Ein Heiratsnetzwerk der Aufklärung: Briefwechsel der Großen Landgräfin Caroline von Hessen-Darmstadt mit Friedrich II. und Amalie von Preußen. Aus dem Französischen übersetzt von Günter Berger [1 ed.] 9783428546756, 9783428146758

Zur rechten Zeit am richtigen Ort: Mit viel Esprit, Charme und Ehrgeiz versteht es Caroline von Hessen-Darmstadt, Landgr

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Ein Heiratsnetzwerk der Aufklärung: Briefwechsel der Großen Landgräfin Caroline von Hessen-Darmstadt mit Friedrich II. und Amalie von Preußen. Aus dem Französischen übersetzt von Günter Berger [1 ed.]
 9783428546756, 9783428146758

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Ein Heiratsnetzwerk der Aufklärung

Ein Heiratsnetzwerk der Aufklärung Briefwechsel der Großen Landgräfin Caroline von Hessen-Darmstadt mit Friedrich II. und Amalie von Preußen

Aus dem Französischen übersetzt und herausgegeben von

Günter Berger

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung der Merck’schen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft e. V., Darmstadt

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlag: Grabmal der Landgräfin Caroline v. Hessen-Darmstadt mit der von Friedrich II. gestifteten Urne (Stich von Johann Conrad Susemihl, © Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt) Alle Rechte vorbehalten © 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Fotosatz Voigt, Berlin Druck: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Printed in Germany ISSN 0935-5200 ISBN 978-3-428-14675-8 (Print) ISBN 978-3-428-54675-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-84675-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de

Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Einleitung Netze knüpfen Als Caroline, die älteste Tochter des Herzogs Christian III. von Pfalz-Zweibrücken und seiner aus dem Hause NassauZweibrücken stammenden Gemahlin, im August 1741 den zwei Jahre älteren Erbprinzen Ludwig von Hessen-Darmstadt ehelichte, machte sie keinen guten Fang. Und das nicht allein deswegen, weil dem Gatten eine gewisse Beschränktheit, gepaart mit überakribischer Pedanterie, eine bis ins Groteske gehende Neigung zu allem Militärischen, gepaart mit einer recht geringen Neigung zu eigenem persönlichen Risiko und eine wahnhafte Gespensterfurcht zu eigen waren. Denn dieser Gatte war Erbprinz eines seit langem hochverschuldeten Landes,1 war mit seinem jagdbesessenen Vater Ludwig VIII. in tief verwurzelter Abneigung verbunden, mit seinem Bruder Georg in Erbstreitigkeiten verwickelt – und konnte als Erbe des wenig geliebten Erzeugers die Nachfolge erst 1768 antreten, als dieser unter spektakulären Umständen während einer Theateraufführung von der irdischen Bühne abtrat.2 Auch die persönlichen Beziehungen zwischen den frisch Vermählten gestalteten sich schon ganz früh mehr als schwierig: Gerade einmal ein gutes Jahr nach der Eheschließung beklagt sich Caroline brieflich bei ihrem eifersüchtigen Ehegatten über seine „Drohungen“, ihr „die Wahl zu lassen zwischen dem fürchterlichsten Hass und der liebevollsten Freundschaft“.3 EifersüchVgl. Wolf, Darmstadt als Residenz, S. 382. Vgl. Wolf, Zwei Jahrhunderte Krieg und Frieden, S. 264 f. und Pons, Die Kunst der Loyalität, S. 82 f. 3 So schreibt sie aus Arolsen, der Residenz ihrer Schwester Christiane, am 2. September 1742, vgl. Walther (Hrsg.), Der Briefwechsel, Bd. II, S. 6. 1 2

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tig ist der Gatte auf die Familie seiner Angetrauten, die sie ihm vorziehe, während er darauf besteht, dass sie ihrer „Pflicht“ nachkommt.4 Dass sie zu dieser Zeit und auch noch eine Weile danach ihren ehelichen Pflichten in für Ludwig ausreichendem Maße nachkommt, darf bezweifelt werden, beschwert der sich doch hochoffiziell in einer Denkschrift aus dem Oktober 1745 über ihren „nicht geringen Widerwillen, wann ich mit Ihr als ein Mann mit seiner Frau leben will“.5 Zu dieser Zeit war der Streit zwischen den jungen Eheleuten derart eskaliert, dass er durch eine Kommission von Regierungsräten geschlichtet werden musste.6 Der Mann setzte seinen Willen durch, die Frau gab nach, und schon im Frühjahr 1746 beginnt mit der Geburt der Prinzessin Caroline ein Kindersegen, welcher der späteren „Großen Landgräfin“ noch größere Sorgen bereiten sollte, da in ihrer Kinderschar das weibliche Geschlecht im Verhältnis fünf zu zwei eindeutig dominierte. Bald war es ihre Hauptaufgabe, die fünf Prinzessinnen Caroline (* 1746), Friederike (* 1751), Amalie (* 1754), Wilhelmine (* 1755) und Luise (* 1757) möglichst prestige- und gewinnträchtig unter die Haube zu bringen: keine leichte Aufgabe für eine Mutter von Töchtern aus nicht eben hochberühmtem, aber hochverschuldetem Hause. Ohne bewusstes Zutun ist ihr dabei ihr, wie gesagt, manisch aufs Militärische fixierter Gatte behilflich. Entgegen dem Willen seines seit Mitte der vierziger Jahre eindeutig pro-österreichisch ausgerichteten Vaters7 bewirbt sich der Erbprinz 1743 um ein preußisches Regiment, das er im Jahr darauf erhält. Eher widerwillig folgt Caroline im Juli 1750 dem Gatten in die Uckermark nach Prenzlau, wo dieses Regiment stationiert ist. Noch widerEbd. Zitiert bei Panzer, Die Große Landgräfin, S. 57; in seinem Tagebuch vermerkt der Gemahl ebenfalls die Unlust der Gemahlin aufs eheliche Pflichtprogramm und beklagt insbesondere im Jahr 1743 ihr mangelndes „empressement“ ihm gegenüber „als Mann“, vgl. Meise, Das archivierte Ich, S. 494. 6 Dokumentiert bei Wolf, „Soldatengraf“ und „Große Landgräfin“, S. 20. 7 So Pons, Die Kunst der Loyalität, S. 75. 4 5

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williger und geradezu untröstlich wird sie Prenzlau – und damit zugleich das geliebte Berlin – sieben Jahre später verlassen. In diesen sieben Jahren gelingt es der diplomatisch geschickten Darmstädter Prinzessin auf dem schwierigen Parkett des Hofes mit seinem komplexen Geflecht widerstreitender Interessen, rasch Fuß zu fassen und ein dichtes Netzwerk von Beziehungen aufzubauen, dessen Zentrum Friedrichs II. weit weniger diplomatische Schwester Amalie bildet.8 Allein die Dichte der Korrespondenz zwischen Caroline und Amalie, von der immerhin über 300 Briefe der hessischen Prinzessin aus den Jahren 1750–1760 und 1768–1769 erhalten sind, spricht sozusagen Bände.9 Und aus diesen Briefen spricht bei allem respektvollen Ton gegenüber der „Königlichen Hoheit“ Amalie eine immer intimer werdende Vertrautheit mit der „lieben Prinzessin“. Oftmals vergeht während der Zeit ihres Aufenthalts in der Uckermark kaum ein kaum ein Tag, ohne dass ein Brief an die Schwester des Königs abgeht. Offensichtlich verbinden die beiden hochgebildeten jungen Frauen neben ihren kulturellen Interessen, ihren literarischen, philosophischen und musikalischen Neigungen,10

8 Lehndorff bescheinigt ihr in seinem Tagebuch „ein anmutiges Äußere(s)“ und „Geist“ als vorherrschenden Eindruck, den sie sofort bei ihrem ersten Auftritt im Juli 1750 vermittelt, höfische Tugenden mithin, die unabdingbar für Kommunikation und Konversation bei Hofe sind, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 27. 9 Vgl. Hartmann, Der Aufenthalt, S. 30. Von den Briefen Amalies hingegen ist auf Geheiß der Landgräfin der allergrößte Teil vernichtet worden, wie überhaupt „alle diejenigen dieser Briefe, welche sich nicht auf Staatsverhältnisse bezogen, mit Ausnahme derer des Königs Friedrich II., der Kaiserin Katharina II., des Grossfürsten Paul und der Grossfürstin Natalie“ laut Walther (Hrsg.), Der Briefwechsel, Bd. I, S. 6. Freilich beziehen sich die erhaltenen Briefe Amalies durchaus nicht durchgängig auf „Staatsverhältnisse“. Die erhaltenen Briefe Amalies aus Spandau im Herbst 1757 und zu den Hofintrigen in Berlin aus der Zeit der anstehenden preußischen Heirat von Carolines Tochter Friederike im Frühjahr 1769 vermitteln den Eindruck, dass gerade die pikantesten und im Ton schärfsten Briefe überliefert worden sind. 10 Vgl. etwa die Briefe 3 vom 10.5.1751, 4 vom 8.8.1751, 15 vom 11.7. 1755 und 31 vom 2.12.1758.

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ihrem Wissensdrang,11 ihrer religiösen Skepsis auch höfische Klatsch- und Spottlust, Lästersucht12 und ein Hang zu Maskeraden und Rollenspiel,13 ebenso freilich Mut und Kaltblütigkeit in mehr als unangenehmen Situationen.14 Amalie ist es auch, die ihre Freundin aus der Provinz in die höfische Gesellschaft einführt, sie vor den gerade in Berlin mit höfischer Kommunikation untrennbar verbundenen Fallstricken warnt,15 darüber hinaus mit Berichten ihrer im Siebenjährigen Krieg aktiven Brüder August Wilhelm, Heinrich und Ferdinand versorgt.16 Vor allem aber kann Caroline von Amalies privilegierter Stellung am preußischen Hof profitieren, an dem sie als Schwester des Herrschers nicht nur einen herausgehobenen Rang innehat, sondern überdies das Vertrauen Friedrichs in einem Maße genießt, wie er es sonst nur seiner ältesten Schwester Wilhelmine, zumindest zeitweise, geschenkt hat.17 Die Prinzessin aus Hessen-Darmstadt versteht sich ihrerseits bestens darauf, über die Kommunikation mit ihrer preußischen Freundin ihr Netz weiter auszuspannen mit beständig ihren

11 Dieser Wissensdrang reicht bis zur Pathologie: So schaut sie etwa dem Arzt Meckel bei der Sektion eines Schädels höchst interessiert zu, wie die Prinzessin Heinrich in ihrem Tagebuch zum 21.2.1759 vermerkt, vgl. Berner/Volz (Hrsg.), Aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges, S. 122. 12 Vgl. etwa die Briefe 3 vom 10.5.1751, 5 vom 22.8.1751, 6 vom 10.10.1751 und 7 vom 5.11.1751. 13 Z. B. im Brief 9 vom 13.3.1752. 14 Wie etwa dem unfreiwilligen Aufenthalt in der Festung Spandau während der kurzzeitigen Besetzung Berlins im Herbst 1757, vgl. die Briefe 23 vom 16.10.1757 und 26 vom 18.10.1757. 15 Vgl. besonders den Brief 36 vom 29.4.1769, wo sie die Freundin mit einschlägigen Warnungen für deren Tochter Friederike angesichts der bevorstehenden Heirat mit dem preußischen Thronfolger Friedrich Wilhelm instruiert. 16 Über ein kommunikatives Netzwerk, in dem die Prinzessin Heinrich eine zentrale Rolle spielt, vgl. Berner/Volz (Hrsg.), Aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges, S. 307, S. 349 f. 17 Zur privilegierten Stellung der Schwestern Friedrichs vgl. Hahn, Prinz Heinrich, S. 16 f.

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Briefen angehängten Grüßen an „Ihre Königlichen Hoheiten, die Prinzen“, also August Wilhelm, Heinrich und Ferdinand, und die „Prinzessin“, also Wilhelmine von Hessen-Kassel, die „Prinzessin Heinrich“.18 Und immer wieder, wenn sie Amalies Gastfreundschaft in Berlin genießt, nutzt sie diese Aufenthalte auch zu Besuchen bei Friedrichs Brüdern und der „Prinzessin Heinrich“. Selbst zu den intimen, nur seinem engsten Kreis vorbehaltenen, Festen des Prinzen Heinrich hat Caroline Zugang, ja mehr als das: Eigens ihr zu Ehren gibt er am 11. Januar 1754 ein solches Fest.19 Als Caroline Ende 1756 nach Berlin in die unmittelbare Nähe der Prinzessin Heinrich umzieht, wird aus diesen Besuchen ein geradezu permanenter Austausch wechselseitiger Einladungen20 und anderer Formen geselligen Beisammenseins, wie etwa gemeinsame Spaziergänge mit der Prinzessin Heinrich.21 Ende des Jahres 1757 muss die Darmstädter Prinzessin notgedrungen diese glänzende Berliner Hofgesellschaft verlassen, um wiederum ihrem aus preußischen Diensten auf Grund väterlichen Drucks ausgeschiedenen Gatten zu folgen, diesmal zurück in die Enge ihrer hessischen, bzw. pfälzischen Provinz, von wo sie zunächst aus Buchsweiler, später ab 1765 aus Darmstadt weiterhin engen Briefkontakt zu Amalie pflegt.

18 Laut ihrem Brief an Fräulein von Zuckmantel vom 8.10.1752 hatte sie kurz zuvor die Bekanntschaft der Prinzessin gemacht, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 292. 19 Dieses und weitere Feste in Rheinsberg schildert Hartmann, Der Aufenthalt, S. 36–41. Anfang Februar gibt sein Bruder August Wilhelm ein ähnliches Fest für Caroline, das Lehndorff ebenso detailliert beschreibt wie ein Fest anlässlich des Geburtstages Friedrichs II. am 24.1. 1756, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 159 f. bzw. S. 270 f. 20 Insbesondere in der ersten Oktoberhälfte des Jahres 1757, als die Prinzessin Heinrich in ihrem Tagebuch fast tägliche Einladungen, teils auch bei der Königin, zwischen ihr, Caroline und Amalie verzeichnet, vgl. Berner/Volz (Hrsg.), Aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges, S. 50 f. 21 Wie sie an ihre Schwägerin Caroline von Baden am 23.4.1757 schreibt, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 213.

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Netze einholen Nach der soliden Verheiratung der ältesten Tochter Caroline im September 1768 mit dem Landgrafen Friedrich V. von Hessen-Homburg – auch dies schon eine politische Heirat, mit der eine langwierige Auseinandersetzung zwischen den beiden hessischen Häusern endgültig beigelegt wurde22 – nutzt die seit eben diesem Jahr der schwiegerväterlichen Fesseln ledige Landgräfin ihr eng geknüpftes Netzwerk, um ihre „preußische Produktion“, wie sie ihre dort geborenen Töchter Friederike, Amalie, Wilhelmine und Luise scherzhaft nennt, an den Mann zu bringen. Eine willkommene Gelegenheit bietet sich schon wenige Monate später, als sich der preußische Thronfolger Friedrich Wilhelm, der Sohn des 1758 früh verstorbenen und mit der Landgräfin wohl vernetzten August Wilhelm, unter spektakulären Umständen von seiner ersten Gattin, der Braunschweiger Prinzessin Elisabeth Christine, trennt.23 Diese Skandalgeschichte schildert Amalie ihrer Darmstädter Freundin natürlich in allen Details und in grellsten Farben – und ebenso natürlich im Ton höchster Erregung über das aus ihrer wie auch Carolines Sicht empörende Verhalten einer Frau, die es gewagt hatte, ihrem Gatten das Seitenspringen mit gleicher Münze heimzuzahlen.24 Noch bevor diese erste Ehe des Thronfolgers aufgehoben ist, informiert Friedrichs Schwester, gewiss nicht ohne Zutun des Königs, Caroline vertraulich von dem Plan, eine ihrer Töchter mit Friedrich Wilhelm zu verheiraten. Zunächst soll noch nicht einmal Carolines Ehegemahl, der regierende Landgraf Ludwig IX., in den Plan eingeweiht werden.25 Nur vier

22 Hierzu Panzer, Die Große Landgräfin, S. 131–138. In dem Brief vom 2.6.1768 an Fräulein von Zuckmantel nennt sie ihren zukünftigen Schwiegersohn „eine passende Partie“, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 323. 23 Vgl. Meier, Friedrich Wilhelm II., S. 57–61. 24 Hierzu die Briefe Amalies vom 6. und 26.3.1769 (Brief 33 und 34). 25 Vgl. Brief 33 vom 6.3.1769. Am 8. April informiert Caroline ihren Gatten lediglich über die Skandalgeschichte als solche, nicht aber über die möglichen Heiratspläne, vgl. GSTA, BPH Rep. 47, Nr. 1031, Bl. 112–113.

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Wochen später ist bereits Graf Schulenburg in Darmstadt auf Brautwerbung mit dem Auftrag, sich ein Bild von der in Frage kommenden Prinzessin zu machen. Amalie nennt der Geheimhaltung wegen keinen Namen, gemeint ist aber da schon Friederike. Der preußische Abgesandte soll in Berlin über diese Kandidatinnen wie auch über die Mitkonkurrentinnen aus Coburg und Meiningen berichten, die aus Amalies Sicht freilich nicht ernsthaft in Frage kommen.26 Und wiederum nur zwei Wochen darauf kann Amalie stolz ihrer Freundin melden, dass die Würfel endgültig zu Gunsten Friederikes gefallen sind, und in einem Atemzug die Mutter vor den Berliner Hofintrigen warnen, vor denen sie die Tochter mit ihrem intimen Wissen bewahren will.27 Der König selbst macht wiederum einen Monat später Caroline das wohl durchaus ernst gemeinte Kompliment, „dass der Eindruck vom Verdienst der Mutter vollkommen die Wahl bestimmt hat, die wir mit der Prinzessin, Ihrer Tochter, getroffen haben“.28 Im Gegensatz zu dem seinem militärischen Spieltrieb frönenden Gatten29 reist Caroline auf Einladung Friedrichs zu den Hochzeitsfeierlichkeiten nach Berlin.30 Erst kurz vor ihrer Abreise unterrichtet sie den Gemahl davon, dass für Anfang Juli Im Brief 35 vom 16.4.1769. In den Briefen 36 vom 29.4.1769 und 39 vom 31.5.1769. Im Brief 37 vom 9.5.1769 bekennt sie, dass die Sache doch nicht so glatt gelaufen und mit ihrer Nichte Philippine, der Tochter ihrer Schwester Sophie von Schwedt, noch eine Kandidatin im Rennen war und am Hof heftige Intrigen gegen die Wahl der Darmstädter Prinzessin gesponnen wurden. 28 Im Brief 40 vom 12.6.1769. 29 Pirmasens, den Ort seiner Lieblingsbeschäftigung, mochte Ludwig nicht einmal zu einem Besuch der Trauerfeier anlässlich des Todes seines Vaters verlassen. Um seine Kinder, sogar um seine Söhne, kümmerte er sich ebenso wenig: Seinen am 25.11.1763 geborenen Sohn Christian sieht er zum ersten Mal, als Caroline den Gatten mit der gesamten Kinderschar am 12.6.1764 in Pirmasens besucht, wie sie ihrer Freundin Zuckmantel schreibt, der sie freilich nichtsdestotrotz versichert, dass ihr Gemahl ein „guter Vater“ sei, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 321 und 327. 30 Im Brief 40 vom 12.6.1769 äußert der König seine Freude darüber, dass die Landgräfin ihre Tochter nach Berlin begleiten will. 26 27

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die prokuratorische Eheschließung in Darmstadt und Mitte Juli die Hochzeitsfeier in Charlottenburg geplant seien.31 Für Caroline ist damit der erste ihrer hochfliegenden Pläne und großen Träume in Erfüllung gegangen.32 Für ihre Tochter hingegen gestaltet sich diese Ehe mit dem unbekümmert seine Mätressenwirtschaft fortsetzenden preußischen Thronfolger eher albtraumhaft; aber die Mutter bringt trotz ihrer eigenen Erfahrungen, den Blick einzig auf die brillante dynastische Verbindung geheftet, kein Verständnis für die Ehesorgen ihrer Tochter auf und ermahnt sie stattdessen mit erhobenem Zeigefinger und drohendem Ton zum Durchhalten.33 Aus ihrer Sicht mit Erfolg, denn bald schon stellt sich Nachwuchs ein: Damit sind Friederikes (und Carolines) Position und das Prestige des Hauses Hessen-Darmstadt gestärkt,34 und nicht zuletzt natürlich ist Friedrich II., in seiner Sorge um das Fortbestehen BrandenburgPreußens, erleichtert. So sichert also das Haus Hessen-Darmstadt die dynastische Erbfolge des Hauses Hohenzollern.35 Nach diesem ersten großen erfolgreichen Fischzug soll sogleich der nächste folgen, der freilich größere Vorbereitungen und geduldige Ausdauer erfordern wird: Der russische Thronfolger soll ins Netz gehen und die Tochter Wilhelmine Zarin von Russland werden. In der Tat, ein ambitioniertes Projekt. Allerdings kann die Landgräfin an ihren letzten Erfolg anknüpfen, ihre nunmehr mit der Verheiratung Friederikes auch fami31 Aus Darmstadt am 1.6.1769, vgl. GSTA, BPH Rep. 47, Nr. 1031, Bl. 36v. 32 Gegenüber Fräulein von Zuckmantel spricht sie am 27.8.1769 stolz von der „bedeutenden und glänzenden Verheiratung“ Friederikes, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 327. 33 So in ihrem Brief an die Tochter vom 11.8.1771, wo die Mutter sie warnt, durch ihr Verhalten die Heiratschancen der jüngeren Schwestern zu gefährden, vgl. ebd., Bd. I, S. 89 f. 34 Wie Caroline unmittelbar nach der Geburt des „kleinen Kerls“ Fräulein von Zuckmantel am 30.8.1770 verrät, vgl. ebd., Bd. II, S. 330 f. 35 Vgl. Biskup, Friedrichs Größe, S. 109, der freilich erstaunlicherweise die Landgräfin weder hier noch im Zusammenhang mit der Heiratspolitik des Preußenkönigs in Richtung Russland erwähnt.

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liären Bande mit dem Preußenkönig nutzen und zugleich von einer einmalig günstigen politischen Situation profitieren: Nachdem Friedrich II. schon zuvor die Pläne der Zarin Katharina, ihren Liebhaber Stanislas Poniatowski auf den polnischen Thron zu hieven, unterstützt hatte, verleibten sich diese beiden Großmächte – und nach einigem Zögern auch Österreich – im August 1772 einvernehmlich Polen als leichte Beute ein. Von daher war Friedrich für Caroline der gerade zu diesem Zeitpunkt ideale Heiratsvermittler, zumal er als „Kuppelpelz“ für seine Dienste nichts weiter als ihren Besuch in Berlin als Station auf ihrer Russlandreise erwartete.36 Noch aber ist es nicht so weit. Noch müssen Rivalinnen aus dem Feld geschlagen werden, noch müssen Verhandlungen über einen offiziell mit der Brautwerbung beauftragten Vertrauten Katharinas geführt werden, noch müssen die weit überzogenen Forderungen ihres Gatten Ludwig ausgehebelt, die religiösen Bedenken ihrer Mutter zerstreut und schließlich und endlich muss von den drei in Frage kommenden Töchtern – Friedrich nennt sie „nubiles“ 37 – diejenige am vorteilhaftesten präsentiert werden, auf die von Anfang an alles hinauslaufen sollte: Wilhelmine. Schon während ihrer Prenzlauer Zeit hatte Caroline dieser Tochter „ein hübsches Gesicht“ mit viel versprechenden Aussichten attestiert.38 Und Melchior Grimm, Carolines Bücheragent in Paris, Erzieher und Reisebegleiter ihres Sohnes Ludwig nach England und Russland, ihr Vertrauter und auch Berater in Fragen der Eheanbahnungen für ihre Töchter, er versichert der Landgräfin bereits im Herbst 1769 in Anspielung auf eine mögliche Verheiratung mit Großfürst Paul, dem russischen Vgl. Brief 57 vom 19.12.1772. Also „heiratsfähig“, vgl. Brief 46 vom 11.7.1772. 38 In ihrem Brief vom 10.11.1755 an die Schwägerin Caroline von Baden, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 210. Am 12.5.1758 schreibt sie an Fräulein von Zuckmantel, von ihrer „preußischen Produktion“ sei Wilhelmine die einzige, deren Äußeres als „passabel“ gelten könne und dem auch die gefürchteten Blattern nichts anhaben konnten, wie sie fünf Jahre später erleichtert dem Minister Moser mitteilt, vgl. ebd., Bd. II, S. 299 f. und 372 f. 36 37

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Thronfolger, ihre Tochter Wilhelmine besitze einen „glückverheißenden Gesichtsausdruck“.39 Doch auch wenn Grimm als ihr Vertrauter eng in ihr Briefnetzwerk eingebunden ist und seinerseits über ein engmaschiges Netz von Briefpartnern unter den europäischen Fürstenhäusern verfügt,40 so sind doch ihre aus ihrer Prenzlauer und Berliner Zeit zu Amalie, zur Prinzessin Heinrich, besonders aber zum Prinzen Heinrich und seinem königlichen Bruder geknüpften Fäden von erstrangiger Bedeutung für die nach Russland ausgestreckten Heiratsfühler: Vom Prinzen Heinrich, Friedrichs „Rußlandexperten“, lässt sie sich, während sie auf ihrer Reise ins Zarenreich in Preußen Zwischenstation macht, „ausführlich über alles instruieren, was sie erwartete“.41 Allerdings lässt der Preußenkönig keinen Zweifel daran, wer der entscheidende Spieler auf dem Schachbrett der Vermittlung einer der Darmstädter Prinzessinnen auf den Zarenthron ist: In seinem Brief vom 7. Mai 1772 stellt er Caroline in Aussicht, „eine günstige Gelegenheit (. . .) eine Ihrer Töchter auf dem Thron Russlands zu platzieren“, und drängt auf baldige Zusage, seiner Sache sicher, dass die Angelegenheit im Vorfeld schon so gut wie geregelt ist.42 Selbstverständlich kann die Landgräfin eine „derart glänzende Partie“ nicht ausschlagen,43 und der Preußenkönig verspricht ihr, seinerseits alles zu tun, um die Eheschließung rasch unter Dach und Fach zu bringen; zu-

39 In seinem Brief vom 30.10.1769, vgl. Schlobach (Hrsg.), Correspondance inédite de Frédéric Melchior Grimm, S. 101. In dieser Ausgabe sind 110 der im Staatsarchiv Darmstadt (D 4. 562/4) lagernden etwa 130 Briefe Grimms an die Landgräfin aus den Jahren 1765–1774 publiziert. 40 Vor allem über die Abonnenten seiner exklusiv Herrscherhäusern vorbehaltenen Correspondance littéraire. 41 So Scharf, Katharina II., S. 279. Im Juli 1770 war Prinz Heinrich nach Schweden aufgebrochen und von dort im Oktober nach Russland weitergereist, um zwischen beiden Ländern zu vermitteln und auch schon die Teilung Polens vorzubereiten. Nach erfolgreicher Mission kehrt er im Februar 1771 nach Preußen zurück, vgl. Ziebura, Prinz Heinrich, S. 197–212. 42 Brief 42. 43 In ihrer Antwort am 18.5.1772, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 24.

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gleich spricht er seine Erwartung aus, dass der mit der Heirat notwendig verbundene Wechsel der Darmstädter Prinzessin zur russisch-orthodoxen Religion kein Problem darstellt.44 Dass dies tatsächlich kein Problem sei, versichert ihm Caroline wenige Tage später, bringt dabei auch bereits den Namen Wilhelmine ins Spiel und stellt zugleich das Einverständnis ihres Gatten als gesichert dar, den sie freilich in den Religionswechsel vorerst nicht einweihen, sondern im Gegenteil vor vollendete Tatsachen stellen wird.45 Ganz so schnell und problemlos, wie von Friedrich verheißen, entwickelt sich das Heiratsgeschäft nicht, weil natürlich noch Konkurrentinnen aus dem Felde zu schlagen,46 Intrigen aus den Reihen der eigenen Verwandtschaft zu vereiteln sind,47 insbesondere aber der Bericht Asseburgs abzuwarten ist, der im Auftrag der Zarin in Deutschland auf Brautschau unterwegs ist. Aber auch bei ihm hat die Landgräfin die besten Karten, ist er doch zugleich Untertan des Preußenkönigs, der von daher ganz auf den Bericht Asseburgs an die Zarin setzt.48 Asseburg war schon seit 1769 im Auftrag Katharinas in Deutschland unterwegs, um unter den ursprünglich fünfzehn Kandidatinnen die passende auszuwählen.49 Während Katharina zunächst Sophie Dorothea von Württemberg favorisierte und gegenüber der Darmstädter Prinzessin „wegen der Art des Vaters und der beachtlichen Zahl der versorgungsbedürftigen Geschwister“ skeptisch war,50 setzt sich Asseburg seit Mai 1771 für Wilhelmine ein.51 Ende 1771 schickt er an die Zarin einen Bericht über seine Beobachtungen in Darmstadt mitsamt einem Am 24. des Monats, ebd., S. 25. Brief 44 vom 5.6.1772. 46 Insbesondere die Prinzessin Sophie Dorothea von Württemberg, die zwar vorerst für zu jung befunden, dann jedoch noch im Todesjahr Wilhelmines 1776 ihre Nachfolgerin wird. 47 Vgl. unsere Briefe 48 vom 29.7.1772 und 49 vom 3.8.1772. 48 Brief 50 vom 27.8.1772. 49 Hierzu Wolf, Die russische Heirat. 50 Ebd., S. 243. 51 Vgl. Asseburg, Denkwürdigkeiten, S. 252. 44 45

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Porträt Wilhelmines.52 Erst im August 1772 scheint sich der Preußenkönig entscheidend in Asseburgs Mission eingemischt zu haben, eine Intervention, die er, wie gesehen, der Landgräfin bereits Anfang Mai angekündigt hatte; denn am 8. August ergeht ein Schreiben aus dem preußischen Ministerium an Asseburg, in dem versucht wird, dessen Wahl zu Gunsten der Darmstädter Prinzessin zu beeinflussen.53 Erst nun geht die Heiratsangelegenheit zügig voran: Im Oktober 1772 erhält die Landgräfin von der Zarin offiziell die Einladung, mit ihren drei Töchtern die Reise nach Russland anzutreten, da man dem Thronfolger noch die Auswahl lassen will. Das mehrfach zwischen Caroline und Friedrich diskutierte Problem des Religionswechsels54 wird durch ein Gutachten des später zu ihrer Delegation gehörenden Schrautenbach entschärft.55 Auch der schwierige Gatte und Landesherr Ludwig IX. gibt sein Einverständnis – vorbehaltlich der Erfüllung eines umfangreichen zehn Punkte umfassenden Forderungskatalogs durch die russische Seite.56 Am 6. Mai tritt Caroline ihre Russlandreise an und trifft eine Woche später auf ihrer Zwischenstation in Berlin ein, von wo sie nach eingehenden Informationsgesprächen mit Friedrich und dem Russlandexperten Prinz Heinrich Anfang Juni weiterreist. Begleitet von u. a. ihren drei Töchtern, Schrautenbach und Johann Heinrich Merck, der als hofbeamteter Sekretär den Reiseverlauf samt der – natürlich von Katharina erstatteten – Kosten dokumentiert, macht sich die Landgräfin auf den recht ungemütlichen Schiffsweg nach St. Petersburg.57

52 Ebd., S. 254. Zur Funktion von Porträts bei den Hochzeitsvorbereitungen zwischen Herrscherhäusern während der Frühen Neuzeit vgl. Polleroß, Des abwesenden Prinzen Porträt. 53 Vgl. Asseburg, Denkwürdigkeiten, S. 255 f. 54 Vgl. die Briefe 45 und 46 vom 13.6. und 11.7.1772. 55 Es handelt sich um Ludwig Karl von Weitolshausen, genannt Schrautenbach, vgl. Wolf, Die russische Heirat, S. 245. 56 Ebd. 57 Vgl. Johann Heinrich Merck, S. 100–103. Die Reisekosten beliefen sich auf knapp 40.000 Taler; Friedrich II. steuerte 20.000 Taler bei und

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Von Prinz Heinrich positiv auf Caroline eingestimmt,58 zeigt sich Katharina nach ihrer ersten Begegnung ebenso beeindruckt von der zukünftigen Schwiegermutter ihres Sohnes wie auch von Wilhelmine, von der Paul selbst gleichfalls auf den ersten Blick begeistert gewesen sein soll.59 Und dann geht alles ganz schnell: Am 26. August tritt die Tochter zum russisch-orthodoxen Glauben über, wird aus Wilhelmine Natalja – vollzieht sich also ihre „natalisation“, wie Friedrich scherzhaft ihren Glaubens- und Namenswechsel nennt60 – und am 10. Oktober findet die Trauung statt.61 Wer, mit Absicht und nach Absprache mit der Landgräfin, zu spät kommt, das ist der Minister Moser als Überbringer der teils utopischen Forderungen seines Herrn, des Herrn Landgrafen Ludwig IX.62 Als Caroline erschöpft und erkrankt am 24. Dezember nach ihrem erfolgreichen Fischzug daheim eintrifft, kommt es darüber natürlich zu häuslichen Szenen. Doch die Landgräfin kann sich damit trösten, dass auch die Ehen ihrer Töchter Amalie mit Karl Ludwig von Baden und Luise mit Karl August von Sachsen-Weimar schon in trockenen Tüchern sind. Diese letzte Ernte ihres ebenso konsequent wie langfristig angelegten Netzwerkes zur Verheiratung ihrer Töchterschar kann sie freilich nicht mehr persönlich einfahren.63 Allseits betrauert stirbt die vielbewunderte Große Landgräfin am 30. März 1774. Friedrich II. lässt auf ihrem Grab die Inschrift anbringen „Femina sexu, inge-

Katharina schenkte Caroline und den beiden Töchtern umgerechnet fast 250.000 Taler für die Rückreise. 58 In seinem Brief vom 3.6.1773, den er Caroline mit auf die Reise gibt, vgl. Krauel (Hrsg.), Briefwechsel, S. 112 f. 59 In ihrem Antwortbrief an Prinz Heinrich vom 18.6.1773, vgl. ebd., S. 113 f. 60 In seinem Brief vom 5.10.1773, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 65. 61 Hierzu Panzer, Die Große Landgräfin, S. 207. 62 Vgl. Wolf, Die russische Heirat, S. 248. 63 Auf ihrer Russlandreise hatte Caroline auch in Erfurt Station gemacht und die Verbindung mit Sachsen-Weimar vorbereitet, vgl. Berger/ Berger, Anna Amalia, S. 107.

