Diskrete Mathematik und mathematische Fragen der Kybernetik [Reprint 2021 ed.] 9783112471289, 9783112471272

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Diskrete Mathematik und mathematische Fragen der Kybernetik [Reprint 2021 ed.]
 9783112471289, 9783112471272

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S. W. Jablonski • 0 . B. Lupanow Diskrete Mathematik und mathematische Fragen der Kybernetik

Mathematische Lehrbücher und Monographien Herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften der DDR Zentralinstitut für Mathematik und Mechanik

I. Abteilung Mathematische Lehrbücher Band 31 Diskrete Mathematik und Mathematische Fragen der Kybernetik von W. W. Glagoljew, S. W. Jablonski, W. I. Löwenstein, J. I. Shurawlew, J. L. Wassiljew, F. J. Wetuchnowski

Diskrete Mathematik und mathematische Fragen der Kybernetik Autorenkollektiv unter der Leitung von S. W. Jablonski und O. B. Lupanow In deutscher Sprache herausgegeben von G. Burosch und H. Kiesewetter Mit 41 Abbildungen und 25 Tabellen

Akademie-Verlag Berlin 1980

JjHCKpeTHan MaTeiiaTHKa H MBTCM&THH 6CKHC BOIipOCM KHÖ CpHCTHRH, T. I © rjiaBHaH penaKiiHH $H3HKo-MaTeMaTHiecKoit jiHTepaTypBi H3naTejibCTBa «Hayna», MocKBa 1974. Deutsche Übersetzung P r o f . Dr. G. Burosch (Abschnitte 1.1, 2.2) P r o f . Dr. H . Kiesewetter (Kapitel 4) D r . J . Dassow (Kapitel 5) D r . W . H a m a u (Abschnitte 1.2, 2.1) D r . K . Weber (Kapitel 3)

Erschienen im Akademie-Verlag, D D R - 1 0 8 0 Berlin, Leipziger S t r a ß e 3—4 © der deutschsprachigen Ausgabe Akademie-Verlag Berlin 1980 L i z e n z n u m m e r : 202 • 100/428/79 Gestaltung: Dietmar K u n z Gesamtherstellung: V E B Druckerei „ T h o m a s M ü n t z e r " , 5820 B a d Langensalza Bestellnummer: 7624021 (6401) • LSV 1034 P r i n t e d in G D R D D R 45, - M

Vorwort der Herausgeber

Für die Übersetzung dieses Werkes sind mehrere Gesichtspunkte maßgebend: Von einem international führenden Kollektiv von Spezialisten auf dem Gebiet der Mathematischen Kybernetik werden grundlegende Ergebnisse einer sich stürmisch entwickelnden mathematischen Disziplin zusammenhängend dargestellt und f ü r einen breiten Leserkreis zugänglich gemacht. Sie sind bisher zum großen Teil n u r in der Spezialliteratur bzw. in Ubersichtsartikeln veröffentlicht. Bei der Auswahl des Stoffes orientieren sich die Autoren unter der wissenschaftlichen Redaktion von S. W. J A B L O N S K I und 0 . B. L U P A N O W darauf, Schwerpunkte zu setzen und aus der Fülle der vorliegenden Ergebnisse die grundlegenden hervorzuheben. Dabei verweisen sie auf den Gesichtspunkt der Bewährung eines Ergebnisses in der Zeit, d. h. in der Praxis der wissenschaftlichen Arbeit. Einige Resultate werden hier zum ersten Mal veröffentlicht. Es gibt kein vergleichbares Buch in deutscher Sprache. Auch im internationalen Maßstab wird es schwer sein, etwas Entsprechendes zu finden. Die Autoren erläutern inhaltlich anhand von Ergebnissen, Methoden und Motivierungen der wissenschaftlichen Arbeit ihren Standpunkt zur Diskreten Mathematik als einer sich neu herausbildenden mathematischen Disziplin, die eine gewisse Eigenständigkeit f ü r sich beanspruchen darf. Die Bezeichnung „Diskrete Mathematik" hat sich in zunehmendem Maße auch im deutschen Sprachgebrauch durchgesetzt. Wir stellen mit Dankbarkeit fest, daß gerade die Moskauer Schule der Diskreten Mathematik unter der Leitung von S. W. J A B L O N S K I die Entwicklung der Diskreten Mathematik in der Deutschen Demokratischen Republik wesentlich gefördert hat. Der vorliegende Band ist auf die Bedürfnisse der Ausbildung an sowjetischen Universitäten und Hochschulen, besonders an den Mechanisch-Mathematischen Fakult ä t e n und den Fakultäten für Numerische Mathematik und Kybernetik, ausgerichtet. E r ist aber auch f ü r die Ausbildung von Aspiranten und jungen Wissenschaftlern, die sich auf dem Gebiet der Diskreten Mathematik und Mathematischen Kybernetik qualifizieren, bestimmt. Wir hoffen, daß die deutsche Übersetzung helfen wird, die empfindlichen Lücken im Lehrbuchangebot auf diesem Gebiet bei der Ausbildung an unseren Universitäten und Hochschulen zu schließen. Wir denken dabei sowohl an die Grundausbildung als auch an die fachspezifische Ausbildung der Mathematiker. Das Buch dürfte aber auch für einen großen Kreis von Mathematikern, Naturwissenschaftlern und Ingenieuren von Interesse sein, die in der Rechentechnik, Elektronik, Automatisierung und Informationsverarbeitung tätig sind, d. h. auf Gebieten, in denen die Methoden der Diskreten Mathematik und Mathematischen Kybernetik angewendet werden. G . BUBOSCH, H . K I E S E W E T T E R

