatkommission,64 die mit der Erarbeitung des Gesetzes betraut beratenden Behörde drängten. Der im März 1817 gegründete Staatsrat – seine Anregung geht auf vom Stein im Jahre 1808 zurück – sollte diese Aufgabe erfüllen. Zugleich bildete er aber auch für die Oberpräsidenten eine willkommene Bühne, um gegen die stärker werdende Machtfülle der Ministerien vorzugehen und ihre eigene Stellung in den Provinzen zu stärken. Wortführer der Opponenten war der ostpreußische Oberpräsident Theodor von Schön, der in einer an Hardenberg gerichteten Denkschrift vom 18. Juni 1817 die angebliche Anhänglichkeit an alte Zeiten vor allem der Minister Hans von Bülow (Finanzen) und Friedrich von Schuckmann scharf kritisierte. Zugleich brachte er Nicolovius als geeigneten Minister für das ­Kultusressort in Vorschlag. (Vgl. die Denkschrift Schöns vom 18. Juni 1817 an Hardenberg, abgedruckt (als Konzept) in: Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Marienburg Theodor von Schön. Anlagen zum zweiten Theil. Vierter Band. Berlin 1876, S. 369 – 394.) Durch von Schön motiviert, schlossen sich ihm sieben der zehn Oberpräsidenten am 30. Juni 1817 an. In diese Kritik an den inneren Zuständen im bestehenden Verwaltungsapparat stimmte auch ­Humboldt ein und erklärte namentlich die Ministerien der Justiz und des Inneren zu Schuldigen, da in ihnen „blosser und reiner Mechanismus und Ertödtung alles Geistes an der Tagesordnung“ ­seien. (Schreiben Humboldts an Hardenberg „Über die Zustände in der Verwaltung und die Minister“ vom 14. Juli 1817, abgedruckt in Gebhardt, Bruno (Hg.): Wilhelm von Humboldts Politische Denkschriften. Dritter Band. I. Hälfte. Berlin 1904, S. 196 – 202. Zitat S. 197.) Allen Schreiben gemein ist die Überzeugung, dass der preußische Staat eine einheitlich handelnde Verwaltung benötige, die durch die Bildung eines neuen Staatsministeriums und die Ersetzung der reaktionären Minister am ehesten zu erreichen sei. Hardenberg konnte sich zu einem derart radikalen Schritt nicht entschließen und nahm stattdessen Veränderungen in den Zuständigkeitsbereichen der einzelnen Minister vor. In d ­ iesem Zusammenhang entstand das eigenständige Kultusministerium. Vgl. „Allerhöchste Kabinetsorder vom 3ten November 1817 wegen der Geschäftsführung bei den Oberbehörden in Berlin“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 16/1817, S. 289 – 292. Dort S. 290: „Der Minister des Innern giebt das Departement für den Kultus und öffentlichen Unterricht und das damit in Verbindung stehende Medizinalwesen ab. Die Würde und die Wichtigkeit der geistlichen und der Erziehungs- und Schulsachen macht es räthlich, diese einem eigenen Minister anzuvertrauen, und Ich ernenne dazu den Staatsminister Freiherrn von Altentein.“ Altenstein bekleidete ­dieses Amt bis zu seinem Tode 1840. 63 „Dienst-Instruktion für die Provinzialkonsistorien. Vom 23sten Oktober 1817“, in: GesetzSammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 15/1817, S. 237 – 245. Dort S. 241: „Damit aber die Konsistorien sowohl als die Regierungen in Hinsicht ihrer Leitung und Einwirkung auf das Unterrichts- und Erziehungswesen eine angemessene Richtschnur erhalten, […] soll eine allgemeine Schulordnung, ­welche die bei jener Leitung und Aufsicht, sowohl in Absicht der inneren als äußeren Verhältnisse des Schul- und Erziehungswesens, zu befolgenden Grundsätze und Vorschriften umfaßt, entworfen, und auf Grund derselben demnächst besondere Schulordnungen für die einzelnen Provinzen erlassen werden; wozu Wir bereits die nöthigen Befehle ertheilt haben.“ 64 Die neunköpfige Kommission setzte sich aus Vertretern mehrerer Ministerien zusammen. Aus der Kultusbehörde waren neben dem federführenden Süvern auch Nicolovius, Johann ­Heinrich Schmedding und Konrad Gottlieb Ribbeck tätig. Jeweils einen Vertreter entsandten die Ministerien des Inneren, der Finanzen, der Justiz und des Krieges. Das Amt des Präsidenten

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wurde und ihre Arbeiten am 27. Juni 1819 abschloss. Bevor das Unterrichtsgesetz endgültig in Kraft treten sollte, wurden die Entwürfe einem Vorschlag Altensteins gemäß am 14. September 1819 zunächst den Oberpräsidenten zugestellt, damit diese das Gesetz begutachten und seine Ausführbarkeit in der jeweiligen Provinz beurteilen konnten.65

3.4 Die Pommersche Provinzialschulordnung Nachdem die Immediatkommission ihre Tätigkeit aufgenommen hatte, begannen in Stettin wenige Monate ­später die Arbeiten an einer Provinzialschulordnung. Im gesichteten Aktenbestand ließ sich eine entsprechende Anweisung aus Berlin nicht nachweisen, wohl aber ein auf den 13. April 1818 datiertes Schreiben, in welchem die Stettiner Behörde eine „Abschrift des allgemeinen Lehrplans für die Volksschule“ als Arbeitsgrundlage erbat.66 Dieser Bitte kam das Ministerium insofern nach, indem es erwiderte, „daß ein solcher offizieller Lehrplan eigentlich noch nicht existiert, sondern alles, was es mitteilen kann, in einem Entwurf besteht, der […] bei nochmaliger Ueberarbeitung auf dem Grund einer zu erwartenden allgemeinen Schulordnung wahrscheinlich noch manche Abänderung erfahren dürfte“.67

Bei dieser ausdrücklich zum persönlichen Gebrauch überreichten Anweisung über die Einrichtung der allgemeinen Elementarschule handelte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um die auf der Grundlage des Votums Schleiermachers (10. Juli 1814) von Süvern vorgenommene und am 12. September 1814 vollendete Revision der Besonderen Instruktion.68

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bekleidete der Staatssekretär Wilhelm Anton von Klewitz. Vgl. die Allerhöchste Ordre zur Einsetzung der Immediatkommission vom 3. November 1817, abgedruckt in: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten (Hg.): Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen. Berlin 1869, S. 12 f. Ein entsprechender Erlass an den Kölner Oberpräsidenten, der mit den an die anderen Oberpräsidenten ergangenen Schreiben wesentlich gleichlautend ist, findet sich abgedruckt in: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten 1869, S. 88 f. Landesarchiv Greifswald (künftig LAG), Rep. 62, Nr. 1, fol. 1 f.: Königliches Konsistorium und Schulkollegium an das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, Stettin vom 13. April 1818. APS, NPPP, 4035, pag. 68: Ministerium an Oberpräsident Sack, Berlin vom 29. April 1818. Ebd. pag. 69 – 110: „Anweisung über die Einrichtung der allgemeinen Elementarschule“. Eine Bestätigung dieser These kann an dieser Stelle nicht erfolgen, da die revidierte Fassung vom 12. September 1814 nicht vorliegt. Allerdings enthält die 1818 den Stettiner Behörden mitgeteilte Anweisung eine Reihe von zum Teil wortwörtlichen Übereinstimmungen mit dem von Natorp 1812 verfassten und 1813 ergänzten Grundriß zur Organisation der Elementarschulen (abgedruckt bei Thiele 1912, S. 145 – 161). Schon Thiele vermutete, dass, wie es 1816 und 1817 mit der Hauptinstruktion geschehen war, auch abschriftliche Auszüge der Besonderen Instruktion an die Provinzialregierungen als „Richtschnur für die Unterrichtsverfassung“ ergangen waren, konnte es aber seinerzeit nicht nachweisen. (Vgl. ebd., S. 184, Anm. 10.)

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Ein erstes persönliches Treffen der zuständigen Schulräte der Regierungsbezirke Stralsund, Köslin und Stettin – Gottlieb Mohnike,69 Karl Heinrich Neumann 70 und Ernst Bernhardt 71 – 69 Häckermann, Adolf: Mohnike, Gottlieb Christian Friedrich [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 22 (1885), S. 62 – 64. Geboren am 6. Januar 1781 in Grimmen. Ab 1799 theologische, philosophische, philologische, historische und naturwissenschaftliche Studien an der Universität Greifswald. 1803 erste, 1809 zweite theologische Prüfung. 1810 Konrektor des Greifswalder Gymnasiums, ab 1811 dessen Rektor. November 1813 Berufung an St. Jakobi in Stralsund. 1818 Leitung der geistlichen und Schulangelegenheiten im Regierungsbezirk Stralsund, 1819 definitive Ernennung zum Konsistorial- und Schulrat. Verstorben am 6. Juli 1841 in Stralsund. 70 Friedrich, Leonhard; Springer, Sylvia (Hrsg.): Johann Heinrich Pestalozzi. Sämtliche Werke und Briefe. Kritische Ausgabe. Registerband I. Zürich 1994, S. 385: „Neumann, KarlHeinrich (1779 – 1818); Pf[arre]r und Schulinspektor in Lossow (Mittelmark), dann dort Superintendent, ­später Regierungs- und Schulrat in Köslin, Verf[asser] u. a. von ,Bericht über die begonnene Verbesserung des Volksschulwesens in der Frankfurter Diözese. Ein Programm‘ (Ffm. 1812) sowie von „Über die jetzt eingeleitete Verbesserung des Elementarschulwesens in der preußischen Monarchie“ (Potsdam 1811).“ Ein Exemplar der 1812 in Frankfurt erschienenen Druckschrift findet sich im GStA PK, I. HA, Rep. 74, Abt. L IV, Nr. 4, fol. 23 – 46. – Thiele 1912, S. 25: Der persönlich mit Zeller bekannte Neumann hatte wesentlichen Anteil daran, den Pestalozzischen Geist in der Kurmark zu verbreiten. 1810 hielt er in der Kurmark mit den Schullehrern seines Pfarrbezirks den ersten pädagogischen Kurs ab, wodurch Lossow zum Mittelpunkt der Schulverbesserung in der Frankfurter Diözese avancierte. – Allgemeine Literatur-Zeitung, Nr. 13 (1819), Sp. 104 f.: „Am 6. Decembr. 1818 starb in seinem 40. Lebensjahre der Regierungs- und Schulrath Karl Heinrich Neumann zu Köslin auf einer Geschäftsreise in Stolp an einer Entzündung im Unterleibe, den Folgen von Vergiftung.“ 71 Horlacher, Rebekka; Tröger, Daniel: Sämtliche Briefe an Johann Heinrich Pestalozzi. Kritische Ausgabe. 4. Band: 1814–Juli 1817. Zürich 2012, S. 347: Geboren 1782, ab 1796 Besuch des Lyzeums in Saalfeld (Thüringen), 1802 Studium der Theologie und Pädagogik in Halle, 1804 Lehrer an der deutschen Schule in Halle und zugleich Erzieher an der Waisenanstalt der Franckeschen Stiftung, dort auch deren Inspektor. 1811 als Inspektor sämtlicher Volksschulen in Potsdam. 1816 auf Veranlassung der preußischen Regierung halbjährige Bildungsreise durch Deutschland und die Schweiz, wo er auch Aufenthalt bei Pestalozzi in Yverdon nahm. – GStA PK, I. HA, Rep. 76, VII neu Sekt. 17 A Teil I, Nr. 1, Band 1, unpag., Schreiben Altensteins an Oberpräsident Sack, Berlin vom 24. Oktober 1816: Nach seiner Rückkehr im Oktober 1816 empfahl Altenstein den dem Oberpräsidenten Sack „aus früheren Verhältnissen“ bereits bekannten Bernhardt wegen „seine[r] Sachkenntniß, seine[r] besonnenen und reifen Urtheilsmacht, seine[m] Charakter, und sein[es] praktischen Talent[s]“ und ernannte ihn zunächst zum Assessor beim Konsistorium und der Regierung in Stettin. Dort verschaffte er sich durch umfassende Visitationsreisen zunächst einen genauen Überblick über den Zustand des pommerschen Schulwesens und führte Fortbildungskurse für Lehrer durch. Ebd.: Kultusministerium an Oberpräsident Sack, Berlin vom 23. Februar 1818: Mit der Kabinettsorder vom 17. Februar 1818 erfolgte Bernhardts Ernennung zum Schulrat. Damit war erstmals eine hauptamtliche Schulratstelle in dieser Provinz geschaffen worden. In ­diesem Amt verwaltete er gemeinsam mit Friedrich Heinrich Gotthilf Graßmann das Bürger- und Volksschulwesen der Provinz, wobei Bernhardt die Generalia, die Stadtschulen und die Landschulen der hinterpommerschen und Graßmann die Landschulen der vorpommerschen Synoden bearbeitete. – Evangelisches

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setzte Sack auf den 1. Juni 1818 an.72 Über den weiteren Verlauf dieser Arbeit geben die vorhandenen Akten keine Auskunft. Offenbar jedoch waren sie im Herbst 1818 weitgehend abgeschlossen, da Neumann im Oktober 1818 Sack von seiner geplanten Zusammenkunft mit Bernhardt unterrichtete „in Betreff der nochmals durchzusprechenden Schulordnung“.73 Bei dieser Zusammenkunft, die frühestens im November stattgefunden haben kann, dürfte die Vorlagefassung vollendet worden sein. Beide Entwürfe leitete die Stettiner Schulbehörde am 3. Dezember 1819 an Theodor Ziemssen,74 einem ausgewiesenen Experten und Kenner der Pestalozzischen Pädagogik, mit der Bitte um gutachterliche Äußerung zu.75 Bernhardt umriss in dem entsprechenden Schreiben den Geist dieser Verordnung, der eindeutige Spuren der Nationalerziehung trug: „Es ist Alles daran gelegen, daß das der ganzen Provinz Gemeinsame in den Schulen recht bestimmt hervortrete, u[nd] daß hier durch allgemeine Grundsätze und Einrichtungen der Grund zu der innigen, lebendigen Vereinigung aller Pommern zu Einem Volke gelegt werde, welches der Wunsch u[nd] der Geist aller wahren Vaterlandsfreunde ist.“ 76

Weder das Votum Ziemssens noch der Entwurf des Provinzialschulgesetzes konnten von mir im Rahmen der Quellenrecherche beigebracht werden, wohl aber, dass sein Gutachten

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Zentralarchiv Berlin, Kirchenbücher der Schlossgemeinde zu Stettin, KB 414, S. 251, Nr. 58: Ernst Bernhardt verstarb am 19. September 1832 in seiner Dienstwohnung am Pladrin in dem zur Lastadischen Schule gehörigen Hause am Nervenfieber. Ebd., KB 4136, S. 36, Nr. 12: Seine Witwe Louise Caroline Wilhelmine verheiratete sich am 20. Juni 1833 mit Berhardts Amtsnachfolger Karl August Gottlieb Dreist. LAG , Rep. 62, Nr. 1, fol. 17: Sack an die Schulräte von Köslin und Stralsund, Stettin vom 8. Mai 1818. APS, NPPP, 4035, pag. 112 – 114: Neumann an Sack, Köslin vom 8. Oktober 1818. Häckermann, Adolf: Ziemssen, Theodor [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 45 (1900), S. 201 – 204. Geboren am 18. Februar 1777 in Greifswald. Sein Vater war der damalige Diakon zu St. Marien in Greifswald und spätere Generalsuperintendent sowie Prokanzler der Universität Johann Christoph Ziemssen. 1794 theologisches Studium an der Universität Greifswald, philosophisches in Jena. 1799 bis 1803 Hauslehrer in der Schweiz. Persönliche Bekanntschaft mit und enge Freundschaft zu Pestalozzi. Nach 1803 Rückkehr nach Greifswald, dort 1804 Habilitation über Pestalozzis Lehrart, Übernahme der Leitung des Greifswalder Lehrerseminars und Anwendung der Pestalozzischen Methode. 1806 Pfarrer in Hanshagen bei Greifswald, wo er ein Jahr ­später eine private Erziehungsanstalt gründete, in der nach Pestalozzis Methode unterrichtet wurde. Verfasste u. a. Abhandlungen über ­Pestalozzis Lehrart, ihre Geschichte und Literatur für die renommierte Neue Leipziger Literaturzeitung (Mai/Juni 1804 und Juli 1810). Verstorben am 20. Oktober 1843 in Thurow. Siehe auch: Gülzow, Erich: Theodor Ziemssen [Artikel], in: Unser Pommerland. Heft 3/1927, S.  85 – 87. APS, NPPP, 4035, pag. 121 – 123: Sack an Ziemssen, Stettin vom 3. Dezember 1819 (aufgesetzt von Bernhardt). Ebd., pag. 122.

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in Stettin einging, worauf Johann August Sack am 3. März 1820 abschließend über beide Gesetzentwürfe nach Berlin berichtete.77

3.5 Der vermeintliche Sieg der Reaktion 3.5.1 Die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Preußen Bereits zu der Zeit, da die Immediatkommission ihre Arbeit aufnahm, hatte sich die politische Stimmung in Deutschland verändert. War noch im Vorfeld der Befreiungskriege nationales Bewusstsein beschworen worden und in breiten Teilen des Bürgertums und dort vor allem bei der akademischen Jugend berechtigte Hoffnung auf politische Partizipation in einem geeinten Nationalstaat entstanden, so blieb die auf dem Wiener Kongress beschlossene Neuordnung hinter d ­ iesem Ideal weit zurück. Auch wenn der 13. Artikel der Bundesakte den Aufbau einer landständischen Verfassung vorsah und Friedrich Wilhelm III . bereits 181078 und s­päter 181579 entsprechende Zusagen abgegeben hatte, wurde deren Einlösung nicht zuletzt durch den Widerstand der altständisch Gesinnten verhindert. Ihre Argumente bekamen angesichts eines wachsenden radikalen Nationalismus immer stärkeres Gewicht.80 Als 1817 im Rahmen des Wartburgfestes eine studentische Gruppe eine Reihe von Schriften mit vermeintlich reaktionärer Gesinnung sowie Symbole des Absolutismus verbrannte, wurde diese Tat von den Regierungen verschiedener deutscher Staaten als Akt des revolutionären Geistes interpretiert. In ihrer Folge verbot Friedrich Wilhelm III . im Dezember 1817 unter Androhung der Relegation jegliche studentischen Bewegungen an den preußischen Universitäten und ließ das Turnerwesen unter verschärfte Aufsicht stellen. Darüber hinaus aber tastete er die Freiheiten der Hochschulen nicht an.81

77 Ebd., pag. 124. Das Datum geht aus einer amtlichen Notiz hervor, die vermerkt, dass sich ­dieses Gutachten „in den Acten der ­Kirchen- und Schulkommission hieselbst Tit. V. Sect. 1. gen. pos: 1. litt C. no. 3“ befindet. Meine Recherchen im Landesarchiv Greifswald, Staatsarchiv Stettin, Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin und Staatsarchiv Bamberg hinsichtlich des Verbleibs dieser Akte sind erfolglos geblieben. 78 „Edikt über die Finanzen des Staats und die neuen Einrichtungen wegen der Abgaben u. s. w. Vom 27ten Oktober 1810“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 2/1810, S. 25 – 31, dort S. 31: „[…] Wir Uns vorbehalten, der Nation eine zweckmäßig eingerichtete Repräsentation, sowohl in den Provinzen als für das Ganze zu geben, deren Rath Wir gern benutzen.“ 79 „Verordnung über die zu bildende Repräsentation des Volkes. Vom 22sten Mai 1815“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 9/1815, S. 103 f. 80 Vgl. zur preußischen Verfassungsfrage Huber, S.  295 – 313. 81 Hauptpunkte dieser Kabinettsorder von Friedrich Wilhelm III. an Minister zum Altenstein vom 7. Dezember 1817 bietet Müsebeck, Ernst: Das Preußische Kultusministerium vor hundert Jahren. Stuttgart, Berlin 1918, S. 187 f.

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Eine deutliche Verschärfung brachte der Kongress von Aachen im Herbst 1818. Ursprünglich zur Klärung strittiger Fragen des Pariser Friedens von 1815 einberufen, präsentierte dort Zar Alexander I. auf Betreiben des österreichischen Ministers Clemens Fürst von Metternich den versammelten Teilnehmern die vom russischen Staatsrat Alexander Graf Stourdza verfasste geheime Denkschrift Über den gegenwärtigen Zustand Deutschlands. In ihr entwickelte der Autor die These, dass „an den deutschen Universitäten eine auf den nationaldemokratischen Einheitsstaat zielende Revolution vorbereitet [werde]“.82 In seinen Vorschlägen, die auf eine Beseitigung akademischer Privilegien hinausliefen, lässt sich eine eindeutige Vorwegnahme der Karlsbader Beschlüsse finden.83 Allein gegen die wissenschaftliche Freiheit vorzugehen, war man in Preußen derzeit noch nicht bereit. Dem von M ­ etternich empfohlenen scharfen Vorgehen gegen die Universitäten, Burschenschaften und Turnvereine 84 widersprach Altenstein entschieden 85 und konnte im Verbund mit H ­ ardenberg trotz des reaktionären Einflusses, den Polizeiminister Wilhelm zu Wittgenstein und Polizeidirektor 82 Brinkmann, Carl: Die Entstehung von Sturdzas „État actuel de l’Allemagne“, in: Historische Zeitschrift, Band 120 (1919), S. 80 – 102. Auf dem Aachener Kongress zirkulierte ein Privatdruck von 50 Exemplaren. Bereits im November 1818 erschien eine Veröffentlichung in einem Pariser Verlag, die online einsehbar ist unter: https://books.google.de/books?id=01UAAAAAcAAJ &pg=PA 4&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=3#v=onepage&q&f=false [letzter Zugriff: 23. 02. 2020]. Nach Huber, S. 726, ist es nicht auszuschließen, dass Hardenberg durch Mittelsmänner diese Veröffentlichung veranlasste, um Kräfte gegen diese Pläne zu mobilisieren. Eine deutschsprachige Fassung wurde bereits im Dezember 1818 in Frankfurt am Main gedruckt. Sie ist online einsehbar unter: http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/urn/urn:nbn:de:hbz:061:1-588127 [letzter Zugriff: 23. 02. 2020]. Ebd. S. 25: Es werden drei „Ursachen der Bewegung [genannt], die früher oder ­später bis zu einem Ausbruche sich steigern könnte […]: 1) Die allgemeine Verrückung der Individuen und der Classen der Gesellschaft […], 2) Die Unbestimmtheit und die Auflößung der religiösen Ideen […], 3) Die immer noch wachsenden Gebrechen der öffentlichen Erziehung“. S. 34 f.: „Sie [die Universitäten] sind die unumschränkten Gebieterinnen, ­welche die Zukunft einer ganzen Nation bestimmen und keine Regierung zieht sie zur Rechenschaft über die Wesenheit, über Methode ihrer Lehrgebäude. […] Die Jugend, der gewöhnlichen Aufsicht der Gesetze enthoben, stürzt sich in alle Uebertreibungen, ­welche von einer geistigen Zügellosigkeit, und der Verderbtheit der ­Sitten, abgeleitet werden möge. Sie beginnt die Laufbahn ihres Lebens, nicht mit Anerkennung und Uebung des Gehorsams, […] sondern sie lernt vielmehr im Alter des Gehorsams selbst – Alles zu versuchen, sich Alles zu erlauben; – um im reiferen Alter recht tüchtig zu seyn, nichts mehr heilig zu halten, und nöthi­gen Falls Alles umzustürzen. – Unglaubliche Erscheinung!“ 83 Stourdza forderte unter anderem: „1) Unterdrückung aller der akademischen Vorrechte […], 2) Munizipal-Polizey an die Stelle der akademischen Polizey […], 3) Unwiderrufliche Festsetzung des Studien-Cursus […].“ Ebd., S. 37 f. 84 Vgl. Metternichs Schrift „Ueber Erziehungswesen, Turnwesen und Preßfreiheit“, abgedruckt in: Metternich-Winneburg, Richard (Hg.): Aus Metternich nachgelassenen Papieren. Dritter Band. Wien 1881, S. 178 – 181. Diese und eine weitere Schrift „Ueber die Lage der preußischen Staaten“ (ebd. S. 172 – 178), beide datiert Aachen, den 14. August 1818, hatte Metternich zunächst Hardenberg, dann Wittgenstein im Vertrauen auf dessen Patriotismus zugesandt. 85 Eine inhaltliche Zusammenfassung der betreffenden Denkschrift gibt Müsebeck, S.  196 – 198.

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Karl von Kamptz auf den König ausübten, größere Einschränkungen der Universitätsverfassung verhindern.86 Die Situation änderte sich schlagartig durch die Ermordung des als Staatsrat in russischen Diensten stehenden August von Kotzebue durch den Theologiestudenten und Burschenschaftler Karl Ludwig Sand am 23. März 1819. Als Reaktion darauf hatte Metternich in Absprache mit Preußen im August 1819 die Minister mehrerer Bundesstaaten nach Karlsbad geladen, in deren Ergebnis die gleichnamigen Beschlüsse gefasst und am 20. September – unter dem Druck der Großmächte – einstimmig von der Bundesversammlung angenommen wurden. Ihre Überführung in Landesrecht war lediglich ein formaler Akt und geschah für Preußen am 18. Oktober 1819.87 Der Versuch Humboldts, die Auswirkungen der Karlsbader Beschlüsse zu mildern und ihre Gültigkeit auf zwei Jahre zu beschränken, fand im Gesamtministerium keine Mehrheit, sondern spaltete ­dieses zutiefst.88 Nach ihrer Niederlage traten mit Humboldt die ihn unterstützenden Minister Carl Friedrich von Beyme (Gesetzgebung) und Hermann von Boyen (Krieg) zurück.

3.5.2 Die bildungspolitische Situation in Preußen Als die Immediatkommission im Juni 1819 das „letzte große bildungspolitische Dokument der Reformära“ 89 vorlegte, hatte die Stunde der konservativen Kräfte bereits geschlagen und Preußen stand kurz vor den Karlsbader Beschlüssen. Wenn auch von Altenstein eine insgesamt zögerliche Haltung zum Unterrichtsgesetz nachgesagt werden kann, so exkulpierten ihn die jüngsten politischen Vorkommnisse, ohne die er kaum des Königs Einwilligung erfahren hätte.90 Den Berliner Hofgängern gelang es, die Angst Friedrich ­Wilhelms III. vor einer Revolution zu schüren, deren vermeintliche Vorboten sich nun mehr als deutlich gezeigt hätten. Zwei Tage vor der Verkündung der Karlsbader Beschlüsse in Preußen veröffentlichte auf Antrieb Wittgensteins ein wichtiges Mitglied dieser Kamarilla, Bischof

86 Eine Zusammenfassung der Kabinettsorder vom 11. Januar 1819 bietet Müsebeck, S.  199 – 204. 87 „Königl. Bekanntmachung vom 18ten Oktober 1819, die Bundestags-Beschlüsse vom 20sten September d. J. betreffend“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 20/1819, S. 218 – 232. Es handelte sich dabei um „I. Beschluß wegen einer provisorischen Exekutions-Ordnung in Bezug auf den 2ten Artikel der Bundesakte. II. Provisorischer Beschluß über die in Ansehung der Universitäten zu ergreifenden Maaßregeln. III. Beschluß wegen eines Preß-Gesetzes. IV. Beschluß wegen Bestellung einer Central-Behörde zur näheren Untersuchung der in mehreren Bundesstaaten entdeckten revolutionären Umtriebe“. 88 Humboldt war im Januar 1819 als Minister für ständische Angelegenheiten erneut zum Mitglied der Regierung berufen worden. 89 Baumgart 1990, S. 79. 90 Die von Altenstein noch im Frühjahr 1819 vorgetragene breite Zustimmung zu Süverns allgemeinem Gesetz hatte sich bereits im Mai 1819 derart gewandelt, dass er lediglich eine Schulordnung für die Volksschulen erwartete und für die Gymnasien und Universitäten keinen diesbezüglichen Handlungsbedarf erkannt. Vgl. Holtz/Rathgeber, S. 15.

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Rulemann Friedrich Eylert,91 ein Promemoria,92 in welchem er die Universitäten als „eigentliche Quelle des Übels“ (S. 383) geißelte, aber auch befand, dass in den Volksschulen „eine einseitige intellektuelle Bildung […] eine höchst verderbliche Richtung genommen“ (S. 381) habe. Die Experimentierfreudigkeit der vergangenen Jahrzehnte hätte mit ihrem Zuviel an Lernstoff und Schulbüchern „unverdautes Wissen“ (S. 382) erzeugt, wodurch die Masse des Volkes „moralisch schlechter geworden“ (ebd.) sei. Eylert forderte darum die Beschränkung des Lehrkanons auf „biblische Geschichte, Lesen, Singen, Schreiben und Rechnen“ (ebd.). Diese Reduktion wünschte er auch auf die Ausbildung in den Lehrerseminaren zu übertragen, damit „die Basis des ganzen Unterrichts in Volksschulen christliche Frömmigkeit sei“ (ebd.). Anders gewendet, Eylert forderte die strenge Unterordnung des Schulwesens unter die ­Kirche. Die revolutionären Ereignisse in Italien, Spanien und Portugal stellten im folgenden Jahr den Fortbestand der dortigen Monarchien infrage und gaben den europäischen Großmächten Anlass, von Oktober bis Dezember 1820 Emissäre unter der Führung Metternichs im schlesischen Troppau zu versammeln, um ein gemeinsames politisches Vorgehen abzustimmen. Bei dieser Gelegenheit gelang Wittgenstein ein weiterer entscheidender Sieg. Der ohnehin ängstliche und unter dem Einfluss Metternichs stehende Friedrich Wilhelm III . ließ sich von der Notwendigkeit überzeugen, das preußische Unterrichtswesen einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Plans beauftragte er eine Kommission, zu der neben Hardenberg und Altenstein auch Friedrich von Schuckmann, Eylert und Wittgenstein – allesamt entschiedene Gegner des Kultusministers – gehörten. Damit und mit der gleichzeitig verfügten Anstellung von Ludolph Beckedorff 93 im Unterrichtsministerium hatten sich die reaktionären Kräfte wirkungsvoll in Stellung gebracht.94 Nur vier Tage ­später wurden

91 Eismann: Friedrich Rulemann Eylert [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 6 (1877), S. 458 f. Geboren am 5. April 1770 in Hamm, Studium der Theologie in Halle, anschließend als Nachfolger seines Vaters Prediger in Hamm. 1806 Berufung zum Hof-, Garde- und Garnisonsprediger in Potsdam, 1817 Bischof, 1818 Mitglied im Staatsrat und Unterrichtsministerium. Verstorben am 3. Febuar 1852 in Potsdam. 92 „Promemoria des Bischofs Eylert über eine Reform des Schul- und Kirchenwesens. 16. Oktober 1819“, abgedruckt in: Lenz, Max: Geschichte der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Vierter Band. Halle 1910, S. 380 – 390. 93 Fischer, Fritz: Ludolph von Beckedorff [Artikel], in: Neue Deutsche Biographie, Band 1 (1953), S. 709. Geboren am 14. April 1778 in Hannover. Medizinische und philosophische Studien in Jena und Göttingen. November 1819 Berufung ins Oberzensurkollegium. 1820 vortragender Rat in der Geistlichen Abteilung des Kultusministeriums und Leitung des Dezernats für Volksschulwesen. 1827 Übertritt zum Katholizismus und dadurch Entlassung aus dem preußischen Staatsdienst. Von Friedrich Wilhelm IV . rehabilitiert und nobilitiert. Beckedorff gehörte laut Max Lenz, S. 175, zum engsten Kreis der „Mitverschworenen“ des Ministers Wittgenstein. 94 Fischer 1939, S. 422.

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Eylert, Beckedorff, Bernhard Moritz Snethlage 95 und Friedrich Schultz 96 aufgefordert, ihrerseits Vorschläge zum beabsichtigen Vorhaben zu äußern.97 Das von ihnen verfasste Promemoria 98 belegt die mittlerweile enorm erstarkte Stellung der Reaktion. Sie führte nun einen Frontalangriff auf Humboldt, Nicolovius und Süvern, da sich in deren unterrichtspolitischen Entscheidungen in erster Linie die Verantwortung für „das zunehmende moralische Verderben [finden lasse], ­welche[s] durch das seit 1809 eingeführte System des Schul- und Erziehungswesens im Preußischen Staate immer allgemeiner und zerstörender geworden ist“ (S. 390). Besonderen Anstoß nahmen dabei die Verfasser an der angestrebten allgemeinen Bildung für alle Schüler, die in ihrer Folge in deren Wunsch nach politischer Partizipation münde. Dies war nach Ansicht der Denkschrift staatsgefährdend. „Mit dem Dünkel erfüllt, berufen zu sein, politische Verhältnisse zu beurteilen und zu verbessern, findet man die jungen Leute in überhandnehmendem heftigen Streben nach einer revolutionären Wirksamkeit befangen“ (S. 392). Von der wahren, christlichen Religionslehre entfremdet, werden „die jugendlichen Revolutionsideen mit jener fanatischen Kraft belebt, die für die bürgerliche Ordnung und Sicherheit die höchste Gefahr herbeiführen“ (S. 393). Grundsätzlich und in erster Linie übertrugen die Verfasser die Verantwortung auf „d[ie]jenigen Personen des Ministeriums der Geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten […], w ­ elche seit 1809 fast ausschließlich die Leitung d ­ ieses höchst wichtigen Gegenstandes anvertraut war“ (S. 395). Allerdings räumen sie auch ein, dass diese nicht vorsätzlich oder gar „in frevelhafter Absicht“ (S. 395) gehandelt hätten. Vielmehr hätten sie „die zerstörerischen Folgen des von ihnen ergriffenen Systems [nicht] erkannt“, welches „von den Professoren Fichte und Schleiermacher“ (S. 395) ausgegangen sei. Sie und mit ihnen Friedrich Ludwig Jahn und Ernst Moritz Arndt hätten sich 95 Sander: Bernhard Moritz Snethlage [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 34 (1892), S. 516 – 522. Geboren am 28. Mai 1753 in Tecklenburg. Studium der Theologie, Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften in Duisburg, Leiden und Utrecht, 1779 Ruf als Rektor an das Gymnasium in Hamm, dort unterrichtete er den späteren Bischof Eylert. 1800 Ruf als Rektor an das Joachimsthalsche Gymnasium. 1826 Ausscheiden aus dem Schulamt. Verstorben am 19. November 1840 in Berlin. 96 Berbig, Roland: Schultz, Christoph Friedrich Ludwig [Artikel], in: Dahnke, Hans-Dietrich; Otto, Regine (Hrsg.): Goethe Handbuch Band 4/2. Stuttgart, Weimar 1998, S. 966 – 968. Geboren 1781 in Marienwerder in Westpreußen, durch die Berufung seines Vaters 1794 zum Geheimen Finanzrat Kindheit und Jugend in Berlin, Besuch des Joachimthalschen Gymnasiums, 1799 Studium der Jurisprudenz und Kameralistik in Halle, 1806 Berufung zum Kriegs- und Domänenrat nach in Berlin, durch Protektion Altensteins 1817 Berufung in das Kultusministerium, 1819 Ernennung zum außerordentlichen Regierungsbevollmächtigten der Universität Berlin. In dieser Position rigoroser Verfolger aller „demagogischen Umtriebe“, 1823 Entlassung auf Altensteins Betreiben. Verstorben 1834 in Bonn. 97 Müsebeck, S. 230 f. 98 „Promemoria über den gegenwärtigen Zustand des Schul- und Erziehungswesens in der Preußischen Monarchie, und über die zweckmäßigsten und sichersten Maßregeln zu dessen Verbesserung“ vom 15. Februar 1821, auszugsweise abgedruckt bei Lenz, S.  390 – 401.

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durch ihre Ideen von einer deutschen Nationalerziehung, von der Unabhängigkeit der Universitäten sowie von einem deutschen Volkstum als die eigentlich Schuldigen erwiesen. Die Verfasser fordern abschließend eine besondere Aufsicht über die Gymnasien und die Universitäten, indem erstere „unter die Leitung gelehrter, kräftiger, sittlicher und zuverlässiger Direktoren“ (S. 400) gestellt, letztere eine „erneuerte Fakultätseinrichtung [erhalten], wodurch die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen wieder in feste Grenzen und zu einem positiven Kern zurückgeführt“ (S. 400) werden würden. Es war für die Verfasser selbstverständlich, dass die von ihnen gewünschte Neugestaltung der preußischen Bildungslandschaft nur mit einer anderen Personalbesetzung im Ministerium möglich sei. Tatsächlich existierte zu ­diesem Zeitpunkt bereits eine Kabinettsorder, die die Absetzung von Nicolovius, Süvern, Johannes Schulze 99 und Georg Friedrich Wilhelm Frick 100 verfügte, Friedrich Schultz zum Direktor der geistlichen und Unterrichtsabteilung beförderte und ihm Eylert und Theremin 101 als Räte zur Seite stellte.102 Noch einmal vermochte sich Altenstein zu behaupten und seine als liberal geltenden Mitarbeiter vor der Demission zu bewahren, allerdings konnte er den Eintritt Eylerts in das Ministerium am 10. April 1822 nicht verhindern.103 Das Ziel der vollständigen Machtübernahme gelang erst Mitte 1823, als Altenstein dem ständig wachsenden Druck nachgab und den gewünschten Veränderungen zustimmte: Zum Direktor der Unterrichtsabteilung wurde Karl Albert von 99 Gatter, Nikolaus: Schulze, Johannes [Artikel], in: Neue Deutsche Biographie, Band 23 (2007), S. 726 f. Geboren am 15. Januar 1786 in Brüel in Mecklenburg-Strelitz. Studium der Philologie und Theologie in Halle, Berlin und Leipzig. 1810 Professor in Weimar, 1813 Mitglied der Oberschul- und Studienkommission Hanau, 1816 Eintritt in preußische Dienste, 1818 Berufung durch Altenstein in das Kultusministerium, nach der Verdrängung Süverns Leiter des gesamten höheren Unterrichtswesens, 1849 Direktor der Unterrichtsabteilung, 1858 Ausscheiden aus dem Dienst. Verstorben am 20. Februar 1869 in Berlin. 100 Lüdicke, Reinhard: Die Preußischen Kultusminister und ihre Beamten im ersten Jahrhundert des Ministeriums 1817 – 1917. Stuttgart, Berlin 1918, S. 42: Geboren am 14. Juni 1783 in Berlin, nach dem Besuch des Joachimthalschen Gymnasiums Studium der Rechtswissenschaft in Halle und Erlangen. Referendar beim Kammergericht in Berlin, Justiziar beim Oberbergamt in Berlin. Seit 1815 Kammergerichtsrat, ab 1818 Geheimer Oberregierungs- und vortragender Rat im Kultusministerium, 1824 Versetzung in das Finanzministerium. Verstorben am 8. März 1834 in Berlin. 101 Sydow, Marie: Theremin, Franz [Artikel] in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 37 (1894), S. 724 – 727. Geboren 1780 in Gramzow in der Uckermark, wo sein Vater französisch-reformierter Prediger war. Studium der Theologie und Philologie in Halle, 1805 Ordination, 1810 Berufung zum Prediger der französischen Gemeinde in Berlin, 1814 Hof- und Domprediger in Berlin, 1824 Oberkonsistorialrat und vortragender Rat in der Unterrichtsabteilung. Verstorben am 26. September 1846 in Berlin. 102 Fischer 1939, S. 423. 103 Die neuere Forschung konnte belegen, dass Altenstein von den im April 1822 geforderten Personalveränderungen bereits Monate zuvor wusste und ihnen zunächst im Herbst 1821 auch zugestimmt hatte, sich dann jedoch im September 1822 vehement beim König für den Verbleib von Schulze einsetzte. Vgl. Holtz/ Rathgeber, S. 17 f.

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Kamptz 104 unter Beibehaltung seiner Stelle als Direktor des Polizeidepartements ernannt, Beckedorffs Geschäftskreis wurde um den Aufgabenbereich des entlassenen Schultz erweitert,105 Theremin trat als Oberkonsistorialrat hinzu. Gleichzeitig verlor Nicolovius sein Direktorat über die Unterrichtsabteilung und blieb auf die geistliche Abteilung beschränkt, Süvern wurde gänzlich ausgeschaltet und zum Verwalter des Bürobedarfs degradiert.106 Bis zu seinem Tode im Jahre 1829 übte er keinerlei Einfluss innerhalb der Behörde mehr aus.

3.5.3 Das endgültige Scheitern des Gesetzentwurfs Die Vorlage des von liberalem Geist getragenen Gesetzentwurfs fiel in eine Zeit, in der die restaurativen Kräfte stark an Aufwind gewonnen hatten, der, befeuert durch die politischen Ereignisse in Europa, weiter zunehmen sollte. Nach den Erkenntnissen von Bärbel Holtz und Christina Rathgeber war es von Altensteins Bestreben, in dieser ungewissen Situation Zeit zu gewinnen, weshalb er auch von Hardenberg den Vorschlag unterbreitete, den Entwurf vor seiner Annahme zunächst noch einer Begutachtung durch die Oberpräsidenten und katholischen Bischöfe 107 zu unterziehen.108 Dass seine Entscheidung eine weitere Verzögerung bedingte und damit der Opposition wertvolle Zeit verschaffte, stellt die logische Folge dar. Die Frist für die einzureichenden Voten war auf Mitte Dezember 1819 festgelegt und damit relativ knapp bemessen, was die zum Teil erheblichen Verspätungen – die Gutachten liefen bis Mitte 1820 ein – erklärt. Erwartungsgemäß enthielten sie vielfältige Bedenken und Einwände hinsichtlich der Umsetzbarkeit, aber – und vor allem – auch in den Punkten, ­welche die Unterhaltung der niederen Schulen tangierten.109 104 Baumgart, Peter: Karl von Kamptz [Artikel], in: Neue Deutsche Biographie, Band 11 (1977), S. 95 – 97. Geboren am 16. September 1769 in Schwerin. Studium der Rechte und Staatswissenschaft in Bützow und Göttingen, 1790 Assessor und 1792 Rat bei der Justizkanzlei in Mecklenburg-Strelitz, 1793 Referent des Geheimen Rats- und Regierungskollegiums daselbst. 1811 Berufung an das Kammergericht in Berlin, 1812 Wechsel in das Innenministerium als vortragender Rat im Polizeidepartement. 1817 Direktor im Polizeiministerium und Mitglied des Staatsrats, 1822 zusätzlich Direktor der Unterrichtsabteilung im Kultusministerium. 1824 Versetzung in das Justizministerium, 1832 Justizminister. Verstorben am 3. November 1849 in Berlin. 105 Vgl. Fischer 1939, S. 427: Die Entlassung seines hartnäckigsten Widersachers Friedrich Schultz war der Preis, den Altenstein für seine Zustimmung forderte. 106 Ebd., S. 428. Nicolovius wurde 1832 wieder die Direktion beider Abteilungen übertragen, die er bis zum Ausscheiden aus dem Dienst 1839 führte. Auch Süvern trat nach dem Ausscheiden von Kamptz zumindest nominell wieder in seine alte Stellung zurück. 107 Das Schreiben an den Fürstbischof von Ermland vom 22. Oktober 1819, das im Wesentlichen wortgleich ist mit den den anderen Bischöfen zugegangenen Aufforderungen, findet sich auszugsweise abgedruckt in: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten 1869, S. 90. 108 Holtz/Rathgeber, S. 15 f. 109 Eine Zusammenfassung der einzelnen Monita – allerdings ohne provinziale Zuordnung – bietet: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten 1869, S. 90 – 94.

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Ließen die vielfältigen Monita der Oberpräsidenten eine mögliche Ratifizierung des Gesetzes in weite Ferne rücken, so wurde sie durch das 1821 von Beckedorff verfasste Gutachten im Grunde unmöglich.110 In ihm setzte sich der mittlerweile zum Verantwortlichen für das evangelische Schulwesen beförderte Beamte direkt mit Süvern und dem liberalen Reformprogramm auseinander und verwarf die dem Entwurf vorausgehenden Grundeinsichten als irrig. Die Ungleichheit der Menschen war für Beckedorff ein gottgegebener Zustand, der sich in der Ständeteilung deutlich manifestierte. Sie war „das eigentliche Band der Gesellschaft“, weil ein „Staat […] nicht dadurch [besteht], daß alle seine Mitglieder […] ­gleiche Rechte und Ansprüche besitzen, sondern […] in ganz eigentümliche Klassen und Stände abgeteilt sind“ (S. 308). Die im Entwurf beschriebene Bildungspolitik hingegen laufe auf eine „allgemeine Gleichheit aller Menschen“ (S. 307) hinaus, die „zum Wetteifer in der für alle geöffneten Laufbahn berufen werden“ (S. 307). Die hier angesprochene – mit modernen Worten bezeichnete – Chancengleichheit, also der Vorstellung, dass es einem jeden Heranwachsenden in ­diesem System möglich werden würde, durch eigenen Fleiß und Beharrlichkeit jedwede soziale Position zu erwerben, war „ein Auflehnen gegen die Ordnung der Natur […]“, die nichts anderes erzeuge als „Neid, Eifersucht, Feindschaft, Hader und ewige[n] Kampf“ (S. 307). Solche Gedanken mussten altkonservativen Vertretern als revolutionär erscheinen. Beckedorff besaß genügend Verstand, um zu erkennen, dass die von ihm vertretene Ordnung schon längst ihre unhinterfragte Legitimation verloren hatte. Genau darum lag für ihn die Aufgabe der Schule darin, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Das Programm dafür lieferte er mit: „Nicht auf eine allgemeine und gleichartige Volksbildung kommt es an, auf ein Tüchtigmachen aller und jeder zu allem Möglichen, auf ein Abrichten für alle Fälle; sondern darauf, daß ein jeder zu dem Stande oder Berufe, wozu er durch Geburt oder elterlichen Willen oder eigene Erschließung bestimmt worden ist, auch mit allem Ernste von früher Kindheit auf gründlich und vollständig auferzogen und vorgebildet werde.“ (S. 308)

Bezogen auf die Volksschulen kritisierte Beckedorff deren Überbürdung mit Lehrgegenständen, die er auf die Kulturtechniken reduziert und zugleich die Bedeutung und damit den Anteil des Religionsunterrichtes erhöht. Alle anderen von Süvern ins Spiel gebrachten Fächer führten bei den Landleuten „zu trauriger Halbwisserei und oberflächlichem Fürwitz“ (S. 313). Im Einklang mit Eylert wollte er diese Reduktion auch auf die Lehrerseminare ausgedehnt wissen. Bliebe es bei dem im Entwurf verankerten Sachkanon, so würden die Thiele 1913, S. 98 bemerkt: „Ein Haupthindernis [für die Schwierigkeiten der Ausführung] sei die Art und Weise, wie die Unterhaltungsmittel für die Landschulen aufgebracht werden sollen.“ 110 Beckedorffs Beurteilung des Süvernschen Unterrichtsgesetzentwurfs ist abgedruckt bei ­Quittschau, Ewalt: Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts in den preußischen Lehrerseminaren unter dem Ministerium Altenstein. Gotha 1931, S. 305 – 321. Eine umfassende Analyse der Beckedorffschen Beurteilung bietet Baumgart 1990, S. 92 – 99.

Zusammenfassung und Ausblick

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Zöglinge bestenfalls „kaum halbgebildet sein, und daher ihrerseits nur Viertel- oder Achtelgebildete wieder hervorbringen können“ (S. 313). Nachdem der Referent sich in weiteren Äußerungen zu Fragen hinsichtlich der Schulaufsicht und -unterhaltung ergangen hatte – so lehnte er eine nach dem Entwurf allen Hausvätern aufzuerlegende Schulsteuer rundweg ab –, kam er zu dem abschließenden Fazit, dass weder ein allgemeines Gesetz für die gesamte Monarchie erlassen werden könne noch die im Entwurf propagierte Erziehung außerhalb der Standesgrenzen möglich sei. Beckedorff verwarf das Recht des Staates auf das Erziehungswesen und ordnete ­dieses unbedingt der ­Kirche unter. Es bedarf keiner weiteren Erklärungen, dass nach d ­ iesem vernichtenden Urteil eine Weiterarbeit am Gesetzentwurf völlig sinnlos war. „Beckedorffs Stellungnahme zum Süvernschen Unterrichtsgesetzentwurf [hatte] mit wünschenswerter Deutlichkeit die Differenzen ­zwischen den bildungspolitischen Zielsetzungen der Liberalen der Reformära und ihren konservativen Gegnern [gezeigt].“ 111 Auf Anmahnung Friedrich Wilhelms III. berichtete von Altenstein im Februar 1823, dass die vielen Gutachten mancherlei Änderungen notwendig gemacht hätten, woraus „sich die Notwendigkeit einer neuen Bearbeitung des Entwurfs“ ergeben hätte.112 Ab dieser Zeit, so Thiele, gab es nur noch Reproduktionen, bis der Entwurf am 14. September 1826 ein letztes Mal vorgelegt und dann ad acta geheftet wurde.113

3.6 Zusammenfassung und Ausblick Durch eine breit angelegte Reformtätigkeit gelang es dem preußischen Staat nach seiner ihn fast vernichtenden Niederlage, innerhalb weniger Jahre seine existenzbedrohende Krisis zu überwinden. Innerhalb dieser Erneuerungsbewegung spielte die Reform des Schul- und Erziehungswesens eine entscheidende Rolle. Durch die Schaffung zentraler Verwaltungsstrukturen und die Besetzung der maßgebenden Stellen mit reformorientierten Beamten wie Nicolovius, Süvern und Humboldt konnte ein Bildungskonzept entstehen, das auf der Grundlage der Fichteschen Nationalerziehung und der von Pestalozzi geprägten allgemeinen Erziehung fußte. Eines ihrer größten Ziele stellte die Konzeption eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes für alle Schulen der Monarchie dar. Dieses ehrgeizige Vorhaben, unter von Humboldt begonnen, verlor nach dessen Weggang nicht zuletzt durch die konservative Haltung seines Nachfolgers von Schuckmann erheblich an Fahrt und konnte bis 1817 nicht vollendet werden. Mit der Gründung eines eigenständigen Kultusministeriums, dem der Reformer von Altenstein vorstand, erwiesen sich die ­Zeichen für die Realisierung des Unterrichtsgesetzes für eine Zeitlang wieder günstiger. Doch die politischen Ereignisse, die durch die Ermordung von Kotzebues unmittelbar zu den 111 Baumgart 1990, S. 99. 112 Immediatbericht Altensteins vom 11. Februar 1823, abgedruckt in: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten 1869, S. 94 – 97. 113 Ebd., S. 97.

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Die bildungspolitische Neuausrichtung Preußens zwischen Reform und Restauration

Karlsbader Beschlüssen führten, spielten den reaktionären Kräften in die Hände. In ihren verschiedenen Schriften und Promemorien, die allesamt in einer Linie von Stourdza über Eylert bis Beckedorff den revolutionären Charakter der neuartigen Ideen verteufelten, diskreditierten sie nicht nur die bisherige Arbeit der Kultusbehörde, sondern konservierten ein anachronistisches Bildungsideal und verhinderten zugleich die juristische Fixierung grundlegender Schulunterhaltungsfragen. Es mag auf den ersten Blick so erscheinen, als ob die Reaktion mit den umfassenden Personalveränderungen im Kultusministerium ihr Ziel, ergebene Gesinnungsgenossen zu installieren und die Reform des Schulwesens zum Erliegen zu bringen, erreicht hätte. Doch diese „These vom Kontinuitätsbruch der preußischen Bildungspolitik nach 1820“ relativierte schon Franzjörg Baumgart in mehrfacher Hinsicht.114 Nach seiner Erkenntnis griffen die konservativen Beamten in die aus dem Reformjahrzehnt stammenden gesetzlichen Regelungen nicht ein und setzten sie auch nicht außer Kraft. Jüngere Forschungen haben erwiesen, dass der Personalwechsel im Ministerium keine gravierenden Auswirkungen auf dessen inhaltliche Handlungsweise gehabt hat.115 Die Anstellungen von Eylert, Theremin und Kamptz können mit Recht als ein deutliches politisches Z ­ eichen interpretiert werden, einen Einfluss auf die Unterrichtsangelegenheiten zeitigten sie nicht. Altenstein bewies in dieser angespannten Situation ein hervorragendes Gespür, das ihm durch eine „Politik des klugen Nachgebens“ 116 ermöglichte, gegen den anfangs erklärten Willen Friedrich Wilhelms III. wichtige Mitarbeiter wie Schulze, Süvern und Nicolovius zu halten. Wenn auch unter den neuen Vorzeichen die Arbeit an einem Unterrichtsgesetz in weite Ferne gerückt war, so belegt seine Aussage im Immediatbericht von 1823, wie weit die Reaktion hinter ihrem erklärten Ziel zurückgeblieben war: „Die Einrichtung und Verbesserung des Schulwesens steht inzwischen nicht still, vielmehr lasse ich es mir angelegen sein, dieselbe in einem regsamen aber besonnenen Fortschreiten zu erhalten.“ 117 Dem Gebot der Vorsicht folgend, beschränkte sich die Schulgesetzgebung jener Tage darauf, durch Zirkularschreiben an die Provinzialregierungen eine „Ebene allgemeiner Warnungen und Empfehlungen“ zu bedienen, „ohne konkrete Vorschriften zu erlassen.“ 118 Die Beibehaltung des Status quo war somit die Grundvoraussetzung dafür, dass sowohl auf der mittleren als auch auf der unteren Verwaltungsebene reformaffine Oberpräsidenten, Schulräte, Seminardirektoren, Superintendenten und Pfarrer auf eine Verbesserung des Schulwesens hinwirken konnten.

114 Baumgart 1990, S. 99 – 102. 115 Rathgeber, Christina: Demagogenverfolgung im Kultusministerium z­ wischen 1819 und 1824. Regierungshandeln und personelle Konstellationen, in: Acta Borussica, N. F., Reihe 2, Abteilung 1, Band 3/1. Berlin 2012, S. 105 – 138, dort insbesondere S. 126 – 135. 116 Ebd., S. 133. 117 Immediatbericht Altensteins vom 11. Februar 1823, abgedruckt in: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten 1869, S. 94 – 97, Zitat S. 96. 118 Baumgart 1990, S. 100.

4. Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet 4.1 Historische Grundlagen für die Entstehung dortigen Schulwesens Die erste urkundliche Erwähnung Penkuns lässt sich auf das Jahre 1240 datieren, als der pommersche Herzog Barnim I. (1210/1218 – 1278) „tauschweise den Zehnten von 150 Hufen in vico Pinkun und die Hälfte des Schmalzehnten in territorio Pinkun“ vom Kamminer Bischof Konrad III. (verst. 1241) erhielt.1 Als Initialmaßnahme für die Anfänge des Schulwesens auf dem Lande muss jedoch eindeutig die Einführung der Reformation genannt werden. Auf dem Landtag zu Treptow an der Rega fiel im Dezember 1534 die Entscheidung, dass sich ganz Pommern zur lutherischen Lehre bekannte. Johannes Bugenhagen wurde mit der Abfassung einer Ordnung beauftragt, die die rechtliche Grundlage für die Entwicklung des K ­ irchen- und Schulwesens des Herzogtums legte.2 Um ihre flächendeckende Ausbreitung zu gewährleisten, fanden durch Bugenhagen und nach ihm durch die Generalsuperintendenten lokale Visitationen statt, bei denen in ausführlichen Protokollen der Zustand der geistlichen Einrichtungen beschrieben, die Einkommensverhältnisse ihrer Beschäftigten fixiert und Regeln für das Gemeindeleben verfasst wurden.3 In einem weiteren für den Aufbau der Pommerschen K ­ irche wichtigen Schritt vollzog sich sehr bald auch eine Einteilung des Landes in Synodalbezirke. 1554 wurden jedem Stadtpfarrer die umliegenden Kirchspiele zur Konfirmation (hier in der Bedeutung der Pfarrer- und Küsterprüfungen und deren Amtseinsetzung) zugeordnet und das leitende Amt des Präpositus geschaffen.4 Zu dessen Aufgaben gehörte auch die Aufsicht über das Schulwesen, das sich innerhalb kirchlicher Grenzen zu entwickeln begann. 1570 war Penkun mit seinen umliegenden Dörfern noch Teil der Greifenhagener Präpositur, wurde aber bald darauf das Zentrum eines eigenen Verwaltungsbereichs.5 Wenngleich die vorliegende Untersuchung ihren Fokus auf die Entwicklung im 19. Jahrhundert legt, sollten die historischen Wurzeln nicht unerwähnt bleiben. 1 Berghaus, Heinrich: Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen. II . Theil. Band II. Anklam 1865, S. 1401. 2 Ein Faksimile der „Kercken Ordeninge des gantzen Pamerlandes“ und deren Übersetzung bietet Buske, Norbert: Die pommersche Kirchenordnung von Johannes Bugenhagen 1535. Berlin 1985. Dort S. 163: Die Ordnung verlangte die Ansetzung von Küstern, die auf den Dörfern mit dem Katechismusunterricht den Grundstein für die Entwicklung des Landschulwesens legten. 3 Für Penkun lässt sich die älteste Visitation für das Jahr 1579 nachweisen. Das in ­diesem Zusammenhang gefertigte Protokoll ist archiviert im APS, Konsystorz, 5518. Eine besser lesbare Abschrift befindet sich im Pfarrarchiv (künftig PfA) Penkun, K ­ irchen Chronik der Stadt Penkun 1612 – 1679, unpag. 4 Heyden, Hellmuth: Kirchengeschichte Pommerns. Band II. Köln-Braunsfeld 1957, S. 33. 5 Moderow, Hans: Die Evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart. 1. Teil: Der Regierungsbezirk Stettin. Stettin 1903, S. 345.

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

4.2 Räumliche Abgrenzung, wirtschaftliche und administrative Strukturen Zur besseren räumlichen Orientierung stelle ich zwei topographische Karten vor, die den Untersuchungsraum im Abstand von 70 Jahren abbilden (Abbildungen 1 und 2). Der Kirchenkreis Penkun umfasste im 19. Jahrhundert ca. 390 km² und wurde von folgenden Ephorien 6 umgeben:7 Im Norden von Pasewalk, im Nordosten von Stettin-Land, im Osten von Gartz an der Oder. An seiner südlichen und westlichen Flanke bildeten die Flüsse Welse und Randow die natürliche Grenze zu der zur Provinz Brandenburg gehörenden Uckermark.8 Die letzte geographische Veränderung erfuhr d ­ ieses Gebiet im Zuge der 1815 veranlassten Neuordnung des preußischen Staates.9 Mit der Bildung des Landkreises Randow im Stettiner Regierungsbezirk 10 erfolgte zum 1. Januar 1818 zugleich die Arrondierung der Grenzlinie Pommerns zur Uckermark.11 Diese Veränderung in der verwaltungspolitischen Struktur hatte auch Auswirkungen auf den Kirchenkreis Penkun, der nun etwa 27 Prozent der Fläche vom Randower Kreis einnahm. Bestand die Ephorie bis dahin aus den Kirchspielen Blumberg, Cummerow, Glasow, Nadrensee, Schönfeld, Sommersdorf, Sonnenberg, Wollin, Woltersdorf und Penkun (Stadt),12 wurde ihr Gebiet

6 Die Ephorie ist der Wirkungskreis eines Ephorus (ἔϕορος = Aufseher). In dem hier verwendeten Zusammenhang bezeichnet der Begriff den Amtsbereich eines Präpositus bzw. Superintendenten. 7 Anhang 9.2 dieser Arbeit bietet eine Übersicht über die Flächengrößen der einzelnen Ortschaften. 8 Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte (Hg.): Atlas der Kirchenprovinz Pommern 1931. Schwerin 2005, S. 21 und 42. Dieser Atlas enthält auf Seite 43 eine topographische Karte des Kirchenkreises Penkun und seiner parochialen Einteilung. Ich habe an dieser Stelle auf ihren Abdruck nicht nur aufgrund der Darstellung eines viel späteren Zeitpunktes bewusst verzichtet; vielmehr weil die noch zur Untersuchungszeit selbständige Pfarre Glasow mit ihrem Filialdorf Hohenholz im Jahre 1931 bereits aufgelöst und den Pfarren Sonnenberg bzw. Krackow zugeschlagen worden war. Ferner sind dort die Pfarren Sommersdorf und Wollin nicht voneinander getrennt, was den falschen Eindruck eines vereinigten Pfarrgebietes entstehen lässt. 9 „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-Behörden vom 30sten April 1815“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 9/1815, S. 85 – 92; ebd. S. 93 – 98: „Eintheilung des Preußischen Staats nach seiner neuen Begrenzung“. 10 Siehe Anhang 9.3 dieser Arbeit: Topographische Karte vom Regierungsbezirk Stettin, 1862. 11 „Die neue Kreis-Eintheilung des Stettinischen Regierungs-Departements betreffend“, in: Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung Stettin, Nr. 4/1818, S. 37 – 50. – Ein Erlass Hardenbergs verfügte am 21. November 1817, dass Löcknitz, Bismark und die bislang brandenburgischen Anteile an Plöwen, Retzin und Cunow dem Regierungsbezirk Stettin zugeordnet werden sollten (siehe Abbildung 1). Vgl. auch Schulze, Berthold: Die Reform der Verwaltungsbezirke in Brandenburg und Pommern 1809 – 1818. Berlin 1931 (= Einzelschriften der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Heft 3), S. 61, Anm. 2: von Cunow gehörten bislang 4⅓ Bauernhöfe und eine Windmühle zu Brandenburg, ein Vorwerk von acht Hufen und 13⅔ Bauernhöfe zu Pommern; von Retzin 4½ Bauernhöfe und eine Windmühle zu Brandenburg, sechs Bauernhöfe zu Pommern; von Plöwen 14 Bauernhöfe zu Brandenburg, ein Vorwerk mit zwei Bauernhöfen zu Pommern. 12 Brüggemann, Ludewig Wilhelm: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern. Erster Theil. Stettin 1779,

Räumliche Abgrenzung, wirtschaftliche und administrative Strukturen

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Abbildung 1: Gilly, David: Karte des Königlich Preußischen Herzogthums Vor- und Hinterpommern 1789 (hier: Kartenausschnitt), © Universitätsbibliothek Greifswald, Signatur 548/7577.

nun um die Parochien Löcknitz und Retzin vergrößert.13 Damit bildeten neben der Stadtpfarre Penkun elf Parochien mit ihren Filialdörfern und eingepfarrten Ortschaften bzw. S. CCXV–CCXVII: Übersicht über die Ortschaften der Penkuner Synode. 13 Das zur Pfarre Retzin gehörende Filialdorf Grambow unterstand bereits vorher dem Penkuner Präpositus.

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

Abbildung 2: Reymann, Gottlob Daniel: Topographische Special Karte von Deutschland, um 1860; © Kartensammlung des Instituts für Geographie und Geologie der Universität Greifswald Das Untersuchungsgebiet ist in Reymanns Kartenwerk auf den Blättern 43, 44, 59 und 60 dargestellt. Für den hier verfolgten Zweck mussten Ausschnitte dieser vier Blätter aneinandergefügt werden, weshalb es an den „Nahtstellen“ zu geringfügigen Verschiebungen gekommen ist. Diese beeinträchtigen jedoch die intendierte geographische Orientierung nur unwesentlich. Hervorhebung der Pfarrorte: Dietmar Roglitz.

Räumliche Abgrenzung, wirtschaftliche und administrative Strukturen

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Vorwerken das fast ausschließlich agrarisch geprägte Untersuchungsgebiet (vgl. Tabelle 1). Sein Zentrum Penkun, die kleinste der vier Städte im Kreis Randow, nahm schon durch ihre administrative Funktion eine gewisse Sonderstellung ein. Diese darf allerdings keineswegs als herausragend oder gar impulsgebend bezeichnet werden. In ihr hatten neben dem Superintendenten auch Beamte der Landes-, Justiz- und Postverwaltung ihren Sitz. Etwa 40 Prozent ihrer Einwohner lebte ausschließlich von der Landwirtschaft. Neben verschiedenen Gastwirten und Handelsleuten fanden sich hier zahlreiche Handwerksberufe vertreten.14 Mehrere in kurzer Folge hereinbrechende verheerende Brände (1800, 1808, 1821, 1826, 1836) führten im 19. Jahrhundert zu einer Verarmung der Stadt, die ohnehin nie als wohlhabend bezeichnet hätte werden können. Die letzte große Feuersbrunst von 1854 verzehrte 114 der vorhandenen 189 Wohnhäuser sowie das Rathaus und die K ­ irche. Die erst neun Jahre zuvor neu erbaute Stadtschule blieb verschont. Tabelle 1: Kirchliche Verwaltungsstruktur des Untersuchungsgebietes Pfarrsitz

Filialdörfer

Eingepfarrte Ortschaften bzw. Vorwerke

Blumberg

Casekow, Wartin

Karlsberg

Cummerow

Jamikow

Vorwerk Cummerow

Glasow

Hohenholz

Flachsee, Neuenfelde, Streithof

Löcknitz

Bergholz1, Plöwen

Wilhelmshof

Nadrensee

Krackow, Pomellen



Penkun



Büssow, Kirchenfeld, Neuhof

Retzin

Bismark, Grambow

Gellin, Hohenfelde

Schönfeld

Luckow, Petershagen

Beatenhof, Neu-Luckow

Sommersdorf

Grünz

Radewitz

Sonnenberg

Ramin, Schmagerow

Kyritz, Lorenzhof, Salzow, Lebehn

Wollin

Storkow

Battinsthal, Friedefeld, Schuckmannshöhe

Woltersdorf

Cunow, Schönow

Albertinenhof, Biesendahlshof, Niederfelde

1

Das zur Parochie Löcknitz gehörige Filial Bergholz unterstand, weil es westlich der Randow lag, nach wie vor in politischen Angelegenheiten der Königlichen Regierung in Potsdam.

Bedingt durch die stark agrarische Prägung des Untersuchungsgebietes lassen sich neben der Landwirtschaft und den mit ihr verbundenen Handwerksberufen wie Stellmacher, Schmied oder Müller kaum andere Formen der Erwerbstätigkeit finden. Eine Ausnahme bildete die zu vernachlässigende Gruppe des Dienstleistungspersonals der Gutsherren. Mit der Entstehung der Eisenbahnlinien Berlin-Stettin im Jahre 1843 bzw. Stettin-Pasewalk im Jahre 1863 und der damit verbundenen Errichtung von Bahnhöfen in Casekow, Grambow und Löcknitz eröffneten sich im Untersuchungsraum erstmals ein Tätigkeitsfeld jenseits 14 Berghaus, S. 1410.

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

der Landwirtschaft. Neben Penkun verfügte nur Löcknitz über ein breiteres Spektrum vom Berufsgruppen, das den von landwirtschaftlicher Notwendigkeit gezogenen engen Kreis überschritt.

4.3 Akteure im Prozess der Schulreform Bis zur Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht im Jahre 1919 blieb das Elementarschulwesen historisch bedingt fest in kirchliche Verwaltungsstrukturen eingebunden.15 Zwar proklamierte der Staat bereits 1872 sein alleiniges Aufsichtsrecht über alle öffentlichen und privaten Bildungsanstalten, allerdings änderte dies die gängige Praxis in Pommern nicht. Die Geistlichkeit übte ihr Amt nun in der Funktion staatlich ernannter Inspektoren aus.16 Erst im Jahre 1879 lässt sich erstmalig für den Regierungsbezirk Stettin neben 32 nebenamtlichen – davon ein Generalsuperintendent, 27 Superintendenten, zwei Erzpriester und zwei Pastoren – ein hauptamtlicher Schulinspektor nachweisen.17 Dass trotz des Schulaufsichtsgesetzes traditionelle Strukturen noch für Jahrzehnte konserviert blieben, belegt der Befund des Jahres 1918, in welchem lediglich fünf haupt- und 41 nebenamtliche Inspektoren tätig waren.18 Die geographische Ausdehnung einer Kreisschulinspektion war daher in der Regel kongruent mit dem Amtsbezirk des zuständigen Superintendenten.19 Die ihm unterstellten Kirchspiele – auch Parochien 20 genannt – bildeten die nächst niedere Verwaltungseinheit der Lokalschulinspektionen. Mit der Wahl des Kirchenkreises 15 „Gesetz, betreffend die Aufhebung der Ortsschulinspektionen. Vom 18. Juli 1919.“, in: Zentral­ blatt, 10/1919, S. 610 f. 16 „Gesetz, betreffend die Beaufsichtigung des Unterrichts- und Erziehungswesens. Vom 11. März 1872.“, in: Zentralblatt, 3/1872, S. 129 f. Ebd.: 4/1872, S. 203 f. und 5/1872, S. 257 f. Ausführungsbestimmungen. 17 Zentralblatt, 1/1879, S. 20 f. 18 Zentralblatt, 1/1918, S. 36 f. 19 Die Inkongruenz der politischen Grenzen mit denen der Schulaufsichtsbezirke hat ihren Ursprung in Entwicklung der kirchlichen Strukturen nach der Reformation. Der Präpositus übte in seiner Amtsfunktion auch die Aufsicht über die Küster und die Küsterschulen aus. Die Entstehung von Schulen in den Filialdörfern, die nicht vom Küster, sondern einem Schulmeister geführt wurden, ließ an dieser Kompetenz der Geistlichkeit keinen Zweifel aufkommen. Damit konnte sich ein System der geistlichen Schulaufsicht etablieren, in dem der jeweilige Pfarrer als Lokalschulinspektor die Schulen seiner Parochie und schließlich der Superintendenten in seiner Funktion als Kreisschulinspektors sämtliche Elementarschulen beaufsichtigte. Von daher ergab sich die zwingende Notwendigkeit, die Schulaufsichtsbezirke nach den auch als „Synoden“ bezeichneten Amtsbezirken der Superintendenten abzugrenzen. Erstmalig gesetzlich fixiert wurde dieser historisch gewachsene Konnex durch ein an sämtliche Königliche Regierungen ergangenes Zirkularreskript des Ministers zum Altenstein vom 22. April 1823: „Jeder Superintendentur- oder katholischer Dekanatsbezirk bildet zugleich einen Schulkreis unter der Aufsicht des Schulinspektors.“ (Zitat bei von Rönne, S. 362 f.) 20 Eine Parochie (von παροιχία = umwohnter Bereich) bezeichnet den Amtsbereich eines Parochus, also des Geistlichen eines Pfarrsprengels.

Akteure im Prozess der Schulreform

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Penkun (gebräuchlich sind auch die Begriffe „Synode“ oder „Ephorie“) als Untersuchungsraum fiel damit die Entscheidung für ein für Pommern idealtypisches und repräsentatives Verwaltungsgebiet schulischer wie kirchlicher Angelegenheiten.21

4.3.1 Die Superintendenten und Pfarrer Aus dieser administrativen Struktur ergibt sich eine erste wichtige Gruppe, die als Akteur im Prozess der Schulhebung in Erscheinung trat: die geistlichen Schulaufseher unter der Führung des Superintendenten.22 Will man die Bedeutung einzelner Personen im Reformprozess bemessen, so wird man kaum an Superintendent Caspar Moritz Engelcken vorbeikommen. Seine mehr als 50-jährige Amtszeit begann noch im alten Preußen und entfaltete ihre volle Wirksamkeit in den Jahrzehnten nach 1819. Zu einem großen Teil war es sein Engagement, das den staatlichen Reformbestrebungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Penkuner Raum zum Durchbruch verhalf. Nach Ausweis der Akten war er ein äußerst pflichtbewusster Beamter und setzte sich durch seine exponierte Stellung an vorderster Front für eine Hebung des Schulwesens in seinem Wirkungskreis ein, nicht selten gegen den Widerstand von Gutsbesitzern und zuweilen sturköpfigen Gemeindegliedern. Als zentrale Figur der Schulentwicklungspolitik im Untersuchungsgebiet ist es notwendig, diesen Mann näher vorzustellen. Caspar Moritz Michael Matthias Engelcken wurde in Penkun geboren am 20. Januar 1785 als einziger überlebender Sohn des dortigen Präpositus Kaspar Friedrich Engelcken und dessen Ehefrau Beata Wilhelmine, geb. Matthias.23 21 Die geistliche Kreisschulaufsicht endete im Untersuchungsgebiet im Jahre 1912, als mit ­Friedrich Eggers erstmalig ein staatlicher Beamter diese Funktion übernahm. 22 Vgl. Novum Corpus Constitutionum, Band 12 (1806), Sp. 739 f., Nr. CXVII: „Circular an sämmtliche Inspectoren der Kurmark. Berlin vom 28sten August 1806.“ Alle lutherischen Geistlichen, die die Aufsicht über einen gewissen Destrikt von ­Kirchen und Schulen führten, erhielten die einheitliche Bezeichnung Superintendent. 23 Biographische Angaben zum Vater liefern Moderow, Hans: Die Evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart. I. Teil: Der Regierungsbezirk Stettin. Stettin 1903, S. 347; Evangelisches Landeskirchliches Archiv in Berlin, Bestand: Kirchenbuchstelle Alt-Berlin, Signatur: 5790/2 Sankt Petri-Kirche, Taufen 1731 – 1740, Seite 471 sowie im Besonderen: PfA Penkun, Sterberegister 1818, Eintrag Nr. 141. Danach wurde K(C)aspar Friedrich Engelcken 1735 als Sohn des Schuhmachers Michael Ernst Engelcken und dessen Frau Catharina Louise Fleminge in Berlin geboren. Trotz der bescheidenen Verhältnisse, aus denen er stammte, war ihm der Besuch einer Realschule ermöglicht worden, nach deren Abschluss er an der Hallenser Universität vier Jahre lang Theologie studierte. Durch familiäre Verbindungen gelangte er nach Pommern, wo er eine erste Anstellung als Hauslehrer beim Rosower Pfarrer Michael Friedrich Matthias erhielt. Dessen Tochter Beata Wilhelmine heiratete er 1764. Bereits 1763 erfolgte seine Berufung zum Pfarrer von Sonnenberg, bevor er 1772 die Pfarrstelle von Sommersdorf antrat. 1779 wechselte er als Pfarrer nach Penkun, wodurch er zugleich zum Präpositus der Penkuner Synode ernannt wurde. Kaspar Friedrich Engelcken starb am 10. Juni 1818 in Penkun im Alter von 83 Jahren als dienstältester Superintendent

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

Die Kinder der Familie Engelcken erhielten ihre erste schulische Ausbildung durch den Privatunterricht des Predigerkandidaten Friedrich Ludwig Steinbrück, geb. 1778, bevor dieser 1800 zum Rektor der Penkuner Schule und 1804 auf die Pfarre Wollin berufen wurde.24 Caspar Moritz empfing darüber hinaus zwei Jahre Unterricht am Stettiner Gymnasium. Nach einem zweijährigen Theologiestudium in Halle kehrte Engelcken in seine Heimatstadt zurück, wo er 1804 zum Kantor und Rektor der dortigen deutschen Stadtschule berufen und 1805 vom Pommerschen Konsistorium bestätigt wurde.25 Neben seinem Lehramt übernahm er die Funktion des „Hülfspredigers“, wodurch ihm Seelsorge- und Predigtverpflichtungen zuwuchsen. Bereits 1808 gelang es seinem mittlerweile 73-jährigen Vater mit patronaler Unterstützung der Gräfin von Hacke, ihn zu seinem Adjunktus und designierten Nachfolger zu bestellen, so dass Caspar Moritz nun in stärkerem Maße administrative Aufgaben der Superintendentur übernahm.26 Seit etwa 1811 führte er die ­Kirchen- und Schulvisitationen in den verschiedenen Orten durch und fungierte als Kreisschulinspektor. Nach dem Tode des Vaters im Juni 1818 erfolgte seine offizielle Ernennung zum Superintendenten der Penkuner Synode am 7. Dezember desselben Jahres. Im November 1809 heiratete Engelcken Caroline Friederike Medenwaldt, geb. 1789, eine Tochter des in Klein Schönfeld bei Greifenhagen amtierenden Pfarrers Johann Friedrich Medenwaldt. Aus dieser Ehe gingen vier Töchter und ein Sohn hervor.27 Vom Engagement Engelckens für die Schulen seines Amtsbereiches geben viele Beispiele Zeugnis. Für die Penkuner Stadtschule legte er dem Magistrat bereits 1811 Pläne für einen Schulneubau vor, der den bisherigen beengten Verhältnissen abhelfen sollte. Die hohen Kosten verhinderten jedoch die Umsetzung. Auch nach dem Stadtbrand von 1826, dem die alte Schule zum Opfer fiel, setzte er sich intensiv für eine Verbesserung der räumlichen Bedingungen ein, die sich seiner Meinung nach allein durch einen Neubau an einer anderen Stelle der Stadt realisieren ließ. Wie schon 15 Jahre zuvor lehnte der Magistrat mangels Geldes ab und begnügte sich mit dem für ihn günstigeren Aufbau der alten Gebäude. Gegen erheblichen Widerstand konnte Engelcken allerdings 1829 die Schaffung einer dritten Lehrerstelle durchsetzen. Das Ziel eines geräumigen Schulgebäudes verlor der Superintendent nicht aus den Augen. Stetig wachsende Schülerzahlen, ein verstärkter Druck aus Stettin und die Zusage der ­Kirche, die Hälfte der Baukosten zu übernehmen,

24 25 26 27

Pommerns. Seine Witwe überlebte ihn um zwölf Jahre, bevor sie am 20. November 1830 in Penkun verstarb. Das Paar hatte 13 Kinder, von denen fünf im Kindesalter verstarben; drei davon innerhalb von acht Tagen. Moderow 1903, 349. APS, Konsystorz, 5528, fol. 18 f.: Vokation Engelckens zum Kantor, Rektor und Hilfsprediger, Radewitz am 12. November 1804. Ebd., fol. 20: Bestätigungsschreiben, Stettin am 11. Juli 1805. PfA Penkun, Nr. 52, unpag.: Konsistorium an Engelcken, Stettin am 30. Juni 1808. Dieser Sohn, Caspar Friedrich Albert Bogislav Moritz, geb. am 25. Juni 1821, schlug eine juristische Karriere ein, wurde nobilitiert und verstarb als Polizeipräsident von Potsdam ebenda am 18. September 1883.

Akteure im Prozess der Schulreform

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Abbildung 3: Caspar Moritz Engelcken, ca. 1850, © PfA Penkun, Chronik RuschMüller

bewogen den Magistrat, 1843 ein neues Schulhaus in Auftrag zu geben. Es konnte Trinitatis 1845 durch Engelcken feierlich eingeweiht werden.28 Neben der Fürsorge um die Penkuner Stadtschule war der Geistliche in seiner langjährigen Amtszeit maßgeblich auch an der Verbesserung der Zustände an den zur Synode Penkun gehörenden Dorfschulen beteiligt. Unter seiner Führung konnten bis 1820 ein allgemeines, einheitliches Schulgeld eingeführt und Ortsschulkassen gebildet werden. Als Superintendent vertrat er die Rechte der Schulstellen bzw. deren Inhaber bei der Vergabe von Dienstland im Zuge der Neuaufteilung der Feldmarken. Mehr als einmal setzte er sich persönlich für den Schutz einzelner Lehrer vor willkürlicher Behandlung durch Gemeinden oder Gutsherren ein. Es kann davon ausgegangen werden, dass Engelcken durch seine Doppelfunktion als Rektor – er bekleidete ­dieses Amt 15 Jahre lang – und Superintendent einen hervorragenden Einblick in die inneren und äußeren Belange des Schulsystems seiner Synode hatte. Von nicht geringerer Wichtigkeit erwies sich in ­diesem Zusammenhang seine schwägerliche Verbindung zum Mathematiker und Stettiner Gymnasialprofessor Justus Günther Graßmann (1779 – 1852)29 und dessen Bruder Friedrich Heinrich Gotthilf (1784 – 1866). Letzterer bestimmte seit 1811 zunächst als Leiter des neugegründeten Stettiner Schullehrerseminars und s­päter parallel als Schulrat der Stettiner Regierung an einflussreicher Stelle bis zu seinem Todesjahr 1866 die Schulentwicklung in der Provinz und machte sich als „pommerscher Pestalozzi“ einen Namen.30 Von 28 Roglitz, Dietmar: Zur Geschichte des Penkuner Schulwesens, in: 775 Jahre Stadt Penkun und OT Storkow, hg. vom Kultur- und Heimatverein e. V. Penkun, Penkun 2015, S. 100 – 105. 29 Cantor, Moritz: Graßmann, Justus [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 9 (1879), S. 598 f. 30 Vgl. Mellies, S. 49; Scheibert, Karl: Geschichte des Geschlechts Graßmann und seiner Nebenlinien. Görlitz 1937, S. 93 – 97.

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

Graßmanns Wirken wird an späterer Stelle dieser Arbeit ausführlich berichtet werden. Damit war Engelcken bis in die Provinzialregierungsebene gut vernetzt. Zusätzlich konnte er bei der Leitung des Schulwesens der Penkuner Synode auf die Unterstützung der Lokalschulinspektoren bauen, von denen gleich mehrere zu ihm in verwandtschaftlicher Beziehung standen.31 1856 erlitt Engelcken einen Schlaganfall, der seine linke Körperhälfte lähmte, so dass die Verwaltung der Superintendenturgeschäfte – mit Verlegung des Amtssitzes – an den Löcknitzer Pfarrer Christian David Oelgarte (1807 – 1881) bis zu dessen Emeritierung 1881 überging. Allerdings führte Engelcken mit Unterstützung des Rektors und Hilfspredigers Eugen Ribbeck das Amt des Penkuner Pfarrers bis zu seinem Tode am 18. Mai 1861 fort.32 Unstrittig nahm der Superintendent durch seine herausgehobene Funktion und dem damit verbundenen enormen Verwaltungsaufwand – war er doch die unmittelbare Scharnierstelle ­zwischen der Stettiner Provinzialregierung und den lokalen Größen – einen ungleich höheren Anteil an der Hebung des Schulwesens ein als die jeweiligen Pastoren. Jedoch darf auch ihr Wirken nicht unterschätzt und unbeachtet bleiben. Als geistliche Verwalter einer überschaubaren Parochie standen sie in engerem Kontakt zu den Lehrern, visitierten regelmäßig in dichten Abständen deren Unterricht und waren vor allem in den ersten Jahrzehnten für dessen qualitative Verbesserung verantwortlich. Auf der anderen Seite mussten sie als inte­ graler Bestandteil des sozialen ländlichen Gefüges ­zwischen Dorfbewohnern und Patron oftmals diplomatisch klug taktieren, wollten sie nicht dem zuweilen rasch erwachenden Unmut über finanzielle Mehrbelastungen, die sich aus der Hebung des Schulwesens ergaben, zum Opfer fallen. Eine Übersicht über diese unterste Ebene der Schulaufsicht bietet Tabelle 2. Tabelle 2: Kirchspiele und Amtszeiten der jeweiligen Pfarrer Mater

Filia

Amtszeit und Name des Pfarrers

Blumberg

Wartin (vagans1) Casekow (vagans)

1740 – 1779 Johann Millies 1779 – 1782 Friedrich Bernhard Millies 1783 – 1811 Augustin Christian Hartmann 1812 – 1850 Peter Philipp Friedrich Karl Rahn 1851 – 1887 August Wilhelm Bernhard Hertel

Cummerow

Jamikow

1760 – 1771 Christian Friedrich Wernich 1772 – 1783 Augustin Christian Hartmann 1784 – 1827 Christian Cron 1828 – 1844 Karl August Friedrich Wilhelm Milo 1845 – 1885 Rudolf Bernhard Hermann Seiler

Glasow

Hohenholz

1755 – 1796 Michael Gottwald Schulz 1793/96 – 1811 Ludwig Kempe 1812 – 1826 Heinrich Wilhelm Harnisch 1826 – 1870 Eduard Carl August Stieglitz 1870 – 1882 Ernst Heinrich Friedrich Alwill Hünefeld

31 Vgl. den auf die relevanten Verbindungen gekürzten Stammbaum im Anhang 9.4 dieser Arbeit. 32 PfA Penkun, Totenregister 1861, Nr. 17.

Akteure im Prozess der Schulreform Löcknitz

Plöwen Bergholz

1784 – 1829 Johann Gottfried Schütz 1829 – 1832 Julius Theodor Moll 1834 – 1845 Karl Bernhard Moll 1845 – 1881 Christian David Oelgarte

Nadrensee

Krackow (vagans) Pomellen

1738 – 1793 Joachim Heinrich Projahn 1794 – 1826 Johann Friedrich Almus 1829 – 1835 Heinrich Karl Zander 1836 – 1862 Justus Theodor Friedrich Kröcher 1863 – 1901 Gustav Johann Ferdinand Brunnemann

Retzin

Bismark Grambow

1748 – 1795 Samuel David Grützmacher 1789/95 – 1824 Samuel Christian Ulrich Grützmacher 1826 – 1857 Wilhelm August Valentin Maaß 1858 – 1884 Karl Friedrich Wilhelm Otto Hildebrandt

Sonnenberg

Ramin Schmagerow

1763 – 1772 Kaspar Friedrich Engelcken 1772 – 1774 Christian Wilhelm Sigismund Damerow 1774 – 1804 Friedrich Christian Bulle 1806 – 1825 Wilhelm August Valentin Maaß 1825 – 1879 Georg Andreas Gottlieb Heinze

Schönfeld

Luckow Petershagen

1753 – 1796 Johann Gottfried Obenaus 1797 – 1842 Friedrich Wilhelm Heinrich Obenaus 1844 – 1863 Gustav Wilhelm Ludwig Kieckebusch 1864 – 1873 Karl Friedrich Eduard Jobst

Sommersdorf

Grünz

1779 – 1821 Christian Gottfried Hertel 1822 – 1841 Ferdinand Matthias 1843 – 1870 Karl Wilhelm Friedrich Pfotenhauer 1871 – 1899 Christian Friedrich Wilhelm Oestreich

Wollin

Storkow

1764 – 1803 Daniel Ueckermann 1803 – 1850 Friedrich Ludwig Steinbrück 1851 – 1872 Karl Wilhelm Gustav Brunnemann

Woltersdorf

Cunow 1741 – 1788 Gotthilf Gottfried Dalitz Schönow (vagans) 1790 – 1830 Karl Friedrich Kluth 1830 – 1874 Karl Georg Heinrich Trappe

81

1

„Mater vagans“ oder einfach „Vagans“ bedeutet im Wortsinne „frühere ­Mutter“. Es handelt sich hierbei um eine Mutterkirche ohne ein eigenes Pfarramt, die man nicht ständig, sondern für die Amtszeit eines Pfarrers einer anderen Mater zugelegt hatte. Oft waren es finanzielle Gründe, die eine Wiederherstellung des alten Zustandes verhinderten. Quelle: Im Wesentlichen Moderow 1903, S. 348 – 361.

4.3.2 Die Rittergutsbesitzer und Dorfbewohner Neben der Geistlichkeit waren im Untersuchungsgebiet mit den Rittergutsbesitzern und den Einwohnern der Dörfer zwei weitere Gruppen in den Prozess der Schulhebung einbezogen. Zwischen ihnen bestand in vielfältiger Hinsicht eine enge Verbindung, die sich im Wesentlichen aus der Gutsuntertänigkeit herleitete, darüber hinaus aber auch ursprünglich

82

Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

landesherrliche Rechte wie die Gerichts- und Polizeigewalt des Gutsherrn sowie dessen ­ irchen- und Schulpatronat umfasste. Die preußischen Reformen zielten insofern auch K auf die Beseitigung d ­ ieses jahrhundertealten, im Feudalismus wurzelnden Systems. Erste Gedanken dazu hatte Stein bereits in seiner Nassauer Denkschrift vom Juni 1807 formuliert.33 Im Zusammenhang zum Untersuchungsgebiet sind dabei vor allem die Maßnahmen zur Bauernbefreiung und die Reform der Gemeindeordnung bedeutsam. Sie zeitigten auf den Penkuner Raum erhebliche Auswirkung und verursachten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirtschaftliche wie soziale Transformationsprozesse, deren Ausläufer auch in den Bereich der Schulhebung hineinwirkten. Obwohl eng miteinander verschränkt, sollen beide einer besseren Verständlichkeit wegen getrennt betrachtet werden. 4.3.2.1 Die Bauernbefreiung Im alten Preußen „umfasste das Rittergut als Gegenstand der gutsherrlichen Gewalt […] nicht nur das im Besitz und Eigentum des Erb- und Gerichtsherrn stehende Land, sondern auch die von den Bauern besessenen Äcker“.34 Daraus resultierte das als „Gutsuntertänigkeit“ bezeichnete Rechtsverhältnis, dem der größte Teil der Dorfbevölkerung unterlag.35 Es entstand in der Regel durch die Übernahme einer bäuerlichen Hofstelle.36 Der Untertänige unterwarf sich dabei bestimmten Einschränkungen seiner Persönlichkeitsrechte und war zu umfänglichen Arbeitsleistungen verpflichtet.37 Dafür genoss er die Unterstützung des Gutsherrn in wirtschaftlich schlechten Zeiten, bei Invalidität und im Alter. Weitaus bedeutsamer war allerdings der Schutz vor dem sogenannten „Bauernlegen“, der, im Rechtskonstrukt der Gutsuntertänigkeit immanent enthalten, den Bestrebungen des 33 „Über die zweckmäßige Bildung der obersten und der Provinzial-, Finanz- und Polizei-Behörden in der preußischen Monarchie“ (Nassauer Denkschrift). Gedruckt in: Hubatsch 1959, S. 380 – 398. Dort S. 397: „Dem Bauernstand muß das Gesetz persönliche Freiheit erteilen und bestimmen, daß ihm der unterhabende Hof nebst Inventarium gehöre gegen Erlegung der bisherigen gutsherrlichen Abgaben.“ 34 Keil, Friedrich: Die Landgemeinde in den östlichen Provinzen Preußens. Leipzig 1890, S. 42. 35 Ausnahmen bildeten die „Einlieger“ oder „Schutzunterthanen“, bei denen es sich um freie Personen des Bürger- oder Bauernstandes handelte, die weder ein untertäniges Gut übernahmen noch zu persönlicher Untertänigkeit verpflichtet waren (vgl. ALR Teil II Tit. 7 § 113). 36 ALR Teil II Tit. 7 § 106: „Personen des Bauernstandes, ­welche ein zur Unterthänigkeit verhaftetes Gut ohne schriftlichen Vorbehalt ihrer persönlichen Freyheit übernehmen, treten dadurch in die Unterthänigkeit der Gutsherrschaft.“ Zitiert nach: https://opinioiuris.de/ quelle/1623#Siebenter_Titel._Vom_Bauerstande [letzter Zugriff: 23. 02. 2020]. Daneben gab es weitere Möglichkeiten, untertänig zu werden, z. B. durch Geburt, Heirat oder Freiwilligkeit (vgl. ebd. §§ 93 – 112). Keil, S. 56: „Ein Grundstück war aber nur dann ein bäuerliches, wenn es mit speciell bäuerlichen Lasten, d. i. im staatsrechtlichen Sinne mit der nach dem Hufenstande verteilten Kontribution beschwert war.“ 37 Vgl. ALR Teil II Tit. 7, z. B. § 150 (Schollenpflicht), § 161 (notwendiger Heiratskonsens der Herrschaft), §§ 323 – 327 (Spanndienste), §§ 349 – 357 (Handdienste), §§ 399 – 404 (Baudienste).

Akteure im Prozess der Schulreform

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Gutsherrn, bäuerliche Hofstellen bei deren Erledigung einzuziehen und dem eigenen Land zuzuschlagen, Einhalt gebot. Den ersten Schritt zur Befreiung der Bauern machte das Edikt vom 9. Oktober 1807.38 Ab ­diesem Datum konnte eine neu entstehende Gutsuntertänigkeit rechtlich nicht mehr legitimiert werden. Bauern, die ihren Hof „erblich oder eigenthümlich, oder Erbzinsweise, oder Erbpächterlich“ (§ 11) besaßen, wurden mit ihren Familien in die Freiheit entlassen. Für alle anderen fielen die persönlichen Einschränkungen am Martinitage 1810 weg.39 Zur gleichen Zeit endeten aber auch die bisherige Fürsorgepflicht des Gutsherrn und unter gewissen Voraussetzungen auch der Bauernschutz. Während das Edikt von 1807 zwar die persönliche Freiheit der ländlichen Bevölkerung, verbunden mit dem Wegfall der sich aus der Gutsuntertänigkeit herzuleitenden Pflichten, herstellte, änderte es nichts an den bestehenden Eigentumsverhältnissen. Das Recht der Gutsherren an den bäuerlichen Stellen blieb ebenso bestehen wie die auf ihnen haftenden Abgaben und privatrechtlichen Dienstpflichten ihrer Nutzer. Ihre Aufhebung zog weit größere Kreise als das Martiniedikt und stellte in ihrer Konsequenz sowohl Ritter- als auch Bauerngüter vor große wirtschaftliche Herausforderungen. Der gutsbesitzende Adel war indes zu einem entschädigungslosen Verzicht – vor allem auf die Arbeitskräfte, Dienste sowie Geld- und Naturalabgaben – nicht bereit und verlangte eine adäquate Abfindung, die ihm das „Edikt zur Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse“ von 1811 großzügig zusicherte.40 Der lastenfreie Übergang der Hofstellen in das Eigentum der Bauern wurde in der Regel mit einem Teil der bäuerlichen Hofstellen entschädigt.41 ­Möglich war auch ein ersatzweise vollumfängliches oder teilweises Äquivalent in Form von Renten, Naturalien oder Geld (§ 12). 38 Novum Corpus Constitutionum, Band 12 (1807 – 1810), Sp. 251 – 256: „Edikt, den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grund-Eigenthums, so wie die persönlichen Verhältnisse der Land-Bewohner betreffend. Vom 9ten Oktober 1807.“ Vgl. auch ebd., Sp. 817 – 822: „Publikandum, betreffend die, durch das sub dato Memel den 9ten Oktober 1807 ergangene Edikt, erfolgte Auflösung der persönlichen Erbunterthänigkeit in der Provinz Schlesien und in der Grafschaft Glatz. Vom 8ten April 1809.“ 39 Martinitag = Fest des heiligen Martin von Tours, 11. November. 40 „Edikt die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse betreffend. Vom 14ten September 1811“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, 21/1811, S.  281 – 299. 41 Dabei unterschied das Edikt formal z­ wischen erblichen und nichterblichen Besitzern, die jeweils ein Drittel bzw. die Hälfte ihres Bodens abtreten mussten. Vgl. § 3 des Edikts: „Erblich“ hatte dabei die Bedeutung, dass der Gutsherr verpflichtet war, „den erledigten Hof mit einem Erben des letzten Besitzers wieder zu besetzen.“ Für Pommern ging die Königliche Regierung in Stettin von fast durchgängig nichterblichem Besitz aus. Vgl. das Amtsblatt der Königlichen Regierung von Pommern, Nr. 27/1819, S. 353: „Es giebt in der Regel, in Pommern keine erblichen Bauern, die in den Königl[ichen] Dörfern ausgenommen, und diejenigen, die es dennoch behaupten, müssen Beweise durch Urkunden führen. Alle nicht erblichen Bauern müssen die Hälfte ihrer Ländereien abtreten, oder Rente dafür geben.“

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

Obwohl weitgehend nach den Wünschen des Gutsadels abgefasst, regte sich in seinen Reihen sehr bald heftiger Widerstand. Man zielte unter anderem darauf ab, die für die Güter überlebenswichtigen Handdienste auch fernerhin in möglichst großem Umfang zu erhalten.42 Durch kriegsbedingte Verzögerungen folgte erst 1816 eine überarbeitete Fassung des Edikts von 1811.43 In ihm wurde der Kreis der regulierungsfähigen Stellen enorm eingeschränkt und zusätzlich dem Expansionswunsch der Güter nachgegeben, indem nun jeder Bauernschutz fiel.44 Die Edikte von 1811 und 1816 führten zu einer Reihe von entscheidenden wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen.45 Durch den restaurativen Einfluss des Adels blieb der Großteil der Dorfbevölkerung den Gütern handdienst- und abgabepflichtig.46 Nur eine geringe Anzahl von Bauern konnte neben ihrer persönlichen auch eine wirtschaftlich unabhängige Stellung erhalten und zahlte dafür einen hohen Preis. Zur Abtretung von durchschnittlich 50 Prozent ihrer Ackerflächen bzw. einem kapitalisierten Äquivalent entschädigten sie die Gutsherren auch für das Hofinventar.47 Diese Bauern standen vor 42 Vgl. Knapp, Georg Friedrich: Die Bauernbefreiung und der Ursprung der Landarbeiter in den älteren Theilen Preußens. Erster Theil. Leipzig 1887, S. 172 – 184. Ebd.: 2. Theil, S. 270 – 282: Gedruckte Quellen, die die vorgebrachten Argumente der Gutsbesitzer enthalten. 43 „Deklaration des Edikts vom 14ten September 1811, wegen Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Vom 29. Mai 1816“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 11/1816, S. 154 – 180. 44 Vgl. neben der Deklaration auch Knapp, II, S. 184 – 200: Eine Regulierung konnten demnach nur noch jene Stellen beantragen, a) deren Größe die Ernährung ihres Inhaber garantierte (Merkmal der „Spannfähigkeit“), b) die im Steuerkataster der Provinz als bäuerliche Stelle verzeichnet waren (wodurch alle auf Vorwerksland errichteten Höfe wegfielen) und c) die in einem nach den Provinzen unterschiedlich festgesetzten „Normaljahr“ mit einem bäuerlichen Wirt besetzt gewesen waren. Für Pommern und die Marken galt dabei das Jahr 1763, als die Folgen des Siebenjährigen Krieges die Anzahl der Bauernhöfe auf ein Minimum reduziert hatten. – Artikel 76 und 77 der Deklaration gestatteten ausdrücklich das Einziehen bzw. Auskaufen von Bauernhöfen durch die Gutsherrschaft. Vgl. Knapp, I, S. 195 f.: Nach dem Edikt von 1811 konnte der Gutsherr erst nach erfolgter Regulierung ein bäuerliches Grundstück ganz oder teilweise erwerben. Ab 1816 war es ihm möglich, sich bereits vor d ­ iesem Rechtsakt mit dem Inhaber der Stelle zu einigen und ihn wegen seiner bestehenden Rechte und Pflichten abzufinden. Dieser Vorgang wird als „Auskaufen“ bezeichnet. 45 Vgl. zum Zustand der Landwirtschaft im Stettiner Regierungsbezirk: Wachowiak, Bogdan: Der Zustand der pommerschen Landwirtschaft um 1820 nach einem Bericht der Stettiner Regierung, in: Neugebauer, Wolfgang/Pröve, Ralf (Hrsg.): Agrarische Verfassung und politische Struktur. Berlin 1998, S. 89 – 101. 46 Dieser Teil erhielt erst 1850 die Möglichkeit, die Pflichten abzulösen. Vgl. dazu „Gesetz, betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Vom 2. März 1850“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 10/1850, S. 77 – 111. 47 Vgl. Harnisch, Hartmut: Vom Oktoberedikt des Jahres 1807 zur Deklaration von 1816, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte. Sonderband 1978: Studien zur Agrarreform des 19. Jahrhunderts in Preußen und Rußland. Berlin 1978, S. 228 – 293, hier: S. 250, Tabelle 2. Harnisch

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Akteure im Prozess der Schulreform

der Bewältigung schwerwiegender Probleme: Der Landverlust hatte zum einen die Wirtschaftskraft ihrer Höfe geschwächt, zum anderen konnten oft nur Hypotheken die notwendigen Barmittel zur Befriedigung der gutsherrlichen Ansprüche sicherstellen.48 Unter ­diesem doppelten Druck verkauften viele von ihnen Teile ihres neugewonnenen Eigentums und sanken dadurch mitunter auf das Niveau bäuerlicher Kleinstellen.49 Um diese Entwicklung einzudämmen, ermöglichte die Agrargesetzgebung ab 1821 die Aufteilung der Gemeinheiten, jenen auch als Allmende bezeichneten gemeinsamen Besitz der Höfe, der beispielsweise als Viehweide oder Waldfläche diente.50 Diese Maßnahme vergrößerte zwar die Wirtschaftskraft der Bauernhöfe,51 sie trug allerdings auch „zur sozialen Zerstörung der alten Dorfeinheit bei“.52

berechnete den Umfang der in Pommern (exklusive des Regierungsbezirks Stralsund) von den Bauern an die Güter bis 1835 abgetretenen Fläche auf etwa 530.000 Morgen und bezifferte die Geldzahlungen auf über 1 Millionen Taler, den Wert der jährlichen Rentenzahlungen berechnete er auf 70.000 Taler und 34.000 Scheffel Korn. 48 Vgl. Schissler, Hanna: Preußische Agrargesellschaft im Wandel (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 33). Göttingen 1978, S. 170 f. Bis 1850 blieben die Bauern auf die Inanspruchnahme privater Kredite angewiesen, deren Zinssatz in der Regel sieben bis acht Prozent betrug. 49 Vgl. Berthold, Rudolf: Die Veränderung im Bodeneigentum und in der Zahl der Bauernstellen, der Kleinstellen und der Rittergüter in den preußischen Provinzen Sachsen, Brandenburg und Pommern während der Durchführung der Agrarreformen des 19. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte. Sonderband 1978: Studien zur Agrarreform des 19. Jahrhunderts in Preußen und Rußland. Berlin 1978, S. 7 – 116, hier S. 88, Tabelle 39. Für den Regierungsbezirk Stettin ermittelte Berthold eine stetige Verringerung der Bauerngüter, während die Anzahl der Kleinstellen überproportional anstieg: Jahr

Bauernwirtschaften

Kleinstellen

Rittergüter

1816

10.813

5707

627

1837

10.385

12.302

627

1851

10.112

16.701

627

1859

9958

17.419

615

Vgl. zum Problem der Dismembrationen auch Harnisch, Hartmut: Kapitalistische Agrarreform und industrielle Revolution (= Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam, Band 19). Weimar 1984, S. 109. 50 Vgl. „Gemeinheitstheilungs-Ordnung. Vom 7ten Juni 1821“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten 7/1821, S. 53 – 77. 51 Durch die Aufteilung der Gemeinheiten konnte zwar der durch die Abtretungen an die Güter entstandene quantitative Verlust an Wirtschaftsfläche zum Teil kompensiert werden, nicht jedoch der qualitative, da die Güter mit Acker abgefunden worden waren, die Allmenden hingegen aus weniger wertvollen Weide- und Waldflächen bestanden. 52 Huber, S. 197. Vgl. auch Harnisch 1984, S. 109: Von der Teilung der Gemeinheiten profitierten die Büdner und Häusler insofern, dass sie als Entschädigung für ihr Mitnutzungsrecht an der Gemeindehütung mit Ackerland entschädigt wurden.

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

Deutlich profitieren konnten von den Agrargesetzen die Rittergutsbesitzer, die durch die Landentschädigungen, aber auch den befreiten Güterhandel den Umfang ihrer Nutzflächen erhöhten. Wenn ein spezieller Nachweis dieser Entwicklung für das Untersuchungsgebiet in dieser Arbeit nicht erbracht werden kann, so dürfte der von Heinrich Berghaus 1865 für den Kreis Randow getroffene Befund mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Penkuner Raum seine Entsprechung finden: „Die Zerschlagung der Bauernhöfe hat von Jahr zu Jahr in beträchtlichem Umfange zugenommen, und es gibt Gemeinden, in denen nur noch wenige gespannhaltige Ackernahrungen vorhanden sind. […] Viele Bauerhöfe sind zu den großen Gütern käuflich erworben, andere im Wege der Zerstückelung zu kleinen nicht gespannfähigen Büdnerstellen umgeschaffen worden.“ 53

Unter Zugrundelegung von Berghaus’ Angaben konnte für die zur Penkuner Synode zugehörigen Ortschaften eine Verringerung um insgesamt 66⅓ Vollbauernstellen nachgewiesen werden. Es wäre indes verfehlt, die Rittergüter uneingeschränkt als Gewinner dieser Entwicklung herauszuheben. Auch ihnen nötigten die durch die Regulierung erzwungene Umstellung ihrer Betriebe sowie der extreme Preisverfall für Getreide in der Agrarkrise der 20er Jahre erhebliche Anstrengungen ab.54 Unbestritten konnten sie diese dank besserer Kreditbedingungen, günstigerer Steuersätze, staatlicher Unterstützungen und nicht zuletzt der ihnen weiterhin zu Gebote stehenden Arbeitskraft der nichtregulierten Stelleninhaber weit besser bewältigen als die Bauern. Dennoch meldeten nicht wenige Güter infolge einer hohen Schuldenlast Konkurs an und wurden an zumeist nicht adelige Interessenten veräußert. Nach Berghaus wechselten im Penkuner Raum in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehr als die Hälfte der Güter ihren Eigentümer. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die preußischen Agrargesetze einen „Transformationsprozess der ländlichen Gesellschaft“ in Gang setzten, der auf eine „Modernisierung der landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen“ abzielte und auch „die Differenzierung der ländlichen Sozialstruktur“ bedingte.55 An die Stelle eines Systems, das durch die gemeinschaftliche Benutzung und Bewirtschaftung der Feldmark, durch Flurzwang und Hütungsgemeinschaft gekennzeichnet war, traten nun Formen individualisierten Eigentums. Als neue Erfahrung stand für die Bauern der liberalisierte Markt offen, auf dem sie sich zu behaupten suchten. Die zahlreich aufgezeigten 53 Berghaus, S. 1124 f. 54 Vgl. Schissler, S. 168 – 173. Die auf Getreideproduktion ausgerichteten Güter waren von der Krise besonders betroffen und mussten ihre Wirtschaft beispielsweise auf den Anbau von Zuckerrüben oder die Schafproduktion umstellen. Letzteres machte den Bau der notwendigen Stallanlagen erforderlich. Darüber hinaus benötigte der Betrieb einen Stamm von Gutsarbeitern, für die Wohn- und Wirtschaftsraum geschaffen werden musste. 55 Ebd, S. 145.

Akteure im Prozess der Schulreform

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Problemfelder machen deutlich, dass die ersten Jahrzehnte für die ländliche Bevölkerung keine Zeit des Überflusses waren. Diese Erkenntnis muss bei der Beurteilung des gutsherrlichen wie bäuerlichen Engagements hinsichtlich der Finanzierung der Schulhebung berücksichtigt werden. 4.3.2.2 Die Reform der Gemeindeordnung Neben der Liberalisierung des Agrarsektors hatte Stein in der Nassauer Denkschrift auch eine Veränderung in den kommunalen Strukturen in den Blick genommen.56 Im alten Preußen existierten auf dem Lande zwei unterschiedliche Rechtsformen: Die auf dem Boden des Rittergutes angesiedelte Gutsgemeinde, bestehend aus der Familie des Gutsherrn, dem Gesinde, Tagelöhnern sowie Handwerkern, und die bäuerliche Gemeinde.57 Während sich die Mitglieder der Gutsgemeinde unbedingt in die Entscheidungen des Gutsherrn fügen mussten, existierten in der bäuerlichen Gemeinde Strukturen, die in einem gewissen Maße eine Selbstverwaltung ermöglichten. Hier fanden unter dem Vorsitz eines Dorfschulzen in den Gemeindeversammlungen Beratungen und Abstimmungen statt. Dieses vordemokratische Prinzip erfuhr eine Einschränkung dadurch, dass sich eine vollwertige, stimmberechtigte Mitgliedschaft aus dem Besitz einer innerhalb der Dorfgemarkung gelegenen bäuerlichen Hofstelle legitimierte.58 Dadurch blieben alle anderen Dorfbewohner, in der Regel Kossäten, Büdner, Einlieger und Handwerker, teilweise oder völlig ausgeschlossen, selbst wenn sie über Ackerbesitz verfügten.59 Keineswegs aber waren die Dorfgemeinden vom Gutsherrn unabhängig. Er ernannte den Schulzen, der in Heteronomie zu ihm die Gemeindegeschäfte führte, und er übte die Patrimonialgerichtsbarkeit sowie die niedere 56 „Über die zweckmäßige Bildung der obersten und der Provinzial-, Finanz- und Polizei-Behörden in der preußischen Monarchie“ (Nassauer Denkschrift) in: Hubatsch 1959, S. 380 – 398, S. 392: „Die Geschäfte, ­welche den Magistraten und den Dorfgerichten unter Aufsicht der Provinzial-Kollegien übertragen werden, sind: 1. Verwaltung des Gemeindevermögens […], 2. Verwaltung gewisser Zweige der niederen Gerichtsbarkeit […], 3. Örtliche Polizei.“ Ebd., S. 397: „An die Stelle der Patrimonial-Gerichte, die im Prinzip und der Ausführung fehlerhaft sind, werden Kreisgerichte gebildet.“ 57 ALR Teil II Tit. 7 §§ 18 – 86. 58 Keil, S. 56: „Ein Grundstück war aber nur dann ein bäuerliches, wenn es mit speciell bäuerlichen Lasten, d. i. im staatsrechtlichen Sinne mit der nach dem Hufenstande verteilten Kontribution beschwert war.“ Somit konnte auch ein Gutsherr, wenn er Eigentümer einer bäuerlichen Stelle war, Mitglied der Gemeinde sein. 59 Zu den Begriffen vgl. Knapp, S. 12. Ein Kossät verfügte mitunter über einen größeren Landbesitz als ein Viertel- oder gleich viel wie ein Halbbauer. Doch im Unterschied zu diesen befand sich sein Land nicht innerhalb der bäuerlichen Flur, sondern in Wurthen oder früherem Gemeinland. Dadurch hatte der Kossät „keinen Antheil an den gemeinsamen Angelegenheiten der Flur, er hat in Flursachen nicht mitzureden; er steht außerhalb des Kreises der Bauern, des Kreises, der durch die Wirthschaft nach gemeinsamer Regel zusammengehalten wird“. Ein Büdner oder Häusler besaß nur sein Haus und keinen Acker.

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

Polizeigewalt aus. Steins Vorstellungen liefen auf freie Landgemeinden hinaus, die selbst ihren Schulzen wählten und über eigene Dorfgerichte verfügten. Dadurch hätte der Gutsherr erheblich an Einfluss verloren.60 Doch Steins Entlassung im November 1808 verhinderte eine rasche Umsetzung dieser Reform, und auch spätere Entwürfe blieben erfolglos.61 Damit konnte die Idee einer landesweit einheitlichen Gemeindeordnung in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr realisiert werden, wodurch die im Allgemeinen Landrecht konstituierte Verfassung weiterhin ihre Gültigkeit behielt und dem Gutsadel erheblichen Einfluss auf die ländliche Bevölkerung gestattete. Erst die Landgemeindeverfassung von 1856 ermöglichte den Dörfern eine weitgehend unabhängige Selbstverwaltung.62 Wenige Jahre zuvor war infolge der 1848er-Revolution die Patrimonialgerichtsbarkeit aufgehoben und das Gerichtswesen reformiert worden.63 Die gutsherrliche Polizei bestand jedoch noch bis in das Jahr 1872.64 Wenn auch die Macht der Gutsbesitzer eine immer stärkere Einschränkung erfuhr, so vermochten sie, diesen Prozess erfolgreich um Jahrzehnte zu verzögern. Ihren Einfluss auf das ­Kirchen- und Schulwesen konnten sie bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges durch das weiterhin bestehende K ­ irchen- und Schulpatronat erfolgreich verteidigen (vgl. Tabelle 3). Tabelle 3 verdeutlicht darüber hinaus auch, dass die vorab beschriebene Entwicklung im Untersuchungsgebiet zur Herausbildung von drei Ortschaftstypen führte, deren Unterscheidungsmerkmal in den bestehenden Besitzverhältnissen liegt. Danach stand die gesamte Feldmark entweder ausschließlich im Eigentum 1.  der bäuerlichen Gemeinde, 2.  des Rittergutes oder 3.  es existierte eine Mischform. Dieser Eigentumsstatus sollte sich bei der Finanzierung der Schulhebung als äußerst bedeutsam erweisen.

60 Huber, S. 178. 61 Zu den Versuchen einer Gemeindeordnung vgl. Keil, S. 81 – 104 sowie die ebd. im Anhang abgedruckten Entwürfe von Friedrich Leopold von Schrötter vom 24. November 1808 (Anlage D), Samuel Gottfried Borsche vom 5. Juni 1810 (Anlage E), Christian Philipp Köhler vom 27. September 1809 (Anlage F) und Karl Ferdinand Friese vom 29. Oktober 1810 (Anlage G). 62 „Gesetz, betreffend die Landgemeinde-Verfassung in den sechs östlichen Provinzen der Preußischen Monarchie“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 25/1856, S.  359 – 364. 63 „Verordnung über die Aufhebung der Privatgerichtsbarkeit und des eximirten Gerichtsstandes, sowie über die anderweitigen Organisationen der Gerichte. Vom 2. Januar 1849“, in: GesetzSammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 1/1849, S. 1 – 13. 64 „Kreisordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen. Vom 13. Dezember 1872“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 41/1872, S. 661 – 713, dort § 29: „Der Gemeindevorsteher ist […] das Organ des Amtsvorstehers für die Polizeiverwaltung.“

Akteure im Prozess der Schulreform

Tabelle 3: Übersicht über die Patronatsverhältnisse und die Dorfstrukturen. Der Übersichtlichkeit und sachlogischen Gliederung wegen werden hier nur die Ortschaften aufgeführt, in denen sich ­Kirchen und Schulen befanden.

1

Schulort

Patronatsinhaber

Struktur des Dorfes

Blumberg Wartin Casekow

Rittergut Blumberg Rittergut Wartin Regierung in Stettin

Rittergut Rittergut und Bauerndorf Landgut und Bauerndorf

Cummerow Jamikow

Rittergut Jamikow Rittergut Jamikow

Bauerndorf Rittergut

Glasow Hohenholz

Rittergut Hohenholz Rittergut Hohenholz

Bauerndorf Rittergut

Löcknitz1 Plöwen Bergholz

Regierung in Stettin Regierung in Stettin Regierung in Potsdam

Bauerndorf Bauerndorf

Nadrensee Krackow Pomellen

Rittergut Nadrensee Rittergüter von Krackow2 Rittergut Pomellen

Rittergut und Bauerndorf Rittergut und Bauerndorf Rittergut

Retzin Bismark Grambow

Rittergut Schmagerow Regierung in Stettin Rittergut Gellin

Rittergut und Bauerndorf Bauerndorf Bauerndorf

Schönfeld Luckow Petershagen

Rittergut Damitzow Rittergut Penkun Rittergut Petershagen

Bauerndorf Bauerndorf Rittergut und Bauerndorf

Sommersdorf Grünz Radewitz (zu Grünz eingepfarrt)

Rittergut Radewitz Rittergut Radewitz Rittergut Radewitz

Bauerndorf Bauerndorf Rittergut

Sonnenberg Ramin Schmagerow

Rittergut Sonnenberg Rittergut Ramin Rittergut Schmagerow

Rittergut und Bauerndorf Rittergut und Bauerndorf Rittergut

Wollin Storkow

Landgut Friedfeld Rittergut Battinsthal

Bauerndorf Bauerndorf

Woltersdorf Cunow Schönow

Rittergut Woltersdorf Domänenrentamt Schwedt Rittergut Schönow

Rittergut und Bauerndorf Rittergut und Bauerndorf Rittergut

Löcknitz kann keiner dieser Kategorien zugeordnet werden. Vgl. dazu Berghaus, S. 1801 f. Das Patronatsrecht in Krackow wurde gemeinschaftlich von den Besitzern der beiden dort bestehenden Güter ausgeübt.

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Der Schulaufsichtsbezirk Penkun als Untersuchungsgebiet

4.3.3 Die Schulen im Untersuchungsgebiet Damit komme ich abschließend zu den Schulen als den zentralen Untersuchungsobjekten dieser Studie. Im Kirchenkreises Penkun existierten zu Beginn des 19. Jahrhunderts neben der dortigen Stadtschule insgesamt 30 einklassige Elementarschulen, die sich alle jeweils in einem Kirchdorf befanden und deren Anfänge sich größtenteils bis in die nachreformatorische Zeit zurückverfolgen lassen. Als einzige Ausnahme ist das nach Grünz eingepfarrte Rittergut Radewitz zu nennen, dessen Schule 1819 auf Betreiben des Sommersdorfer Pfarrers Christian Gottfried Hertel gegründet worden war. Wie Tabelle 3 belegt, lag das Patronatsrecht mehrheitlich bei den Rittergütern. Nur in sechs Orten war es königlich und damit dem direkten Zugriff des Staates verfügbar. Die Penkuner Stadtschule wird in der vorliegenden Untersuchung nicht berücksichtigt, da sie sich durch ihre innere Struktur sowie die Qualifikation ihrer Lehrer von den übrigen Schulen unterschied. Bestand sie zunächst als zweiklassige Schule, erfuhr sie im 19. Jahrhundert relativ zügig eine Erweiterung: 1829 erfolgte die Einrichtung einer dritten, 1845 einer vierten, 1853 einer fünften, 1866 einer sechsten Lehrerstelle. Ihr stand stets ein Theologe vor, der das Rektorexamen abgelegt hatte und im Nebenamte die Funktion des Hilfspredigers versah. In der Regel übte er sein Lehramt nur wenige Jahre aus und wechselte auf eine finanziell attraktivere Pfarrstelle. Seine und die akademische Ausbildung der anderen Lehrer sowie der im Gegensatz zu den dörflichen Verhältnissen anders geartete Anspruch von Teilen der Bürgerschaft machten ein differenziertes und qualitätiv höheres Angebot von Lehrinhalten möglich und notwendig. Als lokale Akteure im Prozess der Schulhebung können die drei vorgestellten Gruppen Geistlichkeit, Gutsbesitzer und Dorfschaften benannt werden, deren Kompetenzen gemäß der „Instruktion für die Schulaufseher auf dem Lande“ verteilt waren.65 Verursacht durch den Widerstand der Gutsbesitzer, trug diese Verfügung deutlich konservativere Züge als die 1811 erlassene Verordnung zur Errichtung städtischer Schuldeputationen. In ihr bewahrten Gutsbesitzer und lokale Geistlichkeit ihre traditionell dominierende Rolle. Das Gremium bestand aus dem Patron, dem Ortspfarrer und zwei bis maximal vier Einwohnern des Ortes, unter denen sich nach Möglichkeit der Schulze befand. Die Lehrer blieben ausgeschlossen, konnten aber zu Beratungen eingeladen werden, „wenn sie dieser Auszeichnung würdig sind“. Während dem Pfarrer, der „wöchentlich wenigstens einmal unvermutet die Schule“ besuchte, die inneren Schulangelegenheiten (Lehrstoff und -methode, unmittelbare Dienstaufsicht über den Lehrer, Verantwortung für dessen Weiterbildung) zukamen, waren die anderen Mitglieder des Schulvorstandes für die äußeren Belange (Unterhaltung des Schulhauses, Anschaffung der benötigten Lehrmittel) zuständig. 65 „Reskript des Königlichen Departements für den Kultus und öffentlichen Unterricht vom 28. Oktober 1812 an sämmtliche Geistliche und Schul-Deputationen der Königlichen Regierung, betreffend die Anordnung von Schulvorständen für die Landschulen“, abgedruckt bei von Rönne, S.  321 – 324.

Akteure im Prozess der Schulreform

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Das allgemein für Preußen konstatierte starke Bevölkerungswachstum in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fand auch in Pommern seine Entsprechung. Zählte diese Provinz 1817 noch 696.950 Einwohner (davon 323.402 im Regierungsbezirk Stettin), so hatte sich diese Anzahl bei der Volkszählung von 1864 mit insgesamt 1.437.375 Einwohnern (davon 677.641 im Regierungsbezirk Stettin) mehr als verdoppelt. Im selben Zeitraum wuchs die Einwohnerzahl im Kreis Randow durch die Wirkung der Metropolregion Stettin überproportional von 30.281 auf 86.979 Menschen.66 Diese Entwicklung erhöhte entsprechend die Summe der zu unterrichtenden Schüler. Ihre Anzahl stieg in den Schulen des Untersuchungsgebietes im Zeitraum von 1822 bis 1857 von 1265 auf 2160 und damit um 70 Prozent, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 1,6 Prozent entsprach.67 Für die Jahre 1857 bis 1865 erfolgte ein noch stärkeres Anwachsen um jährlich durchschnittlich 1,9 Prozent.68 Das Zusammenspiel dieser Bevölkerungsdynamik mit der allmählichen Durchsetzung der Schulpflicht führte zu Kapazitätsproblemen, die in besonderem Maße in den räumlich begrenzten Klassenzimmern physisch spürbar wurden.

66 Vgl. Bei der Wieden, Brage: Die Entwicklung der pommerschen Bevölkerung 1701 – 1918. Köln u. a. 1999 (= Veröffentlichung der Historischen Kommission für Pommern, Reihe V: Forschungen zur pommerschen Geschichte, Band 33), S. 28 f., S. 30 f. und S. 90 f. Als Ursachen für diesen rasanten Anstieg nannte bei der Wieden unter anderem die Erhöhung der Ernteerträge und die Möglichkeit, nach der Befreiung des Güterverkehrs bäuerliche Stellen zu teilen. 67 Eigene Berechnungen auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6 und Vol. 7; Sect. III, Tit. VIb; Sect. I, Tit. XX, Vol. 3. Vgl. auch die in Anhang 9.5 dieser Arbeit aufgelisteten Schülerzahlen. 68 Die Parochie Löcknitz konnte wegen fehlenden Datenmaterials nicht bei dieser Berechnung berücksichtigt werden.

5. Die Professionalisierung der Elementarlehrer In der Biographie eines jeden Lehrers markierte der Zeitpunkt seiner Anstellung im Schulamt den einzigen Punkt, an dem er Zeugnis von seiner Qualifikation und Eignung ablegen musste. Gesetzlich vorgeschrieben waren diese Eignungsprüfungen spätestens seit der Reformation und der mit ihr einhergehenden flächendeckenden Versorgung der Pfarrorte mit Küstern; in der Penkuner Synode nachweislich mit der Einführung der leges pro custodibus im Jahre 1593. Diese bezogen sich allein auf die Küster, deren Eignungsprüfung in der Verantwortung des zuständigen Präpositus lag und denen mit ihrer Anstellung wie selbstverständlich auch das Lehramt zugesprochen wurde. Das Vorhandensein eines Schulmeisters neben dem Küster darf für die pommerschen Dörfer als sehr unwahrscheinlich gelten; es gab ihn lediglich in wenigen Filialdörfern.1 Ob sich die Schulmeister ebenfalls einem Prüfungsprocedere unterziehen mussten, kann für die folgenden eineinhalb Jahrhunderte nicht beantwortet werden; erst die Küster- und Schulmeistergesetze für Pommern von 1750 verpflichteten beide dazu.2 Spätere Verordnungen wie das Generallandschulreglement von 1763 nahmen diese Bestimmung auf.3 „§. 14. Es müssen aber überhaupt auf dem Lande keine Küster und Schulmeister ins Amt eingewiesen und angesetzet werden, ehe und bevor sie von den Inspectoribus examiniret, im Examine tüchtig befunden, und ihnen ein Zeugniß der Tüchtigkeit mitgegeben worden. Es soll also kein Prediger befugt seyn, einen als Küster und Schulmeister zur ­Kirchen- und 1 So Martin Wehrmann, der davon ausgeht, dass es ein Schulwesen auf dem Lande nicht gab. Vgl. dazu Wehrmann, Martin: Geschichte von Pommern. Zweiter Band. Reprint der Ausgabe von 1921. Würzburg 1992, S. 15. Die flächendeckende Etablierung eines Küsteramtes in Pommern forderte erstmalig Bugenhagens Kirchenordnung von 1535. Vgl. auch Wehrmann, Martin: Die Begründung des evangelischen Schulwesens in Pommern bis 1563, in: Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte (Hg.): Beiträge zur Geschichte der Erziehung und des Unterrichts in Pommern. Heft 7. Berlin 1905, S. 14 – 16. 2 Es bestünde die Möglichkeit, durch die Protokolle der Schwedischen Landesaufnahme von Vorpommern 1692 – 1698, Landesarchiv Greifswald, Rep. 6a, näheren Aufschluss darüber zu erhalten, ob überhaupt Schulmeister in den Filialdörfern vorhanden waren. Da diese Texte allerdings für das Gebiet der Penkuner Synode bis auf wenige Ausnahmen noch nicht ins Deutsche übersetzt sind, ist das hier nicht zu leisten. Allein für das Filialdorf Grünz kann festgehalten werden, dass der Schneider Petter May 1695 als Schulmeister die Kinder unterrichtete und damit sich und seine Frau ernährte. Vgl. LAG, Rep. 6a, Band 44, fol. 93 – 110: Vermessung und Beschreibung des Dorfes Grünz aus dem Jahre 1698. Übersetzung: Heiko Wartenberg, Greifswald 2001. 3 Michael Sauer weist darauf hin, dass Verordnungen wie das GLSR „lediglich den Charakter von Gutsverfügungen, die der König als Domänenbesitzer erläßt“, besaßen und darum nur für die Dörfer königlichen Patronats rechtsverbindlich waren. Für die Dörfer adligen Patronats konnten sie allenfalls empfehlenden Charakter besitzen. Vgl. Sauer, Michael: Volksschullehrer­ bildung in Preußen. Köln, Wien 1987a, S. 13.

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Schul-Arbeit zu admittiren, wenn er nicht gedachtes Zeugniß des Examinis, und daß er darinnen wohl bestanden, vorher beygebracht.“ 4

Das Allgemeine Landrecht erklärte 1794 die Schulen „zu Veranstaltungen des Staates“ (§ 1) und verpflichtete nun ausschließlich die Schulmeister zu einer vorherigen Prüfung, worüber nach wie vor der geistliche Schulaufseher die Kompetenz besaß.5 Insofern und durch die organische Verbindung beider Ämter wurde der historischen Kontinuität kein Abbruch getan, neu allerdings war der klar formulierte Anspruch des Staates auf das Bildungswesen. Somit offenbart sich ein historisch gewachsenes und über Jahrhunderte praktiziertes Verfahren, bei welchem die vom Präpositus vollzogene Prüfung des Kandidaten sowie das nach erfolgreichem Bestehen erteilte schriftliche Zeugnis die einzigen Zugangskriterien für den Erhalt einer Schul- oder Küsterstelle bilden. Inhaltliche Vorgaben für die Eignungsprüfung fehlten, und auch die dem Generallandschulreglement vorausgehenden Gesetze geben in dieser Hinsicht keine Auskunft.6 Einzig die in § 19 GLSR vorgeschriebenen Unterrichtsinhalte „Singen, Beten, Lesen im Katechismus und der Bibel, Buchstabieren, etwas Rechnen“ können als Minimalanforderungen für den Kenntnisstand eines Landschullehrers angesehen werden.7 Wolfgang Neugebauer erinnerte zurecht daran, dass eine universitäre Ausbildung vor dem 19. Jahrhundert allein städtischem Lehrpersonal vorbehalten blieb und nur äußerst 4 Novum Corpus Constitutionum, Band III (zu 1763), Sp. 265 – 282, hier Sp. 272. 5 Vgl. Schneider/von Bremen, III, S.  682 – 684: ALR Teil 2 Tit. 12 §§ 24 und 25: „Ueberall aber soll kein Schulmeister bestellt und angenommen werden, der nicht zuvor, nach angestellter Prüfung, ein Zeugniß der Tüchtigkeit zu einem solchem Amte erhalten hat. Es muß aber jeder neu anzunehmende Schullehrer dem Kreisinspektor oder Erzpriester angezeigt, und wenn er noch mit keinem Zeugniß seiner Tüchtigkeit versehen ist, demselben zur Prüfung vorgestellt werden.“ 6 Küster- und Schulmeistergesetze für Pommern, 1750: „Sich unterstehen soll, den Küster- oder Schulmeister-Dienst eher anzutreten und zu verwalten, bis er zuvor ein glaubwürdiges Zeugniß von seinem vorigen Pastore, oder der Orten, wo er sich aufgehalten, herbeygebracht und produciret, auch von dem Praeposito Synodi examiniret, und in dem Examine zum Küsteroder Schulmeister-Dienst tüchtig befunden, und dessen christliches Testimonium von seiner Tüchtigkeit Patrono und Pastori vorgezeiget.“ Quelle: Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 51. – Erneuerte und erweiterte Verordnung über das ­Kirchen- und Schul-Wesen in Preußen, 1735: „[…] keinen Schulmeister aber ohne Examen und Vorwissen des Inspectoris und Praepositi anzunehmen […].“ Quelle: Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 37. – Leges pro custodibus, 1593: „II. Soll kein Custos in der ­Kirchen sein Amt Zu bestellen sich unterfangen, Er bringe denn 1) Zuvor sein Testimonium actae vitae Von seinem Vorigen Pastore oder der Örter da Er sich auffgehalten, und habe darauff 2) bey seinem Praeposito das Examen ausgestanden, 3) auch in des Synodi Laden seinen introitum erleget, und 4) Vom H[errn] Superintend[enten] oder Praeposito, nach gethaner obedience seine Confirmation bekommen.“ Quelle: Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 2. 7 von Rönne, S.  69 – 71.

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selten einem Studierten eine Landschullehrerstelle angetragen wurde.8 Demzufolge standen dem angehenden Dorfschullehrer vor dem Entstehen erster seminaristischer Anstalten ausschließlich Qualifikationsmöglichkeiten zur Verfügung, die sich jenseits institutioneller Gebundenheit fanden. Innerhalb d ­ ieses Rahmens besaß die von Michael Sauer mit dem Begriff der Meisterlehre geprägte „Nachahmung eines amtierenden Lehrers“, der sich zudem oft in der Person des eigenen Vaters fand, einen überaus hohen Stellenwert.9 So verwundert es nicht, wenn Söhne ihren Vätern ins Lehramt folgten, oft sogar auf derselben Stelle. In der hier realisierten Vorbildung tritt deutlich auch ein Aspekt versorgungsrelevanter Konsequenz zutage: Die in Pommern übliche Praxis, einen Emeritus mit einem Drittel der Stelleneinkünfte, zahlbar von seinem Amtsnachfolger, in den Ruhestand zu versetzen, konnte für beide Seiten Existenznöte verursachen, deren „große Härte nur dann etwas zu mildern war, wenn der jeweilige Schulmeister- bzw. Küsterdienst wenigstens in der Familie blieb“.10 An vielen Beispielen kann diese Praxis, die sich bis in das 19. Jahrhundert fortsetzte, auch für die Synode Penkun nachgewiesen werden, wo neben der Adjunktur durch den Sohn auch Schwiegersöhne die Nachfolge im Lehramt antraten.11 Das folgende Kapitel soll daher die Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten von Elementarschullehrern in den Fokus rücken und dabei Erfolge und Grenzen skizzieren.

5.1 Zur Penkuner Schulwirklichkeit am Ende des 18. Jahrhunderts 5.1.1 Allgemeiner Überblick Einen guten Einblick in die Penkuner Schulwirklichkeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts gestattet die im Rahmen der von Zedlitz 1773 veranlassten Schulerhebung entstandene „Landschultabelle“. Aus ihrer Auswertung geht hervor, dass an den 25 vorhandenen Schulen 20 Schneider, zwei Schuster sowie ein Drechsler die Dorfjugend unterrichteten.12 Insofern findet der von Rainer Bölling formulierte Befund, dass es sich „bei der Mehrzahl der Lehrer […] um Handwerker [handelte], die neben dem Schulhalten ihrem erlernten Beruf nachgingen“, für die Penkuner Synode ihre volle Bestätigung.13 Das Amt des Lehrers wurde dabei bezeichnenderweise nicht als eigentlicher Beruf wahrgenommen. Die jeweiligen Tabellen erfassten folgende Personaldaten: „Des Küster oder Schulmeister 1. 8 Neugebauer 1985, S. 364. 9 Sauer 1987a, S. 11. 10 Neugebauer, Wolfgang: Niedere Schulen und Realschulen, in: Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Band II, München 2005, S. 227. 11 Vgl. Anhang 9.6 dieser Arbeit: Vokationsurkunde des Wartiner Küsters Johann Gottlob ­Krüger zum Adjunkt seines Vaters. 12 APS, Konsystorz, 1408, fol. 3 – 43: Tabellen von den Landschulen der Pencunschen Synode 1773. 13 Bölling, Rainer: Sozialgeschichte der deutschen Lehrer. Göttingen 1983, S. 54.

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Namen; 2. Profeßion; 3. Fähigkeit zum Unterricht a) im Christenthum, b) im Rechnen, c) im Schreiben, d) im Lesen; 4. Ob er als Praeparandus bey Schul-Anstalten gestanden?“ Anders gewendet: Die Schulwirklichkeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts wurde geprägt von Handwerkern, die „das Schulamt neben und zugleich mit ihrer eigentlichen Arbeit [erledigten]“.14 Es entsprach sogar vielmehr dem allgemeinen Verständnis jener Tage, wenn der Schulmeister einer anderen Tätigkeit nachging, nur durfte er diese spätestens seit 1763 nicht mehr während der Schulzeit ausführen. Die entsprechende Bestimmung des Generallandschulreglements verbot mithin eine bis dahin bestehende gängige Praxis.15 Demzufolge waren diese Handwerker-Schulmeister für das Lehramt, wenn überhaupt, nur sehr dürftig qualifiziert. Die Tabelle von 1773 gibt ferner Auskunft über die Fähigkeiten der Schulmeister im Hinblick auf den Unterricht und bestätigt ein vielfach bereits in älterer Literatur beschriebenes Bild: „Wenn er [der Schulmeister] buchstabieren, notdürftig lesen, den Katechismus und ein par [sic!] Gesangbuchlieder einprägen und womöglich noch ein bischen [sic!] schreiben konnte, so entsprach er den Anforderungen der damaligen niedern Schulen, der Land- und Armenschule.“ 16

Während der überwiegende Teil der hier erfassten Lehrer in den Kategorien „Christentum“ und „Lesen“ gute Bewertungen erhielt, änderte sich ­dieses Bild bereits beim „Schreiben“. Die beigelegten Proben der Schulmeister – meist mit krakeliger Hand gefertigte Bibelzitate – bezeugen durch ihre Form einen sehr heterogenen Qualifikationsgrad. Beim „Rechnen“ können nur noch unzureichende Kenntnisse konstatiert werden; allein drei Schulmeister zeigten sich darin „geübt“, sieben fehlte jegliche Kenntnis. Der Cummerower Pfarrer Augustin Christian Hartmann merkte dazu an: „[…] wird hier auch nicht erfordert, weil die Eltern nur die Kinder des Winters hingehen laßen, da genug zu thun, um sie im Lesen und Christenthum zu unterrichten.“ 17 Eine über das übliche Maß der Meisterlehre hinausgehende Vorbildung hatten nur zwei Schulmeister als Präparanden auf der Stettiner Ministerialschule erhalten: Carl Krüger aus Wartin und Johann Caspar Henning aus Glasow. Die von letzterem erbrachten Probeschriften stechen sowohl in Qualität als auch im Umfang auffallend heraus. Er schrieb Deutsch und Lateinisch, notierte eine methodische Anweisung zum Erlernen des Lesens und fügte sogar ein Rechenexempel bei mit dem Bemerk: 14 Sauer 1987a, S. 11. 15 von Rönne, S. 68: „§. 16. So wenig einem Schulmeister erlaubet ist, unter der Schule die Schul-Kinder zu seiner Haus-Arbeit zu gebrauchen, so wenig soll er sich auch unterstehen, in den gewöhnlichen und angesetzten Schul-Stunden seiner Hand-Arbeit oder einem Geschäfte nachzugehen, oder seine Frau unterdessen informieren [= unterrichten] zu lassen […]“. 16 Heubaum, Alfred: Geschichte des deutschen Bildungswesens seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, Band 1. Berlin 1905, S. 160. 17 APS, Konsystorz, 1408, fol. 32: Tabelle der Parochie Cummerow vom 9. Dezember 1773.

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„Ist aber hier nicht zu ­nutzen.“ 18 Mit seinen Fähigkeiten war Henning für die Bedürfnisse der Landschule von Glasow mit Sicherheit überqualifiziert, was mutmaßlich der Grund für seinen ­kurzen, nachweislich zweijährigen Aufenthalt dort gewesen sein könnte.