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nio vir“, ein nur aus heutiger Sicht zwiespältiges Lob aus dem Munde eines Herrschers, der sich gern über die religiösen Vorurteile seiner Zeit erhob, ihre Vorurteile über die Qualitäten und Rangfolge der Geschlechter aber durchaus teilte.64 In eigener Sache Aus der umfangreichen Korrespondenz der Landgräfin65 wird nur ihr Briefwechsel mit Friedrich II. und dessen Schwester Amalie in den Blick genommen, weil sich hier ihre kommunikativen Fähigkeiten in ihrer ganzen Bandbreite von formvollendeter Diplomatie bis hin zur vertraulichen Intimität in aller Deutlichkeit zeigen, zugleich aber auch die Möglichkeiten und Qualitäten der Gattung des privaten, familiären Briefs im 18. Jahrhundert. Und natürlich beherrschen ihre beiden preußischen Briefpartner ebenso wie sie diese Form in allen ihren Nuancen, nutzen sie gern auch spielerisch, insbesondere der König, der häufig zu Scherzen greift, gerade dann, wenn er ernsthafte Probleme anspricht – und damit zugleich herunterspielt.66 Amalie ihrerseits liebt es, teils drastisch geschilderte Anekdoten in ihre Briefe einzuflechten,67 und schreckt vor keiner Satire in ihren Porträts der Berliner Hofgesellschaft zurück.68 Aber selbst bei dieser Beschränkung auf zwei Briefpartner Carolines konnte angesichts der schieren Menge allein ihrer Briefe an Amalie nur eine kleine Auswahl in Frage kommen: So habe ich – auch aus ihrer Korrespondenz mit Friedrich II. – im Wesentlichen nur die wichtigsten auf das „établissement“, also die Verheiratung, ihrer Töchter zielenden Briefe und daneben sol-

Vgl. Wolf, „Femina sexu – ingenio vir“, S. 130 f. Allein an ihren Gatten schrieb sie 2555 Briefe, wie dieser – pedantisch genau wie immer – nach ihrem Ableben in sein Tagebuch eintrug, vgl. Meise, Das archivierte Ich, S. 497. 66 Insbesondere in den Briefen zum Religionswechsel Wilhelmines. 67 Vgl. die genüsslich beschriebenen Details ihres erzwungenen Kurzaufenthalts in der Festung Spandau in Brief 26 vom 18.10.1757. 68 Vgl. ihre schon erwähnten Briefe vom 29.4. und 31.5.1769. 64 65

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che ausgewählt, die sie beim Aufbau ihres Netzwerkes zeigen. Hinzu kommen noch einige Briefe, in denen sie die durchsichtigen Manöver ihres Gatten beim Versuch eines Seitensprungs mit der unter ihrem Künstlernamen Reggiana bekannten Tänzerin Santina Olivieri karikiert.69 Diese Briefe zeugen nicht zuletzt von ihren Vorstellungen über Ehe und Frauenrolle in der höfischen Gesellschaft, mit Erwartungen an Verhaltensnormen, die sie – besonders zum Leidwesen von Friederike – auch auf ihre Töchter überträgt. Ein Großteil der hier ausgewählten Briefe ist schon im französischen Original von Walther im Jahre 1877 publiziert worden, allerdings oft nachlässig mit etlichen, teils nicht gekennzeichneten, Auslassungen und Lesefehlern, die ich stillschweigend ergänzt bzw. korrigiert habe.70 Meine Auswahl umfasst insgesamt sechzig Briefe, davon vierzehn Friedrichs II. an Caroline nach den Originalen im Staatsarchiv Darmstadt D 4. 561/7, sieben der Landgräfin an den Preußenkönig, elf Briefe der Prinzessin Amalie an die Landgräfin nach den Originalen im Staatsarchiv Darmstadt D 4. 561/5 und achtundzwanzig Briefe Carolines an Amalie nach den Originalen im GSTA unter der Signatur BPH Rep. 46 W 118A. Herrn Dr. Frank Althoff und Herrn Dr. Rainer Maaß danke ich für die hilfreiche Unterstützung bei der Konsultation und der Druckerlaubnis der Briefbestände, die sich im Berliner Ge-

Vgl. die Briefe 12 und 13 vom 4. und 11.2.1753. Obwohl diese Mängel schon im Jahre 1925 von Hartmann, Der Aufenthalt, S. VIII angemerkt wurden, nutzt noch ein Großteil der späteren Forschung zur Landgräfin ungeprüft Walthers Ausgabe. Diese Edition enthält nicht unsere Briefe 2, 3, 5, 6, 8, 11, 13, 14, 22. Die Briefe 47, 51, 54, 56, 59 sind nach Entwürfen Carolines übersetzt und enthalten daher keine vollständigen Grußformeln. 59 teils zuvor unveröffentlichte Briefe Carolines an Fräulein von Zuckmantel, Amalie Friederike von Baden, Nesselrode, Moser, Grimm, Amalie von Preußen, an ihren Gatten, ihre Tochter Friederike und ihre Mutter druckt Bräuning-Oktavio im französischen Original auszugsweise in seinem Aufsatz Die Bibliothek der Großen Landgräfin nach den Beständen im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt ab. 69 70

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heimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz bzw. im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt befinden. Wie schon so oft zuvor haben mir die MitarbeiterInnen der Universitätsbibliothek in Bayreuth unschätzbare Dienste geleistet, für die ihnen hier gedankt sei. Und wie immer gilt mein Dank Dr. Florian Simon für die Aufnahme dieser Korrespondenz in seinen Verlag sowie Arlett Günther und Heike Frank für die hervorragende Betreuung auch dieses Projekts, das dank der großzügigen Unterstützung der Merck’schen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft realisiert werden konnte.

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Brief 1 Prenzlau, den 28. September 1750 Madame, wenn es nur darum gegangen wäre, meinem Eifer Gehör zu schenken, hätte ich die Ehre gehabt, Eurer Königlichen Hoheit wenige Tage nach meiner Abreise von Berlin zu schreiben. Doch konnte ich das: Ihnen vertrauensvoll von meiner Verbundenheit, meiner Dankbarkeit, dem Bedauern erzählen, Sie verlassen zu haben, Madame? Das alles hätte Sie gelangweilt. Wenigstens dachte ich das damals. Konnte ich voraussehen, dass Eure Hoheit mich zuerst mit einem Brief beehren würde? Und mit was für einem reizenden, noch viel göttlicheren Brief als der in Graublau des Prinzen Heinrich! Ja, Madame, ich bin überwältigt von allem, was Sie mir an Schmeichelhaftem sagen, und ich habe mein Ziel erreicht, wenn Sie mich einiger Freundschaft für würdig erachten. Es gibt da nur eine Passage, die mich besorgt macht. Es ist die, wo Eure Hoheit das Fieber der Königin, Ihrer Mutter, erwähnt.1 Ich werde erst dann beruhigt sein, wenn ich weiß, dass Ihre Majestät wieder vollkommen gesund ist. Ich bin Ihnen zu tausend Dank verpflichtet für die Opern, die Sie mir gütigst geschickt haben. Sie werden mich in Momenten beschäftigen, die ohne diesen Beistand einen Anschein von Langeweile hätten; denn leibhaftige Langeweile halte ich, so gut ich kann, von mir fern. Eure Hoheit spricht davon, mir noch weitere Opern zu schicken: welch ein Segen! In der Tat, Madame, Sie sind so gütig, Sie wollen zu meiner Zerstreuung beitragen und mich weniger ungeduldig den glücklichen Moment erwarten lassen, der mich wieder zu Ihnen führen wird! Wie weit er doch entfernt ist, dieser so heiß ersehnte Augenblick! Ich wage es nicht einmal, Ihnen all meine Befürchtungen mitzuteilen. Wenn mich die Verse Voltaires, die er anlässlich der Geschichte mit Herrn von Montperny gemacht hat, während eines 1

Sophie Dorothea von Preußen.

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Anfalls von Frömmigkeit erreicht hätten, hätte ich mich bekreuzigt. Doch ich gestehe Ihnen, Madame, dass, aus Begeisterung über Ihren Brief und die Wendung, die Eure Hoheit diesem Abenteuer gegeben hat, mein Sinn in eine solche Fröhlichkeit versetzt wurde, dass er sich trotz aller Freizügigkeit, die man diesem Stück vorwirft, nicht entrüsten konnte.2 Ich vergesse mich, Madame; aber kann man denn leichten Herzens schließen, wenn man das Glück hat, sich mit Eurer Hoheit zu unterhalten? Sie werden es mir angesichts meiner Verbundenheit, meiner Achtung und einer Menge von Gefühlen verzeihen, die Ihnen alle zusammen sagen, dass ich Sie verehre, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken

2 Voltaire erzählt die Geschichte des komischen Missverständnisses um den Marquis Théodore-Camille Montperny, dem Oberhofmeister Wilhelmines, der Bayreuther Schwester des Königs, in seinem Brief vom 29.8.1750 an seine Nichte und Geliebte Marie-Louise Denis, vgl. Besterman (Hrsg.), Correspondance, D 4205). Die hier erwähnten Verse Voltaires waren unter dem Titel Vers de l’illustre Voltaire sur le cul d’un chambellan de Bayreuth im Umlauf. Montperny war im Gefolge Wilhelmines seit Anfang August in Berlin.

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Brief 2 Prenzlau, den 14. März 1751 Madame, ein Wort Eurer Hoheit, das mir das Andauern Ihrer Wohltaten versicherte, würde ausreichen, brennend den Empfang Ihrer Briefe herbeizusehnen. Sie aber fügen ihnen weitere hinzu, Madame, die dank der Wendung, die Sie ihnen geben, bei der Lektüre besondere Freude bereiten. So ist es mit der Geschichte der Markgräfin.3 Der Prinz von Württemberg hatte mir davon erzählt, ich aber habe ihn der üblen Nachrede bezichtigt, weil ich es nicht für möglich gehalten hätte, dass sie sich so unkenntlich machen konnte, eine Rolle in vollkommenem Kontrast zu ihrem Aussehen zu wählen.4 Wenn sie wenigstens die Rolle der Isabelle gespielt hätte, dann, da wird mir Eure Hoheit zustimmen, wäre es zum besten gewesen: Ein Vorbild ehelicher Treue, was wäre passender gewesen? Es wäre schön, wäre erhaben gewesen. Nicht damit zufrieden, meine Zweifel zu zerstreuen, fügt Eure Hoheit auch noch das Stück und die Schauspieler hinzu. Ich danke Ihnen tausendmal. Ein gewisses Wort am Rand eines Blattes hat mich eine für den Schäfer höchst schmeichelhafte Passage bemerken lassen. Ich kenne die Schauspieler nicht, aber nach dem zu urteilen, was Sie mir darüber zu sagen belieben, Madame, ist es sehr unglücklich, sich der Lächerlichkeit nur wegen der Meinung einer Klatschbase preiszugeben. Ich kann mir vorstellen, dass das aufgeführte Stück nur für ein privates Publikum konzipiert war.5 Noch zwei Monate, dann werde ich das Glück haben, Sie wiederzusehen, Madame; ich zähle die Tage und Stunden. Was für 3 Leopoldine, die Gattin des Markgrafen Heinrich von BrandenburgSchwedt, wurde wegen angeblicher ehelicher Verfehlungen von Friedrich II. Ende Mai 1751 nach Kolberg verbannt, wo sie bis zu ihrem Lebensende am 27.1.1782 ihr Dasein in der Festung verbringen musste, vgl. Du Vinage, Leopoldine. 4 Friedrich Eugen von Württemberg. 5 Es ist nicht klar, um welches Schäferspiel es sich handelt.

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eine Glückseligkeit für jemanden, der Ihnen so sehr verbunden ist wie ich, die Hoffnung auf eine Rückkehr wagen zu dürfen! Eure Hoheit schenkt mir die Hoffnung darauf, ich glaube es Ihnen sehr gern und schwöre Ihnen ebenso respektvolle wie zärtliche Freundschaft, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken

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Brief 3 Prenzlau, den 10. Mai 1751 Madame, ich habe in den vergangenen Tagen die Oper Armida erhalten, die Eure Hoheit mir gütigst geschickt hatte; sie hat mich angenehm überrascht.6 Man kann nicht all Ihre Aufmerksamkeiten voraussehen, doch wie stark empfindet man sie und wie empfänglich ist man dafür! Und Armida, die unter Ihrer Protektion ankam, ist reizend und göttlich. Eure Hoheit wird mir wenigstens gestatten, dass ich Ihnen meinen untertänigsten Dank ausspreche – und noch hundertmal mehr für den Brief, mit dem Sie mich beehrt haben. Kein Mitleid mehr mit dem schlimmen Schicksal der Markgräfin!7 Eure Hoheit zerstört die einzige Regung, zu der mich die Menschlichkeit aufrief. Die Szene, von der Sie sprechen, Madame, ist schon einer Frau mit einem Mindestmaß an Prinzipien unwürdig, umso mehr einer Prinzessin ihres Ranges. Ich gestehe Ihnen freimütig, Madame, dass ihre Äußerungen mich ebenso sehr und vielleicht noch mehr empören als die Tat, deren man sie beschuldigt. Das eine kann man einer Schwäche zurechnen, aber jene können nur von einem Charakter herrühren, der sich von all dem verabschiedet hat, was man Anstand und Anflug von Gefühl nennt. Eure Hoheit darf darauf zählen, dass ich die Unwissende gespielt habe, als man mir von der Geschichte erzählt hat, und dass ich das jedes Mal tun werde, wenn Eure Hoheit mir die Ehre erweist, mir etwas anzuvertrauen. Ich würde weder Ihre Güte noch Ihre Freundschaft verdienen, wenn ich es an Feingefühl bei ähnlichen Anlässen fehlen ließe, und diese Gefühle zu verdienen, ist das Ziel all meiner Wünsche. Meine liebevolle Achtung für Eure Hoheit kennt keinen Wandel,

6 Die Oper Armida von Karl Heinrich Graun wurde 1751 in Berlin publiziert. Die Uraufführung fand am 27.3.1751 in der Berliner Hofoper statt, vgl. Haedler et alii, Verzeichnis, S. 379. 7 Vgl. hierzu Brief 2, Anm. 3.

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Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken Erlaubt Eure Hoheit, dass ich in dankbarem Gedenken an die Markgräfin von Schwedt ihr meine hochachtungsvollen Grüße entbiete? Der Erbprinz grüßt Sie untertänigst.

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Brief 4 Prenzlau, den 8. August 1751 Madame, ich kann Eurer Hoheit ohne abgeschmackte Schmeichelei versichern, dass ich niemanden kenne, der so unterhaltsam schreibt wie Sie: Da gibt es Ausdrücke, Wendungen, kurz, ein Stilgefüge, das reizend und nur Ihnen eigen ist: Eure Hoheit ist zu scharfsinnig, um die Wahrheit dessen, was ich Ihnen zu sagen die Ehre habe, nicht zu empfinden. Oder sollten Sie etwa nur sich selbst nicht gerecht werden? Herrn von Morrien8 mit Wolffs Philosophie,9 das Konzert von Fräulein von Platen und Fräulein von Schwerin schildern Sie mit reizender Leichtigkeit und Genauigkeit.10 Ich habe geglaubt, dabei gewesen zu sein. Was für ein Glück wäre es für mich, wenn ich Ihnen meine Aufwartung machen und das, was Sie eine Art von Einsamkeit nennen, mit Ihnen teilen dürfte! Ich habe einmal Les Ames rivales gelesen;11 ich erinnere mich an ein Gebet an Brahma, das, einmal ausgesprochen, einem die Fähigkeit verlieh, den Körper zu verlassen, und die Seele hatte dann alle Freiheit, dorthin zu gehen, wohin sie wollte. Warum ist es nicht möglich, diese Idee zu verwirklichen? Meine Seele wäre beständig bei Ihnen, meine liebenswerte Prinzessin. Doch vielleicht würde Ihnen diese dauernde Anwesenheit am Ende auf die Nerven gehen. 8 Herr von Morrien ist der Oberhofmeister der Königinmutter Sophie Dorothea von Preußen. 9 Christian Wolff ist zu dieser Zeit nicht nur der in Deutschland wohl einflussreichste Philosoph, sondern auch für Friedrich bedeutsam, der sein Werk 1736 eigens ins Französische übersetzen ließ – zum besseren Verständnis, vgl. schon den Brief des Kronprinzen an seine Schwester Wilhelmine vom 25.3.1736 bei Volz (Hrsg.), Friedrich der Große, Bd. I, S. 314. 10 Ilse Sophie von Platen und Fräulein von Schwerin, Hofdamen der Königinmutter und Attraktionen des Hofes laut Lehndorff, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 292 f. 11 Diese Erzählung von Paradis de Moncrif hat Caroline in einer Ausgabe London 1738 in ihrer Bibliothek, vgl. Bräuning-Oktavio, Die Bibliothek, Sp. 714.

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Beehren Sie mich bitte beständig mit Ihrer Güte, niemand weiß mehr um ihren Wert als ich, die ich Sie verehre, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken Weit davon entfernt, darüber betrübt zu sein, danke ich Eurer Hoheit tausendmal für Ihre freundlichen Zeilen, mit denen Sie den Erbprinzen beehren. Er ist darüber ganz außer sich und grüßt Sie untertänigst. Die Grüße Eurer Hoheit sind immer ein Schritt nach Berlin.

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Brief 5 Prenzlau, den 22. August 1751 Madame, ich habe ganz bewusst und mit schwer erkämpfter Zurückhaltung Eurer Hoheit nicht schon vor drei Tagen geschrieben, trotz aller Lust, die ich dazu hatte, und obwohl mich dazu Ihre reizenden Briefe, die ich gerade erhalten hatte, berechtigt hätten. Ich fürchtete, dass ein solches Zuviel an Pünktlichkeit Ihnen lästig werden könnte, Madame; aber ich kann nicht mehr an mich halten, und ohne dass ich Ihnen auch nur die kleinste interessante Neuigkeit senden könnte, werden Sie die Güte haben, meinen üblichen Refrain zu hören, der da lautet, Ihnen von meiner Zuneigung und Verbundenheit zu erzählen. Der Tod des jungen Prinzen von Schwedt hat mir wirklich Leid getan; ich habe meine Trauer darüber der Frau Markgräfin ausgesprochen, die nichts als Kummer und Unannehmlichkeiten erleidet und angesichts ihrer Tugenden das glücklichste Los verdienen würde.12 Der Erbprinz wird die Ehre haben, Eurer Hoheit seine Aufwartung zu machen; jedenfalls war das seine Absicht, als er nach Potsdam abreiste. Wie beneide ich ihn um das Glück, das er genießt, Sie zu sehen, liebe Prinzessin, und Sie zu hören! Eure Hoheit wird mich eines Körnchens Eifersucht verdächtigen; aber welchen berechtigten Grund auch immer ich dazu hätte, kann ich Sie deswegen nicht weniger lieben, Madame. Die Gräfin Ponienska muss ein seltsames Wesen abgeben: Ich würde sie gern einmal betrachten, wie man ein Nashorn wegen seiner Einzigartigkeit betrachtet, und sie dann stehen lassen.13 Ihre Launen, ihr Geschmack am Tanz, an der Geige, ihre Lie-

12 Prinz Georg Friedrich Wilhelm von Schwedt, der Sohn der mit dem Markgrafen Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt verheirateten Schwester Amalies, Sophie Dorothea Marie von Preußen. 13 Gräfin Ponienska: nicht identifiziert.

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besaffären mit dem Juden Hirsch,14 sie drücken das alles, Madame, mit einer – doch ich wage es nicht fortzufahren; Eure Hoheit will mir nicht glauben; in Ihren Augen bin ich ironisch, wo ich doch nichts als wahrhaftig bin; ich gräme mich darüber, ohne zu wagen, es zu offenbaren. Die von der polnischen Exzellenz verlassene Dame finde ich reizend: Seine Gunst zwischen einem Juden und Krasicki zu teilen – welch eine hohe Gesinnung!15 Meine Briefe, so bar jeder Neuigkeit sie auch sind, plustern sich indessen auf und scheinen durch ihr Ausmaß die Bezeichnung Bände beanspruchen zu wollen. Ich bitte Sie deswegen tausendmal um Verzeihung, Madame, aber was würde aus mir, weit weg von Eurer Hoheit, wenn ich nicht die Freiheit hätte, Ihnen zu schreiben und Ihnen meine Achtung und meine Zuneigung ins Gedächtnis zu rufen, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken

14 David Hirsch war schon vor Friedrichs Regierungsantritt als Samtund Plüschfabrikant in Berlin tätig, vgl. Bruer, Geschichte der Juden in Preußen, S. 76. 15 Ignatius Graf Krasicki, der spätere Fürstbischhof des Ermlandes, war auf Einladung Friedrichs häufig in Berlin, der den bei den dortigen wie den Warschauer Hofdamen hoch geschätzten jungen Mann noch zwanzig Jahre später gegenüber seiner Schwester Ulrike als „galant“ bezeichnet, zitiert bei Pufelska, Ignacy Krasicki, S. 249.

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Brief 6 Prenzlau, den 10. Oktober 1751 Madame, da ich mich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch sicher fühle, will ich ihn rasch nutzen und Eurer Hoheit meine ganze Empfänglichkeit für den Brief bezeugen, mit dem Sie mich vor drei Tagen beehrt haben. Ich glaubte, das Ende meiner Schwangerschaft erreicht zu haben; aber da traf Ihr Brief ein und beschäftigte mich derart, dass ich darüber vergaß niederzukommen:16 Konnte ich an etwas anderes denken, während ich von allem, was Sie mir sagten, meine liebenswürdige Prinzessin, ergriffen war? Ich wundere mich über den Charakter der Gräfin von Bentinck:17 Die Leute mit Anwürfen zu überziehen, ihnen einen derart empfindlichen Streich zu spielen wie diesen, der den Grafen von Reuß wirklich der völligen Lächerlichkeit preisgeben würde!18 Das kann man mit Recht als empörende Handlungsweise bezeichnen, die bestimmt nicht leicht zu verzeihen ist; und die Gräfin von Kameke,19 die sich für den Grafen von Reuß einsetzt, Madame, hat sie nicht Recht, darüber außer sich zu sein? Eure Hoheit überrascht mich mit der Nachricht von der bevorstehenden Versöhnung zwischen Gatten und Gattin. Glauben Sie, dass sie genügend Mut besitzt, um bei Hofe zu erscheinen? Ich denke, auf keinen Fall. Die Heirat des Prinzen Heinrich ist weit in die Zukunft verschoben.20 Es würde mich sehr betrüben, diese Gegend zu verCarolines zweite Tochter Friederike wird am 16. Oktober geboren. Die Gräfin Charlotte Sophie von Bentinck führt ein aus Carolines Sicht skandalöses Leben nach ihrer Scheidung von ihrem Ehegatten Willem Graf Bentinck. Nach dem Tod ihres Geliebten, des Reichsgrafen Albrecht Wolfgang zu Schaumburg-Lippe, im Jahre 1748 suchte sie 1750 Zuflucht in Berlin, wo sie bis 1754 lebte und insbesondere mit Voltaire befreundet war, mit dem sie eine umfangreiche Korrespondenz führte. 18 Heinrich IX. Graf von Reuß zu Köstritz war preußischer Oberhofmarschall und enger Berater des Königs. 19 Marie Gräfin Kameke, geb. Golovkina, die Gattin des Schlosshauptmanns Friedrich Paul Graf Kameke. 16 17

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lassen, ohne die würdige, ernste Miene zu sehen, die der Titel eines Ehemanns Seiner Hoheit vielleicht verleihen wird. Geben Sie zu, Madame, dass ich heute viel schwätze. Werden Sie es mir verzeihen? Ja, ich weiß, wie nachsichtig Sie gegenüber Leuten sind, die Ihnen so verbunden sind, wie ich es Eurer Hoheit bin. Achtung, Zuneigung, Wertschätzung, all das zusammen ruft ein leichter zu empfindendes als zu definierendes Gefühl hervor, das ich Ihnen auf ewig gewidmet habe, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken Der Erbprinz bezeugt Eurer Hoheit seine tief empfundene Achtung. Ohne die Ehre zu haben, die Erbprinzessin von Hessen-Kassel zu kennen, empfinde ich eine gewisse Wertschätzung für sie, die sich auf den reizenden Charakter gründet, den man ihr allgemein zubilligt. Die Prinzessin möge mich also nicht für ungerecht und für fähig halten, es ihr übelnehmen zu können, dass sie mir eine Person weggenommen hat, von der sie glaubte, sie würde mich bald verlassen. Ich bin wohlgesonnen gegenüber all dem, was sie mir in dieser Angelegenheit hat ausrichten lassen, und bitte sie als Preis dafür, ihr meine Rechte auf Fräulein von Wartensleben überlassen zu haben, lediglich, gütig zu ihr zu sein.21 Eure Hoheit hat mit gestattet, meine Antwort an Sie zu adressieren. Was die fragliche Sache angeht, so folge ich Ihren Anordnungen. 20 Prinz Heinrich heiratet am 25.6.1752 Wilhelmine von Hessen-Kassel, auch dies eine Heirat in die königliche Familie, welche die Ehefrau bald bereuen sollte. 21 Amalie von Wartensleben und Flodroff begleitet Lehndorff zufolge von Anfang an Caroline als Hofdame nach Prenzlau, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 27.

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Brief 7 Den 5. November (17)51 Madame, das Geschwätz einer Wöchnerin kann für Eure Hoheit nicht unterhaltsam sein; aber Sie sind dennoch so gütig, darauf in einer Weise zu antworten, die es mir zu erlauben scheint, daran zu glauben, dass ich das Glück habe, dass Sie an mir Anteil nehmen. Welche Vorstellung, Madame! Ich finde sie köstlich; bitte, nehmen Sie mir nie wieder die Illusion, lassen Sie mir lieber meinen Irrglauben! Das Wort macht mir Angst; nicht dass Ihre Güte nicht wirklich wäre, meine Glückseligkeit hängt davon ab. Herr von Thun hat uns mit seinem Besuch hier sehr unterhalten.22 Es war oft von Eurer Hoheit die Rede. Wenn er meine Verbundenheit mit Ihnen erwähnt hat, liebenswürdige Prinzessin – ich habe nie eine vollkommenere erlebt. Ich warte auf den Moment, sie Ihnen mündlich zu wiederholen, mit einer Ungeduld, die ich nur schwer auszudrücken vermag. Ein Brief des Königs wird den Prinzen, der diese Reise nicht weniger herbeisehnt als ich, zur Entscheidung bringen; aber sein Diensteifer wird ihm nicht gestatten, die Garnison zu verlassen ohne den schriftlichen Befehl Seiner Majestät. Wird mir Eure Hoheit verzeihen, Ihnen so offen zu schreiben? Es freut mich sehr für Frau von Voß, dass Eure Hoheit nicht findet, ihre Figur habe sich verändert.23 Man hatte mir versichert, dass Herr xxx ihr ganz nobel den Laufpass zu Gunsten von Frau xxx gegeben hätte. Ich heiße dieses galante Abenteuer nicht gut. 22 Herr von Thun ist der Gesandte von Sachsen-Gotha in Brandenburg-Preußen; zu seiner Karriere vgl. Raschke (Hrsg.), Ulrich von Thun, S. 7–15. 23 Sophie Marie von Pannwitz, eine vielgerühmte Schönheit am preußischen Hof, hatte am 11.3.1751 den Grafen Voß geheiratet, nachdem sich einige Jahre zuvor Amalies Bruder August Wilhelm derart in die Schöne verliebt hatte, dass er sie sogar ehelichen wollte; zu dieser Affäre vgl. Ziebura, August Wilhelm, S. 84–88.

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Herr von Pannewitz folgt, wenn er Hühner aufzieht, der heutigen Mode. Man versichert mir, dass man heute in Frankreich verrückt danach ist, alle neu errichteten Gebäude mit aufgehübschten Hühnerställen auszustatten.24 Kein Seelenheil, ohne die Hühner zu lieben und ihnen galant zu fressen zu geben! Ich weiß nicht, ob diese Mode von Dauer sein wird. Sein Leben damit zu verbringen, Predigten zu lesen, welcher Segen! Ich beglückwünsche die guten Seelen, die sich bei solchen heiligen Verrichtungen gefallen: Ich bewundere sie, ohne sie nachahmen zu können. Diese Briefpassage würde bei allen frommen Betschwestern dazu führen, mich zu verdammen; doch ich glaube nicht, dass Eure Hoheit, die, wie ich zu glauben wage, in etwa gleich denkt, deswegen böse auf mich ist. Der 9. dieses Monats ist ein Tag, den ich mein ganzes Leben lang feiern werde;25 ich kenne sehr wenige, an denen ich derart starken Anteil nehme. Die gewöhnlichen Grüße überlasse ich der großen Menge, mein Herz und die Wünsche, die es hegt, wollen damit auf keinen Fall verwechselt werden, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken

24 Ihr Vater Wolf Adolf von Pannwitz besaß in der Nähe von Oranienburg das Rittergut Schönfließ. 25 Der 9. November ist Amalies Geburtstag.

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Brief 8 Prenzlau, den 21. November (17)51 Madame, die Aufträge Eurer Hoheit werden ausgeführt. Man wird an den König schreiben und hoffen, dass Seine Majestät gütigst die Erlaubnis erteilen wird, sich nach Berlin zu begeben. Nach einer solch untertänigen Gehorsamkeit werden Sie mir erlauben, Madame, Ihnen von Seiten des Erbprinzen die Versicherung seiner tief empfundenen Achtung auszusprechen. Die Hoffnung, Eure Hoheit wiederzusehen, gibt mir meine Kräfte zurück; ich weiß fast nichts mehr von dem Zustand, in dem ich war, und befasse mich ausschließlich mit dem Augenblick, der mich wieder mit meiner liebenswerten Prinzessin vereint. Darf ich Eure Hoheit fragen, ob La Mettrie seine Prinzipien verleugnet hat, bevor er starb? Denn man stellt für gewöhnlich fest, dass die Prinzipien, die man in der Kindheit mitbekommen hat, die Oberhand gewinnen und den Ausschlag geben. Ich glaube allerdings nicht, dass dies so allgemein eintritt, dass es keine Ausnahmen gäbe; und La Mettrie könnte gut zu den letzteren zählen. Verzeihen Sie meine Frage und meine Neugier, Madame.26

26 Julien Offray de La Mettrie, der berühmt-berüchtigte Arzt und Verfasser von Werken wie der Histoire naturelle de l’âme (1745) und des L’Homme machine (1747), die ihn zum Atheisten par excellence stempelten, war auf Einladung des Königs Anfang 1748 nach Berlin gekommen und am 11.11.1751 gestorben. Laut einem Brief Friedrichs an seine Schwester Wilhelmine, ebenfalls vom 21. November, starb er an „eine(r) schwere(n) Verdauungsstörung“, nachdem er „eine ganze Fasanenpastete“ verzehrt hatte, vgl. Volz (Hrsg.), Friedrich der Große, Bd. II, S. 210. Lehndorff zufolge hätte er freilich vor seinem Ende doch noch alle Heiligen angerufen, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 33.

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Die ebenso beständige wie vollkommene Verbundenheit, die ich Eurer Hoheit gewidmet habe, wird erst mit meinem Leben enden, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken

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Brief 9 Prenzlau, den 13. März (17)52 Madame, Freundschaft besitzt eine besondere Gabe: Sie hat mich mit liebevoller Dankbarkeit entgegennehmen lassen, was mich von jedem anderen Absender als Eurer Hoheit in Verlegenheit gebracht hätte. Haben Sie, meine liebenswerte Prinzessin, tausend Dank für das Kästchen und den Ring! Sie sind beide von reizendem Geschmack und werden mir als Zeichen Ihrer Güte ewig kostbar sein. Ich hätte es mir gewünscht, ich gestehe es Ihnen, Madame, dass Ihr Porträt in der Schnupftabaksdose gewesen wäre – hätte ich auch hundert Mal davon probiert, nie wäre es mir zu viel gewesen. Die Anteilnahme Eurer Hoheit an einem gewissen Tag dieses Jahres schmeichelt mir überaus.27 Verlassen Sie sich darauf, Madame, dass ich Sie jeden Monat meines ganzen Lebens verehren werde und ich voraussehe, dass ich keinen verbringen werde, ohne mich an die zu erinnern, die ich mit Ihnen verbracht habe. Eure Hoheit hat all dem, was Sie mir an Schmeichelhaftem geschrieben haben, hinzugefügt, dass Sie ein großes Fest veranstaltet haben: Sie verwöhnen mir wirklich, Madame, ich werde anmaßend und unverschämt werden, doch nein – der Gedanke daran, Ihrer Freundschaft würdig zu sein, wird mich vor allen Untugenden bewahren. Ich merke, dass Eure Hoheit keine sehr hohe Meinung von dem Maskenball hat, den es hier in den vergangenen Tagen gab. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass 22 Frauen dabei waren – das Regiment hat die Männer geliefert –, dass der Ball um sieben Uhr abends begann, nach dem Abendessen wieder aufgenommen wurde und bis vier Uhr morgens dauerte. Es gab etliche Schäferinnen, Spanierinnen, Tirolerinnen und Gärtnerinnen – ohne Rücksicht auf Alter und Aussehen. Diese beiden Punkte spielten dabei keinerlei Rolle. Es war unter anderem eine alte 27

Caroline hatte am 9. März Geburtstag.