Vorwort

Die vorliegende Monographie ist im wesentlichen Fragen der Diskreten Mathematik gewidmet. Die Diskrete Mathematik bildet die Grundlage für die Mathematische Kybernetik. Die Auswahl des Materials aus der Diskreten Mathematik wurde hauptsächlich im Blick auf Fragen aus der Mathematischen Kybernetik getroffen. Es ist allerdings schwierig, zwischen beiden Gebieten eine exakte Grenze abzustecken. In dieses Buch gehen Abschnitte ein, die die funktionalen Konstruktionen in der Theorie BoOLEscher Funktionen und in den mehrwertigen Logiken, die Theorie alternativer Normalformen, die Graphentheorie und die Kodierungstheorie behandeln. Eine Fortsetzung mit Abschnitten über die Automatentheorie, die Synthese von Steuerungssystemen und die äquivalenten Transformationen von Steuerungssystemen, die Zuverlässigkeitstheorie und eine Reihe verwandter Fragen ist in der Sowjetunion geplant. Die dargestellten Abschnitte gehen in die Vorlesungen ein, die an den MechanischMathematischen Fakultäten und an den Fakultäten für Rechentechnik und Kybernetik der Universitäten und anderer Hochschulen gehalten werden. Das vorliegende Material wird auch bei der Vorbereitung von Aspiranten verwendet. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden für diese Ziele die Artikel des 51. Bandes der Werke des Mathematischen STEKLOW-Institutes und einige Artikel mit Monographiecharakter aus den Zeitschriften „Problemi Kibernetiki", „Kibernetitscheski Sbornik", „Automaten" und anderer Zeitschriften verwendet. Viele von diesen Ausgaben wurden längst zu bibliographischen Raritäten. Man muß ferner berücksichtigen, daß die Anzahl der Veröffentlichungen, die wesentliche Resultate enthalten, ständig steigt. Die Autoren strebten in der Auswahl des Stoffes nicht nach Vollständigkeit, sondern wollten die Grundlagen der oben genannten Abschnitte darstellen. Das Gewicht der dargestellten Fakten wird auch dadurch bestimmt, daß sie im wesentlichen einer Überprüfung durch die Zeit standgehalten haben. Da die vorliegende Monographie die Grundlage sowohl für Ausbildungszwecke wie auch für die wissenschaftliche Arbeit bilden soll, verzichteten die Autoren darauf, die Resultate in allgemeinster Form zu formulieren und zu beweisen. Andererseits hatten sie das Ziel, auch eine Vorstellung über die in den einzelnen Gebieten angewandten Methoden zu vermitteln; diese Methoden werden in den einfachsten Situationen vorgeführt. Die einzelnen Kapitel sind von verschiedenen Autoren geschrieben und daher einerseits bis zu einem bestimmten Grad unabhängig voneinander, während andererseits zwischen ihnen ein gewisser Zusammenhang besteht. Insbesondere werden in einigen Abschnitten Begriffe und Resultate anderer Abschnitte verwendet. Außerdem wurde danach gestrebt, die Begriffe und Bezeichnungen in den einzelnen Abschnitten zu vereinheitlichen, was gewiß nicht vollständig gelungen ist. So entstand ein Zwischending zwischen einer Sammlung von Einzelartikeln und einer Mono-

8

Vorwort

graphie. Entsprechend den Traditionen der Lehrbuchliteratur haben die Autoren namentliche Hinweise auf die Entdecker der einzelnen Resultate bewußt eingeschränkt und weichen von dieser Regel nur in Ausnahmefällen ab. Wir drücken dem Redakteur der Monographie W. M. C H B A P T S C H E F K O unseren Dank aus, der eine große, weit über die Grenzen einer gewöhnlichen Redaktion hinausgehende Arbeit geleistet hat. S . W . J A B L O N S K I , 0 . B . LUPAITOW

Inhaltsverzeichnis

1.