5.1.2 Die Besetzung der Wolliner Küster- und Schulstelle 1791 Nachdem der bestehende rechtliche Rahmen für die Anstellung eines Lehrers umrissen sowie die geltenden Anforderungen an den Kandidaten geklärt werden konnten, soll im Folgenden ein in den Akten der Penkuner Superintendentur gut dokumentierter Fall den Vorgang einer Stellenbesetzung exemplarisch erhellen. Mit dem Tod von Carl Gottfried Reisner kam 1791 in Wollin die Küster- und Schullehrerstelle zu ihrer Erledigung. Da bislang der Wolliner Küster ­dieses Amt auch im Filialdorf Storkow versah, sicherte ein Jahreseinkommen von 125 Talern seine Subsistenz, ohne dass die Notwendigkeit eines weiteren Nebengewerbes bestand. Der Storkower Schulmeister dagegen erhielt lediglich 12 Taler, so dass er „außer den Schul-Stunden seine Profeßion eifrig treiben u[nd] doch darben muß[te]“.19 Aus ­diesem Grunde beantragte die Patronin, Antoinette Gräfin von Hacke, die Trennung der Küstereien in beiden Dörfern. Das Konsistorium beschied ihren Antrag positiv, verpflichtete jedoch die Gräfin, „daß sie zu der, durch den Tod des Reisener erledigten Küster Stelle zu Wollin, ein tüchtiges Subject ihm [dem Präpositus] zur Prüfung sistiren müße“.20 Der zunächst vorgeschlagene Kandidat hieß Knauer, war ein Bedienter ihrer Schwester und hatte Jahre zuvor die Anwartschaft auf das Wolliner Küsteramt vom mittlerweile verstorbenen Ehegatten der Patronin erhalten. An ­dieses Versprechen gebunden, schickte sie Knauer zur Prüfung nach Penkun und gab Engelcken auf, ihn im Beisein des Wolliner Pfarrers Daniel Ueckermann „nicht nur im Christenthum und Catechismus, sondern auch im singen genau zu examiniren“.21 Knauer konnte jedoch gerade im letzten Punkt nicht den Erwartungen seiner Prüfer gerecht werden, weshalb die Patronin von seiner Wahl letztlich absah. Stattdessen präsentierte sie Samuel Gottlieb Kreusch, einen Sohn des Christian Ludewig Kreusch, der als Schulmeister in Pinnow, Parochie Hohenselchow in der Nachbarsynode Gartz an der Oder, fungierte und dort um 1778 verstorben war.22 Biographische Angaben zu Samuel Gottlieb Kreusch, der beim Tode seines Vaters erst zwölf Jahre alt war, fehlen weitgehend; allerdings ist sicher, dass eine Verbindung nach Blumberg bestand, wo ein Verwandter, möglicherweise war es der Bruder seines Vaters, Carl Friedrich Kreusch, seit 18 Ebd., fol. 7 – 11: Tabelle der Parochie Glasow vom 1. Dezember 1773. 19 APS, Konsystorz, Nr. 8636, fol. 88: Engelcken an das Stettiner Konsistorium, Penkun vom 4. März 1791. 20 Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 12: Stettiner Konsistorium an Engelcken, Stettin vom 10. März 1791. 21 Ebd., fol. 4 f.: Gräfin von Hacke an Engelcken, Berlin vom 9. Februar 1791. 22 APS , Konsystorz, Nr. 5561, unpag.: Schreiben des Ortspfarrers Johann Gottlieb Henrici, Hohenselchow vom 6. Oktober 1778.

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1786 das Küsteramt bekleidete. Der dortige Patron, Heinrich Carl von der Osten, empfahl der Gräfin, Kreusch zum Küster von Wollin zu wählen.23 So fand sich der Kandidat zunächst am 1. April 1791 beim Wolliner Pfarrer zur Gesangsprobe ein. Nachdem er diese erfolgreich bestanden hatte, führte der Präpositus das eigentliche Examen durch. Die im Aktenbestand überlieferten schriftlichen Prüfungsleistungen setzten sich zusammen aus einer ­kurzen Schriftprobe: „Gott der mich geleittet hat, von meiner Jugend an sey ferner mit mir; und ja ich hoffe, daß Er mir ohn unterlaß freundlich sein wird. Penkun d[en] 18. April 1791. Samuel Gottlieb Kreusch“, aus der Niederschrift von Römer 8, 7 sowie aus der Notation des lateinischen und deutschen Alphabets in Groß- und Kleinbuchstaben.24 Darüber hinaus wurden auch Kreuschs Fähigkeiten im Singen und Rechnen geprüft, wie der Abschlussbericht Engelckens an das Konsistorium belegt: „Kreusch lieset fertig u[nd] deutlich; schreibt eine leserliche Hand, ist im Rechnen geübt und hat Talent eines Vorsängers, in dem er nicht blos leichte und gewöhnliche Lieder, sondern auch die von einer schweren Melodie ohne Anstoß singet; er ist 26 Jahre alt, von stiller Gemüths-Art und unbescholtenem Verhalten, welches die rühmlichen Zeugniße des H[errn] v. d. Osten, bei dem er mehrere Jahre als Bedienter gestanden, imgleichen die Atteste des Predigers Hartmann zu Blumberg besagen, und daher zweifle ich nicht, daß die Wollinsche Küster und Schulhalter-Stelle an demselben ein tüchtiges Subject erhalten werde.“ 25

Nach dem positiven Ausgang der Prüfung bestätigte das Konsistorium am 6. Juni 1791 die Anstellung von Kreusch. Die schriftliche Vokation, die von der Gräfin zehn Tage ­später unterzeichnet wurde, gab dem Anstellungsverhältnis abschließend seinen rechtsverbindlichen Rahmen. In dem hier geschilderten Fall wird vor allem die dominierende Rolle des Patronats deutlich, das bei der Besetzung der Stelle zunächst die Eignung des Kandidaten für das Küsteramt im Blick hatte und an dessen Hürde Knauer letztlich gescheitert war. Der im Aktenbestand überlieferte Briefwechsel verdeutlicht den Zwiespalt der Gräfin, in dem sie ­zwischen dem gegebenen Versprechen ihres Gatten und der Befähigung Knauers abwog. Letztlich folgte sie dem Rat Engelckens. Dass sie sich durchaus anders hätte entscheiden können, belegen Besetzungsverfahren, in denen der Patron seinen Kandidaten trotz erwiesener mangelhafter Eignung selbst gegen den Willen der Regierung durchsetzen konnte, ohne dass Ortspfarrer und Präpositus nachweisbar Widerstand geleistet hätten. 23 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 13: Gräfin von Hacke an Engelcken, Berlin vom 13. März 1791. 24 Ebd., fol. 16 f.: Prüfungsarbeiten von Samuel Gottlieb Kreusch. Anhang 9.7 dieser Arbeit enthält einen Auszug. 25 APS , Konsystorz, 8636, fol. 90 f.: Engelcken an das Stettiner Konsistorium, Penkun vom 16. Mai 1791.

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5.2 Lehrerbildung in Pommern 5.2.1 Die Lehrerbildung im 18. Jahrhundert Der gerade erfolgte Blick in die Penkuner Synode verdeutlicht das Verfahren zur Besetzung einer einzelnen Küsterlehrerstelle, ohne dabei die Frage beantwortet zu haben, auf ­welche Art Samuel Gottlieb Kreusch für seine künftige Tätigkeit vorbereitet wurde. Die vorhandenen Schulakten charakterisieren ihn als „unvorbereitet“. Es kann als sehr wahrscheinlich gelten, dass er zunächst bei seinem Vater und nach dessen Tod bei seinem Verwandten in der Blumberger Schule eine Vorbereitung im Sinne der Meisterlehre durchlaufen hat. Damit steht Kreuschs Weg idealtypisch für den der meisten Lehrer der Penkuner Synode. Gleichwohl gab es einige wenige, die von dieser Regel abwichen. Erinnert sei an Carl Krüger aus Wartin und Johann Caspar Henning aus Glasow, die ihre Vorbereitung an der Stettiner Ministerialschule erhalten hatten. Es scheint daher sinnvoll, die Formen institutionalisierter Lehrerbildung einer detaillierten Untersuchung zu unterziehen. Dabei ist es notwendig, bis zu den Anfängen im frühen 18. Jahrhundert zurückzublicken, um die historische Kontinuität gerade im Stettiner Raum besser verdeutlichen zu können. Michael Sauer verwies bereits darauf, dass eine vom Staat verantwortete und finanzierte seminaristische Lehrerbildung in Preußen erst durch die Reformen des beginnenden 19. Jahrhunderts entstehen konnte.26 Seine Definition des Begriffs Seminar rekurriert auf Gunnar Thieles Verständnis von „selbständige[n] Anstalten, die aus staatlichen Mitteln unterhalten werden, die sich in eigenen Räumen befinden, eigene Lehrkörper besitzen, zweckmäßig vorgebildete Schüler unterrichten, die ihre gesamte Zeit und Kraft einzig und allein ihrem künftigen Berufe widmen können u. a.m“.27

Indem Wolfgang Neugebauer nach entscheidenden Impulsen für eine „frühe organisierte Lehrerbildung in Brandenburg – Preußen“ jenseits aller staatlichen Restriktion fragte, lenkte er den Blick zugleich auf Stettin, wo unter dem pietistisch geprägten Johann Christoph Schinmeyer ein Seminar entstanden war, welches „definitiv für Land- und niedere Stadtschulen angelegt wurde“.28 Es darf als bemerkenswert bezeichnet werden, dass ­dieses Seminar zugleich die älteste außeruniversitäre Lehrervorbereitungsanstalt Preußens darstellte. Doch nicht allein dieser Umstand soll seine nun folgende differenzierte Darstellung rechtfertigen. Mindestens zwei weitere Gründe treten hinzu. Zum einen bedarf die in der Literatur kontrovers diskutierte Behauptung, dass mit der Versetzung Schinmeyers 1737 das Seminar nach nur fünfjährigem Bestehen zum Erliegen kam, einer kritischen Prüfung. 26 Sauer 1987a, S. 11. 27 Thiele, Gunnar: Geschichte der Preußischen Lehrerseminare, Erster Teil. Berlin 1938, S. 130 f. 28 Neugebauer 1985, S. 373 – 378.

Lehrerbildung in Pommern

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Der zweite und für diese Untersuchung gewichtigere Grund lässt sich in der überdimensionalen Bedeutung finden, die diese Lehrerbildungseinrichtung für die Penkuner Synode besaß. Innerhalb des Untersuchungszeitraums waren mehr als zwei Drittel der seminaristisch vorgebildeten Lehrer Absolventen des Stettiner Seminars.29 5.2.1.1 Die Anfänge des Stettiner Lehrerseminars Die Gründung des Stettiner Seminars ist untrennbar mit dem Namen von Johann Christoph Schinmeyer verbunden.30 Als dieser im Juli 1730 durch Friedrich Wilhelm I. zum Prediger an die St. Johannis-Kirche nach Stettin berufen wurde, sollte durch sein Wirken die Schullandschaft in der pommerschen Hauptstadt eine gravierende Veränderung erfahren. Bereits einen Monat nach seinem Amtsantritt reichte er dem Magistrat Pläne zur Errichtung eines neuen Waisenhauses ein, welches er mit einer Schule kombinieren wollte. Trotz der Ablehnung durch die städtische Behörde richtete Schinmeyer auf eigene Kosten in seiner Dienstwohnung eine Armenschule ein, in der er zunächst selbst unterrichtete und nach gestiegenen Schülerzahlen einen Studenten anstellte. Ein halbes Jahr s­päter, im Februar 1731, wagte Schinmeyer einen erneuten Versuch, den Stadtrat für seine Pläne zu gewinnen, allerdings konnte ­zwischen beiden Parteien keinerlei Einvernehmen erzielt werden.31 Die Gründe für das von Anbeginn gespannte Verhältnis ­zwischen Magistrat und geistlichem Ministerium einerseits und Schinmeyer andererseits lassen sich auf eine Vielzahl von Faktoren zurückführen, die sein Biograph Hermann Waterstraat ausführlich darlegte.32 Im Rahmen dieser Arbeit können sie nur kurz angedeutet werden. Bereits Schinmeyers Auftakt in Stettin stand unter ungünstigen Vorzeichen. Indem Friedrich Wilhelm I. bei der Berufung das Vokationsrecht des Magistrats missachtet hatte, war der Keim des Misstrauens gegen diesen vermeintlichen Günstling des Königs bereits gelegt worden. Nach der Weigerung Schinmeyers, sich einem Kolloquium vor den anderen Pfarrern der Stadt zu unterziehen, um dadurch in das geistliche Ministerium aufgenommen zu werden, konnte jedes weitere Ansinnen Schinmeyers nur schwer auf geneigte Ohren treffen. Sowohl sein Plan, ein eigenes Waisenhaus einzurichten und mit einer Armenschule zu kombinieren, 29 Vgl. das im Anhang 9.8 dieser Arbeit abgedruckte Lehrerpersonalverzeichnis. 30 Geboren am 8. Januar 1696 in Nordhausen, 1717 – 1720 Studium in Halle, 1720 – 1727 Inspektor an der Lateinschule des Franckeschen Waisenhauses in Halle, 1727 – 1730 Prediger im Großen Waisenhaus zu Potsdam, 1730 Pastor an St. Johannis in Stettin, 1737 Pastor und Inspektor der ­Kirche und Diözese Rathenow, 1751 Pastor zu Tonningen (Dänemark), dort 1767 verstorben. Vgl. dazu u. a. Waterstraat, Hermann: Johann Christoph Schinmeyer – Ein Lebensbild aus der Zeit des Pietismus, Gotha 1897; Luckow, Werner: Das Lastadische Volksschullehrerseminar zu Alten Stettin, in: Mitteldeutsche Vorträge 1964/II, S. 32. 31 Schinmeyer hatte dem Rat die Vereinigung seiner Schule, die mittlerweile von 120 Kindern besucht wurde, mit der Ratsschule vorgeschlagen. Vgl. zu den Einzelheiten Waterstraat 1897, S.  11 – 13. 32 Waterstraat 1897, S. 5 – 12.

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als auch sein späterer Kompromissvorschlag, die von ihm errichtete Schule mit der städtischen Ratsschule zu verbinden, wurden von den leitenden Gremien vereitelt und sollten nicht zur Ausführung kommen. In kleinlicher Manier stritten sich beide Parteien um die Kompetenzen bezüglich der Schulaufsicht. Schinmeyer wandte sich, nachdem auch weitere Schlichtungsversuche fehlgeschlagen waren, im April 1732 direkt an den König und bat um die Errichtung eines Waisenhauses auf der Lastadie, um „arme vater- und mutterlose Kinder auf[zu]nehmen, [zu] versorgen, [zu] erziehen und [zu] unterrichten; dabei eine Schule für andere Kinder aus der Stadt [zu] halten, und ein Seminarium für künftige Küster und Schullehrer in den Dörfern und kleinen Städten an[zu]legen, ­welche in der Anstalt Wohnung, Kost und Unterricht erhalten zur Aufsicht und Erhaltung guter Ordnung der Kinder gebraucht werden sollen“.33

In der auf den 27. Mai 1732 datierten Stiftungsurkunde gewährte Friedrich Wilhelm I. ­diesem Waisenhaus neben freiem Baumaterial auch zahlreiche Vergünstigungen, wie „das Recht, einen eigenen Prediger anzustellen, Druckerei und Buchhandel, Brauerei und Bäckerei anzulegen“,34 die es Schinmeyer ermöglichten, „eine Franckesche Schulstadt im kleinen aufzubauen“.35 Doch im Gegensatz zu dem Konzept von August Hermann Francke, das vorrangig die Ausbildung einer „theologisch geschulten Stadtschullehrerschicht“ verfolgte, hatte Schinmeyer Lehrer für die Land- und niederen Stadtschulen im Blick.36 Dabei unterstand er als Direktor zwar der unmittelbaren Aufsicht des Konsistoriums, genoss aber das Recht, sowohl seinen Nachfolger selbst zu wählen als auch das benötigte Personal eigenständig anzustellen oder zu entlassen.37 Explizit gestattete ihm die königliche Fundationsurkunde die Ausbildung angehender Lehrer: „Damit es ihm auch um so viel weniger an dergleichen Praeceptoren fehlen möge, so kann er eine Anzahl junger Leute im Lesen, Rechnen und Catechisiren unterrichten laßen w ­ elche hiernächst die kleinen Kinder informiren, auch nebenher das Schneiderhandwerk lernen, mithin zu einen Seminario guter Küster und Schulmeister dienen können.“ 38

Damit war der Grundstein für Schinmeyers Vorhaben in Stettin gelegt. Schon Ende 1732 konnte das neue zweistöckige Haus auf der Lastadie bezogen und die bis dahin in städtischen 33 Das Lastadische Hülfs-Seminar zu Stettin, in: Beckedorff, Band 6, Heft 1, S. 56 – 75, hier S. 58. 34 Ebd. 35 Luckow, S. 35. 36 Neugebauer 1985, S. 374. 37 Waterstraat 1897, S. 17. 38 APS, Konsystorz, 7683, fol. 112 – 119: Abschrift der Fundationsurkunde, Berlin am 27. Mai 1732, hier fol. 114.

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Mietsräumen untergebrachte Schule dorthin verlegt werden. Für den Unterricht der Präparanden bzw. der Schüler in den Oberklassen stellte Schinmeyer Kandidaten der Theologie an. Schon bald jedoch wurden die Räumlichkeiten zu eng, was den Ankauf zweier weiterer Gebäude erforderlich machte.39 Den nahegelegenen ehemaligen Fürstengarten – einen bereits 1669 angelegten Schulgarten – erwarb Schinmeyer aus eigenen Mitteln.40 Es kann als Erfolg seiner Umtriebigkeit gewertet werden, dass 1736 Friedrich Wilhelm I. die in die Stiftungsurkunde verbriefte Möglichkeit der Ausbildung angehender Lehrer nun zum festen Bestandteil dieser Anstalten integrierte. Wörtlich heißt es im Reskript: „daß bey Euch allezeit ein Seminarium von jungen Leuten angetroffen werde, aus welchem man geschickte Schulmeister und Küster nehmen könne. Es müßen sothane Subjecta im Lesen, Schreiben und Rechnen wenigstens was die fünf Species betrifft, recht fertig vor allen Dingen aber im Stande seyn der Jugend prima principia christianismi beyzubringen“.41

Die in das Seminar aufgenommenen Präparanden waren in einem Alter ­zwischen 18 und 20 Jahren alt und mussten über eine Vorbildung im Lesen und Rechnen sowie über „guten Verstand sowie Lust und Liebe zum Dinge“ verfügen.42 Es kann davon ausgegangen werden, dass sie sich einer Eingangsprüfung durch Schinmeyer unterziehen mussten, wenngleich die vorhandenen Quellen weder hierüber noch über die Verweildauer oder bestimmte fixierte Eintrittstermine Auskunft geben. Innerhalb des Seminars erfolgte eine Unterscheidung der Zöglinge in Ordinarii und Extraordinarii, die in erster Linie durch deren unterschiedlichen Versorgungsstatus begründet war. Nach Waterstraat erhielten beide Gruppen freie Wohnung, Holz und Licht; die Ordinarii darüber hinaus eine unentgeltliche Beköstigung. Anscheinend verfügte jede Gruppe auch über einen eigenen Ausbildungsstand. Während die Extraordinarii zunächst eine Zeitlang hospitierten und ­später unter Aufsicht Schinmeyers oder des Inspektors eigene Lehrversuche in den unteren Klassen vornahmen, waren die Ordinarii bereits so weit fortgeschritten, dass sie als eigenständige Lehrer in den Schinmeyerschen Schulverbund eingegliedert waren und daher zusätzlich einen jährlichen Betrag von 8 Talern Gehalt genossen.43 Ob und inwieweit d ­ ieses Differenzierungssystems Aufstiegschancen für die Extraordinarii bereithielt, muss ebenso unbeantwortet bleiben wie die Frage, ob die durch Schinmeyer vorgenommene Klassifizierung seiner Präparanden möglicherweise Rückschlüsse auf deren Ausbildungslänge und -intensität erlaubt. Wolfgang Neugebauer verwies in einem ähnlichen Zusammenhang auf die im Berliner Seminar 39 Waterstraat 1897, S. 18. 40 Luckow, S. 48, Anm. 17. 41 APS, Konsystorz, 7683, fol. 120: Abschrift des Reskripts an Schinmeyer, Berlin vom 5. Dezember 1736. 42 Waterstraat: Hermann: Das Schullehrerseminar zu Stettin im ersten Jahrhundert seines Bestehens, in: Pädagogische Blätter für Lehrerbildung und Lehrerbildungsanstalten, Gotha 1896, S. 570. 43 Waterstraat 1897, S. 21 – 23.

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geltende Trennung ­zwischen Seminaristen und Präparanden. Wie auch in Stettin konnten dort beide Gruppen unentgeltlichen Unterricht genießen, unterschieden sich jedoch grundlegend in ihrem Versorgungs- und Ausbildungsstatus. Allein die Seminaristen genossen freie Kost und Logis und durchliefen eine gründliche Ausbildung, während die Präparanden sich durch ihr Handwerk ernähren und verstreut in der Stadt wohnen mussten. Bei ihnen kann ferner davon ausgegangen werden, dass sie nur eine begrenzte Zeit dem Unterricht beiwohnten.44 Ein ähnliches System der sogenannten Seminargäste lässt sich auch für das Stettiner Seminar im 19. Jahrhundert nachweisen, wovon an späterer Stelle berichtet wird. Auch wenn ein Großteil der Präparandenausbildung der traditionellen Meisterlehre sehr ähnelte, so ging sie doch darüber hinaus, indem zur praktischen Ausbildung durch Hospitation und nachfolgende eigene Lehrversuche ergänzend eine theoretische hinzutrat, die am Nachmittag erfolgte. Einen Überblick über die vermittelten Inhalte liefert Waterstraat, jedoch ohne eine Stundenverteilung anzugeben (vgl. Tabelle 4). Tabelle 4: Ausbildungsinhalte am Stettiner Lehrerseminar Ausbildungsgegenstand

Inhalt und Ziel

Religion

Behandlung der Lehre von Gott, Lehre vom Menschen, Lehre von der Gnade nach dem Lutherischen Katechismus, Bibelsprüche und Beispiele zur Erläuterung

Schreiben

gut leserliche Handschrift

Rechnen

Gebrauch der fünf Spezies

Musik

Einübung von Kirchenliedern, Orgelspiel

Katechetik

Grundlage: Rambach: Der wohlunterrichtete Katechet

Paränetik

Verhalten im Unterricht und außerhalb dessen

Quelle: Waterstraat 1896, S. 571 – 573.

Neben ­diesem spezifisch auf das Unterrichten abzielenden Kanon erhielten die Präparanden auch eine Unterweisung im Schneiderhandwerk.45 Dieser Umstand kann als eindeutiger Beleg einer präventiv subsistenzsichernden Maßnahme für den künftigen Dorfschullehrer gewertet werden und gibt Zeugnis für den durch das Seminar gestützten „handwerklichen Rekrutierungsnexus“.46 Es gelang Schinmeyer im Laufe der Jahre nicht, sein ohnehin gespanntes Verhältnis zu Stadtrat und Stadtgeistlichkeit zu verbessern; zudem verlor er mit dem Tode des Oberpräsidenten Kaspar Otto von Massow einen wichtigen Fürsprecher, der an vielen Stellen seine schützende Hand über ihn gehalten hatte. Die nicht abreißen wollenden Klagen – „man beschuldigte ihn der Eitelkeit, des Eigennutzes, der „Neuerung gegen die pommersche 44 Neugebauer 1985, S. 384 f. 45 Waterstraat 1897, S. 21. 46 Neugebauer 1985, S. 385.

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Kirchenordnung“, der Begünstigung des Separatismus […] und der Unverträglichkeit“ 47 – veranlassten den neuen Oberpräsidenten, Philipp Otto von Grumbkow, eine Revision der Schinmeyerschen Anstalten zu befehlen, w ­ elche am 20. April 1737 erfolgte. Die in d ­ iesem Zusammenhang aufgenommenen Protokolle geben nähere Auskunft über diese Ausbildungsstätten. In den beiden deutschen Schulen wurden 540 und in der lateinischen Schule 40 Kinder von neun Kandidaten der Theologie und 16 Präparanden unterrichtet. Insgesamt befanden sich im Seminar 20 Präparanden, das Waisenhaus beherbergte 25 Kinder.48 Die nun offenbar werdenden Unregelmäßigkeiten in den Rechnungsbüchern konnten sich für Schinmeyers ohnehin schwächer werdende Position nur nachteilig auswirken. Den finalen Streich jedoch brachte er sich selbst bei, als er dem gerade in Stettin weilenden König politische Ratschläge erteilte, wodurch nicht nur dessen Skepsis geweckt, sondern vielmehr die oft geklagte „Mißachtung der Obrigkeit“ Schinmeyers ihre offensichtlichste Bestätigung fand.49 Das königliche Dekret vom 21. Juli 1737 besiegelte das Ende der Schinmeyerschen Anstalten und verfügte die sofortige Aufhebung des Lastadischen Waisenhauses. Die mit ihm verbunden gewesenen Schulen sowie das Lehrerseminar wurden der Aufsicht des Generalsuperintendenten Johann Gottfried Hornejus 50 (Amtszeit 1733 – 1757) unterstellt. Die Verfügung selbst spricht davon, dass „zeithero sein und seiner Anstalten wegen verschiedene Irrungen und Mißhelligkeiten entstanden“ wären, und erinnert Schinmeyer im Besonderen an seine Pflicht zur Subordination gegenüber dem Konsistorium und dem Generalsuperintendenten.51 Anfang August 1737 entschied die Regierung über das weitere Schicksal der Schulen. Während die Lateinische Schule aufgehoben wurde, sollte die in der Königstraße bestehende Filialschule aufgelöst, mit ihrer Mutterschule auf der Lastadie vereinigt und das Lehrpersonal auf drei Kandidaten sowie zwei Präparanden deutlich reduziert werden. Aus Gründen, von denen im nächsten Abschnitt noch näher berichtet wird, verringerte sich jedoch die Schüleranzahl der Lastadischen Schule stetig. Auch die Entlassung weiterer Lehrer und der Verkauf der vorhandenen Immobilien konnten den Verfall nicht aufhalten. Die Schule auf der Lastadie ging in kurzer Zeit auf eine Klasse zurück, so dass ihr „nur der Name: „Königl. Lastadische Waisenhausschule“ und das jetzige Schulgebäude verblieb, und das Seminarium bald darauf gänzlich aufhörte“.52 Einige 47 48 49 50

Beckedorff, Band 6, Heft 1, S. 60. Waterstraat 1897, S. 28. Ebd., S. 30. Müller, Ernst: Die Evangelischen Geistlichen Pommerns. II. Teil. Stettin 1912, S. 568: Geboren 9. Februar 1689 in Salzwedel. Unterricht dort und seit 1705 im Franckeschen Waisenhaus zu Halle, 1707 bis 1710 Studium an der dortigen Universität. 1726 Berufung zum Hofprediger der Stettiner Schlosskirche und zum Vize-Generalsuperintendenten von Vorpommern, ab 1731 Direktor des geistlichen Ministeriums. 1733 ordentlicher Generalsuperintendent in Vorpommern, ab 1738 auch von Hinterpommern. Verstorben am 10. September 1757 in Stettin. 51 APS, Konsystorz, 7683, fol. 81: Order des Königs an die Pommersche Regierung und das Konsistorium, Berlin vom 21. Juli 1737. 52 Aumüller, Karl: Das königliche evangelische Lehrerseminar zu Pölitz i. Pom. 1862 – 1912. Breslau 1912, S. 6.

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Seminaristen blieben in der Stadt und fanden eine Anstellung an der Ministerialschule, die nach der Auflösung des Schinmeyerschen Seminars für die Lehrerbildung eine besondere Rolle erhalten sollte. 5.2.1.2 Die Fortführung der Lehrerbildung an der Stettiner Ministerialschule Die von einer Reihe von Autoren getroffene Behauptung, dass mit der Versetzung ihres Stifters die Lehrerausbildung in Stettin zum Erliegen kam, trifft nicht zu.53 Bereits im November 1735 hatte Schinmeyer wegen des großen Andrangs für die Schüler der Stettiner Altstadt in dem Haus der Bürgermeisterwitwe Jahn – daher der ursprüngliche Name „Jahnsche Schule“ – in der Königstraße eine Filialschule eingerichtet, die als Teil seiner Anstalten auch als Übungsschule für Lehramtspräparanden diente. Nachdem das Konsistorium im August 1737 beschlossen hatte, diese Zweigschule mit ihrer Mutterschule zu vereinigen, gestattete Hornejus im September dem ehemaligen Inspektor des Waisenhauses, Johann Ernesti,54 mit zwei Präparanden den Unterricht in der Königstraße fortzusetzen.55 Diese Einrichtung wurde derart gut frequentiert, dass sie bald die Lastadische Schule an Größe und Bedeutung überragte, was „das Mißtrauen des Magistrats erregte, so daß sie auf dessen Beschwerde beim König „fast gewaltsam“ geschlossen wurde“.56 Die Gründe dafür lassen sich eindeutig auf wirtschaftliche Interessen zurückführen und korrespondieren unmittelbar mit dem Niedergang der Lastadischen Schule: Ernesti behielt die schulgeldzahlenden Kinder bei sich, während er die mittellosen weiterreichte.57 In dieser schwierigen Situation stellte der Konsistorialrat und Pastor von St. Jakobi, Martin Andreä,58 die Schule unter den Schutz des geistlichen Ministeriums, weshalb sie fortan den Namen Ministerialschule führte. Auch sie unterstand der Oberaufsicht des Generalsuperintendenten, während der jeweilige Pastor an St. Jakobi das Direktorat führte. 53 Aumüller, S. 6: „das Seminarium bald darauf gänzlich aufhörte.“; Heyden, Hellmuth: Das erste preußische Lehrerseminar in Stettin, in: Das Evangelische Stettin 1936 (2. Jahrg.), Nr. 2, S. 13: „Erst 1783 öffnete […] das alte Landschullehrerseminar auf der Lastadie von neuem seine Pforten.“; Lucht, Dietmar: Die pommerschen Lehrerseminare, in: ­Buchholz, Werner/­ Mangelsdorf, Günter (Hrsg.): Land am Meer. Pommern im Spiegel seiner Geschichte. Köln, Weimar, Wien 1995, S. 561: „[Das] in Stettin geschaffene Lehrerseminar [war] allerdings im 18. Jahrhundert nur gut zwei Jahrzehnte funktionsfähig […].“; Neugebauer 1985, S. 377: „[…] nach den Mitteilungen Waterstraats hatte dann auch das Seminar keinen weiteren Bestand.“ 54 Moderow 1903, S. 181: Gebürtig in Cella, Inspektor des Stettiner Waisenhauses. 1739 Berufung zum Pastor von Kurow, Synode Gartz an der Oder, dort 1740 verstorben. 55 APS, Konsystorz, 7619, unpag.: Bericht des Inspektors J. P. Meißner über die Ministerialschule, Stettin vom 22. August 1742. 56 Luckow, S. 41. 57 Waterstraat 1897, S. 36. 58 Moderow 1903, S. 465 f.: Geboren in Schloppe in Polen. Feldprediger und Präpositus in Regenwalde, 1729 Pastor von St. Jakobi in Stettin, dort 1742 verstorben.

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Dem Ende Juni 1738 zum Pastor nach Kurow, Synode Gartz an der Oder, berufenen Ernesti folgte J. P. Meißner 59 im Amt des Inspektors. Von ihm ist ein ausführlicher Bericht überliefert, der einen Einblick in die innere Verfassung der Anstalt 1742 ermöglicht.60 Danach verfügte die Schule über fünf Klassen, in denen neben dem Inspektor ein Kandidat der Theologie und fünf Präparanden unterrichteten, die Meißner als „redliche und Gottesfürchtige Laici, die noch jung sind“, bezeichnete. Andreä hatte bereits Ernesti gestattet, „so viel Gehülffen anzunehmen, als er nöthig hätte, wodurch nicht allein das Küster-Seminarium sondern auch die Schule angewachsen und restauriret worden“ sei. Diese Genehmigung, die ­zwischen der Erlaubnis zur Fortführung der Schule im September 1737 und dem Weggang Ernestis nach Kurow im Juli 1738 erteilt worden sein muss, war der Grund dafür, dass sich neben dem an der Lastadischen Schule bestehenden System der Präparandenausbildung ein zweites etablieren konnte. Mit dem Verfall der Lastadischen Schule endete zwar das mit ihr verbundene Lehrerseminar, doch konnte die Lehrerbildung in Stettin fast nahtlos in einen anderen äußeren Organisationsrahmen überführt und damit konserviert werden. Da sowohl Ernesti als auch Meißner in der Lastadischen Schule gelehrt hatten, verwundert es nicht, dass sie deren innere Struktur übernahmen. Auch die Tatsache, dass der von Meißner erwähnte Kandidat der Theologie namens Hirte auf Wunsch des Direktoriums eigens „aus Halle von dem H[errn] Prof. Francken“ abgeworben wurde, belegt eine Fortführung im Schinmeyerschen Sinne. Der Bericht Meißners gibt zur Ausbildung der Präparanden keine nennenswerten Informationen, außer der Notiz: „Die Praeparandi aber werden erst von mir tägl[ich] zur Information praeparirt.“ Über ihre Fähigkeiten mussten sie im Rahmen öffentlicher Schulprüfungen Zeugnis ablegen. Da die Schule nach Schinmeyers Weggang als Privateinrichtung weitergeführt und in ­diesem Zustand allein von Stettiner Bürgern unterhalten wurde – diese haben anfangs „nicht nur Geld, Betten und Eßen zum Unterhalt der Docenten, sondern auch […] Tische und Bänke darzu vorgestrecket“ –, bestimmten sie mutmaßlich auch über die Verweildauer der Präparanden: „Auf der Bürger Verlangen müßen die Laici 4 Jahr hier an der Schule bleiben und alsdann werden sie in Städte und Dörfer als Küster oder Schulmeister verschickt, wohin sie gerufen werden, und an des abgegangenen Stelle wird wieder ein anderer recipiret.“ Eine spätere Quelle gestattet einen genaueren Einblick in das Ausbildungssystem und erklärt auch die vierjährige Aufenthaltsdauer.61 Die Aufnahmekapazität für Präparanden wurde durch die Klassenanzahl an der Ministerialschule reglementiert:

59 Die Buchstaben der Vornamen ließen sich nicht auflösen. 60 APS , Konsystorz, 7619, unpag.: Bericht des Inspektors J. P. Meißner über die Ministerialschule, Stettin vom 22. August 1742. Die im nachfolgenden Absatz notierten Zitate entstammen ­diesem Bericht. 61 APS, Rej. Sz., II/5042, unpag.: Bericht von Pastor Gotthilf Ludwig Schröder über die Ministerialschule, Stettin vom 27. Januar 1811, dort ein foliierter Anhang zur Geschichte der Ministerialschule.

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„Wenn nun dergleichen Praeparanden, die sich dem Schulwesen gewidmet, sich melden und angenommen werden, so fängt ein jeder die Information von der ersten so genannten A. B. C. Classe an, und steiget, wenn einer von ihnen abgeht, oder rückt zur höheren bis zur 4ten Classe an, weil die 5te Classe dem Candidato eigen ist, welcher jedoch darin kein Latein treibet, sondern nur die aus der 4ten Classe zu ihm übergehen, im Schreiben, Rechnen, Lateinischen Lesen, Orthographie, und Calligraphie zu einer mehreren Vollkommenheit zu bringen sucht, und die Geographie und Historie mit der Ihm anvertrauten Jugend, wie es die Umstände erfordern, mitnimmt.“ 62

Demnach bestand ein strukturiertes System, in dem die Präparanden zunächst alle vier Klassen durchlaufen mussten, ehe sie als vorbereitet gelten konnten. Darüber hinaus erhielten sie einen methodischen Unterricht, der im Bedarfsfalle und nach des Inspektors Ermessen durch eine Konferenz pädagogischen Inhalts ergänzt werden konnte: „Diese [die Präparanden] werden außer den Schulstunden von dem Inspectore täglich eine Stunde unterwiesen und angeführet, was und wie sie ein jedes zu seiner Zeit der Jugend nützlich und mit Application vortragen, begreiflich und faßlich machen sollen, und wenn es nöthig gefunden wird, oder der Inspector etwas besonders in Ansehung ihrer Lehre, Conduite, Zucht oder dergleichen zu erinnern findet, wird auch dann und wann mit Ihnen unter der Direction Pastoris eine Conferenz Stunde gehalten, und sie besonders zum fürsichtigen Verhalten und anständigen Behandlungen der Jugend angewiesen.“ 63

Über Vorkenntnisse und Vorbildung der Präparanden sagen die Quellen nichts. Die entscheidende Funktion wurde jedoch dem Inspektor der Schule zugemessen. Er hatte die jungen Männer auf das Schulamt vorzubereiten. Darum wurde bei der Neubesetzung seiner Stelle darauf geachtet, „keine andern, als ­solche zu suchen und zu erwehlen, die schon in dergleichen Anstalten gearbeitet“ hatten.64 Den Abschluss der Lehrerausbildung markierte offenbar keine Prüfung, wie sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts verpflichtend eingeführt wurde, sondern der durch einzelne Schulpatrone signalisierte Bedarf. Wenn ein solcher Fall eintrat, ergab sich die Notwendigkeit für die Aufnahme eines neuen Präparanden. Er wurde dann nicht sogleich als Lehrer eingesetzt, sondern eine Zeitlang auf diese Aufgabe, mit aller Wahrscheinlichkeit durch den Inspektor und die Teilnahme am Unterricht in den Klassen, vorbereitet. Erst nach dessen Abschluss durfte der dienstälteste Präparand die Schule verlassen. Während dieser Übergangszeit entstanden der Ministerialschule durch die Beköstigung eines fünften Präparanden Zusatzkosten, deren Erstattung man offenbar von dem zukünftigen Dienstherren des

62 Anhang zur Geschichte der Ministerialschule, fol. 17v. 63 Ebd., fol. 17. 64 Ebd., fol. 16v.

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abgehenden Präparanden einzuwerben versuchte: „[E]s ist aber überhaupt nur von 2 bis 3 adligen Patronen etwas erfolgt.“ 65 Der rechtliche Status der Ministerialschule als Privatinstitut entband sowohl die lokalen als auch die staatlichen Behörden von jedweder pekuniären Verpflichtung. Wie finanzierte sich dann diese Anstalt? Da das einkommende Schulgeld nicht zur Kostendeckung ausreichte, war die Schule auf private Geldgeber angewiesen. Durch ihre zum Teil großzügigen Zuwendungen konnte nicht nur der Unterricht der Präparanden und deren kostenlose Verpflegung und Unterkunft gesichert werden, sondern sie ermöglichten im Jahre 1753 auch den Ankauf eines eigenen dreistöckigen Gebäudes zum Preis von 2500 Talern. So erhielt die Schule ihren neuen Standort am Jakobikirchhof in der Mönchenstraße/Ecke Papenstraße. Die quantitative Wirkung der an der Ministerialschule installierten Lehrerausbildung kann aufgrund fehlenden Aktenmaterials nicht hinreichend geklärt werden. Unter der optimistischen Annahme, dass die Schule alljährlich einen Präparanden entlassen konnte, kann deren Zahl von 1737 bis 1810 auf rund 70 geschätzt werden. Unberücksichtigt sind dabei jene Zeiträume, in denen aufgrund von Kriegseinwirkungen das Schulgebäude als Lazarett oder Truppenquartier diente und ein Schulbetrieb nicht stattfand. Werner Luckow behauptete, dass die Schule infolge des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763) zwei Jahrzehnte zum Erliegen kam.66 Auch wenn diese Zeitspanne auf der Grundlage der „Geschichte der Ministerialschule“ nicht verifiziert werden kann, so erscheint eine Korrektur und damit Dezimierung der Abgängerzahl zwingend notwendig. Es bleibt daher zu konstatieren, dass trotz der verfügten Schließung des Schinmeyerschen Seminars eine Form der organisierten Lehrerbildung in Stettin bestehen blieb. Ihre quantitative Bedeutung ist allerdings als eher gering einzuschätzen. 5.2.1.3 Die Wiederbelebung des Lehrerseminars an der Lastadischen Schule Mit dem vom königlichen Edikt von 1737 eingeleiteten Verfall der Schinmeyerschen Anstalten stellte auch bald das Lehrerseminar an der Lastadischen Schule seinen Betrieb ein. Weder unter dem Generalsuperintendenten Hornejus noch seinem Nachfolger Gottfried Christian Rothe 67 erfuhr dieser Zustand eine wesentliche Veränderung. Die von Ludwig Beckedorff hierfür genannten Gründe – leere Schulkasse, marodes Gebäude und die Folgen des Siebenjährigen Krieges – werden der Realität sicherlich nur ein Stück weit gerecht.68 Wie aus dem vorhergehenden Abschnitt ersichtlich wurde, konnte der Ministerialschule 65 Ebd., fol. 19. 66 Luckow, S. 41. 67 Müller, S. 568: Geboren 1708 in Bombeck in der Altmark, Studium der Theologie und Medizin in Halle, Pastor und Inspektor in Salzwedel. 1755 Generalsuperintendent der Altmark und der Priegnitz, Oberprediger an der Domkirche in Stendal. 1758 Ernennung zum Generalsuperintendenden in Vor- und Hinterpommern. 1775 Eintritt in den Ruhestand, Rückkehr nach Salzwedel, wo er 1776 verstarb. 68 Beckedorff, Band 6, Heft 1, S. 62.

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im gleichen Zeitraum durch das engagierte Wirken ihrer Direktoren, von denen besonders Martin Andreä und sein Nachfolger Valentin Protzen 69 genannt werden müssen, zu neuer Blüte verholfen werden. Unstrittig korrelierte der Erfolg wesentlich mit dieser personalen Komponente. Dass Hornejus als ein von Anfang an erbitterter Gegner Schinmeyers kaum ein gesteigertes Interesse am Wohlergehen der Lastadischen Schule hatte, mag nicht allzu weit hergeholt sein. Die entscheidende Wendung trat 1775 mit dem Amtsantritt von Friedrich Christian Göring ein, der als Generalsuperintendent zugleich das Amt des Direktors der sich in einem denkbar schlechten Zustand befindlichen Lastadischen Schule übernahm.70 Die Spuren des Siebenjährigen Krieges waren allgegenwärtig. Das als Lazarett umfunktionierte Haus war beschädigt, der Unterrichtsbetrieb und die Schulgeld- und Mieteinnahmen waren zum Erliegen gekommen. Rückblickend auf diesen Zustand notierte Göring einige Jahre ­später: „Mir blieb dabey zu wählen nichts anders übrig, als sie entweder mit dem nahen Einsturz des Gebäudes eingehen zu laßen, oder auf Mittel zu deren Wiederherstellung zu denken. Je niederschlagender mir jene Vorstellung seyn mußte, eine meiner Pflicht zunächst anvertraute wegen des Unterrichts der Jugend gemeinnützige und in Absicht des Schulseminariums für Pommern unentbehrliche Erziehungsanstalt untergehen zu lassen, desto lebhafter wurde mein Wunsch für deren Erhaltung.“ 71

Bereits 1778 belebte Göring die Ausbildung angehender Lehrer und ließ sie vom zweiten Lehrer der Lastadischen Schule, Johann Friedrich Nitschmann, „in den nötigen Kenntnissen, einer leichten Lehrart p. und im Seiden[an]bau“ unterrichten.72 Außer einer freien Unterkunft, mutmaßlich im Schulhaus, erhielten die Zöglinge keine weitere Unterstützung. Bis zur offiziellen Eröffnung eines Seminars im Jahre 1783 konnten auf diese Weise 35 Lehrer ausgebildet werden.73 69 Moderow, S. 466: Geboren 1692 in Neuruppin, Studium in Leipzig und Halle, 1724 Feldprediger, 1728 Pastor in Charlottenburg, 1731 Berufung nach Krossen. 1742 Pastor primarii an St. Jakobi in Stettin, wo er 1772 verstarb. 70 Müller, S. 568 f.: Geboren am 26. März 1736, seit seinem zehnten Lebensjahr im Waisenhaus zu Halle, 1754 – 1757 Studium der Theologie in Halle, 1759 Konrektor in Halberstadt, 1763 Feldprediger, 1764 Prediger an St. Petri zu Berlin, 1774 Berufung zum Generalsuperintendenten von Pommern, verstorben 1791 in Demmin. Ebenso Waterstraat 1896, S. 575: Göring war mit Eberhardt von Rochow bekannt, von dem er große Anregungen für das Volksschulwesen erhielt. 71 APS, Konsystorz, 7683, fol. 93: Nachricht wegen der Königlich Lastadischen Waisenhausschule und damit verbundenem Schulseminarium, Stettin vom 22. März 1788. 72 APS, Konsystorz, 7673, fol. 226: Göring an das Stettiner Konsistorium, Stettin vom 8. Februar 1791. 73 APS , Konsystorz, 7683, fol. 59: Nachricht von dem Landschullehrerseminarium zu AltenStettin von 1788.

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Göring verbesserte sukzessive diese zunächst auf seinem privaten Engagement beruhende Ausbildungssituation, indem er das Konsistorium für seine Pläne eines offiziellen, staatlich geförderten Seminars zu gewinnen suchte. Der Erfolg blieb ihm nicht versagt. Nachdem die Geistliche Regierung sich bereits 1780 wohlwollend gegenüber seinen Plänen geäußert hatte, zeigte Göring im Sommer 1781 die Möglichkeit einer staatlichen Subventionierung auf: Die aus dem Meliorationsfonds erwirtschafteten Überschüsse sollten dazu verwendet werden, das Schullehrerseminar wiederzueröffnen und den vier darin auszubildenden Lehrern jeweils eine monatliche Unterstützung von 3 Talern zu gewähren.74 Die offizielle Genehmigung zur Wiedereröffnung erteilte Minister von Zedlitz am 6. Februar 1783.75 In der Folgezeit bewies Göring bei der Weiterentwicklung des Seminars eine erstaunliche Tatkraft. Bereits 1784 konnte nach dreijähriger Bauzeit an gleicher Stelle ein neues, größtenteils massives Schulhaus errichtet werden. Zu dessen Kosten von 5500 Talern hatte der Geistliche 1000 Taler aus seiner eigenen Tasche vorgestreckt. Dieses Gebäude verfügte über „drey Lehrzimmer, zwo Wohnstuben nebst Cammern für die Lehrer, eben so viel für die Seminaristen, eine Wohnstube für den Aufwärter, einen großen Seidensaal nebst Gärten“.76 Der übrige Teil des Hauses wurde vermietet. Durch die Erbpachtung eines mehrere Morgen großen Grundstückes vom St.-Johannis-Kloster konnte eine Maulbeerplantage angelegt und der Seidenanbau vergrößert werden. Die dadurch erwirtschafteten Überschüsse flossen der Seminarkasse zu. Neben der Seidenraupenzucht initiierte Göring auch die Vermittlung von Kenntnissen in der Küchen- und Obstbaumgärtnerei, wozu er auf eigene Kosten einen Gärtner besoldete. Offenbar stieß dieser praktische Unterricht auf wenig Gegenliebe; der Geistliche selbst klagte darüber, wie „wenig die Seminaristen aus einem unzeitigen Dünkel u[nd] thörigten Vorurtheil dazu Lust [bezeugen], einige schämen sich dieser Beschäftigung und muß alles erzwungen werden“.77 Nachdem Göring 1786 durch Überschüsse im Meliorationsfonds die Zahl der Seminaristen auf sechs erhöht hatte, richtete sich sein Engagement über die Grenzen der Lastadie hinaus.78 Er ließ in den Stettiner Vorstädten Neuwiek und Unterwiek je ein mit der Lastadischen Schule organisatorisch verbundenes Nebengebäude errichten, „um theils den Kindern der zu weit entfernten vorstädtischen Einwohner […] Unterricht, teils den Präparanden des Schulseminariums Gelegenheit zur praktischen Fortübung zu verschaffen“.79 An diesen neu entstandenen Schulen wurden die erfahrensten Präparanden als selbständige Lehrer eingesetzt und erhielten neben ihrer Unterstützung von 3 Talern ein Drittel des dort einkommenden Schulgeldes. 74 Waterstraat 1896, S. 575. 75 Luckow, S. 41. 76 APS, Konsystorz, 7683, fol. 90 – 111: Nachricht wegen der Königlich Lastadischen Waisenhausschule und des damit verbundenen Schulseminariums, Stettin vom 23. März 1788, hier fol. 96. 77 Ebd., fol. 67v.: Anzeige dessen, worinnen die Seminaristen der Königl. Lastadischen Schule unterwiesen werden, Stettin 1788. 78 Aumüller, S. 7. 79 APS, Konsystorz, 7683, fol. 25.

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Die innere Struktur von Görings Lehrerseminar regelte eine von ihm verfasste Seminarordnung, die nach dem Vorbild der Anstalten in Berlin, Kloster Bergen und Halberstadt – hier hatte Göring, bevor er ins Pfarramt trat, als Lehrer an der Martinschule gewirkt – erstellt worden war.80 Jeder Bewerber, der sich der obligaten Eingangsprüfung unterziehen wollte, musste zunächst bestimmte Kriterien erfüllen. Neben einer „natürlichen Fähigkeit und Lust zum Unterricht“ und einem gewissen Maß der „dazu erforderliche[n] Kenntnisse“ benötigte er ein Zeugnis über „seine[n] christlichen anständigen Wandel“ ebenso wie den Nachweis, dass er sich durch ein Handwerk zu ernähren imstande sei. Die Bestimmungen der Seminarordnungen begrenzten den Kreis seiner potentiellen Klientel und standen damit in Kontinuität zu dem bereits für das Schinmeyersche Seminar aufgezeigten „handwerklichen Rekrutierungsnexus“.81 Göring setzte in seiner Ordnung explizit voraus, dass die den Zöglingen gewährte Unterstützung von 3 Talern nicht zu deren Unterhalt ausreichen würde, wodurch sie genötigt waren, „sich außer den [ihnen] angewiesenen Schulstunden etwas [zuzu]verdienen“. Nach der Aufnahme in das Seminar wohnten die Präparanden unter der Aufsicht des ersten Lehrers innerhalb einer geschlossenen Gemeinschaft im Schulhaus, wo für Beköstigung und Aufwartung gesorgt wurde. Es scheint, dass im Gegensatz zur Ministerialschule spätestens mit der Anstellung des aus Graudenz stammenden Rosinskis 82 als Seminarlehrer der praktischen Ausbildung der Präparanden eine theoretische vorgelagert war, die einem festen Lektionsplan folgte.83 Mehr als die Hälfte der wöchentlichen 38 Unterrichtsstunden blieb dem Religionsunterricht vorbehalten – dieser starke religiöse Zug spiegelt sich auch deutlich in der Seminarordnung – gefolgt von Deutsch und Rechnen (siehe Abbildung 4). Als bemerkenswert darf das Vorhandensein eines pädagogikaffinen Faches bezeichnet werden. Praktische Ausbildungsformen kamen erst mit dem Erreichen einer gewissen Qualifikation hinzu: „Die älteren Seminaristen, die mit den Kenntnissen und Methodie schon bekannt sind, gehen in die Klassen der Schule und lernen durch Augenschein, wie eine Schule, die aus verschiedenen Abteilungen besteht, müsse regiert und unterrichtet werden.“ 84

Diese Anmerkung über die „älteren Seminaristen“ legt den Schluss nahe, dass es für die Aufnahme in das Seminar keinen festen Termin gab, sondern vielmehr – ähnlich wie in der Ministerialschule – eine Neuaufnahme erst durch Ausscheiden eines anderen Präparanden möglich wurde. Vertieft wurde die Ausbildung durch Konferenzen, aber auch 80 81 82 83

Anhang 9.9 dieser Arbeit: Seminarordnung von1783. Neugebauer 1985, S. 385. Sein Vorname konnte nicht ermittelt werden. Vgl. Anhang 9.10 dieser Arbeit sowie Luckow, S. 43 f.: Mit der Anstellung Rosinskis „erhielt das Seminar seinen ersten eigenen Seminarlehrer. Bis dahin hatten die beiden Lehrer an der Lastadischen Schule nebenamtlich den Unterricht erteilt.“ 84 Ebd., fol. 160 f., Anmerkung 4.

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Lehrerbildung in Pommern

Naturlehre 2

Pädagogik 1

Gartenbau 2 Rechnen 4

Religion 21

Deutsch 8

Abbildung 4: Verteilung der Wochenstunden am Stettiner Seminar 1792 85

durch das Selbststudium „nützlicher Lehr- und Erziehungsschriften“. Göring hatte für die Anschaffung einer Schulbibliothek Sorge getragen. Die Seminarordnung spricht von „einer demnächstigen Prüfung“, in der die Präparanden ihre „Geschicklichkeit zu ihrem Amte eines Landschullehrers“ unter Beweis stellen sollten.85Ob es sich hierbei um eine Abschluss- oder nur eine allgemeine Prüfung von Fähigkeiten innerhalb des Lehrgangs handelte, ist nicht klar. Es lässt sich erkennen, dass durch das Wirken Christian Friedrich Görings die Schullehrerausbildung an der Lastadischen Schule nicht nur wiederbelebt, sondern im Vergleich zu der im Schinmeyerschen Sinne fortgeführten Ausbildung an der Ministerialschule starke Verbesserungsimpulse erhielt. Die bis dato übliche erweiterte Meisterlehre wurde, wenn auch nicht völlig abgelöst, so doch durch eine strukturierte theoretische Ausbildung ergänzt. Das Novum einer staatlichen Unterstützung der Präparanden, die nachweislich allein auf Görings Engagement zurückzuführen ist, tritt deutlich hervor. Die Erfolge des Stettiner Seminars blieben an höchster Stelle nicht unbemerkt, weshalb Johann Christoph von Woellner 1788 einen Bericht über die Lastadische Schule anforderte. Göring, mit dem von ihm Erreichten offenbar noch nicht zufrieden, unterbreitete dem Minister umfangreiche Vorschläge zur Verbesserung der Anstalt, die von einer höheren Besoldung der Lehrer und stärkeren finanziellen Unterstützung der Seminaristen bis hin zur Erweiterung der Schule um mehrere Klassen reichten.86 Dabei hatte der Geistliche nicht allein das Seminar und die gewöhnlichen Klassen der Lastadische Schule, sondern bereits einen berufsvorbereitenden bzw. -begleitenden Unterricht in einer „Steuermannklasse“ im 85 APS, Konsystorz, 7683, fol. 160 f.: Lections-Plan für das Seminarium zu Stettin 1792. 86 Ebd., fol. 90 – 111: Nachricht wegen der Königl. Lastadischen Waisenhausschule und damit verbundenem Schulseminarium; fol. 99 – 111 enthalten die Vorschläge Görings, Stettin vom 22. März 1788.

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Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Blick. In ihr sollten vor allem Kinder von Seefahrern, aber auch Matrosen unentgeltlich unterrichtet werden. Außer in der Navigation wurden die Teilnehmer in Mathematik, Geographie, Astronomie, Englisch und Holländisch unterrichtet.87 Abschließend wies Göring den Minister darauf hin, dass die Anzahl von sechs Seminaristen keinesfalls ausreichend sei, um in Pommern allein die Stellen königlichen Patronats mit ausgebildeten Lehrern zu versorgen. Dazu wäre nach seiner Prognose eine Vervier- bis Verfünffachung der bestehenden Kapazität notwendig. Göring konnte Erfolge verbuchen. Für die Schaffung einer Werkklasse, die sich in eine Steuermann-, Z ­ eichen- und Näh- und Strickklasse unterteilte, waren ihm 300 Taler aus der Staatskasse bewilligt worden. Durch d ­ ieses Alleinstellungsmerkmal, aber auch aufgrund der guten Arbeit des mittlerweile zum Rektor beförderten Johann Friedrich Nitschmann stieg die Schülerzahl so erheblich an, „daß sie in 2 Lehrzimmern, besonders in der ersten Classe nicht mehr Raum haben, weil das Zutrauen gegen die Schullehrer, besonders den Rector Nitschmann wächset“.88 Eine Quantifizierung der Schülerfrequenz ist in Tabelle 5 dargestellt. Tabelle 5: Schülerzahlen an der Lastadischen Schule und ihren Filialschulen 1791 Lastadische Schule

150 Schüler in zwei Klassen

Steuermannklasse

6 Schüler1

Zeichenklasse

über 50 Schüler

Näh- und Strickklasse

21 Schülerinnen

Grabowsche Schule (Unterwiek)

60 Schüler

Plantagenschule (Oberwiek)

50 Schüler

1

Die geringe Zahl führte Göring auf den milden Winter zurück, in dem die Schiffe nicht im Stettiner Hafen ankerten, sondern auf See waren. Quelle: APS, Konsystorz, 7673, fol. 225 – 232: Bericht Görings, Stettin vom 8. Februar 1791, dort fol. 232.

Weniger erfolgreich erwies sich Görings Bemühen um eine Erhöhung der Seminarkapazität. Zwar hatte das Ministerium 1788 den bis dahin im westpreußischen Graudenz angestellten Lehrer Rosinski zum Seminarlehrer und Inspektor ernannt und den bisherigen ersten Lehrer Nitschmann zum Rektor befördert, allerdings blieb das Ministerium 87 Dieses Vorhaben Görings, für das sich in Stettin als bedeutende Hafenstadt ein geeignetes Publikum durchaus gefunden hätte, fand nicht die erhoffte Resonanz. Ausweislich einer nach dem Tode Görings durchgeführten Visitationreihe der Lastadischen Schulanstalt wurde die Steuermannsklasse lediglich von drei Matrosen besucht. Vgl. APS, Konsystorz, 7674, fol. 34 – 64: Visitation des Regierungs- und Konsistorialrates Schiffmann anlässlich der Bestellung Engelkens zum Direktor der Lastadischen Schulen, Stettin vom 16. Dezember 1791 bis 21. Mai 1792, dort fol. 53 – 59: Visitation vom 30. April 1792, insbesondere fol. 57. 88 APS, Konsystorz, 7673, fol. 225 – 232: Bericht Görings, Stettin vom 8. Februar 1791, dort fol. 232.

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Lehrerbildung in Pommern

mit der Genehmigung von zwölf weiteren Stellen weit hinter den Stettiner Vorschlägen zurück, zumal sechs der nun vorhandenen 18 Plätze ausschließlich der Ausbildung von Kandidaten aus Westpreußen vorbehalten blieben. Um eine höhere Anzahl von Abgängern zu erzielen, erlaubte das Ministerium aber die Aufnahme von Präparanden, die außer dem freien Unterricht keinerlei weitere Unterstützung erhielten. Gab es für die bewilligten Freistellen genügend Interessenten, so ließ sich die erhoffte Anzahl von Präparanden nicht generieren. Die Gründe dafür lagen auf der Hand: Da sie für Kost und Logis selbst verantwortlich waren, mussten sie entweder eine Unterstützung durch ihre Eltern erhalten oder sich durch die Ausübung ihres Handwerks neben dem Seminarbetrieb ihre Subsistenz sichern. Beide Varianten erschienen Göring völlig abwegig. Die bekanntermaßen ärmliche Situation vieler Küster- und Schulhalter gestattete einerseits ihren Söhnen diesen Luxus nicht, andererseits machte der Mangel an Arbeitsmöglichkeiten in Stettin jeden eigenen Versuch der Präparanden, sich den nötigen Unterhalt zu verdienen, zunichte. Ferner führte Göring als weiteres Argument ins Feld, dass die Motivation für eine Präparandenausbildung gering bleiben werde, solange Stellen königlichen Patronats nach wie vor mit Kandidaten besetzt werden würden, denen jede Vorbildung fehlte. Noch einmal wies der Geistliche im Februar 1791 darauf hin, dass mindestens 36 Seminarplätze nötig sein würden, um alle Stellen königlichen Patronats mit ausgebildeten Lehrern zu besetzen. Görings Einwände erzielten in dieser Richtung offenbar keine Wirkung. Er verstarb im November 1791 in Demmin; ihm folgte Generalsuperintendent Gottlieb Ringeltaube.89 Unübersehbar bleibt Görings Engagement für die seminaristische Ausbildung angehender Lehrer. Innerhalb seiner 13-jährigen Wirkungszeit vermochte er durch Reformen der Lastadischen Schule und dem mit ihr verbundenen Lehrerseminar zu einer neuen Blüte zu verhelfen. Allerdings verwies ihn die staatliche Sparpolitik vor allem im Hinblick auf die beabsichtigte Erhöhung der Seminarplätze in deutliche Grenzen. Während seines Direktorats verließen 75 ausgebildete Lehrer das Seminar (vgl. Tabelle 6). Tabelle 6: Anzahl der Seminarabgänger des Lastadischen Seminars 1778 – 1791 1778 – 1783

1783 – 1789

1789 – 1791

Summe

15

20

40

75

Quelle: Eigene Zusammenstellung nach APS, Konsystorz, 7673, fol. 225 – 233: Göring an den König, Stettin vom 8. Februar 1791, hier: fol. 225 f.

89 Müller, S. 569: Geboren 1732 bei Thorn, Studium in Halle und Leipzig. 1760 Pfarrer im schlesischen Scheidelwitz, 1776 Pastor in Warschau. 1784 Berufung zum Hofprediger und Superintendenten im Herzogtum Oels, 1792 Generalsuperintendent von Vor- und Hinterpommern. Verstorben 1824.

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5.2.2 Die pommersche Lehrerausbildung im 19. Jahrhundert 5.2.2.1 Allgemeine Entwicklungen im Zuge der preußischen Reformen Wie an früherer Stelle erwähnt, markierte der Zusammenbruch Preußens den Beginn einer umfassenden Reform des Landes.90 Neben dem Amtsantritt Humboldts als Chef der Unterrichtssektion 1809 erfolgten die Berufungen von Ludwig Natorp und Carl August Zeller zu Schulräten in Potsdam und Königsberg, und darüber hinaus wurden die ersten drei preußischen Eleven 91 zu Pestalozzi nach Yverdon gesandt. Ihre Aufgabe bestand in der theoretischen und praktischen Aneignung der Pestalozzischen Lehrmethode, um diese ­später über die Lehrerausbildung in das preußische Schulwesen zu implementieren. Unter diesen jungen Männern befand sich auch Johann Wilhelm Matthias Henning, der von 1827 bis 1851 das Direktorat über das Kösliner Lehrerseminar führte.92 Auch die in den kommenden Jahren entsandten Eleven dienten in ihren späteren Amtsstellungen d ­ iesem Zweck; für Pommern explizit zu nennen sind die Stettiner Schulräte Ernst Bernhardt (Amtszeit 1816 – 1831, im Amt verstorben) und Karl August Gottlieb Dreist (Amtszeit 1832 – 1836, im Amt verstorben).93 Natorp und Zeller standen für zwei konkurrierende Modelle der Lehrerbildung. Bereits Ende 1808 wurde das Konzept des Pestalozzischülers Carl August Zeller von der Unterrichtssektion zur Einführung in Preußen empfohlen.94 Seine reale Umsetzung erfuhr es 1809 90 Kuhlemann, Frank-Michael: Modernisierung und Disziplinierung. Sozialgeschichte des preußischen Volksschulwesens 1794 – 1872. Göttingen 1992, S. 59 – 65 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Band 96). 91 Vgl. Tröhler, Daniel: Johann Heinrich Pestalozzi. Bern, Stuttgart, Wien 2008, S. 70: „Als Eleven wurden diejenigen Lehrkräfte bezeichnet, die von ausländischen Regierungen nach Burgdorf und Yverdon entsandt wurden um die ,Methode kennenzulernen und entsprechend ausgebildet ins Vaterland zurückzukehren. Führend war, was die Prominenz der politischen Förderer und die Zahl der Eleven betrifft, Preußen. Die Eleven bildeten eine eigene Gruppe, als sie erstens gleichzeitig ,Seminaristen‘ und ,Praktikanten‘ waren und als sie zweitens nicht im Schloss selbst, sondern in Pensionen wohnten.“ 92 Einen k­ urzen Abriss zur Person und Wirksamkeit von Henning und Dreist gibt Meffert, S.  136 – 140. 93 Lang: Dreist, Karl August Gottlieb [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 5 (1877), S. 394 f. Geboren am 20. Dezember 1784 in Rügenwalde in Hinterpommern. Besuch des Stettiner Gymnasiums. Studium in Halle. 1809 zusammen mit Peter Kawerau von der preußischen Regierung zu Pestalozzi nach Yverdon gesandt; Aufenthalt bis zum Herbst 1812. Anschließende Wirksamkeit in der Plamannschen Anstalt in Berlin, von dort 1815 in das Waisenhaus nach Bunzlau in Schlesien. 1827 Berufung in das Unterrichtsministerium, wo er nach dem Rücktritt Beckedorffs die Seminar- und Volksschulangelegenheiten bearbeitete. 1834 Berufung zum Schulrat in Stettin, dort am 11. September 1836 im Amt verstorben. – Zur Wirksamkeit von Dreist in Pommern vgl. Besch, Rudolf: Schulrat Dreist, ein pommerscher Schüler Pestalozzis, in: Unser Pommerland. Monatsschrift für das Kulturleben der Heimat. Heft 3 (1927), S. 90 – 95. 94 Zeuch-Wiese, Ilona: Die Erziehung der Erzieher. Zur Institutionalisierung der Elementarschullehrerausbildung in Preußen. Geschichte und Funktion des Königsberger Normal-Instituts

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durch Zellers Berufung nach Königsberg, wo er an das dortige Waisenhaus eine Normalschule angliederte. Dessen Zöglinge wollte er von frühester Jugend an für den Lehrerberuf ausbilden. Darüber hinaus bestanden ein Seminar für die Ausbildung angehender und eine Fortbildungseinrichtung für bereits im Dienst stehende Lehrer. Neben der Nachwuchsgewinnung und der Lehreraus- und -fortbildung realisierte das Normalinstitut als dritte Funktion die Qualifizierung der schulaufsichtsführenden Geistlichen.95 Die hier stattfindende Lehrerbildung kritisierte Michael Sauer als „eine institutionalisierte Form der Meisterlehre“.96 Ludwig Natorp hingegen konzipierte einen Gedanken, in dem neben der praktischen auch eine wissenschaftliche Ausbildung der Lehrer erfolgte. Seine Vorstellungen dazu formulierte er im „Grundriß eines Schullehrer-Seminariums für die Kurmark“, den er im September 1812 der Kultussektion einreichte.97 Zu den Lehrgegenständen Mathematik, Sprache, Musik, Realien, Religion und Gymnastik kamen Pädagogik, Didaktik und Schulkunde hinzu. Natorps Konzept wurde von Friedrich Schleiermacher, dem zuständigen Referenten der Sektion, geprüft und einer nicht unbedeutenden inhaltlichen Abschwächung unterworfen. Für Schleiermacher definierte die künftige Wirksamkeit bzw. Wirkungsstätte des Lehrers den Bildungsumfang im Seminar. Statt einer verstärkt wissenschaftstheoretischen Ausbildung im Natorpschen Sinne degradierte Schleiermacher das Seminar zu einer Fachschule, deren Schwerpunkt bei der „praktisch-technischen Befähigung“ ihrer Zöglinge lag.98 Dieser Duktus prägte die Elementarschullehrerausbildung in den folgenden Jahrzehnten, bis 1872 Adalbert Falk mit seinem Amtsantritt als Kultusminister eine konzeptionelle Wende einleitete. Damit konnte die Einrichtung eines kurmärkischen Seminars nach den Plänen Natorps nicht zur Ausführung kommen, allerdings hatten seine Gedanken richtungsweisenden Charakter für die Gründung neuer Seminare. Ohne auf die genaueren Umstände einzugehen, wuchsen die Spannungen ­zwischen Zeller und der Sektion.99 Vor dem Hintergrund „erheblicher Mängel in der Unterrichtsgestaltung, vor allem aber tyrannischer Strafmaßnahmen und diabolische[r] Praktiken der (Selbst-)Geißelungen“ geriet das Königsberger Normalinstitut in die Kritik, worauf Anfang 1811 Zellers Abberufung erfolgte.100 Seine Idee des Normalinstituts wurde nun zugunsten des Natorpschen Seminarmodells von offizieller Stelle gänzlich vernachlässigt.101 Nachdem durch die Verwaltung die Frage der Seminarkonzeption geklärt worden war, entstanden in den folgenden Jahren in rascher Zahl neue Einrichtungen. Das Ministerium verkündete 1825 in den „Jahrbüchern des Preußischen Volks-Schul-Wesens“, dass z­ wischen 1808 – 1813. Phil. Diss. Berlin 1984, S. 29. 95 Hinz 1991, S. 280. 96 Sauer 1987a, S. 18. 97 Abgedruckt bei Thiele 1912, S. 162 – 175. 98 Sauer 1987a, S. 19. 99 Vgl. Zeuch-Wiese, S.  84 – 90. 100 Hinz 2000, S. 182. 101 Den in der Sektion sich vollziehenden Paradigmenwechsel dokumentierte sehr detailliert Thiele 1912, S. 94 – 103.

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1810 und 1825 zehn Seminare neu gegründet worden waren, wodurch deren Gesamtzahl nunmehr 28 betrug. Trotz der zentralen Lenkung durch die Berliner Unterrichtsbehörde verblieb den Provinzialregierungen bei der Planung und Organisation der Lehrerausbildung ein größtmöglicher Freiraum. Das bestätigte der verantwortliche Referent Ludolph Beckedorff: „Etwas Allgemeines aber, das auf alle oder doch auf die meisten von ihnen [den Seminaren] paßte und zugleich ein einigermaaßen getreues und erkennbares Bild gewährte, läßt sich deshalb nicht gut zusammenstellen, weil jede dieser Anstalten ihren eigenthümlichen und von allen übrigen verschiedenen Charakter hat. Zu andrer Zeit, von anderen Behörden, unter dem Einflusse anderer Ansichten gegründet, für andere Verhältnisse, Oertlichkeiten und Bedürfnisse bestimmt und von anderen Vorstehern geleitet, die je tüchtiger desto selbständiger ihren Weg gegangen sind, hat jede einzelne Anstalt auch ihre eigene abweichende Einrichtung erhalten. […] Es läßt sich aber überhaupt schwerlich etwas Allgemeines darüber festsetzen, wie ein Schullehrer-Seminar in allen seinen einzelnen Beziehungen eingerichtet werden müsse. Das Bedürfniß derjenigen Schulen, wofür Lehrer erzogen werden sollen, bestimmt auch die Beschaffenheit der Anstalten, worin sie gebildet werden, und es kommt dabei nicht bloß überhaupt die Art oder Stufe von Schulen, für w ­ elche gesorgt werden soll, sondern die ganze provinzielle Eigenthümlichkeit, die Armuth oder Wohlhabenheit, die Lebensweise und Beschäftigung, der religiöse Character und die bisherige Bildung in derjenigen Gegend und unter denjenigen Einwohner-Classen, für w ­ elche die Schulen bestimmt sind, in sorgfältigsten Betracht.“ 102

Die Verantwortung für die Konstituierung der Seminare verblieb bei den örtlichen Instanzen und konnte entscheidend durch das Engagement des jeweiligen Direktors geprägt werden. Dabei trugen die provinzialen Eigenheiten, vor allem aber die künftige Wirkungsstätte der Seminarabsolventen richtungsweisenden Charakter für den Lehrplan: „Nach diesen Erfordernissen der Schulen soll sich nun auch der Unterricht in den Seminarien richten. Religion, Muttersprache, Schreiben, Rechnen und Gesang sind die Hauptsache. In diesen Dingen muß ein tüchtiger und zuverläßiger Grund gelegt seyn, ehe zu den übrigen Gegenständen mit wahrem Nutzen übergegangen werden kann. Je mangelhafter in der Regel noch die Vorbereitung ist, mit welcher die jungen Leute in’s Seminar treten, desto mehr muß man sich hüthen, sie anfangs mit einer allzugroßen Mannichfaltigkeit von Gegenständen zu bestürmen. Es entsteht daraus nur zu leicht Verwirrung, Unsicherheit und Unklarheit in den Begriffen, dadurch oberflächliches Wesen und Halbwisserei und als unausbleibliche Folge Dünkel und Anmaßung, die im Lehrstande eben so großen Schaden anrichten, als Unwissenheit nur irgend thun kann.“ 103 102 Die Preußischen Schullehrer-Seminarien, in: Beckedorff, Ludolph: Jahrbücher des preußischen Volks-Schul-Wesens, Band 1, Heft 2. Berlin 1825, S. 97 – 127, hier S. 104 f. 103 Beckedorff, Band 1, Heft 2, S. 110.

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Für die Gründungs- und Ausbauphase der Lehrerseminare gilt daher eine hohe Diversität innerhalb der preußischen Monarchie. Im Einzelnen zeigt sich das in den räumlichen Bedingungen, der Finanzierung, der Ausbildungsdauer und dem Lehrplan. Im Folgenden wird die Entwicklung des Stettiner Seminars nachgezeichnet. 5.2.2.2 Die Neustrukturierung der Lehrerbildung in Stettin Die Pensionierung des Inspektors Rosinksi an der Lastadischen Schule bot eine geeignete Gelegenheit, mit der Neubesetzung dieser Stelle gleichzeitig eine zeitgemäße Veränderung im bestehenden Ausbildungssystem zu realisieren. Mit der Erstellung eines entsprechenden Gutachtens waren bereits im Frühjahr 1810 Schulrat Georg Wilhelm Bartholdy und Konsistorialrat Friedrich Ludwig Engelken 104 beauftragt worden. Aus ihrem Bericht kristallisierten sich vor allem zwei Aspekte heraus, die eine positive Entwicklung des Stettiner Seminars erschwerten: Zum einen ließ die mit 450 Talern vergleichsweise schlecht dotierte Inspektorenstelle kaum das Interesse eines geeigneten Kandidaten erwarten; zum anderen wirkte sich die Vermietung einzelner Räume der Lastadischen Schule an Stettiner Familien und Handwerker als für den Schulbetrieb störend aus. Die Gutachter fassten ihre Beobachtungen zusammen: „Die Beseitigung dieser beiden Schwierigkeiten erscheint uns unerläßliche Bedingung dazu, daß das Seminarium aus seiner jetzigen kläglichen Lage gerissen, und in den Stand gesetzt werde, dem Staate den Nutzen zu gewähren, den er bei besserer Einrichtung davon zu erwarten berechtigt wäre.“ 105

Sie präsentierten einen Lösungsvorschlag, bei dem die Stettiner Ministerialschule erneut in den Fokus rückte. Dort ließen sich alle Voraussetzungen finden, die dem konstatierten Mangel abhülfen, denn die Schule verfügte über das geräumige dreistöckige Gebäude am Jakobikirchplatz. Zudem war ihr Inspektor August Friedrich Kühn 106 mittlerweile in die Jahre gekommen und vermochte als „abgelebter Greis […], nicht das geringste mehr für 104 Müller, S. 569: Geboren am 13. Mai 1749 in Repplin bei Stargard in Pommern. Studium in Frankfurt an der Oder. 1763 Subrektor an der Frankfurter Oberschule. Nach erfolgter Promotion zum Doktor der Philosophie hielt er von 1771 bis 1775 philosophische Vorlesungen in Frankfurt. 1776 Konrektor in Stargard, Ostern 1787 Berufung zum Pastor der dortigen St. Johanniskirche. 1789 Berufung als Archidiakonus an St. Marien in Stettin und Professor für orientalische Sprachen an das dortige Gymnasium. 1790 Ernennung zum Konsistorialrat. 1793 Pastor der Mariengemeinde und Präpositus der Alt-Stettinschen Synode. Letzteres Amt verwaltete er bis 1821. Seine Berufung zum Generalsuperintendenten erfolgte 1826, wenig ­später wurde er zum ersten evangelischen Bischof Pommerns ernannt. Verstorben am 18. September 1826 in Stettin. 105 APS, Rej. Sz, II/5022, unpag.: Bericht über die künftige Einrichtung des Stettinschen Seminarii für Landschullehrer, Stettin vom 24. Oktober 1810. 106 Verstorben am 10. Juni 1813 im Johannis-Kloster, Stettin.

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die Anstalt [zu] thu[n]“.107 Somit lagen die Vereinigung beider Inspektorenstellen und die Übersiedlung des Seminars von der Lastadischen Schule zur Ministerialschule auf der Hand. Die rechtlichen Einzelheiten wurden in einem offiziellen Protokoll festgehalten, das aus einer Beratung aller Beteiligten vom 28. Dezember 1810 hervorging.108 Der Plan sah vor, dass die 18 ursprünglich an der Lastadischen Schule vorhandenen Seminaristenstellen auf sechs reduziert wurden und zehn Stellen an der Ministerialschule entstanden.109 Diese Seminaristen erhielten eine monatliche Unterstützung von jeweils 3 Talern. Weil die verbleibenden Seminaristen an der Lastadischen Schule dort zugleich auch als Lehrer fungierten, bedurften sie keiner Beihilfe. Darüber hinaus bestand für externe Personen die Möglichkeit, unentgeltlich am Seminarunterricht teilzunehmen, allerdings ohne Anspruch auf Unterstützung (vgl. Tabelle 13). Die entsprechende Genehmigung erteilte die Kultussektion am 12. Februar 1811. Die neugeschaffene Inspektorenstelle konnte mit Friedrich Heinrich Gotthilf Graßmann besetzt werden. Zum Direktor des Seminars wurde Georg Wilhelm Bartholdy ernannt, der als Freund Schleiermachers und korrespondierendes Mitglied der Berliner Wissenschaftlichen Deputation für d ­ ieses Amt beste 110 Voraussetzungen mitbrachte. Über den Lebensweg ­dieses ersten Direktors am neuen Stettiner Lehrerseminar ist wenig bekannt. Er wurde am 27. August 1765 in Kolberg geboren und besuchte das dortige sowie das Stettiner Gymnasium, ehe er in Halle das Studium der Theologie aufnahm. Nach dessen Abschluss trat er 1787 in das Gedikesche Seminar für gelehrte Studien in Berlin ein, wo er Bekanntschaft mit Friedrich Schleiermacher schloss.111 Zum 30. Juni 1797 erhielt Bartholdy seine Berufung an das Stettiner Gymnasium als Professor für Mathematik und Physik. Diese und seine spätere Stellung als Schulrat und Direktor des Schullehrerseminars behielt er bis zu seinem Tode. Er verstarb am 26. Mai 1815 in Stettin an Entkräftung.112

107 APS, Rej. Sz, II/5022, unpag.: Bericht über die künftige Einrichtung des Stettinschen Seminarii für Landschullehrer, Stettin vom 24. Oktober 1810. 108 Ebd.: Protokoll über die Vereinigung der beiden Schullehrerseminare, Stettin vom 28. Dezember 1810. 109 Aumüller, S. 9. 110 Heyden 1936, S. 13. 111 Fischer, Hermann et al. (Hrsg.): Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher. Kritische Gesamtausgabe. Fünfte Abteilung, Band 7: Briefwechsel 1803 – 1804. Berlin, New York 2005, S. XXVf. 112 von Bülow, Gottfried: Bartholdy, Georg Wilhelm [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biograpie, Band 2 (1875), S. 107. – Vgl. auch GStA PK, I. HA, Rep. 76, VII neu Sekt. 17 A Teil I, Nr. 1, Band 1, unpag., Schreiben des Unterrichtsdepartements an das Präsidium der Pommerschen Regierung, Berlin vom 11. März 1814: Mit Verweis darauf, dass für die Verwaltung des Schulwesens in Pommern ein hauptamtlicher Schulrat nötig sei, brachte das Departement Bartholdy für diesen Posten in Vorschlag. Ebd., Schreiben des Präsidiums der Pommerschen Regierung an das Innenministerium, Stettin vom 14. Juli 1814: Bartholdy lehnte die Beendigung seines Lehramtes am Gymnasium und damit die ihm angebotene Schulratstelle ab.

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5.2.2.2.1 Friedrich Heinrich Gotthilf Graßmann – Schulrat und Seminardirektor Bei der Reorganisation und Modernisierung des Seminarwesens gewährte der Staat den örtlichen Instanzen einen großen Gestaltungsspielraum. Damit erhielten die Seminardirektoren eine besondere Bedeutung. Jahrzehntelang war für das Stettiner Seminar Friedrich Heinrich Gotthilf Graßmann prägend, dessen Person nun näher betrachtet werden soll. Obgleich Graßmann für die Entwicklung des pommerschen Seminar- und Schulwesens eine überragende Rolle einnahm, sind biographische Notizen über ihn in vergleichsweise geringem Umfang vorhanden. Weder die Allgemeine Deutsche Biographie noch die Neue Deutsche Biographie widmen ihm einen Artikel. Eine kurze Lebensbeschreibung verfasste sein Neffe Robert und veröffentlichte sie im Graßmannschen Familienbuch.113 Überliefert ist auch seine Ehrenbezeichnung als „pommerscher Pestalozzi“.114 Friedrich Heinrich Gotthilf Graßmann wurde am 22. Mai 1784 im hinterpommerschen Sinzlow, Kreis Pyritz, geboren in der zweiten Ehe seines Vaters, des dortigen Predigers Gottfried Ludolf Graßmann, mit der Pfarrerstochter Regina Elisabeth Sagebaum.115 Nach dem Besuch der Stettiner Ratsschule und des dortigen Lyzeums studierte Graßmann von 1800 – 1802 an der Hallenser Universität Theologie. Mit erfolgtem Abschluss wirkte er als Hauslehrer sowie als Lehrer an verschiedenen öffentlichen und privaten Schulen Stettins. 1806 trat er in das neugegründete und mit dem Stettiner Gymnasium verbundene Seminar für gelehrte Schulen ein. 1809 erfolgte seine Berufung auf die Pfarre in Stecklin bei Greifenhagen. Während dieser Zeit heiratete er Johanna Dorothea Elisabeth Grundmann. Ihre Ehe blieb kinderlos, allerdings nahm das Paar einen Neffen und eine Nichte als Pflegekinder an. 1811 berief ihn die Königliche Regierung nach Stettin, wo er als Inspektor die Leitung des neugegründeten Schullehrerseminars und zugleich das Rektorat der Ministerialschule übernahm. Darüber hinaus erstreckte sich seine Lehrverpflichtung auf den Religionsunterricht in der ersten Klasse des Stettiner Gymnasiums.116 1815, nach dem Tode Bartholdys, wurde Graßmann zum Direktor des Lehrerseminars ernannt, ein Jahr ­später avancierte er zunächst zum Hilfsarbeiter, dann zum Assessor beim Geistlichen und Schuldepartement der Stettiner Regierung. 1826 erfolgte seine Ernennung zum Königlichen Schulrat. Seine zahlreichen pädagogisch-methodischen Veröffentlichungen dienten als Grundlage für eine Reform des Elementarschulunterrichts in Pommern: 1816 die Anleitung zum Lesen und Rechtschreiben 117 ebenso eine Fibel, 1825 Denk- und Sprechübungen,118 1828 – 1830 die 113 Grassmann, Robert: Graßmannsches Familienbuch, Stettin 1876, S. 33 – 37. 114 Graßmanns Ehrenbezeichnung findet sich bei Wollermann, Rudolf: Die Provinzial- Taubstummenanstalt zu Stettin. Festschrift zur Einweihung des in den Kriegsjahren 1914 – 1916 neuerbauten Anstaltsgebäudes am 18. Oktober 1916. Stettin 1916, S. 59. 115 Leisewitz, Carl: Graßmann, Gottfried Ludolf [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 593 – 595. 116 Grassmann, Robert, S. 34. 117 Anleitung für Volksschullehrer zum ersten Unterricht im Lesen und Schreiben. Berlin 1816. 118 Anleitung zu Denk- und Sprechübungen als der naturgemäßen Grundlage für den gesammten Unterricht, besonders aber für den ersten Sprachunterricht in Volksschulen. Berlin 1825.

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Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Abbildung 5: Friedrich Heinrich Gotthilf Graßmann, © Aumüller, S. 31

dreibändige Sprachbildungslehre,119 1833 Welt- und Menschenkunde,120 1835 kleine deutsche Sprachlehre,121 1838 Guter Rat für Schulaufseher und Lehrer auf dem Lande.122 Im Alter von 69 Jahren legte Graßmann sein Amt als Seminardirektor 1853 nieder, wirkte jedoch 13 weitere Jahre als Schulrat. In dieser Zeit erwarb er sich große Verdienste um die Provinzial-Taubstummenanstalt. Diese bereits 1839 gegründete und mit dem Seminar verbundene Einrichtung diente auch dem Zweck, ausgewählten Seminaristen eine Ausbildung zum Taubstummenlehrer zu ermöglichen.123 Zu seinem 60. Amtsjubiläum erhielt Graßmann am 1. April 1866 hochgeehrt seinen Abschied. Bereits vier Monate ­später erlag er am 30. Juli 1866 in Stettin der Cholera.

119 Die Lehre von der Sylbenbildung in Verbindung mit der Sprachzeichenlehre für Deutsche. Berlin 1828; Die Lehre von Deutscher Wortbildung. Berlin 1829; Die Lehre von Deutscher Redebildung. Berlin 1830. 120 Handbuch der Welt- und Menschenkunde, zum Gebrauche in Volksschulen. Berlin 1833. 121 Kleine deutsche Sprachbildungslehre für Volksschulen. Berlin 1835. 122 Guter Rath für Schulaufseher und Schullehrer auf dem Lande in Beziehung auf die rechte Verwaltung des Schulamtes. Stettin, Berlin 1838. 123 Wollermann, S. 43.

Lehrerbildung in Pommern

121

Weitaus bekannter ist Graßmanns älterer Bruder Justus Günther (1779 – 1852).124 Obwohl auch er z­ wischen 1799 und 1801 in Halle Theologie studierte, zog es ihn, wie er selbst bekundete, „von jeher mehr zu den exacten Wissenschaften hin“, so dass er zusätzlich mathematische und physikalische Vorlesungen hörte.125 Nach der Rückkehr aus Halle fand er zunächst als Hauslehrer, dann von 1802 – 1806 als Konrektor in Pyritz sein Auskommen. 1806 wurde er an das Stettiner Gymnasium berufen. Dort unterrichtete er Mathematik, Physik und Zeichnen und trat nach dem Tode Bartholdys 1815 dessen Nachfolge als erster mathematischer Lehrer an.126 Die Gebrüder Graßmann waren entscheidende Reformatoren des Schulwesens und beförderten mit Bartholdy die Einführung der Pestalozzischen Methode in Pommern. Neben seiner Arbeit am Stettiner Gymnasium begründete Justus Günther Graßmann eine Erweiterung des bisherigen Rechenunterrichts an den Elementarschulen. Seine Publikation „Raumlehre für Volksschulen“ 127 galt als grundlegend für die Einführung eines geometrischen Unterrichts, der auf eine strenge mathematische Beweisführung verzichtete. Im April 1812 übernahm er zusätzlich für drei Wochenstunden den als neues Unterrichtsfach eingeführten Zeichenunterricht am Lehrerseminar. Justus Günther Graßmann heiratete 1804 die Pfarrerstochter Johanne Friederike Luise Medenwaldt. Diese Ehe erklärt die enge Verbindung der Gebrüder Graßmann mit dem Penkuner Superintendenten Caspar Moritz Engelcken, da dieser seit 1809 mit Caroline Friederike Medenwaldt verheiratet und somit Graßmanns Schwager war.128 5.2.2.2.2 Das Stettiner Seminar in seiner Anfangsphase Der erste Kurs des neugegründeten Stettiner Lehrerseminars begann Michaelis 1811 mit 17 Seminaristen und einigen Seminargästen. Den Unterricht erteilte Graßmann zum größten Teil noch selbst. Als Hilfslehrer fungierte Carl Ludwig Hallpaap,129 der Schreiben,

124 125 126 127 128

Cantor, S. 598 f. Grassmann, Robert, S. 26. Ebd., S. 27. Grassmann, Justus Günther: Raumlehre für Volksschulen. Berlin 1817. Von den zwölf Kindern des Ehepaars Graßmann schlugen einige bemerkenswerte Karrieren ein. Der Sohn Hermann Günther (1809 – 1877) trat als Professor die Nachfolge seines Vaters am Stettiner Marienstiftsgymnasium an und erlangte als bedeutender Mathematiker und Sanskritforscher Anerkennung weit über die Grenzen Pommerns hinaus. Dessen Sohn Justus (1851 – 1926) war seit 1911 als Schulrat in Stettin Mitglied des Pommerschen Provinzialschulkollegiums, zu dessen Direktor er 1920 ernannt wurde. Ein weiterer Sohn von Justus Günther Graßmann, Robert (1815 – 1901), machte sich als Redakteur der Stettiner Zeitung sowie der Pommerschen Zeitung einen Namen. Sein Bruder Justus (1818 – 1893) wirkte von 1852 – 1874 als Superintendent der Gartzer Synode, ehe er nach Schönfeld, Synode Penkun, versetzt wurde. 129 Vgl. APS , Rej. Sz., II /5005, unpag.: Lebenslauf von Hallpaap, Stettin vom 11. September 1827. Hallpaap, geboren in Repplin bei Stargard, wurde nach seiner Ausbildung am Stettiner

122

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Rechnen und Singen unterrichtete; den Zeichenunterricht übernahm 1812 Justus Günther Graßmann.130 Der erste Kurs konnte nur bis März 1813 fortgesetzt werden, weil noch vor dem Ablauf der zweijährigen Ausbildungsdauer die neunmonatige Belagerung Stettins den geregelten Ablauf störte und der Seminarbetrieb für einige Zeit ganz zum Erliegen kam. Aufgrund der schlechten Versorgungssituation verließ ein Großteil der Seminaristen die Stadt oder wurde zum Militärdienst gezogen. Zurück blieben nur fünf Seminaristen und die aus Stettin stammenden Gäste, mit denen Graßmann den Unterricht fortsetzen konnte. Die Lage verschlechterte sich aber, als im Juli die Lehrer der Ministerialschule zum Militär gingen, so dass Graßmann nun mit den letzten zwei ihm verbliebenen Seminaristen den Unterricht an dieser Schule absicherte.131 Erst Michaelis 1814 war es möglich, wieder den geregelten Seminarbetrieb aufzunehmen. Allerdings brach bereits ein halbes Jahr s­ päter der Krieg erneut aus, worauf ein Großteil der Seminaristen wieder in den Kampf zog. Nach ihrer Rückkehr fand bis September 1817 ein anderthalbjähriger Kurs statt.132 Mit dem Ende der Kriegsunruhen stabilisierte sich die Seminarausbildung; ab Michaelis 1817 fanden bis 1825 regelmäßige zweijährige Kurse statt, deren Teilnehmeranzahl auf etwa 30 stieg. In dieser Zeitspanne wurde zur Mitte eines jeden Kurses eine geringe Anzahl weiterer Bewerber aufgenommen. Mit den ab 1824 eintretenden Veränderungen in der inneren Struktur und der Eröffnung einer zweiten Klasse etablierte sich ein alljährlicher Aufnahmemodus (vgl. Tabelle 7). Tabelle 7: Anzahl der pro Jahr in das Stettiner Seminar aufgenommenen Zöglinge 1817 – 1837 1817

1818

1819

1820

1821

1822

1823

1824

1825

1826

20

12

26

7

29

6

26

8

25

14

1827

1828

1830

1831

1832

1833

1834

1835

1836

1837

21

17

27

23

24

22

24

25

25

29

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von Aumüller, S.  62 – 66.

Seminar 1795 als vierter Lehrer der Lastadischen Schule angestellt und 1809 auch zum Hilfslehrer am Seminar ernannt. 130 Aumüller, S. 9 f. 131 APS , Rej. Sz., II /5024, unpag.: Bericht Graßmanns über den gegenwärtigen Zustand des Seminars und der Ministerialschule, Stettin vom 4. Januar 1814. 132 Aumüller, S. 10 f.

Lehrerbildung in Pommern

123

5.2.2.2.3 Die Konsolidierungsphase des Seminars Die Beendigung des Krieges sicherte eine ungestörte Durchführung der Kurse. Seitdem konnte die Verbesserung der inneren Seminarstrukturen angebahnt werden. Da Graßmann bisher den meisten Unterricht selbst erteilte, waren die Aufstockung des Lehrpersonals und die damit einhergehende Differenzierung der Lehrinhalte erforderlich. Deren Finanzierung konnte zum größten Teil aus staatlichen Mitteln gewonnen werden. Bereits 1820 war die Stettiner Garnisonsschule aufgelöst und der ihr zufließende Staatszuschuss an die Seminarkasse überwiesen worden. 1823 bewilligte das Ministerium aus einem besonderen Fonds insgesamt 1169 Taler und schloss das bislang bestehende Zweigseminar an der Las­ tadischen Schule, wodurch weitere Barmittel in Höhe von 160 Talern liquidiert wurden. Diese Erhöhung des Seminaretats brachte personelle Veränderungen und Neuerungen: Bereits 1821 konnte Carl Loewe, der Organist von St. Jakobi und bedeutendste pommersche Komponist des 19. Jahrhunderts, zur Erteilung des Musikunterrichts gewonnen werden. 1824 wurde als zweiter wissenschaftlicher Lehrer Karl Benjamin Schultz angestellt, der vor seinem Dienstantritt Gelegenheit erhielt, sich durch den Besuch verschiedener anderer preußischer Seminare auf seine künftige Lehrtätigkeit vorzubereiten.133 Als Hilfslehrer erhielten Karl Ferdinand Friedrich Klöckner 134 und Karl Eberhard Heinrich Riecke 135 eine Anstellung am Seminar und an der Ministerialschule. Lehrer Hallpaap trat 1824 aus dem Schuldienst, um als Rendant die ökonomischen Angelegenheiten der Lastadischen Schule zu verwalten.136 Neu strukturiert begann das Wintersemester 1824/25 nach dem in Tabelle 8 abgedruckten Lehrplan. Weil zu Michaelis 1824 nur acht neue Männer in das Seminar aufgenommen worden waren, betrug die Gesamtzahl der Zöglinge zu Beginn des neuen Semesters 38. Erstmalig konnte Graßmann durch die Anstellung von Schultz diese Gruppe in zwei Klassen teilen. Dass die Seminaristen etwa ein Drittel ihrer Unterrichtszeit gemeinsam beschult wurden, hatte neben der personellen Komponente seinen Grund vor allem in den beengten Verhältnissen des Seminars, weil „beide Klassen zu verschiedenen Zeiten in einem einzigen kleinen Lehrzimmer, welches in einigen Stunden überdies noch für die Zwecke der [Ministerial] Schule in Anspruch genommen werden muß, beschäftigt werden [mussten]“.137

133 Ebd., S.  12 – 14. 134 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1, unpag.: Klöckner wurde am 20. November 1805 in Gerswalde geboren und am 11. September 1821 in Penkun von Superintendent Engelcken geprüft. Die Akte enthält ein Empfehlungsschreiben, Klöckners Prüfungsarbeiten und das von Engelcken erteilte Zeugnis. 135 Biographische Angaben ließen sich nicht ermitteln. 136 APS, Rej. Sz., II/5005, unpag.: Curriculum vitae Hallpaaps, Stettin vom 11. September 1827. 137 APS, Rej. Sz., II/5023, unpag.: Bericht Graßmanns betr. die Einführung des Candidaten Schulz in sein Lehramt als zweiter Lehrer des Seminars und den Lectionsplan dieser Anstalt, Stettin im November 1824.

124

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Tabelle 8: Lehrplan des Stettiner Seminars 1824/25 Gemeinsamer Unterricht beider Klassen Unterrichtsfach

Wochenstunden

Fachlehrer

Religion

4

Naturkunde und gemeinnützige Kenntnisse

2

Graßmann II

Geschichte

2

Schulz

Zeichnen

3

Graßmann I

Erbauungsstunden

1

Schulz

Summe

12

Unterricht in der ersten Klasse

Graßmann II

Unterricht in der zweiten Klasse

Sprachunterricht

4

Graßmann II

Sprachunterricht mit praktischen Übungen

4

Schulz

Rechnen

4

Graßmann II

Zahlenlehre

4

Schulz Schulz

Raumlehre

2

Schulz

Raumlehre

2

Geographie

2

Schulz

Geographie

2

Schulz

Stilübungen

1

Schulz

Schreiben

3

Klöckner

Singen und Musik

8

Loewe

Lesen

2

Klöckner

Schreiben

3

Klöckner

Singen und Musik

4

Klöckner

Praktische Rechenübungen

2

Riecke

Singen und Musik

4

Riecke

Summe

26

Summe

25

Quelle: APS, Rej. Sz., II/5023, unpag.: Verteilung der Lehrstunden im Seminar für den Winter 1824/25.

5.2.2.2.4 Der Erwerb eines eigenen Seminargebäudes Nicht nur das Vorhandensein nur eines einzigen Unterrichtsraums erschwerte die Entwicklung, sondern mit steigender Frequentierung wurde die Unterbringung aller Seminaristen im Gebäude der Ministerialschule unmöglich, weshalb sich diese verstreut in Stettin einmieten mussten. Bereits im Dezember 1818 hatte Graßmann auf diesen ungünstigen Umstand hingewiesen und um Abhilfe gebeten.138 Vier Jahre ­später nahmen Konsistorium und Schulkollegium Verhandlungen mit den städtischen Behörden auf mit dem Ziel, das ehemalige Gouvernementshaus zum Ausbau des Seminars zu erwerben. Die Verhandlungen erwiesen sich als äußerst schwierig und können im Rahmen dieser Arbeit nur knapp dargestellt werden. Der ursprüngliche Plan sah einen Tausch beider Gebäude vor, so dass die Ministerialschule und das Seminar vollständig in das etwa doppelt so große Gouvernementshaus umziehen sollten, während das Gebäude der Ministerialschule der Stadt zufallen würde, um die geplante Schule für höhere Töchter darin einrichten zu können. Zusätzlich 138 APS, Rej. Sz., II/5048, unpag.: Bericht Graßmanns betreffend die Unterbringung der jetzt überzähligen Seminaristen, Stettin vom 16. Dezember 1818.

Lehrerbildung in Pommern

125

verpflichtete sich das Seminar, aus eigenen Mitteln eine Armenschule einzurichten.139 Dieser Vorschlag wurde von den städtischen Behörden „wegen des großen Mißverhältnisses des Werthes beider Grundstücke“ abgelehnt.140 Im seinem Bericht an das Ministerium eröffnete Graßmann im Mai 1823 eine weitere Option: „Unmittelbar hinter dem Ministerialschulgebäude stößt an dasselbe auf dem Jakobi-Kirchhofe ein kleines schmales Haus, worin jetzt eine Armenschule u[nd] die Wohnung eines Küsters befindlich ist. Es ist schon sehr alt, aus Fachwerk gebaut u[nd] hat nur einen geringen Werth. […] Dieses Gebäude muß dem Magistrate abgekauft, dann niedergerissen u[nd] an die Stelle desselben ein anderes Gebäude von größerer Breite u[nd] zweckmäßiger Einrichtung aus dem Seminarfonds aufgeführt werden. […] In d ­ iesem Gebäude müssen angelegt werden: 1) Ein geräumiges u[nd] dem Zweck angemessenes Lehrzimmer, welches für das Seminar das dringendste Bedürfniß ist; denn das jetzige Lehrzimmer ist klein, niedrig, dunkel u[nd] bietet gar keine Gelegenheit dar, die nöthigen Lehrmittel darin unterzubringen, 2) ein Saal zur Aufstellung einer kleinen Orgel zur Abhaltung der Andachtsstunden und zu Uebungen des aus Seminaristen u[nd] Schülern zu bildenden Sängerchores, 3) zwei Stuben nebst einigen Kammern zur Wohnung für noch 11 Seminaristen, 4) die Wohnung des zweiten Seminarlehrers und wo möglich noch eine Wohnung für einen Unterlehrer, ­welche über die hier wohnenden Seminaristen die specielle Aufsicht zu führen hätten, 5) im Falle der Errichtung einer Speiseanstalt die Wohnung u[nd] Küche des Oeconomen.“ 141

Das Ministerium genehmigte diesen Vorschlag und auch die städtischen Behörden stimmten zu. Kurz vor dem Baubeginn allerdings, als sämtliche Genehmigungen, Kalkulationen und Bauzeichnungen vorlagen, als selbst der Kaufpreis von 1400 Talern an die Stadt entrichtet worden war, zog diese im April 1825 ihre Zustimmung zurück und argumentierte, dass durch den Bau die freie Sicht auf die Jakobikirche und deren Turm gestört werden würde.142 Obwohl sich Konsistorium und Schulkollegium auf die vertraglich fixierte Zusiche­ rung des Magistrats beriefen, fanden trotzdem weitere Verhandlungen statt, in deren Folge erneut der ursprünglich verfolgte Erwerb des Gouvernementshauses zur Sprache kam. Nach anfänglicher Zustimmung seitens der Stadt erfolgte dennoch im November 1825 eine Ablehnung.143 Durch die von den städtischen Behörden offensichtlich betriebene Verschleppungstaktik desillusioniert, teilten Konsistorium und Schulkollegium dem Magistrat mit, dass die Bauarbeiten auf dem Jakobikirchhof definitiv im Frühjahr 1826 beginnen würden. 139 Ebd.: Gutachten des Prof. Graßmann, Stettin vom 22. September 1822. 140 Ebd.: Bericht des Magistrats, Stettin vom 29. Januar 1829. 141 Ebd.: Konsistorium und Schulkollegium an das Ministerium in Berlin, Stettin vom 31. Mai 1823. 142 Ebd.: Bericht des Magistrats wegen Abtretung des Currende-Hauses auf dem Jacobi-Kirchhofe, Stettin vom 13. April 1825. 143 Ebd.: Bericht des Magistrats über den Umtausch des vormaligen Gouvernements-Hauses, Stettin vom 23. November 1825.

126

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Ob die Stadt durch diese Nachricht zum Überdenken ihrer Position veranlasst wurde, lässt sich aus den vorliegenden Akten nicht erhellen. Unstrittig ist, dass es weitere Verhandlungen auch privater Natur ­zwischen Graßmann und einzelnen Mitgliedern des Magistrats gab, die endlich zu einem für beide Seiten befriedigenden Ergebnis führten. Im Mai 1827 erklärte die Stadtregierung ihr Einverständnis zum Verkauf des in der Kleinen Domstraße Nr. 682 gelegenen ehemaligen Gouvernementshauses, in dem das Seminar bis zu seiner Verlegung nach Pölitz 1862 verblieb.144 Die wichtigsten Bedingungen des Vertrages lauteten: 1.  Der Staat zahlt an die Stadt für das Gebäude eine Entschädigung in Höhe von 14.000 Talern. 2.  Das Seminar unterhält unentgeltlich in ­diesem Haus eine Armenschule mit 150 Kindern in zwei Klassen. Die Stadt gibt lediglich einen jährlichen Zuschuss von 75 Talern. 3.  Die Ministerialschule verbleibt in ihrem bisherigen Gebäude in der Mönchenstraße unter ihren bisherigen Verhältnissen und wird von der Seminardirektion in d­ iesem Zustand erhalten.145 Zu den 14.000 Talern der Kaufsumme entrichtete der preußische Staat einen Beitrag von 8000 Talern. Die fehlenden 6000 Taler mussten von der Stettiner Regierung selbst aufgebracht werden.146 Das Gebäude wurde am 1. Juli 1828 an Graßmann übergeben. Nach einem umfassenden Ausbau des zuletzt als Lazarett dienenden Hauses begann am 1. November 1829 der Unterricht an dieser neuen Stätte. Bereits einen Monat s­ päter konnte die aus zwei Klassen bestehende Freischule eröffnet werden und erhielt als festangestellten Lehrer den ehemaligen Seminaristen Albert August Steinicke (Abschlussjahrgang 1829). In ihr fand nun auch ein Teil der schulpraktischen Übungen der Seminaristen unter Steinickes Aufsicht statt. Gleichwohl hatte die enge Verbindung zur Ministerialschule auch weiterhin Bestand; administrativ, weil Graßmann ihr Direktor blieb und der inzwischen zum Oberlehrer beförderte Karl Benjamin Schultz zeitgleich das Rektorat führte; personell, weil dort nach wie vor durch die Seminaristen Unterrichtsübungen realisiert wurden.147 Diese enge Verbindung wurde erst 1855 durch Graßmanns Nachfolger Emil Theodor Goltzsch gänzlich beseitigt. 144 Vgl. Aumüller, S. 18: „Es hieß damals Gouvernements- oder Kommandantenhaus und führt heute [1912] die Bezeichnung Kleine Domstraße 21 und bildet mit dem Hause Roßmarktstraße Nr. 5 eine wirtschaftliche Einheit. Es liegt auf der östlichen Seite der Straße ­zwischen dem Kohlmarkt und der Roßmarktstraße. Z. Z. ist es ein ausgesprochenes Geschäftshaus, in dem anstatt der früheren stillen Geistesarbeit das Leben der Großstadt pulsiert.“ 145 LAG, Rep. 62, Nr. 2048, fol. 12 f.: Erklärung des Magistrats, Stettin vom 10. Mai 1827. 146 LAG, Rep. 62, Nr. 2054, fol. 2 – 8: Etat des Schullehrer-Seminariums zu Stettin pro 1842/44. Diese 8000 Taler entstammten aus einer Anleihe von der Ministerialschule, und zwar 4650 Taler verzinslich à vier Prozent und 1350 Talern unverzinslich, weil die Dienstwohnung des dritten Seminarlehrers, der zugleich als Lehrer an der Ministerialschule tätig war, in das Seminargebäude verlegt wurde. 147 Aumüller, S.  13 – 18.

127

Lehrerbildung in Pommern

Mit dem Umzug des Seminars in die Kleine Domstraße fanden die konsolidierenden Maßnahmen ihren Abschluss. Der Jahresetat gestattete nun eine regelmäßige jährliche Aufnahme von 20 Seminaristen, so dass sich deren Gesamtzahl auf 40 stabilisierte. Die bisherige Praxis, ihnen Unterstützungsgelder zu zahlen, wurde durch ein Eintrittsgeld in Höhe von 18 Talern ersetzt. Allerdings verdeutlichen die in Tabelle 9 dargestellten Absolventenzahlen, dass nach wie vor in Stettin wohnende Externe am Unterricht im Seminar teilnahmen. Hinzu kam eine nicht mehr zu rekonstruierende Zahl von Seminargästen – Lehrer, die sich bereits im Schuldienst befanden und für die Dauer eines halben Jahres dem Unterricht beiwohnten. Tabelle 9: Anzahl der Abgänger des Stettiner Seminars 1831 – 1858 Jahr Abgängerzahl

1831

1832

1833

1834

1835

1836

1837

1838

17

27

21

24

22

22

24

23

1839

1840

1841

1842

1843

1844

1845

1846

1847

1848

26

27

25

26

27

21

26

24

24

26

1849

1850

1851

1852

1853

1854

1855

1856

1857

1858

23

25

22

21

23

25

24

18

18

20

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von LAG, Rep. 62, Nr. 2052, fol. 2 – 183.

Nach dem Abschluss der Konsolidierungsphase können die von Gunnar Thiele definierten Merkmale hinsichtlich des Begriffs „Seminar“ nun auch vollumfänglich und erstmalig in seiner Geschichte für den Lehrerbildungsstandort Stettin festgestellt werden. Die Unterhaltung der Anstalt aus öffentlichen Mitteln in Höhe von fast 90 Prozent am Gesamtetat (vgl. Tabelle 10) sowie die fiskalischen Aufwendungen beim Erwerb des neuen Seminargebäudes lassen die Bedeutung, die der preußische Staat nun der Ausbildung seiner Lehrer beimaß, deutlich erkennen. Tabelle 10: Etat des Schullehrerseminars zu Stettin 1842/44 Einnahmen

Betrag (Taler)

Vermietung Kellerräume

1

Zinseinnahmen3 Staats- und Stadtzuschüsse5 7

Ausgaben

Betrag (Taler) 2

80

Verwaltungskosten

19

Besoldung der Lehrer4

2346

Speisekosten Seminaristen6

960

3774

42

Seminaristen

360

Unterrichtsmittel

45

Summe der Einnahmen

4233

Unterhaltung Utensilien8

40

Heizung und Erleuchtung

420

Bauten und Reparaturen

100

Abgaben und Kosten

10

128

Die Professionalisierung der Elementarlehrer Zinsen von Passivkapitalien9

186

Arzt und Arzneien

45

Unterstützungsgelder

15

Insgemein

24

Summe der Ausgaben

4233

1

Die Kellerräume waren an einen Händler vermietet. Kassenrendant: 40 Taler, Schreibmaterial: 2 Taler. 3 Das Seminar besaß ein Legat über 475 Taler, welches 1809 der Kandidat Ahrenberg zur Anschaffung von Lehrmitteln gestiftet hatte. 4 Direktor Graßmann: 800 Taler, Oberlehrer Schultz: 500 Taler, dritter Lehrer Klöckner: 250 Taler, Musiklehrer Loewe: 250 Taler, Lehrer für Obstbaumzucht: 20 Taler, Ökonom und Schulwärter Billert: 60 Taler, Lehrer der ersten Knabenklasse an der Ministerialschule Riecke: 100 Taler, Lehrer der Mädchenschule an der Ministerialschule Müller: 100 Taler, Lehrerin der Mädchenschule Schneider: 50 Taler, Lehrer der Seminarfreischule Hagemann: 186 Taler, Unterricht in weiblichen Handarbeiten Frau Klöckner: 30 Taler. 5 Das Seminar erhielt aus der Staatskasse 3699 Taler und aus der Stettiner Stadtarmenkasse 75 Taler zur Unterhaltung der mit dem Seminar verbundenen Armenschule. 6 Mittagstisch für 40 Seminaristen à 24 Taler. 7 Die in das Seminar Eintretenden zahlen als Zuschuss zur Speisung jeweils 18 Taler. 8 Stimmen von Orgel und Klavieren. 9 Für die Anleihe von 4650 Talern an die Ministerialkasse à 4 Prozent Zinsen. Quelle: LAG, Rep. 62, Nr. 2054, fol. 2 – 8. 2

Innerhalb der pommerschen Seminare besaß das Stettiner durch seine Verbindung zur Provinzialtaubstummenschule und der Ausbildung ihrer Zöglinge durch den Taubstummenlehrer Christian Friedrich Böttcher in dieser besonderen Pädagogik ein Alleinstellungsmerkmal.148 Das Institut konnte 1839 nach langen Verhandlungen in einem auf dem Hof des Seminars angebauten Gebäude errichtet und eingeweiht werden.149 Organiatorisch 148 Böttcher wurde am 17. Oktober 1804 in Jatznick bei Pasewalk als der Sohn des dortigen Lehrers geboren. Er besuchte das Stettiner Seminar von 1821 – 1823. Im November 1823 wurde er auf Veranlassung Bernhardts nach Berlin beordert, um sich dort zum Taubstummenlehrer zu qualifizieren. Da sich nach Abschluss seiner Ausbildung in Stettin keine Gelegenheit für seine Anstellung bot, trat er zunächst in Anklam eine Stelle in der Stadtschule an, wo er sich zusätzlich auch mit dem Unterricht taubstummer Kinder beschäftigte. Mit der Eröffnung der Taubstummenschule in Stettin 1839 erhielt er seine Berufung zu deren erstem Lehrer. Nach der Abtrennung der Taubstummenschule vom Seminar 1861 avancierte Böttcher zu ihrem Vorsteher. Er starb 1874. Vgl. Erdmann, Bernhard: Jubelbericht zur Feier des 50jährigen Bestehens der Provinzial-Taubstummen-Anstalt zu Stettin am 15. Oktober 1889. Stettin 1889, S. 7, 10, 29. 149 Vgl. Erdmann, S. 3 – 15: Die Idee zur Gründung einer Taubstummenanstalt für Pommern kam bereits 1817 durch den damaligen Oberpräsidenten Johann August Sack zur Sprache. Nach erfolgter Beratung empfahl Schulrat Bernhardt 1823 ihre Errichtung in Cammin mit Verbindung zum dortigen Lehrerseminar. Dieses Vorhaben wurde vom Kultusministerium abgelehnt. Drei Jahre ­später legte Bernhardt einen erweiterten Plan vor, der Stettin zum Zielort

Lehrerbildung in Pommern

129

war es mit dem Lehrerseminar verbunden, sowohl Graßmann als auch Goltzsch führten das Direktorat. 1861 erhielt diese Schule ein eigenes Gebäude in der Elisabethstraße 5 und wurde im Zusammenhang mit der Verlegung des Seminars nach Pölitz in eine selbständige Verwaltungseinheit überführt. 5.2.2.3 Administrative Regelungen im Zusammenhang mit der Lehrerbildung In die erste Entwicklungsphase des Seminarwesens gehörte auch die Schaffung eines überregionalen gesetzlichen Rahmens, der die Aufnahme der Zöglinge in das bzw. deren Abgang aus dem Seminar regelte. Es existierten zwar ältere Bestimmungen hinsichtlich der Anstellung von Lehrern; ihre Ausbildung war jedoch durch die mitunter unkonkreten Ordnungen des jeweiligen Seminars reglementiert. Am Beispiel der Stettiner Seminarordnung von 1783 wird der Auslegungsspielraum sichtbar, wenn sie vom Bewerber „natürliche Fähigkeiten und Lust zum Unterrichten der Jugend, […] einige dazu erforderliche Kenntnisse“, ein Sittlichkeitszeugnis und ein erlerntes Handwerk verlangte.150 Was Göring unter den „erforderlichen Kenntnissen“ verstand, definierte er 1789 in einem Rundschreiben an die Präpositi. Jeder Kandidat sollte „fertig lesen können [und] einen Anfang im Schreiben und Rechnen gemacht haben“.151 Ähnlich unkonkret blieb die Stettiner Seminarordnung auch im Hinblick auf die Abschlussprüfung.152 Eine wichtige Änderung ergab sich 1817 durch die Einrichtung eines eigenen Ministeriums für Kultus und öffentlichen Unterricht. Parallel dazu erfolgte die Neugestaltung der Provinzialbehörden, denen durch eine Dienstinstruktion umfangreiche Kompetenzen übertragen wurden. Danach disponierten sie unter anderem neben der Besetzung aller Schulund geistlichen Stellen königlichen Patronats sowie der Bestätigung eines vom privaten Patron oder der Gemeinde erwählten Kandidaten nun auch über das Prüfungswesen.153 So steigerte sich nicht nur der staatliche Einfluss bei der Neubesetzung von Schul- und den mit ihnen kombinierten Küsterstellen. Alle Verfügungen über die Lehrerbildung wurden für die gesamte Provinz erlassen. Nach der üblichen Vorprüfung durch den Superintendenten lag die letzte Entscheidung über die Eignung eines Kandidaten fortan bei der Prüfungskommission in Stettin.

bestimmte. Als größte Schwierigkeit erwies sich die Beschaffung eines geeigneten Hauses bzw. Grundstücks. Durch weitere Verschleppung, aber auch durch das Ableben Sacks 1831 beschloss der Pommersche Landtag erst 1835 den Bau dieser Anstalt. Bis zur Beschaffung der nötigen Geldmittel war das Jahr 1838 erreicht, ein Jahr s­ päter konnte das neu errichtete Gebäude eingeweiht werden. 150 Vgl. Anhang 9.9, § 1 dieser Arbeit. 151 Vgl. Anhang 9.11, IV. 3. dieser Arbeit. 152 Vgl. Anhang 9.9, § 7 dieser Arbeit. 153 Vgl. von Rönne, S. 267 – 273, besonders § 18: Geschäftsinstruktion für die Regierungen vom 23. Oktober 1817.

130

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

5.2.2.3.1 Die Reglementierung der Seminaraufnahme Im Juni 1819 hatten Konsistorium und Schulkollegium erste Regelungen für die Aufnahme in das Stettiner Seminar getroffen.154 Neben Kenntnissen von Bibel, Katechismus und Gesangbuch wurden Fähigkeiten in Muttersprache, im Rechnen und in Musik verlangt. Trotz der vorab erfolgten Selektion durch die Superintendenten überstieg die Bewerberzahl die Aufnahmekapazität des Seminars stets um ein Vielfaches (vgl. Tabelle 11). Wegen der großen Nachfrage verschärften Konsistorium und Schulkollegium bereits 1823 die Aufnahmebedingungen, indem sie musikalische Kenntnisse und das Klavierspiel obligat machten.155 Diese besondere Gewichtung erklärt sich daraus, dass die Regierung bei der Ausbildung angehender Lehrer deren gleichzeitige Verwendung als Küster berücksichtigte. In der Vereinigung von Küster- und Lehrerstellen lag ein probates Mittel zur Gehaltsverbesserung der Lehrerstellen. Die Aufnahmebedingungen formulierten diesen Anspruch explizit, indem sie die „Beförderung eines edlen und würdigen Kirchengesanges mit Recht für einen der vorzüglichsten Zweige des Schulunterrichts“ erklärten.156 Tabelle 11: Zahl der Bewerber und der aufgenommenen Seminaristen in Stettin 1821 – 1844 Jahr

1821

1823

1825

1827

1828

1829

1831

Bewerberzahl

80

Aufgenommene

30

1833

80

61

69

46

113

53

75

26

22

20

15

28

19

22

1834

1835

1836

1837

1838

1839

1841

1842

1843

1844

53

71

41

106

39

91

91

72

64

71

23

22

23

20

19

20

20

20

20

20

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage der in KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1 und Vol. 2, unpag., enthaltenen Benachrichtigungen an die Superintendenten des Stettiner Regierungsbezirks.

Der hohe Bedarf an ausgebildeten Lehrern veranlasste die Regierung zur Gründung von Nebenseminaren, in die ein Teil der in Stettin abgewiesenen Kandidaten umgelenkt wurde. Ein derartiges Lehrerbildungsinstitut hatte bereits in Fritzow, Synode Cammin, bestanden, drohte aber wegen des Alters des dortigen Lehrers Anfang der 1820er Jahre einzugehen.157 Die Bedeutung dieser Nebenseminare wird an späterer Stelle geschildert. 154 Vgl. Anhang 9.12 dieser Arbeit. 155 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1, unpag.: Zirkularschreiben an sämtliche Superintendenten des Stettiner Regierungsbezirks, Stettin vom 24. Juni 1823. 156 Anhang 9.12 dieser Arbeit, Absatz 3 Buchstabe g. 157 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1, unpag.: Stettiner Konsistorium und Schulkollegium an sämtliche Superintendenten, Stettin vom 26. September 1823.

Lehrerbildung in Pommern

131

Auch in den nächsten Jahren stiegen die Anforderungen für die Aufnahme in das Seminar deutlich. Zu dem bereits früher fixierten Kanon traten naturwissenschaftliche Kenntnisse (Geographie und Biologie) und Vaterlandskunde hinzu. Ferner musste der Kandidat neben dem einfachen Rechnen auch die Anwendung des Dreisatzes (Regel de tri) und Anfänge der Bruchrechnung beherrschen, nach Noten singen und Klavier und Violine spielen können.158 Unweigerlich wirft die enorme Diskrepanz ­zwischen den gestellten Anforderungen und den Bildungsmöglichkeiten der Volksschule, aus deren Sozialisation die meisten der hier betrachteten Lehrer stammten, die Frage auf, ­welche Optionen den Bewerbern zur Verfügung standen, ­dieses hohe Bildungsniveau zu erlangen. Ihrer Beantwortung gehe ich im folgenden Exkurs nach. 5.2.2.3.2 Die Präparandenbildung 159 Genügte in den vorausgegangenen Jahrzehnten in den meisten Fällen eine durch die Meisterlehre erworbene Qualifikation für die Übernahme eines Schulamtes, so waren die Anforderungen hierfür mit dem Ausbau des Seminarwesens merklich gestiegen. Die im Zirkularschreiben von 1819 formulierten Bedingungen gaben erstmals verbindliche Regelungen für die Aufnahme in das Stettiner Seminar vor. Michael Sauer verwies zurecht darauf, dass die Qualifizierung der Lehramtsbewerber für die Aufnahmeprüfung deren Privatangelegenheit blieb und in der Regel entweder durch den Besuch einer höheren Schule oder durch das Engagement einzelner Personen erfolgte.160 Die im Anhang 9.13 abgedruckten Lebensläufe, die von drei ausgewählten Präparanden im Zuge ihrer durch den Penkuner Superintendenten Engelcken abgenommenen Vorprüfung verfasst worden waren, spiegeln exemplarisch einen für viele Bewerber ähnlichen Vorbereitungsweg: Nach der mit der Konfirmation verbundenen Schulentlassung erlernten sie ab einem Alter von 14 Jahren ein Handwerk und besuchten parallel zu ihrer Ausbildung oder im Anschluss daran den Unterricht eines Lehrers oder Geistlichen. Sauer betrachtete in seinem Artikel vorrangig die gesamtpreußische Perspektive, wodurch provinziale Regelungen an den Rand rückten oder keine Beachtung fanden. Dies bedarf einer Korrektur. Seinem Befund, dass trotz der erstmals 1822 öffentlich geforderten „Einrichtung spezieller Institutionen für die Präparandenbildung“ der Staat „keine allgemeinen Bestimmungen zur Seminarvorbildung und ggf. zu deren Institutionalisierung erlassen“ hätte, muss zumindest für Pommern widersprochen werden.161 Eine verbindliche Richtlinie für die Vorbildung der Präparanden erließ 158 Ebd.: Zirkularschreiben an die Superintendenten des Stettiner Regierungsbezirks, Stettin vom 18. März 1827. 159 Zu Formen der Präparandenbildung und dem geschichtlichen Bedeutungswandel des Begriffs „Präparand“ vgl. Thiele 1938, S. 210 – 220. 160 Sauer, Michael: Die Entwicklung des Präparandenwesens in Preußen, in: Pädagogische Rundschau, 41. Jahrgang (1987b), S. 418 f. Sauer verweist an dieser Stelle auch darauf, dass sich der Begriff „Präparand“ mit dem Ausbau des Seminarwesens speziell für die Seminaraspiranten einbürgerte, während er zuvor für jede Person verwendet wurde, die sich in irgendeiner Form auf das Lehramt vorbereitete. 161 Ebd., S. 418.

132

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

die pommersche Regierung im Mai 1829.162 Damit dabei nach einheitlichen Grundlagen verfahren werde, ernannte die Regierung auf Antrag spezielle Vorbereitungslehrer – möglichst Seminarabgänger, die ihre Abschlussprüfung sehr gut bestanden hatten. Diese Lehrer mussten ihre Zulassung für die Präparandenvorbereitung bei der Regierung beantragen und dazu einen Lehrplan einreichen, der einer staatlichen Genehmigung bedurfte und insofern der administrativen Kontrolle unterlag. Um als Präparand zugelassen zu werden, war es zunächst nötig, sich einer Prüfung zu unterziehen, die von dem zuständigen Superintendenten durchgeführt wurde. Neben der Vermittlung eines genau festgelegten Wissenskanons, der sich aus den Anforderungen für die Seminaraufnahme herleitete, ermöglichte der Lehrer dem Präparanden erste schulpraktische Übungen und wirkte im Besonderen auf seine sittlich-moralische Entwicklung ein. Einen guten Einblick in diesen Unterricht gewährt der Lebenslauf von Wilhelm Toussaint.163 Die Vorbereitungsdauer erfuhr keine Reglementierung, sondern richtete sich nach den individuellen Fortschritten. Nach Abschluss des Lehrgangs unterzog sich der Präparand erneut einer Prüfung, über deren Ergebnis er ein Zeugnis erhielt, das Voraussetzung für die Aufnahmeprüfung am Seminar war. Um eine möglichst hohe Breitenwirkung zu erzielen, bestimmte die Regierung für jede Synode mindestens einen Vorbereitungslehrer; für Penkun wurden Franz Ferdinand Samuel Riecke, Penkun, (Abgang 1824 vom Seminar Stettin) und Carl Friedrich Benecke, Blumberg, (Abgang 1823 vom Seminar Stettin) benannt. Durch die getroffenen Bestimmungen kann im Gegensatz zu Sauers Befund für Pommern ein hohes Maß staatlichen Einflusses sowohl auf die Organisation als auch auf die Inhalte der Präparandenbildung nachgewiesen werden. Die im Umkehrschluss zu erwartende finanzielle Beteiligung des Staates an dieser von ihm reglementierten Ausbildung blieb jedoch aus. Vielmehr bestand nach eigenem Verständnis sein Anteil lediglich darin, durch die Ernennung geeigneter Lehrer Möglichkeiten zur Vorbildung zu schaffen. Mit dem Erlass des 2. Regulativs vom 2. Oktober 1854 wurde erstmals eine für ganz Preußen geltende Bestimmung hinsichtlich der (evangelischen) Präparandenbildung erlassen.164 Am System der Einzelbildung allerdings änderte sie nichts; sie lag nach wie vor in den Händen von Lehrern und Geistlichen. Die von Sauer hier als Novum festgestellte Benennung von Präparandenlehrern durch den Staat, deren Beaufsichtigung durch den Lokal- bzw. Kreisschulinspektor sowie der staatliche Eingriff in die Organisation des Unterrichts finden sich in Pommern bereits 25 Jahre zuvor. Tatsächlich neu ist im 2. Regulativ die Konkretisierung der einzelnen Lehrgegenstände, die mit einer gewaltigen Menge Memorierstoff versehen wurden. Einen besonders hohen Stellenwert nahmen dabei der Religions- und Musikunterricht ein, was wiederum als Indikator für die Bedeutung des kirchlichen Küster­amtes angesehen werden kann. 162 Abgedruckt im Anhang 9.14 dieser Arbeit. 163 Vgl. Anhang 9.13.3 dieser Arbeit. 164 Abgedruckt bei Schneider, Karl/von Bremen, Egon: Das Volksschulwesen im Preußischen Staate. Band I. Berlin 1886, S. 381 – 384.

Lehrerbildung in Pommern

133

Zur Mitte der 1860er Jahre lassen sich in Pommern erste kritische Hinweise in Bezug auf das etablierte System der Präparandenbildung und die Qualität des 2. Regulativs finden, da während der Aufnahmeprüfungen für das Stettiner Seminar eine auffallend große Anzahl von Bewerbern in fast allen Bereichen den gestellten Anforderungen nicht genügen konnte. Dass diese Tatsache keine singuläre Erscheinung gewesen sein kann, belegt die Aussage der Behörde, dass „es […] schon öfter, als einmal, dahin gekommen [ist], daß die bezügliche Prüfungs-Commission es kaum vermocht hat, aus der Masse der Bewerber […] die etatsmäßig aufzunehmende Anzahl der Seminarzöglinge auszufinden, wenngleich die Commission von den Anforderungen, w ­ elche sie nach dem Regulativ vom 2ten Oktober 1854 […] an diese stellen muß, nothgedrungen Vieles nachgelassen hat“.165

Die Regierung verkannte keinesfalls den kausalen Zusammenhang z­ wischen der materiellen Armut der Präparanden und der sich daraus verschließenden Möglichkeit, ihre Ausbildung bei einem geeigneten Vorbereitungslehrer vollständig oder auch nur partiell zu realisieren. Unter diesen Voraussetzungen – und interessanterweise auch unter der Annahme, dass im Regierungsbezirk „eine völlig ungenügende Zahl […] wahrhaft geschickter Präparandenlehrer“ vorhanden sei –, tauchte erstmals der Gedanke auf, „Präparandenschulen mit festen Cursen und mit Unterstützung wirklich armer und empfehlenswerther Jünglinge“ ins Leben zu rufen. Bereits zwei Jahre ­später eröffneten 1868 die Präparandenanstalten in Plathe, Synode Greifenberg, und Lebbin, Synode Wollin. Beide Institute bereiteten die jungen Männer direkt für die Aufnahme in eines der Seminare Cammin bzw. Pyritz vor. In Analogie zu den Seminaren stellte die Eingangsprüfung, die vom jeweiligen Leiter durchgeführt wurde, eine obligate Bedingung dar. Die Präparanden genossen freie Unterkunft und Unterricht, mussten jedoch ein jährliches Kostgeld in Höhe von 40 (Lebbin) bzw. 50 Talern (Plathe) entrichten, welches der Staat bei nachgewiesenem Zahlungsunvermögen des Kandidaten subsidiär übernahm. Begründet durch die einjährige Kursdauer und aufgrund des für das Seminar festgelegten Mindestalters wurden nur 16- bis 17-jährige Knaben aufgenommen. Mit der Neuordnung der Lehrerbildung unter Kultusminister Adalbert Falk und der damit einhergehenden Abstimmung ihrer Phasen erfolgte auch eine Weiterentwicklung der Präparandenbildung mit dem Ziel einer stärkeren Institutionalisierung. Ergänzend zu den bereits bestehenden pommerschen Anstalten konnten Neugründungen 1875 in Massow, Synode Gollnow, und 1876 in Rummelsburg, Synode Rummelsburg, realisiert werden.166 Daneben behielten jedoch die traditionellen Formen der Seminarvorbereitung 165 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 2, unpag.: Rundschreiben der Stettiner Regierung an die Superintendenten, Stettin vom 24. Juli 1866. 166 Sauer 1987b, S. 441.

134

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

ihren Bestand. Ganz bewusst ließ die entsprechende Vorschrift für die Aufnahme in ein Seminar die Art der Vorbildung offen: „§ 2. Zu der Prüfung sind alle Aspiranten […] zuzulassen, gleichviel ob sie ihre Vorbildung in Volksschulen, Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien, Präparandenanstalten oder privatim empfangen haben.“ 167

Zusammengefasst lässt sich für Pommern eine bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurückreichende und eng mit der Entwicklung des Seminarwesens verbundene Präparandenbildung nachweisen, die von Anbeginn an unter behördlicher Kontrolle stand. Obgleich der preußische Staat 1830 seine Verantwortung lediglich in der Benennung geeigneter Präparandenlehrer sah, sich jeder finanziellen Zuwendung enthielt und damit die Vorbildung für das Seminar in den privaten Sektor deligierte, veränderte sich d ­ ieses Selbstverständnis innerhalb von 30 Jahren. Am Ende der 1860er Jahre wurden ergänzend zu den vorhandenen staatlich organisierte und finanzierte Institute zur Seminarvorbereitung geschaffen. 5.2.2.3.3 Die Reglementierung der Abschlussprüfungen Der Neuanfang des Stettiner Seminars war infolge der Kriegsunruhen ständigen Unterbrechungen unterworfen gewesen, so dass erst ab 1817 ein geregelter Unterrichtsbetrieb zustande kam. Insofern verschob sich die Notwendigkeit einer Abgangsprüfung um zwei Jahre. Diese entbehrte bislang eines staatlichen Reglements und unterlag zunächst völlig dem Ermessen der Provinzialbehörde. Wie aus den Beobachtungen zum Stettiner Seminar hervorging, wurden unter Göring Abschlussprüfungen durchgeführt, die sich am Bedarf orientierten und unregelmäßig stattfanden. Erst die mit dem Ausbau des Seminarwesens sich entwickelnde Organisation der Lehrerausbildung innerhalb fester Lerngruppen bedingte die Notwendigkeit einer Normierung der Examina. Insofern erscheint die Analyse des Abschlussjahrgangs 1819 interessant im Hinblick auf das praktizierte Prüfungsverfahren und die soziale Struktur der Gruppe. Die Abschlussprüfungen wurden von Bernhardt und Graßmann abgenommen. Sie bestanden aus einem schriftlichen sowie einem mündlichen Teil und ersteckten sich über alle im Seminar behandelten Unterrichtsgegenstände: Religion, Lesen, Recht- und Schönschreiben, Denk- und Sprachübungen, Grammatik, Rechnen, Raumlehre und Erdkunde.168 Der überlieferte Bericht Berhardts an das Konsistorium und das Schulkollegium gibt Anlass zu der Vermutung, dass die Vergabe eines Gesamtprädikates für das Zeugnis auf seine Initiative zurückzuführen ist. 167 Schneider/von Bremen, I, S. 397 – 399: Vorschriften über die Aufnahme an den Königlichen Schullehrer-Seminarien, Berlin vom 15. October 1872. 168 APS, Rej. Sz., II/5024, unpag.: Bernhardt über die Prüfung der abgehenden Seminaristen, Stettin vom 22. September 1819.

135

Lehrerbildung in Pommern

„Hinsichtl[ich] des verschiedenen Grades der wissenschaftlichen und praktischen Bildung können die Abgehenden in vier Klassen gebracht werden. Zur ersten gehören diejenigen, ­welche auf ihren künftigen Beruf sehr gut vorbereitet sind und das Zeugniß Nr. I erhalten können; zur zweiten die gut vorbereiteten mit dem Zeugnisse Nr. II, zur dritten die ziemlich gut vorbereiteten mit dem Zeugnisse Nr. III; zur vierten die hinlänglich und nothdürftig vorbereiteten mit dem Zeugnisse Nr. IV.“ 169

Der Befund Michael Sauers, der eine zusammenfassende Bewertung der Prüfungsleistung erstmalig auf das Jahr 1826 datiert, bedarf somit einer Korrektur; für Stettin ist sie bereits für 1819 nachweisbar, allerdings in vier Qualifikationsgraden, während 1826 der Ministerialerlass drei definierte.170 Tabelle 12: Statistische Übersicht über die Stettiner Seminarabgänger 1819 Alter der Absolventen/Anzahl 21

22

23

24

25

26

27

30

32

33

34

3

6

1

1

3

3

4

1

1

1

1

Eintrittsdatum in das Seminar/Anzahl 1.6.14

1.10.14

1.2.17

1.10.17

1.2.18

Aug. 18

1.4.18

20.4.18

13.6.19

1.10.18

1

2

1

14

2

1

1

1

1

1

Profession/Anzahl ohne

Schneider

Schreiber

Schuhmacher

Weber

Buchbinder

5

16

1

1

1

1

Abschlussgrad des Zeugnisses/Anzahl I

II

III

IV

5

12

7

1

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Rej. Sz., II/5024, unpag.: Tabellarische Nachricht von den Mitgliedern des mit der Ministerialschule vereinigten Seminars für Bürger- und Landschulen zu Stettin für den Zeitraum 1. Oktober 1817 bis zum 1. Oktober 1819.

Tabelle 12 spiegelt die Heterogenität einer Kohorte, die keinesfalls der modernen Vorstellung einer Seminargruppe von etwa gleichaltrigen Personen entspricht, ­welche eine gemeinsame, gleich lange Zeit unterrichtet werden. Nur gut die Hälfte von ihnen (56 Prozent) war regulär am 1. Oktober 1817 in das Seminar getreten und konnte damit die volle Ausbildungszeit ausschöpfen. 80 Prozent der Absolventen hatten zuvor eine Berufsausbildung erhalten und waren, wie das relativ hohe Alter vermuten lässt, mehrere Jahre in ihrem Gewerk tätig gewesen. Tabelle 13 verdeutlicht auch die unbefriedigende räumliche Situation des Seminars, das neben der Ministerialschule noch zur Nutzung der etwa einen 169 Ebd., Unterstreichungen im Original. 170 Sauer 1987a, S. 25.

136

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Kilometer entfernt liegenden Lastadischen Schule angewiesen war. Mehrheitlich erfolgte die Einquartierung der Seminaristen im Gebäude der Ministerialschule. Andere Absolventen waren bereits als Lehrer an einer der beiden Schulen tätig oder fielen in die Kategorie der nicht in den Genuss staatlicher Unterstützung kommenden Präparanden. Es ist auffällig, dass drei Kandidaten bereits 1814 in das Seminar aufgenommen worden waren und sich erst 1819 einer Abschlussprüfung unterzogen. An dieser Stelle offenbart sich eine auch für spätere Jahre nachweisbare Praxis: Untere Lehrerstellen der Ministerialschule wurden als „Durchgangsstellen“ für besonders begabte Seminaristen betrachtet, die auf diese Art ihre Seminarbildung noch einige Jahre fortführten, um sich für die Übernahme einer städtischen Lehrerstelle zu qualifizieren.171 Tabelle 13: Seminarabgänger 1819 Name

Alter (Jahre)

Profession

Seminareintritt Zeugnisgrad

I. Lehrer an der Ministerialschule Johann Gottlob Steffen

22

ohne

1. 6. 1814

I

Ernst Friedrich Richter

25

Schneider

1. 10. 1814

I

Johann Gottfried Thomas

22

Schreiber

1. 10. 1814

I

II . Seminaristen mit kostenloser Wohnung in der Ministerialschule und Geldunterstützung

Carl Gottfried Schramm

27

Schneider

1. 10. 1817

I

Johann Gottlieb Keding

25

Schneider

1. 10. 1817

II

Carl Wilhelm Lüderitz

34

Schuhmacher

1. 10. 1817

II

Christian Friedrich Kiesow

26

Schneider

1. 10. 1817

II

Johann Gottlieb Warnitz

30

Schneider

1. 10. 1817

II

Carl Friedrich Voigt

22

Schneider

1. 10. 1817

II

Daniel Heinrich Witte

22

ohne

1. 10. 1817

II

Joh. Friedr. Wilh. Medenwaldt

22

Weber

1. 10. 1817

III

Carl August Fetting

27

Schneider

1. 10. 1817

III

Christian Meyer

27

Schneider

1. 10. 1817

II

III. Lehrer an der Lastadischen Schule

Heinrich Ludwig Zietlow

23

Schneider

1. 10. 1817

III

Carl Friedrich Paul

21

Schneider

August 18181

III

Carl Friedrich Zander

26

Schneider

1. 02. 1818

III

Dietrich Erdmann Brandrupp

27

Buchbinder

Friedrich Neumann

26

ohne

Johann Ferdinand Riedel

24

Schneider

20. 04. 18192 3

I

13. 06. 1819

II

1. 02. 1817

II

171 APS, Rej. Sz., II/5046, unpag.: Bitte der Lehrer Ringeltaube, Winde und Dorn an der hiesigen Ministerialschule um Verbesserung ihres Gehalts, Stettin vom 13. Dezember 1856.

137

Lehrerbildung in Pommern IV. Präparanden, die nur am Unterricht teilnahmen und keine Unterstützung erhielten

Friedrich Wilhelm Klimitz

33

Schneider

1. 10. 1817

II

Joh. Dav. Sam. Müller

22

Schneider

1. 10. 1817

III

August Wilh. Ferd. Krüger

21

Schneider

1. 10. 1817

IV

Heinrich Gottlob Christian

21

ohne

1. 02. 1818

III

Carl August Schäfer

25

Schneider

1. 04. 1818

II

Johann J. Fischer

32

ohne

1. 10. 1818

II

1 APS. Rej. Sz., II/5024, unpag.: Tabellarische Nachricht von den Mitgliedern des mit der Ministerialschule vereinigten Seminars für Bürger- und Landschulen zu Stettin für den Zeitraum 1. Oktober 1817 bis zum 1. Oktober 1819: Paul hatte zuvor neun Monate lang das Berliner Seminar besucht. 2 Ebd.: „wurde von der Kgl. Reg., der er durch die Theilnahme an der Lehrerversammlung in Garz bekannt geworden war, zur Theilnahme am Seminarunterrichte während des Sommers herberufen.“ 3 Ebd.: Neumann war 1816 bereits sieben Monate im Seminar gewesen, mittlerweile Schulhalter in Klein-Reinkendorf und „wurde auf seinen eigenen Wunsch zur Theilnahme am Seminarunterrichte herberufen“. Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Rej. Sz., II/5024, unpag.: Tabellarische Nachricht von den Mitgliedern des mit der Ministerialschule vereinigten Seminars für Bürger- und Landschulen zu Stettin für den Zeitraum 1. Oktober 1817 bis zum 1. Oktober 1819.

