Die zivilrechtliche Ersetzungsbefugnis [1 ed.] 9783428534449, 9783428134441

Gleichsam wie sich der Organismus im biologischen Sinne wandelt und wie eine Gestalt stetig ihr Wesen verändert, unterli

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Die zivilrechtliche Ersetzungsbefugnis [1 ed.]
 9783428534449, 9783428134441

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 410

Die zivilrechtliche Ersetzungsbefugnis Von

Erik Hahn

Duncker & Humblot · Berlin

ERIK HAHN

Die zivilrechtliche Ersetzungsbefugnis

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 410

Die zivilrechtliche Ersetzungsbefugnis

Von

Erik Hahn

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Leipzig hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: werksatz ∙ Büro für Typografie und Buchgestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-13444-1 (Print) ISBN 978-3-428-53444-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-83444-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Stephanie, Charlotta und meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2010 von der Juristen­ fakultät der Universität Leipzig als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden bis Dezember 2009 berücksichtigt. Zusätzlich konnten die 2010 erschienenen Werke „Die elektive Konkurrenz, Eine systematische Darstel­ lung der Gläubigerrechte bei Leistungsstörungen im BGB, CISG, in den PECL und im DCFR“ von Thomas Bachmann und „Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen“ von Claudia Wagner aufgenommen werden. Mein Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. BerndRüdiger Kern. Er hat diese Arbeit betreut und mich während meiner Tätig­ keit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl stets gefördert und unterstützt. Für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Prof. Dr. Thomas Rauscher. Besonderer Dank gebührt auch Herrn Prof. Dr. Adrian Schmidt-Recla, der bei mir schon während meines Studiums das Interesse an der Dogmatik des Zivilrechts geweckt hat. Während der Erstellung dieser Arbeit unterstützte er mich mit manchem kritischen Rat. Meiner Familie danke ich für den Rückhalt, den sie mir für dieses Dissertati­ onsprojekt gegeben hat. Insbesondere danke ich meinem Großvater Prof. Dr. Jo­ chen Lenz für die zuverlässige Hilfe beim Korrekturlesen. Mein abschließender Dank gilt meiner Freundin Stephanie. Ohne ihre Geduld und ihr Verständnis wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Leipzig, im November 2010

Erik Hahn

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

I.

Chronologische Darstellung der Entwicklung der Ersetzungsbefugnis von der Bedingungstheorie hin zur Lehre vom Gestaltungsrecht . . . . . . . . . 1. Konstruktion in Form zweier bedingter Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gleichstellung mit der Wahlschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Ersetzungsbefugnis als Gestaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 30 30 32 34 34 35 40 43

II.

Abgrenzung zu weiteren ähnlichen Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Elektive Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhaltene Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44 44 45

III.

Recht zur Veränderung oder Recht zum Austausch; zugleich Abgrenzung zu Novation und Änderungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Exkurs: Änderungsvertrag und Novation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgen für die Reichweite der Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . .

46 46 47 49

IV.

Inhaltliche Begrenzung der Ersetzungsbefugnis auf bestimmte Forde­ rungsmerkmale und das Erreichen einer Erheblichkeitsschwelle . . . . . .

51

V.

Ersetzungsbefugnis des Schuldners als ein zur Ersetzungsbefugnis des Gläubigers analoges Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Notwendige Anerkennung der einseitigen Austauschberechtigung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur der gesetzlich geregelten Leistung an Erfüllungs statt und ihr Verhältnis zur vermeintlichen Ersetzungsbefugnis des Schuldners 3. Bestehen hinreichender Gemeinsamkeiten zwischen der Befugnis zur Schuldersetzung und dem Recht zur Leistung an Erfüllungs statt . . . a) Überblick über den Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ersetzungsbefugnis nach Medicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ersetzungsbefugnis nach Fikentscher / Heinemann . . . . . . . . . . . .

55 55 57 63 63 64 65

10

Inhaltsverzeichnis d) Ersetzungsbefugnis nach Scholz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verbindung von Schuldänderung und Leistung an Erfüllungs statt f) Folgen aus der Einstufung der Ersetzungsbefugnis als Gestaltungs­ recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Gleichklang des Zwangs zur Annahme und Hingabe einer zunächst nicht geschuldeten Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Ersetzungsbefugnis nach Erler und C. Wagner . . . . . . . . . . . . . . . i) Ersetzungsbefugnis nach Dechamps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67 68

Verifizierung der Entscheidung für den Begriff „Ersetzungsbefugnis“ .

76

C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

VI.

I.

Entstehung, Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehung der Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entstehung der Ersetzungsbefugnis in zeitlicher Hinsicht . . . . . . b) Akt zur Begründung der Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Begründung durch Vertrag oder Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Möglichkeit der einseitigen Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vermeintliche Sperrwirkung des § 311 Abs. 1 BGB . . . . (3) Zulässigkeit einer Analogiebildung unter vergleichender Einbeziehung des Kleinschmidtschen Vorschlags zum ein­ seitigen Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vergleich mit dem Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Orientierung am Zweck des Vertragsprinzips unter Berück­ sichtigung von § 145 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begründung einer Ersetzungsbefugnis und beschränkte Geschäfts­ fähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ersetzungsbefugnis des beschränkt Geschäftsfähigen . . . . . . bb) Ersetzungsbefugnis des anderen Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragung im Verbund mit Forderung oder Vertragsstellung . . aa) Übergang durch Vertragsübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übergang durch Zession der gestaltbaren Forderung . . . . . . cc) Übergang durch Schuldübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Isolierte Abtretung der Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausübungsermächtigung statt Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedenken in der Literatur gegen eine selbständige Abtre­ tung – Zession zwischen den Parteien und an Dritte . . . . . . .

69 69 72 73 75

80 80 80 81 81 82 82 84

86 89 92 99 99 100 101 104 104 104 105 106 107 108 109

Inhaltsverzeichnis II.

III.

IV.

11

Ausübung und Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausübungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidung zugunsten der Primärleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bestehen eines ius variandi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedingte oder befristete Ausübung der Befugnis . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeit der bedingten Ausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz der Unzulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einverständnis des Gestaltungsgegners . . . . . . . . . . . . . . (2) Die vom Gestaltungsgegner selbst zu beeinflussende Sachund Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die bereits eingetretene Bedingung und die Rechtsbedin­ gung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit der befristeten Ausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Betagte Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ausübung und beschränkte Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz der Zustimmungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einwilligungsbedürftigkeit der Ausübungserklärung im Fall gesetz­ licher Stellvertretung bei Begründung der Ersetzungsbefugnis . .

114 114 118 119 123 123 123 125 125

Untergang durch Vertrag und Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einseitiger Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeit des einseitigen Verzichts auf die Ersetzungsbefugnis aa) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zulässigkeit der Analogiebildung im Fall der Ersetzungsbefug­ nis unter Berücksichtigung von § 397 Abs. 1 BGB . . . . . . . . cc) Einseitiger Verzicht auf die Ersetzungsbefugnis und das argu­ mentum a majore ad minus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Lückenhaftigkeit der Regelung zum einseitigen Verzicht im Lichte des actus-contrarius-Gedankens . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Vertragsauslegung als alternative Grundlage der einseitigen Verzichtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkung auf die Debatte um die Vorteilsaufdrängung durch einseitige Begründung einer Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . c) Ausübung des einseitigen Verzichts auf die Ersetzungsbefugnis .

137 138 139 139 139

Verjährung und Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswirkung des Verjährungseintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Grundlagen und Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . .

152 152 152

126 128 129 130 131 131 132 134

144 146 146 148 149 149 150

12

Inhaltsverzeichnis

2. 3. 4. 5. V.

VI.

b) Lösung auf der Grundlage des festgestellten Wesens der Ersetzungs­ befugnis im Fall einer Berechtigung zur vollständigen Anspruchs­ substitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausschluss der Ersetzungsbefugnis durch Analogie zu § 218 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erhebung der forderungsbezogenen Verjährungseinrede gegen die Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einrede der Verjährung gegen die Ersatzforderung . . . . . . . . (1) Eigene Einrede gegen die Ersatzforderung und möglicher Ausweg über eine Anlehnung an die bloße Ersetzung der geschuldeten Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Übertragung der Verjährungseinrede . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Existenz einer befugnisimmanenten Ausschlussfrist . . . . . . . Anrechnung der bereits partiell verstrichenen Verjährungsfrist der Pri­ märschuld nach der Ersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung des § 213 BGB auf die Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwirkung der Ersetzungsbefugnis infolge Zeitablaufs . . . . . . . . . .

Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . 1. Verzug durch unterlassene Ausübung der Befugnis . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Schuldner- oder Annahmever­ zug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausschluss der Ersetzungsbefugnis bei Verzug des Gestaltungs­ berechtigten als Konsequenz einer Billigkeitserwägung . . . . bb) Ausschluss der Ersetzungsbefugnis im Verzug des Gestal­ tungsberechtigten durch analoge Anwendung von § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verwirkung der Ersetzungsbefugnis infolge Zeitablaufs . . . . dd) Recht des anderen Teils zur Fristsetzung nach § 264 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Berücksichtigung des Risikos einer Rechtsumgehung durch den Leistungsaustausch während des eigenen Verzuges ohne Ausschluss der Ersetzbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schuldnerverzug und Ersetzungsbefugnis des Schuldners (2) Gläubigerverzug und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers (3) Erhaltung der Gläubigerverzugsfolgen als Konsequenz be­ stehender Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Willensmängel und Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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1. Verkennung der Existenz einer Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . a) Forderung oder Anbieten der Primärleistung durch den Ersetzungs­ befugten unter Verkennung der ihm zustehenden Befugnis . . . . . b) Annahme oder Leistung des Primärgegenstandes durch den Erset­ zungsbefugten unter Verkennung der ihm zustehenden Befugnis c) Forderung oder Annahme bzw. Angebot oder Erbringung der Er­ satzleistung durch den Ersetzungsbefugten unter Verkennung der ihm zustehenden Befugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwechslung von Primär- und Ersatzleistung in Kenntnis der Erset­ zungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Forderung oder Annahme bzw. Angebot oder Erbringung der Pri­ märleistung durch den Ersetzungsbefugten, der diese für die Ersatz­ leistung hält . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Forderung oder Annahme bzw. Angebot oder Erbringung der Er­ satzleistung durch den Ersetzungsbefugten, der diese für die Pri­ märleistung hält . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anfechtung aufgrund von Täuschung und Drohung . . . . . . . . . . . . .

194

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eintritt des Leistungshindernisses vor Begründung der Primärschuld a) Leistungshindernis hinsichtlich der Primärleistung . . . . . . . . . . . b) Leistungshindernis hinsichtlich der Ersatzleistung . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Aus­ tauschs durch eine anfänglich unmögliche Ersatzschuld . . . . bb) Differenzierende Lösung unter Berücksichtigung des Verschul­ dens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Lösungsansatz über eine Analogie zu § 160 Abs. 1 BGB (2) Lösungsansatz über eine Analogie zu § 265 S. 2 BGB . . 2. Eintritt des Leistungshindernisses nach Entstehung der Primärschuld und vor Ausübung der Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungshindernis hinsichtlich der Primärleistung . . . . . . . . . . . b) Leistungshindernis hinsichtlich der Ersatzleistung . . . . . . . . . . . . aa) Analogie zu § 160 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Haftung gemäß § 311 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Lösungsansatz über das Argument der Naturalrestitution hin­ sichtlich der zerstörten Ersatzleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Analoge Anwendung von § 265 S. 2 BGB unter teleologischer Reduktion von § 311a Abs. 2 BGB contra rechtsgeschäftliche Widerrufslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unanwendbarkeit des Kenntniskriteriums des § 311a Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Alternative Haftungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203 203 203 209

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200

202 203

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232 232 234

14

Inhaltsverzeichnis (3) Kritik Tettingers und deren Auswirkung auf die untersuchte Unmöglichkeitskonstellation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eintritt des Leistungshindernisses nach Ausübung der Ersetzungsbe­ fugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungshindernis hinsichtlich der Primärleistung . . . . . . . . . . . b) Unmöglichkeitsauslösendes Leistungshindernis hinsichtlich der Er­ satzleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

236 240 240 240

D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 I.

Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

242

II.

Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Verpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . .

250

E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

264

Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

283

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

284

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. abl. Abs. AcP a.F. AG AgrarR Alt. Anm. AnwK ArchBürgR Art. AT AWD BAG BAGR BB Bd. BeckRS BEG BGB BGBl. BGH BGHZ BT-Drs. BVerfGE BVerwG bzw. DAR DB DCFR ders.

andere Auffassung an anderem Ort ablehnend Absatz Archiv für civilistische Praxis alte Fassung Amtsgericht Zeitschrift für das gesamte Recht der Landwirtschaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes Alternative Anmerkung Anwaltkommentar Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Allgemeiner Teil Außenwirtschaftsdienst Bundesarbeitsgericht Bundesarbeitsgerichtsreport Betriebsberater Band Beck-Rechtsprechung Bundesentschädigungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundestags-Drucksache Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht beziehungsweise Deutsches Autorecht Der Betrieb Draft Common Frame of Reference derselbe

16 d. h. DNotZ DVBl. EGBGB ErfK etc. f. FamRZ ff. FG Fn. FS GG Gk GruchB GrünhutsZ GRUR Hb. HGB Hk HKK h.M. HRR Hs. IherJb i. S. d. i.V. m. JA JbJZivRWiss Jh. JR JURA jurisPK-BGB JuS JW JZ KG KritVSchr LG LKV

Abkürzungsverzeichnis das heißt Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Verwaltungsblatt Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht et cetera folgende Zeitschrift für das gesamte Familienrecht folgende Festgabe Fußnote Festschrift Grundgesetz Grundkurs Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts Zeitschrift für das Privat- und Öffentliche Recht der Gegenwart Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Halbband Handelsgesetzbuch Handkommentar Historisch-kritischer Kommentar zum BGB herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung Halbsatz Iherings Jahrbücher für die Dogmatik des Bürgerlichen Rechts im Sinne des in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler Jahrhundert Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juris Praxiskommentar BGB Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristen-Zeitung Kammergericht Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissen­ schaft Landgericht Landes- und Kommunalverwaltung

Abkürzungsverzeichnis LM LZ MDR Mot. MüKo m.w. N. NdsRpfl NJW NJW-RR Nr. NZI NZM NZV OGH f. d. brit. Z. OLG OLG-NL OLGR OLGZ PECL Prot. RG RGRK RGZ Rn. ROHGE runds S. SchuModG SeuffA SozR u. a. v. VersR vgl. VIZ VRS WM WuM z. B. ZCP

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Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Leipziger Zeitung für Deutsches Recht Monatsschrift für Deutsches Recht Motive Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit weiteren Nachweisen Niedersächsische Rechtspflege Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Oberster Gerichtshof für die britische Zone Oberlandesgericht OLG-Rechtsprechung Neue Länder Oberlandesgerichts-Report Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Principles of European Contract Law Protokolle Reichsgericht Reichsgerichtsrätekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Recht und Schaden Seite / Satz Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Sozialrecht unter anderem von Versicherungsrecht Vergleiche Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht Verkehrsrechtssammlung Wertpapiermitteilung Wohnungswirtschaft- und Mietrecht zum Beispiel Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß

18 ZfBR ZfS ZGS ZHR ZIP ZRP z.T.

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Vertragsgestaltung, Schuld- und Haftungsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil

A. Einleitung Die auf Siber zurückgehende bildhafte Beschreibung des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne als Organismus 1 verdeutlicht die Inkonsistenz, die nahezu jede Rechtsbeziehung zwischen zwei oder mehr Parteien prägt. 2 Gleichsam wie sich der Organismus im biologischen Sinne wandelt und wie eine Gestalt 3 stetig ihr Wesen verändert, unterliegt auch das Schuldverhältnis der ständigen Ver­ änderung. Eine der Veränderungsmöglichkeiten ist die Beeinflussung durch die Parteien selbst. 4 Sie können die ihnen innerhalb 5 des Schuldverhältnisses zuge­ wiesenen Rechtspositionen nutzen, um in ihrem Sinne gestaltend einzuwirken. Die vorliegende Abhandlung setzt sich zum Ziel, die Rechtsnatur eines solchen, zur Veränderung berechtigenden, Instituts im System des geltenden Zivilrechts zu untersuchen. Die folgenden Beispiele dienen dabei einer ersten Einführung. Einführungsbeispiel I 6 : Die altersschwache A war nicht mehr in der Lage, ihr Grund­ stück selbst ertragreich zu nutzen. Aus diesem Grund bestellte sie dem B an ihrem 10.000 qm großen Grundstück ein Erbbaurecht auf 99 Jahre. Sie wollte auf diese Weise ihre wirtschaftliche Zukunft sichern, ohne das Grundstück zu diesem Zweck veräußern zu müssen Der B errichtete ein Eigenheim und nutzte den Rest der Fläche zum An­ bau von Roggen. Als Erbbauzins wurde für die Dauer des Erbbaurechts ein jährlicher Betrag von 1€ je qm vereinbart. Zusätzlich enthält der Vertrag folgende Bestimmung: „Anstatt des Geldes darf der Erbbauberechtigte 0,1 kg Roggen pro qm und Jahr an die Grundstückseigentümerin leisten. Hierzu muss der Grundstückseigentümerin je­ weils ein Monat vor Fälligkeit eine entsprechende Mitteilung gemacht werden.“ Die vertraglich vereinbarte Möglichkeit des B, anstelle von Geld den Sachwert (1.000 kg Roggen) erbringen zu dürfen, sollte ihn dabei gegen eventuell auftretende Kaufkraft­ schwankungen und das Risiko eines niedrigen Marktwertes seiner landwirtschaftlichen Erzeugnisse absichern. 1 Siber, in: Planck, vor Recht der Schuldverhältnisse, I1a; ders., IherJb 1921, 223 (227). Ebenso: Litten, Wahlschuld, S. 11; Lorenz, JuS 2009, 109. 2 Zur Kritik an diesem Modell vgl. exemplarisch Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 9. 3 So die Beschreibung des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne durch Zepos, AcP 1956, 486 (490ff.). 4 Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 9. 5 Vgl. etwa für Gestaltungsrechte: Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 21; Kra­ mer, in: MüKo, Einleitung zum Recht der Schuldverhältnisse, Rn. 13; Siber, IherJb 1921, 223 (227); Zepos, AcP 1956, 486 (490). 6 Abwandlung von BGH, NJW 1981, 2241.

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A. Einleitung Einführungsbeispiel II: Gastwirt G betreibt eine edle Weinwirtschaft in Leipzig. Für seine ganz besonderen Gäste bevorzugt er Rotwein eines bekannten französischen Weingutes, den er regelmäßig vom Weinhändler W bezieht. Zwischen G und W wurde ein Vertrag geschlossen. Danach hat W dem G vierteljährlich 10 Kisten zu beschaffen. Weiterhin sieht der Vertrag die Möglichkeit des G vor, von W bei Bedarf 10 Kisten eines besonderen Weißweins anstelle des Rotweins zu verlangen. Das muss er jeweils noch vor Beginn des Quartals mitteilen. W erhoffte sich auf diese Weise die Möglichkeit, jederzeit auf eine veränderte Nachfrage seiner Gäste reagieren zu können.

Die im ersten Einführungsbeispiel angestrebte Flexibilität des erbbauberech­ tigten B lässt sich auf vielfältige Art und Weise erreichen. Zum einen ist das Ergebnis durch die Vereinbarung einer Wahlschuld zu konstruieren, bei der sich die Verpflichtung bis zur Entscheidung alternativ sowohl auf den Geldbetrag als auch auf die Roggenmenge erstreckt. Erst durch die Mitteilung würden sich Leistungspflicht und Leistungsrecht auf die gewählte Alternative beschränken. Ähnliches gilt auch für den Gastwirt G. Dieser könnte mit einem sich auf Rotund Weißwein erstreckenden Wahlrecht auf eine veränderte Nachfrage seiner Gäste reagieren. Zum anderen ist es möglich, dem B im ersten Fall das Recht einzuräumen, statt des weiterhin geschuldeten Geldbetrages die vereinbarte Rog­ genmenge mit Tilgungszweck an Erfüllungs statt zu leisten. Alternativ dazu ist an eine Befugnis zu denken, nach der B als Erbbauzins­ schuldner grundsätzlich Geld leisten muss, zugleich aber das Recht erhält, durch seine Willenserklärung die Leistungspflicht hinsichtlich des Leistungsobjektes, hier Roggen anstelle von Geld, abzuändern. Dieses Recht wird überwiegend als Ersetzungsbefugnis bezeichnet. Im zweiten Beispiel würde es dem G die Chance verschaffen, bei Bedarf Weiß- anstelle von Rotwein verlangen zu können. Sowohl das oben genannte Recht zur Leistung an Erfüllungs statt (364 BGB) als auch die Wahlschuld (262 BGB) fanden bereits am 1. 1. 1900 Eingang in das BGB. Die als Ersetzungsbefugnis bezeichnete Berechtigung hat dagegen bis heute keinen kodifikatorischen Niederschlag erfahren. Aus diesem Grund soll sich die folgende Abhandlung diesem, im Hinblick auf seine rechtsgestal­ tende Wirkung zu Unrecht vernachlässigten, Institut zuwenden. Dabei sind die Schwierigkeiten und mögliche Lösungswege aufzuzeigen, die sich aus der feh­ lenden Normierung ergeben können. Im Sinne der Vereinheitlichung wird sich die folgende Abhandlung zunächst ungeprüft des Begriffs „Ersetzungsbefugnis“ bedienen und diese Namenswahl dann in einem gesonderten Abschnitt verifizie­ ren. Groß umrissen handelt es sich bei einer Ersetzungsbefugnis um das Recht, das Schuldverhältnis einseitig 7 einer leistungspflichtbezogenen Inhaltsänderung 7

Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 21.

A. Einleitung

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zu unterwerfen. Durch die Ausübung tritt eine Ersatzleistung an die Stelle des ursprünglichen Leistungsinhaltes innerhalb eines bereits zuvor bestehen­ den Rechtsverhältnisses. 8 Der Gläubiger wird danach berechtigt, eine andere Leistung, als die ursprünglich geschuldete, zu fordern, der Schuldner dagegen verpflichtet, eine andere zu erbringen. Zumindest der Bezeichnung nach, soll sich die „Ersetzungsbefugnis“ im BGB, trotz des Fehlens einer allgemeinen Regelung, in einer Vielzahl von Nomen nachweisen lassen. An erster Stelle ist dabei § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu nen­ nen. 9 Dieser erlaubt es dem Geschädigten bei Verletzung einer Person oder Beschädigung einer Sache, von seinem im Regelfall auf Naturalrestitution ge­ richteten Anspruch auf eine Forderung hinsichtlich des zur Herstellung erforder­ lichen Geldbetrages überzugehen. Eine ähnliche Befugnis sollen auch die §§ 843 bis 845 BGB 10 sowie § 1201 Abs. 2 S. 2 i.V. m. § 1133 S. 2 BGB 11 und § 1585 8

So zumindest für die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers: Larenz, Schuldrecht AT, S. 161 und Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 23, 52ff. 9 Dieser stellt nach heute überwiegender Auffassung einen Fall der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers dar. Vgl. dazu: Alff, in: RGRK, § 249 BGB, Rn. 12; Altmann, NJW 1976, 744; Arnold, in: AnwK, § 262 BGB, Rn. 4; Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 96; Birkmann, DAR 1990, 3 (5); Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn, 12; Blümich, Wahl­ schuld und facultas alternativa, S. 88ff.; Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 2; Casper, Optionsvertrag, S. 89, Fn. 77; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Erler, Wahlschuld und Erset­ zungsbefugnis des Gläubigers, S. 69; Esser / E. Schmidt, Schuldrecht AT, S. 245; Gebhardt, ZfS 1990, 145 (146f.); Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 5; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 20; P. Huber, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 152; Keil, Aufrechnung infolge einer facultas alternativa, S. 18; Kirschberg, Alternativobliga­ tion und facultas alternativa des Gläubigers, S. 41f.; R. Knütel, JR 1982, 281 (282); Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 10; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Leonhard, IherJb 1900, 1 (2), Fn. 1; Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 3; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 3; Magnus, in: AnwK, § 249 BGB, Rn. 19; G. Müller, VersR 2005, 1461 (1462); Oetker, in: MüKo, § 249 BGB, Rn. 342; Rüßmann, in: jurisPK, § 249 BGB, Rn. 88; Schellhammer, Schuldrecht, Rn. 1326; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 192; Schubert, in: Bamberger / Roth, § 249, Rn. 173; Schulze, in: Hk-BGB, § 249 BGB, Rn. 3; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8; E. Steffen, NZV 1991, 1ff.; v. Tuhr, DJZ 1899, 304 (306); ders., KritVSchr 1907, 63 (79); Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 16; Weitz, Die facultas alternativa, S. 13; Ziegler, AcP 1971, 193 (204); BGH, NJW 1952, 619 (620); 1975, 160 (161); 1989, 3009; 1992, 903 (904); 1993, 727 (728) und 1849f.; 1996, 1958; 2000, 800 (802); 2003, 2085f.; 2005, 357f.; 2007, 67 (68); 2009, 1265; NJW-RR 2009, 103 (105); NZV 2003, 371; RG, HRR 1933, Nr. 1405; OLG Celle, NJW 1949, 223 (224); OLG Frankfurt, ZfS 1994, 50; OLG Hamm, NZV 1995, 442 (443); OLG Karlsruhe, NJW 2003, 3208 (3209); OLG Köln, VersR 1976, 669; ZfS 1994, 123 (124); OLG Naumburg, VRS 100, 166; OLG Nürnberg, NZV 1992, 277 (278); OLG Stuttgart, VersR 1978, 188 (189); LG Lübeck, BeckRS 2009, 04784. 10 Vgl. Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2. 11 Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 4; Chamizer, Wahlschuld, S. 86; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660; Gernsheim, Ersetzungsbefug­ nis, S. 274f.

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A. Einleitung

Abs. 2 BGB 12 enthalten. Weiterhin wird in diesem Zusammenhang eine Rege­ lungsgruppe genannt, die es dem Gläubiger gestattet, dem Schuldner anstelle der Leistungserbringung die bisher nicht beabsichtigte Hinterlegung oder Ablie­ ferung der Leistung an einen Verwahrer durch eine einseitige Willenserklärung aufzuzwingen. 13 Zu finden ist diese Konstellation etwa in den §§ 432 Abs. 1 S. 2, 1077 Abs. 1 S. 2, 1231 S. 2 Hs. 1, 1281 S. 2 Hs. 2 und 2039 S. 2 BGB. Ebenso soll es sich sowohl bei dem Entscheidungsrecht aus § 340 Abs. 1 S. 1 BGB 14 als auch der Möglichkeit des Erhalts eines Aufwendungsersatzanspruchs nach 536a Abs. 2 BGB 15 um eine Ersetzungsbefugnis handeln. Eine Teil der Lehre möchte zudem auch in den, aus den §§ 915 Abs. 1, 16 1383, 17 1217 Abs. 2 S. 1, 18 und 524 Abs. 2 S. 2 bzw. 2183 S. 2 BGB 19 stammenden, Möglichkeiten des Gläubigers Anwendungsfälle der Ersetzungsbefugnis erkennen. Neben den genannten Fällen der Gläubigerbefugnis soll das BGB auch ge­ setzliche normierte Konstellationen enthalten, in denen die Berechtigung zum einseitigen Austausch der geschuldeten Leistung dem Schuldner zugewiesen ist. Hierzu zählt etwa das Recht des Fremdwährungsschuldners nach § 244 Abs. 1 BGB. 20 Ebenfalls erwähnt werden müssen in diesem Zusammenhang die 12

Vgl. Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 12; Casper, Optionsvertrag, S. 89, Fn. 77; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8. 13 Vgl. exemplarisch: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 98; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 52 (spricht von facultas alternativa). 14 So etwa: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 95ff. (facultas alterna­ tiva); Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 3; Enneccerus / Leh­ mann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 269ff.; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 20; Kirschberg, Alterna­ tivobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 48f.; Leonhard, IherJb 1900, 1 (2), Fn. 1; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 3; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8; Weitz, Die facultas alternativa, S. 15ff. 15 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 272. 16 Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 3; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Gerns­ heim, Ersetzungsbefugnis, S. 274; Keil, Aufrechnung infolge einer facultas alternativa, S. 18; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 52; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 3; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 16. 17 Vgl. Casper, Optionsvertrag, S. 89, Fn. 77; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 659; B. Thiele, in: Staudinger, § 1383 BGB, Rn. 24; Gernhuber / Coester-Waltjen, Familien­ recht, § 36, Rn. 110; Koch, in: MüKo, § 1383 BGB, Rn. 3. 18 Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 4; Weitz, Die fa­ cultas alternativa, S. 20. 19 Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 3; Weitz, Die fa­ cultas alternativa, S. 18f. 20 Zumindest als Ersetzungsbefugnis bezeichnet bei: Birk, AWD, 1973, 425 (426f.); Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 364 BGB, Rn. 1; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis,

A. Einleitung

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Normen, die es dem Schuldner im Fall eines noch nicht fälligen Anspruchs gestatten, den Zugriff des Gläubigers durch eine Sicherheitsleistung abzuwen­ den. 21 Zu finden ist diese Konstruktion in den §§ 257 S. 2, 738 Abs. 1 S. 3, 775 Abs. 2 BGB. Häufig wird im Zusammenhang mit der Schuldnerersetzungsbefugnis auch das Rückgaberecht des Verwendungsersatzschuldners nach § 1001 S. 2 BGB 22 und die inzwischen entfallene Möglichkeit zur Abgabe der eidesstattlichen Ver­ sicherung nach § 261 Abs. 1 S. 2 BGB 23 genannt. Dasselbe gilt für das dem § 264 Abs. 1 Hs. 2 BGB entstammende Recht des wahlberechtigten Schuldners. 24 Nach nahezu einhelliger Auffassung 25 soll es sich zudem auch bei § 251 Abs. 2 S. 1 BGB um eine Ersetzungsbefugnis handeln. Diese ermöglicht es dem Schuld­ ner einer Schadensersatzforderung, in Abweichung vom Grundsatz der Natural­ restitution, den Gläubiger in Geld zu entschädigen, sofern die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Um einen weiteren Fall der S. 237; Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 12; Grothe, Fremdwährungsver­ bindlichkeiten, S. 503; ders., in: Bamberger / Roth, § 244 BGB, Rn. 34; ders., in: MüKo, § 204 BGB, Rn. 14; Grundmann, in: MüKo, § 244 BGB, Rn. 95; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Mansel, in: Jauernig, § 244, Rn. 16; Maier-Reimer, NJW 1985, 2049 (2050); Olzen, in: Staudinger, § 364 BGB, Rn. 18; K. Schmidt, in: Staudinger, § 244, Rn. 73; Toussaint, in: jurisPK, § 244 BGB, Rn. 42. OLG Köln, WM 1997, 2030; LG Braunschweig, NJW 1985, 1169. 21 Für § 257 S. 2 BGB vgl. Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Unberath, in: Bam­ berger / Roth, § 257 BGB, Rn. 6; Toussaint, in: jurisPK, § 257 BGB, Rn. 23. Für § 738 Abs. 1 S. 3 BGB vgl. Timm / Schöne, in: Bamberger / Roth, § 738 BGB, Rn. 12; Ulmer, in: MüKo, § 738 BGB, Rn. 80. Für § 775 Abs. 2 BGB vgl. Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 364 BGB, Rn. 1; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Olzen, in: Staudinger, § 364 BGB, Rn. 18; Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; hingegen für die Annahme einer Wahl­ schuld Prütting, in: jurisPK, § 775 BGB, Rn. 13. 22 Vgl. Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Mühl, in: Soergel, § 1001 BGB, Rn. 5. 23 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 242f. 24 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 243. 25 Exemplarisch: Alff, in: RGRK, § 251 BGB, Rn. 16; Arnold, in: AnwK, § 262 BGB, Rn. 4; Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 364 BGB, Rn. 1; Ebert, in: Erman, § 251 BGB, Rn. 16; Halbgewachs, NZV 1993, 380; Gröschler, in: HKK, § 262 –265 BGB, Rn. 4; H. Heinrichs, in: Palandt, § 251 BGB, Rn. 6; P. Huber, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 152; Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 9; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Lipp, NZV 1996, 7 (9); Magnus, in: AnwK, § 251 BGB, Rn. 16; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 188; Oet­ ker, in: MüKo, § 251 BGB, Rn. 69; ders., NJW 1985, 345 (346); Rüßmann, in: jurisPK, § 251 BGB, Rn. 54; Schiemann, in: Staudinger, § 251 BGB, Rn. 24; Schubert, in: Bam­ berger / Roth, § 251 BGB, Rn. 2f.; Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 6; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 16; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8; Vieweg, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 408. Ebenso: BGH, NJW 2009, 1066, (1067); NJW-RR 1990, 1303ff. A. A.: Erler, Wahlschuld und Er­ setzungsbefugnis des Gläubigers, S. 72 (Dieser beschränkt den Begriff der Ersetzungsbe­ fugnis auf anspruchsidentitätswahrende Fälle der Ersetzung, was er bei § 251 Abs. 2 BGB verneint.); Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660.

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A. Einleitung

Ersetzungsbefugnis des Schuldnerbefugnis soll es sich bei der Möglichkeit des Dienstberechtigten nach § 617 Abs. 1 S. 2 26 handeln, den Dienstverpflichteten, anstelle der Gewährung von Verpflegung und ärztlicher Behandlung in seinem Haushalt, in eine Krankenanstalt aufnehmen zu lassen. Weiterhin werden auch die Rechte des Herausgabeschuldners aus den §§ 528 Abs. 1 S. 2, 3, 1390 Abs. 1 S. 2, 27 2329 Abs. 2, 28 1973 Abs. 2 S. 2 29 und 1992 S. 2 bzw. 2187 Abs. 3 30 BGB sowie das Befreiungsrecht des Beschwerten aus § 2170 Abs. 2 S. 2 BGB 31 und

26 Vgl. Belling, in: Erman, § 617 BGB, Rn. 12; Joussen, in: Rolfs / Giesen / Kreike­ bohm / Udsching, § 617 BGB, Rn. 16; Legleitner, in: jurisPK, § 617 BGB, Rn. 8; Mansel, in: Jauernig, § 617 BGB, Rn. 6; Oetker, in: Staudinger, § 617 BGB, Rn. 48; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. 27 Vgl. für 528 Abs. 1 S. 2: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Brähler-Boyan / Mann, NJW 1995, 1866 (1870); Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gehrlein, in: Bam­ berger / Roth, § 528 BGB, Rn. 5; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 248; Habemeier, in: FS-Jahr, S. 281 (282); Koch, in: MüKo, § 528 BGB, Rn. 21; Krauß, ZEV 2001, 417 (421); Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 9; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Mansel, in: Jauer­ nig, § 528 BGB, Rn. 5; Pauling, in: Wendl / Staudigl, § 2, Rn. 632; Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; Sefrin, in: jurisPK, § 528 BGB, Rn. 51; Stenger, in: Münchner Anwalts­ handbuch Erbrecht, § 32, Rn. 79; Wimmer-Leonhardt, in: Staudinger, § 528 BGB, Rn. 28; BGH, NJW 1985, 2419; 1994, 1655; 1998, 537 (539). Für § 1390 Abs. 1 S. 2 BGB vgl. C. Berger, in: Jauernig, § 1390 BGB, Rn. 5; Koch, in: MüKo, § 1390 BGB, Rn. 6; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 1390 BGB, Rn. 5; Roth, in: jurisPK, § 1390 BGB, Rn. 6; B. Thiele, in: Staudinger, § 1390 BGB, Rn. 24. 28 Zumindest Bezeichnung als Ersetzungsbefugnis bei: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gernhuber, Schuldverhält­ nis, S. 661; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 257f.; Jülicher, ZEV 2001, 428 (429); K. Lange, in: MüKo, § 2329 BGB, Rn. 8; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 2329 BGB, Rn. 10; Nieder, in: Handbuch der Testamentsgestaltung, § 2, Rn. 162; Olshausen, in: Staudinger, § 2329 BGB, Rn. 35; Toussaint, in: jurisPK, § 2329 BGB, Rn. 16; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. 29 Jedenfalls Bezeichnung als Ersetzungsbefugnis bei: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 661; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 255; Habemeier, in: FS-Jahr, S. 281 (282); Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; vgl. Mayer, in: Bamberger / Roth, § 2329 BGB, Rn. 9f.; Toussaint, in: jurisPK, § 2329 BGB, Rn. 16; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. 30 Zumindest für die Bezeichnung der Befugnisse aus § 1992 S. 2 und § 2187 Abs. 3 BGB als Ersetzungsbefugnis Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 255. Ausdrück­ lich für den Fall des § 1992 S. 2 BGB: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2. 31 Vgl. Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660; Habemeier, in: FS-Jahr, S. 281 (282); Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 9; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Mayer, in: AnwK, § 2170 BGB, Rn. 17; Müller-Christmann, in: Bamberger / Roth, § 2170 BGB, Rn. 9; Otte, in: Staudinger, § 2170 BGB, Rn. 10; Reymann, in: jurisPK, § 2170 BGB, Rn. 8; Schlichting, in: MüKo, § 2170 BGB, Rn. 14; M. Schmidt, in: Erman, § 2170 BGB, Rn. 2; Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; Wolf, in: Soergel, § 262 BGB, Rn. 18.

A. Einleitung

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das Recht des Nießbrauchers zur Erfüllung der Verbindlichkeit nach § 1087 Abs. 2 S. 1 BGB 32 teilweise als Ersetzungsbefugnis bezeichnet. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem hier zu untersuchenden Rechtsinstitut erreichte bereits in der Folge der BGB-Kodifikation zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Geführt wurde sie vornehmlich unter den Begriffen Abfindungsbefugnis, 33 facultas alternativa, 34 Lösungsbefugnis, 35 alter­ native Ermächtigung, 36 Substitutionsbefugnis 37 oder auch Ersetzungsbefugnis 38. Dabei verliefen die Konturen untereinander, aber auch zu verwandten Erschei­ nungen des Zivilrechts, noch sehr unscharf. Abgrenzungen sind hier vorrangig zur Wahlschuld, elektiven Konkurrenz und in besonderem Maße zum bereits genannten Recht der Leistung an Erfüllungs statt erforderlich. Gerade letzteres erfolgte bislang nur unzureichend. Ihren Schwerpunkt legte die bisherige Litera­ tur auf die Erläuterung der Verwandtschaft des Ersetzungsrechts zur Wahlschuld. Deren abweichende Rechtsnatur wurde dabei zeitweilig vehement bestritten, 39 lässt sich aber durch eine definitorische Klarstellung deutlich belegen. Die vorliegende Arbeit wird aus diesem Grund zunächst die These von der Eigenständigkeit der Ersetzungsbefugnis als Rechtsinstitut eigener Art näher betrachten und in diesem Zusammenhang die bedeutsamsten, seit der erstma­ ligen Erwähnung der Gläubigerersetzungsbefugnis im Jahr 1878 entwickelten, Erklärungsmodelle darstellen. Dabei ist aufzuzeigen, dass es sich bei der Erset­ 32 Vgl. Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 9; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 16; Un­ berath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. Dabei ist allerdings erneut zu beachten, dass dort mit der Bezeichnung als Ersetzungsbefugnis auch das Recht zu datio in solutum gemeint sein kann. 33 Regelsberger, IherJb 1878, 159 (163f.). 34 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 9ff.; Keil, Aufrechnung infolge ei­ ner facultas alternativa, S. 10ff.; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 23; H. Steiner, facultas alternativa des Schuldners, S. 2ff.; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 42ff.; Weitz, Die facultas alternativa, S. 4ff. 35 Siber, Rechtszwang im Schuldverhältnis, S. 64. 36 Hempel, Konzentration der alternativen Obligation, S. 10; Kirschberg, Alternativob­ ligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 23; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 1ff.; W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuld­ ners, S. 27ff.; Regelsberger, IherJb 1878, 159 (162). 37 W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 28. 38 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 9f.; Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 1ff.; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 30ff.; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 7ff.; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 2ff.; Leonhard, IherJb 1900, 1 (2); Sämann, Wahlschuld und Ersetzungs­ befugnis, S. 48ff. 39 Vgl. Moritz, Kauf mit Vereinbarung des Umtausches, S. 25; Pescatore, Die alterna­ tive Obligation, S. 274.

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A. Einleitung

zungsbefugnis um ein Institut handelt, das sich nicht als bloßer Unterfall der Wahlschuld oder einer anderen im BGB kodifizierten Rechtsfiguren erklären lässt. Im Anschluss wird sich der Fokus der Arbeit auf die Frage richten, ob es sich bei der Ersetzungsbefugnis des Schuldners um ein zur Ersetzungsbefugnis des Gläubigers analoges Recht handelt. Zu diesem Zweck ist ein Vergleich mit dem Recht zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung erforderlich, um auf diese Weise eine schärfere Trennung zwischen beiden Rechtsfiguren zu er­ reichen. Es ist schließlich sowohl für den Schuldner als auch für den Gläubiger von großer Bedeutung, ob das Recht besteht, eine nicht geschuldete Leistung an Erfüllungs statt zu erbringen, zu der der Schuldner aber nicht verpflichtet ist, oder ob der Gläubiger diese Leistung auch erzwingen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach überwiegender Auffassung in Literatur und Recht­ sprechung die nur solutorisch wirkende Tilgungsberechtigung des Schuldners mit der Befugnis des Gläubigers zur substituierenden, inhaltlichen Einwirkung auf das Schuldverhältnis unter der Bezeichnung Ersetzungsbefugnis als weithin einheitliche Rechtsfigur behandelt wird. So führt etwa der BGH zum Begriff der Ersetzungsbefugnis einerseits aus, sie berechtige zur Tilgung mittels einer nicht geschuldeten Leistung. Das sei dann als Leistung an Erfüllungs statt zu qualifizieren. 40 Es soll sich also beispielsweise um eine Ersetzungsbefugnis han­ deln, wenn „der Erwerber [eines Fahrzeugs] kraft der Parteivereinbarungen die Möglichkeit [hat], anstelle der ausbedungenen Geldschuld zum Zwecke der Er­ füllung seinen gebrauchten Wagen in Zahlung zu geben“ 41. Zugleich fasst der BGH darunter aber auch das Recht, durch einseitige Gestaltungserklärung, eine andere in der Weise an die Stelle der bisher geschuldeten Leistung zu setzen, 42 dass nur noch die Ersatzleistung erfüllungsgeeignet und damit geschuldet sei. 43 Diese Anknüpfung unterschiedlicher Rechtsfolgen erscheint zwar im Falle ei­ ner strengen inhaltlichen Trennung von Schuldner- und Gläubigerbefugnis noch nicht zwingend ausgeschlossen. Es ist schließlich denkbar, dass dem Gläubiger ein Recht zusteht, das als Schuldnerbefugnis undenkbar ist und umgekehrt. Sie erreicht allerdings – wie die weitere Arbeit aufzeigen wird – spätestens dann ihre Grenze, wenn mit dem BGH sogar der Versuch unternommen wird, die Merkmale Gestaltungsrecht und Tilgungsbefugnis in einem Institut zusammen­ zuführen. 44 40 Vgl. BGH, NJW 1967, 553 (554); 1980, 2190 (2191); 1984, 429. Ebenso: BAG, NZA 1995, 1001. 41 BGH, NJW 1967, 553 (554); vgl. etwa auch BGH, NJW 2008, 2028 (2029). Das­ selbe gelte nach BGH, NJW 2003, 505 (506), für einen Leasingvertrag mit Inzahlung­ nahme des Gebrauchtwagens. 42 Vgl. BGH, NZM 1999, 803. 43 Vgl. BGH, NJW 1952, 619 (620). 44 So geschehen im Fall einer als Gestaltungsrecht bezeichneten Ersetzungsbefugnis des Schuldners. Vgl. dazu BGH, NJW 1970, 992f.

A. Einleitung

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Als herausragender Vertreter der Literatur ist bereits hier stellvertretend für andere Gernsheim 45 zu nennen, der sich in seiner bereits 1906 erschienenen Ar­ beit wie kaum ein anderer mit der Ersetzungsbefugnis auseinandergesetzt und daher bedeutenden Einfluss auf das heutige Verständnis dieser Rechtsfigur ge­ nommen hat. 46 Gernsheim gelangte in seiner Abhandlung zu der Feststellung, die Befugnis ermächtige den Schuldner zur Befreiung durch eine nicht geschuldete Leistung, 47 den Gläubiger dagegen zur Ersetzung des bestehenden Anspruchs. 48 Diese Ansicht wird auch durch die neuere Literatur weithin geteilt. So charakteri­ siert etwa Bachmann in seiner 2010 erschienenen Schrift die Ersetzungsbefugnis des Schuldners in folgender Weise: „Macht der Schuldner von seiner facultas alternativa Gebrauch, bewirkt er eine andere Leistung als die geschuldete; der Anspruch erlischt dann nicht durch Erfüllung, sondern durch Hingabe an Er­ füllungs statt. Es besteht auf Seiten des Schuldners ein Recht zur Hingabe an Erfüllungs statt, auf Seiten des Gläubigers eine Pflicht, die Leistung anzuneh­ men.“ 49 Dagegen sei bei der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers „die Schuld [...] ebenso bestimmt, jedoch ist der Gläubiger ermächtigt, den Leistungsgegenstand gegen einen vorher bestimmten Ersatzgegenstand auszutauschen.“ 50 Aufgrund dieses, durch die Literatur und Rechtsprechung nahezu unkritisch tradierten, Dogmas von der (vermeintlichen) Zwitterstellung der Ersetzungsbe­ fugnis, wird innerhalb der Arbeit der Frage besondere Bedeutung beizumessen sein, ob ein Recht zur Ersetzung der Leistungspflicht überhaupt mit einer Be­ fugnis zur alternativen Tilgung gleichzusetzen ist. Dabei ist auch zu klären, inwieweit sich die weitgehend parallele Verwendung der Begriffe „Ersetzungs­ befugnis“ und „facultas alternativa“, wie sie noch heute durch die überwiegende Rechtslehre vorgenommen wird, 51 als dogmatisch überzeugend erweist. Bereits das Wortlautargument deutet hier auf mögliche Differenzen hin, setzt doch die 45

Gernsheim, Ersetzungsbefugnis. Eine Bezugnahme auf seine Arbeit hinsichtlich der Ersetzungsbefugnis findet sich etwa bei: Bachmann, Die elektive Konkurrenz; Birk, AWD, 1973, 425 (426), Fn. 25; Fikentscher / Heinemann, Schuldrecht, vor Rn. 244; Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 185, Fn. 5; ders., Schuldverhältnis, S. 658; Oetker, in: Staudinger, § 617 BGB, Rn. 48; Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 211. 47 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 12f. 48 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 23. 49 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 65. 50 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 66. 51 Vgl. exemplarisch: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Gehr­ lein, in: Bamberger / Roth, § 311b BGB, Rn. 13; Grothe, Fremdwährungsverbindlichkei­ ten, S. 260; Habemeier, in: FS-Jahr, S. 281; Koch, in: MüKo, § 1383 BGB, Rn. 3; Krü­ ger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 8; Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 216; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB, Rn. 215; Schlechtriem / Schmidt-Kessel, Schuld­ recht AT, Rn. 230; D. Schwab / Löhnig, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 193; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 5; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 7; Ziegler, 46

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A. Einleitung

facultas alternativa zumindest begrifflich zwei Alternativen voraus, während die Ersetzungsbefugnis einen Austausch zu ermöglichen scheint. An die grundlegenden Erörterungen zur Natur des Rechtsinstituts schließen sich weitere Untersuchungen an. Diese widmen sich den Sonderproblemen, die sich aus der Stellung der Befugnis im System des geltenden Zivilrechts ergeben. Es werden in chronologischer Folge zunächst die verschiedenen Möglichkeiten der Rechtsentstehung betrachtet. Der Schwerpunkt wird hierbei auf der Zulässig­ keit der Begründung einer Ersetzungsbefugnis durch einseitige Willenserklärung vor dem Hintergrund des Vertragsprinzips liegen. Im Anschluss werden dann sowohl das Mittel der Ausübung als auch die daran möglicherweise geknüpften Bindungswirkungen einer genaueren Betrachtung unterzogen. In diesem Pro­ blemkreis eröffnen sich Fragen nach einem denkbaren Irrtum des Befugten und dessen Relevanz für die Beständigkeit der Ersetzung. Letztlich ist zu prüfen, welche Folgen sich hieraus für die Schuldtilgung und die Möglichkeit einer Anfechtung ergeben. Weiterhin wird zu untersuchen sein, ob dem Ersetzungsbefugten das Erset­ zungsrecht auf ewig zusteht, oder eine zeitliche Begrenzung in Betracht zu ziehen ist. Dabei ist etwa an ein Recht zur Fristsetzung des anderen Teils – par­ allel zur Regelung der Wahlschuld gemäß § 264 II BGB – oder eine mögliche Auswirkung der Verjährung des Anspruchs auf die Befugnis zu denken. Im Anschluss daran widmet sich die Arbeit den verschiedenen Unmöglich­ keitskonstellationen. Hier wird zu unterscheiden sein, ob die Unmöglichkeit der Leistung zufällig oder durch einen von Gläubiger oder Schuldner zu vertretenden Umstand verursacht wurde, ob sie vor oder nach Ausübung der Befugnis eintritt und nicht zuletzt, ob sie die Schuld in ihrer ursprünglichen Gestalt betrifft oder sich auf deren Inhalt nach der Ersetzung bezieht. Von Bedeutung sind dabei insbesondere die tiefgreifenden Veränderungen, die sich aus der Einführung des § 311a Abs. 1 BGB und der damit verbundenen grundlegenden Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Nichtigkeit anfänglich unmöglicher Leistungsver­ pflichtungen nach § 306 BGB a.F. ergeben haben.

AcP 1971, 193 (203). Ebenso die Rechtsprechung: BGH, NJW 1952, 619 (620); MDR 1958, 333 (334).

B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis I. Chronologische Darstellung der Entwicklung der Ersetzungsbefugnis von der Bedingungstheorie hin zur Lehre vom Gestaltungsrecht Ausgehend von der in römischrechtlicher Tradition 1 stehenden und als facultas alternativa des Schuldners bekannten Rechtsfigur, die dem Verpflichteten die Möglichkeit zur Tilgung mittels einer nicht geschuldeten Befreiungsleistung einräumt, 2 konstatierte 1878 erstmals Regelsberger, dass dieser Rechtsmacht des Schuldners eine vergleichbare Befugnis des Gläubigers gegenüberzustellen sei. Dabei folgerte er aus der Wirkung der Schuldnerbefugnis, die einen Zwang zur Annahme an Erfüllungs statt begründet, die Gläubigerbefugnis müsse den Schuldner zur Hingabe an Erfüllungs statt verpflichten. 3 Im zweiten Einführungsbeispiel würde das bedeuten, dass W im Fall einer Schuldnerersetzungsbefugnis grundsätzlich Rotwein schuldet. Ihm stünde aber das Recht zu, die Schuld auch durch die Leistung von Weißwein zu tilgen. Der Weißwein wäre in dieser Konstellation zu keinem Zeitpunkt geschuldet, sondern nur Tilgungsmittel. Würde hingegen dem G als Berechtigten in diesem Fall eine Gläubigerersetzungsbefugnis im Sinne Regelsbergers zustehen, so würde er das Recht besitzen, von W, anstelle des geschuldeten Rotweins, Weißwein an Erfüllungs statt fordern zu können. Dieser richtungsweisenden Überlegung und dem damit einhergehenden Ver­ such einer Gleichstellung von Schuldner- und Gläubigerersetzungsbefugnis ver­ dankt es Regelsberger, heute weithin als Entdecker der Gläubigerersetzungs­ befugnis bezeichnet zu werden. 4 Das gegenwärtig vorherrschende Verständnis 1 Dazu: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 10f.; Blümich, Wahlschuld und facultas alter­ nativa, S. 9; Hempel, Konzentration der alternativen Obligation, S. 8; Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166); Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 42ff.; Weitz, Die facultas alternativa, S. 28ff. 2 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 10f.; Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 15; Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166); Wächter, Württembergisches Privatrecht, Bd. II, S. 200. 3 Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166). 4 Vgl. Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 65; Reichels, Geleitwort zu Bosse, Ersetzungsbefugnis; Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 210.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

als Gestaltungsrecht, das seinen Inhaber zur einseitigen Einwirkung auf das Schuldverhältnis berechtigt, 5 war ihm allerdings noch vollkommen fremd. Heute ist die Befugnis einer am Schuldverhältnis beteiligten Partei, die For­ derung durch einseitige Rechtsgestaltung auszuwechseln zu können, zumindest auf Seiten des Gläubigers weithin anerkannt. 6 Sie ist, wie die weitere Darstel­ lung noch aufzeigen wird, sowohl als Folge einer gesetzlichen Ermächtigung möglich als auch durch privatautonome Gestaltung der Parteien zu begründen. Von einer Vielzahl von Autoren nun zwar nicht mehr existentiell bestritten, wird sie im Sinne ihrer Entstehungstradition mehrheitlich aber noch immer als „stief­ geschwisterliches Pendant“ der in § 364 Abs. 1 BGB kodifizierten Berechtigung zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung behandelt und so ein klarer Blick auf ihre eigentümliche Rechtsnatur versperrt. Diese aufzuzeigen wird die Aufgabe des folgenden Abschnitts sein. 1. Konstruktion in Form zweier bedingter Ansprüche a) Darstellung In den ersten drei Jahrzehnten der dogmatischen Auseinandersetzung mit der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers wurde diese überwiegend 7 in der Form zweier, durch Bedingung voneinander abhängender, Ansprüche konstruiert. 8 Diese im Ursprung auf Regelsberger 9 zurückgehende Auffassung resultierte vor­ nehmlich aus der Erkenntnis, dass nach ihrer Ausübung allein die Ersatzleistung geschuldet ist. Die Vertreter dieses Modells folgerten daraus, der Ersatzanspruch müsse suspensiv, die Primärforderung dagegen resolutiv, von der Ausübung des Ersetzungsrechts abhängen. 10 Im zweiten Eingangsfall würde das bedeuten, W schuldet auflösend bedingt Rot- und aufschiebend bedingt Weißwein. Die Bedingung wäre dabei das auf Weißwein gerichtete Verlangen des G. 5

So ausdrücklich bei Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 187. Vgl. exemplarisch: Koch, in: MüKo, § 1383 BGB, Rn. 3; Kuckuk, in: Erman, 11. Vor­ auflage 2004, § 262 BGB, Rn. 2; Stadler, in: Jauernig, § 262, Rn. 8. D. Schwab / Löhnig, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 193, scheinen dagegen unter den Begriffen Ersetzungs­ befugnis und facultas alternativa nur ein Recht des Schuldners zu verstehen. 7 Eine bedeutsame Ausnahme findet sich bei Pescatore, Die alternative Obligation, S. 274. 8 So ausdrücklich im Anschluss an Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166ff.): Hem­ pel, Konzentration der alternativen Obligation, S. 10. Hellwig, Anspruch und Klagerecht, S. 102; Weitz, Die facultas alternativa, S. 37f.; RGZ 132, 9 (14). 9 Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166ff.) 10 Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (167f.). 6

I. Chronologische Darstellung

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Neben diesem Modell wurden noch weitere Varianten der Bedingungstheo­ rie vertreten. So hielt etwa Langheineken beide Ansprüche für resolutiv be­ dingt. Dabei sollte die Geltendmachung des Ersatz- bzw. eine Erfüllung des Primäranspruchs das jeweilige Erlöschen des anderen zur Folge haben. 11 Die hierbei offensichtlich vorgenommene Unterscheidung zwischen Leistungsbewir­ kung und schlichter Geltendmachung ist aber – wie die weitere Darstellung verdeutlichen wird – ein tradiertes, von der facultas alternativa des Schuldners auf die Gläubigerersetzungsbefugnis übergeleitetes, Merkmal. Übertragen auf den zweiten Eingangsfall würde das Modell Langheinekens dazu führen, dass W zunächst auflösend bedingt sowohl Rot- als auch Weißwein schuldet. Sobald W Rotwein geleistet und damit seine Verpflichtung erfüllt hat, würde der Anspruch auf Weißwein bedingungshalber untergehen. Würde G hingegen zuvor Weißwein fordern, so ginge der Anspruch auf Rotwein unter. Eine weitere Ausformung der Bedingungstheorie, die zugleich den Weg zur später vertretenen Wahlschuldtheorie ebnete, vertrat Siber. Er verstand unter der von ihm ebenfalls 12 als facultas alternativa bezeichneten und nur dem Gläubiger zugestandenen 13 Berechtigung eine Konstellation, bei der zu Beginn nur eine Leistung geschuldet wird, daneben aber unter einer aufschiebenden Bedingung noch eine zweite. Die Ausübung der Befugnis sollte dabei die Bedingung für die Umwandlung einer einfachen in eine alternative Schuld sein. 14 In einer zeitlich nachfolgenden Schrift entwickelte er diesen Ansatz noch einen Schritt weiter und gelangte zu dem Schluss, dass es sich bei der von ihm dargestellten Befugnis letztlich nur um eine Unterart der Wahlobligation handeln könne. 15 Im zweiten Eingangsfall hätte das zur Folge, dass W zunächst Rot- und zusätz­ lich aufschiebend bedingt Weißwein schuldet. Sobald G nun Weißwein verlangt, würde ein alternativ auf Rot- oder Weißwein gerichteter Anspruch entstehen. In der Vergangenheit ebenfalls als Fall der Bedingungstheorie eingestuft, wurde ein von Dechamps im Jahr 1901 entwickelter Ansatz. 16 Das in der Sa­ che ist jedoch nur teilweise zutreffend. Dechamps unterschied bereits zwischen echter Ersetzung und bloßer Berechtigung zur Leistung an Erfüllungs statt. Eine 11

Vgl. Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 201. Gleichfalls als facultas alternativa bezeichnete Siber, Rechtszwang im Schuldver­ hältnis, S. 64, die Berechtigung des Schuldners zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung. 13 Das Recht des Schuldners verstand er hingegen im Sinne des heutigen § 364 Abs. 1 BGB. Vgl. Siber, Rechtszwang im Schuldverhältnis, S. 64, Fn. 2. 14 Vgl. Siber, Rechtszwang im Schuldverhältnis, S. 64, Fn. 2. 15 Vgl. Siber, KritVSchr 1905, 526 (549). 16 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 17; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 36; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläu­ bigers, 28. 12

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

Konstruktion der Befugnis mit Hilfe von Bedingungen, bei der er ein aufschie­ bend bedingtes Surrogat zur Erfüllung des Primäranspruchs annahm, erfolgte dabei nur in der zweiten Variante bei einer Berechtigung des Gläubigers. 17 In der von ihm hingegen als Eventualobligation bezeichneten Befugnis – bei der nach seiner Auffassung „ungewiss ist [...], ob das zunächst geschuldete auch geschuldet bleibt“ 18 – sah Dechamps eine echte Austauschberechtigung. 19 Deren konkrete Rechtsnatur wurde von ihm in diesem Zusammenhang jedoch noch nicht vertieft untersucht. b) Stellungnahme Dem Modell der Erklärung der Ersetzungsbefugnis in der Form bedingter An­ sprüche kann insgesamt nicht gefolgt werden. Zwar erscheint nicht jeder in der Vergangenheit gegen die Bedingungstheorie erhobene Einwand zutreffend. So ist etwa die Annahme 20 abzulehnen, die Bedingungstheorie missachte den Par­ teiwillen, der nur die Möglichkeit des Schuldens der Ersatzleistung, nicht aber das sofortige Schulden der Ersatzleistung selbst umfasse. Dieses Ziel lässt sich schließlich auf verschiedene Weise juristisch konstruieren. Auch ein aufschie­ bend bedingt geschuldeter Leistungsgegenstand ist bis zum Bedingungseintritt noch nicht geschuldet. 21 Nicht hinreichend berücksichtigt wird durch alle Ausfor­ mungen der Bedingungstheorie aber, dass die Befugnis dem Ausgangsanspruch beigefügt wurde und nicht zwischen zwei eigenständigen Ansprüchen besteht. Das Modell trennt also nicht hinreichend zwischen den beiden Kategorien An­ spruch und Schuldverhältnis im weiteren Sinne. 22 Zunächst existiert nur ein konkreter Anspruch, ein zweiter ist nicht, auch nicht suspensiv bedingt, vorhan­ den. 23 Durch Ausübung der Befugnis wird dieser bzw. die geschuldete Leistung substituiert und verändert damit das Schuldverhältnis im weiteren Sinne, das im Übrigen bestehen bleibt. Ein solches Verständnis war allerdings erst möglich, nachdem sich die Erkenntnis herausgebildet hatte, dass subjektive Rechte exis­ tieren, die selbst nicht die Natur einer Forderung besitzen, ihren Inhaber jedoch zur Erzeugung einer solchen berechtigen. 24 Die Befugnis zur Schuldersetzung ist 17

Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 84. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 53. 19 Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 63. 20 Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 60ff. 21 A. A. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 12f. 22 Diese Schwäche weist selbst das BGB noch in seiner gegenwärtigen Fassung auf, indem § 241 Abs. 1 S. 1 BGB den in § 194 Abs. 1 BGB legal definierten Anspruchsbegriff mit dem des Schuldverhältnisses vermischt. 23 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 18; vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 56; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 28. 24 Zu dieser Schlussfolgerung gelangt Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 18. 18

I. Chronologische Darstellung

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damit nicht selbst Anspruch, sondern vielmehr Rechtsmacht, auf den Anspruch einzuwirken. 25 Gegen das Bedingungsmodell Regelsbergers 26 ist zusätzlich einzuwenden, dass die von ihm vertretene Kombination von Bedingungstheorie und Leistung an Erfüllungs statt, ausgeschlossen ist. Zu Recht zeigten einige Vertreter der ihm nachfolgen Literatur auf, dass nach dem Bedingungseintritt keine Primär­ leistungspflicht mehr besteht, an deren Erfüllungs statt einer Sekundärleistung erbracht werden könnte. 27 Eine nicht mehr existente Forderung kann nicht getilgt werden. Außerdem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass selbst Regelsberger die Bedingungstheorie, obgleich er ihr Begründer ist, letztlich nicht in aller Konsequenz verfolgte. Anderenfalls hätte er nicht danach fragen dürfen, 28 ob es dem Gläubiger nach dem Verlangen der Ersatzleistung freistehe, nun wie­ der auf die Primärleistung zurückzugreifen. 29 Dieser Anspruch müsste nämlich, wie oben erläutert, in konsequenter Verfolgung seiner Bedingungstheorie als durch den Bedingungseintritt vernichtet betrachtet werden. Für die Ablehnung der Ansicht Langheinekens spricht zudem, dass die Un­ terscheidung zwischen Leistungsbewirkung und schlichter Geltendmachung von einer nur unzureichend erfolgten Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Ersetzungsrecht und Befugnis zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung zeugt. Hier wurde die Wirkung der weitaus älteren 30, als facultas alternativa be­ zeichneten, Schuldnerbefugnis auf die Berechtigung des Gläubigers übertragen. Das lässt sich mit dem heutigen, noch näher zu erläuternden, 31 Verständnis der Ersetzungsbefugnis als Gestaltungsrecht nicht vereinbaren und sollte daher verworfen werden. Nicht ausgeschlossen erscheint es, den Erklärungsversuch unter Zuhilfenahme von Bedingungen zumindest teilweise auf die erheblichen Abgrenzungsschwie­ rigkeiten zur Wahlschuld zurückzuführen, die den wissenschaftlichen Diskurs um das Jahr 1900 prägten. 32 Die Alternativobligation wurde etwa im 16. Jh. nach einhelliger Auffassung noch als ein Fall bedingter Ansprüche verstanden. 33 Die Konsultation der aus dieser Zeit stammenden Werke, etwa von Alciatus, Do­ 25 Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 10; Gernsheim, Erset­ zungsbefugnis, S. 26, 52. 26 Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166ff.). 27 Vgl. etwa Pescatore, Die alternative Obligation, S. 270. 28 Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (170). 29 Zutreffender Hinweis etwa bei Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 57. 30 Vgl. dazu: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 10f.; Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 9; Hempel, Konzentration der alternativen Obligation, S. 8; Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166); Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 42ff.; Weitz, Die facultas alternativa, S. 28ff. 31 Vgl. dazu unten B.I.3.

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nellus, Giphanius, Manzano und Gothofredus, war, wie etwa bei Pescatore zu erkennen ist, 34 zur Erklärung zivilrechtlicher Institute im 19. Jh. keinesfalls un­ üblich. Das hatte zur Folge, dass die Wahlschuld im Zeitraum um die BGBKodifikation noch vielfach mit Hilfe von Bedingungen erklärt wurde. 35 Eine schlichte Übertragung dieses Bedingungsmodells von der Wahlschuld auf die Ersetzungsbefugnis erscheint somit wahrscheinlich. Auch für die Wahlschuld wurde dieser Ansatz allerdings später zu Recht 36 aufgegeben. 37 2. Gleichstellung mit der Wahlschuld a) Darstellung Die zunehmende Abkehr der Rechtswissenschaft von der Bedingungstheorie führte zu einem Ansatz, der die eigenständige Bedeutung des Rechts zur Schul­ dersetzung nun gänzlich bestritt. In besonderem Maße Pescatore 38 und nach ihm Siber 39, Endemann 40, Heck 41 und Moritz 42 verstanden die nur dem Gläubiger zugestandene Berechtigung als Sonderfall der Wahlschuld. Diese ist heute in den §§ 262ff. BGB geregelt und erfasst den Fall, dass mehrere Leistungen in der Weise geschuldet werden, dass nur die eine oder die andere zu bewirken ist. Infolge dieser Einordnung versagten die Vertreter der Wahlschuldtheorie der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers die Qualität eines Rechtsinstituts sui generis. Hervorzuheben ist dabei der Beitrag Pescatores, der mit seinen beiden Werken 32

Vgl. exemplarisch: Moritz, Kauf mit Vereinbarung des Umtausches, S. 25; Pescatore, Die alternative Obligation, S. 274; Siber, KritVSchr 1905, 526 (549) erläuternd zu: ders., Rechtszwang im Schuldverhältnis, S. 64, Fn. 2. 33 Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 18; weitere Nachweise bei Pescatore, Die so genannte alternative Obligation, S. 16. 34 Vgl. Pescatore, Die alternative Obligation, S. 16. 35 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 60. 36 Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 18. 37 Diese Entwicklung ist etwa zu erkennen bei Demelius, ZCP 1860, 30f.; W. Müller; Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 17. 38 Vgl. Pescatore, Die alternative Obligation, S. 274. 39 Vgl. Siber, KritVSchr 1905, 526 (549) erläuternd zu ders., Rechtszwang im Schuld­ verhältnis, S. 64, Fn. 2. 40 Vgl. dazu Endemann, Bürgerliches Recht, Bd. 1, S. 508, Fn. 1, der die facultas alternativa als Fall der alternativen Schuldverpflichtung gemäß § 262 BGB versteht. 41 Vgl. Heck, Schuldrecht, S. 35f. Nach dessen Auffassung besteht der Unterschied zur Wahlobligation allein in der Formulierung und ist daher nicht inhaltlicher Natur. Dieser Schluss erscheint inkonsequent, erkennt er doch zuvor an, dass die von ihm als facultas alternativa bezeichnete Befugnis durch die ungleiche Anordnung und Staffelung der Leistungsinhalte gekennzeichnet ist. 42 Vgl. Moritz, Kauf mit Vereinbarung des Umtausches, S. 25.

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„Die Wahlschuldverhältnisse“ und „Die sogenannte alternative Obligation“ zum Wegbereiter dieser Ansicht wurde. Argumentativ stützte er sich auf die zu Recht als zweifelhaft bewertete Kombination von Bedingungstheorie und Leistung an Erfüllungs statt, wie sie bei Regelsberger 43 zu finden ist. Zutreffend zeigte er auf, dass sich Bedingungstheorie und Leistung an Erfüllungs statt nicht miteinander vereinbaren lassen, da nach dem Bedingungseintritt keine Primärleistungspflicht mehr besteht, an deren Erfüllungs statt eine Sekundärleistung erbracht werden könnte. 44 Hieraus folgerten die Vertreter der Wahlschuldtheorie, dass zumindest eines der Elemente des Ansatzes Regelsbergers zu verwerfen ist. Ohne eine im Ergebnis tatsächlich überzeugende Begründung 45 entschieden sie sich dabei für die Resolutivbedingung der Primärschuld. 46 Diese sollte also mit dem Eintritt des Ereignisses, sei es eine Bedingung oder eine gestaltenden Erklärung, nicht mehr untergehen. Aus diesem Grund sei die Primärleistung immer geschuldet, die Zweitleistung gelange jedoch hinzu, sobald deren Suspensivbedingung – das Verlangen der Sekundärleistung – eintrete. Es sei demnach eine Wahlschuld gegeben, bei der der Moment ihrer Entstehung mit der sofortigen 47 Ausübung der Wahl zusammenfällt. Nach Pescatore waren die beiden Leistungsalternativen damit durch ein „anstatt“ und nicht, wie sonst bei der Wahlschuld üblich, durch ein „oder“ verbunden. Das sei aber die einzige Besonderheit gegenüber dem Regelfall des § 262 BGB, die allein keine Einstufung der Ersetzungsbefugnis als Rechtsinstitut eigener Art rechtfertigen könne. 48 Übertragen auf den zweiten Eingangsfall würde das bedeuten, dass W zunächst Rot- und zusätzlich aufschiebend bedingt Weißwein schuldet. Sobald G nun Weißwein verlangt, würde ein alternativ auf Rot- oder Weißwein gerichteter Anspruch entstehen. Zeitgleich sei das Verlangen des Weißweins aber auch die Wahlerklärung i. S. d. § 263 BGB, die die alternative Leistungspflicht dann wiederum auf die Weißweinforderung beschränkt. b) Stellungnahme Die Einwände gegen die Einordnung der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers als Fall der Wahlschuld sind vielfältig und lassen sich in zwei Kategorien un­ 43

Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166ff.). Pescatore, Die alternative Obligation, S. 270. 45 Pescatore, Die alternative Obligation, S. 271f., versucht dieses zwar damit zu be­ gründen, dass auch Regelsberger diesem Element seiner Theorie weniger Bedeutung beimisst. Seine weiteren Ausführungen legen jedoch die Annahme nahe, dass das viel­ mehr eine ergebnisorientierte Zweckentscheidung ist, um final zur Alternativobligation zu gelangen. 46 Vgl. Pescatore, Die alternative Obligation, S. 271f. 47 Vgl. Pescatore, Die alternative Obligation, S. 273. 48 Vgl. Pescatore, Wahlschuldverhältnisse, S. 263. 44

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terteilen. Ein Teil der Kritik richtet sich gegen das Modell selbst und die darin vorausgesetzte Vergleichbarkeit 49 beider Rechtsfiguren. Gemeinsam ist Wahl­ schuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers zwar, dass vor der Ausübung des Wahl- oder Ersetzungsrechts – die nach heute vorherrschender Ansicht beide der Kategorie der Gestaltungsrechte zuzuordnen sind – nur eine 50 Forderung existiert. Auch im Fall der Wahlschuld besteht nur ein Anspruch, der jedoch auf mindestens zwei alternativen gerichtet und damit noch unbestimmt ist. Au­ ßerdem steht in beiden Fälle im Zeitpunkt vor der Gestaltung nicht fest, ob die Schuldtilgung letztlich mit der einen oder anderen Leistung erfolgen wird. 51 Das resultiert bei der Wahlschuld aus der oben genannten Unbestimmtheit des An­ spruchs, bei der Ersetzungsbefugnis dagegen aus der Möglichkeit der Ersetzung des Geschuldeten. Weitaus umfangreicher fallen aber die Unterschiede aus. Dabei ist die tradierte Formel, bei der Ersetzungsbefugnis (des Schuldners) 52 sei nur ein Leistungsgegenstand in obligatione, zwei befänden sich dagegen in solutione, während bei der Wahlschuld die Regel duae res in obligatione, una in solutione gelte, für die Abgrenzung zwischen beiden keineswegs hilfreich 53 Dieses Schema sei zwar nach Gernsheim auch zur Abgrenzung von Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers geeignet. 54 Ob das zutreffend ist, muss an dieser Stelle aber noch nicht beantwortet werden. Bereits zu Beginn der intensiven juristischen Auseinandersetzung mit der Ersetzungsbefugnis hatten nämlich vereinzelte Stimmen in der Literatur 55 zu Recht darauf hingewiesen, dass auch bei der Wahlschuld theoretisch beide Leistungen zur Erfüllung geeignet sind. Auch hier müsste also hier die Aussage duae res in solutione gelten. Damit sei die Formel zur Vornahme einer Abgrenzung beider Rechtsfiguren letztlich „vollständig wertlos“ 56. Dieser Annahme ist zuzustimmen. Ein bedeutsamer Unterschied zwischen der Ersetzungsbefugnis des Gläubi­ gers und der Wahlschuld besteht aber hinsichtlich der Tilgungsmöglichkeit. Im Fall der Wahlschuld steht dem Wahlberechtigten die Befugnis zu, den bisher zwei oder mehr Leistungsalternativen umfassenden und damit noch unbestimm­ 49

Zur Abgrenzung von Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis vgl. C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 133ff. 50 Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 213. 51 C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 134. 52 Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166). 53 Zu finden etwa bei: Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 25; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuld­ ners, 42f. 54 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 61. 55 Vgl. Pescatore, Die alternative Obligation, S. 14f.; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 43. 56 Pescatore, Die alternative Obligation, S. 14f.; zustimmend Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 17; Ziegler, AcP 1971, 193 (203).

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ten aber einheitlichen 57 Anspruch, 58 mittels einer einseitiger Willenserklärung, auf eine Leistungsalternative zu beschränken. Mit diesem Gestaltungsrecht geht aber zugleich auch die Obliegenheit des Wahlberechtigten zur Wahlausübung einher. 59 Beide sind untrennbar 60 mit der Erfüllbarkeit des Anspruchs verbunden. Ohne die Erklärung bliebe der Anspruch unbestimmt. 61 Der Schuldner wüsste nicht, was er leisten muss, der Gläubiger nicht, was er verlangen darf. Der Ge­ setzgeber trug diesem Befund durch die Regelung des § 264 BGB Rechnung, der das Wahlrecht im Falle des Verzuges unter bestimmten Voraussetzungen auf den anderen Teil „überleitet“. 62 Nach der erfolgten Wahlerklärung wandelt sich die Alternativschuld gemäß § 263 Abs. 2 BGB ex tunc in ein einfaches Schuld­ verhältnis um, dessen Inhalt sich nunmehr allein auf den gewählten Gegenstand erstreckt. Die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers besitzt dagegen einen völlig anderen Charakter. Bei ihr ist immer nur eine Art der Leistung geschuldet 63 und auch nur diese ist erfüllungsgeeignet. Für den konkreten Fall des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bedeutet das etwa, dass der Gläubiger vom Schuldner zunächst nur Naturalresti­ tution verlangen kann. Würde in dieser Situation die Ersetzungsbefugnis außer Acht gelassen werden, so läge ein völlig „normaler“ und hinreichend bestimm­ ter 64 Anspruch vor. 65 Die fehlende Bestimmtheit bei der Wahlschuld ließe ein Ausblenden des Wahlrechts dagegen gerade nicht zu. Auch nach Ausübung der Ersetzungsbefugnis existiert erneut nur eine einzige, vollständig bestimmte For­ derung. Das ist bei § 249 Abs. 2 S. 1 BGB der Anspruch auf Entschädigung in Geld. Zu keinem Zeitpunkt stehen Naturalrestitution und Geldzahlung alternativ nebeneinander. 66 Weder die Existenz noch die Verwendung der Befugnis sind demnach für den Bestand oder die Erfüllbarkeit der Primärforderung notwen­ dig. 67 Mit der Ausübung wird die Ersatzleistung – im Gegensatz zur Wahlschuld nach § 263 Abs. 2 BGB – auch nicht als von Anfang an geschuldet betrachtet. 68 Sie tritt vielmehr nur an die Stelle der zuvor bestehenden Primärleistung. 57

BGH, NJW 1954, 265. Hahn / Reif, JURA 2008, 569 (572). 59 Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 266f.; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 264 BGB, Rn. 2. 60 Vgl. Krüger, in: MüKo, § 264 BGB, Rn. 1. 61 So zutreffend auch bei Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 64. 62 Zu konkreten Wirkungsweise von § 264 BGB vgl. unten D.II. 63 Ziegler, AcP 1971, 193 (203). 64 Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 10; Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 211. 65 Vgl. dazu Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 97f. und C. Wagner, Die Wahl­ schuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 150. 66 Aus diesem Grund erscheint es in semantischer Hinsicht nicht überzeugend, wenn Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 14, die Folge der Ausübung der Ersetzungsbefug­ nis als Konzentration bezeichnet. 58

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Diese Gegenüberstellung verdeutlicht, in welchem Maße sich Ersetzungsbe­ fugnis und Wahlschuld voneinander unterschieden. Aufgrund dieser gravieren­ den Differenzen ist es auch grundsätzlich richtig, dass sich die überwiegende Auffassung in der Literatur heute gegen eine Anwendung der Wahlschuldregeln auf die Ersetzungsbefugnis ausspricht. 69 Inwiefern einzelfallorientierte Abwei­ chungen von diesem Grundsatz erforderlich sind, wird der weitere Gang der Untersuchung zeigen. Bereits an dieser Stelle lässt sich aber jedenfalls festhal­ ten, dass die zum hier erläuterten Verhältnis in der Literatur aufgestellte These, eine grundsätzliche Verschiedenheit zwischen beiden Rechtsinstituten bestehe nicht, 70 nachdrücklich zurückzuweisen ist. Neben den genannten Unterschieden zwischen Ersetzungsbefugnis und Wahl­ schuld lässt sich gegen die Wahlschuldtheorie weiterhin einwenden, dass das Mo­ dell zudem gegen eine notwendige Grundvoraussetzung der Wahlschuld selbst verstößt. Es vernachlässigt nämlich, dass das Nebeneinanderstehen zweier Alter­ nativen, und damit ihre zwingende Verbundenheit durch ein „oder“, gerade das nach § 262 BGB erforderliche Hauptmerkmal der Wahlschuld darstellt. 71 Folg­ lich erscheint die oben genannte Auffassung Pescatores zwar insoweit zutreffend, als er es überhaupt für möglich hält, beiden Alternativen eine Bedingung oder Befristung beizufügen, ohne dass dieses eine Wahlschuld gänzlich ausschließen würde. 72 Die Grenze für die Annahme einer Wahlschuld muss aber spätestens dann erreicht sein, wenn die Bedingung in der Weise formuliert ist, dass die Leistungspflichten zu keiner Zeit alternativ nebeneinander bestehen. Weiterhin lenkte der durch die Vertreter der Wahlschuldtheorie geforderte Ver­ zicht auf die Resolutivbedingung zwangsläufig in eine vorgezeichnete Richtung, die den eigentlichen Grundgedanken des Regelsbergerschen Ansatzes missach­ tet. Letzterer versuchte eine Konstellation aufzuzeigen, in der zu jeder Zeit nur eine durchsetzbare Forderung vorliegt. 73 Um dieses Ergebnis zu erreichen, ist es 67 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 26; Sämann, Wahlschuld und Ersetzungsbefug­ nis, S. 56. 68 Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 14; vgl. Schlitt, in: Münchner Anwaltshand­ buch Erbrecht, § 13, Rn. 180; BGH, MDR 1958, 333 (334); RGZ 132, 9 (14); 136, 127 (129f.). 69 Vgl. Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 14; Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 61 HGB, Rn. 10; H. Heinrichs, in: Palandt, § 262 BGB, Rn. 7; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 7; Schefold, in: Bankrechts-Handbuch, § 116, Rn. 409; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 5; Ziegler, AcP 1971, 193 (203). Ebenso RGZ 136, 127 (130). 70 So etwa: Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 8; Heck, Schuldrecht, S. 35f. 71 Dieses wird deutlich anhand des Wortlauts von § 262 BGB. 72 Vgl. dazu Pescatore, Wahlschuldverhältnisse, S. 279. 73 Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (167). Diese Kernaussage kannte auch Pesca­ tore, Die alternative Obligation, S. 271.

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aber unverzichtbar, dass die anfangs bestehende Forderung oder zumindest deren primärer Leistungsinhalt spätestens mit dem Aufleben der Ersatzleistungspflicht aus dem Schuldverhältnis im weiteren Sinne ausscheidet. Konzeptionell ist die­ ser Ansatz zwar ohne Zweifel kritisch zu hinterfragen. Werden jedoch, wie etwa bei Pescatore geschehen, die genannte Zielstellung und damit die der Debatte vorgegebenen 74 Rahmenbedingungen der Rechtsfigur außer Acht gelassen, so können die vorgebrachten Argumente nicht zur Charakterisierung dieser Befug­ nis beitragen. Die Vertreter dieses Erklärungsmodells hätten demnach niemals zur Konstruktion zweier parallel existierenden Forderungen gelangen dürfen. 75 Das musste letztlich auch Siber für die von ihm vorgeschlagene Konstruk­ tion einer aufschiebend bedingten Wahlschuld anerkennen. Als Reaktion auf die sein Modell stark kritisierenden Abhandlungen von Litten 76 und Langhei­ neken 77 revidierte Siber seine zuvor geäußerte Ansicht. Dabei gestand er zu, dass sich die gesetzlich geregelten Fälle der Ersetzungsbefugnis gerade dadurch auszeichneten, dass Primär- und Ersatzforderung in einer zeitlichen Abfolge und daher keinesfalls alternativ zueinander stehen. 78 Gerade das ist jedoch eine not­ wendige Bedingung der Wahlschuld. Zumindest im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass auch Siber der hier untersuchten Befugnis sowohl gegenüber der Wahlschuld 79 als auch der bloßen Tilgungsberechtigung 80 die Qualität einer eigenständigen Rechtsfigur zusprach. Im Ergebnis lässt sich also festhalten, dass sich die Wahlschuldtheorie von der eigentlich zu charakterisierenden Rechtsfigur stark entfernt hat. Ihr ist dabei zwar die Erkenntnis zuzugestehen, dass sich die Regelsbergersche Bedingungs­ konstruktion als verfehlt erwies. Dieses zu offenbaren und damit den Weg für die Annahme eines einheitlichen Anspruchs zu bereiten, ist aber ihr einzig nach­ wirkender, wenn auch nicht unbedeutender, Verdienst.

74 Wie Alexy, Theorie der juristischen Argumentation, S. 34, 37, treffend ausführt, ist der juristische Diskurs durch das Merkmal der Argumentation unter einer Reihe einschränkender Bedingungen geprägt. Zu diesen Bedingungen muss im konkreten Fall aber auch das von Regelsberger als zu erreichendes Ergebnis vorausgesetzte „Fordern an Stelle einer anderen Leistung“ gezählt werden. 75 Ebenso vom ursprünglichen Zweck der Befugnis entfremdet hat sich damit auch die Erkenntnis der Wahlschuldtheorie, dass für das Fordern einer anderen Leistung, statt der „ursprünglich ins Auge gefassten“, nun auch keine Suspensivbedingung der Zweitschuld mehr erforderlich sei, sondern vielmehr an das unmittelbare Bestehen einer Wahlschuld zu denken ist. Vgl. dazu Pescatore, Die alternative Obligation, S. 278. 76 Litten, Wahlschuld. 77 Langheineken, Anspruch und Einrede. 78 Vgl. Siber, KritVSchr 1905, S. 526 (550). 79 Vgl. Siber, KritVSchr 1905, S. 526 (549f.). 80 Vgl. Siber, KritVSchr 1905, S. 526 (551).

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Ergänzend ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass auch der historische BGB-Gesetzgeber keine klare Trennung zwischen einer Schuld mit Ersetzungs­ recht und einer Wahlobligation vornahm. In den Protokollen zur Regelung des heutigen § 249 BGB 81 findet sich der Hinweis, es handele sich bei einer Konstel­ lation, bei der Schadensersatz grundsätzlich in Geld, auf Verlangen des Gläubi­ gers jedoch durch Naturalrestitution geleistet werden sollte, um eine Ersetzung. 82 Zur genau entgegengesetzten, später in das Gesetz übernommenen Regelung, nach der die Naturalrestitutionsforderung den Grundsatz bildet, führen die Pro­ tokolle hingegen aus, dem Gläubiger stünde damit ein „alternatives Recht“ zu, bei dem beide Ansprüche nebeneinander stehen. 83 Dieser Befund mag unbefrie­ digend erscheinen. Er liefert jedoch einerseits eine mögliche Begründung dafür, dass das Recht zum einseitigen Schuldaustausch keine eigenständige, allgemeine Regelung im BGB erhalten hat. Zum anderen erscheint die Tatsache, dass die Notwendigkeit einer Abgrenzung von Ersetzungsbefugnis und Wahlschuld bis­ her nicht immer vorbehaltlos anerkannt wurde, weniger verwunderlich. 84 3. Die Ersetzungsbefugnis als Gestaltungsrecht Zur Erklärung der Ersetzungsbefugnis erweist sich damit weder die Wahl­ schuld noch das Verständnis in Form mehrerer bedingter Forderungen als ge­ eignet, was im Ergebnis auch der zeitlich nachfolgenden Literatur 85 und Recht­ sprechung nicht verborgen blieb. Diese ordnet die Befugnis zur Schuldersetzung heute zutreffend dem auf Seckel 86 zurückgehenden Begriff der Gestaltungsrechte zu. 87 Diese Kategorie subjektiver Rechte 88 verleiht ihrem Inhaber, in Abkehr vom vertraglichen Mitwirkungsprinzip, 89 die Macht zur einseitigen 90 Einwirkung auf 81

Vgl. dazu oben Fn. 9. Vgl. Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. I, S. 297. 83 Vgl. Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. II, S. 513. 84 Vgl. dazu Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 8 und Heck, Schuldrecht, S. 35f. 85 Vgl. exemplarisch: Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 12; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 57. 86 Vgl. Seckel, in: FS-Koch, S. 205ff. 87 Vgl. Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 98; Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 10; P. Bydlinski, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 266; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 43; Gernsheim, Er­ setzungsbefugnis, 27; Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 170; Loewenthal, Ueber­ gang der Gestaltungsrechte, S. 39; Pieper, Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt, S. 166; Riebow, Kauf auf Umtausch, S. 56; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191; Staks, Spekulation mit Gestaltungsrechten, S. 10; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262, Rn. 7; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 17; Ziegler; AcP 1971, 193 (204); BGH, NJW 1970, 992; BGH, NZM 1999, 803; OLG Celle, NdsRpfl 1962, 260 (261); OLG Naumburg, NJW-RR 2001, 423; RGZ 132, 9 (14). 82

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ein Rechtsverhältnis und kann inhaltlich auch die Begründung und Aufhebung von Rechten umfassen. 91 Im konkreten Fall der Ersetzungsbefugnis handelt es sich um eine Berechtigung zum Austausch der bestehenden Primärleistungs­ pflicht durch eine Ersatzleistungspflicht. 92 Der Austausch hat zur Folge, dass die Ersatzleistungspflicht in ein möglicherweise zuvor bestehendes Synallagma einrückt. Nach der Gestaltungsrechtslösung kann G im zweiten Einführungsbeispiel die Pflicht zur Lieferung von Weißwein an die Stelle der Verpflichtung zur Liefe­ rung von Rotwein treten lassen. Das hat zur Konsequenz, dass dann nur noch die Ersatzleistung statt der Primärleistung geschuldet wird. Hier wird deutlich, dass die Rechtsfolge weithin der Auswirkung der Bedingungstheorie ähnelt, so­ fern als Tilgungsfolge Erfüllung und nicht Erfüllungs statt angenommen würde. Wesentlichster Unterschied zwischen beiden ist damit die Qualifizierung der Ersetzungsbefugnis als subjektives Recht. Das Einrücken in das Synallagma führt im Fall des Weinhändlers dazu, dass der Weißwein nach der Ersetzung zur Gegenleistung für den Anspruch des W auf Zahlung des Kaufpreises wird. Vor der Rechtsausübung ist stets nur eine bestimmte Art der Leistung ge­ schuldet. 93 Diesem Leistungsanspruch wurde zusätzlich die Ersetzungsbefugnis beigefügt, die es ihrem Inhaber ermöglicht, den gegenwärtigen Inhalt durch ei­ nen bestimmten 94 andersartigen einseitig auszutauschen. Die Befugnis ist dabei losgelöst von der grundsätzlichen Schuld als eigenständige Rechtsfigur zu ver­ stehen und bildet keinen notwendigen Bestandteil des Rechtsverhältnisses. 95 Sie wird daher zutreffend als accidentale, nicht aber essentiale, negotii bezeichnet. 96 Wegen ihrer unmittelbaren Einwirkung auf die geschuldete Leistung und damit 88 Zur Einordnung der Gestaltungsrechte als subjektive Rechte vgl. Scholz, Gestal­ tungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 36ff. 89 Bötticher, in: FS-Dölle, S. 40 (45); v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 23. 90 Becker, AcP 1988, 24 (27); Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 612; Larenz / Wolf, BGB AT, § 15, Rn. 65; Leverenz, JURA 1996, 1; Loewenthal, Uebergang der Gestaltungsrechte, S. 5; Medicus, BGB AT, Rn. 79; Schlochoff, Gestaltungsrechte und ihre Übertragbarkeit, S. 6; Schürnbrand, AcP 2004, 177 (179); Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (210); R. Steiner, Gestaltungsrecht, S. 29. Adomeit, Gestaltungsrechte, Rechtsgeschäfte, Ansprüche, S. 10ff., möchte den Begriff der Gestaltungsrechte nicht auf einseitige Rechtsgeschäfte begrenzen. 91 v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 23. 92 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 24f.; Gernsheim, Ersetzungsbe­ fugnis, S. 53; Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 11. 93 BGH, NJW 1952, 619 (620). 94 So schon Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166). 95 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 26. A. A.: Dechamps, Die obligatorischen Wahl­ verhältnisse, S. 64 und Weitz, Die facultas alternativa, S. 54, beide jedoch ohne jegliche Begründung. 96 Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 43.

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auf die Forderung besitzt die Ersetzungsbefugnis zudem auch einen verfügenden Charakter. 97 Obwohl zu jeder Zeit nur eine bestimmte Art der Leistung geschuldet wird, 98 ist auch die noch nicht zum Schuldgegenstand erhobene Ersatzleistung bereits umfassend bestimmt. 99 Beiden Parteien sind folglich alle mit der Ausübung des Gestaltungsrechts verbundenen Rechtsfolgen bekannt. Sofern der Ersetzungs­ berechtigte keinen Gebrauch von seinem Recht macht – schließlich ist die Ausübung für das Bestehen des bereits durchsetzbaren Anspruchs nicht erfor­ derlich – 100 bleibt die Forderung in ihrer alten Form bestehen. Es liegt damit eine bereits hinreichend konkrete Schuld vor, die ohne weiteres getilgt werden kann. 101 Leistet der Schuldner vor Ausübung des Ersetzungsrechts den Primärgegen­ stand, tritt, wie auch ohne ein solches Recht, Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB ein. Der Schuldner erbringt schließlich die geschuldete Leistung. Eine Leis­ tung des Ersatzgegenstandes würde dagegen grundsätzlich ohne Rechtsgrund erfolgen, wenn nicht wiederum der Leistungshandlung selbst eine konkludente Ersetzung entnommen werden könnte. Nach der Ausübung besteht dagegen al­ lein die auf den Ersatzgegenstand gerichtete Forderung, 102 deren Tilgung durch den Schuldner ebenfalls zur Erfüllung nach i. S. d. § 362 BGB führt. 103 Diese letztgenannte Konsequenz wurde vielfach nicht hinreichend berücksich­ tigt. Zu nennen ist hier etwa Gernsheim, nach dem der Satz „una res tantum in obligatione, duae in solutione“ im übertragenen Sinne problemlos auch auf die von ihm als echte Schuldersetzung verstandene Ersetzungsbefugnis des Gläu­ bigers anzuwenden sei. 104 Zwar sei nur eine Leistung Schuldinhalt, beide Leis­ tungen aber von Anfang an zur Tilgung geeignet. Das ist jedoch unzutreffend. Gernsheim hatte schließlich selbst erkannt, 105 dass in der genannten Konstella­ 97 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, Nachträge. Allgemein zum Verfügungscha­ rakter bei Gestaltungsrechten vgl. Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 124f. 98 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 48. 99 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 66. 100 Vgl. P. Bydlinski, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 266; Gernsheim, Er­ setzungsbefugnis, S. 46; Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 10. 101 Krüger, in: MüKo, § 262, Rn. 10; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262, Rn. 10. 102 BGH, MDR 1958, 333 (334). 103 Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 11; Gernhuber, Erfül­ lung und Surrogate, S. 97; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 36; a. A. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166f.); Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 30f.; BGH, NJW 1952, 619 (620). 104 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 61. 105 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 62.

I. Chronologische Darstellung

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tion stets nur eine Leistung geschuldet ist. Die Ersatzleistung muss daher bis zur Ausübung der Befugnis grundsätzlich als Tilgungsgegenstand ausscheiden. Gerade diese, die Wirkung der Befugnis betreffende, Schlüsselfrage zeigt aber mit aller Deutlichkeit, in welchem Maße sich eine Vielzahl von Autoren von der vermeintlichen Nähe zu der als Ersetzungsbefugnis des Schuldners bezeichneten Berechtigung zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung leiten und dabei den Blick für die tatsächliche Rechtsnatur der Gläubigerbefugnis trüben lässt. So rezitierte etwa Bracklo 106 noch zu Beginn seiner Arbeit unter Verweis auf Leonhard 107 die Definition der Ersetzungsbefugnis als Recht, statt der Verpflich­ tung etwas anderes leisten und statt des Anspruchsgegenstandes etwas anderes fordern zu können. An nachfolgender Stelle konstatierte er dann aber, dass nach Ausübung der Befugnis durch den Gläubiger nur Erfüllung vorliegen könne, da die Ersatzleistung nun geschuldet sei. 108 Ein derartig widersprüchliches Ver­ ständnis kann nicht überzeugen. Aus diesem Grund erschiene, sofern sich eine derartige Formel überhaupt als erforderlich erweist, 109 der Satz „una res tantum in obligatione, una in solutione, una in commutatione“ als weitaus treffender zur Beschreibung der Befugnis. Das Erlöschen der Forderung durch Leistung eines nicht geschuldeten Gegenstandes wäre dagegen nur im Wege der Leistung an Erfüllungs statt möglich. Bei dieser handelt es sich jedoch – wie die vorliegende Abhandlung noch aufzeigen wird – um ein völlig anderes juristisches Institut als das der Schuldersetzung. 4. Zwischenergebnis Bei der Ersetzungsbefugnis handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, dass sei­ nen Inhaber ermächtigt, einseitig auf die geschuldete Leistung einzuwirken. Ihre Einordnung als Unterfall der Wahlschuld i. S. d. § 262 BGB ist ebenso abzuleh­ nen, wie die Konstruktion in Form zweier bedingter Ansprüche.

106 107 108 109

Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 1f. Vgl. Leonhard, IherJb 1900, 1 (2). Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 11. Kritisch zu Recht Heck, Schuldrecht, S. 36.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

II. Abgrenzung zu weiteren ähnlichen Rechtsinstituten 1. Elektive Konkurrenz Die elektive bzw. alternative 110 Konkurrenz 111 ist im Vergleich zu den oben Genannten kein Rechtsinstitut im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr die Be­ zeichnung eines bestimmten Verhältnisses, in dem Ansprüche oder Gestaltungs­ rechte zueinander stehen können. 112 Bis zur Ausübung liegen mehrere 113 Rechte bereits vollständig bestimmt vor, was den wesentlichsten Unterschied zur Wahl­ schuld bildet. 114 Hieraus folgt, dass die §§ 262ff. BGB auch bei der elektiven Konkurrenz außer Anwendung bleiben müssen. 115 Das Konkurrenzverhältnis be­ sagt dabei, dass der Berechtigte zwar alle diese Rechte innehat, aber regelmäßig nur zur Geltendmachung von einem einzigen berechtigt ist. Die Nutzung von einem führt demnach zum Erlöschen aller anderen, in diesem Verhältnis ste­ henden, Ansprüche und Gestaltungsrechte. 116 Da es sich folglich nicht um ein Rechtsinstitut sui generis handelt, richten sich die einzelnen Rechtsfolgen stets nach den jeweils in Konkurrenz stehenden Rechten. 117 Ein gesetzlicher Fall der elektiven Konkurrenz findet sich etwa in § 281 Abs. 4 BGB. 118 Danach hat der Berechtigte neben dem Anspruch auf Scha­ densersatz statt der Leistung den fortbestehenden Erfüllungsanspruch. Macht er einen von beiden geltend, so erlischt zugleich der jeweils andere. Ein wei­ teres Beispiel enthält der § 437 Nr. 2 BGB. Danach stehen der Anspruch auf Minderung des Kaufpreises und die Möglichkeit des Rücktritts – beides heute Gestaltungsrechte – 119 in elektiver Konkurrenz zueinander. 120 110

Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 4. Sehr ausführlich zu dieser Rechtsfigur Bachmann, Die elektive Konkurrenz. 112 Althammer, NJW 2006, 1179 (1180); vgl. Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 259f. 113 Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 32; Hilger, NJW 1986, 2237; Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 213. 114 Vgl. Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 18; Ziegler, AcP 1971, 193 (205). Nach Heck, Schuldrecht, S. 33, waren die als elektive Konkurrenz behandelten Konstellationen dagegen nur als Sonderfälle der Alternativobligation einzustufen. 115 Vgl. Althammer, NJW 2006, 1179 (1180); Hilger, NJW 1986, 2237; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 5; Ziegler, AcP 1971, 193 (205); OLG Jena, OLG-NL 1996, 80 (82). 116 Medicus, Schuldrecht I, Rn. 186. 117 Vgl. Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262, Rn. 5. 118 Bressler, NJW 2004, 3382 (3383); H. Heinrichs, in: FS-Derleder, 2005, S. 87 (105); ders., in: Palandt, § 281 BGB, Rn. 49; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 18; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 281 BGB, Rn. 48. Ernst, in: MüKo, § 281 BGB, Rn. 68, tendierend im Hinblick auf seine Beschreibung vermutlich eher zu einer Ersetzungsbe­ fugnis. Zur Annahme einer Wahlschuld tendiert hingegen M. Schwab, JR 2003, 133 (134f.). 111

II. Abgrenzung zu weiteren ähnlichen Rechtsinstituten

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Von der elektiven Konkurrenz unterscheidet sich die Ersetzungsbefugnis ins­ besondere dadurch, dass bei ihr auch schon vor der Ausübung des Rechts nur ein einziger Anspruch besteht. 121 Da dieser aber zeitgleich mit der Entstehung des Ersatzanspruchs untergeht, kann ein Konkurrenzverhältnis niemals auftre­ ten. Wenn sogar ein Fall des bloßen Leistungsaustausches vorliegt, wird der Unterschied aufgrund der hier fortbestehenden Anspruchsidentität noch deutli­ cher. 122 Primär- und Ersatzgegenstand sind bei der Ersetzungsbefugnis zudem keinesfalls ebenbürtig, schließlich ist die zweite Leistung ohne Ausübung der Befugnis niemals geschuldet. Denkbar bleibt allerdings eine Konstellation, in der die Ersetzungsbefugnis selbst in elektiver Konkurrenz zu anderen Rechten steht. 2. Verhaltene Ansprüche Abzugrenzen ist die Ersetzungsbefugnis außerdem auch vom verhaltenen An­ spruch. 123 Bei diesem darf der Schuldner die Leistung nicht erbringen, bevor sie der Gläubiger einfordert. Die Möglichkeit des Schuldners zur Tilgung der Ver­ bindlichkeit hängt demnach von der Geltendmachung durch den Gläubiger ab. 124 Es handelt sich folglich um eine Konstellation, in der der Schuldner nicht stets von sich aus leisten, der Gläubiger aber jederzeit die Leistung fordern darf. 125 Im Unterschied zum Sekundäranspruch bei der Ersetzungsbefugnis, besteht der verhaltene Anspruch bereits vor seiner Geltendmachung. Das führt etwa dazu, dass auch seine Verjährung bereits begonnen hat. 126 Selbst die Fälligkeit des verhaltenen Anspruchs ist nicht zwingend an die Geltendmachung durch den Gläubiger gekoppelt. Sie kann – was der Regelfall ist – bereits vorher eintre­ ten. 127 Den Untergang einer bereits zuvor bestehenden anderen Leistungspflicht hat die Rechtsfigur des verhalten Anspruchs, im Gegensatz zur Ersetzungsbe­ 119 120

592.