Einführung in die Theorie der Funktionen der fc-wertigen Logik

13

(S. W . JABLONSKI)

1.1.

Theorie BoOLEscher Funktionen

13

1.1.1. 1.1.2. 1.1.3.

13 16

1.1.7.

Boolesche Funktionen Formeln. Realisierung von Funktionen durch Formeln Äquivalenz von Formeln. Eigenschaften elementarer Funktionen. Dualitätsprinzip Zerlegung BooLEscher Funktionen nach Variablen. Vollständige alternative Normalform Vollständigkeit und abgeschlossene Klassen Die wichtigsten abgeschlossenen Mengen. Vollständigkeitssatz Überblick über die Resultate von POST

26 29 32 38

1.2.

Die fc-wertige Logik

39

1.2.1.

Die Funktionen der fc-wertigen Logik. Formeln und die Realisierung von Funktionen durch Formeln Beispiele vollständiger Systeme Untersuchung auf Vollständigkeit. Das Vollständigkeitskriterium

39 43

v o n A . W . KUSNEZOW

46

1.1.4. 1.1.5. 1.1.6.

1.2.2. 1.2.3. 1.2.4.

1.2.5. 1.2.6.

2.

Einige Eigenschaften wesentlicher Funktionen. Der Satz von und seine Anwendungen Ein Satz von SALOMAA Besonderheiten der ¿-wertigen Logiken

21

SLUPECKI

51 59 64

Literatur

70

Algorithmen zur Konstruktion minimaler alternativer Normalformen für Boolesche Funktionen

71

( J . I . SHUKAWLEW)

2.1.

Grundlagen der Theorie alternativer Normalformen

71

2.1.1. 2.1.2. 2.1.3.

Aufgabenstellung Geometrische Interpretation Zulässige Konjunktionen

71 73 74

10

Inhaltsverzeichnis

2.1.4. 2.1.5. 2.1.6. 2.1.7. 2.1.8.

Die gekürzte ANF Methoden zur Konstruktion der gekürzten ANF Unverkürzbare ANF Methoden der Konstruktion unverkürzbarer ANF Nicht überall definierte (partielle) BooLEsche Funktionen

75 77 79 81 84

2.2.

Lokale Algorithmen zur Vereinfachung von alternativen Normalformen

86

2.2.1. 2.2.2. 2.2.3.

Operationen über ANF Algorithmus von QTJXSTE Notwendige und hinreichende Bedingung für das Enthaltensein einer Konjunktion in der ANF AuV ¿-Algorithmen Ringalgorithmen Die Nichtexistenz eines lokalen Kriteriums für das Enthaltensein einer Konjunktion in der ANF AuM

86 87

Literatur

99

2.2.4. 2.2.5. 2.2.6.

3.

Metrische Eigenschaften alternativer Normalformen

89 92 95 97

100

( J . I . WASSILJEW, W . W . GLAGOLEW)

3.1.

Motivation und Überblick

100

3.2.

Abschätzungen maximaler Parameterwerte

106

3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4. 3.2.5. 3.2.6. 3.2.7.

Einleitung Die Länge der kanonischen und der gekürzten ANF Ausdehnung Längen kürzester, unverkürzbarer und minimaler ANF Die Anzahl unverkürzbarer und die Anzahl kürzester ANF Abweichung Dichte Funktionen

106 108 111 115 123 125 126

3.3.

Abschätzungen typischer Parameterwerte

128

3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5.

Hilfssätze Die Länge der gekürzten ANF Die Effektivität einiger lokaler Algorithmen Die Länge der kürzesten ANF Die Anzahl unverkürzbarer ANF

129 135 136 137 141

Literatur

143

Graphen und Netze

145

4.

( F . J . WETUCHNOWSKI)

4.1.

Graphen

145

Inhaltsverzeichnis

4.1.1. 4.1.2. 4.1.3. 4.1.4.

Elemente eines Graphen. Beschreibungsformen eines Graphen. Untergraphen Ketten. Zyklen. Zusammenhang Bäume Eui/EESche (gerade) Graphen. Zyklomatische Zahl

11

145 149 151 153

4.2.

