Dislokation im bilingualen Erstspracherwerb: Eine Untersuchung am Beispiel deutsch-französischer Kinder 9783110358636, 9783110357738

This book explores nominal dislocations in simultaneous bilingual French and German language acquisition in early childh

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Dislokation im bilingualen Erstspracherwerb: Eine Untersuchung am Beispiel deutsch-französischer Kinder
 9783110358636, 9783110357738

Table of contents :
Inhalt
Abbild ungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Der theoretische Rahmen
2.1 Grundlegende syntaktische Annahmen im Minimalismus
2.2 Informationsstrukturelle Kernkonzepte
2.3 Theoretische Annahmen zum kindlichen Erstspracheiwerb
2.3.1 Allgemeine Annahmen zum kindlichen Erstspracheiwerb
2.3.2 Annahmen zum bilingualen Erstspracherwerb
2.4 Zusammenfassung
3 Beschreibung der Zielsysteme
3.1 Definition des Dislokationsbegriffs
3.2 Allgemeine Eigenschaften der Dislokation
3.2.1 Die Linksdislokation
3.2.2 Die Rechtsdislokation
3.2.3 Zusammenfassung
3.3 Varietatenllngulstische Eigenschaften der Dislokation
3.3.1 Mündlichkeit/Schriftlichkeit
3.3.2 Dlaphaslk
3.3.3 Dlastratlk
3.3.4 Zusammenfassung
3.4 Prosodische Eigenschaften der Dislokation
3.4.1 Die Lin ksdlslokation
3.4.2 Die Rechtsdislokation
3.4.3 Zusammenfassung
3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation
3.5.1 Die Linksdislokation
3.5.2 Die Rechtsdislokation
3.5.3 Zusammenfassung
3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation
3.6.1 Die Lin ksdlslokation
3.6.2 Die Rechtsdislokation
3.6.3 Zusammenfassung
3.7 Zusammenfassung
4 Mono- und bilingualer Spracherwerb - Forschungsstand
4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb
4.1.1 Definitionen und Grundannahmen zum Spracheneinfluss
4.1.2 Kriterien für Auftreten und Richtungvon Spracheneinfluss
4.1.3 Spracheneinfluss Im Bereich der Dislokation
4.2 Der Erwerb syntaktischer und Informationsstruktureller Kompetenzen - allgemeine Beobachtungen
4.2.1 DerWortstellungseiwerb im Französischen und Deutschen mono* und bilingualer Kinder
4.2.2 Der Erwerb informationsstruktureller Eigenschaften
4.3 Dislokationen und Subjekte Im kindlichen Spracherwerb
4.3.1 Das allgemeine Auftreten von Dislokationen Im Spracheiwerb
4.3.2 Unksdislozilerte lexikalische Subjekt*DPn Im Erwerb des Französischen
4.3.3 Nlcht-klltlsche Subjekte und ihr Erwerb Im Französischen
4.4 Zusammenfassung
5 Die empirische Untersuchung - Methodisches Vorgehen und Darstellung adulter Frequenzen
5.1 Datenbasis und-erhebung
5.1.1 Die bilingualen Korpora
5.1.2 Die monolingualen Korpora
5.1.3 Die adulten Korpora
5.2 Untersuchungsgegenstand und Kategorisierung
5.3 Konkrete Methoden bei der Datenauswertung
5.3.1 Der MLU als Vergleichsbasis für die kindlichen Sprachdaten
5.3.2 Berechnung statistischer Signifikanzen
5.4 Dislokationen Im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher
5.4.1 Dislokationen Im Französischen erwachsener Sprecher
5.4.2 Dislokationen Im Deutschen erwachsener Sprecher
5.4.3 Zusammenfassung
6 Empirie Teil I: Dislokationen im kindlichen Französischen und Deutschen in Form von Doppelung
6.1 Nominale Dislokationen
6.1.1 Auftreten und Verteilung nominaler Dislokationen im Französischen
6.1.2 Auftreten und Verteilung nominaler Dislokationen im Deutschen
6.1.3 Zusammenfassung
6.2 Subjektdislokationen Im Französischen
6.2.1 Das Auftreten von Subjektdislokationen
6.2.2 SubjekMJnks* und -Rechtsdislokationen und ihre Eigenschaften
6.2.3 SubjekMJnksdlslokatlonen als fortgeschrittene Erwerbsphase
6.2.6 Die Linksdislokation lexikalischer Subjekt-DPn als Erwerbsstrategie
6.2.5 Zusammenfassung
6.3 Interpretation der Ergebnisse
7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte, nicht-klitische Subjekte im kindlichen Französischen
7.1 Die Realisierung des Subjekts Im Französischen
7.2 Post- und präverbale Subjekte
7.2.1 Postverbale Subjekte und Verbklassen
7.2.2 Postverbale Subjekte und Eigenschaften des Subjekts
7.2.3 Postverbale Subjekte und Wortstellungsmuster
7.3 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
8 Schlussbetrachtung und Ausblick
Literatur
Anhang
1.1 Tabellen zu Kapitel 6.1
1.2 Tabellen zu Kapitel 6.2
1.3 Tabellen zu Kapitel 7
Stichwortverzeichnis

Citation preview

Veronika Jansen Dislokation im bilingualen Erstspracherwerb

Linguistische Arbeiten

Herausgegeben von Klaus von Heusinger, Gereon Müller, Ingo Plag, Beatrice Primus, Elisabeth Stark und Richard Wiese

Band 555

Veronika Jansen

Dislokation im bilingualen Erstspracherwerb Eine Untersuchung am Beispiel deutsch-französischer Kinder

DE GRUYTER

Zugl.: Wuppertal, Univ. Diss., 2013

ISBN 978-3-11-035773-8 e-ISBN (PDF) 978-3-11-035863-6 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-039448-1 ISSN 0344-6727 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/München/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

|

„The facts, to state it bluntly, are highly subtle and often murky“ (Vat, 1997, 70)

Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei den Menschen bedanken, die mich während der Jahre, in denen die vorliegende Dissertation entstanden ist, begleitet und unterstützt haben. In erster Linie gilt mein Dank meiner Doktormutter Natascha Müller, die mich schon zu Beginn meines Studiums an das Thema der kindlichen Mehrsprachigkeit herangeführt und durch ihre begeisternden Seminare mitgerissen hat. Zu jedem Zeitpunkt meiner Promotion konnte ich auf ihre fachliche und persönliche Unterstützung zählen, mit der sie mich zum stetigen Weiterdenken ermutigt und auch bei Rückschlägen gestärkt hat. Großer Dank geht auch an Elisabeth Stark, die es mir mit ihren konstruktiven Gedanken und Anmerkungen ermöglicht hat, einige zentrale Aspekte der Arbeit neu zu durchdenken, und damit sehr zum Gelingen der Dissertation beigetragen hat. Auch Katrin Schmitz und Nadine Eichler als Mitgliedern meiner Prüfungskommission möchte ich für ihre Unterstützung danken. Die vorliegende Dissertation wäre ohne die Bereitschaft der in den Forschungsprojekten engagierten Personen nicht möglich gewesen. Hierfür möchte ich bei allen untersuchten Kindern und ihren Familien danken, die über Jahre hinweg an den Forschungsprojekten mitgewirkt haben. Großer Dank für die Anfertigung der Transkripte geht außerdem an die in den Projekten tätigen studentischen Hilfskräfte. Sehr wichtig war für mich die konstante Unterstützung durch meine Kolleginnen. Ich danke Laia Arnaus Gil, Nadine Eichler, Jasmin Geveler, Malin Hager und Anika Schmeißer für die intensiven fachlichen Diskussionen und die Durchsicht großer Teile des Manuskripts, und nicht zuletzt auch für den emotionalen Rückhalt, den ich vor allem in der Endphase der Dissertation bei ihnen gefunden habe. Ganz besonderer Dank gebührt meinen Eltern, meiner Schwester und meinen Freunden, die mir auch in schwierigen Zeiten mit Verständnis und Geduld zur Seite gestanden haben und auf deren emotionale Unterstützung ich zu jedem Zeitpunkt zählen konnte. Insbesondere danke ich meinem Vater für die sorgfältige Durchsicht des kompletten Manuskripts, sowie meiner Mutter für die großartige leibliche Unterstützung, durch die ich mich intensiv auf die Dissertation konzentrieren konnte. Mein Dank geht auch an Gunar Ernis, der mich in technischen Fragen und Belangen unterstützt und mir damit sehr geholfen hat.

Inhalt Abbildungsverzeichnis | XII Tabellenverzeichnis | XVII 1

Einleitung | 1

2 2.1 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.4

Der theoretische Rahmen | 6 Grundlegende syntaktische Annahmen im Minimalismus | 6 Informationsstrukturelle Kernkonzepte | 12 Theoretische Annahmen zum kindlichen Erstspracherwerb | 17 Allgemeine Annahmen zum kindlichen Erstspracherwerb | 17 Annahmen zum bilingualen Erstspracherwerb | 19 Zusammenfassung | 20

3 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3

Beschreibung der Zielsysteme | 21 Definition des Dislokationsbegriffs | 21 Allgemeine Eigenschaften der Dislokation | 22 Die Linksdislokation | 30 Die Rechtsdislokation | 33 Zusammenfassung | 34 Varietätenlinguistische Eigenschaften der Dislokation | 35 Mündlichkeit/Schriftlichkeit | 35 Diaphasik | 36 Diastratik | 37 Zusammenfassung | 38 Prosodische Eigenschaften der Dislokation | 39 Die Linksdislokation | 39 Die Rechtsdislokation | 41 Zusammenfassung | 43 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 43 Die Linksdislokation | 44 Die Rechtsdislokation | 54 Zusammenfassung | 59 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation | 60 Die Linksdislokation | 60 Die Rechtsdislokation | 70 Zusammenfassung | 74

X | Inhalt 3.7 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.4 5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.4 5.4.1 5.4.2 5.4.3 6 6.1

Zusammenfassung | 75 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand | 77 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb | 77 Definitionen und Grundannahmen zum Spracheneinfluss | 78 Kriterien für Auftreten und Richtung von Spracheneinfluss | 81 Spracheneinfluss im Bereich der Dislokation | 86 Der Erwerb syntaktischer und informationsstruktureller Kompetenzen – allgemeine Beobachtungen | 100 Der Wortstellungserwerb im Französischen und Deutschen monound bilingualer Kinder | 101 Der Erwerb informationsstruktureller Eigenschaften | 104 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb | 105 Das allgemeine Auftreten von Dislokationen im Spracherwerb | 105 Linksdisloziierte lexikalische Subjekt-DPn im Erwerb des Französischen | 109 Nicht-klitische Subjekte und ihr Erwerb im Französischen | 117 Zusammenfassung | 131 Die empirische Untersuchung – Methodisches Vorgehen und Darstellung adulter Frequenzen | 133 Datenbasis und -erhebung | 133 Die bilingualen Korpora | 133 Die monolingualen Korpora | 136 Die adulten Korpora | 138 Untersuchungsgegenstand und Kategorisierung | 141 Konkrete Methoden bei der Datenauswertung | 143 Der MLU als Vergleichsbasis für die kindlichen Sprachdaten | 144 Berechnung statistischer Signifikanzen | 145 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher | 146 Dislokationen im Französischen erwachsener Sprecher | 146 Dislokationen im Deutschen erwachsener Sprecher | 153 Zusammenfassung | 158 Empirie Teil I: Dislokationen im kindlichen Französischen und Deutschen in Form von Doppelung | 160 Nominale Dislokationen | 160

Inhalt

6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.3 7

| XI

Auftreten und Verteilung nominaler Dislokationen im Französischen | 165 Auftreten und Verteilung nominaler Dislokationen im Deutschen | 171 Zusammenfassung | 178 Subjektdislokationen im Französischen | 179 Das Auftreten von Subjektdislokationen | 180 Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen und ihre Eigenschaften | 182 Subjekt-Linksdislokationen als fortgeschrittene Erwerbsphase | 203 Die Linksdislokation lexikalischer Subjekt-DPn als Erwerbsstrategie | 209 Zusammenfassung | 230 Interpretation der Ergebnisse | 233

7.1 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.3

Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte, nicht-klitische Subjekte im kindlichen Französischen | 237 Die Realisierung des Subjekts im Französischen | 237 Post- und präverbale Subjekte | 247 Postverbale Subjekte und Verbklassen | 272 Postverbale Subjekte und Eigenschaften des Subjekts | 274 Postverbale Subjekte und Wortstellungsmuster | 282 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse | 285

8

Schlussbetrachtung und Ausblick | 289

Literatur | 295 Anhang | 313 1.1 Tabellen zu Kapitel 6.1 | 313 1.2 Tabellen zu Kapitel 6.2 | 316 1.3 Tabellen zu Kapitel 7 | 319 Stichwortverzeichnis | 321

Abbildungsverzeichnis Abb. 2.1

Das Minimalistische Grammatikmodell nach Dürscheid (2007, 154) | 8

Abb. 3.1

Die Syntax der ClLD in den romanischen Sprachen nach Rizzi (1997) | 63 Die Syntax der französischen HTLD über Basisgenerierung nach Frascarelli (2007) | 64 Die Syntax der CLD im Deutschen (eigene Darstellung nach Grohmann, 2000a,c,b) | 68 Die Syntax der HTLD im Deutschen (eigene Darstellung nach Grohmann, 2000a,c,b) | 68 Die Syntax der RD (eigene Darstellung nach Zwart, 2001) | 73

Abb. 3.2 Abb. 3.3 Abb. 3.4 Abb. 3.5 Abb. 4.1

Die Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im französischen und deutschen Input durch erwachsene Sprecher | 98

Abb. 5.1

Häufigkeit nominaler Dislokationen im adulten Französischen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat | 147 Häufigkeit nominaler Dislokationen im adulten, kindgerichteten Französischen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes | 148 Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im adulten Französischen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat | 149 Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im adulten, kindgerichteten Französischen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes | 150 Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im adulten Französischen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat | 151 Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im adulten, kindgerichteten Französischen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes | 152 Häufigkeit nominaler Dislokationen im adulten Deutschen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat | 153 Häufigkeit nominaler Dislokationen im adulten, kindgerichteten Deutschen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes | 154 Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im adulten Deutschen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat | 155

Abb. 5.2 Abb. 5.3 Abb. 5.4

Abb. 5.5 Abb. 5.6

Abb. 5.7 Abb. 5.8 Abb. 5.9

Abbildungsverzeichnis |

Abb. 5.10

Abb. 5.11 Abb. 5.12

Abb. 6.1 Abb. 6.2 Abb. 6.3 Abb. 6.4 Abb. 6.5 Abb. 6.6 Abb. 6.7 Abb. 6.8 Abb. 6.9 Abb. 6.10 Abb. 6.11 Abb. 6.12 Abb. 6.13 Abb. 6.14 Abb. 6.15 Abb. 6.16

XIII

Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im adulten, kindgerichteten Deutschen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes | 156 Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im adulten Deutschen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat | 157 Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im adulten, kindgerichteten Deutschen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes | 158 Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen und im Deutschen nach Kindergruppen | 161 Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen und im Deutschen (kindspezifisch) | 162 Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen und im Deutschen im MLU-Vergleich | 164 Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen im MLU-Vergleich | 166 Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im Französischen | 169 Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im Französischen im MLU-Vergleich | 170 Häufigkeit nominaler Dislokationen im Deutschen im MLU-Vergleich | 172 Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im Deutschen | 174 Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im Deutschen im MLU-Vergleich | 175 Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im Deutschen | 176 Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im Deutschen im MLU-Vergleich | 177 Häufigkeit von Subjektdislokationen im Französischen | 180 Häufigkeit von Subjektdislokationen im Französischen im MLU-Vergleich | 181 Häufigkeit von Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen im Französischen | 182 Häufigkeit von Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen im Französischen bis zum Alter von 3;2 Jahren | 184 Häufigkeit von Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen im Französischen im MLU-Vergleich | 185

XIV | Abbildungsverzeichnis Abb. 6.17 Abb. 6.18 Abb. 6.19 Abb. 6.20 Abb. 6.21 Abb. 6.22 Abb. 6.23 Abb. 6.24 Abb. 6.25 Abb. 6.26 Abb. 6.27 Abb. 6.28 Abb. 6.29 Abb. 6.30 Abb. 6.31 Abb. 6.32 Abb. 6.33 Abb. 6.34 Abb. 6.35 Abb. 6.36 Abb. 6.37 Abb. 6.38 Abb. 6.39 Abb. 6.40

Grammatische Person disloziierter Subjekte im Französischen | 187 Grammatische Person links- und rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen | 189 Grammatische Person linksdisloziierter Subjekte im Französischen der bilingualen Kinder im MLU-Vergleich | 190 Grammatische Person linksdisloziierter Subjekte im Französischen der monolingualen Kinder im MLU-Vergleich | 191 Grammatische Person rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen der bilingualen Kinder im MLU-Vergleich | 192 Grammatische Person rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen der monolingualen Kinder im MLU-Vergleich | 193 Grammatische Kategorie disloziierter Subjekte im Französischen | 195 Grammatische Kategorie links- und rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen | 196 Grammatische Kategorie linksdisloziierter Subjekte im Französischen der bilingualen Kinder im MLU-Vergleich | 198 Grammatische Kategorie linksdisloziierter Subjekte im Französischen der monolingualen Kinder im MLU-Vergleich | 199 Grammatische Kategorie rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen der bilingualen Kinder im MLU-Vergleich | 200 Grammatische Kategorie rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen der monolingualen Kinder im MLU-Vergleich | 201 Äußerungstypen entsprechend den von Ferdinand (1996) etablierten Erwerbsphasen | 204 Dauer der von Ferdinand (1996) etablierten Erwerbsphasen nach MLU | 206 DS-LS-Differenz im Französischen im MLU-Vergleich | 212 Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Léonard (L1) | 215 Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Madeleine (L1) | 216 Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Philippe (L1) | 216 Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Alexander (2L1) | 217 Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Amélie (2L1) | 218 Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Céline (2L1) | 218 Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Emma (2L1) | 219 Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Marie (2L1) | 220 Realisierte Subjektpronomen und DS-Strukturen bei Alexander (2L1) | 228

Abbildungsverzeichnis | XV

Abb. 7.1 Abb. 7.2 Abb. 7.3 Abb. 7.4 Abb. 7.5 Abb. 7.6 Abb. 7.7 Abb. 7.8 Abb. 7.9 Abb. 7.10 Abb. 7.11 Abb. 7.12 Abb. 7.13 Abb. 7.14 Abb. 7.15 Abb. 7.16 Abb. 7.17 Abb. 7.18 Abb. 7.19 Abb. 7.20 Abb. 7.21 Abb. 7.22 Abb. 7.23 Abb. 7.24 Abb. 7.25 Abb. 7.26 Abb. 7.27 Abb. 7.28 Abb. 7.29 Abb. 7.30 Abb. 7.31

Art der Subjektrealisierung bei Léonard (L1) | 239 Art der Subjektrealisierung bei Madeleine (L1) | 241 Art der Subjektrealisierung bei Philippe (L1) | 241 Art der Subjektrealisierung bei Alexander (2L1) | 242 Art der Subjektrealisierung bei Amélie (2L1) | 243 Art der Subjektrealisierung bei Céline (2L1) | 244 Art der Subjektrealisierung bei Emma (2L1) | 246 Art der Subjektrealisierung bei Marie (2L1) | 246 Art der Subjektrealisierung nach Kindergruppen | 248 Art der Subjektrealisierung (kindspezifisch) | 252 Art der Subjektrealisierung nach Kindergruppen bis zum Alter von 3;2 Jahren | 253 Art der Subjektrealisierung (kindspezifisch) bis zum Alter von 3;2 Jahren | 254 Postverbale Subjekte im MLU-Vergleich | 255 Nullsubjekte im MLU-Vergleich | 258 Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Léonard (L1) | 259 Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Madeleine (L1) | 260 Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Philippe (L1) | 260 Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Alexander (2L1) | 261 Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Amélie (2L1) | 261 Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Céline (2L1) | 262 Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Emma (2L1) | 262 Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Marie (2L1) | 263 Präverbale nicht-klitische Subjekte im MLU-Vergleich | 265 Realisierung nicht-klitischer Subjekte nach Kindergruppen | 266 Realisierung nicht-klitischer Subjekte (kindspezifisch) bis zum Alter von 3;2 Jahren | 267 Verbklassen in Äußerungen mit postverbalen Subjekten nach Kindergruppen (Typen) | 274 Grammatische Kategorie postverbal auftretender Subjekte | 275 Grammatische Kategorie postverbaler Subjekte nach Kindergruppen | 276 Grammatische Person postverbal auftretender Subjekte nach Kindergruppen | 277 Grammatische Kategorie postverbaler und rechtsdisloziierter (gedoppelter) Subjekte | 279 Grammatische Kategorie schwerer präverbaler und linksdisloziierter (gedoppelter) Subjekte | 280

XVI | Abbildungsverzeichnis Abb. 7.32 Abb. 7.33 Abb. 7.34

Definite und indefinite postverbale DPn/NPn nach Kindergruppen | 281 Wortstellung in Äußerungen mit postverbalem Subjekt nach Kindergruppen | 284 Wortstellung in Äußerungen mit postverbalem Subjekt (kindspezifisch) | 285

Tabellenverzeichnis Tab. 3.1 Tab. 3.2

Tab. 4.1 Tab. 4.2

Tab. 5.1 Tab. 5.2 Tab. 5.3 Tab. 5.4

Tab. 6.1 Tab. 6.2 Tab. 6.3 Tab. 6.4 Tab. 6.5 Tab. 6.6 Tab. 6.7

Tab. 6.8

Einige zentrale syntaktische Eigenschaften der HTLD und ClLD in den romanischen Sprachen (adaptiert aus Cinque, 1997, 96) | 61 Einige zentrale syntaktische Eigenschaften der HTLD und CLD im Deutschen (eigene Darstellung nach Frey, 2005a,b; Grohmann, 2000a,b) | 67 Kriterien und Vorhersagen für das allgemeine Auftreten von Spracheneinfluss | 92 Agr-/Tns-(Unter)spezifizierung nach dem ATOM (adaptiert aus De Cat, 2002, 226) | 119 Die analysierten bilingualen Korpora | 136 Die analysierten monolingualen Korpora | 137 Die analysierten Daten erwachsener französischer Muttersprachler | 140 Die analysierten Daten erwachsener deutscher Muttersprachler | 140 Dauer der von Ferdinand (1996) etablierten Erwerbsphasen nach Alter | 205 Häufigkeit von Äußerungen mit/ohne präverbale lexikalische Subjekt-DP | 210 Verteilung der Äußerungen entsprechend den Phasen nach Maillart & Parisse (2008) | 221 Verteilung von LS- und DS-Strukturen mit den am häufigsten auftretenden Verbtypen (für alle Kinder) | 223 Auftreten der Verbtypen in LS- und DS-Strukturen (kindspezifisch) | 224 Durchschnittliche Länge von LS- und DS-Äußerungen und ihre Differenz | 226 Ergebnisse des Mann-Whitney-U-Tests auf Signifikanz: Unterschiede in der Äußerungslänge von LS- und DS-Strukturen | 227 Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson: Korrelation zwischen der Subjektpronomen-Rate und der absoluten Anzahl an DS-Strukturen | 229

XVIII | Tabellenverzeichnis Tab. 7.1

Prä- und postverbal platzierte nicht-klitische (nicht-gedoppelte) Subjekte | 264

Tab. 1.1

Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 313 Häufigkeit von Objektdislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 313 Häufigkeit nominaler Dislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 314 Häufigkeit von Subjektdislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 314 Häufigkeit von Objektdislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 314 Häufigkeit von Linksdislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 315 Häufigkeit von Rechtsdislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 315 Häufigkeit von Subjektdislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 316 Häufigkeit von Subjekt-Linksdislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 316 Häufigkeit von Subjekt-Rechtsdislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 317 Grammatische Person disloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 317 Grammatische Person linksdisloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 317 Grammatische Person rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 318

Tab. 1.2

Tab. 1.3

Tab. 1.4

Tab. 1.5

Tab. 1.6 Tab. 1.7

Tab. 1.8

Tab. 1.9

Tab. 1.10

Tab. 1.11 Tab. 1.12 Tab. 1.13

Tabellenverzeichnis |

Tab. 1.14 Tab. 1.15

Tab. 1.16

Tab. 1.17

Tab. 1.18 Tab. 1.19

XIX

Grammatische Kategorie disloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 318 Grammatische Kategorie linksdisloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 318 Grammatische Kategorie rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 318 Häufigkeit postverbaler Subjekte im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 319 Häufigkeit von Nullsubjekten im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 319 Häufigkeit präverbaler, nicht-klitischer Subjekte im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern | 320

1 Einleitung Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem kindlichen Erwerb der Dislokationsstruktur im Französischen und Deutschen. Mit dem Begriff der Dislokation ist das Auftreten einer XP außerhalb des Satzes (links oder rechts von diesem) gemeint, was häufig mit einer Wiederaufnahme der Konstituente durch ein resumptives Element innerhalb des Satzes einhergeht. Im Französischen (wie in den romanischen Sprachen im Allgemeinen) wurden Strukturen dieser Art intensiv diskutiert und ziehen seit mehreren Jahrzehnten das Forschungsinteresse auf sich. Dislokationen werden als typisches Charakteristikum der gesprochenen französischen Sprache betrachtet, wobei besonders ihre informationsstrukturellen und syntaktischen Eigenschaften intensiv diskutiert werden. Wenngleich Dislokationen im Deutschen zunächst weniger im Forschungsfokus standen, haben sich auch hier in den letzten Jahren intensive Debatten in der einschlägigen Literatur entwickelt. Im Vergleich zum Französischen kann die Dislokation im Deutschen, wo sie ebenfalls als Phänomen der gesprochenen Sprache beschrieben wird, jedoch nach wie vor als weniger gut erforscht betrachtet werden. Dies gilt insbesondere in Bezug auf konkrete quantitative Analysen reeller Sprachkorpora und somit auf das Auftreten von Dislokationen im natürlichen Sprachgebrauch, wo im Französischen weitaus detailliertere Untersuchungen und Angaben existieren. Das Gleiche gilt auch für die Dislokationsstruktur im kindlichen Spracherwerb. Für monolingual französische Kinder finden sich diverse Studien, die den Dislokationserwerb entweder als zentralen Untersuchungsgegenstand oder zumindest als Phänomen am Rande betrachten. Im Deutschen liegen entsprechende Studien zum Erwerb der Dislokation nicht vor. Ebenso existieren bislang keinerlei Erwerbsstudien zu bilingual deutsch-französischen Kindern, welche die Entwicklung der Dislokationsstruktur beleuchten. Hieraus ergibt sich die Relevanz der vorliegenden empirischen Untersuchung, die diese Forschungslücke ein Stück weit schließen soll. In der hier durchgeführten empirischen Studie stehen das Auftreten und die Entwicklung von Dislokationsstrukturen im Sprachgebrauch bilingual deutschfranzösischer Kinder im Mittelpunkt, die beide Sprachen von Geburt an simultan auf natürliche Weise erwerben. Gleichzeitig werden zum Vergleich auch monolingual französische sowie deutsche Kinder analysiert. Stichprobenartig werden außerdem auch Sprachdaten erwachsener Muttersprachler des Deutschen und Französischen ausgewertet, um die quantitativen und qualitativen Muster des Dislokationsgebrauchs in den adulten Zielsystemen abzubilden und als Maßstab heranzuziehen. Bei den untersuchten Kindern wird der frühe Erstspracherwerb im Alter von etwa ein bis fünf Jahren fokussiert. Eine zentrale Frage ist, ob die bilingualen Kinder im Hinblick auf die Dislokation beide Sprachsysteme so

2 | 1 Einleitung erwerben, wie es monolinguale Kinder tun, oder ob sich qualitative oder quantitative Unterschiede zwischen den Kindergruppen zeigen. Das Auftreten solcher Diskrepanzen könnte auf einen sich vollziehenden Spracheneinfluss hinweisen, der durch eine Interaktion der zwei Sprachsysteme im bilingualen Individuum bedingt ist. Das Ausbleiben systematischer Abweichungen zwischen den monound bilingualen Kindern würde hingegen dafür sprechen, dass die Dislokationsstruktur im bilingual deutsch-französischen Spracherwerb nicht anfällig für Spracheneinfluss ist. Unter welchen Umständen sich die zwei Sprachen eines bilingualen Kindes gegenseitig beeinflussen (können), ist eine in der Spracherwerbsforschung intensiv diskutierte Frage. Die vorliegende Arbeit wird hierzu beitragen und die hier untersuchten Sprachdaten mit Hypothesen und Kriterien abgleichen, die in der Literatur formuliert wurden. Hierfür wird insbesondere auf die syntaktische Derivation der Dislokation im Französischen und im Deutschen eingegangen, da die Syntax der beteiligten Strukturen aus theoretischer Sicht maßgeblich die Vorhersagen für das Auftreten bzw. Ausbleiben von Spracheneinfluss bestimmt. Die vorliegende Arbeit ist auf nominale Dislokationen in finiten Deklarativsätzen beschränkt.¹ Der Schwerpunkt liegt hierbei auf disloziierten Subjekten. Dies ist insofern sinnvoll, als sowohl aus der Literatur als auch aus der hier erfolgenden Datenanalyse hervorgeht, dass Subjekte den Großteil aller nominalen, disloziierten Elemente ausmachen. Weiterhin wird besonders der Dislokationserwerb im Französischen der mono- und bilingualen Kinder beleuchtet. Dieser Fokus ergibt sich aus der Tatsache, dass (nominale) Dislokationen im Deutschen nur marginal zu verzeichnen sind. Die intensive Betrachtung der französischen Subjektdislokation bringt die Frage mit sich, ob auch prä- und postverbale nicht-klitische Subjekte, die nicht durch ein Resumptivum aufgenommen werden, im kindlichen Französischen als Dislokationen analysiert werden sollten. Auch mit diesem Aspekt, der in der Literatur zum französischen Spracherwerb intensiv diskutiert wird, befasst sich die vorliegende Studie. Neben der Frage, welcher Status prä- und postverbalen Subjekten dieser Art zugeschrieben werden sollte, wird auch in diesem Bereich das Auftreten bzw. Ausbleiben eines Spracheneinflusses untersucht.

1 In der vorliegenden Arbeit wird für nominale Konstituenten in der Regel der Begriff der Determiniererphrase (DP) herangezogen, wobei zahlreiche aus der Literatur zitierte Formulierungen sich noch auf Nominalphrasen (NPn) beziehen. Die theoretische Debatte hinter diesem terminologischen Unterschied ist für die hier untersuchten Zusammenhänge größtenteils irrelevant. Ausschließlich in Kap. 7 wird konkreter auf den Status nominaler Kategorien als DPn oder NPn eingegangen.

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Die wesentlichen Ziele der vorliegenden Studie sind demnach, (i) den Erwerb nominaler Dislokationen im Französischen und Deutschen mono- und bilingualer Kinder abzubilden und zu vergleichen, um potenzielle Spracheneinflüsse in diesem Bereich aufzudecken, und (ii) zur Klärung der Frage beizutragen, ob auch nicht-gedoppelte schwere Subjekte im kindlichen Französischen als disloziierte Elemente zu analysieren sind. Nach dieser Einleitung wird in Kapitel 2 der theoretische Rahmen dargelegt, in welchem sich die vorliegende Arbeit bewegt. Neben zentralen syntaktischen Annahmen des Minimalistischen Programms (im Rahmen der Generativen Grammatik) werden einige informationsstrukturelle Kernkonzepte dargestellt, die sich für den Untersuchungsgegenstand der Dislokation als relevant erweisen. Weiterhin werden wesentliche theoretische Annahmen zum Spracherwerb im Allgemeinen wie auch konkrete Grundlagen für den simultan-bilingualen Erstspracherwerb präsentiert. Kapitel 3 stellt die Eigenschaften der Dislokation in den beiden Zielsystemen, dem Französischen und dem Deutschen, auf den verschiedenen linguistischen Beschreibungsebenen dar. Nach einer knappen Darstellung allgemeiner, varietätenlinguistischer und prosodischer Merkmale wird besonders auf die Informationsstruktur und die Syntax von Dislokationen eingegangen. Dabei werden verschiedene Arten der Dislokation identifiziert, die in der Literatur etabliert und voneinander abgegrenzt werden. Somit wird ein Verständnis davon erarbeitet, welche Dislokationstypen es im Französischen und im Deutschen gibt, und wie sie sich voneinander unterscheiden. In Kapitel 4 werden konkrete Überlegungen zum mono- und bilingualen Spracherwerb vertieft. Zunächst wird auf das Konzept des Spracheneinflusses im bilingualen Erstspracherwerb eingegangen. Neben einer Definition dieses Konstrukts auf verschiedenen Ebenen stellt das Kapitel vor allem Bedingungen, Hypothesen und Kriterien dar, die in der Literatur im Zusammenhang mit der Manifestation eines Spracheneinflusses bei bilingualen Kindern formuliert worden sind. Hierauf basierend werden eigene Vorhersagen für das hier untersuchte Phänomen der Dislokation im deutsch-französischen Spracherwerb formuliert. Weiterhin werden die in der Forschung erzielten Ergebnisse im Hinblick auf allgemeine Erwerbsverläufe im Französischen und Deutschen mono- sowie bilingualer Kinder zusammengefasst, welche sich auf grundlegende syntaktische und informationsstrukturelle Fähigkeiten beziehen. Schlussendlich werden die wesentlichen Beobachtungen dargestellt, die in Bezug auf den Erwerb des hier betrachteten Untersuchungsgegenstands in der Literatur aufgezeigt werden. Nach einer Beschreibung des Erwerbs disloziierter Elemente, die sich durch eine resumptive Doppelung auszeichnen, wird auch auf das Auftreten nicht-gedoppelter, nicht-klitischer Subjekte im Erwerbsverlauf eingegangen. Die Darstellung beider

4 | 1 Einleitung Erwerbsbereiche beschränkt sich größtenteils auf das Französische, da entsprechende Untersuchungen für deutsche Kinder nicht vorliegen und auch bei der hier durchgeführten empirischen Analyse der Fokus im Wesentlichen auf dem Französischen liegt. Kapitel 5 bis 7 stellen die vorliegende empirische Datenanalyse und ihre Ergebnisse vor. Aus Kapitel 5 geht zunächst eine Beschreibung der Datenbasis und -erhebung hervor, und auch die konkrete Vorgehensweise bei der Kategorisierung und Auswertung der sprachlichen Daten wird dargelegt. Weiterhin werden hier die Ergebnisse der Untersuchung der erwachsenen Sprecher präsentiert. Die allgemeine Frequenz und Verteilung nominaler Dislokationen bei den erwachsenen Sprechern können somit später als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. In Kapitel 6 werden nominale Dislokationen im Spracherwerb der untersuchten Kinder im Französischen und Deutschen dargestellt. Hierbei werden zunächst ausschließlich solche Strukturen berücksichtigt, die ein Resumptivum innerhalb des Satzes aufweisen und somit zweifelsfrei als Dislokationen identifiziert werden können. Neben einer allgemeinen quantitativen Analyse werden auch verschiedene Kategorisierungen vorgenommen (Subjekt-/Objekt- bzw. Links-/Rechtsdislokation), anhand derer die Distribution der verschiedenen Dislokationsarten aufgezeigt wird. Anschließend werden die Subjektdislokationen im Französischen der betreffenden mono- und bilingualen Kinder näher untersucht. Hierbei wird auch auf konkrete Eigenschaften der disloziierten Konstituenten eingegangen, wie beispielsweise auf die grammatische Person oder die grammatische Kategorie des Subjekts. Ferner werden die erhobenen Daten mit zwei in der Literatur vorgeschlagenen Modellen zum Dislokationserwerb abgeglichen. Kapitel 7 geht schließlich auf solche Subjekte im französischen Spracherwerb ein, die nicht eindeutig als disloziiert betrachtet werden können, nämlich präund postverbal auftretende, nicht-klitische Subjekte, die nicht resumptiv aufgegriffen werden. Hierfür wird zunächst die Realisierung nicht-klitischer Subjekte im Französischen allgemein betrachtet, bevor anschließend eine qualitative Analyse der Subjekte durchgeführt wird. In Kapitel 8 werden die Hauptergebnisse der durchgeführten empirischen Analyse zusammengefasst und diskutiert. Ein Ausblick auf zukünftig durchzuführende Forschungsarbeiten im Bereich der Dislokationsstruktur und ihrer Rolle im kindlichen Spracherwerb schließt die Arbeit ab. Die vorliegende Studie bringt das Ergebnis hervor, dass im Bereich der Dislokation im kindlichen deutsch-französischen Spracherwerb keinerlei Spracheneinfluss zu verzeichnen ist. Die bilingualen Kinder erwerben nominale Dislokationen, die sich durch eine resumptive Doppelung ausweisen, in quantitativer Hinsicht in beiden Sprachen wie die jeweiligen monolingualen Kinder. Hierbei

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treten disloziierte Elemente im Französischen sehr früh und häufig auf, sind im Deutschen hingegen nahezu abwesend, wobei beides den erwachsenen Sprachgebrauch in den jeweiligen Sprachen widerspiegelt. Auch in Bezug auf qualitative Eigenschaften, die für das Französische der mono- und bilingualen Kinder untersucht werden, zeigen sich keine signifikanten Abweichungen zwischen beiden Kindergruppen. Die Abwesenheit jeglichen Spracheneinflusses deutet darauf hin, dass Dislokationen im Französischen und Deutschen von den bilingualen Kindern nicht als ‚konkurrierende‘ Strukturen wahrgenommen werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird argumentiert, dass Dislokationen im Französischen ein notwendiges (informationsstrukturelles) Mittel zur Erzeugung von Topikalität sind, wie es auch in der Literatur häufig beschrieben wird. Im Deutschen haben disloziierte Elemente zwar ebenfalls häufig Topikalität inne, diese kann aber auch durch verschiedene weitere Mittel erzeugt werden (zum Beispiel Topikalisierung, prosodische Hervorhebung). Diesbezüglich kann der Dislokation im Französischen und Deutschen ein unterschiedlicher Stellenwert zugeschrieben werden, was vermutlich einen Grund für das Ausbleiben eines Spracheneinflusses im bilingualen Spracherwerb in diesem Bereich darstellt. Auch die nahezu vollständige Abwesenheit von Dislokationsstrukturen im deutschen Input trägt möglicherweise hierzu bei. In Bezug auf den Status postverbaler, nicht-klitischer Subjekte im kindlichen Französischen stützt die vorliegende Arbeit den mitunter in der Literatur vertretenden Standpunkt, dass es sich hierbei um rechtsdisloziierte Subjekte handelt, die mit einem ausgelassenen klitischen Subjekt einhergehen. Für präverbale Subjekte ist die Lage weniger eindeutig; es scheint jedoch plausibel, dass zumindest eine Teilmenge dieser Äußerungen ebenfalls der Dislokationsstruktur zugeordnet werden sollte.

2 Der theoretische Rahmen Dieses Kapitel stellt die theoretischen Annahmen der vorliegenden Arbeit dar. In diesem Zusammenhang wird zunächst grob das zugrunde gelegte linguistische Modell, das Minimalistische Programm im Rahmen der Generativen Grammatik, in seinen Grundzügen erläutert. Hierbei werden an Stellen, wo eine detaillierte Darstellung nicht unmittelbar relevant ist, entsprechende Vereinfachungen vorgenommen. Außerdem werden zentrale informationsstrukturelle Konzepte und Zusammenhänge vorgestellt, die für die spätere Diskussion der Dislokation und für die Auswertung der empirischen Daten relevant sind. Weiterhin werden grundlegende Annahmen zum natürlichen, frühkindlichen Erstspracherwerb diskutiert. Besonders der bilinguale Spracherwerb spielt eine zentrale Rolle, welcher auf mehreren Ebenen noch komplexer ist als der monolinguale. Da dem simultan-bilingualen Kind zwei linguistische Systeme zur Verfügung stehen, die je nach grammatischem Bereich Gemeinsamkeiten oder Unterschiede aufweisen können, spielt die Frage nach möglichen Interaktionen beider Systeme eine große Rolle. Die zentrale Frage der vorliegenden Arbeit ist, ob es im Hinblick auf den Dislokationserwerb bei bilingual deutsch-französischen Kindern einen Einfluss von einer der beiden Sprachen auf die andere gibt. Das vorliegende Kapitel stellt einige Kernannahmen zum bilingualen Spracherwerb dar, während eine detaillierte Diskussion der theoretischen Hintergründe zum Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb erst in Kap. 4 erfolgt.

2.1 Grundlegende syntaktische Annahmen im Minimalismus Das Minimalistische Programm (MP; Chomsky, 1995) ist eine Weiterentwicklung des von Noam Chomsky geprägten Prinzipien- und Parametermodells (P&PModell; Chomsky, 1981, 1982). Im Rahmen dieses P&P-Modells wurde die Annahme formuliert, dass einem Sprecher von Geburt an bestimmte sprachliche Prinzipien und Parameter zur Verfügung stehen (wobei diese möglicherweise zunächst nur eingeschränkt zugänglich sind). Die Prinzipien können entweder universelle, sprachenübergreifende Gültigkeit haben oder in Abhängigkeit von der bzw. den erworbenen Einzelsprache(n) variieren. Im letztgenannten Fall geht man davon aus, dass es sich um eine Parametrisierung handelt, diese Prinzipien also einen von zwei Werten ([+] oder [-]) annehmen können. Die Prinzipien samt beider Parameterwerte sind in der Universalgrammatik (UG) verankert, die jedem Sprecher angeboren ist, wobei die Festsetzung auf einen spezifischen Wert durch konkreten sprachlichen Input erfolgen muss. Das Sprachsystem ist hiernach ein

2.1 Grundlegende syntaktische Annahmen im Minimalismus

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Zusammenwirken des „initial state of the cognitive system of the language faculty“ (Chomsky, 1995, 219), also der UG, und der sprachspezifischen Eigenschaften, die basierend auf sprachlichem Input erworben werden. Im Rahmen der Generativen Grammatik wird angenommen, dass das Sprachsystem aus einem mentalen Lexikon und einem Berechnungssystem (engl. computational system of human language, CHL ) besteht. Die Weiterentwicklung des P&P-Modells zum MP beruht maßgeblich auf Überlegungen zur Ökonomie, nach welchen ein generatives Modell der menschlichen Sprache so minimal wie möglich gestaltet sein sollte. Chomsky (1995, 145f.) unterscheidet hierbei zwischen Derivationsökonomie und Repräsentationsökonomie. Die Bedingung der Derivationsökonomie fordert, dass syntaktische Derivationen so ökonomisch wie möglich sein sollten. In diesem Rahmen formuliert der Autor die Bedingung des geringsten Aufwandes: „UG principles are applied whenever possible, with language-particular rules used only to ‘save’ a [...] representation yielding no output“ (Chomsky, 1995, 140). Das Wirken universeller UG-Prinzipien ist demnach ökonomischer als Operationen, die aufgrund sprachspezifischer Eigenschaften greifen. So wie Derivationen müssen auch ihre Repräsentationen so ökonomisch wie möglich sein, sodass „there can be no superfluous symbols in representation“ (Chomsky, 1995, 151). Diesem Prinzip folgend muss ein sprachlicher Ausdruck auf allen involvierten Schnittstellen lesbar sein und darf demnach nur Merkmale enthalten, die für die jeweilige Schnittstelle interpretierbar sind. Im Rahmen grundlegender ökonomiebedingter Überlegungen wird auch das theoretische Gerüst des sprachlichen Modells minimal gestaltet. Im Gegensatz zu vier Repräsentationsebenen im P&P-Modell bleiben im MP lediglich zwei Repräsentationsebenen erhalten, nämlich die Phonetische Form (PF) und die Logische Form (LF). Eine sprachliche Struktur wird demnach als Merkmalspaar (π, λ) verstanden, wobei π den Input für die PF-Repräsentation an der artikulatorischperzeptuellen Schnittstelle und λ den Input für die LF-Repräsentation an der konzeptuell-intentionalen Schnittstelle darstellt. In die Erzeugung eines solchen sprachlichen Ausdrucks sind verschiedene Schritte involviert. Zunächst wird durch die Numeration N (Chomsky, 1995) dem Lexikon eine Menge ungeordneter Elemente entnommen. Dann wird über die Operation der Selektion ein lexikalisches Item aus N ausgewählt und in die Struktur eingeführt; anschließend laufen die syntaktischen Berechnungen ab. Hierzu zählen die Operationen der Verkettung (Merge) und der Bewegung (Move), auf welche an späterer Stelle noch genauer eingegangen wird. Wird dann durch das Berechnungssystem genau ein syntaktisches Objekt erzeugt, entsteht eine Sequenz symbolischer Elemente (σ1 , σ2 ,..., σn ), die einen komplexen sprachlichen Ausdruck Σ bilden, welcher wiederum ein Merkmalspaar (π, λ) darstellt. Schließlich setzt die Operation Spell-Out ein, welche auf den beiden Repräsentationsebenen (PF und LF) die jeweils relevanten

8 | 2 Der theoretische Rahmen Informationen an die entsprechenden Schnittstellen weitergibt. Nur wenn die Repräsentationen für beide Schnittstellen lesbar sind, konvergiert die Derivation, ansonsten schlägt sie fehl. Aus der Menge aller konvergierenden Derivationen wird nun durch Ökonomieprinzipien eine (optimale) Derivation ausgewählt. Die oben dargelegte Konzeption des Grammatikmodells im Minimalistischen Programm wird in Abb. 2.1 veranschaulicht.

Lexikon select merge Verarbeitungssystem (CHL)

move (overt) Spell-Out

Phonetische Form (Interpretationssytem)

move (covert)

Logische Form (Interpretationssystem) Abb. 2.1. Das Minimalistische Grammatikmodell nach Dürscheid (2007, 154)

Wie aus der schematischen Darstellung deutlich wird, sind neben der Selektion und Spell-Out die zentralen Mechanismen zur Derivation sprachlicher Ausdrücke die Operationen Merge und Move. Diese stellen die eigentliche Kernsyntax dar und werden im Folgenden näher beschrieben. Für das Einsetzen lexikalischer Items in eine Struktur wird die Operation Merge formuliert. Diese Operation verbindet zwei syntaktische Objekte α und β in einer Derivation und substituiert sie somit durch ein komplexeres syntaktisches Objekt. Bei der Verkettung als Substitution projizieren entweder die formalen Merkmale von α oder die von β, sodass die höhere Projektion die Merkmale eines der Objekte erhält (‚erbt‘). Es entsteht hier also durch die Verkettung eine neue Kategorie. Nach Grewendorf (2002) fungiert eine der Kategorien als Selektor, in-

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dem es die andere selegiert und somit eine Verkettung obligatorisch macht; die selegierte Konstituente wird auch als Komplement bezeichnet. Demgegenüber steht eine andere Art der Verkettung, die optional ist, nämlich die Adjunktion. Bei der Verkettung durch Adjunktion ist der entstehende sprachliche Ausdruck nicht ein neuer, komplexerer Ausdruck, sondern besteht weiterhin aus zwei Segmenten. Die Adjunktion eines Elements an ein anderes erhöht hierbei nicht den Komplexitätsgrad. Zu beachten ist, dass ein Kopf nur an einen anderen Kopf und eine Phrase nur an eine andere Phrase adjungiert werden kann (vgl. z. B. Grewendorf, 2002). Es kann demnach zwischen Kopfadjunktion und Phrasenadjunktion unterschieden werden. Durch die Adjunktion ergibt sich also erneut ein Element der gleichen Kategorie, was mit der Rekursivität der Adjunktion einhergeht. Im Gegensatz zu Komplementen handelt es sich bei Adjunkten um fakultative Konstituenten, wobei einer Phrase prinzipiell eine unbegrenzte Anzahl von Adjunkten hinzugefügt werden kann (vgl. Gabriel & Müller, 2008). Eine weitere zentrale Operation der Kernsyntax ist Move. Hierdurch können syntaktische Objekte, die bereits in die Derivation integriert worden sind, an eine andere Position innerhalb der Struktur verschoben werden. Dass überhaupt syntaktische Bewegung angenommen werden kann bzw. muss, wird im Rahmen des MP im Wesentlichen über morphologisch bedingte Notwendigkeiten motiviert (Grewendorf, 2002) und ist an den Abgleich von Merkmalen gebunden. Bevor also auf die Bewegungsoperation an sich eingegangen werden kann, muss eine grobe Darstellung verschiedener Merkmalsarten erfolgen. Das Lexikon enthält die Items zusammen mit ihren Merkmalen, welche in die drei großen Kategorien der phonologischen, semantischen und formalen Merkmale unterteilt werden können (Chomsky, 1995, 230f.). Die phonologischen Merkmale können nur auf der artikulatorisch-perzeptuellen Schnittstelle gelesen werden. Die anderen Merkmale erhalten nur auf der konzeptuell-intentionalen Schnittstelle eine Interpretation, wobei hier zwischen semantischen und formalen Merkmalen unterschieden werden kann. Formale Merkmale¹ sind für die syntaktische Berechnung zugänglich, rein semantische hingegen nicht. Eine weitere relevante Unterscheidung betrifft die Interpretierbarkeit formaler Merkmale. In dieser Hinsicht können semantisch interpretierbare Merkmale von semantisch nicht-interpretierbaren Merkmalen abgegrenzt werden. Interpretierbare Merkmale sind solche, die von der konzeptuell-intentionalen Schnittstelle gelesen werden können (wie z. B. die kategorialen Merkmale eines Items sowie

1 Bei den formalen Merkmalen kann weiter zwischen intrinsischen und optionalen Merkmalen differenziert werden. Während erstere bereits in den Items im Lexikon enthalten sind, sind optionale Merkmale kontextabhängig und werden erst bei Eintritt in die Numeration zugewiesen.

10 | 2 Der theoretische Rahmen die φ-Merkmale nominaler Ausdrücke). Sie müssen demnach auf LF vorhanden und können nicht getilgt werden. Gleichzeitig dürfen auf LF ausschließlich solche Merkmale enthalten sein, die für das konzeptuell-intentionale System zugänglich sind. Nicht-interpretierbare Merkmale (z. B. Kasus und Kongruenzmerkmale des Verbs; vgl. Chomsky, 1995, 277f.), erfüllen diese Bedingung nicht. Sie dürfen also, im Gegensatz zu den interpretierbaren formalen Merkmalen, auf LF nicht mehr vorhanden sein und müssen im Laufe der Derivation, spätestens aber vor SpellOut getilgt werden. Im frühen MP wird davon ausgegangen, dass syntaktische Bewegung durch eine Merkmalsüberprüfung ausgelöst wird. Die Tilgung nicht-interpretierbarer Merkmale erfolgt hierbei, indem die Merkmale zweier Kategorien gegeneinander abgeglichen werden: Tragen die beiden beteiligten Kategorien die gleichen formalen Merkmale, so werden alle nicht-interpretierbaren Merkmale getilgt. Hierfür müssen die beteiligten Elemente in bestimmten Konstellationen zueinander stehen, wofür gegebenenfalls syntaktische Bewegung notwendig ist. In späteren minimalistischen Arbeiten (basierend auf Chomsky, 2000, 2001) wird die Annahme der Merkmalsüberprüfung durch Bewegung abgelöst von der Operation der Übereinstimmung, die nicht immer mit (overter) syntaktischer Bewegung einhergehen muss. Im Rahmen des Sonde-Ziel-Modells (Chomsky, 2000) werden die nicht-interpretierbaren Merkmale eines funktionalen Kopfes² als Sonde S betrachtet, welche zum Zweck ihrer Tilgung die von ihr asymmetrisch c-kommandierten Kategorien nach identischen Merkmalen absucht (vgl. Gabriel & Müller, 2008). Diese passende Merkmalsmenge stellt das sogenannte Ziel Z dar. Zwischen der Sonde und ihrem Ziel wird dann die Relation der Übereinstimmung etabliert. Es wird davon ausgegangen, dass der funktionale Kopf, der die Sonde enthält, die nicht-interpretierbaren Merkmale zunächst in unvalidierter Form aufweist. Das heißt, es liegt noch keine Spezifizierung der Merkmale vor, sondern diese wird erst über die Operation der Übereinstimmung zwischen Sonde und Ziel hervorgerufen, indem die Merkmale der Sonde die Werte der Merkmale im Ziel übernehmen. Nach dieser Spezifizierung werden die nicht-interpretierbaren Merkmale getilgt. Bevor eine solche Relation der Übereinstimmung etabliert werden kann, muss ein Ziel durch die Existenz eines weiteren nicht-interpretierbaren Merkmals (z. B. Beispiel Kasus- oder Kategorienmerkmal) aktiviert werden (für Details hierzu vgl. z. B. Grewendorf, 2002). Die Operation der Übereinstimmung ruft nun nicht zwangsläufig eine Bewegung des Ziels hervor, sondern macht eine solche Bewe-

2 Funktionale Kategorien lassen sich Gabriel & Müller (2008, 38) folgend grob als Elemente mit „grammatischer Funktion“ charakterisieren, die „synchron geschlossene Klassen bilden“ und phonetisch nicht zwangsläufig overt realisiert sein müssen.

2.1 Grundlegende syntaktische Annahmen im Minimalismus

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gung als Option möglich. Ob tatsächlich Bewegung erfolgt oder nicht, hängt von der Existenz eines EPP-Merkmals in der Sonde ab. Hierbei handelt es sich um ein weiteres nicht-interpretierbares Merkmal, welches „die Eröffnung und Besetzung der jeweiligen Spezifikatorposition fordert“ (Gabriel & Müller, 2008, 104). Dieses EPP-Merkmal kann also nur dann getilgt werden, wenn eine XP (Ziel) mit der Sonde bzw. ihrer Projektion verkettet wird, indem syntaktische Bewegung des Ziels erfolgt. In Abwesenheit eines solchen Merkmals ist syntaktische Bewegung hingegen weder notwendig noch möglich (für eine kritische Diskussion vgl. Grewendorf, 2002). Auch die Operationen Merge und Move werden hinsichtlich ihrer Ökonomie diskutiert. Nach Chomsky (1995, 226) ist Merge – im Gegensatz zu Move – „costless“ und erhöht somit nicht die Komplexität der Derivation im Sinne der oben dargestellten Derivationsökonomie: „While Merge is costless for principled reasons, movement is not: the operation takes place only when forced (Last Resort); and it is overt [...] only when that is required for convergence“ (Chomsky, 1995, 235). Dies bedeutet, dass lexikalische Einsetzung (über Merge) ökonomischer ist als syntaktische Bewegung, weshalb letztere nur dann stattfinden darf, wenn sie unbedingt erforderlich ist. Dieser Sachverhalt wird auch durch das Prinzip des Vorrangs von Verkettung vor Bewegung erfasst (vgl. Grewendorf, 2002). Während also Verkettung ökonomischer ist als Bewegung, ist wiederum koverte Bewegung ökomischer als overte Bewegung: „Wenn sich zwei Derivationen D1 und D2 , die ansonsten keine Beschränkungen verletzen, darin unterscheiden, dass ein in D1 overt bewegtes Element α in D2 kovert bewegt wird, dann ist die Derivation D2 der Derivation D1 vorzuziehen“ (Grewendorf, 2002, 46). Schlussendlich werden kürzere Bewegungsschritte gegenüber längeren als ökonomischer aufgefasst. Insgesamt können die ökonomiebedingten Annahmen in Bezug auf syntaktische Bewegung im MP folgendermaßen zusammengefasst werden: „Derivationelle Ökonomie ist [...] u.a. so zu verstehen, dass eine Ableitung so wenig Bewegungsoperationen wie möglich enthalten sollte, dass aber die Bewegungsoperationen selbst in so kurzen Ableitungsschritten wie möglich realisiert werden müssen“ (Grewendorf, 2002, 102). Für die vorliegende Arbeit ist weiterhin von Relevanz, dass auch Eigenschaften informationsstruktureller Natur in der Generativen Grammatik mitunter durch die Existenz formaler Merkmale ausgedrückt werden, welche genau wie rein syntaktische Merkmale projizieren und syntaktische Effekte hervorrufen können (vgl. z. B. Gabriel & Müller, 2008). So vertritt beispielsweise Rizzi (1997) im Rahmen seiner Split-CP-Hypothese die Annahme, dass die linke Satzperipherie neben funktionalen Kategorien für die Verankerung einer Äußerung im weiteren Kontext (ForceP) und für die Finitheit des Satzes (FinP) auch Projektionen umfasst, die informationsstrukturelle Effekte bewirken (vgl. auch Kap. 3.5), nämlich

12 | 2 Der theoretische Rahmen die Fokusphrase (FocP) und die Topikphrase (TopP).³ In FocP wird Material angesiedelt, welches neue Information darstellt und somit (kontrastiv) fokussiert wird, wohingegen der dazugehörige Satz bekannte Information darstellt; dies wird mit der Dichotomie Fokus–Präsupposition beschrieben. Analog dazu existiert der Gegensatz Topik–Kommentar: Das in der linken Peripherie angesiedelte Topik stellt alte bzw. mindestens identifizierbare Information dar, während der Satz diese kommentiert, indem er neue Information darüber vermittelt (für eine kritische Diskussion der Kriterien der neuen und alten Information vgl. Kap. 3.5). Diese und ähnliche Überlegungen sind insbesondere im Rahmen kartographischer Ansätze in der Generativen Grammatik relevant. Auf die Integration informationsstruktureller Merkmale in die Syntax wird bei der Diskussion der syntaktischen Analyse von Dislokationsstrukturen (Kap. 3.6) weiter eingegangen. Nach dieser Darstellung grundlegender Annahmen im MP wird nun auf ausgewählte, relevante Kernkonzepte der Informationsstruktur eingegangen.

2.2 Informationsstrukturelle Kernkonzepte In der Literatur werden disloziierte Elemente häufig in Bezug auf ihren Informationsstatus diskutiert. Im Folgenden werden einige informationsstrukturelle Konstrukte skizziert, die für die Diskussion von Dislokationsstrukturen relevant sind; hierbei nimmt die Topikalität eine zentrale Rolle ein. Die Informationsstruktur einer Äußerung kann Krifka (2008, 244) folgend definiert werden als „packaging of the information conveyed in an utterance.“ Sie beruht im Wesentlichen auf dem geteilten Wissen von Sprecher und Hörer zum Zeitpunkt einer Äußerung; dieses Wissen, was auch als Common Ground (CG) bezeichnet wird, entwickelt sich im Laufe einer Konversation kontinuierlich weiter. Diesbezüglich kann nach Krifka (2008, 245) zwischen „input CG“ und „output CG“ unterschieden werden: Das von Sprecher und Hörer geteilte Wissen, das einer Äußerung zugrunde liegt (input CG), wird als Präsupposition bezeichnet, wohingegen die Assertion die Information einer Äußerung ist, die die Erweiterung dieses Wissens beim Hörer hervorruft (output CG). Beide Konzepte, Präsupposition und Assertion, beziehen sich in aller Regel nicht auf einzelne Diskursreferenten (d. h. Individuen), sondern auf ganze Propositionen (Lambrecht, 1986). Erst über das

3 Nach Rizzi erfolgt eine Aufsplittung in die zwei funktionalen Köpfe Force und Fin nur dann, wenn sie durch die Projektion von TopP und/oder FocP und die damit verbundene Aktivierung des Topik-Fokus-Feldes erzwungen wird.

2.2 Informationsstrukturelle Kernkonzepte |

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Zusammenspiel aus Präsupposition und Assertion ergibt sich schlussendlich die Gesamtinformation, die eine Proposition ausdrückt. Zur Beschreibung disloziierter Elemente wird häufig das Konzept der Topikalität herangezogen.⁴ Eine der ersten formalen Definitionen des Topiks stammt von Reinhart (1981), nach der das Hauptkriterium die aboutness ist: Das Satztopik ist grob formuliert das, worum es in dem Satz geht. Ein sprachlicher Ausdruck ist demnach das Topik eines Satzes, „if the sentence is used to assert something about its referent“ (Reinhart, 1981, 63), womit neben der aboutness auch der Aspekt der Assertion eine Rolle spielt. Eine assertive Proposition macht demnach eine Aussage, durch welche das Wissen des Hörers über das Topik erweitert wird, weshalb u. a. nach Stark (1997) Satztopiks dieser Art auch als Aussagegegenstand bezeichnet werden können. Mit dem Konzept der aboutness greift Reinhart auf eine ursprünglich von Hockett (1958, 201) formulierte Idee zurück. Im Zusammenhang mit der Topikalität einzelner Konstituenten nimmt vor allem deren Informationsstatus eine bedeutende Rolle ein. In der Literatur wird häufig eine Korrelation zwischen Satztopiks und alten Diskursreferenten etabliert (vgl. z. B. Gundel, 1974; Chafe, 1976; Iatridou, 1995). Allerdings zeigen neuere Arbeiten, dass hier nicht relevant ist, ob ein Diskursreferent im vorangegangenen Diskurs bereits erwähnt wurde oder noch unerwähnt ist (vgl. z. B. De Cat, 2002; Selting, 1993), sondern dass vielmehr das Konzept der Identifizierbarkeit Rückschlüsse auf die mögliche Topikalität von Diskursreferenten erlaubt. Dies wird im Folgenden kurz dargestellt. Es kann zwischen identifizierbaren und nicht-identifizierbaren Referenten unterschieden werden (Chafe, 1976; Lambrecht, 1994). Erstere zeichnen sich dadurch aus, dass sie in Bezug auf die geäußerte Proposition als betroffener Referent identifiziert werden können, da sie im Bewusstsein sowohl des Sprechers als auch des Hörers und somit im CG verankert sind: „[A]n identifiable referent is one for which a shared representation already exists in the speaker’s and the hearer’s mind at the time of utterance, while an unidentifiable referent is one for which a representation exists only in the speaker’s mind“ (Lambrecht, 1994, 77f.). Lambrecht (1986, 1994) merkt an, dass die Einstufung eines Diskursreferenten als (nicht) identifizierbar nicht ausreichend ist, da das generelle Wissen um einen

4 Grundsätzlich kann zwischen zwei verschiedenen Ebenen der Topikalität unterschieden werden, nämlich zwischen Satztopiks und Diskurstopiks. Das Satztopik entspricht immer einem Ausdruck innerhalb des Satzes, das Diskurstopik bezieht sich hingegen auf größere, übergeordnete Diskurseinheiten (vgl. Dijk, 1977; De Cat, 2002; Reinhart, 1981). Die vorliegende Arbeit befasst sich vorrangig mit dem Informationsstatus bestimmter (disloziierter) Konstituenten im Satz, sodass hier, wenn nicht explizit anders vermerkt, der Begriff Topik stets im Sinne des Satztopiks verstanden werden soll.

14 | 2 Der theoretische Rahmen Diskursreferenten von der momentanen Bewusstheit abgegrenzt werden muss. Basierend auf diesen Überlegungen kann weiter zwischen aktiven, semi-aktiven und inaktiven Diskursreferenten unterschieden werden (Chafe, 1986; Lambrecht, 1986, 1994). Aktive Diskursreferenten sind solche, von denen der Sprecher weiß, dass sie im Kurzzeitgedächtnis des Hörers gespeichert sind, also zum Sprechzeitpunkt gerade aktiviert sind. Dies kann einerseits durch den sprachlichen Kontext gewährleistet sein, in dem der Referent im vorangegangenen sprachlichen Diskurs explizit von einem der Sprecher genannt worden ist. Andererseits kann er auch situativ gegeben sein, wenn sich beispielsweise ein bezeichnetes Objekt zum Zeitpunkt der Sprechsituation im Blickfeld von Sprecher und Hörer befindet. Referenten, die sprachlich oder situativ gegeben sind, können nach Prince (1979) als evoziert (engl. evoked) bezeichnet werden und erfordern in der Regel einen „geringeren Kodierungsaufwand“ als nicht-evozierte Referenten (Stark, 1997). Aktive Referenten sind für den Hörer immer identifizierbar.⁵ Semi-aktive Diskursreferenten sind solche, die aus einer Konversation heraus im Langzeitgedächtnis des Hörers abgespeichert sind. Sie sind zwar nicht durch den direkt vorangegangenen Diskurs gegeben, aber dennoch (indirekt) über den Kontext ableitbar, weshalb sie auch als erschließbar (engl. inferable; vgl. Prince, 1979) oder als zugänglich (engl. accessible; vgl. Chafe, 1976; Lambrecht, 1986) bezeichnet werden; in der vorliegenden Arbeit wird auf diesen letzten Terminus zurückgegriffen. Zugängliche Diskursreferenten sind also unter anderem solche, die zwar bereits im Diskurs erwähnt wurden und/oder physisch anwesend waren, deren Nennung bzw. physische Salienz aber schon eine längere Zeit zurückliegt. Aus diesem Grund sind sie nicht mehr aktiv (im Kurzzeitgedächtnis des Hörers), können aber leicht wieder abgerufen und damit reaktiviert werden. Referenten, die bei der Aktivierung bestimmter Schemata mitassoziiert werden (z. B. über semantische Verknüpfungen), können ebenfalls als zugänglich eingestuft werden (vgl. Lambrecht, 1986). Auch semi-aktive Diskursreferenten sind zwangsläufig identifizierbar im oben geschilderten Sinn. Inaktive Diskursreferenten stellen solche Referenten dar, die auf der Basis des aktuellen oder vorangegangenen (außer)sprachlichen Diskurses gar nicht aktiviert wurden. Sie können identifizierbar oder nicht-identifizierbar sein. Für den Hörer sind sie dann identifizierbar, wenn sie zu ihrem permanentem Wissen gezählt werden können. Referenten dieser Art bezeichnet Kuno (1972) auch als permanente Einträge. Nach Givón (1983, 10) gehören hierzu vor allem einzigartige

5 Da ein aktiver Referent beim Hörer zum Zeitpunkt der Äußerung im Kurzzeitgedächtnis verankert ist, ist Nicht-Identifizierbarkeit hier ausgeschlossen. Ein Referent kann aber vom Sprecher fälschlicherweise als aktiv eingeschätzt werden, wenn es sich um eine gestörte Kommunikationssituation handelt, in welcher der Hörer den Diskurs nicht (vollständig) verfolgen konnte.

2.2 Informationsstrukturelle Kernkonzepte |

15

Entitäten wie Sonne, Mond, Erde, unveräußerliche Elemente wie Körperteile, oder auch Verwandtschaftsbegriffe und Eigennamen. Solchen Referenten kann eine eindeutige Identität zugewiesen werden, ohne dass sie vorher in der Sprechsituation erwähnt wurden oder anwesend waren. Inaktive, identifizierbare Referenten werden aus diesem Grund auch als ungebraucht (engl. unused) bezeichnet (vgl. z. B. Prince, 1981; Lambrecht, 1986). Inaktive, nicht-identifizierbare Referenten werden hingegen als brandneu (engl. brand-new) bezeichnet (vgl. z. B. Ashby, 1988; Lambrecht, 1986). Sie sind für den Hörer nicht identifizierbar, da sie weder gegeben/erschließbar noch Teil des permanenten Wissensspeichers sind. In Bezug auf Topikalität wird in der Literatur gezeigt, dass Diskursreferenten ein bestimmtes Aktiviertheits-Level innehaben müssen, um ein mögliches Topik darzustellen (vgl. u. a. Lambrecht, 1994; Vallduví, 1992). Zahlreiche Autoren postulieren, dass Diskursreferenten, die das Satztopik repräsentieren, entweder evoziert (aktiv) oder zumindest zugänglich (semi-aktiv) sein müssen. De Cat (2002, 126), die dieser Annahme grundsätzlich zustimmt, bezeichnet dies als Salienzbedingung. Jedoch zeigt sie, dass auch ein inaktiver Diskursreferent das Topik sein kann, wenn er Teil des permanenten Wissens ist. Somit kann die Identifizierbarkeit als notwendige Bedingung für die Topikalität von Diskursreferenten gesehen werden. Dies geht auch aus der von Lambrecht (1981, 65) geäußerten Annahme hervor, dass „a speaker is free [...] to give a referent the pragmatic status he wants, as long as the speech situation provides the addressee with sufficient clues to understand what the speaker means.“ Solange der Hörer also identifizieren kann, von welchem Diskursreferenten die Rede ist, kann dieser Referent das Satztopik darstellen (vgl. auch Stark, 1997). Ob es sich hierbei um einen sprachlich/situativ evozierten, zugänglichen oder ungebrauchten Referenten handelt, ist von untergeordneter Bedeutung. Nur brandneue Diskursreferenten können – aufgrund ihrer Nicht-Identifizierbarkeit – nie das Satztopik darstellen. Einen besonderen Status in der Diskussion um die Topikalität nominaler Konstituenten nehmen indefinite DPn ein. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Konzepte der Generizität und der Spezifizität relevant. Tritt eine indefinite DP mit generischer Lesart auf, referiert sie auf die gesamte Klasse der Individuen, die die DP denotiert. Eine Proposition mit einer generischen DP drückt also eine „general truth“ über die entsprechende Klasse aus (De Cat, 2002, 146), bezieht sich jedoch nicht auf ein bestimmtes Individuum in einer konkreten Situation. Im Gegensatz dazu macht eine Proposition mit einer indefiniten DP mit spezifischer/existenzieller Lesart eine Aussage über ein konkretes (spezifisches) Individuum. In der Literatur wird gezeigt, dass indefinite DPn mit generischer Lesart problemlos das Satztopik darstellen können (vgl. u. a. Côté, 1999; De Cat, 2002; Ferdinand, 1996). Anders verhält sich die Situation in Bezug auf DPn mit spezifischer Lesart (für eine sprachenübergreifende Darstellung dieser Verhältnisse vgl.

16 | 2 Der theoretische Rahmen Givón, 1976): Spezifische indefinite Elemente können in der Regel keine Topiks darstellen (vgl. u. a. De Cat, 2002; Côté, 1999; Ferdinand, 1996; Larsson, 1979; Lambrecht, 1981, 2001), weshalb sie u. a. von Rowlett (2007) als inhärent nichttopikalisch aufgefasst werden. Die mögliche Topikalität indefiniter DPn ist demnach an deren Lesart gebunden; auf Zusammenhänge dieser Art wird in Kap. 3.5 noch weiter eingegangen. In der einschlägigen Literatur tauchen die Begriffe Topik und Subjekt sehr häufig zusammen auf und in diversen Sprachen (u. a. auch im Französischen und im Deutschen) werden diesbezüglich Zusammenhänge verzeichnet (vgl. z. B. Gundel, 1975; Givón, 1976; Lambrecht, 1994; De Cat, 2003). So belegen zahlreiche Studien, dass das Subjekt besonders oft (aber nicht immer) das Satztopik darstellt (z. B. Erteschik-Shir, 1997; Lambrecht, 1986). Dies führt Reinhart zu der Annahme, dass ein Subjekt im unmarkierten Fall das Topik darstellt: „Subjects [...] are unmarked topics, which means that it is easier to use a sentence when we intend its subject to be a topic. But they are not obligatory topics“ (Reinhart, 1981, 62). Es kann also festgehalten werden, dass Subjekte (in diversen Sprachen) besonders häufig dazu neigen, das Satztopik darzustellen; auf konzeptioneller Ebene handelt sich aber um verschiedene Konstrukte, die nicht zwangsläufig miteinander einhergehen (vgl. u. a. Lambrecht, 1986; Li & Thompson, 1976). In diesem Zusammenhang bemängelt De Cat (2002) den Umstand, dass die Frage, welche grammatischen Kategorien überhaupt Satztopiks darstellen können, in der Literatur kaum behandelt worden ist. Während einem Standpunkt nach nur referenzielle Ausdrücke Topiks sein können (z. B. Vallduví, 1992), nehmen andere Autoren an, dass auch andere Elemente (wie temporale Nebensätze, Adverbien, etc.) Topiks sein können (vgl. u. a. De Cat, 2002; Gundel, 1974, 1975). In dieser Hinsicht schlägt Stark (1997) eine Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Arten der Topikalität vor. Topiks im Sinne des aboutness-Kriteriums werden hierbei durch referenzielle Ausdrücke repräsentiert, die in der Regel auch ein Argument des Satzes darstellen. Diesen stehen topikalische Ausdrücke gegenüber, die eher einen thematischen Rahmen angeben, in den eine Aussage eingeordnet werden soll. Ein solches Element bezeichnet die Autorin als TOPIC, das sie definiert als „kommunikatives Element außerhalb der eigentlichen Proposition, für die es vielmehr den Rahmen (in zeitlicher, räumlicher oder auch einfach nur thematischer Hinsicht) angibt, innerhalb dessen sie Gültigkeit besitzt“ (Stark, 1997, 10).⁶ In der vorliegenden Arbeit werden nur Topiks im Sinne der aboutness als referenzielle Entitäten betrachtet, über die ein Satz eine Aussage macht, da hier nur nominale (disloziierte) Konstituenten berücksichtigt werden.

6 Stark bezeichnet TOPIC-Konstituenten auch als absolute Rahmensetzungen (ARS).

2.3 Theoretische Annahmen zum kindlichen Erstspracherwerb | 17

In der Diskussion um die Eigenschaften, die Dislokationen auf informationsstruktureller Ebene zugeschrieben werden (Kap. 3.5), wird auf die hier dargestellten Zusammenhänge Bezug genommen.

2.3 Theoretische Annahmen zum kindlichen Erstspracherwerb Im Folgenden werden zunächst allgemeine Annahmen zum kindlichen Spracherwerb im Rahmen der Generativen Grammatik dargestellt, bevor auf grundlegende Überlegungen zum bilingualen Spracherwerb im Speziellen eingegangen wird. Hierbei werden nur grob relevante Zusammenhänge dargestellt, für eine detailliertere Ausführung wird auf Müller et al. (2006) verwiesen.

2.3.1 Allgemeine Annahmen zum kindlichen Erstspracherwerb Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dem ungesteuerten Erstspracherwerb, welcher als ein sich natürlich vollziehender Prozess „without explicit and systematic instruction“ zu charakterisieren ist (Ferdinand, 1996, 2) und vor allem die ersten Lebensjahre eines Kindes betrifft.⁷ Im Gegensatz zum Fremd- oder Zweitspracherwerb vollzieht sich der muttersprachliche Erwerb unabhängig von der Intelligenz und anderen kognitiven Faktoren und wird ohne großen Aufwand vom spracherwerbenden Kind gemeistert (vgl. z. B. Hornstein & Lightfoot, 1981). Die Spracherwerbsforschung geht der zentralen Frage nach, wie ein Kind basierend auf dem sprachlichen Input, den es erhält, die Grammatik generieren kann, die schließlich dem Erwachsenensystem entspricht. Das wird auch als das logische Problem des Spracherwerbs bezeichnet (vgl. z. B. Hornstein & Lightfoot, 1981). Dies bezieht sich insbesondere auf die Tatsache, dass der Input, den ein Kind erhält, auf drei Ebenen unzulänglich ist. Erstens enthält der sprachliche Input auch nicht-wohlgeformte Äußerungen wie Versprecher, abgebrochene Äußerungen, unvollständige Gedanken etc. (also Phänomene, die im Allgemeinen nicht der sprachlichen Kompetenz, sondern der Performanz zugeschrieben werden). Zweitens erhält ein Kind einen limitierten sprachlichen Input, also eine endliche und damit begrenzte Anzahl an Äußerungen, während es gleichzeitig theo-

7 Der exakte Zeitpunkt, wann eine Muttersprache vollständig erworben ist, kann nicht einheitlich definiert werden, da insbesondere das Lexikon sich ständig weiterentwickelt. Für syntaktische (und andere regelbasierte) Vorgänge wird jedoch davon ausgegangen, dass diese etwa mit dem fünften Lebensjahr abgeschlossen sind (vgl. Crain & Lillo-Martin, 1999, 31).

18 | 2 Der theoretische Rahmen retisch in der Lage ist, eine infinite Anzahl immer neuer Äußerungen zu produzieren. Und drittens können Sprecher in ihrer Muttersprache selbst solche Strukturen interpretieren, die sie noch nie gehört haben.⁸ All dies stellt eine Herausforderung an den Mechanismus des (kindlichen) Spracherwerbs dar und führt zu der Annahme einer angeborenen menschlichen Sprachfähigkeit, der UG (vgl. auch Kap. 2.1). Das spracherwerbende Kind nutzt in diesem Sinne den sprachspezifischen Input, den es erhält, um die UG so zu entwickeln, dass sie schlussendlich der Zielgrammatik entspricht. Die Fragen, welche einzelnen Erwerbsphasen es gibt, wie diese angeordnet sind und warum/wann der Übergang von einer in die nächste Phase erfolgt, werden als Problem der Entwicklung bezeichnet. Im Hinblick auf diese sprachliche Entwicklung existieren in der Spracherwerbsforschung zwei konträre Ansätze: die Maturationshypothese und die Kontinuitätshypothese. Die von Borer & Wexler (1987) formulierte Maturationshypothese legt die Annahme zugrunde, dass bestimmte Aspekte der Sprachkompetenz (z. B. einzelne UG-Prinzipien) sich mit fortschreitendem Alter des Kindes erst entwickelt müssen. Hiernach ist ein Maturationsprozess (Reifung) in den Spracherwerb involviert, der rein biologisch determiniert ist. Dies erklärt, warum Kinder bestimmte nicht-zielsprachliche Phasen durchlaufen, sagt aber auch vorher, dass Kinder Erwerbsphasen aufweisen, in denen sie sprachliche Strukturen produzieren, die nicht UG-konform sind. Eine große Schwäche der Maturationshypothese ist, dass sie nicht oder nur sehr schwer falsifizierbar ist. Ein hierzu konträrer Ansatz ist die Kontinuitätshypothese. Nach der starken Kontinuitätshypothese, die ursprünglich von Pinker (1984) formuliert wurde, verfügen Kinder von Beginn an über eine UG mit den gleichen Prinzipien und Parametern (bzw. parametrischen Optionen) wie Erwachsene. Dies bedeutet, „die kindliche Grammatik unterscheidet sich zwar im Verlauf des Spracherwerbs von der Zielgrammatik, sie entspricht aber zu jedem Zeitpunkt einer möglichen UG-konformen Grammatik“ (Köppe, 1997, 25). Unter dieser Annahme kann jedoch nicht erklärt werden, warum Kinder für den Erwerb einiger sprachlicher Eigenschaften eine längere Zeit benötigen und die Parameter nicht direkt bei Auftreten des Inputs gesetzt werden können (vgl. z. B. Borer & Wexler, 1987). Hierauf basierend wurde die schwache Kontinuitätshypothese formuliert, die zwar an der frühen Verfügbarkeit der UG-Prinzipien festhält, gleichzeitig aber auch ein gewisses Maß an Reifung oder Entwicklung nicht ausschließt. Die schwache Kontinuitätshypothese stellt damit einen Kompromiss zwischen der Maturationshypothese und der starken Kontinuitätshypothese dar.

8 Diese Fähigkeit der Interpretation umfasst beispielsweise die Einstufung von Äußerungen als zielsprachlich oder nicht-zielsprachlich sowie als ambig oder nicht-ambig.

2.3 Theoretische Annahmen zum kindlichen Erstspracherwerb |

19

Die hier dargestellten theoretischen Annahmen gelten für den Spracherwerb im Allgemeinen und dienen dazu zu erklären, wie der Erwerb sprachlicher Systeme im Rahmen des MP verankert werden kann. Für die vorliegende Arbeit wird die schwache Kontinuitätshypothese zugrunde gelegt, der zufolge Kinder zwar von Beginn an Zugriff auf die UG haben, einige funktionale Kategorien und die damit verbundene parametrische Fixierung aber erst erworben werden müssen. Es wird sich jedoch zeigen, dass das Auftreten von Dislokationsstrukturen nicht an den vorherigen Erwerb bestimmter funktionaler Schichten gekoppelt ist und dass Kinder Dislokationen (im Französischen) bereits sehr früh produzieren. Neben den obigen allgemeinen Überlegungen, die vornehmlich im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Muttersprache diskutiert werden, werden im Folgenden eine Reihe theoretischer Überlegungen zum bilingualen Spracherwerb dargestellt, auf welchem der Fokus der hier vorliegenden Arbeit ruht.

2.3.2 Annahmen zum bilingualen Erstspracherwerb Das Interesse der hier vorliegenden Arbeit liegt ausschließlich auf dem natürlichen, kindlichen, simultan-bilingualen Spracherwerb.⁹ Mit natürlich ist gemeint, dass der Erwerb beider Sprachen sich aus einem informellen, nicht erzwungenen Kontext heraus ergibt (z. B. dadurch, dass die Elternteile ihre verschiedenen Muttersprachen mit dem Kind sprechen). Der Begriff simultan beschreibt den gleichzeitigen Erwerb zweier Sprachen, welcher vom zeitlich versetzten, sukzessiven Spracherwerb abgegrenzt werden muss. In der Literatur herrscht keine absolute Einigkeit darüber, wann es sich bei einem Kind um simultanen und ab wann um sukzessiven bilingualen Spracherwerb handelt. Diese Debatte muss hier jedoch nicht vertieft werden, da alle in der vorliegenden Arbeit untersuchten bilingualen Kinder von Geburt an regelmäßig ihren beiden Muttersprachen ausgesetzt waren, womit die Studien zweifelsfrei den simultan-bilingualen Erwerb widerspiegeln. Die Korpora decken größtenteils den frühen Spracherwerb bis zur Vollendung des fünften Lebensjahres ab, was nach De Houwer (1990, 10) den Zeitraum darstellt, in welchem die wesentlichen sprachlichen Erwerbsprozesse abgeschlossen sind. Lediglich die Studien zweier monolingual französischer Kinder reichen nur bis zum Alter von 3;2/3;3 Jahren.¹⁰ 9 Die vorliegende Arbeit macht keine Aussagen über Individuen, die mit mehr als zwei Muttersprachen aufwachsen, schließt aber die Übertragbarkeit einiger Annahmen und Beobachtungen auf diese Gruppe nicht aus. 10 Aus diesem Grund wurden die Daten eines weiteren monolingual französischen Kindes ausgewertet, sodass die Zahl der monolingualen deutschen und französischen Korpora nicht iden-

20 | 2 Der theoretische Rahmen Die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Kinder wurden allesamt nach dem Prinzip eine Person – eine Sprache erzogen. Diese Strategie des bilingualen Spracherwerbs ergibt sich dann, wenn beide Elternteile unterschiedliche Muttersprachen haben und jeder seine eigene Muttersprache mit dem Kind spricht. Die Umgebungssprache stimmt mit einer dieser Sprachen überein, außerdem wählen die Eltern meist eine Familiensprache, die sie verwenden, wenn das Kind und beide Elternteile sich miteinander unterhalten. Für eine Übersicht und eine detaillierte Charakterisierung anderer bilingualer Erwerbskonstellationen vgl. z. B. Döpke (1992), Grosjean (1982) oder Romaine (1995). Wie Köppe (1997) feststellt, beschäftigen sich Spracherwerbsarbeiten im Rahmen der Parametersetzung vorrangig mit monolingualen Kindern. Für bilinguale Kinder wird auf theoretischer Ebene davon ausgegangen, dass das Auftreten funktionaler Kategorien in den beiden Systemen unabhängig voneinander ist und demzufolge die Fixierung eines Parameters in beiden Sprachen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen kann (vgl. z. B. Gawlitzek-Maiwald & Tracy, 1996). Andererseits beschreibt Köppe (1997, 30) die Beobachtung, dass „die Entwicklung beider sprachlicher Systeme in vielen Fällen weitgehend parallel verläuft“ (vgl. auch Meisel, 1994a). Die Trennung bzw. Interaktion zweier Sprachsysteme im bilingualen Individuum und mögliche Konsequenzen in Form eines Spracheneinflusses werden in Kap. 4.1 ausführlich diskutiert. Darüber hinaus wird in der vorliegenden Arbeit auch der allgemeine Erwerb von Dislokationsstrukturen im Französischen und im Deutschen der Kinder beleuchtet.

2.4 Zusammenfassung In diesem Kapitel wurden die theoretischen Annahmen dargestellt, die der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt werden. Die Annahmen des MP werden im Verlauf der Arbeit noch weiter vertieft, wo dies notwendig ist. Besonders bei der informationsstrukturellen und syntaktischen Beschreibung der Dislokationsstruktur im Französischen und im Deutschen (Kap. 3.5 und 3.6) werden zentrale hier angeführte Konzepte und Prinzipien wieder aufgegriffen. Während die Annahmen zum konkreten Erwerbsmodell bilingualer Sprecher nicht zentraler Gegenstand der aktuellen Forschungsarbeit sind, können möglicherweise doch an einigen Stellen Rückschlüsse darüber gezogen werden, wie der Erwerb von Dislokationen in theoretischer Hinsicht zu verankern ist.

tisch ist; vgl. hierzu Kap. 5.1. In der gesamten Arbeit werden die Altersangaben in dem Format Jahre;Monate bzw. Jahre;Monate,Tage angegeben.

3 Beschreibung der Zielsysteme Dieses Kapitel stellt die Dislokation mit ihren Eigenschaften im Französischen und Deutschen dar. Hierbei wird kurz auf Aspekte der Varietätenlinguistik und Prosodie eingegangen, schwerpunktmäßig aber auf informationsstrukturelle und syntaktische Zusammenhänge. Vorab werden eine grobe Definition der Dislokationsstruktur gegeben und einige allgemeine Eigenschaften dargestellt.

3.1 Definition des Dislokationsbegriffs Die Dislokation zeichnet sich dadurch aus, dass eine maximale Projektion außerhalb der eigentlichen Prädikation links oder rechts vom Satz auftritt, wobei sie typischerweise mit einem resumptiven Element innerhalb des Satzes koreferent ist. Für sprachliche Strukturen dieser Art existieren in der Forschungsliteratur diverse Bezeichnungen, wie zum Beispiel Versetzung, Detachment, Herausstellung, Topik, Antitopik und viele mehr. Ein besonders gängiger Begriff ist der der Dislokation, der aufgrund seiner häufigen, sprachenübergreifenden Verwendung auch hier herangezogen wird. Der Terminus soll aber nicht implizieren, dass die periphere Konstituente zwangsläufig aus einer ursprünglichen Position innerhalb des Satzes in die Peripherie versetzt wird. Inwieweit bei Dislokationsstrukturen tatsächlich syntaktische Bewegung involviert ist, ist eine der zentralen Fragen des Forschungsgegenstandes, die intensiv und kontrovers diskutiert und auch im Laufe dieser Arbeit thematisiert wird (vgl. Kap. 3.6). Grundsätzlich können verschiedenste Arten von Konstituenten disloziiert werden; am häufigsten handelt es sich dabei jedoch um nominale Konstituenten. Diese stellen auch den Fokus der vorliegenden Studie dar. Die folgenden Beispiele zeigen Links- und Rechtsdislokationen nominaler Konstituenten im Französischen und im Deutschen. (1)

a. L’hommei , ili dort b. Der Manni , eri schläft c. Ili dort, l’hommei d. Eri schläft, der Manni

Die vorliegende Arbeit folgt bei der Präsentation von Dislokationsstrukturen einer einheitlichen Darstellungsweise. Disloziierte Elemente werden durch Fettdruck hervorgehoben. Das Komma dient ausschließlich dazu, den Satznukleus visuell abzugrenzen, soll jedoch nicht die Anwesenheit einer Sprechpause anzeigen (vgl. auch Kap. 3.4). Unter Beispieläußerungen, die aus dem Französischen oder ande-

22 | 3 Beschreibung der Zielsysteme ren Sprachen zitiert werden, folgt zunächst, wenn erforderlich, eine mit Glossen versehene Wort-für-Wort-Übersetzung. Im Anschluss daran wird eine dem Deutschen entsprechende, natürliche Formulierung gewählt. Die Indizierung innerhalb der Beispiele zeigt Koreferenz an.¹ Ein typisches Merkmal der Dislokation ist die Fakultativität der versetzten Konstituente(n): Eine Dislokationsstruktur ist syntaktisch immer noch wohlgeformt, wenn die disloziierte Konstituente nicht realisiert wird. Diese Beobachtung ist eng an die Forschungsfrage gebunden, ob disloziierten Elementen oder eher den resumptiven Gegenstücken der Argumentstatus zugesprochen werden sollte. Wenngleich die Anwesenheit des Resumptivums innerhalb des Satzes sehr charakteristisch für Dislokationsstrukturen ist, ist ihre Obligatheit umstritten, was in Kap. 3.2 eingehender diskutiert wird. In der vorliegenden Arbeit wird für den ersten empirischen Teil die Anwesenheit des resumptiven Elements als notwendiges Kriterium festgelegt, d. h. hier werden nur solche Äußerungen eindeutig als Dislokationen identifiziert, die ein mit dem disloziierten Element koreferentes Resumptivum aufweisen. Erst im zweiten Teil der empirischen Analyse wird auch auf Äußerungen im Französischen eingegangen, die ein Element enthalten, das möglicherweise als disloziiert analysiert werden muss, jedoch nicht mit einen resumptiven Element im Satz einhergeht. Hierbei ist die Analyse auf prä- und postverbal auftretende, nicht resumptiv gedoppelte Subjekte beschränkt. Grundsätzlich kann also zunächst einmal zwischen der Linksdislokation (LD)² und der Rechtsdislokation (RD) differenziert werden. Hier gibt es wiederum diverse Unterkategorien, die sich durch verschiedene Merkmale auf den unterschiedlichen grammatischen Beschreibungsebenen auszeichnen und in den nachfolgenden Kapiteln 3.3 bis 3.6 charakterisiert werden.

3.2 Allgemeine Eigenschaften der Dislokation Zunächst werden nun einige allgemeine Charakteristika der Dislokation dargestellt. Auch sollen die verschiedenen Dislokationstypen angeführt werden, die in

1 Für die gesamte Arbeit wird folgende Vorgehensweise eingehalten: Entstammen mehrere zitierte Beispiele innerhalb einer Nummerierung verschiedenen Autoren, wird die Quelle direkt nach den jeweiligen Äußerungen angegeben; entstammen alle Zitate der gleichen Quelle, wird diese nur einmal nach dem letzten Beispiel der Nummerierung angegeben. Um in der vorliegenden Arbeit eine einheitliche Notationsweise zu erzielen, kann die Darstellung der Beispiele in Bezug auf Kursivität, Indizierung etc. von der Originalquelle abweichen. 2 Laut Grohmann (2000c, 147) geht der Begriff der Linksdislokation (Left Dislocation) auf Ross (1967) zurück, welcher wiederum auf Maurice Gross verweist.

3.2 Allgemeine Eigenschaften der Dislokation |

23

den beiden untersuchten Sprachen etabliert und differenziert werden können, bevor diese dann näher charakterisiert werden. Wie bereits oben deutlich wurde, ist die Dislokation gekennzeichnet durch eine links oder rechts vom Satz befindliche XP, die üblicherweise mit einem resumptiven Element innerhalb des Satzes koreferent ist. Im Französischen ist dies meist (aber nicht immer) ein Klitikon. Ob eine solche Doppelung ein notwendiges/hinreichendes Kriterium für das Vorliegen einer Dislokationsstruktur ist, wird kontrovers diskutiert. Dies stellt vor allem bezüglich der Subjektdoppelung eine zentrale Frage dar und ist eng mit der generellen Diskussion um den Status französischer Subjektklitika verbunden. Diese Debatte ist allerdings ausschließlich auf die gesprochene Sprache zu beziehen, womit hier der Terminologie von Koch & Oesterreicher (2011) folgend die Ebene der Konzeption gemeint ist. Diese Nähevarietät wird auch als Colloquial French bezeichnet und steht dem formellen, konzeptionell-geschriebenen Französischen (Standard French) gegenüber (vgl. u. a. Culbertson, 2010; Gelderen, 2011). In diesem Sinne argumentieren diverse Autoren, dass Subjektklitika im gesprochenen Französischen im Rahmen eines Grammatikalisierungsprozesses ihren Argumentstatus verloren haben und als Kongruenzaffixe zu analysieren sind (vgl. u. a. Culbertson, 2010; Fuß, 2005; Givón, 1976) bzw. sich gerade in einem Entwicklungsprozess in diese Richtung befinden (Gelderen, 2011). Im Rahmen dieser Affix-Hypothese werden Subjektklitika als mit dem finiten Verb in I/T generiert betrachtet, während die kanonische Subjektposition entweder von einem nichtklitischen Subjekt besetzt wird oder leer bleibt. Hiernach handelt es sich im gesprochenen Französischen um eine Nullsubjektsprache, in der das Subjekt nicht overt realisiert werden muss. Sind in einer Äußerung sowohl ein klitisches Subjekt als auch ein nicht-klitisches, präverbales Subjekt vorhanden, wird dies nicht als Dislokation analysiert, sondern als Subject Doubling. Dem steht die Position gegenüber, dass französische Subjektklitika sehr wohl Argumentstatus haben (vgl. z. B. Côté, 1999, 2001; De Cat, 2002, 2005; Rizzi, 1986; Kayne, 1975). Diese Argument-Hypothese legt die Annahme zugrunde, dass französische Subjektklitika als Argumente die kanonische Subjektposition besetzen. Hiernach ist Subject Doubling nicht möglich und ein gleichzeitiges Auftreten von nicht-klitischem und klitischem Subjekt führt zur Einstufung einer Äußerung als Dislokation, da das nicht-klitische Subjekt in der Peripherie angesiedelt sein muss. Einige zentrale Argumente dieser Diskussion werden im Folgenden zusammenfassend dargestellt. Dass sich Subjekt-Verb-Kongruenz typischerweise über einen Wandel von starken Pronomen hin zu klitischen Pronomen und dann weiter zu Affixen vollzieht, wird in der Literatur häufig und für diverse Sprachen beschrieben (vgl. z. B. Culbertson, 2010; Fuß, 2005; Gelderen, 2011; Givón, 1976). Evidenz dafür,

24 | 3 Beschreibung der Zielsysteme dass sich dieser Prozess auch im heutigen gesprochenen Französischen vollzogen hat und französische Subjektklitika somit Affix-Status haben, findet sich auf verschiedenen Ebenen. So weist Culbertson (2010) darauf hin, dass französische Subjektklitika einige phonologische Eigenschaften aufweisen (Fusion, Elision und Liaison), die eher typisch für Affixe sind als für syntaktisch unabhängige Elemente. Die Autorin findet auch auf prosodischer Ebene Evidenz für die AffixHypothese: Sie zeigt, dass insbesondere gedoppelte Objekte eine für die Linksdislokation typische Prosodie aufweisen, während Äußerungen mit gedoppeltem Subjekt dies nicht einheitlich zeigen und sich prosodisch ähnlich wie Äußerungen mit nicht-gedoppeltem Subjekt verhalten. Dies steht jedoch im Gegensatz zu der von Jun & Fougeron (2000) und Kaiser (2008) angeführten Beobachtung, dass sich sehr wohl prosodische Unterschiede zwischen Strukturen mit und ohne Subjektdoppelung zeigen (vgl. auch Kap. 3.4). Ein Beleg für den Argumentstatus französischer Subjektklitika ist das Auftreten bestimmter Konstruktionen wie (i) Äußerungen, in denen die Negationspartikel ne zwischen Subjektklitikon und Verb interveniert, (ii) Inversion von Subjektklitikon und Verb, sowie (iii) das Auftreten klitischer Subjekte mit weitem Skopus in koordinierten VPn (vgl. z. B. De Cat, 2002, 2005; Kaiser, 2008). Während De Cat (2005) postuliert, dass entsprechende Strukturen im gesprochenen Französischen noch immer produktiv sind, treten sie anderen Studien zufolge nicht auf (Culbertson, 2010; Fuß, 2005; Gelderen, 2011). Auch in Culbertsons Studie finden sich allerdings vereinzelte Belege der oben genannten Art. Der Annahme folgend, dass französische Sprecher über die Grammatik sowohl des Colloquial French als auch des Standard French verfügen, schreibt Culbertson alle Äußerungen, für die eine Affix-Analyse der Subjektklitika problematisch ist, dem Standard French zu. Dies macht ihren Ansatz sehr schwer falsifizierbar. Hierfür wäre eine genauere Analyse der Eigenschaften aller Äußerungen notwendig, die dem Colloquial French einerseits und dem Standard French andererseits entsprechen. Ein weiteres zentrales Argument gegen die Affix-Hypothese ist die Beobachtung, dass bestimmte DP-Typen nicht mit einer Subjektdoppelung einhergehen können, nämlich QPn sowie (einige) indefinite DPn und wh-Elemente (vgl. auch Kap. 3.5). Im Rahmen der Argument-Hypothese wird davon ausgegangen, dass die Doppelung des Subjekts hier nicht möglich ist, da Konstituenten dieser Art nicht ohne Einschränkung topikalisch sein können, was wiederum mit disloziierten Elementen assoziiert wird. Dass die nicht-klitischen Subjekte nun weder in einer linksperipheren Topik-Position stehen können, noch in der kanonischen Subjektposition, die durch das Klitikon besetzt wird, erklärt diese Einschränkung. Unter der Annahme, dass nicht-klitische Subjekte in der kanonischen Subjektposition stehen, stellt sich die Frage, warum nicht alle DPn als gedoppelte Subjekte auftreten können. Dies lässt sich nach Culbertson (2010) über die Hypothese erklären,

3.2 Allgemeine Eigenschaften der Dislokation |

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dass das Subjektklitikon im Französischen nur dann overt realisiert wird, wenn es mit der DP in allen Merkmalen übereinstimmt. Die Autorin nimmt diesbezüglich an, dass das Klitikon nicht nur die φ-Merkmale trägt, sondern auch positive Merkmale in Bezug auf Definitheit und Zugänglichkeit. Dass QPn/indefinite DPn das Merkmal [-definit] tragen und darin nicht mit dem Klitikon übereinstimmen, führt demnach dazu, dass dieses phonetisch nicht realisiert wird. Als Argument für eine Grammatikalisierung französischer Subjektklitika wird mitunter auch aufgeführt, dass die Subjektdoppelung nicht immer informationsstrukturell motiviert ist. So berichtet beispielsweise Fuß (2005, 251), dass insbesondere Subjektdoppelungen der 1. und 2. Person Singular meist eine „basic, non-dislocation interpretation“ aufweisen; worauf diese Beurteilung allerdings beruht, geht aus der Arbeit nicht hervor. Hiernach stellen Subjektdoppelungen die unmarkierte Sprachform dar und erfüllen somit keine spezielle informationsstrukturelle Funktion. Dies steht aber Beobachtungen gegenüber, denen zufolge die große Mehrheit aller Subjektdoppelungen im Französischen sehr wohl informationsstrukturelle Eigenschaften ausdrückt, die mit der übergeordneten Funktion der Topik-Markierung einhergehen (vgl. u. a. Ashby, 1988, 1994; Barnes, 1985, 1986; De Cat, 2002). Ein weiteres Argument gegen die GrammatikalisierungsHypothese ist die Beobachtung, dass nicht jede französische Äußerung über ein Subjektklitikon verfügt, sodass Sätze mit lexikalischen DPn (ohne Subjektdoppelung) mitunter keine overte Kongruenzmarkierung aufweisen (Ashby, 1982; De Cat, 2005). Gleichzeitig läge nach der Affix-Hypothese eine Redundanz der Kongruenzmarkierung vor, indem diese mitunter sowohl durch das Subjektklitikon als auch durch die Verbalflexion ausgedrückt wird, was in ökonomischer Hinsicht nicht wünschenswert ist (De Cat, 2002, 2005). Zudem lässt sich eine präfixale Kongruenzmarkierung im Französischen in keinem anderen Bereich verzeichnen, wo diese durchweg durch Suffixe realisiert wird (z. B. bei Adjektiven oder dem Participe Passé; vgl. De Cat, 2005; Kaiser, 2008). Die oben dargestellten Aspekte, für deren ausführliche Diskussion auf die hier genannten Quellen verwiesen werden muss, machen deutlich, wie komplex die Frage in Bezug auf den Status französischer Subjektklitika ist. Dass sich das Französische möglicherweise in einem solchen Wandlungsprozess klitischer Subjekte von Argumenten hin zu Affixen befindet, der allerdings noch nicht abgeschlossen ist, könnte den Sachverhalt zusätzlich besonders schwierig machen (Gelderen, 2011; Kaiser, 2008). In der vorliegenden Arbeit wird die Annahme zugrunde gelegt, dass Subjektklitika im gesprochenen Französischen Argumente darstellen, die in der kanonischen Subjektposition angesiedelt sind. Das gleichzeitige Auftreten von klitischem und nicht-klitischem Subjekt innerhalb einer Äußerung führt demnach stets zu deren Charakterisierung als Dislokation.

26 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Dies lässt jedoch die Frage offen, ob auch jede Dislokation zwangsläufig ein resumptives Element involviert. Während einige Autoren die Anwesenheit des Resumptivums als notwendiges Kriterium der französischen Dislokationsstruktur sehen (z. B. Rowlett, 2007; Riemsdijk, 1997), existiert auch der Standpunkt, dass es sich hier um ein fakultatives Element handelt (vgl. z. B. Cinque, 1990; De Cat, 2002; Iatridou, 1995; Anagnostopoulou, 1997; Rizzi, 1997). Der zweiten Position folgend kann also auch eine XP, die nicht durch ein Resumptivum aufgegriffen wird, ein disloziiertes Element darstellen, wenn die Äußerung die syntaktische und logische Struktur einer Dislokation aufweist (vgl. auch Carroll, 1982a). In diesem Fall muss zur Identifizierung einer Konstruktion als Dislokation auf andere Eigenschaften als die Doppelung zurückgegriffen werden, wie z. B. auf die Prosodie oder den informationsstrukturellen Kontext. Die (umstrittene) Annahme, dass die Anwesenheit des resumptiven Elements optional ist, muss in jedem Fall enger eingegrenzt werden: Ist die disloziierte Konstituente ein Subjekt, dann muss das koreferente resumptive Element realisiert werden (vgl. auch De Cat, 2002). Dies ergibt sich aus dem von Chomsky (1981) formulierten Erweiterten Projektionsprinzip und der hier zugrunde gelegten Annahme, dass das Französische keine Nullsubjektsprache darstellt. Auch im Deutschen wird die Obligatheit resumptiver Elemente in Dislokationsstrukturen diskutiert, wobei generell angenommen wird, dass hier immer ein Resumptivum involviert ist. Im Deutschen existiert auch die Konstruktion der Topikalisierung, die sich oberflächlich betrachtet durch das ‚Fehlen‘ des Resumptivums auszeichnet. Man kann also zwischen disloziierten und topikalisierten Konstituenten unterscheiden: (2)

a. Die Suppei , diei esse ich nicht b. Die Suppei ∅i esse ich nicht

Die Anwesenheit des resumptiven Elements kann also als Kriterium betrachtet werden, welches im Deutschen die Dislokation von der Topikalisierung abgrenzt. Dies stützt die Annahme, dass Resumptiva in deutschen Dislokationsstrukturen obligatorisch sind (vgl. auch Altmann, 1981; Grohmann, 1997; Zaenen, 1997). Im Verlauf dieses Kapitels wird sich jedoch zeigen, dass dies nicht ausnahmslos für alle Dislokationstypen gilt. Sowohl im Französischen als auch im Deutschen ist die Dislokation der konzeptionell-gesprochenen Sprache zuzuordnen (vgl. auch Kap 3.3).³ Für das Französische wird gezeigt, dass Dislokationen sehr häufig sind und ein charakteristi-

3 In allen folgenden Ausführungen wird stets Bezug auf das konzeptionell-gesprochene Französische und Deutsche genommen, wenn es nicht ausdrücklich anders vermerkt wird.