121

Westermann, in: MüKo, § 437 BGB, Rn. 10. Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 12, mit weiteren Beispielen; RG, JW 1911,

Dieser Unterschied wird nicht berücksichtigt vom Emmerich, in: MüKo, § 285 BGB, Rn. 36, der elektive Konkurrenz und Ersetzungsbefugnis als eine Rechts­ figur aufzufassen scheint. 122 Vgl. hierzu Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 213, der allerdings nur von der Variante der forderungsändernden Leistungsersetzungsbefugnis ausgeht. 123 Ausführlich zum verhaltenen Anspruch Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 101ff.; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 195ff. 124 Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 57; Krüger, in: MüKo, § 271 BGB, Rn. 4. 125 BAG, NZI 2007, 58 (60). 126 Diederichsen JuS 1985, 825 (834); Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 57; Krüger, in: MüKo, § 271 BGB, Rn. 4. 127 Krüger, in: MüKo, § 271 BGB, Rn. 4.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

fugnis, nicht zur Folge. Im BGB finden sich verhaltene Ansprüche etwa in den §§ 368 128 und 416 Abs. 3 S. 1 BGB 129.

III. Recht zur Veränderung oder Recht zum Austausch; zugleich Abgrenzung zu Novation und Änderungsvertrag 1. Problemdarstellung Nachdem die Ersetzungsbefugnis im zurückliegenden Abschnitt der Gruppe der Gestaltungsrechte zugeordnet wurde, stellt sich nun die Frage, wie sich diese Gestaltungswirkung konkret vollzieht. Umstritten ist dabei insbesondere, ob die Befugnis nur zur Änderung oder sogar zum vollständigen Austausch des Anspruchs führt. Dieser Abgrenzung kommt nicht nur theoretische Bedeutung zu. Etwa im Fall der Verjährung führen beide Varianten zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB knüpft den Beginn der Verjährungsfrist an die Entstehung des Anspruchs. Im konkreten Fall des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB würde das bei einer vollständigen Substitution bedeuten, dass der Gläubiger durch Ausübung seiner Befugnis den nahezu oder sogar vollständig verjährten Naturalrestitutionsanspruch durch einen bisher unverjährten Zahlungsanspruch austauschen könnte. Handelte es sich dagegen bei der Ersetzungsbefugnis nur um ein einseitiges Änderungsrecht, so bestünde diese Möglichkeit für ihn nicht. Ausdrücklich gegen einen vollständigen Austausch der Forderung sprach sich etwa Erler aus. Nach seiner Ansicht wird der ursprüngliche Anspruch durch die Ersetzung der geschuldeten Leistung nur verändert. 130 Damit sei die genannte Befugnis das Recht, einen variablen Anspruch durch Gestaltung zu ändern. Da­ bei gehe die Variabilität in Folge der Ausübung verloren. 131 Zur Begründung wurde das moderne Verständnis vom Schuldverhältnis herangezogen, bei dem die einzelnen Pflichten prägend auf dieses einwirken. Hierbei stehen sich stets Recht und Pflicht zur Leistung gegenüber, wobei deren konkrete Ausgestaltung wiederum vom Inhalt der Forderung abhängt. 132 Erler trat auf diese Weise insbe­ sondere der Auffassung Gernsheims entgegen, nach der gerade die „Ersetzung des Anspruchs [...] [für die Ersetzungsbefugnis] begriffsnotwendig“ sei. 133 Ent­ schieden werden muss dieser Disput hier jedoch nicht. Zwar wird die Frage, ob die Ersetzungsbefugnis die Veränderung der geschuldeten Leistung unter Wah­ 128 129 130 131 132 133

Wenzel, in: MüKo, § 368 BGB, Rn. 9f.; Krüger, in: MüKo, § 271 BGB, Rn. 4. Bittner, in: Staudinger, § 271 BGB, Rn. 27. Vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 41. Vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 40, 44. Vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 42. Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 24.

III. Recht zur Veränderung oder Recht zum Austausch

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rung der Anspruchsidentität herbeiführt oder vielmehr novierend wirkt, in der Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Die überwiegende Auffassung tendiert zumindest begrifflich zum bloßen Austausch des Leistungs­ gegenstands. 134 Ein aufzulösender Gegensatz ist jedoch überhaupt nicht vorhan­ den. Wird berücksichtigt, dass die Befugnis zur Ersetzung der geschuldeten Leistung dem Zweck dient, ihrem Inhaber hinsichtlich der relevanten Obligation eine größere Entscheidungsfreiheit einzuräumen, so drängt sich unweigerlich der Vergleich mit den vertraglichen Änderungsmöglichkeiten auf. Aus diesem Grund gilt es sich an dieser Stelle zunächst mit den konsensualen Varianten ei­ ner Einwirkung auf den Anspruch auseinanderzusetzen. Konkret sind damit die Novation und der Änderungsvertrag gemeint, die mit dem Gestaltungsrecht zum einseitigen Austausch der geschuldeten Leistung insoweit vergleichbar sind, als dass sie ebenfalls die Möglichkeit bieten, auf den Inhalt der Schuld einzuwirken. Hierfür ist eine kurze inhaltliche Auseinandersetzung mit beiden Rechtsfiguren unverzichtbar. 2. Exkurs: Änderungsvertrag und Novation Bei dem in § 311 Abs. 1, 2. Alt. BGB angelegten Änderungsvertrag handelt es sich um eine grundsätzlich stets 135 mögliche Vereinbarung zwischen den Parteien eines Schuldverhältnisses. Dabei werden die Verpflichtungen unter Aufrechter­ haltung der Identität des ursprünglichen Anspruchs inhaltlich abgeändert. 136 Das hat zur Folge, dass bestehende Sicherungsrechte in ihrem alten Umfang im Zweifel nicht von der Änderung berührt werden. 137 Die modifizierende Wir­ kung – die gegenständlich jede 138 zulässige Vereinbarung umfassen und daher sogar eine Veränderung der Hauptleistungspflichten bewirken kann – tritt, je nach Parteiabrede, entweder ex tunc oder ex nunc ein. 139 134 Für einen Austausch des gesamten Anspruchs: Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 24; BGH, NZM 1999, 803; BVerwG, LKV 2008, 77. Für ein Verständnis der Be­ fugnis als Recht zur bloßen Substitution des geschuldeten Leistungsgegenstands: Bach­ mann, Die elektive Konkurrenz, S. 66; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 666f.; Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4; vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 42; Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 10; Leonhard, IherJb 1900, 1 (2); Medicus, Schuldrecht I, Rn. 188; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 192; C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 142. BGH, NJW 1952, 619 (620); Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 213. 135 Vgl. Stadler, in: Jauernig, § 311 BGB, Rn. 18. 136 Medicus, Schuldrecht I, Rn. 289; vgl. RGZ 65, 390 (392). 137 Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rn. 4; Stadler, in: Jauernig, § 311 BGB, Rn. 18. 138 Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rn. 29; vgl. BGH, NJW 1992, 2283 (2285). 139 Vgl. Gehrlein / Grünerberg / Sutschet, in: Bamberger / Roth, § 311 BGB, Rn. 32; Lö­ wisch, in: Staudinger, § 311 BGB, Rn. 65.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Novation um eine Schuldumbzw. Schuldneuschaffung, 140 die die Identität der Forderung gerade nicht auf­ rechterhält. Im BGB wurde sie, wie auch die Ersetzungsbefugnis, nicht 141 aus­ drücklich als eigenständiges Rechtsinstitut aufgenommen. Hinsichtlich ihrer Konstruktion ist einer weit verbreiteten Auffassung 142 mit Bedenken zu begeg­ nen, nach der die Begründung der neuen Forderung gemäß § 364 Abs. 1 BGB an Erfüllungs statt der alten Verbindlichkeit erfolgen soll. 143 Ist nämlich die alte Verbindlichkeit aufzuheben, so kann diese – wie Pescatore schon 1880 für die Ersetzungsbefugnis festgestellt hatte – 144 nicht gleichzeitig als notwendiger Rechtsgrund für die neue Schuld fortbestehen. 145 Das wäre aber erforderlich, 146 um in der Schaffung einer neuen Verbindlichkeit das Erfüllungssurrogat für die Ursprungsschuld zu erblicken. Dogmatisch überzeugen kann daher nur ein Modell, nach dem die Parteien mittels Novationsvereinbarung die ursprüngli­ che Forderung zum Erlöschen bringen und im Gegenzug einen neuen Anspruch begründen. 147 Mit einer Annahme an Erfüllungs statt hat das jedoch nichts zu tun. 148 Vielmehr führt das Rechtsinstitut der Novation selbst zum Entstehen der neuen Forderung. Aufgrund des Anspruchsuntergangs gehen dem Gläubiger in diesem Fall seine akzessorischen Sicherheiten verloren. 149 140

Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rn. 30, bezeichnet die Novation zwar als „völ­ lige Veränderung einer Schuld“, meint aber seinen Ausführungen zufolge eine echte Erneuerung. 141 Ausdrücklich abgelöst werden sollte die Novation allerdings nur als Mittel eines Parteiwechsels. Dazu Mot., Bd. II, S. 143. Aufgrund der im BGB verankerten Vertrags­ freiheit musste sie aber weiterhin zulässig bleiben. 142 Vgl. Fehr, Hingabe an Erfüllungsstatt, S. 22f.; Larenz, Schuldrecht AT, S. 93; Heck, Schuldrecht, S. 180; Schöninger, Leistungsgeschäfte des bürgerlichen Rechts, S. 276, 290ff.; v. Tuhr, BGB AT, Bd. 2, Hb. 2, S. 124; RGZ 119, 5 (12); 124, 355 (365). RG, SeuffA 1910, 144f.; HRR 1928, Nr. 1970. Schulze, in: Hk-BGB, § 311 BGB, Rn. 9, geht sogar noch einen Schritt weiter und erklärt, die Leistung an Erfüllungs statt sei ein Fall der Novation, wobei unklar ist, ob hier Ursache und Wirkung vertauscht wurden, oder sich eine Ungenauigkeit in der Formulierung eingeschlichen hat. 143 Vgl. zu dieser Diskussion: Beyer, Die Novation im heutigen Recht, S. 8ff.; Gern­ huber, Erfüllung und Surrogate, S. 409f. 144 Vgl. Pescatore, Die alternative Obligation, S. 270. 145 Diese Konsequenz bleibt etwa unberücksichtigt bei Larenz, Schuldrecht AT, S. 93. 146 Vgl. Kerwer, in: jurisPK, § 364, Rn. 3; Grünberg, in: Palandt, § 364, Rn. 4; Wenzel, in: MüKo, § 364, Rn. 1; Westermann, in: Erman, § 364, Rn. 2. 147 Vgl. RGZ 134, 153 (155f). 148 Vgl. dazu: Beyer, Die Novation im heutigen Recht, S. 10; Kerwer, in: jurisPK, § 364, Rn. 6; Wacke, DNotZ 2000, 616 (625). Ebenso Harder, Leistung an Erfüllungs Statt, S. 27f. So auch RGZ, 134, 153 (156), mit dem Hinweis man hätte alternativ zur Novation auch eine Annahme an Erfüllungs statt vereinbaren können. 149 Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rn. 30; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rn. 4; Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 25, Fn. 39; Larenz, Schuldrecht AT, S. 92; Lö­ wisch, in: Staudinger, § 311 BGB, Rn. 71; Schulze, in: Hk-BGB, § 311 BGB, Rn. 11;

III. Recht zur Veränderung oder Recht zum Austausch

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Über die im Einzelfall angestrebten Wirkungen des geschlossenen Vertrages und damit über die Frage der Anspruchskontinuität disponieren die beteiligten Parteien. 150 Sie entscheiden, ob tatsächlich eine Novation oder nur ein Ände­ rungsvertrag gewollt ist. Wegen der deutlich gravierenderen Folgen der Novation ist allerdings im Zweifel von einem Änderungsvertrag auszugehen. 151 3. Folgen für die Reichweite der Ersetzungsbefugnis Ist damit das Verhältnis von Änderungs- und Novationsvereinbarung geklärt, wird deutlich, dass sich die Ersetzungsbefugnis von beiden im Wesentlichen nur durch die Einseitigkeit der Rechtsgestaltung unterscheidet. Diesen Gegensatz erkannte bereits Er. Wagner im Jahr 1903. Zu Unrecht schloss er aus diesem Umstand jedoch auf das generelle Fehlen einer bindenden Wirkung der Erset­ zungserklärung des Schuldners. So könne nach seiner Auffassung nur die Nova­ tion eine bisher geschuldete Leistung durch eine andere ersetzen. Eine einseitige Erklärung des Schuldners dürfe dagegen niemals novierende Kraft haben. 152 Mit diesem verallgemeinernden Schluss wurde nicht hinreichend berücksichtigt, dass auch einseitigen Befugnissen rechtsgestaltende Kraft beigemessen werden kann. Das ist schließlich gerade das prägende Merkmal der Gestaltungsrechte. 153 Können die Parteien eines Schuldverhältnisses, mit der Absicht die geschul­ dete Leistung auszuwechseln, sowohl einen Novations- als auch einen Ände­ rungsvertrag vereinbaren und damit autonom über den Erhalt der Forderungs­ identität entscheiden, dann muss ihnen dieselbe Rechtsmacht im Lichte der Privatautonomie aber auch im Rahmen der Begründung eines entsprechenden Gestaltungsrechts zugestanden werden. Das gilt umso mehr, als der Änderungs­ vertrag sogar die Hauptleistungspflicht 154 betreffen und damit den fortbestehen­ den Teil des Anspruchs letztlich auf seine Hülle reduzieren kann. Soll demnach eine Befugnis geschaffen werden, die ihren Inhaber zum Austausch der geschul­ deten Leistung berechtigt, so ist es, wie bei Novation und Änderungsvertrag, der Parteiwille, der über die Frage entscheidet, ob das mit dem Gestaltungsrecht BGH, DNotZ 2000, 639 (640ff.); RGZ 134, 153 (155); a. A.: Gröschler, NJW 2000, 247 (249); Wacke, DNotZ 2000, 616 (629). 150 Vgl. Gehrlein / Grüneberg / Sutschet, in: Bamberger / Roth, § 311 BGB, Rn. 36; Lö­ wisch, in: Staudinger, § 311 BGB, Rn. 71. 151 Gehrlein / Grüneberg / Sutschet, in: Bamberger / Roth, § 311 BGB, Rn. 36; Löwisch, in: Staudinger, § 311 BGB, Rn. 85; BGH, NJW 1979, 246 (427); 1986, 1490; 1993, 2043f.; 1994, 1866 (1867); 1999, 3708 (3709); 2000, 2580 (2581); vgl. RGZ 119, 21 (24); 120, 340 (342). 152 Vgl. Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 48. 153 Vgl. Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht, S. 2f. 154 Gehrlein / Grüneberg / Sutschet, in: Bamberger / Roth, § 311 BGB, Rn. 32.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

bezweckte Ziel durch bloße Auswechslung der geschuldeten Leistung oder die Substitution des gesamten Anspruchs zu erreichen ist. Hinsichtlich der Ausle­ gung dieser Parteivereinbarung ist weithin eine Orientierung an den Abgren­ zungskriterien möglich, die zur Frage der Einordnung als Änderungs- oder No­ vationsvertrag entwickelt wurden. 155 Im Fall des non liquet ist daher, aufgrund der sich gleichenden Rechtsfolgen von Ersetzungsbefugnis, Novation und Än­ derungsvertrag, auch bei dem Umfang des Gestaltungsrechts lediglich von einer Rechtsmacht auszugehen, die die Identität des Anspruchs wahrt. Dasselbe re­ striktive Verständnis muss auch für die gesetzlichen Fälle der Befugnis im BGB gelten. Zwar ist es im Hinblick auf den, einer Ersetzungsbefugnis stets anhaften­ den, Versicherungszweck, 156 der dem Erhalt zumindest eines wertigen Anspruchs dient, denkbar, dass es im Einzelfall gerade auf die novierende Wirkung ankom­ men soll. Sofern aber die ratio der das Gestaltungsrecht vermittelnden Norm, wie das bei der überwiegenden Mehrzahl der praktisch auftretenden Fälle ei­ ner Schuld mit Ersetzungsbefugnis der Fall sein dürfte, ausschließlich auf die Möglichkeit des Austauschs, nicht jedoch auf die Folgen eines neu entstehen­ den Anspruchs, abzielt, wird es sich um ein Gestaltungsrecht handeln, das die Anspruchsidentität wahrt. Das gilt etwa auch für die bereits mehrfach genannte Befugnis aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Zweck dieser Regelung besteht vorran­ gig darin, dass der Geschädigte nicht gezwungen ist, sein verletztes Rechtsgut dem Schädiger anzuvertrauen. 157 Die Norm dient demnach zwar einer Erweite­ rung der Entscheidungsfreiheit des Schadensersatzgläubigers, nicht jedoch der möglichen Begründung einer neu entstehenden Forderung. Die Ersetzungsbefugnis ist damit, hinsichtlich ihrer Wirkung, zwischen No­ vation und Änderungsvertrag einzuordnen, unterscheidet sich jedoch von beiden durch die Einseitigkeit der Rechtsgestaltung. 158 Als Gestaltungsrecht ist sie auch mehr als das bloße Recht des Antragsempfängers zur Annahme eines Novationsoder Änderungsangebotes. Das folgt bereits daraus, dass die Ersetzungsbefugnis dem Berechtigten, wie etwa im Fall des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, auch kraft Gesetz zugestanden werden kann. Wenn sie ihren Inhaber zum vollständigen Austausch der Forderung legitimiert, so tritt, wie bei der Novation, die neue an die Stelle der alten Schuld. Sofern dagegen nur die geschuldete Leistung unter Wahrung der Forderungsidentität ersetzt wird, ähnelt die Ersetzungsbefugnis stärker dem Än­ derungsvertrag. Im Gegensatz zur vertraglichen Vereinbarung kann die Befugnis aber nur zum Austausch einer Forderung, nicht aber des gesamten Schuldver­ 155

Dazu ausführlich Löwisch, in: Staudinger, § 311 BGB, Rn. 71ff. Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 375. 157 Oetker, in: MüKo, § 249 BGB, Rn. 339; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB, Rn. 210; BGH, NJW 1975, 160. 158 Dieses gilt, obgleich sich im Fall einer nicht gesetzlich begründeten Ersetzungsbe­ fugnis und der späteren einseitigen Ausübung durch ihren Inhaber die phänomelogische Ähnlichkeit zur Vertragsschlusssituation nicht leugnen lässt. 156

IV. Inhaltliche Begrenzung der Ersetzungsbefugnis

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hältnisses im weiteren Sinne führen. Die Ersetzungsbefugnis ist lediglich ein Teil dieses Schuldverhältnisses im weiteren Sinne. Eine Parteivereinbarung kann da­ gegen das Schuldverhältnis auch vollständig substituieren, 159 schließlich stehen die Parteien über diesem und können es daher durch ihr Zusammenwirken auch umfassend aufheben oder verändern.

IV. Inhaltliche Begrenzung der Ersetzungsbefugnis auf bestimmte Forderungsmerkmale und das Erreichen einer Erheblichkeitsschwelle Aus der Entscheidung für die Einordnung der Ersetzungsbefugnis als Ge­ staltungsrecht folgte in der weiteren Debatte um die Natur dieser Rechtsfigur die Frage, inwieweit es sich auch bei einer nur minimalen Veränderung um ei­ nen neuen Anspruch im Sinne einer Ersetzungsbefugnis handelt. Hierzu wurde vertreten, es genüge keine nur geringfügige Abweichung. Eine Leistung unter ausschließlich veränderter Modalität sei keine solche im Sinne einer Ersetzungs­ befugnis. 160 Insbesondere wäre die bloße Veränderung von Leistungsort 161 und -empfänger nicht ausreichend. 162 Eine Veränderung der Leistungszeit könne da­ gegen unter Umständen durchaus wesentlich sein. 163 Dieser, an Inhalt und Intensität der Einwirkung ausgerichteten, Differenzie­ rung kann nicht gefolgt werden. 164 Bereits die genannten Unterscheidungskri­ terien erscheinen willkürlich gewählt. Darüber hinaus enthält die These Fehler grundsätzlicher Natur. Zunächst betrachtet sie die Frage nach dem erforderli­ chen Gestaltungsumfang zu Unrecht nicht vom Institut des Ersetzungsrechts aus, sondern stützte sich allein auf die ersetzbaren und ersetzenden Ansprüche als deren Objekte. Relevant ist aber das Ersetzungsrecht selbst und damit die Frage, in welchem Umfang dieses tatsächliche auf den Anspruch einwirkt. Nach der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB ist ein Anspruch das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen zu können. Dabei ist insbesondere dem Wort „ein“ Beachtung zu schenken. Die Art des zu fordernden Handelns 159

Vgl. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 402. Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 20. Zum Abgrenzungsversuch im Rah­ men der Wahlschuld: Esser / E. Schmidt, Schuldrecht AT, S. 116; Larenz, Schuldrecht AT, S. 156f. Gegen eine Begrenzung bei der Wahlschuld: H. Heinrichs, in: Palandt, § 262, Rn. 1; Ziegler, AcP 1971, 193 (198); RGZ 57, 138 (141). Bereits Mot., Bd. II, S. 6. 161 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 242f. 162 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 20; a. A. zu Recht Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 3. 163 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 20, Fn. 28. 164 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 87f. 160

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

ist scharf umrissen und wird durch eine Vielzahl von prägenden Merkmalen bestimmt. Sie alle verleihen dem Anspruch gemeinsam die aktuelle, konkrete Gestalt. Unterscheidet sich nur etwas an der zu fordernden Handlung, sei es Tun oder Unterlassen, so ist der „eine“ Anspruch in seiner ursprünglichen Erschei­ nung nicht mehr völlig identisch mit der nun veränderten Form. Berechtigt die Befugnis nun zur Ersetzung der gesamten Forderung, so wird ein anderer An­ spruch – sei seine Abweichung zur Primärschuld auch noch so gering – an die Stelle des alten gesetzt. 165 Ermöglicht die Befugnis hingegen nur den Austausch der geschuldeten Leistung, handelt es sich um einen veränderten Anspruch unter Wahrung seiner ursprünglichen Identität. In beiden Fällen ist aber eine Wirkung im Hinblick auf den Anspruch im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB festzustellen. Die von der Gegenauffassung vorgenommene Unterscheidung nach der Intensität der Veränderung ist damit zu verwerfen. 166 Besonders fragwürdig erscheint es daher etwa, dass Gernsheim, als einer der Vertreter der oben genannten Auffassung, die von ihm an anderer Stelle selbst geforderte klare Trennung der Kategorien Ursache (Ersetzung) und Wirkung (neuer Anspruch) nicht konsequent berücksichtigt. 167 Anderenfalls hätte auch für ihn das Maß der Abweichung von Primär- und Sekundäranspruch keine Bedeutung haben dürfen. Dasselbe Argument richtet sich auch gegen einen Abgrenzungsversuch Er­ lers. Danach sei die Befugnis zur Schuldersetzung stets durch ein Wertekorrelat im Verhältnis von Primär- und Ersatzschuld im Zeitpunkt der Einräumung ge­ prägt. 168 Das führe dazu, dass es für den anderen Teil unerheblich sei, ob der Befugte sein Recht zur Ersetzung ausübt. 169 Zugegebenermaßen mag sich ein solcher Befund für die gesetzlichen Fälle der Ersetzungsbefugnis vielfach als zutreffend erweisen. Verkannt werden darf dabei jedoch nicht, dass gerade im Fall der vertraglichen Einräumung möglicherweise durchaus langfristige öko­ nomische oder auch affektive Interessen zu berücksichtigen sind. Diese können 165 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 13; Hempel, Konzentration der alternativen Obligation, S. 9. Das stellten sie für die Berechtigung zur datio in solutum fest, da auch hier eine Abweichung vom ursprünglich Geschuldeten erforderlich ist. 166 Im Ergebnis ebenso: Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 207; Lippert, Alter­ native Ermächtigung des Gläubigers, S. 3. 167 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, 53. 168 Vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 32. Zwar nicht so strikt, aber im Grundsatz ebenso: Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 376. 169 Vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 32. Diese Schlussfolgerung kann nicht überzeugen, ist es doch letztlich vielmehr das Wertever­ hältnis im Zeitpunkt der Ausübung, welches über die ökonomische Bedeutung des Schul­ dersetzungsrechts entscheidet. Gerade aus diesem Grund lässt sich das Institut der Er­ setzungsbefugnis auch zur Durchführung spekulativer Geschäfte nutzen. So auch Staks, Spekulation mit Gestaltungsrechten, S. 11.

IV. Inhaltliche Begrenzung der Ersetzungsbefugnis

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ohne weiteres dazu führen, dass dem Befugten die Ersetzung durch eine wirt­ schaftlich nicht vergleichbare Forderung gestattet wird. Exemplarisch ist es denkbar, dass etwa dem Betreiber eines Sägewerks, dem der Holzlieferant die Stämme üblicherweise nur zur nahen Sammelstelle zu lie­ fern hat, das Recht eingeräumt ist, diese Pflicht durch eine solche zur Lieferung zum weiter entfernten Sägewerk zu ersetzen. Zwar sind die beiden Verpflichtun­ gen, unter Betrachtung des logistischen Aufwands, in keiner Weise vergleichbar. Der Holzlieferant wird sich unter Umständen trotzdem auf die Einräumung des Ersetzungsrechts einlassen, weil er anderenfalls – etwa aufgrund der geringen Nachfrage nach seinem Holz – seine Stellung als Zulieferer an einen Konkur­ renten verlieren könnte. Auch hier ist also das Werteverhältnis von Primär- und Ersatzschuld für das Bestehen der Berechtigung völlig unerheblich. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die Diskussion um die Intensität der erfor­ derlichen Abweichung, zumindest teilweise, als juristisches Relikt zu betrachten. Sie wurde zuvor in gleicher Weise zur Feststellung des Gläubigerinteresses am Erhalt der Erfüllungssurrogate bei Leistung an Erfüllungs statt und Aufrech­ nung genutzt 170 und später in die Debatte um die Befugnis des Schuldners zur Tilgung neben der Schuld überführt. Nachdem diese Auseinandersetzung in der Wissenschaft infolge der Theorie Regelsbergers auf die Gläubigererset­ zungsbefugnis erweitert wurde, setzte sich die Unterscheidung hier in analoger Weise fort. Noch heute sind ähnliche Abgrenzungsprobleme aus dem Bereich der Wahlschuld bekannt. 171 Die Diskussion ist aber aus den aufgezeigten Gründen insgesamt unergiebig. Das gilt umso mehr, wenn bedacht wird, dass der Berech­ tigte seine Befugnis in freier Entscheidung ausübt und damit keineswegs vor ökonomisch zweifelhaften Ergebnissen geschützt werden muss. Aber auch der andere, nicht zum Austausch berechtigte, Beteiligte war bei der Einräumung der Ersetzungsbefugnis autonom und konnte somit das ihm akzeptabel erscheinende Substitut weithin frei mitbestimmen. Es ist das Prinzip der Privatautonomie, das bei der vertraglichen Einräumung gerade die Zulässigkeit eines Wertegefälles gebietet. 172 Im Fall der gesetzlichen Begründung ist es dagegen der Normzweck, der die Reichweite des Austauschs bestimmt. Noch weitaus zweifelhafter ist die von Teilen der Literatur vorgenommene Unterscheidung nach dem Ersetzungsinhalt, hier im Speziellen Leistungszeit, 170

Fn. 2.

Vgl. Alexander, datio in solutum und compensatio in voluntaria, S. 41, insbesondere

171 Vgl. Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 2; Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 3; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 2. 172 Vgl. Hirata, Leistung an Erfüllungs statt, S. 13, der diesen Gedanken zum Verhält­ nis von Schuld und Tilgungsleistung bei der datio in solutum anführt. Unabhängig von der Frage, ob es sich hierbei um ein anderes Rechtsinstitut handelt, ist der Autonomiegedanke jedoch übertragbar.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

-empfänger und -ort. Das wird etwa anhand eines Falls deutlich, bei dem ein Ballonfahrer zu einem bestimmten Termin eine Festwiese überfliegen und in der Mitte ein Werbebanner entrollen soll. Hier ist es offensichtlich, dass beide Ele­ mente in gleicher Weise zum Eintritt des bezweckten Erfolgs beitragen. Wenn der Ballonfahrer das Banner erst am Rand der Festwiese entrollen würde, so be­ fände er sich nicht über der Menschenmenge und niemand würde die Werbung erblicken. Ebenso wäre der Zweck aber auch dann vereitelt, wenn er die Fest­ wiese erst am nächsten Tag überfliegen würde. Ein generell minderer Einfluss auf den Leistungserfolg kann daher weder dem Ort noch dem Zeitpunkt der Leistungserbringung zugeschrieben werden. Zumindest eine, auf das vermeint­ liche Parteiinteresse gestützte, Argumentation verbietet sich daher. Das gilt erst recht für eine Veränderung in der Person des Leistungsempfängers. Hier liegt, sofern der Empfänger mit einem eigenen Forderungsrecht ausgestattet ist, sogar eine Änderung im Bereich der essentialia negotii vor. 173 Die Annahme einer unwesentlichen Abweichung ist daher abzulehnen. Für die Frage nach dem Vorliegen einer Berechtigung zur Schuldersetzung kann es deshalb nicht entscheidend sein, wie wesentlich die Abweichung ist bzw. welchen konkreten Inhalt sie hat. Vielmehr kommt es erneut allein darauf an, ob die Befugnis auf die Beeinflussung der geschuldeten Leistung – sei es durch das Auflebenlassen einer Forderung mit neuem Inhalt an Stelle eines an­ deren Anspruchs oder die bloße Veränderung der Forderung durch Abwechslung des relevanten Leistungsgegenstandes – gerichtet ist. 174 Dieser Grundsatz war bereits dem historischen BGB-Gesetzgeber bekannt. In den Motiven zum heutigen § 262 BGB erklärte er für die Wahlschuld aus­ drücklich, dass auch „einzelne [...] Modalitäten, [wie] z. B. Zeit und Ort der Leistung“ zu einer anderen Leistungsbestimmung führen können. 175 Ein über­ zeugendes Argument, um im Fall der Ersetzungsbefugnis von diesem Richtsatz abzuweichen, ist nach der obigen Darstellung nicht ersichtlich. Wird zudem ein Vergleich mit der ebenfalls nicht kodifizierten Novation angestellt, so zeigt sich, dass eine inhaltliche Begrenzung der Ersetzungsbefugnis zu einem Widerspruch führen würde. Bei der Novation wird schließlich nicht einmal eine inhaltliche Abweichung zwischen ursprünglicher und neuer Forderung vorausgesetzt. Wieso das bei der Ersetzungsbefugnis anders sein sollte, ist nicht ersichtlich. Für den zweiten Einführungsfall würde das bedeuten, G und W könnten durch Novationsvereinbarung den Anspruch auf Rotwein untergehen und zugleich ei­ nen vollkommen identischen, aber neuen Anspruch auf Rotwein entstehen lassen. 173

Vgl. dazu Jung, JuS 1999, 28 (29). Vgl. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 187, nach dem zu Recht im Einzellfall danach zu differenzieren ist, ob die Änderung der Modalität eine Änderung der Leistung darstellt. 175 Vgl. Mot., Bd. II, S. 6. 174

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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Die Konstellation inhaltsgleicher Novation bildet im Hinblick auf deren traditio­ nelle Nutzung als Zessionssurrogat 176 sogar den typischen Fall. Die Zulässigkeit dieser Konstellation folgt unmittelbar aus der Vertragsfreiheit und damit aus der Privatautonomie. Nichts anderes kann daher auch für die Ersetzungsbefugnis gelten, da sich zumindest im Hinblick auf die Privatautonomie keine Gründe feststellen lassen, die es – unabhängig von der Sinnhaftigkeit eines solchen Vor­ gehens – verhindern würden, dass die Parteien in paralleler Weise ein Recht zur einseitigen Ersetzung durch eine vollkommen inhaltsgleiche, aber nicht identi­ sche, Forderung begründen. Von der Einwirkung auf die geschuldete Leistung ist das Entscheidungsrecht des Schuldners innerhalb einer nicht näher bestimmten Leistungspflicht abzu­ grenzen. Soll dieser z. B. 10 Euro zahlen, so steht es ihm frei, diese Leistung durch einen 10 Euro-Schein, zwei 5 Euro-Scheine, in Euro- oder Centmünzen oder jeder anderen denkbaren Kombination zu erbringen. Hierbei handelt es sich tatsächlich nur um Modalitäten der Leistung. Die Auswahl zwischen diesen bleibt dem Schuldner hier ebenso überlassen, wie etwa ein Koch das bestellte Steak in der Pfanne seiner Wahl anbraten und der Weinlieferant im zweiten Ein­ führungsbeispiel die Weinflaschen in einer Kiste seiner Wahl anliefern darf. Dass er hierzu nicht von der Verpflichtung abweichen, bzw. diese nicht ändern muss, ist allein der nicht konkreter definierten Leistungspflicht, nicht aber dem Inhalt der Entscheidungsbefugnis, geschuldet. Hätte der Gast mit dem Kellner dagegen vereinbart, dass der Koch zum Braten seine einzige Gusspfanne verwenden soll, oder der Wirt mit dem Weinlieferanten verabredet, dass die Lieferung in der Eichenkiste erfolgt, so läge darin nunmehr keine „bloße Modalität“, sondern ein anspruchsprägendes Element.

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners als ein zur Ersetzungsbefugnis des Gläubigers analoges Recht 1. Notwendige Anerkennung der einseitigen Austauschberechtigung des Schuldners Während die Existenz der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers als eigenstän­ dige Rechtsfigur weitgehend akzeptiert ist, bleibt einem vergleichbaren Institut, das den Schuldner in identischer Weise zur einseitigen Einwirkung auf die geschuldete Leistung ermächtigt, weithin die Anerkennung in der rechtswis­ senschaftlichen Literatur versagt. 177 Das erscheint bedenklich, schließlich hatte 176 Endemann, Bürgerliches Recht, Bd. 1, S. 667; vgl. Gernhuber, Erfüllung und Sur­ rogate, S. 404; Larenz, Schuldrecht AT, S. 92; Wacke, DNotZ 2000, 616 (617), Fn. 5.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

bereits das RG im Jahr 1931 zutreffend ausgeführt, dass sowohl die Zulässig­ keit der vertraglichen Einräumung der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers als auch deren variable Ausgestaltung notwendige Konsequenzen der Privatauto­ nomie darstellen. 178 Wieso die Privatautonomie hier nicht in identischer Weise zugunsten des Schuldners wirken sollte, bleibt daher unklar. 179 Die Forderung nach einer an der konkreten Wirkungsweise der Befugnis orientierten Gleichbehandlung von Schuldner- und Gläubigerstellung wurde in ausdrücklicher Form erstmals von Blümich im Jahr 1912 erhoben. Er gelangte in seiner Abhandlung „Wahlschuld und facultas alternativa“ zu der Erkenntnis, dass es sich bei einer Berechtigung des Schuldners zum einseitigen Forderungs­ austausch um ein zur genannten Befugnis des Gläubigers analoges Recht handeln müsse. 180 Der dann aber notwendige Schluss, dass es sich folglich um eine ein­ heitliche Rechtsfigur handeln muss, die – wie das etwa auch vom Wahlrecht bei der Wahlschuld bekannt ist – entweder dem Gläubiger oder dem Schuldner zustehen kann, ohne hierzu ihr Wesen verändern zu müssen, erfolgte jedoch noch nicht. Vor dem Hintergrund dieses Befundes erschient es bemerkenswert, dass heute zumindest ein kleiner Teil der Rechtslehre sowohl die Berechtigung des Gläubi­ gers zur ersetzenden Einwirkung auf die Forderung als auch die gleichartige Be­ rechtigung des Schuldners einheitlich unter dem Begriff der Ersetzungsbefugnis führt 181 oder zumindest existenziell anerkennt 182. Dieser Schritt zur Akzeptanz einer zum Forderungsaustausch berechtigenden Schuldnerbefugnis ist im Lichte der Privatautonomie und der damit verbundenen Tatsache, dass sowohl das Ge­ setz als auch der Gläubiger die Stellung des Verpflichteten durch Einräumung einer Ausweichmöglichkeit lockern kann, aber nicht nur begrüßenswert, sondern eine unumgängliche Notwendigkeit. Argumentativ ist in diesem Zusammenhang nicht zuletzt die Tatsache von Bedeutung, dass auch einige Gegenstimmen in der älteren und damit die Ent­ 177 Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 48, lehnt sogar die Möglichkeit des Schuldners zur einseitigen Einwirkung auf die bereits geschuldete Leistung grundsätzlich ab. 178 Vgl. RGZ 132, 9 (14f.). 179 Vgl. dazu C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 142. 180 Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 16, Fn. 3; Gernhuber, Erfül­ lung und Surrogate, S. 187. 181 Zu nennen sind etwa: Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 43; Oetker, in: MüKo, § 251 BGB, Rn. 69f.; Schiemann, in: Staudinger, § 251 BGB, Rn. 2. Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 17, möchte die Ersetzungsausübung des Schuldners erst mit Leistungsbewirkung anerkennen, was doch vielmehr für ein Ver­ ständnis im Sinne von § 364 Abs. 1 BGB spricht. 182 C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 141f.

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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wicklung des Rechtsinstituts maßgeblich prägenden Literatur die Befugnis des Schuldners zwar weiterhin nur als Berechtigung zur Tilgung mittels einer nicht geschuldeten Leistung verstehen wollten, in ihren Einzeldarstellungen aber ein völlig anderes Bild dieser Rechtsfigur vermittelten. So untersuchte etwa Weitz, ab welchem Moment die Ersetzung des Schuldners einen bindenden Charakter aufweist. 183 Bindung ist aber zwingend mit rechtsgestaltender Wirkung verbun­ den, die ein Recht zur Leistung an Erfüllungs statt nicht vermitteln kann. 184 Ähnliches gilt für die Aussage, dass „der Inhalt zunächst bestimmt [sei], die Wahl [...] an Stelle dieses Inhalts [jedoch] einen anderen“ 185 setzt. Diese Er­ läuterung passt offensichtlich nicht zu einer bloßen Tilgungsberechtigung. Ein weiteres Beispiel für den genannten Widerspruch findet sich bei Blümich. Dieser führte die Situation, in der sich ein Schuldner primär zur Leistung eines Dar­ lehens in Höhe von 1000 Mark verpflichtet, er aber dem Gläubiger ersatzweise auch 100 Mark schenken kann, als Beispiel für eine dem Schuldner zustehende Befugnis zur Leistung an Erfüllungs statt an. 186 Die Änderung von Darlehens- in Schenkungsvertrag betrifft aber die Schuld ebenso, wie eine von Gernsheim 187 angeführte Berechtigung des Fahrradmieters, statt der Rückgabe des Rades und Zahlung der Miete, den Kaufpreis entrichten zu dürfen. Hier liegt nicht nur eine schlichte Tilgung, sondern vielmehr auch die Veränderung des Kausalgeschäf­ tes vor. Die Einordnung als Leistung an Erfüllungs statt muss daher zwingend ausscheiden. Letztlich legten damit auch einige erklärte Gegner der einheitlichen Behand­ lung von Schuldner- und Gläubigerersetzungsbefugnis offen, dass sich zumin­ dest die Möglichkeit der Existenz einer dem Schuldner zustehenden Befugnis zur Einwirkung auf den geschuldeten Leistungsgegenstand nicht leugnen lässt. 2. Rechtsnatur der gesetzlich geregelten Leistung an Erfüllungs statt und ihr Verhältnis zur vermeintlichen Ersetzungsbefugnis des Schuldners Für den weit überwiegenden Teil der Autoren, die sich bis zum heutigen Zeitpunkt mit der Rechtsfigur der Ersetzungsbefugnis auseinandergesetzt haben, stellt das Recht des Schuldners zur alternativen Tilgung – nicht zuletzt vor dem dargestellten historischen Hintergrund – das Ausgangs- und Kernelement dieses zivilrechtlichen Instituts dar. 188 Diesem Verständnis ist es geschuldet, dass die 183 184 185 186 187

Vgl. Weitz, Die facultas alternativa, S. 59. W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 43. Vgl. Weitz, facultas alternativa, S. 53. Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 17. Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 85.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

dem Begriff der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers gegenüberstehende Befugnis des Schuldners heute weithin mit dessen Recht zur Leistung an Erfüllungs statt gleichgesetzt wird. 189 Die Möglichkeit, dass es sich bei beiden Begriffen um zwei vollkommen unterschiedliche Rechtsinstitute handeln könnte, blieb dagegen weitgehend unbeachtet. Die Klärung der Frage, inwiefern eine solche Differenzierung aber zwingend erforderlich ist, wird daher die Aufgabe des folgenden Abschnitts bilden. Um sich dem Verhältnis der Ersetzungsbefugnis zum Recht zur Leistung an Erfüllungs statt zu nähern, ist es zunächst erforderlich, auch diese zweite Rechts­ figur genauer zu charakterisieren. Einen positiven Niederschlag im Gesetz hat die „datio in solutum“ in § 364 BGB gefunden. Dieser regelt die Schuldtil­ gung – und nicht, wie der Wortlaut beschreibt, das Erlöschen des Schuldverhält­ nisses, 190 dessen Fortbestehen zwingend als kondiktionshindernder Rechtsgrund erforderlich ist – 191 durch eine besondere Form des Erfüllungssurrogates. 192 Im Rahmen eines Hilfsgeschäftes 193 wird die Annahme einer Leistung durch den Gläubiger an Erfüllungs statt vereinbart. Dabei sind zwei Merkmale von Be­ deutung. Zum einen bedarf es eines Angebots des Schuldners an den Gläu­ biger, einen Leistungsgegenstand, der nicht geschuldet ist, mit Tilgungswillen zu erbringen. 194 Hierbei empfiehlt es sich jedoch nicht, wie etwa bei Hirata 195 geschehen, nur von einer Einwilligung zu sprechen. Die Leistungshandlung ist schließlich allein und final auf das Erlöschen der Schuld gerichtet. Zum anderen ist die Annahme des Gläubigers in Kenntnis des Leistens neben der Schuld mit ebenfalls vorhandenem Tilgungswillen erforderlich. 196 Abweichendes gilt nur für die Fälle einer gesetzlich eingeräumten Befugnis, da hier die Norm unmittelbar 188

Einige führen sogar ausschließlich ein Recht des Schuldners unter dieser Bezeich­ nung. So etwa D. Schwab / Löhnig, Einführung in das Zivilrecht, Rn. 193. 189 Exemplarisch: Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 64f.; Lorenz, JuS 2009, 109 (111); Schwarz, ZIP 1989, 1442 (1447), Fn. 61; Stürner, in: Jauernig, § 364, 365 BGB, Rn. 2; Westermann, in: Erman, § 364 BGB, Rn. 2. 190 Harder, Leistung an Erfüllungs Statt, S. 29f. 191 Bereits aus den Motiven wird ersichtlich, dass Leistung im Rahmen von § 364 BGB in Bezug auf das ursprüngliche Schuldverhältnis erfolgt und daher in diesem seinen Rechtsgrund findet. Semmelmayer, JuS 1996, L 9ff. Vgl. dazu Mot., Bd. II, S. 82. Insofern unzutreffend formuliert bei Fehr, Hingabe an Erfüllungsstatt, S. 3. 192 Avenarius, in: AnwK, § 364 BGB, Rn. 2. 193 Vgl. Avenarius, in: AnwK, § 364 BGB, Rn. 2; Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 364 BGB, Rn. 1; Grüneberg, in: Palandt, § 364 BGB, Rn. 2; Muscheler / Bloch, JuS 2000, 729 (740); C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistun­ gen, S. 138; BGH, NJW 1984, 429 (430f.). A. A.: Weber, in: RGRK, § 365 BGB, Rn. 1; vgl. Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 253f.; BGH, NJW 1967, 553 (554). Ähnlich bereits ROHGE 15, 49 (50). 194 Vgl. Westermann / Buck-Heeb, in: Erman, § 364, Rn. 2; Hirata, Leistung an Erfül­ lungs statt, S. 13. 195 Vgl. Hirata, Leistung an Erfüllungs statt, S. 13.

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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den Zwang zur Annahme an Erfüllungs statt begründet. 197 Es bedarf damit ne­ ben der konsensualen Übertragung 198 des Leistungsgegenstands – sei es durch Abtretung oder Übereignung – einer Vereinbarung 199 über die Tilgung mittels einer nicht geschuldeten Leistung. 200 Das Leistungsobjekt, das ausschließlich der Tilgung neben der Forderung dienen soll, ist zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Anspruchs. 201 Der Gläubiger wird folglich niemals berechtigt, 202 dieses zu fordern, der Schuldner niemals verpflichtet, dieses zu erbringen. Dieser Befund folgt bereits aus dem Wortlaut von § 364 Abs. 1 BGB, der von einer anderen als der geschuldeten Leistung spricht. Die Gegenauffassung, die hier einen Änderungsvertrag annehmen möchte, 203 kann daher nicht überzeugen. Das gilt umso mehr, als deren Vertreter teilweise selbst einräumen, ihr Verständ­ nis sei geeignet, die Eigenständigkeit der Leistung an Erfüllungs statt gegenüber der Erfüllung aufzuheben. 204 Spätestens diese Feststellung bietet ausreichenden Anlass, die genannte Ansicht zu verwerfen. Durch die separate Normierung von Erfüllung und Erfüllungs statt ist der Wille des Gesetzgebers schließlich klar belegt. 205 Die in § 364 BGB vorausgesetzte Tilgungsvereinbarung stellt eine solutori­ sche, 206 vertragliche 207 Abrede dar. 208 Dabei folgt nicht zuletzt aus § 148 BGB 196 Vgl. Alexander, datio in solutum und compensatio in voluntaria, S. 16; Hirata, Leis­ tung an Erfüllungs statt, S. 13. 197 Hier folgt die Legitimation unmittelbar aus dem Gesetz. 198 Alexander, datio in solutum und compensatio in voluntaria, S. 18, 33f.; Fehr, Hin­ gabe an Erfüllungsstatt, S. 28f.; Mot., Bd. II, S. 82. 199 Fehr, Hingabe an Erfüllungsstatt, S. 3; vgl. dazu auch Mot., Bd. II, S. 82. 200 Vgl. Harder, Leistung an Erfüllungs Statt, S. 129ff.; Olzen, in: Staudinger, § 364, Rn. 4. 201 Hirata, Leistung an Erfüllungs statt, S. 25. 202 Mot., Bd. II, S. 82. 203 So etwa: Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 187ff., Laufs, NJW 1965, 1232 (1233). 204 Vgl. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 190. 205 Zu diesem Unterschied bekennt sich auch eindeutig der historische Gesetzgeber. Vgl. dazu Mot., Bd. II, S. 81f. 206 Alexander, datio in solutum und compensatio in voluntaria, S. 30. Mot., Bd. II, S. 82. Ebenso die Rechtsprechung: exemplarisch bereits ROHGE 15, 49 (50f.); vgl. BGH, NJW 1984, 429 (431). 207 Muscheler / Bloch, JuS 2000, 729 (740). Diese gelangen allerdings konstruktiv zu einer Schuldänderung unter der aufschiebenden Bedingung der tatsächlichen Bewirkung. Ein solches Modell ist nicht nur entbehrlich sondern zugleich unzutreffend, würde doch damit das Institut der datio in solutum gänzlich in Frage gestellt. Läge nämlich tatsächlich eine Änderung der Schuld vor, so wäre richtigerweise Erfüllung im Sinne des § 362 BGB gegeben. 208 Kerwer, in: jurisPK, § 364, Rn. 4.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

der Grundsatz, dass zumindest bei dieser kein zwingendes Bedürfnis für eine Gleichzeitigkeit der beiden oben genannten Willenserklärungen von Gläubiger und Schuldner besteht. 209 Zudem ist weder dem Wortlaut noch dem telos des § 364 Abs. 1 BGB zu entnehmen, dass der Gläubiger den Schuldner unumgäng­ lich erst im Zeitpunkt der Leistungsentgegennahme zu Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung ermächtigen kann. 210 Der sich dagegen möglicherweise aus der Formulierung „an Erfüllungs statt annimmt“, also Annahme bereits mit Zweckrichtung der Surrogation, ergebende Ausschluss 211 einer nachzeitigen Erklärung ist für die hier zu erörternde Frage ohne Konsequenz. Bereits die Einordnung als Befugnis würde jedenfalls verlangen, dass sie dem berechtig­ ten Schuldner schon vor ihrer Verwendung zusteht. Der Gläubiger kann dem Schuldner daher schon vor der eigentlichen Tilgungshandlung das Recht zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung einräumen. 212 Unmöglich ist es dagegen, den vollständigen Tatbestand des § 364 BGB bereits im Vorfeld der Tilgungshandlung zu erfüllen. Eine Annahme und damit die konsensuale Zu­ ordnung des Leistungsgegenstandes setzt das tatsächliche Element des Bewir­ kens zwingend voraus. 213 Es empfiehlt sich daher, die Vereinbarung im Rahmen des § 364 Abs. 1 BGB in zwei Elemente, nämlich die konsensuale Zuordnung des Leistungsgegenstands und die Vereinbarung über die Tilgungswirkung einer nicht geschuldeten Leistung, aufzuspalten. Bei Letzterem handelt es sich um das Recht, das weithin als Ersetzungsbefugnis des Schuldners bezeichnet wird. 214 Hieraus folgt, dass die in § 364 Abs. 1 BGB geregelte Annahme an Erfüllungs statt, nach einem Perspektivwechsel vom Gläubiger zum Schuldner, dessen Recht zur Leistung an Erfüllungs statt bereits vollständig voraussetzt. Anders formuliert bedeutet das, die teilweise als Ersetzungsbefugnis bezeichnete Berechtigung des Schuldners zur Tilgung durch Erbringung einer nicht geschuldeten Leistung ist nicht mehr als dessen Möglichkeit zur Leistung aufgrund einer ihm vom Gläubiger bereits vor dem Leistungsaustausch eingeräumte Berechtigung zur Schuldtilgung neben der Forderung. 215 209 Im Ergebnis ebenso Muscheler / Bloch, JuS 2000, 729 (740). Vgl. auch: Stürner, in: Jauernig, § 364, 365 BGB, Rn. 2; Westermann, in: Erman, § 364 BGB, Rn. 2; BGH, NJW 1967, 553 (554); 1984, 429f. A. A. Laufs, NJW, 1965, 1232. 210 Vgl. Wenzel, in: MüKo, § 364, Rn. 2; Olzen, in: Staudinger, § 364, Rn. 5. Krophol­ ler, Studienkommentar, § 264 BGB, Rn. 2 und Kerwer, in: jurisPK, § 364, Rn. 4 sehen darin – allerdings ohne nähere Begründung – eine zulässige Überschreitung des Wort­ lautes. 211 A. A. Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 364, Rn. 2. 212 So auch Schwarz, ZIP, 1989, 1442 (1447), Fn. 61. Ebenso Beck, Die Zuordnungs­ bestimmung im Rahmen der Leistung, S. 130. 213 Vgl. Beck, Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung, S. 130. 214 Beck, Die Zuordnungsbestimmung im Rahmen der Leistung, S. 130f. A. A. C. Wag­ ner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 135, die eine analoge Anwendung von § 346 Ab. 1 BGB für geboten hält.

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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Auch Gernsheim, der eine Berechtigung des Schuldners allein auf der solu­ torischen Ebene anerkennen wollte, gestand zu, dass es sich bei dieser Befug­ nis faktisch um nicht mehr als dessen Recht zur Leistung an Erfüllungs statt handelt. 216 In einem weiteren Schritt versuchte er jedoch, an deren Eigenstän­ digkeit als Rechtsinstitut festzuhalten. Hierzu wird vorgetragen, die Leistung sei in diesem Fall besonders geartet, da sie den Gläubiger, auch ohne vertragliche Bindung, zur Annahme der nicht geschuldeten Leistung mit Tilgungswirkung verpflichte. 217 Diese scheinbare Besonderheit einer vertraglichen Verpflichtung wäre jedoch allein in der Konsentierung durch die Parteien zu finden. 218 So­ lange der Gläubiger dem Schuldner das Recht zur Leistung an Erfüllungs statt aber bereits vor der Tilgungshandlung eingeräumt hat und Letzterer mit dem entsprechenden Willen die nicht geschuldete Leistung erbringt, ist eine solche Vereinbarung auch in dieser Situation festzustellen. Beide Willenserklärungen fallen nur zeitlich auseinander. Nicht wesentlich anders ist die Sachlage aber auch dann zu bewerten, wenn nicht der Wille des anderen Teils, sondern an dessen Stelle das Gesetz den Schuldner zur alternativen Tilgung ermächtigt. Begrifflich empfiehlt es sich, nicht von einer einseitigen Ausübung 219 des Rechts zu sprechen. Eine Änderung der Rechtslage findet schließlich überhaupt nicht statt. Nur bei der Einräumung des Rechts zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung wird auf das Schuldverhältnis eingewirkt. Die spätere Erbringung der Leistung an Erfüllungs statt ist dagegen die bloße Ausnutzung einer bereits zuvor geschaffenen Rechtslage. Diese Differenzierung fehlt etwa auch bei Gernhuber. Nach ihm sei der Un­ terschied zwischen Ersetzungsbefugnis und Berechtigung zur Leistung an Erfül­ lungs statt darin zu erblicken, dass Letztere ein Fall der zweiseitigen, die Erset­ zungsbefugnis dagegen ein Beispiel für eine einseitige Änderung des Schuldver­ hältnisses sei. 220 Dabei bleibt er jedoch insoweit konsequent, als er der Annahme an Erfüllungs statt – freilich gegen den Wortlaut von § 364 Abs. 1 BGB – eine das Schuldverhältnis ändernde Wirkung beimisst. 221 Auf diese Weise ist es ihm möglich, die „Ersetzungsbefugnis des Schuldners“ als Rechtsmacht zur einsei­ tigen Ausübung dieses Rechts zu charakterisieren. 215

A. A. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 185f. Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 14. 217 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 15f.; ebenso Keil, Aufrechnung infolge einer facultas alternativa, S. 15f. 218 So etwa C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 138f. 219 So aber z. B.: Birk, AWD 1973, 425 (426); Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 33ff. 220 Vgl. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 187. 221 Vgl. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 187ff. 216

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

Nicht überzeugend erscheint auch ein von Hirata gegen das gemeinsame Verständnis der Befugnis des Schuldners zur datio in solutum (vermeintliche Ersetzungsbefugnis des Schuldners) und der Leistung an Erfüllungs statt vorge­ brachter Einwand. Dieser konstatierte, bereits die Tatsache, dass bei der datio in solutum die Hingabe des aliud erst bei Erfüllung relevant werde, die andere Leis­ tung jedoch nie versprochen sei, führe zu einer Unterscheidung. 222 Inwieweit sich diese Feststellung zur Abgrenzung eignen soll, erscheint jedoch fraglich. Zuvor hatte Hirata schließlich noch selbst erklärt, dass die Tilgungsleistung bei der Befugnis zur Tilgung neben der Schuld niemals geschuldete wird. 223 Wenn sich aber in beiden Fällen die Ersatzleistung nur in solutione und nicht in obligatione befindet, so könnte ein Differenzierungsgrund allenfalls in der von ihm ange­ nommenen Unzulässigkeit der vorverlagerten Tilgungsvereinbarung bei der da­ tio in solutum bzw. in dem vermeintlich notwendigen zeitlichen Zusammenfallen von Vertragsschluss und Vereinbarung der als facultas alternativa bezeichneten Befugnis des Schuldners zur alternativen Tilgung zu finden sein. Auch diese An­ nahme ist jedoch, wie oben aufgezeigt, wenig überzeugend. Für eine zeitliche Beschränkung der Vereinbarkeit einer nicht geschuldeten Tilgungsleistung fehlt jegliche Stütze im Wortlaut des § 364 BGB. Zudem verträgt sich diese Ansicht nicht problemlos mit dem – durch Hirata an anderer Stelle noch selbst argu­ mentativ genutzten – 224 Prinzip der Parteiautonomie. Überzeugender erscheint es daher, die vor der Leistungserbringung eingeräumte Befugnis zur Tilgung der Schuld mittels eines nicht geschuldeten Gegenstandes als zumindest mittelbar von § 364 Abs. 1 BGB umfasst anzusehen. Vor dem Hintergrund dieser Feststellung ist der innerhalb der rechtswissen­ schaftlichen Literatur zu findende Konsens bedeutsam, der der Ersetzungsbe­ fugnis, trotz des Fehlens einer verallgemeinernden Regelung im BGB, beschei­ nigt, dass kein Zweifel über ihren anerkannten Platz im Rechtsleben bestehen könne. 225 Wird diese Aussage im Zusammenhang mit der soeben erläuterten Befugnis des Schuldners zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung ge­ würdigt, so fällt auf, dass diese keineswegs ungeregelt, sondern bereits in § 364 Abs. 1 BGB enthalten ist. 226 Umfasst der Terminus der Ersetzungsbefugnis aber 222

Vgl. Hirata, Leistung an Erfüllungs statt, S. 27. Vgl. Hirata, Leistung an Erfüllungs statt, S. 25. 224 Vgl. Hirata, Leistung an Erfüllungs statt, S. 13. 225 Vgl. Avenarius, in: AnwK, § 364 BGB, Rn. 2; Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 11f.; Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhält­ nisse, 57; Gernsheim, Die Ersetzungsbefugnis, S. 11; H. Heinrichs, in: Palandt, § 262, Rn. 7; Krüger, in: MüKo, § 262, Rn. 8; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 177; Toussaint, in: ju­ risPK, § 262 BGB, Rn. 16; Weitz, Die facultas alternativa, S. 5f.; Westermann, in: Erman, § 364 BGB, Rn. 4. 226 Dieses erkennt auch Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 11, 17 an. Dass er die, von ihm als Ersetzungsbefugnis des Schuldners bezeichnete, Berechtigung zur datio in solutum dann überhaupt als eigenständiges Rechtsinstitut ansieht bleibt unverständlich. 223

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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bereits das tatsächlich nicht allgemein gesetzlich geregelte einseitige Recht zur Schuldersetzung, so muss die Befugnis zur datio in solutum bereits deshalb aus diesem Begriff ausscheiden, um hier keinen Widerspruch hervorzurufen. Die zwingende Notwendigkeit dieses unstreitig sehr formellen Schlusses muss der Gegenauffassung aber verborgen bleiben, solange sie nicht bereit ist, sich vom historisch begründeten, vermeintlichen Gleichlauf beider Rechtsinstitute zu lö­ sen. 3. Bestehen hinreichender Gemeinsamkeiten zwischen der Befugnis zur Schuldersetzung und dem Recht zur Leistung an Erfüllungs statt In den beiden vorangehenden Abschnitten wurde aufgezeigt, dass auch die Notwendigkeit der Existenz einer Berechtigung des Schuldners zur einseitigen Einwirkung auf die geschuldete Leistung unmittelbar aus dem Prinzip der Pri­ vatautonomie folgt. Darüber hinaus wurde verdeutlicht, dass das vielfach als Ersetzungsbefugnis bezeichnete Recht des Schuldners zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung seine Anknüpfung in § 364 Abs. 1 BGB findet und daher keine unnormierte Rechtsfigur darstellt. Im Folgenden ist nun zu unter­ suchen, ob sich dennoch hinreichende Gemeinsamkeiten zwischen dem Recht zur einseitigen Einwirkung auf die geschuldete Leistung und der Befugnis zur Tilgung neben der Schuld finden lassen, die eine gemeinsame Begriffsnutzung, trotz der dargestellten Unterschiede, rechtfertigen könnten. a) Überblick über den Stand der Diskussion Die bisherige Literatur zum Verhältnis beider Begriffe lässt sich in einige wesentliche Gruppen unterteilen. Eine Auffassung versteht in der Tradition des Ansatzes Regelsbergers sowohl unter einer Ersetzungsbefugnis als auch unter der Bezeichnung facultas alternativa ein dem Gläubiger oder Schuldner ein­ geräumtes Recht, neben dem geschuldeten Gegenstand auch einen anderen zur Herbeiführung der Tilgungswirkung nutzen zu können. 227 Andere unterscheiden danach, ob die Befugnis dem Schuldner oder Gläubiger zusteht. Im ersten Fall folgen sie der oben genannten Ansicht. 228 Unter einer Ersetzungsbefugnis des Gläubigers verstehen sie dagegen dessen Möglichkeit zur Einwirkung auf den 227 Vgl. exemplarisch: Arnold, in: AnwK, § 262 BGB, Rn. 4; Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11, 12; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 24f., 30f.; Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 6ff. 228 Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 15; Gernsheim, Erset­ zungsbefugnis, S. 13; Larenz, Schuldrecht AT, S. 160; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 9; Ziegler, AcP 1971, 193 (203).

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

Schuldinhalt. 229 Eine konsequent differenzierende Verwendung der Begriffe ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Sowohl die eine als auch die andere Rechtsfigur wird abwechselnd oder auch parallel als Ersetzungsbefugnis oder facultas alternativa bezeichnet. Die Tatsache, dass damit unter Umständen zwei völlig unterschiedliche Berechtigungsformen einem gemeinsamen Oberbegriff zugeordnet werden, scheint wenig Bedenken zu erwecken. Beachtlich erscheint in diesem Zusammenhang eine Gruppe von Autoren, die – zwar weithin ohne tiefgehende Auseinandersetzung mit der vorherrschen­ den Gegenauffassung und damit auch ohne Klärung des Verhältnisses zur Til­ gungsberechtigung – die Ersetzungsbefugnis in jedem Fall als Recht zur Er­ setzung verstehen möchte. 230 Auch bei einem Teil von ihnen entsteht jedoch, aufgrund der Darstellung der einzelnen, sich aus der Verwendung des Rechts ergebenden, Folgefragen, der Eindruck, einer inhaltlichen Vermischung von Er­ setzungsbefugnis und Berechtigung zur Tilgung mittels einer nichtgeschuldeten Leistung. Im Folgenden werden die wichtigsten, in diesem Zusammenhang anzutreffen­ den, Ansichten kurz erläutert. Sofern eine Auffassung zumindest weitgehend einem einzelnen Literaturvertreter zuzuordnen ist, wird die Darstellung personi­ fiziert erfolgen. b) Ersetzungsbefugnis nach Medicus Exemplarisch für die zuletzt genannte Autorengruppe ist Medicus zu nennen. Nach diesem sei bei der Ersetzungsbefugnis generell „von Anfang an nur eine Leistung geschuldet, wobei [...] an die Stelle dieser Leistung [...] durch Aus­ übung der Ersetzungsbefugnis eine andere treten“ könne. Das entspricht auf den ersten Blick dem hier vertretenen Verständnis. Innerhalb seiner weiteren Ausfüh­ rungen lehnt er jedoch die Bindung an die Ersetzungserklärung des Schuldners bis zum realen Element der Leistungsbewirkung ab, 231 was letztlich wieder in 229 Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 21ff.; Gernsheim, Erset­ zungsbefugnis, S. 23f.; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 10; Ziegler, AcP 1971, 193 (204). 230 Zu nennen sind etwa: Eckert, Schuldrecht, Rn. 166; vgl. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 97; Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 188; Schlechtriem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 230. Ebenso für Ersetzungs­ befugnis des Schuldners: Oetker, in: MüKo, § 251 BGB, Rn. 69; Schiemann, in: Stau­ dinger, § 251 BGB, Rn. 24; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191. Für die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers vgl. Oetker, in: MüKo, § 249 BGB, Rn. 339; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB, Rn. 215. 231 Vgl. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 189. Ebenso: Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 66f., mit ausführlicher Erläuterung seiner Ansicht; Siber, KritVSchr 1905, S. 526 (551), der die Ersatzleistung bei einer Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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starkem Maße für ein auch bei ihm vorhandenes Verständnis der Schuldnerbe­ fugnis als Berechtigung zur Leistung an Erfüllungs statt spricht. Auch bei dieser führt schließlich erst die Leistung selbst zur Tilgung des Anspruchs auf den geschuldeten Gegenstand. 232 Insofern scheint auch Medicus – ohne das expres­ sis verbis zuzugestehen – auf dem Standpunkt der inhaltlichen Trennung von Schuldner- und Gläubigerbefugnis zu verharren. Bestärkt wird diese Vermutung durch einen bei ihm zu findenden Verweis 233 auf Larenz, der im Fall der Erset­ zungsbefugnis des Schuldners gerade kein Recht zur Schuldänderung annehmen möchte. 234 c) Ersetzungsbefugnis nach Fikentscher / Heinemann 235 Noch weitaus deutlicher wird die genannte Durchmischung von Elementen der obligatorischen und solutorischen Wirkung bei Fikentscher. Dieser diffe­ renziert zunächst zwischen der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers und der des Schuldners. Dabei versteht er die Schuldnerbefugnis ebenfalls als Recht zur Leistung an Erfüllungs statt, 236 um dann in einem weiteren Schritt unter dem Begriff der Abfindungsbefugnis des Schuldners eine Berechtigung zu konstru­ ieren, die es diesem erlauben soll, statt der geschuldeten Leistung eine andere zur Erfüllung zu nutzen. 237 Erfüllung ist aber schon nach dem Wortlaut des § 362 Abs. 1 BGB – und damit abweichend von der zu dieser Frage vertretenden Gegenauffassung 238 – stets nur mit der geschuldeten Leistung möglich. 239 Der Inhalt des Geschuldeten ergibt sich dabei wiederum aus dem Schuldverhältnis 240 und damit aus der ausgelegten, individuellen Abrede oder der gesetzlichen An­ ordnung. 241 Aus diesem Grund ist es etwa abzulehnen, wenn Fehr zur Hingabe an Erfüllungs statt ausführt, die Forderung erlösche auch durch die Leistung ab dem Moment des Bewirkens als geschuldete Leistung betrachtet. Offen gelassen etwa bei LG Berlin, runds 2009, 112 (116). 232 Alexander, datio in solutum und compensatio in voluntaria, S. 33f. 233 Vgl. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 189. 234 Vgl. dazu Larenz, Schuldrecht AT, S. 160. 235 Im Folgenden bewusst nur noch als Ansicht Fikentschers bezeichnet, da dieses Modell in seinem Werk „Schuldrecht“ bereits enthalten war, als er noch Alleinautor der Vorauflagen war. 236 Vgl. Fikentscher / Heinemann, Schuldrecht, Rn. 257. 237 Vgl. Fikentscher / Heinemann, Schuldrecht, Rn. 258. 238 Vgl. exemplarisch: Alexander, datio in solutum und compensatio in voluntaria, S. 15; Keil, Aufrechnung infolge einer facultas alternativa, S. 15; Krüger, in: MüKo, § 262, Rn. 8, 9; Larenz, Schuldrecht AT, S. 160; Löscher, in: RGRK, 11. Vorauflage 1960, § 362 BGB, Anm. 9; Zeiss, in: Soergel, § 364 BGB, Rn. 1; RGZ 51, 73 (75). 239 Weber, in: RGRK, § 362 BGB, Rn. 17; BGH, NJW 1967, 553 (554). Vgl. dazu auch Lorenz, JuS 2009, 109 (110f.). Ebenso Mot., Bd. II, S. 81. 240 Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 139.

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einer nicht geschuldeten Sache, wenn die dem Gläubiger „als Erfüllung ange­ botene Leistung ausdrücklich als Erfüllung angenommen“ werde. 242 Selbst die lex lata spricht in § 364 Abs. 1 BGB unmissverständlich von der Annahme an Erfüllungs statt, also gerade nicht von einer Finalität hinsichtlich der Erfüllung. Um demnach die Ersatzleistung tatsächlich als geschuldet erbringen zu können, müsste sie vorab – etwa mittels einer Ersetzungsbefugnis – zum Gegenstand der Verpflichtung erhoben werden. Eine bloße Tilgungsberechtigung wäre dazu völlig ungeeignet. Die hiergegen gerichtete Auffassung, die gerade aus der Negierung dieser Tat­ sache den Unterschied zwischen Schuldnerbefugnis und Leistung an Erfüllungs statt herzuleiten versucht, lässt sich dabei möglicherweise zum Teil auf eine wortgetreue Übernahme der Formulierung „una res tantum in obligatione, duae in solutione“ zurückführen. Das könnte zunächst tatsächlich den Anschein einer Erfüllungsmöglichkeit neben der Schuld erwecken. Nicht angemessen berück­ sichtigen würde dieses Verständnis aber, dass solutio nicht nur mit dem Begriff der Erfüllung im engeren Sinne, sondern auch mit liberatio gleichgesetzt wer­ den kann. 243 Damit ist aber neben der eigentlichen solutio (Erfüllung) auch die datio in solutum (Erfüllungs statt) erfasst. 244 Die Formel bringt somit nicht mehr zum Ausdruck, als dass eine Leistung geschuldet ist, zwei dagegen befreiende Wirkung besitzen. Ein solcher Tilgungseffekt ist aber sowohl der Erfüllung als auch der Leistung an Erfüllungs statt beizumessen. Meint Fikentscher demnach ein solches Recht zur Erfüllung, wofür zumindest sein Hinweis 245 auf § 308 Nr. 4 BGB sprechen könnte, 246 so hätte er einräumen müssen, dass der Schuldner keine nichtgeschuldete Leistung nutzt, sondern diese mit der bisher geschuldeten austauscht. Wollte er dagegen mit der Abfindungsbe­ fugnis tatsächlich die Nutzung einer Leistung neben der Schuld regeln – dafür ist anzuführen, dass verschiedene Vertreter 247 der Literatur den Begriff Abfindungs­ 241

Muscheler / Bloch, JuS 2000, 729 (730). Vgl. Fehr, Hingabe an Erfüllungsstatt, S. 18. 243 Vgl. Alexander, datio in solutum und compensatio in voluntaria, S. 2; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 44. 244 Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 44. 245 Vgl. Fikentscher / Heinemann, Schuldrecht, Rn. 258. 246 Die gilt allerdings nur, sofern man im Gefolge eines Teils der Literaturmeinung den Regelungsgegenstand des § 308 Nr. 4 BGB ausschließlich auf nachträgliche Modi­ fikationen der geschuldeten Leistung erstreckt. So etwa Becker, in: Bamberger / Roth, § 308 Nr. 4 BGB, Rn. 8, der den Unterschied zwischen Änderung und Abweichung auf der Ebene der Änderungsintensität verortet. Das erscheint nicht überzeugend. Der Wort­ laut spricht vielmehr dafür, nicht nur die einseitige, schuldändernde Gestaltung, sondern auch die Berechtigung zur Abweichung auf der Tilgungsebene zu erfassen. Vgl. etwa Stadler, in: Jauernig, § 308 BGB, Rn. 6. Unentschieden Coester-Waltjen, in: Staudinger, § 308 Nr. 4 BGB, Rn. 5, die einerseits von nachtäglicher Änderung des Vertragsinhalts, andererseits aber von Erbringung einer anderen als der geschuldeten Leistung spricht. 242

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befugnis gerade für das Recht des Schuldners zur Tilgung mittels einer nicht geschuldeten Leistung verwenden –, so kann es sich dabei erneut nur um die von ihm schon unter dem Begriff „Ersetzungsbefugnis des Schuldners“ erläu­ terte Berechtigung zur datio in solutum handeln. Damit würde er dem Schuldner zweimal dasselbe Recht unter variierendem Namen zuweisen, daneben aber un­ berücksichtigt lassen, dass auch ihm ein Recht zur Schuldersetzung zustehen kann. Selbst wenn Fikentscher aber tatsächlich ein Recht des Schuldners zur Einwir­ kung auf das Geschuldete gemeint haben sollte, bliebe die von ihm vorgenom­ mene Bildung von drei Kategorien trotzdem unverständlich. Nicht nachvollzieh­ bar wäre es insbesondere, weshalb der Befugnis zur Schuldänderung, je nach Vorliegen bei Schuldner oder Gläubiger, einmal die Bezeichnung Ersetzungs­ befugnis, ein anderes Mal der Begriff Abfindungsbefugnis zugeordnet wird, während die ihrer Wirkung nach gänzlich andere Berechtigung zur Leistung an Erfüllungs statt bei ihm dann aber gleichfalls den Ausdruck Ersetzungsbefugnis zugewiesen bekommt. 248 Hier würde Fikentscher offensichtlich unterschiedliche Institute unter derselben Bezeichnung führen. d) Ersetzungsbefugnis nach Scholz Als gänzlich einheitliche Rechtsfigur wird die Ersetzungsbefugnis dagegen in einer 2009 erschienenen Arbeit von Scholz charakterisiert. Danach könne sie „sowohl dem Schuldner [...] als auch dem Gläubiger [...] zustehen“. In beiden Fällen handele es sich um ein Gestaltungsrecht, das seinem Inhaber das Recht verschaffe, „den bestehenden Anspruch auf eine Leistung durch eine Ersatz­ leistung zu ersetzen“. 249 Dieser Grundsatz der Einheitlichkeit von Schuldnerund Gläubigerbefugnis findet sich auch im Rahmen der Erläuterungen zu den Folgen der Ausübung. So bestehe „nur ein von Anfang an voll wirksamer und erfüllbarer Anspruch“. Die Ersetzung bewirke „lediglich eine Änderung des Anspruchsinhalts“. 250 Dieser Ansicht ist im Ergebnis vollumfänglich zuzustimmen. In Anbetracht der oben bereits erläuterten und durch die Privatautonomie zwingend gebotenen Zulässigkeit einer Berechtigung des Schuldners zur einseitigen Einwirkung auf die geschuldete Leistung mithilfe eines Gestaltungrechts, das der Ersetzungsbe­ fugnis des Gläubigers entspricht, ist es zu begrüßen, dass Scholz genau diesen Gleichklang zumindest per definitionem herstellt. Problematisch erscheint aller­ 247

Rn. 8. 248 249 250

Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (163f.); Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262, Vgl. Fikentscher / Heinemann, Schuldrecht, Rn. 257. Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191. Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 192.

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dings eine bei ihm zu findende Textpassage, wonach die Ersetzungsbefugnis „dadurch ausgeübt [werde], dass die alternative Leistung verlangt wird“. 251 Ein solches Verlangen kann aber für den Schuldner, der zur Leistungserbringung nur verpflichtet ist, nicht möglich sein. Es entsteht hier der Eindruck, Scholz habe sich entweder mit seinen Erläuterungen letztlich doch nur auf die Ersetzungsbe­ fugnis des Gläubigers beschränken wollen, was zu Folge hätte, dass auch er am Prinzip der Trennung festhält. Anderenfalls scheint er zumindest nicht beachtet zu haben, dass auch eine dem Grunde nach zustimmungswürdige Vereinheit­ lichung der Rechtsfigur die wesensmäßigen Unterschiede zwischen Gläubigerund Schuldnerstellung nicht außer Acht lassen kann. e) Verbindung von Schuldänderung und Leistung an Erfüllungs statt Eine weitere Ansicht verbindet das Recht zur Tilgung durch Erbringung einer nicht geschuldeten Leistung mit einer inhaltlichen Änderung des Schuldverhält­ nisses. 252 Exemplarisch zu nennen ist etwa Bachmann, der zur Ersetzungsbe­ fugnis des Schuldners ausführt, „die endgültige Änderung der Schuld tritt erst mit Erfüllung“ ein. Der Anspruch erlösche aber „nicht durch Erfüllung, son­ dern durch Hingabe an Erfüllungs statt“. Auf derselben Linie bewegt sich auch die Auffassung des BAG. Danach sei die Ersetzungsbefugnis (des Schuldners) in der Weise zu verstehen, dass „zunächst eine bestimmte Leistung geschuldet wird, der Gläubiger aber an ihrer Stelle eine andere Leistung fordern oder der Schuldner an Erfüllungs statt erbringen kann“ 253. Auf diese Weise werde „der Inhalt der geschuldeten Leistung verändert“ 254. Dieses Verständnis ist widersprüchlich und daher abzulehnen. Zum ersten ist eine nachträgliche Modifikation des Schuldverhältnisses nicht erforderlich, wenn der Schuldner berechtigt ist, gerade etwas anderes als das Geschuldete zu leisten und er diese Befugnis bereits von Anfang an innehat. Zum anderen bleibt diese Auffassung eine Antwort darauf schuldig, warum eine Änderung, so sie denn tatsächlich vorläge, nicht dazu führen soll, dass die neue Leistung nun auch die Geschuldete ist. Ihre Erbringung müsste dann zur Erfüllung gemäß § 362 BGB und nicht zur Leistung an Erfüllungs statt gemäß § 364 Abs. 1 BGB führen. 251

Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191. Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 12ff.; Krüger, in: MüKo, § 262, Rn. 8. Ebenso Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 24f., der da­ von spricht, der Schuldverbindlichkeit einen anderen Leistungsinhalt zu geben. Zu diesem Beurteilungsmodell hinsichtlich der allgemeinen rechtlichen Struktur einer Leistung an Erfüllungs statt mit zutreffender Ablehnung vgl. Harder, Leistung an Erfüllungs Statt, S. 113ff. 253 BAG, NZA 1995, 1001. 254 BAG, NZA 1995, 1001 (1002). 252

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f) Folgen aus der Einstufung der Ersetzungsbefugnis als Gestaltungsrecht Neben dem Argument der unterschiedlichen Tilgungswirkung ist zu berück­ sichtigen, dass sowohl der überwiegende Teil der Literatur 255 als auch der BGH 256 der Ersetzungsbefugnis – völlig unabhängig von der Frage, ob sie dem Schuld­ ner oder Gläubiger zusteht – die Rechtsnatur eines Gestaltungsrechts zuspre­ chen. Hier tritt die Inkonsequenz, die eine Vermischung beider Rechtsinstitute zur Folge hat, besonders evident hervor. Ein Gestaltungsrecht bedarf, um seine rechtsverhältnisbeeinflussende Wirkung zu entfalten, zunächst noch der Aus­ übung. 257 Seine Nutzung ist schließlich nicht zwingend. Dieser Befund erweist sich in Bezug auf die Ersetzungsbefugnis nach hier vertretenem Verständnis auch als zutreffend, denn ohne Geltendmachung bliebe die Primärleistung alleiniger Gegenstand des Anspruchs. Die als vermeintli­ che Ersetzungsbefugnis des Schuldners verstandene Berechtigung zur Leistung an Erfüllungs statt weist dieses Merkmal dagegen nicht auf und kann es auch nicht. Unmittelbar nach ihrer Begründung berechtigt sie den Schuldner, die Tilgungswirkung mit einer Leistung, die nicht die geschuldete ist, herbeizufüh­ ren. Die Notwendigkeit für einen weiteren Ausübungsakt besteht hier nicht. 258 Worin die Vertreter 259 der genannten Ansicht dann noch die Qualität eines Ge­ staltungsrechts entdecken wollen, erscheint deshalb fraglich. Soll folglich die Ersetzungsbefugnis von Gläubiger und Schuldner gleichermaßen die Qualität eines Gestaltungsrechts besitzen, so besteht keine andere Möglichkeit, als auch auf der Seite des Schuldners unter dieser Bezeichnung das Recht zur einseitigen Einwirkung auf die geschuldete Leistung zu fassen. g) Gleichklang des Zwangs zur Annahme und Hingabe einer zunächst nicht geschuldeten Leistung Um die unterschiedliche Verwendung des Begriffs Ersetzungsbefugnis je nach Partei, ungeachtet aller genannten dogmatischen Bedenken, zu ermöglichen, wird häufig der vermeintliche inhaltliche Gleichklang beider Institute angeführt. So bestehe nach Ausübung der Befugnis des Schuldners ein Zwang zur Annahme, 260 bei der des Gläubigers dagegen ein Zwang zur Hingabe einer nicht von Beginn 255

Vgl. oben Fn. 87. Vgl. für die Ersetzungsbefugnis des Schuldners BGH, NJW 1970, 992f.; für die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers BGH, NZM 1999, 803. 257 Schlosser, JuS 1966, 257 (258). 258 A. A. Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 346. 259 Vgl. etwa für die ausdrückliche Einordnung der Schuldnerbefugnis als Gestaltungs­ recht Tils, Abtretbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 23ff. 256

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an geschuldeten Leistung. 261 Diese Argumentation ist jedoch abzulehnen. Sie betrachtet das Schuldverhältnis nicht, wie es bei einer zweiseitigen Rechtsbezie­ hung geboten wäre, von beiden Seiten, sondern berücksichtigt allein die Person des jeweils Entscheidungsunterworfenen. Erforderlich ist es aber, vergleichend nach der Änderung der Rechtslage von Gläubiger und Schuldner zu fragen. In diesem Fall ist zu erkennen, dass einem Recht des Gläubigers zur Änderung des Schuldinhalts ebenfalls nur ein solches des Schuldners als gleichartig ge­ genübertreten kann. Hat der Gläubiger die Befugnis zur Ersetzung, so verändert sich durch die Ausübung seine rechtliche Position. Er ist nun Inhaber der Er­ satzforderung. Der Gläubiger ist damit in Bezug auf diese berechtigt, büßt aber zugleich sein Forderungsrecht hinsichtlich der Primärleistung ein. Gleichfalls bewirkt die Ersetzung eine daraus folgende Verpflichtung des Schuldners zur Leistung derselben, die Verbindlichkeit hinsichtlich der Primärschuld besteht dagegen nicht mehr fort. Damit steht dem Leistungsanspruch des Gläubigers in jeder Situation nur eine einfache und gleichartige Leistungspflicht, aber auch nur ein einfaches Tilgungsrecht des Schuldners gegenüber. Dieses Ergebnis muss aber auch dann gelten, wenn nicht dem Gläubiger, son­ dern dem Schuldner ein identisches Recht zur Einwirkung auf den Forderungs­ inhalt zusteht. Auch in diesem Fall würden schließlich die zuvor getroffenen Feststellungen ohne Einschränkung gelten. Gleichen sich aber die Berechtigung des Schuldners und die des Gläubigers, so verdienen sie schon deshalb eine einheitliche Behandlung als Rechtsinstitut. Die von der Gegenauffassung als Ersetzungsbefugnis bezeichnete Berechti­ gung des Schuldners zur Leistung an Erfüllungs statt weist diese Eigenschaften hingegen nicht auf. Zum einen findet bei ihr gerade keine Änderung der Be­ rechtigung des Gläubigers statt, er kann also weiterhin nur die Primärleistung fordern. 262 Daneben erhält aber auch die Verpflichtung des Schuldners keinen an­ deren Inhalt. Er muss weiterhin nur die schon ursprünglich geschuldete Leistung erbringen. 263 Der zweite Gegenstand ist demnach niemals geschuldet, sondern nur geeignet zur Tilgung durch eine Leistung an Erfüllungs statt. 264 Damit steht 260 Vgl. exemplarisch Alexander, datio in solutum und compensatio in voluntaria, S. 14. Bereits der Annahmezwang erweist sich als verfehlt, ist das Ergreifen der Leistung doch zunächst nur ein Recht des Gläubigers. Die Tatsache allein, dass aus einem möglichen Annahmeverzug unter Umständen negative Folgen für den Gläubiger resultieren, kann noch nicht die Verpflichtung zur Annahme selbst begründen. Möglich ist es dagegen, dass die Ersatzschuld im Einzelfall selbst einen solchen Annahmezwang enthält, so etwa wenn sie Verpflichtungen aus einem Kaufvertrag betrifft (§ 433 Abs. 2 BGB). 261 Vgl. Weitz, Die facultas alternativa, S. 35f., unter Verweis auf Regelsberger, IherJb 1878, 159 (166f.). 262 Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 15; Bosse, Ersetzungsbefug­ nis, S. 14. 263 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 13; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 14.

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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in dieser Situation dem ebenfalls einseitigen Leistungsanspruch des Gläubigers ein doppeltes oder auch mehrfaches Tilgungsrecht des Verpflichteten gegenüber. Ein der genannten Tilgungsberechtigung des Schuldners entsprechendes Recht des Gläubigers erscheint sogar völlig undenkbar. 265 Insofern ist etwa Wächter zuzustimmen, der die Beschränkung auf den Schuldner bereits im Jahr 1842 als wesentliches 266 Merkmal der facultas alternativa bezeichnet hatte. Ist näm­ lich der Gläubiger berechtigt, eine andere Leistung zu fordern, so gilt § 194 Abs. 1 BGB. 267 Die Ausübung von Zwang im Hinblick auf eine bestimmte Hand­ lung des Schuldners durch den Gläubiger setzt demnach voraus, dass Letzterer zu dieser auch verpflichtet 268 ist. Der Gläubiger bräuchte damit einen Anspruch auf die Ersatzleistung, so dass diese auch die geschuldete sein müsste. 269 Diese Folge verkannte etwa Reichel, der davon ausging, das – von ihm schon im Jahr 1924 erkannte – Problem der gleichartigen Benennung könne nur auf­ gelöst werden, indem auch die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers als ein Recht verstanden würde, das mit der Berechtigung des Schuldners zur datio in solutum parallel verliefe. 270 Der Gläubiger könne also eine nicht geschuldete Leistung fordern. 271 Diese Angleichung der Gläubigerersetzungsbefugnis an die Berech­ tigung des Schuldners zur Leistung an Erfüllungs statt hätte jedoch einen Rück­ schritt in Richtung des bereits überwundenen Erklärungsmodells Regelsbergers zur Folge, der die Gläubigerbefugnis noch als Zwang zur Hingabe an Erfüllungs statt verstehen wollte. Sie ist daher abzulehnen. Gleichermaßen nicht zu überzeugen vermag damit auch ein den Anfangsjah­ ren des BGB entstammender Einordnungsversuch Er. Wagners. Dieser nahm an, eine im Vergleich zur Berechtigung des Schuldners zur Leistung an Erfüllungs statt ähnlich geartete Ermächtigung des Gläubigers müsse diesen zwar berechti­ 264 So z. B.: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; H. Heinrichs, in: Palandt, § 262, Rn. 8; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262, Rn. 9. 265 C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 140. 266 Wächter, Württembergisches Privatrecht, Bd. II. S. 199. 267 So auch Moritz, Kauf mit Vereinbarung des Umtausches, S. 24f. 268 Litten, Wahlschuld, S. 99. 269 Vgl. Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Lippert, Alterna­ tive Ermächtigung des Gläubigers, S. 36; Pescatore, Wahlschuldverhältnisse, S. 259; Siber, KritVSchr 1905, S. 526 (550f.); C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 140. Dieses verkennen einige Autoren, wenn sie annehmen, der Gläubi­ ger werde durch seine Ersetzungsbefugnis berechtigt, einen andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt zu fordern. Vgl. dazu exemplarisch: Bittner, in: Staudin­ ger, § 262 BGB, Rn. 12, 14; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 30f. 270 Vgl. Reichel, Geleitwort zu Riebow, Kauf auf Umtausch, V. Im Ergebnis ebenso Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 20. 271 Vgl. Reichel, Geleitwort zu Riebow, Kauf auf Umtausch, VI.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

gen, „etwas anderes zu [...] verlangen, nicht aber den Schuldner, etwas anderes zu leisten“ 272. Zumindest bei einem wörtlichen Verständnis dieser Aussage hätte Er. Wagner eine Situation beschrieben, in der es dem Schuldner gänzlich unmög­ lich wäre, den Gläubiger mit der Ersatzleistung zu befriedigen, obwohl dieser zur Forderung derselben berechtigt wäre. Mit dem Willen des Gläubigers zur Annahme des aliud korrespondiert aber regelmäßig dessen Tilgungsinteresse und daraus folgend das Recht des Schuldners, diese Leistung auch zu erbringen. Soll dem Gläubiger aber nicht nur das Recht zur Annahme, sondern vielmehr auch das Recht zur Forderung einer anderen Leistung zugebillig werden, so bie­ tet sich hierzu die Lösung mittels einer Berechtigung zur einseitigen Einwirkung auf die geschuldete Leistung an. Würde die Tilgungsmöglichkeit des Schuldners nach dem Modell Wagners dagegen vom vorherigen Verlangen des Gläubigers abhängen, so läge der Fall eines verhaltenen Anspruchs vor, der nach heutigem Verständnis von der Er­ setzungsbefugnis zu unterscheiden ist. 273 Zudem ließe sich allein damit noch nicht der Untergang der Primärleistungspflicht erklären. Eine solche Kopplung wäre dann zwar wiederum problemlos durch eine Resolutivbedingung zu er­ reichen. Die Bedingungstheorie wurde allerdings als Modell zur Erklärung der Ersetzungsbefugnis bereits an anderer Stelle abgelehnt. h) Ersetzungsbefugnis nach Erler und C. Wagner Hervorzuhebend zu erwähnen ist an dieser Stelle eine aus dem Jahr 1964 stammende Auffassung Erlers, der unter dem Begriff der Ersetzungsbefugnis einheitlich ein echtes Ersetzungsrecht verstand. Er war somit der erste, der sich bewusst gegen die Unterscheidung nach dem Vorliegen bei Gläubiger oder Schuldner wendete 274 und damit den Unterschied zwischen der echten Schulder­ setzung und der schlichten Befugnis zur Leistung an Erfüllungs statt anerkannte. Konsequent zog er daraus den Schluss, dass die Ersetzungsbefugnis des Schuld­ ners den Regeln unterworfen werden müsse, die auch für die Befugnis des Gläubigers Anwendung finden. 275 Es habe also nach seiner Ansicht nicht die Er­ setzungsbefugnis des Gläubigers im Sinne Regelsbergers der Ersetzungsbefugnis des Schuldners zu folgen, sondern genau umgekehrt. In seinen weiteren Ausführungen beschränkte sich Erler allerdings selbst und erklärt, diesem Gedanken, aufgrund der weitreichenden Konsequenzen, nicht weiter nachgehen zu können. 276 Dabei ist es bedauerlich, dass er nicht erkannt zu 272

S. 47. 273 274 275

Vgl. Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, Vgl. dazu oben B.II.2. Vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 43. Vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 43.

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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haben scheint, dass es letztlich nur die parallele Nutzung der beiden Bezeichnun­ gen Ersetzungsbefugnis und facultas alternativa war, die den Grund für diesen Widerspruch bildet. Hier wäre eine Abkehr vom traditionellen Namensverständ­ nis, das auch beim ihm noch zu finden ist, der gedanklichen Weiterentwicklung seiner Überlegung mit hoher Wahrscheinlichkeit zuträglich gewesen. Diesen bei Erler unterlassenen Schritt zu gehen, wird daher eine der Hauptaufgaben dieser Arbeit sein. Demselben dreiteiligen Modell folgt auch C. Wagner in ihrer aus dem Jahr 2010 stammenden Schrift. Darin gelangt sie zu dem zustimmungswürdigen Er­ gebnis, das Bestehen einer Möglichkeit des Schuldners zur einseitigen Schuld­ änderung folge bereits „aus der allgemeinen Erwägung, dass die Parteien die Befugnis zur Schuldänderung (§ 311 Abs. 1 BGB) einseitig im Sinne eines Leis­ tungsbestimmungsrechts wahrnehmen können.“ Das habe zur Konsequenz, dass „sowohl dem Gläubiger als auch dem Schuldner die Befugnis zur einseitigen Schuldänderung, also zur ‚Ersetzung‘ des Leistungsgegenstandes eingeräumt werden kann.“ 277 Der so herausgearbeiteten Austauschberechtigung des Schuld­ ners stellt sie in einem weiteren Schritt dessen Recht zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung gegenüber, der sie allerdings weiterhin die Bezeich­ nung Ersetzungsbefugnis zuweist. Auf diese Weise gelangt sie zu der, auch nach hier vertretener Auffassung als problematisch zu bewertenden, Erkenntnis, dass es rein lexikalisch geboten wäre, der Austauschberechtigung des Schuldners dieselbe Bezeichnung zuzusprechen, die auch der Ersetzungsberechtigung des Gläubiger zugewiesen wird. In diesem Fall gäbe es allerdings zwei unterschied­ liche Rechtsinstitute mit identischer Bezeichnung. C. Wagner folgerte hieraus zu Recht, dass es geboten sei, beide sowohl „terminologisch als auch sachlich“ zu trennen. 278 Dabei bleibe der Begriff „Ersetzungsbefugnis“ allerdings der Berech­ tigung des Schulders zur Leistung an Erfüllungs statt vorbehalten. Dass diesem letzten Schluss nach hier vertretener Ansicht aber nicht zugestimmt werden kann, wird unten im Rahmen des Abschnitts zur Verifizierung der Begriffsnutzung ausführlich erläutert. i) Ersetzungsbefugnis nach Dechamps Wie schon im Abschnitt zur Bedingungstheorie angedeutet, wurde ein eben­ falls beachtlicher Versuch der Systematisierung bereits im Jahr 1901 von De­ champs unternommen. Dieser beschrieb eine von ihm als „Eventualobligation“ bezeichne, und im Wesentlichen dem hier vorgeschlagenen Verständnis der Er­ setzungsbefugnis entsprechende, Befugnis, 279 die zu einer echten Inhaltsände­ 276 277 278

Vgl. Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 43. C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 142. C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 142.

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

rung der Schuld berechtigen sollte. Ihr stellte er die so bezeichnete „eventuelle Ermächtigung“ gegenüber, die große Ähnlichkeit mit der sonst unter dem Begriff der facultas alternativa geführten Befugnis zur Tilgung mittels einer nicht ge­ schuldeten Leistung besitzt. 280 Als bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass damit für Dechamps auch eine obligationsändernde Berechti­ gung des Schuldners zur Einwirkung auf das Schuldverhältnis im weiteren Sinne durch Austausch der Forderung keinesfalls unvorstellbar war. 281 So machte es nach seiner Ansicht „für das Wesen der Obligation keinen Unterschied [...], ob der Gläubiger oder der Schuldner wahlberechtigt ist“ 282. Weiterhin führte er zu dieser Frage aus: „Die andere Leistung wird als eventuell geschuldet be­ trachtet, d. h. die Parteien stellen sich vor [...], dass sie möglicherweise einmal später geschuldet werden könne. ‚Eventuell schulden‘ ist eben kein ‚Schulden‘ sondern nur das Vorhandensein der Möglichkeit, dass einmal geschuldet wird. Demgemäß ist nur die primäre Leistung Objekt der Obligation. In Bezug auf die Eventualobligation mit Wahlrecht des Schuldners herrscht bezüglich dieses Punktes kein Streit.“ 283 Erheblich eingeschränkt wird diese scheinbar klare Trennung jedoch durch die später auch von anderen Autoren 284 übernommene und bis heute in der Literatur zu findende Annahme, eine Bindung an die Ersetzungserklärung des Schuldners könne nur bestehen, wenn die Leistung auch tatsächlich bewirkt ist. 285 Hier drängt sich die Frage auf, was in dieser Konstellation, neben der Änderung des Rechtsgrundes, noch den praktischen Unterschied zur Ausübung einer Befugnis zur Leistung an Erfüllungs statt ausmachen würde. 286 Auch bei dieser ist das reale Element der Tilgungshandlung erforderlich. Wie oben erläutert gebietet es zudem das Prinzip der Privatautonomie, dass der Gläubiger den Schuldner zumindest durch vertragliche Vereinbarung stets ermächtigen kann, einseitig und mit sofortiger Wirkung den Schuldinhalt zu 279

Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 57. Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 81. 281 Dabei ist allerdings kritisch anzumerken, dass eine echte Schuldersetzung nach sei­ ner Auffassung nur in den Fällen gegeben sein soll, in denen die Befugnis durch rechtsge­ schäftliche Vereinbarung eingeräumt wurde. Alle gesetzlichen Fälle sollen dagegen stets unter den Begriff der facultas eventualis subsumiert werden können. Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 79. 282 Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 64. 283 Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 59f. 284 So etwa bei Medicus, Schuldrecht I, Rn. 189. 285 Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 66f. 286 Unter Missachtung der von Dechamps vorgenommenen Differenzierung äußert später W. Müller seine Kritik an diesem Modell und fordert, zu Unrecht, die Aufgabe der unterschiedlichen Bezeichnungen. Das würde der gedanklichen Fortentwicklung der Ersetzungsbefugnis den Weg gerade in verkehrter Richtung ebnen. Vgl. dazu W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 29, Fn. 1. 280

V. Ersetzungsbefugnis des Schuldners

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ändern. Das hiergegen vorgebrachte, zweifelsohne auf den Schutz des Gläubi­ gers abziehlende, Argument, mit einem solchen Recht des Schuldners sei für den Gläubiger die Möglichkeit des Verlustes seines Primäranspruchs verbun­ den, verkennt gerade das Autonomieprinzip und kann damit nicht tragen. Auch dem Gläubiger steht das Recht zu, eine „sichere“ Position freiverantwortlich preiszugeben. 4. Zwischenergebnis Der vorangegangene Abschnitt hat gezeigt, dass es sich bei der Befugnis zur Schuldersetzung und der Berechtigung zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung um zwei Rechtsinstitute handelt, deren Unterschiede so groß sind, dass eine gemeinsame Begriffsnutzung abzulehnen ist. Das hatte bereits Regelsber­ ger erkannt, der sogar ausdrücklich um den Vorschlag eines anderen Begriffes bat und die doppelte Verwendung der Bezeichnung allein mit seiner analogen, erstmaligen Herleitung aus der Befugnis des Schuldners (facultas alternativa) rechtfertigte. 287 Tatsächlich stehen beide Rechtsfiguren ohne jegliche Form der inhaltlichen Verschränkung nebeneinander. 288 Die Berechtigung zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung wird in § 364 Abs. 1 BGB bereits vorausgesetzt und ent­ faltet ihre Wirkung ausschließlich auf der Tilgungsebene. Eine Beeinflussung des Forderungsinhalts findet dagegen niemals statt. Dagegen ermächtigt die Er­ setzungsbefugnis zur inhaltlichen Einwirkung auf das Schuldverhältnis. Die Til­ gung erfolgt hier zu jeder Zeit mittels der geschuldeten Leistung durch Erfüllung i. S. d. § 362 BGB. Regelsberger hat daher niemals ein Recht des Gläubigers entdeckt, das dem der bereits bekannten facultas alternativa des Schuldners entspricht. Vielmehr beschrieb er eine eigenständige und neuartige Befugnis des Gläubigers, deren Fortentwicklung und Erstreckung auf den Schuldner nach nunmehr immerhin 130 Jahren unbedingt geboten erscheint.