Zweipolige Netze

155

4.2.1. 4.2.2. 4.2.3. 4.2.4.

Netze. Ketten in Netzen. Vereinigungen von Netzen Ströme in Netzen Stark zusammenhängende Netze und nichtseparable Graphen Kanonische Zerlegung von Netzen

155 157 168 171

4.3.

Anzahlberechnung von Graphen und Netzen

179

4.3.1. 4.3.2. 4.3.3.

Einige einfache Abschätzungen Anzahlberechnung von Bäumen Abschätzungen der Anzahl von Graphen und Netzen mit p Kanten . . .

179 180 183

4.4.

Färbung von Graphen

187

4.4.1. 4.4.2. 4.4.3.

Chromatische Zahl und chromatische Klasse Knotenfärbungen Kantenfärbungen

187 188 192

Literatur

197

Elemente der Kodierungstheorie

198

6.

( W . I . LÖWENSTEIN)

5.0.

Einführung

198

5.1.

Eigenschaften von Kodes

200

5.1.1. 5.1.2. 5.1.3.

Buchstabenweise Kodierungen. Kodes und ihre Eigenschaften Konstruktionen zur Erkennung von Kodeeigenschaften Kodierung und Dekodierung durch Automaten

200 206 210

5.2.

Effektive Kodierung

213

5.2.1.

5.2.4.

Optimaler Kode. Methoden zur Konstruktion von Kodes, die fast optimal sind 213 Die Methode von HUFFMAN zur Konstruktion eines optimalen Kodes 217 Asymptotisch optimale Blockkodierungen bei bekannter und unbekannter Wahrscheinlichkeitsverteilung 219 Asymptotisch optimale abzählbare Präfix-Kodes 223

5.3.

Fehlerkorrigierende Kodes

226

5.3.1.

Einige Definitionen und die Aufgabenstellung

226

5.2.2. 5.2.3.

12

Inhaltsverzeichnis

5.3.2. 5.3.3.

Beispiele für Kodes mit Korrektur eines Einzelfehlers verschiedenen Typs Die Klasse der linearen Kodes

5.4.

Methoden, um Abschätzungen für fehlerkorrigierende Kodes zu erhalten 242

5.4.1. 5.4.2. 5.4.3.

Abschätzungen, die auf rekursiven Beziehungen basieren Die Methode der äquidistanten Kodes Methoden der Ausfüllung und Überdeckung

242 245 248

5.5.

Methoden zur Konstruktion fehlerkorrigierender Kodes

256

5.5.1.

D i e M e t h o d e v o n BOSE-CHAUDHUBI

256

5.5.2. 5.5.3.

Methoden zur Konstruktion maximaler Kodes mit großen Abständen 261 Die Methode der zufälligen Auswahl des Kodes 270

5.6.

Anhang. Einige Abschätzungen und Grenzwerte

231 237

274

Literatur

277

Namen- und Sachverzeichnis

281

1.

Einführung in die Theorie der Funktionen der fe-wertigen Logik

1.1.

Theorie Boolescher Funktionen

1.1.1.

Boolesche Funktionen

Sei U — {uv u2, ... , um, ...} das Ausgangsalphabet der Variablen (Argumente). Wir betrachten über diesem Alphabet Funktionen /(Mtl, w¿s, ... , uin), ui} 4= für j =)= l, deren Argumente auf der Menge E2 = {0, 1} definiert sind und deren Funktionswerte /( 2> 3> 4\

Xj,

Xv

Xb)

=

Fiktion

X&J

((»! —

((»! • x4) V «5)),

b) eine gewisse Umnumerierung der Variablen die Funktion /(*!,

Xi,

x5,

x„)

=

((»!

— xt)

((x4

• x5)

v

xe)),

c) eine gewisse Permutation von Variablen die Funktion g(xly

x2,

x3,

x})

=

f ( x

v

x3,

x t , x2)

=

( ( a ; x — x3)

({x3

•z4) v

x2))>

d) durch eine gewisse Identifizierung von Variablen die Funktion x4) = j(xly xlt x l t xt) = ({xi — Xj) ((xx • xx) v xt)). (Anm. d. Hrsg.) Die Formel At muß Formel über der Ausgangsmenge sein. (Anm. d. Hrsg.)

g(x1,

3) 2*

20

1. Einführung in die Theorie der Funktionen der ifc-wertigen Logik XnXn —1 ••• a;2a'l +

zn

•••

Vf&n-l

+ lznzn

—l

•••

ViVl

z22l



Wir möchten die Ziffern der Summe durch die Ziffern der Summanden ausdrücken. Dazu betrachten wir Hilfsgrößen w n ,w n _ x , ... , w v wobei Wi den Übertrag von der i-ten zur (i l)-ten Stelle bedeutet. Diese Größen werden im erwähnten Algorithmus verwendet. Offenbar ist Zi

= ((«< +

Vi)

+

wi_1)

,

w0

—0 ,

x

n + 1

=

y

n + 1

= 0 ,

i

=

1,

...