3.2 Allgemeine Eigenschaften der Dislokation |

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sches Merkmal der Sprache darstellen (vgl. u. a. Carroll, 1982a; Ashby, 1982, 1994; De Cat, 2002; Lambrecht, 1980; Rowlett, 2007; Parisse, 2008). Hierbei stellen sie keine Entwicklung des modernen Französischen dar, sondern waren auch schon in früheren Sprachstufen verankert (vgl. u. a. Ayres-Bennett & Carruthers, 2001; Blasco-Dulbecco, 1999; Campion, 1984; Härmä, 1990; Parisse, 2008; Stark, 1997). Im Gegensatz zum Deutschen liegen für das Französische zahlreiche Studien vor, die das quantitative Auftreten von Dislokationen untersuchen. So enthalten nach De Cat (2002, 79) etwa 24 % aller Sätze mindestens ein disloziiertes Element, wenn man alle grammatischen Kategorien mit einbezieht.⁴ Nur auf Deklarativsätze bezogen weisen 33 % aller Äußerungen ein disloziiertes Element auf (vgl. Tab. 4.10 in De Cat, 2002, 98). In frühen Arbeiten zu Dislokationen im Deutschen wurde häufig die Frage thematisiert, ob diese Konstruktionen überhaupt in der Sprachkompetenz deutscher Sprecher verankert sind, oder ob es sich hier um ein performatives Phänomen handelt. Als solche wurden sie in normativ orientierten Arbeiten häufig interpretiert als „Möglichkeiten, falsche Annahmen bzw. Mängel in der Vorausplanung einer sprachlichen Äußerung relativ unauffällig zu korrigieren“ (Altmann, 1981, 73), wohingegen sie für die formelle Sprache als unangemessen bewertet wurden. In diesem Zusammenhang weist u. a. auch Scheutz (1997) darauf hin, dass es sich bei (Links)dislokationen um Strukturen handelt, die sehr eng mit dem Sprachplanungsprozess verbundenen sind. Neuere Arbeiten belegen hingegen, dass Dislokationen in prosodischer, informationsstruktureller und syntaktischer Hinsicht strikten Regelmäßigkeiten unterliegen und somit auch als durch das deutsche Sprachsystem gegebene Möglichkeit interpretiert werden müssen, womit sie ein Kompetenzphänomen darstellen. Auf Zusammenhänge dieser Art wird in den Kapiteln 3.3 und 3.5 noch näher eingegangen. In jedem Fall sind Dislokationsstrukturen für das Deutsche weniger typisch als für das Französische, was mit einem vergleichsweise niedrigeren Gebrauch einhergeht. Dies führt u. a. Krassin (1994) darauf zurück, dass die mit der französischen Dislokation erzielten informationsstrukturellen Effekte im Deutschen auch über diverse andere Möglichkeiten erreicht werden können, wie beispielsweise Betonung und Wortstellungsvariationen, welche französischen Sprechern nur in eingeschränktem Maße zur Verfügung stehen. Über das quantitative Auftreten von Dislokationen im Deutschen können allerdings keine genauen Angaben gefunden werden. Möglicherweise resultiert dies daraus, dass die meisten ein-

4 In die von De Cat (2002) durchgeführte Studie fließen auch Daten des Französischen in Belgien und Kanada ein; alle in der hier vorliegenden Arbeit von De Cat zitierten Werte beziehen sich aber ausschließlich auf das Französische in Frankreich, wenn nicht anders vermerkt.

28 | 3 Beschreibung der Zielsysteme schlägigen Studien keine umfangreichen Sprachkorpora analysieren, aus denen sich Frequenzen ableiten lassen, sondern auf konstruierten Beispielen, Grammatikalitätsurteilen oder vereinzelten natürlichen Sprachbeispielen basieren. Hinzu kommt, dass bis etwa zum Ende des 20. Jahrhunderts Dislokationen im Deutschen wenig intensiv behandelt wurden (vgl. Altmann, 1981; Grohmann, 1997). Altmann (1981, 16) charakterisiert sowohl Links- als auch Rechtsdislokationen im Deutschen als „in der mündlichen Sprache recht häufig“; allerdings wird weder deutlich, auf welche Größenordnung der relative Begriff „häufig“ hindeutet, noch, ob es sich hier um quantitative Ergebnisse oder lediglich um einen intuitiven Eindruck handelt. Zudem spricht der Autor an späterer Stelle von einem „vergleichsweise seltenen Auftreten dieser Konstruktionen“ (Altmann, 1981, 75), was der obigen Beschreibung widerspricht. Die Lage in Bezug auf das quantitative Auftreten von Dislokationsstrukturen im Deutschen ist also alles andere als klar. Unter anderem aus diesem Grund wird in Kap. 5 die Frequenz von Dislokationen im erwachsenen Sprachgebrauch des Deutschen basierend auf den hier erhobenen Daten dargestellt. Grundsätzlich können verschiedenste Kategorien von Konstituenten disloziiert werden, z. B. Subjekte, Objekte, Adjektive, Adverbien, Präpositionalphrasen, finite und infinite Sätze etc. Besonders häufig sind aber nominale Konstituenten von der Dislokation betroffen. Hinsichtlich des Französischen zeigt De Cat (2002, 92), dass die meisten disloziierten Elemente DPn (39 %) oder starke Pronomen (33 %) sind (vgl. auch Carroll, 1982a). In anderen Studien hingegen überwiegen disloziierte Elemente pronominaler Natur gegenüber lexikalischen Konstituenten (vgl. Barnes, 1985; Stark, 1997). Eine zentrale Rolle kommt vor allem der Subjektdislokation zu (vgl. Barnes, 1985; De Cat, 2002; Jeanjean, 1981; Campion, 1984; Carroll, 1982b; Sankoff, 1982; Rowlett, 2007).⁵ Wenn lexikalische Subjekte auftreten, so sind sie meist (links)disloziiert. Diverse Autoren beobachten sehr hohe Raten präverbaler lexikalischer Subjekte, die mit einem Klitikon koreferent sind (und somit der Subjekt-Linksdislokation zugeordnet werden können); diese schwanken zwischen 70 % und 93 % (Auger, 1991; Barnes, 1986; Campion, 1984; De Cat, 2002; Sankoff, 1982).⁶ Lexikalische DPn ohne Doppelung durch ein Resumptivum treten hingegen Lambrecht (1986) folgend mit einer relativen Häu-

5 Das widerlegt auch die mitunter in der Literatur angestellte Vermutung, dass die Dislokation im Französischen eine mangelnde Wortstellungsflexibilität kompensiert, da Subjekte ohnehin schon satzinitial stehen. 6 Die Studien von Auger und Campion betreffen das in Kanada gesprochene Französische.

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figkeit von nur etwa 3 % auf.⁷ Betrachtet man alle Möglichkeiten der Subjektrealisierung insgesamt (einschließlich klitischer Pronomen ohne Doppelung), so liegt die Rate der Subjektdislokation nach Blasco-Dulbecco (1999) bei etwa 10 %. Vergleichbare Werte weist De Cat (2002) in dieser Hinsicht in Bezug auf LD-Subjekte (7 %) und RD-Subjekte (8 %) auf. In Bezug auf Objekte zeigt sich ein etwas selteneres Auftreten in Dislokationsstrukturen: Nach Barnes (1986) machen Objekte ca. 6 % aller linksdisloziierten Elemente aus. Auch für das Deutsche kann gezeigt werden, dass nominale Konstituenten in Dislokationsstrukturen eine übergeordnete Rolle spielen. So bringt die Studie von Scheutz (1997) das Ergebnis hervor, dass etwa 75 % aller LDn nominale Phrasen (vor allem definite DPn) betreffen. Dies geht mit der Beobachtung einher, dass die meisten Studien zu deutschen Dislokationen sich ausschließlich mit nominalen Konstituenten befassen. Vor allem Subjekt- und Objektdislokationen, die auch nach Selting (1993) den Großteil aller Dislokationsstrukturen im Deutschen ausmachen, stellen die am häufigsten in der Literatur herangezogenen Äußerungen dar.⁸ Die zweitgrößte Gruppe linksdisloziierter Elemente stellen nach Scheutz (1997) mit ca. 11 % Präpositionalphrasen dar; andere Elemente wie Adverbien, Demonstrativpronomen und infinitivische Phrasen sind zwar als disloziierte Elemente möglich, treten dem Autor folgend mit einer relativen Häufigkeit von 2-3 % aber nur sporadisch auf. Insgesamt motivieren diese frequenziellen Verhältnisse im Französischen und Deutschen den in der vorliegenden Arbeit gewählten Forschungsschwerpunkt, der auf der Dislokation nominaler Konstituenten und insbesondere auf der von Subjekten liegt. In der Literatur zu französischen Dislokationen (nicht aber zum Deutschen) wird auch ein quantitativer Vergleich von Links- und Rechtsdislokationen gezogen, wobei sich kein einheitliches Bild abzeichnet. Blasco-Dulbecco (1999) gibt an, dass etwa 69 % aller Dislokationen die linke Peripherie betreffen. In Fragesätzen überwiegen De Cat (2002) folgend hingegen rechtsdisloziierte Elemente (75 % bzw. 58 %), während in Bezug auf deklarative (Haupt)sätze auch die Beobachtung beschrieben wird, dass das Verhältnis von Links- und Rechtsdislokationen nahezu ausgeglichen ist (De Cat, 2002; Clark, 1986). Da die hier vorliegende Studie auf

7 Nicht-disloziierte Subjekte sind i. d. R. nicht durch lexikalische Nomen sondern durch Subjektklitika vertreten; nach Jeanjean (1981) beläuft sich die Quote rein klitischer Subjekte auf 92 %, Lambrecht (1987) folgend sogar auf 97 %. 8 Die Studien von Selting beruhen auf der Analyse spontaner, natürlicher Gespräche, die sie aber in Bezug auf den Umfang (Anzahl der untersuchten Gespräche, Sprecher etc.) nicht näher beschreibt.

30 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Deklarativsätze beschränkt ist, ist die letztgenannte Beobachtung von besonderem Interesse. Im Folgenden werden die verschiedenen Arten der Dislokation, die für das Französische und Deutsche relevant sind, grob anhand ihrer typischen Eigenschaften skizziert. Eine eingehende Charakterisierung erfolgt in Kap. 3.3 bis 3.6.

3.2.1 Die Linksdislokation Bei der Linksdislokation handelt es sich nicht um ein einheitliches Phänomen, sondern es können (auch innerhalb einer Sprache) verschiedene Arten der LD identifiziert werden. Zuvor wurde bereits darauf eingegangen, dass auch nicht resumptiv aufgenommene Elemente unter Umständen als linksdisloziiert betrachtet werden können. Dies veranschaulichen die folgenden Beispiele. (3)

a. [...] moii , la bicyclettej , jei n’aime pas me fatiguer [...] ich das Fahrrad ich NEG-mag nicht mich anstrengen [...] ich, das Fahrrad, ich strenge mich nicht gerne an (Riemsdijk, 1997, 4) b. Apropos Pferde, hast du Peters neue Stallungen schon gesehen ? (Altmann, 1981, 49)

In (3) werden die linksperipheren Konstituenten la bicyclette bzw. Pferde nicht resumptiv im Satz aufgenommen, sondern es liegt lediglich eine Form der semantischen aboutness vor, über welche die Elemente thematisch mit dem Satz verknüpft sind (vgl. auch Hirschbühler, 1997). Diese Art der Linksdislokation kann Riemsdijk (1997, 4) folgend als Loose Aboutness Left Dislocation (LALD) bezeichnet werden und entspricht der von Stark (1997) als absolute Rahmensetzung (ARS) bezeichneten Konstruktion.⁹ Das linksdisloziierte Element stellt hier kein Argument des Satzes dar, sondern eine Art thematisches Bezugselement bzw. interpretativen Rahmen. Konstruktionen dieser Art werden in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt, da hier ausschließlich resumptiv aufgenommene Subjekte und Objekte sowie nicht-gedoppelte Subjekte analysiert werden. Sowohl im Französischen als auch im Deutschen können weitere Formen der Linksdislokation identifiziert werden, welche sich im Gegensatz zur LALD in der Regel durch die Anwesenheit eines Resumptivums im Satz auszeichnen. Neben

9 Nach Scheutz (1997) ist diese Art der LD im Deutschen recht selten, wobei der Autor jedoch keine genauen quantitativen Angaben macht.

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der Hanging Topic Left Dislocation (HTLD)¹⁰, die für beide Sprachen attestiert werden kann, spielen im Französischen die Clitic Left Dislocation (ClLD) und im Deutschen die Contrastive Left Dislocation (CLD) eine übergeordnete Rolle.¹¹ Einige Autoren gehen davon aus, dass auch bei der HTLD die Anwesenheit des Resumptivums nicht zwingend erforderlich ist (De Cat, 2002; Rowlett, 2007). Hiernach ist aber eine Unterscheidung zwischen der oben charakterisierten LALD und der HTLD schwer möglich; tatsächlich zählen diverse Autoren die LALD implizit zur HTLD. In der vorliegenden Arbeit wird hingegen die Annahme zugrunde gelegt, dass HTLD-Konstruktionen ein resumptives Element involvieren (vgl. z. B. Riemsdijk, 1997), dessen Natur aber in verschiedener Hinsicht variabler ist als bei der ClLD bzw. der CLD. Bei HTLD-Konstruktionen ist einerseits die Art des Resumptivums nicht festgelegt und kann verschiedene Formen annehmen, womit sich die Konstruktion von den anderen Dislokationsarten unterscheidet. Andererseits wird davon ausgegangen, dass die linksdisloziierte Konstituente eher lose mit dem Satz verknüpft ist (vgl. z. B. De Cat, 2002; Riemsdijk, 1997), was sich typischerweise u. a. durch die Abwesenheit morphosyntaktischer Verbundenheitsmerkmale zeigt. In französischen ClLD-Konstruktionen ist das resumptive Element im Satz klitischer Natur (vgl. z. B. Cinque, 1977, 1990; Rowlett, 2007).¹² Zudem sind die linksperipheren Konstituenten – wenn dies möglich ist – kasusmarkiert und weisen somit eine morphosyntaktische Verbundenheit mit dem Satz auf. Eigenschaften dieser Art führen zu der Annahme, dass ClLD-Elemente, im Gegensatz zu HTLD-Konstituenten, eine engere syntaktische Verknüpfung zum Satz aufweisen (vgl. u. a. Anagnostopoulou, 1997; De Cat, 2002; Cinque, 1977; Hirschbühler, 1997; Larsson, 1979). Dass eine eindeutige Abgrenzung von HTLD- und ClLD-Strukturen im Französischen anhand der hier aufgezeigten und weiteren Charakteristika aber mitunter sehr schwierig oder sogar unmöglich ist, wird bereits von Barnes (1985)

10 Anstelle des Hanging Topic ist in der germanistischen Literatur auch der Begriff des Freien Themas (FT) verbreitet (vgl. z. B. Altmann, 1981). 11 Der Begriff der Contrastive Left Dislocation ist in der einschlägigen Literatur (in sprachenübergreifender Hinsicht) sehr geläufig und wird auch hier herangezogen, ohne dass aber zwangsläufig Kontrastivität involviert ist (vgl. auch Frey, 2004b, 2005b). Alternative Bezeichnungen sind Linksversetzung (LV; Altmann, 1981), Contrastive Dislocation (CD; Zaenen, 1980, 1997) oder German Left Dislocation bzw. Left-dislocation of German (GLD/LD-G; Frey, 2004a, 2005b). 12 Mit generischer Lesart kann allerdings auch das deiktische ça als Resumptivum auftreten (vgl. De Cat, 2002). Der Status von ça wird kontrovers diskutiert: Obwohl ihm kein allgemein anerkannter Klitikon-Status zugesprochen wird, geht u. a. Ferdinand (1996, 70ff.) davon aus, dass es sehr wohl als klitisches Pronomen einzustufen ist, wenn es als Subjekt auftritt.

32 | 3 Beschreibung der Zielsysteme und De Cat (2002) verzeichnet. Auf die Problematik der eindeutigen Zuordnung wird auch Kap. 3.3 bis 3.6 verstärkt eingegangen. Die Unterscheidung zwischen CLD und HTLD im Deutschen wird von diversen Autoren getroffen (vgl. z. B. Altmann, 1981; Cinque, 1977; Frey, 2004a; Grohmann, 2000c; Riemsdijk, 1997). Hier spielt, wie bei der Unterscheidung zwischen ClLD und HTLD im Französischen, ebenfalls die Natur des resumptiven Elements eine zentrale Rolle. Grundsätzlich kommen als Resumptiva im Deutschen Elemente verschiedener Kategorien in Frage. Typisch sind hier vor allem pronominale Elemente, wobei zwischen demonstrativen Pronomen (d-Pronomen) und Personalpronomen (p-Pronomen) unterschieden werden kann.¹³ Die d-Pronomen weisen schwache und starke Formen auf. Schwache d-Pronomen sind in ihrer Form homomorph mit denen des definiten Artikels (vgl. Grohmann, 2000a). Starke d-Pronomen sind hingegen die, die auch in der traditionellen Literatur im Deutschen als Demonstrativpronomen vorgestellt werden. Neben Pronomen kommen auch referenzielle Ausdrücke (z. B. epithetisch verwendete DPn) als Resumptiva in Frage. Während HTLD-Konstruktionen hinsichtlich des Resumptivums frei sind, involvieren CLD-Äußerungen ausschließlich schwache d-Pronomen als resumptive Elemente (vgl. z. B. Altmann, 1981; Anagnostopoulou, 1997; Cinque, 1997; Grohmann, 1997, 2000c; Riemsdijk & Zwarts, 1997; Vat, 1997). Handelt es sich bei der disloziierten XP in einer CLD-Struktur um eine nominale Konstituente, wird häufig angenommen, dass diese unter anderem in Bezug auf ihre Kasusmerkmale obligatorisch mit dem Resumptivum übereinstimmt, womit sie – wie im Französischen die ClLD – syntaktische Verbundenheit zum Satz aufweist (vgl. z. B. Altmann, 1981; Frey, 2004a; Vat, 1997). Dies ist bei HTLD-Äußerungen nicht der Fall. Altmann (1981) identifiziert in seiner Arbeit zwei weitere Formen der Linksversetzung im Deutschen, nämlich die vokativische NP (vgl. (4a)) und die Wiederholung (vgl. (4b)). (4)

a. Du Idiot! Das ist kein Rotwein, das ist Benzin!

(Altmann, 1981, 51)

b. Dui , dui hälsde glabe ! Du du hältst-die Klappe Du hältst die Klappe! (Baumgärtner, 1959, 94; zitiert nach Altmann, 1981, 52)¹⁴ 13 Strenggenommen umfassen d-Pronomen nicht nur demonstrative Pronomen, sondern auch andere Elemente, die eine demonstrative Funktion ausüben können, wie beispielsweise da, darauf, daran etc. (Grohmann, 1997, 11f.). 14 Das Beispiel entstammt einer von Baumgärtner (1959) durchgeführten Untersuchung zur in Leipzig verwendeten Umgangssprache.

3.2 Allgemeine Eigenschaften der Dislokation |

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Vokativische NPn sind meist keine Satzargumente und werden somit auch nicht resumptiv aufgenommen; Strukturen dieser Art werden in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt. Die Abgrenzung der Wiederholung von CLD- und HTLD-Konstruktionen stützt Altmann maßgeblich auf informationsstrukturelle Beobachtungen, da es sich hier nicht um Thematisierungsstrukturen handelt, sondern um Aufmerksamkeitssignale wie „Formen der Kontaktaufnahme, der Diskurseinleitung, der Intensivierung“ (Altmann, 1981, 52). Dies scheint jedoch als Ausschlusskriterium nicht überzeugend, da auch andere Typen der LD solche Effekte hervorrufen, ohne dass sie auf konzeptioneller Ebene abgegrenzt werden. Insbesondere für die französische Linksdislokation kann gezeigt werden, dass auch dort Subjektpronomen der 1. und 2. Person häufig gedoppelt in der linken Peripherie auftreten; dies führt in der einschlägigen Literatur aber zu keinem Zweifel an der Tatsache, dass es sich hierbei um Dislokationen handelt. Im Verlauf der Arbeit wird die Wiederholung weder ausgeschlossen noch als eigener Dislokationstyp gewertet, sondern zu den bereits etablierten LD-Typen gezählt. Auch für das Deutsche besteht bezüglich diverser Eigenschaften der verschiedenen LD-Typen Uneinigkeit und nicht immer kann eine eindeutige Unterscheidung getroffen werden. Diese Problematik wird in Kap. 3.6 vertieft diskutiert.

3.2.2 Die Rechtsdislokation Für das Französische wird häufig argumentiert, dass es sich bei Strukturen mit rechtsdisloziierten Konstituenten um das Gegenstück zur ClLD handelt, weshalb häufig die Bezeichnung Clitic Right Dislocation (ClRD) herangezogen wird. Die französische RD teilt einige wesentliche Charakteristika mit der ClLD (vgl. De Cat, 2002, 110f.). Auch hier ist die Obligatheit des Resumptivums umstritten, wobei zahlreiche Autoren den Standpunkt vertreten, dass seine Anwesenheit in aller Regel obligatorisch ist (vgl. z. B. De Cat, 2002; Lambrecht, 1986; Larsson, 1979; Rowlett, 2007). Ist ein Resumptivum vorhanden, so handelt es sich, wie bei der ClLD auch, meist um ein Klitikon (Ferdinand, 1996). Ebenfalls parallel zur ClLD wird die Annahme formuliert, dass die RD-Konstituente (wenn möglich) in Bezug auf Kasus und andere Phänomene Verbundenheit zum Resumptivum aufweisen muss (vgl. u. a. De Cat, 2002, 2007; Rowlett, 2007). Die hier aufgezeigten Merkmale sind kompatibel mit der Ansicht, dass ClLD und RD ähnliche Phänomene sind, die sich lediglich dadurch unterscheiden, ob sie links oder rechts vom Satz auftreten. Generell wird angenommen, dass es ein entsprechendes Gegenstück für die HTLD nicht gibt (vgl. z. B. Larsson, 1979; Stark, 1997). Im Deutschen ist die Situation in Bezug auf rechtsversetzte Konstituenten noch komplexer als in der linken Satzperipherie, da es diverse Konstruktionen

34 | 3 Beschreibung der Zielsysteme gibt, die eine „Verschiebung“ eines Elements nach rechts erlauben (Altmann, 1981). Auch nach Auer (1991) ist die RD nur eine unter mehreren rechtsperipheren Expansionstypen im Deutschen, wobei er die Expansion definiert als „Erweiterung an sich abgeschlossener Sätze“ (Auer, 1991, 149). Hierbei muss die Rechtsdislokation von der Apposition, der Ausklammerung und dem Nachtrag abgegrenzt werden. Zwar bezieht sich das Appositionselement – wie eine RD-Konstituente – auf ein Element im Satz. Appositionen sind aber im Gegensatz zu RDn als eigenständige, satzwertige Ausdrücke zu beschreiben (vgl. auch Altmann, 1981): (5)

a. Ich habe das Hausi für ganz wenig Geld gekauft, ich meine das (Haus)i des Bürgermeisters (Altmann, 1981, 59)

Ausklammerung und Nachtrag unterscheiden sich hingegen von der Rechtsdislokation, indem sie kein Element aus der vorangegangenen Äußerung resumptiv wieder aufgreifen, wie in (6a) für die Ausklammerungen und in (6b) für den Nachtrag gezeigt wird.¹⁵ (6)

a. Kanns ja heut abend nochmal anrufen zu Hause

(Auer, 1991, 146)

b. Wie weit is des entfernt ? (.) von Port Dixon ?

(Auer, 1991, 148)

Für eine detailliertere Diskussion der Unterschiede zwischen den verschiedenen genannten Expansionstypen muss an dieser Stelle auf Altmann (1981) und Auer (1991) verwiesen werden. In der Literatur wird häufig die Annahme vertreten, dass im Deutschen die RD in etwa als Gegenstück zur CLD gesehen werden kann, wohingegen es für die HTLD kein Pendant gibt (vgl. z. B. Altmann, 1981). Auch auf die hier präsentierten und grob skizzierten Typen der Rechtsdislokation wird in den nachfolgenden Kapiteln 3.4 bis 3.6 genauer eingegangen, um ihre Eigenschaften detaillierter darzustellen.

3.2.3 Zusammenfassung Die vorangegangenen Abschnitte haben grob die verschiedenen Dislokationstypen im Französischen und Deutschen dargestellt. Da in der vorliegenden Arbeit die Dislokation von Satzargumententen (Subjekten und Objekten) fokussiert wird, wird die LALD von der Analyse ausgeschlossen. Im Deutschen werden ausschließlich Dislokationen analysiert, die eine resumptive Doppelung enthalten, sodass 15 Laut Auer (1991) ist der Unterschied zwischen Ausklammerung und Nachtrag die prosodische Integration der RD-Konstituente, die nur bei der Ausklammerung vorliegt. Die Notation (.) in (6b) drückt die Sprechpause aus, die die prosodische Nicht-Integriertheit des Nachtrags von Port Dixon bewirkt.

3.3 Varietätenlinguistische Eigenschaften der Dislokation | 35

auch vokativische NPn, Appositionen, Ausklammerungen und Nachträge nicht berücksichtigt werden. Für die linke Satzperipherie des Französischen werden in den folgenden Abschnitten die Clitic Left Dislocation und die Hanging Topic Left Dislocation diskutiert. Letztere existiert auch im Deutschen, wo außerdem die Contrastive Left Dislocation einen zentralen Stellenwert hat. Die Rechtsdislokation wird meist als Pendant zur ClLD (im Französischen) bzw. zur CLD (im Deutschen) betrachtet, wohingegen für die HTLD kein entsprechendes Gegenstück identifiziert wird (für divergierende Annahmen vgl. aber Averintseva-Klisch, 2006, 2007, 2008; De Cat, 2002, 2007). In den folgenden Kapiteln wird genauer auf die varietätenlinguistischen, prosodischen, informationsstrukturellen und vor allem syntaktischen Merkmale der hier vorgestellten Dislokationsarten eingegangen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten.

3.3 Varietätenlinguistische Eigenschaften der Dislokation Dislokationsstrukturen werden in der Literatur im Zusammenhang mit varietätenlinguistischen Eigenschaften diskutiert; dieses Kapitel stellt einige zentrale Beobachtungen in komprimierter Form dar. Nach Koch & Oesterreicher (2011) können vier verschiedene Varietätendimensionen differenziert werden, nämlich konzeptionelle Mündlichkeit/Schriftlichkeit, Diaphasik (Sprachgebrauch in Abhängigkeit vom Stil), Diastratik (Sprachgebrauch in Abhängigkeit von sozialen Gruppen und Schichten) und Diatopik (Sprachgebrauch in Abhängigkeit von räumlichen/geographischen Gegebenheiten). Während hier die ersten beiden Dimensionen von übergeordneter Rolle sind, werden diastratische Zusammenhänge nur am Rande betrachtet, während die diatopische Dimension nicht berücksichtigt wird.

3.3.1 Mündlichkeit/Schriftlichkeit Mündlichkeit und Schriftlichkeit können sowohl auf das Medium als auch auf die zugrunde liegende Konzeption sprachlicher Äußerungen bezogen werden (Koch & Oesterreicher, 2011; Söll, 1974). Das Medium bezieht sich auf die Form der sprachlichen Realisierung, die entweder phonisch oder graphisch sein kann; die Konzeption betrifft hingegen „den sprachlichen Duktus von Äußerungen“ (Koch & Oesterreicher, 2011, 3) in Abhängigkeit von der Kommunikationssituation. In der vorliegenden Arbeit wird mit den Begriffen gesprochene/geschriebene Sprache stets

36 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Bezug auf die Konzeption genommen. In dieser Hinsicht lassen sich Dislokationen besonders als Phänomen der gesprochenen Sprache charakterisieren. So zeigt Blasco-Dulbecco (1999) in ihrer Studie, dass im gesprochenen Französischen 10% aller Subjekte disloziiert werden, in der Schriftsprache hingegen nur 2,9 % (für die Beobachtung, dass Dislokationen überwiegend im gesprochenen Französischen auftreten und in der Schriftsprache sehr selten sind, vgl. auch Bally, 1951; Calvé, 1978; Carroll, 1982a). Dies geht mit der häufig verzeichneten Beobachtung einher, dass Dislokationen ein Charakteristikum ungeplanter Sprache sind (Ayres-Bennett & Carruthers, 2001; Keenan & Schieffelin, 1976a), was typisch für die gesprochene Sprache ist; in diesem Zusammenhang beschreibt unter anderem Stark (1997, 5) den „geringen Planungsgrad von sprechsprachlichen Äußerungen.“ Als Konstruktionen, die „den Bedürfnissen der mündlichen Kommunikation angepasst“ sind (Altmann, 1981, 16),¹⁶ werden Dislokationen auch im Deutschen als Phänomen der gesprochenen Sprache angesehen, während sie im geschriebenen Deutschen eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. auch Scheutz, 1997).

3.3.2 Diaphasik Der Gebrauch von Dislokationen im Französischen wurde auch in Abhängigkeit von verschiedenen Sprachvarietäten untersucht, wohingegen vergleichbare Studien für das Deutsche nicht vorliegen. Wie u. a. Campion (1984) und De Cat (2002) zeigen, hängt das Auftreten von Dislokationen vom Formalitätsgrad der Sprache ab. Sowohl für die Links- als auch für die Rechtsdislokation kann gezeigt werden, dass sie besonders in informellen Sprachstilen auftreten (vgl. Calvé, 1978; Campion, 1984; De Cat, 2002; Rowlett, 2007; Rodman, 1997). Diese Zusammenhänge bestätigt auch Carroll (1982a) in ihrer Untersuchung zweier Nähevarietäten des gesprochenen Französischen, die sie als Français standard und Français populaire bezeichnet.¹⁷ Die Standardvarietät definiert sie als „style parlé soutenu qui apparaît dans des contextes formelles“ (Carroll, 1982a, 239), im Gegensatz zum Français populaire, welches die Umgangssprache darstellt. Die Autorin stellt quantitative (aber keine qualitativen) Unterschiede im Gebrauch von Dislokationen zwischen beiden Varietäten fest: „On trouve un peu plus d’éléments détachés

16 Der Autor verweist wiederum auf Beobachtungen von Behaghel (1927). 17 Die Untersuchung basiert größtenteils auf dem Korpus Centre-Sud von Doran et al. (1982), aber auch auf Grammatikalitätsurteilen über Introspektion. Hierbei stellen die Daten allesamt Äußerungen des kanadischen Französisch dar.

3.3 Varietätenlinguistische Eigenschaften der Dislokation | 37

par phrases en français populaire qu’en français standard et on les trouve un peu plus fréquemment dans le vernaculaire que dans un style formel“ (Carroll, 1982a, 236). Einen solchen Unterschied zwischen verschiedenen Nähevarietäten der gesprochenen Sprache verzeichnet auch Lambrecht (1980), der Dislokationen als typisches Merkmal des Non-Standard French (NSF) und weniger des Standard French (SF) identifiziert.¹⁸ Insgesamt lässt sich also festhalten, dass Dislokationen deutlich häufiger in informellen als in formellen Kontexten des gesprochenen Französischen auftreten. Für das Deutsche berichtet auch Altmann (1981), dass Dislokationen in der Umgangssprache häufiger/typischer sind als in der formellen Sprache und in offiziellen Situationen, wobei jedoch keine quantitativ basierten Studien herangezogen werden.

3.3.3 Diastratik Für das Französische liegen diverse Studien vor, die den Dislokationsgebrauch bei verschiedenen Sprechergruppen beleuchten. So gibt es nach Ashby (1982, 40) eine leichte Tendenz, der zufolge Gruppen mit „niedrigerem“ sozialen Status („‘lower’ class speakers“) mehr Dislokationen verwenden. Diese auf Sprechern in Frankreich beruhende Beobachtung wird auch durch die von Campion (1984) analysierten Subjekt-Linksdislokationen kanadischer Sprecher bestätigt. Dies deutet darauf hin, dass Dislokationen möglicherweise ein geringes Prestige aufweisen und aus diesem Grund von ‚höheren‘ sozialen Schichten weniger gebraucht werden. In diesem Zusammenhang geht Campion auch auf den Geschlechterunterschied ein. Sie vertritt die Ansicht, dass auch geschlechtsspezifische Diskrepanzen in der Verwendung sprachlicher Strukturen ein Indikator für deren Prestige sein können, da „women are generally more inclined to use the standard or prestigious forms“ (Campion, 1984, 135). Zwar belegt die von ihr durchgeführte Studie, dass Frauen mit 35 % aller nominaler Subjekte etwas seltener Gebrauch von Dislokationen machen als Männer (42 %); allerdings stellen sich diese Abweichungen als nicht signifikant heraus, sodass ein systematischer Unterschied nicht bestätigt werden kann. Auch Ashby (1982) zeigt, dass ein Vergleich zwischen Männern und Frauen in Bezug auf die Verwendung von Linksund Rechtsdislokationen lexikalischer Subjekte keine systematischen Diskrepanzen hervorbringt. In Bezug auf das Alter der Sprecher kann gezeigt werden, dass

18 In etwa ist Lambrechts Standard French mit Carrolls Français Standard und Lambrechts NonStandard French mit Carrolls Français Populaire gleichzusetzen.

38 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Dislokationsstrukturen im Französischen bei jungen Sprechern weiter verbreitet sind als bei älteren (vgl. Ashby, 1982; Rowlett, 2007). Zum Deutschen liegen hinsichtlich des Auftretens von Dislokationsstrukturen in Abhängigkeit verschiedener Sprechergruppen keinerlei Untersuchungen vor.

3.3.4 Zusammenfassung Sowohl im Französischen als auch im Deutschen können Dislokationen als Merkmal konzeptionell gesprochener Sprache identifiziert werden und betreffen vorwiegend informelle Varietäten. Dies deckt sich mit der von Auer (1991, 156) formulierten Hypothese, der zufolge Dislokationen aus den allgemeinen Bedingungen und Ansprüchen der gesprochenen Sprache abzuleiten sind und „deshalb als Tendenz in den umgangssprachlichen Erscheinungsformen vieler Sprachen [...] zu erwarten“ sind. Im Französischen wurde zudem die Beobachtung verzeichnet, dass besonders junge Sprecher häufiger Gebrauch von Dislokationen machen. Die Form der in der vorliegenden Studie gewählten Datenerhebung (gesprochene Sprache in informeller, spontaner Interaktion mit jungen Kindern) sollte das verstärkte Auftreten von Dislokationen begünstigen. Dennoch kann hinterfragt werden, ob die Aufnahmesituation die Kinder in ihrem Sprachgebrauch beeinflusst. In dieser Hinsicht merkt Ashby (1994, 130) im Rahmen seiner Untersuchungen an, dass bei der empirischen Datenerhebung der Formalitätsgrad der Sprache schon durch die Situation (Aufnahme, Konfrontation mit interagierender Person etc.) angehoben werden kann. So schlussfolgert er, dass selbst bei Bemühungen, den Formalitätsgrad niedrig zu halten, die Sprache seiner Versuchspersonen mindestens als careful speech nach Labov (1972) eingestuft werden muss.¹⁹ Einflussfaktoren dieser Art könnten auch für die hier vorliegende Studie möglicherweise verzerrende Effekte haben. Auf diese Zusammenhänge und die Vorgehensweisen, um Effekte dieser Art möglichst gering zu halten, wird in Kap. 5 eingegangen.

19 Der Sprachstil careful speech zeichnet sich, im Gegensatz zu den Varietäten spontaneous speech und casual speech, dadurch aus, dass ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit auf das Verwenden der eigenen Sprache gerichtet ist.

3.4 Prosodische Eigenschaften der Dislokation |

39

3.4 Prosodische Eigenschaften der Dislokation In diesem Kapitel werden die prosodischen Eigenschaften diskutiert, welche Dislokationsstrukturen im Französischen und im Deutschen typischerweise aufweisen. Die Prosodie einer Äußerung umfasst „suprasegmentale lautliche Phänomene“, zu denen Tonhöhe, Lautstärke und Dauer zählen (Pustka, 2011, 130). Die Prosodie von Dislokationsstrukturen kann also nicht auf eine Eigenschaft heruntergebrochen werden, sondern ergibt sich aus dem Zusammenspiel diverser Merkmale. Eine besonders zentrale Rolle spielt der Grad der prosodischen Integriertheit des disloziierten Elements in den Satz. Im Folgenden werden die hier aufgeführten prosodischen Kriterien basierend auf den in der Literatur gemachten Beobachtungen mit Dislokationen im Französischen und Deutschen in Verbindung gebracht.

3.4.1 Die Linksdislokation Der französischen Linksdislokation können verschiedene typische prosodische Eigenschaften zugewiesen werden, was anhand der Äußerung in (7) veranschaulicht wird. (7)

La PORTei , ↑ | ellei est fermée Die Tür sie ist geschlossen Die Tür ist geschlossen

(De Cat, 2002, 69)

In der Regel erfolgt von der ersten bis zur letzten Silbe des LD-Elements eine Stimmanhebung, sodass diese letzte Silbe (hier porte) eine vergleichsweise hohe Tonhöhe aufweist (vgl. De Cat, 2002; Rowlett, 2007); dies wird durch das Symbol ↑ gekennzeichnet. Gleichzeitig ist diese Silbe besonders laut (Rossi, 1999; Rowlett, 2007). Beides bewirkt die prosodische Hervorhebung bzw. Akzentuierung dieser Silbe (vgl. auch Mertens et al., 2002), wobei der Hauptakzent in (7) durch Großbuchstaben markiert wird. Zwischen der letzten Dislokationssilbe und dem darauffolgenden Satz tritt dann ein Absinken der Stimme auf (vgl. Deshaies et al., 1993; Guilbault, 1993), was als prosodischer Bruch zwischen LD-Element und Satz wahrgenommen wird. Auf diese Weise formen LD-Konstituenten Mertens et al. (2002) folgend eigenständige Intonationsgruppen. Diese prosodische NichtIntegriertheit wird weiter durch die Sprechpause verstärkt, die typischerweise zwischen dem linksdisloziierten Element und dem Satz auftritt (vgl. z. B. Rober-

40 | 3 Beschreibung der Zielsysteme ge, 1990; Cadiot, 1992; Geluykens, 1992; Pierce, 1992; Auger, 1994; Kaiser, 1994) und oben durch die vertikale Linie (|) veranschaulicht wird.²⁰ Wenngleich die hier dargestellten prosodischen Merkmale sehr häufig für die französische Linksdislokation beschrieben werden, bieten sie keine Grundlage für eine eindeutige Einordnung von Äußerungen als Dislokationsstrukturen. So zeigt De Cat (2002), dass die für LD-Elemente obligatorische Stimmanhebung optional auch bei lexikalischen, nicht-disloziierten Subjekten auftreten kann. Auch in Bezug auf die Lautstärke disloziierter und nicht-disloziierter Subjekte lassen sich nach Rossi (1999) keine systematischen Unterschiede erkennen. Und schließlich wird die Sprechpause zwischen LD-Element und Satz als optional beschrieben (Stark, 1997), während sie gleichermaßen (wenn auch seltener) nach nichtdisloziierten Subjekten auftreten kann (De Cat, 2002).²¹ Zusammenfassend kann zwar eine für die französische LD typische Prosodie charakterisiert werden, von welcher einzelne Äußerungen aber durchaus abweichen können. Prosodische Eigenschaften allein sind demnach zur Identifizierung von Linksdislokationen im Französischen nicht ausreichend. Im Deutschen werden die CLD und die HTLD in prosodischer Hinsicht unterschiedlich charakterisiert. Während die HTLD auch hier als eigenständige Intonationsgruppe beschrieben wird, gilt das CLD-Element als prosodisch in den Satz integriert. Hier weist die deutsche CLD Altmann (1981) folgend recht einheitlich ein prosodisches Muster wie in (8) dargestellt auf. (8)

Den Ottoi , → deni mag jeder (Frey, 2005b; zitiert nach Averintseva-Klisch, 2008, 239)

Die CLD-Konstituente zeichnet sich durch ein progredientes Tonmuster aus (Altmann, 1981; Frey, 2005a; Scheutz, 1997), d. h. durch „eine auf Fortsetzung gerichtete Steigkontur“ (Stark, 1997, 100), was in (8) durch das Symbol → ausgedrückt wird. Der progrediente Tonhöhenverlauf ist laut Altmann Evidenz dafür, dass das CLD-Element keine selbstständige prosodische Einheit bildet (vgl. auch Selting, 1993, 1994). Üblicherweise liegt auf dem CLD-Element ein Akzent, der je-

20 Deshaies et al. (1993) zeigen jedoch anhand einer feinen akustischen Analyse, dass LDn sich nicht über eine Pause zwischen dem disloziierten Element und dem Satz definieren; vielmehr entsteht durch eine Streckung der letzten Dislokationssilbe lediglich der Eindruck einer solchen Pause. 21 Cinques (1997) Hypothese, dass nur die HTLD, nicht aber die ClLD durch eine solche Sprechpause gekennzeichnet ist, kann durch die oben zitierten akustischen Analysen nicht bestätigt werden. Geluykens (1992) zeigt aber für das Englische, dass die Prosodie von LDn mit der konkreten informationsstrukturellen Funktion interagiert. Zusammenhänge dieser Art könnten für die weitere Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Dislokation gewinnbringend sein.

3.4 Prosodische Eigenschaften der Dislokation | 41

doch nicht den Hauptakzent des Satzes darstellt. Optional kann zwar eine Sprechpause zwischen dem LD-Element und dem Satz auftreten, welche aber besonders bei kurzen CLD-Konstituenten kaum vorhanden/hörbar ist (Grohmann, 2000a,c). Im Gegensatz zum prosodischen Erscheinungsbild der CLD ist das der HTLD weitaus freier und variabler, indem das HTLD-Element ein steigendes, fallendes oder progredientes Tonmuster aufweisen kann (Altmann, 1981); das Beispiel in (9) weist ein Absinken der Tönhöhe auf, gekennzeichnet durch das Symbol ↓. (9)

OTtoi ↓ |, jeder mag ihni (Frey, 2005b; zitiert nach Averintseva-Klisch, 2008, 239)

Im Gegensatz zur CLD ist das disloziierte Element bei der HTLD obligatorischerweise durch eine deutliche Sprechpause vom Satz getrennt (Altmann, 1981; Grohmann, 2000c). In HTLD-Strukturen trägt das linksdisloziierte Element einen Hauptakzent, der im direkten Vergleich jedoch etwas schwächer ausgeprägt ist als der Hauptaktzent innerhalb des Satzes (Altmann, 1981). Aufgrund dieser Eigenschaften wird, wie für die französische HTLD aber anders als für die deutsche CLD, häufig die Schlussfolgerung gezogen, dass es sich beim HTLD-Element im Deutschen um „eine Konstituente in eigener prosodischer Einheit“ handelt (Selting, 1993, 297); (vgl. auch Altmann, 1981; Selting, 1994). Die Annahme, dass es sich bei HTLD-Elementen um eigenständige Intonationseinheiten handelt, wohingegen CLD-Konstituenten prosodisch in den Satz integriert sind, ist kompatibel mit der Ansicht, dass CLD-Elemente im Gegensatz zu HTLD-Konstituenten auch auf syntaktischer Ebene integriert sind, was in Kap. 3.6 eingehender diskutiert wird. Problematisch an den oben genannten Untersuchungen zur Prosodie deutscher Dislokationen ist jedoch die Tatsache, dass die Beschreibungen allesamt ausschließlich auf der Beurteilung der Autoren beruhen, ohne Zuhilfenahme akustischer Messverfahren, was „eine Menge subjektiver Festlegungen voraussetzt“ (Scheutz, 1997, 34).

3.4.2 Die Rechtsdislokation Während im Französischen Rechtsdislokationen hinsichtlich ihrer Prosodie relativ einheitlich beschrieben werden, zeichnen sich im Deutschen zwei verschiedene Muster ab, wobei eine der Alternativen den im Französischen aufgezeigten Beobachtungen gleicht. Hier werden RD-Elemente als reduzierte Kopien des Satzes charakterisiert (Altmann, 1981; De Cat, 2002). Dies soll anhand der Beispiele in (10) konkretisiert werden.

42 | 3 Beschreibung der Zielsysteme (10)

a. Jei la connais PAS, hein, moii Ich sie kenne nicht ne ich Ich kenne sie nicht b. Ich MAG siei nicht, | die BriGITtei

(De Cat, 2002, 57) (Averintseva-Klisch, 2006, 17)

Die RD-Konstituente moi in (10a) ist vergleichsweise unbetont und auch leiser als der vorangehende Satz (Carroll, 1982b; Lambrecht, 1981). Auch die Satzmelodie des RD-Elements hängt laut De Cat (2002) vom Satz ab und ist verhältnismäßig flach. Das RD-Element spiegelt somit die Prosodie des vorangegangenen Satzes mit verringerter Tonhöhe, Lautstärke und Akzentuierung wider (vgl. auch Ashby, 1994; Labelle & Valois, 1996; Rossi, 1999). Die Frage um die prosodische Abgrenzung rechtsdisloziierter Elemente vom Satz durch eine Sprechpause wird für das Französische intensiv und kontrovers diskutiert. Während einige Autoren davon ausgehen, dass die Sprechpause obligatorisch ist (Carroll, 1982b; Kaiser, 1994; Pierce, 1992, 1994), argumentieren andere, dass es keine (obligatorische) Pause gibt (De Cat, 2002; Rossi, 1999; Rowlett, 2007). So zeigt auch Ashby (1994) in seiner empirischen Analyse, dass in 79 % der von ihm analysierten Fälle keine Pause zwischen der RD-Konstituente und dem Satzkern auftritt. Wie schon erwähnt, existiert im Deutschen ein ähnliches prosodisches Muster der Rechtsdislokation (vgl. (10b)), wobei hierbei das RD-Element explizit als prosodisch eigenständige, nicht in den Satz integrierte Konstituente aufgefasst wird. Die RD-Konstituente trägt einen eigenen Akzent und weist ein eigenständiges Tonmuster auf, welches, wie oben beschrieben, i. d. R. das Tonmuster des Satzes in reduzierter Form widerspiegelt. In diesem Fall wird eine Sprechpause zwischen Satz und RD-Element als obligatorisch (Altmann, 1981) oder zumindest sehr typisch betrachtet (Averintseva-Klisch, 2006). Neben diesen prosodisch abgegrenzten Rechtsdislokationen wird im Deutschen auch ein alternatives prosodisches Erscheinungsbild der RD beschrieben, in welchem das disloziierte Element als prosodisch in den Satz integriert zu verstehen ist. Dies wird in (11) veranschaulicht. (11)

Ich MAG siei nicht, die Brigittei

(Averintseva-Klisch, 2006, 17)

Hier wird der Tonhöhenverlauf ohne Unterbrechung über den Satz hinaus fortgesetzt, wobei das RD-Element selbst nicht akzentuiert wird und nicht als eigenständige Intonationsgruppe aufgefasst wird; auch eine Sprechpause zwischen dem Satz und dem rechtsdisloziierten Element liegt nicht vor (Altmann, 1981). Durch die hier beschriebenen prosodischen Kriterien ergeben sich für das Deutsche, auch wenn möglicherweise keine vollkommene Korrelation herrscht, zwei relativ klar voneinander unterscheidbare Muster. Hiernach ist die RD-Konstituente entweder prosodisch vom Satz abgegrenzt (10b) oder in diesen integriert (11).

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 43

Obwohl sich die Rechtsdislokation prosodisch betrachtet durch recht einheitliche Beschreibungen auszeichnet, gibt es sowohl im Französischen als auch im Deutschen durchaus Abweichungen von den aufgezeigten Mustern (vgl. z. B. Altmann, 1981; De Cat, 2002), sodass durchaus eine gewisse Variabilität existiert und die hier dargestellten Eigenschaften nicht ausnahmslos auf alle Dislokationskonstruktionen zutreffen müssen.

3.4.3 Zusammenfassung Die in den vorangegangenen Abschnitten skizzierte Beschreibung von Dislokationen im Französischen und Deutschen in prosodischer Hinsicht bringt zwei wesentliche Beobachtungen hervor. Zunächst bieten die verschiedenen Kriterien eine Möglichkeit der Einstufung verschiedener Dislokationstypen hinsichtlich des Grades der prosodischen Integriertheit der disloziierten Konstituente in den Satz. Sowohl bei Links- als auch bei Rechtdislokationen im Französischen und Deutschen gibt es Konstruktionen, in denen disloziierte Elemente prosodisch betrachtet mehr oder weniger in den Satz integriert sind. Dies kann sich auch in informationsstrukturellen und/oder syntaktischen Merkmalen widerspiegeln, was Gegenstand der nächsten Kapitel sein wird. Die zweite Schlussfolgerung ist, dass es sich bei den beobachteten prosodischen Mustern nicht um feste Gesetzmäßigkeiten handelt, sondern eher um quantitative Tendenzen, von denen es durchaus Abweichungen geben kann. Die aufgezeigten Eigenschaften müssen nicht zwangsläufig immer erfüllt sein, damit eine Konstruktion als Dislokation identifiziert werden kann. Die Prosodie kann demnach nicht als eindeutiges Kriterium der Identifizierung und Kategorisierung von Dislokationsstrukturen herangezogen werden. Vielmehr wird argumentiert, dass sie lediglich als zusätzliches Kriterium (neben syntaktischen/informationsstrukturellen Faktoren) zur Analyse hinzugezogen werden sollte (vgl. De Cat, 2002, 77).

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation Im Französischen werden informationsstrukturelle Effekte im Wesentlichen durch syntaktische Mittel bewirkt (vgl. u. a. De Cat, 2002; Harris, 1978, 1985; Lambrecht, 1994; Mithun, 1995). Dies ist unter anderem nach Rowlett (2007, 172) zurückzuführen auf die „rigidity of the phonology, in particular the unavailability of prosody to highlight pragmatically salient constituents“ (vgl. hierzu auch Ayres-

44 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Bennett & Carruthers, 2001; Calvé, 1978). Die Dislokation ist hierbei ein häufig genutztes Mittel, mit dem informationsstrukturelle Effekte erzielt und Äußerungen auf eine bestimmte Weise im Diskurs verankert werden können. Dies wird auch für das Deutsche intensiv diskutiert. In diesem Kapitel werden einige zentrale Annahmen zum Zusammenhang zwischen Dislokationen und der Informationsstruktur von Äußerungen dargestellt, wobei Links- und Rechtsdislokationen separat diskutiert werden. Bei den Ausführungen wird auf die informationsstrukturellen Kernkonzepte zurückgegriffen, die in Kapitel 2.2 vorgestellt wurden. Von besonderer Relevanz ist hierbei das Konzept der Topikalität.

3.5.1 Die Linksdislokation In der Literatur wird (auch übereinzelsprachlich) häufig die Annahme formuliert, dass linksdisloziierte Elemente dem Satztopik entsprechen und die LD somit eine Struktur ist, die Topikalität syntaktisch markiert. Dieser Zusammenhang zwischen Linksdislokationen und Topikalität wird auch für das Französische (Ashby, 1988; Barnes, 1985; De Cat, 2002, 2003, 2004; Ferdinand, 1996; Lambrecht, 1986; Stark, 1997; Riemsdijk, 1997) und für das Deutsche belegt (Altmann, 1981; Auer, 1997; Baumgärtner, 1959; Grohmann, 2003; Jacobs, 2001; Selting, 1993, 1994).²² Ob hierbei aber ausnahmslos alle LD-Elemente als Topiks zu interpretieren sind, wird kontrovers diskutiert, was im Folgenden zunächst für das Französische und anschließend für das Deutsche zusammenfassend dargestellt wird. Im Französischen existieren hinsichtlich der Frage, ob LD-Elemente und Topiks vollkommen gleichgesetzt werden können, konträre Standpunkte. Einerseits wird argumentiert, dass eine eher tendenzielle Korrelation zwischen disloziierten und topikalischen Konstituenten vorliegt, dass also Linksdislokationen besonders häufig, aber eben nicht immer Topikalität ausdrücken. So zeigt zum Beispiel Barnes (1985) in ihrer Studie, dass zwar viele LD-Konstituenten Topiks sind, es hierzu aber auch Ausnahmen gibt. Andererseits existiert auch eine Position, der zufolge jedes (nicht-pronominale) Satztopik disloziiert sein muss und auch umgekehrt jede (links)disloziierte Konstituente das Satztopik ausdrückt (vgl. De Cat, 2002, 2003). Diesen Standpunkt vertritt zumindest im Bezug auf Subjekte auch Lambrecht (1986), der im Rahmen eines skalaren Verständnisses von Topikalität dafür argumentiert, dass disloziierte Subjekte eine hohe Topikalität inneha-

22 Im Deutschen muss in dieser Hinsicht die LD von der Topikalisierung abgegrenzt werden, der häufig ebenfalls die Funktion zugewiesen wird, das Satztopik overt zu markieren (vgl. z. B. Jacobs, 2001; Müller & Sternefeld, 1993).

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 45

ben, wohingegen nicht-disloziierte lexikalische Subjekte eine geringere Topikalität aufweisen (d. h. keine Topiks sind). In jedem Fall kann eine enge Assoziation zwischen der französischen LD und dem Satztopik verzeichnet werden. Dies ist grundsätzlich auch für das Deutsche der Fall, wobei jedoch mitunter zwischen CLD- und HTLD-Konstruktionen differenziert wird. Während diverse Autoren implizit oder explizit davon ausgehen, dass sowohl CLD- als auch HTLDElemente Satztopiks darstellen (Altmann, 1981; Grohmann, 2003; Jacobs, 2001), argumentiert Frey (2004a, 2005a), dass dies nur für die CLD, nicht aber für die HTLD aufrechterhalten werden kann. Dies beruht auf der Annahme, dass es im Mittelfeld deutscher Sätze, und zwar „direkt oberhalb der Grundposition der Satzadverbiale“, eine Position gibt, wo ausschließlich Topiks stehen können (Frey, 2005b, 151).²³ Frey zeigt nun, dass das Resumptivum einer CLD-Struktur, wenn es im Mittelfeld vorkommt, nur in dieser Topik-Position oberhalb des Satzadverbials (hier zum Glück) stehen darf: (12)

a. [Seinemi Doktorvater]j , jeder Linguisti wird demj zum Glück Geld leihen b.

# [Seinemi Doktorvater]j , jeder Linguisti wird zum Glück demj Geld leihen (Frey, 2005a, 101)

Hieraus schließt der Autor, dass das CLD-Element (sowie das Resumptivum) im Deutschen immer das Satztopik ausdrücken müssen (vgl. hierzu auch AverintsevaKlisch, 2008). Gleichzeitig zeigt er, dass dies auf HTLD-Konstruktionen nicht zutrifft, da hier das Resumptivum in der Topik-Position oberhalb des Satzadverbials auftreten kann, aber nicht muss: (13)

a. Den/der Hansi , laut Maria wird anscheinend keiner ihni unterstützen

b. Den/der Hansi , laut Maria wird ihni anscheinend keiner unterstützen (Frey, 2004a, 212f.)

Hiernach kann die HTLD zwar das Topik markieren, dies ist aber nicht notwendigerweise der Fall, womit sie, im Gegensatz zur CLD, keine Topik-markierende Struktur per se darstellt (Frey, 2005a, 103). Während also zwar für beide LD-Typen im Deutschen die Topik-Markierung als häufige, übergeordnete Funktion angenommen wird, wird in informationsstruktureller Hinsicht noch feiner zwischen beiden Konstruktionen differenziert (vgl. u. a. Frey, 2004a,b, 2005a,b; Jacobs, 2001). Hierauf wird später noch vertieft eingegangen. 23 Der Autor belegt dies anhand verschiedener syntaktischer Minimalpaare, die Satzadverbiale enthalten, die eine Einschätzung des Sprechers in Bezug auf die gesamte ausgedrückte Proposition beinhalten und somit Skopus über die vollständige Proposition haben; für Details vgl. Frey (2004b, 2005b).

46 | 3 Beschreibung der Zielsysteme 3.5.1.1 Definitheit und Informationsstatus des Diskursreferenten In Bezug auf nominale Dislokationen im Französischen kann gezeigt werden, dass DPn, die wahrscheinlichere Topik-Kandidaten sind, auch mit höherer Frequenz disloziiert werden. Dies sind nach Rowlett (2007, 176) definite DPn „including proper, demonstrative and complex nominals, and strong proforms“ (vgl. auch De Cat, 2002). Darüber hinaus betreffen Dislokationen mit starker Überlegenheit Subjekte, welche wiederum sehr häufig Topiks darstellen (vgl. Kap. 2.2 und 3.2). Eine Sonderstellung im Bereich nominaler Dislokationen nehmen hingegen indefinite DPn ein. Obwohl diese deutlich seltener in Dislokationsstrukturen auftreten, ist dies nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wie es von einigen Autoren argumentiert wird (vgl. z. B. Ashby, 1994; Rizzi, 1986; Roberge, 1990). Stattdessen hängt die Möglichkeit der Disloziierung von informationsstrukturellen Bedingungen ab, was im Folgenden veranschaulicht wird. (14)

a. Un enfanti , ili aime pas dire la vérité Ein Kind es mag nicht sagen die Wahrheit Kinder sagen nicht gern die Wahrheit (Rowlett, 2007, 176) b.

(generische Lesart)

# Une de mes copinesi , ellei est géniale Eine von meinen Freundinnen sie ist genial Eine meiner Freundinnen ist genial (De Cat, 2002, 151)

(existenzielle Lesart)

Wie aus (14a) hervorgeht, können indefinite DPn mit generischer Lesart problemlos disloziiert werden, was nach diversen Autoren daran gebunden ist, dass die generische Lesart eine definite Interpretation bewirkt und damit den Topikstatus ermöglicht (vgl. u. a. Côté, 1999; De Cat, 2002; Ferdinand, 1996).²⁴ Anders verhält sich die Situation in Bezug auf DPn mit existenzieller Lesart, die nicht-topikalisch sind und somit nicht disloziiert werden können (vgl. u. a. De Cat, 2002; Côté, 1999; Ferdinand, 1996; Givón, 1976; Larsson, 1979; Lambrecht, 1981, 2001; Rowlett, 2007).²⁵ Dass indefinite DPn nur bedingt als disloziierte XPn auftreten können, ist 24 De Cat (2002, 147) argumentiert, dass indefinite DPn sogar disloziiert werden müssen, um die generische Lesart zu erhalten, und schließt daraus, dass generische indefinite Subjekte im gesprochenen Französisch immer disloziiert sein müssen. 25 Indefinite DPn mit existenzieller Lesart können aber Topiks darstellen, wenn sie über präsentative Konstruktionen eingeführt werden, die ihrerseits disloziiert sind (De Cat, 2002): i. J’ai une copinei , ellei est géniale Ich-habe eine Freundin sie ist genial Ich habe eine Freundin, die ist genial

(De Cat, 2002, 151f.)

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 47

also nicht auf kategoriell-grammatische Hintergründe zurückzuführen, sondern auf semantisch-referenzielle Zusammenhänge. Wenn eine indefinite DP eine definite Referenz hat (generische Lesart), kann sie das Satztopik darstellen und somit disloziiert werden. Hat sie aber eine keine definite Referenz (existenzielle Lesart), sind Topikalität und Disloziierung ausgeschlossen. Dass indefinite DPn mit spezifischer Lesart Topiks darstellen können, wird auch für das Deutsche argumentiert (Frey, 2004a, 2005a; Lambrecht, 1994; Reinhart, 1981; Scheutz, 1997). Als weitere Voraussetzung für Topikalität und somit Disloziierbarkeit wurde in Kap. 2.2 der Informationsstatus von Diskursreferenten genannt, was im Folgenden konkret für das Französische und Deutsche diskutiert werden soll. In seiner Topic Acceptability Scale gibt Lambrecht (1994) die Wahrscheinlichkeit an, zu welcher Diskursreferenten mit unterschiedlichem Informationsstatus akzeptable Topiks darstellen; hierbei kann in Bezug auf Identifizierbarkeit und Aktiviertheit zwischen aktiven, zugänglichen, ungebrauchten und brandneuen Referenten unterschieden werden (vgl. Kap. 2.2). Aus sprachenübergreifender Perspektive repräsentieren aktive Diskursreferenten am häufigsten Topiks, gefolgt von zugänglichen und schließlich von ungebrauchten Referenten; der Grund hierfür ist, dass die Interpretation aktiver Referenten als Topiks aufgrund ihres erhöhten Aktiviertheitsgrades kaum kognitiven Aufwand erfordert (Lambrecht, 1986). Brandneue Diskursreferenten sind in der Regel keine akzeptablen Topiks. Auch für das Französische wird gezeigt, dass disloziierte Elemente meist aktive/semi-aktive Diskursreferenten darstellen (vgl. z. B. Ayres-Bennett & Carruthers, 2001; Barnes, 1985, 1986; Lambrecht, 1986). Dennoch kann ein identifizierbarer Diskursreferent im Französischen auch dann in einer LD-Struktur auftreten, wenn er inaktiv ist: (15) Le mauvais tempsi , ci ’est déprimant Das schlechte Wetter, es-ist deprimierend Das schlechte Wetter ist deprimierend

(De Cat, 2002, 129)

Hier muss das disloziierte Subjekt le mauvais temps, welches das Topik darstellt, nicht aus dem (außer)sprachlichen Diskurs gegeben (also aktiv) oder zugänglich (also semi-aktiv) sein, da es Teil des permanenten Wissensspeichers ist und somit direkt abgerufen werden kann (vgl. Barnes, 1985; Lambrecht, 1981, 1986). Im Zusammenhang mit der Identifizierbarkeit und Aktiviertheit linksdisloziierter Diskursreferenten wird auch der Frage nachgegangen, ob sich die verschiedenen französischen LD-Typen (ClLD und HTLD) diesbezüglich systematisch unterscheiden. So schlägt Cinque (1977, 1979) vor, dass HTLD-Elemente inaktive Diskursreferenten darstellen, wohingegen ClLD-Elemente eher aktive/semi-aktive

48 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Referenten aufgreifen. Diese Annahme muss nach den von Barnes (1985, 1986) durchgeführten empirischen Untersuchungen jedoch verworfen werden. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Identifizierbarkeit von Diskursreferenten, nicht aber die Aktiviertheit, eine Voraussetzung für die Zielsprachlichkeit französischer Linksdislokationen darstellt. Dies wird auch auf der Basis diverser korpusbasierter Arbeiten für das Französische bestätigt (z. B. Ashby, 1982, 1988, 1994; Lambrecht, 1986, 1994). Auch im Deutschen wird die Identifizierbarkeit von Diskursreferenten im Zusammenhang mit der Linksdislokation diskutiert. Hierbei werden aber für CLD und HTLD mitunter verschiedene Schlussfolgerungen gezogen. Während für die CLD allgemein die Annahme vertreten wird, dass das disloziierte Element für den Hörer identifizierbar sein muss (vgl. z. B. Frey, 2004a; Scheutz, 1997; Zaenen, 1997), argumentiert Frey (2005a), dass dies für die HTLD nicht der Fall ist. Vergleiche hierzu die Beispiele in (16): (16)

a.

# Ein amerikanischer Linguisti , deri wird heute erfreulicherweise Autogramme geben (Frey, 2004a, 215)

b. Linguisten verschiedener Länder sind in unserem Dorf. Ein amerikanischer Linguisti , deri wird heute erfreulicherweise Autogramme geben (Frey, 2004a, 215) c. Einen netten jungen Manni , im Internet möchte Petra ihni kennenlernen (Frey, 2005a, 103) Frey zufolge ist die CLD-Struktur in (16a) in einem out-of-the-blue-Kontext inadäquat, da der disloziierte Referent für den Hörer nicht identifizierbar ist. In (16b) hingegen ist das LD-Element durch den vorangegangenen sprachlichen Kontext identifizierbar: Der Hörer kann erschließen, dass ein amerikanischer Linguist zu der genannten Gruppe der Linguisten verschiedener Länder gehört. Dies führt laut dem Autor zur Wohlgeformtheit der LD-Verwendung. Die HTLD-Struktur in (16c) kann Frey folgend auch ohne vorangehenden Kontext als wohlgeformt eingestuft werden, womit die HTLD im Deutschen auch Diskursreferenten betreffen kann, die für den Hörer nicht identifizierbar sind. Hiernach unterliegen HTLD-Elemente – im Gegensatz zu CLD-Elementen – nicht der Bedingung der Identifizierbarkeit. Gleichzeitig stützt diese Beobachtung Freys oben dargestellte Annahme, dass HTLD-Konstituenten keine Topiks sein müssen, da indefinite, unspezifische XPn wie die in (16c) kein Topik im Sinne der aboutness darstellen können. Nach Frey (2004a, 2005a) spielt auch die Aktiviertheit des Diskursreferenten bei der CLD eine wichtige Rolle, bei der HTLD hingegen nicht. Dieser Unterschied wird aus den folgenden Beispiele deutlich:

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 49

(17)

Die Kinder hatten ihren ersten Ferientag a. Der Ottoi , deri wollte Fußball spielen

(Frey, 2004a, 214)

b. Der Ottoi , eri wollte Fußball spielen

(Frey, 2004a, 230)

Frey zufolge muss sich der Otto in der CLD-Äußerung in (17a) als Weiterführung von (17) auf ein Individuum aus der dort genannten Gruppe der Kinder beziehen (vgl. auch Shaer & Frey, 2004). Ein CLD-Element ist also strikt an einen gegebenen Referenten oder an einen Referenten aus einer gegebenen Menge gebunden und muss somit entweder sprachlich/situativ evoziert (aktiv) oder zugänglich (semi-aktiv) sein. Dies ist bei HTLD-Strukturen wie in (17b) nicht der Fall: Hier kann es sich laut Frey bei dem Subjekt der Otto auch um ein Individuum handeln, das nicht in der in (17) gegebenen Menge der Kinder enthalten ist. Die HTLD muss sich also nicht auf aktive/semi-aktive Diskursreferenten beziehen, sondern kann auch inaktive Referenten einführen (vgl. auch Selting, 1993; Shaer & Frey, 2004). Zusammenfassend kann für das Deutsche festgehalten werden, dass die CLD nur identifizierbare, aktive/semi-aktive (also evozierte oder zugängliche) Referenten betrifft, wohingegen die HTLD auch mit ungebrauchten und sogar nichtidentifizierbaren Diskursreferenten auftreten kann. In den vorangegangenen Abschnitten wurde gezeigt, dass die Linksdislokation im Französischen und Deutschen unter dem Gesichtspunkt der Topikalität zu betrachten ist. Während dies mit gewissen Einschränkungen als übergeordnete informationsstrukturelle Eigenschaft der LD festgehalten werden kann, werden darüber hinaus in der Literatur verschiedene konkretere Funktionen voneinander abgegrenzt, welche die LD erfüllen kann. Diese werden im Folgenden kurz charakterisiert.

3.5.1.2 Konkrete informationsstrukturelle Funktionen der Linksdislokation Die folgenden informationsstrukturellen Funktionen werden in der Literatur für Dislokationen im Französischen, im Deutschen oder auch in sprachenübergreifender Hinsicht identifiziert, wobei nicht alle Funktionen von allen LD-Typen in den beiden hier untersuchten Sprachen erfüllt werden können:²⁶

26 Die meisten dieser Funktionen werden auch von Keenan & Schieffelin (1976a,b) für das Englische identifiziert, deren Studie eine der ersten systematischen Untersuchungen von Dislokationen hinsichtlich ihrer informationsstrukturellen Eigenschaften darstellt. Die hier vorgenommene Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern beschränkt sich auf einige zentrale und besonders häufig beschriebene Funktionen.

50 | 3 Beschreibung der Zielsysteme – – – – – –

Topik-Etablierung Topik-Wiedereinführung Topik-Wechsel Kontrastierung Ergreifen des Rederechts Referenzsicherung

Eine zentrale informationsstrukturelle Funktion der LD ist die erstmalige Einführung eines Referenten als Satztopik, was hier als Topik-Etablierung bezeichnet wird. Natürlich kann dieser Referent darüber hinaus optional auch als Diskurstopik etabliert werden (Lambrecht, 1981, 1986; Stark, 1997). Lambrecht argumentiert in diesem Zusammenhang, dass eine der Hauptfunktionen der Linksdislokation ist, „to mark the transition from an evoked to a given entity“ (Lambrecht, 1981, 64).²⁷ In diesem Sinne führt die LD ein Element in den sprachlichen Diskurs ein, welches zwar identifizierbar aber noch nicht aktiv ist, damit es in der nachfolgenden Prädikation als (aktives) Topik aufgegriffen und kommentiert werden kann. Diese Funktion wird sowohl für die französische auch als für die deutsche LD als typisch beschrieben. Die Topik-Wiedereinführung (engl. Topic Reintroduction) bezeichnet die erneute Etablierung solcher Referenten als Topiks, die im vorangegangenen Kontext schon einmal das Satztopik dargestellt haben, aber nicht in der direkt vorangegangenen Äußerung. Der Diskursreferent wird also nach einer längeren Sequenz, in der er unerwähnt blieb, mittels einer LD-Struktur erneut als Topik etabliert. Nach Barnes (1985, 113f.) handelt es sich hierbei um die typischste LD-Funktion im Französischen. Die Autorin beobachtet, dass sich generell etwa zwei Drittel aller LD-Elemente auf Referenten beziehen, die durch den vorangegangenen sprachlichen Diskurs gegeben sind; in dem von Ashby (1988) ausgewerteten Korpus halten sich sprachlich evozierte und nicht-evozierte LD-Elemente mit jeweils etwa 50 % die Waage. Im Deutschen kann die Funktion der Topik-Wiedereinführung sowohl für die CLD (Scheutz, 1997) als auch für die HTLD (Altmann, 1981) beschrieben werden. Allerdings kann nach Frey (2004a) die CLD (im Gegensatz zur HTLD) keine Konstituente betreffen, die in der direkt vorangegangenen Äußerung das Topik dargestellt hat, wie aus der CLD-Äußerung in (18a) und der HTLD-Struktur in (18b) hervorgeht:

27 Der Autor verwendet den Begriff der Evoziertheit im Sinne der Zugänglichkeit bzw. Erschließbarkeit und nicht, wie hier, im Sinne der sprachlichen/situativen Gegebenheit.

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 51

(18)

Heute hat Peteri erfreulicherweise einen Auftrag bekommen a.

# Dieser begabte Architekti , deri hat das wirklich verdient

b. Dieser begabte Architekti , eri hat das wirklich verdient (Frey, 2004a, 216f.) Laut Frey bewirkt der sprachliche Kontext Heute hat Peter erfreulicherweise einen Auftrag bekommen in (18), dass Peter das Satztopik darstellt. Eine anschließende Äußerung mit dem gleichen Diskursreferenten als CLD-Konstituente führt dem Autor folgend zu der diskurspragmatischen Nicht-Wohlgeformtheit von (18a).²⁸ Dass (18b) im Gegensatz dazu wohlgeformt ist, führt der Autor darauf zurück, dass es sich hier um eine HTLD-Äußerung handelt, welche sehr wohl eine Konstituente aufnehmen kann, die bereits topikalisch ist. Die CLD ist hiernach ein Mittel zur Erzeugung von Topikalität, nicht aber zur Aufrechterhaltung von Topikalität. Dies ist anders als bei der französischen ClLD, wo das LD-Element sehr wohl ein Element aufgreifen kann, welches bereits das Satztopik ist. Eine typische Funktion der LD ist der Wechsel zwischen verschiedenen Topiks. Dieser Topik-Wechsel (engl. Topic Shift), bei dem das aktuell eingeführte Topik ebenfalls entweder gegeben oder erschließbar sein kann, wird in (19) für das Französische veranschaulicht. (19)

M.: Y a Beth qui veut y aller, euh, y a Jean-Marc, [...] Es gibt Beth die will dort gehen euh es gibt Jean-Marc Es gibt Beth, die dort hingehen will, äh, es gibt Jean-Marc, [...] a. C.: Georgesi ii ’ n’y va pas, [...] Georges er NEG-dort geht nicht Georges geht da nicht hin [...]

(Barnes, 1985, 20)

In dem Mini-Diskursausschnitt in (19) wird der Referent Georges von Sprecher C. als Topik eingeführt und den Diskursreferenten Beth und Jean-Marc gegenübergestellt, über die Sprecher M. in der vorangegangenen Äußerung gesprochen hat. Die Funktion des Topik-Wechsels bezieht sich häufig nicht nur auf Satztopiks, sondern auch auf den Wechsel des übergeordneten Diskurstopiks, wobei aber nicht jedes LD-Element ein Diskurstopik darstellen muss (vgl. Barnes, 1985, 34f.). Für das Französische identifiziert Ashby (1988) diese informationsstrukturelle Funktion der LD in seiner empirischen Studie mit 53 % als sehr häufig. Nach Barnes (1986) spielen hier Personalpronomen der 1. Person Singular eine zentrale Rolle: 28 Diese Nicht-Wohlgeformtheit, die Frey (2004a) für (18a) postuliert, ist jedoch kritisch zu hinterfragen und keinesfalls so klar, wie vom Autor vorausgesetzt wird. Gleiches gilt für die später aufgeführte Äußerung in (20a).

52 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Da Subjektklitika im Französischen nicht zur Topik-Etablierung dienen können, können sie nur dann ohne koreferentes LD-Element auftreten, wenn der entsprechende Referent bereits vorher das Topik war. Das disloziierte Subjektpronomen in der 1. Person Singular dient im Französischen hiernach als „quasi-obligatory marker of a shift from some other topic to the current speaker as a topic“ (Barnes, 1986, 209). So erklärt sich Barnes folgend die starke Diskrepanz zwischen LDn im Französischen, von denen 43 % durch die 1. Person Singular repräsentiert sind, und dem Englischen, wo nur etwa 2 % aller LDn die 1. oder 2. Person darstellen (vgl. Keenan & Schieffelin, 1976a). Im Deutschen wird der durch die LD hervorgerufene Topik-Wechsel weniger intensiv in Bezug auf Satztopiks diskutiert, sondern meist hinsichtlich der Frage, ob die beiden LD-Typen neue Diskurstopiks einführen können. Hierbei können keine einheitlichen Ergebnisse verzeichnet werden. Selting (1993, 1994) argumentiert, dass es zwar Unterschiede insofern gibt, als die CLD eine „lokal anknüpfende kohärente Weiterführung des vorangegangenen Gesprächsthemas“ darstellt (Selting, 1993, 307), wohingegen HTLD-Elemente eben nicht lokal anknüpfen, sondern nur „im Rahmen eines übergeordneten Gesprächsthemas kohärent“ sind (Selting, 1993, 309). Dies ist kompatibel mit der von Stark (1997, 100) formulierten Beobachtung, dass die HTLD an „thematischen ‘Schaltstellen’ des Textes“ auftritt und somit ein Signal für den Hörer darstellt, der dadurch „auf einen neuen thematischen Abschnitt, einen prominenten Aussagegegenstand oder neue Einzelaussagen zum herrschenden ‘discourse topic’“ aufmerksam gemacht werden soll. Während Selting dennoch davon ausgeht, dass weder CLD noch HTLD ein neues Diskurstopik einführen können, existiert auch die hierzu konträre Annahme, dass die HTLD (nicht aber die CLD) sehr wohl ein neues Diskurstopik einführen kann (Frey, 2004a, 2005a; Scheutz, 1997), wie anhand von (20) veranschaulicht wird: (20)

Maria wird morgen mit Hans nach Paris fahren a.

# Der Hansi , deri ist sehr zerstreut in letzter Zeit

b. Der Hansi , eri ist sehr zerstreut in letzter Zeit

(Frey, 2004a, 217f.)

Laut Frey (2004a) kann zwischen dem sprachlichen Kontext in (20) und den weiterführenden Äußerungen in (20a,b) kein gemeinsames Diskurstopik gefunden werden, sodass letztere jeweils ein neues Diskurstopik einführen (nämlich Hans). Hierfür ist Frey folgend die HTLD angemessen (20b), die CLD hingegen nicht (20a). Der Autor gibt weiterhin an, dass der Wechsel des Diskurstopiks die häufigste Funktion der HTLD ist. Diesen Standpunkt vertritt auch Averintseva-Klisch (2008), die sogar davon ausgeht, dass die HTLD obligatorischerweise einen solchen Wechsel des Diskurstopiks herbeiführen muss.

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 53

Als weitere spezielle informationsstrukturelle Funktion der französischen LD identifiziert Barnes (1985) die Kontrastierung, bei welcher zwei Diskursreferenten²⁹ explizit einander gegenübergestellt werden. Diese treten sehr kurz hintereinander im Diskurs auf und werden üblicherweise vom gleichen Sprecher geäußert: (21)

Oui, nousi ci ’est les cafés, euxj cj ’est les fast foods Ja wir das-ist die Kaffees sie das-ist die Fast Foods Ja, wir sind die Kaffees, sie sind die Fast Foods

(Barnes, 1985, 18)

Der Unterschied zwischen Kontrastierung einerseits und (nicht-kontrastivem) Topik-Wechsel andererseits liegt also darin, ob eine explizite Gegenüberstellung erfolgt: „the first type might be seen as an explicit comparison, while the second may be only implicitly comparative“ (Barnes, 1985, 23). Laut der von Ashby (1988) durchgeführten Untersuchung bewirkt mit 24 % fast ein Viertel aller französischen LD-Äußerungen eine Kontrastierung. Als weitere LD-Funktion kann das Ergreifen des Rederechts (engl. Turn Taking) genannt werden (Auer, 1991). Wenn ein Sprecher nach dem Redebeitrag eines anderen Sprechers das Wort ergreifen und sich neu in die Konversation einbringen möchte, kann er hierfür eine Linksdislokation heranziehen, wobei es sich bei dem LD-Element dann in der Regel um das Personalpronomen der 1. Person Singular handelt. Stark (1997) merkt an, dass in LDn dieser Art das linksdisloziierte Subjektpronomen nicht zwangsläufig ein Satzargument darstellen und als solches resumptiv aufgenommen werden muss. (22)

Moi, l’Italie est au milieu d’la France de temps en temps Ich das-Italien ist in-der Mitte vom Frankreich von Zeit zu Zeit Für mich ist Italien manchmal mitten in Frankreich

(Stark, 1997, 99)

Das Beispiel in (22) zeigt, dass hier die disloziierte Konstituente noch nicht einmal semantisch direkt mit der Prädikation verknüpft sein muss; vielmehr bringt sie zum Ausdruck, dass der Sprecher nun seinen eigenen Standpunkt zu einem gegebenen Thema darstellen möchte.³⁰ Während Barnes das Ergreifen des Rederechts als sehr charakteristische Funktion der französischen LD beschreibt, kommt ihm nach Ashby (1988) mit einem Auftreten von nur 5 % ein eher marginaler Stellen-

29 Diese Referenten stehen in einer semantischen Verbindung zueinander, indem sie zum Beispiel zwei verschiedene Vertreter derselben Menge darstellen (vgl. Barnes, 1985, 22). 30 Solche LD-Elemente, die nicht mit einem Satzargument assoziiert werden, stellen keine Satztopiks dar, sondern können nach Stark als TOPICS eingestuft werden (vgl. Kap. 2.2); diese werden in der hier vorliegenden Studie nicht berücksichtigt.

54 | 3 Beschreibung der Zielsysteme wert zu. Auch Selting (1993) verzeichnet in ihren Daten zum Deutschen eine Abwesenheit von LD-Konstruktionen am Redebeginn, sodass ihr Korpus diese informationsstrukturelle LD-Funktion nicht belegen kann. Eine für die deutsche LD häufig beschriebene Funktion ist die der Referenzsicherung, welche aber in der Literatur nur der CLD und nicht der HTLD zugeschrieben wird. Laut Scheutz (1997, 46) dient mehr als ein Drittel aller CLDn im Deutschen der „interaktiven Herstellung und Sicherung von Referenz“, womit dieser Funktion dem Autor folgend ein recht hoher Stellenwert zugeschrieben werden muss. In solchen Fällen zweifelt der Sprecher daran, dass für den Hörer die Identität eines rein pronominalen Elements eindeutig zuordenbar ist, weshalb er die CLD-Konstituente zur Erleichterung der Identifizierung des gemeinten Referenten ergänzt. Diese Unsicherheit, ob der Referent nun für den Hörer erkennbar ist, wird zum Teil auch overt markiert durch eingeschobene, rückfragende Elemente wie gell? oder ne? (Scheutz, 1997). Außerdem kann auch weiteres Sprachmaterial zwischen CLD-Element und Satz eingeführt werden, das mehr Informationen zum disloziierten Referenten gibt und somit die Identifizierbarkeit des Referenten für den Hörer noch weiter erhöht. Häufig geht die Funktion der Referenzsicherung auch damit einher, dass ein Sprecher erst nach der Nennung eines Referenten merkt, dass dieser zur Referenzidentifizierung für den Hörer nicht ausreichend ist; dies bezeichnet Scheutz (1997, 47) als selbstinitiierte Selbstreparatur. Für das Französische existiert mitunter auch der Standpunkt, dass die Linksdislokation keine informationsstrukturellen Effekte bewirkt bzw. dass dies zumindest für eine Teilgruppe der LDn der Fall ist. So ist laut Auger (1994) die SubjektLD mit einem Auftreten von deutlich mehr als 50 % so dominant, dass sie das Grundwortstellungsmuster und demnach die unmarkierte Sprachform darstellt. Dem gegenüber belegen aber diverse Studien klar die oben charakterisierten informationsstrukturellen Funktionen der französischen LD. Sowohl für das Französische als auch für das Deutsche wird der zentrale Stellenwert deutlich, den die Topikalität in diesem Zusammenhang hat. Zweifelsfrei gibt es in beiden Sprachen noch weitere, feiner aufgegliederte Funktionen der LD; für einen Überblick sollen die obigen Ausführungen jedoch genügen. Im Folgenden wird eine entsprechende Charakterisierung der Rechtsdislokation im Französischen und Deutschen vorgenommen.

3.5.2 Die Rechtsdislokation Auch Rechtsdislokationen werden in sprachenübergreifender Hinsicht mitunter als Topik-markierende Strukturen betrachtet, womit die beiden Konstruktionen identische oder zumindest vergleichbare Effekte bewirken können (vgl. u. a. Ash-

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 55

by, 1988; De Cat, 2002; Lambrecht, 2001). Dies zeigt sich auch darin, dass es häufig schwierig ist, zu beurteilen oder vorherzusehen, wann ein Sprecher von welcher der beiden Konstruktionen Gebrauch macht: „There are many cases where it is difficult to see why a speaker opts for one strategy rather than for the other“ (Lambrecht, 1981, 95). In seinen sprachenübergreifenden Arbeiten, in denen auch RDElemente als Satztopiks charakterisiert werden, schließt Lambrecht (1981, 2001) u. a. das Französische und das Deutsche explizit mit ein.³¹ Diese Ansicht wird auch in sprachspezifischen Arbeiten für das Französische vertreten (Ashby, 1988; De Cat, 2002; Lambrecht, 1986; Larsson, 1979). Studien, die allein für das Deutsche den Zusammenhang zwischen RD-Konstituenten und Satztopiks diskutieren, liegen in der Literatur nicht vor. Trotz der Topik-Markierung als gemeinsame übergeordnete Funktion von LD und RD werden in diversen Forschungsarbeiten auch Unterschiede zwischen ihnen etabliert und diskutiert.

3.5.2.1 Definitheit und Informationsstatus des Diskursreferenten Auch für das Französische wird belegt, dass RD-Konstituenten nicht referenziellindefinit sein können, sodass die oben für die LD dargestellten Zusammenhänge auch für die RD gelten: Nur generische indefinite DPn können rechtsdisloziiert werden, nicht aber spezifische (existenzielle) DPn. Im Deutschen gilt dies Averintseva-Klisch (2006, 2007, 2008) zufolge nicht für alle RDn: (23)

a.

# Da kommt eri schon wieder, so ein Typi aus dem Tanzkurs

b. Da kommt eri schon wieder, | ich meine so ein Typi aus dem Tanzkurs (Averintseva-Klisch, 2008, 231) Auch für die Rechtsdislokation spielt der Informationsstatus des Diskursreferenten in Bezug auf Identifizierbarkeit und Aktiviertheit eine zentrale Rolle. Wie LD-Elemente müssen RD-Konstituenten für den Hörer identifizierbar sein, wohingegen brandneue Referenten nicht rechtsdisloziiert werden können. Dies wird sowohl für das Französische gezeigt (Ashby, 1988; Ayres-Bennett & Carruthers, 2001; Barnes, 1985; Chafe, 1976; Lambrecht, 1981, 1986) als auch für das Deutsche (Lambrecht, 2001). Unterschiede zwischen Links- und Rechtsdislokationen können aber in Bezug auf den Grad an Aktiviertheit verzeichnet werden, was auch den sprachenübergreifenden Überlegungen von Givón (1983) zugrunde liegt. Dem

31 Lambrecht verwendet für Linksdislokationen den Terminus Topic (TOP) und für Rechtsdislokationen den Begriff Antitopic (A-TOP). Dass er rechtsdisloziierte Elemente dennoch in informationsstruktureller Hinsicht ebenfalls als Topiks betrachtet, wird schon aus seiner Beschreibungen der RD deutlich: „[T]he topic is now positioned after the comment“ (Lambrecht, 1981, 2).

56 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Autor folgend hängt die Topikalität eines Referenten mit der Kontinuität (engl. continuity) zusammen, die dieser in einem Diskurs aufweist. Je weniger Äußerungen zwischen einem bereits im Diskurs verankerten Referenten und seiner Wiederaufnahme liegen, desto größer ist seine Kontinuität; je größer die Kontinuität ist, desto zugänglicher/aktiver ist der Referent und desto höher ist seine Topikalität. Givón formuliert folgendes Kontinuum der Zugänglichkeit von Diskursreferenten, wobei die linke Seite eine höhere Zugänglichkeit darstellt, die rechte hingegen eine niedrigere: (24)

R-dislocation > neutral word-order > L-dislocation

(Givón, 1983, 19)

Hiernach greifen RD-Konstituenten stärker aktivierte Diskursreferenten auf als LD-Strukturen (und die kanonische Wortstellung), was für eine stärkere Verknüpfung zwischen RD-Elementen und dem Diskurs spricht. Diese Hypothese kann für beide hier untersuchten Sprachen zumindest als Tendenz bestätigt werden. In Bezug auf das Französische wird argumentiert, dass RD-Elemente nicht nur identifizierbar, sondern auch mindestens semi-aktiv sein müssen (Grobet, 2000; Lambrecht, 1981, 1986; Larsson, 1979; Stark, 1997), womit ungebrauchte (d. h. identifizierbare, aber inaktive) Referenten nicht durch eine Rechtsdislokation aufgegriffen werden, während dies für die LD unproblematisch ist. RD-Elemente scheinen in Bezug auf die Aktiviertheit des betroffenen Diskursreferenten also tatsächlich stärker eingeschränkt zu sein. So belegen diverse Studien, dass sich RD-Elemente im Vergleich zu LD-Elementen häufiger auf stärker aktivierte Referenten beziehen, indem diese entweder sprachlich oder situativ evoziert sind (Ashby, 1988; Barnes, 1985; Lambrecht, 1981, 1986). Unter anderem aus dieser Beobachtung schließen Ayres-Bennett & Carruthers (2001, 259), dass es im Französischen zwischen dem RD-Element und dem Diskurs eine engere Verknüpfung gibt als bei LD-Strukturen: „RD referents are more closely tied to the discourse than LD referents.“ Auch in der von Auer (1991) durchgeführten Untersuchung zum Deutschen stellen alle von ihm diskutierten RD-Konstituenten sprachlich evozierte Diskursreferenten dar. Der sprachenübergreifenden Untersuchung von Lambrecht (2001) nach zu urteilen, greifen RD-Konstituenten im Deutschen ebenfalls häufig Referenten auf, die im außersprachlichen Kontext vorhanden und somit situativ evoziert sind. Demnach sind RD-Elemente wesentlich häufiger als aktiv/semi-aktiv zu charakterisieren, als es für die LD der Fall ist. Nach Averintseva-Klisch (2007, 2008) gilt aber auch diese Beschränkung nicht ausnahmslos für alle RDn: (25)

Ich kann einfach keine Jazz-Band für den Abend auftreiben a.

# Du könntest ihni fragen, diesen Chorleiteri

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 57

b. Du könntest diesen Typeni fragen, | na, diesen Chorleiteri (Averintseva-Klisch, 2007, 171f.)

3.5.2.2 Konkrete informationsstrukturelle Funktionen der Rechtsdislokation Die vorangegangenen Abschnitte haben gezeigt, dass rechtsdisloziierte Elemente wie linksdisloziierte häufig als Topiks interpretiert werden, wobei zumindest tendenziell eine engere Verknüpfung der RD-Konstituente zum Diskurs vorliegt. Auch der RD können, neben der übergeordneten Rolle der Topik-Markierung, verschiedene konkrete informationsstrukturelle Funktionen zugeschrieben werden. Die informationsstrukturellen Effekte der RD werden als diverser und vielseitiger beschrieben als die der Linksdislokation (vgl. z. B. Ashby, 1988, 1994), sodass hier nur auf die folgenden Funktionen eingegangen wird, die besonders häufig diskutiert werden und größtenteils bereits in Bezug auf die LD dargestellt wurden: – – – – –

Topik-Etablierung Topik-Wiedereinführung Diskurstopik-Markierung Abgabe des Rederechts Referenzsicherung

Wie auch bei der LD kann das rechtsdisloziierte Element einen Diskursreferenten neu als Satztopik einführen, d. h. zur Topik-Etablierung dienen. Hierbei kann dieser Diskursreferent aber, wie oben dargestellt, nicht brandneu sein und ist in aller Regel auch nicht ungebraucht, sondern zugänglich. In diesem Sinne können zum Beispiel Objekte, die situativ gegeben sind, über die RD erstmalig als Satztopik etabliert werden. Wie bereits aus obigen Darstellungen hervorgeht, kann aber sowohl für das Französische als auch für das Deutsche gezeigt werden, dass sich RDElemente generell eher auf Referenten beziehen, die bereits sprachlich erwähnt wurden. Dies geht mit der häufigen Funktion der Topik-Wiedereinführung einher, indem ein Referent, der im vorangegangen Diskurs schon einmal das Satztopik war, erneut als solches eingeführt wird. Eine weitere im Deutschen diskutierte informationsstrukturelle Funktion der RD ist die Diskurstopik-Markierung. Diese stellt nach Averintseva-Klisch (2006, 2007, 2008) eine sehr zentrale Funktion dar. In diesem Sinne etabliert die RD das disloziierte Element als Diskurstopik für den folgenden Gesprächsabschnitt. Das RD-Element wird also als thematischer Mittelpunkt einer größeren Diskurseinheit eingeführt, die über den einzelnen Satz hinausgeht. Dies lässt sich anhand des Mini-Diskurses in (26) veranschaulichen.

58 | 3 Beschreibung der Zielsysteme (26)

Siei war ein Original, die Madame Dutitrei . Siei verstand nie, warum man über ihrei Aussprüche lachte. Siei war eben echt und lebte, wie alle originalen Menschen, aus dem Unbewussten. (Fischer-Fabian, 1959, 125; zitiert nach Averintseva-Klisch, 2006, 19)

Die RD vermittelt somit nach Averintseva-Klisch (2006, 2007, 2008) die Information, dass das rechtsdisloziierte Element im folgenden Diskurs von zentraler Bedeutung sein wird. Hierbei ist es unerheblich, ob der Referent neu als Topik etabliert wird oder bereits vorher das Topik dargestellt hat; die DiskurstopikMarkierung kann also sowohl mit der Topik-Etablierung als auch mit der TopikWiedereinführung einhergehen. Analog zum Ergreifen des Rederechts bei der LD kann die RD das Abschließen des Konversationsbeitrags eines Sprechers (für den Moment) signalisieren (Auer, 1991; Ashby, 1994; Selting, 1994). Hiermit drückt der Sprecher also die Abgabe des Rederechts (engl. Turn Closing) seinerseits aus, sodass ein anderer Sprecher mit einer Äußerung an den Diskurs anknüpfen kann. Mit einer relativen Häufigkeit von etwa 30 % (Ashby, 1988, 1994) kann dieser Funktion im Französischen eine recht zentrale Rolle zugeschrieben werden, wohingegen für das Deutsche keine quantitativen Studien vorliegen. Neben der Abgabe des Rederechts können weitere Funktionen in Bezug auf die Organisation des Sprecherwechsels identifiziert werden. So kann ein Sprecher die RD dazu verwenden, sich über die syntaktische Abgeschlossenheit seiner Äußerung hinaus einen weiterführenden Redebeitrag zu sichern (Auer, 1991), oder sich Zeit verschaffen, um seine nächste Äußerung zu planen (Selting, 1994). Weiterhin können Rechtsdislokationen in Situationen geäußert werden, in denen es zu Problemen mit der Übergabe des Rederechts kommt, der Hörer also beispielsweise nicht reagiert; durch die RD kann dann ein erneuter Versuch der Übergabe des Rederechts unternommen werden (Selting, 1994). Die letzte informationsstrukturelle Funktion der RD, auf die hier eingegangen werden soll, ist die Referenzsicherung. Hier nutzt der Sprecher die RD dazu, einen in der Äußerung realisierten sprachlichen Ausdruck (beispielsweise ein Pronomen), der sich auf mehrere Referenten beziehen kann und somit keine eindeutige Identifizierung zulässt, zu disambiguieren (Ashby, 1988). Diese Funktion, die in (27) veranschaulicht wird, wird besonders in Bezug auf deutsche Rechtsdislokationen häufig beschrieben und diskutiert (Altmann, 1981; Lambrecht, 2001; Selting, 1994). (27)

Serena und Teresa kommen auch mit a. Ich mag siei nicht, | (ich meine) Serenai (Averintseva-Klisch, 2008, 234)

3.5 Informationsstrukturelle Eigenschaften der Dislokation | 59

Das Personalpronomen sie in (27a) könnte sich auf Serena oder Teresa (oder beide im Kollektiv) beziehen und hat demnach keine eindeutige Referenz. Diese wird erst durch das RD-Element bewirkt. Nach Averintseva-Klisch (2008, 233) ist die einzige Bedingung in Bezug auf das rechtsdisloziierte Element, dass „its reference should be clear enough [...], i.e. the referent should be easily identifiable by the particular NP expression.“ Im Französischen wird, wie auch für die Linksdislokation, mitunter auch für die Rechtsdislokation der Standpunkt vertreten, dass diese nicht bzw. nur wenig informationsstrukturell motiviert ist (vgl. u. a. Blasco-Dulbecco, 1999; Harris, 1976, 1978; Parisse, 2008). Diese Annahme steht aber den diversen obengenannten Studien und Argumentationen gegenüber, die klar zeigen, dass auch französische RDn informationsstrukturell bedingt sind. So werden beispielsweise laut Ashby (1988, 1994) nur etwa 21-28 % aller Rechtsdislokationen ohne klar zu erkennende informationsstrukturelle Funktion geäußert. Dies zeigt, dass auch die Rechtsdislokation grundsätzlich informationsstrukturell bedingt ist, was gegen die Annahme spricht, dass die RD im Zuge einer Grammatikalisierung ihre informationsstrukturelle Funktion verloren hat.³²

3.5.3 Zusammenfassung Aus der Diskussion der informationsstrukturellen Eigenschaften von Dislokationen wurde deutlich, dass vor allem das Konzept der Topikalität eine zentrale Rolle spielt. Im Französischen und Deutschen, wie z. T. auch sprachenübergreifend, werden Links- und Rechtsdislokation als Strukturen betrachtet, die syntaktisch das Satztopik markieren (können). Im Französischen ist dieser Bezug jedoch wesentlich enger. Viele Autoren gehen davon aus, dass hier die Dislokation nominaler Konstituenten in aller Regel das Satztopik betrifft; De Cat (2002, 2007) formuliert dies sogar als notwendige Bedingung und etabliert eine Eins-zu-einsKorrelation zwischen disloziierten Elementen und Satztopiks. Obwohl auch im Deutschen ein solcher Zusammenhang häufig beschrieben wird, ist dieser hier weniger stark ausgeprägt. Laut Frey (2004a,b, 2005a,b) bildet nur die CLD obligatorischerweise das Satztopik ab, während HTLD und RD lediglich optional das Topik ausdrücken können.

32 Ein bedeutendes Argument gegen diese Grammatikalisierung ist auch die von Ashby (1988) verzeichnete Beobachtung, dass jüngere Sprecher nicht mehr informationsstrukturell unmotivierte RDn produzieren als ältere Sprecher.

60 | 3 Beschreibung der Zielsysteme Insgesamt zeigt sich, dass die Links- und Rechtsdislokation in beiden hier untersuchten Sprachen in aller Regel als stark informationsstrukturell motiviert charakterisiert werden können. Diesbezüglich wurden diverse konkrete Funktionen diskutiert, die durch die Dislokation erfüllt werden können. Die genauen Zusammenhänge stellen sich als sehr komplex und vielschichtig heraus, sodass eine feine Identifizierung und Abgrenzung aller Einflussfaktoren in der Literatur noch nicht erfolgt ist. Verschiedene Ebenen scheinen eine relevante Rolle zu spielen; hierunter stechen – neben dem Konzept der Satz- und Diskurstopikalität – besonders der Informationsstatus von Diskursreferenten, die diskursive Organisation des Sprecherwechsels und Aspekte der Sprechplanung hervor. Wenngleich weitere Forschungsarbeit notwendig ist, um ein klareres Bild zu liefern, zeigt sich doch eindeutig, dass der Informationsstruktur ein wesentlicher Einfluss auf die Verwendung von Dislokationsstrukturen zuzuschreiben ist.

3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation In diesem Kapitel werden zentrale syntaktische Eigenschaften der Dislokation im Französischen und Deutschen dargestellt. Die in der einschlägigen Literatur am häufigsten diskutierten Fragen in syntaktischer Hinsicht sind, ob es sich bei Dislokationen um basisgenerierte oder um durch Bewegung erzeugte Strukturen handelt, und wo die disloziierten Elemente (und die Resumptiva) auf syntaktischer Ebene anzusiedeln sind. Dies wird im Folgenden kurz zunächst für Links- und dann für Rechtsdislokationen zusammengefasst. Da es sich bei der syntaktischen Diskussion der Dislokationsstruktur in den romanischen und germanischen Sprachen um eine intensive Debatte handelt, kann bei der Darstellung des Forschungsüberblicks kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Stattdessen werden ausgewählte, zentrale Aspekte in ihren Grundzügen dargestellt, welche für die vorliegende Arbeit besonders relevant sind.

3.6.1 Die Linksdislokation Die Syntax der Linksdislokation ist in der einschlägigen Forschungsliteratur sehr häufig diskutiert. Wie bereits aus Kap. 3.2 hervorging, können verschiedene LDTypen differenziert werden. Im Folgenden werden nun syntaktische Annahmen zur französischen ClLD und HTLD diskutiert, bevor auf CLD und HTLD im Deutschen eingegangen wird.

3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation | 61

3.6.1.1 ClLD und HTLD im Französischen Die Annahme, dass es sich bei Linksdislokationen auch innerhalb einer Sprache nicht um eine einheitliche Klasse von Strukturen handelt, sondern um syntaktisch verschiedene Konstruktionen, wird erstmals von Cinque (1977)³³ formuliert. Demzufolge wird, wie bereits in Kap. 3.2 bis 3.5 festgestellt wurde, die Gruppe der LD-Strukturen in den romanischen Sprachen traditionellerweise aufgespalten in Clitic Left Dislocation und Hanging Topic Left Dislocation. Die zentralen Unterschiede in syntaktischer Hinsicht können in Anlehnung an Cinque (1997) wie in Tab. 3.1 dargestellt zusammengefasst werden.³⁴ Tab. 3.1. Einige zentrale syntaktische Eigenschaften der HTLD und ClLD in den romanischen Sprachen (adaptiert aus Cinque, 1997, 96)

(a)

(b)

(c) (d) (e) (f)

(Einige) Eigenschaften der HTLD

(Einige) Eigenschaften der ClLD

Das LD-Element ist eine Phrase, die eine thematische Rolle besitzen kann, ohne von der Prädikation im nachfolgenden Satz abhängig zu sein (i. d. R. eine DP) Es gibt maximal ein LD-Element

Das LD-Element kann eine beliebige maximale Projektion sein (z. B. DP, AP, PP, TP,...)