287

Vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (175), Zu einem wesentlichen Unterschied gelangt auch Litten, DJZ 1907, 491, wobei er jedoch an der einheitlichen Bezeichnung festhält. 288

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B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

VI. Verifizierung der Entscheidung für den Begriff „Ersetzungsbefugnis“ Obwohl es der juristischen Dogmatik möglich sein muss, eine Rechtsfigur auch ohne begriffliche Einschränkung hinreichend zu charakterisieren, 289 emp­ fiehlt es sich im vorliegenden Fall, dem oben herausgearbeiteten Rechtsinstitut eine klare Bezeichnung zuzuweisen. Diese wäre zwar nicht konstitutiv, schließ­ lich lassen sich die unterschiedlichen Definitionen und die damit jeweils zusam­ menhängenden Bezeichnungen nicht vollständig voneinander trennen. Gerade die in Literatur und Rechtsprechung gleichermaßen zu findende Vermischung von terminologischen und sachlichen Erwägungen gebietet es aber, an dieser Stelle auch dem Problem der unterschiedlichen Bezeichnung Aufmerksamkeit zu schenken. Außerdem könnte gerade die Entscheidung für eine der eingangs genannten Begriffe identitätsbildend auf die Befugnis einwirken, denn nur eine solche einheitliche Benennung wäre in der Lage, zumindest das Problem der begrifflichen Vermischung mit anderen Rechtsfiguren zu beseitigen. Gebräuchlichste Bezeichnung für das oben herausgearbeitete Recht zur ein­ seitigen Einwirkung auf den geschuldeten Gegenstand ist neben der bereits eingeführten „Ersetzungsbefugnis“ der Begriff „facultas alternativa“. 290 Dieser ist mit der ebenfalls verwendeten „alternativen Befugnis“, dem „jus alternati­ vum“ 291 oder der „alternativen Ermächtigung“ 292 gleichzusetzen. Zumindest rein semantisch verlangt die facultas alternativa zwei weitgehend gleichberechtigte Optionen, die sich ihrem Inhaber bieten. 293 Bei der Schuldersetzung sind Primärund Ersatzschuld aber gerade nicht 294 gleichberechtigt und damit alternativ, 295 sondern vielmehr durch ein zeitliches Stufenverhältnis 296 gekennzeichnet. 297 Zu­ nächst besteht zwischen den Parteien nur die Primärschuld, ein Rückgriff auf 289

Der Gedanke der Bedeutungslosigkeit von Bezeichnungen, den auch der in der Jurisprudenz gelehrte Goethe seinem Faust durch den Ausspruch „Namen sind Schall und Rauch“ in den Mund legte, darf, wie etwa die Figur der falsa demonstratio zeigt, auch als juristischer Grundsatz Geltung beanspruchen. Zur falsa demonstratio Semmelmayer, JuS 1996, L 9ff. 290 Exemplarisch zu finden bei: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11f.; Koch, in: MüKo, § 1383 BGB, Rn. 3; Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 8; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB, Rn. 215; Schlechtriem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 230; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 7. 291 Wächter, Württembergisches Privatrecht, Bd. II, S. 199. 292 So aktuell bei Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11 und Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 5. 293 Vermutlich bezeichnen Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 322, das Wahlrecht des Gläubigers bei der Wahlschuld aus diesem Grund als facultas alternativa. 294 P. Huber, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 152. 295 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 22.

VI. Verifizierung der Entscheidung für den Begriff „Ersetzungsbefugnis“

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die zweite kommt dagegen nur nach Ausübung der Befugnis in Betracht. Hätte tatsächlich ein ebenbürtiges Verhältnis vorgelegen und wäre dem Berechtigten die Entscheidung darüber völlig gleichgültig gewesen, so hätten die Parteien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Wahlschuld vereinbart und damit eine Gleichwer­ tigkeit bereits auf der Verpflichtungsebene hergestellt. Alternativ wäre es ihnen möglich gewesen, die gleichwertige Tilgung mit verschiedenen Leistungen im Sinne einer Leistung an Erfüllungs statt zuzulassen. Eine Konzentration auf den Leistungsinhalt der Primärschuld wäre dann gerade nicht zweckdienlich gewe­ sen. Aus diesem Grund erweist sich eine Bezeichnung, die auf das Vorliegen von Alternativen abstellt, zur Umschreibung der Befugnis zur Schuldersetzung, als ungeeignet. 298 Wiederum andere Begriffe, wie „Lösungsberechtigung“, „Löschungsberech­ tigung“ oder „Tilgungsbefugnis“ stellen nach ihrem Wortlaut vornehmlich auf das Recht zur Herstellung eines Zustandes ab, in dem gerade keine Schuld mehr vorhanden ist. Die Befugnis zur Ersetzung umfasst dagegen das Recht, eine geschuldete Leistung gegen eine andere auszutauschen. Ein Anspruch besteht damit aber auch noch nach der Ausübung des Rechts. Mangels endgültigen Er­ löschens ist daher auch die Verwendung dieser Bezeichnungen als ungeeignet zu verwerfen. Da gerade der Austausch das wesentliche Merkmal der Befugnis bildet, 299 erscheint der hier verwendete Begriff der Ersetzungsbefugnis besonders geeig­ net. Neben dem passenden Wortlaut ist auch die gegenwärtige Anerkennung und Verwendung durch die Rechtspraxis als Argument für die Vorzugswür­ digkeit dieser Bezeichnung anzuführen. Aus diesem Grund ist der Terminus „Ersetzungsbefugnis“ auch gegenüber den inhaltlich konkurrierenden, aus dem heutigen Schrifttum aber weithin verdrängten, Begriffen „Eventualobligation“ 300 und „Substitutionsbefugnis“ 301 vorzuziehen. Zumindest durch einen nicht unbe­ achtlichen Teil der Rechtslehre wird das Ersetzungsrecht auf Gläubigerseite als Ersetzungsbefugnis bezeichnet. 302 Erstmalig in einer Abhandlung Leonhards im 296

Vgl. Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 212. Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4. 298 So im Ergebnis auch Litten, Wahlschuld, S. 96, Fn. 8. 299 Eben diese richtige Feststellung trifft auch Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 24, für die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers. Warum dieses semantische Argument ihn nicht zu einem parallelen Verständnis der Befugnis des Schuldners verleitet, bleibt dage­ gen völlig unklar. 300 Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 57. 301 W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 28. 302 Vgl. exemplarisch: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 18; Bracklo, Ersetzungsbefug­ nis des Gläubigers im Prozess, S. 2; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 22f.; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 3f.; E. Steffen, NZV 1991, 1ff.; Un­ berath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 10. 297

78

B. Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis

Jahr 1900 eingeführt, 303 hat sich der Begriff heute etabliert. In diesem Zusam­ menhang ist aber darauf hinzuweisen, dass diese Benennung durch die Literatur weithin 304 nicht verhindern konnte, dass sie zugleich auch für andere Rechts­ institute genutzt wurde. Im Speziellen ist damit das oben erläuterte Recht zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung gemeint. Beide werden vielfach als Ersetzungsbefugnis bezeichnet. Neben der Verwendung desselben Begriffs für unterschiedliche Rechtsfiguren, ist zudem festzustellen, dass der Terminus „Ersetzungsbefugnis“ mit einer Vielzahl anderer Begriffe parallel für das hier untersuchte Gestaltungsrecht genutzt wird. 305 Das gilt insbesondere für die Be­ zeichnung „facultas alternativa“. Das ist zwar prinzipiell nicht problematisch, führt allerdings dann zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten, wenn beide Begriff wiederum an anderer Stelle für das Recht des Schuldners zur datio in solutum stehen. 306 Für die bloße Tilgungsberechtigung des Schuldners erweist sich die Bezeich­ nung „Ersetzungsbefugnis“ dagegen als ungeeignet. Besteht nämlich diese Be­ fugnis darin, dass nur die Primärleistung geschuldet ist, die Sekundärleistung aber zur Tilgung genutzt werden kann, ist vollkommen unklar, worin in diesem Fall die Ersetzung zu sehen ist. Die Leistung, auf die sich der Anspruch des Gläubigers richtet, bleibt in diesem Fall konstant, so dass sich zumindest inso­ weit kein Austausch feststellen lässt. Aber auch auf der Ebene der Tilgung findet keine Ersetzung statt, schließlich sind beide Leistungen hierzu gleichmäßig ge­ eignet. Die Tilgungsleistung ersetzt damit niemals die Primärleistung, sondern steht nur auf der Tilgungsebene gleichberechtigt neben ihr. Die Berechtigung des Schuldners zur datio in solutum bildet damit das solutorische Gegenstück zum Wahlrecht bei der Alternativschuld, von dem sie sich im Wesentlichen dadurch unterscheidet, dass sie keine Auswirkung auf die obligatorische Ebene entfaltet. Diesen Grundsatz scheinen insbesondere jene Autoren 307 nicht zu berücksichti­ gen, die den oben aufgezeigten Konfliktfall der gleichartigen Bezeichnung un­ terschiedlicher Rechtsinstitute in der Weise auflösen wollen, dass sie den Begriff Ersetzungsbefugnis dem Tilgungsrecht des Schuldners vorbehalten. Im Sinne der Vollständigkeit ist zudem darauf hinzuweisen, dass die oben erläuterte Unterscheidung zwischen anspruchserhaltender und anspruchserneu­ 303

Vgl. Leonhard, IherJb 1900, 1 (2). Nur ein geringer Teil der Literatur gebraucht die Bezeichnung der Ersetzungsbe­ fugnis ausschließlich für das Recht zur Substitution der geschuldeten Leistung, wobei zuzugestehen ist, dass deren Vertreter eine Auseinandersetzung mit der konkurrierenden Befugnis zur Leistung an Erfüllungs statt oftmals vermissen lassen. So z. B. Schlech­ triem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 230. 305 Dazu Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 2. 306 Vgl. etwa Birk, AWD 1973, 425 (426). 307 Vgl. exemplarisch C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leis­ tungen, S. 142. 304

VI. Verifizierung der Entscheidung für den Begriff „Ersetzungsbefugnis“

79

ernder Ersetzungsbefugnis auch auf der begrifflichen Ebene eine weitere Diffe­ renzierung nach sich ziehen könnte. Es ist etwa daran zu denken, der nur zum Austausch der geschuldeten Leistung berechtigenden Befugnis den von Birk 308 vorgeschlagenen Namen „Umwandlungsbefugnis“ zuzuweisen oder sie im Sinne C. Wagners 309 als „Schuldänderungsbefugnis“ zu bezeichnen. Auf diese Weise wäre zumindest terminologisch eine weitere von der Ersetzungsbefugnis zu un­ terscheidende Rechtsfigur entstanden. Unter Berücksichtigung der gemeinsamen Entstehungsgeschichte erscheint es aber zulässig und im Hinblick auf die ohne­ hin bestehenden Begriffsungenauigkeiten sogar geboten, beide Varianten unter dem Begriff der Ersetzungsbefugnis zu führen. In beiden Fällen verlief die ungetrennte historische Entwicklung des Rechts stets unter der Prämisse, eine Möglichkeit des Berechtigten darzustellen, die ihn legitimiert, eine andere als die ursprünglich geschuldete Leistung zu fordern bzw. zu schulden. Außerdem haben beide gemeinsam, dass jedenfalls auch das geschuldete Leistungsobjekt ausgetauscht wird. 310

308

Vgl. Birk, AWD 1973, 425 (246). C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 143f. 310 Anderenfalls wäre es aber zumindest erforderlich gewesen, noch einen weiteren Namen für die oben als zulässig herausgearbeitete Befugnis zur vollständigen Anspruchs­ substitution zu finden. Nicht hinreichend berücksichtig bei C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 142ff. 309

C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung Nachdem es die Aufgabe der bisherigen Darstellung war, sich mit der Er­ setzungsbefugnis in grundsätzlicher Weise auseinanderzusetzen, gilt es sich im Folgenden den Einzelfragen zuzuwenden, die sich aus dieser Rechtsnatur und der ihr zugewiesenen Stellung im System des Zivilrechts ergeben. Dabei wird zu untersuchen sein, wie die Befugnis dem Berechtigten eingeräumt werden kann, in welcher Art und Weise sie an das zugrunde liegende Rechtsgeschäft gekoppelt ist, wie sich deren Übertragung vollzieht und welche wesentlichen Ursachen zu ihrem Untergang führen. Daneben sind insbesondere die Ausübung der Befugnis und eine daran möglicherweise geknüpfte Bindungswirkung von Bedeutung. Zwar wäre es aufgrund der oben herausgearbeiteten Rechtsnatur der Erset­ zungsbefugnis konsequenterweise möglich, im Folgenden jede Bezugnahme auf die Literaturvertreter zu unterlassen, deren Ausführungen notwendige Folgen der Einstufung als Recht zur Leistung an Erfüllungs statt, Wahlschuld oder Bedingungskonstruktion sind. Ein solches, den Fokus erheblich verengendes, Vorgehen ist allerdings aus argumentativer Sicht nicht angezeigt. Gerade die Behandlung von Einzelfragen vor dem Hintergrund der sich stark unterschei­ denden Theorien liefert schließlich vielfach eine indirekte Bestätigung für die hier vertretene Auffassung.

I. Entstehung, Übertragung 1. Entstehung der Ersetzungsbefugnis a) Entstehung der Ersetzungsbefugnis in zeitlicher Hinsicht In zeitlicher Hinsicht kann sich die Einräumung der Ersetzungsbefugnis zu­ nächst – wie es im überwiegenden Teil der Fälle geschieht – 1 uno actu mit der Erzeugung des durch sie betroffenen Rechtsverhältnisses vollziehen. In dieser Konstellation sind die rechtsgrundvermittelnden Kausalgeschäfte von Befugnis und Grundverhältnis identisch. Da die zugrunde liegende Forderung in ihrem Bestand aber völlig autonom und damit von der Existenz einer Ersetzungsbefug­

1

Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 20; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 77.

I. Entstehung, Übertragung

81

nis unabhängig ist, muss die Begründung der Letzteren auch noch nachträglich möglich sein. 2 Ebenso ist es denkbar, dass die Einigung der Parteien über die Begründung der Ersetzungsbefugnis, zumindest rein tatsächlich, schon vor der eigentlichen Primärschuldbegründung stattfindet. Der Betreiber des Weinlokals könnte bei­ spielsweise seinem Zulieferer in einer Art Rahmenvereinbarung das Recht ein­ räumen, bei einem später noch konkret abzuschließenden Vertrag über die Lie­ ferung einer bestimmten Menge Rotwein diese Schuld in eine über Weißwein zu ändern. Um festzustellen, ob damit die Ersetzungsbefugnis bereits vor der zu substituierenden Schuld bestehen kann, ist erneut ihre Rechtsnatur zu beachten. Als akzessorisches 3 Gestaltungsrecht benötigt sie stets ein Bezugsobjekt, auf das sie gerichtet ist und dessen Gestaltung sie letztlich legitimieren soll. Aus diesem Grund ist die Ersetzungsbefugnis ohne die Existenz der zu gestaltenden Position, mithin also ohne Bestehen einer Schuld, völlig undenkbar. 4 Liegt folglich eine dem genannten Beispiel entsprechende Parteivereinbarung vor, kann diese nur in der Weise verstanden werden, dass sie Teil des späteren Vertrages wird. Ein vorzeitiger, oder sogar gänzlich selbständiger Bestand der Ersetzungsbefugnis scheidet hingegen aus. b) Akt zur Begründung der Ersetzungsbefugnis aa) Begründung durch Vertrag oder Gesetz Wie die zeitliche Komponente kann auch die Art und Weise der Entstehung erheblich variieren. An erster Stelle ist die durch Rechtsprechung und Lite­ ratur anerkannte gesetzliche Begründung der Ersetzungsbefugnis anzuführen. 5 Zwar lässt dieser schlichte Verweis die Notwendigkeit der noch ausstehenden Betrachtung konkreter Beispiele im geltenden Recht nicht entfallen. Trotzdem kann zumindest die grundsätzliche Möglichkeit einer ermächtigenden Norm be­ reits hier angenommen werden, schließlich wäre der Gesetzgeber nicht gehindert, 2 So auch: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 20; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefug­ nis des Gläubigers, S. 45; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 26. 3 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 65; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 99. Vgl. dazu außerdem: Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 13; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 663. 4 Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 57; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 26; Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 15; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 18; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestal­ tungsrechten, S. 27. 5 Vgl. dazu: Arnold, in: AnwK, § 262 BGB, Rn. 4; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 20; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 78; H. Heinrichs, in: Palandt, § 262 BGB, Rn. 9; RGZ 132, 9 (14).

82

C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

zumindest de lege ferenda (weitere) Fälle der Ersetzungsbefugnis in das geltende Recht einzuführen. Als ebenso anerkannte Form der Begründung einer Ersetzungsbefugnis ist die vertragliche Einräumung, 6 also die Entstehung aufgrund einer Parteiverein­ barung, zu erwähnen. Ihre Grundlagen findet sie im bereits mehrfach bemühten Prinzip der Privatautonomie, das – in seiner essentiellsten Form der Vertrags­ freiheit – 7 eine zivilrechtliche Ausprägung der in Art 2 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Handlungsfreiheit 8 darstellt. Danach können die Parteien grundsätz­ lich jede beliebige Vereinbarung zu treffen. 9 Sie sind folglich frei hinsichtlich des ob und wie eines vertraglichen Abschlusses. 10 Ein generelles Verbot, das die Ersetzungsbefugnis grundsätzlich ausschließt, ist de lege lata ebenso wenig vorhanden, wie es auch sonst an allgemeinen gesetzlichen Regelungen zu die­ sem Rechtsinstitut fehlt. Solange demnach keine Norm die Vereinbarung oder spätere Ausübung einer Ersetzungsbefugnis für eine spezielle Situation – wie etwa § 308 Nr. 4 Alt. 1 BGB im Fall einer Vereinbarung der Ersetzungsbefugnis des Schuldners durch allgemeine Geschäftsbedingungen – 11 ausschließt, ist ihre vertragliche Begründung durch Gläubiger und Schuldner als jederzeit zulässig anzusehen. bb) Möglichkeit der einseitigen Begründung (1) Grundlagen Weitaus schwieriger als die Betrachtung der gesetzlichen und konsensualen Einräumung gestaltet sich die Beantwortung der Frage, ob es einer Partei möglich ist, die Ersetzungsbefugnis auch durch einseitigen Akt zu begründen. Auf diese 6

Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 13; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 20; Gerns­ heim, Ersetzungsbefugnis, S. 78; RGZ 132, 9 (14). 7 Vgl. Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 46ff.; Larenz, Schuld­ recht AT, S. 41. Ebenso BVerfGE 81, 254. 8 Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 20ff. Ist die Vertragsfreiheit allerdings Teil einer anderen grundrechtlichen Betätigung, so findet sie ihren Schutz im jeweiligen spezielleren Freiheitsrecht. So. ders., Privatautonomie und Kontrahierungs­ zwang, S. 55. 9 Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rn. 3; Paulus / Zenker, JuS 2001, 1. 10 Vgl. Knobel, Wandlung im Verständnis der Vertragsfreiheit, S. 18. 11 Häufig wird § 308 Nr. 4 BGB im Zusammenhang mit der Ersetzungsbefugnis nur hinsichtlich der ersten Alternative – nämlich der Möglichkeit zur Abweichung von der geschuldeten Leistung – erwähnt. Vgl. hierzu: Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 364 BGB, Rn. 1; Kieninger, in: MüKo, § 308 BGB, Rn. 5; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. Das ist dem Verständnis als Recht zur datio in solutum ge­ schuldet. Richtigerweise erfasst der Wortlaut von § 308 Nr. 4 BGB jedoch sowohl die Abweichung auf der obligatorischen als auch auf der solutorischen Ebene. Vgl. dazu BTDrs. 7/3919, S. 25f.

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Weise könnte sie, wie der Befugte später selbst und damit ohne einen Beitrag des anderen Teils, auf das Schuldverhältnis einwirken. Zwar ist dem in der Literatur geäußerten Einwand zuzustimmen, es genüge auch eine Offerte auf Einräumung der Ersetzungsbefugnis, schließlich würde diese durch die zu ermächtigende Gegenseite überwiegend angenommen werden. 12 In diesem Fall läge dann eine vertraglich begründete Befugnis vor. Dieses zweifellos mögliche Verständnis als reines Angebot kann jedoch nicht darüber hinweghelfen, dass erhebliche Differenzen zwischen der Konstellation bestehen, in der das Gestaltungsrecht bereits einseitig begründet wird und jener, in der einer Willenserklärung bloß das Angebot zur Begründung desselben zu entnehmen ist. 13 Praktisch relevant wird diese Unterscheidung immer dann, wenn sich die zu er­ mächtigende Partei – etwa aus rein moralisch begründetem Verpflichtungsgefühl gegenüber ihrem Vertragspartner – anfangs gegen die Einräumung eines Gestal­ tungsrechts verwehrt, später allerdings aufgrund geänderter Motivationslage auf die Rechtsposition berufen möchte. In diesem Fall hilft weder der argumenta­ tive Umweg über eine konkludente Willenserklärung noch der Verweis auf die Entbehrlichkeit des Zugangs nach § 151 S. 1 BGB weiter. Weder die aktuelle Literatur noch die Rechtsprechung schenken der Möglich­ keit einer einseitigen Begründung in besonderem Maße Beachtung. Vielmehr findet sich weithin ein Rückzug auf die Bestätigung beider zuvor genannter Einräumungsmöglichkeiten. 14 Eine eindeutige Position enthalten dagegen die Ausführungen von Bosse 15, Gernsheim 16 und Herzberg 17, nach denen die ein­ seitige Begründung grundsätzlich ausgeschlossen sei. Nur sofern der betroffene Anspruch selbst auf einer einseitigen und trotzdem verbindlichen Erklärung be­ ruht – was nach ihrer Auffassung etwa bei Auslobung, Stiftung und Schuldver­ schreibung auf den Inhaber der Fall sei – 18 könne auch die Ersetzungsbefugnis durch eine solche entstehen. Dabei beschränkt sich ihre Untersuchung jedoch auf 12 Ähnliche Argumentation zum Optionsrecht: Bötticher, in: FS-Dölle, S. 40 (46ff.), Fn. 25; vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 80. Dazu auch Löwisch, in: Staudinger, § 311, Rn. 57 und Wolf, in: Soergel, § 305, Rn. 37, beide mit der Lösung über § 151 BGB. 13 Ebenfalls ablehnend gegenüber der Umgehung der Frage nach Einseitigkeit durch den Hinweis auf eine mögliche konsensuale Lösung für den Parallelfall des Verzichts: Cohn, GruchB 1903, 221 (269); Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 60. 14 Vgl. exemplarisch: Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Krü­ ger, in: MüKo, § 262, Rn. 9; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 3; Larenz, Schuldrecht AT, S. 160f.; Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 204; Schlech­ triem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 231; Schlochoff, Gestaltungsrechte und ihre Übertragbarkeit, S. 17; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8; BAG, BAGR 2002, 16. Allgemein für alle Gestaltungsrechte: Larenz / Wolf, BGB AT, § 15, Rn. 65; R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 8f.; R. Steiner, Gestaltungsrecht, S. 59. 15 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 21. 16 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 78f. 17 Vgl. Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 19.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

die Konstellation, bei der die Befugnis zeitgleich mit dem Anspruch entsteht. 19 Das ist der Besonderheit ihrer Begründungsansätze geschuldet, da sich ihre Darstellung ausschließlich auf die Ersetzungsbefugnis konzentriert, die sich ein Schuldner selbst einräumt. Diese wird mit dem überzeugenden Hinweis, jemand, der sich einseitig verpflichte, müsse stets die Möglichkeit haben, sich weniger zu binden, für zulässig erklärt. In diesem Fall lässt sich auch keine Beschrän­ kung des anderen Teils – der die Rechtsposition in diesem Moment überhaupt noch nicht innehatte – erblicken. Vielmehr ist die selbsteingeräumte Ersetzungs­ befugnis des Schuldners, in Verbindung mit der Schaffung einer Schuld, nur ein Minus zur ausschließlichen Schuldbegründung. Darüber hinaus soll es dem Schuldner nach Bosse ebenfalls erlaubt sein, durch die Einräumung einer Gläu­ bigerersetzungsbefugnis, den Umfang der Verpflichtung zu vergrößern. 20 Dass damit die Tragfähigkeit des Grundsatzes von der Unzulässigkeit der einseitigen Begründung einer Ersetzungsbefugnis erheblich aufgeweicht wird, liegt auf der Hand und ist daher in der weiteren Erörterung erneut aufzugreifen. Im Ergebnis ist der oben dargestellten Auffassung nicht entgegenzutreten. Die damit verbundene Schwerpunktsetzung versperrt jedoch den Blick auf die ei­ gentlich problematischen Fälle, nämlich die Fragestellung, ob eine Partei der anderen auch nachträglich die Befugnis zur Substitution der geschuldeten Leis­ tung einseitig einräumen kann, ohne dass es hierzu einer Willenserklärung der Gegenseite bedarf. Zeitgleich wird dagegen bei einem zweiseitig begründeten Schuldverhältnis eine einseitige Einräumung nur in den seltensten Fällen in Betracht kommen. Überwiegend würde diese nämlich – wenn auch nur konkludent – zum Element der Einigung und damit des Vertrages selbst werden. Auf diese Weise wäre letztlich auch hier der Entstehungsgrund ein zweiseitiger Akt. (2) Vermeintliche Sperrwirkung des § 311 Abs. 1 BGB Eine entscheidende gesetzliche Hürde zur einseitigen Einräumung der Erset­ zungsbefugnis stellt in diesem Zusammenhang die Regelung des § 311 Abs. 1 BGB dar. Dieser verlangt zumindest nach seinem Wortlaut eine vertragliche Aus­ gestaltung der Änderung eines Schuldverhältnisses. Gesetzliche Abweichungen 18 Heute wird die Inhaberschuldverschreibung weithin über die Rechtsscheintheorie erklärt, so dass diese kein Beispiel mehr für eine einseitige, bindende Erklärung geben kann. Vgl. dazu: Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rn. 35; Gehrlein / Grüneberg / Sut­ schet, in: Bamberger / Roth, § 311 BGB, Rn. 3. 19 Vgl. etwa Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 22. 20 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 21. Hierbei erweisen sich die von ihm genutzten Terminologien „erhöhen“ und „verringern“ als ungeeignet, denn der Schuldner verändert bei zeitgleicher Einräumung seine Verbindlichkeit nicht, sondern lässt diese bereits in anderem Umfang entstehen.

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lässt er jedoch zu. Gegenständlich umfasst die Norm damit auch die hier zu untersuchende, nachträgliche Einräumung der Befugnis, die die Rechtsmacht ihres Inhabers erhöht und damit das Schuldverhältnis im weiteren Sinne einer Veränderung unterzieht, ohne dass zugleich die Forderung selbst modifiziert würde. Dieses gesetzliche Gebot der Vertragsmäßigkeit bildet den Grund für die ausdrücklich ablehnende Haltung der Literatur gegenüber der Einräumung von Gestaltungsrechten durch einseitige Erklärung des späteren Gestaltungsgeg­ ners. 21 Insbesondere Bötticher führt hierzu an, es sei nicht einleuchtend, wenn die Grenze des § 311 Abs. 1 BGB durch die Einräumung von Gestaltungsrechten zu umgehen wäre. 22 Eine solche Umgehung lässt sich allerdings nur dann über­ zeugend behaupten, wenn durch die einseitige Begründung die ratio des § 311 Abs. 1 BGB im konkreten Fall tatsächlich missachtet würde. Vorab ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Prinzip der vertragsmäßigen Einwirkung auf Schuldverhältnisse im BGB bereits seit 1900 durch § 305 BGB a.F. ausdrückliche Erwähnung fand, die Kategorie der Gestal­ tungsrechte jedoch erst im 19. Jh. in den Fokus der Wissenschaft gerückt war 23 bzw. sogar erst drei Jahre nach der Kodifikation des BGB als eigenständige Rechtskategorie unter dem noch heute gebräuchlichen Begriff zusammengefasst wurde. 24 Folglich erscheint es zumindest nicht zwingend, dass sich die Rege­ lung des § 311 Abs. 1 BGB gegenständlich auch final auf diese Gattung erstreckt. Eine solche zielgerichtete Erfassung könnte deshalb vielmehr nur in Bezug auf die Einzelrechte bestehen. Das ist allerdings zumindest im Fall unkodifizier­ ter Rechtsfiguren – wie der Ersetzungsbefugnis – unwahrscheinlich. Für diese Überlegung spricht auch, dass der historische Gesetzgeber etwa mit dem An­ fechtungsrecht eine andere, heute der Gruppe der Gestaltungsrechte zugeordnete, Befugnis noch nicht einmal als subjektives Privatrecht verstehen wollte. 25 Viel­ mehr verwendete er den unscharfen Begriff einer „rechtlichen Möglichkeit“ 26. Besondere Bedeutung besitzt in diesem Zusammenhang ein in den Motiven zum BGB enthaltener Hinweis 27 des historischen Gesetzgebers. Danach sei die grundsätzliche Unverbindlichkeit einseitiger Rechtsgeschäfte nur deshalb in den Gesetzestext aufgenommen wurden, weil man sich der Vielzahl hiervon abwei­ chender Regelungen bewusst war. Zweck der Normierung war es demnach, dem 21

Vgl. dazu Adomeit, Gestaltungsrechte, Rechtsgeschäfte, Ansprüche, S. 36, ohne § 311 Abs. 1 BGB bzw. § 305 BGB a.F. ausdrücklich zu benennen. Deutlicher dage­ gen Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht, S. 13f. und Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 56. 22 Vgl. Bötticher, in: FS-Dölle, S. 40 (53). 23 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 53ff. 24 Vgl. dazu Seckel, in: FS-Koch, S. 205ff. 25 Vgl. Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. I, S. 134. 26 Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. I, S. 134. 27 Mot., Bd. II, S. 175.

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Anschein der gänzlichen Übernahme des Prinzips der Verbindlichkeit vorzu­ beugen. Daraus folgt, dass das Vertragsprinzip keinesfalls als unumstößliches Dogma jegliche einseitige Handlung ihrer Rechtswirkung berauben sollte. Für die konkrete Frage nach der Zulässigkeit einer durch einseitige Willens­ erklärung begründeten Ersetzungsbefugnis bedeutet das, dass § 311 Abs. 1 BGB deutlich weniger zwingend erscheint, als es sein Wortlaut auf den ersten Blick vermittelt. Hierbei schadet auch der Umstand nicht, dass dem geltenden Recht keine ausdrückliche Abweichung zugunsten der Ersetzungsbefugnis zu entneh­ men ist. In Übereinstimmung mit der Auffassung Kleinschmidts erscheint die heute in § 311 Abs. 1 BGB zu findende Regelung bereits nach den Motiven zum BGB nicht als Grundlage eines „numerus clausus“ der verbindlichen, einseiti­ gen Rechtsgeschäfte. 28 Der historische Gesetzgeber lässt dort erkennen, dass die Legislative keinesfalls die Absicht verfolgte, jegliche Konstellation einer ein­ seitigen Bindung vorab zu regeln. Vielmehr solle die Aufgabe – im Einzelfall eine Entscheidung über die Zulässigkeit herbeizuführen – der Rechtsanwendung überlassen bleiben. 29 Konkret wird in diesem Abschnitt auf die Rechtswissen­ schaft verwiesen, der nicht vorgegriffen werden sollte. 30 Eine unkodifizierte Abweichung vom Tenor des § 311 Abs. 1 BGB erscheint damit grundsätzlich zulässig. 31 Besitzt der Rechtsanwender demnach diese Kompetenz grundsätz­ lich in jedem Fall, so muss das für ein völlig ungeregeltes Rechtsinstitut, wie die Ersetzungsbefugnis, wegen der hier denknotwendig erforderlichen Rechts­ fortbildung, erst recht gelten. Auf diese Weise erscheint es möglich, die, trotz der anerkanntermaßen fehlenden absoluten Verbindlichkeit der Vorstellungen des historischen Gesetzgebers, 32 zumindest nach dem Wortlaut scheinbar bestehende Sperrwirkung von § 311 Abs. 1 BGB auszuräumen. (3) Zulässigkeit einer Analogiebildung unter vergleichender Einbeziehung des Kleinschmidtschen Vorschlags zum einseitigen Verzicht In einem weiteren Schritt stellt sich die Frage, welche Konsequenzen sich aus der Möglichkeit einer Durchbrechung von § 311 Abs. 1 BGB für die konkrete Untersuchung zur Ersetzungsbefugnis ergeben. Für den Fall des einseitigen Ver­ zichts auf Gestaltungsrechte – als ebenso problembehaftete Abweichung vom Vertragsprinzip – sucht Kleinschmidt die Lösung über eine Analogie zu ge­ 28

Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 184. Vgl. Mot., Bd. II, S. 176. 30 Vgl. Mot., Bd. II, S. 176. 31 Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 184f., unter Verweis auf Wolf, in: Soergel, § 305 BGB, Rn. 12 und Krebs, in: AnwK, § 311 BGB, Rn. 12. 32 Frotz, JZ 1963, 391 (392); Larenz, Methodenlehre, S. 387. 29

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setzlich geregelten Gestaltungsrechten. 33 Ein ähnlicher Weg wäre auch für die einseitig zu begründende Ersetzungsbefugnis denkbar. Kleinschmidt folgt mit diesem methodischen Vorgehen dem ausdrücklichen Aufruf des historischen Gesetzgebers, der die Beschränkung des Vertragsprinzips durch das Mittel der Analogie für möglich erachtete. In den Motiven zum BGB findet sich dazu die Aussage, die „analoge Anwendung auf rechtsähnliche Verhältnisse [...] ist durch die Bestimmung des § 342 nicht ausgeschlossen“ 34. Der irreführende Ter­ minus der „rechtsähnlichen Verhältnisse“ ist dabei mit dem Begriff der ähnlichen Rechtsverhältnisse gleichzusetzen. Dieser umfasst keine neben dem Recht ste­ hende Kategorie, sondern zielt vielmehr auf die erforderliche Vergleichbarkeit ab. Das wird anhand von § 1 des Entwurfes zum BGB deutlich. Hier stellte der historische Gesetzgeber den rechtsähnlichen Verhältnissen jene Verhältnisse gegenüber, auf die nur die „aus dem Geiste der Rechtsordnung sich ergeben­ den Grundsätze“ 35 Anwendung finden können. Zwar handelt es sich um keine legislative Aufgabe, der Rechtsprechung und Lehre methodische Vorgaben für die Weiterentwicklung eines unvollständigen Rechtssatzes zu unterbreiten. Dem Diktum ist daher keine bindende Kraft beizumessen. Zumindest unterstützend kann der Hinweis allerdings zur Beantwortung der Frage herangezogen wer­ den, inwieweit das BGB im Sinne seines Regelungsplans überhaupt die Absicht verfolgt, die einseitige Form der Rechtsbegründung abschließend zu regeln. Kleinschmidt widmet sich innerhalb seiner Ausführungen dem Umstand, dass sich der Hinweis auf die genannte Rechtsfortbildungskompetenz bereits inner­ halb der Motive finden lässt, nicht näher. Der historische Gesetzgeber verdeut­ lichte aber damit zumindest, wissentlich auf eine abschließende Regelung ver­ zichtet zu haben. Wird dieser Befund einer Kontrolle der Analogievoraussetzun­ gen unterzogen und sowohl auf das Vorliegen einer Lücke als auch im Hinblick auf die hinreichende Vergleichbarkeit beider Sachverhalte überprüft, 36 wird deut­ lich, dass hier weitere Erläuterungen unbedingt notwendig sind. Ging nämlich bereits der Gesetzgeber davon aus, dass gegebenenfalls eine ergänzende Aus­ füllung des damit bewusst offen gelassenen Gesetzesrechts erforderlich wird, so scheint dieses zu der vermeintlich widersprüchlichen Konstellation zu füh­ ren, dass der in den Motiven zu findende legislative Hinweis auf die Nutzung einer Analogie möglicherweise zugleich deren Voraussetzung entfallen lässt. Kleinschmidt übergeht dieses Problem der auch ihm bekannten 37 Abweichungs­ 33 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 191. Ebenso: Gernhuber, Schuldver­ hältnis, S. 613; Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (230). 34 Mot., Bd. II, S. 175. 35 Mot., Bd. I, S. 1. Noch deutlicher bei Jakobs / Schubert, Beratung des bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse I, S. 366. 36 Zu den Voraussetzungen einer Analogie: Canaris, in: FS-Bydlinski, S. 47 (82ff.); Larenz, Methodenlehre, S. 381ff.; BGH, GRUR 2002, 238 (241); NJW 1990, 2546 (2548); 2003, 1932 (1933); 2601 (2603).

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kompetenz und gelangt zur Zulässigkeit dieser Methode. 38 Das ist im Ergebnis auch richtig, erfordert jedoch einen gedanklichen Zwischenschritt. Lückenhaftigkeit und damit planwidrige Unvollständigkeit 39 muss sich aus­ schließlich in Bezug auf die Kodifikation, 40 nicht jedoch hinsichtlich der Absicht des Gesetzgebers belegen lassen. „Der lediglich im Gesetz redende Wille des Gesetzgebers ist [...] ein genauso fremder Wille [und kann daher] keinen unbe­ dingten Vorzug verlangen.“ 41 Hier kann die lex lata im Sinne Radbruchs „klüger sein als ihr Verfasser“ 42. Ließe sich demnach feststellen, dass das BGB und insbesondere der § 311 Abs. 1 BGB der einseitigen Begründung einer Erset­ zungsbefugnis nicht gerecht zu werden vermag, kann eine Lücke mit oder gegen den Willen des historischen Gesetzgebers angenommen werden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es ohnehin der Zweck des Planwidrigkeitskriteriums ist, die dem Gesetzgeber zugewiesene Normsetzungskompetenz 43 und den damit verbundenen Grundsatz des Gesetzesvorrangs 44 zu wahren. Aus diesem Grund darf ein ergänzender Eingriff auch nur bei tatsächlichem Vorliegen einer Lücke vorgenommen werden. Im konkreten Fall wäre aber auch ein Widerspruch zum Gesetzgeberwillen überhaupt nicht denkbar, schließlich entspräche die Methode der Analogie hier sogar dessen Vorschlag. Weitaus problematischer erscheint allerdings die von Kleinschmidt nicht be­ rücksichtigte Frage, ob die Bildung einer Analogie hier tatsächlich das vor­ zugswürdige Korrekturmittel darstellt. Selbst wenn sich nämlich hinsichtlich der einseitigen Begründung einer Ersetzungsbefugnis eine Gesetzeslücke feststellen ließe, so müsste in einem weiteren Schritt noch zwischen offener und verdeckter Lücke unterschieden werden. 45 Nur Erstere 46 ist aber durch Analogiebildung zu schließen. Eine offene Lücke ist in Übereinstimmung mit Larenz immer dann anzunehmen, wenn das Gesetz für einen Sachverhalt keine passende Regelung bereithält, obwohl sie nach dem Zweck des Gesetzes zu erwarten wäre. 47 Im Ge­ gensatz dazu wird die verdeckte Lücke durch das Vorhandensein einer scheinbar passenden Regelung geprägt, die allerdings hinsichtlich des konkreten Sachver­ 37

Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 184. Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 185. 39 M. Würdinger / Bergmeister, Jura 2007, 15 (17). 40 Larenz, Methodenlehre, S. 373. 41 Radbruch, Einführung in die Rechtswissenschaft, S. 284. Noch weitergehend ders., Rechtsphilosophie, S. 211: „Der Wille des Gesetzgebers ist [...] nicht Auslegungsmittel, sondern Auslegungsziel und Auslegungsergebnis“. 42 Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 211. 43 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 376. 44 Vgl. Canaris, in: FS-Bydlinski, S. 47 (83). 45 Larenz, Methodenlehre, S. 377. 46 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 381ff. 47 Larenz, Methodenlehre, S. 377. 38

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haltes nach „ihrem Sinn und Zweck“ 48 unpassend erscheint. In diesem Fall ist dann aber nicht die Analogie sondern die teleologische Reduktion der vermeint­ lich anzuwendenden Norm das geeignete Korrektiv. Wird der konkrete Fall der einseitig zu begründenden Ersetzungsbefugnis in diesem Licht betrachtet, fällt auf, dass § 311 Abs. 1 BGB nach seinem Wortlaut Anwendung findet. Gelänge es demnach, innerhalb der folgenden Auseinandersetzung darzulegen, dass sich die ratio von § 311 Abs. 1 BGB bei der Begründung einer Ersetzungsbefugnis als unpassend erweist, wäre diesem Umstand jedenfalls durch eine teleologische Reduktion zu begegnen. Neben der Entscheidung für ein einzelnes Mittel ist auch ein Zusammenwirken von teleologischer Reduktion und Analogiebildung denkbar. 49 Diese Methode könnte jedoch nur dann überzeugen, wenn eine solche zweistufige Kombination überhaupt erforderlich ist. Ausgeschlossen wäre das jedenfalls, wenn bereits die Nichtanwendbarkeit von § 311 Abs. 1 BGB zu einer Rechtslage führt, nach der nunmehr auch eine einseitige Begründung der Ersetzungsbefugnis möglich ist. Das ist allerdings unter erneuter Konsultation des historischen Gesetzgeberwil­ lens abzulehnen. Die Vertragsmäßigkeit wurde danach schließlich nur deshalb in das BGB aufgenommen, um dem Anschein zu begegnen, der Entwurf hätte sich, „den in der modernen Theorie vielfach aufgestellten Satz von der allgemeinen Verbindlichkeit des einseitig mit dem Willen, sich schon durch das Versprechen zu der versprochenen Leistung zu verpflichten, abgegebenen Schuldversprechens [...] angeeignet“ 50. Das Prinzip der Vertragsmäßigkeit ist dem BGB demnach unabhängig vom Bestehen einer einzelnen Regel immanent. Denselben Befund liefert auch ein quantitativer Vergleich der im BGB verankerten Möglichkeiten zur zwei- bzw. einseitigen Einwirkung auf das Schuldverhältnis. Auch hier ist zu erkennen, dass § 311 Abs. 1 BGB für das Vertragsprinzip vorwiegend dekla­ ratorischen Charakter besitzt. Allein die Nichtanwendung der Norm kann daher das Gebot der Zweiseitigkeit nicht überwinden. Für die einseitige Begründung einer Ersetzungsbefugnis wäre daher, neben der teleologischen Reduktion, das Hinzutreten einer Analogie erforderlich. (4) Vergleich mit dem Vorkaufsrecht Eine mögliche Antwort auf die Frage, ob sich die einseitige Begründung der Ersetzungsbefugnis in Abweichung vom Vertragsgrundsatz des BGB als zuläs­ sig erweist, könnte eine Gegenüberstellung mit dem Vorkaufsrecht der §§ 463ff. BGB bieten. Dieses ermächtigt seinen Inhaber ebenfalls, durch bloße Erklärung auf ein Rechtsverhältnis einzuwirken und im konkreten Fall einen Anspruch ent­ 48 49 50

Larenz, Methodenlehre, S. 377. Larenz, Methodenlehre, S. 395. Mot., Bd. II, S. 175.

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stehen zu lassen. Damit besteht, zumindest nach erstem Anschein, eine deutliche Parallele zwischen beiden Rechtsfiguren. Zwar schweigt das Gesetz zur Frage der Begründung des Vorkaufsrechts. 51 Abgesehen von den Möglichkeiten des erbrechtlichen oder gesetzlichen Erwerbs, wird jedoch überwiegend eine ver­ tragliche Konstruktion verlangt. 52 Ob dieser Befund zwingende Auswirkung auf die Zulässigkeit der einseitigen Begründung einer Ersetzungsbefugnis entfaltet, ist insbesondere vom Grad ihrer Ähnlichkeit mit dem Vorkaufsrecht und damit letztlich von dessen Rechtsnatur abhängig. Nach einer weit verbreiteten Ansicht handelt es sich bei dem Vorkaufsrecht ge­ stalterisch um einen doppelt suspensiv bedingten Kaufvertrag, der zur Entfaltung seiner Wirksamkeit einerseits des realen Elements eines Vertragsschlusses mit einem Dritten gemäß § 463 BGB bedarf und daneben die voluntative Vorausset­ zung der Ausübung nach § 464 Abs. 1 S. 1 BGB benötigt. 53 Die Gegenauffassung versteht das Vorkaufsrecht hingegen als ein Gestaltungsrecht. 54 Hierbei handelt es sich letztlich um ein Parallelproblem zur eingangs erläuterten Debatte um die Einstufung der Ersetzungsbefugnis als Gestaltungsrecht oder Bedingungs­ konstruktion. Für die erste Ansicht spräche dabei klar die Sequenz aus dem Wortlaut des § 464 Abs. 1 S. 1 BGB, die den anderen Teil, schon vor der Rechts­ ausübung, als Verpflichteten bezeichnet. Damit wird das – wenn auch suspensiv bedingte – Bestehen des Vertrages bereits vorausgesetzt. Andererseits ließe sich gerade die Semantik auch für eine Argumentation zugunsten der Gestaltungs­ rechtslösung nutzen, denn ein Kaufvertrag kommt danach erst mit der Ausübung zustande. 55 In jedem Fall begegnen der Bedingungskonstruktion aber dieselben 51

Auch der historische Gesetzgeber spricht nur allgemein von der Begründung durch Rechtsgeschäft. Vgl. dazu Mot., Bd. II, S. 344ff. Insbesondere ist dort auch die Konstruk­ tion des späteren Kaufvertrages zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Veräußere offen gelassen. 52 C. Berger, in: Jauernig, § 463 BGB, Rn. 12; Westermann, in: MüKo, § 463 BGB, Rn. 8; Faust, in: Bamberger / Roth, § 463 BGB, Rn. 13; Grunewald, in: Erman, § 463 BGB, Rn. 4; Alpmann-Piper, in: jurisPK, § 463 BGB, Rn. 22. 53 So etwa: Grunewald, in: Erman, § 463 BGB, Rn. 3; Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnis, S. 460; Fikentscher / Heinemann, Schuldrecht, Rn. 932ff.; R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 67; BGH, NJW 2000, 1033; RGZ 67, 42 (45); 72, 385f.; 121, 367 (369). 54 Vgl. dazu: Adomeit, Gestaltungsrechte, Rechtsgeschäfte, Ansprüche, S. 36; Barth, Lehre von den Gestaltungsrechten, S. 26; Bötticher, in: FS-Dölle, S. 40 (46ff.); Medi­ cus, Schuldrecht II, Rn. 156; Larenz, Schuldrecht BT I, S. 151; ders., DB 1955, 209 (210); Leverenz, JURA 1996, 1; Loewenthal, Uebergang der Gestaltungsrechte, S. 22; Oertmann, vor § 194 BGB, D 2; Pieper, Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt, S. 166; Roth, in: MüKo, § 413 BGB, Rn. 11; Schürnbrand, AcP 2004, 177 (180f.); Schlochoff, Gestaltungsrechte und ihre Übertragbarkeit, S. 14; Tils, Abtretbarkeit von Gestaltungs­ rechten, S. 20; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 21; Walsmann, IherJb 1909, 197 (278); BGH, NJW 1998, 703 (704). 55 Larenz, Schuldrecht BT I, S. 151.

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Einwände, die schon gegen vergleichbare Gedanken zur Rechtsnatur der Erset­ zungsbefugnis vorgebracht wurden. Auch hier gilt: Die Möglichkeit des Begrün­ dens eines Anspruchs ist nicht die Begründung des Anspruchs selbst. Darüber hinaus stünde der Inhalt des Kaufvertrages im Zeitpunkt der Berechtigungsbe­ gründung nicht fest, was – zumindest ergänzend – ebenso gegen die Übernahme des Bedingungsgedankens spräche. Endgültig muss dieser Streit 56 hier jedoch nicht entschieden werden. Handelt es sich nämlich beim Vorkaufsrecht um einen bereits bedingt bestehenden Kaufvertrag, so wären auch die Pflichten des Vor­ kaufsberechtigten, nämlich Haupt- und Nebenpflichten eines Käufers nach § 433 Abs. 2 BGB, bereits suspensiv bedingt angelegt. Zu einer solchen Verpflich­ tung wäre dann aber die Willensbetätigung des Vorkaufsberechtigten zwingend notwendig. Eine adäquate Übereinstimmung mit der, nicht mit Pflichten des Inhabers verbundenen, 57 Ersetzungsbefugnis bestünde damit nicht. Wäre das Vorkaufsrecht dagegen als Gestaltungsrecht zu qualifizieren, so gäbe es den­ noch erheblichen Differenzen zur Ersetzungsbefugnis. Erst durch Ausübung des gestaltungsrechtlich konstruierten Vorkaufsrechts würden der Kaufvertrag und damit Rechte, aber auch Pflichten, des bis dahin Vorkaufsberechtigten begrün­ det werden. Es entstünde somit erst in diesem Moment die gegen ihn gerichtete Forderung. Eine damit verbundene, wenn auch freiwillige, Beschränkung seines Rechtskreises fände folglich erst im Moment der Ausübung statt. Im Gegensatz hierzu bestehen bei der Ersetzungsbefugnis bereits zuvor Rechte und Pflichten des Befugten, dem nur die Möglichkeit eingeräumt ist, diese zu ersetzen. Damit ist die Ausübung eines Vorkaufsrechts – zumindest in juristischer Hinsicht – er­ heblich folgenschwerer für seinen Inhaber. Gerade Art und Umfang der aus einer Rechtsausübung resultierenden Folgen für den anderen Teil sind es aber, die das Maß der Beteiligung der Betroffenen bestimmen. 58 Da diese Kriterien bei Ersetzungsbefugnis und Vorkaufsrecht aber in nicht nur unerheblichem Maße voneinander abweichen, kommt der, nach herrschender Meinung notwendigen, 59 vertraglichen Begründung des Vorkaufsrechts keine indizielle Wirkung gegen die Zulässigkeit der einseitigen Erzeugung einer Ersetzungsbefugnis zu. Wird hingegen im Vorkaufsrecht nach Schurig sogar nicht mehr erblickt als ein bindendes Angebot des Verkäufers zum Abschluss eines Kaufvertrags, 60 so 56

Ausführliche Diskussion dieses Problems bei R. Steffen, Selbständige Gestaltungs­ rechte, S. 61ff. 57 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 25. 58 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 254. 59 Auch hiergegen ließen sich schwerwiegende Einwände erheben, schließlich ist durch die spätere Ausübung des Gestaltungsrechts dem voluntativen Element genüge getan. Ebenso ließe sich nicht erklären, warum durch Vertrag zugunsten Dritter dem Dritten das Recht ohne dessen Mitwirkung eingeräumt werden kann (so z. B. Faust, in: Bam­ berger / Roth, § 463 BGB, Rn. 13), einseitige Einräumung ohne dessen Beteiligung aber unmöglich sei. Zu entscheiden ist dieses Problem im Rahmen der vorliegenden Arbeit allerdings nicht.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

erscheint die einseitige Begründung einer Ersetzungsbefugnis erst recht zuläs­ sig. Ein Angebot ist nämlich bereits seiner Natur nach nur in einseitiger Form vorstellbar. Auf das damit angesprochene Argument des Vergleichs mit den Vertragskomponenten wird im Folgenden vertieft einzugehen sein. (5) Orientierung am Zweck des Vertragsprinzips unter Berücksichtigung von § 145 BGB Liefert folglich weder der Wortlaut von § 311 Abs. 1 BGB noch ein Ver­ gleich mit dem Vorkaufsrecht hinreichende Gewissheit, so empfiehlt es sich, nach dem Zweck der Vertragsmäßigkeit zu suchen und die einseitige Begrün­ dung der Ersetzungsbefugnis in einem weiteren Schritt an diesem zu messen. Das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen einseitiger und vertragli­ cher Einwirkung auf ein Schuldverhältnis ist die im letzteren Fall vorhandene Mitwirkung des anderen Teils. Sie wahrt dessen Autonomie und schützt ihn vor Fremdbestimmung. Wenn ein solcher Schutz jedoch nicht notwendig ist 61 oder in gleicher Weise durch andere Voraussetzungen sichergestellt wäre, müsste der Verzicht auf Mitwirkung möglich sein. Diese Maxime ist sowohl in der Litera­ tur und als auch in der Rechtsprechung bekannt. Sie führt beispielsweise dazu, dass einer Vertragspartei das Recht zugestanden wird, auch einseitig auf das Schuldverhältnis einzuwirken, sofern die Änderung unwesentlich ist und daher den Vertragspartner nicht beschwert. 62 Diesem Prinzip folgt z. B. auch der vom Vertragsgrundsatz abweichende 63 – aufgrund seiner Kodifikation im Hinblick auf § 311 Abs. 1 BGB aber unproblematische – § 144 Abs. 1 BGB. Dieser er­ laubt es dem Anfechtungsberechtigten, einseitig auf sein Gestaltungsrecht zu verzichten. 64 Rechtsfolge des Verzichts ist die volle Wirksamkeit des Vertrages, 60

Vgl. Schurig, Das Vorkaufsrecht im Privatrecht, S. 81ff. R. Steiner, Gestaltungsrecht, S. 59, führt hierzu an, es sei die Einwilligung in die Gestaltungsunterwerfung, welche die vertragliche Begründung notwendig werden lässt. Warum zu einer Einwilligung, die per se nur einseitig vorzustellen ist, die Mitwirkung des anderen Teils erforderlich ist, erläutert er nicht. Ähnlich auch Leverenz, JURA 1996, 1 (5). 62 Gehrlein / Grüneberg / Sutschet, in: Bamberger / Roth, § 311 BGB, Rn. 31; Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rn. 7; Wolf, in: Soergel, § 305, Rn. 37; Leonhard, Schuldrecht AT, S. 650; RG, JW 1917, 215 (216); 283 (284). Für die Berechtigung zur Erbringung von Teilleistungen BGH, VersR 1954, 297 (298). Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 254, der ausdrücklich den Eingriff in fremde Rechte als Anknüpfungspunkt der not­ wendigen gesetzlichen oder vertraglichen Grundlage der Gestaltung versteht. Das muss dann aber auch für die Gestaltung eines Schuldverhältnisses durch Einräumung eines Gestaltungsrechts gelten. 63 Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rn. 8; Wolf, in: Soergel, § 305 BGB, Rn. 37. 64 Zwar spricht der Wortlaut hier von Genehmigung, der im Gesetzgebungsprozess beantragte Austausch durch den Begriff des Verzichts erfolgte aber nur deshalb nicht, weil damit die Befürchtung verbunden war, dieses könne dahingehend missverstanden werden, 61

I. Entstehung, Übertragung

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den der andere Teil mit seiner zuvor getätigten Willenserklärung ohnehin zu­ stande kommen lassen wollte. 65 Ist eine Abweichung vom Vertragsprinzip aber schon bei fehlender Belastung möglich, muss das erst recht zulässig sein, wenn die andere Partei sogar ausschließlich einen Nutzen erhält. 66 Auch dieses Prinzip ist bereits für einige Konstellationen anerkannt. Zu nennen sind hier etwa die einseitige Aufhebung eines vertraglich vereinbarten Aufrechungsausschlusses 67 oder Abtretungsverbotes 68 sowie die einseitige Fristrücknahme 69 zugunsten des anderen Teils. Sofern der Anknüpfungspunkt für das Vertragsmäßigkeitsgebot weniger in der Vorteilhaftigkeit der einzelnen Handlung, sondern vielmehr im Aufdrän­ gungsschutz (Argument gegen die Möglichkeit der einseitigen Forderungsbe­ gründung) gesehen wird, 70 so ist trotzdem zuzugestehen, dass – im Fall einer nachträglich begründeten Befugnis – zwischen dem zukünftigen Ersetzungsbe­ rechtigten und seinem Gestaltungsgegner bereits ein Schuldverhältnis und damit eine Rechtsbeziehung besteht. Der Ersetzungsbefugte bekommt somit zumin­ dest keinen Anspruch aufgezwungen, sondern kann vielmehr über die Ersetzung durch einen anderen disponieren. Aus diesem Grund ist in der hier untersuchten Konstellation dem Autonomiegebot auch ohne vertragliche Mitwirkung in aus­ reichender Weise Genüge getan. Die Entscheidungsmacht des Adressaten wird ausschließlich erweitert. Weiterhin ist an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass nach nahezu einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung auf ein Gestaltungsrecht, im Ge­ dass die Erklärung nur gegenüber dem Gestaltungsgegner erfolgen könne. Außerdem ging zumindest die Kommission noch davon aus, dass es sich bei dem Anfechtungsrecht nicht um ein subjektives Recht handelt. Vgl. dazu Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. I, S. 134. Letztere Erwägung wurde allerdings spätestens mit der heutigen Zuordnung zur Gruppe der Gestaltungsrechte der argumentative Boden entzogen. 65 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 186. 66 Dass mit Rücksicht auf die Vorteilhaftigkeit des Verzichts für den anderen Teil auf die Zweiseitigkeit verzichtet werden könnte, wurde bereits bei den Vorarbeiten zum BGB geäußert. Im Text durchsetzen konnte sich diese Überlegung allerdings nicht. Vgl. dazu Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. VI, S. 163f. 67 Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 68; BGH, WM 1977, 311 (312). Aus­ schließlich für vertragliche Aufhebung: K. Berger, Aufrechnungsvertrag, S. 171; Gursky, in: Staudinger, § 387 BGB, Rn. 208. 68 Stürner, in: Jauernig, § 399, 400 BGB, Rn. 8; Roth, in: MüKo, § 399 BGB, Rn. 37; BGH, NJW 1978, 813 (814); NJW-RR 1991, 763 (764); ZIP 1997, 1072 (1073); 2000, 742 (744); BGHZ 102, 293 (301). A. A.: Busche, in: Staudinger, § 399 BGB, Rn. 63; Furtner, NJW 1966, 182 (186); vgl. Larenz, Schuldrecht AT, S. 581f.; Lüke, JuS 1992, 114 (116). 69 RGZ 76, 33 (34). 70 Vgl. exemplarisch: Larenz, Schuldrecht AT, S. 40; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 59 (auch Schutz vor Rechtsfolgen, die eigentlich im Interesse der Berechtigten liegen); Raiser, in: FS-DJT I, S. 101 (121); Schmidt-Rimpler, AcP 1941, 130 (152).

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

gensatz zum Anspruch, einseitig zu verzichten sei. 71 Das ist zwar für den Fall der Ersetzungsbefugnis noch genauer zu untersuchen. Wäre dieses aber auch dort zulässig, so könnte sich der Ersetzungsbefugte von diesem bloßen Vorteil zu jeder Zeit und ohne Mitwirkung der Gegenseite befreien. In diesem Fall müsste das Dogma der vermeintlichen Schutzwürdigkeit notwendigerweise in Frage gestellt werden. Neben diesen Einwänden lässt aber noch ein weiterer Aspekt die Theorie von der Schutzbedürftigkeit des zukünftigen Gestaltungsberechtigten wanken. Wenn es nämlich möglich ist – insoweit ist der oben genannten Auffassung von Bosse zuzustimmen – 72, dass sich der durch einseitiges Rechtsgeschäft Verpflichtende noch stärker bindet, indem er etwa bei der Auslobung den Anspruch mit einer Ersetzungsbefugnis des zukünftigen Gläubigers verknüpft, 73 erscheint es kon­ struiert, im Fall einer späteren Begründung ein hinderndes, entgegenstehendes Interesse anzunehmen. Angewandt auf ein konkretes Beispiel würde das etwa bedeuten, dass jemand für den Entdecker einer neuen Tierart einen Geldpreis ausloben und diesen Belohnungsanspruch zugleich mit der Befugnis zur Er­ setzung durch einen Anspruch auf Bezahlung einer weiteren Forschungsreise verbinden könnte. Würde B in diesem Fall eine neue Art entdecken und damit die Handlung im Sinne des § 657 BGB vornehmen, so entstünde sein, mit einer Ersetzungsbefugnis verbundener, Anspruch. Wäre die Auslobung dagegen ohne das Ersetzungsrecht erfolgt, so müssten hier einige Stimmen in der Literatur einwenden, B sei nun vor einer späteren Einräumung der Befugnis zu schüt­ zen. Dieses Ergebnis erscheint schlicht widersinnig und ist zumindest durch das Argument des Aufdrängungsschutzes nicht zu halten.

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Ballhaus, in: RGRK, § 305 BGB, Rn. 8; Bülow, ZIP 1998, 945 (946); Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 192; Weber, in: RGRK, § 397 BGB, Rn. 11; Grüneberg, in: Palandt, § 397 BGB, Rn. 1; Schlüter, in: MüKo, § 397 BGB, Rn. 19; Eb. Wagner, in: Er­ man, § 397 BGB, Rn. 1; Stürner, in: Jauernig, § 397 BGB, Rn. 1; Schulze, in: Hk-BGB, § 397 BGB, Rn. 2; Walsmann, Verzicht, S. 195, 198; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 613; Lettl, JuS 2001, 660 (662); Peter, AcP 2000, 149 (184); vgl. Larenz, Schuldrecht AT, S. 267, Adomeit, Gestaltungsrechte, Rechtsgeschäfte, Ansprüche, S. 40 (für einen großen Teil); Leverenz, JURA 1996, 1 (8); Krämer, ZIP 1997, 93 (100); Seetzen, Verzicht im Immaterialgüterrecht, S. 31ff. (ausdrücklich für bereits entstandene Gestaltungsrechte); BGH, LM § 326 (J), Nr. 2; OLG Celle, NdsRpfl 1962, 260 (261); RG, SeuffA 1925, 290f. A. A.: Barth, Lehre von den Gestaltungsrechten, S. 24; Cohn, GruchB 1903, 221 (274f.), welcher seine Aussage jedoch für die Kategorie der „Einwände“ einschränkt. Hierzu zählt er aber auch § 144 BGB. Weitere: vgl. Löwisch, in: Staudinger, § 311 BGB, Rn. 57 (für Gestaltungsrecht aus Vertrag); Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (230); RGZ 72, 171, wonach generell ein Vertrag für einen Verzicht auf dem Gebiet des Schuldrechts erforderlich sein soll. 72 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 21. 73 Das ist zulässig, da vom Begriff der Belohnung in § 657 BGB jede Art eines Vorteils (Seiler, in: MüKo, § 657 BGB, Rn. 7) erfasst wird.

I. Entstehung, Übertragung

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Als gesetzlicher Anknüpfungspunkt und damit als Grundlage einer Analogie ist in diesem Zusammenhang § 145 BGB von Bedeutung, der die Vertrags­ komponente des Angebots regelt. Durch dieses offeriert der Antragende dem Erklärungsempfänger die Möglichkeit, durch dessen schlichte Annahme eine Rechtsfolge herbeizuführen. Er kann also typischerweise ein Schuldverhältnis begründen, ändern oder aufheben, bzw. eine bezweckte dingliche Wirkung er­ reichen. Jede Person besitzt damit die Möglichkeit, einem Anderen in einseitiger Weise das Recht zu verschaffen, durch eigene Annahmehandlung auf das Rechts­ verhältnis zwischen ihnen einzuwirken. Für den zweiten Einführungsfall würde das bedeuten, W könnte dem G ein­ seitig das Angebot zum Verkauf einer Kiste Weißwein unterbreiten, so dass dieser das Recht hätte, allein durch seine eigene Annahmeerklärung Inhaber des auf den Weißwein gerichteten Anspruchs zu werden. Ebenso ist es dem W als Eigentümer der Weinflaschen problemlos möglich, dem G ein Angebot auf Übereignung zu unterbreiten. Hier wäre dem G, wiederum nur durch einseitige Willenserklärung des W, sogar die Möglichkeit eingeräumt wurden, durch eine eigene Willenserklärung das Eigentum an den Flaschen zu erwerben. Die Zulässigkeit dieser beiden Konstellationen lässt sich auch nicht ernstlich bestreiten, denn sie basiert auf den kodifizierten Regeln der §§ 145ff. BGB. Da­ bei soll hier auf die Beantwortung der kontrovers diskutierten Frage verzichtet werden, ob das Recht zur Annahme der Gruppe der Gestaltungsrechte zuzuschla­ gen ist. 74 Diese Kategorisierung hat schließlich keinen Einfluss auf den soeben erläuterten Befund. 75 Wenn jedoch sogar eine dauerhaft bindende 76 „Festofferte“ 74 Für die Einordnung des Rechts aus der Offerte als Gestaltungsrecht: v. Ei­ nem, Rechtsnatur der Option, S. 33ff.; Enneccerus / Nipperdey, BGB AT, Hb. 2, S. 993; H. Heinrichs, in: Palandt, § 145 BGB, Rn. 5; Jauernig, in: Jauernig, § 145 BGB, Rn. 4; Larenz, DB 1955, 209 (211); vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 29, Rn. 44; Oertmann, vor § 194 BGB, D 2; Roth, in: MüKo, § 413 BGB, Rn. 11; Schulze, in: AnwK, § 145 BGB, Rn. 10; Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (230); v. Tuhr, BGB AT, Bd. 2, Hb. 1, S. 468; Wester­ mann, in: MüKo, § 463 BGB, Rn. 7; BGH, NJW 1968, 551 (552); RGZ 132, 6 (7); OLG Celle, NJW 1962, 743 (744). Abl.: Armbrüster, in: Erman, § 145 BGB, Rn. 19; Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 34; Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privat­ recht, S. 13f.; ders., in: FS-Dölle, S. 41 (52ff.); Diederichsen, in: FS-Medicus, S. 89 (97), Rn. 47; Georgiades, in: FS-Larenz, S. 409 (420); ders., JZ 1966, 285 (286); Pfeiffer, LZ 1912, 374 (376); Schlochoff, Gestaltungsrechte und ihre Übertragbarkeit, S. 13; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 47; R. Steffen, Selbständige Gestaltungs­ rechte, S. 76f.; Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 35ff.; W. Thiele, Zu­ stimmung in der Lehre vom Rechtsgeschäft, S. 22, Fn. 62; Tils, Abtretbarkeit von Gestal­ tungsrechten, S. 45f.; Wolf, in: Soergel, § 145 BGB, Rn. 16; H. Würdinger, Anwartschaft, S. 75. Mit dem Begriff „Gestaltungsposition“ bewusst offen gelassen bei Leenen AcP 1988, 381 (395). Ebenfalls offen bei Ehrecke, Haftung wegen Abbruchs der Vertragsver­ handlungen, S. 38. 75 Freilich ist eine generelle Ablehnung der einseitigen Begründbarkeit beim Ver­ ständnis des Rechts aus der Offerte als ein solches Gestaltungsrecht nicht mehr möglich.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

vorliegt, 77 bei der auf die Annahmefrist der §§ 146ff. BGB verzichtet wurde, so ist die Stellung des Angebotsempfängers zumindest durch die gestaltungsrechts­ typische Dauerhaftigkeit geprägt, die nicht unerhebliche Ähnlichkeit zu der des Inhabers einer Ersetzungsbefugnis aufweist. Es besteht demnach zu jeder Zeit die Möglichkeit, ein Recht des anderen Teils zur einseitigen Entscheidung über die Einwirkung auf ein Schuldverhält­ nis, aber auch zur Veränderung der dinglichen Rechtslage einseitig zu begründen. Nichts anderes darf dann aber nach dem argumentum a majore ad minus erst recht für den Akt der Verschaffung eines bloßen Rechts zur Ersetzung gelten. Dieser setzt das vorherige Bestehen einer Forderung bereits voraus. Deutlich wird das besonders anhand eines Vergleiches mit dem Novations- oder Ände­ rungsvertragsangebot. So kann etwa der W dem G einseitig den Abschluss eines Novations- oder Änderungsvertrags antragen. G wäre auf diese Weise in die Position versetzt, dass der Untergang der alten und die Entstehung der neuen Leistungspflicht allein von seinem Willen abhängen. Die Absicht, den G hier vor einer nahezu identischen Position aus einer einseitig eingeräumten Ersetzungs­ befugnis zu schützen, muss daher inkonsequent und unverständlich erscheinen. Aufgrund der damit vollzogenen Annäherung an die Vertragsschlusskonstel­ lation ist jedoch der Einwand zu erwarten, das Recht aus der Offerte ermächtige ihren Empfänger ausschließlich, einem zweiseitigen Rechtsakt zur Entstehung zu verhelfen, während die Ersetzungsbefugnis gerade auf die einseitige Gestal­ tung abziele. Die gestaltungsrechtstypische 78 Unterwerfung des Rechtsgegners sei daher nur im letzteren Fall gegeben. Ähnlich gelagert sind etwa die Hinweise von Larenz 79 und Würdinger 80, die darauf verweisen, dass ein Angebotsemp­ fänger den rechtlichen Erfolg immer nur unter Bezugnahme auf das Angebot erreichen könne. Damit ließe sich insofern der Standpunkt vertreten, die von Bötticher als „Zerfaserung“ 81 bezeichnete Aufteilung des Vertrages in die zwei einseitigen Handlungen Angebot und Annahme sei systemwidrig. Vielmehr bil­ deten beide als Vertrag einen gemeinsamen Rechtsakt. Ihr Aufeinanderfolgen 76

Exemplarisch: v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 20; BGH, NJW 1958, 1281; RGZ 161, 267 (272f.); 136, 132 (134). 77 Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 24; Preis, in: ErfK, § 611 BGB, Rn. 258; v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 20; Kramer, in: MüKo, vor § 145 BGB, 59. 78 Adomeit, Gestaltungsrechte, Rechtsgeschäfte, Ansprüche, S. 36; Bötticher, in: FSDölle, S. 40 (46); Emmerich, in: MüKo, § 311 BGB, Rn. 37; Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 73; Leverenz, JURA 1996, 1; R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 74. Für den Vorzug des Terminus der „Gebundenheit“: Larenz, in: FS-Sontis, S. 129 (143); Becker, AcP 1988, 24 (28). 79 Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 23, Rn. 9. 80 Vgl. H. Würdinger, Anwartschaft, S. 75f. 81 Bötticher, in: FS-Dölle, S. 40 (52). Übernommen von Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 47.

I. Entstehung, Übertragung

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sei daher nur rein tatsächlich, rechtlich jedoch ohne Relevanz. 82 Die sich hieraus ergebende konstruktive Differenz zwischen Ersetzungsbefugnis und Annahme­ recht des Oblaten würde damit die Vergleichbarkeit beider Fälle und folglich auch die analoge Übertragung der §§ 145ff. BGB unmöglich werden lassen. Diesem Schluss ist allerdings entgegenzuhalten, dass das BGB zwar ohne Zweifel zwischen Ein- und Zweiseitigkeit trennt. Die Durchmischung dieser Struktur durch vollständige Aufspaltung der Wirkung zweiseitiger in mehrere einseitige Rechtsgeschäfte liefe dem Willen des Gesetzgebers auch eindeutig zuwider. Wie wäre sonst etwa die normativ angeordnete Nichtigkeit einseitiger Rechtsgeschäfte des Minderjährigen nach § 111 S. 1 BGB mit der Genehmi­ gungsfähigkeit zweiseitiger Geschäfte nach § 108 Abs. 1 BGB in Einklang zu bringen? 83 Andererseits sieht jedoch dasselbe Gesetz in den §§ 145ff. BGB die Zulässigkeit einer zeitlichen Zäsur zwischen beiden Willenserklärungen eindeu­ tig vor. Es lässt sich somit nicht bestreiten, dass sich der Antragende in nicht unerheblicher Weise in die Hand des Angebotsempfängers begibt. Zwar kann dieser nur einen zweiseitigen Rechtsakt entstehen lassen. Jedoch gerade dieses Können ist die Macht, die der zukünftig Annehmende über den Antragenden ausübt. 84 Aus diesem Grund ist es auch nicht zutreffend, wenn etwa Georgiades vorträgt, 85 die Annahme einer Offerte sei eine Möglichkeit, die jedem Rechts­ subjekt in gleicher Weise zustehe, Scholz erklärt, der Antragsempfänger besitze „keine eigenständige Machtposition“ 86 und Thiele ausführt, der Offerent räume dem Oblaten keine bis dahin nicht vorhandene Zuständigkeit ein. 87 Insbesondere erhalte dieser keine Zuständigkeit hinsichtlich der Rechtssphäre des Offerenten. 88 Erst der Unterwerfungsakt – sei es in Form eines Angebots oder durch Ein­ räumung eines Gestaltungsrechts – verschafft dem Berechtigten die „Rechts­ macht“ 89, auch über das Schicksal des anderen Beteiligten zu entscheiden. 90 Diese, teilweise als organisatorischer Inhalt der Offerte bezeichnete, 91 Wirkung ist das Ergebnis einseitiger Unterwerfung 92. Im Zeitraum zwischen Zugang des Angebotes und der Entscheidung über die Annahme ist es allein der Empfänger, 82

Vgl. R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 74f. Vgl. Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht, S. 13f. 84 Vgl. Cohn, GruchB 1903, 221 (258). Dieses verkennen R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 74f. und Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privat­ recht, S. 14, die das Zusammenwirken von Angebot und Annahme mit dem Fehlen der Unterwerfung des Offerenten gleichsetzen. 85 Vgl. Georgiades, in: FS-Larenz, S. 409 (420). 86 Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 48. 87 Vgl. W. Thiele, Zustimmung in der Lehre vom Rechtsgeschäft, S. 22. 88 W. Thiele, Zustimmung in der Lehre vom Rechtsgeschäft, S. 22f. 89 Schulze, in: AnwK, § 145 BGB, Rn. 8. 90 Vgl. v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 30. 91 Nachweis bei v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 30. 83

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

der das Zepter der Rechtsgestaltung in den Händen hält. 93 Genau aus diesem Grund begegnen auch der Regel des § 145 BGB im Lichte des Vertragsprinzips keine Bedenken, 94 schließlich ist die Selbstbestimmung des Angebotsempfängers durch die nur fakultative Annahmemöglichkeit hinreichend gewahrt. Das Ange­ bot allein erweitert dessen Rechtskreis ausschließlich. Die Einordnung des An­ gebots als Vertragsbestandteil steht folglich in keinem Widerspruch zu der ihm anhaftenden Zwischenwirkungen. 95 Es besteht, wie Thiele zutreffend ausführt, „kein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen [einem] [...] Gestaltungsrecht und den Elementen eines aus mehreren Willenserklärungen [...] zusammengesetz­ ten Gesamttatbestand[s]“ 96. Die einseitig verschaffte und teilweise als Option bezeichnete 97 Position 98 des Angebotsempfängers ist deshalb jedenfalls als sons­ tige 99, sogar vormerkungsfähige 100 Rechtsposition zu qualifizieren, der von Teilen der Literatur sogar die Qualität einer Anwartschaft zugesprochen wird. 101 Unab­ hängig von ihrer konkreten Ausgestaltung und Bezeichnung ist daher zumindest ihre Existenz nicht ernstlich zu leugnen. Damit ist klar, dass sich die völlig losgelöste Betrachtung von Angebot und Annahme zwar verbietet, das Faktum, dass dem Empfänger durch die Offerte die einseitige Macht zur Entscheidung über den Eintritt der Rechtsveränderung eingeräumt wird, jedoch nicht bestreiten lässt. 102 Sofern also dem Unterschied zwischen der Zweiseitigkeit des Vertrages und der Einseitigkeit der Ersetzungs­ befugnis überhaupt Beachtung zu schenken ist – schließlich bringt er für die 92

v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 40. Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 29, Rn. 45. Die Annahme von Wolf, in: Soergel, § 145 BGB, Rn. 16, dass es hier an einer Unterwerfungsposition des Antragenden fehlt, erscheint zumindest zweifelhaft. Unzutreffend erscheint daher auch die Einschätzung von Ehrecke, Haftung wegen Abbruchs der Vertragsverhandlungen, S. 37, der Offerent befände sich durch die Bindung an den Angebotsinhalt sogar in der „schwächeren Posi­ tion“. 94 Bereits die Motive zum BGB geben darüber Aufschluss, dass zwischen der binden­ den Kraft des Antrags und dem Prinzip der Vertragsmäßigkeit kein Widerspruch besteht. Vgl. dazu Mot., Bd. II, S. 175. 95 v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 35. 96 W. Thiele, Zustimmung in der Lehre vom Rechtsgeschäft, S. 260. 97 v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 23; RGZ 169, 65 (71). 98 Wolf, in: Soergel, § 145 BGB, Rn. 16. 99 Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (945). 100 Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 33; Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (945); Wolf, in: Soergel, § 145 BGB, Rn. 15. 101 Vgl. dazu: Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 33; Furtner NJW 1964, 745; Larenz / Wolf, BGB AT, § 29, Rn. 42; v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 27ff.; H. Wür­ dinger, Anwartschaft, S. 76; RGZ 151, 75. 102 Auch nach Lorenz, in: FS-Dölle, S. 103 (108f.), lässt sich allein aus der Entschei­ dung für oder gegen die Einordnung des Rechts aus der Offerte keine Konsequenz für die weitere juristische Beurteilung ableiten. 93

I. Entstehung, Übertragung

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Rechtsposition des Befugten faktisch keine variierenden Ergebnisse – so muss er doch umso mehr für die Möglichkeit der einseitigen Begründung sprechen. Im Vergleich zur Rechtsposition aus dem Angebot auf Begründung eines zwei­ seitigen Rechtsaktes, berechtigt die Ersetzungsbefugnis sogar zur einseitigen Gestaltung und hat damit eine noch größere Rechtsmacht ihres Inhabers zur Folge. Auch die Ersetzungsbefugnis räumt ihrem Inhaber nur die Möglichkeit der Ersetzung ein, sie ist weder mit einer Pflicht noch einer Obliegenheit verbunden. Ihre nur fakultative Ausübung bietet, wie die Annahme eines Angebots, ausrei­ chenden Raum zur selbstbestimmungswahrenden Mitwirkung des Befugten. (6) Zwischenergebnis Die einseitige Begründung einer Ersetzungsbefugnis wird weder durch das in § 311 Abs. 1 BGB ausdrücklich genannte Vertragsprinzip gehindert, noch läuft sie dem kodifizierten Regelungsplan des Gesetzgebers entgegen. Sie ist daher grundsätzlich zulässig. Die dazu erforderliche methodische Grundlage bildet eine Analogie zu § 145 BGB, die den durch teleologische Reduktion von § 311 Abs. 1 BGB entstanden Raum auffüllt. Diese Feststellung gilt allerdings nur für jene Fälle, in denen der Erklärende dem anderen Teil die Befugnis gewährt. Eine nachträgliche Selbsteinräumung würde den Rechtskreis der Gegenseite gerade ohne dessen Mitwirkung einschränken und somit das Prinzip der Autonomie in unzulässiger Weise missachten. Folglich könnte ein solcher Eingriff ausschließ­ lich mit dem Einverständnis des Betroffenen erfolgen. 103 Einseitigkeit scheidet in dieser Konstellation dagegen aus. c) Begründung einer Ersetzungsbefugnis und beschränkte Geschäftsfähigkeit Im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Begründung einer Ersetzungsbefugnis nicht weniger von Bedeutung ist die Frage, inwiefern sich eine nur beschränkt bestehende Geschäftsfähigkeit von mindestens einem der Parteien auf deren Zulässigkeit auswirkt. 104 Kernnorm ist hier § 107 BGB, der das Bedürfnis ei­ ner Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bei einer Willenserklärung des beschränkt Geschäftsfähigen an deren nicht lediglich rechtliche Vorteilhaftig­ keit knüpft. Entscheidend dafür, ob der beschränkt Geschäftsfähige allein an der Entstehung einer Ersetzungsbefugnis mitwirken kann, ist damit die rechtli­ 103

Vgl. Medicus, BGB AT, Rn. 81. Ist der Minderjährige im Rahmen der § 112f. BGB unbeschränkt geschäftsfähig, so ist ihm auch die Begründung einer Ersetzungsbefugnis in diesem Rahmen möglich. So auch Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 32. 104

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

che Bewertung dieses Instituts. Ein lediglich rechtlicher Vorteil ist anzunehmen, wenn die Willenserklärung des beschränkt Geschäftsfähigen dessen Rechtsstel­ lung ausschließlich erweitert. 105 Eine ökonomische Betrachtung ist dabei nach überwiegender Auffassung bereits aufgrund des Wortlauts von § 107 BGB nicht vorzunehmen. 106 aa) Ersetzungsbefugnis des beschränkt Geschäftsfähigen Durch eine Ersetzungsbefugnis erwirbt der Inhaber mit der Möglichkeit der Einwirkung auf die geschuldete Leistung ausschließlich eine Erweiterung sei­ ner rechtlichen Position. Er ist als Schuldner nicht mehr ohne Ausweg an seine bestimmte Verpflichtung gebunden, als Gläubiger erhält er dagegen ein Ent­ scheidungsrecht über die ihm zustehende Forderung. Dabei kann der Gestal­ tungsberechtigte frei darüber entscheiden, ob ihm das Bestehen von Primäroder Ersatzschuld stärker entgegenkommt. Der Erhalt einer Ersetzungsbefug­ nis erweist sich folglich – wie dieses für den Erhalt der weithin vergleichbaren Offerte längst anerkannt ist – 107 als stets lediglich rechtlich vorteilhaft. Auch hier sind die Parallelen deutlich. Der beschränkt Geschäftsfähige kann daher an der Begründung einer Erset­ zungsbefugnis zu seinen Gunsten, durch einwilligungsfreie Willenserklärung, mitwirken. 108 Gleiches gilt nach § 131 Abs. 2 S. 2 BGB bereits für den Zugang der auf die einseitige Begründung gerichteten Willenserklärung. Diese Aussa­ gen betreffen sowohl die, im Verhältnis zur Primärforderung, nachträglich als auch eine zeitgleich begründete Ersetzungsbefugnis. Insbesondere ist die Mög­ lichkeit der einwilligungsfreien Mitwirkung an der Begründung einer lediglich vorteilhaften Ersetzungsbefugnis nicht davon abhängig, ob die Begründung der zugrunde liegenden Forderung selbst noch zustimmungsbedürftig war. 109

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Vgl. Wendtland, in: Bamberger / Roth, § 107 BGB, Rn. 4; Schmitt, in: MüKo, § 107 BGB, Rn. 29. 106 Medicus, BGB AT, Rn. 560; Palm, in: Erman, § 107 BGB, Rn. 3; Schmitt, in: MüKo, § 107 BGB, Rn. 28. A. A. etwa Stürner, AcP 1973, 402, (448) und Köhler, JZ 1983, 225 (228, 230). Letzterer bindet die ökonomische Relevanz in eine sorgerechtliche Betrach­ tung ein. 107 Vgl. exemplarisch: Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 33; Einsele, in: MüKo, § 131 BGB, Rn. 5; Jauernig, in: Jauernig, § 107 BGB, Rn. 5; v. Tuhr, BGB AT, Bd. II, Hb. 1, S. 449f.; Wendtland, in: Bamberger / Roth, § 131 BGB, Rn. 7; a. A. R. Lange, in: FSReinhardt, 95 (96ff.). 108 So auch: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 26 109 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 26.

I. Entstehung, Übertragung

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bb) Ersetzungsbefugnis des anderen Teils Im Gegensatz zur eindeutigen Bewertung eines Ersetzungsrechts des be­ schränkt Geschäftsfähigen ist bei der Befugnis des anderen Teils eine Diffe­ renzierung erforderlich. Verschafft die Einräumung einer Ersetzungsbefugnis dem Berechtigten den Vorteil der Leistungsbestimmung, spricht dieses – auf­ grund der Wechselwirkungen innerhalb des Schuldverhältnisses – im Zweifel für eine gleichzeitig vorliegende Beschränkung des anderen Beteiligten. Eine solche Verminderung seiner Rechtsstellung ist dabei primär dann anzunehmen, wenn dem Gestaltungsgegner in spe durch die Begründung der Befugnis eine bereits bestehende Position entzogen wird. Befindet sich der beschränkt Geschäftsfä­ hige also bereits in einer Gläubigerstellung mit einem sicheren Anspruch auf die Leistung X, so würde er diese Sicherheit durch die Befugnis des Schuld­ ners, X durch Y ersetzen zu können, einbüßen. Wäre er dagegen in der Position des Schuldners mit der Verpflichtung zur Leistung von X, so könnte der Gläu­ biger mittels Ersetzungsbefugnis Y zum Gegenstand des Anspruchs erheben. Aus diesem Grund scheint die nachträgliche, mitwirkungsfreie Bestellung einer Ersetzungsbefugnis für den anderen Teil durch den beschränkt Geschäftsfähi­ gen, wegen der damit verbundenen Beseitigung einer sicheren Rechtsstellung, grundsätzlich ausgeschlossen. 110 Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Aussage abschließend gilt. Eine Ausnahme müsste nämlich dann bestehen, wenn die Ersetzungsbefugnis der Ge­ genseite überhaupt keinen rechtlichen Nachteil für den beschränkt Geschäftsfä­ higen bewirkt. Denkbar ist das etwa für den Fall, dass der beschränkt Geschäfts­ fähige durch Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters bereits Schuldner und damit Partei eines für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäftes ge­ worden ist und die zu begründende Ersetzungsbefugnis des anderen Teils nur die Möglichkeit beinhaltet, den Anspruch gegen einen weniger rechtlich nachteilhaf­ ten auszutauschen. Gemeint ist damit etwa eine Befugnis, die ihrem Inhaber das Recht verschafft, an die Stelle eines Anspruchs auf Überlassung für ein Jahr eine Forderung auf Überlassung für einen Monat treten zu lassen. Hier ist das durch den Austausch zu erreichende Ergebnis – trotz der Erweiterung der Gläubiger­ stellung durch Einräumung der Befugnis – für den beschränkt Geschäftsfähigen nicht rechtlich nachteilhaft. Das wird insbesondere durch einen Vergleich mit dem Verzicht deutlich. Erfolgt ein solcher zugunsten eines beschränkt geschäfts­ fähigen Schuldners, so ist er als lediglich rechtlich vorteilhaft zu bewerten. 111 Das muss dann zwingend auch für einen Teilverzicht gelten. Aus diesem Grund kann aber auch die Einräumung einer Berechtigung zum faktischen einseitigen Teilverzicht auf die rechtliche Belastung des beschränkt Geschäftsfähigen durch Ersetzung keinen rechtlichen Nachteil für diesen darstellen. 110 111

Ohne jegliche Einschränkung Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 26f. So Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 59.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Im Unterschied zu einem Verzichtsvertrag ändert sich die Rechtsstellung im vorliegenden Fall jedoch nicht unmittelbar durch die Begründung der Befugnis, sondern erst durch deren Ausübung. Das Begründungsgeschäft selbst ist daher als rechtlich neutral einzustufen. 112 Auch vor dieser Kategorie der Rechtsge­ schäfte braucht der beschränkt Geschäftsfähige aber mangels unmittelbarer rele­ vanter Nachteile nach überwiegender Auffassung nicht geschützt zu werden. 113 Eine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ist somit nicht erforderlich. Gleiches gilt, wenn der Umfang eines lediglich rechtlich vorteilhaften Ge­ schäftes durch die Befugnis nur zu erweitern ist. Wird beispielsweise zuguns­ ten des Schuldners ein Ersetzungsrecht begründet, mit dem er einem beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger statt des Anspruchs auf unentgeltliche Überlassung einer Sache für einen Monat das Recht auf Überlassung für das ganze Jahr einräumen kann, so folgt allein aus diesem Gestaltungsrecht für Letzteren we­ der ein rechtlicher Vor- noch Nachteil. 114 Das liegt nicht zuletzt daran, dass allein der gestaltbare Anspruch durch die Ersetzungsbefugnis betroffen ist. Auf einen möglicherweise bestehenden synallagmatischen Gegenanspruch hat die Ausübung hingegen keine unmittelbare Auswirkung. Ein rechtlicher Nachteil im Sinne des § 107 BGB lässt sich deshalb in dieser Konstellation nicht fest­ stellen. Verallgemeinernd ist festzuhalten, dass auch die Möglichkeit der Herbeifüh­ rung des Untergangs einer sicheren Position durch Begründung einer Erset­ zungsbefugnis zugunsten des anderen Teils dann im Lichte des Minderjährigen­ schutzes bestehen kann, wenn die spätere Ausübung des Gestaltungsrechts die Rechtposition – saldiert betrachtet – ausschließlich erweitert. Zwar würde auch hier der Primäranspruch des beschränkt Geschäftsfähigen erlöschen, doch ist es die einzuräumende Befugnis selbst, die sich der Bewertung nach § 107 BGB zu stellen hat. Diese bewirkt beide Rechtsänderungen, so dass die verlorene Position für einen rechtlichen Saldovorteil das Minus zur hinzugewonnenen Stellung bilden muss. Gleiches gilt in umgekehrter Weise auch dann, wenn der 112 An dieser Bewertung ändert auch der Umstand nichts, dass bei einem Angebot des beschränkt Geschäftsfähigen zum Abschluss eines rechtlich nachteilhaften Vertrages bereits das Angebot als nachteilhaft einzustufen ist. Bei diesem ist die negative Wirkung durch die Bindung an einen möglicherweise entstehenden rechtlich nachteilhaften Ver­ trag bereits eingetreten. Der rechtliche Vorteil kann sich hingegen erst im Moment der Ausübung selbst manifestieren. 113 Jauernig, in: Jauernig, § 107 BGB, Rn. 6; Knothe, in: Staudinger, § 107 BGB, Rn. 20; Palm, in: Erman, § 107 BGB, Rn. 8; Schmitt, in: MüKo, § 107 BGB, Rn. 33f.; Wendtland, in: Bamberger / Roth, § 107 BGB, Rn. 9; Schreiber, JURA 1987, 221f.; Paef­ gen, JuS 1992, 192 (193); v. Olshausen, AcP 1989, 223, 224ff.; LG Köln, NJW-RR 1991, 868. A. A.: Hei. Lange NJW 1955, 1339; Strohal, IherJb 1910, 231 (426f.). 114 Diese Konstellationen übersieht Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 26, mit seiner ver­ allgemeinernden Aussage. Auch diese Aufzählung von Ausnahmen erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

I. Entstehung, Übertragung

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ersetzungsbefugte Gläubiger mittels Gestaltungsrechts seinen eigenen Primärdurch einen Ersatzanspruch austauschen kann. In diesem Fall muss wiederum die entstehende Forderung ein Minus zum untergehenden Anspruch bilden. Der beschränkt geschäftsfähige Schuldner wäre dadurch qualitativ gleich, quantitativ jedoch weniger belastet. Eine Grenze ist der einwilligungsfreien Ausübung – in dieser zugestandenermaßen praktisch kaum bedeutsamen, aber im Sinne der Vollständigkeit an dieser Stelle zu erwähnenden Variante – folglich immer dort zu setzen, wo andere als die neu entstehenden Rechte durch die Ersetzung un­ tergehen, also qualitative Identität gerade nicht vorhanden ist. Gegen die Richtigkeit dieses Modell, das mit dem ausgleichenden Vorteil argumentiert, lassen sich auch nicht dieselben Einwände erheben, die der Ge­ samtbetrachtungslehre im Rahmen des Problemkreises der Annahme einer ge­ schuldeten Leistung durch den beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen und dem damit verbundenen Untergang des Erfüllungsanspruchs begegnen. Die Ge­ samtbetrachtungslehre argumentiert mit der Überlegung, dass ein Rechtsgeschäft trotz Verlust eines Rechts nicht einwilligungsbedürftig ist, wenn damit der Er­ werb eines noch „besseren“ Rechts verbunden ist. Der beschränkt Geschäfts­ fähige stehe somit durch den Erhalt der Leistung stets besser da, als wenn er nur Inhaber der darauf gerichteten Forderung bliebe. 115 Hiergegen wird insbe­ sondere vorgebracht, dass sich das Gelangen des Leistungsgegenstandes in die Hand des beschränkt Geschäftsfähigen für diesen aus verschiedensten Gründen als nachteilig erweisen kann. So sei insbesondere der unkontrollierte Verbrauch zu befürchten. 116 Im Fall der ermöglichten Ersetzung des rechtlichen Minus be­ steht diese Gefahr dagegen nicht. Die verlorene Position bleibt hier faktischer Teil des neuen Rechts. Ist also beispielsweise der beschränkt geschäftsfähige Ersetzungsgegner Gläubiger der Primärschuld, so liegt auch nach der Ersetzung noch immer die Rechtsposition eines Anspruchs vor. Dieser richtet sich in den hier genannten Ausnahmefällen zudem auf eine Leistung gleicher Art. Eine erhöhte Gefährdung des Rechts lässt sich daher nicht feststellen. Außerdem voll­ zieht sich die gesamte Ersetzung in einem Akt. Im Unterschied zur Erfüllung ist deshalb keine gedankliche Aufspaltung in den rechtlich vorteilhaften und den 115

So etwa: Harder, JuS 1977, 149 (151f.); 1978, 84ff. A. A. Wacke, JuS 1978, 80 (82f). Ebenfalls gegen eine abweichende Behandlung von Übereignung und Tilgungswir­ kung v. Venrooy, BB 1980, 1017ff. 116 So vertreten von: J. Lange, in: jurisPK, § 107 BGB, Rn. 35; Medicus, BGB AT, Rn. 566. Diese führen an, dass die Gefahr bei Geld besonders deutlich sei, was bei ge­ nauer Betrachtung wenig überzeugend erscheint. Geld kann nur durch dingliche Rechts­ geschäfte verbraucht werden, wobei auch diese, aufgrund des rechtlichen Nachteils durch Verlust des Eigentums an Münze oder Schein, einwilligungsbedürftig sind. An dieser Stelle entfaltet also der vom Gesetzgeber bezweckte Schutz des Minderjährigen vor Verbrauch seine Wirkung, weshalb das Argument im Zeitpunkt des Erhalts von Geld deplaziert erscheint. Zudem hat bereits Harder, JuS 1977, 149 (150), zutreffend darauf hingewiesen, dass § 107 BGB dem Schutz des Minderjährigen, nicht aber der erleichterten Vermögenssorge der Eltern dient. Kritisch hierzu Wacke, JuS 1978, 80 (82).

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

nachteilhaften Teil – bei Erfüllung wären diese Erwerb des Leistungsgegenstan­ des und Verlust der Forderung durch Erfüllungswirkung – geboten. Wenn die Befugnis zeitgleich mit der Entstehung der zugrunde liegenden Forderung geschaffen werden soll, kommt es, neben der lediglich rechtlichen Vorteilhaftigkeit des Primäranspruchs – ohne die der beschränkt Geschäftsfä­ hige schon nicht einwilligungsfrei an deren Begründung mitwirken kann – 117 auf die Bewertung der Ersatzforderung an. Ist diese ebenfalls lediglich rechtlich vorteilhaft, so ist eine Einwilligung nach § 107 BGB selbst dann entbehrlich, wenn der Vorteil durch die Ersetzung im Verhältnis zum Primäranspruch gerin­ ger würde. Solange auch die allein betrachtete Ersatzschuld die Ausnahme von § 107 BGB erfüllt, ist das Geschäft in seiner Gesamtheit als lediglich rechtlich vorteilhaft anzusehen. Es verschafft dem beschränkt Geschäftsfähigen schließlich auch in seiner denkbar ungünstigsten Variante noch immer eine ausschließliche Erweiterung seiner Rechtsposition. 2. Übertragung a) Übertragung im Verbund mit Forderung oder Vertragsstellung aa) Übergang durch Vertragsübernahme Bei der Ersetzungsbefugnis handelt es sich regelmäßig nicht um ein höchst­ persönliches Recht, so dass es prinzipiell unerheblich ist, wer den geschuldeten Leistungsgegenstand ersetzt. 118 Aus diesem Grund steht ihrer Übertragbarkeit grundsätzlich nichts entgegen, wobei sich der folgende Abschnitt mit den ein­ zelnen Möglichkeiten der Übertragung auseinandersetzen wird. Neben dem erbrechtlichen 119 Erwerb des Gestaltungsrechts stellt der Rechts­ übergang aufgrund der ebenfalls nicht im BGB geregelten Vertragsübernahme die einfachste Variante des Übergangs einer Ersetzungsbefugnis dar. 120 Bei dieser rückt der Übernehmer grundsätzlich 121 vollständig in die vertragliche Stellung 117 Hier müsste die Begründung der Ersetzungsbefugnis aufgrund ihrer Akzessorietät per se ausscheiden. 118 Hiervon unbenommen bleibt dagegen eine Konstellation denkbar, in der bereits die Höchstpersönlichkeit des ersetzbaren oder ersetzenden Anspruchs eine Übertragung verbietet. Dieses Hindernis wäre dann jedoch nicht dem Wesen der Ersetzungsbefugnis geschuldet. 119 Barth, Lehre von den Gestaltungsrechten, S. 26; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 167. Zur erbrechtlichen Übertragung von Gestaltungsrechten bereits Seckel, in: FSKoch, S. 205 (220). Nach ihm exemplarisch Loewenthal, Uebergang der Gestaltungs­ rechte, 47f. 120 Dazu: Schwenzer, AcP 1982, 214 (252); Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestal­ tungsrechten, S. 49ff.; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 33ff.