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Jungfer von fünfzig Jahren dabei, welche die Anwandlung hatte, Schäferin zu spielen. Darf ich Ihnen gestehen, Madame, dass ich die Bosheit besaß, ihrer Idee Beifall zu zollen? Sie kam also an, ganz in Weiß und Zartrosa, Stab, Kranz, Korb, nichts fehlte. Ich war indessen ganz zufrieden mit meiner Planung; und im großen und ganzen war dieser Provinzball auch gar nicht schlecht. Ich hatte Angst, dass der Zufall den Prinzen von Württemberg an diesem Tag hierher führen könnte.28 Er hätte meine Pläne durcheinander gebracht, die sich allein ganz gut aus der Affäre ziehen, aber im Angesicht bestimmter Leute nicht standhalten. Der Erbprinz war nur eine Stunde auf dem Ball, ohne die Maskierung abzulegen. Er ist noch von seinem Fieber geschwächt; aber seine Gefühle für Eure Hoheit sind es mitnichten. Sie sind meine ganze Hoffnung. Sie schreiben mir in Andeutungen über Mylord, die mir freilich Angst um ihn machen.29 Ich vergesse, dass ich Ihnen lästig werden könnte, Madame. Drei Worte noch, und dann höre ich auf. Ich verehre Sie, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken

28 Friedrich Eugen von Württemberg, der zu dieser Zeit zum Kreis um den Prinzen von Preußen August Wilhelm gehörte, vgl. Ziebura, August Wilhelm, S. 186. 29 Mit Mylord ist George Keith, der 10. Earl Marischal of Scotland, gemeint, der damalige preußische Gesandte in Paris, vgl. Schmid, Friedrich der Große: Das Personenlexikon, S. 202.

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Brief 10 (11. August 1752) Madame, hier bin ich nun, sechs Meilen entfernt von Eurer Hoheit, ohne noch die Hoffnung zu haben, Ihnen meine Aufwartung zu machen. Wenn ich wenigstens gute Nachrichten von Ihrer Gesundheit habe, dann ist das immerhin schon etwas. Ja, meine liebe Prinzessin, ich bin noch nicht ganz frei von Sorgen. Selbst die Reise nach Potsdam, von der ich bei jeder anderen Gelegenheit mit Freude erführe, lässt mich eine erneute Unpässlichkeit befürchten. Möge der Himmel Ihr Leben behüten! Es ist mir für mein Glück unerlässlich. Ich wundere mich über die Gier nach Geschichten, die bei gewissen Leuten Einzug gehalten hat, die andauernd vorzugsweise Eure Hoheit zum Gegenstand erwählen. Ich bin froh, sie nicht zu kennen, um nicht gezwungen zu sein, sie zu verachten. Ich bedauere die arme Gräfin von Schwerin; das wäre wirklich ein Verlust für Eure Hoheit.30 Sie ist Ihnen ganz aufrichtig verbunden. Aber Sie sind grausam, meine liebe Prinzessin: Wie kann man dem armen Maupertuis den Tod wünschen, um in den Besitz der Witwe zu gelangen?31 Ich muss Eure Hoheit warnen, dass man eine Liebesintrige aufgedeckt hat, die man Ihnen zuschreibt. Ja, Madame, man hat in einer Ihrer Schubladen das Porträt des Juden Ephraim gefunden, und man ist verblüfft, dass Eure Hoheit, welche die Vorsicht selbst ist, sie bei einer so wichtigen Gelegenheit derart hat vermissen lassen, einen Gegenstand von solcher Bedeutung nachlässig aufzubewahren. Ich habe nicht zugegeben, ins Ver30 Die Gräfin von Schwerin wurde, wie Lehndorff berichtet, wegen einer angeblichen Affäre mit dem Opernsänger Porporino vom Hof gejagt, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 292. 31 Der Akademiepräsident Maupertuis war seit 1744 mit Eleonore von Borck, der Hofmeisterin Amalies, verheiratet und zu dieser Zeit schwer erkrankt.

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trauen gezogen worden zu sein; aber ich will versuchen, Ihren Ruf zu retten, Madame; zählen Sie auf mein eifriges Bemühen und meine Verbundenheit!32 Kennt Eure Hoheit die Oper Platée?33 Ich denke mir, dass die Lage des kleinen Schlosses, das ich die Ehre habe, hier zu bewohnen, als Vorbild für die erste Bühnendekoration gedient hat:34 Ich sehe nichts als Sümpfe, Arme und noch dazu ,Finger‘ der Oder. Es gibt so bescheidene, dass man sich, ohne unpassend zu wirken, nicht trauen würde, sie Arme zu nennen. Ich höre nichts als das Quaken der Frösche; ein paar Enten, ein paar Reiher singen zwischendurch Rezitative; dann stimmen meine Untertanen in den Chor ein. Machen Sie mir auf keinen Fall meine souveräne Herrschaft streitig, Madame, ich bitte Sie herzlich darum. Platée hat sie über alle Sümpfe gehabt; sie war ihre Herrschernymphe seit unendlicher Zeit; meine Rechte gründen sich auf die Abtretung der ihren an mich. Es wäre ungerecht, sie mir streitig zu machen. Wenn Eure Hoheit, wie ich annehme, diese komische Oper kennt, werden Sie mich nicht beschuldigen, gegen die Bescheidenheit zu verstoßen, wenn ich mich mit dieser Nymphe auf eine Ebene stelle. Aber nehmen wir einmal an, sie sei Ihnen unbekannt, Madame, so habe ich die Ehre, Ihnen zu sagen, dass Platée die übellaunigste und lächerlichste Nymphe war. Die Stechmücken fressen mich auf – noch eine Annehmlichkeit, die diesem Ort eigen ist. Spaziergänge nur bis zum Brunnen; eine halbe Meile von hier gibt es Sand bis zu den Knöcheln: Gestern habe ich damit meine traurige Erfahrung gemacht. Die 32 Eine Affäre mit einem der von Friedrich geduldeten Juden, selbst mit einem für den König so wichtigen wie Veitel Heine Ephraim, ist undenkbar. Er dürfte allenfalls als Hofjuwelier Kontakt zu Amalie gehabt haben. Zur Biographie Ephraims vgl. Grözinger, Die Stiftungen, S. 14– 18. In ihrem Brief vom 20.8.1752 zeigt sich Caroline stolz darauf, das Porträt gefunden und Amalie zurückgegeben zu haben, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 173 f. 33 Die komische Oper Platée von Jean-Philippe Rameau wurde anlässlich der Hochzeit des Dauphin in Versailles 1745 uraufgeführt. 34 Schloss Freienwalde.

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ganze vornehme Welt hat das Bad verlassen; das verleiht ihm einen Anstrich von Langeweile. Was mich jedoch zur Verzweiflung bringt, Madame, ist die Niederkunft der Gräfin Podewils,35 welche die Gräfin Kameke dazu veranlasst hat, Prötzel zu verlassen.36 Ich habe darauf gezählt, sie zu besuchen. Graf Kameke ist so freundlich, heute hierher zu kommen. Das ist wirklich ein Akt der Barmherzigkeit. Der Prinz nimmt Bäder, und es geht ihm blendend. Er grüßt Eure Hoheit untertänigst. Erlauben Sie, dass ich Ihnen erneut meine Ehrerbietung und meine zärtliche Hochachtung entgegenbringe, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken Erlauben Sie, Madame, dass Ihre Königlichen Hoheiten, die Prinzen, hier tausend Versicherungen meiner Hochachtung finden?

35 Sophie Amalie Albertine von der Marwitz, Gräfin von Podewils, die Gattin des Ministers Otto Christoph Graf von Podewils. 36 Ein kleiner Ort nahe Strausberg.

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Brief 11 Prenzlau, den 19. Januar (17)53 Madame, da ich von dem Gedanken an Ihre Güte und meine pflichtschuldige Dankbarkeit erfüllt bin, erlauben Sie mir, Madame, dass ich Ihnen tausendmal untertänigst danke: Eurer Hoheit verdanke ich das Glück, das der Erbprinz genießt und von dem er mir in allen seinen Briefen berichtet. Könnte ich Ihnen, meine liebenswürdige Prinzessin, doch einen von denen schicken, die er mir geschrieben hat, der mich sehr amüsiert hat! Doch nein, ich würde es nicht wagen: Es ist da von der Reggiana die Rede.37 Er fürchtet, dass der Besuch, den er ihr abgestattet hat, ihm in den Augen der Öffentlichkeit schadet, obwohl er, wie er mir sagt, nur hingegangen sei, weil ich ihn zu diesem Versprechen veranlasst hätte. Da aber alle Welt davon weiß, was wird man davon denken? Das sind Sorgen, Ängste, die ich nach Kräften zu beruhigen versucht habe. Erlauben Sie, Madame, Ihnen wenigstens einen Abschnitt seines Briefes zu zitieren: „Die Reggiana“, schreibt er, „ist bestenfalls reizend, aber unter uns gesagt, die Prinzessin Amalie gefällt mir freilich besser“. Er versetzt mich in Begeisterung, meine liebe Prinzessin, und er fügt hinzu, dass Ihre Gesundheit, dem Anschein zu urteilen, völlig wiederhergestellt ist. Ich bewundere ihn, wenn er mich beruhigt. 37 La Reggiana ist der Künstlername der Tänzerin Santina Olivieri, bei deren dreitägigem Besuch in Prenzlau zwei Wochen zuvor, wie die Erbprinzessin am 13.5.1753 ihrer Schwägerin Caroline Louise von Baden schreibt, ihr Gatte die Ballerina „zu unterhalten versucht habe, ganz ehrenhaft natürlich, wie er versichere“ – und wie sie maliziös hinzufügt, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 205. Fräulein von Zuckmantel schildert sie die Reggiana als eine, die „ohne die Freizügkeit so weit zu treiben, wie es ihr Beruf erlaube, dennoch nicht so zurückhaltend sei, wie es ihr Ruf ankündigte, (. . .) und ihre Gunst nur zu einem beträchtlichen Preis gewähre“ (vgl. ebd., S. 293). Noch fast zwanzig Jahre später notiert Ludwig IX. in seinem Tagebuch, dass er seinen Hofmaler beauftragt habe, zwei Porträts der Schönen für seine Galerie zu malen, vgl. Meise, Das archivierte Ich, S. 529 f.

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Die Grüße, mit denen Eure Königliche Hoheit und die Königinnen mich beehren, werde ich nie vergessen. Der Prinz versichert mir insbesondere, dass ich auf Ihre Güte, Madame, zählen darf und kann. Er hat vielleicht die Ehre gehabt, Eurer Hoheit zu sagen, dass der Landgraf den gewünschten Mann geschickt hat.38 Ich weiß nicht, was diese günstige Wendung bewirkt hat. Seine letzten Briefe sind besonders liebenswürdig. Ich kenne keinen überspannteren Brief als den, welchen Herr Maréchal dem Grafen Podewils geschrieben hat:39 Einer, der noch ganz richtig im Kopf ist, würde sich nicht so anmaßend zeigen. Frau von Posadowsky erstaunt mich: Auf ihren Geliebten, auf die Pension, auf das Rouge und die Mouches – und das alles auf einmal – zu verzichten, kann nur die Folge der Gnade – oder der Reize einer neuen Verbindung sein.40 Sollte Voltaire tatsächlich seinen Abschied nehmen wollen, Madame?41 Ich würde das ernsthaft glauben, wenn ich nicht annähme, dass er allzu sehr an einer Pension hängt, die er anderswo nicht finden wird. Eure Hoheit wird finden, dass die Einsamkeit mich missmutig macht, dass ich alles, was andere tun, bekrittele; doch, meine liebenswürdige Prinzessin, glauben Sie mir auf der anderen Seite, dass ich, je mehr ich nachdenke, mich ständig mehr an Verdienst und Tugend halte und der Gedanke an Sie das ist, was mich am angenehmsten beschäftigt. Nein, niemals hat jemand ein so lebhaftes Gefühl der Zuneigung empfunden wie das, was ich Ihnen nicht nur ein Leben lang, sondern auf ewig gewidmet habe, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt. Heinrich Graf von Podewils, Minister und Berater des Königs; zu Maréchal vgl. Brief 9, Anm. 29. 40 Eleonore Elisabeth von Posadowsky war seit 1747 verwitwet. 41 Voltaire verlässt Berlin fluchtartig am 25. März 1753. 38 39

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Gewiss zu sein, Ihnen meine Aufwartung zum Ende des Sommers und kommenden Winter zu machen, darin besteht wirklich mein ganzer Trost, und Eurer Hoheit verdanke ich diese Gewissheit. Erlaubt mir Eure Hoheit, Ihren Königlichen Hoheiten, den Prinzen, und der Frau Prinzessin meine Hochachtung zu versichern?

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Brief 12 Den 4. Februar (17)53 Madame, ich hatte erst vor drei Tagen die Ehre, Eurer Hoheit zu schreiben, aber zwei Briefe, die seitdem eingetroffen sind, gestatten mir nicht zu warten, um Ihnen meine lebhafte und hochachtungsvolle Dankbarkeit zu bezeugen. Was sagen Sie mir nicht alles, meine liebenswerte Prinzessin! Welche Beweggründe, Sie mehr zu lieben denn je! Sie finden mich Ihrer Güte für würdig. Die Gefühle, die sie mir eingebracht haben, werden, weit davon entfernt, jemals zu erlöschen, neue Kräfte gewinnen, denn sie können mein Glück sichern. Ihre Wertschätzung und mein Glück, Madame, sind Synonyme. Die Antwort des Königs an den Fürsten Loos ist harsch; sie dürfte ihm die Lust verleidet haben, eine Hauptrolle spielen zu wollen.42 Eure Hoheit schildert mir dieses Ereignis in einer für Sie typischen Art und Weise; und – ich wiederhole es – niemand schreibt wie Sie. Ich schwöre Ihnen, meine liebe Prinzessin, dass an dem, was ich äußere, kein Schimmer Schmeichelei noch Lobhudelei ist. Der Erbprinz ist tief durchdrungen von der Güte Eurer Hoheit zurückgekehrt. Er hat eine verdrießliche und verlegene Miene mit heimgebracht, deren Ursache ich leicht durchschaut habe und die ich Eurer Hoheit unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählen will. Können Sie glauben, Madame, dass er es so sehr mit der Reggiana hält, dass er ihr hat versprechen lassen, hier einige Tage vor ihrer Abreise nach Italien zu verbringen? Ich habe ihm versichert, er sei Herr darüber, sie kommen zu 42 Lehndorff zufolge hatte Friedrich auf die Bitte seines prinzlichen Oberstkämmerers Karl Ferdinand von Corswaren-Loos, seiner Gattin den ihr gebührenden Vorrang erweisen zu lassen, geantwortet, „daß die Dümmste künftig den Vortritt haben solle“, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 57. Mit diesem berühmten Spruch zitiert der König freilich „bereits jahrhundertealte Wandertopoi“, so Biskup, Friedrichs Größe, S. 56.

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lassen, aber ich wolle nicht, wie er es vorgab, dass sie angeblich meinetwegen hierher komme; ich würde ihn bitten nachzuempfinden, dass es sich für ein Mädchen vom Theater nicht gehöre, mir einen derart offensichtlichen Besuch abzustatten, noch ich sie wie eine Frau von Stand behandeln könne, so dass ich, sobald ich ihres Kommens sicher sei, Eurer Hoheit schreiben würde, um Sie zu bitten, jedem Verdacht zuvorzukommen, der im Widerspruch zu meinem Taktgefühl stehe und dem, was ich mir selbst und der Güte der Königinmutter und Eurer Hoheit schuldig sei. Diese Erklärung hat ihn in schlimme Verlegenheit versetzt. Ich sehe es der Reggiana nach, dass sie ihn zu einem Deppen zu machen versucht; jede andere würde das auch tun. Der Prinz hält sie für eine Vestalin, ist von ihrem Verdienst entzückt, zieht sie dem Rest der Menschheit vor, ist von der Anmut ihres Äußeren und ihrer Unterhaltung hingerissen. Geben Sie zu, Madame, ich bin die ungehörigste Frau auf der Welt; aber Eure Hoheit kennt meine Gefühle für ihn; und was für andere Gefühle könnte ich für diese Mixtur aus Schwäche, Verrücktheit und Egoismus empfinden? Er gesteht mir mitnichten, dass er verrückt nach ihr ist; aber zu taktlos, um es geheim zu halten, gibt er mir deutlich genug zu erkennen, was die Reggiana mit Erfolg ausrichten könnte. Sie sehen, Madame, dass ich nichts vor Ihnen verheimliche; in der Tat würde ich keiner anderen so offen schreiben; doch Ihrer Güte gewiss, spreche ich zu Ihnen als meiner liebsten Freundin – verzeihen Sie mir den Ausdruck. Ich füge nur noch zwei Worte hinzu, um Ihnen erneut meine zärtliche Hochachtung zu versichern, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste, gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen

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Brief 13 (Prenzlau), den 11. Februar (17)53 Madame, drei Briefe Eurer Hoheit in vier Tagen! Können Sie die ganze Köstlichkeit nachvollziehen, die darin liegt, und werden Sie gütigst die Versicherung meiner lebhaften Dankbarkeit entgegennehmen? Erlauben Sie, meine liebenswerte Prinzessin, dass ich meinem Brief diejenigen beilege, die ich mir gestatte, an Ihre Königlichen Hoheiten, die Prinzen, zu schreiben? Sie können sich nicht vorstellen, Madame, wie mir die Güte, mit der Sie mich beehren, schmeichelt. Ich stehe für meine ewige Dankbarkeit ein. Sie bedauern mich, liebe Prinzessin, dass ich es mit einem recht seltsamen Charakter zu tun habe. Ich erkenne darin jene Freundschaft, die meinen Stolz und mein Glück ausmacht, wie auch in der Freiheit, die Sie mir zugestehen, mit Ihnen offen über alles zu reden, was mich berührt: Es ist ein eindeutiges Zeichen meines Glücks, dass Sie an mir Anteil nehmen. Die Bekenntnisse des Prinzen sind nicht so offen und ehrlich, wie Sie vielleicht annehmen, Madame. Er will mich hereinlegen, und genau dadurch habe ich mehr herausbekommen, als er wollte. Ich kenne ihn zu genau, als dass er mich täuschen könnte, und es braucht wenig Schläue und Intelligenz, um ihn zu durchschauen. Ich schwöre Ihnen, Madame, dass ich mir darauf gar nichts einbilde. Ich erwähne ihm gegenüber die Reggiana nicht mehr, seit ich die Ehre hatte, Ihnen zu schreiben. Er veranlasst jedermann, von ihr zu reden. Ich tue so, als ob ich nicht darauf achtete, und weide mich an seiner Verlegenheit. Jeder Brief, den ich bekomme, versetzt ihn in Unruhe. Ich besitze die Bosheit, sie durch zweideutige Worte, durch vage Andeutungen zu verstärken, ohne auch nur im geringsten mein Verhalten ihm gegenüber zu ändern, indem ich genauso freundlich zu ihm bin wie früher. Wie wenig kostet es mich, meine bewundernswerte Prinzessin, Mäßigung zu zeigen, wenn das Herz gar nicht betroffen ist und die Pflicht allein agiert! Ich lasse dem Prinzen und seiner Neigung freien Lauf, aber, da ich ihn kenne, sage ich voraus, wenn er einmal den Mut haben sollte, ein solches Mäd-

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chen mir vorzuziehen und das Abenteuer voranzutreiben, dass sein Gefallen an der Ausschweifung genauso weit gehen wird wie seine Angst vor Gespenstern43. Mäßigung ist eine Tugend, die nicht zu seinem aufbrausenden Charakter gehört. Mein ganzes Bemühen wird sein, mir eine Art Achtung und Wertschätzung zu bewahren, soweit er in der Lage ist, ein solches Gefühl zu kennen. Großer Gott, in welchem Ton spreche ich mit Ihnen, meine liebenswerte Prinzessin, und wie sehr muss ich auf Ihre Güte zählen, um ihn zu riskieren! Haben Sie Mitleid mit dem Prinzen, ich flehe Sie darum an, das ist ein Gefühl, das man ihm nicht versagen kann, ohne grausam zu sein! Ich erfahre mit wirklicher Freude den Namen des neuen Oberkammerherrn der Königin. Ich kenne ihn nicht, aber Eure Hoheit hat mir große Lust darauf gemacht, Frau von Kannenberg zu schätzen, noch bevor ich sie kennengelernt habe.44 Und es ist mir mit größter Leichtigkeit gelungen, nach einigen Unterhaltungen mit dieser liebenswerten Frau, an allem Anteil zu nehmen, was ihr an Angenehmem passiert. Ich gratuliere Eurer Hoheit zu Ihrer Geschicklichkeit, spanischen Tabak zu schnupfen, ohne sich das Gesicht zu verschmieren. Einen Dreierpasch hinzulegen und mit einer derartigen Reinlichkeit Tabak zu schnupfen, das ist unerhört! Ich will versuchen, Madame, wenn ich es schaffe, Ihrem Beispiel zu folgen; wie glücklich wäre ich, wenn ich Ihnen in allem nacheifern könnte! Ich verzichte darauf, beschränke mich darauf und bin damit zufrieden, Ihren Geist und Ihre Tugenden zu bewundern, Sie anzubeten, und das ein Leben lang, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken 43 Wie er in seinem Tagebuch akribisch verzeichnet, ist seine Gespensterfurcht seit dem Jahre 1753 besonders virulent, vgl. Meise, Das archivierte Ich, S. 499. 44 Charlotte Albertine von Kannenberg.

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Erlauben Sie, Madame, dass ich die Frau Prinzessin mit tausend zärtlichen Ehrerbietungen grüße.

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Brief 14 Prenzlau, den 30. März (17)53 Madame, erlauben Sie mir, meine liebe Prinzessin, in den Lettres au public Mystifizierung und Politik im Spiel zu sehen!45 Der Autor, aber mehr noch meine Vorstellung von seinem Genie, lässt mich zu dieser Sicht kommen. Danach aber, Madame, folgt das Eingeständnis meiner Unkenntnis, meiner Dummheit, wenn Sie so wollen, und ich gestehe Eurer Hoheit, dass ich von all dem, was ich gelesen habe, nichts verstehe, obwohl ich überzeugt bin, dass die Eingeweihten tausend Anspielungen entdecken werden, die der Öffentlichkeit entgehen, an die sich diese Briefe richten, und die sich vergeblich das Hirn zermartert, um das Rätsel zu lösen. Mir scheint, dass Eure Hoheit an dem Brief aus Avignon nichts Erstaunliches finden kann, selbst wenn man in dem Epigramm, das er enthält, keinen Scherz sieht.46 Ich bin glücklich, Madame, dass ich darüber ebenso denke wie Sie. Der Erbprinz ist gesundheitlich völlig wiederhergestellt – trotz der Kobolde und Geister. Ja, Madame, wir machen wissenschaftliche Fortschritte. Einst war nur von übellaunigen Gespenstern die Rede; heute wissen wir unsere Leute zu unterscheiden: Der Hauch ist der Geist einer Person, die uns gefällt, die uns verehrt, während ein anderer einem bösen Geist entstammt, der die Einflüsse des ersten zu durchkreuzen sucht. Ich 45 Friedrich II. hatte im März insgesamt drei Lettres au public anonym in Berlin publizieren lassen, die sich polemisch gegen Voltaire wenden, der wenige Tage vor Carolines Brief am 26. März aus Preußen geflohen war, vgl. Anm. 41 zu Brief 11. Die drei Briefe sind abgedruckt bei Preuß (Hrsg.), Œuvres, Bd. 15, S. 69–83. 46 In dem Epigramm, mit dem Voltaire auf Friedrichs Lettres au public reagiert, tituliert er den Preußenkönig wenig schmeichelhaft als „Julian Apostata“ und „Feind des Himmels und der Erde“, abgedruckt bei Balcou, Le Dossier Fréron, S. 55. Laut Fréron habe Maupertuis ihm erzählt, dass Friedrich Voltaire wegen dieses Epigramms habe suchen lassen, um ihn zu verhaften.

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garantiere nicht dafür, dass nicht auch ich angesteckt werde und Eure Hoheit eines Tages erfährt, dass ich eine enge Beziehung zu irgendeinem Luftgeist habe. Ein paar verwirrte Auffassungen von den Ideen des Comte de Gabalis werden mich in dieser Wissensform vervollkommnen.47 Ich spiele wieder die Unverschämte, geben Sie es zu, Madame, doch ich finde meine Entschuldigung und Verzeihung in Ihrer Güte, in Ihrer Nachsicht und dem vollkommenen Vertrauen, das ich in Ihre Hoheit setze, das gemeinsam mit der wahrhaftigsten Verbundenheit mich mein Leben lang nicht verlassen wird, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken Erlaubt Eure Hoheit, dass ich Ihren Hoheiten, den Prinzen, tausendfach meine Hochachtung versichere und dass ich Ihnen für die Grüße an den Erbprinzen danke, der Sie untertänigst grüßt?

47 Der Comte de Gabalis (1670), ein Roman über Magie und Geheimwissenschaften des Abbé Nicolas-Pierre-Henri Montfaucon de Villars, war längst ein Klassiker des Genres.

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Brief 15 (Prenzlau), den 11. Juli (17)55 Madame, als die ganze Öffentlichkeit d’Alembert und Darget in Potsdam ankündigte, wie konnte da Eure Hoheit das Gegenteil annehmen?48 Wenigstens war der erste in Wesel, und das wusste ich nicht. Wenn er bis zum Ende seiner Enzyklopädie wartet, wird Eure Hoheit ihn nicht so bald sehen.49 Die Überlegung der holländischen Bürgersfrau war nicht übel,50 aber die restlichen Begrüßungen müssen jemandem, der nichts als Huldigungen kennt, seltsam erschienen sein. Bei Gott, liebe Prinzessin, denken Sie niemals, dass Ihre Briefe mich langweilen könnten! Was für ein schönes Feld, um die Wahrheit zu sagen, aber Eure Hoheit verabscheut manchmal die Wahrheit, sogar dann, wenn sie Sie betrifft. Mein Prinz geht weiter aus, und das tut ihm gut. Seine Wahnvorstellungen werden nicht häufiger und sind nicht mehr so düster und melancholisch, und das ist doch wenigstens etwas. Er hatte in den vergangenen Tagen fürchterlichen Ärger: Drei Soldaten der ersten Kompanie sind getürmt, haben einen Bauern getötet und einen anderen lebensgefährlich verletzt; doch man 48 Jean-Baptiste Le Rond d’Alembert, den Friedrich 1747 als auswärtiges Mitglied in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen hatte, trifft mit dem König erstmals Mitte Juni in Wesel zusammen, wo Friedrich am 17. Juni ankommt. Etienne Darget, Friedrichs früherer Sekretär und Vertrauter, war in geheimer Mission als „außerordentlicher Gesandter“ Frankreichs dort, um Verhandlungen mit Friedrich zu führen, die freilich ergebnislos blieben, vgl. Externbrink, Kommunikation, S. 162 f. 49 Mit dieser geradezu prophetischen Voraussage hatte Caroline Recht, ließ der Abschluss der Publikation der Enzyklopädie Diderots und d’Alemberts doch noch zwei Jahrzehnte auf sich warten. 50 Rödenbeck, Tagebuch, Bd. I, S. 284 f. verzeichnet für Friedrichs Weiterreise von Wesel in die Niederlande, die er als Musiker verkleidet durchführt, eine Anekdote, in der ihm eine Wirtin, die ihn in seiner Verkleidung als wenig zahlunskräftig ansieht, zum Flötenspiel auffordert, um den Nachweis seiner Virtuosität zu liefern.

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hat sie wieder erwischt. Sie sehen, Madame, was für schöne Neuigkeiten ich Ihnen sende. Das ist immerhin ein Ereignis und die Neuigkeit des Tages, ein wunderbarer Gesprächsstoff für mich, Madame, die ich eine Menge Damen zu Besuch empfing, und das lieferte reichlich Gelegenheit zur Unterhaltung. Der Landgraf von Hessen lag im Sterben, muss sich aber wieder völlig erholt haben.51 Sie zu verehren, liebe Prinzessin, macht meine ganze Glückseligkeit aus, Madame, Eurer Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline Der Prinz grüßt Eure Hoheit untertänigst.

51 Wilhelm VIII., Landgraf von Hessen-Kassel, stirbt erst fünf Jahre später.

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Brief 16 Königsberg, den 10. August (17)56 Madame, wie, meine liebe Prinzessin, wir werden angreifen, Frankreich und allen Alliierten Österreichs zum Trotz?52 Und morgen oder später wird uns die furchtbare Nachricht in Alarmstimmung versetzen? Wolle der Himmel, dass sie vorübergeht und Ruhm und Sieg unseren Truppen überall hin folgen! Die Schweden wären erbärmlich, wenn sie auf den Gedanken kämen, die Ehe scheitern zu lassen.53 Nein, liebe Prinzessin, ich kann und will es nicht glauben! Diese dichte Wolke, die uns von allen Seiten zu bedrohen scheint, wird sich zerstreuen, und ich zähle darauf, dass ich, nachdem ich Ihre Sorgen geteilt habe, an der Freude teilhaben darf, die uns glücklichere Ereignisse bereiten werden. Meine Verbundenheit mit dem Prinzen von Preußen ist die treueste auf der Welt.54 Stellen Sie sich also vor, meine liebe Prinzessin, wie empfänglich ich für die Art und Weise war, mit der er sich gütigst über mich geäußert hat. Ich fürchte, dass der König von der Entlassung wie auch der Ankunft von Seebach weiß;55 ich habe dem Prinzen von Preußen die Gründe angege-

52 Der Preußenkönig löst den Siebenjährigen Krieg am 29. August mit dem Überfall auf Sachsen aus. 53 Die Ehe von Amalies Schwester Ulrike, die maßgeblich an dem gescheiterten Putschversuch vom 21./22. Juni beteiligt war und deswegen „vom Parlament ernsthaft abgemahnt“ wurde, vgl. Ziechmann, Fridericianische Encyclopédie, S. 647. 54 August Wilhelm war bekanntlich den Kriegsplänen seines Bruders gegenüber skeptisch, vgl. seinen Brief an Friedrich vom 13. August bei Ziebura, August Wilhelm, S. 195. 55 Carolines Schwiegervater Ludwig VIII. hatte ihr am 31. Juli geschrieben, dass der „Obermundschenk Herr von Seebach“ ihr seinen Brief vom 20. Juli mit der dringenden Aufforderung an seinen Sohn, den preußischen Dienst zu quittieren, überbracht habe, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 144.

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ben, die den Prinzen gehindert haben, darüber zu schreiben; seine Antwort wird entscheiden. Ich muss ganz stolz darauf sein, für einen Moment den König beschäftigt zu haben. Ich danke Eurer Hoheit, so geantwortet zu haben, wie Sie es getan haben. Sechs Wochen, die ich hier verbracht habe, bilden ein absolutes Hindernis für die Vorstellungen, die ich am Anfang hatte, nach Königsberg zu folgen. Ohne andere Gründe in Betracht zu ziehen, meine schon weit fortgeschrittene Schwangerschaft würde es mir nicht mehr erlauben.56 Ich werde Königsberg erst verlassen, nachdem ich die Gräfin Schwerin besucht habe. Ich möchte nicht die einzige Gelegenheit versäumen, die ich vielleicht noch habe, sie zu sehen. Mein Prinz wartet darauf, am Freitag abzureisen, und laut dem Brief Eurer Hoheit wird das Regiment ihm bald folgen. Syburg, den die Arzte aufgegeben haben und der mit großer Standhaftigkeit den Augenblick seines Todes erwartet, der den Ärzten zufolge, von jetzt an gerechnet, wenige Stunden später eintreten würde, scheint den Pforten des Jenseits zu entgehen.57 Er ist nicht völlig außer Gefahr, aber es gibt alle Hoffnung, dass er sich wieder erholt. Das verdankt er Gott und seinem Charakter, nachdem er schlecht behandelt wurde wie kein anderer. Ich hoffe, dass er rasch geheilt ist, damit er dem Prinzen bald folgen kann, der von seinem Zustand sehr betroffen schien. Der Prinz sendet Ihnen untertänigst seine Grüße, Madame. Ich bin weiterhin sehr zufrieden mit seinen kriegerischen Ansichten. Eure Hoheit muss nunmehr die Briefe der Markgräfin bekommen haben.58 Ich verstehe die Verspätung überhaupt nicht. Sie haben Kopfschmerzen, liebe Prinzessin, und schreiben mir dennoch. Der Septemberanfang wird ein Zeitpunkt sein, den ich sehnsüchtig erwarte: Ich werde die Prinzessin wiedersehen, die

56 Carolines fünfte Tochter Luise, die letzte aus der „preußischen Produktion“, wird am 30. Januar 1757 geboren. 57 Otto Ludwig von Syburg, der Adjutant des Erbprinzen. 58 Amalies Schwester Sophie von Brandenburg-Schwedt.

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ich verehre, und das wird nicht nur für wenige Tage sein. Ich bin Ihnen auf ewig verbunden, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen Tausend Versicherungen meiner Hochachtung an die drei Prinzen.