Das LD-Element tritt typischerweise links von root-Sätzen auf Das RP kann ein Epithet oder ein (starkes oder klitisches) Pronomen sein Es liegt keine Verbundenheit zwischen LDElement und RP vor Die LD-Äußerung ist nicht sensibel für Inseleffekte

Es gibt (theoretisch) kein oberes Limit in Bezug auf die Anzahl linksperipherer Elemente Das LD-Element kann links von root- und non-root-Sätzen auftreten Das RP muss ein klitisches Pronomen sein Zwischen LD-Element und RP liegt obligatorischerweise Verbundenheit vor Die LD-Struktur ist sensibel für Inseleffekte

In der Literatur ist die Annahme weit verbreitet, dass die ClLD bewegungsgeneriert ist, wohingegen die HTLD über Basisgenerierung des linksperipheren Elements erzeugt wird (vgl. z. B. Cinque, 1977, 1997; Larsson, 1979). Hierüber wird

33 Der Autor bezeichnet die der ClLD gegenübergesetzte HTLD als LD, wobei der letztgenannte Terminus in der hier vorliegenden Arbeit als Oberbegriff für die verschiedenen Typen der Linksdislokation verwendet wird. 34 Der Autor argumentiert hier für das Italienische, nimmt aber an, dass die Überlegungen auf andere (romanische) Sprachen wie das Französische übertragbar sind. In seiner Originaldarstellung spricht er von NPn, was hier jedoch aufgrund der aktuell vorherrschenden Meinung, dass nominale Phrasen in der Regel DPn sind, entsprechend umformuliert wurde.

62 | 3 Beschreibung der Zielsysteme erklärt, dass ClLD-Konsituenten in der Regel eine engere Verknüpfung zum Satz aufweisen als HTLD-Elemente, was sich auch in einigen der in Tab. 3.1 dargestellten Eigenschaften widerspiegelt. Bei bewegungsderivierten Ansätzen wird davon ausgegangen, dass das ClLDElement innerhalb des Satzes generiert und erst im Verlauf der Derivation in seine linksperiphere Position angehoben wird. Ein solcher Ansatz wird beispielsweise von Rizzi (1997) im Rahmen seiner Split-CP-Hypothese entwickelt, die der Autor auf der Basis des Italienischen entwickelt (vgl. auch Kap. 2.1). Rizzi geht davon aus, dass auch informationsstrukturelle Merkmale wie Topikalität syntaktische Bewegung hervorrufen können. Wenn ein in die Derivation eingebrachtes Element ein entsprechendes Merkmal trägt, wird in der linken Peripherie eine TopikPhrase projiziert, welche rekursiv ist, „so that the topic phrase can undergo free recursion“ (Rizzi, 1997, 297).³⁵ Disloziierte Konstituenten, die in aller Regel als Topiks aufgefasst werden (vgl. Kap. 3.5), werden also hiernach im Spezifizierer der TopP angesiedelt, wohingegen sich der Kommentar in der Komplementposition des Topik-Kopfes befindet, sodass die syntaktische Struktur der ClLD Rizzi (1997) folgend wie in Abb. 3.1 dargestellt werden kann.³⁶ Im Gegensatz zur ClLD wird für die HTLD häufig der Standpunkt vertreten, dass das LD-Element bereits in der Satzperipherie basisgeneriert wird (vgl. u. a. Barbosa, 2000; De Cat, 2002, 2007; Hirschbühler, 1997; Iatridou, 1995). Hierbei ist demnach keinerlei Bewegung der LD-Konstituente aus dem Satz heraus involviert. Basierend auf Frascarelli (2007) können HTLD-Elemente in der höchsten von drei verschiedenen Topik-Projektionen angesiedelt werden, nämlich in der Aboutness-shift Topic Phrase (ShiftP). Die Autorin analysiert Topiks dieser Art als „base-generated in the C-domain“ (Frascarelli, 2007, 697). Sie geht davon aus, dass die drei verschiedenen Topik-Typen auch unterschiedliche informationsstrukturelle Eigenschaften haben; in dieser Hinsicht erfüllen die Topiks der hier diskutierten Art die Funktion, einen Referenten als Topik neu- oder wiedereinzuführen. Die syntaktische Struktur der basisgenerierten HTLD lässt sich nach Frascarelli wie in Abb. 3.2 darstellen, wobei diese hier auf die relevanten Aspekte reduziert wurde (vgl. auch Frascarelli & Hinterhölzl, 2007). Obwohl es in der Theorie klare Kriterien zur Abgrenzung von ClLD und HTLD gibt (vgl. auch Tab. 3.1), muss festgestellt werden, dass bei der empirischen Untersuchung reeller Sprachdaten eine eindeutige Kategorisierung von Dislokations-

35 Der Asterisk (*) in Abb. 3.1 markiert die Rekursivität der TopP. 36 Das Beispiel wurde in Anlehnung an die italienische Äußerung Il libro, a gianni, domani glielo darò senz’altro (Rizzi, 1997, 290) gewählt; aus Gründen der Übersichtlichkeit erscheint es hier um das Adverb domani und die PP senz’altro verkürzt.

3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation | 63

ForceP Force’ Force0

TopP* Top’

DP Le livrei Das Buch

Top0

FocP Foc’ Foc0

TopP* Top’

PP a` Jeanj zu Jean

Top0

FinP je lei luij donnerai ich werde es ihm geben

Abb. 3.1. Die Syntax der ClLD in den romanischen Sprachen nach Rizzi (1997)

strukturen oft schwierig bzw. nicht möglich ist. Auf diesen Aspekt wird im Folgenden eingegangen.

3.6.1.2 Abgrenzung von ClLD und HTLD im französischen Sprachgebrauch In zahlreichen Arbeiten wurde Kritik daran geäußert, dass Arbeiten zu Dislokationsstrukturen oft die Einbeziehung natürlicher Sprachdaten vernachlässigen (z. B. Scheutz, 1997). Die in der Literatur beobachteten Unterschiede zwischen ClLD- und HTLD-Äußerungen, bei denen es sich mitunter um feine Diskrepanzen handelt, beruhen demnach in der Regel auf konstruierten Beispielen und Mechanismen wie der Introspektion, dem Grammatikalitätsurteil und der Elizitation. Diese Vorgehen sind zwar geeignet, um einen systematischen Vergleich im Detail zu gewährleisten, die Übertragung daraus gezogener Schlussfolgerungen auf die gesprochene, natürliche Sprache stellt sich jedoch mitunter als sehr problematisch dar. 1

64 | 3 Beschreibung der Zielsysteme ForceP Force’ Force0

ShiftP Shift’

DP Le livrei Das Buch

Shift0

FinP je lei lui donnerai ich werde es ihm geben

Abb. 3.2. Die Syntax der französischen HTLD über Basisgenerierung nach Frascarelli (2007)

Dass die Methode des Grammatikalitätsurteils (zumindest für informationsstrukturell bedingte Phänomene wie die Dislokation) möglicherweise kein adäquates Mittel ist, um eindeutige Schlussfolgerungen in Bezug auf die von einer Sprache gegebenen Möglichkeiten zu erzielen, wird unter anderem von Da˛ browska (1997) aufgezeigt. Sie belegt, dass die Fähigkeit der Sprachverarbeitung und damit auch die Grammatikalitätsbeurteilung komplexer syntaktischer Strukturen „is very strongly correlated with the amount of schooling that an individual has received [...].“ Dass unter anderem Grammatikalitätsurteile durch äußere Faktoren wie den Bildungsgrad beeinflusst werden, zeigt deutlich, dass so erzielte Ergebnisse in hohem Maße von der befragten Sprechergruppe abhängen, womit nicht unbedingt Einheitlichkeit hinsichtlich der Einstufung einer Äußerung erwartet 1 werden kann. Mit anderen Worten: Die Beurteilung und Verarbeitung komplexer Strukturen „differs from person to person“ (Da˛ browska, 1997, 757). Weiterhin unterliegen Lambrecht (1986) zufolge Sprecher häufig einem normativen Druck und sind sich oft nicht über den genauen Stellenwert bewusst, der bestimmten Konstruktionen in ihrer Muttersprache zukommt. Dies führt unter Umständen dazu, dass Äußerungen als nicht-zielsprachlich abgetan werden, obwohl sie im natürlichen Sprachgebrauch sehr wohl fest verankert sind.³⁷

37 Andersherum tritt die Dislokation nach Blasco-Dulbecco (1999, 106) im natürlichen Sprachgebrauch des Französischen deutlich seltener auf, als es generell angenommen wird, da sie dem Französischen als typisches Merkmal zugeordnet wird. Dies stützt die Annahme, dass das von

3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation | 65

Bei der empirischen Analyse reeller, natürlicher Sprache wird nun deutlich, dass die meisten französischen (bzw. romanischsprachigen) Dislokationsstrukturen syntaktisch ambig sind und sowohl ClLD- als auch HTLD-Strukturen darstellen könnten (vgl. u. a. Ayres-Bennett & Carruthers, 2001; Barnes, 1986; Cinque, 1997; De Cat, 2002).³⁸ Dies geht auf die Tatsache zurück, dass natürlich geäußerte Dislokationstrukturen in der Regel deutlich weniger komplex sind als die konstruierten Beispiele. Als klarstes Indiz für ClLD-Konstruktionen wird die Anwesenheit einer kasusmarkierenden Präposition innerhalb einer nominalen LD-Konstituente gesehen.³⁹ In dieser Hinsicht gehen beispielsweise Delais-Roussarie et al. (2004) davon aus, dass nur linksdisloziierte PPn eindeutig der ClLD zugeordnet werden können, wohingegen alle anderen LD-Konstituenten grundsätzlich ambig sind und nicht als HTLD oder ClLD kategorisiert werden können. Eine solche präpositionale Kasusmarkierung ist aber nicht nur grundsätzlich eher selten (Barnes, 1986; De Cat, 2002, 2007), sondern auch gar nicht immer möglich. Subjekte und direkte Objekte beispielsweise können im Französischen niemals Präpositionen enthalten, sodass in diesen Fällen also gar keine Kasusmarkierung auftreten kann (vgl. Barnes, 1986). Somit gibt es ohnehin nur für die relativ kleine Gruppe der Linksdislokation indirekter Objekte die Möglichkeit der Kasusmarkierung (zu beachten ist, dass die große Mehrheit aller LD-Elemente jedoch das Subjekt repräsentiert). Diesbezüglich berichtet Barnes (1985), dass unter 1.033 nominalen LD-Konstituenten nur eine einzige PP auftritt, während bei 4.030 von De Cat (2002) untersuchten LD-Äußerungen nicht eine einzige PP auftritt.⁴⁰ In diesem Sinne schlussfolgert auch Barnes (1986, 211), dass „the large majority of actuallyoccurring LDs cannot be unambiguously assigned to one or the other type.“ Dies zeigt sich auch in der hier durchgeführten Analyse der Kinderdaten: Dislokationen, die durch Präpositionen wie à oder de markiert sind und somit nach

kompetenten Muttersprachlern vermutete Ausmaß gewisser Strukturen häufig nicht mit dem tatsächlichen Auftreten im natürlichen Sprachgebrauch übereinstimmt. 38 Hier soll erneut darauf hingewiesen werden, dass die vorliegende Arbeit und die hier dargestellten Annahmen sich ausschließlich auf solche Dislokationsstrukturen beziehen, die ein Resumptivum innerhalb des Satzes aufweisen. 39 Weitere Kriterien, die auf basisgenerierte HTLD-Strukturen hindeuten, sind zum Beispiel nicht-klitische oder nicht vorhandene Resumptiva sowie die Verletzung von InselBeschränkungen (vgl. u. a. Barnes, 1986). 40 Dennoch zeigt sich die Verteilung kasusmarkierter und nicht-kasusmarkierter Linksdislokationen nicht immer einheitlich. So berichtet beispielsweise Stark (1997, 33), dass die HTLD, die sie als Freie Themen bezeichnet, generell seltener auftritt als ClLD-Äußerungen. Allerdings schließen HTLD-Konstruktionen bei ihr auch solche Äußerungen ein, die keine resumptive Wiederaufnahme des LD-Elements zeigen, welche grundsätzlich eher selten auftreten.

66 | 3 Beschreibung der Zielsysteme traditioneller Sicht eindeutig bewegungsderivierte ClLD-Äußerungen darstellen, sind extrem selten. Eine Kategorisierung tatsächlich geäußerter Dislokationen im gesprochenen Französischen (u. a. basierend auf der An-/Abwesenheit morphosyntaktischer Verbundenheit) stellt sich also als problematisch heraus. Erschwerend kommt hinzu, dass diverse Autoren die Meinung vertreten, dass sämtliche oben für die HTLD formulierten Charakteristika optional sind, HTLD-Konstituenten also auch die Merkmale der ClLD tragen können. Dieser Annahme folgend fehlt jegliche Basis, um LD-Äußerungen jemals wirklich eindeutig als ClLD einzustufen. Insgesamt kann also festgehalten werden, dass es im Französischen sehr wohl verschiedene Typen der Linksdislokation gibt (ClLD und HTLD), welche sich in konstruierten Beispielen systematisch differenzieren lassen. In empirischen Daten gesprochener Sprache ist eine solche Differenzierung jedoch selten möglich, was sich auch bei den in der vorliegenden Untersuchung analysierten kindlichen Sprachdaten zeigt. Im Verlauf dieser Arbeit wird deshalb nicht weiter zwischen ClLD und HLTD unterschieden. Stattdessen wird im empirischen Teil der Arbeit auf den Oberbegriff der Linksdislokation (LD) zurückgegriffen.

3.6.1.3 CLD und HTLD im Deutschen Ähnlich wie in den romanischen Sprachen eine Unterscheidung zwischen ClLD und HTLD vorgenommen wird, hat sich in den germanischen Sprachen eine Gegenüberstellung der Contrastive Left Dislocation (CLD) und der HTLD etabliert (für alternative Begrifflichkeiten vgl. auch Kap. 3.2). Einige grundlegende Eigenschaften, die zur Unterscheidung beider LD-Typen im Deutschen angeführt werden, gehen aus Tab. 3.2 hervor.⁴¹ Wie auch im Französischen werden die syntaktischen Unterschiede auf syntaktische Bewegung vs. Basisgenerierung der linksperipheren Konstituente zurückgeführt. Diesbezüglich wird für die deutsche HTLD der Standpunkt vertreten, dass das LD-Element in der linken Satzperipherie basisgeneriert wird, wohingegen für die CLD syntaktische Bewegung der LD-Konstituente aus dem Satz heraus angenommen wird (z. B. Anagnostopoulou, 1997; Cinque, 1977; Grohmann, 1997, 2000a,c,b; Vat, 1997). Somit wird die CLD häufig als das germanische Pendant zur

41 Die Darstellung orientiert sich an Tab. 3.1, welche wiederum aus Cinque (1997, 96) stammt. Eigenschaft (g) wurde hier für das Deutsche ergänzt und findet keine Entsprechung in der Darstellung der französischen LD-Strukturen.

3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation | 67 Tab. 3.2. Einige zentrale syntaktische Eigenschaften der HTLD und CLD im Deutschen (eigene Darstellung nach Frey, 2005a,b; Grohmann, 2000a,b) (Einige) Eigenschaften der HTLD

(Einige) Eigenschaften der ClLD

(a)

Das LD-Element ist in der Regel eine DP

(b)

Multiple LD ist (in bestimmten Kontexten) möglich Das LD-Element tritt typischerweise links von Matrixsätzen auf, kann aber (in bestimmten Kontexten) auch links von Nebensätzen auftreten Das Resumptivum kann ein starkes/schwaches d-Pronomen, ein pPronomen oder eine XP sein Es liegt keine (obligatorische) morphosyntaktische Verbundenheit zwischen LDElement und Resumptivum vor Die LD-Äußerung ist nicht sensibel für Inseleffekte Das Resumptivum wird in der Regel innerhalb des Satzes nicht angehoben

Das LD-Element kann eine beliebige maximale Projektion sein (z. B. DP, AP, PP, TP,...) Multiple LD ist (in bestimmten Kontexten) möglich Das LD-Element tritt typischerweise links von Matrixsätzen auf, kann aber in Brückenverb-Konstruktionen extrahiert werden Das Resumptivum muss ein schwaches dPronomen sein

(c)

(d)

(e)

(f) (g)

Zwischen LD-Element und Resumptivum liegt obligatorischerweise morphosyntaktische Verbundenheit vor Die LD-Struktur ist sensibel für Inseleffekte Das Resumptivum wird in der Regel innerhalb des Satzes angehoben

romanischen ClLD betrachtet.⁴² Auch im Deutschen wird anhand verschiedener Eigenschaften belegt, dass bewegungsderivierte ClLD-Elemente eine engere Verbundenheit zum Satz aufweisen als basisgenerierte HTLD-Konstituenten. Die Syntax der deutschen CLD und HTLD lässt sich basierend auf Grohmann (1997, 2000a,c,b) wie in Abb. 3.3 und 3.4 auffassen. Die Darstellungen sind stark vereinfacht und auf die hier relevanten Aspekte beschränkt. Grohmann geht Rizzi (1997) folgend davon aus, dass es oberhalb der TP verschiedene funktionale Kategorien in der linken Satzperipherie gibt, wobei er die von Rizzi als ForceP bezeichnete Phrase als CP bezeichnet (Grohmann, 2000c, 47). Die CLD-Konstituente wird innerhalb der VP basisgeneriert und nach den ‚üblichen‘ Anhebungsschritten aufgrund ihres starken Topik-Merkmals weiter in die linke Satzperipherie bewegt. Im Gegensatz zur romanischen ClLD bei Rizzi nimmt Grohmann an, dass die CLD-Konstituente nicht nur nach Spec,TopP, sondern aufgrund eines weiteren funktionalen Diskurs-Merkmals bis nach Spec,CP bzw. Spec,ForceP angeho-

42 Vergleiche aber beispielsweise Frey (2004a, 2005a,b) für einen Ansatz, nach dem auch die CLD-Konstituente in der linken Peripherie basisgeneriert wird.

68 | 3 Beschreibung der Zielsysteme CP C’

Spec,CP Den Froschi

C0

TopP

deni hat die Prinzessin gek¨ usst Abb. 3.3. Die Syntax der CLD im Deutschen (eigene Darstellung nach Grohmann, 2000a,c,b)

ben wird. Die in Spec,TopP zurückgelassene Spur wird in Form eines schwachen d-Pronomens phonetisch realisiert. CP CP

DP

C’

Den Froschi C0

TopP

deni hat die Prinzessin gek¨ usst 1 Abb. 3.4. Die Syntax der HTLD im Deutschen (eigene Darstellung nach Grohmann, 2000a,c,b)

Im Gegensatz zum CLD-Element werden HTLD-Konstituenten als bereits in der Satzperipherie basisgeneriert analysiert, wie stark vereinfacht aus Abb. 3.4 hervorgeht.⁴³ Das resumptive Pronomen wird VP-intern generiert und zur Merkmalstilgung in die „regular argument position in the ϕ-domain“ angehoben, wo es dann verbleibt (Grohmann, 2000c, 210). Die HTLD-Konstituente wird hingegen

43 Die Indizierung dient hier lediglich zur Darstellung der Koreferenz, impliziert aber keine Bewegung des HTLD-Elements.

1

3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation | 69

an CP (bzw. ForceP) basisadjungiert (vgl. u. a. Grohmann, 2000a,c,b). Hiernach sind HTLD-Elemente im Deutschen ähnlich zu analysieren, wie es auch für die französische HTLD gezeigt wurde, nämlich über basisgenerierte Adjunktion in der linken Satzperipherie. In der vorliegenden Arbeit wird also die Annahme zugrunde gelegt, dass die deutsche Linksdislokation eine syntaktische Differenzierung zwischen CLD- und HTLD-Strukturen erlaubt, wie es auch in anderen (germanischen) Sprachen der Fall ist. Während die CLD bewegungsderiviert ist, wird die HTLD über eine Basisgenerierung des disloziierten Elements in der linken Peripherie hergeleitet. In dieser Hinsicht kann die deutsche CLD als Gegenstück zur französischen ClLD gesehen werden, während die HTLD in beiden Sprachen vergleichbar ist.

3.6.1.4 Abgrenzung von CLD und HTLD im deutschen Sprachgebrauch Auch im Deutschen stellt sich die Frage, wie gut CLD und HTLD im natürlichen Sprachgebrauch voneinander zu unterscheiden sind. Nach Frey (2004a) sind die am häufigsten herangezogenen Abgrenzungskriterien die morphosyntaktische Verbundenheit, die Art des Resumptivums sowie dessen Anhebung bzw. Nicht-Anhebung innerhalb des Satzes. Eine eindeutige Differenzierung anhand dieser Kriterien ist jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. In Bezug auf die Kasusverbundenheit ist die Lage im Deutschen zwar weniger schwierig als im Französischen, da Kasus overt an der Determinante und mitunter auch am Nomen markiert wird. Dennoch ist auch hier im Nominativ keine Einstufung als CLD oder HTLD möglich, da linksdisloziierte HTLD-Elemente häufig den Nominativ als Default-Kasus aufweisen. Subjekt-Linksdislokationen müssen somit auch im Deutschen als ambig beurteilt werden. Verkompliziert wird die Lage diversen Autoren zufolge weiterhin dadurch, dass HTLD-Elemente optional sehr wohl Kasusverbundenheit aufweisen können (vgl. z. B. Altmann, 1981; Frey, 2004a, 2005a,b; Grohmann, 1997, 2000a; Riemsdijk, 1997; Riemsdijk & Zwarts, 1997). Auch hinsichtlich der Natur des resumptiven Elements oder der Anhebung dieses Resumptivums innerhalb des Satzes wird häufig der Standpunkt vertreten, dass die HTLD optional auch die der CLD zugewiesenen Eigenschaften zeigen kann (vgl. u. a. Selting, 1993). Demzufolge können zwar LD-Äußerungen, deren Resumptivum kein schwaches d-Pronomen ist oder hinsichtlich des Kasus nicht mit der linksperipheren XP übereinstimmt, sicher als HTLD eingestuft werden. Andersherum kann die CLD so niemals zweifelsfrei identifiziert werden. Unter anderem Frey (2004b) folgend ermöglichen nur Kriterien wie Bindungsphänomene, Inseleffekte etc. eine eindeutige Identifizierung von CLD- und HTLD-Strukturen. Dies ist wiederum aus zwei Gründen problematisch. Erstens sind Grammatikalitätsurteile besonders bei hochkomplexen Äußerungen häu-

70 | 3 Beschreibung der Zielsysteme fig nicht einheitlich, was zu widersprüchlichen Einschätzungen in der Literatur führt. Dass es im Deutschen eine „difficulty of establishing correct judgment“ im Zusammenhang mit verschiedenen deutschen LD-Konstellationen gibt, beschreibt explizit auch Vat (1997, 70). Zweitens erreicht gesprochene, spontane Sprache häufig nicht den Komplexitätsgrad konstruierter Beispiele, sodass entsprechende LD-Äußerungen hier nicht oder kaum auftreten (vgl. Da˛ browska, 1997). Demzufolge stellt sich die syntaktische Einordnung konkret geäußerter (natürlicher) Linksdislokationen im Deutschen als problematisch heraus, da viele Äußerungen als ambig eingestuft werden müssen. Auch hier wird deshalb in der empirischen Analyse nicht zwischen CLD- und HTLD-Äußerungen differenziert.

3.6.2 Die Rechtsdislokation Die Rechtsdislokation steht in der einschlägigen Forschungsliteratur weit weniger im Fokus als die Dislokation in der linken Satzperipherie; dies gilt sowohl für das Französische (De Cat, 2007) als auch für das Deutsche (Ott, 2011). Im Folgenden werden einige zentrale syntaktische Annahmen bezüglich der RD in beiden Sprachen in ihren Grundzügen skizziert. Auch hier stehen die Fragen im Mittelpunkt, ob die RD-Elemente außerhalb des Satzes basisgeneriert sind oder durch Bewegung dorthin gelangen, und wo genau sie anzusiedeln sind. Wie bereits oben für die LD dargestellt wurde, beschreibt Ross (1967) in seiner frühen Arbeit auch die Rechtsdislokation als Resultat syntaktischer Bewegung. Im Französischen ist dies mit der häufig vertretenen Annahme kompatibel, dass die französische Rechtsdislokation das Gegenstück zur ClLD darstellt, weshalb meist die Bezeichnung Clitic Right Dislocation (ClRD) herangezogen wird (vgl. z. B. Larsson, 1979). In diesem Zusammenhang kann gezeigt werden, dass die in Tab. 3.1 für die ClLD dargestellten Kriterien auch auf die französische ClRD zutreffen. Diese Parallelen werden häufig als Evidenz dafür gesehen, dass beide Strukturen eine einheitliche bzw. gleichartige zugrunde liegende Derivation aufweisen sollten. Insofern die ClLD von vielen Autoren als bewegungsderiviert betrachtet wird, spiegelt sich diese Annahme also in der Analyse der ClRD wider.⁴⁴ Auf einige dieser Eigenschaften wird im Folgenden näher eingegangen.

44 Für die Annahme, dass (bestimmte) Rechtsdislokationen aber sehr wohl von den in Tab. 3.1 dargestellten Eigenschaften abweichen können, vgl. z. B. De Cat (2002, 2007) für das Französische und Averintseva-Klisch (2006, 2007, 2008) für das Deutsche.

3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation | 71

Ein wesentliches Argument für eine Bewegungsanalyse der RD ist die von diversen Autoren verzeichnete Beobachtung, dass das Auftreten morphosyntaktischer Verbundenheit zwischen dem Satz bzw. dem Resumptivum und dem RD-Element obligatorisch ist. Ein hierin beinhalteter Aspekt ist zunächst einmal, dass hier das Resumptivum obligatorisch ist, also nicht ausgelassen werden darf, worin sich die Konstruktion von der LD unterscheidet (vgl. z. B. De Cat, 2002; Lambrecht, 1981, 1986, 2001; Larsson, 1979; Rowlett, 2007). Dies wird in der Gegenüberstellung der Links- und Rechtsdislokation in (28) deutlich, welche beide kein Resumptivum involvieren: (28)

a. La prison, y a pas à se plaindre Das Gefängnis es gibt nicht zu sich beschweren Was das Gefängnis angeht, gibt es keinen Grund sich zu beschweren (Lambrecht, 1981, 55) b.

*Ya pas à se plaindre, la prison Es gibt nicht zu sich beschweren das Gefängnis Es gibt keinen Grund sich zu beschweren, was das Gefängnis angeht (Lambrecht, 1981, 79)

c. Und dieser Typ, seine Angel ist ins Wasser gefallen (übersetzt aus dem Englischen; Lambrecht, 2001, 1070) d.

* Und seine Angel ist ins Wasser gefallen, dieser Typ (übersetzt aus dem Englischen; Lambrecht, 2001, 1070)

Äußerungen wie die in (28b,d), in denen die RD-Konstituente nicht durch ein resumptives Element aufgenommen wird, sind ungrammatisch. Während also disloziierte Konstituenten in der linken Peripherie nicht zwangsläufig wieder aufgenommen werden müssen, ist eine resumptive Wiederaufnahme für die Rechtsdislokation obligatorisch. Zwischen Resumptivum und RD-Element muss nun in aller Regel morphosyntaktische Verbundenheit vorliegen: „[D]ependency markers are quasi-obligatory on Right-Dislocated [...] phrases“ (De Cat, 2002, 111). Dies wird durch die Beispiele in (29) verdeutlicht. (29)

a. Elle leuri parle pas, à ses voisinsi Sie ihnen spricht nicht zu ihren Nachbarn Mit ihren Nachbarn spricht sie nicht b.

(De Cat, 2002, 111)

* Elle leuri parle pas, ses voisinsi Sie ihnen spricht nicht ihre Nachbarn Mit ihren Nachbarn spricht sie nicht

c. Als ich deni sah, diesen Filmi , war ich ein Kind (Lambrecht, 2001, 1070)

(De Cat, 2002, 111)

72 | 3 Beschreibung der Zielsysteme d.

* Als ich deni sah, dieser Filmi , war ich ein Kind (Lambrecht, 2001, 1070)

Die Beobachtung, dass RD-Konstruktionen eine solche Verbundenheit so gut wie immer erfordern, wenn dies möglich ist, wurde von zahlreichen Autoren konstatiert (z. B. Ayres-Bennett & Carruthers, 2001; De Cat, 2002; Lambrecht, 1986, 2001; Larsson, 1979). Auch die Sensibilität für Inseleffekte kann für französische RD-Äußerungen verzeichnet werden: (30)

* [Avant d’yi habiter], j’ai bourlingué un peu partout, Vor zu-dort wohnen ich-habe herumgereist ein bisschen überall à Madridi in Madrid Bevor ich in Madrid gewohnt habe, bin ich überall ein bisschen herumgereist (De Cat, 2002, 112)

Hier ist das Resumptivum innerhalb eines Adjunktes enthalten, welches u. a. nach Cinque (1990) eine syntaktische Insel darstellt. Dass Äußerungen wie (30) ungrammatisch sind, belegt, dass die RD im Französischen mit Inseleffekten einhergeht. Eine weitere Eigenschaft, die häufig als Beleg für eine Bewegungsanalyse betrachtet wird, ist die erstmals von Ross (1967) verzeichnete upward boundedness. Diese beschreibt den Umstand, dass die RD gewissen Einschränkungen in Bezug auf die Anhebung des RD-Elements in den übergeordneten Satz unterliegt. Das kann unter anderem auch für das Französische konstatiert werden (und hat darüber hinaus ebenso im Deutschen Gültigkeit): (31)

a. Il faut [que çai les intéresse], votre affairei Es braucht dass dies sie interessiert eure Angelegenheit Eure Angelegenheit muss sie interessieren b.

votre affairei * [Que çai les intéresse] est évident, Dass dies sie interessiert ist offensichtlich eure Angelegenheit Dass eure Angelegenheit sie interessiert, ist offensichtlich (Larsson, 1979, 60)

In beiden Äußerungen bezieht sich das RD-Element votre affaire auf das Resumptivum innerhalb des durch que eingeleiteten Nebensatzes. In (31a) tritt die RDKonstituente adjazent zum Nebensatz auf, wohingegen die Anhebung hinter den Matrixsatz zur Ungrammatikalität von (31b) führt. Die RD ist demnach satzgebunden (De Cat, 2002; Lambrecht, 1981, 1986). Die Schlussfolgerung hieraus im Sinne

3.6 Syntaktische Eigenschaften der Dislokation |

73

einer Bewegungsanalyse ist, dass RD-Elemente über gewisse Grenzen nicht hinweg bewegt werden können. In dieser Hinsicht wird dies also als Evidenz für syntaktische Bewegung analysiert. Generell wird von diversen Autoren also, wie oben dargestellt, die Beobachtung verzeichnet, dass RD-Elemente enger mit dem Satz verknüpft sind, als es mitunter bei LD-Konstituenten der Fall ist (für eine sprachenübergreifende Perspektive hierzu vgl. auch Lambrecht, 2001). Dies wird – neben anderen Argumenten – als Evidenz für eine Bewegungsanalyse rechtsdisloziierter Konstituenten interpretiert. Die Annahme, dass die RD-Elemente aus dem Satz heraus nach rechts bewegt werden, ist jedoch sehr problematisch. Syntaktische Bewegung nach rechts ist in der Generativen Grammatik generell umstritten und diversen Autoren folgend gänzlich ausgeschlossen (vgl. z. B. Gross, 1968; Kayne, 1994). Eine Möglichkeit, die Bewegungsanalyse dennoch aufrechtzuerhalten, bietet die Annahme, dass möglicherweise nicht die RD-Konstituente selbst nach rechts bewegt wird, sondern dass der gesamte Satz (mit Ausnahme des RD-Elements) nach links angehoben wird. Dies wird für die romanischen Sprachen u. a. von Kayne (1994) vorgeschlagen, während Zwart (2001) einen Ansatz dieser Art für die germanischen Sprachen (konkret für das Niederländische) entwickelt. So kann Zwart folgend die syntaktische Struktur der Rechtsdislokation sehr grob verallgemeinert wie in Abb. (3.5) veranschaulicht werden: CP

[Ilsi sont fous]j [Diei spinnen]j

C’ C0

TP DP

T’

les Romansi die R¨omeri

tj

Abb. 3.5. Die Syntax der RD (eigene Darstellung nach Zwart, 2001)

Vor der Einführung der RD-Konstituente in die Derivation laufen innerhalb des Satzes alle notwendigen, ‚regulären‘ Derivationsschritte ab (Verkettung, syntaktische Bewegung zur Merkmalstilung etc.). Anschließend wird das RD-Element in die Derivation eingesetzt, und zwar in eine „very high specifier position“, in

74 | 3 Beschreibung der Zielsysteme der es den Hauptsatz zunächst c-kommandiert (Zwart, 2001, 7). Anschließend wird der gesamte Satz über die RD-Konstituente hinweg angehoben. Zwart zufolge zeichnet sich die Rechtsdislokation informationsstrukturell dadurch aus, dass die durch die RD-Konstituente vermittelte Information in den Hintergrund rückt, weshalb der Autor die Konstruktion auch als Backgrounding bezeichnet. Dies geht mit einer vergleichsweise schwachen Betonung des RD-Elements einher. Durch die hier dargestellte Analyse lässt sich die Annahme darstellen, dass RD-Elemente über syntaktische Bewegung aus einer satzinternen Position zu analysieren sind, was insbesondere aufgrund ihrer engen Verknüpfung mit dem Satz plausibel scheint. Für eine detailliertere Darstellung der Zusammenhänge, die für die vorliegende Arbeit weder möglich noch notwendig ist, wird an dieser Stelle auf Zwart (2001) verwiesen.

3.6.3 Zusammenfassung Zusammenfassend kann gezeigt werden, dass in Bezug auf die linke Satzperipherie sowohl im Französischen als auch im Deutschen zwischen bewegungsderivierten und basisgenerierten Dislokationen unterschieden werden kann. Während die französische ClLD sowie die deutsche CLD über eine syntaktische Anhebung der LD-Konstituente analysiert werden, ist die HTLD in beiden Sprachen über eine Basisgenerierung des LD-Elements in der linken Peripherie zu erfassen. Trotz diverser systematischer Unterschiede (vgl. z. B. Anagnostopoulou, 1997; Grohmann, 2000c) werden deshalb häufig Parallelen zwischen (germanischen) CLD-Strukturen und (u. a. romanischen) ClLD-Konstruktionen gezogen (für die Annahme, dass die CLD zumindest in einigen Aspekten ein „germanisches Pendant“ zur ClLD darstellt, vgl. u. a. Anagnostopoulou, 1997; Cinque, 1997; Demirdache, 1991; Iatridou, 1995). Die aufgezeigten Diskrepanzen zwischen den verschiedenen LD-Strukturen spiegeln Jacobs (2001, 642) folgend „different degrees of syntactic integration“ wider: ClLD- und CLD-Elemente können als syntaktisch integriert betrachtet werden, während HTLD-Elemente als syntaktisch nicht in den Satz integriert aufgefasst werden können (vgl. auch Grohmann, 1997, 2000a). In Bezug auf die Rechtsdislokation konnte sowohl für das Französische als auch für das Deutsche gezeigt werden, dass zwischen dem RD-Element und dem Satz eine engere Verknüpfung vorliegt als zwischen LD-Elementen und dem Satz. In diesem Sinne können Rechtsdislokationen grundsätzlich als syntaktisch in den Satz integrierte Elemente eingestuft werden (für abweichende Argumentationen vgl. aber Averintseva-Klisch, 2006, 2007, 2008; De Cat, 2002, 2007). Dies wird – neben anderen Eigenschaften – häufig als Evidenz für eine Bewegungsanalyse gesehen. Um syntaktische Bewegung nach rechts zu vermeiden, die mit der

3.7 Zusammenfassung

|

75

Antisymmetriehypothese nicht vereinbar ist (vgl. u. a. Kayne, 1994), wird die Annahme zugrunde gelegt, dass nicht das RD-Element aus dem Satz herausbewegt wird, sondern dass der komplette Satz (mit Ausnahme der RD-Konstituente) nach links bewegt wird.

3.7 Zusammenfassung In den vorangegangenen Kapiteln wurden die für die vorliegende Arbeit relevanten Strukturen – Links- und Rechtsdislokationen im Französischen und Deutschen – auf den verschiedenen linguistischen Beschreibungsebenen dargestellt. Hierbei standen vor allem die informationsstrukturellen und syntaktischen Eigenschaften im Mittelpunkt. Es wurde deutlich, dass für das Französische wesentlich differenziertere Forschungsarbeiten in Bezug auf die Analyse von Dislokationen in natürlichen Sprachdaten vorliegen, als es im Deutschen der Fall ist. Während Dislokationen im Französischen einen nicht unerheblichen Prozentsatz spontan geäußerter Sprache ausmachen, liegen für das Deutsche keinerlei Studien vor, die Aussagen über das quantitative Auftreten von Dislokationsstrukturen in der natürlichen, gesprochenen Sprache machen. Diese Forschungslücke schließt die vorliegende Arbeit, indem in der empirischen Auswertung der natürliche, spontan-sprachliche Gebrauch von Dislokationen sowohl bei Kindern als auch (stichprobenartig) bei Erwachsenen untersucht wird. Vor allem basierend auf syntaktischen Eigenschaften wurden verschiedene Arten der Dislokation etabliert. Die Differenzierung zwischen diesen Strukturen ist aber meist sehr subtil und alles andere als eindeutig. Besonders problematisch ist, dass die Abgrenzung im Wesentlichen auf konstruierten Beispielen beruht, welche sehr komplexe Äußerungen widerspiegeln, die häufig im spontanen Sprachgebrauch gar nicht auftreten. Dies ist umso relevanter, da die vorliegende empirische Auswertung sich auf die Äußerungen kindlicher Erstspracherwerber konzentriert, bei denen höchst komplexe Äußerungen (zumindest zunächst) vermutlich noch weniger erwartet werden können als bei erwachsenen Sprechern. Auf der Basis theoretisch und empirisch ausgerichteter Argumente wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass in der linken Peripherie zwischen bewegungsderivierten (ClLD/CLD) und basisgenerierten Linksdislokationen (HTLD) unterschieden werden kann. In Bezug auf rechtsdisloziierte Elemente wird die Annahme zugrunde gelegt, dass hier grundsätzlich in beiden untersuchten Sprachen syntaktische Bewegung involviert ist. Die Auswertung der kindlichen und erwachsenen Sprachdaten wird aber zeigen, dass Dislokationen im spontanen Sprachgebrauch des Deutschen nahezu abwesend sind. Generell erlauben die auftretenden Dislo-

76 | 3 Beschreibung der Zielsysteme kationsäußerungen in beiden Sprachen nur extrem selten eine eindeutige Zuordnung zu einem der identifizierten Dislokationstypen, weshalb im empirischen Teil nicht zwischen verschiedenen LD-Typen differenziert wird. Weiterhin ist in den vorangegangenen Abschnitten das für die vorliegende Arbeit relevante Ergebnis zusammengefasst worden, dass die Informationsstruktur einen starken Einfluss auf den Gebrauch von Dislokationen hat. Dies kann für beide Sprachen konstatiert werden, wobei der Zusammenhang zwischen Topikalität und Dislokationen im Französischen enger ist als im Deutschen. Bevor die Analyse der untersuchten kindlichen Sprachdaten vorgenommen wird, befasst sich das nächste Kapitel mit allgemeinen Annahmen zum (monound bilingualen) kindlichen Spracherwerb. Von zentraler Relevanz ist die Frage nach einem potenziellen Spracheneinfluss, wobei auf die hier zugrunde gelegten syntaktischen Annahmen zurückgegriffen wird.

4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand In diesem Kapitel werden einige grundlegende Annahmen zum Spracherwerb dargestellt. Zunächst wird auf das Konzept des Spracheneinflusses im bilingualen Individuum eingegangen. Hierbei werden Hypothesen in Bezug auf das Auftreten und die Richtung eines solchen Einflusses dargestellt, auf deren Basis im Anschluss eigene Vorhersagen für die vorliegende Erwerbsstudie formuliert werden. Außerdem werden grundlegende Annahmen zum kindlichen Erwerb bestimmter syntaktischer und informationsstruktureller Kategorien und Fähigkeiten diskutiert, welche eine Voraussetzung für den Dislokationserwerb darstellen. Abschließend werden konkrete Modelle und Hypothesen zum Erwerb resumptiv gedoppelter Dislokationen im frühkindlichen Französischen vorgestellt und diskutiert. Auch auf den Status und den Erwerb nicht-klitischer, nicht-gedoppelter Subjekte in prä- und postverbaler Position wird eingegangen, insbesondere in Hinsicht auf die Frage, ob es sich bei Subjekten dieser Art ebenfalls um disloziierte Elemente handelt. Die empirische Datenauswertung in den Kapiteln 6 und 7 basiert maßgeblich auf den hier dargestellten Grundlagen.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb Ein häufig in der Bilinguismusforschung diskutiertes Phänomen ist der Spracheneinfluss. Dieser wird vor allem im Zusammenhang mit dem auf natürliche Weise erfolgenden frühkindlichen simultan-bilingualen Spracherwerb untersucht, der auch Gegenstand der vorliegenden Studie ist. Spracheneinfluss kann sich auf den verschiedenen linguistischen Ebenen zeigen, wobei in der vorliegenden Arbeit der syntaktische Einfluss im Zentrum der Betrachtung steht. Im Folgenden werden zunächst einige grundlegende Annahmen und Definitionen präsentiert, woraus sich verschiedene Formen des Spracheneinflusses ergeben. Anschließend werden konkrete Kriterien präsentiert, die in der Literatur als Bedingungen für das Auftreten von Spracheneinfluss und dessen Richtung definiert wurden. Schlussendlich werden Studien zum Spracheneinfluss im Zusammenhang mit Dislokationsstrukturen dargestellt und eigene Hypothesen für das Auftreten oder Ausbleiben von Einfluss in der hier durchgeführten Untersuchung formuliert.

78 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand 4.1.1 Definitionen und Grundannahmen zum Spracheneinfluss Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb kann definiert werden als die systematische Beeinflussung einer Sprache durch die andere über einen gewissen Zeitraum im Erwerbsverlauf. Das Kriterium der Systematik unterscheidet den hier relevanten Spracheneinfluss von der Interferenz. Während Spracheneinfluss die zugrunde liegenden sprachlichen Systeme und somit die Sprachkompetenz betrifft (Kupisch, 2008), bezeichnet der Begriff der Interferenz die Übertragung sprachlicher Eigenschaften auf der Ebene der Performanz (Mackey, 2000). Müller et al. (2006, 17) thematisieren die Problematik der Unterscheidung zwischen solchen Sprachdaten, die lediglich die Performanz widerspiegeln, und solchen, die auch die Kompetenz betreffen. Diese Schwierigkeit resultiert daraus, dass reale, erhobene Sprachdaten immer Performanzdaten darstellen, welche von Einflüssen außerhalb der Kompetenz verzerrt sein können. Die Autorinnen schlagen im Rahmen eines quantitativen Maßstabs weiterhin vor, ab dem Auftreten eines bestimmten Phänomens zu mehr als 5 % von einem kompetenzbasierten Phänomen auszugehen, wobei auch dies vermutlich keine absolut zweifelsfreie Unterscheidung gewährleisten kann. Spracheneinfluss von einer auf die andere Sprache kann per definitionem nur dann erfolgen, wenn die beiden Sprachen auch als zwei separate Systeme repräsentiert sind. Hier wird also die Annahme zugrunde gelegt, dass bilinguale Kinder schon von Anfang an über zwei getrennte sprachliche Systeme verfügen. Wenngleich in frühen Forschungsarbeiten im Bereich des bilingualen Erstspracherwerbs häufig die hierzu konträre Annahme vertreten wurde, dass Kinder zunächst nur ein einziges, fusioniertes Sprachsystem haben (vgl. z. B. Leopold, 1970; Redlinger & Park, 1980; Swain, 1972, 1977) und die Trennung beider Sprachen schrittweise verläuft (Taeschner, 1983; Volterra & Taeschner, 1978), belegen spätere Studien eindeutig, dass bilinguale Kinder bereits von Beginn des Spracherwerbsprozesses an ihre sprachlichen Systeme voneinander trennen können (vgl. z. B. De Houwer, 1990; Gawlitzek-Maiwald & Tracy, 1996; Genesee, 1989; Genesee et al., 1995; Hulk, 1997; Kaiser, 1994; Köppe & Meisel, 1995; Lindholm & Padilla, 1978; Meisel, 1989, 1994a,b; Müller, 1998b; Schlyter, 1994). Das Vorliegen getrennter Sprachsysteme im frühen bilingualen Spracherwerb steht aber nicht im Widerspruch zu der Annahme, dass die beiden Sprachen sich gegenseitig beeinflussen können (vgl. z. B. Hulk & Müller, 2000; Müller, 1998b; Müller & Hulk, 2001; Müller et al., 2002; Paradis & Genesee, 1996; Yip & Matthews, 2000). Die verschiedenen Formen, die ein solcher Einfluss des einen Sprachsystems auf das andere haben kann, sowie die unterschiedlichen Ebenen, auf denen Spracheneinfluss definiert werden kann, werden im Folgenden dargelegt.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb |

79

Spracheneinfluss kann nach Paradis & Genesee (1996) verschiedene Ausprägungen haben und eine der folgenden drei Formen annehmen: 1. 2. 3.

Beschleunigung Verzögerung Transfer

Wenn eine sprachliche Struktur in beiden Sprachen (zumindest in einer gewissen Form) existiert, kann dies im bilingualen Erwerb zu einem beschleunigenden Effekt führen: Das Auftreten der Struktur in Sprache A bewirkt, dass diese in Sprache B früher auftritt, als es bei monolingualen Kindern der Fall ist. Andererseits können bilinguale Kinder – bedingt durch die erhöhte Schwierigkeit, die ein doppelter Erstspracherwerb darstellt – mitunter langsamer im Erwerb sein als monolinguale Kinder. Diese Verzögerung kann einzelne grammatische Bereiche betreffen (Müller & Hulk, 2001) oder auch ganze Module bzw. das gesamte Sprachsystem (Paradis & Genesee, 1996). Neben diesen beiden Einflussarten, die mit der Erwerbsgeschwindigkeit verknüpft sind, kann auch eine Eigenschaft aus Sprache A fälschlicherweise auf Sprache B übertragen werden. Dies führt in Sprache B zu nicht-zielsprachlichen Phasen in dem betroffenen Bereich, sodass ein qualitativer Unterschied zum monolingualen Erwerb entsteht (Paradis & Genesee, 1996). Dieser Transfer wird auch als direkt bezeichnet, wohingegen Beschleunigung und Verzögerung als indirekt und quantitativ charakterisiert werden können (vgl. Müller & Hulk, 2001; Hulk & Linden, 1996; Kupisch, 2008). Laut Strik & Pérez-Leroux (2011, 178) überwiegt im bilingualen (frühkindlichen) Spracherwerb der quantitative/indirekte Einfluss (also Beschleunigung oder Verzögerung), wohingegen qualitativer/direkter Einfluss nicht oder nur selten auftritt, da bilinguale Kinder meist die gleichen Erwerbsphasen durchlaufen wie monolinguale. Dieser Punkt ist jedoch nicht ganz unumstritten (die Autoren selbst finden beispielsweise in ihrer Studie qualitativen Spracheneinfluss). Um einen Spracheneinfluss in einer der drei existierenden Formen zu identifizieren, ist aber in jedem Fall ein Vergleich der sprachlichen Entwicklung der untersuchten bilingualen Kinder mit monolingualen Kindern unabdingbar. Nur hierdurch lässt sich zweifelsfrei belegen, ob es sich beim Erwerbsverlauf wirklich um einen Spracheneinfluss handelt oder um (nicht-zielsprachliche) Erwerbsverläufe, die auch für monolinguale Kinder typisch sind (vgl. u. a. Müller et al., 2006; Yip & Matthews, 2000). In der Bilinguismusforschung wird Spracheneinfluss häufig mit einer auftretenden Sprachdominanz in Zusammenhang gebracht. Diese ist grob zu verstehen als Ungleichgewicht im Hinblick auf das Verhältnis beider Muttersprachen im bilingualen Individuum: Das bilinguale Kind entwickelt eine starke (dominante)

80 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand und eine schwache Sprache, sodass es als sprachlich unbalanciert zu beschreiben ist. Andererseits gibt es auch bilinguale Kinder, deren Entwicklung in beiden Sprachen symmetrisch verläuft und die demnach als balanciert bezeichnet werden. Besonders in frühen Studien zum bilingualen Spracherwerb wurde häufig argumentiert, dass die Sprachdominanz den Grund für das Auftreten eines Spracheneinflusses darstellt, dass also Strukturen aus der stärkeren in die schwächere Sprache übertragen werden (vgl. z. B. Grosjean, 1982; Hulk, 1997; Lanza, 1992; Petersen, 1988; Schlyter, 1994; Tracy, 1995). Wenngleich gewisse Zusammenhänge durchaus möglich sind, belegen neuere Studien, dass nicht zwangsläufig ein Spracheneinfluss von der stärkeren auf die schwächere Sprache erfolgt. Einerseits gibt es auch unbalancierte Kinder, die dennoch keinen Spracheneinfluss aufweisen (Kupisch, 2006; Schmitz & Müller, 2008), andererseits kann auch bei balancierten Kindern mitunter ein Spracheneinfluss konstatiert werden (Hulk & Müller, 2000; Kupisch, 2006; Müller & Hulk, 2001; Müller et al., 2002). Schlussendlich kann auch belegt werden, dass bei unbalancierten Kindern die schwächere Sprache die stärkere beeinflusst (Hulk & Müller, 2000; Kupisch, 2006, 2008; Müller & Hulk, 2001). Sprachdominanz ist also weder die direkte Ursache noch eine notwendige Bedingung für das Auftreten von Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb und bestimmt auch nicht zwangsläufig dessen Richtung.¹ Aufgrund dessen wenden sich viele neuere Ansätze ab von der Rolle der Sprachdominanz und hin zu der Annahme, dass Einfluss durch die Eigenschaften der beiden involvierten Sprachen selbst bedingt ist (vgl. u. a. Gawlitzek-Maiwald & Tracy, 1996; Hulk & Müller, 2000; Müller & Hulk, 2000, 2001; Müller et al., 2002). Im Kapitel 4.1.2 werden einige konkrete Bedingungen für das Auftreten von Spracheneinfluss vorgestellt, die an die Eigenschaften der involvierten Sprachsysteme geknüpft sind. In der vorliegenden Studie wird vornehmlich auf die Eigenschaften der beiden untersuchten Sprachen, am Rande aber auch auf die Sprachdominanz als externen Faktor eingegangen. Hierfür wird zur Bestimmung der sprachlichen Balanciertheit der bilingualen Kinder die durchschnittliche Äußerungslänge (engl. Mean Length of Utterances, MLU) herangezogen, welcher u. a. nach Arencibia Guerra (2008) und Yip & Matthews (2000) den objektivsten Maßstab zur Dominanzermittlung darstellt.² Ein Problem ergibt sich allerdings bei dem Ver-

1 Diverse aktuelle Forschungsarbeiten halten jedoch an der Annahme fest, dass die Sprachdominanz sich wesentlich auf den Spracheneinfluss auswirkt bzw. sich zumindest als zusätzlicher Faktor darauf auswirken kann (vgl. u. a. Yip & Matthews, 2000; Strik & Pérez-Leroux, 2011). 2 Für eine Übersicht und Diskussion weiterer Kriterien vgl. z. B. Arencibia Guerra (2008) und Müller et al. (2006, In prep.).

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb | 81

gleich zweier Sprachen, die sich in ihren Eigenschaften so unterscheiden, dass es Verzerrungseffekte geben kann. Yip & Matthews (2000, 198) schlagen deshalb vor, den MLU nicht als absolutes, sondern eher als relatives Maß zu verwenden, „to compare individual bilingual children with each other, and to show changes in dominance patterns over time.“ In diesem Sinne beruhen die Beurteilung und der intra- und inter-individuelle Vergleich der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Kinder auf dem MLU (gemessen in Wörtern), welcher hier, obwohl dies in der Forschungsliteratur nicht ganz unumstritten ist, als qualitatives Kriterium gesehen wird (vgl. u. a. Müller & Pillunat, 2008).

4.1.2 Kriterien für Auftreten und Richtung von Spracheneinfluss Wie bereits angerissen wurde, wird in neueren Forschungsarbeiten meist davon ausgegangen, dass der Spracheneinfluss nicht das gesamte System, sondern lediglich einzelne grammatische Bereiche betrifft. In dieser Hinsicht kann man einflussanfällige Bereiche von solchen Bereichen unterscheiden, die unanfällig für Spracheneinfluss sind. Zur Identifizierung solcher (un)anfälligen Bereiche haben sich Hulk & Müller (2000) und Müller & Hulk (2000, 2001) erstmals mit der Formulierung konkreter Kriterien für das (potenzielle) Auftreten von Spracheneinfluss im bilingualen Individuum auseinandergesetzt. Unter der Annahme, dass das Auftreten von Spracheneinfluss an sprachinterne Beweggründe gebunden ist, die durch die Beschaffenheit der beteiligten Sprachsysteme bedingt sind, formulieren sie die folgenden beiden Bedingungen: (32)

Cross-linguistic influence occurs at the interface between two modules of grammar, and more particularly at the interface between pragmatics and syntax in the so-called C-domain, since this is an area which has been claimed to create problems in L1 acquisition also. (Hulk & Müller, 2000, 228)³

(33)

Syntactic cross-linguistic influence occurs only if language A has a syntactic construction which may seem to allow more than one syntactic analysis and, at the same time, language B contains evidence for one of these possible analyses. (Hulk & Müller, 2000, 228f.)

3 Die Annahme, dass Phänomene an der Schnittstelle zwischen dem syntaktischen Sprachmodul und anderen Modulen besonders schwer zu erwerben sind, ist unter dem Begriff der Interface Hypothesis auch in der Zweitspracherwerbsforschung etabliert (vgl. z. B. Sorace & Filiaci, 2006; Sorace, 2011).

82 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand Einerseits halten Hulk und Müller also die CP für einen besonders anfälligen Bereich (Bedingung 1), da hier unter anderem auch monolinguale Kinder Erwerbsprobleme aufweisen (vgl. auch Platzack, 2001). Basierend auf dieser Beobachtung in Verbindung mit der Tatsache, dass die CP auch mit bestimmten informationsstrukturellen Funktionen verknüpft ist (vgl. Kap. 3.5), vermuten die Autorinnen, dass die Interaktion verschiedener sprachlicher Module – wie Syntax und Pragmatik bzw. Informationsstruktur – zu Spracheneinfluss führen kann.⁴ Andererseits erachten Hulk und Müller auch die grammatischen Eigenschaften der beiden involvierten Sprachen in dem betroffenen Bereich als relevant. So kann laut den Autorinnen auch eine (partielle) strukturelle Überlappung zum Auftreten von Spracheneinfluss führen (Bedingung 2). Die Autorinnen geben darüber hinaus die Möglichkeit an, dass das bilinguale Kind aufgrund von in Konflikt stehenden sprachlichen Input-Daten länger auf universelle pragmatische/informationsstrukturelle Default-Strategien zurückgreift und dadurch der Erwerb sprachspezifischer Regularien verzögert wird: We would like to argue then for the existence of crosslinguistic influence induced by the mapping of universal principles onto language-specific principles, in particular pragmatic principles onto syntactic principles. We will define such influence as mapping induced influence. (Müller & Hulk, 2001, 2)

Ob beide oder nur eine der Bedingungen erfüllt sein müssen, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. So setzen einige Autoren voraus, dass Spracheneinfluss nur dann auftreten kann, wenn beide Bedingungen zutreffen (Hulk & Müller, 2000; Müller & Hulk, 2001), wohingegen es in anderen Studien als ausreichend beurteilt wird, wenn eine der Bedingungen erfüllt ist (Müller et al., 2006; Yip & Matthews, 2000). In jedem Fall kann es sich maximal um notwendige, nicht aber um hinreichende Bedingungen handeln: Auch wenn eine oder beide Bedingungen erfüllt sind, muss nicht zwangsläufig ein Spracheneinfluss auftreten; dies scheint noch von weiteren, bisher nicht bekannten Faktoren abzuhängen. Die Bedingung der strukturellen Überlappung von Hulk und Müller wird in einer späteren Studie von Müller & Patuto (2009) redefiniert, indem die Autorinnen zu der Schlussfolgerung kommen, dass nicht nur eine (partielle) strukturelle Überlappung zwischen beiden involvierten Systemen vorliegen muss, sondern auch die Oberflächenstruktur eine zentrale Rolle spielt:

4 Auch die Einflussanfälligkeit anderer syntaktischer Bereiche wird in der Literatur diskutiert; vgl. z. B. Bernardini (2003) und Kupisch (2003) für die DP, Cantone & Schmitz (2001) und Müller (2009) für die Wortstellung in der VP (OV/VO).

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb | 83

(34)

The surface strings of the two languages are similar for the expression of the vulnerable grammatical phenomenon. (Müller & Patuto, 2009, 317)

Hiernach müssen Äußerungen der beiden Sprachen also in Bezug auf ihre Oberflächenstruktur ähnlich sein, sodass eine der beiden Analysen für beide Sprachen vom Kind verwendet werden kann (für einen ähnlichen Standpunkt vgl. auch Yip & Matthews, 2009). Für die hier vorliegende Arbeit wird zunächst nicht zwischen den Bedingungen in (33) und (34) differenziert, sondern lediglich auf eine teilweise strukturelle Überlappung im Allgemeinen eingegangen. Möglicherweise können die Ergebnisse der hier vorliegenden Studie dabei helfen, eine der beiden Formulierungen zu stützen oder zu verwerfen. Neben den Bedingungen, die grundsätzlich einen Spracheneinfluss hervorrufen (können), wird auch der Zeitpunkt diskutiert, zu dem ein solcher Einfluss auftritt. Da sie den Einfluss mit der anfälligen C-Domäne in Verbindung bringen, gehen Müller & Hulk (2001, 19) davon aus, dass „crosslinguistic syntactic influence is evidenced during a stage where the C-domain is radically underspecified.“ Hiernach wird der Einfluss vor allem in der sehr frühen Erwerbsphase erwartet, bevor die Implementierung der CP eintritt. Dass Spracheneinfluss aber nicht auf die Phasen vor dem Erwerb der C-Schicht begrenzt ist, sondern auch die Zeit danach betreffen kann, zeigen empirische Studien (z. B. Notley et al., 2007; Serratrice et al., 2004). Nach Serratrice et al. (2004) sollte es zwei ineinander übergehende Phasen des Einflusses geben. In der ersten Einflussphase sind die Äußerungen syntaktisch ungrammatisch, aber informationsstrukturell adäquat, da die Kinder hier, wie von Hulk und Müller postuliert, universelle pragmatische/informationsstrukturelle Prinzipien anwenden. Im Gegensatz dazu ist die zweite Einflussphase dadurch gekennzeichnet, dass Kinder die sprachspezifischen, syntaktischen Optionen ihrer Sprache erwerben bzw. erworben haben, was aber zu einer Verletzung informationsstruktureller Beschränkungen führt. Ein weiterer, viel diskutierter Aspekt bezüglich des Spracheneinflusses im bilingualen Spracherwerb ist die Richtung, welche ein solcher Einfluss nimmt. Basierend auf Hulk und Müllers Annahme des mapping induced influence leiten Notley et al. (2007) die Einflussrichtung wie folgt ab: „[...] the direction of influence will be from the language containing strong evidence for a construction compatible with default discourse licensing strategies, into the language with limited evidence for such a strategy“ (Notley et al., 2007, 230). Wenn eine der beiden involvierten Sprachen also eine strukturelle Ähnlichkeit mit der pragmatischen Default-Strategie hat, die die Kinder übergeneralisieren bzw. bei der sie länger verweilen, sollte der Einfluss von ebendieser Sprache in die andere erfolgen, wobei diese Annahme nur für den frühen Erwerb vor der Implementierung der CP anwendbar sind. Basierend auf Hulk und Müllers Bedingung 2 sagen Strik

84 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand & Pérez-Leroux (2011) weiter vorher, dass immer diejenige Sprache vom Spracheneinfluss betroffen sein sollte, die ambige Strukturen aufweist, wohingegen die Sprache, in der die Struktur eine einzige (eindeutige) Analyse zulässt, nicht beeinflusst werden sollte. Während oben deutlich wurde, dass die Einflussrichtung durch die Sprachdominanz nicht vorhergesagt werden kann, ist ein hierfür häufig herangezogenes Kriterium die linguistische Komplexität grammatischer Bereiche. Dies wird im Folgenden kurz dargelegt. Die Grundannahme ist hierbei, dass spracherwerbende Kinder ökonomischen Prinzipien folgen (vgl. Hulk & Zuckerman, 2000; Hamann, 2006; Roeper, 1996), was auch mit den zentralen Annahmen des Minimalistischen Programms nach Chomsky (1995) einhergeht. Gerade bilinguale Sprecher haben bedingt durch zwei getrennte Systeme eine größere Auswahl an möglichen syntaktischen Analysen und ‚entscheiden‘ sich im Zweifelsfall vermutlich eher für die weniger komplexe Alternative. In diesem Zusammenhang argumentiert die Forschergruppe um Jakubowicz, dass die Reihenfolge, in der funktionale Kategorien bzw. Merkmale erworben werden, von deren syntaktischer Berechnungskomplexität abhängt, welche wiederum auf die Beschaffenheit dieser Elemente zurückzuführen ist. Hierfür werden die folgenden beiden Komplexitätskriterien angeführt, die die Autorinnen anhand verschiedener empirischer Studien belegen (Jakubowicz, 2003; Jakubowicz & Nash, 2001; Jakubowicz et al., 1998) (35)

The syntactic computation in a given language is LESS COMPLEX when a merged functional category must be present in EVERY sentence. [...] The syntactic computation is MORE COMPLEX if a merged functional category is present in SOME sentences. (Jakubowicz & Nash, 2001, 324)

(36)

The syntactic computation in a given language is less complex when an argument is canonically merged with a predicate (that is, merged in the lexical domain). [...] The syntactic computation is more complex when an argument is non-canonically merged with a functional category (that is merged in the functional domain). (Jakubowicz, 2002, 170)

Einerseits ist eine Struktur hiernach also komplexer, wenn eine funktionale Kategorie nicht ausschließlich durch die Syntax bedingt ist, sondern auch durch andere Module bestimmt wird, zum Beispiel durch semantische/informationsstrukturelle Faktoren.⁵ Andererseits ist eine Analyse komplexer, wenn ein Argument nicht auf lexikalischer Ebene der Struktur generiert wird, wie z. B. in der VP, sondern auf funktionaler Ebene, wie z. B. in der TP oder CP (vgl. auch Müller et al., 5 Dies geht mit der zuvor vorgestellten Hypothese einher, dass die CP besonders einflussanfällig ist, weil dort neben syntaktischen Merkmalen auch informationsstrukturelle Effekte wirken.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb | 85

2006, 139). Ein drittes Komplexitätskriterium wird von Müller et al. (2002) definiert: (37)

Die syntaktische Berechnung in einer Sprache ist WENIGER KOMPLEX, sobald eine syntaktische Option generell Anwendung findet. Die lexikalische Beschränkung der syntaktischen Option erhöht den Komplexitätsgrad der Berechnung. (Müller et al., 2002, 196)

Hiernach wird der Komplexitätsgrad ebenfalls erhöht, wenn ein grammatischer Bereich nicht nur rein syntaktisch und gegebenenfalls semantisch/informationsstrukturell bedingt ist, sondern auch lexemspezifischen Beschränkungen unterliegt. Nach Jakubowicz (2002) kann davon ausgegangen werden, dass die Komplexitätskriterien keine notwendige Bedingungen darstellen; stattdessen wird Komplexität als Kontinuum aufgefasst, wobei das Zutreffen eines Kriteriums jeweils die Komplexität erhöht. In Fällen, in denen sich nun also eine syntaktische Struktur in den beiden Sprachen eines bilingualen Kindes hinsichtlich eines Komplexitätskriteriums (oder mehrerer) unterscheidet, wird vorausgesagt, dass das Kind die weniger komplexe Analyse wählen wird. Dies führt dazu, dass die Sprache, die die komplexere Analyse beinhaltet, in diesem grammatischen Bereich von der anderen Sprache beeinflusst wird. In aktuelleren Forschungsbeiträgen hat die Forschergruppe um Jakubowicz die Kriterien zur Komplexität mehr und mehr auf die Ebene der syntaktischen Derivation verschoben. Diese Weiterentwicklung wird von Jakubowicz (2005) und Jakubowicz & Strik (2008) als Derivational Complexity Hypothesis (DCH) bezeichnet: (38) [D]uring language development of typically developing children [...], less complex derivations are input convergent (i.e., correctly spelled out and ‘pronounced’ at the interfaces) before more complex ones. (Jakubowicz & Strik, 2008, 106) Hiernach beherrschen Kinder also ökonomischere Derivationen schneller zielsprachlich als komplexere. Für die Berechnung dieser derivationellen Komplexität haben die Autorinnen wiederum zwei Kriterien entwickelt, die als Derivational Complexity Metric (DCM) bezeichnet werden und wie folgt lauten: (39)

a. Merging αi n times gives rise to a less complex derivation than merging αi (n + 1) times. b. Internal Merge of α gives rise to a less complex derivation than Internal Merge of (α + β). (Jakubowicz & Strik, 2008, 106)

Basierend auf Chomskys MP ist also eine Konstruktion umso komplexer, je öfter Internal Merge (oder Move) auf ein Element angewandt werden muss (d. h. je mehr

86 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand Bewegungsschritte erforderlich sind) und je mehr Elemente eine zu bewegende Konstituente umfasst. In ihrer Studie über den französisch-niederländischen Erwerb von wh-Fragen belegen Jakubowicz & Strik (2008) diese Hypothese. Obwohl der Spracheneinfluss ein im Bereich des bilingualen Spracherwerbs häufig diskutiertes Phänomen ist, konnte bisher kein allgemeiner Konsens in Bezug auf die zugrunde liegenden Prozesse und notwendigen Bedingungen erzielt werden. Die von Hulk und Müller formulierten Bedingungen zum Spracheneinfluss werden in der Literatur häufig für Untersuchungen herangezogen; gleiches gilt für die im Rahmen der Komplexität und Ökonomie angestellten Überlegungen von der Forschergruppe um Jakubowicz (vgl. Hulk & Müller, 2000; Müller, 1993, 1998a,b; Müller & Hulk, 2000, 2001; Müller et al., 2002; Repetto, 2010; Repetto & Müller, 2010; Serratrice et al., 2004; Strik & Pérez-Leroux, 2011; Schmitz, 2002). Ob jedoch beide von Hulk und Müller formulierten Annahmen notwendige Bedingungen darstellen, lediglich eine erfüllt sein muss, oder am Ende doch der Komplexität die zentrale Rolle zugeschrieben werden muss, ist bislang ungeklärt. Auch inwieweit sprachexterne Faktoren (wie die Sprachdominanz) eine verstärkende Rollen spielen könnten, wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Auf der Basis der zahlreichen existierenden empirischen Studien wird deutlich, dass es sich beim Spracheneinfluss um ein sehr komplexes Phänomen handelt und vermutlich diverse Faktoren eine Rolle spielen, von denen möglicherweise noch nicht alle identifiziert werden konnten. Im nächsten Kapitel sollen die zum Spracheneinfluss angestellten Überlegungen in Bezug zu dem in der vorliegenden Arbeit diskutierten Untersuchungsgegenstand gesetzt werden, nämlich dem Erwerb von Dislokationsstrukturen bei bilingual deutsch-französischen Kindern.

4.1.3 Spracheneinfluss im Bereich der Dislokation In Folgenden soll dargestellt werden, welche Vorhersagen und Beobachtungen für Dislokationsstrukturen im bilingualen Erstspracherwerb in der Literatur bisher beschrieben wurden, bevor anschließend konkrete Hypothesen im Bezug auf Spracheneinfluss für die hier vorliegende Studie formuliert werden.

4.1.3.1 Bisherige Studien zum Spracheneinfluss im Bereich der Dislokation Da der kindliche (mono- und auch bilinguale) Erwerbsverlauf in Bezug auf Dislokationen in Kap. 4.3 noch ausführlicher dargestellt wird, werden hier lediglich die Vorhersagen und Ergebnisse in Bezug auf das Auftreten bzw. Ausbleiben von Spracheneinfluss (und gegebenenfalls seine Richtung) dargestellt.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb | 87

Die einzige Arbeit, die sich bisher konkret mit der Frage nach dem Auftreten eines Spracheneinflusses im Hinblick auf Dislokationen im bilingualen Spracherwerb befasst hat, ist die von Notley et al. (2007). Die Autorinnen analysieren Kinder, die Französisch in Kombination mit einer germanischen Sprache (Englisch oder Niederländisch) erwerben. Sie schließen in ihre Analyse sowohl finite als auch infinite Äußerungen ein und berechnen jeweils den Anteil, den Dislokationen an der Gesamtheit derjenigen Äußerungen ausmachen, in denen Dislokationen grundsätzlich möglich sind.⁶ In Bezug auf die von Hulk & Müller (2000) formulierte Schnittstellenbedingung kommen sie zu dem Schluss, dass sie für beide Sprachkombinationen (Französisch-Englisch und Französisch-Niederländisch) erfüllt ist: Bei der Dislokation handelt sich nach Notley et al. (2007) in allen drei beteiligen Sprachen um eine syntaktische Struktur, mit der auch informationsstrukturelle Effekte erzielt werden, nämlich die overte Markierung des Topiks.⁷ Für die Entscheidung, ob die Bedingung der strukturellen Überlappung erfüllt ist, differenzieren die Autorinnen zwischen Links- und Rechtsdislokationen sowie zwischen den beiden Sprachkombinationen. Für die LD in der Sprachkombination Französisch-Englisch argumentieren Notley et al. (2007), dass eine partielle strukturelle Überlappung vorliegt und die Bedingung somit erfüllt ist. Dies konstatieren sie auf der Ebene grammatischer Beschränkungen (im Französischen können alle grammatischen Personen linksdisloziiert werden, im Englischen ausschließlich die 3. Person) sowie im Hinblick auf Frequenzunterschiede (die LD ist im Französischen sehr häufig, im Englischen hingegen recht selten).⁸ Für die LD im französisch-niederländischen Erwerb gehen die Autorinnen hingegen davon aus, dass es keine Überlappung gibt. Der Grund dafür ist die Beobachtung, dass die LD im Niederländischen deutlich komplexer ist (aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine V2-Sprache handelt, was z. T. zusätzliche Anhebungsschritte erforderlich macht) und dass die Natur des Resumptivums eine andere ist (es handelt sich nicht um ein Klitikon, sondern um ein d-Pronomen).

6 Die Autorinnen werten im Französischen auch solche Strukturen als RDn, in denen äußerungsfinale Subjekte auftreten, die nicht innerhalb des Satzes wieder aufgegriffen werden. Solche Äußerungen werden in der klassischen Literatur als Strukturen mit postverbalen Subjekten bezeichnet und ihr syntaktischer Status ist umstritten; in der vorliegenden empirischen Auswertung werden sie deshalb separat behandelt (vgl. Kap. 7) und zunächst nicht zu den Dislokationen gezählt. 7 Vgl. aber Kap. 3.5 für die Darstellung der Möglichkeit, dass im Deutschen der informationsstrukturelle Effekt der Dislokation weniger klar erfassbar ist als im Französischen, wonach nicht jedes disloziierte Element ein Topik darstellen muss. 8 Diese Beobachtungen beruhen auf der Analyse spontaner Äußerungen von kindlichen und adulten monolingualen Muttersprachlern aller hier untersuchten Sprachen, welche die Autorinnen im Rahmen ihrer Studie durchführen.

88 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand Für Rechtsdislokationen machen Notley et al. (2007) keine klaren Vorhersagen. Zwar äußern sie die Annahme, dass eine strukturelle Überlappung vorliegen könnte, da im Französischen erneut Konstituenten aller grammatischen Personen rechtsdisloziiert werden (können), im Niederländischen und Englischen hingegen nur solche der 3. Person. Anderseits schließen sie aufgrund von Frequenzgründen, dass diese Bedingung vermutlich eher nicht erfüllt ist: Im Englischen gibt es im Input (und in den monolingualen kindlichen Daten) keinerlei Evidenz für Rechtsdislokationen, weshalb Notley et al. (2007) eine für die bilingualen Kinder wahrnehmbare Überlappung ausschließen. Im adulten Niederländischen gibt es ebenfalls kaum RD-Konstruktionen; gleichzeitig sind diese Strukturen allerdings bei den einsprachigen niederländischen Kindern in etwa so häufig wie bei den französischen. Zusammenfassend schließen die Autorinnen für beide Sprachkombinationen, dass es im Bereich der RD keine „situation of conflict“ für die bilingualen Kinder gibt, womit sich kein Einfluss manifestieren sollte (Notley et al., 2007, 243). Diese Argumentation scheint nicht ganz überzeugend, da die Autorinnen qualitative Unterschiede hinsichtlich der grammatischen Person aufgezeigt haben. Somit könnte man erwarten, dass die Kinder einen Einfluss zeigen, indem sie die grammatische Person disloziierter Elemente im Französischen enger beschränken (auf die 3. Person) oder im Niederländischen übergeneralisieren (auf alle Personen). Dieser Aspekt wird jedoch von den Autorinnen nicht thematisiert. Kurz zusammengefasst sagen Notley et al. (2007) also Spracheneinfluss nur für die LD bei den französisch-englischen Kindern vorher, wobei sie über dessen Richtung nach eigenen Angaben keine Aussagen machen können. Die aufgestellten Hypothesen werden durch die von den Autorinnen erzielten Ergebnisse nur teilweise belegt. Wie erwartet findet sich in Bezug auf Linksdislokationen bei den französisch-englischen Kindern ein Spracheneinfluss. Dieser verläuft vom Französischen auf das Englische, was zu einer erhöhten LD-Produktion im Englischen führt. Jedoch zeigt sich ein ähnlicher Einfluss (wenn auch weniger stark) ebenfalls bei den Rechtsdislokationen der Kinder, was die Autorinnen aufgrund ihrer Vorhersagen nicht erwartet haben.⁹ Für die Sprachkombination Französisch-

9 Dass französisch-englisch bilinguale Kinder im Bereich der Dislokation einflussanfällig sein können, wird auch durch eine aktuelle Studie von Hervé & Serratrice (2013) belegt. Die Autorinnen zeigen in einem Priming-Experiment, dass die bilingualen Kinder nach der Vorgabe von Dislokationsstrukturen solche Konstruktionen häufiger produzieren als die monolingual englische Vergleichsgruppe. Hiermit argumentieren sie, dass Spracheneinfluss sogar zu einem verstärkten Gebrauch von Strukturen beitragen kann, die in einer Sprache zwar existieren, aber eine geringe Frequenz aufweisen, und deren informationsstrukturelle Funktion auch durch andere Strukturen erzielt werden kann.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb | 89

Niederländisch zeigt sich im Französischen ein leicht anderer Erwerbsverlauf als bei den monolingualen Kindern: Während die einsprachigen Kinder zunächst mehr Rechts- als Linksdislokationen äußern, zeigen die bilingualen Kinder von Beginn an hohe LD-Raten im Französischen. In dieser ersten Phase verhalten sich die Kindergruppen demnach nicht einheitlich. Dies kann jedoch laut Notley et al. (2007) kein Einfluss aus dem Niederländischen sein, wo die LD sehr selten auftritt. Die Autorinnen sehen dies also nicht als eindeutigen Spracheneinfluss an, sondern vermuten, dass hier andere Vorgänge am Werk sein müssen, deren Erklärung sie offenlassen. Im Bezug auf Rechtsdislokationen zeigt sich bei den niederländisch-französischen Kindern kein Einfluss, was wiederum erwartet war. Eine weitere Beobachtung der Autorinnen ist, dass die bilingualen Kinder beider Sprachkombinationen im Französischen mehr bzw. länger infinite Dislokationen produzieren. Die Autorinnen bewerten dies jedoch nicht als an das grammatische Phänomen gebunden: However, this quantitative developmental difference has probably little to do with the specific area of dislocation. Rather, it could reflect a (slight) delay and slower development of finite utterances in general in the French of these bilingual children [...]. (Notley et al., 2007, 251)

Die Autorinnen verweisen hierbei auf Hulk (2000), die in einer früheren Studie ähnliche Ergebnisse im Hinblick auf den Erwerb von Finitheit findet, und nehmen an, dass die bilingualen Kinder generell länger infinite Äußerungen produzieren (nicht nur infinite Dislokationsstrukturen). Sie kommen zu folgender Schlussfolgerung: „[C]ross-linguistic influence seems to be manifested primarily in the form of finite dislocations“ (Notley et al., 2007, 252). Die Autorinnen argumentieren, dass finite Äußerungen auf ein weiter fortgeschrittenes Erwerbsstadium schließen lassen und somit tendenziell die Phase betreffen, in der die CP bereits erworben ist. Sie bestätigen also die von Serratrice et al. (2004) vorgenommen Weiterentwicklung der Annahmen von Hulk & Müller (2000) und Müller & Hulk (2001), welcher zufolge ein Spracheneinfluss auch nach der Implementierung der C-Schicht auftreten kann. Die Beobachtungen, dass Einfluss (im Fall der RD bei französisch-englischen Kindern) auch ohne strukturelle Überlappung auftreten kann, dass der Spracheneinfluss vor allem spät (bei finiten Äußerungen) auftritt, sowie die fehlende Erklärung der Einflussrichtung (vom Französischen auf das Englische) führen Notley et al. (2007) zu der Schlussfolgerung, dass neben den von Hulk und Müller vorgeschlagenen Bedingungen noch weitere Faktoren den Spracheneinfluss im bilingualen Erwerb bestimmen müssen. So schlagen die Autorinnen vor, dass die hohe Frequenz von RD-Strukturen im französischen Input der bilingualen Kinder

90 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand auch ohne strukturelle Überlappung zu einer erhöhten Produktion dieser Struktur im Englischen führen könnte. Dies würde bedeuten, dass strukturelle Überlappung nicht unbedingt notwendig ist, ihre Präsenz aber die Stärke des Spracheneinflusses erhöhen kann. Um jedoch erklären zu können, warum der Einfluss diese Richtung nimmt (und es nicht andersherum zu weniger Dislokationen im Französischen kommt), muss der Faktor der Input-Frequenz mit anderen Faktoren interagieren. In diesem Zusammenhang schlagen Notley et al. (2007, 253) vor, dass „right dislocation might be an early pragmatically preferred topic-marking strategy.“ Sie argumentieren, dass die RD im Gegensatz zur LD nur eine einzige informationsstrukturelle Funktion hat, nämlich die Aufrechterhaltung eines bereits etablierten Topiks. In dieser Hinsicht könnte diese Transparenz zwischen syntaktischer Struktur und informationsstruktureller Funktion sich (neben anderen Faktoren) auf den Spracheneinfluss auswirken. Auch syntaktische Komplexität ziehen die Autorinnen in Betracht: Die Beobachtung, dass auch monolingual französische Kinder zunächst vermehrt Rechtsdislokationen und erst später mehr Linksdislokationen produzieren, könnte darauf hindeuten, dass die RD auch syntaktisch gesehen weniger komplex ist und deshalb von den Kindern früher erworben wird.¹⁰ Notley et al. (2007) mutmaßen, dass die Kinder möglicherweise deshalb auch im Englischen zuerst auf die RD zurückgreifen, obwohl diese im Input nicht präsent ist. Somit könnte sich nach den Autorinnen also auch derivationelle Ökonomie auf einen möglichen Spracheneinfluss auswirken. Insgesamt zeigt die Arbeit von Notley et al. (2007), dass das Feld des Spracheneinflusses hochgradig komplex ist und eine Interaktion diverser Faktoren vorliegt, von denen die in Kap. 4.1.2 dargestellten Bedingungen und Kriterien vermutlich nur einen Teil der relevanten Aspekte ausmachen: „The challenge for future research will be to define these factors and [...] to gradually identify how syntactic considerations, pragmatic considerations, and input frequency work together to determine patterns of development“ (Notley et al., 2007, 255f.). An der Studie und der Argumentationsweise von Notley et al. (2007) sind einige Aspekte kritisch zu diskutieren. Zunächst einmal stellt sich die Frage, wie problematisch das Auftreten eines Spracheneinflusses in grammatischen Bereichen ohne strukturelle Überlappung (RD im Englischen/Französischen) tatsächlich ist. Da diverse Studien gezeigt haben, dass die Erfüllung einer der beiden Bedingungen von Hulk und Müller ausreichen kann, könnte auch hier angenommen wer-

10 Unter der Voraussetzung, dass die RD syntaktisch weniger komplex ist und eine universelle informationsstrukturelle Strategie ist, stellt sich aber die Frage, warum monolingual englische Kinder – im Gegensatz zu niederländischen – in frühen Erwerbsphasen nicht auch darauf zurückgreifen.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb |

91

den, dass die Ansiedlung der Dislokationsstruktur an der Schnittstelle von Syntax und Informationsstruktur genügt, um den auftretenden Spracheneinfluss vorherzusagen. Andererseits könnte, wie oben bereits angerissen, argumentiert werden, dass RD-Konstruktionen im Englischen und Französischen eben doch strukturell überlappen, was die Autorinnen ebenfalls kurz in Erwägung ziehen. Die Art und Weise, auf die sie strukturelle Überlappung definieren, bedarf ebenfalls einer Klärung. Die Autorinnen ziehen als Kriterien einerseits den Gebrauch der Dislokationsstruktur mit den verschiedenen grammatischen Personen und andererseits das quantitative Auftreten der Dislokation im Input heran. Bei beiden Faktoren ist unklar, inwiefern diese eine syntaktische Überlappung im strikten Sinn darstellen können. Stattdessen scheint es sich hier eher um divergierende spezielle Beschränkungen (auf bestimmte grammatische Personen) sowie um ein generelles Frequenz-Kriterium zu handeln. Nur letzteres kann als Überlappungskriterium herangezogen werden, wenn davon ausgegangen wird, dass für die Kinder beispielsweise die Option der Rechtsdislokation im Englischen überhaupt nicht existiert und es hier somit keine alternativen Strukturen gibt. Wenngleich die Diskussion der beiden Kriterien (grammatische Person und Frequenz) unter dem Konzept der strukturellen Überlappung hinterfragt werden kann, stellen diese trotzdem interessante Aspekte dar, auf die auch bei der Formulierung konkreter Einflussbedingungen für die vorliegende Studie eingegangen wird. Schlussendlich soll hier kritisch angemerkt werden, dass die Autorinnen vermutlich in Bezug auf die informationsstrukturellen Effekte der RD eine zu starke Vereinfachung vornehmen. In Kap. 3.5 wurde gezeigt, dass die RD diverse informationsstrukturelle Funktionen ausüben kann, sodass die Aufrechterhaltung eines bereits etablierten Topiks nur eine unter mehreren Funktionen ist. Im folgenden Abschnitt sollen unter Bezug auf die oben dargestellten Kriterien zum Spracheneinfluss und unter Berücksichtigung der Studie von Notley et al. (2007), die thematisch sehr eng mit der vorliegenden Forschungsarbeit zusammenhängt, konkrete Vorhersagen für den Dislokationserwerb bei deutschfranzösischen Kindern erarbeitet werden. Diese gilt es dann in den empirischen Kapiteln 6 und 7 zu prüfen.

4.1.3.2 Eigene Vorhersagen zum Spracheneinfluss bei Dislokationen im deutsch-französischen Spracherwerb Es konnte gezeigt werden, dass trotz einer Trennung beider Sprachsysteme im bilingualen Erstspracherwerb einige Bereiche anfällig für Spracheneinfluss sind. Hier soll nun diskutiert werden, ob ein solcher Einfluss auch für den Erwerb der Dislokationsstruktur durch deutsch-französische zu Kinder erwarten ist, und wenn ja, in welcher Form (bzw. Richtung) er sich manifestieren sollte. Hierfür

92 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand werden in Tab. 4.1 zunächst noch einmal die verschiedenen Bedingungen und Kriterien kurz zusammengefasst, die dafür herangezogen werden. Tab. 4.1. Kriterien und Vorhersagen für das allgemeine Auftreten von Spracheneinfluss Kriterium

Vorhersage

Einfluss-Bedingung 1 (u. a. Hulk & Müller, 2000)

Einfluss tritt an der Schnittstelle zweier grammatischer Module auf (insbesondere zwischen Syntax und Informationsstruktur) Einfluss tritt bei partieller struktureller Überlappung auf

Einfluss-Bedingung 2 (u. a. Hulk & Müller, 2000) Einfluss-Zeitpunkt (u. a. Serratrice et al., 2004) Komplexitätskriterien (u. a. Jakubowicz & Nash, 2001) Derivationelle Komplexität (u. a. Jakubowicz & Strik, 2008) Input-Frequenz (u. a. Notley et al., 2007) Spezielle Beschränkungen (u. a. Notley et al., 2007)

Einfluss vor und nach dem Erwerb der C-Schicht ist unterschiedlicher Natur Einfluss tritt durch die Übertragung einer weniger komplexen Analyse in die Sprache auf, die eine komplexere Analyse aufweist Einfluss tritt durch die Übertragung einer ökonomischeren Derivation in die Sprache auf, die eine komplexere Derivation aufweist Einfluss hängt von der frequenziellen Verteilung der betroffenen Strukturen im Input ab Einfluss hängt von speziellen grammatischen Beschränkungen der betroffenen Strukturen ab

Im Folgenden soll einzeln auf die aufgeführten Kriterien eingegangen werden, um herauszustellen, welche Vorhersagen sich auf ihrer Basis für den hier untersuchten Gegenstandsbereich formulieren lassen.

Bedingung 1 Nach Hulk & Müller (2000) und Müller & Hulk (2000, 2001) ist ein sprachlicher Bereich einflussanfällig, wenn er sich an einer Schnittstelle befindet. Hier wird insbesondere die Schnittstelle zwischen Syntax und Informationsstruktur hervorgehoben, für welche in zahlreichen Arbeiten ein Einfluss bzw. eine Einflussanfälligkeit nachgewiesen werden konnte. Wie in den ausführlichen Darstellungen in Kap. 3.5 deutlich wurde, hat die Informationsstruktur in beiden hier untersuchten Sprachen einen starken Einfluss auf den Gebrauch von Dislokationen. Somit kann die Dislokation im deutsch-französischen Spracherwerb an der Schnittstelle von Syntax und Informationsstruktur angesiedelt werden und Bedingung 1 als erfüllt betrachtet werden.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb |

93

Bedingung 2 Die zweite von Hulk und Müller formulierte – und von Müller & Patuto (2009) modifizierte – Bedingung besagt, dass es zwischen den beiden involvierten Sprachen in Bezug auf die betroffene Struktur eine partielle Überlappung geben muss: Sprache A lässt für eine Struktur zwei verschiedene Optionen zu und Sprache B liefert Evidenz für eine dieser Strukturen. Ob die strukturelle Überlappung auf der Basis der Oberflächenstruktur oder der zugrunde liegenden syntaktischen Derivation vorliegen muss, wird kontrovers diskutiert, weshalb hier auf beide Möglichkeiten eingegangen wird. In Bezug auf die Oberflächenstruktur kann konstatiert werden, dass sowohl das Französische als auch das Deutsche über die Konstruktionen der Links- und Rechtsdislokation verfügen, genau wie auch über Strukturen, die die kanonische Wortstellung aufweisen und keine disloziierten Elemente involvieren: (40)

(LD-Element) – Satz – (RD-Element)

In dieser Hinsicht gibt es also in beiden sprachlichen Systemen überlappende Strukturen, sodass ein Einfluss grundsätzlich in beiden Sprachen möglich wäre. Wird anstelle der Oberflächenstruktur die syntaktische Derivation für die Bedingung der Überlappung herangezogen, ist die Situation etwas komplizierter. Hierfür wird auf die syntaktischen Analysen zurückgegriffen, die in Kap. 3.6 zugrunde gelegt wurden. Dort wurde argumentiert, dass es für die Linksdislokation sowohl im Französischen als auch im Deutschen vermutlich zwei verschiedene Analysen gibt, von denen eine auf syntaktischer Bewegung (ClLD/CLD) und die andere auf Basisgenerierung des disloziierten Elements (HTLD) beruht. Während es also hinsichtlich der LD sehr wohl überlappende syntaktische Strukturen gibt, bleibt der bereits angemerkte problematische Aspekt bestehen, dass Dislokationen im spontanen Sprachgebrauch (insbesondere bei Kindern) nicht so komplex sind wie die konstruierten Beispiele, die in der Literatur für die syntaktische Differenzierung verschiedener Dislokationstypen herangezogen werden. Somit ermöglichen hier nur die wenigsten LD-Äußerungen eine eindeutige Identifizierung als ClLD/CLD oder HTLD. Zu beachten ist außerdem, dass das Deutsche als V2-Sprache weitere syntaktische Bewegung involviert, durch welche sie sich vom Französischen unterscheidet. In Bezug auf die Rechtsdislokation ist hingegen vermutlich eine Analyse über syntaktische Bewegung am adäquatesten (vgl. Kap. 3.6). Da hier für beide Sprachen eine vergleichbare Analyse zugrunde zu legen ist, ist Bedingung 2 im Sinne einer syntaktischen partiellen Überlappung für die Rechtsdislokation nicht erfüllt. Während also Bedingung 1 nach Hulk und Müller erfüllt ist, kann dies für Bedingung 2 nur eingeschränkt bestätigt werden, nämlich für oberflächenstrukturelle Überlappung in beiden Peripherien und für syntaktische Überlappung in

94 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand der linken Peripherie, nicht aber für syntaktische Überlappung im Bereich der RD. Insgesamt kann das Auftreten von Spracheneinfluss erwartet werden, zumal dafür vermutlich auch schon die Erfüllung einer der beiden Bedingungen ausreichend ist.

Einfluss-Zeitpunkt In der ursprünglichen Formulierung der Bedingungen zum Spracheneinfluss gehen Müller & Hulk (2001) davon aus, dass dieser zeitlich an die Erwerbsphase vor der Implementierung der C-Schicht gekoppelt ist. Serratrice et al. (2004) zeigen jedoch, dass auch nach dem Erwerb der CP noch Einfluss im kindlichen, bilingualen Spracherwerb auftreten kann. Die Autorinnen postulieren, dass sich die Arten des Einflusses in der früheren und späteren Phase voneinander unterscheiden. Für die frühe Phase kann ein Spracheneinfluss erwartet werden, den Müller & Hulk (2001, 2) als „mapping induced“ beschreiben und der in syntaktisch nicht-zielsprachlichen, informationsstrukturell aber adäquaten Äußerungen resultiert. Die zweite Einflussphase zeichnet sich andersherum durch syntaktisch zielsprachliche, aber informationsstrukturell nicht-wohlgeformte Strukturen aus (vgl. Kap. 4.1.2). Bei der erstgenannten Art von Spracheneinfluss weist eine von beiden Sprachen eine syntaktische Option auf, die einer universellen informationsstrukturellen Strategie gleicht bzw. ähnelt. Da die Kinder in frühen Erwerbsphasen Schwierigkeiten mit der Abbildung (engl. mapping) informationsstruktureller auf syntaktische Eigenschaften haben, verweilen sie länger in der Phase, in der sie sich mit dieser universellen Strategie behelfen, sodass die Sprache, die davon abweicht, einen Einfluss aufweist. Es ist nicht ganz klar, welche Art von Spracheneinfluss hiernach in der frühen Erwerbsphase deutsch-französischer Kinder im Hinblick auf Dislokationsstrukturen vorhergesagt würde. Notley et al. (2007) schlagen vage vor, dass diese Art des Einflusses möglicherweise der Grund dafür ist, dass die von ihnen untersuchten Kinder zu Beginn die Rechtsdislokation gegenüber der Linksdislokation vorziehen. Unter der Annahme, dass die RD in informationsstruktureller Hinsicht fast ausschließlich zur Aufrechterhaltung der Topikalität bereits topikalischer Diskursreferenten dient, schlagen sie vor, dass „right dislocation might be an early pragmatically preferred topic-marking strategy“ (Notley et al., 2007, 532). Hiernach wäre zu erwarten, dass auch in den Kinderdaten der vorliegenden empirischen Analyse zunächst RD-Strukturen gegenüber LD-Äußerungen überwiegen sollten. Wenn es sich hier wirklich um eine universelle Strategie handelt, sollte dies grundsätzlich sowohl für die bilingualen als auch für die monolingualen Kinder gelten und somit nicht nur an einen Spracheneinfluss gebunden sein. Die bilingualen Kinder sollten aber länger in dieser Phase verweilen.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb |

95

In Kap. 3.5 wurde gezeigt, dass Links- und Rechtsdislokationen im Französischen und Deutschen grundsätzlich mit der Topikalität des disloziierten Elements einhergeht, beide Strukturen aber diverse konkrete Funktionen aufweisen. Die Rechtsdislokation wird sogar als diejenige Konstruktion charakterisiert, die eine weniger einheitliche Beschreibung zulässt, was konträr zu der von Notley et al. (2007) formulierten Hypothese ist. Gleichzeitig wurde gezeigt, dass Dislokationen in zahlreichen Sprachen Topikalität ausdrücken. Falls es sich bei der Dislokation im Allgemeinen um eine universelle informationsstrukturelle Strategie zur Topik-Markierung handelt, könnte die Vorhersage formuliert werden, dass die bilingualen (aber in eingeschränktem Maße auch die monolingualen) Kinder im Deutschen zunächst vermehrt hiervon Gebrauch machen sollten, bevor sie andere, sprachspezifische Mittel der Topik-Markierung im Deutschen erwerben (Topikalisierung, Prosodie, etc.). Grundsätzlich schlagen Notley et al. jedoch vor, dass finite Dislokationen (im Gegensatz zu disloziierten Elemente in infiniten Äußerungen) eher der späten Erwerbsphase zugeordnet werden sollten: [...] we have chosen to distinguish between dislocations occurring in finite utterances, considering these as examples of a more advanced stage, and dislocations occurring in utterances containing either a non-verbal predicate or a [sic] infinitival verb, considering these as examples of an early stage of development. (Notley et al., 2007, 231)

Da in der vorliegenden Arbeit ausschließlich finite Äußerungen berücksichtigt werden, ist also vermutlich eher ein Spracheneinfluss zu erwarten, der sich in der späteren Phase (nach der Implementierung der CP) manifestiert. Auch in Bezug auf diese zweite Einflussphase können nur Vermutungen darüber angestellt werden, welche Form ein potenzieller Spracheneinfluss im Dislokationserwerb deutsch-französischer Kinder annehmen könnte. Denkbar wäre, dass hier ein Einfluss im Französischen der bilingualen Kinder auftritt, indem diese weniger Dislokationen produzieren, als aus informationsstruktureller Sicht erforderlich wären. Da aber im Französischen und im Deutschen Strukturen mit und ohne links- oder rechtsdisloziierte Elemente syntaktisch betrachtet zielsprachlich sind, ist hier keine konkrete Vorhersage möglich.

Komplexitätskriterien In Kap. 4.1.2 wurden drei Komplexitätskriterien aufgeführt, die nicht unbedingt für das Auftreten von Spracheinfluss per se herangezogen werden, sondern vor allem in Bezug auf die Frage, in welcher Richtung ein potenzieller Einfluss verläuft. Die Grundannahme ist, dass bilinguale Kinder beim Auftreten eines Spra-

96 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand cheneinflusses stets die ökonomischere Variante übergeneralisieren sollten, andersherum aber keine komplexeren Strukturen übertragen sollten. Die Komplexitätskriterien können vereinfacht wie folgt zusammengefasst werden: (41)

Der Komplexitätsgrad einer sprachlichen Struktur wird erhöht, wenn... a. ... eine funktionale Kategorie nicht immer erforderlich ist, aus syntaktischer Hinsicht also optional ist (Jakubowicz & Nash, 2001, 324) b. ... eine Kategorie nicht auf lexikalischer Ebene (z. B. VP) in eine Derivation verkettet wird, sondern auf funktionaler Ebene (z. B. TP) (Jakubowicz, 2002, 170) c. ... eine syntaktische Option lexemspezifischen Beschränkungen unterliegt (Müller et al., 2002, 196)

Die Kriterien in (41) können hier keine Anwendung finden, da es diesbezüglich keine Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Sprachen gibt. Sowohl im Französischen als auch im Deutschen sind disloziierte Elemente aus syntaktischer Perspektive als optional zu bewerten, womit Dislokationsstrukturen an sich als eher komplex zu beurteilen sind. In beiden Sprachen gibt es zudem bewegungsderivierte als auch basisgenerierte Dislokationen, sodass auch hier keine sprachspezifischen Unterschiede auftreten. Gleichzeitig scheint die Dislokation in keiner der beiden Sprachen bestimmten lexemspezifischen Beschränkungen zu unterliegen, da das Auftreten von Dislokationsstrukturen nicht an bestimmte Lexeme (hier Verben oder Nomen) gebunden ist. In dieser Hinsicht sind Dislokationen (sprachenübergreifend) weniger komplex. Auf der Basis der hier diskutierten Komplexitätskriterien können also keine Vorhersagen für die Richtung formuliert werden, die ein eventueller Spracheneinfluss in der vorliegenden Arbeit nehmen sollte; im Folgenden wird nun auf die derivationelle Komplexität eingegangen.

Derivationelle Komplexität Den Annahmen von Jakubowicz & Strik (2008) folgend kann die syntaktische Komplexität auf der Basis der einzelnen derivationellen Schritte berechnet werden. Auch hier ist die Grundannahme, dass bilinguale Kinder im Falle eines zu verzeichnenden Spracheneinflusses auf die weniger komplexe Derivation zurückgreifen und diese übergeneralisieren. Der Derivational Complexity Metric von Jakubowicz & Strik (2008) folgend (vgl. (39)) ist eine syntaktische Derivation umso komplexer, je mehr Konstituenten bewegt werden müssen, und je größer die Anzahl der Bewegungsschritte ist. Dies geht mit der Annahme einher, dass zwar die erste Verkettung einer Konstituente in eine Derivation keinen Aufwand erfordert, syntaktische Bewegung (engl. Move oder Internal Merge) im Gegensatz dazu aber

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb |

97

„costly“ ist (Chomsky, 1995, 140). Hiernach sind also Strukturen, die über syntaktische Bewegung der disloziierten Konstituente erzeugt werden (wie es hier für die französische ClLD und die deutsche CLD angenommen wird), komplexer als solche, in denen das disloziierte Element in der Peripherie basisgeneriert wird. Auf der Basis der derivationellen Komplexität würde sich also ein Einfluss in beide Richtungen vorhersagen lassen. Dies ist jedoch, wie bereits erörtert, empirisch hier nicht prüfbar, da die produzierten Dislokationsäußerungen im Hinblick auf ihre zugrunde liegende Struktur nicht zweifelsfrei eingeordnet werden können.

Input-Frequenz Nach Notley et al. (2007) könnte in der Frage um Spracheneinfluss auch die InputFrequenz der betroffenen Strukturen eine zentrale Rolle spielen. In Anlehnung an diese Studie werden auch in der vorliegenden Arbeit Sprachdaten erwachsener Sprecher des Französischen und Deutschen ausgewertet, welche in Kap. 5 ausführlicher dargestellt werden. Hier werden zunächst ausschließlich die kindgerichteten Äußerungen der Erwachsenen berücksichtigt, da sie den konkreten Input für das spracherwerbende Kind (bzw. einen Ausschnitt dessen) darstellen. Im Gegensatz zu dem Vorgehen von Notley et al. (2007) werden hier nicht nur Äußerungen analysiert, in denen eine Topik-Markierung über Disloziierung möglich ist, sondern es wird das gleiche Vorgehen gewählt, welches in Kap. 5 für die monound bilingualen Kinder angewandt wird: Alle finiten Äußerungen werden im Hinblick auf die Frage analysiert, ob sie eine Links- oder Rechtsdislokation (die durch eine resumptive Doppelung charakterisiert ist) enthalten oder nicht. Die Ergebnisse gehen aus Abb. 4.1 hervor. In Bezug auf das Französische unterscheiden sich die Ergebnisse hier von dem Bild, das Notley et al. (2007) beschreiben. Die Autoren verzeichnen 56 % Äußerungen ohne Dislokation, 30 % RD-Konstruktionen und lediglich 14 % LDStrukturen. Insbesondere das Verhältnis zwischen LDn und RDn ist also umgekehrt; außerdem sind Dislokationen hier insgesamt betrachtet etwas seltener. In Bezug auf die germanischen Sprachen zeigen auch Notley et al. (2007), dass Dislokationen wesentlich seltener sind: Sie beobachten im Niederländischen zu 2 % LD- und zu 7 % RD-Strukturen; im Englischen ist die Rate an LD-Strukturen minimal (die Autoren geben keinen konkreten Wert an), wohingegen RD-Äußerungen komplett abwesend sind. Somit liegt der Prozentsatz von Äußerungen ohne Dislokationen bei 90 % im Niederländischen und fast 100 % im Englischen. Bei den hier erhobenen deutschen Daten zeigt sich, dass sowohl Links- als auch Rechtsdislokationen bei unter 1 % liegen und sich somit ein Bild ergibt, das dem Englischen sehr ähnelt.

98 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand 100 90 80

relative Häufigkeit (in %)

70 60

keine Dislokation

40

Linksdislokation

1.291 (99,0%)

50

Rechtsdislokation

2.006 (81,58%)

30 20 10

331 (13,46%)

0 Französisch

133 (5,41%)

2 (0,15%)

11 (0,84%)

Deutsch

Abb. 4.1. Die Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im französischen und deutschen Input durch erwachsene Sprecher

Insgesamt liegt im Input, den die deutsch-französischen Kinder erhalten, also eine frequenzielle Asymmetrie im Hinblick auf das Auftreten von Dislokationsstrukturen vor.¹¹ Diese ist im Bereich der RD schwächer ausgeprägt, welche im Französischen mit etwas über 5 % ebenfalls recht selten auftritt. Weiterhin treten im Input des Deutschen zwar sowohl LD- als auch RD-Strukturen auf, die aber lediglich als marginal bezeichnet werden können: Die relative Häufigkeit beider Strukturen liegt fast bei Null. Legt man dies Notley et al. (2007) folgend als Kriterium zugrunde, nach welchem ein Spracheneinfluss auszuschließen ist, wäre hiernach kein Einfluss vom Französischen auf das Deutsche zu erwarten.¹² Andersherum wäre ein Einfluss im Französischen denkbar, dem zufolge die bilingualen Kinder weniger Dislokationen produzieren als die monolingualen.