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des ehemaligen Vertragspartners ein. 122 Dabei gehen Forderungen und Pflichten, aber auch andere Rechtspositionen – wie z. B. Gestaltungsrechte – 123 auf ihn über. Ausgenommen sind hiervon nur solche Rechte, die ihren Zweck nach der Übertragung nicht mehr erfüllen und somit einer höchstpersönlichen 124 Bindung unterliegen. Diese können bereits ihrer Natur nach nicht zugunsten einer anderen Person bestehen. Das trifft auf die Ersetzungsbefugnis jedoch nicht zu. bb) Übergang durch Zession der gestaltbaren Forderung Eine weitere Übertragungsvariante stellt die Zession der mit einer Ersetzungs­ befugnis verbundenen Forderung dar. 125 Diese richtet sich nach der dispositi­ ven 126 Wertung des § 401 BGB, der qua Gesetz den Übergang konkret benann­ ter Nebenrechte anordnet, jedoch – über seinen Wortlaut hinaus – in entspre­ chender Weise auch auf unselbständige, forderungsbezogene Gestaltungsrechte erstreckt wird. 127 Folglich wechseln diese ebenfalls ipso iure vom Zedenten auf den Zessionar über. 128 R. Steffen spricht sich aus diesem Grund sogar gegen eine Verwendung des Terminus „Übertragung“ aus. 129 Eine solche strikte Differenzie­ rung zwischen normativ und konsensual vermitteltem Übergang ist jedoch nicht 121 Ist die Vertragsübernahme Folge eines Konsens aller beteiligten Parteien, so muss eine vereinbarte Abweichung vom Normalfall möglich sein. Folglich können bestimmte Positionen vom Übergang ausgenommen werden. So im Ergebnis auch Pieper, Vertrags­ übernahme und Vertragsbeitritt, S. 210f. 122 Vgl. Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 340; Fikentscher / Hei­ nemann, Schuldrecht, Rn. 759; Larenz, Schuldrecht AT, S. 617f.; Waltermann, Übertrag­ barkeit von Gestaltungsrechten, S. 33; BGH, NJW 1966, 499 (500); 1979, 1166; 1985, 2528 (2530). 123 Coester, MDR 1974, 803 (804f.); Medicus, Schuldrecht AT, Rn. 751. 124 Barth, Lehre von den Gestaltungsrechten, S. 29; Schürnbrand, AcP 2004, 177 (179, 185); Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 50ff. 125 Pieper, Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt, S. 167; Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (221); Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 51ff.; Waltermann, Übertrag­ barkeit von Gestaltungsrechten, S. 29f. 126 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 99, Fn. 114; Westermann, in: Erman, § 401 BGB, Rn. 7. 127 Busche, in: Staudinger, § 401 BGB, Rn. 35; Knerr, in: jurisPK, § 401 BGB, Rn. 13; Roth, in: MüKo, § 401 BGB, Rn. 10; Schürnbrand, AcP 2004, 177 (181); vgl. Stürner, in: Jauernig, § 401 BGB, Rn. 3; Weber, in: RGRK, § 401 BGB, Rn. 19; Zeiss, in: Soer­ gel, § 401 BGB, Rn. 2; BGH, NJW 1973, 1793 (1794); 1987, 2075. Gerade aus diesem Merkmal möchte Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 44, den Charakter der Ersetzungsbefugnis als selbständiges Gestaltungsrecht herleiten. Mögli­ cherweise meint er hier die Trennung zwischen unselbständigen forderungs- und schuld­ verhältnisbezogenen Gestaltungsrechten. 128 Vgl. P. Bydlinski, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 266f.; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 28. 129 Vgl. R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 90f. i.V. m. 97.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

erforderlich. Das BGB ordnet schließlich vielfach gesetzliche Rechtsfolgen an, die ihre causa trotzdem im zuvor gebildeten Konsens der Parteien finden. Einzig die Finalität des Handelns unterscheidet hier den Übergang von der Übertragung eines unselbständigen Gestaltungsrechts. Bei der Ersetzungsbefugnis handelt es sich um ein Recht im Sinne von § 401 BGB, 130 was ihrer streng unselbständi­ gen Natur geschuldet ist. Liegt folglich eine Konstellation mit Berechtigung des Gläubigers zur Schuldersetzung vor, haftet die Befugnis an der ihr zugrunde liegenden Forderung und folgt ihr im Falle der Zession nach. 131 Steht die Ersetzungsbefugnis dagegen dem Schuldner zu, so bleibt sie ihm auch nach der Zession erhalten. 132 Hier gilt die Regel des § 404 BGB. Zwar bezieht sich dieser grammatikalisch allein auf den Typus der Einwendungen, die eine Ersetzungsbefugnis ihrem Inhaber nicht vermittelt. 133 Dennoch darf sich die Lage des Schuldners – nach den durch die ratio der Norm vorgegebenen Schutzgründen – 134 durch eine ohne seine Mitwirkung stattfindende Zession nicht verschlechtern. 135 Aus diesem Grund müssen ihm jegliche Verteidigungs­ möglichkeit aus dem Schuldverhältnis und damit auch die Gestaltungsrechte 136 erhalten bleiben. 137 Eine solche Möglichkeit liefert auch die Ersetzungsbefugnis, welche die Verpflichtung zur Leistung von X abmildert, indem der Schuldner durch Ausübung seines Gestaltungsrechts Y schulden kann. cc) Übergang durch Schuldübernahme Neben der Vertragsübernahme hat auch der Schuldner noch weitere Mög­ lichkeiten, eine ihm zustehende Ersetzungsbefugnis zu übertragen. An erster 130 Grüneberg, in: Palandt, § 401 BGB, Rn. 4; Knerr, in: jurisPK, § 401 BGB, Rn. 13; Rohe, in: Bamberger / Roth, § 401, Rn. 7. 131 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 99; Wicke, MittBayNot 2002, 385. Im Ergebnis ebenso BGH, NJW 1952, 619f. (für den konkreten Fall des § 249 Abs S. 1 BGB). 132 So auch: Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 166; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 97f. 133 Ausdrücklich für die vom weiten Einwendungsbegriff des § 404 BGB erfassten Einreden Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 158. 134 Westermann, in: Erman, § 404 BGB, Rn. 1. 135 Pick, AcP 1972, 39 (40). Der Zessionar erwirbt die Forderung mit allen ihr anhaf­ tenden Schwächen. So: BGH, NJW 1958, 1915; RGZ 83, 279 (282); OLG Köln, nach: v. Olshausen, Gläubigerrecht und Schuldnerschutz, S. 59. Dabei vermischt das OLG im konkreten Fall allerdings die Belastung des Zessus mit einer solchen des Zedenten. Zum oben genannten Grundsatz ebenfalls Mot., Bd. II, S. 125. 136 Grüneberg, in: Palandt, § 404 BGB, Rn. 4; Scholz, Gestaltungsrechte im Leis­ tungsstörungsrecht, S. 82; v. Olshausen, Gläubigerrecht und Schuldnerschutz, S. 46; BGH, NJW-RR 2004, 1347 (1348). 137 Roth, in: MüKo, § 404 BGB, Rn. 10; Westermann, in: Erman, § 404 BGB, Rn. 2, 3.

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Stelle ist dabei an die nach § 415 Abs. 1 S. 1 BGB genehmigungsbedürftige Schuldübernahme zu denken. Tritt der Übernehmer in die Verbindlichkeit des Altschuldners ein, so gehen alle ausschließlich forderungsbezogenen Gestal­ tungsrechte auf ihn über. 138 Die Schuldübernahme soll schließlich die rechtliche Position des Gläubigers nicht erweitern. Damit besteht die Schuld – abgesehen von der Person des Verpflichteten – nach der Übernahme in gleicher Weise wie zuvor. 139 Auch dem Neuschuldner muss daher die Befugnis zur Ersetzung zuste­ hen. 140 Aus der Möglichkeit eines derartigen Übergangs folgt jedoch auch, dass der Gläubiger dem Altschuldner die Ersetzungsbefugnis durch einen Übernah­ mevertrag mit einem Dritten nach § 414 BGB ohne dessen Mitwirkung entziehen kann. 141 Zeitgleich tritt dann aber dessen Befreiung von der Verbindlichkeit ein. b) Isolierte Abtretung der Ersetzungsbefugnis Nach den erläuterten Varianten einer verbundenen Übertragung der Erset­ zungsbefugnis bleibt zu klären, ob auch eine isolierte Abtretung des Gestaltungs­ rechts zulässig ist. Diese ist sowohl zwischen den Parteien des Schuldverhältnis­ ses als auch in Form der Übertragung an einen Dritten denkbar. Eindeutig gegen die selbständige Übertragbarkeit von forderungsbezogenen Gestaltungsrechten votiert die überwiegende Literatur. 142 Dabei wird diese Möglichkeit teilweise auch für das Institut der Ersetzungsbefugnis ausdrücklich abgelehnt. 143

138 Vgl. Barth, Lehre von den Gestaltungsrechten, S. 32; Möschel, in: MüKo, § 417, Rn. 5; Pieper, Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt, S. 167; R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 89. 139 Medicus, Schuldrecht I, Rn. 748; R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 96; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 30; RGZ 119, 114 (118). 140 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 166; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 100. 141 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 101. 142 Vgl. Alff, in: RGRK, § 262 BGB, Rn. 9 (für das Wahlrecht bei der Wahlschuld); Barth, Lehre von den Gestaltungsrechten, S. 31; Busche, in: Staudinger, § 413 BGB, Rn. 10, 13; Grüneberg, in: Palandt, § 413, Rn. 4; Hei. Lange, KritVSchr 1933, 202 (223); Larenz / Wolf, BGB AT, § 15, Rn. 78; Knerr, in: jurisPK, § 413 BGB, Rn. 8; Me­ dicus, Schuldrecht I, Rn. 727; Rohe, in: Bamberger / Roth, § 413 BGB, Rn. 4; Roth, in: MüKo, § 399 BGB, Rn. 19; R. Schlochoff, Gestaltungsrechte und ihre Übertragbarkeit, S. 33; Schürnbrand, AcP 2004, 177 (190); Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (220f.); R. Steiner, Gestaltungsrecht, S. 70; R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 98; Tils, Abtretbar­ keit von Gestaltungsrechten, S. 23f.; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 25; Westermann, in: Erman, § 413 BGB, Rn. 2. 143 Vgl. Grüneberg, in: Palandt, § 413 BGB, Rn. 4; Kühne, Die Übertragung von Ge­ staltungsrechten, S. 107; Knerr, in: jurisPK, § 413 BGB, Rn. 8; Loewenthal, Uebergang der Gestaltungsrechte, S. 39f.; Pieper, Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt, S. 166; Rohe, in: Bamberger / Roth, § 413 BGB, Rn. 4 i.V. m. § 401 BGB, Rn. 7.

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aa) Ausübungsermächtigung statt Abtretung Die Rechtsprechung ist der Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit einer selbständigen Übertragung bisher weithin ausgewichen, indem sie auf die Möglichkeit der Umdeutung in eine Ausübungsermächtigung nach § 140 BGB verwiesen hat. 144 Diese Lösung, bei der Inhaberschaft und Entscheidungsbe­ fugnis in Bezug auf das Gestaltungsrecht auseinander fallen, stieß auch in der Literatur auf wenig Bedenken. 145 Steinbeck ist diesem Modell allerdings zu Recht entgegengetreten. Ausschlaggebend ist dabei ein wesentlicher Unterschied zwischen der Zession von Anspruch und Gestaltungsrecht. Im ersten Falle tritt sowohl eine Veränderung der materiellen Berechtigung – nämlich Leistung an den neuen Gläubiger – als auch der Person des Ausübungsbefugten ein. Die Ab­ tretung des Gestaltungsrechts lässt dessen materiellen Kern dagegen unberührt. Es ist daher festzustellen, dass der Zessionar zumindest faktisch niemals mehr von einem Gestaltungsrecht übertragen erhält, als dessen Ausübungsbefugnis. 146 Für die Ersetzungsbefugnis des G im zweiten Einführungsbeispiel bedeutet das etwa, dass sie auch nach einer isolierten Abtretung an einen Dritten nur zur Ersetzung der auf Rotweinflaschen gerichteten Forderung zwischen W und G durch die Verpflichtung zur Lieferung von Weißwein berechtigen würde. Wer in diesem Fall befugt ist, bleibt für das Rechtsinstitut selbst unerheblich. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass auch der methodische Wert der ge­ nannten Umdeutungskonstruktion äußerst fraglich ist. Die Vertreter der These von der Unübertragbarkeit müssten sich nämlich – zumindest mit ihrem noch näher zu erläuternden Argument der Sinnlosigkeit einer Berechtigung des Drit­ ten und der von ihnen betonten Unselbständigkeit der Befugnis – 147gleichfalls gegen das Modell der Ausübungsberechtigung richten. 148 Ist die Übertragungs­ verpflichtung darüber hinaus sogar Gegenstand eines Anspruchs – was z. B. im Rahmen eines Surrogationsanspruchs möglich erscheint –, 149 so kann die bloße

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Exemplarisch für Umdeutung bei unselbständigen Gestaltungsrechten: BGH, NJW 1977, 848 (849); 1998, 896 (897); 2008, 1218 (1220). 145 Vgl. Busche, in: Staudinger, § 413 BGB, Rn. 15; Knerr, in: jurisPK, § 413 BGB, Rn. 9; Reinking, ZGS 2002, 229 (230f.); Rohe, in: Bamberger / Roth, § 413 BGB, Rn. 5; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 79; Weimar, JR 1934, 221f.; Westermann, in: Erman, § 399, Rn. 12; Zahn, DB 2002, 985 (986). 146 Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 104. Mit abweichender Ar­ gumentation im Ergebnis ebenfalls gegen eine Lösung mittels Übertragung der Aus­ übungsbefugnis Loewenthal, Uebergang der Gestaltungsrechte, S. 13f. 147 Daher zumindest konsequent Loewenthal, Uebergang der Gestaltungsrechte, S. 41. So wie hier Schürnbrand, AcP 2004, 177 (182), Fn. 26. 148 So auch: Lopau, Surrogationsansprüche und Bereicherungsrecht, S. 64f. 149 Lopau, Surrogationsansprüche und Bereicherungsrecht, S. 66.

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Ermächtigung, bei der auch der Ermächtigende weiterhin ausübungsberechtigt bleibt, keine brauchbare Lösung liefern. Das Modell der Ausübungsermächtigung erscheint damit letztlich als eine vermittelnde Position, die zwar dem Parteiwillen zu entsprechen versucht, sich dabei allerdings nicht überwinden kann, die Dogmatik von der Unmöglichkeit einer selbständigen Abtretung vollständig aufzugeben. Überzeugen kann es daher nicht. bb) Bedenken in der Literatur gegen eine selbständige Abtretung – Zession zwischen den Parteien und an Dritte In der Literatur findet sich zur Möglichkeit einer selbständigen Abtretung forderungsbezogener Gestaltungsrechte die Aussage, diese entspräche nicht dem Willen der beteiligten Parteien und sei daher unzulässig. Der materiell berech­ tigte Inhaber der Forderung müsse auch stets autorisiert in Bezug auf die zugehö­ rigen Gestaltungsrechte sein. 150 Diese Annahme verkennt jedoch eine Konstella­ tion, in der sich das Auseinanderfallen von Forderungs- und Gestaltungsrecht als völlig unproblematisch darstellt. Kann nämlich die Ersetzungsbefugnis sowohl dem Schuldner als auch dem Gläubiger eines Anspruchs zustehen und in beiden Varianten nur dieselbe Rechtsfolge bewirken, so erscheint es zumindest un­ verständlich, weshalb eine Übertragung zwischen den Parteien ausscheiden soll. Konkret würde das etwa bedeuten, dass bei der im ersten Einführungsbeispiel auf die Zahlung von Geld gerichteten Forderung der A theoretisch beiden Parteien die Befugnis zur Ersetzung durch die Schuld zur Lieferung einer bestimmten Menge Roggen zustehen könnte. Eine ausschließliche Zession der Berechtigung an den anderen Teil wäre aber nach der herrschenden Lehre in jeder der Vari­ anten ausgeschlossen. Wollte nun aber eine der Parteien die Befugnis auf die jeweils andere übertragen – dieses ist auch aufgrund eines entgeltlichen Kausal­ geschäftes denkbar, weshalb das vermeintlich 151 fehlende Interesse hier äußerst zweifelhaft erscheint –, so bliebe ihr zur Vermeidung einer abtretungsbedingten Konfusion nur der Weg der eigenständigen Zession. Für das ebenfalls forderungsbezogene Wahlrecht der Wahlschuld ist anerkannt, dass die Regeln der §§ 262ff. BGB und damit auch die Anordnung des gesetzli­ chen Übergangs nach § 264 Abs. 2 BGB dispositiv seien. 152 Wenn aber entgegen 150 So etwa.: R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 98; Waltermann, Übertrag­ barkeit von Gestaltungsrechten, S. 26. 151 Vgl. R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 98. Mit ausführlichen Beispielen für ein bestehendes Interesse der Parteien: Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungs­ rechten, 105ff.; Schubert, JR 1986, 283 (285). Letzterer schlägt sogar vor, die eigenstän­ dige Abtretbarkeit vom Vorliegen eines berechtigten und schutzwürdigen Gläubigerinter­ esses abhängig zu machen.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

der grundsätzlichen Regel das Wahlrecht einer anderen Person zugeordnet wer­ den, also beispielsweise trotz der Voraussetzungen des § 264 Abs. 2 BGB beim Gläubiger verbleiben oder sogar entgegen der Zweifelsregel des § 263 BGB direkt bei diesem entstehen kann, so muss zumindest zwischen den Parteien auch eine anderweitige konsensuale Zuweisung dieser Rechtsposition möglich sein. 153 Aus diesem Grund kann der kategorische Ausschluss 154 der selbstän­ digen Übertragbarkeit des Wahlrechts wenig überzeugen. Das gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der wahlberechtigte Gläubiger den Übergang des Wahlrechts auf den Schuldner nach § 264 Abs. 2 BGB auch ziel­ gerichtet, durch Nichtausübung der Wahl, fördern kann. Es lässt sich deshalb nicht ernsthaft bestreiten, dass dieses Ergebnis auch durch Konsens zu erzielen sein muss. Richtigerweise ist daher – wie auch in anderen Fällen eine nachträg­ liche, konsensuale Veränderung des Schuldverhältnisses akzeptiert wird – die Übertragung zwischen den Parteien als zulässig zu erachten. 155 Wenn aber ein interparteilicher Übergang bei der Wahlschuld möglich ist, so erscheinen schlagkräftige Argumente gegen eine selbständige Übertragung bei der Ersetzungsbefugnis nicht denkbar. Die spezifischen Differenzen beider Institute betreffen schließlich die Art des Geschuldeten und nicht die Frage ihrer Übertragbarkeit. Das damit gefundene Resultat erscheint insbesondere auch dadurch über­ zeugend, dass die Parteien eine Ersetzungsbefugnis gleichfalls durch Vertrag aufheben und in einem weiteren Schritt zugunsten der Gegenseite neu begrün­ den könnten. Sie sind also unbestritten in der Lage, dasselbe rechtliche Ergebnis durch die simpelste Form der Umgehung zu erreichen. Es erschiene daher als inhaltsleerer Formalismus, sie auf diesen Weg oder sogar auf die vollständige Erneuerung des Anspruchs unter Zuweisung des Gestaltungsrechts zugunsten des anderen Teils zu verweisen. 156 Auch hier ist erneut an die Novation und deren Verwendung als Zessionssurrogat zu denken. So wie heute für die Über152 So etwa: Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 1; Krüger, in: MüKo, § 264 BGB, Rn. 14; W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 88; Schenke, Die Alternativobligation, S. 12; Ziegler, AcP 1971, 193 (212f.); RG, JW 1920, 373. Ebenfalls ersichtlich aus den Motiven am Beispiel der dort zu findenden Zuweisung. Vgl. dazu Mot., Bd. II, S. 6. 153 Vgl. Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 100. 154 Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 264. 155 So auch: Pescatore, Wahlschuldverhältnisse, S. 279; Stammler, Schuldverhältnisse, S. 136. Pescatore, Die so genannte alternative Obligation, S. 269 und Wächter, Württem­ bergisches Privatrecht, Bd. II, S. 199, Fn. 6 haben diese Möglichkeit der interparteilichen Übertragung auch für die Befugnis zur datio in solutum anerkannt, folgerten hieraus allerdings, dass sich die Schuld damit in eine Wahlschuld verwandele. 156 Die zweite Variante scheint etwa P. Bydlinski, Übertragbarkeit von Gestaltungs­ rechten, S. 269, zu bevorzugen.

I. Entstehung, Übertragung

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tragung von Ansprüchen nicht mehr auf den Umweg der Novation verwiesen wird, sollte dieses Modell aber auch für forderungsbezogene Gestaltungsrechte aufgegeben werden. Es wurde somit herausgearbeitet, dass der interparteilichen, ausschließlichen Übertragung forderungsbezogener Gestaltungsrechte durch die geltende Rechts­ ordnung keine absoluten Grenzen gesetzt sind, diese also, abgesehen von den Regeln der §§ 134, 139, 242 BGB etc., möglich ist. Eine Beschränkung auf diese Erkenntnis würde nun aber den Anschein der Inkonsequenz erwecken. Wenn nämlich der Schuldner seine Ersetzungsbefugnis problemlos an den Gläubiger abtreten kann, erscheint es zumindest diskussionsbedürftig, weshalb eine selb­ ständige Übertragung an einen Dritten unzulässig sein sollte. Zu Recht wurde in der jüngeren Literatur vermehrt darauf hingewiesen, dass es im Lichte der Vertragsfreiheit nicht die Zulässigkeit der Rechtsübertragung, sondern deren Ab­ lehnung sein müsse, die einer argumentativen Begründung bedarf. 157 Dem hier­ gegen erhobenen Einwand, die Übertragung müsse zudem auch sinnvoll sein, 158 ist entgegenzuhalten, dass es gerade die Privatautonomie ist, die den Handelnden von der Pflicht zur Sinnhaftigkeit befreit. Eine Begrenzung der Rechtsgeschäfte aufgrund ihres Zweckes ist nur im engen Rahmen der bereits genannten §§ 134, 138, 242 BGB etc. denkbar. Eine darüber hinausgehende „Vernunftskontrolle“ findet hingegen nicht statt. Gegen die Möglichkeit einer selbständigen Abtretung an Dritte wird teilweise vorgetragen, es könne nicht angehen, wenn der Inhaber einer Rechtsstellung seiner damit zusammenhängenden Mittel beraubt werde. 159 Zudem sei nach der Übertragung ein unbeteiligter Dritter zur Entscheidung über den Bestand des Rechtsverhältnisses berufen. 160 Bei diesem Vorbringen handelt es sich bei ge­ nauer Betrachtung jedoch nur um die deskriptive Wiedergabe der aus der Abtre­ tung resultierenden Rechtsfolgen. Schlagkräftige Gründe gegen die Zulässigkeit der isolierten Zession liefert es jedoch nicht. Aber auch inhaltlich erweist sich die Kritik als unzutreffend. Bereits die Semantik des Wortes „beraubt“ deutet schließlich auf eine notwendige Autonomieverletzung des Beraubten hin. 161 Tritt dieser das Gestaltungsrecht aber bewusst und frei von Willensmängeln ab, so ist die Anwendung des Begriffes Raub hier nicht mehr als eine paternalistische Bevormundung des Zedenten. Vielmehr würde sogar erst die von der Literatur letztlich geforderte Missachtung des Übertragungswillens zur Beeinträchtigung 157 So etwa: Hofmann, JA 2008, 253 (254); Schürnbrand, AcP 2004, 177 (185); Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 96. 158 Vgl. Casper, Optionsvertrag, S. 187, Fn. 32. Ähnlich Überlegung bei P. Bydlinski, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 267. 159 Vgl. Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 76. 160 Schlochoff, Gestaltungsrechte und ihre Übertragbarkeit, S. 33; Waltermann, Über­ tragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 26. 161 Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 104.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

seiner Selbstbestimmung führen und ihn damit seiner Rechte berauben. Die Übertragung ist schließlich eine der wesentlichsten, aus dem Innehaben eines Rechts resultierenden, Befugnisse. Aus diesem Grund ist eines der Hauptmotive für das Modell der bloßen Übertragung einer Ausübungsbefugnis, nämlich die Tatsache, dass bei einer ausschließlichen Einräumung der Ausübungsbefugnis, im Gegensatz zur Voll­ übertragung, auch dem Gestaltungsrechtsinhaber die Möglichkeit der Herbeifüh­ rung rechtsgestaltender Wirkung verbleiben würde, unbeachtlich. Es besteht kein überzeugender Grund, ihm dieses Recht auch gegen seinen Willen zu erhalten. Ebenso ist es unrichtig, den Dritten im Fall einer rechtsgeschäftlichen Übertra­ gung als Unbeteiligten zu bezeichnen. Seine Stellung resultiert schließlich aus der Vereinbarung mit mindestens einer der Parteien des Schuldverhältnisses. Unter Beachtung der besonderen Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis wird außerdem deutlich, dass sie für die Realisierung der Primärschuld überhaupt nicht erforderlich ist. Denkbar ist es beispielsweise, dass der Gläubiger seine Befugnis einem Dritten abtritt, etwa weil sich dieser die Möglichkeit offen hal­ ten möchte, selbst den Primärgegenstand vom Schuldner zu erwerben, ohne Letzteren zum Vertragsbruch verleiten zu müssen. In diesem Fall würde die Forderung für den Gläubiger keinesfalls wertlos. 162 Bis zu der oder ohne die jemals erfolgte Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch ihren Erwerber bliebe dem Gläubiger die Berechtigung hinsichtlich der Primärleistung erhalten. Im Moment der Gestaltung würde er dagegen Inhaber des Ersatzanspruchs. Damit ist es allein die Möglichkeit der Entscheidung über den Austausch, die der Ze­ dent einbüßt. Der übertragende Gläubiger stünde folglich durch die selbständige Zession nicht schlechter als in einem Fall, in der die Ersetzungsbefugnis von Anfang an nicht ihm, sondern dem Schuldner zusteht. Auch hier ließe sich nicht ernsthaft behaupten, die Forderung sei allein deshalb für ihn wertlos. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich auch eine Partei, die ihre Forderung zediert, ebenfalls einer rechtlichen Position – hier der Forderungsmöglichkeit aus dem Anspruch – entledigt. Eine derartige Zession ist jedoch in § 398 BGB sogar ausdrücklich geregelt. Die genannte Rechtslehre müsste mit ihren Bedenken aber auch hiergegen Einwände erheben. Ebenso, wie jedoch das Zivilrecht im Lichte der Privatautonomie die Forderungszession anerkennt, lässt sich auch kein allgemeingültiger Grund erkennen, der gegen die selbständige Abtretung forderungsbezogener Gestaltungsrechte spricht. 163 Das gilt auch für das gelegentlich angeführte Argument des § 401 BGB, der bereits die isolierte Übertragbarkeit ausschließen soll. 164 Zwar ordnet dieser 162 163 164

A. A. Schürnbrand, AcP 2004, 177 (190). Vgl. Ernst, in: MüKo, § 323 BGB, 163. Anders die aufgezeigte h.M. So z. B. ausdrücklich bei Casper, Optionsvertrag, S. 187.

I. Entstehung, Übertragung

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ein Nachfolgen der Nebenrechte an, doch trifft der Wortlaut keine Aussage über die Möglichkeit einer abweichenden Disposition. 165 Vollkommen ungeregelt lässt die Norm daher auch die Frage, ob sich die Inhaberschaft hinsichtlich des Gestaltungsrechts auch ohne eine Zession der Forderung verändern kann. Ein Indiz gegen die losgelöste Übertragung ist § 401 BGB damit nicht zu entnehmen. Ferner ist auch aus der Unselbständigkeit der Ersetzungsbefugnis grundsätz­ lich nicht mehr zu entnehmen, als dass diese nur bei Existenz des Hauptrechts bestehen kann. Nicht zwingend erforderlich ist es dagegen, dass beide demsel­ ben Rechtsträger zugeordnet sind. 166 Folglich ist sie zwar untrennbar mit dem Hauptrecht, nicht aber mit dessen Inhaber verknüpft. 167 Forderungsgebundene Gestaltungsrechte, wie die Ersetzungsbefugnis und das Wahlrecht der §§ 262ff. BGB, die Gläubiger oder Schuldner zustehen können, benötigen somit zwar eine zugrunde liegende Rechtsposition. Eine zwingende Kopplung an eine konkrete Person besteht jedoch nicht. Die gegenteilige Annahme erscheint gerade unter Beachtung des bereits genannten § 264 Abs. 2 BGB und des Grundsatzes der Privatautonomie zweifelhaft. Vor dem Hintergrund der vorgetragenen Argumente lässt sich der Zulässigkeit einer isolierten Übertragung forderungsbezogener Gestaltungsrechte – im Spezi­ ellen der Ersetzungsbefugnis – nicht länger verneinen. 168 Das entspricht letztlich auch der Annahme des historischen Gesetzgebers, der bei seinen Entwürfen zum BGB davon ausging, dass als Wahlberechtigter bei der Wahlschuld auch ein Dritter in Frage kommt. 169 Eine Willensäußerung des Gestaltungsgegners ist in diesem Zusammenhang, wie bei der Forderungszession, nicht erforderlich. 170 165

Auch P. Bydlinski, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 267, hält eine ab­ weichende Vereinbarung für grundsätzlich zulässig. 166 Die aus der dienenden Stellung vermeintlich resultierende Unabtrennbarkeit un­ selbständiger Gestaltungsrechte erscheint bisher nur unzureichend begründet, denn auch sofern ein Dritter zur Gestaltung berechtigt ist, „dient“ das Gestaltungsrecht noch immer der Hauptposition. 167 Dieses wird vielfach nicht hinreichend getrennt. Vgl. dazu: Löpau, Surrogationsan­ sprüche und Bereicherungsrecht, S. 57f.; Pieper, Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt, S. 167; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 27. 168 Vgl. P. Bydlinski, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 269: „Ausnahmslose Untrennbarkeit ist [...] abzulehnen“. Zumindest im Grundsatz wie hier: Scholz, Gestal­ tungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 114f. 169 Vgl. Mot., Bd. II, S. 7. Der historische Gesetzgeber führte aus, dass nicht allein aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Schuldner und einem Dritten über die Til­ gung der Schuld davon ausgegangen werden kann, dass der Dritte nun wahlberechtigt sei. Im Ergebnis ebenso: Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 6; Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 35f.; H. Heinrichs, in: Palandt, § 262, Rn. 2; Ziegler, AcP 1971, 193 (199f.). Speziell für den Fall der Wahlschuld ablehnend Pescatore, Wahlschuldver­ hältnisse, S. 279, der das allerdings mit der fehlenden Objektsqualität des Wahlrechts begründet. Dabei fällt auf, dass die von Seckel zwei Jahre zuvor erläuterte Kategorie der Gestaltungsrechte keinen Einzug in seine Abhandlung fand. Mit der Charakterisierung

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Zumindest aus juristischer Perspektive muss es für diesen unerheblich sein, wer die einmal verliehene Rechtsmacht ausübt. 171 Die damit unbestreitbar verbun­ dene Möglichkeit, dass der neue Inhaber weniger rücksichtsvoll in Bezug auf den Gestaltungsgegner handelt, ist ein Problem auf der rein tatsächlichen, nicht aber rechtlichen, Ebene. Auch der Zedent hätte seine ihm gegenüber gehegte Einstellung verändern und ausleben können, ohne dabei den Rahmen der Ge­ staltungsbefugnis zu verlassen. 172 Solange sich der Zedent also nicht rechtsver­ bindlich in Bezug auf seine Gestaltungsmöglichkeit beschränkt hat – in diesem Fall wäre das Recht auch nur in der verminderten Form übergegangen – bleibt das entstandene Vertrauen nicht 173 schutzwürdig. Gleichfalls wäre es nicht zu verhindern gewesen, dass der vorherige Gestaltungsrechtsinhaber die Geltend­ machung, auch ohne Abtretung, vollkommen nach dem Willen und Interesse eines Dritten ausrichtet. 174

II. Ausübung und Bindung 1. Ausübungsakt Bei der Ersetzungsbefugnis handelt es sich – wie festgestellt – um ein Ge­ staltungsrecht, dass seinen Inhaber zur Ausnutzung der daraus resultierenden individuellen Gestaltungsmacht befähigt. Zwar ist der Rechtsgegner bereits mit Einräumung der Befugnis durch die stete Möglichkeit der Rechtsänderung belas­ tet und insoweit der Willkür des Ersetzungsbefugten unterworfen. Ihre Wirkung entfaltet sie jedoch erst durch die tatsächliche Nutzung selbst. Als gestaltungs­ auslösendes Moment bedarf es dazu einer so genannten Gestaltungserklärung. 175 als ein subjektives Recht sui generis hätte sich vermutlich auch Pescatore nicht gegen die Abtretbarkeit verwehrt. 170 Mit überzeugender Argumentation Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungs­ rechten, S. 100. Differenzierend P. Bydlinski, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 267. 171 Vgl. Steinbeck, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 101. 172 Vgl. v. Olshausen, Gläubigerrecht und Schuldnerschutz, S. 52; Schürnbrand, AcP 2004, 177 (183f.); Schwenzer, AcP 1982, 214 (220); a. A. Seetzen, AcP 1969, 352 (365). 173 So auch Schwenzer, AcP 1982, 214 (220). 174 Lopau, Surrogationsansprüche und Bereicherungsrecht, S. 39f. Diese Erkenntnis bildet auch den Grund dafür, dass das Interesse des Gestaltungsgegners für die Ab­ tretbarkeit des Gestaltungsrechts unbeachtlich bleiben muss. A. A. dazu Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 31. 175 Letztlich nicht überzeugend, aber konsequent, spricht sich die überwiegende Mehr­ heit der Vertreter jener Ansicht, welche die Ersetzungsbefugnis des Schuldners über das Recht zur Leistung an Erfüllungs statt erklärt, gegen eine bindende Erklärung des Schuld­ ners aus. So exemplarisch: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 27; Gernsheim, Ersetzungs­

II. Ausübung und Bindung

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Diese geht dem Eintritt der Gestaltungswirkung als konstruktives Element vor­ aus und setzt dabei gleichzeitig den jeweils anderen Teil über den Eintritt der Rechtsveränderung in Kenntnis. 176 Im Fall der Ersetzungsbefugnis verschafft sie darüber Gewissheit, dass ab sofort nur noch die Ersatzleistung geschuldet ist, die Primärleistung dagegen sowohl als Forderungsgegenstand als auch als Mittel zur Erfüllung ausscheidet. Um diesen Zweck zu erreichen, ist eine empfangs­ bedürftige Willenserklärung des Gestaltungsberechtigten erforderlich, 177 die an den jeweiligen Gestaltungsgegner 178 zu richten ist und dabei den allgemeinen Regeln der §§ 116ff. BGB unterliegt. Die oftmals geforderte Differenzierung da­ nach, welcher Partei die Befugnis im konkreten Fall zusteht, 179 ist dagegen nicht vorzunehmen. Bei der Ersetzungsbefugnis handelt es sich schließlich nach hier vertretener Auffassung in beiden Fällen um ein einheitliches Rechtsinstitut. 180 Erstaunlicherweise fordern auch der BGH und das BAG im Fall einer Er­ setzungsbefugnis des Schuldners eine solche Erklärung. 181 Mit dieser Anforde­ rung begeben sie sich aber in offensichtlichen Widerspruch zu der an anderer Stelle 182 vertretenen Charakterisierung dieser Befugnis als Recht zur Leistung an Erfüllungs statt. Dasselbe trifft etwa auch auf Bosse zu, der jener Literatur­ ansicht zuzuordnen ist, die die Ersetzungsbefugnis des Schuldners ebenfalls nur befugnis, S. 89; W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 42; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 48; Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 33ff.; Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 66; Weitz, Die facultas alternativa, S. 60f. Im Ergebnis ebenso: Me­ dicus, Schuldrecht I, Rn. 189. Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 34ff. Letzterer versagt der Ersetzungserklärung, sowohl bei Schuldner als auch bei Gläubiger, die bindende Wirkung, erklärt er doch beide Varianten über das Institut der datio in solutum. 176 Larenz / Wolf, BGB AT, § 15, Rn. 90. 177 Ausdrücklich für die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 35; Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 61 HGB, Rn. 10; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 30; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 44; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 100; Herzberg, Schuld mit Erset­ zungsbefugnis des Gläubigers, S. 21; BGH, NJW 1970, 992f.; NZM 1999, 803 (804). 178 Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 23; Lippert, Alterna­ tive Ermächtigung des Gläubigers, S. 27. Allgemein für Gestaltungsrechte Larenz / Wolf, BGB AT, § 15, Rn. 90. 179 Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 33ff.; Bosse, Ersetzungsbe­ fugnis, S. 27; Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 66; Gernsheim, Er­ setzungsbefugnis, 89ff., 99f.; Siber, KritVSchr 1905, S. 526 (551); Weitz, Die facultas alternativa, S. 60f. 180 So auch Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 43, in sei­ ner exkursorischen Argumentation für die Gleichstellung der Ersetzungsbefugnis von Gläubiger und Schuldner. 181 Vgl. BGH, NJW 1970, 992f.; BAG, NZA 1995, 1001 (1002). 182 Vgl. BGH, NJW 1967, 553 (554); 1980, 2190 (2191); 1984, 429; BAG, NZA 1995, 1001.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

als bloße Erfüllungsberechtigung verstehen möchte. 183 Er verlangt, neben der bloßen Mitteilung des Tilgungswillens, eine Erklärung der Ersetzung. 184 Damit bekräftigen die Genannten letztlich, ohne jedoch den hieraus resultierenden Ant­ agonismus zuzugestehen, dass auch nach ihrer Ansicht ein gestaltendes Element bei der Ersetzungsbefugnis des Schuldners vorhanden ist. Zur schlichten Aus­ nutzung des Rechts zur datio in solutum wäre das nämlich – wie oben bereits dargestellt – nicht erforderlich. Inhaltlich muss die Erklärung das Ersetzungsbegehren des Berechtigten aus­ drücken. Dabei ist eine strikte Abgrenzung zum eigentlichen Verlangen oder Erbringen der Leistung notwendig. Der in der älteren Literatur zu findende Ver­ such 185 einer Gleichsetzung von Gläubigerersetzungserklärung und Einfordern der Ersatzleistung muss sich daher den Vorwurf der unzureichenden Trennung von Anspruch und Befugnis entgegen halten lassen. Zwar sind beide unstreitig in einem gemeinsamen Akt möglich, zwingend ist ein solches Zusammenfallen jedoch nicht. An dieser Stelle ist auf eine, in der älteren Literatur zu findende, Ansicht hinzuweisen, die der bloßen Erklärung zumindest bei einer Ersetzungsbefug­ nis des Schuldners keine bindende Wirkung beimessen wollte. Gestützt wurde diese Auffassung auf eine Analogie zu § 359 186 BGB a.F., nach der es für eine bindende Erklärung des Schuldners immer einer Realwahl bedürfe. 187 Das Reue­ geld des heutigen § 353 BGB ist aber überhaupt keine Ersatzleistung im Rahmen einer dem Schuldner zustehenden Ersetzungsbefugnis, 188 die an die Stelle der ge­ schuldeten Leistung tritt. Vielmehr handelt es sich dabei um die Voraussetzung einer zusätzlich vereinbarten Rücktrittsmöglichkeit. 189 Wenn sich der Schuldner aber ein solches zusätzliches Rücktrittsrecht erkauft, das ihm die Lösung von seiner vertraglichen Pflicht erleichtert, so erscheint es auch folgerichtig, dass der damit verbundene, pauschale Ausgleich 190 im Zweifel sofort erfolgen muss. Anderenfalls würde der Gläubiger erneut nur einen „unsicheren“ Anspruch er­ langen. Ist das Reuegeld dann allerdings als Gegenleistung für die Möglichkeit der Vertragslösung zu verstehen, so kann es sich dabei nicht gleichzeitig um die Ersatzleistung für eine gerade aus diesem Vertrag stammende Primärpflicht 183 184 185 186 187 188 189

Rn. 1.

Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 14. Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 28f. Vgl. Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 21. Dieser entspricht dem heutigen § 353 BGB. Dazu BT-Drs. 14/6040, S. 17. Vgl. exemplarisch Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 66. H. Steiner, facultas alternativa des Schuldners, S. 13f. Gaier, in: MüKo, § 353 BGB, Rn. 1; Grothe, in: Bamberger / Roth, § 353 BGB,

190 Bezzenberg, in: Erman, § 353 BGB, Rn. 1; Gaier, in: MüKo, § 353 BGB, Rn. 1; vgl. Hager, in: AnwK, § 353 BGB, Rn. 1.

II. Ausübung und Bindung

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handeln. Der § 359 BGB a.F. erfasst damit ein völlig anderes Regelungsgebiet, so dass sich eine analoge Übertragung auf die Ersetzungsbefugnis verbietet. Sowohl Schuldner als auch Gläubiger können ihr Gestaltungsrecht – wie das auch vom Wahlrecht der §§ 262ff. BGB bekannt ist – zeitlich abgetrennt von der späten Anspruchsrealisierung geltend machen. Die Ersetzungserklärung kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erfol­ gen. 191 Bietet etwa der ersetzungsbefugte Schuldner dem Gläubiger die Ersatz­ leistung an, so kann das nach §§ 133, 157 BGB als Ausübung des Ersetzungs­ rechts zu verstehen sein. Ist in derselben Konstellation hingegen der Gläubiger Inhaber der Ersetzungsbefugnis, so könnte beispielsweise in der Annahme der vom Schuldner angebotenen, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht geschuldeten, Ersatzleistung die Gestaltungserklärung zu sehen sein. 192 Steht dem Inhaber eine „normale“ Ersetzungsbefugnis zu, so erschöpft sich deren Wirkungskraft in dem Austausch der Primär- durch die Ersatzleistungs­ pflicht. Sie wird somit durch die Vornahme der Ersetzung verbraucht. 193 Dieses Resultat beruht zumindest im Fall der nicht identitätswahrenden, vollständigen Anspruchssubstitution bereits auf der Natur des forderungsabhängigen Gestal­ tungsrechts, das auf eine konkrete Primärforderung bezogen ist. Besteht diese nach der Ersetzung nicht mehr fort, so muss auch das Gestaltungsrecht unterge­ hen. In jedem Fall einer Ersetzungsbefugnis ist aber der vereinbarte Zweck – Er­ setzung der Primär- durch die Ersatzleistung – mit der Auswechslung erreicht. Eine erneute Ersetzung der Primärforderung kann daher nicht erfolgen.

191 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 37; Boecken, in: Ebenroth / Bou­ jong / Joost / Strohn, § 61 HGB, Rn. 10; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 107f.; Herz­ berg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 23; Kirschberg, Alternativobli­ gation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 33; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 29; BAG, NZA 1995, 1001 (1002). Erler, Wahlschuld und Ersetzungs­ befugnis des Gläubigers, S. 44 stellt dem konkludenten Verhalten unrichtigerweise die Willenserklärung gegenüber. 192 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 37; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 44; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 108; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 25; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 29. 193 Chamizer, Wahlschuld, S. 81; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläu­ bigers, S. 44; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 101, 156 (konsumptibles Recht); Herz­ berg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 23; vgl. Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 211. Für Gestaltungsrechte allgemein: Bötticher, Gestaltungs­ recht und Unterwerfung im Privatrecht, S. 5f.; v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 23; Larenz, BGB AT, § 15, Rn. 102.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

2. Entscheidung zugunsten der Primärleistung Im Schrifttum stark umstritten ist die Frage, wie eine ausdrückliche Ent­ scheidung des Gestaltungsrechtsinhabers für die von Anfang an geschuldete Primärleistung zu bewerten ist. Im Gegensatz zur Wahlschuld ist diese bereits mit Begründung der Leistungspflicht Gegenstand des Anspruchs. Ihre Auswahl kann daher zumindest keine Änderung der Schuld im engeren Sinne bewirken. 194 Zu klären bleibt allerdings, ob hierdurch die Ersetzungsbefugnis entfällt und eine endgültige Beschränkung auf die Primärschuld eintritt bzw. ob sich in diesem Fall die Änderung der Rechtslage durch Nutzung der Befugnis vollzieht. In Anlehnung an die von Rieble vertretene Theorie der Ausübung von Gestal­ tungsrechten durch Bestätigung der gestaltbaren Rechtslage – nach der das Recht zur Veränderung auch immer die Option zur Beibehaltung der gegenwärtigen Si­ tuation erfasst – 195 könnte auch ein ausdrückliches Beharren auf der Primärschuld als Gebrauchen der Ersetzungsbefugnis zu verstehen sein. 196 Damit würde dann aber der Inhaber seine Ersetzungsbefugnis einbüßen. Diese Konstruktion würde allerdings voraussetzen, dass die Möglichkeit der Nichtausnutzung eines Rechts als Teil desselben zu verstehen ist. 197 Das kann nicht überzeugen. Zwar steht es dem Ersetzungsbefugten unbestritten frei, sein Gestaltungsrecht nicht geltend zu machen, also die Primär- nicht durch die Ersatzschuld zu substituieren. Eine solche Möglichkeit der Nichtnutzung eines Rechts, die in der Konsequenz zur Beibehaltung der bestehenden Rechtslage führt, besitzt jedoch auch jede andere Person. Das trifft etwa auch für den, in dieser Situation weithin vergleichbaren, Inhaber eines Anspruchs zu, der sich zwar entschließen kann, die Forderung nicht gegen den Schuldner zu erheben. Ebenso kann aber auch jeder beliebige Dritte diese Leistung nicht einfordern. Erwirbt folglich eine Person ein Recht, 194

Vgl. Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 212. Zu weit geht jedoch die An­ nahme, eine Erklärung für die Primärschuld sei ohne jegliche Relevanz. So aber: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 47; Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 15; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 22, 32; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 47; Weitz, Die facultas alternativa, S. 61. Das ist jedoch zu allgemein, schließlich muss zwischen dem Verständnis als Ausübung der Befugnis und sonstigen Folgen differenziert werden. So z. B. Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 27. 195 Vgl. Rieble, in: Staudinger, § 397 BGB, Rn. 62. 196 So konstatiert Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 71f., der Be­ rechtigte habe die Möglichkeit zur Veränderung des Inhalts oder zur Bestätigung. Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 27, spricht hier sogar von Wahlsausübung und Verzicht auf die Eventualleistung, nicht hingegen vom Verzicht auf die Befugnis. Be­ achtlich ist aber, dass das schlichte Nichtnutzen eines Rechts keinesfalls mit dem Verzicht auf diese Position gleichzusetzen ist. 197 Dabei ist an dieser Stelle nicht über die Frage zu entscheiden, ob die Macht zur endgültigen Aufgabe einer Rechtsposition dem Recht selbst zu entnehmen ist, also der Verzicht nur bedingt von der Ausübung zu trennen ist.

II. Ausübung und Bindung

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so wird die Gelegenheit, sich für oder gegen dessen Nutzung zu entscheiden, zwar oftmals erst in diesem Moment ersichtlich. Die materielle Erweiterung des Rechtskreises findet aber nur auf der Ebene der optionalen Geltendmachung statt. 198 Wenn sich der Ersetzungsberechtigte also für die Primärschuld entschei­ det, so ist darin zumindest keine Verwendung der Befugnis zu sehen. 199 Inhaltlich steht dieser Befund im Einklang mit der überwiegenden Literatur­ auffassung zur Frage der rechtlichen Vorteilhaftigkeit einseitiger Gestaltungser­ klärungen. Danach wird für die Frage, inwieweit ein beschränkt Geschäftsfä­ higer ein ihm zustehendes Gestaltungsrecht im Sinne des § 107 BGB wirksam ohne die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters auszuüben kann, allein auf die Vorteilhaftigkeit der Gestaltungswirkung abgestellt. Der Untergang des Ge­ staltungsrechts selbst bleibt dagegen unberücksichtigt. 200 Wäre es aber richtig, dass die Befugnis zur Entscheidung gegen die Nutzung des Gestaltungsrechts aus diesem selbst stammt, so müsste bereits der Verlust dieser Möglichkeit die Nachteilhaftigkeit begründen und weitere Abgrenzungsversuche obsolet werden lassen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der Entscheidung für die Primärleis­ tung um eine Ausübung der Ersetzungsbefugnis im technischen Sinne handelt, könnte diese Erklärung für den Inhaber des Gestaltungsrechts dennoch verbind­ lich sein. Es ist etwa daran zu denken, ihr zumindest die Bedeutung einer unter Umständen verbindlichen Rechtsaufgabe durch Verzicht beizumessen. Ob ein solcher Verzicht zulässig ist und welche Voraussetzungen gegebenenfalls für dessen Wirksamkeit vorliegen müssen, wird noch gesondert untersucht werden. 3. Bestehen eines ius variandi Neben dem Mittel der Ausübung einer Ersetzungsbefugnis ist zu untersuchen, inwieweit der Befugte an seine einmal abgegebene Erklärung gebunden ist. Teil­ weise wird ihm ein ius variandi zugesprochen, das die nochmalige Veränderung seiner Entscheidung erlauben soll. 201 Vorab ist dabei jedoch zu bedenken, dass 198 Das Recht, kein Recht zu Nutzen, steht dagegen jeder Person bereits mit Begrün­ dung ihrer Rechtssubjektivität zu. 199 Im Ergebnis wie hier: Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 14; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 32; Oetker, in: MüKo, § 249 BGB, Rn. 342. Vgl. dazu auch Rauscher, in: Staudinger, Art. 233 § 11 Abs. 3 S. 4 EGBGB, Rn. 56, der dem Berechtigten zumindest auch nach dem Auflas­ sungsbegehren ein Übergang auf den Zahlungsanspruch zugesteht. 200 Vgl. Coester-Waltjen, Jura 1994, 668 (669); Ellenberger, in: Palandt, § 107 BGB, Rn. 2; Joussen, ZEV 2003, 181 (183); Knothe, in: Staudinger, § 107 BGB, Rn. 32; J. Lange, in: jurisPK, § 107 BGB, Rn. 16; Stürner, AcP 1973, 402 (439f.); Wendtland, in: Bamberger / Roth, § 107 BGB, Rn. 5.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

ein solches Änderungsrecht überhaupt nur dann erforderlich werden kann, wenn es sich bei der vorangegangenen Erklärung des Gestaltungsberechtigten um eine Ausübung der Ersetzungsbefugnis handelt. Anderenfalls wäre es vollkommen nutzlos, dem Befugten hier ein ius variandi zuzusprechen. 202 Das gilt etwa für die bereits mehrfach erwähnte Auffassung in der Literatur, die eine wirksame Ausübung der Ersetzungsbefugnis des Schuldners erst mit der tatsächlichen Leis­ tungsbewirkung bzw. dem Leistungsangebot annehmen will. 203 Der Schuldner befände sich hier noch immer in der Ausgangssituation mit Primärforderung und Ersetzungsbefugnis. Er hätte also im Hinblick auf sein Entscheidungsrecht noch überhaupt nichts unternommen, was durch ein Änderungsrecht zu korri­ gieren wäre. Aus diesem Grund ist nicht an erster Stelle nach der Intensität der möglichen Bindung im Zusammenhang mit einer Unterscheidung von Primärund Ersatzschuld zu fragen. Vielmehr ist vorab zu prüfen, ob überhaupt eine rechtserhebliche Entscheidung erfolgte. Ist das der Fall, so spricht sowohl der § 130 Abs. 1 BGB als auch die Einordnung 204 der Ersetzungsbefugnis als Ge­ staltungsrecht für die Verbindlichkeit der Erklärung. Dieser Grundsatz war etwa für die verwandte Wahlschuld im Text des ersten BGB-Entwurfs sogar noch aus­ drücklich vorgesehen, entfiel dann aber in der weiteren Entwicklung aufgrund der angenommenen Selbstverständlichkeit. 205 Der historische Gesetzgeber führte dazu aus: „Die Unwiderruflichkeit wird z. B. nicht erwähnt bei der Anfechtung, bei der Kündigung [...]. Tritt die Rechtswirkung mit einer bestimmten Erklä­ rung ein, so versteht es sich in Ermangelung einer abweichenden Vorschrift von selbst, daß die eingetretene Rechtswirkung nicht durch eine gegenteilige Erklärung aufgehoben werden kann.“ 206 Gleichermaßen abzulehnen ist auch eine Differenzierung danach, ob die durch das Gestaltungsrecht erwählte Leistung bereits bewirkt wurde. 207 Dieses Krite­ rium ist offensichtlich eine Folge der Einordnung der Ersetzungsbefugnis als Berechtigung zur Leistung an Erfüllungs statt. 208 Zwar ist diese Schlussfol­ gerung – wie bereits an anderer Stelle erörtert – für die Berechtigung des 201 Vgl. exemplarisch: Titze, Die Unmöglichkeit der Leistung, S. 195, Fn. 1; Wind­ scheid, Pandektenrecht, Bd. II, S. 32. 202 Dieses verkennen: Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 439; Blümich, Wahl­ schuld und facultas alternativa, S. 35f.; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 47. 203 Vgl. exemplarisch Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 439. 204 Vgl. Larenz / Wolf, BGB AT, § 15, Rn. 100; R. Steiner, Gestaltungsrecht, S. 64. 205 Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. VI, S. 153. 206 Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. VI, S. 153. 207 So aber: Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 439 (für die Ersetzungsbefugnis des Schuldners bis zur Leistungsbewirkung); Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 195, Fn. 1; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 49. Auch hier liegt zudem eine Vermischung von Bindung und ius variandi vor. 208 Vgl. dazu B.III.1.

II. Ausübung und Bindung

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Schuldners zur datio in solutum konsequent. Aufgrund der hier vertretenen Un­ terscheidung zwischen Ersetzungsbefugnis und Berechtigung zur Tilgung durch eine nicht geschuldete Leistung ist sie aber abzulehnen. Für eine dem Gläubi­ ger zustehende Ersetzungsbefugnis ist eine solche Argumentation – wegen des unhaltbaren Widerspruchs von bestehendem Forderungsrecht und Leistung an Erfüllungs statt – sogar vollkommen unvertretbar. 209 Neben diesen Bedenken existieren aber auch noch ganz grundsätzlicher Ein­ wände gegen ein ius variandi bei der Ersetzungsbefugnis. Nach der erfolgten Ersetzung besteht ausschließlich ein Anspruch auf die Ersatzleistung. Die Be­ rechtigung im Hinblick auf die Primärleistung ist dagegen erloschen. Wollte der zuvor noch ersetzungsbefugte Gläubiger oder Schuldner diese nun erneut zum Gegenstand des Schuldverhältnisses erheben, so müsste die frühere Ersatzleis­ tungspflicht wiederum durch die Primärleistungspflicht ausgetauscht werden. Es würde also eine erneute Ersetzung stattfinden, das ius variandi also den erneu­ ten Übergang auf die andere Leistung und damit einen weiteren erheblichen Eingriff in die Rechtsposition des Gestaltungsgegners erlauben. Dazu wäre dann allerdings auch eine zusätzliche Befugnis notwendig, die dem Austauschwilligen die erforderliche Rechtsmacht verleiht. 210 Die gerade ge- und damit zugleich ver­ brauchte Ersetzungsbefugnis erlaubte dagegen nur die Substitution einer konkret benannten Primärleistung durch eine andere zuvor ebenfalls bestimmte Leistung. Abzulehnen ist auch die, in diesem Zusammenhang in der Literatur zu fin­ dende, Ansicht 211, die vielfache Anordnung der Bindung in gesetzlichen Fällen der Ersetzungsbefugnis spräche klar gegen die generelle Verbindlichkeit einer Ersetzungserklärung. Eine spezielle gesetzliche Regelung sei anderenfalls über­ flüssig. Hiergegen ist zu erwidern, dass eine solche Indizwirkung zwar grund­ sätzlich möglich sein kann. Andererseits ist dem Gesetz aber auch die rein dekla­ ratorische Funktion einer Norm nicht fremd. Außerdem stellen Gestaltungsrechte bereits eine Ausnahme zum Vertragsprinzip dar, so dass es begründungsbedürf­ tig ist, wenn diese noch zu weiteren einseitigen Eingriffen berechtigen sollen. 212 Es erscheint vollkommen unverständlich, weshalb sich die Vertragspartei, die ihrem Gegenüber bereits einmalig die Ersetzung gestattet hat, im Zweifel ein 209

Vgl. dazu oben B.V.3.g. Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 24, konstatiert, dass im Fall eines ius variandi ein wahlschuldähnliches Rechtverhältnis vorliegen würde, ob­ wohl auch er die Primärpflicht nach der Ersetzung als erloschen betrachtet. Das ist un­ richtig, schließlich würde eine solche mehrere Leistungspflichten erfordern, die nebenein­ ander in obligatione sind. Um hingegen die erloschene Primärschuld wieder einzusetzen, ist eine Ersetzungsbefugnis notwendig. 211 Vgl. Weitz, Die facultas alternativa, 62. 212 Damit ist, entgegen der Auffassung von Weitz, Die facultas alternativa, S. 54, bereits der Natur der Ersetzungsbefugnis ein Hinweis zur Frage nach dem Bestehen eines ius variandi zu entnehmen. 210

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

weiteres Mal in die Unsicherheit der erneuten Ersetzungsmöglichkeit bzw. eines Widerrufs 213 begeben sollte. Wenn die Ersetzungsbefugnis dagegen auf einer gesetzlichen Anordnung beruhte, so war auch diese konkret bestimmt und daher regelmäßig auf einen speziellen Austausch beschränkt. Zwar ist es ohne weiteres möglich, eine darüber hinausgehende Befugnis vertraglich 214 oder gesetzlich zu begründen. Dem Berechtigten kann also auch die zwei- oder mehrfache Erset­ zung zugestanden werden. Dafür ist dann allerdings auch eine, über den sonst notwendigen Umfang hinausgehende, 215 doppelte oder mehrfache Ersetzungser­ mächtigung und somit ein dahingehender Wille 216 des Gestaltungsgegners oder Gesetzgebers unerlässlich. Neben dieser Option einer zusätzlichen oder umfänglichen Befugnis ist auch im Abschluss eines auf Austausch oder Beseitigung der Bindung gerichteten Vertra­ ges eine weitere denkbare Variante zur Restauration von Primärforderung und da­ zugehörigem Gestaltungsrecht zu sehen. 217 Bei einer Ersetzungsbefugnis in ihrer grundlegenden Form ist der Gestaltungsberechtigte dagegen an seine Entschei­ dung für die Ersatzschuld gebunden. 218 Ein ius variandi besteht daher nicht. 219 213

So aber Medicus, Schuldrecht I, Rn. 189. So bereits OLG Celle, NJW 1949, 223 (224). Ebenso C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 154f. 215 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 36f.; vgl. Regelsberger, IherJb 1878, 159 (175). 216 Damit ist auch der von Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 32f., favorisierten Ansicht entgegenzutreten, die nach dem Zweck der Ersetzungsbefugnis differenziert. Zwar kann dieser Zweck der Feststellung des Parteiwillens dienen, allein Letzterer ist jedoch entscheidend für die Frage nach einer weiteren Befugnis. Auch hier wäre dann aber eine zusätzliche Ersetzungsbefugnis gegeben, nicht dagegen ein aus der ersten Befugnis stammendes ius variandi vorhanden. 217 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 36; Oetker, in: MüKo, § 249 BGB, Rn. 344. 218 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 438 (für Ersetzungsbefugnis des Gläubi­ gers); Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 5, Fn. 14. Ausdrücklich für den Fall des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Frotz, JZ 1963, 391 (394); Schnell, Unmöglichkeit der Naturalre­ stitution, S. 214; Schubert, in: Bamberger / Roth, § 249 BGB, Rn. 187; v. Tuhr, KritVSchr 1907, 63 (79); BGH, NJW 1993, 727 (728); RG, JW 1937, 1145; OLG Celle, NJW 1949, 223 (224); OLG Stuttgart, VersR 1978, 188 (189). Offen gelassen: BGH, BB 2006, 2715 (2716); NJW 2007, 67 (68). Ablehnend: Siber, KritVSchr 1905, 526 (543, 551), der nicht beachtet, dass die Bindung auf die Einstufung als Gestaltungsrecht zurückzuführen ist und daher keine entsprechende Anwendung von § 263 BGB erforderlich ist. Mit Ein­ schränkungen im Fall des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Oetker, in: MüKo, § 249 BGB, Rn. 343; Schiemann, in: Staudinger, § 249 BGB, Rn. 216. 219 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 36, 47; Boecken, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 61 HGB, Rn. 10; Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 15; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 44, Fn. 81; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, s. 102ff.; Hellwig, Anspruch und Klagerecht, S. 103; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 24; Regelsberger, IherJb 214

II. Ausübung und Bindung

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Ausnahmen von der Bindungswirkung können sich hier allenfalls aus § 242 BGB ergeben. 220 4. Bedingte oder befristete Ausübung der Befugnis Die im vorangegangenen Abschnitt erfolgte Darstellung der Willenserklärung als Mittel zur Ausübung der Ersetzungsbefugnis führt zu der Frage, ob damit auch die §§ 158, 163 BGB, also die Möglichkeit der Bedingung und Befris­ tung, uneingeschränkte Anwendung finden. Wäre das nicht der Fall, so ergäben sich die Rechtsfolgen einer etwaigen Fehlerhaftigkeit sowohl für Bedingung als auch Befristung, mit Ausnahme der gesetzlich speziell geregelten Fälle, 221 aus § 139 BGB. Danach ist im Zweifel das gesamte Rechtsgeschäft nichtig. Eine unter unzulässiger Bedingung erklärte Ersetzung bliebe damit ohne rechtliche Folgen, der Gestaltungsberechtigte demnach weiterhin ersetzungsbefugt. Wird der hier vertretenen Auffassung gefolgt und damit anerkannt, dass eine Wesens­ verschiedenheit zwischen dem echten Ersetzungsrecht des Schuldners und der bloßen Berechtigung zur Leistung an Erfüllungs statt besteht, so ist in diesem Abschnitt eine nach der Person des Gestaltungsberechtigten differenzierende Darstellung 222 aufgrund der Kongruenz beider Fälle nicht erforderlich. a) Zulässigkeit der bedingten Ausübung aa) Grundsatz der Unzulässigkeit Bereits die Natur der Gestaltungsrechte und die damit verbundene einseitige Wirkung verlangen prinzipiell, dass nach der erklärten Ausübung Sicherheit in Bezug auf die nunmehr aktuelle Rechtslage besteht. 223 Dieser Grundsatz gilt 1878, 159 (175). Explizit für die Befugnis des Gläubigers: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 63. A. A.: Titze, Die Unmöglichkeit der Leistung, S. 195, Fn. 1; C. Wagner, Die Wahl­ schuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 154; Windscheid, Pandektenrecht, Bd. II, S. 32. Für eine einzelfallorientierte Entscheidung bezüglich der Existenz eines ius variandi anhand der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen: H. Heinrichs, in: Palandt, § 262 BGB, Rn. 7; OLG Brandenburg, VIZ 1997, 697 (701). 220 Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 192. 221 Aufzählung bei Medicus, BGB AT, Rn. 853. 222 So etwa vorgenommen von: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 33ff.; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 61; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 117ff., 128. Damit sind die weiteren Belege der Genannten in diesem Abschnitt auf die Zulässigkeit bei der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers bezogen, können aber auf das hier vertretene einheitliche Verständnis übertragen werden. 223 Diesen Grundsatz erkannte bereits Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (238). Ebenso: Armbrüster, in: Erman, § 158 BGB, Rn. 18; Armgardt, in: jurisPK, § 158 BGB, Rn. 20;

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

ohne Einschränkung auch für die Ersetzungsbefugnis. 224 Stünde aber dem Er­ setzungsberechtigten eine bedingte Gestaltungsausübung zu, bei der die Herbei­ führung der Bedingung in seiner Hand läge – weil es sich entweder um eine Willensbedingung zu seinen Gunsten handelt, oder eine besondere Berechtigung bzw. Befähigung zur Herbeiführung des Bedingungseintritts bei ihm vorhanden ist – so wäre diese Sicherheit nicht gegeben. Vielmehr würde nach der Aus­ übung aus der Befugnis, mittels Erklärung Rot- durch Weißwein zu ersetzen, eine solche zur Entscheidung für Rot- anstelle von Weißwein. Das Mittel der Entscheidung wäre in diesem Fall die finale Herbeiführung des Bedingungs­ eintritts. Der Ersetzungsbefugte könnte sich durch die Ausübung also indirekt das gerade abgelehnte, zumindest einmalige, ius variandi selbst verschaffen und dem Vertragspartner aufzwingen. Diese Konstellation ist daher im Zweifel als unzulässig abzulehnen. Unbenommen von diesem Grundsatz bleibt den Parteien jedoch die Möglichkeit, Abweichendes zu vereinbaren. 225 Sie können also ohne weiteres ein größeres Maß an Unterwerfung in die Konstruktion der Ersetzungs­ befugnis aufzunehmen. Ebenso, wie die oben dargestellte Variante, liefe aber auch eine vom Wil­ len der Parteien unabhängige Bedingung dem Grundsatz der auf die Ausübung folgenden Rechtssicherheit generell entgegen. 226 Durch die Einräumung der Er­ setzungsbefugnis wurde eine einmalige Unterwerfung des Gestaltungsgegners begründet. Wäre nun aber die Ausübung unter einer Bedingung grundsätzlich möglich, so müsste sich dieser ein weiteres Mal eine von ihm nicht zu beein­ flussende Rechtsfolge aufzwingen lassen. Diese zusätzliche Verschlechterung 227 seiner Position und die damit verbundene erneute Schwebelage 228 ist jedoch aus den bereits zum ius variandi vorgetragenen Gründen abzulehnen. Nicht überzeugen kann es allerdings, die Unzulässigkeit einer bedingten Aus­ übung der Ersetzungsbefugnis auch auf die vermeintlich fehlende endgültige Tilgungsmöglichkeit des Schuldners zurückzuführen. 229 So wurde in Teilen der Literatur die Auffassung vertreten, dem Gestaltungsrechtsgegner einer beding­ Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 119ff.; Jauernig, in: Jauernig, § 158 BGB, Rn. 11; Larenz / Wolf, BGB AT, § 15, Rn. 75; Leverenz, JURA 1996, 1 (7); Rövekamp, in: Bam­ berger / Roth, § 158 BGB, Rn. 17; Schlochoff, Gestaltungsrechte und ihre Übertragbarkeit, S. 21; Westermann, in: MüKo, § 158 BGB, Rn. 28; BGH, NJW 1960, 1805 (1807); 1986, 2245 (2246). 224 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 38; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 62f. 225 Vgl. Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 28. 226 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 63. 227 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 38; R. Steffen, Selbständige Ge­ staltungsrechte, S. 103 (allgemein für Gestaltungsrechte). 228 Armgardt, in: jurisPK, § 158 BGB, Rn. 20; Jauernig, in: Jauernig, § 158 BGB, Rn. 11.

II. Ausübung und Bindung

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ten Gläubigerbefugnis sei es, im Gegensatz zur „normal“ ausgeübten Gestaltung, unmöglich, durch die Tilgung Rechtssicherheit herbeizuführen. Für den zweiten Einführungsfall würde das bedeuten, dass die Vertreter der genannten Ansicht befürchten, Weinhändler W sei letztlich nicht in der Lage, seine Schuld endgül­ tig zu erfüllen. Vielmehr habe er jederzeit damit zu rechnen, dass seiner bereits erfolgten Primärleistung, im Fall der von G unter einer Bedingung erklärten Ersetzung, der Rechtsgrund durch den Bedingungseintritt wieder entzogen wird. Diese generalisierende Annahme wird jedoch dem Grundsatz der ex nunc 230 eintretenden Wirkung einer Bedingung nicht gerecht und ist daher abzulehnen. Wird die Ersetzung unter einer aufschiebenden Bedingung erklärt, kann bis zu deren Eintritt die Erfüllung durch das Bewirken der Primärschuld mühelos statt­ finden. Tritt die Bedingung dann zu einem späteren Zeitpunkt und damit nach der Tilgung ein, so dass die ebenfalls ex nunc wirkende Ersetzung erst in diesem Moment ihre Wirkung entfalten kann, so fehlt es in diesem Moment bereits an dem zu ersetzenden Anspruch. Als forderungsbezogenes Gestaltungsrecht bleibt die Ersetzung aus diesem Grund wirkungslos. Eine vorhergehende Befreiung war damit grundsätzlich möglich. In den allermeisten Fällen ist der Grund für die Ablehnung der aufschiebenden Bedingung daher allein in der Ungewissheit des Gestaltungsgegners zu suchen, der anderenfalls keine sichere Kenntnis dar­ über hätte, ob diese bereits eingetreten und welche Leistung nunmehr geschuldet und tilgungsgeeignet ist. Anderes gilt allerdings für eine Ersetzung unter einer auflösenden Bedingung. Bei dieser würde das mögliche Aufleben der Primärschuld den Schuldner tat­ sächlich dazu zwingen, beide Leistungen bereitzuhalten. Er wäre damit im Fall einer Gläubigerersetzungsbefugnis in doppelter Weise belastet. Ebenso unbillig wäre diese Form der Ersetzung aber auch für einen gestaltungsunterworfenen Gläubiger, schließlich müsste dieser jeder Zeit damit rechnen, dass die erhaltene Ersatzleistung wieder an den Schuldner zurückzugewähren ist. bb) Ausnahmen (1) Einverständnis des Gestaltungsgegners Abweichend von dem oben aufgestellten Grundsatz ist die Situation dann zu bewerten, wenn der Gestaltungsgegner sein Einverständnis mit der Bedingung erklärt hat. 231 In diesem Fall wird ihm die erneute Unsicherheitslage nicht durch den Gestaltungsberechtigten aufgezwungen, so dass auch die Privatautonomie die Zulässigkeit der Bedingung gebietet. 229

A. A.: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 38; Bosse, Ersetzungsbe­ fugnis, S. 63. 230 Armbrüster, in: Erman, § 158 BGB, Rn. 4; Medicus, BGB AT, Rn. 839; BGH, NJW 1953, 1099.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Es handelte es sich dabei auch nicht nur um den Antrag auf Abschluss ei­ nes Vertrages, sondern um eine echte Bedingung im Sinne des § 158 BGB. 232 Der Gestaltungsgegner kann sich schließlich bereits sehr früh der bedingten Ausübung unterwerfen. Wenn sich aber zwischen der wirksamen Vereinbarung über die Zulässigkeit einer Bedingung und der späteren einseitigen, bedingten Ersetzungserklärung eine zeitliche Zäsur feststellen lässt, liegen offensichtlich zwei eigenständige Rechtsakte vor, die nicht über eine Vertragskonstruktion zu erklären sind. (2) Die vom Gestaltungsgegner selbst zu beeinflussende Sach- und Rechtslage Die Ungewissheit des Gestaltungsgegners bildet das tragende Argument gegen eine bedingt ausgeübte Ersetzungsbefugnis. 233 Aus diesem Grund muss eben­ falls vom Dogma der Bedingungsfeindlichkeit abgesehen werden, wenn eine Verschlechterung der Situation des anderen Teils überhaupt nicht zu befürch­ ten ist. 234 Wenn also die Bedingung gar keine Unklarheit aus Sicht des Erset­ zungsgegners zur Folge hat, steht einer mit ihr verbundenen Ausübung kein ersichtliches Hindernis entgegen. 235 Konkret ist etwa an eine vom Gestaltungsgegner abhängende Potestativbe­ dingung zu denken, 236 die seine Interessen wie keine andere wahrt. Wird die Ausübung der Ersetzungsbefugnis mit dieser verknüpft, hängt der Bestand der Gestaltungswirkung allein vom Entschluss des Erklärungsempfängers ab. Die 231 Jauernig, in: Jauernig, § 158 BGB, Rn. 11; Rövekamp, in: Bamberger / Roth, § 158 BGB, Rn. 17; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 140; RGZ 91, 307 (309). 232 A. A.: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 66; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 127f. 233 Vgl. Bülow, JZ 1979, 430 (431); BGH, NJW 1986, 2245 (2246). Aber auch einige Vertreter der Literatur, die sich nicht explizit mit der Frage einer bedingten Ausübung auseinandersetzen, erkennen weithin zumindest die Rechtssicherheit des Gestaltungsgeg­ ners als bedeutsames Prinzip an. So z. B. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 16. 234 So etwa: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 39; Bosse, Ersetzungs­ befugnis, S. 64f.; Bülow, JZ 1979, 430 (431); Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 120; Jauernig, in: Jauernig, § 158 BGB, Rn. 11; Leverenz, JURA 1996, 1 (8); Rövekamp, in: Bamberger / Roth, § 158 BGB, Rn. 17; BGH, BB 1973, 819 (Kündigung); NJW 1986, 2245 (2246); NZM 2004, 66. Wohl gegen jegliche bedingt ausgeübte Ersetzungsbefug­ nis Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 44. Ebenso Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 27f., wobei eine solche undifferenzierte Aussage gerade bei diesem fragwürdig erscheint, führt doch auch er die Bedingungsfeind­ lichkeit auf die Ungewissheit des Schuldners zurück. 235 So auch Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 140. 236 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 64; Bülow, JZ 1979, 430 (431); Scholz, Gestaltungs­ rechte im Leistungsstörungsrecht, S. 141; BGH, NJW 1986, 2245 (2246) m.w. N.

II. Ausübung und Bindung

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Rechtslage ist für ihn daher gerade nicht zweifelhaft. 237 Dabei ist es auch uner­ heblich, ob es sich im Einzelfall um eine auflösende oder aufschiebende Potesta­ tivbedingung handelt. Wenn es allein in der Hand des Gestaltungsgegners liegt, den Bedingungseintritt herbeizuführen bzw. zu verhindern, bleibt ihm jedenfalls die Möglichkeit der endgültigen Tilgung durch die Ersatzleistung erhalten. Der Gestaltungsgegner erhält die Rechtsmacht, allein durch seine Willkür den Be­ dingungseintritt herbeizuführen. Ihm ist damit eine Stellung eingeräumt, die mit der des Ersetzungsbefugten weithin vergleichbar ist. Auch hierbei handelt es sich aber noch immer um einen Fall der einseitigen Rechtsgestaltung. Zwar ist die Ersetzung in dieser Konstellation letztlich vom Willen beider Parteien abhängig. Der Ersetzungsbefugte muss die Ersetzung erklären und der Gestaltungsgegner die Potestativbedingung herbeiführen. Un­ zutreffend wäre es aber, aus diesem Grund von einer konsensual ausgelösten Rechtsänderung zu sprechen. Die Willenserklärung zur Herbeiführung der Po­ testativbedingung ist nicht anders zu bewerten als jede andere Bedingung. Die Ersetzung ist damit auch hier allein dem Gestaltungsberechtigten zuzurechnen. Dieses Ergebnis gilt parallel für eine Bedingung, die nicht vom Willen, son­ dern von einer Handlung des Gestaltungsgegners abhängt. 238 Würde im zweiten Einführungsfall der Gastwirt G die Ersetzung unter der Bedingung ausüben, dass es dem Weinhändler W gelingt, wieder den gesamten Jahrgang eines bestimmten Weinguts aufzukaufen, stünden die oben erläuterten Bedenken der Zulässigkeit dieser Erklärung nicht entgegen. In diesem Kontext abzulehnen ist eine Ansicht, welche die Zulässigkeit der Potestativbedingung mit dem vermeintlichen Interesse des Gestaltungsgegners bestreitet. 239 Danach berücksichtige die unbedingte Ausübung – aufgrund der durch sie hervorgerufenen sofortigen Endgültigkeit der Rechtswirkung – die Position des Gestaltungsgegners stärker als eine an dessen Willen gebundene Ersetzungserklärung. Das ist nicht zutreffend. Zwar ist dem Gestaltungsgeg­ ner regelmäßig an einem feststehenden Inhalt der Schuld gelegen, noch besser ist für ihn jedoch die Möglichkeit, über deren Inhalt selbst zu entscheiden. Die in diesem Zusammenhang in der Literatur zu findende Unterstellung, es liege eine besondere Begünstigung der Unsicherheit vor, 240 verkennt, dass dem Gestaltungsgegner kein anderes Ereignis gewisser sein wird als seine eigene Willenserklärung oder Handlung.

237

Vgl. R. Steffen, Selbständige Gestaltungsrechte, S. 105. Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 39; Rövekamp, in: Bamber­ ger / Roth, § 158 BGB, Rn. 17; ablehnend: Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 122. 239 So aber Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 125f. 240 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 125f. 238

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Ebenso abzulehnen ist eine in der Literatur zu findende Einschränkung, nach der eine dem Gläubiger zustehenden Ersetzung nicht unter der aufschieben­ den Bedingung der Nichtleistung der Primärschuld innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erklärt werden könne. 241 Danach dürfe der Gastwirt G die Erset­ zungsbefugnis nicht unter der aufschiebenden Bedingung der Nichtlieferung des Rotweins bis zu einem bestimmten Termin erklären. Begründend wird dazu an­ geführt, dem Gläubiger sei grundsätzlich die Leistungsgefahr zugewiesen. Er müsse also im Fall des Untergangs regelmäßig seinen Primäranspruch einbüßen. Dabei sei vorrangig die Konstellation des beiderseits fehlenden Verschuldens problematisch, da der Gläubiger hier normalerweise weder Primär- noch Sekun­ däranspruch erhält. Wäre in diesem Fall eine Ausübung unter der oben genannten Bedingung statthaft, dann würde gerade der eigentlich leistungsbefreiende Ein­ tritt der Unmöglichkeit die Wirksamkeit der Ersetzung auslösen. Damit scheinen die Vertreter dieser Auffassung zu befürchten, dass dem Gläubiger im Ergebnis trotz des zufälligen Leistungsuntergangs ein Primärleistungsanspruch zusteht. Das sei aber im Zweifel nicht durch die Einräumung einer Ersetzungsbefugnis zu erreichen. Auch dieser Überlegung ist entgegenzutreten. Sie verkennt die Natur der Ersetzungsbefugnis. Als forderungsgebundenes Gestaltungsrecht ist diese zu jeder Zeit nur in Beziehung zu einem bestehenden Anspruch denkbar. Zwar ist im Rahmen der noch ausstehenden Untersuchung zur Auswirkungen der Unmöglichkeit vertieft darauf einzugehen, ob die Ersetzungsbefugnis auch einen unter Umständen bestehenden Sekundäranspruch erfasst, also ebenfalls zum Austausch der Schadensersatzforderung durch die Ersatzschuld berechtigt. Dafür müsste jedoch überhaupt eine Forderung bestehen. Wenn aber der Primär­ leistungsgegenstand ohne Verschulden untergegangen ist, lässt § 275 BGB die Primärpflicht ersatzlos erlöschen. Tritt daraufhin die Bedingung der Nichtleis­ tung ein, besteht überhaupt kein zu ersetzendes Objekt mehr. Die Gestaltungser­ klärung bleibt daher wirkungslos. 242 Die vermeintliche Gefahr einer Umgehung des Unmöglichkeitsrechts ist also gar nicht vorhanden. Eine in dieser Weise formulierte Bedingung muss zulässig sein. (3) Die bereits eingetretene Bedingung und die Rechtsbedingung Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit ist die Ersetzungserklärung unter einer bereits verwirklichten Bedingung (conditio in praesens vel in praeteritum collata ) 243. 244 Hierbei handelt es sich, im Gegensatz zur echten Bedingung im Sinne des § 158 BGB, um ein schon eingetretenes 241

Vgl. dazu Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 122f. Im Ergebnis wie hier: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 40f.; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 64f. Vgl. auch Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläu­ bigers, S. 26. 243 Armbrüster, in: Erman, § 158 BGB, Rn. 6. 242

II. Ausübung und Bindung

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Ereignis, über dessen Bestehen nur subjektive Unsicherheit herrscht. 245 Es ist allerdings erforderlich, dass zumindest dem Gestaltungsgegner der Eintritt der Bedingung zur Kenntnis gelangte. 246 Bei diesem darf es also gerade nicht am Wissen um die tatsächliche Rechtslage fehlen. Gleichfalls bestehen auch gegen die Verbindung mit einer schlichten Rechtsbe­ dingung, also die Erklärung eines Gestaltungsrechts unter einer Voraussetzung, an die die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts ohnehin durch Gesetz geknüpft ist, 247 kein Bedenken. 248 b) Zulässigkeit der befristeten Ausübung Neben der Verbindung der Ersetzungserklärung mit einer Bedingung ist zu­ mindest theoretisch auch die befristete Ausübung denkbar. Hierbei ist insbeson­ dere die Verweisung des § 163 BGB von Bedeutung, nach dem die Bedingungs­ regelungen entsprechende Anwendung finden sollen. Zu weitgehend erscheint es jedoch, die Befristung bei bedingungsfeindlichen Rechtsgeschäften per se abzu­ lehnen. 249 Gerade die nur entsprechende Regelungsübertragung verlangt es, die Besonderheiten der Befristung zu berücksichtigen. Wie bereits erörtert, 250 ist es die für Bedingungen charakteristische Ungewissheit, aufgrund derer die Aus­ übung von Gestaltungsrechten für bedingungsfeindlich gehalten wird. Ist diese Unsicherheit aber nicht vorhanden, so muss die Ausübung unter einer Bedin­ gung zugelassen werden. Befristungen sind aber bereits nach ihrer Definition an den Eintritt eines sicheren, oder zumindest sicher geglaubten, 251 Ereignisses gebunden, bei dem allein der Zeitpunkt noch Ungewissheit bergen kann. 252 Steht sogar dieser fest, so erscheint es nicht überzeugend, wenn ein Teil der Literatur 244

Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 39; Gernsheim, Ersetzungsbefug­ nis, S. 121. 245 Medicus, BGB AT, Rn. 829. 246 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 39. 247 Jauernig, in: Jauernig, § 158 BGB, Rn. 6; Leverenz, JURA 1996, 1 (8). 248 So auch: Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 120. Allgemein für Gestaltungsrechte: Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 141; R. Steffen, Selbständige Ge­ staltungsrechte, S. 104f. 249 So aber Westermann, in: MüKo, § 163 BGB, Rn. 5. Vgl dazu auch: Bosse, Erset­ zungsbefugnis, S. 66f.; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 130 (bei einer der Bedingung rechtlich gleichstehenden Befristung). Für eine differenzierte Beantwortung hingegen: Leverenz, JURA 1996, 1 (8); Medicus, BGB AT, Rn. 846ff. 250 Vgl. hierzu C.II.4.a)aa). 251 Armgardt, in: jurisPK, § 163 BGB, Rn. 5; KG MDR 1998, 459; Hromadka, NJW 1994, 911f. 252 Armbrüster, in: Erman, § 163 BGB, Rn. 1; Rövekamp, in: Bamberger / Roth, § 163 BGB, Rn. 4.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

jegliche Befristung der Ersetzungserklärung, mit Hinweis auf die daraus ver­ meintlich resultierende Unsicherheit des Gestaltungsgegners, ablehnt. 253 Erklärt der Gestaltungsberechtigte etwa am Montag, er ersetze die Primärschuld zum Mittwoch, so wird die Gewissheit des anderen Teils sogar erhöht. Bis dahin musste er nämlich mit der jederzeitigen Ersetzung rechnen und konnte sich ge­ rade nicht auf einen konkreten Termin einstellen. Außerdem ist auch die Tilgung weiterhin jederzeit möglich, denn die hinausgeschobene Ersetzungswirkung tritt nur dann ein, wenn der zu ersetzende Anspruch zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch besteht. 254 Anderes gilt dagegen für Befristungen mit unsicheren Terminen. Bei diesen ist zwar der grundsätzliche Ereigniseintritt sicher. Der genaue Zeitpunkt steht jedoch noch nicht fest. 255 Für die Frage der Zulässigkeit ist es aber vollkom­ men unerheblich, weshalb dem Gestaltungsgegner die Klarheit in Bezug auf die Gestaltungswirkung fehlt. Wenn der Zeitpunkt der Befristung für den Gestal­ tungsgegner ungewiss ist, so bleibt für ihn die Rechtslage ebenso zweifelhaft, wie bei einem unsicheren Eintritt der Bedingung. Hieraus ergibt sich bei kon­ sequenter Anwendung der zuvor herausgearbeiteten Differenzierungskriterien, dass die Ersetzung auch nicht mit einer solchen Befristung erklärt werden kann. Wie im Fall der Bedingung ist aber auch für die Befristung eine von diesem Grundsatz abweichende Vereinbarung möglich. Aus Wertungsgesichtspunkten ebenso abzulehnen ist die Ersetzungserklärung mit einem Endtermin, der die Wirkung hat, dass ab diesem Zeitpunkt wieder der Primärgegenstand geschuldet ist. Der gestaltungsunterworfene Schuldner müsste beide Leistungen bereithalten; der gestaltungsunterworfene Gläubiger könnte die erhaltene Ersatzleistung dagegen nicht dauerhaft behalten. c) Betagte Forderung Ergänzend ist auf die erforderliche Abgrenzung von befristeter und betagter Forderung hinzuweisen. Während eine Befristung der Erklärung ihre sofortige Wirksamkeit nehmen würde, führt die Betagung zum bloßen Ausschluss der sofortigen Fälligkeit des § 271 Abs. 1 Alt. 1 BGB. 256 Auf die diesen Unterschied missachtende und damit zwangsläufig zur generellen Zulässigkeit der Befristung gelangende Literatur 257 soll an dieser Stelle nicht vertieft eingegangen werden. 253 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 66; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 28f. Wie hier Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 141. 254 Nicht beachtet bei Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 28. 255 Vgl. dazu Westermann, in: MüKo, § 163 BGB, Rn. 1. 256 Armbrüster, in: Erman, § 163 BGB, Rn. 4; Armgardt, in: jurisPK, § 163 BGB, Rn. 7; Rövekamp, in: Bamberger / Roth, § 163 BGB, Rn. 7.

II. Ausübung und Bindung

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5. Ausübung und beschränkte Geschäftsfähigkeit a) Grundsatz der Zustimmungsbedürftigkeit Ebenso wie die Willenserklärung zur Begründung einer Ersetzungsbefugnis, wirft auch die Ausübungserklärung Fragen im Bereich des Minderjährigenschut­ zes auf. Diese darzustellen und zu beantworten, bildet die Aufgabe des folgenden Abschnitts. Dabei ist eine gesonderte Untersuchung der Konstellation, in der die Befugnis nicht dem beschränkt Geschäftsfähigen, sondern dem anderen Teil zusteht, im Gegensatz zur Begründung nicht erforderlich. Bei dieser fand die Unterwerfung des Gestaltungsgegners bereits im Moment der Einräumung statt. Die §§ 104ff. BGB mussten daher schon dort ihre Schutzwirkung entfalten. Für eine erneute Überprüfung besteht keine Notwendigkeit. Ist der beschränkt Geschäftsfähige selbst Inhaber des Gestaltungsrechts, so bringt dessen Ausübung unter Umständen eigenständige Gefahren für seine Rechtsposition mit sich. Auch hier bildet § 107 BGB die zentrale Norm, die die Belastung eines beschränkt Geschäftsfähigen, durch für ihn rechtlich nach­ teilhafte Rechtsgeschäfte, ohne Willensbetätigung seines gesetzlichen Vertreters ausschließt. Maßgeblich ist damit im Grundsatz ebenfalls die Zuordnung der Ge­ schäfte zu den Kategorien rechtlich nachteilhaft, vorteilhaft oder neutral. Diese Aussage gilt, wegen des hier vertretenen einheitlichen Verständnisses des Erset­ zungsrechts, gleichfalls für Gläubiger- und Schuldnerbefugnis. Ist der in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkte Gestaltungsberechtigte Gläubiger einer Forde­ rung, so führt die Ausübung des Gestaltungsrechts nicht allein zur Wirksamkeit der Ersatzschuld, sondern lässt zugleich seine Berechtigung im Hinblick auf die Primärleistung untergehen. Der Verlust dieses Rechts vermindert seine Stellung, was als rechtlicher Nachteil im Sinne des § 107 BGB zu qualifizieren ist. Zwar erhält er dafür den Ersatzanspruch und damit auch einen rechtlichen Vorteil. Aufgrund der Doppelwirkung der Ersetzungsbefugnis kann ihre Ausübung je­ doch regelmäßig nicht als lediglich rechtlich vorteilhaft eingestuft werden. Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ist somit nach § 107 BGB Wirksam­ keitsvoraussetzung der Ausübung. Befindet sich der mit einer Ersetzungsbefugnis ausgestattete und in seiner Ge­ schäftsfähigkeit beschränkte Minderjährige dagegen in der Position des Schuld­ ners, so lässt die Gestaltungserklärung die gegen ihn gerichtete Forderung in Bezug auf die Primärleistung untergehen. Sie besitzt daher eine für ihn vorteil­ 257 Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 40. Inkonsequent ist insoweit auch die Ausführung von Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 129, der die befristete Erset­ zungserklärung aufgrund von § 271 BGB zunächst anerkennt, dann aber die Befristung im Sinne des § 163 BGB abgrenzt und vollständig ausschließt. Dagegen zutreffend diffe­ renziert bei: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 67; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 29.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

hafte schuldbefreiende Wirkung. Andererseits wird zugleich die Berechtigung hinsichtlich der Ersatzleistung zum Gegenstand des Schuldverhältnisses erhoben, so dass auch hier rechtlicher Vor- und Nachteil miteinander korrelieren. Es lässt sich damit verallgemeinernd festhalten, dass die Ausübung der Ersetzungsbe­ fugnis eines beschränkt Geschäftsfähigen mangels lediglich rechtlichen Vorteils nach §§ 107, 111 BGB prinzipiell der Einwilligung bedarf. b) Ausnahmen Zu klären ist an dieser Stelle, inwieweit die oben getroffene Feststellung zu­ gunsten einzelner Abweichungen einzuschränken ist und damit auch hier 258 die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters teilweise entbehrlich sein kann. 259 Im Vergleich zur Begründung einer Ersetzungsbefugnis des anderen Teils muss dabei die besondere Wirkung der Gestaltungsrechtsausübung beachtet werden. Nicht nur die untergegangene Primärforderung im Fall der Gläubigerstellung des beschränkt Geschäftsfähigen ist als eine für ihn vorteilhafte rechtliche Stellung zu qualifizieren, sondern auch das Innehaben des Gestaltungsrechts selbst stellt einen Teil seiner Rechtsmacht dar. Wie dargelegt, geht die Ersetzungsbefugnis mit ihrer Ausübung unter. Der vormals Gestaltungsberechtigte verliert mit ihr die Möglichkeit, sich zwischen Ausübung und Nichtausübung und damit zwischen der Relevanz von Primär- oder Ersatzleistung zu entscheiden. Bereits der Verlust des Gestaltungsrechts scheint daher einen rechtlichen Nachteil zu begründen. 260 Dieser Nachteil wäre auch nicht im Fall der Schuldnerbefugnis über das Be­ wirken der Ersatzschuld mit Mitteln im Sinne des § 110 BGB zu kompensieren, schließlich könnte die Anwendung dieser Norm nur den, aus der entstehenden Schuld resultierenden, Einwilligungsbedarf obsolet werden lassen. Der mit dem Untergang des Gestaltungsrechts verbundene Nachteil wäre dagegen auf diesem Weg nicht auszugleichen. Trotzdem ist die Einwilligung zur Ausübung der Ersetzungsbefugnis aber immer dann entbehrlich, sofern der Austausch selbst als lediglich rechtlich vor­ teilhaft zu bewerten ist. Das ist etwa der Fall, wenn die Befugnis eine Substi­ tution durch eine qualitativ gleichwertige, aber rechtlich weniger nachteilhafte Position oder das ersetzungsbedingte Aufleben einer Position unter dem aus­ schließlichen Verlust des rechtlichen Minus herbeiführt. Ausschlaggebend ist für diese Annahme erneut der Vergleich mit der Vertragsschlusskonstellation. Wird etwa einem beschränkt geschäftsfähigen Schuldner vom Gläubiger der Er­ 258 Parallele Gedanken zu den Ausführungen im Rahmen der Begründung einer Er­ setzungsbefugnis. 259 Diese grundsätzliche Überlegung übersieht Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 30f., und gelangt deshalb bereits an dieser Stelle zum zwingenden Einwilligungserfordernis. 260 So etwa Dörner, in: Hk-BGB, § 107 BGB, Rn. 7.

II. Ausübung und Bindung

133

lass seiner Schulden oder aber in einem anderen Fall eine Schenkung zu seinen Gunsten angetragen, so ist auch die lediglich rechtlich vorteilhafte 261 Annah­ meerklärung mit dem Verlust des Entscheidungsrechts verbunden. Wenn aber der Erhalt eines Angebots und die damit verbundene Annahmemöglichkeit als rechtliche Vorteile in Sinne des § 107 BGB einzustufen sind, so müsste nach dem argumentum e contrario 262 eigentlich bereits der Verlust dieser Position als einwilligungsbedürftiger, rechtlicher Nachteil zu bewerten sein. 263 Dennoch scheitert der Abschluss des lediglich vorteilhaften Vertrages nicht an der feh­ lenden Erklärung des gesetzlichen Vertreters. Der Grund hierfür ist zum einen in der kompensatorischen Wirkung der lediglich vorteilhaften Vertragsposition, die der beschränkt Geschäftsfähige durch die Annahme erhält, zu suchen. Einen vorteilhaften Vertrag geschlossen zu haben ist rechtlich besser als ihn schlie­ ßen zu können. Zum anderen ist hier erneut auf die bereits im Rahmen der Diskussion um die Entscheidung des Ersetzungsbefugten zugunsten der Pri­ märschuld getroffenen Ausführungen zur Frage der Nutzung bzw. Nichtnutzung eines Rechts hinzuweisen. Zwar entsteht die Entscheidungsmöglichkeit zwischen den zwei Zuständen tatsächlich erst infolge des wirksamen Angebotes oder Ge­ staltungsrechts. 264 Erweitert wird der Rechtskreis allerdings nur in Hinblick auf die Verwendung dieser Position. Wird demnach das Gestaltungsrecht ausgeübt, oder aber das Angebot angenommen, so lebt der rechtliche Vorteil in der nun ver­ änderten Rechtslage fort. 265 Anderes gilt daher bei der Ablehnung des Angebots oder dem Verzicht auf das Gestaltungsrecht. Diese würden die Möglichkeit zur angelegten Rechtsveränderung gerade vernichten. Wenn also nicht nur das Ange­ bot per se, sondern auch die Wirkung der Vereinbarung als rechtlich vorteilhaft zu bewerten ist, bedarf es keiner Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Gleiches muss dann aber auch für eine Ersetzungsbefugnis gelten. Kann also z. B., in einem zugestandenermaßen eher theoretischen Fall, ein beschränkt Ge­ schäftsfähiger, der bereits zur Überlassung eines Gegenstandes für ein Jahr ver­ 261 Für den Erlass zugunsten des Minderjährigen: Knothe, in: Staudinger, § 107 BGB, Rn. 19; Schmitt, in: MüKo, § 107 BGB, Rn. 47; Wendtland, in: Bamberger / Roth, § 107 BGB, Rn. 11. Grundsätzlich für den Fall einer Schenkung an den Minderjähri­ gen: Jauernig, in: Jauernig, § 107 BGB, Rn. 5; Knothe, in: Staudinger, § 107 BGB, Rn. 9; Schmitt, in: MüKo, § 107 BGB, Rn. 47; Wendtland, in: Bamberger / Roth, § 107 BGB, Rn. 11; BGHZ 15, 168 (170). 262 Zu den einzelnen Voraussetzungen diese Arguments Larenz, Methodenlehre, S. 390f. 263 Ausdrücklich für die Nachteilhaftigkeit des Verlustes der Rechtsposition durch Ablehnung des Antrages Schmitt, in: MüKo, § 107 BGB, Rn. 48 m.w. N. 264 Zur Frage, ob die wirksame Offerte als Gestaltungsrecht zu qualifizieren ist, ist auch an dieser Stelle keine Positionierung erforderlich. 265 Zu diesem Grundsatz müssen auch J. Lange, in: jurisPK, § 107 BGB, Rn. 16; Palm, in: Erman, § 107 BGB, Rn. 4; Wendtland, in: Bamberger / Roth, § 107 BGB, Rn. 5 gelan­ gen, schließlich fragen diese allein nach der rechtlichen Vorteilhaftigkeit des Gestaltungs­ ergebnisses, ohne dabei die Position des Gestaltungsrechts selbst zu beachten.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

pflichtet ist, diese Leistungspflicht durch eine solche zur Überlassung für nur einen Monat ersetzen, so muss die Gestaltungserklärung auch ohne Einwilli­ gung des gesetzlichen Vertreters wirksam sein. Gleiches gilt etwa, wenn dem beschränkt geschäftsfähigen Gläubiger eines Anspruchs auf Überlassung einer Sache für einen Monat die Ersetzung durch das Recht auf Überlassung für ein Jahr möglich ist. c) Einwilligungsbedürftigkeit der Ausübungserklärung im Fall gesetzlicher Stellvertretung bei Begründung der Ersetzungsbefugnis Hat der gesetzliche Vertreter an der Begründung einer Ersetzungsbefugnis des beschränkt Geschäftsfähigen mitgewirkt, stellt sich die Frage, inwieweit seine Willenserklärung im Hinblick auf die spätere Ausübung überhaupt noch erfor­ derlich ist. Alternativ erscheint es denkbar, die Willensbetätigung bei dem Akt der Begründung eines Rechts zugleich als zustimmende Willensäußerung hin­ sichtlich dessen späterer Verwendung zu verstehen. So gilt es zu überlegen, ob der gesetzliche Vertreter, aufgrund der ratio der Schutzvorschriften, überhaupt noch zur Entscheidung über die Nutzung eines Gestaltungsrechts berufen ist, wenn er zuvor selbst am Einräumungsakt mitgewirkt und den beschränkt Geschäftsfä­ higen damit bewusst in die Stellung eines Gestaltungsberechtigten versetzt hat. Derartige Erwägungen sind zumindest im Rahmen von genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäften in Lehre und Rechtsprechung nicht unbekannt. So kann bei­ spielsweise die gemäß §§ 107, 108 BGB erteilte Zustimmung nach ganz überwie­ gender Auffassung in begrenztem Maß auch Folgegeschäfte legitimieren, wenn diese eine notwendige Fortsetzung des Hauptgeschäftes bilden. 266 Wenn aber schon dem Verhelfen zur Wirksamkeit einer Willenserklärung des Minderjäh­ rigen durch Zustimmung oder Genehmigung derartige Folgewirkungen beige­ messen werden, dann könnte dieses doch erst recht gelten, wenn sogar eine in Vertretung abgegebene eigene Willenserklärung des Vertreters vorhanden ist. Als Argument für die aus der Einwilligung resultierende Doppelwirkung wird für die oben genannte Konstellation angeführt, dass sich der gesetzliche Vertre­ ter, der nun gegen das Folgegeschäft votieren würde, in Widerspruch zu seiner vorhergehenden Willensäußerung begäbe. 267 Ob sich diese Überlegung ohne 266 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 29 (für den speziellen Fall der alternativen Tilgung); Jauernig, in: Jauernig, § 107 BGB, Rn. 7; Dörner, in: Hk-BGB, § 107 BGB, Rn. 11; J. Lange, in: jurisPK, § 107 BGB, Rn. 35. Medicus, BGB AT, Rn. 577, differen­ ziert danach, ob das Folgegeschäft wesentliche Pflichten mit sich bringt. Das ist bei der Ersetzungsbefugnis wohl anzunehmen. Weitere: Rohde, VersR 1960, 295 (296); BGH, NJW 1977, 622f. Kritisch hierzu BGH, NJW 1967, 1800 (1802). Nicht notwendig ist etwa das Anmieten eines Fahrzeugs nach Erwerb des Führerscheins. Vgl. dazu BGH, NJW 1973, 1790f.