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Brief 17 Königsberg, den 16. August 1756 Madame, der Prinz ist heute morgen nach Köslin abgereist. Ich habe ihm gestern den Brief gegeben, den ich als Schutz gegen alle schlechten Einfälle aufbewahrt hatte. Er hat ihn mit tiefstem Respekt und vollkommener Zufriedenheit entgegengenommen. Erlauben Sie, Madame, dass ich seine Antwort hier beifüge. Er fürchtet, dass sie angesichts der wenigen ihm zur Verfügung stehenden Zeit, sich darauf vorzubereiten, nicht wohlgeordnet ist. Kurz, er ist in guter Stimmung abgereist, und ich bin damit zufrieden. Ich hatte große Lust, dem Prinzen von Preußen zu schreiben;59 doch Diskretion hat mich daran gehindert. Ich bitte indessen Eure Hoheit, ihm meine ganze Empfindung und Dankbarkeit zu bezeugen. Ich reise morgen ab und mache der Markgräfin meine Aufwartung,60 und nach dem Essen kehre ich nach Prenzlau zurück. Dort warte ich darauf, was mit dem Regiment des Prinzen wird. So lange es in der Garnison ist, denke ich nicht, dass der Prinz zurückkehrt; aber sobald er aufbricht, werde ich alle Vorbereitungen für Berlin treffen.61 Welche Erlösung für mich, bei Ihnen zu sein, meine liebe Prinzessin, und meine Wünsche mit den Ihren zu verbinden! Syburg geht es seit vorgestern viel besser, und ich glaube nun, dass er den Klauen des Todes entrinnen wird, um mich wie der August Wilhelm. Sophie von Brandenburg-Schwedt. 61 Ihr Gatte ist nach Köslin gereist, um dort auf Anordnung des Königs die für Preußen vorgesehenen Truppen zu befehligen, wie sie an demselben Tag an den Schwiegervater schreibt, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 148; sie will ihn damit beruhigen, dass sein Sohn nicht gegen die Österreicher eingesetzt wird. Doch in seiner Antwort auf diesen Brief vom 26. August lässt sich Landgraf Ludwig VIII. auf nichts ein und verlangt gebieterisch von seinem Sohn, indem er von ihm gemäß der Zehn Gebote Gehorsam verlangt, dass dieser den preußischen Dienst quittiert, vgl. ebd., Bd. II, S. 149. 59 60

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Prinz von Preußen auszudrücken. Wenn er gestorben wäre, hätten ihn die frommen Seelen verflucht: Man hatte ihm frommerweise einen Priester angeboten, aber er wollte absolut keinen. Er glaubte, keinen Advokaten in dem Augenblick zu brauchen, da er vor Gott trete, und dass er seinem Tod deswegen nicht gefasster entgegensehe. Adieu, meine liebe, verehrte Prinzessin! Ihrer Güte gewiss, bleibt mir nichts zu wünschen übrig, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken Tausendmal meine Verehrung an die Prinzessin.62 Ich werde ihr aus Prenzlau schreiben.

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Die Prinzessin Heinrich.

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Brief 18 (Prenzlau), den 12. September (17)56 Madame, Ich hoffe, dass die Nachricht über die 180 Kanonen falsch ist. Wir würden nichts gewinnen, wenn wir diese Truppen angriffen, und sie würden uns bei Beginn eines Feldzuges dennoch großen Schaden zufügen. Platine ist also verheiratet.63 Und wer tritt an ihre Stelle? Ich bin hocherfreut, dass Eure Hoheit Frau von Maupertuis hat. Ich wollte, Sie könnten sie behalten, ohne dass der Gatte drohte.64 Ich bin bei sehr guter Gesundheit, glauben Sie mir, meine liebe Prinzessin. Ein elender Keuchhusten, der hier herrscht, macht mir Sorgen um meine beiden Kinder. Die Schwerin ist auch davon niedergestreckt worden, nachdem sie lange gekämpft hat. Syburg geht es ganz gut; aber von Zeit zu Zeit hat er Verdacht auf Fieber, allerdings nichts im Vergleich zu früher; aber ich traue dem Frieden noch nicht. Der Landgraf führt sich ganz furchtbar auf, und was ganz traurig ist, liebe Prinzessin, er will überhaupt nicht Vernunft annehmen. Gestern noch habe ich einen wütenden Brief bekommen, in dem er schreibt, dass es das letzte Mal sei, dass er sich zurückhaltend äußere.65 Ich soll aufbrechen, nach Hause zurückkehren; aber ich bin schwanger und werde nichts derglei63 Mit „Platine“ ist Fräulein von Platen gemeint, die vier Tage zuvor den 54-jährigen Hofmarschall August Wilhelms Karl Friedrich von Kraut geheiratet hat. Über dieses ungleiche Paar macht sich Lehndorff lustig, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 318 f., 331. 64 Maupertuis lebt zu dieser Zeit in Basel. 65 Zu diesem „wütenden Brief“ vom 26. August vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 148–150, wo der Landgraf ihr androht, dies sei sein letzter zurückhaltender und freundschaftlicher Brief, wenn sie nicht ihren Einfluss auf seinen Sohn geltend mache, um ihn zum Ausscheiden aus dem preußischen Militärdienst zu veranlassen. Mit dem Hinweis auf ihre Schwangerschaft weigert sie sich in ihrer Antwort, ebenfalls vom 12. September, nach Darmstadt heimzukehren, ebd., Bd. II, S. 152.

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chen tun. Im übrigen ist nicht er es, der meinen noch meiner Kinder Unterhalt trägt, und sein Autoritätston mag mich empören, nicht aber mir imponieren. Verzeihen Sie mir, liebe Prinzessin, Ihnen von diesen Dingen zu erzählen. Eure Hoheit möge dies meiner vollkommenen und unverbrüchlichen Verbundenheit zurechnen, die ich Ihnen gewidmet habe, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen Tausend ehrerbietige Grüße allen Prinzessinnen, die mich damit beehren, sich meiner zu erinnern. Der Prinz bittet mich in allen seinen Briefen, sich Ihnen zu empfehlen, Madame. Tausend Dank für die Früchte; sie sind köstlich. Den 13. Eben erfahre ich auf Umwegen, dass der Prinz in seiner Treue zu schwanken beginnt. Er hat einen Boten geschickt, um hier einen Doktor der Theologie zu konsultieren, den Menschen, der am meisten zu seinen verrückten Hirngespinsten beigetragen hat. Er hat Bedenken gegenüber seinem Militärdienst. Ich sehe also voraus, dass er vielleicht so feige ist, den Dienst zu quittieren. Ich hatte von vornherein das Gefühl, dass von dem Moment an, wo ich nicht mehr bei ihm wäre, seine Natur wieder die Oberhand gewinnen würde. Ach, Madame, wie unangenehm ist es doch, die Frau eines solchen Mannes zu sein! Ich muss also darauf verzichten, Sie je im Leben wiederzusehen: Niemand wird mich dazu bringen, in ein Land zurückzukehren, wo sich der Prinz Schimpf und Schande zugezogen hat. Haben Sie Mitleid mit mir, liebe Prinzessin, und senden mir einen Brief an ihn! Vielleicht wird er ihn zum Nachdenken bringen, und wenn noch Zeit ist, werde ich ihn ihm zukommen lassen. Adieu, liebe verehrte Prinzessin.

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Brief 19 (Prenzlau), den 10. Oktober (17)56 Madame, Eure Hoheit spricht von dem Durcheinander Ihres Briefes vom 3., den ich gut geschrieben fand. Madame, wie gut Sie Ihre Freude und das Vergnügen beschrieben haben, die Sie, wie Sie geahnt haben, mir machen würden! Ich werde niemals dieses Zeichen wirklicher Freundschaft vergessen, das Sie mir gütigst geschenkt haben. Die Prinzessin hat mir eine höchst gnädige Antwort der Königin-Mutter geschickt, aber sie erwähnt mit keinem Wort den Pagen Schwerin und die Umstände der Schlacht.66 Ich bitte Sie indessen inständig, mir einen klitzekleinen Bericht zu schicken. Ich brauche ihn unbedingt. Wir singen das Te Deum erst in acht Tagen.67 Um meine Brust wäre es geschehen gewesen, wenn man es heute gesungen hätte, und dennoch hätte mich nichts davon abgehalten. Niemals habe ich derart an einem Sieg Anteil genommen. Fortuna hat zweifellos großen Anteil am Gewinn der Schlacht; aber ich weiß nicht, ob sie das alles ohne das Vorbild, die Tapferkeit der Heerführer, die Disziplin und die Zuversicht der Truppen schaffen würde. Es gleicht einem Wunder, dass der König mit 40.000 Mann gegen 70.000 Mann das geschafft hat, was er geschafft hat. Und Browne ist kein Dummkopf, sagt man.68 Ich wage Eure Hoheit nicht zu fragen, wo der 66 Wie Lehndorff notiert, ist mit Schwerin der Page August Wilhelms gemeint, der die Siegesnachricht über die gewonnene Schlacht bei Lobositz vom 1. Oktober überbringt, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 335. 67 Das feierliche Te Deum im Dom hatte laut Lehndorff schon am 9. Oktober stattgefunden, vgl. ebd., S. 335. 68 Zur Rolle des österreichischen Feldmarschalls Maximilian Ulysses Graf Browne in dieser Schlacht vgl. Duffy, Feldmarschall Browne, S. 286–301. In der Forschung besteht heutzutage Konsens, dass das „operative Konzept“ Brownes „klarer und überzeugender war“ als dasjenige des Preußenkönigs, vgl. Kunisch, Friedrich der Große, S. 353. In Wirklichkeit waren die Armeen beider Seiten mit ca. 32.000 (Preußen)

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König zur Zeit mit seiner Armee ist, noch, was diese ewigen Sachsen tun.69 Mein Prinz, der sich Eurer Hoheit empfiehlt, schreibt, dass die Kaufleute aus Danzig auf dem Weg nach Köslin gesagt hätten, die Russen hätten zwei Expressboten geschickt, um die Danziger zu warnen, auf der Hut zu sein, damit unser König sie nicht genauso behandele wie die Sachsen. Ich entnehme dem Brief des Prinzen, dass das pommersche Corps sich vielleicht bald in Marsch setzen könnte.70 Ich schreibe heute der Gräfin Bredow,71 um ihr Haus zu bekommen. Sie sehen, Madame, dass ich sicher damit rechne, meinen Feldzug nach Berlin zu machen.72 Welches Glück, liebe Prinzessin, in Schussweite zu sein, um Ihnen meine Aufwartung zu machen! Keine trüben Gedanken, ich bitte Sie inständig! Der Himmel ist für uns, das ist bewiesen. Und es wird nicht das letzte Mal so sein, davon bin ich fest überzeugt. Adieu, meine verehrte Prinzessin, ich bin Ihnen auf ewig verbunden, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen

und 34.000 Mann (Österreich) etwa gleich stark, so Duffy, Maria Theresia und ihre Armee, S. 264 f. 69 Die „ewigen Sachsen“ kapitulieren wenige Tage später. 70 Nur einen Tag darauf, am 11. Oktober, beschwört sie ihren Gatten, in den Krieg zu ziehen, um Ruhm und Ansehen zu erwerben, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 30. 71 Henriette Gräfin von Bredow, eine Hofdame Wilhelmines, der Prinzessin Heinrich. Caroline bezieht dieses Haus Ende des Jahres. 72 Mit „Feldzug“ spielt Caroline scherzhaft auf ihre Schwangerschaft und bevorstehende Niederkunft an, wie auch Kronprinz August Wilhelm, der in seinem Brief an den Bruder Heinrich vom 20.12.1756 davon spricht, dass ihr „Winterfeldzug härter werde als der unsere“, vgl. Berner/Volz (Hrsg.), Aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges, S. 274.

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Brief 20 (Prenzlau), den 15. Oktober (17)56 Madame, die Früchte vom 6. und der Brief vom 10. sind auf das Glücklichste von der Welt angekommen. Ich bin Ihnen deswegen tausendmal verbunden, Madame; doch ich bin nicht ganz zufrieden: Ich mag diese zweite Schlacht überhaupt nicht. Wenn sie allerdings sein muss, wünsche ich, dass unsere Waffen triumphieren und die Häupter, die uns teuer sind, bewahrt werden wie in Lobositz. Ich bin sehr betrübt, meine liebe Prinzessin, dass mein angeblicher Bewunderer den Prinzen so viel Umstände macht. Ich entschuldige mich tausendmal bei Ihren Königlichen Hoheiten und wünschte, ich hätte so viel Macht über ihn, um ihn zu bessern. Sie haben einen detaillierten Bericht, eine Schlachtordnung, eine Liste mit Toten und Verwundeten gegeben; durch Ihr Wort gebunden, erhebe ich gewiss nicht den mindesten Anspruch, doch dürfte ich die Verluste der Österreicher, die Anzahl ihrer Gefangenen genau erfahren, und gibt es darunter viele von Bedeutung? Ich bin betrübt, dass General Browne wieder in sein Lager zurückgekehrt ist; aber es wird schon einen Weg geben, ihn da herauszuholen.73 Die Wiederauferstehung Blumenthals bereitet mir Freude.74 Ist es der Brandt der Leibgarde, der im Sterben liegt, oder der von Itzenplitz? Verzeihen Sie mir, Madame, all meine Fragen. Von unserem Regiment lässt sich kein Schwein mehr hier blicken: Alles ist auf dem quivive. Ich habe die Russen lieber in 73 Die Verluste waren mit je 3000 Mann auf beiden Seiten gleich hoch. Nach der Schlacht zieht sich Browne nach Böhmen ins Winterlager zurück. August Wilhelm hatte seinem Bruder Heinrich am 5. Oktober einen Bericht über die Schlacht geschickt mit der Maßgabe, ihn nur einigen Auserwählten, darunter Amalie, weiterzureichen, vgl. Berner/Volz (Hrsg.), Aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges, S. 263. 74 Heinrich Georg von Blumenthal, Major im Regiment des Prinzen Heinrich, wird in der Schlacht von Lobositz verwundet und fällt am 31. Dezember 1756 in Ostritz im Kampf gegen die Panduren, vgl. Preuß (Hrsg.), Œuvres, Bd. IV, S. 124.

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Preußen, als wenn sie in Lübeck gelandet wären. Die Jahreszeit ist zu weit fortgeschritten; ich hoffe, dass sie einen so gemeinen Gedanken verwerfen. Frankreich wird seine 24.000 Mann stellen und nichts darüber hinaus; das hoffe ich ganz gewiss, Madame. Mein Bruder schreibt mit Blick auf den Erbprinzen ganz das Gegenteil von dem, was mein Schwiegervater75 schreibt. Er sagt, es sei unangemessen, dem König in diesem Moment den Dienst zu quittieren, nachdem er ihm in Friedenszeiten gedient habe. Ich bin nicht traurig darüber, Madame, Ihnen zu beweisen, dass mein Geschlecht eine andere Ansicht und Auffassung von Ehre hat als das Hauses, in das ich eingetreten bin; und da mein Bruder am französischen Hof wohl angesehen ist, bin ich in dieser Hinsicht ganz ruhig. Die erhabene und großherzige Kaiserin und Königin wird uns nicht groß etwas antun können.76 Der Erbprinz scheint begeistert vom Sieg des Königs zu sein: Er hat mir einen Eilboten geschickt, um mich darüber zu informieren, der demjenigen begegnet ist, den ich ihm als Überbringer dieser Nachricht geschickt hatte. Unser Regiment hat aus diesem Anlass ein Fest veranstaltet. Das Fieber des Prinzen Heinrich, wie unbedeutend auch immer es ist, macht mir Sorgen. Das Wetter wird jeden Tag schlechter. Diese elenden Sachsen haben noch für zwei Monate zu essen. Ich ängstige mich von daher um die Gesundheit des Prinzen. Meine Erkältung ist zur Einsicht gekommen; ich rechne damit, sie los zu sein, wenn ich Eurer Hoheit meine Aufwartung mache; endlich wird dieser Augenblick kommen. Er ist das Ziel meiner sehnlichsten Wünsche, Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen-Darmstadt

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Carolines Bruder Christian. Ironischer Seitenhieb auf Maria Theresia.

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Tausend Grüße an die Prinzessin. Ich öffne meinen Brief noch einmal, um Eurer Hoheit zu sagen, dass man mich in schreckliche Angst versetzt: Marschall Schwerin soll in Schlesien geschlagen worden sein. Die Nachricht ist über Berliner Kaufleute hierher gelangt. Das würde mich in Verzweiflung stürzen, Madame, abgesehen von den Folgen, die diese Schlacht haben könnte. Um den Marschall würde es mir wirklich Leid tun.77 Es gibt Augenblicke, wo ich hoffen möchte, dass dies ein schlimmes falsches Gerücht ist, aber auch andere, wo ich fürchte, dass es stimmt. Mein Prinz ist immer noch von der Schlacht von Lobositz begeistert. Er hat mir am 11. geschrieben und empfiehlt sich untertänigst Eurer Hoheit. Er schreibt mir, dass der Brandt von Itzenplitz getötet worden ist. Sollte es derjenige sein, von dem mir Eure Hoheit die tödliche Verwundung mitgeteilt hat? Es würde mich sehr traurig machen. Die Zarin von Russland soll tatsächlich im Sterben liegen.78

Der Feldmarschall von Schwerin fällt am 6. Mai 1757 vor Prag. Elisabeth Petrovna, die russische Zarin und erbitterte Gegnerin Preußens, stirbt erst mehr als fünf Jahre später. 77 78

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Brief 21 (Prenzlau), den 14. November (17)56 Madame, kaum hatte ich Ihnen geschrieben, habe ich mir meine ewigen Warum-Fragen zum Vorwurf gemacht. Eure Hoheit hat indessen die Güte, darauf nachsichtig zu antworten und mir von allen Umständen zu berichten, die unsere Helden betreffen. Ich bin ganz beruhigt, Madame, angesichts des Rings unserer Truppen, der Schlesien und Sachsen schützt; das ist alles, was ich wissen wollte. Ich bin jedoch traurig zu erfahren, dass der König und die Prinzen den ganzen Winter weit von Berlin entfernt verbringen werden. Das Verhalten der ungetreuen Brandenburger ist mir völlig neu, nein, meine liebe Prinzessin, ich nehme an, dass das eine erfundene Geschichte ist, aber ich bin dazu geboren, mich zu ängstigen.79 Man schreibt mir gestern aus Straßburg mit Datum vom 31., dass man mich vor dem bevorstehenden Bruch des französischen Hofes mit dem preußischen warnt und es unter so kritischen Umständen wichtig ist, dass der Prinz den Dienst quittiert und nach Hause zurückkehrt, um vor der Konfiszierung seiner Besitztümer im Elsass, der er nach dem allgemeinen Gesetz ausgesetzt wäre, sicher zu sein.80 Eure Hoheit wird zugeben, dass diese Nachricht für mich nicht verlockend ist. Ich bin erfreut darüber, gewarnt zu werden. Ich habe meinem Bruder geschrieben; er kann durch sein Ansehen am französischen Hof als einziger den Prinzen und mich vor den Unannehmlichkeiten bewahren, die man mir vor Augen führt. Solange Frankreich nur Bundesgenosse ist, befürchte ich nichts; und sollte es uns 79 Da der entsprechende Brief Amalies nicht erhalten ist, wird nicht klar, worauf Caroline hier anspielt. 80 Frankreich verpflichtet sich im Versailler Vertrag vom 1.5.1757, aktiv in den Krieg gegen Preußen einzutreten. Der Erbprinz besitzt im Elsass als Graf von Hanau-Lichtenberg u. a. die Residenzstadt Buchsweiler, die freilich ebenso wie seine anderen elsässischen Besitztümer unter französischer Oberhoheit steht, vgl. Matt, Buchsweiler-Bouxwiller, S. 259.

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den Krieg in aller Form wegen dieses kleinen Lumpen Broglie erklären?81 Das wäre lächerlich. Mich erfüllt die Fehlgeburt der Dauphine mit Schmerz; man wird sagen, dass der König sie verursacht hat, wegen der Art und Weise, wie er mit ihrem Papa umgegangen ist.82 Sie ist beliebt, und man wird ein Geschrei gegen uns erheben. Ich mag die Russen: Das sind nette Leute, sie toben, tun so, als würden sie loslegen – und bewegen sich nicht von Hause weg. Mein Prinz wird nichts von der Warnung erfahren, die ich erhalten habe. Nur die äußerste Notlage könnte mich dazu bringen, ihm das zu erzählen. Das wäre ein schlimmer Augenblick. Eure Hoheit versteht das. Ich habe mit viel Vergnügen all das gelesen, was mir Eure Hoheit über England schreibt; aber ich wollte, dass die gothaische Rasse nicht so entschlossen wäre; ich bin betrübt darüber wegen der Prinzessin Caroline.83 Wie, liebe Prinzessin, ich soll an Ihrer Melancholie schuld sein? Nach einer so schmeichelhaften Versicherung wäre ich Ihrer Güte unwürdig, wenn ich mich nicht ganz besonders um meine Gesundheit kümmern würde. Sie ist vollkommen wiederhergestellt. Eure Hoheit kann mir das glauben. Und sie ist so weit wieder in Ordnung, dass ich am Dienstag nach Königsberg aufbreche, wo der Prinz heute ankommt. Syburg ist ihm schon dorthin gefolgt; und ich denke, dass ich, von heute an gerechnet, in fünf Wochen Eurer Hoheit meine Aufwartung in Berlin ma81 Der Feldmarschall und Kommandeur der französischen Mainarmee. Ihn und Madame de Pompadour sieht Caroline auch in ihrem Brief vom 7. November als Anstifter des Bruchs zwischen Frankreich und Preußen an, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 203. 82 Maria Josepha von Sachsen ist durch ihre Heirat mit Louis Ferdinand de Bourbon, der als Bruder Ludwigs XV. den Titel Dauphin führt, seit 1747 Dauphine. 83 Anspielung auf Augusta von Sachsen-Gotha, die 1736 den Sohn des englischen Königs Georg II. heiratete und damit Princess of Wales wurde, und deren Tochter Elisabeth Caroline.

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chen kann – wenigstens in Ihrer Wohnung, wenn meine Figur es mir nicht erlauben sollte, in Kleid und Reifrock aufzutreten. Adieu, göttliche Prinzessin, lassen wir Valory zurückkehren, auf keinen Fall Krieg mit Frankreich, und nichts, was mich zwingt, ein Land zu verlassen, das alles besitzt, was ich verehre,84 Madame, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen-Darmstadt Tausendmal meine Verehrung an die Prinzessin.

84 Der Marquis de Valory, der französische Botschafter in Berlin von 1739–1750, war noch einmal von März – Oktober 1756 als Gesandter dort, bis er wegen das Krieges abberufen wurde, vgl. Ziechmann, Fridericianische Encyclopédie, S. 651 f.

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Brief 22 (Berlin) Donnerstag, den 29. September (17)57 (Madame,) es bräuchte das heilige Feuer der Vestalinnen, um die Jungfrauen zu rösten, die den Tod der Schande vorgezogen haben. Die Ernährung hat, wie man sagt, Einfluss auf unsere Sitten: Wie keusch wird man nach meinem Abendessen sein! Und wenn morgen die Pest uns näher käme, Gift, Dolch, Strick, alles würde eher ins Werk gesetzt, als die Ehre aufs Spiel zu setzen. Wie viele Begräbnisse, Madame: Vier Prinzessinnen mit ihren Hofdamen, die Marschallin, Fräulein Knesebeck, Frau von Forcade, ich und mein Gefolge, ich habe beim Abendessen alles voller Männer:85 Wer wird unsere Grabinschriften verfassen? Was für „Hier ruht“ wird es geben! Mir wird das nicht schwer fallen: Berlin zu verlassen kommt mir wie das Bild des Todes vor. Mein Prinz ist völlig verrückt. Ich bin erstaunt über seinen Brief an den König; aber gut, wenn er ein Regiment bekommt, werde ich zurückkehren.86 Soll er doch Erfolg haben! Seine

85 Die vier Prinzessinnen sind Wilhelmine, also die Prinzessin Heinrich, Luise Amalie, die Gattin des Kronprinzen August Wilhelm, Anna Elisabeth Luise von Brandenburg-Schwedt, als Gattin Ferdinand Augusts auch als Prinzessin Ferdinand bezeichnet, und Amalie selbst. Des weiteren sind in Gefahr: die Marschallin, die Witwe des Marschalls Schmettau und Hofdame der Prinzessin Heinrich, Wilhelmine von Knesebeck, Hofdame der Königinmutter, Elisabeth Henriette Marie von Forcade, eine Tochter des Generals von Forcade. 86 Zum Regiment, das der Erbprinz anstrebt, vgl. Brief 28. Am 11. Oktober schreibt Caroline an ihre Schwägerin Caroline von Baden, dass ihr Bruder sich auf seinen Lorbeeren ausruhe und den König mit Erfolg um Entlassung gebeten habe, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 215. In ihrem Brief vom 5. August hatte sie ihren Gatten noch zum Verbleib bei seinem Regiment und damit auf der Seite Preußens ermuntert, vgl. ebd., Bd. II, S. 36. Ludwig selbst notiert unter dem 30. August in seinem Schreibkalender: „habe ich daß Regiment Quitirt“, zit. bei Meise, Das archivierte Ich, S. 501.

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Reputation ist erledigt; es geht nur noch um das Mehr oder Weniger. Adieu, göttliche Prinzessin, Caroline

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Brief 23 Spandau, den 16. Oktober 1757, in der Festung, um 6.45 Uhr Wir sind – Gott sei’s gelobt! – glücklich um sechs Uhr angekommen. Welch furchtbarer Abschied und welche traurige Trennung!87 Wir sind umgeben von allen Missetätern und Gefangenen, die uns bewachen. Eine Sterbenskälte, weder Tische noch Stuhl und kein Stück Brot. Diese Nacht werde ich in einem Durchgangszimmer schlafen. Ich werde dort mit der Maupertuis und der armen Marschallin zusammen sein.88 Ich habe Stroh und meine Matratzen darüber legen lassen, die ich mit der Marschallin teile. Keine Kerze, kein Hafer für unsere armen Pferde. Kurz, Madame: Uns fehlt es an absolut allem, mir mehr als allen anderen ohne Sie, liebe Prinzessin. Man erzählt sich, die Berliner Garnison sei massakriert, das Schloss umzingelt und sogar geplündert. Was machen Sie, liebe Prinzessin, in dieser traurigen, unglücklichen Stadt? Hier anbei sind die Briefe, um die Sie sich bitte kümmern wollen. Der mit Bleistift ist für Herrn von Röder, falls es ihn noch gibt.89 Adieu, meine verehrte Prinzessin, mögen Sie die Erinnerung an ein unglückliches Wesen bewahren, für das Sie immer so viel Güte und Nachsicht hatten, das ist der einzige Trost, der mir bleibt. Gerade in diesem Moment – es ist sieben Uhr – kommt General Rochow an, der uns nichts Neues berichtet hat.90 Er ist eine 87 Eindrucksvolle, dramatische Schilderungen der Flucht der Königin und der Prinzessinnen nach Spandau und ihrer Ankunft in der Festung bieten die Memoiren der Prinzessin Wilhelmine von Oranien, vgl. Volz (Hrsg.), Die Erinnerungen, S. 51–54 und das Tagebuch Lehndorffs, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 376–382. 88 Den Aufzeichnungen der Prinzessin Heinrich gemäß logierten Amalies Oberhofmeisterin und die Marschallin von Schmettau in einem Durchgangszimmer, vgl. Volz (Hrsg.), Die Erinnerungen, S. 53. 89 Der Hofmarschall Graf von Redern (Roeder) wollte nach Lehndorff den Hof an der Abreise nach Spandau hindern, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 377. 90 Rochow hatte sich in der Schlacht von Lobositz ausgezeichnet, vgl. Ziechmann, Fridericianische Encyclopédie, S. 544.

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Stunde nach uns weg, was für ein Mann: Die Marschallin und der alte Rossin werfen sich Ihnen zu Füßen, die Prinzessin Heinrich umarmt Sie zärtlich.91 Die hier herrschende Verwirrung und Unordnung ist so groß, dass ich auf Ehre nicht weiß, was ich schreibe. Wir wissen noch nicht, wann wir weiterziehen werden. Moritz soll morgen eintreffen. Möge er unser Befreier sein, möge er uns von diesen verdammten Österreichern erlösen und möge er uns nach Berlin zurückkehren lassen!92 Adieu, Madame, adieu, tausend Grüße an die arme Kameke. Amalie

91 Laut Lehndorff überbringt der Perückenmacher Rossin die Nachricht des Kommandanten mit dem Befehl zur Abreise, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 379. 92 Die Ankunft des Prinzen Moritz von Dessau in Berlin kündigt einer seiner Offiziere für den 17. Oktober an, vgl. Volz (Hrsg.), Die Erinnerungen, S. 53 f. Als Stadtkommandant hat er Lehndorff zufolge keine besonders gute Figur gemacht, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 379.

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Brief 24 Berlin, den 17. Oktober (17)57 (Madame,) was für ein furchtbarer Tag gestern! Abgesehen von Grauen und Ängsten hat er mich von Eurer Hoheit getrennt, vielleicht für. . . Nein Prinzessin, ich kann den Satz nicht beenden. Ich wäre abgereist, wenn ich nur meiner Neigung gefolgt wäre, aber ich gestehe Ihnen ganz ehrlich, meine liebe Prinzessin, der Befehlslaut des Königs hat im letzten Augenblick jede andere Überlegung überwogen, und ich bereue es nicht. Mein Leben lang werde ich diesen letzten Augenblick nicht vergessen: Mitanzusehen, wie alles, was mir am liebsten ist, flieht, von einem Augenblick auf den anderen die Zerstörung Berlins zu erwarten – was für eine Lage! Wir sind unsere Feinde los, nachdem wir ihnen 260.000 Taler in bar und in Wechseln gezahlt haben.93 Frau von Morrien, die Fike, Frau von Meyerinck, die beiden kleinen Hacke und Baron Müller haben sich zu mir geflüchtet, und gegen Abend kamen Frau General Forcade, ihre Tochter, Frau von Brandt, ihre Tochter, Frau Danckelmann, Feilitzsch und die kleine Keyserlingk.94 Die ganze Gesellschaft verbrachte die 93 Leichte Truppen der Österreicher unter Andreas Graf Hadik eroberten und plünderten Berlin am 16./17. Oktober und zogen nach Zahlung einer Kontribution von etwa 200.000 Talern wieder ab. 94 Diejenigen, die bei Caroline Zuflucht finden, sind: Frau von Morrien, geborene von der Marwitz, eine Hofdame der Prinzessin Heinrich; mit Fike ist Sophie von Danckelmann gemeint, die ebenfalls in Diensten der Prinzessin steht; Katharina Johanna Wilhelmine Meyerinck, die Frau des Generals; die beiden Töcher der zwei Monate zuvor verstorbenen Gräfin Hacke; Baron Ludwig Müller, Kammerherr der Königin; die Gattin des Generals Forcade und ihre Tochter Elisabeth Marie Henriette, Hofdame der Prinzessin Heinrich; Luise von Brandt, geb. Kameke, Oberhofmeisterin der Königinmutter; Frau von Danckelmann, die Schwester Fikes; Oberst von Feilitzsch; Adelheid von Keyserlingk, ab 1760 Frau von Alvensleben, nachdem sie laut Lehndorff eine Affäre mit Friedrich Wilhelm von Preußen gehabt hatte, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 442. Lehndorff, der bei Caroline auch mit von der Partie war, schildert ihre Ruhe und Entschlossenheit in dieser brenzligen Situation, ebd., S. 385 f.

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Nacht in meinem Vorzimmer, wach oder auf Sofas liegend. Was mich angeht, Madame, ich zog mich zurück und schlief bestens. Ich rede nicht von den Maßnahmen, die man hier getroffen hat, davon verstehe ich nichts, Madame. Man zählt unter den Unseren vierzig Tote und Ausgeplünderte. Ein Teil der Sachsen hat revoltiert. Das hatte ich erwartet. Eure Hoheit erinnert sich an den Lärm, den es gestern gab, aber bei Nacht war meine Straße so ruhig, als wären wir im Frieden. Gerade erhalte ich die Mitteilung, dass der Hof glücklich in Spandau, Gott sei’s gelobt, eingetroffen ist. Man fügt hinzu, dass die Mehrzahl der Kutschen die Nacht unter freiem Himmel verbracht hat. Wenigstens, liebe Prinzessin, sind meine unnützen Mäuler nicht schuld daran. Eure Hoheit wird das eines Tages bezeugen können, und der König wird mir nicht den Vorwurf machen können, dass, nachdem der Feigling von Ehemann ihn im Stich gelassen hat, die Frau ihm zur Last gefallen sei. Ich gedenke hier zu bleiben, bis meine Karossen fertig und meine Pässe eingetroffen sind. Dann breche ich auf; ich glaube nicht, Madame, dass ich über Magdeburg fahre.95 Wäre es klug, mich dem Grauen eines Abschieds auszusetzen? Ich werde das Für und Wider abwägen. Aber vielleicht wird, wie gestern, die Vernunft über meine Neigung siegen. Adieu, liebe Prinzessin, ich verehre Sie und werde Sie nicht mehr sehen! Großer Gott, was für eine Situation! Adieu und tausendmal adieu, Eurer Königlichen Hoheit untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline Hier ist die Hälfte der Bank; pardon, Prinzessin, aber weil ich dachte, dass ich abreisen würde, hatte ich sie behalten. Adieu. 95 Der Hof flüchtet sich einen Monat später nach Magdeburg, wo sich Caroline und Amalie ein letztes Mal vor der Abreise nach Darmstadt treffen.

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Brief 25 Den 17. Oktober (1757), in Spandau Um Gottes Willen, liebe Prinzessin, reisen Sie nicht ab! In vier Tagen werden wir in Berlin zurück sein.96 Nein, es wäre schlimm, wenn der gestrige Tag mich auf immer von Eurer Durchlaucht getrennt hätte. Die Abmachung mit Frankreich ist getroffen worden.97 Überstürzen Sie nichts, liebe Prinzessin! Ich bitte Sie herzlich, dass dies nicht an die Öffentlichkeit dringt. Ich hoffe, dass der Kurier meine beiden Briefe gebracht hat, der von gestern sollte sofort abgehen, aber keiner wollte es riskieren. Ich hätte es ganz wie diese Damen gemacht, ich hätte meine Zuflucht bei Eurer Durchlaucht gesucht.98 Wie glücklich sie sind, Sie zu sehen! Ich bin geflohen, ich habe Sie im Stich gelassen, ich habe Sie verlassen, aber es musste sein. Wie habe ich gelitten, mich aus Ihren Armen zu reißen! Ich hatte den Wunsch, auf den Feind zu treffen, und habe einen Schuss herbeigesehnt, der mir das Leben genommen hätte, nachdem er mir alles geraubt hatte, was mir am liebsten war. Zürnen Sie mir, Madame, aber ich war verzweifelt; heute habe ich wieder Mut gefasst. Doch Ihr Brief lässt mich wieder in meinen Schmerz versinken. Adieu, liebste Prinzessin, man ruft mich zum Essen. Amalie Tausend Dank für das Geld! Gott vergelte es Ihnen!