11 Aufgrund der Versuchsgruppengröße kann hier keine statistische Berechnung erfolgen, da die Daten der kindgerichteten Interaktion im Deutschen auf nur einem einzigen Sprecher basieren. 12 Eine bisher unbeantwortete Frage ist dann aber, ab welcher Frequenz man von einem solchen Einfluss ausgehen kann, d. h. welcher Wert in dieser Hinsicht den ‚Schwellenwert‘ darstellt.

4.1 Spracheneinfluss im bilingualen Spracherwerb |

99

Spezielle Beschränkungen Die in Abb. 4.1 dargestellten Dislokationsäußerungen der erwachsenen Sprecher wurden, ebenfalls in Anlehnung an Notley et al. (2007), in Bezug auf die grammatische Person untersucht, der die disloziierten Konstituenten entsprechen. Im Französischen treten sowohl LDn als auch RDn aller drei grammatischen Personen auf, was kompatibel mit den Ergebnissen der genannten Autorinnen und auch mit den Beobachtungen in der Literatur im Allgemeinen ist.¹³ Für das Deutsche zeigt sich hingegen, dass sowohl links- als auch rechtsdisloziierte Elemente ausschließlich in der 3. Person auftreten.¹⁴ Dies ist nicht besonders aussagekräftig, da insgesamt mit einer absoluten Anzahl von 13 Äußerungen sehr wenige Dislokationen auftreten. Auf der Basis der Literatur scheint es aber ebenfalls naheliegend, dass im Deutschen (wie auch in anderen germanischen Sprachen) ausschließlich oder zumindest vorwiegend Konstituenten der 3. Person von Dislokationen betroffen sind. Die von Notley et al. (2007) verzeichnete Asymmetrie in Hinsicht auf die grammatische Person scheint sich also hier wiederzufinden. Dennoch ist die absolute Anzahl der Dislokationsäußerungen im Deutschen extrem gering, sodass hier keine weitreichenden Schlussfolgerungen gezogen werden können.

4.1.3.3 Zusammenfassung der Vorhersagen Die in den vorherigen Abschnitten zusammengetragenen Vorhersagen, die basierend auf den in der einschlägigen Literatur formulierten Kriterien für die vorliegende Arbeit gemacht wurden, sollen hier noch einmal kurz zusammengefasst werden. Grundsätzlich ist das Auftreten eines Spracheneinflusses im Bereich der Dislokation im deutsch-französisch bilingualen Erstspracherwerb zu erwarten. Ein solcher Einfluss könnte sich – je nach zugrunde gelegtem Kriterium – auf verschiedene Weise äußern. Plausibel wären die folgenden überprüfbaren Vorhersa-

13 Im Plural findet sich jedoch kein disloziiertes Element, das der 2. Person entspricht, was vermutlich auf die konkrete Kommunikationssituation zurückzuführen ist. 14 Es gibt in den untersuchten Korpora zwar 10 deutsche Äußerungen, in denen ein Pronomen der 2. Person Singular äußerungsfinal auftritt, wie in i. Jedoch treten Äußerungen mit finalem du auch auf (insgesamt 20), wenn dieses kein Argument des Satzes darstellt, wie in ii. i. Du bist aber lieb du ii. Oh dein Baby trinkt aber viel du

(Amélies Alter: 3;1,2) (Amélies Alter: 2;6,11)

Darüber hinaus tritt kein einziges gedoppeltes Pronomen der 2. Person in der linken Peripherie auf. Diese Beobachtungen geben Anlass zu der Schlussfolgerung, dass es sich hier vermutlich um Vokativ-Formen handelt, weshalb die Äußerungen nicht zu den Dislokationen gezählt werden.

100 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand gen, wobei nicht alle dieser Hypothesen ohne Weiteres miteinander kompatibel sind:¹⁵ –









Während einer frühen Einflussphase produzieren die bilingualen Kinder häufiger bzw. länger Dislokationen im Deutschen, da die Dislokation eine universelle informationsstrukturelle Strategie zur Topik-Markierung darstellt. Während einer frühen Einflussphase produzieren die bilingualen Kinder (in beiden Sprachen) häufiger bzw. länger Rechts- als Linksdislokationen, da erstere weniger komplex sind und eine eindeutige Abbildung von Syntax und Informationsstruktur involvieren. Während einer späteren Einflussphase produzieren die bilingualen Kinder weniger Dislokationen im Französischen, da sie die syntaktische Optionalität disloziierter Elemente erwerben. Es zeigt sich kein Einfluss in Form eines erhöhten Gebrauchs von Dislokationen im Deutschen, da die Dislokation im deutschen Input der Kinder nahezu abwesend ist und nicht als Option wahrgenommen wird. Es zeigt sich ein Einfluss in Form eines verringerten Gebrauchs von Dislokationen im Französischen durch die Abwesenheit entsprechender Strukturen im Deutschen.

Diese Hypothesen werden im Rahmen der Datenanalyse in Kap. 6 überprüft. Die Be- oder Widerlegung einzelner Vorhersagen erlaubt möglicherweise wiederum Rückschlüsse auf die Gültigkeit der formulierten Bedingungen und Kriterien zum Spracheneinfluss.

4.2 Der Erwerb syntaktischer und informationsstruktureller Kompetenzen – allgemeine Beobachtungen Bevor auf den kindlichen Erwerb von Dislokationsstrukturen im Speziellen eingegangen wird, sollen vorab zwei andere Erwerbsbereiche grob für das Französische und Deutsche skizziert werden, die in gewisser Weise eine Voraussetzung für den Erwerb und Gebrauch von Dislokationen darstellen. Hierbei handelt es

15 Weiterhin wäre basierend auf der derivationellen Komplexität ein Einfluss in beide Richtungen möglich, da es in der linken Peripherie in beiden Sprachen Konstruktionen mit verschiedenem Komplexitätsgrad gibt. Ein solcher Einfluss ist jedoch anhand der Daten nicht überprüfbar, da die kindlichen Dislokationsäußerungen diesbezüglich keine syntaktische Kategorisierung erlauben.

4.2 Der Erwerb syntaktischer und informationsstruktureller Kompetenzen | 101

sich einerseits um den generellen Wortstellungserwerb und andererseits um den Erwerb grundlegender informationsstruktureller Fähigkeiten.

4.2.1 Der Wortstellungserwerb im Französischen und Deutschen mono- und bilingualer Kinder Im Rahmen der schwachen Kontinuitätshypothese kann davon ausgegangen werden, dass die frühe kindliche Sprache zwar durch die Universalgrammatik gesteuert wird, der Gebrauch einiger syntaktischer Strukturen aber den vorherigen Erwerb entsprechender funktionaler Kategorien voraussetzt (vgl. z. B. Clahsen et al., 1993/94; Westergaard, 2008). Im Folgenden wird auf den Erwerb einiger zentraler funktionaler Kategorien und die damit verbundene Projektion funktionaler Phrasen im Spracherwerb des Französischen und des Deutschen eingegangen. Hierbei stehen im Wesentlichen der Erwerb der Haupt- und Nebensatzstruktur im Vordergrund, und damit verbunden die Implementierung der dafür erforderlichen funktionalen Schichten TP¹⁶ und CP. In Bezug auf den französischen Hauptsatz zeigen diverse Studien, dass finite Verben sehr früh auftreten und auch ihre obligatorische Anhebung nach T sehr früh erworben wird, nämlich bereits im Alter von etwa 2 Jahren (vgl. z. B. Déprez & Pierce, 1993, 1994; Paradis & Genesee, 1996; Pierce, 1989; Weissenborn, 1989, 1992). Der gleiche schnelle und problemlose Erwerb kann diesbezüglich auch für das Französische bilingual deutsch-französischer Kinder beobachtet werden (vgl. z. B. Meisel, 1994b), womit sich hier keinerlei Spracheneinfluss manifestiert (Meisel, 1989, 1990). Die ersten durch Komplementierer eingebetteten Sätze treten im Französischen monolingualer Kinder nach Clark (1986) bereits ab einem Alter von 2 Jahren auf, tendenziell aber etwas später im Vergleich zur TP (De Cat, 2002; Déprez & Pierce, 1993). Im Französischen – wie in den romanischen Sprachen generell – liegt keine Asymmetrie hinsichtlich der Wortstellung in Haupt- und Nebensätzen vor, sodass auch in eingebetteten Sätzen das Verb in den funktionalen T-Kopf angehoben wird, während der Komplementierer in C angesiedelt ist. Basierend auf empirischen Beobachtungen unter anderem von Clark (1986) und Heinen & Kadow (1990) kann der monolinguale Nebensatz-Erwerb im Französischen als unproblematisch charakterisiert werden. Diverse Studien belegen, dass der Erwerb des französischen Nebensatzes bei bilingual deutsch-französischen

16 Im Verlauf der Arbeit wird der Begriff der TP herangezogen; für die vorliegende Untersuchung ist es aber irrelevant, ob die entsprechende funktionale Kategorie als IP oder TP bezeichnet und interpretiert wird.

102 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand Kindern mit dem monolingualer Kinder vergleichbar ist. Die bilingualen Kinder weisen auch in diesem Bereich keine erhöhten Erwerbsschwierigkeiten und keinen Einfluss des Deutschen auf das Französische auf (vgl. z. B. Meisel, 1989, 1990; Müller, 1993, 1994; Ronjat, 1913). In Bezug auf den Hauptsatz im Deutschen als V2-Sprache zeigt sich ein anderes Bild als im Französischen. Die zusätzliche Anhebung des finiten Verbs von T nach C bei gleichzeitiger Bewegung der satzinitialen Konstituente nach Spec,CP verursacht sehr wohl Erwerbsprobleme.¹⁷ Obwohl die ersten V2-Äußerungen recht früh auftreten, produzieren monolingual deutsche Kinder gleichzeitig viele Äußerungen, bei denen sich das Verb in satzfinaler Position (in T) befindet (vgl. u. a. Clahsen, 1982; Clahsen & Smolka, 1986; Meisel, 1989; Miller, 1979; Mills, 1985; Schmitz, 2002). Dass die Anhebung des finiten Verbs nach C obligatorisch ist, wird im Deutschen nach Déprez & Pierce (1993, 61) erst mit etwa mit 3;6 Jahren erworben. Grundsätzlich kann gezeigt werden, dass bilingual deutschfranzösische Kinder im Hinblick auf den deutschen Hauptsatz ähnliche Phasen durchlaufen wie die monolingualen Kinder (vgl. z. B. Meisel, 1994b). Einige Arbeiten bringen aber das Ergebnis hervor, dass bilingual deutsch-französische Kinder die für monolinguale Kinder typische Verb-End-Phase überspringen bzw. diese deutlich kürzer/schwächer ausgeprägt ist (z. B. Meisel, 1989; Schmeißer & Jansen, In press). Hierbei kann insbesondere eine erhöhte Verwendung der SVXStruktur beobachtet werden, wobei die Schwierigkeiten mit der V2-Stellung auch bei den zweisprachigen Kindern vorliegen. Abgesehen von einer möglicherweise verkürzten Verb-End-Phase kann im Erwerb des deutschen Hauptsatzes durch deutsch-französische Kinder kein Spracheneinfluss verzeichnet werden (Meisel, 1986, 1989, 1990). Für den monolingualen Erwerb des deutschen Nebensatzes zeigen die meisten empirischen Studien, dass dort keine großen Erwerbsprobleme vorliegen und die erforderliche Verb-End-Stellung zielsprachlich realisiert wird, sobald die Kinder durch Komplementierer eingebettete Nebensätze verwenden (vgl. Rothweiler, 1993; Meisel, 1989; Mills, 1985; Weissenborn, 1990). Vereinzelt bringen Arbeiten jedoch auch das Ergebnis hervor, dass Kinder eine temporäre Phase nichtzielsprachlicher Abweichungen von der Nebensatz-Wortstellung aufweisen (vgl. z. B. Fritzenschaft et al., 1990; Penner, 1990). Es zeigen sich also divergierende Ergebnisse, welche häufig im Rahmen individueller Variation interpretiert werden.

17 Wenngleich häufig der Standpunkt vertreten wird, dass das finite Verb im deutschen Hauptsatz immer nach C bewegt wird (vgl. z. B. Besten, 1977), existiert auch die Annahme, dass dies nicht ausnahmslos der Fall ist und in Subjekt-initialen Äußerungen das Verb in T verbleibt (vgl. u. a. Travis, 1992). Diese Debatte muss hier jedoch nicht vertieft werden.

4.2 Der Erwerb syntaktischer und informationsstruktureller Kompetenzen | 103

Nach Müller (1998b) stellen aber Erwerbsprobleme monolingualer Kinder in Bezug auf den deutschen Nebensatz eher die Ausnahme als die Regel dar. Deutschfranzösisch bilinguale Kinder (aber auch bilinguale Kinder, die Deutsch in Kombination mit einer anderen Sprache erwerben) weisen hingegen oft erhebliche Probleme mit der Verbstellung im deutschen Nebensatz auf (vgl. u. a. Müller, 1993, 1994, 1998a,b; Ronjat, 1913); zum Teil ist der zielsprachliche Erwerb des Nebensatzes erst im Alter von etwa 5 Jahren abgeschlossen (Müller, 1998a). Während diese nicht-zielsprachlichen Wortstellungsmuster in qualitativer Hinsicht vergleichbar mit denen sind, die auch bei einigen monolingualen Kindern verzeichnet werden können, treten sie bei den bilingualen Kindern deutlich häufiger auf, was sich in längeren nicht-zielsprachlichen Erwerbsphasen und einer höheren Anzahl von Nebensätzen mit abweichender Wortstellung äußert. Müller (2007) zeigt aber für den deutsch-französisch bilingualen Erwerb, dass nicht alle Kinder derartige Probleme mit der Wortstellung im deutschen Nebensatz haben, womit das Auftreten eines solchen quantitativen Einflusses von weiteren Faktoren abzuhängen scheint. Durch die Skizzierung des allgemeinen Wortstellungserwerbs wird hier der Frage nachgegangen, ob eine der Kindergruppen (deutsch/französisch/monolingual/bilingual) eventuell ‚beeinträchtigt‘ ist, was die Möglichkeit der Produktion von Dislokationsstrukturen angeht. Dies ist für den Hauptsatz im Französischen und Deutschen nicht der Fall, da mono- und bilinguale Kinder die relevanten funktionalen Kategorien in Bezug hierauf zu einem vergleichbaren Zeitpunkt erwerben und die bilingualen Kinder, abgesehen von einer möglichen Verkürzung der Verb-End-Phase, keinen Spracheneinfluss aufweisen. Hinsichtlich eingebetteter Sätze wurde deutlich, dass diese im Deutschen durch bilinguale Kinder mitunter verzögert erworben werden (was aber in eingeschränkter Weise auch für monolingual deutsche Kinder gilt). Dies ist für die Datenauswertung aber, wie hier vorweggenommen werden soll, aus zweierlei Gründen unerheblich: Erstens produzieren sowohl die monolingualen als auch die bilingualen Kinder im Deutschen kaum Dislokationsstrukturen, sodass der Fokus später im Wesentlichen auf dem Französischen liegt; zweitens sind in den wenigen Dislokationsstrukturen, die die Kinder im Deutschen äußern, kaum Nebensätze involviert, sondern fast ausschließlich Hauptsätze. Dies ist auch bei den monolingualen Kindern der Fall. Einem Vergleich der mono- und bilingualen Kinder in Bezug auf Erwerb und Gebrauch von Dislokationsstrukturen, wie er in der empirischen Untersuchung erfolgen wird, steht somit aus syntaktischer Perspektive nichts im Weg.

104 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand 4.2.2 Der Erwerb informationsstruktureller Eigenschaften In Arbeiten zum frühkindlichen Spracherwerb wird häufig implizit oder explizit davon ausgegangen, dass sich informationsstrukturelle Konzepte und Eigenschaften langsamer entwickeln als syntaktische Strukturen oder Beschränkungen (vgl. Westergaard, 2008). In diesem Zusammenhang wird oft angenommen, dass die Informationsstruktur kein Teil der Kerngrammatik ist (vgl. auch Avrutin, 1999; Schaeffer et al., 2002) und somit nicht in der UG verankert ist. Vor allem bei jungen Kindern wird oft davon ausgegangen, dass ihnen die (kognitive) Fähigkeit fehlt, sich in die Absichten und Standpunkte ihres Gegenübers hineinzuversetzen oder diese zu erkennen, was Schaeffer (1995) als Concept of Non-shared Knowledge bezeichnet. Dies hat zur Folge, dass die kindliche Sprache informationsstrukturelle Anforderungen zunächst nicht adäquat erfüllen kann. Während junge Kinder sicherlich aus kognitiver Sicht den gemeinsamen präsuppositionalen Hintergrund nicht immer treffend einschätzen können, belegen diverse Beobachtungen dennoch, dass sie bestimmte informationsstrukturelle Fähigkeiten schon sehr früh zu erwerben beginnen. So zeigt beispielsweise Westergaard (2003, 2005, 2008), dass norwegische Kinder bereits ab einem Alter von 1;11 Jahren einen Zusammenhang zwischen bestimmten Wortstellungsmustern und Subjekten mit unterschiedlichem informationsstrukturellen Status erkennen lassen, der so auch im erwachsenen Sprachgebrauch vorliegt. Dass Kinder die informationsstrukturelle Unterscheidung zwischen gegebenen (evozierten) und neuen (erschließbaren) Diskursreferenten bereits sehr früh erwerben, geht auch aus weiteren Studien hervor (vgl. z. B. Allen, 2001, 2007; Baker & Greenfield, 1988; De Cat, 2007, 2011). Auf dieser Basis argumentiert Westergaard (2008, 69) gegen die Annahme, dass die Syntax früh und die Informationsstruktur spät erworben wird: „[C]hildren are sensitive to patterns of information structure from a very early age“ (vgl. auch Rizzi, 2005). Auch bezüglich der Dislokation kommt De Cat (2002) für die von ihr untersuchten monolingual französischen Kinder zu der eindeutigen Schlussfolgerung, dass diese schon sehr früh die hierfür erforderlichen informationsstrukturellen Fähigkeiten erwerben. So zeigt sich beispielsweise bereits in den frühen kindlichen Sprachdaten die Assoziation zwischen der Topikalität und Subjekten, die im Französischen, wie in diversen anderen Sprachen, auch im erwachsenen Sprachgebrauch zu beobachten ist: Etwa 70-80 % aller linksdisloziierten XPn der Kinder sind mit dem Subjekt koreferent. Weitere informationsstrukturelle Eigenschaften, die sich in den frühen Dislokationen der von De Cat untersuchten Kinder zeigen, werden im nächsten Kapitel diskutiert, welches sich mit der Beschreibung des Dislokationserwerbs in der Literatur befasst.

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb |

105

Die hier grob dargestellten Zusammenhänge lassen die Schlussfolgerung zu, dass zumindest gewisse informationsstrukturelle Fähigkeiten bereits sehr früh erworben werden und dass hierzu auch das für die Dislokation relevante Konzept der Topikalität gehört. Der Erwerb informationsstruktureller Eigenschaften beruht demnach vermutlich nicht mehr auf der kognitiven Entwicklung, als es die syntaktische Kompetenz tut. Dies ist auch kompatibel mit der u. a. von De Cat (2002, 307) vertretenen Annahme, dass die Informationsstruktur ein Teil der UG und das Konzept des Topiks vermutlich ein „language primitive“ ist.

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb Dieses Kapitel stellt die in der Literatur aufgezeigten Beobachtungen zum kindlichen Dislokationserwerb dar, wobei, wenn nicht anders vermerkt, nur finite Äußerungen berücksichtigt werden. Während für das Französische einige konkrete Erwerbsstudien existieren, liegen vergleichbare Arbeiten zu Dislokationen im Deutschen bislang nicht vor. Somit kann hier einzig auf die bereits erwähnte Untersuchung von Notley et al. (2007) zurückgegriffen werden, um den Erwerb der Dislokation in anderen germanischen Sprachen (Englisch und Niederländisch) zu skizzieren. Im Folgenden wird zunächst auf das allgemeine Auftreten von Dislokationsstrukturen im frühen Erwerb des Französischen sowie des Englischen/Niederländischen eingegangen. Eine detailliertere Beschreibung des Dislokationserwerbs kann anschließend nur anhand des Französischen dargestellt werden. Für monolingual französische Kinder wurden auch konkrete Modelle entwickelt, die den Erwerb der relevanten Strukturen beschreiben. Auch diese werden im vorliegenden Kapitel in ihren Grundzügen dargestellt.

4.3.1 Das allgemeine Auftreten von Dislokationen im Spracherwerb 4.3.1.1 Monolingual französische Kinder Während Dislokationen bei adulten französischen Sprechern intensiv diskutiert werden (vgl. Kap. 3), fokussieren nur einige Studien den kindlichen Erwerb dieser Strukturen im Französischen; vgl. z. B. Déprez & Pierce (1993), Friedemann (1993/94), Maillart & Parisse (2008) und Parisse (2008) zu Subjektdislokationen bzw. zum Subjekterwerb, sowie De Cat (2000a,b, 2001, 2002), Ferdinand (1993, 1996) und Labelle & Valois (1996) zum Dislokationserwerb im Allgemeinen. Die Ergebnisse dieser Studien werden hier zusammengefasst. Im Allgemeinen treten Dislokationen bei Kindern im Französischen bereits früh auf und sind recht frequent (vgl. De Cat, 2000a,b; Parisse, 2008), womit der

106 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand kindliche Dislokationsgebrauch dem von Erwachsenen ähnelt. Notley et al. (2007) zeigen in einer Quasi-Longitudinalstudie, dass monolingual französische Kinder in etwa 51-68 % aller Situationen, in denen es möglich ist, eine Dislokation verwenden, wobei hier auch infinite Dislokationsstrukturen enthalten sind.¹⁸ Dass Dislokationen im monolingualen Erwerb bereits sehr früh äußerst frequent sind, zeigt auch De Cat (2002). In ihrer Longitudinalstudie enthalten in einer frühen Erwerbsphase 29 % aller Äußerungen (mindestens) ein disloziiertes Element. Im Anschluss daran lässt sich der Autorin zufolge ein Rückgang auf 25 % beobachten, der zwar nicht stark, aber doch statistisch signifikant ist. Eine mögliche Erklärung für einen solchen Rückgang, der auch von Parisse (2008) beobachtet wird, wäre die Vermutung, dass Dislokationen zunächst nicht produktiv von Kindern geäußert werden, sondern als unanalysierte Einheiten ‚imitiert‘ werden. Hiernach würde erst in einer späteren Erwerbsphase die Dislokation als vollständig analysierte Struktur verwendet, was mit dem leichten quantitativen Rückgang einhergehen könnte. Alternativ könnte die Dislokation auch eine kindliche Vereinfachungsstrategie darstellen (vgl. De Cat, 2002; Parisse, 2008; Maillart & Parisse, 2008) und aus diesem Grund zu Beginn besonders häufig von den Kindern herangezogen werden. Diese letztgenannte Annahme wird in Kap. 4.3.2 noch intensiver diskutiert. De Cat (2002) weist in ihrer empirischen Studie auch darauf hin, dass es in Bezug auf das Auftreten von Dislokationsstrukturen im kindlichen französischen Erstspracherwerb große Unterschiede von Kind zu Kind gibt. Diese Variation kann nach der Autorin auf diverse Faktoren bzw. ein Zusammenspiel dieser zurückgeführt werden. Neben möglichen syntaktischen oder informationsstrukturellen Einflussfaktoren zieht De Cat (2002) auch in Betracht, dass diese Unterschiede casual variation widerspiegeln, d. h. eine Kombination aus verschiedenen situativen Faktoren, persönlichem Stil und auch dialektalen Präferenzen. Gerade bei der Interaktion mit Kindern kann sich als situativer Faktor z. B. die Art der Aktivität enorm auf die Dislokationsrate auswirken. So beschreibt De Cat (2002, 282) ihre Beobachtung, dass in einem freien Rollenspiel, in dem das Kind und der Interaktionspartner jeweils eine Puppe spielen, eine deutlich höhere Rate an Subjektdislokationen der starken Personalpronomen moi und toi erreicht wird als in anderen Spielsituationen.¹⁹

18 Diese und alle im Folgenden dargestellten quantitativen Beobachtungen der hier genannten Autorengruppe gehen auf Tab. 1 bis 15 in Notley et al. (2007, 239-250) zurück. 19 Für die generelle Annahme, dass sich die Situation maßgeblich auf die kindliche Sprache auswirkt, vgl. auch Tomasello & Stahl (2004).

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb |

107

Auch in Bezug auf den Erwerbsverlauf von Links- und Rechtsdislokationen zeigt sich in der Literatur keine Einheitlichkeit. Diverse Autoren beobachten, dass französische Kinder zunächst verstärkt Rechtsdislokationen produzieren, während die Linksdislokation erst später auftritt und nach und nach frequenter wird, bis sie schließlich die häufiger gebrauchte Dislokationsart darstellt. So zeigen Notley et al. (2007), dass RD-Strukturen zunächst mit 67-100 % deutlich gegenüber LD-Konstruktionen überwiegen und letztere erst ab einem Alter von etwa 2;6/3;3 Jahren gleich häufig bzw. schlussendlich sogar häufiger produziert werden. Eines der beiden von den Autorinnen untersuchten Kindern ist Philippe, der auch in der vorliegenden Studie analysiert wird. Er zeigt diese RD/LD-Asymmetrie wesentlich deutlicher als das andere von den Autoren untersuchte Kind. Wie sich später zeigen wird, ist Philippe in der hier durchgeführten Studie sogar das einzige Kind, dass eine (anfängliche) RD-Dominanz aufweist. Möglicherweise beruht die Schlussfolgerung des frühen RD-Gebrauchs also auf einem Stichprobeneffekt (engl. sampling effect) und stellt kein generell gültiges Erwerbsmuster dar. Allerdings bringt auch die Studie von Labelle & Valois (1996, 66ff.) in Bezug auf Subjekte das Ergebnis hervor, dass „right-dislocated subjects appear [...] twice as often as left dislocated ones.“ Dem stehen die Ergebnisse von De Cat (2000a,b) gegenüber, nach denen Linksdislokationen bei französischen Kindern zu jedem Erwerbszeitpunkt (wenn auch teilweise nur leicht) gegenüber Rechtsdislokationen überwiegen.²⁰ Schließlich zeigt De Cat (2002), dass bei den von ihr analysierten Kindern Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen gleichzeitig erworben werden, generell aber auch hier eine gewisse Variation verzeichnet werden kann.²¹ Im Hinblick auf die Kategorie der disloziierten Elemente zeigt De Cat (2002), dass Kinder – wie auch Erwachsene – am häufigsten das Subjekt des Satzes disloziieren. Die erste Dislokation eines direkten Objekts tritt mit einem Alter von 2;10 Jahren deutlich später auf und indirekte Objekte werden – ebenfalls wie bei erwachsenen Sprechern – sehr selten disloziiert.²²

20 Dies gilt ausschließlich für den hier gewählten Schwerpunkt der Deklarativsätze. 21 Zu beachten ist, dass De Cat (2002) auch Dislokationen ohne Resumptiva einschließt und somit auch Äußerungen berücksichtigt, die im Rahmen traditioneller Ansätze als prä- oder postverbale Subjekte analysiert werden. 22 Schmitz & Müller (2005, 2008) zeigen, dass Objektklitika im Vergleich zu Subjektklitika später erworben werden, sodass die hier konstatierten Beobachtungen vermutlich nicht nur für den Dislokationserwerb gelten, sondern auf den generellen Erwerb von Objektklitika zurückzuführen sind.

108 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand 4.3.1.2 Bilinguale Kinder im Französischen Die einzige empirische Studie, die zum bilingualen Erwerb von Dislokationsstrukturen herangezogen werden kann, ist die Arbeit von Notley et al. (2007). Die Autorinnen untersuchen die Entwicklung von Links- und Rechtsdislokationen bei zweisprachigen Kindern, die Französisch in Kombination mit einer germanischen Sprache (Englisch/Niederländisch) erwerben. Die bilingual französischenglischen Kinder äußern im Französischen in etwa 46-60 % aller in Frage kommenden Kontexte Dislokationsstrukturen; die französisch-niederländischen Kinder zeigen mit 42-77 % eine ähnliche relative Häufigkeit. In Bezug auf die Peripherie dominiert bei den französisch-englischen Kindern zunächst die RD mit ca. 69-79 %, wohingegen ab einem Alter von etwa 3;6 die LD mit 50-89 % gleich häufig auftritt bzw. überwiegt. Eine solche frühe Vorherrschaft der RD kann bei den französisch-niederländischen Kindern nicht verzeichnet werden: Diese produzieren Links- und Rechtsdislokationen zunächst etwa gleich häufig oder bevorzugen sogar die LD. Dies äußert sich aber erst ab einem Alter zwischen etwa 2;11 und 3;5 Jahren in Form einer starken Überlegenheit, der zufolge 68-80 % aller Dislokationen die linke Peripherie betreffen. Auch hier zeigt sich, dass die Bevorzugung der RD in einer frühen Phase nicht zweifelsfrei belegt werden kann.

4.3.1.3 Monolingual englische/niederländische Kinder Da für monolingual deutsche Kinder in der Literatur kein konkreter Erwerbsverlauf aufgezeigt wird, kann für die Darstellung des Dislokationserwerbs in den germanischen Sprachen ebenfalls nur auf die Studie von Notley et al. (2007) zurückgegriffen werden. Somit können ausschließlich Aussagen über den Dislokationserwerb im Englischen und Niederländischen monolingualer (und bilingualer) Kinder gemacht werden. In der von Notley et al. (2007) durchgeführten Studie wird deutlich, wie selten Dislokationen im Sprachgebrauch monolingualer Kinder in den germanischen Sprachen auftreten, besonders im Vergleich zum Französischen. In 178 geeigneten Kontexten realisiert das analysierte monolingual englische Kind nur zwei Dislokationen, was einer relativen Häufigkeit von etwa 1 % entspricht. Beides sind LDStrukturen, während Rechtsdislokationen vollständig abwesend sind. Im Niederländischen ist die Situation weniger extrem, dennoch zeigt sich ein großer quantitativer Unterschied zum Französischen: Insgesamt 16 % aller in Frage kommenden Äußerungen enthalten eine Dislokation, wobei es sich hier häufig um infinite Strukturen handelt. In finiten Konstruktionen treten unter 128 geeigneten Kontexten insgesamt sechs Rechts- und eine Linksdislokation auf, was ebenfalls zu einer sehr geringen relativen Häufigkeit führt (4,7 % bzw. 0,8 %). Einerseits zeigt sich al-

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb |

109

so eine leichte Dominanz der RD-Struktur, andererseits wird erneut deutlich, dass (finite) Dislokationen aus quantitativer Hinsicht marginal sind.

4.3.1.4 Bilinguale Kinder im Englischen/Niederländischen Die von Notley et al. (2007) analysierten bilingual französisch-englischen Kinder produzieren im Englischen in ca. 8-10 % aller geeigneten Kontexte Dislokationen. Dies spiegelt eine (sowohl relativ als auch absolut betrachtet) eher geringe Häufigkeit wider. Dennoch liegt diese oberhalb der von den monolingualen Kindern im Englischen gezeigten Frequenzen, was Notley et al. (2007) auf einen Spracheneinfluss aus dem Französischen zurückführen. Bei den bilingual französischniederländischen Kindern liegt die Rate (in)finiter Dislokationsstrukturen im Niederländischen bei etwa 13-21 % und ähnelt damit den monolingualen Daten. Im Englischen der bilingualen Kinder beinhalten die auftretenden finiten Dislokationen fast ausschließlich rechtsdisloziierte Elemente, während die LD nahezu abwesend ist. Im Niederländischen ist diese Asymmetrie nicht zu beobachten: Das Verhältnis zwischen RD und LD ist hier annähernd ausgeglichen, wenngleich eine gewisse individuelle Variation beobachtet werden kann.

4.3.2 Linksdisloziierte lexikalische Subjekt-DPn im Erwerb des Französischen Ein konkretes Modell für den Erwerb der Dislokation entwickeln Parisse (2008) und Maillart & Parisse (2008), wobei sich die Autoren auf Subjekt-Linksdislokationen beschränken, die ein lexikalisches Nomen beinhalten (im Folgenden als lexikalische DP bezeichnet). Sie arbeiten im Rahmen der von Tomasello (2000, 2003) entwickelten Usage-Based Theory (UBT) des Spracherwerbs, welche wiederum in den Bereich der Konstruktionsgrammatik einzuordnen ist.²³ Parisse argumentiert, dass Dislokationsstrukturen bei Kindern sehr häufig auftreten, von Erwachsenen aber vergleichsweise selten produziert werden. Diese quantitativen Unterschiede zwischen französischen Kindern und Erwachsenen deuten dem Autor folgend darauf hin, dass möglicherweise dem kindlichen und erwachsenen Dislokationsgebrauch verschiedene Prozesse zugrunde liegen und somit Rück23 In diesem Rahmen wird der kindliche Spracherwerb wie folgt modelliert: „[S]yntactic competence is built in a piecemeal fashion, starting with item-dependent knowledge and gradually generalizing towards the mastery of abstract syntactic structures“ (Parisse, 2008, 14). Kinder speichern demnach sowohl Äußerungskonstruktionen als Ganzes als auch einzelne Konstituenten ab. Die Äußerungen enthalten abstrakte Slots, die von Kindern erst nach und nach im Laufe des Spracherwerbs gefüllt werden.

110 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand schlüsse in qualitativer Hinsicht gezogen werden können. Der Autor geht also bei dem erhöhten Gebrauch dieses Dislokationstyps bei den Kindern von einem systematischen Entwicklungseffekt aus. Hierbei wird der kindliche Konstruktionstyp nicht als mit dem adulten Äquivalent identisch betrachtet, sondern als „specific construction pattern that appears during the course of language development“ (Parisse, 2008, 13). In seiner Studie²⁴ vergleicht Parisse (2008) die Frequenz linksdisloziierter lexikalischer Subjekte (engl. left-dislocated subjects; DS; vgl. (42a)) und nichtdisloziierter lexikalischer Subjekte (engl. standard lexical subjects; LS; vgl. (42b)). (42)

a. Le bébéi , ili rit Das Baby es lacht Das Baby lacht

(DS-Konstruktion)

b. Le bébé rit Das Baby lacht

(LS-Konstruktion)

c. Il rit Er/es lacht

(ohne lexikalische Subjekt-DP; Parisse, 2008, 15)

Während DS-Konstruktionen aus der Sequenz DP + Resumptivum + Verb bestehen, umfassen LS-Konstruktionen lediglich die Elemente DP + Verb. Äußerungen wie die in (42c), in denen nur ein Pronomen, aber kein lexikalisches Subjekt enthalten ist, werden hier nicht berücksichtigt. Durch die Beschränkung auf lexikalische Subjekte sind diese Strukturen generell auf die 3. grammatische Person limitiert, da die 1. und 2. grammatische Person nur in pronominaler Form realisiert werden können. Aus der von Parisse durchgeführten Analyse des Bath-Korpus, das neben Kinderdaten auch spontane (kindgerichtete) Erwachsenensprache enthält, geht hervor, dass Kinder DS-Strukturen ungefähr gleich häufig produzieren wie Erwachsene, LS-Strukturen jedoch deutlich weniger frequent sind als bei den adulten Sprechern.²⁵ Es zeigt sich ein statistisch signifikanter Unterschied zwi24 Die Untersuchung beruht auf zwei Querschnittstudien-Korpora: dem Bath-Korpus (108 Kinder; vgl. Chevrie-Muller et al., 1997) und dem House-Korpus (316 Kinder; vgl. Le Normand, 1986). Die insgesamt 424 Kinder wurden in verschiedenen Altersstufen zwischen zwei und vier Jahren aufgenommen. Parisse charakterisiert sie als spontane Sprachaufnahmen, obwohl für das BathKorpus ein normierter Sprachtest (Bain de poupées) zugrunde gelegt wurde und somit die Frage gestellt werden kann, inwieweit hier tatsächlich spontane Kindersprache abgebildet wird. Zu näheren Informationen über die analysierten Korpora vgl. Parisse (2008, 19). 25 Grundsätzlich können nicht-disloziierte lexikalische Subjekte in diversen Sprachen, u. a. im Französischen, Deutschen und Englischen, als sehr selten eingestuft werden (vgl. z. B. Biber, 2003; De Cat, 2002; Miller & Weinert, 1998).

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb |

111

schen Kindern und Erwachsenen in Bezug auf das Verhältnis zwischen LS- und DS-Konstruktionen: „[C]hildren tended to use a dislocated construction where adults often used an ‘a priori simpler’ lexical subject construction with no subject pronoun“ (Parisse, 2008, 21). Das zweite von Parisse untersuchte Korpus, das House-Korpus, zeigt eine Tendenz der Art, dass mit zunehmendem Alter der Kinder Subjektdislokationen in Relation zu nicht-disloziierten Subjekten stark zunehmen: Während im Alter von zwei Jahren ein Verhältnis von 0,06 (1 DS- auf 21 LS-Strukturen) vorliegt, findet sich im Alter von 2;9 Jahren ein Verhältnis von 1,4 (54 DS- auf 38 LS-Konstruktionen).²⁶ Nachdem also zunächst nicht-disloziierte Subjekte überwiegen, ist in späteren Erwerbsphasen das disloziierte Subjekt häufiger (bevor im adulten Sprachgebrauch nicht-disloziierte Subjekte in Form von LS-Strukturen wieder an Stellenwert gewinnen). Auch im Bath-Korpus wird deutlich, dass die Kinder, die hier bereits zwischen drei und vier Jahre alt sind, durchweg häufiger DS- als LS-Strukturen produzieren. Parisse (2008) schlussfolgert aus seiner Datenanalyse, dass zwar kein ‚Mangel‘ an syntaktischem Wissen vorliegt, da die Kinder sowohl LS- als auch DSStrukturen (zielsprachlich) produzieren. Für ihn deutet aber der Frequenzunterschied zwischen Kindern und Erwachsenen darauf hin, dass die Kinder nicht nur adulte Äußerungen kopieren, sondern „that regulating mechanisms specific to the children were at work“ (Parisse, 2008, 23).²⁷ Basierend auf den hier beschriebenen Beobachtungen entwickeln Maillart & Parisse (2008) ein Modell zum Erwerb der Linksdislokation lexikalischer Subjekte, laut dem Kinder vier Phasen durchlaufen. Außerdem stellt Parisse verschiedene weitere Hypothesen auf, die er anhand der empirischen Sprachdaten überprüft: Dislokationsstrukturen könnten gebunden sein an (i) die lexikalische Wahl, (ii) die Äußerungslänge, oder (iii) den Erwerb des Pronominalsystems (vgl. Parisse, 2008, 23-27). Die Grundzüge des Modells und der Hypothesen werden im Folgenden grob skizziert, bevor in Kap. 6.2.4 die für die vorliegende Arbeit untersuchten Kinderdaten zur Überprüfung dieser Vorhersagen herangezogen werden.

26 Für die Berechung dieser Ratio wird die absolute Anzahl der geäußerten DS-Strukturen durch die der LS-Strukturen geteilt. Ein Wert unter 1 drückt demnach eine quantitative Überlegenheit von LS-Konstruktionen aus, ein Wert über 1 hingegen eine Dominanz von DS-Strukturen. Ein Wert von genau 1 bedeutet, dass beide Konstruktionstypen gleich häufig auftreten. 27 Die Annahme, dass quantitative Unterschiede auf grundlegende, qualitative Unterschiede schließen lassen, kann kritisch hinterfragt werden; die frequenziellen Diskrepanzen müssen nicht zwangsläufig bedeuten, dass kindliche Dislokationsstrukturen sich auch qualitativ von entsprechenden adulten Äußerungen unterscheiden.

112 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand 4.3.2.1 Das Phasenmodell nach Maillart & Parisse (2008) Basierend auf seinen empirischen Beobachtungen schlägt Parisse (2008) die Existenz dreier Phasen im frühkindlichen Erwerb der Subjekt-LD bei französischen Kindern vor, welche rein hypothetisch sind und laut eigener Einschätzung des Autors weiterer Belege bedürfen. Maillart & Parisse (2008) führen schließlich eine zusätzliche (vierte) Phase ein, wobei sie das Modell an elizitierten Sprachdaten testen.²⁸ An dieser Stelle soll noch einmal erwähnt werden, dass die Autoren sich ausschließlich auf Äußerungen beziehen, die ein lexikalisches Nomen als Subjekt enthalten, wie es in (42a,b) exemplarisch dargestellt wurde. Die vier definierten Phasen spiegeln einen morphosyntaktischen Entwicklungsprozess wider. In Phase 1 produzieren die Kinder überwiegend Konstruktionen, die Kombinationen aus content words entsprechen. Die Äußerungen sehen oberflächlich aus wie LS-Strukturen, tatsächlich handelt es sich jedoch um eine bloße Aneinanderreihung von lexikalischem Subjekt und Verb ohne morphosyntaktische Verknüpfung. Morphosyntaktische Marker (z. B. Determinanten, klitische Subjektpronomen etc.) sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden. In Phase 2 werden neben den bloßen content words nun auch morphosyntaktische Marker produziert. Dies geschieht automatisch und beschränkt sich zunächst auf besonders frequente Marker. Kinder beginnen also, vor jedem Nomen eine Determinante zu realisieren, so wie sie ebenfalls vor jedem Verb ein klitisches Subjektpronomen produzieren – unabhängig davon, ob ein lexikalisches Subjekt vorhanden ist oder nicht. In diesem Zusammenhang wird die DS-Konstruktion zur ‚Norm‘ und LSStrukturen verschwinden fast vollständig. Bei der Produktion der morphosyntaktischen Marker muss nicht die Gesamtheit der semantischen und funktionalen Merkmale interpretiert werden, was sich u. a. in Kongruenz-Fehlern zeigen kann. Maillart & Parisse (2008) nehmen an, dass die Produktion von DS-Konstruktionen Kindern dabei hilft, komplexere abstrakte Kategorien zu entwickeln. In Phase 3 lernen die Kinder, ‚echte‘ LS-Strukturen zu produzieren, in denen das lexikalische Subjekt und das Verb morphosyntaktisch verknüpft werden. Die Äußerungen in dieser Phase sind demnach ähnlich wie die Äußerungen in Phase 2, jedoch mit dem Unterschied, dass nun die vollständige Integration und Interpretation semantischer/grammatischer Merkmale der morphosyntaktischen Elemente obligatorisch wird. Dies äußert sich in der Übereinstimmung von Kongruenzmerkmalen. Außerdem werden nun auch Marker produziert, die weniger frequent sind. In Phase 4 beginnen die Kinder, komplexe Konstruktionen mit offenen Slots zu produzieren, die nicht mehr zwangsläufig mit morphosyntaktischen Markern verse-

28 Phase 2 in Parisses ursprünglichem Modell wird bei Maillart & Parisse (2008) unterteilt und umfasst die Phasen, die hier als Phase 2 und Phase 3 definiert werden.

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hen sind. Hier werden nun also erstmals ‚echte‘ LS-Strukturen produziert. In (43) werden Beispiele für die vier Phasen gegeben. (43)

a. Fille dort Mädchen schläft

(Phase 1)

b. Lafem fillei , i’i, mask dort Das Mädchen er schläft

(Phase 2)

c. Lafem fillei , ellei, fem dort Das Mädchen es schläft

(Phase 3)

d. La fille dort Das Mädchen schläft (Parisse, 2008, 225f.)

(Phase 4)

Maillart und Parisse sagen vorher, dass Kinder gleichzeitig Äußerungen aus zwei direkt aufeinanderfolgenden Phasen produzieren können, nicht aber aus Phasen, die im Entwicklungsprozess nicht direkt aneinander anschließen. Demnach können gleichzeitig Äußerungen wie (43a) und (43b), (43b) und (43c) sowie (43c) und (43d) auftreten, nicht aber Äußerungen wie (43a) und (43c), (43a) und (43d) oder (43b) und (43d). Diese Hypothese prüfen Maillart & Parisse (2008) durch einen Elizitationstest bei 27 Kindern im Alter zwischen 3;6 und 5;6 Jahren. Die Kinder wurden hierbei in zwei Altersgruppen eingeteilt (14 Kinder zwischen 3;6 und 4;5 Jahren und 13 Kinder zwischen 4;9 und 5;6 Jahren) und sollten vorgegebene Sätze so genau wie möglich wiedergeben. Bei dieser Wiederholung der Sätze, die alle ein schweres (nicht-disloziiertes) Subjekt zeigen und somit LS-Strukturen darstellen, wurde die Realisierung des Subjekts betrachtet (DS oder LS). Die verschiedenen Arten der kindlichen Reaktionen teilen die Autoren in vier Kategorien ein, die den jeweiligen Erwerbsphasen entsprechen und hier als Typ 1, Typ 2, Typ 3 und Typ 4 bezeichnet werden (hinzu kommt außerdem die Kategorie other errors, die die Autoren nicht weiter diskutieren). Maillart und Parisse kommen zu der generellen Schlussfolgerung, dass es einen Entwicklungsverlauf gibt, der sich in einem signifikant unterschiedlichen Auftreten von Dislokationen in den beiden Altersgruppen zeigt. Aus dem Elizitationstest geht hervor, dass die jüngeren Kinder prozentual betrachtet mehr Dislokationen produzieren, nämlich etwa 30 %, von denen der Großteil keine Genus-Kongruenzfehler aufweist. Die ältere Gruppe äußert deutlich weniger Dislokationsstrukturen (etwa 7,5 %), die allesamt eine zielsprachliche Übereinstimmung der morphosyntaktischen Marker zeigen. Aus der Beobachtung, dass die jüngere Gruppe überwiegend Äußerungen von Typ 3 und Typ 4 produziert, schließen Maillart & Parisse (2008), dass die Kinder sich zwischen Phase 3 und 4 befinden. Allerdings gehen sie nicht explizit auf

114 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand die Tatsache ein, dass auch (wenige) Äußerungen von Typ 1 und Typ 2 produziert werden. Die Annahme, dass Kinder gleichzeitig (also innerhalb eines Entwicklungsstadiums) Äußerungen von Typ 1, Typ 2, Typ 3 und Typ 4 produzieren, widerspricht ihrer Kernhypothese. Um diese zu halten, müsste in einer kindspezifischen Analyse gezeigt werden, dass diejenigen Kinder, die Typ 1- und Typ 2-Äußerungen produzieren, eben keine Äußerungen der späteren Phasen verwenden. Die Kinder werden allerdings von den Autoren nicht einzeln betrachtet. Für die ältere Gruppe fassen die Autoren zusammen, dass sich die Kinder in Phase 4 befinden, da sie überwiegend (zu 75 %) Äußerungen von Typ 4 produzieren. Typ 3-Äußerungen sind hingegen selten. Die Autoren berichten, dass Typ 1und Typ 2-Äußerungen vollständig abwesend sind. Während das zwar für Typ 1 stimmt, geht aus Tabelle II in Maillart & Parisse (2008, 257) hervor, dass Typ 2Äußerungen – wenn auch sehr selten (0,9 %) – doch auftreten. Dafür geben die Autoren keine Erklärung. Auch hier könnte lediglich eine kindspezifische Analyse ihre Hypothese retten, die die Autoren aber nicht liefern. Maillart & Parisse (2008, 258) kommen zu folgender Schlussfolgerung: „Longitudinal studies could be interesting to verify if all the children present the four stages; it could be the case that some children did not produce dislocations.“ Die hier analysierten Longitudinalstudien werden deshalb in Kap. 6.2.4 herangezogen, um das Auftreten der vier postulierten Phasen im kindlichen Spracherwerb französischer Kinder zu überprüfen. Im Folgenden werden aber zunächst die Hypothesen in Bezug auf mögliche Zusammenhänge zwischen Subjekt-LDn und Verbtypen, Äußerungslänge und Erwerb des Pronominalsystems ausgeführt.

4.3.2.2 Subjekt-Linksdislokationen und Verbtypen Parisse (2008) weist auf die Möglichkeit hin, dass das Auftreten von Dislokationen an bestimmte Verben gebunden ist. Es wäre denkbar, dass Dislokationen nur mit bestimmten Verben bzw. Verbtypen auftreten und somit an die Wahl des Lexems gekoppelt sind. Dies könnte entweder für alle Kinder übergreifend gelten, oder die Kinder könnten individuell unterschiedliche Präferenzen für Verben zeigen, mit denen sie besonders häufig das Subjekt disloziieren. Beide Alternativen untersucht Parisse in seiner Studie anhand des Bath- und des House-Korpus. Für alle Kinder einheitlich betrachtet gibt es dort 64 Verbtypen, die in beiden Konstruktionen (DS und LS) benutzt werden, und lediglich 6, die nur in einer der beiden Strukturen auftreten (dies entspricht etwa 9 %). Weiterhin wurde für die zehn häufigsten Verbtypen gezeigt, dass sie in DS- und LS-Konstruktionen glei-

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chermaßen auftreten.²⁹ Das widerlegt die Hypothese, dass es bestimmte Verben gibt, die (für alle Kinder übergreifend) systematisch häufiger disloziiert werden als andere. Für eine kindspezifische Analyse ist Parisses Datenbasis ungeeignet, da die Untersuchung der Querschnittstudien auf einer einzigen Aufnahme pro Kind basieren würde. Dies hat zur Folge, dass die Hypothese nicht mit Sicherheit verworfen werden kann. Parisse beurteilt sie jedoch als unwahrscheinlich, da für viele Kinder der Altersstufe 4;0, in der sowohl DS- als auch LS-Konstruktionen produziert werden, gezeigt werden kann, dass es keine verbspezifischen Unterschiede im Gebrauch dieser Konstruktionen gibt. Beide Hypothesen werden in Kap. 6.2.4 auch anhand der für die vorliegende Studie erhobenen Daten überprüft. Besonders für eine kindspezifische Analyse stellen Longitudinalstudien eine zuverlässigere Datenbasis dar als Querschnittstudien.

4.3.2.3 Subjekt-Linksdislokationen und Äußerungslänge Parisse (2008) untersucht auch, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch lexikalischer Subjekt-LDn und der Äußerungslänge gibt. Dies hält er für plausibel, da für Kinder im frühen Spracherwerb eine Einschränkung der Sprachverarbeitungskapazitäten (engl. processing limitations) nachgewiesen wurde (vgl. z. B. Valian et al., 1996). Hiernach steht Kindern zu Beginn des Spracherwerbs nur ein gewisser (reduzierter) Arbeitsspeicher zur Verfügung, weshalb sie auf weniger komplexe Strukturen zurückgreifen müssen. „[T]his would mean that the simplest structures will be produced more easily and could be used as a way to circumvent these limitations when producing long utterances“ (Parisse, 2008, 25). Der Autor geht zunächst intuitiv davon aus, dass die Dislokation von Subjekten komplexer ist, als nur ein lexikalisches Subjekt zu realisieren, da DSKonstruktionen mehr lexikalisches Material involvieren. Kinder sollten hiernach in längeren Sätzen das Subjekt nicht disloziieren. Parisses Studie zeigt allerdings das Gegenteil: DS-Strukturen sind im Durchschnitt länger als LS-Konstruktionen. Während DS-Äußerungen gemittelt 6,73 Wörter umfassen, weisen LS-Strukturen eine durchschnittliche Länge von 5,07 Wörtern auf.³⁰ Diese Beobachtung lässt die möglichen Schlussfolgerungen zu, dass (i) Sprachverarbeitungs-Limitationen keinen Einfluss auf den Dislokationsgebrauch haben, oder (ii) DS-Strukturen we-

29 Zu diesen Verben gehören aller, être, avoir, dormir, manger, vouloir, venir, faire, regarder und rentrer (Parisse, 2008, 24). 30 Bei der Berechnung der Länge von DS-Strukturen zieht Parisse (2008) das Resumptivum ab, da dieses sonst automatisch die Äußerung ‚verlängert‘, was die Berechnung verfälschen könnte. Mit Resumptivum sind DS-Konstruktionen demnach im Mittelwert sogar 7,73 Wörter lang.

116 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand niger komplex sind als ihre entsprechenden LS-Gegenstücke. Für die zweite Möglichkeit gibt es wiederum zwei Erklärungsansätze. Erstens könnte es aus phonetischer Sicht der Fall sein, dass die Sprechpause zwischen dem linksdisloziierten Subjekt und dem Satz die Äußerung in zwei Teile trennt, „each simpler than the counterpart LS construction“ (Parisse, 2008, 26).³¹ Zweitens könnte auch aus syntaktischer Perspektive argumentiert werden, dass es sich um zwei Teil-Strukturen handelt, von denen beide einfacher zu verarbeiten sind als eine LS-Struktur, „because the operation of creating a DS – appending two syntactically independent constructs – is a very simple and very frequent operation in child language, and thus is very easy to produce“ (Parisse, 2008, 26). Die Linksdislokation lexikalischer Subjekte stellt also möglicherweise aus Sprachverarbeitungssicht eine Vereinfachungsstrategie dar. Auch Maillart & Parisse (2008) beobachten in ihrem Elizitationstest eine ähnliche Korrelation zwischen Dislokationen und Satzlänge: Während bei der Wiedergabe kürzerer Sätze (max. 7 Silben) Dislokationen nur zu etwa 11 % auftreten, enthalten die Reaktionen auf die längeren Äußerungen (max. 12 Silben) zu 28 % LD-Subjekte. Dies stützt die Hypothese, dass der Gebrauch von SubjektLinksdislokationen eine Vereinfachungsstrategie sein könnte, durch welche eine komplexere syntaktische Struktur in zwei einfachere Strukturen unterteilt wird. Auch dieser Beobachtung wird im Verlauf der vorliegenden Arbeit nachgegangen.

4.3.2.4 Subjekt-Linksdislokationen und der Erwerb des Pronominalsystems In seiner letzten Hypothese zum Dislokationserwerb bei französischen Kindern schlägt Parisse (2008) vor, dass die ansteigende Produktion von DS-Strukturen möglicherweise mit dem generellen Erwerb des Pronominalsystems zusammenhängt: „The reason behind the increase in production of DS constructions would be that the use of personal pronouns becomes more and more automatic as children grow older“ (Parisse, 2008, 26). Die zugrunde liegende Idee ist, dass Pronomen möglicherweise ‚automatisch‘ produziert werden, „as if they were agreement markers“ (Parisse, 2008, 26).³² In diesem Fall wäre die Produktion von DS-Konstruktionen also lediglich eine Konsequenz aus der Tatsache, dass Personalpronomen mit zunehmendem Alter immer häufiger produziert werden.

31 Dies kann natürlich nur für Dislokationsäußerungen gelten, in denen tatsächlich eine solche Intonationspause vorliegt, was nicht obligatorischerweise der Fall ist (vgl. Kap. 3.4). 32 Tatsächlich betrachtet Parisse (2008), wie auch andere Autoren, klitische Subjektpronomen als Flexionsmorpheme ohne Argumentstatus, im Gegensatz zu dem hier vertretenen Standpunkt.

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DS-Strukturen wären dann das Resultat eines automatischen Prozesses und würden von den Kindern nicht ‚bewusst‘ zur Doppelung des Subjekts eingesetzt. Damit sich diese Hypothese bestätigt, müsste es eine Korrelation zwischen DS-Strukturen und der Realisierung von Subjektklitika vor finiten Verben geben. Um dies zu überprüfen, berechnet Parisse die Rate der SubjektpronomenRealisierungen (d. h. die Anzahl der Äußerungen mit Subjektpronomen vor dem finiten Verb im Verhältnis zur Anzahl von Äußerungen mit finitem Verb insgesamt) und setzt diese ins Verhältnis zu der beobachteten DS-Anzahl. Parisses Daten deuten nur zum Teil einen Zusammenhang an: Während im House-Korpus eine solche Korrelation nachgewiesen werden kann, ist dies im Bath-Korpus nicht der Fall. Der Autor gibt zudem zu bedenken, dass seine Datenbasis nicht ausreichend ist, um weitreichende Schlussfolgerungen zu ziehen. Im Rahmen der vorliegenden empirischen Untersuchung wird in Kap. 6.2.4 auch dieser Hypothese nachgegangen. Bevor die empirische Studie und die darin erzielten Ergebnisse präsentiert werden, wird im Folgenden konkret auf den Erwerb nicht-klitischer Subjekte im kindlichen Französischen eingegangen, welcher eng mit dem Gegenstandsbereich der Dislokation verbunden ist.

4.3.3 Nicht-klitische Subjekte und ihr Erwerb im Französischen Im Verlauf dieser Arbeit wurde mehrfach aufgezeigt, dass besonders Subjekte eine zentrale Rolle im Bereich der Dislokation spielen. Dies wird sich auch in den hier untersuchten französischen Kinderdaten zeigen. Aus diesem Grund soll nun gesondert auf den Subjekterwerb im Französischen eingegangen werden, der in der Spracherwerbsforschung intensiv diskutiert wird. In diesem Zusammenhang werden Annahmen sowohl zu präverbal als auch zu postverbal auftretenden Subjekten dargelegt. Zunächst wird in Kap. 4.3.3.1 auf den Status schwerer (d. h. nicht-klitischer, nicht-disloziierter) Subjekte im kindlichen Französischen eingegangen, wobei hier besonders die pronominale Form von Relevanz ist. Anschließend wird ein von Ferdinand (1996) entwickeltes Modell zum Erwerb schwerer präverbaler Subjekte und linksdisloziierter Subjekte im kindlichen Französischen vorgestellt (Kap. 4.3.3.2), das gleichzeitig Aussagen über den Erwerb der linken Satzperipherie im Allgemeinen macht. Schließlich thematisiert Kap. 4.3.3.3 postverbale Subjekte und deren Rolle im kindlichen Französischen, wobei eine zentrale Frage ist, ob diese durch eine Dislokationsanalyse erfasst werden sollten oder nicht.

118 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand 4.3.3.1 Die Natur nicht-klitischer, nicht-disloziierter Subjekte Im Französischen können Subjekte auf drei verschiedene Arten ausgedrückt werden: (i) als klitische Pronomen, (ii) als disloziierte Subjekte und (iii) als nichtklitische, nicht-disloziierte Subjekte, die im Folgenden in Anlehnung an De Cat (2002) als schwere Subjekte (engl. heavy subjects) bezeichnet werden. Schwere Subjekte sind, wie bereits in Kap. 3.5 dargestellt wurde, im Französischen adulter Sprecher sehr selten, sodass sie nach De Cat (2002) nur etwa 3 % aller Subjekte ausmachen. Sie treten nur in out-of-the-blue-Kontexten auf oder wenn sich das Subjekt im engen Fokus (engl. narrow focus) befindet, z. B. als Antwort auf eine wh-Frage. Im Gegensatz zum adulten Sprachgebrauch ist es bei kindlichen Äußerungen mitunter schwierig zu beurteilen, wann es sich um echte schwere Subjekte handelt. Dies liegt daran, dass Kinder im frühen Erwerb eine Nullsubjektphase durchlaufen, während der sie (klitische) Subjekte häufig auslassen. (44)

a. Moi mettre ça comme Pol Ich hinstellen das wie Pol Ich (werde) das hinstellen wie Pol b. Je vais mettre ça comme Pol Ich werde hinstellen das wie Pol Ich werde das hinstellen wie Pol c. Moii , jei vais mettre ça comme Pol Ich, ich werde hinstellen das wie Pol Ich werde das hinstellen wie Pol

(De Cat, 2002, 221f.)

In einer Äußerung wie in (44a) ist die Natur des Subjekts nicht eindeutig identifizierbar. Das Kind könnte eine Äußerung wie in (44b) oder (44c) intendiert haben. In (44b) ist das klitische Subjekt in der kanonischen Subjektposition angesiedelt, wodurch ihm der Nominativ zugewiesen wird. Hier können im erwachsenen Sprachgebrauch keine starken (d. h. nicht-nominativischen) Pronomen stehen.³³ In (44c) befindet sich das starke Pronomen hingegen als disloziiertes Element in einer peripheren Position. Dort treten Pronomen in ihrer starken Form auf, was u. a. nach Schütze (1997) als ihr Default-Kasus angenommen werden kann. Das starke Pronomen moi in (44a) könnte also entweder ein schweres Subjekt in

33 Als Ausnahme kann festgehalten werden, dass das deiktische ça, dessen konkreter Status umstritten ist, sehr wohl in der kanonischen Subjektposition stehen kann. Im kanadischen Französischen können ebenfalls die starken Subjektpronomen lui und elle hier auftreten, was jedoch in dem in Frankreich gesprochenen Französischen keine zielsprachliche Option darstellt.

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der kanonischen Subjektposition darstellen, oder ein disloziiertes Subjekt, welches mit einer Auslassung des Klitikons einhergeht. Um diese Ambiguität auszudrücken, kann der Begriff des Apparent Heavy Subject (AHS) herangezogen werden (De Cat, 2002).³⁴ Das Auftreten von AHS-Pronomen im kindlichen Französischen wird von diversen Autoren beschrieben und diskutiert (vgl. u. a. Ferdinand, 1996; Legendre et al., 2002; Pierce, 1992). Eine zentrale Frage ist, ob diese Elemente in der Subjektposition stehen können, obwohl sie nicht den Nominativ aufweisen, oder ob sie in einer peripheren Position angesiedelt werden müssen. Nach dem von Schütze & Wexler (1996) und Schütze (1997) entwickelten Agreement and Tense Omission Model (ATOM) können im kindlichen Spracherwerb Phasen auftreten, in denen Elemente in der kanonischen Subjektposition auftreten, die nicht im Nominativ stehen, sondern den Default-Kasus aufweisen. Hiernach könnte in kindlichen Äußerungen wie in (44a) das starke Pronomen, das im Default-Kasus steht, durchaus in der kanonischen Subjektposition angesiedelt sein. Das ATOM besagt, dass die beiden Flexionsköpfe Agreement (Agr) und Tense (Tns) unabhängig voneinander (unter)spezifiziert sein können, was Auswirkungen auf die Form des Subjektpronomens hat. Die verschiedenen möglichen Kombinationen der Merkmalsausprägungen gehen aus Tab. 4.2 hervor. Tab. 4.2. Agr-/Tns-(Unter)spezifizierung nach dem ATOM (adaptiert aus De Cat, 2002, 226) Agr

Tns

+ +

+ +

Form des Subjektpronomens Default-Kasus oder Nullsubjekt Default-Kasus Nominativ oder Nullsubjekt Nominativ

Nach dem ATOM kann also ein Subjektpronomen in der kanonischen Subjektposition den Default-Kasus aufweisen, wenn Agr unterspezifiziert ist. Nur wenn Agr vollständig spezifiziert ist, kann das Subjektpronomen im Nominativ stehen.³⁵ Eine solche Analyse ist für das (gesprochene) Französische extrem problematisch, da hier aufgrund der stark ausgeprägten Homophonie die Verbflexion nur sehr

34 Da Kasus im Französischen nur an Pronomen, nicht aber an lexikalischen Nomen overt sichtbar ist, können diese Zusammenhänge nur anhand pronominaler Elemente geprüft werden. 35 Ob ein Subjektpronomen realisiert oder ausgelassen wird, hängt nach dem ATOM von der (Unter)spezifizierung von Tns ab.

120 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand selten auditiv erkennbar ist.³⁶ De Cat (2002) folgend muss diesbezüglich die Mehrheit der finit-aussehenden Verben im Französischen als ambig im Hinblick auf die Spezifikation von Agr analysiert werden. Nach dem ATOM sollten AHS-Pronomen, wenn sie in der kanonischen Subjektposition stehen, in keinem Fall mit Verbformen auftreten, die eindeutig für Agr spezifiziert sind. In den von De Cat (2002) untersuchten Korpora treten solche Äußerungen jedoch auf: (45)

Moi ai cassé ça là Ich[-Nom] habe zerbrochen dies da Ich habe das da zerbrochen

(Anne, 2;2,0; De Cat, 2002, 234)

Hier ist das Verb eindeutig für Agr spezifiziert (1. Person Singular) und tritt dennoch mit einem pronominalen AHS auf. Äußerungen wie diese belegen, dass das ATOM zur Erklärung der Form von Subjektpronomen nicht haltbar ist und die Unterspezifizierung des Flexionskopfes Agr nicht für das Auftreten von AHSPronomen verantwortlich sein kann.³⁷ Basierend auf diesen Beobachtungen argumentiert De Cat (2002), dass es plausibler ist, AHS-Pronomen als disloziierte Elemente zu analysieren. Hierfür liefert die Autorin weitere empirische Evidenz. In einer Intonationsanalyse erzielt sie das Ergebnis, dass die Prosodie eindeutig linksdisloziierter (d. h. resumptiv aufgenommener) Subjektpronomen bei erwachsenen und kindlichen Sprechern ähnlich ist. Kinder erwerben die typischen prosodischen Eigenschaften, die in Kap. 3.4 zusammengefasst wurden, also früh. Die Prosodie von AHS-Pronomen im kindlichen Französischen unterscheidet sich jedoch deutlich von starken pronominalen Subjekten im erwachsenen Gebrauch.³⁸ Grundsätzlich zeigen die kindlichen AHS-Strukturen prosodische Merkmale, die typisch für Dislokationen sind: eine prosodische Hervorhebung des Pronomens in Bezug auf Satzmelodie und Intensität sowie ein Abfallen der Stimme nach dem Pronomen. Dies suggeriert, dass es sich mindestens bei einer Teilmenge der AHS-Pronomen vermutlich um Dislokationen mit ausgelassenen resumptiven Klitika handelt. Dass dies zumindest möglich ist, wird durch das frühe Auftreten eindeutig linksdisloziierter (d. h. gedoppelter) Subjekte im französischen Erwerb gestützt. Gleichzeitig treten 36 Das französische Verb-Paradigma umfasst zudem zahlreiche sogenannte elsewhere-Formen (vgl. u. a. Halle & Marantz, 1993; Ferdinand, 1996), die sich nicht eindeutig einer Verbform zuordnen lassen und von denen angenommen wird, dass sie in der kindlichen Sprache zunächst im Hinblick auf die Agr-Merkmale Person und Numerus unterspezifiziert sind. 37 Weiterhin findet De Cat (2002, 235) auch Evidenz für Äußerungen mit unterspezifiziertem Agr und nominativischen Subjektpronomen, welche ebenfalls vom ATOM nicht vorhergesagt werden. 38 Dies kann De Cat nur anhand des kanadischen Französischen belegen, da die letztgenannte Struktur in dem in Frankreich gesprochenen Französischen ungrammatisch ist.

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auch Subjekt-Rechtsdislokationen früh auf, wobei das resumptive Element nicht zwangsläufig realisiert sein muss.³⁹ Auch aus distributionellem/quantitativem Blickwinkel zeigen AHS-Pronomen keine anderen Eigenschaften als (andere) disloziierte Subjekte im gleichen Erwerbszeitraum. In den von De Cat (2002) erhobenen kindlichen Daten treten AHS-Pronomen ohne koindiziertes Klitikon etwa genauso häufig auf wie rechtsdisloziierte Subjekte ohne realisiertes resumptives Klitikon. Hinzu kommt, dass pronominale AHS überwiegend in der Nullsubjektphase produziert werden. Zusammenfassend schließt die Autorin, dass AHSPronomen im kindlichen Französischen linksdisloziierte Elemente sind, die mit einem ausgelassenen Subjektklitikon koreferent sind. Die kindliche französische Grammatik erlaubt demnach die Disloziierung von Subjekten ohne eine Realisierung resumptiver Klitika, welche eigentlich in der Zielsprache obligatorisch sind (vgl. auch Ferdinand, 1993; Labelle & Valois, 1996). Welcher Status AHS-Pronomen im kindlichen Französischen zugeschrieben werden sollte, wird auch in der vorliegenden Arbeit in Kap. 7 diskutiert. Eine Frage, die hier offen bleibt, ist allerdings, wie schwere Subjekte bzw. AHS-Strukturen interpretiert werden sollten, bei denen das Subjekt nicht pronominaler, sondern lexikalischer Natur ist. Unter anderem auf solche Strukturen wird im folgenden Kapitel eingegangen.

4.3.3.2 Der Erwerb schwerer Subjekte und der linken Satzperipherie Eine weitere Studie, die sich mit dem Erwerb schwerer Subjekte und der linken Satzperipherie bei französischen Kindern befasst, ist die von Ferdinand (1996). Wie von diversen Autoren beobachtet wird, können Subjekte im frühkindlichen Französischen, wenn sie nicht durch Klitika realisiert werden, entweder präoder postverbal auftreten; gleichzeitig werden Subjekte in dieser frühen Phase auch häufig ausgelassen (vgl. u. a. Clark, 1986; Ferdinand, 1993, 1996; Friedemann, 1993/94; Lightbown, 1977; Pierce, 1989; Weissenborn, 1992),⁴⁰ wobei auch die Dislokation eine häufig realisierte Form des Subjekts darstellt. Ferdinand entwickelt in Bezug auf den Erwerb schwerer und disloziierter Subjekte im Französischen ein Modell, das auf drei sukzessiven Erwerbsphasen beruht; dieses wird im Folgenden in seinen Grundzügen dargestellt.

39 De Cat (2002) vertritt den Standpunkt, dass auch postverbal auftretende Subjekte, die nicht resumptiv aufgenommen werden, als disloziiert betrachtet werden müssen (vgl. auch Kap. 4.3.3.3). 40 Eine frühe Nullsubjektphase kann auch für Sprachen wie das Englische belegt werden (vgl. z. B. Hyams, 1986).

122 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand Die drei Phasen, die französische Kinder laut Ferdinand (1996) beim Erwerb schwerer bzw. disloziierter Subjekte durchlaufen, sind an die schrittweise Implementierung bestimmter funktionaler Projektionen in der kindlichen Grammatik gekoppelt. In Phase 1 können dem finiten Verb ausschließlich Subjektklitika vorangehen, aber keine nicht-klitischen Konstituenten. Der Grund hierfür ist Ferdinand folgend, dass nicht-klitische, präverbale Elemente (in finiten Äußerungen) bei französischen Kindern zu Beginn des Spracherwerbs immer kontrastiv fokussiert sind und somit die Projektion von FocP erfordern, welche in dieser ersten Phase noch nicht realisiert wird. Schwere DPn müssen demnach – wenn sie auftreten – postverbal realisiert werden. Ferdinand beobachtet das Einsetzen von Phase 1 mit dem Erwerb der Finitheit (in ihrer Studie etwa im Alter von 1;9 Jahren), wobei die Phase bei einigen Kindern extrem kurz ist und sich bei anderen gar nicht zeigt. In Phase 2 erlaubt die Implementierung einer weiteren funktionalen Schicht (FocP) die Anhebung maximal eines schweren präverbalen Elements, bei welchem es sich um ein Subjekt, ein Adverb, ein Fragewort, ein direktes Objekt oder eine PP handeln kann. Diese Konstituente, die nach Spec,FocP angehoben wird, trägt kontrastiven Fokus. Dass in dieser Phase maximal ein schweres Element vor dem Verb auftritt, obwohl nun auch die WhP projiziert wird, die theoretisch eine mögliche Landeposition bereitstellt, erklärt Ferdinand über die Annahme, dass alle präverbalen Elemente in diesem Erwerbsstadium als fokussiert analysiert werden müssen und somit um Spec,FocP konkurrieren. Die Konstruktion entspricht der Fokus-Bewegung im adulten System und muss von LD-Strukturen abgegrenzt werden, da diese keinen kontrastiven Fokus involvieren. Phase 2 wird für alle vier von Ferdinand untersuchten Kinder attestiert (etwa im Alter von 1;8 bis 2;3 Jahren), wobei auch diese Phase z. T. extrem kurz ist und bei einigen Kindern weniger als einen Monat dauert. In Phase 3 können neben eventuellen Klitika maximal zwei schwere Elemente vor dem finiten Verb stehen. Es wird nun von der kindlichen Grammatik eine zusätzliche Position generiert, in der linksdisloziierte Elemente oder satzinitiale Adverbien auftreten können (LDP/AdvP); diese stehen allerdings in komplementärer Distribution zueinander.⁴¹ In Spec,FocP kann gleichzeitig ein Fragewort, ein schweres Subjekt oder ein anderes fokussiertes (bewegtes) Element stehen. Treten zwei schwere präverbale Elemente auf, stehen die Adverbien/LD-Elemente demnach linear betrachtet stets vor den in Spec,FocP angesiedelten Elementen. Phase 3 tritt etwa im Alter zwischen 1;9 und 2;6 Jahren auf, wobei eines der Kinder

41 Ferdinand (1996) bezeichnet diese Kategorie als LeftDisl.P/AdvP; in der vorliegenden Arbeit wird der Einfachheit halber die Bezeichnung LDP/AdvP verwendet.

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb |

123

entsprechende Äußerungen gar nicht aufweist und bei einem anderen Kind die Phase auf eine einzige Sprachaufnahme begrenzt ist. Ein wesentlicher Kritikpunkt an dem von Ferdinand (1996) entwickelten Modell ist, dass die Autorin keine Aussagen darüber macht, was nach der dritten Erwerbsphase passiert. Es kann vermutet werden, dass die Kinder im Hinblick auf die linke Satzperipherie nach dem Durchlaufen von Phase 3 zielsprachlich im Sinne des Erwachsenensystems werden, was impliziert, dass die formulierten Restriktionen aufgegeben werden, wozu sich die Autorin jedoch nicht äußert. Kritisch kann auch betrachtet werden, dass laut Ferdinand (1996, 202) linksperiphere, resumptiv aufgenommene Elemente auch kontrastiven Fokus tragen können, sodass Äußerungen wie moi je fais... im frühkindlichen Französischen nicht als Dislokationen, sondern als kontrastive Fokusstrukturen analysiert würden. Dem steht die von De Cat (2001) verzeichnete Beobachtung gegenüber, dass französische Muttersprachler kontrastiv hervorgehobene (linksperiphere) Elemente mit Resumptivum als ungrammatisch auffassen. Auch Ferdinands Grundannahme, dass in frühen Erwerbsphasen (konkret in Phase 2) alle präverbalen Elemente kontrastiven Fokus tragen müssen, scheint problematisch. In diesem Zusammenhang zeigt De Cat (2001, 1339f.) anhand einiger von Ferdinand selbst aufgeführten Äußerungen und dem zugehörigen Kontext, dass nicht immer konkrastiver Fokus vorliegen kann. Zudem identifiziert De Cat in eigenen empirischen Untersuchungen Äußerungen im frühkindlichen Französischen, die den von Ferdinand formulierten Beschränkungen nicht entsprechen, indem vor dem Verb gleichzeitig ein disloziiertes Element und ein Adverb oder ein wh-Element und ein schweres Subjekt auftreten. Schlussendlich gewährleistet Ferdinands Modell nicht das mögliche Auftreten mehrerer LD-Elemente, welches im Französischen beobachtet werden kann, da die LDP/AdvP nicht rekursiv ist. In der in Kapitel 6 erfolgenden Analyse der französischen Kinderdaten wird unter anderem auch auf die von Ferdinand (1996) charakterisierten Erwerbsphasen eingegangen. Wie sich zeigen wird, lassen auch diese Daten Ferdinands Modell unplausibel erscheinen.

4.3.3.3 Postverbale Subjekte und ihr Erwerb Wie bereits erwähnt wurde, wird in der Literatur für den französischen Spracherwerb eine frühe Phase verzeichnet, in welcher nicht-klitische Subjekte vermehrt auch nach dem (finiten) Verb auftreten (Clark, 1986; Ferdinand, 1993, 1996; Friedemann, 1993/94; Labelle & Valois, 1996; Lightbown, 1977; Pierce, 1989). Hierbei machen postverbale Subjekte anfänglich einen beträchtlichen Anteil aller realisierten Subjekte aus, wobei die relative Häufigkeit von Ferdinand (1996) auf 48 %, von Labelle & Valois (1996) und Friedemann (1993/94) auf über 70 % und von

124 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand Déprez & Pierce (1993) sogar auf bis zu 85 % datiert wird. Postverbal auftretende Subjekte sind im adulten Französischen, im Gegensatz zu anderen romanischen Sprachen wie dem Italienischen, in der Regel ungrammatisch. Der Begriff des postverbalen Subjekts soll hier zunächst rein deskriptiv solche Subjekte bezeichnen, die linear betrachtet nach dem Verb stehen. Der syntaktische Status, den Subjekte dieser Art innehaben, wird hierbei kontrovers diskutiert. Während ein Ansatz die Annahme zugrunde legt, dass es sich um Subjekte handelt, die in frühen Erwerbsphasen in ihrer basisgenerierten, VP-internen Position verbleiben (vgl. z. B. Pierce, 1989; Friedemann, 1993/94; Déprez & Pierce, 1993), wird andererseits argumentiert, dass es sich um rechtsdisloziierte Subjekte handelt, die sich durch das Fehlen eines resumptiven Elements auszeichnen (vgl. z. B. De Cat, 2002; Ferdinand, 1993, 1996; Labelle & Valois, 1996). Beide Position werden im Folgenden kurz dargestellt.

Postverbale Subjekte als Resultat fehlender Subjektanhebung Die Annahme, dass postverbale Subjekte aus fehlender Subjektanhebung resultieren, beruht auf der häufig vertretenen VP-internal subject hypothesis, der zufolge Subjekte innerhalb der maximalen Projektion des Verbs, also VP-intern, basisgeneriert werden und erst im Laufe der Derivation in eine höhere funktionale Position bewegt werden (vgl. z. B. Contreras, 1987; Kitagawa, 1994; Koopman & Sportiche, 1991; Kuroda, 1988; Sportiche, 1988). Hiernach befinden sich also postverbale Subjekte in ihrer Basisposition in Spec,VP. Während dies in anderen romanischen Sprachen (z. B. im Spanischen und Italienischen) auch im adulten System eine zielsprachliche Option ist (Déprez & Pierce, 1993), muss im Französischen das Subjekt aus seiner Basisposition in eine höhere Position (z. B. Spec,TP) bewegt werden, um dort von dem ebenfalls angehobenen finiten Verb den Nominativ zu erhalten (vgl. Koopman & Sportiche, 1988).⁴² In frühen Erwerbsstadien des Französischen haben Kinder aber nach dem hier dargestellten Standpunkt sehr wohl die Option, das Subjekt in seiner Basisposition zu belassen, wo es dann durch Kasuszuweisung unter Rektion lizenziert wird.⁴³ Dies ist erst nach dem end-

42 Ein Grund für die obligatorische Bewegung des Subjekts nach Spec,TP ist auch das erweiterte Projektionsprinzip (engl. Extended Projection Principle; EPP), dem zufolge diese Position in NichtNullsubjektsprachen nicht leer bleiben darf (vgl. u. a. Friedemann, 1993/94). 43 Im Rahmen des Sonde-Ziel-Modells (vgl. Kap. 2.1) kann die Optionalität der Subjektanhebung darüber erklärt werden, dass nur bei der Anwesenheit eines starken EPP-Merkmals in der Sonde Bewegung ausgelöst wird.

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb |

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gültigen Setzen des verb movement parameter nicht mehr möglich, wenn Verbund Subjektanhebung obligatorisch werden (Déprez & Pierce, 1993; Pierce, 1989). Problematisch ist, dass die hier dargelegte Hypothese eine Korrelation zwischen finiten Verben und postverbalen Subjekten erwarten lässt, sodass mit infiniten (nicht-angehobenen) Verben keine postverbalen Subjekte auftreten sollten. Dass auch infinite Verben mit postverbalen Subjekten auftreten, belegt allerdings De Cat (2002) in ihrer empirischen Studie. Darüber hinaus sollte, wenn es sich bei der Basisposisition des Subjekts um die (linksverzweigende) Spec,VP-Position handelt, ein häufiges Auftreten von Strukturen erwartet werden, die oberflächlich die Abfolge Verb-Subjekt-Objekt (VSO) aufweisen. Äußerungen dieser Art sind jedoch sehr selten, wohingegen die häufigste Struktur postverbaler Subjekte im Französischen die Abfolge Verb-Objekt-Subjekt (VOS) ist (vgl. Friedemann, 1993/94; Ferdinand, 1996; Köppe, 1994; Labelle & Valois, 1996). Als Lösung für dieses Problem schlägt Friedemann (1993/94) vor, dass sich postverbale Subjekte bei französischen Kindern zwar in Spec,VP befinden, es sich hierbei aber um einen rechtsverzweigenden Spezifizierer handelt.⁴⁴ Als sprachlichen Input, der die Kinder dazu veranlasst, Subjekte in einer rechts angesiedelten Spec,VPPosition zu generieren und dort zu belassen, betrachtet der Autor beispielsweise die stilistische Inversion und die Subjekt-RD. Das postverbale Subjekt in der rechtsverzweigenden Spec,VP-Position erhält im kindlichen Französischen Friedemann (1993/94, 216) zufolge auch hier seinen Kasus durch „nominative assignment under government.“ Dass VOS-Äußerungen, wie sie bei den Kindern auftreten, im adulten Französischen ungrammatisch sind, kann darauf zurückgeführt werden, dass bei Kasuszuweisung unter Rektion das Verb und das Subjekt adjazent zueinander sein müssen, was in VOS-Strukturen nicht gegeben ist. Dies führt Friedemann zu der Annahme, dass in frühen Erwerbsstadien des Französischen das Subjekt eine bloße NP ist und die funktionale D-Schicht noch nicht projiziert wird. Somit fallen NPn nicht unter den Kasusfilter (engl. Case Filter) und müssen keinen Kasus erhalten (vgl. auch Lebeaux, 1988). NPn können hiernach also im kindlichen Französischen zunächst kasuslos bleiben und damit rechts vom Objekt in VOS-Äußerungen auftreten. Erst mit dem Erwerb der D-Schicht wird es für das Kind notwendig, das Subjekt nach Spec,TP zu bewegen, um es durch Kasuszuweisung zu lizenzieren. Nach Friedemann (1993/94) sind Äußerungen mit postverbalen Subjekten demnach auf NP-Subjekte beschränkt. Entgegen dieser Annahme zeigt Ferdinand (1996) aber frühkindliche, französische

44 In diesem Zusammenhang argumentiert Friedemann, dass die Köpfigkeit der VP sprachspezifisch parametrisiert ist (vgl. auch Rizzi, 1987).

126 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand VOS-Strukturen auf, die overt realisierte Determinierer involvieren und somit eindeutig als DPn identifiziert werden können: (46)

Baisse la tête le hérisson Senkt den Kopf der Igel Der Igel senkt den Kopf

(Philippe, 2;2,3; Ferdinand, 1996, 213)

Die von Friedemann vorgenommene Beschränkung postverbaler Subjekte auf NPn ist also empirisch nicht haltbar; dies wird auch die in Kap. 7 durchgeführte Datenanalyse belegen.

Postverbale Subjekte als rechtsdisloziierte Elemente Entgegen den oben dargestellten Ansätzen schlagen diverse Autoren vor, postverbale Subjekte als Rechtsdislokationen zu analysieren, die mit einer Auslassung des (resumptiven) Subjektklitikons einhergehen (vgl. z. B. De Cat, 2002; Ferdinand, 1993, 1996; Labelle & Valois, 1996; Köppe, 1994). Beruhend auf der in Kap. 3.6 dargestellten syntaktischen Analyse der französischen RD befinden sich rechtsdisloziierte Subjekte in Spec,TP, während der gesamte Satz mitsamt aller Komplemente und Adjunkte in die linke Peripherie angehoben wird. Der right dislocation hypothesis zufolge haben gedoppelte RD-Subjekte und nicht-gedoppelte, postverbal auftretende Subjekte im kindlichen Französischen die gleiche strukturelle Position und der einzige Unterschied ist die An-/Abwesenheit des klitischen Resumptivums: (47)

a. ∅i va chercher mamie, la tortuei wird suchen Oma die Schildkröte Die Schildkröte wird Oma suchen (Philippe, 2;2,3; Ferdinand, 1996, 219) b. Ellei va monter sur le trottoir, la voiturei Sie wird hinauffahren auf den Bürgersteig das Auto Das Auto wird auf den Bürgersteig hinauffahren (Philippe, 2;2,26; Ferdinand, 1996, 219)

Verschiedene Arten von Evidenz stützen die Plausibilität einer Analyse postverbaler Subjekte als RDn, welche im Folgenden ausgeführt werden. Postverbale Subjekte im kindlichen Französischen treten überwiegend in der Nullsubjektphase auf, die in vielen Nicht-Nullsubjektsprachen attestiert werden kann. In frühen Erwerbsphasen des Französischen wird also das Subjekt(klitikon) häufig ausgelassen, sodass postverbal positionierte Subjekte manchmal mit und manchmal ohne koreferentes klitisches Subjektpronomen auftreten, und zwar

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb |

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auch innerhalb derselben Sprachaufnahmen und mit identischen Verbtypen (Ferdinand, 1996; Hulk, 1990; Meisel, 1990). In diesem Zusammenhang beschreibt Ferdinand (1996) eine Entwicklung von nicht-gedoppelten hin zu resumptiv gedoppelten, postverbal auftretenden Subjekten. Mit dem regelmäßiger werdenden Auftreten von Subjektklitika verschwinden Äußerungen mit nicht-gedoppelten postverbalen Subjekten und werden durch eindeutige (gedoppelte) Rechtsdislokationen ‚ersetzt‘. Dies spricht dafür, dass es sich bei postverbalen Subjekten um rechtsdisloziierte Elemente handelt, bei denen lediglich das SubjektResumptivum ausgelassen wird. Weitere Evidenz für einen Zusammenhang zwischen postverbalen Subjekten und Nullsubjekten ist, dass beide Phänomene zu einem annähernd gleichen Zeitpunkt zurückgehen (vgl. z. B. Friedemann, 1993/94). Dass sich postverbale Subjekte außerhalb der VP befinden und als rechtsdisloziiert betrachtet werden sollten, wird auch durch die Position der Subjekte im Vergleich zu anderen postverbalen Elementen gestützt. Ferdinand (1996) beobachtet, dass postverbale Subjekte Objekten sowie selegierten Adverbien und PPn (d. h. Komplementen) folgen. Nicht-selegierten Adverbien und PPn (d. h. Adjunkten) können sie hingegen entweder folgen oder vorangehen. Dies geht aus den Beispielen in (48) hervor. (48)

a. Fait du bruit, camion dehors Macht PART Lärm Lastwagen draußen Der Lastwagen macht Lärm draußen (Philippe, 2;2,10; Ferdinand, 1996, 234) b. Va dans le camion, Philippe Geht in den Lastwagen Philippe Philippe geht in den Lastwagen (Philippe, 2;1,26; Ferdinand, 1996, 232) c. Marche tout seul, la voiture Läuft ganz allein das Auto Das Auto fährt von ganz allein (Philippe, 2;2,3; Labelle & Valois, 1996, 64) d. Qu’est-ce ili fait, Philippei là maintenant ? Was-ist-das er macht Philippe da jetzt Was macht Philippe da jetzt? (Philippe, 2;6,27; Ferdinand, 1996, 234)

In (48a,b) folgen die Subjekte camion und Philippe den jeweiligen Komplementen. Dies spricht dafür, dass es sich tatsächlich um rechtsdisloziierte Subjekte handelt, die sich außerhalb der VP befinden. Die gleiche Abfolge (VXS) kann auch bei Adverbien vorgefunden werden, wie aus (48c) hervorgeht. Die nicht-selegierten

128 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand Adverbien dehors, là und maintenant in (48a,d) können jedoch problemlos rechts von dem jeweiligen postverbalen Subjekt auftreten. In diesem Fall werden sie ebenfalls als rechtsdisloziierte Elemente betrachtet. Unter den von Ferdinand analysierten Daten finden sich lediglich zwei kindliche Äußerungen, in denen ein postverbal auftretendes Subjekt einem Komplement vorangeht, was beispielhaft in (49) veranschaulicht wird. (49)

Ili tourne, le monsieuri la titite (titite = bicyclette) Er dreht-um der Herr das Fahrrad Der Herr dreht das Fahrrad um

(Grégoire, 2;0,5; Ferdinand, 1996, 235)

Ferdinand erklärt die Äußerungen dieser Art, die extrem selten auftreten, darüber, dass es sich bei den Komplementen möglicherweise ebenfalls um disloziierte Elemente handelt, die somit auch außerhalb des Satzes auftreten, wobei das Resumptivum ausgelassen worden ist: „[T]hese direct objects occupy a position outside the VP, just like in adult French“ (Ferdinand, 1996, 235). Im adulten Sprachgebrauch entspräche (49) somit der Äußerung in (50): (50)

Ili laj tourne, le monsieuri la bicyclettej Er es dreht-um der Herr das Fahrrad Der Herr dreht das Fahrrad um

So wären unter bestimmten Umständen auch die (selten auftretenden) VSOStrukturen über eine Dislokationsanalyse des Subjekts erklärbar. Die hier beschriebenen Zusammenhänge sind kompatibel mit der oben angeführten Beobachtung, dass die meisten postverbalen Subjekte im kindlichen Französischen in VOS-Strukturen auftreten, während VSO-Konstruktionen sehr selten sind. Dass kindliche Äußerungen mit postverbalen Subjekten vermutlich adulten RDn entsprechen, zeigt sich auch im Hinblick auf die (In)definitheit. Im Französischen müssen (rechts)disloziierte Elemente eine definite Interpretation aufweisen, da sie das Satztopik darstellen; RD-Subjekte müssen also entweder definit sein oder, wenn sie indefiniter Natur sind, eine generische Lesart aufweisen. Indefinite, existenzielle DPn sind als disloziierte Elemente hingegen ausgeschlossen (vgl. Kap. 3.5). Ferdinand (1993, 1996) zeigt, dass die französischen Kinder dies von Beginn an befolgen: Bei den postverbal auftretenden Subjekten handelt es sich fast ausnahmslos um definite DPn (vgl. auch die obigen Beispiele in (46), (47), (48c) und (49)). In den von Ferdinand analysierten Korpora treten nur zwei postverbale Subjekte indefiniter Natur auf, die in (51) dargestellt werden. (51)

a. Ci ’est un monsieur, un clowni Das-ist ein Herr ein Clown Ein Clown ist ein Herr

(Philippe, 2;3,21)

4.3 Dislokationen und Subjekte im kindlichen Spracherwerb |

129

b. Où ili est, un autrei Wo er ist ein anderer Wo ein anderer ist

(Daniel, 1;8,3; Ferdinand, 1996, 237)

(51a) drückt eine generische Lesart des Subjekts aus, womit dieses eine definite Interpretation erhält und problemlos als disloziiert analysiert werden kann. Lediglich die Äußerung in (51b) stellt – zumindest auf den ersten Blick – ein Problem für die Dislokationsanalyse postverbaler Subjekte dar. Ferdinand argumentiert, dass où il est hier als auswendig gelernte, unanalysierte Einheit interpretiert werden muss, weshalb die Äußerung aus der Analyse ausgeschlossen werden sollte. Insgesamt zeigt die Autorin also anhand empirischer Daten, dass eine Dislokationsanalyse postverbaler Subjekte im frühkindlichen Französischen plausibel ist und diverse Vorteile gegenüber der Annahme hat, dass es sich um nicht-angehobene, VP-interne Subjekte handelt. Eine weitere in diesem Zusammenhang relevante Beobachtung ergibt sich aus dem Vergleich postverbaler Subjekte im adulten und kindlichen Französischen. Da postverbale Subjekte unter bestimmten Bedingungen im Französischen eine zielsprachliche Option darstellen (z. B. in Konstruktionen mit unpersönlichem il), werden diese mitunter mit kindlichen Strukturen mit postverbalen Subjekten gleichgesetzt. Es zeigt sich aber, dass die postverbalen Subjekte im kindlichen Sprachgebrauch nicht den gleichen Einschränkungen unterliegen. Postverbale Subjekte in Äußerungen mit unpersönlichem il treten im adulten Französischen ausschließlich mit unakkusativen Verben auf und erfordern ein Expletivum in der kanonischen Subjektposition:⁴⁵ (52)

Il arrive deux hommes Es kommt zwei Männer Es kommen zwei Männer

(Ferdinand, 1996, 215)

Nach Burzios Generalisierung (engl. Burzio’s Generalization) werden Subjekte unakkusativer Verben in der Komplementposition des Verbs (also in der Objektposition) generiert, wohingegen die Subjekte unergativer Verben wie auch solche transitiver Verben in der Subjektposition in Spec,VP generiert werden (Burzio, 1981, 1986).⁴⁶ Aus sprachenübergreifender Perspektive stehen die Subjekte unakkusativer Verben besonders häufig postverbal, wobei die postverbale Stellung des Subjekts in Nullsubjektsprachen in der Regel mit sämtlichen Verbtypen grammatisch 45 Ferdinand (1996, 217) weist jedoch darauf hin, dass unter bestimmten Bedingungen auch unergative Verben postverbale Subjekte in Konstruktionen mit unpersönlichem il erlauben. 46 Für eine aktuelle Arbeit, die sich mit Unakkusativität in den romanischen Sprachen befasst, vgl. Schmitz (2012).

130 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand ist. Dass unakkusative Verben in Nicht-Nullsubjektsprachen postverbale Subjekte erlauben (wenn diese mit einem präverbalen Expletivum einhergehen), wird also darauf zurückgeführt, dass die Subjekte in diesem Fall in der Komplementposition von V generiert werden, womit sich die Basisposition von der der Subjekte in Äußerungen mit anderen Verbtypen unterscheidet. Die Studie von Ferdinand (1996) bringt das Ergebnis hervor, dass postverbale Subjekte bei Kindern im Französischen nicht auf unakkusative Verben beschränkt sind, sondern gleichermaßen auch mit unergativen, transitiven und kopulativen Verben auftreten. Darüber hinaus sind postverbale Subjekte mit unakkusativen Verben im adulten Französischen nach Ferdinand (1996) durchweg indefinit und haben eine existenzielle Lesart, wohingegen in den Kinderdaten, wie bereits oben diskutiert wurde, postverbale Subjekte in aller Regel definiter Natur sind. Des Weiteren verwenden Kinder das expletive il ausschließlich in den Konstruktionen il faut und il y a, aber niemals mit anderen (unakkusativen) Verben (Ferdinand, 1996). Insgesamt liegen bei kindlichen Äußerungen mit postverbalen Subjekten keinerlei Beschränkungen vor, wie sie bei erwachsenen Sprechern greifen (Ferdinand, 1996; Labelle & Valois, 1996). Dies macht deutlich, dass es einen Unterschied zwischen adulten und kindlichen postverbalen Subjekten geben muss und die entsprechenden Konstruktionen vermutlich nicht gleichgesetzt werden können, was wiederum eine Analyse als RD-Subjekte plausibel macht. Schlussendlich kann ein letztes starkes Indiz dafür, dass postverbale Subjekte vermutlich disloziierte Elemente darstellen, auf prosodischer Ebene gefunden werden. Labelle & Valois (1996) zeigen anhand einer Intonationsanalyse, dass postverbal auftretende Subjekte im kindlichen Französischen die für die RD typische Betonung aufweisen. Die Autoren beziehen sich insbesondere auf die Beobachtung, dass postverbale Subjekte als eigene Intonationsgruppe wahrgenommen werden und prosodisch nicht in den Satz integriert sind, was – neben anderen Faktoren – eine typische prosodische Eigenschaft der RD ist (vgl. Kap. 3.4). Bestätigung findet die prosodische Ähnlichkeit beider Strukturen durch die Studie von De Cat (2002), die eine feine akustische Analyse disloziierter (kindlicher und adulter) französischer Äußerungen durchführt. Die Autorin analysiert zwar nicht explizit die Intonation von Äußerungen mit postverbalen Subjekten, betrachtet diese aber als RD-Konstruktionen. Dass sich diesbezüglich keine systematischen Unterschiede zwischen gedoppelten und nicht-gedoppelten Subjekten zeigen, liefert weitere Evidenz für die Dislokationsanalyse postverbal auftretender Subjekte. Nach der Analyse resumptiv gedoppelter Dislokationen (Kap. 6) wird in Kap. 7 gesondert auf den Erwerb nicht-klitischer Subjekte im Französischen in prä- und postverbaler Position eingegangen. Dabei wird auf die hier diskutierten Zusammenhänge Bezug genommen.

4.4 Zusammenfassung

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131

4.4 Zusammenfassung In Kap. 4.1 wurden allgemeine Annahmen zum kindlichen Spracherwerb präsentiert und diskutiert, die eine Grundlage für die empirische Datenanalyse darstellen. Es wurde gezeigt, dass die Sprachdominanz nicht als (alleinige) Erklärung für die Manifestation von Spracheneinfluss herangezogen werden kann, sondern das Auftreten und die Richtung eines Einflusses an die beteiligten linguistischen Systeme selbst gebunden sind. Weiterhin wurden diverse Bedingungen und Kriterien aus der Literatur diskutiert, bevor für den hier untersuchten Bereich, nämlich den Erwerb von Dislokationsstrukturen durch bilingual deutsch-französische Kinder, konkrete Vorhersagen formuliert wurden. Insgesamt kann das Auftreten eines Spracheneinflusses für diesen Bereich als wahrscheinlich charakterisiert werden. Dies ist zumindest teilweise kompatibel mit den in der Literatur aufgezeigten Ergebnissen, die hervorgebracht haben, dass Kinder, die mit dem Französischen und einer germanischen Sprache (Englisch/Niederländisch) aufwachsen, unter Umständen einen Spracheneinfluss im Dislokationserwerb aufweisen. Dem soll im Rahmen der Datenanalyse nachgegangen werden, um die formulierten Vorhersagen zu bestätigen oder gegebenenfalls zu widerlegen. Kap. 4.2 hat in aller Kürze einige Ergebnisse aus dem mono- und bilingualen Erwerb zentraler syntaktischer Strukturen und informationsstruktureller Eigenschaften zusammengefasst. Während bilingual deutsch-französische Kinder weder in Bezug auf französische Haupt- und Nebensätze noch auf deutsche Hauptsätze eine Erwerbsverzögerung aufweisen, zeigen einige Studien einen verzögernden Spracheneinfluss im deutschen Nebensatz auf. Die bilingualen Kinder weisen mitunter eine höhere ‚Fehlerrate‘ auf als monolingual deutsche Kinder, wobei sich aber kein qualitativer Unterschied zeigt. Ein solcher Spracheneinfluss könnte als problematisch für die vorliegende Studie betrachtet werden, da sich dies in der Möglichkeit der Produktion von Dislokationen in eingebetteten Sätzen niederschlagen könnte. Basierend auf der Literatur sind disloziierte Elemente in deutschen Nebensätzen aber als marginal einzustufen (vgl. Kap. 3.6). Tatsächlich ist dieser potenzielle Spracheneinfluss für die hier durchgeführte empirische Studie unerheblich, da im Deutschen aller Kinder ohnehin kaum Dislokationen auftreten und disloziierte Elemente auch bei den monolingual deutschen Kindern in Nebensätzen beinahe vollständig abwesend sind. In informationsstruktureller Hinsicht konnte gezeigt werden, dass Kinder gewisse Konzepte und Fähigkeiten sehr früh entwickeln. Insbesondere für das hier relevante Konstrukt der Topikalität kann geschlussfolgert werden, dass es im kindlichen Spracherwerb früh bzw. sogar von Beginn an vorhanden ist, sodass informationsstrukturelle Defizite den Erwerb und die Produktion von Dislokationen nicht (negativ) beeinflussen.

132 | 4 Mono- und bilingualer Spracherwerb – Forschungsstand Schlussendlich wurde in Kap. 4.3 auf den Erwerb von Dislokationen sowie von nicht-klitischen Subjekten im Französischen eingegangen. Es wurde gezeigt, dass resumptive Dislokationen sowohl im monolingualen als auch im bilingualen Erwerb des Französischen sehr früh und recht frequent auftreten. In Bezug auf germanische Sprachen konnte verzeichnet werden, dass Dislokationen bei monolingual niederländischen Kindern deutlich seltener sind als im Französischen; im Englischen sind sie sogar beinahe vollständig abwesend. Bilingual französischenglische Kinder weisen, im Gegensatz zu französisch-niederländischen Kindern, einen quantitativen Spracheneinfluss auf, dem zufolge sie Dislokationen etwas häufiger gebrauchen als monolinguale Kinder. Kap. 6 wird der Frage nachgehen, wie es sich diesbezüglich bei deutsch-französischen Kindern verhält. Hinsichtlich des französischen Dislokationserwerbs wurden verschiedene Modelle aufgezeigt und gegenübergestellt. Insbesondere die Annahmen von Ferdinand (1996) sowie von Parisse (2008) und Maillart & Parisse (2008) können anhand der hier untersuchten kindlichen Daten überprüft werden (vgl. Kap. 6). Der Status prä- und postverbal auftretender, nicht-klitischer (nicht-gedoppelter) Subjekte ist in der Literatur umstritten. Aus diesem Grund werden Strukturen mit schweren prä- und postverbalen Subjekten in Kap. 7 gesondert analysiert. Der Standpunkt, dass es sich zumindest bei postverbal auftretenden Subjekten, die im adulten Französischen in der Regel ungrammatisch sind, um disloziierte Elemente handelt, die mit einem resumptiven Nullsubjekt koreferent sind, scheint besonders plausibel. Die Datenanalyse soll herangezogen werden, um diese Position weiter zu untermauern.

5 Die empirische Untersuchung – Methodisches Vorgehen und Darstellung adulter Frequenzen Das vorliegende Kapitel, welches grundlegende Informationen zur durchgeführten empirischen Untersuchung gibt, verfolgt zwei wesentliche Ziele. Einerseits wird das methodische Vorgehen skizziert, welches bei der Datenauswahl und -analyse in beiden empirischen Teilen (Kap. 6 und 7) zugrunde gelegt wurde. Andererseits wird zu Vergleichszwecken die quantitative Distribution nominaler Dislokationen im französischen und deutschen Zielsystem dargestellt, wofür Sprachdaten erwachsener Muttersprachler ausgewertet wurden.