In seinem Abschlussbericht fasste Graßmann das Resultat der Prüfungen zusammen: „Im Allgemeinen bemerke ich, daß nur wenige durch hervorstechende Anlagen und Fähigkeiten ausgezeichnet gewesen sind und daß daher die Fortschritte im Ganzen nicht so bedeutend gewesen sind, als ich es bei der Eröffnung des Lehrcurses erwartete […]. Doch muß ich das Zeugniß hinzufügen, daß fast alle ein recht sichtbares Bestreben zu erkennen gegeben haben, an ihrer Ausbildung für das Schulfach thätig zu arbeiten. Ich habe mich stets, und ganz besonders kurz vor ihrem Abgange bemüht, sie zur deutlichen Einsicht der noch großen Mängel in ihren Kenntnissen und Geschicklichkeiten zu bringen und dadurch dem Dünkel entgegenzuarbeiten, der den aus Seminarien entlassenen jungen Leuten so oft, und nicht immer zu Unrecht, vorgeworfen wird, und der manchen Geistlichen veranlaßt, sich lieber jeden andern, als einen Seminaristen, zum Schullehrer seines Ortes zu verschaffen.“ 172

Bernhardts Bericht schloss mit der lobenden Wertschätzung des bislang Erreichten: „Wenn ich die gegenwärtige Ausbildungsstufe der Seminaristen vergleiche mit dem sehr geringen Grade von Kenntnissen und Fertigkeiten, die sie bei ihrer Aufnahmeprüfung vor zwei Jahren noch besaßen: so kann ich nicht anders, als mich des glücklichen Erfolges, 172 APS, Rej. Sz., II/5024, unpag.: Graßmann an Konsistorium und Schulkollegium, Stettin vom 5. Oktober 1819.

138

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

mit welchem an ihrer Vorbereitung und Bildung bisher gearbeitet worden ist, von Herzen freuen, und ein bleibendes, stilles Verdienst auch um diesen Theil der Schulverbesserung dankbar anerkennen.“ 173

Obwohl die Schulverwaltung bis in die 1840er Jahre hinein ein Konzept verfolgte, das auf übergreifende Maßregeln jeglicher Art verzichtete und damit in der Linie der von Beckedorff in den Jahrbüchern propagierten „historischen Eigenthümlichkeit“ der Seminare stand, bildete der Ministerialerlass vom 1. Juni 1826 eine bemerkenswerte Ausnahme.174 In ihm wurden erstmalig für die gesamte preußische Monarchie die Prüfung und Anstellungsfähigkeit der Schulamtskandidaten einheitlich geregelt. Im Hinblick auf das in Stettin praktizierte Verfahren ergaben sich kaum Neuerungen; vermutlich orientierte sich die Verwaltung bei der Abfassung der Verordnung an den bereits in verschiedenen Provinzen praktizierten Modalitäten. Nach wie vor leiteten zwei Kommissare des Provinzialschulkollegiums – Graßmann und ein weiterer Schulrat – die Prüfungen, die sich auf alle Lehrgegenstände des Seminars bezogen, nun aber vom Kandidaten auch eine Probelektion verlangten. Das im Anschluss ausgefertigte Prüfungszeugnis enthielt neben den fachlichen Urteilen auch Bemerkungen zum sittlichen Verhalten und zum Lehrgeschick.175 Die dabei vergebenen Gesamtprädikate I, II oder III bzw. vorzüglich, gut oder genügend gestatteten die einstweilige Anstellung im Lehramt auf zunächst drei Jahre. Nach Ablauf dieser Frist musste sich der Lehrer zur Bewertung seiner praktischen Befähigung einer erneuten Prüfung stellen. Erst danach konnte seine definitive Anstellung erfolgen. Ausgenommen von dieser Pflicht waren die Seminarabgänger mit dem Prädikat I; sie konnten unmittelbar unbefristet in das Lehramt treten. Im gleichen Zuge wurde das Prüfungsverfahren der Kandidaten geregelt, die ihre Vorbildung außerhalb eines Seminars erhalten hatten. Mit der Vergabe von Abschlussprädikaten kategorisierte die Schulverwaltung nicht nur den Qualifikationsgrad eines Lehrers, sie nutzte sie auch zur Einflussnahme auf Stellenneubesetzungen. Um zu gewährleisten, dass die „geprüften Schulamtsbewerber […] bei Besetzung erledigter Schul- und Küsterstellen nach Maaßgabe ihrer Kenntnisse u[nd] Fähigkeiten berücksichtig[t]“ werden, klassifizierte die Provinzialregierung alle Landschulen auf der Grundlage ihres Einkommens und ihrer Schülerzahl in drei Grade (vgl. Tabelle 14). Bei anstehenden Vakanzen resultierte aus dem Prädikat des Abschlusszeugnisses der Grad der Schule, für die einem Bewerber die unbefristete Lehrerstelle übertragen werden konnte.

173 Ebd.: Bernhardt über die Prüfung der abgehenden Seminaristen, Stettin vom 22. September 1819. 174 Abgedruckt bei von Rönne, S.  411 – 413. 175 Vgl. das in der Anlage 9.15 dieser Arbeit abgedruckte Prüfungszeugnis für Carl Eduard Schleiffer.

139

Lehrerbildung in Pommern

Tabelle 14: Klassifikation der pommerschen Landschulen 1827 Grad der Schule

Einkommen

Schülerzahl

III

50 – 60 Taler

< 30

II

60 – 90 Taler

≤ 50

I

90 – 120 Taler

≤ 100

Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1, unpag.: Zirkularschreiben der Stettiner Regierung an sämtliche Superintendenten, Stettin vom 13. Januar 1827.

Die damit verbundene Intention, einträgliche Schulstellen mit besonders befähigten Lehrern zu besetzen, verhinderte jedoch einen qualitativ hochwertigen Unterricht in den kleineren Schulen. Diese befanden sich im Untersuchungsgebiet in der Regel in Tagelöhnerdörfern und unterschieden sich nicht nur durch die Dotation des Lehrers deutlich von den Schulen der Bauerndörfer. Der durch die Saisonarbeit der Tagelöhner und Schnitter verursachte häufige Wechsel innerhalb der Schülerklientel erschwerte einen kontinuierlichen Unterricht ebenso sehr wie der überdurchschnittliche Schulabsentismus der zur Arbeit benötigten Kinder. Dass die Bildung dieser Schüler selbst 1869 aus Sicht der örtlichen Schulaufsicht eine nebengeordnete Bedeutung besaß, kann an späterer Stelle dieser Untersuchung für Jamikow nachgewiesen werden. Den im Seminar vorgebildeten Lehrern gewährte die Regierung gegenüber denjenigen, die außerhalb des Seminars ausgebildet wurden, einige Privilegien. Zunächst waren sie bei der Anstellung zu bevorzugen. Ferner reduzierte sich ihre Militärdienstpflicht ab 1827 auf eine Zeit von sechs Wochen. Im Gegenzug mussten sie für die drei ersten Jahre der Regierung zur Verfügung stehen oder die erhaltene Ausbildungsunterstützung zurückzahlen. Die überlieferten schriftlichen Arbeiten von Carl Eduard Schleiffer, der zu Ostern 1836 das Stettiner Seminar verließ, gestatten einen Einblick in die Prüfungsanforderungen. 1. Religion: a) „Die beiden Sacramente der christlichen ­Kirche betrachtet als Bundesmittel“ b) Katechetische Unterweisung über 1. Joh 3, 16176 2. Deutsch: „Kurze Darstellung des Wichtigsten und der Lehre von der Wortbildung“ 3. Mathematik: a) „Ein Kaufmann hat 30 Scheffel Weizen a 1 Rthlr. 20 sgr.; 40 Scheffel a 1 rt. 22½ sgr.; 54 Scheffel a 1 rt. 25 sgr. eingekauft, was kostet ihn durchschnittlich jeder Scheffel und zu welchem Preise muß er nach 3½ Monat den Scheffel wieder verkaufen, wenn er bei ­diesem Handel 80 Prozent jährlich gewinnen will?“

176 „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.“

140

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

b) „Es verkauft Jemand eine Uhr für 144 rt. und gewinnt daran so viel Procent als ihn die Uhr gekostet hat. Wie theuer hat er die Uhr gekauft?“ c) „Eine Walze hat einen Durchmesser von 2½ Zoll und eine Länge von 10 Zoll, wie groß ist a) die ganze Oberfläche derselben und b) ihr cubischer Inhalt?“ 4. Geographie: „Das Gebiet des adriatischen Meeres nach seiner natürlichen Beschaffenheit und seiner Eintheilung in Staaten“ 177

5.2.2.4 Die Entstehung von Nebenseminaren Die beiden für die Provinz bestehenden Hauptseminare – im Oktober 1816 konnte in Köslin ein zweites Seminar gegründet werden – waren kapazitiv nicht imstande, den erforderlichen Bedarf an ausgebildeten Lehrern auch nur annähernd zu decken. Mit der Säkularisierung des Kamminer Domstifts 1819 reiften erste Überlegungen, in Pommern ein weiteres Lehrerseminar zu eröffnen und die dort freigewordenen Gebäude für diesen Zweck zu ­nutzen. Doch die Einsprüche der Pommerschen Landstände, die ihrerseits Ansprüche auf die Einnahmen des Domstifts erhoben, verzögerten die Angelegenheit um fast zwei Jahrzehnte. Was blieb, war der Lehrermangel und die gestiegene Nachfrage nach Seminarplätzen, wie sie Tabelle 11 illustrierte. Durch die Verzögerungen in Kammin sah sich die Regierung veranlasst, Alternativen zu suchen, die eine Erhöhung der Abgängerzahlen ermöglichen könnten. Wegen der beschränkten staatlichen Mittel kamen dafür nur ­solche Institute in Betracht, die aufgrund älterer Fundationen in der Lage waren, sich aus eigenen Kräften zu finanzieren. Auf dieser historischen Linie lässt sich die Gründung des Stettiner und des Pyritzer Nebenseminars, 1825 bzw. 1826, verorten. Weil auch ihre Bedeutung für die Professionalisierung des Lehrerstandes eine nicht zu unterschätzende war, sollen beide Anstalten im Folgenden kurz beschrieben werden. 5.2.2.4.1 Das Stettiner Nebenseminar Die Entscheidung, das Stettiner Lehrerseminar durch einen Neubau auf dem Jakobi-Kirchhof zu vergrößern, beinhaltete gleichzeitig das Ende der an der Lastadischen Schule realisierten Lehrerausbildung. 1825 unterbreitete Ernst Bernhardt der Stettiner Regierung einen Vorschlag, in dem er sich auf die in der Stiftungsurkunde von 1732 festgesetzte Bestimmung berief, dass „die Schule zu einem Seminario guter Küster und Schulmeister dienen soll“.178 Er intendierte die Schaffung einer neben dem Seminar bestehenden Vorbereitungsanstalt für „Schullehrer für arme, kleine Gemeinden, deren Schulen nur ein geringes Einkommen haben, […] damit diese nicht genöthigt sind, den ersten, besten, unvorbereiteten Lehrer anzunehmen oder ihre Schule kürzere oder längere Zeit ganz leer zu lassen“. Seine 177 LAG, Rep. 62, Nr. 2052, fol. 24 – 32: Prüfungsarbeiten von Carl Eduard Schleiffer, Abgang Ostern 1836. 178 APS, Rej. Sz., II/5043, unpag.: Bericht Bernhardt die Lastadische Königliche Schule betreffend, Stettin vom 8. Februar 1825.

Lehrerbildung in Pommern

141

Idee war kein Novum; vielmehr wies er auf die seinerzeit in Fritzow, Synode Cammin,179 existierende und s­ päter in Boldekow,180 Synode Anklam, fortgeführte Vorbereitungsanstalt gleichen Zwecks, die vom Ministerium mit jährlich 200 Talern unterstützt wurden. Die Bedingungen für ein vergleichbares Institut waren an der Lastadischen Schule gegeben. In seinem Schreiben umriss Bernhardt die Grundlinien dieser Anstalt. In ihr sollten 18bis 20-jährige Männer aufgenommen werden, um in einem zwei Jahre dauernden Kurs zu künftigen Lehrern an Armenschulen ausgebildet zu werden.181 Dabei stand das zu vermittelnde Niveau deutlich unter dem des Stettiner Hauptseminars, welches sich schwerpunktmäßig auf die Ausbildung von Stadtschullehrern konzentrierte: „Die Präparanden können genug, wenn sie richtig sprechen, tüchtig lesen und schreiben, einen guten deutschen Aufsatz machen, mit Verstand und stetig rechnen; gut singen können; sie wissen genug, wenn sie wissen, was in der Bibel steht und das Nötigste von dem Weltgebäude, das sie beständig vor Augen haben, und von der Natur, in welcher sie täglich wandeln, inne haben; sie sind viel, wenn sie christlich gesinnte, verständige und gute Menschen sind.“ 182

Die vorhandenen Akten enthalten keinen Lektionsplan, allerdings kann der des Pyritzer Nebenseminars zum Vergleich herangezogen werden, da beide Anstalten eine ähnliche innere Einrichtung besaßen.183 179 Vgl. Strecker, G. F. A.: Geschichte einer pommerschen Küster- u. Kantorenfamilie nach dem Pfarrarchiv zu Fritzow, in: Monatsblätter der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde 1/1906, S. 4 – 8 und 2/1906, S. 17 – 23. Strecker beschreibt in seinem Aufsatz nicht nur die „Vererbung“ des Küsteramtes innerhalb der Familien Casten und Steffen, sondern berichtet ebenfalls von der durch den Küster Johann Gottlieb Steffen durchgeführten Vorbereitung angehender Lehrer. Nach seiner Aussage ist das Lehrerseminar in Kammin aus der Präparandenanstalt in Fritzow hervorgegangen. Vgl. auch Rackmann, Otto: Die Errichtung des Schullehrer-Seminars zu Cammin in Pommern, in: Baltische Studien NF, Band 55 (1969), S. 64 f.: Als Lehrer am Kamminer Seminar wurde 1838 der aus Fritzow stammende Johann Gottlob Steffen angestellt. Er war Absolvent des Stettiner Seminars (Jahrgang 1819) und am Stettiner Nebenseminar tätig. Nach dessen Auflösung 1830 nahm er Lehrapparat und Mobiliar in Verwahrung und überführte sie ­später nach Kammin. 180 Vgl. Beckedorff, Band 6, Heft 1, S. 38 f.: Nachdem die Vorbereitungsanstalt in Fritzow wegen des fortschreitenden Alters des Küsters Steffen geschlossen worden war, erklärten sich Pfarrer und Küster von Boldekow, Steinmetz und Wulckow, bereit, ein ähnliches Institut zu errichten, das allerdings nur kurze Zeit bestand und von dem neuen Hilfsseminar in Stettin abgelöst wurde. 181 Vgl. Anhang 9.16 dieser Arbeit. 182 APS, Rej. Sz., II/5043, unpag.: Bericht Bernhardt die Lastadische Schule betreffend, Stettin vom 8. Februar 1825. Unterstreichungen im Original. 183 Supprian, Karl: Das Königl. evangelische Schullehrer-Seminar zu Pyritz, das frühere OttoStift, im ersten Halbjahrhundert seines Bestehens. Festschrift zum funfzigsten Stiftungsfeste der Anstalt am 15. Juni 1877. Pyritz 1877, S. 24.

142

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Tabelle 15: Stundenplan des Pyritzer Nebenseminars Uhrzeit

Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

Samstag

6 – 7

Biblische Geschichte

Lesen

Biblische Geschichte

Lesen

Biblische Geschichte

Lesen

7 – 8

Deutsche Sprache

Rechtschreiben

Deutsche Sprache

Rechtschreiben

11 – 12

Gesang

Rechnen

Gesang

Rechnen

14 – 15

Schreiben

Rechnen

Schreiben

Rechnen

15 – 16

Zeichnen

Schreiben

Zeichnen

Schreiben

16 – 18

Gartenarbeit

Gartenarbeit

18 – 19

Religion

Religion

19 – 20

Violinspiel

Violinspiel

Quelle: Supprian, Karl: Das Königl. evangelische Schullehrer-Seminar zu Pyritz, das frühere Otto-Stift, im ersten Halbjahrhundert seines Bestehens. Festschrift zum funfzigsten Stiftungsfeste der Anstalt am 15. Juni 1877. Pyritz 1877, S. 43.

Das Stettiner Nebenseminar wurde nach dem Tode Bernhardts 1831 aufgelöst. Dadurch steigerte sich die Bedeutung des Pyritzer Seminars erheblich. 5.2.2.4.2 Das Pyritzer Nebenseminar Auch die Gründung des Pyritzer Lehrerseminars lässt sich auf die Initiative Bernhardts zurückführen. Dieser hatte bereits im November 1824 den Vorschlag zum Neubau einer Schule am gerade neu entstandenen Otto-Brunnen angeregt, in der „mindestens 6 junge Leute, ­welche sich […] zu Lehrern an kleinen Landschulen vorbereiten wollen, Platz finden können“.184 Nach der Fertigstellung des neuen Gebäudes zog im Herbst 1827 der erste Kurs mit acht jungen Männern ein. Ihre Zahl wuchs rasch auf zwölf an, womit das Seminar über seine Kapazität ausgelastet war. Der Lehrplan und die Hausordnungen glichen denen des Stettiner Nebenseminars, nur war die Dauer eines Kurses auf 2½ Jahre bemessen.185 Nach der Schließung des Stettiner Nebenseminars 1832 wurden mit den jährlichen Aufnahmeprüfungen für das Stettiner Hauptseminar zugleich die Aspiranten für Pyritz bestimmt. Seit 1838 rekrutierte das Pyritzer Nebenseminar seine Zöglinge durch eigenständige Prüfungen.

184 Ebd., S. 20. 185 Ebd., S.  29 – 43.

143

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

5.3 Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert 5.3.1 Der Qualifikationsgrad der Lehrer um 1820 Nachweislich mit der Einführung der leges pro custodibus im Jahre 1593 durfte die Anstellung eines Küsters nur nach abgeschlossener Prüfung durch den Präpositus erfolgen. Auch spätere Verordnungen wie die pommerschen Küster- und Schulmeistergesetze von 1750, das Generallandschulreglement von 1763 und das Allgemeine Landrecht von 1794 wiesen dem Präpositus bzw. ­später dem Superintendenten diese Prüfungskompetenz zu. Insofern scheint es geboten, vor dem Einsetzen der im 19. Jahrhundert initiierten staatlichen Maßnahmen und der Evaluation ihres Erfolges die Schulwirklichkeit in der Penkuner Synode einer nochmaligen Betrachtung zu unterziehen. Die Grundlage dafür bildet in erster Linie die Konduitenlisten des Jahres 1820, ergänzt durch die Angaben der Liste aus dem Jahr 1822.186 Eine Zusammenstellung der darin enthaltenen statistischen Notizen über die Lehrer der Penkuner Synode bietet Tabelle 16. Wie bereits knapp 50 Jahre zuvor betrieb die überwiegende Zahl der Lehrer ein Handwerk, die meisten Schneiderei. Für Kurth in Bergholz und Cademann in Löcknitz erklären die Akten das Fehlen dieser Nebentätigkeit: Während der erste durch das Küsteramt der gesamten Parochie ausreichend beschäftigt und besoldet war, besserte der zweite sein Salär durch Privatunterricht auf. Tabelle 16: Qualifikation, Alter, Nebentätigkeit und Amtstüchtigkeit der Lehrer in der Penkuner Synode 1820 Ort

Name des Lehrers

Vorbereitet

Handwerk

Lebensalter

Dienstalter

Blumberg

Casdorf

nein

Schneider

31

7

Trunkenbold1

Wartin

Krüger

nein

Schneider

59

14

geringe Kenntnisse

Casekow

Krüger

nein

ohne

58

8

gibt sich Mühe

Amtstüchtigkeit

Cummerow Baebelich

nein

Schneider

69

43

dürftige Kenntnisse

Jamikow

Meske

nein

Müller

45

9

schwach

Glasow

Brock

nein

k. A.2

67

38

äußerst schwach

Hohenholz

Wilhelm

nein

k. A.

47

5

bessert sich etwas

Löcknitz

Cademann

ja

nein

59

16

k. A.3

Bergholz

Kurth

ja

ohne

47

19

k. A.

186 Es schien sinnvoll, eine möglichst frühe Übersicht zu wählen, die sowohl die erst 1819 errichtete Schulstelle in Radewitz als auch die Orte enthielt, die erst nach der geographischen Neuordnung Preußens dem Schulaufsichtsbezirk Penkun zugeschlagen wurden (Löcknitz, Plöwen, Retzin, Bismark und Bergholz).

144

1

Die Professionalisierung der Elementarlehrer Plöwen

Mierß

nein

ohne

45

19

k. A.

Nadrensee

Dinnijes

nein

Weber

37

9

recht gute Anlagen

Krackow

Bogenschneider

nein

Schneider

49

28

mittelmäßig

Pomellen

Biesenthal

nein

Schneider

32

2

k. A.

Retzin

Kallies

nein

k. A.4

55

19

k. A.5

Grambow

Jänisch

nein

Schneider

36

17

nicht ungeschickt

Bismark

Deutscher

ja

Schuster

60

30

ziemlich gute Kenntnisse

Schönfeld

Engelke

ja

Schneider

51

24

lernt gern hinzu

Luckow

Käding

ja

Schneider

54

32

mittelmäßig

Petershagen

Steinbrink

nein

Schneider

40

13

notdürftig

Sommersdorf

Richter

nein

Schneider

56

27

Grünz

Treptow

ja

Schneider

49

27

gute Kenntnisse

Radewitz

Kietz

nein

Schuster

42

2

schwach

Sonnenberg

Zimmermann

nein

Schneider

80

50

schwach

Ramin

Ellmann

nein

Schneider

50

26

dürftig

wenig Kenntnisse

Schmagerow Retzlaff

ja

Schneider

37

12

gering

Wollin

Kreusch

nein

Schneider

55

30

mittelmäßig

Storkow

Warnke

nein

Schneider

48

2

mittelmäßig

Woltersdorf

Voigt

nein

Orgelbauer

59

11

geringe Kenntnisse

Cunow

Steinhöfel

nein

Weber

53

26

recht gute Kenntnisse

Schönow

Regling

nein

Schneider

43

12

gehört zu den besten Lehrern

Vgl. KKA. Sup Pen, Sect. I, Tit. XX, Vol. 2, fol. 104 f.: Conduitenliste pro 1819. Casdorf konnten noch „gute Kenntnisse“ bescheinigt werden. Aufgrund seiner Trunksucht wurde Casdorf im September 1821 aus dem Amt entlassen. 2 Vgl. ebd.: Die Conduitenliste pro 1819 machte ebenfalls keine Angaben zur Profession beider Lehrer, während 1821 (fol. 112 f.) Brock als „Schneider“ bezeichnet wurde. 3 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 4, Tit. V, unpag.: Visitation des Kirchspiels Löcknitz vom 2. und 3. Juni 1823. Zum Kenntnisstand der Lehrer bemerkt der Visitator, dass Cademanns Lehrgaben mittelmäßig ­seien, er aber guten Willen zeige und treu sei; dass Kurth gute Kenntnisse besitze und dass Mierß nicht ohne gute Anlagen sei. 4 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 6, Tit. V, fol. 58: Schulvisitationsprotokoll Retzin vom 10. September 1822: „Calies […] treibt die Schneiderei.“ 5 Ebd. fol. 59: „Seine Gaben u[nd] Kenntniße scheinen, nach dem Ausfall der Schul-Prüfung dürftig.“

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

145

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. I, Tit. XX, Vol. 2, fol. 110 f.: Conduitenliste der Küster und Schul-Lehrer pro 1820; ebd. fol. 117 – 120: Conduitenlisten pro 1822.

In Bezug auf die Qualifikation der Lehrer ist im Vergleich zu 1773 eine deutliche Verbesserung zu verzeichnen. Neben acht nachweislich von ihren Vätern in Form der Meisterlehre ausgebildeten Amtsinhabern hatten sechs eine seminaristische Vorbereitung für das Lehramt erhalten. Aus dieser Gruppe sticht Adam Magnus Cademann mit einem vierjährigen Theologiestudium heraus. Die wenigen in den Akten vorhandenen biographischen Notizen berichten, dass er sich bei einem Prediger auf dem Lande vorbereitet und an verschiedenen Stellen Privatunterricht erteilt hatte, bevor er 1806, mittlerweile 38-jährig, die gering dotierte Stelle in Löcknitz als Adjunktus antrat.187 Es steht zu vermuten, dass ihm der Aufstieg in eine wesentlich attraktivere Pfarrstelle versagt geblieben war. Über die anderen Lehrer urteilte Engelcken: „Bogenschneider in Krackow zeichnet sich durch unermüdlichen Eifer, durch christlichen Sinn, und durch seltene Bescheidenheit aus, – ihrer Kenntniße u[nd] Tüchtigkeit u[nd] Treue wegen sind zu rühmen Steinhöfel in Cunow, Treptow in Grünz, Dinnijes in Nadren­see, Engelcken in Schönfeld, Regling in Schönow; – Casdorff in Blumberg ist ein arger Trunkenbold, – Zimmermann in Sonnenberg ist schon sehr schwach, – traurige Subjekte sind Brock in Glasow, Ellmann in Ramin, u[nd] Kietz in Radewitz, – die andern wenden das geringe Maaß ihrer Kräfte an, u[nd] es läßt sich über sie keine Klage führen.“ 188

In den Dörfern königlichen Patronats versahen mehrheitlich Seminaristen den Schuldienst. Diese im Vergleich zu den unter einem Privatpatronat stehende geringe Anzahl von Stellen (5 zu 25) erlaubt allerdings keine Generalisierung. Obwohl zuletzt 1763 im Generallandschulreglement der Anspruch formuliert worden war, auf den königlichen Dörfern nur noch Lehrer ins Amt zu setzen, „welche in dem Chur-Märckischen Küster- und SchulSeminario zu Berlin eine zeitlang gewesen“, zeichnete die Schulwirklichkeit mitunter ein anderes Bild, das eine Konkretion an dem folgenden Beispiel erfahren kann.189 1801 kam die Schulstelle im Amtsdorf Plöwen durch den Tod des bisherigen Lehrers zur Erledigung. Darauf präsentierte Ortspfarrer Johann Gottfried Schütz als designierten Nachfolger Gottfried Mierß und ließ ihn vom Prenzlauer Superintendenten Reichhelm prüfen. Das Examen fiel erfolgreich aus und verhalf Mierß zur Anstellung.190 Derselbe Pfarrer notierte wenige Jahre ­später: 187 APS, Rej. Sz., II/4176, unpag.: Bericht vom Zustand der Schule zu Löcknitz vom 12. November 1809. 188 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 7: Engelcken an Konsistorium und Schulkommission Stettin, Penkun vom 19. Juni 1820. 189 GLSR § 14, abgedruckt bei von Rönne, S. 67 f. 190 APS, Rej. Sz., II/4179, unpag.: Superintendent Reichhelm an den König, Prenzlau vom 26. Juli 1801.

146

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

„Zum Schulamt ist er nicht anders vorbereitet worden, als durch seinen Vater, den ehemaligen Schulhalter in Ploewen. […] Der Lehrer versteht weiter nichts als Lesen u[nd] nothdürftig Schreiben u[nd] Rechnen. Die Stelle war noch bei seiner Annahme sehr schlecht u[nd] es wollte kein anderer zu ihr sich verstehen. Er hat übrigens viel guten Willen u[nd] es kann ihm, da es an natürlichen Anlagen nicht mangelt, durch zweckmäßige Schriften sehr nachgeholfen werden. Er ist übrigens ein ordentlicher u[nd] thätiger Mann, der so viel thut als er kann. Die Gemeine ist mit ihm zufrieden, u[nd] mit dem Prediger steht er in gutem Vernehmen.“ 191

In Bezug auf den Zusammenhang ­zwischen Stelleneinkommen und Lehrerqualifikation unterschied sich demnach – zumindest im Untersuchungsgebiet – die Situation in den königlichen Dörfern nicht von der in Dörfern adligen Patronats. Engelcken schätzte in der von ihm angefertigten Konduitenliste auch die Amtstüchtigkeit der Lehrer ein. Wie kein Zweiter konnte er im Rahmen der K ­ irchen- und Schulvisitationen einen unmittelbaren Einblick in die lokalen Schulverhältnisse aller Dörfer erhalten und damit die Fähigkeiten der Amtsinhaber miteinander vergleichen. Auch wenn die durch ihn gegebenen Einschätzungen seiner subjektiven Sicht entstammen, so zeigen sie doch ein ungefähres Bild vom Kenntnisstand der Lehrer. Unberücksichtigt bleiben dabei nicht qualifizierbare Aussagen wie „gibt sich Mühe“, „Trunkenbold“ oder „bessert sich etwas“. Es ergeben sich fünf Kategorien: Tabelle 17: Amtstüchtigkeit der Lehrer in der Penkuner Synode 1820 (nach Engelckens Einschätzung) Kategorie die von Engelcken gebrauchten Attribute

Anzahl der Lehrer

1

gehört zu den besten

1

2

hat gute Anlagen; ist nicht ungeschickt; recht gut; ziemlich gut

6

3

mittelmäßig

5

4

notdürftig; dürftig; schwach; gering; wenig

11

5

äußerst schwach

1

Demnach verfügten lediglich sieben Lehrer über ein gutes Wissen. Mehr als die Hälfte besaß nur geringe Fähigkeiten. Wichtiger als die fachliche Kompetenz erschien dem Bewerter die moralische Integrität. Ließ sich ein Lehrer hier etwas Ernsthaftes zuschulden kommen, konnte dies schnell zu seiner Amtsentsetzung führen, wie Christian Kietz erfahren musste. Dieser hatte sich als gelernter Schuhmachermeister 1819 auf die neu errichtete Radewitzer Schulstelle beworben und war dort wegen seiner geringen Kenntnisse nur vorläufig und

191 Ebd., unpag.: Bericht vom Zustande der Schule zu Ploewen, Löcknitz vom 8. September 1810.

147

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

10

10

6 3 1 [31; 40]

[41; 50]

[51; 60]

[61; 70]

[71; 80]

Abbildung 6: Lebensalterskohorten der Lehrer in der Penkuner Synode 1820 192

unter der Bedingung der beständigen192Fortbildung angestellt worden.193 Dass diese wenig Frucht brachte, belegen die schlechten Ergebnisse mehrerer Prüfungen, denen er sich in den nächsten Jahren unterzog. Dessen ungeachtet blieb er im Amt, bis sich verstärkt Klagen über sein zänkisches Wesen erhoben. Außer dass er im Dorf Unfrieden stiftete und ohne Respekt gegenüber den herrschaftlichen Offizianten auftrat, ging er auch mit seinen Eheproblemen sehr offen um. So berichtete 1823 der Patron, Carl Graf von Hacke, dem Superintendenten, dass Kietz sich im Beisein der Schulkinder mit seiner Frau auf das Gröbste beschimpfte und diese Auseinandersetzungen zuweilen in Tätlichkeiten ausarteten.194 Die Klage des Grafen zog Kietz’ Entlassung aus dem Schulamt nach sich, die zum 1. Oktober 1823 erfolgte. Trotz der im Vergleich zum Jahre 1773 konstatierten höheren Anzahl der in einem Seminar Vorgebildeten verfügte nach der Einschätzung Engelckens die Mehrheit der Lehrer über einen eher mäßigen Bildungsgrad. Da die Länge des Berufslebens in dieser Zeit jeglicher Normierung entbehrte und zumeist von dem Zustandekommen einer für beide Partien als erträglich zu betrachtenden Adjunktur abhing, würden noch Jahrzehnte vergehen, ehe die meisten Amtsinhaber emeritiert und durch Seminaristen ersetzt worden waren, wie die Lebensaltersanalyse dieser Kohorte verdeutlicht (vgl. Abbildung 6). Insofern war zur Hebung des Schulwesens eine systematische Fortbildung der bereits im Amt befindlichen Lehrer unumgänglich. 192 Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. I, Tit. XX, Vol. 2, fol. 110 f.: Conduitenliste der Küster und Schul-Lehrer pro 1820; ebd. fol. 117 – 120: Conduitenlisten pro 1822. 193 PfA Penkun, Sommersdorf, Nr. 13, fol. 15: Stettiner Regierung an den Grafen von Hacke, Stettin vom 5. Oktober 1818. 194 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 8, Tit. IV, unpag.: Graf von Hacke an Engelcken, Radewitz vom 20. März 1823.

148

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

5.3.2 Staatlicher Anspruch an die Qualifikation von Lehramtsbewerbern vs. lokalpolitisches Interesse an ausgewählten Beispielen Bevor im nächsten Kapitel das Interesse auf diesen – wie er bezeichnet wurde – „nachhelfenden Unterricht“ gerichtet wird, soll zunächst anhand zweier eindrücklicher Beispiele aufgezeigt werden, wie trotz der von administrativer Seite deutlich höheren Anforderungen durch das Beharren der Patronatsinhaber weniger qualifizierte Personen berufen werden konnten. Auch wenn diese Fälle nicht zur allgemeinen Regel gehörten, legen die Schulakten Zeugnis ab von einem von Fürsorge getragenen Verantwortungsbewusstsein, das vereinzelte Patrone – meist im Verbund mit den Pfarrern und von diesen initiiert – veranlasste, die Neubesetzung von Schul- und Küsterstellen unter einem caritativen Blick vorzunehmen, um den Emeritus und seine Familie vor Schaden zu bewahren. Dass sich damit die von staatlicher Seite intendierte qualitative Reform lokal mitunter um Jahrzehnte verzögerte, wurde mehr oder weniger stillschweigend geduldet. 5.3.2.1 Die Stellenbesetzung in Cummerow Von einem solchen Beispiel berichten die Akten aus Cummerow. Am 15. Juli 1822 war der dortige Küster und Schulhalter Carl Friedrich Baebelich verstorben. Auf seinem Sterbebett hatte er dem Ortspfarrer Christian Cron das Versprechen abringen können, seiner 76-jährigen Frau nach seinem Ableben ein Wohnrecht im Küsterhause zuzugestehen. Das wäre allerdings nur möglich, wenn das zur Nutzung der Dienstwohnung berechtigende Küsterund Schulamt weiterhin in der Familie bliebe. Darum brachte der Patron Gustav Meyer, Jamikow, auf Anraten Crons zwei unmittelbare Verwandte als Kandidaten in Vorschlag: Baebelichs Schwiegersohn Carl Wurzel und seinen Enkel, der ebenfalls den Namen Carl Friedrich trug. Die potentiellen Nachfolger fanden sich im August zur Prüfung bei Superintendent Engelcken ein. Baebelich musste in seinem Examen zunächst die Geschichte von Salomons Urteil aus 1. Könige 3, 16 – 28 aufschreiben (der Vergleich mit dem biblischen Wortlaut lässt den Schluss zu, dass er d ­ ieses aus dem Gedächtnis tat), woran sich die schriftliche Beantwortung der Fragen zum ersten Gebot aus dem Lutherischen Katechismus nebst der Nennung der biblischen Beweisstellen anschloss. Als nächstes waren sämtliche Groß- und Kleinbuchstaben des deutschen und lateinischen Alphabets zu notieren. Im dritten Teil prüfte der Superintendent die Fähigkeiten im schriftlichen Rechnen in den vier Grundrechenarten (Addition von sechs Summanden, einfache Subtraktion, Multiplikation eines siebenstelligen mit einem dreistelligen Faktor, Division eines neunstelligen Dividenden durch einen dreistelligen Divisor) sowie dem Rechnen mit Größen (Geld, Masse, Hohlmaße). Den Abschluss bildete das Abfassen seines Lebenslaufs. – Wurzel konnte im Rechenteil keine Aufgabe lösen oder nahm daran erst gar nicht teil.195 Als die Prüfung abgeschlossen war, bemerkte Engelcken in seinem Bericht an Cron: 195 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. IV, fol. 19 f.: Prüfungsarbeiten, Penkun vom 10. August 1822.

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

149

„Wurzel ist in allen Fächern so unbewandert, daß ich seine Arbeiten, wie [es] doch gesetzlich [vorgeschrieben ist], den Behörden nicht zusenden kann. […] Baeblich ist beßer, jedoch sehr jung [21 Jahre, Anm. DR ] und nicht tüchtig befunden worden, ins Seminar aufgenommen zu werden.“ 196

Der Superintendent präzisierte seine Aussage, als er sich an die Königliche Regierung wandte: Wurzel könne „nicht rechnen, schreiben, lesen und buchstabieren […], wenigstens nicht so, daß ich seine Arbeiten einreichen könnte“. Die Prüfung des jungen Baebelich fiel dagegen günstiger aus; „überhaupt scheint er bei mittelmäßigen Anlagen vielen guten Willen zu haben“.197 Engelcken unterbreitete nun den Vorschlag, Baebelich anzustellen, sobald das möglich würde, zumal das Versprechen des Predigers Cron hinsichtlich der Lehrerwitwe bestand und sowohl er als auch der Patron nichts dagegen einzuwenden hätten. Einstweilen wurde das Schulamt bis Michaelis 1822 von Carl Wurzel unter Mitwirkung des Predigers verwaltet, während Baebelich diese Zeit nutzte, um seine Kenntnisse in einem vierwöchigen Lehrerkursus in Treptow an der Tollense, den Schulrat Ernst Bernhardt durchführte, zu vermehren.198 Die Kosten dafür hatte er selbst zu tragen. Es ist davon auszugehen, dass Wurzel die Schule über Michaelis hinaus verwaltet haben muss, denn als Engelcken im Januar 1823 erneut um die Anstellung des jungen Baebelich ersuchte, argumentierte er gegenüber der Behörde: „Die Schule wird nun noch von dem überaus unwißenden Wurzel verwaltet, und leidet darunter sehr; ein anderes Subject hat sich bisher nicht gefunden, und so ist Baebelich […] der Einzige zu dieser mittelmäßigen Stelle.“ 199

Dieses Schreiben führte zur Ablösung Wurzels, allerdings sperrte sich die Regierung gegen eine feste Anstellung Baebelichs, „da derselbe gar keine Vorbereitung erhalten hat und die eingereichten Probearbeiten sowie Ihr Prüfungsbericht nachweisen, daß seine Kenntnisse jetzt noch sehr schwach sind“.200 Weitere Interventionen des Superintendenten konnten Baebelichs Bleiben in Cummerow immer wieder verlängern, allerdings erhielt er erst 1840 eine feste Anstellung und versah bis zu seiner Emeritierung 1866 den Schul- und Küsterdienst im Ort. Die Vorgänge in Cummerow belegen, dass die an einen Schulamtsbewerber gestellten Erwartungen bedeutend gestiegen waren, wodurch Männer wie Baebelich, die noch um die Jahrhundertwende den gestellten Anforderungen gut entsprochen hätten, deutlich 196 Ebd., fol. 17: Engelcken an Cron, Penkun vom 10. August 1822. 197 Ebd., fol. 21: Engelcken an die K ­ irchen- und Schulkommission, Penkun vom 5. September 1822. 198 Heute Altentreptow bei Neubrandenburg. 199 Ebd., fol. 39: Engelcken an die ­Kirchen- und Schulkommission, Penkun vom 15. Januar 1823. Unterstreichungen im Original. 200 Ebd., fol. 44: ­Kirchen- und Schulkommission an Engelcken, Stettin vom 26. Januar 1823.

150

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

schwerer zu einer festen Anstellung gelangen konnten. Wie übermächtig in ­diesem Prozess die Rolle des Patrons war, soll ein Beispiel aus Glasow verdeutlichen. 5.3.2.2 Die Stellenbesetzung in Glasow In der Auswertung einer 1824 gehaltenen Schulvisitation zeigte Superintendent ­Engelcken der Regierung die Dienstunfähigkeit des über 70-jährigen Küsters und Lehrers Ernst ­Friedrich Brock an. Er übermittelte zugleich den Wunsch von Patron und Pfarrer, des Küsters Sohn Christian Friedrich Brock zum Adjunktus seines Vaters zu bestellen.201 Weil Brock jun. außer der Meisterlehre durch seinen Vater eine Vorbildung für das Schulamt jedoch nicht besaß, zeigte sich die Behörde ablehnend gegenüber ­diesem Ansinnen. Sie forderte den Patron, Carl Ludwig Friedrich Baron von Eickstedt-Peterswaldt, Hohenholz, auf, eine andere Wahl zu treffen.202 Dieser jedoch verweigerte sich und erreichte, dass Brock sich einer Eignungsprüfung in Stettin stellen konnte, deren Resultat allerdings nicht seinem Wunsch entsprochen haben wird. Nach der Überzeugung Bernhardts besaß Brock „so geringe Fähigkeiten der Kenntnisse, daß ihm auch die interimistische Verwaltung einer kleinen Landschulstelle nicht anvertraut werden kann“.203 Dennoch willigte die Regierung aus Nachsicht „auf die hier stattfindenden besonderen Verhältnisse“ und aus „Rücksicht auf die höchst traurige Lage der Familie Brock“ darin ein, dass Brock jun. wie bisher die Stelle als Adjunktus verwaltete, allerdings mit dem deutlichen Hinweis, „ohne, daß ihm dadurch die Hoffnung, seinem Vater einst nachzufolgen, ertheilt wird“.204 Zum besseren Verständnis bedarf es an dieser Stelle einer Erklärung, welches die „besonderen Verhältnissen“ waren, auf die die Regierung anspielte. Brock war bereits 1805 zum Krieg eingezogen worden und hatte auch 1813 am Feldzug gegen Frankreich teilgenommen. Nach dessen Ende erhielt er 1814 durch von Eickstedt-Peterswaldt die Zusage zum Hohenholzer Schuldienst und war vom Präpositus geprüft und für tauglich befunden worden. Der erneute Kriegsausbruch 1815 ließ Brock zum dritten Male in den Krieg ziehen. Als er 1816 aus Frankreich zurückkam, war die Stelle in Hohenholz inzwischen anderweitig besetzt.205 Gerade diesen Umstand nutzte Engelcken, um Brock nun für die Glasower Stelle zu empfehlen. Mit dem Tode von Brock sen. im März 1825 stand das Problem der Stellenbesetzung erneut im Raum. Wiederum verwandten sich Patron, Pfarrer und auch Engelcken für die Nachfolge des Sohnes. „Lediglich in Berücksichtigung der früher bestehenden Verhältnisse des jungen Brock, da er durch Teilnahme an den Feldzügen 1813 – 15 seiner ihm 201 APS, Rej. Sz., II/4138, unpag.: Engelcken an die K ­ irchen- und Schulkommission, Penkun vom 23. Juni 1824. 202 Ebd.: ­Kirchen- und Schulkommission an Engelcken, Stettin vom 1. Juli 1824. 203 Ebd.: Bernhardt über die Prüfung von Brock, Stettin vom 5. Oktober 1824. 204 Ebd.: ­Kirchen- und Schulkommission an Engelcken, Penkun vom 26. Oktober 1826. 205 Ebd.: Lebenslauf von Christian Friedrich Brock, Stettin vom 4. Oktober 1824.

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

151

bereits zugesicherten Schulstelle verlustig gegangen ist“, gestattete die Regierung die weitere interimistische Verwaltung bis Michaelis 1826.206 Nach dieser Zeit sollte eine erneute Prüfung Brocks über dessen zukünftiges Schicksal entscheiden. Ein weiteres Mal trat Brock die Reise nach Stettin an und stellte sich einer Prüfung, die ein sehr unerfreuliches Ergebnis erbrachte. Schulrat Bernhardt befand, „daß er seit der im Oktober v[ergangenen] J[ahres] hier bestandenen Prüfung in keinem Stücke weiter gekommen ist, und daß es ihm auch durchaus an Fähigkeiten fehlt, um hoffen zu können, daß er das Versäumte jemals nachhole und zu einem brauchbaren Lehrer sich ausbilden werde. […] Nach meiner vollen Ueberzeugung kann er, wegen seiner erwiesenen Unfähigkeit und Unwissenheit, als Lehrer die Bestätigung nicht erhalten“.207

Zwar bekundete die Regierung gegenüber Engelcken noch einmal ihren Wunsch, die Glasower Schulstelle mit einem anderen Kandidaten zu besetzen, verlängerte dann aber doch Brocks Anstellung um weitere zwei Jahre, „da sich […] der Patron für den pp. Brock besonders interessiert“.208 1829 genehmigte die Behörde schließlich die feste Anstellung von Christian Friedrich Brock, der bis zu seiner Emeritierung 1857 das Glasower Schulund Küsteramt versah.

5.3.3 Die Qualifizierung amtierender Lehrer Im September 1818, also knapp ein Jahr nach der Übertragung des Prüfungswesens auf die Regierungen, erging für den Stettiner Bezirk eine erste Einschätzung der bestehenden Zustände. Sie bestätigt die in dieser Arbeit bereits gewonnene Erkenntnis: „Das größte Hinderniß, welches der beabsichtigten Verbesserung der Landschulen im Wege steht, ist der Mangel an Bildung bei den Schullehrern selbst. […] Jede gründliche Schulverbesserung muß aber mit der Bildung der Lehrer anfangen; denn diese sind das Herz der Schulen, und eine jede ist nur das, was der Lehrer, unter Anleitung und Aufsicht seines Pfarrers, aus ihr macht.“ 209

Dabei verkannte die Regierung nicht den kausalen Zusammenhang z­ wischen der Stellendotation und dem Qualifikationsgrad der Lehrer:

206 207 208 209

Ebd.: ­Kirchen- und Schulkommission an Engelcken, Stettin vom 18. April 1825. Ebd.: Prüfungsbericht Bernhardts, Stettin vom 5. November 1826. Ebd.: ­Kirchen- und Schulkommission an Engelcken, Stettin vom 12. November 1825. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. II, Vol. 1, fol. 56 – 59: Anweisung des Königlich Preußischen Konsistoriums und Schulkollegiums von Pommern an sämtliche Superintendenten und Pfarrer im Stettiner Regierungs-Bezirke, Stettin vom 20. September 1818, hier: fol. 56.

152

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

„Da […] viele Stellen so schlecht sind, daß kein Seminarist sie annehmen will; so mußte man nothgedrungen oft Handwerker, verabschiedete Soldaten, Bauern und Tagelöhner zu Schulhaltern machen, ob es ihnen gleichhin an den ersten und nothwendigen Kenntnissen und Fertigkeiten und an planmäßiger Vorbereitung auf ihren Beruf ganz fehlte.“ 210

Mit einer vermehrten Anzahl von professionell ausgebildeten Lehrern konnte aufgrund der noch unzureichenden Anzahl von Seminaren bzw. Seminarplätzen in den nächsten Jahren nicht gerechnet werden. Erst eine Erweiterung des Stettiner Seminars und die beabsichtigte Seminargründung in Cammin würden mittelfristig gesehen eine genügende Anzahl von Absolventen produzieren. So ergab sich als vorerst wichtigste Aufgabe, die Qualifikation der bereits im Amt befindlichen, zumeist unbefristet angestellten Lehrer, wohl wissend, dass „viele unter den älteren Lehrern das Versäumte auch nie ganz nachholen werden, und, wenigstens zum Theil, für ihre Nachhilfe und Fortbildung gar nicht mehr empfänglich sind“.211 In der ohnehin bereits bestehenden dienstlichen Verbindung ­zwischen Ortspfarrer und Lehrer fand die Regierung das geeignete Mittel zur Umsetzung ihres Vorhabens. Dabei konnte sowohl aus den Bestimmungen des Generallandschulreglements als auch aus dem Allgemeinen Landrecht die gesetzliche Verpflichtung der Pfarrer hergeleitet werden.212 Auf dieser Grundlage verordnete die Regierung ab dem Wintersemester 1818/19 für alle Lehrer eines Kirchspiels einen „nachhelfenden Unterricht“, der unter der Leitung des Pfarrers ganzjährig stattfinden sollte, im Winter monatlich, im Sommer wöchentlich, jeweils für zwei bis drei Stunden. Unter der Androhung von Ordnungsmaßnahmen waren die Lehrer zur Teilnahme verpflichtet. Zudem erwartete die Behörde ein gewisses Engagement der Teilnehmer; sollte sich ein Lehrer als völlig unfähig zur Fortbildung erweisen, konnte er zwar von der Teilnahme entbunden werden, musste aber mit seiner Zwangsemeritierung rechnen. Insofern baute die Regierung an dieser Stelle einen gewissen Druck auf. 210 Ebd. 211 Ebd. 212 ALR Teil II Tit. 12 § 49: „Der Prediger des Orts ist schuldig, nicht nur durch Aufsicht, sondern auch durch eigenen Unterricht, des Schulmeisters sowohl, als der Kinder, zur Erreichung des Zwecks der Schulanstalten thätig mitzuwirken.“ Zitiert nach: https://opinioiuris.de/quelle/­ 1623#Zwoelfter_Titel._Von_niedern_und_hoehern_Schulen [letzter Zugriff: 23. 02. 2020] – GLSR, § 25: „Auch müssen sie [die Pfarrer] monatlich in der Pfarr-Wohnung mit den Schulmeistern in Matre und den Filialen eine Conferentz halten, und denselben das Pensum, welches sie im Catechismo und sonst zu absolviren haben, aufgeben; ihnen auch anzeigen, was für ein Lied, Psalm, und ­welche Sprüche den Monat über von den Kindern auswendig gelernet werden sollen. Der Prediger giebt ihnen hiernächst Unterricht, wie sie sich die Hauptstücke aus der Predigt bemercken und die Kinder darüber befragen können; imgleichen thut er Erinnerung von den Mängeln, w ­ elche er in der Information bemercket, von der Methode, von der Disciplin und andern zur Information nöthigen Sachen, damit die Schulmeister ihrer Pflicht nachkommen mögen.“ Zitiert nach: Novum Corpus Constitutionum, Band III (zu 1763), Nr. 53, Sp. 265 – 282, hier Sp. 280.

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

153

Es scheint ein Spiegel der obwaltenden Zustände zu sein, wenn die Behörde die Vermittlung grundlegender Kenntnisse anordnete und damit versuchte, die Lehrer zunächst auf einen Wissensstand zu heben, der den neuen Anforderungen gerecht werden konnte. Auf dem Nachhilfeplan standen: 1.  der christliche Unterricht, nach Anleitung der Bibel und des lutherischen Katechismus; 2.  richtiges und fertiges Lesen; 3.  Kopf- und Zifferrechnen, und, wo irgend möglich, noch 4.  Singen.213 Gleichzeitig wurde davor gewarnt, diesen eng gefassten Bildungskreis zu verlassen, weil „das Vielerlei des Unterrichts die Aufmerksamkeit zerstreut und zu jener unnützen Aufklärerei und flachen Vielwisserei führt, bei der die Landschullehrer sich selbst überklug dünken und ihrer Schule eher nachtheilig, als nützlich werden. Nicht Viel und Vielerlei auf einmal, sondern Wenig, aber das Wenige von Grund aus und ganz!“.214

Geschickt hatte es die Regierung verstanden, die Zuständigkeit für die Hebung des Bildungsniveaus der Lehrer den Ortspfarrern zu übertragen, die nun mehr oder minder motiviert sich dieser Herausforderung stellten und mit der Durchführung von Lehrerkonferenzen begannen. 5.3.3.1 Die Parochialkonferenzen Ab Januar 1819 können in der Penkuner Synode erste Lehrerkonferenzen nachgewiesen werden, die allerdings in den einzelnen Parochien in einer sehr unterschiedlichen Frequenz abgehalten wurden. Dazu teilte Engelcken in seinem Jahresbericht für 1820 der Stettiner Regierung mit: „Lehrerversammlungen sind in Blumberg bis zum 8br. [= Oktober] 30 gehalten; in Nadrensee, Schönfeld, Woltersdorf im Sommer wöchentlich; im Winter alle Monate; in Cummerow u[nd] Glasow nur selten; in Sonnenberg 2mal; in Wollin ist nur gelegentlich mit den Lehrern gesprochen; in Grambow war gar keine Conferenz.“ 215

Obwohl die Verordnung vom 20. September 1818 einen groben Lehrrahmen für die Konferenzen abgesteckt hatte, verfuhren die Pastoren bei deren Umsetzung sehr unterschiedlich und folgten mitunter eigenen Präferenzen. Deutlich über das Ziel hinaus schoss nach Ansicht seines Superintendenten Pfarrer Peter Philipp Friedrich Karl Rahn aus Blumberg. 213 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. II, Vol. 1, fol. 57. 214 Ebd. 215 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 1 – 9: Engelcken an Konsistorium und Schulkommission Stettin, Penkun vom 19. Juni 1820, hier fol. 7.

154

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Bibellesen und Erklären

×

Biblische Geschichte

× ×

×

Woltersdorf

Wollin

Sonnenberg × ×

×

×

Muttersprache

×

×

Naturgesetze

×

Geographie

×

Schriftliche Ausarbeitungen

×

×

×

×

Religion

×

×

Erdkunde

×

Geschichte

×

Formenlehre

×

Kalligraphie

×

Bildliche Sprache der Bibel

×

× unbestimmt

Orthographie

Sommersdorf

Schönfeld ×

kein Unterricht

Rechnen

Nadrensee

Glasow

Cummerow

Kirchspiel Konferenzinhalt

Blumberg

Tabelle 18: Inhalte der Lehrerkonferenzen in der Penkuner Synode 1819/20

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 7.

So verwundert es nicht, dass im weiteren Verlauf von Engelckens Bericht eine gewisse Unzufriedenheit durchschimmerte: „Wie vieles ist hier übel gewählt u[nd] der Verfügung vom 20. 7br. [= September] 18 […] entgegen! – In Woltersdorf sind die Unterrichts-Gegenstände unbestimmt ,nach den Bedürfnissen der Lehrer‘, in Wollin u[nd] Grambow ist gar nicht unterrichtet. – Engelken zu Schönfeld zeichnet sich durch Rechnen, Dinnijes zu Nadrensee in der Naturgeschichte, Bogenschneider zu Krackow durch Religionskenntniße aus. Biesenthal zu Pomellen u[nd] Krüger zu Casekow machten gute Fortschritte im Rechnen. Treptow in Grünz in der deutschen Sprache. – Die genannten Gegenstände werden auch im Sommer fortgesetzt werden, nur gibt H[err] P[rediger]Rahn endlich seine Vorlesungen über die bildliche Sprache der Bibel auf, hat aber Lust, über biblische Alterthümer mit den Lehrern zu sprechen.“ 216

216 Ebd., fol. 7v.

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

155

Deutlichere Worte der Kritik fand die Regierung in ihrem Antwortschreiben und tadelte namentlich die Pfarrer Friedrich Ludwig Steinbrück (Wollin) und Samuel Christian Ulrich Grützmacher (Retzin), die bislang dem Konferenzwesen in ihren Kirchspielen keinerlei Beachtung geschenkt hatten. Gleichzeitig unterstrich sie die Bedeutsamkeit gebildeter Lehrer für die Verbesserung des Schulwesens: „[…] die bloße Einwirkung auf das Aeußere durch Verbesserung der Schulhäuser, Vermehrung des Einkommens, Anhalten zum regelmäßigen Schulbesuch u. s. w. verliert allen Werth und Bedeutung, wenn nicht der Unterricht gleichmäßig nach seinem innern Gehalte sich verbessere. Es darf daher dieser Unterricht durchaus in keiner Parochie unterbleiben, und wir werden die Überlassung desselben an jeden Pfarrer als eine Vernachlässigung einer seiner heiligsten Pflichten ansehen und nötigenfalls rügen.“ 217

Die Ermahnung der beiden Pfarrer verfehlte ihre Wirkung nicht. Steinbrück hielt 1822/23 gleich 19 Konferenzen ab und steigerte diese Zahl 1827/28 sogar auf 25. Grützmacher folgte seinem Beispiel und konferierte mit den Lehrern seiner Parochie wöchentlich zwei Stunden, in denen sich diese neben dem Kopf- und Tafelrechnen auch im ausdrucksvollen Lesen und dem Verfassen von Aufsätzen üben durften. Den Erfolg allerdings schätzte er als eher gering ein und notierte in seinem Schulbericht von 1832 in Bezug auf den betagten Heinrich Deutscher aus Bismark (71 Jahre): „Mehr Ausbildung lässt sich von einem Greis nicht erwarten.“ Ähnlich für Johann Friedrich Kallies aus Retzin: „[O]hne wirklichen Erfolg, da sich durch ihn das Sprichwort, was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nie, in seiner Wahrheit bestätigt.“ 218 Auch den mit Sicherheit berechtigten und wiederholt vorgebrachten Einwänden der Pfarrer hinsichtlich der Schwierigkeiten, die sich bei der Fortbildung der vorhandenen Lehrerklientel ergaben, konnte die Regierung begegnen: „Es ist keineswegs von Einübung neuer Lehrformen die Rede. Auch nach der bisherigen alten Weise des Unterrichtens kann großer Nutzen gestiftet werden und der Fleiß, die Berufstreue, der fromme Sinn des Lehrers stehen auf jeden Fall höher als die Methode, denn auch ein mittelmäßiger Lehrer stiftet oft mit ihnen weit größern Nutzen als der höher gebildete und mit neuern unstrittig zweckmäßigern Lehrformen bekannten, wenn ihm jene Eigenschaften fehlen.“ 219

217 Ebd., fol. 154 f.: Revisionsbescheid der K ­ irchen- und Schulkommission, Stettin vom 19. April 1821. 218 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. IV, Vol. 6, fol. 11 und 15: Schulberichte von Retzin und Bismark, Retzin vom 11. Oktober 1832. 219 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 154 f.: Revisionsbescheid der K ­ irchen- und Schulkommission, Stettin vom 19. April 1821.

156

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Damit war das Ziel des nachhelfenden Unterrichts noch einmal anders formuliert worden. Priorität besaßen in erster Linie zunächst Berufstreue und moralische Integrität des Lehrers, dem nachgeordnet folgte ein eng begrenzter Zirkel fachlicher Kenntnisse. Darüber hinaus gehendes Wissen sollte zunächst keinen Raum finden, wie das Schreiben der Regierung eindeutig bestimmte: „Doch können wir es nicht billigen, wenn in manchen [Parochien] (namentlich in Nadrensee, Schönfeldt und Blumberg) der Unterricht sich über die Gränzen des für jetzt Nothwendigen hinaus erstreckte. Zu dem Nothwendigen rechnen wir für jetzt nur: Kenntniß der biblischen Geschichte […] und des Inhalts der Bibel selbst, Catechismuslehre […], Uebung im richtigen Sprechen, Schön- und Rechtschreiben, Kopf- und Tafelrechnen und Singen. Wir glauben, daß in diesen Lehrfächern […] noch so viel zu thun nötig ist, daß man Zeit und Kraft durch Hinrichtung auf andere Lehrobjekte ihnen nicht leicht entziehen darf. […] Formenlehre kommt jetzt für unsere Lehrer und Schulen ebenfalls wohl noch zu früh, zumal da es noch an den äußern Bedingungen dafür (Schiefertafeln und Subsellien) fehlt, obgleich für die Zukunft ihre, oder vielmehr der Raumlehre, Einführung in die Schule wünschenswerth ist. – Besondere Vorsicht ist bei dem Unterrichte in Realien (Geschichte, Naturgeschichte, Geographie pp) zu empfehlen, da hierdurch ein Uebermaaß gar leicht einem dünkelvollen Halbwissen Vorschub gethan, und doch für die eigentliche Bildung der Geisteskraft wenig gewonnen wird. […] Besonders Unterricht in der Seelenkunde, über die bildliche Sprache der Bibel, biblische Alterthümer ist ganz unnötig; was hierüber dem Landschullehrer zu wissen nöthig ist, wird am besten am gelegentlichen Orte gesagt. Auch alle weitläufige ­Theorie und Methodik ist so lange zu vermeiden, bis durch die vom Pfarrer vorgeschriebene und richtig geleitete Praxis der Sinn für das Allgemeine geweckt und der Lehrer zum tiefern Auffassen der Gründe seines Thuns fähig gemacht ist. Für jetzt mag kein Lehrer der Synode auf ­diesem Standpunkte stehen.“ 220

Auf dieser Grundlage versuchten die Pfarrer, in den folgenden Jahren den Lehrern ihrer Parochie die elementarsten Kenntnisse zu vermitteln; nach Ausweis der Schulberichte allerdings ohne nennenswerte Erfolge. Auffallend oft wurde die vorgeschriebene Anzahl von zwölf Konferenzen pro Jahr nicht erreicht, was die Pfarrer durch eigene Krankheit bzw. die der Lehrer oder gar durch den bei schlechtem Wetter unzumutbar langen Fußweg der Filialküster zum Pfarrort zu entschuldigen suchten. Gerade den letzten Grund ließ die Regierung nicht gelten, indem sie feststellte, „daß dieselben Personen, zum Besorgen ihrer eigenen Privatangelegenheiten öftere und weitere Reisen machen“.221 Dennoch blieb ­dieses Problem bestehen. Erst zum Ende der 1830er Jahre, nachdem die Regierung

220 Ebd. 221 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. II, Vol. 1, fol. 77: Stettiner Regierung zur Auswertung der Jahresberichte 1828/29, Stettin vom 28. August 1829.

157

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

1820

1825

1830

1835

1840

1845

1850

1855

1860

1865

1870

1875

Abbildung 7: Anteil der seminaristisch ausgebildeten Lehrer in der Penkuner Synode 1820 – 1875

darauf gedrungen hatte, ausgefallene Termine nachzuholen, erreichten alle Parochien die vorgeschriebene Mindestzahl. 1828, also zehn Jahre nach dem Beginn der Parochialkonferenzen, erweiterte die Regierung durch eine allgemeine Verfügung den bis dahin eng gehaltenen inhaltlichen Rahmen. Ab dem Wintersemester 1828/29 sollte die jeweils erste Stunde einer jeden Konferenz einen pädagogischen Duktus erhalten, indem neben allgemeinen Schulangelegenheiten auch die Verbesserung der Lehrweise bzw. Fragen der Schulzucht thematisiert wurden.222 Die überdies angeregte Möglichkeit, seminaristisch gebildete Lehrer in einer gesonderten Konferenz zusammenzufassen, konnte in der Penkuner Synode nicht aufgegriffen werden – der Anteil von Absolventen eines Lehrerseminars betrug gerade einmal ein Drittel. Für die nächsten Jahre lässt sich eine veränderte inhaltliche Gestaltung der Konferenzen konstatieren, die mit dem sukzessiven Ausscheiden der älteren Lehrergeneration und dem Nachrücken von Seminaristen korreliert (vgl. Abbildung 7). Die Auflistung der Konferenzinhalte aus dem Jahr 1845/46 (vgl. Tabelle 19) verdeutlicht zunächst die dominierende Stellung theologischer Th ­ emen, die in Glasow, Retzin und Schönfeld den einzigen Schwerpunkt jenes Schuljahres bildeten.

222 Ebd., fol. 60 – 61: Stettiner Regierung an sämtliche Superintendenten, Stettin vom 11. September 1828.

158

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Löcknitz

Nadrensee

Retzin

Schönfeld

Sommersdorf

Sonnenberg

Wollin

Woltersdorf

12

12

8

11

14

15

12

12

Erklärung Perikopen

×

×

Katechismus nach Krummacher

×

Anzahl der Konferenzen

Cummerow

12

Blumberg

Glasow

Tabelle 19: ­Themen der Lehrerkonferenzen in der Penkuner Synode 1845/46

0

Katechismus nach Harnerich

×

katech. Behandlung von Mt 6,24 – 8

×

Bibelerklärung nach Zahn

×

Briefe des Johannes

Darstellung des Lehrplans Methode und Umfang der Lehrobjekte Besprechen von Verordnungen

nicht angegeben

Auszug aus Ägypten

× Ausfall wegen Krankheit

Leipoldt: Kirchengeschäfte

×

× × × ×

×

Besprechung von Schulangelegenheiten

×

Graßmann: Guter Rat

×

×

×

×

Lesung Hennings Monatsschriften

×

Naturgeschichte

×

Choralgesang

×

Zeller: Schulmeisterschule

×

Rechenübungen

×

Aufsätze

×

×

Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. II, Vol. 1, fol. 162: Jahresbericht Engelckens, Penkun vom 11. Januar 1847.

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

159

Neu war im Vergleich zum Jahre 1818/19, dass Fragen zur Lehrplangestaltung und Methodik Eingang in die Konferenzen gefunden hatten. Pädagogische Schriften wie Graßmanns „Guter Rath für Schulaufseher und Schullehrer auf dem Lande“ boten hierzu eine geeignete Grundlage. Dennoch wirft diese Auflistung gleichermaßen Fragen auf, z. B. warum in Sonnenberg und Wollin Rechen- und Aufsatzübungen durchgeführt wurden, obwohl sämtliche Lehrer in diesen Parochien bereits eine seminaristische Ausbildung genossen hatten. Da durch das Fehlen der von den Lehrern angefertigten Niederschriften eine Beantwortung dieser Frage nicht möglich ist, bleibt zu vermuten, dass die angestellten Übungen auf einem höheren als dem Schulniveau betrieben wurden. Die Überzeugung, dass die Ausbildung eines Lehrers im Seminar „nur die Anlagen entwickel[t]“ und er in seinem späteren Berufsleben einer beständigen Fortbildung bedarf, war von der Regierung bereits 1828 formuliert worden.223 Graßmann präzisierte diese Auffassung zehn Jahre ­später: „Der tüchtige Lehrer muß aber nicht blos einen guten Schatz von Kenntnissen und Fertigkeiten, so wie eine ausreichende Lehrgeschicklichkeit […] ins Amt mitbringen, sondern er muß auch unablässig bemüht sein, an Kenntnissen, Geschicklichkeit und Erfahrungen immer zuzunehmen und sich vor jedem Versinken in Schlendrian oder todtes Gewohnheitstreiben zu bewahren. Wenn irgendwo, so gilt es hier, daß Stillstand unausbleiblich Rückschritte herbeiführt.“ 224

5.3.3.2 Die Weiterentwicklung des Konferenzwesens Mit dem Amtsantritt des Löcknitzer Pfarrers Christian David Oelgarte als Superintendent des Penkuner Kirchenkreises kam es in der Lehrerfortbildung zu wichtigen Veränderungen. Da mittlerweile 80 Prozent aller Lehrer über eine seminaristische Ausbildung verfügten, hatte der kleinschrittige Nachhilfeunterricht im beschränkten parochialen Rahmen die ihm ursprünglich zugedachte Funktion verloren. Oelgarte führte – offenbar aus eigenem Antrieb – wichtige Veränderungen ein, die das Konferenzwesen sowohl auf ein höheres quantitatives als auch qualitatives Niveau hoben. Erstmals 1857 tagte eine Konferenz aller 34 Lehrer der Synode, inklusive der Stadtschullehrer von Penkun. Ihr Ablauf gestaltete sich folgendermaßen: Um 9 Uhr fanden sich die Lehrer zum Gottesdienst in der Löcknitzer ­Kirche ein. Nach Abschluss der Liturgie hielt Oelgarte eine kurze Ansprache zu Jesu Wort: „Lasset die Kindlein zu mir kommen“ und katechisierte die Konfirmanden seiner Parochie zur Geschichte vom Sündenfall. Mit dem Ende des Gottesdienstes zogen die Lehrer in das Löcknitzer Schulhaus, wo der Superintendent über die Frage: „Zu welchem Ziele muß der Religionsunterricht in den Volksschulen geführt werden, damit der Katechumenen- u[nd] Confirmandenunterricht darauf fortgebaut werden könne?“ referierte. 223 Ebd., fol. 60 f.: Stettiner Regierung an sämtliche Superintendenten, Stettin vom 11. September 1828. 224 Grassmann 1838, S. 3.

160

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

Die im Anschluss durchgeführte Diskussion griff unter anderem auch die 1854 in Kraft getretenen Regulative mit besonderer Beachtung des Religionsunterrichts auf. Die Konferenz endete um 14.30 Uhr.225 Ab 1857 fanden diese Synodallehrerkonferenzen jährlich statt und wurden inhaltlich ausgebaut. Während noch bei der ersten Konferenz die starke Dominanz Oelgartes auffällt, treten in den folgenden Jahren einzelne Lehrer in den Vordergrund, die ein vorab bestimmtes Konferenzthema schriftlich ausarbeiteten und ­dieses im Rahmen der Zusammenkunft referierten. Die gewählten ­Themen bezeugen ein breiteres pädagogisches Spektrum: 1858 Gesangsunterricht, 1859 Leseunterricht nach der Goltzschen Methode, 1860 christliche Schulzucht. Auf Anregung des Stettiner Konsistorialrates Hoffmann, der im Frühjahr die Schulen der Penkuner Synode visitiert hatte, erarbeitete Oelgarte parallel zu den Synodalkonferenzen 1863 ein weiteres Fortbildungssystem.226 Dieses war von dem Gedanken getragen, die bislang nur aus einer Kleingruppe von drei bis vier Personen bestehenden Parochialkonferenzen zu einer größeren Anzahl zu vereinigen.227 Dazu teilte Oelgarte die Synode in folgende vier Bezirke: 1.  Löcknitz und Retzin; Leitung: Pfarrer Hildebrandt, 2.  Glasow, Sonnenberg und Nadrensee; Leitung: Pfarrer Stieglitz, 3.  Penkun, Wollin, Schönfeld, Sommersdorf; Leitung: Pfarrer Mampe, 4.  Blumberg, Woltersdorf und Cummerow; Leitung: Pfarrer Hertel. Die damit geschaffenen Bezirkslehrerkonferenzen sollten nach Oelgartes Vorstellung mindestens sechs-, idealerweise zwölfmal pro Jahr unter der Leitung eines Geistlichen zusammentreten. Die bis dahin präferierte Methode der Lehrerunterweisung durch den Pfarrer wurde nun aufgegeben zugunsten der „Darlegung und Anwendung der Unterrichtsmethode und […] practischen Uebungen“. Damit konnte eine völlig neue Qualität innerhalb der Konferenztätigkeit erreicht werden, indem die Lehrer von bloßen Rezipienten nun zu Akteuren und Mitgestaltern avancierten. Im Mittelpunkt der jeweiligen Konferenz stand eine methodische Frage, die zunächst theoretisch von einem der Lehrer durch einen Vortrag erörtert wurde. Im anschließenden Teil veranschaulichte der Referent den Versammelten im Rahmen einer Lehrprobe in seiner Klasse die praktische Umsetzung. Die nachfolgende Auswertung gab den Teilnehmern Raum zur Reflexion. Die Auswertung der vorhandenen Protokollbücher der Bezirke Penkun und Löcknitz ist in mehrfacher Hinsicht interessant.228 Sie zeigt zum einen, dass die von Oelgarte fixierte Tagungsfrequenz nicht annähernd erreicht wurde, denn im Schnitt fanden pro Jahr zwei 225 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. II, Vol. 1, fol. 166: Bericht Oelgartes an Konsistorium und Regierung, Löcknitz vom 30. Juli 1857. 226 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. XI, fol. 75: Hoffmann an Oelgarte, Stettin vom 21. Mai 1863. 227 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. II, Vol. 2, fol. 49 f.: Entwurf zu einem Plan über die Einrichtung von Bezirks-Lehrer-Conferenzen in der Synode Penkun, Löcknitz vom 3. Juli 1863. 228 PfA Retzin, Protokolle der Bezirkslehrerkonferenzen Löcknitz und Retzin; PfA Penkun, Nr. 76.

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

161

bis drei Konferenzen statt. Als Grund dafür findet sich im Penkuner Protokollbuch die Bemerkung, dass einzelne Lehrer „die Bewirtung von 13 – 14 Amtskollegen am Mittagstisch als Zumutung“ empfänden.229 Dabei ergaben sich die verschiedenen Tagungsorte als logische Konsequenz aus der Bestimmung des jeweiligen Referenten. Des Weiteren scheint es ­zwischen den Konferenzleitern im Hinblick auf die Themenwahl, zumindest anfangs, keine übergeordnete Absprachen gegeben zu haben. Von 1863 bis 1868 wurden ausschließlich ­Themen besprochen, die dem Religionsunterricht zuzuordnen sind: Unterricht in biblischer Geschichte, die Verwendung der biblischen Beweissprüche im Katechismusunterricht, die Behandlung des Kirchenliedes. Erst danach treten andere Fächer hinzu: Lese- und Rechtschreib- sowie Rechenunterricht. Zusätzlich werden im Löcknitzer Bezirk Bestrebungen erkennbar, Lehrpläne und Stoffauswahl, vor allem für den Religionsunterricht, zu vereinheitlichen. Geprägt waren sämtliche Konferenzen – auch die Parochial- und Synodalkonferenz – von einem kirchlichen Geist: Eine jede begann mit Gebet und Gesang und schloss mit Gebet und Segen. Die Einrichtung von Bezirkslehrerkonferenzen hatte ihre Ursache nicht in einer administrativen Anweisung, sondern ging auf die Initiative einzelner Superintendenten zurück. Sie waren zunächst eine Erscheinung in einzelnen Synoden gewesen und wurden erst 1869 von der Stettiner Regierung wahrgenommen, die nun darauf drängte, „daß überall […] in jeder Synode sich 3 bis 4 größere Bezirks-Conferenzen bilden, w ­ elche während des Sommers 5 bis 6 Mal […] zusammentreten und sich mit […] wichtigen Fragen auf dem Gebiete des Schulunterrichts und der sonstigen Lehrerwirksamkeit, mit der Veranschaulichung der theoretisch besprochenen Unterrichtsweise durch Probelectionen und außerdem mit gemeinschaftlichen Gesangsübungen beschäftigen“.230

Mit dem Aufkommen der Bezirkslehrerkonferenzen verringerte sich die Anzahl der Parochialkonferenzen, „die nun nicht mehr monatlich, sondern meist nur vierteljährlich abgehalten“ wurden, ehe sie gänzlich zum Erliegen kamen.231 Spätestens ab 1880 lässt sich eine starke organisatorische und inhaltliche Beeinflussung des Konferenzwesens durch die Stettiner Provinzialregierung registrieren. Durch die offensichtlich uneinheitliche Verfahrenspraxis veranlasst, erließ die Behörde normierende Bestimmungen, die „regelmäßige Zusammenkünfte praktischer Schulmänner zu gemeinsamer Auffrischung und Stärkung in der hochwichtigen Berufsarbeit zu gegenseitiger Fortbildung, Wartung

229 Vgl. PfA Penkun, Nr. 76: Protokoll zur XVI. Conferenz in Pencun vom 28. Mai 1878. 230 APS, Rej. Sz., II/7230, unpag.: Stettiner Regierung an sämtliche Superintendenten, Stettin vom 19. Juni 1869. 231 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. II, Vol. 2, fol. 64: Oelgarte an die Stettiner Regierung, Löcknitz vom 5. Oktober 1866.

162

Die Professionalisierung der Elementarlehrer

und Pflege des Bewußtseins von dem Zusammenwirken der von Gott zur Erziehung der Menschen geordneten Anstalten nach den gesteckten hohen Zwecken und Zielen“

bewirken sollten.232 Diese betrafen sowohl die Tagungsfrequenz als auch den -ablauf und verpflichtete Lehrer und Geistliche einer jeden Kreisschulinspektion zur jährlichen Durchführung einer ­zwischen dem 1. Juli bis 30. September anzusetzenden Generalkonferenz sowie mindestens dreier Bezirksschulkonferenzen. Dabei waren die Generalkonferenzen nach einem fest umrissenen Plan zu gestalten: a) Gesang, Gebet, kurze Ansprache des vorsitzenden Kreisschulinspektors mit Rückschau auf das Schulleben und Arbeiten und etwaigen Personalveränderungen des letzten Jahres; Mitteilungen wichtiger Vorkommnisse und Erfahrungen sowie allgemeiner Verfügungen und Bescheide der Aufsichtsbehörde. b) Referate der Bezirks-Conferenz-Leiter über die letzte Bezirks-Schul-Conferenzverhandlungen – mündlich oder schriftlich. c) Vorlesung eines Conferenz-Aufsatzes und Besprechung desselben. […] d) Abhaltung einer Lehrprobe mit Schulkindern und Besprechung über dieselbe in Bezug auf Sache, Form und Methode. e) Vortrag von Gesangstücken; Orgelspiel der desselben kundigen Mitglieder der Conferenz.233

Das über die Zusammenkunft gefertigte Protokoll und der Konferenzaufsatz, ­welche bis spätestens Mitte Oktober einzureichen waren, ermöglichten der Regierung eine Kontrolle und gaben Anlass für lobende und kritische Rückmeldungen. Neben der engen Normierung des Tagungsablaufes ließ die Behörde wenig Spielraum bei der inhaltlichen Gestaltung, indem sie die jeweiligen Konferenzthemen zentral vorgab.234 Diese bildeten im Vergleich zu früheren Jahren ein breiteres schulisches Spektrum ab und verringerten die zuvor bestehende einseitige Gewichtung des Religionsunterrichts.

232 KKA , Sup Pen, ohne Signatur: Protokolle der Bezirks- und General-Lehrer-Konferenzen 1878 – 1885, unpag.: Stettiner Regierung an sämtliche Kreisschulinspektoren, Stettin vom 31. März 1880. 233 Ebd. 234 Auswahl von Konferenzthemen: 1880: Einführung der neuen Rechtschreibung; 1881: Aufgabe des Religionsunterrichts nach Nr. 19 der Allgemeinen Bestimmungen; 1882: Volks- und Jugendschriften in Lesebibliotheken; 1883: Aufgabe der Naturbeschreibung nach Nr. 34 der Allgemeinen Bestimmungen; 1884: Gestaltung des Rechenunterrichts; 1885: Verbindung der häuslichen mit der Schularbeit.

Die Penkuner Schulwirklichkeit im 19. Jahrhundert

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5.3.4 Fachlich ungeeignet, aber glücklicherweise genügsam – Das Ringen um den Lehrer Gustav Baebelich Zum Abschluss meiner Betrachtungen zur Schulwirklichkeit des 19. Jahrhunderts in der Penkuner Synode soll der Blick nach Jamikow auf den dort fungierenden Lehrer Gustav Baebelich, einen Sohn des Cummerower Lehrers, gerichtet werden. In seiner Person und in seinem Schicksal wird vieles verdeutlicht, was als idealtypisch bezeichnet werden kann. Gustav Baebelich wollte in der nunmehr vierten Generation das Küster- und Lehreramt fortführen, musste jedoch erfahren, dass er den gestiegenen Anforderungen, die von staatlicher Seite an das Lehramt gestellt wurden, nicht gewachsen war. Auf der anderen Seite erlebte er die Disparitäten seiner unmittelbaren Umgebung im kleinen Tagelöhnerdorf Jamikow. Dort war er einem Pfarrer unterstellt, der sich um die Angelegenheiten der Schule nur ungern kümmerte und der nicht, wie es eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre, die Interessen des unterrichtenden Lehrers bei der renitenten Schulgemeinde und dem Schulpatron vertrat. Letztere weigerten sich beharrlich, eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse herbeizuführen. Baebelich geriet so in den Interessenkonflikt ­zwischen staatlicher Behörde, die um eine qualitative sowie pekuniäre Verbesserung der Lehrerstelle bemüht war, und den örtlichen Instanzen, die sich beharrlich dagegen sträubten, mehr als nur irgend nötig in das Schulwesen zu investieren. Dabei spielten ihnen Baebelichs Bequemlichkeit und Genügsamkeit in die Hände. Nachdem am 20. August 1860 der Jamikower Küster und Lehrer Johann Erdmann Wolf verstorben war, wurde die vakante Küsterstelle von Carl Baebelich aus Cummerow verwaltet.235 Den Schulunterricht übernahm auf Wunsch des Patrons, Gustav Meyer, Jamikow, Baebelichs 25-jähriger Sohn Gustav. Als Pastor Rudolf Bernhard Hermann Seiler diesen Entschluss Superintendent Oelgarte mitteilte, urteilte er: „Der junge Mann gibt sich alle Mühe, um die sehr gesunkene Schule in Jamickow zu heben.“ 236 Die Königliche Regierung beließ es einstweilen bei ­diesem Zustand, verpflichtete jedoch den Superintendenten, Baebelich einer Prüfung zu unterziehen und darüber zu berichten, damit auf dieser Grundlage weitere Entscheidungen getroffen werden könnten.237 Das Examen fand am 7. Januar 1861 statt, setze sich aus einem mündlichen, schriftlichen und praktischen Teil – letzteren hatte er in der Löcknitzer Schule zu absolvieren – zusammen und erstreckte sich auf biblische Geschichte, Katechismus, deutsche Sprache und Rechnen. Oelgarte urteilte:

235 Johann Erdmann Wolf, von Beruf Sattler, versah das Amt des Schullehrers und Küsters in Jamikow von 1832 bis 1860. 236 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. IV, fol. 180: Seiler an Oelgarte, Cummerow vom 14. November 1860. 237 Ebd., fol. 181: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 11. Dezember 1860.

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„Baebelich [kann die] ihm bekannten biblischen Geschichten aus dem Kopfe fast wörtlich niederschreiben. Der Kreis seiner Bekanntschaft ist aber nur ein sehr beschränkter. […] Den Katechismus weiß er aufzusagen und kennt auch diejenigen Beweisstellen der Schrift, die ein guter Konfirmande gelernt hat. Soweit, aber auch nicht weiter geht das Verständniß der katechetischen Wahrheiten. In Bezug auf deutsche Sprache, so schreibt er […] bis auf die mangelhafte Interpunktion ohne erhebliche orthographische Fehler; im grammatischen Verständnis hat er aber nur einen geringen Anfang gemacht. Im Rechnen kann er leichte Regeldetri Aufgaben mit Brüchen lösen, freilich ohne klare Einsicht von dem eingeschlagenen Verfahren.“ 238

Oelgartes Bericht an die Regierung schloss mit den Worten: „Bei seinem Eifer und seiner guten Gesinnung steht aber zu erwarten, daß er fortschreiten und seine Kenntnisse und Lehrgaben so weit entwickeln werde, daß er eine kleine Schule wird bedienen können.“ Die Behörde bewilligte die vorläufige Anstellung des Schulamtspräparanden Gustav Baebelich mit der Maßgabe beständiger Fortbildung. Anscheinend wurden jedoch die positiven Erwartungen des Geistlichen nicht erfüllt, denn ein gutes Jahr ­später bat Oelgarte die Regierung, Baebelich einer Eignungsprüfung zu unterziehen. Ihm sei aufgefallen, „daß derselbe fast ein ganzes Jahr verstreichen ließ, ehe er Unterricht und Nachhilfe bei einem erfahrenen Lehrer der Umgegend benutzt hat, und erst auf ernstliche Vorstellung meiner Seits bei einem in der Uckermark wohnenden Lehrer gesucht hat“.239 Die Behörde reagierte prompt und verpflichtete Baebelich zur Teilnahme an der im November in Pölitz stattfindenden Schullehrerprüfung – jedoch erschien dieser zum Prüfungstermin nicht.240 Als sich Gustav Baebelich ein Jahr ­später, im September 1863, erneut einer Prüfung stellte, war sein Kenntnisstand noch immer so gering, dass er diese nicht bestand. Oelgarte fragte daraufhin bei der Regierung an, ob die Schulstelle in Jamikow weiter durch ihn verwaltet werden oder ihm eine erneute Frist gesetzt werden könne, innerhalb der er sich die notwendige Qualifikation erwerben würde.241 Aus Stettin kamen scharfe Worte zurück: Es „dürfte schon jetzt hinreichender Grund vorhanden sein, ihm sein Lehramt in Jamickow zu kündigen und ihn nach abgelaufener Kündigungsfrist aus demselben zu entlassen“. Etwas versöhnlicher klang der nächste Satz, der jedoch vor dem Hintergrund des bestehenden Lehrermangels und der Tatsache gelesen werden muss, dass kein anderer Bewerber für diese schlecht dotierte Stelle vorhanden war. „Wir wollen jedoch noch einen letzten Versuch mit ihm machen und ihm Zeit verstatten, im Herbste ­dieses Jahres noch an einer solchen Prüfung teilzunehmen.“ 242 Aus den vorliegenden Akten geht nicht 238 Ebd., fol. 181: Oelgarte an die Stettiner Regierung, Löcknitz vom 9. Januar 1861. 239 Ebd., fol. 196: Oelgarte an die Stettiner Regierung, Löcknitz vom 16. Juli 1862. 240 Ebd., fol. 202: Randnotiz Oelgartes auf der Verfügung der Stettiner Regierung vom 28. Juli 1862. Baebelich wurde am 11. September 1863 von Oelgarte erneut zur Prüfung angemeldet. 241 Ebd., fol. 204: Oelgarte an die Stettiner Regierung, Löcknitz vom 14. März 1864. 242 Ebd., fol. 205: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 21. März 1864.

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hervor, ob Baebelich diese Gelegenheit nutzte. In einem weiteren Schreiben mahnte die Behörde an, dass seit acht Jahren keine Schulvisitation stattgefunden habe, und verpflichtete den Superintendenten zur baldigen Realisierung.243 Diese fand im November 1864 statt und warf erneut die Frage der Amtsfähigkeit des Lehrers auf. Oelgarte formulierte im Visitationsprotokoll: „Es wird daher der Königlichen Regierung die Frage vorzulegen sein, ob der junge provisorisch angestellte Lehrer überhaupt fähig sei, im Schulamte zu bleiben. Nach meinem Urtheile hat er nicht diejenige Mühe und den Fleiß auf seine Fortbildung verwendet, die notwendig war, um ein tüchtiger Lehrer zu werden.“ 244

Die Regierung entschied nun, dass Baebelich zum Beginn der Winterschule 1865 gekündigt werden solle, und beauftragte den Patron, einen geeigneten Kandidaten zu wählen.245 Ob dies der Grund war, dass sich Baebelich im April 1865 nun doch einer erneuten Prüfung stellte, ist nicht überliefert; den dort gestellten Anforderungen konnte er allerdings wieder nicht genügen.246 Es erwies sich in der Folge als schwierig, überhaupt einen Interessenten für diese mit 100 Talern äußerst schlecht dotierte Stelle zu finden. Als nun endlich ein Präparand namens Bartmann präsentiert werden konnte, verweigerte der Schulpatron seine Zustimmung mit der Begründung, er wolle die Schule in Jamikow nur einem fest angestellten Lehrer überlassen. „Wie es ihm gelingen wird, ein hierzu sich qualificirendes Subject zu finden, ist mir freilich unbegreiflich“, kommentierte Pastor Seiler diese Entscheidung.247 Das Veto Meyers hatte die Verschiebung von Baebelichs Kündigung auf den 1. April 1866, schließlich auf den 1. Mai zur Folge. Gleichzeitig drohte die Regierung damit, die Schulstelle selbst besetzen zu wollen, sollte bis dahin nichts geschehen sein.248 Doch wieder konnte oder wollte der Patron keinen Nachfolger finden, worauf die Regierung ernst machte und Gustav Baebelich entließ. Dass die Besetzung dieser Schulstelle äußerst schwierig war, musste die Regierung mittlerweile erkannt haben. So empfahl sie Baebelich, die vor ihm liegende Zeit zur Vorbereitung auf die Lehrerprüfung zu n ­ utzen, und stellte ihm seine Wiedereinstellung zum Winterhalbjahr in Aussicht.249 Die Verwaltung der Jamikower Schule wurde für das Sommerhalbjahr den benachbarten Lehrern Johann Friedrich Meseke aus Cummerow und Adolph Wendorf aus Schönow übertragen, 243 Ebd., fol. 206: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 21. März 1864. 244 APS, Rej. Sz., II/4144, unpag.: Protokoll der Schulvisitation der Schule Jamikow vom November 1864. 245 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. IV, fol. 214: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 14. Februar 1865. 246 Ebd., fol. 216: Provinzial-Schul-Collegium an Oelgarte, Stettin vom 25. April 1865. 247 Ebd., fol. 219: Seiler an Oelgarte, Cummerow vom 27. August 1865. 248 Ebd., fol. 224: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 13. Oktober 1865. 249 Ebd., fol. 266: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 9. April 1868.

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die umschichtig an jeweils drei Tagen von 14 – 16 Uhr Unterricht erteilten. Baebelich ließ sich den Rat angelegen sein und nahm im Sommer 1868 Unterricht beim Küster im nahegelegenen Stendell.250 Im Herbst meldete er sich erneut zur Prüfung in Pölitz an – und wieder fiel er durch. Da jedoch die Regierung keinen anderen Schulamtskandidaten zur Übernahme der Stelle präsentieren konnte, wies sie Oelgarte an, „für die einstweilige Versehung derselben bis Ostern k. Js. so gut wie möglich zu sorgen“.251 Somit wurde Gustav Baebelich mit der Verwaltung der Schule ab dem 1. November 1868 wieder betraut.252 Um ­diesem unglücklichen Zustand abzuhelfen, unternahmen der Patronatsverweser 253 und die Gemeinde Jamikow im Dezember 1868 einen Vorstoß und beantragten die feste Anstellung Baebelichs, der die Lehrerstelle ihrer Meinung nach „zu unserer großen Zufriedenheit verwaltet“ 254 hat. „Sein Fleiß in der Schule, die stets erfreulichen Fortschritte der Schuljugend ließen es wünschen“, dass Baebelich weiter in dieser Stelle belassen werde. Diese konträr zu den früheren Wahrnehmungen des Superintendenten stehenden Aussagen hatten ihren Grund darin, dass Baebelich „höchst bescheiden und anspruchslos“ war, so dass Patron und Gemeinde eine günstige Gelegenheit erblickten, die Aufbesserung der Stellendotation aufschieben zu können. Es sei noch einmal angemerkt, dass das äußerst schmale Einkommen 100 Taler betrug, von denen 60 Taler aus dem Küsteramt flossen. Die Absender behaupteten weiter, dass die Stelle „schon in früheren Zeiten […] wesentlich verbessert worden“ sei, und schlussfolgerten, dass „zu einer weiteren Verbesserung […] sowohl Patron und Gemeinde Abstand nehmen [müssten]“. Da Baebelich „keine überschwänglichen Ansprüche auf ’s Leben“ mache, sei er „mit der jetzigen Stelleneinnahme sehr wohl zufrieden“. Deutlicher konnten die wahren Gründe für die fortwährenden Einsprüche des Patrons nicht formuliert werden. Dennoch schlossen die Unterzeichnenden: „Uns erscheint es als eine unumstößliche Wahrheit, daß ein christlicher ächt religiöser Lehrer, der mit Treue und Eifer wirkt, wie der in Rede stehende p. Baebelich es gethan hat, behalten werden müsse, und d ­ ieses ist der Grund allein, der uns bewogen hat, bei Euer Königlichen Hochlöblichen Regierung in aller Ehrerbietung gehorsamst vorstellig zu werden.“

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Ebd., fol. 273: Schreiben des Pfarrers von Stendell an Oelgarte, Stendell vom 25. August 1868. Ebd., fol. 276: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 27. Oktober 1868. Ebd., fol. 277: Seiler an Oelgarte, Cummerow vom 22. November 1868. Cummerow und Jamikow gehörten von alters her zusammen und waren bis in das Jahr 1868 immer von einem Gutsherrn besessen worden. Der 1868 verstorbene Gutsbesitzer ­Gustav Meyer teilte seinen Nachlass dergestalt, dass sein Sohn Albert Jamikow und sein Sohn G ­ ustav ­Cummerow erhielt. Zwischen beiden Brüdern war ein Streit über die Ausübung der Patronats­ rechte entstanden. Oelgartes Nachforschungen ergaben, dass d­ ieses Recht, auch über ­Cummerow, fest mit dem Rittergut Jamikow verbunden war. APS, Rej. Sz., II/4144, unpag.: Bericht des Oelgarte an die Königliche Regierung über die Patronatsverhältnisse in der Parochie C ­ ummerow vom 13. Mai 1869. 254 APS, Rej. Sz., II/4144, unpag.: Patronats-Verweser der K ­ irche und Schule zu Jamikow nebst der Gemeinde Jamikow an die Stettiner Regierung, Jamikow vom 15. Dezember 1868.

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Ihren Antrag jedoch beschied die Regierung abschlägig, weil Baebelich durch die nicht bestandene Prüfung die notwendigen Voraussetzungen für eine feste Anstellung nicht beibringen konnte. Um nun zu klären, ob dieser die Schule dennoch weiter versehen könne, nahm Oelgarte im Mai 1869 eine Visitation der Schule vor und urteilte: „Der Lehrer hat sich offenbar viel Mühe gegeben und die Schule hat sich gegen das Resultat bei der letzten Visitation gehoben. […] Patron, Pastor und Kirchenvorsteher bitten, den p. Baebelich im Amte zu belassen, da in einer solchen Schule, die nur Kinder gutsherrlicher Tagelöhner besuchen, doch kein anderes Resultat erreicht wird, als daß sie lesen, den Katechismus und Bibelsprüche, etwas biblische Geschichte schreiben und rechnen lernen und Baebelich ein treuer Mensch ist und ein frommes Gemüth hat, so möchte ich mich der Bitte der Obengenannten anschließen. Auch ist noch hervorzuheben, daß ein Lehrer in Jamickow nur dann zu leben hat, wenn er, wie Baebelich thut und gewohnt ist zu thun, sein Land eigenhändig bestellt, mäht, drischt pp. denn Tagelöhner sind für ihn dort nicht vorhanden.“ 255

Dieses Mal wollte die Regierung keinen Kompromiss dulden. Vielmehr bestand sie darauf, dass Baebelich in einer Prüfung sein Wissen unter Beweis stellte und eröffnete, „daß er im Unterlassungsfall seine Entlassung zu gewärtigen habe, sobald uns ein geprüfter Lehrer für die Stelle zu Gebote steht“.256 Einen Monat nach der Versendung ­dieses Schreibens besuchte Militäroberprediger Hildebrandt im Auftrag der Stettiner Regierung die Schule in Jamikow zu einer außerordentlichen Revision. In Bezug auf den Lehrer kam er zu dem Schluss, dass er „in Erwägung der geltend gemachten Wünsche aller Betheiligten und des Votums des Superintendenten […] zunächst noch in der Stelle zu belassen [sei]“.257 Dennoch formulierte der Bevollmächtigte seine Hoffnung, dass Baebelich die „ihm anhaftende überaus große Timidität [= hier Prüfungsangst] soweit [verliere], daß er trotz der bisher beim Versuch eines Examens erzielten überaus ungünstigen Resultate doch noch die Lehrerprüfung besteht“. Einen weiteren wichtigen Grund dafür, dass Baebelichs Kenntnisse nur geringe Fortschritte machten und dass sich die Schule in einem solch schlechten Zustand befand, sah Hildebrandt in der Person des Pastors begründet, welcher nach seinem Urteil die Schule sträflich vernachlässigt hatte. So musste er feststellen, dass „gar keine Lehrbücher vorhanden [waren], nicht einmal Lesebücher“, dass der Turnunterricht nicht erteilt wurde und dass eine hohe Frequenz von Schulversäumnissen vorlag. Seiler wollte diese Übelstände mit der Armut der Eltern entschuldigen, doch Hildebrandt stellte fest, „daß all diese Armseligkeiten nur vorhanden waren in Folge vielfältiger Unterlassungen des Pastors und in Folge des Mangels eines Einverständnisses ­zwischen ihm und dem ihm nahe verwandten aber persönlich 255 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. V, unpag.: Visitationsprotokoll der Schule von Jamikow vom 3. Mai 1869. 256 APS, Rej. Sz., II/4144, unpag.: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 15. Juli 1869. 257 Ebd.: Bericht Hildebrandts an die Stettiner Regierung, Stettin vom 28. August 1869.

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verfeindeten Gutsherrn“.258 Beiden Herren gab er im Beisein des Schulvorstandes und des Lehrers auf, eine zügige Abhilfe zu schaffen und legte dem Pastor „die Fürsorge für seine Schulen dringend an’s Herz“. Allein schien es damit nicht sein Bewenden zu haben, denn weiter empfahl Hildebrandt, den Pastor einer „schärferen Aufsicht“ zu unterziehen, „da er die Kunst loyal gefärbter Renitenz und passiven Widerstandes – ohne besonderen bösen Willen aber aus Mangel energischer Vertiefung in seine Amtspflichten – sich angeeignet zu haben scheint“. Es muss ungeklärt bleiben, w ­ elchen Ausgang die Angelegenheit genommen hätte – Gustav Baebelich verstarb 35-jährig am 9. Mai 1870 in Jamikow. Die Widerspenstigkeit des Patrons und der Schulgemeinde indes sollte noch andauern. Um die Erteilung des Unterrichts abzusichern, beauftragte die Regierung den Präparanden Porath, der zu ­diesem Zweck am 6. Juli 1870 in Jamikow anlangte. Meyer jedoch weigerte sich, ihn anzuerkennen, und begründete dies mit seinem Recht der Stellenbesetzung, woraufhin Porath wieder abreiste.259 Nachdem die Regierung festgestellt hatte, dass dem Patron zwar das Recht der Wiederbesetzung zustehe, er jedoch in Fragen der interimistischen Verwaltung keine Befugnis habe, forderte sie Oelgarte auf, Porath erneut nach Jamikow zu bestellen.260 Dieser trat aber wegen der fehlenden Möglichkeit, sich zu beköstigen, die Stelle nicht an.261 Auch im Verlauf der kommenden Jahre gestaltete sich die Besetzung der Jamikower Schulstelle äußerst schwierig und sehr unstet.

5.4 Zusammenfassung Die Ausführungen d ­ ieses Kapitels standen unter der Leitfrage nach der Professionalisierung der pommerschen Elementarlehrer. Dabei wurde zunächst die Entwicklung des Stettiner Seminars betrachtet, ehe die Synode Penkun in den Fokus der Untersuchung rückte. Folgende Ergebnisse sind festzuhalten: Das 1732 von Johann Christoph Schinmeyer nach pietistischem Vorbild in Stettin gegründete Lehrerseminar darf als Vorläufer einer institutionalisierten Lehrerbildung angesehen werden. Erstmals in der pommerschen Geschichte fand innerhalb eines organisierten Verbundes eine kostenlose und begleitete Ausbildung angehender Lehrer statt. Diese realisierte sich zwar größtenteils in einer erweiterten Form der Meisterlehre, hob sich jedoch durch eine theoretische Unterweisung der Zöglinge sowie der Bildung seminargruppenähnlicher Strukturen davon ab. Wegen der ­kurzen Zeit seines Bestehens hatte das Schinmeyersche Seminar, dessen Absolventen ohnehin eher für die Anstellung an einer besser dotierten 258 Seilers Ehegattin, Ottilie geb. Haack, war die Schwester von Johanne Friederike Meyer, geb. Haack, der Gattin des 1868 verstorbenen Gustav Meyer sen. Damit war der Pastor der Onkel des nunmerigen Patrons von Cummerow, Gustav Meyer jun. 259 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. IV, fol. 301: Oelgarte an die Stettiner Regierung, Löcknitz vom 21. Juli 1870. 260 Ebd., fol. 306: Stettiner Regierung an Oelgarte, Stettin vom 1. August 1870. 261 Ebd., fol. 308: Oelgarte an die Stettiner Regierung, Löcknitz vom 10. November 1870.

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Stadtschule infrage kamen, eine verschwindend geringe Wirkung auf eine Verbesserung der Ausbildungssituation pommerscher Landschullehrer. Trotz der Agitationen der Stadtgeistlichkeit gegen Schinmeyer und seinen Schulverband blieb in Stettin Lehrerbildung erhalten. Während die Lastadische Schule durch das mangelnde Interesse ihrer Direktoren dem Verfall preisgegeben war, konnte an der Ministerialschule die Aufnahme von Schulpräparanden und deren Ausbildung im Sinne ihres Gründers fortgeführt werden. Aufgrund ihrer ebenfalls geringen Ausbildungskapazität vermochte sie eine signifikante Hebung des Anteils ausgebildeter Fachkräfte nicht herbeizuführen, allerdings lassen sich für die Penkuner Synode zwei Lehrer nachweisen, die an der Ministerialschule ihre Ausbildung erhalten hatten. Eine nächste Entwicklungsstufe in der Professionalisierung der Lehrer wurde durch das Wirken von Friedrich Christian Göring erreicht, der durch sein hohes persönliches Engagement nicht nur die Lehrerbildung an der Lastadischen Schule wiederbeleben, sondern sie auf ein bis dahin nicht gekanntes Niveau heben konnte. Göring erarbeitete eine Seminarordnung und erweiterte den Lehrplan um Rechnen, Naturlehre und Küchen- und Baumgärtnerei sowie die Seidenraupenzucht. Über die Lastadische Schule hinaus richtete sich sein Interesse auch auf die Hebung des städtischen Schulwesens. Er ließ in den Stettiner Vororten Neu- und Unterwiek Schulhäuser errichten und durch Seminaristen verwalten. Erstmals beteiligte sich der preußische Staat durch regelmäßige Zuschüsse an der Unterstützung der Seminaristen. 1788 gelang Göring die staatlich finanzierte Erweiterung seines Seminars auf 18 Stellen, von denen allerdings sechs für Bewerber aus der westpreußischen Provinz vorgehalten waren. Bei allem als Fortschritt zu betrachtendem Engagement des Staates muss die geringe Zahl als völlig unzureichend angesehen werden. Erst im Zusammenhang mit den preußischen Reformen rückte der Ausbau des Seminarwesens in das Zentrum administrativen Handelns, wobei individuelle Gangarten der Provinzen als notwendig und gewollt verstanden werden müssen. Nach der generellen Entscheidung zugunsten des Seminarkonzepts beschritt man in Stettin aus Finanzierungsgründen den Weg der Vereinigung der beiden vorhandenen Seminare und bestimmte Friedrich Graßmann zunächst zum Inspektor, ­später zum Direktor des neuen Landschullehrerseminars. Die Ausbildung der Seminaristen für ein Handwerk fand nun nicht mehr statt, sondern erfolgte ausschließlich für das Lehr- und Küsteramt. Ab 1817 konnte der geregelte Seminarbetrieb mit einem jeweils zweijährigen Kurs beginnen. Unter Graßmann erfolgten die Einstellung weiterer Seminarlehrer und eine Ausdifferenzierung der Lehrinhalte um die sogenannten Realienfächer. Der Erwerb des früheren Gouvernementshauses beendete die logistisch ungünstige Nutzung beider früherer Standorte und erlaubte die jährliche Aufnahme von 20 Bewerbern. Deutliches Gewicht behielt nach wie vor die Ausbildung für das Küsteramt. Auffallend im Vergleich zur früheren Seminarpolitik ist die hohe finanzielle Beteiligung des Staates: Etwa 90 Prozent des Seminaretats flossen aus öffentlichen Mitteln. Der Ausbau des Seminarwesens zog juristische Normierungen der Aufnahme- bzw. Abschlussprüfung nach sich. Während das Aufnahmeverfahren durch Anordnungen der Stettiner Behörde in einem provinzialen Rahmen verhaftet blieb, schuf

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der preußische Staat durch die Wahl- und Anstellungsfähigkeitsprüfung und die in unterschiedliche Niveaustufen differenzierten Zeugnisse erstmals in seiner Geschichte ein Regularium, das sämtliche Seminarabschlüsse vergleichbar machte. Die Provinzialbehörde nutze die erworbenen Prädikate, um regulierend in die Besetzung vakanter Stellen einzugreifen. Die Untersuchung konnte auch belegen, dass mit dem Ausbau des Seminarwesens die Anforderungen an die Bewerber deutlich stiegen, was diesen eine zusätzliche Vorbereitung abverlangte. Hierfür kamen zunächst in erster Linie der Besuch einer Stadtschule oder der private Unterricht bei einem Geistlichen infrage. Einrichtungen wie in Fritzow, die sich allein auf die Seminarvorbereitung konzentrierten, können als große Ausnahme betrachtet werden und verdankten ihr Bestehen der Initiative engagierter Geistlicher. Zum Ende der 1820er Jahre rückte die Präparandenausbildung stärker in den Fokus der Bildungspolitik. Indem die pommersche Provinzialregierung für jeden Schulverwaltungsbezirk geeignet erscheinende Ausbildungslehrer benannte und für ihre Arbeit formale Bestimmungen erließ, nahm sie direkt Einfluss auf die Seminarvorbereitung, ohne jedoch eine notwendige finanzielle Beteiligung zu realisieren. In d ­ iesem Punkt konnte innerhalb des Untersuchungszeitraums ein Umdenken festgestellt werden; bestehende Präparandenanstalten wurden teilweise oder vollumfänglich finanziert. Erst 1854 vereinheitlichte das zweite Stiehlsche Regulativ die Präparandenausbildung der gesamten Monarchie. Das Stettiner Seminar vermochte trotz aller positiven Entwicklung den Bedarf an ausgebildeten Lehrern nicht zu befriedigen. Obwohl 1816 ein zweites pommersches Lehrerseminar in Köslin gegründet worden war, konnte mit seiner zunächst auf sechs Seminaristen ausgelegten Kapazität keine signifikante Verbesserung der Situation herbeigeführt werden. Das einsetzende Bevölkerungswachstum sowie eine höhere Beschulungsrate erzeugten einen größeren Bedarf von Lehrerstellen und verschärften die Problematik. Vor d ­ iesem Hintergrund lässt sich die Gründung von kleineren Nebenseminaren erklären. Hier wurden auf einem im Vergleich zum Stettiner Seminar geringer gehaltenem Niveau Lehrer ausgebildet, die ihre künftige Wirkungsstätte in einfachen Landschulen – wie sie in der Mehrzahl der pommerschen Dörfer bestand – finden sollten. Die Schulwirklichkeit der Penkuner Synode wurde vor dem Einsetzen der preußischen Reformen von einer Lehrerschaft geprägt, die in der Regel durch die Form der Meisterlehre vorgebildet war und neben ihrer Lehrer- und Küstertätigkeit zur Sicherung ihrer Subsistenz ein Handwerk praktizierte. Die Besetzung einer vakanten Stelle erfolgte – bis auf die wenigen Ausnahmen in den Dörfern königlichen Patronats – durch den jeweiligen Gutsherrn. Vor der Einstellung unterzog sich der Bewerber einer Prüfung, die in der Verantwortung des zuständigen Superintendenten lag. Dabei war das Anforderungsniveau gering gehalten und verlangte neben elementaren Bibel- und Katechismuskenntnissen, grundlegenden Fähigkeiten im Lesen und Schreiben vor allem die Befähigung für das Küsteramt, das mit den meisten Schulstellen verbunden war. Exemplarisch wurde der dominierende Einfluss einzelner Gutsherren dargestellt, deren Entscheidungen häufig durch persönliche Präferenzen geleitet wurden und denen sich in der Regel die Pfarrer beugten, seltener der Superintendent und die Regierung.

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Mit der Realisierung der preußischen Reformen veränderte sich mit der pommerschen auch die Penkuner Schulwirklichkeit allmählich. Zwar waren im Vergleich zum Jahre 1773 50 Jahre ­später bereits sieben von 30 Lehrern seminaristisch vorbereitet, dennoch wirkten auf der großen Mehrheit der vorhandenen Schulstellen unausgebildete Männer. Einen als notwendig erachteten Bildungsstand zu erreichen, wurde das Ziel eines systematischen, mehrschichtigen Ausbildungsprogramms, das sich auf drei unterschiedliche Arten realisierte. Überregional führte Schulrat Ernst Bernhardt mehrwöchige methodologische Sommerkurse durch, und das Stettiner Seminar bot einzelnen Lehrern die Möglichkeit, für ein halbes Jahr lang als Gast am Unterricht der Seminaristen teilzunehmen. Beide Varianten dürfen als inhaltlich effektiv angesehen werden, da sie von Lehrerbildnern verantwortet waren. Damit jedoch eine möglichst große Breitenwirkung erreicht werden konnte, bediente sich die Regierung der Pfarrer, die in ihren Kirchspielen zur regelmäßigen Durchführung von Lehrerkonferenzen verpflichtet wurden, um den Lehrern zunächst ein grundlegendes Bildungsniveau zu vermitteln. Der erhöhte Anteil seminaristisch gebildeter Lehrer veränderte zur Mitte des Jahrhunderts mehr und mehr das Profil dieser Konferenzen. In ihrer qualitativen Weiterentwicklung folgten ab 1863 Bezirks- und schließlich jährliche Synodalkonferenzen, für die sich ein immer stärkerer staatlicher Einfluss auf die Frequenz und die Inhalte nachweisen ließ. Die Lehrer legten in d ­ iesem Prozess ihre anfängliche „Schüler“-­ Rolle ab und avancierten zu agierenden Personen. Der Erfolg der staatlichen Maßnahmen im Hinblick auf die Professionalisierung des Lehrerstandes spiegelte sich im wachsenden Anteil der seminaristisch gebildeten Fachkräfte. 1860 hatte er in der Synode Penkun bereits die 80-Prozent-Marke überschritten. Dennoch gestattete der gegen Ende der 1860er Jahre deutlich spürbare Lehrermangel in der unseligen Verbindung mit der sozialen Situation eines Tagelöhnerdorfes, das im Eigentum eines eigensinnigen Gutsherrn stand und dessen Lokalschulinspektor wenig Interesse für das Gedeihen der Schule zeigte, das Zustandekommen der tragischen Geschichte von Gustav Baebelich. Obgleich sie glücklicherweise in der Synode Penkun für sich allein steht, realisiert auch sie ein Stück Schulwirklichkeit und zeugt von den bestehenden Kräfteverhältnissen und Interessenkonflikten. Sie verdeutlicht auch das Auftreten des Staates gegenüber den Gutsherren, das im Vergleich zu den 1820er und -30er Jahren deutlich selbstbewusster geworden war. Werden abschließend die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts im Bereich der Lehrerprofessionalsierung realisierten Veränderungen den entsprechenden Passagen des Süvernschen Unterrichtsgesetzentwurfs gegenübergestellt, so ist ein hohes, fast deckungsgleiches Maß an Übereinstimmung zu erkennen.262 Diese auffallende Affinität macht einen Vergleich einzelner Elemente unnötig. Von daher kann als Fazit formuliert werden, dass trotz des Scheiterns des Gesetzentwurfs die von Süvern intendierten Reformmaßnahmen weitestgehend durch provinziale Regelungen umgesetzt werden konnten.

262 Vgl. §§ 57, 58, 60, 69 – 71 des Süvernschen Gesetzentwurfs im Anhang 9.1. dieser Arbeit.

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Der Antritt Adalbert Falks als Kultusminister 1872 führte auch im Hinblick auf die Lehrerbildung zu Veränderungen. Vor dem Hintergrund des in den 60er Jahren entstandenen und sich verstärkenden Lehrermangels hatte das preußische Abgeordnetenhaus im Dezember 1870 die Staatsregierung aufgefordert, „daß dem dringenden Bedürfnis nach Errichtung neuer, resp. Erweiterung bestehender Schullehrer-Seminarien schneller als bisher abgeholfen […] werde“.263 Unter Falk begann innerhalb des nächsten Jahrzehnts eine „einzigartige quantitative und qualitative Entwicklung des Lehrerbildungswesens“.264 Mit den Allgemeinen Bestimmungen vom 15. Oktober 1872265 präsentierte er eine Rechtsverordnung, die die Lehrerbildung detailliert regelte und reichsweit vereinheitlichte. Darüber hinaus kam es zu zahlreichen Seminarneugründungen, vorrangig in Schlesien und in der Rheinprovinz. Ihre Anzahl wuchs von 81 (1871) auf 109 (1880).266 Die ordentlichen Ausgaben für die Seminar- und Präparandenanstalten stiegen von 1,2 Millionen Mark (1872) auf 4,4 Millionen Mark (1882).267 In der Summe konnten diese Maßnahmen den Lehrermangel beheben und ließen die Einstellung fachlich geeigneten Personals zum Regelfall werden.

263 Zentralblatt, 11/1871, S. 643. 264 Sauer 1987a, S. 72. 265 „Allgemeine Bestimmungen des Königl. Preuß. Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten vom 15. October 1872, betreffend das Volksschul- Präparandenund Seminar-Wesen“, in: Zentralblatt, 10/1872, S. 585 – 646. 266 Sauer 1987a, S. 77. 267 Ebd., S. 292.

6. Die Hebung der Lehrergehälter 6.1 Die Einkommenssituation im 18. Jahrhundert Eine umfassende Aufstellung der Besoldungsverhältnisse aller pommerschen Landschullehrer erfogte im Zusammenhang mit der von Massow 1798 veranlassten Gesamterhebung. Für die Beschreibung der Ausgangslage halte ich eine Reduzierung des Aktenmaterials auf die vorpommerschen Synoden und damit 377 Schulen für sinnvoll.1 Die Erfassung der Stellenausstattung erfolgte nach einem genormten Schema. Es erhob deren Einnahmen, wobei z­ wischen den fixierten Geld- und Naturaleinkünften sowie den Akzidentien differenziert wurde. Bekleidete der Lehrer auch das Küsteramt, waren die Anteile aus dem jeweiligen Dienstverhältnis separat zu erfassen. Die Komponente der nicht unbedeutenden Naturaleinkünfte beinhaltet zugleich einen ersten und entscheidenden Mangel, der eine quantitative Auswertung bedeutend erschwert. Zwar verzeichneten die Pfarrer alle Emolumente, notierten jedoch in den seltensten Fällen deren Geldwert. Diesen im Nachhinein zu rekonstruieren, ist durch eine Reihe von Unbekannten so gut wie unmöglich. Zwei Beispiele mögen diese Schwierigkeit verdeutlichen. Wenn auch die Größe eines Ackerstückes – in beispielsweise 2 Scheffel Aussaat – angegeben wurde, so blieb dennoch die Bodenqualität der entscheidende Faktor für den Ertragswert. Ist er unbekannt, kann eine zuverlässige Wertbestimmung nicht erfolgen. Einen weiteren Hauptbestandteil der Naturalien stellte das Messkorn dar. Bei seiner Zuteilung stieß ich auf drei verschiedene Scheffelmaßgrößen, die mitunter stark voneinander abwichen. Gleichwohl scheinen die 1798 gesammelten Daten geeignet zu sein, die Einkommenssituation der pommerschen Landlehrerstellen zum Ende des 18. Jahrhunderts zu beschreiben. Bei d ­ iesem Vorhaben erwies es sich als äußerst dienlich, dass der Propst der Pasewalker Synode, Gotthilf Johann Tägen,2 von dem allgemeinen Verfahren abwich und sämtliche Komponenten zusätzlich mit ihrem entsprechenden Geldwert versah. Insofern kann Tägens Amtsbezirk mit seinen 33 Schulstellen exemplarisch einer tiefgründigeren Untersuchung unterzogen werden. Dabei ist vorauszuschicken, dass drei sogenannte Gnadenschulstellen bewusst aus der Berechnung ausgeklammert wurden.3 Die verbleibenden 30 Lehrer 1 APS , Konsystorz, 554: Adhibendum ad Acta Generalia des Pommerschen Consistorii wegen Verbesserung des Schulwesens, enthaltend die Tabellen B von den Vor-Pommerschen Land-Schulen. 2 Moderow 1903, S. 331: Geboren am 11. Juli 1734 in Stettin, 1759 Berufung zum Diakonus in Pasewalk, 1782 dort zum Pastor und Präpositus. 1813 Ruhestand, verstorben am 5. November 1815. 3 Unter den 377 erfassten Schulstellen befanden sich lediglich zwölf (entspricht 3 Prozent), die aus dem Gnadenschulfonds finanziert wurden. Sie stellten innerhalb der pommerschen Schullandschaft seltene, relativ gut dotierte Sonderfälle dar, deren Berücksichtigung in der

174

Die Hebung der Lehrergehälter

fixiertes Bargeld 19%

Schulgeld 31%

Naturalien 33%

Akzidentien 17%

Abbildung 8: Durchschnittliche Anteile am Einkommen der Lehrer in der Pasewalker Synode 1798 4 25

20

15 Schulmeister Küster

10

5

0

fixiertes Bargeld

Naturalien

Akzidentien

Schulgeld

Abbildung 9: Verteilung der Einkünfte und Einkommensanteile ­zwischen den Schulmeister- und Küster­stellen in der Pasewalker Synode 1798 (in Talern) 5

b­ ezogen ein durchschnittliches Einkommen von knapp 36 Talern, das sich auf vier Kategorien verteilte (vgl. Abbildung 8).45 statistischen Auswertung das tatsächlich bestehende Bild unverhältnismäßig verzerren würde. So verfügten die in der Synode Pasewalk vorhandenen Gnadenschulen über folgende Einkünfte: Heinrichswalde 108 Taler, Blumenthal jeweils 55 Taler für die lutherische und reformierte Stelle. 4 Eigene Berechnung auf der Grundlage von APS, Konsystorz, 554, fol. 132 f.: Generaltabelle von den Stadt- und Landschulen der Pasewalker Synode. 5 Eigene Berechnung auf der Grundlage von APS, Konsystorz, 554, fol. 132 f.: Generaltabelle von den Stadt- und Landschulen der Pasewalker Synode.

175

Die Einkommenssituation im 18. Jahrhundert

Dieser Durchschnittswert suggeriert auf den ersten Blick für diese Ephorie einen recht positiven Zustand, der sich jedoch unvermittelt relativiert,wenn die Schulmeister- und Küsterstellen getrennt voneinander betrachtet werden (vgl. Abbildung 9).6 Während die Schulmeister über ein Durchschnittseinkommen von rund 12 Talern verfügten, verbuchten die Küster mit circa 72 Talern ein Sechsfaches, das sich zu einem Drittel aus Naturalien speiste. Der im Vergleich höhere Betrag an Schulgeld resultierte aus dem Umstand, dass die Küster mehrheitlich in den bevölkerungsreicheren Mutterdörfern ansässig waren. Darüber hinaus erhielten sie Gebühren für geistliche Amtshandlungen. Die bei den Schulmeistern verzeichneten Bargeldeinkünfte können zum einen Teil als Nebeneinnahmen für Hilfsarbeiten wie das Stellen der Uhr, das Läuten der Glocken oder das Ablesen der Wochenpredigten angesehen werden, oder sie bildeten eine Vergütung für die Sommerschule. In beiden Fällen entstammten sie kirchlichen Kassen.7 Es kann als erstes Ergebnis festgehalten werden, dass die Kombination der Schul- mit der Küsterstelle einen entscheidenden Ausschlag für die finanzielle Situation der Amtsträger gab. In ihrer Verteilung unterschieden sich die vorpommerschen Synoden stark voneinander (vgl. Abbildung 10). 100 90 80 70 60 50 40

Schulmeisterstellen

30

Küsterstellen

20 10 ow Pa se wa lk G ol ln ow Al G t St ar tz et tin an de rO U de ec r ke rm ün de Pe nk un

m

Tr ep t

se do

ol lin W

U

D

em m in An kl am

0

Abbildung 10: Anteilsverteilung der Küster- und Schulmeisterstellen in den vorpommerschen Synoden 1798 (in Prozent) 7

Ein zweiter wichtiger Faktor stellte das kirchliche und patronale Engagement dar. Im Falle seines Vorhandenseins erhielten die Schulmeister zusätzliche Bar- bzw. Naturalzuweisungen. Fehlte es hingegen, blieb das oft kärgliche Schulgeld die einzige Einnahme der Lehrer. 6 Wenn in dieser Arbeit von Schulmeister- und Küsterstellen gesprochen wird, dann vor dem Hintergrund, dass sämtliche Küster- immer mit der Schulmeisterstelle kombiniert waren. Stellen mit ausschließlicher Küsterfunktion existierten nicht. 7 Eigene Berechnung auf der Grundlage von APS, Konsystorz, 554.

176

Die Hebung der Lehrergehälter

Die damit verbundenen Probleme notierte der Coblentzer Pfarrer Georg Heinrich Jacob Maaß 8 mit Bezug auf sein Filial Krugsdorf, dessen Schulmeister lediglich und ausschließlich 6 Taler Schulgeld bezog: „So wie der Lohn, so der Arbeiter: der hiesige Schulhalter hat gar keine Kenntniß von Schulsachen, kann weder gehörig lesen, noch seinen Nahmen schreiben. Und ein geschickter Praeparat dürfte sich wohl schwerlich zu dieser Stelle verstehen, da vom Patron weder Schulwohnung, noch fixiertes Gehalt, noch Holtz, noch Wiesenwachs, noch Garten p. zu erhalten steht.“ 9

In anderen Orten der Synode gestaltete sich die Situation aber weitaus prekärer. So erhielt beispielsweise der Schulmeister von Schönwalde 3, der von Groß Hammer jämmerliche 2 Taler Schulgeld. Vor der für Pasewalk entworfenen Folie können auch die anderen Amtsbezirke betrachtet werden. Inwieweit die Vermutung zutrifft, dass im Penkuner Raum durch den hohen Anteil von Küsterstellen vergleichsweise positive Zustände herrschten, wird Gegenstand späterer Ausführungen sein. Dass aber die Vereinigung beider Ämter ein wesentliches Moment finanzieller Besserstellung bildete, belegt beispielhaft die Notiz des Barnimslower Pfarrers Anton Karl August Heintze,10 Synode Gartz an der Oder: „[…] daß bei eintretender vacanz der gegenwärtigen Küsterstelle [von Barnimslow] es diensam seyen würde, wenn an einem jeden Orte [Schwennenz und Ladenthin] ein besonderer Küster bestellet werde, und alle dreye doch ihr Brodt hätten“.11 Innerhalb der vorpommerschen Synoden lassen sich einige wenige Ortschaften ermitteln, in denen Gutsbesitzer einen äußerst positiven Einfluss auf die finanzielle Situation der jeweiligen Schulstelle nahmen. Mit den gräflich von Schwerinschen Gütern in der Synode Anklam oder den von Maltzahnschen in der Synode Demmin können zwei herausragende Beispiele benannt werden. Dort gewährten die Patrone neben einem fixen Betrag für die Sommerschule oft weitere Zuwendungen in Form von Naturalien bzw. dem Nießbrauch von Acker- und Wiesenflächen. Von diesen seltenen Beispielen abgesehen, finden sich bei Weitem mehr Stellen, bei denen es unerklärlich scheint, warum sich hierfür Bewerber fanden bzw. wie diese ihren Lebensunterhalt bestritten. In Anclamer Fähr, ­Synode Usedom, erhielt der Schulmeister 1½ Taler und – wenn der Fang glückte – täglich ein Gericht 8 Moderow 1903, S. 343 und 557: Geboren am 20. August 1750 als Sohn des Glasower Pfarrers Michael Maaß, 1775 nach Coblentz berufen von August Ludwig Maximilian Graf von Eickstedt-Peterswaldt. Ging 1800 nach Grapzow, Synode Treptow a. d. Tollense, dort verstorben am 5. Mai 1821. Vgl. zur Verbindung der beiden Familien Kapitel 7.5.2 Anm. 97. 9 Konsystorz, 554, fol. 145: Tabelle von den Landschulen der Parochie Coblentz und Krugsdorf, Dezember 1798. 10 Moderow 1903, S. 191: Geboren am 25. August 1732 in Halle, 1764 bis 1815 Pfarrer von Barnimslow. Dort verstorben am 17. April 1815. 11 APS, Konsystorz, 554, fol. 120.

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Die Einkommenssituation im 18. Jahrhundert

100 100 80 80 60 60 40 40

Schulmeisterstellen Schulmeisterstellen Küsterstellen

Küsterstellen

20 20

U se do m

Pa se wa lk UUe ecck ke rm ün de

Tr ep to w

D em m in AAl t-S te tti n

W ol lin

AAnn kklla amm

G ol ln G ow ar tz aGn adr etrz/ O dde r

Pe nk un

0

Abbildung 11: Anteil der Stellen königlichen Patronats und deren Differenzierung in Küster- und Schulmeisterstellen in den vorpommerschen Synoden 1798 (in Prozent) 12

Fische; in Gnevezin, Synode Anklam, bezog der Amtsinhaber 2 Taler Schul- und 1¼ Taler Torfgeld, musste aber 2 Taler Miete für das Schulhaus entrichten und alle anstehenden Reparaturen selbst vornehmen; in Reckow, Synode Wollin,12konnte die erledigte Stelle gar nicht erst besetzt werden, „weil keine Wohnung, und das Schulgeld so geringe ist, daß ohne ein Handwerck Niemand dabey bestehen kann. Die Eltern unterrichten ihre Kinder theils selbst, theils ­schicken sie sie dahin, wo Schule gehalten wird“.13 Der Effekt ­dieses Unterrichts bleibt zu hinterfragen. Werden die Patronatsverhältnisse nach den Kategorien königlich und nicht königlich – worunter ich die Ausübung patronaler Rechte durch adlige Gutsherren, städtische Magistraten und geistliche Institute subsumieren möchte – differenziert, ergibt sich ein interessanter Befund (vgl. Abbildung 11). Die anfängliche Vermutung, dass die Einkommenssituation in den unter königlichem Patronat stehenden Schulen eine bessere gewesen sei, erwies sich als völlig haltlos. Werden die ohnehin deutlich besser gestellten Küstereien nicht berücksichtigt, so muss für die verbleibenden Schulstellen ein ziemlich trauriges Bild gezeichnet werden. Die meisten ihrer Inhaber bezogen lediglich das knapp bemessene Schulgeld, einige erhielten darüber hinaus freies Brennmaterial geliefert, wobei deutliche Unterschiede ­zwischen den Synoden bestanden. Während beispielsweise im Amtsbezirk Wollin alle acht Schulmeister Freiholz erhielten, mussten es in Demmin 17 der 20 und in Usedom 14 der 15 Lehrer aus eigenen Mitteln ankaufen. Von dieser Generalkritik an den Stellen königlichen Patronats müssen die wenigen bereits erwähnten Gnadenschulstellen ausgenommen bleiben. Als besonders defizitär erwiesen sich die Zustände in der Usedomer Ephorie. Dort betrugen die Einkünfte fast der Hälfte aller Stellen weniger als 2 Taler, und lediglich zwei der 18 Schulstellen erhielten freies Brennholz. Möglichweise nahm das der zuständige 12 Eigene Berechnung auf der Grundlage von APS, Konsystorz, 554. 13 Ebd., 554, fol. 251v.

178

Die Hebung der Lehrergehälter

Präpositus Karl Gottlieb Enkelmann 14 zum Anlass, den Erhebungen seiner Synode einen zwölfseitigen Bericht folgen zu lassen.15 Darin schilderte der Geistliche den Zustand des Schulwesens auf der Insel und notierte anschließend einige Verbesserungsvorschläge. Die überaus schlechten Einkommensverhältnisse erklärte er wie folgt: „Man hält an den meisten Orten auch sehr scharfe Rechnung mit dem Schulmeister und zieht ihm von dem Schulgelde verhältnißmäßig ab, wenn die Kinder einige Tage nicht in die Schule gekommen sind. Hieraus wird begreiflich, wie das Schulgeld und mit demselben die ganze Einnahme des Schulmeisters überhaupt jährlich bey den meisten nicht über 5 rt. bey anderen nur 2 rt. ja nur 1 rt. betragen könne. […] Aus allem dem entsteht die natürliche Folge daß die Schulstellen nicht mit ganz tüchtigen Subjecten besetzt werden können und wenn sie nicht ganz leer bleiben sollen, man zufrieden seyn muß, wenn die Küster nothdürftig lesen und schreiben, die Schulmeister auch nur nothdürftig lesen können. Von dieser Art sind denn auch fast alle Küster und Schulmeister auf dem Lande. Sie sind überdem auch fast alle Profeßionisten, Schneider, Schuster, Tischler p und die es nicht sind, Tagelöhner, auch wohl im Sommer Kuh- und Schweinehirten, die denn das Schulehalten als eine Nebensache ansehen und ihr Handwerk oft genug auch während der Schule treiben. Werden sie darüber ertappt, so ist es schwer, ihnen darüber die gehörigen Verweise zu geben, wenn sie ihre jährlichen Einkünfte von 2 und 1 rt. erwähnen.“ 16

Enkelmann benannte hier sehr klar den bestehenden Nexus ­zwischen Einkommensverhältnis, Schulabsenz und Qualifikationsgrad eines Lehrers. Die Schule musste für den Amtsinhaber aus existenziellen Gründen ein Nebengeschäft bleiben, so lange er nicht von deren Einkünften leben konnte, und ein halbwegs qualifizierter Lehrer würde diese Hungerleiderstellen nicht antreten. „Alles dreht sich hierbey um den Punct, die Schulstellen mit mehrern Einkünften zu versehen“ (fol. 243v), so die Worte des Geistlichen. Um das zu realisieren, unterbreitete er mehrere für den Staat kostenneutrale Vorschläge. Beispielsweise sollten kleinere Schulen aufgelöst und zu größeren vereinigt werden, wodurch zwangsläufig der Schulgeldbetrag steigen würde, wenn die Regierung auf Schulpflicht und durchgängige Bezahlung der Beträge streng insistierte. Zur weiteren pekuniären Aufwertung empfahl Enkelmann, die Bauern zu verpflichten, jeweils eine geringfügige Naturalabgabe zu entrichten. „Wenn jeder Bauer […] jährlich ein Viert Roggen gäbe, so wäre es für ihn eine Kleinigkeit, für den Schullehrer aber eine große Beyhülfe.“ (fol. 244v). Derart 14 Moderow 1903, S. 601: „Karl Gottlieb Enkelmann, aus Schlesien, geb. 1752, 15. Jan., besuchte von 1765 bis 1771 das Waisenhaus zu Bunzlau und studierte 1771 bis 1773 in Halle, konditionierte von 1773 bis 1778 als Hofmeister zu Landshut und Schmiedeberg, wurde 1778 im April Feldprediger bei dem Regiment Graf Anhalt, welches nach dem Frieden seine Garnison in Liegnitz bekam. Nach dem Reskript vom 3. Mai 1792 wurde er zum Präpositus nach Usedom berufen und [am] 20. Sept. eingeführt. – 1813 trat er in den Ruhestand.“ 15 APS, Konsystorz, 554, fol. 242 – 247. 16 Ebd., fol. 242v–243v.

Die Einkommenssituation der Penkuner Schulstellen im 19. Jahrhundert

179

aufgewertete Stellen ließen sich zugleich für die qualitative Verbesserung ­nutzen, da sie unzweifelhaft auch das Interesse von Abgängern des Stettiner Seminars auf sich ziehen konnten. Diese Seminaristen sollten zugleich als Präparandenlehrer fungieren, so dass „künftig die Schulen mit tüchtigen Subjecten besetzt werden könnten“. (fol. 245). Damit antizipierte Enkelmann bereits wichtige Elemente der in den folgenden Jahrzehnten zu realisierenden Einkommensverbesserung der Schulstellen.

6.2 Die Einkommenssituation der Penkuner Schulstellen im 19. Jahrhundert Bevor ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommenssituation vorgestellt und deren Erfolge in der Penkuner Synode analysiert werden, scheint es geboten, zunächst die Ausgangslage im Untersuchungsgebiet detailliert darzustellen. Das dazu notwendige Zahlenmaterial lieferte eine Einkommensübersicht aller Schulen nichtköniglichen Patronats. Sie wurde von der Stettiner Regierung 1812 angefordert.17 Da im Kirchenkreis Penkun zu ­diesem Zeitpunkt bis auf Cunow alle Schulen d ­ ieses Kriterium erfüllten, bietet die Erhebung eine gute Grundlage zur differenzierten Analyse der vor dem Einsetzen der Reformen bestehenden Verhältnisse.18 Als besonders günstig für einen Vergleich der einzelnen Ortschaften erwies sich die von der Behörde getroffene Festlegung, sämtliche Einkünfte getrennt nach ihrem Herkommen aus dem Küster- oder dem Lehreramt und überdies in deren Geldwert anzugeben. Die in d ­ iesem Kapitel vorgenommenen Berechnungen erfolgen auf der Grundlage der damals gültigen Maß- und Währungseinheiten.19 Obwohl das Schreiben der Regierung ein eindeutiges Vorgehen verlangte, wichen dennoch einige Pfarrer davon ab. Zum Erhalt der notwendigen Vergleichbarkeit musste ich darum nachbessern, z. B. in den Kirchspielen Sonnenberg und Sommersdorf, in denen Berechnungsfehler vorlagen. In der Parochie Blumberg notierte der Pfarrer die einzelnen Einkommensbestandteile ohne die Bezifferung ihres Geldwertes.20 Eine zweifelsfreie Rekon­ struktion der Einzelposten konnte für Blumberg deshalb erfolgen, weil der Superintendent diese Auflistung nachträglich ergänzte. Für Wartin gelang sie weitgehend, während Casekow 17 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 51: Königliche Regierung von Pommern an Engelcken, Stargard vom 29. Februar 1812. 18 Die fehlenden Angaben für Cunow lassen sich jedoch aus den Einkommenstabellen von 1798 (KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 41 f.) und 1816 (KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 11, Tit. II, unpag.) rekonstruieren. 19 Vgl. zu den Maßeinheiten Anhang 9.17 dieser Arbeit. Bei der Währung galt bis 1821: 1 Thaler = 24 gute Groschen = 288 Pfennig; ab 1821: 1 Thaler = 30 Silbergroschen = 360 Pfennig. Vgl. „Gesetz über die Münzverfassung in den Preußischen Staaten Vom 30. September 1821“, in: Gesetz-Sammlung der Königlich-Preußischen Staaten 1821, S. 159 – 162. 20 Der in Blumberg tätige Pfarrer Rahn erstellte die Einkommensliste am 13. April 1812, nachdem er einen Tag zuvor das Pfarramt offiziell übernommen hatte. Es mag darin ein Grund für die Mängel liegen.

180

Die Hebung der Lehrergehälter

aufgrund zu vieler Ungewissheiten aus der Gesamtbetrachtung herausgenommen werden musste.21 Auch die Daten von Schönow konnten in die Analyse nicht einfließen, da nach Aussage des Pfarrers „die Hebungen als Küster und Schullehrer […] so vereinigt [sind], daß man mit Gewißheit nicht sagen [kann], was dem einen, oder dem andern gehöret“.22 Nach Bereinigung der vorgenannten Mängel entstand für die Einkommenssituation der Küster und Lehrer in der Penkuner Synode folgendes Bild: 120 100 80 60 40 20

G rü W nz ar t W in Bl olli um n b Kr erg C ack um o m w N ero ad w re n L se So uc e k m o m w er do G rf las Sc ow hö nf e C ld un S ow W t or k ol o w te r G sdo ra rf m So b n n ow Pe enb ter erg sh a Ja gen Sc mi hm ko a w H gero oh w en Po hol m z ell e Ra n m in

0

Abbildung 12: Einkommen der Penkuner Küster- und Schulmeisterstellen 1812 (in Talern) 23

Neben einem recht breiten Mittelfeld treten fünf Dörfer durch eine vergleichsweise schlechte Besoldung hervor. Auf die dafür verantwortlichen Gründe gehe ich unten näher ein.23 Der Befund aus der Penkuner Synode soll nun in einen größeren Zusammenhang gebracht werden, indem er der gesamtpreußischen und -pommerschen Einkommenssituation gegenübergestellt wird, wozu die 1819 landesweit angeordnete und 1821 abgeschlossene Erhebung das notwendige Datenmaterial liefert.24 Pommern bewegte sich danach auf etwa 60 Prozent des gesamtpreußischen Durchschnittsniveaus, was wiederum als ein Beleg für seine relative Rückständigkeit gelten kann (vgl. Tabelle 20). Mit diesen Zahlen blieb die Provinz von den Spitzendurchschnittswerten der Regierungsbezirke Düsseldorf (152 Taler) oder Liegnitz (144 Taler) weit entfernt. Innerhalb der drei pommerschen Regierungsbezirke 21 In Wartin erhielt der Küster den nicht unbeträchtlichen Teil von 76 Broten. Da ihre Wertberechnung massebezogen erfolgte, wurden für die Wartiner Brote die Angaben seines Nachbarortes Casekow zugrunde gelegt. Ungewiss und damit unberücksichtigt bleibt für das Einkommen des Wartiner Lehrers der Wert von 1 Mandel (= 16 Stück) Schafskäse. 22 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 63. 23 Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol.  52 – 67. 24 Zahl und Einkommen aller Schullehrerstellen in den Städten und auf dem Lande, in: ­Beckedorff, Band 1, Heft 1, S. 68 – 75.

Die Einkommenssituation der Penkuner Schulstellen im 19. Jahrhundert

181

bestand ein deutliches Ost-West-Gefälle; überhaupt nahm Köslin innerhalb der preußischen Monarchie den letzten Rang ein. Nicht zuletzt hierdurch erfährt die eingangs festgestellte Situation in den vorpommerschen Synoden eine Relativierung. Tabelle 20: Vergleich der Einkommenssituation und der Patronatsverhältnisse 1819 Anzahl der Schulen Preußen gesamt Pommern gesamt

Patronat

evangelisch

katholisch

königlich

privat

Durchschnitts­ einkommen

13.005

5135

6651

11.489

85 Taler

1

2021

0

RB Stettin

917

0

441

71 Taler

RB Köslin

847

0

31 Taler

RB Stralsund

257

0

53 Taler

1580

52 Taler

1

GStA PK, I. HA, Rep. 74, L V, Nr. 1, fol. 15 – 17: Classifications-Tableau der Landschulen Königlichen Patronats in Pommern. Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von Beckedorff, Band 1, Heft 1, S. 73 und 75.