II. Ausübung und Bindung

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weiteres auch auf die Ersetzungsbefugnis übertragen lässt, erscheint zweifelhaft. Die Begründung erinnert jedenfalls sehr stark an Überlegungen zur Rechtsver­ wirkung aus Treu und Glauben. Im Fall des § 107 BGB handelt es sich aber um eine Schutzvorschrift zugunsten einer dritten und zudem minderjährigen Person, die nur in Ausnahmefällen und mit Willen ihres gesetzlichen Vertre­ ters rechtlich nachteilige Geschäfte abschließen soll. Ausnahmecharakter und Schutzzweck wären aber in Frage gestellt, bestünde für den gesetzlichen Vertre­ ter die Möglichkeit, durch zum Teil unbedachte Handlungen, Schutzvorschriften zu Lasten des Minderjährigen für die Zukunft zu verwirken. Erkennt der ge­ setzliche Vertreter, dass das Folgegeschäft mit erneuten rechtlichen Nachteilen verbunden ist, so muss er die Möglichkeit besitzen, zur umfänglichen Verwirk­ lichung des Minderjährigenschutzes, seine Zustimmung zu versagen. Eine auf die Widersprüchlichkeit seiner Äußerungen gestützte Argumentation erscheint deshalb nicht überzeugend. Der gesetzliche Vertreter muss sich mithin auch widersprüchlich verhalten dürfen, solange das der Verwirklichung des Schutz­ gedankens der §§ 107ff. BGB dient. Für den Fall der Ersetzungsbefugnis ist das jedoch letztlich nicht entschei­ dend, schließlich wird die Ausübung zu keinem Zeitpunkt für die Anspruchs­ realisierung erforderlich. Damit ist die Ausnutzung der Befugnis, unabhängig vom Ergebnis der obigen Erörterung, niemals notwendige Fortsetzung ihres In­ nehabens. Nach beiden Verständnisvarianten ist daher, unabhängig von einer etwaigen Zustimmung zum Begründungsakt, eine Einwilligung in die Ersetzung zu fordern. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch der sich aufdrängende Vergleich mit der, durch den Umkehrschluss zu § 1365 Abs. 1 S. 2 BGB geregelten, Konstella­ tion. Dieser verlangt eine Einwilligung des Ehepartners in das Vollzugsgeschäft bei einer beabsichtigten Verfügung über das Vermögen als Ganzes nur dann, wenn nicht bereits seine Zustimmung zum Verpflichtungsgeschäft vorliegt. 268 Abstrakter Grund für diese Entbehrlichkeit ist die Tatsache, dass es nicht Ziel des § 1365 Abs. 1 BGB sein kann, dem rechtmäßigen Erwerber einer Forde­ rung die Realisierbarkeit dieses Anspruchs zu nehmen, wenn der schutzwürdige Ehegatte am Verpflichtungsgeschäft selbst mitgewirkt hat. 269 Dieser Gedanke der bereits erfolgten Mitwirkung ließe sich aber möglicherweise auch dann anführen, wenn nicht nur Einwilligung, sondern sogar Stellvertretung gegeben ist. Auch der Vertreter kann sich ebenso autonom für oder gegen die Abgabe einer Willenser­ klärung entscheiden. Entsprechend § 1365 Abs. 1 S. 2 BGB ist die Einwilligung in das Verfügungsgeschäft immer dann entbehrlich, wenn der Ehepartner bereits die Möglichkeit hatte, sich in Bezug auf den eventuell folgenden Vermögensver­ 267 268 269

Vgl. J. Lange, in: jurisPK, § 107 BGB, Rn. 35. Koch, in: MüKo, § 1365 BGB, Rn. 37. Koch, in: MüKo, § 1365 BGB, Rn. 37.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

lust des Ehepartners zu positionieren und seine Zustimmung bereits im Rahmen des Verpflichtungsgeschäfts zu versagen. Hat er aber die Wirksamkeit des Ver­ pflichtungsgeschäftes ermöglicht, so ist er tatsächlich nicht weiter schutzwürdig. Übertragen auf die Situation des Ersetzungsbefugten könnte das bedeuten, dass der Vertreter bereits seinen Willen zu dem mit der Ersetzung verbunden Nachteil des beschränkt Geschäftsfähigen durch die zuvor abgegebene Erklärung im Hin­ blick auf die Begründung des Gestaltungsrechts geäußert hat, oder aber hätte äußern können. Insoweit ließe sich also prinzipiell an eine Übertragung der Regel denken. Im Vergleich zur Situation des in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkten Min­ derjährigen treten jedoch einige entscheidende Faktoren hinzu, die eine andere Wertung gebieten. Zum einen handelt es sich bei § 1365 Abs. 1 S. 2 BGB, im Unterschied zu § 107 BGB, nicht um ein verfügendes Rechtsgeschäft bezüglich des Vermögens der schutzbedürftigen Person. Vielmehr bilden die Erhaltung der familiären, wirtschaftlichen Grundlage und die Sicherung einer späteren Zuge­ winnausgleichsforderung den Zweck der Regelung. 270 Im Rahmen des Minder­ jährigenschutzes soll dagegen dessen eigenes Vermögen erhalten werden. Dar­ über hinaus ist die im Sinne des § 1365 Abs. 1 S. 2 BGB für eine Einwilligung in Frage kommende Person zumeist 271 volljährig, so dass es ihr zugemutet werden kann, die Folgen einer Verpflichtung zu überschauen. Im Fall des § 107 BGB ist dagegen nur beim gesetzlichen Vertreter das Kriterium der Volljährigkeit gegeben, nicht jedoch bei der zu schützenden Person. Folglich kann bei dieser niemals von „fehlender Schutzbedürftigkeit“ gesprochen werden. Zum ande­ ren ist es bei § 1365 Abs. 1 S. 2 BGB der schutzbedürftige Ehepartner selbst und kein ihn bloß vertretender Dritter, der die für eine mögliche Folgewirkung relevante Willenserklärung hinsichtlich des Verpflichtungsgeschäfts abgegeben hat. Zudem differenziert auch der Wortlaut von § 107 BGB, im Gegensatz zu dem innerhalb derselben Regelungsmaterie angesiedelten § 181 BGB, nicht zwi­ schen Verpflichtungs- und etwaigen späteren Verfügungsgeschäften. 272 Für beide Rechtsgeschäftsarten besteht daher im Fall ihrer rechtlichen Nachteilhaftigkeit ein eigenes Einwilligungsbedürfnis. 273 Es spricht also viel dafür, dass auch Fol­ gegeschäfte vom Schutzzweck der Norm erfasst sind. Letztlich argumentativ schlagend ist aber die Tatsache, dass der Vermögensverlust bei einer wirksamen 270 Gamillscheg, in: Erman, § 1365 BGB, Rn. 1; Gernhuber / Coester-Waltjen, Fa­ milienrecht, § 35, Rn. 4; Kemper, in: Hk-BGB, § 1365 BGB, Rn. 1; Koch, in: MüKo, § 1365 BGB, Rn. 1f.; Lipp, Familienrecht, Rn. 173; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 1365 BGB, Rn. 1; Rauscher, Familienrecht, Rn. 383f.; Roth, in: jurisPK, § 1365 BGB, Rn. 16; BGH, NJW 1980, 2350; 1987, 2673; 1996, 1740. 271 Abweichungen hiervon sind zwar gemäß § 1303 Abs. 2 BGB möglich, jedoch nicht ausschlaggebend für die ratio des § 1365 Abs. 1 BGB. 272 Zur teleologischen Reduktion des § 181 BGB bei nicht lediglich rechtlich vorteil­ haften Erfüllungsgeschäften vgl. Feller, DNotZ 1989, 66ff. 273 Vgl. Knothe, in: Staudinger, § 107 BGB, Rn. 22ff.

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht

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Verpflichtung durch die Begründung der Forderung bereits unmittelbar eingetre­ ten ist. Ein durch den Ehegatten im Rahmen des Verfügungsgeschäfts erklärter, abweichender Wille wäre daher überhaupt nicht mehr in der Lage, die Vermö­ gensmasse als solche effektiv zu schützen. 274 In der Situation des beschränkt geschäftsfähigen Ersetzungsbefugten würde der Nachteil dagegen erstmalig mit der Gestaltung eintreten. Ein erneut vorgeschalteter Schutz durch das Erfor­ dernis der Einwilligungsbedürftigkeit würde also tatsächlich dem Schutz des Minderjährigen zuträglich sein. Die Gesamtschau dieser Erwägungen verdeutlicht, dass ein Verzicht auf die erneute Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nicht auf die vorhergehende Willensbetätigung bei der Begründung des Gestaltungsrechts gestützt werden kann. Die Annahme einer antizipierten Einwilligung scheidet daher aus.

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht Nachdem sich die zurückliegenden Abschnitte der Rechtsnatur der Erset­ zungsbefugnis gewidmet und diese hinsichtlich ihrer Entstehung, Übertragung und Ausübung untersucht haben, sollen im Weiteren die möglichen Erlöschens­ gründe betrachtet werden. Die soeben dargestellte Ausübung des Ersetzungs­ rechts erweist sich dabei in der – innerhalb dieser Arbeit vorgenommenen – Ka­ tegorisierung als janusköpfig. Zusätzlich zu der bezweckten Gestaltungswirkung führt sie nämlich auch den Untergang der Befugnis herbei. Neben diesem eher beiläufigen Erlöschen ist eine Vielzahl von Situationen denkbar, in denen die Aufhebung des Gestaltungsrechts aber gerade die finale Handlungsrichtung der Parteien darstellt. So wird es dem Gestaltungsgegner oftmals daran gelegen sein, seine durch Vertrag oder Gesetz begründete Un­ terwerfungslage schnellstmöglich zu beenden und dadurch auf eine Ebene der Gleichberechtigung zurückzukehren. Aber auch bei dem Inhaber der Ersetzungs­ befugnis kann aus einer Vielzahl von Gründen, seien sie monetärer oder affek­ tiver Natur, ein Interesse daran bestehen, seine Gestaltungsberechtigung aufzu­ geben. Ziel des folgenden Abschnittes ist es daher, die wesentlichsten Ursachen für eine Vernichtung der Ersetzungsbefugnis darzustellen. Der Schwerpunkt ist dabei auf die Frage nach einer einseitigen Verzichtbarkeit zu legen. Nicht gesondert soll dagegen auf das bereits erwähnte Erlöschen der Be­ fugnis durch Untergang der zugrunde liegenden Forderung eingegangen werden. Wie erörtert ist die Ersetzungsbefugnis als akzessorisches Gestaltungsrecht nicht ohne den jeweils zu ersetzenden Primäranspruch denkbar. Bereits dessen, durch Tilgung oder auf andere Weise herbeizuführender, 275 Verlust zieht somit den 274

Rauscher, Familienrecht, Rn. 383.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

reflexartigen Untergang des Ersetzungsrechts nach sich. Die Untersuchung wird sich aus diesem Grund ausschließlich auf die zielgerichtete, alleinige Aufhebung der Befugnis beschränken. 1. Vertrag Die Vertragsfreiheit erlaubt es den Parteien, die zwischen ihnen bestehende Rechtsbeziehung, in den Grenzen der normativen Verbote, durch Vereinbarungen frei zu gestalten. Dabei sind grundsätzlich alle Teile dieses Verhältnisses einer Veränderung zugänglich. 276 Ein solches, die Rechtsbeziehung zwischen ihnen prägendes, Element ist auch die Ersetzungsbefugnis. Beabsichtigen die Parteien, namentlich Ersetzungsbefugter und Gestaltungsgegner, dieses zu ändern und damit die Unterwerfung des Gestaltungsrechtsgegners aufzuheben, so lässt sich das mittels vertraglicher Vereinbarung problemlos erreichen. Das hierzu erforderliche Mittel ist kein Erlassvertrag, denn dieser ist nach dem Wortlaut von § 397 Abs. 1 BGB allein für Forderungen möglich, 277 sondern ein Änderungsvertrag. 278 Zu änderndes Objekt ist das Schuldverhältnis in sei­ ner Gesamtheit, dem die Ersetzungsbefugnis entnommen wird. Wie bei einem Aufhebungsvertrag, der sich auf das Schuldverhältnis richtet, basiert in diesem Fall auch die Aufhebung der Ersetzungsbefugnis auf dem Konsens der Parteien. Maßgeblich ist daher § 311 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Regelungen des jeweiligen Ausgangsvertrages. Wurde demnach das Gestaltungsrecht durch ei­ nen formlosen Vertrag begründet, dann ist ein solcher nach dem, ebenso aus der Privatautonomie folgenden, 279 actus-contrarius-Prinzip gleichfalls geeignet, um den Untergang dieser Rechtsposition herbeizuführen. 280 Die Aufhebung ei­ ner Ersetzungsbefugnis fällt auch gegenständlich in den Anwendungsbereich des Änderungsvertrages. Der § 311 Abs. 1 BGB bezieht sich schließlich nicht allein auf die Schuld im engeren, sondern das gesamte Schuldverhältnis im weiteren Sinne samt aller seiner Bestandteile. 281 275

Zur Aufrechnung mit der Primärforderung Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 96f.; zum Untergang durch Erlass derselben Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 163; zur Konfusion Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 167. 276 Vgl. dazu oben Fn. 139. 277 Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 397 BGB, Rn. 7; Rüßmann, in: jurisPK, § 397 BGB, Rn. 6; Schlüter, in: MüKo, § 397 BGB, Rn. 1; Schulze, in: Hk-BGB, § 397 BGB, Rn. 1f.; Problemlos kann allerdings die zugrunde liegende Primärforderung nach § 397 Abs. 1 BGB erlassen werden, so dass die Ersetzungsbefugnis aufgrund ihrer Akzessorietät unterginge. 278 Ähnlich für ein Gestaltungsrecht aus einer vertraglichen Anpassungsklausel Lettl, JuS 2001, 660 (662). 279 Vgl. hierzu K. Berger, Aufrechnungsvertrag, S. 171. 280 Im Ergebnis ebenso Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 179.

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht

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Folgt die Ersetzungsbefugnis dagegen aus einer gesetzlichen Anordnung, dann versagt der Hinweis auf den actus contrarius zunächst. Auch hier hilft aber ein Vergleich mit der vertraglichen Herbeiführung weiter. Wenn nämlich dieselbe Rechtslage problemlos durch eine vertragliche Vereinbarung begründet werden kann, so sind die Rechtspositionen, abgesehen von ihrer Entstehung, identisch. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Differenzierung zwischen gesetzlicher und vertraglicher Rechtsfolge vielfach rein formaler Natur ist. Das wird besonders an den im BGB getroffenen Regelungen zu den Typenverträgen deutlich. Erst die Auslegung der Parteivereinbarung kann etwa ergeben, dass die Absicht zum Ab­ schluss eines Kaufvertrags vorlag. Steht dieser Befund fest, so ordnet das Gesetz vorbehaltlich individueller Abweichungen die typischerweise mit diesem Ver­ trag bezweckten Rechtsfolgen gesetzlich an, ohne dass es ihrer ausdrücklichen Aufnahme in die Abrede bedurfte. Alle diese Anordnungen der §§ 433ff. BGB wären aber auch explizit zu vereinbaren gewesen. Das verdeutlicht, dass allein die begriffliche Unterscheidung zwischen vertraglicher und gesetzlicher Begrün­ dung der vertraglichen Aufhebung nicht entgegenstehen kann. Darüber hinaus gilt auch bei einer gesetzlich begründeten Ersetzungsbefugnis der Grundsatz, dass es sich dabei im Zweifel um eine dispositive Rechtsfolge handelt. 282 Bereits ihre Entstehung wäre also durch Parteivereinbarung zu verhindern gewesen. Dasselbe Ergebnis muss dann aber auch durch einen späteren Vertrag zu erzielen sein. Auch die durch Gesetz begründete Ersetzungsbefugnis ist daher, parallel zur vertraglich geschaffenen Variante, 283 durch einen Änderungsvertrag zu vernichten. 284 2. Einseitiger Verzicht a) Zulässigkeit des einseitigen Verzichts auf die Ersetzungsbefugnis aa) Grundlagen Neben der Möglichkeit einer Aufhebung der Ersetzungsbefugnis durch einen auf diese Rechtsfolge gerichteten Vertrag, stellt sich wie zuvor bei der Begrün­ dung dieses Gestaltungsrechts die Frage, ob ein Untergang derselben auch durch einseitige Erklärung ihres Inhabers herbeigeführt werden kann. Auf eine Aus­ 281

Vgl. Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 618f. Vgl. zu diesem Grundsatz Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertrags­ recht, S. 231. 283 Vgl. Kindl, in: Erman, § 311 BGB, Rn. 3. 284 Im Ergebnis wie hier Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 179, der jedoch allein die Dispositivität zur Begründung heranzieht. Ohne Differenzierung nach dem Rechtsgrund: W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 87; Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 55. 282

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

einandersetzung mit dieser Variante kann dabei auch nicht unter Verweis auf die an anderer Stelle bereits angesprochene Theorie Riebles verzichtet werden. Dieser wertete die Aufgabe eines Gestaltungsrechts, am Beispiel der Bestäti­ gung eines anfechtbaren Rechtsgeschäftes nach § 144 Abs. 1 BGB, als Nutzung der aus dem Gestaltungsrecht selbst stammenden Dispositionsmacht über Ge­ staltung und Beibehaltung des gegenwärtigen Rechtszustands. 285 Es läge folglich überhaupt kein Rechtsverzicht, sondern vielmehr eine durch die Befugnis ge­ rade erst legitimierte Gestaltung vor. Zwar verdeutlicht diese Überlegung die, vor dem Hintergrund der Privatautonomie zustimmungswürdige, Charakterisie­ rung des subjektiven Rechts als umfängliche Verfügungsmacht. Ihr fehlt jedoch der erforderliche Vergleich zwischen den Rechtspositionen mit und ohne Gestal­ tungsrecht. Rieble versucht darzulegen, dass der Berechtigte gerade aufgrund seiner Befugnis die Macht besitze, die zwischen Veränderung und Aufrechter­ haltung der Situation bestehende Schwebelage durch Ausübung des Gestaltungs­ rechts in zwei verschiedene Richtungen zu beeinflussen. Dass dieser Auffassung erhebliche Einwände entgegenstehen und es sich daher empfiehlt, strikt zwi­ schen einer Nutzung des Rechts und der durch die Inhaberstellung legitimierten Rechtsaufgabe zu unterscheiden, wurde bereits erörtert. 286 Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die hier aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit eines einseitigen Verzichts keineswegs rein theoretischer Natur ist. Vielmehr führt sie je nach ihrer Beantwortung auch praktisch zu abweichenden Konsequenzen. Im Fall der Zulässigkeit, könnte die A im Einführungsbeispiel ihre Ersetzungsbefugnis autonom und damit ohne Mitsprache des B vernich­ ten. Anderenfalls wäre ihr diese Möglichkeit zu versagen. Es bedürfte dann einer Annahmeerklärung des B, der sich mit dem Untergang der ihn belasten­ den Position einverstanden erklären müsste. Zwar ist es in der Rechtspraxis unter Vermeidung einer klaren Positionierung auch weithin möglich, durch den auch bei der Rechtsentstehung erwähnten § 151 S. 1 BGB und der damit verbun­ den Entbehrlichkeit des Annahmezugangs zu einem weithin zufriedenstellenden Ergebnis zu gelangen. 287 Die Notwendigkeit der zumindest theoretischen Be­ antwortung der Frage nach der einseitigen Verzichtbarkeit entfällt damit aber nicht. Darüber hinaus werden abweichende Ergebnisse, wie bei der einseitigen Rechtseinräumung, spätestens dann unvermeidbar, wenn B etwa aus verletztem Ehrgefühl die Annahmeerklärung ausdrücklich versagt. Will er sich in diesem Fall später trotzdem auf den Rechtsuntergang berufen, so kommt es allein auf die Zulässigkeit des einseitigen Verzichts an. Grundlegend ist voranzustellen, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Gestaltungsrechts eine Eigenschaft des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne 285 286 287

Vgl. Rieble, in: Staudinger, § 397 BGB, Rn. 62ff. Im Ergebnis ebenfalls ablehnend Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 160ff. Vgl. Löwisch, in: Staudinger, § 311 BGB, Rn. 57.

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht

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ist. 288 Der Untergang einer Ersetzungsbefugnis wirkt sich damit ebenso wie ihre Entstehung ändernd aus, so dass § 311 Abs. 1 BGB prinzipiell Anwendung fin­ den müsste. 289 Das ist in der Literatur zwar nicht unumstritten. Exemplarisch ist Scholz zu nennen, der die Auffassung vertritt, das noch nicht genutzte Ge­ staltungsrecht beträfe nicht unmittelbar das Schuldverhältnis, sondern nur die Schwebelage. Das Schuldverhältnis sei daher mit und ohne ein Gestaltungs­ recht das gleiche. 290 Das ist aber abzulehnen. Der § 311 Abs. 1 BGB bezieht sich schließlich auf das gesamte Schuldverhältnis im weiteren Sinne. 291 Auf eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser Ansicht kann an dieser Stelle je­ doch verzichtet werden, da im Ergebnis auch nach hier vertretener Auffassung die Zulässigkeit des einseitigen Verzichts nicht unbedingt an § 311 Abs. 1 BGB scheitert. Insoweit kann auf die oben getroffene Feststellung verwiesen werden, dass das in § 311 Abs. 1 BGB geregelte Vertragsprinzip einer einseitigen Verän­ derung nicht absolut entgegensteht. Begründete Abweichungen sind daher auch hier jenseits der ausdrücklichen Regeln denkbar. 292 Der Begriff des Verzichts bildet nach überwiegender Auffassung die dem Er­ lass übergeordnete Kategorie, 293 die jede Form der Rechtsaufgabe umfasst. 294 Bereits in der Vergangenheit wurde die Notwendigkeit seiner Existenz vor allem auf die Natur der subjektiven Rechte als besondere Form der Willensherrschaft und die damit verbundene absolute Verfügungsgewalt ihres Inhabers gestützt. 295 Aus dieser Anknüpfung folgt zumindest im Grundsatz, dass es ausschließlich auf die Willensbetätigung des Berechtigten ankommen kann. 296 Eine sich hiergegen 288 Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 15; Henke, JA 1989, 186 (188); Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 21; Kramer, in: MüKo, Einleitung zum Schuldrecht, Rn. 13; Larenz, Schuldrecht AT, S. 26. 289 Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 21. A. A. Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 91. Nach diesem betreffe das Gestaltungsrecht nicht das Schuldverhältnis, sondern nur eine Schwebelage. Ein Schuldverhältnis sei daher mit und ohne ein Gestaltungsrecht das gleiche. Das ist abzulehnen. Für die Parteien ist 290 Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 91. 291 Vgl. Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 618f. 292 Erstaunlicherweise findet diese essentielle Vorfrage kaum Erwähnung in der Lite­ ratur zum Verzicht. Die Überwindbarkeit des Vertragsprinzips ist jedoch conditio sine qua non für eine weitere Untersuchung, deren Fehlen jegliche Überlegung zum einseitigen Verzicht zur Makulatur werden ließe. 293 Vgl. BGH, NJW 1997, 3019 (3021). 294 So bereits: Windscheid, Pandektenrecht, Bd. I S. 318; Mannteufel, Verzicht im Bürgerlichen Recht, S. 6f.; E. Meier, Verzicht auf das obligatorische Vorkaufsrecht, S. 41; Seetzen, Verzicht im Immaterialgüterrecht, S. 3; Szücs, Verzicht und Vergleich im Ar­ beitsrecht, S. 17. 295 Vgl. etwa Meissel, GrünhutsZ 1891, 665 (666, 716f.). Vertieft dazu Seetzen, Ver­ zicht im Immaterialgüterrecht, S. 6ff. m.w. N. So aktuell auch bei Scholz, Gestaltungs­ rechte im Leistungsstörungsrecht, S. 88. 296 Seetzen, Verzicht im Immaterialgüterrecht, S. 7.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

richtende Auffassung verlangte dagegen zu jeglicher Änderung das Mittel des Vertrages und stützt sich dabei auf die vermeintliche „Logik des Schuldverhält­ nisses“. 297 Bis heute bildet dieser Disput in leicht abgewandelter Form das Fundament für das noch immer anhaltende Ringen um die Natur des Verzichts, der Klein­ schmidt 298 im Jahr 2004 für den Bereich des Schuldrechts eine eigenständige Mo­ nographie widmete. Für die konkrete Frage nach der einseitigen Verzichtbarkeit von Gestaltungsrechten schlägt er darin vor, die Lösung des Problems über eine analoge Anwendung von Rechtsnormen zu suchen, die die Einseitigkeit des Ver­ zichts ausdrücklich für zulässig erklären. 299 Dabei entscheidet er sich für eine Einzelanalogie zu § 144 BGB, 300 da er bei diesem als Einziges einen nicht auf den konkreten Regelungsgegenstand abzielenden Zweck, sondern vielmehr das all­ gemeine Prinzip der Berücksichtigung der Selbstbestimmung und des Interesses des Gestaltungsgegners feststellen kann. 301 Hieraus folgend sollen auch andere Gestaltungsrechte in analoger Anwendung durch einseitigen Verzicht des Ge­ staltungsberechtigten untergehen können. Das gilt nach seiner Ansicht auch für den konkreten Fall einer Ersetzungsbefugnis. 302 Zuzugeben ist dieser Auffassung, dass sie im Interesse des anderen Teils das wesentlichste Kriterium für die Frage der Annahmebedürftigkeit einer Verzichtserklärung sieht. Außerdem ist die von § 144 BGB verkörperte ratio auf die Konstellation der Ersetzungsbefugnis über­ tragbar. Auch bei dieser würde der einseitige Verzicht nur zur Vollwirksamkeit der Forderung führt, die bereits durch den Willen des Gestaltungsgegners oder eine gesetzliche Anordnung legitimiert wurde. Der potentielle Ersetzungsgegner bleibt also bei einem Verzicht auf die Befugnis Schuldner oder Gläubiger im bis­ herigen Umfang. Nach hier vertretener Auffassung ergänzungsbedürftig erscheint aber die in diesem Zusammenhang von Kleinschmidt getroffene Aussage, es sei ein für die Frage der einseitigen Verzichtbarkeit entscheidendes Wesensmerkmal der Gestaltungsrechte, dass diese ausschließlich dem Gestaltungsberechtigten zu­ gewiesen und damit vollkommen aus dem Schutzbereich des Unterworfenen aus­ genommen sind. 303 Ein Mitwirkungsrecht des Gestaltungsgegners würde daher sogar zur Beeinträchtigung des eigentlich Berechtigten führen. Dabei ist dieser 297

Vgl. Cohn, GruchB 1902, 221 (229); diesem folgend Mannteufel, Verzicht im Bürgerlichen Recht, S. 12f. (für die Aufgabe von relativen Rechten). 298 Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht. 299 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 183ff. 300 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 187ff. Ebenso Gernhuber, Schuld­ verhältnis, S. 619. 301 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 187. 302 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 170f 303 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 188f. unter Verweis auf Peter, AcP 2000, 149 (184). Letzterer argumentiert mit der gesetzlichen Begründung von Gestal­ tungsrechten, die dem Einfluss des Gestaltungsgegners entzogen seien, während die For­ derung von beiden gemeinsam begründet wurde und demzufolge nur von beiden gemein­

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht

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Ansicht zwar insoweit beizupflichten, als sie dem Gestaltungsrecht die Merk­ male eines Elements aus der Gruppe der subjektiven Rechte zuspricht. 304 Die vorgetragenen Eigenschaften treffen allerdings in gleicher Weise auch auf an­ dere Rechtsinstitute – wie etwa Forderungen – zu, bei denen sich die einseitige Verzichtbarkeit aufgrund von § 397 Abs. 1 BGB nicht vertreten lässt. Es erscheint daher noch überzeugender, umgekehrt zu argumentieren und nicht die Natur des Gestaltungsrechts mit den Merkmalen des subjektiven Rechts zu untermauern, sondern subjektiven Rechten grundsätzlich die absolute Verfügungsmacht ihres Inhabers zuzuerkennen. Dann ist es die Unzulässigkeit des einseitigen Verzichts, die begründet werden muss. 305 Damit soll hier nicht unterstellt werden, alle subjektiven Rechte seien ein­ seitig verzichtbar. Es existiert im Gegenteil sogar eine Vielzahl hiervon ab­ weichender Regelungen. Für die konkrete Frage müssten sich diese allerdings regelungsgegenständlich auch auf Gestaltungsrechte erstrecken. Hinsichtlich der hier ebenfalls einschlägigen Anordnung des § 311 Abs. 1 BGB gilt es aber etwa als allgemein anerkannt, dass sie sich für den Verzicht auf Gestaltungsrechte als unpassend erweist. Vielmehr soll die einseitige Erklärung ihres Inhabers für die Rechtsaufgabe genügen. 306 So führte z. B. Kiehl bereits 1925 aus, dass bei sam aufgehoben werden kann. Dieser Schluss überzeugt nicht, scheint Peter doch nicht zu beachten, dass auch Forderungen auf Gesetz beruhen können, aber auch die vertragliche Abrede ein Gestaltungsrecht begründen kann. Dieses hatte er noch wenige Seiten zuvor selbst hervorgehoben. Vgl. dazu Peter, AcP 2000, 149 (169). Anderenfalls müsste er sich der Gruppe der extremen Vertreter des actus-contrarius-Gedankens zurechnen lassen, was dann allerdings nicht mit der von ihm generell vertretenen einseitigen Verzichtbarkeit der Gestaltungsrechte zu vereinbaren wäre. 304 Vgl. Loewenthal, Uebergang der Gestaltungsrechte, S. 5; Schlochoff, Gestaltungs­ rechte und ihre Übertragbarkeit, S. 2; Tils, Abtretbarkeit von Gestaltungsrechten, S. 1; v. Einem, Rechtsnatur der Option, S. 23; Waltermann, Übertragbarkeit von Gestaltungsrech­ ten, S. 7. 305 Für eine solche Beweisverteilung auch Cohn, GruchB 1902, 221 (275, 287). Nach E. Meier, Verzicht auf das obligatorische Vorkaufsrecht, S. 42, ist § 397 Abs. 1 BGB eine Ausnahme zum grundsätzlichen Prinzip der einseitigen Verzichtbarkeit. A. A. Stadler, in: Jauernig, § 311 BGB, Rn. 18. 306 Vgl. Ballhaus, in: RGRK, § 305 BGB, Rn. 8; Bülow, ZIP 1998, 945 (946); Klein­ schmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 192; Weber, in: RGRK, § 397 BGB, Rn. 11; Grüne­ berg, in: Palandt, § 397 BGB, Rn. 1; Schlüter, in: MüKo, § 397 BGB, Rn. 19; Eb. Wagner, in: Erman, § 397 BGB, Rn. 1; Stürner, in: Jauernig, § 397 BGB, Rn. 1; Schulze, in: HkBGB, § 397 Abs. 1 BGB, Rn. 2; Walsmann, Verzicht, S. 195, 198; Gernhuber, Schuld­ verhältnis, S. 613, 619; Lettl, JuS 2001, 660 (662); Peter, AcP 2000, 149 (184); Larenz, Schuldrecht AT, S. 267; Rieble, in: Staudinger, § 397 BGB, Rn. 62; Adomeit, Gestaltungs­ rechte, Rechtsgeschäfte, Ansprüche, S. 40 (für einen großen Teil); Leverenz, JURA 1996, 1 (8); Krämer, ZIP 1997, 93 (100); Seetzen, Verzicht im Immaterialgüterrecht, S. 31ff. (ausdrücklich für bereits entstandene Gestaltungsrechte); OLG Celle, NdsRpfl 1962, 260 (261). A. A.: Barth, Lehre von den Gestaltungsrechten, S. 24; Cohn, GruchB 1903, 221 (274f.), der seine Aussage jedoch für die Kategorie der „Einwände“ einschränkt. Hierzu zählt er aber auch § 144 BGB. Ebenfalls ablehnend: Löwisch, in: Staudinger, § 311 BGB,

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

den, von ihm noch unter dem Begriff der Rechtsbefugnisse geführten, Gestal­ tungsrechten die Regelungen zur Vertragsmäßigkeit „versagen“. 307 Das müsste nach heutigem Verständnis auch für die Ersetzungsbefugnis zu gelten. 308 Aus diesem Grund wird sich die weitere Untersuchung der Frage widmen, ob und inwieweit die aus ihrer Natur resultierenden Besonderheiten der Ersetzungsbe­ fugnis dem Vorschlag einer Analogiebildung zu § 144 BGB im konkreten Fall entgegenstehen. bb) Zulässigkeit der Analogiebildung im Fall der Ersetzungsbefugnis unter Berücksichtigung von § 397 Abs. 1 BGB Um die einseitige Verzichtbarkeit der Ersetzungsbefugnis auf eine Analogie zu § 144 BGB stützen zu können, ist es zunächst erforderlich, den Anwendungs­ bereich von § 397 Abs. 1 BGB zu klären. Dieser besteht für den Forderungs­ verzicht ausdrücklich auf dem Prinzip der Vertragsmäßigkeit und könnte die Bildung einer Analogie mangels Regelungslücke verhindern, wenn er bei einem Verzicht auf die Ersetzungsbefugnis anwendbar sein sollte. Im Gegensatz zum allgemeinen, auf jede Form bewusster Rechtsaufgabe abzielenden und damit weiten Begriff des Verzichts betrifft § 397 Abs. 1 BGB nur den Schuldbegriff im engeren Sinne. Gemeint ist demnach die Aufgabe des einzelnen Anspruchs i. S. d. § 194 Abs. 1 Hs. 1 BGB. 309 Hierin wird nicht zuletzt die exponierte Stellung der Rn. 57 (für Gestaltungsrecht aus Vertrag); Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (230); RGZ 72, 171, nach dem generell ein Vertrag für ein Verzicht auf dem Gebiet des Schuldrechts erforderlich sein soll. Gelten soll das Vertragsprinzip indes – vorrangig nach der Recht­ sprechung – für das Vorkaufsrecht: BGH, WM 1966, 511; NJW 1990, 1473 (1474); RG, LZ 1925, 546; RGZ 110, 409 (418); 114, 155 (158); RG, JW 1912, 858. Grund sei hierfür der vermeintlich zugleich erfolgende Verzicht auf die durch das Vorkaufsrecht entstehen­ den Ansprüche, so dass § 397 Abs. 1 BGB Anwendung finden soll. So auch: C. Berger, in: Jauernig, § 463 BGB, Rn. 15; Weber, in: RGRK, § 397 BGB, Rn. 8; Zeiss, in: Soergel, § 397 BGB, Rn. 1. Hierin offenbart sich ein Ausdruck der Diskussion um die dargestellten, unterschiedlichen Verständnisvarianten des Vorkaufsrechts. So auch E. Meier, Verzicht auf das obligatorische Vorkaufsrecht, S. 45. Aber auch die Rechtsprechung gelangt trotz ihres Vertragsmäßigkeitserfordernisse häufig zum Ergebnis eines „wirksamen einseitigen Verzichts“ auf das Vorkaufsrecht, indem sie den Verzichtenden über § 242 BGB an seine Erklärung bindet. Vgl. dazu BGH, WM 1966, 511; 1966, 893 (895). 307 Vgl. Kiehl, LZ 1925, 1020 (1021). 308 So wie hier: Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 170f.; Larenz, Schuldrecht AT, S. 160 (wenn auch nur ausdrücklich für die Ersetzungsbefugnis des Schuldners); Schlüter, in: MüKo, § 397 BGB, Rn. 19; Weber, in: RGRK, § 397 BGB, Rn. 11; OLG Celle, NdsRpfl 1962, 260 (261); a. A. Weitz, Die facultas alternativa, S. 14. 309 Mannteufel, Verzicht im Bürgerlichen Recht, S. 8; Peter, AcP 2000, 149 (169, 171); Walsmann, Verzicht, S. 231; mit Einschränkungen ders., S. 178. Zu weitgehend erscheint dagegen die Aussage von Szücs, Verzicht und Vergleich im Arbeitsrecht, S. 17, der den Begriff Erlass am Bereich des Schuldrechts festmachen möchte.

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht

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Rechtskategorie der Forderung innerhalb des BGB deutlich. Die Normierung des Forderungserlasses stellt insoweit eine Spezialregelung dar, 310 die sich zumindest nach ihrem Wortlaut nicht auf andere Positionen, wie etwa Gestaltungsrechte, erstrecken lässt. Eine direkte Auswirkung auf die einseitige Verzichtbarkeit ei­ ner Ersetzungsbefugnis scheidet mithin aus, so dass der § 397 Abs. 1 BGB der analogen Anwendung von § 144 BGB prima facie nicht entgegensteht. Ungeachtet dessen plädierte ein Teil der älteren Literatur dafür, § 397 Abs. 1 BGB i.V. m. § 305 Abs. 1 BGB a.F. zur Bildung einer gegenteiligen Analogie heranzuziehen und unter Verweis auf diese Normenkette den vertragsmäßigen Verzicht auch auf die Ersetzungsbefugnis zu erstrecken. 311 Der Grund hierfür sei die generelle Anwendung der für Schuldverhältnisse geltenden Regeln auf die Er­ setzungsbefugnis. Gegen diesen Versuch einer analogen Anwendung von § 397 Abs. 1 BGB ist aber einzuwenden, dass das BGB die Vertragsmäßigkeit gerade für den Erlass einer Forderung explizit anordnet. Das wäre aber wegen des bereits in § 311 Abs. 1 BGB bzw. § 305 BGB a.F. hinreichend verkörperten Vertragsprin­ zips gar nicht unbedingt notwendig gewesen. 312 Wenn nämlich § 311 Abs. 1 BGB das Schuldverhältnis im weiteren Sinne erfasst, so ist die in § 397 Abs. 1 BGB gesondert geregelte Aufhebung einer Forderung als dessen Minus eigentlich be­ reits in dieser Änderung des Schuldverhältnisses enthalten. 313 Damit ließe sich den Vertretern dieser Ansicht sogar unterstellen, dass sie eigentlich gerade der Auffassung sein müssten, allein das allgemeine Gebot der Vertragsmäßigkeit (§ 311 Abs. 1 BGB) könne dem einseitigen Verzicht auf Gestaltungsrechte nicht in aus­ reichender Weise entgegentreten. Warum sollte es sonst der Erstreckung des Ver­ tragsmäßigkeitserfordernisses aus § 397 Abs. 1 BGB auf Gestaltungsrechte be­ dürfen, schließlich wäre diese Konstruktion doch anderenfalls überflüssig. 314 Neben dieser systematischen Erwägung spricht auch die fehlende Vergleichbar­ keit beider Konstellationen gegen eine Analogiebildung zu § 397 Abs. 1 BGB. 315 Sofern nämlich nur die zu erlassende Forderung zwischen den Parteien besteht, wäre es bereits durch den Erlassakt möglich, die Rechtsbeziehung zwischen Gläu­ 310

Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 7. Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 178, unter Verweis auf Seckel, in: FSKoch, S. 205 (230). Generell für die Vertragsmäßigkeit eines Verzichts auf dem Gebiet des Schuldrechts RGZ 72 168 (172). 312 Das erkennt auch Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 24. 313 Für die Einordnung eines anspruchsvernichtenden Vertrages als Konsequenz der Vertragsfreiheit bereits der historische Gesetzgeber. Vgl. dazu Mot., Bd. II, S. 79. Ebenso Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 25. 314 Gernsheim scheint selbst nicht vollends von der Analogie zu § 397 Abs. 1 BGB überzeugt zu sein. Vgl. dazu Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 178: „... Analogie, wenn sie überhaupt herangezogen werden darf...“. 315 Im Ergebnis ebenso gegen eine analoge Anwendung von § 397 Abs. 1 BGB auf Gestaltungsrechte E. Meier, Verzicht auf das obligatorische Vorkaufsrecht, S. 47. 311

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

biger und Schuldner zu beseitigen. 316 Im Unterschied dazu ließe der Untergang des Ersetzungsrechts den zugrunde liegenden Anspruch unangetastet. Wenn aber schon für die Begründung dieser Beziehung – im Vergleich zur Einräumung der Ersetzungsbefugnis – die vertragliche Vereinbarung der beteiligten Parteien notwendig war, um niemanden ungewollt in die Parteienstellung eines Rechts­ verhältnisses zu bringen, so fehlt es auch hier an der notwendigen Gleichartig­ keit der Sachverhalte. Wenn also der Normierung des vertragsmäßigen Erlasses überhaupt ein Hinweis auf die einseitige Verzichtbarkeit anderer Rechte, als der von § 397 Abs. 1 BGB betroffenen Forderungen, zu entnehmen sein sollte, dann spricht zumindest die ausdrücklich ablehnende Regelung stärker für als gegen die Zulässigkeit bei anderen Rechtspositionen. cc) Einseitiger Verzicht auf die Ersetzungsbefugnis und das argumentum a majore ad minus Eine weitere Bestätigung für die einseitige Verzichtbarkeit der Ersetzungs­ befugnis ist auch dem argumentum a majore ad minus zu entnehmen. Dazu ist es erforderlich, sich zunächst die unterschiedliche Schwere der Belastung des Gestaltungsgegners vor Augen zu führen, die aus den verschiedenen dem Ersetzungsbefugten möglichen Handlungen folgt. Zunächst berechtigt ein Ge­ staltungsrecht seinen Inhaber dazu, die Rechtslage, ohne Mitwirkung des Ge­ staltungsgegners, durch einseitige Ausübung zu verändern. Ebenso kann der Berechtigte selbstverständlich auch einseitig auf die Ausnutzung seiner Gestal­ tungsbefugnis verzichten. Aus diesem Grund kann es dann aber nicht überzeugen, wenn er zum endgültigen Verzicht auf seine, für die Gegenseite ausschließlich belastende, Rechtsposition und die damit verbundene Beendigung der Unter­ werfung des Gestaltungsgegners nun dessen Beitrag benötigt. 317 Anderenfalls würde der Mitwirkungsbedarf des anderen Teils mit der für ihn damit jeweils verbundenen Vorteilhaftigkeit sogar noch wachsen. Der einseitige Verzicht auf die Ersetzungsbefugnis muss auch aus diesem Grund zulässig sein. 318 dd) Lückenhaftigkeit der Regelung zum einseitigen Verzicht im Lichte des actus-contrarius-Gedankens Ein weiteres Argument für das Vorliegen einer versteckten Lücke im System der zumindest nach ihrem Wortlaut auf den einseitigen Verzicht anwendbaren 316

Weber, in: RGRK, § 397 BGB, Rn. 1. Ähnliche Überlegung auch bei: E. Meier, Verzicht auf das obligatorische Vorkaufs­ recht, S. 47, 50f.; Meissel, GrünhutsZ 1891, 665 (677); Rieble, in: Staudinger, § 397 BGB, Rn. 67. 318 Nach Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 27, kann dieser mögli­ cherweise konkludent durch einseitiges Verlangen der Primärleistung erfolgen. 317

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht

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Regelungen könnte dem Gedanken des actus contrarius zu entnehmen sein. In der älteren Literatur wurde als zusätzliche Begründung für die dort teilweise geforderte Vertragsmäßigkeit des Verzichts angeführt, dass Rechte, die durch Vertrag entstanden seien, auch nur durch einen solchen untergehen könnten. 319 Ähnlich geartet ist auch die Überlegung, zwischen der Mitwirkungspflicht des Berechtigten bei der Begründung eines Rechts und der Mitwirkungspflicht des Verpflichteten bei dessen Aufhebung bestehe ein Wechselwirkungsverhältnis. 320 Diese Ausführungen können aber nicht ohne Ergänzung bleiben. Wie schon bei der Diskussion zum vertraglichen Erlöschen dargelegt, erscheint es nicht einleuchtend, eine in ihrem Erscheinungsbild vollkommen identische Rechts­ lage nur deshalb mit anderen Rechtsfolgen zu belegen, weil ihr Begründungsakt eine andere Natur besitzt. Das wird besonders im Fall der auf einer gesetzli­ chen Anordnung beruhenden Rechte deutlich. Diese könnten nämlich bei strikter Verfolgung der These vom gleichförmigen Gegenakt niemals zur vertraglichen Disposition stehen. 321 Soll demnach die actus-contrarius-Theorie für die Frage der Aufhebbarkeit einer Ersetzungsbefugnis überhaupt zur Geltung kommen, so bedarf sie zumindest für diesen Fall einer Erweiterung. Gelten muss hier, dass ein Recht das auf mehrere Arten, wie etwa durch gesetzliche Anordnung, vertragli­ che Abrede oder einseitige Einräumung, zu begründen ist, jedenfalls auch durch die jeweiligen Gegenakte vernichtet werden kann. Wenn also mehrere unter­ schiedliche Varianten bestehen, um dieselbe Rechtslage zu begründen, so stehen im Zweifel auch mehrere mögliche Vernichtungsakte zur Verfügung. Anderes gilt selbstverständlich dann, wenn abweichende und gerade auf den konkreten Sachverhalt zugeschnittene gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen. 322 Hieraus ergibt sich ein bedeutsamer Schritt für die Frage der einseitigen Ver­ zichtbarkeit. Wird die Möglichkeit der einseitigen Einräumung für ein bestimmtes Recht anerkannt – so wie das nach hier vertretener Auffassung für die Ersetzungs­ befugnis der Fall ist – so muss auch der einseitige Verzicht auf diese Rechtspo­ sition zulässig sein. Dieser völlig selbstverständlich erscheinende Schluss über­ rascht auf den ersten Blick nicht sonderlich. Er gewinnt aber an Brisanz, wenn berücksichtigt wird, dass genau dieses Wechselwirkungsverhältnis von einseiti­ ger Begründung und einseitigem Verzicht im Fall der Ersetzungsbefugnis trotz seiner bestechenden Logik gerade keinen Konsens in Literatur und Rechtspre­ chung finden kann. Vielmehr wird die einseitige Begründung weithin abgelehnt, während der einseitige Verzicht zulässig sei. Das kann nicht überzeugen. 323 319

Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 179. Vgl. du Chesne, ArchBürgR 1916, 296 (299). 321 Ebenfalls kritisch gegenüber der strikten Anwendung des actus-contrarius-Prin­ zips: Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 9; Walsmann, Verzicht, S. 181. 322 Diese Einschränkung ist erforderlich, wären doch andererseits Konstellationen, wie das Verhältnis von § 657 BGB zu § 397 Abs. 1 BGB nicht zu erklären. Wie dargelegt, reicht dagegen § 311 Abs. 1 BGB nicht aus, um Einseitigkeit in jedem Fall auszuschließen. 320

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Wird die einseitige Verzichtbarkeit als Folge des actus-contrarius-Gedankens anerkannt, ist aber zu beachten, dass allein der Gestaltungsberechtigte die Situa­ tion beherrscht und damit in der Lage sein kann, einseitig das gestaltungsrecht­ stypische Über-Unterordnungsverhältnis zu beenden. Der mögliche einseitige actus contrarius ist damit in diesem Fall eine Willenserklärung des Gestaltungs­ rechtsinhabers. Die Tatsache, dass dabei die entscheidungsbefugten Personen bei einseitiger Begründung und einseitiger Vernichtung auseinanderfallen, schadet hier nicht. Auch beim Vertragsschluss sind die Person, die das Angebot ab­ gibt, und die Person, die das Angebot durch Ablehnung vernichten kann, nicht identisch. ee) Vertragsauslegung als alternative Grundlage der einseitigen Verzichtbarkeit Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es den Parteien zweifellos freisteht, die einseitige Verzichtbarkeit explizit in eine vertragliche Vereinbarung 324 aufzu­ nehmen, sei es im zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung oder nachträg­ lich. 325 Notwendig ist das jedoch nicht. Zu weit ginge es dabei aber, den Partei­ willen bei jeglicher Begründung einer Ersetzungsbefugnis durch Vertrag so zu verstehen, dass dieser im Zweifel die einseitige Verzichtbarkeit stets enthielte. 326 Wäre das richtig, so könnten vertraglich begründete Gestaltungsrechte immer schon unabhängig von der dargestellten Argumentation einseitig aufgehoben werden. Um jedoch zu diesem sehr extensiven Auslegungsergebnis zu gelangen, müsste erneut mit der Natur der Gestaltungsrechte argumentiert werden. Darüber hinaus wären insbesondere das fehlende gegenteilige Interesse und die Fragwür­ digkeit des Mitwirkungserfordernisses bei der Aufhebung heranzuziehen. Auf diese Weise würde aber das festgestellte Wesen der Gestaltungsrechte – als konkludente Abbedingung des Vertragsprinzips – zum vermeintlichen Inhalt der Begründungsabrede werden, obwohl Gestaltungsrechte schon selbst als zulässige Ausnahme zu § 311 Abs. 1 BGB zu verstehen sind. Folglich wäre die einsei­ tige Verzichtbarkeit ein Vertragsbestandteil geworden, weil dieses im Zweifel eine typische Eigenschaft der Gestaltungsrechte bildet. Eine Eigenschaft wäre es dann aber auch deshalb, weil dieses vertraglich vereinbart ist. Es läge folglich ein Zirkelschluss vor, der dafür spricht, den nicht notwendigen Erklärungsversuch über eine, vermeintlich stets vorhandene, konkludente Abrede nicht weiter zu 323

Vgl. oben Abschnitt zur einseitigen Begründung der Ersetzungsbefugnis. So auch Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 36, für das Begehren der Primärschuld. Hinweis auf die allgemeine Möglichkeit der Legitimierung einseitiger, vom Vertragsprinzip abweichender, Bestimmungsrechte über die vorhergehende vertragliche Einigung bei Schmidt-Salzer, NJW 1971, 5 (7). 325 Im Fall einer gesetzlich eingeräumten Ersetzungsbefugnis ist das freilich nur un­ abhängig von ihrer Entstehung möglich. 326 Die Möglich wird erörtert bei Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 190. 324

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht

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verfolgen. 327 Eine Erklärung für die einseitige Verzichtbarkeit einer durch Ge­ setz begründeten Ersetzungsbefugnis wäre der Auslegungslösung ohnehin nur mit großem argumentativen Aufwand zu entnehmen. ff) Zwischenergebnis Auf eine Ersetzungsbefugnis kann ihr Inhaber in Abweichung vom Vertrags­ prinzip einseitig verzichten. Das entspricht im Ergebnis der überwiegenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung zur allgemeinen Verzichtbarkeit von Gestaltungsrechten. 328 Konstruktiv basiert dieses Ergebnis nach hier vertretener Ansicht auf einer Analogie zu § 144 BGB. Dabei ist jedoch ebenfalls eine Kom­ bination mit der zuvor erfolgten teleologischen Reduktion von § 311 Abs. 1 BGB erforderlich. Zur Frage der methodischen Ausgestaltung gelten die Aussagen zur Entstehung der Ersetzungsbefugnis entsprechend. b) Auswirkung auf die Debatte um die Vorteilsaufdrängung durch einseitige Begründung einer Ersetzungsbefugnis Eine entscheidende Konsequenz aus der einseitigen Verzichtbarkeit und des dargestellten Wechselwirkungsverhältnisses von Rechtsbegründung und -unter­ gang ist die Tatsache, dass der teilweise gegen die Möglichkeit einer einseitigen Begründung der Ersetzungsbefugnis vorgebrachte Einwand der Aufdrängung entkräftet wird. Im Gegensatz zu einer aufgedrängten Forderung, derer sich der unfreiwillige Gläubiger aufgrund von § 397 Abs. 1 BGB nur mit Willen des Schuldners wieder entledigen könnte und die auch deshalb als unzulässig betrachtet wird, ist diese Beschränkung bei Gestaltungsrechten nicht gegeben. Zwar ist die lediglich vorteilhafte Stellung des Ersetzungsberechtigten – wie dargelegt – auch ohne Mitwirkung des späteren Inhabers zu begründen. Der Be­ rechtigte kann diese Position aber ebenso autonom wieder untergehen lassen. 329 Seine Situation ist damit auch an dieser Stelle mit der des Angebotsempfängers vergleichbar, der das ihm zugegangene Angebot zur Änderung der Rechtslage autonom ablehnen und damit vernichten kann. Damit ist klar, dass die zusätzliche Einräumung einer Ersetzungsbefugnis die Rechtsposition des Gestaltungsberechtigten – der nun die Primär- durch die Er­ satzschuld ersetzen kann und insoweit Herrschaft über den Inhalt der aktuellen 327

Im Ergebnis ebenfalls ablehnend Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 190f. Siehe oben Fn. 306. 329 Krämer, ZIP 1997, 93 (97), nutzt den Schutz vor aufgedrängten Vorteilen, am Beispiel von Gestaltungsrechten, um für die einseitige Verzichtbarkeit zu plädieren. Da­ mit sieht er aber, im Umkehrschluss, den Aufdrängungsschutz hinreichend durch die Möglichkeit des Verzichts verwirklicht. 328

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Forderung hat – in entsprechender Gegenrichtung genauso weit verstärkt, wie auch die Aufhebung der Befugnis die Position des bis dahin Unterworfenen verbessert. Letzterer ist nun schließlich nicht mehr der Willkür des Berechtig­ ten ausgesetzt. Es zeigt sich folglich, dass beide Akte in ähnlicher Weise die Rechtsposition des jeweils anderen Teils positiv beeinflussen. Aus diesem Grund muss aber zumindest der Umstand, dass die überwiegende Auffassung 330 in Li­ teratur und Rechtsprechung den einseitigen Verzicht auf Gestaltungsrechte und insbesondere auch auf die Ersetzungsbefugnis 331 problemlos zulassen möchte, während sie die einseitige Begründung ablehnt, ein Umdenken in dieser Frage veranlassen. c) Ausübung des einseitigen Verzichts auf die Ersetzungsbefugnis Nachdem die vorangegangene Untersuchung klargestellt hat, dass die Er­ setzungsbefugnis durch ihren Inhaber auch einseitig aufgehoben werden kann, schließen sich im Folgenden Überlegungen zur Verzichtshandlung an. Wie er­ läutert, stellen sowohl die Ersetzungsbefugnis als besonderes Gestaltungsrecht als auch der auf sie bezogene einseitige Verzicht Ausnahmen zum Vertragsprin­ zip des § 311 Abs. 1 BGB dar. In diesem Zusammenhang wird in der Literatur gelegentlich darauf hingewiesen, dass einseitige Rechtshandlungen generell die Gefahr der Unsicherheit durch die fehlende Kenntnis der betroffenen Gegenseite in sich bergen. 332 Das soll hier auch nicht bestritten werden. Zu begegnen ist diesem Problem aber nicht durch die generelle Ablehnung einseitiger Rechts­ handlungen, sondern auf der Ebene der Willenserklärung. Wenn nämlich das möglicherweise fehlende Wissen des Rechtsgegners als Schwachstelle einseiti­ ger Erklärungen einzustufen ist, so müssen an die jeweilige Willenserklärung geeignete Anforderungen gestellt werden, die hier einen Ausgleich schaffen. 333 Aus diesem Grund ist die einseitige Willenserklärung des Verzichtenden, durch die er seinen Verzichtswillen äußert, grundsätzlich als empfangsbedürftig ein­ zustufen. 334 Ein besonderes Formerfordernis besteht hingegen, vorbehaltlich ent­ gegenstehender gesetzlicher Anordnungen, nicht. 335 Damit gilt für den Verzicht insoweit dasselbe, wie für die Ausübung der Ersetzungsbefugnis. Besondere Zurückhaltung ist bei der Annahme eines konkludenten Verzichts auf die Ersetzungsbefugnis geboten. 336 Teilweise wird hierzu vertreten, schon das 330

Siehe oben Fn. 306. Vgl. oben Fn. 308. 332 Vgl. Walsmann, Verzicht, S. 183. 333 Walsmann, Verzicht, S. 183. 334 Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 195f.; Walsmann, Verzicht, S. 197. 335 Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 194; Seetzen, Verzicht im Immaterialgü­ terrecht, S. 34. 331

III. Untergang durch Vertrag und Verzicht

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Einfordern der Primärschuld sei bei einer Gläubigerbefugnis als Verzichtserklä­ rung des Ersetzungsberechtigten zu verstehen. 337 Diese Auffassung lässt jedoch außer Acht, dass die Gläubigerersetzungsbefugnis nicht nur einer späteren Ent­ scheidung des Gläubigers, sondern auch dessen Sicherung dienen kann. 338 Das ist etwa der Fall, wenn dieser bemerkt, dass auf der Schuldnerseite Schwierigkei­ ten bei der Erbringung der Primärleistung bestehen und ihm an einer zeitnahen und komplikationslosen Befriedigung gelegen ist. 339 In dieser Situation kann er die ihm zustehende Ersetzung vornehmen. Es erschiene daher verfehlt, dem Gläubiger die Ersetzungsbefugnis nur deshalb abzuerkennen, weil bereits in sei­ ner vorhergehenden Leistungsaufforderung an den Schuldner ein konkludenter Verzicht zu sehen sei. Anderenfalls würde der Gläubiger das Gestaltungsrecht genau in der Situation verlieren, in der es ihm am meisten nutzen könnte. Das gilt umso mehr, wenn bedacht wird, dass die ihn ohnehin belastende, fehlende Leistungsfähigkeit des Schuldners dann den Grund für diesen Verlust bilden würde. Der Umstand der fehlenden Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft würde den Gläubiger also auf diese Weise sogar doppelt belasten. Durch ein solches sachfremd erscheinendes Verständnis wäre darüber hinaus auch die Missbrauchs­ möglichkeit des Schuldners erheblich erleichtert. Dieser könnte schließlich nach Fälligkeitseintritt zunächst die Primärleistung in der Hoffnung zurückbehalten, dass ein darauf folgendes Leistungsbegehren des Gläubigers im späteren Rechts­ streit als konkludenter Verzicht auf sein Gestaltungsrecht gewertet wird. Das wäre mit dem Zweck einer Ersetzungbefugnis nicht zu vereinbaren. Ebenso wie oben gefordert, möchte auch Kleinschmidt an den Verzicht auf Gestaltungsrechte erhöhte Anforderungen stellen. Dazu verweist er in konse­ quenter Fortsetzung seiner Analogiethese auf eine entsprechende Übertragung der an die Bestätigung eines anfechtbaren Geschäftes nach § 144 BGB gestell­ ten Anforderungen. 340 Noch überzeugender erscheint es allerdings, die genannten Überlegungen und den Zweck der konkreten Ersetzungsbefugnis in eine Ausle­ gung nach §§ 133, 157 BGB einzubeziehen und die Frage nach einem konklu­ denten Verzicht einzelfallorientiert zu beantworten. Dabei ist es für die Annahme eines Verzichts erforderlich, dass sich zumindest Motive feststellen lassen, die 336

Allgemein für Gestaltungsrechte Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 194. Vgl. Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 27. 338 Zu Unrecht ablehnend Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 67, der den Sicherungs­ zweck aufgrund des Entfallens der Leistungspflicht im Fall der Unmöglichkeit des Pri­ märanspruchs nicht erkennen möchte. Das kann nicht überzeugen, schließlich ist der Sicherungszweck nicht nur bei einem Schutz im Fall der Leistungsunmöglichkeit, son­ dern auch für jede andere Form der Leistungsstörung denkbar. Ein Mittel gegen den Verzug oder die Leistungsunwilligkeit des Schuldners kann aber eine Ersetzungsbefug­ nis durchaus bieten. Wie hier Litten, DJZ 1907, 491. 339 Tritt die Ersatzschuld an die Stelle der Primärschuld, so wird deren Erfüllung zur Primärpflicht des Schuldners. 340 Vgl. Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 194ff. 337

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

über das schlichte Fordern des Primäranspruchs hinausgehen. Im Fall des non liquet kann daher, in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Auffassung zum generellen Rechtsverzicht, 341 nicht von einem konkludenten Verzicht auf die Ersetzungsbefugnis ausgegangen werden.

IV. Verjährung und Verwirkung 1. Auswirkung des Verjährungseintritts a) Allgemeine Grundlagen und Problemdarstellung Im Anschluss an die dargestellten Erlöschensgründe widmet sich der fol­ gende Abschnitt der Frage, inwieweit das rechtsdurchsetzungshindernde Institut der Verjährung Einfluss auf die Ersetzungsbefugnis entfaltet. 342 Mit ihrer Ein­ ordnung in die Gruppe der Gestaltungsrechte wurde jedenfalls mittelbar die Ent­ scheidung darüber herbeigeführt, dass zumindest das Ersetzungsrecht nicht selbst der Verjährung unterworfen ist. 343 Der Regelungsbereich der §§ 194ff. BGB um­ fasst schließlich bereits nach seinem Wortlaut nur Ansprüche. 344 Hauptzweck der Verjährungseinrede ist es, den Schuldner nach Zeitablauf vor einer ungewollten Inanspruchnahme durch den Gläubiger zu schützen. 345 Hierdurch wird zwischen den Parteien die im öffentlichen Interesse liegende Entstehung von Rechtssicher­ heit und -frieden gefördert. 346 Nicht zuletzt soll auf diese Weise der erfolgreichen oder versuchten Realisierung nicht (mehr) existenter Forderungen entgegenge­ wirkt werden, deren Geltendmachung durch ein übermäßig langes Zurückliegen 341 Vgl. Kleinschmidt, NJW 2002, 346 (347); BGH, WM 1982, 671 (673); NJW 1984, 1346 (1347); NJW-RR 1990, 390 (391); 1999, 593 (594); RGZ 116, 313 (316); 118, 63 (66). 342 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 197, schreibt dieser Frage vorwiegend theore­ tische Relevanz zu, was jedoch aufgrund der folgenden Fälle zweifelhaft erscheint. 343 So auch: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 67; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 177, Fn. 50. 344 Mit einem Plädoyer für die Ausdehnung der Verjährungsregeln durch das SchuModG P. Bydlinski, in: Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschafts­ rechts, S. 381 (384). 345 Blomeyer, JZ 1959, 15; Noll, Verjährung von Erfüllungsansprüchen aus Dau­ erschuldverhältnissen, S. 51; Spiro, Begrenzung privater Rechte, Bd. I, S. 10; vgl. Ab­ schlussbericht der Schuldrechtskommission, S. 34f. 346 Blomeyer, JZ 1959, 15; Bündenbender, JuS 1997, 481 (482); H. Heinrichs, in: Palandt, vor § 194 BGB, Rn. 9; Medicus, BGB AT, Rn. 105; Noll, Verjährung von Erfül­ lungsansprüchen aus Dauerschuldverhältnissen, S. 55; Oppenborn, Verhandlungen und Verjährung, S. 34; Rabe, NJW 1992, 2395; Weimar, WuM 1974, 249; Mot., Bd. I, S. 289.; BGH, NJW 1955, 1225 (1227); 1972, 1460; NJW-RR 1993, 1059 (1060); RGZ 120, 355 (358).

IV. Verjährung und Verwirkung

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der vermeintlichen Anspruchsbegründung und die damit verbundene erschwerte Nachvollziehbarkeit 347 begünstigt würde. 348 Gerade einige Gestaltungsrechte sind jedoch zumindest theoretisch in der Lage, dieses Ziel des Gesetzgebers zu verei­ teln, 349 indem sie anstelle des undurchsetzbaren einen neuen Anspruch aufleben lassen. 350 Das erscheint insbesondere deshalb problematisch, weil die Verjährung der Forderung nicht zum Erlöschen des Anspruchs (und damit auch nicht zum Untergang forderungsbezogener Gestaltungsrechte) führt. Vielmehr bewirkt sie nur ein peremptorisches Leistungsverweigerungsrecht. 351 Trotzdem hält die herr­ schende Meinung zu Recht daran fest, dass Gestaltungsrechte nicht verjähren. 352 Dieser Grundsatz wurde auch durch den Gesetzgeber ausdrücklich 353 und durch die lex lata zumindest nach dem argumentum e contrario 354 bestätigt, indem die letzte Schuldrechtsmodernisierung für vereinzelte Fälle gesondert Abhilfe geschaffen hat. 355 So sind etwa der Rücktritt und damit auch der hieraus resul­ tierende Rückabwicklungsanspruch im Fall der Verjährung des Erfüllungs- oder Nacherfüllungsanspruchs nach § 218 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen. Selbiges gilt nach den deklaratorischen 356 Verweisen der §§ 438 Abs. 5, 634a Abs. 5 BGB auch für das Recht der Minderung. Dieser Befund ist für die Mehrzahl der Fälle des Ersetzungsrechts, näm­ lich jene in denen die Befugnis „nur“ zur bloßen Ersetzung der geschuldeten Leistung unter Wahrung der Anspruchsidentität berechtigt, nicht weiter proble­ matisch. Handelt es sich etwa im zweiten Einführungsfall nach der Ersetzung durch Rotwein um denselben und nur geänderten Anspruch, so hindert eine 347 Vgl. Peters, NJW 2001, 2289 (2290), Fn. 11; Schmidt-Räntsch, in: Erman, vor § 194 BGB, Rn. 2; Weimar, WuM 1974, 249. 348 Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 9; Noll, Verjährung von Erfüllungsansprü­ chen aus Dauerschuldverhältnissen, S. 51; H. Heinrichs, in: Palandt, vor § 194 BGB, Rn. 7; Oppenborn, Verhandlungen und Verjährung, S. 28; Peters, VersR 1979, 103 (105); Spiro, Begrenzung privater Rechte, Bd. I, S. 8ff.; Zimmermann, JuS 1984, 409 (410); ders., JZ 2000, 853 (854). Vgl. auch Mot., Bd. I, S. 291. 349 Vgl. Leverenz, JURA 1996, 1 (8). 350 So z. B. der Rücktritt, aber auch die Ersetzungsbefugnis. 351 Oppenborn, Verhandlungen und Verjährung, S. 28; Peters, in: Staudinger, § 194 BGB, Rn. 20. 352 Vgl. Ahrens, BB 1996, 2477 (2479); Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 15; Finkenauer, in: Modernisiertes Schuldrecht, S. 308; Leverenz, JURA 1996, 1 (8); Mansel, NJW 2002, 89 (94); Spiro, Begrenzung privater Rechte, Bd. II, S. 1562; Weimar, WuM 1974, 249. 353 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 124. 354 Zu den einzelnen Voraussetzungen dieses Arguments Larenz, Methodenlehre, S. 390f. 355 Entscheidendes Argument bleibt freilich der Wortlaut von § 194 Abs. 1 BGB. 356 Der direkte Verweis auf § 218 BGB ist entbehrlich, da schon die §§ 441 Abs. 1 S. 1, 638 Abs. 1 S. 1 BGB das Minderungsrecht als Alternative zum Rücktritt einstufen, so dass schon der Ausschluss des Rücktrittsrechts die Minderung verbietet.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

ursprünglich nur die Weißweinforderung betreffende Verjährungseinrede auch die Durchsetzung des nunmehr auf Rotwein gerichteten Anspruchs. Bei der Verjährung handelt es sich um einen forderungsbezogenen Makel, der von der genannten Änderung unbelastet bestehen bleibt. Aus diesem Grund kann hier nichts anderes gelten als im Fall eines Änderungsvertrags; auch dieser beeinflusst die Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. 357 Ein zielgerichteter Einsatz des Ge­ staltungsrechts zur faktischen Verlängerung der Verjährungsfrist scheidet somit in dieser Konstellation ohnehin aus. Ermöglicht die Ersetzungsbefugnis hingegen die Substitution der gesamten Forderung, so führt der Austausch zu einer bedenklichen Konsequenz: Der gestaltungsberechtigte Gläubiger könnte die Verjährungsfrist hinsichtlich der Primärschuld verstreichen lassen, ohne dass hierdurch seine Möglichkeit zum ersetzungsbedingten Zugriff auf die Ersatzschuld beeinträchtigt wäre. Das ei­ gentlich nur Entscheidungs- und Sicherungszwecken dienende Gestaltungsrecht würde damit hinsichtlich des Ersatzanspruchs zu einer faktischen Verlängerung der Durchsetzbarkeit führen. Der Berechtigte könnte daher auf seinem verjährten Primäranspruch verweilen, bis er sich für eine Ersetzung entscheidet. Erst im Anschluss würde dann die Verjährung des Ersatzanspruchs beginnen. Wird in diesem Zusammenhang berücksichtigt, dass der bereits verjährte Primäranspruch zu keiner Zeit mehr durchsetzbar sein wird und damit durch den Schuldner nur noch fakultativ zu erfüllen ist, so zeigt sich, dass der Gläubiger – obgleich er vor der Substitution noch hinsichtlich der Primärforderung berechtigt ist – bereits überwiegend 358 ein Interesse am Ersatzanspruch haben wird. Hier den Gläu­ biger schon vor der Ersetzung zu einer Beschleunigung anzuhalten, kann das Verjährungsrecht aber eigentlich nicht leisten. Ebenso bedenklich erschiene es auch, wenn der Gläubiger die Möglichkeit hätte, seine Ersetzungsbefugnis noch kurz vor der Verjährung des Primäranspruchs auszuüben und dadurch von ei­ ner erneuten, vollständigen Verjährungsfrist des Ersatzanspruchs zu profitieren. Eine solche Gelegenheit scheint einen Rechtsmissbrauch auf der Gläubigerseite geradezu herauszufordern. Noch deutlicher wird die Zweifelhaftigkeit dieses Ergebnisses, wenn die abs­ trakte Betrachtung durch das konkrete Beispiel einer Gläubigerersetzungsbefug­ nis ergänzt wird. Soll etwa der G von W anstelle von Rotwein Weißwein fordern dürfen, so ist es offensichtlich, dass mit dieser Abrede zwar eine inhaltliche Erweiterung, nicht jedoch eine zeitliche Ausdehnung der Gläubigerstellung be­ zweckt wurde. Der Wille des W, sich über die übliche Verjährungsfrist hinaus zu einer Leistung zwingen zu lassen, lässt sich hier nicht feststellen. Eine Korrektur dieser Situation scheint daher geboten. 357

Vgl. etwa Henrich, in: Bamberger / Roth, § 195 BGB, Rn. 6. Ein abweichendes, auf den Primäranspruch gerichtetes Interesse könnte sich aus­ nahmsweise aus den Möglichkeiten der §§ 214 und 215 BGB ergeben. 358

IV. Verjährung und Verwirkung

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Bevor jedoch bereits an dieser Stelle der Versuch unternommen wird, jeg­ liche, auf dem Parteiwillen basierende, Begründung einer Ersetzungsbefugnis individuell dahingehend auszulegen, dass diese zugleich eine spätestens mit Eintritt der Verjährung des Primäranspruchs eintretende Ausschlussfrist enthält, erscheint es vorzugswürdig, zunächst nach einer Lösung zu suchen, die eine einheitliche Behandlung der Rechtsfigur ermöglicht. Dabei ist insbesondere der Frage nachzugehen, inwieweit den herausgearbeiteten Wesensmerkmalen der Ersetzungsbefugnis selbst ein Argument gegen die Durchsetzbarkeit des Ersatz­ anspruchs, im Fall der mit einer Verjährungseinrede behafteten Primärforderung, entnommen werden kann. b) Lösung auf der Grundlage des festgestellten Wesens der Ersetzungsbefugnis im Fall einer Berechtigung zur vollständigen Anspruchssubstitution aa) Ausschluss der Ersetzungsbefugnis durch Analogie zu § 218 Abs. 1 S. 1 BGB Wie oben erwähnt, ist es zumindest ein Teil der ratio legis von § 218 Abs. 1 S. 1 BGB, ein Unterlaufen der Verjährung aufgrund gestaltungsrechtsbedingter Umwandlung zu verhindern. 359 Es stellt sich also die Frage, ob dieser Gedanke auf die den gesamten Anspruch austauschende Ersetzungsbefugnis übertragbar ist. Auch bei dieser würde das gestaltungsbedingte Aufleben der Ersatzschuld vor dem Hintergrund der eigentlich verjährten Primärschuld problematisch er­ scheinen. Zwar liegt die erst nachträglich durch Ersetzungserklärung ausgelöste Entstehung des Ersatzanspruchs noch nicht so lange zurück wie die Begründung des Primäranspruchs. Der Schutzzweck der Verjährungsregeln greift hier jedoch in gleicher Weise. Nicht verkannt werden darf nämlich, dass auch bei einer erst vor kurzer Zeit erfolgten Gestaltungserklärung das für deren Wirksamkeit konstitutive Mittel – hier die Ersetzungsbefugnis – zumeist in einem bereits länger zurückliegenden Moment entstanden ist. Das gilt umso mehr, wenn be­ rücksichtigt wird, dass die Befugnis oftmals schon zeitgleich mit Entstehung der Primärschuld begründet wurde. Ist der vermeintliche Gläubiger, im Fall einer ihm zustehenden Befugnis, somit bereits seit diesem Moment zur Gestal­ tung berechtigt, so müsste sich der Schuldner mit seinem Gegenbeweis bis auf diesen Zeitpunkt zurückbeziehen. Auch in dieser Konstellation ist also die Nach­ vollziehbarkeit erheblich erschwert und das vom historischen Gesetzgeber als „verdunkelnde Macht der Zeit“ 360 titulierte Risiko ebenso vorhanden. Außerdem ist auch das vorherige Bestehen der Primärschuld aufgrund der Forderungsbe­ zogenheit der Ersetzungsbefugnis conditio sine qua non für die Wirksamkeit der 359 360

Schmidt-Räntsch, in: Erman, § 218 BGB, Rn. 2. Mot., Bd. I, S. 291.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Gestaltung. Entscheidend für die Frage, ob der Schuldner die Erfüllung des Er­ satzanspruchs tatsächlich (noch) schuldet, ist damit, neben der gesamten Phase nach der Gestaltung, auch der Zeitraum von der Entstehung bis zur Ersetzung der Primärschuld. Als Grundlage für einen an die Verjährung des Primäranspruchs gekoppelten Ausschluss der Ersetzungsbefugnis könnte eine Einzelanalogie zu § 218 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht gezogen werden. Dabei vermag es nicht zu überzeugen, diesen Lösungsweg allein mit dem Hinweis auf die vermeintlich fehlende Ana­ logiefähigkeit einer Sondernorm generalisierend abzulehnen 361. Die dahinter ste­ hende Annahme singularia non sunt extenda erscheint fragwürdig und stößt in der Literatur daher zu Recht auf wachsenden Widerstand. 362 Selbst bei einer Ausnahmevorschrift ist die Frage nach dem Vorliegen eines analogiefähigen Re­ gelungskerns allein anhand der Grundaussage der Vorschrift zu beantworten. 363 Auch in diesem Fall ist somit ein individueller Vergleich von § 218 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Situation bei einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis erforder­ lich. Das scheint letztlich auch Grothe, als Vertreter der singularia-non-suntextenda-These, zuzugestehen, der zusätzlich auf die vermeintlich fehlende Re­ gelungslücke bei anderen Gestaltungsrechten verweist. 364 Bei uneingeschränkter Geltung des Dogmas von der generellen Analogiefeindlichkeit des § 218 Abs. 1 S. 1 BGB wäre eine solche Absicherung des Ergebnisses unnötig gewesen. Ebenso wie ein Gläubiger nach der Verjährung seines Hauptanspruchs nicht auf den Rettungsanker des Rücktritts und die damit verbundenen Rückabwick­ lungsansprüche zurückgreifen soll, 365 erscheint es – nach den obigen Ausfüh­ rungen – auch im Fall einer den Anspruch austauschenden Ersetzungsbefugnis zweifelhaft, dem Gestaltungsberechtigten die Möglichkeit zum Erhalt eines voll durchsetzbaren Ersatzanspruchs zuzugestehen. Problematisch ist allerdings, in­ wieweit tatsächlich eine Vergleichbarkeit beider Sachverhalte gegeben ist, die ausreicht, um im konkreten Fall eine Analogiebildung zu rechtfertigen. Beden­ ken verursacht dabei vor allem die Tatsache, dass die von § 218 Abs. 1 S. 1 BGB ausgelöste Rechtsfolge als absolute Besonderheit im System des BGB zu be­ 361

So aber Grothe, in: MüKo, § 218 BGB, Rn. 3. Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 355; Säcker, in: MüKo, Einleitung, Rn. 112; M. Würdinger, JuS 2008, 949ff. Zustimmend hingegen: Abeltshauser, JuS 1991, 366; BGH, NJW 1954, 305 (306); BSG, NJW 1959, 167 (168). RGZ 153, 1 (23). 363 Säcker, in: MüKo, Einleitung, Rn. 112; vgl. M. Würdinger, JuS 2008, 949 (950), Fn. 23. 364 Vgl. Grothe, in: MüKo, § 218 BGB, Rn. 3. Auch dieses pauschaliert angenommene Fehlen einer Regelungslücke ist nicht unbedenklich. Das wird gerade am Beispiel un­ kodifizierter Gestaltungsrechte deutlich. Ob eine solche Lücke gegeben ist, muss anhand der einzelnen, zu untersuchenden Fragestellung entschieden werden und kann sich nicht bereits aus der analog anzuwendenden Norm ergeben. 365 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 124. 362

IV. Verjährung und Verwirkung

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trachten ist. Zum einen führt nämlich die Verjährung einer Forderung – wie bereits ausgeführt – nicht zu deren Erlöschen, sondern stellt dem Schuldner nach § 214 Abs. 1 BGB nur eine Einrede als optionales Verteidigungsmittel zur Verfügung. 366 Der Schuldner soll demnach entscheiden, ob er dieses Recht nut­ zen möchte. Ein aufgedrängter Schutz ist hier nicht notwendig. Der Primäran­ spruch, auf den die Ersetzungsbefugnis bezogen ist, besteht also fort und der zur Erhebung der Einrede berechtigte Schuldner bleibt weiterhin zur Leistung verpflichtet. 367 Existiert die Forderung aber weiter, dann fehlt mangels konkre­ ter Anordnung ein hinreichender Grund für ein Erlöschen oder die fehlende Ausübbarkeit der darauf bezogenen Ersetzungsbefugnis. Zum anderen lässt sich anhand der im BGB geregelten Gestaltungsrechte keine allgemeingültige Kopp­ lung ihrer Wirksamkeit an die Verjährung der Hauptforderung feststellen. Hätte der Gesetzgeber von diesem Grundsatz abweichen wollen, so wäre eine über die des § 218 Abs. 1 S. 1 BGB hinausgehende generelle Regel zu erwarten gewesen. Für dieses Ergebnis spricht auch das beredte Schweigen des Gesetzgebers zu dieser Frage. Dieser hatte im Entwurf zum SchuModG – auf den § 218 BGB n.F. zurückgeht – den Grundsatz der Unverjährbarkeit von Gestaltungsrechten expressis verbis betont und die Notwendigkeit einer Durchbrechung ausschließ­ lich für Rücktritt und Minderung thematisiert. 368 Zwar ist die Anwendung von Spezialnormen – so z. B. von § 770 Abs. 1 BGB – 369 auf andere ungeregelte Fälle nicht untypisch und mangels einheitlicher gesetzlicher Normierung der Gestaltungsrechte auch vielfach unvermeidbar. Das gilt besonders für die im BGB vollkommen ungeregelte Ersetzungsbefugnis. Eine regelungsgedankliche Übertragung von § 218 Abs. 1 S. 1 BGB würde jedoch die Rechtsnatur der Ge­ staltungsrechte durch die Annäherung an die Kategorie der Ansprüche erheblich verändern. 370 Eine derartig bedeutende Grundsatzentscheidung ist dem Gesetz­ geber zu überlassen.

366

So bereits Mot., Bd. I, S. 341. Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 2; Jahr, JuS 1964, 293 (302). 368 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 124. 369 Habersack, in: MüKo, § 770 BGB, Rn. 6; Herrmann, in: Erman, § 770 BGB, Rn. 4; Horn, in: Staudinger, § 770 BGB, Rn. 20; Rohe, in: Bamberger / Roth, § 770 BGB, Rn. 5; Mormann, in: RGRK, § 770 BGB, Rn. 7; Primaczenko, JA 2007, 173 (174); Sprau, in: Palandt, § 770 BGB, Rn. 4; Staudinger, in: Hk-BGB, § 770 BGB, Rn. 5; Schmitz / Wasser­ mann / Nobbe, in: Bankrechts-Handbuch, § 91, Rn. 147; Stadler, in: Jauernig, § 770 BGB, Rn. 2; Reinicke / Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 319; mit Einschränkungen Schlosser, JZ 1966, 428 (433); offen gelassen OLG Frankfurt, NJW-RR 1995, 1388 (1390); a. A. Gernhuber, Bürgerliches Recht, S. 239. 370 Mit einer analogen Anwendung von § 770 Abs. 1 BGB wird, im Unterschied zur untersuchten Anwendung von § 218 Abs. S. 1 BGB, nicht das Wesen der Gestaltungs­ rechte modifiziert, sondern nur das ohnehin bestehende Einrederecht des Bürgen erwei­ tert. 367

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Weiterhin ist der Grund für die Abfassung von § 218 Abs. 1 S. 1 BGB we­ niger in der Bestätigung eines allgemeinen Rechtsgedankens der Unterbindung einer Verjährungsumgehung als in dem angestrebten Gleichlauf der Gewähr­ leistungsrechte zu finden. Der Gesetzgeber hatte Wandlung und Minderung vor der Schuldrechtsmodernisierung noch in Form von Ansprüchen konstruiert, so dass ihr parallel eintretendes Ende bei Verjährung des Hauptanspruchs gesi­ chert war. Die nun bestehende Unwirksamkeitsanordnung ist daher vorrangig als eine Reaktion auf die gegenwärtige Ausgestaltung in Form von unverjähr­ baren Gestaltungsrechten zu verstehen. 371 Gerade die ausdrückliche Normierung von § 218 Abs. 1 S. 1 BGB spricht zudem dafür, dass sich das BGB auch wei­ terhin zur grundsätzlich fehlenden Kopplung von Anspruchsverjährung und Ge­ staltungsrecht bekennt. Anderenfalls wäre diese Regel obsolet gewesen. Es ist daher dogmatisch überzeugend, auch die mit einer Verjährungseinrede behaftete Forderung als grundsätzlich weiterhin gestaltbar zu betrachten. bb) Erhebung der forderungsbezogenen Verjährungseinrede gegen die Ersetzungsbefugnis Der Vollständigkeit halber an dieser Stelle zu erwähnen – im Ergebnis aber mit denselben Argumenten abzulehnen – ist die Auffassung Spiros, nach dem es zulässig sei, dass der Schuldner seine gegen die Forderung bestehende Ver­ jährungseinrede auch den jeweiligen forderungsbezogenen Gestaltungsrechten entgegenhält. 372 Das kann aus den bereits genannten Gründen nicht überzeugen. Hat nämlich der Gesetzgeber die Möglichkeit der Verjährung ausdrücklich dem Rechtsinstitut der Forderung vorbehalten, so würde die geforderte Erhebung der daraus resultierenden Einrede gegen Gestaltungsrechte diese Systematik durch die Hintertür zur Makulatur werden lassen. Daneben berücksichtigt diese An­ sicht nicht hinreichend, dass bei einem schlichten Durchsetzbarkeitshindernis, im Gegensatz zur Rechtsvernichtung, das Objekt der Gestaltung gerade erhalten bleibt. Eine, wenn auch nur mittelbar hervorgerufene, Nutzlosigkeit der Befug­ nis würde dieser Wertung aber ebenso nicht gerecht werden. Die Einrede der Verjährung muss daher, im Einklang mit dem Wortlaut von § 194 Abs. 1 BGB, gegenständlich auf Ansprüche beschränkt bleiben.

371 Grothe, in: MüKo, § 218 BGB, Rn. 1; vgl. Mansel, NJW 2002, 89 (94). Die Wand­ lung ist in diesem Zusammenhang entfallen. 372 Vgl. Spiro, Begrenzung privater Rechte, Bd. I, S. 568.

IV. Verjährung und Verwirkung

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cc) Einrede der Verjährung gegen die Ersatzforderung (1) Eigene Einrede gegen die Ersatzforderung und möglicher Ausweg über eine Anlehnung an die bloße Ersetzung der geschuldeten Leistung Es lässt sich damit festhalten, dass eine Lösung, die dem Zweck der Er­ setzungsbefugnis unter Beachtung der bisherigen Ergebnisse gerecht werden soll, weder in einer Analogie zu § 218 Abs. 1 S. 1 BGB noch in einer unmittel­ bar gegen die Ersetzungsbefugnis wirkenden Verjährungseinrede zu finden ist. Vielmehr scheint es die Durchsetzbarkeit der Ersatzschuld zu sein, die unter Umständen durch den Zweck der Befugnis gehindert wird. Das geeignete Mit­ tel könnte dabei eine Einrede bilden, die zu diesem Zweck entweder von dem Primär- auf den Ersatzanspruch zu übertragen oder auf eine eigene Verjährung der Ersatzschuld zu stützen ist. In der Literatur findet sich dazu die Aussage, der Grundanspruch verjähre generell gemeinsam mit seinen Ersatz- und Nebenforderungen. 373 Das soll auch für die Konstellation einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers gelten, bei der die Verjährungseinrede dem Schuldner, unter Verweis auf den angeführ­ ten Verjährungszweck, auch gegen die Ersatzschuld zuzubilligen sei. 374 Dabei erscheint das damit zu erzielende Ergebnis zwar hinsichtlich der anderenfalls eintretenden Folgen erstrebenswert, die allein auf den Sinn der Verjährung ge­ stützte Herleitung berechtigt jedoch zu Einwänden. Richtig ist, dass der Schutz, den die Verjährungsregeln bieten sollen, beein­ trächtigt wäre, wenn sich der Gläubiger nach der Verjährung seines Primäran­ spruchs auf die Ersatzschuld zurückziehen könnte. Auch entspricht es nicht per se dem Sinn und Zweck einer Ersetzungsbefugnis, die Durchsetzbarkeit über die gesetzlichen Verjährungsfristen hinaus zu verlängern. Keinesfalls darf je­ doch außer Acht gelassen werden, dass die Verjährung nach § 194 Abs. 1 BGB ein Makel des konkreten Anspruchs und nicht des Schuldverhältnisses im weite­ ren Sinne ist. 375 Wenn aber die Primärschuld durch deren vollständige Ersetzung untergeht, so lässt sich nicht bestreiten, dass damit grundsätzlich auch der gegen sie gerichteten Einrede aus § 214 Abs. 1 BGB die Grundlage ihres Bestehens entzogen wird. Zwar unterliegt aufgrund von § 194 Abs. 1 BGB auch die Er­ satzforderung den Regeln der Verjährung. Unter Beachtung von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB kann die diesbezügliche Frist – vorbehaltlich besonderer Ausnah­ men, wie etwa der Höchstfristregel des § 199 Abs. 2 BGB – allerdings frühes­ tens mit der Anspruchsentstehung 376 zu laufen beginnen. 377 Das ist bei einer 373

Vgl. Spiro, Begrenzung privater Rechte, Bd. I, S. 567. Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 68. 375 Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 14; Schlosser, JZ 1966, 428f. Nicht hinrei­ chend beachtet bei Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 68. 374

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

den gesamten Anspruch austauschenden Ersetzungsbefugnis der Moment der Gestaltungsrechtsausübung. 378 Dieses allgemeine Prinzip der Kopplung von An­ spruchsentstehung und Beginn der Verjährungsfrist lag auch dem Entwurf zum SchuModG zugrunde. 379 Selbst im Fall des oben erläuterten § 218 Abs. 1 BGB, der den Ausschluss des Rücktritts und der Minderung akzessorisch an die Ver­ jährung des Erfüllungs bzw. Nacherfüllungsanspruchs bindet, bleibt die Verjäh­ rung des aus der Gestaltung resultierenden Anspruchs unberührt. Die aus dem Rücktritt folgende Rückabwicklungsforderung verjährt erst ab Wirksamkeit der Rücktrittserklärung. 380 Eine allgemeine Abweichungsregelung, wie sie z. B. in den §§ 438 Abs. 1, 2 i.V. m. 437 Nr. 3 BGB für den Anspruch auf Schadens­ ersatz statt der Leistung zu finden ist, 381 besteht für das Ersetzungsrecht nicht. Einer analogen Anwendung steht zumindest die fehlende Vergleichbarkeit der Interessenlagen entgegen. Bei § 438 Abs. 1 BGB handelt es sich um eine Son­ derregel des kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrechts, bei dem Gewährleis­ tungsansprüche besonders schnell und Unabhängig von Entstehungszeitpunkt und Kenntnis verjähren sollen. 382 Ebenso wenig kann auch der § 217 BGB herangezogen werden. Primär- und Ersatzanspruch stehen bei der Ersetzungsbefugnis in einem zeitlichen Nachfol­ geverhältnis und stellen keine Nebenleistung des jeweils anderen dar. Eine allein auf dem Gesamtgefüge von Primär- und Ersatzschuld bei der Ersetzungsbefugnis basierende Argumentation erscheint daher, trotz des weitgehenden Einrückens der Ersatz- in die Stellung der Primärforderung, bedenklich.

376

Darunter wird allgemein der Zeitpunkt der erstmaligen Möglichkeit zur Geltend­ machung verstanden. Dazu: Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 20; BGH, NJW 2002, 2707 (2708). 377 So bestätigt für die Ansprüche aus §§ 326 Abs. 1 und 480 Abs. 1 BGB a.F. Vgl. dazu BGH, NJW 1999, 2884 (2886). 378 So ausdrücklich zum Parallelfall der Ansprüche nach Ausübung der Gestaltungs­ rechte Kündigung und Anfechtung: Grothe, in: MüKo, § 199 BGB, Rn. 14; Henrich / Spindler, in: Bamberger / Roth, § 199 BGB, Rn. 4; Mansel / Stürner, in: AnwK, § 199 BGB, Rn. 25; H. Heinrichs, in: Palandt, § 199 BGB, Rn. 4. Zur Kündigung: Amann, DNotZ 2002, 94 (99); Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 21; BT-Drs. 14/6040, S. 258. 379 BT-Drs. 14/6857, S. 11. 380 Arnold, ZGS 2002, 438 (441); Büdenbender, in: AnwK, § 438 BGB, Rn 10; Faust, in: Bamberger / Roth, § 438 BGB, Rn. 49; Westermann, in: MüKo, § 438 BGB, Rn. 4; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 365; Reinking, ZGS 2002, 140 (142); BGH, NJW 2007, 674 (677); OLG Koblenz, ZGS 2006, 117 (118); a. A. Mansel / Budzikiewicz, Jura 2003, 1 (9) und G. Wagner, ZIP 2002, 798 (790). 381 Auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung entsteht im Fall einer not­ wendigen Fristsetzung erst mit deren Ablauf. So: Ernst, in: MüKo, § 281 BGB, Rn. 105; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 281 BGB, Rn. 19. Gleichwohl beginnt seine Verjährung bereits zu dem nach § 438 Abs. 1 und 3 BGB vorverlagerten Zeitpunkt. 382 Dazu ausführlich bei Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 360.

IV. Verjährung und Verwirkung

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Weiterhin spricht auch das Argument der Gesetzgebungshistorie gegen ei­ nen der eigentlichen Anspruchsentstehung vorgelagerten Verjährungsbeginn. Vor dem SchuModG war der Beginn der Anspruchsverjährung in einigen Fällen der noch ausstehenden Mitwirkung des Gläubigers bei der Anspruchsentstehung durch Ausübung eines Gestaltungsrechts auf den Zeitpunkt der erstmaligen Mög­ lichkeit zur Mitwirkung vorverlegt. Konkret handelte es sich dabei um die §§ 199 S. 1 und 200 S. 1 BGB a.F., welche die Verjährung einer von Kündigung oder Anfechtung abhängenden Forderung bereits mit der Möglichkeit zur Gestal­ tungsrechtsausübung beginnen ließen. In der geltenden Fassung des BGB sind diese Regelungen entfallen. Bereits vor der Reform des Verjährungsrechts begeg­ nete das Schrifttum einer Ausweitung dieser Vorverlagerungsregeln auf andere Gestaltungsrechte, aufgrund der hieraus resultierenden „unbilligen Ergebnisse für den Berechtigten“, mit großer Zurückhaltung. 383 Gerade wegen der fehlen­ den Verallgemeinerungsfähigkeit dieser Regeln wurden sie zum 01. 01. 2002 aus dem BGB gestrichen. 384 Der Gesetzgeber verfolgte dabei ausdrücklich das Ziel, „von einem Anfangstermin abhängende Ansprüche [...] erst mit Eintritt [...] des Anfangstermins“ verjähren zu lassen. Das muss dann aber auch für den Er­ satzanspruch bei einer Schuld mit anspruchssubstituierender Ersetzungsbefugnis gelten. Eine vorverlagerte Verjährung muss daher ausscheiden. Ergänzend lässt sich dieses Ergebnis auch durch einen Vergleich mit der Novation bestätigen, die nicht nur das gesamte Schuldverhältnis, sondern auch den einzelnen Anspruch betreffen kann. Auch bei dieser beginnt die Verjährung der neu geschaffenen Forderung erneut zu laufen. 385 Die parallele Entstehung der Einrede aus § 214 Abs. 1 BGB gegen Primär- und Ersatzschuld ist folglich auf dem Wege der eigenen Verjährung nicht zu erreichen. (2) Übertragung der Verjährungseinrede Ein das Wesen der Ersetzungsbefugnis beachtendes Durchsetzbarkeitshinder­ nis lässt sich demnach nicht aus einer, vor der Ersetzung beginnenden, eigenen Verjährung der Ersatzschuld herleiten. Eine weitere Möglichkeit könnte aber in der bereits erwähnten Übertragung der gegen die Primärschuld gerichteten Einrede liegen. 386 Diese Lösung würde nicht nur das fragwürdige Ergebnis 383

Vgl. Grothe, in: MüKo, 4. Vorauflage 2001, § 199 BGB, Rn. 1; Peters, in: Staudin­ ger, Vorauflage 2001, § 199 BGB, Rn. 4ff. 384 BT-Drs. 14/6040, S. 99. 385 Grothe, in: MüKo, § 195 BGB, Rn. 36; vgl. Henrich, in: Bamberger / Roth, § 195 BGB, Rn. 6; Köhler, GRUR 1996, 231 (232); Peters, NJW 2008, 119 (120); Stadler, in: Jauernig, § 780, 781 BGB, Rn. 10. 386 Auch hierdurch würden Ereignisse, welche die Verjährung der Primärschuld be­ einflusst hatten, im Rahmen der Einrede gegen die Ersatzschuld berücksichtigt. Dazu ist jedoch ein Verweis auf § 213 BGB weder erforderlich noch zutreffend.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

vermeiden, dass die Ausübung der Befugnis zu einer faktischen Ausdehnung der Verjährungsfrist führt, sondern zugleich den durch die Gestaltung bewirk­ ten Austausch beachten. Als Vertreter dieses Lösungsmodells ist exemplarisch Gernsheim zu nennen, der die Ansicht vertrat, „das durch die Vollendung der Verjährung einmal begründete Gegen-Recht des Schuldners, die Leistung ver­ weigern zu können“, werde durch die Ersetzung nicht beseitigt. 387 Das Leis­ tungsverweigerungsrecht müsse vielmehr „auch dem umgewandelten Anspruch gegenüber seine Geltung behalten.“ Gernsheim ging damit offensichtlich von ei­ ner identischen Einrede aus, was sich jedoch nicht problemlos mit der, auch von ihm an anderer Stelle 388 betonten, Möglichkeit der Diskontinuität der Ansprüche vereinbaren lässt. Die Grundlage für eine Übertragung der Einrede lässt sich unter Umständen im Wesen der Ersetzungsbefugnis selbst finden. Nach hier vertretener Auffas­ sung berechtigt sie ihren Inhaber, sei es Gläubiger oder Schuldner, die bis dahin geschuldete Primärleistung durch eine Ersatzleistung auszuwechseln. Zu errei­ chen ist dieses Ziel durch Veränderung oder Austausch des Gesamtanspruchs. Abstrakt betrachtet soll also durch das Ersetzungsrecht nicht etwas zusätzlich, sondern nur etwas anstatt verlangt oder durchsetzbar geschuldet werden. 389 Im Umkehrschluss könnte das zur Folge haben, dass diese Kopplung auch im negati­ ven Sinne gilt. Sofern also nichts (mehr) einredefrei gefordert werden kann oder durchsetzbar geschuldet wird, könnte auch nicht an dessen Stelle etwas anderes zu fordern oder durchsetzbar zu schulden sein. Könnte demnach der Gläubiger, aufgrund eingetretener Verjährung, die Erfüllung der Primärschuld nicht mehr durchsetzen, so wäre ihm zugleich das gestaltungsabhängige Fordern der Ersatz­ schuld versagt. Die Durchsetzbarkeit der Ersatzschuld entfiele also immer dann, wenn die Primärschuld bereits verjährt ist. Auch hier stünde es dem Schuldner allerdings jederzeit frei, über die Erhebung der Einrede zu entscheiden. Bedenklich erscheint allerdings, dass dieser Lösungsvorschlag keine Anknüp­ fung im BGB findet und daher allein auf der zuvor herausgearbeiteten Natur der Ersetzungsbefugnis beruhen würde. Zwar ist anerkannt, dass rechtsethisch fragwürdige Ergebnisse eine „gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung“ legiti­ mieren können. 390 Ein solcher, sich extra legem bewegender, Ansatz schiene jedoch nur dann überzeugend, wenn die darin verwirklichte Methode dem ko­ difizierten System nicht gerade widerspricht. Wie erörtert, ist die Übertragung der Verjährungseinrede dem BGB aber fremd. Zwar findet sich das Prinzip der Wirkungsübertragung zwischen Hauptansprüchen auch in den Regeln des 387

Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 198. Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 23f. 389 Das wurde sogar als begriffliche Voraussetzung der Ersetzungsbefugnis eingestuft. Vgl. dazu Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 184f. 390 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 421ff. 388

IV. Verjährung und Verwirkung

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Verjährungsrechts, doch beschränkt sich dieses in § 213 BGB ausdrücklich auf Hemmungs-, Ablaufhemmungs- und Neubeginnstatbestände. Eine Erstreckung auf den Beginn und das Ende 391 der Frist oder die gesamte Verjährungseinrede bewirkt § 213 BGB dagegen nicht. Hier eine Übertragung der Einrede anzuneh­ men, würde bedeuten, das abgeschlossene System der Verjährungsregeln auf­ grund einer einzelnen Rechtsfigur zu durchbrechen. Die stärkeren Argumente streiten somit dafür, auch diesen Lösungsweg im Ergebnis nicht weiter zu ver­ folgen. dd) Existenz einer befugnisimmanenten Ausschlussfrist Infolge der bisherigen Ausführungen wird ersichtlich, dass weder eine Pro­ blemlösung auf der Basis der Forderungsverjährung richtig erscheint, noch eine entsprechende Erstreckung der Verjährungsregelungen auf die Ersetzungsbefug­ nis vollständig überzeugen kann. Für eine Begrenzung dieser Kategorie der subjektiven Rechte scheint vielmehr die Ausschlussfrist das geeignete Mittel zu sein. 392 Ausschlussfristen wirken im Gegensatz zu Verjährungsfristen rechtsver­ nichtend 393 und führen damit zu einer Einwendung. 394 Ihre Grundlage finden sie regelmäßig entweder in der Parteiabrede oder im Gesetz. 395 Im hier untersuchten Fall einer Schuld mit Befugnis des Gläubigers zur Er­ setzung der gesamten Forderung wäre es auf diese Weise möglich, die oben genannten Erwägungen zum Zweck der Befugnis und der Fragwürdigkeit der Verjährungsfristerweiterung in eine gestaltungsrechtsimmanente Ausschlussfrist einfließen zu lassen. Damit könnten die bisherigen Überlegungen – nach denen bei einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis nach der Gestaltungserklärung eine Ersatzleistung nur dann gefordert werden soll, wenn auch die Primärschuld vor der Ersetzung noch zu fordern war (anstelle) – berücksichtigt werden, ohne auf eine gestaltungsrechtsuntypische Begrenzungsmöglichkeit ausweichen zu müs­ sen. Dabei erweist es sich als unschädlich, dass eine solche Frist keinen aus­ drücklichen Niederschlag im BGB gefunden hat. Auch in anderen Fällen ist eine Rechtsbegrenzung durch den angestrebten Zweck keineswegs unbekannt. So ist etwa das Optionsrecht des Mieters oder Pächters zum Erwerb des Miet­ gegenstandes nach allgemeiner Auffassung stillschweigend durch das Ende des 391

Peters, in: Staudinger, § 213 BGB, Rn. 9. Bündenbender, JuS 1997, 481 (484); P. Bydlinski, in: Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 381 (383); Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 177f.; Grothe, in: MüKo, § 194 BGB, Rn. 4; Leverenz, JURA 1996, 1 (8); Seckel, in: FS-Koch, S. 205 (231). 393 Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 16; RGZ 48, 157 (163); 128, 46 (47). 394 Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 16; vgl. Henrich, in: Bamberger / Roth, § 194 BGB, Rn. 5; Peters, in: Staudinger, Vorbemerkungen zu § 194 BGB, Rn. 13. 395 Henrich, in: Bamberger / Roth, § 194 BGB, Rn. 5. 392

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Miet- oder Pachtverhältnisses begrenzt. 396 Auch hier wäre der beabsichtigte Sinn und Zweck der Berechtigung – nämlich dem Mieter den Eintritt in die Eigen­ tümerstellung an seinem Besitzgegenstand zu ermöglichen – nach dieser Zeit nicht mehr zu erreichen. Weiterhin ist, wie etwa im Fall der ebenfalls ungere­ gelten, vertraglich begründeten Option, 397 auch an eine Anlehnung an gesetzlich geregelte Gestaltungsrechte zu denken. Das BGB hält eine Vielzahl von Aus­ schlussfristen beispielsweise in den §§ 121, 124, 148, 462, 469 Abs. 2, 532, 626 Abs. 2, 1944, 1954 bereit. 398 Wäre auch die Ersetzungsbefugnis im BGB all­ gemein geregelt worden, so erscheint es vor dem Hintergrund der genannten Missbrauchsmöglichkeit zumindest nicht unwahrscheinlich, dass auch für dieses Recht eine Ausschlussfrist Einzug in das Gesetz gefunden hätte. 399 Daneben ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung auch in anderen Fällen eine Auswirkung des Zwecks auf die zeitgebundene Rechtsbegrenzung angenommen wird. So ist z. B. eine in einem Gesellschaftsvertrag zu kurz bemessene Aus­ schlussfrist durch eine angemessene Frist zu ersetzen, sofern die festgelegte Zeit nicht ausreicht, um den bezweckten Erfolg zu erreichen. 400 Wenn aber die Erwei­ terung einer Ausschlussfrist und damit die Verlagerung der Rechtsvernichtung auf einen späteren Zeitraum aufgrund von Zweckerwägungen zulässig ist, so er­ scheint auch die auf dem telos eines Rechts basierende Begründung einer solchen Frist nicht ausgeschlossen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Rechtsvernichtung gerade geboten ist. Dieses Ergebnis ist bei einer durch Parteiwillen entstandenen Ersetzungsbe­ fugnis auch problemlos zu konstruieren und könnte der Begründungsabrede – an­ gesichts der bisherigen Ausführungen – auch konkludent zugrunde gelegt wer­ den. Dabei ist es unerlässlich, den Vergleich mit der häufiger vorkommenden, nur zum Austausch der geschuldeten Leistung berechtigenden, Ersetzungsbefug­ nis zu suchen, die gerade keine Verjährungsumgehung ermöglich. Dienen aber beide letztlich dem Zweck der Substitution der geschuldeten Leistung, so spricht zumindest diese Ähnlichkeit für die Annahme einer Ausschlussfrist. Einzuwenden ist allerdings, dass gerade eine bewusste Entscheidung für die Begründung eines zur Anspruchssubstitution berechtigenden Gestaltungsrechts in starkem Maße auch auf einen Willen zur Herbeiführung der daraus typischer­ weise resultierenden Rechtsfolgen hindeutet: Warum sonst hätten die Parteien 396

Nachweise bei Henrich, Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, S. 258f. Nachweise bei Henrich, Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, S. 262. 398 Für eine Übersicht wurden auch Rechte in die Aufzählung aufgenommen, bei denen die Zugehörigkeit zur Gruppe der Gestaltungsrechte umstritten ist. Für die Frage der Ausschlussfrist bleibt das jedoch ohne Konsequenz, da eine solche auch andere Rechte betreffen kann. So auch Peters, in: Staudinger, Vorbemerkungen zu § 194 BGB, Rn. 13. 399 Vergleichbarer Gedanke für den Fall des vertraglich begründeten Optionsrechts bei Henrich, Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, S. 262. 400 BGH, NJW 1995, 1218 (1219). 397

IV. Verjährung und Verwirkung

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eine so weitgehende Rechtsmacht vereinbaren sollen? Gleichsam wäre doch zum Erreichen des Substitutionszwecks auch eine die Anspruchsidentität erhaltende Befugnis zum bloßen Austausch der geschuldeten Leistung zu begründen gewe­ sen. Die konkludente Vereinbarung einer solchen Frist ist damit zwar möglich, aber keineswegs zwingend anzunehmen. Im Zweifel empfiehlt es sich daher sogar, nicht von einer vereinbarten Ausschlussfrist auszugehen. Eventuelle Ab­ weichungen sind dem individuellen Parteiwillen zu entnehmen. Im Fall einer gesetzlich begründeten Befugnis des Gläubigers zur Anspruchs­ substitution ist das Bestehen einer Ausschlussfrist durch Auslegung der ein­ schlägigen Norm zu ermitteln. Auch dabei kann eine anderenfalls auftretende Zwecküberschreitung ausschlaggebend sein. 2. Anrechnung der bereits partiell verstrichenen Verjährungsfrist der Primärschuld nach der Ersetzung Die vorangegangene Erörterung zeigte auf, inwieweit die bereits eingetretene Verjährung der Primärschuld geeignet sein könnte, das Gestaltungsrecht zu be­ einflussen. Zu erläutern bleibt allerdings, ob sich auch ein partielles Ablaufen der für die Primärschuld relevanten Frist auf die Möglichkeit der Anspruchser­ setzung auswirkt. Der Rechtsnatur der Ersetzungsbefugnis ist an dieser Stelle kein eindeutiger Befund zu entnehmen. Zwar lässt sich das Gestaltungsrecht zum Fordern oder Leistenmüssen der Ersatzschuld anstelle der Primärschuld – wie erläutert – restriktiv interpretieren. In den Umfang der Ersatzschuld könnte somit erneut ein beschränkendes „soweit“ integriert werden, so dass diese nur in der Weise geschuldet wäre, wie zuvor auch die Primärschuld bestand. Eine solche Begrenzung wäre jedoch bereits das Ergebnis und nicht die Ausgangslage der hier vorab erforderlichen Untersuchung. Die Berücksichtigung des Systems der Verjährungsregeln ist somit auch an dieser Stelle unentbehrlich. Für die Anrechnung der bereits verstrichenen Zeit spricht zumindest bei Vor­ liegen einer unter den genannten Voraussetzungen festgestellten Ausschlussfrist die Überlegung, 401 dass es zweifelhaft erschiene, wenn allein der vollständige Fristablauf zu einer Einschränkung der Befugnis führen würde. Auch eine Erset­ zung innerhalb der Frist könnte nämlich im Extremfall nahezu eine Verdopplung des Verjährungszeitraums bewirken und damit zu einer erheblichen Verlänge­ rung des beweiserheblichen Zeitraumes führen. Unter Beachtung des erläuterten Schutzzwecks der Verjährungsregeln ist das nicht unbedenklich. Zumindest wäre es erklärungsbedürftig, weshalb sich ein Gläubiger noch bis zum letzten Moment vor Fristende einen Anspruch mit komplett neuer Verjährungsfrist verschaffen 401 Bei Ablehnung eine Ausschlussfrist kann nach hier vertretener Auffassung konse­ quenterweise auch keine partielle Anrechnung erfolgen.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

kann. Auch erscheint es zumindest hinsichtlich des Arguments der erschwerten Nachvollziehbarkeit vollkommen belanglos, ob die Verjährung bereits eingetre­ ten oder die Frist nur nahezu abgelaufen ist. Nicht der durch den Gesetzgeber festgelegte Zeitpunkt der Einredeentstehung, sondern der tatsächlich zurücklie­ gende Zeitraum ist es, der für das Risiko der Verdunklung ausschlaggebend ist. Unüberwindbar sind diese Argumente aber nicht. Ebenso könnte das Recht zur Ersetzung auch absolut verstanden werden, so dass allein das Bestehen oder Nichtbestehen der Verjährungseinrede relevant bliebe. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die an die eingetretene Verjährung des Anspruchs gekoppelte Ausschlussfrist hinsichtlich des Gestaltungsrechts eine durch die Natur der Erset­ zungsbefugnis legitimierte Abweichung vom Prinzip der Forderungsbezogenheit der Verjährungseinrede darstellt. Ihre Ausdehnung ist daher sehr restriktiv zu handhaben. Daneben erweist sich der im Fall einer bereits abgelaufenen Ver­ jährungsfrist geschützte Rechtsfrieden als bedeutsamer Unterschied zu der nur partiell abgelaufenen Frist. Nur für die erstgenannte Situation war es die Inten­ tion des historischen Gesetzgebers, die unfreiwillige Belästigung des Schuldners mit alten Ansprüchen zu unterbinden. 402 War hingegen noch gar keine Verjäh­ rung der Primärschuld eingetreten, so ist ein in diesem Sinne befriedeter Zustand noch gar nicht entstanden. Weiterhin erscheint es auch nicht systemwidrig, der Zäsur des Verjährungs­ moments eine entscheidende Bedeutung beizumessen. Bis zur Entstehung der Einrede können auch andere rechtserhebliche Handlungen vorgenommen wer­ den, die bemerkenswerten Einfluss auf die Anspruchsverfolgung haben. So kann z. B. nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung der Klage die Verjährung gehemmt werden. Erfolgt dieses noch vor dem Eintritt der Verjährung des Pri­ märanspruchs, so kann dem Gläubiger noch lange nach dem ursprünglichen Zeitpunkt des Fristablaufs der Anspruch zugesprochen werden. Erhebt er die Klage hingegen – sei es auch nur kurz – nach der Entstehung des Leistungs­ verweigerungsrechts aus § 214 Abs. 1 BGB, so kann schon dieser Umstand zur Niederlage in einem etwaigen späteren Prozess führen. Der Gesetzgeber misst diesem Zeitpunkt also generell eine besondere Bedeutung im Rahmen der Ent­ scheidung über die Verhinderung des Verjährungseintritts durch Parteihandlung bei. Aus diesem Grund kann es dann aber auch nicht grundsätzlich verfehlt erscheinen, auch im Fall der Ersetzungsbefugnis danach zu differenzieren. Ein weiterer nicht zu missachtender Unterschied zwischen der Ersetzung vor und nach Eintritt der Verjährung ist das im ersten Fall erfolgte fristgemäße Tätig­ werden des Gläubigers. Nach vordringender Auffassung besitzt die Verjährung zumindest als Nebenzweck auch ein beschleunigendes Element. 403 Der Berech­ tigte soll also veranlasst werden, sich innerhalb eines begrenzten Zeitraumes 402

Vgl. Mot., Bd. I, S. 291. Ebenso Finkenauer, in: Modernisiertes Schuldrecht, S. 291.