, n

+

1 .

Die Größe w{ wird durch den Übertrag von der ¿-ten zur (i + l)-ten Stelle bestimmt: „Dieser Übertrag ist genau dann vorzunehmen, wenn mindestens zwei der Größen xt, yu wi_1 gleich 1 sind." Die letztere Aussage kann man ausführlicher auch so formulieren: „Xi und y " oder „Xi und W j _ i " oder ,,yi und w i _ 1 " . Ersetzen wir jetzt die logischen Verbindungen „und" beziehungsweise „oder" durch die Symbole a beziehungsweise v, so ergibt sich folgende Formel für die wü wt = (((Zj a yt) v (xt A m ^ ) ) v {yt a M>i_i)) ,

i = 1, ... , n .

Beispiel 5. Aufruf eines freien Liftes. Seien in einem Schacht drei Lifte, die auf n Etagen halten. Auf jeder Etage befindet sich eine Vorrichtung, deren Betätigung den nächsten freien Lift herbeiruft. Es sei gefordert, durch einen logischen Ausdruck den Aufruf des i-ten Liftes, i = 1, 2, 3, zu beschreiben. Wir betrachten diese Aufgabe für den Fall, daß die Rufvorrichtung auf der ersten Etage betätigt wird. Zur Beschreibung der Ausgangsinformation führen wir 3ti Argumente y\, y2, z 2 ,... , x„, y„, zn ein, wobei a;{ = 1 genau dann eintritt, wenn der erste Lift sich auf der i-ten Etage befindet und frei ist. Analog bedeutet yt = 1 bzw. zt = 1, daß sich der zweite bzw. dritte Lift auf der i-ten Etage befindet und frei ist. Wir bezeichnen mit f f a , yv zv ... , x„, yn, zn), ... , /ni^i, Vi, ••• , x„, y„, zn) diejenigen Funktionen, die genau dann gleich 1 sind, falls der Lift mit der Nummer 1, 2 beziehungsweise 3 gerufen wird. Die Bedingung, unter der der erste L i f t erscheint oder, anders gesagt, die Funktion gleich 1 ist, kann man so ausdrücken: „Der erste L i f t ist frei, und es gibt keinen anderen freien Lift, der sich auf einer niedrigeren Etage als der 1. Lift befindet." Die Aussage läßt sich ausführlicher folgendermaßen formulieren: „Der erste Lift erscheint genau dann, falls der erste Lift frei ist und sich auf der ersten Etage befindet, oder aber auf der ersten Etage befindet sich kein freier Lift mit der Nummer 2 oder 3, und in diesem Fall befindet sich der erste Lift auf der 2. Etage und ist frei, oder aber auf der zweiten Etage befindet sich kein freier Lift mit der Nummer 2 oder 3, und in diesem Fall . . .". Wir beschreiben diese Aussage durch die Aussagen x1, ylt zx, ..., xn, y„, zn: „Der erste Lift erscheint genau dann, wenn « j oder wenn „nicht yx und nicht z" und wenn in diesem Fall oder „nicht y2 und nicht z 2 " und wenn in diesem Fall . . .". Jetzt erhält man unschwer eine Formel für fi, indem man die logischen Verbindungen „und" und „oder" durch a und v sowie „nicht" durch „ — " ersetzt und die Klammern in Übereinstimmung mit dem sprachlichen Gebrauch der Verbindungsworte setzt: /l(*l> Vi, Zl» - . «m Vn, Zn) = K V ( ( ^ A

A {x2 V ((y2 A Z2) A (...))))) .

Analoge Formeln erhält man für / n und / m : /lifo, yv Zi, - , Zn, Vn, Z«) = (2/i v ( ( ^ A %) A (y2 V {{x2 A Z2) A (...))))) ,

21

1.1. Theorie Boolescher Funktionen / i n f o . Vi, Zi> ••• , Xm yn, Z») = (za

v

(fa

A

Vi)

A

(«2 A ( f a

A

2/a)

A

(...))))) .