Die in Tabelle 20 ebenfalls notierten Patronatsverhältnisse sollen ein weiteres Mal die Untersuchung anregen, inwieweit sich die unter direkter staatlicher Zuständigkeit befindlichen Stellen heraushoben. Das für Pommern 1819 gefertigte Klassifikationstableau für die königlichen Schulen erfasste deren Einkommen in Gehaltsintervallen verschiedener Breite, woraus bei der Errechnung ihres Mittelwertes gewisse Schwankungen resultieren.25 Unter Zugrundelegung des Intervallminimums betrüge das Durchschnittseinkommen dieser Stellen 37 Taler, bei der Verwendung der Intervallmitte 45 Taler, beim Intervallmaximum 52 Taler. Um den amtlichen gesamtpommerschen Mittelwert von 52 Talern zu erreichen, hätten die Stellen privaten Patronats folglich mit durchschnittlich 56, 54 bzw. 52 Talern – und damit zumindest gleich oder besser – dotiert sein müssen. Sehr wohl wissend, dass für eine exakte Beantwortung dieser Frage die Urlisten erforderlich wären, die zudem Auskunft über den Anteil des Küstereinkommens gegeben und damit den realen staatlichen Anteil an der Lehrerbesoldung mit Sicherheit relativieren würden, scheint die erfolgte statistische Betrachtung gleichwohl dazu geeignet, die These zu bestätigen, dass von einem exponierten Engagement des Staates im Hinblick auf die Verbesserung der Lehrerbezüge zumindest in Pommern bis zu d ­ iesem Zeitpunkt nicht gesprochen werden kann. Immerhin lagen mehr als 60 Prozent der königlichen Stellen unter einem Einkommen von 40 Talern; insgesamt drei Viertel unter 60 Talern. Nach ­diesem überregionalen Blick soll der Fokus wieder auf das Untersuchungsgebiet gerichtet werden. Lag der gesamtpreußische Durchschnitt aller Landschullehrer bei 85 Talern, 25 Es wurden folgende Einzelsummen bzw. Intervallbreiten erfasst: 2, 3, 4, 5,]5; 10],]10; 20],]20; 40],­ ]40; 60],]60; 80],]80; 100],]100; 120],]130; 150],]150; 180] Taler.

182

Die Hebung der Lehrergehälter

120 100 80 60 Schule Küsterei

40 20

G

W

rü nz ar tin W Bl ollin um b Kr erg C ack um o w m N erow ad re ns ee So Luc m ko m w er sd o G rf las Sc ow hö nf e C ld un o St w W or k ol o w te rs G d or ra f m So bo nn w e Pe nbe ter rg sh ag Ja en Sc mik hm ow ag H ero oh w en h Po olz m ell e Ra n m in

0

Abbildung 13: Anteil des Einkommens aus dem Schul- bzw. Küsteramt in der Penkuner Synode 1812 (in Talern) 26

bewegte er sich im Penkuner Kirchenkreis mit 69 Talern deutlich darunter. Dabei wurde selbst dieser geringere Mittelwert noch von zehn der 22 betrachteten Stellen unterschritten (vgl. Abbildung 12).26Wenn Ludolph Beckedorff konstatierte, dass „ein Landschul-Lehrer im Durchschnitt kaum täglich 6 gGr [hat], wobei noch Wohnung, Holz und andere Naturalien sämmtlich zu Gelde gerechnet sind, und er […] sich mithin schlechter [steht], als ein gewöhnlicher Tagelöhner“,27 kann sein Befund für das Untersuchungsgebiet, in dem der Tagesdurchschnittsverdienst des Lehrers bei 4½ Groschen lag, als Nachweis für eine äußerst schlechte Besoldung dienen. Dem Raminer Amtsinhaber standen gerade einmal 1,6 Groschen pro Tag zur Verfügung. Der bereits mehrfach angesprochene Zusammenhang ­zwischen der Verbindung von Schul- und Küsteramt, der explizit bei der Erhebung der Einkommenssituation von 1812 Berücksichtigung finden sollte, begründet eine nähere Betrachtung der diesbezüglichen Gegebenheiten im Penkuner Amtsbereich. Dort waren in der überwiegenden Zahl beide Ämter organisch miteinander verbunden. Wie aus Abbildung 13 zu ersehen ist, speiste sich der größte Teil der Dotationen aus dem Küsteramt. Er betrug im Durchschnitt etwa 65 Prozent, wobei dieser Anteil in den einzelnen Ortschaften unterschiedlich groß war. Er lag beispielsweise bei rund 95 Prozent in Sonnenberg, bei 38 Prozent in Grünz. Unter diesen Voraussetzungen mussten jene Lehrer, die keine Küsterei verwalteten, per se in der Einkommenshierarchie die hintersten Plätze einnehmen. Dieses generelle Problem und die daraus resultierenden Folgen hinsichtlich 26 Eigene Berechnung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol.  52 – 67. 27 Beckedorff, Band 1, Heft 1, S. 70, (gGr. = gute Groschen).

Die Einkommenssituation der Penkuner Schulstellen im 19. Jahrhundert

183

der Unterrichtsqualität hatte bereits 1773 der Penkuner Präpositus Christian Friedrich Wernich 28 angesprochen: „Sind auch […] durchgehends die Schul-Meister, so schlecht salarirt daß Patroni und Pastores mehr aus Noth wehlen müßen als daß sie aufs Geschike sehn können, da doch die Jugend in den filialen eines eben so gründlichen Unterrichts, als in matribus wo custodes sind, bedarf.“ 29

Auf der anderen Seite spiegelt Abbildung 13 ebenfalls sehr anschaulich die außerordentlich geringen Aufwendungen der Gemeinden für ihre Schulen. Von ­diesem allgemeinen Befund wichen am stärksten Grünz und Sommersdorf ab. Dort zahlte die K ­ irche den Lehrern beträchtliche Summen für die Abhaltung der Sommerschule, gewährte ihnen Holzgeld und persönliche Zulagen. Konnte bis hierher für fast alle Schulstellen der Penkuner Synode der überproportional hohe Anteil des Küstereinkommens gegenüber dem des Schulamtes festgestellt werden, soll jeder dieser Anteile nun separat nach den Kriterien Naturalabgaben, Bareinkommen und Nutzungsberechtigungen untersucht werden.

6.2.1 Das Küstergehalt Die Berechnung und gesetzliche Fixierung des Küstergehalts hatte seinen Ursprung in den ersten nachreformatorischen Visitationen und war somit eine für jedes Kirchspiel individuell festgesetzte Größe. Es bestand zum überwiegenden Teil aus Naturaleinnahmen, hauptsächlich Messkorn, Eiern und Broten.30 Während sich die Höhe des Messkorns nach der Anzahl der steuerpflichtigen bäuerlichen Hufen bemaß, waren Eier und Brote quartalsweise von jedem Haus zu entrichten. Diese sogenannten Vierzeitenabgaben wurden in manchen Kirchspielen zu Weihnachten um die Abgabe von Würsten ergänzt. Neben den Naturaleinnahmen stellten die baren Hebungen die zweite wichtige Komponente des Küstereinkommens dar. Ihr kleinerer Teil (etwa 1 bis 2 Taler) stammte aus den Kirchenkassen als Vergütung für die Mitwirkung des Küsters bei gottesdienstlichen Handlungen (Singen bei den Wochenpredigten); der größere Teil floss aus der Gemeinde

28 Moderow 1903, S. 347: Geboren 1731 in Penkun, Studium in Frankfurt und Halle, Konrektor in Penkun, Pastor in Friedrichsthal, Synode Gartz an der Oder. 1764 Pastor in Cummerow, Synode Penkun, 1771 Nachfolger seines Vaters als Pastor und Präpositus in Penkun. Dort verstorben am 29. Juli 1778. 29 APS, Konsystorz, 1217, fol. 1 f.: Wernich an den König, Penkun vom 13. Dezember 1773. 30 Beispielsweise erhielten im Kirchspiel Cummerow (visitiert 1584) Pfarrer und Küster die ­gleiche Menge Messkorn. In der Parochie Sommersdorf (visitiert 1579) hingegen beanspruchte der Pfarrer insgesamt 90 Scheffel Roggen, während der Küster mit der Hälfte entlohnt wurde.

184

Die Hebung der Lehrergehälter

100 90 80 70 60 50 40 30

Land, Wohnung bar Abgaben, Dienste

20 10

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0

Abbildung 14: Bestandteile der Küstereinkommen in der Penkuner Synode 1812 (in Prozent) 31

als Küsterakzidentien31und Jahrgeld.32 Von einigen Filialgemeinden wie Grünz, Luckow und Storkow erhielt der Küster zudem ein Speisegeld.33 Sowohl Naturaleinnahmen als auch Bareinkünfte korrelierten unmittelbar mit der Anzahl der Bauernhöfe bzw. der Einwohnerzahl überhaupt, weshalb die Küster der bevölkerungsreicheren Orte über ein höheres Einkommen verfügten. Ein dritter Teil des Küstereinkommens bildete der Nutzungswert der Wohnungen (zwischen 4 und 10 Talern), des Hausgartens (zwischen 1 und 10 Talern) und eines Acker- oder Wiesenstückes, das allerdings nur in seltenen Fällen, wie z. B. in Wartin oder Krackow, vorhanden war. 31 Eigene Berechnungen auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol.  52 – 67. 32 Das Jahrgeld wurde als Fixum von jeder kommunierfähigen Person entrichtet, schwankte aber nach ihrem sozialen Status. Die Küsterakzidentien fielen bei geistlichen Amtshandlungen an. Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 7, Tit. IV, fol. 21: Genußzettel für den Küster und Schullehrer in Schönfeld vom 23. Mai 1827. Danach erhielt der Küster an Jahrgeld: a) von jedem der 17 Bauern 2½ Sgr., b) von Häuslern und Einliegern für die erwachsenen Personen 1¼ Sgr., c) vom Dorfhirten 10 Sgr., d) vom Schmied 10 Sgr., e) vom Krüger 5 Sgr., f ) vom Schäfer in Beatenhof 10 Sgr. An Akzidentien durfte er beanspruchen: a) für die Aufwartung bei einer Taufe 2½ Sgr., Opfer vom Kirchgang 1¼ Sgr., c) für das Singen bei einer Vertrauung 15 Sgr., ferner ein Tuch oder 7½ Sgr., eine Brautsuppe oder 10 Sgr., d) für die Aufwartung bei einer Krankenkommunion 2½ Sgr., e) für die Begleitung einer großen Leiche 10 Sgr., f ) einer mittleren (die einer Person, die konfirmiert, aber nicht zum Heiligen Abendmahl gewesen) 7½ Sgr., g) einer kleinen 5 Sgr., h) bei einer Leichenpredigt wird noch besonders bezahlt 15 Sgr. und bei einer Standrede 10 Sgr. (ohne Berücksichtigung des Alters der Verstorbenen). 33 Diese Abgabe rührte aus der Zeit, als in diesen Orten noch die Küster der Mutterkirchen die Amtshandlungen versahen, und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, diese zu beköstigen. Mit der Trennung der Küstereien von den Mutterkirchen unter der Beilegung der Küstergeschäfte zum örtlichen Schulamt entfiel dieser Freitisch, wurde aber in eine Geldabgabe umgewandelt.

Die Einkommenssituation der Penkuner Schulstellen im 19. Jahrhundert

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Unter Berücksichtigung dieser drei Kategorien ergibt sich die in Abbildung 14 dargestellte Verteilung. Sehr anschaulich wird hier der enorm hohe Anteil der Naturalabgaben illustriert, der in fast allen Orten mehr als die Hälfte betrug, wogegen das Bareinkommen in etwa der Hälfte der Dörfer eher schmal bemessen blieb. Dass in Hohenholz, Ramin und Jamikow der Küsterdienst vom Amtsinhaber der Mutterkirche versehen wurde, verdeutlicht den bereits im Zusammenhang mit Abbildung 13 angesprochenen finanziellen Nachteil der dortigen Amtsinhaber gegenüber ihren Kollegen. Damit ist zugleich ein wesentlicher Grund für die in Abbildung 12 thematisierte auffallend geringe Besoldung in einigen Dörfern des Untersuchungsgebietes benannt.

6.2.2 Das Lehrergehalt Wird das Lehrereinkommen nach denselben Kriterien untersucht, offenbart sich eine signifikante Erhöhung des Bareinkommensanteils (vgl. Abbildung 15), welcher aus dem Schul- bzw. Holzgeld resultierte. Die Berechnungsgrundlage für das am Leistungsstand des Schülers orientierte Schulgeld war bereits im Generallandschulreglement festgelegt worden. Danach erhielt der Lehrer wöchentlich 6 Pfennig, wenn das Kind Lesen erlernte; 9, wenn es lesen konnte; 12 Pfennig (= 1 Groschen), wenn es schrieb und rechnete.34 Darüber hinaus teilte das Reglement das Schuljahr in ein Winter- und Sommersemester, in denen jeweils 30 bzw. 18 Wochenstunden Unterricht zu erteilen waren. Dadurch reduzierte sich der Schulgeldsatz während des Sommers auf zwei Drittel. Wie es scheint, wurden im Untersuchungsgebiet diese Vorgaben eher unverbindlich gehandhabt. So zahlte für die Winterschule in Wollin und Storkow ein Kind, wenn es lesen lernte, 6 Pfennig, wenn es schreiben lernte, 1 Groschen pro Woche. In Glasow und Hohenholz wurden monatlich 3 Groschen pro Kind erhoben, unabhängig von dem Erlernten. In Sommersdorf und Grünz zahlte das Kind des Einliegers 6 Pfennig, das des Bauern 4 Pfennig, wogegen ausschließlich die Bauern zur Abgabe und Anfuhr von Holz verpflichtet waren. In Schönfeld zahlte die Gemeinde kein Schulgeld, stattdessen hatte die ­Kirche dem dortigen Lehrer den Nießbrauch einer Ackerfläche und darüber hinaus einen Barzuschuss von 3 Talern gewährt. Dabei war das Schulgeld für den Lehrer keineswegs eine Größe, mit der er fest rechnen konnte. Die eingesehenen Akten belegen, dass die Eltern nur dann zahlten, wenn das Kind auch tatsächlich die Schule besuchte. Obwohl gemeinhin 1717 als das Jahr bezeichnet wird, in welchem Friedrich WilhelmI. die Schulpflicht in Preußen einführte,35 musste er 34 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 59 – 68: Generallandschulreglement, Berlin vom 12. August 1763, dort § 7. 35 „Verordnung, daß die Eltern ihre Kinder zur Schule, und die Prediger die Catechisationes, halten sollen; vom 28. Sept. 1717“, in: Corpus Constitutionum Marchicarum, Teil 1, Abt. 1, Nr. XCVII, Sp.  527 – 530.

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Die Hebung der Lehrergehälter

100 90 80 70 60 50 40 30

Naturaleinnahmen Nutzungsberechtigungen Bareinnahmen

20 10

G So laso nn w Sc enb hm erg a W gero ol ter w sd or W f C u ol m lin So me m ro m w er sd o St rf or ko Lu w Pe cko ter w sh ag en G rü Ja nz m ik ow W ar Kr tin ac Sc kow hö n G feld ra m N bow ad re ns e Cu e no Bl um w H be oh rg en ho l Ra z m Po in m ell en

0

Abbildung 15: Bestandteile der Lehrereinkommen in der Penkuner Synode 1812 (in Prozent) 36

etwa 20 Jahre ­später aufgrund von36Visitationsberichten aus der Kurmark „mit Mißfallen wahrnehmen […], daß d ­ iesem Unseren heilsamen Edicto nicht nachgelebet werde.“ 37 Die umfassenden Untersuchungen Wolfgang Neugebauers zur Schulwirklichkeit in Brandenburg-Preußen „ergaben auch nicht einen eindeutigen Beleg für die Anwendung der Edikte von 1717 und 1736 […] und auch nur wenige Hinweise darauf, daß diese Verordnungen im Lande überhaupt bekannt waren“.38 An dieser Situation änderte auch der Erlass des Generallandschulreglements 1763 offenbar nichts. Ein aus dem Jahre 1773 überlieferter Bericht des Penkuner Präpositus Christian Friedrich Wernich bietet quantitative Daten zum Schulbesuchsverhalten der Kinder und belegt damit, dass in der gesamten Synode die Sommerschule nicht vorhanden war und die Winterschule durchschnittlich von nur 65 Prozent der Kinder besucht wurde.39 Um die Attraktivität des Sommerschulbesuchs zu erhöhen und mutmaßlich auch um der Einkommenseinbuße der Lehrer entgegenzuwirken, zahlten die ­Kirchen in einigen Orten fixe Summen: Glasow und Hohenholz vergüteten die Sommerschule mit jeweils 10 Talern, Nadrensee, Krackow und Woltersdorf mit je 3 Talern. Andere Orte bezahlten jeden erteilten Unterrichtstag, unabhängig von der Zahl der anwesenden Schüler, so Wollin, Storkow und Petershagen mit je 2 Groschen, Sommersdorf und Grünz mit jeweils 10 Groschen. 36 Eigene Berechnungen auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol.  52 – 67. 37 „Erneuertes Edikt, daß die Eltern ihre Kinder fleißig zur Schule s­chicken sollen. Vom 19. Decembr. 1736.“, in: Corpus Constitutionum Marchicarum, 1. Teil 1, Abt. 2, Nr. CXXXIX, Sp.  267 – 268. 38 Neugebauer 1985, S. 173. 39 Anhang 9.18 dieser Arbeit.

Die Einkommenssituation der Penkuner Schulstellen im 19. Jahrhundert

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50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 So G m rü m nz er sd o W rf ol Ja lin m ik L u ow ck K r ow a N c ko ad w re Sc nse hö e nf e C ld un St ow o Bl rkow um W b ol e r te g H rsd oh or f Pe enh ter ol z C sha um ge m n er o G w las o W w ar t Ra in m G r i Sc am n hm bo w So ager nn o w en Po berg m ell en

0

Abbildung 16: Bareinkommen der Lehrer in der Penkuner Synode 1812 (in Talern) 40

Bei der in Abbildung 16 dargestellten absoluten Verteilung des Bareinkommens treten gravierende Differenzen ­zwischen den einzelnen Orten hervor.40Ähnlich wie auf die Bareinkünfte des Küsters – mit dem Unterschied, dass sich Personen der Akzidentienzahlung nicht ohne weiteres entziehen konnten – wirkte auch hier die Bevölkerungsanzahl unmittelbar auf die Höhe des Schulgeldes. Hinzu trat als weiterer nicht unerheblicher Einflussfaktor die Vermögenslage der jeweiligen ­Kirche, da aus ihrer Kasse die Beiträge für das Sommerschul- und das Holzgeld flossen, das immerhin 14 der 22 Lehrer erhielten. Damit sind zugleich zwei weitere Gründe für die in Abbildung 12 thematisierte Einkommenssituation gefunden. Neben der bereits benannten fehlenden Küsterei waren es unvermögende ­Kirchen und die geringe Einwohnerzahl, die die auffallend schlechte Dotierung dieser fünf Lehrerstellen hauptsächlich bedingten. Besonders privilegiert erscheinen Grünz und Sommersdorf. Ihre Lehrer erhielten aus der Kirchenkasse jeweils 16 Taler Schulgeld für die Sommerschule und darüber hinaus 4 Taler Holzgeld und Zulagen von jeweils 3 Talern (Sommersdorf ) bzw. 8 Talern (Grünz). Dem Lehrer des letzten Ortes wurde überdies der Torfstecherlohn von 1 Taler 16 Groschen erstattet. Neben dem Engagement der ­Kirchen lässt sich auch das vorhandene Desinteresse der Eltern am Umfang des Bildungsangebotes für ihre Kinder nachweisen, das in der Zahlung der gestaffelten Schulgeldsätze seinen Ausdruck fand. Die Auswertung der Schulkataloge des Jahres 1793/94 ergab, dass von den dort erfassten 673 Schülern 89 Prozent nur das Buchstabieren, 10 Prozent das Schreiben und gerade einmal 1 Prozent das Rechnen erlernten.41 Inwieweit der Kenntnisstand der Lehrer überhaupt einen Unterricht im Rechnen ermöglicht hätte, wurde bereits an früherer Stelle dieser Arbeit hinterfragt. 40 Eigene Berechnungen auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol.  52 – 67. 41 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. IV, Vol. 1, fol. 143 – 194: Schulkataloge 1793/94.

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Die Hebung der Lehrergehälter

Die Nutzungsberechtigungen bildeten eine zweite Kategorie des Lehrereinkommens. Weil sich in Hohenholz, Ramin, Jamikow und Pomellen keine Küsterei befand, wurde die Nutzung der Dienstwohnung und des Hausgartens dort den Lehrerstellen zugeschrieben, was deren vergleichsweise hohen prozentualen Anteil erklärt. Dieser relativiert sich allerdings schnell, wenn er in absoluten Zahlen mit 7 bzw. 8 Talern beziffert wird. In drei Orten disponierten die Schulstellen über den Nießbrauch bzw. das Eigentum eines Ackerstücks: In Schönfeld war dem Lehrer eine kirchliche Fläche überlassen worden, die dieser für 11 Taler verpachtet hatte. In Grünz gehörte zur Schulstelle „ein Kamp Land im Felde zu circa 12 Scheffel Aussaat Kartoffeln“ 42 im Wert von 10 Talern. Für Cunow ist neben der Acker- sogar eine Wiesenfläche verzeichnet. Der dritte Anteil des Lehrergehalts wurde aus der Rubrik Naturaleinnahmen gebildet, bezeichnete im Regelfalle die Bereitstellung des benötigten Heizmaterials in Form von Holz oder Torf und schloss mitunter die freie Anfuhr desselben ein. Es ist auffällig, dass dieser Anteil im Einkommensnachweis von fünf Orten nicht vorkommt, was zum Teil durch das Fehlen separater Unterrichtsräume (Cummerow) bzw. eines Schulhauses überhaupt (Sonnenberg und Ramin) erklärt werden kann. In den letztgenannten Orten hatte die Gutsherrschaft der Schule lediglich ein Zimmer angewiesen, in dem neben dem täglichen Leben der Lehrerfamilie auch der Unterricht stattfand. Insofern scheint es nachvollziehbar, dass diese Gemeinden sich nicht genötigt sahen, den Wohnraum des Lehrers mit Brennmaterial zu subventionieren. Obwohl in den beiden anderen Orten Schulhäuser mit einem separaten Unterrichtsraum existierten, erhielt nur der Glasower Lehrer den minimalen Zuschuss von 2 Talern Holzgeld aus der Kirchenkasse, während der Lehrer von Woltersdorf das Heizmaterial für die Schulstube aus eigenen Mitteln beschaffen musste. In allen weiteren Ortschaften der Synode sorgten die Gemeinden für Holz bzw. Torf im Wert von durchschnittlich knapp 8 Talern, wobei die Unterschiede auch hier sehr groß waren: Blumberg lieferte Holz im Wert von 20 Talern, der Pomellener Lehrer empfing ein Äquivalent im Wert von gerade einmal 1 Taler.43 Die Abgabe von Roggen lässt sich ebenfalls unter dieser dritten Rubrik subsumieren. In der Hauptsache waren davon die reinen Schulhalterstellen betroffen, die ebenfalls Messkorn – im Durchschnitt 8 Scheffel ≙ annähernd 9 Taler – erhielten. Sommersdorf, Grünz und Cunow gewährten ihren Lehrern zusätzlich zum Messkorn, das ihnen in ihrer Eigenschaft als Küster zustand, 5 bzw. 3 Scheffel Roggen für den unentgeltlichen Unterricht armer Kinder. Nach Abschluss dieser Betrachtungen zu den spezifischen Einkommensanteilen kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die Amtsbezüge der im Penkuner Raum 42 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 67: Einkünfte und Emolumente der Schullehrer zu Sommersdorf und Grünz 1812. 43 In der Erhebung von 1773 wurde mit Blick auf den Holzbedarf des Pomellener Lehrers notiert: „An Holtz etwas Tanger Sträucher so er sich selber auf dem Puckel nach Hause tragen muß.“ APS, Konsystorz, 1217, fol. 20.

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

189

tätigen Lehrer etwa dem Durchschnittsniveau des Stettiner Regierungsbezirkes entsprachen. Damit lagen sie zwar mit etwa 30 Prozent über dem gesamtpommerschen Mittel, blieben aber etwa 20 Prozent unter dem gesamtpreußischen Durchschnitt. Diese relativ gute Besoldung ließ sich im Untersuchungsgebiet hauptsächlich auf die Vereinigung von Schul- und Küsteramt zurückführen, wodurch der überwiegende Teil des Einkommens die Vergütung für ein jenseits des schulischen Kontextes liegendes Tätigkeitsfeld ausmachte. Bedingt durch die aus nachreformatorischer Zeit stammenden einträglichen Naturalvergütungen und in Verbindung mit den einkommenden Amtsgebühren erzielte die Hälfte der Penkuner Lehrer mit mehr als 72 Talern ein überdurchschnittliches Salär. Diese positive Bilanz darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Schulstellen, denen diese Verbindung fehlte, ihrem Inhaber keine ausreichende Lebensgrundlage ermöglichten. Ein zweiter befördernder Faktor konnte in der Vermögenslage der jeweiligen ­Kirchen ermittelt werden, die sich mit nicht unbeträchtlichen Bargeldzuschüssen am Stelleneinkommen beteiligten. Unter der Ausblendung des Küstereianteils und der kirchlichen Zuwendungen schält sich der Anteil der Gemeinde am Lehrereinkommen heraus. Er kann durchweg als marginal bezeichnet werden und beschränkte sich auf die Zahlung des Schulgeldes im minimalen Modus.

6.3 Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Forderungen nach einer angemessenen Besoldung qualifizierter Landschullehrer lassen sich bis in die Tage Friedrichs des Großen zurückverfolgen und durchzogen seitdem alle Reformvorschläge. Solange jedoch die Lehrerbildung auf dem im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Niveau verharrte und Amtsinhaber bestenfalls eine Meisterlehre durchlaufen hatten, in deren Zusammenhang die Betreibung eines Handwerks nicht nur geduldet, sondern als konstitutiv vorausgesetzt wurde, bestand offenbar kein dringender Handlungsbedarf. Diese Situation änderte sich, als im Zuge der preußischen Reformen der Staat neben der besseren Aus- und Fortbildung der Lehrer auch die finanzielle Aufwertung besonders der Landschulstellen zum Ziel seiner Bildungspolitik erklärte. Diese Probleme und ihren Zusammenhang benannte die Stettiner Regierung 1811 im ersten Absatz eines Rundschreibens an die Superintendenten: „Der bekannte höchst traurige Zustand des Landschulwesens, hat vorzüglich darin seinen Grund, daß der größte Theil der Schullehrer sehr unwissend ist, und sich auch des schlechten Gehalts wegen von Nebenarbeiten ernähren muß, wodurch denn natürlich der Unterricht der Jugend vernachlässigt wird.“ 44

44 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 86 f.: Regierung von Pommern an Engelcken, Stargard vom 31. Januar 1811.

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Die Hebung der Lehrergehälter

Die qualitative Hebung des Schulwesens würde nur durch eine parallel erfolgende finanzielle Aufwertung der Lehrereinkommen zu realisieren sein, wobei die Landschulstellen im Vergleich zu den städtischen am stärksten zu berücksichtigen waren. Wenn die alte Schulmeistergeneration durch eine neue, seminaristisch gebildete abgelöst werden sollte, dann erwies sich die Höhe des Einkommens als wichtiges Kriterium für Stellenannahme bzw. Verweildauer. Schlecht besoldete Schulen wie in den Tagelöhnerdörfern Pomellen, Jamikow und Radewitz mussten mit wenig qualifizierten Lehrern Vorlieb nehmen und starke Fluktuation der Stelleninhaber akzeptieren. Insofern ist es gerechtfertigt, Maßnahmen zur Einkommensverbesserung der Lehrerstellen im Hinblick auf ihre Initiatoren, den Vorgang ihrer Umsetzung, die sich daraus ergebenden Problemlagen und endlich ihren Erfolg zu analysieren. Wie bereits dargelegt wurde, konstituierte sich in der Penkuner Synode das Einkommen der Schulstellen aus einem Lehrer- und in den meisten Fällen einem Küsteranteil. Da sich letzterer nicht beliebig und in dem notwendigen Maße erhöhen ließ, musste der Staat unweigerlich andere Möglichkeiten der Akquise finden. Seine Bestrebungen werden im Folgenden exemplarisch an den Schwerpunkten Schulgeld, Landdotationen und Vereinigung der bislang noch getrennten Küster- und Schulämter untersucht.

6.3.1 Die Einführung eines allgemeinen Schulgeldes 6.3.1.1 Die Höhe und Zahlung des Schulgeldes in der Penkuner Synode am Anfang des 19. Jahrhunderts Obgleich das Generallandschulreglement Festlegungen in Bezug auf die Höhe der Schulgeldsätze getroffen hatte, wurden diese in der Synode Penkun bis etwa 1820 allenfalls als Richtwert verstanden. Die bestehende Situation lässt sich auf der Grundlage der Schulberichte von 1818/19 zuverlässig analysieren.45 Da in den Parochien Blumberg und Sonnenberg zu ­diesem Zeitpunkt bereits ein fixiertes Schulgeld eingeführt worden war, bleiben diese beiden Kirchspiele in der nachfolgenden Betrachtung unberücksichtigt. Zunächst ist festzustellen, dass innerhalb einer jeden Parochie weitgehend übereinstimmende Regelungen getroffen worden waren. Gemäß der Einteilung des Schuljahres in zwei Semester und auf der Grundlage der Schulgeldzahlungen für das Winterhalbjahr lässt sich folgende Kategorisierung generieren: 1.  Erhebung eines fixierten Betrages: ‒ Parochien Glasow und Cummerow mit 9 Pfennig/Woche ‒ Dorf Schönow mit 6 Pfennig/Woche 2.  Erhebung eines differenzierten Betrages, unterschieden: a)  nach dem vermittelten Bildungsinhalt: ‒ Parochie Wollin: lesende Kinder 6 Pfennig, schreibende Kinder 12 Pfennig/Woche 45 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4: Schulberichte 1818/19.

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

191

b)  nach dem Besitzstand der Eltern: ‒ Parochien Nadrensee und Sommersdorf: Bauern 4 Pfennig, Einlieger oder Tagelöhner 6 Pfennig pro Woche ‒ Dorf Cunow: Bauern 6 Pfennig, Einlieger oder Tagelöhner 10 Pfennig pro Woche.46 3.  Freischule: ‒ Dorf Schönfeld 4.  Mischformen: ‒ Luckow und Petershagen: Zahlung nach dem Besitzstand der Eltern (4 Pfennig bzw. 6 Pfennig pro Woche) zusätzlich eine Differenzierung nach Lerninhalten: Schreiben bzw. das Rechnen weitere 6 bzw. 12 Pfennig pro Woche, ohne weitere Berücksichtigung des Besitzstandes der Eltern ‒ Woltersdorf: freier Unterricht im Lesenlernen, aber 1 Groschen wöchentlich für ein darüber hinaus gehendes Bildungsangebot Während der Beitrag für die Winterschule mit Ausnahme von Schönfeld und Woltersdorf allein von den Eltern aufzubringen war, lagen die Dinge bei der Sommerschule anders. Ihre Einführung war in Pommern auf hartnäckigsten Widerstand gestoßen. Die landesweite Revision von 1768 ergab, dass Sommerschulen in Hinterpommern nicht, in Vorpommern in nur geringer Anzahl vorhanden waren.47 Dieser allgemein gehaltene Befund Friedrich Vollmers kann nach der Durchsicht der verfügbaren Akten des Stettiner Archivs eine Konkretisierung erfahren. Im Durchschnitt fand in etwa 10 Prozent der vorpommerschen Schulen eine Art Sommerunterricht statt, der jedoch nirgendwo die vom Reglement festgelegte Anzahl von 18 Wochenstunden erreichte. Während in den Synoden Usedom und Wollin die Sommerschule schlichtweg nicht existierte, war es in den Ephorien Anklam, Pasewalk, Ueckermünde und auch Penkun zu zaghaften Anfängen ihrer Etablierung gekommen.48 Diesem anfänglichen Erfolg haftete offensichtlich keine Dauer an, denn bereits 1773 teilte der Penkuner Präpositus Christian Friedrich Wernich dem Konsistorium mit, „was die Sommer Schulen betrifft, die Leute ihre Kinder zur oeconomie nicht wohl entbehren können. So sehr auch Praepositus und Prediger darauf dringen, so ist man doch bisher nicht vermögend gewesen eine Sommer Schule auch beständig einzurichten. Die Vorstellung der Vortheile eines solchen Unterrichts sind bey Leuten die sich ungern ohne Zwang von ihren alten Vorurtheilen entfernen wollen, zu schwach“.49 46 Der auf den ersten Blick unverhältnismäßig wirkende geringere Schulgeldsatz der finanziell besser gestellten Bauern erklärt sich daraus, dass diese zusätzlich verpflichtet waren, kostenlose Holzfuhren für die Schule zu leisten. 47 Vollmer, S. 112 f. 48 APS, Konsystorz, 437, fol. 105 – 110: Anlage B. Bericht der Schulen sämtlicher Synodorum auf dem Lande in Vorpommern. Anhang 9.19 dieser Arbeit. 49 APS , Konsystorz, 1408, fol. 1 f.: Wernich an das Konsistorium, Penkun vom 13. Dezember 1773.

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Die Hebung der Lehrergehälter

35 30 25 20 Winterschule

15

Sommerschule 10 5

en ho l Kr z ac ko w Lu ck ow Pe ter sh ag C um en m er ow N ad re ns ee Sc hö nf eld W ol lin Sc hö no w Ja m ik ow St or ko W w ol te rsd o Po rf m ell en

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Abbildung 17: Schulgeldbeiträge in der Synode Penkun aus der Winter- und der Sommerschule 1818/19 (in Talern) 50

Dass es mehr als 20 Jahre s­ päter um den Besuch der Sommerschule im Penkuner Bereich immer noch schlecht bestellt war,50belegen die Schulberichte des Jahres 1795/96, nach denen lediglich in zehn Orten ein Sommerunterricht stattfand.51 Neben den beständigen Ermahnungen durch die Pfarrer bestand ein weiteres lokales Mittel für die Einführung der Sommerschule darin, dass in vielen Orten die K ­ irchen die Zahlung des Schulgeldes übernahmen. Damit ermöglichten sie einen kostenfreien Schulbesuch und motivierten darüber hinaus die Lehrer.52 Auch diese Regelung unterlag parochialen Besonderheiten und kann nach den Berichten vom Schuljahr 1818/19 folgendermaßen kategorisiert werden: 1.  Die ­Kirchen zahlten das Schulgeld: a)  für die Zeit der gesamten Sommerschule eine festgesetzte Summe: ‒ Parochien Woltersdorf und die Dörfer Nadrensee, Krackow und Cummerow: 3 Taler 50 Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4, Schulberichte 1818/19. Da nicht in allen Berichten die entsprechenden Schulgeldsummen überliefert sind, reduzierte sich die Anzahl der zu berücksichtigenden Orte. 51 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 2: Schulberichte 1795/96. 52 Bei der Revision von 1768 wurde bei der Darstellung der Schwierigkeiten hinsichtlich der Einführung der Sommerschule auch der Blickwinkel der Lehrer beleuchtet: „Die größte Hinderniß geben einestheils die Eltern, die ihre auch kleinen Kinder zur Hauß- und Feld-Arbeit, auch zum Vieh-Hüten brauchen, andere theils der Mangel und die Armuth der Schulmeister, die wegen ihres so gar geringen Gehalts im Sommer durch Betreibung ihrer Profession, oder Hände-Arbeit, für sich und ihre Familien Brodt suchen müssen.“ APS, Konsystorz, 437, fol. 109v–110: Bericht zur Penkuner Synode.

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

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‒ Dorf Luckow: 4 Taler ‒ Dorf Jamikow: 1½ Taler

b)  für die wirklich erbrachte Arbeitsleistung des Lehrers: ‒ Parochie Wollin und Dorf Petershagen: 2 Groschen für jede Stunde ‒ Parochie Sommersdorf: 10 Groschen für jeden Tag 3.  Die Gemeinde entrichtete ein festes Schulgeld, ggf. mit Unterstützung der ­Kirche bzw. des Patrons: ‒ Dorf Glasow: 10 Taler von der Gemeinde und 4 Scheffel Hafer vom Patron ‒ Dorf Hohenholz: 7 Taler von der Gemeinde und 3 Taler von der ­Kirche ‒ Parochie Sonnenberg: 12 Groschen von der Gemeinde ‒ Dorf Schönfeld: 3 Groschen von der Gemeinde 4.  Die Sommerschule existierte bislang nicht in Pomellen und Schönow. Die unterschiedlichen Zahlungsmodi, eine verringerte Stundenanzahl im Sommerhalbjahr und die noch immer bestehende Observanz, Schulgeld nur bei der tatsächlichen Anwesenheit des Kindes im Unterricht zu zahlen, führten zu einer wesentlich geringeren Einnahme während des Sommers (vgl. Abbildung 17). 6.3.1.2 Die Einführung des allgemeinen Schulgeldes in der Penkuner Synode Um die bestehende Diversität zu beenden, verfügte die Stettiner Regierung die Einführung eines allgemeingültigen Schulgeldes. Dieses betrug pro Kind 18 Groschen für das Winter- und 12 Groschen für das Sommerhalbjahr. Damit endete die bislang praktizierte Entlohnung der Lehrer auf der Grundlage der vermittelten Lehrinhalte. Wegen des daraus resultierenden Gehaltszuwachses wurde jenen zugleich die Verpflichtung auferlegt, „alle Kinder nach ihren Fähigkeiten zum Schreiben und Rechnen anzuleiten, was jetzt unerläßlich nothwendig ist“.53 Die Einführung der neuen Schulgeldsätze erfolgte sukzessive und in der Regel durch den Ortsgeistlichen in seiner Funktion als Lokalschulinspektor, in einigen Fällen auch durch den Superintendenten im Rahmen einer K ­ irchen- und Schulvisitation. Ein Beispiel hierfür lässt sich in der in Cummerow durchgeführten Verhandlung finden. „Cummerow, 4. Juni 1820 Es ist heute bei der Special-Kirchen-Visitation mit den Gemeinde-Gliedern besprochen worden, u[nd] von ihnen angenommen, daß das fixirte, auf 18 Groschen für die Winter-, u[nd] 12 Groschen für die Sommerschule höhern Orts bestimmte Schulgeld auch hier eingeführt werde. Demnach 53 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 155: Revisionsbescheid der ­Kirchen- und Schulkommission über die Schulberichte von 1819/20, Stettin vom 19. April 1821. Unterstreichung im Original.

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Die Hebung der Lehrergehälter

1. 2. 3. 4.

wird von nun an für jedes Kind über 6 Jahren das oben bezeichnete Schulgeld erhoben. Der Schulz Schützler wird es vierteljährlich vereinnahmen u[nd] dem Lehrer übergeben. Die säumigen Eltern werden in Strafe genommen werden. Von jedem Thaler, den der Schullehrer empfängt, muß derselbe 1 Groschen zurückgeben. Hieraus wird eine Kaße gebildet, die dazu bestimmt ist, daß einige Schul-Bedürfniße an Büchern pp. nach Anweisung des H[errn] Predigers angeschafft werden. 5. Was bisher aus der ­Kirchen-Caße für Sommer-Schule u[nd] arme Kinder gezahlt wurde, wird von nun an bloß für Arme nach dem Vorschlag des Schul-Vorstandes verwendet werden. 6. Krankheit, Ausbleiben aus der Schule, verschiedene Stufen der Kenntniße pp. befreien nie von Zahlung des Schulgeldes. 7. Alle Kinder sollen nunmehr, wenn sie, nach der Beurtheilung des H[errn] Predigers, dazu reif sind, schreiben u[nd] rechnen lernen. Im Namen der Gemeine haben die Vorsteher diese Verhandlung unterschrieben. Schützler, Schulz xxx, Handzeichen des Gerichtsmanns Kehrberg Engelcken, Superintendent“ 54

Obgleich die Höhe des Schulgeldes keineswegs zur Disposition stand, besaß die Gemeinde ein Mitbestimmungsrecht über die Frequenz der Erhebungsintervalle und über die künftige Verwendung der bislang aus Kirchenmitteln geflossenen Beiträge für die Sommerschule.55 Deutlich trat bei diesen Verhandlungen die Bedeutung des Schulvorstandes hervor, sollte 54 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. V, unpag.: Protokoll der Verhandlung über die Einführung des fixierten Schulgeldes, Cummerow vom 4. Juni 1820. 55 Es lassen sich hierbei Abweichungen nachweisen: In der Parochie Glasow bestand seit der Einführung der Sommerschule die Regelung, dass die Kinder während der Sommermonate unentgeltlich unterrichtet wurden, wofür der Küster von Glasow 4 Scheffel Hafer, der Lehrer von Hohenholz 3 Taler, jeweils aus Kirchenmitteln, erhielt. Dem zuständigen Pfarrer schien die Einführung der neuen Schulgeldsätze eine besondere Härte zu sein, vor allem in Hinblick auf die in Flachsee und Streithof lebenden Tagelöhnerfamilien mit ihren vielen schulpflichtigen Kindern. Nach Absprache mit dem Patron traf er die Regelung, dass die bisher gewährten Gehaltszulagen auch weiterhin an die Lehrer gezahlt werden und dafür die Eltern während der Sommerschule nicht die geforderten 12, sondern nur 6 Groschen pro Kind zahlen mussten. – Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 156: Bericht des Predigers Harnisch in Hinsicht des in der Parochie Glasow bisher üblichen Sommer-Schulgeldes, Glasow vom 23. Juli 1821. Auf Antrag Engelckens hob die ­Kirchen- und Schulkommission diese Besonderheit auf und beauftragte Pfarrer Harnisch, „sich bei dem Patrone dahin zu verwenden, daß die in Glasow bisher verabreichten 4 Scheffel Hafer und die in Hohenholz gegebenen 3 Taler zur Unterstützung armer Schulkinder verwendet und nöthigenfalls, wenn die Vermögensumstände der ­Kirche es erlauben, dieser Unterstützungsfond noch etwas erhöht werde“. Ebd. fol. 158: Verfügung der K ­ irchen- und Schulkommission an Prediger Harnisch, Stettin vom 12. März 1822.

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90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

vorher

C u B l n ow um Sc berg hö nf eld G rü Kr nz ac N k ow ad re ns Lu ee W cko ol te w C rsd um or m f er ow W P e ol ter lin sh a Sc gen So hö m no m w er sd St orf or G kow ra m b C ow as ek Ja ow m So iko nn w en b Po erg m ell en

nachher

Abbildung 18: Gehaltszuwachs durch die Einführung des allgemeinen Schulgeldes (in Talern) 56

er doch die Verantwortung für die Einziehung der Schulgelder sowie deren Aushändigung an den Lehrer übernehmen und war darüber hinaus rechtlich befugt, säumige Eltern zu ermahnen oder den Behörden zur Verhängung exekutiver Maßnahmen anzuzeigen. Inwieweit dieser Anspruch tatsächlich Realität wurde, bleibt zu hinterfragen und muss als eher unwahrscheinlich gelten, wie der von Engelcken verfasste Bericht belegt:56 „An den meisten Oertern wollen die Prediger nicht gerne Strafgelder erheben; die übrigen Schul-Deputierten noch weniger, um sich nicht in große Zänkereien mit den Dorfbewohnern einzulaßen, w ­ elche einer jeden Abgabe, die nicht gerade zu den öffentlichen gehört, immer nichtig widerstreben u[nd] dem Geistlichen u[nd] Schullehrer sein Einkommen nur zu oft mißgönnen, wie dies auch die schlaffe Unthätigkeit der Schulvorsteher selbst beweiset. Außerdem aber haben auch mehre Dorf Vorsteher sich gegen mich beschwert, daß, wenn sie sich beim landräth[lichen] Officio mit den Restanten pp Listen melden, sie nichts ausrichten könnten, [unleserlich] allerhand unangenehme Worte von den Secreterien pp anhören müßen, aus welchem Grunde sie sich vor dieser Sache scheuen.“ 57

Im Juni 1820 wurde das gesetzliche Schulgeld in der gesamten Synode gezahlt, wenn auch noch im Kirchspiel Glasow und den Dörfern Schönfeld und Petershagen geringfügige Modifikationen bestanden. Letztlich konnten jedoch auch sie auf Druck der Stettiner Behörde abgeschafft und den gesetzlichen Vorgaben angepasst werden.58

56 Eigene Berechnung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4 und Sect. III , Tit. VI, Vol. 5: Schulberichte der Jahre 1818/19 und 1819/20. 57 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 82 – 85: Engelckens Bericht zu den Schulberichten 1819/20, Penkun vom 3. März 1821, Zitat: fol. 84v. 58 Vgl. ebd., fol. 37: Schulbericht von Schönfeld 1818/19: Hier war zwar das fixierte Schulgeld eingeführt worden, allerdings wurde für das Sommerschulgeld der Pachtertrag eines Ackerstückes sowie die Zuwendung von 3 Talern aus der Kirchenkasse gegengerechnet. Ebd., fol. 38: Schulbericht von Petershagen 1818/19: Die Kinder der Ackerwirte zahlten jährlich 1 Taler und

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Die Einführung des neuen Zahlungsmodus zog den erhofften Einkommenszuwachs für die Lehrer nach sich (vgl. Abbildung 18). Im Durchschnitt betrug er 26 Taler pro Schulstelle, unterschied sich jedoch aufgrund seiner Korrelation zur vorhandenen Schülerzahl z­ wischen den einzelnen Orten erheblich. Für einzelne Stellen konnte sogar eine Vervier- bzw. Verfünffachung der Bareinnahmen verzeichnet werden, z. B. in Woltersdorf und Sonnenberg. 6.3.1.3 Zur Rolle der Schulvorstände bei der Erhebung des erhöhten Schulgeldes Die in Abbildung 18 visualisierten Daten spiegeln indes nicht uneingeschränkt die Wirklichkeit, sondern eher einen angestrebten Idealzustand. An vielen Stellen bezeugen die Quellen die mit dieser Neuregelung einhergehenden Schwierigkeiten. Ohne Zweifel stellten die neuen Schulgeldsätze für die betroffenen Einwohner eine finanzielle Mehrbelastung dar, die von ihnen besonders während der wirtschaftlich schlechten Zeit der 1820er Jahre als völlig unnötig empfunden werden musste. Diese Diskrepanz war geeignet, Auseinandersetzungen ­zwischen Gemeinden und ihren Lehrern zu provozieren. In dieser Situation sollten Schulvorstände als lokale Größen eine vermittelnde Funktion einnehmen. Diese bereits im Allgemeinen Landrecht verankerte Institution 59 scheint zumindest in Pommern bestenfalls zögerlich zur Ausführung gekommen zu sein, weshalb die Stettiner Regierung 1811 ihre sofortige Einführung verfügte.60 Dem unter dem Vorsitz des Ortsgeistlichen wirkendem und aus den einflussreichsten Größen der Dorfgemeinschaft bestehendem Gremium wurden unter anderem wichtige Aufgaben hinsichtlich der Durchsetzung der Schulpflicht und der damit verbundenen Zahlung des Schulgeldes zugewiesen: a) „ein genaues Verzeichnis aller schulfähigen Kinder, die über 5 Jahre sind, an[zu]fertigen und solches dem Schullehrer [zu] übergeben, der hiernach die Listen führen muß und in sein Tagebuch diejenigen Kinder bemerkt, ­welche die Schule versäumen, b) öfters die Schule [zu] besuchen und nach[zu]sehen, w ­ elche Kinder fehlen, Nachfrage [zu] halten, warum die Eltern sie zurückbehalten, und wenn solches ohne hinreichenden Grund und muthwillig geschiehet, mit Hülfe der Obrigkeit […] sie nöthigenfalls durch Zwangsmittel dazu an[zu]halten, ihre Kinder ordentlich zur Schule zu s­ chicken, wobei die Erlegung des doppelten Schulgeldes als Strafmittel angewandt und dies zur alle Ackerwirte zusammen 2 Scheffel Roggen, während die Kinder der übrigen Einwohner 1 Taler und 6 Groschen zahlen mussten. 59 ALR Teil II Tit. 12 §13: „Die Kirchenvorsteher einer jeden Gemeine, auf dem Lande und in kleinen Städten, so wie in Ermangelung derselben, Schulze und Gerichte, ingleichen die Polizeymagistrate, sind schuldig, unter Direction der Obrigkeit und der Geistlichen, die Aufsicht über die äußere Verfassung der Schulanstalt, und über die Aufrechterhaltung der dabey eingeführten Ordnung zu übernehmen.“ Zitiert nach: https://opinioiuris.de/quelle/1623#​ Zwoelfter_Titel._Von_niedern_und_hoehern_Schulen [letzter Zugriff: 23. 02. 2020]. 60 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 86 f.: Regierung von Pommern an Engelcken, Stargard vom 31. Januar 1811.

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Anschaffung nützlicher Bücher, für arme Kinder etc. und überhaupt zur Anlegung einer Schulkasse, genutzt werden könnte. Da es c) bekannt ist, wie oft die Schullehrer deswegen mit der Gemeine und einzelnen Gliedern derselben in Streit gerathen, daß sie ihr wohlverdientes Schulgeld einfordern und dabei die Hülfe der Obrigkeit nachsuchen müssen; so soll, um diesen nachtheiligen Streit zu vermeiden, die gedachte Schuldeputation, für alle schulfähigen Kinder, sie mögen die Schule besucht haben oder nicht, wöchentlich das Schulgeld selbst einziehen und dann dem Lehrer übergeben, wobei keine Reste geduldet werden müssen.“ 61

Auf der Grundlage dieser Anweisung war es in der Penkuner Synode bis 1822 in fast allen Orten zur Bildung von Schulvorständen gekommen; einzige Ausnahme blieb Pomellen, wo ein solcher auch noch 1826 nicht existierte.62 Für das Schuljahr 1818/19 hatte der jeweilige Schulvorstand in 13 Orten das Schulgeld erhoben, bereits ein Jahr ­später stieg diese Zahl auf 19.63 Allerdings wurden die Mitglieder ­dieses Gremiums mit der Einführung der höheren Schulgeldsätze in einigen Dörfern Zielscheibe des Unmutes der Eltern, weshalb sie entgegen den gesetzlichen Bestimmungen diese Aufgabe wieder an die Lehrer abtraten.64 Die Stettiner Regierung versuchte ­diesem Trend entgegenzuwirken, indem sie in ihrem Revisionsbescheid noch einmal auf die Umsetzung der bestehenden Gesetze drängte,65 offenbar erfolgreich. Im Schuljahr 1822/23 erhob der Schulvorstand wieder in allen Orten das Schulgeld, mit Ausnahme von Nadrensee und Pomellen.66 Trotz dieser zunächst gelungenen Intervention setzte sich eine einheitliche Regelung auch in den nächsten Jahren nicht durch. Vielmehr ließ sich ein Rückschritt verzeichnen, 61 Ebd., fol. 86: Regierung an Engelcken, Stargard vom 31. Januar 1811. 62 Eine Begründung dafür liefert bereits der Schulbericht des Jahres 1818/19: „Die Gemeinde besteht aus einigen Tagelöhnern, die wegen der täglichen Hofdienste, nicht von sich, sondern von der Gutsherrschaft abhängen. Diese wird auch keinem Mitglied desselben verstatten, von der Arbeit eine Stunde wegzugehen, um die Schule zu besuchen. Deshalb will denn auch keiner von den Dorfbewohnern sich als Schulvorstand anstellen lassen.“ KKA, Sup Pen, Sect. III , Tit. VI, Vol. 4, fol. 37: Schulbericht von Pomellen, Nadrensee vom 25. Mai 1819. 63 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4: Schulberichte 1818/19. 64 In Sonnenberg wollten sich die Schulvorsteher nicht „dem Geschälte“ der Leute unterziehen und in Ramin erhielten sie „anstatt des Geldes böse Worte“. Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 23: Schulbericht von Sonnenberg 1819/20 und fol. 25: Schulbericht von Ramin. 65 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 154 f.: Revisionsbescheid der ­Kirchen- und Schulkommission, Stettin vom 19. April 1821. 66 Obwohl in Nadrensee ein Schulvorstand existierte, muss angenommen werden, dass sich dieser nicht sonderlich für die Belange der Schule interessierte. Nach dem Schulbericht von 1818/19 trat er nicht zu Versammlungen zusammen und besuchte auch nicht den Unterricht. Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 35: Schulbericht von Nadrensee vom 25. Mai 1819.

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wenn für 1826 belegt ist, dass die Lehrer in neun Schulorten sowie drei Vorwerken das Schulgeld wieder selbst einzogen.67 Obwohl die Ursachen hierfür in den Schulakten nicht überliefert sind, lässt sich mit einiger Sicherheit vermuten, dass die Mitglieder des Schulvorstandes den für sie bequemeren Weg wählten und Auseinandersetzungen mit den übrigen Dorfbewohnern auswichen. 6.3.1.4 Widerstand in der Retziner Gemeinde Besonders eindrücklich ist in d ­ iesem Zusammenhang ein Vorgang in der Gemeinde Retzin überliefert. Als Superintendent Engelcken 1822 d ­ ieses Dorf visitierte, wurde er mit einer Beschwerde gegen den dortigen Küster Johann Friedrich Kalies konfrontiert.68 Trotz aller Ermahnungen des Geistlichen zu Frieden und Eintracht bestanden die Retziner darauf, dass ihre Beschwerde zu Protokoll genommen und der Regierung zur Entscheidung vorlegt werde. Im Einzelnen erklärte sie Kalies für unfähig, „seinem Schuldienste gehörig vorzustehen“, und beschwerte sich besonders darüber, „daß die Kinder nicht gehörig schreiben und rechnen lernten“.69 Die Gemeinde artikulierte als Gegenleistung für das gestiegene Schulgeld ihre Erwartung eines qualitativ entsprechenden Unterrichts, den zu erteilen Kalies offenbar nicht imstande war.70 In Stettin wies man die Klagen der Retziner ab, verordnete jedoch „eine sorgfältige Schulaufsicht und die bestmögliche Nachhülfe“.71 So empfahl die Behörde beispielsweise gute Vorlagen für den Schreibunterricht, um der schlechten Handschrift des Lehrers abzuhelfen. Damit sollte es aber aus Sicht der Gemeinde nicht sein Bewenden haben. Sie 67 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6, fol. 71: Nachweisung der in der äußeren Verfassung des Landschulwesens in der Synode Penkun wahrgenommenen Hauptmängel, 1828. 68 Johann Friedrich Kalies, geboren um 1768, wurde vor seiner Anstellung vom Superintendenten der Prenzlauer Synode, zu der Retzin früher gehörte, geprüft und versah seit 1804 den Küsterund Lehrerdienst in Retzin. 69 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 6, Tit. IV, fol. 63: Protokoll der Beschwerde der Gemeinde Retzin gegen den Küster Kalies, Retzin vom 10. September 1822. 70 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 6, Tit. V, fol. 58: Ergebnis der Schulvisitation von Retzin vom 10. September 1822: „20 Kinder schrieben, wenige darunter gut; das Geschriebene war nicht corrigirt; die Vorschriften schlecht gewählt, welches dem Lehrer bemerklich gemacht ist; der erste Anfang des Schreibens wird auf /unlinierten/ Schiefertafeln gemacht. – 6 rechneten auf der Tafel; meist Additions-Exempel und zwar schlecht, dividirten mit benannten Zahlen schlecht; 1 rechnete regel de tri gut. – Das Kopfrechnen ist auch hier ein unmethodisches u[nd] unbedeutendes Wesen. – 30 Kinder lesen eintönig, einige mit ziemlicher Fertigkeit, mehrere sehr mittelmäßig. – Das Buchstabiren ging zum Th[eil] sehr dürftig. – Den Katechismus konnten sehr wenige, und diese meist nicht mit Fertigkeit hersagen. – Sprüche wußten nur sehr wenige Kinder herzusagen. – Die Erzählung der Geschichte Josephs durch den Lehrer war nicht ganz besonders; die Kinder aber beantworteten die Fragen darüber so ziemlich. – Der Gesang war ein Geschrei.“ 71 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 6, Tit. IV, fol. 66: K ­ irchen- und Schulkommission an Engelcken auf die Beschwerde der Retziner Gemeinde gegen Küster Kalies, Stettin vom 2. Juli 1823.

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verweigerte zunächst Kalies das volle Schulgeld und war erst nach Anweisung der Behörde bereit, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Noch einmal wagten die Einwohner einen Vorstoß, wandten sich nun direkt an den Landrat und brachten die alten Vorwürfe erneut zur Sprache: „Kalis schreibt eine unleserliche Hand, nach welcher sich seine Zöglinge durchaus nicht bilden können […]. Rechnen kann er gar nicht.“ 72 Um den Streit zu beenden, beantragten die Retziner, die vereinigte Küster- und Lehrerstelle zu trennen, damit Kalies zumindest als Küster weiterhin ein Einkommen hätte und sie in die Möglichkeit versetzt würden, einen qualifizierten Lehrer einzustellen. Der Landrat zeigte sich dem Ansinnen der Gemeinde zunächst geneigt, bat allerdings vor seiner Entscheidung den Superintendenten um eine Einschätzung der Sachlage. Die Retziner, mutmaßlich durch das günstige Wort des Landrates beflügelt, verweigerten indes ihrem Lehrer das benötigte Heizmaterial für die Schule. Mit der erbetenen Auskunft Engelckens kam es zu einer ­kurzen Zäsur im Streit. Zunächst zeigte der Geistliche die Konsequenzen einer beabsichtigten Trennung beider Ämter auf: Da die Retziner Küster- und Schulstelle eine der am schlechtesten dotierten der Synode war, gewährte sie mit 116 Talern dem derzeitigen Inhaber ein nur klägliches Auskommen. Trotz dieser bedrückenden Zukunft hätte sich Kalies mit dem Ansinnen einverstanden erklärt, allerdings müsste die Gemeinde dann für den neu anzustellenden Lehrer eine Wohnung bereitstellen und zudem die Stelle monetär so aufwerten, dass sie auf einen besser qualifizierten Kandidaten anziehend wirken würde. Neben der bislang noch offenen Frage des finanziellen und von Engelcken zudem bezweifelten Engagements der Gemeinde sprach er einen weiteren Aspekt an. Offenbar war bislang der Ortspfarrer Grützmacher ein Fürsprecher Kalies’ gewesen. Nach dessen Tode am 8. Juni 1824 stand dieser nun bar jedes Schutzes seinen Widersachern ausgesetzt. Engelcken ergriff entschieden Partei für den Küster: „Aus diesen Gründen fühle ich mich verpflichtet, den p. Calies gegen die Gemeine nach Kräften zu vertreten“ 73, und bat die Behörde ausdrücklich um Schutz. Selbst jetzt noch bewies die Gemeinde eine erstaunliche Renitenz und verweigerte für das Sommerhalbjahr 1823 das gesamte Schulgeld in Höhe von 17½ Talern.74 Nach der Anzeige durch den Superintendenten an die Stettiner Regierung wurde die Angelegenheit aufgrund eines erneuten Antrages der Gemeinde verschleppt, und auch für das Sommerhalbjahr 1824 sparten sich die Retziner ihre Schulgeldzahlungen, weshalb die ausstehende Summe auf 37½ Taler anwuchs. Wieder musste Engelcken initiativ werden und über den Landrat eine Zwangsexekution zur Eintreibung der Schulden beantragen.75 Die Akten 72 Ebd., fol. 68 f.: Protokoll über die Beschwerde der Retziner Gemeinde, Stettin vom 6. März 1824. 73 Ebd., fol. 70 f.: Engelcken an die ­Kirchen- und Schulkommission, Penkun vom 6. Juli 1824. 74 Es dürfte sich dabei annähernd um die Gesamtzahl der 32 Schüler handeln. 75 KKA, Sup Pen, Sect. VI, Nr. 6, Tit. IV, unpag.: Engelcken an die K ­ irchen- und Schulkommission, Penkun vom 12. September 1825.

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geben keine Auskunft darüber, ob Kalies zu seinem Gelde kam; es ist allerdings von dem Einschreiten der Behörde auszugehen. 1827 schienen sich die Wogen geglättet zu haben. Das Schulvisitationsprotokoll vermerkt: „Die Gemeine hält jetzt Frieden mit dem Lehrer, und ist übrigens in ihrer Wohlhabenheit im Allgemeinen für den Unterricht der Kinder besorgt.“ 76 Johann Friedrich Kalies blieb somit bis zu seiner Emeritierung 1837 Küster und Schullehrer in Retzin. 6.3.1.5 Die Ortsschulkassen Bei den vom Superintendenten Engelcken geführten Verhandlungen fällt eine Besonderheit auf, die sich in vergleichbaren Protokollen nicht finden lässt. Der Geistliche verfügte – mutmaßlich aus eigenem Antrieb –, dass in einer besonderen Ortsschulkasse der 24. Teil der einkommenden Schulgelder gesammelt werde, um aus deren Bestand benötigte Unterrichtsmaterialen angeschaffen zu können. Diese Regelung war im Juni 1820 zunächst nur in den Kirchspielen Woltersdorf und Cummerow sowie im Dorf Storkow eingeführt worden, jedoch bat der Geistliche die Stettiner Regierung, „daß diese nützliche Einrichtung durch die hohe Behörde auch in den anderen Ortschaften bei dieser Gelegenheit angeordnet werde“,77 was diese nicht nur gern tat, sondern auch möglichen Protesten der Lehrerschaft über die damit verbundene Kürzung der gerade erreichten Einkommensverbesserung einen Riegel vorzuschieben versuchte, indem sie mitteilte: „Da alle Schullehrer durch diese neue Einrichtung gegen ihr früheres Einkommen gewonnen haben, so hat keiner derselben Ursache, [gegen] diesen kleinen Abzug begründete Beschwerde zu führen.“ 78 Tatsächlich verfügten bereits 1810 bzw. 1811 Wollin, Storkow und Nadrensee über besondere Schulkassen, in w ­ elche jedoch bislang kein Anteil des einkommenden Schulgeldes abgeführt worden war. In den anderen Dörfern erfolgte nach Engelckens Vorschlag nun sukzessive ihre Einrichtung, wobei die angeregte Abgabe nur bedingt positiven Widerhall bei den Schulvorständen fand. Nach Auskunft der Schulberichte 1822/23 existierten in acht Orten keine Schulkassen, weil die dortigen Lehrer eine Anzahl armer Kinder unentgeltlich unterrichteten, weshalb sie in den ungeschmälerten Genuss des Schulgeldes kamen.79 Allein die Kirchspiele Sonnenberg, Nadrensee, Woltersdorf und Blumberg setzten die Einbehaltung von 1 Groschen pro Taler um. In der Parochie Cummerow wurden, obwohl seinerzeit im Verhandlungsprotokoll anders festgelegt, keine Abzüge vorgenommen. Diese Unregelmäßigkeiten zum Anlass nehmend, suchte der Superintendent erneut 76 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 6, Tit. V, fol. 78: Visitationsprotokoll von Retzin vom 4. April 1827. 77 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 6: Engelcken an die ­Kirchen- und Schulkommission, Penkun vom 19. Juni 1820. 78 Ebd., fol. 155: Revisionsbescheid der K ­ irchen- und Schulkommission, Stettin vom 19. April 1821. 79 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6: Schulberichte 1823.

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bei der Behörde nach.80 Offenbar mit bescheidenem Erfolg, denn 1827/28 verzichteten die Kirchspiele Cummerow, Glasow und Löcknitz und die Ortschaften Radewitz sowie Wollin noch immer auf einen Abzug vom Schulgeld.81 Neben diesen einkommenden Beträgen sollten die Ortsschulkassen auch durch zu erhebende Schulversäumnisstrafen und die Michaeliskollekte 82 gespeist werden. Letztere erbrachte als zusätzliche und möglicherweise als genötigte Leistung verstandene Abgabe nur geringe Erträge, was bei der gestiegenen Belastung der Gemeinden nicht verwundert.83 Geistliche anderer Synoden im Regierungsbezirk Stettin hatten eine weitere Geldquelle akquiriert, indem sie zur Beschaffung der notwendigen Schulbücher freiwillige Sammlungen veranstalteten. Diese Art der Geldbeschaffung wurde von der Stettiner Behörde nicht nur gelobt, sondern zur Nachahmung empfohlen.84 Tatsächlich existierte im Kirchspiel Sonnenberg eine Büchse, die bei Festlichkeiten in den Orten umherging und 1827/28 immerhin 2 Taler erbrachte, was dem Dreifachen der dort gegebenen Michaeliskollekte entsprach.85 6.3.1.6 Der Umgang mit Problemlagen bei der Zahlung des neuen Schulgeldsatzes – Die Schulversäumnisstrafen Aus dem Anspruch des Staates, die Schulpflicht konsequent für alle Kinder durchzusetzen, resultierte seine Forderung zur Zahlung eines regulären Schulgeldes. Überholt waren damit jene Regelungen, die die Höhe des Schulgeldes von der Vermittlung einer bestimmten Kulturtechnik abhängig machten, vorbei war die Zeit, in der Eltern in der Schulabsens ihres Kindes einen legitimen Grund erblickten, ihre Zahlungen einzubehalten. Die stete Aufbringung eines fixierten Betrages bedeutete zum einen für die Lehrer eine Erhöhung ihres 80 Ebd., fol. 63 – 67: Begleitschreiben Engelckens zu den Schulberichten 1822/23 an die K ­ irchenund Schulkommission, Penkun vom 27. Dezember 1823. 81 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 7: Schulberichte 1828. 82 Die Michaeliskollekte geht auf das Generallandschulreglement zurück. Dort unter § 9: „Es soll daher […] jährlich an dem Michaelis-Sonntage an jedem Orte […] eine sogenannte Schul-Predigt gehalten werden […]. Nach dieser gehaltenen Predigt sollen auf geschehene Abkündigung und hertzliche Ermahnung des Predigers zum Besten der Land-Schulen und insonderheit zum Ankauf der nöthigen Bücher in den Dorf-Schulen für arme Kinder in den Becken, oder durch den Klinge-Beutel, oder nach eines Orts Gewohnheit auf eine andere Weise ein freywilliger Beytrag gesammlet werden.“ Zitiert nach KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 61v. 83 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 7, fol. 83: Begleitschreiben Engelckens zu den Schulberichten 1828, Penkun vom 8. September 1829: „In 8 K ­ irchen kam gar nichts ein, u[nd] in 21 nur 4 rt. 5 sgr.!“ 84 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 81: Verfügungen der ­Kirchen- und Schulkommission an sämtliche Pfarrer und Superintendenten des Regierungsbezirks, Stettin vom 10. Juni 1820. 85 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 7, fol.: 64 – 69: Schulberichte von Sonnenberg, Ramin und Schmagerow, Sonnenberg vom 5. bzw. 7. März 1829.

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Einkommens, mit der sie trotz aller sich durch den neuen Modus ergebenden Schwierigkeiten nun regelmäßig rechnen konnten. Auf der anderen Seite stellten die neuen Schulgeldsätze besonders für die Tagelöhnerfamilien eine erhebliche Mehrbelastung dar. Die Schulberichte von 1822/23 verzeichnen für 22 Dörfer keine Unregelmäßigkeiten, allerdings standen dagegen in Petershagen und Krackow sieben, in Wartin neun, in Luckow 17 und in Nadrensee immerhin stattliche 65 Prozent des Schulgeldes aus.86 Dieses relativ positive Bild erfährt eine Korrektur durch die Schulberichte des Jahres 1828. In 19 Gemeinden war das Schulgeld rückständig. Dabei erscheint es eher unwahrscheinlich, dass die Gemeinden aus Boshaftigkeit gegenüber dem Lehrer handelten. Es mögen vielmehr wirtschaftliche Gründe gewesen sein, denen der Schulvorstand in den Dörfern mit einer gewissen Nachsicht begegnete. Eine Stütze findet diese Vermutung z. B. im Schulbericht von Bergholz: „Schulgeld-Reste gibt es nicht, wer irgend bezahlen kann, thut es freiwillig, und den ganz Armen wird es geschenkt, um die Gemüther nicht zu empören.“ 87 Für Ramin ist verzeichnet, dass der Lehrer gezwungen sei, das Schulgeld zu stunden, „bis die Aeltern sich im Stande befanden zu bezahlen, welches bei einigen wohl aus bösem Willen, bei vielen aber aus wirklichem Mangel von Zeit zu Zeit verschoben wurde“.88 Bei der Zahlung des Schulgeldes nahmen also die als „arme Kinder“ bezeichneten Schüler einen besonderen Stellenwert ein. Für den Fall des finanziellen Unvermögens der Eltern übertrug das Generallandschulreglement zunächst den ­Kirchen und ersatzweise den Gemeinden die Fürsorgepflicht, damit dem Lehrer keine Gehaltseinbuße entstünden.89 In der Penkuner Synode wurde diese Alimentation auf zwei verschiedene Arten realisiert. In zwei Drittel der Fälle übernahmen die jeweiligen ­Kirchen die Zahlung des Schulgeldes. Dabei gaben zwei Drittel dem Lehrer einen festen Betrag – er entsprach mehrheitlich der früher für die Sommerschule gezahlten Summe – und ein Drittel orientierte sich jeweils an der konkreten Anzahl bedürftiger Kinder, wodurch diese Zuwendung im Laufe der Jahre variierte. Im verbleibenden Drittel der Dörfer, in denen die Kirchenkassen aufgrund fehlenden Vermögens keine Armenfürsorge übernehmen konnten, hatten sich zwei Modelle ­etabliert: In zwei Gemeinden erhielt der Lehrer den fehlenden Betrag aus der Schulkasse, in den anderen fünf Orten verzichtete der Schulvorstand auf jeglichen Abzug vom Schulgeld. 86 87 88 89

KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6: Schulberichte 1822/23. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 7, fol. 32: Bericht über die Schule zu Bergholz für 1828. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 25: Schulbericht von Ramin 1819/20.

„§ 8. Wenn aber einige Eltern notorisch so arm wären, daß sie für ihre Kinder das erforderliche und gesetzte Schul-Geld nicht bezahlen können, […] so müssen sie sich deshalb bey den Beamten, Patronen, Predigern und K ­ irchen-Vorstehern, in so fern dieselben über die ­Kirchen-Mittel zu disponiren haben, melden: da denn, wenn kein anderer Weg vorhanden, entweder aus dem Klingel-Beutel, oder aus einer Armen- oder Dorf-Casse die Zahlung geschehen soll, damit den Schulmeistern an ihrem Unterhalt nichts abgehe, folglich dieselbe auch beydes armer und reicher Leute Kinder mit gleichem Fleiß und Treue unterrichten mögen.“ Zitiert nach: Novum Corpus Constitutionum, Band III (zu 1763), Nr. 53, Sp. 265 – 282, hier Sp. 269.

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Eine Antwort auf die Frage, ­welche Variante aus dem Blickwinkel des Lehrers die einträglichere war, mag an dieser Stelle unerheblich sein. Wichtiger erscheint mir, festzuhalten, dass alle Gemeinden den gesetzlichen Vorschriften genügten, indem sie armen Schülern durch finanzielle Unterstützung den Schulbesuch ermöglichten und die Lehrer vor einem Verdienstausfall schützten.

6.3.2 Die Zuweisung von Dienstland als Mittel der Stellenaufwertung Es wurden bereits die von den preußischen Reformern ergriffenen Maßnahmen zur Bauernbefreiung und die sich aus den Regulierungsedikten von 1811 und 1816 für die dörfliche Lebenswelt ergebenden Veränderungen beschrieben. In ihnen findet sich auch die rechtliche Grundlage für die finanzielle Aufwertung der Schulstellen durch die Beilegung von Dienstland. Auch bei der Landdotation der Schulstellen verzeichneten die restaurativen Kräfte zunächst einen Sieg. In einem von Christian Friedrich Scharnweber am 20. Januar 1816 dem Staatskanzler von Hardenberg vorgelegten Gutachten zum Entwurf der Deklaration des Edikts vom 14. September 1811 sprach sich dieser darin für eine Dotation der Landschullehrerstellen in Höhe von 4 bis 8 Morgen „aus der Masse der zu regulierenden Ländereien“ aus, die „von dem Gutsherrn und den Bauern in dem Verhältniß abgegeben werden soll, wie das bisherige Bauerland naturaliter unter sie verteilt wird“.90 Obwohl sich der verantwortliche Ministerialbeamte Friedrich Christian August von Dewitz in einer am 7. März 1816 abgehaltenen Konferenz der Ansicht Scharnwebers anschloss, allerdings den Landumfang auf 4 Morgen begrenzte, fand diese Bestimmung keinen Eingang in die Deklaration von 1816. Erst die Gemeinheitsteilungsordnung von 1821 regelte die Landdotation der Schulstellen. „Bei der ersten auf einer Dorf-Feldmark eintretenden“ Teilung, also ausschließlich vom bäuerlichen Acker, sollte die Schulstelle ihre Dotation erhalten. 6.3.2.1 Die Teilung der Gemeinheiten Das Landkulturedikt von 1811 verschaffte den Bauern das Eigentumsrecht an den von ihnen bewirtschafteten Höfen. Damit war die juristische Trennung z­ wischen ihnen und der Gutsherrschaft, ­zwischen Gutsbesitz und Bauernland vollzogen. Da letzteres von allen Bauern traditionell gemeinschaftlich bewirtschaftet wurde, musste auf dem Weg zur Bildung von Einzelbetrieben in einem nächsten Schritt die Aufhebung der bestehenden Gemeinheiten, also der Acker-, Wiesen- und Hütungsflächen, erfolgen.91 Die rechtliche Grundlage für 90 Knapp II, S. 386. 91 Es sei der Korrektheit halber erwähnt, dass die Separationen parallel zur oder auch vor der Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse erfolgen durfte. Möglich war eine Separation z­ wischen Gutsherrn und allen Bauern (Letztere blieben dann noch ganz oder teilweise in Gemeinheit) oder die vollumfassende Parzellierung aller bäuerlichen Nutzflächen mit dem Ziel, selbständig wirtschaftende Bauernhöfe zu erzeugen.

204

Die Hebung der Lehrergehälter

diese speziellen Separationen lieferte die Gemeinheitsteilungsordnung. Sie enthielt auch die für die Zuweisung von Dienstland interessierenden Passagen: „§. 101. Bei der ersten auf einer Dorf-Feldmark eintretenden Gemeinheitstheilung soll zu der Schullehrerstelle so viel Gartenland, als, einschließlich des bisher besessenen, zur Haushaltung einer Familie von der §. 41. Buchst. b. angegebenen Stärke [Haushalt für Mann, Frau und drei Kinder], und zur Sommerstallfütterung und Durchwinterung von zwei Haupt Rindvieh erforderlich ist, in zweckmäßiger Lage angewiesen werden; dagegen aber auch die, der Stelle bisher zuständig gewesene Weideberechtigung auf den Grundstücken der Dorfgemeine aufhören. §. 102. Ist jedoch die Befugniß des Schullehrers größer, als im §. 101 bestimmt worden, so muß er nach dem ganzen Umfange seines Theilnehmungsrechtes abgefunden werden.“ 92

Die nun einsetzenden Gemeinheitsteilungen folgten einem genormten Schema, berücksichtigten strikt die lokalen Besonderheiten der einzelnen Ortschaften und sind insofern individuell gestaltete Vertragswerke. In Bezug auf die Höhe der Landdotation für die Schulstellen kam in jedem Falle der in den Vokationen der Lehrer festgeschriebenen Weideberechtigung maßgeblichen Einfluss zu. Exemplarisch soll dieser Rechtsvorgang am Bauerndorf Grünz nachgezeichnet werden. 6.3.2.2 Die Verbesserung der Schulstelle in Grünz durch die Zuweisung von Dienstland Relativ spät fand im Mai 1830 die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse im Kirchdorf Grünz statt.93 Daran beteiligt waren die Grafen von Hacke als Eigentümer des Dorfes, Superintendent Engelcken als Bevollmächtigter der Pfarre, ­Kirche und Schule, Küster und Lehrer Friedrich Treptow, zwölf Bauern und 19 Büdner. Die Gutsherrschaft übergab den Bauern das Eigentumsrecht an den Höfen, ohne dafür eine Landentschädigung zu verlangen. Dafür wurde deren Besitz mit einer jährlichen Geldrente von jeweils 68 Talern belastet (§ 3). Für die Rückgabe der Hofwehr vereinbarten die Teilnehmer einen Betrag von insgesamt 2874 Talern, der unmittelbar in sechs vierteljährlichen Raten zahlbar war, mit Zuschlag von 5 Prozent auf den jeweiligen 92 „Gemeinheitstheilungs-Ordnung. Vom 7ten Juni 1821“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 7/1821, S. 53 – 77. 93 Vgl. für die folgenden Ausführungen PfA Penkun, Sommersdorf, Nr. 17: Rezeß über die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse in dem Dorfe Grünz vom 4. Mai 1830. Der späte Termin dieser Regulierung hat seine Ursache möglicherweise darin, dass aufgrund der hohen Schuldenlast die gräflich von Hackeschen Güter von einem Administrator verwaltet wurden und zur Tilgung der gemeinsamen Schulden teilweise verkauft werden mussten. Vgl. von Hacke, Curt-Bogislav: Entwurf zu einer Geschichte der Grafen von Hacke. Görlitz 1911, S. 115.

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

205

Restbetrag, wodurch sich diese Summe auf 2967 Taler erhöhte (§ 6). Die bestehenden Hand- und Spanndienste kamen durch die Zahlung einer jährlichen Rente von 8 Talern pro Ackerwirt zur Ablösung (§ 4). Darüber hinaus verzichtete die Gutsherrschaft gegen eine Summe von 850 Talern auf die vorhandenen Waldflächen (§ 9). Der Separationsvorgang in Grünz war eindeutig darauf angelegt, ein möglichst hohes Maß an Barmitteln zu erhalten, das zur Begleichung der gräflichen Schuldenlast dringend benötigt wurde. Obwohl die Bauern dadurch zu verhältnismäßig hohen Geldzahlungen verpflichtet waren, hatte dies langfristig gesehen die positive Folge, dass sich – anders als in anderen Dörfern, wo der Gutsherr die Hälfte der bäuerlichen Ackerflächen als Abfindung erhielt – hier überdurchschnittlich große Höfe enwickeln konnten, was den Wohlstand des Dorfes in späteren Jahrzehnten begründete und sich auch in der überdurchschnittlichen Dotation der Lehrerstelle widerspiegelte. Die Grünzer Schulstelle sollte ursprünglich im Zuge der Regulierung 1 Morgen 157 Quadratruten Ackerland sowie 6 Morgen 15 Quadratruten Wiese erhalten (§ 18.3). An ­diesem Beispiel lässt sich eindeutig belegen, dass die für die Ausführung verantwortliche Generalkommission die Interessen des Lehrers gegenüber den anderen Beteiligten nachdrücklich vertrat. Ihrer Berechnung lag die dem Lehrer vokationsmäßig zustehende Weideberechtigung zugrunde, wonach der Schulstelle weitere 3 Morgen 163 Quadratruten zustanden. Natürlich widersprachen die Bauern dieser aus ihrem Landbesitz zu gewährenden höheren Abfindung und beantragten eine endgültige richterliche Entscheidung. Vorerst jedoch einigten sie sich auf einen großzügigen Kompromiss, sicherlich auch, um das Verfahren nicht zu verschleppen. Friedrich Treptow durfte für die Dauer seiner Amtszeit die laut Separationsvertrag überwiesenen knapp 2 Morgen Acker n ­ utzen und zusätzlich das volle Weiderecht auf der Feldmark der Bauern ausüben. Sollte der Schulstelle tatsächlich eine höhere Entschädigung zugesprochen werden, würde es für die Amtszeit von Treptow bei d ­ iesem Kompromissvorschlag bleiben. Treptows Nachfolger hingegen erhielte mehr Land, verlöre aber dann die Weideberechtigung (§ 15). In einem späteren Bescheid der Generalkommission vom 29. Oktober 1830 erkannte man dem Schulamt eine höhere Landentschädigung in der vorab berechneten Größe zu.94 Obgleich die Gemeinheitsteilungsordnung für jede Schulstelle ein Minimum an Land klar definierte, nämlich „zwei Haupt Rindvieh“, lässt sich daraus keine konkrete Flächengröße generieren oder verallgemeinern. Vielmehr erwiesen sich für ihre Berechnung die Bodenqualität der Landflächen und zum anderen die in der Vokation der Lehrer verbrieften Weiderechte als bedeutungsvoll. Dabei wurde die Maßeinheit „Kuhweide“ (= KW) als Berechnungsgrundlage verwendet, wobei 1 Kuh ≙ 1 KW, 1 Haupt Jungvieh ≙ ⅔ KW, 1 Schaf ≙ ¹⁄ ₁₀ KW, 1 Schwein ≙ ⅛ KW, 1 Gans ≙ ⅓ KW entsprachen. 94 PfA Penkun, Sommersdorf Nr. 18, unpag.: Bescheid der Preußischen Generalkommission, Stargard vom 29. Oktober 1830.

206

Die Hebung der Lehrergehälter

Die Höhe des Anspruchs der Grünzer Schulstelle auf Landabfindung errechnete ein Ökonomiekommissar der Generalkommission wie folgt:95 Gemäß seiner Vokation durfte der Lehrer an Weidefläche beanspruchen: 2 Kühe ≙ 2 KW 2 Schweine ≙ ¼ KW 2 Zuchtgänse ≙ ⅔ KW 8 Schafe ≙ ⅘ KW = 3 ��� �� KW ≈ 3,71 KW

Zur Berechnung der Bodenqualität wurde dessen Rohertrag zugrunde gelegt: 1 KW erbrachte in Grünz einen Rohertrag von 96 Metzen Roggen, d. h. 3,71 KW =  356,16 Metzen Roggen außerdem erbrachte die gesamte Fläche einen Heuertrag von 60,44 Zentner, wobei 1 Zentner Heu = 6 Metzen Roggen, d. h. 60,44 Zentner Heu = 362,64 Metzen Roggen Somit durfte der Lehrer beanspruchen 

718,80 Metzen Roggen

Mittels des Rezesses hingegen wurde er abgefunden mit (1)  1 Morgen 157 Quadratruten Acker 2. Klasse. Dieser erbrachte: an Rohertrag  76,06 Metzen Roggen als Brach- und Stoppelweide à 13,47 Metzen =  25,22 Metzen Roggen (2)  6 Morgen 8 Quadratruten Wiese. Diese erbrachte: an Rohertrag  362,64 Metzen Roggen Wert der Vor- und Nachweide  96,00 Metzen Roggen Summe der Abfindung  559,92 Metzen Roggen Mithin fehlten der Schulstelle 158,88 Metzen Roggen, was 1,66 Kuhweiden oder 3 Morgen 163 Quadratruten Acker zweiter Klasse entsprach. 6.3.2.3 Das Konfliktpotential am Beispiel der Schulstelle in Schmagerow Während die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse für die meisten Schulen eine Aufwertung des Stelleneinkommens bewirkte, erzeugte sie in Schmagerow nicht nur das Gegenteil, sondern verschlechterte überdies das Verhältnis ­zwischen Gutsherrn und Lehrer in einer dramatischen Weise. Die dortige Küster- und Schullehrerstelle war mit 47½ Talern ohnehin äußerst schlecht dotiert und büßte in der Folgezeit weiter an Einnahmen ein. Im Ort existierten vor der 1819 stattfindenden Regulierung neben dem Gutshof vier Bauernwirtschaften, die nun vom 95 Ebd.: Berechnung der fehlenden Weideabfindung durch Ökonomiekommissarius Winkler, Stettin vom 9. März 1830.

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

207

Gutsherrn Heinrich von Ramin 96 ausgekauft worden waren.97 In ihrer Folge kam es im Dorf zu einer Umwandlung der sozialen Strukturen und Abhängigkeitsverhältnisse. An die Stelle von Eigentumsbauern traten ausschließlich gutsherrliche Tagelöhner, deren Anzahl sich nur unwesentlich erhöht haben dürfte, während die bäuerlichen Familien den Ort mehrheitlich verließen. Das hatte Auswirkungen auf die finanzielle Situation des Lehrers, dessen Einnahmen aus dem Schulgeld und den Küsterakzidentien sich stark verringerten. Das Auskaufen der einstigen Bauernhöfe machte, weil die gesamte Feldmark nun dem Gutsherrn gehörte, eine Separation nicht mehr erforderlich. Dem Schmagerower Schulamt konnte deshalb auch kein Land zugewiesen werden. Dies veranlasste den Küster Michael Retzlaff 1819 zur Beschwerde, die Superintendent Engelcken unterstützte. Der Geistliche regte an, dass „die Königliche Regierung […] das dominium von Schmagerow huldreich auffordern [wolle], der Küsterei einige Morgen Acker zuzulegen“.98 Obwohl die Behörde d ­ iesem Wunsch unmittelbar nachkam und beim Gutsherrn „1 bis 2 Morgen Gartenland und etwas Wiesenwachs zur Unterhaltung einer Kuh nebst Zuwachs“ erbat, wurde das gewünschte Resultat nicht erzielt.99 Zwar wandte sich die Regierung auch an die für die Regulierung zuständige Generalkommission in Stargard und schließlich auch an das Ministerium des Innern in Berlin, allein deren Bescheide blieben die gleichen: In Schmagerow konnte aufgrund des Auskaufens der bäuerlichen Wirte durch die Gutsherrschaft ein rechtlicher Anspruch auf eine Landdotation der Schulstelle nicht geltend gemacht werden.100 Damit war der Lehrer auf Gedeih und Verderb der Gnade des Gutsherrn ausgeliefert. Superintendent Engelcken formulierte treffend: „Die genannte Stelle ist äußerst schlecht; wenn der Edelmann ihrem Inhaber nicht wohl will, so kann er sich nicht einmal Kartoffeln bauen, da kein Landbesitzer außer jenem im Dorfe ist, u[nd] es scheint doch hart, daß […] hier nicht eben ­solche Verbesserung für die Schulhalter eintreten solle, als sonst an andern Orten.“ 101

Ob es die Anträge Retzlaffs auf Landbeilegung waren oder ob eine persönliche Antipathie des jungen Gutsherrn dem Lehrer gegenüber die Folie der folgenden Ereignisse bildete, 96 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 58: Kirchenvisitation von Schmagerow vom 10. Dezember 1820. Eigentümer des Gutes Schmagerow war Heinrich Bogislav von Ramin, der jedoch aufgrund einer Geisteskrankheit unter der Vormundschaft des Barons von Eickstedt-Peterswaldt zu Hohenholz stand. Verwaltet wurde das Gut vom Sohn Friedrich von Ramin. 97 Art. 77 der Deklaration des Regulierungsedikts vom 29. Mai 1816 gestattete dem Grundherrn, sich vor der Auseinandersetzung mit den Bauern zu einigen und ihnen ihre Rechte abzukaufen. 98 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. II, unpag.: Begleitschreiben Engelckens zur Beschwerde des Küsters Retzlaff, Penkun vom 16. Juli 1819. 99 Ebd.: ­Kirchen- und Schulkommission an Engelcken, Stettin vom 6. August 1819. 100 Ebd.: ­Kirchen- und Schulkommission an Engelcken, Stettin vom 28. September 1821; Schreiben derselben an das Ministerium des Innern, Stettin vom 7. März 1820; Antwortschreiben des Ministeriums des Innern, Berlin vom 16. März 1820. 101 Ebd.: Anzeige Engelckens wegen des dem Schulhalter zu Schmagerow etwa zuzuteilenden Dienstlandes, Penkun vom 29. August 1821.

208

Die Hebung der Lehrergehälter

muss ungewiss bleiben. Die Akten spiegeln eine willkürliche Drangsalierung Retzlaffs. Laut seiner Vokation war er zur Aussaat von ¼ Scheffel Leinsamen auf dem Kirchenacker befugt. Als er im Frühjahr 1822 damit beginnen wollte, versagte ihm von Ramin als Pächter des Kirchenackers ­dieses Recht. Der zuständige Pastor Maaß berichtete Engelcken davon und schloss mit den Worten: „Solange die Königl[iche] Regierung sein Gesuch wegen der 2 Morgen Land nicht gewähret, wird dessen Existenz als Küster und Schullehrer in Schmagerow äußerst precair sein u[nd] bleiben!“ 102 Trotz aller Vermittlungsversuche vonseiten des Pfarrers verschärfte sich die Situation, so dass Maaß den Superintendenten ersuchte, „dem Küster Retzlaff zu Schmagerow den Schutz der Behörden gegen die Willkürlichkeiten des Herrn von Ramin zu verschaffen, der, nachdem er mit ihm alle mündlichen Verträge aufgehoben, nun auch die schriftlichen zu annulliren sich nicht entblödet“.103 Retzlaff sah anscheinend nur in seiner Versetzung einen Ausweg, um dieser vollständigen Abhängigkeit vom Gutsherrn zu entgehen. Am 9. Oktober 1822 reichte er ein entsprechendes Gesuch ein und schilderte seine Not: „Da die Küster und Schullehrer Stelle alhir wenig einzukommen hat, so habe ich um mich weiter Lebensunterhalt zu Schaffen bey der hir gewesenen Bauern und bey der Hisigen GutsHerrschaft bisher mit Tabak, und Artoffeln und die Hälfte zu Bauen beschäftigen müßen. Die Bauern sein nicht mehr vorhanden, und die Herrschaft hat es mir abgeschlagen, nicht daß geringste auf Ihren Acker zu Bauen weil ich nicht ihr Arbeits-Mann werden kann.“ 104

Es ist davon auszugehen, dass Retzlaffs Antrag den Zorn des Gutsherrn noch weiter anstachelte: 1823 verbot er ihm die Ausübung der Raff- und Leseholzgerechtigkeit, obwohl auch diese ihm gesetzlich zustand. Schließlich drohte er sogar mit Prügel.105 In dieser scheinbar ausweglosen Situation erwies sich die durch den Tod des Sonnenberger Küsters Martin Wilhelm Zimmermann eingetretene Vakanz als greifbare Lösung. Retzlaff wurde 1823 dorthin versetzt, wo er 1840 verstarb. 6.3.2.4 Die Ergebnisse der Regulierungen und Separationen im Hinblick auf die Verbesserung der Einkommenssituation der Schulstellen Wo es die gesetzlichen Vorschriften ermöglichten, waren bis 1840 in der Mehrzahl der Dörfer zumindest die Auseinandersetzungen ­zwischen den Gutsherren und den Bauern ausgestanden. In einigen Fällen hatte auch die Separation der bäuerlichen Feldmarken 102 Ebd.: Maaß an Engelcken, Sonnenberg vom 3. April 1822. 103 Ebd.: Maaß an Engelcken, Sonnenberg vom 30. Mai 1822. 104 APS, Rej. Sz., II/4235, unpag.: Bittschreiben des Küsters Retzlaff, Schmagerow vom 9. Oktober 1822. 105 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. IV, unpag.: Maaß an Engelcken, Sonnenberg vom 2. ­Februar 1823.

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

209

stattgefunden, wodurch die jeweiligen Schulstellen in den Besitz von Dienstland gekommen waren. Hinsichtlich der Landausstattung lassen sich die Ortschaften des Penkuner Bereichs in drei Kategorien einteilen (vgl. Tabelle 21): a)  Dörfer, in denen mit der Separation die bestehende Weideberechtigung der Schulstellen wegfiel, b)  Dörfer, in denen mit der Separation die bestehende Weideberechtigung teilweise oder ganz erhalten blieb, c)  Sonderfälle. In die erste Kategorie lassen sich 16 Dörfer einordnen.106 Bei ihnen betrug die Gesamtabfindung rund 136 Morgen, was einem Durchschnitt von annähernd 6 Morgen pro Schulstelle entsprach; sie bestand zu 70 Prozent aus Ackerland. Der mittlere Nutzungswert des Dienstlandes bezifferte sich hier auf 21 Taler. In der zweiten Kategorie befinden sich neun Dörfer.107 Weil hier ein Weiderecht des Stelleninhabers von durchschnittlich 2½ Kuhweiden vorerst erhalten blieb, erfolgte eine deutliche geringere Zuteilung an Landfläche. Sie betrug im Durchschnitt 3 Morgen pro Schulstelle, wobei der darin enthaltene Ackeranteil lediglich ein Drittel betrug. Der Nutzungswert von Land und Weide betrug zusammen durchschnittlich 14 Taler. Tabelle 21: Landdotationen und Weideberechtigungen der Schulstellen 1840 Ort

Ackerland 1

Blumberg

4 Mg

Casekow

8 Mg 30 □R

Wiese 6 Mg 74 □R

7 Mg 14 □R

4 Mg 89 □R

Krackow

4 Mg

Retzin

4 Mg 2 □R

4 Mg 174 □R

Glasow Plöwen Nadrensee

Bismark Luckow Petershagen

3 Mg 60 □R

7 Mg 120 □R 3 Mg 123 □R 8 Mg 52 □R

8 Mg

Grünz

5 Mg 35 □R

Storkow

11 Mg 113 □R

Weideberechtigung

135 □R

159 □R

4 Mg

Sommersdorf Wollin

1 Mg 72 □R

Wurt

6 Mg

7 Mg

6 Mg 8 □R

106 Blumberg, Casekow, Glasow, Plöwen, Nadrensee, Krackow, Retzin, Bismark, Luckow, Petershagen, Sommersdorf, Grünz, Wollin, Storkow, Woltersdorf, Cunow. 107 Wartin, Cummerow, Jamikow, Löcknitz, Bergholz, Pomellen, Grambow, Sonnenberg, Ramin.

210

Die Hebung der Lehrergehälter Woltersdorf

9 Mg 104 □R

1 Mg 64 □R

4 Mg

Cummerow

3 Mg 135 □R

2 Mg

2 Mg

Jamikow

1 Mg

1 Mg

Löcknitz

1 Mg 34 □R

3 Mg

1 KW

5 Mg 135 □R

3 KW

Cunow Wartin

Bergholz Pomellen Grambow Sonnenberg Ramin

1 Mg

2 Mg 35 □R

2 Mg

3 Mg 60 □R

4 KW 3 KW 2 KW

1 KW 2 KW

2 Mg

2 KW

2 Mg

3 KW

Schönfeld

6 KW

Schmagerow

nicht spezifiziert

Hohenholz Schönow Radewitz

2 KW 2 Mg

1 KW

1

Die Angabe der Flächengröße erfolgt in Morgen (Mg) und Quadratruten (□R), der Umfang der Weideberechtigung in Kuhweiden (KW). Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIb, fol.  11 – 79.

Fünf Orte ließen sich in keine der beiden Gruppen einordnen: In Schönfeld war es bis 1840 noch zu keiner Regulierung gekommen. Als sie Mitte der 60er Jahre erfolgte, erhielt die Schulstelle 8 Morgen 52 Quadratruten Ackerland als Entschädigung für die Weidegerechtigkeit. In Schmagerow hatte der Gutsherr, wie bereits dargestellt, die vorhandenen vier Bauern­ höfe ausgekauft, so dass es zu keiner Teilung der Gemeinheiten kam. Die dem Lehrer zustehende, allerdings in den Akten nicht näher spezifizierte Weidegerechtigkeit wurde 1856 mit annähernd 5 Morgen Acker und 5 Morgen Wiese abgelöst. Hohenholz und Schönow waren wie Schmagerow Lehngüter, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Regulierung von vornherein nicht vorlagen. Obwohl Superintendent Engelcken und auch die Stettiner Regierung um eine Landdotation für die Schulstelle baten, lehnten beide Gutsherren ab. Ebenfalls erst 1856 konnte durch die veränderte Gesetzeslage die vorhandene Weideberechtigung in Schönow durch 4⅔ Morgen Acker und 5 Morgen Wiese abgelöst werden.108 Hohenholz hingegen blieb eine der Schulstellen ohne Dienstland, weil dort dem Lehrer ein Weiderecht nicht zustand. 108 „Gesetz, betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Vom 2. März 1850“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 10/1850, S. 77 – 111.

211

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

Dass ein anderes Verhalten durchaus möglich gewesen wäre, bewies in Radewitz Carl Graf von Hacke. Obgleich auch hier aufgrund der fehlenden Voraussetzungen eine Regulierung bzw. Separation unnötig war, übergab er der Schulstelle 2 Morgen Ackerland und gestand dem Lehrer vorab sogar eine Wahlmöglichkeit z­ wischen verschiedenen Stücken zu.109 Um den durch die Landbeilegungen erzielten Einkommenszuwachs für die Schulstellen beurteilen zu können, reicht eine Betrachtung der absoluten Flächenmaße nicht aus. Wie bereits an der Berechnung für die Schulstelle Grünz exemplifiziert wurde, errechnete die Generalkommission auf der Grundlage der Gemeinheitsteilungsordnung zuzüglich zu der in den Vokationen verbrieften Weidegerechtsamen einen Anspruch in Kuhweiden, den sie unter Berücksichtigung der lokalen Bodenqualität in eine äquivalente Acker- bzw. Wiesenfläche umwandelte. Diesem Verfahren folgend, kann Tabelle 22 generiert werden. Die Betrachtung der Kapitalisierungssummen offenbart den eindeutigen Befund, dass jene Schulstellen, deren Weideberechtigungen vollständig durch ein Landäquivalent abgelöst worden waren, von einer höheren Einkommenssteigerung profitierten als die übrigen Stellen. Tabelle 22: Wert der Landabfindungen und Weidegerechtsame 1840 (in Talern) Wert der Ort

Landabfindung

Weideberechtigung

Summe

Blumberg

32, 33



32,33

Casekow

32,66



32,66

Glasow

20,8



20,8

Plöwen

9,97



9,97

Nadrensee

19,17



19,17

Krackow

21,23



21,23

Retzin

45



45

Bismark

8



8

Luckow

20,7



20,7

Petershagen

10



10

Sommersdorf

20



20

Grünz

32



32

Wollin

12



12

109 PfA Penkun, Sommersdorf, Nr. 13, unpag.: Korrespondenz z­ wischen dem Grafen von Hacke und dem Sommersdorfer Pfarrer Matthias vom 11. bzw. 29. September 1828: Nach dem Vorschlag des Grafen sollte die Schulstelle 1 Morgen Gerstenland 1. Klasse nahe am Schulhause erhalten, doch bot er zugleich als Alternative 2 Morgen Ackerland mit einer geringeren Bodenqualität an, die aber außerhalb des Dorfes gelegen waren.

212

Die Hebung der Lehrergehälter Storkow

10,5



10,5

Woltersdorf

25,93



25,93

Cunow

20,5



20,5

Wartin

24

12,9

24,9

Cummerow

13

9

22

Jamikow

3

4,17

7,17

Löcknitz

11

3

14

Bergholz

10

3

13

Pomellen

2

2

4

Grambow

2,77

9,25

12,02

8,1

2,5

10,6

6,73

5

11,73

Schönfeld



12

12

Schmagerow



2

2

Sonnenberg Ramin

Hohenholz





0

Schönow



7,5

7,5

Radewitz

8

3

11

Summe

429,39

75,32

493,71

16,52

5,79

16,46

Durchschnitt

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIb, fol.  11 – 79.

Bis etwa 1860 wurden auch die restlichen bis dahin erhalten gebliebenen Weiderechte abgelöst. Dies geschah in den meisten Fällen durch Acker- und Wiesenflächen – in Pomellen erst 1875 durch Zahlung einer Geldabfindung in Höhe von 960 Mark. Das Ergebnis war, dass die große Mehrheit der Schulstellen nach der Separation über entsprechende Dienstländereien verfügte und dadurch bedeutend aufgewertet wurde. Neben der bereits beschriebenen Ausnahme von Hohenholz blieb Radewitz auf Dauer die zweite Schulstelle ohne Landbesitz. Obgleich sie 1828 durch den Grafen von Hacke mit 2 Morgen Ackerland dotiert worden war und auch s­päter mit 2 Morgen Wiese als Ausgleich für die Weidegerechtsame entschädigt wurde, nahm 1875 der neue Besitzer des Gutes, Hermann von Ziethen, eine grundlege Umgestaltung des Schulvermögens vor. Über deren nähere Umstände berichtete der Sommersdorfer Pfarrer Christian Friedrich Wilhelm Oestreich: „Der Grundherr in Radewitz und der Patron der Schule hat das Land, die Wiesen, den Garten und selbst das alte Schulhaus eingezogen und statt des letzteren ein neues Gebäude, für Schulzwecke entsprechend gebaut und zugerichtet, zur Verfügung gestellt. Die Ueberweisung ­dieses neuen Gebäudes ist aber gar nicht derartig geschehen, daß das Gebäude rechtlich als

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

213

Schulhaus angesehen werden kann; factisch wird es als solches vom Lehrer bewohnt und nur zum Unterrichte benutzt.“ 110

Aufgrund einer Lücke im Überlieferungsbestand lässt sich zur Reaktion der Regierung auf diese Eigenmächtigkeit von Ziethens keine Aussage treffen. Es blieb jedoch dabei, dass Dienstländereien in den Einkommensverzeichnissen dieser Schulstelle fehlten.

6.3.3 Die Vereinigung von Schul- und Küsteramt 6.3.3.1 Der Zustand im 18. Jahrhundert Bereits die von Johannes Bugenhagen 1535 entworfene Kirchenordnung legte die rechtliche Grundlage für die Anstellung eines Küsters in den Pfarrorten.111 Zunächst beschränkte sich seine Tätigkeit auf die Unterstützung des Pfarrers bei dessen geistlichen Amtshandlungen, auch in den Filialdörfern, jedoch erweiterte sie sich im Laufe der Jahrhunderte auf das Lehren der Kinder.112 Durch ihren geistlichen Status empfingen die Küster von den Gemeinden – wenn auch in bescheidenerem Umfange als die Pfarrer – zahlreiche Naturalvergütungen in Form von Messkorn, Broten und Eiern. Darüber hinaus bezogen sie von jedem Hausstand ein Jahrgeld und erhielten im Rahmen jeder Amtshandlung Küstergebühren (Akzidentien). Damit waren sie finanziell deutlich besser gestellt als ihre Kollegen in den Filialdörfern, denen lediglich der Status eines Schulhalters oder -meisters zukam. Wie gravierend dieser Einkommensunterschied sein konnte, soll exemplarisch am Kirchspiel Schönfeld verdeutlicht werden.113 110 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 8, Tit. V, fol. 157: Schulbericht von Radewitz vom 30. Oktober 1876. 111 Wehrmann 1893, S. 157: „Up eynem yederen dorpe schall eyn parner syn, de dar hebbe eynen bescheydenen köster, de ehm helpen könne den Catechismus leren ynn der kercken edder ym huse, wo ydt ehm de parner vorordenet.“ 112 Schon die erste von Jakob Runge verfasste Küsterordnung aus dem Jahre 1593 erweitert die Aufgaben des Küsteramtes. Eine Abschrift der am 22. Mai 1593 in der Penkuner Synode durch Jakob Runge publizierten „leges pro custodibus“ befindet sich im KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 1 – 6. Siehe dort fol. 2: „IV. Sollen die Custodes so viel wissen, oder daß Sie es künftig lernen, sich befleißigen, daß Sie 1) mit ihren Pastori […] können singen etliche Latinsche Cantica, auch 2) da Sie sitzen und ihre Küsterey anheben, eine Schule anrichten und halten, darin die liebe jugend zum geringsten lesen, schreiben und bethen lernen möge, worüber Sie den PfarHerrn mit Zu Rathe ziehen und nehmen wollen.“ 113 Die Auswahl dieser Parochie liegt vor allem darin begründet, dass die Einnahmen vollständig aufgeführt und konsequent nach ihrem Herkommen unterschieden sowie mit einem Geldwert beziffert wurden. Dass die Trennung der Küstereien zum Erstellungszeitpunkt des Einkommensverzeichnisses bereits vollzogen worden war, ist für den intendierten Zweck irrelevant.

214

Die Hebung der Lehrergehälter

Tabelle 23: Einnahmen der Küster- und Lehrerstellen im Kirchspiel Schönfeld 1798 Schönfeld (mater) 17 Bauern, 21 andere Familien

Luckow (filia) 18 Bauern, 26 andere Familien

Petershagen (filia) 10 Bauern, 2 Kossäten 35 andere Familien

Einnahmen als Küster

Einnahme als Lehrer

Singen bei den Wochenpredigten: 2 Taler Jahrgeld: 3 Taler 12 Groschen 27 Scheffel 5 Metzen Roggen ≙ 14 Taler 21 Groschen 8½ Mandel1 Eier ≙ 17 Groschen Akzidentien: 5 Taler 10 Groschen 6 Pfennig

Schulgeld: 3 Taler Landnutzung: 3 Taler Holzgeld: 6 Taler 4 Scheffel Roggen ≙ 2 Taler 16 Groschen Gartennutzung ≙ 2 Taler

Summe: 26 Taler 12½ Groschen

Summe: 16 Taler 16 Groschen

Singen bei den Wochenpredigten: 2 Taler Speisegeld: 7 Taler Jahrgeld: 2 Taler 14 Groschen 32 Scheffel Roggen ≙ 21 Taler 18 Groschen 9 Mandel Eier ≙ 18 Groschen Akzidentien: 2 Taler 19 Groschen 10 Pfennig

Schulgeld: 5 Taler 12 Groschen Holzgeld: 4 Taler Uhr stellen: 16 Groschen 6 Scheffel Roggen ≙ 4 Taler Gartennutzung ≙ 1 Taler

Summe: 36 Taler 21 Groschen 10 Pfennig

Summe: 14 Taler 22 Groschen

Singen bei den Wochenpredigten: 1 Taler Jahrgeld: 2 Taler 18 Groschen 26½ Scheffel Roggen ≙ 17 Taler 16 Groschen 5½ Mandel Eier ≙ 11 Groschen Akzidentien: 3 Taler 6 Groschen 10 Pfennig

Schulgeld: 3 Taler 6 Groschen Holzgeld: 4 Taler 4 Scheffel Roggen ≙ 2 Taler 16 Groschen Gartennutzung ≙ 2 Taler

Summe: 25 Taler 3 Groschen 10 Pfennig

Summe: 11 Taler 22 Groschen

1

1 Mandel = 16 Stück. Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 39 f.: Tabelle von den Landschulen zu Schönfeld, Luckow und Petershagen vom 12. Dezember 1798.

Bis 1795 versah Christian Friedrich Rathmann neben dem Schuldienst in Schönfeld auch den Küsterdienst in allen drei Orten der Parochie. Dadurch bezog er ein Einkommen, das sieben- bzw. achteinhalbmal höher lag als das der Lehrer von Luckow und Petershagen (vgl. Tabelle 23). Mit seinem Tode erfolgte eine Änderung der Zuständigkeiten, indem Rathmanns Nachfolger Gottfried Engelke nur noch die Küstergeschäfte in Schönfeld versah, während diese Aufgabe für die Filialdörfer Luckow und Petershagen den dortigen

Maßnahmen zur Verbesserung der Elementarlehrergehälter

215

Lehrern Christian Keding und Christian Friedrich Steinbrink übertragen wurde. Damit konnte zumindest ein ungefährer Ausgleich der zuvor vorhandenen signifikanten Disparität erreicht werden, die nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass etwa zwei Drittel des jeweiligen Gesamtstelleneinkommens seine Quelle im Küsteramt fand. Auf eine ähnliche Weise nivellierten auch in anderen Orten die Patronatsherren zum Ende des 18. Jahrhunderts die monetären Verhältnisse der Lehrer, ohne dass es dabei der Aufwendung zusätzlicher Mittel bedurfte. Im Untersuchungsgebiet wurden außer in dem beschriebenen Exempel von Schönfeld auch die Küstereien in den Filialdörfern Schmagerow (1780), Cunow (1786), Storkow (1791), und Pomellen (1811) von den jeweiligen M ­ utterkirchen getrennt. Die im Ergebnis veränderte Einkommenssituation visualisiert Tabelle 24. Tabelle 24: Einkommenssituation der jeweiligen Amtsinhaber nach der Abtrennung der Filialküstereien von ihren Mutterkirchen mater

Sonnenberg

Woltersdorf

Wollin

Nadrensee

Anzahl der Grundbesitzer

10 Bauern

10 Bauern

8 Bauern 6 Kossäten

9 Bauern

26 Einlieger

9 Eigentümer 28 Einlieger 10 Einlieger

Anzahl weiterer 12 Einlieger Hausstände Einkommen

64 Taler 20 Groschen 65 Taler 10 Groschen 91 Taler

84 Taler 12 Groschen

filia

Schmagerow

Pomellen

Anzahl der Grundbesitzer

4 Bauern

Anzahl weiterer 11 Einlieger Hausstände Einkommen

Cunow 18 Bauern 33 Einlieger

Storkow 14 Bauern

nicht vorhanden

7 Eigentümer 11 Einlieger 6 Einlieger

37 Taler 10 Groschen 72 Taler 8 Groschen 68 Taler

26 Taler

Quelle: Eigene Aufstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 52, 53, 56 – 58, 63.

Der bereits in Schönfeld nachgewiesene Einkommenszuwachs der Lehrerstellen in den Filialdörfern findet auch hier seine Bestätigung. Darüber hinaus ist eine zum Teil erhebliche Differenz ­zwischen den jeweiligen ­Mutter- und Töchtergemeinden zu verzeichnen. Ihre Ursache lag zum einen in der Anzahl der grundbesitzenden Eigentümer als den Abgabenpflichtigen der Naturalien. Insofern erklärt sich das höhere Einkommen im Filialdorf Cunow gegenüber seiner ­Mutter Woltersdorf bzw. die relativ geringe Differenz z­ wischen Wollin und Storkow durch die unterschiedliche Anzahl Bauern. Ebenfalls als für das Salär des Küsters nicht unerheblich erwies sich die Bevölkerungsstärke eines Ortes, denn die Berechnung des Jahrgeldes erfolgte nach der Anzahl der Hausstände. Dass bei einer größeren Dorfschaft ein erhöhter Bedarf an geistlichen Amtshandlungen bestand, ist evident und verschaffte dem dortigen Küster ein höheres Einkommen an Akzidentien.

216

Die Hebung der Lehrergehälter

6.3.3.2 Die Separation der Küstereien als staatlich verordnete Maßnahme zur Gehaltsaufbesserung der Lehrerstellen Bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts beruhte die Abtrennung der Küstereien auf einem privaten Interesse der Patronatsinhaber, das mitunter durch das Anraten des Ortsgeist­ lichen stimuliert wurde. Nun aber entdeckte auch der Staat diese kostenneutrale Variante, um die besonders schlecht bezahlten Lehrerstellen aufzuwerten und zugleich die Küster der Entschuldigung für nachlässig durchgeführten Unterricht zu entledigen.114 Die dafür nötige gesetzliche Grundlage schuf die Regierung im Mai 1811 durch die „Verordnung wegen allgemeiner Separation der Küstereien an Filialkirchen von den Küstereien an den Mutterkirchen“.115 Ausschließlich bei eintretenden Vakanzen (§ 6) und nur dann, wenn der Inhaber der Küsterei des Mutterdorfes ein genügend hohes Einkommen behielte (§ 7), sollten „die Küstereien bei den Tochterkirchen in ihren Dienstgeschäften und Emolumenten von den Küstereien an den Mutterkirchen getrennt“ (§ 1) und „den Schullehrern der Dörfer, in ­welchen die Tochterkirchen befindlich sind, übertragen“ (§ 2) werden. Von den 30 in der Synode Penkun bestehenden Schulen waren 1811 bereits 25 organisch mit dem jeweiligen Küsteramt verbunden. Die noch fehlenden schlossen relativ schnell auf: 1822 Jamikow und Ramin, 1825 Hohenholz. Mit dem Ableben des 74-jährigen Friedrich Wilhelm Kurth, der über ein halbes Jahrhundert den Küsterdienst in Bergholz, Plöwen und Löcknitz verwaltet hatte, gelangte dieser Separationsprozess 1853 im Untersuchungsgebiet zu seinem Ende. Der einzige Lehrer, der keinen Nutzen aus dieser Verordnung ziehen konnte, blieb der von Radewitz, das ohne eigene K ­ irche zu Grünz eingepfarrt war. Das dabei angewendete juristische Verfahren kann generalisierend beschrieben werden: Der zuständige Ortspfarrer zeigte dem Superintendenten den Tod des Küsters an, worauf dieser die Regierung in Stettin unter Beifügung eines Einkommensverzeichnisses der vakant gewordenen Stelle informierte. Standen der Abtrennung keine finanziellen Gründe entgegen, erfolgte die entsprechende Genehmigung. Dem Patron der Küster- und Schulstelle oblag die Berufung des neuen Amtsinhabers. Die Abänderung der Vokationen des Lehrers im Filialdorf schloss auch dessen Qualifikation zum „Küster und Schullehrer“ ab. Meist folgte eine rechtliche Auseinandersetzung ­zwischen dem neuen und den nachgelassenen Erben des alten Amtsinhabers über die Verteilung der noch ausstehenden Einkünfte. Sie 114 Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 15/1811, S. 193: „Die Verbindung der Küstereien an Filialkirchen mit den Küstereien der Mutterkirchen hat einen nicht zu verkennenden Nachtheil für die gehörige Besorgung des, den Küstern in den Mutterdörfern mit obliegenden Schul-Unterrichts. Die Auflösung derselben und Uebertragung der Küstergeschäfte bei den Filialkirchen mit ihren Emolumenten an die Schullehrer der Dörfer, worin diese befindlich sind, wird dagegen nicht allein jenen Nachtheil heben, sondern auch die schlechten Stellen der Schullehrer in Filialdörfern zu verbessern, und die große Unverhältnißmäßigkeit der Einnahme, w ­ elche z­ wischen ihnen und den Schullehrerstellen in den Mutterdörfern statt findet, so weit es zuträglich ist, auszugleichen dienen.“ 115 Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 15/1811, S. 193 – 195.

Die Bilanz staatlich initiierter Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrergehälter

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wurde in der Regel einvernehmlich beschlossen, protokolliert und unterschrieben in den Aktenbestand der Superintendentur überführt. Ein einziger Fall wich von dieser Regel ab. In Sonnenberg versah 1820 der hoch betagte Martin Wilhelm Zimmermann das Schul- und Küster- und darüber hinaus in Ramin ausschließlich das Küsteramt. Bei einer im Dezember 1820 gehaltenen Schulvisitation bewertete Superintendent Engelcken Zimmermanns Amsfähigkeiten: „Er zählt mehr, als 80 Lebens- und mehr als 50 Amts Jahre; seine Fähigkeiten u[nd] Kenntniße sind immer dürftig gewesen; er hat aber jederzeit treulich seinem Dienste vorgestanden, u[nd] es mögte mit dem Schulhalten auch noch ferner wohl angehen, da der H[err] P[rediger] sich desselben sehr annimmt u[nd] es hart sein würde, einen sonst guten Greis zu verstoßen, der, wenn ihm ein adjunct gegeben würde, hungern müßte. Nur das Singen in der Ramminschen ­Kirche, so wie er es leitet, ist schrecklich anzuhören, und es würde eine Aenderung hierin wohl sehr gut sein.“ 116

Als Reaktion auf diesen Bericht übertrug die Regierung die Raminer Küstereigeschäfte dem dortigen Lehrer Elias Ellmann, mit der Begründung, dass Zimmermann „bei seinem hohen Alter nicht mehr im Stande ist, den Gesang gehörig zu leiten und die Reisen zu dem Filiale für ihn zu beschwerlich sind“.117 Obwohl damit Ellmann sämtliche Amtsobliegenheiten des Küsters zukamen, forderte die Regierung zugleich, dass er „sich für jetzt mit einer billigen Entschädigung […] begnügen“ möge, wogegen ihm für den Todesfall Zimmermanns, der im Januar 1823 eintreten sollte, die Raminer Küsterei zugesagt wurde. Nach grober Schätzung entsprach Ellmanns Anteil am Küstereinkommen von Ramin etwa 20 Prozent, während die übrigen Einkünfte nach wie vor Zimmermann zuflossen.118

6.4 Die Bilanz staatlich initiierter Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrergehälter Der Vergleich ­zwischen den Einkommenssituationen der Jahre 1812 und 1840 lässt einen deutlichen Anstieg der Gehälter um durchschnittlich 130 Prozent bzw. 80 Taler erkennen (vgl. Abbildung 19).119 Insofern können die staatlich initiierten Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Situation der Lehrer generell als erfolgreich bezeichnet werden. 116 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 61: Visitationsprotokoll der Schule Sonnenberg vom 11. Dezember 1820. 117 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. IV, fol. 26: ­Kirchen- und Schulkommission an Engelcken, Stettin vom 25. März 1821. 118 Ebd., fol. 27: Auseinandersetzungsprotokoll ­zwischen Zimmermann und Ellmann, Sonnenberg vom 16. April 1821. 119 Wegen der fehlenden Angaben aus dem Jahre 1812 mussten die Ortschaften Radewitz, Retzin, Bismark, Löcknitz, Plöwen und Bergholz in ­diesem Vergleich unberücksichtigt bleiben.

218

Die Hebung der Lehrergehälter

300

250

200

150 1812 1840 100

50

G rü W nz ar W tin Kr ollin N acko ad w r Bl ens C um ee um be m rg er So Lu ow m ck m ow er sd G orf Sc laso hö w nf C eld un St ow o G rko r So am w nn bo W en w ol ber Pe ters g ter do sh rf C agen as e Sc kow hö Ja now Sc m hm iko w H ager oh o w en Po ho m lz ell Ra en Ra mi de n w Re itz Bi tzin sm Lö a rk ck n Pl itz ö Be wen rg ho lz

0

Abbildung 19: Einkommenszuwachs der Küster- und Schulstellen (in Talern) 120

Dieser Befund erfährt allerdings bei der Betrachtung des absoluten Einkommens eine Relativierung und kann allenfalls als Beweis dafür dienen, wie defizitär die Lehrerbesoldung im Untersuchungsraum zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewesen war. Schulstellen wie Ramin oder Pomellen verbuchten zwar einen Gehaltszuwachs um 400 Prozent bzw. 257 Prozent, nahmen aber dennoch im Gesamtvergleich der Orte Schlusspositionen ein. Während das Durchschnittseinkommen der Lehrer 156 Taler betrug, blieben 17 von 30 darunter; in vier Orten lag ihr Verdienst unter 100 Talern. Die Ursachen dieser nach wie vor bestehenden Ungleichheit ­zwischen den Dörfern korrelierten hauptsächlich mit der Anzahl der Einwohner und deren sozialem Stand sowie mit der Anzahl der bäuerlichen Besitzer.120 Bei der Umsetzung seiner Maßnahmen zur Hebung der Lehrerbesoldung beschränkte sich die Rolle des Staates ausschließlich auf administrative Vorgaben und deren Durchsetzung. Sämtliche monetäre Verbesserungen der Schulstellen wurden auf Kosten der Gemeinden herbeigeführt. Dazu zählte neben der Erhöhung und Fixierung des Schulgeldes auch die Festlegung des Bedarfs an Heizmaterial sowie die Beilegung von Dienstländereien, die allein aus der bäuerlichen Flur separiert wurden. Diese Mehrbelastungen trafen die Gemeinden in kurzer Abfolge und zudem in einer Zeit, in der sie durch die Nachkriegsumstände und durch die aus der Aufhebung der Gutsuntertänigkeit resultierenden Ablösungssummen stark belastet waren. So verwundert es nicht, dass Gemeinden wie Retzin rebellierten. Derart heftige Widerstände blieben allerdings in der Penkuner Synode Randerscheinungen. 120 Nachweis: für 1812: Eigene Berechnungen auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 52 – 67; für 1840: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIb, fol.  11 – 79.

Auf dem Wege zur gesetzlichen Festsetzung eines Mindestgehalts

219

Auch in Berlin fand der Zustand des pommerschen Landschulwesens ein zunehmendes Interesse. Minister Friedrich Eichhorn berief im März 1844 den Neuwieder Seminardirektor Ferdinand Stiehl als Hilfsarbeiter in das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. Stiehl erhielt zunächst den Auftrag, die einzelnen Provinzen zu bereisen, um sich einen Überblick über den Zustand des Volkschulwesens zu verschaffen. Auf der Reiseroute lag auch Penkun, allerdings verhinderten Zeitgründe Stiehls persönliches Erscheinen. Darum erbat er vom Superintendenten Engelcken schriftlich Auskünfte über den Ausbildungsstand sowie die Besoldung der Lehrer und regte den Geistlichen zugleich zur Abgabe von Verbesserungsvorschlägen an. Mit Bezug auf die Lehrereinkommen resümierte Engelcken: „Es sind darunter noch eine große Zahl sehr gering dotirter Stellen; und leider ist nicht abzusehen, wie es damit beßer werden soll, ungeachtet seit mehren Dezennien durch Einführung angemeßenen fixirten Schulgeldes, ab u[nd] zu u[nd] wo es sich thun ließ, durch Zulegung von Brennmaterial, wie durch Verbindung der Küstereien mit den Schulstellen für die Verbeßerung wesentlich gesorgt worden ist. Die Patrone wollen durchweg nichts thun, und es ist nur mit einzelnen durchzusetzen gewesen, daß eine Kleinigkeit, etwa zur Verbeßerung der Localitäten geschehen ist; die Gemeinden wollen auch nicht, u[nd] meist, vor allem aber da, wo die recht schlechten Stellen sind, (lauter Vorwerke, auf denen nur herrschaftl[iche] Tagelöhner leben) können sie nichts thun, u[nd] somit ist keine Aussicht auf Verbeßerung, gar keine. Allzu hoch mögte ich sie – wenigstens, wie die Sachen für jetzt stehen – auch gar nicht einmal haben: ich wünschte nur, daß die Stellen 250 u[nd] kaum 300 rt. trügen. Das würde bescheidenen Ansprüchen u[nd] verständiger Fügung in die Verhältniße genügen.“ 121

6.5 Auf dem Wege zur gesetzlichen Festsetzung eines Mindestgehalts Bereits der von Süvern vorgelegte Entwurf eines allgemeinen Schulgesetzes beabsichtigte die Festlegung eines Gehaltsminimums für Lehrer.122 Allerdings enthielt er bewusst keine konkrete Normierung. Vielmehr sollte diese Aufgabe in die provinziale Ebene delegiert und dort unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten „ein angemessenes mindestes Einkommen der Lehrerstellen in den Städten und auf dem Lande“ (§ 45) ermittelt werden. Interessant erscheint in ­diesem Zusammenhang, dass in der mit der Erarbeitung des Gesetzentwurfs beauftragten Kommission zwei Modelle zur Finanzierung der Schulunterhaltungskosten diskutiert wurden. Das erste übertrug die alleinige Verantwortung dem Staat, der durch die Erhebung einer allgemeinen Schulsteuer sowie die Einziehung bestehender Schulvermögen zur Realisierung dieser Aufgabe befähigt werden würde. Durchsetzen sollte sich hingegen das zweite Modell, das die Schulunterhaltspflicht zunächst den 121 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. XI, fol. 36: Engelcken an Ferdinand Stiehl, Penkun vom 24. Oktober 1844. Unterstreichung im Original. 122 Vgl. Thiele 1913 sowie der abgedruckte Auszug im Anhang 9.1 dieser Arbeit.

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Die Hebung der Lehrergehälter

Gemeinden, subsidiär dem Staate übertrug.123 Mit dem Scheitern Süverns verlangte das ungeklärte Problem der Lehrerbesoldung nach einer Lösung. In Stettin erörterte die Regierung 1833 die Frage nach dem notwendigen Betrag zur auskömmlichen Versorgung einer Lehrerfamilie. In ihrem Ergebnis empfahl sie ein Mindestgehalt von 90 Talern.124 Das entsprach in etwa dem Durchschnittsverdienst eines Tagelöhners der Provinz. Im Einzelnen setzte sich ­dieses Mindesteinkommen aus der Nutzung der Dienstwohnung, dem freien Feuerungsbedarf, der Weidefreiheit für zwei Kühe, sechs Schafe, zwei Schweine und zwei Gänse (alternativ dazu die nach der Gemeinheitsteilung zugewiesenen Grundstücke) sowie 50 Talern in bar oder Naturalien zusammen. Sank die vom Lehrer unterrichtete Zahl der Schüler auf weniger als 30, so konnte dieser ohnehin kläglich bemessene Mindestbetrag sogar auf 60 Taler reduziert werden. Die Einnahmen aus dem Küsteramt kamen dabei generell in Anrechnung. Aufgrund dieser Festlegung bestand aus Sicht der Administration zumindest vorerst in der Synode Penkun kein Handlungsbedarf, da alle Schulen über ­diesem Minimum lagen. Mit Süverns Scheitern konnten einzelne Missstände lediglich auf dem Verwaltungsweg innerhalb der betreffenden Provinzen behoben werden. Beispielhaft dafür steht die Entwicklung in der Provinz Preußen. Nachdem der dortige Landtag in einer Denkschrift vom 5. Mai 1831 die Ausarbeitung einer Schulordnung für die gesamte Provinz beantragt hatte, legte ihr Oberpräsident Theodor von Schön 1834 einen entsprechenden Entwurf vor, der eine radikale Veränderung der bestehenden Schulverhältnisse bewirkt hätte, jedoch vom Ministerium in Berlin abgelehnt wurde.125 Auch der zweite, Ende 1839 vom Oberpräsidenten eingereichte Entwurf missfiel der Kultusbehörde. Dort hatte mittlerweile der konservative Minister Friedrich von Eichhorn das Ressort übernommen und gab eine Schulordnung nach seinen Vorstellungen in Auftrag, die nach etlichen Nachbesserungen endlich am 11. Dezember 1845 vom König vollzogen wurde.126 Ihre insgesamt 72 Paragraphen regelten umfassend die äußeren Angelegenheiten der Elementarschulen in der Provinz Preußen und schrieben ein Gehaltsminimum ausdrücklich fest. Insofern war der Lehrer vor übermäßiger Willkür der Gemeinden bzw. Gutsherren geschützt.127 123 Zu den Hintergründen vgl. Clausnitzer, Leopold/Rosin, Heinrich: Geschichte des Preußischen Unterrichtsgesetzes. Spandau 61912, S. 71. 124 APS, Landratsamt Stettin, 717, unpag.: Regierung Stettin an sämtliche landrätliche Behörden des Stettiner Regierungsbezirkes, Stettin vom 5. Juli 1833. 125 Clausnitzer/Rosin, S. 97: „Die Unterhaltung sollte nach Verhältniß des Grundbesitzes und des sonstigen Vermögens von den Grundbesitzern und übrigen Einwohnern des Bezirks bestritten werden. Rechte und Pflichten der Patrone sollten aufhören; der Lehrer sollte von den Grundbesitzern des Bezirks gewählt, seine Entlassung auf den Schiedsspruch seiner Amtsgenossen erfolgen.“ 126 Ebd., S. 125. 127 Ein Abdruck findet sich bei Lewin, S. 230 – 243. Dort S. 232: „§ 12 Besoldung. Erster Lehrer auf dem Lande etc. Der erste Lehrer an einer Schule auf dem Lande, sowie derjenige, welcher einer Schule allein vorsteht, soll an Gehalt und anderen Amtsnutzungen erhalten: 1. freie Wohnung; 2. den nötigen Brennbedarf zur Heizung der Schulstube und Wohnung, sowie zu

Auf dem Wege zur gesetzlichen Festsetzung eines Mindestgehalts

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Nach ­diesem Beispiel sollten auch in den anderen Provinzen ähnliche Ordnungen erarbeitet werden, die in ihrem Inhalt nur geringfügig von der Vorlage abwichen, indem sie die speziellen Eigenheiten des jeweiligen Landesteils beachteten. In Bezug auf die Lehrerbesoldung unterschied sich die entworfene pommersche Schulordnung von ihrem preußischen Vorbild im Wesentlichen durch die Festsetzung eines Mindestbargehalts von 100 Talern, wodurch der 1833 in Stettin fixierte Betrag verdoppelt worden wäre.128 Bereits Ende 1846 lagen sämtliche Entwürfe dem Staatsministerium zur Prüfung vor und wurden vom König genehmigt. Allein die Ereignisse des Revolutionsjahres 1848 verhinderten die Vorlage an die jeweiligen Provinziallandtage, was ihre Umwandlung in geltendes Recht vereitelte.129 Mit der Revolution wurden auch die Forderungen der Lehrer nach einer Verbesserung ihrer finanziellen Lage erneut diskutiert. Erste Petitionen von Lehrern an die Nationalversammlung ergingen bereits im Frühjahr 1848 und verlangten unter anderem die Festlegung eines Mindestgehaltes von 250 Talern auf dem Lande bzw. 400 Talern in den Städten sowie die generelle Befreiung vom Küsterdienst.130 Neben der wahrscheinlich drängendsten Notwendigkeit der finanziellen Besserstellung wurden auch Fragen zur Ausbildung, Anstellung und Emeritierung der Lehrer, zur Hinterbliebenenversorgung sowie zur Beaufsichtigung der Schule und zu ihrem konfessionellen Charakter diskutiert.131 Die Wogen der Revolutionsbewegung erfassten auch den Kreis Randow, dessen Lehrer sich am 3. Juli 1848 zu einer Gesamtkonferenz in Stettin einfanden. Neben ihnen waren auch die Superintendenten geladen. Dass dort Fragen zur finanziellen Situation der Lehrer thematisiert wurden, beweist ein Schreiben Engelckens:

128

129 130 131

den Wirtschaftsbedürfnissen; 3. ein Ackerstück, möglichst in der Nähe der Wohnung, von einem Morgen kulmisch oder 2 Morgen 47 Quadratruten preußisch. Die Bestellungs- und Düngungsarbeiten sind von der Gemeinde zu verrichten; 4. einen Küchengarten hinter dem Hause von ½ bis 1 Morgen preußisch und einen Platz zur Obstbaumzucht. Die Gemeinde erhält, soweit es notwendig ist, den Garten im Gehege; 5. die nötigen Wirtschaftslokale; 6. freie Sommerweide für wenigstens zwei Stück Rindvieh; 7. zwölf Scheffel Roggen, zwei Fuder Heu, jedes zu 16 Zentner, und zwei Fuder Stroh, oder 120 Bund zu 20 Pfunden; 8. fünfzig Taler in bar.“ GStA PK, I. HA, Rep. 77, Tit. 125, Nr. 3, unpag.: Entwurf der pommerschen Schulordnung, dort § 18: „Die Schullehrer auf dem Lande sollen an Gehalt und anderen Amtsnutzungen mindestens erhalten: 1. freie Wohnung, 2. freies Brennmaterial, 3. den Nießbrauch einer Landdotation von der in §. 101. der Gemeinheitstheilungs-Ordnung vom 7. Juni 1821 bezeichneten Größe und Beschaffenheit; im Bezirk der Regierung zu Stralsund wird statt dieser Landdota­ tion ein Garten von einem halben magdeburgischen Morgen, freie Sommerweide für eine Kuh und zur Winterfütterung der Kuh 12 Centner Heu, 6 Centner Winter- und 6 Centner Sommer-Stroh gewährt. 4. hundert Thaler baar Geld.“ Ferner § 21: „Die in den §§. 18 – 20 festgestellten Sätze sind als die geringsten, ­welche zulässig sind, zu betrachten.“ Schneider/Bremen, III, S. 765, 1. Spalte. Clausnitzer/Rosin, S. 136 f. Eine Zusammenfassung der einzelnen Forderungen mit den Mandaten der jeweiligen Provinz ist abgedruckt in: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten 1869, S.  126 – 136.

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Die Hebung der Lehrergehälter

„Die Versammlung der Elementarlehrer am 3. d[es] M[onats] hat mir Gelegenheit gegeben, deren Ansichten u[nd]Wünsche in ihrem ganzen Umfange kennen zu lernen. Sie wollen im Allgemeinen mit der ­Kirche u[nd] dem Dienst an ihr nichts zu thun haben, aber von dem desfallsigen Gehalte nichts verlieren, vielmehr durch bedeutende Zulagen verbeßert werden pp. Es liegen hierin bedauerliche Mißverständniße, eine u[nd] die andere Leistung wird ihnen fügl[ich] abzunehmen sein, u[nd] eine Verbeßerung der Lage vieler ist zu wünschen.“ 132

Wie sehr noch immer die Lehrer von den Einnahmen aus ihrem Küsteramt abhängig waren, belegte die Analyse der Einkommensverzeichnisse aus dem Jahre 1840. Danach stammten in der Synode Penkun im Durchschnitt 46 Prozent der Stellendotation aus kirchlichen Quellen.133 Würden diese Mittel wegfallen, wäre nur für 14 der 30 Schulstellen der 1833 fixierte Minimalsatz von 90 Talern gesichert gewesen.134 Somit konnte unter diesen Vorzeichen der Wunsch vieler Lehrer, sich der kirchlichen Dienste zu entledigen, nur Illusion bleiben. Konkrete Ergebnisse im Hinblick auf die Verbesserung der finanziellen Lage der Lehrer konnten in den Revolutionsjahren nicht erzielt werden. Vielmehr wurden diese Forderungen vertröstet, indem der Artikel 25 der Verfassung vom 31. Januar 1850 „ein festes, den Lokalverhältnissen angemessenes Einkommen“ versprach.135 Alles Weitere würde ein umfassendes Unterrichtsgesetz regeln. Bereits im Mai 1850 konnte unter dem Kultusminister Adalbert von Ladenberg den Provinzialbehörden der vorläufige Entwurf eines Volksschulgesetzes vorlegt werden, der nach weiteren separaten Verhandlungen zu einem allgemeinen Unterrichtsgesetzesentwurf anwuchs. In ihm wurde das Mindestgehalt eines Lehrers auf dem Lande auf 100 Taler fixiert, wobei weder die Dienstwohnung und das Dienstland (§ 30) noch die kirchlichen Einnahmen (§ 31) anzurechnen wären.136 Der Minister übersandte im September 1850 ­dieses Papier zur Begutachtung an die katholischen und evangelischen Geistlichen; doch noch bevor deren Stellungnahme erfolgt war, wurde der Minister zum Leiter der Oberrechnungskammer ernannt und im Dezember 1850 versetzt. Mit dem Ausscheiden von Ladenbergs aus dem Ministerium ruhten die Bemühungen, ein allgemeines Unterrichtsgesetz zuwege zu bringen. Sein Nachfolger Karl von Raumer 132 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 2, fol. 52: Engelcken an die Stettiner Regierung, Penkun vom 31. Juli 1848. 133 Eigene Berechnungen auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIb, fol.  11 – 79. 134 Diese Zahlen repräsentieren die Durchschnittswerte für die gesamte Synode. Vor allem für die ohnehin gering dotierten Schulstellen wäre die Konsequenz erheblich dramatischer. In Jamikow wären dem Lehrer 24½ Taler, in Schmagerow 26 Taler, Hohenholz 36 Taler geblieben. Knapp über dem Minimalsatz lägen z. B. Grünz und Blumberg, deren Lehrer allerdings Gehaltseinbußen von 84 bzw. 109 Talern hinzunehmen hätten. Für Löcknitz hingegen, wo die Küstereieinnahmen fehlten und 100 Taler aus der Staatskasse flossen, betrugen die kirchlichen Zuwendungen lediglich 3,8 Prozent. 135 In Auszügen abgedruckt bei von Rönne, S. 232 f. 136 Der Entwurf ist abgedruckt in: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und MedizinalAngelegenheiten 1869, S. 162 – 187.

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verfolge diese Angelegenheit weniger eifrig. Allerdings erklärte er am 7. Mai 1851 während einer Kammersitzung, dass ein „wohl dringendes Bedürfnis vorliege, über die Gehaltsverhältnisse der Lehrer etwas und wo möglich bald anzuordnen“.137 Dazu verlangte er am 8. August 1851 die Einreichung eines Verzeichnisses aller derjenigen Lehrerstellen, die für eine Erhöhung ihres Einkommens infrage kämen. Im Ergebnis dieser Recherchen erging am 6. März 1852 ein Reskript aus dem Ministerium an die Regierungen, in dem festgehalten wurde, „daß die meisten Bestimmungen über die Höhe des Lehrer-Einkommens aus einer Zeit herrühren, seit welcher sich der Werth des Geldes wesentlich verringert hat, und seit welcher die Anforderungen an die Zeit und Kraft der Lehrer erheblich gesteigert haben, und daß hiernach wirklich die Besoldungen vieler Lehrerstellen deren Inhabern nicht mehr ausreichenden Unterhalt gewähren“.138

Ferner überwies der Minister den einzelnen Regierungen die Kompetenz zur Festlegung des Einkommens, das unter Berücksichtigung der lokalen Verhältnisse einem Lehrer die Sicherung seines Lebensunterhaltes ermöglichen würde und „forderte […] auf, eine neue Regulirung der Gehaltsverhältnisse bei allen denjenigen Elementarschulen vorzunehmen, ­welche nach pflichtmäßigen, aus sorgfältigen Erwägungen der Lokalverhältnisse gewonnenen Ueberzeugung der Königlichen Regierung den betroffenen Lehrern ein zu ihrem Unterhalt erforderliches Einkommen nicht gewähren“.