96 In Wirklichkeit kehrt der Hof schon am 18. Oktober zurück, vgl. Brief 26. 97 Die nach der Niederlage der Hannoveraner bei Hastenbeck im Juli mit den Franzosen abgeschlossene Neutralitätskonvention von Kloster Zeven vom 8.9.1757, vgl. Schilling, Kaunitz, S. 239. 98 Siehe Brief 24.

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Brief 26 Dienstag, den 18., 6 Uhr abends, Oktober (17)57 Spandau Es könnte einem schwindlig im Kopf werden: Man lässt uns einpacken, man sagt uns, wir sollten aufbrechen, und in dem Augenblick, als wir darauf zählten, diesen grässlichen Aufenthaltsort zu verlassen, gewinnt die Mutlosigkeit die Oberhand, schleicht sich Unentschlossenheit ein, diktiert Angst den Befehl, zu bleiben und auszupacken. Ich bin wütend, ich hatte mich darauf gefreut, Eure Durchlaucht wiederzusehen; ich habe keinen anderen Gedanken, ich befasse mich ausschließlich mit meiner lieben Prinzessin; ich verfalle mehr als je zuvor wieder in meinen Schmerz; diese Abwesenheit bringt mich um. Es sind nicht die Unannehmlichkeit und die Unbequemlichkeit, die ich hier vorfinde, die mich diesen Aufenthaltsort verabscheuen lassen: nein, tausend und abertausend Gedanken, deren ich nicht Herr bin. Der gemeine Moritz hat uns keine Antwort gegeben.99 Schaffgotsch ist nach Berlin gegangen mit dem Versprechen zurückzukehren, wenn er mit ihm gesprochen hätte. Er ist noch nicht zurückgekehrt.100 Verzeihen Sie mir, meine liebe Prinzessin, meinen Übereifer und meine Ungeduld, Ihnen so bestimmt mitteilen zu lassen, dass ich kommen würde. Wenn es nach mir ginge, hätte ich Sie schon längst wiedergesehen. Der Kommandant hat mir gerade ausrichten lassen, ich dürfe kein Feuer mehr in meinem Zimmer machen, weil das Zimmer über mir voller Kanonenpulver sei. Meine Frauen und die der

99 Auch die Prinzessin Heinrich vermerkt für 17 Uhr, dass die Königin sich zu einer weiteren Nacht in Spandau entschlossen habe, nachdem von Moritz von Dessau keine Nachricht gekommen war; diese Nachricht trifft erst zwei Stunden später ein, als Amalie ihren Brief schon weggeschickt hat; drei Stunden später reist man ab, und Mitternacht war man schon zum Abendessen bei Caroline eingeladen, vgl. Volz (Hrsg.), Die Erinnerungen, S. 55. 100 Auch Lehndorff erwähnt den Oberstallmeister Schaffgotsch als Überbringer der guten Nachricht, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 385.

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Prinzessin Ferdinand schlafen mitten zwischen den Fässern. Ich finde es reizend, dass er mich hat warnen lassen.101 Um Sie zum Lachen zu bringen, muss ich Ihnen, Madame, eine Geschichte erzählen, die sich diese Nacht zugetragen hat: Die ganze Mannschaft spielte Bassette, ich habe acht Tailles geschafft; aber der Lärm in diesem Zimmer war derart stark, dass ich, weil ich meine Stimme erheben wollte, damit mich jeder verstünde, mir eine so schreckliche Heiserkeit geholt habe, dass ich mit dem Spielen aufhören musste.102 Kraut hat meinen Platz eingenommen, während ich die Angebote entgegennahm und ganz ehrenhaft meinen Nächsten um den Überfluss seiner Börse erleichterte.103 Frau von Camas spazierte hinter einen Schirm und verrichtete ihre Notdurft, um sich so gut es ging zu erleichtern, halb versteckt, halb im Beisein aller.104 Es passieren hier die komischsten Sachen. Wenn einem der Sinn nach Spaß stünde, könnte man sich halbtot lachen. Das Zimmer, wo die Königin spielt, hat vier Betten; alle Kammerdienerinnen dort haben ein wahres Höllenfeuer und alles ist voller Zugluft. Der Maupertuis gefällt es in diesem Chaos, und sie bietet ein Paroli nach dem anderen. Sie hat diese Nacht, ohne aufzuwachen, geschlafen, trotz des Höllenlärms, der Kälte und des Hin und Her in meinem Zimmer. Ich bin entzückt, dass es der Prinzessin Friederike besser geht und die Gefahr vorüber ist. Ich beglückwünsche Eure Durchlaucht dazu, ich nehme Anteil daran, und das ganz aufrichtig; Gott möge die anderen gesund erhalten. 101 Eine detaillierte Beschreibung der Räumlichkeiten, in denen die königliche Familie haust, gibt Lehndorff, ebd., S. 381 f. 102 Bassette war ein dem Pharao verwandtes Kartenspiel, das sich laut d’Alembert in dem entsprechenden Artikel der Encyclopédie bis zu seinem Verbot großer Beliebtheit in Frankreich erfreute. 103 Carl Friedrich von Kraut, der Hofmarschall des Prinzen Heinrich. 104 Dass die Gräfin Camas, die Oberhofmeisterin der Königin, angesichts ihrer peinlichen Notlage, ihren Humor nicht verliert, bezeugt Lehndorff, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 383.

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Sack ist zugegeben ein bewundernswerter Mann mit seinen Überlegungen und ein Mann, der vorsorgt, hat er doch die Heirat seiner Tochter vorangebracht; das ist eine Geschichte für meine Brüder.105 Dienstag, den 18. Oktober. Vielleicht, liebe Prinzessin, werden wir noch heute Abend in Berlin sein. Moritz hat seinen Adjutanten Kleist geschickt und uns ausrichten lassen, dass er uns in ein paar Stunden wissen lassen wird, ob wir zurückkehren können; nur das wünsche ich mir. Adieu, meine verehrte Prinzessin; ich habe zu spät erfahren, dass der Diener weggegangen ist; ich warte ungeduldig darauf, Sie wiederzusehen. Adieu, adieu, Amalie

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Der bekannte Hofprediger Sack.

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Brief 27 Magdeburg, Freitag, den 18. (November), am Vorabend Ihrer verhängnisvollen Abreise 1757 (Madame,) Ach, Himmel, liebe Prinzessin, was für ein furchtbarer Tag! Ich hätte vor Ihnen fliehen, ich hätte vor mir selbst fliehen mögen! Es ist also geschehen, ich reise ab, ich werde Sie nicht mehr sehen, großer Gott! Was für ein furchtbarer Moment! In Gottes Namen, liebe Prinzessin, im Namen unserer Freundschaft, überstürzen Sie nichts mit Ihrem Aufenthalt in Quedlinburg!106 Tun Sie nichts, was Sie eines Tages bereuen könnten! Möge in Ihren Unterhaltungen mit der Prinzessin das eine oder andere Mal von mir die Rede sein;107 möge die Eintracht, die zwischen Ihnen beiden herrscht, mein Glück in der Ferne ausmachen! Möge der Himmel mir einen glücklichen Tag schenken und mich wieder nach Berlin zurückkehren lassen! Möge ich sterben, wenn ich darauf verzichten muss! Wozu bräuchte ich noch das Leben, und was ist das für ein Leben, wenn man es in Sehnsucht verbringt? Nein, Prinzessin, ich werde nicht sterben, ich will leben, um Sie zu lieben, das schulde ich Ihnen, und ich will nicht melancholisch und trübsinnig werden. Ich will das alles besser ein andermal durchdenken. Heute bin ich verzweifelt über unsere Trennung. Adieu, verehrte Prinzessin, selbst der Tod wird mir meine Zuneigung zu Ihnen nicht nehmen. Caroline Erlauben Sie, Madame, dass ich meine Briefe als Billets und ohne Namen schicke? Wir werden einander dennoch erraten. 106 Ein Brief Amalies, in dem sie diese Absicht geäußert hätte, ist nicht erhalten. Lehndorff zufolge hatte sie sich Ende August darüber beklagt, keine Einnahmen als Äbtissin mehr aus dem Kloster erhalten zu haben, vgl. Giebel (Hrsg.), Die Tagebücher, S. 372. Möglicherweise plante sie von daher eine Reise nach Quedlinburg. 107 Die Prinzessin Heinrich.

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Brief 28 Pirmasens, den 26. Dezember (17)57 (Madame,) ich bin, meine liebe Prinzessin, seit dem 23. hier und kann mich nicht daran gewöhnen.108 Großer Gott, was für ein Abstieg! Ich hatte das Glück, einundeinhalb Jahre lang unter den glänzendsten Leuten von Welt zu leben, und jetzt bin ich bei Tisch mit Leuten, die größtenteils verdient hätten, gerädert und aufgeknüpft zu werden. Nein, liebe Prinzessin, ich kann mich nicht mehr daran gewöhnen! Der Prinz hat mich veranlasst, am 23. einzutreffen, kam aber erst am Abend des folgenden Tages, war bei bester Gesundheit, verfluchte die Offiziere seines Regiments, war mit den meisten und vor allem mit Syburg unzufrieden. Ich sagte ihm, dass jemand, den er, der Prinz, achte, geschrieben und von Syburg verlangt habe, den Prinzen daran zu hindern, die Armee zu verlassen, weil ich derselben Person gesagt hatte, dass er, wenn er sich fern der Armee in den Händen seiner Domestiken befunden hätte, unweigerlich den Dienst quittiert hätte. Die Sache wurde gut aufgenommen und man versprach mir Verschwiegenheit; aber Syburg ist deswegen nicht beliebter, allerdings wird man es nicht mehr wagen, so beleidigend über ihn zu sprechen wie zuvor. Ich zähle darauf, dass die bewusste Person das, was ich gesagt habe, nicht missbilligen wird. Wissen sie, Madame, welches Regiment der Prinz auf Teufel komm raus haben will? Es ist das von Kleist, dessen General am 22. November getötet worden ist, ein Regiment, das zu Friedenszeiten in Soest und in Hamm stationiert ist, die eine Stadt 55, die andere 57 Meilen von Berlin entfernt.109 Wenn er es 108 Caroline war am 29. November in Darmstadt eingetroffen, wie sie am 1. Dezember an Amalie schreibt, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 229. 109 Am 22. November hatte Herzog Ferdinand von Bevern bei Breslau eine Schlacht gegen die Österreicher verloren und war zwei Tage später in Gefangenschaft geraten, vgl. Kunisch, Friedrich der Große, S. 379.

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bekommt, werde ich ihn ganz sicher nicht begleiten. Welche Annehmlichkeit hätte ich dort, fast ebenso weit von Berlin entfernt, wie wenn ich in Darmstadt wohnte, gezwungen, mit Westfalen zusammenzuleben, eine Spezies, die ich überhaupt nicht mag, ein Regiment zu sehen, das mich niemals so interessieren wird wie das, welches der Prinz verlassen hat, und sozusagen auf Berlin zu verzichten? Wie soll er es schaffen, schwach und von zarter Konstitution, wie er ist, im Winter dorthin für einen Monat oder sechs Wochen zu reisen? Nein, liebe Prinzessin, wenn es ihm gelingt, das Regiment zu bekommen, wie er es sich erhofft und weswegen er gerade an den König geschrieben hat, dann lasse ich Seine Durchlaucht ruhig in seine Garnison ziehen und bleibe daheim, und im Winter, wenn Eure Hoheit sich nach Berlin begibt, werde ich Sie dort besuchen. Eure Hoheit sieht, dass ich, ob ich abwesend oder anwesend bin, mein Recht in Anspruch nehme, Ihnen meine Leiden mitzuteilen. Ich habe erst am 23. den Brief Eurer Hoheit vom 7. erhalten, seit der Nachricht vom 5. habe ich gar keinen bekommen. Wie denn, liebe Prinzessin, wenn man nicht am 22. den Rückzug befohlen hätte, wäre der Sieg unser gewesen? Ach, wie ärgerlich! Und der König hatte Ihnen, Madame, mitgeteilt, dass er dabei sei, in die Schlacht zu ziehen?110 Welche Ängste muss Eure Hoheit bis zur Ankunft des glückverheißenden Kuriers ausgestanden haben! Sie haben sehr großherzig gehandelt, Madame, dass Sie Ihre Ängste für sich behalten haben, ohne sie mitzuteilen. Die Krankheit des Herrn Bär hat Ihnen also als Vorwand gedient, nicht an den Hof zu gehen.111 Ich empfehle für solche Momente die Duplan, die gut frisiert.112 Keine Ausreden, liebe Prinzessin! Sie müssen sich amüsieren, ich täte es bestimmt, wenn ich es könnte. Mein Bruder hat mich gerade verlassen, 110 Friedrich war am 12. November von Leipzig aus nach Schlesien aufgebrochen, vgl. Kunisch, Friedrich der Große, S. 379. 111 Der Kammerherr des Königs. 112 Duplan: nicht identifiziert.

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nachdem er hier gespeist hat. Das waren wenigstens vier angenehm verbrachte Stunden, und in acht Tagen gedenke ich zwei oder drei Tage in Zweibrücken zu verbringen.113 Man schreibt mir aus sicherer Quelle, dass die Österreicher 17 Generäle, tot oder verwundet, verloren haben in den beiden Schlachten vom 22. und 5. und ihnen nach der letzten kaum mehr als 30.000 kampffähige Truppen geblieben waren.114 Der Prinz von Stolberg wurde dabei getötet;115 er hinterlässt eine junge hübsche Frau und vier Töchter, von denen die älteste fünf Jahre alt sein mag; ich habe Mitleid mit ihr wie auch mit meiner Tante und meiner Cousine. Meine beiden Wachsoldaten sind Spitzbuben: Die Angst, rekrutiert zu werden, war stärker als das Wort, das sie gegeben hatten. Der Prinz empfiehlt sich Ihnen untertänigst, Madame; er hat mir fünf Briefe für Eure Hoheit gegeben, die ich in einem einfachen Umschlag, an Sie adressiert, wegschicken werde. Adieu, verehrte, hochgeachtete Prinzessin. Caroline Die Geschichte mit dem Bataillon ist nach dem Wunsch des Erbprinzen ausgegangen.116

113 Caroline verbringt so viel Zeit wie möglich bei ihrer Familie in Zweibrücken – sehr zum Ärger ihres Gatten, der das schon in den Anfängen der Ehe seinem Tagebuch anvertraut, vgl. Meise, Das archivierte Ich, S. 494. 114 Die Schlacht bei Leuthen am 5. Dezember endete für die Österreicher mit einem Debakel, bei dem sie etwa 22.000 Mann verloren und Schlesien bis auf den Brückenkopf Schweidnitz aufgeben mussten, vgl. Kunisch, Friedrich der Große, S. 381–383. 115 Der Generalfeldwachtmeister des österreichischen Heeres. 116 Ludwigs Bataillon in Pirmasens.

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Brief 29 Buchsweiler, den 22. Januar (17)58 (Madame,) nun bin ich hier angekommen, liebe Prinzessin, am Ziel meiner Reise. Mein Aufenthalt ist mindestens für den Winter geplant. Lesen Sie, verehrte Prinzessin, unter welch glücklichen Auspizien ich angekommen bin! Eine Stunde danach bekomme ich einen Brief, der mich auf ein schreckliches Ereignis vorbereitet, angesichts meiner Denkweise und meiner Verbundenheit mit zwei Personen meiner Familie. Binnen kurzem, liebe Prinzessin, werde ich das genauer erläutern können, und die Öffentlichkeit wird es nur allzu schnell erfahren. Zwei Tage nach meiner Ankunft brach ein Feuer neben der Tür zu meinem Kabinett aus, wo ich gerade mit dem Schreiben beschäftigt war. Ich habe es erst bemerkt, als die Flammen durch die Holzvertäfelung sichtbar wurden. Ich dachte nur an meine Kassette mit den Papieren und hielt den Rest für eine Beute der Flammen; ich durchquerte sie, nachdem ich um Hilfe gerufen hatte, um meine kostbare Kassette zu retten. Der Türvorhang, der Vorhang der gegenüber liegenden Seite, alles war schon in Flammen. Die Sachen, die ich verloren habe, sind von geringem Wert. Ich kann von Glück sagen, so davongekommen zu sein. Drei Tage und Nächte lang hat man mein Kabinett repariert, und ich bin erst heute zurückgekehrt, um mein Appartement wieder zu bewohnen. Ein schlecht gebauter Kamin hat dieses Unglück verursacht. Meine Mutter trifft heute ein; ich verehre sie, wie Sie wissen; aber das wird hier das Ende ihres Glücks sein. Ihre Frömmigkeit ist nicht gespielt; sie ist von der Wahrheit der Religion durchdrungen. Ach, Prinzessin, ach, liebe Prinzessin! Sie erraten es, ich bin es, die ihr den Doch ins Herz stoßen muss; ich bin es, die es ihr sagen muss.117 Mein Gott, Prinzessin, was für ein Auf117 Carolines Mutter, Prinzessin Caroline von Nassau-Saarbrücken, war nach dem Tod ihres Gatten, des Pfalzgrafen Christian III. im Jahre

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trag! Ich fürchte, dass er ihr den Tod bringt. Verbreiten Sie bitte noch nicht, liebe Prinzessin, was Sie erraten. Meine Seele ist auf die schlimmsten Ereignisse gefasst; abgehärtet gegen das Unglück, lässt sie sich durch nichts mehr erschüttern. Aber ich kann die Verzweiflung von Menschen, die ich liebe, nicht ertragen. Freude, Glück, Annehmlichkeiten, alles ist für mich vergangen, seit ich Sie verlassen habe, Madame. Seien Sie wenigstens glücklich, verzichten Sie auf Ihre Pläne sich zurückzuziehen! Ihr Glück wird das meine sein. Wo sind Sie, Prinzessin, die ich verehre, wohin soll ich Ihnen meinen Brief schicken? Ich erwarte mir Gutes von Ihrer Reise; dieser Gedanke einer Versöhnung, die ich so sehr wünsche, verscheucht, lüftet ein wenig den Schleier, der meine ganze Fröhlichkeit verhüllt, und macht mir Hoffnung, die Menschen, denen ich mich verbunden fühle, glücklich zu wissen. Ich habe meine Kinder bei guter Gesundheit vorgefunden. Diejenigen, die schon ein bisschen Vernunft besitzen, grüßen Sie mit respektvoller Ehrerbietung. Ich habe Briefe aus Berlin vom 10., aber keinen von Eurer Hoheit seit dem 2. aus Magdeburg. Senden Sie mir sie bitte über den Bankier Splitgerber; von ihm erhalte ich sie nach zehn Tagen.118 Habe ich Ihnen schon eine Geschichte aus Namur erzählt? Dort gibt es einen Abt, einen eifernden Katholiken und Österreicher. Alle aus seiner Partei beschworen ihn, sein Fasten und seine Gebete zu verdoppeln, um den Himmel zum Triumph unserer Feinde zu veranlassen. Der gute Mann verbrachte drei Tage mit diesen heiligen Verrichtungen. Als die Zeit abgelaufen war, sagte er zu seinen Freunden, dass ihre Wünsche unerfüllt bleiben würden: Er habe die Jungfrau in preußischer Uniform 1735 fünf Jahre lang Regentin von Pfalz-Zweibrücken. Die schlimme Nachricht für ihre Mutter ist die der heimlichen Konversion von Carolines Bruder zum Katholizismus im Jahre 1755 unter französischem Druck, vgl. Ammerich, Landesherr und Landesverwaltung, S. 160–163. 118 Der bedeutende und einflussreiche Fabrikant, Bankier und Kaufmann Splitgerber stand in großer Nähe zu Friedrich II.

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gesehen und alle Engel, die sie anbeteten; die Mutter Gottes habe sich für den König ausgesprochen und von daher gebe es keine Rettung mehr.119 Da sehen Sie, Madame, was es heißt, zur Familie zu gehören. Ohne Sie, liebe Prinzessin, wäre Ihre Frau Schwiegermutter uns nicht so wohlgesonnen.120 Adieu, Prinzessin, die ich verehre, vergeuden Sie nicht all Ihr Ansehen und haben Sie die Güte, mir nach meinem Tod einen kleinen Platz an Ihrer Seite zu reservieren. Weder kann noch will ich in dieser Welt hier noch in der anderen von Ihnen getrennt sein. Caroline Man hat mir vor acht Tagen erzählt, dass Kaunitz incognito in der Nähe von Pirmasens vorbei nach Paris gefahren ist.121

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dote.

Die Geschichte um den Abt aus Namur ist eine erfundene Anek-

120 Als Äbtissin ist Amalie symbolisch mit Jesus die Ehe eingegangen und somit ,Schwiegertochter‘ Marias. 121 Dass der österreichische Kanzler Kaunitz zu diesem Zeitpunkt nach Paris gereist sein soll, ist ein Gerücht.

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Brief 30 Buchsweiler, den 29. Januar 1758 Die Kameke verkündet, Sie seien krank, liebe göttliche Prinzessin; muss mein Herz denn immer in Aufregung und Aufruhr sein?122 Eure Hoheit im Bett, und das mehrere Tage lang, das lässt mich zittern, ich sterbe vor Ungeduld! Morgen habe ich vielleicht das Glück, beruhigt zu sein. Man schickt mir aus Paris die Biographie des verstorbenen Königs oder den dritten Band der Memoiren von Brandenburg. Das ist ein Diebstahl, sagt Herr Grimm, den man dem erhabenen Verfasser angetan hat, der, wie er hinzufügt, nach Voltaire der einzige sein dürfte, der Geschichte schreibt. Man beklagt, dass der Band verstümmelt ist; man hätte gern mehr Details, um die Ursachen und die Mittel der plötzlichen Größe und Machtposition zu erkennen, die das Haus, das ich vergöttere, erreicht hat.123 Er erzählt mir des weiteren von den Träumereien des Maréchal de Saxe und sagt, indem er ihn beschreibt, dass der Comte de Saxe, der seinen Platz zwischen Karl XII. von Schweden und Friedrich von Preußen habe, der Mann Europas sei.124 Es gibt noch weitere Nettigkeiten für unseren König: Man schickt mir auch ein Gedicht auf die Schlacht vom 18. Juni, in dem man Dummheiten erzählt. Ich werde es trotzdem lesen, all-

Die Gräfin Maria von Kameke. Es handelt sich um die Continuation des Mémoires pour servir à l’histoire de la maison de Brandebourg, (Paris) 1757. Caroline zitiert hier wörtlich Grimms Correspondance littéraire, Bd. V, S. 8 f. mit Anm. 22 vom 1.1.1758. 124 Graf Moritz von Sachsen, unter dem Namen Maréchal de Saxe in ganz Europa berühmter und auch vom Preußenkönig geschätzter Heerführer in französischen Diensten. Noch höher schätzte Friedrich den Schwedenkönig Karl XII. in dieser Hinsicht ein, über den er noch unter dem Eindruck der Schlacht von Kunersdorf vom 12.8.1759 seine Réflexions sur les talens militaires et sur le caractère de Charles XII verfassen wird, vgl. Kunisch, Friedrich der Große, S. 412. 122 123

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zeit bereit, es ins Feuer zu werfen, wenn es mich allzu sehr aufregt.125 Ich hatte am Donnerstag meinen Bischof zu Gast, einen Naivling, wie er im Buche steht, der die Freundin Frankreichs verehrt, die erhabene, großherzige Kaiserin.126 Sie wissen vielleicht gar nicht, Madame, dass diese kaiserliche Majestät der Frau von Pompadour schreibt, und das oft, und das nicht erst seit gestern und heute.127 Das schmeichelt, und der Ehrgeiz kommt dabei auf seine Kosten; und wie kann man seinen Beistand einer Freundin verweigern, welche die Frau Europas ist, genau wie der Comte de Saxe laut Grimm der Mann Europas sei, vor unserem König. Ich erzähle Klatsch, ich schwätze, Prinzessin meiner Seele, ich stelle mir vor, auf dem Sofa, Eurer Hoheit gegenüber, zu liegen, die Scharpie zu zupfen, häufig den Blick zu heben, um die Prinzessin, die ich vergöttere, anzuschauen, ihrem Blick zu begegnen, mich Rührendes sagen zu hören, und dann über alles Mögliche zu reden. Ach Himmel! Prinzessin, diese glückliche Zeit ist vorbei; doch werde ich solch köstliche Tage wiederkehren sehen? Darf ich mich dieser meiner Hoffnung hingeben? Adieu.

125 Die Schlacht bei Kolin am 18.6.1757, auf die Gleim ein „Lied nach der Schlacht bey Collin den 18ten Junius 1757“ verfasste, auf das die Bezeichnung „Dummheiten“ durchaus passen würde, in: ders., Ausgewählte Werke, S. 87 f. 126 Johann Friedrich Karl von Ostein, seit 1743 Erzbischof und Kurfürst von Mainz, war politisch eindeutig Österreich zugeneigt, religiös jesuitisch geprägt und lehnte die Ideen der Aufklärung strikt ab, vgl. Jürgensmeier (Hrsg.), Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, Bd. 3, S. 414–422. 127 Zum Briefwechsel zwischen Maria Theresia und Madame de Pompadour vgl. Dade, Madame de Pompadour, S. 175–178. Auch Friedrichs Schwester Wilhelmine empört sich darüber gegenüber ihrem Bruder, vgl. Volz (Hrsg.), Friedrich der Große und Wilhelmine von Baireuth, Bd. II, S. 409.

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Brief 31 Buchsweiler, den 2. Dezember 1758 Kennt Eure Hoheit ein Buch, das den Titel De l’Esprit trägt?128 Ich denke, Sie werden es mit Vergnügen lesen, trotz aller Kritik, die man dagegen vorgebracht hat. Er liebt die Mönche nicht, dieser Helvétius; er schwingt sich auf, er stellt sich über die Vorurteile. Ich habe ihn noch nicht zu Ende gelesen; aber ich lese ihn mit Vergnügen. Ich sage Ihnen nicht, Madame, dass er der Gipfel der Vollkommenheit ist, der Mensch wird nie dahin gelangen. Er wäre kein Sterblicher mehr, und wir kennen allein diese Spezies. Der König ist in Dresden, und Briefe kündigen ihn in Böhmen an; er wäre vielleicht dort, ohne den Mangel an Ressourcen. Ich habe einen Brief unserer Feinde gesehen, der besagt, dass Marschall Daun die Belagerung von Neiße lediglich als eine Finte ausgibt, um seinen Fehler zu verbergen, dass ihm der König durch seinen Marsch nach Görlitz zuvorgekommen ist.129 Ich habe mit jemandem gesprochen, der glaubt, dass die Abberufung des Duc de Choiseul von der Botschaft in Wien, um an die Spitze des Amtes für Auswärtige Beziehungen zu treten, wohl eine Abnahme der Harmonie zwischen beiden Höfen signalisieren könnte und dass Herr von Choiseul unter der Protektion der Lieblingsmätresse nur von seinem Posten abberufen wurde, um ihm Unannehmlichkeiten zu ersparen, die er bekommen hätte, wenn die Dinge bis zu einem gewissen Punkt gelangt

128 Das skandalträchtige, in Frankreich unmittelbar nach der Publikation 1758 verbotene, Hauptwerk von Helvétius besaß Caroline in zwei Exemplaren, vgl. Bräuning-Oktavio, Die Bibliothek, Sp. 715, Anm. 116. Diderot nennt in seiner Rezension in Grimms Zeitschrift vom 15.10.1758 das Werk „einen fürchterlichen Keulenschlag gegen die Vorurteile“, vgl. Correspondance littéraire, Bd. V, S. 160. 129 Friedrich hatte am 23. Oktober Görlitz besetzt, vgl. Heinrich, Friedrich II., S. 157.

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wären.130 Man hat mir die Möglichkeit dieser Annahme durch eine Verknüpfung von Fakten und Ursachen beweisen wollen. Ich stelle sie Ihnen dennoch nicht als unfehlbar richtig hin. Adieu.

130 Der Duc de Choiseul d’Amboise wurde als Schützling der Madame de Pompadour nach nur einjähriger Tätigkeit als Botschafter in Wien im Jahre 1758 Außenminister und trat ebenso vehement wie diese für die Allianz mit Österreich ein, im Widerspruch zu seinem Vorgänger im Amt des Außenministers, Bernis, dessen Nachfolge er am 1.11.1758 antrat, vgl. Externbrink, Friedrich der Große, S. 261–272.

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Brief 32 Berlin, den 30. Dezember 1768 Das Jahr kann nicht angenehmer zu Ende gehen als mit dem Empfang eines Ihrer Briefe. Ich betrachte es als gutes Omen für die Zukunft. Tausend Dank, liebe Landgräfin, für den Anteil, den Sie an der Schwangerschaft meiner Nichte von Oranien nehmen.131 Was die von Preußen angeht, so scheint der Himmel mit der Brandenburger Linie nicht mehr zufrieden zu sein und ihr Ende sehen zu wollen.132 Mein ganzer Trost ist die Hoffnung, das nicht zu überleben. Die Zeitungen haben mich mit den Berichten über die Reisen Seiner dänischen Majestät sehr amüsiert. Ich glaube, dass sein Land ihm kaum dafür dankbar sein wird, es verlassen zu haben, um sich feiern und verspotten zu lassen.133 Im übrigen zweifle ich daran, dass seine Untertanen, wenn er andere Länder besucht hat, liebenswürdiger werden. Wir haben hier Herrn von Raab als Botschafter seines Landes, der in Frankreich, in Russland und in England war und noch schweigsamer, langsamer und viel langweiliger ist, als es Herr von Ahlefeldt war.134 Ich denke, das sagt alles. Ich hatte ihn zum Essen und konnte ihm keine drei Worte entlocken.

131 Amalies Nichte von Oranien ist Friederike Sophie Wilhelmine, die Tochter August Wilhelms, die im Oktober 1767 den Prinzen Wilhelm V. von Oranien geheiratet hatte. 132 Mit der preußischen Nichte ist die erste Gattin des Thronfolgers Friedrich Wilhelm, Elisabeth Christine Ulrike, gemeint, deren Skandalgeschichte von Amalie in den folgenden Briefen erzählt wird. 133 Seine dänische Majestät Christian VII., der wegen seines exzentrischen, unhöfischen Verhaltens, seiner Launen und Eskapaden von seinen Ministern systematisch von den Staatsgeschäften ferngehalten wurde, trat auf deren Betreiben Mitte Juni 1768 eine Europareise an, die ihn nach einem Abstecher zu seiner hessischen Verwandtschaft in Hanau u. a. nach London und insbesondere Paris führte, wo er mit der Elite der Aufklärer zusammentraf. Obwohl die Reise nach einem halben Jahr abrupt abgebrochen wurde, belastete sie Dänemark mit Kosten von etwa eineinhalb Millionen Talern, vgl. Winkle, Struensee, S. 136–169.

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Ich erinnere mich sehr gut, den Pagen Zanther gesehen zu haben: Es wundert mich überhaupt nicht, dass der mindestens vom königlichen Geblüt der Bourbonen ist; andere täten es ihm gleich, wenn sie das Land verlassen könnten.135 Mir scheint, liebe Landgräfin, Sie sind nicht mehr auf dem Laufenden bei dem, was man Versteckspiel nennt. Kann das sein? Wir tun indessen nichts incognito, alles wird hier herausgetrommelt. Meiner Freundschaft zu Eurer Durchlaucht ergeht es ebenso; meine Zuneigung und meine Freundschaft zu Eurer Durchlaucht werden mich mit Trommelwirbel in der anderen Welt überleben. Amalie Ich hoffe, dass der Herr Landgraf meinen Brief erhalten hat und Eure Durchlaucht ihm gütigst meine Grüße ausrichtet.

134 Johann Heinrich Graf von Ahlefeldt und Carl Joseph, Graf Raab von Rauenheim. 135 Zanther: nicht identifiziert.

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Brief 33 Berlin, den 6. März 1769 Ich hoffe, meine liebe Landgräfin, dass Sie von meiner zärtlichen und aufrichtigen Verbundenheit überzeugt sind, und ich glaube nicht, Madame, dass ich mich darin täusche. Ich hoffe auch auf ein wenig Gegenliebe von Seiten Eurer Durchlaucht; aber da es keine wahrhafte Freundschaft ohne Vertrauen geben kann, will ich Ihnen beweisen, dass das meine zu Ihnen grenzenlos ist. Sie haben vielleicht von den Kümmernissen reden hören, von denen meine ganze Familie und ich betroffen sind durch das schreckliche, unentschuldbare Verhalten meiner elenden Nichte, die, ohne in weitere Details zu gehen, den König zwingt, sie einzusperren, sowohl wegen der Ehre des Hauses als auch zur Strafe für die von ihr begangenen und beabsichtigten, aber glücklicherweise vereitelten Verbrechen.136 Zur Zeit arbeitet man an der Aufhebung der Ehe, damit alles der Ordnung nach verläuft, ohne dass der geringste Prozessgrund greifen kann, damit mein Neffe sich rasch wieder verheiraten kann. Ich glaube, meine liebe Landgräfin, dass eine Vorwarnung Ihnen nicht unangenehm sein wird. Nehmen Sie sie aus der Hand einer treuen Freundin entgegen: Es wird eine Ihrer Prinzessinnen sein; aber da das eine höchst geheime Angelegenheit ist, bitte ich Sie dringend, sie vor dem Landgrafen geheim zu halten. Dafür verspreche ich Ihnen, dass Sie über alles informiert werden. Ihre Interessen sind mir zu lieb und teuer, um sie zu vernachlässigen und ihnen nicht meine ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Ich weiß, Madame, dass ich nichts riskiere, wenn ich Ihnen das anvertraue; dennoch wage ich, Eure Durchlaucht zu bitten, niemandem hier, sei er bedeutend oder unbedeutend, verwandt oder nicht verwandt, zu offenbaren, dass ich diese Neuigkeit in Um-

136 Zu der Skandalgeschichte um die gescheiterte Ehe zwischen dem Thronfolger und seiner ersten Gattin aus dem Haus Braunschweig vgl. Meier, Friedrich Wilhelm II., S. 56–62.