Auf ähnliche Anwendungen geht das bekannte Interesse an der Sprache der Formeln zurück.

1.1.3.

Äquivalenz von Formeln. Eigenschaften elementarer Funktionen. Dualitätsprinzip

Wir haben erkannt, daß jeder Formel über einer Menge S P 2 eine B00LEsche Funktion zugeordnet ist, wobei verschiedenen Formeln gleiche Funktionen entsprechen können (vgl. obige Beispiele). Definition 6. Die Formeln 21 und 33 über g P 2 heißen äquivalent, wenn die ihnen entsprechenden Funktionen und gleich sind, d. h. = fm gilt. Die Schreibweise 91 = 33 soll ausdrücken, daß die Formeln 31 und 35 äquivalent sind.

Beispiel 6. 1. 0 =

(itAi),

2. (xj(a;2 + xs)) = (x1 v ((¡r8 — x3) (x3 — x2))), 3. (x — y) = (y — x). Wir stellen im folgenden einige Äquivalenzen (Identitäten)1) zusammen, in denen sich Eigenschaften gewisser elementarer Funktionen (im wesentlichen von 0, 1, x, A a;2), (xt v x2)2)) ausdrücken. Wir bezeichnen mit (x1 o x2) eine beliebige der Funktionen (a^ A x2), (x1 v x2), (a^ + x2). Wesentlich ist nur, daß das Symbol o in ein und derselben Identität überall ein und dieselbe Bedeutung hat. 1. F ü r die Funktion (x1 ° x2) gilt das Assoziativgesetz: ( f a o x2) o x3) = (x1 o (x2 o X3)) , 2. F ü r die Funktion (a^ o x2) gilt das Kommutativgesetz : (x-L o X2) = (x2 o iSj) .

3. F ü r die Konjunktion und Alternative gelten die Distributivgesetze: ( f a v x2) (fa

A

A

X3) = ((Xj A X3) V (x2

X2) V X3)

=

{(XX

V

X3) A (x2

A V

X3)) , X3)) .

4. Es gelten folgende Identitäten zwischen der Negation, der Konjunktion und der Alternative : x

) Als Identität bezeichnet man allgemein einen Ausdruck der Form 21 = SB, wo 2t und S3 irgendwelche Formeln sind. Man spricht von einer wahren Identität, falls 2t und 35 die gleichen Funktionen /31 und /¡g zugeordnet sind. In diesem Buch werden nur wahre Identitäten betrachtet und kurz als Identitäten bezeichnet. (Anm. d. Hrsg.) 2 ) Man erhält unschwer analoge Identitäten für die Menge {0, 1, (x1 A X2), (x1 + x2)} von Funktionen.

22

1. Einführung in die Theorie der Funktionen der fc-wertigen Logik X

=

X ,

A

(Xi

X2)

=

V

(xx

x2)

,

(xx

VX) = 2

A X2) .

5. Die Konjunktion und die Alternative haben folgende Eigenschaften: (X

A

X)

=

(x

A

x)

= 0,

(x

a 0) = 0 ,

(x

v 0) =

(x

A 1) =

(x

V 1) = 1 .

X ,

(X

V X)

(a; v

X ,

x)

=

X ,

=

1

,

X ,

Die vorstehenden Identitäten p r ü f t man leicht, indem man zu den Funktionen übergeht, die den auf der linken und der rechten Seite der Identitäten stehenden Formeln zugeordnet sind. Bemerkung. 1. Zur Vereinfachung der Schreibweise von Formeln vereinbaren wir, daß die Operation v stärker trennt als die Operation A. Das bedeutet, daß beim Fehlen von Klammern zuerst die Operation a und danach die Operation v ausgeführt wird. So hat man (xx a i , v x3) als ((Xj a X2) v X3) zu interpretieren. 2. Wegen des Assoziativgesetzes f ü r (a^ o x2) kann man an Stelle von (fa o x2) o x3), (x1 o (x2 o xs)) kurz (xx o x2 ° a;3) schreiben. Letzterer Ausdruck ist keine Formel, kann aber leicht durch Einführung von Klammern in eine Formel übergeführt werden, wobei bei beiden erwähnten Möglichkeiten der Klammereinführung eine Formel für die gleiche Funktion gewonnen wird. 3. In den Formeln, in denen die äußere Funktion die Konjunktion, Alternative, Addition mod 2, Implikation oder die SHBITEB-Funktion ist, werden die äußeren Klammern fortgelassen. So schreibt man xx —• x2 an Stelle von (xx x2). Man läßt die äußeren Klammern bei einem Ausdruck weg, wenn über ihm das Zeichen — steht. So schreibt man xx —• x2 anstelle von (a^ -» x2). I m weiteren werden folgende Abkürzungen verwendet. « /\