Damit rückten in der Penkuner Synode die äußerst gering dotierten Schulstellen Schmagerow (61 Taler), Radewitz (62 Taler), Pomellen (67 Taler) und Jamikow (82 Taler) in den Fokus. In diesen Orten, die von besitzlosen Gutsarbeitern und Tagelöhnern bewohnt wurden, würde allein die Gutsherrschaft die Kosten einer Gehaltsverbesserung zu tragen haben, was die Verhandlungen von vornherein belastete.139 Um eine Stellungnahme gebeten, berichtete Superintendent Engelcken im August 1852 an die Regierung: „In Schmagerow könnten desfallsige Verhandlung etwas ausrichten; in Radewitz gewiß nicht. Während die Frau v[on] Ramin doch wohl [bewegt?] werden mag, den Lehrer etwas mehr gegen Noth zu sichern, wird, glaube ich zurechtl[ich], H[err] v[on] Ziethen alles und jedes desfallsige Ansinnen beharrlich ablehnen. Die Besitzer von Pomellen, H[err] Kieckebusch, 137 von Rönne, S. 234. 138 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol 68 – 73: Zirkularreskript des Ministers von Raumer an die Stettiner Regierung, Berlin vom 6. März 1852. 139 Bis zur Verabschiedung eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes besaß das ALR in Fragen der Schulunterhaltung seine Gültigkeit. Vgl. dort Teil II Tit. 12 § 33: „Die Gutsherrschaften auf dem Lande sind verpflichtet, ihre Untertanen, w ­ elche zur Aufbringung des schuldigen Betrages ganz oder zum Teil auf eine Zeitlang unvermögend sind, dabei nach Notdurft zu unterstützen.“

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Die Hebung der Lehrergehälter

wie der von Jamickow, H[err] Meyer, werden auch nicht recht zugängl[ich] erfunden werden, indeß mögte eine Kleinigkeit allenfalls von ihnen in guter Stunde zu erlangen sein.“ 140

Die vom Landratsamt vorgenommenen Verhandlungen erwiesen sich in ihrer Summe als erfolgreich, da alle vier Stellen durch die Erhöhung der Naturaldeputate eine geringe Aufbesserung erfuhren. Allerdings trat in ihrem Verlauf deutlich der Unwille der Gutsherrschaften hervor. Durch eigene Berechnungen wollten diese ein höheres als das vom Superintendenten veranschlagte Einkommen nachweisen, um somit den aufzustockenden Differenzbetrag künstlich zu minimieren. Die Regierung stand diesen Bestrebungen mit einer gewissen Willfährigkeit und Inkonsequenz gegenüber. Die Geschehnisse in Schmagerow zeichnen ein anschauliches Bild d­ ieses Vorganges. Die Verhandlung ­zwischen Landrat und Gutsherrschaft fand ohne Hinzuziehung des Lehrers oder des Superintendenten am 7. März 1853 statt. Gleich zu Beginn bezweifelte das Dominium die zugrunde liegende Berechnung und präsentierte eine eigene, deren Höhe sich auf 69 Taler belief. Sodann verpflichtete es sich, der Stelle ein Fuder Heu zu 20 Zentnern (10 Taler), 2 Fuder Strauch (5 Taler), zwei Märzschafe (4 Taler) und 1 Scheffel Erbsen (2 Taler) hinzuzulegen.141 Zwar war damit nicht die von der Regierung anvisierte Summe von 100 Talern erreicht, allerdings befand der Landrat, dass „die Opfer, die das Dominium bringt, […] nicht geringe [sind], und das Einkommen des Lehrers wesentlich verbessert wurde, weshalb es angängig erscheinen möchte, für jetzt mit dem Anerbieten des Dominii zufrieden zu sein“, und empfahl der Königlichen Regierung die Genehmigung ­dieses Ergebnisses, was diese am 17. März 1853 auch tat.142 Der Küster und Lehrer von Schmagerow, Heinrich Retzlaff, erhielt schriftlich das Verhandlungsergebnis zur Kenntnis, konnte sich allerdings mit d ­ iesem Ausgang kaum zufriedengeben. Er wandte sich, nachdem seine Eingabe an das Landratsamt erfolglos geblieben war, direkt an die Königliche Regierung. Unter Bezug auf die ortsüblich geltenden Sätze wies er nach, dass die vom Gut festgesetzten Werte seiner Naturaleinkünfte wesentlich höher angesetzt worden waren, so dass ein Gehalt von 90 Talern völlig ungerechtfertigt erschien. Seinen Berechnungen zufolge betrug das Einkommen der Stelle nach der erfolgten Erhöhung nur 67 Taler.143 Die Antwort kam postwendend fünf Tage s­ päter mit dem Hinweis, dass die Verhandlungen nunmehr abgeschlossen s­eien. In scharfem Ton wies die Regierung Retzlaff darauf hin, dass er „überhaupt kein Recht habe, eine Verbesserung [seines] Einkommens, am wenigsten bis zu einer bestimmten Höhe, zu fordern“ und belehrte ihn, dass er sich eher „durch dankbare Annahme des Dargebotenen […] 140 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 68: Engelcken an die Stettiner Regierung, Penkun vom 1. August 1852. 141 APS, Rej. Sz., II/4235, unpag.: Verhandlungsprotokoll zur Verbesserung der Schulstelle Schmagerow, Stettin vom 7. März 1853. 142 Ebd.: Landrat von Ramin an die Stettiner Regierung, Stettin vom 7. März 1853. Unterstreichung im Original. 143 Ebd.: Retzlaff an die Stettiner Regierung, Schmagerow vom 12. April 1853.

Auf dem Wege zur gesetzlichen Festsetzung eines Mindestgehalts

225

den Weg zu weiteren Begünstigungen bereite[n], als durch ein schroffes Auftreten mit Forderungen“.144 Dass Retzlaffs Behauptungen nicht aus der Luft gegriffen waren, belegen neben der Berechnung des Superintendenten auch das Protokoll der Schulvisitation vom November 1853.145 Durch die Fürsprache Engelckens sowie des Ortspfarrers Heinze konnte Heinrich Retzlaff im Herbst 1855 auf die einträglichere Schulstelle in Klein Christinenberg im Kreis Naugard versetzt werden, womit zwar Retzlaffs persönliche Lage, nicht jedoch das Einkommen der Schmagerower Schulstelle verbessert wurde. Ein ähnliches Vorgehen ist auch für Radewitz zu konstatieren. Obwohl Engelcken das vom Gutsherrn ermittelte Einkommen als zu hoch berechnet nachwies, begnügte sich die Regierung in ­diesem Falle mit dem Hinweis auf die „eigenthümlichen Verhältnisse und d[ie] noch ungewissen Stellung de[s] jetzigen Lehrer[s]“ mit der Festsetzung eines Jahresbetrags von nur 80 Talern.146 Die größte Not des dortigen Lehrers Carl Pistorius linderte ein Zuschuss aus der Grünzer Kirchenkasse in Höhe von 10 Talern, der ihm seit etwa 1855 gezahlt wurde.147 Auch in Pomellen bildete nicht die drückende Not des Amtsinhabers, sondern „die schwache Qualifikation des sonst untadelhaften Lehrers“ die Folie für die Entscheidung der Regierung, das Mindestgehalt der Stelle auf nur 80 Taler festzulegen.148 Im August 1855 betrachtete die Königliche Regierung die Gehaltsaufbesserung der sehr gering dotierten Stellen als nahezu abgeschlossen und erbat von den Superintendenten Auskunft über die weitere Reihenfolge im Regulierungsvorgang. Engelcken sah für die Synode Penkun zunächst keinen weiteren Bedarf, wusste er doch mit Sicherheit um die damit verbundenen Schwierigkeiten. An die Regierung schrieb er hörbar ironisch: „Von den übrigen liegt jede doch über 100 rt und irgend eine höher hinaufzubringen, halte ich für unräthlich, weil überaus schwierig. Die Gemeinden betrachten in der jetzigen Zeit in der Regel ihre darbenden Lehrer als ihre von ihnen reichlich bezahlten u[nd] darum tiefabhängige Söldlinge, die ihre Kindlein ja nicht unfreundlich ansehen dürfen, damit selbige nicht gestört werden, sich voller Freiheit aus sich selbst zu möglichst freien Staats- und Weltbürgern u[nd] Mitlenkern der öffentl[ichen] Angelegenheiten zu entwickeln, dabei aber die streng geforderte Pflicht haben, der Jugend eine große Menge von Kenntnißen für ihre künftige – vermuthlich doch bedeutende – Lebensstellung wo möglich ganz sanft einzutrichtern. Die das große Wort in den Gemeinden führen, denken vielfältig so u[nd] übertäuben die Beßern u[nd] wißen meist eine Verbeßerung der Lehrerstellen zu hintertreiben. Von den 144 Ebd.: Stettiner Regierung an Retzlaff, Stettin vom 19. April 1853. 145 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 107: Schulvisitation von Schmagerow am 18. November 1853. 146 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 74: Stettiner Regierung an den Landrat von Schlotheim, Stettin vom 1. September 1852. 147 Es befremdet sehr, dass die Stellung von Pistorius nach 29-jähriger Tätigkeit in Radewitz von der Regierung als „noch ungewiss“ charakterisiert wurde. 148 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 5, Tit. IV: Stettiner Regierung an den Landrat von Schlotheim, Stettin vom 24. Juli 1852.

226

Die Hebung der Lehrergehälter

Privatpatronen ist gewöhnlich auch nicht viel zu erwarten: sie legen einen überaus großen Werth auf ihre Patronatsrechte, aber die desfallsigen Pflichten so recht ins Auge u[nd] Herz zu faßen hat es ihnen unter mannichfachen andern Beschäftigungen wohl an Zeit gefehlt.149

Damit hatten die Gehaltsverbesserungen vorerst ein Ende genommen. Den besonders bedürftigen Lehrern gewährte die Regierung jährliche Zuschüsse, die allenfalls die größte Not temporär lindern konnten. So erhielten beispielsweise 1862 aus einem mit 1800 Talern ausgestatteten Fonds die Lehrer Krohn (Schmagerow), Engel (Pomellen) und Pistorius (Radewitz) je 8 Taler. Bereits einige Jahre zuvor hatte Engelcken diese dürftigen Zustände mit folgenden Zeilen kommentiert: „Zu beklagen sind alle Schullehrer, deren Einkommen nicht einmal 100 rt. beträgt […]. Wohl dem Lehrer, der, wie Pistorius, etwas Bienenzucht u[nd] Schneiderei versteht. Damit kann er sich und die Seinigen durchbringen; mit 70 – 80 rt. nicht.“ 150

Trotz der aufgezeigten Schwierigkeiten konnte das Landratsamt für die Jahre ­zwischen 1857 und 1867 tatsächlich eine Gehaltsverbesserung für die Landschullehrerstellen in der Penkuner Synode konstatieren, sowohl im Durchschnitt als auch im absoluten Betrag (vgl. Tabelle 25). Tabelle 25: Entwicklung der Lehrergehälter in der Penkuner Synode 1857 – 1867 1857

1861

1864

1867

Absolutes Gehalt

5228 Taler

5531 Taler

5749 Taler

5811 Taler

Gehaltszuwachs



303 Taler

218 Taler

62 Taler

Schülerzahl

2049

2245

2314

2421

Schülerzuwachs



196

69

107

245 Taler

86 Taler

134 Taler

Mehreinnahme an Schulgeld Anzahl der Lehrer

30 (+ 5)

30

30

30

Durchschnittseinkommen

149 Taler

184 Taler

191 Taler

194 Taler

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von: APS, Landratsamt Randow, 659, unpag.: Übersicht über das Elementarschulwesen im Randower Kreise 1857, 1861, 1864 und 1867.

Dieser offensichtliche Erfolg muss allerdings einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Die größte Gehaltsaufbesserung ist für die Jahre 1857 bis 1861 verzeichnet, in denen das Durchschnittseinkommen der Stellen um 23,5 Prozent stieg. Der hier für 1857 149 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 78: Engelcken an die Stettiner Regierung, Penkun vom 29. Oktober 1855. Unterstreichung im Original. 150 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 8, Tit. IV, unpag.: Engelcken an die Stettiner Regierung, Penkun vom 10. Januar 1853.

Auf dem Wege zur gesetzlichen Festsetzung eines Mindestgehalts

227

Staatsmittel 2%

Gemeindemittel 28%

Schulgeld 43%

kirchliche Mittel 13%

Schulvermögen 14%

Abbildung 20: Spezifikation der Lehrereinkommen in der Penkuner Synode 1857 151

notierte Wert von 149 Talern muss insofern als unkorrekt gelten, da er die fünf vorhandenen Handarbeitslehrerinnen gleichwertig in die Berechnung des Mittelwertes einbezog, was in den späteren Jahren nicht mehr der Fall war. Unter der Annahme, dass die Tätigkeit dieser Lehrerinnen mit maximal 20 Talern pro Jahr vergütet wurde, ergäbe sich ein Durchschnittsgehalt von 171 Talern für die übrigen Stellen. Der in ­diesem Zeitraum erzielte absolute Zuwachs von 303 Talern wurde mit 245 Talern, also fast 81 Prozent, von dem durch den Schülerzuwachs bedingten höheren Anteil an Schulgeld aufgebracht, so dass es sich dabei allenfalls um eine temporäre Verbesserung handelte, deren Bestand an die Schülerzahl gekoppelt war und damit Schwankungen unterlag. Den dominierenden Anteil des Schulgeldes am Gesamteinkommen verdeutlicht Abbildung 20.151 Wird der absolute Gehaltszuwachs der Lehrerstellen z­ wischen 1857 und 1867 von 583 Talern vor dem Hintergrund einer um 372 Personen vermehrten Schülerschaft und der daraus resultierenden Schulgeldmehreinnahme betrachtet, so ergibt sich der nüchterne Schluss, dass innerhalb dieser elf Jahre von den Gemeinden resp. Gutsbezirken in der Penkuner Synode für 30 Schulen insgesamt nur 118 Taler zur dauerhaften Verbesserung ihrer Lehrerstellen aufgebracht worden sind. Dieser Befund findet seine Bestätigung in einer Analyse der für den gleichen Zeitraum im Regierungsbezirk Stettin veranlassten Maßnahmen. Dort betrug z­ wischen 1857 und 1866 die Gehaltsverbesserung für sämtliche Schulen 20.319 Taler, die zu 97 Prozent von den Gemeinden aufgebracht worden waren. Mit gerade einmal 580 Talern kann der Anteil des Staates nahezu vernachlässigt werden (vgl. Tabelle 26).

151 Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIb, fol.  123 – 126.

228

Die Hebung der Lehrergehälter

Tabelle 26: Aufwendungen für die Erhöhung der Lehrerbesoldung im Regierungsbezirk Stettin 1857 – 1871 (in Talern) Jahr

Stadtschulen

Landschulen

Summe

aus Gemeindemitteln

aus Staatsmitteln

1857

3233,5

724

3957,5

3791,5

166

1858

1123

809

1932

1883

49

1859

2052

1313

3365

3000

365

1860

1793

505

2298

2298

0 0

1861

1615

1615

1862

483

1615 330

813

813

0

1863

36

129

165

165

0

1864

405

204

609

609

0

1865

2743,5

627,5

3371

3371

0

1866

1393

800,66

2193,66

2193,66

0

1867

2664

7899

10563

1863

8700

1868

0

0

0

0

0

1869

4105

2413,5

6518,5

6518,5

0

1870

3611

3193

6804

6804

0

1871

1464

2333

3797

3797

0

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage der Amtsblätter der Königlichen Regierung Stettin, Nr. 22/1858, S. 163; Nr. 38/1859, S. 310; Nr. 34/1860, S. 169; Nr. 29/1861, S. 135; Nr. 27/1862, S. 129; Nr. 9/1866, S. 60; Nr. 6/1867, S. 39; Nr. 12/1868, S. 65; Nr. 10/1870, S. 50; Nr. 11/1871, S. 56 und Nr. 10/1872, S. 48.

Auch wenn diese Zurückhaltung mit Blick auf die gesamte Provinz erneut festgestellt werden kann – der staatliche Anteil an den Gesamtinvestitionen in die Elementarlehrerbesoldung betrug lediglich 6 Prozent – ergibt sich bei der Betrachtung der einzelnen Regierungsbezirke ein anderes Bild (vgl. Tabelle 27). Immerhin flossen gut vier Fünftel der staatlichen Zuwendungen in den Bezirk Köslin, wo das Durchschnittseinkommen der Lehrer lediglich 98 Taler betrug.152 Der restliche Betrag gelangte in den Stettiner Bezirk, dessen Lehrer jedoch mit durchschnittlich 148 Talern deutlich bessergestellt waren. Die besondere Rechtssituation im Regierungsbezirk Stralsund schloss ihn von staatlichen Zuschüssen aus. Ohnehin lag das dort gezahlte Einkommen von 157 Talern über dem pommerschen Durchschnitt.153 Insofern kann die vorgefundene Verteilungspraxis öffentlicher Mittel als 152 Diesterweg, Adolph (Hg.): Pädagogisches Jahrbuch für Lehrer und Schulfreunde. Leipzig 1860 (10. Jahrgang), S. 110. 153 Vgl. von Rönne, S. 128 f.: Das „Regulativ vom 29. August 1831, betr. die Errichtung und Unterhaltung der Landschulen in Neuvorpommern“ verfügte für alle neu einzurichtenden Schulen den Wegfall des Schulgeldes und ersetzte es durch einen Fixbetrag, der – anders als in den beiden anderen Regierungsbezirken – nicht nur von den Eltern schulpflichtiger Kinder, sondern der gesamten Gemeinde aufgebracht wurde. „Art. 5. Die fixe Besoldung des Lehrers

229

Auf dem Wege zur gesetzlichen Festsetzung eines Mindestgehalts

Versuch interpretiert werden, die Gehälter in Pommern zu nivellieren. Im landesweiten Vergleich lag der Anteil des Staates mit knapp 8 Prozent unwesentlich höher; von diesen Staatszuschüssen erhielt Pommern lediglich 5,6 Prozent.154 Tabelle 27: Aufwendung für die Verbesserung der Elementarlehrerbesoldung 1852 – 1866 (in Talern) aus Gemeindemitteln

aus Staatsmitteln

Regierungsbezirk Stettin

38.391

954

39.345

Regierungsbezirk Köslin

18.902

3434

22.336

Regierungsbezirk Stralsund Pommern gesamt Staat Preußen

Summe

9938



9938

67.231

4388

71.619

911.473

77.891

989.364

Quelle: Schneider/von Bremen, III, S. 383.

1866 war es im Regierungsbezirk Stettin, durch die Verteuerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten motiviert, zu einer Anhebung des Minimalsatzes auf nunmehr 120 Taler zuzüglich freier Wohnung gekommen.155 Allerdings blieb diese Verordnung für die drei infrage kommenden Schulstellen des Penkuner Bereichs nahezu ohne Wirkung, zumal die Summe wiederum als Orientierungsmarke definiert und den Lehrern von vornherein ein Rechtsanspruch darauf versagt wurde.156 Für Pomellen (94 Taler) und Radewitz (100 bringen sämmtliche Familien-Vorstände des Schulbezirks, mit Einschluß der Wittwen, die eine Wirthschaft selbstständig führen, ohne Unterschied, ob sie Kinder haben oder nicht, ohne Unterschied ferner des Standes und des Glaubens, als persönliche Last, nach dem Klassensteuerfuße, ungehindert jedoch, dies nach anderem Maaßstabe zu thun, wenn sie darüber sich einverstehen können.“ Vgl. Schneider, Karl/von Bremen, Egon: Das Volksschulwesen im Preußischen Staate. Zweiter Band. Berlin 1886, S. 145: 1833 wurde diese „ursprünglich nur für die neu einzurichtenden Schulen bestimmte Fixierung der Lehrergehälter […] auch auf alle schon bestehende Küster- und andere Schulen des platten Landes ausgedehnt.“ Damit war im Stralsunder Bezirk die Notwendigkeit, zahlungsunfähige Eltern von Staats wegen zu vertreten, praktisch bedeutungslos. – In d ­ iesem Zusammenhang erscheint die Tatsache interessant, dass es 1830 auch im Regierungsbezirk Stettin Bestrebungen gab, das Schulgeld durch ein fixes Gehalt zu ersetzen. Die entsprechenden Anordnungen konnten jedoch nicht umgesetzt werden, so dass das Lehrergehalt weiterhin zu einem Großteil vom Schulgeld abhängig blieb. Vgl. dazu Schneider/von Bremen, II, S. 146 und APS, Landratsamt Randow, 710. Letztgenannte Akte mit dem Titel „Abschaffung des Schulgeldes und die Verwandlung desselben in ein Amtsgehalt für den Lehrer“ spiegelt durch die enthaltenen Gutachten für den Kreis Randow sehr anschaulich die in ­diesem Zusammenhang geführte Diskussion. 154 Schneider/von Bremen, III, S. 383. 155 Amtsblatt der Königlichen Regierung Stettin, 9/1866, S. 60 f., Verordnung vom 16. Februar 1866. 156 Ebd.: „Uebrigens hat diese Bekanntmachung unseres Beschlusses nicht die Bedeutung, daß den Lehrern damit die Befugniß zugestanden wird, das genannte Gehaltsminimum […] als ein ihnen unter allen Umständen zu gewährendes Recht zu beanspruchen.“

230

Die Hebung der Lehrergehälter

Taler) riet der Superintendent wegen der mangelhaften Leistungen der Lehrer von einer Anpassung ab. Allein für Schmagerow (103 Taler) sollte mit der bevorstehenden festen Anstellung von Carl Schröter eine Änderung herbeigeführt werden.157 Ein Schreiben des Kultusministers Heinrich von Mühler brachte im Februar 1867 neue Bewegung in die Anhebung der Lehrergehälter.158 In ihm forderte er die Regierungen auf, den jeweils bestehenden Minimalsatz einer kritischen Prüfung zu unterziehen und ihn gegebenenfalls zu erhöhen. Obwohl von Mühler den Provinzen eine größtmögliche Freiheit zugestand, territoriale Besonderheiten zu berücksichtigen, so legte er doch als absolutes Minimum ein Normaleinkommen von 150 bis 300 Taler für die Landschullehrer fest, welches neben freier Wohnung, Wirtschaftsgebäuden, Brennholz, Landnutzung und Naturalien auch einen Baranteil von 50 bis 150 Talern enthalten sollte. Zur Umsetzung ­dieses Ziels konnte von Mühler einen Betrag von 165.000 Talern aus dem Etat des laufenden Staatshaushaltes zur Verfügung stellen, aus dem bei nachgewiesenem Unvermögen der Schulunterhaltungspflichtigen entsprechende Mittel subsidiär gezahlt werden sollten. Weitere 100.000 Taler wurden 1869 bewilligt.159 Von diesen Mitteln erreichten 8000 Taler resp. 4000 Taler, also gerade einmal 4,8 bzw. 4 Prozent, den Regierungsbezirk Stettin.160 Obwohl ein Einkommen von 150 Talern wiederholt lediglich die Gleichstellung des Lehrers mit einer Tagelöhnerfamilie bedeutete, regte sich nun Widerstand unter den Landräten des Regierungsbezirkes Stettin.161 Ihre Einwände, die sie in einer Denkschrift dem Oberpräsidenten Ferdinand von Münchhausen vorlegten, zielten vorrangig auf die den Gemeinden schwer zu vermittelnde, „manchmal sogar gegen den Wunsch des Lehrers vorgeschriebene“ erneute Erhöhung des erst 1866 erreichten Gehaltsminimums von 120 Talern auf nunmehr 150 Taler.162 Die Landräte gingen sogar so weit zu behaupten, dass ­dieses Vorgehen den Lehrern mehr schadete als nützte, „indem man die Gemeinden erbittert, obschon deren Vertrauen und Dienstwilligkeit gerade auf dem Lande für sie oft weit wichtiger ist, als eine Gehaltserhöhung von Zehn oder zwanzig Talern“.163 Die Befürchtung der Landräte war dabei nicht aus der Luft gegriffen. Zahlreiche Hinweise in Schulvisitationsprotokollen belegen ein durch die Gehaltserhöhungen erzeugtes gespanntes Verhältnis ­zwischen Gemeinden und Lehrern, das sich auch für Wollin nachweisen lässt. 157 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 2, fol. 250: Bericht Oelgartes an die Stettiner Regierung, Löcknitz vom 27. April 1866. 158 Zentralblatt, 3/1867, S. 168 – 177: „Instruction wegen Verbesserung der Elementarlehrer-Gehälter, Berlin vom 7. Februar 1867“. 159 Zentralblatt, 5/1869, S. 271 – 283: „Die Verbesserung der Elementarlehrer-Besoldung, Berlin vom 5. Mai 1869“. 160 APS , Landratsamt Saatzig, 541, unpag.: Stettiner Regierung an die Landräte des Stettiner Regierungsbezirks, Stettin vom 28. Dezember 1869. 161 Mellies, S. 109. 162 APS, Rej. Sz., II/7325, fol. 27 – 31: Gehorsamste Relation der unterzeichneten Landräthe in Betreff der Schullehrer-Dotations-Erhöhung, Stettin vom 28. Oktober 1868. 163 Ebd., fol. 28.

231

Auf dem Wege zur gesetzlichen Festsetzung eines Mindestgehalts

240 230 220 210

Stettin Land

200

Gollnow

190

Ueckermünde Gartz an der Oder

180

Pasewalk

170

Penkun

160 150 140 1856

1857

1858

1859

1860

1861

1862

1863

1864

1865

1866

1867

Abbildung 21: Entwicklung des Durchschnittseinkommens der Lehrer in den Landsynoden des Randower Kreises ­zwischen 1857 und 1867 (in Talern) 164

Der dortige Lehrer Theodor Schönberg verzichtete 1874 auf eine Gehaltsregulierung,164„um ferner mit der Schulgemeinde in Frieden zu leben“.165 Den vorgebrachten Einwänden der Landräte begegnete von Münchhausen mit der Feststellung, dass der festgesetzte Minimalsatz von 120 Talern bereits 1866 nicht den tatsächlichen Bedürfnissen entsprochen habe, und argumentierte im Weiteren mit dem Hinweis auf den erheblichen Lehrermangel im Bezirk. „Der Grund d ­ ieses Mangels an SchulamtsAspiranten kann der Hauptsache nach nur in der Dürftigkeit und Unauskömmlichkeit der Lehrergehälter gefunden werden.“ 166 Als die Regierung Ende 1869 feststellte, dass erst ein Drittel der noch aufzubessernden Stellen im Stettiner Bezirk reguliert war, erhöhte sie weiter den Druck auf die Kreis- und Lokalbehörden.167 Allen aufgezeigten Schwierigkeiten zum Trotz konnte in den Jahren ­zwischen 1857 und 1867 – im Gegensatz zu den anderen Synoden – ein kontinuierlicher Anstieg der Lehrergehälter in Penkun erreicht werden. Dieser lag zunächst deutlich unter den Werten der anderen Schulaufsichtsbezirke, näherte sich jedoch immer mehr dem Durchschnittswert an (vgl. Abbildung 21). Die Absenkung des Durchschnittseinkommens in den anderen Synoden mutet auf den ersten Blick befremdlich an. Sie lässt sich durch verschiedene Faktoren erklären: sinkende Schüler- und Schulgeldeinnahmen (Pasewalk, Stettin Land, Gollnow), Erhöhung der Lehrerstellenanzahl (Gartz an der Oder, Ueckermünde, Stettin Land) und Verringerung 164 Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von: APS, Landratsamt Randow, 659, unpag.: Übersicht über das Elementarschulwesen im Randower Kreis 1857, 1861, 1864 und 1867. 165 PfA Penkun, Wollin, Nr. 61, fol. 22: Stettiner Regierung an Pastor Schultz, Stettin vom 17. ­Februar 1874. 166 APS, Rej. Sz., II/7325, fol. 33: Oberpräsident von Münchhausen an den Naugarder Landrat Bernhard von Bismarck, Stettin vom 16. Januar 1869. 167 APS, Landratsamt Stargard, 541, unpag.: Stettiner Regierung an die Landräte des Stettiner Regierungsbezirks, Stettin vom 28. Dezember 1869.

232

Die Hebung der Lehrergehälter

Staatsfond 17% Schulgeld 35%

Gemeindemittel 48%

Abbildung 22: Spezifikation des Lehrergehalts in der Penkuner Synode 1874 168

des Gemeindeanteils (Gartz an der Oder, Pasewalk, Stettin Land, Gollnow). In der Penkuner Synode blieb die Anzahl der Lehrerstellen konstant, während die Schülerzahl und der Anteil der Kommunen stiegen.168 Durch lückenhaft überlieferte statistische Aufzeichnungen auf der Kreisebene kann für den Zeitraum bis 1874 nicht nachvollzogen werden, ob und inwieweit die 1867 vom Staat zur Verfügung gestellte Summe von 8700 Talern Einfluss auf die Gehaltsverbesserung der Penkuner Schulstellen hatte. Erst nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges setzte auf Initiativen Bismarcks ein deutlich höheres finanzielles Engagement des Staates für die Aufbesserung der Elementarlehrergehälter ein.169 Während der Amtszeit des Kultusministers Adalbert Falk (1872 – 1877) wurde der Etat für das Volksschulwesen erheblich aufgestockt, wodurch die Gemeinden finanziell entlastet werden konnten.170 Die Einführung von Dienstalterszulagen für Lehrer bzw. Lehrerinnen im Juni 1873 stellte einen weiteren Schritt zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Dienstbezüge dar.171 168 Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage: APS , Landratsamt Randow, 660, unpag.: Uebersicht vom Elementar-Schulwesen im Regierungs-Bezirk Stettin für 1872/74. 169 Mellies, S. 109 f. 170 Die Staatsausgaben für das Bildungswesen sind im Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung publiziert. Er betrug für das Elementarschulwesen 1871: 837.616 Taler (2/1871, S. 69), 1872: 1.361.733 Taler (8/1872, S. 459). Ab den folgenden Jahren ist die Besoldung der Elementarlehrer separat aufgeschlüsselt. Sie betrug 1873: 2.502.540 Taler (4/1873, S. 169), 1874: 2.942.285 Taler (5/1874, S. 262), 1875: 11.880.587 Mark (7/1875, S. 368), 1876: 11.920.142 Mark (4/1876, S. 208), 1877: 12.010.633 Mark (5/1877, S. 263). 171 Vgl. Zentralblatt, 8/1873, S. 470 – 473: Die Alterszulage sollte ab dem 12. Dienstjahr gezahlt werden und betrug mindestens 20 Taler für Lehrer, 12 Taler für Lehrerinnen. Ab dem 22. Dienstjahr verdoppelten sich diese Beträge.

Zusammenfassung

233

In den Jahren 1871 bis 1874 erfolgte für die Schulen des Penkuner Kreises eine Gehaltsaufbesserung von insgesamt 8543 Mark (= 2847⅔ Taler), von denen allein 6536 Mark (= 2178⅔ Taler), also mehr als drei Viertel, aus der Staatskasse flossen. Damit erhöhte sich das Durchschnittsgehalt der dortigen Lehrer auf 758 Mark (= 252⅔ Taler) gegenüber einem Kreisdurchschnitt von 808 Mark (= 269⅓ Taler), wobei noch immer gravierende Unterschiede ­zwischen den einzelnen Orten bestanden. Die Lehrer von Plöwen bzw. Blumberg nahmen mit 1104 Mark (= 368 Taler) bzw. 1008 Mark (= 336 Taler) die vordersten Plätze in der Einkommensskalierung ein, während z. B. Cummerow und Schönow mit jeweils 450 Mark (= 150 Taler) unter dem von Bismarck intendierten Gehaltsminimum von 200 Talern lagen.172 Bedingt durch die staatlichen Zuschüsse erhöhte sich auch der Anteil des Schulgeldes am Gesamteinkommen (vgl. Abbildung 22). An dieser Aufstellung ist bemerkenswert, dass sie die kirchlichen Mittel und das Schulvermögen nicht mehr separat ausweist, sondern den Gemeindeleistungen subsumiert. Dieses Verfahren legt die vom Staat bewusst genutzte Verbindung z­ wischen Schul- und geistlichem Amt offen, indem der kirchliche Anteil stillschweigend in die Gesamtberechnung des Lehrereinkommens einfloss. Das Beispiel von Wollin, wo das Stellengehalt zu zwei Dritteln aus kirchlichen Quellen stammte, stellt in ­diesem Zusammenhang finanzieller Abhängigkeit keine Singularität dar.173

6.6 Zusammenfassung Das vorangegangene Kapitel rückte die Frage nach der Verbesserung der materiellen Situa­ tion pommerscher Elementarlehrer und insbesondere der des Penkuner Amtsbereichs in das Zentrum. Zunächst versuchte ein auf die vorpommerschen Synoden ausgedehnter Blick, die Ausgangssituation zum Ende des 18. Jahrhunderts darzustellen. Dabei kristallisierten sich drei Faktoren heraus, die auf die finanzielle Situation eines Lehrers starken Einfluss ausübten. Unter ihnen nahm die Vereinigung von Lehr- und Küsteramt den höchsten Stellenwert ein. War diese nicht vorhanden, linderten in einzelnen Fällen vermögende K ­ irchen oder in noch geringer Zahl willige Patronatsinhaber die ansonsten drückende Not. Dass diese prekären Einkommensverhältnisse unmittelbare Folgen auf die Qualifikation eines Schulmeisters zeitigten, konnte an mehreren Beispielen belegt werden. Gemessen an den vor- und auch gesamtpommerschen Zuständen erwies sich die finanzielle Lage der Penkuner Lehrer als positiver, was vor allem am hohen Anteil vereinigter Schul- und Küsterämter sowie solventer ­Kirchen lag. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Durchschnittseinkommen dieser Stellen am Anfang des 19. Jahrhunderts etwa 20 Prozent unter dem von Gesamtpreußen lag und knapp die Hälfte der Penkuner Lehrer selbst diesen Wert zum Teil erheblich unterschritten. Vielmehr verweist dieser Befund auf die wesentlich schlechtere Situation anderer, vor allem hinterpommerscher Schulbezirke. 172 APS, Landratsamt Randow, 660, unpag.: Uebersicht vom Elementar-Schulwesen im Regierungs-Bezirk Stettin für 1872/74. 173 PfA Penkun, Bestand Wollin, Nr. 61, fol. 23: Einkommensberechnung 1885.

234

Die Hebung der Lehrergehälter

Exemplarisch wurde im weiteren Verlauf der Einfluss dreier Komponenten auf die Hebung der Lehrergehälter untersucht. Bis 1820 war in allen Gemeinden die Zahlung eines einheitlichen Schulgeldes von 1¼ Talern pro Jahr und Kind durchgesetzt worden. Allein dadurch konnte das Durchschnittseinkommen um 26 Taler verbessert werden. Nicht in jedem Falle nahmen die Gemeinden diese Mehrbelastung widerstandslos hin. Das Beispiel von Retzin belegte die gestiegenen Erwartungen der Eltern an einen qualitativ besseren Unterricht, so dass neben dem bisherigen Minimum von Lesen und Katechismuslehre nun auch Schreiben und Rechnen unverzichtbare Bestandteile im Fächerkanon wurden. Mit dem Landkulturedikt von 1811 begann für den dörflichen Raum der Auflösungsprozess feudaler Strukturen. Einem Großteil der Landbevölkerung gestattete es, im Zuge der Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse den von ihnen bisher zu Pachtrechten bewirtschafteten Grundbesitz als Eigentum zu erwerben. Mit der Teilung der Feldgemeinschaften erhielten bis 1840 gut 85 Prozent der Schulen Dienstland. Dadurch stieg deren Einkommen im Schnitt um gut 16 Taler. Von dieser Verbesserung ausgeschlossen blieben Schulen in Lehngütern bzw. in Ortschaften, in denen der Gutsherr die vorhandenen Bauernhöfe ausgekauft hatte. Die dadurch entstehende Abhängigkeit vom einzigen Grundbesitzer des Ortes konnte am Schicksal des Schmagerower Lehrers Michael Retzlaff exemplifiziert werden. Eine weitere Möglichkeit der Einkommensverbesserung bestand in der Vereinigung von Küster- und Schulamt. Durch die historische Entwicklung bedingt, existierten ursprünglich nur an den K ­ irchen der Mutterdörfer Küster, die auch den Dienst in den Filialdörfern versahen. Bis 1811 war von dieser Regel bereits in mehreren Fällen abgewichen worden, so dass 25 der 30 Lehrer auch das Küsteramt in ihrem Dorf versahen. Durch gesetzliche Vorgaben forciert, erfolgten im kommenden Jahrzehnt drei weitere Vereinigungen von ­Kirchenund Schulamt. 1853 gelangte dieser Prozess zu seinem Ende, indem bis auf den Radewitzer Lehrer alle anderen zugleich als Küster fungierten. In welch hohem Maße dadurch die Stellendotation aufgewertet wurde, belegte das Beispiel von Schönfeld. Wird bei diesen drei in der Summe als erfolgreich zu charakterisierenden Maßnahmen der Fokus auf die Finanziers gelegt, so ist eindeutig die überraschende Enthaltsamkeit des Staates festzustellen. Die Verbesserung der Einkommenssituation gestaltete sich für ihn bis zu d ­ iesem Zeitpunkt kostenneutral und wurde vollständig an die Kommunen delegiert. Während die Erhöhung des Schulgeldes von allen Eltern unterrichtspflichtiger Kinder getragen wurde, erfolgte die Zuteilung des Dienstlandes ausschließlich aus dem Flurbesitz der Bauern. Im Gegensatz dazu wurden die Gemeinden durch die Vereinigung von Küster- und Schulamt finanziell nicht höher belastet. Hier erfolgte lediglich eine Neuverteilung des Küstergehalts. Insgesamt lief diese Entwicklung der von Süvern angedachten Beteiligung aller Hausväter zweifelsfrei entgegen, da der gutsbesitzende Adel von der Schulunterhaltungspflicht ausgenommen blieb. Alle diese Maßnahmen ließen für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts eine deutliche Hebung der Einkommenssituation der Elementarlehrer erkennen, wodurch sämtliche Stellen im Penkuner Gebiet über dem 1833 von der Stettiner Regierung empfohlenen

Zusammenfassung

235

Mindestgehalt von 90 Talern lagen. Deren durchschnittliches Gehalt stieg in dieser Zeit auf 156 Taler, was einer Verbesserung um 130 Prozent entsprach. Allerdings blieb mehr als die Hälfte der Lehrerstellen unter ­diesem Mittelwert, so dass gerade die Inhaber gering dotierter Stellen gezwungen waren, durch Nebenarbeiten ihre Subsistenz zu sichern. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde in starkem Maße gekennzeichnet von den Versuchen staatlicher Behörden, ein Mindestgehalt gesetzlich festzulegen. Nach dem Scheitern eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes konnte ­dieses Ziel vorerst nur auf provinzialer Ebene erreicht werden. Durch Druck aus dem Ministerium von Raumer wurden Anfang der 1850er Jahre die besonders schlecht vergüteten Stellen verbessert. Davon profitierten im Penkuner Schulkreis lediglich vier Lehrer in einem unbeträchtlichen Umfang, weil die Stettiner Regierung eine große Nachgiebigkeit gegenüber den Wünschen der Gutsherren zeigte. Erst 1858 erfolgte die Festlegung eines Gehaltsminimums von 100 Talern. Bis Mitte der 1860er Jahre kam es zu keiner dauerhaften Verbesserung der Einkommensverhältnisse. Der für diese Zeit festgestellte geringfügige Zuwachs ließ sich fast ausschließlich auf eine gestiegene Schülerzahl zurückführen. Einen neuen Schub bekam die Lehrerbesoldung 1867 durch Initiativen des Ministers von Mühler, der landesweit ein Gehaltsminimum von 150 Talern verlangte und dazu einen nicht unbedeutenden Geldbetrag aus dem Staatsfonds zur Verfügung stellte, von dem allerdings weniger als 5 Prozent den Regierungsbezirk Stettin erreichten. Dadurch waren es wieder vor allem die Gemeinden, die die Kosten der Gehaltsaufbesserung zu tragen hatten, was oftmals zu Spannungen ­zwischen ihnen und den Lehrern führte. Obgleich die Landräte des Stettiner Bezirks vehement gegen eine höhere Belastung der Gemeinden klagten, versuchten Oberpräsident und Regierung die administrativen Vorgaben mit aller Entschlossenheit durchzusetzen. Erst nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1871 beteiligte sich der Staat durch erhebliche finanzielle Zuwendungen an der Verbesserung der Lehrergehälter. Obwohl die Gemeinden auch weiterhin in erster Linie zur Schulunterhaltungspflicht angehalten waren, halfen Staatszuschüsse, das Durchschnittseinkommen der Penkuner Lehrerstellen auf gut 250 Taler zu heben. Der hohe Anteil kirchlicher Mittel an der Lehrerbesoldung blieb für den gesamten Untersuchungszeitraum ein konstituives Merkmal. Fast alle Lehrer bekleideten das Küsteramt, ohne dessen Einnahmen sie größtenteils weit unter den von staatlicher Seite ohnehin sehr gering veranschlagten, sich am Einkommensniveau eines Tagelöhners orientierenden Minimalsätzen gelegen hätten. Lebenslang gezahlte persönliche Zuwendungen von kirchlicher Seite an einzelne Lehrer runden das Bild einer von starker Abhängigkeit geprägten Verbindung ­zwischen Schul- und Küsteramt ab.

7. Die Verbesserung der Schulhäuser 7.1 Die Ausgangslage am Ende des 18. Jahrhunderts Für die letzten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts lässt sich auch eine verstärkte Aufmerksamkeit staatlicher Behörden am Zustand der Schulhäuser nachweisen. Neben der Klage über unzureichend ausgebildetes Lehrpersonal und dessen schlechter Besoldung konnte ­Gottlob Friedrich Herr 1773 während seiner Visitationsreise auch einen „Mangel an geeigneten Unterrichtsräumen“ feststellen.1 Mit Geldern aus dem Büdner-Etablissiment-Fonds war es in den folgenden Jahren in Pommern zum Neu- bzw. Umbau einiger weniger Schulhäuser gekommen. Dass diese einzelnen Maßnahmen keine Breitenwirkung erzielten, belegt die Aussage von Herrs Nachfolger, Julius Eberhard von Massow, der 1783 mit der Leitung des Stettiner Konsistoriums die Verantwortung für die schulischen Belange der Provinz übernahm. Auch er konnte nur erneut über „den Mangel an Schulhäusern, der in vielen Dörfern […] zur Anstellung von meist unfähigen Winterschulmeistern führe“, klagen.2 Seine Bitte um Anweisungen, die zur Beseitigung dieser Zustände führen sollten, blieb das geistliche Departement in Berlin schuldig. Vielmehr erteilte die Behörde ihm die Vollmacht, die aufgezeigten Probleme unter Berücksichtigung der provinzialen Eigenheiten selbständig zu lösen. Darauf erließ von Massow nur wenige Monate ­später eine Verordnung, die auf eine umfassende Reform des Schulwesens abzielte und explizit einen Nexus z­ wischen Lehrerqualifikation, Stellendotation und der Beschaffenheit der Schulhäuser herstellte: „Weil endlich an vielen Orten der Mangel an Schulhäußern und beständigen Lehrern, indem letztere gleich den Viehhirten jährlich gemietet, und diejenigen, ­welche das geringste Lohn fordern, von den Gemeinen gemietet werden, ein großes Hinderniß des Schulunterrichts verursachet, so haben die Prediger nach gehaltener Rücksprache mit den Kirchenpatronen, Gutsbesitzern u[nd] Gerichtsobrigkeiten die in beigehender Tabelle erforderte Anzeigen binnen 3 Wochen an den Probst der Synode abzugeben und zur Hebung d ­ ieses großen Hindernisses pflichtmäßige den Localumständen angemessene Vorschläge zu thun.“ 3

Wenn es das von Massow gesteckte Ziel war, eine saisonale Anstellung von unqualifizierten Personen zu unterbinden bzw. die Erbauung von Schulhäusern überhaupt erst zu initiieren, dann konnte die Penkuner Präpositur d ­ iesem Anspruch voll genügen. Dort waren nämlich in sämtlichen Kirchdörfern Schulen vorhanden. Eine Ausnahme bildeten lediglich die Vorwerke, wo sich der Bau eigener Schulhäuser und die damit verbunden 1 Vollmer, S. 163. 2 Ebd., S. 258. 3 APS, Kosystorz, 475, fol. 47v–48.

237

Die Ausgangslage am Ende des 18. Jahrhunderts

gewesene Schaffung einer Lehrerstelle durch die geringe Bevölkerungszahl von selbst verbat. Die Kinder dieser Orte besuchten die Schulen der benachbarten Dörfer, denen sie administrativ zugeordnet waren.4 Nur in Gellin hatte der Gutsherr einen „brauchbaren Mann […] ausgemittelt“, für den Schuldienst angestellt und mit jährlich 6 Talern vergütet.5 Diese Einrichtung, die auch von den Kindern aus Blauhecht und Seehof besucht wurde, hatte offensichtlich längeren Bestand und endete mit dem Tod des Lehrers 1819.6 Insofern bestand, anders als in anderen Teilen Pommerns, für das Untersuchungsgebiet vorerst kein Handlungsbedarf.7 Es wurde an früherer Stelle darauf hingewiesen, dass der Wirkungskreis von Massows nicht auf Pommern begrenzt blieb. Friedrich Wilhelm III. ernannte ihn nach der Entlassung Wöllners am 2. April 1798 auch zum Justizminister. Dadurch gelangte zugleich die Leitung der lutherisch-geistlichen und Schulangelegenheiten in seine Zuständigkeit. Die von ihm in Auftrag gegebene landesweite Erhebung soll genutzt werden, um zunächst ein überregionales Bild zu zeichnen und ­dieses mit dem Penkuner Raum zu vergleichen.8 Es existierten in den Dörfern der vorpommerschen Synoden insgesamt 376 Dörfer, in denen es 373 zu Unterrichtszwecken dienende Gebäude gab. Die geringe Differenz z­ wischen beiden Werten wird in den Fußnoten erklärt (vgl. Tabelle 28). Tabelle 28: Schulhaussituation in den vorpommerschen Synoden 1798 Anzahl der Schulhäuser mit

kein eigenes Schulhaus vorhanden

Haus ist Eigentum des Lehrers

Synode

Anzahl der Schulorte

Anklam

62

40

3

16

3

Demmin1

53

37

0

4

9

Gartz an der Oder

21

18

1

0

2

Gollnow

21

12

4

4

1

Pasewalk2

32

14

11

4

4

Penkun3

24

16

3

4

0

Alt-Stettin

32

30

0

1

1

1 Raum

2 Räumen

4 Vgl. Anhang 9.20 dieser Arbeit. 5 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 36: Schulbericht von Grambow. 6 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4, fol. 21: Schulbericht von Grambow 1818/19: „In Gellin […] war bisher ein Schulhalter, welcher die Gellinsche und blauhechtsche Jugend unterwies. Er hatte nichts als das Schulgeld. Dieser Mann ist seit kurzem verstorben, ohne daß sich jemand fände, dessen Stelle, ­welche etwa 5 rt. eintragen kann, anzunehmen. Nach Grambow die Kinder zu verweisen würde im Winter und Sommer gleich unmöglich seyn. Sollte nicht anders für diese Schuljugend gesorgt werden können, so hat Pastor die Idee, sie der Schule zu Bismark, seinem Filial, welches nur eine halbe Vierteil Meile entfernt ist, einzuverleiben.“ 7 Vgl. die Zusammenstellung von Vollmer, S. 259 f. 8 APS, Konsystorz, 554.

238

Die Verbesserung der Schulhäuser Treptow

37

31

1

0

5

Ueckermünde

24

8

13

2

1

Usedom

29

13

1

8

7

Wollin

41

17

7

14

3

Summe

376

in Prozent4

236

44

57

36

63,3

11,8

15,3

9,7

1

In der Synode Demmin war in drei Orten das jeweilige Schulhaus eingefallen. In Blumenthal existierten zwei Schulhäuser. Das der reformierten Gemeinde verfügte über einen Raum, während das Gebäude der lutherischen Gemeinde aus zwei Räumen bestand. 3 Für den Ort Woltersdorf wird berichtet, dass das Schulhaus seit sechs Jahren unbewohnbar sei. 4 Als Grundwert ist die Anzahl der tatsächlich vorhandenen Gebäude, also 373, veranschlagt worden. Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Konsystorz, 554. 2

Zunächst ist es als positiv zu bewerten, dass in fast drei Vierteln der Orte ein Schulhaus existierte. Diese große Gruppe lässt sich aufgrund der Eigentumsverhältnisse in zwei Kategorien unterteilen: Zum einen in die generell in kirchlichem Besitz stehenden Küsterhäuser, zum anderen in die Schulmeisterhäuser, die je nach der lokalen Gegebenheit entweder der ­Kirche oder der Gemeinde gehörten. Eine genauere Betrachtung verdient der verbleibende Teil der Dörfer, die über kein eigentliches Schulhaus verfügten. Zwar fand auch dort Unterricht statt, allerdings nicht in einem „Amtsgebäude“. In gut 60 Prozent der Fälle bewohnte der Lehrer ein einzelnes Zimmer, das ihm von der Gutsherrschaft oder der Gemeinde – entweder auf Mietbasis oder als Teil seiner Vergütung – zur Verfügung gestellt worden war. Bei den verbleibenden knapp 40 Prozent besaß der Lehrer ein eigenes Haus. Die Verteilung ­dieses an sich ungewöhnlichen Zustandes auf die einzelnen Synoden offenbart einen erstaunlichen Befund (vgl. Abbildung 23). Besonders die durch ihren Inselcharakter natürlich begrenzten Synoden Usedom und Wollin wiesen einen signifikant höheren Anteil von Ortschaften ohne eigenes Schulhaus auf. Diese Diskrepanz lässt sich dank des Berichtes des Usedomer Superintendenten Karl Gottlieb Enkelmann, den er den Erhebungstabellen seiner Synode als Anlage beigefügt hat, leicht auflösen.9 Zunächst erinnerte der Geistliche daran, dass auf Usedom die meisten Ortschaften eine nur sehr geringe Bevölkerungszahl aufwiesen. Konkret bezifferte er für 31 Orte weniger als 20 Einwohnerfamilien, für 22 Orte sogar weniger als zehn, womit bereits drei Viertel aller Dörfer in seine Rechnung einbezogen waren. Bedingt durch diese geringe Bevölkerungsdichte erwies sich die Errichtung und Unterhaltung selbständiger Schulstellen als praktisch unmöglich, weshalb in früherer Zeit die Regelung getroffen worden war, die Kinder dieser kleinen Orte in die Schulen der größeren Mutterdörfer zu s­ chicken. Allerdings, so Enkelmann, hätten Bequemlichkeit und witterungsbedingte Hindernisse diese Art der Beschulung nach und nach vereitelt 9 Ebd., fol. 242 – 247: Bericht Enkelmanns, ohne Datum.

239

Die Ausgangslage am Ende des 18. Jahrhunderts

60 50 40 30 20 10

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0

Abbildung 23: Anteil der Ortschaften in den vorpommerschen Synoden ohne eigenes Schulhaus 1798 (in Prozent)

und die Einwohner der Orte bewogen, auf eigene Kosten einen Schulmeister anzustellen. Aus ­diesem Grunde habe sich die ursprüngliche Anzahl von zehn auf nunmehr 31 Schulen erhöht. Das Problem bei diesen neu entstandenen Schulstellen lag vornehmlich in ihrer schlechten Dotation. Konnte ein Schulmeister oder Küster in anderen Dörfern im Regelfall mit einer Dienstwohnung, Naturalzuwendungen und gegebenenfalls Akzidentien rechnen, verfügten die Inhaber der auf Usedom neugeschaffenen Stellen allein über das einkommende Schulgeld. Nur fünf von ihnen bekamen eine freie Wohnung gestellt. Die anderen waren gezwungen, sich ein entsprechendes Lokal zu mieten, oder hatten den Vorteil, als Eingesessene ein eigenes Haus im Ort zu besitzen. Die dadurch entstehenden Schwierigkeiten, überhaupt einen passenden Kandidaten für diese Stellen zu finden, sowie die Probleme im Hinblick auf die Qualifikation der Kandidaten verschweigt Enkelmann nicht. Auch wenn ein vergleichbarer Bericht nicht überliefert wurde, gehe ich davon aus, dass sich die geschilderten Zustände in der Synode Usedom auf die Synode Wollin übertragen lassen. Dass einzelne Dorfschaften eigene Lehrer engagierten, war kein singuläres auf die Inseln begrenztes Phänomen. So wurde aus dem Vorwerk Aschersleben, Parochie Torgelow, in der Pasewalker Synode berichtet: „Sonst gingen die Kinder entweder nach Heinrichsruhe oder Ferdinandshof zur Schule, wovon ersteres eine kleine Viertel Meile, letzteres eine etwas stärkere Viertel Meile entlegen ist. Jetzt unterrichtet die schulfähige Jugend etwa 14 an der Zahl der Coßät Henning im Dorfe, welcher brauchbar seyn würde, wenn er rechnen und schreiben könnte.“ 10

10 Ebd., fol. 151: Tabellen von den Landschulen der Torgelowschen Parochie.

240

Die Verbesserung der Schulhäuser

In Altenhagen in der Ueckermünder Synode fand der Unterricht in einem Bethaus, in Alt-Hammer im Hirtenhaus statt. Auch für die Synode Usedom sind ähnliche Zweckentfremdungen dokumentiert: In Zecherin, Sauzin und Neppermin diente ein ehemaliges Tobak-Wachthaus, in Loddin und Zempin das Hirtenhaus dem Unterricht. Auch wenn der Bericht Enkelmanns der spezifischen Situation der Insel Usedom Rechnung trägt, so kann seine Kritik an den Zuständen, die in den überwiegend mit nur einem Raum ausgestatteten Gebäuden kulminierten, problemlos auf die Gesamtheit aller pommerscher Landschulen jener Tage übertragen werden: „Auch diß ist ein großes Hinderniß der Schulverbeßerung, daß nicht nur fast in allen Schulhäusern nur eine Stube, sondern diese auch noch dazu äußerst enge ist. Wenn der Küster oder Schulmeister mit Frau und Kindern, mit Bett und Tisch, auch wohl mit seinem Handwerks-Geräth, sich in der Stube aufhalten muß, wie viel Platz kann dann noch für die Schulkinder übrig bleiben? Welche Stöhrungen müßen überdeß entstehen, wenn während der Schule die Frau ihre Geschäfte treibt, kleine Kinder schreyen pp. […] Die einzige unmittelbare Hülfe […] sind größere und zweckmäßig erbaute Schulhäuser, worin wenigstens zwey Stuben befindlich, eine zur Wohnung des Lehrers und seiner Familie, eine andere, und zwar so geräumig als möglich, zur Schulstube. Ohne diese Hülfe ist freylich nicht abzusehen, wo die Kinder bleiben sollen, wenn sie dem königlichen Befehle gemäß, zahlreich die Schule besuchen.“ 11

7.1.1 Die Synode Penkun Nachdem der Zustand der Schulhäuser zunächst unter einem überregionalen Blick analysiert worden ist, richtet sich im Folgenden der Fokus auf die Penkuner Synode.12 Die in Abbildung 24 dargestellte Grafik vergleicht zunächst die Schulhaussituation des gesamten vorpommerschen mit dem Penkuner Raum, wobei hinsichtlich der ersten drei Kategorien keinerlei signifikante Differenzen bestehen. Kennzeichnete beispielsweise auf der Insel Usedom eine Vielzahl von verstreut liegenden Ortschaften mit einer geringen Einwohnerzahl die Siedlungsstruktur, die letztlich, wie Enkelmann beschrieben hatte, zwangsläufig zur eigenmächtigen Neugründung von Schulstellen führen musste, so finden wir im Penkuner Raum eine völlig anders geartete Struktur. Hier prägten Dörfer mit einer relativ hohen Bevölkerungszahl das Bild; ein Umstand der frühestens seit der Reformation zur Entstehung von Küsterhäusern – und damit ersten Bildungsstätten – in den Mutterdörfern und in späterer Zeit zur Gründung von Schulmeisterstellen in den Töchtergemeinden führte. Es waren bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in allen Kirchdörfern des Penkuner Verwaltungsbereichs Küster- bzw. Schulhalterstellen 11 Ebd., fol. 242 – 247: Bericht Enkelmanns, ohne Datum, hier fol. 243. 12 Ebd., fol. 158 – 173: General Tabellen von den Landschulen der Pencunschen Synode, Pencun vom 22. Januar 1799.

241

Die Ausgangslage am Ende des 18. Jahrhunderts

Vorpommersche Synoden Vorpommersche Synoden 63,3 63,3

Synode Penkun Synode Penkun

69,6 69,6

11,8

11,8 11 Raum Raum

13,0

13,0

2 Räume 2 Räume

15,3

15,3

17,4

17,4

9,7

9,7

0,0

0,0

kein eigenes kein eigenes SchulhausHaus ist Eigentum des Haus ist Eigentum Schulhaus Lehrers des Lehrers

Abbildung 24: Vergleich der Schulhaussituation in den vorpommerschen Synoden mit der in der ­Penkuner Ephorie 1798 (in Prozent)

ein integraler Bestandteil dörflicher Strukturen geworden, deren Existenz und verbriefte Dotation sich bereits in den frühesten Akten preußischer ­Kirchen- und Schulverwaltung nachweisen lässt. Insofern verbot sich neben der Option eines bestimmten Einwohners, in seinem eigenen Haus Unterricht durchzuführen, auch die saisonale Anstellung eines „Wanderschulmeisters“ von selbst. Vor ­diesem historisch gewachsenen, offenbar seit Jahrzehnten bestehenden Hintergrund ist die Zustandsbeschreibung des Penkuner Präpositus zu lesen. Es bedarf dabei keiner besonderen Erwähnung, dass diese Gebäude nicht ausschließlich für den Zweck der Bildungsvermittlung erbaut wurden, wie es dem heutigen Verständnis von Schulen entspricht. Vielmehr dienten sie in erster Linie den Küstern und Schulhaltern als Dienst- und Wohngebäude, in denen neben dem täglichen Leben ihrer Bewohner auch Unterricht stattfand. Die aus der Akte generierte Tabelle 29 berücksichtigt zusätzlich den Eigentumsstatus des Hauses, aus dem sich Konsequenzen für dessen Erhaltungspflicht ergaben: Tabelle 29: Schulhaussituation in der Penkuner Synode 1798 Küsterhaus 2 Zimmer

1 Zimmer

Schulmeisterhaus

kein Schulgebäude

1 Zimmer

Schönfeld

Wollin

Jamikow (1822)

Schmagerow (1780)

Blumberg

Glasow

Grünz (1809)

Pomellen (1811)

Wartin

Sonnenberg

Hohenholz (1825)

Ramin (1821)

Casekow

Nadrensee

Cunow (1786)

Krackow Schönow

242

Die Verbesserung der Schulhäuser Cummerow Sommersdorf Grambow (1740) Storkow (1791) Luckow (1795) Petershagen (1795)

Die in der Klammer angegebene Zahl bezeichnet das Jahr, in dem die Küsterei von der Mutterkirche getrennt und auf den Schulmeister des Filialdorfes übertragen wurde; bei den Orten ohne Jahreszahl handelt es sich um Mutterdörfer. Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Konsystorz, 554, fol. 158 – 173: General Tabelle von den Landschulen der Pencunschen Synode vom 22. Januar 1799.

In der Übersicht fehlt die Mater Woltersdorf. Dort existierte zwar früher ein Küsterhaus, allerdings war es 1798 bereits seit sechs Jahren unbewohnbar. Für das Frühjahr 1799 sei, so die Aussage des Ortspfarrers Karl Friedrich Kluth, ein Neubau geplant. Von den restlichen 23 Schulhäusern verfügten fast 80 Prozent über nur einen Raum. Die Tabelle spiegelt deutlich den enorm hohen Anteil der Küsterhäuser, der im Laufe der nächsten Jahrzehnte weiter steigen und die 100-Prozent-Marke annähernd erreichen sollte.13 Ebenso deutlich wird aber auch der Umstand, dass nur etwa 20 Prozent der Häuser mit zwei Zimmern ausgestattet waren und damit – zumindest formell – über ein separates Unterrichtslokal verfügten. Ob ­dieses allerdings ausschließlich für Schulzwecke benutzt wurde, muss angesichts des bestehenden Platzmangels und des oft großen Umfangs der Lehrerfamilien, zu denen nicht selten auch verwitwete Mütter oder Schwiegermütter gehörten, als eher unwahrscheinlich gelten. In drei Orten befanden sich keine Schulhäuser; dort hatte die jeweilige Herrschaft dem Lehrer ein einzelnes Zimmer in gutseigenen Gebäuden zur Verfügung gestellt. Deutlich ist, dass kurz vor der Jahrhundertwende der überwiegende Teil der Schulhäuser in der Penkuner Synode mit nur einem Zimmer ausgestattet war, welches seinen Zweck als Wohn-, Arbeits- und auch Schulstätte erfüllte. Diese Multifunktionalität begründete jedoch nicht zwangsläufig eine adäquate Größe. Eine 25 Jahre früher erfolgte Erhebung bezifferte beispielsweise die Grundfläche des einzigen Raumes im Grambower Küsterhaus auf 1 Quadratrute (ca. 14 Quadratmeter), in Ramin auf 1¼ Quadratruten (ca. 18 Quadratmeter) und gab zugleich Auskunft über die Anzahl der schulpflichtigen Kinder. Sie betrug für Grambow 28, für Ramin 29 Schüler, von denen im Erhebungsjahr jedoch im ersten Ort lediglich zehn, im zweiten nur 14 den Unterricht besuchten.14 13 In dieser Aufstellung bleiben die durch die Verwaltungsbezirksreform von 1817 hinzukommenden Schulorte sowie der 1819 realisierte Schulbau in Radewitz unberücksichtigt. 14 APS , Konsystorz, 1408, fol. 12 f.: Tabelle von der Landschule des Dorfes Grambow vom 3. Dezember 1773 und fol. 15 f.: Tabelle von den Landschulen der Pfarre Sonnenberg vom 3. Dezember 1773.

Die Ausgangslage am Ende des 18. Jahrhunderts

243

Es steht außer Frage, dass selbst bei dieser geringen Schulbesuchsquote das Leben und Lehren in diesen Stuben äußerst beengt gewesen sein muss.

7.1.2 Das Schulinventar Auch wenn mit den Schulhäusern von Grambow und Ramin hinsichtlich der Größe zwei exponierte Beispiele herausgegriffen wurden, resultierte angesichts eines a­ llgemein zu konstatierenden Platzmangels generell die Frage nach der Existenz eines für den Unterrichtszweck dienlichen Mobiliars bzw. Inventars. Friedrich Wienecke formulierte für die kurmärkische Dorfschule des 18. Jahrhunderts folgenden Befund: „Die Ausstattung der Schulzimmer […] war höchst einfach. Die Tafeln und Sitzbänke für Knaben und Mädchen standen rechtwinklig zueinander; für die kleinsten Kinder waren nur Sitzbänke vorhanden, so daß Raum für Webstuhl oder Schneidertisch übrig blieb.“ 15

Die vorhandenen Akten des Penkuner Raums erwiesen sich in dieser Hinsicht als wenig aufschlussreich. Sie erlauben nur für ein einziges Kirchspiel, nämlich Schönfeld, eine Aussage. Tabelle 30 gibt einen Überblick über das dort vorhandene Schulinventar und die Schülerkohorte des Schuljahres 1797/98. Tabelle 30: Schulinventar und Schülerkohorten im Kirchspiel Schönfeld 1798 Schulort

Inventar1

Schülerzahl2

Schönfeld

ein Tisch zwei große und fünf kleine Bänke eine hölzerne Schreibtafel zehn Bücher vom Leben Jesu ein Berliner ABC-Buch sechs alte Schulbibeln ein Not- und Hilfsbüchlein

39 Kinder, davon 10, die buchstabieren 26, die lesen 3, die schreiben niemand rechnet

Luckow

ein Tisch drei Bänke ein Sittenbuch von Feddersen zwölf Bücher vom Leben Jesu ein Not- und Hilfsbüchlein ein Schulbuch von Rochow

29 Schüler, davon 3, die buchstabieren 26, die lesen 6, die schreiben niemand rechnet

15 Wienecke, Friedrich: Die Begründung der evangelischen Volksschule in der Kurmark und ihre Entwicklung bis zum Tode König Friedrichs I., in: Zeitschrift für Geschichte und Erziehung des Unterrichts, 1919 (3. Jahrgang), Heft 1, S. 16 – 69, hier S. 68.

244

Die Verbesserung der Schulhäuser Petershagen

ein Sittenbuch von Feddersen 10 Bücher vom Leben Jesu

24 Schüler, davon 10, die buchstabieren 14, die lesen 2, die schreiben 1, der rechnet

1

KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 7, Tit. II, unpag.: Verzeichnis der Mobilien, ­welche die K ­ irchen zu Schönfeld, Luckow und Petershagen besitzen, Schönfeld vom 24. April 1798. 2 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 2, fol. 128 – 133: Schul-Catalogus von Schönfeld, Luckow, Petershagen 1797/98.

In allen Orten der Schönfelder Parochie fällt der Anteil von Buchstabier- und Leseschülern auf, deren hohe Zahl sich durch die geltenden unterschiedlichen Schulgeldsätze erklärt und unmittelbar mit dem vorhandenen Inventar korrelierte. Allein die wenigen Schreib- und der einzige Rechenschüler brauchten zur Verrichtung ihrer Arbeit eine Unterlage in Gestalt eines Tisches. Hingegen wurden für den Unterricht der anderen Schüler im Lesen und Buchstabieren ausschließlich Sitzplätze benötigt, praktischerweise in Form von Bänken. Vermutlich befanden sich diese Möbel in Petershagen im Privateigentum des Lehrers, was erklären würde, warum sie in der Inventarliste nicht verzeichnet worden sind. Zu den knappen Lehrmitteln zählten wenige Bücher mit vorwiegend religiösem Inhalt. Eine Tafel befand sich nur in Schönfeld. Dieser Befund darf allerdings nicht auf die gesamte Synode übertragen werden, da er ein relativ wohlhabendes Kirchspiel repräsentiert, das aus drei großen Bauerndörfern bestand, in denen zudem die reformaffine Familie der Grafen von Hacke das Patronat ausübte.16 Es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Zustände in wirtschaftlich schlechter gestellten Kirchspielen, z. B. Cummerow oder Sonnenberg, weitaus defizitärer waren.

7.2 Das Schulhaus in amtlichen Verordnungen Bevor die allmählich einsetzende Modernisierung der Schulhäuser in den folgenden Jahrzehnten in das Zentrum dieser Untersuchung gerückt wird, soll zunächst ein kurzer Exkurs die rechtlichen Rahmenbedingungen skizzieren, die im Hinblick auf die Erbauung und die Bauunterhaltungspflicht dieser Gebäude bestanden. Schulhäuser erfuhren in Pommern bis in das 19. Jahrhundert hinein kaum eine Beachtung in behördlichen Verfügungen. Die pommersche Kirchenordnung von 1535 verpflichtete die kirchlichen Beamten im Zuge der Visitation eines Kirchspiels die „Wohnungen der Pfarr[herr]en, Prädikanten und Küster und die Schulen mit den Örtlichkeiten und Wohnungen der Schulangestellten [zu] besichtigen oder besichtigen zu lassen, und falls etwas daran mangelt, [zu]befehlen, [sie] bis zu einem bestimmten Termin baulich in Stand zu setzen“.17 16 Die Patronatsherrin von Schönfeld, Wilhelmine von Marschall, war eine geborene Gräfin von Hacke. 17 Buske, S. 183 f.

Das Schulhaus in amtlichen Verordnungen

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Hier kam es den Reformatoren zunächst darauf an, dass entsprechende Küster- und Schulhäuser überhaupt erbaut und in einem bewohnbaren Zustand erhalten wurden. Diese allgemeine Feststellung findet durch zwei aus dem 16. Jahrhundert für die Penkuner Synode überlieferte Visitationsprotokolle ihre Bestätigung. So ist dem Bericht aus der Parochie Sommersdorf zu entnehmen, dass 1579 ein eigenes Küsterhaus fehlte, worauf der Patron, Joachim von der Schulenburg, die Zusage erteilte, „daß ein Küsterey zur stette mit dem ersten durch die Caßpelleute 18 aufgebawett werde“.19 Eine im Kirchspiel Cummerow 1584 durchgeführte Visitation bestätigte die Existenz eines Küsterhauses und regelte zugleich die Verpflichtung der Eingepfarrten zu dessen Unterhaltung: „Das Häußlein aber seyn beyde Dörffer Cummerow und Jameckow fertig zu halten schuldig, und haben die Für­ steher angelobet, daß sie noch für [= vor] Michaelis daran wollen bessern, was von Nöthen ist.“ 20 Obwohl Visitationsprotokolle aus anderen Gemeinden nicht vorhanden sind, darf davon ausgegangen werden, dass sich zum Ende des 16. Jahrhunderts in jedem Mutterdorf ein Küsterhaus befand, für dessen Unterhaltung die Bewohner des Kirchspiels verantwortlich waren. Spätere Visitationen bestätigen diese Zuständigkeit. Weitergehende Vorgaben, etwa zur Größe der Gebäude oder der Beschaffenheit der Baumaterialen fehlen. Auch in späteren Gesetzen wie der Erneuerte[n] und erweiterte[n] Verordnung über das ­Kirchen- und Schulwesen für das Herzogtum Pommern von 1735, den Küster- und Schulmeistergesetze[n] von 1750 und im Generallandschulreglement von 1763 lassen sich in dieser Hinsicht keine Vorgaben finden. Interessant erscheint allerdings ein Reglement Friedrichs des Großen, in dem er 1743 die Unterhaltung der Schulhäuser in der Provinz Ostpreußen regelte.21 Der für seine Sparsamkeit bekannte König verfügte, dass aus kostenminimierenden Gründen bei Schulneubauten nach einem Standardgrundriss des Landbaumeisters Stephan Gottlieb Hummius zu verfahren sei. Obwohl sich diese Vorgabe, die ­später auch in Westpreußen angewandt wurde, in pommerschen Akten nicht nachweisen lässt, darf ihr zumindest ein gewisser Einfluss auf die Provinz unterstellt werden; die überlieferten Baupläne sprechen dafür. Als auf jeden Fall bemerkenswert kann der Umstand betrachtet werden, dass die von Friedrich II . angedachten Schulneubauten über einen eigenen Unterrichtsraum verfügen sollten – ein Standard, der sich erst 80 Jahre s­ päter in Pommern zu etablieren begann.

18 Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. Band 5. Leipzig 1873, S. 258: Caßpel oder Kaspel ist ein altes Synonym für Kirchspiel. Caßpelleute meint hier die Hausvorstände der Kirchengemeinde, die die Träger der Kirchenversammlung stellten. 19 PfA Pen, Bestand Sommersdorf, Nr. 10, unpag.: Visitation der K ­ irche Sommersdorf 1579. 20 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. II, fol. 17. 21 Oesterreich, Johann A. Ed.: Handbuch über die ­Kirchen- und Schul-Gesetzgebung im Preußischen Staate, mit besonderer Berücksichtigung der Provinz Preußen. Zweiter Band. Königsberg 1844, S. 168 – 171: „Reglement wegen Erhaltung des, auf dem platten Lande in Preussen, eingerichteten Schul-Wesens, in beständiger Ordnung. De dato Berlin, den 2. Jan. 1743.“

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Die Verbesserung der Schulhäuser

„Nach ­diesem Normalplan […] zogen sich von dem an der Längsseite befindlichen Hauseingang Flur, Küche und Kammer in einer fortlaufenden Reihe bis zur gegenüberliegenden Wand hin. Der Raum zu beiden Seiten ­dieses Mittelgangs zerfiel wieder in je zwei Teile, links in die größere Schul- und die kleinere Wohnstube, rechts in die beiden Ställe. Der Ofen war so angelegt, daß er beide Stuben erwärmte und von der Küche aus geheizt werden konnte.“ 22

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Unterhaltung der Gebäude nach örtlichen Observanzen geregelt. Eine Verfügung allgemein gültigen Charakters traf erstmals 1794 das Allgemeine Landrecht, wobei es z­ wischen Schul- und Küsterhäusern differenzierte. Im ersten Falle stellte die jeweilige Gutsherrschaft die auf ihrem Boden wachsenden Baustoffe kostenlos zur Verfügung, während die Einwohner alle weiteren Kosten bestritten und die notwendigen Hand- und Spanndienste leisteten.23 Handelte es sich jedoch um ein Küsterhaus, wurde das Gebäude als geistlicher Besitz betrachtet, für dessen Erhaltung das Kirchenvermögen aufzukommen hatte. Die zum Bau benötigten Hand- und Spanndienste leisteten die eingepfarrten Gemeindemitglieder. Sollte das kirchliche Vermögen nicht oder nur teilweise ausreichen, füllten Patron und Eingepfarrte gemeinschaftlich im Verhältnis von zwei zu einem Drittel den Fehlbetrag auf.24 22 Vollmer, S. 14. 23 ALR Teil II Tit. 12: „§ 34. Auch die Unterhaltung der Schulgebäude und Schulmeister-Wohnungen muß, als gemeine Last, von allen zu einer solchen Schule gewiesenen Einwohnern ohne Unterschied getragen werden. § 36. Bey Bauen und Reparaturen der Schulgebäude müssen die Magisträte in den Städten, und die Gutsherrschaften auf dem Lande, die auf dem Gute oder Cämmereyeigenthume, wo die Schule sich befindet, gewachsenen oder gewonnenen Materialien, so weit selbige hinreichend vorhanden, und zum Baue nothwendig sind, unentgeltlich verabfolgen.“ Zitiert nach: https://opinioiuris.de/quelle/1623#Zwoelfter_Titel._Von_ niedern_und_hoehern_Schulen [letzter Zugriff: 23. 02. 2020]. 24 ALR Teil II Tit. 11: „§ 710. Wo in Ansehung der Kosten zum Baue, und zur Unterhaltung der Kirchengebäude, durch Verträge, rechtskräftige Erkenntnisse, ununterbrochene Gewohnheiten, oder besondere Provinzialgesetze, gewisse Regeln bestimmt sind, da hat es auch ferner dabey sein Bewenden. […] § 712. Die Kosten zum Baue und zur Unterhaltung der Kirchengebäude müssen hauptsächlich aus dem Kirchenvermögen genommen werden. […] § 714. Auch müssen, bey Landkirchen, die Eingepfarrten in jedem Falle, ohne Unterschied, die nöthigen Hand- und Spanndienste unentgeltlich leisten. […] § 717. Ihr Verhältniß dabey wird, in Ansehung der Handdienste, nach der Zahl der Familien, so wie in Ansehung der Spanndienste, nach dem auf ihren Stellen angeschlagenen oder gewöhnlich gehaltenen Gespanne bestimmt. […] § 720. Ist das Kirchenvermögen zur Bestreitung der Kosten ganz oder zum Theil nicht hinreichend: so muß der Ausfall von dem Patron und den Eingepfarrten gemeinschaftlich getragen werden. […] § 729. Baumaterialien, ­welche der Patron oder die Kirchengemeine selbst hat, müssen von ihnen zum Bau geliefert werden. § 730. Doch wird jedem Theile der anschlagsmäßige Preis derselben auf seinen Geldbeytrag zu gute gerechnet. § 731. Der Geldbeytrag wird, bey Landkirchen, z­ wischen dem Patrone und der Kirchengemeine dergestalt vertheilt, daß der Patron Zwey Drittel, die Eingepfarrten aber Ein Drittel entrichten.“ Zitiert nach: https://opinioiuris. de/quelle/1623#Eilfter_­Titel._Von_den_Rechten_und_Pflichten_der_Kirchen_und_­geistlichen_ Gesellschaften [letzter Zugriff: 23. 02. 2020].

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Reformbestrebungen im beginnenden 19. Jahrhundert

7.3 Reformbestrebungen im beginnenden 19. Jahrhundert und ihre Umsetzung in der Penkuner Synode 7.3.1 Allgemeiner Überblick um 1820 Es versteht sich von selbst, dass die Verbesserung der Schulhaussituation eine der Grundvoraussetzungen für die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht war und sich in der nach 1806 einsetzenden Bildungsreform wiederfinden musste. Erstmalig bekundete die pommersche Verwaltung im Dezember 1818 ein über das bisherige Maß hinausgehendes Interesse an den Schulhäusern, indem sie für die kommenden Schulberichte auch Informationen über deren zweckmäßige Einrichtung verlangte.25 Zur Beantwortung folgender Fragen wurden ausdrücklich die Lehrer selbst verpflichtet: 1. Welche Schulbücher in den Händen der Kinder sind; ob alle Kinder lesen können, eine Bibel haben, welches Gesangbuch, welcher Katechismus und w ­ elche Fibel eingeführt sind? 2. Welche Lehrmittel die Schule besitze? (Ob z. B. eine große schwarze Wandtafel, Schiefer­ tafeln, Lesetafel, Bibel, Neue Testamente etc.) 3. Ob ein eigenes Schulhaus und eine besondere Schulstube da sey? Ob sie eine zweckmäßige Einrichtung habe?

Die formale Auswertung der Berichte aus den Schuljahren 1818/19 und 1819/20 zeichnet zunächst ein Bild, das sich in den verflossenen 20 Jahren nur unwesentlich geändert hatte (vgl. Tabelle 31): Tabelle 31: Schulhaussituation in der Penkuner Synode 1818/19 Küsterhaus 2 Zimmer Schönfeld Casekow Woltersdorf Glasow Nadrensee Krackow Schönow Cunow Grünz

Schulmeisterhaus 1 Zimmer

Blumberg Wartin Wollin Sonnenberg Cummerow Sommersdorf Storkow Grambow Luckow Petershagen

1 Zimmer Jamikow

kein Schulgebäude Schmagerow Pomellen Ramin Hohenholz

Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4, fol. 3 – 74: Schulberichte 1818/19.

25 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4, fol. 1 f.: Rundschreiben des Konsistoriums und Schulkollegium von Pommern und der ­Kirchen- und Schulkommission, Stettin vom 19. Dezember 1818.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

Der Anteil an Küsterhäusern hatte sich geringfügig erhöht, und obwohl 1811 dem Schulmeister von Pomellen die Küsterei übertragen worden war, existierte dort noch immer kein eigenes Haus, sondern wie ehedem ein von der Gutsherrschaft bereitgestelltes Zimmer. Die Gründe dafür ähneln denen an früherer Stelle für Schmagerow dargelegten. Deutlich gewachsen, aber dennoch nur bei 38 Prozent lag der Anteil der Häuser, die über zwei Räume verfügten. Auffallend im Vergleich der beiden Erhebungen sind rückschrittliche Entwicklungen: Für Hohenholz wurde jetzt das Fehlen eines eigenen Schulhauses notiert, und die vormals mit zwei Zimmern ausgestatteten Küsterhäuser von Wartin und Blumberg verfügten über nur noch einen Raum. Während die Akten keine Auskunft über die Gründe in Hohenholz und Blumberg geben, erhellen sie aber sehr eindrucksvoll die Situation in Wartin. Sie wird an späterer Stelle dieser Studie einer intensiveren Betrachtung unterzogen. Erstmalig in der pommerschen Schulgeschichte bekamen die betroffenen Lehrer Gelegenheit, in dieser amtlichen Erhebung ihre Sicht auf die bestehende Situation darzustellen und Wünsche auszusprechen oder Klagen zu formulieren. Diese sehr unterschiedlich gearteten Notizen gewähren einen zusätzlichen, stark individuell gefärbten Blick auf die Vergangenheit. Ein generelles Problem bestand in dem vielerorts vorhandenen Platzmangel oder der unzureichenden Ausstattung mit Mobiliar – in Schönow existierten bis dahin weder Tische noch Bänke. Selten, aber dennoch vorhanden, waren Voten, die wie das des Grünzer Lehrers Friedrich Treptow die Schulstube als zweckmäßig eingerichtet lobten. Den schlechtesten Zustand boten die Schulen in der Sonnenberger Parochie. So berichtete der Sonnenberger Lehrer Martin Wilhelm Zimmermann: „das einzige kleine Zimmer, welches der Küster bewohnt, ist zugleich die Schulstube; sie ist klein und düster, das ganze Haus ist dem Einsturze nahe.“ 26 Ähnlich drastisch schilderte sein Raminer Kollege Elias Ellmann: „Ein eigenes Schulhaus ist gaar nicht da, es ist von der Herrschaft eine Schulstube angewiesen, ­welche auch zu gleich die Wohn Stube ist. Die Schul u[nd] Wohnstube ist gaar nicht dazu anwendtbaar zur Lehr und Wohnstube daß da Schule in gehalten werden kann. Erstens ist die Stube zu klein, daß [unleserlich] eine Familige Von zehn Personen nicht Raum Habe. Viel weniger noch die Schule darin Halten kan, Wen die Kinder Gehörig nach der Neuen Schulverordnung zur Schule kommen.“ 27

Ellmann sprach hier zugleich das Problem des permanent existierenden Schulabsentismus an, das in dem Bericht des zuständigen Ortspfarrers seine Bestätigung fand.28 Von den 34 schulpflichtigen Kindern blieben sieben der Winterschule gänzlich fern, während die übrigen sehr unregelmäßig erschienen waren. Es ist anzunehmen, dass sich an der 1773 bezifferten Raumgröße von 1¼ Quadratruten, also knapp 18 Quadratmetern, im Raminer 26 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4, fol. 26. 27 Ebd., fol. 29. 28 Ebd., fol. 27 – 28: Schulbericht des Pastors Maaß, Ramin vom 20. Mai 1819.

Reformbestrebungen im beginnenden 19. Jahrhundert

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Schulhaus seither nichts geändert hatte. Diese Wohnraumsituation, auch ohne den Platzbedarf für die Lehrerfamilie und deren Hausrat zu berücksichtigen, verunmöglichte die Durchsetzung der Schulpflicht in Ramin. Nur eine Vergrößerung des Schulhauses hätte hier Abhilfe schaffen können. Auch in Schmagerow, dem dritten Ort ­dieses Kirchspiels, waren die Zustände unhaltbar. Der Küster Michael Retzlaff notierte in seinem Bericht: „Ein eigenes Schulhaus ist nicht, sondern es ist von der Herrschaft eine Schulstube angewiesen, welches auch zugleich die Wohnstube ist, sie hat keine zweckmäßige Einrichtung, sondern es fehlet erstlich an Raum, 2te sie ist zu hoch, 3te hat sie nur ein Fenster das bey trüben Tagen die Kinder oftmahels gar nicht sehen können, weil sie auch [unleserlich] und eingewohnt ist, und an solchem Ort ligt wo sie nicht vor 4 Uhr Nachmittag die Sonne bekömt und auch die Schule alhir kein holtz bekömt so muß man bey Winterzeit öfters samt den Kindern fast verfriren.“ 29

Neben dem Gebäudezustand intendierten die Schulberichte auch eine Erfassung der vorhandenen Lehrmittel. Da diese Angaben ohne einen konkreten Zahlenwert erfolgten, lässt sich nicht nachvollziehen, ob die Anzahl der vorhandenen Exemplare dem tatsächlichen Bedarf entsprach, der mit zunehmender Durchsetzung der Schulpflicht weiterhin ansteigen würde. Nach der Mitteilung Engelckens befanden sich 1820 bis auf wenige Ausnahmen an allen Schulen Bibeln, Neue Testamente, Gesangbücher, Katechismen und Fibeln „in den Händen der Kinder“.30 Unklar ist, ob diese Bücher im Schul- oder Privateigentum der Schüler standen. Nur in den Schulen der Woltersdorfer und Blumberger Parochie existierten Lesebücher; Rechenbücher allein im Sommersdorfer Sprengel. In Cunow arbeitete der Lehrer bereits mit der Graßmannschen Fibel, allerdings hatte er diese aus eigenen Mitteln angekauft. 17 der 24 Schulen besaßen eine Wandtafel; ein Jahr ­später war diese Zahl auf 19 gestiegen.31 Da der Gebrauch der Schiefertafeln den Schreib- und Rechenschülern vorbehalten blieb, variierte ihre Anzahl in den einzelnen Orten stark. Angesichts ­dieses allgemein schlechten Zustandes fiel die Einschätzung des Superintendenten pessimistisch aus, bot aber zugleich Lösungsvorschläge: „Daß jede Schule ihr Inventarium an Lehr-, Lern- und Lese-Büchern u[nd] Tafeln haben möge, wird wohl noch lange ein frommer Wunsch bleiben, einzelne bessere Fibeln u[nd] Lesebücher helfen wenig, doch ist in manchen Schulen schon etwas geschehen u[nd] wo noch eine Wandtafel fehlt, kann s­ olche doch gewiß beschafft werden. Sehr gut dürfte es sein, die Geistlichen höhern Orts darauf aufmerksam zu machen, daß jeder sich einen Vorrath 29 Ebd., fol. 33. 30 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. V, fol. 7v: Bericht Engelckens an das Konsistorium und das Schulkollegium, Penkun vom 19. Juni 1820. 31 Wandtafeln fehlten in Krackow, Pomellen, Casekow, Woltersdorf und Schönow.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

zweckmäßiger Fibeln anschaffe, u[nd] der Gemeine bekannt mache, wie sie von diesen für ihre Kinder pro futuro zu kaufen habe.“ 32

Die Erfassung der Mängel konnte nur der erste Schritt zur Verbesserung des Schulwesens sein. Anstelle eigener Vorschläge vertraute die Behörde auf die Expertise der lokalen Schulinspektoren und delegierte die Finanzierung für deren Realisierung an die Gemeinden und Patrone: „Wo über vorhandene Mängel und Gebrechen geklagt werden muß; da sind immer zugleich Vorschläge zu thun, wie denselben unter den gegebenen Umständen am schnellsten und sichersten abgeholfen werden könne. Wir setzen dabei billig überall voraus, daß zuvor bei der Gemeinde sowohl, als bei den Patronen Alles versucht worden ist, um sogleich an Ort und Stelle die nothwendigen Verbesserungen einzuleiten.“ 33

Damit wurde ein Großteil der Verantwortung auf den Superintendenten übertragen, der in speziellen Verhandlungen mit den jeweils Beteiligten versuchen musste, deren Bereitschaft zu wecken. Erklärtes Ziel war die Schaffung eines separaten Unterrichtsraumes und seine Ausstattung mit einem zweckmäßigen Mobiliar sowie den notwendigen Lehrmaterialien. Die Finanzierung der durch die Fachwerkbauweise relativ einfach zu realisierenden Vergrößerungen der Schulhäuser übernahmen in erster Linie die K ­ irchen, wenn sie über entsprechende Mittel verfügten wie in Wollin, Luckow und Schönfeld. Waren die ­Kirchen nicht liquide, ging diese Pflicht auf das Patronat über. Die aus einem solchen Fall resultierenden Schwierigkeiten hatte Engelcken 1819 der Regierung mitgeteilt: „Die Externa der K ­ irchen und Schulen liegen hier überall fast nur in der Hand von PrivatPatronen; wie selten aber bei diesen ein guter Wille u[nd] eine richtige Ansicht hierüber gefunden wird, ist leider bekannt genug.“ 34

Auch für die Realisierung des zweiten Schwerpunktes, der Beschaffung der erforderlichen Lehrmittel, konnte Engelcken einen Vorschlag präsentieren. Seit 1818 war in der Synode das einheitliche Schulgeld eingeführt worden, das neben der Hebung der Lehrergehälter einem weiteren Zwecke diente. War es zuvor möglich gewesen, durch unterschiedliche Schulgeldsätze ein gestaffeltes Bildungsangebot abzurufen, so wurden nun alle Eltern zur Entrichtung des Höchstbetrages verpflichtet. Was der Regierung als probates Mittel erschien, für alle Kinder, zumindest formell, das Maximum des damals Möglichen bereitzustellen und damit den Grundstein für eine Hebung des Bildungsniveaus zu legen, stieß 32 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4, fol. 6: Bericht Engelckens, Penkun vom 14. Juli 1819. 33 Ebd., fol. 1: Rundschreiben des Konsistoriums und der K ­ irchen- und Schulkommission, Stettin vom 19. Dezember 1818. 34 Ebd., fol. 6: Bericht Engelckens, Penkun vom 14. Juli 1819.

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bei einem Großteil der Landbevölkerung auf erheblichen Widerstand. Dass in dieser schwierigen Situation die Forderung nach weiteren Ausgaben der Eltern für Schulbücher kaum geneigte Ohren finden würde, musste Engelcken klar gewesen sein. So mag es als nicht unwahrscheinlich anmuten – auch wenn sich für diese These keine Bestätigung in den Akten finden ließ – dass der Superintendent dieser Stimmung ein Stück weit Rechnung trug, als er bei der Stettiner Behörde darum bat, von jedem Taler des eingehenden Schulgeldes 1 Groschen in eine Schulkasse zu überweisen, aus deren Bestand für die „Vervollständigung [der Schul-Inventarien] nach einem tüchtigen Plan nach und nach gesorgt werden könnte“.35 Im Antwortschreiben bewilligte die K ­ irchen- und Schulkommission 1821 die Einbehaltung dieser Summe. Für die Einrichtung der Schulzimmer empfahl sie erstmals Subsellien, ein feststehendes, dauerhaft verbundenes Arrangement von Bänken und Tischen.36

7.3.2 Das Wartiner Schulhaus An früherer Stelle wurde auf die im Vergleich der Jahre 1798 und 1818 festgestellte Verschlechterung der Raumsituation in Wartin hingewiesen. Auf den ersten Blick verwundert es, dass in einem der geräumigsten Küsterhäuser der Synode noch immer – bzw. in ­diesem Falle erneut – der Wohnraum des Amtsinhabers zugleich als Schulstube diente. Die Betrachtung der örtlichen Umstände gibt näheren Aufschluss. Die außergewöhnliche Größe des Wartiner Küsterhauses – es verfügte mit ca. 16,80 Meter mal 11,60 Meter über eine Grundfläche von fast 200 Quadratmetern – findet seine Erklärung darin, dass es in sich zwei getrennte, annähernd axialsymmetrisch geschnittene Amtswohnungen beherbergte, nämlich die des Küsters und die des Organisten. Eine jede war, für sich gesehen und an den Umständen der Zeit gemessen, ausreichend groß. Dem Küster standen neben der Schulstube ein Wohnzimmer, drei Kammern, eine Küche und ein Flur zur Verfügung (vgl. Abbildung 25). Noch zu Amts- und Lebzeiten des Küsters Carl Krüger wurde sein Sohn Johann Gottlob 1798 zu dessen Adjunkt und Nachfolger bestimmt.37 Mit seinem Tode 1803 hinterließ Carl seinem Sohn nicht nur das Küster- und Schulamt, sondern zugleich die Fürsorge für seine zweite Frau Christine.38 Ihr wurde vom Patron die kleinere der beiden Stuben auf Lebzeiten überlassen, so dass der Lehrer mit seiner Familie gezwungen war, in der eigentlichen Schulstube zu leben. Dieser Zustand wurde offensichtlich 15 Jahre geduldet, ehe sich die Regierung durch den Schulbericht von 35 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 8: Bericht Engelckens, Penkun vom 19. Juni 1820. 36 Ebd., fol. 154 f.: Revisionsbescheid der K ­ irchen- und Schulkommission, Stettin vom 19. April 1821. 37 Vgl. Anhang 9.6 dieser Arbeit. 38 Carl Krüger war seit 1752 in erster Ehe mit Christina, geb. Schmidt, verheiratet gewesen, die 1788 in Wartin verstarb. Aus dieser Verbindung gingen neben dem 1766 geborenen Johann Gottlob sieben weitere Kinder hervor. Seine zweite Ehe schloss Carl Krüger 1790 mit der Witwe Christine Wollin, geb. Harpt.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

Abbildung 25: Grundriss des Wartiner Küster- und Organistenhauses 1820 39

1819 veranlasst sah, den Patron, Curt von Ramin,39zur Abänderung dieser Zweckentfremdung aufzufordern, weil „dies für den guten Erfolg des Schulunterrichts die wesentlichsten Nachtheile mit sich führt“.40 Von Ramin versicherte indes, dass der Schulunterricht durch die Lehrerfamilie keinerlei Störung erfahre, und schlug vor, die Situation vorerst bestehen zu lassen, auch weil er sich an das Versprechen gegenüber der mehr als 80-jährigen Witwe gebunden fühle, deren Lebenszeit ohnehin bald zu Ende ginge.41 Darauf jedoch wollte sich die Regierung nicht einlassen und beauftragte Superintendent Engelcken mit der genaueren Untersuchung der örtlichen Gegebenheiten. Sein Bericht ist das einzige überlieferte zeitgenössische Zeugnis, das eine Beschreibung des alltäglichen Lebens in einer Schulstube des Penkuner Bereichs vornimmt: „Nach den Mittheilungen des Predigers Rahn ergibt sich nun, daß die Schulstube 306 Fuß 42 [ca. 30 Quadratmeter] enthält, u[nd] die daneben befindliche 153 [ca. 15 Quadratmeter], in ­diesem, dem Wohnzimmer der Wittwe steht zwar ein Bette u[nd] 2 Koffer des Küsters, 39 40 41 42

KKA, Sup Pen, Sect. IV , Nr. 1, Tit. VIa, fol. 167. APS, Rej. Sz., II/4135, unpag.: Stettiner Regierung an von Ramin, Stettin vom 9. August 1820.

Ebd.: von Ramin an die Stettiner Regierung, Wartin vom 16. August 1820. Quadratfuß. Siehe Anhang 9.17 dieser Arbeit.

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inzwischen kann er doch mit seiner Familie dort keineswegs wohnen, so lange die Stiefmutter darin ist, u[nd] so ist denn die Schulstube zugleich Wohnung, muß ein Bette, eine Wiege, zu der eine zweite bald kommen wird, Kasten, Wirthschaftsgeräte aller Art, einen Schneidergesellen, des Küsters Frau, Dienstmädchen u[nd] 2 – 3 ganz kleine Kinder aufnehmen, so daß für 60 Kinder mit ihren Tischen u[nd] sonstigen Geräthschaften ein übermäßig beschränkter Raum bleibt, in welchem Junge u[nd] Alte sich um so weniger wohl befinden können, da das Zimmer nur 7 Fuß [ca. 2,20 Meter] Höhe hat. Das Schlimmste aber ist, daß unter diesen Umständen auch während des Unterrichts in dieser Stube von dem Gesellen geschneidert, von Frau u[nd] Mädchen gekocht, gesponnen, gewirthschaftet u[nd] von den kleinen Kindern gelärmt u[nd] geschrieen wird, so daß gar nicht anzusehen ist, wie hierbei das Lehren abgewartet werden könne.“ 43

Veranlasst durch Engelckens Bericht, der im Grunde die gleichen Mängel spiegelte wie die von Karl Gottlieb Enkelmann gut 20 Jahre zuvor verfasste Schilderung, verfügte die Regierung die Ausmietung der Witwe und verlangte ferner einen Umbau des Hauses, damit künftig das Wohnzimmer des Küsters nicht mehr durch das Schulzimmer, sondern von der Küche aus zu erreichen war.44 1827, nach dem Tode des Organisten Ernst Otto Voigt, strebten Patron und Regierung erfolgreich eine Verschmelzung des Organisten- mit dem Küsteramt an. Damit stand das große Haus nun einem einzigen Amtsinhaber zur Verfügung. Nur wenige Jahre s­ päter, als 1835 die Schülerzahl auf 70 angewachsen war, konnte durch die Vereinigung der Schulstube mit der ehemaligen Wohnstube des Lehrers ein größerer Klassenraum gewonnen werden – eine Abhilfe auf Zeit, denn bereits 20 Jahre s­ päter war die Schülerzahl auf etwa 120 gestiegen.

7.3.3 Die Schaffung separater Unterrichtsräume Schon in den Jahren nach 1820 lässt sich eine eindeutig positive Veränderung der Schulhaussituation feststellen, so dass Engelcken im Bericht des Jahres 1823 der K ­ irchen- und Schulkommission einen – zumindest quantitativ – besseren Befund mitteilen konnte als 1820.45 Als Grundlage dieser Evaluation diente ein im Vergleich zur vorherigen Erhebung umfangreicherer Fragenkatalog, dessen Beantwortung nun wieder ausschließlich den Pfarrern oblag. Während die Schulberichte 1818 wenig konkret nach einer „zweckmäßigen Einrichtung“ der Schulzimmer fragten, hatte die Behörde inzwischen ihre Vorstellung hiervon weiter ausdifferenziert und konkrete Parameter vorgegeben:

43 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 1, Tit. IVa, fol. 32: Engelcken an die ­Kirchen- und Schulkommission, Penkun vom 19. September 1820. 44 Christine Krüger zog zu ihrem Sohn aus erster Ehe, der einen Bauernhof in Wartin besaß. Dort verstarb sie am 3. April 1823 im Alter von 82 Jahren. 45 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6: Schulberichte und Bescheide.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

1. Schulhaus: ob ein eigenes oder gemiethetes – wie beschaffen – ob seit 1816 neu erbaut oder bedeutend erweitert – wie viel die Baukosten betragen – von wem sie bestritten werden? 2. Schulstube: ob eine besondere Schulstube vorhanden – ob hoch, hell und geräumig genug – ob gedielt – wie die Tische und Bänke aufgestellt und beschaffen sind? 3. Schulgeräthe: ob in der Schule eine schwarze Wandtafel, Lesetafeln, Schiefertafeln, ein Sitz für den Lehrer, ein Schulschrank pp vorhanden? 4. Ordnung und Reinlichkeit: wer und wie dafür gesorgt wird?

Im Einklang mit den bestehenden Gesetzen betrachtete der Staat den Ausbau der Schulhäuser nicht als seine Angelegenheit. Wohl aber deuten sich erste Normierungstendenzen hinsichtlich der Einrichtung der Unterrichtsräume an, die 1833 ihren vorläufigen Abschluss fanden. Mit der Schaffung eines vom Wohnbereich des Lehrers separierten Raumes gewann offenbar auch die zuvor nie gestellte Frage nach dessen Reinigung eine Bedeutung. Eine Zusammenfassung des 1823 bestehenden Zustands der Schulen innerhalb des Untersuchungsraumes bietet Tabelle 32. Tabelle 32: Baulicher Zustand der Schulen in der Penkuner Synode 1823 separates Schulzimmer

Qualität des Raumes

Fußbodenbelag

Subsellien

ja

nein

gut

schlecht

Dielen

Stein oder Lehm

ja

nein

20

10

12

18

12

18

0

30

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6, fol. 2 – 62: Schulberichte des Schuljahrs 1822/23. Die Daten zu den einzelnen Schulen befinden sich im Anhang 9.21 dieser Arbeit.

Mittlerweile war die Anzahl der Schulen durch die geographisch bedingte Vergrößerung des Aufsichtsbezirks sowie den Radewitzer Neubau 46 auf 30 angestiegen. Als „eigentlich gut“ bezeichnete Engelcken nur jene neun Schulen, die „seit 1816 entweder ganz neu gebaut oder doch tüchtig u[nd] gut reparirt“ worden waren.47 Die dafür benötigten Summen stammten für die unter königlichem Patronat stehenden Orte Cunow, Löcknitz, Plöwen und Bergholz aus Staats- und Gemeindemitteln, in den anderen Dörfern aus dem Kirchenvermögen. In 20 Schulhäusern befand sich ein separater Unterrichtsraum, was einem Anteil von 67 Prozent entsprach – zum Vergleich: 1820 lag er bei insgesamt 24 Schulen noch bei 38 Prozent. Davon bezeichnete Engelcken allerdings nur zwölf als „geräumig und durchaus gut“. Die 46 Vgl. dazu Kapitel 7.5.1. dieser Arbeit. 47 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6, fol. 63 – 67: Bericht Engelckens an die ­Kirchen- und Schulkommission in Stettin, Penkun vom 27. Dezember 1823, Zitat fol. 63. Es handelte sich um die Schulgebäude von Löcknitz, Plöwen, Bergholz, Luckow, Woltersdorf, Cunow, Blumberg, Casekow und Radewitz.

Reformbestrebungen im beginnenden 19. Jahrhundert

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Anzahl separater Lehrzimmer konnte in den folgenden Jahren weiter erhöht werden und war 1827 auf 27 gestiegen. 1841 wurde zuletzt auch in Petershagen ­dieses Defizit beseitigt. Durchweg schlecht stand es um die Ausstattung der Klassenzimmer mit Subsellien, deren Anschaffung bereits 1821 von der ­Kirchen- und Schulkommission „zur Ertheilung eines zweckmäßigen Unterrichts und der so nöthigen gleichzeitigen Beschäftigung aller Kinder“ gefordert worden war.48 Ihr Ankauf war in Blumberg und Casekow zugesagt; in den übrigen Ortschaften waren Tische und Bänke „nach dem Lichte hingestellt.“ 49 Die mit genauen Skizzen versehenen Aufzeichnungen des Schönfelder Pfarrers Friedrich Wilhelm Heinrich Obenaus veranschaulichen die Aufstellung des Mobiliars, das in allen drei Schulen dieser Parochie aus jeweils einem Tisch und einzelnen verschieden arrangierten Bänken bestand.50

Abbildung 26: Aufstellung des Mobiliars im Schulhaus von Luckow 1823 50

Abbildung 27: Aufstellung des Mobiliars im Schulhaus von Petershagen 1823 48 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5, fol. 154 f.: K ­ irchen- und Schulkommission Stettin an Engelcken, Stettin vom 19. April 1821, Zitat fol. 155. 49 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6, fol. 63v. 50 Quelle für die Abbildungen 26 bis 28: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6, fol. 34v–35: Schulbericht der Schönfelder Parochie vom 8. September 1823.

256

Die Verbesserung der Schulhäuser

Abbildung 28: Aufstellung des Mobiliars im Schulhaus von Schönfeld 1823

Erstmalig bezeugte die Behörde ein schulhygienisches Bewusstsein, indem sie dem Fußboden des Schulzimmers ihre Aufmerksamkeit widmete und nach dem Vorhandensein einer Bedielung fragte. Alle anderen Varianten, ob nun Stein oder Lehm, erschienen inzwischen als ungeeignet. Da nur zwölf Schulen, und damit 40 Prozent, über gedielte Klassenzimmer verfügten, erschloss sich aus ­diesem Mangel perspektivisch ein weiteres Verbesserungsziel. Es wäre folgerichtig gewesen, wenn bei Schulneubauten dieser neue Standard Berücksichtigung gefunden hätte. Dass dies nicht der Realität entsprach, belegen die Geschehnisse in Sonnenberg und Ramin, wo 1822 neue Schulhäuser errichtet worden waren. Allerdings trafen besonders in Ramin mehrere unglückliche Umstände zusammen, wodurch – sehr zu Engelckens Unmut – in beiden Gebäuden nur Lehmfußböden Verwendung fanden.51 Diese „unverantwortlich elende Einrichtung“ kritisierte der Superintendent scharf gegenüber der Stettiner Regierung, weil Schmutz und Nässe, die die Kinder zwangsläufig hereingetragen, den „jämmerlichen Boden zur Kloake auflösen“ würden.52 Konnte durch die Erhöhung des Anteils separater Unterrichtsräume ein gewisser Erfolg vermeldet werden, bot sich im Hinblick auf die Ausstattung mit Schul- und Lehrmitteln nach wie vor ein trauriges Bild. Immerhin befand sich nun bis auf Schönow in jeder Schule eine schwarze Wandtafel, aber nur in einigen wenigen existierten Lesetafeln als Anschauungsobjekte.53 Selbst Schiefertafeln für die Kinder gehörten nicht selbstverständlich zum Inventar.54 Bis auf Fibeln und religiöse Literatur (Katechismus, Gesangbuch, Evangelienbuch, Bibel) besaßen die Schüler keinerlei Bücher. Relativ spärlich fanden sich einzelne Exemplare methodischer Schriften für die Hand des Lehrers zur Anleitung für den Lese-, Schreib- und Rechenunterricht.Mit großer Sicherheit wird diese Fachliteratur der Weiterbildung der Lehrer gedient und eine nicht unwesentliche Rolle in den von den jeweiligen Pfarrern geleiteten Fortbildungskonferenzen der einzelnen Parochien gespielt haben. Auch hier bestanden innerhalb der Kirchspiele große Differenzen. Am schlechtesten waren Wollin, Sommersdorf und Cummerow aufgestellt. Während sich in Sommersdorf nur Literatur für die Erteilung eines zweckmäßigen Religionsunterrichts fand – dafür aber gleich 51 Vgl. dazu Kapitel 7.5.2. dieser Arbeit. 52 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6, fol. 63 – 67: Bericht Engelckens an die ­Kirchen- und Schulkommission in Stettin, Penkun vom 27. Dezember 1823, Zitat fol. 63v. 53 Lesetafeln befanden sich in Löcknitz, Bergholz, Plöwen und Cunow. Man beachte: Diese Orte standen unter königlichem Patronat. 54 Schiefertafeln fehlten in Wollin, Storkow, Schönow, Cummerow, Jamikow und Sommersdorf.

257

Reformbestrebungen im beginnenden 19. Jahrhundert

vier verschiedene Werke –, existierte in der Parochie Cummerow nur ein einziges Buch: Hübners biblische Geschichten.

7.3.4 Die Reglementierung der Raumgröße Zum Ende der 1820er Jahre richtete sich das Interesse der Behörden verstärkt auf Aspekte, die die Schülergesundheit betrafen. Die Schulberichte für das Jahr 1828/29 erfassten erstmals die Größe des Unterrichtsraumes und setzten diese mit der Anzahl der vorhandenen Schüler in Relation. Tabelle 33: Größe der Schulzimmer in den Orten der Penkuner Synode in Relation zur Schülerzahl 1828 (bei 6 □F pro Schüler) Schulort

Größe des Unterrichtsraumes Kapazität 1 in Quadratfuß in Quadratmeter des Raumes

Anzahl der Schüler

Abweichung

Blumberg2

288

28,4

48

99

+ 51

Wartin

318

31,3

53

67

+ 14

Casekow

332

32,7

55

27

- 28

Cummerow

360

35,5

60

54

-6

Jamikow

280

27,6

47

24

- 23

Glasow

232

31,8

39

92

+ 53

Hohenholz

261

25,7

44

40

-4

Löcknitz

342

33,7

57

85

+ 28

Bergholz

288

28,4

48

70

+ 22

Plöwen

360

35,5

60

72

+ 12

Nadrensee

198

19,5

33

46

+ 13

Krackow

225

22,2

38

49

+ 11

Pomellen

140

13,8

23

26

+3

Retzin

320

31,5

53

52

-1

Grambow

80

7,9

13

30

+ 17

Bismark

324

31,9

54

73

+ 19

Schönfeld

272

26,8

45

37

-8

Luckow

336

33,1

56

50

–6

Petershagen

196

19,3

33

51

+ 18

Sommersdorf

442

43,5

74

55

- 19

Grünz

162

16

27

35

+8

Radewitz

312

30,7

52

25

- 27

Sonnenberg

224

22,1

37

49

+ 12

Ramin

238

23,4

40

60

+ 20

Schmagerow

208

20,5

35

30

-5

258

Die Verbesserung der Schulhäuser Wollin

396

39

66

54

- 12

Storkow

240

23,6

40

56

+ 16

Woltersdorf

288

28,4

48

53

+5

Cunow

252

24,8

42

74

+ 32

Schönow

208

20,5

35

34

-1

Durchschnitt

270

26,7

45

52

+7

1

Gesetzlich war ein Platzbedarf von 6 Quadratfuß pro Kind festgelegt. Die hier erfasste Kapazität bezieht sich auf die zulässige Anzahl von Kindern. 2 Das Blumberger Schulhaus brannte am 24. September 1828 ab. Die hier erfassten Daten beziehen sich auf das alte Haus. Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Rej. Sz., II/4113, unpag.: JahresBerichte von den Landschulen der Synode Pencun pro 1828.

Das dabei zugrunde gelegte Maß von 6 Quadratfuß Platzbedarf pro Schüler wurde schon seit längerer Zeit in der Verwaltung diskutiert; für das Untersuchungsgebiet lässt sich diese Forderung erstmalig 1822 im Zusammenhang mit der Erbauung der Raminer Schule nachweisen.55 Dass in mehr als der Hälfte der Unterrichtsräume unter Anlegung d ­ ieses neuen Kriteriums eine zum Teil erhebliche Überfrequentierung offenbar wurde, belegt Tabelle 33. Sie trat besonders für Blumberg und Glasow, aber auch Cunow hervor. Angesichts der steigenden Schülerzahlen ließ sich das Ausschöpfen der vorhandenen Platzreserven – sie lagen bei den meisten Schulen ohnehin nur im einstelligen Bereich – für die nahe Zukunft unschwer prognostizieren. Somit konnte aus ­diesem Befund eine weitere Aufgabe abgeleitet werden, der sich die Gemeinden zu stellen hatten: die Vergrößerung der Unterrichtsräume durch entsprechende U ­ mbauten der Schulhäuser.

7.4 Schulbauvorschriften Es bestanden innerhalb der pommerschen Schulverwaltung bereits 1822 konkrete Vorstellungen hinsichtlich der Größe und Ausstattung eines Unterrichtsraums. Davon aber erhielten bisher die örtlichen Instanzen erst unmittelbar vor dem Beginn eines Schulneubaus Kenntnis, wie das Beispiel von Ramin belegt. Eine allgemein gültige Festlegung bestand demnach offenbar nicht, bis sich die K ­ irchen- und Schulverwaltung 1833 veranlasst sah, mittels eines Zirkularschreibens Abhilfe zu schaffen. „Die Reisen unserer Schulräthe zur Revision der Schulen in unserem Verwaltungsbezirke haben ihnen öfters Veranlassung gegeben, mißfällig zu bemerken, wie die Lehrzimmer in den Schulen nicht immer ­solche Einrichtung haben, wie es für den Schulzweck wünschenswerth

55 Vgl. dazu Kapitel 7.5.2. dieser Arbeit.

Schulbauvorschriften

259

ist, und wie namentlich die Subsellien […] oft so aufgestellt sind, daß für den Unterricht gar nicht die gewünschten Vortheile daraus entstehen.“ 56

Diese Verordnung ist der erste Versuch, grundlegende und von den Bedürfnissen der Schüler ausgehende schulhygienische Standards zu etablieren, die bei jedem künftigen Schulneu- bzw. -umbau Berücksichtigung finden sollten.57 Neben der Festschreibung eines verbind­lichen Faktors zur Bestimmung einer sich an der Schüleranzahl orientierenden Flächengröße bestimmte das Reglement ferner die unverzichtbare Ausstattung des Unterrichtsraumes mit Sitz- und Einrichtungsmöbeln sowie Lehrmaterialien.

7.4.1 Schulbauvorschriften im Spiegel der Zeit Der von Süvern vorgelegte Unterrichtsgesetzentwurf blieb in seinem insgesamt elf Paragraphen umfassenden fünften Abschnitt „Die äußere Ausstattung und Unterhaltung der Schulen“ im Hinblick auf die Vorgaben zum Schulhaus bzw. dem Unterrichtsraum sehr unkonkret, indem er „eine möglichst gesunde und reinliche Lage [und] ferner gesunde, hinlänglich geräumige und für den Zweck der Anstalt passend eingerichtete Zimmer“ verlangte.58 Süvern betonte gleich zweimal den Aspekt der Schülergesundheit, ohne ihn allerdings zu konkretisieren. Genauere Vorgaben hierzu wie auch Musterrisse für neu zu erbauende Schulhäuser sollten den Provinzialschulordnungen vorbehalten bleiben. Ungeachtet dessen diskutierten vor allem Pädagogen Fragen der Schulbauhygiene. So erschien 1825 in den Jahrbüchern des preußischen Volksschulwesens ein Artikel des Sassendorfer Pfarrers Gottlieb Julius Wilhelmi,59 der als Schulinspektor dem Konsistorium zu Münster einen umfassenden Bericht über die Zustände seiner Dorfschule und die von ihm ergriffenen Maßnahmen zu deren Verbesserung erstattete.60 Die angezeigten Missstände wie Platzmangel, schlechte Ausstattung mit Mobiliar und Lehrmitteln, mangelhafte Lichtverhältnisse lassen sich problemlos auch auf Pommern übertragen. Im ersten Drittel seiner Schrift – ­später wandte er sich der Schuldisziplin und einzelnen Unterrichtsfächern zu – widmete sich Wilhelmi akribisch dem Lehrraum. Bot dieser zuvor mit einer Größe 56 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 206: Regierung an sämmtliche Herrn Superintendenten und landräthlichen Behörden im Regierungsbezirk Stettin vom 28. November 1833. 57 Eine wortgetreue Abschrift findet sich im Anhang 9.22 dieser Arbeit. 58 Abgedruckt in: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten 1869, S. 15 – 74. Zitat: § 46, S. 38. 59 Vgl. Ev. Kirchengemeinde Bad Sassendorf (Hg.): Zum 655jährigen Jubiläum, April 1986 Sst. Simon und Judas Thaddaeus. Soest 1968, S. 45 f.: Wilhelmi wurde am 10. November 1774 im thüringischen Arnstadt geboren und wirkte fünf Jahre als Lehrer am Archigymnasium in Soest, ehe er 1809 als Pfarrer in Sassendorf eingesetzt wurde. Seine Ernennung zum Schulinspektor des Inspektionsbezirks Lohne erfolgte im Februar 1823. Wilhelmi verstarb am 11. November 1838 in Sassendorf. 60 Wilhelmi, Gottlieb Julius: Die Schule zu Sassendorf, in: Beckedorff, Ludolph (Hg.): Jahrbücher des preußischen Volks-Schul-Wesens, Band 3, Heft 1, Berlin 1825, S. 23 – 61.

260

Die Verbesserung der Schulhäuser

von 3 Quadratfuß pro Kind nur unzureichenden Platz, konnte nun durch das Hinzufügen von zwei Gefachen eine Verdoppelung der Fläche erreicht werden. Ferner wurden die Fenster so eingebaut, dass das Licht den Raum von zwei Seiten erhellte. Das alte Mobiliar – es bestand aus vier langen Bänken und zwei Tischen, weshalb die Hälfte der Kinder mit dem Rücken zum Lehrer saß – wurde durch zwei Reihen einsitziger von einem Mittelgang getrennter Tische ersetzt, die durch unterschiedliche Höhen dem Alter der Schüler angepasst waren und die Klasse geschlechtsspezifisch differenzierte. Der erhöhte Platz des Lehrers befand sich vor der Klasse; an der hinter ihm liegenden Wand waren drei Tafeln, eine große mittlere und zwei kleinere jeweils rechts und links daneben, angebracht. An den Wänden des Raumes hingen neben Schulordnung und Stundenplan verschiedene geographische sowie Buchstaben-, Ziffern- und Notenkarten. Der in Bautzen als ­Kirchen- und Schulrat wirkende Gottlob Leberecht Schulze 61 befasste sich eingehend mit dem seinerzeit kursierenden pädagogischen Schrifttum und griff in seinem 1826 erschienenen Werk: „Die vorzüglichsten Gegenstände des Landschulwesens und der Verbesserung desselben“ auch auf die Vorschläge Wilhelmis zurück. Er ergänzte sie vor allem mit Hinweisen zur Beschaffenheit des Schulhauses.62 Dieses in der Regel massive, zweistöckige Gebäude sollte nach Osten ausgerichtet, auf einem trockenen, geschützten Bauplatz in der Nähe der K ­ irche errichtet und mit Ziegeln bedacht werden. Zum Schutz vor aufsteigender Feuchtigkeit empfahl Schulze eine Anhebung des Fußbodens um mindestens 40 bis 60 cm über dem Niveau des umliegenden Geländes. Die Wohnung des Lehrers sollte neben der Wohnstube mindestens eine Stubenkammer, eine Küche, eine Vorrats- und eine Bodenkammer sowie einen trockenen Keller umfassen. Zum Ensemble gehörten ferner die notwendigen Wirtschaftsgebäude wie Scheune, Schuppen und Stall, alles mit Ziegeln gedeckt. Anders als Wilhelmi gab Schulze konkretere Vorgaben zum Lehrzimmer, das die ganze Breite und halbe Länge des Hauses beanspruchte.63 Es hatte die Form eines Rechtsecks, 61 Zur Person Schulzes vgl. Moderow, Hans-Martin: Volksschule z­ wischen Staat und K ­ irche. Köln, Weimar, Wien 2007, S. 104 – 107: Schulze wurde 1779 in Hirschfeld (Sachsen) geboren, besuchte von 1791 – 1796 die Fürstenschule in Grimma, um anschließend in Leipzig Theologie zu studieren. Seine Tätigkeiten als Lehrer und ab 1809 als Pfarrer qualifizierten ihn für die neugeschaffene Stelle des K ­ irchen- und Schulrates der Oberlausitz, w ­ elche er 1823 besetzte. Dort erarbeitete er bereits 1828 ein Schulgesetz. Nachdem jedoch die Entscheidung für ein allgemeines sächsisches Unterrichtsgesetz gefallen war, erhielt Schulze den Auftrag, seinen für die Oberlausitz gedachten Entwurf für ganz Sachsen umzuarbeiten. Es trat 1835 in Kraft. Schulze verstarb 1856 in Dresden. 62 Schulze, Gottlob Leberecht: Die vorzüglichsten Gegenstände des Landschulwesens und der Verbesserung desselben. Budissin 1826. Die zahlreichen Anmerkungen und Verweise bezeugen seine umfassende Kenntnis der pädagogischen Literatur. 63 Ebd., S. 208: „Es darf also die Schulstube bloß als ­solche (als Unterrichtsort) gebraucht werden. Häusliche und wirthschaftliche Geschäfte darin vorzunehmen, oder den für die Schulgerätschaften bestimmten Raum durch fremdartige Dinge (Kleiderschrank, Topfbreter etc.) zu verengen, ist ganz unstatthaft. So wenig wie der Geistliche in der ­Kirche wohnen darf, oder

Schulbauvorschriften

261

dessen Seitenlängen im Verhältnis 2:3 standen. Seine Höhe betrug mindestens 5½ Ellen (= 3,67 m). Als Fußbodenbelag dienten gespundete Dielenbretter. Um dem Raum die nötige Helligkeit zu geben, enthielt er mindestens sechs Fenster, die idealerweise an drei Seiten die Wände durchbrachen und deren jeweils vier Flügel eine gute Belüftung gestatteten. Alles Verdunkelnde, wie Bäume, Sträucher oder „von manchen Schullehrern selbst gezogene Spaliergewächse“ durften nicht in der Nähe des Hauses stehen. Als Schutz vor greller Sonne sollten Rollenvorhänge dienen. Zur Beheizung des Raumes empfahl er „Zug- oder Windöfen“, die so zu positionieren waren, dass sie eine gleichmäßige Erwärmung des Raumes bewirkten. „Es ist sehr schlimm, wenn, wegen ungeschickter Lage des Ofens die Temperaturen aller Erdzonen in ein und derselben Schulstube herrschen!“ 64 Als Sitzmöbel für die Schüler wählte Schulze mit genauen Maßen versehene Subsellien, die jeweils „aus einer Bank und einem gleichlangen, etwas breiterem Pulte bestehen. […] Ein Pult und eine Bank sind jedesmal am Fuße mit einander verbunden und ruhen in der Mitte und zu beyden Seiten auf hölzernen Schwellen“.65 Auch sie waren wie bei Wilhemi in zwei Abteilungen durch einen Hauptgang getrennt. Darüber hinaus sind Schulzes Forderungen nach einem „Abstreicheisen zur Reinigung der Schuhe“ 66 und das Anlegen von Abtritten, die nach Geschlechtern getrennt angeordnet waren, ein absolutes Novum.

7.4.2 Regelungen für den Regierungsbezirk Stettin 1833 Ohne Zweifel bildeten die Forderungen zeitgenössischer Pädagogen, von denen stellvertretend Wilhelmi und Schulze genannt wurden, Idealvorstellungen ab, während die Schulverwaltung diesen „oft weit der Realität vorgreifenden Ideen […] nicht immer in ihren Maßnahmen“ folgte.67 Insofern lohnt es, die für den Regierungsbezirk Stettin erlassene Verfügung mit den beschriebenen Idealen zu vergleichen. Die Stettiner Behörden verwiesen in ihrem Reglement explizit auf die Werke Schulzes und Christian Heinrich Zellers 68 und bezeugten damit die Rezeption gängiger pädagogischer Vorstellungen. Inhaltliche Kongruenzen, z. B. im Hinblick auf die Größe des Klassenzimmers, tauchen auf. Seine rechteckige Grundfläche – die

64 65 66 67 68

so wenig dessen Angehörige darin zu kochen, zu waschen, Wäsche zu trocknen etc. befugt sind; – so wenig der Schulmeister und dessen Familie in der Schulstube.“ Schulzes Hinweis ist ein Beleg für die bislang bestehende Zweckentfremdung der Schulstube, wie sie auch in Pommern gang und gäbe war. Vgl. z. B. den Bericht Engelckens vom Wartiner Schulhaus. Ebd. S. 210. Ebd., S. 212. Ebd., S. 208. Bennack, Jürgen: Gesundheit und Schule. Zur Geschichte der Hygiene im preußischen Volksschulwesen. Köln, Wien 1990, S. 128. Zeller, Christian Heinrich: Lehren der Erfahrung für christliche Land- und Armen-Schullehrer. Basel 1827. Zeller (1779 – 1860) war der Bruder des preußischen Oberschul- und Regierungsrates Carl August Zeller (1774 – 1846). Vgl.: Sander: Christian Friedrich Zeller [Artikel], in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 45 (1900), S. 25 f.

262

Die Verbesserung der Schulhäuser

beiden Seiten sollten einen möglichst geringen Längenunterschied haben – berechnete sich nach einem Platzbedarf von 6 Quadratfuß (= 59 cm²) pro Schulkind. Zur Berücksichtigung des prognostizierten Schülerwachstums musste zu der aktuell benötigten Fläche ein Drittel addiert werden. Als maximale Obergrenze legte die Behörde eine Zahl von 100 Schülern fest. Nach deren Überschreiten ergab sich die Notwendigkeit eines zweiten Klassenraumes – und damit auch Lehrers. Für die Höhe des Raumes wurde ein Mindestmaß von 9 Fuß (= 2,82 m) vorgeschrieben, das sich bei zahlenstärkeren Klassen auf 10 bis 11 Fuß (= 3,14 bis 3,45 m) erweiterte. Sparsamer verhielt sich das Reglement mit der Anzahl der Fenster, die wegen des günstigen Lichteinfalls nach Osten ausgerichtet waren. Ebenfalls danach gestaltete sich die Aufstellung der Subsellien, denen, gemessen an Umfang und Präzision der Beschreibung, der Text die größte Aufmerksamkeit widmete. Auch sie wurden frontal ausgerichtet. Damit war nicht nur dem früher oft kritisierten Missstand abgeholfen, dass beim beidseitigen Sitzen auf Bänken einige Kinder immer mit dem Rücken zum Lehrer saßen bzw. die kleineren Kinder keinen Tisch vor sich hatten. Jetzt bot sich die Möglichkeit, nach dem Kenntnisstand der Schüler binnendifferenziert zu unterrichten, indem die ­Subsellien in zwei Reihen aufgestellt und die Ober- und Grundklasse jeweils getrennt platziert wurde, letztere immer auf der Ofenseite. Dadurch war es dem Lehrer möglich, sowohl die ganze Gruppe gemeinsam als jede Abteilung für sich zu unterrichten. Der in Blickrichtung der Schüler liegende Bereich des Raumes blieb dem Lehrer vorbehalten. Er saß auf einem 6 bis 8 Zoll (= 15,7 bis 20,9 cm) erhöhten Podest an seinem Tisch. Die dahinterliegende Wand bot Platz für die Wandtafeln, wiederum getrennt nach Grund- und Oberklasse, sowie eine dritte, in der Mitte hängende für den gemeinsamen Unterricht. Ein Schulschrank zur Aufbewahrung von Heften, Büchern und Schiefertafeln sowie eine Garderobe rundeten das sonst spärliche Interieur ab. Zur besseren Veranschaulichung fügte die Behörde dem Reglement einen Musterriss bei.69 Bei allen Gemeinsamkeiten lassen sich auch Abweichungen feststellen. So fehlten, weil das Stettiner Reglement ausschließlich das Lehrzimmer betrachtete, Vorgaben zur Baubeschaffenheit des Schulhauses und zum Schulensemble insgesamt. Auch wichtige schulhygienische Fragen wie die Beschaffenheit des Fußbodens oder die Benutzung der Abtritte blieben gänzlich unbeachtet.

7.5 Vergleich der Baugeschichte dreier ausgewählter Schulhäuser in der Penkuner Synode 7.5.1 Das Radewitzer Schulhaus Wie aus Tabelle 29 und Tabelle 31 hervorging, befanden sich ausschließlich in den Kirchdörfern der Penkuner Synode Schulhäuser. Die mit der Reformation einsetzende Entwicklung des Dorfschulwesens nahm ihren Anfang in den Muttergemeinden und breitete sich 69 Vgl. Anhang 9.22 dieser Arbeit.

Vergleich der Baugeschichte dreier ausgewählter Schulhäuser in der Penkuner Synode

263

von dort in die Filialgemeinden aus. In den Vorwerken und Kolonien bestand wegen ihrer geringen Einwohnerzahl keine Notwendigkeit, eigene Schulen zu gründen.70 Ihre Kinder besuchten die Schulen der Orte, zu der das jeweilige Vorwerk bzw. die jeweilige Kolonie eingepfarrt war. Dass von dieser allgemeinen Regel im Gutsdorf Radewitz abgewichen wurde, stellt – zumindest für den Untersuchungszeitraum – eine Singularität dar.71 Ihre Ursachen verdienen eine genauere Betrachtung. Radewitz war mit seinen wenigen Einwohnern von alters her nach Grünz eingepfarrt. Die älteste überlieferte Nachricht aus dem Jahre 1693 bezeugt einen Bestand von vier Gebäuden, in denen einschließlich des Gutspächters fünf Familien lebten.72 Eine größere Anzahl von Menschen war für die Bewirtschaftung des etwa 3000 Morgen großen Gutes nicht erforderlich, weil die notwendigen Feldarbeiten von den erbuntertänigen Bauern aus Grünz und Sommersdorf verrichtet wurden. Die vier in Radewitz wohnenden Familien hingegen dienten dem Gut ausschließlich als Fischer bzw. Viehhirten. Noch 80 Jahre ­später, 1773, hatte sich dieser geringe Gebäudebestand nicht verändert. Trotz der entsprechend kleinen Einwohnerzahl unterhielt der damalige Amtmann Otto Wilhelm Kolbe auf eigene Kosten einen Schulhalter.73 Unklar bleibt die Dauer dieser Einrichtung; die Schultabelle von 1798 berichtet, dass die Radewitzer Kinder im etwa zwei Kilometer entfernten Grünz beschult wurden.74 Für die g­ leiche Zeit lässt sich ein Anwachsen der Bevölkerungszahl auf zwölf Familien konstatieren. War Radewitz bisher verschiedenen, wechselnden Pächtern überlassen worden, änderte sich das, als sein Besitzer Friedrich Wilhelm Graf von Hacke 1777 aus der Königlichen Armee ausschied und die Bewirtschaftung seiner zahlreichen Güter selbst übernahm. Er lebte fortan den größten Teil des Jahres auf Schloss Penkun und in Radewitz, wodurch nicht nur der Bau eines Gutshauses, sondern auch die Ansiedlung von Dienstpersonal im Ort nötig wurde.75 Den wohl größten Umbruch für das Rittergut läutete das Jahr 1810 mit der Aufhebung der Erbuntertänigkeit ein. Das ein Jahr s­ päter erlassene Edikt ermöglichte die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Damit nahte das Ende der bäuerlichen Arbeitsverpflichtungen. Künftig benötigte der Gutsherr ortsansässige Arbeitskräfte, wodurch sowohl die Einwohner- als auch die Gebäudeanzahl ansteigen mussten.

70 Vgl. Anhang 9.20 dieser Arbeit. 71 Viele Jahrzehnte s­ päter konnten auch in zwei weiteren reinen Gutsdörfer Schulhäuser errichtet werden: Lebehn 1891 und Battinsthal 1903. 72 LAG, Rep. 6a, Band 2, fol. 94 – 104: Schwedische Landesaufnahme, Beschreibung des Rittergutes Radewitz. 73 APS, Konsystorz, 1408, fol. 42 f.: Tabelle von den Landschulen der Parochie Sommersdorf, 6. Dezember 1773. 74 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 49 f.: Tabelle von den Landschulen der Parochie Sommersdorf, 1798. 75 von Hacke, S. 111.

264

Die Verbesserung der Schulhäuser

Vor ­diesem Hintergrund wandte sich der Sommersdorfer Pfarrer Christian Gottfried Hertel an die ­Kirchen- und Schulkommission in Stettin, motiviert durch die Bitte der Radewitzer Gemeinde, einen eigenen Lehrer im Ort zu haben. Der Geistliche prognostizierte ein weiteres Anwachsen der bereits vorhandenen Anzahl von 30 Schülern und benannte das Problem des Schulabsentismus, welches seiner Meinung nach durch die Anstellung eines örtlichen Lehrers zu beheben sei. Verständnisvoll argumentierte er, dass es „besonders von den kleinern Kindern […] nicht zu verlangen [sei], daß sie bey Regen und Schneetreiben ¼ Meile weit über Feld gehen sollten“.76 Trotz der von Hertel gelobten Bereitwilligkeit der Gutsherrschaft konnte eine geeignete Wohnung für den künftigen Lehrer nicht gefunden werden, so dass die einzig denkbare Lösung im Neubau eines Schulgebäudes zu liegen schien. Da es sich hierbei nicht um ein Küsterhaus handelte, kam die Finanzierungslast auf den Gutsherrn und die Gemeinde zu. Dass letztere, aus gutsherrlichen Arbeitern bestehend, dazu nicht imstande sein konnte, wusste Hertel nur zu gut, denn bereits vor seinem Schreiben an die Kommission hatte er in Gesprächen mit der Gutsherrschaft eine Alternative zur gesetzlichen Regelung besprochen: Die Grünzer K ­ irche verfügte über genügend Mittel, so dass sie nicht nur den Bau des neuen Schulhauses vollständig absichern, sondern darüber hinaus ab 1820 dem Grünzer Lehrer Friedrich Treptow eine lebenslange Entschädigung zahlte konnte. Ihm waren durch das Wegbleiben der Radewitzer Kinder Schulgeldeinbußen entstanden.77 Hertels Antrag wurde im März 1818 von der ­Kirchen- und Schulkommission „als Ausnahme von der Regel gern genehmig[t]“.78 Allerdings fand der vom Pfarrer beigefügte Grundriss nicht die Zustimmung der Behörde, weil er ein „höchst unbequemes Schulhaus gewährt haben würde, worin eine 22 Fuß lange und nur 8 Fuß breite Wohnstube hat dergestalt angelegt werden sollen, daß man in dieselbige nur entweder durch die Schulstube oder durch eine Kammer und dann durch die Küche hätte gelangen können“.79

An dieser Stelle lässt sich für das Untersuchungsgebiet erstmalig die staatliche Reglementierung eines Schulneubaus unter Hinzuziehung eines Bausachverständigen nachweisen: Mit der weiteren Planung und der Erstellung einer Kostenübersicht wurde der Stettiner Landbaumeister Henck beauftragt, unter dessen Federführung Hertels ursprünglicher Grundriss eine Optimierung erfuhr (vgl. Abbildungen 29 und Abbildungen 30).

76 PfA Penkun, Sommersdorf, Nr. 13, fol. 1: Hertel an die ­Kirchen und Schulkommission Stettin (ohne Datum; aus dem Kontext lässt sich das Jahr 1817 rekonstruieren). 77 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 8, Tit. V, fol. 34: Das anlässlich der Visitation vom 19. April 1818 festgestellte Vermögen der Grünzer K ­ irche belief sich auf einen Betrag von 7222 Talern. 78 PfA Penkun, Sommersdorf, Nr. 13, fol. 2: Bescheid der K ­ irchen- und Schulkommission, Stettin vom 18. März 1818. 79 Ebd., fol. 5: ­Kirchen- und Schulkommission an Hertel, Stettin vom 5. Juni 1818.

Vergleich der Baugeschichte dreier ausgewählter Schulhäuser in der Penkuner Synode

265

Abbildung 29: Ursprünglicher Grundriss des Radewitzer Schulhauses 1817 80

Abbildung 30: Veränderter Grundriss des Radewitzer Schulhauses 1818

Der im80Aktenbestand überlieferte Kostenplan sowie die nach der Fertigstellung von Hertel vorgenommene Rechnungslegung geben Aufschluss über die verwendeten Baumaterialien 80 Ebd., fol. 12. Im Aktenbestand befindet sich der von Hertel eingereichte Grundriss, in den hinein Veränderungen gezeichnet wurden. Dabei bleibt unklar, ob diese von Henck oder von der Stettiner Behörde stammen. Mithilfe von Paint war es möglich, die Originalversion von der veränderten Zeichnung zu entflechten, um so den Schritt zur funktionalen Gestaltung des Schulhauses zu visualisieren.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

und die während der Bauphase vorgenommenen Veränderungen.81 Das teilunterkellerte Gebäude wurde in regionaltypischer Fachwerkbauweise errichtet. Sein Fundament bestand aus Feldsteinen, die mit Kalk bzw. Lehm gemauert wurden, wobei geschlagene Steinkeile, sogenannte Zwicksteine, seine Festigkeit zusätzlich erhöhten. Um den Aufstieg von Feuchtigkeit und damit die Entstehung von Holzschwamm zu vermeiden, ragte es etwa 2½ Fuß (= 78 cm) aus der Erde. Auf d ­ ieses Fundament wurde ein Fachwerk in Ständerbauweise gesetzt. Seine Fächer erhielten Staken – stabile schmale Hölzer, eingesetzt in besondere Kerben des Gefachs und mit dünneren Hölzern oder Weidenruten umflochten – die anschließend mit einem Lehm-Stroh-Gemisch verfüllt, abschließend geglättet und nach der Trocknung geschlämmt und geweißt wurden. Entgegen der Planung erhielt nur die Wohnstube eine Bedielung; in der Schulstube, der Küche und dem Flur dienten Mauersteine, in der Kammer Lehm als Fußbodenbelag.82 Das Gebäude verfügte über zwei an einen Schornstein angeschlossene Feuerstätten: einen aus Mauersteinen errichteten Ofen, der sowohl das Schul- als auch das Wohnzimmer des Lehrers erwärmte, und einen offenen Küchenherd, versehen mit einem gewölbten hölzernen, lehmverkleideten Rauchfang. Das Dach des Hauses wurde mit einer 10 Zoll (= 26,2 cm) starken Rohrschicht eingedeckt. Die benötigten Stallungen waren nicht als eigenständige Gebäude geplant, sondern in das Haus integriert. Im Spätsommer 1819 konnte der Schulhausneubau fertiggestellt und vom ersten Radewitzer Lehrer, Christian Kietz, bezogen werden. Die Baukosten beliefen sich auf insgesamt 851 Taler, davon 477 Taler für Materialien. Aus den Akten geht nicht hervor, inwieweit die Grünzer und Sommersdorfer Bauern ihre Arbeitsleistung in d­ ieses Projekt einbrachten, vermutlich leisteten sie zumindest die üblichen Fuhrdienste. Belegt ist ihre Hilfe beim Aufrichten des Fachwerks und ihre Teilnahme am Richtfest, wo ihnen auf Kirchenkosten 12 Quart (= 13,7 Liter) Branntwein ausgeschenkt wurden. Radewitz verfügte damit über ein – gemessen an den Realitäten des Penkuner Raums – fortschrittliches Schulhaus, in dem Unterricht in einem separaten, hellen Raum, ausgestattet mit einem Tisch, drei Bänken und einer schwarzen Tafel, stattfinden konnte. Dass zur Realisierung einer nachhaltigen Schulreform nicht nur ein zweckmäßiges Schulgebäude, sondern auch und vor allem qualifizierte Lehrer mit einem angemessenen Einkommen nötig waren, konnte im Kapitel zur Hebung der Lehrergehälter am Beispiel d ­ ieses Ortes aufgezeigt werden. 81 Vgl. Anhang 9.23 dieser Arbeit. Ursprünglich war das Radewitzer Schulhaus etwas kleiner geplant (42 Fuß (= 13,18 m) lang, 24 Fuß (= 7,53 m) breit und 8 Fuß (= 2,51 m) hoch). Während der Bauphase konnte jedoch eine wesentliche Veränderung realisiert werden, die vom Weitblick der Gutsherrschaft zeugt. Um künftige Reparaturen finanzieren zu können, wurde auf ihre Anregung hin das Gebäude um eine separate Stube nebst Kammer erweitert, wodurch sich seine Grundfläche auf 54 Fuß (= 16,95 m) Länge und 25 Fuß (= 7,85 m) Breite vergrößerte. Die zusätzlichen Räumlichkeiten sollten vermietet werden und die daraus gewonnenen Einnahmen von jährlich 10 Talern in eine Baurücklage fließen. 82 Ursprünglich sollten neben der Wohn- auch die Schulstube und der Flur gedielt werden.