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lauf gebracht habe:137 Damit werden Sie mir großen Ärger ersparen. Adieu, liebe, verehrungswürdige Landgräfin, ich empfinde eine Gemengelage von Gefühlen, die ich nicht klären kann; meine Seele ist ein wirkliches Chaos; doch wie groß auch immer die Verwirrung ist, dieses Herz und diese Seele werden Ihnen ewig zärtlich verbunden sein, in dieser Welt wie in der anderen. Ich bitte Sie inständig um Antwort, ich zittere vor Angst um diesen Brief. Amalie

137 Eine erste Andeutung hatte Prinz Heinrich gegenüber der Landgräfin schon am 15. Februar gemacht, als er ihr schrieb, er zweifle nicht daran, dass sie demnächst „mehr denn je verbunden sein würden“, zitiert bei Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 138.

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Brief 34 Berlin, den 26. März 1769 Das ist mitnichten eine Einbildung, das ist nichts vom Hörensagen: Ihre Freundin spricht die Wahrheit, ich habe es sogar schwarz auf weiß gesehen, aber sie fleht sie an, dass das zwischen ihr und Ihnen bleibt. Die Obermätresse ist drauf und dran, fortgejagt zu werden. Man wartet noch darauf, dass ihre Unterkunft fertig wird, um sie wegzuschicken. Stettin wird ihre Bleibe sein.138 Man hat sie letzte Woche gefeuert. Aber aus ganz schlechten Gründen will man das nicht publik machen. Es sind die folgenden: Alte Abmachungen, alte Bestimmungen verlangen, dass diese Sache vom obersten Chef bestätigt wird.139 Und da, um es höflich auszudrücken, unsere Eigenliebe verletzt ist, wenn man einen Höheren zu Hilfe holt, zieht man es vor, die zukünftige Nachkommenschaft den Ereignissen zu opfern, die früher oder später daraus hervorgehen werden. Wenn man danach fragt, kann man nicht umhin, irgendetwas zu erwähnen, und das ist es, was einen zurückhält und stört. Sie irren sich, meine liebe Landgräfin, wenn sie glauben, dass die Elende auch nur die geringste Anwandlung von Scham, Zartgefühl und Reue hätte; andere weinen um sie, während sie hüpft, tanzt und singt. Ihre Seele ist vollgestopft mit den gemeinsten und schmutzigsten Neigungen – um nicht noch mehr zu sagen. Mehr als dreißig Personen, alle aus dem niederen Volk, ihre Intimfreunde und Vertrauten, hat man wegen ihrer Liebe zu ihr gefesselt und geknebelt, was ihr keinen Deut ausmacht. Dieses skandalöse Verhalten – kann ich es Ihnen erzählen, ohne zu zittern? – sann, als es Hindernisse fand, die es hier und da aufhielt, auf Mittel, sich der Wächter zu entledigen: Nach Papieren, die man in Händen hat, sollten schreckliche Pulver ganz rasche Wirkung tun. Da sie schon lange Zeit dem Verbrechen verfallen war, hätte ihr dieses

138 Die Scheidung erfolgte offiziell am 21. April. Elisabeth Christine Ulrike wurde in der Festung Stettin bis an ihr Lebensende eingesperrt. 139 Friedrich Wilhelm brauchte für die Auflösung der Ehe eine Entscheidung des Königs.

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nicht mehr ausgemacht als die früheren. Denn sie hatte sich schon mehrfach einiger Mittelchen bedient, um die Frucht ihrer schamlosen Liebesaffäre abzutreiben.140 Es ist unvorstellbar, Madame, wie weit sie hat gehen wollen: Man könnte Bände darüber schreiben. Sie ist eine grauenhafte Kreatur. Dieser Müller, von dem Eure Durchlaucht mir berichtet, war Musiker.141 Er hat eine dicke Lüge erzählt. Er hatte freien Zugang, ohne Frauenkleider zu benötigen. Es kann sein, dass er bei nächtlichen Spaziergängen davon Gebrauch gemacht hat, aber zu seiner Zeit war das noch nicht in Mode. Ich denke an einen Weg, um meine Briefe Ihnen zukommen zu lassen, und Sie werden diesen hier auf folgende Art und Weise erhalten: Ich schicke ihn im Umschlag, und Sie bekommen ihn an eine fremde Adresse. Dann kann ich Ihnen offener schreiben und auf alle Fragen antworten, die Sie mir stellen wollen. Ich bitte Sie um alles in der Welt, liebe Landgräfin, nehmen Sie keine englischen Arzneien! Sie sind alle zu stark. Vertrauen Sie bitte ein wenig meiner traurigen Erfahrung! Für die Nerven gibt es kein Medikament; es braucht nur Ruhe. Ich würde sie Ihnen gern verschaffen; von Herzen gern würde ich es tun. Sie würden Ihre gesundheitliche Verfassung immer noch mehr schwächen, wenn Sie weiter Medikamente nähmen. Ich wollte sogar, dass Sie Ihre kalten Bäder sein lassen; sie haben keine andere Wirkung, als die Nerven zu straffen und können außerdem viel Schlimmes bewirken. Ich will Ihnen ein gleichwertiges Mittel angeben, das nicht so müde macht: Und zwar, so oft Sie können, Senfkörner zu kauen, wenn Sie den Geschmack mögen. Die aus England sind die besten und stärksten. Sie sind wunderbar für den Magen und geben Kraft. Es ist zwar nur ein Beruhigungsmittel, aber es ist wenigstens nicht beschwerlich. Adieu, meine liebe Landgräfin, was gäbe ich nicht dafür, wenn der Himmel mir das Leben schenkte, um Sie gesund und 140 Sie soll die Frucht ihrer Affäre mit dem Musikanten Pietro mit Hilfe von Drogen abgetrieben haben. 141 Wohl der Violonist Christian Friedrich Müller.

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ebenso munter wie früher wiedersehen zu können! Das wird ein ganz glücklicher Moment für mich. Ich werde wie der Heilige Paulus im dritten Himmel sein. Meine Verbundenheit und Zuneigung sind unaussprechlich groß. Sie werden mich immer, Madame, in allen Lebenssituationen unverändert finden. Amalie

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Brief 35 Berlin, den 16. April 1769 Ich habe heute die beiden Briefe Eurer Durchlaucht vom 7. erhalten. Sie teilen mir mit, Madame, dass Sie den Grafen Schulenburg und seine Frau zu Besuch haben: Sie sind im Auftrag gekommen.142 Die Briefe sind zu lange unterwegs, als dass ich Eure Durchlaucht hätte vorwarnen können. Er soll das Porträt schicken, das, wie man mir versichert hat, gestern in Potsdam eingetroffen ist. Aber die Hauptsache seines Auftrags ist es, eine zutreffende Vorstellung vom Charakter und Geist der Prinzessin zu vermitteln, und deswegen wird er Ihnen noch eine Weile seine Aufwartung machen. Danach wird er nach Coburg und Meiningen fahren.143 Die Absicht ist lediglich die, dass es heißt, dass er ihm die Wahl lässt, da er ihn nicht über xxx reisen lassen will. Alles hängt nun von dem Bericht ab; die Vorstellungen haben sich nicht geändert, so dass ich davon überzeugt bin, dass diejenige, welche Sie und ich uns wünschen, es sein wird. Ich verheimliche Ihnen nicht, dass ich es will, dass ich mit ebenso viel Freude wie Genugtuung daran denke und, wenn ich die Vollmacht hätte, die Angelegenheit schon beschlossen wäre. Allerdings müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn sie keinen Abschluss fände. Eure Durchlaucht kann zuversichtlich meine Briefe öffnen: Ich wäre verzweifelt und untröstlich, meine liebe Landgräfin, Ihnen zu schreiben, wenn man die Meinung ändern würde. Ich nehme mir die Angelegenheit allzu sehr zu Herzen, sie beschäftigt mich Tag und Nacht.

142 Graf Schulenburg ist im Auftrag des Königs auf Brautwerbung und soll Carolines Töchter in Augenschein nehmen: Er hält sich seit dem 2. April in Darmstadt auf und schickt seinen ersten Bericht am 11. April an Friedrich, wonach Friederike erste Wahl sei. Er attestiert ihr zwar keine Schönheit, unterstreicht aber ihre Urteilsfähigkeit, Aufrichtigkeit, Höflichkeit und Anpassungsfähigkeit, vgl. den bei Volz, Friedrich der Große und seine Leute, S. 155 f. abgedruckten Bericht. 143 In Coburg und Meiningen sind die Prinzessinnen Caroline bzw. Luise, Friederikes Rivalinnen.

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Die Elende wird Donnerstag bei Einbruch der Nacht weggehen.144 Man hat alle Mühe gehabt, zwei Damen zu ihrer Begleitung zu finden; das hat ihre Abreise verzögert. Ich habe einen Brief gesehen, den sie an Frau von Buddenbrock geschrieben hat,145 in dem sie ihr mitteilt, dass sie an dem Tag, an dem sie von ihrer glücklichen Entbindung erfahre, mit dem Herzog von Bevern146 Annette und Lubin spielen werde;147 das ist ihre Art zu denken. Ich habe Ihnen, Madame, ein Schreckensgespinst offenbart; aber das ist noch nicht alles. Ich fühle mich noch nicht abgeklärt genug, um es Ihnen kaltblütig erzählen zu können. Bedauern und Mitleid sind Gefühle, die man ihr nicht versagen könnte, wenn man die Sache von einer anderen Seite betrachtet – und von was für einer Seite, meine liebe Landgräfin! Sie müsste für immer verborgen und begraben sein. Lassen Sie uns den Vorhang vor dieser grässlichen Geschichte ziehen! Adieu, meine liebe Landgräfin; im Juli werde ich Sie umarmen und in einer Situation wiedersehen, die mich jedes Mal freudig stimmt, wenn ich daran denke. Niemand könnte Eurer Durchlaucht zärtlicher verbunden sein als ich. Amalie Elisabeth Christine Ulrike. Henriette von Buddenbrock, die Gattin des Offiziers Ludwig Heinrich von Buddenbrock. 146 August Wilhelm, Herzog von Bevern, war in Stettin, also dem Verbannungsort seiner Cousine, Militärkommandant, vgl. Römer, Braunschweig – Bevern, S. 36. 147 Annette et Lubin nennt Marmontel eine seiner moralischen Erzählungen aus dem Jahr 1761 nach den beiden Protagonisten, zwei historischen Figuren aus Spa. Die beiden Waisenkinder, Cousin und Cousine aus ärmlichen Verhältnissen, namens Marie Schmitz und Gilles Dewalt wurden wegen ihres inzestuösen Verhältnisses von der Kirche verfolgt. Dank des enormen Erfolges der Erzählung Marmontels, die schon im Jahre darauf von Justine Favart als komische Oper auf die Bühne gebracht wird, verbreitet sich die rührende Geschichte der beiden jungen Leute rasch europaweit. Von daher hat natürlich Caroline auch unmittelbar verstanden, was die „Elende“ mit ihrem Cousin zu treiben gedachte – eine Absicht, die umso pikanter war, als der Herzog ein notorischer Gegner des weiblichen Geschechts war. Für den Hinweis auf Marmontel danke ich Frau Dr. Anne Zimmer. 144 145

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Brief 36 Berlin, den 29. April 1769 Mit einem aufrichtigen Gefühl der Verbundenheit und Freundschaft für Eure Durchlaucht habe ich heute das Vergnügen, Sie zu beglückwünschen und Ihnen zu verkünden, Madame, dass die bewusste Angelegenheit entschieden und geregelt ist und man spätestens in vier Wochen Sie um die Hand der Prinzessin Friederike bitten wird. Ich wünsche und werde es mein Leben lang wünschen, dass diese Heirat ein Quell des Glücks für die Prinzessin und ein dauerhafter Gegenstand der Genugtuung und Zufriedenheit für ihre achtenswerte, ehrwürdige Mutter sein wird. Aber da es ja kein vollkommenes Glück auf dieser Welt gibt und die höchsten gesellschaftlichen Stellungen häufig die sind, welche am stärksten Kummer und Gram ausgesetzt sind, glaube ich es an der Freundschaftspflicht fehlen zu lassen, wenn ich bei dieser Gelegenheit Eure Durchlaucht nicht vorwarnen würde, indem ich den Schleier über dem, was sich hier im Innern abspielt, lüfte, damit Sie Ihre Vorkehrungen ergreifen können. Die Stellung, welche die Prinzessin einnehmen wird, ist eine Stellung voller Klippen und Abgründe, angesiedelt zwischen Eisen und Amboss, die immer uneins und in größter Misshelligkeit leben.148 Um ein genaues Gleichgewicht zu halten, muss man es, wie es im Sprichwort heißt, Bock und Gärtner recht machen. Das Auftreten des Eisens ist kühl, zurückhaltend und sehr unangenehm; ein gutes Herz, aber stur, eigenwillig und störrisch wie ein Esel, ein phantastisches Gedächtnis, Geist, Wissen und ein schreckliches Lotterleben. Unabhängig von alldem bin ich davon überzeugt, dass die Prinzessin, wenn sie es auf sich nehmen kann – und falls die Abneigung nicht allzu stark ist –, ihm 148 Mit dem Eisen meint Amalie Friederikes Zukünftigen, Prinz Friedrich Wilhelm, hinter dem Amboss versteckt sich Friedrich II., vgl. Volz, Friedrich der Große und seine Leute, S. 136.

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ein wenig Freundschaft und eine Art Vertrauen zu zeigen, es bestimmt schaffen kann, dass er sie mag, zumal er sich aus eigenem Antrieb von Anfang an für sie ausgesprochen hat. Der Amboss wird gegen das Eisen immer wieder bissige Spitzen einfließen lassen; wenn man willig darauf hört, ist man verloren. Die Schmiede von P. . .m wird all diese Reden fördern.149 Vulcanus wird sich wahrhaft ausgesuchte Aufmerksamkeiten ausdenken, um sie zu gewinnen und in sein Netz zu ziehen.150 Es wird an nichts mangeln, um sie ins Verderben zu stürzen und dem Eisen abspenstig zu machen. Wenn sie allerdings zu verstehen gibt, dass sie diese Reden missbilligt und sich dem Eisen verbunden fühlt, dann wird sie allen Gefahren aus dem Weg gehen. Und das ist auch die einzige Möglichkeit, die ihr bleibt, denn die Attacken werden heftig sein. Erlauben Sie mir, Luft zu holen: Ich leide, meine liebe Landgräfin, wenn ich Ihnen solche Enthüllungen mache; sie erscheinen nicht glaubhaft, und dennoch sind sie es. Doch ich will nicht innehalten, ich muss den Brief vollenden. Sobald Graf Schulenburg die beiden anderen Berichte aus Coburg und Meiningen geschickt hat, wie ich Eurer Durchlaucht bereits mitgeteilt habe, wird man sofort den Heiratsantrag an Sie richten. Die Ehe wird prokuratorisch geschlossen.151 Die Hochzeit wird in Charlottenburg Ende Juni oder Anfang Juli stattfinden.152 Ich finde die Zeitspanne ein wenig kurz angesichts der Vereinbarungen; aber ich bitte Sie, dem zuzustimmen. Sofort nach der Ankunft Eurer Durchlaucht will man die kirchliche Trauung stattfinden lassen. Aber vielleicht wird auch das Die Schmiede von Potsdam. Vulcanus, der Gott des Feuers im antiken Mythos, wird häufig als hässlicher gelähmter Schmied dargestellt, der aber andererseits den Kriegsgott Mars und die Liebesgöttin Venus, die ihn betrügen, in seinem kunstvoll geschmiedeten unsichtbaren Netz gefangen hält und den anderen Göttern der Lächerlichkeit preisgibt. 151 Diese Form der Eheschließung erspart dem Thronfolger eine Reise nach Darmstadt, dem Landgrafentum hohe Kosten und gibt andererseits der Zukünftigen eine garantierte Heiratssicherheit. 152 Die Hochzeit findet am 14. Juli statt. 149 150

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noch geändert; denn hier auf Erden ist alles dem Wandel unterworfen. Am nächsten und übernächsten Tag wird es einen Ball geben, woraufhin die Neuvermählten sich in Potsdam niederlassen werden. Meine Lage, meine liebe Landgräfin, wird schlimm und bedrückend sein: Ich werde Sie hier ganz in der Nähe wissen und nicht das Glück haben, Sie zu sehen, Sie zu umarmen und mit der Prinzessin Bekanntschaft zu schließen, an der ich lebhaft Anteil nehme. Aber meine Gesundheit hält mich von der großen Gesellschaft fern. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass angesichts der Freundschaft, die Eure Durchlaucht mir immer bezeugt hat, die Prinzessin mir auch die ihre gewähren wird. Ich werde ganz selten die Gelegenheit haben, mit ihr zusammenzutreffen, aber das ändert nichts daran, dass ich sie mir wünsche und dafür sehr empfänglich bin. Ich stelle heute, meine liebe Landgräfin, mit der Länge dieser Epistel Ihre Geduld auf die Probe. Wenn ich fortfahren würde, um Sie über den Rest zu informieren, würde sie mindestens doppelt so lang werden: Deswegen hebe ich ihn mir für ein anderes Mal auf. Ich habe kein anderes Interesse daran, Ihnen all diese grässlichen Geheimnisse zu enthüllen, als das, damit das Unglück einer Person zu verhindern, die Ihnen lieb ist. Im übrigen werden Sie mir wohl so viel Verstand zutrauen, dass ich unmöglich Gefallen daran finden könnte, die Abscheulichkeiten meiner Verwandten offen zu legen. Dieses Gefallen wäre noch viel schändlicher als die Bösartigkeit und Boshaftigkeit ihres Tuns, doch ich schließe. Adieu, meine liebe Landgräfin; wenn man diesen Brief abfängt, dann ist es um meinen Kopf geschehen, oder ich werde sofort nach Memel geschickt. Doch überall, wo ich auch bin, wird mein Herz niemals aufhören, Sie zu lieben. Amalie

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Brief 37 Berlin, den 9. Mai 1769 Eure Durchlaucht muss im jetzigen Augenblick jenseits aller Ungewissheit sein; denn ich habe Grund zur Annahme, dass Sie meinen letzten Brief erhalten haben. Kein Zweifel, keine Sorge, kein Trugbild mehr, meine liebe Landgräfin: Die Geschichte ist gelaufen, und wir können uns freuen. Sie sind die einzige, die mich dieses Gefühl empfinden lässt. Jede andere, das kann ich Ihnen versichern, wäre mir genauso gleichgültig gewesen wie ein Blatt, das vom Baum fällt. Ich bitte Sie, Madame, fürchten Sie nichts mehr von Seiten meiner Schwedter Nichte: Von ihr war niemals die Rede.153 Ich sage Ihnen die Gründe, wenn ich das Glück haben werde, Sie wiederzusehen, oder, wenn Sie wollen, in einem anderen Brief. Sicher ist, dass sie uns nicht gepasst hätte. Aber wenn Sie es unterhaltsam finden, will ich Ihnen die Geschichte von Anfang an erzählen: Philippine war als erste im Rennen. Ein Moment brachte sie auf die Bühne, der nächste machte sie zunichte. Mein Neffe bekannte, er wolle niemanden mehr aus der Familie. Daraufhin nannte man ihm mehrere Häuser; und ohne zu zögern, erklärte er sich auf der Stelle für das Eurer Durchlaucht. Einige Leute haben dann damit angefangen, Unruhe zu stiften und zu intrigieren, um die Wahl auf eine andere fallen zu lassen. Aber all diese Intrigen sind so geschickt ausgebremst worden, dass mit der Hilfe des Himmels und dem Beistand des Schicksals die gute Sache über die schlechte gesiegt hat. Da ich über diese Machenschaften Bescheid wusste, war mir nicht wohl dabei. Aufgewühlt, in der Schwebe zwischen Furcht und Hoffnung fand ich das Menschengeschlecht abscheulich und verbrachte lange Wochen in dieser schlimmen Situation. Danach erfuhr ich zu meiner größten Freude auf der Welt, dass es keinen Zweifel mehr gab und ich mich beruhigen konnte. Das tat ich mit gro-

153 Amalies Schwedter Nichte Philippine wird 1772 den Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel heiraten.

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ßem Vergnügen und fasste sofort den Entschluss, Ihnen darüber vertraulich Mitteilung zu machen. Eure Durchlaucht hat mir ein reizendes Porträt der Prinzessin Friederike gegeben. Es erregt nicht nur meine Neugier, sondern bestärkt mich noch in meinem Wunsch und meiner Lust, sie kennenzulernen. Es ärgert mich, meine liebe Landgräfin, Ihnen dasjenige des Zukünftigen gegeben zu haben, weil es nicht zu dem Ihren passt. Wenn es noch etwas Interessantes gibt, was Eure Durchlaucht wissen will, dann gehen Sie bitte, Madame, forsch zu Werke! Ich werde Sie über alles aufklären, was ich weiß. Adieu, liebe Landgräfin, nie war ich so glücklich wie seit einiger Zeit; denn ich lege mich hin, schlafe ein, werde wach und stehe mit dem Gedanken auf, Sie binnen kurzem wiederzusehen. Amalie Die arme Marschallin hat einen Abszess nach dem anderen. Augenblicklich ist sie beim dritten, der bald reif ist. Dazu versetzt sie die Wassersucht in einen bemitleidenswerten Zustand. Wie viele Leiden, wie viele Schmerzen, bevor man diese Welt verlässt!154 Und doch verlässt man sie nicht aus freien Stücken.

154 Anna von Rüffer, genannt die Marschallin, die zweite Ehefrau des Feldmarschalls Samuel Graf von Schmettau, stirbt zwei Jahre später.

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Brief 38 Berlin, den 23. Mai 1769 Endlich, meine verehrte Landgräfin, erhalten Sie die Bestätigung all dessen, was ich Ihnen seit drei Monaten angekündigt habe. Graf Bohlen ist benannt, um Sie in aller Form um die Hand der Prinzessin Friederike zu bitten.155 Ich danke dem Himmel dafür und freue mich ganz aufrichtig. Gerade werde ich von meinem Neffen unterbrochen, der mir gestern versprochen hatte, mir das Porträt der Prinzessin zu zeigen, und der extra gekommen ist, um es mir zu bringen. Er ist höchst zufrieden damit, findet es ganz nach seinem Geschmack und schätzt sich glücklich über die vorzügliche Wahl, die er getroffen hat.156 Ich meinerseits finde sie sehr hübsch, sie hat ein ausdrucksvolles Gesicht und viel Ähnlichkeit mit Eurer Durchlaucht. Ich bin überzeugt, dass das eine gute Ehe wird; er ist ein Ehrenmann und sehr wohlgesonnen. Sorgen Sie bitte dafür, liebe Landgräfin, dass die Prinzessin ihm Freundschaft zeigt; er ist dafür sehr empfänglich, und sie kann ihn nur damit gewinnen. Ich wünsche so sehr, dass sie glücklich wird; ihr Glück liegt mir sehr am Herzen. Das ist bei anderen nicht so, die darauf hinarbeiten werden, sie auseinander zu bringen, und die dabei alle erdenklichen Kunstgriffe einsetzen werden. Sie soll sich um Himmels willen vor Schmeicheleien und Hätscheleien in Acht nehmen: Das sind nichts als Listen und Fallstricke. Ich nenne niemanden beim Namen, aber ich muss Sie vor allem warnen, es ist höchste Zeit dafür. Mein Neffe wird mit Ihnen über alles ganz offen sprechen. Er hat mich gefragt, ob Sie den xxx kennen.157 Ich habe ihm gesagt, dass Sie ihn genauso gut kennen wie ich, ohne dass ich ihm Der Generalleutnant Philipp Christian von Bohlen. Schon am 3. Mai hatte Prinz Heinrich die Landgräfin davon in Kenntnis gesetzt, dass der Neffe in einem vertraulichen Gespräch mit ihm seine Entschlossenheit geäußert habe, Friederike heiraten zu wollen, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 140. 157 Möglicherweise ist Prinz Heinrich gemeint. 155 156

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von dem Briefwechsel erzählt hätte. Er war ganz begeistert und sagte: „Ach, das ist gut!“ Er wird Ihnen also, liebe Landgräfin, viel detaillierter erzählen, was ich Ihnen nur im Groben gesagt habe. A propos, ich habe Ihnen noch kein Sterbenswörtchen von den Weibern erzählt: Sie lästern und nörgeln untereinander von morgens bis abends. Doch das ist nur ein Hauch, den der Wind davonträgt und der weder nützt noch schadet. Ich nehme die gute alte Witwe davon aus, die sich wirklich wie ein Engel aufführt – ob aus Überlegung oder automatisch, ist die Frage; aber sie ist ganz bestimmt eine Perle.158 Diese große R., so nennt sie sich, nimmt oft einen höchst unhöflichen und gebieterischen Ton an, ich warne Sie davor; manchmal eignet Sie sich auch einen Ton der Autorität, der Protektion, des Kommandos an, vor dem man auf der Hut sein muss; sie erteilt Ratschläge auf Teufel komm raus, will alles lenken, alles leiten, alles wissen.159 Der einzige Vorteil, den ich aus meinen Gebrechen ziehe, ist der, im Abseits zu stehen und nichts mit dieser ganzen Bagage zu tun zu haben. Von weitem amüsiert mich das. Ich würde vielleicht auch nicht mehr taugen als die anderen, wenn ich bei ihnen wäre. Zum Glück für mich bin ich ausrangiert.160 Meine liebe Landgräfin, Sie werden denken, dass ich ziemlich boshaft geworden bin, weil ich Ihnen von niemandem etwas Gutes erzähle; aber, um die Wahrheit zu sagen, der ganze Laden hier, von mir angefangen, taugt nichts. Ich hätte gewollt, man hätte einen ganz anderen als Bohlen geschickt; er ist sehr beschränkt; nur hier kann man noch beschränkter sein. Er wird Sie kein bisschen amüsieren. Wenn Sie Lobreden über mich hören wollen, dann erzählen Sie ihm von mir. Seit dieser Geschichte um die Stelle der Koadjutorin, in die er sich eingemischt hat, hat er es nicht mehr gewagt, einen Fuß über meine Schwelle zu setzen. 158 Bei der Witwe handelt es sich um Luise Amalie von BraunschweigBevern, die schon seit 1758 verwitwete Gemahlin August Wilhelms. 159 Hinter R. verbirgt sich die Königin (R. = Reine). 160 Im Original auf Deutsch.

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Im Grunde hat er nicht Unrecht: Denn ich habe ihn empfangen wie einen Hund, obwohl er ein guter Kerl ist. Ich habe noch etwas vergessen: Mein Neffe hat mir gesagt, dass der Bericht über die beiden anderen Prinzessinnen aus C. und M. erbärmlich war. Sie waren wirklich griesgrämig, und es wurden keine Porträts geschickt.161 Diese große Bohnenstange ist in meinem Zimmer vor Freude wie ein Kind herumgehüpft.162 Hätten Sie das doch sehen können, das war wirklich lustig! Adieu, liebe verehrte Landgräfin, meine Gedanken sind heute wirr bis zum geht nicht mehr, aber ich habe den Tag mit so seltsamen, unterschiedlichen Unterhaltungen verbracht, dass ich keine Ordnung mehr hineinbringen konnte. Wenn ich interessante Sachen zu erzählen habe, werde ich nicht aufhören, Sie mit meinen Briefen zu bombardieren. Sie können damit anfangen, was Sie wollen. Ich verlasse mich auf Ihren Scharfsinn; wenn Sie inmitten dieses Haufens sind, werden Sie mit Ihren eigenen Augen sehen. Zum jetzigen Zeitpunkt werden Sie mir vielleicht nicht zustimmen. Ich fühle, dass das nicht anders sein kann; aber Eure Durchlaucht wird mir Gerechtigkeit widerfahren lassen, und Sie werden zugeben, dass meine Gefühle der Verbundenheit nicht aufrichtiger und ehrlicher sein können und mich noch über mein Grab hinaus überleben werden. Amalie

161 Zu den Prinzessinnen aus Coburg und Meiningen vgl. Brief 35, Anm. 143. 162 Der Kronprinz.

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Brief 39 Berlin, den 31. Mai 1769 Ich habe noch einige Dinge auf dem Herzen, meine liebe Landgräfin, die ich Ihnen zur Beruhigung meines Gewissens mitteilen muss. Wir haben hier ein paar Frauen, die man die Schönheiten des Hofes nennt, die große Welt, und die sich bei jeder passenden Gelegenheit hervorgetan haben. Das sind die Damen von Grappendorf und von Münchow, zwei Schwestern, eine koketter als die andere, mit ganz hübschem Gesicht, wenig oder gar keinem Geist, aber passend für jeden Dahergelaufenen, der die Taschen voller Geld hat;163 Frau Alvensleben – früher die kleine Keyserlingk – völlig verhurt, die macht kein Aufsehen mit ihrem Gesicht, hat aber dafür Geist für drei; boshaft ist sie wie ein kleiner Teufel, höchst unterhaltsam; sie verfügt über alles Geschick, was es braucht, um sich einzuschmeicheln, versteht aus sich zu machen, was sie will, und weiß sich den Umständen so weit anzupassen, dass sie auf ihre Kosten kommt.164 Dieses Trio passt zusammen, wie es besser nicht geht; aber nun noch ein anderes, viel schwerer verdauliches: die sogenannte prüde Gräfin Dönhof,165 die sanfte Frau Marschall, eine Gesellschaftsdame der Prinzessin Heinrich,166 und das jähzornige Fräulein Karoline von Wreech,167 drei Schwestern gleicher Mixtur und die, unter uns gesagt, keinen Pfifferling wert sind. Unter

Johanna von Grappendorf und Sophie Eleonore von Münchow. Adelheid Friederike, die „kleine Keyserlingk“, hatte im Jahre 1766 Johann Friedrich von Alvensleben geheiratet. 165 Die Gräfin Sophie Friederike von Dönhoff, die Tochter von Eleonore Luise von Wreech. 166 Vielleicht die aus dem Hause von Wreech stammende Gattin von Friedrich Carl von Marschall, eines Sohns des Ministers, vgl. Straubel, Adlige und bürgerliche Beamte, S. 307. 167 Die Hofdame Karoline von Wreech, die Schwester von Heinrichs Hofmarschall Friedrich Wilhelm Graf von Wreech, die angeblich aufgrund ihrer Intrigen aus der Sicht der Prinzessin Heinrich für den definitiven Bruch mit ihrem Gatten verantwortlich war, vgl. Scharmann, „Ich habe mir die Ketten der Ehe anlegen lassen“, S. 67. 163 164

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einem höchst verführerischen Aussehen verbirgt sich bei ihnen die schwärzeste Seele; falsch sind sie bis zum geht nicht mehr, immer dabei, Streit zu stiften und anzustacheln, und dennoch sanft und mitfühlend, überall verhasst in der Stadt und am Hof, alle Welt fürchtet sie, keiner mag sie. Karoline, deren Äußeres mehr Pulcinella als sonst wem ähnlich sieht, ist der Hühnerhund, den man loslässt, um jedermann Grobheiten, Dummheiten und Frechheiten ins Gesicht zu sagen, der nicht unter ihrer Flagge segeln oder zu ihrer Clique gehören will. Diese drei Ungeheuer oder Göttinnen der Hölle, wie immer Sie sie nennen wollen, haben sich im Haus meines Bruders so gut eingenistet, dass dort alles nach ihrer Pfeife tanzt. Rechnen Sie noch ein paar Süßholzraspler dazu, Leute ohne Prinzipien und Moral, ist die Gesellschaft komplett. Das ist die schändliche Gesellschaft, in die man die Prinzessin einladen und hineinzuziehen versuchen wird. Wenn diese feinen Lustpartien stattfinden, lässt es der Herr sich wohlergehen, die Frau, allein am anderen Ende des Hauses, hat nichts, um sich satt zu essen, und steht sich mit der Bredow und der Blumenthal die Beine in den Bauch.168 Wechselseitig bejammern sie ihr elendes Los. Um derlei Lustpartien zu vermeiden, wäre es das am schnellsten wirksame Mittel, sofort zu erklären, man begebe sich ohne die Gastgeberin nicht dahin: Dann werden diese Klatschgeselligkeiten nicht mehr stattfinden. Ich erzähle Ihnen, meine liebe Landgräfin, all diese Geschichten nicht, um mich daran zu ergötzen; ich finde überhaupt kein Gefallen daran, aber ich halte es für absolut notwendig zum Wohl der Prinzessin. Lassen Sie uns ein wenig über die Hochzeit reden! Ihre Einkäufe machen mir angesichts der Kürze der Zeit Probleme. Um sicher zu gehen, habe ich den Grafen Finck gefragt, ob es keine Möglichkeit gebe, den Heiratsvertrag etwas auf die lange Bank 168 Henriette Gräfin von Bredow, eine Hofdame der Prinzessin Heinrich, und Katharina Constanzia von Blumenthal, ihre Oberhofmeisterin, vgl. Ziebura, Prinz Heinrich, S. 171. Prinz Heinrich bewohnt seit 1766 das weitläufige Palais unter den Linden, in dem die Gattin immerhin zehn Räume ihr eigen nennt, in die Heinrich freilich niemals einen Fuß setzt, vgl. Dorst/Schimmel, „Sibi et urbi“, S. 267.