IV. Verjährung und Verwirkung

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zu rühren und anspruchsrealisierend zu betätigen. Auch unter Berücksichtigung dieses Motivs würde es unbillig erscheinen, wäre dem Gläubiger der Rück­ griff auf einen unverjährten Ersatzanspruch trotz eingetretener Verjährung der Primärforderung gestattet. Wurde dagegen die Ersetzung aufgrund einer Gläubi­ gerbefugnis innerhalb der Frist der §§ 194 ff. BGB vorgenommen, so hat letztlich auch auf diese Weise eine geforderte Betätigung stattgefunden. Der Vorwurf des mangelnden Interesses am Anspruchserhalt, der neben anderen Gründen die Verjährung und den damit verbundenen Verlust der Durchsetzbarkeit zu recht­ fertigen vermag, 404 lässt sich in diesem Fall nicht gegen den Gläubiger erheben. Wird zudem berücksichtigt, dass es diesem gleichfalls möglich gewesen wäre, hier klageweise den Primäranspruch zu verfolgen, so kann in der „erneut“ be­ ginnenden Verjährung der Ersatzforderung auch keine unbillige Belastung des Schuldners zu erkennen sein. Der Gläubiger hat hier, im Vergleich zur Kla­ geerhebung, sogar das weniger schuldnerbelastende Mittel gewählt, um sich überhaupt „einen“ durchsetzbaren Anspruchs zu erhalten. Begründeten Anlass zu möglichen Bedenken gibt allerdings der Umstand, dass der Gesetzgeber alle anderen allgemeingültigen Gründe, die zu einer Verlänge­ rung der Durchsetzbarkeit über den ursprünglichen Termin des Verjährungsein­ tritts hinaus führen, in den §§ 203 ff. BGB kodifiziert hat. Das scheint die Geltung eines Enumerativprinzips zumindest nahezulegen. Zudem sind der Schutz des Schuldners vor alten Forderungen und die damit verbundene Erschwerung der Beweisführung die Hauptmotive für die Errichtung der Verjährungsregeln ge­ wesen. 405 Für die Frage, ob einem Anspruch die Einrede des § 214 Abs. 1 BGB entgegengehalten werden kann, ist es deshalb insbesondere von Bedeutung, wie schwer der für den Schuldner notwendige Gegenbeweis zu erbringen ist. Das ist aber nicht zwingend vom vollständigen Verstreichen der Verjährungsfrist abhängig. Trotzdem kann die abweichende Behandlung einer nur partiell und einer vollständig verstrichenen Verjährungsfrist gerechtfertigt werden. Sie entspricht schließlich spätestens seit der Aufhebung der §§ 199, 200 BGB a.F. einem Grundprinzip der Verjährungsrechts im BGB. Infolge dieser Änderung ist er­ sichtlich, dass eine Abweichung vom Grundsatz des Beginns einer vollständig 403 Vgl. exemplarisch: Blomeyer, JZ 1959, 15; Dilcher, in: Staudinger, vor § 194 BGB, Vorauflage 1980, Rn. 4; H. Heinrichs, in: Palandt, vor § 194 BGB, Rn. 11; Protzen, NJW 1998, 1920 (1922); BGH, NJW 1995, 252 (253); 1983, 388 (390). Vgl. Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. I, S. 676. (für Recht der Wandelung und Minderung). Kein Zweck, sondern nur erwünschte Nebenfolge nach: Spiro, Begrenzung privater Rechte, Bd. I, S. 20ff. Insgesamt kritisch hierzu Noll, Verjährung von Erfüllungsansprüchen aus Dauer­ schuldverhältnissen, S. 56; abl. Peters, in: Staudinger, vor § 194 BGB, Rn. 6. 404 Finkenauer, in: Modernisiertes Schuldrecht, S. 291; Noll, Verjährung von Erfül­ lungsansprüchen aus Dauerschuldverhältnissen, S. 58f.; Peters, VersR 1979, 103 (105); Zimmermann, JZ 2000, 853 (854). 405 Vgl. dazu oben Fn. 345 ff.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

neuen Verjährungsfrist bei Anspruchsentstehung selbst dann nicht mehr geboten ist, wenn es der Gläubiger in der Hand hat, den Zeitpunkt der Forderungsbe­ gründung durch die Ausübung eines Gestaltungsrechts zu bestimmen. Gerade die Zulässigkeit des Selbstverschaffens einer neuen Verjährungsfrist entspricht nunmehr den neuen Verjährungsregeln. Eine Anrechnung muss daher unterblei­ ben. 3. Anwendung des § 213 BGB auf die Ersetzungsbefugnis Abschließend ist an dieser Stelle auf die Anwendbarkeit von § 213 BGB bei einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis einzugehen. Für diese 406 bzw. jedenfalls für die Anwendung der Regel im Fall 407 des 249 Abs. 2 S. 1 BGB 408 spricht sich ein Teil der Literatur aus, ohne dabei auf die Frage der vollständigen Forde­ rungssubstitution einzugehen. Das kann in dieser generalisierenden Weise nicht überzeugen. Handelt es sich bei der konkreten Ersetzungsbefugnis um ein nur zum Austausch der geschuldeten Leistung berechtigendes Gestaltungsrecht, so kann § 213 BGB aufgrund der erhalten gebliebenen Anspruchsidentität bereits nach seinem Wortlaut nicht zur Anwendung gelangen. 409 Außerdem ist eine, im Hinblick auf die Verjährung wirkende, möglicherweise auch gesetzesfortbil­ dende Übertragung bei einem einheitlichen Anspruch gar nicht erforderlich. Die einschlägigen Tatbestände der §§ 194 ff. BGB betreffen schließlich den Anspruch an sich und erfassen damit auch den veränderten Leistungsinhalt. Anderes kann nur dann gelten, wenn der Inhaber des Gestaltungsrechts tatsächlich zum voll­ ständigen Austausch der Forderung berechtigt ist. In diesem Fall wäre zumindest ein anderer Anspruch im Sinne des § 213 BGB gegeben. 410 4. Zwischenergebnis Die nur den Austausch der geschuldeten Leistung legitimierende Ersetzungs­ befugnis des Gläubigers ist im Hinblick auf die Verjährung unbedenklich. Auf­ grund der ihr immanenten Wahrung der Anspruchsidentität ist eine Umgehung 406

Vgl. Dörner, in: Hk-BGB, § 213 BGB, Rn. 1. Vgl. exemplarisch: Mansel / Budzikiewicz, in: AnwK, § 213 BGB, Rn. 10; Peters, in: Staudinger, § 209 BGB, Vorauflage 2001, Rn. 27 (für eine wechselseitige Unterbre­ chungswirkung nach altem Verjährungsrecht); Wolf, in: FS-Schumann, S. 579 (591). Zu den Grenzen der Verjährungsunterbrechung vgl. Henkel, JZ 1962, 335ff. 408 Zur Einstufung als Ersetzungsbefugnis vgl. oben Fn. 9. 409 Vgl. dazu: BT-Drs. 14/6040, S. 122; 6857, S. 10. 410 Zu den im Rahmen von § 213 BGB anwendbaren Hemmungstatbeständen Peters, in: Staudinger, § 213 BGB, Rn. 7ff. 407

IV. Verjährung und Verwirkung

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der schuldnerschützenden Vorschriften nicht zu befürchten. Eine Korrektur der zur Anwendung kommenden Regeln des BGB ist daher nicht geboten. Die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, die zur vollständigen Anspruchssub­ stitution berechtigt, kann dagegen durch eine Ausschlussfrist auf den Zeitraum begrenzt sein, in dem der Primäranspruch durchsetzbar ist. Das ist der Fall, wenn das Gestaltungsrecht zwar eine Substitution durch eine andere Forderung, nicht jedoch eine faktische Verlängerung der Verjährungsfrist ermöglichen soll. In diesem Fall ist eine Ersetzung durch das Erlöschen der Ersetzungsbefugnis ausgeschlossen. Gerade die Entscheidung für eine so umfängliche Rechtsmacht spricht allerdings im Zweifel für den unbelasteten Neubeginn der Verjährung. Eine Anrechnung der partiell verstrichenen Verjährungsfrist scheidet dagegen stets aus. Im Fall eines Ersetzungsrechts des Schuldners ist eine Ausschlussfrist dagegen mangels Rechtsumgehungsgefahr nicht gegeben. Hier könnte sich der Befugte durch eine Ersetzung des verjährten Primäranspruchs nur selbst schaden. 5. Verwirkung der Ersetzungsbefugnis infolge Zeitablaufs Neben der Verjährung der zugrunde liegenden Hauptforderung bildet die Rechtsverwirkung eine weitere Möglichkeit der zeitlichen Begrenzung der Erset­ zungsbefugnis. 411 Die Verwirkung eines Rechts, als Sonderfall eines Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, 412 ist dabei von zwei Variablen, namentlich dem Zeit- und Umstandsmoment, 413 abhängig. Sie wirken gemein­ sam 414 und bilden die notwendigen Voraussetzungen für den Rechtsuntergang. Das Zeitmoment, also das Verstreichen einer zeitlichen Spanne, innerhalb de­ rer der Berechtigte sein Recht nicht geltend gemacht hat, ist durch eine alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Gesamtabwägung zu bestimmen. 415 Dabei ist insbesondere der Zweck der Verwirkung, nämlich die als Ausnah­ merechtsbehelf gestaltete Vermeidung von grober Unbilligkeit, zu berücksichti­ 411

Allgemein zur Verwirkung von Gestaltungsrechten Spiro, Begrenzung privater Rechte, Bd. II, S. 1562. 412 Bündenbender, JuS 1997, 481 (484); C. Heinrichs, in: FS-Laufs, S. 585 (589ff.); Hohloch, in: Erman, § 242 BGB, Rn. 123; H. Kleine, JZ 1951, 9; Schimmel / Jenal, JA 2002, 619 (621); BGH, NJW 1956, 1557 (1558); 1956, 1915; 1957, 1358; 1989, 836 (838); 2002, 669 (670); NJW-RR 1993, 682 (684); BGH, GRUR 2001, 323 (324); BVerwG, DVBl 1999, 1034 (1035); RGZ 155, 148 (152). 413 Oetker, Verjährung, S. 46; ders., NJW 1985, 345 (350); Roth, in: MüKo, § 242 BGB, Rn. 301; BGH, NJW-RR 1992, 1240; BGH, GRUR 2001, 323 (324). 414 H. Kleine, JZ 1951, 9. 415 Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 254ff.; Oetker, NJW 1985, 345 (350); Roth, in: MüKo, § 242 BGB, Rn. 301ff.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

gen. 416 Relevant ist zudem, über welche Zeitdauer 417 dem Inhaber die Nutzung seines Rechts bereits möglich war und ob die Geltendmachung vernünftiger­ weise noch zu erwarten ist. 418 Einer Willenserklärung des Rechtsinhabers, wie sie etwa Voraussetzung des Verzichts ist, bedarf die Verwirkung jedoch nicht. 419 Allein kann das Zeitmoment jedoch niemals ausreichen, um eine Rechtsver­ wirkung herbeizuführen. Vielmehr sind dazu weitere hinzutretende Umstände erforderlich (Umstandsmoment). 420 Das ist notwendig, da es sich bei der Verwir­ kung gerade nicht um den Fall einer gesetzgeberisch vorbestimmten oder ver­ traglich vereinbarten starren Frist, wie etwa bei der Verjährung, sondern um die Wertung des § 242 BGB handelt. Den entscheidenden Anknüpfungspunkt bildet daher die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts. 421 Zu untersuchen ist folglich, ob in der Nichtnutzung des Ersetzungsrechts ein vertrauensbildendes 422 Vorverhalten des Gestaltungsberechtigten zu erkennen ist. In diesem Fall könnte sich die spätere Geltendmachung als treuwidrig erweisen. Ausschlaggebend ist auch dafür der Zweck der Ersetzungsbefugnis. Mit dem Schuldaustausch erlaubt sie es ihrem Inhaber, das Schuldverhältnis seinen Interessen anzupassen. Im Unterschied zu einer Vielzahl anderer Gestaltungsrechte, wie dem Rücktritt, der Anfechtung oder der Kündigung, wird die Ersetzungsbefugnis dem Berechtig­ ten aber nicht erst in einem Zeitpunkt eingeräumt, in dem auch tatsächlich mit der Geltendmachung zu rechnen ist. Vielmehr wird ihre Begründung von einer völlig anderen Motivation bestimmt. Wären die Parteien oder der Gesetzgeber nämlich davon ausgegangen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zeit­ nah ein größeres Interesse des Ersetzungsbefugten an dem Zustand nach der Gestaltung besteht, hätten sie den Ersatzanspruch gleich von Anfang an zum Gegenstand der Schuldverhältnisses erheben können. Der Ersatzleistung kommt also gegenüber der Primärleistung eine nur subsidiäre Bedeutung zu. 423 416

Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 257. Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 256ff.; BGH, NJW-RR 1993, 682 (684); OGH f. d. brit. Z. Köln, NJW 1949, 22 (23). 418 Krebs, in: AnwK, § 242 BGB, Rn. 106; Roth, in: MüKo, § 242 BGB, Rn. 303. 419 H. Kleine, JZ 1951, 9. 420 Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 50; Oetker, Verjährung, S. 46f.; Schim­ mel / Jenal, JA 2002, 619 (621); BGH, NJW 1959, 1629; 1982, 1999; 1984, 1684; 1984, 2466 (2468); 1989, 836 (838); 2003, 824; NJW-RR 1993, 682 (684); 1996, 949 (950); 2003, 727 (728); OGH f. d. brit. Z. Köln, NJW 1949, 22 (23). 421 Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 254ff.; Hohloch, in: Erman, § 242 BGB, Rn. 123; BGH, NJW 1957, 1358; 1984, 1684; 1989, 836 (838); 2001, 2535 (2537); NJW-RR 1993, 682 (684); 2003, 727 (728). 422 Vgl. Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 257; C. Heinrichs, in: FS-Laufs, S. 585 (600ff.); vgl. H. Kleine, JZ 1951, 9; Oppenborn, Verhandlungen und Verjährung, S. 30; BGH, NJW 1957, 1258; 2001, 2535 (2537); 2003, 824. 423 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 375; vgl. C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 151. 417

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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Ein wesentlicher Zweck der Ersetzungsbefugnis ist es daher, dem Berech­ tigten eine spätere Entscheidung zu ermöglichen. 424 Dabei ist es – wie oben erläutert – keineswegs untypisch, wenn der Ersetzungsbefugte völlig von der Gestaltung absieht und sich dauerhaft mit der Primärschuld zufrieden zeigt. Die Ausübung ist schließlich nicht zur Realisierung des ursprünglichen Anspruchs erforderlich. Aus diesem Grund muss dann aber, ohne das Hinzutreten weiterer Faktoren, auch mit einem erst sehr spät erfolgenden Schuldaustausch gerechnet werden. 425 Das Vorliegen der Verwirkungsvoraussetzungen wird daher bei einer Ersetzungsbefugnis tendenziell erst sehr spät anzunehmen sein. Der konkrete Zeitpunkt ist aber auch hier individuell zu ermitteln.

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis In einem weiteren Schritt ist zu untersuchen, ob der Ersetzungsbefugte mit seiner Gestaltungserklärung in Verzug geraten kann und inwieweit sich der Verzug des Schuldners bei der Erfüllung seiner Primärleistungspflicht bzw. der Annahmeverzug des Gläubigers auf das Ersetzungsrecht auswirkt. 1. Verzug durch unterlassene Ausübung der Befugnis Im Gegensatz zur Wahlschuld, bei der die Verpflichtung erst durch die Wahl­ erklärung auf die gewählte Leistung beschränkt und damit erfüllbar wird, 426 ist die Leistungsverpflichtung bei einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis bereits von Beginn an definiert. Eine vorhergehende Gestaltungsausübung ist daher zur Er­ füllung weder notwendig noch in irgendeiner Weise charakteristisch für dieses Rechtsinstitut. 427 Der Befugte ist zur Ersetzung ausschließlich berechtigt. Eine 424 Vgl. dazu Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 375. Zugegebenermaßen ließe sich dagegen anführen, dass die Auswahl einer Schuld X als grundsätzlich relevanten Primäranspruch auch gegen die noch erfolgende Ersetzung sprechen könnte, greift doch auch hier das Argument, dass anderenfalls wohl die Ersatzschuld als Primärschuld gewählt wurde wäre. 425 Zu stark wichtet Oetker, NJW 1985, 345 (350), im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB das Interesse des Schuldners an einer zeitnah gesicherten Rechtslage. Richtiger­ weise muss auch das berechtigte Gläubigerinteresse an einer verzögerten Entscheidung in angemessener Weise innerhalb der Abwägung berücksichtigt werden. Wird zudem bedacht, dass das Gesetz gerade für diese Situation die Entscheidungsbefugnis des Gläu­ bigers anordnet, so erscheint er zweifelhaft, dem Regelungsplan des Gesetzes durch eine schnellstmögliche Beschränkung dieses Rechts zu entsprechen. 426 Krüger, in: MüKo, § 264 BGB, Rn. 1; vgl. Unberath, in: Bamberger / Roth, § 264 BGB, Rn. 1. 427 Vgl. Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 192.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

auf Rechtsausübung gerichtete Verpflichtung besteht weder im Fall der Befugnis des Gläubigers noch bei der des Schuldners. Ein Verzug des Ersetzungsberech­ tigten bei der Ausübung seines Gestaltungsrechts kann aus diesem Grund nicht eintreten. 428 2. Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Schuldner- oder Annahmeverzug a) Vorbemerkungen Vom Wesen des hier betrachteten Gestaltungsrechts vollkommen unbehel­ ligt bleibt aber die primärleistungsbezogene Möglichkeit eines Schuldner- und Gläubigerverzuges bestehen. Das führt zu der Frage, ob diese gegebenenfalls Übertragungs- und Vernichtungswirkungen in Bezug auf die Ersetzungsbefug­ nis entfaltet. Ein Teil der Literatur spricht sich gegen einen solchen Effekt aus, 429 schließlich sei das Ersetzungsrecht vollkommen unabhängig von der unterblie­ benen Tilgung. Dieses Resultat erscheint zwar nicht abwegig, doch bedarf es hier zuvor einer genaueren Untersuchung. Durch die Verzugsregeln des BGB erfolgt eine spezielle Gefahrenzuwei­ sung, 430 die berücksichtigt, dass eine Partei nicht hinreichend auf die Anspruchs­ erfüllung hingewirkt hat. Der Grund für das Fortbestehen der Forderung ist also allein in ihrer Sphäre zu suchen. Aufgrund dieser Wertung erhält der andere Beteiligte des Schuldverhältnisses de lege eine Vielzahl von Privilegien zuge­ sprochen. Exemplarisch ist hier zu erwähnen, dass der Schuldner im Fall des Annahmeverzugs die Möglichkeit hat, eine gegen ihn gerichtete Forderung auch ohne Mitwirkung des Gläubigers zu tilgen. In der Situation des Schuldnerverzugs profitiert der Gläubiger dagegen von einer stärkeren Haftung des Verpflichteten. Nach Rosenberg handelt sich dabei einerseits um eine Lockerung, andererseits um eine Straffung des obligatorischen Bandes. 431 Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass der Verzug eine leistungsspe­ zifische Tatsache darstellt und sich damit auf die konkrete Schuld im engeren Sinne bezieht. 432 Der Gläubiger hat es schließlich unterlassen, die Tilgung durch 428

Ebenso: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 54f. und 56, Fn. 1; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 78; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 23; Siber, KritVSchr 1905, 526 (544); a. A.: Titze, Die Unmöglichkeit der Leistung, S. 195, Fn. 1. 429 Vgl. Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 37 und Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 25 (ausdrücklich für die Gläu­ bigerbefugnis); Weitz, Die facultas alternativa, S. 14f., 74f.; Er. Wagner, Alternativobli­ gation und facultas alternativa des Schuldners, S. 51. 430 Vgl. Hönn, AcP 1977, 385 (388); Wertheimer, JuS 1993, 646 (647). 431 Vgl. Rosenberg, IherJb 1901, 141 (145).

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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Annahme der konkret geschuldeten Primärleistung im Sinne des § 293 BGB zu unterstützten. Gleiches gilt für den Verpflichteten, der die individuell geschuldete Leistung nicht erbracht hat. Es ist für die Kombination von Ersetzungsbefug­ nis und Verzug demnach unerheblich, ob das Gestaltungsrecht zum Austausch des Gesamtanspruchs oder nur zur Substitution der geschuldeten Leistung be­ rechtigt. Genauso wie etwa der Annahmeverzug endet, 433 wenn der Schuldner sein Leistungsangebot zurückzieht, muss diese Folge auch eintreten, wenn die ursprüngliche Leistung aufgrund der Ersetzung überhaupt nicht mehr geschul­ det wird. Noch deutlicher wird dieser Befund hinsichtlich einer unterlassenen Mitwirkungshandlung im Sinne des § 296 S. 1 BGB anhand des folgenden Bei­ spiels: Ein Zoohändler gerät im Annahmeverzug, weil er die Käfige für die an ihn zu liefernden Tiere nicht bereitgestellt hat. In diesem Fall kann offensichtlich nicht von einer Fortdauer dieses Verzuges gesprochen werden, wenn er nach Verzugseintritt eine Ersetzungsbefugnis ausübt, die ihn berechtigt, anstelle der Tiere 100 kg Tierfutter zu fordern. Für eine Realisierung dieses Anspruchs ist eine Mitwirkungshandlung des Gläubigers nämlich überhaupt nicht erforderlich. Ihm ist insoweit also kein Vorwurf zu machen. Die Verzugsvoraussetzungen knüpfen an die Forderung in ihrer konkreten Gestalt. Das hat zur Folge, dass unabhängig von der Frage, ob die Verzugs­ vergünstigungen trotz der Anspruchssubstitution erhalten bleiben, 434 zumindest nicht per se von einem Verzug bezüglich der Ersatzleistung auszugehen ist, wenn der Berechtigte seine Gestaltungsbefugnis ausübt. Bei einer Verbindung der beiden oben genannten Grundsätze wird deutlich, dass eine konsequente Verfolgung der These von der Unabhängigkeit von Ver­ zug und Ersetzungsbefugnis dazu führen könnte, dass die Ersetzung das Ende des Verzuges durch Austausch der relevanten Leistung herbeiführt. 435 Das gilt unabhängig von der Frage, ob die Reichweite des Gestaltungsrechts nur die geschuldete Leistung oder den gesamten Anspruch betrifft. Liegt dann auch noch eine Konstellation vor, in der die Ersetzungsbefugnis und der Grund der Verzögerung in einer Person vereinigt sind, wäre es der belasteten Partei unter Umständen möglich, sich selbst vom Verzug und den damit verbundenen Folgen zu befreien. 436 Es ist daher zu untersuchen, ob dieses Resultat als notwendige 432

Vgl. Siber, KritVSchr 1905, 526 (532). Dazu Löwisch, in: Staudinger, § 293 BGB, Rn. 33. 434 Die Frage, ob der Partei, bei der kein Verzug vorlag, die verzugsbedingten Ver­ günstigungen auch nach der Ersetzung erhalten beleibt, ist unabhängig von Problem des Untergangs der Ersetzungsbefugnis zu beantworten. 435 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 151. 436 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 83. Dieses Problem wurde nicht gesehen bei C. Wag­ ner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 155. 433

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Konsequenz einer Forderung mit Ersetzungsbefugnis hinzunehmen ist oder eine Korrektur des Ergebnisses geboten erscheint und wie diese gegebenenfalls zu erfolgen hat. Als unproblematisch erweisen sich jedenfalls die Fälle, bei denen der verzugs­ auslösende Grund die Primär- und Ersatzleistung gleichermaßen erfasst. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Verzugsbeginn von einem Zeitpunkt abhängt und dieses auf beide Verpflichtungen zutrifft. So könnten Schuldner und Gläu­ biger beispielsweise eine Geldleistung zum Ersten des Monats vereinbart und es Letzterem dabei freigestellt haben, diese Leistungspflicht nachträglich durch eine andere auf Roggen gerichtete zu ersetzen. Erfolgt die Leistung hier nicht termingerecht, gerät der Schuldner gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug. Wenn die Parteivereinbarung dabei nach den §§ 133, 157 BGB so zu verstehen ist, dass die zeitliche Abrede auch die Ersatzleistung erfasst, so befände sich der Schuldner auch nach der Ersetzung im Verzug. Der Grund wäre nun aller­ dings in der verspäteteten Erbringung der Ersatzleistung zu suchen. Gleiches gilt für alle anderen den Schuldnerverzug sofort auslösenden Gründe nach § 286 Abs. 2 BGB, sofern sie neben der Primär- auch die Ersatzleistungspflicht schon im Moment ihrer Entstehung betreffen. Ebenso ist eine solche Fallgestaltung ohne Gefahr der Rechtsumgehung auch für den Gläubigerverzug möglich. Zu denken ist hier etwa an eine Konstellation, in der eine zur Erbringung von Pri­ mär- und Ersatzleistung gleichermaßen erforderliche und gemäß § 296 S. 1 oder 2 BGB termingemäß vorzunehmende Handlung des Gläubigers unterblieben ist. So könnte dieser z. B. einen Anspruch auf die Lieferung von Rotweinflaschen haben, wobei vereinbart war, dass er dem Schuldner am Anfang des Monats die für den Transport erforderlichen Kisten bereitstellt. Daneben ist er berechtigt, nachträglich anstelle von Rot- Weißweinflaschen zu fordern. Auch hier könnte die Auslegung ergeben, dass die termingerechte Bereitstellung der Kisten eine ebenso notwendige Voraussetzung der Ersatzleistung ist. Damit befände sich der Gläubiger, trotz der Gestaltung während des bereits nach §§ 295 S. 2 Alt. 2 i.V. m. 296 BGB eingetretenen Verzugs, erneut im Verzug der Annahme. Auch hier wäre allerdings die Ersatzleistung relevant. Diese Feststellung gilt in glei­ cher Weise für alle weiteren annahmeverzugsauslösenden Gründe, die auf beide Leistungen gleichermaßen zutreffen. Ebenfalls ohne korrekturwürdige Konsequenzen bleibt die Ersetzung aber auch dann, wenn Verzug und Ersetzungsbefugnis nicht in einer Person vereint auftreten. Ist im Schuldnerverzug der Gläubiger oder aber im Gläubigerverzug der Schuldner zur Ersetzung berechtigt, kann die Gefahr einer Rechtsumgehung überhaupt nicht bestehen. Im Gegensatz zur oben dargestellten Vereinigungssi­ tuation hätte es hier der ersetzungsbefugte Beteiligte, der sich gerade nicht im Verzug befindet, in der Hand, autonom über die Schuldersetzung zu entscheiden. Er könnte also abwägen, ob ihm die Primärleistung mit den Verzugsfolgen, oder die Ersatzleistung ohne Verzug größere Vorteile beschert. Wenn er den anderen

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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Teil durch Gestaltung aus der Verzugsbelastung entlässt, ist diese Rechtslage ein Ergebnis seiner Autonomie und bedarf deshalb keiner wertungsbedingten Nachbesserung. Zwar ist hier das Fortbestehen der Befugnis ebenfalls auf das Unterlassen einer tilgungsfördernden Handlung zurückzuführen. Die Ersetzung kann also auch in dieser Situation nur deshalb erfolgen, weil die Primärschuld nicht durch vorhergehende Erfüllung erloschen ist. Hieraus jedoch die Notwen­ digkeit einer Beschränkung herzuleiten, wäre verfehlt. Das allein durch den Zeitablauf erhöhte Risiko einer Leistungsstörung ist hier deutlich weniger in der Erhaltung des Gestaltungsrechts selbst, sondern vielmehr in der späteren Aus­ übung zu suchen. Im Gegensatz zum Vereinigungsfall, bei dem der Verzug, das Fortbestehen der Primärleistungspflicht und das Aufleben der Ersatzverpflich­ tung der Sphäre derselben Person zuzurechnen sind, ist der Austausch in diesem Fall von der Entscheidung des nicht im Verzug befindlichen Beteiligten abhän­ gig. Daher ist die Gefahr einer Leistungsstörung der Ersatzschuld auch keine unmittelbare Folge des Verzuges. Eine Korrektur ist hier daher nicht geboten. 437 b) Lösungsansätze aa) Ausschluss der Ersetzungsbefugnis bei Verzug des Gestaltungsberechtigten als Konsequenz einer Billigkeitserwägung Ein erster denkbarer Weg zur Lösung des Konfliktes zwischen der normativ angeordneten Zuweisung verzugsbedingter Rechtsfolgen und der auf dem Er­ setzungsrecht basierenden Möglichkeit eines Austausches der verzugsrelevanten Leistung könnte in einem Ausschluss der Gestaltbarkeit bestehen. 438 Die Vertre­ ter dieses ersten Modells betrachten die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers – al­ lerdings ohne Anknüpfung im Gesetz – mit dem Eintritt des Annahmeverzu­ ges als erloschen. Ihre Argumentation stützt sich dabei auf die vermeintliche Unbilligkeit eines Austausches in diesem Zeitpunkt. 439 So könne kein Ergeb­ nis überzeugen, nach dem der Schuldner durch eine Ersetzungsbefugnis des 437

Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 80, 84. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 82f.; Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhält­ nisse, S. 68 (im Fall der Gläubigerbefugnis); Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 152; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 42. Bei Dechamps erscheint dieser Vorschlag nicht konsequent, schließlich spricht er sich an nachfolgender Stelle dafür aus, alle Ereignisse hinsichtlich der Primär- auf die Ersatzforderung zu übertragen. Vgl. dazu Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 72. Damit hätte er zu ei­ nem automatisch eintretenden Verzug hinsichtlich der Ersatzforderung gelangen müssen. 439 Die Vertreter der Theorie vom Erlöschen durch Verzug beschränken dieses Er­ gebnis allerdings auf den Fall der Gläubigerersetzungsbefugnis. Der Grund hierfür ist in ihrer Konstruktion der Schuldnerersetzungsbefugnis als Recht zur Leistung an Erfüllungs statt begründet. Wird jedoch die Ersetzungsbefugnis stets als Recht zum Schuldaustausch 438

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Gläubigers länger hingehalten und intensiver belastet wird, als es durch den Verzug der Leistungsannahme ohnehin notwendig ist. 440 Ebenso unverständlich sei es, wenn das Ersetzungsrecht praktisch dazu führe, dass es im Belieben des Gestaltungsberechtigten steht, wie lange der Unterworfene letztlich mit einem Forderungsaustausch zu rechnen hat. 441 Außerdem habe der Gestaltungsbefugte bei einer weiterhin möglichen Ersetzung das Recht, die Annahme abzulehnen, so dass ein Verzug überhaupt nicht eintreten könne. 442 Die Ausübung des Rechts sei damit letztendlich zeitlich unbegrenzt 443 möglich. Diese Argumente bewegen sich jedoch auf dogmatisch schwachem Funda­ ment und können im Ergebnis nicht überzeugen. Zwar ist es richtig, dass durch die Verbindung mit einer Ersetzungsbefugnis Resultate erzielt werden, die nicht deckungsgleich mit den sonst eintretenden Verzugsfolgen sind. Es darf jedoch nicht verkannt werden, dass eine Forderung mit darauf bezogener Gestaltungs­ befugnis ein rechtliches Mehr im Vergleich zum schlichten Anspruch bildet. Hat nämlich der Unterworfene dem Ersetzungsberechtigten die Befugnis zuge­ standen oder wurde sie diesem durch Gesetz zugewiesen, so ist dessen Stel­ lung zweifellos stärker als ohne ein solches Recht. Allein aus diesem Grund eine Rechtsfolgenkorrektur vorzunehmen, würde dem Willen des Gesetzgebers bzw. der Parteivereinbarung entgegenlaufen. Weiterhin ist es von Bedeutung, dass sich der Gesetzgeber mit seiner sehr umfassenden Regelung des Verzu­ ges und den daraus resultierenden Folgen ausdrücklich gegen einen ipso-iureUntergang der Leistungsverpflichtung entschieden hat. Es bedürfte daher zu­ mindest gewichtiger Argumente, um den Untergang der forderungsbezogenen Ersetzungsbefugnis, trotz des fortbestehenden Anspruchs, zu begründen. Hier lassen sich Parallelen zur zuvor diskutierten Frage der Verjährung feststellen. In der Literatur findet sich dazu die Aussage, es sein nicht hinnehmbar, wenn der Gläubiger noch im Annahmeverzug die Ersetzungsbefugnis ausüben und den Schuldner dann zur Ersatzleistung zwingen könne. Der Verpflichtete hätte doch anderenfalls die Möglichkeit der Schuldbefreiung durch das Surrogat 444 der Hinterlegung gehabt. 445 Mit dieser Annahme werden jedoch die Notwen­ digkeit einer getrennten Betrachtung von Primär- und Ersatzleistungspflicht und die damit verbundene Unterscheidung von Folgen der Befugnis und Folgen des Verzugs außer Acht gelassen. Auch bei einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis verstanden, so ist an dieser Stelle keine abweichende Behandlung der Gläubigerbefugnis geboten. 440 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 151. 441 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 81; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 153. 442 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 151. 443 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 83; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 151f. 444 Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, S. 335; Jo. Kohler, ArchBürgR 1897, 149 (201); Wenzel, in: MüKo, § 378 BGB, Rn. 1; Rosenberg, IherJb 1901, 141 (230). 445 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 151.

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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kann der Schuldner den Gegenstand, vorbehaltlich seiner Eignung, unter Ver­ zicht auf sein Rücknahmerecht hinterlegen und sich somit gemäß §§ 372 S. 1, 376 Abs. 2 Nr. 1, 378 BGB befreien. Nach der Ersetzung erweist sich die Pri­ märleistung dazu hingegen als ungeeignet. Das ist allerdings allein auf das ersetzungsbedingte Ausscheiden als Anspruchsgegenstand zurückzuführen und nicht erst dem Annahmeverzug geschuldet. Hat es der Verpflichtete demnach unterlassen, die geschuldete Sache zu hinterlegen und sieht er sich aufgrund der darauf folgenden Ersetzung durch den Gläubiger dem Ersatzanspruch ausgesetzt, so steht er dadurch nicht schlechter als es ihm durch das Ersetzungsrecht ge­ rade zuzumuten ist. Auch ohne einen Annahmeverzug könnte der Schuldner die akzessorische Ersetzungsbefugnis des Gläubigers durch Erbringung der Primär­ leistung vernichten und sich so vor der Entstehung der Ersatzpflicht schützen. In beiden Fällen erlischt die Befugnis in einem gemeinsamen Akt mit dem zu­ grunde liegenden Anspruch. 446 Würde demnach im zweiten Einführungsfall der W dem G die geschuldeten Flaschen liefern, bevor dieser seine Befugnis ausübt, so ginge das Gestaltungsrecht mit dem Erlöschen der Primärforderung unter. Hat er das jedoch nicht getan – sei es, weil die Ersetzung zu schnell erfolgte, um den Primäranspruch zu tilgen oder weil bei ihm keine Leistungsbereitschaft vorhanden war – so offenbart sich darin nicht mehr als das typische Risiko eines Gestaltungsrechtsunterworfenen. Hinsichtlich der Möglichkeit des Schuldners einer Selbstbefreiung im Mo­ ment des Annahmeverzuges kommt es deshalb – wie auch bei einem Anspruch ohne Ersetzungsrecht – allein darauf an, ob der Gesetzgeber eine solche Op­ tion für den konkreten Schuldtypus vorgesehen hat. Exemplarisch zu nennen sind an dieser Stelle die Hinterlegung des Leistungsgegenstandes unter Ver­ zicht auf das Rücknahmerecht nach §§ 372 S. 1, 376 Abs. 2 Nr. 1, 378 BGB, die Hinterlegung des Versteigerungserlöses bei hinterlegungsunfähigen Leistungs­ gegenständen nach §§ 383 Abs. 1 S. 1 i.V. m 372 S. 1, 376 Abs. 2 Nr. 1, 378 BGB, die Hinterlegung des Verkaufserlöses nach §§ 383 Abs. 1 S. 1, 385 i.V. m 372 S. 1, 376 Abs. 2 Nr. 1, 378 BGB, die Besitzaufgabe 447 bei unbeweglichen Sachen nach § 303 BGB und das Rücktrittsrecht des Werkunternehmers bei unterlassener Mitwirkung nach § 643 BGB. Ist für die konkrete Anspruchsart dagegen keine Möglichkeit der Selbstbefreiung vorgesehen, 448 so hätte sich der Schuldner im Fall des Annahmeverzuges auch ohne das Bestehen einer Ersetzungsbefugnis 446

Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 57. Die Besitzaufgabe befreit den Schuldner jedoch nur von der Verpflichtung zur Besitzübertragung, der Auflassungsanspruch besteht dagegen weiter fort. So: Ernst, in: MüKo, § 303 BGB, Rn. 2; Hager, in: Erman, § 303 BGB, Rn. 2; Stadler, in: Jauernig, § 303 BGB, Rn. 1; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 303 BGB, Rn. 6; OLG Düsseldorf, NZM 1999, 1142 (1143). 448 Das BGB verfügt über kein umfassendes System der Notabwicklung. So Gernhu­ ber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, S. 346. 447

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

nicht von seiner Leistungsverpflichtung lösen können. Er wäre damit weiterhin dem Anspruchsbegehren des Gläubigers ausgesetzt gewesen. 449 Die Tatsache, dass nach der Ausübung des Gestaltungsrechts die Ersatzleistung geschuldet wird, ist dabei gerade spezifisch für die hier betrachtete Ersetzungsbefugnis. Eine Durchbrechung des genannten Prinzips verlangt sie daher nicht. Aber auch die weitere Begründung der oben genannten Auffassung erweist sich als wenig stichhaltig, denn es ist unrichtig, aus dem Recht zur Forderungser­ setzung mittelbar eine Berechtigung zur Leistungsverweigerung herzuleiten. So­ lange die Verpflichtung hinsichtlich der Primärleistung besteht, muss der Gläu­ biger die daraufhin erbrachte Leistung annehmen, um seinerseits den Verzug zu vermeiden. Der Schuldner muss hingegen seine Primärpflicht termingerecht erfüllen. Die Ersetzbarkeit hat daher keine Auswirkung auf die Möglichkeit, bei ihrer Erfüllung oder Annahme in Verzug zu geraten. 450 Ebenso wenig durch­ schlagend ist auch das zeitliche Argument. Zwar wäre es tatsächlich unbillig, wenn der Gestaltungsunterworfene auf ewig eine einseitige Rechtsänderung zu erwarten hätte. Dieser Gefahr entgegenzuwirken ist allerdings nicht die Aufgabe des Verzuges, sondern der Zweck von Verjährung, Verwirkung und Ausschluss­ fristen. 451 Diese sind nach dem hier vertretenen Verständnis auch hinreichend geeignet, um eine dem Parteiwillen entsprechende Beschränkung zu gewährleis­ ten. Einen Anknüpfungspunkt für die offensichtlich im Billigkeitsrecht zu veran­ kernden Bedenken gegen eine Ersetzung durch den Verzugsbelasteten könnte hier allerdings § 242 BGB bieten. Dabei ist folgende Annahme zugrunde zu legen: Hätte der Schuldner seine Leistung ordnungsgemäß angeboten und der Gläubigers diese daraufhin angenommen, so bestünde mangels Forderung keine Gestaltungsbefugnis mehr. Der im Verzug befindliche Teil, sei es Schuldner oder Gläubiger, hat sich hier folglich die Ersetzungsbefugnis gerade durch das Unterlassen der Tilgungsmitwirkung erhalten. Der Umstand, der ihn zwar ei­ nerseits mit dem Verzug belastet, führt damit andererseits auch dazu, dass es ihm möglich sein könnte, sich durch Schuldaustausch von der gesetzgeberisch bezweckten Folgenanordnung zu befreien. Die im selbstverursachten Verzug er­ folgende Ersetzung könnte aus diesem Grund bereits als prinzipiell treuwidrig einzustufen sein. An dieser Stelle ist erneut zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im BGB eine umfassende Regulierung der Verzugsfolgen vorgenommen hat. Da aber innerhalb dieses Kanons kein absoluter Ausschluss forderungsvernichtender Ge­ 449 Das verkennt Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 57, wenn er verlang, § 264 Abs. 2 BGB auf Ansprüche ohne Möglichkeit einer Notabwicklung entsprechend anzuwenden. 450 Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 212. 451 Vgl. Birr, Verjährung und Verwirkung, Rn. 14f.

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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staltungsrechte erfolgte, erscheint es systemwidrig, deren Ausübung nun grund­ sätzlich als treuwidrig zu bewerten. Anderenfalls ließe sich auf diese Weise ein Ergebnis erreichen, das zumindest hinsichtlich seiner Wirkung dem gerade nicht gewollten Rechtsuntergang weithin ähnelt. Zwar ist nicht zu bestreiten, dass der Schuldner – wenn nicht ungewöhnliche Umstände vorliegen – damit rechnen wird, dass ein Gläubiger, der lieber in Bezug auf die Ersatzleistung berechtigt wäre, dieses spätestens dann äußert, wenn ihm die Primärleistung angeboten wird. Andererseits müssen aber auch die berechtigten Interessen des Erset­ zungsbefugten in die wertende Betrachtung des § 242 BGB einbezogen werden. Danach scheinen in dieser Situation sowohl das Verharren des ersetzungsbe­ fugten Gläubigers als auch das Eintretenlassen des Annahmeverzuges auf den ersten Blick unvernünftig. Der Gläubiger hätte schließlich entweder sein Primär­ interesse durch Annahme oder sein Ersatzinteresse durch Gestaltungsausübung verfolgen und so die für ihn negative Konsequenz des Verzugs vermeiden können. Nicht außer Acht gelassen werden darf jedoch das Interesse des Gestaltungs­ berechtigten an einer möglichst langen Entscheidungsfrist. 452 Diese Bedenkzeit bildet schließlich einen Hauptzweck der Ersetzungsbefugnis. 453 Darüber hinaus gilt zumindest für den Annahmeverzug des Gläubigers, dass dieser verschuldens­ unabhängig ist. Bereits die Legitimation für einen in diesem Fall eintretenden sanktionsartigen Ausschluss der Gestaltbarkeit erscheint daher zweifelhaft. 454 Aber auch generell ist die bewusste Inkaufnahme der Verzugsfolgen, etwa um sich das Gestaltungsrecht über den Zeitpunkt des Leistungsangebotes hinaus zu erhalten, aus der Sicht des Ersetzungsbefugten nicht in jedem Fall abwegig und kann sogar ökonomisch Sinn ergeben. Vorstellbar wäre das z. B. für eine Situa­ tion, in der der Erhalt der Ersatzleistung für den Gläubiger mit ungleich größeren Vorteilen verbunden ist als der möglicherweise ersatzlose Verlust des Primäran­ spruchs ihm Nachteile verschaffen würde. Zu denken ist etwa an eine bisher un­ gewisse und daher die Entscheidung aufschiebende Gelegenheit zum besonders gewinnbringenden Weiterverkauf einer der Leistungen. Ein solches spekulatives Interesse kann dabei sowohl seitens des Gläubigers als auch des Schuldners be­ stehen. 455 Dieses Interesse ist im Hinblick auf die Natur der Ersetzungsbefugnis auch achtenswert, schließlich ist es gerade deren Zweck, dem Entscheidungsbe­ rechtigten eine spätere, allein von seinem Willen abhängende Einwirkung auf die Forderung zu gestatten. Hier das Ersetzungsrecht durch § 242 BGB vollstän­ dig auszuschließen erschiene daher unverhältnismäßig. 456 Zudem ist bisher noch überhaupt nicht geklärt, ob nicht auch mithilfe speziellerer Regeln ein tragfähiges 452 Dieses Interesse wird teilweise missachtet. So etwa bei: Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 83; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 153. 453 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 76. 454 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 56. 455 Auch für den Schuldner kann die Hinauszögerung einer ihm zustehenden Ersetzung ökonomisch sinnvoll sein, etwa, wenn er die Preisentwicklung der Sekundärleistung abwarten möchte.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Ergebnis zu erzielen ist. Deren Anwendbarkeit ließe die Nutzung der General­ klausel des § 242 BGB dann ohnehin obsolet werden. Ein genereller Ausschluss der Ersetzungsbefugnis aus Billigkeitsgründen muss jedenfalls ausscheiden. bb) Ausschluss der Ersetzungsbefugnis im Verzug des Gestaltungsberechtigten durch analoge Anwendung von § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB Eine weitere Möglichkeit, um dem bei Vereinigung von Verzug und Erset­ zungsbefugnis in einer Person auftretenden Problem der ersetzungsbedingten Aufhebung der Verzugsfolgen gerecht zu werden, könnte in einer analogen An­ wendung von § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB zu finden sein. Auch damit wäre die Ersetzungsbefugnis generell ausgeschlossen. Der § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB re­ gelt für den speziellen Fall des Rücktritts die Frage, ob und inwieweit durch ein Gestaltungsrecht auf ein Schuldverhältnis und die darin enthaltenen Rechte und Pflichten während des Verzugs eingewirkt werden kann. Wenn aber der Verzug – wie oben darlegt – stets nur eine konkrete Leistungspflicht betrifft, wird mit der Beschränkung der Vernichtbarkeit auch eine mittelbare Aussage über die Zulässigkeit einer Lösung vom Verzug und seinen Rechtsfolgen durch Vernichtung der relevanten Forderung getroffen. Um den in § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB enthaltenen Regelungsgedanken entspre­ chend auf die Ersetzungsbefugnis zu übertragen, wäre es erforderlich, dass im vorliegenden Fall die allgemein anerkannten Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind. Obligatorisch ist auch hier eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes. 457 Dabei kann zumindest das Fehlen einer Regelung wegen der grund­ sätzlich unterlassenen allgemeinen Normierung der Ersetzungsbefugnis ohne weiteres angenommen werden. Die Entscheidung darüber, ob dieses Unterlassen auch planwidrig erfolgte, erweist sich dagegen als schwieriger. Auf eine Beant­ wortung dieser Frage kann jedoch zumindest an dieser Stelle verzichtet werden, wenn die zweite Analogievoraussetzung – nämlich die Vergleichbarkeit beider Sachverhalte – 458 ganz offensichtlich nicht erfüllt ist. Das scheint hier der Fall zu sein. Zwar ist die teilweise bestehende Ähnlichkeit beider Fälle nicht zu leugnen, schließlich wäre auch das Rücktrittsrecht ohne den Gläubigerverzug nie entstan­ den und das Ersetzungsrecht bereits untergegangen. Bei genauer Betrachtung 456

Hierfür spricht nicht zuletzt auch die erörterte Unzulässigkeit einer bedingten Gestaltungsausübung, die es dem Ersetzungsbefugten anderenfalls ermöglicht hätte, seine Entscheidung an ein zukünftiges und damit für ihn noch ungewisses Ereignis zu binden. Ist nämlich schon die bedingte Erklärung zum Schutz des Gestaltungsrechtsunterworfenen ausgeschlossen, so darf zumindest das ausgelebte Interesse an einer möglichst späten Entscheidung nicht ohne weiteres als treuwidrige Handlung stigmatisiert werden. 457 M. Würdinger / Bergmeister, Jura 2007, 15 (17). 458 M. Würdinger / Bergmeister, Jura 2007, 15 (16f.).

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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sind allerdings auch wesentliche Differenzen zu erkennen: Zum einen würde ein erfolgreicher Rücktritt zu einer Umwandlung des ursprünglichen Schuldver­ hältnisses in ein Rückabwicklungs- bzw. Rückgewährschuldverhältnis 459 führen. Damit entfielen alle noch nicht erfüllten Primärleistungsansprüche. 460 Ohne die Existenz von § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB wäre es dem Gläubiger somit möglich, sich aufgrund der Leistungsstörung vom Schuldverhältnis zu lösen, obwohl ihm die zuvor unterbliebene Tilgung allein zuzurechnen ist. 461 Die Norm steht damit in enger Beziehung zu § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB und bezweckt die Bindung des Gläubigers an das bestehende Rechtsverhältnis und seine damit verbundene Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung. 462 Im Gegensatz dazu birgt eine Erset­ zungsbefugnis die Gefahr einer Selbstbefreiung von der eigenen Leistungspflicht grundsätzlich nicht. Bei dieser wird schließlich zeitgleich mit dem gestaltungs­ bedingten Untergang der Primärleistungspflicht die Ersatzleistung zum Element des Forderungsrechts erhoben. Wenn sich der ersetzungsbefugte Verpflichtete also im Verzug befindet, dann bleibt er auch nach Ausübung des Gestaltungs­ rechts Schuldner des anderen Teils. Eine Ersetzungserklärung des im Annah­ meverzug befindlichen und gestaltungsberechtigten Gläubigers entfaltet sogar überhaupt keine unmittelbare Wirkung auf die eigene Gegenleistungsverpflich­ tung. Die Frage, ob dieser Befund für den Sonderfall eines Austauschs durch eine erfüllungsunmögliche Ersatzschuld zu beschränken ist, muss in einem gesonder­ ten Abschnitt erörtert werden. Zumindest bestünde jedoch keine Veranlassung, die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Ersetzung durch eine unmögliche Verpflichtung, an das Vorliegen des Verzugs im Hinblick auf die Primärschuld zu knüpfen. Zum anderen steht das Ersetzungsrecht seinem Inhaber auch ohne das Auf­ treten einer Leistungsstörung innerhalb des Schuldverhältnisses zu. Es betrifft, im Unterschied zum Rücktritt, auch nur die einzelne Forderung, nicht dage­ gen das Schuldverhältnis in seiner Gesamtheit. Weiterhin erfasst § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB allein den Fall des Gläubigerverzuges. Eine Lösung für den Schuld­ nerverzug ließe sich der Regelung nicht ohne weiteres entnehmen. Die stärkeren Argumente sprechen deshalb gegen eine hinreichende Vergleichbarkeit beider Sachverhalte. Eine analoge Anwendung von § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB und somit auch der darauf basierende zweite Lösungsansatz müssen aus diesem Grund ebenfalls ausscheiden. 459 Gaier, in: MüKo, vor § 346 BGB, Rn. 26; Grothe, in: Bamberger / Roth, § 346 BGB, Rn. 23; BT-Drs. 14/6040, S. 185, 191; BGH, NJW 1984, 42 (43). 460 Letzteres ergibt sich auch ohne ausdrückliche Erwähnung aus dem Zweck des Rücktritts: Grothe, in: Bamberger / Roth, § 346 BGB, Rn. 23; BT-Drs. 14/6040, S. 194; BGH, NJW 1990, 2968 (2069). 461 Ernst, in: MüKo, § 326 BGB, Rn. 107; Gsell, in: Soergel, § 326 BGB, Rn. 123. 462 BT-Drs. 14/6040, S. 187.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

cc) Verwirkung der Ersetzungsbefugnis infolge Zeitablaufs Kommt eine umfassende Sperrung der Ersetzungsausübung nicht in Betracht, so bleibt zu untersuchen, ob zumindest ein einzelfallorientierter Ausschluss über das Institut der Verwirkung möglich ist. Wie oben erörtert, ist dazu eine Erfül­ lung von Zeit- und Umstandsmoment erforderlich. In einer Konstellation, in der dem ersetzungsberechtigten Gläubiger nach einer längeren Zeitdauer die Primär­ leistung angeboten wird und dieser daraufhin weder seine Befugnis ausübt noch die angebotene Leistung annimmt, kommt es zu einem Verzug der Annahme. Ergibt sich dabei, unter Beachtung des erwähnten Zweckes einer späteren Ent­ scheidung des Befugten, dass die bisher verstrichene Zeit für eine Ersetzung bereits ausreichend bemessen war, so kann hierdurch zumindest das Zeitmo­ ment erfüllt sein. Dasselbe gilt auch für den Verzug des ersetzungsbefugten Schuldners. Zum erfüllten Zeitmoment muss allerdings auch noch das Umstandsmoment hinzutreten. Wie im vorangegangenen Abschnitt erläutert, ist allein die Tat­ sache, dass sich der Ersetzungsbefugte bezüglich der Primärschuld in Verzug befindet, nicht geeignet, um ihm seine Befugnis nach § 242 BGB zu entzie­ hen. Andererseits bildet gerade erst die Wechselwirkung 463 zwischen Zeit- und Umstandsmoment das prägende Element der Verwirkung und damit den Unter­ schied zum ersten Lösungsversuch. Eine Handlung des Berechtigten, die zwar für sich betrachtet nicht als schlechthin treuwidrig einzustufen ist, kann folglich nach dem Verstreichen einer längeren Zeitspanne, in der ihm die Nutzung des Rechts problemlos möglich gewesen wäre, als illoyales Verhalten zu bewerten sein. Ausschlaggebend ist dabei, ob das lange Zuwarten des Ersetzungsbefugten dazu führt, dass die Nichtausübung der Befugnis und der damit verbundene Verzugseintritt als berechtigterweise vertrauensbildende Handlungen zugunsten des anderen Teils zu bewerten sind. In diesem Zusammenhang wurde bereits herausgearbeitet, dass ein achtens­ wertes Interesse des Gestaltungsberechtigten an einer möglichst späten Entschei­ dung bestehen kann. Zu einer generellen Entziehung der Ersetzungsbefugnis führt der Verzugseintritt daher nicht. Indem aber die Erfüllung des Zeitmo­ ments – was für jeden Fall gesondert zu überprüfen ist – 464 positiv festgestellt wird, erfolgt zugleich eine wertende Aussage in Bezug auf das tatsächliche In­ teresse des Gestaltungsberechtigten an einer längeren Hinauszögerung seiner Entscheidung. Kann nämlich aus der Perspektive des Gestaltungsunterworfenen 463 Grüneberg / Sutschet, in: Bamberger / Roth, § 242, Rn. 136; Hohloch, in: Erman, § 242 BGB, Rn. 123; Krebs, in: AnwK, § 242 BGB, Rn. 107; BGH, GRUR 2001, 323 (327). 464 Zu beachten ist dabei, dass keine anerkannter Grundsatz besteht, dass Gestal­ tungsrechte nach besonders kurzer Zeit verwirkt sind. Vgl. dazu BGH, NJW 2002, 669 (670).

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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vernünftigerweise nicht mehr mit einer Ausübung des Ersetzungsrechts gerech­ net werden, so wird damit regelmäßig auch das Interesse an einem weiteren Zuwarten verneint. Ohne ein solches erwiese es sich allerdings tatsächlich als illoyal, würde der verzugsverantwortliche und -belastete Teil die geschuldete Leistung noch zu diesem Zeitpunkt auswechseln. Eine Begrenzung durch das Institut der Verwirkung ist damit prinzipiell möglich. Ein vollständiger Ausschluss der Substitution für jeglichen Fall eines sich im Verzug befindenden Inhabers des Ersetzungsrechts ist aber auch mithilfe der Verwirkung nicht zu erreichen. Wenn nämlich die Ausübung der Befugnis innerhalb des Verzugs das Umstandsmoment bildet und das für die konkrete Fra­ gestellung als konstant vorauszusetzen ist, dann bleibt es bei dem vorliegenden Modell allein das Zeitmoment, das von den vorangegangenen Lösungsansätzen abweicht. Ohne dessen Vorliegen wäre der Ausschluss des Ersetzungsrechts auch hier nicht möglich. Aus diesem Grund ist festzuhalten, dass das Rechtsinstitut der Verwirkung zwar dem Grunde nach geeignet ist, um eine Gestaltung bei einer besonders langen Zäsur zwischen Begründung und Verwendung der Be­ fugnis zu beschränken. Alle anderen Fälle einer Ersetzung durch den im Verzug befindlichen Teil werden von dieser Lösung jedoch nicht erfasst. dd) Recht des anderen Teils zur Fristsetzung nach § 264 Abs. 2 BGB Die Ausübung der Ersetzung bleibt damit, außerhalb der soeben genannten Verwirkungsfälle, trotz des Verzugseintritts weiterhin zulässig. Es wäre jedoch denkbar, dass wenigstens dem Schuldner ein der Regelung des § 264 Abs. 2 BGB entsprechendes Recht zur Fristsetzung zuzugestehen ist, wenn sich der erset­ zungsbefugte Gläubiger im Annahmeverzug befindet. In einem weiteren Schritt könnte dann über eine Übertragung des Regelungsgedankens auf die Gläubi­ gerersetzungsbefugnis nachgedacht werden. Ein Teil der Literatur hält das für überzeugend. 465 Dabei findet sich in der älteren Literatur sogar vereinzelt die Ansicht, die gesetzlichen Regelungen der Wahlschuld seien hier direkt anzu­ wenden. 466 Letztere Überlegung ist allerdings als eine notwendige Konsequenz der an anderer Stelle abgelehnten Wahlschuldtheorie zu verstehen und daher in der vorliegenden Abhandlung nicht weiter zu verfolgen. Ebenso wie die direkte Anwendung ist aber auch eine entsprechende Rege­ lungsübertragung abzulehnen. Sowohl beim Ersetzungsrecht als auch bei der 465 So vertreten von: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 57f. (für Fälle mit einer Mitwirkungspflicht des Gläubigers bei der Leistung); Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 195, Fn. 1; Chamizer, Wahlschuld, S. 83. Für ein an § 264 Abs. 2 BGB angelehntes Recht des Schuldner zur Fristsetzung im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Oetker, NJW 1985, 345 (350). 466 Vgl. Pescatore, Wahlschuldverhältnisse, S. 273.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Wahlberechtigung nach § 262 BGB ist der Gestaltungsberechtigte, vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen, 467 nicht zur Wahl verpflichtet. 468 Wird vor die­ sem Hintergrund dem evidenten Spannungsverhältnis zwischen fehlender Wahl­ pflicht 469 und erfüllungsnotwendiger Konkretisierung der Leistungsverpflichtung Beachtung geschenkt, so ist klar, dass es der Zweck von § 264 BGB sein muss, diesen Widerspruch aufzulösen. Im Fall der Ersetzungsbefugnis existiert ein solcher Konflikt dagegen nicht. 470 Bei dieser ist eine Tilgung durch Erbringung der Primärleistung schließlich jederzeit auch ohne Ausübung eines Gestaltungs­ rechts möglich. Die regelungsgedankliche Übertragung des zwar grundsätzlich analogiefähigen 471 § 264 BGB ist daher bei einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis entbehrlich. 472 ee) Berücksichtigung des Risikos einer Rechtsumgehung durch den Leistungsaustausch während des eigenen Verzuges ohne Ausschluss der Ersetzbarkeit Als Zwischenbilanz der vorangegangenen Untersuchung ist festzuhalten, dass sich die Gefahr einer Rechtsumgehung durch den verzugsbelasteten Teil zwar nicht bestreiten lässt, gute Argumente aber dennoch für einen uneingeschränkten Fortbestand der Ersetzbarkeit streiten. Aus diesem Grund hindern weder Gläubi­ ger- noch Schuldnerverzug den dadurch belasteten Gestaltungsberechtigten am Austausch der Primär- durch die Ersatzforderung. Zu untersuchen bleibt jedoch, inwieweit die Besonderheit des kumulativen Auftretens von Ersetzungsrecht und Verzugsbelastung in einer Person auf eine andere Weise zu berücksichtigen ist. Als eine mögliche Folge muss dabei auch die endgültige Hinnahme der bisherigen Ergebnisse als notwendige Konsequenz des Ersetzungsrechts erwogen werden. Für diesen Schluss spräche insbesondere die mehrfach genannte Leistungsbezogenheit des Verzuges, die dessen Fortbe­ stand bei Untergang des Anspruchs eigentlich undenkbar macht. Auf der anderen Seite könnte diese Lösung aber der ratio der Verzugsfolgenzuteilung nicht ge­ recht werden. Diese findet ihre Grundlage gerade in der unterbliebenen Tilgung, die wiederum allein auf einen Beteiligten des Schuldverhältnisses zurückzufüh­ 467

Unberath, in: Bamberger / Roth, § 264 BGB, Rn. 2. Ebert, in: Erman, § 264 BGB, Rn. 4; Krüger, in: MüKo, § 264 BGB, Rn. 1; Stadler, in: Jauernig, § 264 BGB, Rn. 1; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 264 BGB, Rn. 2. 469 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 362. 470 Litten, Wahlschuld, S. 100; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 24. 471 Krüger, in: MüKo, § 264 BGB, Rn. 13; vgl. BAG, DB 1991, 709f. 472 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 81; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 37. Ebenso ablehnend: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 14; Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 212, Fn. 3. 468

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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ren ist. Hätte nämlich der im Verzug befindliche Schuldner oder Gläubiger die von ihm erwarteten Handlungen vorgenommen, so würde der stets leistungsstö­ rungsgefährdete Anspruch überhaupt nicht mehr existieren. Gerade aus diesem Grund soll nun der Verzugsbelastete ein Großteil der Risiken tragen, der andere Teil dagegen wesentliche Entlastungen erhalten. Dieser Gedanke ist problemlos auch auf die Situation einer Schuld mit Er­ setzungsbefugnis anzuwenden. Ohne das Unterbleiben des vom Schuldner oder Gläubiger erwarteten tilgungsnotwendigen Verhaltens wäre die Primärschuld be­ reits erloschen, die Ersetzung demnach nicht erfolgt und somit die Verpflichtung hinsichtlich der Ersatzleistung niemals entstanden. Es ist daher offensichtlich, dass sich auch die Gefahr einer die Ersatzleistung betreffenden Leistungsstö­ rung kausal auf den Verzug hinsichtlich der Primärleistung zurückführen lässt. Damit steht fest, dass es zum einen vor dem Hintergrund der verzugsbe­ dingten Gefahrenverteilung nicht unbedenklich erschiene, wenn die Befugnis ihrem Inhaber einen Weg zur Selbstbefreiung von den Verzugsfolgen einräu­ men würde. Andererseits wurde aber auch deutlich, dass es nicht die Ersetzung selbst ist, die in diesem Zusammenhang Bedenken verursacht. Vielmehr führt erst die daraus möglicherweise folgende Aufhebung des Verzuges zu fraglichen Konsequenzen. Es erscheint daher geboten, das Problem der Verzugsbeendi­ gung nicht schon im Rahmen von Primärleistungspflicht und Gestaltungsrecht, sondern erst bei der Ersatzleistungsverpflichtung selbst zu berücksichtigen. Auf diese Weise wäre es möglich, den Untergang der Primärschuld zu akzeptieren, ohne dabei die normativ bezweckte Gefahrenverteilung unbeachtet zu lassen. 473 Außerdem würde eine Lösung, die auf der Rechtsfolgenseite ansetzt und daher an der grundsätzlichen Zulässigkeit der Ersetzung festhält, den geringstmög­ lichen Eingriff in das Schuldverhältnis darstellen. Sie könnte die Interessen beider Parteien berücksichtigen und wäre dabei aber dennoch geeignet, um das Problem der Rechtsumgehung zu beheben. Der oben erläuterte generelle Aus­ schluss des Gestaltungsrechts wäre im Gegensatz dazu das schärfste denkbare Mittel zur Eindämmung eines möglichen Rechtsmissbrauchs. In diesem Fall würde der Gestaltungsberechtigte seine Befugnis vollständig einbüßen, obwohl das bezweckte Ziel unter Umständen auch durch einen geringeren Eingriff zu erreichen ist. Eine Lösung auf der Rechtsfolgenseite hätte zudem den Vorteil, dass sich der Verzugsbelastete weiterhin autonom zur Ersetzung entschließen könnte, ohne dass er sich dadurch im Hinblick auf die Verzugsfolgen begünsti­ gen, oder die andere Partei insoweit belasten würde. Genau diese Beibehaltung der Entscheidungsfreiheit würde zudem der Natur der Ersetzungsbefugnis und der damit verbundenen Rechtsstellung des Ersetzungsbefugten am stärksten ent­ 473 Auch in der Literatur besteht Einigkeit darüber, dass der Erhalt der Verzugsfolgen das eigentliche Problem einer Ersetzung durch den belasteten Teil bildet. Exemplarisch: vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 82f.; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 41f.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

sprechen. Dem Prinzip der Privatautonomie bzw. dem Willen des Gesetzes, auf denen die Ersetzungsbefugnis letztlich basiert, wäre ebenfalls Genüge getan. Sollte nämlich dem Gläubiger oder Schuldner ein besonderes Entscheidungs­ recht zugestanden werden, so entspräche es dieser Absicht in besonderem Maße, wenn das Gestaltungsrecht aufrechterhalten bliebe und den Bedenken gegen die verzugsbeseitigende Ersetzung an andere Stelle begegnet würde. Im Folgenden ist daher auf Lösungswege einzugehen, die es gestatten, die Ver­ zugsfolgen, trotz der weiterhin zulässigen Gestaltung, aufrecht zu erhalten. In Anbetracht der noch zu erläuternden unterschiedlichen Ausgestaltung und wer­ tungsabhängigen Rechtsfolgen von Gläubiger- und Schuldnerverzug empfiehlt sich im Folgenden eine getrennte Darstellung. (1) Schuldnerverzug und Ersetzungsbefugnis des Schuldners Ist der Schuldner ersetzungsbefugt, könnte § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB eine Mög­ lichkeit bieten, um die Selbstbefreiung von den Verzugsfolgen zu verhindern. Die mit dem SchuModG 474 2002 eingeführte Regelung bewirkt einen sofortigen Verzugseintritt mit Fälligkeit der Leistung, sofern dieses nach einer Abwägung von Gläubiger- und Schuldnerinteresse gerechtfertigt ist. Erfasst werden von der Norm die Fälle, bei denen sich bereits nach alter Rechtslage eine Mahnung gemäß § 242 BGB als entbehrlich erwies. 475 Gegen eine Subsumtion der Ersetzung des Schuldners im Verzug unter § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB scheint jedoch zu sprechen, dass der Gesetzgeber ausdrücklich dagegen votierte, dessen Anwendungsbereich über die bisher mittels § 242 BGB geregelten und anerkannten Konstellationen auszudehnen. 476 Andererseits bildet das historische Argument nur eines der hier zu berücksichtigenden Auslegungs­ kriterien. 477 Ebenso ist etwa zu berücksichtigen, dass der § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB systematisch betrachtet eine Auffangnorm bzw. Generalklausel darstellt. 478 Es muss also gerade sein Zweck sein, Situationen zu erfassen, die der Gesetzge­ ber nicht vorausgesehen hatte oder nicht speziell regeln wollte. Der § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB konkretisiert demnach den § 242 BGB für die Frage der Mahnbedürf­ tigkeit zur Begründung des Verzuges. 479 Kein anderes Ergebnis lässt auch die Se­ mantik zu. Nach dieser ist allein die Interessenabwägung und nicht die Erfüllung 474

BGBl. 2001, 3143. Ernst, in: MüKo, § 286 BGB, Rn. 65; H. Heinrichs, in: Palandt, § 286 BGB, Rn. 25; Krause, JURA 2002, 217 (219); Schimmel / Buhlmann, MDR 2002, 609 (610). 476 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 146. 477 Auch Krause, JURA 2002, 217 (219), weist auf die Möglichkeit („Gefahr“) einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs hin. 478 Schlechtriem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 666. 479 Canaris, ZIP 2003, 321 (323). 475

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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eines gesetzgeberisch vorgegebenen Kanons das entscheidende Kriterium. Hier dennoch über den legislativen Willen eine Bindung zu konstruieren, hätte zwei­ felhafte Konsequenzen: In jedem Einzelfall wäre dann zu prüfen, ob die Situation einem bekannten und bisher unter § 242 BGB gefassten Muster einer entbehr­ lichen Mahnung entspricht und deshalb heute unter § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB zu subsumieren ist. Liegt dagegen eine sonstige, bisher nicht bedachte Situation vor, in der das Mahnerfordernis aber dennoch als treuwidrig zu bewerten ist, so müsste § 242 BGB unmittelbar greifen. Damit würde, trotz der in jedem Fall ausschlag­ gebenden und in § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB nur speziell genannten Interessenabwä­ gung, einmal dieser, ein anderes Mal § 242 BGB zur Anwendung kommen. Dass dieses Doppelsystem ohne inhaltliche Unterscheidung vom Gesetz bezweckt ist, erscheint nicht überzeugend. Vorzugswürdiger ist es daher, alle diese Fälle nach der gegenwärtigen Rechtslage dem § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB zuzuordnen. Für den konkreten Fall ist es demnach von Bedeutung, ob es als treuwidrig einzustufen ist, vom Gläubiger zu verlangen, dass dieser den Schuldner nach der Ersetzung – eventuell sogar erneut – 480 mahnt. Wäre das hier zu bejahen, so müsste eine Mahnung entbehrlich erscheinen und der Schuldner käme bereits im Moment der Entstehung des Ersatzanspruchs mit dessen Erfüllung in Verzug. Eine vollständige Selbstbefreiung von der Verzugssituation wäre ihm dann nicht möglich. 481 Für die Treuwidrigkeit dieses Mahnerfordernisses spricht zunächst die Überlegung, dass sich der Schuldner bereits im Verzug befand. Er musste also schon vor der Ersetzung um die Ernsthaftigkeit des Gläubigerinteresses in Bezug auf die Leistungserbringung wissen. Dass sich der Anspruch nunmehr durch Gestaltung auf einen anderen Leistungsgegenstand richtet, wirkt sich im Zweifel nicht gegenteilig auf dieses Interesse aus. Dem Gläubiger, der eigent­ lich eine Leistung des Schuldners erwartet hatte, an deren Stelle aber nur eine Ersetzungserklärung erfolgte, wird es nun im Zweifel sogar noch ernster mit sei­ nem Leistungsbegehren sein. Dabei ist von Bedeutung, dass der Gläubiger, im Gegensatz zum Schuldner, das ihm bisher Mögliche zur Realisierung der Leis­ tung bereits getan hat. Zwar bleibt dem Schuldner die Ersetzungsbefugnis mit der Chance zu ihrer Ausübung erhalten. Ihm zusätzlich aber auch noch die Be­ freiung von den Verzugsfolgen zu gestatten, erscheint indes verfehlt. Ein achtens­ wertes Interesse des Schuldners an einer Mahnung und der damit verbundenen verzugsfreien Zeit, welches das Interesse des Gläubigers überwiegt, ist hier nicht festzustellen. Richtungsweisend ist in diesem Zusammenhang auch der unter dem Begriff der Selbstmahnung anerkannte Grundsatz. 482 Nach diesem ist eine verzugsauslö­ 480 Das wäre der Fall, sofern bereits der Verzug der Primärschuld auf einer Mahnung beruht. 481 Die Einschränkung betrifft allein das Objekt des Verzuges. Vor der Ersetzung befände sich der Schuldner mit der Primärschuld in Verzug, danach hingegen mit der Ersatzforderung.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

sende Mahnung durch den Gläubiger entbehrlich, wenn sich der Schuldner zuvor ausdrücklich zu seiner Leistungspflicht bekannt 483 oder sogar die nahe Leistung angekündigt hat. 484 Zumindest ein Pflichtbekenntnis ist auch der Ersetzungser­ klärung zu entnehmen. Der Gestaltende äußert damit schließlich, er wolle ab sofort die Ersatzleistung schulden. Im Unterschied zum Grundfall der entbehr­ lichen Mahnung ist die relevante Ersatzleistung zwar erst nach der Erklärung von obligatorischer Bedeutung. Der Verpflichtete erklärt sich also gerade nicht im Hinblick auf eine schon zuvor geschuldete Leistung, so dass es auch verfehlt wäre, in jedem Fall einer Ersetzungserklärung des Schuldners zugleich eine Selbstmahnung zu erblicken. Zu bedenken ist jedoch, dass der Schuldner be­ reits nachdrücklich zur Leistungserbringung und damit zur Tilgung aufgefordert wurde oder der Leistungszeitpunkt kalendarisch bestimmt und längst verstrichen war bzw. sogar eine Leistungsverweigerung nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor­ gelegen hatte. Aus diesem Grund muss die Erklärung des Ersetzungsbefugten aus Sicht der anderen Partei hier so zu verstehen sein, dass dieser die Schuld ersetzen und aufgrund des Verzuges die Ersatzleistung alsbald erbringen möchte. Jedes andere Ansinnen des Gestaltungsberechtigten wäre in dieser Konstellation jedenfalls als treuwidrig zu bewerten. Eine Mahnung ist hier jedenfalls überflüs­ sig. Für den ersetzungsbefugten Schuldner im Schuldnerverzug führt das dazu, dass er schon im Zeitpunkt des Schuldaustauschs erneut in Verzug gerät. 485 (2) Gläubigerverzug und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers Wie im Fall des Schuldnerverzugs stellt sich auch in der Situation eines er­ setzungsbefugten Gläubigers im Annahmeverzug die Frage, inwieweit auch hier eine gesetzliche Grundlage besteht, die geeignet ist, die Aufhebung des Verzu­ ges und / oder seiner Folgen zu verhindern. Eine unmittelbar geltende, mit § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB vergleichbare, gesetzliche Regel existiert für den Annahme­ verzug nicht. Es ist daher zunächst an deren analoge Anwendung zu denken. Auf diese Weise könnte es möglich sein, auch den Gläubiger – unter Verzicht auf eine erneute Handlung des Schuldners – nach seiner Gestaltungserklärung in sofortigen Annahmeverzug zu setzen. 482

Erstmals bei Zitelmann, in: FG-Krüger, 282 (288f.). Heute wird er unter § 286 Abs. Nr. 4 BGB gefasst. Vgl. dazu exemplarisch: Krause, JURA 2002, 217 (219); Schim­ mel / Buhlmann, MDR 2002, 609 (611). 483 Mattheus, JuS 2002, 209 (215); OLG Köln, NJW-RR 2000, 73; AG Itzehoe, FamRZ 2004, 58 (59); OLG Zweibrücken, FamRZ 1987, 1301f. 484 Hager, in: Erman, § 286 BGB, Rn. 46; H. Heinrichs, in: Palandt, § 286 BGB, Rn. 25; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 441; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 286 BGB, Rn. 37. Kritisch dazu: U. Huber, Leistungsstörungen, Bd. I, S. 446; Krause, JURA 2002, 217 (219); Löwisch, in: Staudinger, § 286 BGB, Rn. 87. 485 Denkbar wäre es jedoch, den erneuten Verzugseintritt zu vermeiden, indem der Schuldner seine Ersetzungserklärung mit dem Angebot der Ersatzleistung verbindet.

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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Gegen diese Lösung spricht allerdings die klare semantische Ausrichtung der Norm auf den Fall des Schuldnerverzugs, obwohl es bereits seit der Rechtspre­ chung des RG 486 anerkannt ist, dass auch für den Annahmeverzug das Erfordernis eines Angebotes durch den Schuldner in bestimmten Situationen nicht mehr als eine reine Förmlichkeit 487 darstellen und deshalb aufgrund von Treu und Glau­ ben für den Eintritt des Verzuges entbehrlich 488 sein kann. Es ist deshalb davon auszugehen, dass mit der Entscheidung des Gesetzgebers für die konkrete Fas­ sung des § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB zugleich auch eine Absage gegenüber einer spezialgesetzlichen Parallelregelung für den Verzug des Gläubigers erfolgte. Aus diesem Grund ist die Frage, ob ausnahmsweise nach Treu und Glauben auf ein Angebot des Schuldners zu verzichten ist, auch weiterhin durch eine Einzel­ fallwürdigung im Rahmen von § 242 BGB zu beantworten. Im konkreten Fall gilt es daher zu prüfen, ob sich das Angebot des Schuldners zur Erbringung der Ersatzleistung, auch in der Situation einer Anspruchsersetzung durch den im Annahmeverzug befindlichen Gläubiger, nach § 242 BGB für eine erneute Verzugsauslösung als entbehrlich erweist. Um diese Frage zu beantworten, ist es vorab erforderlich, den wesentlichen Unterschied zwischen Gläubiger- und Schuldnerverzug zu verdeutlichen. Er­ bringt der Schuldner seine Leistung nicht, so verletzt er damit seine Haupt­ pflicht aus dem Schuldverhältnis. 489 Erfolgt hingegen keine Annahme durch den Gläubiger, so liegt darin grundsätzlich nur die Verletzung einer ihm auferlegten Obliegenheit. 490 Diese beeinträchtigt die Abwicklung des Schuldverhältnisses deutlich weniger 491 und ist deshalb etwa nicht mit Schadensersatzansprüchen zu 486

Vgl. RG, JW 1910, 804. Vgl. Kreuzer / Stehle, JA 1984, 69 (72); Wertheimer, JuS 1993, 646 (649). 488 So für den Fall der beharrlichen und endgültigen Verweigerung einer Leistungs­ annahme: Ernst, in: MüKo, § 295 BGB, Rn. 6; Geisler, in: jurisPK, § 295 BGB, Rn. 32; Hager, in: Erman, § 295 BGB, Rn. 4; H. Heinrichs, in: Palandt, § 295, Rn. 4; Kreuzer / Stehle, JA 1984, 69 (72); Medicus, Schuldrecht I, Rn. 432; Wertheimer, JuS 1993, 646 (649); BGH, NJW 1988, 1201; 2001, 287 (288); NJW-RR 1986, 794 (796); BAG, BB 2003, 740 (742); OLG Düsseldorf, OLGR 2002, 86 (88); Larenz, Schuldrecht AT, S. 391; OLG Kassel SeuffA 1905, S. 292. A.A exemplarisch: Unberath, in: Bamberger / Roth, § 295 BGB, Rn. 3; Löwisch, in: Staudinger, § 295 BGB, Rn. 2; RGZ 50, 208 (210f.). 489 Canaris, ZIP 2003, 321 (324); Feuerborn, JR 2003, 177; Krause, JURA 2002, 217 (218); Rosenberg, IherJb 1901, 141 (145); Schimmel / Buhlmann, MDR 2002, 609 (610); BT-Drs. 14/6040, S. 136. 490 Abschlussbericht der Schuldrechtskommission, S. 142; Ernst, in: MüKo, § 293 BGB, Rn. 1; Jo. Kohler, ArchBürgR 1897, 149 (ohne diese so zu benennen); Feuerborn, JR 2003, 177; Kern, AcP 2000, 684 (686); Kreuzer / Stehle, JA 1984, 69 (70, 73); R. Schmidt, Die Obliegenheiten, S. 146ff.; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 293 BGB, Rn. 1; Schlech­ triem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 683; Wertheimer, JuS 1993, 646 (650). In Ausnahmefällen kann allerdings kumulativ zur Obliegenheit auch eine Pflicht zur An­ nahme bestehen: H. Heinrichs, in: Palandt, § 293 BGB, Rn. 7; Hönn, AcP 1977, 385 (402); Jud, JuS 2004, 841; Kreuzer / Stehle, JA 1984, 69 (75); Medicus, Schuldrecht I, Rn. 441; Schlechtriem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 684. 487

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

sanktionieren. 492 Für die konkrete Frage bedeutet das, dass sich der Gläubiger, im Unterschied zur zuvor untersuchten Konstellation des Schuldnerverzugs, über­ haupt noch nicht pflichtwidrig verhalten hatte, als er die Ersetzungserklärung abgab. Den Gläubiger treffen nämlich anders als den Schuldner keine diesbe­ züglichen Pflichten. Weiterhin ist allgemein anerkannt, dass der Gläubiger den einmal eingetrete­ nen Verzug nachträglich beenden kann, indem er sich zur Annahme der Leistung bereit erklärt bzw. die erforderlichen Handlungen nachholt. 493 Die Aufnahme dieser, noch in § 262 des ersten BGB-Entwurfs expressis verbis 494 vorgesehenen, Möglichkeit in das Gesetz unterblieb in der weiteren Entwicklung ausschließlich aufgrund der dort unterstellten fehlenden Notwendigkeit einer entsprechenden Regelung. 495 Für die Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Annahmeverzug ist dabei im Hinblick auf die Möglichkeit des Nachholens bedeutsam, dass die zuvor angetragene Primärleistung zwar unstreitig bereits durch Ersetzung als Bestandteil des Schuldverhältnisses ausgeschieden ist, der Gläubiger jedoch zu­ gleich sein Interesse an der Ersatzleistung erklärte. Dieses Verlangen kann aber nicht anders zu verstehen sein, als dass damit zugleich die Bereitschaftserklärung verbunden ist, diese Leistung auch anzunehmen. Hätte sich der Gläubiger näm­ lich schon im Zeitpunkt der Ausübung im Annahmeverzug der Ersatzleistung befunden, so wäre diese Lage spätestens durch die Erklärung beendet worden. Zwar lebt die Ersatzschuld richtigerweise erst eine juristische Sekunde nach der Erklärung auf, so dass diese Überlegung keine direkte Anwendung finden kann. Die dargelegte Annahmebereitschaft des Gläubigers ließe es jedoch bedenklich erscheinen, würde in dieser Situation das Festhalten an der Notwendigkeit eines darauf erfolgenden Angebots des Schuldners als treuwidrig verneint werden. Die hierbei auftretende Differenz zur Behandlung des Schuldnerverzuges ist auch systematisch gerechtfertigt. Zwar ist etwa Rosenberg darin zuzustimmen, dass Schuldner- und Gläubigerverzug aufgrund ihres engen Zusammenhangs eine weithin harmonische Ausbildung im BGB erfahren haben. 496 Eine parallele 491

Vgl. Kern, AcP 2000, 684 (692). Derleder / Hoolmans, NJW 2004, 2787 (2791). 493 Vgl. Ernst, in: MüKo, § 293 BGB, Rn. 20; Siber, in: Planck, § 304 BGB, 3aβ; Rosenberg, IherJb 1901, 141 (296f.); Schwarz, ZIP 1989, 1442 (1445); Stadler, in: Jau­ ernig, § 293 BGB, Rn. 5; Wiedemann, in: Soergel, § 295, Rn. 17; BGH, NJW 1986, 2846 (2847f); RG, GruchB 1914, 929 (930). 494 Mugdan, Bd. II, S. XIII: „Der Verzug des Gläubigers hört für die Zukunft mit dem Zeitpunkte auf, in welchem er das Versäumte nachgeholt und sich zugleich zum Ersatz der im § 261 bezeichneten Mehraufwendungen bereit erklärt hat.“ 495 Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. I, S. 333. Zugleich wurde klargestellt, dass auf eine Bereiterklärung des Gläubigers zur Erstattung der Mehraufwendungen des Schuld­ ners als konstitutives Element der Annahmeverzugsbeendigung zu verzichten ist. 496 Vgl. Rosenberg, IherJb 1901, 141 (145). 492

V. Auswirkung des Verzuges auf die Ersetzungsbefugnis

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Behandlung muss aber spätestens dort enden, wo gerade die Unterschiede beider Institute von Bedeutung sind. 497 Daher erscheint es zwar zunächst verwunderlich, dass die Ersetzungserklärung und die damit verbundene Anzeige der Leistungs­ bereitschaft des Schuldners nach der oben aufgeführten Argumentation dazu führt, dass ein Verlangen der Mahnung als treuwidrig zu betrachten ist, während die parallele Äußerung durch den Gläubiger genau das gegenteilige Ergebnis bewirken soll. Nicht verkannt werden darf dabei jedoch die wesensmäßige Ver­ schiedenheit beider Tilgungsstörungen. Der im Verzug befindliche Schuldner, der seine Leistungsbereitschaft bereits kundgetan hat, kann sich nicht auf diese schlichte Erklärung zurückziehen. Vielmehr bedarf es als zusätzlichen Schritt mindestens noch eines Leistungsangebots, 498 ohne das der Gläubiger nicht mit­ wirken kann. Die Aktivität des Schuldners ist also für das Voranschreiten der Erfüllung zwingend erforderlich. Im Gegensatz dazu kann ein Gläubiger, der im Verzug nachträglich seine Annahmebereitschaft erklärt, zunächst nichts weiter tun, um die Tilgung zu fördern. Auch hier liegt es jetzt am Schuldner, die Er­ füllung voranzutreiben, indem er die geschuldete Leistung nun auch anbietet. Erst danach hat der Gläubiger eine erneute Chance, die Tilgung der Schuld durch seine Annahme zu unterstützen. 499 Er kann sich demnach in Hinblick auf die Interessen des Schuldners nicht besser verhalten, als nach seiner erklärten Annahmebereitschaft auf dessen Angebot zu warten. Dass dieses Prinzip allgemein gilt, wird deutlich an einem Vergleich mit dem Fall des kumulativen Auftretens von fehlender Annahmebereitschaft des Gläubigers und nicht bestehender Leistungsfähigkeit des Schuldners i. S. d. des § 297 BGB. Wenn hier der Schuldner nachträglich leistungsbereit wird und die­ ser Mangel der einzige Grund für das Unterbleiben des Annahmeverzuges war, so gerät der Gläubiger dennoch nicht automatisch in Verzug. 500 Dieses Ergeb­ nis überzeugt. Das Unterlassen einer Mitwirkungshandlung des Gläubigers setzt stets eine vorangegangene Leistungshandlung des Schuldners voraus. Dafür ist es aber grundsätzlich erforderlich, dass der Schuldner leistungsfähig 501 und -wil­ lig 502 ein Angebot abgibt. Ohne dieses besteht für den Gläubiger zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, ordnungsgemäß anzunehmen und damit seiner Mit­ wirkungsobliegenheit nachzukommen. So wie dort muss aber auch der erset­ 497

Auch in anderen Situationen fordert die unterschiedliche Natur von Gläubiger- und Schuldnerverzug eine abweichende Behandlung trotz vermeintlich identischer Sachver­ halte. So für § 297 BGB hinsichtlich des Annahmeverzuges und § 297 BGB analog für den Verzug des Schuldners Gursky, AcP 1973, 450 (458f.). 498 Vgl. Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. I, S. 328. 499 Vgl. Kreuzer / Stehle, JA 1984, 69 (71). 500 Gursky, AcP 1973, 450 (458). 501 Medicus, Schuldrecht I, Rn. 433f.; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 293 BGB, Rn. 5. 502 Joussen, in: Rolfs / Giesen / Kreikebohm / Udsching, § 615 BGB, Rn. 33f.; Löwisch, in: Staudinger, § 297 BGB, Rn. 15.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

zungsbefugte Gläubiger nach der Gestaltungserklärung ein Angebot des Schuld­ ners erwarten dürfen. Ein auf § 242 BGB gestützter sofortiger Verzugseintritt scheidet demnach aus. (3) Erhaltung der Gläubigerverzugsfolgen als Konsequenz bestehender Kausalität Von den bisherigen Ausführungen unberührt bleibt allerdings die Tatsache, dass auch die Leistungsstörungsgefahr in der Zeit nach der Ersetzung kausal auf die unterlassene Tilgung der Primärforderung zurückzuführen ist. Aus diesem Grund ist zu überlegen, ob nicht zumindest alle Folgen des Annahmeverzu­ ges, die gerade diese Gefahrenverteilung berücksichtigen, von der Primär- auf die Ersatzschuld zu übertragen sind. Damit wäre z. B. der Haftungsmaßstab des Schuldners hinsichtlich des Ersatzanspruchs nach § 300 Abs. 1 BGB analog zu mildern. Diese Regelungsübertragung würde allerdings voraussetzen, dass das Kausalitätsprinzip einen besonderen Stellenwert im System der Verzugsfol­ gen allgemein und insbesondere im Rahmen der Folgen des Gläubigerverzuges besitzt. 503 Das BGB müsste demnach etwa einem durch Annahmeverzug selbst verursachten Gläubigerbegehren im Sinne der Unzulässigkeit eines venire contra factum proprium 504 stets mit Ablehnung begegnen. Das ist aber nicht der Fall. Wie erläutert, ist es dem Gläubiger gestattet, allein durch Erklärung seiner Annahmebereitschaft zur ursprünglichen Gefahrenver­ teilung zurückzukehren. Der Schuldner haftet ab diesem Moment erneut für jegliche Form des Vertretenmüssens. Geht der Leistungsgegenstand unmittelbar nach dieser Erklärung durch seine normale oder leichte Fahrlässigkeit unter, so wird ihm das volle Risiko zugewiesen, obwohl noch immer Kausalität zur un­ terlassenen Annahme des Gläubigers besteht. Die Existenz des oben genannten Grundsatzes erscheint daher fraglich. Wird darüber hinaus der Regelungsgehalt von § 300 Abs. 1 BGB berücksichtigt, dann zeigt sich auch darin, dass das Kau­ salitätsprinzip nur in Ansätzen in das Recht der Gläubigerverzugsfolgen Einzug gefunden hat. Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass der Schuldner weiterhin allein im Fall grober Fahrlässigkeit haftet? Auch bei dieser lässt sich der Ur­ sachenzusammenhang zu Lasten des Gläubigers nicht ernstlich bestreiten. Eine Erklärung dafür könnte erneut die Natur des Gläubigerverzuges liefern. Wird nämlich das Unterlassen der Annahme nur als Verletzung einer Obliegenheit bewertet, so muss der Gesetzgeber diese Wertung auch im Rahmen der Rechts­ folgenanordnung berücksichtigen. Im Vergleich zum Schuldnerverzug, bei dem die Konsequenzen weitaus stärker vom Kausalitätsprinzip geprägt sind, schließ­ lich besteht hier nach § 287 S. 2 BGB sogar eine Haftung für Zufall, muss es dem 503

Dafür Schröder, MDR 1973, 466 (467). Ablehnend Hönn, AcP 1977, 385 (397). Für die Anknüpfung der Gläubigerverzugsfolgen an diesen Grundsatz R. Schmidt, Obliegenheiten, S. 146. 504

VI. Willensmängel und Anfechtbarkeit

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Gläubiger deshalb möglich sein, das ihm auferlegte Risiko bereits durch Nach­ holung der von ihm unterlassenen Handlung in die ursprüngliche Gefahrenver­ teilung zurückzuführen. Ein vollständiger Ausgleich der eigenen Ursächlichkeit wird von ihm dagegen nicht verlangt. Wurde demnach bei einer Schuld ohne Er­ setzungsbefugnis der Gläubigerverzug durch Bekundung des Annahmewillens aufgehoben, so entfallen, ungeachtet einer fortbestehenden Ursächlichkeit des Gläubigerhandelns, alle Vergünstigungen des Schuldners. Etwas anderes kann dann auch nicht für einen Anspruch mit Ersetzungsrecht gelten. 3. Zwischenergebnis Der Gestaltungsrechtsinhaber gerät durch die unterlassene Ausübung seiner Ersetzungsbefugnis nicht in Verzug. Dem Problem der Verzugsfolgenbeseiti­ gung durch den im Verzug befindlichen ersetzungsbefugten Schuldner kann durch § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB begegnet werden. Dieser löst den Verzug bei der Erfüllung des Ersatzanspruchs bereits mit seiner Entstehung aus. Auf Seiten des Gläubigers ist eine solche Korrektur dagegen nicht geboten. In beiden Fällen bleiben aber die bereits entstandenen verzugsbedingten Ansprüche, vorbehalt­ lich einer abweichenden Parteiabrede oder gesetzlichen Anordnung, trotz der Ersetzung erhalten und werden nicht durch das nur ex nunc wirkende Gestal­ tungsrecht beseitigt.