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7.5.2 Das Raminer Schulhaus Im völligen Gegensatz zu der gerade beschriebenen Entwicklung in Radewitz stand der Bau des Schulhauses in Ramin. Er spiegelt eindrucksvoll die sich aus dem Zusammenspiel eines offenbar wenig geneigten Patrons, einer nachweisbar finanziell unvermögenden ­Kirche und einer renitenten Gemeinde ergebenden Schwierigkeiten und soll darum als Negativbeispiel vorgestellt werden.83 Der schlechte, beengte Zustand im Raminer Schulhaus wurde bereits im Zusammenhang mit den Schulberichten 1818/19 angedeutet und fand in der Schulvisitation im Dezember 1820 durch den Superintendenten seine erneute Bestätigung: „Die Amts-Wohnung ist das äußere Gebrechen der Schule: eine kleine, niedrige u[nd] finstere Stube muß 30 Schulkinder, Tische, Bänke, Frau, eine Menge kleiner Kinder des Ellmann u[nd] alle Hausgeräthe pp. aufnehmen. Auch der tüchtige Lehrer kann unter solchen Mißständen durchaus nichts leisten.“ 84

Ähnlich wie in Radewitz stand auch in Ramin die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse unmittelbar bevor. Das Gut war daher infolge des zu erwartenden 83 Hinsichtlich der Patronatsverhältnisse bestand in Ramin und Sonnenberg eine besondere Situation. Der eigentliche Patron, Hans Lorenz Friedrich von Ramin, litt unter einer Geistes­ krankheit, weshalb der benachbarte und mit ihm verwandte Hohenholzer Rittergutsbesitzers Carl von Eickstedt-Peterswaldt als bestellter Vormund die Geschäfte führte. Zu ihm vgl. Straubel, S. 238 und von Eickstedt, Carl August Ludwig: Familien-Buch des dynastischen Geschlechts derer v. Eickstedt. Ratibor 1860, S. 273 – 275: Carl Ludwig Friedrich Freiherr von Eickstedt (1780 – 1862) studierte in Halle Rechtswissenschaft, ehe er 1798 seinen Dienst bei der Regierung in Stettin antrat. Dort arbeitete er ab 1805 als Regierungsrat unter der Leitung seines Onkels, des Regierungspräsidenten Georg Friedrich von Eickstedt. 1809 schied er als Oberlandesgerichtsrat aus dem preußischen Justizdienst aus, um die väterlichen Güter zu übernehmen. Nach dem Tode eines Onkels Georg fielen ihm 1807 als nächsten männlichen Verwandten die Klempenowschen Güter zu. Durch den Besitz von Hohenholz, Glasow, Streithof, Flachsee, Neuenfeld, Rothenklempenow, Mewegen, Book, Gorkow, Dorothenwalde und Grünhof verfügte er mit Abstand über den größten Grundbesitz im Kreis Randow. 1818, nach dem Tode seines Vetters Ludwig Wilhelm, erbte er dessen uckermärkische Güter Damme, Eickstedt, Wollin und Ziemkendorf. Berghaus berichtet, dass von Eickstedt-Peterswaldt 1853 auf dem ersten Platz der Höchstbesteuerten im Randower Kreis (1273 Taler) stand, gefolgt vom Blumberger Gutsbesitzer von der Osten (718 Taler). Vgl. dazu Berghaus, S. 1889. Ab 1816 führte er den Namen „von Eickstedt-Peterswaldt“. Von 1820 bis zu seinem Tode 1862 leitete er als Generallandschaftsdirektor die Geschäfte der Pommerschen Landschaft. 1833 trat er das über Jahrhunderte im Familienbesitz befindliche Amt des Erbkämmerers von Vorpommern an. 1840 erfolgte seine Erhebung in den Grafenstand. 1858 wurde er anlässlich seines 60. Dienstjubi­ läums mit dem Titel eines Wirklich Geheimen Rates mit dem Prädikat Exzellenz geehrt. 84 KKA, Sup Pen Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 60: Schulvisitation von Ramin vom 11. Dezember 1820. Unterstreichung im Original.

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Arbeitskräftezuzugs zu Vorkehrungen gezwungen – und es ergriff sie, indem es Anfang 1822 die Gemeinde über den für April geplanten Abriss des bisherigen, gutseigenen Schulhauses informierte, um Baufreiheit für die Errichtung eines neuen Einliegerhauses zu gewinnen. Von diesen Plänen informierten im Februar 1822 die Raminer Bauern Martin Neuhaus und Daniel Huber Superintendent Engelcken.85 Glaubt man ihren Ausführungen, dann hätte die Gutsherrschaft die Sorge um einen Neubau und die zwischenzeitliche Unterbringung des Lehrers und der Schulkinder der Gemeinde anheimgestellt. Die beiden Bauern verdeutlichten, dass ein Neubau in so kurzer Zeit, noch dazu auf alleinige Kosten der Gemeinde, nicht zu realisieren sei. Überdies beklagten sie die aus ihrer Sicht völlig ungerechtfertigte einseitige Verteilung der Baukosten, obwohl das Gut momentan den weitaus größeren Anteil von Kindern stelle. Engelckens Anfrage an Pfarrer und Patron relativierten das Bild; von Eickstedt-Peterswaldt hatte dem Lehrer befristet bis Michaelis ein anderes Zimmer im Dorf zur Wohnung und Schule angewiesen. Die bis dahin vorhandene Zeit sollte die Gemeinde zur Erbauung des neuen Schulhauses n ­ utzen.86 Darüber hinaus deckten die Nachforschungen des Geistlichen ein fast neunzigjähriges Versäumnis auf: Bereits 1734 hatte sich die Gutsherrschaft verpflichtet, der Gemeinde einen Bauplatz für ein neues Schulhaus zur Verfügung zu stellen. Das war jedoch nie geschehen, weshalb der an sich ungewöhnliche Eigentumsstatus des Gebäudes über die Zeit konserviert blieb und nun das Handeln der Herrschaft juristisch legitimierte. Zur weiteren Klärung forderte die Behörde den Patron zur Stellungnahme auf, die Ende März erfolgte, aber nicht im Aktenbestand überliefert ist. Offenbar vermochte die Regierung den Plänen des Gutsherrn nichts entgegenzusetzen, denn er konnte die Delozierung des Lehrers durchsetzen. Zugleich erhielt er den Auftrag, mit den Interessenten Verhandlungen über die Kostenverteilung des Neubaus zu führen.87 In Radewitz hatte es sich zweifelsfrei um den Bau eines Schul hauses gehandelt, weshalb das Allgemeine Landrecht die Kosten für den Bau und dessen Unterhaltung den Einwohnern zuwies. Dass in d ­ iesem Falle die vermögende Grünzer ­Kirche die gesamte Finanzierung übernahm, darf als Glücksfall bezeichnet werden. Ohne dessen Eintreten wäre es kaum zu einem derartigen Projekt gekommen. In Ramin allerdings erwies sich die Situation komplizierter. Hier waren zwar dem Lehrer bereits im Mai 1821 die Küstergeschäfte übertragen worden, allerdings nur einstweilig, bis mit dem Ableben des hochbetagten Sonnenberger Küsters Zimmermann eine dauerhafte Regelung herbeigeführt werden sollte.88 Damit stand nun die für die Kostenverteilung elementare Frage nach dem rechtlichen Status des Hauses im Raum. Würde es als Küster- und damit als ein geistliches Gebäude gelten, trüge 85 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. IV, fol. 30: Protokoll der Anzeige, Penkun vom 19. ­Februar 1822. 86 Ebd., fol. 33: von Eickstedt-Peterswaldt an Engelcken, Hohenholz vom 22. Februar 1822. 87 Ebd., fol. 38: Regierung Stettin an von Eickstedt-Peterswaldt, Stettin vom 17. April 1822. Vgl. zu den gesetzlichen Bestimmungen das Amtsblatt der Königlichen Regierung Stettin, 29/1821, S. 279 – 281: „Das Verfahren bei Neubauten und Reparaturen an ­Kirchen und sonstigen Geistlichen- und Schulgebäuden betreffend, Stettin vom 4. Juli 1821.“ 88 Vgl. dazu Kapitel 6.3.3.2 dieser Arbeit.

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die Kirchengemeinde die finanzielle Verantwortung. Da deren Kassen jedoch leer waren, würden der Patron zu zwei Dritteln und die Eingepfarrten zu einem Drittel Ersatz leisten müssen. Nachdem die Regierung am 19. März 1822 erklärt hatte, „das alte Schulhaus als der Schulhalterei gehörig zu betrachten […], auf dessen Herstellung [es] ankommen wird“,89 leitete von Eickstedt-Peterswaldt die Verhandlungen zur Finanzierung des Schulbaus ein. Am 1. Mai 1822 wurde sie mit folgendem Ergebnis abgeschlossen:90 1. die ­Kirche giebt in der Rücksicht, daß das jetzt zu erbauende Haus nach dem Tode des alten Küster Zimmermann in Sonnenberg auch die Wohnung des Küsters und dessen Officia der Schulhalter in Ramin auch jetzt schon vertritt zu dem Bau eine Summe von 50 rt. zu Hülfe w ­ elche bis zum 1ten Januar 1823 bezahlt wird. 2. das Dominium concurrirt wegen der Kinder der herrschaftlichen Familienhäuser Einwohner in der Art zu dem Bau, daß es bewirkt, daß das Holz welches zum Bau gebraucht wird, in der Stolzenburger Heide für den halben Preis gewöhnlichen Werth überlassen wird. 3. den Rest der Kosten trägt die Gemeine ­welche aus 8 Bauern und 4 kleinen Hauseigenthümern besteht in der Art, daß die 8 Bauern ⅞ und die 4 kleineren Eigenthümer ⅛ derselben aufbringen. Die Baufuhren leistet die Bauer-Gemeinde unentgeldlich. 4. Zur Direction des Baues neben dem Patron und dem Prediger verrichten die Bauernhofsbesitzer, der Gerichtsmann Keding, Martin Neuhaus und die kleinen Hausbesitzer der Eigenthümer Gustmann.

Doch bereits wenige Tage ­später, am 7. Mai, änderte die Regierung ihre Auffassung. Sie befand nun, dass das „zu erbauende Haus […] als Küsterhaus betrachtet werden [muß]“.91 Obwohl dadurch eine völlig andere Rechtssituation eingetreten war, genehmigte die Regierung dennoch das Verhandlungsergebnis und erteilte verbindliche Anweisungen für die Einrichtung des Schulzimmers: „Insbesondere haben Sie darauf zu sehen, daß die Schulstube, w ­ elche von der Wohnstube ganz getrennt sein muß, die gehörigen Geräthe und eine zweckmäßige Einrichtung erhalte. Die Größe muß so festgestellt werden, daß dabei auf jedes schulfähige Kind 6 □Fuß 92 gerechnet werden, und daß zur Zahl der jetzt vorhandenen schulfähigen Kinder noch ein Drittel hinzugerechnet wird, mit Rücksicht auf die künftig eintretende Vermehrung der Schülerzahl. Dabey muß dies Zimmer mit Subsellien, d. h. mit ­kurzen, abwechselnd aufeinander folgenden Tischen und Bänken versehen sein, an denen die Kinder nur auf einer 89 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. IV, fol. 35: Regierung Stettin an von Eickstedt-Peterswaldt, Stettin vom 19. März 1822. 90 Ebd., fol. 88: Verhandlung über das Konkurrenzverhältnis der Verpflichteten zum Schulbau, Ramin vom 1. Mai 1822. Von den Raminer Einwohnern waren nur Kaeding und Gustmann signierfähig, alle anderen unterzeichneten mit drei Kreuzen. 91 Ebd., fol. 39: Regierung Stettin an von Eickstedt-Peterswaldt, Stettin vom 7. Mai 1822. 92 Quadratfuß. Vgl. Anhang 9.17 dieser Arbeit.

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Seite sitzen und alle zugleich auf den Lehrer hinblicken. Auch die kleinen Kinder müssen niedrige Tische vor sich haben.“ 93

Die hier erstmalig für das Untersuchungsgebiet nachweisbaren, auf die Größe des Schulraums und dessen Ausstattung abzielenden normierenden Bestimmungen der Stettiner Behörde formulierten hohe Ansprüche. Sie blieben indes Illusion, weil in Ramin alle denkbaren Hinderungsgründe ihre destruktive Wirksamkeit entfalteten. Sie evozieren in ihrer Summe eine Reihe von Fragen an das Handeln der einzelnen Akteure. Zunächst bleibt völlig unverständlich, dass sich die Stettiner Regierung trotz Kenntnis der Rechtslage umentschieden hatte und damit die Raminer Gemeinde überproportional belastete. Möglicherweise gründete hier der Beginn eines jahrzehntelangen Streits innerhalb des Dorfes hinsichtlich der finanziellen Zuständigkeit bei der Unterhaltung des Gebäudes. Er endete erst zum Ende des Jahrhunderts mit dem Bau einer neuen Schule.94 Das Verhandlungsprotokoll belegt die Zurückhaltung der Gutsherrschaft bei der Schulhausfinanzierung. Zwar hatte die Stettiner Behörde mit ihrer Entscheidung eine aus Sicht des Patrons optimale Sachlage geschaffen, dennoch bleibt ungeklärt, warum er entgegen der Gesetzeslage das Bauholz nicht kostenlos, sondern zum halben Preis zur Verfügung stellte.95 Zu hinterfragen bleibt auch, weshalb die Gutsherrschaft ihre Aufsichtspflicht 93 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. IV, fol. 40: Regierung Stettin an von Eickstedt-Peterswaldt, Stettin vom 22. Mai 1822. 94 Es ist an dieser Stelle nicht angebracht, ins Detail zu gehen. Allerdings ist dieser Streit an Kuriosität kaum zu überbieten. Über Jahrzehnte verweigerte die Raminer Gemeinde bei einer Reihe von Baumaßnahmen immer wieder ihre Beteiligung und scheute auch die gericht­liche Auseinandersetzung nicht, bei der es stets um die Frage nach dem rechtlichen Status des ­Hauses und der damit verbundenen Verteilung der Baulasten ging. Es kann als Einlenken von K ­ irche und Gut interpretiert werden, wenn sich beide in den folgenden Jahren freiwillig an den Kosten beteiligten; die Gemeinde wollte jedoch daraus einen Rechtsanspruch herleiten. Die Geschehnisse vor Ort trieben dabei merkwürdige Blüten: 1849 musste das Dach des Hauses neu gedeckt werden, was wegen der Weigerung der Bauern nur zur Hälfte geschah; 1852 beschlagnahmte ein Exekutor wegen angeblicher Illiquidität der Bewohner eine weiße Kuh usw. Die Akten geben Anlass zu der Vermutung, dass es einigen Raminern in den 1880er Jahren nicht mehr um die Sache, sondern um das Prinzip ging, als sie wegen einer Summe von 66 Mark mehrfach den Kreis- bzw. Bezirksausschuss und sogar das Oberverwaltungs­gericht in Berlin bemühten. Vgl. dazu folgende Akten: APS, Landratsamt Randow, 688; APS, Rej. Sz., II/4233; PfA Retzin, Schulbauten zu Ramin. 95 Auch die Beteiligung der Gutsherrschaft war ein beständiger Streitpunkt. Im Zusammenhang mit der erwähnten Neueindeckung des Daches beschloss die Regierung 1849 zunächst, dass ¾ der Kosten von der Schul-, ¼ von der Kirchengemeinde zu tragen sei. Die darauf folgende Beschwerde der Bauern 1850 veranlasste die Regierung zu einer Festlegung in Sinne des ALR Teil II Tit. 12 § 37 (Kosten trägt die K ­ irche allein, im Falle deren Unvermögens ersatzweise der Patron und die Eingepfarrten). Dagegen erhob der Patron erfolgreich Rekurs und erreichte seine Freihaltung von allen Bauleistungen. Seine gesetzliche Verpflichtung zur kostenlosen Hergabe der auf seinem Boden gewonnenen oder wachsenden Rohstoffe wurde erst zum Ende der 1880er Jahre juristisch festgestellt. Vgl. vor allem PfA Retzin, Schulbauten zu Ramin.

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­ ährend des Schulbaus nur unzureichend wahrnahm. Dies mag in der besonderen Situa­tion w der Treuhandverwaltung begründet sein. Von Eickstedt-Peterswaldt, dessen Patronatswirken im Glasower Sprengel aufgrund der vorliegenden Aktenbestände als durchweg positiv bezeichnet werden kann, stand vor der Aufgabe, nicht nur in den eigenen, sondern auch in den Raminschen Gütern die Regulierungen der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse durchzuführen und dabei seine Interessen zu wahren. Dass dabei die Sorge um zwei zeitgleich zu erbauende Schulhäuser eine nachgeordnete Stellung einnahm, dürfte nicht allzu weit hergeholt sein. Unklar blieb zunächst auch die Rolle von Pastor Maaß, der als Lokalschulinspektor die Pflicht gehabt hätte, den vorgesetzten Behörden Unregelmäßigkeiten anzuzeigen. Vielmehr lag anfänglich die Vermutung nahe, dass er den Konflikt mit den örtlichen Instanzen scheute, denn im Februar 1822 berichteten die bei Engelcken erschienenen Raminer Bauern auch davon, wie sie ihr Anliegen bereits erfolglos ihrem Ortspfarrer vorgetragen hätten.96 Tiefer gehende Recherchen erbrachten den verblüffenden und von mir nicht erwarteten Befund, dass Maaß durch verwandtschaftliche Beziehungen sowohl zur Familie von Ramin als auch zu der von Eickstedt-Peterswaldt befangen war.97 Weil die Finanzsituation der Raminer K ­ irche äußerst schlecht war – 1820 schlossen die Kirchenrechnungen mit einem Defizit von 328 Talern 98 – lag nun die Hauptlast der Schulbaukosten bei der durch die anstehende Regulierung ohnehin von finanziellen Nöten geplagte Raminer Gemeinde, die sich – offenbar unkontrolliert – zur denkbar schlechtesten Ausführung verständigte.99 Anders als in Radewitz sind für diesen Schulbau weder Kostenplan noch Zeichnung überliefert. Allerdings gestattet ein Vergleich, den Pfarrer Maaß in den Schulberichten des Jahres 1822/23 vornahm, eine grobe Schätzung. Für die 96 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 75: Kirchenvisitation von Ramin vom 2. Dezember 1824. Die ­Kirche hatte zur Finanzierung des Baus einer Pfarrscheune beim Patron ein zinsloses Darlehn von rund 380 Taler aufgenommen. Möglicherweise liegt auch hierin eine Ursache für das Verhalten des Pfarrers. 97 Maaß war in erster Ehe mit Sophie von Gloeden vermählt. Deren Schwester Albertine von Gloeden war die Gattin von Heinrich Bogislaw Friedrich von Ramin, dem Herrn auf Schmagerow und Retzin; die andere Schwester Louise von Gloeden war mit Hans Lorenz Friedrich von Ramin, dem Herrn auf Sonnenberg und Ramin, vermählt. Beide Ramins waren Brüder und damit die Schwäger von Maaß. Darüber hinaus war Maaß der Cousin des Barons Carl Ludwig Friedrich von Eickstedt-Peterswaldt, weil dessen M ­ utter, Amalia Beata Katharina, als eine geborene Maaß die Schwester seines Vaters Daniel Erdmann Friedrich Maaß war. D ­ arüber hinaus war von Eickstedt-Peterswaldt mit Johanna Auguste Caroline von Ramin, einer Nichte besagter Ramin-Brüder, verheiratet. 98 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 57: Kirchenvisitation von Ramin vom 10. Dezember 1820. 99 Wie unzureichend der Schulbau ausgeführt wurde, belegt ein Protokoll, das 1841 bei der Emeritierung Ellmanns angefertigt wurde. Dieser musste seinerzeit aus privaten Mitteln ­Fenster- und Türbeschläge, Fensterläden, die Bodentreppe und verschiedene Türen anschaffen. Vgl. KKA , Sup Pen, Sect. IV , Nr. 9, Tit. IV , fol. 136 f.: Verhandlungsprotokoll Ramin vom 16. September 1841.

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zur gleichen Zeit in Sonnenberg erbaute Schule bezifferte er die Kosten auf 172 Taler, was einem Fünftel [!] der in Radewitz verbauten Summe entsprach.100 Für Ramin bemerkte er: „Die Baukosten belaufen sich nicht wohl so hoch wie die zu Sonnenberg.“ 101 Aus meinen Schätzungen resultiert folgende Aufrechnung: Für den Radewitzer Schulbau beliefen sich die Kosten für das Bauholz auf etwa 28 Prozent der Gesamtsumme. Unter Annahme, dass das Raminer Schulhaus 160 Taler gekostet hat, betrüge der Anteil für das Bauholz hier rund 44 Taler, von denen wegen der Zusage der Gutsherrschaft nur die Hälfte anzurechnen wäre. Unter Abzug des Anteils der K ­ irche verblieben damit circa 88 Taler, also für jeden Bauern etwas mehr als 9½; für die kleineren Eigentümer jeweils 2¾ Taler. Völlig unverständlich bleibt die fehlende behördliche Aufsicht über d ­ ieses Bauvorhaben, sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung. Wie oben gezeigt, griff die Behörde 1818 in Radewitz ein und verhinderte eine unzweckmäßige Bauausführung. Unzureichend blieb auch die Ausstattung des Gebäudes: Die Schulstube war zu klein, ihr Fußboden bestand aus Lehm, statt der geforderten Subsellien waren auf Kosten der Schulkasse zwei Tische und drei Bänke angeschafft worden, es fehlten ein Sitz für den Lehrer und ein Schulschrank.102 Spätere Berichte ermöglichen eine Rekonstruktion vom Zuschnitt des Hauses, der dem des Radewitzers stark ähnelt: Ein Flur mit sich anschließender Küche und Kammer teilte das Gebäude mittig. Auf der linken Seite des Flurs befanden sich die Wohn- und die Schulstube – beide von einem gemeinsamen Ofen beheizt 103 – auf der rechten Seite fanden zwei Viehställe sowie notwendige Wirtschaftsgelasse ihren Platz. Das Wohnzimmer des Lehrers maß dabei weniger als 1 Quadratrute (= 14,2 m²), weshalb er auch fortan gezwungen war, die Schulstube zu Wohnzwecken mitzubenutzen. Diese Zweckentfremdung konnte erst 1848 durch Umbaumaßnahmen abgeändert werden.104 Entsprechend ungünstig fiel daher der Bericht des Superintendenten bei der Schulvisitation im Dezember 1824 aus (vgl. Tabelle 34). Diesem verweigerte der Patron seine Unterschrift und damit die Bestätigung des Protokolls. Vielmehr ersuchte er über Pastor Maaß Engelcken um eine „Milderung der Schilderungen unserer Schulhäuser“, wobei er bemerkte, dass „die Schul- und Küsterhäuser in Sonnenberg u[nd] Ramin […] von solcher

100 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6, fol. 22 f.: Schulbericht von Sonnenberg vom 14. August 1823. 101 Ebd., fol. 24 f.: Schulbericht von Ramin vom 14. August 1823. 102 Ebd. 103 Dass dieser gemeinsame Ofen ebenfalls zum Zankobjekt wurde, weil sich die Raminer weigerten, das bisher übliche Holzgeld zu entrichten und auf einer Beteiligung des Lehrers an den Heizkosten bestanden, sei nur am Rande erwähnt. Der Streit um die Beheizung des Schulraums lässt sich auch für andere Gemeinden im Untersuchungsgebiet nachweisen und entstand in erster Linie immer dann, wenn es nur einen Ofen im Hause gab. 104 APS, Landratsamt Randow, 688, unpag.: Lehrer Mesecke an das Landratsamt Stettin, Ramin vom 18. Oktober 1852. Es sei an dieser Stelle noch einmal bemerkt, dass der Unterrichtsraum bereits 1822 für die vorhandenen 44 Schüler zu klein war. 1830 hatte sich deren Zahl auf 67 erhöht; 1840 betrug sie 50.

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Beschaffenheit [sind], daß die Lehrer damit zufrieden sein könnten“.105 Dazu sah sich der Geistliche vorerst nicht imstande und argumentierte, dass er „nach [seiner] Ueberzeugung nichts anders niederschreiben konnte“, und empfahl von Eickstedt-Peterswaldt, da es sich bei seiner, Engelckens, Aussage, „nur um ein einzelnes Urtheil“ handele, „es in der Unterschrift zu widerlegen, da dann die Sache durch die beiden Meinungen bei der Behörde dahin gestellt bleiben muß“.106 Erst ein direkt an ihn gerichtetes Schreiben des Patrons veranlasste den Superintendenten zu einer Abänderung des ursprünglichen Berichts.107 Tabelle 34: Visitationsbefund Engelckens 1824 Originalfassung

geänderte Fassung

„Die neue Amtswohnung hat 2 kleine Stuben, ist schief auf das Fundament gesetzt, von schwachem Holze, dünnen Lehmwänden, niedrig, mit Lehmflur u[nd] jämmerlichem Strohdach, das am Schornstein noch eine Oeffnung hat. Dazu ist es auf dem Kirchhofe eingeklemmt, daß der Küster kaum einige □Spannen Hofraum hat.“

„Die neue Amtswohnung hat 2 Stuben, die aber etwas größer hätten sein sollen, u[nd] ist überhaupt sehr leicht gebaut. Dazu hat sie keinen guten Platz, weil ihr Hofraum beinahe fehlt. Die schlechten Zeiten mögen es wohl entschuldigen.“

Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 75 f.: Schulvisitation von Ramin vom 2. Dezem­ ber 1824.

Die nun von Eickstedt-Peterswaldt unterzeichneten Protokolle sandte Engelcken mit folgendem Zusatz nach Stettin: „Das Schul- und Küsterhaus in Ramin ist ein sehr schlechtes Gebäude, welches nicht lange gegen Wind u[nd] Wetter ­schützen wird, u[nd] keineswegs hinreichenden Raum gewährt, auch nur, eingeklemmt auf dem Kirchhofe, einen Hofraum von einigen □Fuß – man könnte wohl sagen □Spannen – hat. Der Grund, warum es so sehr schlecht gerathen, scheint mir ledigl[ich] der zu sein, daß die Baupflichtigen bei der Wahl des Platzes, der Anlage u[nd] Ausführung des Baues nur von sich selbst abhingen, in welchem Falle in der Regel dergl[eichen] Gebäude höchst dem werden. Sehr rathsam, glaube ich, würde es sein, wenn in ähnl[ichen] Fällen, insofern nicht der District-Baubediente damit beauftragt würde, der Superintendent zugezogen werden müßte, durch ­welchen am füglichsten so starken Mißgriffen, wie hier vorgebeugt werden könnte.“ 108 105 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 69 f.: Maaß an Engelcken, Ramin vom 10. Januar 1825. 106 Ebd.: Engelcken an von Eickstedt-Peterswaldt, ohne Datum. 107 Ebd., fol. 71 f.: Schriftwechsel ­zwischen von Eickstedt-Peterswaldt und Engelcken, Hohenholz vom 12. Januar 1825 und Penkun ohne Datum. 108 Ebd., fol. 78: Engelcken an die ­Kirchen- und Schulkommission, Penkun vom 20. Juni 1825. Unterstreichung im Original.

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Die überlieferten Akten erlauben keine genaue Rekonstruktion der folgenden Geschehnisse. Doch muss dieser Zusatz die Behörde veranlasst haben, eine separate Stellungnahme vom Patron zu verlangen. Sie war erwartungsgemäß positiver gefärbt und motivierte Engelcken zu einer umfassenden Gegendarstellung: „Von Eleganz kann hier gar nicht die Rede sein, da das neue Haus zieml[ich] das Ansehen eines alten so genannten Bauerspeichers von Anfang an gehabt hat. Das äußere Aufschminken mögte auch immerhin fehlen, ist auch nicht gefordert, aber das Gebäude hätte, auch ohne die Gemeine dabei zu sehr anzustrengen, besser ausgeführt werden können u[nd] müssen, denn 1. es ist von sehr schwachem Holze mit äußerst dünnen Lehmwänden, ohne den gehörigen innern und äußern Kalküberwurf, 2. es steht ganz schief auf dem Fundament, u[nd] das Strohdach hat das Ansehn, als ob es schon viele Jahre hindurch gelegen hatte, 3. Thüren und Fenster sind von sehr geringer Qualität, 4. der Fußboden ist von Lehm!!! 5. Es ist auf dem Kirchhof, über nicht sehr alte Gräber, gebaut, oder vielmehr geklemmt, so daß die Größe des Hofes, ohne Beschwerde, nach Spannen abzumessen sein dürfte. 6. Es ist zu klein. – Nach dem Schulbericht von 22/23 waren 44 Schulkinder; würde vorschriftsmäßig ⅓ mit 15 hinzugerechnet, so müßte ein Schulzimmer von 354 □F erbaut werden, es hat aber nur 252 □F für 42 Kinder u[nd] dabei 7 Fuß Höhe. – Am Schlusse des Jahres 1824 waren auch schon 56 Schulkinder. Die hier aufgestellten Behauptungen, ­welche sub no 6 aus einem amtlichen Bericht des P[redigers] Maaß u[nd] eigener Revision entnommen sind, will ich sehr gerne der Prüfung eines Bauverständigen unterwerfen in der Ueberzeugung, daß der die Sache noch schlechter finden mögte, als ich sie ansehe. Es steht fest, daß nach den Verfügungen an den G[eneral]-L[andschafts]Direktor 109 v. Eickstedt vom 17. April, 7 u[nd] 23. Mai 1822 der Bau nicht realisirt ist, da auch keine Subsellien angelegt worden sind. Wie das Koncurrenz-Verhältniß der zur Ausführung des fraglichen Gebäudes Verpflichteten durch die desfalsige Verhandlung des Patronats festgestellt sein mag, ist nicht zu meiner Kenntniß gekommen, jedoch kann ich mir nicht vorstellen, daß der Gutsherr, dessen Tagelöhner weit mehr Kinder zur Schule senden, als die Bauern, keinen Antheil am Bau genommen haben sollte, u[nd] daß jener wie diese zu sehr würden angestrengt worden sein, wenn ein ordentliches Haus ausgeführt wäre, als, den Zeitumständen gemäß, der Eleganz auch immerhin hätte entrathen können.

109 Die Pommersche Landschaft war eine Pfandbriefbank, die 1781 durch ein Reglement von Friedrich dem Großen gegründet wurde und bis 1945 bestand. Sie repräsentierte anfangs die Vereinigung sämtlicher Rittergutsbesitzer, die sich gegen Ausgabe von verzinslichen Pfandbriefen Kapital beschaffte. Für deren Rückzahlung hafteten alle Gutsbesitzer gemeinschaftlich. Ihre Leitung oblag einem Generallandschaftsdirektor. Vgl. Ziemer, Gerhard: Die pommersche Landschaft, in: Baltische Studien, Band 51 (1965) NF, S.  77 – 98.

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Freimütig muß ich bei dieser Gelegenheit bekennen, wie ich überzeugt bin, daß wohl öfter ein solches wenig angemessenes Schulhaus erbaut werden dürfte, wenn es den Partheien überlassen bleibt, den Bau nach ihrem Gutdünken, ohne Hinzutritt eines partheilosen Dritten, anzulegen und auszuführen. Würde es angemessen befunden, daß zu solchen Unternehmungen der Districts-Baubediente, oder wenigstens der Superintendent der Synode hinzugezogen werden müßte, so würde gewiß mancher Irrungen u[nd] Uebeln, denen nachher nicht abzuhelfen ist, leicht vorgebeugt werden können. Ob nun hier noch etwas abgeändert werden kann, bezweifle ich sehr, hoffe aber, daß das neue Haus nicht sehr alt werden wird, da dann ein zweckmäßiges auf einem schicklicheren Platze auszuführen sein würde.“ 110

Engelckens Wunsch in Bezug auf die Lebensdauer des Raminer Schulhauses sollte sich nicht erfüllen. Als 1895 im Ort ein neues Schulhaus – finanziert zu 86 Prozent aus Staatsmitteln – gebaut werden konnte, beanspruchte plötzlich die politische Gemeinde das Eigentumsrecht am alten Gebäude, um es als Armenhaus zu ­nutzen, und hatte bereits die Lehrerwohnung vermietet. Die Weigerung der Kirchengemeinde verursachte einen erneuten Rechtsstreit, der auch nach der Vernichtung des Hauses durch einen Brand 1899 nicht beendet wurde.111

7.5.3 Das Storkower Schulhaus Zum Ende der 20er Jahre verfügten bis auf die drei bereits erwähnten Ausnahmen alle Schulhäuser in der Penkuner Synode über einen separaten Unterrichtsraum. Um auch den letzten Mängeln zu begegnen, hatte die Stettiner Regierung den Storkower Patron, Carl Friedrich von Schuckmann auf Batthinsthal,112 zuletzt im Dezember 1827 aufgefordert, einen separaten Raum zu schaffen. Als dieser der Behörde versicherte, für das kommende Jahr den Anbau einer weiteren Stube an das Küsterhaus realisieren zu lassen, hatte es damit zunächst sein Bewenden.113 So konnte der Wolliner Pfarrer Friedrich Ludwig Steinbrück im Dezember 1828 lediglich notieren:

110 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. IV, fol. 82v: Engelcken an K ­ irchen- und Schulkommission, Penkun vom 8. September 1825. Unterstreichungen im Original. 111 Nachdem die Gemeinde jahrzehntelang die Verantwortung für die Unterhaltung des Gebäudes beharrlich abgelehnt hatte, mutet es umso doppelzüngiger an, dass sie nun das Eigentumsrecht am Gebäude und nach dessen Abbrand sogar an der Baustelle, die sich nachweislich auf dem Kirchhof und damit unzweifelhaft in kirchlichem Besitz befand, einzuklagen versuchte. Vgl. dazu PfA Retzin, Akte der ­Kirche Ramin, btrf. Küsterei. 112 Carl Friedrich von Schuckmann war der Bruder des preußischen Innenministers Friedrich von Schuckmann. 113 KKA, Sup Pen, Sect. VI, Nr. 10, Tit. IV, fol. 57v: von Schuckmann an die Stettiner Regierung, Battinsthal vom 12. Januar 1828.

276

Die Verbesserung der Schulhäuser

„Ein Schulhaus ist vorhanden u[nd] im baulichen Zustande. Es ist im J[ahre] 1738 erbaut. Eine besondere Schulstube ist nicht darin, wohl aber kleinere Gemächer, in denen die Utensilien des Lehrers Platz finden. Die einzige Stube ist 16 Fuß lang u[nd] 15 Fuß breit.“ 114

Damit bot das einzige Zimmer des Hauses unter Zugrundelegung des Richtwertes von 6 Quadratruten 40 Kindern Platz; tatsächlich betrug ihre Anzahl in jenem Jahr 56 (vgl. Tabelle 33). Auch wenn der Pfarrer kleinere Abstellmöglichkeiten erwähnt, spielte sich dennoch auch das tägliche Leben der Lehrerfamilie in d ­ iesem Raum ab. Das prekäre Bild eines pommerschen Schulhauses wird durch Storkow bestätigt. Die Akten geben weder Auskunft über die Gründe, die eine Realisierung der Schulhausvergrößerung verhinderten, noch lassen sie ein Insistieren der Stettiner Regierung erkennen.115 Erst vier Jahre ­später konnte Steinbrück – auch hier bleibt die Motivation im Dunkeln – im Februar 1832 die Regierung von der nun erfolgten Einwilligung des Patronats in Kenntnis setzen.116 Wird zum Vergleich die geschätzte Raminer Baukostensumme von 160 Talern gewählt, muss der Umbau des Storkower Hauses mit 135 Talern – gezahlt ausschließlich aus Kirchenmitteln – einen beträchtlichen Umfang gehabt haben. Dennoch entsprach das neu gewonnene Zimmer durch seine offenbar zu geringe Größe nicht den Vorgaben der Behörde. Da nicht einmal die geforderte Aufstellung von Subsellien aus Platzgründen möglich war, blieb es bei der Beschulung der Kinder im alten Raum, während der neue von der Lehrerfamilie bezogen wurde. Wenigstens war eine Entlastung der Wohnsituation erreicht worden. Diesen unbefriedigenden Zustand beendete am 21. Januar 1838 ein Brand, dem das gesamte Haus zum Opfer fiel und der einen Neubau notwendig machte. Dieser im Untersuchungsgebiet vorerst letzte Schulbau wurde vorbildlich dokumentiert und ist zum anderen sehr gut geeignet, die positive Entwicklung zu veranschaulichen, die sich innerhalb eines guten Jahrzehnts vollzogen hatte. Fehler, wie sie in Ramin durch die Nichtbeteiligung der staatlichen Behörden bzw. des Superintendenten aufgetreten waren, sollten sich nicht wiederholen. Insofern war es konsequent, dass der Neubau unter der direkten Verwaltungshoheit Engelckens stand.117 Dieser hatte zunächst im Februar 1838 beim Penkuner Zimmermeister Ernst Wilhelm Schröder einen Kostenvoranschlag in Auftrag gegeben. Das von ihm konzipierte Schulhaus folgte in seinem Zuschnitt dem bereits festgestellten allgemeinen Standard. Es beanspruchte eine Grundfläche von 54 mal 24 Fuß 114 APS, Rej. Sz., II/4113, unpag.: Bericht über die Schule zu Storckow, Wollin vom 15. Dezember 1828. 115 Es war an dieser Stelle nicht möglich gewesen, Informationen über den Vermögensstand der Storkower ­Kirche zu erlangen, da die entsprechende Akte nicht im Bestand des Penkuner Superintendenturarchivs überliefert ist. 116 APS, Rej. Sz., II/4240, unpag.: Steinbrück an Stettiner Regierung, Wollin vom 3. Februar 1832. 117 Vgl. PfA Penkun, Wollin, Nr. 67, pag. 65: Es scheint nicht üblich gewesen zu sein, dass die Bauleitung von der Patronin direkt dem Superintendenten übertragen und somit der zuständige Ortspfarrer übergangen wurde. Über die Hintergründe kann nur spekuliert werden.

Vergleich der Baugeschichte dreier ausgewählter Schulhäuser in der Penkuner Synode

Abbildung 31: Geplante Vorderansicht des Storkower Schulhauses 1838 118

Abbildung 32: Geplanter Grundriss des Storkower Schulhauses 1838 119

(= 16,95 mal 7,53 m)118und enthielt neben der für 60 Kinder ausgelegten Schulstube eine bescheidene Lehrerwohnung, bestehend aus einer Wohnstube, Kammer, Küche, Keller und Boden. Wie in Radewitz und Ramin befanden sich die Viehställe unter demselben Dach (vgl. Abbildung 32).119Die Gesamtbaukosten beliefen sich auf 566 Taler.120 118 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 99. 119 Ebd. 120 KKA , Sup Pen, Sect. IV , Nr. 10, Tit. IV , fol. 97 – 100: Angebot des Stadtzimmermeisters ­Schröder, Penkun vom 15. Februar 1838.

277

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Die Verbesserung der Schulhäuser

Auch das Storkower Schulhaus sollte in der ortstypischen Fachwerkbauweise errichtet werden. Qualitativ lässt sich eine deutliche Verbesserung erkennen: Dass das Dach des Gebäudes mit Ziegeln statt mit Stroh eingedeckt wurde, war ein auffälliger Fortschritt. Diese Variante bot nicht nur einen besseren Schutz vor Feuer, sondern war bedeutend günstiger.121 Die Fußböden in den Stuben und der Kammer waren gedielt, in Flur und Küche fanden Ziegelsteine Verwendung. Sowohl die Wohnstube des Lehrers als auch das Klassenzimmer wurden von einem separaten Ofen beheizt. Damit war einem möglichen Heizkostenstreit ­zwischen Lehrer und Gemeinde in Storkow von vornherein ein Riegel vorgeschoben. Schröders Angebot unterzog der Superintendent einer Überarbeitung, die ihn ein weiteres Mal als Kenner der Materie auswies. Sein Alternativplan empfahl sich zunächst durch eine Kostenersparnis von 12 Talern, vor allem aber durch die Umsetzung höherer hygienischer Anforderungen.122 Hatte Schröder den Stall an den Giebel des Hauses direkt an das Klassenzimmer gesetzt, konzipierte Engelcken ein separates und funktionaleres Stallgebäude, wodurch zusätzlich durch eine geänderte Raumaufteilung die Dienstwohnung des Lehrers verbessert werden konnte (vgl. Abbildung 33 und Abbildung 34). Erwartungsgemäß erhielt diese Planung die Genehmigung durch das Patronat. Interessant ist der weitere Geschäftsgang. Nach der Genehmigung folgten Verhandlungen über die Verteilung der Kosten. Da es sich hier um die Erbauung eines Küsterhauses handelte, oblag seine Finanzierung allein der K ­ irche. Die Gemeinde hatte nur den Betrag zu übernehmen, der für die Herstellung des Klassenzimmers notwendig war. Dieser Raum nahm 40 Prozent der Gesamtfläche ein, woraus das entsprechende kommunale Beteiligungsverhältnis resultierte. Die real aufzubringenden Kosten für das Schulhaus – laut Kostenangebot 461 Taler – reduzierte sich durch die Auszahlung einer Summe von 75 Talern aus der Feuerversicherung auf den Endbetrag von 386 Talern. Die Gemeinde wäre damit zur Aufbringung von 154 Talern verpflichtet gewesen. Tatsächlich aber konnte auf der vom Superintendenten auf den 23. Februar 1838 festgesetzten Verhandlung ein für die Kommune günstigeres Ergebnis erzielt werden.123 Angesichts der bescheidenen finanziellen Möglichkeiten der Einwohner und mit der wohlwollenden Zustimmung des Patronats, vor allem jedoch durch die Mittel aus der kirchlichen Kasse wurde schließlich der kommunale Beitrag deutlich reduziert und auf 70 Taler festgesetzt.124 121 Vgl. dazu die Kostenanschläge von Radewitz und Storkow im Anhang 9.23 und 9.24 dieser Arbeit. Bei den Materialkosten und dem Arbeitslohn ergeben sich erhebliche Differenzen. In Radewitz (Grundfläche des Schulhauses = 1008 □F) rund 129 Taler, in Storkow (Grund­ fläche des Schulhauses = 1296 □F) rund 69 Taler, obwohl bei der Ziegelbedachung eine engere ­Lattung notwendig wurde. 122 Vgl. Anhang 9.24 dieser Arbeit. 123 Vgl. Anhang 9.25 dieser Arbeit. 124 Vgl. PfA Penkun, Wollin, Nr. 67, pag. 61 – 67: Storkower Kirchenrechnungen 1838. Im Gegensatz zur reichlich gefüllten Grünzer Kirchenkasse verfügte die Storkower K ­ irche über ein vergleichsweise geringes Vermögen. Sie schloss 1838 mit einem Bestand von 39 Talern und hielt Wertpapiere im Wert von 725 Talern. Zur Finanzierung des Schulbauses musste sie mehrere

Vergleich der Baugeschichte dreier ausgewählter Schulhäuser in der Penkuner Synode

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Abbildung 33: Überarbeitete Vorderansicht des Storkower Schul- und Stallgebäudes 1838 125

Abbildung 34: Überarbeiteter Grundriss des Storkower Schul- und Stallgebäudes 1838 126

Ist es heutigentags üblich, bei der Erbauung öffentlicher Gebäude das entsprechende Bauprojekt auszuschreiben und in der Regel dem Geringstbietenden den Zuschlag zu erteilen, erstaunt es umso mehr, dass bereits vor 180 Jahren beim Schulbau in Storkow auf eine ähnliche Art verfahren wurde.125Nach dem Abschluss der Finanzierungsverhandlungen veröffentliche Engelcken in drei verschiedenen Zeitungen das Bauvorhaben und lud zum 27. März 1838126in die Superintendentur nach Penkun zu einem öffentlichen Bietertermin ein. Von den drei erschienenen Interessenten konnte sich der Penkuner Zimmermann Schröder durchsetzen, nachdem er seine beiden Konkurrenten mit 525 Talern unterboten Pfandbriefe verkaufen, deren Zinsertrag ansonsten zur Begleichung laufender Kosten verwandt worden wäre. 125 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 104. 126 Ebd.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

hatte.127 Schriftlich fixiert wurden neben der ordnungsgemäßen Ausführung des Bauvorhabens auch der Termin für dessen Fertigstellung sowie die Zahlungsmodalitäten. Dabei war die dritte und letzte Rate erst nach der abschließenden Revision fällig.128 Der Neubau des Storkower Schulhauses konnte trotz einiger Verzögerungen im Spätherbst des Jahres 1838 beendet werden.129

7.5.4 Zwischenergebnis Die hier beschriebenen Beispiele erscheinen durchaus geeignet, den Prozess der Planung, Finanzierung und Durchführung von Schulhausbauten in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts für ein ausgewähltes Untersuchungsgebiet exemplarisch zu beleuchten und ihrer Diversität zu erhellen. In den drei untersuchten Dörfern fand sich jeweils eine andere Ausgangslage: In Storkow existierte ein 1738 erbautes Küsterhaus, in Ramin gewährte der Gutsherr dem Lehrer seinen Wohn- und Arbeitsraum, in Radewitz bestand bislang keine Notwendigkeit zur Errichtung eines Schulhauses. Gründete Hertels Initiative zur Erbauung eines Schulhauses in Radewitz auf das sich abzeichnende Bevölkerungswachstum, fand sich in Ramin der beanspruchte Eigenbedarf des Gutes, in Storkow ein Brand als Grund, der die Gemeinden jeweils zum Neubau zwang. Innerhalb dieser sich über zwei Jahrzehnte erstreckenden Entwicklung kann ein sich steigerndes Interesse der Verwaltungsbehörden wahrgenommen werden. Konnte in Radewitz 1818 durch das Eingreifen der Stettiner Behörde eine zweckmäßige Bauausführung befördert werden, scheinen in Ramin die Bauern bar jeder Kontrolle gehandelt zu haben. Hier gab die Regierung lediglich Vorschriften über die Größe und Einrichtung des Schulraums, ließ es dabei jedoch offensichtlich an entsprechenden Kontrollen fehlen. Deutlich formalisierter wurde unter der Aufsicht des mit den lokalen Umständen bestens vertrauten Superintendenten 1838 in Storkow verfahren. Wie bei Bauprojekten allgemein stellte die Finanzierung ein Problem besonderer Art dar. Als auffällige Gemeinsamkeit lässt sich erkennen, dass im Gros die ­Kirchen die Kosten für die staatlich verordnete Verbesserung der Schulhaussituation trugen. Ohne die vermögende Grünzer ­Kirche wäre das Radewitzer Schulhaus zu dieser Zeit sicher nicht entstanden. Auch in Storkow übernahm die ­Kirche den Hauptteil der Baukosten und entlastete 127 Vgl. Anhang 9.26 dieser Arbeit. 128 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 103v.: Diese Revision nahm Oberbauinspektor Henck, Stettin, im Oktober 1839 vor. Dabei bemerkte er, dass die Brandmauer in der Küche nicht dem Anschlag gemäß ausgeführt wurde und verringerte die letzte Rate an Schröder um gut 2 Taler. 129 Engelcken hatte darauf bestanden, die Mauersteine nicht, wie es Schröder vorgeschlagen hatte, in Flachsee bei Hohenholz, sondern 35 Prozent günstiger in Stendell anzukaufen. Dadurch erzielte er zwar eine bedeutende Kostenersparnis, belastete aber die Bauern mit einer erheblich längeren Fahrstrecke. Sie betrug von Storkow nach Flachsee etwa 8 km, von Storkow nach Stendell etwa 30 km.

Schulbauten in der Mitte des 19. Jahrhunderts

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zusätzlich die kommunale Gemeinde über das gesetzliche Maß. Diese Tendenz gilt für das gesamte Untersuchungsgebiet. In den wenigen Fällen, in denen die ­Kirchen nicht über die entsprechenden Finanzreserven verfügten, ging diese Verpflichtung auf Patronat und Gemeinde über; mit ­welchen Folgen, zeigte das Beispiel von Ramin besonders eindrücklich. Dabei soll – bei aller nachgewiesenen Renitenz – diese Gemeinde nicht vorschnell verurteilt werden. Es wären in ähnlich gelagerten Fällen auch in anderen Orten Konflikte und Widerstände erwachsen, wie sie immer auftraten, wenn – wie auch schon am Beispiel der Verbesserung der Lehrerbesoldung gezeigt wurde – zusätzliche Kosten auf ihre Einwohner zukamen. Dort wie auch hier enthielt sich der Staat in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts fast vollständig einer finanziellen Beteiligung.

7.6 Schulbauten in der Mitte des 19. Jahrhunderts Um 1830 verfügten 27 der 30 Schulen über einen getrennten Wohn- und Arbeitsbereich des Lehrers. Damit war eines der wichtigsten Ziele erreicht. Die Verantwortung für die vollständige Realisierung delegierte die Behörde auf die Ebene der Kreisschulaufsicht. Sie forderte Engelcken auf: „Daß auch in den drei noch übrigen Schulen der Synode, in Storkow, Petershagen und Jamikow die Schulstube von der Wohnstube bald möglich getrennt werde, darauf werden Sie kräftig hinzuwirken haben.“ 130 Drei Jahre ­später bestand dieser Mangel nur noch in Petershagen.131 Erst Anfang der 40er Jahre konnte auch dort der geforderte Mindeststandard erreicht werden. Obwohl in den verschiedenen Visitationsbescheiden immer wieder auf die Nützlichkeit der Subsellien verwiesen wurde, verzögerte sich ihre flächendeckende Anschaffung. Noch zur Mitte des Jahrhunderts fehlten sie in fünf Schulen gänzlich, in zwei waren sie nur für die älteren Schüler vorhanden, während die jüngeren nach wie vor auf einfachen Bänken saßen.132 War mit der Schaffung eines separaten Unterrichtsraumes aus der Sicht der Schulverwaltung ein wesentliches Ziel erreicht, eröffnete sich damit in der dörflichen Gemeinschaft ein neues Reibungsfeld, in dessen Zentrum der Lehrer stand. Wegen seiner Konfliktträchtigkeit soll es nicht unerwähnt, ihm aber an dieser Stelle eine vertiefende Betrachtung versagt bleiben. Vokationsgemäß gehörte zum Einkommen der meisten Lehrerstellen ein gewisses Quantum Brennmaterial, das in den einzelnen Orten auf sehr differenzierte Weise bereitgestellt wurde. Es bestand entweder aus einer Naturallieferung in Form von Torf und/oder Holz (z. B. in Blumberg und Cummerow) und/oder einem fixen baren 130 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 7, fol. 85: Stettiner Regierung an Engelcken, Stettin vom 19. September 1829. 131 KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. XI, fol. 3 – 10: Revisionsbericht Graßmanns, Stettin vom 9. November 1833, hier fol. 4v. 132 Ebd., fol. 3 – 10: Revisionsbescheid 1833; ebd., fol. 21 – 30: Revisionsbescheid 1841; ebd., fol. 40 – 57: Revisionsbescheid 1852: Die Anzahl der Schulen, die über Subsellien verfügten, steigerte sich im Laufe der Jahre von acht über 14 auf schließlich 25.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

Anteil (z. B. in Wartin und Hohenholz). Daneben existierte eine dritte Variante, bei der sich der Barzuschuss nach der Anzahl der beschulten Kinder richtete (z. B. Sonnenberg 5 Groschen pro Kind). Durch die Vergrößerung der Schulhäuser genügte diese ohnehin meist knapp bemessene Menge noch weniger, was Neuverhandlungen mit den Gemeinden notwendig machte. Doch diese waren in den seltensten Fällen bereit, freiwillig einen Mehrbetrag aufzubringen, zumal der einzige Ofen auch den nun privaten Wohnraum des Lehrers erwärmte. Deutlich trat an dieser Stelle erneut das ausgleichende Handeln vermögender ­Kirchen zutage, die durch zum Teil großzügige Zahlungen – wie beispielsweise im Kirchspiel Schönfeld – den Konflikt entschärften bzw. gar nicht erst entstehen ließen. Schwieriger gestaltete sich die Lage in ärmeren Gemeinden wie Schmagerow oder Pomellen, wo der Lehrer die Heizkosten für die Schulstube aus eigener Tasche bezahlen musste.133 So lässt sich ab den 30er Jahren, nachdem die gröbsten Mängel beseitigt waren, ein Rückgang in der Schulbautätigkeit feststellen. Da die Gemeinden, denen die Unterhaltung der Gebäude überlassen blieb, sich in der Regel passiv verhielten, bedurfte es immer wieder eines äußeren, von der Schulverwaltung stammenden Impulses, um die vorhandene Raumkapazität an die tatsächliche, stetig wachsende Schülerzahl anzupassen.134 Als Beispiele sei an dieser Stelle auf die Schulen von Glasow (1833: 91 Schüler), Cunow (1841: 100 Schüler) und Woltersdorf (1852: 70 Schüler) verwiesen. Für die notwendig gewordene Vergrößerung der Klassenräume lassen sich im Untersuchungsgebiet zwei Alternativen nachweisen, über deren Ausführung letztlich der Patron entschied. Die kostensparende und vermutlich darum häufiger gewählte Variante bestand in einer Erweiterung, die sich durch die Fachwerkbauweise relativ problemlos realisieren ließ. Diese Ausführung findet sich z. B. 1840 in Nadrensee oder 1859 in Schönow. Seltener lässt sich ein kompletter Neubau eines Schulhauses nachweisen. Ihm wurde in der Regel dann der Vorzug gegeben, wenn das bestehende Gebäude alt und baufällig war. Aus d ­ iesem Grunde konnte beispielsweise 1843 in Cunow ein neues Schulhaus errichtet werden. Dass die stattlich gefüllte Cunower Kirchenkasse diese Entscheidung wesentlich befördert haben wird, ist anzunehmen.135 Andere Gemeinden wie z. B. Jamikow zeigten sich trotz desolater Zustände weniger baufreudig.136 Erst als 1854 ein 133 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIb, fol. 44 – 45: Einkommensnachweis der Küster- und Schulstelle Pomellen 1840. Der dortige Lehrer erhielt 2000 Stück Torf (Wert: 1 Taler 15 sgr.) und genoss freie Raff- und Leseholzgerechtigkeit (Wert: 2 Taler 10 sgr.), was nichts anderes bedeutete, als dass er sich das Holz selber zusammensuchen musste. Im Gegenzug wurden ihm 8 Taler von seinem Gehalt für die Heizung des Schullokals abgezogen. 134 Zur Entwicklung der Schülerzahlen vgl. Anhang 9.5 dieser Arbeit. 135 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 11, Tit. V, fol. 93: Bei der Kirchenvisitation vom 4. Dezember 1839 verfügte die ­Kirche über ein Kapital von 5233 Talern. Vgl. APS, Rej. Sz., II/4253, unpag.: In seinem Schreiben an die Stettiner Regierung vom 8. Oktober 1841 schloss sich Engelcken „dem Wunsche der Gemeinde, daß der Bau des neuen Hauses ganz aus Kirchenmitteln geschehen möge“, bedingungslos an. 136 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. IV, fol. 131: Regierung Stettin an den Landrat daselbst, Stettin vom 24. Juli 1852: „Bei einer […] außerordentlichen Revision der Schule in Jamickow […] ist das dortige Küster- und Schulhaus in einem sehr schlechten Zustande gefunden, welcher

Schulbauten in der Mitte des 19. Jahrhunderts

283

Brand das halbe Dorf und mit ihm das marode Schulhaus zerstörte, fand sich Gelegenheit für einen zweckmäßigen Neubau. Bedauerlicherweise existiert über seine Finanzierung in den Akten kein Hinweis. Da die Einwohnerschaft des Ortes aus besitzlosen Tagelöhnern bestand und die ­Kirche völlig mittellos war und nun ihr ebenfalls vernichtetes Gotteshaus neu erbauen musste, ist anzunehmen, dass die Hauptlast vom Patron getragen oder deren Härte durch staatliche Zuschüsse aus dem Gnadenfonds gemildert werden konnte. Es war dem Ausmaß der Brandkatastrophe geschuldet, dass Engelcken noch im August 1855 der Regierung vom Fehlen eines Schulhauses berichtete.137 Doch bereits ein Jahr s­ päter findet sich der Hinweis auf ein neues, zweckmäßiges und massives Gebäude.138 Der Schulbau von Jamikow belegt eine weitere qualitative Veränderung: den Übergang von der Fachwerk- zur Massivbauweise, der sich wegen der hohen Feuergefährlichkeit der zudem mit Stroh gedeckten Häuser ab den 50er Jahren allmählich überall durchsetzte und für die Schulhäuser in vielen anderen Orten nachzuweisen ist. So vermerkte das Visitationsprotokoll von Grünz 1853 den Bau eines „neuen, massiven Schulhauses an gleicher Stelle“, ohne dass dieser Ort von einem Brandunglück heimgesucht worden war.139 Friedrich Mager benennt als weiteren Grund für diese Entwicklung die Verteuerung von Bauholz, während Ziegelsteine zunehmend preiswerter wurden. Überdies förderten die Versicherungsanstalten den Massivbau durch günstigere Tarife.140 Eine Empfehlung von offizieller Seite für den massiven Schulhausbau erfolgte vom Ministerium erst 1868.141 Ein neuer Entwicklungsschub in der Schulbautätigkeit setzte gegen Ende der 40er Jahre ein und stand in Verbindung mit den Spezialseparationen der Dorfgemarkungen. Es wurde bereits erläutert, dass die meisten Schulstellen des Untersuchungsgebietes mit Dienstland

137 138

139 140 141

kaum eine gründliche Reparatur erlauben wird, da es sehr alt und baufällig zu sein scheint.“ Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. V, unpag.: Bei der Kirchenvisitation von Jamikow vom 14. Dezember 1843 wies die Kasse einen Bestand von 64 Talern auf. KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 2, Tit. IV, fol. 151: Engelcken an die Stettiner Regierung, Penkun vom 7. August 1855. KKA, Sup Pen, Sect. IV , Nr. 2, Tit. V, unpag.: Protokoll über die Visitation der Schule zu Jamickow 1856. Dieses Dokument gibt auch Auskunft über die Auswirkung des Brandes auf den Schulalltag: „Die Schule war 1854 mit abgebrannt u[nd] hat es daher über Jahr u[nd] Tag an einem passenden Lokale gefehlt. Da der größte Theil der Tagelöhner ihre Behausung verloren, so hat dies überhaupt verwildernd auf die Jugend eingewirkt, wie die Erfahrung überall lehrt, daß ein größeres Brandunglück verelendend auf Klein u[nd] Groß in einer Gemeinde einwirkt. Der Lehrer selbst ist dadurch aus seinem alten Geleise gerissen u[nd] hat weniger noch als das früher schon Wenige geleistet.“ KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 8, Tit. V, fol. 59v: Schulvisitation, Grünz vom 16. Dezember 1853. Mager, Friedrich: Geschichte des Bauerntums und der Bodenkultur im Lande Mecklenburg. Berlin 1955, S. 501 f. Schneider/von Bremen, II , S. 632: „Berlin, den 30. November 1868: „Im Allgemeinen empfiehlt sich bei Schulbauten der Massivbau. Wo eine andere Bauart gewünscht wird oder gewählt ist, sind die Beweggründe dafür anzugeben. Für ländliche Gebäude ist der Ziegelrohbau dem Putzbau vorzuziehen. Abweichungen von dieser Norm in einzelnen Fällen sind näher zu begründen.“

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Die Verbesserung der Schulhäuser

ausgestattet worden waren und vielfach Nutzungsrechte an der gemeinschaftlichen Dorfweide genossen. Im Zuge der Separation schied der Lehrer, entschädigt durch ein entsprechendes Landäquivalent, aus der bisherigen Hütegemeinschaft aus. Dadurch vergrößerte sich der Umfang seines Dienstlandes zum Teil beträchtlich. Was auf den ersten Blick positiv erscheinen mag, zog eine Veränderung in der bäuerlichen Wirtschaftsart nach sich, von der auch die Schulstellen betroffen waren. Konnten bislang fast alle Nutztiere auf der Dorfweide gemästet werden, musste sich nun zwangsläufig eine erweiterte Stallhaltung durchsetzen, die in der bisher praktizierten Weise nicht möglich war. Zur Erklärung: Die im Untersuchungsgebiet vorhandenen Schulhäuser verfügten in der Regel über einen ähnlichen Grundriss. Ein Flur, in dessen Achse sich Küche und Kammer befanden, teilte das Haus in einen Wohn- und Schulbereich, während sich auf der anderen Seite die Ställe befanden.142 Von dieser im ländlichen Raum herkömmlichen Bauweise wichen 1840 nur wenige Schulhäuser ab.143 Nach dem Abschluss der Spezialseparationen und den sich daraus ergebenden Folgen für den Lehrer erwiesen sich die bisher im Schulhaus vorhandenen Stallungen als zu klein. Entsprechend größere Wirtschaftsgebäude mit ausreichend Platz für Vieh, Stroh und Futter mussten erbaut werden. Ein entsprechendes Gesetz übertrug 1846 diese Baulast den Gemeinden: „§. 4. Ist eine Schule in Gemäßheit des §. 101. der Gemeinheitstheilungs-Ordnung vom 7. Juni 1821 mit Land dotirt worden, so sind nur die zur Unterhaltung der Schule Verpflichteten schuldig, die dem Schullehrer zur Benutzung jenes Landes etwa nöthigen Wirthschaftsräume: als Scheune, Stallung, zu bauen und zu unterhalten.“ 144

Der Bau dieser Wirtschaftsgebäude wiederum zog eine Veränderung in der Raumsituation des Schulhauses nach sich, wie am Beispiel von Ramin exemplarisch belegt werden kann. Im Zuge der Aufhebung der dortigen bäuerlichen Feldgemeinheit 1847 erhielt der Lehrer als Entschädigung für die ihm bis dahin zustehende Weidegerechtigkeit zu den bereits 1820 bei der Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse verabreichten 2 Morgen Ackerland weitere 2 Morgen Wurten sowie jeweils gut 2 Morgen Acker und Hütung zugewiesen. Durch diese umfangreiche Vermehrung seines Dienstlandes und den Wegfall des Weiderechtes entstand die Notwendigkeit zur Errichtung einer Schulscheune. Damit konnten die nun freigezogenen Räumlichkeiten in der rechten Hälfte des Schulhauses zu einem neuen, größeren Unterrichtsraum umgebaut werden, wogegen das ehemalige Klassenzimmer der Vergrößerung

142 Vgl. dazu die Grundrisse des Radewitzer Schulhauses (Abbildung 29 und Abbildung 30) sowie den von Schröder geplanten Grundriss des Storkower Schulhauses (Abbildung 32). 143 Vgl. KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIb, fol. 11 – 79: Die Einkommensverzeichnisse enthalten auch eine Beschreibung der jeweiligen Häuser. Separate Stallgebäude befanden sich z. B. in Blumberg, Wartin, Schönfeld und Storkow. 144 „Gesetz, betreffend den Bau und die Unterhaltung der Schul- und Küsterhäuser. Vom 21. Juli 1846“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 29/1846, S. 392 f.

Staatliche Beteiligung am Bau und der Unterhaltung der Schulhäuser

285

der Amtswohnung diente.145 Damit ist zumindest für Ramin nachgewiesen, dass dem seit Jahrzehnten konstatierten Platzmangel im Unterrichtsraum durch einen Umbau im Schulhaus abgeholfen wurde und dieser nicht unbedingt von einem Einsehen der Gemeinde herrührte, sondern seinen Grund in der Aufhebung der bäuerlichen Wirtschaftsgemeinschaft fand. Dieser Befund ist mit Sicherheit auf andere Dörfer übertragbar.

7.7 Staatliche Beteiligung am Bau und der Unterhaltung der Schulhäuser Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts beschränkte sich die Rolle des Staates bei der Verbesserung der Schulhaussituation auf das Erlassen und Überwachen juristischer Vorgaben und Normierungsversuche. Die finanzielle Last verblieb bei den lokalen Instanzen, und auch die bis dahin vorgelegten Unterrichtsgesetzentwürfe wollten an dem bestehenden Finanzierungsmodell nichts ändern.146 Somit galten nach wie vor die Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts. Erst die preußische Verfassung vom 31. Januar 1850 bahnte in Artikel 25 in dieser Hinsicht eine Veränderung an: „Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der öffentlichen Volksschulen werden von den Gemeinden, und im Falle des nachgewiesenen Unvermögens ergänzungsweise vom Staate aufgebracht.“ 147

Erstmals „signalisierte der Staat […] die Bereitschaft, sich an den finanziellen Lasten des Schulwesens zu beteiligen“.148 Bei der Umsetzung dieser Willenserklärung lassen sich allerdings innerhalb der Monarchie bedeutende Unterschiede feststellen, wie die vom Kultusministerium 1864 herausgegebenen Statistischen Nachrichten erkennen lassen.149 In den Jahren 1859 bis 1861 wurden im preußischen Staat insgesamt 4,9 Millionen Taler in die Reparatur bzw. den Neu- oder Umbau von Schulhäusern investiert. Der größte Teil dieser Summe war dabei den gesetzlich Verpflichteten auferlegt, und der Staat verhielt sich mit einem Anteil von nur gut 7 Prozent eher zurückhaltend. Hinsichtlich der Verteilung der Investitionssummen zeigen sich ­zwischen den preußischen Provinzen zum Teil erhebliche Unterschiede. Während ein gutes Viertel allein in die Rheinprovinz floss, rangierte Pommern weit abgeschlagen (vgl. Abbildung 35). 145 Die streitbare Raminer Gemeinde klagte aber auch in ­diesem Fall gegen eine Kostenbeteiligung. Sie sah in der Schulscheune ein geistliches Gebäude [!], weil in ihr auch die Pferde des Sonnenberger Pfarrers standen, wenn dieser in seinem Filial Gottesdienst hielt. 146 Vgl. die entsprechenden Passagen in Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und MedicinalAngelegenheiten 1869, S. 39 (Süvern), S. 98 (Altenstein für Neuvorpommern), S. 108 (Schulordnung Provinz Preußen), S. 165 (Ladenberg). 147 Schneider/von Bremen, III, S. 761. 148 Mellies, S. 53. 149 Königlich Preußisches Ministerium der Unterrichts-Angelegenheiten (Hg.): Statistische Nachrichten über das Elementar-Schulwesen in Preußen für die Jahre 1859 bis 1861. Berlin, 1864.

286

Die Verbesserung der Schulhäuser

Westfalen 10,4

Preußen 15,2

Posen 5,2 Rheinprovinz 26,3 Brandenburg 12,1

Pommern 6,0

Sachsen 12,2

Schlesien 12,6

Abbildung 35: Verteilung der Investitionen in die Reparatur bzw. den Neu- oder Umbau von Elementar­schulhäusern 1859 – 1861 auf die einzelnen preußischen Provinzen (in Prozent) 150

Dieses etwas ernüchternde Bild wird weiter verstärkt, wenn der jeweils kommunale bzw. staatliche Anteil gekennzeichnet und die Gesamtsumme in Relation zu den vorhandenen Schulen gesetzt wird (vgl. Tabelle 35).150 Tabelle 35: Summe der Aufwendungen für die bauliche Unterhaltung der Elementa­rschulen in den preußischen Provinzen 1859 – 1861 Kosten für Schulneu-, Erweiterungs- und Reparaturbauten 1859 bis 1861 Provinz

durch Leistun­gen der Verpflichteten (in Talern)

aus Staatsmitteln (in Talern)

Anteil der Staatsaufwendungen (in Prozent)

Gesamtaufwendung pro Schule (in Talern)

davon Anteil aus Staatsfonds (in Talern)

Preußen

686.568

59.973

8,0

162

13

Posen

234.564

19.786

7,8

118

9

Brandenburg

506.326

85.791

14,5

199

29

Pommern

262.519

33.195

11,2

116

13

Schlesien

585.590

33.618

5,4

160

9

Sachsen

540.773

55.753

9,3

214

20

Rheinprovinz

1.250.308

39.263

3,0

331

10

Westfalen

506.625

4511

0,9

280

2

Summe

4.573.273

331.890

7,3

199

13

Quelle: Eigene Zusammenstellung und Berechnung auf der Grundlage der Statistischen Nachrichten des Königlich Preußisches Ministerium der Unterrichts-Angelegenheiten 1864, S. 46 – 53. In der 150 Eigene Zusammenstellung und Berechnung auf der Grundlage der Statistischen Nachrichten des Königlich Preußisches Ministerium der Unterrichts-Angelegenheiten 1864, S. 46 – 53.

287

Staatliche Beteiligung am Bau und der Unterhaltung der Schulhäuser Tabelle sind die Hohenzollernschen Landen nicht enthalten, da der in ihnen verwendete Gulden einen Vergleich mit den anderen Provinzen erschwert.

Danach wurden in Pommern lediglich 116 Taler pro Schule investiert – der niedrigste Betrag in der Monarchie. Allerdings beteiligte sich der Staat hier mit überdurchschnittlichen 11 Prozent; nur die Provinz Brandenburg erhielt eine höhere Unterstützung. Insgesamt belegt diese Aufstellung die beginnende staatliche Beteiligung am Ausbau der Schulhäuser. Indem nun der Blick auf die drei pommerschen Regierungsbezirke gerichtet wird, offenbart sich ein interessanter Befund (vgl. Tabelle 36). Tabelle 36: Investitionshöhe in die Reparatur bzw. den Neu- oder Umbau von Elementarschulhäusern in den Regierungsbezirken der Provinz Pommern 1859 – 1861 Kosten für Schulneu-, Erweiterungs- und Reparaturbauten 1859 bis 1861

Anzahl Regierungsbezirk

der Schulen

der Klassen

durch aus StaatsLeistungen der mitteln Verpflichteten (in Talern) (in Talern)

Gesamtaufwendung pro Schule (in Talern)

davon Anteil aus Staatsfonds (in Talern)

Elementarschulen in den Städten Stettin

91

520

35.547

973

401

11

Köslin

36

254

14.896

0

414

0

Stralsund

37

161

26.357

0

712

0

Summe

164

935

76.800

973

474

6 21

Elementarschulen auf dem Lande Stettin

1022

1107

84.706

21.261

104

Köslin

1005

1081

75.229

7448

82

7

Stralsund

349

389

25.784

3513

84

10

23761

2577

185.719

32.222

92

14

Summe 1

Dass in dieser Gesamtzahl nur 19 katholische und sechs jüdische Schulen enthalten sind, belegt das enorme Übergewicht der evangelischen Volksschulen; Pommern war protestantisch. Quelle: Eigene Zusammenstellung und Berechnung auf der Grundlage der Statistischen Nachrichten des Königlich Preußisches Ministerium der Unterrichts-Angelegenheiten 1864, S. 6 – 9, 28 – 31, 46 – 47.

288

Die Verbesserung der Schulhäuser

Die für die Städte zunächst auffallend hohen Aufwendungen pro Schule relativieren sich bei der Berücksichtigung der Klassenzahlen und fallen dann, zumindest in den Regierungsbezirken Stettin und Köslin, weit unter das Niveau der Landschulen zurück. Auf dem Lande existierten in der Regel einklassige Elementarschulen,151 während die durchschnittliche Anzahl der Klassen pro Elementarstadtschule im Regierungsbezirk Stettin bei 5,7, im Regierungsbezirk Köslin bei 7,1 und im Regierungsbezirk Stralsund bei 4,4 lag. Als geradezu verblüffend gering darf die marginale Beteiligung des Staates an den Aufwendungen für die städtischen Elementarschulen bezeichnet werden. Deutlich vorteilhafter gestaltete sich die Lage auf dem Lande, vor allem im Regierungsbezirk Stettin, wo nicht nur die höchste Summe investiert wurde, sondern auch das fiskalische Engagement überdurchschnittlich groß war. Innerhalb des Regierungsbezirks Stettin entfielen auf den Kreis Randow etwa 15 Prozent der Investitionssumme (vgl. Tabelle 37). Tabelle 37: Investitionssummen in den Schulhausbau im Kreis Randow 1859 – 1861 Kosten für Schulneu-, Erweiterungs- und Reparaturbauten 1859 bis 1861

Anzahl Stadt bzw. Synode (Landschulen)

davon Gesamtaufdurch aus Staatswendung pro Anteil aus Leistungen der der der mitteln Staatsfonds Schule Schulen Klassen Verpflichteten (in Talern) (in Talern) (in Talern) (in Talern)

Elementarschulen in den Städten Damm

1

8

15

0

15

0

Gartz an der Oder

1

13

900

0

900

0

Penkun

1

5

0

0

0

0

Pölitz

1

8

0

0

0

0

Summe

4

34

915

0

915

0

2112

0

96

0

Elementarschulen auf dem Lande Gartz an der Oder

22

24

Penkun

29

31

2261

147

83

5

Stettin Stadt

5

17

6010

1279

1458

256

Stettin Land

30

36

2008

418

81

14

Pasewalk

13

13

1264

0

97

0

Ueckermünde

6

7

138

0

23

0

Gollnow

2

2

50

0

25

0

Summe

107

130

13.848

1844

147

17

Quelle: Eigene Berechnung und Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Landratsamt Randow, 659, unpag.: Uebersicht des Elementar-Schulwesens im Randower Kreise pro 1859/61. 151 Die in den Statistischen Nachrichten nachgewiesenen 2577 Klassen, verteilten sich auf 2376 Schulen, was einem Durchschnitt von 1,08 Klassen pro Schule entsprach.

289

Staatliche Beteiligung am Bau und der Unterhaltung der Schulhäuser

In Bezug auf die dort vorhandenen städtischen Elementarschulen bot sich ein noch schlechteres Bild als in Tabelle 37. Interessant dagegen erscheinen sowohl die Investitionshöhe als auch der staatliche Investitionsanteil in den Synoden Stettin Stadt und Stettin Land. Innerhalb des Zeitraums z­ wischen 1838 und 1861 war die Schülerzahl durch Familienzuzug in die stark wachsende Metropolregion Stettin um mehr als 36.000 Kinder angewachsen.152 Dass besonders dort ein übergroßes Bedürfnis an Schulhäusern entstand, ist evident. Die Übersicht zeigt ferner, dass vor allem in der Synode Stettin Stadt mindestens dreiklassige Schulen existierten, während in allen anderen Ephorien der einklassige Typ dominierte.153 30000

25000

20000

15000

Staatsmittel Gemeindemittel

10000

5000

0

Randow

Stettin

1859/61

Randow

Stettin

1862/64

Randow

Stettin

1865/67

Abbildung 36: Vergleich der Investitionssummen im gesamten Kreis Randow mit den Investitionen im Stadt- und Landkreis Stettin für die Reparatur sowie den Aus- und Neubau von Elementarschulen auf dem Lande von 1859 bis 1867 (in Talern) 153

152 Vgl. Strietz, Friedrich Ludwig: Vergleichende Uebersicht des Zustandes des Elementar-Schulwesens in sämmtlichen Regierungs-Bezirken des Preußischen Staates, wie er aus amtlichen Angaben und Zahlen hervorgeht, in: Schulblatt für die Provinz Brandenburg 1838, Heft 4, S. 431 – 434. Dort wird auf Seite 433 für das Jahr 1838 eine Zahl von 71.489 Kindern genannt, die eine öffentliche Elementarschule im Regierungsbezirk Stettin besuchten. Die Statistischen Nachrichten beziffern 1859/61 die Anzahl der an einer öffentlichen Volksschule aufgenommenen Kinder auf 108.047. 153 Eigene Berechnung und Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Landratsamt Randow, 659, unpag.: Uebersicht des Elementar-Schulwesens im Randower Kreise pro 1859/61, 1862/64 und 1865/67. Die jeweils linke Säule stellt die Investitionssumme des ganzen Kreises dar, während die jeweils rechte Säule den darin enthaltenen Anteil für die Synoden Stettin Stadt und Stettin Land zusammenfasst.

290

Die Verbesserung der Schulhäuser

Eine derart überproportional hohe Förderung des Stettiner Umlandes lässt sich auch für die kommenden acht Jahre nachweisen und ist in Abbildung 36 dargestellt. Deutlich wird der stete Zuwachs der Gesamtinvestitionen sichtbar, an den sich der Anteil für die hauptstadtnahe Region fast synchron anpasst. Er betrug für die gewählte Zeitreihe 62, 76 und 69 Prozent. Der staatliche Anteil an den Gesamtinvestitionen wuchs ebenfalls stetig und betrug 12, 12 und 19 Prozent.

7.8 Die Realität in der Penkuner Synode Angesichts des erstellten Befundes interessiert die Frage, ob und in welchem Maße eine staatliche Förderung des Schulbaus auch im Untersuchungsgebiet nachzuweisen ist. Die im Landratsamt gesammelten statistischen Übersichten verzeichnen für die gewählte Zeitspanne folgende Daten: Tabelle 38: Investitionssummen in die Reparatur bzw. den Neu- oder Umbau von Elementarschulhäusern in der Synode Penkun 1859 – 1867 Zeitraum

Investitionen für Schulneu-, Erweiterungs- und Reparaturbauten durch Leistungen der Verpflichteten (in Talern)

durch Staatsmittel (in Talern)

1859/61

2261

147

1862/64

879

224

1865/67

2801

1246

Quelle: Eigene Berechnung und Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Landratsamt Randow, 659, unpag.: Uebersicht des Elementar-Schulwesens im Randower Kreise pro 1859/61, 1862/64 und 1865/67.

Eine genaue Zuordnung der Staatsmittel zu einem konkreten Bauprojekt konnte an dieser Stelle nicht erfolgen, da es dazu der nur sehr lückenhaft überlieferten Akten der Lokalschulinspektionen bedurft hätte. Allein für die Jahre 1865/67 lässt sich eine konkrete Aussage formulieren.154 Die hier verzeichneten Staatszuschüsse kamen den unter königlichem Patronat stehenden Schulen in Löcknitz (36 Taler) und Bismark (1210 Taler) zugute. In Bismarck wurde 1867 ein neues Schulhaus gebaut, was die ungewöhnliche Höhe der Zuwendungen erklärt.155 Zugleich wird die Vermutung bestärkt, dass die fiskalischen Anteile ihre Ursache im königlichen Patronat haben. Folgt man dieser These, hätten die unter adligem Patronat stehenden Schulen keine bzw. allenfalls eine nur sehr begrenzte Aussicht auf eine staatliche Unterstützung gehabt.

154 APS, Landratsamt Randow, 659, unpag.: Uebersicht des Elementar-Schulwesens Parochie [sic! Es muss „Synode“ heißen.] Penkun pro 1865/67. 155 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 6, Tit. V, fol. 165: Schulvisitation von Bismark 1867.

Die Realität in der Penkuner Synode

291

Angesichts dieser Situation musste es im Wesentlichen bei den alten Verhältnissen bleiben. Aus- und Umbauten wurden durch die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden bestimmt und hingen letztlich nicht unwesentlich von der Finanzkraft der ­Kirchen ab. Sie geschahen in den wohlhabenden Gemeinden relativ unspektakulär und wurden in den Akten der Superintendentur wenn überhaupt nur marginal erwähnt. Lediglich die an die Schulinspektionen gerichteten Beschwerden einzelner Lehrer belegen defizitäre Zustände, die sich vor allem in den ärmeren Gemeinden fanden. Zwei Beispiele sollen als Beleg dienen. Hermann Kron, Schmagerow, schrieb 1859: „Der Fußboden des Flurs, so wie der Küche meines Hauses ist derartig gepflastert und dabei so in Verfall gerathen, daß man sich scheut denselben zu betreten. Die beiden Zimmer, ­welche ich bewohne, werden durch einen alten Steinofen geheizt, der dem Verfall auch nahe ist, daher bei einem bedeutenden Quantum Heiz-Material, keine von beiden Stuben in den kalten Tagen erwärmt, aber desto mehr mit Rauch angefüllt wird. Auch der schlechte Zustand der Fenster, w ­ elche theils nicht recht passen, theils schon schlechtes Holz enthalten, ist wohl ein Grund mit, daß die Stuben nie recht erwärmt werden. […] Eines Abtritts entbehre ich, so wie die Schuljugend hier gänzlich.“ 156

Ähnliche Schilderungen sind aus Cummerow überliefert, wo Lehrer Johann Meske 1869 der Regierung mitteilte: „Bei meiner Versetzung nach Cummerow des Jahres 1866 fand ich das Schulhaus in einem baulichen Zustande, worin dasselbe sich noch befindet, daß Dach ist sehr schlecht, der Regen fließt überall durch und dringt in meiner Wohnstube und Kammern, meine Mobilien sind der Vernichtung unterworfen. Drei Jahre habe ich das ertragen; endlich nach vielem Reden hat sich der Gutsbesitzer Meyer zu Jamikow, als Patron entschlossen eine Reparatur des Schulhauses vorzunehmen, jedoch eine ganz kümmerliche; so daß ich an Räumlichkeiten, die ich Vocationsmäßig besitze entbehren soll, ­welche ich für mich und meiner Familie, sowie zum Wirthschafts-Gebrauch, nothwendiger Weise bedarf. Ich beantrage bei d ­ iesem Ausbau nicht mehr, als eine Speisekammer, Keller, Hofbewährung und das Haus mit Ziegeln zu bedecken.“ 157

Es scheint, dass diese Beschwerden unterschiedlichen Erfolg hatten. Noch 1893 bemängelte Meskes Nachfolger Hermann Zerrenthin den allgemein schlechten Zustand des Hauses.158 Krons Beschwerde zog dagegen umfassende Reparaturarbeiten nach sich. 156 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. IVb, fol. 37: Gesuch des Lehrers Krohn, Schmagerow vom 16. Dezember 1859. Unterstreichungen im Original. 157 APS, Rej. Sz., II/4146, unpag.: Lehrer Meske an die Stettiner Regierung, Cummerow vom 9. Mai 1869. 158 PfA Cummerow, Ortsschulinspektion Cummerow, Schulverband und Schulvorstand, fol. 4 f.: Lehrer Zerrenthin an den Gemeindekirchenrat und Schulvorstand zu Cummerow, Cummerow vom 4. Februar 1893.

292

Die Verbesserung der Schulhäuser

7.9 Ausblick 7.9.1 Investitionen in den Schulhausbau zum Ende des 19. Jahrhunderts Mit dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges und unter Ausnutzung der französischen Reparationszahlungen erhöhte sich der staatliche Anteil an den Schulunterhaltungskosten erheblich. Lewin bezifferte für die Zeit von 1871 bis 1877 eine Steigerung des deutschen Volksschuletats von 1,4 auf 6,5 Millionen Mark.159 Dienten diese Gelder zunächst zur Aufbesserung der Lehrergehälter, erfolgten ab 1878 verstärkt Investitionen in den Um- bzw. Neubau von Schulhäusern. Die in Tabelle 39 dargestellte Entwicklung der Schulunterhaltungskosten für die öffentlichen Volks- und Mittelschulen konkretisiert diese Feststellung für Pommern im Zeitraum von 1871 bis 1886. In einem ersten Befund kann zunächst für den dargestellten Zeitraum eine Verdoppelung der Schulunterhaltungskosten festgestellt werden. Im Vergleich der beiden Zeitintervalle allerdings verzeichnen die Landschulen ­zwischen 1871 und 1878 mit 79 Prozent einen deutlich höheren prozentualen Zuwachs gegenüber den Stadtschulen (62 Prozent), der sich vor allem durch die Gehaltsverbesserungen der Landschullehrer begründet. Nach deren Abschluss erhöhten sich die Personalkosten von 1878 bis 1886 nur noch in einem vergleichsweise geringen Umfang von knapp 7 Prozent (Anteil Stadt: 5 Prozent, Anteil Land: 8 Prozent), während die Sachkosten mit 75 Prozent eine enorme Steigerung erfuhren. Tabelle 39: Entwicklung der Schulunterhaltungskosten für die öffentlichen Volks- und Mittelschulen in den Städten und auf dem Land in Pommern 1871 – 1886 (in Mark) 1871

1878

1886

Schulunterhaltungskosten Stadt

1.503.768

2.430.323

3.075.569

Land

1.795.638

3.218.793

3.749.160

Summe

3.299.406

5.649.116

6.824.729

1.201.926

1.997.675

2.106.217

301.842

432.648

969.352

1.402.920

2.487.565

2.685.328

392.718

731.228

1.063.832

2.604.846

4.485.240

4.791.545

694.560

1.163.876

2.033.184

Aufteilung in Personal- und Sachkosten Stadt Personalkosten Sachkosten Land Personalkosten Sachkosten Summe der Personalkosten Summe der Sachkosten

159 Lewin, S. 359.

293

Ausblick Zusammensetzung der Schulunterhaltungskosten Stadt Schulgeld

434.250

623.288

650.889

Leistungen der Verpflichteten

1.032.873

1.524.797

2.120.260

36.645

282.238

304.420

Schulgeld

446.877

487.031

481.799

Leistungen der Verpflichteten

1.215.273

1.770.513

2.204.331

Staatsfonds

133.488

961.249

1.063.030

Staatsfonds Land

Quelle: Königliches Statistisches Bureau (Hg.): Das gesammte Volksschulwesen im Preußischen Staate im Jahre 1886. Berlin 1889, S. 61 – 64, 67 f.

Der hohe Zuwachs dieser Investitionen in den Stadtschulen um 124 Prozent gegenüber den Landschulen (um 45 Prozent) könnte schnell zu der Vermutung führen, dass der Staat sich hier besonders engagiert zeigte. Allerdings offenbart die Betrachtung der einzelnen Finanzquellen einen völlig entgegengesetzten Befund. Die städtischen Schulen wurden aus öffentlichen Mitteln mit einem vergleichsweise geringen Betrag unterstützt, dessen Anteil 1878 bei 12 und 1886 bei 10 Prozent lag. Weil das Schulgeld in den Städten ­zwischen 1878 und 1886 nur geringfügig gesteigert werden konnte, verblieb die Hauptfinanzierungslast mit etwa 70 Prozent bei den gesetzlich Verpflichteten. Erheblich positiver erwies sich die Situation der Landschulen. An ihrer Finanzierung beteiligte sich der Staat in einem höheren Maße, indem er 1878 30 Prozent, 1886 28 Prozent der Sachkosten trug. Auch wenn dadurch für die Kommunen eine Entlastung erreicht werden konnte, blieben sie insgesamt von einer Steigerung ihrer Aufwendungen nicht ausgenommen. Ihr Anteil wuchs z­ wischen 1878 und 1886 von 55 auf 59 Prozent. Eine vom „Statistischen Bureau“ separat angefertigte Aufstellung der Kosten für den Neu-, Erweiterungs- bzw. Reparaturbau pommerscher Volksschulhäuser im Zeitraum von 1874 bis 1881 sowie 1889 bis 1891 bekräftigt diesen Befund.160 Insgesamt konnte der Staat die Investitionen in den Neu- und Ausbau von Schulhäusern in den kommenden Jahren weiter steigern. Zwischen 1874 und 1881 flossen pro Jahr durchschnittlich rund 363.000 Mark, ­zwischen 1886 und 1891 rund 746.000 Mark in den pommerschen Volksschulbau. Dabei erhöhte sich die Anzahl der Neu- gegenüber den Reparaturbauten kontinuierlich (1874/81: durchschnittlich 152 Neu-, 281 Reparaturbauten; 1886/91: 380 Neu-, 176 Reparaturbauten). In Bezug auf die staatliche Unterstützung dieser Bauprojekte blieben die Städte gegenüber den Dörfern eindeutig benachteiligt. Der von ihnen zu realisierende Anteil an der Finanzierung steigerte sich sogar von 89 Prozent (1874/81) auf 99 Prozent (1889/91). Dagegen sank der Anteil der ländlichen Gemeinden am Finanzierungsvolumen von 76 Prozent (1874/81) auf 64 Prozent (1889/91). Den entstehenden 160 Ausgewähltes Zahlenmaterial findet sich hierzu im Anhang 9.27 dieser Arbeit.

294

Die Verbesserung der Schulhäuser

Fehlbetrag füllte der Staat durch wachsende Gnadenbewilligungen (8 auf 14 Prozent) und Zahlungen aus dem Patronatsbaufonds auf (8 auf 10 Prozent). Trotz der gestiegenen öffentlichen Mittel bedeutete der vom Staat angetriebene Ausbau der Schulhäuser für die Städten und Gemeinden eine hohe finanzielle Belastung, die oftmals nur durch die Aufnahme von Krediten zu realisieren war. Im gesamten Deutschen Reich hatte sich 1891 eine Schuldenlast der gesetzlich Verpflichteten von mehr als 83 Millionen Mark angehäuft.161 Eine gesetzliche Regelung zur Aufbringung der Schulhausbeiträge erfolgte 1906 durch das Schulunterhaltungsgesetz.162 Mit ihm wurden Gemeinden zur Bildung eines Baufonds verpflichtet. Ebenfalls wurde deren Anspruch auf einen staatlichen Baubeitrag festgeschrieben.

7.9.2 Der Neubau eines Schulhauses im Schmagerow 1910/11 Mehrfach wurde in dieser Arbeit auf die defizitären Zustände im Kirchspiel Sonnenberg verwiesen, die sich nicht nur an der schlechten Dotation der Lehrer, sondern auch am Zustand der Schulhäuser zeigt. Insofern eignet sich das Gutsdorf Schmagerow im Besonderen, um zum einen den Erfolg der preußischen Maßnahmen in Bezug auf eine qualitative Hebung des Schulhausstandards, zum anderen die gestiegene finanzielle Beteiligung des Staates, vor allem auf dem Lande, exemplarisch nachzuweisen. Schon 1824 hatte Engelcken den mehr als schlechten Zustand des Hauses festgestellt und in seinem späteren, offiziellen Bericht an die Regierung durch das Einwirken des Barons von Eickstedt-Peterswaldt in weniger drastischen Worten beschrieben: „Die Amtswohnung hatte bei der letzten Schulvisitation vom 10. Xbr. [= Dezember] 1820 der Patron auszubauen u[nd] dahin umzuändern übernommen, daß 2 Stuben u[nd] eine Kammer daraus würden, es ist aber nichts geschehen. Der Lehrer hat nun die großen Fugen in den Wänden mit Harz ausgestopft, u[nd] es steht dahin, wie lange er seine Schule mit solchen Mitteln wird halten können, daß sie ihm nicht über dem Kopf zusammenbricht. weil die Regulirung der bäuerl[ichen] Verhältnisse der Gutsh[errschaft] nicht unbeträchtliche Bauten verursachte. Der gegenwärtige schlechte Zustand der Häuser aber macht die Erfüllung jenes Versprechens sehr nothwendig, u[nd] das Patronat versuchet auch, daß im Frühling des kommenden Jahres dieser Bau bestimmt vor sich gehen soll.“ 163

161 Königliches Statistisches Bureau (Hg.): Das gesammte Volksschulwesen im preußischen Staate im Jahre 1891. 1. Theil. Berlin 1893, S. 208. 162 „Gesetz, betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen. Vom 28. Juli 1906“, in: Zentralblatt, 9/1906, S. 622 – 655. 163 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. V, fol. 76: Schulvisitation von Schmagerow vom 2. Dezember 1824. Durchstreichnung im Original.

Ausblick

295

Abbildung 37: Lageplan des neuen Schmagerower Schulgeländes 1910 164

Die Realisierung des Schulbaus mit einem separaten164Unterrichtsraum erfolgte unmittelbar danach.165 Allerdings muss seine Ausführung ähnlich schlecht wie in Ramin und Sonnenberg geschehen sein, denn keine 30 Jahre ­später stellte 1852 Schulrat Graßmann das Bedürfnis zu einer Vergrößerung des Schulraumes fest, wobei er wegen der Baufälligkeit des Gebäudes statt einer Erweiterung des Hauses seinen Neubau empfahl.166 Offenbar war es dazu nicht gekommen, und erst die Beschwerden Krohns von 1859 zogen einige Reparaturarbeiten nach sich.167 Das strohgedeckte Fachwerkgebäude mit einem Unterrichtsraum von 25 Quadratmetern Grundfläche und zwei Stuben nebst Kammer für den Lehrer diente noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in Schmagerow seinen Zwecken.

164 165 166 167

PfA Retzin, Küsterei Schmagerow, unpag.: Entwurf zur Schule in Schmagerow, Blatt 2.

APS, Rej. Sz., II/4113, unpag.: Bericht über die Schule von Schmagerow, 1828. APS, Rej. Sz., II/4235, unpag.: Graßmann an den Landrat, Stettin vom 20. Dezember 1852. KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 9, Tit. IVb, fol. 40 f.: Stettiner Regierung an Pastor Heinze, Stettin

vom 8. Juni 1860. Zu diesen Maßnahmen gehörten das Setzen eines neuen Kachelofens im Schulzimmer und eines Steinofens in der Nebenstube, die Reparatur der Fenster, die Ausdielung der Schulstube, das Ausweißen der Stuben, Küche und des Flurs sowie das Anlegen eines Abtritts.

296

Die Verbesserung der Schulhäuser

Abbildung 38: Frontansicht (Nordwesten) des neuen Schmagerower Schulhauses 1910168

Abbildung 39: Giebelansicht (Südwesten) des neuen Schmagerower Schulhauses 1910169 168 PfA Retzin, Küsterei Schmagerow, unpag.: Entwurf zur Schule in Schmagerow, Blatt 2. 169 Ebd.

Ausblick

297

Erst 1910 wurde, ohne dass aus den Akten der Initiator hervorgeht, ein Schulneubau ins Auge gefasst. Dessen Planung erfolgte auf der Grundlage der 1895 vom Kultusministerium herausgegebene Schrift „Bau und Einrichtung ländlicher Volksschulhäuser“.170 In ihr fanden sich verbindliche Vorgaben für die Wahl und Lage des Bauplatzes sowie die Anordnung der einzelnen Gebäude, vor allem aber bauhygienische Vorschriften für das Schulhaus selbst. Diese erstreckten sich von allgemeinen Konstruktionsvarianten und zu verwendenden Baustoffen über das äußere Erscheinungsbild bis hin zur Gestaltung des Grundrisses und die benötigte Grundfläche für den Unterrichtsraum. Bei seiner Berechnung fand erstmals als neue Variable eine Mindestraumhöhe Berücksichtigung, die gewährleistete, dass jedem Kind 2¼ Kubikmeter zur Verfügung standen. Die Wohnung für einen verheirateten Lehrer sollte eine Größe z­ wischen 65 und 80 Quadratmetern besitzen und aus drei bis vier beheizbaren Räumen, einer Küche und Keller- und Bodenräumen bestehen. Für den unverheirateten, in der Regel nur vorläufig angestellten Lehrer genügte eine Stube nebst Kammer.171 Die Enge des alten, lediglich 226 Quadratmeter großen Schulgrundstücks machte die Realisierung des neuen Standards an gleicher Stelle unmöglich. Ein neues Grundstück südwestlich der ­Kirche sollte als Bauplatz dienen. Die Akten geben keinen Aufschluss darüber, in wessen Besitz es vorher gestanden hatte. Da in Schmagerow neben dem Gutsherrn allein die K ­ irche über weiteren Grundbesitz verfügte, ist durch die räumliche Nähe zum Kirchhof, aber auch durch die darauf schon vorhandene Kirchenscheune anzunehmen, dass sie das Baugrundstück zur Verfügung stellte. Darüber hinaus erfährt diese These durch das vereinigte Küster- und Lehreramt eine Unterstützung. Nun verfügte das etwa fünfmal so große neue Schuletablissement über einen Pausenhof, einen Turnplatz, einen Brunnen und einen Stall, an dessen südwestlicher Seite sich die bislang vermissten Aborte befanden (vgl. Abbildung 37). Das nach Südwesten ausgerichtete Schulzimmer bot mit fast 50 Quadratmetern Fläche 60 Kindern Raum. Die Lehrerwohnung, die durch einen separaten Eingang vom Schülerverkehr getrennt war, bestand aus drei Stuben, einer geräumigen Küche mit Speisekammer und einer Giebelstube im Dachboden nebst zwei Bodenkammern (vgl. Abbildung 40). Die veranschlagten Kosten beliefen sich auf etwa 18.000 Mark. In Schmagerow handelte es sich um den Neubau eines Küsterschulhauses. Damit waren nur diejenigen Teile, die ausdrücklich Schulzwecken dienten, vom Schulverband zu finanzieren. Insofern lag der Großteil der Summe mit rund 70 Prozent bei der Kirchengemeinde, deren eigene Mittel nicht hinreichten.172 Auf ihren Antrag erhielt sie eine Staatsbeihilfe von 10.000 Mark. Auch der Schulverband konnte von einem staatlichen Bauzuschuss in Höhe173von 1700 Mark 170 Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten (Hg.): Bau und Einrichtung ländlicher Volksschulhäuser. Berlin 1895. 171 Weitere Vorschriften finden sich zu der Größe und Anordnung der Fenster, zu den Decken und Wänden, zur Beheizung und Luftzirkulation, zu Fluren, Treppen, Verkehrsräumen, zu den Abtritten, Brunnen und Wirtschaftsgebäuden. 172 Vgl. Anhang 9.28 dieser Arbeit. 173 PfA Retzin, Küsterei Schmagerow, unpag.: Entwurf zur Schule in Schmagerow, Blatt 1.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

Abbildung 40: Grundriss des neuen Schmagerower Schulhauses 1910 173

profitieren.174 Unter Anrechnung der Hand- und Spanndienste verblieb für den Schulverband letztlich ein zu zahlender Barbetrag von 3150 Mark, für die ­Kirche reduzierte er sich auf die kaum erwähnenswerte Summe von 99 Mark. Die Verteilung der Baukosten ist in Abbildung 41 dargestellt. Nach Abschluss der Bauarbeiten konnte im Herbst 1911 der Unterricht in dem neu errichteten Schulhaus beginnen. Infolge des Reichsgesetzes vom 7. September 1938175 sowie seiner Ausführungsbestimmung vom 13. Oktober 1938176 musste das Gebäude zwangsweise an die politische Gemeinde verkauft werden. Da diese jedoch den Kaufpreis nur teilweise

174 Vgl. „Gesetz, betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen vom 28. Juli 1906“, in: Zentralblatt, 9/1906, S. 622 – 655, hier besonders § 17: „Der Staat erstattet den Schulverbänden […] ein Drittel desjenigen Teilbetrags der durch notwendige Bauten für Volksschulzwecke ausschließlich des Grunderwerbs entstandenen Kosten, welcher im Etatsjahr 500 Mark für die Stelle überstiegen hat und weder Dritten zur Last fällt, noch auch durch Brandschadensversicherung gedeckt wird.“ 175 „Gesetz über die Trennung dauernd vereinigter Schul- und Kirchenämter. Vom 7. September 1938“, in: Preußische Gesetzsammlung, 19/1938, S. 93 – 94. 176 „Verordnung über die Auseinandersetzung des Vermögens bisher vereinigter Schul- und Kirchen­ämter. Vom 13. Oktober 1938“, in: Preußische Gesetzsammlung, 21/1938, S. 103 – 105, dort § 3: „Alle Küsterschulgehöfte, die zum Stellenvermögen der bis zum 1. Oktober 1938 noch nicht getrennten Ämter gehören, sind grundsätzlich in das Alleineigentum der Gemeinden zu überführen.“

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Zusammenfassung

Hand- und Spanndienste des Patronats 14% Material vom Patronat 5%

Beitrag Gesamtschulverband 17% Beitrag Kirchengemeinde 1%

Staatlicher Bauzuschuss 9%

Staatsbeihilfe 54%

Abbildung 41: Kostenträger und deren jeweiliger Anteil an den Baukosten beim Schulbau in Schmagerow 1910177

beglichen hatte,177hielt die Kirchengemeinde ihren Eigentumsanspruch auch nach dem Kriege weiterhin aufrecht.178 Offenbar erfolgreich, denn der Klassenraum konnte bis in die 1960er Jahren für kirchliche Veranstaltungen genutzt werden. Danach wurde in ihm eine Konsum-Verkaufsstelle eingerichtet und die Lehrerwohnung an eine einheimische Familie vermietet. Sie konnte das Haus nach der politischen Wende von 1990 kaufen und lebt noch heute darin. Seinen ursprünglich zugedachten Zweck als Schulhaus erfüllte das Gebäude für etwa 40 Jahre, ehe es das Schicksal vieler pommerscher Dorfschulen teilte. Der Aufbau des sozialistischen Schulwesens zog die Schließung der kleinen einklassigen Standorte nach sich. Die Schmagerower Schüler wurden ab etwa 1950 zunächst in Ramin beschult, ehe sie ab 1960 die neu errichtete Oberschule in Grambow besuchten.

7.10 Zusammenfassung Für die 70er und 80er Jahre des 18. Jahrhunderts ließ sich durch die Aussagen von Gottlob Friedrich Herr und Julius Eberhard von Massow ein allgemeiner Mangel an Schulhäusern bzw. im Falle ihres Vorhandenseins deren unzureichende Beschaffenheit belegen. Dieses allgemein gehaltene und daher unscharfe Bild konnte durch die großangelegte Erhebung aus dem Jahre 1798 für die vorpommerschen Synoden konkretisiert werden. 177 PfA Retzin, Küsterei Schmagerow, fol. 19 f.: Regierung Stettin an den Gemeindekirchenrat und den Schulvorstand von Schmagerow, Stettin vom 30. November 1912. 178 Vgl. Landeskirchliches Archiv Greifswald, Best. 5 Konsistorium, Sommersdorf AV, Band II: Abschrift des sogenannten Löcknitzer Protokolls vom 6. September 1948.

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Die Verbesserung der Schulhäuser

Danach existierte in rund drei Vierteln aller Dörfer ein Schulhaus, während in den übrigen Fällen dem Lehrer entweder von den Gemeinden bzw. der Gutsherrschaft ein Zimmer zur Verfügung gestellt worden war oder das Gebäude in seinem Eigentum stand. Dieser Befund bildet sich auch in der Penkuner Synode ab. Hier befand sich in jedem Kirchdorf ein Schulhaus. In den meisten Fällen besaß es durch die bereits hergestellte Vereinigung vom Küster- und Lehramt den rechtlichen Status eines geistlichen Gebäudes. Private Baulichkeiten existierten nicht. Ein wesentlicher Mangel, der allen Schulhäusern Vorpommerns anhaftete und auch bis um 1820 nicht behoben wurde, bestand im Fehlen eines separaten, allein für den Zweck des Unterrichtens bestimmten Raumes. Insofern konnte von einer Trennung ­zwischen dem Lebens- und Arbeitsbereich des Lehrers noch keine Rede sein. Vielmehr fand im einzigen Zimmer des Hauses neben dem Leben der Lehrerfamilie und deren subsistenzsichernder Handwerksarbeit auch eine Art Unterricht statt. Die daraus resultierende, nahezu beklemmende Enge ließ sich durch das Wartiner Beispiel illustrieren. Aus d ­ iesem Haupthindernis erschloss sich als Ziel der Behörde die Schaffung zeitgemäßer Wohn- und Arbeitsbedingungen. Das dabei von der Stettiner Regierung ab den 1820er Jahren nachzuweisende Handeln lässt sich in zwei Phasen unterteilen, die insgesamt von einem sich verstärkenden Normierungsstreben gekennzeichnet waren. Spätestens seit 1822 drängte die Unterrichtsbehörde auf die Schaffung eines sich an der Schüleranzahl orientierenden, separaten Unterrichtsraumes und seiner Ausstattung mit Subsellien. Die betroffenen Gemeinden wurden vor einem durchzuführenden Schulneubau mit entsprechenden Auflagen versehen. Wie am Beispiel von Ramin gezeigt werden konnte, endete damit das Einwirken des Staates. Das eröffnete den Verpflichteten den Freiraum, sich für eine möglichst kostensparende Variante zu entscheiden. Es wäre jedoch vorschnell und undifferenziert, die Gemeinde allein für schlecht ausgeführte Baumaßnahmen verantwortlich zu machen. Die Vorgänge in Ramin belegten, dass Patronatsherr und Pfarrer die Rolle wirkmächtiger Akteure einnahmen, deren Tun oder Lassen entscheidenden Einfluss hatte. Diese erste Phase der Schulhausverbesserung war dadurch gekennzeichnet, dass die Stettiner Provinzialverwaltung zwar ihre Vorstellungen artikulierte, es dann aber offensichtlich an einer notwendigen Kontrolle fehlen ließ. Dennoch wurden im Untersuchungsgebiet die Anzahl an zweiräumigen Schulgebäuden von anfangs knapp 40 Prozent (1820) in raschen Schritten bis 1831 auf nahezu die 100-Prozent-Marke angehoben. Allerdings blieb die Größe des Unterrichtsraumes in mehr als der Hälfte aller Schulen deutlich unter dem vorgeschriebenen Mindestmaß. Es ist offensichtlich, dass das Beispiel von Ramin keine Singularität darstellte. Neben Engelcken werden auch andere Schulinspektoren von schlecht und unkontrolliert ausgeführten Schulbauten nach Stettin berichtet haben. Obgleich ein direkter Zusammenhang nicht nachgewiesen werden konnte, reagierte die Unterrichtsbehörde 1833 mit einer Verordnung, die einen Grundstandard für die Einrichtung von Unterrichtsräumen definierte und juristisch verbindlich machte. In ihr wurden auch die ab der Mitte der 20er Jahre in der pädagogischen Fachliteratur diskutierten Schulbau- und Schulhygienefragen rezipiert.

Zusammenfassung

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Der 1838 dokumentierte Schulneubau von Storkow diente als Beleg für die Durchsetzung ­dieses Standards und einer verstärkten Kontrolle durch übergeordnete Instanzen. Mit der Schaffung eines separaten Unterrichtsraumes war ein wesentliches Ziel der Unterrichtsverwaltung erreicht. Bereits Ende der 1830er Jahre traten Schulbautätigkeiten wieder in den Hintergrund. Veränderungen wurden in der Regel – zumeist auf Druck der Regierung – nur noch vorgenommen, wenn das zulässige Raummaß durch die steigende Anzahl der Schüler deutlich zu klein wurde. Die notwendige Vergrößerung des Klassenzimmers geschah in den meisten Fällen durch eine kostengünstig zu realisierende Erweiterung des Fachwerkgebindes. Schulneubauten wie in Cunow blieben hingegen die große Ausnahme und ließen sich nur dann realisieren, wenn entsprechend vermögende Kirchenkassen die Kosten trugen. Diese letzte Bemerkung führt direkt zur Finanzierungsfrage. Generell konnte bis zum Ende der 1850er Jahre ein vollständiges Fehlen jeder fiskalischen Beteiligung festgestellt werden. Der Staat versuchte lediglich, seinem Normierungsstreben ausschließlich durch juristische Vorgaben gerecht zu werden. Damit verblieb die Finanzierungsverpflichtung bei den lokalen Akteuren. Sie wurde durch die besondere Rechtsstellung der Küsterschulhäuser in erster Linie von den K ­ irchen getragen. Erst im Falle von deren Insolvenz ging diese Verpflichtung auf die Gemeinde bzw. den Patron über. Am Beispiel von Ramin wurde das dann häufig innewohnende hohe Konfliktpotential aufgezeigt. Erstmals erklärte der preußische Staat in der Verfassung von 1850 seine Bereitschaft zur finanziellen Beteiligung an der Hebung des Schulwesens. Dieses Bekenntnis trug allerdings in dem Folgejahrzehnt nur bescheidene Früchte. An den für die Jahre 1859 – 1861 landesweit in den Schulneu- und Schulumbau investierten knapp 5 Millionen Talern beteiligte sich der Fiskus mit fast 7 Prozent. Differenziert nach den Provinzen partizipierte Pommern an den Gesamtinvestitionen mit mageren 6 Prozent, erhielt allerdings 10 Prozent der Fördersumme. Im Untersuchungsgebiet blieben diese Zuschüsse in der Regel auf die unter königlichem Patronat stehenden Schulen beschränkt, weshalb die Finanzkraft von ­Kirchen und Gemeinden weiterhin eine wesentliche Voraussetzung für Bauarbeiten bildete. Wenn in dieser Aufrechnung zunächst die Zurückhaltung des preußischen Staates auffallend hervortritt, darf sie nicht über den als positiv zu bezeichnenden Fakt hinwegtäuschen, dass innerhalb d ­ ieses Zeitraumes in Pommern fast 300.000 Taler und davon knapp die Hälfte im Regierungsbezirk Stettin – vorrangig in dem die Hauptstadt umgebenden Raum – in den Schulhausausbau investiert wurden. Erst nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges erhöhten sich die Aufwendungen für die pommerschen Volks- und Mittelschulen erheblich. Sie wuchsen innerhalb weniger Jahre von 3,3 Millionen (1871) auf 6,8 Millionen (1886) Mark. Dieser Aufschwung schlug sich auch in der Schulbautätigkeit nieder. Wurden ­zwischen 1874 und 1881 im Durchschnitt jährlich 363.000 Taler in Reparatur- und Neubauten investiert, hatte sich diese Summe z­ wischen 1886 und 1891 mit durchschnittlich 746.000 Mark etwas mehr als verdoppelt, wobei der Anteil von Schulneubauten gegenüber bloßen Reparaturmaßnahmen stetig zunahm. Innerhalb dieser vom Staate angetriebenen kräftigen Investitionen beteiligte

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Die Verbesserung der Schulhäuser

sich der Fiskus fast ausschließlich und mit wachsendem Anteil am Ausbau der ländlichen Elementarschulen. Die Unterstützung der Städte in einem Umfang von weniger als einem halben Prozent kann hierbei vollkommen unbeachtet bleiben. Das in der Verfassung von 1850 gegebene, jedoch diffus formulierte Versprechen einer materiellen Beteiligung des Staates an den Schulunterhaltungskosten erhielt erst 1906 durch das Volksschulunterhaltungsgesetz seine juristische Konkretion. Neben der Verpflichtung der Gemeinden zur Schaffung eigener Baufonds definierte und garantierte das Reich nun seine finanzielle Beteiligung an jedem Schulbauprojekt. Wirtschaftlich schwache Gemeinden konnten darüber hinaus mit zusätzlichen Beihilfen rechnen. Nach der Jahrhundertwende waren durch die vom Kultusministerium herausgegebene Schrift „Bau und Einrichtung ländlicher Volksschulhäuser“ erstmals verbindliche Vorgaben für das gesamte Schulensemble getroffen. Nun wurde auch die Lehrerwohnung den konkreten Bedürfnissen einer Lehrerfamilie angepasst. Der dadurch erzeugte enorme qualitative Unterschied ließ sich am Beispiel des Schulneubaus in Schmagerow veranschaulichen.

8. Zusammenfassung und Ausblick Die vorliegende Studie entstand aus der – anfangs naiven – Motivation, eine Schulgeschichte meiner Heimatregion zu schreiben. Doch schon bald stellte sich heraus, dass es dazu einer Konkretisierung der Aufgabenstellung bedurfte. Ausgehend von den ereignisträchtigen Jahren der preußischen Reformära sollte ein Gang durch weit mehr als 100 Jahre pommerscher Schulgeschichte beginnen. In seinem Verlauf wurden an drei Schwerpunkten Wirkung und Umsetzung der im Reformjahrzehnt formulierten Innovationsgedanken untersucht. In einer ersten Rückschau fasst das Zitat Altensteins aus dem Frühjahr 1819 die Ergebnisse zutreffend zusammen: „So wichtig auch die Schulen sind, so übersteigt es doch die Kraft des Staates, sie ganz auf seine Kosten gehörig in Stand zu setzen. Alles, was vom Staat gefordert werden kann, ist, daß er für die vorbereitenden Anstalten, für Auf- und Nachsicht sorge, und daß er da zutrete, wo durchaus kein anderes Mittel wirksam ist.“ 1

Altenstein umriss in diesen Worten die Programmatik seiner Bildungspolitik. In ihr wies er dem Staate die ausschließliche Verantwortung für die Lehrerausbildung zu. Dem gegenüber delegierte er die finanziellen Lasten der lokalen Schulverbesserung an die Gemeinden. Dabei schloss er keineswegs ein staatliches Normierungs- und Eingriffsrecht aus, obwohl im Frühjahr 1819 die Chance für die Verabschiedung von Süverns Unterrichtsgesetzentwurf – und damit einer allgemeinen Regelung – eher gering war. Vor ­diesem Hintergrund stellte sich die Frage, ­welche Reformgedanken trotz des restaurativen Gegenwindes Eingang in die regionale Schulpolitik fanden. Die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse tragen zu ihrer Beantwortung bei. Hinsichtlich des administrativen Einwirkens auf die drei hier gewählten Untersuchungsfelder ließen sich deutliche Unterschiede ausmachen. Bereits der erklärte Monopolanspruch auf die Lehrerausbildung begründet das große staatliche Engagement auf d ­ iesem Gebiet, das sich nicht zuletzt in seiner Finanzierung widerspiegelte. Den Grundstein für eine seminaristische Ausbildung von Landschullehrern in Stettin hatte Johann Christoph Schinmeyer 1732 gelegt. Obwohl diese Einrichtung bereits fünf Jahre s­ päter wieder geschlossen wurde, konnte die Lehrerausbildung an anderer Stelle fortgeführt und ab 1775 unter Friedrich Christian Göring zu neuer Blüte gebracht werden. Trotz allen Engagements d ­ ieses Geistlichen blieb die Zahl ausgebildeter Lehrkräfte gering. Der größte Teil der pommerschen Landschullehrer trat unvorbereitet ins Schulamt.



1 Denkschrift des Kultusministers Karl Freiherr vom Stein zum Altenstein, [Berlin], Ende April/ Anfang Mai 1819, abgedruckt in: Acta Borussica, N. F., Reihe 2, Abteilung I, Band 2.2, S. 2 – 13, Zitat S. 10.

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Zusammenfassung und Ausblick

Erst im Zuge der preußischen Reformen änderte sich dieser Zustand. Unter Ausnutzung bestehender Kapazitäten wurde die Lehrerbildung in Stettin zu Beginn des 19. Jahrhunderts erheblich ausgebaut und konnte in Pommern eine herausragende Stellung erlangen. Ihre inhaltliche und administrative Prägung erhielt sie vor allem durch Friedrich ­Heinrich Gotthilf Graßmann. Er nahm in einem Zeitraum von mehr als 50 Jahren als Lehrer und Direktor dieser Anstalt und darüber hinaus als Schulrat bei der Stettiner Regierung entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des pommerschen Elementarschulwesens. Damit ist er als bedeutender, überregional agierender Akteur zu benennen. Neben der seminaristischen Ausbildung kristallisierte sich als weiterer Schwerpunkt die Qualifizierung von bereits amtierenden Lehrern heraus. Die Untersuchung konnte belegen, dass die entsprechende Zielgruppe im Penkuner Raum fast ausschließlich aus Handwerkern bestand. Diese hatten sich die für die Zeit um die Jahrhundertwende als ausreichend erachteten Grundfertigkeiten – Katechismus, Lesen und Schreiben – zumeist in Form der Meisterlehre angeeignet. Damit konnten sie dem im Reformjahrzehnt formulierten, gestiegenen Anspruch nicht mehr genügen. Sie wurden im Rahmen von Parochialkonferenzen von den Pastoren nachgeschult. Freilich setzten auf der einen Seite Alter und intellektuelle Fähigkeiten dieser Lehrer dem Erfolg der Maßnahme enge Grenzen. Auf der anderen Seite spielten Interesse und Lehrgeschick der Pastoren eine wichtige Rolle. Mit der Emeritierung der alten Lehrergeneration erhöhte sich sukzessive der Anteil seminaristisch ausgebildeter Lehrer. Damit erhielt auch deren Fortbildung einen anderen Zuschnitt. Um eine größere Breitenwirkung zu erzielen und ein inhaltlich höheres Niveau zu bedienen, entstanden im Penkuner Raum ab 1857 Synodal- und Bezirkslehrerkonferenzen. In ihnen traten die Teilnehmer als Referenten auf, diskutierten aktuelle pädagogische ­Themen, führten Unterrichtsversuche durch und werteten diese aus. Zeigte sich auf dem bedeutsamen Feld der Lehrerausbildung ein hohes staatliches Engagement, so ließ sich für die beiden anderen Untersuchungsfelder bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein ebenfalls ein stärker werdendes administratives Einwirken feststellen – allerdings mit dem entscheidenden Unterschied der fehlenden finanziellen Unterstützung. Getreu der Direktive Altensteins fiel diese Last in erster Linie auf die Gemeinden. Die Einführung von allgemeinen Schulgeldsätzen sicherte den Lehrern ein relativ stabiles Bareinkommen, das von dem tatsächlichen Unterrichtsbesuch der Schüler entkoppelt war. Damit endete die bis dahin durch das Generallandschulreglement legitimierte Wahlmöglichkeit der Eltern und eröffnete erstmals allen Schülern den Zugang zu den Elementartechniken. Nicht zuletzt dadurch stieg der Druck auf die unvorbereiteten Lehrer, ein entsprechendes Bildungsangebot vorzuhalten. Widerstände gegen die neue Form der Schulgeldzahlung entstanden erwartungsgemäß bei den Eltern. Neben der Sicherstellung eines verlässlichen Bareinkommens konnten die Einkommenssituation der meisten Schulstellen im Zuge der Regulierungen der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse durch die Beilegung von Dienstland bedeutend aufgewertet werden. Obwohl die unter restaurativem Einfluss entstandenen gesetzlichen Bestimmungen

Zusammenfassung und Ausblick

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diese Flächen ausschließlich der bäuerlichen Flur entzogen, ließ sich von den Gemeinden kein Widerstand feststellen. Eine weitere Möglichkeit der Stellenaufwertung bestand in der Vereinigung von Schulund Küsteramt. Von dieser Umverteilung der zumeist ansehnlichen Küstereinnahmen hatten die Patronatsherren im Penkuner Bereich schon vor den Reformen ausgiebig Gebrauch gemacht. Wo sie noch nicht erfolgt war, geschah sie innerhalb der nächsten Jahre im Zuge von Stellenneubesetzungen. Da diese Maßnahme nicht in bestehende Rechtsverhältnisse eingriff, war einem Konflikt von vornherein der Boden entzogen. Allerdings manifestierte sich die finanzielle Abhängigkeit des Lehrers vom kirchlichen Nebenamt. In der Summe betrachtet, führten diese drei Komponenten zu einer für den Staat kostenneutralen und für die Lehrer spürbaren Gehaltsaufbesserung. Sie belastete in der Regel die dörflichen Gemeinden, während der Anteil der Gutsherren als gering zu bewerten ist. Bis in die 60er Jahre wirkte die Stettiner Regierung administrativ auf eine Verbesserung der besonders schlecht dotierten Stellen ein, ohne jedoch fiskalische Mittel bereitzustellen. Erst in den 1870er Jahren stieg die staatliche Beteiligung an den Kosten der Lehrerbesoldung signifikant. Ein ähnliches Agieren des Staates fand sich bei der Verbesserung der Schulhäuser. Er definierte den normativen Rahmen und wirkte damit in den 1820er Jahren auf die Herstellung separater Klassenzimmer hin. Damit konnte sich eine Trennung z­ wischen dem Wohn- und dem Arbeitsbereich des Lehrers durchsetzen. Neben der Orientierung an der vorhandenen Schülerzahl berücksichtigten die staatlichen Verordnungen erstmals auch hygienische Standards. Allerdings überließen die Behörden die Bauausführung anfangs noch unkontrolliert den örtlichen Instanzen. Die Vereinigung von Schul- und Küsteramt hatte auch unmittelbare Auswirkungen auf die Finanzierungspflicht der Um- bzw. Neubauten von Schulhäusern. Da die Gebäude mit der Ämterfusion einen geistlichen Status erhielten, fielen die Kosten kirchlichen Kassen zur Last. Nur im Falle von deren Insolvenz mussten Patron und Gemeinden subsidiär einspringen. Durch diese Regelung konnten sich viele Gemeinden schadlos halten. Allerdings wurde damit auch der Samen für einen Eigentumsstreit gelegt, der etwa 100 Jahre s­ päter bei der Trennung von Küsterei und Schule ausbrach. In seiner Beteiligung an den Investitionen in den Schulbau blieb der preußische Staat bis in die 1860er Jahre hinein eher zurückhaltend. Dagegen erhöhte er den Druck auf die gesetzlich Verpflichteten. Eine erwähnenswerte Veränderung setzte erst nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges ein und resultierte in der wachsenden finanziellen Beteiligung des Fiskus an Schulneubauten, vor allem im ländlichen Bereich. Mit einem Blick auf die am Anfang dieser Arbeit aufgeworfene Frage nach den lokalen Akteuren und ihrem Handeln lassen sich folgende Ergebnisse formulieren: Eine unbestritten herausragende und positiv besetzte Rolle bei der Entwicklung des Penkuner Schulwesens nahm Caspar Moritz Engelcken ein. In mehr als 50 Jahren gestaltete er wie kein anderer an der Schnittstelle ­zwischen administrativen Vorgaben und lokaler Realisierung die Reformprozesse in seinem Amtsbereich. Das verwandtschaftliche Verhältnis zu Friedrich

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Zusammenfassung und Ausblick

Heinrich Gotthilf Graßmann legt die Vermutung eines engen persönlichen Austauschs beider Protagonisten nahe. Ich konnte ferner verdeutlichen, dass von einer uniformen Entwicklung innerhalb des Schulaufsichtsbezirkes keine Rede sein kann. Obwohl es sich bei den Untersuchungs­ objekten immer um einklassige Dorfschulen handelte, wirkten auf jede einzelne besondere lokale Faktoren und bestimmten mit Ortspfarrern, Patronatsherren, Gemeindevorstehern unterschiedlich disponierte Akteure den Schulentwicklungsprozess. Sie alle hoben – in der Länge der Zeit betrachtet und mehr oder minder aus eigenem Antrieb motiviert – die materiellen und situativen Rahmenbedingungen für Unterricht und Lehrer. So lange sie „ohne Geräusch“ wirkten und die administrativen Vorgaben realisierten, blieben sie in dieser Arbeit ungenannt. Allerdings barg das Aufeinandertreffen von staatlichem Anspruch und lokalen Interessen gleichsam ein Konfliktpotential, das eine besondere Schärfe in den Tagelöhnerdörfern gewann, in denen allein der Gutsherr die finanziellen Lasten zu tragen hatte. Insofern konnte die Untersuchung des Penkuner Schulraumes eindeutig belegen, dass sich der staatlich initiierte Modernisierungsprozess in den Bauerndörfern erfolgreicher gestaltete als in den Gutsdörfern, obwohl für beide dieselben staatlichen Maßnahmen Anwendung fanden. Die Ursachen hierfür sind komplexerer Natur und werden durch das Zusammenspiel von der Anzahl und Wirtschaftskraft der Bauernhöfe, dem Vorhandensein finanzkräftiger ­Kirchen und der Vereinigung von Lehr- und Küsteramt geprägt. Meine Arbeit konnte ferner verdeutlichen, dass trotz des proklamierten Anspruchs des Staates auf die Schule der kirchliche Einfluss ungebrochen hoch blieb. Geistliche übten bis in das 20. Jahrhundert hinein die Schulaufsicht aus, waren ständige Mitglieder in Schulvorständen, besaßen die Verantwortung für die Lehrerfortbildung, prüften potentielle Seminarbewerber. Darüber hinaus sicherten kirchliche Quellen einen Großteil des mit der Reform einhergehenden Finanzierungsbedarfs. Dass der Staat ohne diese Unterstützung seinen Anspruch nicht hätte realisieren können, wurde evident. Frank-Michael Kuhlmann hatte für die konservativen Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts ein stetiges, kleinschrittiges Reformgeschehen konstatiert. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bestätigen die Triftigkeit seiner These; allerdings ist sie differenzierter zu betrachten. Vorrangig durch das Erstarken reaktionärer Kräfte und ihrem Bestreben, eigene Vorrechte zu konservieren, erfolgte die Ablehnung des Süvernschen Gesetzentwurfs. Dennoch blieben viele seiner Inhalte nicht unbeachtete und stimulierten den Reformprozess im preußischen Bildungswesen. Im Bereich der Lehrerprofessionalisierung wurden beispielsweise Süverns Bestimmungen vollständig umgesetzt. Anders hingegen verhielt es sich mit den finanziellen Lasten, die nach den Buchstaben des Gesetzes allen Einwohnern eines Schulbezirkes im Verhältnis ihres Eigentums bzw. Einkommens zugefallen wären und damit den Grundherren erheblich größere Beträge abverlangt hätte. Dieses Finanzierungsmodell Süverns war insofern revolutionär, weil es an den Grundfesten der alten Ordnung rüttelte und zudem auf eine Verringerung der kirchlichen Abhängigkeit des Lehrers – zumindest in finanzieller Art – hinwirkte. Erwartungsgemäß lässt sich in der s­ päter verfolgten Praxis eine deut­liche Abkehr von diesen Ideen erkennen. An dieser Stelle ist es daher nicht unberechtigt zu

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fragen, inwieweit dies dem Reformprozess dienlich oder abträglich war. Meine Untersuchung konnte belegen, dass sich Gutsbesitzer vehement gegen die ihnen abverlangte – im Vergleich zur ursprünglichen Fassung äußerst geringe – finanzielle Beteiligung sträubten. Wäre angesichts d ­ ieses Befundes eine Bildungsreform nach Süverns Vorstellungen möglich gewesen, zumal sein Gesetz die Hinzuziehung kirchlicher Mittel nicht vorsah? Selbstredend ergibt sich aus der vorliegenden Arbeit eine Vielzahl von Ansatzpunkten für weitere Forschungen. So lässt sich das spezifische Ergebnis des relativen Entwicklungsvorsprungs der Bauern- gegenüber den Gutsdörfern noch nicht verallgemeinern. War es das Anliegen dieser Studie, durch eine Tiefenlotung die Wirkkräfte in der Penkuner Synode zu analysieren, eröffnet sich aus dem hier getroffenen Befund zugleich ein neuer Forschungsauftrag, der die Frage nach dem differenziert zu betrachtenden Entwicklungspotential anderer Schulaufsichtsbezirke zu untersuchen hätte. Eine alternative dörfliche Siedlungs- und Sozialstruktur oder ein höherer Anteil von Schulstellen königlichen Patro­ nats – wie beispielsweise auf der mehrfach als defizitär beschriebenen Insel Usedom zu finden – führten möglicherweise zu einer anderen Entwicklung; denkbar wäre ebenfalls die Untersuchung eines hinterpommerschen Amtsbereichs. Die wesentlichen Faktoren, die offenbar zu auffallend unterschiedlichen Entwicklungsständen führten, sind dabei nur durch ähnliche mikrohistorische Studien zu klären. Aber auch im Penkuner Raum ließen sich Aspekte der Schulwirklichkeit finden, die nicht in den Rahmen der hier beschriebenen Reform gehören, deren Vertiefung jedoch reizvoll scheint. So gewährten die Akten mitunter Einblicke in die bedrückende Realität von Lehrerwitwen und -waisen: 1843 stellte das plötzliche Ableben des Krackower Lehrer Carl Georg Heinrich Bogenschneider seine 44-jährige Witwe mit ihren sechs Kindern vor existentielle Probleme. Vor d ­ iesem Hintergrund beantragte die Gemeinde die Wiederbesetzung mit einem „Candidaten, welcher […] mit der Stelle auch alles lebende Inventarium zu übernehmen“ bereit war.2 Dies geschah mutmaßlich vorrangig aus eigenem Interesse, denn die Lehrerwitwe konnte lediglich auf 10 Taler Pension hoffen und würde damit zu den Ortsarmen zählen. Für ihren Unterhalt hätte nach den Bestimmungen des Allgemeinen Landrechtes die Gemeinde zu sorgen gehabt. Als problembehaftet gestaltete sich mitunter auch das Dienstverhältnis z­ wischen Pfarrern und „ihren“ von einem wachsenden Standesbewusstsein geprägten Lehrern. 1821 beschwerte sich beispielsweise der Grünzer Lehrer Friedrich Treptow über das von ihm als persönliche Demütigung empfundene Verhalten des Sommersdorfer Pfarrers Hertel. Dabei thematisierte Treptow auch, dass der Pfarrer ihn mit „Er“ und nicht mit „Sie“ ansprach.3 Als dem Sommersdorfer Lehrer Carl August Ferdinand Fiebelkorn nach seiner Amtseinführung

2 KKA , Sup Pen, Sect. IV , Nr. 5, Tit. IV , unpag.: Kröcher an Engelcken, Nadrensee vom 31. Oktober 1843. 3 KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 8, Tit. VI, unpag.: Abschrift der Beschwerde des Lehrers Treptow, Grünz vom 28. April 1821.

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vom Pastor auch die Reinigung des pfarrherrlichen Putenstalls zudiktiert wurde, erhob er beim Patron erfolgreich Einspruch.4 Mit der Reichseinigung begann für die preußische Volksschule, die sich mehr und mehr als eine deutsche definierte, ein neues Kapitel. In ihr wurde die Jugend durch das Programm einer vaterländischen Erziehung zu treuen, pflichtbewussten Untertanen erzogen. Die Allgemeinen Bestimmungen setzten 1872 in Bezug auf den Fächerkanon und die Bildungsinhalte neue Normen. Neben der Erweiterung um die Realienfächer trat auch der Turnunterricht verpflichtend hinzu. Für den Penkuner Bereich konnte ich feststellen, dass besonders ältere Lehrer alle möglichen Begründungen vorschützen, um sich seiner Erteilung zu entziehen. Diese neue Epoche wurde auch von einer materiellen Besserstellung der Lehrer und einem deutlich höheren finanziellen Engagement des Staates geprägt. Die Einführung von Dienstalterszulagen 1873, der Verabschiedung eines Lehrerpensionsgesetzes 1885 und eines Diensteinkommensgesetzes 1897 sind in dieser Hinsicht als wesentliche Meilensteine zu verstehen. 1899 regelte ein Gesetz die Fürsorge für Lehrerwitwen und -waisen. Erhalten blieb indes der Zuschnitt der Landschulen als ein Gemeindeinstitut, in dem geistliche Schulaufseher, zunehmend standesbewusstere Lehrer, Schulpatrone und Eltern die kleine Schulpolitik vor Ort gestalteten. Trotz der materiellen Besserstellung des Lehrers blieb seine Abhängigkeit vom kirchlichen Nebenamt bis in das 20. Jahrhundert erhalten. Das Bild von Schule und die Erwartungen, die von Schülern, Eltern, ja der Gesellschaft insgesamt an diese Institution herangetragen wurden und werden, sind einer stetigen Veränderung unterworfen. In d ­ iesem Prozess kommt der Kritik an Schule eine entscheidende Funktion zu, da diese „die Potenz [hat], Dynamik zu bewirken“.5 Ich bin gewiss, dass Kritik nicht nur im Kontext von Schule geeignet ist, „Erstarrungen [zu] verhindern“.6 Und ebenso bin ich überzeugt, dass es zu den Aufgaben von Schule zählt, die ihr anvertraute Schülerschaft zu kritischen Geistern zu erziehen. Möge ­dieses Ziel einer jeden Lehrergeneration eine Herzensangelegenheit sein und bleiben.

4 Reepel, Martin: In einem Randowwinkel um die Jahrhundertwende, in: Unser Pommerland – Monatszeitschrift für das Kulturleben der Heimat. Heft 11/12, 1939, S. 419 – 424, hier S. 420. 5 Pehnke, Andreas: Ein Plädoyer für unser reformpädagogisches Erbe, in: Ders. (Hg.): Dass., Neuwied, Kriftel, Berlin 1992, S. 8 – 34, hier S. 12. 6 Ebd., S. 11.

9. Anhänge 9.1 Süverns Unterrichtsgesetzentwurf von 1819 Erster Teil. Die öffentlichen Schulen betreffend. I. Allgemeine Grundbestimmungen. […] II. Verfassung der öffentlichen allgemeinen Schulen. […] III. Verteilung der Schulen jeder Stufe nach örtlichen Verhältnissen. […]

§. 28. Vor allen Dingen aber ist das platte Land mit der dem Landvolk nöthigen Zahl allgemeiner Elementarschulen auszustatten. In Gegenden, wo es Kirchschulen, und außerdem noch sogenannte Neben- oder Dorfschulen giebt, müssen die erstern so viel wie möglich als vollständige Elementarschulen eingerichtet werden. In jedem Falle muß dies geschehen, wenn sie zwei Lehrer haben, oder zu unterhalten im Stande sind. […] Um aber zur Versorgung der Landbewohner mit den, außer den schon vorhandenen Kirchsocietäts-, Dorf- oder Nebenschulen, noch erforderlichen Elementarschulen zu gelangen, wird hierdurch festgesetzt: 1. Jede unter öffentlicher Autorität bestehende oder zu errichtende Verbindung von Landbewohnern zur Unterhaltung einer allgemeinen Elementarschule soll einen Landschul-Verein ausmachen. 2. Zu einem solchen Verein gehört alles ländliche in seinem Umfang eingeschlossene Grundeigenthum ohne Unterschied der Besitzer und ohne Rücksicht darauf, ob sie Kinder haben oder nicht. Außerdem aber sollen alle im Bezirk des Vereins wohnende, auch nicht mit Grundeigenthum darin angesessene Hausväter dazu gehören. […] 3. Jedes Dorf für sich mit Zuziehung der benachbarten Höfe, so wie auch eine Gesammtheit mehrerer Höfe, kann einen solchen Verein bilden. […] 5. Jenes (Nr. 3) ist als die Regel, ­dieses als Ausnahme zu betrachten, und diese Ausnahme soll nur unter bestimmten Bedingungen eintreten können. […] IV. Schulpflichtigkeit. […] V. Äußere Ausstattung und Unterhaltung der Schulen.

§. 42. Wieweit bei d ­ iesem ganzen Verfahren die evangelischen sowohl als die katholischen Geistlichen durch Anwendung der den kirchlichen Einrichtungen zufolge ihnen zu Gebote stehenden Besserungsmittel mitwirken können, wird ihrer eigenen Beurtheilung in jedem besonderen Falle überlassen.

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Vornehmlich aber müssen sie in den Schul-Predigten ihre Gemeindemitglieder wie zu einer guten Kinderzucht überhaupt, so zur Beförderung des ordentlichen Schulbesuchs insonderheit ermuntern, und es steht ihnen frei, auf Fälle grober und anhaltender Vernachlässigung dieser Pflicht am Schluß gedachter Predigten hinzudeuten. Ferner müssen sie darauf halten, daß bei den Schulvisitationen die Namen der schulfähigen Kinder, ­welche die Schule entweder gar nicht oder unordentlich besuchen, verlesen werden. Endlich sind sie verpflichtet, kein Kind zum Konfirmations- oder Kommunions-Unterricht anzunehmen, das nicht gültige Zeugnisse, entweder über seine gehörige Entlassung aus der Schule, oder über seinen noch fortdauernden Schulbesuch, und, wenn es Privatunterricht genießt oder genossen hat, über diesen beizubringen. […] §. 45. Um den Schulen gute Lehrer zu verschaffen, ist für deren Lebensunterhalt vor Allem zu sorgen. Es ist Unser ernstlicher Wille, daß ­dieses als der erste und wichtigste Gegenstand der SchulUnterhaltung betrachtet werde. Es ist weder möglich noch nöthig, einen allgemeinen, durch den ganzen Staat geltenden Maßstab desselben für jede Stufe von Schulen vorzuschreiben. Wenn daher die höchste Ausstattung jeder Lehrerstelle von den jedesmaligen Verhältnissen abhängig, denen aber, w ­ elche die Unterhaltung der Schulen obliegt, und den Schul-Behörden die größte Fürsorge hierin zur Pflicht gemacht wird; so wird andererseits verordnet, daß in den Provinzial-Schul-Ordnungen ein den Verhältnissen jeder Provinz angemessenes mindestes Einkommen der Lehrerstellen in den Städten und auf dem Lande festgesetzt; daß wenigstens auf ­dieses Mindeste die Einkünfte der jetzt geringer einträglichen Stellen innerhalb zu bestimmender Fristen, allein aus Rücksicht auf die Verdienstlichkeit der vorhandenen Lehrer, gebracht; und daß, um sie jederzeit im möglichst richtigen Verhältniß zu dem innern Werthe der Schulen und den Preisen der Lebensbedürfnisse zu erhalten, von Zeit zu Zeit Revisionen derselben vorgenommen werden sollen. §. 46. In der Regel soll jede Schule ihr eigenes Gebäude haben. Wenn sie aber genöthigt ist, sich mit einem gemietheten zu behelfen, so muß darauf gesehen werden, daß dasselbe von fremder Gemeinschaft abgeschlossen ist. Das Wesentliche, was keinem Schulgelaß fehlen darf, ist eine möglichst gesunde und reinliche Lage, sind ferner gesunde, hinlänglich geräumige und für den Zweck der Anstalt passend eingerichtete Zimmer, und wo nur möglich, eine gute Wohnungsgelegenheit für den Lehrer. […] Für die Land- und niedern Stadtschul-Gebäude sollen den Provinzial-Schul-Ordnungen Risse nach verschiedenen Maßstäben beigefügt werden, um als Muster bei allen Neubauten und Hauptveränderungen zu dienen. Bei jeder Schule auf dem Lande und in kleinen Städten muß ein, je nach dem Verhältniß der Gegenden, zum Gemüseanbau, zur Baum- und Bienenzucht geeigneter Garten, den ein Lehrer bewirthschaftet, und auch zur Belehrung der Schüler nutzt, besorgt werden. So auch muß, gestattet es irgend die Gelegenheit, bei jedem Schulhause ein Versammlungsund Uebungsplatz für die Jugend befindlich sein.