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zu schieben, damit Eure Durchlaucht Zeit gewinnen könne bis Anfang August; aber er hat mir gesagt, dazu rate er nicht.169 Das wird Sie wahnsinnig unter Druck setzen; ich bin deswegen besorgt um Ihre Gesundheit. Der Graf bleibt sich immer treu, versteht sich als vollkommener Ehrenmann, ist Eurer Durchlaucht sehr verbunden und freut sich ganz aufrichtig über diese Hochzeit. Er hat mir erzählt, dass die Mutter der Prinzessin von Coburg, nach dem Bericht des Grafen Schulenburg, etwa so ist wie die Königin:170 Sie plappert unaufhörlich. Ihre Tochter fängt gerade an, Französisch zu lernen, aber sie kann sich in der Sprache noch nicht ausdrücken; sie wird darin noch Fortschritte machen. Wenn man sie anspricht, ergreift sofort die Mutter das Wort mit einem entsetzlichen Wortschwall. Schulenburg hat Gott dafür gedankt, davon losgekommen zu sein. Die aus Meiningen ist auch nicht liebenswürdiger: Sie gibt sich der Frömmelei hin, etwas, was uns hier fremd ist. Doch ich bitte Sie, Madame, von all dem hier nichts verlauten zu lassen. Adieu, liebe verehrte Landgräfin, ich lebe wieder auf bei dem Gedanken, Sie wiederzusehen. Verzeihen Sie mir das ganze Kauderwelsch, das ich Ihnen sende, und seien Sie überzeugt, dass keine Freundschaft stärker ist als die, welche ich Eurer Durchlaucht gewidmet habe, in diesem Leben wie auch in dem anderen, wo ich sehr darauf zähle, sie zu erneuern. Amalie

Der Minister Karl Wilhelm Finck von Finckenstein. Sophie Antonia, die Mutter der Coburger Prinzessin Caroline, ist als Tochter des Herzogs Ferdinand Albrecht II. von Braunschweig die Schwester der preußischen Königin, und von daher ist der Hinweis auf die Ähnlichkeit im Charakter nicht ganz abwegig. 169 170

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Brief 40 Den 12. Juni 1769 Meine Frau Cousine, Ich gestehe Ihnen offen, meine liebe Landgräfin, dass der Eindruck vom Verdienst der Mutter vollkommen die Wahl bestimmt hat, die wir mit der Prinzessin, Ihrer Tochter, getroffen haben.171 Ich danke Ihnen aufrichtig für die Freude, die Sie mir damit machen wollen, die Versprochene selbst hierhin zu geleiten. Ich wage es anzunehmen, dass dies notwendig und nützlich für eine junge Frau ist, die auf ein neues Land trifft und daher die Anleitung einer Fürstin mit Ihrer Erfahrung braucht. Es gibt im übrigen jede Menge von Dingen, die man sich erzählen kann und die auf keinen Fall dem Papier anvertraut werden dürfen, über die ich mich mit Ihnen unterhalten möchte. Wenn Sie mir außer diesen Gründen einen nicht weniger starken anzuführen erlauben: Das ist, Madame, die Genugtuung, die ich empfinde, eine Fürstin zu sehen, für die ich immer von höchster Wertschätzung durchdrungen war und für die ich auf ewig verbleibe, meine Frau Cousine, Eurer Durchlaucht guter Cousin Friedrich

171 Erst am 1. Juni hatte Caroline ihren Gatten davon unterrichtet, vgl. BPH Rep. 47, Nr. 1031, Bl. 36, obwohl sie schon Monate zuvor von den Heiratsplänen wusste.

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Brief 41 Den 5. Dezember 1770 Meine Frau Cousine, nichts hat mich mehr erfreut, Madame, als dieser Beweis, sich meiner zu erinnern. Sie hatten die Güte, anlässlich des Auftritts eines berühmten Mannheimer Ballettmeisters an mich zu denken.172 Ich habe diese Ballette in Mähren gesehen; sie sind schön und in jeder Hinsicht den alten vorzuziehen; doch sie erfordern wegen der Menge der notwendigen Tänzer und Kleider hohe Ausgaben, und die Österreicher, Russen und Franzosen haben uns sieben Jahre in Folge derart tanzen lassen, dass uns ein wenig der Geschmack am Bühnentanz vergangen ist oder wir zumindest die Ausgaben dafür einschränken. Das sind die Gründe dafür, Madame, die uns auf das einschränken, was wir haben – nicht mehr und nicht weniger.173 Ich bin Ihnen derart verbunden, Madame, dass mir, wenn ich Ihrer Güte die schönsten Ballette der Welt verdankte, Ihre Absicht reichen würde, der ich mit vollkommener Hochachtung antworte, mit er ich verbleibe, meine Frau Cousine, Euer treuer Cousin und Freund Friedrich

172 Bei dem berühmten Ballettmeister aus Mannheim handelt es sich um Etienne Lauchery, der dort von 1756–1764 und danach wieder ab 1772 diese Funktion innehat, vgl. Dahms, Das Mannheimer Ballett, S. 131–140. 173 Nach Henze-Döhring, Friedrich der Große, S. 50 steht hingegen fest, dass man „von besonderen Sparanstrengungen“ Friedrichs nach Kriegsende im Bereich der musikalischen Repräsentation nicht sprechen könne.

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Brief 42 Den 7. Mai 1772 Meine Frau Cousine, es bietet sich eine günstige Gelegenheit, Madame, zur Verheiratung einer der Prinzessinnen, Ihrer Töchter. Ich habe es als recht und billig erachtet, dass es zu diesem Punkt zuallererst den Willen einer hochgeschätzten Mutter zur konsultieren galt. Es handelt sich, Madame, nicht um eine Kleinigkeit, sondern darum, eine Ihrer Töchter auf dem Thron Russlands zu platzieren.174 Die Sache ist sehr gut machbar. Ich gestehe, dass solche großen Glücksfälle immer mit einigen Risiken verbunden sind. Allerdings würde ich eher wetten, dass die Dinge gut ausgehen, als dass sie eine unangenehme Wendung annehmen. Eure Durchlaucht wird selbst beurteilen, welchen Vorteil Ihr Haus aus einer derartigen Verbindung ziehen wird. Ich bitte Sie, darüber mit sich zu Rate zu gehen und mich dann Ihre Entscheidung wissen zu lassen. Es gibt keine Zeit zu verlieren, und ich bin fast sicher, die Sache zum Erfolg zu bringen, wenn Sie, Madame, sie gutheißen. Ich werde mich glücklich schätzen, wenn ich, indem ich diese sich bietende Gelegenheit ergreife, Ihnen, Madame, einen Dienst erweise und Ihnen meine Wertschätzung und Hochachtung bezeuge, mit der ich verbleibe, meine Frau Cousine, Eurer Durchlaucht, guter Cousin und Freund Friedrich

174 Dies ist sozusagen die offizielle Mitteilung des Preußenkönigs, dass er bei der Verheiratung einer der Töchter der Landgräfin mit dem russischen Großfürsten Paul als Vermittler auftreten will.

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Brief 43 Den 24. Mai 1772 Meine Frau Cousine, ich bin entzückt, meine liebe Landgräfin, dass Ihre Denkweise mit meiner übereinstimmt. Nun, da ich Ihrer Zustimmung sicher bin, werde ich alle Hebel in Bewegung setzen, um diese Angelegenheit zu beschleunigen und sie zu Ende zu bringen.175 Das wird mir das Vergnügen verschaffen, Sie wiederzusehen, denn ich kann mir vorstellen, dass Sie selbst die Prinzessin, Ihre Tochter, in ihre neue Heimat geleiten wollen. Ich denke, dass diese Angelegenheit schneller zu einem Abschluss kommen kann, als Sie glauben, und Sie, Madame, Anlass haben werden, damit zufrieden zu sein. Ich erinnere mich, dass ich, als ich dem verstorbenen Prinzen von Zerbst eine ähnliche Partie vorschlug, viel Mühe hatte, seine religiösen Bedenken zu zerstreuen. Er antwortete auf alle meine Darlegungen mit: „Meine Tochter nicht griechisch werden.“ 176 Ich hoffe, dass derartige Bedenken in der jetzigen Angelegenheit nicht auftreten werden, umso mehr, als man ihm bewies, dass die griechische Religion dieselbe wie die lutherische ist. Er war einfältig genug, es zu glauben, und das war es, was seine Tochter zur derzeitigen Zarin von Russland gemacht hat. Sehen Sie, Madame, woran oft der Ursprung des größten Glückes hängt. Ich wünsche, dass meine Bemühungen den größtmöglichen Erfolg haben und ich die Genugtuung habe, Madame, es Ihnen

175 In ihrem Schreibkalender notiert Caroline am 2. Juni wörtlich das Versprechen Friedrichs, dass er „alle Hebel in Bewegung setzen“ werde, vgl. Meise, Das archivierte Ich, S. 541. 176 Sophie Friederike Auguste, die Tochter des Generals Christian August von Anhalt-Zerbst-Dornburg nahm mit ihrem Übertritt zur russisch-orthodoxen Religion den Namen Katharina an. Zarin war sie seit 1762. Das Zitat ist im Original auf Deutsch.

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bald mitzuteilen. Ich verbleibe mit ebenso viel Wertschätzung wie Freundschaft, meine Frau Cousine, Eurer Durchlaucht guter Cousin und Freund Friedrich

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Brief 44 Darmstadt, den 5. Juni 1772 Sire, wie sehr erfüllt mich Dankbarkeit für die Güte, mit der Eure Majestät sich um das Schicksal meiner Familie kümmert! Ich habe Ihnen tausendmal untertänigst dafür zu danken, dass Sie mir in Ihrem Brief vom 24. gnädigst haben mitteilen wollen, dass Sie alle Hebel in Bewegung setzen werden. Eure Majestät allein wird die Waage zu Gunsten einer meiner Töchter neigen lassen. Mehrere Prinzessinnen sind im Rennen, und ich habe bei weitem nicht genug Selbstbewusstsein, um anzunehmen, dass eine meiner Töchter ihnen an Charme und Anmut gleichkommt.177 Ich wage nicht zu fragen, welche auserwählt werden könnte; aber ich stehe dafür ein, dass meine Tochter Wilhelmine problemlos einwilligen wird. Risiken und die griechisch-orthodoxe Religion schrecken sie kein bisschen. Ich bin der Zustimmung des Landgrafen sicher: Ich habe bei ihm wegen dieser Heirat vorgefühlt. Ich habe ihm zwar nicht gesagt, dass seine Tochter sollte griechisch werden;178 doch ich habe Grund zu der Annahme, dass er angesichts der Vorteile, die er sich von dieser Verbindung verspricht, ihr diesen Schritt verzeihen wird, der bis zur Abreise geheim bleiben soll.179 Wenn mir etwas den Wunsch einflößen kann, meine Tochter in ihre neue Heimat zu bringen, dann ist es die Erlaubnis Eurer Majestät, sie Ihnen in Potsdam vorzustellen und das Glück zu haben, Ihnen meine Aufwartung zu machen. Diese Momente waren immer die glücklichsten meines Lebens und werden es immer sein. Eure Majestät kennt das ganz Ausmaß der Gefühle, die ich für Sie empfinde.

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Zu dieser Konkurrenz vgl. die Einleitung, S. 17. Im Original auf Deutsch. Zu den Forderungen Ludwigs IX. vgl. die Einleitung, S. 18 f.

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Voller Ergebenheit, Verbundenheit und tief empfundener Hochachtung bin ich, Sire, Eurer Majestät untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken

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Brief 45 Den 13. Juni 1772 Meine Frau Cousine, ich bin sehr froh, Madame, dass sich meine mit Ihren Vorstellungen zur Verheiratung einer Ihrer Töchter so gut treffen, dass ich nunmehr diese Angelegenheit als beinahe abgeschlossen ansehen kann. Was die Wahl unter diesen Prinzessinnen angeht, so wird man sich, denke ich, für die entscheiden, deren Alter dem des Großfürsten am besten entspricht, und im übrigen, Madame, kommt es auf dasselbe hinaus, Hauptsache Sie werden Schwiegermutter eines Zaren von Russland.180 Sie machen mir eine große Freude mit der Mitteilung, dass der griechisch-orthodoxe Glaube dieser Heirat keinerlei Hindernis in den Weg stellen wird. Mein guter Prinz von Zerbst war in diesem Punkt widerspenstiger, und irgendein Pfarrer, den ich damals auftreiben konnte, war so gefällig, ihn davon zu überzeugen, dass der griechische Ritus dem der Lutheraner gleiche, und wiederholte unaufhörlich: „Luthersch griechisch, griechisch luthersch, das gehet an.“181 Nach einigen Spiegelfechtereien und Nichtigkeiten dieses Typs reiste seine Tochter nach Russland ab, und siehe da, jetzt ist sie Zarin – und eine große Zarin!182 Ich hoffe, Madame, dass das undurchdringliche Schicksal meinen Wünschen für Sie und dem glücklichen Ausgang dieser bedeutenden Angelegenheit entspricht. Meine Kuppelei wird recht belohnt sein, indem Sie mir, wenn Sie Ihre Tochter auf dem Weg zum Thron geleiten, die Freude machen, bei mir vorbeizukommen und mich in die Lage zu versetzen, Ihnen nochmals persönlich die Freund-

180 Wilhelmine, auf die die Wahl des Thronfolgers fällt, ist ebenso alt wie Großfürst Paul. 181 Im Original auf Deutsch. 182 Vgl. Brief 43, Anm. 176.

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schaft und wahrhaftige Hochachtung zu versichern, mit der ich, verbleibe, meine Frau Cousine, Eurer Durchlaucht treuer Cousin und Freund Friedrich

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Brief 46 Den 11. Juli 1772 Meine Frau Cousine, ich wünsche, Madame, weil es Ihnen Freude macht, dass die Wahl Russlands auf Prinzessin Wilhelmine fällt, aber mein Einfluss kann lediglich bewirken, die Zarin dazu zu bringen, ihre Schwiegertochter aus Ihrer Familie auszuwählen. Ich weiß, dass man einem Großen des Reiches den Auftrag geben will, nach Deutschland zu reisen und die heiratsfähigen Prinzessinnen in Augenschein zu nehmen. Und das wird offensichtlich die Person sein, die über das Schicksal dieser Prinzessinnen entscheiden wird. Ich werde versuchen, mir die Instruktion zu verschaffen, die man ihm mitgeben wird, um Sie im voraus darauf hinzuweisen, Madame, welche Eigenschaften die Prinzessin haben soll, die man für den Großfürsten haben will.183 Und so wird es Ihnen ein Leichtes sein, die Prinzessin Wilhelmine dem Bild am ähnlichsten erscheinen zu lassen, das man dem Gesandten vorgezeichnet hat. Ich nehme freilich an, dass man das Ende des Krieges mit den Türken abwarten wird, bevor man zu dieser Wahl schreitet; und da Gottseidank Griechisch Luthersch dabei keine Rolle spielt, hoffe ich, dass diese Verbindung wunschgemäß gelingen wird.184 Hocherfreut, Madame, bei jeder Gelegenheit zum Vorteil Ihres Hauses und zu Ihrer persönlichen Zufriedenheit beitragen zu können, wünsche ich nichts so sehr, wie Ihnen meine vollkommene Wertschätzung zu erweisen, mit der ich verbleibe, meine Frau Cousine, Eurer Durchlaucht guter Cousin und Freund Friedrich

183 184

Zu Asseburg und seiner Mission vgl. die Einleitung, S. 17 f. Im Original auf Deutsch.

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Brief 47 Den 27. Juli 1772 Sire, ich sage Eurer Majestät tausend Dank, mir einige Auskünfte hinsichtlich der Heirat gegeben zu haben. Man wird also erst bei Friedensschluss die ehetauglichen Prinzessinnen in Augenschein nehmen. Davon gibt es viele im Reich. Die Prüfung kann lange dauern, denn der mit dieser Aufgabe betraute Gesandte wird ihren Charakter kennenlernen wollen und diese Kenntnis würde allerdings den wesentlichen Punkt ausmachen. Eure Majestät erweist mir eine große Gunst, wenn Sie mir die Instruktion, die Sie zu bekommen gedenken, gnädigst mitteilen. Dann werde ich sehen, welche meiner Töchter die meiste Übereinstimmung mit dem Bild hat; und wenn eine der drei ausgewählt werden sollte, werde ich es gewiss ausschließlich der Güte Eurer Majestät verdanken.185 Ich habe gerade die beiliegenden Briefe erhalten. Verzeihen Sie mir gnädigst, wenn ich mir die Freiheit nehme, sie Ihnen zu schicken. Ich weiß, dass diese Form der Empfehlung Frauen nicht zusteht. Aber meinem alten Cousin ist kein anderer Weg eingefallen, um Eurer Majestät seine Gesuche und die seines Sohnes zukommen zu lassen. Allerdings war dieser gezwungen, um seinem Onkel gefällig zu sein, in die Dienste Österreichs zu treten, während er seit seiner Kindheit den Wunsch gehabt hatte, vor zehn Jahren, Eurer Majestät zu dienen.186 Man billigt ihm Verdienst und Fleiß zu. Welche Antwort soll ich Vater und Sohn geben? Ich warte auf die Befehle, die Sie mir gütigst hierzu erteilen werden.

185 Zu den Instruktionen Asseburgs vgl. Einleitung, S. 17 f. Auch hier wird deutlich, dass für die Landgräfin ihre Töchter eine austauschbare Ware sind, die es für das Prestige des eigenen Hauses möglichst erfolgversprechend an den Mann zu bringen gilt. 186 Bei dem Cousin handelt es sich um Prinz Johann, den Sohn Johann Carls von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld.

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Eure Majestät gestatte mir, Ihnen aufs Neue meine tiefste Achtung und immer währende Verbundenheit auszudrücken. (Caroline)

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Brief 48 Den 29. Juli 1772 Meine Frau Cousine, unsere Angelegenheiten in Russland laufen gut. Es ist die Prinzessin Friederike Amalie, die man gern hätte.187 Man war ein wenig aufgeschreckt durch das Verhalten der Tante, der Prinzessin von Zweibrücken, und ihrer Tochter, der Kurfürstin von Sachsen.188 Ich habe einen Weg gefunden, über diese beiden Probleme Aufklärung zu geben, so dass ich nunmehr darüber nicht mehr in Verlegenheit bin. Man wird Herrn von Asseburg, meinen Untertanen, benennen, um die Prinzessinnen in Augenschein zu nehmen und darüber einen Bericht zu erstellen, so dass ich gewissermaßen sicher bin, die Angelegenheit, Madame, Ihren Wünschen gemäß zum Erfolg zu bringen.189 Im Augenblick gilt es, geduldig den Rest abzuwarten, und ich bin beinahe sicher, dass es überhaupt kein Hindernis gibt, das den Abschluss dieser wichtigen Verbindung vereiteln können wird. Ich beglückwünsche Sie dazu, Madame, von ganzem Herzen, nehme ich doch an allem teil, was Sie betrifft, und verbleibe unverbrüchlich mit ebenso viel Freundschaft wie Wertschätzung, meine Frau Cousine, Ihr treuer Cousin und Freund Friedrich

187 Amalie wird nach dem Tod der Landgräfin Karl Ludwig von Baden heiraten – auch dies eine Ehe, die sie selbst noch eingefädelt hatte. 188 Die Tante ist Maria Franziska von Zweibrücken-Birkenfeld, die Gattin von Carolines Bruder Friedrich Michael, deren Tochter Maria Amalie Auguste im Jahre 1769 Friedrich August von Sachsen geheiratet hatte. 189 Asseburg ist als Gutsherr von Halberstadt preußischer Untertan.

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Brief 49 Den 3. August 1772 Sire, ohne die Güte, mit der Eure Majestät mich beehrt, hätten das üble Verhalten meiner Schwägerin aus Zweibrücken und die Unklugheit ihrer Tochter, der Kürfürstin von Sachsen, meinen Töchtern Schaden zugefügt. Ich danke Ihnen, Sire, unendlich für die Güte, darüber Aufklärung gegeben zu haben, welche die Hindernisse eingeebnet hat. Ich gestehe Eurer Majestät, ich hätte mir überhaupt nicht vorstellen können, dass man sich vor Tanten und Cousinen in Acht nehmen musste, um die Hand des Großfürsten von Russland anzustreben.190 Eure Majestät teilt mir mit, Sie glaubten, dass die Heirat stattfinden wird: Das wird, Sire, Ihr Werk sein. Ich bewundere Ihre Güte und das fortdauernde Interesse, mit dem Sie an dieser Angelegenheit Anteil nehmen; sie sind geeignet, mich den Abschluss mit Ruhe abwarten zu lassen. Wer hätte zuvor gedacht, dass ich einmal ein so lebhaftes Interesse an einem Friedensvertrag zwischen den Russen und den Türken haben würde, als dem Moment eines meine Familie stark betreffenden Ereignisses?191 Nehmen Sie bitte, Sire, weiterhin gütigst den Ausdruck meiner Hochachtung, Ehrerbietung und meiner vollkommenen Verbundenheit entgegen. Ich bin (. . .) Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken 190 Als geschickte Diplomatin verfährt Caroline zweigleisig: Sie selbst hatte wenige Tage zuvor am 31. Juli Asseburg mitgeteilt, dass Friedrich über die Machenschaften ihrer Schwägerin und deren ältester Tochter besorgt sei, vgl. Asseburg, Denkwürdigkeiten, S. 257. 191 Der Friedensvertrag wird erst ein Jahr nach der Hochzeit am 21.7.1774 abgeschlossen. Katharina schreibt am 7.5.1772 an den Prinzen Heinrich, dass ihre Bevollmächtigten für den Friedenskongress mit dem Osmanischen Reich schon seit zehn Tagen unterwegs seien, vgl. Krauel (Hrsg.), Briefwechsel, S. 90. Wenige Monate später war der Prinz vom Scheitern des Kongresses informiert, wie er am 30.9.1772 an die Zarin schreibt, vgl. ebd., S. 98.

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Brief 50 Breslau, den 27. August 1772 Meine Frau Cousine, Sie tun sehr gut daran, Madame, in diesen Momenten der Unsicherheit, in denen Sie sich befinden, Geduld zu üben; denn es gilt den Frieden abzuwarten, damit der Hof den Kopf frei genug hat, um sich dieser dringlichen Aufgabe ganz zu widmen. Die Konkurrentinnen bei der Wahl, die man treffen will, sind die Töchter des Prinzen Georg und des Fürsten von Württemberg, aber ich hoffe, mit Hilfe von Herrn von Asseburg die Waage zu Gunsten Ihrer Tochter neigen zu lassen.192 Man muss sich jetzt Zeit lassen; man würde alles verderben, wenn man diese Angelegenheit jetzt forcieren würde, während der Hof anderweitig mit höchst wichtigen Dingen befasst ist. Es ist ein Aufstand zu Gunsten des Großfürsten aufgekeimt, der aber im Entstehen erstickt worden ist.193 Derzeit ist an diesem Hof die Ruhe völlig wiederhergestellt, und man wird erst dann an Sie denken, wenn Mustapha den Frieden unterzeichnet hat.194 Ob Rheinfels oder Birkenfeld ist mir völlig einerlei, Madame; solange der Betreffende Ihr Schützling ist, brauchen Sie ihn nur zu mir zu schicken, wann Sie wollen.195 Ich verlasse mich ganz

192 Die in Frage kommenden Töchter sind die des Prinzen Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt, Charlotte, und Sophie Dorothea von Württemberg, die ursprüngliche, aber als zu jung befundene, Favoritin, die nach dem frühen Tod Wilhelmines ihre Nachfolgerin wird, vgl. Wolf, Die russische Heirat, S. 243 und Scharf, Katharina II., S. 276 f. Im Auftrag des Preußenkönigs schreibt sein Minister Finckenstein am 8. August an Asseburg, dieser solle dem russischen Hof eine der darmstädtischen Prinzessinnen empfehlen, vgl. Asseburg, Denkwürdigkeiten, S. 256. 193 An dem Aufstand der Garde war der Thronfolger selbst unbeteiligt, vgl. Zernack (Hrsg.), Geschichte Russlands, Bd. 2, II, S. 757. 194 Der Sultan Mustapha III. 195 Im Brief 47 vom 27. Juli hatte Caroline sich für den Sohn Johann Carls von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld eingesetzt, wie sie in ihrem

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auf Sie und versichere Ihnen, mit Rücksicht auf Ihre Bescheidenheit Ihnen nur den kleinsten Teil der Hochachtung und Verbundenheit auszubreiten, mit der ich verbleibe, meine Frau Cousine, Ihr treuer Cousin und Freund Friedrich

Brief an Friedrich vom 12. August klarstellt, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 32.

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Brief 51 Den 9. September (17)72 Sire, ich habe soeben den Brief vom 27. erhalten, mit dem Eure Majestät mich gnädigst beehrt hat. Sie sprechen von einer neuen Aspirantin auf die Hand des russischen Großfürsten. Vier Monate Aufenthalt in Paris haben der Tochter des Prinzen Georg eine Ungezwungenheit und eine Lebensart verliehen, die meine Töchter in Darmstadt unmöglich erlangen können; und es ist das Äußere, das drei Viertel der Männer anzieht. Man hat die Prinzessin in Paris ins Spiel gebracht; man hat dort viele Russen getroffen, und ich weiß, dass ihr Vater, Prinz Georg, einige Schritte unternommen hat. Er ist ein geschickter Kopf, wenn er ein Ziel im Auge hat.196 Ich würde alle Hoffnung verlieren, wenn ich nicht mit der Protektion Eurer Majestät rechnen könnte; aber ich rechne damit. Ich freue mich, dass der Aufstand in Russland schon im Keim erstickt worden ist. Die Zarin verdient es, in Ruhe die Früchte ihres rastlosen Tuns zu genießen, und dies ist ein Grund mehr, der mich wünschen lässt, Seiner Hoheit dem Sultan möge es gefallen, den Friedensschluss zu unterzeichnen. Zuallererst und ganz wesentlich jedoch sehne ich ihn herbei, um aus diesem Zustand der Ungewissheit herauszukommen, der mich bekümmert. Ich besitze die ganze Ungeduld meines Geschlechts, auch wenn ich mir jeden Tag sage, dass die Dinge darum nicht einen Zoll vorankommen. Wenn Sie, Sire, nicht der größte König der Welt wären, würde ich sagen, dass ich gegenüber meinem Freund nicht anders als aufrichtig sein kann. Der Respekt verbietet mir freilich dieses Wort und gebietet mir sogar, diese 196 Charlotte, die Tochter ihres Schwagers, des Prinzen Georg Wilhelm, die spätere Herzogin von Mecklenburg-Strelitz. Auch für die Landgräfin war im Rahmen der höfischen Bildung ein Parisaufenthalt, den sie mit ihrer ältesten Tochter Caroline 1767 absolviert hatte, von größter Bedeutung, um Erfahrung im Umgang mit der „großen Welt“ zu sammeln, vgl. Kollbach, Aufwachsen bei Hof, S. 333 f.

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Worte zurückzunehmen. Werden Sie sie mir verzeihen, Sire, und der Prinzessin von Preußen, nur eine Prinzessin zustande gebracht zu haben?197 Ich hoffe, dass sie diese Unaufmerksamkeit im nächsten Jahr wiedergutmacht. Ich danke Eurer Majestät tausendmal für die schmeichelhaften Worte, mit denen Sie mich beehrt haben, und für die Güte, meinen Cousin aufzunehmen. Ich habe dem Prinzen von Birkenfeld geschrieben, der in Ungarn im Quartier ist, dass Eure Majestät ihm gestattet, sich nach Potsdam zu begeben.198 Nehmen Sie, Sire, meine tiefste Ehrerbietung, Hochachtung und meine vollkommene Verbundenheit entgegen. Caroline

197 Carolines Tochter Friederike, die „Prinzessin von Preußen“, hatte freilich mit der Geburt des Thronfolgers im Jahre 1770 schon ihre Schuldigkeit getan; aus der Ehe gehen neben der hier erwähnten Christine, die noch als Kind stirbt, fünf weitere Nachkommen hervor. 198 Prinz Johann, vgl. Brief 47, Anm. 186.

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Brief 52 Den 25. Oktober 1772 Meine Frau Cousine, angesichts der Situation, in der ich mich befinde, neue Truppen auszuheben, habe ich den Hauptmann Geisau geschickt, um zu sehen, ob es nicht die Möglichkeit gibt, im Reich Rekruten zu kaufen.199 Da der Landgraf Schulden hat, könnte das ihm vielleicht die Mittel verschaffen, die dringendsten loszuwerden: Ich biete dreißig Taler je Mann, was für fünfhundert 30.000 (sic) und für tausend Mann 60.000 (sic) Taler ausmachen würde. Sie würden mir einen Gefallen tun, meine liebe Landgräfin, wenn Sie die Güte hätten, diesen Offizier bei seinen Verhandlungen anzuleiten; weil er an einen Ort kommt, wo er sich überhaupt nicht auskennt, könnte er so ungeschickt vorgehen, dass er seinen Auftrag durch eigenes Verschulden zum Scheitern bringen könnte.200 Ich teile Ihnen mit, dass der Kongress zwischen den Russen und den Türken beginnen wird und dass ein Friedensschluss bis Jahresbeginn möglich ist.201 Und dann werden wir die Lösung der Verwicklung jenes Romans sehen, an dem wir – und das zu Recht – solches Interesse haben.

Der Hauptmann Geisau ist Flügeladjutant der Leibgarde. Der Landgraf nimmt das Angebot des Königs nicht an, wie aus einem weiteren Schreiben Friedrichs an Caroline vom 16.11.1772 hervorgeht, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 40. Zwar ist Ludwig IX. im Gegensatz zu seinem Minister Moser dem Soldatenhandel gegenüber nicht völlig abgeneigt, beharrt aber darauf, in jedem Fall seine Leibregimenter zu behalten, weil das zur „Würde“ seines Hauses gehöre und den „Unterschied zu einem Bankier“ ausmache, vgl. Franz, Landgraf Ludwig IX., S. 187. 201 Der Friedensschluss kommt erst am 21.7.1774 zustande, vgl. Brief 49, Anm. 191. 199 200

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Nehmen Sie die Versicherung meiner hohen Wertschätzung und Freundschaft entgegen, mit der ich verbleibe, meine Frau Cousine, Eurer Durchlaucht treuer Freund und Cousin Friedrich

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Brief 53 Den 30. Oktober 1772 Meine Frau Cousine, ich bin Ihnen sehr verbunden, meine liebe Landgräfin, für den Anteil, den Sie an dem Erwerb nehmen, den wir gerade getätigt haben. Das ist ein Glücksstrahl, der uns erheitert nach den vielen Widerwärtigkeiten, die uns die politischen Unwetter jüngst eingetragen haben und deren lästige Folgen wir immer noch verspüren. Unterdessen wird der Frieden mit den Türken geschlossen werden, und ich lasse nichts unversucht, um jene Bande zu knüpfen, die ich so sehr zu Ihrem Vorteil und dem Ihres Hauses herbeiwünsche. Es war der Kalender, der über die Wahl der Prinzessinnen, Ihrer Töchter, entschieden hat: Man hat diejenige ausgewählt, die vom Alter her am besten zum Großfürsten passt. Der Sturz Orlovs, der den ganzen Hof beschäftigt hat, ist endlich vollzogen.202 Derzeit sind es der Frieden mit den Türken und der Umsturz in Schweden, welche die ganze Aufmerksamkeit des Hofes beanspruchen; und unter solchen Umständen hieße es alles verderben, wenn man die Heiratsangelegenheit forcieren würde.203 Sie sehen, Madame, dass es Momente gibt, wo Nichthandeln ebenso notwendig ist wie in anderen Momenten das Handeln. Ich werde all meine Bemühungen, meine Findigkeit und mein Ansehen einsetzen, um die so ersehnte Heirat zu vollenden. Ich kümmere mich um die Hauptakteure, die bei dieser Sache aktiv sind, und nur eine Laune des Großfürsten kann unsere Pläne noch durchkreuzen. Diese Prinzessin von

202 Grigorij Orlov, Katharinas Favorit und Geliebter, einer der Hauptverschwörer beim Sturz des Zaren im Jahre 1762, war im Zuge einer Hofintrige entmachtet worden, als er Verhandlungen mit den Türken führte, vgl. Zernack, Geschichte Russlands, Bd. 2, II, S. 596. 203 Gustav III. Adolf von Schweden hatte den schwedischen Adel am 28.8.1772 durch einen Staatsstreich entmachtet, über den sich Katharina II. in ihrem Brief an den Prinzen Heinrich vom 6. Oktober sehr kritisch äußert, vgl. Krauel (Hrsg.), Briefwechsel, S. 101–103.

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Württemberg, die Sie erwähnen, gilt als zu beleibt, was bedeutet, dass man sie zur Fortpflanzung der menschlichen Spezies für ungeeignet hält.204 Dennoch, so lange der Hof sich noch nicht endgültig entschieden hat, schwimmen wir in Unsicherheit, selbst wenn die Wetten achtzig zu hundert stehen, dass wir gewinnen. Ich ermuntere Sie also, meine liebe Landgräfin, dazu, guten Mutes zu sein, nicht die Geduld zu verlieren, sich auf meine Ergebenheit Ihnen gegenüber zu verlassen, sich zu erfreuen und nicht denjenigen zu vergessen, der auf ewig mit ebenso viel Verbundenheit wie Hochachtung verbleibt, meine Frau Cousine, Eurer Durchlaucht guter Cousin und Freund Friedrich

204 Zur Konkurrentin Dorothea von Württemberg vgl. Einleitung, S. 17. Ironischerweise wird sie als Nachfolgerin von Carolines Tochter Wilhelmine, die am 26.4.1776 im Wochenbett stirbt, die Thronfolge im Zarenreich sichern.