VI. Willensmängel und Anfechtbarkeit Die Ausübung der Ersetzungsbefugnis erfolgt mittels einer Erklärung des Be­ rechtigten. Diese ist – wie bereits ausgeführt – den allgemeinen Regeln des BGB über Willenserklärungen unterworfen. Aus diesem Grund ist nicht aus­ zuschließen, dass auch diese Erklärung versehentlich in Unkenntnis relevanter Umstände abgegeben wird. Es besteht damit auch für sie das Risiko eines Wil­ lensmangels und die damit verbundene Möglichkeit zur Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB. 505 Die Aufgabe des folgenden Abschnitts ist es, die wichtigsten Irrtumskonstellationen darzustellen und einen Lösungsvorschlag für die dabei auftretenden Probleme zu unterbreiten. In konsequenter Fortsetzung des bis­ her vertretenen Verständnisses einer einheitlichen Natur des Ersetzungsrechts soll dabei auf eine separate Darstellung von Schuldner- und Gläubigerbefugnis verzichtet werden.

505 So auch: Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 33; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 38.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Vorsicht ist bei der Ausübungserklärung jedenfalls dann geboten, wenn sich der Ersetzungsbefugte hinsichtlich des tatsächlichen Bestehens seines Gestal­ tungsrechts nicht sicher ist. Nach der Rechtsprechung des BGH soll nämlich die vermeintliche Ausübung eines nicht bestehenden Gestaltungsrechts – un­ geachtet der damit verbundenen bedenklichen Beschränkung der verfassungs­ rechtlich geschützten Möglichkeit einer Inanspruchnahme gesetzlich geregelter Rechtspflegeverfahren, die wenigstens mittelbar durch die Begrenzung vorpro­ zessualer Geltendmachung beeinträchtig wird – 506 eine Verletzung der aus § 241 Abs. 2 BGB stammenden Rücksichtnahmepflicht darstellen. 507 Danach könnte sich der vermeintliche Ersetzungsbefugte im Fall des Vertretenmüssens nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB schadensersatzpflichtig machen. 1. Verkennung der Existenz einer Ersetzungsbefugnis a) Forderung oder Anbieten der Primärleistung durch den Ersetzungsbefugten unter Verkennung der ihm zustehenden Befugnis Der erste denkbare Irrtum, dem der Gestaltungsberechtigte unterliegen kann, ist das Verkennen der ihm zustehenden Ersetzungsbefugnis. Fordert der gestal­ tungsberechtigte Gläubiger in diesem Fall die Primärleistung oder bietet der ersetzungsbefugte Schuldner diese an, so bewegen sich beide im Rahmen des von Anfang an bestehenden Anspruchs. Für die Einführungsbeispiele würde das bedeuten, dass G von W den Rotwein einfordert oder B der A die Geldzahlung anbietet, ohne dabei Kenntnis von der ihnen jeweils zustehenden Ersetzungsbe­ fugnis zu haben. Hierin kann keine Ausübung der Befugnis zu erblicken sein. Die Erklärung aber deshalb per se als rechtlich unerheblich zu betrachten, 508 wäre verfehlt. Vielmehr ließe sich etwa die Erklärung zugunsten des Primäran­ spruchs durch den Adressaten, der zwar die Ersetzungsbefugnis, nicht aber den Irrtum kennt, nach §§ 133, 157 BGB in der Weise verstehen, dass der Berech­ tigte überhaupt nicht mehr von seinem Recht zum Schuldaustausch Gebrauch machen möchte. In einer solchen Äußerung könnte zumindest ein einseitiger und konkludenter Verzicht auf das Gestaltungsrecht zu sehen sein. Von Bedeu­ tung ist in diesem Zusammenhang, dass ein Gläubiger, der nur die ihm schon zustehende Leistung verlangt, überhaupt nicht die Absicht verfolgt, eine rechts­ erhebliche Erklärung abzugeben. Ebenso verhält es sich auch im parallelen Fall der Schuldnerbefugnis. Beiden mangelt es bereits am Erklärungsbewusstsein. Die Annahme eines wirksamen, aber anfechtbaren Verzichts wäre deshalb in 506 507 508

A. A. etwa BGH, ZfBR 2009, 350 (351). Vgl. BGH, ZfBR 2009, 350 (352). Vgl. dazu oben Fn. 194.

VI. Willensmängel und Anfechtbarkeit

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dieser Situation nur vertretbar, sofern die Privatautonomie des Erklärenden dem Schutz des Erklärungsempfängers untergeordnet und damit der Theorie vom potentiellen Erklärungsbewusstsein gefolgt wird. Ein umfassender Austausch der für oder gegen ihre Richtigkeit vorgebrachten Argumente ist im Rahmen einer Untersuchung der Ersetzungsbefugnis allerdings nicht angebracht. Wird mit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung 509 und Literatur 510 auf das Erklärungsbewusstsein als konstitutives Element einer Willenserklärung verzichtet, so könnte das Verlangen oder Anbieten der Pri­ märleistung zunächst tatsächlich als wirksamer Verzicht auf die Befugnis zu verstehen sein. Gerade für die Rechtsaufgabe bedarf diese Konstruktion jedoch weiterer Einschränkungen. Zwar führt nach der Theorie vom potentiellen Erklä­ rungsbewusstsein die Erwartung des Rechtsverkehrs dazu, dass eine Handlung ihren Urheber an die damit typischerweise verbundene Willenserklärung bin­ det. Gerade deshalb muss aber der bezweckte Schutz des Rechtsverkehrs dort seine Grenzen finden, wo eine solche Erwartung nicht oder nicht in achtens­ werter Weise bestehen kann. Dieses wäre jedenfalls dann anzunehmen, wenn der ausschlaggebenden Handlung ein bestimmter Erklärungsinhalt unter Be­ rücksichtigung der Verkehrssitte und des Empfängerhorizonts überhaupt nicht zu entnehmen ist. 511 Genau das ist aber in der genannten Situation im Hinblick auf die vermeintli­ che Verzichtserklärung der Fall. Zwar lässt sich beispielsweise darüber streiten, ob die Äußerung desjenigen, der in einer Versteigerung die Hand zum Gruß er­ hebt, 512 auch ohne seine Rechtsbindungsabsicht, als Willenserklärung in Bezug auf die Versteigerung zu behandeln ist. Die Handbewegung bildet schließlich gerade das versteigerungstypische Erklärungszeichen. Zudem ist es bei dem Teilnehmer einer Auktion auch nicht unwahrscheinlich, dass er sich mit Erstei­ 509 Vgl. BGH, NJW 1984, 2279 (2280); 1990, 454 (456); 1995, 953; 2001, 1130 (1131); 2007, 368 (369); BAG, NJW 1987, 2101 (2102); 2000, 308 (309); OLG Nürnberg WM 1990, 928 (930); OLG Hamm, BB 1992, 2177; a. A. OLG Düsseldorf, OLGZ 182, 240ff. 510 Vgl. Brehmer, JuS 1986, 440 (443); Brox / Walker, BGB AT, Rn. 85; F. Bydlinski, JZ 1975, 1 (6); v. Craushaar, AcP 1974, 2 (6ff.); Feuerborn, in: AnwK, vor § 116 BGB, Rn. 7; Flume, BGB AT, Bd. II, S. 449f. (allerdings nur für ausdrückliche Willenserklä­ rungen); Gudian, AcP 1969, 232 (233ff.); Habersack, JuS 1996, 585 (587f.); Hefermehl, in: Soergel, vor § 116 BGB, Rn. 13; H. Heinrichs, in: Palandt, vor § 116 BGB, Rn. 17; Hepting, in: FS-Köln, S. 209 (228f.); Jauernig, in: Jauernig, vor § 116 BGB, Rn. 5; Kell­ mann, JuS 1971, 609 (613); Kramer, in: MüKo, § 119, Rn. 103; Larenz / Wolf, BGB AT, § 36, Rn. 25f.; Medicus, BGB AT, Rn. 607; Röder JuS 1982, 125 (126f.); Schmidt-Salzer, JR 1969, 281 (284ff.); Schönfelder, NJW 2001, 492 (494). A. A.: Fabricius, JuS 1966, 1 (10f.); Wieacker, JZ 1967, 385 (386, 389). 511 BGH, NJW 2007, 368 (369); OLG Dresden, WM 1999, 949 (951). 512 Schulfall der Trierer Weinversteigerung. Diese und ähnliche Konstellationen bei Medicus, BGB AT, Rn. 605.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

gerungsabsicht betätigt. Seine Handlung könnte also nach dem objektiven Emp­ fängerhorizont als entsprechende Willenserklärung verstanden werden. Nicht ohne weiteres und daher auch nicht im Zweifel kann es der Rechtsverkehr aber erwarten, dass der Inhaber eines Rechts dieses vollkommen grundlos und ohne jegliche Form der Gegenleistung aufgibt. 513 Das gilt auch für die Ersetzungs­ befugnis. Gerade aus Sicht des Gläubigers bietet das ihm zustehende Recht zur Schuldersetzung eine Sicherung für den Fall, dass sich der Verpflichtete nach dem Leistungsverlangen unwillig zeigt, den Primäranspruch zu erfüllen. Gleichsam erschiene es unverständlich, allein im Anbieten der Primärleistung einen beiläufigen Verzicht des Schuldners zu erblicken. Nimmt hier der Gläubi­ ger – was der Normalfall wäre – die Leistung an, so erlischt die Befugnis kraft ihrer Akzessorietät. Da aber der vom Ersetzungsbefugten bezweckte Verlauf ohnehin das Erlöschen des Rechts zur Folge hat, ist es fraglich, warum seine Handlung zusätzlich eine gesonderte Verzichtserklärung enthalten sollte. Das gilt insbesondere deshalb, weil dieser Verzicht doch nur dann relevant würde, wenn die von ihm erhoffte Tilgung durch die Primärleistung fehlschlägt. Gerade in dieser Situation wird der Gestaltungsberechtigte seine Befugnis im Zweifel behalten wollen. Überzeugend erscheint es daher, einen ausschließlich durch Angebot oder Forderung der Primärleistung ausgeübten, konkludenten Verzicht auf die Ersetzungsbefugnis vorbehaltlich besonderer Umstände abzulehnen. Im Ergebnis ebenso zurückhaltend – wenn auch mit abweichender Begrün­ dung – äußern sich Teile der Rechtsprechung und Lehre in Bezug auf das generelle Vorliegen eines konkludenten Rechtsverzichts. So könne die einseitige Aufgabe grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn sich der Erklä­ rende des Rechtes, das er aufgibt, zumindest im Moment der Äußerung bewusst war. 514 Diese Anforderung kollidiert zwar offensichtlich mit den Voraussetzun­ gen an eine rechtserhebliche Erklärung nach der Lehre vom potentiellen Erklä­ rungsbewusstsein, schließlich dürften nach dieser subjektive Momente auf der Seite des Handelnden keine Berücksichtigung finden. 515 Beide Lösungen führen aber zumindest bei einer unbekannten Ersetzungsbefugnis im Ergebnis zu einer Ablehnung des Verzichts. Eine irrtumsbedingte Anfechtung scheidet daher aus.

513 Vgl. Busche, in: MüKo, § 144 BGB, Rn. 6; Palm, in: Erman, § 144 BGB, Rn. 3; BGH, NJW 1967, 720 (721); 1971, 1795 (1800); NJW-RR 1992, 779; WM 1982, 1249 (1251). 514 RGZ 68, 398 (400); 104, 1 (4); 128, 116 (119). Beschränkung auf Ausnahmefälle: Schlüter, in: MüKo, § 397 BGB, Rn. 3; BGH, WM 1982, 671, 673; RGZ 84, 400 (405). 515 Hinweis auf diesen Widerspruch auch bei Kleinschmidt, Verzicht im Schuldrecht, S. 42f.

VI. Willensmängel und Anfechtbarkeit

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b) Annahme oder Leistung des Primärgegenstandes durch den Ersetzungsbefugten unter Verkennung der ihm zustehenden Befugnis Wurde der Primäranspruch unter Verkennung des Ersetzungsrechts bereits getilgt, so lässt sich die Erfüllung selbst nicht aufgrund der verkannten Befug­ nis anfechten. 516 Mit der Leistung oder Annahme des Primärgegenstandes tat der Gestaltungsberechtigte objektiv genau das, was er auch subjektiv wollte. Ein beachtlicher Willensmangel besteht hier nicht. 517 Dass die Tilgung des Primäran­ spruchs unter Umständen nur vorgenommen wurde, weil der Ersetzungsbefugte nicht um die Existenz seines Rechts zum Schuldaustausch wusste, stellt nur ein zugrunde gelegtes Motiv des Berechtigten dar. Ein bei ihm vorhandenes Willensdefizit ist daher allenfalls als Motivirrtum zu bewerten, der für die An­ fechtbarkeit im Rahmen von § 119 BGB jedoch grundsätzlich unbeachtlich ist. 518 Insbesondere kann es hierbei nicht überzeugen, die Möglichkeit eines späteren Zugriffs auf die Ersatzleistung argumentativ auf die nicht gewollte Nutzung des Ersetzungsrechts zu stützen. 519 Gerade die auch ohne jegliche Verwendung des Gestaltungsrechts bestehende Erfüllbarkeit bildet ein wesensprägendes Merkmal einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis. Daneben betrifft die Fehlvorstellung des Ersetzungsbefugten im Kern nicht das schuldtilgende Erfüllungsgeschäft, son­ dern die durch das Ersetzungsrecht zu gestaltende Forderung. Das Risiko einer 516 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 36; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 182f.; Herz­ berg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 34f.; W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 52f.; Pescatore, Wahlschuldverhältnisse, S. 275; vgl. Weitz, Die facultas alternativa, S. 70, 73. A. A.: Windscheid, Pandektenrecht, Bd. II, S. 35; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 36; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 40; Titze, Die Unmöglichkeit der Leistung, S. 195, Fn. 1. Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 16, meint, das Recht zum Zugriff auf die Ersatzleistung bestehe gerade wegen des Zwecks der Ersetzungsbefugnis fort. 517 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 48, 51; Bosse, Ersetzungsbe­ fugnis, S. 36, 44f.; Chamizer, Wahlschuld, S. 68, Fn. 2; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 182f.; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 34f. Im Ergebnis ebenso Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 14. 518 Medicus, BGB AT, Rn. 744; Musielak, Grundkurs BGB, Rn. 325; Wendtland, in: Bamberger / Roth, § 119 BGB, Rn. 37. Für den konkreten Fall der Ersetzungsbefugnis: Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 34; Pescatore, Wahlschuld­ verhältnisse, S. 275, Fn. 22; vgl. Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 51. Diese Regelung war sogar noch ausdrücklich im ersten Entwurf zum BGB vorgesehen (Mugdan, Bd. I, S. LXXXIV), wurde aber später gestrichen, da sich der Ausschluss auch aus den gesetzlich geregelten Fällen beachtlicher Irrtümer ergebe. Vgl. dazu Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. I, S. 118. 519 So aber: Windscheid, Pandektenrecht, Bd. II, S. 35f.; Kirschberg, Alternativobli­ gation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 36; Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 16.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

verkannten Gestaltbarkeit des Kausalgeschäftes im Rahmen der Verfügung muss aber allein dem Gestaltungsberechtigten zugewiesen werden. Für die angrenzende Frage nach einem konkludenten Verzicht auf die Erset­ zungsbefugnis gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Hiervon abwei­ chend wurde von Teilen der älteren Literatur zwar versucht, zumindest im Fall der erfolgten Tilgung der Primärschuld einen solchen trotzdem anzunehmen. 520 Das ist aber aus den genannten Gründen abzulehnen. Gerade das akzessorie­ tätsbedingte Erlöschen der Befugnis, 521 das eine zwingende Folge der Tilgung darstellt, spricht gegen einen parallel erklärten und damit vollkommen sinnlosen Verzicht. Darüber hinaus wäre es dann aber unerlässlich gewesen, auch hinsicht­ lich des schlichten Anbietens oder Forderns der Primärleistung nicht abweichend zu entscheiden. 522 Allein die erfolgreiche Tilgung ist schließlich ungeeignet, um in diesem Zusammenhang eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen. Aus der Ergebnisperspektive erscheint der Disput über das Vorliegen einer stillschweigenden Rechtsaufgabe nach der Erfüllung zudem weitaus folgenloser als vor dieser. Selbst wenn nämlich entgegen der hier vertretenen Auffassung ein mit Willensmängeln behafteter Verzicht vorliegen würde, so könnte die An­ fechtung doch nur diesen allein beseitigen. Aufgrund der bereits erfolgten und unanfechtbaren Tilgung des Primäranspruchs müsste ein erneutes Aufleben der Ersetzungsbefugnis dann aber gleichwohl am Fehlen des gestaltbaren Bezugs­ objekts scheitern. 523 c) Forderung oder Annahme bzw. Angebot oder Erbringung der Ersatzleistung durch den Ersetzungsbefugten unter Verkennung der ihm zustehenden Befugnis Weiterhin ist es denkbar, dass der Ersetzungsbefugte unter Verkennung des ihm zustehenden Gestaltungsrechts die Ersatzleistung als Gläubiger fordert oder annimmt bzw. als Schuldner anbietet oder leistet, weil er diese für das Objekt der einzig relevanten Forderung hält. Exemplarisch würde also der G, in der fälschlichen Annahme, dass ihm dieser Anspruch bereits zusteht, im zweiten Einführungsfall von W Weißwein fordern, obwohl er bisher eigentlich nur eine auf Rotwein gerichtete und mit einer Ersetzungsbefugnis verbundene Forderung hat. Gleiches kann auch für § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gelten, wenn darin eine Er­ setzungsbefugnis gesehen wird. In diesem Fall läge die genannte Irrtumskonstel­ 520

Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 36, 45. Das Erlöschen aufgrund der Akzessorietät war Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 45, auch bekannt. 522 So jedoch geschehen bei Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 44f. 523 Zutreffend Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 36, 45. 521

VI. Willensmängel und Anfechtbarkeit

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lation vor, wenn der Geschädigte in Unkenntnis des Naturalrestitutionsanspruchs und seines Gestaltungsrechts sofort Geldersatz fordert, von dem er glaubt, dieser sei bereits geschuldet. Auch hier fehlt es in Bezug auf die Ausübung des Gestaltungsrechts am Erklä­ rungswillen, so dass es erneut darauf ankommt, ob der Lehre vom potentiellen Erklärungsbewusstsein gefolgt wird. 524 Wenn das der Fall ist und der Gestal­ tungsrechtsgegner um das Bestehen der Befugnis weiß, dann ist die Situation anders zu bewerten als das erläuterte Fordern oder Annehmen der Primärleistung. Hier kann die Handlung des Berechtigten von ihm als konkludente Ersetzung zu verstehen sein, 525 sofern er den Irrtum nicht erkennt. 526 Der ehemals Befugte hat es dann in der Hand, die Ersetzungserklärung nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB anzufechten, 527 worauf diese nach § 142 Abs. 1 BGB ex tunc als nichtig zu betrachten wäre. Hierdurch ginge die Ersatzleistungsverpflich­ tung wieder unter und die Berechtigung hinsichtlich der Primärleistung würde erneut aufleben. Das bestehende Anfechtungsrecht entspricht damit hinsichtlich seiner Wirkung in dieser Konstellation einer erneuten Ersetzungsbefugnis. Zuvor erbrachte Leistungen könnten in diesem Fall nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB kondiziert werden. Gleichfalls ist es dem Anfechtungsberechtigten aber auch möglich, sich durch die Bestätigung des Geschäfts nach § 144 Abs. 1 BGB 528 oder das schlichte Verstreichenlassen der Anfechtungsfrist für die Gestaltungs­ 524 Ablehnend gegenüber einer Ausrichtung am Empfängerhorizont Lietz, Alternati­ vermächtigung des Gläubigers, S. 15f., der auch der tatsächlichen Annahme in Unkenntnis der Befugnis jegliche Wirkung abspricht. 525 A. A. für den Fall des schlichten Forderns ohne sofortige Annahme Lietz, Alter­ nativermächtigung des Gläubigers, S. 15. Das ist aufgrund seiner ablehnenden Haltung gegenüber einer Bindung des Ersetzungsbefugten vor der tatsächlichen Erfüllung zumin­ dest konsequent, wenn auch im Ergebnis nicht überzeugend. Lietz, Alternativermächti­ gung des Gläubigers, S. 15 und Weitz, Die facultas alternativa, S. 73, wollen zudem auch der tatsächlichen Annahme in Unkenntnis der Befugnis jegliche Wirkung absprechen, wobei sie allerdings nicht berücksichtigen, dass sich der Erklärungsinhalt nach §§ 133, 157 BGB am Empfängerhorizont orientiert. 526 So wie hier: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 49ff. Lippert, Al­ ternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 41f., nimmt an, es sei unerheblich, ob der Adressat der Erklärung den Irrtum erkennt oder nicht, da die §§ 119ff. BGB nicht danach differenzieren. Das kann nicht überzeugen, ist doch das Wissen um den Willensmangel bereits bedeutsam für die Frage, wie der Adressat die Erklärung verstanden hat und verstehen durfte. Aus diesem Grund wäre eine erneute Behandlung im Rahmen von § 119 BGB deplaziert. 527 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 49ff.; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 37; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 91. Ausdrücklich nur für den Fall der erfolgten Annahme: Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 35; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 39. 528 Eine Bestätigung ist gemäß § 141 Abs. 1 BGB auch noch nach erfolgter Anfechtung möglich.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

wirkung zu entscheiden. Auf diese Weise würde die Ersetzung eine endgültige Wirkung erreichen. Eine Entscheidung zwischen diesen beiden Varianten ist je­ doch nur möglich, wenn das Interesse am Fortbestand der Ersetzungswirkung erst nachträglich entstanden ist. Anderenfalls würde der Anfechtungsberechtigte häufig nicht dem Kausalitätserfordernis des § 119 Abs. 1 Hs. 2 BGB genügen. 529 War dem Erklärungsadressaten der Willensmangel bekannt, so liegt bereits nach dem objektiven Empfängerhorizont keine Ersetzung vor. 530 Gegebenenfalls er­ folgte Ersatzleistungen sind dann mangels Rechtsgrunds ebenfalls im Wege der Leistungskondiktion zurückzufordern. 531 2. Verwechslung von Primär- und Ersatzleistung in Kenntnis der Ersetzungsbefugnis a) Forderung oder Annahme bzw. Angebot oder Erbringung der Primärleistung durch den Ersetzungsbefugten, der diese für die Ersatzleistung hält Neben der völligen Unkenntnis vom Bestehen des Rechts zur Schuldersetzung ist es möglich, dass sich der Berechtigte zwar seiner Befugnis bewusst ist, dabei jedoch Primär- und Ersatzanspruch verwechselt. Das wäre etwa der Fall, wenn G im zweiten Einführungsfall von W in Kenntnis seiner Ersetzungsbefugnis Rotwein fordert, dabei allerdings zu Unrecht davon ausgeht, dass ursprünglich Weißwein geschuldet war. Grundsätzlich gelten in diesem Fall die Ausführun­ gen zur verkannten Befugnis weithin entsprechend. Durch die Forderung oder Annahme bzw. das Angebot oder die Erbringung der Primärleistung findet nach dem objektiven Empfängerhorizont keine Ausübung des Ersetzungsrechts statt. Darüber hinaus ist auch das der vermeintlichen Erfüllung dienende Geschäft nicht durch Anfechtung zu vernichten. Dessen ungeachtet finden sich in der älteren Literatur Stimmen, die dem Ersetzungsberechtigten bei einer erfolgten Tilgung das Anfechtungsrecht zuge­ stehen wollen. Danach läge im Unterschied zum Fall der verkannten Befugnis ein beachtlicher Willensmangel vor. 532 Dieser Ansicht ist allerdings entgegen­ zutreten. Zum einen erscheint bei ihr schon das Objekt der Anfechtung frag­ 529

Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 45. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 91. 531 Er. Wagner, Alternativobligation und facultas alternativa des Schuldners, S. 50 und Weitz, Die facultas alternativa, S. 71, gewähren dem ersetzungsbefugten Schuldner diesen Anspruch auch bei Unkenntnis des Adressaten ohne eine vorherige Anfechtung. Dieses Ergebnis ist darauf zurückzuführen, dass Ersterer der Befugnis des Schuldners überhaupt keine obligationsändernde Wirkung beimisst und Wagner die Erklärung für frei widerruflich hält. Vgl. auch Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 385. 530

VI. Willensmängel und Anfechtbarkeit

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lich. Dabei hilft auch der dort zu findende Hinweis, der Schuldner habe das Erbringen und der Gläubiger die Annahme der Primärleistung mit seinem Er­ setzungswillen verbunden, 533 nicht weiter. Die Erklärung zur Übertragung der Primärleistung muss jedenfalls als Anfechtungsgegenstand ausscheiden. Auch hier bildet der Wunsch, diese als Ersatzleistung zu erbringen, erneut nur ein un­ beachtliches Motiv. Ziel der Anfechtung könnte deshalb nur eine Erklärung im Hinblick auf die Ersetzungsbefugnis selbst sein. Darüber hinaus scheint diese Auffassung nicht hinreichend berücksichtigt zu haben, dass sich die für eine Anfechtung notwendige Abweichung zwischen Wille und Äußerung nach der vom Empfängerhorizont vernommenen Erklärung richtet. Weiß hier der Adres­ sat von der Ersetzungsbefugnis, kennt aber die Forderungsverwechslung ihres Inhabers nicht, so kann er die tatsächlich erfolgte Leistung oder Annahme der Primärschuld auch nur als solche verstehen. Eine Äußerung im Hinblick auf das Ersetzungsrecht ist der Erklärung dagegen nicht zu entnehmen. Die für eine Anfechtung notwendige Divergenz zwischen Wille und Wirklichkeit wäre daher vorliegend allein im Unterschied zwischen der subjektiv vorgestellten Er­ klärung und deren objektivem Fehlen zu finden. Soll dem Ersetzungsbefugten in dieser Situation ein Anfechtungsrecht eingeräumt werden, so wäre ihm die Anfechtung der „Nichterklärung“ zu gestatten. 534 Der Gedanke, im Gegensatz zur Lehre vom potentiellen Erklärungsbewusstsein, sogar auf das objektive und vom Adressaten vernommene Element der Willenserklärung zu verzichten, kann unter Berücksichtigung der §§ 116ff. BGB aber nicht überzeugen. Sollte dage­ gen die konkludente Verzichtserklärung das Anfechtungsobjekt bilden, 535 so ist erneut auf die Argumentation zur konkludenten Aufgabe der Ersetzungsbefugnis zu verweisen. In Bezug auf die Erbringung der Primärleistung entspricht die Situation damit der fehlenden Kenntnis von der Ersetzungsbefugnis. Abweichend zu dieser kann hier lediglich der auf die Ungewissheit des Rechtsinhabers gestützte Einwand gegen die Annahme eines konkludenten Verzichts nicht durchgreifen, schließlich kennt der Befugte sein Recht. Trotzdem kann auch in dieser Situation – vor­ 532

So etwa Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 40f. Die Beschränkung auf die Tilgung ist zumindest konsequent, da er allein der Erklärung des Schuldners keine ersetzende Wirkung beimisst. Vgl. dazu Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 44. Gerade hier zeigt sich al­ lerdings die Fragwürdigkeit dieser Auffassung, erkannte Bosse doch gerade im Rahmen der Irrtumsproblematik die Unterscheidung zwischen Ersetzungserklärung und Leistungs­ erbringung an. 533 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 40. 534 Diesen Weg scheint Bosse zu favorisieren. Hierfür spricht die Tatsache, dass er sich im Rahmen der Schuldnerbefugnis, trotz des auch für diesen Fall angenommenen Ver­ zichts, argumentativ überhaupt nicht auf eine Verzichtserklärung stützt, sondern vielmehr mit dem Willen zur Ersetzung argumentiert. Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 40. 535 Dafür könnten zumindest die Ausführungen Bosses zur Gläubigerbefugnis spre­ chen. Vgl. dazu Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 47f.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

behaltlich besonderer Umstände – 536 nicht von einer stillschweigenden Aufgabe des Gestaltungsrechts ausgegangen werden. Erfolgt die Leistung des Primärge­ genstandes dagegen erst nach einer bereits erfolgreich durchgeführten Ersetzung, so fehlt es dieser an einem kondiktionshindernden Rechtsgrund. b) Forderung oder Annahme bzw. Angebot oder Erbringung der Ersatzleistung durch den Ersetzungsbefugten, der diese für die Primärleistung hält Als letzte wesentliche Irrtumskonstellation ist der Fall zu betrachten, bei dem der Inhaber einer Ersetzungsbefugnis sein Gestaltungsrecht kennt und nicht ver­ wenden möchte, hierbei allerdings die Ersatzschuld mit der Primärforderung verwechselt. Der Berechtigte glaubt folglich mit der Forderung oder Annahme bzw. dem Angebot oder der Erbringung der Ersatzleistung am ursprünglichen Anspruch festzuhalten, wobei dieser Irrtum dem Erklärungsadressaten ebenfalls unbekannt ist. Parallel zu der vergleichbaren 537 Situation unter Verkennung des Gestaltungsrechts hängt die Wirksamkeit der vermeintlichen Ausübungserklä­ rung auch hier vom Verzicht auf das Erklärungsbewusstsein als Element der Willenserklärung ab. Nach der Lehre vom potentiellen Erklärungsbewusstsein kann diese Handlung des Befugten als Ersetzungserklärung zu werten sein. 538 Im Gegensatz zur fehlenden Kenntnis über das Bestehen der Befugnis er­ möglicht ein Irrtum über die Frage, welche Leistung die von Anfang an ge­ schuldete war, eine Anfechtung jedoch nur in Ausnahmefällen. 539 Grund ist auch hierfür der gemäß § 119 Abs. 1 Hs. 2 BGB erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Irrtum und abgegebener Erklärung. Danach besteht ein Anfechtungs­ recht wegen fehlendem Erklärungsbewusstsein nur dann, wenn der Handelnde die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht in gleicher Weise auch bewusst abgegeben hätte. Entscheidet sich aber der ersetzungsbefugte Gläubiger oder Schuldner, der beide Anspruchsvarianten kennt, für die von ihm als von Anfang an geschuldet geglaubte Leistung, so ist das regelmäßig auf den Leistungsinhalt zurückzuführen. Es wäre hier lebensfremd anzunehmen, der Berechtigte erkläre sich typischerweise nur deshalb hinsichtlich des Anspruchs, weil dieser schon ohne Verwendung der Ersetzungsbefugnis besteht. Hätte der Ersetzungsbefugte nämlich gewusst, dass die vom ihm als Primärleistung vorgestellte und ange­ strebte Ersatzleistung erst durch Ausübung der Befugnis zum Gegenstand des 536 Der Rechtsverkehr kann grundsätzlich auch in dieser Situation nicht von einem konkludenten Verzicht auf die Ersetzungsbefugnis ausgehen. 537 Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 48f. 538 So im Ergebnis auch Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 51. 539 Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 39; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 33, Fn. 3; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 39.

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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Schuldverhältnisses wurde, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass er das Gestaltungsrecht auch mit Erklärungsbewusstsein ausgeübt hätte. 540 Ein abwei­ chendes Interesse wird daher zumeist nicht zu erkennen sein. 3. Anfechtung aufgrund von Täuschung und Drohung Neben den Anfechtungsgründen des § 119 BGB ist ergänzend auf die Mög­ lichkeit einer Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB zu verweisen. Diese ist bedeut­ sam, wenn die Willensbildung in Hinblick auf die Verwendung oder Aufgabe der Ersetzungsbefugnis unter dem Einfluss von Drohung oder Täuschung erfolgte. Im Gegensatz zur Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB umfasst § 123 Abs. 1 BGB auch reine Motivirrtümer. 541

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit Wie bereits die Untersuchung zum Verzug zeigen konnte, führt die Tatsache, dass bei einer Ersetzungsbefugnis mindestens zwei Leistungen von Bedeutung sind, im Fall einer Leistungsstörung zu einer Vielzahl von Schwierigkeiten. Diese für die spezielle Situation der Unmöglichkeit aufzuzeigen und mithilfe bestehender Regeln des BGB einer Lösung zuzuführen, wird die Aufgabe des folgenden Abschnitts sein. Auch dabei kann auf eine gesonderte Betrachtung von anspruchserhaltender und anspruchsersetzender Befugnis verzichtet werden. Die unmöglichkeitsherbeiführende Leistungsstörung betrifft schließlich in jedem Fall die Leistung in ihrer konkreten Ausprägung. 1. Eintritt des Leistungshindernisses vor Begründung der Primärschuld a) Leistungshindernis hinsichtlich der Primärleistung Mit der im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung erfolgten Streichung von § 306 BGB a.F. und der zusätzlichen, deklaratorischen 542 Kodifikation dieser Än­ 540

Vgl. Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 39. Jauernig, in: Jauernig, § 119 BGB, Rn. 17; Kramer, in: MüKo, § 123 BGB, Rn. 13; Medicus, BGB AT, Rn. 787; Palm, in: Erman, § 119 BGB, Rn. 51. 542 Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 2; Heldrich, NJW 2001, 2521 (2523); vgl. Kat­ zenstein, JR 2003, 447 (451); Kindl, in: Erman, § 311a BGB, Rn. 1; Jü. Kohler, JURA 2006, 241. So auch schon der Gesetzgeber: BT-Drs. 14/6040, 164. Kritisch gegenüber der anfänglich vorgesehenen bloßen Streichung von § 306 BGB a.F.: Canaris, JZ 2001, 541

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

derung in § 311a Abs. 1 BGB steht es der Wirksamkeit eines Leistungsverspre­ chens nun nicht mehr entgegen, wenn schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Leistungshindernis besteht, das die Unmöglichkeit der Erfüllung nach sich zieht. Dieser Paradigmenwechsel hin zur einheitlichen Behandlung der Unmög­ lichkeit erfolgte dabei in ausdrücklicher Anlehnung 543 an Art. 4:102 544 PECL. Nichts anderes kann dann auch für den mit einer Ersetzungsbefugnis versehe­ nen Anspruch gelten. 545 Ist dessen Tilgung unmöglich und verhindert deshalb § 275 BGB die Entstehung der Leistungspflicht, so trifft dieser Hinderungs­ grund mangels Ersetzungsobjekts zugleich die akzessorische Befugnis. 546 Ohne ein Vertretenmüssen des Schuldners ist dieser, im Unterschied zur Wahlschuld, für die § 265 S. 1 BGB im Grundsatz eine Konkretisierung auf die noch mögli­ che Alternative anordnet, von jeglicher Leistungspflicht befreit. 547 Der dagegen partiell erhobene Einwand, die in § 275 Abs. 1 BGB enthaltene Formulierung „soweit“ zeige auf, dass selbst die zufällige Unmöglichkeit dem Fortbestand des Schuldverhältnisses 548 und damit auch der Aufrechterhaltung der Ersetzungsbe­ fugnis nicht entgegenstehe, 549 kann nicht über überzeugen. Er lässt zu Unrecht 499 (506); ders., in: Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 43 (61); U. Huber, ZIP 2000, 2137 (2149f.). 543 BT-Drs. 14/6040, S. 164. 544 Diese Regel findet sich wieder in II. – 7:102 DCFR. 545 Folgerichtig für die Nichtigkeit der Primärforderung aufgrund des zu dieser Zeit noch geltenden § 306 BGB a.F.: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 65f.; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 69, 74; Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 70, Fn. 4; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 172, 194; Herzberg, Schuld mit Erset­ zungsbefugnis des Gläubigers, S. 42; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alter­ nativa des Gläubigers, S. 39; Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 20; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 42; Er. Wagner, Alternativobligation und fa­ cultas alternativa des Schuldners, S. 53. 546 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 389; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 188f.; Toussaint, in: jurisPK, § 265 BGB, Rn. 8; Medicus, Schuldrecht AT, Rn. 188; Wolf, in: Soergel, § 265, Rn. 15. Vgl. auch: Eckert, Schuldrecht, Rn. 167; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 47; P. Huber, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 152. Verkannt von: Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 40; Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 195, Fn. 1. Anderes ergibt sich zwangsläufig, wenn die Ersetzungsbefugnis in Form der Bedingungstheorie konstruiert wird. Vgl. dazu exemplarisch: Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 211; Regelsberger, IherJb 1878, S. 159 (167); Weitz, Die facultas alternativa, S. 86f. 547 Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 41; W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 76. Unklar zu dieser Frage RGZ 94, 58 (60). Hier wird zunächst auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 265 BGB im Falle einer facultas alternativa verwiesen, in der folgenden Auseinan­ dersetzung allerdings nur noch der Erhalt der Primärleistungspflicht bei Unmöglichkeit der Ersatzleistung besprochen. Zutreffend gegen die Anwendbarkeit von § 265 BGB in dieser Situation Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 15. 548 Hiermit kann nur das Schuldverhältnis im weiteren Sinne gemeint sein. 549 Vgl. Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 45f.

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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die Forderungsgebundenheit des Ersetzungsrechts außer Acht. Aufgrund dieser Eigenschaft kommt es aber allein auf die Existenz des zu gestaltenden Anspruchs an, die für den Bestand des darauf bezogenen Gestaltungsrechts von Bedeutung ist. 550 Mögliche schadensrechtliche Konsequenzen richten sich nach § 311a Abs. 2 BGB. Zumindest an dieser Stelle kann unbeantwortet bleiben, ob das haftungs­ begründende Moment im Versprechen 551 der Leistung, einer nicht hinreichenden Vergewisserung 552 über die eigene Leistungsfähigkeit oder einer Garantie 553 zu finden ist. Hatte der Schuldner bei Vertragsschluss Kenntnis vom Leistungs­ hindernis bzw. seine diesbezügliche Unkenntnis zu vertreten, so ist jedenfalls die daraus resultierende Schadensersatzpflicht einer Gestaltung durch die Er­ setzungsbefugnis prinzipiell nicht zugänglich. Hiergegen gerichtete Stimmen in der Literatur missachten zwangsläufig die Akzessorietät des Ersetzungsrechts. Es kann daher nicht überzeugen, wenn sie dessen Untergang auf die vom Schuld­ ner nicht zu vertretenden Konstellationen beschränken 554 und sich teilweise sogar ausdrücklich für eine Anwendung der Befugnis auf den unmöglichkeitsbedingten Schadensersatzanspruch aussprechen. 555 Für anfängliche Leistungshindernisse 550

Im Ergebnis ebenso Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 189. So heute die deutlich überwiegende Auffassung: Canaris, in: FS-Heldrich, S. 11 (27f.); ders., DB 2001, 1815 (1818); ders., JZ 2001, 499 (507); ders., ZRP 2001, 329 (331.); Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 15; Grunewald, JZ 2001, 433 (435); Gsell, Jb­ JZivRWiss 2001, 105 (120); C. Hirsch, JURA 2003, 289 (297); Kindl, in: Erman, § 311a BGB, Rn. 6; vgl. Lorenz, NJW 2002, 2497 (2500); Mattheus, JuS 2002, 209 (214); Me­ dicus, Schuldrecht I, Rn. 496; Penner / Gärtner, JA 940 (942); Mattheus, in:, Einführung in das neue Schuldrecht, S. 90; Stadler, in: Jauernig, § 311a BGB, Rn. 5; Willingmann / Hirse, in: Kothe / Micklitz / Rott / Tonner / Willingmann, § 311a BGB, Rn. 2; Zimmer, NJW 2002, 1 (8); BT-Drs. 14/6040, S. 165. Abl.: Altmeppen DB 2001, 1821 (1823); Hammen, in: FS-Hadding, S. 41 (47ff.); Harke, AcP 2005, 67 (82f.); ders., JbJZivRWiss 2001, 28 (56); Wilhelm, JZ 2001, 861 (867). 552 So etwa bei Emmerich, Leistungsstörungen, § 5, Rn. 11. Abl. Altmeppen, DB 2001, 1399 (1400f.). 553 Für eine an das Leistungsversprechen anknüpfende Garantie: Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 125; Harke, AcP 2005, 67 (82f.); Häublein, NJW 2003, 388 (392); Katzenstein, JR 2003, 447 (450f.); vgl. Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 48, 71; Schwarze, JURA 2002, 73 (81); Sutschet, NJW 2005, 1404 (1405); Windel, JR 2004, 265 (266). Offen gelassen von Schapp, JZ 2001, 583 (587). 554 So aber z. B.: Chamizer, Wahlschuld, S. 79; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbe­ fugnis des Gläubigers, S. 47; Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 15; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Schlechtriem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 230; Schulze, in: Hk-BGB, § 262 BGB, Rn. 6; Siber, Rechtszwang im Schuldverhältnis, S. 64; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 9. 555 So aber: Bittner, in: Staudinger, § 265 BGB, Rn. 14; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 667; P. Huber, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 152; Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 15; C. Wagner, Die Wahlschuld im System der unbestimmten Leistungen, S. 155f. Vgl. dazu die Ausführungen zum Fall der nachträglichen Unmöglichkeit, wobei diese aufgrund der 551

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

gilt die Anordnung des § 275 BGB in seiner geltenden Fassung, die hier bereits die Entstehung der Pflicht zur Erbringung der Primärleistung verhindert, 556 in gleicher Weise wie für die nachträgliche Unmöglichkeit. 557 Der Schuldner ist von seiner Pflicht zur Primärleistung befreit. Aus diesem Grund kann es im Hinblick auf die Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB auch nicht überzeugen, den unmöglichkeitsbedingten Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in romanistischer Tradition 558 als lediglich inhaltlich abweichende Ausprägung des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs zu verstehen. 559 Zwischen beiden Verpflich­ tungen besteht keine Identität. 560 Die Erforderlichkeit einer Trennung verdeutlicht insbesondere das Verhältnis von §§ 275 und 311a Abs. 2 BGB. Weithin ohne Beachtung des Verschuldens, 561 verhindert § 275 BGB bereits die Entstehung der Leistungspflicht. Dagegen richtet sich die hieran anschließende Beurteilung einer Ersatzpflicht des Schuldners, der auch innerhalb des § 275 BGB eine sys­ tematisch nachgeordnete Stellung zugewiesen ist, nach § 311a Abs. 2 BGB und setzt dort den unmöglichkeitsbedingten Ausschluss der Leistungspflicht bereits voraus. Eine an dieser Stelle notwendige Erläuterung, wie sich der niemals existierende Erfüllungsanspruch in einen Schadensersatzanspruch umwandeln soll, 562 bleiben die Vertreter der Gegenauffassung schuldig. Mangels 563 dingli­ cher Surrogationswirkung gelten diese Ausführungen in entsprechender Weise Aufhebung von § 306 BGB a.F. auf die anfängliche Unmöglichkeit zu übertragen wären: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 71; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 71, 75; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 172f.; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 44; Pescatore, Wahlschuldverhältnis, S. 286. Überzeugend dagegen Medicus, Schuldrecht AT, Rn. 188. 556 So auch Schulte-Nölke / Behren, ZGS 2002, 256 (258).Es erscheint jedoch nicht vollständig konsequent, wenn sie die unmögliche Leistung als geschuldet titulieren. Dem­ gegenüber hält Stoll, JZ 2001, 589 (592), auch die unmögliche Leistung theoretisch für einen tauglichen Gegenstand einer Obligation. Diese Auffassung ist jedoch vor dem Hintergrund des geltenden § 275 BGB abzulehnen. 557 Dieses wird dadurch verdeutlicht, dass § 275 Abs. 1 BGB, im Vergleich zur seiner aufgegebenen Fassung, nicht mehr darauf abstellt, dass die Leistung unmöglich „wird“. 558 C. Knütel, AcP 2002, 555 (575f.); Stoll, JZ 2001, 589 (590). Ausdrücklich gegen die Geltung dieses Prinzips im System des BGB: Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 226; G. Wagner, JZ 1998, 482 (485). 559 So aber: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 71; Bosse, Ersetzungs­ befugnis, S. 71, 75; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 172f.; vgl. Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 1; Stoll, JZ 2001, 589 (590). 560 Vgl. L. Kleine / Scholl, NJW 2006, 3462; Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 227. 561 Das stellt eine wesentliche Änderung zu § 275 Abs. 1 BGB a.F. dar. Eine Rück­ ausnahme hierzu findet sich allerdings im aktuellen § 275 Abs. 2 S. 2 BGB. 562 So exemplarisch für den gesamten Schadensersatz statt der Leistung bei C. Hirsch, JURA 2003, 289. 563 Emmerich, in: MüKo, § 285 BGB, Rn. 29; RGZ 94, 20 (23).

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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für den verschuldensunabhängigen, auf das commodum gerichteten, Anspruch nach § 285 Abs. 1 BGB. Unterstützung erfährt dieses Verständnis durch das Argument der Systematik. Wird nämlich die Unmöglichkeit zutreffend als „Ausgangspunkt juristischer Be­ trachtung“ 564 der Leistungsstörung bzw. sogar als „Antipode der Erfüllung“ 565 verstanden, so muss der daraus resultierende Schadensersatzanspruch in einem gemeinsamen Kontext mit den Ansprüchen der §§ 280 Abs. 3, 281, 282 BGB betrachtet werden. 566 Es vermag daher nicht zu überzeugen, wenn Letztere nach weit verbreiteter Auffassung neben 567 den Erfüllungsanspruch treten können, also gerade keine Identität besteht, wohingegen die Schadensersatzforderung im Fall der Unmöglichkeit nicht mehr als der geänderte Erfüllungsanspruch sei. Der Anspruch wegen Unmöglichkeit besitzt keine besondere, von den ge­ nannten Ansprüchen abweichende, Rechtsnatur. 568 Nach richtigem Verständnis variiert daher § 311a Abs. 2 BGB nicht den Inhalt der Verpflichtung, sondern gewährt vielmehr eine, auf das Erfüllungsinteresse 569 gerichtete, vollkommen eigenständige Forderung. 570 Gleichfalls muss als Objekt der Ersetzungsbefugnis auch das – trotz entge­ genstehendem Leistungshindernis – wirksame Versprechen im Sinne des § 311a Abs. 1 BGB ausscheiden. Wie dargestellt, bedarf die Befugnis als anspruchsbe­ zogenes Gestaltungsrecht einer Forderung, was im Verhältnis zum bloßen Ver­ sprechen ein wesentliches Mehr darstellt. Letzteres bildet allenfalls die haftungs­ begründende Grundlage des Schadensersatzanspruchs nach § 311a Abs. 2 BGB. Würde von diesem Grundsatz im Fall eines anfänglichen Leistungshindernisses abgewichen und damit etwa das nach § 275 BGB nicht zu einer Leistungspflicht führende Versprechen der Lieferung einer nicht mehr existenten Rotweinsorte als 564 Rabel, in: FS-Bekker, S. 173 (174). Kritisch gegenüber dieser hervorgehobenen Stellung der Leistungsunmöglichkeit P. Schmidt, Unmöglichkeit der Erfüllung, S. 89. 565 Schmidt-Recla, in: FS-Laufs, S. 641 (643). 566 Vgl. Gruber, JuS 2002, 1066 (1069); Tetenberg, JA 2009, 1 (5). 567 Vgl. exemplarisch: Bressler, NJW 2004, 3382; Faust, in: Schuldrechtsmoderni­ sierung, Rn. 3/154f.; H. Heinrichs, in: FS-Derleder, S. 87 (105); Otto, in: Staudinger, § 281 BGB, Rn. D2; Stadler, in: Jauernig, § 281 BGB, Rn. 14; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 281 BGB, Rn. 47; a. A. Ernst, in: MüKo, § 281 BGB, Rn. 68. 568 Löwisch, in: Staudinger, § 311a BGB, Rn. 38; Tetenberg, JA 2009, 1 (5). Der einzige Unterschied liegt darin begründet, dass die Primärpflicht bei dem Schadensersatzanspruch wegen Unmöglichkeit bereits wegen § 275 BGB entfallen ist, so dass es dort keiner Regelung im Sinne des § 281 Abs. 4 BGB bedarf. 569 Kritisch gegenüber der dogmatischen Richtigkeit dieser Rechtsfolge: Altmeppen, DB 2001, 1399 (1400ff.); R. Knütel, NJW 2001, 2519 (2520); Lobinger, Grenzen rechts­ geschäftlicher Leistungspflichten, 285ff.; S. Meier, JURA 2003, 187 (188); Schmidt-Recla, in: FS-Laufs, S. 641 (644); Wilhelm, JZ 2001, 861 (867). Nach Katzenstein, JR 2003, 447 (450), ist dieses Ergebnis nicht als Verschuldenshaftung zu konstruieren. 570 Vgl. Wieser, MDR 2002, 858 (85).

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Gestaltungsobjekt der Ersetzungsbefugnis anerkannt werden, so würde dadurch das Versprechen in erheblicher Weise im Verhältnis zur vollwertigen Forde­ rung aufgewertet. Zugleich wäre auch die Wirkung des § 275 BGB deutlich geschmälert, denn die dort angeordnete Leistungsbefreiung würde hinsichtlich ihrer Wirkung weithin durch das Einrücken des Versprechens aufgefangen. Dar­ über hinaus wäre hierdurch im Ergebnis eine bedeutsame Abweichung zwischen anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit geschaffen, die der vom Ge­ setzgeber beabsichtigten weitgehenden Gleichbehandlung beider Fälle diametral entgegenliefe. Zuzugestehen ist der genannten Gegenauffassung aber, dass es dem Gesetzge­ ber oder den Parteien unbenommen freisteht, eine von diesem Grundsatz abwei­ chende Regelung ausdrücklich zu treffen. So ließe sich für den Fall einer Ver­ pflichtung zum Schadensersatz eine Ersetzungsbefugnis in der Weise festsetzen, dass diese Pflicht ebenfalls durch die Verpflichtung zur Erbringung der Ersatz­ leistung ausgetauscht werden kann. Ob das im Einzelfall vorgesehen ist, muss die Auslegung ergeben. Häufig wird es den Parteien aber daran gelegen sein, statt der Forderung oder dem Erhalt eines Leistungsstörungsanspruchs die Gläubi­ ger- oder Schuldnerstellung hinsichtlich der Ersatzleistungspflicht einzunehmen. Deren mögliches Aufleben war schließlich bereits in der Schuldbegründung an­ gelegt. Zu Unrecht wurde diese Konstellation in der älteren Literatur 571 teilweise als Fortbestand der Eventualleistung bezeichnet. Erst infolge der Ausübungser­ klärung des Berechtigten besteht aber eine auf diese gerichtete Verpflichtung. Bis zu diesem Zeitpunkt könnte also nur die Ersetzungsbefugnis selbst fortbe­ stehen. Auch das ist aber aufgrund ihrer Akzessorietät ausgeschlossen. Infolge ihres Untergangs würde es sich daher bei einer Berechtigung zum Austausch der Erfüllungs- und der Schadensverpflichtung nicht um ein einzelnes Gestaltungs­ recht handeln, das sowohl für die Primär- als auch die unmöglichkeitsbedingte Schadensersatzforderung gilt, sondern vielmehr um zwei separate Befugnisse mit jeweils eigenen Gestaltungsobjekten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nach § 311a Abs. 2 BGB ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Gläubigers zu berücksichtigen ist. 572 Dabei gilt der Grundsatz, dass ein Gläubiger, der sich vorwerfbar eine unmögliche Leistung versprechen lässt, einen anrechnungsbedürftigen eigenen Beitrag zu dem ihn später treffenden Schaden 573 geleistet hat. Der § 254 BGB muss insoweit zur Anwendung kommen. 574 Erlangt der Gläubiger dagegen erst nach dem Erhalt der Primärforderung Kenntnis vom 571

Vgl. Litten, Wahlschuld, S. 99. Gruber, JuS 2002, 1066 (1067); Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (944); Willing­ mann / Hirse, in: Kothe / Micklitz / Rott / Tonner / Willingmann, § 311a BGB, Rn. 10. 573 Abweichend ließe sich an dieser Stelle bereits das Vorliegen eines Schadens be­ streiten, schließlich wusste der Gläubiger um die Unmöglichkeit und konnte deshalb der Erklärung des Schuldners zu keiner Zeit entnehmen, dass er die Leistung erhalten wird. 572

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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Vorliegen des Leistungshindernisses, dann kann allein im Versprechenlassen noch keine Grundlage für eine Verringerung seines Schadensersatzanspruchs zu erblicken sein. Der Ausgangspunkt für § 254 BGB könnte dann aber in einer späteren, schadensmehrenden Disposition in Kenntnis des Leistungshindernisses liegen. b) Leistungshindernis hinsichtlich der Ersatzleistung aa) Grundsatz der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Austauschs durch eine anfänglich unmögliche Ersatzschuld Gleichsam wie der Primärleistungspflicht kann auch der im Gestaltungsrecht angelegten Ersatzverpflichtung schon im Moment der Begründung der Ersteren ein Leistungshindernis entgegenstehen. Eine solche Konstellation wäre etwa ge­ geben, wenn der im zweiten Einführungsfall nur ersetzungsweise geschuldete Weißwein schon bei Vertragsschluss nicht mehr zu beschaffen war, weil bei­ spielsweise der vereinbarte Jahrgang des Weins bereits vollständig verbraucht ist. Da die Ersatzleistung noch durch Ausübung der Befugnis zum Gegenstand des Schuldverhältnisses erhoben werden muss, ist die Unmöglichkeit hier als eine solche anfänglicher Art einzustufen. Abweichend von der zum alten Un­ möglichkeitsrecht vertretenen Auffassung, die in Verfolgung des Rechtsgedan­ kens aus § 306 BGB a.F. einen Austausch durch eine anfänglich unmögliche Ersatzleistung stets als unzulässig erachten musste, 575 erscheint gegenwärtig ein anderes Ergebnis zumindest vorstellbar. Grundlage dieser Annahme ist die dem § 311a Abs. 1 BGB über seinen Wortlaut hinaus immanente Regel, dass die Wirksamkeit eines Leistungsversprechens – und damit auch ein solches nicht vertraglicher Art – nicht allein 576 an einem schon anfänglich zuwiderlaufen­ den Leistungshindernis scheitert. 577 Wird demnach eine Verpflichtung durch 574 Canaris, JZ 2001, 499 (506); Dauner-Lieb, in: AnwK, § 311a BGB, Rn. 26; Em­ merich, Leistungsstörungen, § 5, Rn. 21; Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 68; Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/45; Grunewald, JZ 2001, 433 (435); Kindl, in: Erman, § 311a BGB, Rn. 10; Jü. Kohler, JURA 2006, 241; Löwisch, in: Staudinger, § 311a BGB, Rn. 49f.; Windel, ZGS 2003, 466 (468); vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 165. Kritisch gegenüber einer korrigierenden Anwendung von § 242 BGB im Fall der Annahmeerklärung eines Gläubigers in Kenntnis des anfänglichen Leistungshindernisses aufgrund der fehlenden Aufnahme dieses Rechtsgedankens in das Gesetz Fritzsche, Fälle zum neuen Schuldrecht I, S. 53. Aufgrund der Verwandtschaft von §§ 254 und 242 BGB müsst dann allerdings auch ersterer ausgeschlossen sein. 575 Vgl. dazu: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 66; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 42. Diesem Ergebnis ist im Lichte der alten Rechtslage zuzustimmen, schließlich entstünde die Ersatzforderung erst durch die Ge­ staltungserklärung und daher mit bereits anfänglicher Erfüllungsunmöglichkeit. Für eine Herleitung aus der Natur der Befugnis Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 174.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

ein einseitiges Rechtsgeschäft, 578 so z. B. durch ein Gestaltungsrecht wie die Ersetzungsbefugnis, begründet, so wäre es zu erwarten, dass ein anfängliches Leistungshindernis auch in dieser Situation nicht mehr ohne weiteres die Un­ wirksamkeit des Geschäftes herbeiführt. Zwar lässt sich angesichts des Wortlauts des § 275 Abs. 1 BGB nicht bestreiten, dass dieser, bei einer anfänglichen Un­ möglichkeit der Ersatzforderung, bereits deren Entstehung unterbindet. Hieraus jedoch den zwingenden Ausschluss der Ersetzbarkeit herzuleiten, erscheint im Hinblick auf die ratio von § 311a Abs. 1 BGB zumindest begründungsbedürftig. Wie etwa Windel 579 zum Problem der anfänglichen Unmöglichkeit zutreffend ausführt, ist es für ein überzeugendes Verständnis des § 311a BGB unabdingbar, zwischen den Kategorien Wirksamkeit und Wirkung zu trennen. 580 Ausgeschlos­ sen wird durch § 275 BGB aber nur ein Teil der Wirkung des ansonsten vollwirk­ samen Schuldverhältnisses. Canaris stellt in diesem Zusammenhang auf den Tat­ bestand des Versprechens ab, 581 dessen Wirksamkeit sich in keiner Abhängigkeit zum Bestehen oder Nichtbestehen eines Leistungshindernisses verhält. Danach ist es bei einer einfachen, anfänglich unmöglichen Leistungsverpflichtung ohne Ersetzungsbefugnis allein das Versprechen, welches das Objekt der Wirksam­ keitsanordnung nach § 311a Abs. 1 BGB bildet. Dieses Verständnis müsste dann aber eigentlich auch auf den Fall einer anfänglich unmöglichen Ersatzleistung zutreffen. Ausgetauscht würde demzufolge nicht eine Forderung durch eine an­ dere, sondern der Primäranspruch durch das gestaltungsabhängige Versprechen zur Erfüllung der Ersatzverpflichtung. 582 Für eine Übernahme dieses Modells lässt sich anführen, dass es der Ziel­ stellung des Gesetzgebers – hier konkret der unterschiedslosen Wirksamkeit unmöglicher Leistungsversprechen – 583 und auch dem Parteiwillen im Fall einer 576 Andere Nichtigkeitsgründe können davon unbenommen zur Unwirksamkeit führen. Vgl. dazu: Canaris, JZ 2001, 499 (506); Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/5; H. Heinrichs, in: Palandt, § 311a BGB, Rn. 5; Löwisch, in: Staudinger, § 311a BGB, Rn. 15; Windel, ZGS 2003, 466 (471f.). 577 Das hat besondere Bedeutung für einseitig begründete Verpflichtungen. Vgl. dazu: Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 17; Kindl, in: Erman, § 311a BGB, Rn. 2; Löwisch, in: Staudinger, § 311a BGB, Rn. 8; Stadler, in: Jauernig, § 311a BGB, Rn. 2. 578 Für gesetzliche Schuldverhältnisse hat die Normierung von § 311a Abs. 1 BGB keine Konsequenzen. Vgl. dazu: Löwisch, in: Staudinger, § 311a BGB, Rn. 10; Stadler, in: Jauernig, § 311a BGB, Rn. 2. 579 Vgl. Windel, JR 2004, 265 (266). 580 Vgl. Canaris, in: FS-Heldrich, S. 11 (25); Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/3; Mattheus, JuS 2002, 209 (213). A. A. Hammen, in: FS-Hadding, S. 41 (43). Abl.: Ehmann / Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, S. 123; Katzenstein, JR 2003, 447 (449); Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 282, Fn. 130. 581 Vgl. etwa Canaris, in: FS-Heldrich, S. 11 (27f.). 582 Grundsätzlich ablehnend gegenüber einer Ersetzung im Fall der unmöglichen Er­ satzleistung Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 15.

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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vertraglich begründeten Ersetzungsbefugnis am weitesten entgegenkäme. Nur auf diese Weise könnte nämlich die Einräumung einer Befugnis zur Substitu­ tion durch eine anfänglich unmögliche Schuld umfassende Wirkung erzielen. Bei einer Ablehnung dieser Konstruktion würde ein auf die Ersatzforderung ge­ richteter Effekt des Versprechens dagegen niemals eintreten können. Außerdem brächte der Ansatz den Vorteil, dass er zugleich einen sachgerechten Umgang mit dem Problem der vereitelten Ersetzung ermöglichen würde. 584 Wenn nämlich der gestaltungsunterworfene, andere Teil das Hindernis hinsichtlich der Ersatz­ leistung – wie etwa der W den verheerenden Brand auf dem Weingut – kennt und er damit um den Grund für den Ausschluss ihrer ersetzungsabhängigen Entstehung nach § 275 BGB weiß, so ließe sich gerade über eine dennoch mög­ liche Gestaltung adäquate Abhilfe schaffen. In Folge dieser Konstruktion müsste der gestaltungsunterworfene Schuldner, der um die anfängliche Unmöglichkeit der Ersatzschuld wusste, nach Ausübung durch den Berechtigten auf Schadens­ ersatz für das – nun seine Wirkung entfaltende – Versprechen haften. 585 Der gestaltungsunterworfene Gläubiger würde im Parallelfall hingegen seine Forde­ rung einbüßen, ohne dass ihm dafür ein Schadensersatzanspruch als Ausgleich zustünde. Obwohl die Zulässigkeit der Ersetzung durch einen nicht bestehenden An­ spruch damit zunächst als notwendige Folge der neu kodifizierten anfänglichen Unmöglichkeit erscheint, fehlt es auch nicht an Kritikwürdigkeit dieser Lö­ sung. Zum einen hätte nämlich selbst dieser dogmatische Spagat in Form einer Ersetzung durch eine Nichtschuld nur ein auf verschuldensabhängigen Scha­ densersatz gerichtetes Schuldverhältnis zur Folge. Die eigentliche Verpflichtung zur Erbringung der Ersatzleistung wäre dagegen auch hier gemäß § 275 BGB ausgeschlossen. Wird zudem die bereits angesprochene Unterscheidung zwi­ schen Wirksamkeit und Wirkung in die Beantwortung der Frage nach der Not­ wendigkeit einer solchen Konstruktion einbezogen, dann zeigt sich, dass die Wirksamkeitsanordnung des § 311a Abs. 1 BGB eine auf die Ersatzverpflich­ tung gerichtete Wirkung überhaupt nicht verlangt. Ein Widerspruch zu dessen telos wäre demnach auch bei einem Ausschluss der Ersetzungsbefugnis nicht gegeben. Neben dieser Überlegung muss zumindest ergänzend auch die Natur und der Zweck des Ersetzungsrechts Berücksichtigung finden. Zwar darf die Befugnis dazu an dieser Stelle – um hier nicht einem tautologischen Schluss zu unter­ 583

Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 164. Scheinbar nicht als problematisch gesehen bei Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 15. 585 Die folgenden Ausführungen zur anfänglich unmöglichen Leistung beziehen sich nur noch auf vertragliche Leistungspflichten, schließlich sind dem BGB anfänglich un­ mögliche, gesetzliche Leistungspflichten fremd. Vgl. dazu Gehrlein, in: Bamberger / Roth, § 311a BGB, Rn. 2. 584

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

liegen – keinesfalls schon per definitionem als Austausch einer Leistungspflicht durch eine andere charakterisiert werde. Das würde schließlich aufgrund von § 275 BGB per se zum Scheitern dieser Konstruktion führen. Der ursprüngliche Grund für die Entstehung dieses Rechtsinstituts kann jedoch nicht vollkommen unberücksichtigt bleiben. Bereits nach tradierter Auffassung diente die Erset­ zungsbefugnis des Gläubigers dazu, statt einer geschuldeten Leistung eine andere verlangen 586 und damit einseitig das Schuldverhältnis im weiteren Sinne ändern zu dürfen. In entsprechender Weise ist nach dem hier vertretenen Verständnis auch die Befugnis des Schuldners angelegt. Wie oben dargestellt, bildet das Versprechen ausschließlich den Haftungsgrund des § 311a Abs. 2 BGB, ohne damit die Anordnung des § 275 BGB zu überwinden. Hieraus folgt, dass der Gläubiger, trotz der angeordneten Wirksamkeit, die Ersatzleistung im Fall ih­ rer Unmöglichkeit gleichwohl niemals verlangen kann. Dementsprechend ist der Verpflichtete auch nicht in der Lage, diese zu schulden. Ein Forderndürfen oder Leistenmüssen an Stelle einer anderen Obligation ist ohne die Rechtsqualität eines Anspruchs nach § 194 Abs. 1 BGB vollkommen ausgeschlossen. Im Hin­ blick auf § 311a Abs. 1 BGB sind daher zwar durchaus Konstellationen möglich, bei denen auch eine einseitige Rechtshandlung dem schlichten Versprechen zur Wirksamkeit verhilft. Zu denken ist hier etwa an die Annahme eines Antrags, der auf eine anfänglich unmögliche Leistungserbringung gerichtet ist. 587 Mit der Natur der Ersetzungsbefugnis wäre ein solches Resultat jedoch nur schwer zu vereinbaren. Dabei soll hier nicht bestritten werden, dass diese an den Rechts­ folgen orientierte Argumentation, die letztlich vorträgt, dass nicht sein kann, was konstruktiv nicht sein darf, zwar aus methodischer Sicht zweifelhaft 588 und daher kaum schlagkräftig ist. Sie verdeutlicht aber am Beispiel der Ersetzungs­ befugnis, dass zumindest eine schrankenlose Verfolgung und Erweiterung von § 311a Abs. 1 BGB in Widerspruch zu anerkannten Instituten des Zivilrechts treten kann. Diese Zurückhaltung gegenüber einer Ersetzung durch eine anfänglich er­ füllungsunmögliche Leistungspflicht und damit durch eine Nichtschuld ist aller­ dings nicht nur aufgrund der festgestellten Rechtsnatur der Befugnis geboten. Sie überzeugt vielmehr auch im Vergleich mit der normativen Anordnung des § 265 S. 1 BGB für die Unmöglichkeit bei der Wahlschuld. 589 Obwohl zwischen dieser und der Ersetzungsbefugnis unübersehbare Differenzen bestehen, erscheint für die Frage, ob eine Entscheidung zugunsten der unmöglichen Leistung zuläs­ 586 Dass diese ab diesem Moment zwingen auch geschuldet sein muss wurde an anderer Stelle bereits erörtert. 587 Darstellung bei Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (943ff.). 588 Zutreffender Hinweis zur rechtsfolgenorientierten Argumentation etwa bei Schmidt-Recla, in: FS-Laufs, S. 641 (660). 589 Entsprechende Anwendung des Regelungsgedankens aus § 265 BGB auf die facul­ tas alternativa des Schuldners bei RGZ 94, 58 (60).

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

213

sig ist, der in der Norm enthaltene Rechtsgedanke übertragbar. Auch bei der Wahlschuld kann eine anfänglich unmögliche Leistungsalternative nach § 265 S. 1 BGB zwar wirksamer Bestandteil der Vereinbarung sein. Das auf sie spä­ ter gerichtete Verlangen ist aber grundsätzlich ausgeschlossen. 590 Unmögliches ist – was auch der Gesetzgeber ausdrücklich betont hat – 591 nicht zu fordern. 592 Aus diesem Grund folgt aus der ablehnenden Haltung gegenüber der Erset­ zung auch kein Widerspruch zur eingangs anerkannten Bedeutung des § 311a Abs. 1 BGB für anfänglich unmögliche einseitige Verpflichtungen. Dem spä­ teren Gestaltungsgegner ist es in Ansehung der vorhergehenden Ausführungen unbenommen, dem anderen Teil wirksam die Unterwerfung unter dessen Gestal­ tungserklärung zu versprechen. Eine Umgehung der ersetzungsausschließenden Wirkung von § 275 BGB lässt dich hierdurch jedoch nicht erreichen. Aus rechtspolitischer Sicht noch weitaus problematischer als die dogmatisch fragwürdige Substitution durch eine Nichtschuld, erweist sich aber die Tatsache, dass eine in dieser Konstellation zulässige Ersetzung den nicht gestörten Er­ füllungsanspruch vollkommen verschuldensunabhängig zum Erlöschen brächte. Ein ersetzungsberechtigter Schuldner hätte es somit in der Hand, sich durch eine ihm zustehendes Befugnis in die Sekundärebene und damit höchstens im Fall von Kenntnis oder zu vertretender Unkenntnis in die Pflicht zur Leistung von Schadensersatz zu flüchten. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Schadensersatz statt der Leistung im Fall der Unmöglichkeit regelmäßig 593 nicht durch Naturalrestitution sondern nur in Geld geleistet wer­ den kann. Eine in dieser Situation zulässige Ersetzung würde es dem Schuldner daher gestatten, seine Pflicht aus der Primärschuldebene, ohne das Vorhanden­ sein einer Leistungsstörung oder einer Konsentierung durch beide Parteien, in die Ersatzschuldebene auf die Stufe eines bloßen Zahlungsanspruchs zu verla­ gern. Das wäre aber im Hinblick auf den pacta-sunt-servanda-Grundsatz und das kontinentaleuropäische 594 Prinzip der Naturalerfüllung, das gerade nicht der römischrechtlichen condemnatio pecuniaria folgt, 595 nicht ohne weiteres zu ak­ zeptieren. Dem Austausch durch eine anfänglich erfüllungsunmögliche Leis­ 590 Anderenfalls müsste die Entscheidung für die unmögliche Leistungsalternative entgegen § 265 BGB unabhängig vom Verschulden zulässig sein. 591 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 128; Abschlussbericht der Schuldrechtskommission, S. 118. 592 Kritisch dazu: Rabel, in: FS-Bekker, S. 173 (178ff.); Stoll, JZ 2001, 589 (591). 593 Generell ausgeschlossen ist hier der Ersatz durch Naturalrestitution jedoch nicht. Zu denken ist etwa an den Fall einer bereits konkretisierten, ehemaligen Gattungsschuld. So auch Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 234. 594 G. Wagner, JZ 1998, 482 (485). 595 G. Wagner, JZ 1998, 482 (485). A. A. Stoll, JZ 2001, 589 (590), der die Er­ schöpfung des Forderungsrechts erst bei einem kumulativen Ausschluss von Primär- und Sekundäranspruch annimmt.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

tungspflicht mittels einer Ersetzungsbefugnis stehen damit auch nach geltender Rechtslage gewichtige Argumente entgegen. Ebenso wie die Risiken einer grenzenlos zulässigen Ersetzung sind jedoch auch jene Probleme nicht zu missachten, die ein genereller Ausschluss der Er­ setzung durch eine unmögliche Schuld mit sich brächte. 596 Wenn nämlich die unmögliche Ersatzforderung niemals durch Substitution zum Gegenstand des Schuldverhältnisses erhoben werden könnte, wäre es denkbar, dass der Schuldner dem Gläubiger – ohne dass dieses Verhalten für ihn mit unmittelbaren Sekundär­ pflichten verbunden wäre – die Befugnis zum Austausch durch eine unmögliche Leistung verspricht, obgleich er das anfängliche Leistungshindernis kannte oder kennen musste. Der Gestaltungsgegner würde sich damit faktisch autonom aus der Stellung eines Gestaltungsunterworfenen lösen bzw. begäbe sich in der Kon­ stellation eines anfänglichen Leistungshindernisses sogar niemals in diese Form der Abhängigkeit. Er kannte die Unmöglichkeit der Gestaltung von Beginn an und wusste daher um die Wertlosigkeit der den Gläubiger vermeintlich begüns­ tigenden Vereinbarung. Damit wäre die Ersetzungsbefugnis erheblich entwertet und die Position des Gestaltungsberechtigten zu einer völlig unsicheren Stellung auf Zeit degradiert. In der Konsequenz würde der Gestaltungsunterworfene im Verhältnis zum Inhaber des Gestaltungsrechts erheblich an Macht gewinnen. Er hätte es schließlich faktisch in der Hand, durch die spätere Vereitelung oder das gezielten Hinwirken auf die Vereinbarung der, ihm als gestört bekannten, Er­ satzschuld darüber zu disponieren, was der eigentlich Entscheidungsberechtigte zu verlangen oder zu schulden hat. bb) Differenzierende Lösung unter Berücksichtigung des Verschuldens Die vorangegangene Darstellung konnte verdeutlichen, dass der Untergang der Ersetzungsbefugnis im Fall der Unmöglichkeit der Ersatzleistung zumindest im Grundsatz überzeugend erscheint. Allerdings wäre im Hinblick auf eine mögliche Vereitelung und ein wissentliches oder vorwerfbar unwissentliches Versprechen bzw. Versprechenlassen durch den Gläubiger oder Schuldner auch ein genereller, ausnahmsloser Ausschluss der Befugnis zweifelhaft. 597 Gerade wegen dieser Beachtlichkeit des Vorwerfbarkeitskriteriums empfiehlt sich eine vermittelnde Lösung, die das Verschuldensmoment berücksichtigt.

596

Nicht berücksichtigt bei Medicus, Schuldrecht I, Rn. 188. Dieses Problem wird bei Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 389f., nicht be­ rücksichtigt. 597

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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(1) Lösungsansatz über eine Analogie zu § 160 Abs. 1 BGB Abhilfe suchten Teile der älteren Literatur, die bereits die Notwendigkeit eines Korrektivs für den Fall des Unmöglichwerdens der Ersatzschuld zwischen Pri­ märanspruchsentstehung und Ersetzungsausübung erkannt hatten, in einer argu­ mentativen Übertragung des § 160 Abs. 1 BGB. 598 Dieser gewährt dem aufschie­ bend bedingt Berechtigten einen Anspruch auf Ersatz seines Erfüllungsinteres­ ses 599, sofern der andere Teil den Eintritt der Bedingung vereitelt hat. Diskutiert wurde dieses Modell zwar ausschließlich im Problemkreis der nachträglichen Unmöglichkeit. Aufgrund der Streichung von § 306 BGB a.F. lässt sich heute aber nicht mehr per se auszuschließen, dass dieser Vorschlag nunmehr auch für anfängliche Leistungshindernisse einen geeigneten Lösungsansatz bietet. Grund­ lage für die Haftung nach § 160 Abs. 1 BGB ist eine, trotz Suspensivwirkung der Bedingung bestehende, Treuepflicht 600 zwischen den Parteien, die dem zu­ künftigen Schuldverhältnis als Vorwirkung 601 vorausgeht. Der Verpflichtete in spe haftet demnach aufgrund einer bereits zum Zeitpunkt der Vereitelung beste­ henden Verpflichtung gegenüber dem späteren Gläubiger. Damit gleicht dieser Versuch einer Analogiebildung zu § 160 Abs. 1 BGB in starkem Maße dem auf von Tuhr zurückgehenden Lösungsmodell für den Fall einer schuldhaften Ver­ nichtung des Leistungsgegenstandes durch den Antragenden nach Zugang seines Angebotes. 602 Danach wurde dem Antragsempfänger ein Anspruch aus culpa in contrahendo gewährt und der Umfang der Forderung durch Weiterentwicklung Flumes 603 auf das positive Interesse erstreckt. Auch dieser Kunstgriff, der in der Lehre auf breite Zustimmung 604 gestoßen ist, basierte argumentativ auf dem Rechtsgedanken des § 160 Abs. 1 BGB. 605 Eine Übertragung dieser Regel auf die Situation einer Schuld mit Erset­ zungsbefugnis bei verschuldeter, anfänglicher Unmöglichkeit der Ersatzleistung würde voraussetzen, dass noch vor der Entstehung der Ersetzungsbefugnis eine Pflicht des zukünftig unterworfenen Teils zum Unterlassen des Versprechens ei­ ner unmöglichen Ersatzleistung besteht. 606 In diesem Fall könnte die Verletzung 598 Vgl. exemplarisch: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 72; Bosse, Ersetzungsbefugnis, S. 77. 599 Bork, in: Staudinger, § 160, Rn. 10; Dörner, in: Hk-BGB, § 160 BGB, Rn. 4. 600 Hierzu: H. Heinrichs, in: Palandt, vor § 158 BGB, Rn. 8; BGH, NJW 1984, 2034 (2035). 601 Bork, in: Staudinger, § 160, Rn. 5. 602 Vgl. dazu v. Tuhr, BGB AT, Bd. II, Hb. 1, S. 487f. 603 Vgl. Flume, BGB AT, Bd. II, S. 644f. 604 Vgl. exemplarisch: Dörner, in: Hk-BGB, § 145 BGB, Rn. 9; Kramer, in: MüKo, 4. Vorauflage 2001, § 145 BGB, Rn. 19; Wackerbarth, in: AnwK, § 160 BGB, Rn. 8; Wolf, in: Soergel, § 145 BGB, Rn. 18. 605 Kramer, in: MüKo, 4. Vorauflage 2001, § 145 BGB, Rn. 19.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

dieser Pflicht einen eigenen Schadensersatzanspruch begründen. Der Schuldner würde demnach gerade nicht aus der vereitelten Ersatzpflicht selbst haften. 607 Obwohl dieser Weg zunächst durchaus möglich erscheint, widerspricht er doch gerade hinsichtlich seiner Rechtsfolge der Lösung des Gesetzgebers in vergleich­ baren Situationen, bei denen die Entscheidung für eine geschuldete Leistung durch Gestaltungsrecht gleichsam vom nicht entscheidungsberechtigten Teil un­ terbunden wird. Verschuldet der Gestaltungsgegner bei der Wahlschuld, die zwar von einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis abweicht, ihr aber als ebenfalls leistungspflichtbestimmendes Gestaltungsrecht trotzdem weitaus näher steht als eine Bedingungskonstruktion, den Untergang einer der alternativ versprochenen Leistungen, so soll daraus nach § 265 S. 2 BGB gerade nicht der Verlust des Gestaltungsrechts und eine Haftung für die Vereitelung resultieren. Vielmehr gewährt das Gesetz in diesem Fall einen Anspruch als Folge der unmöglichen Leistung selbst. Daneben gilt es zu bedenken, dass die genannte Pflicht zur Unterlassung un­ möglicher Leistungsversprechen zwar heute sogar ausdrückliche Anerkennung im BGB gefunden hat – was dann in gleichem Maße für die Ersatzleistung bei der Ersetzungsbefugnis gelten muss – sedes materiae dieses Gebotes ist je­ doch der § 311a Abs. 2 BGB. Dieser kann aber als ausdrücklich hervorgehobener Sonderfall 608 einer Haftung bei culpa in contrahendo 609 gerade nicht mehr der allgemeinen Regel der neu kodifizierten §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB zuge­ ordnet werden. 610 In diesem Sinne ist es wegen des Primats einer bestehenden gesetzlichen Regelung vor der Analogie begrüßenswert, dass sich in diesem Punkt auch in der Literatur ein Umdenken feststellen lässt. So ist insbesondere vermehrt Zustimmung zum Vorrang einer Lösung über das Unmöglichkeitsrecht zu finden. Danach sei in der Vergleichskonstellation mit der Unmöglichkeit der Leistung nach Zugang und der damit verbundenen Wirksamkeit des Angebots 606 Eine solche wird angenommen von Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhält­ nisse, S. 62. 607 Das wird verkannt von: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 72; Herz­ berg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 50. Diese gewähren dem Er­ setzungsberechtigten im Moment der Ersetzung einen Anspruch aus der Verletzung der Pflicht zur Beeinträchtigungsunterlassung. Das erscheint widersprüchlich, schließ­ lich wäre der Berechtigte gerade nicht beeinträchtigt, wenn er die Befugnis noch ausüben könnte. 608 Vgl. Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/17; Rauscher, ZGS 2002, 333 (337). 609 Jü. Kohler, JURA 2006, 241 (248); Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leis­ tungspflichten, S. 281; vgl. Löwisch, in: Staudinger, § 311a BGB, Rn. 3; Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (944); Zimmer, NJW 2002, 1 (7). 610 Jü. Kohler, JURA 2006, 241 (248). Vgl. außerdem: H. Heinrichs, in: Palandt, § 311a BGB, Rn. 14; Zimmer, NJW 2002, 1 (7f.). Kritisch dazu: Emmerich, Leistungs­ störungen, § 5, Rn. 18; Windel, JR 2004, 265 (271).

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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die Anwendung von § 311a Abs. 2 BGB der gelegentlich noch zuvor 611 vertrete­ nen Lösung über den Rechtsgedanken des § 160 Abs. 1 BGB vorzuziehen. 612 Neben diesen systematischen Bedenken ließe sich der – zugegebenermaßen sehr formale – Einwand nicht vermeiden, die eingangs erfolgte, bewusste Abkehr von der Konstruktion einer Ersetzungsbefugnis im Wege der Bedingungstheorie sei nur eine unvollständige, wenn bei den Rechtsfolgen trotzdem den §§ 158 ff. BGB maßgebliche Bedeutung beigemessen wird. Der Vorwurf der Inkonse­ quenz ließe sich damit nicht vollends von der Hand weisen. Zudem beinhaltet dieses Modell die Schwäche, dass es sich für die Ersetzungsbefugnis des Schuld­ ners als vollkommen nutzlos erweist. Hat nämlich der Gläubiger den Untergang der Ersatzleistung zu vertreten, so passt eine Lösung über § 160 Abs. 1 BGB, der von einem Anspruch des aufschiebend Berechtigten spricht, offensichtlich nicht. Wenn jedoch entgegen verbreiteter Auffassung die Ersetzungsbefugnis des Schuldners im Sinne eines Pendants des Gläubigerrechts ebenfalls als Be­ rechtigung zum Schuldaustausch verstanden werden soll, muss auch für diese eine Lösung im Fall der verschuldet unmöglichen Ersatzleistung zur Verfügung stehen, die die genannte Wertung berücksichtigt. Das letztlich durchschlagende Argument, das der analogen Anwendung von § 160 Abs. 1 BGB zumindest in dieser Situation entgegensteht, ist ein chronolo­ gisches. Bei der Bedingungsvereitlung wurden bereits alle erforderlichen Wil­ lenserklärungen der Parteien abgegeben. Der vereitelnde Schuldner muss also unweigerlich in Widerspruch zu seiner vorherigen Erklärung treten, wenn er die Erbringung der bedingt versprochenen Leistung unmöglich macht. Dagegen be­ steht der Ausschluss der Erfüllbarkeit bei einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis mit verschuldeter, anfänglicher Unmöglichkeit der Ersatzleistung bereits von Be­ ginn an. Der gegen den Schuldner zu erhebende Vorwurf liegt demnach nicht in der Beeinträchtigung der bedingten Rechtsposition und damit in der vereitelten Wirkung seiner Erklärung, 613 sondern darin, das abgegebene und wirksame Ver­ sprechen nicht zu erfüllen. 614 Das Verschulden basiert dabei auf dem Umstand, dass die Erklärung in dieser Form trotz seiner Kenntnis oder der ihm vorzuwer­ fenden Unkenntnis überhaupt abgegeben wurde. Gerade dieser Fall der culpa in contrahendo unterliegt jedoch nach gegenwärtiger Rechtslage den Regeln des Unmöglichkeitsrechts in Form einer lex specialis 615. 611

So etwa Kramer, in: MüKo, 4. Vorauflage 2001, § 145 BGB, Rn. 19. Vgl. Kramer, in: MüKo, § 145 BGB, Rn. 21; Medicus, BGB AT, Rn. 276; Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 25. Für den entgegengesetzten Vorrang Wackerbart, in: AnwK, § 160 BGB, Rn. 8. 613 Das ist aber bei § 160 Abs. 1 BGB der entscheidende Haftungsgrund. Vgl. dazu Bork, in: Staudinger, § 160 BGB, Rn. 3. 614 Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/12. 615 Jü. Kohler, JURA 2006, 241 (244); Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (944). 612

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

(2) Lösungsansatz über eine Analogie zu § 265 S. 2 BGB Dass die oben angesprochene unterschiedliche Behandlung von Gläubiger- und Schuldnergestaltungsrecht in diesem Zusammenhang nicht notwendigerweise ge­ boten ist, zeigt ein Vergleich mit dem bereits genannten § 265 BGB für die Wahl­ schuld. 616 Dieser regelt beide Fälle parallel. Aus diesem Grund gilt es im Fol­ genden zu untersuchen, ob nicht im Wege der analogen Anwendung von § 265 S. 2 BGB auch eine sachgerechte Lösung für die Situation einer unmöglichen Er­ satzleistung im Fall einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis zu erzielen ist. Dabei bleibt, aufgrund des mehrfach erwähnten Fehlens 617 einer grundlegenden Kodi­ fikation dieser Rechtsfigur im BGB und der dargestellten Unzulänglichkeit der allgemeinen Regeln, ausschließlich die Vergleichbarkeit beider Sachverhalte er­ örterungsbedürftig. In den Grundzügen wurde dieser Lösungsweg erstmalig bei Dechamps er­ wähnt. Dieser schlug für den Fall der Unmöglichkeit der Ersatzleistung vor, die Grundsätze der Alternativobligation in analoger Weise anzuwenden. 618 Dabei deutet die sich bei ihm anschließende Ausführung, nach der die Schuldlosig­ keit des nichtwahlberechtigten Teils an der Unmöglichkeit in der Konsequenz zum Ausscheiden des eventuellen Moments führe, 619 darauf hin, dass sich seine Überlegungen im Speziellen auf die Regelung des § 265 S. 2 BGB richteten. Mit diesem Vorschlag gelang es Dechamps, wesensmäßige Berührungspunkte zwischen Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis im Fall der Rechtsvereitelung aufzuzeigen und erforderliche Regelungen des kodifizierten Instituts auf das un­ geschriebene zu übertragen, ohne dabei den Verdacht zu erwecken, die schwer erkämpfte Abgrenzung beider aufgeben zu wollen. Argumentativ basiert dieses Modell bei ihm jedoch noch auf dem sehr allgemein gehaltenen und dogma­ tisch nicht unterlegten Fundament einer bereits vorobligatorischen Bindung der Parteien an den bei ihm als Eventualleistung bezeichneten Ersatzanspruch. 620

616 Ein von dieser Einheitslösung abweichender Vorschlag wurde noch in der Bera­ tung der ersten BGB-Kommission diskutiert. Vgl. dazu Jakobs / Schubert, Beratung des bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse I, S. 159. 617 Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 5. 618 Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 69f. 619 Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 70. 620 Vgl. Dechamps, Die obligatorischen Wahlverhältnisse, S. 69, Fn. 1 i.V. m. 62. Zu Unrecht ablehnend gegenüber der Herleitung aus der vorobligatorischen Bindung Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 44, der eine Haftung aus Verletzung des Ver­ trages vorschlägt. Dabei scheint er verkannt zu haben, dass Dechamps die Begründung vorrangig nutzt, um die Regeln der Wahlschuld anwenden zu können und daher keine eigenständige Grundlage bildet. Der dabei vorgebrachte Einwand, die Ausführungen De­ champs seien zu allgemein gehalten, erscheint zweifelhaft, bedenkt man, da Lippert im Anschluss selbst mit dem Prinzip von Treu und Glauben argumentiert. Zumindest er­

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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Demgegenüber findet sich im gegenwärtigen, rechtswissenschaftlichen Schrift­ tum zur Frage der Übertragbarkeit bei einer Vielzahl von Autoren der Hinweis, die Anwendbarkeit des § 265 BGB sei für das Institut der Ersetzungsbefugnis generell ausgeschlossen. 621 Diese zunächst abschließend erscheinende Wertung erhält allerdings Brüche, wenn auch die weiteren Ausführungen und Begrün­ dungen 622 jener Vertreter betrachtet werden. Exemplarisch sei an dieser Stelle auf Krüger verwiesen, der § 265 BGB bei der Ersetzungsbefugnis ausdrücklich nicht zur Anwendung kommen und so den Schuldner bei zufälliger Unmöglich­ keit der geschuldeten Leistung frei werden lässt. 623 Ähnlich argumentiert auch Bittner. 624 Ist demnach der Grund für die ablehnende Haltung gegenüber einer Übertragung von § 265 BGB vorrangig im wesensmäßigen Unterschied zwischen Ersetzungsbefugnis und Wahlschuld zu sehen, so erfordert der kategorische Aus­ schluss eine Einschränkung. Zuzustimmen ist den Genannten insoweit, als dass eine Beschränkung auf die andere, bei der Ersetzungsbefugnis überhaupt noch nicht geschuldete, Leistung im Sinne des § 265 S. 1 BGB nicht eintreten kann. Diese Form der Konkretisierung ist als eine Spezialfolge 625 gleichwertiger Leis­ tungsalternativen bei der Wahlschuld zu verstehen und damit grundsätzlich nicht zur Übertragung auf andere Rechtsinstitute geeignet. Anderes könnte jedoch für die Wertung des § 265 S. 2 BGB gelten. 626 Nach diesem bleibt dem Berechtigten das Gestaltungsrecht, sei es auch im Wege einer noch zu erläuternden Fiktion, erhalten, wenn der Untergang auf ein Verschulden des anderen Teils zurückzu­ führen ist. Um diese Regelung auf eine Schuld mit Ersetzungsbefugnis bei anfängli­ cher Unmöglichkeit der Ersatzforderung zu übertragen, ist es vorab erforderlich, die aus dem Wortlaut nicht erkennbare Anwendung von § 265 S. 2 BGB in der Konstellation einer anfänglichen Unmöglichkeit bei der Alternativobligation zu weist sich seine Herleitung über den Vertrag als nutzlos bei einer auf Gesetz basierenden Befugnis. 621 Vgl. etwa: Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 389; Bittner, in: Staudinger, § 265 BGB, Rn. 14; Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 15; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 7; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 5. Bereits in der älteren Literatur findet sich eine ablehnende Haltung hinsichtlich der Anwendbarkeit auf die Schuldnerbefugnis aufgrund ihrer Einordnung als Recht zur Leistung an Erfüllungs statt. So exemplarisch Chamizer, Wahlschuld, S. 73, Fn. 1. 622 Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 7, stützt seine Auffassung, die Regeln der Wahlschuld seien nicht auf die Ersetzungsbefugnis anwendbar, u. a. auf zwei Urteile des RG: RGZ 132, 9 (14); 136, 127 (130. In diesen wird aber explizit nur zur Frage der Rückwirkungsfiktion nach § 263 Abs. 2 BGB Stellung bezogen Eine explizite Aussage zu § 265 BGB ist dagegen nicht enthalten. 623 Vgl. Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 15. 624 Vgl. Bittner, in: Staudinger, § 265 BGB, Rn. 14. 625 Dazu nähere Erläuterungen bei Medicus, Schuldrecht I, Rn. 187. 626 A. A. Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 389.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

erläutern. Zwar ließe sich auch ohne eine solche Normenanalogie der Gedanke einer Korrekturbedürftigkeit der Rechtsvereitelung 627 als Gesamtanalogie der Wertung mehrerer Rechtssätze des BGB als Einheit entnehmen. 628 Eine An­ knüpfung an konkrete und konstruktiv vergleichbare Regelungen würde dem Argument aber weitaus größeres Gewicht verleihen und belegen, dass gerade die Haftung aus der vereitelten Forderung vorzugswürdig ist. Nach dem Wortlaut scheint der Anwendungsbereich von § 265 S. 2 BGB nur eröffnet zu sein, wenn eine der Leistungen unmöglich wird, also in einer gemein­ samen Betrachtung mit § 265 S. 1 BGB zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt möglich war. Diese Beschränkung auf den nachträglichen Eintritt eines Hinder­ nisses entspricht der parallelen Formulierung von § 275 Abs. 1 BGB a.F. und wurde im Unterschied zu diesem 629 nicht 630 durch das SchuModG an die durch Aufhebung von § 306 BGB a.F. veränderte Rechtslage angepasst. Aus diesem Grund fügt sich § 265 S. 2 BGB heute nicht mehr problemlos in das geltende Leistungsstörungsrecht ein und bedarf somit einer Korrektur. 631 Solange die anfängliche Unmöglichkeit nach § 306 BGB a.F. noch zur Nichtigkeit und da­ mit zur Unwirksamkeit 632 des Rechtsgeschäftes und in der Folge gerade nicht zu einem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung führte, musste konsequen­ terweise auch die Wahl der anfänglich unmöglichen Leistungsalternative nach § 265 S. 2 BGB unterbunden werden. Anderenfalls wäre der, gemäß § 262 BGB regelmäßig wahlberechtigte, Schuldner befähigt gewesen, durch rückwirkende Entscheidung zugunsten der anfänglich unmöglichen Leistung sein Versprechen nach § 306 BGB nichtig werden zu lassen und sich auf diesem Wege selbst zu befreien. Dieser gewichtige Unterschied in der Behandlung von anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit besteht nach geltender Rechtslage nicht mehr 627 Selbst wenn man sich gegen ein dem § 265 S. 2 BGB zugrunde liegendes Prin­ zip der Rechtsvereitlung aussprechen und darin vielmehr eine Rückausnahme zu § 265 S. 1 BGB erkennen wollte, die es – im Fall des Nichtvorliegen des Regelungszweckes – er­ laubt, so zu agieren, als wenn § 265 S. 1 BGB nicht existent wäre, so ließe sich auch dieser Gedanke – der fehlenden Notwendigkeit der Beschränkung des Entscheidungs­ rechts – übertragen. Die Ablehnung des Zweckes der Vereitlungssanktion erscheint al­ lerdings zweifelhaft, da anderenfalls zumindest auch dem wahlberechtigten Gläubiger im Fall des selbst verschuldeten Untergangs der Leistung das Wahlrecht zugestanden werden müsste. 628 Zur Methode der Gesamtanalogie Larenz, Methodenlehre, S. 383f. Der Rechts­ gedanke des Vereitlungsschutzes lässt sich etwa in den §§ 160 Abs. 1, 265 S. 2 BGB finden. 629 Bei § 275 BGB wurde die Notwendigkeit einer Anpassung gesehen: Abschlussbe­ richt der Schuldrechtskommission, S. 119; BT-Drs. 14/6040, S. 128. 630 BT-Drs. 14/7052, S. 115. 631 Toussaint, in: jurisPK, § 265 BGB, Rn. 3; vgl. M. Schwab, in: AnwK, § 265 BGB, Rn. 3. 632 Larenz / Wolf, BGB AT, § 44, Rn. 4. Kritisch gegenüber dieser Rechtsfolge bereits Rabel, in: FS-Bekker, S. 173ff.