5.1 Datenbasis und -erhebung Zunächst wird die Datenbasis vorgestellt, welche die Grundlage für die empirische Erhebung bildet. Für die vorliegende Studie wurden fünf bilingual deutschfranzösische sowie drei monolingual französische und zwei monolingual deutsche Kinder untersucht. In den im Folgenden präsentierten Abbildungen und Tabellen werden die bilingualen Kinder mit dem Kürzel 2L1 (simultaner Erwerb zweier Erstsprachen) gekennzeichnet, die monolingualen Kinder durch L1 (Erwerb einer Erstsprache). Bei den Korpora handelt es sich um Longitudinalstudien, die somit eine Untersuchung des Entwicklungsverlaufs ermöglichen.

5.1.1 Die bilingualen Korpora Die Daten der bilingualen Kinder stammen aus drei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekten zum kindlichen, simultanbilingualen Spracherwerb unter der Leitung von Prof. Dr. Natascha Müller.¹ Die Studien beginnen im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren und enden mit Vollendung des vierten Lebensjahres der untersuchten Kinder. In diesem Zeitrahmen wurden die Kinder in regelmäßigen Abständen in ihren beiden Sprachen mit Hilfe 1 Frühkindliche Zweisprachigkeit: Italienisch-Deutsch und Französisch-Deutsch im Vergleich (1999-2005); Die Architektur der frühkindlichen bilingualen Sprachfähigkeit: Italienisch-Deutsch und Französisch-Deutsch in Italien, Deutschland und Frankreich im Vergleich (2005-2008); CodeSwitching bei bilingual aufwachsenden Kindern in Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien: Italienisch-Deutsch, Französisch-Deutsch, Spanisch-Deutsch, Italienisch-Französisch, ItalienischSpanisch, Französisch-Spanisch (2009-2013).

134 | 5 Die empirische Untersuchung einer Videokamera aufgenommen, sodass neben dem Sprachmaterial auch Gestik, Mimik und der außersprachliche Kontext berücksichtigt werden können. Die Videoaufnahmen wurden von Muttersprachlern transkribiert und kontrolliert. Die Aufnahmen fanden in der Regel alle 14 Tage für beide Sprachen separat mit einer muttersprachlichen Person der jeweiligen Sprache statt. Ab dem Erreichen eines Alters von vier Jahren wurde aber nur noch eine Aufnahme pro Monat angefertigt. Gelegentlich konnte eine Abweichung vom intendierten Aufnahmeturnus nicht verhindert werden; vereinzelt wurden Aufnahmen auch nur für eine der beiden Sprachen angefertigt. Dies ist meist durch den Gesundheitszustand oder die Sprachbereitschaft des Kindes bedingt. Hierdurch kann sich eine Diskrepanz in der Gesamtanzahl der Aufnahmen für beide Sprachen ergeben. Pro Sprachteil umfassen die Aufnahmen i. d. R. etwa 30 Minuten, wobei gelegentlich die Dauer einzelner Aufnahmen abweichen kann. Da die Aufnahmedauer für die Kinder den zeitlichen Rahmen festsetzt, über welchen die Sprachentwicklung betrachtet wird, kann eine unterschiedliche Aufnahmedauer, wie auch eine divergierende Anzahl an Aufnahmen, zu nicht unerheblichen Unterschieden in den Daten führen. Um eine solche Verzerrung zu vermeiden, werden bei der Auswertung auch die Gesamtdauer und Anzahl aller Aufnahmen berücksichtigt. In Kap. 3.3 wurde bereits angerissen, dass das Wahrnehmen der Aufnahmesituation den natürlichen Sprachgebrauch von beobachteten Personen beeinflussen kann (Ashby, 1994; Labov, 1972). Dieses Problem trifft jedoch auf beinahe jede Form der Beobachtung zur empirischen Datenerhebung zu. Um potenzielle verzerrende Effekte möglichst gering zu halten, wurden die spracherwerbenden Kinder durchweg in spontaner und nicht-formeller Interaktion aufgenommen, wenngleich sie sich natürlich trotzdem ab einem gewissen Alter der Aufnahmesituation bewusst waren. Die Aufnahmen in Frankreich wurden von den beiden Elternteilen des jeweiligen Kindes angefertigt, die in Deutschland hingegen von Projektmitarbeiter(inne)n. Die in Deutschland aufwachsenden Kinder wurden hierbei in aller Regel über mehrere Jahre immer mit dem/den gleichen Interaktionspartner/n aufgenommen, sodass sie sich an diesen gewöhnen konnten. Weiterhin fanden die Aufnahmen stets bei den Familien zu Hause statt, womit ein vertrautes und gewohntes Umfeld gegeben war. Wie schon aus Kap. 2.3.2 hervorging, wachsen alle hier untersuchten bilingualen Kinder nach dem Prinzip eine Person – eine Sprache (vgl. Ronjat, 1913) seit ihrer Geburt zweisprachig auf, sodass jeweils ein Elternteil eine der beiden Sprachen mit dem Kind spricht und dabei auf seine Muttersprache zurückgreift. Die Umgebungssprache und die familiäre Hintergrundsituation variieren aber von Kind zu Kind. Alexander und Amélie wachsen beide mit einer französischsprachigen Mutter und einem deutschsprachigen Vater in Deutschland (Hamburg) auf. Auch Céline wird im Hamburg groß, wobei ihr Vater Franzose und ihre Mut-

5.1 Datenbasis und -erhebung

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135

ter Deutsche ist. Während Alexanders und Célines Familien das Französische als Familiensprache gewählt haben, verwendet Amélies Familie beide Sprachen als Familiensprachen, nach Angaben der Eltern aber häufiger Deutsch als Französisch. Emma und Marie werden in Frankreich (Paris) groß, jeweils mit einem französischen Vater und einer deutschen Mutter. Bei beiden Familien stellt das Französische die Familiensprache dar. Die bilingualen Kinder unterscheiden sich auch hinsichtlich des Verhältnisses ihrer beiden Sprachen zueinander (vgl. Arencibia Guerra, 2008; Eichler, 2011). Amélie ist als einzige als balanciert bilinguales Kind einzustufen, wohingegen die anderen Kinder eine Sprachdominanz oder zumindest eine leichte Tendenz zugunsten einer ihrer beiden Sprachen aufweisen. Während bei Céline eine recht starke (temporäre) Dominanz des Deutschen verzeichnet werden kann, entwickelt sich bei Alexander, Emma und Marie das Französische als stärkere Sprache. Diese Überlegenheit des Französischen ist bei Alexander nur als leichte Tendenz, bei Emma etwas stärker und bei Marie als sehr ausgeprägte Dominanz vorhanden. Wenngleich im Kapitel 4.1.1 gezeigt wurde, dass Sprachdominanz nicht zwangsläufig mit Spracheneinfluss einhergeht, wird im Verlauf der Arbeit dennoch auf eventuelle Zusammenhänge dieser Art geachtet. Aufgrund der geringen Anzahl der untersuchten Kinder sowie der Tatsache, dass die Sprachdominanz nicht im Vordergrund der Studie steht, erweist sich eine systematische Einteilung der Kinder in Gruppen nach sprachlicher Balanciertheit nicht als sinnvoll. Da die Ergebnisse der Datenanalyse immer auch kindspezifisch nachvollziehbar präsentiert werden, wären systematische Zusammenhänge mit einer Sprachdominanz aber direkt sichtbar. Es kann allerdings an dieser Stelle vorweggenommen werden, dass dem Balanciertheitsgrad der bilingualen Kinder in der vorliegenden Untersuchung keine relevante Rolle zukommt. Aus Tab. 5.1 gehen die grundlegenden Informationen in Bezug auf die bilingualen Korpora hervor (dt. = deutsch; frz. = französisch; Aufn. = Gesamtanzahl der untersuchten Aufnahmen; Min. = Gesamtanzahl der Aufnahmeminuten). Die Basis umfasst die sprachspezifische Gesamtanzahl der Äußerungen als Summe über alle Aufnahmen des Kindes in der entsprechenden Sprache. Sprachmischungen sowie abgebrochene Äußerungen, Imitationen und Auswendiggelerntes wurde hierfür nicht berücksichtigt. Schließlich mussten auch Äußerungen ausgeschlossen werden, die unverständliche Elemente enthalten. Für die hier durchgeführte Analyse wurden weiterhin nur finite Deklarativsätze untersucht, wohingegen Fragen, Imperative und infinite sowie verblose Äußerungen nicht einbezogen wurden; auch Äußerungen, deren Sinn bzw. Argumentstruktur (soweit relevant) nicht klar erkennbar sind, wurden nicht berücksichtigt. Die Gesamtanzahl der (eindeutigen) finiten deklarativen Äußerungen, die in der Tabelle in den beiden Spalten ganz rechts dargestellt werden, stellt demnach die Grundlage der durchgeführ-

136 | 5 Die empirische Untersuchung Tab. 5.1. Die analysierten bilingualen Korpora

Alexander Amélie Céline Emma Marie

Altersspanne

Aufn. dt. frz.

Länge (Min.) dt. frz.

dt.

Basis frz.

finite Sätze dt. frz.

2;2,65;2,21 1;6,125;0,16 2;0,95;4,14 1;4,14;11,24 1;9,195;1,23

49

48

1.342

1.449

8.715

9.800

2.856

4.012

69

69

2.078

2.049

12.798

13.343

4.304

5.449

57

56

1.624

1.671

13.369

5.775

5.284

2.066

72

73

2.112

2.015

8.845

8.518

2.612

3.859

32

31

899

832

1.541

5.496

167

2.583

ten Analyse dar. Wann immer in der empirischen Auswertung von untersuchten Äußerungen oder Sätzen die Rede ist, sind also diese finiten Deklarativsätze gemeint. Von allen Kindern insgesamt betrachtet findet die früheste Sprachaufnahme im Alter von 1;4 Jahren (bei Emma) statt, wohingegen die späteste Aufnahme im Alter von 5;4 (bei Céline) durchgeführt wird. Dies legt die maximale Altersspanne fest, die sich für die vorliegende Untersuchung ergibt.

5.1.2 Die monolingualen Korpora Die Daten eines der monolingual deutschen Kinder, Chantal, stammen ebenfalls aus den oben genannten Forschungsprojekten. Chantal wächst in Lübeck auf und wurde, wie die bilingualen Kinder, zunächst im Abstand von 14 Tagen aufgenommen, ab Vollendung des dritten Lebensjahres aber nur noch einmal im Monat. Die ersten 36 Aufnahmen (bis zum Alter von 3;3 Jahren) umfassen 45 Minuten, ab 3;4 dauert jede Sprachaufnahme etwa 30 Minuten. Die anderen monolingualen Korpora sind der Online-Datenbank Child Language Data Exchange System (CHILDES)² entnommen (MacWhinney, 1995; MacWhinney & Snow, 1985). Das monolingual deutsche Kind Cosima wurde, wie auch aus Tab. 5.2 hervorgeht, im Alter zwischen 1;8 und 5;4 Jahren analysiert, wobei der hier ausgewählte Alterszeitraum lediglich einen Ausschnitt aller verfügbaren Aufnahmen darstellt, der aus Gründen der Vergleichbarkeit mit den anderen Studien festgelegt wurde. Auch Cosima wurde i. d. R. ein bis zweimal, vereinzelt auch dreimal im Monat

2 http://childes.psy.cmu.edu

5.1 Datenbasis und -erhebung

|

137

gefilmt. Informationen über ihren Geburts- bzw. Wohnort innerhalb von Deutschland liegen nicht vor. Die Daten der monolingual französischen Kinder, die allesamt in Paris aufwachsen, entstammen ebenfalls der CHILDES-Datenbank. Léonard wurde etwa einmal im Monat aufgenommen. Die Aufnahmen dieses Korpus enden bereits im Alter von 3;2 Jahren und somit deutlich früher als die der bilingualen Kinder. Das französische Mädchen Madeleine wurde ebenfalls etwa einmal pro Monat aufgenommen. Madeleines Studie beginnt sehr früh, nämlich mit einem Alter von 1;0,5 Jahren. Es zeigt sich jedoch, dass das Mädchen in den ersten Aufnahmen keinerlei finite Äußerungen produziert, welche die Grundlage dieser empirischen Untersuchung darstellen. Deshalb wird hier nur der Zeitraum ab einem Alter von 1;4 berücksichtigt, in welchem auch die ersten Aufnahmen der bilingualen Kinder einsetzen. Die Untersuchung von Madeleine endet – ähnlich wie die der bilingualen Kinder – im Alter von etwa fünf Jahren. Wie die Aufnahmen von Léonard enden auch die des dritten französischen Kindes, Philippe, recht früh (mit 3;3). Das Korpus umfasst aber deutlich mehr Aufnahmen, da teilweise bis zu fünf Aufnahmen im Monat gemacht wurden. Insgesamt weisen die Korpora der einsprachigen französischen Kinder eine geringere Anzahl an Sprachaufnahmen auf als die der anderen Kinder, sind mit ca. 60 Minuten jedoch doppelt so lang. Auch dies ist ein Grund, weshalb die Aufnahmedauer bei der Darstellung und Auswertung der Sprachdaten berücksichtigt werden muss.³ Die grundlegenden Informationen in Bezug auf die untersuchten monolingualen Kinder werden aus Tab. 5.2 ersichtlich. Tab. 5.2. Die analysierten monolingualen Korpora

Léonard Madeleine Philippe Chantal Cosima

Sprache

Altersspanne

Französisch Französisch Französisch Deutsch Deutsch

1;8,9-3;2,25 1;4,18-4;10,3 2;1,9-3;3,12 1;10,18-5;0,11 1;8,13-5;4,23

Aufn. 13 25 33 58 64

Länge (Min.)

Basis

finite Sätze

721 1.512 2.000 2.333 2.005

3.264 8.589 7.176 16.989 10.902

1.251 4.776 5.060 3.903 4.418

3 Weitere Informationen zu den Korpora und der Sprachentwicklung von Léonard und Madeleine können in Morgenstern (2006, 2009), Morgenstern & Parisse (2007), Morgenstern & Sekali (2009) und Leroy et al. (2009) nachgelesen werden. Für nähere Informationen zu dem Korpus und der Sprachentwicklung von Philippe wird auf Suppes et al. (1974) verwiesen.

138 | 5 Die empirische Untersuchung 5.1.3 Die adulten Korpora Neben den kindlichen Sprachdaten werden, wie bereits angerissen wurde, stichprobenartig auch spontane Sprachdaten erwachsener monolingualer Sprecher ausgewertet. Für die Erwachsenen wurden, genauso wie für die untersuchten Kinder, nur finite, deklarative Äußerungen in die Analyse einbezogen, welche weder abgebrochen, imitiert oder unverständlich sind noch Sprachmischungen enthalten. Die Erwachsenendaten stammen einerseits aus Gesprächen zwischen Erwachsenen und andererseits aus Erwachsenen-Kind-Interaktionen. Dies wurde bewusst gewählt, um einerseits das ‚realistische‘ Erwachsenensystem abzubilden und andererseits den Input, dem Kinder ausgesetzt sind, exemplarisch darzustellen. Hintergrund hierfür ist, dass es unter Umständen sprachliche Unterschiede in Abhängigkeit davon geben kann, ob Erwachsene mit einem anderen Erwachsenen oder mit einem Kind reden. In diesem Zusammenhang wurden ‚simplifizierte‘ Sprachvarietäten identifiziert, die speziell die kindgerichtete Sprache widerspiegeln, welche auch als motherese oder babytalk bezeichnet werden (vgl. Erwin-Tripp & Strage, 1985; Hornstein & Lightfoot, 1981; Snow & Ferguson, 1977). Wenn Dislokationen eine sprachliche Vereinfachungsstrategie darstellen (vgl. z. B. Maillart & Parisse, 2008; Parisse, 2008), könnte dies bei adulten Sprechern zu einem erhöhten Gebrauch von Dislokationen in kindgerichteter Sprache führen. Weiterhin beobachten Notley et al. (2007), dass französische Erwachsene in Interaktion mit jungen Kindern mehr Rechts- als Linksdislokationen produzieren, wohingegen sie im Gespräch mit Erwachsenen eher die Linksdislokation bevorzugen. Um Zusammenhängen dieser Art nachzugehen, soll sowohl kindgerichtete als auch an Erwachsene adressierte Sprache adulter Muttersprachler des Französischen und Deutschen stichprobenartig ausgewertet werden. Hierfür wird auf in den drei genannten Forschungsprojekten erhobene Daten zurückgegriffen. Für das Französische wurden Daten vier erwachsener Muttersprachler ausgewertet. Bei Christine, Lorraine und Christian handelt es sich um die französischsprachigen Elternteile einiger in der vorliegenden Studie analysierter Kinder.⁴ Während Christine und Lorraine in Deutschland wohnen, lebt Christian in Frankreich. Daraus resultiert, dass die beiden Mütter recht gut Deutsch sprechen, wohingegen Christian das Deutsche kaum beherrscht. Bei Estelle handelt es sich um eine französische Mitarbeiterin des zweiten obengenannten Forschungsprojekts, die ebenfalls in Deutschland wohnt und gut Deutsch spricht. Sie hat regelmäßig französische Aufnahmen mit den Kindern durchgeführt.

4 Christine ist Amélies Mutter, Lorraine ist Alexanders Mutter und Christian ist Emmas Vater.

5.1 Datenbasis und -erhebung

|

139

Für das Deutsche wurde auf Sprachdaten dreier Erwachsener zurückgegriffen. Bei zwei der Personen handelt es sich wieder um Elternteile der hier untersuchten Kinder, nämlich um Amélies Vater Gerfried und Alexanders Vater Heinz. Wie oben bereits ausgeführt wurde, leben beide Familien in Deutschland, wobei Gerfried auch das Französische als Fremdsprache gut beherrscht. Die dritte adulte Sprecherin ist die Projektleiterin Natascha, die als monolinguale Muttersprachlerin des Deutschen diverse deutsche Aufnahmen mit den Kindern durchgeführt hat und sehr gute Kenntnisse des Französischen als Fremdsprache aufweist. Für die Analyse der Konversation zwischen erwachsenen Sprechern im Französischen wurden zwei Interviews herangezogen, die mit den Eltern von Alexander und Amélie durchgeführt wurden. Diese Aufnahmen, die spontane Konversationen über sich natürlich ergebende Themen darstellen, wurden jeweils gemeinsam mit den beiden Elternteilen eines Kindes und der französischen Mitarbeiterin Estelle durchgeführt. Bei der Auswertung für das Französische wurden ausschließlich die Daten der muttersprachlichen Französinnen (Christine, Lorraine und Estelle) berücksichtigt. Für die Analyse kindgerichteter französischer Sprache wurden einerseits die französischen Daten von Christian analysiert, der in Frankreich regelmäßig in Interaktion mit seiner bilingualen Tochter Emma gefilmt wurde. Mit ihm wurde jedoch kein Interview durchgeführt, sodass der direkte Vergleich zwischen an Kinder und Erwachsene gerichtete Sprache von ein und derselben Person basierend auf den Sprachdaten der Eltern nicht gewährleistet werden kann. Weiterhin wurde der kindgerichtete Sprachgebrauch von Estelle analysiert. Sie ist einerseits in den französischen Elterninterviews mit Christine und Lorraine gefilmt worden, andererseits aber auch regelmäßig in Interaktion mit dem bilingualen Mädchen Amélie, bei der sie die französischen Aufnahmen durchgeführt hat. Hiermit ist auch ein direkter, intra-individueller Vergleich zwischen an Kinder und an Erwachsene adressierter französischer Sprache möglich. Von Estelle liegen demnach drei verschiedene Datenquellen vor: (I) ein Interview mit Christine, (II) ein Interview mit Lorraine und (III) regelmäßige Aufnahmen mit Amélie. Die Datenbasis des adulten Französischen wird in Tab. 5.3 zusammengefasst. Auch für das Deutsche konnten Interviews für die Interaktion zwischen Erwachsenen herangezogen werden, die aber z. T. sehr kurz sind. Während das deutsche Interview von Heinz mit einer Französin (Estelle) geführt wurde, die das Deutsche aber sehr gut beherrscht, fand das Interview von Gerfried mit der deutschen Muttersprachlerin Natascha statt. Für die kindgerichtete Interaktion wurde der Sprachgebrauch der Projektleiterin Natascha analysiert, die sowohl in einem der Elterninterviews zu sehen ist, als auch regelmäßig in deutschsprachigen Aufnahmen in Erwachsenen-Kind-Interaktion auftritt. Für die Daten von Natascha gibt es also zwei verschiedene Datenquellen: (I) ein Gespräch mit Gerfried und

140 | 5 Die empirische Untersuchung Tab. 5.3. Die analysierten Daten erwachsener französischer Muttersprachler in Interaktion mit Christine Lorraine Estelle (I) Estelle (II) Estelle (III) Christian

Erwachsenem (Frz. L1) Erwachsenem (Frz. L1) Erwachsenem (Frz. L1) Erwachsenem (Frz. L1) Kind (Frz./Dt. 2L1) Kind (Frz./Dt. 2L1)

Länge (Min.)

finite Sätze

30 29 29 30 252 288

298 312 135 223 1.377 1.075

(II) regelmäßige Aufnahmen mit Amélie. Die Datenbasis für die Untersuchung der erwachsenen Sprecher des Deutschen geht aus Tab. 5.4 hervor. Tab. 5.4. Die analysierten Daten erwachsener deutscher Muttersprachler in Interaktion mit Gerfried Heinz Natascha (I) Natascha (II)

Erwachsenem (Dt. L2, Frz. L1) Erwachsenem (Dt. L1) Erwachsenem (Dt. L1) Kind (Dt./Frz. 2L1)

Länge (Min.) 32 14 32 264

finite Sätze 268 103 177 1.304

Für die sprachlichen Stichproben wurde vorab ein Minimum von 1.000 Äußerungen pro Erwachsenem festgelegt. Dieses konnte für die Interaktion zwischen Erwachsenen allerdings nicht erreicht werden, da die kompletten Elterninterviews nur zwischen etwa 100 und 300 finite Äußerungen pro Person und Gespräch liefern (vgl. Tab. 5.3 und 5.4). In den Longitudinalstudien wurden für das Französische 9 Aufnahmen von Estelle (III) und 11 Aufnahmen von Christian analysiert, für das Deutsche 9 Aufnahmen von Natascha (II). Hierbei wurde die Auswertung nicht genau nach 1.000 Äußerungen abgebrochen, sondern es wurden jeweils ganze Aufnahmen untersucht. Basierend auf der Annahme, dass der Gebrauch, den Erwachsene von Dislokationen sowie sprachlichen Strukturen generell machen, u. a. vom Alter/Entwicklungsstand des Kindes abhängen kann, wurden die Stichproben der Erwachsenen-Kind-Interaktionen von Estelle (III), Christian und Natascha (II) über den Untersuchungszeitraum verteilt, sodass sie etwa die gesamte Untersuchungsperiode des Kindes abdecken. Hierzu wurden jeweils die erste und die letzte Aufnahme der Korpora gewählt und die übrigen Stichproben in Abhängigkeit vom Alter der Kinder annähernd gleichmäßig verteilt. Da Estelle und Natascha die französischen bzw. deutschen Aufnahmen bei dem selben Kind (Amélie) gemacht ha-

5.2 Untersuchungsgegenstand und Kategorisierung

| 141

ben, wurde hier angestrebt, die jeweils am selben Tag angefertigten Aufnahmen in beiden Sprachen zu untersuchen. Hiervon musste in einigen Fällen abgewichen werden, da gelegentlich ein anderer Interaktionspartner ausnahmsweise die Aufnahme übernommen hat.⁵ Die jeweils ersten drei analysierten Aufnahmen von Estelle (III) und Natascha (II) wurden als sogenannte Minitranskripte angefertigt. Das bedeutet, dass Passagen, in denen das Kind längere Zeit nicht redet, bei der Transkription ausgelassen bzw. durch [...] gekennzeichnet werden. Hieraus ergibt sich die vergleichsweise niedrigere Anzahl finiter Äußerungen der adulten Sprecher in diesen Aufnahmen. Die Auswertung der adulten Sprachdaten des Französischen und Deutschen erfolgt in Kap. 5.4, bevor in Kap. 6 und 7 auf die Kinderdaten eingegangen wird.

5.2 Untersuchungsgegenstand und Kategorisierung Im vorangegangenen Abschnitt wurde bereits erörtert, welche Äußerungen generell für die vorliegende Studie berücksichtigt bzw. ausgeschlossen wurden. Hier soll nun noch genauer darauf eingegangen werden, wie die in die Analyse einfließenden finiten Deklarativsätze kategorisiert und feiner unterteilt wurden. Das methodische Vorgehen bzw. die Kategorisierung der Äußerungen unterscheidet sich in den beiden empirischen Teilen (I und II) voneinander. Wie bereits erörtert wurde, wird in der Literatur kontrovers diskutiert, ob die resumptive Wiederaufnahme eines peripheren Elements eine notwendige Bedingung zur Identifizierung der entsprechenden Struktur als Dislokation ist (vgl. Kap. 3.2). Selbst wenn das der Fall sein sollte, wie von zahlreichen Autoren diskutiert wird, wird dies in der Analyse kindlicher Sprache verkompliziert: Möglicherweise lassen Kinder resumptive Elemente besonders in frühen Erwerbsphasen aus, sodass das Resumptivum als Kriterium eventuell nicht ausreichend ist. Speziell für französische prä- und postverbale (nicht-klitische) Subjekte im Spracherwerb wurde vorgeschlagen, dass es sich hier um Dislokationen handelt, in denen das Subjekt mit einem ausgelassenen Resumptivum koreferent ist (vgl. Kap. 4.3.3). Aufgrund der bislang nicht vollständig geklärten Frage, was genau im kindlichen Sprachgebrauch als Dislokation interpretiert werden kann, wird in der

5 Für die Auswertung von Estelles Daten wurden aus Amélies französischem Korpus die Aufnahmen 1, 2, 11, 21, 32, 43, 52, 63 und 69 ausgewählt, während die Analyse von Christians Daten aus Emmas französischem Korpus die Aufnahmen 1, 2, 18, 30, 43, 50, 51, 64, 68, 72 und 73 umfasst. Für die Analyse von Nataschas Daten wurden aus Amélies deutschem Korpus die Aufnahmen 1, 3, 12, 21, 32, 43, 52, 64 und 69 analysiert.

142 | 5 Die empirische Untersuchung vorliegenden Arbeit eine Zweiteilung der Empirie vorgenommen. In einem ersten Schritt wird davon ausgegangen, dass nur solche Äußerungen eindeutig als Dislokationen identifiziert werden können, die eine resumptive Aufnahme einer linksoder rechtsversetzten Konstituente aufweisen. Das Resumptivum ist somit zunächst einmal das ausschlaggebende Kriterium, welches zur Identifizierung von Dislokationsstrukturen herangezogen wird. Erst in einem zweiten Schritt werden auch präverbale und postverbale (nicht-klitische) Subjekte im Französischen genauer betrachtet und hinsichtlich der Frage diskutiert, ob es sich bei ihnen ebenfalls um disloziierte Elemente handelt. In Kap. 6 liegt der Fokus demzufolge auf nominalen Dislokationen im Allgemeinen, in Kap. 7 hingegen auf Subjekten im Französischen. Disloziierte Elemente nicht-nominaler Natur werden in beiden empirischen Kapiteln nicht berücksichtigt. Im ersten Teil der empirischen Untersuchung wird also differenziert zwischen nominalen Dislokationen mit resumptiver Doppelung und allen anderen Äußerungen. Die Strukturen, die hiernach als eindeutige Dislokationen eingestuft werden, können feiner unterschieden werden hinsichtlich der grammatischen Funktion des disloziierten Elements (Subjekt/Objekt) und der betroffenen Peripherie (links/rechts). Somit kann unterschieden werden zwischen Subjekt-Linksdislokationen (53a), Subjekt-Rechtsdislokationen (53b), ObjektLinksdislokationen (53c) und Objekt-Rechtsdislokationen (53d). (53)

a. L’hommei /luii /Pauli , ili lit un livre Der Manni /deri /Pauli , deri liest ein Buch b. Ili lit un livre, l’hommei /luii /Pauli Deri liest ein Buch, der Manni /deri /Pauli c. L’hommei /luii /Pauli , elle lei regarde Den Manni /ihni /Pauli , sie schaut ihni an d. Elle lei regarde, l’hommei /luii /Pauli Sie schaut ihni an, den Manni /ihni /Pauli

Die gedoppelten nominalen Konstituenten können dabei verschiedene Formen annehmen, nämlich die einer DP/NP, eines starken Pronomens oder eines Eigennamens. Im Fall der DP/NP handelt es sich um lexikalische Nomen, die optional mit verschiedenen Arten von Determinierern auftreten können (d. h. mit definiten oder indefiniten Artikeln, demonstrativen, possessiven oder numeralen Begleitwörtern oder Quantifizierern).⁶ Starke Pronomen können entweder Personal-

6 Besonders im frühen Spracherwerb werden von Kindern häufig nackte Nomen (engl. bare nouns) geäußert, die eigentlich einen Determinierer erfordern würden. Ob die Kinder jedoch sol-

5.3 Konkrete Methoden bei der Datenauswertung | 143

pronomen oder Demonstrativa sein, während Eigennamen Personen- und Ortsbezeichnungen, aber auch Elemente wie mama, papa etc. einschließen. In Kap. 6 wird also nur zwischen Dislokationen der hier dargestellten Art und allen anderen Äußerungen unterschieden. Somit wird das generelle Auftreten resumptiver Dislokationen in den Korpora sichtbar und untereinander vergleichbar. In Bezug auf die anderen Äußerungen kann jedoch für das Französische nicht zweifelsfrei gesagt werden, dass sie keine Dislokationen darstellen. Hierfür dient der zweite Schritt der empirischen Untersuchung (Kap. 7). Dort wird die Debatte aufgegriffen, wie nicht-gedoppelte prä- und postverbale Subjekte im Französischen analysiert werden sollten. Hierbei ist umstritten, ob nicht-klitische, nichtgedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen als Argumente des Satzes zu interpretieren sind, wie in (54a,b) dargestellt, oder als disloziierte Subjekte, die mit einem koreferenten Nullsubjekt einhergehen (54c,d). (54)

a. L’homme/lui/Paul lit un livre Der-Mann/er/Paul liest ein Buch b.

* Lit un livre l’homme/lui/Paul Liest ein Buch der-Mann/er/Paul

c. L’hommei /luii /Pauli , ∅i lit un livre Der-Mann/er/Paul (er) liest ein Buch d. ∅i lit un livre, l’hommei /luii /Pauli (Er) liest ein Buch der-Mann/er/Paul Für den zweiten Teil der empirischen Untersuchung werden also solche Subjekte, die nicht durch ein klitisches Pronomen repräsentiert werden und nicht mit einem solchen koreferent sind, separat betrachtet und diskutiert, wobei dies ausschließlich auf das Französische beschränkt ist.

5.3 Konkrete Methoden bei der Datenauswertung In diesem Abschnitt wird kurz auf einige spezifische Methoden eingegangen, die in den empirischen Kapiteln herangezogen werden. Hierunter fallen die verschiedenen Möglichkeiten des Vergleichs der Kinder untereinander bzw. der beiden Sprachen innerhalb eines Kindes sowie statistische Auswertungen der sprachlichen Daten.

che NPn oder (zielsprachliche) DPn produzieren, spielt für die Identifizierung einer Struktur als nominale Dislokation keine Rolle.

144 | 5 Die empirische Untersuchung 5.3.1 Der MLU als Vergleichsbasis für die kindlichen Sprachdaten In der Literatur konnte gezeigt werden, dass das Alter oftmals kein Maßstab ist, anhand dessen sich Kinder in sprachlicher Hinsicht gut miteinander vergleichen lassen, da der Erwerb bestimmter grammatischer Phänomene zwar i. d. R. an die generelle Sprachentwicklung, aber nicht unbedingt an das konkrete Alter eines Kindes gebunden ist. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, dass der MLU, der in Kap. 4.1.1 bereits als verlässliches Kriterium der Sprachdominanz eingeführt wurde, oftmals eine zuverlässigere Vergleichsbasis darstellt als das Alter, da er von individuellen, kindspezifischen Unterschieden abstrahiert (vgl. z. B. Crain & Lillo-Martin, 1999) und die allgemeine sprachliche Entwicklung widerspiegelt. Das Alter spracherwerbender Kinder sagt somit nicht zwangsläufig etwas über ihren Fortschritt im Erwerbsprozess aus, wohingegen ein Zusammenhang zwischen der MLU-Entwicklung und einer generellen Spracherwerbsentwicklung oft bestätigt wurde. Deshalb wird in der vorliegenden Studie als Vergleichsbasis für die Kinder überwiegend der MLU herangezogen, wenngleich gelegentlich auch Informationen bezüglich des Alters geliefert werden und einzelne Untersuchungen durchaus auf dem Alter der Kinder beruhen. Für die Berechnung des MLU, also der durchschnittlichen Äußerungslänge, gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Im Rahmen der Forschungsprojekte, aus denen der Großteil der hier analysierten Korpora hervorgeht, wird auf den wortbasierten MLU zurückgegriffen (im Gegensatz zu einer morphem- oder silbenbasierten Berechnung). Der MLU drückt hier somit die durchschnittliche Äußerungslänge gemessen in der Anzahl der Wörter aus. Um die Kinder auf der Basis ihres MLU miteinander zu vergleichen, werden Phasen gebildet, von dem minimalen MLU von 1 beginnend in 0,5er-Schritten aufwärts. Die höchste in der vorliegenden Studie erreichte MLU-Phase ist die von 7-7,49, welche keines der Kinder im Erwerbsverlauf innerhalb der Untersuchungsperiode jemals überschreitet. Hieraus ergeben sich insgesamt 13 MLU-Phasen. Da der MLU hier als ein die Sprachkompetenz widerspiegelndes Phänomen betrachtet wird, markiert jeweils das erstmalige Auftreten eines MLU-Wertes den Beginn der entsprechenden Phase, die so lange andauert, bis der erste MLU-Wert einer höheren Phase auftritt. Innerhalb der einzelnen Phasen wird dann der Mittelwert gebildet. Zu beachten ist, dass nicht jedes Kind für jede MLU-Phase in seinen Sprachaufnahmen Werte aufweist. So können Kinder z. B. zu Beginn der Untersuchungsperiode bereits einen höheren MLU aufweisen, für einzelne MLU-Phasen keine Evidenz zeigen, oder bis zum Ende der untersuchten Spanne in einer niedrigeren MLU-Phase ‚verharren‘. Bei der visuellen Darstellung werden in dem Fall, dass die Werte einer oder mehrerer MLUPhasen in der Mitte der verzeichneten Sprachentwicklung fehlen, diese Werte in den Liniendiagrammen interpoliert.

5.3 Konkrete Methoden bei der Datenauswertung | 145

5.3.2 Berechnung statistischer Signifikanzen In der vorliegenden empirischen Datenauswertung werden mitunter auch statistische Datenanalysen durchgeführt. Diese Berechnungen können entweder der Überprüfung dienen, ob es sich bei augenscheinlichen, beobachtbaren Unterschieden tatsächlich um signifikante Diskrepanzen handelt, oder um Muster aufzuzeigen, die statistisch signifikant sind, obwohl aus den beobachteten Werten bei bloßer Betrachtung keine starken Abweichungen sichtbar werden. Hierbei können die statistischen Berechnungen aber nicht als eindeutige ‚Beweise‘ gesehen werden, sondern lediglich unterstützend herangezogen werden. Dies beruht auch auf der Tatsache, dass hier die Daten von nur zehn Kindern ausgewertet wurden. Wenngleich große Datenmengen in Form einzelner Aufnahmen und Äußerungen in die Arbeit einfließen, handelt es sich hierbei doch um abhängige Stichproben, wenn beispielsweise die Entwicklung innerhalb der Individuen betrachtet wird. Für eine aus statistischer Sicht repräsentative Studie müsste demnach auf wesentlich größere Datenmengen zurückgegriffen werden, was in der Regel nur in Querschnittstudien möglich ist. Dennoch soll an Stellen, wo dies sinnvoll erscheint, eine statistische Analyse zusätzlich herangezogen werden, um aufgestellte Hypothesen oder beschriebene Zusammenhänge weiter zu untermauern oder gegebenenfalls ihre Validität einzuschränken. Die statistischen Analysen in der vorliegenden Arbeit wurden mit Hilfe des Statistik-Programms R durchgeführt. Da keine Normalverteilung der Daten gegeben ist, konnte auf parametrische Tests wie z. B. den t-Test nicht zurückgegriffen werden. Als Signifikanz-Test wurde deshalb der nicht-parametrische MannWhitney-U-Test ausgewählt, der zudem auch bei niedrigen Stichprobengrößen angewandt werden kann. Je nach der Art der Hypothese wurden für die betroffenen Bereiche entweder einseitige Tests (für gerichtete Hypothesen) oder zweiseitige Tests (für ungerichtete Hypothesen) durchgeführt, wobei die Tests je nach Anwendungsbereich entweder auf verbundene oder unverbundene Stichproben bezogen wurden; die entsprechenden Informationen sind jeweils zusammen mit den statistischen Kennwerten vermerkt. Das α-Niveau beträgt 0.05. Vereinzelt wurden bei Bedarf auch andere statistische Analysen herangezogen, wie der Chi-Quadrat-Test auf Signifikanz sowie die Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson. Hierauf wird in den entsprechenden Abschnitten explizit hingewiesen. Um das Problem zu umgehen, dass die Analyse der individuellen Kinder auf unterschiedlich vielen und langen Aufnahmen basiert, wurden (wenn nötig) die Daten den Aufnahmeminuten angeglichen. Somit dient die absolute Aufnahmelänge als objektive Vergleichsbasis, wodurch eine Vergleichbarkeit zwischen den Kindern gewährleistet wird.

146 | 5 Die empirische Untersuchung

5.4 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher In diesem Abschnitt werden die als Vergleichsbasis erhobenen erwachsenensprachlichen Äußerungen im Hinblick auf Dislokationen ausgewertet. Im Gegensatz zur Kindersprache muss bei Erwachsenen weder vom Auftreten nichtzielsprachlicher Phasen ausgegangen werden (z. B. postverbale Subjekte), noch von einer nicht vollständig erworbenen Realisierung von Subjekten und Objekten (z. B. nicht-zielsprachliche Nullsubjekte). Aus diesem Grund wird hier dem methodischen Vorgehen von Teil I der empirischen Untersuchung der Kinderdaten gefolgt, d. h. es werden nur resumptiv gedoppelte Subjekte und Objekte als Dislokationen gewertet.

5.4.1 Dislokationen im Französischen erwachsener Sprecher Abb. 5.1 zeigt das quantitative Auftreten von Dislokationen bei den hier untersuchten adulten Sprechern des Französischen. In dieser wie auch in den nachfolgenden Abbildungen wird die relative Häufigkeit dargestellt, wobei zusätzlich auch die absoluten Werte angegeben werden. Um mögliche Unterschiede in Abhängigkeit vom Adressaten (Erwachsener/Kind) aufzudecken, wird hierbei auch zwischen an Erwachsene und an Kinder gerichteter Sprache differenziert. Zwischen 8 % und 24 % aller finiten, deklarativen Äußerungen im adulten Französischen enthalten eine disloziierte nominale Konstituente. Hiermit sind Dislokationen zwar nicht selten, aber auch nicht so frequent, wie es in der Literatur z. T. beschrieben wird. Der Mittelwert der relativen Häufigkeit nominaler Dislokationen im Vergleich zur Gesamtzahl aller finiten Äußerungen über die vier Erwachsenen hinweg beträgt 15,8 %. Basierend auf der Literatur wäre ein wesentlich höherer Anteil an Dislokationen zu erwarten, nach De Cat (2002) nämlich ca. 30 %. Die Autorin bezieht jedoch alle Kategorien ein, z. B. auch gefrontete Adverbien, PPn etc. Dass in der vorliegenden Studie ausschließlich disloziierte Subjekte und Objekte berücksichtigt werden, erklärt demnach die vergleichsweise geringe Häufigkeit. Dennoch zeigt sich, dass Dislokationen ein fester Bestandteil des französischen Erwachsenensystems sind. Aus Abb. 5.1 geht auch eine gewisse Variation hervor. Christian produziert deutlich mehr Dislokationen als die anderen drei Sprecher. Interessanterweise ist er in der Erhebung die einzige Person, die in Frankreich lebt und kaum Deutsch spricht, und gleichzeitig der einzige männliche Sprecher. Möglicherweise haben also die Umgebungssprache, der Grad der Beherrschung des Deutschen und/oder das Geschlecht des Sprechers einen Einfluss auf den Dislokationsgebrauch im Französischen. Aufgrund der geringen Gruppengröße kann hierzu keine statisti-

5.4 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher |

147

100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50%

269 (90,27%)

287 (91,99%)

119 (88,15%)

203 (91,03%)

1.185 (85,87%)

821 (76,09%) keine Dislokation Dislokation

40% 30% 20% 10% 0%

29 (9,73%)

25 (8,01%)

16 (11,85%)

20 (8,97%)

Lorraine Christine Estelle (I) Estelle (II) an Erwachsene gerichtete Sprache

195 (14,13%)

258 (23,91%)

Estelle (III) Christian kindgerichtete Sprache

Abb. 5.1. Häufigkeit nominaler Dislokationen im adulten Französischen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat

sche Analyse herangezogen werden. Derartige Zusammenhänge sollten sich dann aber auch in den Kinderdaten widerspiegeln. Die Untersuchung in Kap. 6 wird jedoch zeigen, dass weder die Umgebungssprache bzw. die Sprachkompetenz im Deutschen noch das Geschlecht der Kinder einen Einfluss auf den Gebrauch von Dislokationen hat. Die Abbildung suggeriert zwar ansatzweise, dass Erwachsene mehr Dislokationen verwenden, wenn sie mit Kindern sprechen, als wenn sie mit anderen Erwachsenen kommunizieren; dies gilt aber nur in eingeschränktem Maße. So ist der Unterschied zwischen Estelle (I) und Estelle (III) mit ca. 12 % zu 14 % minimal ausgeprägt und die Diskrepanzen gehen maßgeblich auf Christians hohen Dislokationsgebrauch zurück. Eine statistische Analyse zeigt, dass es in Bezug auf Gespräche mit Kindern und Erwachsenen weder signifikante Unterschiede hinsichtlich der Dislokationen (W=3, p=0.8; n1 =2, n2 =4; zweiseitig) noch im Hinblick auf nicht-disloziierte Äußerungen gibt (W=7, p=0.267; n1 =2, n2 =4; zweiseitig). Vermutlich sind es also eher individuelle Unterschiede, denen zufolge Christian häufiger Dislokationen verwendet als die anderen Sprecher. Da die Daten von Christian und Estelle (III) Stichproben einer Longitudinalstudie darstellen, kann hier auch die Hypothese überprüft werden, dass Dislokationen besonders im Gespräch mit jungen Kindern häufiger verwendet werden.

148 | 5 Die empirische Untersuchung Dafür zeigt Abb. 5.2 das Auftreten der Dislokationen in Abhängigkeit vom Alter der Kinder. Hierfür wurden die Aufnahmen im Intervall von sechs Monaten der jeweiligen Altersstufe zugeteilt, in der die Kinder sich zum Zeitpunkt der Aufnahme befanden. Wurde für eine Altersstufe mehr als eine Aufnahme ausgewertet (weil zum Beispiel wenig Sprachmaterial geäußert/transkribiert wurde), wurden die Werte für die entsprechende Altersstufe zusammengezogen. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

79

65

50%

139 164

58

164

174

77

66

69

197

130

248 132

78 166

keine Dislokation Dislokation

40% 30%

1;6

2;0

2;6

3;0

3;6

4;6

Christian

10 17 Estelle (III)

Christian

Christian

4;0

Estelle (III)

50

25

Estelle (III)

26

46 23 Christian

Christian

Christian

Christian

Estelle (III)

0%

25

34

28

25

Estelle (III)

25

4

Christian

9

58

Estelle (III)

48

Estelle (III)

10%

Estelle (III)

20%

5;0

Altersstufe des Kindes (Jahre;Monate)

Abb. 5.2. Häufigkeit nominaler Dislokationen im adulten, kindgerichteten Französischen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes

Während Christian in der niedrigsten und höchsten Altersstufe etwas weniger Dislokationen (ca. 11-12 %) und dazwischen deutlich mehr (bis hin zu 38 %) produziert, zeigt Estelle ein durchweg einheitliches Verhalten. Auch sie äußert jedoch in der ersten und letzten Altersstufe etwas weniger Dislokationen. Insgesamt zeigt sich keine eindeutige Entwicklung, der zufolge die Dislokationsrate des Erwachsenen vom Alter des Kindes abhängt. Dies ist kompatibel mit dem oben erzielten Ergebnis, dass adulte Sprecher in der Konversation mit Kindern nicht generell mehr Dislokationen gebrauchen als mit erwachsenen Interaktionspartnern.

5.4 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher |

149

Nach der allgemeinen Frequenz wird nun auf die Verteilung disloziierter Konstituenten hinsichtlich ihrer grammatischen Funktion (Subjekt/Objekt) eingegangen, welche aus Abb. 5.3 hervorgeht. 100% 90%

3 (10,34%)

1 (6,25%)

1 (5,0%)

21 (10,66%)

17 (6,59%)

80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40%

26 (89,66%)

25 (100%)

15 (93,75%)

19 (95,0%)

Estelle (I)

Estelle (II)

Objektdislokation 176 (89,34%)

241 (93,41%)

Subjektdislokation

30% 20% 10% 0% Lorraine

Christine

an Erwachsene gerichtete Sprache

Estelle (III)

Christian

kindgerichtete Sprache

Abb. 5.3. Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im adulten Französischen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat

Hier werden nur die Äußerungen mit Dislokationen abgebildet und miteinander verglichen, was z. T. zu niedrigen absoluten Werten führt. Es wird deutlich, dass zwar – mit Ausnahme von Christine – alle adulten monolingualen Sprecher sowohl Subjekte als auch Objekte disloziieren, Subjekte jedoch bei allen mit 80-100 % den größten Anteil ausmachen. Diese Vorherrschaft der Subjektdislokation ist im Einklang mit der in der Literatur beschriebenen Beobachtung, dass das Subjekt im Französischen generell die am häufigsten disloziierte Kategorie darstellt. Darüber hinaus zeigt sich, dass es im Hinblick auf Subjekt- und Objektdislokationen keine systematischen Unterschiede zwischen ErwachsenenInteraktionen und kindgerichteter Sprache gibt. Dies wird auch durch eine statistische Analyse bestätigt: Es gibt weder signifikante Unterschiede im Hinblick auf Subjektdislokationen (W=3, p=0.8; n1 =2, n2 =4; zweiseitig) noch in Bezug auf Objektdislokationen (W=2, p=0.533; n1 =2, n2 =4; zweiseitig).

150 | 5 Die empirische Untersuchung Abb. 5.4 zeigt die Entwicklung von Subjekt- und Objektdislokationen erwachsener Sprecher gemessen an der Altersstufe des Kindes, mit dem sie interagieren. Hiermit wird der Frage nachgegangen, ob Subjekte und Objekte unterschiedlich häufig disloziiert werden, wenn man die Erwachsenen in Interaktion mit sehr jungen und etwas älteren Kindern vergleicht. 100%

1

2

6

3

5

90%

4

1

3

2

4 4

1

80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50%

9

46 24

25 52

40%

22

20

42

23

24

25

32 46

Objektdislokation Subjektdislokation

10 13

2

30% 20% 10%

1;6

2;0

2;6

3;0

3;6

4;0

4;6

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

0%

5;0

Altersstufe des Kindes (Jahre;Monate)

Abb. 5.4. Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im adulten, kindgerichteten Französischen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes

Auch hier zeigt sich keine erkennbare Tendenz dahingehend, dass im Gespräch mit jüngeren Kindern häufiger Subjekte oder Objekte disloziiert werden. Subjekte stellen durchweg die am häufigsten disloziierten Konstituenten im erwachsenen Sprachgebrauch des Französischen dar. Abschließend soll nun auf die Verteilung von Links- und Rechtsdislokationen eingegangen werden. Abb. 5.5 stellt die Häufigkeit von LD- und RD-Strukturen im Sprachgebrauch der erwachsenen französischen Sprecher dar. Hier zeigt sich eine Asymmetrie, der zufolge die Linksdislokation nominaler Konstituenten mit 60-80 % etwa zwei- bis viermal so häufig auftritt wie die Rechtsdislokation. Diese Überlegenheit der LD wird auch in der Literatur für den adulten französischen Sprachgebrauch in Deklarativsätzen beschrieben (vgl. Blasco-Dulbecco, 1999;

5.4 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher |

151

100% 90%

7 (23,33%)

7 (28,0%)

4 (25,0%)

4 (20,0%)

57 (21,51%) 76 (38,19%)

80%

relative Häufigkeit

70% 60% Rechtsdislokation

50% 40%

23 (76,67%)

18 (72,0%)

12 (75,0%)

Linksdislokation

16 (80,0%)

208 (78,49%) 123 (61,81%)

30% 20% 10% 0% Lorraine

Christine

Estelle (I)

Estelle (II)

an Erwachsene gerichtete Sprache

Estelle (III)

Christian

kindgerichtete Sprache

Abb. 5.5. Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im adulten Französischen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat

De Cat, 2002). Wie oben bereits angerissen wurde, verzeichnen jedoch einige Autoren die Beobachtung, dass in Gesprächen mit jüngeren Kindern RDn überwiegen und erst mit zunehmendem Alter der Kinder auch der Interaktionspartner LDn bevorzugt (De Cat, 2003; Labelle & Valois, 1996; Notley et al., 2007). Dies lässt erwarten, dass möglicherweise in kindgerichteten Äußerungen generell die RD gegenüber der LD überwiegt, was aber anhand von Abb. 5.5 nicht bestätigt werden kann. In kindgerichteter Sprache überwiegt – genau wie in der Interaktion mit Erwachsenen – deutlich die Linksdislokation. Christian äußert in der Interaktion mit seiner Tochter Emma prozentual betrachtet etwa genauso häufig Links- und Rechtsdislokationen wie Christine und Lorraine im Elterninterview. Lediglich Estelle verwendet in der kindgerichteten Sprache prozentual betrachtet die RD häufiger (ca. 38 %) als in den Elterninterviews (20-25 %). Die statistische Auswertung zeigt, dass es in der Interaktion mit Kindern und Erwachsenen weder signifikante Unterschiede im Hinblick auf Linksdislokationen (W=4, p=1.0; n1 =2, n2 =4; zweiseitig) noch in Bezug auf Rechtsdislokationen (W=2, p=0.533; n1 =2, n2 =4; zweiseitig) gibt. Insgesamt wird deutlich, dass auch im Gespräch mit Kindern die LD überwiegt und dort nicht systematisch mehr RD-Äußerungen auftreten als in Interaktionen zwischen Erwachsenen.

152 | 5 Die empirische Untersuchung Abschließend wird, analog zu den obigen Darstellungen, die Entwicklung der Frequenz von Links- und Rechtsdislokationen bei den ‚longitudinalen‘ Stichproben von Christian und Estelle in Abhängigkeit vom Alter des Kindes betrachtet, welche aus Abb. 5.6 hervorgeht. 100% 90%

2 7

80%

11

11

70% relative Häufigkeit

3

7

11

2

10

11

12 18

11

8

5

2

60% 50% 40%

Rechtsdislokation

46 7

18

30%

15

14

20%

13

14

Linksdislokation

22

41

50

23 33

17

10

6

1

10%

1;6

2;0

2;6

3;0

3;6

4;0

4;6

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

Christian

Estelle (III)

0%

5;0

Altersstufe des Kindes (Jahre;Monate)

Abb. 5.6. Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im adulten, kindgerichteten Französischen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes

Auf den ersten Blick scheint es bei Estelle eine Entwicklung von überwiegend RDn in der ersten Altersphase hin zu überwiegend LDn in den darauffolgenden Phasen zu geben. Jedoch beruht diese Beobachtung in der frühesten Phase auf nur einer Links- und zwei Rechtsdislokationen, sodass auf dieser Datenbasis keine weitreichenden Schlussfolgerungen gezogen werden können. Darüber hinaus zeigt Christian keine solchen Tendenzen auf: Bei ihm überwiegt durchweg die Linksgegenüber der Rechtsdislokation, wobei auch er durchaus Schwankungen in den relativen Werten aufweist.

5.4 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher |

153

5.4.2 Dislokationen im Deutschen erwachsener Sprecher Die im vorangegangenen Kapitel für das Französische der erwachsenen Sprecher angestellten Untersuchungen sollen in diesem Abschnitt auch für das Deutsche durchgeführt werden. Dies ist von besonderer Relevanz, da in der Forschungsliteratur zu deutschen Dislokationen kaum Angaben über deren frequenzielle Verteilung gemacht werden, sondern überwiegend konstruierte Beispiele diskutiert werden. Eine Ausnahme stellen die Korpusanalysen von Selting (1993) und Scheutz (1997) dar, welche zwar Dislokationen in natürlicher Sprache untersuchen, diese aber nicht ins Verhältnis zur Gesamtanzahl der betrachteten Äußerungen setzen. Eine solche quantitative Analyse fehlt für das Deutsche bislang gänzlich. Dieser Missstand soll durch die hier erhobenen Daten ausgeglichen werden. Abb. 5.7 zeigt zunächst das allgemeine Auftreten von Äußerungen mit und ohne disloziierte nominale Konstituenten bei den drei untersuchten erwachsenen Muttersprachlern des Deutschen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50%

102 (99,03%)

267 (99,63%)

1.291 (99,0%)

176 (99,44%)

keine Dislokation Dislokation

40% 30% 20% 10%

1 (0,97%)

1 (0,37%)

0% Gerfried

Heinz

1 (0,56%) Natascha (I)

an Erwachsene gerichtete Sprache

13 (1,0%) Natascha (II) kindgerichtete Sprache

Abb. 5.7. Häufigkeit nominaler Dislokationen im adulten Deutschen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat

154 | 5 Die empirische Untersuchung Die Analyse bringt das Ergebnis hervor, dass Dislokationen im Deutschen mit maximal 1 % extrem selten auftreten. Dies ist sowohl für Erwachsenen-Interaktionen als auch für die kindgerichtete Sprache der Fall, mit einer minimalen Differenz zugunsten letzterer. Ein Test auf statistische Signifikanz kann nicht durchgeführt werden, da in der Gruppe der kindgerichteten Interaktion lediglich ein Individuum enthalten ist und die Versuchsgruppe somit nicht groß genug ist. Aufgrund der geringen absoluten Werte (3 bzw. 13 Dislokationen) scheint dies ohnehin nicht sinnvoll zu sein, sodass in diesem Kapitel von statistischen Berechnungen gänzlich abgesehen wird. Analog zu den obigen Untersuchungen wird nun die Verteilung der Dislokationen in den Daten von Natascha (II) in Abhängigkeit vom Alter des Kindes Amélie dargestellt. Da hier die Daten in Relation zu der Entwicklung lediglich eines Kindes gesetzt werden, kann das tatsächliche Alter herangezogen werden, ohne dass durch gröbere Altersstufen davon abstrahiert werden muss. Um einen Vergleich mit den französischen Daten zu ermöglichen, wird in Abb. 5.8 trotzdem in Klammern die jeweilige Altersstufe angegeben, in welche die Aufnahme eingeordnet werden kann. Auch im Deutschen zeigt sich keine Systematik dahingehend, dass Dislokationen mit jüngeren Kindern häufiger gebraucht werden. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50%

39

151

129

2;6,11 (2;6)

3;1,2 (3;0)

111

41

171

247

194

3;6,10 (3;6)

4;0,18 (4;0)

4;6,30 (4;6)

208

keine Dislokation Dislokation

40% 30% 20% 10% 0%

1

1 1;6,12 (1;6)

1;8,2 (1;6)

2;1,17 (2;0)

2

3

4

2

5;0,16 (5;0)

Alter/Altersstufe des Kindes (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 5.8. Häufigkeit nominaler Dislokationen im adulten, kindgerichteten Deutschen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes

5.4 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher |

155

Auch für das Deutsche soll auf die Distribution der verschiedenen Dislokationstypen eingegangen werden, d. h. auf die Verteilung von Subjekt- und Objekt- sowie Links- und Rechtsdislokationen. Aufgrund der extrem geringen Werte werden diese Verteilungen jedoch nicht, wie bei den französischen Erwachsenen, prozentual abgebildet, sondern in absoluten Werten, wobei in den Säulen die relative Häufigkeit der betreffenden Strukturen nach wie vor als Wert mit angegeben wird. Zunächst stellt Abb. 5.9 die Verteilung von Subjekt- und Objektdislokationen im Deutschen adulter Sprecher dar. 14

2 (15,38%)

12

absolute Häufigkeit

10

8

Objektdislokation Subjektdislokation

6

11 (84,62%)

4

2

0

1 (100%)

1 (100%)

1 (100%)

Gerfried

Heinz

Natascha (I)

Natascha (II)

Abb. 5.9. Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im adulten Deutschen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat

Die Daten lassen kaum Rückschlüsse zu. Gerfried und Heinz äußern jeweils insgesamt nur eine Dislokation, die bei Heinz ein Subjekt und bei Gerfried ein Objekt betrifft. Natascha produziert insgesamt 14 Dislokationsstrukturen, die fast ausschließlich Subjektdislokationen sind, während sie nur zwei Objektdislokationen äußert. Die im Französischen (und in anderen Sprachen) konstatierte Beobachtung, dass Subjekte besonders häufig disloziiert werden, kann hier also auch für das Deutsche ansatzweise untermauert werden, wenngleich aufgrund der Datenlage keine weitreichenden Schlussfolgerungen möglich sind. Aufgrund der mi-

156 | 5 Die empirische Untersuchung nimalen absoluten Werte erweist sich eine Gegenüberstellung von Subjekt- und Objektdislokationen in Interaktion mit erwachsenen oder kindlichen Gesprächspartnern als schwierig und erlaubt keinerlei Rückschlüsse. Abb. 5.10 zeigt die Verteilung von Subjekt- und Objektdislokationen in der Stichprobe von Natascha (II) in Abhängigkeit vom Alter des interagierenden Kindes Amélie. Aus der Darstellung geht nicht nur die Überlegenheit von Subjektgegenüber Objektdislokationen hervor, sondern sie lässt auch die vorsichtige Schlussfolgerung zu, dass Subjektdislokationen im Gegensatz zu Objektdislokationen schon im Gespräch mit sehr jungen Kindern verwendet werden. Jedoch muss auch dies unter dem Aspekt betrachtet werden, dass insgesamt kaum Dislokationen auftreten, womit auch hier keine zuverlässigen Schlussfolgerungen möglich sind. 5

4

absolute Häufigkeit

1 3 Objektdislokation Subjektdislokation 2 3

1

3

2

1 1

1

1

0 1;6,12 (1;6)

1;8,2 (1;6)

2;1,17 (2;0)

2;6,11 (2;6)

3;1,2 (3;0)

3;6,10 (3;6)

4;0,18 (4;0)

4;6,30 (4;6)

5;0,16 (5;0)

Alter/Altersstufe des Kindes (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 5.10. Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im adulten, kindgerichteten Deutschen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes

Abschließend wird auf die Verteilung deutscher Links- und Rechtsdislokationen eingegangen. Die generelle Distribution wird in Abb. 5.11 präsentiert, wobei die Datenlage natürlich ebenso gering ist, wie in den obigen Darstellungen gezeigt wurde. Aus den Daten von Gerfried und Heinz kann mit einer absoluten Anzahl

5.4 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher |

157

von jeweils einer Dislokation keine Präferenz zugunsten der LD oder RD abgeleitet werden. Interessanterweise zeigt weisen Nataschas Äußerungen mehr Rechtsals Linksdislokationen auf. Dies kann jedoch aufgrund der geringen Datenbasis höchstens als Tendenz verstanden werden, nicht aber als generelle, klare Präferenz. 14

12

absolute Häufigkeit

10

8

11 (84,62%)

Rechtsdislokation Linksdislokation

6

4

2

0

1 (100%)

1 (100%)

1 (100%)

Gerfried

Heinz

Natascha (I)

2 (15,38%) Natascha (II)

Abb. 5.11. Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im adulten Deutschen in Abhängigkeit von Sprecher und Adressat

Abb. 5.12 zeigt die Verteilung von Links- und Rechtsdislokationen von Natascha (II) in Bezug auf das Alter, in welchem Amélie sich zum Zeitpunkt der jeweiligen Aufnahme befindet. Die Daten können die Annahme, dass erwachsene Sprecher im Gespräch mit jüngeren Kindern häufiger die Rechtsdislokation verwenden, aufgrund der geringen Datenmenge weder einwandfrei belegen noch widerlegen, sind aber zumindest damit kompatibel.

158 | 5 Die empirische Untersuchung 5

absolute Häufigkeit

4

3 3

Rechtsdislokation Linksdislokation

2 1

3 2

1 1

1

1

2;1,17 (2;0)

2;6,11 (2;6)

1

0 1;6,12 (1;6)

1;8,2 (1;6)

3;1,2 (3;0)

3;6,10 (3;6)

4;0,18 (4;0)

4;6,30 (4;6)

5;0,16 (5;0)

Alter/Altersstufe des Kindes (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 5.12. Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im adulten, kindgerichteten Deutschen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes

5.4.3 Zusammenfassung Die Analyse der Sprachdaten erwachsener Muttersprachler des Französischen und des Deutschen bringt interessante Resultate hervor, die nur zum Teil zu erwarten waren. Vor allem wurde der unterschiedliche Stellenwert deutlich, der Dislokationsstrukturen im natürlichen Sprachgebrauch im Französischen und Deutschen erwachsener Muttersprachler zukommt. Die Dislokation ist im Französischen mit einer Häufigkeit von etwa 8-24 % fest im Sprachsystem und -gebrauch verankert, was mit den in Kap. 3.2 beschriebenen Ergebnissen aus der Literatur kompatibel ist. Im Gegensatz dazu ist die Dislokation nominaler Konstituenten im adulten Deutschen mit maximal 1 % marginal, obwohl in der Literatur zahlreiche Studien über entsprechende Strukturen im Deutschen existieren, die jedoch meist auf konstruierten Beispielen beruhen. Dass erwachsene deutsche Muttersprachler extrem selten von diesen Strukturen Gebrauch machen, führt dazu, dass spracherwerbende Kinder des Deutschen sie im Input kaum vorfinden. Auf Zusammenhänge dieser Art wird bei der Interpretation der Kinderdaten in Kap. 6 noch einmal intensiver eingegangen.

5.4 Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Sprecher |

159

Im Französischen zeigt sich eine leichte Tendenz, der zufolge Erwachsene mit Kindern etwas mehr Dislokationen verwenden als im Gespräch mit anderen Erwachsenen. Dies ist im Deutschen nicht der Fall: Sowohl in Interaktion mit Erwachsenen als auch mit Kindern sind Dislokationen extrem selten. Weiterhin wird in den französischen Daten deutlich, dass Subjekte die am häufigsten disloziierten nominalen Elemente darstellen und Objekte im Vergleich dazu eher selten disloziiert werden. Diese Beobachtung kann unabhängig vom Adressaten (Erwachsener oder Kind) gemacht werden. Dies ist auch bei den insgesamt selten auftretenden Dislokationen im Deutschen der Fall, von denen fast alle das Subjekte betreffen. Die in der Literatur gemachte Beobachtung, dass im Gespräch mit Kindern zunächst vor allem Rechtsdislokationen gebraucht werden, kann hier weder zweifelsfrei untermauert noch eindeutig widerlegt werden. Während sich im Französischen bei den verschiedenen Sprechern in kindgerichteter Sprache kein einheitliches Muster zeigt, stellen die Dislokationen im Deutschen zwar überwiegend Rechtsdislokationen dar, weisen dabei aber so geringe absolute Werte auf, dass hieraus keine eindeutigen Rückschlüsse gezogen werden können. Die hier dargestellten Frequenzen von Dislokationen in natürlicher, adulter Sprache werden im folgenden empirischen Kapitel als Vergleichsbasis herangezogen. So kann das sprachliche Verhalten der untersuchten Kinder im Hinblick auf die bei erwachsenen Sprechern beobachteten Muster bewertet werden, sodass eine Gegenüberstellung möglich ist.

6 Empirie Teil I: Dislokationen im kindlichen Französischen und Deutschen in Form von Doppelung Im vorliegenden Kapitel werden die Ergebnisse der Untersuchung im Hinblick auf nominale Dislokationen präsentiert, die sich durch eine resumptive Doppelung auszeichnen. Hier geht es zunächst um die Frage, wie häufig disloziierte (gedoppelte) Subjekte und Objekte auftreten, bevor anschließend auch konkrete Eigenschaften der Dislokationsstrukturen diskutiert werden. Dabei steht zuerst der Vergleich der beiden analysierten Sprachen Französisch und Deutsch im Vordergrund. Anschließend wird separat auf die Entwicklung in den beiden Sprachsystemen eingegangen, wobei der Fokus im Wesentlichen auf dem Französischen liegt.

6.1 Nominale Dislokationen In diesem Abschnitt werden die Kinderdaten des Französischen und Deutschen quantitativ miteinander verglichen. Dafür wird der Anteil der auftretenden Dislokationen ins Verhältnis zu allen analysierten kindlichen Äußerungen insgesamt gesetzt, woraus sich die relative Häufigkeit nominaler Dislokationen ergibt. Relevante Dislokationsstrukturen sind hier (wie in Kap. 5.2 dargestellt) solche, in denen eine nominale XP außerhalb des Satzes auftritt, das mit einem resumptiven Element koreferent ist. Die relative Häufigkeit dieser Dislokationen im Französischen und Deutschen der untersuchten Kinder geht aus Abb. 6.1 hervor, wobei in dieser und den nachfolgenden Diagrammen auch die absoluten Werte in den Säulen angegeben werden. Hier wird zunächst sowohl vom Entwicklungsverlauf als auch von den individuellen Kindern abstrahiert. Die ausgewerteten Kinderdaten werden in vier Gruppen zusammengefasst, sodass das Französische der monolingualen Kinder (L1), das Französische der bilingualen Kinder (2L1), das Deutsche der monolingualen Kinder (L1) und das Deutsche der bilingualen Kinder (2L1) dargestellt werden. Vergleicht man die mono- und bilingualen Kinder in beiden Sprachen, zeigt sich ein deutlicher Unterschied in der Frequenz von Dislokationsstrukturen zwischen dem Französischen und dem Deutschen. Im Deutschen liegt die Dislokationsrate mit etwa 2 % bei den mono- und bilingualen Kindern deutlich unter dem Auftreten von Dislokationen im Französischen, welches bei den monolingualen Kindern ca. 16 % und bei den bilingualen etwa 19 % beträgt. Dieser Un-

6.1 Nominale Dislokationen

| 161

100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

9.264 (83,56%)

14.536 (80,89%)

50%

8.149 (97,93%)

14.199 (97,52%)

172 (2,07%)

361 (2,48%)

Deutsch L1

Deutsch 2L1

keine Dislokation Dislokation

40% 30% 20% 10%

1.823 (16,44%)

3.433 (19,11%)

Französisch L1

Französisch 2L1

0%

Abb. 6.1. Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen und im Deutschen nach Kindergruppen

terschied spiegelt die Verschiedenheit der erwachsenensprachlichen Zielsysteme wider, die in Kap. 5.4 dargestellt wurde. Die untersuchten Erwachsenen wiesen im Deutschen nominale Dislokationen nur zu knapp 1 % auf. Die französischen adulten Daten zeigten hingegen eine relative Häufigkeit zwischen 8 % und 24 %, womit das kindliche Französische innerhalb dieser Spannweite liegt. Weiterhin wird deutlich, dass sich die mono- und bilingualen Kinder im Hinblick auf das Auftreten dieser Strukturen in quantitativer Hinsicht kaum unterscheiden. Zwar weisen die bilingualen Kinder in beiden Sprachen eine minimal höhere Dislokationsrate auf, welche aber nahezu identisch mit der der jeweiligen monolingualen Kinder ist. Dies belegt, dass die bilingualen Kinder ihre zwei Sprachen im Hinblick auf die Satzstruktur bzw. die Verwendung von Dislokationen differenzieren können. Außerdem spricht die starke Ähnlichkeit zwischen den mono- und bilingualen Kindern gegen das Auftreten eines Spracheneinflusses. Um dies jedoch endgültig beurteilen zu können, müssen die Kinder auch im Einzelnen betrachtet werden. Zu diesem Zweck geht aus Abb. 6.2 die Verteilung der Äußerungen mit und ohne Dislokationen bei allen untersuchten Kindern für ihre jeweilige(n) Sprache(n) hervor (frz. = französisch; dt. = deutsch). Erneut werden die Äußerungen

162 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung über den gesamten Erwerbszeitraum der jeweiligen Kinder aufsummiert, sodass von der Entwicklung abstrahiert wird. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

1.075 4.005

3.208

4.184

2.735

3.862 4.287

50%

2.992

1.651

4.503

2.182 1.871

5.190

4.239

164

keine Dislokation Dislokation

40% 30% 20% 10%

771

804

876 41

131

946 121

867

415 65

94

401 78

3

Lé on ar M ad d fr z. el (L ei ne 1) frz Ph . ilip (L pe 1) frz .( L1 ) C ha nt al dt C .( os L1 im ) a dt .( L1 Al ) ex an de Al rf ex rz .( an 2L de 1) rd Am t. (2 él L1 ie ) f Am rz. (2 él L1 ie ) dt C .( él 2L in e 1) frz C .( él 2L in 1) e Em dt. (2 m L1 a ) fr Em z. ( 2L m 1) a dt M .( ar 2L ie 1) frz . M (2 ar L1 ie ) dt .( 2L 1)

0%

176

Abb. 6.2. Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen und im Deutschen (kindspezifisch)

Zunächst wird deutlich, dass die monolingual französischen Kinder mit ca. 14-18 % deutlich mehr Dislokationen äußern als die monolingual deutschen Kinder, bei denen der prozentuale Anteil bei etwa 1-3 % liegt. Die oben gezeigten Unterschiede zwischen den monolingualen Kindern beider Sprachen finden sich also auch individuell in allen untersuchten einsprachigen Kinder wieder. Gleichermaßen zeigt sich, dass es tatsächlich bei allen bilingualen Kindern einen klar erkennbaren Unterschied zwischen dem Deutschen und dem Französischen gibt, dem zufolge die Kinder in den französischen Aufnahmen deutlich häufiger Dislokationsstrukturen produzieren (zwischen 15 % und 23 %) als in den deutschen Sprachaufzeichnungen (zwischen 2 % und 4 %). Alle bilingualen Kinder verhalten sich also in beiden Sprachen quantitativ betrachtet dem jeweiligen Zielsystem angemessen. Abstrahiert vom zeitlichen Entwicklungsverlauf ergibt sich demnach insgesamt ein recht einheitliches Bild beim Vergleich der bilingualen (und monolingualen) Kinder untereinander. Dies spricht gegen die Annahme,

6.1 Nominale Dislokationen

| 163

dass hier ein Spracheinfluss vorliegt, durch welchen die bilingualen Kinder in quantitativer Hinsicht in einer ihrer Sprachen von der monolingualen Vergleichsgruppe abweichen. Diese Beobachtung kann auch anhand statistischer Tests bestätigt werden. Erstens ergibt sich im Französischen der mono- und bilingualen Kinder kein signifikanter Unterschied (W=9, p=0.786; n1 =3, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben), genauso wie es auch im Deutschen der Fall ist (W=5, p=1.0; n1 =2, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben). Zweitens kann innerhalb der bilingualen Kinder sehr wohl ein statistisch signifikanter Unterschied in Bezug auf ihre Dislokationsrate im Deutschen und im Französischen verzeichnet werden: Im Französischen treten signifikant mehr Dislokationen auf als im Deutschen (V=15, p=0.031; n=5; einseitig, verbundene Stichproben). Vergleicht man darüber hinaus das Französische und das Deutsche aller (mono- und bilingualen) Kinder, so zeigt sich, dass sie im Französischen signifikant mehr Dislokationen äußern als im Deutschen (W=56, p=0.0002; n1 =8, n2 =7; einseitig). Insgesamt kann geschlussfolgert werden, dass es in Bezug auf das Auftreten nominaler Dislokationen im gesamten Untersuchungszeitraum zwar große Unterschiede zwischen den beiden analysierten Sprachen, aber keinen quantitativen Spracheneinfluss bei den bilingualen Kindern gibt. Allerdings wurde hier lediglich das quantitative Auftreten von Dislokationen als Summe über den gesamten Erwerbszeitraum betrachtet, wohingegen die Entwicklung der Strukturen noch nicht im Detail beleuchtet wurde. Denn auch wenn sich in der generellen Frequenz disloziierter nominaler XPn bei den bilingualen Kindern kein Spracheneinfluss zeigt, könnten sich durchaus Unterschiede im Erwerbsverlauf der ein- und zweisprachigen Kinder zeigen. Zu diesem Zweck wird nun genauer auf die Frage eingegangen, welche Entwicklungstendenzen sich bei der Analyse der kindlichen Sprachdaten abzeichnen. Hierfür soll gezeigt und diskutiert werden, wie sich das Auftreten von Dislokationen im Verlauf des Spracherwerbs entwickelt. Da der MLU häufig als adäquatere Vergleichsbasis beschrieben wird als das Alter (vgl. Kap. 5.3), geschieht dies anhand des in Abb. 6.3 dargestellten MLU-Vergleichs, der die Dislokationsrate der Kinder in Abhängigkeit von ihrer MLU-Entwicklung abbildet. Hier zeigt sich erneut der bereits konstatierte systematische Unterschied zwischen dem Deutschen und dem Französischen. Bereits ab einem MLU von 2 bzw. 2,5 deutet sich an, dass die Dislokationsrate im Französischen über der im Deutschen liegt, wobei die Werte hier noch relativ nah beieinander liegen. Ab einem MLU von 3 liegt dann die relative Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen permanent über 10 % und pendelt sich mit steigendem MLU bei etwa 15-20 % ein. Die Dislokationsrate im Deutschen liegt hingegen ab einem MLU von 3 bei allen Kindern dauerhaft unter 10 % und nähert sich in den höheren MLUPhasen der Nulllinie an. Dass die Dislokationsrate in beiden Sprachen zu Beginn

164 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 100

relative Häufigkeit nominaler Dislokationen (in %)

90 80

Alexander frz. (2L1) Alexander dt. (2L1) Amélie frz. (2L1) Amélie dt. (2L1) Céline frz. (2L1) Céline dt. (2L1) Emma frz. (2L1) Emma dt. (2L1) Marie frz. (2L1) Marie dt. (2L1) Léonard frz. (L1) Madeleine frz. (L1) Philippe frz. (L1) Chantal dt. (L1) Cosima dt. (L1)

70 60 50 40 30 20 10 0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

MLU-Phase

Abb. 6.3. Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen und im Deutschen im MLUVergleich

sehr niedrig ist bzw. sogar bei Null liegt, ist eine logische Konsequenz der Analysemethode, da eine Äußerung, die disloziierte Elemente enthält, eine bestimmte Mindestanzahl von Wörtern aufweisen muss. In diesem Teil der empirischen Untersuchung ist das Kriterium für eine nominale Dislokation die Anwesenheit einer nominalen disloziierten Konstituente und eines resumptiven Elements innerhalb des finiten Satzes. Die Äußerung muss demnach minimal ein (finites) Verb, eine periphere nominale XP und ein Resumptivum enthalten und somit eine Mindestlänge von 3 Wörtern aufweisen. Da Drei-Wort-Äußerungen in den ersten MLUPhasen sehr selten sind, kann die Dislokationsrate in diesen ersten Phasen gar nicht besonders hoch sein. Es stellt sich also die Frage, wie ernst man die Daten aus den Phasen mit einem MLU von unter 3 nehmen sollte. Es zeigt sich jedoch, dass auch hier bereits Dislokationen auftreten und diese somit sehr früh im Spracherwerb produziert werden (können). Insgesamt treten keinerlei Unterschiede auf, die auf eine (un)balancierte Sprachentwicklung der Kinder zurückzuführen wären: Sowohl die französisch-dominanten Kinder (Alexander, Emma, Marie) als auch das balancierte Kind Amélie und die deutsch-dominante Céline verhalten sich einander ähnlich und weisen keine systematischen Diskrepanzen auf.

6.1 Nominale Dislokationen

| 165

Um den Erwerb von Dislokationsstrukturen genauer zu untersuchen, soll nun in den nächsten Abschnitten auf die beiden Sprachen separat voneinander eingegangen werden. Während im vorangegangenen Abschnitt der Vergleich beider Sprachen miteinander im Fokus stand, wird also der Schwerpunkt der nächsten Kapitel der Vergleich der mono- und bilingualen Kinder innerhalb der jeweiligen Sprachen sein. Bisher suggerieren die Daten, dass die bilingualen Kinder im Hinblick auf Dislokationsstrukturen ihre beiden Sprachen wie monolinguale Kinder erwerben und es hier keine Interaktion zwischen beiden Sprachsystemen gibt. Ob sich aber bei genauerer Betrachtung Unterschiede zwischen den Kindergruppen zeigen, soll in den folgenden Abschnitten geprüft werden.

6.1.1 Auftreten und Verteilung nominaler Dislokationen im Französischen Im Folgenden wird intensiver auf das Auftreten von Dislokationen im frühkindlichen Französischen eingegangen. Zunächst zeigt Abb. 6.4 noch einmal die Dislokationsrate im Französischen der Kinder abhängig von ihrer MLU-Entwicklung, wobei der Schwerpunkt jetzt auf dem Vergleich der einzelnen Kinder(gruppen) liegt. Zu diesem Zweck wird die Skalierung des Diagramms angepasst, sodass das Maximum auf der y-Achse hier nicht mehr 100 %, sondern 50 % abbildet, damit individuelle Unterschiede besser ablesbar sind. Dass in den Phasen mit einem niedrigeren MLU vergleichsweise weniger Dislokationen auftreten, wurde bereits oben erklärt. In den ersten beiden MLUPhasen ist auch die absolute Äußerungsanzahl finiter Sätze eher gering. Die Dislokationsrate steigt jedoch in den nächsten Phasen schnell auf etwa 10 % (bei Emma sogar 20 %) an. Spätestens ab einem MLU von 3 pendeln sich die Werte aller Kinder (d. h. sowohl der mono- als auch der bilingualen) grob um etwa 15-20 % herum ein, genauer gesagt liegen sie in der Regel zwischen 10 % und 30 %, wobei Céline und Alexander in jeweils einer MLU-Phase eine sehr hohe Dislokationsrate von knapp 40 % aufweisen. Eine ähnliche Entwicklung wurde auch von De Cat (2002) beschrieben, laut deren Studie die Dislokationsrate in frühen Erwerbsphasen bei 29 % liegt, bevor sie auf etwa 25 % absinkt.¹ Grundsätzlich zeigt der MLU-Vergleich der nominalen Dislokationen keinen auffälligen Unterschied zwischen den monolingualen und den bilingualen Kindern. Jedoch gewinnt man den Eindruck, dass die monolingualen Kinder besonders in den mittleren MLU-Phasen leicht weniger Dislokationen produzieren

1 De Cat (2002) analysiert disloziierte Konstituenten jeder Kategorie und nicht nur Subjekte und Objekte.

166 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 50

relative Häufigkeit von Dislokationen (in %)

45 40 35 Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1)

30 25 20 15 10 5 0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

MLU-Phase

Abb. 6.4. Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen im MLU-Vergleich

als die bilingualen, bevor sich beide Kindergruppen wieder annähern. Um dieser Beobachtung nachzugehen, wurde eine statistische Analyse durchgeführt, in welcher die einzelnen MLU-Phasen auf signifikante Unterschiede zwischen den mono- und den bilingualen Kindern getestet wurden.² Ein zweiseitiger Test für unverbundene Stichproben bringt das Ergebnis hervor, dass in keiner MLU-Phase signifikante Unterschiede zwischen den Kindergruppen vorliegen (vgl. Tab. 1.1 im Anhang). Ausschließlich in der siebten MLU-Phase (4,0-4,49) produzieren die monolingualen Kinder signifikant weniger Dislokationen als die bilingualen Kinder, wobei der sich ergebende Wert direkt an der Signifikanzgrenze liegt (W=9, p=0.05; n1 =3, n2 =3; einseitig, unverbundene Stichproben). Es scheint allerdings unplausibel, dass eine Diskrepanz innerhalb nur einer MLU-Phase wirklich auf einen abweichenden Erwerb der Dislokation bei den bilingualen Kindern hindeu-

2 Von den 13 etablierten MLU-Phasen können allerdings aufgrund zu geringer Daten die erste und die letzten drei Phasen nicht statistisch geprüft werden. Alle anderen Phasen können statistisch getestet werden. Hierbei werden stets nur die Kinder berücksichtigt, die für die entsprechenden MLU-Phasen auch Werte aufweisen.

6.1 Nominale Dislokationen

| 167

tet. Insgesamt liefert die Untersuchung der Entwicklung beider Kindergruppen ein recht homogenes Bild. Wie bereits in Kap. 3.6.1 angemerkt wurde, lassen die Dislokationen im Sprachgebrauch der hier analysierten Kinder keine Schlussfolgerung in Bezug auf konkrete zugrunde liegende Eigenschaften zu, die häufig in der Literatur als Evidenz für/gegen eine Bewegungsanalyse gewertet werden. Hierzu zählen insbesondere morphosyntaktische Verbundenheit (z. B. Kasusverbundenheit) und die Natur des Resumptivums (klitisch oder nicht-klitisch). In Bezug auf die Kasusmarkierung zeigt sich, dass diese ohnehin nur in sehr wenigen Äußerungen überhaupt möglich wäre. In dieser Hinsicht können nur durch Präpositionen markierte nominale XPn als kasusmarkiert gelten. Von insgesamt 5.256 Dislokationen in finiten französischen Äußerungen ermöglichen lediglich elf Strukturen eine potenzielle Kasusmarkierung (0,2 %). Von diesen elf Äußerungen weisen nur zwei Dislokationen (18,2 %) diese Kasusmarkierung tatsächlich auf. Kasusverbundenheit wird in der Literatur häufig dazu herangezogen, um zwischen verschiedenen Arten der Dislokation (ClLD und HTLD) zu unterscheiden. Dass dies sehr problematisch ist, wurde bereits in Kap. 3.6.1 argumentiert und wird auch anhand der hier analysierten Daten deutlich. In Bezug auf die Natur des resumptiven Elements zeigt sich, dass dieses in 5.036 von 5.256 analysierten französischen Dislokationen die Form eines klitischen Pronomens annimmt (95,8 %).

6.1.1.1 Subjekt- und Objektdislokationen Nach der generellen Beschreibung der Entwicklungstendenzen wird nun eine feinere Unterteilung vorgenommen. Hierbei wird zwischen Subjekt- und Objekt- sowie Links- und Rechtsdislokationen differenziert, wobei durch mehrfache Dislokationen innerhalb einer Äußerung diverse Kombinationen möglich sind. In (55) werden Beispiele für die verschiedenen Dislokationsstrukturen im Französischen aufgeführt, die in den hier analysierten Korpora aufgetreten sind. (55)

a. L’autrei , ili marche pas Der-andere er geht nicht Der andere geht nicht

(Subjekt-LD; Alexander, 2;3,24)

b. Jei veux pas le regarder, moii Ich will nicht ihn anschauen ich Ich will ihn nicht anschauen

(Subjekt-RD; Amélie, 3;8,28)

c. Moii , yei recommence, moii (ye = je) Ich ich fange-wieder-an ich Ich fange wieder an

(Subjekt-LD/-RD; Emma, 2;4,22)

168 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung d. Çai , on lei fait Das man das macht Das machen wir

(Objekt-LD; Céline, 3;9,18)

e. J’ai envie d’ lai mett’, la robei (mett’ = mettre) Ich-habe Lust zu sie anziehen das Kleid Ich habe Lust, das Kleid anzuziehen

(Objekt-RD; Marie, 3;6,12)

f. Ce chieni là, je lei connais pas, ce chieni Diesen Hund da ich ihn kenne nicht diesen Hund Diesen Hund da kenne ich nicht

(Objekt-LD/-RD; Philippe, 2;11,0)

g. Là luii ellei , ellei est amoureux contre luii Da ihn sie sie ist verliebt gegen ihn Da ist sie verliebt in ihn

(Subjekt-/Objekt-LD; Alexander, 4;6,6)

h. Jei l’j fais, l’ t shirtj moii Ich es mache das T-Shirt ich Ich mache das T-Shirt

(Subjekt-/Objekt-RD; Amélie, 3;6,10)

i. Moii , jei laj connais pas, la chanson de [...]j Ich ich sie kenne nicht das Lied von [...] Ich kenne das Lied von [...] nicht (Subjekt-LD/Objekt-RD; Léonard, 2;6,7) j. Et lui de mon frèrej , ili lj ’a cassé encore, mon Und den von meinem Bruder er ihn-hat zerbrochen noch mein papaj Papa Und den von meinem Bruder hat Papa noch zerbrochen (Objekt-LD/Subjekt-RD; Alexander, 4;4,25) Im Folgenden wird zunächst der Frage nachgegangen, mit welcher grammatischen Funktion die disloziierten nominalen Konstituenten in den Kinderdaten auftreten. Dazu werden alle Äußerungen, in denen mindestens ein Subjekt disloziiert ist, zu den Subjektdislokationen gezählt und analog dazu alle Äußerungen mit mindestens einem disloziierten Objekt als Objektdislokationen gewertet. Hierdurch kommen mitunter Differenzen zwischen der Gesamtanzahl von Dislokationsäußerungen und der hier dargestellten Anzahl disloziierter Elemente zustande: Eine Äußerung, in der sowohl ein Subjekt als auch ein Objekt disloziiert werden, wie in (55g-j), wird hier für beide Kategorien gewertet. Abb. 6.5 zeigt die relative Häufigkeit von Subjektdislokationen im Vergleich zu Objektdislokationen, wobei auch die absoluten Zahlen in den Säulen abzulesen sind. Erneut wird hier zunächst von der Entwicklung abstrahiert.

6.1 Nominale Dislokationen

100%

11 (2,74%)

12 (2,87%)

52 (5,94%)

57 (6,0%)

824 (94,06%)

Emma

52 (6,44%)

5 (2,82%)

893 (94,0%)

755 (93,56%)

172 742 (97,18%) (95,99%)

Amélie

Alexander

Léonard Madeleine Philippe

31 (4,01%)

90%

| 169

95 (10,76%)

80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50%

390 406 (97,26%) (97,13%)

40%

Objektdislokation

788 (89,24%)

Subjektdislokation

30% 20% 10% 0% Marie

Céline

bilinguale Kinder

monolinguale Kinder

Abb. 6.5. Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im Französischen

Es zeigt sich, dass bei allen Kindern Subjekte mit 89-97 % deutlich häufiger disloziiert werden als Objekte. Dies deckt sich mit der in der Literatur beschriebenen Beobachtung, dass ca. 70-80 % aller kindlichen Dislokationen das Satzsubjekt betreffen (De Cat, 2002). Die Tatsache, dass hier die Subjektdislokationsrate noch höher ist, ist mit aller Wahrscheinlichkeit auf die unterschiedlichen Schwerpunkte der Arbeiten zurückzuführen: De Cat schließt in ihrer Studie auch disloziierte Sätze, Adverbien, PPn etc. ein, während in der vorliegenden Arbeit ausschließlich nominale Dislokationen fokussiert werden. Die hier analysierten Kinder verwenden Subjektdislokationen ähnlich häufig wie die in Kap. 5.4.1 untersuchten erwachsenen französischen Sprecher, bei denen die relative Häufigkeit bei 90-100 % liegt. Insgesamt stellen Subjekte sowohl in der kindlichen Sprache als auch im Sprachgebrauch der Erwachsenen die am häufigsten disloziierten Elemente dar. Hierbei zeigt sich in der Häufigkeit der Subjektdislokation kein Unterschied zwischen den bilingualen Kindern (durchschnittlich 95 %) und den monolingualen Kindern (durchschnittlich 94 %), zumal sich Léonard und Madeleine wie die bilingualen Kinder verhalten und nur Philippe eine etwas geringere Rate an Subjektdislokationen aufweist. Auch eine statistische Analyse zeigt, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Kindergruppen gibt. Dies gilt sowohl für die Subjektdislokation (W=9, p=0.786; n1 =3, n2 =5; zweiseitig, unverbundene

170 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Stichproben) als auch für die Objektdislokation (W=8, p=1.0; n1 =3, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben). Nachdem Abb. 6.5 Aussagen über das generelle Auftreten von Subjekt- und Objektdislokationen im gesamten Untersuchungszeitraum gemacht hat, soll nun auf eine sich möglicherweise vollziehende Entwicklung im Spracherwerbsprozess eingegangen werden. Zu diesem Zweck zeigt Abb. 6.6 die Produktion von Subjektund Objektdislokationen in Abhängigkeit von der MLU-Entwicklung der Kinder.

relative Häufigkeit von Subjektdislokationen im Verhältnis zu Objektdislokationen (in %)

100 90 80 70 Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1)

60 50 40 30 20 10 0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

MLU-Phase

Abb. 6.6. Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im Französischen im MLU-Vergleich

Trotz einiger vergleichsweise niedriger Werte (Emma mit einem MLU von 2,0-2,49; Emma und Céline mit einem MLU von 5,0-5,49) dominieren Subjektdislokationen gegenüber Objektdislokationen bei allen Kindern in jeder MLU-Phase. Insgesamt gibt es einen leichten Rückgang der Subjektdislokation im Erwerbsverlauf, aber auch in den späten MLU-Phasen liegt die Rate noch bei 90 % oder höher. Interessant ist auch die Beobachtung, dass bei allen Kindern in der ersten MLU-Phase, in der nominale Dislokationen auftreten, diese zu 100 % das Satzsubjekt darstel-

6.1 Nominale Dislokationen

|

171

len. Erst ab den darauffolgenden Phasen treten auch Objektdislokationen auf.³ Mit Einsetzen der Objektdislokation sinkt natürlich der relative Anteil der Subjektdislokation; letztere bleibt aber nach wie vor bei allen Kindern der häufiger produzierte Dislokationstyp. Das einheitlich Bild, das die Daten der mono- und bilingualen Kinder ergeben, wird durch eine statistische Analyse gestützt, der zufolge sich die beiden Kindergruppen in keiner MLU-Phase signifikant voneinander unterscheiden, was die Produktion von Objektdislokationen betrifft (vgl. Tab. 1.2 im Anhang).⁴ Insgesamt wurde hier deutlich, dass im kindlichen Spracherwerb des Französischen disloziierte nominale XPn mit großer Überlegenheit das Subjekt darstellen. Dies rechtfertigt auch, dass Subjektdislokationen den Schwerpunkt der vorliegenden Analyse einnehmen. Auch hier kann kein Spracheneinfluss verzeichnet werden, da die bilingualen Kinder sich sehr ähnlich wie die monolingual französischen Kinder verhalten. Ebenso zeigen sich keine Unterschiede in Abhängigkeit von einer (un)balancieren Sprachentwicklung der Kinder. Es wäre denkbar, dass Diskrepanzen zwischen beiden Kindergruppen auftreten, wenn die Verteilung von Links- und Rechtsdislokationen oder konkretere Eigenschaften der disloziierten nominalen XPn beleuchtet werden. Bevor jedoch hierauf eingegangen wird, wird zunächst das Auftreten nominaler Dislokationen im Deutschen der untersuchten Kinder dargestellt.

6.1.2 Auftreten und Verteilung nominaler Dislokationen im Deutschen In diesem Abschnitt wird auf Dislokationen im Deutschen der mono- und bilingualen Kinder eingegangen. Zunächst stellt der MLU-Vergleich in Abb. 6.7 die Entwicklung nominaler Dislokationen im Deutschen der untersuchten bilingualen Kinder dar. Anzumerken ist, dass die Kinder im Deutschen grundsätzlich die höchsten MLU-Phasen, die in den vorangegangenen Abschnitten aufgetreten sind, nicht erreichen. Die höchste im Deutschen erzielte MLU-Phase ist die

3 Dies ist aber vermutlich auch auf die Analysemethode zurückzuführen: Da in der vorliegenden Untersuchung nur solche Konstruktionen als Dislokationen gewertet werden, die ein resumptives Element enthalten, ist das spätere Auftreten der Objektdislokation sicherlich auch an die Tatsache gebunden, dass Objektklitika im kindlichen Französischen vergleichsweise spät erworben werden (Schmitz & Müller, 2005, 2008). 4 Die 2. MLU-Phase kann hier nicht getestet werden, da keines der Kinder in dieser Phase Objektdislokationen produziert und somit alle Werte bei Null liegen. Auf Subjektdislokationen und ihren Erwerb in der Entwicklung wird (auch in statistischer Hinsicht) in Kap. 6.2 detaillierter eingegangen.

172 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 10. Phase (5,5-5,99). Anstelle der oben etablierten 13 Phasen liegen hier also nur 10 MLU-Phasen vor. Weiterhin stellt in Abb. 6.7 das Maximum der y-Achse nicht 100 % dar, sondern 50 %, um die Unterschiede zwischen den Kindern besser ablesbar zu machen. 50

relative Häufigkeit nominaler Dislokationen (in %)

45 40 35 Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Chantal (L1) Cosima (L1)

30 25 20 15 10 5 0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

MLU-Phase

Abb. 6.7. Häufigkeit nominaler Dislokationen im Deutschen im MLU-Vergleich

Die Graphik verdeutlicht zunächst einmal, dass die Dislokationsrate bei allen Kindern im Deutschen permanent unter 10 % (meist sogar unter 5 %) liegt und Dislokationen somit sehr selten sind. Die Kinderdaten spiegeln also das adulte deutsche Zielsystem wider, wobei sie geringfügig mehr Dislokationen aufweisen als die Erwachsenen, bei denen die relative Häufigkeit bei maximal 1 % liegt. Obwohl Dislokationen bei allen Kindern selten sind, zeigt sich möglicherweise ein Unterschied zwischen den beiden Kindergruppen. Die monolingualen Kinder äußern durchweg extrem wenig nominale Dislokationen, wenngleich die Werte zu den späteren MLU-Phasen hin minimal ansteigen. Drei der bilingualen Kinder (Alexander, Amelie und Emma) weisen hingegen kurzfristig eine Dislokationsrate auf, die die 5 %-Marke knapp übersteigt, wobei sich diese im Anschluss mit wachsendem MLU wieder der Nulllinie nähert. Hierin könnte man einen möglichen Spracheneinfluss vermuten, auch wenn dieser nicht bei allen Kindern auftritt. Al-

6.1 Nominale Dislokationen

|

173

lerdings sind die relativen Werte so niedrig, dass die Legitimität dieser Annahme fragwürdig ist. Die Dislokationsrate liegt weitestgehend unter der Grenze, zu der im erwachsenen Sprachgebrauch Performanzfehler auftreten (5 % nach Müller et al., 2006, 17), sodass berechtigte Zweifel bestehen, ob hier tatsächlich davon ausgegangen werden kann, dass die bilingualen Kinder signifikant mehr Dislokationen produzieren als die monolingualen. Eine statistische Analyse ergibt, dass zwischen den monolingualen und den bilingualen Kindern in keiner der MLUPhasen ein signifikanter Unterschied im Bezug auf das Auftreten nominaler Dislokationen vorliegt (vgl. Tab. 1.3 im Anhang).⁵ Basierend auf diesem Ergebnis sowie auf der generellen, extrem geringen Frequenz von Dislokationen im Deutschen kann die aufgezeigte Entwicklung nicht als Spracheneinfluss interpretiert werden.

6.1.2.1 Subjekt- und Objektdislokationen Auch für das Deutsche soll untersucht werden, wie das Verhältnis zwischen disloziierten (gedoppelten) Subjekten und Objekten ist. Die Beispieläußerungen in (56) zeigen die verschiedenen Konstellationen von Subjekt- und Objektdislokationen, die in den untersuchten Korpora auftreten. (56)

a. Die anden Männleini , diei wolln auch baden (anden = anderen) (Subjekt-LD; Chantal, 3;2,23) b. Aber deri is da, der Mondi (is = ist)

(Subjekt-RD; Marie, 4;7,28)

c. Und die Leoniei , diei hat mit mir gespielt, die Leoniei (Subjekt-LD/-RD; Cosima, 4;4,8) d. Diei , diei mach ich hier

(Objekt-LD; Emma, 4;11,24)

e. Nein dasi mag ich aber nich, die Giraffni (Giraffn = Giraffen) (Objekt-RD; Alexander, 4;2,16) f. Dasi , dasi kann ich nich, das hieri [...] (Objekt-LD/-RD; Alexander, 2;8,28) Auch für das Deutsche der Kinder wird dem obigen Vorgehen entsprechend zwischen Subjekt- und Objektdislokationen differenziert. Die Ergebnisse für den gesamten Untersuchungszeitraum gehen aus Abb. 6.8 hervor.

5 Die statistische Analyse kann hier für die MLU-Phasen 2-9 vorgenommen werden. In Phase 1 liegen alle Werte – wenn präsent – bei Null, in Phase 10 weisen nur die bilingualen Kinder Werte auf, während die monolingualen Kinder diese MLU-Phase im Untersuchungszeitraum nicht erreichen.

174 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 100%

5 (7,69%)

90%

20 (16,53%)

26 (25,24%)

80%

30 (31,91%)

1 (33,33%)

17 (41,46%)

56 (42,75%)

relative Häufigkeit

70% 60% 50%

Objektdislokation

60 (92,31%)

40%

101 (83,47%)

Subjektdislokation

77 (74,76%)

30%

64 (68,09%)

2 (66,67%)

Céline

Marie

24 (58,54%)

75 (57,25%)

Chantal

Cosima

20% 10% 0% Amélie

Alexander

Emma

bilinguale Kinder

monolinguale Kinder

Abb. 6.8. Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im Deutschen

Im Gegensatz zu den im Französischen verzeichneten Beobachtungen spielen hier Objektdislokationen eine größere Rolle. Dieser Stellenwert der Objektdislokation kann bei den erwachsenen Sprechern nicht verzeichnet werden, wo allerdings die absolute Anzahl nominaler Dislokationen fast bei Null liegt und somit keine Rückschlüsse zulässt. Bei den monolingualen Kindern machen disloziierte Objekte über 40 % aller nominalen Dislokationen aus, bei den bilingualen Kindern schwankt die prozentuale Rate der Objektdislokationen zwischen 8 % und 33 %, wobei die absoluten Werte teilweise sehr gering sind. Als Extremfall kann hier Marie genannt werden, die im gesamten Untersuchungszeitraum im Deutschen nur drei Dislokationen produziert, von denen eine durch ein Objekt repräsentiert ist. Im Durchschnitt machen Objekte bei den monolingualen Kindern 42 % aus, bei den bilingualen Kindern hingegen nur 23 %. Eine statistische Analyse ergibt jedoch, dass es zwischen den beiden Kindergruppen weder signifikante Unterschiede in Bezug auf Subjektdislokationen (W=7, p=0.571; n1 =2, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben) noch im Hinblick auf Objektdislokationen (W=3, p=0.571; n1 =2, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben) gibt. Auch für das Deutsche wird der Erwerbsverlauf von Subjekt- und Objektdislokationen im Verhältnis zueinander und in Abhängigkeit vom MLU analysiert, was aus Abb. 6.9 hervorgeht.

6.1 Nominale Dislokationen

|

175

relative Häufigkeit von Subjektdislokationen im Vergleich zu Objektdislokationen (in %)

100 90 80 70 60

Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Chantal (L1) Cosima (L1)

50 40 30 20 10 0

1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

MLU-Phase

Abb. 6.9. Häufigkeit von Subjekt- und Objektdislokationen im Deutschen im MLU-Vergleich

Die Werte weisen starke Schwankungen auf, was im Wesentlichen auf die geringen absoluten Werte zurückgeht, durch welche schnell extreme Prozentzahlen von 0 % oder 100 % erreicht werden. Dennoch zeigt sich, dass von den meisten Kindern durchweg mehr Subjekte als Objekte disloziiert werden. Die Abbildung suggeriert außerdem vage, dass die bilingualen Kinder vor allem in den mittleren MLU-Phasen mehr Subjekte (und dem zufolge weniger Objekte) disloziieren als die monolingualen Kinder. Während zweiseitige statistische Berechnungen das Ergebnis hervorbringen, dass es in keiner MLU-Phase systematische, signifikante Unterschiede zwischen den mono- und den bilingualen Kindern in Bezug auf das Auftreten von Subjekt- und Objektdislokationen gibt (vgl. Tab. 1.4 und 1.5 im Anhang), zeigt ein einseitiger Test, dass die monolingualen Kinder nur in Phase 5 signifikant weniger Subjekte disloziieren als die bilingualen Kinder (W=0, p=0.048; n1 =2, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben). Dass es sich hierbei um einen systematischen Spracheneinfluss handelt, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Insgesamt kann festgehalten werden, dass Objekte im kindlichen Deutschen relativ betrachtet häufiger disloziiert werden als im Französischen. Gleichzeitig kann jedoch kein eindeutiger Spracheneinfluss verzeichnet werden, ebenso wie keine einheitliche, versetzte Erwerbsreihenfolge von Subjekt- und Objektdislokationen zu verzeichnen ist. Grundsätzlich darf nicht vergessen werden, dass Dislokatio-

176 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung nen im Deutschen insgesamt, im Verhältnis zu Äußerungen ohne disloziierte Elemente, extrem selten auftreten.