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Brief 54 Darmstadt, den 27. November 1772 Sire, das unbedingte Vertrauen, das ich in Eure Majestät setze, und die Güte, mit der Sie mich beehren, veranlassen mich, Ihnen von dem Vorschlag zu berichten, den mir im Namen der russischen Zarin der Baron von Asseburg gemacht hat, mich mit meinen drei Töchtern nach Petersburg zu begeben. Dort wird sich das Schicksal für eine von den dreien entscheiden. Ich werde einen solchen Schritt keinesfalls ohne die Zustimmung Eurer Majestät unternehmen, und wenn er Ihre Billigung findet, bitte ich Sie, mir einen Vorwand zu liefern, um mich auf den Weg in dieses Land zu machen, indem Sie mir befehlen, mich mit meinen Töchtern nach Potsdam zu begeben. Meine Gesundheit ist nicht mehr kräftig genug, um im Winter eine Reise nach Russland zu unternehmen, und ich muss im übrigen auch noch Vorkehrungen treffen. Ich habe mich darüber mit Herrn von Asseburg abgesprochen, der als seiner Herrin ergebener und diensteifriger Mann handelt, der sich den Interessen Eurer Majestät sehr verbunden zeigt und sich die meiner Familie zu Herzen zu nehmen scheint. Ich werde mich also im Laufe des April oder Anfang Mai auf den Weg machen können.205 Bis Potsdam wird alles leicht sein; doch unter welchem Vorwand soll es noch weiter gehen? Das ist mein Problem, und ich verlasse mich auf den Scharfsinn Eurer Majestät, mit dem Sie mir gütigst einen Weg weisen wollen. Ich finde es überhaupt nicht seltsam, dass die Zarin sich ein eigenes Urteil über ihre zukünftige Schwiegertochter bilden will, und ich halte meinen Wunsch für statthaft, mit meinen eigenen Augen zu sehen, wenn ich für das Glück meines Kindes 205 Die Landgräfin braucht diesen Vorwand, um sich gegen den Widerstand ihres Gatten durchzusetzen, den sie am 28. November um Zustimmung zu dieser Reise bittet, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. II, S. 99. Erst Ende Februar 1773 informiert sie Ludwig IX. von der Einladung des Königs nach Potsdam, vgl. BPH Rep. 47, Nr. 1031, Bl. 40.

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sorge. Doch die Öffentlichkeit denkt mitnichten so, und das macht mir Kummer. Soll ich mich über ihr Gerede hinwegsetzen? Es wäre schon ein einzigartiges Unglück, wenn die eine oder andere meiner Töchter dem Großfürsten nicht gefiele, und ich darf wohl hoffen, dass eine der drei in Petersburg bleiben wird. Wenn die Ehe einmal geschlossen ist, wird dieselbe Öffentlichkeit, die mein Verhalten kritisieren mag, ihm vielleicht Beifall zollen. Eure Majestät erkennt an dieser Schlussfolgerung, dass die Heirat mir sehr am Herzen liegt. Ich schicke einen Kurier, um eine rasche Antwort zu erhalten, aber ich erlaube mir, Eure Majestät zu bitten, den Inhalt meines Briefes nicht nach Petersburg dringen zu lassen vor der Ankunft eines Kuriers, den Herr von Asseburg, wie er mir angekündigt hat, dorthin schicken wollte. Ich fürchte, die Zarin könnte glauben, dass ich dem Vorschlag misstraue, den Herr von Asseburg mir von ihrer Seite hat ausrichten lassen. Ich werde keinen endgültigen Entschluss fassen, bevor Eure Majestät mich mit einer Antwort beehrt hat. Sie sind es, Sire, dem ich die Entscheidung der Zarin zu Gunsten meines Hauses verdanke. Eure Majestät mag ermessen, welche Gefühle voller Dankbarkeit ich haben muss und wie groß meine Freude ist, Ihnen meine Aufwartung machen zu können. Eure Majestät kennt meine ganze zärtliche und unverbrüchliche Verbundenheit für Sie wie auch die tiefste Achtung, mit der ich verbleibe, Sire, Eurer Majestät untertänigste und gehorsamste Dienerin Caroline von Hessen, geborene von Zweibrücken

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Brief 55 Den 2. Dezember 1772 Meine Frau Cousine, ich habe nichts Eiligeres zu tun, meine liebe Landgräfin, als Sie herzlich zu bitten, das Angebot der Zarin unverzüglich anzunehmen. Haben Sie keine Bedenken und schieben alles, was Sie stört, auf meine schlechten Ratschläge. Sie brauchen mir nur anzugeben, wann es Ihnen passt, hierher zu kommen, und ich werde Sie dann sofort einladen. Danach beraten wir gemeinsam, um einen plausiblen Vorwand für Ihre Russlandreise zu finden. Jedenfalls müssen Sie reisen und bei dem Urteil des schönen Paris dabei sein, der den Apfel einer Ihrer Göttinnen reicht. Sie sehen, Madame, dass mein Vorgefühl ziemlich sicher ist und Sie über das Herz eines jungen Prinzen siegen werden, der für eine Ihrer Prinzessinnen ein höchst vorteilhaftes Los bedeuten wird. Ich will auf keinen Fall den Kurier aufhalten: Ich umarme Sie, meine liebe Landgräfin, und versichere Ihnen meine vollkommenste Verbundenheit, mit der ich verbleibe, meiner Frau Cousine treuer Cousin und Freund Friedrich

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Brief 56 Den 10. Dezember (17)72 Sire, ich werde immer dem Vorgefühl Eurer Majestät Glauben schenken: Sie haben die Wahl der Zarin von Russland auf meine Familie gelenkt. Ihnen, Sire, verdanke ich alles, und es ist mir eine angenehme Freude, sie Ihnen zu verdanken. Ich habe nur die Zustimmung Eurer Majestät abgewartet, um Herrn von Asseburg eine endgültige Antwort zu geben. Ich habe ihm erklärt, dass ich die Reise mit meinen Töchtern unternehmen werde – dem Vorurteil der Öffentlichkeit und dem Gerede der Leute zum Trotz. Eure Majestät gestattet mir, die Folgen dieser Schritte auf Ihre Ratschläge zu schieben, und flößt mir damit ein Selbstvertrauen ein, das ich vorher nicht hatte. Der Kurier von Herrn von Asseburg muss abgereist sein.206 Ich habe um Fregatten gebeten: Die Reise wird damit weniger lang und anstrengend. Die Seereise kann erst im Mai beginnen.207 Man muss noch in Erfahrung bringen, ob diese Vorgehensweise der Zarin passt. Ach Sire, wie linkisch und verlegen werde ich als Debütantin in Russland aussehen, mit drei erwachsenen Töchtern im Schlepptau und auf allen Gesichtern lesen: „Da sind sie!“ Meine vermeintlichen Göttinnen haben nicht gerade die Anmut der Gottheiten des Olymp. Ihre übertriebene Scheu verleiht ihnen ein linkisches Gehabe, das ihnen zu Anfang von größtem Nachteil sein wird. Ich habe nichts als diese Geschichte im Kopf und rede andauernd mit Eurer Majestät darüber. Ich mache mir das zum Vorwurf und bitte Sie, Sire, tausendmal um Verzeihung.

206 Am 16. Dezember meldet Asseburg ihr Einverständnis zur Russlandreise an Katharina II., vgl. Asseburg, Denkwürdigkeiten, S. 269. 207 Tatsächlich startet Caroline ihre Seereise von Travemünde aus am 9. Juni 1773; zur Route und zu den Kosten der Reise vgl. die Aufzeichnungen von Merck, vgl. Johann Heinrich Merck, S. 100–102.

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Ich habe Eurer Majestät unermesslichen Dank abzustatten für Ihre Erlaubnis, Ihnen in Potsdam meine Aufwartung machen zu dürfen. Das werden höchst glückliche Augenblicke für mich; doch, Sire, ich werde dieses Mal mit vielen Leuten kommen, weil ich mehr von den Umständen abhängig bin als von mir selbst.208 Ich habe wenige Tage vor der Rückkehr des Kuriers den Brief vom 27. erhalten, mit dem Eure Majestät mich gnädigst beehrt hat. Ich danke Ihnen dafür untertänigst, wie auch für alles, was Sie gnädigst für mich tun, mit tief empfundener Dankbarkeit, Hochachtung, Verbundenheit und Verehrung. Diese Gefühle sind in mein Herz eingemeißelt und werden mich begleiten bis ins Grab. (Caroline)

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Vgl. Einleitung, S. 18 f. mit Anm. 57.

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Brief 57 Den 19. Dezember 1772 Meine Frau Cousine, Ich versichere Ihnen, meine liebe Landgräfin, dass niemand aufrichtiger an Ihrer Zufriedenheit Anteil nimmt als Ihr untertänigster Diener, und ich bereue mitnichten den Ratschlag, den ich Ihnen gegeben habe. Ich begreife, dass diese Reise Ihnen ein wenig Sorgen bereitet; doch Sie haben hier eine Tochter und Freunde, für die es ein Vergnügen sein wird, Ihnen zu helfen, und wenn es nur darauf ankommt, dann geht alles andere wie von selbst.209 Ihre Prinzessinnen sind zweifelsohne zurückhaltend. Wäre es Ihnen denn lieber, wenn sie in ihrem Alter eine Kühnheit besäßen, die an Schamlosigkeit grenzte? Nun, haben Sie keine Furcht, Madame! So wie ich mich auskenne, schätzt man sie eher sanft als kühn. Im übrigen wissen Sie ja, wie ein Jahr Ehe junge Damen sprachgewandt macht. Ich habe welche gesehen – und sogar die Zarin –, die man für welche vom Typ Rührmichnichtan gehalten hätte und die danach anderen mehr als einen Bären aufgebunden haben.210 Ich erwarte Ihre Aufträge, um hier Ihren Empfang vorzubereiten, und werde Ihnen erst schreiben, wenn Sie mich darüber informiert haben. Bis dahin freue ich mich auf zwei Momente: auf den Ihres Besuchs auf der Hinreise und den Ihrer Rückreise. Das wird mein Kuppelpelz sein.211

209 Carolines Tochter Friederike führte seit 1769 eine eher unglückliche Ehe mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm. 210 Eine wenig galante Anspielung auf die Beteiligung Katharinas am Umsturz von 1762 und ihre Liebesaffären. 211 Für die oft hohe Entlohnung für ihre Vermittlungsdienste leisteten sich Kuppler/Kupplerinnen in der Frühen Neuzeit nicht selten Pelze. Im Original heißt es auf Deutsch „Kuppelpelz“.

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Ich bitte Sie, meine liebe Landgräfin, mir zu glauben, dass ich mit aller nur möglichen Hochachtung und Freundschaft verbleibe, meine liebe Cousine, Ihr treuer Cousin und Freund Friedrich

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Brief 58 Den 16. April 1773 Meine Frau Cousine, es ist mir eine große Freude, meine liebe Landgräfin, zu erfahren, dass Sie meinen Bitten nachgekommen und bereit sind, mich am 13. Mai mit Ihrer Anwesenheit zu beehren. Ich betrachte dieses Opfer als weiteren Gegenstand der Dankbarkeit, die ich Ihnen schulde. Sie haben indessen keinen Grund, sich düstere Gedanken über die Zukunft zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass alles nach Wunsch laufen wird und Sie niemals die Entscheidung, die Sie getroffen haben, bereuen werden. Doch da Sie in ein weit entferntes Land reisen, das wir hier sehr gut kennen, können wir Ihnen vieles erleichtern und Ihnen auf die Spur helfen, die Sie zweifellos auch vor Ort finden würden, was Ihnen aber Zeit ersparen und Sie von vornherein den günstigsten Weg einschlagen lassen wird.212 Die Kurfürstin von Sachsen hat mir gegenüber etwas von der Heirat der Prinzessin, ihrer Tochter, erwähnt. Wenn die Sache gelingt, hat sie die Absicht, nach Dresden zurückzukehren; wenn sie aber fehlschlägt, hat sie sich vorgenommen, nach England zu reisen.213 Was Sie angeht, meine liebe Landgräfin, so werde ich Sie bald mit der Prinzessin von Dänemark aus dem Amadis von Gallien vergleichen, die in ein paar Tagen von Portugal nach Leukadien fuhr und ganz flott mit einem weiten Hüpfer den Ärmelkanal

212 Während ihres Aufenthaltes in Potsdam erhält die Landgräfin vom Prinzen Heinrich als dem Russlandexperten Friedrichs II. Informationen über das Zarenreich, wie sie am 18. Mai an ihre Mutter schreibt, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 379. 213 Die Prinzessin Maria Amalia von Sachsen wird 1774 den Herzog von Zweibrücken Karl II. August Christian heiraten, nachdem Pläne gescheitert waren, sie mit dem späteren französischen König Karl X. zu verheiraten, vgl. Knöfel, Dynastie und Prestige, S. 237.

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passierte.214 Aber wenn es der Himmel will, werden Sie weder unterwegs noch bei der Ausführung Ihres großen Unternehmens irgendeinem widrigen Abenteuer begegnen. Man wird Sie feiern und bestimmt gut empfangen bei Ihrer Ankunft in Petersburg, und ich bin sicher, dass alles zu Ihrer Zufriedenheit ausgehen wird. In der Hoffnung, Ihnen bald, meine liebe Landgräfin, alle meine Gefühle versichern zu können, bitte ich Sie zu glauben, dass ich mit ebenso viel Wertschätzung wie Hochachtung verbleibe, meine Frau Cousine, Eurer Durchlaucht treuer Freund und Cousin Friedrich

214 Der im 17./18. Jahrhundert – u. a. von Lully und Händel – mehrfach veroperte Amadisstoff startet seinen Erfolgsweg mit dem Amadis de Gaula (1508) des Spaniers Garci Rodríguez de Montalvo, Neben den Protagonisten Amadis und Oriana spielt die Zauberin Urganda darin eine wichtige Rolle als Helferin des Helden. Typisch für den Amadisroman und die gesamte Gattung des Ritterromans ist der rasante, abrupte, jeder Raum-Zeit-Ökonomie spottende Schauplatzwechsel, der schon von Ariost parodiert und zunehmend zum Gegenstand von Häme und Kritik wurde.

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Brief 59 (Den 3. Mai 1773) Sire, der Augenblick naht, da ich das Glück haben werde, Eurer Majestät meine Aufwartung zu machen und Ihre Aufträge und Ratschläge entgegenzunehmen. Ich beginne mit demjenigen, den Sie mir gnädigst erteilen, mir keine düsteren Gedanken zu machen. Es stimmt, wenn eine Entscheidung getroffen ist, sollte man nicht mehr den Teufel an die Wand malen; doch, Sire, ich bin eine Frau, ich hatte einige Angst, mich nicht an dem von Eurer Majestät angegebenen Tag nach Potsdam begeben zu können: Ich hatte erfahren, dass der Landgraf Fieber hatte; ich bin sofort nach Pirmasens aufgebrochen, wo ich acht Tage verbracht habe.215 Seine Genesung hat mich in die Lage versetzt, meine Vorbereitungen fortzusetzen. Es wäre schrecklich für mich gewesen, wenn ich das Glück, Eure Majestät in Potsdam zu sehen, verpasst hätte: Dann wären meine Gedanken tintenschwarz gewesen. Ich würde gern genau so flott reisen können wie die Prinzessin von Dänemark im Amadis von Gallien und für meine Meeresfahrt die große Schlange Urganda die Unbekannte zur Verfügung zu haben. Auf diesen verzauberten Schiffen war man niemals seekrank.216 Ich bitte Eure Majestät, gütigst die Darbringung aller meiner Gefühle entgegenzunehmen, die ich für Sie empfinde. Sie werden erst mit mir enden. Ich verbleibe mit der tiefstempfundenen Achtung, (Caroline) 215 Caroline war vom 7. bis 13. März in Pirmasens, wo sie sich nochmals die utopischen Forderungen ihres Gatten als Gegengabe Russlands für die Hand seiner Tochter anhören durfte, vgl. Wolf, Die russische Heirat, S. 245. 216 Im Gegensatz zu ihrer realweltlichen Erfahrung schon zu Beginn der Seereise, wie sie ihrer Mutter von Bord der Fregatte St.-Marc am 9. Juni 1773 berichtet, vgl. Walther (Hrsg.), Briefwechsel, Bd. I, S. 390 f.

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Brief 60 Den 27. März 1774 Meine Frau Cousine, ich würde Sie nicht mit meinen Briefen behelligen, meine liebe Landgräfin, wenn man mich nicht in höchste Besorgnis versetzt hätte wegen Ihrer Gesundheit.217 Ich bin allzu sehr Ihr Freund, bin Ihnen allzu verbunden, um eine derartige Nachricht mit Gleichmut entgegenzunehmen. Und ich richte auch meinen Brief weniger an Sie als an Ihren Arzt, den ich bitte, mich über den Stand Ihrer Gesundheit zu unterrichten. Es ist an ihm, mir zu antworten, nicht an Ihnen, meine liebe Landgräfin, der das bei dem Schwächezustand, in dem Sie sich befinden, schwer fallen könnte. Haben Sie die Güte, mir als Antwort nur seine Diagnose zu schicken, und der Himmel wolle, dass ich da die Gründe zum Trost finde, die ich ersehne! Ich versichere Ihnen, dass es von allen Ihren engsten Verwandten keinen gibt, der Sie mehr schätzt, achtet und liebt, meine Frau Cousine, als der treue Cousin und Freund Eurer Durchlaucht Friedrich

217

Dieser Brief erreicht Caroline nicht mehr: Sie stirbt am 30. März.

Bibliographie Archivalische Quellen Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, BPH Rep. 46 W 118 A; BPH Rep. 47, Nr. 1031. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, D4. 560/4; D4. 561/5; D4. 561/7; D4. 562/4.

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Personenregister* Ahlefeldt, Johann Heinrich, Graf von (1725–1770) 94, 95

Augusta von Sachsen-Gotha, Princess of Wales (1719–1772) 71

Albrecht, Wolfgang, Reichsgraf zu Schaumburg-Lippe (1699– 1748) 35

Bär, Friedrich Wilhelm von 85

Alembert, Jean-Baptiste le Rond d’ (1717–1785) 56, 81 Alvensleben, Adelheid Friederike von, geb. Keyserlingk (1744– 1818) 77, 111 Alvensleben, Johann Friedrich von (1736–1790) 111 Amalie Friederike, Prinzessin von Darmstadt, Erbprinzessin von Baden (1754–1832) 8, 12, 19, 21, 126 Anna Elisabeth Luise von Brandenburg-Schwedt (1738–1820), die Prinzessin Ferdinand 73, 81 Ariosto, Ludovico (1474–1533) 144 Asseburg, Ferdinand Achatz von der (1721–1797) 17, 18, 123, 124, 126, 127, 128, 136, 137, 139 August Wilhelm, Prinz von Preußen (1722–1758) 10, 11, 12, 37, 42, 58, 60, 61, 62, 63, 65, 66, 67, 73, 94, 109 August Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Bevern (1715– 1781) 102

Bentinck, Charlotte Sophie, Gräfin von (1715–1800) 35 Bentinck, Willem, Graf von (1704–1773) 35 Bernis, François Joachim Pierre de (1715–1794) 93 Blumenthal, Heinrich Georg von (1716–1756) 67 Blumenthal, Katharina Constanzia (1707–1777) 112 Bohlen, Philipp Christian von (1718–1794) 108, 109, 110 Brandt, Christian Ludwig von 67, 69 Brandt, Luise von, geb. von Kameke (1710–1782) 77 Bredow, Henriette, Gräfin von 66, 112 Broglie, Charles-François, comte de (1719–1781) 71 Browne, Maximilian Ulysses, Graf (1705–1782) 65, 67 Buddenbrock, Henriette von (1731–1798) 102 Buddenbrock, Ludwig Heinrich von (1720–1782) 102

* Nicht verzeichnet sind Amalie, Caroline, Friedrich II. und Ludwig IX. von Hessen Darmstadt.

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Personenregister

Camas, Sophie Karoline, Gräfin von (1686–1766) 81 Caroline, Herzogin von PfalzZweibrücken-Birkenfeld (1704– 1774) 7, 15, 21, 87, 145 Caroline, Prinzessin von HessenDarmstadt, Landgräfin von Hessen-Homburg (1746–1821) 8, 12, 130 Caroline Louise, Markgräfin von Baden (1723–1783) 11, 15, 46, 73 Caroline Ulrike Amalie, Prinzessin von Coburg (1753–1829) 101, 110, 113 Charlotte Wilhelmine Christine Marie, Prinzessin von HessenDarmstadt (1755–1785) 128, 130 Choiseul, Etienne-François de, duc d’Amboise (1719–1785) 92, 93 Christian VII., König von Dänemark (1749–1808) 94 Christian III., Herzog von PfalzZweibrücken (1674–1735) 7, 87 Christian IV., Herzog von PfalzZweibrücken (1722–1775) 68, 70, 85, 86, 88 Christian, Prinz von HessenDarmstadt (1763–1830) 13 Christian August, Fürst von Anhalt-Zerbst (1690–1747) 117, 121 Christiane Henriette, Fürstin von Waldeck und Pyrmont (1725– 1825) 7 Christine, Prinzessin von Preußen (1772–1773) 131 Corswaren-Loos, Karl Ferdinand, Fürst von (1724–1774) 49

Danckelmann, Sophie von 77 Darget, Claude-Etienne (1712– 1778) 56 Daun, Leopold Joseph von (1705– 1766) 92 Denis, Marie-Louise Mignot, genannt Madame Denis (1712– 1790) 26 Dewalt, Gilles 102 Diderot, Denis (1713–1784) 56, 92 Dönhoff, Sophie Friederike, Gräfin von, geb. von Wreech (1732– 1784) 111 Duplan: nicht identifiziert 85 Elisabeth Caroline von Hannover (1740–1759) 71 Elisabeth Christine, Königin von Preußen (1715–1797) 11, 81, 109, 113 Elisabeth Christine Ulrike von Braunschweig-Wolfenbüttel (1746–1840) 12, 94, 96, 98, 102 Elisabeth Petrovna, Zarin von Russland (1709–1762) 69 Ephraim, Veitel Heine (1703– 1775) 43, 44 Favart, Justine (1727–1772) 102 Feilitzsch, Karl Adam Heinrich von (1701–1768) 77 Ferdinand, Prinz von Preußen (1730–1813) 10, 11, 60, 73 Ferdinand, Herzog von Braunschweig-Bevern (1730–1813) 84 Ferdinand Albrecht II., Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel (1680–1735) 113

Personenregister Finckenstein, Karl Wilhelm, Graf Finck von (1714–1800) 112, 113, 128 Forcade, Elisabeth Marie Henriette (1735–1774) 73, 77 Forcade, Friedrich Wilhelm Quirin von (1698–1765) 73, 77 Fréron, Elie-Catherine (1718– 1776) 54 Friederike Luise, Prinzessin von Hessen-Darmstadt, Königin von Preußen (1751–1805) 8, 9, 10, 12, 13, 14, 21, 35, 81, 101, 103, 104, 105, 107, 108, 112, 114, 131, 141 Friederike Sophie Wilhelmine, Prinzessin von Oranien (1751– 1820) 94 Friedrich II., Landgraf von Hessen-Kassel (1720–1785) 106 Friedrich V., Landgraf von Hessen-Homburg (1748–1820) 12 Friedrich August III., König von Sachsen (1750–1827) 126 Friedrich Eugen, Prinz von Württemberg (1732–1797) 27, 42 Friedrich Michael, Pfalzgraf von Zweibrücken-Birkenfeld (1724– 1767) 126 Friedrich Wilhelm I., König in Preußen (1688–1740) 90 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen (1744–1797) 10, 12, 14, 77, 94, 96, 98, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 141 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (1770–1840) 14, 131 Friedrich Wilhelm, Markgraf von Brandenburg-Schwedt (1700– 1771) 33

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Geisau: nicht identifiziert 132 Georg II., König von England (1683–1760) 71 Georg Friedrich Wilhelm, Prinz von Brandenburg-Schwedt (1749–1751) 33 Georg Wilhelm, Prinz von Hessen-Darmstadt (1722–1782) 7, 128, 130 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig (1719–1803) 91 Grappendorf, Johanna von (? – 1781) 111 Graun, Karl Heinrich (1703/04– 1759) 29 Grimm, Friedrich Melchior, Baron von (1723–1807) 15, 16, 21, 90, 91, 92 Gustav III. Adolf, König von Schweden (1746–1792) 134 Hacke, Sophie Albertine, Gräfin von (1710–1757) 77 Hadik, Andreas, Graf von Futak (1711–1790) 77 Händel, Georg Friedrich (1685– 1759) 144 Heinrich, Prinz von Preußen (1726–1802) 10, 11, 16, 18, 19, 25, 35, 36, 60, 66, 67, 68, 97, 108, 111, 112, 127, 134, 143 Heinrich, Markgraf von Brandenburg-Schwedt (1709–1788) 27 Helvétius, Claude-Adrien (1715– 1771) 92 Hirsch, David 34 Johann, Pfalzgraf von Zweibrücken-Birkenfeld-Gelnhausen (1698–1780) 124, 128, 131

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Personenregister

Johann Carl Ludwig, Pfalzgraf von Zweibrücken-BirkenfeldGelnhausen (1745–1789) 124, 128 Kameke, Friedrich Paul, Graf von (1711–1769) 35 Kameke, Maria, Gräfin von (1718– 1797) 35, 45, 76, 90 Kannenberg, Charlotte Albertine, Gräfin von (?–1795) 52 Karl X., König von Frankreich (1757–1836) 143 Karl XII., König von Schweden (1682–1718) 90 Karl August, Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1751– 1828) 19 Karl II. August Christian, Herzog von Pfalz-Zweibrücken (1746– 1795) 143 Karl Ludwig, Erbprinz von Baden (1755–1801) 19, 126 Katharina II., Zarin von Russland, geb. Sophie Friederike August von Anhalt-Zerbst (1729–1796) 9, 15, 17, 18, 19, 117, 121, 123, 127, 130, 134, 136, 137, 138, 139, 141 Kaunitz, Wenzel Anton, Fürst von (1711–1794) 89 Keith, George (1693–1778) 42, 47 Kleist, Friedrich Ludwig von (1694–1757), Generalmajor 82, 84 Knesebeck, Wilhelmine von (1724–1802) 73, 75, 76 Krasicki, Ignatius, Graf (1735– 1801) 34 Kraut, Karl Friedrich, Baron von (?–1767) 63, 81

La Mettrie, Julien Offray de (1709–1751) 39 Lauchery, Etienne (1732–1820) 115 Lehndorff, Ernst Ahasverus Heinrich, Graf von (1727–1811) 9, 11, 31, 36, 39, 43, 49, 63, 64, 65, 75, 76, 77, 80, 81, 83 Leopoldine Marie, Markgräfin von Brandenburg-Schwedt, geb. Prinzessin von Anhalt-Dessau (1716–1782) 27, 29 Louis Ferdinand de Bourbon, (1729–1765), Dauphin 71 Ludwig XV., König von Frankreich (1710–1774) 71 Ludwig VIII., Landgraf von Hessen-Darmstadt (1691–1768) 7, 8, 11, 12, 47, 58, 61, 63, 64, 68 Ludwig X., Landgraf von HessenDarmstadt (1753–1830) 15 Luise, Prinzessin von HessenDarmstadt (1757–1830) 8, 12, 19, 59 Luise, Prinzessin von SachsenMeiningen (1752–1805) 101, 110, 113 Luise Amalie, Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel (1722–1792) 73, 109 Lully, Jean-Baptiste (1632–1687) 144 Maria Amalie Auguste von Zweibrücken-Birkenfeld, Kurfürstin von Sachsen (1752–1828) 126, 127, 143 Maria Franziska, Prinzessin von Pfalz-Sulzbach, Herzogin von Zweibrücken-Birkenfeld (1752– 1828) 126, 127

Personenregister Maria Josepha, Prinzessin von Sachsen, (1731–1767), Dauphine 71 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn (1717–1780) 68, 91 Marmontel, Pierre Louis Moreau de (1698–1759) 102 Marschall, Frau von, geb. von Wreech 111 Marschall, Friedrich Carl von 111 Maupertuis, Eleonore, geb. von Borck 43, 63, 75, 81 Maupertuis, Pierre-Louis Moreau de (1698–1759) 43, 54, 63 Meckel, Johann Friedrich (1714– 1774) 10 Merck, Johann Friedrich (1741– 1791) 18, 139 Meyerinck, Dietrich Reichard von (1701–1775) 77 Meyerinck, Katharina Johanna Wilhelmine (1726–1809) 77 Moncrif, François-Augustin Paradis de (1687–1770) 31 Montfaucon, Nicolas-PierreHenri, abbé de Villars (1635– 1673) 55 Montperny, Théodore-Camille, marquis de (1711–1754) 25, 26 Moritz, Prinz von Anhalt-Dessau (1712–1760) 76, 80, 82 Moritz, Graf von Sachsen, der Maréchal de Saxe (1696–1750) 90, 91 Morrien, Charlotte Wilhelmine Dorothea, Baronin von (1726– 1768) 77

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Morrien, Ferdinand Bernhard Dieter, Baron von (ca. 1705–1760) 31 Moser, Friedrich Carl von (1723– 1798) 15, 19, 21, 132 Müller, Carl Ferdinand, Baron von 77 Müller, Christian Friedrich (1752– 1802) 99 Münchow, Sophie Eleonore (?–1769) 111 Mustapha III., Sultan des Osmanischen Reiches (1717–1774) 128, 130 Nesselrode, Max Julius Wilhelm Franz, Reichsgraf von (1724– 1810) 21 Orlov, Grigorij (1734–1783) 134 Ostein, Johann Friedrich Karl von, Bischof von Mainz (1689– 1763) 91 Pannwitz, Wolf Adolf von (1679– 1750) 38 Paul, Großfürst von Russland (1754–1801) 9, 14, 15, 19, 116, 121, 123, 127, 128, 130, 134, 137, 138 Philippine Auguste Amalie, Prinzessin von BrandenburgSchwedt (1745–1800) 13, 106 Pietro: nicht identifiziert 99 Platen, Ilse Sophie von (1731– 1795) 31, 63 Podewils, Heinrich, Graf von (1696–1760) 47 Podewils, Otto Christoph, Graf von (1719–1781) 45

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Personenregister

Podewils, Sophie Amalie Albertine, Gräfin von (1718–1784) 45 Pompadour, Jeanne-Antoinette, marquise de (1722–1764) 71, 91, 92, 93 Poniatowski, Stanislas August, König von Polen (1732–1798) 15 Ponienska, Gräfin: nicht identifiziert 33 Porporino, Antonio Uberti, genannt (1719–1783) 43 Posadowsky, Eleonore Elisabeth (1702–1796) 47 Raab von Rauenheim, Carl Joseph, Graf (1698–1775) 94, 95 Rameau, Jean-Philippe (1683– 1764) 44 Redern (Roeder), Wilhelm Jacob Moritz, Graf von (?–1840) 75 Reggiana, Santina Olivieri, genannt La Reggiana 21, 46, 49, 50, 51 Reuß, Heinrich IX., Graf von Reuß zu Köstritz (1711–1780) 35 Rochow, Hans Friedrich von (1698–1787) 75 Rodríguez de Montalvo, Garci (?–1505) 144 Rossin, Perückenmacher 76 Rüffer, Anna von, genannt die Marschallin (1718–1771) 107 Sack, August Friedrich Wilhelm (1703–1786) 82 Schaffgotsch, Philipp Gotthard, Graf von (1716–1795) 80 Schmettau, Samuel von (1684– 1751) 73, 107

Schmitz, Marie 102 Schrautenbach, Ludwig Karl von Weitolshausen, genannt (1724– 1783) 18 Schulenburg, Gebhard Werner, Graf von der (1722–1788) 13, 101, 104, 113 Schwerin, Curt Christoph, Generalfeldmarschall von (1684– 1757) 69 Schwerin, Luise Juliane Charlotte, Gräfin von (1736–1779) 31, 43, 59, 63 Schwerin, Philipp Adolph von (1738–1815) 65 Seebach, Obermundschenk 58 Sophie Antonia von Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzogin von Coburg (1724–1802) 113 Sophie Dorothea, Königin in Preußen (1687–1757) 25, 31, 50, 73, 77 Sophie Dorothea, Prinzessin von Württemberg (1759–1828) 17, 128, 135 Sophie Dorothea Marie, Markgräfin von Schwedt (1719–1765) 13, 30, 33, 59, 61 Splitgerber, David (1683–1764) 88 Stolberg, Gustav Adolf von (1722– 1757) 86 Syburg, Otto Ludwig von (1721– 1788) 59, 61, 62, 63, 71, 84 Thun, Ulrich, Baron von (1707– 1778) 37 Ulrike von Preußen, Königin von Schweden (1720–1782) 34, 58

Personenregister Valory, Guy-Louis-Henri, marquis de (1692–1774) 72 Voltaire, François Marie Arouet, genannt (1694–1778) 25, 26, 35, 47, 54, 90 Voß, Johann Ernst, Graf von (?–1793) 37 Voß, Sophie Marie, Gräfin von, geb. von Pannwitz (1729–1814) 37 Wartensleben, Amalie von Wartensleben und Flodroff 36 Wilhelm V., Fürst von Oranien (1748–1806) 94 Wilhelm VIII., Landgraf von Hessen-Kassel (1682–1760) 57 Wilhelmine von Preußen, Markgräfin von Bayreuth (1709– 1758) 10, 26, 31, 39, 91

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Wilhelmine, Erbprinzessin von Hessen-Kassel, die Prinzessin Heinrich (1726–1808) 10, 11, 16, 36, 53, 62, 66, 72, 73, 75, 76, 77, 80, 83, 111, 112 Wilhelmine, Prinzessin von Hessen-Darmstadt, Natalja als Großfürstin von Russland (1755– 1776) 8, 9, 12, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 119, 121, 123, 128, 135 Wolff, Christian (1679–1754) 31 Wreech, Eleonore Luise von (1708–1784) 111 Wreech, Friedrich Wilhelm, Graf von (1733–1785) 111 Wreech, Karoline von 111, 112 Zanther: nicht identifiziert 95 Zuckmantel, Barbara Charlotte Wilhelmine von 11, 12, 13, 14, 15, 21, 46