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§. 49. Das zur Ausstattung und Unterhaltung der Schulen Erforderliche aufzubringen, mögen alle die mannigfaltigen Mittel benutzt werden, w ­ elche Ortsverhältnisse und Gelegenheit darbieten. Was aber die Grundlagen dazu betrifft, so wird hierdurch im Allgemeinen bestimmt: 1. Schulen und Erziehungs-Anstalten, ­welche durch landesherrliche, ständische, kirchliche oder Privat-Stiftungen eigenthümliche Unterhaltungs-Fonds besitzen, werden auch aus diesen unterhalten und nöthigenfalls verbessert, haben aber, wenn jene nicht zureichen, Anspruch auf Unterstützung aus andern Miteln, jede nach der Stufe bestimmt. […] §. 51. Die Unterhaltung des Landschulwesens beruht auf den ländlichen Schulvereinen, w ­ elche (§. 28) dessen Grundlage ausmachen. Zu derselben 1. müssen daher alle nach §. 28.2 zu einem Schulverein gehörigen Grundeigenthümer, Einsassen und andere Hausväter ohne Unterschied nach Verhältniß ihres innerhalb des Vereins gelegenen Grundbesitzes, und, wo solcher nicht vorhanden ist, ihres Einkommens oder Erwerbes, sei es durch Geld oder Naturalien, oder wo beides nicht möglich ist, durch Dienste (z. B. bei der Herbeischaffung der Naturalien, der Baumaterialien, der Bauten selbst) beitragen. […] Der auf Grundstücken treffende Theil der Beiträge soll auf diesen als eine Reallast ruhen, so daß bei Dismembration der Grundstücke jeder Theil die auf ihn kommenden Schulabgaben übernimmt, ohne daß eine Uebertragung derselben stattfindet. […] 8. Was den Bau und die Unterhaltung der Schulgebäude betrifft, so richten sich diese im Allgemeinen nach den obigen Festsetzungen über die Unterhaltung der Landschulen überhaupt. Es müssen sonach überall, wo die Schulunterhaltung demselben gemäß reguliert ist, alle zu Schulbauten nöthigen Materialien nach Maßgabe der Anschläge von den Schulvereinen beschafft werden. Denen, ­welche ihren Beitrag dazu in natura leisten können und wollen, soll dies nach einer von dem betreffenden Verein zu bestimmenden Taxe gestattet sein. Wo aber Kirchenpatrone als ­solche die Materialien zu Schulbauten herzugeben verbunden sind, bleibt es bei dieser Verpflichtung. […] §. 52. In Ansehung einzelner Mittel und Gegenstände der Schul-Unterhaltung muß 1. den Schullehrern besonders auf dem Lande und in kleinen Städten, wo es nur irgend möglich ist, ein in den Provinzial-Schulordnungen zu bestimmender Theil ihres Einkommens in Naturalien angewiesen werden, deren Lieferung darf aber ohne Einwilligung des Schullehrers nicht verdungen werden, auch darf Niemand den auf ihn kommenden Betrag dazu den Schullehrern in Gelde aufdringen. Wo ­solche Natural-Einkünfte schon bestehen, sollen sie, obschon in veränderten Repartitionen, sofern die Anwendung gegenwärtigen Gesetzes d ­ ieses erfordert, bleiben und nicht in Geld verwandelt werden, falls nicht die starke Abnahme oder das gänzliche Ausgehen des Materials dazu nöthigt. In Fällen der Art sollen aber Entschädigungssätze nach einem zehnjährigen Durchschnittspreis angenommen, von Zeit zu Zeit (§. 45) revidirt, und wenn es alsdann nöthig ist, neu bestimmt werden. Ein Gleiches soll da geschehen, wo es unmöglich ist, früher mit Stellen verbunden gewesene Natural-Einkünfte wieder herzustellen.

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2. Der Garten, welcher nach §. 46 bei jeder Landschule sein soll, muß, wo er nicht schon vorhanden oder aus andern Hülfsquellen der Schule zu beschaffen ist, von den Vereinsmitgliedern angewiesen oder erkauft werden. 3. Bei Gemeinheits-Theilungen und, wenn sich Gelegenheit dazu ergiebt, auch bei Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, soll den Landschullehrern das zur Erzeugung ihres Gemüsebedarfs und zur Ernährung einer Kuh nöthige Land mit einem bis zwei Morgen guten Landes, in schlechtem Boden aber verhältnismäßig mehr, sofern dasselbe mit ihren Stellen noch nicht verbunden ist, angewiesen werden. Wo aber noch Gemeinde-Hütung besteht, und so lange sie besteht, auf dem Lande und in kleinen Städten, soll den Lehrern freie Weide für eine bestimmte Anzahl Vieh und freier Antheil an andern ähnlichen Gemeinde-Nutzungen, je nachdem die Verhältnisse sie ergeben, zugestanden werden. 4. Wo Schullehrer als s­olche bestimmte Einkünfte aus dem Klingsäckl, von Taufen, Trauungen und Begräbnissen haben, kann es dabei bleiben. Solche Einkünfte müssen aber bei der Gesammteinnahme der Lehrer nach Durchschnittssätzen in Anschlag gebracht, auch müssen Maßregeln genommen werden, daß durch die den Lehrern zu ihrer Erwerbung etwa obliegenden Verrichtungen, insbesondere durch Leichenbegleitungen, ihre erste auf die Schule gerichtete Amtspflicht nicht leide. […] 5. Keinem Lehrer an niedern Schulen darf ein sogenannter Wandeltisch bei dem Einkommen seiner Stelle in Anschlag gebracht werden. Kann ein Freitisch dennoch stattfinden, so muß er den übrigen Einkünften nur hinzutreten, aber dem Lehrer untersagt werden, sobald bemerkt wird, daß seine Amtswürde und Pflicht darunter leidet. 6. Keinem Lehrer soll erlaubt sein, gewisse Einnahmen an Geld oder Naturalien durch Umgänge in den Häusern sich selbst oder durch seine Schüler einzusammeln. […] 8. Da die allgemeinen Beiträge, ­welche von den Hausvätern zur Unterhaltung der Schule geleistet werden, nur zum Zweck haben, deren Entstehen oder Bestehen zu gemeinsamer Benutzung möglich zu machen, und es nicht unbillig ist, daß diejenigen, w ­ elche diese Anstalten wirklich benutzen, besondere Beträge dazu durch das Schulgeld entrichten, d­ ieses auch zur Aufmunterung der Lehrer dienen kann, so wird dasselbe bei Schulen aller Stufen unter folgenden Modifikationen gestattet: a) […] Ob auf dem Lande das Schulgeld, wo es schon stattfindet, beibehalten oder nach dem Wunsche ländlicher Schulvereine eingeführt und wie es festgesetzt werden soll, wird für die einzelnen Fälle der Beurtheilung der Provinzial-Schul-Behörden vorbehalten. b) Die Erhebung und Einziehung des Schulgeldes darf keinem Lehrer auferlegt, sondern es muß von Seiten der Schul-Vorstände erhoben und durch ihre Diener nöthigenfalls beigetrieben werden. […] 10. Keinem auf den mindesten Satz des Einkommens gebrachten Lehrer soll es erlaubt sein, durch Nebenämter, ­welche seiner Würde oder Sittlichkeit Gefahr bringen oder ihn in Abwartung seines Berufs zertreuen und deshalb Strafe zuziehen würden, sein Einkommen zu vermehren. […] Verwaltet ein Lehrer einen ­Kirchen-, zum Beispiel Kantor-, Organisten oder Kirchendienst, so müssen ­solche Anforderungen getroffen werden, durch ­welche jede Störung des Schuldienstes vermieden wird.

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Die Einkünfte von Kirchendiensten werden den Lehrern bei ihrem Einkommen vom Schulamte in der Regel nicht angerechnet. 11. So auch dürfen kein Lehrer oder keine Lehrerin ohne Erlaubniß ebengedachter Behörden durch ein Gewerbe oder Handwerk ihre Nahrung zu vermehren suchen, und diese Erlaubniß ist für alle unsaubere und s­olche Beschäftigung, womit gute und pünktliche Wahrnehmung der Amtspflichten nicht vollkommen bestehen kann, darunter selbst für den Ackerbau als Gewerbe, zu versagen. […] VI. Vorbereitung, Anstellung und weitere Führung der Lehrer

§. 55. Da gute Schul-Einrichtungen nur durch gute Lehrer Kraft und Leben gewinnen und ihren Zweck erfüllen können, so ist von Seiten der öffentlichen Unterrichts-Behörden aufs angelegentlichste dafür zu sorgen, daß diejenigen, w ­ elche sich dem Lehrerstande widmen, wohl vorbereitet, nächstdem zweckmäßig angestellt, in dem Triebe fortschreitender Ausbildung für ihr Fach, so weit von außen dazu gewirkt werden kann, erhalten, und nach Maßgabe ihrer Fortschritte auch befördert, Unwürdige aber entfernt werden. §. 56. Ein Lehrer wird aber seiner Bestimmung vollkommen genügen, wenn er ein frommer, rechtschaffener, gesitteter Mann ist, von Liebe zur Jugend und einem heiligen Gefühle des hohen Berufs, sie zu bilden, erfüllt, mit dem Wesen und den gemeinen Erfordernissen desselben bekannt, nach Maßgabe der Stufe und Abtheilung von Schulen, an welcher er arbeiten will, wohl unterrichtet, im Lehrgeschäft geschickt und in der Behandlung der Jugend geübt, unerschütterlich treu dem Staate, gewissenhaft in seinen Amtspflichten, folgsam gegen seine Vorgesetzten, verträglich mit seinen Amtsgenossen, liebreich und verständig im Umgange mit den Eltern seiner Schüler, wie mit seinen Mitbürgern überhaupt, und beflissen, sie für die Zwecke der Schule und ihre Förderung zu gewinnen. §. 57. Um mit solchen Lehrern die Schulen allmählich zu versorgen, muß deren Vorbereitung der Zufälligkeit, welcher sie größtentheils noch unterworfen ist, entrissen und mit steter Hinsicht auf den Zweck planmäßig geleitet werden. Zur Grundlage dieser Vorbereitung soll damit fortgefahren werden, Seminarien für künftige Lehrer der untern sowohl als höhern Schulen in benöthigter Anzahl einzurichten, deren Kosten aus allgemeinen Staats- und Provinzial-Schul-Fonds zu bestreiten sind. §. 58. Für jede Provinz muß immer eine, dem jährlichen Abgange an Lehrern der Elementar- und Stadtschulen möglichst entsprechende Zahl gut vorbereiteter junger Männer in Bereitschaft, in jeder demnach auch ein Seminarium vorhanden sein. […]

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Bei der Anlage und Einrichtung dieser Anstalten sind folgende Grundsätze zu beachten: 1. Kein Seminarium darf mehr als sechzig bis siebenzig Präparanden überhaupt aufnehmen. […] 3. Die Seminarien müssen womöglich nur an Orten angelegt werden, die nicht zu groß sind, um die Seminaristen, ohne sie in strenger Klausur zu halten, vor Zerstreuung, Verführung und dem Gewöhnen an eine zu ihrem künftigen Stande nicht passende Lebensart zu bewahren; aber auch nicht zu klein, um ihnen den Vortheil, der aus der Nähe einiger Schulen verschiedener Stufen für ihre Bildung fließen kann, zu gewähren. […] 4. Damit die Seminarien im Stande sein mögen, sich selbst die zum Lehrerstande tauglichen Knaben zu erziehen, sollen sie sich, so es irgend möglich ist, an Waisen- und Armen-Erziehungs-Anstalten anschließen, aus denselben aber doch nur diejenigen Knaben, ­welche Talent zu d ­ iesem Stande haben und freie Neigung dazu gewinnen, aufnehmen, ohne irgend einen an der Wahl eines andern Berufs zu hindern. Eben so könnten die Erziehungs-Anstalten für Waisenmädchen zur Bildung von Lehrerinnen benutzt werden. […] 6. Die Aufgabe aller Seminarien ist nicht mit der Aufgabe der Schulen einerlei, daher auch bei den erstern nicht mit ihr zu vermischen. Sondern es müssen die Seminarien in den Zöglingen, die sie aufnehmen, die vollendete Elementar-Schulbildung schon voraussetzen und als ihren eigentlichen Zweck ansehen, jene zu richtigen Einsichten über die Natur des Erziehungsund Lehrgeschäfts, sowohl im Allgemeinen als in seinen besonderen Zweigen zuführen und zu seiner Ausübung praktisch anzuleiten, alles dem Zwecke und Umfange der Schulen gemäß, wofür sie bestimmt sind. […] Das Alter der Aufnahme soll in der Regel das sechzehnte bis achtzehnte Jahr sein. 7. Das Haupt-Augenmerk der Seminarien soll sein, an Leib und Seele gesunde Menschen in den künftigen Lehrern zu erziehen. Vorzüglich sollen sie sich bemühen, die religiöse Gesinnung und den mit ihr so innig verwandten pädagogischen Sinn ihrer Zöglinge zu bilden. Der Unterricht und die Uebungen müssen sich auf alle die Gegenstände erstrecken, ­welche gegenwärtiger Schulverordnung gemäß in den untern Schulen gelehrt werden sollen, wobei ihnen d ­ ieses Gesetz und die auf dasselbe zu gründenden Instruktionen als Regulativ dienen. […] Der Unterricht und den Uebungen im Gesang und Orgelspiel ist in allen Seminarien viel Fleiß und Sorgfalt zu widmen. Die allgemeinen Leibesübungen müssen in allen Seminarien getrieben werden. In Ansehung der den Zöglingen einzuübende Methode müssen sie das §. 17 hierüber Ausgesprochene zum Augenmerk nehmen. Dabei sollen sie dieselben nicht sowohl mit Th ­ eorie der Methode anfüllen, als vielmehr sie zu sinniger Betrachtung anleiten, sie üben, aus ihrer Erfahrung einfache und klare Grundsätze für ihr Verfahren als Lehrer und Erzieher zu schöpfen und sie zu gewandter Befolgung dieser Grundsätze anhalten. Schulen, worin die Seminaristen praktisch geübt werden, müssen deswegen mit allen Seminarien verbunden sein. Am Ende ihres Kursus müssen die Seminaristen mit allen Pflichten und Verhältnissen eines Schullehrers zu geistlichen und weltlichen Vorgesetzten, zur ­Kirche, zur Schul-Gemeinde und zu den Eltern der Schüler bekannt gemacht werden. 8. Der Kursus in jedem Seminario soll für diejenigen, die noch der materiellen Nachhülfe in den verschiedenen Lehrfächern bedürfen, in der Regel drei Jahre dauern, von denen das erste dieser Nachhülfe, das zweite der mehr formellen Anleitung, das dritte der praktischen Uebung

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und eigenen selbstständigern Versuchen in den Schulen bestimmt ist. Für die, w ­ elche jener Nachhülfe nicht mehr bedürfen, kann er auf zwei Jahre beschränkt werden. […] 10. In jedem Seminario soll eine verhältnismäßige Anzahl von dürftigen, sich gut artenden Zöglingen Unterstützung finden, die aber so abgemessen sein muß, daß sie dadurch nicht verwöhnt und für geringer dotirte Schulstellen untauglich werden. 11. Jeder Seminarist, der eine ­solche Unterstützung von der Anstalt genießt, ist verpflichtet, nach beendigtem Kursus die Schulstelle anzunehmen, wofür er von der Provinzial-Schulbehörde fähig gehalten und wozu er berufen wird, jedoch unter Aussicht auf Beförderung bei fortgesetztem Wohlverhalten. […] §. 60. Die Vorbereitung zum Lehrerstande soll aber nicht auf die Seminarien beschränkt sein. Die größeren Schulanstalten selbst bieten Gelegenheit zu Bildung angehender Lehrer dar, und es wird ihren Vorstehern und älteren Lehrern zum Verdienst gereichen, wenn sie dieselbe wohl benutzen. Ueberdem soll es auch geschickten Geistlichen und Schullehrern gestattet sein, junge Leute zu Elementar- und Stadtschulämtern vorzubereiten. Allein diejenigen, ­welche sich hiermit beschäftigen wollen, müssen die Erlaubniß dazu von der vorgesetzten Provinzial-Schulbehörde erhalten, der es auch freisteht, wenn sie den Zweck dabei nicht erreicht sieht, die Erlaubniß wieder zurückzunehmen, oder auch, wenn diese Art der Vorbereitung zwar gut, aber nicht vollständig ist, die Zöglinge zu ihrer vollkommeneren Ausbildung in ein Seminarium zu versetzen. Die nähere Aufsicht über ­solche kleinere Vorbereitungs-Anstalten kann den Kreis-SchulAufsehern übertragen werden. […] §. 61. Fähig zur Anstellung in einem öffentlichen Schulamte ist überhaupt jeder Mann von gesetztem Alter, von sittlichem und unbescholtenem Charakter und religiöser Gesinnung, welcher den Pflichten des Amtes, das er erhalten will, gewachsen ist und dies durch genügende Proben darthut. […] §. 62. Ueber die Fähigkeit für Schulämter, in denen wissenschaftliche Bildung nicht erforderlich ist, insonderheit, wird bestimmt: 1. Für anstellungsfähig in solchen Aemtern sind vor allem die Zöglinge der Seminarien für untere Schulen zu halten, w ­ elche den nach den Umständen zwei- oder dreijährigen Kursus in diesen Anstalten vollendet haben, in den halbjährlich oder auch vierteljährlich zu veranstaltenden theoretischen und praktischen Prüfungen über alle Zweige des Unterrichts in Elementar- und Stadtschulen reif dazu befunden sind und ein Zeugniß darüber erhalten haben. 2. Zur Abhaltung dieser Prüfungen sollen Kommissionen sachverständiger Männer ernannt werden, bestehend aus zwei geistlichen und zwei weltlichen Mitgliedern. Die geistlichen Mitglieder ernennt für die Prüfungen evangelischer Lehrer die geistliche Behörde der Provinz, für katholische Lehrer der Bischof der Diöcese, die weltlichen Mitglieder, die dem Seminar vorgesetzte Provinzial-Behörde. In Fällen, wo es einer höhern Entscheidung bedarf, ist diese von der obersten Unterrichtsbehörde einzuholen. […]

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Die Prüfung katholischer Lehrer in der Religion und allem was damit zusammenhängt, wird unter dem Vorsitz eines von dem Bischofe dazu abgeordneten höhern Geistlichen, von der Prüfung in den übrigen Bildungsfächern abgesondert, gehalten; die letztgedachte Prüfung aber unter dem Vorsitz eines Rathes der vorgeordneten Provinzial-Behörde. Für evangelische Lehrer werden beide Theile der Prüfung ebenfalls von einander abgesondert und der erstere unter dem Vorsitz eines geistlichen, der andere unter dem Vorsitz eines weltlichen Raths der Provinzial-Behörde gehalten. Beide Theile der Prüfung werden aber als ein Ganzes betrachtet, beiden wohnen auch sämmtliche Mitglieder der Prüfungs-Kommission bei, und ihre Resultate werden in ein und dasselbe Zeugniß zusammengefaßt. 3. An diesen Prüfungen müssen auch diejenigen sich anschließen, ­welche auf die nach §. 60 gestattete Art vorbereitet sind. Deshalb müssen aber die Termine der Prüfungen immer zeitig von den Provinzial-Schulbehörden durch die Amtsblätter bekannt gemacht werden. 4. Jeder fähig Befundene erhält ein von der ganzen Kommission, die ihn geprüft hat, und ihren Vorsitzern, außerdem noch von dem Direktor des Seminars oder dem Vorsteher der anderweitigen Anstalt, worin er zum Lehrer gebildet worden, ausgestelltes und unterschriebenes Zeugniß, worin außer seinem sittlichen Betragen auch der Grad seiner Ausbildung für das Lehramt angegeben ist. In letzter Hinsicht sollen die Zeugnisse durch die Prädikate: vorzüglich, hinlänglich und nothdürftig bezeichnet, auch die Fähigkeit zur Anstellung an Stadtschulen für die obern Klassen von der Fähigkeit für die Elementarschulen und die untern Klassen der Stadtschulen unterschieden und ausdrücklich bemerkt werden. Die unfähig Befundenen werden durch förmlichen Bescheid entweder gänzlich ab-, oder zu noch weiterer Vorbereitung zurückgewiesen. 5. Die nicht in Seminarien oder andern Anstalten Vorbereiteten, ­welche Aemter an Volksschulen erhalten wollen, müssen sich bei einer Provinzial-Schulbehörde zur Prüfung melden, und sind in der Regel an die größeren und feierlichen Prüfungen bei den Seminarien zu verweisen. […] 6. Alle in der Prüfung anstellungsfähig befundene Lehrer werden mit Bemerkung der Grade ihrer Prüfungs-Zeugnisse in die Schulkandidaten-Liste der Provinz eingetragen und haben auf Anstellung Anwartschaft. Damit sie diese möglichst bald finden, sollen die wählbaren SchulKandidaten von den Regierungen halbjährlich durch die Amtsblätter zur öffentlichen Kenntniß gebracht, und es kann dabei in der Ordnung derselben auf den Grad ihrer Zeugnisse Rücksicht genommen werden. […] §. 64. Bei Besetzung von schon bestehenden oder neu gestifteten ordentlichen Schullehrer-Stellen soll 1. auf dem Lande in Schul-Vereinen, ­welche nach den im §. 28 aufgestellten Grundsätzen geordnet sind, die Wahl und Berufung der Lehrer von den Schul-Vorständen ausgehen, bei der Wahl aber sollen die geistlichen Aufseher der Schule als Mitglieder der Schul-Vorstände die wählbaren Subjekte vorstellen. […] §. 69. Der Fortbildung der Lehrer sich anzunehmen, ist zunächst die Pflicht der sachkundigen Männer, ­welchen die Aufsicht über jede Schule anvertraut ist.

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Die Direktoren und Rektoren an Gymnasien und Stadtschulen müssen insonderheit die jüngern Lehrer fleißig beobachten, berathen, zurechtweisen und sie antreiben, durch das Besuchen der Lektionen und den Umgang mit geübteren Lehrern, durch die Schul-Konferenzen (§. 18.3) oder andere Lehrergesellschaften, durch das Lesen guter pädagogischer Schriften und anhaltendes wissenschaftliches Studium sich zu vervollkommnen. Gleiche Sorgfalt muß jeder Geistliche und Kreis-Schul-Inspektor für die fernere Ausbildung der Elementar-Schullehrer, worüber er die Aufsicht führt, beweisen, und dem noch Schwachen durch Unterweisung und praktische Anleitung nachzuhelfen sich bemühen. §. 70. Ferner haben die Provinzial-Schulbehörden geschickte und für die Volksbildung eifrige Geistliche und Schul-Aufseher ihrer Departements auszuwählen, und sie zu veranlassen, größere Vereine unter den Elementar- und Stadt-Schullehrern zu bilden und zu leiten, deren Zweck ist, ihre Mitglieder in regelmäßigen Zusammenkünften durch Belehrung und Unterredung, durch praktische Unterrichtsversuche und Uebungen, durch schriftliche Aufsätze und Bearbeitung einzelner Lehrfächer oder anderer das Schulwesen betreffender Aufgaben und deren Beurtheilung, durch das Lesen zweckmäßig gewählter Schriften und die Unterhaltung darüber für ihren Beruf lebendig zu erhalten und fortzubilden. […] §. 71. Außerdem sollen schwächere, aber fähige Lehrer an untern Schulen, vornehmlich die sich jetzt vorfinden, von den Provinzial-Behörden auf eine Zeit lang wieder in ein Seminarium geschickt und in dem, was ihnen fehlt, noch unterrichtet, ihre Schulen aber inzwischen von Schulgehülfen versehen, auch soll von Zeit zu Zeit eine größere Anzahl von den ProvinzialBehörden auszuwählender Lehrer zu einem Seminario oder einer ausgezeichneten Schule oder Erziehungs-Anstalt berufen und mit ihnen daselbst ein größerer theoretischer und praktischer Lehrkurs gehalten werden, hauptsächlich um sie mit den Fortschritten, der Lehrart und Disziplin immer anschaulich bekannt zu machen und eine engere Vereinigung und ein fruchtbares Austauschen von Kenntnissen, Erfahrungen und Ansichten unter ihnen zu veranlassen. […] VII. Aufsicht über die Schule. […]

§. 85. In der nähern und nächsten Aufsicht über das Erziehungs- und Unterrichtswesen soll sich die Einsicht der Sachkundigen mit der Fürsorge derer, ­welche seine Unterhaltungskosten mit tragen, zu gemeinschaftlichem Wirken für sein Bestes vereinigen, und dabei die alte und wohltätige Verbindung der Schule mit der ­Kirche in gehörigem Maße erhalten werden. §. 86. Es soll deswegen jede Elementarschule auf dem Lande ihren Vorstand haben. 1. Dieser soll in der Regel bestehen, wo es K ­ irchen-Patronate giebt, die als ­solche zum Unterhalt der Schule beitragen, aus dem ­Kirchen-Patron, dem Geistlichen des Kirchspiels, zu

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welchem die Schule gehört, den Gemeinde-Vorstehern der Societäts-Dörfer, und, nach Maßgabe der Stärke des Schulvereins, aus einem oder zwei christlichen Hausvätern, w ­ elche beitragende Mitglieder desselben sind. […] 2. Die etwanigen Patrone, der Geistliche und die Gemeinde-Vorsteher machen den Stamm des Schul-Vorstandes aus. Die übrigen Mitglieder werden von den Schul-Gemeinden gewählt. Alle aber werden durch die Kreis-Schulbehörde den Provinzial-Schulbehörden zur Bestätigung vorgeschlagen. Die gewählten Mitglieder werden immer nur auf vier Jahre bestätigt, nach deren Ablauf sie jedoch wieder wählbar sind. […] 4. Die Bestimmung der Schul-Vorstände ist: diejenigen Angelegenheiten der Schulen, sowohl in Beziehung auf die Schul-Vereine, als auch auf die vorgesetzte Behörden, und die Geschäfte der Aufsicht und Fürsorge für die im Innern wie im Aeußern wahrzunehmen, die ihnen, gegenwärtigem Gesetze und den darauf zu gründenden Vorschriften gemäß, zukommen. Es soll jedoch Alles, was zur innern Ordnung der Schulen gehört, so wie die Aufsicht über die Lehrer und deren Anleitung, das eigentliche Geschäft der geistlichen Schul-Vorsteher sein, weswegen ihnen auch öftere Visitationen der Schulen und fleißige Beschäftigung mit den Lehrern obliegt. […] 6. Jeder Schulvorstand muß sich wenigstens alle Vierteljahre an einem bestimmten Tage, und außerdem so oft es nöthig ist, zur Berathung über die Gegenstände seiner Wirksamkeit versammeln. Zu den Versammlungen kann auch der Lehrer nach dem Gutbefinden des geistlichen Schul-Aufsehers zugezogen werden, um seine Meinung über die Angelegenheiten seiner Schule vorzutragen. […] §. 88. Die allgemeine Aufsicht über mehrere in einem Bezirk liegende untere Schulen des platten Landes und der in s­ olche Bezirke fallenden kleinen Städte, und über die Vorstände dieser Schulen soll durch Kreis-Schulaufseher geführt werden. 1. Diese Bezirke sollen in Ansehung der evangelischen Schulen in der Regel mit den Synodal- in Ansehung der katholischen mit den den Synodal-Kreisen entsprechenden kirchlichen Eintheilungen zusammenfallen. […] 2. Kreis-Aufseher der evangelischen Schulen sind insgemein die Superintendenten. Es ist daher bei Ernennung der Superintendenten sorgfältig darauf Acht zu haben, daß lauter Geistliche, w ­ elche außer den erforderlichen geistlichen Amtseigenschaften auch Kenntniß des Schulwesens besitzen, sich gern mit ­diesem beschäftigen und zur Aufsicht darüber geschickt sind, zu Superintendenturen gelangen. […] Quelle: Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten (Hg.): ­ Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Unterrichtswesens in Preußen. Berlin 1869, S. 15 – 74.

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Flächengrößen der Dorfgemarkungen des Schulaufsichtsbezirkes Penkun

9.2 Flächengrößen der Dorfgemarkungen des Schulaufsichtsbezirkes Penkun (ohne Bergholz) Ort

Fläche in Morgen

Ort

Battinsthal

3698,13

Übertrag

Bismark

1533,06

Neuenfeld

Fläche in Morgen 78.284,44 387,57

Blumberg

10641,34

Neuhof

1301,65

Casekow

4200,28

Penkun Schloss

4839,52

Cummerow Dorf

1479,66

Penkun Stadt

6745,97

Cummerow Gut

1715,95

Petershagen Dorf

1133,10

Cunow Dorf

1749,84

Petershagen Gut

3240,65

Cunow Gut

3299,27

Plöwen

5862,14

Friedefeld

2032,11

Pomellen

3063,18

Gellin

3657,45

Radewitz

3319,63

Glasow

3112,42

Ramin Dorf

1052,56

Grambow Dorf

932,36

Ramin Gut

3242,72

Grambow Gut

957,90

Retzin

3195,56

Grünz

3213,13

Salzow

1146,81

Hohenfelde

2309,61

Schmagerow

1961,58

Hohenholz

6943,11

Schönfeld

4594,88

Jamikow

2543,13

Schönow Dorf

Krackow Gut A

2396,70

Schönow Gut

4580,24

Krackow Gut B

1899,43

Sommersdorf

3796,84

Krackow Dorf

1480,48

Sonnenberg Dorf

829,57

772,97

Sonnenberg Gut

1509,69

Kyritz

91,63

Lebehn

2983,97

Storkow

2655,87

Löcknitz

2066,50

Wartin Dorf

2045,87

Löcknitz

3140,05

Wartin Gut

5341,33

Luckow

4905,10

Wollin

Nadrensee Dorf Nadrensee Gut Zwischensumme

941,28

Woltersdorf Dorf

3679,21

Woltersdorf Gut

78.284,44

Summe

2729,74 2113,72 3104,30 152.170,76

Das entspricht 38.852,2384 Hektar. Quelle: APS, Landratsamt Randow, 661, unpag.: Landratsamt an Oelgarte, Stettin vom 9. ­Februar 1881. Bergholz gehörte politisch weiterhin zur Uckermark, die oberste Schulaufsicht führte die Regierung in Potsdam.

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9.3 Topographische Karte des Regierungsbezirkes Stettin 1862

Quelle: LAG, Rep. 60, Nr. 2791, fol. 93.

1825 - 1879 Pfarrer in Sonnenberg

1823 - 1825 Rektor in Penkun

† 15.02.1882

* 27.01.1797

Heinze

Andreas Gottlieb Gottlieb

in Wollin

1804 - 1850 Pfarrer

1800 - 1804 Rektor in Penkun

† 14.05.1850

* 29.10.1778

Steinbrück

Friedrich Ludwig





† unbekannt

* 6.01.1802

Eulalie Steinbrück

Jacobine Philippine

† 12.04.1852

* 15.02.1770

Carolina

Engelcken

† unbekannt

1825 - 1831 Rektor in Penkun

*6.01.1802

Steinbrück

Ludwig Albert Emil

1818 Superintendent Penkun

1804 Rektor in Penkun

† 18.05.1861

* 29.01.1785

Engelcken

Caspar Moritz

† 10.06.1818

* 1735

Engelcken

Kaspar Friedrich







† 15.02.1832

* 10.08.1810

Rosalie

Engelcken

† 30.05.1868

* 28.03.1789

Medenwaldt

Caroline Friederike

† 20.11.1830

* 14.04.1746

Matthias

Beata Wilhelmine

† 21.06.1870

1843 - 1870 Pfarrer in Sommersdorf

1837 - 1841 Rektor in Penkun

* 17.10. 1807

Pfotenhauer

Carl Friedrich Wilhelm

1806 Subrektor Stettin

1802 Konrektor in Pyritz

† 9.05.1852

* 19.06.1779

Graßmann

Justus Günther

† 23.08.1809

* 1757

Medenwaldt

Johann Friedrich





† 31.12.1904

Engelcken

* 30.01.1812

Marie Louise

† 2.06.1841

* 30.10.1789

Medenwaldt

Johanne Friedrike Luise

† 2.12.1845

Matthias

* 25.11.1757

Friederike Christiane

Reduzierter Stammbaum des Superintendenten Engelcken

9.4 Reduzierter Stammbaum des Superintendenten Engelcken

321

322

Anhänge

9.5 Schülerzahlen der einzelnen Ortschaften der Penkuner Synode zwischen 1818 und 1857 Ort/Jahr

1818/191 1819/202 1822/233 1827/284

18315

1835

1840

18576

Wollin

32

27

38

54

48

45

72

77

Storkow

26

29

32

56

47

46

31

72

Glasow

46

44

52

92

92

108

93

120

Hohenholz

30

22

32

40

40

35

34

44

k. A.

k. A.

32

52

49

54

55

44

26

k. A.

30

30

36

30

36

38

Bismark

k. A.

k. A.

62

73

89

96

85

80

Löcknitz

k. A.

k. A.

91

85

110

114

122

182

Bergholz

k. A.

k. A.

74

70

86

89

83

92

Plöwen

Retzin Grambow

k. A.

k. A.

54

72

102

102

96

110

Sonnenberg

21

21

22

49

53

56

56

42

Ramin

34

45

44

60

68

64

58

74

Schmagerow

15

17

32

30

31

37

21

34

Nadrensee

40

46

44

46

56

42

39

79

Krackow

42

46

48

49

56

50

47

50

Pomellen

10

10

k. A.

26

24

27

30

23 84

Schönfeld

55

50

55

37

46

35

39

Luckow

40

51

50

50

54

50

50

87

Petershagen

32

28

33

51

49

42

55

69

Woltersdorf

37

37

33

53

65

61

54

72

Cunow

67

73

74

74

80

74

89

93

Schönow

32

28

36

34

30

40

37

55

Cummerow

33

36

30

54

60

66

52

60

Jamikow

19

29

16

24

21

20

27

34

Blumberg

45

46

55

99

84

98

95

89

Wartin

52

51

44

67

67

75

77

137 66

Casekow

23

23

27

27

40

40

51

Sommersdorf

31

33

39

55

56

46

50

50

Grünz

51

31

38

35

30

36

45

66

Radewitz

0

k. A.

30

25

24

17

16

37

839

(823)

(1247)

1569

1693

1695

1695

2160

Die nicht vorhandenen Angaben für die Jahre 1818/19 und 1819/20 resultieren daraus, dass diese Orte zu dieser Zeit noch nicht zum Penkuner Amtsbereich gehörten. Die für 1819/20 gebildete Summe wurde in Klammern gesetzt, weil für ­dieses Schuljahr die Anzahl für Grambow fehlt. Das Gleiche gilt 1822/23 für Pomellen.

Vokation des Wartiner Küsters Johann Gottlob Krüger 1798

323

1

Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 4. Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 5. 3 Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6. 4 Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 7. 5 Für 1831, 1835 und 1840 eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. I, Tit. XX, Vol. 3. 6 Die Angaben entstammen den statistischen Notizen, die sich in der Schulakte des jeweiligen Ortes befinden. 2

9.6 Vokation des Wartiner Küsters Johann Gottlob Krüger 1798 Nach dem der Küster und Schulhalter in meinem Guthe Wartin Carl Krüger bey seinem hohen Alter und Abnahme seiner Kräfte ihm seinen Sohn Johann Gottlob zu seinem Adjunctum im Amte zu geben gebührend angehalten und gebeten. Da auch der J. Krüger bis her sein Amt mit redlicher Treuhe und Gewißenhaftigkeit verwaltet und zu hoffen ist daß sein Sohn mit eben der Gewißenhaftigkeit und Treue wie sein Vater bis her gethan, das Schul- und Küster Amt verwalten u[nd] sich gegen seinen alten Vater als einen gütigen Sohn betragen, ihn redlich unterstützen u[nd] seinen Anweisungen im Schulunterricht befolgen werde, er auch vom Preposito Synodi Herrn Engelke examinirt und zu dem Dienst tüchtig befunden worden: So vocire ich Curt Friedrich von Ramin Erb- und Gerichts Herr zu Wartin nach Befugnis und Recht, mit Zuziehung des Predigers d­ ieses Ortes Herrn Hartmann gedachten Johan G ­ ottlob Krüger zum Mitgehülfen seines Vaters u[nd] nach deßen Ableben zum Nachfolger deßelben in dem Küster u[nd] Schulhalter Dienst hieselbst unter folgenden Bedingungen, daß derselbe Die Jugend treu und redlich nach der Schulordnung u[nd] Anweisung des Predigers in Christenthum in Singen Lesen und Beten, im Schreiben und Rechnen unterrichte, sie zur Ehrbarkeit u[nd] guten ­Sitten anhalte und ihr Wohl aufs bestmöglichste und gewißenhafteste zu befördern suche, Muß er die Schulstunden ordentlich halten, unter denselben nicht sein Handwerk oder fremde Dinge treiben, sondern sich mit dem Unterricht der Jugend ganz und allein beschäftigen; ohne die dringentste Noth die Schulstunden nicht aussezen noch in der Woche ohne Vorwißen des Predigers verreisen. Ist er verpflichtet beim Gottesdienst und bei den übrigen Amtsverrichtungen den Aufträgen des Predigers wie es sich gebühret genau nachzukommen, so wie Die Curende gehörig und prompt weiter befördern und die Berichte oder was sonst der Prediger in Amts – und K ­ irchen Sachen zur Präpositur zu berichten hat, treulich zur Propositur abliefern, so wie es der Pommerschen Küster Ordnung gemäß ist. Jedesmahl wenn Gottesdienst gehalten werden soll, muß er sich vor dem Zusammenleuten bei der Herrschaft gehörig melden. Hat er darauf zu sehen, daß der ­Kirche und dem Kirchhofe kein Schaden erwächst, die ­Kirche verschließen damit niemand ohne sein Vorwissen hinein komme u[nd] die Thüren des Kirchhofes nicht offen laßen auch darf er nicht leiden daß über die Mauer gestiegen wird, noch Steine von der Mauer überhaupt weggeholt noch auch von dieser weggenommen und auf die Gräber gelegt werden.

324

Anhänge

Die Uhr muß er täglich aufziehen, stellen, schmieren, des Mittags um 12 Uhr die Betglocke stoßen u[nd] des Abends nach Sonnen Untergang Versper leuten, wie es bisher gebräuchlich gewesen ist. Er ist demnach alles was auch hier nicht erwähnt, wenn es zu seinem Küster u[nd] Schulhalter Amt gehöret zu leisten verpflichtet, so wie er über die Ursach hat sich in allem als einen treuen u[nd] guten Küster u[nd] Schulhalter zu betragen Jedermann mit einem guten Beispiel vorzugehen u[nd] der Gemeine auf keiner Weise Aergerniß zu geben. Wenn er d ­ iesem allen aufs genaueste nachlebt, so kann er sich in allen rächtmäßigen Dingen den Schuz u[nd] Beistand meiner als Patroni versichert halten, denn sollen ihm auch die fixirten Hebungen und Accidenzien, wie s­ olche sein Vater und Emeritus bisher genossen und genießet und dazu berechtigt gewesen, gereichet und gegeben werden. Wir wünschen ihm zu dieser seiner Amtsführung Gottes Seegen und Beistand. Zur Urkunde habe ich als Patronus der ­Kirche und der Prediger diese Vocation eigenhändig unterschrieben und untersiegelt. So geschehen Wartin d[en] 29ten October 1798. Curt von Ramin Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 1, Tit. IVa, fol. 13 f.

Auszug aus den Prüfungsarbeiten von Samuel Gottlieb Kreusch 1791

9.7 Auszug aus den Prüfungsarbeiten von Samuel Gottlieb Kreusch 1791

Gott der mich geleittet hat, von meiner Jugend an sey ferner mit mir; und ja ich hoffe, daß Er mir ohn unterlaß freundlich sein wird.

Fleischlich gesinnet sein, ist eine Feindschaft, wieder Gott, sintemal es dem Gesetz Gottes nicht Untertan ist, den es vermags auch nicht. Die aber fleischlich sind mögen Gott nicht gefallen. Ihr aber seid nicht fleischlich sondern geistlich, so anders Gottes Geist in euch wohnet. Wer aber Christ Geist nicht hat, der ist nicht Sein, so aber Christus in euch ist so ist der Leib zwar Todt um der Sünde willen. Von Geist aber ist das Leben um der Gerechtigkeit willen, so nun der Geist des, der Jesum von den Todten auferwäcket hat, in euch ebenso wohnet so wird auch derselbige, der Christus von den Todten auferwäcket hat, eure sterbliche Leiber lebendig machen, um deswillen, das sein Geist in euch wohnet. Römer 8,7. Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 16 f.

325

326

Anhänge

9.8 Lehrerpersonalverzeichnis für die Penkuner Synode im Unter­suchungszeitraum Schulort

Name des Lehrers

Ausbildungseminar

1801 – 1852

Kurth, Friedrich Wilhelm

Stettin

1853 – 1890

Luckert, Friedrich

Potsdam

Bergholz

Bismark –1803

Jänisch, Martin

unbekannt

1803 – 1829

Deutscher, Christian Heinrich

Berlin

1829 – 1834

Kiewitt, Joachim Friedrich

Stettin

1834 – 1850

Peltz, Carl Aristoteles Emanuel

Stettin

1850 – 1890

Benecke, Eduard Julius

Stettin

Kreusch, Carl Friedrich

unvorbereitet

Blumberg 1786 – 1812 1813 – 1821

Casdorf, Johann Daniel

unvorbereitet

1822 – 1824

Käding, Johann Gottlieb

Stettin

1825 – 1829

Benecke, Carl Friedrich

Stettin

1830 – 1831

Koppe, Ludwig Theodor

Stettin

1832 – 1876

Riecke, Samuel

Stettin

1876 – 1877

Koth, Hermann Julius

Pyritz

1878 – 1882

Gau, Albert Georg Christoph

Kammin

1882

Treu, Hermann Ludwig

unbekannt

1882 – 1903

Taube, Albert Wilhelm

Stettin

1788 – 1812

Loff, Christian Friedrich

unvorbereitet

1812 – 1821

Krüger, Christian Friedrich

unvorbereitet

1821 – 1851

Wendorf, Ludwig Wilhelm

Stettin

1851 – 1883

Wendorf, Gustav Julius Wilhelm

Stettin

1883 – 1893

Rosenow, August Friedrich

Pyritz

1777 – 1822

Baebelich, Carl Friedrich sen.

unvorbereitet

1823 – 1866

Baebelich, Carl Friedrich jun.

unvorbereitet

1866 – 1890

Meseke, Johann Friedrich

Stettin

Casekow

Cummerow

Cunow 1793 – 1840

Steinhöfel, Wilhelm Heinrich

unvorbereitet

1840 – 1876

Berndt, Heinrich

Stettin

1877 – 1903

Kummert, Julius

Stettin

Lehrerpersonalverzeichnis für die Penkuner Synode im Untersuchungszeitraum Glasow 1793 – 1823

Brock, Ernst Friedrich

unvorbereitet

1823 – 1857

Brock, Christian Friedrich

unvorbereitet

1857 – 1900

Zimmermann, Gottfried Wilhelm

Stettin

1753 – 1803

Jänisch, Johann Christian

unvorbereitet

1803 – 1832

Jänisch, Johann

unvorbereitet

1832 – 1876

Krohn, Martin

Stettin

Grambow

Grünz 1793 – 1832

Treptow, Friedrich

Stettin

1832 – 1857

Voigt, Carl Ludwig

Pyritz

1857 – 1897

Zimmermann, August Carl Friedrich

Pyritz

Zehske, Christian Friedrich

unvorbereitet

1807 – 1815

Höppner, Friedrich

unvorbereitet

1815 – 1838

Wilhelm, Gottfried

unvorbereitet

1838 – 1844

Moderow, Johann Friedrich

Stettin

Hohenholz 1793 – 1807

1844 – 1845

Gummert, Johann Carl

Schulamtsbewerber

1845 – 1850

Benecke, Eduard Julius

Stettin

1850 – 1857

Zimmermann, August Carl Friedrich

Pyritz

1857 – 1874

Schalow, Ludwig Carl August

Präparand

1874 – ?

Schröder

Schulamtsbewerber

1876

Winter

unbekannt

1877

Brietzke

Schulamtsbewerber

Jamikow 1798 – 1810

Buchholz, Michael

unvorbereitet

1811 – 1829

Meske, Johann Friedrich

unvorbereitet

1829 – 1832

Krohn, Martin

Stettin

1833 – 1860

Wolf, Johann Erdmann

unvorbereitet

1860 – 1866

Baebelich, Gustav Theodor

unvorbereitet

1868 – 1870

Baebelich, Gustav Theodor

unvorbereitet

1871 – 1872

Wilke

Schulamtskandidat

1872 – 1874

Brose, Carl August

unbekannt

1874 – 1875

Gräpp

unbekannt

1876

Sepke, F.

unbekannt

1876 – 1878

Köppen, Otto

unbekannt

1878 – 1880

Koth, Hermann Julius

Schulamtskandidat

Bogenschneider, David Benjamin

unvorbereitet

Krackow 1791 – 1831

327

328

Anhänge 1831 – 1843

Bogenschneider, Carl George Heinrich

Stettin

1844 – 1892

Jänisch, Karl Friedrich

Kammin

Rese, George Gustav

unbekannt

1806 – 1830

Cademann, Adam Magnus

Wittenberg

1830 – 1838

Engel, August Heinrich Eduard

Stettin

1839 – 1840

Hufert, Johann Friedrich

Stettin

1841 – 1887

Lehr, Albert Heinrich Moritz Gustav

Stettin

Schmiedecke, Wilhelm August

Stettin

1788 – 1835

Käding, Christian

Berlin

1836 – 1884

Stolzenburg, August Ferdinand

Stettin

1778 – 1810

Meumann, Christian Friedrich

unvorbereitet

1811 – 1844

Dinnijes, Johann

unvorbereitet

1844 – 1894

Herzfeld, Wilhelm Friedrich

Kammin

Steinbrink, Ernst Friedrich

unvorbereitet

Löcknitz I 1779 – 1806

Löcknitz II 1843 – 1889 Luckow

Nadrensee

Petershagen 1782 – 1806 1806 – 1844

Steinbrink, Christian

unvorbereitet

1845 – 1850

Benecke, Friedrich Wilhelm

Stettin

1850 – 1870

Radüge, August Friedrich Ferdinand

Stettin

1871 – 1876

Radüge, Ernst Emil August

Pölitz

1876 – 1879

Winkelmann, Gustav Friedrich Emanuel

Schulamtsbewerber

1879 – 1883

Schröder, Carl Friedrich Wilhelm

unbekannt

Christian Gottlieb Schmidt

unbekannt

Plöwen –1802 1803 – 1829

Miersch, Gottfried Daniel

unbekannt

1829 – 1849

Utpadel, Carl Johann Christian

Stettin

1849 – 1886

Bootz, Michael Friedrich

Stettin

1793 – 1807

Fischer, Johann

unvorbereitet

1808 – 1810

Henrici, Johann Gottlob Augustin

unvorbereitet

1811 – 1818

Feist, Christian

unvorbereitet

1818 – 1820

Biesenthal, Michael

unvorbereitet

1820

Haberland, Christian Friedrich

unvorbereitet

1821 – 1833

Breizmann, Johann Friedrich

unvorbereitet

1833 – 1887

Engel, Karl Wilhelm

unvorbereitet

1887 – 1891

Retzlaff, Hermann Friedrich August

Kammin

Pomellen

Lehrerpersonalverzeichnis für die Penkuner Synode im Untersuchungszeitraum Radewitz 1818 – 1823

Kietz, Christian

unvorbereitet

1823 – 1873

Pistorius, Carl Wilhelm

unvorbereitet

1873 – 1875

Schmidt

Pyritz

1875 – 1877

Koske

Pölitz

1877 – 1879

Burkhardt, Otto

unbekannt

1879 – 1880

Treu

unbekannt

1795 – 1841

Ellmann, Elias

unvorbereitet

1841 – 1887

Mesecke, Friedrich Wilhelm

Stettin

1805 – 1837

Kallies, Johann Friedrich

unvorbereitet

1837 – 1874

Beggerow, Carl Ludwig

Pyritz

1874 – 1877

Nicolaus, Friedrich

Pyritz

1877 – 1888

Hörning, Emil

Pyritz

Retzlaff, Joachim Heinrich

unvorbereitet

1806 – 1823

Retzlaff, Michael

Stettin

1823 – 1832

Bauer, Johann Georg

unvorbereitet

1832 – 1837

Beggerow, Carl Ludwig

Pyritz

1837 – 1840

Lehr, Albert Heinrich Moritz Gustav

Stettin

1840 – 1844

Jänisch, Karl Friedrich

Kammin

1844 – 1855

Retzlaff, Heinrich Wilhelm

Seminargast Stettin

1856 – 1858

Hartmann, Carl Wilhelm

unbekannt

1858 – 1863

Krohn, Hermann

Stettin

1863 – 1869

Schröter, Carl

Pölitz

1795 – 1825

Engelke, Gottfried

Stettin

1826 – 1840

Springstube, Johann Friedrich August David

Stettin

1840 – 1887

Jahnke, Wilhelm

Stettin

1783 – 1809

Schmidt, Friedrich

unvorbereitet

1809 – 1840

Regling, Carl

unvorbereitet

1840 – 1850

Radüge, August Friedrich Ferdinand

Stettin

Ramin

Retzin

Schmagerow 1782 – 1806

Schönfeld

Schönow

1850 – 1857

Boortz, August Friedrich

unbekannt

1857 – 1875

Wendorf, Adolph

Stettin

1877 – 1901

Rünger, Gottfried

Kammin

Richter, Friedrich

unvorbereitet

Sommersdorf 1791 – 1823

329

330

Anhänge 1824 – 1867

Mewes, Friedrich Michael

unvorbereitet

1867 – 1901

Fiebelkorn, Carl August Ferdinand

Stettin

1770 – 1823

Zimmermann, Martin Wilhelm

unvorbereitet

1823 – 1840

Retzlaff, Michael

Stettin

1840 – 1869

Käding, Martin

unbekannt

1869

Bootz, Otto

Schulamtsbewerber

1869 – 1871

Bootz, Hermann

Präparand

1871 – 1872

Buth, Albert

unbekannt

1872 – 1878

Gau, Albert Christoph Georg

Kammin

1878 – 1879

Urban, August Friedrich Ferdinand

unbekannt

1879 – 1880

Willert, August Friedrich Ludwig

unbekannt

1776 – 1813

Gerke, David

unvorbereitet

1813 – 1819

Warnke, Friedrich August

unvorbereitet

1819 – 1831

Laubichler, Joh. Friedr. Philipp Albr.

unvorbereitet

1831 – 1861

Rückert, Friedrich Wilhelm

Stettin

1861 – 1897

Schultze, Carl Franz Ferdinand

Köpenick

1798 – 1823

Krüger, Johann Gottlob

unvorbereitet

1824

Voigt, Otto Ernst

unvorbereitet

1825 – 1857

Kreusch, Heinrich Erdmann Ferdinand

unvorbereitet

1857 – 1862

Voigt, Carl Ludwig

Pyritz

1862 – 1907

Voigt, Johann Otto Bernhard

Kammin

Sonnenberg

Storkow

Wartin

Wollin 1791 – 1825

Kreusch, Samuel Gottlieb

unvorbereitet

1825 – 1827

Riecke, Samuel

Stettin

1827 – 1836

Ewaldt, Carl August

Stettin

1836 – 1847

Irrgang, Carl Friedrich

Stettin

1848 – 1895

Schönberg, Carl August Theodor

Stettin

1788 – 1803

Bogenschneider, Carl Friedrich

unvorbereitet

1803 – 1808

Voigt, Carl Ernst

unvorbereitet

1808 – 1835

Voigt, Christian Gottlob

unvorbereitet

Woltersdorf

1835 – 1865

Regling, Johann Ludwig

Stettin

1865 – 1882

Taube, Albert Wilhelm

Stettin

Seminarordnung für das Stettiner Seminar 1783

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9.9 Seminarordnung für das Stettiner Seminar 1783 § 1. Will jemand unter die Präparanden der Lastadischen Schule aufgenommen sein, so muß er natürliche Fähigkeiten und Lust zum Unterricht der Jugend besitzen, einige dazu erforderliche Kenntnisse bereits gefasst haben und glaubwürdige Zeugnisse wegen seines christlichen anständigen Wandels beibringen, überdies aber ein den Landschulhaltern zu treiben nachgebendes Handwerk, besonders die Schneider-, Leinweber- und Tischlerprofession, womit er sich außer den ihm angewiesenen Schulstunden etwas verdienen kann, erlernt haben, oder nachweisen, woher er seinen notdürftigen Unterhalt außer den ihm zu bewilligenden monatlichen Zuschuss sicher zu erwarten habe. § 2. Jeder hat sich unter den § 1 bemerkten Bedingungen bei dem Schulephorat der Prüfung und Wohnung halber zu melden, die erforderlichen Zeugnisse wegen seiner bisherigen guten Aufführung und künftigen Auskommens vorzuzeigen und demnächst näheren Bescheid zu gewärtigen. § 3. Sobald jemand unter die Präparanden aufgenommen ist, muss er angeloben, sich den Gesetzen der Schule, der Ordnung des Hauses, den Verfügungen des Ephorati und den Erinnerungen des ersten Lehrers besonders aber dieser Instruktion gemäß zu bezeigen, die ihm angewiesene Wohnung im Schulhause beziehen, für Stube und Schlafkammer von 3 bis 4 Personen Heizung morgens und abends, Licht, Möbel, darunter Bettstellen, Stühle, Fenstergardinen und Waschbecken verstanden, im gleichen freie Aufwartung in Absicht des Bettmachens, Essenholens und Stubefegens monatlich einen Taler bezahlen, für seine übrigen Bedürfnisse aber selbst sorgen. § 4. Die Anweisung in allen gemeinnützigen zum Unterricht und Erziehung der Jugend nötigen Kenntnisse sowohl als auch zu einer leichteren besseren Lehrart wird den Präparanden von dem ersten Schullehrer unentgeltlich erteilt und überdies einige Geldhilfe monatlich gereicht werden, dagegen haben sie sich es angelegentlich zur Pflicht zu machen, das Beste und den guten Ruf der Schule so viel an ihnen ist, zu befördern, allen Nachteil derselben aber zu vereiteln und wenn sie dies nicht selbst bewirken können, dem ersten Lehrer davon sofort pflichtmäßig Anzeige zu tun. § 5. Sämtliche Präparanden haben sich einer ungeheuchelten Frömmigkeit und christlichen Wandels ernstlich zu befleißigen, in ihrem Beruf treuen und unermüdeten Eifer zu beweisen, gegen ihren Oberen und Vorgesetzten schuldige Ehrerbietung und Achtung, willigen Gehorsam und Folgsamkeit, Aufrichtigkeit und Ergebenheit zu beobachten, jedermann besonders aber ihnen selbst mit Bescheidenheit, Dienstbegierde und gefälligem Wesen zuvorzukommen, sich durch Wohlverhalten und anständige S­ itten zu empfehlen und in vollen Stücken zu zeigen, dass es ihnen als künftigen Lehrern und Erziehern der Jugend hauptsächlich darum zu tun sei, ihre Pflichten nicht bloß ins Gedächtnis zu fassen, sondern auch jederzeit gewissenhaft auszuüben. § 6. Zur Beförderung dieser christlichen Gesinnungen und Tugenden hat sich jeder daraus eine eigentliche Beschäftigung zu machen, in der Stille und Einsamkeit bei dem lebhaften Andenken an Gott, dessen Allwissenheit, Güte, Heiligkeit, Weisheit und Macht, wozu ihn oft seine anderer Lebensveränderungen veranlassen können, oder bei Lesung der heiligen Schrift und nutzbarer Erbauungsbücher sich seiner Pflichten zu erinnern. In gleicher Absicht muss jeder dem öffentlichen Gottesdienst in der St.-Gertruds-Kirche wie auch den von dem ersten Lehrer in einer der Schulstuben morgens und abends zu haltenden Betstunden, darin einige

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Verse aus einem Liede vor und nach derselben gesungen, ein kurzes Gebet verrichtet und entweder etwas zur Erbauung gelesen oder die zuvor gehörte und nachgeschriebene Predigt und Katechisation wiederholt werden soll, nebst den ordentlich bestellten Schullehrern beiwohnen. § 7. Vornehmlich müssen die Präparanden die Hauptabsichten des Seminariums und sich die zum Unterricht und Erziehung der Jugend erforderlichen Kenntnisse sowohl als eine fassliche bessere Lehrart und zweckmäßige Disziplinübungen zu verschaffen suchen. Hierzu müssen sie die ihnen in den öffentlichen und besonderen Lehrstunden wie auch Konferenzen erteilten Anweisungen möglich ­nutzen, sich selbst durch Lesung nützlicher Lehr- und Erziehungsschriften, öfteres Nachdenken über das Gehörte und Gelesene, einige Übungen, gemeinschaftliche Unterredungen davon und Befragen ihrer Vorgesetzen darin forthelfen und ihre Zeit so treu anwenden, dass bei einer demnächstigen Prüfung ihnen die Geschicklichkeit zu ihrem Amte eines Landschullehrers nicht abgesprochen werden möge. § 8. Weil die Präparanden mit darauf zu sehen haben, dass sich die Schulkinder ohne Geräusch in den Klassen versammeln, auch selbige um alles Schaden nehmen, Schreien und Lärmen auf der Straße zu verhüten, beim Schluss der Schule bis die meisten auseinander nach ihren Wohnungen gegangen sind, die Predigt und Katechisation am Sonntag zur Wiederholung in den Betstunden nachschreiben und sich guter Ordnung in und außerhalb dem Schulhause befleißigen sollen, so darf keiner derselben in die Lehr- und Betstunden zu spät oder gar nicht kommen, den Gottesdienst versäumen, einen ganzen Tag und Nacht hindurch aus dem Hause bleiben oder zur ungewöhnlichen Zeit aus- und eingelassen werden wollen, ohne dem ersten Lehrer die Ursache davon jedesmal angezeigt und dessen Verfügung abgewartet zu haben; verreisen aber darf niemand, er habe denn die vom ersten Ephoro schriftlich dazu gesuchte und erhaltene Erlaubnis an gedachten ersten Schullehrers abgegeben. § 9. Will jemand das Klavier oder die Orgel spielen lernen, um sich zu einer solchen Landschulstelle, womit der Organistendienst verbunden ist, geschickt zu machen, so hat er sich dieser außerordentlichen Lehrstunden halber mit dem ersten Lehrer in Absicht der Zeit und billigen Bezahlung dafür zu vergleichen. § 10. Auch die Erlernung des Seidenbaus haben die Präparanden nicht ungenutzt zu lassen, sondern sich desselben anzunehmen, weil derselbe sich sehr vorteilhaft ist, auch nach Unserem allerhöchsten Willen von Schullehrern vornehmlich getrieben werden soll und ihnen für ihre etwaige dabei geleistete Hilfe überdies, wenn er gut gerät, eine Belohnung gegeben werden soll. § 11. In den Stuben und Kammern sowie in Absicht der Kleidung, Wäsche, des Anzugs hat jeder auf Ordnung und Reinlichkeit genau zu halten, für alle verschuldete Beschädigung der Mobilien, die ihnen übergeben worden, sobald die Ursache davon nicht anzugeben ist, einzustehen, Feuer und Licht nach Vorschrift der Feuerordnung wohl wahrzunehmen, auch um deswillen keinen Tabak zu rauchen; öffentliche Orte und Trinkgelage, am wenigsten unordentliche Gesellschaften, darf keiner besuchen, auch dem öfteren Zuspruch seiner Bekannten bei ihm nicht verstatten und etwas vornehmen, was die Stille und Ruhe des Hauses stören könnte. Einer hat dem andern durch sein gutes Beispiel und freundschaftliche Erinnerungen zu ermuntern, den Vorschriften gemäß zu handeln. Kann er damit nichts ausrichten, so hat er die bemerkten Mängel dem ersten Lehrer bekannt zu machen, grobe Exzesse aber ohne Umstand anzuzeigen. § 12. So lange sich jemand fleißig, ordentlich und vorschriftsmäßig verhält, hat er außer den Vorteilen des Wohlgefallen Gottes, des Beifalls seiner Oberen und Vorgesetzten, des Glücks eines guten Gewissens und der erlangten größeren Geschicklichkeit eine monatliche Beihilfe an Geld

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zur Erleichterung der Miete und sonstiger Bedürfnisse zu erwarten, überdies aber zu hoffen, dass, wenn er hinlänglich Geschicklichkeit zum Unterricht und Erziehung der Jugend erlangt hat, auf seine Versorgung zu einer Küster- und Landschulstelle vorkommenden Umständen nach Rücksicht genommen werden soll, obgleich keine gewisse Zeit und noch weniger die Art der Versorgung zum Voraus bestimmt und versichert werden kann. § 13. Dagegen werden Verfehlungen und Unordnungen aller Art, vornehmlich aber Gottesverachtung, Faulheit, Pflichtvergessenheit, Ungehorsam, Zänkerei, mürrisches widerspenstiges Wesen, ungesittete oder gar liederliche Aufführung an keinem Präparanden geduldet, sondern wenn ernstliche Ermahnungen, Warnungen und Verweise den Schuldigen nicht bald bessern, mit Entziehung eines oder zweien Monate Zulage zum Besten der Schulkasse beahndet, und wenn auch diese Beahndung ohne Wirkung bleibt, mit Entlassung aus dem Schulseminarium bestraft.“ Quelle: APS, Konsystorz, 7683, fol. 76 – 80: Instruktion für die in das Schulhalter Seminarium der Lastadischen Schule aufzunehmenden Praeparanden, Stettin vom 21. August 1783.

8 – 10  Uhr 1. Übungen im Vorlesen der Predigten 2. Wiederholungen der Predigten 3. Von den übrigen gottesdienstlichen Handlungen in der ­Kirche wie montags Religionsunterricht und Anweisung zum Katechisieren

7 – 8  Uhr Gebet und Übungen im Singen

10 – 11  Uhr 1. Unterredung über die Eigenschaften und Pflichten eines Schulmanns 2. Von dem Menschen, vom Unterricht und Erziehung des Menschen in der Schule Methodie oder die Buchstaben, das Buchstabieren, das Lesen und das Schönschreiben, auch eine leichte Art den Kindern beizubringen etwas aus der Erdbeschreibung und Naturlehre

Quelle: APS, Konsystorz, 7683, fol. 160 f.

wie montags Einleitung in die Bibel und Gesangbuch, biblische Geschichten und etwas aus der Religionsgeschichte Donnerstag wie montags wie dienstags wie dienstags Freitag wie montags wie dienstags wie dienstags Samstag wie montags wie mittwochs wie mittwochs

Mittwoch

Dienstag

Montag

9.10 Lektionsplan des Stettiner Seminars 1792 14 – 16  Uhr Übungen im Lesen, Schönschreiben und Korrektur der Ausarbeitungen

16 – 17  Uhr Rechnen

Anmerkungen 1. Im Sommer müssen die Nachmittagsstunden wegen der Arbeit in der Plantage öfter ausfallen. 2. Zur Zeit des Seidenbaus im Mai und Juni fällt der Katechisieren mit wie montags wie montags Schulunterricht ganz aus. Kindern 3. Beim Seiden- und Gartenbau müssen die Seminaristen mit Hand anlegen. 4. Die älteren Seminaristen, die über die Landesvermit den Kenntnissen fassung, Land- und --------und Methodie schon Gartenbau bekannt sind, gehen in die Klassen der Schule und lernen durch Augenschein, wie dienstags wie montags wie montags wie eine Schule, die wie dienstags wie montags wie montags aus verschiedenen wie mittwochs oder Abteilungen besteht, auch Prüfungen über die --------müsse regiert und Anwendung der Zeit; Vorunterrichtet werden. bereitung auf den Sonntag

11 – 12  Uhr Über die deutsche Sprache, Rechtschreibung und allerlei schriftliche Aufsätze

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Rundschreiben Görings wegen der Erweiterung des Stettiner Seminars 1789

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9.11 Rundschreiben Görings wegen der Erweiterung des Stettiner Seminars 1789 Hochehrwürdiger, Hochgelahrter, Besonders Hochzuehrender Herr Propst, Würdigster Herr Amtsbruder! Da Ew. Königl. Höchstverordnetes Ober Schul Collegium das bey der Lastadischen Schule errichtete Land Schul-Lehrer Seminarium erweitern und einen besondern Seminarien Lehrer nicht nur bestellen, sondern auch zu bestätigen geruht hat: so habe ich mir von Ew. HochEhrwürden nach beigehender Tabelle gefällige Nachricht ausbitten wollen: I. Ob sich in Ihrer Synode junge Leute, besonders Küster- und Schulhalter Söhne von guten Fähigkeiten und ­Sitten befinden, ­welche sich dem Schulwesen widmen und sich im Seminarium darauf vorbereiten lassen wollen. Was II. die Vorbereitung selbst betrifft, so werden dieselben nicht nur in den einem Lehrer in

deutschen Bürger und Landschulen nötigen Ken[n]tnissen der Buchstaben, des Buchstabierens, des Lesens, des Zergliederns oder Auflösens, des Katechismus und der biblischen Erzählungen, in Fragen, des Rechnens, Schreibens und einer leichten faßlichen Lehrart, imgleichen im Vorsingen und Vorlesen unterrichtet – sondern auch im Seidenbau, zur Baum und Küchen Gärtnerey und wer Lust hat zum Zeichnen, pracktisch und ohnentgeldlich angewiesen. Will aber jemand das Klavier und Orgelspielen lernen, so wird ein geringes Monathsgeld dafür bezahlt. Damit

III. der Aufenthalt im Seminarium auf alle Art erleichtert werden möge: so erhält jeder Semi-

narist außer dem freien Unterricht in vorerwehnten Stücken

1. monatlich 2 rt. 12 gl. Zuschußgelder zu seiner Subsistence, 2. Stube, Licht, Holz, Aufwartung, Utensilien, bestehend in ein Pulpet mit Schrank zur Aufbewahrung seiner Wäsche und Sachen, Bettstelle, die nötigen Bücher und Instrumente zum freien Gebrauch, 3. kann er sich, wenn er ein Handwerck gelernt hat, und ihm sonst keine Geschäfte und Lehrstunden aufgegeben sind, arbeiten, ferner wird ihm 4. wenn er fleißig gewesen ist, und sich wohl verhalten hat, darüber ein Zeugniß ertheilt und bey vorkommenden Gelegenheiten und Vacanzen deutscher Schul- Küster und Gnadenschulstellen für denselben möglichst gesorgt werden. Wollte jemand auch ohne diese Beyhülfe 5. das Seminarium besuchen, so kann einem solchen Präparanden vorerst nur der freie Unterricht und Gebrauch der Bücher und Instrumente, so wie die freie Wohnung, wenn auf den Seminarien Stuben Raum da ist, nachgegeben werden – bis sich derselbe zur Aufnahme unter die würcklichen Seminaristen und Genuß aller Vortheile, bey Entstehung einer Vacanz qualificiret. Die vornehmsten Bedingungen der Aufnahme sind IV. folgende. Es muß der junge Mensch, welcher unter die Seminaristen aufgenommen werden will

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1. von gesetzten Wesen und unverheiratet seyn, weil er in letztern Fall nicht im Schulhause wohnen kann, 2. muß er sich bey mir als Director Seminarii melden wegen seiner Fähigkeiten und bisherigen guten S­ itten glaubhafte Zeugnisse seines vorgesetzten Herrn Propstes und Predigers beibringen, 3. fertig lesen können, einen Anfang im Schreiben und Rechnen gemacht haben und die Proben von beiden mit den Zeugnissen übergeben, 4. für reinliche Betten und Wäsche, so wie zur Verhütung alles, von einigen zur Last ihrer Eltern gemachten zum verführerischen Beispiele der übrigen Seminaristen so wie zu allerley Unordnungen gereichenden unnötigen Aufwandes in Kleidung außer den nötigen Kleidungsstücken besonders für einen guten Ueberrock selbst sorgen, weshalb das Nähere bey dessen Ankunft bestimmt werden wird, und endlich 5. die vorgeschriebene Ordnung des Seminars, wie sich von selbst verstehet, genau beobachten, und sich möglichst bestreben, durch Fleiß, Geschicklichkeit, Wohlverhalten und Folgsamkeit, einer künftigen Versorgung würdig zu machen. So gewiß ich überzeugt bin, daß Ew. HochEhrwürden und sämtliche Herren Synodalen unsere Hochgeehrtesten Herren Amts Brüder, diese landesväterliche Absichten, Sr. Majestät des Königs und Höchst dero Ober Schul Collegii für unsere Provinz mit mir verehren, so gewiß kann ich hoffen, daß dieselben diese gemeinnützige Anstalt Ihrer Seits möglichst befördern, besonders aber durch gefällige baldigste Mitteilung der Nachrichten dazu mitwürcken, und mir die etwa sich qualificirende Subjecte so bald als möglich gefälligst melden werden. Zugleich übersende ich auch anbey das Noth und Hülfsbüchlein für Land Leute zum Lesebuch, welches incl. der Emballage, Fracht, Zoll und Unkosten, bisher 5 gl. kostet, und auf Befehl des Königl. Consistorii in den Bürger, Land und Gnadenschulen eingeführet werden soll, und ersuche mir zu melden, wie viel Exemplare für Ew. HochEhrwürden Synode und für ­welche Örter erforderlich sind. Der ich unter Anwünschung alles göttlichen Seegens zu dem angefangenen Jahr mit wahrer Hochachtung beharre Ew. HochEhrwürden Stettin zu Gebet und Dienst den 15ten Januar treu ergebenster 1789.  FC Göring Marginalnotiz Engelckens: „den 20ten Mart. geantwortet, Elias Ellmann aus Ramin will praeparand werden […]“ Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1, unpag.

Anforderungen für die Aufnahme in das Stettiner Seminar 1819

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9.12 Anforderungen für die Aufnahme in das Stettiner Seminar 1819 Auf Michaelis d. J. geht der Lehrkursus im hiesigen Schullehrer-Seminar zu Ende, und es können ungefähr 20 neue Zöglinge aufgenommen werden. Da sich schon jetzt weit mehr gemeldet haben, so ist es besonders wichtig, aus der Gesammtzahl diejenigen auszuwählen, von denen sich am sichersten erwarten läßt, daß mit ihnen der Zweck des Seminarien-Unterrichtes werde erreicht werden, und dagegen alle diejenigen ausschließen, deren zu geringe Vorkenntnisse und mangelhafte Naturanlagen die Bemühungen der Seminarien-Lehrer vereiteln, oder doch einen Erfolg herbei führen würden, welcher der Wichtigkeit dieser Anstalt nicht entspräche. Wir haben deswegen in der Bekanntmachung vom 28. Juni d. J. in unserem Amtsblatte alle jungen Leute, die den Eintritt ins Seminar wünschen, angewiesen, sich bei Ihnen zu melden und um die weitern Verhaltensregeln zu befragen.1 Wir beauftragen Sie hiedurch, mit solchen jungen Leuten eine vorläufige Prüfung anzustellen, um zu erforschen, ob und in wie weit sie bildungsfähig sind und sich zur Aufnahme eignen. Bei der Beurtheilung der Aufnahmsfähigkeit sind besonders folgende Punkte zu berücksichtigen: 1) die Aufzunehmenden müssen wenigstens ein Alter von 18 Jahren erreicht haben, da sie ohnedies bei der Entlassung aus dem Seminar noch zu jung sein würden, um in einem Schulamte angestellt werden zu können. 2) Sie müssen in der Regel ihrer Verpflichtung zum Dienste im stehenden Heere genügt haben oder durch Atteste nachweisen, daß sie wegen körperlicher Schwächen von ­diesem Dienst befreit bleiben werden; letztere darf jedoch auch wieder nicht von der Art sein, daß sie dadurch an zweckmäßiger und kräftiger Verwaltung eines Schulamtes gehindert werden. Daß die Seminaristen erst nach Vollendung ihres Lehrkurses den Militairdienst abmachen, können wir darum nicht wünschen, weil bei einer so langen Entfernung von der betretenen Laufbahn das mühsam Erlernte zum Theil wieder vergessen, mancher von ihnen auch von seinem Entschlusse wieder abgebracht wird und sich einem andern Fache widmet, in manchen andern wenigstens der angeregte Eifer für weitere Ausbildung zum Schulfache während eines solchen Zwischenraumes erkaltet. Wenn gleich wir diejenigen, ­welche noch nicht Militair-Dienst geleistet haben, nicht geradezu von der Aufnahme ausschließen wollen, so werden wir doch nicht umhin können, denen, w ­ elche in dieser Hinsicht ihre Verpflichtung erfüllt haben, den Vorzug zu geben, und möchte also für erstere wenig Hoffnung zur Aufnahme übrig bleiben. Indessen werden wir es gerne sehen, wenn sie auch ­solche junge Leute, ­welche jetzt zu dem Alter gelangt sind, daß sie ins Militair treten können, zur Erforschung ihrer Anlagen prüfen und mit Ihrem Zeugnisse versehen, zum 20sten September hieher weisen, damit sie auf den Grund des ihnen hier ausgestellten Zeugnisses die Aufnahme zum einjährigen Militairdienste nachsuchen und nach Beendigung desselben, etwa zum nächstfolgenden Lehrkurs eintreten können. Dabei wird jedoch bemerkt, daß die Vergünstigung des einjährigen Militairdienstes durch höhere Verordnungen nur denjenigen bewilligt ist, w ­ elche ausge zeichnete Anlagen für das Schulfach besitzen. 3) Was die Bildungsfähigkeit der Zöglinge anbetrifft, so wird diese freilich mehr nach den natürlichen Anlagen als nach den Vorkenntnissen beurteilt werden müssen; indessen darf 1 Amts-Blatt der Königlich-Preußischen Regierung Nr. 30/1819, S. 407.

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es doch auch an letztern nicht ganz fehlen und wir müssen bei einem aufzunehmenden Zöglinge wenigstens Folgendes erwarten: a) Bekanntschaft mit den vornehmsten Geschichten der heiligen Schrift – mit der Folge der biblischen Bücher, womit zugleich die Fertigkeit im Aufschlagen biblischer Stellen verbunden sein muß – mit den vornehmsten Beweisstellen für die Hauptwahrheiten der christlichen Religion. b) Bekanntschaft mit dem kleinen Catechismus Lutheri, der auch mit dem Gedächtnisse aufgefaßt sein muß, und deutliche Einsicht in den Wortverstand desselben. c) Fertigkeit im hochdeutschen Ausdrucke. d) Fertigkeit im Lesen mit Beobachtung der Unterscheidungszeichen und ziemlich richtiger Betonung. e) Fertigkeit im mechanischen Schreiben zusammenhängender Wörter. Die Handschrift muß deutlich sein und wenigstens verrathen, daß sie bei weiterer Uebung gut werden könne. – Beim Aufschreiben von etwas Vorgesprochenem müssen der Fehler wider die Rechtschreibung nicht viele vorkommen, die großen Anfangs Buchstaben in der Regel richtig gesetzt werden, und Fertigkeiten im sogenannten Kopfbuchstabieren sich darlegen. f ) Bekanntschaft mit den 4 Grundrechnungen (Species) in unbenannten und benannten Zahlen, wenigstens in Hinsicht des Mechanischen. g) Fertigkeit, einige Hauptmelodien zu singen, verbunden mit einer bildsamen Stimme und musikalischer Anlage. Völliger Mangel an Anlage zum Singen, der sich besonders durch die Unfähigkeit zeigt, vorgesungene Töne ihrer Höhe nach richtig aufzunehmen und nachzubilden, wird schon an sich von der Aufnahme ins Seminar ausschließen, da fast alle Landschulstellen jetzt Küsterstellen werden und Beförderung eines reinen edlen und würdigen Kirchengesanges mit Recht für einen der vorzüglichsten Zweige des Schul-Unterrichtes erklärt ist. Wenn sich erweisen läßt, daß es dem Zöglinge an Gelegenheit gefehlt habe, sich durch guten Schul-Unterricht die angegebenen Vorkenntnisse zu erwerben, so können aus ge zeichnete natürliche Fähigkeiten einen solchen auch bei einem geringern Maaße von Kenntnissen zur Aufnahme zuläßig machen. Sie haben nach diesen Grundsätzen die Zöglinge, ­welche sich bei Ihnen melden werden, sorgfältig zu prüfen, und diejenigen, w ­ elche diese Anforderungen nicht befriedigen, ohne Weiteres zurückzuweisen; denjenigen aber, ­welche Sie hiernach für zuläßig erkennen, ein Attest darüber auszustellen. Ohne ein solches Attest wird kein Auswärtiger ins Seminar aufgenommen werden; eines besondern Berichtes von Ihnen bedarf es dann nicht. Nächstdem können Sie ihnen Folgendes bekannt machen: Jeder, der ins Seminar tritt, verpflichtet sich dadurch, zwei Jahre in demselben zu verbleiben und kann ohne besondere Einwilligung seiner vorgesetzten Behörde in einer kürzern Frist nicht für wahlfähig zu einer Schulstelle erklärt werden. – Die aufzunehmenden Präparanden können nach einer Probezeit von 2 bis 3 Monaten noch aus dem Seminar entlassen werden, wenn besondere Gründe es wahrscheinlich machen, daß sie sich nicht mit Erfolg fürs Schulfach ausbilden werden. – Nach Verlauf dieser Probezeit erhalten die Geschickteren unter ihnen bei freier Wohnung eine monatliche Unterstützung von 2½ Rthlr. oder 3 Rthlr. – Den übrigen

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werden wir mit einer außerordentlichen Unterstützung zu Hülfe zu kommen suchen, um ihnen wenigstens die Kosten der Einmiethung zu ersetzen; doch kann darüber zum Voraus keine gewisse Zusicherung gegeben werden. Im Uebrigen müssen sie für ihre Bedürfnisse selbst sorgen und das Einrücken in erledigte mit Gehalt versehene Seminaristenstellen abwarten. Diejenigen, ­welche von Ihnen Zeugnisse der Zuläßigkeit erhalten haben, müssen sich mit denselben, mit den von den Orts-Predigern ausgestellten Zeugnissen ihres Wohlverhaltens und mit denjenigen Attesten, ­welche sich auf ihre Entlassung oder ihre Befreiung vom Militairdienste beziehen, am 19. Septbr. bei dem Consistorial-Assessor Graßmann hieselbst melden und sich am 20. und 21. September einer Prüfung ihrer Anlagen und Kenntnisse unterwerfen. In Folge dieser Prüfung wird entschieden werden, ob und unter ­welchen Verhältnissen sie können aufgenommen werden, und wird ihnen im Fall der Aufnahme noch eine Frist von 14 Tagen bis 3 Wochen bewilligt werden, um ihre Einrichtungen treffen zu können. Wer sich zur gesetzten Zeit nicht einfindet, wird es sich selbst beizumessen haben, wenn er nicht aufgenommen wird. Sie haben den Inhalt dieser Verfügung durch den gewöhnlichen Umlauf allen Pfarrern Ihrer Synode bekannt zu machen, und erhalten zu dem Ende zwei Abdrücke derselben.

Stettin, den 30sten Juni 1819 Königliches Consistorium und Schul-Collegium von Pommern. Sack.

Bernhardt.

Graßmann.

Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1, unpag.: Zirkularschreiben des Königlichen Konsistoriums und Schul-Collegiums von Pommern an sämtliche Herren Superintendenten des Stettiner Regierungs-Bezirkes, Stettin vom 30. Juni 1819.

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9.13 Lebensläufe ausgewählter Seminarbewerber 1. Michael Friedrich Mewes Ich Michael Mewes 2 wurde im Jahre 1796 in Fredersdorf, einem Königl[ichen] Dorfe in der Uckermark Amts Gramzow, geboren, wo mein Vater Joachim Mewes damals Küster und Schullehrer war. Bis zu meinem 14ten Jahre, in welchem ich eingesegnet wurde, erhielt ich durch meinen Vater den gewöhnlichen Schulunterricht. Obgleich ich mich von nun an dem Schneiderhandwerk, bei meinem Vater, widmete: so suchte ich mich, da ich besondere Lust zum Schulfache fühlte, noch so viel als möglich, durch Hülfe meines Großvaters, des damaligen Küsters und Organisten Seibt in Gramzow, darin zu vervollkommen, um einst als Schulmann dem Staate nützlich zu werden. Im Herbst 1817 wurde ich aber durch die Einstellung in den Militairdienst in d ­ iesem Vorhaben gestört. Ich wurde als Garde-Landwehrmann in Berlin eingekleidet, und habe als solcher 3 Jahre, wie meine Entlassung zeigt, meine Militairpflicht bis zum December 1820 geleistet. Von ­diesem Augenblick an, suchte ich sogleich meinen Hang zum Schulfache wieder nachzugehen und mich in den Elementarkenntnissen zuüben. Ich nahm daher mit mehreren jungen Leuten in Briest beim dortigen Kantor Knoth Unterricht um mich zur Aufnahme in ein Seminarium vorzubereiten. Ich wünsche daher nichts sehnlicher als bald das Glück zu genießen als Seminarist aufgenommen zu werden; indem es meinem Vater bei seinen hohen 70 jährigen Alter und schwächlichem Körper, weshalb er bereits seit schon mehreren Jahren emeritirt worden ist, – mich zu unterstützen schwer fällt. Mich[ael] Friedrich Mewes geboren zu Fredersdorf d[en] 30 May 1796 Pengkun d[en] 3 Sep[tember] 1821

2. Johann Michael Usadel Ich Johann Michael Friedrich Usadel bin in Seehausen in der Uckermark im Jahr 1803 gebohren bis zu meinem zurückgelegten 14ten Jahre von meinen Aeltern erzogen und genoß meine erste Ausbildung in Hinsicht der Schulkenntnisse von meinem Vater welcher Schullehrer ist. Nachher aber sammelte ich mir noch mehrere nützliche Kenntnisse bey einem sehr geschickten Schulmanne dem Lehrer Hr. Prachten in Gerswalde bey dem ich 1 Jahr [in] Pension war, worauf ich als dann wieder zu meinen Aeltern zurückkehrte. Ich fühlte nun einen neuen Trieb, mich ebenfalls zum Schulmann auszubilden, und drang meinen Vater mich nach irgend einem Schullehrer- Seminarium zu bringen, wo ich mich noch höhere Kenntnisse erwerben und zu einem tüchtigen Schulmanne ausbilden könne. Mein Vater aber willigte jetzt noch nicht darin,

2 Michael Mewes‘ Bewerbung um die Aufnahme in ein Lehrerseminar blieb erfolglos. Dennoch fungierte er von 1824 bis 1867 als Küster und Lehrer in Sommersdorf und ehelichte die Tochter seines Amtsvorgängers Friedrich Richter.

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weil ich noch zu jung sey, und ließ mir also darauf das Schneiderprofession erlernen. Damit ich aber von dem nun schon Erlangten nichts vergesse, sondern da ich vielmehr Lust hatte ein Lehrer als ein Schneider zu werden und zu ­diesem Zwecke auch hierin größere Fortschritte zu machen wünschte, so benutzte ich jede Gelegenheit dieselben neben Erlernung der Schneider-Profession zu vergrößern. Zu dem Ende ging ich jede Woche einige mal zu einem in der Nähe wohnenden geschickten Schullehrer im Unterricht und erwarb mir bey demselben die nöthigen Vorkenntnisse im Clavier und Orgel spielen. Jetzt nun da ich das 20te Jahr bald erreicht habe, und Liebe zum Schulfache noch nicht verschwunden ist, so hoffe ich alt genug zu sein um in ein Seminarium aufgenommen zu werden, und bitte allergehorsamst, mich zur nächsten Prüfung zur Aufnahme ins Seminarium gnädigst zu verzeichnen. Seehausen bey Prenzlau in der U./M. d. 14ten Aprill 1823 J. M. F. Usadel

3. Wilhelm Toussaint Ich heiße Johann Wilhelm Toussaint, bin ein Sohn des Ackerbürgers Carl Toussaint und wurde den 8ten Januar 1809, zu Strasburg in der Uckermark, geboren. Meine M ­ utter verlor ich in der frühesten Kindheit. Da meine älteren Geschwister mich in den Anfangsgründen des Lesens unterrichtet hatten, so konnte ich schon buchstabiren als ich in die Schule geschickt wurde. Hier war folgende Unterrichtsweise herrschend: sowohl vormittags, als nachmittags wurde ungefähr eine halbe Seite aus der Fibel und nachher ebenso viel aus dem Katechismus durchbuchstabirt oder gelesen; nachher sprach der Lehrer kurz vor dem Schlusse der Unterrichtsstunden den Kindern einen Spruch aus der Bibel vor, den diese nachsprachen und am Sonnabend aufsagen mußten. Die übrige Zeit hindurch war diese unterste Abtheilung der Schüler und Schülerinnen unbeschäftigt und hörte nur dem Unterrichte den die erste Abtheilung erhielt zu, in w ­ elche jedes Kind überging so bald es einige Fertigkeiten im Lesen erlangt hatte. In der ersten Abtheilung wurde vormittags, in der ersten Unterrichtsstunde, die Bibel gelesen; in der zweiten schrieben diejenigen w ­ elche an dem Unterrichte im Schönschreiben theilnahmen, und schon einige Fortschritte darin gemacht hatten, nach Vorschriften, den anderen schrieb der Lehrer etwas vor; in der dritten Stunde, wurde biblische Geschichte genommen, ein Schüler las dieselbe vor, die anderen hörten zu, dann las einer die dazu gehörenden Fragen, und ein anderer die Antworten darauf. Auch mußte jedes Kind wöchentlich einen Abschnitt aus dem Katechismus lesen. Nachmittags wurde in der ersten Stunde gerechnet, der Lehrer ließ mehrere Schüler, die gleich weit waren, ein und dasselbe Exempel aufsetzen; in der zweiten Stunde, wurde wie vormittags geschrieben, in der dritten Stunde wurde biblische Geschichte, zuweilen auch eine andere Geschichte, oder aus dem Kinderfreund gelesen. Alle Tage von 11 bis 12 Uhr ertheilte der Herr Prediger Rettig Religionsunterricht, an welchem alle Schüler die das zehnte Jahr erreicht hatten theilnahmen. Schon als ich die Schule besuchte wünschte ich Lehrer zu werden, da es aber meinem Vater an Mitteln fehlte für meine weitere Ausbildung zu sorgen, so mußte ich das Schuhmacherhandwerk erlernen; und eben war ich im Begriff Geselle zu werden, als von neuem der lebhafte Wunsch meinen früheren Plan auszuführen in mir rege ward. Ich betrachtete wie viel glücklicher

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ein gebildeter Mensch als ein ungebildeter ist, wie viel freier er wirken kann und wie viel besser er das Rechte vom Unrechten unterscheiden kann, welch ein großes Glück es ist anderen Menschen belehren, sie durch Unterricht vor schädlichen Irrthümern und vor Sünden bewahren und sie zu nützlichen Bürgern des Staates und des Reiches Gottes bilden zu können. Man rieth mir mich an den Herrn Prediger Bock zu wenden, der sich schon mehrerer armen jungen Leute angenommen und sie zum Lehramte vorbereitet hatte. Ich entschloß mich dazu und meine Bitte wurde mir gewährt; der Herr Prediger Bock nahm mich zu sich nach Bergholz und sorgte dort, in Verbindung mit dem Herrn Prediger Moll in Löckenitz, für meine Ausbildung. Beim ersten erhielt ich Unterricht 1) in der Religion, 2) im Lesen, 3) im Schönschreiben, 4) in der deutschen Sprachlehre, 5) im Kopfrechnen, 6) in der Geographie, 7) in der Geschichte, 8) in der Naturgeschichte, 9) in der Naturlehre, 10) Pädagogik und 11) Didaktik; bei letzterem, im Briefeschreiben und im Rechnen; und außerdem beim Herrn Cantor Sprockhoff in Grimmen im Clavierspiel und im Singen. In der Religion wurde zuerst ein Katechismus auswendig gelernt und erklärt, darauf wurde Seilers Religion der Unmündigen, außerden Unterrichtsstunden, von mir gelesen und ich mußte den Inhalt der einzelnen Gespräche in der Religionsstunde angeben; dann wurde Küsters biblische Geschichte durchgenommen, die einzelnen Abschnitte von mir erzählt und vom Herrn Prediger Fragen darüber gemacht; ebenso wurde die kurze Geschichte der christlichen K ­ irche von Seiler durchgenommen, sowie auch Einiges über die verschiedenen Bücher der Bibel und den Inhalt derselben aus dem Katechismus von Dreist. Der Leseunterricht wurde nach der Stephanischen Lautmethode ertheilt, späterhin wurden mir einzelne Gedichte, Lieder und Erzählungen vorgelesen, und ich mußte dieselben theils nachlesen, theils auswendig lernen. Ich schrieb nach gestochenen Vorschriften, nach dem ich mit den hauptsächlichen Regeln der Schönschreibekunst bekannt gemacht worden war. Die deutsche Sprachlehre wurde mir theilweise diktiert, und ich schrieb das in jeder Stunde Vorgetragene ab und lernte es auswendig, theils schrieb ich die Regeln über den Gebrauch der vier Fälle aus der Sprachlehre von Becker ab, theils endlich wurde die kleine Sprachlehre von Schenk durchgenommen; ich berichtigte die zu jeder Regel darin befindlichen unrichtigen Beispiele. Die Fehler, die ich übersehen hatte, wurden vom Herrn Prediger mit rother Dinte unterstrichen und in der Stunde durch mich corrigirt; wobei ich jedes Mal die den Fall betreffende Regel angab. Im Kopfrechnen wurden selten Regeln gegeben, ich mußte dieselben selbst auffinden. In der Geographie wurde zuerst die kleine allgemeine Geographie von Wohlers und nachher einiges aus Steins kleiner Geographie durchgenommen, mit stetem Gebrauche der Karte; auch zeichnete ich einige Karten. In der Geschichte wurde zuerst Bredows Weltgeschichte gelesen, jeder darin vorkommende Ort auf der Karte aufgesucht, in jeder Geschichtsstunde ein Abschnitt aus dem Geschichtsbuche von mir erzählt und die hauptsächlichsten Jahreszahlen gelernt; nachher wurde die brandenburgische Geschichte von Stein ebenso behandelt. Die Naturgeschichte wurde nach Schubert wie die Geschichte, und das Wissenswürdigste aus der Naturlehre nach Poppe gelehrt. Die Pädagogik und Didaktik wurde aus Niemeyer vorgelesen und erklärt; ich mußte den Inhalt jedes gelesenen Abschnittes kurz angeben, nach beendigter Stunde aufschreiben, und beim Beginne der nächsten Stunde erzählen. Des Sonnabends wurde alles was in der ganzen Woche vorgenommen worden war wiederholt.

Anweisung betreffend die Vorbildung für die Schullehrer-Seminarien

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Im Briefeschreiben wurden mir Themata gegeben und wenn meine Ausarbeitung nicht genügend ausfiel, Musterbriefe vorgeschrieben. Im Rechnen an der Tafel wurden mir Regeln diktirt und dieselben durch Exempel eingeübt. Im Klavierspielen und Singen diktirte mir Herr Cantor Sprockhoff anfangs auch Regeln, nachher nahm er die Klavierschule von Hering mit mir durch. Endlich ließ mich Herr Prediger Bock. Seit Weihnachten, theils unter seiner Aufsicht, theils unter der des Herrn Cantors Sy, zuweilen auch ganz allein, nachmittags von 1 bis 2 und von 3 bis 4 Uhr Unterricht in der Schule ertheilen, auf ­welchen ich mich jedes Mal ordentlich vorbereiten mußte. Bergholz, den 19. März 1829 Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1, unpag.

9.14 Anweisung betreffend die Vorbildung für die Schullehrer-Seminarien der Provinz Pommern 1829 Um denjenigen jungen Leute der Provinz Pommern, ­welche Schullehrer werden wollen, Gelegenheit zu einer besseren Vorbildung für die Schullehrer-Seminarien zu geben, werden hiermit folgende Anordnungen und Bestimmungen erlassen: 1. Von Ostern k[ommenden] J[ahres]an, muß ein Jeder, der zu seiner größeren Ausbildung für das Schulfach in ein Haupt- oder Neben-Seminar aufgenommen werden will, zu dieser Aufnahme vorher sich gründlich vorbereitet haben, und darüber sich gehörig ausweisen. 2. Damit es Niemanden an Gelegenheit zu dieser ersten und nothwendigen Vorbildung fehle, so werden von uns, unter Theilnahme und Mitwirkung der Königlichen Regierungen hier, zu Coeslin und Stralsund, besondere Einrichtungen und Maaßregeln getroffen werden, ­welche den Zweck haben, den Schullehrer-Seminarien mehr vor und in die Hände zu arbeiten, und zu verhüten, daß Knaben und Jünglinge ohne inneren Beruf und ohne die erforderlichen Vorkenntnisse in den Schulstand sich eindrängen und die Anzahl der unbrauchbaren und untüchtigen Lehrer vermehren. 3. Es bleibt dabei auch in Zukunft einem jeden, der sich dem Schulfache zu widmen gedenkt, überlassen, ob und ­welche ihm in seiner nächsten Umgebung dargebotenen Bildungsmittel und Anstalten er benutzen, wo und wie er die Kenntnisse und Fertigkeiten, w ­ elche die Seminarien als unbedingt nothwendig voraussetzen, sich erwerben will, und hinsichtlich der Söhne der Geistlichen und der Schullehrer wird noch ausdrücklich bemerkt, daß es ihnen frei steht, auch im Hause ihrer Väter und in der Schule ihres Wohnortes sich auf den Unterricht in dem Seminare vorbereiten zu lassen, und daß sie dieserhalb nicht zurückgesetzt werden sollen. 4. Aber von einem Jeden, gleich viel an welchem Orte und auf w ­ elche Weise er sich die nöthige Vorbildung verschafft hat, muß gefordert werden, daß er a) die erforderlichen Vorkenntnisse ganz und recht, d[as] i[st] mit Gründlichkeit, Klarheit und Deutlichkeit, also nicht bloß mechanisch, sich aneigne; b) in einer wohl eingerichteten Schule zum Unterrichten und Schulehalten sich gehörig vorübe, und

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c)

daher der unmittelbaren Aufsicht und Leitung eines bewährten, tüchtigen Geistlichen oder Lehrers sich anvertraue. 5. Als nähere Bedingungen der Aufnahme junger Leute in die Haupt-Schullehrer-Seminarien werden hiermit festgesetzt, daß sie 1) einen unbescholtenen Wandel führen, und einen durch eine christlich häusliche Erziehung und einen guten Religions-Unterricht erweckten frommen Sinn haben; 2) in der Regel das 18te Jahr zurückgelegt haben; 3) bei den nöthigen körperlichen Anlagen, eine feste dauerhafte Gesundheit genießen; 4) gute Anlagen des Geistes, insbesondere gesunde Beurtheilungskraft und Wißbegierde, auch hinlängliche Geübtheit im Auswendiglernen, so wie 5) die nothwendigen Vorkenntnisse besitzen. Nr. 1 ist durch das Zeugniß des Ortspfarrers und der Schule, ­welche der Auszunehmende als Knabe besucht hat, Nr. 2 durch den Taufschein und Nr. 3 durch ein ärztliches Attest zu belegen. In Beziehung auf Nr. 3 wird noch bemerkt, daß auffallende Mißgestaltungen und Gebrechen, w ­ elche die Ausübung des Lehramts unmöglich machen, oder sehr erschweren, wie Engbrüstigkeit, Schwerhörigkeit, ein kurzes oder schwaches Gesicht, fallende Sucht und bestimmte Anlagen zur Auszehrung und d[er]gl[eichen], von der Annahme ausschließen. 6. In Beziehung auf § 5 Nr. 5 ist zur Aufnahme in ein Seminar erforderlich: 1) in der Religion: Bekanntschaft mit der heiligen Schrift, alten und neuen Testaments, mit der Folge und dem Hauptinhalte der biblischen Bücher und deren Verfasser; Kenntniß der biblischen Geschichten, w ­ elche sich für die Erweckung und Belebung des christlich frommen Sinnes vorzugsweise eignen; Kenntniß der Bedeutung der christlichen Feste und Sonntage; Einsicht in den Wortverstand, und Auswendigwissen der Hauptstücke des Katechismus und der wichtigsten Beweisstellen für die Hauptwahrheiten des Christenthums, nebst einer gewissen Fertigkeit im schnellen Aufschlagen biblischer Stellen; 2) in der Sprache a) Fertigkeit im hochdeutschen Ausdrucke b) fertiges und richtiges Lesen aller deutschen Schrift und Druckarten auch der lateinischen, mit Beobachtung der Unterscheidungszeichen und richtiger Betonung und der Fähigkeit, von dem Gelesenen deutliche Rechenschaft zu geben; c) eine nach richtigen Grundsätzen gebildete, reine und deutliche Handschrift, die in so weit regelmäßig sein muß, daß sie bei fortgesetzter Übung eine gute werden kann, und d) Bekanntschaft mit den Redetheilen und den Hauptregeln der Sprache, in dem Grade, daß der Aufzunehmende im Stande sei, seine Gedanken schriftlich und mündlich, ohne auffallende Fehler gegen die Rechtschreibung und die Sprachlehre, auszudrücken. 3) im Rechnen: Kenntniß der vier Grundrechnungen, der Regel vom Dreisatz, der Kettenregel und der Gesellschaftsrechnung und Bekanntschaft mit der Lehre von den Brüchen; die Grundrechnungen müssen auch im Kopfe sorgfältig geübt worden sein;

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4) im Gesange und in der Musik: eine bildsame gute Stimme und musikalisches Gehör; hinlängliche Geübteit im Singen nach Noten und einige Übung im Klavier- und Violinspiel, so wie Kenntniß der Kernlieder und Kernmelodien unserer evangelischen ­Kirche. 5) in der Vaterlandskunde: einige Bekanntschaft mit der Erdkunde des preußischen Staates und vorzüglich der Provinz Pommern, eine allgemeine Kenntniß der Hauptbegebenheiten oder der wichtigsten Ereignisse der pommerschen Geschichte. Diese Vorkenntnisse muß jeder Aufzunehmende besitzen. Es beschränken sich dieselben nur auf die Anfangsgründe des Wissens und Könnens, um zugleich dadurch zu erkennen zu geben, daß die Präparanden nur lernen sollen, was ihnen zu wissen nöthig ist, was sie dereinst zu ihren oder Anderer Besten anwenden werden, daß es dem Seminare ganz allein um wirkliche Bildung zu thun sei, und um soweit das verderbliche Umhertreiben in allerlei Fächern des Wissens und bei den Prüfungen jeden Schein und jede Täuschung zu verhüten. Als am besten vorbereitet werden diejenigen befunden werden, ­welche, bei guten Naturanlagen, im Denken hinlänglich geübt und an eine feste Regel und strenge Ordnung gewöhnt sind, und die eine entschiedene Richtung auf das haben, was Allen das Nothwendigste und das Wichtigste ist, und daher unter den Bildungsmitteln billig oben ansteht. Darum muß es, wie wir hier wiederholentlich bemerken wollen, die Hauptsorge jedes Vorbereitungslehrers sein, daß seine Zöglinge von ihrem Standpunkte aus, und für denselben gebildet werden, das Nächste und Nöthigste zuerst lernen und üben und darin ganz fest und sicher werden. 7. Diejenige, ­welche dereinst bloß Lehrer an Landschulen werden wollen, und daher die Aufnahme in ein Neben-Seminar nachsuchen, müssen den obigen unerläßlichen Forderungen (§ 3 Nr. 1 – 4 und § 4 Nr. 1 – 5) ebenfalls entsprechen, da diese Anstalten eben so wenig als die Haupt-Seminarien die Einübung und Wiederholung der Anfangsgründe des Unterrichts in ihren Lehrplan aufnehmen sollen, sondern diese ebenfalls voraussetzen müssen. Die muthmaßliche dereinstige Bestimmung der Schullehrlinge zu Land- oder Stadtschullehrern begründet nur eine dem Grade nach verschiedene Ausbildung für den künftigen Beruf. 8. Damit die nothwendige Vorbildung für die Seminarien überall nach übereinstimmenden Grundsätzen und nach einem festen Plane geschehe, und diejenigen, w ­ elche den Schullehrerstand wählen, wissen, an wen sie sich zu wenden haben, um den Forderungen, w ­ elche bei der Aufnahmeprüfung für jene Bildungsanstalten an sie gemacht werden, entsprechen zu können, so sollen von jetzt an einen solchen Vorbereitungsunterricht für Schullehrlinge nur ganz geeignete Männer ertheilen dürfen, w ­ elche entweder von der betreffenden Königl[ichen] Regierung zu ­diesem Geschäfte ausdrücklich aufgefordert werden, oder die aus eigenem freien Antriebe Schullehrlinge annehmen wollen. Letztere haben die Erlaubniß dazu bei der gedachten Königl[ichen] Behörde im Monat Februar jeden Jahres nachzusuchen und ihrem Berichte den vollständigen Unterrichtsplan beizufügen. Die jungen Leute, ­welche an dem Unterrichte eines solchen Vorbereitungslehrers Theil nehmen und unter seiner Aufsicht im Unterrichten sich üben wollen, haben sich unter Einreichung der oben § 3 gedachten Sittlichkeits- und anderer Zeugnisse, zunächst bei dem betreffenden Superintendenten persönlich zu melden, um von demselben in Absicht auf ihre Anlagen und Vorkenntnisse geprüft zu werden. Wer in dieser Vorprüfung bestanden ist, wird in die

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Liste der „Schullehrlinge“ oder „Schulpräparanden“ aufgenommen und steht von ­diesem Zeitpunkte an unter der besonderen Leitung eines Vorbereitungslehrers und unter der Oberaufsicht des betreffenden Superintendenten oder Schul-Inspektors. 9. Es ist eines jeden Schulpräparanden eigene Sache, sich einen von der Königl[ichen] Regierung genehmigten Vorbereitungslehrer zu wählen und die Kosten, ­welche theils der Besuch einer öffentlichen Schule, theils der etwa noch außerdem nöthige nachhelfende Unterricht verursacht, aus eigenen Mitteln zu bestreiten, da dem Staate die Verbindlichkeit, außer den eigentlichen Lehrerbildungs-Anstalten, oder den Seminarien, noch besondere Vorbereitungsschulen für dieselben einzurichten und zu unterhalten, nicht auferlegt werden kann, und ihm überhaupt nur die Sorge dafür obliegt, daß es keinem Schulpräparanden an Gelegenheit, die erforderlichen Vorkenntnisse zu erlangen, fehle. 10. Diejenigen Geistlichen und Schullehrer, unter deren Leitung und Aufsicht junge Leute zu ihrer künftigen Aufnahme in eine Lehrerbildungs-Anstalt sich gründlich vorbereiten, werden aber wie von der betreffenden Königl[ichen] Regierung, so von uns selbst als ­solche, die zur Beförderung einer besseren Bildung der Lehrer und dadurch des Schulwesens überhaupt wesentlich dazu beitragen, jetzt und künftig anerkannt und bei Wiederbesetzung der für sie geeigneten Stellen berücksichtigt werden. Sie übernehmen mit ­diesem wichtigen Geschäfte zugleich die Verpflichtung, nicht bloß dahin zu sehen, daß ihre Lehrlinge die nöthigen Vorbereitungskenntnisse in das Seminar mitbringen, sondern auch auf ihren häuslichen Fleiß und ihr gesammtes sittliches Betragen sorgfältig zu achten, und darüber zu wachen, daß sie sich einen frommen, bescheidenen, christlich demüthigen und genügsamen Sinn bewahren, ohne den Niemand ein wahrer Lehrer werden kann. Wo der Schullehrer den eigentlichen Vorbereitungs-Unterricht übernommen hat, da liegt diese Aufsicht dem Ortspfarrer mit ob. 11. Es ist sehr wünschenswerth, daß insbesondere s­olche Schullehrer, w ­ elche in einem der Hauptseminare der Provinz gebildet worden, und in der Prüfung sehr gut bestanden sind, diesen Vorbereitungs-Unterricht ertheilen, denn es sollen durch denselben den jungen Leuten nicht etwa bloß Kenntnisse beigebracht und gewisse Fertigkeiten eingeübt werden, sondern er soll Vorbereitung sein für das ganze Leben des künftigen Seminaristen, ihn für den Unterricht des Seminars empfänglich machen und dazu vorbilden. Wenn zu dieser Vorbildung, unter Leitung tüchtiger Geistlichen, ehemalige Seminaristen gewählt werden, so wird dadurch zugleich die nothwendige innere Einheit in der Bildung der Lehrer befördert, und das Hauptseminar auch in dieser Beziehung mehr und mehr zum Mittelpunkte des gesammten Volksschulwesens der Provinz erhoben. 12. Das weitere Streben des Lehrers und des Aufsehers muß dahin gerichtet sein, daß das Fortschreiten der ihnen anvertrauten Lehrlinge in Kenntnissen mit ihrer sittlich religiösen Bildung stets übereinstimme, und daß bei der Anordnung des Unterrichts jede Überladung, die nur zu einem ungründlichen, oberflächlichen Wissen führt, vermieden und daß künftige Bedürfniß und die eigenthümlichen Verhältnisse der jungen Leute gehörig beachtet werden. 13. Als Vorbereitungslehrern wird ihnen insbesondere Folgendes zu Pflicht gemacht: 1) sie haben dem Unterricht und den Übungen einen festen Plan zum Grunde zu legen und diesen genau auf die § 4 Nr. 1 – 5 angedeuteten Gegenstände zu beschränken,

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weil eine gründliche Vorbereitung ohne diese Beschränkung auf das Nothwendige nicht möglich ist. 2) mit dem eigentlichen Unterrichte sind Übungen im Unterrichten und im Schulhalten, zuerst mit einer kleinen Abtheilung von Anfängern, dann auch mit einer ganzen Klasse, so wie, wo dies irgend thunlich ist, die Aufsicht über die in freien Zeiten spielenden Kinder, zu verbinden, damit die Schullehrlinge sich frühzeitig an den Umgang mit Kindern und an deren Behandlung gewöhnen, und in dem, was sie Andere lehren, sich selbst immer tiefer begründen. 3) sie dürfen keinen zu ihrem Vorbereitungs-Unterricht zulassen, der sich nicht durch ein Zeugniß des betreffenden Superintendenten über seine Aufnahmsfähigkeit ausgewiesen hat 4) sie müssen einem jeden, bei welchem sie keine Neigung und Fähigkeit zum Schulfache wahrnehmen, oder der durch sein unsittliches Betragen Anstoß giebt, sofort und mit unerbittlicher Strenge von der Theilnahme an ihrer Vorbereitung ausschließen, aber dazu vorher die ausdrückliche Genehmigung der Superintendentur nachsuchen 5) die Schullehrlinge, w ­ elche nicht bei ihren Eltern oder im Schulhause wohnen können, haben sich bei guten Familien in Kost und Wohnung unterzubringen und über deren Betragen zu Hause wöchentlich Erkundungen einzuziehen, 6) am Ende jeder Woche müssen sie mit ihnen eine allgemeine Wiederholung des Unterrichts vornehmen, und zugleich bei dieser oder einer andern schicklichen Veranlassung einem jeden das Nöthige über den von ihm in der Woche bewiesenen Fleiß und über sein Betragen, zur Ermunterung oder Erinnerung zu erkennen geben, 7) alle Vierteljahre haben sie in ein besonderes Buch kurz zu bemerken, ­welche Gegenstände von ihnen in dem verflossenen Zeitraum gehandelt, und w ­ elche Versuche und Übungen in der Schule selbst von den einzelnen Lehrlingen angestellt worden ­seien, und d ­ ieses Buch am Schlusse des Jahres dem betreffenden Superintendenten einzureichen, 8) hinsichtlich der Lehrgegenstände und der Lehrstunden haben sie noch dahin zu sehen, daß dieser an einem Tage nicht zu viele werde, damit die jungen Leute das Gehörte zu Hause gehörig wiederholen und für ihren Privatfleiß, der vorzüglich geweckt werden muß, Zeit und Kraft genug übrig behalten, 9) der Unterricht in der Vaterlandskunde ist nicht eher zu beginnen, als bis in den Religionskenntnissen und in den Fertigkeiten gute Fortschritte gemacht sind; überhaupt ist, so viel wie möglich, dahin zu sehen, daß die einzelnen Gegenstände nicht neben einander, sondern nach einander an die Reihe kommen, 10) sie werden sich besonders angelegen sein lassen, den Unterricht in der Ortsschule zu verbessern, damit diese für die Präparanden eine wirkliche Musterschule sei, und ihnen so nicht nur die Kenntniß des Lehrstoffes immer klarer, sondern zugleich die beste Art des Unterrichts recht anschaulich werde. 14. Die Dauer der Vorbereitungszeit kann nach den verschiedenen Anlagen und Kenntnissen der Lehrlinge eine verschiedene sein, aber es ist, so viel thunlich, dahin zu sehen, daß bei einem und demselben Lehrer der Unterricht für alle immer zu gleicher Zeit beginne, und bis zu dem Zeitpunkte, wo die Aufnahmeprüfungen für die Seminarien statt finden, ununterbrochen fortgeführt werde.

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15. Die innere Verantwortlichkeit sowohl für die zweckmäßige Anordnung und den Fortgang des gesammten Vorbereitungs-Unterrichts und den damit zusammenhängenden Unterrichts-Übungen, als auch für die Sittlichkeit und die Bildsamkeit der einzelnen Schullehrlinge liegt zunächst und hauptsächlich dem Superintendenten ob. Ihre Sorge muß dahin gehen, daß bei der Prüfung vor der Aufnahme in die Vorbereitungsschule, und bei der Entlassung aus derselben nicht blos jede Willkühr vermieden, sondern schon die erste Aufnahme (§ 7) mit derselben Strenge, wie bei den Seminarien, vorgenommen werde. Vor Allem sind sie verpflichtet, einen Jeden, der die erforderlichen Fähigkeiten und Schulkenntnisse nicht besitzt oder keine Fortschritte macht, dringend abzurathen, den Plan, Schullehrer zu werden, weiter zu verfolgen; sie werden von Zeit zu Zeit alle Schullehrlinge ihres Bezirks versammeln, um sich durch Prüfungen von ihren Fortschritten zu überzeugen, und ihnen überall mit Rath und That beistehen zu können. 16. Diese Vorschulen für die Seminaristen sind so zu verteilen, daß wo möglich in jeder Sy­­ node wenigstens eine vorhanden sei, damit die Lehrlinge entweder in ihrer Heimath einen wohlfeilen Unterhalt finden, oder ihn von Hause aus leicht ­nutzen können. 17. Damit die Königlichen Regierungen in beständiger Bekanntschaft mit der Vorbildung der jungen Leute für die Seminarien erhalten werde, so haben die Superintendenten von jetzt an den an die Königl[ichen] Regierungen einzureichenden Konduitenlisten der Küster und Schullehrer noch eine besondere Tabelle über die in der Superintendentur vorhandenen Schulpräparanden nachfolgenden Rubriken beizufügen: Nr., 2. Familien-Name und Vorname, 3. Geburtsort, 4. Geburtszeit nach Jahr, Monat und Tag, 5. Stand des Vaters, 6. Vermögensumstände der Ältern, 7. Zeit der Aufnahme in die Liste der Schullehrlinge, 8. Name und Wohnort des Lehrers, unter dessen Aufsicht er sich vorbereitet, 9. Allgemeines Urtheil über seine Sittlichkeit, seine Fähigkeiten und Fortschritte in Kenntnisse, 10. Besondere Bemerkungen 18. Bei seiner Entlassung aus dem Vorbereitungs-Unterrichte erhält jeder Präparand entweder von seinem bisherigen Lehrer, oder von der Schule, w ­ elche er zu seiner Vorbereitung für das Seminar besucht hat, ein ausführliches, bestimmt gefaßtes Zeugniß nach folgendem Schema: Zeugniß für den zur Aufnahme in ein Schullehrer-Seminar vorbereiteten N. N. Name, Geburtsort, Alter, Ort und Zeitdauer der Vorbereitung für die Lehrer-Bildungs-Anstalt. Sittliches Verhalten Kenntnisse und Fertigkeiten: Bibelkunde und Catechismuslehre Anfangsgründe der deutschen Sprache Lesen Schreiben Rechnen Singen Musik Vorkenntnisse aus der Vaterlandskunde Unterrichtsübungen Allgemeines Urtheil

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Dieses Zeugniß wird von dem Unterschriebenen unter dessen besondere Leitung und Aufsicht der N. für den höheren Unterricht einer öffentlichen Lehrer-Bildungs-Anstalt sich bisher vorbereitet hat, hierdurch pflichtmäßig ausgestellt. N. N. und von dem betreffenden Ortspfarrer und Schulaufseher hierdurch vollzogen. N. N. 19. Auf der Rückseite desselben Zeugnisses hat der Superintendent das Ergebniß derjenigen Prüfung, ­welche er in Gemäßheit unserer Cirkular-Verfügung vom 18ten Mai 1827 mit den Schullehrlingen seiner Diöcese, Behufs ihrer Aufnahme in das Seminar anzustellen hat, ausführlich zu bemerken, und sein pflichtmäßiges Urtheil über die Aufnahmfähigkeit des Geprüften zum Schullehrer-Berufe abzugeben. 20. Mit diesen und den übrigen erforderlichen Zeugnissen (§ 2) versehen, müssen sich die Schullehrlinge in dem Schullehrer-Seminar ihres Regierungs-Bezirks, an dem festgesetzten Tage einfinden, und sich der von uns angeordneten Hauptprüfung unterwerfen, von deren Ausfall die Aufnahme in das Seminar abhängt. Die Entscheidung über diese Aufnahme behalten wir uns ferner ausdrücklich vor. Unsere Schulräte sind von uns, wie von der betreffenden Königl[ichen] Regierung beauftragt worden, auf ihren Umreisen den Schullehrlingen und dem für sie angeordneten VorbereitungsUnterrichte ihre ganz besondere Theilnahme und Fürsorge zuzuwenden und erforderlichen Falls eine Prüfung derselben in Absicht auf ihre Fähigkeiten, und ihre Fortschritte in Kenntnissen und Fertigkeiten zu veranstalten. Stettin, den 29ten May 1829 Königl[liches] Konsistorium und Schulkollegium von Pommern. Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. III, Vol. 1, unpag., gedruckt bei von Rönne, S.  391 – 397. Unterstreichungen im Original.

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9.15 Prüfungszeugnis 1836

Quelle: LAG, Rep. 62a, Nr. 2052, fol. 24.

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Grundzüge für das Stettiner Nebenseminar 1825

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9.16 Grundzüge für das Stettiner Nebenseminar 1825 1. Die Lehrerschule hat den Zweck, künftige Armenschullehrer auf ihren Stand und Beruf einfach vorzubereiten. Sie ist zunächst für arme, unvermögende Jünglinge bestimmt, ­welche Schullehrer auf dem Lande werden wollen, und sich nöthigenfalls durch Arbeit ihrer Hände einen Theil ihres Unterhaltes verdienen können. 2. Sie ist weder eine bloße Lehranstalt, w ­ elche nur die unentbehrlichen Kenntnisse und Fertig­ keiten für den Bedarf der Schule mittheilt und einübt, noch eine höhere Schule, w ­ elche über die Grenze einer gewöhnlichen Volksschule weit hinausgeht; sondern sie will eine Anstalt für die niederen Stände, eine eigentliche Armenschule sein, in welcher nur das Nothwendige und wahrhaft Nützliche geübt und gelehrt wird, in welcher die Zöglinge nicht lernen, um zu lernen, sondern lernen, um Lehrer zu werden. Sie möchte vor allem den armen, kleinen Gemeinden auf dem Lande, ­welche christlich gesinnte und brauchbare Lehrer für ihre Kinder suchen und ihnen nur ein kärgliches Einkommen bieten können, nützlich werden. 3. Die Anstalt will eine christliche (auf das Evangelium gegründete) Bildungsanstalt sein, und, als ­solche, ein Mittel zur Beförderung des Reiches Gottes auf Erden werden. Sie wünscht, dem Bilde einer einfachen, ländlichen Haushaltung zu gleichen (so weit die gegebenen Verhältnisse dies irgend gestatten) und alle ihre Hausgenossen zu Einer Familie zu vereinigen. Zu dem Ende wohnen alle Zöglinge mit ihrem Lehrer in Einem Hause zusammen und essen mit ihm an Einem Tische. 4. Am willkommensten sind ihr junge Leute, ­welche auf dem Lande geboren und erzogen sind, in denen bei gesundem Verstande ein richtiges, unverdorbenes Gefühl wohnt, die, was in einer guten Landschule gelehrt wird, gründlich wissen, dabei genügsam und bescheiden sind, und Lust und Liebe zur Sache haben. Wenn sie daneben noch ein Handwerk oder die Gartenarbeit verstehen, so werden sie in den Nebenstunden Gelegenheit erhalten, auch diese zu treiben und zu lernen. 5. Die Anstalt kann und wird sich nicht den größern, vollständig eingerichteten Seminarien in unserem Staate gleichstellen oder es ihnen nachthun, sondern sich stets in den ihr angewiesenen engen Grenzen halten und zufrieden seyn, wenn sie das, was sich in jenen Anstalten als gut bewährt hat, für ihren Zweck zu benutzen und den Armen im Volke einen und den andern brauchbaren Lehrer liefern kann. 6. In allen Einrichtungen soll die möglichste Einfachheit herrschen, und, so viel thunlich, dahin gesehen werden, daß die Zöglinge neben dem Unterrichte, der die Hauptsache ist und daher den größten Theil der Zeit einnimmt, noch Handarbeit treiben, und daß sie vor allem das, was für ihren Beruf das Wichtigste und Nöthigste ist, und d ­ ieses ganz und recht lernen. 7. Der Unterricht hat zum Zweck, die jungen Leute denken zu lehren, ihren Verstand aufzuklären und sie durch Uebungen im Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen dahin zu bringen, daß sie sich künfttig selbst unterrichten und für ihren Beruf weiter ausbilden können. Denn auch der Landmann soll denken lernen, und ihn aufklären heißt nicht, ihn gelehrt zu machen. „Gott will, daß allen Menschen geholfen werde und daß alle zur Erkenntniß der Wahrheit kommen!“

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8. Aber was in der Präparandenschule gelehrt und gelernt wird, muß in unmittelbarer, lebendiger Beziehung auf den Beruf stehen, für den die Zöglinge bestimmt sind, und im Wesentlichen eben die Kenntnisse umfassen, auf ­welche sich ihre Schulen zu beschränken haben. Diese ersten und allgemeinen Kenntnisse müssen ihnen zu ihrem Zwecke und auf eine ­solche Weise mitgetheilt werden, daß daran zugleich ihr Verstand geübt wird. Sie sollen diese Kenntnisse in größerem Umfange und in größerer Klarheit auffassen und immer so, daß sie lernen, um zu lehren und auszuüben. Nicht für die Schule, sondern für das Leben. 9. Die Gegenstände des Unterrichts sind: Religion, deutsche Sprache, Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen. Hinzu kommen noch: Anfangsgründe der Raumlehre, gemeinfaßliche Belehrungen aus der Naturgeschichte, Erzählungen aus der vaterländischen, insbesondere der pommerschen Geschichte und Erdbeschreibung; aber so, daß diese Kenntnisse mehr gelegentlich bei dem Lesen und Erklären der Bibel, also im Zusammenhange mit dem ersten und allgemeinen Bildungsmittel, mitgetheilt werden. Der Hauptgegenstand und der Kern alles Unterrichtes ist die Religion (nach der Geschichte und Lehre der Bibel), und Hauptbücher sind die Bibel, das Gesangbuch und der Katechismus. Da der Landmann in der freien Natur lebt und webt, so hat die Anstalt ganz besonders dahin zu arbeiten, daß die Zöglinge auf die Natur hingewiesen werden und sie lieben lernen, und sich zu dem Ende auch den Unterricht im Gartenbau und vorzüglich in der Baumzucht recht angelegen seyn lassen. 10. Bei der Behandlung aller Gegenstände muß die Uebung im reinen und richtigen Sprechen eine Hauptsache seyn, denn nächst der Kenntniß der Religion und der Natur bedürfen die Kinder der Landleute nichts so sehr, als daß sie zum Sprechen angeleitet und gewöhnt werden und sich über das, was sie wissen und können, mit Kopf und Herz, einfach und wahr ausdrücken lernen. Die Präparanden können genug, wenn sie richtig sprechen, tüchtig lesen und schreiben, einen guten deutschen Aufsatz machen, mit Verstand und fertig rechnen, gut singen können; sie wissen genug, wenn sie wissen, was in der Bibel steht und das Nöthigste von dem Weltgebäude, das sie beständig vor Augen haben, und von der Natur, in welcher sie täglich wandeln, inne haben; sie sind viel, wenn sie christlich gesinnte, verständige und gute Menschen sind. Zuerst müssen sie jenen wesentlicheren, wenn gleich geringeren Forderungen ganz genügen, bevor höhere an sie gemacht werden können. 11. Die Dauer des Unterrichts ist auf zwei Jahre berechnet. Im ersten Jahr lernen die Zöglinge als Schüler, was sie künftig Andere lehren sollen, um sich in den einzelnen Gegenständen tiefer zu begründen und mit dem Lehrstoffe bekannter und vertrauter zu machen. Daneben besuchen sie eine und die andere Lehrstunde in der Schule, um die Art und Weise, wie in jenen Gegenständen Unterricht zu ertheilen sei, zu sehen und zu hören; auch fangen die Fähigeren unter ihnen allmählich an, kleinere Abtheilungen der Kinder als Lehrgehülfen zu unterrichten. Im zweiten Jahre tritt der künftige Schullehrer mehr und mehr hervor und Alles wird von nun an der Anwendung näher gelegt und in unmittelbarer Beziehung auf den Beruf behandelt. Die Zöglinge fahren fort, so zu lernen und im Unterrichte sich zu üben, und erhalten zuletzt eine kurze faßliche Anleitung zu der Amtsführung eines Armenschullehrers auf dem Lande. 12. Mit der Präparandenanstalt ist eine Armenschule verbunden, wo die jungen Leute Gelegenheit erhalten, durch Lehren das Gelernte zu wiederholen und im Unterrichte sich planmäßig zu üben. Diese Schule besteht aus einer einzigen Klasse, damit sie hier sehen, wie eine gute Armenschule beschaffen ist, und wie alle Kinder zugleich beschäftigt werden können.

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13. Der zweite Lehrer bei der Hauptschule ist zugleich der Lehrer der Präparanden. Er unterrichtet sie täglich Vormittags von 8 bis 11 Uhr und Nachmittags nehmen sie an seinem Schulunterrichte Theil, so, daß ihm bei der Präparandenschule sein eigentlicher Wirkungskreis angewiesen ist und er sich der Erziehung und dem Unterrichte seiner Zöglinge ganz hingeben kann. Da er auch ausser den Lehrstunden unter ihnen wohnt und die Aufsicht über sie führt; so wird sein Einfluß auf ihre Bildung sich desto bestimmter äussern können. 14. Ausser den Lehr- und Uebungsstunden bei dem Hauptlehrer erhalten die Präparanden in jeder Woche noch acht Unterrichtsstunden, mithin überhaupt 38 wöchentlich, nämlich sechs bei dem Direktor und zwei bei dem Rector der Schule. Die Anleitung zu den Hülfsarbeiten im Hause und im Garten wird von Hülfslehrern ertheilt. 15. Die Anzahl der Präparanden ist auf zwölf festgesetzt. Es wird von den Umständen abhängen, ­welche Unterstützung sie erhalten werden. Der Unterricht ist unentgeltlich. Sie wohnen im Sternbergschen Hause, und zwar je sechs auf einer Stube. In demselben Stock hat auch der Lehrer seine Wohnung. Sie essen gemeinschaftlich eine möglichst einfache, aber nahrhafte und gesunde Kost. Die Besorgung übernimmt nach Umständen entweder der Lehrer selbst oder die im Hause wohnende Schulwärterin. Einer Aufwartung für die Präparanden wird es nicht bedürfen, da sie für die Reinigung der Wohnstuben und das Bettenmachen selbst sorgen müssen. Die Heizung geschieht durch die Schulwärterin. 16. Der Unterricht wird täglich mit Gebet und Gesang angefangen und beendigt. Wie oft noch ausserdem besondere (auf Bibel und Gesang gegründete) Erbauungsstunden gehalten werden, bleibt allein dem Ermessen des Lehrers überlassen. So lange in der Anstalt der wahre Geist des Christenthums, der durch die Liebe thätige Glaube, durch und durch herrscht, und Lehrende und Lernende ganz innig erfüllt; so lange wird die Anstalt eine christliche seyn, und christliche Lehrer bilden; so lange werden die Gesinnungen des Glaubens und der Liebe (wahrhaft erleuchteter Frömmigkeit) den Armen im Volke zu Gute kommen, und diese dadurch erzogen werden. 17. Alsdann wird es um so weniger einer strengen, buchstäblichen Hausordnung, noch klösterlicher Einrichtungen bedürfen; sondern die Anstalt wird darnach trachten, die gute Sitte zum Gesetz, und die Ordnung zur Gewohnheit zu machen, und so viel möglich die Erziehung mit dem Unterrichte zu verbinden. Der Buchstabe tödtet, nur der Geist macht lebendig. Aber wie viel gehört dazu, bis der Geist des wahren Christenthums die Anstalt durchdringt; bis Lehrer und Schüler, aus treuer Liebe zu dem Herrn, seinem Dienst bei der armen Jugend sich weihen! 18. Wer in die Anstalt aufgenommen werden will, muß außer den allgemeinen Erfordernissen (III.6.4) das achtzehnte Jahr zurückgelegt und darf das zwanzigste noch nicht überschritten haben; sich durch Zeugnisse seines Ortspfarrers und Gemeindevorstandes und des Kreisphysikus über seine frühere Aufführung und seine körperliche Beschaffenheit ausweisen, und endlich in der biblischen Geschichte, im Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen die nöthigen Vorkenntnisse, wie s­olche in einer gut eingerichteten Landschule zu erlangen sind, mitbringen. Wer bei diesen Kenntnissen und Fertigkeiten noch die Anfangsgründe im Klavier- oder Violinspielen kennt, wird vorzugsweise berücksichtigt werden. Die Meldung geschieht bei dem Direktor und die Aufnahmeprüfung wird von den das Volksschulwesen bearbeitenden Mitgliedern der Provinzial-Behörde vorgenommen.

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19. Oeffentliche Prüfungen finden nicht statt. Die Abgangsprüfung wird ebenfalls von den Schul-Räthen des Departements gehalten und auf den Grund dieser Prüfung werden die Wahlfähigkeitszeugnisse (nach den Abstufungen I., II., und III.) im Namen der Provinzial-Behörde ausgefertigt. 20. Es wird bei der Anstellung der Präparanden dahin zu sehen sein, daß sie zuerst einige Jahre als Schulgehülfen arbeiten, damit sie sich allmählig die nöthige Gewandheit und Sicherheit im Umgange mit der Jugend und den Gemeinden erwerben und bestimmte leitende Erfahrungen sammeln, ehe ihnen eine Schule allein anvertraut wird. In dieser Voraussetzung dürfte das Alter für die Aufnahme unbedenklich auf das sechzehnte Jahr festzusetzen seyn, und es würde durch jene Einrichtung manchem alten, abgelebten Lehrer, der jetzt sich selbst und seiner Gemeinde zur Last fällt, eine wesentliche Erleichterung gewährt werden. Möchte es auch möglich seyn, dafür zu sorgen, daß die Präparanden in der Zeit von ihrem Austritte aus der Schule bis zu ihrer Annahme in die Anstalt nicht der Gefahr, das Gelernte zu vergessen und zu verwildern, ausgesetzt werden! 21. Eine ganz besondere Aufmerksamkeit widmet die Anstalt dem Gesange und der Obstbaumzucht, um dazu beizutragen, daß durch den Gesang der äussere Gottesdienst und das ganze Leben des Landvolkes veredelt und erheitert werde, und daß die Zöglinge im Gartenbau, jetzt und künftig, Erholung von geistigen Anstrengungen und ein Mittel zum Erwerb finden, und durch dies Alles der Rohheit und dem Stumpfsinn, wozu das Landvolk hinneigt, entgegen zu arbeiten. 22. Jeden Sonntag besuchen Alle den Gottesdienst in der Lastadischen ­Kirche. 23. Die Ferien dürfen während des Jahres nicht über vier Wochen dauern, und sie finden Ostern, im Herbst und zu Weihnachten statt. 24. Die Anstalt hat keine anderen Einkünfte, als die ­welche ihr durch Fürsorge des hohen Ministerii der Geistlichen pp. Angelegenheiten zu Theil werden. Diese Beihülfe wird 1) zur Unterstützung der ärmsten Zöglinge, 2) zur Vergütung für die Hülfslehrer im Gesange und Gartenbau, 3) zu Lehrmitteln für die Anstalt, 4) zur Wohnungsmiethe für die Zöglinge, 5) zur Erleuchtung und Heizung des Lehrzimmers und der beiden Wohnstuben, und 6) zu ausserordentlichen Ausgaben verwandt. Von den Unterstützungsgeldern werden die Kosten des gemeinschaftlichen Mittags- und Abendtisches, wozu noch ein jeder Zögling aus eigenen Mitteln etwas beizutragen hat, bestritten. Die lastadische Schule giebt den Zöglingen Unterricht, indem sie den Hauptlehrer aus ihren Fonds besoldet. Möge diese in so wohlwollender Absicht gegründete Anstalt des Seegens nicht entbehren, dessen sie bedarf und ­welchen sie nach der Verheißung, die auf jedem Gott wohlgefälligen Unternehmen ruhet, mit Zuversicht erwarten kann. Quelle: APS, Rej. Sz., II/5043, unpag.: Bericht Bernhardts die Lastadische Königliche Schule betreffend, Punkt 6: Verbindung der Schule mit einer kleinen Schullehreranstalt, Stettin vom 8. Februar 1825. Abgedruckt in den Jahrbüchern des preußischen Volksschulwesens, Band 6 (1827), Heft 1, S. 67 – 75.

Umrechnungstabellen für die in Preußen bisher gültigen Landesmaße und Gewichte

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9.17 Umrechnungstabellen für die in Preußen bisher gültigen Landesmaße und Gewichte in die durch die Maß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund festgelegten neuen Maße und Gewichte (1869) 1 Meile = 1 Lachter = 80 Zoll

A. Längenmaße 2000 Ruthen 1 Ruthe = 12 Fuß 1 Fuß = 12 Zoll 1 Zoll = 12 Linien 1 Faden = 6 Fuß

1 Elle = 25½ Zoll

Umrechnungstabelle 1 Meile 1 Ruthe 1 Fuß 1 Zoll 1 Elle 1 Lachter 1 Faden

= 7,5325 = 3,7662 = 0,31385 = 2,615 = 0,66694 = 2,0924 = 1,8831

Kilometer Meter Meter Zentimeter Meter Meter Meter

1 Morgen

B. Flächenmaße = 180 Quadratruthen

Umrechnungstabelle 1 Quadratmeile 1 Morgen 1 Quadratlachter 1 Quadratruthe 1 Quadratfuß 1 Quadratzoll 1 Quadratlinie

= 5673,8 = 25,532 = 4,3780 = 14,185 = 0,098504 = 6,8406 = 4,7504

Hektar Ar Quadratmeter Quadratmeter Quadratmeter Quadratzentimeter Quadratmillimeter

C. Körpermaße 1 Wispel = 24 Scheffel 1 Scheffel = 16 Metzen = 3072 Kubikzoll ≈ 55 dm3 1 Tonne Leinsaat = 37⅔ Metzen 1 Fuder = 4 Oxhost 1 Oxhost = 3 Eimer 1 Eimer = 2 Anker 1 Anker = 30 Quart 1 Quart = 64 Kubikzoll ≈ 1,1 dm³ 1 Klafter Holz = 108 Kubikfuß 1 Schachtruthe = 144 Kubikfuß

356 Umrechnungstabelle 1 Wispel 1 Wispel 1 Scheffel 1 Metze 1 Schachtruthe 1 Klafter Holz 1Kubikzoll 1 Kubikfuß 1 Tonne Leinsaat 1 Tonne Leinsaat 1 Fuder 1 Oxhost 1 Ohm 1 Eimer 1 Anker 1 Quart

Anhänge

= 13,191 = 26,382 = 54,961 = 3,4351 = 4,4519 = 3,3389 = 17,891 = 0,030916 = 2,5878 = 1,2939 = 8,2442 = 2,0611 = 1,3740 = 68,702 = 34,351 = 1,145

Hektoliter Scheffel Liter Liter Kubikmeter Kubikmeter Kubikzentimeter Kubikmeter Scheffel Hektoliter Hektoliter Hektoliter Hektoliter Liter Liter Liter

D. Masse 1 Schiffslast = 40 Zentner 1 Zentner = 100 Pfund 1 Pfund = 30 Loth 1 Loth = 10 Quentchen 1 Quentchen = 10 Cent 1 Cent = 10 Korn Umrechnungstabelle 1 Pfund 1 Loth 1 Quentchen 1 Cent 1 Korn 1 Zentner 1 Schiffslast

= 0,5 = 16⅔ = 1⅔ = 1⅔ = 1⅔ = 50 = 2000

Kilogramm Gramm Gramm Dezigramm Zentigramm Kilogramm Kilogramm

Quelle: Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stettin, 31/1869, S. 147 – 149.

357

Schulbesuch in den Schulen der Synode Penkun 1773

9.18 Schulbesuch in den Schulen der Synode Penkun 1773 Schulort

Anzahl der schulpflichtigen Kinder

Tatsächlicher Schulbesuch der Sommerschule

Winterschule

Schulbesuchsquote der Winterschule (in Prozent) 82,6

Wollin

23

0

19

Storkow

36

0

12

33,3

Glasow

50

2

30

60,0

Hohenholz

24

0

20

83,3

Grambow

28

0

10

35,7

Sonnenberg

25

0

16

64,0

Ramin

29

0

14

48,3

Schmagerow

12

0

10

83,3

Nadrensee

31

0

15

48,4

Krackow

26

0

19

73,1 66,7

Pomellen

9

0

6

Schönfeld

37

4

34

91,9

Luckow

41

0

32

78,0

Petershagen

32

0

16

50,0

Woltersdorf

34

0

30

88,2

Casekow

39

0

19

48,7

Cunow

28

0

22

78,6

Cummerow

23

0

11

47,8

Jamikow

15

0

8

53,3

Schönow

22

0

7

31,8

Blumberg

38

0

32

84,2

Wartin

42

0

42

100 64,5

Sommersdorf

31

0

20

Grünz

22

0

12

54,5

Gesamtzahl

697

456

65,4

Quelle: APS, Konsystorz, 1408, fol. 3 – 43.

358

Anhänge

9.19 Bestand an Sommerschulen in den vorpommerschen Synoden 1768 Synode

Orte, an denen die Sommerschule gehalten wird

Umfang

Anklam 15 Pfarr- und 25 Filialorte 44 Schulen

Bargischow, Rathebur, Spantekow und Liepen1

wöchentlich zwei Tage

Demmin 14 Pfarr- und 25 Filialorte Anzahl der Schulen unbenannt

an den wenigsten Orten

Usedom 10 Pfarren nebst ihren Filialen Anzahl der Schulen unbenannt

keine Sommerschule

Pasewalk 6 Pfarr- und 23 Filialorte Anzahl der Schulen unbenannt

Belling, Boeck, Dargitz, Stolzenburg, Torgelow, Liepe, Ferdinandshof 2

wöchentlich zwei Tage von Ostern bis zur Ernte

durchgängig

zwei bis drei Tage pro Woche, jeweils drei Stunden

Treptow 11 Pfarr- und 24 Filialorte 29 Schulen Wollin 11 Pfarrorte mit ihren Filialen keine Sommerschule Anzahl der Schulen unbenannt Ueckermünde 5 Pfarr- und 15 Filialorte 15 Schulen

Alt-Warp, Luckow, Ziegenorth, Jasenitz, Königsfelde

zweimal pro Woche

Alt-Stettin 19 Pfarr- und 33 Filialorte Anzahl der Schulen unbenannt

ungenaue Aussage3

Penkun

1

10 Pfarr- und 14 Filialorte 21 Schulen

Blumberg, Wartin, Cummerow, zwei Tage, jeweils 3 Stunden, Sonnenberg, Wollin, Woltersdorf außer 6 Wochen Erntezeit

mindestens 260 Ortschaften

mindestens 23 Ortschaften

Bei den genannten Orten handelt es sich um Pfarrdörfer. Ob nur diese oder das jeweils gesamte Kirchspiel gemeint war, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. 2 Pfarrdörfer sind: Boeck, Dargitz, Torgelow; Belling gehörte zur Stadt Pasewalk, Liepe und Ferdinandshof waren Filialen von Torgelow. Stolzenburg könnte entweder das Pfarrdorf oder das zu Dargitz gehörige Filialdorf sein.

Übersicht über die Anzahl der Familien in den Dörfern und Vorwerken 3

„Praepositus hat zwar in ­diesem Synodo nach Vorschrift des Königl[ichen] Schul-Reglements, die möglichste Anstalt gemacht, daß die Sommer-Schulen etliche Tage in der Woche gehalten werden.“ (fol. 109). Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von APS, Konsystorz, 437, fol. 105 – 110, Anlage B. Bericht der Schulen sämtlicher Synadorum auf dem Lande in Vor-Pommern.

9.20 Übersicht über die Anzahl der Familien in den Dörfern und Vorwerken der Penkuner Synode 1798 Name des Ortes

Anzahl der Familien

Patronat

Wollin Vorwerk Battinsthal Vorwerk Friedefeld

33 12 9

Gräfin von Hacke

Storkow

28

Gräfin von Hacke

Glasow

45

von Eickstedt

Hohenholz Kolonie Flachsee Kolonie Neufeld

24 6 6

von Eickstedt

Grambow Vorwerk Gellin Vorwerk Blauhecht Vorwerk Seehof Vorwerk Flatenwerder

24 16 5 2 4

von Ramin auf Gellin

Sonnenberg Vorwerk Lebehn Vorwerk Kyritz

22 20 1

von Ramin auf Ramin von Ramin auf Gellin von Ramin auf Gellin

Ramin

28

von Ramin auf Ramin

Schmagerow Vorwerk Salzow

15 6

von Ramin auf Schmagerow

Nadrensee

37

von Plötz

Krackow

44

von Plötz/von Bismarck

Pomellen

11

von der Doellen

Schönfeld Vorwerk Beatenhof Heidehäuser

38 4 3

von Marschall

Luckow

44

Gräfin von Hacke

Petershagen

47

Gräfin von Hacke

Woltersdorf

36

von Sydow

Cunow

51

königliches Schatullenamt zur Herrschaft Schwedt

Schönow

30

von Sydow

Cummerow

35

von Rosenstedt

Jamikow

18

von Rosenstedt

359

360

Anhänge Blumberg Vorwerk Carlsberg Schneidemühle Jägerhaus Hammelstall

40 5 1 1 1

von der Osten

Wartin

67

von Ramin

Casekow

32

von der Osten

Sommersdorf

38

Gräfin von Hacke

Grünz

45

Gräfin von Hacke

Amt Radewitz

13

Gräfin von Hacke

Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VIIIa, fol. 29 – 50.