Xi

¿=1

=

Xx

A

X2

A ... A

Xs

,

8

V Xi = x v x v ... v a;,1) . »=i Diese Abkürzungen haben auch f ü r s = 1 einen Sinn. x

2

Es ist zweckmäßig, einige Regeln zu formulieren, die aus den in Punkt 2 und 5 des obigen Verzeichnisses der Identitäten genannten Eigenschaften hervorgehen. Wenn in einem logischen Produkt 2 ) einer der Faktoren gleich 0 ist, so ist das logische Produkt gleich 0. n

und £

x

i =

x

i + x 2 + ••• + x n . Man beachte, daß im Unterschied zur üblichen Ver-

i = 1

Wendung des ¿'-Zeichens hier die durch die Tabelle 3 definierte Addition mod 2 gemeint »

ist. xlr ... , xn heißen Summanden von V xi beziehungsweise von 2

i =

1

) von endlich vielen Faktoren (Anm. d. Hrsg.)

n

xt.

i=1

1.1. Theorie Boolescher Funktionen

23

Wenn in einem logischen Produkt1) aus mindestens zwei Faktoren ein Faktor gleich 1 ist, so kann man ihn fortlassen. Wenn in einer logischen Summe2) aus mindestens zwei Summanden ein Summand gleich 0 ist, so kann man ihn weglassen. Wenn in einer logischen Summe2) einer der Summanden gleich 1 ist, so ist die logische Summe gleich 1. Im weiteren werden wir unter Verwendung der obigen drei Bemerkungen nicht Formeln, sondern Ausdrücke verwenden, die aus gewissen Formeln durch Fortlassen von Klammern entstehen. Diese Ausdrücke werden wir ebenfalls manchmal Formeln nennen. Ist 21' eine Teilformel der Formel 21 und 58' eine zu 21' äquivalente Formel, so geht offenbar 21 beim Ersetzen der Formel W an einem beliebigen ihrer Eingänge in die Formel 21 durch die Formel 33' in eine zu 21 äquivalente Formel über. Dieses Prinzip gestattet es, zusammen mit den Identitäten für die elementaren Funktionen, zu denen man auch alle Identitäten zählt, die man durch Einsetzen von beliebigen Variablen oder Formeln für die Variablen x, xv x2, x3 in diese Identitäten erhält, äquivalente Umformungen 3) zu realisieren und auf diese Art neue Identitäten zu erhalten. Beispiel 7. 1. Xj v X]X2 = x1 • 1 v x1 • x% — x1 • (1 v x2) = x1 • 1 = a^.

Daher ist x1 v xtx2 = x1 bezeichnete Regel. 2 . xix2

xv

eine als

Absorption

des Produktes

x1 • x2

durch den Faktor

v XjX2 — (xj v xt) • x2 = 1 • x2 — x2.

von endlich vielen Faktoren (Anm. d. Hrsg.) von endlich vielen Summanden (Anm. d. Hrsg.) 3 ) Als äquivalente Umformung (Transformation) bezeichnet man die endlich oftmalige Anwendung einer der folgenden Regeln (in ihnen stehen über dem Strich die Ausgangsidentitäten, unter dem Strich die Ergebnisidentität). 2)

1

0

x1 = x1'

Übergang von der leeren Menge von Identitäten zur Identität x1 = x1 (hier hat man die identische Funktion als Formel anzusehen). g(«a = st; = % « ( « Q = SB Ersetzen eines gewissen Einganges der Teilformel 3iJ in die Formel 31 durch die Formel St^. 3t(... , x„ ...) = »(... , xu ...)

2l(..., 21',...) = »(..., r , . . . )

;

Einsetzen der beliebigen Formel St' für sämtliche Eingänge der Variablen xt in den Formeln der Ausgangsidentität (dabei wird nicht ausgeschlossen, daß xt in der Formel St oder in 58 nicht auftritt). Die Menge der (wahren) Identitäten, in denen nur Formeln über der Menge 5)5 = {0, 1, x1 a X2, v x2, x) aufgetreten, ist algebraisch axiomatisierbar, d. h., es gibt ein endliches System derartiger (wahrer) Identitäten, aus denen man jede andere (wahre) Identität über 9ß durch endlich viele äquivalente Umformungen erhalten kann. (Anm. d. Hrsg.)