6.1.2.2 Links- und Rechtsdislokationen Abschließend wird auf das Auftreten links- und rechtsdisloziierter Elemente im Deutschen eingegangen (eine solche Analyse wird für die französischen Kinder erst in Kap. 6.2 speziell für disloziierte Subjekte erfolgen). Aus Abb. 6.10 geht die allgemeine Verteilung links- und rechtsdisloziierter nominaler XPn im Deutschen der mono- und bilingualen Kinder hervor. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

82 (65,6%)

41 (63,08%)

70 (74,47%)

82 (79,61%)

76 (57,14%)

2 (66,67%) 35 (85,37%)

Rechtsdislokation

50%

Linksdislokation

40% 30% 20% 10%

43 (34,4%)

24 (36,92%)

24 (25,53%)

21 (20,39%)

57 (42,86%)

1 (33,33%) 6 (14,63%)

0% Emma

Céline Marie Alexander bilinguale Kinder

Amélie

Chantal Cosima monolinguale Kinder

Abb. 6.10. Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im Deutschen

Interessanterweise zeigt sich hier die in der Literatur häufig beschriebene Beobachtung, dass Kinder Rechtsdislokationen bevorzugen. Dies gilt sowohl für die einsprachigen als auch für die zweisprachigen Kinder. Bei den monolingualen Kindern liegt die durchschnittliche Rechtsdislokationsrate gemittelt bei 64 %, bei den bilingualen bei etwa 71 %. Eine statistische Analyse ergibt weder signifikante Unterschiede in Bezug auf die Linksdislokation (W=5, p=1.0; n1 =2, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben) noch im Hinblick auf die Rechtsdislokation (W=7,

6.1 Nominale Dislokationen

|

177

p=0.571; n1 =2, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben). Die Präferenz der RD deutet sich sehr vage auch im erwachsenen Sprachgebrauch an (vgl. Kap. 5.4.2), was aber aufgrund der geringen Datenbasis nicht als aussagekräftig beurteilt werden kann. Die Kinderdaten suggerieren nun ebenfalls, dass im Deutschen die RD den geläufigeren Dislokationstyp darstellt, wobei auch hier das generelle Auftreten von Dislokationen selten ist. Auch hier soll der Frage nachgegangen werden, ob es im Erwerbsverlauf Unterschiede zwischen den Kindergruppen gibt. Dies geschieht anhand des MLUVergleichs in Abb. 6.11, wo erneut starke Schwankungen auftreten. Diese sind, wie bereits oben beschrieben, auf die geringen absoluten Werte zurückzuführen, aufgrund derer es schnell zu extremen prozentualen Werten kommt.

relative Häufigkeit von Linksdislokationen im Verhältnis zu Rechtsdislokationen (in %)

100 90 80 70 60

Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Chantal (L1) Cosima (L1)

50 40 30 20 10 0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

MLU-Phase

Abb. 6.11. Häufigkeit von Links- und Rechtsdislokationen im Deutschen im MLU-Vergleich

Hier zeigt sich keine klare Entwicklung in der Form, dass Kinder zunächst nur LDn oder RDn verwenden und den anderen Dislokationstyp erst später erwerben. Stattdessen scheint es, dass die Kinder im gesamten Untersuchungszeitraum tendenziell eher die Rechtsdislokation bevorzugen. Unterschiede zwischen den monolingualen und den bilingualen Kindern sind hierbei nicht ersichtlich. Dies bestätigt auch eine statistische Analyse, die für keine MLU-Phase signifikante Un-

178 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung terschiede zwischen den Gruppen hervorbringt; dies gilt sowohl für Links- als auch für Rechtsdislokationen (vgl. Tab. 1.6 und 1.7 im Anhang). Darüber hinaus hat auch im Deutschen die sprachliche (Un)balanciertheit der Kinder keinen Einfluss auf den Gebrauch von Dislokationsstrukturen.

6.1.3 Zusammenfassung Dieses Kapitel hat gezeigt, dass für die deutsch-französisch bilingualen Kinder im Bezug auf nominale Dislokationen kein eindeutiger Spracheneinfluss belegt werden kann. Wie die monolingualen Kinder produzieren auch die bilingualen im Französischen deutlich häufiger Dislokationen als im Deutschen, sodass sich ein quantitativer Unterschied zwischen den beiden involvierten Sprachen zeigt, nicht aber zwischen den Kindergruppen innerhalb der jeweiligen Sprachen. Insgesamt verläuft der Dislokationserwerb außerdem unabhängig von eventuell auftretenden Sprachdominanzen. Im Französischen aller Kinder sind nominale Dislokationen nicht nur relativ häufig, sondern treten auch sehr früh im Erwerb auf. Bei den meisten Kindern sind sie schon mit Einsetzen der Longitudinalstudien (im Alter von 2 Jahren oder noch früher) vorhanden. Eine quantitative Entwicklung in Abhängigkeit vom MLU der Kinder ist hingegen kaum zu beobachten. Im Gegensatz zum Französischen bleibt die Rate nominaler Dislokationen bei den Kindern im Deutschen permanent sehr niedrig. Wenngleich einige bilinguale Kinder minimal mehr Dislokationen aufweisen als die monolingualen, erreicht diese Diskrepanz kein Level, auf dessen Basis von einem Spracheneinfluss gesprochen werden kann. Hinsichtlich des Vergleichs zwischen Subjekt- und Objektdislokationen kann im Französischen eine klare Dominanz zugunsten disloziierter Subjekte verzeichnet werden. Dies deckt sich mit den in der Literatur dargestellten Beobachtungen und geht vermutlich damit einher, dass Subjekte (übereinzelsprachlich) tendenziell häufiger das Satztopik darstellen als Objekte. Auch hier zeigen sich keine Entwicklungstendenzen: Subjekte überwiegen zu jedem Erwerbszeitpunkt. Weder in der allgemeinen quantitativen Distribution von Subjekt- und Objektdislokationen noch im Erwerbsverlauf gibt es systematische Unterschiede zwischen den monolingualen und den bilingualen Kindern. Im Deutschen findet sich die klare Dominanz disloziierter Subjekte nicht wieder: Hier machen Objektdislokationen bei den bilingualen Kindern bis zu 33 % und bei den monolingualen Kindern sogar bis zu 42 % aus. Bei den bilingualen Kindern sind Objektdisloktionen also etwas seltener als bei den bilingualen. Ob es sich hierbei aber um einen Spracheneinfluss aus dem Französischen handelt, ist nicht klar zu beantworten. Einerseits wird dies durch die statistische Analyse nicht befürwortet, andererseits ist die Da-

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

179

tenlage im Deutschen generell sehr gering, sodass keine weitreichenden Schlussfolgerungen gezogen werden können. Klare Erwerbstendenzen gemessen an der MLU-Entwicklung können nicht verzeichnet werden. In Bezug auf Links- und Rechtsdislokationen kann für das Deutsche gezeigt werden, dass sowohl die monolingualen als auch die bilingualen Kinder die RD bevorzugt verwenden. Auch hierbei weichen die bilingualen Kinder nicht systematisch von den monolingualen Kindern ab, sodass kein Spracheneinfluss verzeichnet werden kann. Ebenso zeigt sich keine frequenzielle Verschiebung des Gebrauchs der Links- und Rechtsdislokation mit fortschreitendem Erwerb. Somit kann vorsichtig geschlussfolgert werden, dass die Präferenz der Rechtsdislokation keine kindliche Erwerbsstrategie ist, sondern generell mit dem deutschen Zielsystem verbunden ist. Dies wird (ebenfalls nur sehr vage) durch die Daten der erwachsenen Sprecher in Kap. 5.4.2 gestützt, wo die absoluten Zahlen allerdings noch geringer sind. Insgesamt zeigt sich also weder im Hinblick auf das Auftreten von Dislokationen generell noch in Bezug auf Subjekt- und Objekt- sowie Links- und Rechtsdislokationen ein Spracheneinfluss, dem zufolge die bilingualen Kinder systematisch vom monolingualen Erwerb abweichen. Wie dies erklärt werden kann, wird in Kap. 6.3 diskutiert. Im Folgenden wird nun im Detail auf disloziierte (gedoppelte) Subjekte im kindlichen Spracherwerb des Französischen eingegangen, wobei auch qualitative Aspekte berücksichtigt werden.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen In Kap. 6.1 wurde gezeigt, dass Dislokationen im Französischen schon bei sehr jungen Kindern ein frequentes Merkmal der gesprochenen Sprache sind. Da die französischen Kinder überwiegend Subjekte disloziieren (vgl. Kap. 6.1.1), wird in diesem Kapitel gesondert auf den Erwerb dieser resumptiven Subjektdislokation eingegangen. Diesbezüglich wurden in der einschlägigen Forschungsliteratur konkrete Modelle entwickelt, die anhand der hier erhobenen Daten ebenfalls überprüft werden. Nach einer Darstellung des generellen Auftretens und des Erwerbsverlaufs bezüglich der Subjektdislokation soll vor allem die Verteilung von Subjekt-Linksund -Rechtsdislokationen skizziert werden. Gleichermaßen werden qualitative Aspekte der Subjekt-LD und -RD analysiert, nämlich die grammatische Person sowie die grammatische Kategorie des Subjekts. Im Anschluss daran werden die Modelle, die in Kap. 4.3 in ihren Grundzügen dargestellt wurden, anhand der hier erhobenen Daten diskutiert.

180 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 6.2.1 Das Auftreten von Subjektdislokationen Im Folgenden wird das Auftreten von Subjektdislokationen im kindlichen Spracherwerb der mono- und bilingualen Kinder im Französischen dargestellt. Abb. 6.12 zeigt den relativen Anteil, den Subjektdislokationen an der Gesamtanzahl aller untersuchten französischen Äußerungen ausmachen, ohne den Erwerbsprozess zu berücksichtigen; auch die absoluten Werte sind in den Diagrammsäulen abzulesen. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

3.035 1.660 3.257 4.556 2.193 (78,65%) (80,35%) (81,18%) (83,61%) (84,90%)

4.272 4.034 1.079 (84,43%) (84,46%) (86,25%)

Äußerungen ohne Subjektdislokation Äußerungen mit Subjektdislokation

50% 40% 30% 20% 10%

824 406 755 893 390 (21,35%) (19,65%) (18,82%) (16,39%) (15,10%)

788 742 172 (15,57%) (15,54%) (13,75%)

0% Emma

Céline

Alexander

Amélie

bilinguale Kinder

Marie

Philippe Madeleine Léonard monolinguale Kinder

Abb. 6.12. Häufigkeit von Subjektdislokationen im Französischen

Trotz geringer Variation zeigt sich hier ein recht einheitliches Bild für alle Kinder, d. h. sowohl für die monolingualen als auch für die bilingualen Spracherwerber. In etwa 14-21 % aller finiten französischen Deklarativsätze disloziieren die Kinder das Subjekt des Satzes. Die monolingualen Kinder sowie die bilinguale Marie produzieren hierbei mit 14-16 % etwas weniger disloziierte Subjekte als die anderen (bilingualen) Kinder, bei denen die Rate bei 16-21 % liegt. Dieser Unterschied ist jedoch statistisch nicht signifikant, wie bereits in Kap. 6.1.1 gezeigt wurde. Um den Erwerbsprozess zu beleuchten, wird in Abb. 6.13 die Entwicklung der Subjektdislokationsrate in Abhängigkeit vom MLU dargestellt. Hier ergibt sich an-

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 181

relative Häufigkeit von Subjektdislokationen im Verhältnis zu allen Äußerungen (in %)

50 45 40 35 Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1)

30 25 20 15 10 5 0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

MLU-Phase

Abb. 6.13. Häufigkeit von Subjektdislokationen im Französischen im MLU-Vergleich

nähernd das gleiche Bild wie in Abb. 6.4, wo der MLU-Vergleich aller nominalen Dislokationen im kindlichen Französischen gezeigt wurde. Dies ist nicht verwunderlich, da der Großteil aller Dislokationen Subjekte betrifft, welche nun hier im Detail analysiert werden. In den ersten MLU-Phasen weisen die Kinder recht wenige Subjektdislokationen im Vergleich zur Gesamtanzahl aller finiten Äußerungen auf. Ab einem MLU von 2,5 verhalten sich alle Kinder relativ einheitlich, indem sie Subjekte zu zwischen 10 % und 20 % disloziieren. Einige Kinder weisen in einzelnen MLU-Phasen sogar noch höhere Werte auf. Der monolingual französische Philippe befindet sich zu Beginn seiner Sprachdokumentation bereits in der fünften MLU-Phase (3,0-3,49) und äußert Dislokationen ebenfalls mit einer relativen Häufigkeit von 20 %. Auch in Bezug auf französische Subjektdislokationen wird geprüft, ob es in einzelnen Entwicklungsphasen statistisch signifikante Unterschiede zwischen den mono- und bilingualen Kindern gibt. Während ein zweiseitiger Signifikanztest keine Unterschiede zwischen den Kindergruppen hervorbringt (vgl. Tab. 1.8 im Anhang), zeigt ein einseitiger Test, dass die bilingualen Kinder in der 7. und 8. MLU-Phase signifikant mehr Subjektdislokationen produzieren als die monolingualen Kinder. Hierbei liegen die Werte in beiden Phasen jeweils genau an der Signifikanzgrenze (W=9, p=0.05; n1 =3, n2 =3; einseitig; unverbundene Stichpro-

182 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung ben). Ob das Auftreten signifikanter Unterschiede in ausschließlich zwei MLUPhasen in der Mitte des Erwerbsprozesses aber tatsächlich auf einen Spracheneinfluss hindeutet, ist fragwürdig, sodass eine solche Schlussfolgerung hier nicht eindeutig gezogen werden kann. Insgesamt kann keinerlei Effekt des Grades der sprachlichen (Un)balanciertheit der Kinder verzeichnet werden: Alexander, Emma und Marie, die das Französische als dominante Sprache erwerben, unterscheiden sich nicht systematisch von Amélie oder Céline, die balanciert bzw. dominant im Deutschen sind.

6.2.2 Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen und ihre Eigenschaften Im Folgenden wird zwischen Subjekt-Links und -Rechtsdislokationen differenziert; dabei wird auch der Frage nachgegangen, welcher grammatischen Kategorie die disloziierten Konstituenten entsprechen. Die Verteilung von Subjekt-LDn und -RDn für den gesamten Untersuchungszeitraum geht aus Abb. 6.14 hervor. 100% 90%

47 (11,52%)

167 (18,53%)

164 (21,27%)

88 (22,45%)

204 (23,89%)

103 (13,83%) 55 (31,43%)

80%

406 (49,45%)

relative Häufigkeit

70% 60%

SubjektRechtsdislokation SubjektLinksdislokation

50% 40%

361 (88,48%)

734 (81,47%)

607 (78,73%)

304 (77,55%)

650 (76,11%)

642 (86,17%) 120 (68,57%)

30%

415 (50,55%)

20% 10% 0% Céline

Amélie

Alexander

bilinguale Kinder

Marie

Emma

Madeleine

Léonard

Philippe

monolinguale Kinder

Abb. 6.14. Häufigkeit von Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen im Französischen

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 183

Zunächst wird deutlich, dass alle Kinder Subjekte häufiger links- als rechtsdisloziieren. Eine Ausnahme stellt Philippe dar, der beide Strukturen etwa gleich häufig produziert. Die von Labelle & Valois (1996) verzeichnete Beobachtung, dass im frühen Spracherwerb des Französischen rechtsdisloziierte Subjekte gegenüber linksdisloziierten präferiert werden, kann also anhand der hier analysierten Daten nicht bestätigt werden. Außerdem können keine systematischen Unterschiede zwischen den Kindergruppen konstatiert werden. Obwohl die monolingualen Kinder durchschnittlich mehr Subjekt-Rechtsdislokationen produzieren als die bilingualen Kinder (32 % vs. 20 %), weisen Madeleine und Léonard ähnliche Muster wie die bilingualen Kinder auf, sodass die Diskrepanz im Wesentlichen auf Philippe zurückgeht. Dass es sich hier nicht um systematische Abweichungen zwischen den beiden Kindergruppen handelt, wird durch statistische Berechnungen gestützt: Die monolingual französischen Kinder unterscheiden sich von den bilingualen Kindern weder signifikant in Bezug auf linksdisloziierte Subjekte (W=10, p=0.571; n1 =3, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben) noch im Hinblick auf Subjekt-Rechtsdislokationen (W=8, p=1.0; n1 =3, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben). Neben der Annahme, dass französische Kinder generell mehr rechts- als linksdisloziierte Subjekte produzieren, geht aus der Literatur auch die Beobachtung hervor, dass Kinder früher mit der Produktion von Rechtsdislokationen beginnen (vgl. z. B. De Cat, 2000a,b; Friedemann, 1993/94; Labelle & Valois, 1996; Notley et al., 2007). Dies würde bedeuten, dass Subjekt-Rechtsdislokationen in einem früheren Alter häufiger wären und erst später durch Subjekt-Linksdislokationen teilweise ‚abgelöst‘ würden. In diesem Zusammenhang könnte der teilweise divergierende zeitliche Untersuchungsumfang der in der vorliegenden Studie analysierten Kinder problematisch sein. Während Léonard und Philippe, deren Daten aus der CHILDES-Datenbank stammen, nur bis zu einem Alter von 3;2/3;3 Jahren untersucht werden können, erstreckt sich die Analyse der anderen Kinder bis hin zu einem Alter zwischen 4;10 und 5;4 Jahren (vgl. auch Tab. 5.1 und 5.2 in Kap. 5). Dies könnte das sich ergebende Bild verzerren. Tatsächlich sind Léonard und Philippe die beiden Kinder, die im prozentualen Vergleich die meisten Subjekt-Rechtsdislokationen produzieren, was also möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass ihre späteren Erwerbsphasen durch die Untersuchung nicht erfasst wurden. Um einen solchen verzerrenden Effekt auszuschließen, wurde die gleiche Analyse noch einmal durchgeführt, wobei bei allen Kindern nur die Daten bis einschließlich zu einem Alter von 3;2 Jahren eingeflossen sind. Die Ergebnisse werden in Abb. 6.15 dargestellt. Es wird deutlich, dass sich die Tendenzen kaum ändern und die unterschiedlich lange Betrachtung der Kinder in Bezug auf die relative Verteilung links- und rechtsdisloziierter Subjekte keinen Effekt hat. Auch die statistische Auswertung

184 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 100% 90%

5 (15,15%)

74 (21,02%)

76 (23,46%)

102 (28,02%)

42 (28,77%)

69 (16,05%) 55 (31,43%)

80%

391 (49,75%)

relative Häufigkeit

70% 60%

SubjektRechtsdislokation

50% 40%

28 (84,85%)

278 (78,98%)

248 (76,54%)

262 (71,98%)

104 (71,23%)

SubjektLinksdislokation

361 (83,95%) 120 (68,57%)

30%

395 (50,25%)

20% 10% 0% Céline

Amélie

Alexander

Emma

bilinguale Kinder

Marie

Madeleine

Léonard

Philippe

monolinguale Kinder

Abb. 6.15. Häufigkeit von Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen im Französischen bis zum Alter von 3;2 Jahren

bringt erneut hervor, dass die monolingualen Kinder weder signifikant weniger Subjekt-Linksdislokationen (W=8, p=0.5; n1 =3, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben) noch signifikant mehr Subjekt-Rechtsdislokationen äußern als die bilingualen Kinder (W=6, p=0.714; n1 =3, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben). Nach diesen allgemeinen Beobachtungen soll nun untersucht werden, ob bei den Kindern eine Entwicklungstendenz in Bezug auf links- und rechtsdisloziierte Subjekte zu verzeichnen ist. Abb. 6.16 stellt die Entwicklung der mono- und bilingualen Kinder hinsichtlich der Subjekt-Links- und -Rechtsdislokation in Abhängigkeit vom MLU dar. Generell zeigen die Kinder tatsächlich eine Tendenz dahingehend, dass sie zu Beginn mehr Subjekt-RDn aufweisen (bzw. Subjekte gleichermaßen nach links und nach rechts disloziieren), wohingegen sie mit zunehmendem Alter stärker die LD favorisieren. Von diesem Muster weichen lediglich Alexander und Emma ab, die bereits in den frühen MLU-Phasen disloziierte Subjekte überwiegend in der linken Peripherie positionieren. Hier muss jedoch kritisch angemerkt werden, dass die absolute Anzahl disloziierter Subjekte in diesen frühen Phasen, in denen Kinder nicht nur kürzere, sondern meist auch weniger Sätze äußern, sehr nied-

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 185

rig ist. So entsprechen die 100 % in Alexanders erster MLU-Phase insgesamt zwei Subjekt-Linksdislokationen, während rechtsdisloziierte Subjekte nicht auftreten. Gleichermaßen äußert Emma in ihrer frühesten MLU-Phase insgesamt lediglich vier links- und ein einziges rechtsdisloziiertes Subjekt, woraus sich die LD-Rate von 80 % ergibt. Während die monolingualen Kinder Léonard und Madeleine sich in etwa so verhalten, wie es für die bilingualen Kinder skizziert wurde, weicht Philippe auch im Entwicklungsverlauf hiervon ab. Bei ihm dominieren ebenfalls zunächst rechtsdisloziierte Subjekte. Im Vergleich zu den anderen Kindern fängt Philippe aber erst mit einem deutlich höheren MLU an, mehr linksdisloziierte Subjekte zu produzieren und selbst in seiner letzten MLU-Phase verbleibt seine Subjekt-LD-Rate unterhalb der von den anderen Kindern erzielten Werte. Generell scheint es keine systematischen Unterschiede zwischen den mono- und den bilingualen Kinder zu geben, was auch eine statistische Analyse bestätigt. Hier zeigen sich in keiner MLU-Phase signifikante Unterschiede zwischen den monound bilingualen Kindern im Hinblick auf die Frequenz von Subjekt-Links- oder Subjekt-Rechtsdislokationen (vgl. Tab. 1.9 und 1.10 im Anhang).

relative Häufigkeit von Subjekt-Linksdislokation im Vergleich zu Subjekt-Rechtsdislokationen (in %)

100 90 80 70 Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1)

60 50 40 30 20 10 0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

MLU-Phase

Abb. 6.16. Häufigkeit von Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen im Französischen im MLUVergleich

186 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Insgesamt ergibt die Untersuchung also, dass die Kinder zunächst zumindest tendenziell Subjekt-RDn präferieren und mit ansteigendem MLU die Linksdislokation von Subjekten stark zunimmt, sodass diese insgesamt betrachtet schließlich quantitativ überwiegt. Dennoch treten beide Strukturen gleichzeitig und schon sehr früh im Erwerb auf. In keiner der Entwicklungsphasen gibt es systematische Unterschiede zwischen den monolingualen und den bilingualen Kindern. Es kann also kein Spracheneinfluss des Deutschen auf das Französische verzeichnet werden, dem zufolge die bilingualen Kinder eine andere Verteilung links- und rechtsdisloziierter Subjekte haben als die einsprachigen Kinder. Nach der quantitativen Analyse soll auf zwei qualitative Aspekte der Subjektdislokationen im Französischen der analysierten Kinder eingegangen werden. Als erstes werden die Subjektdislokationen nach grammatischer Person differenziert, bevor in einem zweiten Schritt auf die grammatische Kategorie des disloziierten Subjekts eingegangen wird.

6.2.2.1 Grammatische Person links- und rechtsdisloziierter Subjekte Zunächst wird also untersucht, welcher grammatischen Person in Verbindung mit dem Numerus das disloziierte Subjekt entspricht. In einer einzigen Äußerung kann der Numerus nicht eindeutig identifiziert werden: (57)

Z’ailei i’i manque ?-Flügel er/sie fehlt (a) Der Flügel fehlt oder (b) Die Flügel fehlen

(Emma, 3;8,26)

Zwar wurde die Äußerung so transkribiert, dass es sich bei dem disloziierten Subjekt um die 3. Person Singular handelt, jedoch könnte hier auch der Plural intendiert sein. Die Kürzung des resumptiven Pronomens zu i’ könnte sich sowohl auf il als auch auf ils bezogen haben, und auch die Verbformen manque im Singular und manquent im Plural sind homophon und weisen die phonetische Form /mã:k/ auf. Ebenso gibt auch die linksdisloziierte Konstituente keine zuverlässige Evidenz im Hinblick auf den Numerus. Das Kind realisiert das vokalisch anlautende Nomen aile als [zɛl], was von der Liaison der pluralischen DP les ailes herrührt. Jedoch übergeneralisieren Kinder diese mitunter, indem sie auch Äußerungen wie un zéléphant realisieren; dies hat vermutlich mit der lautlichen Segmentierung zu tun, die vom adulten Sprachsystem abweicht. Auch der außersprachliche Kontext kann in diesem Fall nicht klären, ob das Subjekt auf den Singular oder den Plural referiert. Da nur eine einzige Äußerung dieser Art auftritt, wird hierfür keine eigene Kategorie eingeführt; stattdessen wird diese Äußerung von der Analyse ausgeschlossen.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 187

Die relative Verteilung der Subjektdislokationen im Französischen aller Kinder in Abhängigkeit von der grammatischen Person grammatische Person wird in Abb. 6.17 dargestellt. Aus der integrierten Datentabelle gehen zusätzlich die absoluten Werte hervor. In der Abbildung steht 1./2./3. Sg für die 1./2./3. Person Singular, wohingegen 1./2./3. Pl sich auf die 1./2./3. Person Plural bezieht.⁶

100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 3. Pl 2. Pl 1. Pl 3. Sg 2. Sg 1. Sg

60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 3. Pl 2. Pl 1. Pl 3. Sg 2. Sg 1. Sg

Alexander

Amélie

Céline

Emma

Marie

Léonard

Madeleine

Philippe

87 1 14 419 37 215

34 0 1 630 46 191

14 0 5 266 32 92

62 0 7 479 34 271

53 0 6 286 12 36

4 0 0 124 2 45

31 1 7 415 26 265

66 0 0 653 6 96

bilinguale Kinder

monolinguale Kinder

Abb. 6.17. Grammatische Person disloziierter Subjekte im Französischen

Die meisten disloziierten Subjekte stehen im Singular. Weiterhin wird deutlich, dass der Großteil der 3. Person Singular entspricht, gefolgt von der 1. Person Singular. Die 2. Person Singular sowie die 3. Person Plural sind bei allen Kindern vorhanden, bei manchen jedoch sehr selten. Subjekte der 2. Person Plural werden – mit Ausnahme jeweils einer Äußerung bei Alexander und Madeleine – überhaupt nicht disloziiert. Dies ist jedoch mit Hinblick auf den situativen Kontext nicht erstaunlich: Die Sprachaufnahmen sind in der Regel dadurch gekennzeich-

6 Das klitische Pronomen on wird aufgrund seiner morphosyntaktischen Eigenschaften als 3. Person Singular kategorisiert. Eine Ausnahme stellen solche Äußerungen dar, in dem es mit dem starken Pronomen nous koreferent ist; hier wurde die entsprechende Äußerung als 1. Person Plural gewertet.

188 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung net, dass das untersuchte Kind mit einem Erwachsenen interagiert.⁷ Das Kind hat also kaum Gelegenheit, die 2. Person Plural zu verwenden, außer wenn es von der Aufnahmesituation abstrahiert oder sich im Rollenspiel eine entsprechende Situation ergibt. Subjekt-Konstituenten der 1. Person Plural werden von allen bilingualen Kindern (wenn auch äußerst selten) in Dislokationsstrukturen verwendet, tauchen aber in der Gruppe der monolingualen Kinder lediglich bei Madeleine auf. Möglicherweise kommt diese Person bei Léonard und Philippe nicht vor, da ihre Studien bereits im Alter von 3;2/3;3 enden, wohingegen alle anderen Kinder bis etwa 5;0 untersucht werden. Es könnte also sein, dass entweder der Erwerb der 1. und 2. Person Plural generell später einsetzt oder Kinder erst mit höherem Alter losgelöst vom ‚Hier und Jetzt‘ sprechen. Grundsätzlich sind diese Formen aber bei allen Kindern marginal. Insgesamt lassen sich keine systematischen Unterschiede zwischen den mono- und bilingualen Kindern festmachen, wenn man die grammatische Person bzw. den Numerus der disloziierten Subjekte betrachtet. Dieser Eindruck wird auch durch eine statistische Analyse bestärkt, welche in dieser Hinsicht keinerlei signifikante Unterschiede zwischen beiden Kindergruppen hervorbringt (vgl. Tab. 1.11 im Anhang). Interessant ist aber auch die Frage, ob es Unterschiede im Hinblick auf die grammatische Person des Subjekts gibt, wenn man zwischen Links- und Rechtsdislokationen differenziert. Eine solche Gegenüberstellung geht aus Abb. 6.18 hervor. Hier werden jeweils die Subjekt-LDn und Subjekt-RDn eines Kindes nebeneinander dargestellt, sodass sie miteinander verglichen werden können. Pluralische Subjekte spielen sowohl bei der Links- als auch bei der Rechtsdislokation eine untergeordnete Rolle, während die große Mehrheit der disloziierten Subjekte auf den Singular referiert. Bei allen Kindern sind Subjektdislokationen der 1. Person Singular in der linken Peripherie frequenter als bei Rechtsdislokationen (wenngleich diese Tendenz bei Marie nicht so stark ausgeprägt ist). Das Gegenteil ist für die 3. Person Singular der Fall, die in Rechtsdislokationen prozentual betrachtet bei fast allen Kindern wesentlich häufiger das Subjekt repräsentiert als in Linksdislokationen. Auch die 3. Person Plural ist bei Subjekt-Rechtsdislokationen bei den meisten Kindern stärker vertreten als bei Subjekt-Linksdislokationen, mindestens aber gleich häufig (bei Philippe). Die 1. und 2. Person Plural treten in beiden Fällen gleich selten auf, wenn sie überhaupt realisiert werden. Für die 2. Person Singular lässt sich keine systematische

7 Bei den Aufnahmen der bilingualen Kinder ist zwar stets ein zweiter Erwachsener anwesend, der die Kamera hält. Allerdings spricht dieser i. d. R. die jeweils andere Sprache, was die Kinder bereits sehr früh verstehen und befolgen. Des Weiteren bringt der filmende Erwachsene sich zu keinem Zeitpunkt aktiv in die Aufnahme bzw. in die Spiel- und Kommunikationssituation ein.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 189

100% 90%

relative Häufigkeit

80% 70%

3. Pl 2. Pl 1. Pl 3. Sg 2. Sg 1. Sg

60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

Alexander

Amélie

Céline

Emma

Marie

Léonard

Madeleine

Philippe

3. Pl

53 34

18 16

9

5

32 30

38 15

2

2

18 13

34 32

2. Pl

0

1

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

1

0

0

0

1. Pl

10

4

1

0

5

0

5

2

5

1

0

0

4

3

0

0

3. Sg 313 106 2. Sg 35 2

511 119 9

30

2

32

2

8

4

2

0

26

1. Sg 197 18

168 23

89

3

246 25

31

5

37

8

249 16

37

229 37

bilinguale Kinder

334 145

223 63

79 45

344 71

314 339

0

4

2

63 33

monolinguale Kinder

Abb. 6.18. Grammatische Person links- und rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen

Tendenz in Bezug auf ihr Auftreten in Subjekt-LDn und Subjekt-RDn verzeichnen. Als wesentliche Beobachtung geht aus Abb. 6.18 also hervor, dass in der linken Peripherie häufiger die 1. Person Singular das disloziierte Subjekt darstellt, bei Rechtsdislokationen hingegen die 3. Person (Singular).⁸ Auch hier wurde mittels eines statistischen Tests geprüft, ob es in Bezug auf die grammatische Person links- und rechtsdisloziierter Subjekte Unterschiede zwischen den monolingualen und den bilingualen Kindern gibt (vgl. Tab. 1.12 und 1.13 im Anhang). Hierbei ergeben sich keinerlei signifikante Abweichungen zwischen beiden Kindergruppen. Eine weitere interessante Frage ist, wie sich die Subjektdislokation in Bezug auf die grammatische Person im Erwerbsverlauf entwickelt. Dies wird im Folgenden separat für links- und rechtsdisloziierte Subjekte in Abhängigkeit vom MLU dargestellt. Zu diesem Zweck wurden für die einzelnen MLU-Phasen jeweils die Werte aller bilingualen bzw. monolingualen Kinder zusammengezogen. Abb. 6.19 zeigt die Daten der bilingualen Kinder hinsichtlich der linken Peripherie. Es wer-

8 Hierbei darf nicht vergessen werden, dass insgesamt betrachtet die 3. Person Singular sowohl bei LDn als auch bei RDn die am häufigsten disloziierte Subjekt-Form darstellt.

190 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung den jeweils nur die relevanten MLU-Phasen berücksichtigt, d. h. solche, in denen auch linksdisloziierte Subjekte aufgetreten sind. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70%

3. Pl 2. Pl 1. Pl 3. Sg 2. Sg 1. Sg

60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

1,5 - 1,99 2,0 - 2,49 2,5 - 2,99 3,0 - 3,49 3,5 - 3,99 4,0 - 4,49 4,5 - 4,99 5,0 - 5,45 5,5 - 5,99 6,0 - 6,49 6,5 - 6,99

3. Pl

0

0

1

3

9

17

25

19

57

18

1

2. Pl

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

0

1. Pl

0

0

0

1

3

3

5

6

6

1

1

3. Sg

6

20

74

80

272

282

281

229

250

102

14

2. Sg

0

0

2

4

19

28

23

20

29

13

4

1. Sg

0

1

5

23

90

97

179

124

123

67

22

MLU-Phase

Abb. 6.19. Grammatische Person linksdisloziierter Subjekte im Französischen der bilingualen Kinder im MLU-Vergleich

Es zeigt sich, dass zunächst ausschließlich Subjekte der 3. Person Singular disloziiert werden, welche ohnehin die dominanteste Kategorie der Subjekt-LD darstellen. Die absoluten Werte sind hier noch sehr niedrig. Ab einem MLU von 2 treten auch andere grammatische Personen auf, insbesondere die 1. Person Singular und später die 3. Person Plural. Auch Subjekte in der 2. Person werden disloziiert, wobei diese im Singular mit zunehmendem MLU prozentual steigen, im Plural hingegen durchweg marginal bleiben. Dass Kinder zunächst verstärkt Subjekte der 3. Person Singular produzieren, ist nicht verwunderlich. So beobachtet auch Ferdinand (1996) eine anfängliche Übergeneralisierung der 3. Person Singular bei Subjekten im kindlichen Spracherwerb des Französischen. Diese ist laut ihr dadurch bedingt, dass „speaker-dependent reference and the concept of plurality are initially absent“ (Ferdinand, 1996, 76). Die Dominanz dieser grammatischen Person ist also nicht speziell auf den Dislokationserwerb zurückzuführen, sondern auf generelle (linguistische und kognitive) Entwicklungen im spracherwer-

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

191

benden Individuum. Diese Tendenz sollte sich dann auch bei den monolingualen Kindern und in den Subjekt-Rechtsdislokationen beider Kindergruppen zeigen. Der MLU-Vergleich der Subjekt-Linksdislokationen bei den monolingual französischen Kindern differenziert nach grammatischer Person geht aus Abb. 6.20 hervor. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 3. Pl 2. Pl 1. Pl 3. Sg 2. Sg 1. Sg

60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

3. Pl

0

0

0

0

0

7

6

6

31

4

2. Pl

0

0

0

0

0

0

0

0

0

1

1. Pl

0

0

0

0

0

0

0

2

2

0

3. Sg

7

2

20

50

65

87

56

120

273

57

2. Sg

0

0

0

1

0

4

4

6

16

1

1. Sg

0

0

1

31

22

58

38

112

73

14

MLU-Phase

Abb. 6.20. Grammatische Person linksdisloziierter Subjekte im Französischen der monolingualen Kinder im MLU-Vergleich

Die Datenauswertung der monolingualen Kinder ist problematischer, da zwei der drei Kinder nur bis zum Alter von 3;2/3;3 Jahren aufgenommen wurden und die höchsten MLU-Phasen nicht erreichen. Die letzte MLU-Phase geht demnach ausschließlich auf die Daten des monolingualen Mädchens Madeleine zurück. Weiterhin liegen für zwei MLU-Phasen keine Aufnahmen und somit keinerlei Daten vor. Dennoch zeigen sich hier ähnliche Tendenzen, wie sie oben für die bilingualen Kinder beschrieben wurden. Vor allem zu Beginn überwiegt die 3. Person Singular deutlich, bis ab einem MLU von 2,5 auch andere grammatische Personen realisiert werden. Hierunter ist, wie auch bei den bilingualen Kindern, vor allem die 1. Person Singular frequent. Disloziierte Subjekte der 1. Person Plural sind sehr selten, solche der 2. Person Plural vollständig abwesend. Insgesamt weisen die

192 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung mono- und die bilingualen Kinder sehr ähnliche Muster auf. Die Analyse stützt damit die Annahme, dass es keine systematischen Unterschiede zwischen den mono- und bilingualen Kindern im Hinblick auf die grammatische Person disloziierter Subjekte gibt. Im Folgenden wird nun auf die grammatische Person rechtsdisloziierter Subjekte im Erwerbsverlauf eingegangen, wobei wieder zuerst die bilingualen und anschließend die monolingualen Daten präsentiert werden. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70%

3. Pl 2. Pl 1. Pl 3. Sg 2. Sg 1. Sg

60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

1,5 - 1,99 2,0 - 2,49 2,5 - 2,99 3,0 - 3,49 3,5 - 3,99 4,0 - 4,49 4,5 - 4,99 5,0 - 5,45 5,5 - 5,99 6,0 - 6,49 6,5 - 6,99

3. Pl

0

1

4

3

12

13

21

20

18

6

2

2. Pl

0

0

0

0

0

1

0

0

0

0

0

1. Pl

0

0

0

0

1

3

0

0

1

2

0

3. Sg

4

17

30

25

56

85

104

51

61

33

4

2. Sg

0

0

0

0

3

3

1

2

4

6

0

1. Sg

0

0

3

0

3

10

19

13

12

9

5

MLU-Phase

Abb. 6.21. Grammatische Person rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen der bilingualen Kinder im MLU-Vergleich

Auch die bilingualen Kinder (Abb. 6.21) produzieren in Rechtsdislokationen zunächst überwiegend disloziierte Subjekte der 3. Person Singular, welche bis zum Ende der Untersuchung dominieren. Erneut treten ab einem MLU von 2 auch andere grammatische Personen auf, unter welchen wiederum besonders die 1. Person Singular und die 3. Person Plural hervorzuheben sind. Die 1. Person Plural sowie die 2. Person sind eher marginal. Bei den monolingualen Kindern (Abb. 6.22) ergibt sich erneut ein Muster, das dem bei den bilingualen Kindern verzeichneten Bild sehr ähnelt. Die 3. Person Singular überwiegt; daneben treten ab einem MLU von 2,5 auch andere Kategorien

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

193

100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 3. Pl 2. Pl 1. Pl 3. Sg 2. Sg 1. Sg

60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

1,5 - 1,99

2,0 - 2,49

2,5 - 2,99

3,0 - 3,49

3,5 - 3,99

4,0 - 4,49

4,5 - 4,99

5,0 - 5,45

5,5 - 5,99

3. Pl

1

0

1

0

5

15

5

9

11

2. Pl

0

0

0

0

0

0

0

0

0

1. Pl

0

0

0

0

1

0

0

0

2

3. Sg

7

0

19

40

57

83

67

52

131

2. Sg

0

0

0

0

0

1

0

0

1

1. Sg

0

0

3

4

6

19

3

9

12

MLU-Phase

Abb. 6.22. Grammatische Person rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen der monolingualen Kinder im MLU-Vergleich

auf, nämlich die 1. Person Singular und die 3. Person Plural. Die 2. Person ist hier noch weniger stark vertreten als bei den bilingualen Kindern. Stellt man die beiden Kindergruppen gegenüber, so wird deutlich, dass der Erwerb links- und rechtsdisloziierter Subjekte im Hinblick auf die grammatische Person sehr ähnlich verläuft und sich keine systematischen Abweichungen zeigen. Auch beim direkten Vergleich von Subjekt-Links- und -Rechtsdislokationen zeigen sich starke Parallelen. Insgesamt überwiegt die 3. Person Singular deutlich und wird auch zuerst erworben. Neben dieser spielen die 1. Person Singular und die 3. Person Plural eine zentrale Rolle, wobei alle anderen grammatischen Personen eher marginal sind. Hiermit werden die Tendenzen widergespiegelt, die auch in Abb. 6.18 für das allgemeine Auftreten (abstrahiert vom Erwerbsverlauf) verzeichnet werden konnten. Es wurde argumentiert, dass das spätere Auftreten von Subjekten im Plural und in der 1./2. Person vermutlich mit der generellen (linguistischen und kognitiven) Entwicklung zusammenhängt. Auch die Unterschiede zwischen links- und rechtsdisloziierten Subjekten finden sich in den MLU-basierten Untersuchungen wieder: Subjekte der 1. Person Singular treten häufiger in der linken Peripherie auf, während Rechtsdislokationen noch

194 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung deutlicher durch die 3. Person gekennzeichnet sind.⁹ Die Präferenz der 1. Person Singular kann mit großer Wahrscheinlichkeit auf die informationsstrukturelle Funktion zurückgeführt werden, die in Kap. 3.5 als Ergreifen des Rederechts beschrieben wurde; in diesem Zusammenhang kann ein Sprecher Dislokationen der 1. Person Singular verwenden, um sich nach dem Redebeitrag eines anderen Sprechers in die Konversation einzubringen.

6.2.2.2 Grammatische Kategorie links- und rechtsdisloziierter Subjekte Möglicherweise hängt die beobachtete Verteilung bezüglich der grammatischen Person mit der grammatischen Kategorie der disloziierten Konstituenten zusammen, was im Folgenden überprüft wird. Grundsätzlich lassen sich die hier auftretenden disloziierten Subjekte in die folgenden fünf Kategorien unterteilen: – – –

– –

starke Personalpronomen (z. B. moi, lui, eux,...) Demonstrativpronomen (z. B. celui, cella-là, cela,...) DPn: Nomen, potenziell begleitet von definiten, indefiniten, possessiven, demonstrativen, numeralen oder quantifizierenden Determinierern (z. B. la maison, une maison, ma maison, cette maison, deux maisons, toute la maison,...) Eigennamen: Personen-/Ortsbezeichnungen (z. B. Marie, maman, Paris,...) andere: bloße Quantifizierer (z. B. tout, toutes,...) und ‚gemischte‘ nominale Phrasen (z. B. maman et moi, la chaise et ça,...)

Da klitische Pronomen nicht als disloziierte Elemente auftreten können, werden in der vorliegenden Analyse als pronominale Elemente nur starke und demonstrative Pronomen berücksichtigt. Zwar sind starke Personalpronomen aufgrund von Formsynkretismen nicht immer von den entsprechenden klitischen Pronomen unterscheidbar, was aber für die vorliegende Analyse nicht problematisch ist, da die Anwesenheit eines Resumptivums als notwendiges Kriterium eine Unterscheidung ermöglicht.¹⁰ Im Folgenden soll untersucht werden, welcher Kate-

9 Aus dem Rahmen fällt lediglich die letzte MLU-Phase in Abb. 6.21, in der die bilingualen Kinder im Gegensatz zu den anderen MLU-Phasen eine hohe Rate an Subjekten der 1. Person Singular in Rechtsdislokationen aufweisen. Diese vergleichsweise hohe Frequenz geht allein auf das bilinguale Kind Emma zurück, das innerhalb des Untersuchungszeitraums als einziges bilinguales Kind einen MLU von über 5,5 aufweist. 10 Das starke Pronomen nous tritt als disloziiertes Element in aller Regel koreferent mit dem klitischen Pronomen on auf, welches im gesprochenen Französischen die 1. Person Plural nahezu ersetzt hat (vgl. z. B. Ferdinand, 1996; Lambrecht, 1981).

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

195

gorie die disloziierten Subjekte im kindlichen Sprachgebrauch allgemein entsprechen, aber auch, wie sie in Links- und Rechtsdislokationen verteilt sind. Das allgemeine quantitative Auftreten von Subjektdislokationen in Abhängigkeit von der grammatischen Kategorie grammatische Kategorie wird in Abb. 6.23 dargestellt. Hierfür werden alle Daten für die jeweiligen Kinder zusammengezogen, wobei zunächst wieder vom Erwerbsverlauf abstrahiert wird. 100% 90% 80% andere

relative Häufigkeit

70%

Eigenname

60%

DP

50% 40%

demonstratives Pronomen

30%

Personalpronomen

20% 10% 0%

Alexander

Amélie Céline

Emma

Marie

Léonard

Madeleine

Philippe

andere

2

1

3

1

0

0

4

2

Eigenname

26

55

10

59

49

31

62

56

DP

230

157

60

200

143

43

154

409

demonstratives Pronomen

159

433

191

263

76

42

204

237

Personalpronomen

356

258

145

331

123

59

321

117

bilinguale Kinder

monolinguale Kinder

Abb. 6.23. Grammatische Kategorie disloziierter Subjekte im Französischen

Es wird deutlich, dass Pronomen einen großen Anteil der disloziierten Subjekte ausmachen: Bei allen Kindern (außer Philippe) stellen sie mehr als 50 % dar. Hierbei gibt es keine systematischen Unterschiede im Hinblick auf die Quantität von Personal- und Demonstrativpronomen.¹¹ DPn treten ebenfalls recht häufig als disloziierte Subjekte auf, wohingegen Eigennamen bei den meisten Kindern eine eher untergeordnete Rolle spielen. Die Kategorie andere ist nur marginal vorhanden und tritt bei zwei Kindern gar nicht auf; hierauf wird deshalb nicht weiter ein-

11 Besonders das demonstrative ça ist sehr frequent und macht den wesentlichen Anteil der Demonstrativpronomen aus, die in Abb. 6.23 und 6.24 dargestellt werden.

196 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung gegangen. Während demonstrative Pronomen, DPn und Eigennamen ausschließlich der 3. Person entsprechen können, können die starken Personalpronomen alle drei grammatischen Personen betreffen. Die 1. und 2. Person können wiederum nur durch Personalpronomen ausgedrückt werden. Auch hier ergibt eine statistische Analyse, dass es bezüglich der Kategorie links- und rechtsdisloziierter Subjekte keine signifikanten Unterschiede zwischen den mono- und bilingualen Kindern gibt (vgl. Tab. 1.14 im Anhang). 100% 90% 80% andere

relative Häufigkeit

70%

Eigenname

60%

DP

50%

demonstratives Pronomen

40%

Personalpronomen

30% 20% 10% 0%

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

LD RD

Alexander

Amélie

Céline

Emma

Marie

Léonard

Madeleine

Philippe

andere

1 1

1 0

3 0

0 1

0 0

0 0

4 0

2 0

Eigenname

17 9

43 12

6 4

44 15

47 2

18 13

54 8

30 26

DP

13 91

81 76

41 19

85 11

90 53

23 20

93 61

14 26

demonstratives Pronomen 12 34 32 30 Personalpronomen

39 42

17 16

22 38

64 12

34 8

19 14

15 80

22 37

13 8

29 35

10 21

45 14

30 20

82 35

bilinguale Kinder

monolinguale Kinder

Abb. 6.24. Grammatische Kategorie links- und rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen

In Abb. 6.24 werden links- und rechtsdisloziierte Subjekte entsprechend den oben angeführten Kategorien einzeln dargestellt und miteinander verglichen. Hier wird deutlich, dass es Unterschiede im Hinblick auf die Verteilung der disloziierten Subjekte in Links- und Rechtsdislokationen gibt. In der linken Peripherie spielen insbesondere pronominale Subjekte eine große Rolle. Hier stellen bei allen Kindern starke Subjektpronomen und demonstrative Pronomen zusammengezogen die am häufigsten disloziierten Subjekte dar und überwiegen gegenüber DPn und Eigennamen. Dies ist bei der Subjekt-Rechtsdislokation nicht der Fall: Hier domi-

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

197

nieren bei den meisten Kindern DPn.¹² Die hier beobachteten Unterschiede hängen zumindest teilweise mit den in Abb. 6.18 aufgezeigten Tendenzen zusammen. Aus der Beobachtung, dass besonders die 1. Person Singular deutlich häufiger in Links- als in Rechtsdislokationen auftritt, lässt sich schließen, dass es sich bei den hier häufiger links auftretenden starken Pronomen überwiegend um ebendiese grammatische Person handelt. Die gegenläufige Dominanz von DP-Subjekten in Rechtsdislokationen geht mit der starken Präsenz der 3. grammatischen Person einher. Eine mögliche Erklärung für diese Asymmetrie zwischen links- und rechtsdisloziierten Subjekten bieten informationsstrukturelle Eigenschaften. So argumentiert beispielsweise Westergaard (2008, 62) in Bezug auf Subjekte, dass Pronomen eher als „informationally given subjects“ charakterisiert werden können, wohingegen lexikalische DPn „subjects conveying new information“ darstellen. Die Autorin definiert hierbei aber keine Eins-zu-eins-Relation, sondern lediglich (frequenzielle) Tendenzen. Die Beobachtung, dass die untersuchten Kinder generell bei der Linksdislokation eher Pronomen und bei der Rechtsdislokation häufiger DPn disloziieren, könnte demnach die Schlussfolgerung zulassen, dass die informationsstrukturellen Funktionen von LDn und RDn unterschiedlich sind, wie es auch in Kap. 3.5 schon angerissen wurde. Basierend auf den oben dargestellten, informationsstrukturell ausgerichteten Arbeiten wurde geschlussfolgert, dass RD-Elemente in aller Regel zugänglicher bzw. aktiver sind als LD-Elemente. Dies würde allerdings ein Muster erwarten lassen, nach welchem vor allem rechtsdisloziierte Subjekte bereits eingeführt wurden und somit tendenziell häufiger pronominal aufgegriffen werden. Dass es sich hier genau anders herum verhält, kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass das Ergreifen des Rederechts eine zentrale Funktion darstellt, sodass die Kinder besonders häufig linksdisloziierte Subjekte der 1. Person Singular verwenden. Die genauen Zusammenhänge lassen sich nur durch eine detaillierte informationsstrukturelle Analyse der Kinderdaten klären, die hier jedoch nicht geleistet werden kann. In jedem Fall zeigt sich aber, dass die mono- und bilingualen Kinder sich einheitlich verhalten und die Daten keinen Anlass zu der Annahme eines Spracheneinflusses geben. Dies bestätigt auch eine statistische Analyse, die für keine der Subjekt-Kategorien signifikante Unterschiede zwischen den Kindergruppen hervorbringt; dies gilt sowohl für die LD als auch für die RD (vgl. Tab. 1.15 und 1.16 im Anhang).

12 Ashby (1988) findet in seiner Studie bei erwachsenen Muttersprachlern des Französischen allerdings gegenläufige Tendenzen: Linksdislokationen umfassen bei ihm mit 44 % häufiger DPn als Rechtsdislokationen (30 %).

198 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Nach diesem allgemeinen Überblick soll nun auch der Entwicklungsverlauf in Bezug auf die Kategorie disloziierter Subjekte dargestellt und diskutiert werden. Dies geschieht anhand der MLU-basierten Vergleiche in Abb. 6.25 und 6.26 zunächst für die linke Peripherie der bilingualen und monolingualen Kinder. 100% 90% 80% andere

relative Häufigkeit

70%

Eigenname

60%

DP

50%

demonstratives Pronomen Personalpronomen

40% 30% 20% 10% 0%

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

andere

0

0

0

0

2

0

0

3

1

1

0

Eigenname

3

4

0

9

17

14

21

25

45

15

4

DP

2

5

26

9

35

59

74

68

112

41

5

demonstratives Pronomen

1

11

44

64

214

206

203

96

81

55

5

Personalpronomen

0

1

12

29

125

148

216

208

226

89

28

MLU-Phase

Abb. 6.25. Grammatische Kategorie linksdisloziierter Subjekte im Französischen der bilingualen Kinder im MLU-Vergleich

Abb. 6.25 zeigt, dass linksdisloziierte Subjekte zunächst in Form von DPn und Eigennamen, aber auch als Demonstrativpronomen auftreten, bevor schließlich mehr und mehr starke Personalpronomen auftreten. In den späteren MLU-Phasen machen Personalpronomen den Großteil der LD-Subjekte aus, während besonders Eigennamen, in eingeschränktem Maße aber auch DPn und Demonstrativpronomen, prozentual betrachtet seltener werden. Der vergleichsweise starke Rückgang disloziierter Eigennamen könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass Kinder in frühen Erwerbsphasen mithilfe des Eigennamens auf sich selbst referieren, bevor sie dazu Personalpronomen verwenden. Im Zusammenhang mit der starken Präsenz demonstrativer Pronomen soll auf eine Beobachtung eingegangen werden, die bei Céline verzeichnet werden kann. Das Mädchen produziert über einen recht langen Zeitraum, im Alter zwischen 2;8

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

199

und 3;1 Jahren, zunächst ausschließlich LD-Subjekte in Form von demonstrativen Pronomen. Eine qualitative Analyse zeigt, dass es sich hierbei ausschließlich um die Konstruktionen ça c’est... handelt, die Céline beinahe formelhaft zu benutzen scheint. Erst ab einem Alter von 3;3 Jahren beginnt sie, auch LD-Subjekte anderer Kategorien zu realisieren. Mehrere Monate lang bestehen demnach Célines Subjekt-Linksdislokationen allein aus der o. g. demonstrativen Konstruktion. Es stellt sich die Frage, ob Céline in diesem Zeitraum Dislokationen produktiv gebraucht oder ob es sich hier um ein auswendiggelerntes, zunächst unanalysiertes Konstrukt handelt. In jedem Fall trägt dies zu dem großen Stellenwert bei, den demonstrative Pronomen beim Erwerb von Linksdislokationen – vor allem in frühen Phasen – einnehmen. Der Entwicklungsverlauf, den monolinguale Kinder im Bezug auf linksdisloziierte Subjekte und deren grammatische Kategorie aufzeigen, geht aus Abb. 6.26 hervor. 100% 90% 80%

andere

relative Häufigkeit

70%

Eigenname

60%

DP

50%

demonstratives Pronomen

40%

Personalpronomen

30% 20% 10% 0%

1,5 - 2,0 - 2,5 - 3,0 - 3,5 - 4,0 - 4,5 - 5,0 - 5,5 - 6,0 - 6,5 - 7,0 1,99 2,49 2,99 3,49 3,99 4,49 4,99 5,45 5,99 6,49 6,99 7,49

andere

0

0

0

0

0

0

0

0

6

0

Eigenname

3

0

10

9

10

14

12

16

25

3

DP

3

1

5

8

23

27

19

39

117

18

demonstratives Pronomen

1

1

5

32

32

48

30

65

133

34

Personalpronomen

0

0

1

33

22

67

43

126

114

22

MLU-Phase

Abb. 6.26. Grammatische Kategorie linksdisloziierter Subjekte im Französischen der monolingualen Kinder im MLU-Vergleich

Die monolingualen Kinder zeigen ein ähnliches Muster auf wie die bilingualen Kinder. Auch hier befinden sich zunächst keine starken Personalpronomen unter

200 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung den LD-Subjekten, sondern sie werden erst mit steigendem MLU produziert bzw. disloziiert, wobei sie dann recht hohe relative Werte erreichen. Für Eigennamen kann eine leicht rückläufige Tendenz verzeichnet werden, während linksdisloziierte DPn und Demonstrativpronomen über die Entwicklung hinweg etwa konstant bleiben. Insgesamt können keine auffälligen Diskrepanzen in der Entwicklung der mono- und bilingualen Kinder festgestellt werden. Im Folgenden wird die entsprechende Entwicklung der Subjekt-Rechtsdislokationen dargestellt. Abb. 6.27 zeigt zunächst den MLU-Vergleich der bilingualen Kinder. 100% 90% 80% andere

relative Häufigkeit

70%

Eigenname

60%

DP

50%

demonstratives Pronomen Personalpronomen

40% 30% 20% 10% 0%

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

andere

0

0

0

0

0

0

Eigenname

0

6

1

4

4

5

0

0

1

1

0

7

10

5

0

DP

4

12

21

14

37

0

57

75

46

56

27

5

demonstratives Pronomen

0

0

10

10

Personalpronomen

0

0

5

0

23

29

39

11

11

8

1

11

24

24

19

23

20

5

MLU-Phase

Abb. 6.27. Grammatische Kategorie rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen der bilingualen Kinder im MLU-Vergleich

Grundsätzlich ergibt sich hier ein Bild, welches dem in der linken Satzperipherie sehr ähnelt. Auch hier treten zunächst disloziierte Eigennamen, DPn und Demonstrativpronomen auf, bevor starke Personalpronomen als RD-Subjekte auftreten. Die Eigennamen werden mit fortschreitender Entwicklung deutlich seltener, während die relative Frequenz starker Pronomen zunimmt. Insbesondere DPn spielen hier eine zentrale Rolle, was sich auch in den späteren MLU-Phasen

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 201

nicht ändert. Diese Entwicklung bei den bilingualen Kindern soll nun mit den monolingualen Daten in Abb. 6.28 verglichen werden. 100% 90% 80% andere

relative Häufigkeit

70%

Eigenname

60%

DP

50%

demonstratives Pronomen Personalpronomen

40% 30% 20% 10% 0%

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

andere

0

0

0

0

0

Eigenname

4

0

6

3

3

DP

3

0

9

24

demonstratives Pronomen

1

0

2

11

Personalpronomen

0

0

6

6

5,5 5,99

0

0

0

0

4

13

2

12

52

67

49

48

94

6

26

10

10

36

8

21

3

10

15

MLU-Phase

Abb. 6.28. Grammatische Kategorie rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen der monolingualen Kinder im MLU-Vergleich

Erneut zeigen sich bei den monolingualen Kindern die gleichen Entwicklungstendenzen wie bei den zweisprachigen Kindern: Eigennamen werden zu Beginn häufig rechtsdisloziiert und werden dann seltener, wohingegen starke Personalpronomen nicht direkt auftreten, sondern erst ab einem MLU von 2,5. Besonders DPn haben bei rechtsdisloziierten Subjekten einen hohen Stellenwert. Es wird also erneut deutlich, dass keine Erwerbsunterschiede zwischen den beiden Kindergruppen auftreten. Vergleicht man Subjekt-Links- mit Subjekt-Rechtsdislokationen, zeigt sich auch im Erwerb die Tendenz, die aus dem allgemeinen Vergleich in Abb. 6.24 hervorging: In der linken Peripherie spielen Pronomen eine größere Rolle, wohingegen der Großteil der RD-Subjekte durch DPn repräsentiert wird. Insgesamt bringt die Analyse das Ergebnis hervor, dass es zwischen den monolingualen und den bilingualen Kindern im Französischen in Bezug auf die grammatische Person und die Kategorie disloziierter (gedoppelter) Subjekte keine systematischen Unterschiede gibt. Stattdessen kann trotz kleiner Abweichungen

202 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung individueller Kinder eine recht einheitliche Verteilung und Entwicklung von Subjektdislokationen in dieser Hinsicht konstatiert werden. Der Großteil aller disloziierten Subjekte steht in der 3. Person (überwiegend im Singular). Diese Tendenz ist bei Rechtsdislokationen noch stärker ausgeprägt als bei Linksdislokationen. Dies hängt wohl auch mit der Tatsache zusammen, dass RD-Subjekte besonders häufig DPn sind, welche zwangsläufig der 3. grammatischen Person entsprechen. Das wiederum könnte auf informationsstrukturelle Eigenschaften zurückgeführt werden (vgl. Westergaard, 2008). Gleichzeitig ist die 3. Person Singular bei beiden Kindergruppen die zuerst links- und rechtsdisloziierte Person, bevor die anderen grammatischen Personen folgen. Dies geht vermutlich mit dem generellen Erwerb der sprecherbezogenen Referenz und des Konzepts der Pluralität einher (vgl. Ferdinand, 1996). Verglichen mit RD-Subjekten stehen linksdisloziierte Subjekte wesentlich häufiger in der 1. Person Singular. Diese Tendenz hängt vermutlich mit dem Ergreifen des Rederechts zusammen, welches linksdisloziierte Elemente dieser grammatischen Person involviert und in Kap. 3.5 als typische und häufige Funktion französischer LDn identifiziert wurde. Darüber hinaus könnte das verstärkte Auftreten von Pronomen auch mit dem Informationsstatus des Diskursreferenten einhergehen (vgl. z. B. Westergaard, 2008). Starke Pronomen treten aber in Subjekt-LDn und -RDn bei beiden Kindergruppen nicht von Beginn an auf, sondern setzen etwas später ein als die anderen Kategorien. Grob vereinfacht können also folgende Beobachtungen festgehalten werden: – –

Wenn Kinder das Personalpronomen der 1. Person Singular disloziieren, tun sie das vorzugsweise in der linken Peripherie. Subjekte der 3. Person treten in Linksdislokationen tendenziell eher in pronominaler Form auf, in Rechtsdislokationen hingegen häufiger als DPn.

Diese Tendenzen spiegeln sich in den Daten sowohl der monolingualen als auch der bilingualen Kinder wider, sodass auch diese qualitative Analyse keine Evidenz für einen Spracheneinfluss zeigt. Ist die Verteilung der grammatischen Person und Kategorie links- und rechtsdisloziierter Subjekte tatsächlich durch informationsstrukturelle Hintergründe bedingt, stützt das hier aufgezeigte, recht homogene Muster die Annahme, dass informationsstrukturelle Eigenschaften bereits sehr früh erworben werden.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 203

6.2.3 Subjekt-Linksdislokationen als fortgeschrittene Erwerbsphase Der folgende Abschnitt befasst sich mit Subjekten im kindlichen mono- und bilingualen Erstspracherwerb des Französischen. Im Fokus steht natürlich die Dislokation des Subjekts. In diesem Zusammenhang geht Ferdinand (1993, 1996) davon aus, dass Subjekt-LDn nicht von Beginn an im kindlichen Sprachgebrauch auftreten, sondern eine fortgeschrittene Erwerbsphase darstellen. Das Modell wurde in Kap. 4.3.3.2 grob dargestellt und es wurden bereits theoretisch basierte Kritikpunkte vorgebracht. Im folgenden Kapitel wird es nun anhand der hier erhobenen Daten überprüft, wobei sich zeigen wird, dass das Modell auch empirisch nicht haltbar ist. Für die hier durchgeführte Analyse werden die kindlichen Äußerungen in Anlehnung an Ferdinand (1996) in verschiedene Kategorien zusammengefasst. In Phase 1 sind nur solche Äußerungen erlaubt, die entweder gar kein präverbales Element enthalten oder in denen lediglich ein klitisches Subjektpronomen vor dem Verb steht.¹³ Äußerungen dieser Art werden im Folgenden als Typ 1 bezeichnet. Konstruktionen, die erst in Ferdinands Phase 2 auftreten, sind solche mit einem schweren (nicht-klitischen) Element vor dem finiten Verb, welche hier Typ 2 genannt werden. Zur Kategorie Typ 3 werden hingegen solche Äußerungen gezählt, die zwei schwere Konstituenten vor dem finiten Verb aufweisen. Schlussendlich finden sich in den Kinderdaten auch Äußerungen, die mehr als zwei schwere präverbale Elemente aufweisen. Da davon ausgegangen werden muss, dass diese ein Erwerbsstadium widerspiegeln, in dem die Kinder die dritte Phase hinter sich gelassen haben (wenngleich Ferdinand dies nicht explizit thematisiert), werden Strukturen dieser Art hier als >Typ 3 bezeichnet. Das jeweils erste Auftreten der Äußerung einer Kategorie wird als Beginn der entsprechenden Phase interpretiert. In den nächsten Abschnitten werden die Ergebnisse dargestellt, die erzielt werden, wenn Ferdinands Analyse auf die hier untersuchten Kinderdaten übertragen wird. Aus Abb. 6.29 geht zunächst bei allen Kindern die Verteilung der Äußerungen hinsichtlich der vier oben charakterisierten Phasen hervor. Mit ca. 70-80 % entspricht bei allen Kindern die große Mehrheit der produzierten Äußerungen dem Typ 1, gefolgt von Typ 2 mit etwa 15-30 %. Besonders Typ 3 und >Typ 3 sind mit 321 bzw. 18 von insgesamt 27.745 Äußerungen extrem selten (dies entspricht 1,16 % 13 Zu den klitischen Subjektpronomen zählen einerseits die klitischen Personalpronomen und andererseits das demonstrative Klitikon ce. Da Ferdinand (1996, 70ff.) auch das demonstrative ça als klitisches Pronomen einstuft, wird dieses in der vorliegenden Analyse ebenfalls so gewertet, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Dies steht allerdings in Widerspruch zu der allgemein gängigen Annahme, dass es sich bei ça nicht um ein klitisches Element handelt.

204 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung bzw. 0,06 %). Diese Verteilung ist nicht überraschend, da nicht-klitische (nichtdisloziierte) Subjekte generell sehr selten sind, während Klitika eine häufige Form der Subjektrealisierung darstellen (vgl. Kap. 6.2.4.1).

100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

> Typ 3 Typ 3 Typ 2 Typ 1

50% 40% 30% 20% 10% 0%

Alexander

Amélie

Céline

Emma

Marie

Léonard

Madeleine

> Typ 3

1

3

0

8

2

1

2

1

Typ 3

31

62

16

55

40

18

66

33

Typ 2

1.057

1.200

586

1.066

518

209

1.074

827

Typ 1

2.698

3.995

1.410

2.537

1.938

972

3.402

3.917

bilinguale Kinder

Philippe

monolinguale Kinder

Abb. 6.29. Äußerungstypen entsprechend den von Ferdinand (1996) etablierten Erwerbsphasen

Eine kindspezifische Analyse über den Entwicklungsverlauf hinweg soll der Frage nachgehen, wann die Kinder die verschiedenen Entwicklungsphasen erreichen. Tab. 6.1 zeigt dies in Abhängigkeit vom Alter.¹⁴ Es zeigt sich keine Einheitlichkeit bezüglich der Phasen und des Alters, wie es auch in den Daten von Ferdinand (1996) selbst der Fall ist. In den hier untersuch-

14 Die Daten des hier untersuchten monolingual französischen Kindes Philippe werden auch von Ferdinand (1996) selbst untersucht. Die vorliegende Analyse erzielt diesbezüglich mitunter Ergebnisse, die von Ferdinands Beobachtungen abweichen. Dies kann einerseits darauf zurückgeführt werden, dass in der hier vorliegenden Untersuchung nur finite Äußerungen berücksichtigt werden, während Ferdinand auch infinite Äußerungen in ihre Analyse eingeschlossen hat, und andererseits auf den Umstand, dass Ferdinand nicht den gesamten Untersuchungszeitraum von Philippe betrachtet, sondern lediglich einen Ausschnitt dessen.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 205 Tab. 6.1. Dauer der von Ferdinand (1996) etablierten Erwerbsphasen nach Alter

Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1)

Phase 1

Phase 2

Phase 3

>Phase 3

– 1;6,12-1;9,15 – 1;4,1-1;5,28 1;9,11-1;10,3 1;8,9 1;4,18-1;7,15 –

2;2,6-2;5,25 1;9,27-2;3,5 2;0,24-3;5,15 1;6,10-2;2,7 1;10,17-2;2,29 1;10,24 1;9,3-2;3,5 2;1,9-2;3,7

2;6,8-4;5,23 2;3,19-3;6,24 3;5,29-5;4,14 2;2,22-3;10,20 2;3,13-3;1,12 1;11,15-2;11,30 2;4,15-2;11,19 2;3,14-2;11,21

ab 4;6,6 ab 3;8,0 – ab 3;11,4 ab 3;2,28 ab 3;2,25 ab 3;0,28 ab 3;0,6

ten Korpora weisen drei der acht Kinder (Philippe, Alexander und Céline) die erste Phase gar nicht auf, sondern befinden sich mit Einsetzen der Studie bereits in Phase 2. Interessanterweise sind dies diejenigen Kinder, die vergleichsweise spät aufgenommen wurden, nämlich erst ab einem Alter von etwa 2 Jahren. Möglicherweise haben diese Kinder Phase 1 bei Beginn der Untersuchung bereits durchlaufen. Die Kinder, bei denen die Untersuchung früher beginnt, weisen Phase 1 auf, wobei diese z. T. sehr kurz ist. So besteht sie z. B. bei Léonard aus nur einer Aufnahme, welche wiederum lediglich eine einzige finite Äußerung beinhaltet. Phase 1 endet zwischen 1;5 und 1;10 Jahren. Die Phasen 2 und 3 treten bei allen hier analysierten Kindern auf, jedoch mit sehr unterschiedlichem Alter. Phase 2 setzt mit frühestens 1;6 und spätestens 2;2 Jahren ein (die letztgenannte Altersangabe geht auf Alexander zurück, der erst ab 2;2 Jahren aufgenommen wurde) und endet zwischen 1;10 und 3;5 Jahren. Insbesondere bei Céline ist diese Phase sehr lang. Die dritte Phase setzt zwischen 1;11 und 3;5 Jahren ein und zieht sich ebenfalls unterschiedlich lang. Als erstes scheinen Madeleine und Philippe mit 3;0 Jahren Phase 3 abgeschlossen zu haben, gefolgt von Léonard und Marie mit 3;2. Im Laufe des vierten Lebensjahres produzieren auch Amélie und Emma Äußerungen, die hinter Phase 3 liegen, sowie schlussendlich Alexander im Alter von etwa 4;6 Jahren. Nur Celine weist innerhalb der Longitudinalstudie keine Äußerung mit mehr als zwei schweren, präverbalen Elementen auf. Insgesamt bringt ein Vergleich auf der Basis der Alters kein einheitliches Entwicklungsmuster hervor. Im Folgenden wird deshalb auch der MLU der Kinder als Vergleichsmaßstab herangezogen. Abb. 6.30 zeigt das Erreichen der vier Erwerbsphasen in Abhängigkeit von der jeweiligen MLU-Phase, die die Kinder zum betreffenden Zeitpunkt erreicht haben. Während Phase 1 auf die ersten beiden MLU-Phasen beschränkt ist, wenn sie überhaupt auftritt, zeigt sich im Hinblick auf das Einsetzen der anderen Phasen keine Einheitlichkeit. Dass die späteren Entwicklungsphasen tendenziell in den

206 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung   

/pRQDUG /  0DULH /  (PPD /  $PpOLH /  0DGHOHLQH /  $OH[DQGHU /  &pOLQH /  3KLOLSSH /  

0/83KDVH                           





















































































































































































3KDVH

3KDVH

3KDVH

!3KDVH



Abb. 6.30. Dauer der von Ferdinand (1996) etablierten Erwerbsphasen nach MLU

höheren MLU-Phasen auftreten, ist nicht erstaunlich, da die Realisierung einer größeren Anzahl präverbaler Elemente immer zu einer längeren Äußerung und somit automatisch zu höheren MLU-Werten führt. Abgesehen hiervon zeigt sich aber auch im Zusammenhang mit der MLU-Entwicklung kein klares Schema beim Auftreten der Erwerbsphasen. Die im Rahmen der obigen Auswertung analysierten Kinderdaten sind zwar prinzipiell mit den von Ferdinand (1996) definierten Phasen kompatibel, da die Kinder zunächst nur ein (oder kein) schweres präverbales Element pro Äußerung produzieren und erst nach und nach mehr Elemente in der linken Peripherie auftreten. Problematisch ist jedoch, dass einige dieser Phasen bei manchen Kindern gar nicht auftreten oder nur auf wenigen Aufnahmen bzw. Äußerungen basieren. Neben dem seltenen Auftreten der Äußerungen von Typ 3 und >Typ 3 beruht auch Phase 1 auf einer sehr geringen absoluten Anzahl entsprechender Äußerungen in dieser ersten Phase (7 bei Amélie, 3 bei Emma, 14 bei Marie, 1 bei Léonard und 22 bei Madeleine). Die Charakterisierung solcher weniger Äußerungen als Erwerbsphasen scheint demnach fragwürdig. Weiterhin wird deutlich, dass sich weder bezüglich des Alters noch des MLU kein einheitliches Muster für die Kinder zeigt. Diese quantitativen Beobachtungen, die Zweifel an Ferdinands Modell aufkommen lassen, werden durch die folgende qualitative Analyse verstärkt, die der Frage nachgeht, ob die formulierten Beschränkungen im Hinblick auf die Kategorie der linksperipheren Elemente haltbar sind. Hierbei wird insbesondere auf Phase 3 eingegangen, in welcher zwei präverbale Elemente auftreten können, aber laut Ferdinand eine bestimmte Reihenfolge aufweisen müssen. Konkret postuliert Ferdinand (1996), dass in der LDP/AdvP ein LD-Element oder ein satzinitiales Adverbial stehen kann, während gleichzeitig in Spec,FocP ein schweres Subjekt, ein Fragewort oder ein fokussiertes Element auftreten kann.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 207

Die hier untersuchten Kinder produzieren allerdings Äußerungen, die nicht ohne Weiteres damit vereinbar sind. Hierzu gehören u. a. Äußerungen, die zwar ein schweres Subjekt und ein Adverbial vor dem finiten Verb aufweisen, aber nicht die von Ferdinand postulierte Reihenfolge zeigen, wie in (58): (58)

[Moii ] [maintenant] jei t’attrape Ich jetzt ich dich-fange Ich fang dich jetzt

(Alexander, 2;8,28)

Hier entspricht die lineare Abfolge nicht Ferdinands Beschränkungen: Das schwere Subjekt geht dem Adverbial voraus. Strukturen dieser Art finden sich auch in den von Ferdinand (1996, 194) analysierten Kinderdaten. Dort nimmt die Autorin an, dass die satzinitialen Subjekte linksdisloziiert sind, wohingegen die Adverbiale fokussiert sind und sich somit in Spec,FocP befinden.¹⁵ In diesem Fall könnten aber die von Ferdinand formulierten strikten Reihenfolge-Beschränkungen nicht aufrechterhalten werden, zumal eine Fokus-Lesart für Adverbiale wie maintenant in (58) recht unplausibel erscheint. Ferdinands Modell verbietet weiterhin das Auftreten zweier präverbaler Elemente derselben Kategorie, da diese in Konkurrenz um die jeweilige funktionale Position stehen sollten: „Still, maximally one sentence-initial adverb or maximally one left dislocated element can precede the finite verb. The preverbal heavy NPsubject, preverbal question words and focus-moved constituents are also in complementary distribution“ (Ferdinand, 1996, 193). Die hier durchgeführte Datenerhebung bringt solche Äußerungen aber hervor, wie beispielsweise Strukturen mit zwei präverbalen nicht-klitischen Subjekten oder zwei präverbal positionierten Adverbialen, wobei letztere sogar vergleichsweise frequent sind (bis zu 61 % aller Äußerungen mit zwei schweren präverbalen Elementen). Beispiele hierfür werden in (59) angeführt: (59)

a. Et [çai ] [ce rougei ] ci ’est à moi Und das dieses Rot es-ist zu mir Und dieses Rot gehört mir

(Amélie, 2;9,12)

b. [Ici] [normalement] c’est d’ l’autre côté Hier normalerweise es-ist von der-anderen Seite Normalerweise ist das hier von der anderen Seite

(Marie, 3;8,5)

15 Alternativ können Adverbiale oder zumindest bestimmte Adverbien, wie z. B. aussi, auch an das Subjekt selbst adjungiert sein. In diesem Fall wäre es auch denkbar, dass das Subjekt sich in Spec,FocP befindet.

208 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Im Rahmen von Ferdinands Argumentation stellen diese Äußerungen ein Problem dar, welches sich nur über die Annahme lösen lässt, dass sich das linear betrachtet jeweils linke Element in LDP/AdvP befindet, während das jeweils zweite Element in Spec,FocP angesiedelt und somit fokussiert ist. Wenngleich dies zumindest für einige der Adverbiale in der entsprechenden Position zutreffend sein mag, ist eine Fokus-Lesart ausschließlich für ce rouge in (59a) unplausibel, da die beiden Subjekte koreferent sind und sich auf das gleiche Individuum beziehen. In jedem Fall ist Ferdinands Annahme, dass zwei Elemente der gleichen Art automatisch um die Position konkurrieren, nicht haltbar. Nach der traditionellen Analyse sind Äußerungen wie die in (59) hingegen unproblematisch, da die Position, die linksdisloziierte Subjekte oder Adverbiale aufnimmt (z. B TopP nach Rizzi, 1997), rekursiv ist. Schlussendlich sind auch kindliche Äußerungen wie in (60) diskussionswürdig, welche bei allen untersuchten Kindern auftreten und relativ frequent sind (bis zu 50 % aller Äußerungen mit zwei schweren präverbalen Elementen in Phase 3). (60)

[La prochaine fois] [moii ] jei ferai comme ça Das nächste Mal ich ich werde-machen so Nächstes Mal werde ich (es) so machen

(Léonard, 2;11,3)

Nach den von Ferdinand (1996, 195f.) angestellten Überlegungen befindet sich hier das satzinitiale Adverb in LDP/AdvP und das Subjekt in Spec,FocP, womit letzteres als fokussiert betrachtet werden muss, unabhängig davon, ob es mit einem klitischen Element koindiziert ist. Eine solche Analyse wird unter anderem von De Cat (2002) kritisch betrachtet, die dafür argumentiert, dass resumptiv aufgenommene Subjekte immer als disloziiert analysiert werden sollten. Für De Cat ist die Fokus-Analyse hier nicht vertretbar, was sie auch mit Sprecherurteilen erwachsener französischer Muttersprachler untermauert. Würden jedoch die gedoppelten Subjekte als disloziierte Elemente analysiert, müssten sie ebenfalls in LDP/AdvP stehen und somit mit den dort angesiedelten Adverbialen konkurrieren. Dies bestärkt die kritische Haltung gegenüber den von Ferdinand formulierten Beschränkungen (vgl. auch Kap. 4.3.3.2). Auch diese Problematik würde umgangen, wenn die LDP/AdvP als rekursiv angenommen würde, womit aber gleichzeitig die Beschränkung auf maximal zwei schwere Elemente nicht aufrechterhalten werden könnte. Im Erwerbsverlauf produzieren die hier untersuchten Kinder auch Äußerungen mit mehr als zwei schweren präverbalen Elementen, wenngleich diese sehr selten sind. Derartige Strukturen, bei deren Produktion die Kinder Ferdinands Phase 3 bereits hinter sich gelassen haben müssen, gehen exemplarisch aus (61) hervor:

6.2 Subjektdislokationen im Französischen | 209

(61)

a. Et [puis] [après] [le policieri ] ili est arrivé alors Und dann danach der Polizist er ist angekommen also Und danach ist der Polizist dann also angekommen (Léonard, 3;2,25) b. [Là] [luij ] [ellei ] ellei est amoureux contre luij Da er sie sie ist verliebt gegen ihn Da ist sie in ihn verliebt

(Alexander, 4;6,6)

Den Kindern müssen hier mehr als zwei Positionen oberhalb der Verbalphrase zur Verfügung stehen. Dies ist im Einklang mit dem adulten französischen System, in welchem beispielsweise Dislokationen rekursiv auftreten können und nicht auf ein Element beschränkt sind. Ferdinand (1996) macht in ihrem Modell aber keine Aussagen über die Syntax der kindlichen Äußerungen, die nach dem Durchlaufen von Phase 3 produziert werden, oder darüber, wodurch Kinder lernen, die zuvor greifenden Beschränkungen aufzugeben. Insgesamt müssen die von Ferdinand (1996) formulierten Hypothesen zum kindlichen Erwerb der linken Satzperipherie im Französischen kritisch betrachtet werden. Die in Kap. 4.3.3.2 formulierten Zweifel auf theoretischer Ebene werden durch die hier aufgezeigten, empirisch basierten Kritikpunkte gestützt. Die postulierten Erwerbsphasen sind zum Teil sehr kurz und nicht bei allen Kindern vertreten. In Phase 3 zeigt sich zudem bei der Datenanalyse eine größere Variabilität im Hinblick auf die Reihenfolge schwerer präverbaler Konstituenten, als Ferdinand es vorhersagt. Bestimmte Äußerungen, die von mehreren Kindern produziert werden, lassen sich nicht oder nur schwer mit dem Modell vereinbaren. Zwar kann eine anfängliche Beschränkung der kindlichen Äußerungen (erst nur klitische präverbale Elemente, anschließend eine und schließlich mehrere nicht-klitische Elemente vor dem Verb) durchaus beobachtet werden. Diese könnte aber auch über andere Wege erklärt werden, wie zum Beispiel über die Annahme, dass Kinder zunächst eine eingeschränkte Sprachverarbeitungskapazität aufweisen, welche im Zuge der kognitiven und allgemeinen sprachlichen Entwicklung wächst (vgl. z. B. De Cat, 2002). Insgesamt scheint das Modell den kindlichen Erwerb von (disloziierten) Subjekten und der linken Satzperipherie im Allgemeinen nicht adäquat zu erfassen.

6.2.4 Die Linksdislokation lexikalischer Subjekt-DPn als Erwerbsstrategie In diesem Abschnitt werden das von Maillart & Parisse (2008) und Parisse (2008) vorgeschlagene Modell sowie die von Parisse aufgestellten Hypothesen im Hinblick auf die Entwicklung von Subjekt-Linksdislokationen (vgl. Kap. 4.3.2) anhand der hier untersuchten Daten überprüft. Die Autoren beschränken sich auf

210 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung nominale Phrasen, die ein lexikalisches Subjekt beinhalten, und unterscheiden hierbei zwischen DS-Konstruktionen (DP + Resumptivum + Verb (+ X)) und LS-Konstruktionen (DP + Verb (+ X)). Die hier untersuchten Subjekt-LDn sind somit eine Teilmenge der in Kap. 6.2.1-6.2.3 untersuchten Äußerungen: Sie stellen die linksdisloziierten Subjekte dar, die dort als DPn bezeichnet wurden.¹⁶ Personal- und Demonstrativpronomen sowie Eigennamen werden hingegen nicht berücksichtigt. Im Folgenden werden zunächst einige generelle Beobachtungen zu den Daten der hier untersuchten Kinder dargestellt, die im Zusammenhang mit dem Auftreten von DS- und LS-Strukturen stehen. Anschließend werden das Modell und die weiteren von Parisse (2008) formulierten Hypothesen überprüft.

6.2.4.1 Die Frequenz schwerer Subjekte Die u. a. von Maillart & Parisse (2008) und Parisse (2008) verzeichnete Beobachtung, dass Äußerungen mit präverbalem lexikalischem Subjekt bei französischen Kindern sehr selten sind, wird durch die vorliegende Untersuchung der kindlichen Sprecher bestätigt. Dies gilt sowohl für LS- als auch für DS-Strukturen. Die Häufigkeit von Äußerungen mit und ohne präverbale lexikalische Subjekte geht aus Tab. 6.2 hervor. Tab. 6.2. Häufigkeit von Äußerungen mit/ohne präverbale lexikalische Subjekt-DP

Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1) Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1)

finite Äußerungen gesamt

Äußerungen ohne schweres präverbales lexikalisches Subjekt

LSStrukturen

DSStrukturen

1.251 4.776 5.060 4.012 5.449 2.066 3.859 2.583

1.223 (97,76 %) 4.660 (97,50 %) 4.859 (96,03 %) 3.865 (96,34 %) 5.352 (98,22 %) 2.005 (97,05 %) 3.764 (97,54 %) 2.478 (95,94 %)

5 (0,40 %) 27 (0,57 %) 58 (1,15 %) 19 (0,47 %) 13 (0,24 %) 21 (1,02 %) 8 (0,21 %) 14 (0,54 %)

23 (1,84 %) 89 (1,86 %) 143 (2,83 %) 127 (3,20 %) 84 (1,54 %) 40 (1,94 %) 87 (2,25 %) 91 (3,52 %)

16 Im Folgenden werden, wie generell in der vorliegenden Arbeit, nominale Phrasen durchweg als DPn bezeichnet. Ob der Determinierer tatsächlich immer realisiert ist, ist dabei irrelevant.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

211

Es zeigt sich ein recht einheitliches Bild für die mono- und bilingualen Kinder. Mit nur 0,2-1,2 % sind LS-Strukturen über den gesamten Untersuchungszeitraum der Kinder marginal. DS-Strukturen sind geringfügig frequenter, mit 1,5-3,5 % aber ebenfalls extrem selten. Der Großteil aller finiten Äußerungen (ca. 96-98 %) enthält demnach kein präverbales lexikalisches Subjekt nicht-klitischer Natur. Bei allen Kindern zeigt sich die Seltenheit von Äußerungen mit schwerem präverbalen Subjekt über den gesamten Erwerbsverlauf hinweg, während gleichzeitig keine systematische Zu- oder Abnahme der entsprechenden Strukturen mit fortschreitender sprachlicher Entwicklung erfolgt. Von einer visuellen Darstellung wird an dieser Stelle aufgrund der marginalen prozentualen Werte abgesehen; die frequenzielle Entwicklung von LS- und DS-Strukturen im kindlichen Sprachgebrauch wird im nächsten Kapitel noch näher beleuchtet.

6.2.4.2 Das Verhältnis zwischen LS- und DS-Strukturen In seiner Arbeit berechnet Parisse (2008) das Verhältnis zwischen DS- und LSStrukturen, indem er den Quotienten bildet, d. h. die Anzahl von DS-Konstruktionen durch die Anzahl von LS-Konstruktionen teilt. Ein Quotient unter 1 drückt somit eine Überlegenheit von LS-Strukturen aus, wohingegen ein Quotient über 1 die Dominanz von DS-Strukturen widerspiegelt. Parisse zeigt beruhend auf dem House-Korpus (Le Normand, 1986), dass Kinder etwa bis zum Alter von 2;6 Jahren mehr LS- als DS-Äußerungen produzieren (mit einem Quotienten von 0,06-0,7) und ab 2;9 Jahren erstmals mehr DS- als LS-Strukturen aufweisen (mit einem Quotienten von 1,4; vgl. Tab. 4 in Parisse, 2008, 22). Auch das Bath-Korpus (ChevrieMuller et al., 1997), welches Sprachdaten von Kindern ab 3;0 Jahren umfasst, bestätigt die Hypothese, dass in diesem Alter DS-Konstruktionen häufiger auftreten als LS-Äußerungen. Hier liegt der Quotient mit 3;0 Jahren bei 1,3, mit 3;6 Jahren bei 1,7 und mit 4;0 Jahren sogar bei 10,5 (vgl. Tab. 3 in Parisse, 2008, 21). In beiden hier genannten Korpora überwiegen also ab einem Alter von 2;9 bzw. 3;0 Jahren DS-Äußerungen gegenüber LS-Strukturen. Zusammenhänge dieser Art sollen auch anhand der hier untersuchten Daten der mono- und bilingualen Kinder untersucht werden. Die Bildung eines Quotienten nach obigem Vorgehen ist hier allerdings problematisch, da in den hier vorliegenden Daten häufig keine LS-Strukturen produziert werden und damit eine Teilung durch Null impliziert würde. Deshalb wird hier für den Vergleich von DS- und LS-Strukturen nicht auf den Quotienten, sondern auf die Differenz zurückgegriffen. Abb. 6.31 zeigt die Differenz zwischen DS- und LS-Konstruktionen für alle Kinder im MLU-Vergleich. Dafür wurde zunächst für jede Sprachaufnahme die Differenz ermittelt (DS minus LS), sodass negative Werte eine Überzahl von LS-Strukturen verdeutlichen, wohingegen positive Werte eine Dominanz von

212 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung DS-Strukturen ausdrücken. Die einzelnen Werte wurden anschließend den entsprechenden MLU-Phasen zugeordnet und zusammengezogen. Aufgrund des methodischen Unterschiedes ist nur ein indirekter Vergleich der hier aufgezeigten Tendenzen mit den Ergebnissen von Maillart & Parisse (2008) und Parisse (2008) möglich. 10

8

Differenz (DS minus LS)

6 Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1)

4

2

0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

-2

-4 MLU-Phase

Abb. 6.31. DS-LS-Differenz im Französischen im MLU-Vergleich

Zu Beginn liegt die Differenz zwischen DS- und LS-Strukturen nahe bei Null, was für eine annähernde Ausgeglichenheit (oder eine Nicht-Produktion) beider Konstruktionen spricht; später zeigt sich eine leichte Differenz zugunsten von DSStrukturen. Ausnahmen hierzu stellen ausschließlich Madeleine in der zweiten MLU-Phase (1,5-1,99) sowie Philippe in der fünften MLU-Phase (3,0-3,49)¹⁷ dar, in welchen die Kinder jeweils leichte Tendenzen zugunsten der LS-Strukturen aufweisen. Die absoluten Zahlen sind hier jedoch – wie die der Produktion schwe-

17 Philippes MLU ist bei Einsetzen der Studie im Alter von 2;1 Jahren mit über 3,0 bereits sehr hoch. Über seine sprachliche Entwicklung in niedrigeren MLU-Phasen liegen somit keine Informationen vor.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

213

rer Subjekt-DPn generell – sehr gering. So produziert Madeleine in der zweiten MLU-Phase eine LS-Struktur und keine einzige DS-Struktur, während Philippe in der fünften MLU-Phase vier LS-Strukturen und keine DS-Struktur äußert. Da LS-Strukturen per se um ein Wort kürzer sind als entsprechende DS-Strukturen (die zusätzlich das Resumptivum aufweisen), wären im MLU-Vergleich gerade in den frühen Phasen, in denen die durchschnittliche Äußerungslänge gering ist, mehr LS- als DS-Strukturen zu erwarten, was jedoch nicht zutrifft. Insgesamt zeigt der MLU-Vergleich keine Entwicklungsphase (besonders keine frühe), in der die Kinder generell LS-Strukturen gegenüber DS-Strukturen präferieren. Zudem zeigt sich zwar mit fortschreitender Entwicklung eine zunehmende DS-Präferenz, welche aber vor allem auf die anfängliche Nicht-Produktion beider Strukturen zurückzuführen ist. Insgesamt sprechen die Daten also gegen die Hypothese, dass es eine Entwicklung von überwiegend LS-Strukturen hin zu überwiegend DS-Strukturen gibt. Stattdessen scheinen DS-Konstruktionen bei den meisten Kindern relativ konstant zu dominieren, wobei beide Konstruktionen generell selten sind.

6.2.4.3 Das Phasenmodell nach Maillart & Parisse (2008) Die von Maillart & Parisse formulierten Vorhersagen zur Entwicklung der Linksdislokation lexikalischer Subjekte im kindlichen Spracherwerb des Französischen wurden in Kap. 4.3.2.1 ausführlich dargelegt. Im Folgenden werden die vier von den Autoren postulierten Erwerbsphasen noch einmal kurz charakterisiert, bevor die empirischen Sprachdaten im Hinblick auf das Modell analysiert werden. – – – –

Phase 1: Aneinanderreihung von content words ohne morphosyntaktische Verknüpfung (z. B. fille dort) Phase 2: automatische Produktion morphosyntaktischer Marker ohne volle Integration/Interpretation der Merkmale (z. B. la fillei , i’i dort) Phase 3: vollständige Integration/Interpretation der Merkmale morphosyntaktischer Marker (z. B. la fillei , ellei dort) Phase 4: ‚echte‘ LS-Strukturen, in denen lexikalisches Subjekt und Verb morphosyntaktisch verknüpft sind (z. B. la fille dort)

Maillart & Parisse (2008) geben an, die Existenz der Phasen 3 und 4 im französischen kindlichen Spracherwerb belegt zu haben, wohingegen die Phasen 1 und 2 bei jüngeren Kindern zu finden seien, was in ihrer Studie nicht untersucht werden konnte. Die Autoren postulieren weiterhin, dass Kinder nur Äußerungen zweier aufeinanderfolgender Phasen gleichzeitig produzieren können (d. h. Phasen 1 und 2, 2 und 3 oder 3 und 4). Auf den ersten Blick widerlegen schon ihre eige-

214 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung nen Daten diese Annahme, da vor allem die jüngeren Kinder Äußerungen aller vier Phasen produzieren. Eine kindspezifische Analyse, die ihre Hypothese ‚retten‘ könnte, erfolgt seitens der Autoren nicht. Die hier vorliegenden Sprachdaten der mono- und bilingualen Kinder sollen nun ebenfalls herangezogen werden, um das Modell zu überprüfen. Hierfür werden alle LS- und DS-Äußerungen den jeweiligen Phasen 1 bis 4 zugewiesen, wobei die Äußerungen entsprechend als Typ 1 bis Typ 4 bezeichnet werden. Zudem muss im Rahmen der vorliegenden Analyse die Kategorie andere hinzugefügt werden. Diese wird in (62) beispielhaft dargestellt. (62)

Boutoni , ili est là Knopf er ist da (Der) Knopf ist da

(Philippe, 2;2,3)

Hier ist zwar das klitische, resumptive Pronomen vor dem finiten Verb realisiert, der Determinierer vor dem Nomen ist jedoch ausgelassen. Die Einstufung dieser Äußerung in die definierten Phasen ist nicht möglich: Sie entspricht weder Typ 1, da ein morphosyntaktischer Marker (il) vorhanden ist, noch Typ 2, da nicht automatisch vor jedem content word ein solcher Marker produziert wird (kein Determinierer vor bouton). Für eine Charakterisierung als Typ 3 ist die nichtzielsprachliche Auslassung des Determinierers problematisch. Somit werden Äußerungen dieser Art unter der Kategorie andere zusammengefasst. Maillart & Parisse (2008) machen keine Aussage darüber, wie sie mit solchen Strukturen umgehen, wobei ihre Studie suggeriert, dass sie möglicherweise gar nicht auftreten (sollten). Im Folgenden werden die kindspezifischen Daten im Hinblick auf die hier diskutierten Phasen bzw. Äußerungstypen präsentiert, wobei nur die jeweils relevanten Altersphasen dargestellt werden (also ab dem ersten Auftreten von LS-/DSStrukturen). Aufgrund der generell geringen Frequenz von LS- und DS-Strukturen beruhen die Darstellungen auf absoluten Werten. Abb. 6.32 zeigt die Verteilung der relevanten Äußerungen für den monolingual französischen Léonard. Das Kind äußert keine Strukturen vom Typ 1 und 2 und zeigt somit keine Evidenz für die ersten beiden Phasen. Die meisten seiner Äußerungen entsprechen Typ 3, womit fast ausschließlich DS-Strukturen produziert werden, während lediglich fünf LS-Strukturen des Typs 4 auftreten. Insgesamt sprechen Léonards Daten – mit Ausnahme der Kategorie andere, deren Kompatibilität mit dem Modell generell zu hinterfragen ist – nicht konkret gegen die von Maillart & Parisse formulierten Annahmen. Es ist jedoch als kritisch anzusehen, dass die Phasen 1 und 2 nicht auftreten, obwohl die Untersuchung des Kindes mit einem Alter von 1;8,9 Jahren recht früh beginnt. Generell bleibt anzumerken, dass Léonard sehr wenige der hier relevanten Äußerungen produziert; gleichzeitig ist er das Kind, dessen

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

215

6

5

absolute Häufigkeit

4 andere Typ 4 Typ 3 Typ 2 Typ 1

3

2

1

0 1;11,15

2;0,8

2;0,26

2;1,27

2;3,0

2;3,26

2;4,25

2;6,7

2;7,25

2;11,3

2;11,30

3;2,25

Alter (Jahre;Monate)

Abb. 6.32. Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Léonard (L1)

Studie auch die wenigsten Aufnahmen umfasst. Somit ist die Repräsentativität seiner Daten zu hinterfragen. Abb. 6.33 stellt die verschiedenen Äußerungstypen bei der monolingual französischen Madeleine dar. Auch hier gibt es kaum Evidenz für die Phasen 1 und 2, obwohl Madeleines sprachliche Analyse mit einem Alter von 1;4,18 Jahren sogar noch früher einsetzt als die von Léonard. Insgesamt gibt es nur eine einzige Äußerung vom Typ 1. Diese findet sich im Alter von 1;10,7, wo Madeleine aber auch schon Äußerungen des Typs 3 produziert (hat). Dies spricht gegen das von Maillart & Parisse (2008) entwickelte Modell, dem zufolge solche Äußerungen nicht direkt angrenzender Phasen nicht gleichzeitig auftreten dürfen. Auch vom Typ 2 finden sich insgesamt nur zwei Äußerungen im gesamten Korpus. Bevor diese jedoch auftreten (erstmals mit 2;6,10 Jahren), hat Madeleine schon Äußerungen vom Typ 4 produziert, was erneut nicht mit dem Modell vereinbar ist. Insgesamt entsprechen die meisten Äußerungen mit lexikalischem Subjekt vor allem Typ 3 und Typ 4. Abb. 6.34 zeigt die Verteilung und Entwicklung der LS- und DS-Strukturen bei dem monolingual französischen Kind Philippe. Auch hier ist die häufigste Äußerungsart Typ 3, wobei Typ 4 mit steigendem Alter ebenfalls zunimmt. Beide Konstruktionen treten bereits sehr früh auf, sodass sich sogar in der ersten Aufnahme im Alter von 2;1,9 Jahren schon Äußerungen des Typs 4 befinden. Typ 1 und 2 hinge-

2;1,9

Alter (Jahre;Monate)

Abb. 6.34. Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Philippe (L1)

3;3,12

3;2,29

3;2,15

3;2,3

3;0,20

3;0,6

2;11,21

2;11,7

2;11,0

2;10,17

2;10,3

2;9,15

2;8,29

2;8,22

2;8,15

2;8,8

2;8,1

2;7,25

2;7,18

2;7,11

2;6,27

2;6,20

2;6,13

2;3,21

2;3,14

2;3,7

2;3,0

2;2,26

2;2,17

2;2,10

2;2,3

2;1,26

absolute Häufigkeit

1;9,3

4;10,3

4;7,4

4;1,27

3;9,28

3;9,7

3;6,8

3;3,2

3;0,28

2;11,19

2;10,20

2;9,16

2;8,5

2;7,7

2;6,10

2;5,12

2;4,15

2;3,5

2;2,6

2;1,2

1;11,13

1;10,7

absolute Häufigkeit

216 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 25

20

15

10 andere Typ 4 Typ 3 Typ 2 Typ 1

5

0

Alter (Jahre;Monate)

Abb. 6.33. Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Madeleine (L1)

35

30

25

20

15 andere Typ 4 Typ 3 Typ 2 Typ 1

10

5

0

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

217

gen sind nur marginal vorhanden und treten insgesamt jeweils nur einmal bzw. zweimal auf. Die Typ 1-Äußerung tritt allerdings auf, nachdem bereits (fast zwei Monate zuvor) die erste Äußerung vom Typ 4 produziert wurde. Zudem treten Äußerungen vom Typ 2 und 4 in der gleichen Sprachaufnahme auf, nämlich im Alter von 2;2,3 und 2;2,26. Dies widerspricht der Hypothese der Autoren. 14

12

absolute Häufigkeit

10

andere Typ 4 Typ 3 Typ 2 Typ 1

8

6

4

2

2;2,6 2;2,20 2;2,27 2;3,24 2;4,6 2;4,20 2;5,25 2;6,8 2;6,25 2;7,6 2;7,27 2;8,12 2;8,28 2;9,18 2;10,2 2;10,23 2;11,6 2;11,20 3;1,22 3;2,2 3;2,16 3;3,0 3;3,22 3;4,5 3;4,19 3;5,3 3;5,24 3;6,7 3;6,21 3;7,4 3;8,11 3;8,25 3;9,7 3;9,22 3;10,6 3;10,26 3;11,10 3;11,24 4;2,16 4;3,0 4;3,21 4;4,25 4;5,23 4;6,6 4;6,30 4;8,6 4;10,22 5;2,21

0

Alter (Jahre;Monate)

Abb. 6.35. Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Alexander (2L1)

Abb. 6.35 stellt die unterschiedlichen Äußerungstypen bei Alexander heraus. Auch hier scheint keine Entwicklung bezüglich der definierten Phasen vorzuliegen. Schon zu Beginn der Studie produziert er Äußerungen vom Typ 3 und 4, während vereinzelt auch Typ 2 auftritt (auch zeitgleich mit Typ 4). Erst zum Ende des Untersuchungszeitraums, im Alter von 4;6,30, tritt eine einzige Äußerung vom Typ 1 auf. All diese Beobachtungen sprechen gegen die Annahmen der Autoren. Das Gleiche zeigt sich auch in Amélies Daten (Abb. 6.36). Das Mädchen produziert nur eine einzige Äußerung vom Typ 2, während Typ 1 gar nicht auftritt. Alle anderen Äußerungen entsprechen Typ 3 und 4, die schon ab einem Alter von 2;3,5 bzw. 2;5,28 auftreten. Typ 2 tritt in einem Alter auf, in dem Äußerungen vom Typ 4 schon produziert worden sind. Es wird jedoch deutlich, dass der Großteil der Äußerungen, die Phase 4 entsprechen, erst mit höherem Alter (ab 3;6,10) auftritt.