9.21 Zustand der 30 Schulhäuser in der Penkuner Synode 1823 Ort

separates Qualität des Raumes Schulzimmer ja

nein

gut

Fußbodenbelag

schlecht Dielen Stein oder Lehm

ja

nein

Wollin

×

×

Storkow

×

× ×

×

×

×

×

×

×

×

×

Glasow

×

Hohenholz Retzin

×

Subsellien

×

× ×

×

×

Grambow

×

×

×

×

Bergholz

×

×

×

×

Löcknitz

×

×

Bergholz

×

×

Plöwen

×

×

Sonnenberg

×

×

×

×

Ramin

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

Schmagerow

×

Nadrensee

×

Krackow

×

Pomellen

×

Schönfeld

×

Luckow

×

Petershagen

×

× ×

× ×

×

×

Woltersdorf

×

×

Cunow

×

×

Schönow

×

Cummerow

×

×

×

×

×

×

×

×

×

× ×

× ×

×

×

×

× ×

361

Einrichtung des Lehrzimmers für eine Landschule 1833 Jamikow Blumberg

× ×

Wartin

×

Casekow

×

Sommersdorf

× × × ×

× ×

×

Radewitz

×

× 10

× ×

Grünz

20

×

12

×

×

× ×

×

×

×

×

×

×

× ×

18

12

18

× 0

30

Quelle: Eigene Zusammenstellung auf der Grundlage von KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. VI, Vol. 6, fol. 2 – 62: Schulberichte des Schuljahrs 1822/23.

9.22 Einrichtung des Lehrzimmers für eine Landschule 1833 Wenn man bei Erbauung eines neuen Schulhauses noch die Wahl hat, dem Lehrzimmer eine beliebige Lage und Gestalt zu geben, so wird dasselbe am besten mit den Fenstern gegen Osten geneigt und erhält die Gestalt eines Rechtecks, in welchem der Unterschied ­zwischen den längeren und kürzeren Seiten nicht sehr groß ist. Die Höhe des Zimmers muß mindestens 9 Fuß, bei einer zahlreichen Schule 10 – 11 Fuß betragen. Auf jedes Kind müssen im Durchschnitte 6 Quadratfuß Flächenraum gerechnet werden, wobei dann der hinreichende Raum für die erforderlichen Gänge übrig bleibt; bei einer großen Kinderzahl /:80 – 90:/ kann man sich etwas weniger als 6 □F gefallen lassen, bei einer kleinen Kinderzahl /:20 – 30:/ bedarf man etwas mehr als 6 □F. Für eine Klasse von 100 Kindern kann es hiernach etwa 25 Fuß lang und 20 Fuß breit sein, also 500 □F enthalten. Ueberhaupt ist es nicht rathsam, auf dem Lande größere Schulstuben als 500 □F anzulegen, da, wenn die Zahl der Schulkinder über 100 hinausgeht, auf Erweiterung der Schule zu zwei Klassen und Anstellung eines zweiten Lehrers Bedacht genommen werden muß und es besser ist, sich bis dahin, daß dies geschehen kann, einen gewissen Nothstand gefallen lassen, als dem, Lehrzimmer eine Ausdehnung zu geben, ­welche durch Ueberfluß des Raumes nachher nur belästigt. – Bei der Anlegung neuer Schulzimmer muß die Größe desselben nicht blos nach der gegenwärtig vorhandenen Anzahl von Schulkindern abgemessen, sondern ein Zuwachs derselben sogleich mit in Rechnung gestellt werden. Um hierfür ein bestimmtes Maaß anzugeben, wird festgesetzt, daß zur vorhandenen noch ein Drittel derselben hinzugerechnet und danach die Größe des Schulzimmers bestimmt werden soll. Wenn also jetzt 48 Kinder vorhanden sind, wird ein Schulzimmer für 48 + 16 = 64 Kinder, also von 384 Quadratfuß angelegt. Für 60 Kinder ist ein Lehrzimmer für 60 + 20 Kinder, also von 480 Quadratfuß erforderlich, und in d ­ iesem Falle, also für eine Schule von 60 Kindern und darüber, kann demselben sogleich die vorhin angegebene größte Ausdehnung von 500 □F gegeben werden. Nur besondere Ortsverhältnisse, ­welche eine baldige Abnahme oder Zunahme der Einwohnerzahl erwarten lassen, müssen die Anlegung eines Lehrzimmers von geringerer oder größerer Ausdehnung rechtfertigen. Jedes neuanzulegende oder neueinzurichtende Lehrzimmer muß mit Subsellien, d. h. mit abwechselnd aufeinander folgenden schmalen Tischen und Bänken versehen werden, an w ­ elchen alle Kinder so sitzen, daß sie dem Lehrer zugleich das Gesicht zukehren. Für den Unterricht ist

362

Anhänge

es am zweckmäßigsten, die Subsellien in zwei Reihen aufzustellen, w ­ elche durch einen 3 Fuß breiten Mittelgang von einander getrennt werden. Die Richtung in welcher sie aufzustellen sind, wird durch das Einfallen des Lichtes bestimmt, welches den Kindern von der linken Seite her über die Hand fallen muß. An der Vorderwand, d. h. an der Wand, nach welcher die auf den Subsellien sitzenden Kinder hinblicken, ist der Sitz des Lehrers am besten ein einfacher Schemel mit einem davor stehenden, vorn mit Brettern verschlagenem Tische, der mit einer verschließbaren Schublade versehen ist, w ­ elche zusammen auf einer 6 – 8 Zoll über den Fußboden erhöhten Unterlage stehen. Die Vorderwand muß zur Anbringung von Lehrmitteln möglichst frei erhalten werden. Zwischen der Vorderwand und dem vordersten Tische der Schüler bleibt ein Vorderraum, in dessen Mitte der Sitz und Tisch des Lehrers steht; er mag nach Verhältniß der Schule eine Breite von 3 bis 6 Fuß erhalten. Ein etwas breiter Vorderraum gewährt den Vortheil, daß der Lehrer einzelne Abtheilungen von Schülern, w ­ elche er sich näher bringen und schärfer beobachten will, z. B. bei den Vorübungen zum Lesen, bei den Gesangsübungen u. s. w., in denselben hineintreten lassen kann. Bei Aufstellung der Subsellien ist es eine Hauptsache, dieselben so anzuordnen, daß der Lehrer zu jedem einzelnen Schüler hinankommen und daß jeder Schüler zu seinem Platze gelangen kann, ohne seine Mitschüler zu beunruhigen. Dieser Vortheil wird mit Raumersparung gewonnen, wenn je zwei und zwei Tische und Bänke auf eine gemeinschaftliche Schwelle gestellt und dadurch unter sich verbunden werden, z­ wischen der 2ten Bank und dem 3ten Tische, der 4ten Bank und dem 5ten Tische pp. jedesmal aber ein schmaler Quergang gelassen wird, welcher einen Fuß breit sein kann, bei beschränktem Raum aber auch mit einer Breite von 8 – 9 Zoll ausreicht. Mittelst dieser Quergänge kann der Lehrer zu den Schülern des vorderen Tisches von vorne her, zu den Schülern des hinteren Tisches von hinten herankommen; die Schüler des hinteren Tisches können, ohne ihre Mitschüler zu stören, vermittelst des hinteren, die Schüler des vorderen Tisches vermittelst des vorderen Querganges zu ihren Plätzen gelangen, wobei die letzteren freilich unter dem Tische durchkriechen müssen. Bei dieser Einrichtung kann man allenfalls darauf Verzicht leisten, auch noch an den Wänden um die Tischreihen herumgehen zu wollen und die Tische können dicht an die Wand gerückt werden, wodurch sie einen festen Stand erhalten. Wo in einem Lehrzimmer aber hinreichender Raum vorhanden ist, mögen auch an den Wänden umlaufende Gänge angebracht werden, damit die Kinder von beiden Seiten her zu ihren Sitzen gelangen können und um so weniger Gedränge entstehe. Eine Zeichnung dazu findet sich in Ch. H. Zellers Lehren der Erfahrung für christliche Land- und ArmenSchullehrer. Basel 1827 1ter Band S. 126, wo aber die Stellung des Ofens z­ wischen den beiden Eingängen des Lehrzimmers und die schräge Stellung der Wandtafeln nicht nachzuahmen sind. Auch in G. L. Schulze die vorzüglichsten Gegenstände des Landschulwesens, Budissin 1826 ist auf der beigefügten Kupfertafel eine Zeichnung von Subsellien der Tische und Bänke, eines Stativs und Lehrersitzes. Jeder Tisch für die größeren Kinder muß 2½ Fuß hoch und kann 14 Zoll breit sein; jede Bank für dieselben erhält eine Höhe von 1 Fuß 5 Zoll und eine Breite von 9 Zoll; z­ wischen Tisch und Bank bleibt ein Zwischenraum von 4 Zoll. Jeder Tisch und jede Bank ruhet, wenn sie irgend eine beträchtliche Länge haben, auf drei Füßen, welches 1½ Zoll dicke Bretter sind, die eine Ausschweifung haben, um das Einschreiten der Kinder zu erleichtern; um letzteres noch mehr zu erleichtern, kann der Tisch nach innen zu um einen Zoll und die Bank um einen halben Zoll über den Fuß hinüberragen. Wo es großer Raumersparung bedarf, kann eine Breite

Einrichtung des Lehrzimmers für eine Landschule 1833

363

der Tische von 12 Zoll und eine Breite der Bänke von 8 Zoll genügen. Unter jedem Tischblatte geht in einer Entfernung von 5 Zoll im Lichten von der Unterseite des Tischblattes ein Unterbrett, welches nur 3 – 4 Zoll schmaler ist als das Tischblatt und daher um so viel zurücksteht; der Raum ­zwischen der Unterseite des Tischblattes und ­diesem Unterbrette ist in Entfernungen von 1 Fuß 4 Zoll, als der erforderlichen Sitzbreite für jedes größere Kind durch dünne senkrechte Bretter in so viel Fächer eingetheilt, als Kinder an dem Tische sitzen, so daß jedes dieser Kinder hiedurch ein Fach vor sich bekommt, in welchem es seine Schiefertafel, sein Schreibebuch, seine Schulbücher und andere kleine Schulgeräthe verwahren kann, wenn dieselben in der Lehrstunde nicht gebraucht werden und auf dem Tische liegend nur hinderlich sein würden. Die Tische für die kleineren Kinder mögen 2 F. 2 Z. hoch und nach der Abnahme des Alters auch noch niedriger sein. Für die kleinsten Kinder von 6 – 8 Jahren, w ­ elche noch nicht mit Feder und Tinte schreiben, ist es angemessen, wenn die Tischblätter etwas schräge liegen und auf der unteren Seite eine kleine Leiste haben, um das Herunterfallen der Schiefertafeln und Fibeln zu verhüten. Die Unterbretter und die dadurch unter dem Tische entstehenden Fächer fallen hierbei weg und sind auch unnöthig, weil die Kinder außer den Schiefertafeln und Fibeln fast gar keine Lehrmittel gebrauchen. Diese können aber zu Anfange jeder Stunde wo sie gebraucht werden, ausgetheilt und am Schlusse derselben wieder abgenommen und verwahrt werden; die Schiefertafeln können allenfalls auch an den Tischen mittelst eines Bindfadens so angebunden werden, daß sie blos zum Gebrauche beider Flächen herumgedreht werden, aber nicht herabfallen können. Diese Tischblätter sind 12 Zoll, die Bänke 8 Z. breit; der Raum z­ wischen dem Tische und der Bank beträgt 3 – 4 Z. – Für die Kinder von 8 – 10 Jahren sind die Tischblätter, wie in der Oberklasse, wagerecht und mit Unterbrettern und Fächern versehen, weil diese Kinder auch schon mit Feder und Tinte schreiben. – Für jedes der kleineren Kinder ist eine Sitzbreite von 1 F. 2 Zoll ausreichend. Die Tische für alle Kinder der Oberklasse und die Tische für die größeren Kinder der Grundklasse von 8 bis 10 Jahren, ­welche hier als wagerecht angenommen sind, werden mit Tintenfässern versehen, ­welche in die Tischblätter eingesenkt werden, so daß wenigstens auf drei Kinder ein Tintenfaß kommt. Folgende Einrichtung hat sich bisher als die zweckmäßigste empfohlen. Die Tintenfässer sind von Holz, walzenrund und inwendig mit gutem Harze ausgegossen; oben haben sie einen seitwärts um ¼ Zoll hervorspringenden Rand von ¼ Zoll Höhe. In den Tischblättern, w ­ elche eine beträchtliche Dicke, wo möglich von 2½ Zoll haben müssen, wird auf jeder Stelle, wo ein Tintenfaß angebracht werden soll, eine quadratförmige Vertiefung von etwa 4 Zoll im Quadrat und ⅓ Zoll Tiefe eingeschnitten, zur Seite mit Riemen versehen, in w ­ elche ein Schieber von ⅓ Zoll Dicke eingeschoben werden kann. In der Mitte dieser quadratförmigen Vertiefung wird ein rundes Loch von einem Durchmesser des Tintenfasses durch die ganze Dicke des Tischblattes herausgeschnitten und oben um dasselbe herum noch eine ringförmige Vertiefung von ¼ Zoll Breite und Tiefe, um den vorerwähnten herumspringenden Rand des Tintenfasses aufzunehmen. Das Tintenfaß wird in das runde Loch so eingesenkt, daß es mit seinem Seitenrande in den Ring paßt und daß seine obere Fläche mit der Fläche der quadratförmigen Vertiefung in gleicher Ebene liegt. Dann wird der Schieber von außen her eingeschoben und bedeckt das Tintenfaß, beim Gebrauche wird der Schieber herausgezogen und, so lange dieser Gebrauch dauert, entweder daneben auf den Tisch oder in das Fach unter dem Tische gelegt. Es muß sorgfältig darauf gehalten werden, daß jedesmal nach gemachtem Gebrauche der Schieber sorgfältig wieder eingeschoben wird. Bei dieser Einrichtung wird die Fläche des Tischblattes für den Gebrauch der Lesebücher, Zeichenbücher

364

Anhänge

und Schiefertafeln durch das Tintenfaß gar nicht geengt, wenn dasselbe durch das Einlassen des Schiebers bedeckt worden ist, sondern der ganze Tisch bietet eine ebene Fläche dar. Für den Unterricht gewährt es große Vortheile, die Subsellien so aufzustellen, daß die beiden Hauptabtheilungen der Kinder nach ihrem Alter und ihren Kenntnissen und nicht nach dem Geschlecht geschieden werden. Es werden dann die Subsellien für sämmtliche Kinder der Oberklasse auf die eine, die Subsellien für die Kinder der Grundklasse auf die andere Seite des Schulzimmers gestellt und beide Klassen werden durch den Mittelgang von einander geschieden. Die Subsellien der Grundklasse werden auf diejenige Seite des Zimmers gestellt, wo der Ofen steht, theils um den kleinen Kindern mehr Wärme zu geben, theils weil dort die vom Ofen eingenommene Fläche, wegen des geringeren Raumes, dessen diese Kinder bedürfen, aber entbehrt werden kann. In jeder Abtheilung werden dabei doch beide Geschlechter dadurch wieder geschieden, daß etwa die Mädchen auf den vorderen, die Knaben auf den hinteren Bänken sitzen. – Bei dieser Anordnung der Subsellien kann der Lehrer, wenn er die Ober- oder Grundklasse besonders unterrichten will, mit Leichtigkeit vor die eine oder die andere Klasse hintreten und unmittelbar zu ihr sprechen. Wenn aber die Subsellien so aufgestellt sind, daß beide Geschlechter durch den Mittelgang von einander geschieden werden, so können sämmtliche Kinder der Grundklasse durch die ganze Breite des Zimmers vorn, sämmtliche Kinder der Oberklasse hinten sitzen und der Lehrer muß, wenn er zu den letzteren besonders reden will, über die Kinder der Grundklasse hin zu ihnen sprechen. Auch die Wandtafeln lassen sich bei der ersteren Aufstellung der Subsellien viel leichter und zweckmäßiger gebrauchen. Es hängt dann nämlich vor jeder Hauptabtheilung von Kindern eine Wandtafel. Auf derjenigen, w ­ elche vor der Grundklasse hängt, ist eine Seite mit Linien, ­welche der Höhe der geschriebenen Buchstaben entsprechen, bezogen, um beim Schreibunterrichte gebraucht zu werden; die andere Seite bleibt frei, um daran dasjenige, was für anderen Unterricht erforderlich ist, anzuschreiben. Auf der Wandtafel, ­welche vor der Oberklasse hängt, ist eine Seite mit Notensystem für den Gesangsunterricht bezogen; die andere Seite bleibt zu anderweitigem Gebrauche frei. Allenfalls kann noch eine dritte Wandtafel in der Mitte hinter dem Lehrersitze hängen, um in den Lehrstunden des gemeinsamen Unterrichts für beide Klassen gebraucht zu werden. An der Hinterwand des Lehrzimmers zu beiden Seiten der nach außen aufschlagenden Thüre mögen Riegel und hölzerne Nägeln angebracht werden, woran die Kinder ihre Hüte, Mützen, Mäntel pp. aufhängen. – Endlich muß in jedem Lehrzimmer ein Schulschrank zur Aufbewahrung der Schreibebücher, Lesebücher, Schiefertafeln pp. vorhanden sein, und kann seine Stelle auf einer Seite im Vorderraum haben. Allenfalls mag noch ein kleines Bücher-Repositorium an irgend einer geeigneten Stelle des Lehrzimmers angebracht werden. Beiliegende Zeichnung, ­welche das Gesagte für einen besonderen Fall veranschaulichen soll, stellt ein Schulzimmer der größten Art von 500 □F. dar, in welchem schon auf einige Raumersparung Bedacht genommen ist, um hinreichenden Raum für 100 Kinder zu gewinnen. Es ist 25 Fuß lang und 20 Fuß breit und das Licht fällt von Osten herein. Wenn die drei angebrachten Fenster, ­welche für ein Schulzimmer etwas höher als in gewöhnlichen Wohnstuben angelegt werden können, noch nicht ausreichen, so mögen noch zwei Fenster auf der Südseite nahe auf beiden Seiten des Lehrersitzes angebracht werden, jedoch so, daß ­zwischen jedem Fenster und der Seitenwand noch hinreichend Raum für die Wandtafel und andere Lehrmittel bleibt; auch müssen sie mit Rouleaux versehen werden, um nöthigenfalls die zu große Blendung zu verhüten. – Der Vorderraum auf der Südseite, in dessen Mitte der Sitz und Tisch des Lehrers

Einrichtung des Lehrzimmers für eine Landschule 1833

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steht, ist 4 Fuß breit. Der Mittelgang, welcher beide Abtheilungen trennt, hat eine Breite von 3 Fuß. – Jeder Tisch und jede Bank, mit Ausnahme des neben dem Ofen stehenden Tisches i mit seiner Bank, ist 11 Fuß lang, so daß an jedem solchen Tische 8 größere oder 9 kleinere Kinder sitzen können. Die Subsellien a bis f auf der linken Seite und die Subsellien l und m auf der rechten Seite des Eingangs haben wagerechte und mit Tintenfässern versehene, die Subsellien g, h, i und k schräge Tischblätter. Von den Subsellien a bis f ist jedes Tischblatt 13½ Zoll, jede Bank 8½ Zoll, der Raum z­ wischen Tisch und Bank 4 Zoll breit, so daß für Tisch und Bank zusammen genommen 2 F. 2 Z. erfordert werden; jeder Seitengang und der Hintergang sind einen Fuß breit /: 6 × 2‘2‘‘ + 3‘ = 16‘ :/. – Bei den Subsellien g bis m ist jedes Tischblatt 12 Z., jede Bank 8 Z., der Raum ­zwischen Tisch und Bank 4 Z. breit, so daß für Tisch und Bank zusammengenommen immer 2 Fuß Raum erfordert werden. Jeder Seitengang und der Hintergang können hierbei eine Breite von 1 F. 4 Z. erhalten /: 6 × 2‘ + 4‘ = 16‘ :/. – Vor jeder Abtheilung hängt eine Wandtafel. Im Vorderraum steht rechts der Schulschrank, links ist an der Wand ein Bücher-Repositorium. – An der Hinterwand ist auf jeder Seite der Thüre ein Riechel. – In der Oberklasse haben 6 × 8 = 48 Kinder Raum; in der Grundklasse, wenn auf den Ofen der Raum für vier Kinder abgerechnet, 6 × 9 – 4 = 50 Kinder. Die Klasse reicht also für 98 Kinder aus und wird im Nothfall auch 100 Kinder und noch einige darüber aufnehmen können. – Bei dem Tische und der Bank a ist zugleich nebenbei eine Ansicht derselben von der Seite her gezeigt. Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. III, Tit. I, Vol. 1, fol. 207 – 212.

366

Anhänge

9.23 Kostenanschlag für das Schulhaus Radewitz vom 24. April 1818 Kosten-Anschlag Zum Bau eines Schulhauses in Radewitz bey Pencun, von 7 Gebind und 6 Loosbalken 42 Fuß lang, 24 Fuß breit, 8 Fuß hoch in Ständern, 2 mal geriegelt, mit gelehmten Fachwerk, doppelt stehenden Stuhl und Rohrdach. Im Dach ist eine Querwand abzubinden um dadurch den Futtergelaß der über die Viehstallungen aufbewahrt wird, gehörig von der Schornstein Röhre entfernen zu können. I. An Holz 7 Sägebl[att]1 a 24 Fuß lang, 17 Zoll stark im mittlern Durchmesser zu zölligen Dielen zuschneiden, zu 514 □Fuß Fußboden in der Schul und Wohnstube und dem Fluhr, 495 □Fuß zu Simsbrettern und Windlänge letztern unten und an den Seiten verkleidet, imgl[eichen] zu Traufbrettern, an den beiden Giebelbalken und 3 Fuß hoher Verkleidung der Wände im Schweinestall, zu den Stufen einer Ansatztreppe zum Boden und Keller nebst Wangen und zu 2 zölligen Planken der Krippe im Kuhstall nebst Trog im Schweinestall. Das Holz wird aus dem adeligen Blumbergschen Revier angekauft und kostet hier der Block 6 rt. ................................................................................. 216 Fuß mittel Bauholz zu sämmtlichen Schwellen 116 Fuß zu Wandrähmen 468 Fuß zu 52 Ständern im Durchschnitt a 9 Fuß 110 Fuß zu 16 Bändern dito a 11 Fuß 338 Fuß zu 13 Balken a 26 Fuß 40 Fuß zu 4 Balken über dem Balkenkeller a 10 Fuß 20 Fuß zum Rauchfang Holz nebst Ständern 8 Fuß zu 2 Krippen Ständern im Kuhstall = 1316 Fuß dazu incl. Verschnitt 38½ S[ä]g[eblatt] mittel Bauholz a 36 Fuß lang, 8 Zoll stark am Zopf aus dem Blumenbergschen Revier anzukaufen a 4 rt. ................................. 432 Fuß klein Bauholz zur 2maligen Verriegelung 252 Fuß zu 14 Sparren a 18 Fuß 84 Fuß zu 7 Kählbalken a 12 Fuß 84 Fuß zu 2 Stuhlrähme a 42 Fuß 48 Fuß zu 8 Stuhlständer a 6 Fuß 48 Fuß zu 12 Stuhlbänder a 4 Fuß 198 Fuß Ausbindung beider Dachgiebel und der Querwand im Dach 146 Fuß Unterlagen in den Stuben 28 Fuß Unterlagen im Schweinestall behufs der dort erforderlichen Ausbohlung = 1320 Fuß, dazu incl. Verschnitt 38½ S[ä]g[eblatt] klein Bauholz a 36 Fuß lang, 6 Zoll stark am Zopf dito a 2½ rt .....................................................................................

rt.

gl.

42

154

96

6



367

Kostenanschlag für das Schulhaus Radewitz vom 24. April 1818 12 S[ä]g[eblatt] mittel rindschäliges Holz zu Dachstöcke zu Staakholz der sämtlichen Wandfächer, der Balkenfächer über der Wohnung und Keller dito a 2 rt. 16 gl. ..........................................................................

32

24 S[ä]g[eblatt] kiefern Lattstämme 30 Fuß lang 3 bis 4 Zoll stark am Zopf, zu Dachlatten, zur 14 Zoll weiten Lattung des Dachs a 16 gl. ...................

16

4 Bohlstämme 28 bis 30 Fuß lang 5 Zoll stark am Zopf zum Ausbohlen des Schweinestalls a 1 rt. 8 gl. ...............................................................

5

8

345

14

1

11

Holzwerth nach der adeligen Blumbergschen Forst Taxe II. Arbeitslohn 1. dem Zimmermann 7 S[ä]g[eblatt] zu stämmen, zöpfen und zu bewalderechten a 5 gl. ............. 6¼ S[ä]g[eblatt] davon mit der Hand zu ⁵⁄₄ zölligen Dielen zu schneiden mit 9 Schnitt sind 1350 Fuß ¾ S[ä]g[eblatt] mit 6 Schnitt zu 2 zöllige Planken sind 108 Fuß = 1458 Fuß pro 100 Fuß 1 rt. 4 gl. beträgt ..........................................................

17

38½ S[ä]g[eblatt] Bauholz zu stämmen und zu beschlagen a 8 gl. ..............

12

20

38½ S[ä]g[eblatt] dito a 7 gl. ...........................................................

11

5

12 S[ä]g[eblatt] rindschäliges Holz zu stämmen a 3 gl. ............................

1

12

24 S[ä]g[eblatt] kiefern Lattstämme zu fällen und zu klöben a 2 gl. ............

2

328 Fuß Dielen zur Verschlagung der Balkenköpfe, zur Anbringung der Windfänge und Tropfdielen an beiden Giebeln zuzurichthen und anzubringen a 3 ₰ ..............................................................................

29

18

3

10

70 □Fuß den Schweinestall auszubohlen und mit hölzernen Nägeln auf Unterlagen zu befestigen a 3 ₰ ......................................................... 92 □Fuß den Schweinestall an den Wänden 3 Fuß hoch mit besäumten Dielen zu verkleiden a 2½ ₰ ...........................................................

Für ein Rauchfangholz zu verschneiden, auszufalzen, einzulegen und mit Ständern zu unterstützen ............................................................... Für eine Ansatz Treppe zum Boden anzufertigen ..................................

6

12

4 S[ä]g[eblatt] Bohlstämme dito a 3 gl. .............................................. Das Haus nebst Stallung daran, in 7 Gebind und 6 Loosbalken, 2 mal verriegelt mit stehenden Stuhl nach der Zeichnung zu verbinden und mit Hülfe der Eingepfarrten zu richten, pro Gebind 4¼ rt. ..........................

3

17

6

19

2

20 2

12

368

Anhänge Für eine Treppe zum Keller dito ......................................................

3

514 □Fuß Fußboden in der Schulstube, Wohnstube und auf dem Fluhr, gespundet und behubelt zu Dielen, in den Stuben die Unterlagen dazu zu strecken a 5 ₰ .............................................................................

8

22

1

6

Für 7 Fuß Krippen im Kuhstall und 8 Fuß Schweinekumm anzufertigen sind 15 Fuß a 2 gl. .......................................................................

7

7 Fuß Raufen dito a 1 gl. ............................................................... 2 100

8 8

2. dem Maurer Das Fundament unter Umfangs und inwendige Wände im Durchschnitt 2½ Fuß hoch, in und über der 1½ Fuß stark, so weit die Mauern des Balkenkellers gehen in der Erde, incl. Banguett 5½ über der Erde, 1½ Fuß stark, unter Kochherd und Oefen 2 Fuß hoch. Unter die Umfassungswände und dort anliegende Keller Mauern in reinem Kalk, sämtliche übrige Fundamente im Lehm, von Feldsteinen mit dazu geschlagenen Zwicksteinen in gutem Verbande aufzumauern und mit Zwicksteinen abzugleichen, sind 9⅓ Schachtruthe incl. Ausgraben der Erde a 2½ rt. ................................

23

8

2½ Schachtruthen Erde zum Keller auszugraben, 5 Fuß tief und mit der ausgegrabenen Erde das Gelände zu erhöhen a 10 gl. .............................

1

1

Die Brandmauer anzulegen, den Busen über dem Heerd zu wölben, die Brandmauern 4 Fuß hoch von gebrannten, übrigens nebst 1 Röhre im Dach von Luftsteinen aufzumauern, den Schornstein Aufsatz von gebrannten Steinen, die Röhre übern Dach zu putzen im Dach nebst Brandmauern zu berappen und inwendig tüchtig mit Lehm glattzustreichen .....................

12

Für Haltung des Rüstzeugs pro Gebind 8 gl. .......................................

Den Kochheerd anzufertigen .......................................................... Einen großen Ofen von Mauersteinen zu setzen incl. Eisen .....................

18 3

1 □Ruthe die Küche und den Keller mit Mauersteinen auf der flachen Seite in Sand zu pflastern und die Fugen mit Kalk auszugießen ....................... 16 □Ruthen Wände und Decken der Stuben, Cammer, Küche und Fluhr glatt zu reiben, zu schlämmen und zu weißen im Durchschnitt a 12 gl. ....... 9 □Ruthen die Fächer der Umfangswände und Giebel abzureiben und sammt dem Holzwerk zu weißen und zu färben incl. Rüstung und Farbe a 1 rt. ....................................................................................... 2½ □Ruthen die Keller Mauern inwendig, und das Fundament außerhalb zu berappen a 8 gl. ......................................................................

2

12 18

8

9 20

7

369

Kostenanschlag für das Schulhaus Radewitz vom 24. April 1818 2 □Ruthen Pflastern vor dem Eingang an der Haus und Hofthüre und zu den Stallungen anzufertigen a 18 gl. ..................................................

1

12

13 Tonnen Steinkalk zu löschen a 3 gl. ...............................................

1

15

Für Haltung der Utensilien a 3 gl. ....................................................

2 64

12 20

3. dem Tischler incl. Nägel und Holz 2 Hauß und Hofthüre geleimt mit eingeschobenen Leisten im Futter anzufertigen incl. Fenster über der Hausthüre a 3 rt. .............................

6

2 Thüren geleimt mit eingeschobenen Leisten im Futter und doppelter Verkleidung zu den beiden Stuben a 4 rt. ...........................................

8

3 Thüren dito im Futter und einfacher Verkleidung a 3¼ rt. ....................

9

18

2 Fall Thüren zum Boden und Keller a 1 rt. 8 gl. ...................................

3

12

2 Lucken Thüren in beiden Giebeln dito a 1 rt. ....................................

2

2 Stall Thüren, gespundet mit aufgenagelten Leisten a 1 rt. 12 gl. ...............

3

3 Stück vierth[eilige] Fenster mit Vase Rähme in der Schulstube mit Futter und Verkl[eidung] auswendig a 4 rt. .................................................

12

2 Stück zweith[eilige] in der Wohnstube dito a 2 rt. ..............................

4

2 einth[eilige] Fenster Rähme mit Zargen a 1 rt. ...................................

2

2 zweith[eilige] Fenster Laden mit Hirn und eingeschobenen Leisten vor den Fenstern der Wohnstube a 1 rt. 12 gl. ...........................................

3 53

6

4. dem Schlösser und Schmidt 2 Haus und Hofthüren mit Hespen, Hacken, Wipklinken, Handgriff, Schubriegel und Crampen, nebst Ueberfall und Crampen zu beschlagen a 1 rt. 16 gl. ................................................................................

3

8

5 Thüren, zu Stuben, Cammern und zur Küche mit Hespen, Hacken, Wipklinken und Handgriff zu beschlagen a 1 rt. 4 gl. .............................

5

20

2 Fall Thüren mit Wirbelhespen, Ueberfall und Krampen zu beschlagen a 20 gl. .....................................................................................

1

16

2 Lucken Thüren mit Anwürfe und Hacken zu beschlagen a 16 gl. ............

1

8

2 Stall Thüren Beschläge mit Ueberfall und Krampen a 18 gl. ...................

1

12

370

Anhänge 18 Fenster Räme gehörig zum Aufmachen beschlagen incl. Windeisen a 12 gl. .....................................................................................

9

2 Fenster Laden mit Hespen, Hacken, Vorreibern, Splint und Bolzen zum Zustechen zu beschlagen a 1 rt. ........................................................

2

Eine Ofen Thüre mit Hacken zum Einmauern, Klink und Klinkhacken .....

1

12

Für 4 Krippen und Raufhacken a 3 gl. ............................................... 15 Schock ganze Brettnägel zu den Fußboden, Verschlagung der Balken, Ueberstände, Windfängen pp. a 7 gl. ................................................

16

4 31

9 5

5. dem Glaser 19 Fenster Rähme incl. deßen über der Hausthüre in ordinairen Bley zu verglasen a 18 gl. ..........................................................................

14

6

6. dem Lehmer 180 Fächer in den Umfangs und inwendigen Wänden der beiden Dachgiebeln und der Querscheidewand im Dach zu staaken und dem Holz gleich zu lehmen a 3 gl. .................................................................

22

12

260 laufende Fuß ganzen Windelboden über die Wohnung incl. 28 Fuß in 3 Fächern über den Balkenkeller anzufertigen a 2 gl. ..............................

21

16

48 laufende Fuß halben Windelboden über die Stallungen anzufertigen a 1 gl. .......................................................................................

2

½ □Ruthe den Fußboden in der Cammer mit Lehm auszuschlagen ...........

7. dem Decker 11 □Ruthen das Dach 14 Zoll weit zu latten und mit Rohr 10 Zoll stark zu decken, incl. Klöben der Stöcke und Schneiden der Wehden a 18 gl. ..........

46

9 13

8

6

III. An Material Zu 4⅔ Schachtruthen oder zur Hälfte des Fundaments die Feldsteine zu sprengen, dazu sind 5�� Schachtruthen lose Feldsteine zu sprengen erforderlich a 4 rt. .............. �

23

8

13 Tonnen Steinkalk anzukaufen a 2 rt. 8 gl. ........................................

30

8

33 Schock Rohr anzukaufen, 6 Zoll stark gebunden, nach jetzigen Preisen a 2 rt. .......................................................................................

66

1⅔ Schock Rohr im Lehm a 6 rt. .....................................................

10

2000 Mauersteine zu den Brandmauern auf 4 Fuß hoch, zum Busen, Schornstein, Aufsatz, Pflaster, Herd und Oefen a 15 rt. ...........................

30

371

Kostenanschlag für das Schulhaus Radewitz vom 24. April 1818 22

50 Dachsteine zum Ofen ............................................................... 2000 Luftsteine zu streichen und trocknen a 2 rt. 12 gl. .......................... Das Holz und die Materialien Fuhren geschehen frey, dagegen wird ad Extraordinaria zum Richten für Trinkgelder und noch vorkommende hier nicht bemerkte kleine Ausgaben zur Berechnung ausgesetzt ...............

14

15

Summe der Baukosten .................................................................. 499

6

Der Holzwert beträgt ...................................................................

345

14

Summa ....................................................................................

844

2

revidirt [Unterschrift] 1

5 165

Henck, d 24ten Aprill 1818.

Holzmaßeinheit.

Quelle: PfA Penkun, Bestand Sommersdorf, Nr. 13, Schule Radewitz, fol. 6 – 8.

7

7

372

Anhänge

9.24 Kostenanschlag für das Schulhaus Storkow vom 20. Februar 1838 Kosten-Anschlag zur Erbauung eines neuen Küster- und Schulhauses in Storckow und eines dazu gehörigen Viehstalles. Das Haus wird nach beiliegender Zeichnung 41 Fuß lang, 26 breit, von Holz, 9 Fuß in Stielen, mit gelehmstacktem Fachwerck und einfachem auf Spließen böhmisch eingedecktem und mit Kalck gut verstrichenem Ziegeldache. Das Stallgebäude wird 25 Fuß lang, 17 breit, 6 in Stielen, gelehmt und mit einfachem böhmischen Ziegeldache auf Spließen. A. Das Haus I. Baumaterialien 1. an Holz 324 lf  1 12 Balken a 27‘ incl. Verschnitt 182 lf Schwellen 106 lf Rahmen 17 lf zum Träger über der Schulstube 450 lf 45 Stielen a 10‘ incl. Verschnitt 333 lf Riegeln 30 lf 5 Schrägebändern 456 lf 12 Paar Sparren a 19‘ incl. Verschnitt 84 lf Dachstuhlrähmen incl. Verschnitt 156 lf 12 Kehlbalken a 13 incl. Verschnitt 56 lf 8 Stuhlsäulen 186 lf zum Giebelverband

rt.

gl.



37 29 23

2 21 25

6 3 0

7

10

0

6

13

9

1¾ Schock geschnittene Latten 24‘ lang a 10 rt.

17

15

0

84 lf Bretter zu Gesimsen 72 lf Bretter zu Windkasten = 156 lf = 6½ Brett Zoll stark, 24‘ lang a 20 sgr.

4

10

0

= 2400 lf davon nach heruntergesetzter Blumbergscher Taxe ⅓ = 800‘ gleich 20 Stücken a 40‘ incl. Stammgeld ⅓ = 800‘ gleich 23 Stücken a 35‘ incl. Stammgeld ⅓ = 800‘ gleich 26 Stücken a 30‘ incl. Stammgeld 122½ lf zu 5 Unterlagen in der Schulstube 122½ lf Unterlagen in der Wohnstube und den Kammern = 245 lf = 8 Stücken a 27 sgr. 6 ₰ 3½ Stücke zu 7 QuR Windelboden 1½ Stücke zu Lehmstacken = 5 Stücke a 1 rt. 8 sgr. 9 ₰

rt.

gl.



373

Kostenanschlag für das Schulhaus Storkow vom 20. Februar 1838 2. Steine 1000 Stück Mauersteine zu 3 Fuß hoher Brandmauer und dem Schornsteinaufsatz (ersterer = 108 Cubf.) 200 Stück zum Kochherd 300 Stück zum Ofen in der Schulstube 600 Stück zu 1½ QuR Flur, Küche zu pflastern = 2100 Stück Mauersteine incl. Bruch aus Stendelchen2 mit Zählgeld a 6 rt. 22 sgr. 6 ₰

14

5

3

3375 Luftsteine zu 2¼ S. R.3 Brandmauer excl. ¾ von Mauersteinen 605 Luftsteine zu der Rauchfangwölbung 520 Luftsteine zu 13 steigenden Fuß Rauchrohr = 4500 Stück Luftsteine zu streichen a 1 rt.

5

7

6

4800 Dachsteine incl. Bruch zum Spließdach 100 Dachsteine zu den Oefen = 4900 Stück Dachsteine aus Stendelchen a 9 rt. incl. Zählgeld

44

3

0

15 Schock Lattnägel a 6 sgr.

3

0

0

5000 Dachspließe a 15 ₰

3

0

0

42 Hohlpfannen a 2½ sgr.

3

15

0

1½ Tonnen Kalck zum Dache 1½ Tonnen zum Schlämmen und Weißen 2 Tonnen zum Auszwicken der Fundamente über der Erde = 5 Tonnen Steinkalck a 1 rt. 20 sgr.

8

10

0

1½ Schock Stroh zum Lehm a 4 rt.

6

0

0

3. andere Materialien

213 II. Arbeitslohn

1. dem Zimmermann 20 Stück Mittelholz zu beschlagen a 6 sgr.

4

0

0

23 Stück Kleinholz zu beschlagen a 5 sgr.

3

25

0

26 Stück Bohlstämme zu beschlagen a 4 sgr.

3

14

0

Das Gebäude in 12 Gebinden mit doppelt-stehendem Dachstuhle zu verbinden, die gehörigen Wechsel wie auch den Träger anzubringen und mit Hülfe der Gemeine zu richten a 2⅓ rt.

28

84 lf Gesimsbretter anzubringen incl. Nägel a 3 ₰

367½ Quf die Schulstube mit stark zölligen Brettern zu bedielen, die Unterlagen zuzurichten und zu strecken incl. Nägel 178½ Quf die Wohnstube dito 151¾ Quf die beiden Kammern dito = 697¾ Quf Bedielung incl. Holz und Nägel a 1¼ sgr.

29

0

0

21

0

2



3

3

374

Anhänge Die Bodentreppe rauh, 14 gefutterte Stufen, ¼ gewunden, incl. Holz, Eisenwerck und Aufstellen a 15 sgr.

7

0

0

Die Verkleidung um die Treppe, gespundet, äußerlich gehobelt, incl. Thüre = 58½ Quf, incl. Holz und Nägel a 1 sgr. 6₰

2

27

9

Eine rauhe Treppe von 9 offenen Stufen zum Keller, incl. Holz, Nägel und Aufstellen a 7 sgr.

2

3

0 82

8

11¼

50

14

0

2. dem Maurer 4 S. R. Erde zum Balkenkeller auszugraben und in den Fundamenten zu verteilen a 8 sgr.

1

2

0

3½ S. R. die Kellerwände von Feldsteinen 2 Fuß stark in Lehm zu mauern und gut zu verzwicken a 1 rt. 20 sgr. 7 S. R. die sämmtlichen Fundamente durchschnittlich in und über der Erde 3 Fuß hoch und 1½ Fuß stark von Feldsteinen in Lehm zu mauern, über der Erde mit geschlagenen Steinen und Kalkmörtel gut zu verzwicken, die Erde aufzugraben und in den Fundamenten zu verteilen = 10½ S. R. a 1 rt. 20 sgr.

17

15

0

3 S. R. Brandmauern 3‘ hoch von gebrannten, übrigens von Luftsteinen in Lehm aufzumauern a 1 rt. 20 sgr.

5

0

0

den Rauchfang zu wölben, innerlich und äußerlich mit Lehm abzufilzen, auch eventual. in der Kammer einen Luft-Kamin anzulegen

2

0

0

13 steigende Fuß Rauchrohr vom Balken an zu mauern, innerlich und äußerlich mit Lehm abzufilzen, über dem Dach mit Kalk zu putzen a 5 sgr.

2

5

0

den Kochheerd zu setzen

15

0

1¼ QuR die Flure und Küche mit Mauersteinen in Sand zu pflastern, auch die Fugen mit Kalck zu vergießen a 20 sgr.

25

0

19 QuR die Wände und Decken der beiden Stuben und Kammern wie auch des Flurs mit Lehm zu putzen, zu schlämmen und zu weißen a 12½ sgr.

7

27

6

9⅔ QuR das Gebäude incl. Giebel äußerlich mit Lehm zu verputzen und das Holzwerk zu färben, incl. Farbe a 15 sgr.

4

25

0

Küche und Hinterflur zu schlämmen und weißen

10

0

5 Tonnen Kalck zu löschen a 2½ sgr.

12

0

6

0

21

0

Das Dach 8‘‘ weit zu latten und mit 4800 Steinen böhmisch auf Spließen einzudecken und gut innerlich zu verstreichen a 1½ rt. 42 Hohlpfannen in Kalck aufzulegen a 6₰

7

375

Kostenanschlag für das Schulhaus Storkow vom 20. Februar 1838 3. dem Tischler incl. Holz und Nägeln 1 einflüglige Hausthür mit aufgenagelten Leisten, Oberlicht und doppelter Verkleidung

3

3 gestemmte Stubenthüren mit doppelter Verkleidung a 3 r.

9

0

0

1 geleimte Kammerthür mit doppelter Verkleidung

1

15

0

1 geleimte Kammertühr zur Küche ohne Verkleidung

1

15

0

6 Fach vierflüglige Sproßenfenster mit Futter, doppelter Verkleidung und äußern Laden a 3 rt.

18

0

0

3 halbe zweiflüglige Fenster in den Kammern und Hinterflur

6

1 Fallthür zum Keller

0

0

0

0

15

0

2 Dachluken in den Giebeln mit Futter a 25 sgr.

1

20

0

Die geretteten Subsellien nach der näher anzugebenden Norm aufzustellen, zuzurichten und das Fehlende zu ergänzen

5

0

0 45

25

0

26

20

0

10

20

0

4. dem Schloßer und Schmiede die Hausthüre mit Bändern, Stützhaken, Druckenschloß und Riegel

3

0

0

3 Stubenthüren mit Bändern, Stützhaken, Schraubenschloß a 2 rt.

6

0

0

1 Kammerthür mit Bändern, Stützhaken, Wippklinke und Griff

20

0

1 Küchenthür mit Bändern, Mauerhaken, Wippklinke und Griff

25

0

6 Fach Fenster mit Ketteln und Ecken, die Laden mit Stützhaken, Bändern und Bolzen a 1½ rt.

9

0

0

3 halbe Fenster dito

2

0

0

1 Fallthür mit Hespen

15

0

2 Giebelluken mit Bändern und Krempen a 10 sgr.

20

0

2 eiserne Ofenthüren mit Mauerhaken und Klinke a 1 rt.

2

0

0

4 Bolzen zum Aufhängen der 4 Balken in der Schulstube 24 Pfund a 2½ sgr.

2

0

0

5. dem Glaser 6 Fach Fenster von 8 Scheiben in grünem Glase gut zu verkitten a 1 rt. 10 sgr.

8

0

3 halbe Fenster von 4 Scheiben dito a 20 sgr.

2

0

0

20

0

das Oberlicht über der Hausthüre 8 Scheiben a 2½ sgr.

0

376

Anhänge 6. dem Töpfer 1 Ofen von Mauersteinen in der Schulstube zu setzen und äußerlich glatt abzureiben, auch zu färben

1

20

0

in der Wohnstube einen schon gebrauchten Kachelofen aufzusetzen

1

20

0

das Eisenwerck und die Rauchröhren dazu

2

0

0 5

10

0

22

10

6

4

15

0

461

6



63

13

9

7. dem Lehmer 280 lf Windelboden zu legen, incl. Holzzurichten, Wassertragen p. a 1¼ sgr.

11

20

0

150 Fach doppelt zu lehmen, dito a 2 sgr.

10

0

0

20

6

20½ lf Windelboden über dem Keller, dito 8. an Etraordinaria und zu Bier p. beim Richten 1 % Summe der Baukosten des Hauses B. Das Stallgebäude I. Baumaterialien 123 lf Holz zu Schwellen 89 lf Holz zu Rähmen 144 lf Holz zu 8 Balken 182 lf Holz zu 26 Stielen 112 lf Holz zu Ringeln 192 lf Holz zu 8 Sparren 58 lf Holz zu Giebelverband, incl. Verschnitt = 900 lf, davon 525 in 15 Stücken Bauholz a 1rt. 8sgr. 9 ₰ 375 in 12 Stücken Bauholz a 27 sgr. 6 ₰

19 11

11 0

3 0

¾ Schock geschnittene Latten a 10 rt.

7

15

0

2000 Dachsteine aus Stendelchen a 9 rt., incl. Zählgeld

18

0

0

2000 Spließ

1

0

0

25 Hohlpfannen

2

2

6

5 Schock Lattnägel a 6 sgr.

1

0

0

1 Tonne Kalck

1

20

0

25

0

0

0

NB. Die Zöpfe werden zu Lehmstacken genommen.

50 lf Gesimsbrett a 6 ₰

¼ Schock Lehmstroh

1

377

Kostenanschlag für das Schulhaus Storkow vom 20. Februar 1838 II. Arbeitslohn

1. dem Zimmermann 15 Stücke Bauholz beschlagen a 5 sgr.

2

15

0

12 Stücke dito a 4 sgr.

1

18

0

das Gebäude in 8 Gebinden zu verbinden und mit Hilfe der Gemeine zu richten

9

10

0

66 QuF in 4 Thüren, incl. Holz und Nägeln a 1¼ sgr.

2

22

6

12

6

50 lf Gesimsbretter anzubringen, incl. Nagel a 3₰

16

18

0

5

19

2

2

0

0

3

10

0

91

0

11

2. dem Maurer 1⅓ S. R. die sämmtlichen Fundamente 1‘ stark in Lehm zu mauern a 1 rt. 20 sgr.

2

6

8

das Dach 8‘‘ weit zu latten, böhmisch einzudecken auf Spließen, innerlich gut verstreichen: 2000 Steine a 1½

3

0

0

12

6

25 Hohlpfannen in Kalck zu legen 3. dem Schmiede 4 Stallthüren zu beschlagen mit Stützhaken, Bändern, Krempen und Ueberfall

2

0

0

4. dem Lehmer 50 Fächer doppelt zu klicken und alles dazu vorzurichten

3

10

Summe der Baukosten des Stalles

Zusammenstellung 1. Kosten des Hauses 461 rt. 6 sgr. 8¼ ₰ 2. Kosten des Stalles 91 rt. 11₰ Gesamtkosten 552 rt. 7 sgr. 7¼ ₰ Penkun, den 20. Februar 1838. Engelcken.

1

Laufender Fuß. Gemeint ist der Ort Stendell nordwestlich von Schwedt. 3 Schachtruthe. 2

Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 101 – 104.

0

378

Anhänge

9.25 Verhandlungen über die Kostenverteilung beim Schulhausbau in Storkow 1838 

Storckow, den 23. Februar 1838

In Uebereinstimmung mit der Frau Kammerherrin v. Schuckmann, als Patronin der ­Kirche und Schule, hatte unterzeichneter Superintendent die Gemeine auf heute in den Schulzenhof bestellt. Der Schulze Zimmermann hat die an ihn ergangene desfallsige Aufforderung ausgerichtet und die Insinuation derselben unterm 21. d[es] M[onats] zu den Akten bescheinigt. Superintendent fand anwesend: I. von den Bauern: 1. den Schulzen Zimmermann 2. den Bauern Martin Maß 3. den Bauern Martin Flashar 4. den Bauern Johann Friedrich Maß 5. den Bauern Ludwig Schultz 6. die Bauern Wittwe Schröder 7. den Bauern Christian Rieck senior 8. den Bauern George Stolt 9. den Bauern Michael Klaenhammer 10. die Bauern Wittwe Christian Rieck II . von den Halbbauern 1. den Halbbauern Gottfried Kaeding 2. den Halbbauern Michael Schröder 3. den Halbbauern Christian Sommer 4. den Halbbauern Martin Sommer III. von den Büdnern 1. Michael Schröder 2. der Krüger Lubahn 3. Christian Prüßel 4. Wittwe Lindemann 5. Joachim Anners 6. Christian Maß 7. Jacob Richert 8. der Schmied Kröning 9. Christian Staegemann 10. Wittwe Kohlmey 11. Martin Letzin Es ward den Anwesenden eröffnet, daß bei der Nothwendigkeit des Neubaues eines Küsterund Schulhauses die Gemeine gesetzlich verpflichtet sei, die eigentliche Schul-Localität zu beschaffen, die nach dem vorgelegten Riße des ganzen Hauses betrage, wonach sie also auch der Gesammt-Baukosten beizutragen hätten. Sie erkannten ihre Verpflichtung an, aber stellten vor, daß ihre sehr bedrängte Lage bekannt genug sei, um die Bitte zu rechtfertigen, daß sie

Verhandlungen über die Kostenverteilung beim Schulhausbau in Storkow 1838

379

hiebei mit möglichster Schonung behandelt würden. Sie erbaten sich, zu dem Baue im Ganzen die Summe von 70 rt. – siebenzig Thalern – zu geben, und sämmtliches Fuhrwerck dazu zu übernehmen, wobei sie baten, daß die Frau Kammerherrin als Besitzerin zweier Bauerhöfe 30 – dreißig – Thaler geben mögte, wogegen sie mit aller und jeder Fuhre zu d ­ iesem Baue verschont bleiben solle. Diese 70 rt. wollten sie so zusammenbringen, daß, wenn der Bauer einen ganzen Beitrag entrichte, der Halbbauer die Hälfte davon, und der Büdner nur ein Sechstel einzahle; jedoch wünschten und bedungen sie sich, daß sie diese Summe nur zu Martin d ­ ieses Jahres abführten.3 Superintendes versprach, diese Anträge möglichst zu unterstützen, las die Verhandlung vor; niemand hatte dagegen etwas zu erinnern, und so ward sie durch Unterschrift vollzogen. Zimmermann, Schulz xxx ­Zeichen des Martin Maß in fidem Pfotenhauer xxx Martin Flashaar xxx Johann Friedrich Maß xxx Ludwig Schulz Stoldt xxx Christian Rieck sen. xxx Wittwe Schroeder xxx Michael Klaenhammer xxx Wittwe Christian Rieck Gottfried Keding Michael Schröder xxx Christian Sommer Martin Sommer xxx Michael Schroeder Krüger Lubahn xxx Christian Prüßel xxx Wittwe Lindemann xxx Joachim Anners xxx Christian Maß xxx Jacob Richert xxx Christian Staegemann xxx Wittwe Kohlmey xxx Martin Letzin beide eine Büdnerstelle xxx Carl Mau pro Letzin sämmtliche Handzeichen werden bezeugt durch Pfotenhauer, Prediger

}

Der unter III . Nr. 8 aufgeführte Schmied Kröning war gar nicht anwesend, ist aber an die Beschlüße der übrigen um so mehr gebunden, als die Einladung gleich mit dieser Verwarnung an ihn ergangen ist, welches hiermit nachrichtlich registriert wird. Engelcken

3 Also nach Abschluss der Ernte und Eingang der Ernteerlöse.

380

Anhänge

Battinsthal den 23. Februar 1838 Vorstehende Verhandlung ist der Frau Kammerherrin v. Schuckmann vorgelegt, und dieselbe erklärte: ich will aus besonderer Berücksichtigung der bedrängten Lage der Einwohner von Storckow darin willigen, daß die Gemeine nur 70 rt baar zu dem anstehenden Bau geben und die sämmtlichen Fuhren dazu leiste; ich selbst will ratione der beiden Bauerhöfe, die ich besitze, 20 – zwanzig – Thaler aus eigenen Mitteln hergeben, also das Doppelte, was jeglicher Bauer entrichtet, und das etwa Fehlende an der ganzen Bausumme aus Kirchenmitteln bewilligen. Uebrigens soll der Bau an den Mindestbietenden ausgeboten werden, und ist der Superintendent mit der nähern Betreibung der Sache von mir beauftragt, jedoch unter dem ausdrücklichen Vorbehalte meiner Genehmigung, die derselbe von und nach dem fraglichen Ausgebot von mir einzuholen hat. Vorgelesen, genehmigt u[nd] unterschrieben verwitwete Wilhelmine v[on] Schuckmann, geb[ore]n[e] v[on] Korzfleisch Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 106 f.

9.26 Protokoll über das öffentliche Bieterverfahren zum Schulbau Storkow und die festgesetzen Baubedingungen 1838 Penkun, den 27. März 1838 Die Ausbietung des Neubaues eines Schulhauses und dazu gehörigen Stalles an den Mindestfordernden war in dem Stettiner Intelligenzblatt vom 27. Februar, der Zeitung vom 28. ­Februar und dem öffentlichen Anzeiger vom 2. März d[es] J[ahres] bekannt gemacht und in dem desfallsigen heutigen Termine nachfolgende Bedingungen aufgestellt. § 1. Der Unternehmer des Baues muß als sicherer Mann bekannt sein. § 2. Der Bau muß nach dem Riße und Anschlage aufs genaueste ausgeführt werden, und zu dem Ende sind überall ordentliche und tüchtige, gesetzlich befugte Handwerker dabei anzustellen. § 3. Riß und Anschlag wird sofort nach eingegangener Patronats-Erklärung dem Unternehmer zugestellt, der davon sich eine Abschrift nehmen kann und jedenfalls beide Papiere innerhalb 8 Tagen an den Superintendenten unbeschädigt zurück geben muß. § 4. Der Unternehmer muß es sich gefallen laßen, wenn verlangt wird, daß die Subsellien in der Breite des Schulzimmers aufgestellt werden sollen, dies auszuführen und deshalb auch noch ein Fenster mehr in der Hinterfronte anzulegen. Das Nähere darüber soll zu seiner Zeit angegeben werden.

Protokoll über das öffentliche Bieterverfahren zum Schulbau Storkow

381

§ 5. Die Ueberreste der abgebrannten Schulgebäude, soweit sie jetzt noch vorhanden sind, werden dem Unternehmer überwiesen, jedoch ist es seine Sache, selbige abzubrechen, sich zu bewahren u[nd] zu bewachen, weshalb ihm keinerlei Art von Garantien geleistet wird. § 6. Die Steine müßen aus Stendelchen, das Bauholz aus Blumberg entnommen werden, die sämmtlichen Fuhren leistet die Bauer-Gemeine in Storckow unentgeldlich, zur Erleichterung ist zu wünschen, daß die Gebäude in der Heide verbunden werden. § 7. Der Bau muß bis längstens 14 Tage von Michael gänzlich beendigt sein; sodann läßt ihn die ­Kirche revidiren und der Unternehmer ist verbunden, jeglichen Fehler, der dabei gefunden wird, auf eigene Kosten u[nd] ohne alle Beihülfe an Geld oder Fuhren zu regressieren. § 8. Die angebotene Summe, für ­welche der Bau ausgeführt werden soll, wird in 3 Terminen bezahlt sobald das Haus gerichtet ist, ein Drittel sobald der ganze Bau beendigt ist, ein Drittel das letzte Drittel nach der Revision und frühestens acht Tage nach Martini d[ieses] J[ahres]. § 9. Der Frau Patronin steht es frei, unter den Bietenden zu wählen, jeglicher Bieter aber bindet sich durch Unterschrift an seine Offerte. Die Erklärung der Frau Patronin soll sofort eingeholt, und dem Betreffenden bekannt gemacht werden, w ­ elche Patronatsbestimmungen u[nd] Bekanntmachungen unter diese Verhandlung die Stelle eines Kontraktes vertritt. § 10. Der Unternehmer erhält eine Abschrift hiervon, wenn er sie begehrt. Nachdem vorstehende Bedingungen den Anwesenden vorgelesen waren, erbot sich der Zimmermeister Schröder in Penkun, den Bau auszuführen für ……………………………………………………………….545 rt. Der Maurermeister Struck in Penkun erbietet sich zum Bau für ……………………………………………………………….540 rt. Der Zimmermeister Hartwig aus Garz erbietet sich zum Bau für ……………………………………………………………….530 rt. Meister Schröder …………………………………. ……………..525 rt. Nachdem die Glocke schon 12 geschlagen hatte, fand sich weiter kein Gebot u[nd] blieb Meister Schröder der Mindestbietende. Die Bieter haben hernach unterschrieben. Hartwig Schröder Struck Engelcken

382

Anhänge

Von Patronatswegen wird dem Zimmermeister Schröder unter vorstehenden Modificationen hiermit der Zuschlag erteilt. Battinsthal, den 27. März 1838 verwitwete Wilhelmine v. Schuckmann gebn. v. Kortzfleisch Quelle: KKA, Sup Pen, Sect. IV, Nr. 10, Tit. IV, fol. 116 f.

9.27 Aufwendungen für den Schulbau in Pommern und im Deutschen Reich 1859 – 1891 Tab. 1: durchschnittliche Kosten für den Volksschulbau in der Provinz Pommern 1874 – 1881 (in Mark) Kosten für

Reparatur Summe der Erweiterungs- über 1000 Neubauten Mark Kosten bauten Stadt

43.571

26.556

durchschnittliche Anzahl der Neubauten

Erweiterungsbauten

14.633

84.760

18

16

Land

227.521

35.771

14.665

277.958

134

265

Summe

271.092

62.327

29.328

362.718

152

281

Quelle: Königliches Statistisches Bureau (Hg.): Das gesammte Volksschulwesen im Preußischen Staate im Jahre 1886. Berlin 1889, S. 92 – 95.

Tab. 2: Finanzierungsquellen für den Schulhausbau in der Provinz Pommern 1874 – 1881 (in Prozent) Patronatsbaufonds

Gnadenbewilligung

Kirchenvermögen

Schulvermögen

Gemeinde- sonstige mittel Quellen

Stadt

0,2

0

0,2

0

89,2

10,3

Land

7,8

8,1

5,9

0,4

76,1

1,6

Quelle: Eigene Berechnung auf der Grundlage des Königliches Statistisches Bureau (Hg.): Das gesammte Volksschulwesen im Preußischen Staate im Jahre 1886. Berlin 1889, S. 92 f.

383

Aufwendungen für den Schulbau in Pommern und im Deutschen Reich

Tab. 3: Durchschnittliche Kosten für Schulhausbauten in der Provinz Pommern 1889 – 1891 (in Mark) Neubau Stadt

Anzahl der Erweiterungs- Reparatur über Summe bau 1000 Mark der Kosten Neubauten Reparaturbauten

144.787

15.758

53.524

214.069

25

9

Land

304.792

43.433

184.166

532.391

355

167

Summe

449.579

59.191

237.690

746.460

380

176

Quelle: Königliches Statistisches Bureau (Hg.): Das gesammte Volksschulwesen im preußischen Staate im Jahre 1891. 1. Theil. Berlin 1893, S. 206 f.

Tab. 4: Finanzierungsquellen für den Schulhausbau in der Provinz Pommern 1889 – 1891 (in Prozent) PatronatsGnadenbaufonds bewilligung

Kirchenvermögen

Schulvermögen

Gemeindemittel

sonstige Quellen

Stadt

0

0,1

0

0,4

98,7

0,9

Land

9,6

13,7

0

8,7

63,9

4

Quelle: Königliches Statistisches Bureau (Hg.): Das gesammte Volksschulwesen im preußischen Staate im Jahre 1891. 1. Theil. Berlin 1893, S. 206 f.

Tab. 5: Durchschnittliche Aufwendungen für den Schulhausbau im Deutschen Reich (in Mark) die Kosten für Schulbauten überhaupt

die Leistungen der Verpflichteten

die Beihülfen aus Staatsmitteln

Durchschnitt der Jahre 1859/61

4.918.143

4.586.253

331.890

Durchschnitt 1862/64

5.720.766

5.459.949

260.817

Durchschnitt 1870/71

9.693.925

9.253.325

440.600

Durchschnitt 1876/78

15.437.582

15.104.850

332.732

Durchschnitt 1874/81

14.649.346

14.252.938

396.408

Durchschnitt 1883/85

18.837.091

18.076.141

760.950

Durchschnitt 1889/91

21.820.194

20.881.122

939.072

Quelle: Königliches Statistisches Bureau (Hg.): Das gesammte Volksschulwesen im preußischen Staate im Jahre 1891. 1. Theil. Berlin 1893, S. 208.

384

Anhänge

9.28 Kostenverteilung für den Schulhausbau in Schmagerow In Schmagerow ist Küsterei und Schule bereits 1807 verbunden gewesen. Es kommen daher hinsichtlich der Baupflicht die Bestimmungen der Pommerschen Kirchenordnung und des Gesetzes vom 21. Juli 18464 zur Anwendung. 1) Die bebaute Grundfläche beträgt: a) der neuen Klasse mit Schulflur 6,00 × 10,08 + 5,02 × 2,32 = 72,13 qm b) der alten Klasse mit Schülerflur 6,12 × 4,75 + 3,25 × 2,92 = 33,82 qm mithin beträgt die Vergrößerung 38,31 qm. Die Kosten dieser Erweiterung im Schulinteresse fallen dem Gesamtschulverbande zur Last. Die bebaute Grundfläche des neuen Schulgebäudes beträgt 18,00 × 10,08 + 3,01 × 0,26 = 182,22 qm Die Baukosten des Schulhauses betragen 12.512,43 M. Mithin entfallen 12.512,43 ∙ 38,31 ∙ 38,31 12.512,43 auf den Gesamtschulverband = 2.630,62 182,22 182,22 2) Von den 4 Sitzen und 1 Pissoir des neuen Abortes ist 1 Sitz als Erweiterung im Schulinteresse anzusehen, die Kosten dafür fallen ebenfalls dem 637,33 Gesamtschulverbande zur Last 637,33 = 127,47 55 3) Der Bau des Wirtschaftsgebäudes liegt nach § 4 des Gesetzes vom 21. Juli 1846 gleichfalls dem Gesamtschulverbande ob, da durch den Separationsrezeß vom 967,94 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 967,94 15.849,92 𝑀𝑀 15.849,92 𝑀𝑀 7. Oktober 1856 die Schule mit Land dotiert worden ist. 2.076,16 4.834,25 4) Alle übrigen Baukosten fallen der Kirchenkasse zur Last: 12.512,43 ∙ 38,31 1.605,71 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 1.605,71 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 182,22 15.849,92 𝑀𝑀 15.849,92 𝑀𝑀 15.849,92 – 4.834,25 = 11.015,67 12.512,43 ∙ 38,31 182,22 zusammen 11.015,67 4.834,25 Hierzu der Wert der von der Patronin hergegebenen hergegebenen 637,33 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 2.499,21 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 2.499,21 515.849,22 𝑀𝑀 15.849,22 𝑀𝑀 Materialen mit 967,94 M 637,33 5 Hiervon entfallen: 967,94 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 auf die Kirchenkasse = = 672,72 15.849,92 𝑀𝑀 5.619,21−−500 500 5.619,21 967,94 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 33 M = auf den Schulverband = 967,94  – 672,72 295,22 15.849,92 𝑀𝑀 Hierzu die Spanndienste laut beiliegender Berechnung 1.605,71 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 mit 1605,71 M. Hiervon entfallen: 15.849,92 𝑀𝑀 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 auf die Kirchenkasse = 1.605,71 = 1115,97 15.849,92 𝑀𝑀 auf den Schulverband = 1605,71 – 1115,97 M = 489,74 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 Summe der Gesamtkosten2.499,21 12.804,36 5.619,21 15.849,22 𝑀𝑀 2.499,21 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 15.849,22 𝑀𝑀 5.619,21 − 500 3 5.619,21 − 500 3



4 „Gesetz, betreffend den Bau und die Unterhaltung der Schul- und Küsterhäuser. Vom 21. Juli 1846“, in: Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, Nr. 29/1846, S. 392 f.

12.512,43 ∙ 38,31 182,22

637,33 5

385

Kostenverteilung für den Schulhausbau in Schmagerow 637,33 967,94 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 5 15.849,92 𝑀𝑀

Hiervon ab die Handdienste nach ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 beiliegender Berechnung mit 967,94 15.849,92 𝑀𝑀 893,50 M 1.605,71 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 und die Spanndienste mit15.849,92 𝑀𝑀 1.605,71 M zusammen 2.499,21 M 1.605,71 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 Hiervon entfallen: 15.849,92 𝑀𝑀 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 auf die Kirchenkasse 2.499,21 = 1.736,95 15.849,22 𝑀𝑀 auf den Gesamtschulverband 2.499,21 – 1.736,95 M 2.499,21 ∙ 11.015,67 𝑀𝑀 Bleiben Barkosten 11.067,41 15.849,22 𝑀𝑀 5.619,21 − 500 Von den auf den Gesamtschulverband entfallenden 3 Kosten sind gedeckt durch den staatlichen Baubeitrag 5.619,21 − 500 aus § 17 des V. U.Gesetzes 5 = 3 Bleiben

762,26 4.856,95

1.706,40 3.150,55

Stettin, den 14ten November 1912. Der Vorstand des Königlichen Hochbauamtes Saegert Geprüft bei der Königlichen Regierung Stettin, den 28ten November 1912 [Unterschrift] Regierungs- und Baurat Quelle: PfA Retzin, Küsterei Schmagerow, fol. 23 f.

5 „Gesetz, betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen vom 28. Juli 1906“, in: Zentralblatt, 9/1906, S. 622 – 655.

Verzeichnis der Abkürzungen ALR Allgemeines Preußisches Landrecht Anm. Anmerkung APS Archiwum Państwowe w Szczecinie (Staatsarchiv Stettin) Ders. Derselbe Ebd. Ebenda EZB Evangelisches Zentralarchiv Berlin fol. folio gl. Groschen gGr. gute Groschen GLSR Generallandschulreglement GStA PK Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Hg. Herausgeber (Singular) Hrsg. Herausgeber (Plural) hrsg. herausgegeben KKA Kreiskirchlichenarchiv des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises Greifswald LAG Landesarchiv Greifswald NPPP Naczelne Prezydium Prowincji Pomorskiej w Szczecinie (Oberpräsidium von Pommern) pag. pagina Pf. Pfennig PfA Pfarrarchiv Rej. Sz. Rejencja Szczecińska (Regierung Stettin) Rep. Repositur rt. Reichstaler Sect. Section sgr. Silbergroschen Sp. Spalte Sup Pen Superintendentur Penkun T Taler Tit. Titel unpag. unpaginiert v. verso (Rückseite) Vol. Volumen ₰ Pfennig □Fuß Quadratfuß

Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1 Gilly, David: Karte des Königlich Preußischen Herzogthums Vor- und Hinterpommern 1789 Abbildung 2 Reymann, Gottlob Daniel: Topographische Special Karte von Deutschland um 1860 Abbildung 3 Caspar Moritz Engelcken, ca. 1850 Abbildung 4 Verteilung der Wochenstunden im Stettiner Seminar 1792 Abbildung 5 Friedrich Heinrich Gotthilf Graßmann Abbildung 6 Lebensalterkohorten der Lehrer in der Penkuner Synode 1820 Abbildung 7 Anteil der seminaristisch ausgebildeten Lehrer in der Penkuner Synode 1820 – 1875 Abbildung 8 Durchschnittliche Anteile am Einkommen der Lehrer in der Pasewalker Synode 1798 Abbildung 9 Verteilung der Einkünfte und Einkommensanteile z­ wischen den Schulmeister- und Küsterstellen in der Pasewalker Synode 1798 (in Talern) Abbildung 10 Anteilsverteilung der Küster- und Schulmeisterstellen in den vorpommerschen Synoden 1798 (in Prozent) Abbildung 11 Anteil der Stellen königlichen Patronats und deren Differenzierung in Küster- und Schulmeisterstellen in den vorpommerschen Synoden (in Prozent) Abbildung 12 Einkommen der Penkuner Küster- und Schulmeisterstellen 1812 (in Talern) Abbildung 13 Anteil des Einkommens aus dem Schul- bzw. Küsteramt in der Penkuner Synode 1812 (in Talern) Abbildung 14 Bestandteile der Küstereinkommen in der Penkuner Synode 1812 (in Prozent) Abbildung 15 Bestandteile der Lehrereinkommen in der Penkuner Synode 1812 (in Prozent) Abbildung 16 Bareinkommen der Lehrer in der Penkuner Synode 1812 (in Talern) Abbildung 17 Schulgeldbeiträge in der Synode Penkun aus der Winter- und der Sommerschule 1818/19 (in Talern) Abbildung 18 Gehaltszuwachs durch die Einführung des allgemeinen Schulgeldes (in Talern) Abbildung 19 Einkommenszuwachs der Küster- und Schulstellen (in Talern) Abbildung 20 Spezifikation der Lehrereinkommen in der Penkuner Synode 1857 Abbildung 21 Entwicklung des Durchschnittseinkommens der Lehrer in den Landsynoden des Randower Kreises ­zwischen 1857 und 1867 (in Talern) Abbildung 22 Spezifikation des Lehrergehalts in der Penkuner Synode 1874

388

Anhänge

Abbildung 23 Anteil der Ortschaften in den vorpommerschen Synoden ohne eigenes Schulhaus 1798 (in Prozent) Abbildung 24 Vergleich der Schulhaussituation in den vorpommerschen Synoden mit der in der Penkuner Ephorie 1798 (in Prozent) Abbildung 25 Grundriss des Wartiner Küster- und Organistenhauses 1820 Abbildung 26 Aufstellung des Mobiliars im Schulhaus von Luckow 1823 Abbildung 27 Aufstellung des Mobiliars im Schulhaus von Petershagen 1823 Abbildung 28 Aufstellung des Mobiliars im Schulhaus von Schönfeld 1823 Abbildung 29 Ursprünglicher Grundriss des Radewitzer Schulhauses 1817 Abbildung 30 Veränderter Grundriss des Radewitzer Schulhauses 1818 Abbildung 31 Geplante Vorderansicht des Storkower Schulhauses 1838 Abbildung 32 Geplanter Grundriss des Storkower Schulhauses 1838 Abbildung 33 Überarbeitete Vorderansicht des Storkower Schul- und Stallgebäudes 1838 Abbildung 34 Überarbeiteter Grundriss des Storkower Schul- und Stallgebäudes 1838 Abbildung 35 Verteilung der Investitionen in die Reparatur bzw. den Neu- oder Umbau von Elementarschulhäusern 1859 – 1861 auf die einzelnen preußischen Provinzen (in Prozent) Abbildung 36 Vergleich der Investitionssummen im gesamten Kreis Randow mit den Investitionen im Stadt- und Landkreis Stettin für die Reparatur sowie den Aus- und Neubau von Elementarschulen auf dem Lande von 1859 bis 1867 (in Talern) Abbildung 37 Lageplan des neuen Schmagerower Schulgeländes 1910 Abbildung 38 Frontansicht (Nordwesten) des neuen Schmagerower Schulhauses 1910 Abbildung 39 Giebelansicht (Südwesten) des neuen Schmagerower Schulhauses 1910 Abbildung 40 Grundriss des neuen Schmagerower Schulhauses 1910 Abbildung 41 Kostenträger und deren jeweiliger Anteil an den Baukosten beim Schulbau in Schmagerow 1910

Verzeichnis der Tabellen Tabelle 1 Tabelle 2 Tabelle 3 Tabelle 4 Tabelle 5 Tabelle 6 Tabelle 7 Tabelle 8 Tabelle 9 Tabelle 10 Tabelle 11 Tabelle 12 Tabelle 13 Tabelle 14 Tabelle 15 Tabelle 16 Tabelle 17 Tabelle 18 Tabelle 19 Tabelle 20 Tabelle 21 Tabelle 22 Tabelle 23 Tabelle 24 Tabelle 25 Tabelle 26 Tabelle 27 Tabelle 28 Tabelle 29 Tabelle 30 Tabelle 31

Kirchliche Verwaltungsstruktur des Untersuchungsgebietes Kirchspiele und Amtszeiten der jeweiligen Pfarrer Übersicht über die Patronatsverhältnisse und die Dorfstrukturen Ausbildungsinhalte am Stettiner Lehrerseminar Schülerzahlen an der Lastadischen Schule und ihren Filialschulen 1791 Anzahl der Seminarabgänger des Lastadischen Seminars 1778 – 1891 Anzahl der pro Jahr in das Stettiner Seminar aufgenommenen Zöglinge 1817 – 1837 Lehrplan des Stettiner Seminars 1824/25 Anzahl der Abgänger des Stettiner Seminars 1831 – 1858 Etat des Schullehrerseminars zu Stettin 1842/44 Zahl der Bewerber und der aufgenommenen Seminaristen in Stettin 1821 – 1844 Statistische Übersicht über die Stettiner Seminarabgänger 1819 Seminarabgänger 1819 Klassifikation der pommerschen Landschulen 1827 Stundenplan des Pyritzer Nebenseminars Qualifikation, Alter, Nebentätigkeit und Amtstüchtigkeit der Lehrer in der Penkuner Synode 1820 Amtstüchtigkeit der Lehrer in der Penkuner Synode 1820 (nach Engelckens Einschätzung) Inhalte der Lehrerkonferenzen in der Penkuner Synode 1819/20 Themen der Lehrerkonferenzen in der Penkuner Synode 1845/46 Vergleich der Einkommenssituation und der Patronatsverhältnisse 1819 Landdotationen und Weideberechtigungen der Schulstellen 1840 Wert der Landabfindungen und Weidegerechtsame 1840 (in Talern) Einnahmen der Küster- und Lehrerstellen im Kirchspiel Schönfeld 1798 Einkommenssituation der jeweiligen Amtsinhaber nach der Abtrennung der Filialküstereien von ihren Mutterkirchen Entwicklung der Lehrergehälter in der Penkuner Synode 1857 – 1867 Aufwendungen für die Erhöhung der Lehrerbesoldung im Regierungsbezirk Stettin 1857 – 1871 (in Talern) Aufwendungen für die Verbesserung der Elementarlehrerbesoldung 1852 – 1866 (in Talern) Schulhaussituation in den vorpommerschen Synoden 1798 Schulhaussituation in der Penkuner Synode 1798 Schulinventar und Schülerkohorten im Kirchspiel Schönfeld 1798 Schulhaussituation in der Penkuner Synode 1818/19

390 Tabelle 32 Tabelle 33 Tabelle 34 Tabelle 35 Tabelle 36

Tabelle 37 Tabelle 38 Tabelle 39

Anhänge

Baulicher Zustand der Schulen in der Penkuner Synode 1823 Größe der Schulzimmer in den Orten der Penkuner Synode in Relation zur Schülerzahl 1828 (bei 6 □F pro Schüler) Visitationsbefund Engelckens 1824 Summe der Aufwendungen für die bauliche Unterhaltung der Elementarschulen in den preußischen Provinzen 1859 – 1861 Investitionshöhe in die Reparatur bzw. den Neu- oder Umbau von Elementarschulhäusern in den Regierungsbezirken der Provinz Pommern 1859 – 1861 Investitionssummen in den Schulhausbau im Kreis Randow 1859 – 1861 Investitionssummen in die Reparatur bzw. den Neu- oder Umbau von Elementarschulhäusern in der Synode Penkun 1859 – 1867 Entwicklung der Schulunterhaltungskosten für die öffentlichen Volksund Mittelschulen in den Städten und auf dem Lande in Pommern 1871 – 1886 (in Mark)

Quellen- und Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen Kreiskirchenarchiv des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises Greifswald – KKA Superintendentur Penkun – Sup Pen Sect. I: Ecclesiastica, Tit. XX: Conduiten-Listen, Vol. 2: 1779 – 1829. Sect. I: Ecclesiastica, Tit. XX: Conduiten-Listen, Vol. 3: 1830 – 1847. Sect. III: Schulsachen, Tit. I: Allgemeine gesetzliche Bestimmungen, Vol. 1. Sect. III: Schulsachen, Tit. I: Allgemeine gesetzliche Bestimmungen, Vol. 2. Sect. III: Schulsachen, Tit. II: Nachhülfe der Lehrer, Vol. 1. Sect. III: Schulsachen, Tit. II: Nachhülfe der Lehrer, Vol. 2. Sect. III: Schulsachen, Tit. III: Seminarien, Vol. 1. Sect. III: Schulsachen, Tit. III: Seminarien, Vol. 2. Sect. III: Schulsachen, Tit. VI: Schulberichte, Vol. 1: 1765 – 1794. Sect. III: Schulsachen, Tit. VI: Schulberichte, Vol. 2: 1795 – 1798. Sect. III: Schulsachen, Tit. VI: Schulberichte, Vol. 4: 1818 – 1819. Sect. III: Schulsachen, Tit. VI: Schulberichte, Vol. 5: 1820 – 1822. Sect. III: Schulsachen, Tit. VI: Schulberichte, Vol. 6: 1823 – 1827. Sect. III: Schulsachen, Tit. VI: Schulberichte, Vol. 7: 1829. Sect. III: Schulsachen, Tit. VIIIa: Anschläge. Sect. III: Schulsachen, Tit. VIIIb: Anschläge. Sect. III: Schulsachen, Tit. XI: Allgemeine Revision. Sect. VI: Parochialia, Nr. 1: Blumberg, Tit. IVa: Schulsachen. Sect. VI: Parochialia, Nr. 2: Cummerow, Tit. II: Matrikularien. Sect. VI: Parochialia, Nr. 2: Cummerow, Tit. IV: Schulsachen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 2: Cummerow, Tit. V: Visitationen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 4: Löcknitz, Tit. V: Visitationen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 5: Nadrensee, Tit. IV: Schulsachen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 6: Retzin, Tit. IV: Schulsachen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 6: Retzin, Tit. V: Visitationen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 7: Schönfeld, Tit. II: Matrikularien. Sect. IV: Parochialia, Nr. 7: Schönfeld, Tit. IV: Schulsachen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 8: Sommersdorf, Tit. IV: Schulsachen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 8: Sommersdorf, Tit. V: Visitationen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 8: Sommersdorf, Tit. VI: Disciplinaria. Sect. IV: Parochialia, Nr. 9: Sonnenberg, Tit. II: Matrikularien. Sect. IV: Parochialia, Nr. 9: Sonnenberg, Tit. IV: Schulsachen.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Sect. IV: Parochialia, Nr. 9: Sonnenberg, Tit. IVb: Schule. Sect. IV: Parochialia, Nr. 9: Sonnenberg, Tit. V: Visitationen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 10: Wollin, Tit. IV: Schulsachen. Sect. IV: Parochialia, Nr. 11: Woltersdorf, Tit. II: Matrikularia. Sect. IV: Parochialia, Nr. 11: Woltersdorf, Tit. V: Visitationen. ohne – Protokolle der Bezirks- und General-Lehrer-Konferenzen 1878 – 1885.

Archiwum Państwowe w Szczecinie (Staatsarchiv Stettin) – APS Konsystorz (Konsistorium Stettin) 94 Bestellung der Consistorial- und Schul-Räthe 1709 – 1809. 96 Bestellung der Regierungs Präsidenten und Consistorial Directoren 1762 – 1798. 437 Die Städtischen Schulen in Vor Pommern wie auch die Land Schulen 1768 – 1780. 440 Acta Commissionis des Direktors Herr wegen der zu Verbeßerung einiger Schul Gehälter bewilligten Meliorations-Zinsen und ausgemittelten Schul Oerter und deshalb geschehenen Local Untersuchungen 1773 – 1776. 475 Die Verbesserung des K ­ irchen- und Schulwesens aus der Veranlassung vom 24ten Januar 1784. 478 Erbauung neuer Schulhäuser für die aus dem Meliorations-Zinsen Fonds zu salarirenden Schulhalter; wie auch wegen der übrigen Schul-Häuser aus dem Büdner Etablissement Fonds 1779 – 1781. 479 Die Erbauung derer Schul-Häuser vor die aus dem Meliorations Zinsen Fonds zu sallarirenden Schulhalter wie auch der übrigen Schul Häuser aus dem Büdner Etablissements Fonds 1781 – 1786. 484 Die Etablirung des Ober Schul Collegii zu Berlin und Einsendung der Tabellarischen Nachrichten von dem Zustand der Pommerschen Schulen 1787 – 1788. 552 Verbeßerung des Schulwesens besonders auch in Ansehung der Bürger- und Land-Schulen und Entwerfung eines hierauf abzweckenden Schul-Plans 1764 – 1806. 554 Adhibendum ad Acta Generalia des Pommerschen Consistorii wegen Verbeßerung des Schulwesens enthaltend die Tabellen B von den Vor-Pommerschen Land Schulen 1798 – 1799. 1408 Die Verfaßung derer Schulen und das Einkommen derer Schulhalter auf dem Lande im Pencunschen Synodo 1773 – 1809. 5518 Penkun Kirchenvisitation 1580. 5528 Die Besetzung der Schul-Stellen zu Pencun 1772 – 1805. 5561 Das ­Kirchen- und Schulwesen in Pinnow 1759 – 1809. 7619 Schulwesen in Stettin 1742. 7673 Die Lastadische Schule zu Alten Stettin in Ansehung des aeußerlichen Zustandes 1739 – 1791.

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Die Lastadische Schule zu Stettin in Ansehung des äußerlichen Zustandes 1791 – 1801. Das bey der Lastadischen Schule zu Alten Stettin in Ansehung der Gnaden Schulen anzulegende Schulhalter Seminarium und die Salarirung derer desfalsigen Praeparandum von dem zum Schulgehalte ausgesetzten Meliorations Zinsen Fonds wie auch die Anlegung eines provincial Schulhalter Seminarii 1782 – 1806. Das K ­ irchen- und Schulwesen zu Wollin 1739 – 1807.

Naczelne Prezydium Prowincji Pomorskiej w Szczecinie (Oberpräsidium von Pommern) – NPPP 4035 Schul- und Erziehungswesen, auch Schullehrer-Vereine 1816 – 1890. Rejencja Szczecińska (Regierung Stettin) – Rej. Sz. II/4113 Jahresberichte von den Landschulen 1828. II/4135 Anstellung und Dienstführung des Schullehrers zu Wartin 1811 – 1835. II/4138 Schule Glasow 1815 – 1888. II/4144 Schule Jamickow 1858 – 1878. II/4146 Küsterschulhausbauten Cummerow 1885 – 1900. II/4176 Besetzung der Schullehrerstelle Löcknitz 1778 – 1816. II/4179 Besetzung der Schule Plöwen 1783 – 1816. II/4233 Schule Ramin 1815 – 1852. II/4235 Lehrer und Schulhaus Schmagerow 1815 – 1864. II/4240 Schule und Schullehrer Storkow 1810 – 1856. II/4253 Schule und Lehrer Cunow 1813 – 1856. II/5005 Die Anstellung eines Directoris und Rendanten für die Lastadischen Schulanstalten zu Alt Stettin 1808 – 1858. II/5022 Die Vermögens-Verwaltung und die Verfaßung des Landschul-Lehrer Seminarii bey der Lastadischen Schule zu Alt Stettin 1810 – 1820. II/5023 Die Anstellung der Lehrer und des Rendanten an dem Land-Schul-Lehrer Seminario zu Alt Stettin 1810 – 1833. II/5024 Die Aufnahme der Praeparanden in die Land-Schul-Lehrer Seminarien zu AltStettin, desgl. Zuschüsse für die Seminaristen 1811 – 1820. II/5042 Die Ministerial-Schule zu Alt-Stettin und deren Grundstücke 1810 – 1859. II/5043 Der Vermögens-Zustand des mit der Ministerial-Schule in Alt-Stettin verbundenen Land-Schul-Lehrer Seminarii 1811 – 1862. II/5046 Die Besetzung der Lehrer-Stellen und der Director-, Inspector-, Curator- und Rendanten-Stellen an der Ministerial Schule zu Alt-Stettin 1812 – 1858. II/5048 Die Beschaffung geräumiger Lehrzimmer für das Seminario, durch den Umtausch des vormaligen Gouvernements-Hauses in Alt Stettin gegen das Ministerial-Schulgebäude und Benutzung des ersteren für das Seminar und der

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Quellen- und Literaturverzeichnis

damit verbundenen Ministerial-Schule und des letzteren für eine höhere Töchterschule und eine Elementar-Schule 1818 – 1827. II/7230 Die Fortbildung und Nachhilfe der niedern städtischen Elementar- und LandSchullehrer 1828 – 1900. II/7325 Subsidiäre Verpflichtung der Gutsherrschaft zur Übertragung der Schulbeiträge 1837 – 1890. Starostwo Powiatowe w Szczecinie (Landratsamt Randow) 659 Übersicht über das Elementar Schulwesen 1857 – 1867. 660 Statistik über das Elementar Schulwesen, Vol. 2: 1870 – 1877. 661 Statistik über das Elementar Schulwesen, Vol. 3: 1913 – 1927. 688 Bauten und Reparaturen der Schul-Gebäude zu Ramin 1829 – 1858. 710 Abschaffung des Schulgeldes und Verwandlung desselben in ein Amtsgehalt für den Lehrer 1830. 717 Verbesserung gering dotirter Schul Lehrer Stellen auf dem platten Lande 1833 – 1866. Starostwo Powiat w Stargardzie (Landratsamt Stargard) 541

Die Erhöhung des geringen Dienst-Einkommens der Schullehrer 1833 – 1897.

Landesarchiv Greifswald – LAG Rep. 6a: Schwedische Landesmatrikel von Vorpommern, Band 2: Ausrechnungs- und Beschreibungsband. Rep. 6a: Schwedische Landesmatrikel von Vorpommern, Band 44: Ausrechnungs- und Beschreibungsband. Rep. 60: Oberpräsidium, Nr. 2791: Statistik, Topographie und Volkszählung, Band 1: 1818 – 1864. Rep. 62: Provinzialschulkollegium, Nr. 1: Gemeinsame Beratungen der ­Kirchen- und Schulkommissionen in Stettin, Köslin und Stralsund 1818 – 1877. Rep. 62: Provinzialschulkollegium, Nr. 2048: Ankauf des Gouvernementshauses zum Schullehrer-Seminar in Stettin 1828 – 1853. Rep. 62: Provinzialschulkollegium, Nr. 2052: Die aus dem Haupt-Seminar zu Stettin entlassenen Seminaristen 1831 – 1862. Rep. 62: Provinzialschulkollegium, Nr. 2054: Der Etat am Schullehrer-Seminar in Stettin 1841 – 1859.

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz – GStA PK I. HA, Rep. 74: Staatskanzleramt, Abt. L IV: Generalia, Nr. 4: Die Verbesserung des Schulwesens 1810 – 1822.

Quellen- und Literaturverzeichnis

I. HA, Rep. 74: Staatskanzleramt, L V: Pommern, Nr. 1: Schulwesen und die Schullehrer in Pommern 1811 – 1822. I. HA, Rep. 76: Kultusministerium, VII neu Sekt. 17 A Teil I, Nr. 1: Oberpräsidium, das Konsistorium und Provinzialschulkollegium der Provinz Pommern und die Regierung zu Stettin, Band 1: 1809 – 1824. I. HA, Rep. 77: Ministerium des Innern, Tit. 125, Nr. 3: Die Schul-Ordnung für die Elementar-Schulen der Provinz Pommern 1847.

Evangelisches Zentralarchiv Berlin – EZB Kirchenbücher der Schlossgemeinde zu Stettin, KB 414 und KB 4136 Evangelisches Landeskirchliches Archiv in Berlin Bestand: Kirchenbuchstelle Alt-Berlin, Signatur: 5790/2 Sankt Petri-Kirche, Taufen 1731 – 1740. Pfarrarchiv Penkun – PfA Penkun Penkun Gesamtkirchenbuch 1717 – 1822. Kirchen Chronik der Stadt Penkun 1612 – 1679. Nr. 52 Pfarrbesetzungen. Nr. 76 Schulsachen: Diversa, Conferenzen. Rusch-Müller, Rudolf: ­Kirchen-Chronik Stadt Penkun 763 – 1936. Totenregister 1853 – 1905. Sommersdorf Nr. 10 Matrikel, Pfarrübergabe, Auseinandersetzungen, Kirchenvisitationen. Nr. 13 Schule Radewitz. Nr. 17 Rezeß über die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse in dem Dorfe Grünz vom 4. Mai 1830. Nr. 18 Auszug aus dem Regulirungs-Rezesse von Sommersdorf und Grünz sowie dieselben die Pfarre, die ­Kirche und die anderen geistlichen Stiftungen betreffen. Wollin Nr. 61 Besetzung der Küster und Schulstelle zu Wollin. Nr. 67 Storckowsches Kirchenrechnungsbuch.

Pfarrarchiv Retzin – PfA Retzin Protokolle der Bezirkslehrerkonferenzen Löcknitz und Retzin. Schulbauten Retzin. Akte der ­Kirche Ramin, btrf. Küsterei.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Küsterei Schmagerow.

ehemaliges Pfarrarchiv Cummerow – PfA Cummerow 1 Ortsschulinspektion Cummerow, Schulverband und Schulvorstand. Landeskirchliches Archiv Greifswald Best.: 5 Konsistorium, Sommersdorf AV, Band II.

Gedruckte Quellen Acta Borussica: Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hg. von der Königlichen Akademie der Wissenschaften: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert, 5. Band. Erste Hälfte (bearbeitet von Gustav Schmoller und Wilhelm Stolze), Berlin 1910. Acta Borussica: Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hg. von der Königlichen Akademie der Wissenschaften: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert. 12. Band (bearbeitet von Martin Haß, Wolfgang Peters, Ernst Posner). Berlin 1926. Acta Borussica: Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hg. von der Akademie der Wissenschaften: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert. 13. Band (bearbeitet von Ernst Posner), Berlin 1932. Acta Borussica: Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hg. von der Akademie der Wissenschaften: Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert. 15. Band (bearbeitet von Ernst ­Posner), Berlin 1936. Amts-Blatt der Königlich Churmärkischen Regierung, Nr. 33/1811. Amtsblatt der Königlichen Regierung von Pommern, Nr. 27/1819, 30/1819. Amtsblatt der Königlichen Regierung Stettin, Nr. 29/1821, 22/1858, 38/1859, 34/1860, S. 169, 29/1861, 27/1862, 9/1866, 6/1867, 12/1868, 31/1869, 10/1870, 11/1871, 10/1872. Corpus Consitutionum Marchicarum, Continuatio IV. Corpus Constitutionum Marchicarum, Teil 1, Abt. 1. Corpus Constitutionum Marchicarum, Teil 1, Abt. 2. Corpus Iuris Confoederationis Germanicae, Band 1. Gesetz-Sammlung für die Königlich-Preußischen Staaten, 1810, 1811, 1815, 1816, 1817, 1819, 1821, 1846, 1849, 1850, 1856, 1872. 1 Dieser Aktenbestand befand sich während der Zeit der Erstellung dieser Arbeit in privater Verwahrung von Ilona Pahl, Kummerow und wurde 2021 in das Pfarrbüro der Evangelischen Kirchengemeinde St. Katharinen, Schwedt an der Oder, überführt..

Quellen- und Literaturverzeichnis

Novum Corpus Constitutionum, Band III (zu 1763). Novum Corpus Constitutionum, Band III (zu 1764). Novum Corpus Constitutionum, Band III (zu 1765). Novum Corpus Constitutionum, Band V, Teil 3 (Nachtrag zu 1775). Novum Corpus Constitutionum, Band 12 (1806). Novum Corpus Constitutionum, Band 12 (1807 – 1810). Preußische Gesetzsammlung, Nr. 19/1938, Nr. 21/1938. Schulblatt für die Provinz Brandenburg Heft 4/1838. Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen, 3/1867, 5/1869, 2/1871, 11/1871, 3/1872, 4/1872, 5/1872, 8/1872, 10/1872, 4/1873, 8/1873, 5/1874, 7/1875, 4/1876, 5/1877, 1/1879, 9/1906, 1/1918, 10/1919.

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Personenregister A Albrecht, Daniel Ludwig  52 Alexander I., Zar von Russland  62 Almus, Johann Friedrich  81 Altenstein, Karl Sigmund Freiherr vom Stein zum  4 f., 56 – 59, 61 – 70, 76, 285, 303 f. Amalie, Prinzessin von Preußen  39 Andreä, Martin  104 f., 108 Anners, Joachim  378 Arndt, Ernst Moritz  65 B Baebelich, Carl Friedrich jun.  148 f., 326 Baebelich, Carl Friedrich sen.  143, 148, 163, 326 Baebelich, Gustav Theodor  163 – 168, 171, 327 Barnim I., Herzog von Pommern  71 Bartholdy, Georg Wilhelm  53, 117 f., 121 Bartmann, Präparand  165 Bauer, Johann Georg  329 Baumgart, Franzjörg  17, 23, 44, 70 Beckedorff, Ludwig  14, 30, 64 f., 67 – 70, 107, 114, 116, 138, 182 Beggerow, Carl Ludwig  329 Benecke, Carl Friedrich  132, 326 Benecke, Eduard Julius  326 f. Benecke, Friedrich Wilhelm  328 Berghaus, Heinrich  86, 267 Berndt, Heinrich  326 Bernhardt, Ernst  59 f., 114, 128, 134, 137, 140 – 142, 149, 150 f., 171 Bernhardt, Louise Caroline Wilhelmine, geb. Stosch 60 Beyme, Carl Friedrich von  43, 63 Biesenthal, Michael  114, 154, 328 Billert, Carl Friedrich Wilhelm  128 Bismarck, Bernhard von  231 Bismarck, Otto Fürst von  18, 232 f. Bock, Carl Wilhelm (auch Charles Guillaume)  342 f. Bogenschneider, Carl Friedrich  330 Bogenschneider, Carl George Heinrich  307, 328 Bogenschneider, David Benjamin  144 f., 154, 327

Bölling, Rainer  94 Boortz, August Friedrich  329 Bootz, Hermann  330 Bootz, Michael Friedrich  328 Bootz, Otto  330 Borsche, Samuel Gottfried  88 Böttcher, Christian Friedrich  128 Boyen, Hermann von  63 Brandrupp, Dietrich Erdmann  136 Breizmann, Johann Friedrich  328 Brenckenhoff, Franz Balthasar von  33 Brietzke, Lehrer  327 Brock, Christian Friedrich  150 f., 327 Brock, Ernst Friedrich  143 – 145, 150, 327 Brose, Carl August  327 Brüggemann, Ludwig Wilhelm  39 Brunn, Carl Wilhelm  40 f. Brunnemann, Gustav Johann Ferdinand  81 Brunnemann, Karl Wilhelm Gustav  81 Buchholz, Michael  327 Bugenhagen, Johannes  71, 92, 213 Bulle, Friedrich Christian  81 Bülow, Hans von  57 Burkhardt, Otto  329 Büsching, Anton Friedrich  26 Buth, Albert  330 C Cademann, Adam Magnus  143 – 145, 328 Casdorf, Johann Daniel  143 – 145, 326 Christian, Heinrich Gottlob  137 Cron, Christian  80, 148 f. D Dalitz, Gotthilf Gottfried  81 Damerow, Christian Wilhelm Sigismund  81 Danckelmann, Carl Ludolph von  24 Deutscher, Christian Heinrich  144, 155, 326 Dewitz, Friedrich Christian August von  203 Dinnijes, Johann  144 f., 154, 328 Dorn, Lehrer  136 Dorville, Johann Ludwig von  29 Dreist, Karl August Gottlieb  60, 114, 342

Personenregister E Eggers, Friedrich  77 Eichhorn, Friedrich  219 f. Eickstedt, Georg Friedrich von  267 Eickstedt, Ludwig Wilhelm von  267 Eickstedt-Peterswaldt, Amalia Beata Katharine Baronin von, geb. Maaß  271 Eickstedt-Peterswaldt, August Ludwig Maximilian Graf von  176 Eickstedt-Peterswaldt, Carl Ludwig Friedrich Baron von  150, 207, 268 f., 271, 273 f., 294 Eickstedt-Peterswaldt, Johanna Auguste Caroline von, geb. von Ramin  271 Ellmann, Elias  144 f., 217, 248, 267, 271, 329, 336 Engel, August Heinrich Eduard  328 Engel, Karl Wilhelm  226, 328 Engelcken, Beata Wilhelmine, geb. Matthias  77, 321 Engelcken, Albert (von)  78 Engelcken, Catharina Louise, geb. Fleminge  77 Engelcken, Caspar Moritz  77 – 80, 121, 123, 131, 145 – 151, 153 f., 158, 194 f., 198 – 200, 204, 207 f., 210, 217, 219, 221, 223, 225 f., 249 – 254, 256, 268, 271 – 276, 278 – 283, 294, 300, 305, 321, 336, 376, 379, 381, 387 Engelcken, Carolina, verh. Steinbrück  321 Engelcken, Caroline Friederike, geb. Medenwaldt  78, 121 Engelcken, Kaspar Friedrich  35, 77, 81, 96 f., 321, 323 Engelcken, Marie Louise, verh. Pfotenhauer  321 Engelcken, Michael Ernst  77 Engelcken, Rosalia, verh. Steinbrück  321 Engelke, Gottfried  144 f., 154, 214, 329 Engelken, Friedrich Ludwig  112, 117 Enkelmann, Karl Gottlieb  178 f., 238 – 240, 253 Ernesti, Johann  104 Ewaldt, Carl August  330 Eylert, Rulemann  64 – 66, 68, 70 F Falk, Adalbert  17 f., 115, 133, 172, 232 Feist, Christian  328 Fetting, Carl August  136

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Fichte, Johann Gottlieb  49, 51, 65, 69 Fiebelkorn, Carl August Ferdinand  307, 330 Fischer, Johann  328 Fischer, Johann J.  137 Flashar, Martin  378 Francke, August Hermann  100, 105 Frick, Georg Friedrich Wilhelm  66 Friedrich II., König von Preußen  19, 23 f., 27, 29 – 31, 33, 35, 39, 42, 46, 189, 245, 274 Friedrich Wilhelm I., König von Preußen  23, 28, 99 – 101, 185 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen  35, 42 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen  37, 42 f., 49, 51 – 53, 61, 63 f., 69 f., 237 Friese, Karl Ferdinand  88 G Gau, Albert Georg Christoph  326, 330 Gedike, Friedrich  36, 39, 41, 49 Gerke, David  330 Gilly, David  73, 387 Ginzburg, Carlo  15 f. Gloeden, Albertine von, verh. von Ramin  271 Gloeden, Louise von, verh. von Ramin  271 Gloeden, Sophie von, verh. Maaß  271 Goltzsch, Emil Theodor  126, 129 Göring, Christian Friedrich  31 f., 108 – 113, 129, 134, 169, 303, 335 f. Gräpp, Lehrer  327 Graßmann, Albertine Friederike, geb. Medenwaldt 321 Graßmann, Friedrich Heinrich Gotthilf  59, 80, 118 – 120, 122 – 126, 128 f., 134, 137 f., 158 f., 169, 295, 304, 306, 339, 387 Graßmann, Gottfried Ludolf  119 Graßmann, Hermann Günther  121 Graßmann, Johanna Dorothea Elisabeth, geb. Grundmann 119 Graßmann, Johanne Friederike Luise, geb. Medenwaldt 121 Graßmann, Justus, Schulrat  121 Graßmann, Justus, Superintendent  121 Graßmann, Justus Günther  79, 121 f., 124, 321 Graßmann, Regina Elisabeth, geb. Sagebaum  119 Graßmann, Robert  121 Grumbkow, Philipp Otto von  103

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Quellen- und Literaturverzeichnis Grützmacher, Samuel Christian Ulrich  81, 155, 199 Grützmacher, Samuel David  81 Gummert, Johann Carl  327 H Haberland, Christian Friedrich  328 Hacke, Antoinette Gräfin von, geb. von Lehwald  78, 96, 359 Hacke, Carl Graf von  147, 211 f. Hacke, Friedrich Wilhelm Graf von  263 Hacke, Wilhelmine Gräfin von, verh. von Marschall 244 Hagemann, August Philipp Theodor  128 Hallpaap, Carl Ludwig  121, 123 Hardenberg, Karl August von  43, 46, 57, 62, 64, 67, 72, 203 Harnisch, Friedrich Wilhelm  80, 194 Hartmann, Augustin Christian  80, 95, 97, 323 Hartmann, Carl Wilhelm  329 Hartwig, Christian Friedrich  381 Hecker, Johann Julius  25 f. Heintze, Anton Karl August  176 Heinze, Georg Andreas Gottlieb  81, 225, 321 Heinze, Jacobine Philippine Eulalie, geb. Steinbrück 321 Henck, Johann Wilhelm  264 f., 280, 371 Henning, Johann Caspar  95 f., 98 Henning, Johann Wilhelm Matthias  52, 114 Henrici, Johann Gottlieb  96 Henrici, Johann Gottlob Augustin  328 Herr, Gottlob Friedrich  27 f., 30 – 33, 35, 237, 299 Hertel, August Wilhelm Bernhard  80, 160 Hertel, Christian Gottfried  81, 90, 264 f., 280, 307 Herzfeld, Wilhelm Friedrich  328 Hildebrandt, Carl Friedrich Franz Julius  167 f. Hildebrandt, Karl Friedrich Wilhelm Otto  81, 160 Himly, Johann Friedrich Wilhelm  49 Hirte, Kand. theol.  105 Hoffmann, Leopold Franz Friedrich  160 Hofmann, Carl Christoph von  36 Holtz, Bärbel  67 Höppner, Friedrich  22, 327

Hornejus, Johann Gottfried  103 f., 107 f. Hörning, Emil  329 Huber, Daniel  268 Huber, Ernst Rudolph  37, 46 Hufert, Johann Friedrich  328 Humboldt, Wilhelm von  47 f., 52 f., 55, 57, 63, 65, 69, 114 Hummius, Stephan Gottlieb  245 Hünefeld, Ernst Heinrich Friedrich Allwill  80 I Irrgang, Carl Friedrich  330 J Jahn, Bürgermeisterwitwe  104 Jahn, Friedrich Ludwig  65 Jahnke, Wilhelm  329 Jänisch, Johann  144, 327 Jänisch, Johann Christian  327 Jänisch, Karl Friedrich  328 f. Jänisch, Martin  326 Jariges, Philipp Joseph von  29 Jeziorowski, Joseph  49 Jobst, Karl Friedrich Eduard  81 K Käding, Christian  144, 215, 328 Käding, Johann Gottlieb  136, 326 Käding, Martin  330 K(a)eding, Gottfried  378 Kallies, Johann Friedrich  144, 155, 329 Kamptz, Karl Albert von  63, 67, 70 Kawerau, Peter Friedrich Theodor  52, 114 Kempe, Ludwig  80 Kieckebusch, Carl Ludwig Eduard  223 Kieckebusch, Gustav Wilhelm Ludwig  81 Kiesow, Christian Friedrich  136 Kietz, Christian  144 – 147, 266, 329 Kiewitt, Joachim Friedrich  326 Klaenhammer, Michael  378 Klewitz, Wilhelm Anton von  58 Klimitz, Friedrich Wilhelm  137 Klöckner, Sophie Auguste Louise  128 Klöckner, Karl Ferdinand Friedrich  123 f., 128 Kluth, Karl Friedrich  81, 242 Knauer  96 f. Knoth, Georg Friedrich  340 Köhler, Christian Philipp  88

Personenregister Kohlmey, Witwe  378 Kolbe, Otto Wilhelm  263 Konrad III., Bischof von Kammin  71 Koppe, Ludwig Theodor  326 Köppen, Otto  327 Koske, Lehrer  329 Koth, Hermann Julius  326 f. Kotzebue, August von  13, 63, 69 Kreusch, Carl Friedrich  96, 326 Kreusch, Christin Ludewig  96 Kreusch, Heinrich Erdmann Ferdinand  330 Kreusch, Samuel Gottlieb  96 – 98, 144, 325, 330 Kröcher, Justus Theodor Friedrich  81 Krohn, Hermann  226, 295, 329 Krohn, Martin  327 Kröning, Schmied  378 Krüger, August Wilhelm Ferdinand  137 Krüger, Carl  95, 98, 251 Krüger, Christian Friedrich  142, 154, 326 Krüger, Christiane, geb. Harpt  251, 253 Krüger, Johann Gottlob  142, 330, 323 Kuhlemann, Frank-Michael  13 f. Kühn, August Friedrich  117 Kummert, Julius  326 Kurth, Friedrich Wilhelm  143 f., 216, 326 L Ladenberg, Adalbert von  222 Laubichler, Johann Friedrich Wilhelm Albrecht  330 Lehr, Albert Heinrich Moritz Gustav  328 f. Letzin, Martin  378 Lindemann, Witwe  378 Loewe, Carl  123 f., 128 Loff, Christian Friedrich  326 Lubahn, Krüger  378 Luckert, Friedrich  326 Luckow, Werner  107 Lüderitz, Carl Wilhelm  136 M Maaß, Daniel Erdmann Friedrich  271 Maaß, Georg Heinrich Jakob  176 Maaß, Michael  176 Maaß, Sophie, geb. von Gloeden  271 Maaß, Wilhelm August Valentin  81, 208, 271 f., 274

Mainka, Peter  33 f., 82 Mampe, Hermann Julius  160 Marschall, Wilhelmine von, geb. Gräfin von Hacke  244, 359 Martin von Tours  83 Massow, Julius Eberhard von  19, 27, 34 – 39, 41 – 43, 173, 236 f., 299 Massow, Kaspar Otto von  102 Maß, Christian  378 Maß, Johann Friedrich  378 Maß, Martin  378 Matthias, Beata Wilhelmine, verh. Engelcken  77, 321 Matthias, Ferdinand  81 Matthias, Friederike Christiane, verh. Medenwaldt 321 Matthias, Michael Friedrich  77 Mau, Carl  379 May, Petter  92 Medenwaldt, Caroline Friederike, verh. Engelcken  78, 121, 321 Medenwaldt, Johann Friedrich  78, 321 Medenwaldt, Johann Friedrich Wilhelm  136 Medenwaldt, Johanne Friederike Luise, verh. Graßmann  121 Meffert, Reimund  20 f. Meierotto, Johann Heinrich Ludwig  36, 42, 50 Meißner, J. P.  105 Mellies, Dirk  20, 43 Meumann, Christian Friedrich  328 Mesecke, Friedrich Wilhelm  272, 329 Meske, Johann Friedrich  143, 291, 327 Metternich, Clemens Fürst von  62 – 64 Mewes, Michael Friedrich  330, 340 Mewes, Joachim  340 Meyer, Albert  166 Meyer, Christian  136 Meyer, Gustav, jun.  166, 168, 291 Meyer, Gustav sen.  148, 163, 166, 168, 224 Meyer, Johanne Friederike, geb. Haack  168 Mieck, Ilja  46 Miersch, Gottfried Daniel  328 Millies, Friedrich Bernhard  80 Millies, Johann  80 Milo, Karl August Friedrich Wilhelm  80 Moderow, Johann Friedrich  327 Mohnike, Gottlieb  59

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Quellen- und Literaturverzeichnis Moll, Julius Theodor  81, 342 Moll, Karl Bernhard  81 Mühler, Heinrich von  230, 235 Müller, Johann David Samuel  137 Müller, F. C.  128 Münchhausen, Ferdinand von  230 f. Münchhausen, Ernst Friedemann Freiherr von  27, 29 N Napoleon Bonaparte  45 f., 48 Natorp, Ludwig  54, 58, 114 f. Neugebauer, Wolfgang  24, 93, 98, 101, 186 Neuhaus, Martin  268 f. Neumann, Friedrich  136 f. Neumann, Karl Heinrich  59 f. Nicolaus, Friedrich  329 Nicolovius, Georg Ludwig Heinrich  47, 50, 52 f., 57, 65 – 67, 69 f. Nitschmann, Johann Friedrich  108, 112 O Obenaus, Friedrich Wilhelm Heinrich  81, 255 Obenaus, Johann Gottfried  81 Oelgarte, Christian David  80 f., 159 f., 163 – 168 Oestreich, Christian Friedrich Wilhelm  81, 212 Osten, Heinrich Carl von der  97, 267, 360 P Paul, Carl Friedrich  136 f. Peltz, Carl Aristoteles Emanuel  326 Pestalozzi, Johann Heinrich  47, 49 f., 60, 69, 114 Pfotenhauer, Karl Wilhelm Friedrich  81, 321, 379 Pfotenhauer, Marie Louise, geb. Engelcken  321 Pistorius, Carl Wilhelm  225 f., 329 Plamann, Johann Ernst  49 Poni, Carl  15 f. Porath, Präparand  168 Pracht(en), Joh. Friedrich  340 Preuß, Johann Wilhelm  52 Projahn, Joachim Heinrich  81 Prüßel, Christian  378

R Radüge, August Friedrich Ferdinand  328 f. Radüge, Ernst Emil August  328 Rahn, Peter Philipp Friedrich Karl  80, 153 f., 179, 252 Ramin, Albertine von, geb. von Gloeden  271 Ramin, Hans Lorenz Friedrich von  267, 271 Ramin, Heinrich von  207 f. Ramin, Heinrich Bogislaw Friedrich von  207, 271 Ramin, Henriette von, geb. von Saldern  223 Ramin, Curt von  252, 323 Ramin, Louise von, geb. von Gloeden  271 Rathgeber, Christina  67 Rathmann, Christian Friedrich  214 Raumer, Karl von  222, 235 Regling, Carl  144 f., 329 Regling, Johann Ludwig  330 Reichhelm, Carl Friedrich  145 Reisner, Carl Gottfried  96 Rettig, Carl Christian Gottfried  341 Retzlaff, Heinrich Wilhelm  224 f., 234, 249, 329 Retzlaff, Hermann Friedrich August  328 Retzlaff, Joachim Heinrich  329 Retzlaff, Michael  144, 207 f., 329 f. Reymann, Gottlob Daniel  74, 387 Ribbeck, Eugen  80 Ribbeck, Konrad Gottlieb  57 Richert, Jacob  378 Richter, Ernst Friedrich  136 Richter, Friedrich  144, 329, 340 Rieck, Christian sen.  378 Rieck, Christian, Witwe  378 Riecke, Samuel  132, 326, 330 Riecke, Karl Eberhard Heinrich  123 f., 128 Riedel, Johann Ferdinand  136 Ringeltaube, Gottlieb  113 Ringeltaube, E. M.  136 Rochow, Friedrich Eberhard von  108 Rosenow, August Friedrich  326 Rosinski, Inspektor und Seminarlehrer  110, 112 Rothe, Gottfried Christian  107 Rückert, Friedrich Wilhelm  330 Rünger, Gottfried  329

Personenregister S Sack, Johann August  13, 48, 59 – 61, 128 f., 339 Sadewasser, Christian Friedrich  26 Sand, Karl Ludwig  63 Sauer, Michael  92, 94, 98, 115, 131 f. Schäfer, Carl August  137 Schalow, Ludwig Carl August  327 Scharnweber, Christian Friedrich  203 Schiffmann, Christian Samuel Siegfried  112 Schinmeyer, Johann Christoph  28, 98 – 104, 168 f., 303 Schleiermacher, Friedrich  55, 65, 115, 118 Schleiffer, Carl Eduard  139 f. Schlotheim, Jérôme Napoleon Freiherr von  225 Schlumbohm, Jürgen  14 – 16 Schmedding, Johann Heinrich  57 Schmeling, Gustav Reinhold von  40 f. Schmidt, Lehrer  329 Schmidt, Christian Gottlieb  328 Schmidt, Friedrich  329 Schmiedecke, Wilhelm  328 Schneider, F. W.  128 Schneider, Manfred  37 Schön, Theodor von  57, 220 Schönberg, Carl August Theodor  231, 330 Schramm, Carl Gottfried  136 Schröder, Lehrer  327 Schröder, Carl Friedrich Wilhelm  328 Schröder, Ernst Wilhelm  276, 278 – 280, 381 f. Schröder, Gotthilf Ludwig  105 Schröder, Michael; Halbbauer  378 Schröder, Michael; Büdner  378 Schröder, Witwe  378 Schröter, Carl  230, 329 Schrötter, Friedrich Leopold von  88 Schuckmann, Carl Friedrich von  275 Schuckmann, Friedrich von  48, 53, 55 – 57, 64, 69, 275 Schuckmann, Wilhelmine von, geb. von Kortzfleisch  378, 380, 382 Schulenburg, Joachim von der  245 Schultz, Friedrich  65 – 67 Schul(t)z, Karl Benjamin  123 f., 126, 128 Schultz, Ludwig  378 Schultze, Carl Franz Ferdinand  330 Schulz, Michael Gottwald  80 Schulze, Gottlob Leberecht  260 f., 362

Schulze, Johannes  66, 70 Schütz, Johann Gottfried  145 Seibt, Christian Friedrich  340 Seiler, Ottilie, geb. Haack  168 Seiler, Rudolf Bernhard Hermann  80, 163, 165, 167 Sepke, F.  327 Snethlage, Bernhard Moritz  50, 65 Sommer, Christian  378 Sommer, Martin  378 Springstube, Johann Friedrich August David  329 Sprockhoff, Gottlieb  342 f. Staegemann, Christian  378 Steffen, Johann Gottlieb  141 Steffen, Johann Gottlob  136, 141 Stein, Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum  23, 43, 46 – 48, 52, 57, 82, 87 f. Steinbart, Gotthelf Samuel  36 Steinbrink, Christian Friedrich  144, 215, 328 Steinbrink, Ernst Friedrich  328 Steinbrück, Carolina, geb. Engelcken  321 Steinbrück, Friedrich Ludwig  78, 81, 155, 275 f., 321 Steinbrück, Jacobine Philippine Eulalie  321 Steinbrück, Ludwig Albert Emil  321 Steinbrück, Rosalie, geb. Engelcken  321 Steinhöfel, Wilhelm Heinrich  144 f., 326 Steinicke, Albert August  126 Steinmetz, Karl  141 Stieglitz, Eduard Carl August  80, 160 Stiehl, Ferdinand  219 Stolberg, Friedrich Leopold Graf von  47 Stol(d)t, George  378 Stolzenburg, August Ferdinand  328 Stourdza, Alexander Graf  62, 70 Struck, Samuel Christian  381 Süßmilch, Johann Peter  25 Süvern, Johann Wilhelm  13 f., 17 f., 47 f., 50 – 58, 63, 65 – 70, 171, 219 f., 234, 259, 303, 306 f., 309 Sy, Jacques  343 T Tägen, Gotthilf Johann  173 Taube, Albert Wilhelm  326, 330 Theremin, Franz  66 f., 70

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Quellen- und Literaturverzeichnis Thiele, Gunnar  58, 68 f., 127 Thomas, Johann Gottfried  136 Toussaint, Wilhelm  132, 341 Trappe, Karl Georg Heinrich  81 Treptow, Friedrich  144 f., 154, 204 f., 248, 264, 307, 327 Treu, Lehrer  329 Treu, Hermann Ludwig  326 U Ueckermann, Daniel  81, 96 Ulbricht, Otto  15 Urban, August Friedrich Ferdinand  330 Usadel, Johann Michael  340 f. Utpadel, Carl Johann Christian  328 V Voigt, Carl Friedrich  136 Voigt, Carl Ludwig  327, 330 Voigt, Carl Ernst  330 Voigt, Christian Gottlob  144, 330 Voigt, Johann Otto Bernhard  330 Voigt, Otto Ernst  253, 330 Vollmer, Friedrich  28, 30 – 33 Voß, Otto Karl Friedrich  49 W Warnitz, Johann Gottlieb  136 Warnke, Friedrich August  144, 330 Wartenberg, Heiko  92 Waterstraat, Hermann  99, 101 f., 104 Wehrmann, Martin  92, 213 Wendorf, Adolph  165, 329 Wendorf, Gustav Julius Wilhelm  326 Wendorf, Ludwig Wilhelm  326 Wernich, Christian Friedrich  80, 183, 186, 191

Wilhelm, Gottfried  143, 327 Wilhelmi, Gottlieb Julius  259 – 261 Willert, August Friedrich Ludwig  330 Wilke, Schulamtskandidat  327 Winde, B. L.  136 Winkelmann, Gustav Friedrich Emanuel  328 Winkler, Ökonomiekommissarius  206 Winter, Lehrer  327 Witte, Daniel Heinrich  136 Wittgenstein, Wilhelm Fürst zu  56, 62 – 64 Wolf, Johann Erdmann  163, 327 Wöllner, Johann Christoph von  35, 37, 237 Wul(c)kow, Ernst Christian Heinrich Conrad  141 Wurzel, Carl  148 f. Z Zander, Carl Friedrich  136 Zander, Heinrich Karl  81 Zedlitz und Leipe, Karl Abraham von  19, 27, 29 – 32, 35 – 38, 44, 94, 109 Zehske, Christian Friedrich  327 Zeller, Carl August  50, 59, 114 f., 261 Zeller, Christian Heinrich  261 f. Zerrenthin, Hermann  291 Ziemssen, Johann Christoph  60 Ziemssen, Theodor  60 Ziethen, Hermann von  212 Ziethen, Ludwig von  223 Zietlow, Heinrich Ludwig  136 Zimmermann, August Carl Friedrich  327 Zimmermann, Gottfried Wilhelm  327 Zimmermann, Martin Wilhelm  144 f., 208, 217, 248, 268 f., 330 Zimmermann, Schulze  378

Ortsregister A Aachen 62 Albertinenhof 75 Altenhagen 240 Alt Hammer  240 Altmark 107 Alt-Stettin  117, 175, 177, 237, 239, 358, 393 Alt-Vorpommern 23 Anclamer Fähr  176 Anklam, Stadt  128 Anklam, Synode  141, 176 f., 191, 237, 358 Aschersleben 239 Auerstedt  19, 43 B Bamberg 61 Bargischow 358 Barnimslow 176 Battinsthal  75, 89, 263, 275, 319, 359, 380, 382 Beatenhof  75, 184, 359 Belling 358 Bergholz  75, 81, 89, 143, 202, 209 f., 212, 216 – 218, 254, 256 f., 319, 322, 326, 342 f., 360 Bergen, Kloster  110 Berlin  24 – 27, 34 f., 37, 39 – 41, 47, 49, 53, 58, 61, 63, 65 – 67, 75, 77, 101, 108, 110, 114, 116, 118, 128, 137, 145, 207, 219 f., 236, 270, 326, 328, 340 Biesendahlshof 75 Bismark  72, 75, 81, 89, 143 f., 155, 209, 211, 217 f., 237, 257, 290, 319, 322, 326 Blauhecht  237, 359 Blumberg, Dorf  89, 96 – 98, 132, 143, 145, 153, 179 f., 182, 184, 186 – 188, 195, 209, 211, 218, 222, 233, 241, 247 f., 254 f., 257 f., 267, 281, 284, 319, 322, 326, 357 f., 360 f., 366 f., 372, 381 Blumberg, Parochie  21, 72, 75, 80, 153 f., 156, 158, 160, 179, 190, 200, 249 Blumenthal  174, 238 Boeck 358 Boldekow 141 Bombeck 107 Bonn 65 Brandenburg, Provinz  20, 37, 45, 56, 72, 85, 88, 98, 186, 286 f., 289, 342

Brandenburg, Stadt  48 Breslau  27, 53 Briest 340 Brüel 66 Bunzlau  114, 178 Büssow 75 Bützow 67 C Cammin, Stadt  128, 133, 141, 152 Cammin, Synode  130, 141 Carzig 33 Casekow  75, 80, 89, 143, 154, 179 f., 195, 209, 211, 218, 241, 247, 249, 254 f., 257, 319, 322, 326, 357, 360 f. Charlottenburg 108 Cella 104 Coblentz 176 Cummerow, Dorf  89, 143, 148 f., 163, 165 f., 168, 180, 182 – 184, 186, 188, 192 f., 195, 209 f., 212, 218, 233, 242, 245, 247, 257, 281, 291, 319, 322, 326, 357 – 360 Cummerow, Parochie  72, 75, 80, 153 f., 158, 160, 183, 190, 200 f., 244 f., 256 f. Cunow  72, 75, 81, 89, 144 f., 179 f., 182, 184, 186 – 188, 191, 195, 209 f., 212, 215, 218, 241, 247, 249, 254, 256, 258, 282, 301, 319, 322, 326, 357, 359 f. Cüstrin 31 D Damitzow 89 Danzig 40 Dargitz 358 Demmin, Stadt  108, 113 Demmin, Synode  175 – 177, 237 – 239, 358 Döberitz 37 Duisburg 65 E Elbing 47 Erfurt 45 Erlangen 66 Ermland  37, 67 Euthin 47

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Quellen- und Literaturverzeichnis F Ferdinandshof  239, 358 Flachsee  75, 194, 267, 280, 359 Flatenwerder 359 Frankfurt am Main  62 Frankfurt an der Oder  36, 39 f., 59, 117, 183 Fredersdorf 340 Friedefeld  75, 319, 359 Friedrichsthal 183 Friedrichswerder  36 f. Fritzow  130, 141, 170 G Gartz an der Oder, Stadt  11 Gartz an der Oder, Synode  72, 96, 104 f., 121, 175 – 177, 183, 231 f., 237, 239, 288 Gellin  75, 89, 237, 319, 359 Gerswalde  123, 340 Gielsdorf 39 Glasow, Dorf  89, 95 f., 98, 143, 145, 150 f., 176, 180, 182, 184 – 188, 192 f., 209, 211, 218, 241, 247, 257 f., 267, 282, 319, 322, 327, 357, 359 f. Glasow, Parochie  72, 75, 80, 153 f., 157 f., 160, 186 f., 190, 192, 194 f., 201, 271 Glatz 83 Gnevezin 177 Gollnow, Synode  133, 175, 177, 231 f., 237, 239, 288 Göttingen  26, 47, 64, 67 Grambow  73, 75, 81, 89, 144, 153 f., 180, 182, 184, 186 f., 195, 209 f., 212, 237, 242 f., 247, 257, 299, 319, 322, 327, 357, 359 f. Gramzow  66, 340 Grapzow 176 Graudenz  110, 112 Greifenberg, Synode  133 Greifenhagen, Synode  71 Greifenhagen, Stadt  78, 119 Greifswald  11 f., 20 f., 59 f. Grimmen  59, 342 Groß-Behnitz 37 Groß Hammer  176 Groß-Rietz 37 Grünz  75, 81, 89 f., 92, 144 f., 154, 180, 182 – 188, 195, 204 – 206, 209, 211, 216, 218, 222, 225, 241, 247 f., 257, 263 f., 266, 268, 278, 280, 283, 307, 319, 322, 327, 357, 360 f.

H Halberstadt  108, 110 Halle  24 – 27, 33, 36 f., 48, 59, 64 – 66, 77 f., 99, 103, 105, 107 f., 113 f., 118 f., 121, 176, 178, 183, 267 Hamm  64 f. Hannover 64 Hanshagen 60 Heinrichswalde 174 Hinterpommern  23, 73, 103, 107, 113 f., 191, 387 Hohenfelde  75, 319 Hohengrape 27 Hohenholz  22, 72, 75, 80, 89, 143, 150, 180, 182, 184 – 188, 192 – 194, 207, 210, 212, 216, 218, 222, 241, 247 f., 257, 267, 280, 282, 319, 322, 327, 357, 359 f. Hohenselchow, Parochie  96 I Italien  15, 64 J Jakobshagen 39 Jamikow  75, 80, 89, 139, 143, 148, 163 – 168, 180, 182, 184 – 186, 188, 190, 192 f., 195, 209 f., 212, 216, 218, 222 f., 241, 247, 256 f., 281 – 283, 291, 319, 322, 327, 357, 359, 361 Jasenitz 358 Jena  19, 27, 43, 47, 60, 64 K Karlsbad  13, 62 f., 70 Karlsberg 75 Kirchenfeld 75 Klein Christinenberg  225 Klein Reinkendorf  137 Königsberg  34, 45, 47 f., 52 f., 114 f. Königsfelde 358 Köslin, Regierungsbezirk  13, 40, 59, 181, 228 f., 287 f. Köslin, Stadt  52, 114, 140, 170 Krackow  72, 75, 81, 89, 144 f., 154, 180, 182, 184, 186 f., 192, 195, 202, 209, 211, 218, 241, 247, 249, 257, 307, 319, 322, 327, 357, 359 f. Krugsdorf 176 Kurmark  25, 30, 40, 54, 59, 115, 186 Kurow  104 f. Kyritz  75, 319, 359

Ortsregister L Ladenthin 176 Lebbin 133 Lebehn  75, 263, 319, 359 Lemgo 47 Leiden 65 Leipzig  55, 108, 113, 260 Liepe 358 Liepen 358 Litauen 48 Löcknitz, Dorf  72, 75 f., 89, 143, 145, 159, 163, 209 f., 212, 216 f., 222, 254, 256 f., 290, 299, 319, 322, 328, 360 Löcknitz, Parochie  21, 73, 75, 80 f., 91, 158 – 161, 201 Loddin 240 Lorenzhof 75 Lossow 59 Luckow, Synode Penkun  75, 81, 89, 144, 180, 182, 184, 186 f., 191 – 193, 195, 202, 209, 211, 214, 218, 242 f., 247, 250, 254 f., 257, 319, 322, 328, 357, 359 f. Luckow, Synode Ueckermünde  358 M Marienwerder  31, 65 Massow 133 Mecklenburg-Schwerin 48 Mecklenburg-Strelitz  66 f. Mölln 48 N Nadrensee, Dorf  89, 144 f., 154, 180, 182, 184, 186 f., 192, 195, 197, 200, 202, 209, 211, 215, 218, 241, 247, 257, 282, 319, 322, 328, 357, 359 f. Nadrensee, Parochie  72, 75, 81, 153 f., 156, 158, 160, 191, 200 Nassau  46, 82, 87 Naugard  225, 231 Neppermin 240 Neuenfelde 75 Neuguth 34 Neuhof  75, 319 Neu-Luckow 75 Neumark  26 f., 31, 33 Neuruppin 108 Neuvorpommern  228, 285

Neuwied 219 Niederfelde 75 O Oels 113 Ostpreußen  36, 48, 245 P Paris  55, 62 Pasewalk, Stadt  11, 75, 128, 173, 358 Pasewalk, Synode  72, 173 – 177, 191, 231 f., 237, 239, 288, 358, 387 Penkun, Stadt  11 f., 71 – 73, 75 – 79, 89 f., 96 f., 123, 132, 159, 183, 219, 263, 276, 279, 288, 319, 321 Penkun, Synode  11 f., 14, 16, 18 f., 21, 23, 35, 72 f., 76 – 80, 82, 86, 90, 92, 94, 96, 98 f., 121, 131, 143, 146 f., 153 f., 157 – 161, 163, 168 – 171, 175 – 177, 179 f., 182 – 184, 186 – 193, 197 f., 202, 209, 213, 216, 218, 220, 222 f., 225 – 227, 229, 231 – 237, 239 – 243, 245, 247, 252, 254, 257, 262, 266, 275 f., 279, 288, 290, 300, 304 – 308, 319, 322, 326, 357 – 360, 371, 377, 380 f., 387 – 390 Petershagen  75, 81, 89, 144, 180, 182, 186 f., 191 – 193, 195, 202, 209, 211, 214, 218, 242, 244, 247, 255, 257, 281, 319, 322, 328, 357, 359 f. Pinnow 96 Plathe 133 Plöwen  72, 75, 81, 89, 143 – 145, 209, 211, 216 – 218, 233, 254, 256 f., 319, 322, 328, 360 Pölitz  126, 129, 164, 166, 288, 328 f. Pomellen  75, 81, 89, 144, 154, 180, 182, 184, 186 – 188, 190, 192 f., 195, 197, 209 f., 212, 215, 218, 223, 225 f., 229, 241, 247 – 249, 257, 282, 319, 322, 328, 357, 359 f. Pommern  20 f., 23 f., 29 – 34, 36, 38 – 41, 45, 60, 71 f., 76 – 78, 83 – 85, 91 – 94, 108, 112, 114, 117 – 119, 121, 128, 131 – 134, 140 f., 180 f., 191, 196, 229, 236 f., 244 f., 259, 261, 285 – 287, 292, 301, 304, 339, 343, 345, 349, 382 f., 390 Portugal 64 Posen  88, 286 Potsdam, Regierungsbezirk  75, 89, 114, 319 Potsdam, Stadt  25, 35, 37, 59, 64, 78, 99, 326 Preußen königlichen Anteils  34 Preußen, Provinz  45, 220

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Quellen- und Literaturverzeichnis Preußen, Königreich  13, 23, 28, 37, 39, 43, 45 f., 49 f., 55, 61 – 63, 77, 82, 87, 91, 98, 114, 132, 143, 181, 185, 229, 233, 286, 355 Pri(e)gnitz 107 Pyritz  119, 121, 133, 140 – 142, 321, 326 f., 329 f., 389

R Radewitz  75, 89 f., 143 – 146, 190, 201, 210 – 212, 216 – 218, 223, 225 f., 229, 234, 242, 254, 257, 262 – 268, 271 f., 277 f., 280, 284, 319, 322, 329, 360 f., 366 Ramin  75, 81, 89, 144 f., 180, 184 f., 186 – 188, 197, 202, 209 f., 212, 216 – 218, 241 – 243, 247, 249, 256 – 258, 267 – 270, 272 f., 276 f., 280 f., 284 f., 295, 299 – 301, 319, 322, 329, 336, 357, 359 f. Rathebur 358 Reckow 177 Regenwalde 104 Repplin  117, 121 Retzin, Dorf  72 f., 89, 143 f., 155, 198 – 200, 209, 211, 217 f., 234, 257, 271, 319, 322, 329, 360 Retzin, Parochie  12, 21, 73, 75, 81, 157 f., 160 Rügenwalde  52, 114 Rummelsburg, Stadt  133 Rummelsburg, Synode  133 S Saalfeld 59 Sachsen, Kurfürstentum  32, 85, 260 Sachsen, preußische Provinz  286 Salzow  75, 319, 359 Salzwedel  103, 107 Sauzin 240 Scheidelwitz 113 Schlesien  29, 36, 45, 114, 172, 178, 286 Schloppe 104 Schmagerow  75, 81, 89, 144, 180, 182, 184, 186 f., 206 – 208, 210, 212, 215, 218, 222 – 226, 230, 234, 241, 247 – 249, 257, 271, 282, 291, 294 – 299, 302, 319, 322, 329, 357, 359 f., 384, 388 Schönfeld, Dorf  89, 121, 144 f., 154, 180, 182, 184 – 188, 191 – 193, 195, 210, 212, 214 f., 218, 241, 243 f., 247, 250, 255 – 257, 284, 319, 322, 329, 357, 359 f., 388 Schönfeld, Parochie  72, 75, 81, 153 f., 156 – 158, 160, 213 – 215, 234, 243 f., 255, 282, 389

Schönow  75, 81, 89, 144 f., 165, 180, 190, 193, 195, 210, 212, 218, 233, 241, 247 – 249, 256, 258, 282, 319, 322, 329, 357, 359 f. Schönwalde 176 Schuckmannshöhe 75 Schwedt  89, 359, 377, 398 Schwennenz 176 Schweiz  52, 59 f. Schwerin 67 Seehausen  340 f. Seehof  237, 359 Sinzlow 119 Sommersdorf, Dorf  89, 144, 180, 182 – 188, 195, 209, 211, 218, 242, 247, 257, 263, 266, 319, 321 f., 329, 340, 357, 360 f. Sommersdorf, Parochie  72, 75, 77, 81, 90, 154, 158, 160, 179, 183, 191, 193, 212, 245, 249, 256, 264, 307 Sonnenberg, Dorf  89, 144 f., 180, 182, 184, 186 – 188, 195 – 197, 208 – 210, 212, 215, 217, 241, 247 f., 256 f., 267 – 269, 271 f., 282, 295, 319, 321 f., 330, 357 – 360 Sonnenberg, Parochie  72, 75, 77, 81, 89, 153 f., 158 – 160, 179, 190, 193, 200 f., 244, 248, 285, 294 Spanien 64 Spantekow 358 Stadthagen 26 Stargard  31, 117, 121, 207 Stavenhagen 48 Stecklin 119 Stendal 107 Stendell(chen)  166, 280, 373, 376 f., 381 Stettin-Land, Synode  72, 231 f., 288 f., 388 Stettin, Regierungsbezirk  13, 20, 30, 32, 34, 36 f., 40 f., 53, 58 – 61, 72, 76, 78 – 80, 83, 89, 91, 114, 119, 126, 140, 151, 153, 161, 164, 167 – 169, 179, 181, 189, 193, 195 – 201, 210, 216, 220 f., 227– 231, 234 f., 251, 256, 261 f., 264 f., 267, 270, 273, 275 f., 280, 287 f., 300 f., 304 f., 320 Stettin, Stadt  11, 18 f., 21, 27, 29, 32 f., 39 f., 75, 78 f., 91, 95, 98 – 100, 102 – 105, 107, 109, 111 – 114, 117 – 124, 127 – 135, 137 – 142, 150 – 152, 160, 168 – 171, 179, 191, 221, 236, 264, 288 – 290, 303 f., 321, 326 f., 328 – 331, 333 – 337, 339, 349, 351, 380, 385, 387, 389 Stockholm 23

Ortsregister Stolp 59 Stolzenburg  269, 358 Storkow  75, 81, 89, 96, 144, 180, 182, 184 – 187, 192, 195, 200, 209, 212, 215, 218, 242, 247, 256, 258, 275 – 281, 301, 319, 322, 330, 357, 359 f., 372, 378, 380, 388 Stralsund  13, 59, 85, 181, 221, 228 f., 287 f., 343 Streithof  75, 194, 267 Südpreußen 49 T Tecklenburg 65 Thorn  47, 113 Thurow 60 Tilsit 45 Tonningen 99 Torgelow  239, 358 Treptow an der Rega  71 Treptow an der Tollense  149, 176, 238, 358 Troppau 64 U Uckermark  66, 72, 164, 267, 319, 340 f. Ueckermünde, Synode  175, 177, 191, 231, 238 f., 240, 288, 358 Usedom, Insel  23, 33, 240, 307 Usedom, Synode  175 – 178, 191, 238 – 240, 358 Utrecht 65 V Vorpommern  12, 23, 28, 92, 103, 191, 267, 300

W Warschau 113 Wartin  75, 80, 89, 94 f., 98, 108, 143, 179 f., 182, 184, 186 f., 202, 209 f., 212, 218, 241, 247 f., 251 – 253, 257, 261, 282, 284, 300, 319, 322 – 324, 330, 357 f., 360 f., 388 Weimar  27, 66 Werden an der Ruhr  25 Westpreußen  30, 34, 37, 48 f., 65, 113, 245 Wilhelmshof 75 Wollin, Dorf  89, 96 f., 144, 154, 180, 182, 184 – 187, 192, 195, 200 f., 209, 211, 215, 218, 230, 233, 241, 247, 250, 256, 258, 319, 321 f., 330, 357 – 360 Wollin, Parochie  72, 75, 78, 81, 153 – 155, 158 – 160, 190, 193, 256, 275 Wollin, Insel  23, 133, 175, 177, 191, 238 f., 358 Wollin, (Uckermark)  267 Woltersdorf, Dorf  89, 144, 180, 182, 184, 186 – 188, 191 f., 195 f., 209 f., 212, 215, 218, 238, 242, 247, 249, 254, 258, 282, 319, 322, 330, 357 – 360 Woltersdorf, Parochie  72, 75, 81, 153 f., 158, 160, 192, 200, 249 Y Yverdon  50, 59, 114 Z Zecherin 240 Zehlendorf 25 Zempin 240 Ziegenorth 358

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