24

1. Einführung in die Theorie der Funktionen der k-wertigen Logik

Daher ist XjX2 V X-^X^ •— zeichnete Identität.

61U6 als Verschmelzungsregel der Produkte

= a;ja;2 v x1x3 v (a^ v ä^) x2xä = a^Xj v Daher ist x^

v ä^a^ = xxx2 v

be-

v 1 • £2z3 = xAx2 v XjX3 v a;2a-3.

v x2x3 eine als verallgemeinerte

Verschmelzungs-

regel bezeichnete Identität. Es existiert noch eine weitere Methode der Ableitung von Identitäten. Sie basiert auf dem sogenannten Dualitätsprinzip. Definition 6. Die Funktion f{xlt x2, ... , xn), die mit (/(Xj,..., x„))* bezeichnet sei, heißt duale Funktion zur Funktion f{x1, x2, ... , xn). Offenbar erhält man die Tabelle für die duale Funktion aus der Tabelle für die Ausgangsfunktion f(x1, x2, ... , xn), indem man als Funktionswert der dualen Funktion an der Stelle («j, ..., a») zunächst den Wert / (öc1; ... , « „ ) ermittelt und letzteren negiert, d. h. 0 durch 1 und 1 durch 0 ersetzt (vgl. Tab. 6). Tabelle 6

x3

X1

/(®1> X2 , x3 )

{f(xv

0

0

0 0

1

0 0

0

1

1

1

1

0

0

0

0

1

1

0

1

1

0

0

0

1

1 0 1

1 0 0

1 0 1 1 1 0 1 1 1

Da (/(^i,. — > « J ) * = gleiche Abbildung wie die Funktion mit /*. Dann ist (/(«!,

... , *„))*

=

f*{xlt

x2 ,

x3 ))*

so bestimmt die Funktion (¡(x^, ... , xin)) * die ... , « „ ) ) * . Wir bezeichnen diese Abbildung

(f(xlt

... , xn ) .

Man erkennt leicht, daß unter den Funktionen 0, 1, Xy X Y iTj A Ctg j »Tj V XQ 0

dual zu 1,

1

dual zu 0,

x x

dual zu x,

xx A x2 x1 v x2

dual zu x, dual zu

v x2 ,

dual zu x1 a X2 ist.

Aus der Definition der Dualität folgt (/*)* = /, f * * = d. h., die Funktion / ist dual zur Funktion /* (Eigenschaft der Idempotenz). Sei nun die Funktion f(x1 , x2 , ... , xn ) durch die Formel 9i realisiert. Wir fragen uns, ob man eine Formel SB angeben kann, die die Funktion f*{x ) realisiert.

25

1.1. Theorie Boolescher Funktionen

Wir bezeichnen mit xlt x2, ... , xn sämtliche verschiedenen Symbole f ü r Variable, die in den Tupeln ( x n , ... , x l p i ) , ... , (x„h, ... , xmPn) auftreten. Satz 2.

Unter

der

0(x1,

Voraussetzung

. . . , Xn)

=

f(Ji{x

, ...

u

, XiPi),

, fm(xm

...

1, ...

, X

m p

j )

gilt 0*(x-i,

...

, X„)

=

... , Xn)

=

/ * ( / 1 (i^ix,

> xlp¡)>

...

••• > fm(xml>

••• > xmpm))



Beweis. 0 * ( x

l t

0(x

— f { f l i x l l > •••t%lpl)> ~

...

l t

, Xt,

... , Xn)

•••< fm(xmV

f l { f ( x l l > ••• > X1 Pi)'

=

••• >xmpmj)

••• ' fm(xml>

f{fi(x

n

, ...

/ ( / l (xll>

~

••• > xmpm))

... , fm(xmi>

, ••• > xlp^>

••• >

• • • ' fm(xml>

••• >

x

mpm))

x

mpmí)



Aus diesem Satz ergibt sich folgendes Prinzip: Dualitätsprinzip. siert, jede

so realisiert der

f * ( x i , ...

Funktionen ,

Falls

die

die

Formel f

...

l t

F o r m e l l C [ f * , ...,

, / „ durch

=

C[/1:

f f ] , d.h. ihre

. . . , /„]

die

duale

die

Formel,

Funktion

Funktion die

/ * , ...

aus , /*

f(x

l t

21 entsteht, ersetzt,

. . . , xn) indem die

realiman Funktion

x„).

Die Formel C[f*, ... , /*] werden wir als zur Formel 21 duale Formel bezeichnen und mit 21* bezeichnen, d. h., wir setzen 21* =