Alter (Jahre;Monate)

Abb. 6.37. Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Céline (2L1)

5;4,14

5;0,15

4;10,27

4;9,27

4;8,23

4;7,30

4;7,16

4;6,18

4;5,14

4;4,23

4;4,9

4;3,19

4;1,17

4;1,3

4;0,19

3;11,29

3;11,15

3;11,1

3;10,18

3;10,4

3;9,18

3;8,28

3;8,14

3;8,0

3;7,17

3;6,26

3;6,12

3;5,29

3;5,15

3;4,23

3;4,9

3;3,26

absolute Häufigkeit

2;3,5 2;3,19 2;4,2 2;4,16 2;5,7 2;5,28 2;6,11 2;6,25 2;7,6 2;8,1 2;8,15 2;8,29 2;9,12 2;9,26 2;10,17 2;11,0 2;11,14 3;1,2 3;1,16 3;1,30 3;2,13 3;2,27 3;3,11 3;3,24 3;4,8 3;4,27 3;5,13 3;5,27 3;6,10 3;6,24 3;8,0 3;8,14 3;8,28 3;9,11 3;10,9 3;10,23 3;11,11 4;0,18 4;1,1 4;1,15 4;1,29 4;2,12 4;3,10 4;3,24 4;4,6 4;4,20 4;5,12 4;5,26 4;6,9 4;6,30 4;7,27 4;8,19 4;9,0 4;10,28 5;0,16

absolute Häufigkeit

218 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 9

8

7

6

5

4 andere Typ 4 Typ 3 Typ 2 Typ 1

3

2

1

0

Alter (Jahre;Monate)

Abb. 6.36. Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Amélie (2L1)

9

8

7

6

5

4 andere Typ 4 Typ 3 Typ 2 Typ 1

3

2

1

0

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

219

Célines Äußerungen kategorisiert nach den o. g. Phasen bzw. Äußerungstypen gehen aus Abb. 6.37 hervor. Céline zeigt keine einzige Äußerung vom Typ 1 und auch nur sehr wenige vom Typ 2 (insgesamt 3), was erneut an der Existenz der entsprechenden Phasen zweifeln lässt. Generell produziert sie recht wenige Äußerungen, die überhaupt ein lexikalisches Subjekt enthalten und somit als LS- oder DS-Struktur charakterisiert werden können. Trotzdem produziert sie bereits eine Äußerung vom Typ 4 (mit 3;3,26), wobei sie anschließend noch Äußerungen vom Typ 2 produziert (im Alter von 3;7,17). Dies ist nicht mit dem vom Maillart & Parisse entwickelten Modell vereinbar. 13 12 11 10

absolute Häufigkeit

9 8 andere Typ 4 Typ 3 Typ 2 Typ 1

7 6 5 4 3 2 1

1;10,24 1;11,8 1;11,21 2;0,6 2;0,29 2;1,11 2;1,23 2;2,7 2;2,22 2;3,4 2;3,18 2;4,9 2;4,22 2;5,8 2;5,20 2;6,5 2;6,17 2;7,0 2;7,15 2;8,1 2;8,21 2;9,6 2;9,18 2;10,3 2;10,16 2;11,0 2;11,13 2;11,28 3;0,10 3;1,8 3;1,28 3;2,12 3;2,25 3;3,16 3;4,6 3;4,20 3;5,26 3;6,9 3;6,23 3;7,6 3;7,20 3;8,5 3;8,26 3;9,9 3;9,22 3;10,7 3;10,20 3;11,4 3;11,19 4;0,12 4;2,24 4;3,22 4;5,19 4;6,14 4;7,12 4;8,10 4;9,22 4;10,20 4;11,24

0

Alter (Jahre;Monate)

Abb. 6.38. Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Emma (2L1)

Eine ähnliche Beobachtung geht ebenfalls aus Emmas Daten (Abb. 6.38) hervor. Es wird deutlich, dass auch hier Äußerungen des Typs 3 überwiegen und keine Entwicklung im Sinne der o. g. Phasen zu erkennen ist. Es gibt wenig Evidenz für die Phasen 1 und 2. Jedoch treten einerseits Äußerungen vom Typ 1 nach Typ 3 auf und andererseits solche vom Typ 2 nach Typ 4, womit die Daten ebenfalls dem Modell widersprechen. Weiterhin wird deutlich, dass Phase 4 mit insgesamt vier Äußerungen nur schwach vertreten ist.

220 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 12 11 10 9

absolute Häufigkeit

8 andere Typ 4 Typ 3 Typ 2 Typ 1

7 6 5 4 3 2 1

5;1,23

4;11,4

4;7,28

4;1,24

4;0,24

3;11,4

3;9,8

3;10,7

3;8,5

3;4,4

3;6,12

3;2,28

3;0,2

3;1,12

2;11,1

2;9,15

2;8,21

2;5,27

2;3,13

2;2,5

2;2,29

2;1,27

2;0,26

2;0,13

1;11,28

1;11,0

1;11,14

1;10,17

0

Alter (Jahre;Monate)

Abb. 6.39. Phasen nach Maillart & Parisse (2008) bei Marie (2L1)

Schlussendlich werden in Abb. 6.39 Maries Daten hinsichtlich der verschiedenen Phasen bzw. Äußerungstypen dargestellt. Auch hier dominieren Äußerungen vom Typ 3. Zudem tritt die einzige Äußerung vom Typ 1 erst in einem Alter auf, in dem bereits Äußerungen des Typs 3 produziert wurden; Typ 1 und 3 treten sogar in derselben Sprachaufnahme auf (2;2,29). Gleiches gilt für Typ 2: Auch nach dem Einsetzen von Phase 4 im Alter von 3;0,2 Jahren treten noch Äußerungen vom Typ 2 auf, was dem hier vorgestellten Modell widerspricht. Vergleicht man die in der vorliegenden Untersuchung erzielten relativen Häufigkeiten der Äußerungstypen mit den Frequenzen, die Maillart & Parisse beobachten, werden weitere interessante Resultate deutlich. Hierfür geht aus Tab. 6.3 die Distribution der verschiedenen Äußerungstypen für die hier untersuchten mono- und bilingualen Kinder im gesamten Untersuchungszeitraum hervor. Die von Maillart & Parisse angegebenen Werte für Typ 1 (0,1 %) und Typ 2 (4,2 %) sind den hier beobachteten relativen Häufigkeiten sehr ähnlich.¹⁸ Insgesamt gibt es für die ersten beiden Phasen also kaum Evidenz. Maillart & Parisse

18 Die Werte ergeben sich aus Tab. II in Maillart & Parisse (2008, 257), wenn man die nach Alter differenzierten Werte für alle Kinder zusammenzieht.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

221

Tab. 6.3. Verteilung der Äußerungen entsprechend den Phasen nach Maillart & Parisse (2008)

Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1) Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) gesamt

Typ 1

Typ 2

Typ 3

Typ 4

andere

0 1 3 1 0 0 3 1 9 (1,06 %)

0 2 3 18 1 3 7 6 40 (4,71 %)

20 85 139 106 81 36 78 83 628 (73,97 %)

5 24 51 17 13 18 4 13 145 (17,08 %)

3 4 5 4 2 4 3 2 27 (3,18 %)

erklären dies darüber, dass sich die Kinder in ihrer Studie bereits hinter den genannten Phasen befinden. Allerdings zeigen sich auch in den hier präsentierten Daten kaum Äußerungen vom Typ 1 oder Typ 2, obwohl die Kinder deutlich jünger sind. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass Phase 1 und 2 vermutlich nicht oder nicht so deutlich existieren, wie Maillart & Parisse annehmen. Im Hinblick auf die Äußerungen, die Phase 3 und 4 zugeordnet werden, zeigt sich eine deutliche Diskrepanz der beobachteten Häufigkeiten. In der hier vorliegenden Auswertung tritt Typ 3 zu ca. 74 % und Typ 4 zu etwa 17,1 % auf, wohingegen es bei Maillart & Parisse (2008) 15,1 % bei Typ 3 und 61 % bei Typ 4 sind. Diese Abweichungen sind vermutlich auf den Unterschied zwischen spontaner und elizitierter Sprache zurückzuführen. In der Studie von Maillart & Parisse werden die Kinder aufgefordert, vorgegebene Sätze so exakt wie möglich zu wiederholen. Bei diesen Sätzen handelt es sich ausschließlich um LS-Strukturen, sodass die Annahme naheliegend ist, dass der erhöhte Gebrauch von LS-Strukturen hierdurch bedingt ist. Dies wird durch Maillart & Parisses Beobachtung gestützt, dass die von ihnen untersuchten vierjährigen Kinder Typ 3 und Typ 4 gleichermaßen produzieren, wohingegen die fünfjährigen Kinder vorzugsweise Strukturen vom Typ 4 äußern. Die Autoren schließen hieraus, dass ältere Kinder generell mehr LS-Strukturen benutzen, was jedoch durch die vorliegende Studie nicht untermauert wird (vgl. Abb. 6.31 bis 6.39). Stattdessen scheint es plausibel, dass die älteren Kinder lediglich die Anforderungen des Elizitationstests besser umsetzen können, sodass die Produktion von LS-Strukturen bei ihnen höher ausfällt.

222 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung 6.2.4.4 Dislokationen und Verbtypen Wie in Kap. 4.3.2 dargelegt wurde, stellt Parisse (2008) weitere Hypothesen auf, wodurch der Erwerb der Subjekt-Linksdislokation bei französischen Kindern beeinflusst werden könnte. In diesem Zusammenhang vermutet er u. a., dass Dislokationen im Zusammenhang mit bestimmten Verben stehen könnten (vgl. Kap. 4.3.2.2). Konkret überprüft der Autor, ob Dislokationen an bestimmte Verbtypen gekoppelt sind, d. h. ob es solche Verbtypen gibt, die nur mit LS-Strukturen auftreten, und solche, die nur in DS-Konstruktionen stehen. Dies könnte entweder für alle Kinder übergreifend gelten oder Kinder könnten individuell betrachtet bestimmte Verbtypen in Dislokationsstrukturen präferieren. Während Parisse die erste Möglichkeit weitestgehend ausschließt, muss er die kindspezifische Hypothese – aufgrund der Tatsache, dass er Daten aus Querschnittstudien analysiert – offenlassen. Beide Möglichkeiten sollen im folgenden Abschnitt anhand der in dieser Arbeit erhobenen Daten untersucht werden. Insgesamt äußern alle in der vorliegenden Arbeit untersuchten Kinder (gemeinsam betrachtet) 106 verschiedene Verbtypen in Konstruktionen mit lexikalischen Subjekten. Hiervon treten 33 (31,1 %) in LS- und DS-Strukturen auf. 73 Verbtypen (68,9 %) finden sich hingegen entweder nur in LS- oder nur in DSÄußerungen. Die Mehrheit dieser Verben tritt jedoch nur ein einziges Mal auf, was wenig aussagekräftig scheint. In Anlehnung an das Vorgehen von Parisse (2008) werden solche einmalig auftretenden Verbtypen nicht als eindeutige Belege für verbspezifische Strukturen gesehen. Nach ihrem Ausschluss verbleiben lediglich 3 Verbtypen (2,8 %), die ausschließlich in LS-Strukturen auftreten, und 23 Verbtypen (21,7 %), die nur in DS-Strukturen verwendet werden, was insgesamt 24,5 % aller Verbtypen ausmacht. Verben, die nur in einer von beiden Konstruktionen auftreten, sind hiernach seltener als Verbtypen, die in beiden Strukturen zu finden sind. Aufgrund der Tatsache, dass viele Verbtypen nur selten produziert werden, werden – ebenfalls basierend auf dem Vorgehen von Parisse (2008) – in einem zweiten Schritt die insgesamt am häufigsten auftretenden Verben separat betrachtet. Hierzu stellt Tab. 6.4 die Verben dar, die von allen Kindern gemeinsam öfter als 10 Mal mit lexikalischen Subjekten produziert werden, was in einer Auflistung der 13 häufigsten Verben resultiert. Die Untersuchung bringt das Ergebnis hervor, dass die meisten dieser Verbtypen in beiden Konstruktionen verwendet werden. Nur zwei der Verben, marcher und dormir, treten lediglich in DS-Strukturen auf. Dass die große Mehrheit der Verben deutlich häufiger in DS- als in LSStrukturen auftritt, ist nicht verwunderlich, da gezeigt wurde, dass DS-Strukturen grundsätzlich frequenter sind. Generell treten aber fast alle der häufigsten Verben sowohl mit LS- als auch mit DS-Konstruktionen auf. Zudem zeigt kein einziges

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

223

Tab. 6.4. Verteilung von LS- und DS-Strukturen mit den am häufigsten auftretenden Verbtypen (für alle Kinder) Verbtyp être (dt. sein) aller (dt. gehen) avoir (dt. haben) faire (dt. machen) tomber (dt. fallen) venir (dt. kommen) marcher (dt. gehen, klappen) s’appeler (dt. heißen) manger (dt. essen) partir (dt. weggehen) vouloir (dt. wollen) dormir (dt. schlafen) pouvoir (dt. können)

Token gesamt 350 67 46 44 23 17 15 13 13 13 13 12 11

LS-Äußerungen

DS-Äußerungen

56 (16,0 %) 15 (22,93 %) 6 (13,04 %) 9 (20,45 %) 9 (39,13 %) 4 (23,53 %) — 1 (7,69 %) 1 (7,69 %) 5 (38,46 %) 1 (7,69 %) — 1 (9,09 %)

294 (84,0 %) 52 (77,61 %) 40 (86,96 %) 35 (79,55 %) 14 (60,87 %) 13 (76,47 %) 15 (100 %) 12 (92,31 %) 12 (92,31 %) 8 (61,54 %) 12 (92,31 %) 12 (100 %) 10 (90,91 %)

der frequenten Verben eine Präferenz für LS-Strukturen, was eine lexembasierte Auswahl der Konstruktionen sehr unplausibel macht. Es scheint also nicht der Fall zu sein, dass bestimmte Verben bei französischsprachigen Kindern generell nur in LS- oder DS-Äußerungen auftreten können. Für eine Überprüfung der Hypothese, dass die Präferenz bestimmter Verben in bestimmten Konstruktionen bei den individuellen Kindern unterschiedlich und somit kindspezifisch sein könnte, wird im Folgenden einzeln auf die Kinder eingegangen, die im Rahmen der vorliegenden Studie untersucht wurden. Aus Tab. 6.5 geht für jedes Kind die absolute und relative Häufigkeit der geäußerten Verbtypen (in Strukturen mit lexikalischem Subjekt) und die Verteilung von LS- und DSStrukturen hervor. Es wird unterschieden zwischen Verben, die sowohl in LS- als auch in DS-Konstruktionen auftreten, und Verben, die nur in LS-Strukturen oder nur in DS-Strukturen verwendet werden. Erneut werden einmalig von einem Kind geäußerte Verbtypen von der Analyse ausgeschlossen. Die unterste Zeile der Tabelle gibt den errechneten Durchschnittswert für alle Kinder in Form des arithmetischen Mittels an. Die Anzahl der verschiedenen geäußerten Verbtypen mit schweren Subjekten variiert von Kind zu Kind: Während die monolingualen Kinder mit 3 und 27 Verbtypen die Extreme darstellen, produzieren die bilingualen Kinder in ihren französischen Korpora zwischen 7 und 18 Verbtypen in Äußerungen mit lexikalischen Subjekten. Diese Schwankungen hängen natürlich u. a. damit zusammen, dass die Anzahl/Dauer der Aufnahmen und die Länge des Untersuchungszeitraums bei den Kinder unterschiedlich sind, und überraschen daher nicht. Durchschnitt-

224 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Tab. 6.5. Auftreten der Verbtypen in LS- und DS-Strukturen (kindspezifisch)

Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1) Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Durchschnitt

Verbtypen gesamt

Verbtypen LS & DS

Verbtypen nur LS

Verbtypen nur DS

3 12 27 18 9 7 10 14 12,5

2 (66,67 %) 6 (50,0 %) 13 (48,15 %) 6 (33,33 %) 5 (55,56 %) 4 (57,14 %) 4 (40,0 %) 3 (21,43 %) 5,38 (43,0 %)

— 2 (16,67 %) 3 (11,11 %) — — — — 1 (7,14 %) 0,75 (6,0 %)

1 (33,33 %) 4 (33,33 %) 11 (40,74 %) 12 (66,67 %) 4 (44,44 %) 3 (42,86 %) 6 (60,0 %) 10 (71,43 %) 6,38 (51,0 %)

lich betrachtet liegt der Anteil derjenigen Verben, die sowohl in LS- als auch in DS-Strukturen produziert werden, bei 41 %, womit ein beträchtlicher Anteil der Verbtypen gegen die Annahme verbspezifischer Konstruktionen spricht. Verben, die nur in LS-Konstruktionen auftreten, zeigen sich nur bei drei Kindern und sind mit durchschnittlich 6 % marginal. Der Fall, dass ein Verb nur in DS-Strukturen auftritt, macht mit 51 % gut die Hälfte aller Verbtypen aus und ist damit häufiger als der Fall, dass ein Verb in beiden Konstruktionen vorkommt. Eine wichtige Beobachtung ist jedoch auch, dass sich unter den Verben, die in beiden Strukturen auftreten, der Großteil der von den jeweiligen Kindern am häufigsten geäußerten Verben befindet. Dies führt zu der Annahme, dass mit steigender Frequenz der Verben auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ein Verb in beiden Konstruktionen auftritt, und die Präferenz der DS-Konstruktion mit bestimmten Verbtypen vermutlich dem seltenen Auftreten der LS-Strukturen geschuldet ist. Die Annahme, dass bestimmte Verbtypen nur in LS- oder nur in DS-Strukturen auftreten und Dislokationen im kindlichen Spracherwerb somit an Lexeme gekoppelt sind, kann sowohl in kindübergreifender als auch in kindspezifischer Perspektive als unplausibel bewertet werden. Für alle Kinder gemeinsam können keine Verbtypen identifiziert werden, die nur oder überwiegend in LSKonstruktionen auftreten. Während für DS-Strukturen einige solcher Verben gefunden werden können, überwiegen grundsätzlich (unter Ausschluss der einmalig auftretenden Verben) solche Verbtypen, die in LS- und DS-Konstruktionen auftreten. Auch die kindspezifische Variante der lexembasierten Hypothese scheint nicht plausibel. Zwar finden sich hier Verben, die nur in LS-Strukturen auftreten, allerdings sind diese extrem selten und zeigen sich nur bei drei Kindern. Es ist wahrscheinlicher, dass das ausschließliche Auftreten bestimmter Verbtypen in bestimmten Konstruktionen auf einen Stichprobeneffekt zurückzuführen ist,

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

225

als dass es eine lexembasierte Präferenz für diese Strukturen widerspiegelt. Die Ergebnisse deuten also darauf hin, dass sich die Subjekt-LD im frühkindlichen Spracherwerb des Französischen unabhängig vom Verbtyp entwickelt.

6.2.4.5 Dislokationen und Äußerungslänge Eine weitere Hypothese zum Erwerb der Subjekt-LD betrifft die Äußerungslänge von LS- und DS-Strukturen, in Bezug auf welche sowohl Parisse (2008) als auch Maillart & Parisse (2008) systematische Unterschiede feststellen (vgl. Kap. 4.3.2.3). Einerseits sind in Parisses (2008) Untersuchung DS-Strukturen mit 6,73 Wörtern (selbst wenn das Resumptivum nicht mitberechnet wird) im Durchschnitt um gut eineinhalb Wörter länger als LS-Strukturen, mit durchschnittlich 5,07 Wörtern. Andererseits produzieren Kinder im Elizitationstest bei der Wiedergabe längerer Sätze mehr Subjekt-LDn als bei kürzeren Sätzen (vgl. Maillart & Parisse, 2008). Beide Beobachtungen stützen die Annahme, dass die Linksdislokation von Subjekt-DPn möglicherweise eine kindliche Vereinfachungsstrategie darstellt, um Sätze zu verarbeiten, die ansonsten zu komplex wären. DSKonstruktionen wären demnach (entgegen einer intuitiven Erwartung) im Sinne der Sprachverarbeitung weniger komplex als LS-Strukturen. Um dieser Hypothese nachzugehen, wurden die in der vorliegenden Arbeit auftretenden LS- und DS-Strukturen im Hinblick auf ihre Länge analysiert. Zu diesem Zweck wurde die durchschnittliche Anzahl der in den jeweiligen Strukturen enthaltenen Wörter ermittelt,¹⁹ bevor aus diesen Mittelwerten die Differenz gebildet wurde. Da aufgrund der Literatur zu erwarten ist, dass DS-Strukturen länger sind, wurde die Äußerungslänge der LS-Strukturen von der Länge der DSStrukturen subtrahiert. Die Ergebnisse dieser Auswertung gehen aus Tab. 6.6 hervor. Die Tabelle enthält weiterhin Durchschnittswerte für die monolingualen Kinder einerseits und für die bilingualen Kinder andererseits, um die beiden Gruppen miteinander vergleichen zu können. Die von Parisse verzeichnete Beobachtung, dass DS-Konstruktionen im Durchschnitt über 1 Wort länger sind als LS-Strukturen, spiegelt hier nur die bilinguale Emma wider. Die anderen Kinder (mit Ausnahme von Léonard und Marie) zeigen zwar die gleiche Tendenz, nämlich dass DS-Konstruktionen im Durchschnitt länger sind als LS-Strukturen, der Unterschied ist aber zum Teil sehr gering (0,3-0,9 Wörter). Léonard und Marie hingegen zeigen sogar eine gegenläufige Tendenz.

19 In Anlehnung an Parisse (2008) wurde in DS-Konstruktionen das resumptive Element nicht mitgezählt, da sonst DS-Strukturen allein aufgrund des Resumptivums bereits um ein Wort länger wären als ihre entsprechenden LS-Gegenstücke.

226 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Tab. 6.6. Durchschnittliche Länge von LS- und DS-Äußerungen und ihre Differenz

Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1) Durchschnitt L1 Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Durchschnitt 2L1

durchschnittl. Länge der LS-Strukturen (in Wörtern)

durchschnittl. Länge der DS-Strukturen (in Wörtern)

Differenz (DS minus LS)

5,6 5,59 5,79 5,66 5,68 5,69 5,52 4,75 6,86 5,7

5,52 6,06 6,65 6,08 6,01 6,06 5,8 6,02 5,56 5,89

-0,08 0,47 0,86 0,42 0,33 0,37 0,28 1,27 -1,3 0,19

Während diese mit 0,08 Wörtern bei Léonard minimal ausgeprägt ist, zeigt sich bei Marie ein wesentlich deutlicherer Unterschied: Bei ihr sind LS-Strukturen im Durchschnitt 1,3 Wörter länger als DS-Konstruktionen. Vergleicht man die monolingualen mit den bilingualen Kindern, so wird deutlich, dass die beiden Kindergruppen keine systematischen Unterschiede zeigen. Zwar ist die Differenz zwischen LS- und DS-Länge bei den monolingualen Kindern etwas ausgeprägter, die Kinder zeigen jedoch sehr heterogene Werte und lassen somit keine einheitliche Schlussfolgerung zu. Auch in der bilingualen Gruppe zeigt sich kein homogenes Bild: Alexander, Amelie und Céline verhalten sich sehr ähnlich, Emma und Marie hingegen unterscheiden sich deutlich von ihnen sowie auch voneinander.²⁰ Um beurteilen zu können, ob es statistisch signifikante Effekte hinsichtlich der Länge von LS- und DS-Strukturen gibt, wurde für jedes Kind ein Test (zweiseitig, verbundene Stichproben) durchgeführt, dessen Ergebnisse aus Tab. 6.7 hervorgehen. Nur bei jeweils einem monolingualen und einem bilingualen Kind zeigen sich statistisch signifikante Unterschiede in der Länge von LS- und DSStrukturen. Diese Unterschiede verlaufen jedoch in gegenläufige Richtungen, wie ein anschließend durchgeführter einseitiger Test offenbart. Bei Philippe sind LS-Konstruktionen signifikant kürzer als DS-Konstruktionen (V=3077.5, p=0.002; einseitig, verbundene Stichproben). Bei Marie hingegen sind LS-Konstruktionen signifikant länger als DS-Strukturen (V=879.5, p=0.01; einseitig, verbundene Stichproben), was gegenläufig zu der von Maillart & Parisse verzeichneten Ten-

20 Da sowohl Emma als auch Marie das Französische als starke Sprache entwickeln, ist der Unterschied zwischen beiden auch nicht auf einen Einfluss der Sprachdominanz zurückzuführen.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

227

Tab. 6.7. Ergebnisse des Mann-Whitney-U-Tests auf Signifikanz: Unterschiede in der Äußerungslänge von LS- und DS-Strukturen

Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1) Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1)

W-Wert

p-Wert

59.5 1063.5 3077.5 1089 489 396 235 879.5

0.927 0.362 0.004 0.488 0.541 0.714 0.126 0.020

Signifikanzniveau nicht signifikant nicht signifikant signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant signifikant

denz ist. Bei allen anderen Kinder zeigen sich keine signifikanten Unterschiede. Auch zwischen den zwei Gruppen, d. h. den mono- und den bilingualen Kindern, gibt es weder signifikante Abweichungen bei der Länge der LS-Strukturen (W=7, p=1.0; n1 =3, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben) noch bei der Länge der DS-Konstruktionen (W=5.5, p=0.653; n1 =3, n2 =5; zweiseitig, unverbundene Stichproben). Insgesamt können die Daten die Annahme, dass DS-Strukturen eher in längeren Äußerungen (und demnach als kindliche Vereinfachungsstrategie) verwendet werden, nicht zuverlässig untermauern. Interessant ist dennoch die Beobachtung, dass DS-Strukturen im Durchschnitt betrachtet bei der Mehrheit der Kinder gleichlang wie bzw. sogar länger als LS-Strukturen sind. Sie scheinen demnach zumindest nicht komplexer zu sein, in dem Sinne, dass sie die Verarbeitung einer Äußerung zu anspruchsvoll/schwierig für die Kinder machen. Es muss aber an dieser Stelle erneut auf die sehr geringe absolute Anzahl beider Konstruktionen hingewiesen werden, woraus sich die Frage ergibt, wie repräsentativ die Daten tatsächlich sind.

6.2.4.6 Dislokationen und der Erwerb des Pronominalsystems Wie bereits in Kap. 4.3.2.4 dargestellt wurde, weist Parisse (2008) auch auf die Möglichkeit hin, dass die zunehmende Produktion von DS-Strukturen eine Konsequenz aus dem fortschreitenden Erwerb der klitischen Pronomen sein könnte. Somit wäre der einzige Unterschied zwischen LS- und DS-Strukturen, ob die Kinder bereits den obligatorischen Gebrauch des (klitischen) Subjekts erworben haben, wobei die beiden Konstruktionen nicht ‚bewusst‘ und in unterschiedlichen Kontexten verwendet würden. Der Autor kann in Bezug auf diesen möglichen Zusammenhang keine zuverlässigen Aussagen treffen: Während eines seiner Korpo-

228 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung ra suggeriert, dass DS-Strukturen tatsächlich mit dem Erwerb klitischer Pronomen verbunden sind, zeigt das andere von ihm untersuchte Korpus keine Evidenz hierfür. Um dieser Hypothese nachzugehen, wird auch in den vorliegenden Daten die Rate der realisierten Subjektpronomen im Zusammenhang mit der DS-Produktion analysiert. Als Subjektpronomen werden klitische Personalpronomen sowie das demonstrative Subjektpronomen ce bzw. c’ gewertet. Bei Äußerungen, in denen dem Verb kein Subjektpronomen vorangeht, handelt es sich meist um Relativsätze, Auslassungen des Expletivums, wie in (il) faut, postverbal realisierte Subjekte oder Eigennamen als Subjekte. Insgesamt sind die meisten Äußerungen in Bezug auf die Subjektrealisierung zielsprachlich. Abb. 6.40 zeigt die Rate der realisierten Subjektpronomen (in blau) und die absolute Anzahl an DS-Strukturen (in schwarz) exemplarisch für Alexander. Die primäre y-Achse bezieht sich auf die Subjektpronomen-Rate, wohingegen die sekundäre y-Achse die Werte der DS-Strukturen wiedergibt. Da die visuelle Darstellung wenig aussagekräftig ist, soll auf die graphische Abbildung der Daten der anderen Kinder an dieser Stelle verzichtet werden. 100

14

90

10

70 60

8

50 6

40 30

4

20 2 10 0 2;2,6 2;2,20 2;2,27 2;3,24 2;4,6 2;4,20 2;5,25 2;6,8 2;6,25 2;7,6 2;7,27 2;8,12 2;8,28 2;9,18 2;10,2 2;10,23 2;11,6 2;11,20 3;1,22 3;2,2 3;2,16 3;3,0 3;3,22 3;4,5 3;4,19 3;5,3 3;5,24 3;6,7 3;6,21 3;7,4 3;8,11 3;8,25 3;9,7 3;9,22 3;10,6 3;10,26 3;11,10 3;11,24 4;2,16 4;3,0 4;3,21 4;4,25 4;5,23 4;6,6 4;6,30 4;8,6 4;10,22 5;2,21

0

Alter (Jahre;Monate,Tage) Subjektpronomen-Rate Linear (Subjektpronomen-Rate) Page 1

DS gesamt Linear (DS gesamt)

Abb. 6.40. Realisierte Subjektpronomen und DS-Strukturen bei Alexander (2L1)

absolute Anzahl an DS-Strukturen

relative Häufigkeit der Realisierung von Subjektpronomina (in %)

12 80

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

229

Die Trendlinien für die Realisierung der Subjektpronomen und für die Anzahl von DS-Strukturen zeigen eine ähnliche, leicht ansteigende Entwicklung mit fortschreitendem Alter. Betrachtet man aber die Werte für die einzelnen Aufnahmen, zeigen sich sehr starke Schwankungen und es wird kein direkter Zusammenhang ersichtlich. Um zu überprüfen, ob ein linearer Zusammenhang zwischen beiden Erwerbsbereichen besteht, wird der Korrelationskoeffizient zwischen den Subjektpronomen-Realisierungen und der Anzahl von DS-Strukturen ermittelt. Hierbei wird auf die Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson zurückgegriffen.²¹Die Ergebnisse der statistischen Berechnung gehen aus Tab. 6.8 hervor. Tab. 6.8. Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson: Korrelation zwischen der Subjektpronomen-Rate und der absoluten Anzahl an DS-Strukturen r-Wert Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1) Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1)

0,79 0,42 0,22 0,09 0,16 0,09 0,12 0,22

Korrelationsniveau hohe Korrelation geringe Korrelation geringe Korrelation sehr geringe Korrelation sehr geringe Korrelation sehr geringe Korrelation sehr geringe Korrelation geringe Korrelation

Von allen Kinder zeigt ausschließlich der monolinguale Léonard eine hohe Korrelation zwischen beiden hier betrachteten Erwerbsbereichen; bei allen anderen mono- und bilingualen Kindern liegt eine (sehr) geringe Korrelation vor. Wie auch bei Parisse (2008) können hier also keine einheitlichen Resultate erzielt werden. Insgesamt suggerieren die vorliegenden Ergebnisse aber, dass kein linearer Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Pronominalsystems und der Entwicklung von DS-Strukturen besteht. Es ist demnach äußerst unwahrscheinlich, dass die

21 Die Interpretation erfolgt nach folgenden Kennwerten (Bühl, 2008, 346): Wert

Interpretation

bis 0,2

sehr geringe Korrelation

bis 0,5

geringe Korrelation

bis 0,7

mittlere Korrelation

bis 0,9

hohe Korrelation

über 0,9

sehr hohe Korrelation

230 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Produktion von DS-Strukturen lediglich eine Konsequenz aus dem fortschreitenden Erwerb des Pronominalsystems ist.

6.2.5 Zusammenfassung Das vorangegangene Kapitel hat sich mit resumptiven Subjektdislokationen im kindlichen Spracherwerb des Französischen durch mono- und bilinguale Kinder befasst, wobei die Frage nach dem Auftreten eines Spracheneinflusses eine zentrale Rolle eingenommen hat. Hinsichtlich der generellen Frequenz französischer Subjektdislokationen konnte kein Unterschied zwischen den mono- und den bilingualen Kindern verzeichnet werden. Dies trifft sowohl auf die Gesamtanzahl disloziierter Subjekte als auch auf den Erwerbsverlauf gemessen am MLU zu. Auch in Bezug auf die Verteilung links- und rechtsdisloziierter Subjekte traten keine systematischen Unterschiede zwischen den Kindergruppen auf, obwohl in gewissem Rahmen sehr wohl individuelle Abweichungen verzeichnet werden konnten. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Mehrheit der Subjekt-LDn die linke Peripherie betrifft, wenngleich tendenziell vor allem in frühen Phasen verstärkt rechtsdisloziierte Subjekte auftreten und erst im Laufe der Entwicklung die LD an Stellenwert gewinnt. Gleichzeitig wird deutlich, dass Links- und Rechtsdislokationen gleichzeitig und schon in frühen Erwerbsphasen auftreten. Neben dem quantitativen Auftreten wurde in der vorliegenden Untersuchung auch auf qualitative Eigenschaften disloziierter Subjekte eingegangen, nämlich auf die grammatische Person sowie die grammatische Kategorie. Die meisten disloziierten Subjekte entsprechen der 3. Person (Singular), was möglicherweise darauf zurückgeführt werden kann, dass die 1. und 2. Person auf den Sprecher und Hörer referieren, die in der Sprechsituation anwesend sind, sodass die entsprechenden Referenten immer situativ gegeben sind. Hierdurch können Referenten dieser grammatischen Personen auch rein pronominal als Topiks ausgedrückt werden, wohingegen solche der 3. Person häufiger overt als Topiks markiert (d. h. disloziiert) werden müssen. Die Vorherrschaft der 3. grammatischen Person ist bei der Rechtsdislokation besonders stark ausgeprägt, wo sich vor allem disloziierte DPn finden. In der linken Peripherie zeigt sich sowohl bei den monolingualen als auch bei den bilingualen Kindern ein vergleichsweise häufiges Auftreten pronominaler Subjekte, die oft der 1. Person Singular entsprechen. Dies hängt vermutlich mit informationsstrukturellen Funktionen wie beispielsweise dem Ergreifen des Rederechts zusammen. Die Untersuchung bestätigt also, dass die Informationsstruktur einen Einfluss auf den Gebrauch von Dislokationen hat, was von diversen Autoren beobachtet wird.

6.2 Subjektdislokationen im Französischen |

231

Insgesamt wird also im Hinblick auf das allgemeine Auftreten, den Entwicklungsverlauf und generelle qualitative Eigenschaften französischer Subjektdislokationen deutlich, dass der bilinguale Erwerb keinerlei systematische Abweichungen vom monolingualen Erwerb aufweist. Wie dieses Nicht-Auftreten von Spracheneinfluss erklärt werden kann, wird in Kap. 6.3 diskutiert. Hinsichtlich des von Ferdinand (1993, 1996) entwickelten Modells, in dem die Subjekt-Linksdislokation eine fortgeschrittene unter mehreren Erwerbsphasen in Bezug auf die linke Satzperipherie darstellt, machen die in der vorliegenden Arbeit erhobenen empirische Belege diverse Probleme deutlich. Nicht alle Kinder zeigen Evidenz für alle Phasen, und gleichzeitig sind einige Phasen sehr kurz oder durch sehr wenige Aufnahmen bzw. Äußerungen vertreten. Weiterhin äußern fast alle hier untersuchten Kinder Strukturen, die nicht ohne Weiteres mit Ferdinands Modell vereinbar sind. Diese Gegenbelege fügen sich in weitere, überwiegend theoretisch basierte Kritikpunkte ein, die in der Literatur gegen Ferdinands Annahmen vorgebracht werden (vgl. z. B. De Cat, 2002). Insgesamt muss die Hypothese, dass linksdisloziierte Subjekte erst in fortgeschritteneren Erwerbsphasen zu verzeichnen sind und demnach mit der Projektion spezieller funktionaler Schichten einhergehen, kritisch hinterfragt werden. Die hier analysierten Daten zeigen keine befürwortende Evidenz hierfür. Im Gegenteil treten Dislokationsstrukturen im kindlichen Französischen schon sehr früh und konstant auf. Systematische Unterschiede zwischen den mono- und bilingualen Kindern zeigen sich auch in der hier durchgeführten, auf Ferdinands Hypothesen basierenden Untersuchung nicht. Das zweite diskutierte Modell, welches von Maillart & Parisse (2008) und Parisse (2008) entwickelt wurde, befasst sich ausschließlich mit Subjekt-Linksdislokationen, die lexikalische Nomen enthalten, wobei die Autoren Subjekte dieser Art ohne Doppelung (LS-Strukturen) solchen mit resumptiver Doppelung (DSStrukturen) gegenüberstellen. Die Grundannahme der Autoren ist, dass es sich bei der Subjekt-LD um eine kindliche Vereinfachungsstrategie handelt, die besonders in frühen Erwerbsphasen von französischsprachigen Kindern herangezogen wird. Maillart & Parisse beobachten, dass Kinder zu Beginn des Spracherwerbs mehr LS-Strukturen benutzen (welche jedoch noch keine morphosyntaktischen Verknüpfungen aufweisen), anschließend häufiger DS-Strukturen verwenden, um morphosyntaktische Prozesse und Merkmale zu erwerben, und schließlich wieder (zielsprachliche) LS-Konstruktionen präferieren. Hierfür definieren die Autoren vier aufeinanderfolgende Erwerbsphasen. Das Model von Maillart & Parisse (2008) konnte durch die hier analysierten Daten nicht untermauert werden. Stattdessen zeigen die Kinder beinahe ausnahmslos eine Präferenz von DS-Strukturen, die sich bereits sehr früh manifestiert, obwohl sie aufgrund der geringen absoluten Werte häufig nicht sehr stark ausgeprägt ist. Eine frühe Pha-

232 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung se, in der LS-Konstruktionen überwiegen, konnte hingegen nicht verzeichnet werden. Die aufgezeigten Diskrepanzen sind vermutlich zumindest teilweise auf die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Datenerhebung zurückzuführen: Die Ergebnisse von Maillart & Parisse (2008) beruhen auf Elizitationstests, während hier ausschließlich auf spontane Sprachdaten zurückgegriffen wird. Zudem treten bei allen Kindern Äußerungen auf, die mit den von den Autoren formulierten Phasen nicht kompatibel sind. Insgesamt kann die Annahme, dass Subjekt-Linksdislokationen eine kindliche Vereinfachungsstrategie darstellen, auf der vorliegenden Datengrundlage nicht bestätigt werden. Schließlich schlägt Parisse (2008) diverse Faktoren vor, die mit dem Erwerb der Linksdislokation lexikalischer Subjekt-DPn interagieren könnten. Einen Zusammenhang zwischen DS-Konstruktionen und Verbtypen auf kindübergreifender Basis betrachtet der Autor selbst kritisch; die Frage, ob es einen solchen Zusammenhang auf kindspezifischer (individueller) Ebene gibt, lässt er offen. Auch bezüglich einer Korrelation zwischen DS-Strukturen und dem generellen Erwerb des Pronominalsystems kann er aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse zweier Korpora keine klare Entscheidung treffen. Eine Interaktion zwischen SubjektLinksdislokationen und der Äußerungslänge stellen hingegen sowohl Maillart & Parisse (2008) als auch Parisse (2008) fest: Die Autoren beobachten, dass Kinder bei längeren Strukturen eher zu Subjekt-Linksdislokationen neigen als bei kürzeren, und dass DS-Strukturen im Durchschnitt länger sind als LS-Strukturen. Auf der Basis der hier erhobenen Daten kann keine dieser Interaktionen als zutreffend beurteilt werden. Für die untersuchten Kinder konnte weder übergreifend noch individuell ein Zusammenhang zwischen DS- oder LS-Strukturen und bestimmten Verbtypen verzeichnet werden. Auch für die Äußerungslänge zeigte sich kein systematischer Effekt. Und schließlich lag ebenfalls keine Korrelation zwischen dem Auftreten von DS-Strukturen und der Realisierung klitischer Subjektpronomen vor. Gleicht man die von Maillart & Parisse (2008) und Parisse (2008) auf der Basis von Querschnittstudien und Elizitationstests gewonnenen Ergebnisse mit natürlichen Sprachdaten longitudinaler Studien ab, zeigt sich also, dass die Hypothesen anhand letzterer nicht bestätigt werden können. Die Art der Datenerhebung scheint somit u. a. für den Untersuchungsgegenstand der Subjekt-Linksdislokation von großer Relevanz zu sein. In keinem der hier untersuchten Aspekte zeigen sich systematische Unterschiede zwischen den analysierten monolingualen und bilingualen Kindern, womit erneut keine Evidenz für einen Spracheneinfluss gefunden werden kann. Und wenngleich es nicht immer im Detail anhand der Daten aufgezeigt wurde, wurde außerdem ersichtlich, dass die sprachliche Entwicklung in Bezug auf Dislokationsstrukturen bei den bilingualen Kindern nicht davon abhängt, ob sie

6.3 Interpretation der Ergebnisse | 233

einen balancierten oder einen unbalancierten Erwerbsverlauf aufweisen, sodass der Sprachdominanz hier keine entscheidende Rolle zukommt.

6.3 Interpretation der Ergebnisse Die vorangegangenen Abschnitte haben verschiedene Ergebnisse in Bezug auf den Dislokationserwerb im Französischen und Deutschen mono- sowie bilingualer Kinder hervorgebracht. Im Hinblick auf diverse Aspekte wurde gezeigt, dass bilingual deutsch-französisch aufwachsende Kinder sich hinsichtlich des Gebrauchs nominaler Dislokationen in beiden Sprachen so verhalten, wie es auch die jeweiligen monolingualen Kinder tun. Weder im Französischen noch im Deutschen manifestiert sich also ein Spracheneinfluss. Dies ist ein eher überraschendes Ergebnis, da in Kap. 4.1 basierend auf der einschlägigen Literatur vorhergesagt wurde, dass das Auftreten eines solchen Spracheneinflusses für den Bereich der Dislokation als möglich und sogar wahrscheinlich erachtet werden kann. Die von Hulk und Müller formulierten Bedingungen der strukturellen Überlappung und der Syntax-Informationsstruktur-Schnittstelle können im Bereich der Dislokation grundsätzlich als erfüllt betrachtet werden, womit ein Einfluss in einer von beiden Sprachen der bilingualen Individuen erwartet werden kann. Dieser könnte sich im Deutschen äußern, indem die bilingualen Kinder mehr/früher/länger Dislokationen produzieren als die monolingual deutschen Kinder. Eine solche Abweichung wäre vor allem unter der Annahme des mapping induced influence zu erwarten. In diesem Sinne könnte man annehmen, dass die Dislokation von (nominalen) Konstituenten eine UG-gegebene informationsstrukturelle Strategie zur Markierung von Topikalität ist, die die Kinder vor allem in frühen Erwerbsphasen übergeneralisieren. Demnach würde man im Deutschen der monound bilingualen Kinder zu Beginn des Erwerbs eine erhöhte Rate disloziierter Konstituenten erwarten, wobei diese Phase bei den bilingualen Kindern stärker ausgeprägt bzw. länger sein sollte. Dies wird allerdings anhand der Datenanalyse in Kap. 6.1 widerlegt. Bei den mono- und bilingualen Kindern machen Dislokationen im Deutschen nur etwa 2 % aller finiten Deklarativsätze aus und sind somit – genau wie bei den untersuchten adulten Sprechern des Deutschen – extrem selten (1 %). Kinder verwenden also auch in frühen Erwerbsphasen im Deutschen nicht häufiger Dislokationen als erwachsene Muttersprachler. Ebenso produzieren die bilingualen Kinder Dislokationen hier nicht häufiger oder länger als die monolingualen Kinder. Der einzige ansatzweise zu erkennende Unterschied ist, dass die bilingualen Kinder im Deutschen mehr Subjekte und weniger Objekte disloziieren als die monolingualen Kinder und die adulten deutschen Sprecher. Eine solche

234 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Vorherrschaft disloziierter Subjekte findet sich auch im (kindlichen und adulten) Französischen wieder. Diese Diskrepanzen im kindlichen Deutschen zeigen sich allerdings nicht bei allen bilingualen Kindern und stellen sich zudem als statistisch nicht signifikant heraus, weshalb keine weitreichenden Schlussfolgerungen möglich sind. Dass im Deutschen der bilingualen Kinder kein Einfluss in Form eines erhöhten Gebrauchs von Dislokationen auftritt, ist nach Notley et al. (2007) u. a. auf die frequenziellen Verhältnisse im Input zurückzuführen. Die Autorinnen argumentieren für den Dislokationserwerb französisch-niederländischer und französischenglischer Kinder, dass ein Einfluss nur dann zu erwarten ist, wenn die betreffenden Strukturen auch im Input vorhanden sind. Hierbei sprechen sie allerdings nicht über die Frage, wie stark eine solche Präsenz im Input in quantitativer Hinsicht sein muss. Bei den hier untersuchten erwachsenen Sprechern machen Dislokationen im Deutschen weniger als 1 % aller finiten deklarativen Äußerungen aus und sind somit kaum vorhanden. Nach Notley et al. (2007) könnte also diese ‚Quasi-Abwesenheit‘ von Dislokationsstrukturen in der adulten Sprache dazu führen, dass es bei den bilingualen Kindern nicht zu einem verstärkten Dislokationsgebrauch im Deutschen kommt. Eine zweite Möglichkeit des Auftretens von Spracheneinfluss wäre, dass sich der Einfluss nicht im Deutschen, sondern im Französischen der bilingualen Kinder zeigt. In dieser Hinsicht könnte es zu einem reduzierten bzw. verzögerten Gebrauch nominaler Dislokationen im Vergleich zu den monolingual französischen Kindern kommen. Auch dies wird allerdings in der Auswertung der empirischen Daten in Kap. 6.1 und 6.2 widerlegt. Die mono- und bilingualen Kinder unterscheiden sich im Französischen weder im allgemeinen Auftreten von Dislokationen noch in der Verwendung von Subjekt-/Objekt- oder Links-/Rechtsdislokationen signifikant voneinander. Die detailliertere Analyse disloziierter Subjekte im Französischen hat zudem gezeigt, dass auch hinsichtlich der grammatischen Person und Kategorie der disloziierten Konstituente keine Unterschiede zwischen den Kindergruppen bestehen. Wie ist dieses Ausbleiben eines Spracheneinflusses nun zu erklären? Wie bereits in Kap. 4.1.3.2 angerissen wurde, wäre ein möglicher Grund hierfür, dass der Dislokation in beiden Sprachen ein unterschiedlicher Stellenwert zugeschrieben werden muss. Für das Französische wird argumentiert, dass die Disloziierung von Elementen immer mit Topikalität verbunden ist und ein notwendiges Mittel darstellt, um Konstituenten den Status eines Topiks zuschreiben zu können. Es handelt sich hiernach bei der Dislokation um eine Konstruktion, bei der das linksbzw. rechtsdisloziierte Element zwar syntaktisch optional, informationsstrukturell aber obligat ist. Im Deutschen kann eine solche strikte Beziehung zwischen der Dislokation und der Topikalität nicht in dem Maße bestätigt werden. Zwar wei-

6.3 Interpretation der Ergebnisse | 235

sen diverse Studien darauf hin (oder setzen stillschweigend voraus), dass disloziiierte Elemente Topiks darstellen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Dislokation zur Erzeugung dieser Topikalität unbedingt notwendig ist. Tatsächlich kann Topikalität im Deutschen auch über andere Mittel erzeugt werden, wie beispielsweise durch die Topikalisierung oder die Prosodie. Möglicherweise ist diese fehlende ‚absolute Notwendigkeit‘ der Disloziierung von Konstituenten im Deutschen der Grund für das Ausbleiben eines Spracheneinflusses. Den hier dargestellten Erklärungsansatz bedarf es anhand zukünftiger Forschungsstudien zu bestätigen. Insbesondere kommt hierfür eine informationsstrukturell orientierte Analyse natürlicher Sprachdaten in Frage. Es müsste konkret untersucht werden, welche Funktionen im Französischen und im Deutschen mit der Verwendung von Dislokationen einhergehen, wofür durchaus auch die hier untersuchten Korpora herangezogen werden könnten. Gleichermaßen ist es notwendig, auch alle Äußerungen ohne disloziierte Elemente in die Analyse einzubeziehen und der Frage nachzugehen, auf welche Weise Topikalität bei spracherwerbenden Kindern realisiert wird. Bringt eine solche Studie das Ergebnis hervor, dass die Dislokation bei spracherwerbenden Kindern im Deutschen nur eines unter mehreren Mitteln zur Erzeugung von Topikalität ist, würde dies die hier formulierte Hypothese stützen. Ein weiterer Aspekt, der Dislokationen im Französischen und Deutschen grundlegend voneinander unterscheidet, ist die Natur des resumptiven Elements. Das Resumptivum ist im Französischen in aller Regel klitischer Natur, wohingegen es sich im Deutschen meist um ein schwaches d-Pronomen handelt. Auf die Unterscheidung zwischen klitischen und nicht-klitischen Pronomen kann in der vorliegenden Arbeit nicht angemessen eingegangen werden, da dies eine seit langem geführte, sehr umfangreiche Debatte über den Status klitischer Elemente mit sich führt: „The proper treatment of clitic placement is one of the most puzzling problems for syntactic theory and the actual landing site for clitics is not clear at all“ (Anagnostopoulou, 1997, 161). Für eine umfangreichere Diskussion in Bezug auf den Status klitischer Elemente im Zusammenhang mit Dislokationsstrukturen wird hier auf De Cat (2002) verwiesen, wohingegen eine generelle Diskussion der Eigenschaften klitischer und nicht-klitischer Pronomen im Französischen bzw. in den romanischen Sprachen allgemein z. B. aus Cardinaletti & Starke (1999, 2000) und Prévost (2009) hervorgeht. Unstrittig ist jedoch, dass Klitika sich auf besondere Weise von anderen Pronomen unterscheiden. Zum Beispiel können sie keine prominente Betonung erhalten und sind an die Präsenz eines adjazenten Verbs gebunden: „Clitics are by definition deficient elements that need phonological support“ (De Cat, 2002, 257). Ohne hier näher darauf einzugehen, soll auf die Möglichkeit verwiesen werden, dass auch Unterschiede dieser Art dazu führen könnten, dass Dislokationen im Französischen und Deutschen aus der

236 | 6 Empirie Teil I: Dislokationen in Form von Doppelung Perspektive des spracherwerbenden Kindes keine echten Alternativen zueinander darstellen. Dass wesentliche Unterschiede zwischen verschiedenen Arten der Dislokation auf die Natur des Resumptivums als [± klitisch] zurückgeführt werden können, geht auch aus diversen Forschungsbeiträgen hervor (z. B. Anagnostopoulou, 1997; Carroll, 1982b; López, In prep.). An dieser Stelle soll abschließend noch einmal auf die Frage Bezug genommen werden, unter welchen Umständen im bilingual-simultanen kindlichen Erstspracherwerb eine Beeinflussung der beiden sprachlichen Systeme erwartet werden kann. Obwohl für den Bereich der Dislokation beide von Hulk und Müller formulierten Bedingungen erfüllt sind, zeigt sich bei den hier untersuchten deutsch-französischen Kindern kein Spracheneinfluss. Gleichzeitig wird in der Literatur gezeigt, dass ein Spracheneinfluss auftreten kann, wenn nur eine der beiden Bedingungen erfüllt ist (vgl. Müller et al., 2002, 2006; Repetto & Müller, 2010; Repetto, 2010; Schmitz, 2002; Yip & Matthews, 2000). Das bedeutet, dass die Annahmen in Bezug auf die Bedingungen zum Auftreten von Spracheneinfluss modizifiert werden müssen, wenn sie nicht gänzlich verworfen werden sollen. Möglicherweise handelt es sich nicht um notwendige Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Beeinflussung der Sprachsysteme auftreten kann. Stattdessen sind es vermutlich vielmehr einzelne Faktoren, die das Auftreten eines Einflusses begünstigen. In diese Richtung argumentieren auch Yip & Matthews (2000) mit der Annahme, dass strukturelle Überlappung nicht zwangsläufig notwendig ist, damit sich ein Spracheneinfluss zeigt, aber durchaus eine verstärkende Rolle spielen kann. Aus dieser Perspektive ist Spracheneinfluss nicht notwendigerweise an die Erfüllung einzelner Kriterien gebunden, sondern wird umso wahrscheinlicher, je mehr begünstigende Einflussfaktoren im Spiel sind. Unter diese Faktoren könnten dann ebenfalls diverse weitere fallen, zum Beispiel syntaktische/derivationelle Komplexität, sprachliche (Un)balanciertheit oder Input-Frequenz. Wenngleich diese Annahme schwieriger zu falsifizieren ist, scheint sie doch sehr plausibel, da das Feld des Spracheneinflusses sich als hochgradig komplex erwiesen hat und es sicherlich zahlreiche Faktoren gibt, die noch nicht identifiziert werden konnten.

7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte, nicht-klitische Subjekte im kindlichen Französischen Im Verlauf der Arbeit wurde deutlich, dass Subjekte unter französischen Dislokationen eine zentrale Rolle spielen, da sie die am häufigsten disloziierten Konstituenten darstellen. Bisher wurde aber nur auf Strukturen eingegangen, die anhand der Anwesenheit eines resumptiven Elements eindeutig als Dislokationen identifiziert werden können. Im kindlichen Französischen stellt sich jedoch die Frage, welchen Status nicht-klitische Subjekte haben, die nicht durch ein Resumptivum gedoppelt werden. Im französischen Spracherwerb existiert eine charakteristische Phase, in welcher Kinder vermehrt postverbal platzierte Subjekte aufweisen, ohne dass vor dem Verb ein Subjektklitikon realisiert wird. Für diese Subjekte wird in der Literatur intensiv diskutiert, ob es sich um Rechtsdislokationen handelt, die mit einer Auslassung des Subjektklitikons einhergehen, oder um Subjekte, die aufgrund der noch nicht erworbenen Subjektanhebung in ihrer postverbalen Basisposition stehen (vgl. Kap. 4.3.3.3). Im Prinzip kann auch bei präverbalen nichtklitischen Subjekten in der Kindersprache nicht entschieden werden, ob diese in der kanonischen Subjektposition oder in der linken Peripherie (koreferent mit einem ausgelassenen Klitikon) auftreten; letztere Annahme wird u. a. von De Cat (2002) vertreten. In diesem Kapitel werden die französischen Daten der mono- und bilingualen Kinder in Bezug auf nicht-gedoppelte, nicht-klitische Subjekte diskutiert, wobei diese zunächst rein deskriptiv als präverbal oder postverbal bezeichnet werden.

7.1 Die Realisierung des Subjekts im Französischen Zunächst wird ein Überblick darüber gegeben, wie häufig die verschiedenen Arten der Subjektrealisierung auftreten. Zu diesem Zweck wird zwischen folgenden Arten der Subjektrealisierung differenziert: – Subjekt ausgelassen: Äußerungen, die keinerlei overtes Subjekt aufweisen – klitisches Subjektpronomen: Äußerungen, die ein Subjektklitikon und keine weitere damit koindizierte Konstituente enthalten – Subjektdoppelung: Äußerungen, die eine Doppelung des Subjekts durch ein nicht-klitisches Subjekt und ein klitisches Resumptivum aufweisen¹

1 Diese Äußerungen entsprechen den in Kap. 6 als Subjektdislokationen bezeichneten Strukturen und umfassen links- und rechtsdisloziierte Subjekte.

238 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen – – –



präverbales Subjekt ohne RP²: Äußerungen, die lediglich ein präverbales, nicht-klitisches Subjekt aufweisen, das nicht resumptiv gedoppelt ist postverbales Subjekt ohne RP: Äußerungen, die lediglich ein postverbales (nicht-klitisches) Subjekt aufweisen, das nicht resumptiv gedoppelt ist keine Subjektdislokation möglich: Äußerungen, die ein Subjekt enthalten, das nicht durch ein Resumptivum aufgenommen werden kann; hierzu gehören expletive Subjekte wie in il faut, il y a³ etc., aber auch Relativsätze, in welchen das Relativpronomen das Subjekt repräsentiert unklar: Äußerungen, bei denen die Satzstruktur und der damit verbundene Status des Subjekts nicht klar erkennbar ist

Ein Problem ergibt sich bei der Identifizierung präverbaler, pronominaler Subjekte im Französischen. In der 3. Person Singular Femininum (elle), in der 1. und 2. Person Plural (nous, vous) und in der 3. Person Plural Femininum (elles) ist aufgrund identischer Formen nicht erkennbar, ob es sich um ein klitisches oder ein starkes Subjektpronomen handelt, im Gegensatz zu den anderen grammatischen Personen (vgl. Meisner, 2010). Dies wird in (63) veranschaulicht: (63)

a. Moi (je) veux lire un livre b. (Moi) je veux lire un livre Ich ich will lesen ein Buch Ich will ein Buch lesen c. Elle (elle) veux lire un livre d. (Elle) elle veux lire un livre Sie sie will lesen ein Buch Sie will ein Buch lesen

Während bei der 1. Person Singular direkt erkennbar ist, ob es sich bei dem präverbalen Element um ein starkes (linksperipheres) Subjekt wie in (63a) oder um ein Klitikon wie in (63b) handelt, sind die beiden Strukturen in (63c,d) identisch und können aufgrund der Form des Subjektpronomens nicht unterschieden wer-

2 Die Abkürzung RP steht für Resumptives Pronomen, wobei hiermit Resumptiva im Allgemeinen bezeichnet werden, also auch solche, die nicht pronominaler Art sind. 3 Im Französischen wird das Klitikon il häufig ausgelassen oder prosodisch integriert, sodass il y a phonetisch meist als /ja/ realisiert wird (vgl. Lambrecht, 1980, 354). In der kindlichen Sprache ist es oft unmöglich herauszuhören, ob das Kind i’ y a oder y a sagt, was eine eindeutige Unterscheidung zwischen klitischem Subjekt und Nullsubjekt nicht zulässt. Da in beiden Fällen eine Dislokation des Expletivums nicht möglich ist, wurden alle Variationen von (il) y (en) a zu der Kategorie keine Subjektdislokation möglich gezählt.

7.1 Die Realisierung des Subjekts im Französischen |

239

den. In der vorliegenden Arbeit werden die Subjekte in solchen Fällen als klitische Elemente interpretiert, wenn sie bei der Transkription der Daten nicht als prosodisch hervorgehoben markiert wurden. Dies ist im Einklang mit der in der Literatur verzeichneten Beobachtung, dass nicht-klitische (nicht-gedoppelte) Subjektpronomen sehr selten auftreten und Subjekte i. d. R. klitisch realisiert werden, womit das Klitikon als der unmarkierte Fall der Subjektrealisierung gesehen werden kann. Im Folgenden wird die Art der Subjektrealisierung individuell für die untersuchten Kinder dargestellt, wobei aus Platzgründen nur die relative Häufigkeit angegeben werden kann. Abb. 7.1 zeigt zunächst die Daten des monolingualen Kindes Léonard. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1;8,9 1;10,24 1;11,15 2;0,8

2;0,26 2;1,27

2;3,0

2;3,26 2;4,25

2;6,7

2;7,25 2;11,3 2;11,30 3;2,25

Alter Subjekt ausgelassen präverbales Subjekt ohne RP unklar

klitisches Subjektpronomen postverbales Subjekt ohne RP

Subjekt gedoppelt keine Subjektdislokation möglich

Abb. 7.1. Art der Subjektrealisierung bei Léonard (L1)

Es wird deutlich, dass Léonard anfangs recht viele Nullsubjekte äußert. Zu beachten ist jedoch, dass in der ersten Aufnahme (1;8,9) eine einzige finite NullsubjektÄußerung die gesamten 100 % ausmacht, womit die erste Sprachaufnahme kaum Aussagekraft hat. Dennoch liegt die Rate der Subjektauslassungen bei Léonard zu Beginn bei knapp 50 %, während sie gegen Ende des Untersuchungszeitraums fast auf Null zurückgeht. Zu beachten ist, dass Nullsubjekte auch im Er-

240 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen wachsenensystem unter gewissen Umständen, nämlich in bestimmten ExpletivKonstruktionen, grammatisch sind. Somit sind nicht alle kindlichen Nullsubjekte auf eine nicht-zielsprachliche Erwerbsphase zurückzuführen, sondern sie stellen auch (und mit zunehmendem Alter hauptsächlich) zielsprachliche Äußerungen dar. Prä- und postverbale Subjekte ohne Resumptivum treten zwar deutlich seltener auf, zeigen aber ebenfalls eine rückläufige Tendenz von Beginn bis Ende des Untersuchungszeitraums. Ein Unterschied besteht darin, dass postverbale Subjekte zum Ende der Untersuchungsperiode hin vollständig abwesend, präverbale Subjekte hingegen noch vertreten sind (wenn auch selten). Äußerungen, die ausschließlich ein Subjektklitikon enthalten, nehmen hingegen mit ansteigendem Alter zu. Die Phase postverbaler Subjekte ist lange nicht so stark ausgeprägt wie in der Literatur beobachtet, wo diese Werte von 48-85 % erreichen (vgl. Kap. 4.3.3.3). Außerdem gehen postverbale Subjekte bereits ab einem Alter von 2;3 Jahren zurück, bis sie fast gar nicht mehr auftreten. Ein Grund dafür, dass die ‚postverbale Phase‘ in der vorliegenden Arbeit weniger stark ausgeprägt ist, ist wohl die Beschränkung auf finite Äußerungen.⁴ Auf die Kategorie Subjekte gedoppelt, die den Schwerpunkt des ersten Empiriekapitels dargestellt haben, sowie auf die Kategorie keine Subjektdislokation möglich soll hier nicht weiter eingegangen werden, beide sind aber recht früh und konstant präsent. Die Subjektrealisierungen der monolingual französischen Madeleine werden in Abb. 7.2 dargestellt. Auch bei Madeleine ist zu Beginn ein verstärkter Gebrauch von Nullsubjekten erkennbar, welcher mit zunehmendem Alter stark zurückgeht. Gleichzeitig überwiegen schon früh die klitischen Subjektpronomen. Präund postverbale Subjekte finden sich überwiegend vereinzelt über den Untersuchungszeitraum verteilt; lediglich zwei Aufnahmen zeigen recht hohe prozentuale Werte von 15-20 % postverbaler Subjekte, welche jedoch auf sehr geringe absolute Häufigkeiten von einer (mit 1;6,4) bzw. fünf Äußerungen (mit 1;11,13) zurückgehen. Man kann hier also kaum von einer postverbalen Phase sprechen. Auch bei Madeleine treten präverbale nicht-klitische Subjekte (im Gegensatz zu postverbalen) noch am Ende der Untersuchungsperiode auf und verschwinden nicht vollständig. Grundsätzlich weist Philippe ein ähnliches Verteilungsmuster wie die beiden anderen monolingualen Kinder auf, wie aus Abb. 7.3 hervorgeht. Auch er zeigt zu Beginn mehr Nullsubjekte als im späteren Entwicklungsverlauf, wobei schon zu Beginn seiner Untersuchung klitische Subjekte überwiegen. Die Phase, in der postverbale Subjekte auftreten, ist ein wenig stärker ausgeprägt als bei Léonard

4 Unter anderem zeigen Déprez & Pierce (1993) und Pierce (1989), dass ein Großteil der Äußerungen mit postverbalen Subjekten mit infiniten Verben einhergeht.

7.1 Die Realisierung des Subjekts im Französischen | 241 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

klitisches Subjektpronomen postverbales Subjekt ohne RP

4;7,4

4;10,3

4;1,27

3;9,7

3;9,28

3;6,8

3;3,2

3;0,28

2;11,19

2;9,16

Alter

Subjekt ausgelassen präverbales Subjekt ohne RP unklar

2;10,20

2;8,5

2;7,7

2;6,10

2;5,12

2;3,5

2;4,15

2;2,6

2;1,2

1;11,13

1;9,3

1;10,7

1;6,4

1;7,15

0%

Subjekt gedoppelt keine Subjektdislokation möglich

Abb. 7.2. Art der Subjektrealisierung bei Madeleine (L1) 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

3;3,12

3;2,29

3;2,3

3;2,15

3;0,6

3;0,20

2;11,21

2;11,7

2;11,0

2;10,17

2;10,3

2;9,15

2;8,29

2;8,22

2;8,8

2;8,15

2;8,1

2;7,25

2;7,18

2;7,11

2;6,27

2;6,20

2;6,13

2;3,21

2;3,14

2;3,7

2;3,0

2;2,26

2;2,17

2;2,3

2;2,10

2;1,9

2;1,26

0%

Alter Subjekt ausgelassen präverbales Subjekt ohne RP unklar

klitisches Subjektpronomen postverbales Subjekt ohne RP

Abb. 7.3. Art der Subjektrealisierung bei Philippe (L1)

Subjekt gedoppelt keine Subjektdislokation möglich

242 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen und Madeleine. Dennoch ist sie recht kurz, sodass Philippe ab ca. 2;3 Jahren nur noch vereinzelt postverbale Subjekte produziert, bis sie im Alter von 2;7 fast vollständig verschwunden sind. In Bezug auf nicht-klitische präverbale Subjekte kann zwar ebenfalls ein Rückgang beobachtet werden, gleichzeitig wird aber deutlich, dass diese – wie auch bei den anderen beiden monolingualen Kindern – bis zuletzt vorhanden sind. Im Folgenden werden die Daten der bilingualen Spracherwerber dargestellt. Hierbei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden, ob die bilingualen Kinder im Französischen eine ähnliche Verteilung der Subjektrealisierung aufweisen wie die monolingualen Kinder, oder ob es systematische Abweichungen zwischen beiden Kindergruppen gibt. Zunächst wird in Abb. 7.4 die Realisierung der Subjekte bei Alexander dargestellt. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

2;2,6 2;2,20 2;2,27 2;3,24 2;4,6 2;4,20 2;5,25 2;6,8 2;6,25 2;7,6 2;7,27 2;8,12 2;8,28 2;9,18 2;10,2 2;10,23 2;11,6 2;11,20 3;1,22 3;2,2 3;2,16 3;3,0 3;3,22 3;4,5 3;4,19 3;5,3 3;5,24 3;6,7 3;6,21 3;7,4 3;8,11 3;8,25 3;9,7 3;9,22 3;10,6 3;10,26 3;11,10 3;11,24 4;2,16 4;3,0 4;3,21 4;4,25 4;5,23 4;6,6 4;6,30 4;8,6 4;10,22 5;2,21

0%

Alter Subjekt ausgelassen präverbales Subjekt ohne RP

klitisches Subjektpronomen postverbales Subjekt ohne RP

Subjekt gedoppelt keine Subjektdislokation möglich

Abb. 7.4. Art der Subjektrealisierung bei Alexander (2L1)

Bei Alexander dominieren von Beginn an klitische Subjektpronomen, während Nullsubjekte eher selten auftreten. Auch postverbale Subjekte scheinen weniger häufig zu sein als bei den monolingual französischen Kindern, sodass ihr Auftreten hier kaum als Phase identifiziert werden kann. Die höchste relative Häufigkeit erreicht Alexander im Alter von 2;4,6 und 2;6,8 Jahren mit etwa 7-8 %. Zusätzlich

7.1 Die Realisierung des Subjekts im Französischen | 243

hierzu gibt es nur drei Aufnahmen, in denen überhaupt postverbale Subjekte auftreten (jeweils unter 2 %), in allen anderen Sprachaufnahmen sind sie gänzlich abwesend. Hinsichtlich der präverbalen nicht-klitischen Subjekte verhält sich die Situation anders: Alexander produziert solche Äußerungen leicht häufiger, wobei diese jedoch recht schnell zurückgehen und ab etwa 2;11 kaum mehr auftreten. Im Gegensatz zu dem Muster, das bei den monolingualen Kindern beobachtet werden konnte, sind sie zum Ende des Untersuchungszeitraums fast verschwunden. Insgesamt scheint Alexander tendenziell weniger (bzw. über kürzere Zeiträume) postverbale, präverbale und ausgelassene Subjekte zu produzieren als die monolingualen Kinder. Ob diese Beobachtungen auf systematische Abweichungen zwischen den mono- und bilingualen Kindern hindeuten, gilt es anhand der Daten der weiteren bilingualen Kinder zu überprüfen. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

4;9,0

5;0,16

4;6,9

4;7,27

4;4,6

4;5,12

4;3,10

4;1,1

4;1,29

3;10,9

3;11,11

3;8,0

3;8,28

3;6,10

3;4,8

3;5,13

3;3,11

3;2,13

3;1,16

2;11,14

2;9,12

2;10,17

2;7,6

2;8,15

2;5,7

2;6,11

2;4,2

2;3,5

2;2,0

2;0,27

1;9,27

1;11,18

1;8,2

1;8,30

1;6,12

0%

Alter Subjekt ausgelassen präverbales Subjekt ohne RP unklar

klitisches Subjektpronomen postverbales Subjekt ohne RP

Subjekt gedoppelt keine Subjektdislokation möglich

Abb. 7.5. Art der Subjektrealisierung bei Amélie (2L1)

Die Daten des zweisprachigen Kindes Amélie (Abb. 7.5) scheinen die oben gemachte Vermutung zu unterstreichen. Zunächst fällt auf, dass auch sie deutlich weniger Nullsubjekte produziert als die monolingualen Kinder (die 100 % im Alter von 1;8,16 beruhen auf nur einer einzigen finiten Äußerung). Auch postverbale Subjekte sind bei Amélie sehr selten, sodass sie insgesamt lediglich fünf solcher

244 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen Äußerungen produziert, die über den gesamten Erwerbsverlauf verteilt auftreten (die letzte mit 4;6,30). Eine Phase, in der verstärkt postverbale Subjekte produziert werden, kann also bei Amélie nicht identifiziert werden. Auch präverbale, nicht-klitische Subjekte sind sehr selten und lassen keine Identifizierung einer entsprechenden Erwerbsphase zu. Amélie produziert von Beginn an überwiegend Subjekte in Form klitischer Pronomen. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

2;0,24 2;1,6 2;1,14 2;3,15 2;4,5 2;4,19 2;5,8 2;5,24 2;6,7 2;6,21 2;7,19 2;8,2 2;8,16 2;8,29 2;9,20 2;10,5 2;10,18 2;11,3 2;11,15 2;11,29 3;0,13 3;0,27 3;1,10 3;3,12 3;3,26 3;4,9 3;4,23 3;5,15 3;5,29 3;6,12 3;6,26 3;7,17 3;8,0 3;8,14 3;8,28 3;9,18 3;10,4 3;10,18 3;11,1 3;11,15 3;11,29 4;0,19 4;1,3 4;1,17 4;3,19 4;4,9 4;4,23 4;5,14 4;6,18 4;7,16 4;7,30 4;8,23 4;9,27 4;10,27 5;0,15 5;4,14

0%

Alter Subjekt ausgelassen präverbales Subjekt ohne RP unklar

klitisches Subjektpronomen postverbales Subjekt ohne RP

Subjekt gedoppelt keine Subjektdislokation möglich

Abb. 7.6. Art der Subjektrealisierung bei Céline (2L1)

Aus Abb. 7.6 geht die Verteilung der Subjektrealisierungen für das bilinguale Kind Céline hervor. Auch sie realisiert überwiegend klitische Subjekte, obwohl sie in einigen Aufnahmen prozentual betrachtet auch recht viele Nullsubjekte aufweist. Grundsätzlich produziert Céline absolut betrachtet deutlich weniger (finite) Äußerungen im Französischen als die anderen Kinder. So weist sie im Alter von 3;3,12 Jahren erstmals eine Gesamtanzahl finiter Äußerungen auf, die 50 übersteigt, und nur in wenigen Aufnahmen, gegen Ende des Untersuchungszeitraums, sind es

7.1 Die Realisierung des Subjekts im Französischen | 245

über 100.⁵ Vor allem in Célines frühen Aufnahmen kann die prozentuale Häufigkeit bestimmter Konstruktionen sehr hoch sein, obwohl die absoluten Werte minimal sind. Dies trifft beispielsweise auf die Nullsubjekte zu, die zwar aufgrund der Abbildung recht frequent wirken, abgesehen von der Aufnahme im Alter von 2;7,19 jedoch immer auf lediglich eine bis drei Äußerungen zurückgeführt werden können. Gleiches gilt für die präverbalen nicht-klitischen Subjekte, die zwischen 2;10,18 und 3;1,10 recht frequent wirken, jedoch auf jeweils einer einzigen Äußerung basieren. Erst im späteren Verlauf steigen die absoluten Werte der produzierten finiten Sätze an, womit die prozentuale Darstellung an Repräsentativität gewinnt. Postverbale Subjekte sind bei Céline mit einer absoluten Anzahl von zwei Äußerungen im gesamten Korpus (im Alter von 3;5,15 und 4;9,27) so gut wie gar nicht vorhanden. Die Annahme, dass die bilingualen Kinder weniger postverbale Subjekte produzieren als die monolingualen, kann also auch anhand von Célines Daten belegt werden. In Bezug auf präverbale nicht-klitische Subjekte und Nullsubjekte wird dies hier auf den ersten Blick hingegen nicht gestützt. Jedoch muss die gerade diskutierte geringe Datenbasis des Kindes berücksichtigt werden, durch welche die Aussagekraft von Célines Daten allgemein geschwächt wird. In Abb. 7.7 werden die Daten der bilingualen Emma dargestellt, die in den ersten Aufnahmen insgesamt ebenfalls recht wenige finite Äußerungen produziert, sich in dieser Hinsicht aber schneller entwickelt als Céline. So sind die z. T. hohen relativen Werte der Nullsubjekte bis 2;2,22 auf sehr geringe absolute Werte zurückzuführen; ab 2;3,4 treten jedoch recht viele Nullsubjekte auf, die somit für eine kurze Phase präsenter sind als bei den anderen bilingualen Kindern, bevor die Rate absinkt. Emma äußert sehr wenige postverbal auftretende Subjekte (insgesamt 10), wobei der prozentuale Anteil ebenfalls durchweg minimal ist. Auch sie realisiert Subjekte überwiegend in der Form klitischer Pronomen. Präverbale, nicht-klitische Subjekte treten im Alter von 2;0,6 erstmalig auf und sind dann bis 2;6,7 etwas stärker vertreten (knapp 10 %), wobei dies teilweise erneut auf geringe absolute Zahlen zurückgeht. Ab einem Alter von 2;7,0 treten präverbale Subjekte nur noch sporadisch auf, sind jedoch auch zum Ende der Untersuchungsperiode nicht ganz verschwunden. Dass die bilingualen Kinder weniger postverbale Subjekte produzieren als die monolingualen Kinder, kann auch auf der Basis von Emmas Daten bestätigt werden, wohingegen dies für präverbale Subjekte und Nullsubjekte hier nicht beobachtet werden kann. Die Subjektrealisierungen des letzten untersuchten bilingualen Kindes, Marie, gehen aus Abb. 7.8 hervor. Wie die anderen bilingualen Kinder weist auch Marie

5 Vergleichbare Werte erreichen die anderen bilingualen Kinder bei ähnlicher Aufnahmelänge bis zu einem Jahr früher (vgl. auch Tab. 5.1 in Kap. 5.1).

246 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

1;4,16 1;5,14 1;6,10 1;7,7 1;8,8 1;9,11 1;10,10 1;11,8 2;0,6 2;1,11 2;2,7 2;3,4 2;4,9 2;5,8 2;6,5 2;7,0 2;8,1 2;9,6 2;10,3 2;11,0 2;11,28 3;1,8 3;2,12 3;3,16 3;4,20 3;6,9 3;7,6 3;8,5 3;9,9 3;10,7 3;11,4 4;0,12 4;3,22 4;6,14 4;8,10 4;10,20

0%

Alter Subjekt ausgelassen präverbales Subjekt ohne RP unklar

klitisches Subjektpronomen postverbales Subjekt ohne RP

Subjekt gedoppelt keine Subjektdislokation möglich

Abb. 7.7. Art der Subjektrealisierung bei Emma (2L1) 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%

1; 9, 1 1; 9 10 1; ,3 10 ,1 1; 7 1 1; 1,0 11 1; ,14 11 ,2 2; 8 0, 1 2; 3 0, 2 2; 6 1, 27 2; 2 2; ,5 2, 2 2; 9 3, 1 2; 3 5, 2 2; 7 8, 2 2; 1 9, 1 2; 5 11 ,1 3; 0 3; ,2 1, 1 3; 2 2, 28 3; 4 3; ,4 6, 12 3; 8, 5 3; 9 3; ,8 10 3; ,7 11 4; ,4 0, 2 4; 4 1, 2 4; 4 7, 2 4; 8 11 5; ,4 1, 23

0%

Alter Subjekt ausgelassen präverbales Subjekt ohne RP

klitisches Subjektpronomen postverbales Subjekt ohne RP

Abb. 7.8. Art der Subjektrealisierung bei Marie (2L1)

Subjekt gedoppelt keine Subjektdislokation möglich

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 247

kaum postverbale Subjekte auf. Insgesamt treten solche nur in drei Aufnahmen überhaupt auf, was in einer absoluten Anzahl von sechs Äußerungen resultiert, und sind hierbei auf den frühen Erwerb (bis einschließlich 2;2,29) beschränkt. Auch präverbale nicht-klitische Subjekte sind eher selten, wenngleich sie gegen Ende der Untersuchungsperiode sogar häufiger vertreten sind als zu Beginn. Die große Mehrheit aller finiten Äußerungen enthält ein klitisches Subjektpronomen. Marie weist jedoch auch eine Phase auf, in welcher Nullsubjekte eine relative Häufigkeit von bis zu 40 % erreichen, womit die Hypothese, dass die bilingualen Kinder die Nullsubjektphase überspringen, auch basierend auf ihren Daten zumindest auf den ersten Blick nicht bestätigt werden kann. Zu beachten ist, dass auch hier die 100 % in der ersten Sprachaufnahme auf nur zwei Äußerungen basieren. Insgesamt kann gezeigt werden, dass bei allen Kindern Subjektklitika die häufigste Art der Subjektrealisierung darstellen. In Bezug auf Nullsubjekte sowie prä- und postverbale Subjekte, die alle deutlich seltener sind als klitische Subjekte, zeigt sich eine rückläufige Tendenz, die aber bei präverbalen Subjekten nicht in einem völligen Verschwinden resultieren. Während alle bilingualen Kinder deutlich weniger postverbale Subjekte produzieren als die monolingualen Kinder, kann im Hinblick auf präverbale und ausgelassene Subjekte keine solche einheitliche Schlussfolgerung gezogen werden. Im Folgenden soll daher ein konkreter Vergleich der Daten beider Kindergruppen erfolgen. Der Fokus der folgenden Unterkapitel liegt auf postverbalen und präverbalen (nicht-klitischen) Subjekten, aber auch eventuelle Zusammenhänge zur Nullsubjektphase, die ebenfalls in der Literatur postuliert werden, sollen aufgedeckt werden.

7.2 Post- und präverbale Subjekte In diesem Abschnitt wird gesondert auf prä- und postverbal platzierte, nichtklitische Subjekte eingegangen. Zunächst wird die allgemeine Verteilung bei allen Kindern dargestellt, wobei vom Entwicklungsverlauf abstrahiert wird. Hierfür wird differenziert zwischen prä- und postverbalen nicht-klitischen Subjekten, Nullsubjekten und einer Kategorie andere, welche die übrigen o. g. Untergruppen (klitisches Subjektpronomen, Subjektdoppelung, keine Subjektdislokation möglich und unklar) einschließt. In Abb. 7.9 wird zunächst die generelle Frequenz der unterschiedlichen Arten der Subjektrealisierung bei den mono- und bilingualen Kindern dargestellt, wofür die Werte der individuellen Kinder aufsummiert wurden. Die Abbildung zeigt relative Häufigkeiten; in der begleitenden Datentabelle sind außerdem die absoluten Zahlen abzulesen.

248 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 100% 90% 80%

andere

relative Häufigkeit

70%

Subjekt ausgelassen

60% 50%

präverbales Subjekt ohne RP

40%

postverbales Subjekt ohne RP

30% 20% 10% 0%

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

10.041

17.151

Subjekt ausgelassen

703

603

präverbales Subjekt ohne RP

213

177

postverbales Subjekt ohne RP

130

38

andere

Abb. 7.9. Art der Subjektrealisierung nach Kindergruppen

Zunächst wird erneut deutlich, wie selten sowohl prä- als auch postverbale Subjekte in beiden Kindergruppen im Vergleich zur Gesamtanzahl aller finiten Äußerungen auftreten. Das seltene Auftreten postverbaler Subjekte (1,2 % bei den monolingualen und 0,2 % bei den bilingualen Kindern) ist nicht verwunderlich: Da die Äußerungen nicht mit dem Erwachsenensystem konform sind, ist zu erwarten, dass Kinder postverbale Subjekte als temporäre Erwerbsphase durchlaufen und schlussendlich hinter sich lassen. Dies muss jedoch noch etwas genauer diskutiert werden. Unter bestimmten Umständen sind Inversionsstrukturen, die eine postverbale Position des Subjekts aufweisen, im Französischen sehr wohl grammatisch. So können z. B. wh-Elemente in eingebetteten Sätzen eine Subjekt-Verb-Inversion auslösen (vgl. z. B. Ferdinand, 1996; Kayne, 1972), aber auch bestimmte Adverbien wie beispielsweise là oder ici.⁶ In früheren Sprachstufen des Französischen

6 Dass die französische Subjekt-Verb-Inversion streng syntaktisch und informationsstrukturell beschränkt ist, stellt nach Lambrecht (1986) den Grund dafür dar, dass der Konstruktion im Französischen, verglichen mit anderen romanischen Sprachen, ein sehr geringer Stellenwert zukommt.

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 249

waren Strukturen dieser Art nicht nur grammatisch, sondern auch weit verbreitet (vgl. u. a. Schmeißer, In prep.). Im heutigen gesprochenen Französischen sind sie hingegen unüblich/selten und werden von französischen Muttersprachlern als markiert wahrgenommen (vgl. Bonnesen, 2008). Inversionsstrukturen werden in diesem Zusammenhang üblicherweise als literarische Konstruktionen betrachtet und der geschriebenen Sprache zugeordnet (Lambrecht, 1986). Einige Äußerungen, die hier unter die Kategorie der postverbalen Subjekte gefasst werden, könnten also Subjekt-Verb-Inversionen darstellen und somit dem Erwachsenensystem entsprechen. Beispiele für solche potenziellen Inversionsstrukturen werden in (64) gegeben, in welchen die postverbal auftretenden Subjekte durch Fettdruck hervorgehoben werden. (64)

a. Le basilic c’est [que mange Basile] (que = ce que) Das Basilikum es-ist was isst Basile Basilikum ist das, was Basile isst

(Léonard, 2;11,3)

b. C’est là [où sort le lait] Es-ist da wo rausläuft die Milch Da läuft die Milch raus

(Madeleine, 4;7,4)

c. Ici est la cuisine Hier ist die Küche Hier ist die Küche

(Céline, 4;9,27)

Entsprechende Äußerungen erwachsener Sprecher des Französischen werden als zielsprachlich bewertet, wenngleich sie eine literarische bzw. formelle Färbung mit sich führen. Auch die in (64) dargestellten kindlichen Äußerungen könnten Subjekt-Verb-Inversionen repräsentieren, womit sie als zielsprachlich einzustufen wären. Dass Inversionsstrukturen im gesprochenen Französischen kaum/nicht existent sind, ruft allerdings Zweifel daran hervor, dass die Kinder solche Konstruktionen produktiv gebrauchen. Alternativ könnte es sich hier auch um Strukturen handeln, die die bilingualen Kinder aus dem Deutschen übertragen, da dort das Verb stets in zweiter Position steht und deutsche Äußerungen mit der hier dargestellten Oberflächenstruktur sehr frequent sind. Tatsächlich wird Kap. 7.2.3 zeigen, dass die bilingualen Kinder Äußerungen dieser Art mit postverbalen Subjekten häufiger produzieren als die monolingualen, wenngleich insgesamt recht wenige solcher Äußerungen auftreten. Die folgenden Beispiele veranschaulichen Äußerungen mit postverbalen Subjekten, die mit dem französischen Erwachsenensystem unvereinbar sind: (65)

a. Veux voir ça moi Will sehen das ich Ich will das sehen

(Madeleine, 1;11,13)

250 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen b. Va passer l’ crain (crain = train) Wird vorbeifahren der Zug Der Zug wird vorbeifahren

(Alexander, 2;4,6)

Die monolingualen Kinder weisen insgesamt 130 Äußerungen mit postverbalen Subjekten auf, die bilingualen Kinder hingegen lediglich 38. Gleichzeitig enthalten die Daten der monolingualen Kinder sechs Äußerungen, die eine potenzielle Inversion darstellen, bei den bilingualen Kindern sind es 10. Abzüglich dieser Äußerungen wären postverbale Subjekte also sogar noch seltener (124 bzw. 28 Äußerungen). Da der Status, den postverbal platzierte Subjekte wie in (64) im frühkindlichen Sprachgebrauch des Französischen einnehmen, jedoch nicht klar identifizierbar ist, soll von einer Ausklammerung dieser Äußerungen abgesehen werden, sodass diese in den nachfolgenden Darstellungen mit enthalten sind. Für präverbale nicht-klitische (nicht-gedoppelte) Subjekte wird in der Literatur gezeigt, dass sie bei erwachsenen Sprechern des Französischen sehr selten sind (vgl. auch Kap. 4.3.2). Es ist somit nicht erstaunlich, dass präverbale nicht-klitische Subjekte auch bei den monolingualen Kindern (ca. 1,9 %) und bei den bilingualen Kindern (etwa 1,0 %) so selten auftreten. Auch bei präverbalen Subjekten kann zwischen verschiedenen Konstruktionen unterschieden werden. Einerseits treten Äußerungen mit pränominalen Subjekten pronominaler (nicht-klitischer) Art auf. Diese sind entweder nicht mit dem System erwachsener Sprecher konform, wie (66a), oder müssen als stilistisch markiert und insgesamt sehr selten eingestuft werden, wie (66b). (66)

a. Moi vais aller après Ich werde gehen nachher Ich werde nachher gehen

(Alexander, 3;8,25)

b. Lui dort Ihn schläft Er schläft

(Céline, 2;0,24)

Hier stehen die Pronomen nicht im Nominativ, sondern in ihrer starken Form, die auch als ihr Default-Kasus charakterisiert wird (vgl. z. B. Schütze, 1997).⁷ De Cat (2002) argumentiert, dass präverbale Subjektpronomen dieser Art im kindlichen Französischen immer disloziiert sind und mit einem Nullsubjekt in der kanoni-

7 Zu Beginn von Kap. 7.1 wurde bereits erörtert, dass eine Unterscheidung zwischen starken und klitischen Subjektpronomen nur in der 1. und 2. Person Singular, in der 3. Person Singular und Plural im Maskulinum und mit der unpersönlichen Form on overt sichtbar ist.

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 251

schen Subjektposition einhergehen. Inwieweit diese Annahme auch für Äußerungen wie die in (67) gilt, wo das Subjekt nicht-pronominaler Art ist, ist unklar. (67)

a. Un camion va passer Ein Lastwagen wird vorbeifahren

(Léonard, 3;2,25)

b. Ginette m’a donné deux gâteaux Ginette mir-hat gegeben zwei Kekse Ginette hat mir zwei Kekse gegeben

(Philippe, 2;7,25)

c. Tout l’ monde s’asseoit Ganz die Welt sich-setzt Alle setzen sich

(Emma, 3;1,28)

Da der Kasus nominaler Konstituenten im Französischen nur bei pronominalen Elementen sichtbar ist, kann für die hier auftretenden präverbalen Subjekte (DPn, Eigennamen, QPn) auf dieser Basis keine Schlussfolgerung im Hinblick auf ihre syntaktische Position gezogen werden. Die Äußerungen könnten als zielsprachlich bewertet werden, da entsprechende Strukturen (wenn auch selten) auch von Erwachsenen produziert werden. Dennoch wird vorgeschlagen, dass es sich auch hier möglicherweise um disloziierte Subjekte in der linken Peripherie handelt (vgl. auch Kap. 4.3.3). In diesem Zusammenhang diskutiert De Cat (2002), dass im kindlichen Französischen alle schweren, nicht-pronominalen Subjekte als disloziiert analysiert werden müssen, außer wenn prosodische oder informationsstrukturelle Eigenschaften darauf hindeuten, dass es sich um ‚echte‘ Subjekte in der kanonischen Subjektposition handelt. Da in der vorliegenden Arbeit weder eine prosodische noch eine informationsstrukturelle Untersuchung geleistet werden kann, muss die Frage nach der adäquaten Analyse für die hier auftretenden schweren, nicht-pronominalen Subjekte offengelassen werden. In Bezug auf Nullsubjekte zeigt die obige Abbildung 7.9, dass diese stärker vertreten sind als prä- und postverbale schwere Subjekte, insgesamt aber ebenfalls eher selten auftreten. Die relative Häufigkeit im Vergleich zur Gesamtzahl aller finiten Äußerungen ist bei beiden Gruppen recht ähnlich (6,3 % bei den monolingualen und 3,4 % bei den bilingualen Kindern). Insgesamt ist ein leichter Unterschied dahingehend zu verzeichnen, dass alle drei hier betrachteten Arten der Subjektrealisierung (postverbal, präverbal, Nullsubjekt) bei den bilingualen Kindern noch seltener auftreten als bei den monolingualen. In Abb. 7.10 werden die Kinder im Einzelnen dargestellt, um der Frage nachzugehen, wie sie sich individuell verhalten. Obwohl die absolute und relative Häufigkeit postverbaler Subjekte bei allen Kindern sehr niedrig ist, zeigt sich hier ein Unterschied zwischen den Kindergruppen, der auch statistisch bedeutsam ist: Die bilingualen Kinder produzieren signifikant weniger postverbale Subjekte als die

252 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 100% 90% 80% andere

relative Häufigkeit

70%

Subjekt ausgelassen

60% 50%

präverbales Subjekt ohne RP

40%

postverbales Subjekt ohne RP

30% 20% 10% 0% LéoMadePhinard frz leine frz lippe frz

Alexander frz

Amélie frz

Céline frz

Emma frz

Marie frz 2.463

1.018

4.416

4.607

3.813

5.319

1.969

3.587

Subjekt ausgelassen

186

260

257

144

100

56

215

88

präverbales Subjekt ohne RP

30

78

105

39

25

39

48

26

postverbales Subjekt ohne RP

17

22

91

16

5

2

9

6

andere

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

Abb. 7.10. Art der Subjektrealisierung (kindspezifisch)

monolingualen (W=0, p=0.018; n1 =3, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben). Hinsichtlich der präverbalen, nicht-klitischen Subjekte verhält sich die Situation ähnlich. Auch hier ergeben sich statistisch signifikante Unterschiede, denen zufolge die bilingualen Kinder weniger präverbale Subjekte äußern als die monolingualen Kinder (W=0, p=0.018; n1 =3, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben). Das Gleiche ist schließlich auch in Bezug auf Nullsubjekte zu verzeichnen: Die bilingualen Kinder produzieren signifikant weniger Nullsubjekte als die monolingualen Kinder (W=0, p=0.018; n1 =3, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben). Auf den gesamten Untersuchungszeitraum betrachtet produzieren die bilingualen Kinder also weniger prä- und postverbale Subjekte sowie auch weniger Nullsubjekte als die monolingualen Kinder, was möglicherweise als Spracheneinfluss zu interpretieren ist. Allerdings könnte sich, wie bereits in Kap. 6.2 thematisiert wurde, die unterschiedliche Aufnahmedauer der mono- und bilingualen Kinder als problematisch herausstellen, da die monolingualen Kinder Léonard und Philippe nur bis zum Alter von 3;2/3;3 aufgenommen wurden, während alle anderen Kinder bis zum Alter von etwa fünf Jahren gefilmt wurden. Vor allem in Bezug auf frühe Erwerbsphasen kann dies das Bild verzerren, da dadurch diese Phasen bei Léonard und Philippe stärker ins Gewicht fallen als bei den anderen Kindern. Aus diesem Grund wird die oben aufgezeigte Analyse in einem zweiten Schritt

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 253

noch einmal nur für eine frühe Phase bis zum Alter von 3;2 Jahren durchgeführt, da hier für alle Kinder Daten vorliegen. Die Ergebnisse dieser Analyse gehen aus Abb. 7.11 hervor. 100% 90% 80% andere

relative Häufigkeit

70% 60%

Subjekt ausgelassen

50%

präverbales Subjekt ohne RP

40%

postverbales Subjekt ohne RP

30% 20% 10% 0%

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

7.922

5.555

Subjekt ausgelassen

658

392

präverbales Subjekt ohne RP

185

80

postverbales Subjekt ohne RP

128

28

andere

Abb. 7.11. Art der Subjektrealisierung nach Kindergruppen bis zum Alter von 3;2 Jahren

Es wird deutlich, dass die oben verzeichneten frequenziellen Unterschiede zwischen den mono- und bilingualen Kindern tatsächlich weniger stark ausgeprägt sind, wenn man die Verzerrung durch die unterschiedlich langen Untersuchungsperioden ausgleicht. Bei beiden Gruppen, insbesondere aber bei den bilingualen Kindern, ist die relative Häufigkeit postverbaler, präverbaler und ausgelassener Subjekte nun (leicht) höher. Ein zuverlässiger Vergleich beider Gruppen lässt sich also nur ziehen, wenn ausschließlich der Alterszeitraum bis 3;2 Jahre betrachtet wird. Diese Einschränkung bezüglich der Untersuchungsperiode wird nun auch auf die kindspezifische Analyse bezogen, deren Ergebnisse in Abb. 7.12 dargestellt werden. Hier sind kaum systematische Abweichungen zwischen den mono- und bilingualen Kindern erkennbar. Auch die statistische Analyse bringt nun andere Ergebnisse hervor. Während die bilingualen Kinder nach wie vor signifikant weniger präverbale und ausgelassene Subjekte äußern als die monolingualen Kin-

254 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 100% 90% 80% andere

relative Häufigkeit

70%

Subjekt ausgelassen

60% 50%

präverbales Subjekt ohne RP postverbales Subjekt ohne RP

40% 30% 20% 10% 0% LéoMadePhinard frz leine frz lippe frz

Alexander frz

Amélie frz

Céline frz

Emma frz

Marie frz

1.018

2.511

4.393

1.336

1.953

114

1.336

816

Subjekt ausgelassen

186

217

255

79

56

27

159

71

präverbales Subjekt ohne RP

30

57

98

29

6

4

34

7

postverbales Subjekt ohne RP

17

20

91

16

1

0

5

6

andere

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

Abb. 7.12. Art der Subjektrealisierung (kindspezifisch) bis zum Alter von 3;2 Jahren

der (jeweils W=1, p=0.036; n1 =3, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben), ist dies nun in Bezug auf postverbale Subjekte nicht mehr der Fall (W=2, p=0.071; n1 =3, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben). Dies impliziert, dass es im Bezug auf postverbale Subjekte möglicherweise keinen systematischen Unterschied zwischen den mono- und bilingualen Kindern gibt. Aufgrund der sehr niedrigen Werte und der geringen Stichprobengröße stellt sich jedoch generell die Frage, wie zuverlässig/repräsentativ die statistischen Berechnungen sind. In einem nächsten Schritt wird nun konkret auf den kindlichen Erwerbsprozess in Bezug auf postverbale Subjekte eingegangen. Hierzu stellt ein MLUVergleich den Erwerbsverlauf der Kinder dar. Zu beachten ist, dass hier – wie auch in diversen nachfolgenden Darstellungen – als maximaler Wert auf der y-Achse nicht 100 % sondern 25 % gewählt werden, um die Werte der individuellen Kinder besser ablesbar und vergleichbar zu machen. Der MLU-Vergleich in Abb. 7.13 suggeriert eine Diskrepanz zwischen den zwei Kindergruppen, wenngleich diese etwas vage bleibt. Die monolingualen Kinder Madeleine und Philippe weisen zwar im Vergleich zu den anderen Kindern erhöhte Werte postverbaler Subjekte auf, diese sind aber auf eine bzw. zwei MLUPhasen begrenzt, womit sich recht kurze Phasen ergeben. Léonard hingegen erreicht keine vergleichbaren Werte und überschreitet die 5 %-Marke nicht. Auch

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 255

relative Häufigkeit postverbaler Subjekte, in %

25

20

Alex (2L1) Am (2L1) Cél (2L1) Em (2L1) Mar (2L1) Léo (L1) Mad (L1) Phi (L1)

15

10

5

0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

MLU-Phase

Abb. 7.13. Postverbale Subjekte im MLU-Vergleich

die Werte aller bilingualen Kinder bleiben permanent unter 5 % und die meisten dieser Kinder zeigen kaum erhöhte Realisierungen postverbaler Subjekte; lediglich Marie und Emma weisen jeweils einen kurzen Anstieg auf knapp 5 % auf. In Bezug auf die konkreten MLU-Phasen, in denen postverbale Subjekte bei den monolingualen Kindern häufiger auftreten, zeigt sich keine Einheitlichkeit. Während Madeleine (und Léonard in eingeschränkten Maße) besonders viele postverbale Subjekte mit einem MLU zwischen 1,5 und 2,99 (2.-4. MLU-Phase) produzieren, fällt bei Philippe die Phase postverbaler Subjekte auf die 5. und 6. MLU-Phase (3,0-3,99). Zu beachten ist jedoch, dass dies seine ersten Sprachaufnahmen sind, da Philippes Studie bei einem MLU von 3 einsetzt und er demnach keine Werte für niedrigere MLU-Phasen aufweist. Über Philippes Sprachentwicklung in vorangegangenen Erwerbsphasen liegen somit keinerlei Informationen vor. Für die MLUPhasen 2 bis 10 wurden zusätzlich Berechnungen herangezogen, um auch aus statistischer Perspektive mögliche Diskrepanzen aufzudecken. Ein zweiseitiger Test ergibt für keine der Phasen signifikante Unterschiede (vgl. Tab. 1.17 im Anhang). Solche ergeben sich anhand eines einseitigen Tests ausschließlich für die MLUPhase 2 (W=0, p=0.043; n1 =2, n2 =4; einseitig, unverbundene Stichproben) sowie für die MLU-Phase 7 (W=0, p=0.05; n1 =3, n2 =3; einseitig, unverbundene Stichpro-

256 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen ben). Hier äußern die bilingualen Kinder signifikant weniger postverbale Subjekte als die monolingualen Kinder. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die monolingualen Kinder eine (eher frühe) Phase postverbaler Subjekte aufweisen. Dass diese hier nicht so stark ausgeprägt ist wie in der Literatur, lässt sich, wie bereits oben angerissen wurde, vermutlich auf die Beschränkung auf finite Äußerungen zurückführen. Die bilingualen Kinder scheinen diese postverbale Phase fast komplett zu überspringen. Dies deutet auf Diskrepanzen zwischen den mono- und den bilingualen Kindern hin, wenngleich die statistische Analyse diese Beobachtung nicht eindeutig stützen kann. Eine relevante Frage ist nun, inwiefern die Entwicklungen in Bezug auf die postverbalen Subjekte mit dem Erwerb von Subjektdislokationen zusammenhängen. Die hier erzielten Ergebnisse lassen sich auf unterschiedliche Weise interpretieren. Wie in Kap. 4.3.3.3 bereits erörtert wurde, gibt es bezüglich der syntaktischen Struktur von Äußerungen mit postverbal auftretenden Subjekten zwei konträre Positionen, deren Implikationen für die hier hervorgebrachten Ergebnisse der kindlichen Sprachdaten noch einmal kurz diskutiert werden. Einem der beiden Standpunkte folgend spiegeln postverbale Subjekte im frühkindlichen Französischen eine Erwerbsphase wider, die dadurch bedingt ist, dass Subjekte (optional) in ihrer basisgenerierten Spec,VP-Position verbleiben können, wobei sie dann ihren Kasus unter Rektion erhalten (vgl. z. B. Pierce, 1989; Déprez & Pierce, 1993; Friedemann, 1993/94).⁸ Es wird also argumentiert, dass finite Verben bereits früh angehoben werden, Subjekte jedoch in Spec,VP verbleiben und somit linear betrachtet rechts vom Finitum stehen können. Wie aus den Abbildungen 7.4 bis 7.13 hervorging, weisen die bilingualen Kinder diese Phase, in der Subjekte postverbal verbleiben, nicht (bzw. kaum) auf. Dies würde nach der hier dargestellten Annahme bedeuten, dass die zweisprachigen Kinder die Subjektanhebung früher erwerben als die monolingual französischen Kinder, was dann möglicherweise auf einen Spracheneinfluss durch das Deutsche oder auf einen generellen Effekt der Bilingualität zurückgeführt werden könnte. Man könnte in diesem Fall von einem beschleunigten Erwerb sprechen, da die bilingualen Kinder postverbale Subjekte als (nicht-zielsprachliche) Erwerbsphase überspringen. Dem zweiten, konträr hierzu formulierten Standpunkt folgend wird angenommen, dass postverbale Subjekte rechtsdisloziiert sind und mit der Auslassung des klitischen Subjektpronomens in der Nullsubjektphase einhergehen (vgl.

8 Ob es sich um eine linksverzweigende VP (Pierce, 1989; Déprez & Pierce, 1993) oder eine rechtsverzweigende VP handelt (Friedemann, 1993/94), ist hier nicht von Bedeutung.

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 257

Ferdinand, 1993, 1996; Labelle & Valois, 1996; De Cat, 2002). In diesem Sinne wird basierend auf der in Kap. 3.6 dargestellten Analyse angenommen, dass sie in die kanonische Subjektposition (Spec,TP) angehoben werden und dort verbleiben, während der gesamte Satz inklusive aller Komplemente und Adjunkte in die linke Peripherie angehoben wird. Postverbale Subjekte wären in diesem Fall also ein Effekt, der sich vor dem Einsetzen der obligatorischen Subjektrealisierung zeigt, mit diesem jedoch verschwindet (vgl. Ferdinand, 1996). Dass die bilingualen Kinder keine/kaum postverbale Subjekte produzieren, könnte im Rahmen dieser Argumentation zwei Ursachen haben. Erstens wäre es möglich, dass die bilingualen Kinder Dislokationen im Allgemeinen oder Subjekt-Rechtsdislokationen im Speziellen nicht bzw. nicht so früh/oft äußern wie die monolingualen Kinder. Die Datenerhebung in Kap. 6.1 und 6.2.2 hat jedoch gezeigt, dass sich weder in Bezug auf die generelle Frequenz von Dislokationen noch auf Subjekt-RDn systematische Unterschiede zwischen den mono- und bilingualen Kindern zeigen. Diese Erklärung erscheint demnach unplausibel. Die zweite mögliche Erklärung wäre, dass die bilingualen Kinder sehr wohl genauso viele rechtsdisloziierte Subjekte produzieren, aber die Nullsubjektphase überspringen. Ein solcher Zusammenhang zwischen postverbalen Subjekten und Nullsubjekten wird auch in der Literatur vorgeschlagen, und zwar vor allem basierend auf der Beobachtung, dass beide Phänomene bei französischen Kindern etwa zum gleichen Zeitpunkt zurückgehen (vgl. z. B. Friedemann, 1993/94). Es scheint also durchaus plausibel, dass die bilingualen Kinder hier – eventuell bedingt durch einen Spracheneinfluss – die Nullsubjektphase nicht oder in deutlich geringerem Ausmaß durchlaufen. In diesem Fall wären die Äußerungen, die bei den monolingualen Kindern als postverbale Subjekte analysiert werden, bei den bilingualen Kindern überwiegend in der Kategorie der Subjekt-Rechtsdislokation im Sinne der Analyse in Kap. 6 enthalten (da hier das Subjektklitikon realisiert und mit dem lexikalischen Subjekt koreferent wäre). Ist es also der Fall, dass die bilingualen Kinder die obligatorische Subjektrealisierung im Französischen schneller erwerben und deshalb deutlich weniger ‚postverbale‘ Subjekte produzieren? Die allgemeine Frequenz von Nullsubjekten ging bereits aus den obigen Abbildungen 7.9 bis 7.12 hervor. Diese suggerieren tatsächlich, dass Nullsubjekte bei den monolingualen Kindern häufiger auftreten als bei den bilingualen Kindern, was auch durch eine statistische Analyse gestützt werden konnte. Für eine detailliertere Untersuchung wird nun auch der Erwerbsverlauf der Nullsubjekte bei allen Kindern in Abhängigkeit vom MLU untersucht (Abb. 7.14). Insgesamt geht bei allen Kindern die Nullsubjektrate mit Anstieg des MLU zurück, bis sie in den letzten MLU-Phasen gegen Null läuft. Die von Léonard und Marie erzielten 100 % in der ersten MLU-Phase dürfen hierbei nicht zu stark gewichtet werden, da diese relativen Werte nur auf einer bzw. zwei Äußerungen ba-

258 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 100

relative Häufigkeit von Nullsubjekte (in %)

90 80 70 Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1)

60 50 40 30 20 10 0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

MLU-Phase

Abb. 7.14. Nullsubjekte im MLU-Vergleich

sieren. Nach De Cat (2002) ist bei französischen Kindern das Ende der Nullsubjektphase erreicht, wenn die Rate nicht realisierter Subjekte unter 15 % sinkt. Diesen Wert unterschreiten die bilingualen Kinder mit einem MLU zwischen 1,5 und 3,49, die monolingualen Kinder hingegen mit einem MLU zwischen 2,0 und 4,49 und somit etwas später. Darüber hinaus liegt die Nullsubjektrate der monolingualen Kinder mit einem MLU zwischen 3,0 und 4,49 zwar nur leicht, dafür aber permanent oberhalb der der bilingualen Kinder. Ob die Unterschiede zwischen den Kindergruppen in den einzelnen MLU-Phasen signifikant sind, wird durch eine statistische Analyse überprüft. Ein zweiseitiger Test bringt für keine Phase signifikante Unterschiede zwischen den mono- und den bilingualen Kindern hervor (vgl. Tab. 1.18 im Anhang). Über einen einseitigen Test ergibt sich aber, dass die bilingualen Kinder in zwei MLU-Phasen signifikant weniger Nullsubjekte äußern als die monolingualen Kinder, und zwar in der MLU-Phase 5 (W=0, p=0.029; n1 =3, n2 =4; einseitig, unverbundene Stichproben) und in der MLU-Phase 7 (W=0, p=0.05; n1 =3, n2 =3; einseitig, unverbundene Stichproben). Ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von postverbalen Subjekten und Subjektauslassungen im frühkindlichen Französischen ist also möglich. Dieser Argumentation folgend könnte man gegebenenfalls von einem Spracheneinfluss sprechen, aufgrund dessen die bilingualen Kinder die Realisierung des Subjekt-

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 259

klitikons schneller erwerben und so die Phase postverbaler Subjekte überspringen. Falls postverbale Subjekte tatsächlich rechtsdisloziiert und mit präverbalen Nullsubjekten koindiziert sind, bilden die Äußerungen mit postverbalen Subjekten eine Teilmenge aller Äußerungen mit Nullsubjekten. Insofern sollte man erwarten, dass die Kinder nach dem Abschließen der Nullsubjektphase keine postverbalen Subjekte mehr produzieren. Diesem Zusammenhang wird im Folgenden für alle Kinder einzeln nachgegangen. Die Ergebnisse gehen aus den Abb. 7.15 bis 7.22 hervor, in welchen jeweils die absolute Häufigkeit dargestellt wird. 60

50

absolute Häufigkeit

40

Nullsubjekte 30

postverbale Subjekte

20

10

3;2,25

2;11,30

2;11,3

2;7,25

2;6,7

2;4,25

2;3,26

2;3,0

2;1,27

2;0,26

2;0,8

1;11,15

1;10,24

1;8,9

0

Alter (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 7.15. Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Léonard (L1)

Die Kinderdaten sind mit der Hypothese kompatibel, dass postverbale Subjekte möglicherweise eine Teilmenge aller Äußerungen mit Nullsubjekten darstellen. Beide Arten der Subjektrealisierung zeigen ähnliche Erwerbsverläufe, bzw. die postverbalen Subjekte weisen mit dem Rückgang der Nullsubjekte ebenfalls eine rückläufige Tendenz auf. Außerdem finden sich keine Erwerbsphasen, in denen postverbale Subjekte produziert werden, aber keine Nullsubjekte mehr auftreten. Gleichzeitig wird erneut deutlich, dass Nullsubjekte, vor allem aber postverbale Subjekte, bei den bilingualen Kindern seltener auftreten als bei den monolingualen Kindern. In diesem Zusammenhang soll auch darauf hingewiesen werden,

2;1,9 2;1,26 2;2,3 2;2,10 2;2,17 2;2,26 2;3,0 2;3,7 2;3,14 2;3,21 2;6,13 2;6,20 2;6,27 2;7,11 2;7,18 2;7,25 2;8,1 2;8,8 2;8,15 2;8,22 2;8,29 2;9,15 2;10,3 2;10,17 2;11,0 2;11,7 2;11,21 3;0,6 3;0,20 3;2,3 3;2,15 3;2,29 3;3,12

absolute Häufigkeit

Alter (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 7.17. Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Philippe (L1) 4;10,3

4;7,4

4;1,27

3;9,28

3;9,7

3;6,8

3;3,2

3;0,28

2;11,19

2;10,20

2;9,16

2;8,5

2;7,7

2;6,10

2;5,12

2;4,15

2;3,5

2;2,6

2;1,2

1;11,13

1;10,7

1;9,3

1;7,15

1;6,4

1;4,18

absolute Häufigkeit

260 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 60

50

40

30 Nullsubjekte

postverbale Subjekte

20

10

0

Alter (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 7.16. Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Madeleine (L1)

60

50

40

30 Nullsubjekte

postverbale Subjekte

20

10

0

1;6,12 1;8,2 1;8,30 1;9,27 1;11,18 2;0,27 2;2,0 2;3,5 2;4,2 2;5,7 2;6,11 2;7,6 2;8,15 2;9,12 2;10,17 2;11,14 3;1,16 3;2,13 3;3,11 3;4,8 3;5,13 3;6,10 3;8,0 3;8,28 3;10,9 3;11,11 4;1,1 4;1,29 4;3,10 4;4,6 4;5,12 4;6,9 4;7,27 4;9,0 5;0,16

absolute Häufigkeit

2;2,6 2;2,20 2;2,27 2;3,24 2;4,6 2;4,20 2;5,25 2;6,8 2;6,25 2;7,6 2;7,27 2;8,12 2;8,28 2;9,18 2;10,2 2;10,23 2;11,6 2;11,20 3;1,22 3;2,2 3;2,16 3;3,0 3;3,22 3;4,5 3;4,19 3;5,3 3;5,24 3;6,7 3;6,21 3;7,4 3;8,11 3;8,25 3;9,7 3;9,22 3;10,6 3;10,26 3;11,10 3;11,24 4;2,16 4;3,0 4;3,21 4;4,25 4;5,23 4;6,6 4;6,30 4;8,6 4;10,22 5;2,21

absolute Häufigkeit

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 261

30

25

20

15 Nullsubjekte

postverbale Subjekte

10

5

0

Alter (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 7.18. Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Alexander (2L1)

30

25

20

15 Nullsubjekte

postverbale Subjekte

10

5

0

Alter (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 7.19. Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Amélie (2L1)

1;4,1 1;4,29 1;5,28 1;6,25 1;7,29 1;8,22 1;9,25 1;10,24 1;11,21 2;0,29 2;1,23 2;2,22 2;3,18 2;4,22 2;5,20 2;6,17 2;7,15 2;8,21 2;9,18 2;10,16 2;11,13 3;0,10 3;1,28 3;2,25 3;4,6 3;5,26 3;6,23 3;7,20 3;8,26 3;9,22 3;10,20 3;11,19 4;2,24 4;5,19 4;7,12 4;9,22 4;11,24

absolute Häufigkeit

Alter (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 7.21. Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Emma (2L1) 5;4,14

4;10,27

4;8,23

4;7,16

4;5,14

4;4,9

4;1,17

4;0,19

3;11,15

3;10,18

3;9,18

3;8,14

3;7,17

3;6,12

3;5,15

3;4,9

3;3,12

3;0,27

2;11,29

2;11,3

2;10,5

2;8,29

2;8,2

2;6,21

2;5,24

2;4,19

2;3,15

2;1,6

2;0,9

absolute Häufigkeit

262 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 30

25

20

15 Nullsubjekte

postverbale Subjekte

10

5

0

Alter (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 7.20. Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Céline (2L1)

30

25

20

15 Nullsubjekte

postverbale Subjekte

10

5

0

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 263

30

25

absolute Häufigkeit

20

Nullsubjekte 15

postverbale Subjekte

10

5

5;1,23

4;11,4

4;7,28

4;1,24

4;0,24

3;11,4

3;9,8

3;10,7

3;8,5

3;4,4

3;6,12

3;2,28

3;0,2

3;1,12

2;11,1

2;9,15

2;8,21

2;5,27

2;3,13

2;2,5

2;2,29

2;1,27

2;0,26

2;0,13

1;11,28

1;11,0

1;11,14

1;10,3

1;10,17

1;9,19

0

Alter (Jahre;Monate,Tage)

Abb. 7.22. Nullsubjekte und postverbale Subjekte bei Marie (2L1)

dass die Skalierung der Abbildungen der mono- und bilingualen Kinder voneinander abweicht: Das Maximum der y-Achse liegt bei den monolingualen Kindern bei 60, bei den bilingualen hingegen bei 30.⁹ Es scheint also plausibel, dass Äußerungen mit postverbal auftretenden Subjekten als Dislokationen mit ausgelassenem Subjektklitikon analysiert werden können. Diese Hypothese könnte nun auch auf die linke Peripherie übertragen werden, wonach präverbale nicht-klitische Subjekte (oder zumindest ein Teil der entsprechenden Äußerungen) bei den Kindern als LDn zu analysieren wären, die mit einen Nullklitikon einhergehen (vgl. z. B. De Cat, 2002). Auf den Status präverbaler, nicht-klitischer Subjekte und die diesbezüglich in der vorliegenden Studie erzielten Ergebnisse wird im Folgenden eingegangen. Friedemann (1993/94, 224) beobachtet, dass die meisten nicht-klitischen Subjekte im kindlichen Französischen postverbal platziert sind. Um dieser Idee nachzugehen, wird in Tab. 7.1 das Auftreten schwerer prä- und postverbaler Subjekte gegenübergestellt.

9 Hierdurch sind die Kinder der jeweiligen Gruppen einerseits untereinander direkt vergleichbar, andererseits bleiben die Werte für alle Kinder visuell klar erkennbar.

264 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen Tab. 7.1. Prä- und postverbal platzierte nicht-klitische (nicht-gedoppelte) Subjekte

Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1) L1 gesamt Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) 2L1 gesamt

schwere Subjekte gesamt

präverbale Subjekte

postverbale Subjekte

47 100 196 343 55 30 41 57 32 215

30 (63,83 %) 78 (78,0 %) 105 (53,57 %) 213 (62,1 %) 39 (70,91 %) 25 (83,33 %) 39 (95,12 %) 48 (84,21 %) 26 (81,25 %) 177 (82,33 %)

17 (36,17 %) 22 (22,0 %) 91 (46,43 %) 130 (37,9 %) 16 (29,09 %) 5 (16,67 %) 2 (4,88 %) 9 (15,79 %) 6 (18,75 %) 38 (17,67 %)

Die von Friedemann erzielten Ergebnisse können nicht bestätigt werden. Alle hier analysierten Kinder verwenden mehr prä- als postverbale nicht-klitische Subjekte. Tendenziell produzieren jedoch relativ betrachtet die monolingualen Kinder mehr postverbale Subjekte (etwa 22-46 %) als die bilingualen Kinder (ca. 5-29 %). Mit anderen Worten: Bei den monolingualen Kindern ist die Dominanz der präverbalen Subjekte weniger stark ausgeprägt (Philippe zeigt sogar ein fast ausgeglichenes Verhältnis). Zeigt dies einen Erwerbsvorsprung der bilingualen Kinder bedingt durch einen Spracheneinfluss? Im Rahmen der Hypothese, dass postverbale Subjekte nicht disloziiert sind, sondern in ihrer VP-internen Basisposition stehen, wäre es denkbar, dass die bilingualen Kinder die obligatorische Subjektanhebung schneller/früher erwerben und aus diesem Grund weniger postverbale und mehr präverbale Subjekte produzieren. Nachdem das Auftreten und der Erwerbsprozess postverbaler Subjekte bereits intensiv diskutiert wurde, erfolgt dies nun für schwere präverbale Subjekte. Aus den obigen Abbildungen 7.1 bis 7.12 geht hervor, dass alle Kinder recht wenige präverbale, nicht-klitische Subjekte äußern. Trotzdem konnte gezeigt werden, dass die monolingualen Kinder bis zum Alter von 3;2 Jahren signifikant mehr präverbale nicht-klitische Subjekte produzieren als die bilingualen Kinder. Für eine Analyse des genauen Erwerbsverlaufs wird auch hier ein MLU-Vergleich herangezogen, dessen Resultate aus Abb. 7.23 hervorgehen. Zu beachten ist erneut der Maßstab: Das Maximum der y-Achse beträgt nicht 100 %, sondern 25 %, um die Entwicklungen im Detail besser nachvollziehbar zu machen. Prozentual betrachtet lässt sich bei den Kindern eine leicht rückläufige Tendenz nicht-klitischer präverbaler Subjekte verzeichnen. Gleichzeitig ist aber die Häufigkeit präverbaler Subjekte bereits in frühen MLU-Phasen sehr niedrig und

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 265

relative Häufigkeit präverbaler Subjekte (in %)

25

20

Alexander (2L1) Amélie (2L1) Céline (2L1) Emma (2L1) Marie (2L1) Léonard (L1) Madeleine (L1) Philippe (L1)

15

10

5

0 1,0 1,49

1,5 1,99

2,0 2,49

2,5 2,99

3,0 3,49

3,5 3,99

4,0 4,49

4,5 4,99

5,0 5,45

5,5 5,99

6,0 6,49

6,5 6,99

7,0 7,49

MLU-Phase

Abb. 7.23. Präverbale nicht-klitische Subjekte im MLU-Vergleich

liegt bei den meisten Kindern dauerhaft unter 5 %. Auch hier werden die MLUPhasen auf statistisch signifikante Abweichungen zwischen der monolingualen und der bilingualen Gruppe überprüft. Ein zweiseitiger Test ergibt für keine der Phasen einen signifikanten Unterschied (vgl. Tab. 1.19 im Anhang). Lediglich in der zweiten MLU-Phase bringt ein einseitiger Test das Ergebnis hervor, dass die monolingualen Kinder signifikant mehr präverbale Subjekte produzieren als die bilingualen (W=0, p=0.043; n1 =3, n2 =5; einseitig, unverbundene Stichproben). Ob dies Evidenz für einen systematischen Unterschied zwischen den beiden Kindergruppen darstellt, ist jedoch fragwürdig. Bisher wurden post- und präverbale Subjekte im Verhältnis zur Anzahl aller finiten Äußerungen betrachtet, was einen guten Gesamtüberblick verschafft hat. Hierbei konnte gezeigt werden, dass beide Arten der Subjektrealisierung, also grundsätzlich das Auftreten nicht-klitischer Subjekte ohne eine resumptive Doppelung, sehr selten sind. Im Folgenden soll nun der Frage nachgegangen werden, wie die Kinder ein nicht-klitisches Subjekt realisieren, wenn sie ein solches äußern. Hierfür werden ausschließlich Äußerungen mit nicht-klitischem Subjekt berücksichtigt. Dieses kann prä- oder postverbal positioniert werden, aber auch eine Doppelung durch ein Resumptivum aufweisen. Aus Abb. 7.24 geht die Verteilung dieser Arten der Subjektrealisierung bei den Kindern nach Gruppen (mono- bzw.

266 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen bilingual) hervor. Hierfür wird aus den oben diskutierten Gründen einmal der gesamte Erwerbszeitraum der jeweiligen Kinder (auf der linken Seite) und einmal nur der Zeitraum bis zum Alter von 3;2 Jahren betrachtet (auf der rechten Seite). 100% 90% 80% gedoppelte Subjekte

relative Häufigkeit

70% 60%

präverbale Subjekte ohne RP

50%

postverbale Subjekte ohne RP

40% 30% 20% 10% 0%

monolingual

bilingual

gesamter Erwerbsverlauf

monolingual

bilingual

bis zum Alter von 3;2

1.703

3.268

1.354

1.182

präverbale Subjekte ohne RP

213

177

185

80

postverbale Subjekte ohne RP

130

38

128

28

gedoppelte Subjekte

Abb. 7.24. Realisierung nicht-klitischer Subjekte nach Kindergruppen

Sowohl über die gesamte Altersspanne als auch für den verkürzten Untersuchungszeitraum wird deutlich, dass die bilingualen Kinder weniger prä- und postverbale Subjekte produzieren als die monolingualen Kinder, was oben zum Teil auch durch statistische Analysen bestätigt werden konnte. Anstelle der Realisierung rein prä- oder postverbaler schwerer Subjekte neigen die bilingualen Kinder also stärker dazu, diese durch ein resumptives Klitikon zu doppeln. Für die postverbalen Subjekte zeigt sich diese Tendenz noch stärker als für die präverbalen Subjekte. In Abb. 7.25 wird die Verteilung der verschiedenen Arten nicht-klitischer Subjekte individuell für alle Kinder dargestellt; hierbei wird nur die Altersspanne bis zu 3;2 Jahren berücksichtigt, für welche alle Kinder Sprachmaterial vorweisen. Diese kindspezifische Analyse zeigt, dass die monolingualen Kinder zwar generell mit 4-9,7 %, im Vergleich zu 0-4,4 % bei den bilingualen Kindern, häufiger postverbale Subjekte realisieren, wobei allerdings die bilingualen Kinder Alexander

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 267 100% 90%

relative Häufigkeit

80% 70%

gedoppelte Subjekte

60%

präverbale Subjekte ohne RP

50%

postverbale Subjekte ohne RP

40% 30% 20% 10% 0% Léonard MadePhifrz leine frz lippe frz

Alexander frz

Amélie frz

Céline frz

Emma frz

Marie frz

gedoppelte Subjekte

173

427

754

315

348

33

342

144

präverbale Subjekte ohne RP

30

57

98

29

6

4

34

7

postverbale Subjekte ohne RP

17

20

91

16

1

0

5

6

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

Abb. 7.25. Realisierung nicht-klitischer Subjekte (kindspezifisch) bis zum Alter von 3;2 Jahren

(4,4 %) und Marie (3,8 %) vergleichbare relative Werte aufweisen. In Bezug auf präverbale Subjekte zeigen die monolingualen Kinder ebenfalls eine vergleichsweise hohe relative Häufigkeit von 10,4-13,6 %, während die der bilingualen Kinder bei 1,7-10,8 % liegt. Auch hier erzielen einige bilinguale Kinder aber ähnlich hohe Frequenzen wie die monolingualen (8,1 % bei Alexander, 8,9 % bei Emma und 10,8 % bei Céline). Die oben beobachteten Diskrepanzen bleiben also in Form von Tendenzen bestehen, sind jedoch nicht für alle Kinder gültig. Interessanterweise neigen aber alle bilingualen Kinder insgesamt betrachtet häufiger dazu, schwere Subjekte durch ein resumptives Klitikon zu doppeln. Die bisher erzielten Ergebnisse lassen noch immer zwei verschiedene Interpretationen zu. Entweder resultieren postverbale Subjekte im kindlichen Französischen aus einer fehlenden Anhebung des Subjekts. In diesem Fall zeigen die bilingualen Kinder einen Erwerbsvorsprung, indem sie diese Anhebung schneller/früher erwerben und deshalb weniger postverbale Subjekte produzieren; dies könnte auch zu dem leicht verstärkten Gebrauch schwerer präverbaler Subjekte führen. Andererseits könnten postverbal auftretende Subjekte auch rechtsdisloziierte Elemente sein, die mit einem Nullklitikon koreferent sind. Auch im Rahmen dieser Argumentation weisen die bilingualen Kinder einen Vorteil auf, der sich in dem schnelleren/früheren Erwerb der Subjektrealisierung äußert, welche wie-

268 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen derum zu einer geringeren Produktion postverbaler Subjekte führt. Auch präverbale nicht-klitische Subjekte könnten möglicherweise disloziiert sein und sich in der Satzperipherie befinden. In diesem Fall wären auch sie eng mit der Nullsubjektphase verbunden. Zur Klärung der Frage nach der adäquaten syntaktischen Analyse schwerer Subjekte im kindlichen Französischen wird, nach den bisher dargestellten quantitativen Beobachtungen, in den folgenden Abschnitten eine qualitative Untersuchung vorgenommen. Hierbei liegt der Fokus auf postverbalen Subjekten, wobei am Rande auch auf präverbale Subjekte eingegangen wird. Im Folgenden werden die von den Kindern geäußerten Strukturen mit postverbalen Subjekten hinsichtlich ihrer konkreten Eigenschaften untersucht und mit diversen in der Literatur formulierten Beobachtungen, Hypothesen und Beschränkungen abgeglichen. Zunächst wird Bezug auf einige theoretische Annahmen genommen. In der Literatur wird mitunter davon ausgegangen, dass postverbale Subjekte zum Merkmalsbündel (engl. cluster) des Nullsubjektparameters gehören (vgl. z. B. Rizzi, 1982) und somit beide sprachlichen Phänomene miteinander einhergehen. Tatsächlich ist das Setzen des Nullsubjektparameters auf den positiven Wert (d. h. die Charakterisierung einer Sprache als Nullsubjektsprache) eine notwendige Bedingung dafür, dass die Sprache postverbale Subjekte im Erwachsenensystem zulässt (vgl. z. B. Belletti & Leonini, 2004; Belletti et al., 2007). Nur in Nullsubjektsprachen existiert also unabhängig vom Verb- oder Subjekttyp die Möglichkeit, das Subjekt postverbal zu positionieren. Gleichzeitig zeigen aber neuere Arbeiten aus dem Bereich des Zweitspracherwerbs adulter Sprecher, dass das konkrete Auftreten postverbaler Subjekte auch wesentlich durch die Informationsstruktur bestimmt wird (Belletti & Leonini, 2004; Belletti et al., 2007).¹⁰ Selbst solche Zweitspracherwerber, die von Belletti et al. (2007, 658) als „‘nearnative’ L2 speakers“ bezeichnet werden, weisen bezüglich postverbaler Subjekte Schwierigkeiten auf, die sie beim Erwerb des Nullsubjekts nicht oder weniger deutlich zeigen. Während der Erwerb und die konkrete Realisierung postverbaler Subjekte also nicht zwangsläufig direkt mit dem Nullsubjektparameter verbunden sind, ist die uneingeschränkte grammatische Option postverbaler Subjekte hingegen sehr wohl auf Nullsubjektsprachen begrenzt. Nicht-Nullsubjektsprachen verfügen nicht uneingeschränkt über diese Option: „[T]he noun phrase carrying the so called ‘external’ theta-role cannot be found in the postverbal position“ (Belletti & Leonini, 2004, 98). Auch im Französischen können Subjekte also nicht ohne Weiteres in postverbaler Position stehen. Ent-

10 Konkret muss hierfür nach Belletti & Leonini (2004) in Sprachen wie dem Italienischen eine satzinterne Fokusphrase erworben bzw. aktiviert werden, in der die postverbalen Subjekte, die i. d. R. den Informationsfokus ausdrücken, angesiedelt sind.

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 269

sprechende Äußerungen sind hier nur mit unakkusativen Verben grammatisch, wobei das postverbale Subjekt mit einem präverbalen Expletivum einhergehen muss (vgl. auch Kap. 4.3.3.3). Hierbei wird das Subjekt als in der Komplementposition des Verbs generiert betrachtet, womit es ein internes Argument darstellt (Burzio, 1981, 1986). In der Literatur werden verschiedene Beobachtungen bzw. Beschränkungen in Bezug auf die Verbklasse (unakkusative/unergative/transitive Verben) und damit verbundene Eigenschaften des postverbalen Subjekts selbst formuliert. Dies betrifft vor allem den Aspekt des Fokus. Nach Belletti & Leonini (2004) und Belletti et al. (2007), die zum Italienischen arbeiten, tragen postverbale Subjekte bei unergativen und transitiven Verben immer Informationsfokus, werden also beispielsweise als Antworten auf wh-Fragen geäußert, und befinden sich in einer satzinternen Fokusphrase. Postverbale Subjekte unakkusativer Verben erfordern hingegen nicht notwendigerweise eine Fokus-Lesart und können demnach auch die VP-interne Objektposition des Verbs besetzen.¹¹ Nach diesem Ansatz sind im Italienischen also nur bestimmte postverbale Subjekte (solche mit unergativen/transitiven Verben) notwendigerweise fokussiert. Im Gegensatz hierzu gehen Bettoni et al. (2009), ebenfalls basierend auf dem Italienischen, davon aus, dass unakkusative (und auch unergative) Verben per se fokussierte Subjekte erfordern, wobei Fokus mit einer postverbalen Position einhergeht, während die präverbale Position die Topikalität des Subjekts ausdrückt. Hiernach ist die kanonische Wortstellung unakkusativer/unergativer Verben die Verb-Subjekt-Anordnung. Abweichungen hiervon ergeben sich durch informationsstrukturelle Bedingungen, zum Beispiel wenn das Subjekt topikalisiert werden soll. Andersherum stehen die Subjekte transitiver Verben nur dann postverbal, wenn sie fokussiert sind. Den Standpunkt, dass auch im Französischen postverbale Subjekte fokussiert sind, vertritt u. a. Lambrecht (1986). Dies geht damit einher, dass üblicherweise der Fokus auf das am tiefsten eingebettete Element innerhalb der VP fällt (vgl. Cinque, 1993; Reinhart, 1996). Aus den hier geschilderten Darstellungen ergeben sich zweierlei Konsequenzen. Zunächst werden auch in Nullsubjektsprachen bestimmte Verbtypen besonders häufig mit postverbalen Subjekten in Verbindung gebracht, nämlich unakkusative (und mitunter auch unergative) Verben. Postverbale Subjekte in Nicht-Nullsubjektsprachen sind ohnehin auf unakkusative Verben beschränkt. Basierend auf seiner empirischen Analyse zum Französischen berichtet Lam-

11 Für Nicht-Nullsubjektsprachen wie das Französische existiert, wie bereits erwähnt, lediglich die erste Option, nämlich die Generierung des Subjekts in der Objektposition unakkusativer Verben.

270 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen brecht (1986) weiterhin, dass die mit postverbalen Subjekten auftretenden Verben niemals agentive oder volitionale Verben einschließen, sondern lediglich Bewegungsverben (z. B. venir; dt. (an)kommen), Verben der Lokation (z. B. rester; dt. bleiben), Verben der Existenz (z. B. exister; dt. existieren) oder Verben der Nicht-Existenz (z. B. mourir; dt. sterben). Neben der Tatsache, dass es sich hier durchweg um unakkusative Verben handelt, zeigt der Autor auf, dass all diese Verben einen gemeinsamen semantischen Kern haben: „[T]hey present the presence or arrival of a referent at, or its departure from, the scene of the discourse or from a more general scene“ (Lambrecht, 1986, 304). Die zweite Konsequenz betrifft die Art des postverbalen Subjekts selbst. In diesem Zusammenhang beobachten u. a. Belletti et al. (2007, 681), dass die VPinterne Argumentposition unakkusativer Verben typischerweise indefiniten Subjekten vorbehalten ist: „[T]he VP-internal argument of unaccusatives is generally reserved to indefinite noun phrases.“ Dies geht mit dem sogenannten Definiteness Effect einher, der erstmals von Milsark (1974, 1977) für das Englische als Nicht-Nullsubjektsprache beobachtet wurde. Milsark zeigt, dass präsentative there-Konstruktionen, die den unpersönlichen il-Konstruktionen im Französischen ähneln, überwiegend indefinite postverbale DPn involvieren. Gleichzeitig wird aber von diversen Autoren beobachtet, dass es sich hierbei nicht um eine strikte, allgemeingültige Beschränkung handelt, sondern eher um eine Tendenz, zu der es durchaus Ausnahmen gibt (für einen Überblick über weitere zentrale Arbeiten zu diesem Thema vgl. Bobaljik & Jonas, 1996; Birner & Ward, 1998). Diese Tendenz ist vermutlich auf zugrunde liegende informationsstrukturelle Zusammenhänge zurückzuführen, wobei die auftretende Indefinitheit postverbaler Subjekte nur ein Epiphänomen ist. Die eigentliche Beschränkung ist u. a. nach Birner & Ward (1998), Prince (1992) und Ward & Birner (2004), dass postverbale Subjekte in there-Konstruktionen für den Hörer neue (nicht-gegebene) Information darstellen müssen, was häufig (aber eben nicht immer) mit Indefinitheit einhergeht. Dies ist wiederum auch damit verbunden, dass postverbale Subjekte häufig den Informationsfokus des Satzes darstellen, wie bereits oben diskutiert wurde. Sowohl für Nullsubjektsprachen (Belletti & Leonini, 2004; Belletti et al., 2007; Bettoni et al., 2009) als auch für Nicht-Nullsubjektsprachen kann hiernach bei unakkusativen Verben eine Präferenz für indefinite postverbale DPn verzeichnet werden. Für den adulten Zweitspracherwerb kann beobachtet werden, dass L2-Lerner des Italienischen mit verschiedenen Erstsprachen (u. a. auch Deutsch) mit unakkusativen Verben deutlich mehr postverbale Subjekte verwenden als mit anderen Verbtypen (Belletti & Leonini, 2004; Belletti et al., 2007; Bettoni et al., 2009). Insbesondere bei transitiven Verben sind postverbale Subjekte eher selten. Eine weitere interessante Beobachtung ist die, dass auch L2-Lerner bevorzugt postver-

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 271

bale Subjekte produzieren, die indefiniter Natur sind (Belletti et al., 2007), was dem Definiteness Effect entspricht. Die Autoren beobachten noch weitere Diskrepanzen, die mit dem allgemeinen Wortstellungsmuster und somit nur am Rande mit der Verbklasse zusammenhängen. Dass postverbale Subjekte bei den L2Lernern meist mit unakkusativen/unergativen Verben und selten mit transitiven Verben auftreten, resultiert darin, dass Äußerungen mit postverbalen Subjekten meist kein weiteres Argument involvieren und somit dem Muster VS entsprechen. Postverbale Subjekte in Äußerungen mit lexikalischen Objekten sind grundsätzlich eher selten, da die L2-Lerner in diesem Fall dazu neigen, das Subjekt präverbal zu positionieren.¹² Wenn Äußerungen mit postverbalem Subjekt und lexikalischem Objekt auftreten, wird jedoch stets die Abfolge VOS gewählt, wohingegen VSO-Äußerungen komplett abwesend sind.¹³ Falls es sich bei postverbal positionierten Subjekten im französischen Spracherwerb um Konstruktionen handeln sollte, in denen das Subjekt in der Komplementposition des Verbs generiert und belassen wird (Déprez & Pierce, 1993; Pierce, 1989; Friedemann, 1993/94), könnten sich die oben beschriebenen Diskrepanzen auch in den hier untersuchten Kinderdaten zeigen. Auf der Basis der vorgestellten Arbeiten können also verschiedene Hypothesen formuliert und auf den Spracherwerb des Französischen übertragen werden. Diesbezüglich sollen die folgenden Eigenschaften der von den Kindern produzierten Äußerungen mit postverbalen Subjekten untersucht werden: – – –

Verbklasse (unakkusativ/unergativ/transitiv) und Anzahl der Argumente Definitheit des Subjekts (Definiteness Effect) und Projektion der D-Schicht Wortstellungsmuster

Diese auf verschiedenen Ebenen angesiedelten Eigenschaften werden in den nachfolgenden Abschnitten für das Französische der mono- und bilingualen Kinder herausgestellt.

12 Objektklitika, die als schwer zu erwerben gelten, werden von den L2-Lernern des Italienischen selten produziert; lexikalische Objekte werden gegenüber klitischen deutlich bevorzugt (Belletti et al., 2007). 13 Die Grammatikalität von VSO-Strukturen ist auch im adulten Italienischen umstritten: Während Belletti et al. (2007) sie als ungrammatisch ansehen, beschreiben Bettoni et al. (2009) entsprechende Konstruktionen durchaus als zielsprachlich.

272 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 7.2.1 Postverbale Subjekte und Verbklassen Hier soll zunächst untersucht werden, ob postverbale Subjekte mit bestimmten Verbklassen häufiger auftreten als mit anderen. Im vorangegangenen Abschnitt sowie in Kap. 4.3.3.3 wurde bereits darauf eingegangen, dass postverbale Subjekte mit unakkusativen Verben auch im Französischen möglich sind, wobei sie dann jedoch mit einem klitischen Expletivum vor dem Verb einhergehen müssen: (68)

Il est arrivé trois filles Es ist angekommen drei Mädchen Es sind drei Mädchen angekommen

(Belletti et al., 2007, 680)

Die Analyse der kindlichen Sprachdaten könnte nun das Ergebnis hervorbringen, dass die Kinder postverbale Subjekte nur oder überwiegend mit unakkusativen Verben äußern, wie es beispielsweise auch Köppe (1994) beobachtet. Dies könnte als Evidenz dafür interpretiert werden, dass es sich um ‚echte‘ postverbale Subjekte handelt, die sich lediglich durch die Auslassung des expletiven Klitikons von adulten Strukturen mit postverbalen Subjekten unterscheiden, und nicht um rechtsdisloziierte Subjekte. Denkbar wäre allerdings auch, dass die Kinder während des Durchlaufens der Nullsubjektphase auch andere Eigenschaften, die im Zusammenhang mit Nullsubjekten stehen, als in ihrem Zielsystem verankert vermuten. Somit könnten sie postverbale Subjekte auf andere Verbklassen ‚ausdehnen‘ und von einer allgemeinen Grammatikalität postverbaler Subjekte ausgehen. Da auch für Erst- und Zweitspracherwerber des Italienischen als Nullsubjektsprache gezeigt wird, dass sich das Subjekt unakkusativer (und mitunter auch unergativer) Verben besonders häufig in postverbaler Position befindet (Belletti & Leonini, 2004; Belletti et al., 2007; Bettoni et al., 2009), sollte auch in diesem Fall eine quantitative Dominanz unakkusativer bzw. unergativer Verben verzeichnet werden. In der folgenden Analyse wird zwischen unakkusativen, unergativen und transitiven Verben differenziert. Hinzu kommen Verben, die (auch) transitiv sein können, im konkreten Kontext aber intransitiv gebraucht werden. Beispiele für diese vier Verbklassen werden in (69) aufgeführt. (69)

a. Est tombé Philippe Ist gefallen Philippe Philippe ist (hin)gefallen

(Philippe, 2;2,10)

b. Dort bébé Schläft Baby (Das) Baby schläft

(Marie, 2;1,27)

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 273

c. Écrit bien celui là Schreibt gut dieser hier Dieser hier schreibt gut

(Philippe, 2;2,2)

d. A fini café Philippe Hat ausgetrunken Kaffee Philippe Philippe hat (den) Kaffee ausgetrunken

(Philippe, 2;2,3)

In (69a,b) werden ein unakkusatives und ein unergatives Verb mit postverbalem Subjekt dargestellt. (69c) enthält das Verb écrire, welches zwar auch transitiv verwendet werden kann (écrire une lettre etc.), hier jedoch intransitiv gebraucht wird; mit dieser Äußerung bezieht sich Philippe auf einen Stift, der noch genug Tinte hat und somit‚gut schreibt‘. Und schließlich stellt (69d) eine Äußerung dar, die ein transitives Verb beinhaltet und somit neben dem postverbalen Subjekt noch über ein weiteres Komplement verfügt (hier über das direkte Objekt café). Aus Abb. 7.26 geht die Distribution postverbaler Subjekte in Bezug auf die verschiedenen Verbklassen bei den mono- und bilingualen Kindern hervor. Die Abbildung stellt die Typen dar, sodass ein Verbtyp auch bei mehrmaligem Auftreten (also mehreren Token) nur einmal gewertet wurde. Aus der Graphik wird nicht direkt ersichtlich, dass die beiden Kindergruppen sich in der generellen Häufigkeit postverbaler Subjekte stark unterscheiden (vgl. Kap. 7.1): Die monolingualen Kinder äußern insgesamt 130 Strukturen mit postverbalen Subjekten, die bilingualen Kinder hingegen nur 38.¹⁴ Es zeigt sich, dass postverbale Subjekte nicht nur mit unakkusativen Verben auftreten, sondern mit allen hier dargestellten Verbklassen. Transitive Verben sind mit jeweils 50 % sogar die am häufigsten vertretene Verbklasse. Zwar zeigen sich quantitative Unterschiede dahingehend, dass unakkusative Verben bei den bilingualen Kindern häufiger mit postverbalen Subjekten auftreten als bei den monolingualen Kindern. Dennoch machen sie auch dort nur etwa 32 % aus und treten somit seltener in Konstruktionen mit postverbalen Subjekten auf als transitive Verben. Hinsichtlich der Stelligkeit der Verben halten sich bei beiden Kindergruppen Verben mit nur einem Argument (d. h. unakkusative, unergative und intransitiv gebrauchte Verben) und zweistellige (transitive) Verben die Waage.

14 In der vorliegenden Analyse mussten zwei Äußerungen der bilingualen Marie ausgeschlossen werden, da das Verb nicht eindeutig einer der Kategorien zugewiesen werden konnte. Somit ergibt sich hier für die bilingualen Kinder eine absolute Anzahl von 36 Äußerungen mit postverbalen Subjekten.

274 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

30 (50,0%)

11 (50,0%)

70%

transitiv gebrauchte Verben

60%

intransitiv gebrauchte Verben

50% 2 (9,09%) 40%

12 (20,0%)

2 (9,09%)

30% 20%

unergative Verben unakkusative Verben

8 (13,33%) 7 (31,82%)

10%

10 (16,67%)

0% monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

Abb. 7.26. Verbklassen in Äußerungen mit postverbalen Subjekten nach Kindergruppen (Typen)

Zusammenfassend zeigt sich deutlich, dass postverbal auftretende Subjekte im kindlichen Spracherwerb des Französischen nicht auf unakkusative Verben beschränkt sind, sondern mit sämtlichen Verbtypen auftreten. Das gleiche Ergebnis bringt auch die von Ferdinand (1996) durchgeführte empirische Analyse französischer Kinder hervor. Weiterhin wird ersichtlich, dass postverbale Subjekte nicht ausschließlich mit einstelligen Verben auftreten, sondern sehr wohl auch dann, wenn das Verb neben dem Subjekt noch ein weiteres Komplement aufweist. Es kann also weder zwischen postverbalen Subjekten und den Verbklassen noch zwischen postverbalen Subjekten und der Stelligkeit der Verben ein Zusammenhang verzeichnet werden.

7.2.2 Postverbale Subjekte und Eigenschaften des Subjekts In diesem Kapitel soll auf die Eigenschaften der postverbalen Subjekte selbst eingegangen werden. In der Literatur werden verschiedene Beschränkungen in Bezug auf die Natur postverbaler Subjekte formuliert, nämlich (i) dass sie bloße NPn darstellen und die D-Schicht noch nicht projiziert wird, und (ii) dass sie durch-

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 275

weg indefiniter Natur sind. Beide Standpunkte legen unterschiedliche theoretische Annahmen zugrunde, die im Folgenden noch einmal grob dargestellt werden, um sie mit den hier untersuchten kindlichen Sprachdaten abzugleichen. Laut Friedemann (1993/94) resultieren postverbale Subjekte im frühkindlichen Französischen aus der Nicht-Anhebung des Subjekts in eine Position oberhalb des Verbs (bei gleichzeitiger Verbanhebung). Dem Autor folgend müssen Subjekte aus ihrer Spec,VP-Position angehoben werden, damit eine Kasuszuweisung erfolgen kann. Dies wird jedoch erst mit Implementierung der D-Schicht in der nominalen Phrase notwendig, womit NPn ohne projizierte D-Schicht (also z. B. Nomen ohne realisierten Determinierer) kasuslos und somit in ihrer postverbalen Position verbleiben. Hieraus folgt Friedemanns Vorhersage, dass postverbale Subjekte im kindlichen Französischen keine D-Schicht aufweisen und somit nur NPn, aber keine DPn in postverbaler Position auftreten sollten. Die hier erhobenen Kinderdaten werden dieser Idee folgend im Hinblick auf die postverbal auftretenden Subjekte analysiert, wobei differenziert wird zwischen DPn, NPn, Eigennamen und starken Subjektpronomen. Die diesbezügliche Verteilung der postverbalen Subjekte aller Kinder zusammengezogen geht aus Abb. 7.27 hervor. 100% 14 90% 24 80% 70%

relative Häufigkeit

41 60%

NP Eigenname

50%

starkes Subjektpronomen DP

40% 30%

89

20% 10% 0%

Abb. 7.27. Grammatische Kategorie postverbal auftretender Subjekte

276 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen Es zeigt sich, dass gerade DPn, welche den eindeutigsten Beleg für die Implementierung der D-Schicht darstellen, die am häufigsten postverbal stehenden Subjekte sind. Die am zweithäufigsten postverbal auftretenden Subjekte sind die starken Pronomen; diese werden in der einschlägigen Literatur ebenfalls häufig als DPn betrachtet (vgl. z. B. Déchaine & Wiltschko, 2002; Schmitz & Müller, 2008). Der Status von Eigennamen ist weniger eindeutig, da diese mitunter auch als bloße NPn analysiert werden.¹⁵ In jedem Fall wird aber deutlich, dass Subjekt-NPn ohne realisierten Determinierer wesentlich seltener postverbal auftreten als DPn. Friedemanns Hypothese kann also als nicht zutreffend beurteilt werden, wie auch andere Forschungsarbeiten bereits gezeigt haben (vgl. z. B. Ferdinand, 1996). In Abb. 7.28 wird die grammatische Kategorie postverbaler Subjekte für beide untersuchten Kindergruppen – die mono- und bilingualen Kinder – separat dargestellt. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% NP

60%

Eigenname 50%

starkes Subjektpronomen DP

40% 30% 20% 10% 0%

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

NP

5

9

Eigenname

20

4

starkes Subjektpronomen

40

1

DP

65

24

Abb. 7.28. Grammatische Kategorie postverbaler Subjekte nach Kindergruppen

15 Longobardi (1994, 622) argumentiert beispielsweise für die romanischen Sprachen, dass Eigennamen „must be base-generated in the N0 position and optionally allowed to remain there, to account for those cases in which they occur introduced by an article.“

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 277

Hier wird deutlich, dass DPn in beiden Kindergruppen die Hälfte oder sogar die Mehrheit aller postverbalen Subjekte ausmachen, sodass Friedemanns Ansatz sowohl für die mono- als auch für die bilingualen Kinder verworfen werden muss. Darüber hinaus wird ein unerwarteter Unterschied deutlich: Bei den monolingualen Kindern machen starke Pronomen mit 30,8 % ein knappes Drittel aller postverbalen Subjekte aus, wohingegen sie bei den bilingualen Kindern praktisch nicht vorhanden sind. Die einzige Äußerung, in der ein starkes Subjektpronomen bei einem bilingualen Kind postverbal auftritt, ist die folgende: (70)

Allons nous comme ça Gehen wir so Wir gehen so

(Emma, 3;11,19)

Die bilingualen Kinder äußern somit so gut wie keine starken Pronomen als postverbale Subjekte, wohingegen Eigennamen, NPn und DPn ebenso wie bei den monolingualen Kindern auftreten. Dies spiegelt sich auch bei der Betrachtung der grammatischen Person postverbal positionierter Subjekte wider, welche aus Abb. 7.29 hervorgeht. 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

3. Pl. 3. Sg.

50%

1. Pl. 1. Sg.

40% 30% 20% 10% 0%

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

3. Pl.

9

8

3. Sg.

89

29

1. Pl.

0

1

1. Sg.

32

0

Abb. 7.29. Grammatische Person postverbal auftretender Subjekte nach Kindergruppen

278 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen Dass die bilingualen Kinder fast ausschließlich postverbale Subjekte der 3. grammatischen Person äußern, ist eine logische Konsequenz aus der Tatsache, dass sie (mit Ausnahme der in (70) dargestellten Äußerung) keine starken Subjektpronomen postverbal platzieren, welche die einzige Möglichkeit darstellen, um auf die 1. und 2. Person zu referieren. Die monolingualen Kinder produzieren hingegen zu etwa 24,6 % postverbale Subjekte der 1. Person (Singular), während die 2. grammatische Person bei keinem der untersuchten Kinder als postverbales Subjekt auftritt. Im Rahmen der Hypothese, dass postverbale Subjekte Rechtsdislokationen mit ausgelassenem Klitikon darstellen, sollte es bezüglich der grammatischen Kategorie der Subjekte keine systematischen Unterschiede zwischen den Kindergruppen geben. Ebenso sollten sich keine diesbezüglichen Diskrepanzen zwischen postverbal auftretenden Subjekten und gedoppelten, rechtsdisloziierten Subjekten zeigen; der einzige Unterschied zwischen beiden Konstruktionen sollte die An- oder Abwesenheit des klitischen Subjektpronomens sein (vgl. Ferdinand, 1996). Um diesem Aspekt weiter nachzugehen, stellt Abb. 7.30 RD-Konstruktionen (mit resumptiver Doppelung) und Konstruktionen mit postverbal auftretenden Subjekten in Bezug auf die grammatische Kategorie des Subjekts gegenüber. Hier wird zwischen Subjekten in Form von DPn/NPn, starken Subjektpronomen und Eigennamen differenziert; die Abkürzung postv. S steht für postverbale Subjekte, wohingegen die Bezeichnung Pronomen sich ausschließlich auf starke Subjektpronomen bezieht. Bei den monolingualen Kindern lassen sich beim intra-individuellen Vergleich der grammatischen Kategorie postverbaler und rechtsdisloziierter (gedoppelter) Subjekte keine auffälligen Diskrepanzen verzeichnen. Zwar gibt es geringe frequenzielle Verschiebungen, aber alle Kategorien kommen in beiden Konstruktionen (zu ähnlichen prozentualen Anteilen) vor. Bei den bilingualen Kindern ergibt sich hingegen ein anderes Bild. Vier der fünf zweisprachigen Kinder produzieren ausschließlich DPn/NPn als postverbale Subjekte, obwohl in RD-Konstruktionen auch Pronomen und Eigennamen auftreten. Nur Emma zeigt diese Vielseitigkeit auch im Hinblick auf die grammatische Kategorie postverbaler Subjekte. Auf den ersten Blick scheint diese Diskrepanz zwischen postverbal platzierten und gedoppelten, rechtsdisloziierten Subjekten sehr auffällig zu sein. Hier muss allerdings erneut auf die absolute Häufigkeit postverbaler Subjekte bei den bilingualen Kindern aufmerksam gemacht werden, die mit nur zwei bis 16 Äußerungen pro Kind extrem niedrig ist. Dies legt nahe, dass es sich hier auch um einen Stichprobeneffekt handeln könnte. Plausibel wird diese Annahme weiterhin durch die Beobachtung, dass starke Pronomen als gedoppelte Subjekte zwar sowohl in Links- als auch in Rechtsdislokationen auftreten können, allerdings überwiegend in der linken Peripherie zu finden sind (vgl. Kap. 6.2.2). Die

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 279

100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

Eigenname Pronomen

50%

DP/NP

40% 30% 20% 10% 0%

RD postv. SRD postv. SRD postv. S

RD postv. SRD postv. SRD postv. SRD postv. SRD postv. S

Léonard

Alexander

Madeleine

Philippe

Amélie

Céline

Emma

Marie

Eigenname

13

7

8

4

26

9

9

0

12

0

4

0

15

4

2

0

Pronomen

22

5

34

9

115

26

64

0

79

0

24

0

73

1

33

0

DP/NP

20

5

61

9

265

56

91

16

76

5

19

2

115

4

53

6

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

Abb. 7.30. Grammatische Kategorie postverbaler und rechtsdisloziierter (gedoppelter) Subjekte

geringe absolute Anzahl postverbaler Subjekte gekoppelt mit der relativ geringen Frequenz von starken Subjektpronomen in Rechtsdislokationen führt demnach vermutlich dazu, dass pronominale postverbale Subjekte in den hier erhobenen Daten der bilingualen Kinder nicht auftreten, wenngleich sie prinzipiell realisiert werden können. Im Folgenden soll ebenfalls ein Vergleich der grammatischen Kategorie präverbaler nicht-klitischer Subjekte mit eindeutig linksdisloziierten (gedoppelten) Subjekten erfolgen. Hierdurch wird der Frage nachgegangen, ob sich ähnliche Asymmetrien auch in Bezug auf Subjekte in der linken Satzperipherie bzw. in präverbaler Position zeigen. Aus Abb. 7.31 geht die grammatische Kategorie der Subjekte in LD-Konstruktionen sowie in Äußerungen mit präverbalen nicht-klitischen Subjekten (präv. S) für die individuellen Kinder hervor. Hier zeigen sich zwar ebenfalls leichte Tendenzen dahingehend, dass starke Subjektpronomen häufiger in LD-Konstruktionen als in Äußerungen mit präverbalen Subjekten ohne resumptive Doppelung auftreten. Dennoch sind Pronomen grundsätzlich in beiden Konstruktionen zu finden; eine Ausnahme stellt hier lediglich Marie dar, die unter den präverbalen Subjekten keine Pronomen aufweist. Eigennamen kommen hingegen sogar häufiger als präverbale Subjekte vor

280 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

Eigenname Pronomen

50%

DP/NP 40% 30% 20% 10% 0%

LD

präv. SLD

Léonard

präv. SLD

Madeleine

präv. S

Philippe

LD

präv. SLD

Alexander

präv. SLD

Amélie

präv. SLD

Céline

präv. SLD

Emma

präv. S

Marie

Eigenname

18

11

54

25

30

21

17

3

43

5

6

2

44

10

47

8

Pronomen

79

11

491

20

239

6

451

12

612

3

312

13

521

24

166

0

DP/NP

23

8

93

33

144

78

139

24

81

17

41

24

85

14

90

18

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

Abb. 7.31. Grammatische Kategorie schwerer präverbaler und linksdisloziierter (gedoppelter) Subjekte

als in LD-Konstruktionen, die sich durch eine resumptive Doppelung auszeichnen. Diskrepanzen, wie sie sich auf den ersten Blick zwischen rechtsdisloziierten und postverbalen Subjekten zeigen, sind also in der linken Satzperipherie nicht sichtbar. Eine weitere, oben beschriebene Hypothese betrifft den Definiteness Effect, dem zufolge postverbale Subjekte (mit unakkusativen Verben) in aller Regel indefiniter Natur sind. Auch hinsichtlich dieser Annahme werden die bei den Kindern auftretenden Äußerungen mit postverbalen Subjekten analysiert. Hierfür werden nur postverbale Subjekte mit einem lexikalischen Nomen berücksichtigt, also DPn sowie NPn ohne realisierten Determinierer (bezeichnet als *D-Auslass.). Bei den DPn kann zwischen definiten und indefiniten Konstituenten unterschieden werden. Definite DPn schließen den bestimmten Artikel sowie Possessiv- und Demonstrativbegleiter ein, während indefinite DPn den unbestimmten Artikel enthalten. NPn geben hingegen keinen Aufschluss über die Definitheit des Subjekts. In Abb. 7.32 wird die Verteilung von NPn und definiten/indefiniten DPn dargestellt. Auf der linken Seite wird dies für alle Äußerungen abgebildet, wohingegen auf der rechten Seite nur Äußerungen mit unakkusativen Verben berücksichtigt werden.

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 281

100%

5 (6,67%)

90%

9 (25,71%)

3 (27,27%)

80% 2 (5,71%)

relative Häufigkeit

70%

1 (9,09%) NP (*D-Auslass.) indefinite DP definite DP

60% 50%

16 (100%)

70 (93,33%)

40% 24 (68,57%)

7 (63,64%)

30% 20% 10% 0% monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

alle Verben

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

unakkusative Verben

Abb. 7.32. Definite und indefinite postverbale DPn/NPn nach Kindergruppen

Es zeigt sich, dass die Mehrheit aller postverbalen Subjekte definite DPn sind. Dies ist bei den monolingualen Kindern besonders deutlich, die hier gar keine indefiniten DPn aufweisen. In Bezug auf alle Äußerungen machen definite DPn bei ihnen rund 93 % aus, mit unakkusativen Verben sogar 100 %. Aber auch die bilingualen Kinder äußern insgesamt lediglich zwei indefinite DPn als postverbale Subjekte, was etwa 6 % entspricht; in Konstruktionen mit unakkusativen Verben findet sich nur eine einzige indefinite DP. Auch hier entspricht der Großteil der Subjekte definiten DPn, wobei die Kinder auch zu etwa 27 % nackte Nomen äußern, in denen sie D auslassen. Sowohl die monolingualen als auch die bilingualen Kinder zeigen also zahlreiche unakkusative Verben mit definiten postverbalen Subjekten wie in (71): (71)

a. Monte pas sur la voiture la tortue Steigt nicht auf das Auto die Schildkröte Die Schildkröte steigt nicht auf das Auto

(Philippe, 2;2,3)

b. Va descend’ l’autre Wird runtergehen der-andere Der andere wird heruntergehen

(Emma, 3;2,25)

282 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen Die Daten sind also nicht kompatibel mit der für postverbale Subjekte (insbesondere mit unakkusativen Verben) formulierten Hypothese, dass es sich hier in der Regel um indefinite Konstituenten handelt. Dass postverbale Subjekte im Französischen deutsch-französisch bilingualer Kinder nicht dem Definiteness Effect unterliegen und stattdessen überwiegend definite postverbale Subjekte produziert werden, belegt auch Kaiser (1994) in seiner empirischen Studie. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die in diesem Kapitel verzeichneten Beobachtungen gegen die Annahme sprechen, dass postverbale Subjekte im frühkindlichen Französischen strikten Beschränkungen in Bezug auf konkrete Eigenschaften des Subjekts unterliegen: Es handelt sich bei den von den Kindern produzierten postverbalen Subjekten weder überwiegend um nackte Nomen ohne realisierten Determinierer noch um indefinite DPn. Eine Interpretation dieser Ergebnisse wird in Kap. 7.3 erfolgen.

7.2.3 Postverbale Subjekte und Wortstellungsmuster In diesem Abschnitt soll auf die konkreten Wortstellungsmuster eingegangen werden, die die Kinder in Äußerungen mit postverbalen Subjekten produzieren. Einerseits treten Strukturen wie (72) auf, die ausschließlich ein Verb und ein (postverbales) Subjekt enthalten und hier als VS-Strukturen bezeichnet werden: (72) Dort bébé Schläft Baby (Das) Baby schläft

(Marie, 2;1,27)

Andererseits gibt es diverse Strukturen, in denen zusätzlich noch ein weiteres Element auftritt, wobei es sich um ein Komplement des Verbs oder um ein Adjunkt handeln kann. Äußerungen dieser Art umfassen verschiedene syntaktische Konstellationen. Das Komplement/Adjunkt kann linear betrachtet zwischen dem Verb und dem Subjekt stehen (VXS), wie es in den folgenden Beispielen der Fall ist, wobei (73a) ein Komplement und (73b) ein Adjunkt enthält. (73)

a. Font du feu les dames Machen PART Feuer die Damen Die Damen machen Feuer

(Philippe, 2;3,7)

b. Tombe encore ma maison Fällt wieder mein Haus Mein Haus fällt wieder (herunter/um)

(Madeleine, 2;2,6)

7.2 Post- und präverbale Subjekte | 283

Weiterhin kann das Komplement/Adjunkt linear betrachtet rechts vom Subjekt realisiert werden (VSX). Auch hierfür werden je ein Beispiel mit Komplement (74a) und eines mit Adjunkt (74b) angeführt: (74)

a. Jongle moi ballon Jongliere ich Ballon Ich jongliere (mit dem) Ballon

(Léonard, 1;10,24)

b. Allons nous comme ça Gehen wir so Wir gehen so

(Emma, 3;11,19)

Schlussendlich kann das Komplement/Adjunkt auch oberhalb des Verbs angesiedelt sein, wofür in (75) Beispiele mit Komplement bzw. mit Adjunkt gegeben werden. (75)

a. Une deux trois fait la musique Eins zwei drei macht die Musik „Eins zwei drei“ macht die Musik

(Madeleine, 2;4,15)

b. Derrière manque un truc Hinten fehlt ein Ding Hinten fehlt ein Ding

(Amélie, 3;8,28)

Äußerungen dieser Art wurden oben schon im Hinblick auf die Frage diskutiert, ob es sich möglicherweise um (stilistische) Inversion handeln könnte. Hier werden solche Strukturen als XVS bezeichnet. Aus Abb. 7.33 geht die Verteilung der hier dargestellten Wortstellungsmuster in Äußerungen mit postverbalen Subjekten bei den mono- und bilingualen Kindern hervor. Grob betrachtet machen in beiden Kindergruppen Äußerungen mit nur einem Verb und einem darauffolgenden Subjekt (VS) etwa ein Drittel aus (ca. 28 % bei den monolingualen und 36 % bei den bilingualen Kindern). Gleichzeitig wird deutlich, dass VSX-Strukturen so gut wie gar nicht auftreten. Nur ein monolinguales und ein bilinguales Kind (Léonard und Emma) produzieren jeweils eine Äußerung dieser Art, womit die in (74) dargestellten Beispiele die einzigen solchen Strukturen sind. Es kann also festgehalten werden, dass die Option VSX nicht bzw. kaum gewählt wird. Der einzige deutliche Unterschied zwischen den mono- und bilingualen Kindern zeigt sich in den Kategorien VXS und XVS. Während die monolingualen Kinder VXS-Strukturen mit ca. 67 % deutlich präferieren, liegt die relative Häufigkeit von XVS-Äußerungen bei unter 5 %, womit diese Kategorie nur marginal vertreten ist. Diese Verteilung steht im Kontrast zu dem Muster bei den bilingualen Kindern, welche beide Strukturen mit ca. 33 % und 28 % annähernd gleich häufig benutzen. Eine mögliche Erklärung für das verstärkte Auf-

284 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen 100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

XVS VSX

50%

VXS VS

40% 30% 20% 10% 0%

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

XVS

6

10

VSX

1

1

VXS

87

12

VS

36

13

Abb. 7.33. Wortstellung in Äußerungen mit postverbalem Subjekt nach Kindergruppen

treten von XVS-Äußerungen bei den bilingualen Kindern könnte ein Spracheneinfluss sein. Im Deutschen als V2-Sprache tritt die XVS-Struktur sehr häufig auf, sodass die zweisprachigen Kinder dies möglicherweise auf das Französische übertragen. Da hier nur Äußerungen mit postverbalen Subjekten untersucht werden, die ohnehin extrem selten auftreten, kann dies nur als vorsichtige Spekulation verstanden werden. Ob sich ein solcher Spracheneinfluss tatsächlich vollzieht, müsste in einer breiter angelegten Studie überprüft werden. Um mögliche individuelle Muster oder Abweichungen in Bezug auf die Wortstellung in Äußerungen mit postverbalen Subjekten ausfindig zu machen, erfolgt in Abb. 7.34 eine kindspezifische Analyse. Hier wird deutlich, dass sich die Kinder nicht als Gruppen einheitlich verhalten, sondern dass es innerhalb der zwei Gruppen große individuelle Diskrepanzen gibt, sodass die oben dargestellten Unterschiede sich nicht in allen Kindern widerspiegeln. Dass es im Bezug auf die Wortstellung in Äußerungen mit postverbal auftretenden Subjekten eine große interindividuelle Variation gibt, verzeichnet auch Köppe (1994). Die Autorin kommt generell zu dem Ergebnis, dass VXS-Strukturen häufiger auftreten, VSX hingegen marginal ist, wie es auch hier der Fall ist. Dies kann als Evidenz für die RD-Analyse postverbaler Subjekte gesehen werden. Diese und andere Zusammenhänge werden im nächsten Abschnitt noch einmal zusammenfassend diskutiert.

7.3 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse | 285

100% 90% 80%

relative Häufigkeit

70% 60%

XVS VSX VXS VS

50% 40% 30% 20% 10% 0%

Philippe

Léonard

Madeleine

Marie

Alexander

Emma

Amélie

Céline

XVS

0

1

5

0

1

3

4

2

VSX

0

1

0

0

0

1

0

0

VXS

66

11

10

1

7

4

0

0

VS

25

4

7

3

8

1

1

0

monolinguale Kinder

bilinguale Kinder

Abb. 7.34. Wortstellung in Äußerungen mit postverbalem Subjekt (kindspezifisch)

7.3 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse In diesem Kapitel wurde auf schwere, nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen mono- und bilingualen Erstspracherwerb des Französischen eingegangen, wobei der Fokus auf postverbal auftretenden Subjekten lag. Für diese wird in der Literatur einerseits diskutiert, dass es sich hier um nicht-angehobene Subjekte in ihrer (VP-internen) Basisposition handelt, andererseits existiert der Standpunkt, dass postverbale Subjekte als rechtsdisloziierte Elemente zu analysieren sind. Im Rahmen der letztgenannten Annahme befinden sich diese Subjekte in Spec,TP und der gesamte restliche Satz wird in die linke Peripherie angehoben (vgl. Kap. 3.6), wobei das resumptive Subjektklitikon ausgelassen wird. Basierend auf der hier durchgeführten qualitativen Analyse konnte verschiedene Evidenz dafür aufgezeigt werden, dass die Rechtsdislokationsanalyse postverbaler Subjekte zu bevorzugen ist. Die Hauptargumente werden nun noch einmal zusammengefasst. Postverbale Subjekte sind im Französischen der untersuchten Kinder nicht auf Äußerungen mit unakkusativen (und unergativen) Verben beschränkt, sondern treten mit allen Verbklassen auf. Hierbei spielen transitive Verben in quantitativer Hinsicht sogar eine übergeordnete Rolle. Dies zeigt, dass es sich nicht um Konstruktionen mit postverbalen Subjekten handelt, die auch im adulten franzö-

286 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen sischen System zielsprachlich sind und lediglich durch die Auslassung des Expletivums hiervon abweichen. Auch die Annahme, dass die bilingualen Kinder postverbale Subjekte im Französischen auf weitere Bereiche ‚ausdehnen‘ und sie im Rahmen der Grammatik einer Nullsubjektsprache gebrauchen, scheint unplausibel. So wurde für Nullsubjektsprachen wie das Italienische ebenfalls gezeigt, dass sowohl Erst- als auch Zweitspracherwerber postverbale Subjekte besonders häufig mit unakkusativen (und unergativen) Verben produzieren, da hier die VSStruktur die kanonische Wortstellung darstellt. Diese Asymmetrie zeigt sich in den hier untersuchten Kinderdaten aber nicht. Dass alle Verbklassen, und vor allem auch transitive (d. h. zweistellige) Verben, mit postverbalen Subjekten auftreten, deutet darauf hin, dass es hier keine spezifischen Beschränkungen oder frequenziellen Tendenzen im Hinblick auf die Verbklasse gibt. Dies wiederum ist mit einer Rechtsdislokationsanalyse der Subjekte gut kompatibel, welche keine Anforderungen an die Beschaffenheit des Verbs stellt. In Bezug auf die Natur des postverbalen Subjekts konnte konstatiert werden, dass in mehr als der Hälfte aller Äußerungen eindeutig die D-Schicht involviert ist. Dies widerlegt die von Friedemann (1993/94) vertretene Hypothese, dass postverbale Subjekte NPn sind, die nicht angehoben werden, da sie keine Kasuszuweisung erfordern, welche mit der D-Schicht assoziiert wird. In der vorliegenden Analyse wurde deutlich, dass postverbale Subjekte nicht auf bloße Nomen beschränkt sind. Für postverbale, lexikalische Subjekte mit realisiertem Determinierer konnte weiterhin gezeigt werden, dass diese durchaus häufig definiter Art sind. Dies zeigt, dass die hier untersuchten postverbalen Subjekte auch nicht dem Definiteness Effect unterliegen. Diesem zufolge sind postverbale Subjekte bei unakkusativen Verben tendenziell indefiniter Natur, was informationsstrukturell dadurch bedingt ist, dass sie mit einer Fokus-Lesart einhergehen. Insgesamt bringt die qualitative Analyse postverbaler Subjekte hervor, dass diese keinen systematischen Beschränkungen unterliegen. Dies befürwortet erneut die Plausibilität der Rechtsdislokationsanalyse. Hiernach befindet sich das Subjekt in Spec,TP, womit es nicht den Informationsfokus des Satzes darstellt und demnach auch nicht mit indefiniten Konstituenten einhergehen muss. Schlussendlich brachte auch eine Untersuchung des konkreten Wortstellungsmusters von Äußerungen mit postverbalen Subjekten befürwortende Evidenz für die Analyse dieser Subjekte als rechtsdisloziierte Konstituenten hervor. Grundsätzlich sind Äußerungen, in denen neben dem postverbalen Subjekt noch ein weiteres Argument auftritt, eher selten. Für unsere Daten zeigt sich gleichzeitig, dass VSX-Strukturen nahezu abwesend sind und VXS-Konstruktionen deutlich häufiger sind. Dass das postverbal auftretende Subjekt in aller Regel dem Komplement/Adjunkt folgt, untermauert die Hypothese, dass dieses Sub-

7.3 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse | 287

jekt sich allein in Spec,TP befindet und der gesamte restliche Satz inklusive aller Komplemente und Adjunkte in die linke Peripherie angehoben wurde. Die quantitativen Untersuchungen in Kap. 7.1 und 7.2 haben aufgezeigt, dass die bilingualen Kinder deutlich seltener postverbale Subjekte produzieren als die monolingualen.¹⁶ Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass sie die obligatorische Subjektrealisierung schneller/früher erwerben. Dies wird durch die Beobachtung gestützt, dass sie vor allem in frühen Erwerbsphasen signifikant weniger Nullsubjekte produzieren als die monolingualen Kinder. Wie und warum ein solcher Spracheneinfluss zustande kommt, und ob es sich um einen Einfluss aus dem Deutschen oder um einen generellen Einfluss der Bilingualität handelt, muss in zukünftigen Forschungsarbeiten geklärt werden. Dass postverbal auftretende, nicht resumptiv gedoppelte Subjekte hier bei allen Kindern und zu jedem Erwerbszeitpunkt weniger häufig vorhanden sind, als es in der Literatur beschrieben wird, hängt vermutlich im Wesentlichen damit zusammen, dass infinite Äußerungen von der vorliegenden Analyse ausgeschlossen wurden. Auch für schwere präverbale (nicht-gedoppelte) Subjekte wird diskutiert, ob es sich tatsächlich um Elemente in der kanonischen Subjektposition oder um linksperiphere (disloziierte) Elemente handelt, die mit einem ausgelassenen Klitikon koreferent sind. In Bezug auf den Status dieser Subjekte kann die vorliegende Arbeit keine der beiden Positionen endgültig be- oder widerlegen. Die Analyse hat das Ergebnis hervorgebracht, dass jedes der untersuchten Kinder häufiger prä- als postverbale schwere Subjekte produziert (entgegen den Beobachtungen von Friedemann, 1993/94), wenngleich die relative Häufigkeit nicht-klitischer präverbaler Subjekte insgesamt betrachtet sehr gering ist. Auch zum Ende des Untersuchungszeitraums der Kinder treten noch schwere präverbale Subjekte auf. Dies könnte als Evidenz dafür gesehen werden, dass es sich hier um zielsprachliche Äußerungen handelt, die mit dem Erwachsenensystem konform sind. Hiernach wären die schweren präverbalen Subjekte in der kanonischen Subjektposition anzusiedeln. Evidenz hierfür lieferte auch die Analyse in Kap. 6.2.4.6, in welcher gezeigt wurde, dass es zumindest für lexikalische, präverbale (nicht-gedoppelte) DPn bei den meisten Kindern keinen Zusammenhang mit der Entwicklung des Pronominalsystems gibt. Schwere präverbale Subjekte dieser Art können demnach nicht ausschließlich durch die Nullsubjektphase bedingt sein. Gleichzeitig ist allerdings im fortschreitenden Entwicklungsprozess der Kinder eine rückläufige Tendenz von Äußerungen mit schweren präverbalen

16 Die statistische Analyse brachte hier keine durchweg signifikanten Unterschiede hervor, was aber im Zusammenhang mit der geringen absoluten Häufigkeit entsprechender Strukturen sowie mit der geringen Anzahl analysierter Individuen mit Vorsicht betrachtet werden muss.

288 | 7 Empirie Teil II: Nicht-gedoppelte Subjekte im kindlichen Französischen Subjekten zu erkennen, auch wenn diese im Vergleich zu postverbalen Subjekten und Nullsubjekten weniger stark ausgeprägt ist. Zudem zeigt sich, dass die monolingual französischen Kinder signifikant mehr präverbale Subjekte produzieren als die bilingualen Kinder. Im Zusammenhang mit der Beobachtung, dass die bilingualen Kinder eine kürzere/schwächere Nullsubjektphase aufweisen, könnte dies darauf hindeuten, dass zumindest eine Teilmenge aller Äußerungen mit schweren präverbalen Subjekten im Rahmen einer LD-Analyse interpretiert werden muss. Vor allem für Äußerungen mit starken Pronomen, die nicht im Nominativ stehen, sondern den Default-Kasus aufweisen, und somit im adulten Französischen nicht ohne Weiteres in der kanonischen Subjekt-Position stehen können, scheint dies naheliegend. Zusammenfassend bringt die hier durchgeführte empirische Untersuchung das Ergebnis hervor, dass postverbale Subjekte als rechtsdisloziierte Subjekte interpretiert werden sollten. Für präverbale Subjekte ist dies nicht so eindeutig, wobei die Annahme, dass zumindest einige Äußerungen mit schweren präverbalen Subjekten als Linksdislokationen analysiert werden müssen, sehr plausibel scheint. Die hier verzeichneten Ergebnisse und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen müssen allerdings – insbesondere aufgrund der geringen Datenlage für prä- und postverbal auftretende schwere Subjekte – durch zukünftige Studien untermauert werden. In diesem Kapitel wurde davon abgesehen, einzeln für alle Schritte der Datenauswertung auf die sprachliche (Un)balanciertheit der Kinder einzugehen. Insgesamt kann aber festgehalten werden, dass eine potenzielle Sprachdominanz die Entwicklung der Kinder in den hier untersuchten sprachlichen Bereichen nicht beeinflusst.

8 Schlussbetrachtung und Ausblick Das übergeordnete Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Dislokationsstruktur im Erstspracherwerb des Französischen und des Deutschen durch mono- und bilinguale Kinder zu beleuchten. Die hier zentrale Frage, ob sich bei den bilingualen Kindern für dieses grammatische Phänomen ein Spracheneinfluss zeigt, dem zufolge ihr Erwerbsverlauf von dem monolingualer Kinder abweicht, wurde für die Sprachkombination Deutsch-Französisch bisher nicht untersucht. Auch für den kindlichen monolingualen Dislokationserwerb im Deutschen liegen noch keinerlei Studien vor. Im Verlauf dieser Forschungsarbeit wurden die wesentlichen Eigenschaften französischer und deutscher Dislokationsstrukturen diskutiert, die diesen auf allgemeiner, varietätenlinguistischer, prosodischer, informationsstruktureller sowie syntaktischer Ebene zugeschrieben werden. Hierbei wurde ausschließlich auf disloziierte Konstituenten nominaler Natur (Subjekte und Objekte) eingegangen, die in der Literatur als die frequentesten Dislokationselemente beschrieben und zudem auch besonders häufig diskutiert werden. In beiden Sprachen stellen Dislokationsstrukturen ein Phänomen der konzeptionell gesprochenen Sprache (Koch & Oesterreicher, 2011) dar. Obwohl auf prosodischer Ebene diverse typische Charakteristika der Dislokation aufgezeigt werden können, existiert doch eine gewisse Variation, sodass die Prosodie als alleiniges Merkmal zur Identifizierung von Dislokationen nicht ausreicht, aber zusätzlich zu anderen Kriterien hinzugezogen werden kann. Aus syntaktischer Perspekte wurde argumentiert, dass Dislokationen im Französischen und im Deutschen entweder über syntaktische Bewegung (Clitic Left Dislocation/Contrastive Left Dislocation) oder über Basisgenerierung des LDElements in der linken Peripherie (Hanging Topic Left Dislocation) analysiert werden können. Für die Rechtsdislokation ist vermutlich eine Bewegungsanalyse am adäquatesten, im Rahmen derer der komplette Satz inklusiver aller Komplemente und Adjunkte – mit Ausnahme der RD-Konstituente – in die linke Peripherie angehoben wird. In informationsstruktureller Hinsicht existiert im Französischen ein sehr enger Bezug zwischen disloziierten Elementen und dem Konstrukt der Topikalität, welche hier im Sinne der aboutness (Reinhart, 1981) interpretiert wird. De Cat (2002, 2007) folgend konnte gezeigt werden, dass disloziierte (nominale) Konstituenten immer das Satztopik darstellen und gleichzeitig die Dislokation in der Regel ein notwendiges Mittel ist, um eine solche Topikalität zu erzeugen. Wenngleich auch im Deutschen links- und rechtsdisloziierte Konstituenten häufig das Satztopik darstellen, nimmt dieser Zusammenhang hier eine weniger einheitliche

290 | 8 Schlussbetrachtung und Ausblick Form an als im Französischen. Das Konzept der Topikalität spielt in deutschen Dislokationsstrukturen schon allein deshalb eine weniger dominante Rolle als im Französischen, weil das Deutsche neben der Dislokation noch verschiedene andere Arten der Topik-Markierung bereitstellt, wozu auch die Topikalisierung und die prosodische Hervorhebung zählen. Der Dislokation als Instrument zur Topikalisierung nominaler Konstituenten kann also in beiden Sprachen ein unterschiedlicher Stellenwert zugeschrieben werden. Die durchgeführte empirische Analyse brachte diverse Ergebnisse hervor. Zunächst wurde das Auftreten von Dislokationen im Sprachgebrauch erwachsener Muttersprachler des Französischen und des Deutschen untersucht. In Bezug auf die adulten französischen Sprecher konnten die in der Literatur verzeichneten Beobachtungen weitestgehend bestätigt werden. Nominale Dislokationen finden sich hier in 8 % bis 24 % aller finiten Äußerungen und sind somit ein fester Bestandteil des französischen Sprachgebrauchs. Hierbei werden vor allem Subjekte disloziiert, wobei gleichzeitig Linksdislokationen etwas frequenter sind als Rechtsdislokationen. Im Gegensatz zu den französischen Erwachsenen verwenden die adulten Sprecher des Deutschen nominale Dislokationen (mit einer relativen Häufigkeit von maximal 1 %) praktisch gar nicht. Dieses Ergebnis ist besonders deshalb relevant, weil für das Deutsche bislang keine Studien ausfindig gemacht werden konnten, die eine solche quantitative Analyse reeller Sprachdaten liefern. Stattdessen basieren fast alle Arbeiten in diesem Bereich auf konstruierten Beispielen und Grammatikalitätsurteilen, wobei die Einstufung deutscher Dislokationsstrukturen im Hinblick auf ihre Grammatikalität als problematisch herausgestellt werden konnte. Insgesamt konnte weder für das Französische noch für das Deutsche gezeigt werden, dass sich die kindgerichtete Sprache im Bezug auf Dislokationen wesentlich von der an Erwachsene adressierten Sprache unterscheidet. Im Hinblick auf den kindlichen Erwerb nominaler Dislokationen, die sich durch eine resumptive Doppelung auszeichnen, konnte die empirische Erhebung keine Evidenz für einen Spracheneinfluss hervorbringen. Die bilingualen Kinder erwerben in dieser Hinsicht sowohl das Französische als auch das Deutsche genau wie die jeweiligen monolingualen Kinder (und weisen auch sehr ähnliche Muster wie die untersuchten erwachsenen Sprecher auf). Im Französischen der mono- und bilingualen Kinder treten Dislokationen mit ca. 16-19 % recht häufig auf, was auch die in der Literatur verzeichneten Beobachtungen bestätigt. In den deutschen Äußerungen aller Kinder sind Dislokationen mit etwa 2 % hingegen beinahe abwesend, wie es auch bei den erwachsenen Sprechern der Fall ist. Zwischen den mono- und bilingualen Kindern zeigt sich somit innerhalb beider Sprachsysteme eine bemerkenswerte Einheitlichkeit im Hinblick auf den Erwerb nominaler Dislokationsstrukturen. Dies gilt nicht nur für das Auftreten von Dis-

8 Schlussbetrachtung und Ausblick | 291

lokationen insgesamt, sondern auch für die weiteren untersuchten Aspekte wie den Entwicklungsverlauf, die grammatische Funktion der disloziierten Konstituente (Subjekt/Objekt) und die Verteilung von Links- und Rechtsdislokationen. Im Französischen treten nominale Dislokationen mit einem Alter von ca. 2 Jahren bzw. einem MLU von 2 bereits sehr früh auf, wobei auch die Kinder überwiegend Subjekte disloziieren. Verglichen mit dem Französischen werden im Deutschen häufiger Objekte disloziiert, während außerdem die Rechtsdislokation gegenüber der Linksdislokation überwiegt. Insgesamt betrachtet sind Äußerungen mit disloziierten Elementen im Deutschen aber durchweg marginal. Auch in einer detaillierteren Analyse der französischen (resumptiv gedoppelten) Subjektdislokationen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den monound bilingualen Kindern. Während in frühen Erwerbsphasen die Rechtsdislokation leicht bevorzugt wird, betreffen Subjektdislokationen mit zunehmendem Alter bei allen Kindern häufiger die linke Peripherie. Auch im Hinblick auf die grammatische Person und die grammatische Kategorie des disloziierten Subjekts verhalten sich die Kinder recht einheitlich. Hierbei wurden die Tendenzen verzeichnet, dass disloziierte pronominale Subjekte, insbesondere in der 1. Person Singular, häufiger in der linken Peripherie auftreten, wohingegen die Rechtsdislokation vorwiegend durch disloziierte Konstituenten der 3. Person Singular gekennzeichnet ist, welche besonders oft die Form von DPn annehmen. Es ist wahrscheinlich, dass diese Asymmetrie, die sich bei beiden Kindergruppen zeigt, auf informationsstrukturelle Hintergründe und Funktionen (wie z. B. das Ergreifen des Rederechts) zurückzuführen ist. Dies stützt die Hypothese, dass gewisse informationsstrukturelle Kenntnisse und Fähigkeiten sehr früh erworben werden, wenngleich diese Aspekte noch weiterer, vertiefter Forschung bedürfen. Insgesamt kann im Bereich der nominalen, resumptiv gedoppelten Dislokation also keinerlei Spracheneinfluss im bilingualen Erwerb konstatiert werden. Dies ist insofern überraschend, als die in der Literatur zum bilingualen kindlichen Spracherwerb formulierten Bedingungen für das Auftreten von Spracheneinfluss (Hulk & Müller, 2000; Müller & Hulk, 2000, 2001) im Bereich der Dislokation als erfüllt betrachtet werden können: Die Dislokation stellt ein Phänomen an der Schnittstelle zwischen Syntax und Informationsstruktur dar (vgl. auch Notley et al., 2007); gleichzeitig kann auch das Kriterium der (partiellen) strukturellen Überlappung für die Dislokation im deutsch-französischen Spracherwerb zumindest im Sinne der Oberflächenstruktur als erfüllt betrachtet werden. Basierend hierauf wäre das Auftreten eines Spracheneinflusses im Rahmen der vorliegenden Untersuchung als möglich und sogar sehr wahrscheinlich zu erachten. Das Ausbleiben eines solchen Einflusses ist vermutlich darüber zu erklären, dass der Dislokation im Französischen und im Deutschen ein unterschiedlicher Stellenwert zukommt: Während Dislokationen im Französischen zur Erzeugung von

292 | 8 Schlussbetrachtung und Ausblick Topikalität notwendig sind, kann dies im Deutschen auch durch diverse andere Mittel gewährleistet werden (z. B. Topikalisierung, Prosodie). Darüber hinaus hat die Analyse adulter Sprecher deutlich gemacht, wie selten Dislokationen im deutschen Input – anders als im französischen – sind. Auch dieses marginale Auftreten könnte einen Grund dafür darstellen, dass im Bereich der Dislokation kein Spracheneinfluss auftritt. Für die Subjektdislokation im kindlichen Französischen konnte gezeigt werden, dass sie weder an eine fortgeschrittene Erwerbsphase gebunden ist, wie es Ferdinand (1993, 1996) vorschlägt, noch eine kindliche Vereinfachungsstrategie zum Erwerb morphosyntaktischer Eigenschaften darstellt, wie es Maillart & Parisse (2008) und Parisse (2008) annehmen. Stattdessen greifen Kinder im Französischen früh und konstant sowohl auf die Links- als auch auf die Rechtsdislokation zurück. Der zweite empirische Teil der vorliegenden Untersuchung hat gezeigt, dass postverbal auftretende Subjekte im frühkindlichen Französischen als rechtsdisloziiert analysiert werden sollten, was u. a. auch von De Cat (2002) und Labelle & Valois (1996) vertreten wurde. Es wurde deutlich, dass Strukturen mit postverbal positionierten Subjekten keinerlei Beschränkungen im Hinblick auf die Natur des Verbs oder des Subjekts unterliegen. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass VSXStrukturen nahezu abwesend sind, wohingegen ein Großteil der Äußerungen mit postverbalen Subjekten die Abfolge VXS involviert. Diese Beobachtungen stützen die Annahme, dass postverbale Subjekte sich nicht in einer VP-internen Basisposition befinden und eine fehlende Subjektanhebung widerspiegeln, wie es u. a. Déprez & Pierce (1993) und Friedemann (1993/94) vermuten, sondern dass sie als rechtsdisloziierte Elemente analysiert werden sollten. Die qualitativen Beobachtungen gehen mit quantitativen Unterschieden einher, insofern als die bilingualen Kinder weniger postverbal positionierte Subjekte produzieren als die monolingualen. Gleichzeitig zeigte die Analyse, dass auch Nullsubjekte in der Gruppe der bilingualen Kinder weniger häufig sind. Dies deutet darauf hin, dass bei den bilingualen Kindern durch einen Spracheneinfluss, der hier nicht näher diskutiert werden konnte, die Nullsubjektphase kürzer bzw. weniger stark ausgeprägt ist als bei monolingualen Kindern. Unter der Annahme, dass postverbale Subjekte rechtsdisloziierte Elemente sind, kann dieser schnellere Erwerb der Subjektrealisierung die geringe Ausgeprägtheit der Phase postverbaler Subjekte erklären: Da die bilingualen Kinder schneller (zielsprachlich) das Subjektklitikon realisieren, produzieren sie weniger Äußerungen mit postverbalen Subjekten, welche sich durch die Auslassung des klitischen Subjekts auszeichnen. In Bezug auf die Frage, ob die Dislokationsanalyse auch auf präverbale nichtklitische (nicht-gedoppelte) Subjekte übertragbar ist, bringt die vorliegende Studie keine eindeutigen Ergebnisse hervor. Einerseits scheinen zumindest einige

8 Schlussbetrachtung und Ausblick | 293

Strukturen mit schweren präverbalen Subjekten mit dem adulten Zielsystem übereinzustimmen, da entsprechende Strukturen im erwachsenen Sprachgebrauch als grammatisch beurteilt werden und die Strukturen von den Kindern auch noch im fortgeschrittenen Erwerb produziert werden. Andererseits zeigt sich in den kindlichen Daten eine leicht rückläufige Tendenz nicht-klitischer präverbaler Subjekte. Zudem produzieren die bilingualen Kinder auch deutlich weniger Strukturen mit schweren präverbalen Subjekten als die monolingualen Kinder, was für einen erneuten Zusammenhang mit der Nullsubjektphase sprechen könnte. Eine naheliegende Möglichkeit ist, dass nur eine Teilmenge der kindlichen Äußerungen mit schweren präverbalen Subjekten Dislokationen darstellt (insbesondere solche mit präverbalen, starken, nicht-nominativischen Pronomen), wohingegen andere dieser Äußerungen vermutlich dem adulten französischen Zielsystem entsprechen. Einige Aspekte des Dislokationserwerbs durch mono- und bilinguale Kinder im Französischen und Deutschen konnten in der vorliegenden empirischen Untersuchung noch nicht vollständig geklärt werden und bedürfen weiterer Forschungsarbeit. Hierzu gehört vor allem eine konkrete Analyse der informationsstrukturellen Funktionen, welche disloziierten Elementen im kindlichen Sprachgebrauch zugeschrieben werden können. In diesem Zusammenhang sollten spontane, natürliche Äußerungen mit und ohne (nominale) disloziierte Elemente untersucht werden. Für das Französische ist zu erwarten, dass nominale disloziierte Elemente immer das Satztopik ausdrücken, während gleichzeitig die Disloziierung die einzige Möglichkeit zur Erzeugung von Topikalität darstellen sollte. Für das Deutsche sollte sich hingegen zeigen, dass disloziierte Elemente bei der Erzeugung von Topikalität eine untergeordnete Rolle spielen. Hierfür muss in umfangreichem Maße der außersprachliche (situative) Kontext berücksichtigt werden, womit gewisse Anforderungen an ein geeignetes Korpus deutlich werden. Auch eine Analyse der prosodischen Eigenschaften sollte sich in diesem Zusammenhang als nützlich herausstellen. Insbesondere für nicht-klitische Subjekte, die keine resumptive Doppelung aufweisen, sind die in den hier untersuchten Korpora erzielten Werte größtenteils sehr gering. Da dies vermutlich auf die Beschränkung der Studie auf finite Äußerungen zurückzuführen ist, sollten zukünftige Studien auch infinite Konstruktionen einschließen und in Bezug auf den Status schwerer, nicht-gedoppelter Subjekte im kindlichen Französischen untersuchen. Sollten sich dabei die hier verzeichneten Diskrepanzen zwischen den mono- und bilingualen Kindern in Bezug auf postverbale, präverbale und ausgelassene Subjekte bestätigen, liefert dies weitere Evidenz für eine Dislokationsanalyse schwerer Subjekte in frühen Erwerbsphasen des Französischen. So könnte die Analyse bilingualer Kinder wesentlich dazu beitragen, die Debatte um den syntaktischen Status kindlicher, nicht-klitischer Subjekte im Französischen

294 | 8 Schlussbetrachtung und Ausblick voranzutreiben, und Belege vorbringen, die durch eine Untersuchung monolingual französischer Kinder nicht erzielt werden können.

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Anhang 1.1 Tabellen zu Kapitel 6.1 Ergebniswerte des Mann-Whitney-U-Tests auf statistische Signifikanz Es handelt sich hier um zweiseitige Tests unverbundener Stichproben. Das αNiveau beträgt 0.05. Gruppe 1 (n1 ) beruht auf den jeweiligen monolingualen Kindern, wohingegen Gruppe 2 (n2 ) die bilingualen Kinder umfasst. Nicht alle Kinder liefern in jeder MLU-Phase Werte, weshalb es zu Schwankungen bezüglich der Stichprobengröße kommt. Tab. 1.1. Häufigkeit nominaler Dislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49) 10 (5,5-5,99)

2 2 1 3 2 3 3 2 2

4 5 5 4 4 3 3 5 3

1 8 2 3 7 9 8 8 0

0.240 0.381 1.000 0.373 0.267 0.100 0.200 0.381 0.200

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.2. Häufigkeit von Objektdislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49) 10 (5,5-5,99)

2 1 3 2 3 3 2 2

5 5 4 4 3 3 5 3

6 3.5 7 6 4 3 8 1

0.752 0.729 0.854 0.533 1.000 0.700 0.381 0.400

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

314 | Anhang Tab. 1.3. Häufigkeit nominaler Dislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49)

2 2 2 2 1 1 2 1

5 5 4 5 4 4 3 2

5.5 5 5 7 4 3 2.5 0

1.000 1.000 0.800 0.571 0.400 0.800 1.000 0.667

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.4. Häufigkeit von Subjektdislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49)

2 2 2 2 1 1 2 1

5 5 4 5 4 4 3 2

4 6 5.5 10 4 2 3 1

0.809 0.841 0.639 0.095 0.400 1.000 1.000 1.000

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.5. Häufigkeit von Objektdislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49)

2 2 2 2 1 1 2 1

5 5 4 5 4 4 3 2

6 3.5 3.5 4 3.5 4 1 0

0.752 0.669 1.000 0.841 0.468 0.400 0.400 0.667

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

1.1 Tabellen zu Kapitel 6.1 | 315 Tab. 1.6. Häufigkeit von Linksdislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49)

2 2 2 1 1 2 1

5 4 5 4 4 3 2

3 7 5 4 4 3 0

0.469 0.219 1.000 0.400 0.400 1.000 0.667

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.7. Häufigkeit von Rechtsdislokationen im Deutschen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49)

2 2 2 2 1 1 2 1

5 5 4 5 4 4 3 2

5.5 7.5 4 7 4 1 1 0

1.000 0.434 1.000 0.571 0.400 0.800 0.400 0.667

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

316 | Anhang

1.2 Tabellen zu Kapitel 6.2 Ergebniswerte des Mann-Whitney-U-Tests auf statistische Signifikanz Es handelt sich hier um zweiseitige Tests unverbundener Stichproben. Das αNiveau beträgt 0.05. Gruppe 1 (n1 ) beruht auf den jeweiligen monolingualen Kindern, wohingegen Gruppe 2 (n2 ) die bilingualen Kinder umfasst. Nicht alle Kinder liefern in jeder MLU-Phase Werte, weshalb es zu Schwankungen bezüglich der Stichprobengröße kommt. Tab. 1.8. Häufigkeit von Subjektdislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49) 10 (5,5-5,99)

2 2 1 3 2 3 3 2 2

4 5 5 4 4 3 3 5 3

1 8 2 1 7 9 9 7 1

0.240 0.381 1.000 0.267 0.267 0.100 0.100 0.571 0.400

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.9. Häufigkeit von Subjekt-Linksdislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49) 10 (5,5-5,99)

2 2 1 3 2 3 3 2 2

4 5 5 4 4 3 3 5 3

1 6 3 2 7 8 7 5 2

0.240 0.857 1.000 0.229 0.267 0.200 0.400 1.000 0.800

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

1.2 Tabellen zu Kapitel 6.2

| 317

Tab. 1.10. Häufigkeit von Subjekt-Rechtsdislokationen im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49) 10 (5,5-5,99)

2 2 1 3 2 3 3 2 2

4 5 5 4 4 3 3 5 3

1 4.5 2 1 6 4 3 5 0

0.240 1.000 1.000 0.108 0.533 1.000 0.700 1.000 0.200

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.11. Grammatische Person disloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern grammatische Person

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

1. Singular 2. Singular 3. Singular 1. Plural 2. Plural 3. Plural

3 3 3 3 3 3

5 5 5 5 5 5

7 13 8 10 6 10

1.000 0.149 1.000 0.212 0.696 0.571

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.12. Grammatische Person linksdisloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern grammatische Person

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

1. Singular 2. Singular 3. Singular 1. Plural 2. Plural 3. Plural

3 3 3 3 3 3

5 5 5 5 5 5

9 13 11 13 5 10

0.786 0.143 0.393 0.134 0.302 0.571

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

318 | Anhang Tab. 1.13. Grammatische Person rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern Grammatische Person

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

1. Singular 2. Singular 3. Singular 1. Plural 2. Plural 3. Plural

3 3 3 3 3 3

5 5 5 5 5 5

6 10 7 9 9 10

0.764 0.549 1.000 0.751 0.606 0.571

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.14. Grammatische Kategorie disloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern Grammatische Kategorie des Subjekts

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

starkes Personalpronomen demonstratives Pronomen DP Eigenname

3 3 3 3

5 5 5 5

11 8 6 4

0.393 1.000 0.786 0.393

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.15. Grammatische Kategorie linksdisloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern Grammatische Kategorie des Subjekts

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

starkes Personalpronomen demonstratives Pronomen DP Eigenname

3 3 3 3

5 5 5 5

11 10 8 5

0.393 0.571 1.000 0.571

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.16. Grammatische Kategorie rechtsdisloziierter Subjekte im Französischen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern Grammatische Kategorie des Subjekts

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

starkes Personalpronomen demonstratives Pronomen DP Eigenname

3 3 3 3

5 5 5 5

9 9 7 3

0.786 0.786 1.000 0.230

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

1.3 Tabellen zu Kapitel 7

|

319

1.3 Tabellen zu Kapitel 7 Ergebniswerte des Mann-Whitney-U-Tests auf statistische Signifikanz Es handelt sich hier um zweiseitige Tests unverbundener Stichproben. Das αNiveau beträgt 0.05. Gruppe 1 (n1 ) beruht auf den jeweiligen monolingualen Kindern, wohingegen Gruppe 2 (n2 ) die bilingualen Kinder umfasst. Nicht alle Kinder liefern in jeder MLU-Phase Werte, weshalb es zu Schwankungen bezüglich der Stichprobengröße kommt. Tab. 1.17. Häufigkeit postverbaler Subjekte im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49) 10 (5,5-5,99)

2 2 1 3 2 3 3 2 2

4 5 5 4 4 3 3 5 3

0 1 1 2.5 1 0 6 2 4

0.085 0.135 0.534 0.242 0.267 0.100 0.700 0.258 0.683

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Tab. 1.18. Häufigkeit von Nullsubjekten im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49) 10 (5,5-5,99)

2 2 1 3 2 3 3 2 2

4 5 5 4 4 3 3 5 3

0 3 0 0 0 0 4 2 3

0.133 0.571 0.333 0.057 0.133 0.100 1.000 0.329 1.000

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

320 | Anhang Tab. 1.19. Häufigkeit präverbaler, nicht-klitischer Subjekte im Französischen nach MLU-Phasen: Unterschiede zwischen mono- und bilingualen Kindern MLU-Phase

n1

n2

W-Wert

p-Wert

Signifikanzniveau

2 (1,5-1,99) 3 (2,0-2,49) 4 (2,5-2,99) 5 (3,0-3,49) 6 (3,5-3,99) 7 (4,0-4,49) 8 (4,5-4,99) 9 (5,0-5,49) 10 (5,5-5,99)

2 2 1 3 2 3 3 2 2

4 5 5 4 4 3 3 5 3

0 4.5 1 4 0 4 5 4 1

0.085 1.000 0.667 0.629 0.133 0.200 1.000 0.857 0.400

nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant nicht signifikant

Stichwortverzeichnis Abgabe des Rederechts, 57, 58 aboutness, 13, 16 Aboutness-shift Topic, 62 absolute Rahmensetzung, 30 Adjunkt, 9 Affix-Hypothese, 23, 24 Agreement and Tense Omission Model, 119, 120 aktiver Diskursreferent, 14, 47 Aktiviertheit, 15, 47, 48 Antisymmetriehypothese, 75 Apparent Heavy Subject, 119–121 Apposition, 34 Argument-Hypothese, 23, 24 Assertion, 12, 13 babytalk, 138 Backgrounding, 74 Balanciertheit, 80, 233, 288 Basis, 135 Basisgenerierung, 61, 62, 64, 66, 93 Bedingung der strukturellen Überlappung, 82, 83, 87, 92, 93, 236 Beschleunigung, 79 Bewegungsgenerierung, 61, 62, 70, 74, 93 brandneuer Diskursreferent, 47 Burzios Generalisierung, 129 careful speech, 38 casual speech, 38 casual variation, 106 Chi-Quadrat-Test auf Signifikanz, 145 Child Language Data Exchange System, 136 Clitic Left Dislocation, 31, 63 Clitic Right Dislocation, 33, 70 Colloquial French, 23 Common Ground, 12 Concept of Non-shared Knowledge, 104 content word, 112 Contrastive Left Dislocation, 31, 66 d-Pronomen, 32, 67 Default-Kasus, 118, 119, 288

Definiteness Effect, 270, 286 Derivation, 7, 8 Derivational Complexity Hypothesis, 85 Derivational Complexity Metric, 85, 96 Derivationsökonomie, 7, 11, 85 Diaphasik, 35 Diastratik, 35 Diatopik, 35 direkter Spracheneinfluss, 79 Diskurstopik, 13, 50 Diskurstopik-Markierung, 57 Dislokation, 21, 22, 35, 39, 44, 60, 86, 105, 158, 178, 233 eine Person – eine Sprache, 20 Elizitation, 63 Ergreifen des Rederechts, 50, 53, 230 erweitertes Projektionsprinzip, 26, 124 evozierter Diskursreferent, 14 existenzielle Lesart, 15, 46, 130 Expansion, 34 Familiensprache, 20 Fokus, 12, 122, 269, 270, 286 Formalitätsgrad, 36, 38 Français populaire, 36 Français standard, 36 Freies Thema, 31 funktionale Kategorie, 10, 19 Generizität, 15, 46, 55 geschriebene Sprache, 35 gesprochene Sprache, 35 Grammatikalisierung, 23, 25, 59 Grammatikalitätsurteil, 28, 63 grammatische Kategorie, 230 grammatische Person, 99, 230 Hanging Topic Left Dislocation, 31, 63, 66 Identifizierbarkeit, 13–15, 47, 48, 55 inaktiver Diskursreferent, 14 indirekter Spracheneinfluss, 79

322 | Stichwortverzeichnis Informationsstatus, 12, 13, 47, 55, 202 Input-Frequenz, 90, 92, 97 Inseleffekte, 61, 67, 72 Interface Hypothesis, 81 Interferenz, 78 Intonationsgruppe, 39 Introspektion, 63 Inversion, 125, 248, 249 Kasusfilter, 125 Kasuszuweisung unter Rektion, 124, 125, 256 Klitikon, 23, 25 Kommentar, 12, 62 Kompetenz, 17, 27, 78, 144 Komplement, 9 Komplexität, 84, 85, 92, 95, 96 Kontinuität, 56 Kontinuitätshypothese, 18, 101 Kontrastierung, 50, 53 kopulatives Verb, 130 Linksdislokation, 21, 30, 179, 230 Logische Form, 7, 8 Loose Aboutness Left Dislocation, 30 Mann-Whitney-U-Test, 145 mapping induced influence, 82, 83, 94 Maturationshypothese, 18 Mean Length of Utterances, 80, 81, 144 mentales Lexikon, 7–9 Merge, 7–9, 11 Merkmal, 7, 9, 10 Minimalistisches Programm, 6, 8 morphosyntaktischer Marker, 112 motherese, 138 Move, 7, 8, 11, 85, 96 Mündlichkeit, 35 Nachtrag, 34 Nähevarietät, 36 Non-Standard French, 37 Nullsubjekt, 118, 126, 256, 268, 287 Nullsubjektsprache, 23, 268–270, 286 Numeration, 7 Objektdislokation, 159, 178 Ökonomie, 7, 11, 84

out-of-the-blue-Kontext, 48 p-Pronomen, 32, 67 Performanz, 17, 78 permanentes Wissen, 14, 15, 47 Phonetische Form, 7, 8 postverbales Subjekt, 117, 123, 124, 126, 129, 256, 269, 270, 285, 287, 288 Präsupposition, 12 Prinzipien- und Parametermodell, 6 Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson, 145 progredientes Tonmuster, 40 qualitativer Spracheneinfluss, 79 quantitativer Spracheneinfluss, 79 Rechtsdislokation, 21, 33, 159, 179, 230 Referenzsicherung, 50, 54, 57, 58 Repräsentationsökonomie, 7 Resumptivum, 21–23, 26, 30, 235 right dislocation hypothesis, 126 Satzadverbial, 45 Satztopik, 13 Schnittstellenbedingung, 82, 87, 92 Schriftlichkeit, 35 schweres Subjekt, 118, 121, 251, 287, 288 selbstinitiierte Selbstreparatur, 54 Selektion, 7, 8 semi-aktiver Diskursreferent, 14, 47 simultaner Spracherwerb, 19 Sonde-Ziel-Modell, 10, 124 Spell-Out, 7, 8, 10 Spezifizität, 15, 55 Split-CP, 11, 62 spontaneous speech, 38 Sprachdominanz, 79, 80, 131, 135, 233, 288 Spracheneinfluss, 78, 79, 81, 90, 178, 179, 230, 232, 233, 236, 287, 288 Sprachentrennung, 78 Spracherwerb, 17, 19, 101, 104 Sprachverarbeitungs-Limitationen, 115 Standard French, 23, 37 Subject Doubling, 23 Subjektauslassung, 119, 121, 126, 256 Subjektdislokation, 28, 159, 178, 230 sukzessiver Spracherwerb, 19

Stichwortverzeichnis | TOPIC, 16 Topic Acceptability Scale, 47 Topik, 12, 13, 15, 16, 21, 44, 50, 54, 57, 62, 105, 230 Topik-Etablierung, 50, 57 Topik-Wechsel, 50, 51 Topik-Wiedereinführung, 50, 57 Topikalisierung, 26 Topikalität, 13, 15, 16, 44, 54, 62, 104, 269 Transfer, 79 transitives Verb, 129, 269, 270, 285

ungebrauchter Diskursreferent, 47 Universalgrammatik, 6, 101 upward boundedness, 72 Usage-Based Theory, 109

Umgebungssprache, 20, 134 unakkusatives Verb, 129, 269, 270, 285, 286 unergatives Verb, 129, 269, 285

Wiederholung, 32

verb movement parameter, 125 Verbundenheit, 31, 61, 67, 69, 71, 167 Verzögerung, 79 vokativische NP, 32 VP-internal subject hypothesis, 124

zugänglicher Diskursreferent, 47

323