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fort. Kann aber der Gläubiger nun auch bei einem anfänglichen Leistungshin­ dernis nach § 311a Abs. 2 BGB verschuldensabhängigen Schadensersatz statt der Leistung in Höhe des positiven Interesses begehren, so entfällt damit zugleich der Differenzierungsgrund. 633 Daneben würde die Unanwendbarkeit von § 265 S. 2 BGB im Hinblick auf die Wirksamkeit anfänglich unmöglicher Leistungs­ versprechen zu gravierenden Widersprüchen zwischen der einfachen und der al­ ternativen Schuld führen. Verspricht nämlich der Schuldner in Kenntnis oder zu vertretender Unkenntnis des Hindernisses eine anfänglich unmögliche Leistung, ohne dass die Obligation mit einem Wahlrecht im Sinne der §§ 262 ff. BGB ver­ bunden ist, dann haftet er nach § 311a Abs. 2 BGB für dieses Versprechen. Erhält der Gläubiger hingegen eine noch größere Rechtsmacht eingeräumt, indem er im Rahmen einer Alternativobligation wählen darf, so würde die Unanwendbarkeit von § 265 S. 2 BGB im Fall der anfänglichen Unmöglichkeit einer der Varianten dazu führen, dass selbst ein Versprechen in Kenntnis des Leistungshindernis­ ses für den Schuldner aufgrund von § 265 S. 1 BGB ohne Folgen bliebe. Es würde sich damit das Paradoxon ergeben, dass der Schuldner für ein gegebenes Versprechen umso weniger haftet, je mehr er dem Gläubiger verspricht. Diese Folge kann das Gesetz nicht beabsichtigen. Deshalb muss § 265 BGB nach ge­ genwärtiger Rechtslage für beide Unmöglichkeitsvarianten in seiner Gesamtheit Anwendung finden. 634 Zumindest im Fall des Schuldnerverschuldens zum letztlich gleichen, wenn auch anders begründeten, Ergebnis gelangen etwa Bittner 635, Unberath 636 und Krüger 637, indem sie den Schadensersatzanspruch aus § 311a Abs. 2 BGB in die Alternativstellung der unmöglich gewordenen Leistung einrücken lassen. Der Wahlberechtigte soll hier folglich zwischen einem Primärleistungsanspruch im Hinblick auf die weiterhin mögliche Alternative und dem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wählen können. Das erscheint jedoch nicht konsequent. Wurde nämlich zuvor gegen eine Anwendung von § 265 S. 2 BGB auf die Fälle anfänglicher Unmöglichkeit votiert, so erfolgte damit auch eine bewusste Entscheidung gegen den Fortbestand der Wahlschuld. In diesem Fall erscheint es dann aber insbesondere im Hinblick auf den oben erörterten Iden­ titätsunterschied von Primärleistungs- und Schadensersatzanspruch nicht über­ zeugend, eine Lösung über das ebenso unkodifizierte Prinzip des Einrückens 633 Aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/6040) lässt sich zwar keine Position des Gesetzgebers zu dieser Frage entnehmen. Viel spricht allerdings dafür, dass der beschränkende Wortlaut von § 265 S. 2 BGB jedenfalls nicht bewusst aufrechterhalten wurde, wäre doch anderenfalls vor dem Hintergrund einer so massiven Umgestaltung des Unmöglichkeitsrechts zumindest ein Hinweis auf die Fortgeltung zu erwarten gewesen. 634 M. Schwab, in: AnwK, § 265 BGB, Rn. 3; Toussaint, in: jurisPK, § 265 BGB, Rn. 5. 635 Vgl. Bittner, in: Staudinger, § 265 BGB, Rn. 3. 636 Vgl. Unberath, in: Bamberger / Roth, § 265 BGB, Rn. 4. 637 Vgl. Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 4.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

zu suchen. Das gilt besonders unter Berücksichtigung von § 265 S. 2 BGB, der nicht zwischen einem Verschulden des Gläubigers und einem Verschulden des Schuldners trennt. Gerade im letzteren Fall kann aber § 265 S. 2 BGB auch bei einer nachträglichen Unmöglichkeit nicht mehr gewähren als eine Entscheidung zwischen Schadensersatz wegen Unmöglichkeit und der möglichen Leistungs­ alternative. Wenn es aber richtig wäre, dass der Schadensersatzanspruch von allein in die Stellung der unmöglichen Leistung einrückt, so schiene die An­ ordnung des § 265 S. 2 BGB gerade für diese Konstellation obsolet. Außerdem müsste das vollständige Einrücken des Schadensersatzanspruchs zu einer weite­ ren zweifelhaften Konsequenz führen. Zu sehen ist das etwa bei Krüger, der dem Schuldner, über die Rechtsfolge des § 265 S. 2 BGB hinaus, sogar im Fall des eigenen Vertretenmüssens das erwähnte Entscheidungsrecht ausdrücklich zubil­ ligt und wohl konsequenterweise auch zubilligen muss. 638 Diese Begünstigung des eigentlichen Verursachers verdeutlicht, dass sich diese Lösung vollkommen vom Vereitelungsgedanken des § 265 S. 2 BGB gelöst hat. 639 Aus diesem Grund erscheint es vorzugswürdig, unter Beachtung der durch das SchuModG verän­ derten Rechtslage, den § 265 S. 2 erweitert auf die anfängliche Unmöglichkeit anzuwenden. Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs hat für die Übertragbarkeit der Regel auf die Ersetzungsbefugnis erhebliche Konsequenzen. Nach dem Wort­ laut von § 265 S. 1 BGB ist bei der Wahlschuld das Verlangen der unmöglichen Leistungsalternative sowohl bei einem anfänglichen als auch bei einem nachträg­ lichen Leistungshindernis grundsätzlich ausgeschlossen. Diese Regelung erweist sich bei der zweiten Alternative, aufgrund der nach § 263 Abs. 2 BGB zurück­ wirkenden Wahl, auch als sinnvoll. Anderenfalls wäre es dem Wahlberechtigten möglich, zumindest für den Zeitraum zwischen dem Entstehungszeitpunkt und dem späteren Untergang, einen entsprechenden Erfüllungsanspruch und daraus folgend einem Schadensersatzanspruch wegen Unmöglichkeit zu erhalten. Für die anfängliche Unmöglichkeit ist diese Beschränkung jedoch ohnehin zwin­ gende Rechtsfolge. Wird nämlich bei einer Wahlschuld alternativ die Leistung von A oder B geschuldet und ist der Wahlberechtigte in der Lage, diese Ob­ ligation ex tunc auf das Schulden oder Fordern von entweder A oder B zu konkretisieren, so kann auch diese Berechtigung von einer bestehenden Un­ möglichkeit nicht unberührt bleiben. Wenn in dieser Situation die Erfüllung von A bereits anfänglich ausgeschlossen ist, bleibt dem wahlberechtigten Gläu­ biger, schon aufgrund von § 275 BGB, 640 das Verlangen dieser Leistung formal 638

Vgl. Krüger, in: MüKo, § 265 BGB, Rn. 4. Die größere Bedeutung des Vereitlungsgedankens gegenüber dem faktischen Ein­ rücken des Schadensersatzanspruchs im Fall des Schuldnerverschuldens wird aufgrund der Gleichbehandlung des Gläubigerverschuldens deutlich, der ohne § 265 BGB zu einer anderen Konsequenzführen würde. Im Fall des Gläubigerverschuldens würde es ohne § 265 BGB an einer zu wählenden Alternative des Schuldners fehlen. 639

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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verwehrt. Ebenso kann sie der wahlberechtigte Verpflichtete nicht schulden. Gel­ tung findet dieser Befund im Zeitpunkt der Entscheidung ebenso wie für den Moment der rückwirkenden Konkretisierung, denn schon bei der Schuldent­ stehung stand der Erfüllung das Leistungshindernis entgegen. Selbst durch die Rückwirkungsfiktion könnte damit das Aufleben des unmöglichen Anspruchs nicht erreicht werden. Eine ausdrückliche Beschränkung ist damit an dieser Stelle eigentlich überflüssig. Bei einer vermeintlichen Auswahl, die sich nur auf zwei Alternativen erstreckt, von denen eine der beiden als anfänglich unmög­ lich einzustufen ist, wurden daher zu keinem Zeitpunkt mehrere Leistungen im Sinne des § 262 Hs. 1 BGB geschuldet. Daran ändert auch die Rückwirkung des § 263 Abs. 1 BGB nichts. Eine Wahlobligation im Sinne einer Entscheidung zwischen mindestens zwei Leistungspflichten ist damit überhaupt nicht gegeben. Der Aussage des § 265 S. 1 BGB kann daher für die anfängliche Unmöglichkeit nur deklaratorische Wirkung haben. Dabei wird allerdings die Formulierung „beschränkt“ der Rechtslage nur unzureichend gerecht und zeigt auf, dass dem Argument des gegenläufigen Wortlautes im Rahmen von § 265 BGB nur ein sehr schwacher Wirkungsgrad beigemessen werden kann. Erfolgt in diesem Kontext eine Einordnung von § 265 S. 2 BGB, so zeigt sich, dass die Norm dem vermeintlich Wahlberechtigten die Entscheidungsbefugnis bei einer anfänglichen Unmöglichkeit im Fall zweier 641 Alternativen gar nicht erhält. Vielmehr wird sie dadurch erstmals begründet. Der auswahlbefugte Gläu­ biger kann daraufhin zwischen der Primärpflicht B oder dem auf A gerichteten und nach § 311a Abs. 1 BGB wirksamen Versprechen wählen. Erfolgt seine Ent­ scheidung zugunsten der zweiten Variante, so wird er über die Hilfskonstruktion, eine nicht geschuldete Leistung wählen zu dürfen, in die Schadensersatzberech­ tigung hinsichtlich der unmöglichen Leistung A eingewiesen. Steht das Gestaltungsrecht hingegen dem Schuldner zu, so stellt sich die Frage, ob in dieser Situation gleichsam von einem Verschulden des Gläubigers gespro­ chen werden kann. Vorwerfbar ist bei der anfänglichen Unmöglichkeit nur das nicht erfüllbare Versprechen und nicht die Herbeiführung des Untergangs einer noch nicht geschuldeten Leistung. 642 Das Verschulden des Forderungsberechtig­ ten könnte deshalb darin zu sehen sein, dass er sich durch den Schuldner eine 640

Der Ausschluss der Primärleistungspflicht bei Unmöglichkeit ist eine logische Folge der Anspruchsnatur, denn Unmögliches kann man nicht erfüllen und daher auch nicht fordern. So auch: Meincke, AcP 1971, 19 (22); G. Wagner, JZ 1998, 482 (486); Weber-Will / Kern, JZ 1981, 257 (260); Wilhelm, JZ 2001, 861 (866). 641 Anderes gilt, sofern sich die Entscheidung auf mehr als zwei Leistungsalternativen erstreckte, von denen mindestens zwei möglich waren. Auch hier war aber jedenfalls die anfänglich unmögliche Leistung niemals Teil der Obligation. 642 Unklar insoweit, ob Löwisch, in: Staudinger, § 311a BGB, Rn. 23, die Möglichkeit des Gläubigerverschuldens durch Herbeiführung der Unmöglichkeit auf die anfängliche Unmöglichkeit bezieht.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Leistung in Kenntnis des Hindernisses versprechen lässt. Diesen Weg einer re­ gelungsgedanklichen Übertragung von § 311a Abs. 2 S. 2 BGB favorisiert etwa Rauscher, indem er dem Gläubiger im Rahmen von § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB die Pflicht auferlegen möchte, sich keine, bekanntermaßen unmögliche, Leis­ tung zusagen zu lassen. 643 Hierauf hat das Schrifttum mit nicht von der Hand zu weisenden Gegenargumenten reagiert. Hervorzuheben ist dabei der Hinweis, der Gläubiger übernehme anders als der Schuldner gerade keine vergleichbare Pflicht hinsichtlich des Leistungsgegenstandes. 644 Dem ist vorbehaltlich geringfügiger Ergänzungen zuzustimmen. Im Gegensatz zum Schuldner, der sich gegenüber dem Gläubiger in Form seines Leistungsversprechens gebunden hat und daher zur Prüfung 645 seiner Leistungsfähigkeit angehalten ist, 646 darf sich der Gläubiger grundsätzlich alles versprechen lassen. Eine ihm auferlegte Prüfpflicht hätte zur Folge, dass die Trennlinie zwischen der Schuldner- und Gläubigerstellung auf­ geweicht und eine indirekte Beschränkung des Gläubigervertrauens geschaffen wird. Vorzugswürdiger ist hier deshalb eine flexible Lösung, die auf der Ebene der Schadensverursachung über § 254 BGB 647 und damit über ein „Verschul­ den gegen sich selbst“ 648 berücksichtigt, dass der Gläubiger nicht oder kaum mit dem Erhalt der erwarteten Leistung rechnen durfte. Auch ist nicht auszu­ schließen, dass dem Schuldner gegebenenfalls ein eigener Anspruch aus culpa in contrahendo gegen den Gläubiger zusteht. 649 Eine Anrechnung des Gläubi­ gerbeitrags – in Form einer vorwerfbaren Mitwirkung bei der Entstehung eines anfänglich gehinderten Anspruchs – aufgrund von Kenntnis oder zu vertreten­ der Unkenntnis muss jedoch ausscheiden. 650 Dieses Ergebnis erscheint umso überzeugender, wenn der Auffassung von Canaris 651 gefolgt wird, der den Haf­ tungsgrund des § 311a Abs. 2 BGB nicht in der Verletzung einer noch gar nicht bestehenden Leistungspflicht, sondern allein im darauf gerichteten Versprechen sieht. In diesem Fall ist nämlich ein adäquater Gegenspieler auf der Seite des 643

Vgl. Rauscher, ZGS 2002, 333 (337). Vgl. Otto, in: Staudinger, § 326 BGB, Rn. C 19, unter Verweis auf Faust, in: Schuld­ rechtsmodernisierung, Rn. 7/45. 645 Medicus, JuS 2003, 521 (527). 646 Vgl. Canaris, ZRP 2001, 329 (331). 647 Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 39; Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/45; Otto, in: Staudinger, § 326 BGB, Rn. C 19; vgl. Penner / Gärtner, JA 940 (942). 648 Zu dieser Terminologie: Oetker, in: MüKo, § 254 BGB, Rn. 3; Teichmann, in: Jau­ ernig, § 254 BGB, Rn. 3. 649 Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/45; Otto, in: Staudinger, § 326 BGB, Rn. C 19; Rauscher, ZGS 2002, 333 (337). Es ist offensichtlich etwas anders, wenn dem Gläubiger vorgeworfen wird, er habe dem Schuldner das ihm bekannte Leistungshindernis nicht mitgeteilt, als ihm die Entstehung des Versprechens selbst vorzuwerfen. 650 Löwisch, in: Staudinger, § 311a BGB, Rn. 23; Otto, in: Staudinger, § 326 BGB, Rn. C 19. 651 Vgl. Canaris, in: FS-Heldrich, S. 11 (24), Fn. 47. Ebenso Mattheus, JuS 2002, 209 (214). 644

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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Gläubigers völlig undenkbar. Eine verschuldete Mitwirkung des Gläubigers bei der Entstehung des Versprechens durch Versprechenlassen trotz anfänglicher Unmöglichkeit, im Sinne einer gegenüber dem Schuldner bestehenden Pflicht zum Misstrauen, ist daher abzulehnen. 652 Im Fall der Wahlschuld hätte das für den Entscheidungsberechtigten folgende Konsequenz: Der § 265 S. 2 BGB würde ihm, bei einer erweiternden Anwen­ dung auf die anfängliche Unmöglichkeit, das Wahlrecht immer dann im Wege einer Fiktion aufrechterhalten, wenn das Nichtbestehen trotz des Versprechens dem anderen Teil vorzuwerfen ist. Ein solcher Vorwurf kann jedoch – wie so­ eben erörtert – nur gegen den Schuldner erhoben werden. Den Gläubiger trifft hingegen keine Verantwortung dafür, dass ihm der auswahlberechtigte Schuldner eine unmögliche Leistungsalternative verspricht. Damit entspricht diese Sachlage weithin der Ersetzungsbefugnis mit einer vom Gestaltungsrechtsunterworfenen zu vertretenden Unmöglichkeit der Ersatzver­ pflichtung. Auch bei dieser kann die Ersatzleistung niemals geschuldet werden. Wird demnach sowohl der Zweck von § 265 S. 2 BGB als auch die soeben aufge­ zeigte Lösung bei einer anfänglich unmöglichen Leistungsalternative betrachtet, so erscheint ihre Übertragung auf die Ersetzungsbefugnis möglich. Auf dieses Weise bestünde auch für den Inhaber einer Ersetzungsbefugnis die Möglichkeit, über die Fiktion einer Substitution durch die Ersatzleistung, zur Schadenser­ satzverpflichtung nach § 311a Abs. 2 BGB vorzudringen. Der Gegenseite wäre damit die Motivation zur vermeintlichen Einräumung einer nicht zu verwenden­ den Ersetzungsbefugnis genommen. Dabei darf an dieser Stelle die methodische Schwierigkeit dieser Konstruktion zwar nicht verschwiegen werden, schließlich ist sie in höchstem Maße antikodifikatorisch und erinnert durch ihre analoge Übertragung einer zuvor gegen den Wortlaut erweiterten Norm stark an eine freirechtliche 653 Methode. Andererseits stellt die Ersetzungsbefugnis ein aner­ kanntes und vielfach genutztes Institut der geltenden Zivilrechtsordnung dar, so dass auf eine Beantwortung der Unmöglichkeitsfrage nicht verzichtet werden kann. Bereits Titze empfahl aus diesem Grund vor nunmehr über 100 Jahren, mangels kodifizierter Grundlagen, allgemeine Regeln für die Ersetzungsbefug­ nis aus der Natur der Sache abzuleiten. 654 Dem ist bei noch immer ausstehender Reaktion des Gesetzgebers zumindest im Sinne eines ergänzenden Arguments zuzustimmen. Aus diesem Grunde erscheint die Übertragung des Rechtsgedan­ kens von § 265 S. 2 BGB zwar konstruktiv schwierig. Im Gegensatz zum gene­ rellen Ausschluss oder einer steten Anerkennung der Ersetzung, bietet sie jedoch 652 Vgl. Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 39; Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/45. 653 Vgl. dazu: Kriele, in: FS-Köln, S. 707 (709f.); Radbruch, Einführung in die Rechts­ wissenschaft, S. 183ff. 654 Vgl. Titze, Unmöglichkeit der Leistung, S. 195, Fn. 1.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

einen sachdienlichen Lösungsweg, der die Natur der Rechtsfigur berücksichtigt und sich dabei an die Beachtlichkeit des Verschuldens im Rahmen kodifizierter Institute anlehnt. Ohne Auswirkung bleibt das Hindernis hinsichtlich der Ersatzleistung hin­ gegen für die Pflicht zur Erbringung der Primärleistung im Zeitraum bis zur Ersetzung. 655 Solange die Gestaltung noch nicht erfolgte, handelt es sich bei ihr um die einzig relevante Forderung. 2. Eintritt des Leistungshindernisses nach Entstehung der Primärschuld und vor Ausübung der Ersetzungsbefugnis a) Leistungshindernis hinsichtlich der Primärleistung Steht der Primärleistung, im Unterschied zu den vorangegangenen Konstella­ tionen, das die Unmöglichkeit begründende Hindernis erst nach der Anspruchs­ entstehung entgegen, so liegt ein Fall der nachträglichen Unmöglichkeit vor. Wie schon bei dem anfänglichen Leistungshindernis entfällt auch hier nach § 275 BGB die Leistungspflicht des Schuldners und damit der Erfüllungsan­ spruch des Gläubigers. Eine mögliche Schadensersatzpflicht des Schuldners rich­ tet sich in diesem Fall nach den §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB. Dabei kommt es auf das Vertretenmüssen des Leistungshindernisses, nicht hingegen auf die Kenntnis oder vorwerfbare Unkenntnis an. Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Gestaltung dieses Schadensersatzanspruchs durch die Ersetzungsbefugnis gelten die Ausführungen zum Anspruch aus § 311a Abs. 2 BGB entsprechend. 656 b) Leistungshindernis hinsichtlich der Ersatzleistung Auch hinsichtlich der zwischen Begründung und Ausübung der Befugnis unmöglich gewordenen Ersatzleistung kann (bei entsprechender Übertragung) weitgehend auf die Ausführungen zur Unmöglichkeit im Moment der Primär­ schuldentstehung verwiesen werden. Abweichungen könnten sich indes spätes­ tens bei dem Anknüpfungspunkt für das nach § 265 S. 2 BGB erforderliche 655 W. Müller, Wahlschuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 76; Si­ ber, Rechtszwang im Schuldverhältnis, S. 64; Wolf, in: Soergel, § 265, Rn. 15. So auch schon RGZ 94, 58 (60) für die facultas alternativa des Schuldners. Obgleich es sich dabei um ein Recht zur Leistung an Erfüllungs statt handelte, ist die Argumentation mit ausschließlichen Maßgeblichkeit des Primäranspruchs auf die echte Ersetzungsbefugnis übertragbar. 656 A. A. Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 24, der in dieser Situation eine Ersetzung zulassen möchte.

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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Verschulden ergeben. Tritt das Leistungshindernis bereits vor der Begründung eines Anspruchs ein, so ist eine Pflichtverletzung des Schuldners, in der Form einer Abweichung des Ist-Zustands vom zuvor vereinbarten vertraglichen Soll, 657 ausgeschlossen. 658 Die Erbringung einer konkreten Leistung wird im Moment des anfänglichen Leistungshindernisses überhaupt noch nicht geschuldet. 659 Fol­ gerichtig kann ihm grundsätzlich nur der Vertragsschluss 660 selbst in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Leistungshindernisses gemäß § 311a Abs. 2 S. 2 BGB, nicht jedoch eine etwaige vorvertragliche Zerstörung des Leistungs­ gegenstandes, 661 zum Nachteil gereichen. 662 Sofern die Unmöglichkeit dagegen erst nach Begründung der Verpflichtung eintritt, bildet § 280 Abs. 1 S. 2 BGB die einschlägige Norm. Im Gegensatz zu diesen zwei klar umgrenzten Konstellatio­ nen birgt der vorliegende Fall eine besondere Schwierigkeit. Die Unmöglichkeit der Ersatzleistung tritt hier zwar nach Vertragsschluss und damit auch nach dem für § 311a Abs. 2 BGB maßgeblichen Versprechen, jedoch noch vor der späteren Ersetzung ein. Erst Letztere verhilft aber der Ersatzforderung zu ihrer Wirksam­ keit und bildet damit, unabhängig von der Frage, ob die geschuldete Leistung oder der gesamte Anspruch substituiert wird, den Zeitpunkt des theoretisch erst­ malig begründeten Verlangens. Daher ist die Erfüllung bereits ausgeschlossen, wenn das darauf gerichtete Versprechen seine Wirkung entfalten soll. Es müssten folglich in zeitlicher Hinsicht die Regeln der anfänglichen Unmöglichkeit zur An­ wendung gelangen. 663 Als problematisch erweist sich dabei aber die nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB angeordnete Maßgeblichkeit der Kenntnis bzw. zu vertreten­ den Unkenntnis. Im Zeitpunkt der Begründung der Ersetzungsbefugnis bestand das Leistungshindernis noch nicht, so dass dem Gestaltungsgegner auch nicht vorgeworfen werden kann, er habe die Ersetzungsbefugnis im Wissen oder in fahrlässiger Unkenntnis um die Leistungsstörung eingeräumt. Wenn er hingegen erst nach der Begründung der Befugnis, jedoch noch vor ihrer Ausübung durch den Berechtigten Kenntnis vom unmöglichkeitsauslösenden Leistungshindernis erlangt, so besteht für ihn überhaupt keine Möglichkeit mehr, um auf das Sub­ stitutionsversprechen hinsichtlich der Ersatzleistungsverpflichtung einzuwirken. 657

Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (941). Vgl. Hammen, in: FS-Hadding, S. 41 (49f.). 659 Canaris, in: FS-Heldrich, S. 11 (34); Lorenz NJW 2002, 2497 (2500); Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (942). Vgl. außerdem: Brecht, IherJb 1908, 213 (292); Katzenstein, JR 2003, 447 (448f.); S. Meier, JURA 2002, 187 (188). 660 Vgl. Brecht, IherJb 1908, 213 (295); Grunewald. JZ 2001, 433 (435); Lorenz, NJW 2002, 2497 (2500). 661 Schulte-Nölke / Behren, ZGS 2002, 256 (260); Tetenberg, JA 2009, 1. 662 Ausnahmen sind hier durch eine mittelbare Auswirkung auf die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis zu erreichen. Vgl. dazu Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/19; Tetenberg, JA 2009, 1. 663 Das verkennt ein Teil der älteren Literatur, die hier nachträgliche Unmöglichkeit annimmt. Vgl. dazu exemplarisch Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 74f. 658

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Gleichzeitig verwehrt ihm die Anknüpfung an seinen Wissenstand aber auch die Exkulpation im Sinne des § 311a Abs. 2 S. 2 BGB, schließlich wusste er im Zeit­ punkt der gestaltungsbedingten Wirkungsentfaltung von dem Leistungshindernis. Damit ist die Situation in Bezug auf die Rechtsmacht des Gestaltungsgegners vergleichbar mit der Stellung des antragenden Schuldners, der nach der Ab­ gabe seines Angebotes vom Bestehen eines anfänglichen Leistungshindernisses erfährt. 664 Auch dieser hat nach dem Zugang seiner Willenserklärung gemäß § 145 BGB grundsätzlich keinen Einfluss mehr auf das Zustandekommen des Vertrages. 665 Eine nach dem Wortlaut von § 311a Abs. 2 BGB an der Kenntnis des Schuldners orientierte Haftung würde daher zu teleologisch äußerst zwei­ felhaften Ergebnissen und damit letztlich zu einer vom Gesetzgeber 666 nicht gewollten Garantiehaftung 667 führen. 668 aa) Analogie zu § 160 Abs. 1 BGB Ein erster denkbarer Lösungsweg für den Fall der, nach Entstehung der Primärleistungspflicht, aber vor Ersetzungsausübung, unmöglich gewordenen Ersatzleistung könnte in der Abkehr von der dargestellten Analogie zu § 265 S. 2 BGB und dem Vorrang der ebenfalls erörterten analogen Anwendung des § 160 Abs. 1 BGB zu finden sein. 669 Auf diese Weise könnte dem Gestaltungs­ gegner die Vereitelungshandlung selbst und nicht nur die bloße Kenntnis des Resultats anzulasten sein. Zumindest das an anderer Stelle erwähnte Argument, die Norm passe aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht auf den fraglichen Sach­ verhalt, würde der Übertragung an dieser Stelle nicht entgegenstehen. Auch in dieser Konstellation wäre dem Gestaltungsgegner, der den Untergang des Ersatz­ leistungsgegenstandes nach Begründung des Ersetzungsrechts in zu vertretender 664

Zu dieser Konstellation: Penner / Gärtner, JA 940ff.; Wackerbarth, in: AnwK, § 160 BGB, Rn. 8. 665 Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 21, 33; Kramer, in: MüKo, § 145 BGB, Rn. 20; Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (944); Wolf, in: Soergel, § 145 BGB, Rn. 9. 666 Vgl. dazu BT-Drs. 14/6040, S. 165. 667 Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (944). 668 Ohne nähere Problematisierung für eine Haftung aus § 311a Abs. 2 BGB in dieser Konstellation: Armbrüster, in: Erman, § 145 BGB, Rn. 14; Ehrecke, Haftung wegen Ab­ bruchs der Vertragsverhandlungen, S. 40; Medicus, BGB AT, Rn. 267. Dieses zweifelhafte Ergebnis träte zudem völlig unabhängig davon ein, ob der Gläubiger das Leistungshinder­ nis im Moment seiner Annahmeerklärung kannte, so dass Überlegung zu Korrektur über § 242 BGB hier nicht ausreichen können. So aber Fritzsche, Fälle zum neuen Schuldrecht I, S. 53. 669 So z. B.: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 72; Bosse, Ersetzungs­ befugnis, S. 77. Diese kombinieren allerdings die Analogie zu § 160 BGB widersprüchli­ cherweise mit der Annahme, dass die Ersetzungsbefugnis demnach nicht erlischt. Diese Verbindung von vermeintlich möglicher Ersetzung einerseits und der Wertung des ver­ hinderten Bedingungseintritts andererseits erscheint bedenklich.

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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Weise herbeiführt, schließlich vorzuwerfen, er trete mit seinem Verhalten in Widerspruch zu seiner früheren Erklärung. Dennoch streiten die besseren Argumente gegen eine an § 160 Abs. 1 BGB angelehnte Lösung. Auch in der gegenwärtig betrachteten Fallgestaltung stünden der analogen Anwendung von § 160 Abs. 1 BGB nämlich alle anderen Einwände unvermindert entgegen. Insbesondere spricht dabei die Systematik gegen eine Lösung über das Recht der bedingten Ansprüche. bb) Haftung gemäß § 311 Abs. 2 BGB Abhilfe für den Fall der zwischen Begründung und Ausübung der Ersetzungs­ befugnis verursachten Unmöglichkeit der Ersatzleistung könnte allerdings über die culpa in contrahendo geschaffen werden. Dazu ist ungeachtet der Diskus­ sion 670 um ein mögliches lex-specialis-Verhältnis zwischen § 311a Abs. 2 und § 311 Abs. 2 BGB zu beachten, dass einer allgemeinen Haftung aus vorver­ traglichem Verschulden keine offensichtlich zwingenden Gründe entgegenste­ hen, wenn das Unmöglichkeitsrecht überhaupt nicht angewendet werden kann. Schulze schlägt genau diesen Weg für den Vergleichsfall eines vom Antra­ genden verschuldeten Leistungsuntergangs nach Wirksamkeit seines auf den Abschluss eines Verpflichtungsvertrages gerichteten Angebotes vor. 671 Auf diese Weise wäre es möglich, dass nicht nur Kenntnis oder vorwerfbare Unkenntnis, sondern auch eine eventuelle Handlung des Gestaltungsrechtsunterworfenen an­ spruchsbegründende Berücksichtigung finden. Der Verursacher des anfänglichen Leistungshindernisses müsste danach dem eigentlich ersetzungsberechtigten an­ deren Teil den aus dem Untergang seiner Substitutionsmöglichkeit resultierenden Schaden ersetzen. Zwar handelt es sich bei der Ausübung einer Ersetzungsbe­ fugnis nicht um eine Vertragsschlusssituation im Sinne des § 311 Abs. 2 BGB. Innerhalb der bisherigen Abhandlung wurde aber aufgezeigt, in welchem starken Maße die Begründung der Befugnis und deren spätere Ausübung den Vertrags­ komponenten Angebot und Annahme gleichen. Aus diesem Grund kann zumin­ dest eine so große Vertragsähnlichkeit der Situation angenommen werden, dass jedenfalls an eine analoge Anwendung von § 311 Abs. 2 BGB zu denken ist. Dieser Lösungsansatz ist jedoch ebenfalls zu verwerfen. Zum einen würde auch die Anknüpfung an das vorvertragliche Verschulden erneut nur zu einer Haftung wegen der Vereitelung führen. Die nach hier vertretener Ansicht sys­ tematisch vorzugswürdige Haftung aus dem verschuldet vereitelten Anspruch selbst wäre auf diese Weise dagegen nicht zu erreichen. Daneben kann nicht unbeachtet bleiben, dass das Bedürfnis nach einer Grundlage, die dem Befug­ ten in dieser Situation einen Ausgleich für die vereitelte Ersetzungsmöglichkeit 670 671

Vgl. hierzu Fn. 919ff. Vgl. Schulze, in: AnwK, § 145 BGB, Rn. 12.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

verschaffen könnte, letztlich aus einem Vergleich mit den gesetzlich geregelten Fällen der Unmöglichkeit entspringt. Es erscheint unbillig und inkonsequent, dem Befugten entweder nur deshalb keinen Schadensersatzanspruch bzw. keine Ersetzung zuzugestehen, weil die vorliegende Konstellation vom Gesetzgeber übersehen wurde, oder aber dem Gestaltungsgegner durch eine starre Anknüp­ fung an die vom gesetzlichen Wortlaut geforderten Voraussetzungen jegliche Exkulpationsmöglichkeit zu nehmen. Wenn aber auch hier die Nichterfüllung wegen eines unmöglichkeitsauslösenden Leistungshindernisses den eigentlichen Haftungsgrund bildet, 672 stellt sich die Frage, weshalb dann überhaupt aus dem Unmöglichkeitsrecht auf eine weitaus allgemeinere Lösung innerhalb des Leis­ tungsstörungsrechts ausgewichen werden sollte. Es kann hier nichts anderes gelten als im Rahmen der Untersuchung zur analogen Anwendung von § 160 Abs. 1 BGB. Das Unmöglichkeitsrecht ist den Regeln der culpa in contrahendo im Fall einer Haftung für eine unmöglichkeitsbedingte Leistungsstörung vor­ zuziehen. Das gilt umso mehr im Hinblick auf die Tatsache, dass die culpa in contrahendo grundsätzlich nur eine Haftung auf das negative 673 Interesse zur Folge hat. Dem Ersetzungsbefugten wäre aber eigentlich nur durch den Er­ satz seines positiven Interesses tatsächlich zu helfen. Eine Erweiterung, wie sie etwa durch Flume 674 im Rahmen der dargestellten Anwendung von § 160 BGB auf den Unmöglichkeitseintritt zwischen Angebot und Annahme vorgenommen wurde, wäre zwar grundsätzlich denkbar. Sie müsste sich in der hier gegenständ­ lichen Konstellation aber wiederum den Vorwurf gefallen lassen, dass der Ersatz des positiven Interesses nur aufgrund der Nähe zu den geregelten Unmöglich­ keitsfällen erstrebenswert erscheint, für die bereits qua Gesetz der Ersatz des Erfüllungsschadens vorsehen ist. Auch aus diesem Grund erscheint eine direkte Lösung über die Regeln des Unmöglichkeitsrechts vorzugswürdig. Weiterhin ist hervorzuheben, dass ein Verweis auf die Haftung nach den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB das eigentliche Problem der Er­ setzung durch eine Nichtschuld gar nicht löst, sondern zirkulär aufrechterhält. Ein Anspruch aus culpa in contrahendo würde nämlich ebenfalls nur bestehen, wenn der vormals Ersetzungsbefugte einen Schaden hat. Ein solcher Schaden bzw. dessen Umfang wäre allerdings nur dann festzustellen, wenn er sich wirk­ sam für die unmöglich gewordene Ersatzleistung entscheiden kann. 675 Beharrt er hingegen ohnehin auf dem Fortbestand des Primäranspruchs, so ist ein Scha­ den nicht zu erkennen. Folglich müsste erneut entweder einem vollständigen Einrücken des Schadensersatzanspruchs in die Stellung der nach § 275 BGB 672 Das wird besonders deutlich bei Schulze, in: AnwK, § 145 BGB, Rn. 12, der im Rahmen eines Anspruchs aus § 311 Abs. 2 BGB von einer Haftung „wegen anfänglicher Unmöglichkeit“ spricht. 673 Emmerich, Leistungsstörungen, § 8, Rn. 2. 674 Flume, BGB AT, Bd. II, S. 644f. 675 Vgl. hierzu für die Angebotskonstellation Medicus, BGB AT, Rn. 267.

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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ausgeschlossenen Ersatzleistungspflicht zugestimmt werden, oder es wäre auf eine Norm zurückzugreifen, die eine Entscheidung zugunsten des nicht existen­ ten Anspruchs ermöglicht. Die erste Alternative wurde bereits oben abgelehnt. Die zweite Alternative würde letztlich wieder zu § 265 S. 2 BGB analog füh­ ren und damit erneut die Frage nach dem richtigen Anknüpfungspunkt für das Verschulden aufwerfen. cc) Lösungsansatz über das Argument der Naturalrestitution hinsichtlich der zerstörten Ersatzleistung Einen weiteren Lösungsansatz bietet ein ausführlich bei Blümich erläutertes Modell, nach dem einem ersetzungsbefugten Schuldner die Möglichkeit zur Ent­ scheidung für die Ersatzleistung trotz deren Unmöglichkeit erhalten bleiben soll, wenn ihr Untergang auf ein Verschulden des Gläubigers zurückzuführen ist. 676 Konstruktiv basiert dieser Fortbestand auf dem Grundsatz der Naturalrestitu­ tion. 677 Der Schuldner soll die vom Gläubiger zerstörte Leistung wählen dürfen, da Letzterer ohnehin zu deren Wiederherstellung verpflichtet ist. In diesem Fall träte dann die vollständige Befreiung des Schuldners ein. 678 Mit diesem Modell wurde allerdings zu Unrecht versucht, von einzelnen Fällen der Ersetzungs­ befugnis auf ihre generelle Natur zu schließen. Zwar ist die Zielstellung dieses Ansatzes ersichtlich, doch passt bereits die Wertung nur dann, wenn dem Schuld­ ner überhaupt ein Schadensersatzanspruch zusteht. Hat der Gläubiger dagegen die Möglichkeit zur Entscheidung für die Ersatzleistung ohne Verletzung eines Rechtsguts des Schuldners vereitelt, etwa weil er den Rasen, den der Schuldner im Rahmen seiner Ersatzpflicht zu mähen hatte, bereits selbst gemäht hat, und somit gerade keine Schadensersatzverpflichtung begründet, so erweist sich diese Methode als untauglich. 679 676 Vgl. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 74. Dieser ordnete die Kon­ stellation des Unmöglichwerdens der Ersatzforderung zwischen Primärschuldbegründung und Ersetzungsausübung unter Missachtung des zutreffenden Entstehungszeitpunkts als nachträgliche Unmöglichkeit ein. 677 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 74; vgl. Pescatore, Wahlschuld­ verhältnisse, S. 286. 678 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 75; ebenso Pescatore, Wahl­ schuldverhältnisse, S. 286. Ähnlicher Rechtsgedanke bei Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 212, der dem Schuldner, der sich ohne Verschulden des Gläubigers für die Ersatzleistung hätte entscheiden und somit seine Primärleistung hätte behalten können, einen eigenen Anspruch auf die Primärleistung zugesteht, die dann durch Aufrechung untergehen soll. Auch dieser Ansatz kann konstruktiv nicht überzeugen. So bleibt zum einen unklar, wie der Anspruch entsteht und weshalb er nicht sofort – da es sich um den gleichen Anspruch handeln soll, den auch der Gläubiger gegen ihn hat – durch Konfusion untergeht. 679 Im Ergebnis ebenfalls ablehnend gegenüber diesem Modell Weitz, Die facultas alternativa, S. 4ff.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Für sich allein ebenso wenig überzeugen kann auch der Ansatz Herzbergs, der in der Entscheidung des ersetzungsbefugten Gläubigers für die von ihm selbst vereitelte Ersatzleistung zugleich eine Abtretung des deliktischen Schuldneran­ spruchs durch den Schuldner an ihn erkennen wollte. Auf diese Weise sollte diese Forderung konfusionshalber 680 erlöschen. 681 Auch hier bleibt die Frage unbeantwortet, wie in diesem Fall die Ersetzung durch eine nicht bestehende Leistungspflicht überhaupt zu konstruieren sei. dd) Analoge Anwendung von § 265 S. 2 BGB unter teleologischer Reduktion von § 311a Abs. 2 BGB contra rechtsgeschäftliche Widerrufslösung (1) Unanwendbarkeit des Kenntniskriteriums des § 311a Abs. 2 BGB Ein weiterer Ansatz könnte in einer Anlehnung an die Lösung in der bereits genannten und weitgehend vergleichbaren Situation der Unmöglichkeit zwi­ schen Wirksamkeit des Angebots und der darauf folgenden Annahme durch den Oblaten zu finden sein. Insbesondere Penner und Gärtner sprechen sich in diesem Fall dafür aus, die durch strikte Wortlautbefolgung entstehende Haftung für letztlich Unvermeidbares 682 durch eine teleologische Reduktion des § 311a Abs. 2 BGB zu korrigieren. Dazu verlegen sie die Trennlinie für dessen An­ wendbarkeit auf den Moment des Angebotszugangs vor. 683 Auf diesem Wege würde eine erst nach dieser Zäsur eintretende Kenntnis oder vorwerfbare Un­ kenntnis keine den Schuldner belastenden Rechtsfolgen mehr auslösen. Diese Konstruktion verdient Zustimmung. Es ist zu berücksichtigen, dass der Antra­ gende seine Willenserklärung nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich nur bis zu diesem Zeitpunkt widerrufen und somit auf deren Wirksamkeit Einfluss nehmen kann. 684 Später eintretendes Wissen um ein unmöglichkeitsauslösendes Leistungshindernis erscheint damit nicht mehr vorwerfbar. Aus diesem Grund muss eine Anknüpfung der Schadensersatzverpflichtung an Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis in diesem Fall ausscheiden. 685 Hinsichtlich einer solchen 680

Ausführlich zur Konfusion Olzen, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 266. Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 49. Ähnlich auch Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 176. 682 Zur Einstufung als eine Haftung für Unvermeidbares gelangt auch Wackerbarth, in: AnwK, § 160 BGB, Rn. 8. 683 Vgl. Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (944f.). Ebenso Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 36. 684 Das ist zumindest bei Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (945), Fn. 75, der Grund für die Wahl des Zugangsmoments. 685 Für eine Korrektur des Verschuldensmaßstabes Dauner-Lieb, in: AnwK, § 311a BGB, Rn. 14. 681

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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Lösung ist auch kein bewusst abweichender und damit reduktionsausschließen­ der 686 Regelungsplan des Gesetzes ersichtlich. Die Regelung von Zwischensta­ dien der beiden Unmöglichkeitsvarianten hat schließlich weder einen Nieder­ schlag im Gesetzestext gefunden noch wurde das Problem der Kenntnis ohne Möglichkeit der Einflussnahme vom Gesetzgeber oder der Schuldrechtskommis­ sion gesehen. 687 Beruht diese teleologische Reduktion im Fall des Angebotes auf dem allge­ meinen Rechtsgedanken der fehlenden Vorwerfbarkeit, 688 so muss diese Wertung in gleicher Weise für die erst nach Begründung des Primärleistungsanspruchs eingetretene Unmöglichkeit der Ersatzleistung bei einer Schuld mit Ersetzungs­ befugnis gelten. Auch dem Gestaltungsgegner fehlt hier jede Möglichkeit der Einflussnahme, so dass § 311a Abs. 2 BGB ebenso aus teleologischen Gründen nicht zur Anwendung gelangen darf. Das bloße Kennen oder Kennenmüssen des Gestaltungsgegners ist damit nicht geeignet, dem Ersetzungsbefugten sein Ge­ staltungsrecht über eine Analogie zu § 265 S. 2 BGB zu erhalten. Im Unterschied zur Angebotskonstellation trifft die Wertung im Fall der Ersetzungsbefugnis al­ lerdings auf den gestaltungsunterworfenen Gläubiger und Schuldner in gleicher Weise zu. Beide sind in der Position des Ersetzungsgegners einer Substitutions­ entscheidung des anderen Teils vollkommen ausgeliefert. Zu weit ginge es aber, mit einigen Stimmen in der Literatur 689 neben der Be­ schränkung des Anwendungsbereichs von § 311a Abs. 2 BGB auch die Grenze zwischen anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit auf den Zeitpunkt des wirksam gewordenen Angebots vorzuverlegen. 690 Das entspräche in der Kon­ stellation einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis dem Zeitpunkt der Gestaltungs­ rechtsbegründung. Ob das Leistungshindernis als anfänglich oder nachträglich einzustufen ist, ist aber keine Frage einer wertenden Betrachtung. Vielmehr beurteilt sich das gemäß § 311a Abs. 1 BGB rein tatsächlich danach, ob das Leistungshindernis die Erfüllung der Schuld zum Fälligkeitszeitpunkt schon bei Vertragsschluss, oder erst später ausgeschlossen hat. Anhand dieses Kriteriums kann im vorliegenden Fall aber ausschließlich von anfänglicher Unmöglichkeit ausgegangen werden. 686

Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 370f. Anders Gruber, JuS 2002, 1066 (1069), der auf den Willen des Gesetzgebers abstellt. 687 Vgl. dazu: BT-Drs. 14/6040, S. 164ff.; Abschlussbericht der Schuldrechtskommis­ sion, S. 145f. Der Wille des Gesetzgebers ist an dieser Stelle nur Auslegungshilfe und nicht geeignet, selbstständig reduktionsausschließend zu wirken. A. A. Gruber, JuS 2002, 1066 (1069). 688 Vgl. Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 36. 689 Vgl. Ernst, in: MüKo, § 311a BGB, Rn. 36; Mattheus, in: Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 81; Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (947). 690 Wie hier Dauner-Lieb, in: AnwK, § 311a BGB, Rn. 14.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

(2) Alternative Haftungsgrundlage Scheidet somit in dieser Situation eine Anknüpfung an Kenntnis oder zu ver­ tretende Unkenntnis als Grundlage des Verschuldens aus, so folgt daraus aber nicht ohne weiteres, dass ein Untergang der Ersatzleistung nun überhaupt mehr nicht zu vertreten ist. 691 Auch in diesem Fall kann es dem Gestaltungsgegner im Hinblick auf die Einstufung einer Ersetzungsbefugnis als subjektives Recht nicht sanktionslos zugestanden werden, sich unachtsam oder gar mit Vereite­ lungswillen in Bezug auf die Ersatzleistung zu verhalten. Dieser Grundsatz gilt auch außerhalb der Extremfälle, bei denen an eine Eröffnung des Anwendungs­ bereiches von § 826 BGB 692 zu denken ist, und bedarf deshalb einer allgemeinen Regelung. Nicht haftungsbegründend herangezogen werden kann dazu ein etwa von Faust für ein anderes Zwischenstadium der beiden gesetzlich geregelten Unmöglich­ keitsvarianten vorgeschlagener Lösungsweg. Bei diesem kannte der Schuldner das Leistungshindernis zwar nicht, hatte jedoch dessen Eintritt zuvor in vor­ werfbarer Weise begünstigt. Zu nennen ist hier beispielsweise der Verkauf eines schlecht gesicherten und daraufhin gestohlenen Gegenstandes. Faust schlägt für diesen Fall vor, dem Schuldner, der sich so verhält, vorzuwerfen, er habe auf­ grund seines Vorverhaltens mit dem Leistungshindernis rechnen müssen. Damit stehe dem Gläubiger ein Schadensersatzanspruch nach § 311a Abs. 2 BGB zu. 693 Im hier untersuchten, zeitlich genau entgegengesetzten Fall einer Unmöglichkeit der Ersatzschuld bei der Ersetzungsbefugnis fand die Erklärung des Willens be­ reits vor dem das Leistungshindernis auslösenden Verhalten statt. Eine derartige Wechselwirkung von Handlung und Wissen ist daher nicht zu erreichen. Im Gegensatz zum Tatbestandsmerkmal des bloßen Zustandekommens des Vertrages im Wissen oder vorwerfbaren Unwissen um das Leistungshindernis könnte es dem Ersetzungsgegner allerdings als pflichtwidrig vorzuwerfen sein, wenn er den Untergang des Ersatzleistungsgegenstandes nicht nur kennt oder kennen musste, sondern sogar in vertretbarer Weise herbeigeführt hat. Zwar ist der Ersatzgegenstand auch in dieser Konstellation vor der Ersetzung noch nicht geschuldet. Im Unterschied zur Unmöglichkeit vor der Begründung des Gestal­ tungsrechts war er aber bereits abschließend definiert. Der Gestaltungsgegner ist hinsichtlich der Möglichkeit einer Entscheidung zu seinen Gunsten bereits vollständig unterworfen, so dass beim Inhaber des Gestaltungsrechts schützens­ wertes Vertrauen hinsichtlich seiner Befugnis entstanden ist. Die Interessenlage 691

Vgl. Dauner-Lieb, in: AnwK, § 311a BGB, Rn. 14. Vgl. hierzu für den ähnlichen Fall der Unmöglichkeit nach Wirksamkeit eines Angebotes Ehrecke, Haftung wegen Abbruchs der Vertragsverhandlungen, S. 38. 693 Vgl. Faust, in: Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 7/19; ähnlich Dauner-Lieb / Ar­ nold / Dötsch / Kitz, Fälle zum neuen Schuldrecht, S. 40. 692

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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entspricht damit weithin der bei einem bereits geschlossenen Vertrag. 694 Aus diesem Grund stellt ein Teil der Lehre in der bereits dargestellten Vergleichs­ konstellation (Kenntnis des antragenden Schuldners nach Wirksamkeit seines Angebotes) zustimmungswürdig auf eine Analogie zu den §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 Abs. 1 S. 1 BGB ab. 695 Sie berücksichtigt damit den Widerspruch, in den sich der bereits gebundene Teil begibt, wenn er den Leistungsgegenstand schuldhaft zerstört. Gleiches muss im Fall der Ersetzungsbefugnis gelten, schließlich würde sich auch der vereitelnde Ersetzungsgegner diametral zu seiner bereits bestehen­ den Bindung verhalten. Dabei überzeugt insbesondere auch der Umkehrschluss im Sinne einer positiven Verhaltensnorm, die es dem Gestaltungsunterworfenen ermöglicht, die ihn belastende Entstehung der Schadensersatzverpflichtung zu verhindern, indem er den Erwartungen des Rechtsverkehrs entspricht. 696 Verhält er sich nämlich in dieser Situation sorgsam, so ist ein durch ihn zu vertre­ tender Untergang der Ersatzleistung ausgeschlossen. Bei einem Abstellen auf seine Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis wäre ihm dagegen jede Chance genommen, den Eintritt der Sekundärpflicht durch konformes Verhalten zu un­ terbinden. Das Bestehen einer solchen Möglichkeit zur Haftungsvermeidung ist aber elementarer Ausdruck des, auch dem § 311a Abs. 2 zugrunde liegenden, 697 Verschuldensprinzips 698 und damit unverzichtbar für eine Haftungsnorm dieser Art.

694

Vgl. Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (946), für den Fall der Unmöglichkeit nach Angebotszugang. 695 Vgl. Mattheus, in: Examenswissen zum neuen Schuldrecht, S. 81f.; Penner / Gärt­ ner, JA 2003, 940 (946f.) Letztere halten darüber hinaus auch eine direkte Anwendung nicht für völlig undenkbar, lehnen diese im Ergebnis aber ab. A. A. Wackerbarth, in: AnwK, § 160 BGB, Rn. 8, nach dessen Ansicht § 283 BGB ausdrücklich nicht „greift“. Ob dabei eine analoge Anwendung überhaupt nicht erwogen oder ebenfalls abgelehnt wurde, lässt sich allerdings nicht sicher feststellen. 696 Dieser Grundsatz findet sich auch bei Tettinger, ZGS 2006, 452 (454). Dagegen nicht berücksichtigt bei Fritzsche, Fälle zum neuen Schuldrecht I, S. 53. 697 Canaris, in: FS-Heldrich, S. 11 (21ff.); ders., in: Schuldrechtsreform vor dem Hin­ tergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 43 (57); ders., JZ 2001, 499 (506); ders., ZRP 2001, 329 (331.); Hammen, in: FS-Hadding, S. 41 (49); H. Heinrichs, in: Palandt, § 311a BGB, Rn. 2; Jü. Kohler, JURA 2006, 241 (242); mit zutreffendem Verweis auf § 276 BGB Oechsler, NZM 2004, 881 (883); BGH, NJW 3777 (3780); OLG Karlsruhe, NJW 2005, 989 (990); BT-Drs. 14/6040, S. 165; abl. Sutschet, NJW 2005, 1404, 1405. Das Ver­ schuldensprinzip ist durch die Beweislastumkehr aber erheblich abgeschwächt. Vgl. dazu Canaris, in: FS-Heldrich, S. 11 (27), Fn. 56. 698 Vgl. Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (942).

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

(3) Kritik Tettingers und deren Auswirkung auf die untersuchte Unmöglichkeitskonstellation Gegen die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion des § 311a Abs. 2 BGB, im Vergleichsfall der zwischen Angebot und Annahme eingetretenen Unmöglichkeit, wendet sich insbesondere Tettinger mit einer Widerrufslösung. Danach lasse sich auf eine Reduktion verzichten, da die rechtsgeschäftliche Wi­ derruflichkeit ein hinreichendes und vermeintlich gesetzeskonformeres Ergebnis biete. 699 Tatsächlich gesteht die überwiegende Literatur dem Antragenden, ab­ weichend von der grundsätzlichen Bindungswirkung eines zugegangenen An­ gebotes nach § 145 BGB, 700 ein Recht zum Widerruf seiner Willenserklärung zu, sofern sich maßgebliche Umstände nach der Erklärung wesentlich verändert haben. 701 Andere wollen ein Widerrufsrecht hingegen nur anerkennen, wenn die Umstandsänderung die Schwelle des § 313 BGB erreicht hat. Nur in diesem Fall wäre schließlich eine Bindungslockerung auch nach dem Vertragsschluss zuläs­ sig. 702 Nach Tettinger soll auch der Untergang der Leistung noch nach geltender Rechtslage ein solcher widerrufsrechtsbegründender Umstand sein. 703 Dieser Ansatz erscheint jedoch problematisch. Insbesondere im Hinblick auf die pacta sunt servanda-Lehre und die Tatsache, dass es sich bei der Posi­ tion des Antragsempfängers um eine echte Rechtsposition 704 handelt, wäre es nämlich zweifelhaft, wenn der Leistungsuntergang eine so drastische Bindungs­ verringerung zur Folge hätte. 705 Darüber hinaus berücksichtigt Tettinger nicht hinreichend, dass eine Lösung auf der Rechtsgeschäftsebene zwar möglicher­ weise Vorrang vor der späteren Korrektur auf der Ebene der Haftung hätte. Die von ihm vorgeschlagene, gesetzlich nicht vorgesehene Widerruflichkeit würde sich aber ebenfalls nur dann als zulässig erweisen, wenn das Fehlen einer sol­ chen Konstruktion anderenfalls zu unzumutbaren Konsequenzen führt. 706 Da aber bei einer Lockerung der Bindung an eine wirksame Willenserklärung maß­ 699

Vgl. Tettinger, ZGS 2006, 452 (453f.). Vgl. Schulze, in: AnwK, § 145 BGB, Rn. 8. 701 Vgl. Bork, in: Staudinger, § 145 BGB, Rn. 22; Flume, BGB AT, Bd. II, S. 643f.; Armbrüster, in: Erman, § 145 BGB, Rn. 16; Kramer, in: MüKo, § 145 BGB, Rn. 20; La­ renz / Wolf, BGB AT, § 29, Rn. 27. Ebenso: OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 311 (312); AG Lübeck WuM 1985, 111f. 702 Vgl. hierzu: Medicus, BGB AT, Rn. 369; Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (947). 703 Vgl. Tettinger, ZGS 2006, 452 (453f.). Zu Recht für eine Bindung trotz Unmög­ lichkeit der Leistung Fritzsche, Fälle zum neuen Schuldrecht I, S. 53. 704 Vgl. dazu oben Fn. 98 ff. 705 Die gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass bereits die Einführung einer „bloßen“ Verschuldenshaftung in § 311a Abs. 2 BGB mit der Angst vor einer Aufweichung des Vertragsrechts beantwortet wurde. So z. B. R. Knütel, NJW 2001, 2519 (2520). Eine Möglichkeit des Schuldners, sich durch Widerruf nun auch noch von dieser Rechtsfolge seines Versprechens zu befreien, erschiene damit äußerst fragwürdig. 700

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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volle Zurückhaltung geboten ist, 707 müsste jedenfalls ein weiteres Festhalten des Antragenden in dieser Situation unzumutbar erscheinen. 708 Gerade im konkreten Fall könnte aber die oben erwähnte Korrektur der Anknüpfung an Kennen oder Kennenmüssen des Antragenden dazu führen, dass diese mangels hinreichender Vorwerfbarkeit nicht zu einer Haftung führt. Dadurch würde die Schadenser­ satzpflicht für bloßes Wissen nach Angebotszugang aber gar nicht eintreten, so dass das nicht kodifizierte Widerrufsrecht wiederum entbehrlich wäre. Es erweist sich damit als ein Zirkelschluss, eines der vorgeschlagenen Lö­ sungsmodelle allein deshalb als unrichtig einzustufen, weil die Anwendung des einen das jeweils andere entbehrlich werden lässt. Entscheidungserheblich ist vielmehr das systematische Verhältnis beider. Ungeeignet für die Bewertung dieses Verhältnisses ist dabei das Argument Tettingers, die Widerrufslösung er­ laube eine wortlautkonforme Auslegung des § 311a Abs. 2 BGB und biete damit die größere Gesetzesnähe. 709 Auch sie basiert auf einem gesetzlich nicht vor­ gesehenen Widerrufsrecht und stellt damit ebenso eine Abweichung von der Kodifikation dar. Ein Vorrang lässt sich daher auf diesem Weg nicht belegen. Weiterhin ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Gesetzgeber die Un­ möglichkeit als eine besondere Form der Umstandsänderung gerade nicht der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre überlassen, sondern speziellen Regelungen un­ terworfen hat. 710 Wenn nun der Ausnahmefall einer Unmöglichkeitskonstellation vorliegt, dem der Wortlaut des bestehenden Regelungsrahmens nicht vollstän­ dig gerecht zu werden vermag, erscheint es aus systematischen Gesichtspunkten zumindest zweifelhaft, dem Regelungsplan des Gesetzes dadurch zu entspre­ chen, dass der wortlautfeindlichen Anwendung allgemeiner Regeln gegenüber einer Abhilfe mittels einer ebenfalls korrigierten Anwendung des Unmöglich­ keitsrechts der Vorrang eingeräumt wird. Nicht hinreichend deutlich macht Tettinger zudem, dass die Widerrufslösung in der von ihm präferierten Ausformung das oben genannte Problem überhaupt nicht löst, sondern nur um ein weiteres ergänzt. Nach seiner Auffassung soll eine Lockerung der Angebotsbindung nämlich nur zulässig sein, wenn der Untergang der Leistung nicht vom Antragenden zu vertreten ist. 711 Damit bleibt aber die oben aufgeworfene Frage, was vom Begriff des Vertretenmüssens in den übrigen 706 Das war die nach herrschender Auffassung angenommene Voraussetzung für den nicht normierten Widerruf. Vgl. dazu Armbrüster, in: Erman, § 145 BGB, Rn. 16. 707 Vgl. Schmidt-Recla, in: FS-Laufs, S. 641 (650). Vgl. dazu auch die Äußerungen des historischen Gesetzgebers in Achilles / Spahn / Gebhard, Prot., Bd. VI, S. 153. 708 Larenz / Wolf, BGB AT, § 29, Rn. 36. 709 Vgl. Tettinger, ZGS 2006, 452 (454). 710 Vgl. Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (943). 711 Vgl. Tettinger, ZGS 2006, 452 (453). Nach dem Verständnis von Penner / Gärtner, JA 2003, 940 (947), die ein Vorrang der Widerrufslösung zutreffend ablehnen, soll dieses Modell auch im Fall des Verschuldens greifen, dann allerdings mit einer Haftung auf das

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

Fällen umfasst ist, unverändert bestehen. 712 Der Maßstab des § 311a Abs. 2 BGB erscheint dazu noch immer ungeeignet. Müsste folglich bei einem verschuldeten Leistungsuntergang ohnehin auf einen abweichenden Haftungsmaßstab zurück­ gegriffen werden, so blieben für die Widerrufslösung nur jene Fälle übrig, bei denen es an einem Vertretenmüssen fehlt. Für diese sieht das Gesetz aber gerade keine Haftung vor. Hier mit Tettinger dennoch eine Widerrufsmöglichkeit an­ zunehmen und dem Antragenden darüber hinaus eine Pflicht zur Ausübung des Widerrufs aufzuerlegen, erscheint vor dem Hintergrund der klaren gesetzlichen Regelung weder notwendig noch systematisch überzeugend. Ein solches An­ sinnen würde letztlich zu einer normativen Gleichstellung von Herbeiführung und Aufrechterhaltung der Vertragsschlussmöglichkeit in Kenntnis des Leis­ tungshindernisses führen. Das Unmöglichkeitsrecht des BGB kennt mit § 311a Abs. 2 BGB zwar eine Haftung für verschuldet erwecktes 713 und mit den §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB eine Haftung für zerstörtes Vertrauen. Eine Haftung für die Aufrechterhaltung des bereits entstandenen Vertrauens gibt es in diesem Kontext hingegen nicht. 714 Außerdem wäre es kaum zu begründen, weshalb dem Antragenden dann nicht auch noch nach dem erfolgten Vertragsschluss ein Wi­ derrufsrecht zuzugestehen 715 bzw. sogar eine Widerrufspflicht aufzuerlegen ist, schließlich wird auch hier das Vertrauen des anderen Teils aufrechterhalten. Der Auffassung Tettingers, dass das Vertrauen spätestens im Vertragsschluss seine endgültige Manifestation finde, 716 ist zwar zuzustimmen. Im Hinblick auf das von ihm zuvor gegen den Wortlaut erweiterte Widerrufsrecht erscheint diese Grenze aber wiederum ergebnisorientiert gewählt. Eine dogmatisch befriedi­ gende Lösung könnte hier nur der oben bereits angesprochene Gleichlauf von Aufhebung des geschlossenen Vertrags und der Bindungslockerung hinsichtlich des wirksamen Angebotes über die clausula rebus sic stantibus bieten. Damit hätte sich die Debatte jedoch auf Umwegen – in allerdings vollkommen unnö­ tiger Weise – in die umkämpften Fronten der Diskussion um die Abgrenzung von Geschäftsgrundlagenstörung und Unmöglichkeit verlagert. 717 Abschließend lässt sich festhalten, dass selbst eine Übertragung dieser Lösung auf den Fall einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis nur dazu führen würde, dass positive Interesse nach § 160 Abs. 1 BGB analog. Das wäre aber bereits aus den oben genannten Gründen abzulehnen. 712 Auch Tettinger weicht dazu bei einem nach Angebotsabgabe eintretenden Leis­ tungshindernis auf eine vorvertragliche Sorgfaltspflicht aus. Vgl. dazu Tettinger, ZGS 2006, 452 (455). 713 Gröschler, NJW 2005, 1601 (1603), Fn. 24. 714 Das gilt besonders, wenn berücksichtigt wird, dass § 311a Abs. 2 BGB gerade keine Haftung für die Verletzung einer Informationspflicht statuiert. Vgl. dazu: Alpmann, in: jurisPK, § 311a BGB, Rn. 6; Kaiser, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 358. 715 Vgl. Medicus, BGB AT, Rn. 369 (der ebenso keinen bedeutsamen Unterschied zum geschlossenen Vertrag erkennen kann). 716 Vgl. Tettinger ZGS 2006, 452 (454).

VII. Ersetzungsbefugnis und Unmöglichkeit

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bei zu vertretender Unmöglichkeit gerade kein Widerruf erfolgen könnte. Damit wäre aber im Unterschied zum Vertrag, bei dem in diesem Fall die Wirksam­ keit fortbesteht und der Versprechende damit auf Schadensersatz haftet, für die Ersetzungsbefugnis nichts gewonnen. Hier müsste bei einer gedanklichen Über­ tragung der Widerrufslösung, im Fall des zu vertretenden Leistungsuntergangs, aus der Unwiderruflichkeit der Befugnis die Zulässigkeit der Ersetzung folgen. Eine solche Ersetzung wird allerdings – wie bereits herausgearbeitet wurde – an § 275 BGB scheitern. Um dafür eine unter Umständen bestehende Schadenser­ satzforderung in die Stellung des untergegangenen Anspruchs einrücken zu las­ sen, wäre auch hier eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Die teleologische Reduktion von § 311a Abs. 2 BGB und die Verwendung des Haftungsrahmens der §§ 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB bilden somit auch unter diesem Gesichts­ punkt die vorzugswürdige Methode. Damit ermöglicht die analoge Anwendung von § 265 S. 2 BGB auch in dieser Konstellation eine verschuldensabhängige, fiktive Ersetzung durch die anfänglich unmögliche Leistungsverpflichtung, um auf diesem Weg in die Sekundärpflichtebene zu gelangen. Im Gegensatz zur Unmöglichkeit der Ersatzleistung im Zeitpunkt der Begründung der Primärleis­ tungspflicht sind hier jedoch Schuldner- und Gläubigerverschulden in gleicher Weise denkbar. Wenn also das Ersetzungsrecht dem Schuldner zusteht, so kann sich auch dieser bei Gläubigerverschulden, über die Fiktion 718 einer bestehenden Wahl, zwischen der möglichen und der unmöglichen Alternative entscheiden. Wählt er die zweite, dann wählt er zugleich die Freiheit von der Leistungspflicht nach § 275 BGB. Ein Schadensersatzanspruch für die Zerstörung des Leistungs­ gegenstandes steht ihm hier nicht zu, schließlich hätte er diesen ohnehin einbüßen müssen, um sich innerhalb der gewählten Alternative zu befreien. 719 Fällt seine Wahl hingegen auf die mögliche Alternative, so bleibt er weiterhin zur Leistung verpflichtet. Er erhält aber unter Umständen einen Anspruch auf Ersatz für die Zerstörung 720 des Leistungsgegenstandes.

717

Dazu exemplarisch: Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, S. 79ff.; Motsch, JZ 2001, 428 (431f.); Schmidt-Recla, in: FS-Laufs, S. 641 (645ff.); Stoll, JZ 2001, 589 (592); Wilhelm, JZ 2001, 861 (867). 718 Auch im Verhältnis zu diesem ist die unmögliche Alternative eigentlich nach § 275 BGB ausgeschlossen. 719 Dieses betrifft allerdings nur den eng umgrenzten Leistungsgegenstand. Erstreckt sich die Verletzung darüber hinaus auf Rechtsgüter des Schuldners, wie etwa die Kuh dessen nächstes Kalb geschuldet war oder die Hand mit der ein Werk errichtet werden sollte, so bleibt ein darauf gerichteter Schadensersatzanspruch unbenommen möglich. 720 Für den Fall einer Wahlschuld: Bittner, in: Staudinger, § 265 BGB, Rn. 9; M. Schwab, in: AnwK, § 265 BGB, Rn. 3.

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C. Die Ersetzungsbefugnis in der Anwendung

3. Eintritt des Leistungshindernisses nach Ausübung der Ersetzungsbefugnis a) Leistungshindernis hinsichtlich der Primärleistung Durch Ersetzungserklärung wurde die Primärschuld durch die Ersatzverpflich­ tung substituiert, so dass Erstere unterging. Ein Leistungshindernis, das dieser nicht mehr fortbestehenden Verpflichtung entgegensteht, ist demnach unbeacht­ lich. 721 b) Unmöglichkeitsauslösendes Leistungshindernis hinsichtlich der Ersatzleistung Steht der Ersatzschuld nach Ausübung der Befugnis ein Leistungshindernis in der Weise entgegen, dass dadurch deren Erfüllung unmöglich wird, so gel­ ten die Ausführungen zur nachträglichen Unmöglichkeit der Primärschuld vor Ausübung der Befugnis entsprechend. Die Ersatzschuld ist in diesem Zeitpunkt die einzig bedeutsame Forderung, so dass sich die Rechtsfolgen in dieser Si­ tuation nach den allgemeinen Regeln der §§ 275, 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB bestimmen.

721 Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 50; Medicus, Schuld­ recht I, Rn. 188; vgl. Schlechtriem / Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 230.

D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis im BGB Das folgende, abschließende Kapitel der Arbeit verfolgt das Ziel, die wich­ tigsten gesetzlich begründeten Fälle einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis im BGB aufzuzeigen. Dazu wird der Auswahl das zuvor herausgearbeitete Wesen der Rechtsfigur zugrunde gelegt und insbesondere auf die Merkmale Einstufung als Gestaltungsrecht, Auswirkung auf die geschuldete Leistung, Gleichartigkeit von Schuldner- und Gläubigerbefugnis und die Behandlung von vollständigem Anspruchs- und bloßem Leistungsaustausch als Rechtsfolge eines gemeinsamen Instituts geachtet. Aufgrund der Zugehörigkeit der einzelnen Normen zu den ver­ schiedenen Teilrechtsgebieten des BGB ist es dabei nicht auszuschließen, dass sich partiell abweichende Wertungen hinsichtlich der in dieser Arbeit untersuch­ ten und aus den allgemeinen Regeln hergeleiteten Eigenschaften der Befugnis ergeben. Diese im Einzelnen darzustellen und zu untersuchen muss gesonderten Abhandlungen vorbehalten bleiben. Die zurückliegende Arbeit gibt daher eine Richtlinie für den Regelfall einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis, die gegebenen­ falls durch die ratio der konkreten Norm zu korrigieren ist. Der Vollständigkeit halber ist zudem darauf hinzuweisen, dass sich nicht allein im BGB, sondern auch in einer Vielzahl anderer Regelungswerke Fälle der Ersetzungsbefugnis nachweisen lassen. Auch diese werden jedoch nicht zum Gegenstand der fol­ genden Betrachtung zählen. Exemplarisch zu nennen sind hier etwa das Recht eines vom Nationalsozialismus Verfolgten, nach § 81 S. 1 BEG statt einer Kapi­ talabfindung die Zahlung einer Rente fordern zu können, 1 und die Berechtigung des Auflassungsanspruchsinhabers nach Art. 233 § 11 Abs. 3 S. 4 EGBGB, die ersatzweise Zahlung des Verkehrswertes zu verlangen. 2 1

Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 75; Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 12; Ziegler, AcP 1971, 193 (215f); BSG, SozR 2200 § 1265 Nr. 67. Blessin / Giessler, Bundesentschädigungsschlussgesetz, § 81 BEG, Anm. II 2; Brunn / Hebenstreit, Bundes­ entschädigungsgesetz, § 81 BEG, Anm. 1. Für das Vorliegen einer Wahlschuld: Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 77f.; Selb, in: Staudinger, Vor­ auflage 1995, § 262 BGB, Rn. 11. 2 Für die Annahme einer Ersetzungsbefugnis in Art. 233 § 11 Abs. 3 S. 4 EGBGB: Deusing, in: Bamberger / Roth, Art. 233 § 11 EGBGB, Rn. 63; Eckert, in: MüKo, Art. 233 § 11 BGB, Rn. 22; H. Heinrichs, in: Palandt, § 262 BGB, Rn. 9; Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 10 („Züge einer Ersetzungsbefugnis“); Rauscher, in: Staudinger, Art. 233 § 11 Abs. 3 S. 4 EGBGB, Rn. 55; Wendlinger, VIZ 1999, 68 (70); vgl. BGH, VIZ 1997,

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

I. Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers Als bekanntestes Beispiel einer Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers ist der § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu nennen. 3 Der Ausgangszustand, also jener ohne Erklärung des Geschädigten im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, ist dabei allein durch den Anspruch auf Herstellung gekennzeichnet. Der Gläubiger ist zu die­ sem Zeitpunkt in Bezug auf den Zahlungsanspruch noch nicht berechtigt. 4 Erst durch die Ausübung der Ersetzungsbefugnis verliert der Geschädigte seinen An­ spruch auf die Naturalrestitution und ist fortan Gläubiger einer auf Geldzahlung gerichteten Forderung. Entgegen der herausgearbeiteten grundsätzlichen Bin­ dungswirkung der Ersetzungserklärung wird zum Teil im Fall des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB – vorwiegend aus Billigkeitsgründen – ein ius variandi angenommen. 5 Außerdem sind Entwicklungen festzustellen, nach denen heute, in Abweichung zum gesetzlich vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnis, im Zweifel von einer zeitnahen Ausübung der Befugnis auszugehen sein soll. 6 Infolge der dann be­ reits erfolgten Gestaltung würde sich eine Vielzahl der innerhalb dieser Arbeit aufgeworfenen Fragen aus dem Bereich des Leistungsstörungsrechts zumindest faktisch nicht mehr stellen. Daneben finden sich Beispiele für eine Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Forderungsberechtigten in den §§ 843 bis 845 BGB. 7 Nach § 843 Abs. 3 BGB kann der Verletzte seinen Rentenanspruch bei Vorliegen eines wichtigen Grun­ des 8 durch die Berechtigung zur Forderung einer Kapitalabfindung ersetzen. 9 366 (367); VIZ 1999, 157 (161); OLG Brandenburg, VIZ 1997, 697ff.; AgrarR 1999, 128 (129). Für Wahlschuld OLG Celle, VIZ 1996, 104 (Wahlschuld). Für elektive Konkurrenz OLG Jena, OLG-NL 1996, 80 (82). 3 Vgl. dazu oben Fn. 9. 4 Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 211. 5 Vgl. H. Heinrichs, in: Palandt, § 249 BGB, Rn. 5; Oetker, in: MüKo, § 249 BGB, Rn. 343; Schubert, in: Bamberger / Roth, § 249 BGB, Rn. 187. Noch weitergehend Schie­ mann, in: Staudinger, § 249 BGB, Rn. 216. 6 Vgl. dazu Schnell, Unmöglichkeit der Naturalrestitution, S. 216ff. 7 Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2. 8 Zu den Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes Vieweg, in: Stau­ dinger, § 843 BGB, Rn. 35. 9 Ausdrücklich für das Vorliegen einer Ersetzungsbefugnis in dieser Konstellation: Arnold, in: AnwK, § 262 BGB, Rn. 4; Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 76; Bitt­ ner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 12; Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 98; Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 3; Casper, Options­ vertrag, S. 89, Fn. 77; Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 76f.; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 659; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 272; Gröschler, in: HKK, § 262 –265 BGB, Rn. 4, Fn. 12; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 20; Keil, Auf­ rechnung infolge einer facultas alternativa, S. 18, Kirschberg, Alternativobligation und

I. Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers

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Dieselbe Befugnis gewährt § 844 Abs. 2 S. 1 BGB dem aufgrund der Tötung ei­ ner Person rentenberechtigten Dritten. 10 Nach § 845 S. 2 BGB gilt das ebenfalls für den Anspruch aus § 845 S. 1 BGB. 11 Ebenso enthält auch die Regelung des § 1201 Abs. 2 S. 2 i.V. m. § 1133 S. 2 BGB einen Fall der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers. 12 Diese gewährt dem Rentenberechtigten die Möglichkeit, unter besonderen Voraussetzungen die Zahlung der nach § 1199 Abs. 2 BGB festgelegten Ablösesumme anstelle der Rentenzahlung zu verlangen. Ein weiterer Fall der Gläubigerbefugnis findet sich in § 1585 Abs. 2 BGB. 13 Auch diese Norm gestattet es dem Gläubiger, statt einer Rente eine Kapitalab­ findung zu begehren. Zu Recht wird auch die Regelungsgruppe der §§ 432 Abs. 1 S. 2, 1077 Abs. 1 S. 2, 1231 S. 2 Hs. 1, 1281 S. 2 Hs. 2 und 2039 S. 2 BGB zu den eine Erset­ zungsbefugnis vermittelnden Normen gerechnet. 14 Voraussetzung dafür ist, dass ihre Wirkung bereits auf der obligatorischen und nicht erst auf der solutorischen Ebene eintritt. Im Hinblick auf die Hinterlegung kennt das BGB zwar beide Möglichkeiten und differenziert insoweit zwischen der erfüllenden Hinterlegung und der Hinterlegung als Erfüllungssurrogat zum Zweck der Notabwicklung. 15 facultas alternativa des Gläubigers, S. 51; Krüger, In: MüKo, § 262 BGB, Rn. 10; La­ renz, Schuldrecht AT, S. 161; Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 3; Lip­ pert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 3; Scholz, Gestaltungsrechte im Leis­ tungsstörungsrecht, S. 191; Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 16; Unberath, in: Bamber­ ger / Roth, § 262 BGB, Rn. 10; Weitz, Die facultas alternativa, S. 19; Wolf, in: Soergel, § 262 BGB, Rn. 21. 10 Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 98; Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubi­ gers, S. 77; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 273; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 20; Kirschberg, Alternativ­ obligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 52; Lietz, Alternativermächtigung des Gläubigers, S. 3. 11 Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 77; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 273; Herz­ berg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 20; Kirschberg, Alternativobli­ gation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 52. 12 Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 4; Chamizer, Wahl­ schuld, S. 86; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 274f. 13 Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 12; Casper, Optionsvertrag, S. 89, Fn. 77; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8. 14 Vgl. exemplarisch: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 98; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 52 (spricht von facultas alternativa). 15 Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 355f.

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

Die oben aufgezählten Normen sind aber innerhalb dieser Kategorisierung zur erstgenannten Gruppe zu zählen. 16 Bei ihnen führt die Erklärung des Schuld­ ners schließlich dazu, dass die Hinterlegung des Gegenstandes die nunmehr geschuldete Leistung darstellt. 17 Das Schuldverhältnis erlischt daher bei erfolg­ ter Hinterlegung nach § 362 Abs. 1 BGB. 18 Nicht um eine Ersetzungsbefugnis handelt es sich dagegen bei der Wertanrech­ nungsregel des § 285 Abs. 2 BGB. 19 Der verschuldensunabhängige Anspruch auf das stellvertretende commodum steht mit dem verschuldensabhängigen An­ spruch auf Schadensersatz statt der Leistung in elektiver Konkurrenz. 20 Ebenfalls kein Fall einer Ersetzungsbefugnis des Berechtigten stellt das viel­ fach 21 hierzu gezählte Entscheidungsrecht aus § 340 Abs. 1 S. 1 BGB dar. 22 Hier­ bei handelt es sich um eine mit § 281 Abs. 4 BGB vergleichbare Konstellation, 23 bei der die Ansprüche in elektiver Konkurrenz 24 zueinander stehen. Würde ent­ 16

Vgl. Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 357. Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 98. Ausdrücklich zumindest für 432 Abs. 1 S. 2 BGB Noack, in: Staudinger, § 432 BGB, Rn. 42. Für den Fall des § 1077 Abs 1 S. 2 BGB Weitz, Die facultas alternativa, S. 19f. Gegen eine Bindung des Schuld­ ners bei abweichenden Willenserklärungen der verschiedenen Gläubiger im Fall des § 1077 Abs. 1 S. 2 BGB Wegmann, in: Bamberger / Roth, § 1077 BGB, Rn. 3. Exempla­ risch für den Fall des § 1231 S. 2 Hs. 1 BGB: vgl. Bülow, in: AnwK, § 1231 BGB, Rn. 5; Weitz, Die facultas alternativa, S. 20. Für den Fall des § 1281 S. 2 BGB Weitz, Die facul­ tas alternativa, S. 20f. Generell für die obligatorische Wirkung dieser Gruppe Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 357. 18 Gernhuber, Erfüllung und Surrogate, S. 355. 19 A. A.: Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 44f.; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8. Widersprüchlich Emmerich, in: MüKo, § 285 BGB, Rn. 36. 20 L. Kleine / Scholl, NJW 2006, 3462 (3467); Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 12; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 285 BGB, Rn. 16; vgl. Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 4 (alternative Konkurrenz); Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 19; Wolf, in: So­ ergel, § 262 BGB, Rn. 10; BGH, NJW 1991, 1180 (1181). Zumindest ausdrücklich für ein Nebeneinanderstehen beider Ansprüche: Löwisch, in: Staudinger, § 285 BGB, Rn. 56; RGZ 108, 185 (186ff.). Für die Annahme einer Wahlschuld Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 91f. 21 So etwa: Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 95ff. (facultas alterna­ tiva); Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 3; Enneccerus / Leh­ mann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 269ff.; Herzberg, Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 20; Kirschberg, Alterna­ tivobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 48f.; Leonhard, IherJb 1900, 1 (2), Fn. 1; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 3; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8; Weitz, Die facultas alternativa, S. 15ff. 22 Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 73ff. 23 Jagmann, in: Staudinger, § 340 BGB, Rn. 17. 24 Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 74; Ballhaus, in: RGRK, § 340 BGB, Rn. 6; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 775f.; Gottwald, in: MüKo, § 340 BGB, Rn. 9; Jagmann, 17

I. Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers

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gegen der hier vertretenen Auffassung eine Ersetzungsbefugnis vorliegen, so müsst diese als akzessorisches Gestaltungsrecht selbst dann erlöschen, wenn der Schuldner den Untergang der Primärforderung zu vertreten hat. 25 Das kann nicht überzeugen. Ebenfalls nicht zuzustimmen ist daher auch der von Gernsheim ver­ tretenen Auffassung, nach der genau dieses Ergebnis durch § 340 Abs. 2 BGB zu korrigieren sei. 26 Zu Unrecht nimmt er dazu ein Einrücken des Schadensersatz­ anspruchs an die Stelle des Erfüllungsanspruchs an. Ein Recht zum Austausch nach Untergang des Primäranspruchs ließe sich bei Annahme einer Ersetzungs­ befugnis aber nur vertreten, wenn die Regel des § 340 Abs. 2 S. 1 BGB als erneute Ersetzungsbefugnis hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs zu verste­ hen wäre. 27 Das ist jedoch mit dem Wortlaut nicht zu vereinbaren. Auch das Verhältnis von Schadensersatz- und Strafanspruch ist als elektive Konkurrenz zu qualifizieren. 28 Dabei besteht hier der Sonderfall, dass das Verlangen der Strafe den Schadensersatzanspruch nur insoweit ausschießt, als kein darüber hinausgehender Schaden im Sinne des § 340 Abs. 2 S. 1 BGB existiert. 29 Keine Ersetzungsbefugnis ist entgegen der Auffassung Gernsheims 30 auch in § 536a Abs. 2 BGB zu sehen. Der Aufwendungsersatzanspruch entsteht nicht allein aufgrund einer Willenserklärung, sondern durch Gesetz, infolge der Rea­ lisierung des Vermögensverlusts beim Mieter. 31 Schwieriger gestaltet sich hingegen die Einordnung von § 915 Abs. 1 BGB. Ein Teil der Lehre möchte auch hierin eine Ersetzungsbefugnis des Gläubigers erkennen. 32 Das gibt allerdings berechtigten Anlass zu Zweifeln. Richtig ist es, in: Staudinger, § 340 BGB, Rn. 19; Janoschek, in: Bamberger / Roth, § 340 BGB, Rn. 2; R. Knütel, AcP 1975, 44 (52); Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 12; vgl. Langheineken, Anspruch und Einrede, S. 205f.; Lingelbacher, in: Soergel, § 340 BGB, Rn. 6; Pescatore, S. 245; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 19; Unberath, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 5; Wolf, in: Soergel, § 262 BGB, Rn. 10; Ziegler, AcP 1971, 193 (205f.); vgl. BGH, GRUR 1953, 262 (263). 25 Zu dieser Konsequenz vgl. Jagmann, in: Staudinger, § 340 BGB, Rn. 47. 26 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 271. 27 Für diese Einordnung: Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; Unberath, in: Bam­ berger / Roth, § 262 BGB, Rn. 10. 28 Ballhaus, in: RGRK, § 340 BGB, Rn. 10; Jagmann, in: Staudinger, § 340 BGB, Rn. 55. 29 Vgl. Jagmann, in: Staudinger, § 340 BGB, Rn. 55. 30 Zu § 538 Abs. 2 BGB a.F. vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 272. 31 Häublein, in: MüKo, § 536a BGB, Rn. 28. 32 Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 3; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Enneccerus / Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 41; Gerns­ heim, Ersetzungsbefugnis, S. 274; Keil, Aufrechnung infolge einer facultas alternativa, S. 18; Kirschberg, Alternativobligation und facultas alternativa des Gläubigers, S. 52; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Lippert, Alternative Ermächtigung des Gläubigers, S. 3; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 8; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 16.

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

das Recht aus § 915 Abs. 1 S. 1 BGB als Gestaltungsrecht einzustufen, 33 denn der Rentenberechtigte kann hier einseitig eine Rechtsänderung 34 durch Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung 35 herbeiführen. Um eine Ersetzungsbe­ fugnis, also das Recht eine andere als die ursprünglich geschuldete Leistung aufgrund einer Ersetzungshandlung – unabhängig davon, ob sie die geschuldete Leistung oder den Anspruch betrifft – zu verlangen, handelt es sich jedoch nicht. Zwar ist nicht zu bestreiten, dass im Fall des § 915 Abs. 1 BGB allein durch die Ausübung ein Anspruch des Inhabers des überbauten Grundstücks auf Zahlung des Wertersatzes infolge der Anordnung von § 915 Abs. 1 S. 2 BGB entsteht. 36 Zugleich erkennt das Gesetz außerdem an, dass im Grundsatz eigentlich auch der Rentenanspruch erlöschen müsste. Nur auf diese Weise ist schließlich die Regelung des § 915 Abs. 2 BGB zu erklären. Diese berücksichtigt, dass der Ei­ gentümer des Grundstücks die Beschränkung seines Rechts bis zur Übertragung weiterhin dulden muss, und ordnet daher den Fortbestand der Zahlungspflicht an. 37 Grund hierfür ist allerdings die Umgestaltung des gesamten Rechtsver­ hältnisses. Dieses richtete sich nämlich bis zur Erklärung nach § 915 Abs. 1 S. 1 BGB noch nach den Regeln der §§ 912 ff. BGB. Der § 915 Abs. 1 S. 2 BGB ordnet nunmehr die Geltung der Vorschriften des Kaufrechts an. Die Willens­ erklärung des Eigentümers substituiert daher nicht nur einfach die geschuldete Leistung, sondern ändert das Schuldverhältnis im weiteren Sinne. Der ohne § 915 Abs. 2 BGB regulär eintretende Untergang des Rentenanspruchs und das Aufleben des Wertersatzforderung stellen damit nicht mehr als die Reflexe die­ ses neuen Schuldverhältnisses dar. Bestätigung findet dieser Befund auch darin, dass neben den genannten noch weitere Folgen an der Erklärung hängen. So ist etwa der Rentenberechtigte zur Übertragung des Grundstücks verpflichte, 38 aber auch andere Konsequenzen des Kaufrechts treten ein. 39 Eine Ersetzungsbefugnis enthält der § 915 Abs. 1 S. 1 BGB mithin nicht. 40

33 Fritzsche, in: Bamberger / Roth, § 915 BGB, Rn. 5; Roth, in: Staudinger, § 915 BGB, Rn. 1, 5; Säcker, in: MüKo, § 915 BGB, Rn. 3. 34 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 274. 35 Säcker, in: MüKo, § 915 BGB, Rn. 3. 36 Fritzsche, in: Bamberger / Roth, § 915 BGB, Rn. 5. 37 Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 274. Nach allgemeiner Auffassung ist al­ lerdings die Kompensationswirkung der Wertersatzleistung, entgegen des Wortlauts von § 915 Abs. 2 BGB, ausreichend für eine Beendigung der Pflicht zur Rentenzahlung: Rösch, in: jurisPK, § 915 BGB, Rn. 3; Roth, in: Staudinger, § 915 BGB, Rn. 7; Säcker, in: MüKo, § 915 BGB, Rn. 3. 38 Fritzsche, in: Bamberger / Roth, § 915 BGB, Rn. 5. 39 Fritzsche, in: Bamberger / Roth, § 915 BGB, Rn. 5; Roth, in: Staudinger, § 915 BGB, Rn. 5. 40 Zutreffend insoweit auch Blümich, Wahlschuld und facultas alternativa, S. 99. In analoger Weise gelten die hier vorgetragenen Argumente auch gegen die Annahme ei­

I. Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers

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Um kein gesetzliches Beispiel einer Gläubigerersetzungsbefugnis handelt es sich auch bei § 1383 BGB. 41 Zwar führt bei diesem der Antrag des Gläubigers mittelbar eine Änderung hinsichtlich der geschuldeten Leistung herbei, so dass sich der Anspruch nunmehr statt auf Geld 42 auf die Übereignung bestimmter Gegenstände aus dem Schuldnervermögen richtet. 43 Gestaltungsmittel ist hier aber nicht die Willenserklärung des Berechtigten, sondern erst die Entscheidung des Familiengerichts. Bis dahin bleibt der Anspruch auf die Geldleistung un­ verändert bestehen. 44 Insofern erscheint es zumindest fragwürdig, die Natur der Ersetzungsbefugnis dadurch „aufzuweichen“, dass von einer „zu vollziehenden Ersetzungsbefugnis“ 45 bzw. von einem „Gestaltungsantragsrecht“ 46 des Gläubi­ gers gesprochen wird. Ferner lässt sich hier selbst ein solcher Vollzug nicht feststellen. Charakteristisch für eine Ersetzungsbefugnis ist nämlich nicht nur die Herbeiführung der Rechtsänderung durch den Gestaltungsrechtsinhaber, was im Fall des § 1383 BGB bereits zweifelhaft ist, sondern auch dessen Einfluss auf den konkreten Inhalt der Rechtsgestaltung. Die veränderte Rechtslage ist in einem Gestaltungsrecht bereits angelegt. Bei § 1383 BGB wird das „Wie“ der Gestaltung aber nur teilweise durch den Gläubiger bestimmt. Im Wesent­ lichen lenkt hier das Familiengericht das Maß der Rechtsänderung. Dieses ist zwar hinsichtlich seiner Entscheidung gebunden und verfügt bei Bestehen der Voraussetzungen über kein Ermessen. 47 Im Hinblick auf die Höhe des auf die Ausgleichforderung anzurechnenden Betrages ist die Einflussnahmemöglichkeit des Gläubigers aber weithin zu verneinen. Letztmalig im Moment der Antrag­ stellung konnte dieser durch Auswahl der begehrten Gegenstände indirekt über die Höhe der untergehenden Primärforderung disponieren. Wäre es richtig, dass das Gericht ausschließlich eine Gestaltung des Gläubigers vollzieht, also sei­ ner Ersetzungserklärung zur Wirksamkeit verhilft, dann müsste sich der für die Anrechnung maßgebliche Wert der zu übertragenden Gegenstände zudem konsequenterweise nach dem Zeitpunkt des Antrags richten. Nach Ansicht der ner Ersetzungsbefugnis in dem um 1900 vielfach als solche bezeichneten und bereits 06. 07. 1938 aufgehobenen § 1345 Abs. 1 BGB. a.F. 41 A. A.: Bachmann, Die elektive Konkurrenz, S. 96; Casper, Optionsvertrag, S. 89, Fn. 77; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 659; B. Thiele, in: Staudinger, § 1383 BGB, Rn. 24; Gernhuber / Coester-Waltjen, Familienrecht, § 36, Rn. 110; Koch, in: MüKo, § 1383 BGB, Rn. 3. 42 Ausgleichsforderungen im Sinne de § 1378 BGB sind stets Geldforderungen. Dazu Mayer, in: Bamberger / Roth, § 1383 BGB, Rn. 1. 43 B. Thiele, in: Staudinger, § 1383 BGB, Rn. 24. 44 Koch, in: MüKo, § 1383, Rn. 23. 45 So etwa Mayer, in: Bamberger / Roth, § 1383 BGB, Rn. 5. Ähnlich: Her. Lange, in: Soergel, § 1383 BGB, Rn. 6 („zu vollziehende facultas alternativa“); Roth, in: jurisPK, § 1383 BGB, Rn. 7 („eine Art Ersetzungsbefugnis“). 46 B. Thiele, in: Staudinger, § 1383 BGB, Rn. 24. 47 Roth, in: jurisPK, § 1383 BGB, Rn. 7.

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

Literatur 48 ist aber der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Von einem allein durch den Gestaltungsherrn gelenkten Austausch kann deshalb in dieser Konstellation nicht gesprochen werden. Ebenfalls keine Ersetzungsbefugnis enthält der § 1217 Abs. 2 S. 1 BGB. 49 Vielmehr handelt es sich dabei um das Recht des Verpfänders, im Fall einer ihm gegenüber erfolgten Pflichtverletzung des Pfandgläubigers, das Pfand durch Befriedigung des Gläubigers vorzeitig einzulösen. 50 Aus diesem Grund ist es richtig, dem Verpfänder seinen Anspruch auf Ablieferung oder Hinterlegung ge­ mäß § 1217 Abs. 1 BGB erst nach Vollzug der Pfandeinlösung abzusprechen. 51 Teilweise wird auch die Entscheidungsbefugnis des Gläubigers aus den §§ 524 Abs. 2 S. 2 und 2183 S. 2 BGB der Gruppe gesetzlich begründeter Fälle der Er­ setzungsbefugnis zugeordnet. 52 Dabei soll der aus § 524 Abs. 2 S. 1 BGB resul­ tierende Anspruch auf Lieferung einer fehlerfreien Sache den Primär- und die dem § 524 Abs. 2 S. 2 BGB entspringende Forderung den Ersatzanspruch bil­ den. 53 Entsprechendes gilt für § 2183 BGB. Das ist jedoch abzulehnen. Bei dem Anspruch aus § 524 Abs. 2 S. 1 BGB handelt es sich um einen, an § 439 BGB angelehnten, 54 Nacherfüllungsanspruch. Aus diesem Grund müssen die Wer­ tungen des Sachmängelgewährleistungsrechts – jedenfalls soweit sie übertrag­ bar erscheinen – entsprechende Anwendung finden. 55 Danach ist die Nacher­ füllungsforderung eine Folge der Annahme 56 als schlechte Erfüllung und der damit verbundenen Umwandlung des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs. Ob das auch auf die hier untersuchten Normen zutrifft, ist mithilfe eines Wort­ lautvergleichs von § 281 BGB, auf den § 437 Nr. 3 BGB für den Schadenser­ satzanspruch verweist, mit dem des § 524 Abs. 2 BGB zu überprüfen. Dabei fällt auf, dass Ersterer – trotz des vergleichbaren Regelungszwecks – für den Fall des mangelhaften Erfüllungsversuchs 57 eine Haftung wegen nicht wie ge­ 48 Vgl. exemplarisch: Koch, in: MüKo, § 1383, Rn. 29; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 1383 BGB, Rn. 5; Roth, in: jurisPK, § 1383 BGB, Rn. 8; B. Thiele, in: Staudinger, § 1383 BGB, Rn. 24. 49 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 278; A. A. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 4; Weitz, Die facultas alternativa, S. 20. 50 Damrau, in: MüKo, § 1217 BGB, Rn. 3; Protz, in: jurisPK, § 1217 BGB, Rn. 12. 51 So: Michalski, in: Erman, § 1217 BGB, Rn. 3; Protz, in: jurisPK, § 1217 BGB, Rn. 12. 52 Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 3; Weitz, Die fa­ cultas alternativa, S. 18f. 53 Vgl. Bracklo, Ersetzungsbefugnis des Gläubigers im Prozess, S. 3. 54 Gehrlein, in: Bamberger / Roth, § 524 BGB, Rn. 3; vgl. Sefrin, in: jurisPK, § 524 BGB, Rn. 16. 55 Hierfür spricht nicht zuletzt § 524 Abs. 2 S. 3 BGB, der eine entsprechende Anwen­ dung der Normen des Sachmängelgewährleistungsrechts bei Kauf anordnet. 56 Faust, in: Bamberger / Roth, § 439 BGB, Rn. 6f.

I. Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Gläubigers

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schuldet erbrachter Leistung, § 524 Abs. 2 S. 2 BGB dagegen Schadensersatz für Nichterfüllung anordnet. Lässt sich aber im Hinblick auf die Umwandlung des Erfüllungs- in den Nacherfüllungsanspruch des Sachmängelgewährleistungs­ rechts beim Kauf der Begriff der Nichterfüllung in § 524 Abs. 2 S. 2 BGB als Vorstufe der nichtordnungsgemäßen Erfüllung zu verstehen, 58 so könnte § 524 Abs. 2 S. 2 BGB in zeitlicher Hinsicht vor § 524 Abs. 2 S. 1 BGB einzuordnen sein. In diesem Fall wäre ein nachfolgender, ersetzungsbedingter Übergang vom Anspruch auf Nacherfüllung zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 524 Abs. 2 S. 2 und § 2183 S. 2 BGB systematisch ausgeschlossen. Einwenden ließe sich dagegen allerdings, dass es gerade wegen des Verweises aus § 524 Abs. 2 S. 3 BGB zweifelhaft erschiene, allein dem unterschiedlichen Wortlaut eine so große Bedeutung beizumessen. Auch der Schuldner im Kaufrecht hat schließlich, trotz seiner Nacherfüllungspflicht, noch immer nicht ordnungsge­ mäß erfüllt. Die Nichterfüllung könnte damit im Rahmen des § 524 Abs. 2 BGB der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung gleichgestellt werden. Entschieden wer­ den muss diese Frage für die Feststellung einer Ersetzungsbefugnis jedoch nicht. Wäre der Wortlaut streng zu verstehen, so können beide Ansprüche im Fall des arglistigen Verschweigens bereits aus systematischen Gründen nur von Anfang an nebeneinander stehen. Würde dagegen die starke Anlehnung an die Regelun­ gen des Kaufrechts dazu führen, dass der Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 524 Abs. 2 S. 2 BGB im Sinne eines Schadensersatzes statt der Leis­ tung verstanden werden muss, so ist das Vorliegen einer Ersetzungsbefugnis trotzdem ausgeschlossen. Aufgrund der aus diesem Verständnis resultierenden großen Nähe beider Schuldverhältnisse wäre nämlich ebenfalls davon auszu­ gehen, dass der Schadensersatzanspruch des § 524 Abs. 2 S. 2 BGB – wie im Fall des § 281 BGB – 59 in elektiver Konkurrenz zum Erfüllungsanspruch steht. Entsprechendes gilt für die Parallelregelung in § 2183 BGB.

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Otto, in: Staudinger, § 281 BGB, Rn. C1. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass der frühere Begriff des Nichterfüllungsschadens gerade deshalb nicht in die Fassung des aktuellen § 281 BGB aufgenommen wurde, um auch die bloße Schlechterfüllung zu erfassen. Dazu Unberath, in: Bamberger / Roth, § 281 BGB, Rn. 30. 59 Bressler, NJW 2004, 3382 (3383); H. Heinrichs, in: FS-Derleder, 2005, S. 87 (105); ders., in: Palandt, § 281 BGB, Rn. 49; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 18; Un­ berath, in: Bamberger / Roth, § 281 BGB, Rn. 48. Ernst, in: MüKo, § 281 BGB, Rn. 68, tendierend im Hinblick auf seine Beschreibung vermutlich eher zu einer Ersetzungs­ befugnis. Zur Annahme einer Wahlschuld tendiert hingegen M. Schwab, JR 2003, 133 (134f.). 58

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

II. Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Verpflichteten Das BGB enthält nicht nur Beispiele, in denen die Ersetzungsbefugnis dem Gläubiger zugewiesen ist, sondern kennt auch eine solche Befugnis des Schuld­ ners. Auch hierfür sollen die bedeutsamsten, in der Literatur diskutierten, Kon­ stellationen im Folgenden kurz dargestellt werden. Von vornherein müssen da­ bei die Fälle aus dieser Gruppe ausscheiden, die zwar in der Literatur und Rechtsprechung als Ersetzungsbefugnis oder facultas alternativa des Schuldners bezeichnet werden, konstruktiv aber nur als Tilgungsberechtigung einzuordnen sind. Zu diesen 60 ist an erster Stelle das Recht des Fremdwährungsschuldners nach § 244 Abs. 1 BGB zu zählen, das ihn berechtigt, die Fremdwährungsverbind­ lichkeit durch die Zahlung in Inlandswährung zu tilgen. 61 Die Inlandwährung stellt dabei eine nicht 62 geschuldete Leistung dar und wird daher zu Recht nur als „Zahlungsmittel“ 63 oder „Zahlungswährung“ 64 bezeichnet. Zutreffend ist auch, dass der bloßen Erklärung des Schuldners in diesem Fall keine Bindungs­ wirkung beigemessen werden kann. 65 Wenn der Schuldner seine durch § 244 Abs. 1 BGB eingeräumte Möglichkeit nutzt, erlischt die Forderung nicht nach § 362 Abs. 1 BGB sondern gemäß § 364 Abs. 1 BGB. 66 Ebenso ausscheiden müssen die §§ 257 S. 2, 738 Abs. 1 S. 3 und 775 Abs. 2 BGB, die es dem Schuldner bei einem noch nicht fälligen Anspruch gestatten, 60 Bezeichnung als Ersetzungsbefugnis z. B. bei: Birk, AWD, 1973, 425 (426f.); Denn­ hardt, in: Bamberger / Roth, § 364 BGB, Rn. 1; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 237; Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 12; Grothe, Fremdwährungsverbind­ lichkeiten, S. 503; ders., in: Bamberger / Roth, § 244 BGB, Rn. 34; ders., in: MüKo, § 204 BGB, Rn. 14; Grundmann, in: MüKo, § 244 BGB, Rn. 95; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Mansel, in: Jauernig, § 244, Rn. 16; Maier-Reimer, NJW 1985, 2049 (2050); Ol­ zen, in: Staudinger, § 364 BGB, Rn. 18; K. Schmidt, in: Staudinger, § 244, Rn. 73; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191; Toussaint, in: jurisPK, § 244 BGB, Rn. 42; OLG Köln, WM 1997, 2030; LG Braunschweig, NJW 1985, 1169. 61 Ausführlich zu dieser Tilgungsbefugnis: Birk, AWD, 1973, 425ff.; Maier-Reimer, NJW 1985, 2049ff. 62 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 237f. Dagegen etwa Gernhuber, Schuldverhält­ nis, S. 660, der hier von einer Freiheit des Schuldners hinsichtlich der Entscheidung zugunsten eines Leistungsmittels ausgeht. Für die Annahme einer Gestaltungswirkung Nußbaum, JW 1920, 910. 63 Birk, AWD, 1973, 425 (426). 64 Grothe, in: Bamberger / Roth, § 244 BGB, Rn. 34 BGB. 65 Maier-Reimer, NJW 1985, 2049 (2050); Toussaint, in: jurisPK, § 244 BGB, Rn. 24. 66 Grothe, in: Bamberger / Roth, § 244 BGB, Rn. 34; vgl. Olzen, in: Staudinger, § 364 BGB, Rn. 17f.; Olzen, in: Staudinger, § 364 BGB, Rn. 17. Zutreffend daher auch die Bezeichnung durch RGZ 101, 312 (313), als facultas alternativa. Von einer Wahlschuld geht dagegen aus H. Hirsch, ZHR 1921, 210 (219).

II. Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Verpflichteten

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den Zugriff des Gläubigers durch eine Sicherheitsleistung abzuwenden. Hier führt weder das Versprechen der Sicherheitsleistung noch deren Erbringung zum endgültigen Erlöschen des ursprünglichen Anspruchs. 67 Sobald die Fälligkeit eintritt, kann der Gläubiger diesen erneut geltend machen. 68 Die Forderung wird folglich nicht ersetzt, sondern nur vorläufig suspendiert, so dass die Bezeichnung als Ersetzungsbefugnis 69 nicht zu empfehlen ist. 70 Nur vorläufige Erleichterung verschafft sich auch der Verwendungsersatz­ schuldner nach § 1001 S. 2 BGB, wenn er als Eigentümer die wiedererlangte Sache an den Besitzer zurückgibt. Die Rückgabe führt dabei nicht zum Erlö­ schen des Verwendungsersatzanspruchs, 71 sondern nimmt dem Besitzer nur die Möglichkeit einer selbständigen Geltendmachung. 72 Eine Ersetzungsbefugnis ist darin folglich nicht zu erblicken, 73 zumal nach dem Wortlaut nicht nur eine Erklärung, sondern das reale Element der Rückgabe erforderlich ist. 74 Ebenfalls nicht als Ersetzungsbefugnis des Schuldners zu bewerten ist die Be­ rechtigung des Leistungsverpflichteten, die diesem nach § 264 Abs. 1 Hs. 2 BGB zusteht, wenn er das ihm eingeräumte Wahlrecht nicht bis zum Beginn der Zwangsvollstreckung ausgeübt hat. 75 Der Schuldner ist in diesem Fall berech­ tigt, sich durch eine der übrigen Leistungen zu befreien, obwohl der Gläubiger 67

Keil, Aufrechnung infolge einer facultas alternativa, S. 14, Fn. 9; W. Müller, Wahl­ schuld und alternative Ermächtigung des Schuldners, S. 36. 68 Bittner, in: Staudinger, § 257 BGB, Rn. 19; vgl. Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660; Habersack, in: Bamberger / Roth, § 775 BGB, Rn. 8; Krüger, in: MüKo, § 257 BGB, Rn. 14; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 257 BGB, Rn. 6; vgl. RGZ 59, 10 (12); a. A. Weitz, Die facultas alternativa, S. 7. 69 So aber etwa für § 257 S. 2 BGB: Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Grösch­ ler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 12; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungs­ störungsrecht, S. 191; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 257 BGB, Rn. 6; Toussaint, in: jurisPK, § 257 BGB, Rn. 23. Für § 738 Abs. 1 S. 3 BGB: Timm / Schöne, in: Bamberger / Roth, § 738 BGB, Rn. 12; Ulmer, in: MüKo, § 738 BGB, Rn. 80; Für § 775 Abs. 2 BGB: Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 364 BGB, Rn. 1; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 12; Olzen, in: Staudinger, § 364 BGB, Rn. 18; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191; Schulze, in: HkBGB, 262 BGB, Rn. 5; hingegen für die Annahme einer Wahlschuld Prütting, in: ju­ risPK, § 775 BGB, Rn. 13. 70 So auch Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 242. 71 Vgl. Jauernig, in: Jauernig, § 1001 BGB, Rn. 2 („verliert der Ersatzanspruch [...] seine Fälligkeit“); a. A. Schanbacher, in: AnwK, § 1001 BGB, Rn. 5. 72 Ebbing, in: Erman, § 1001 BGB, Rn. 9; vgl. Mühl, in: Soergel, § 1001 BGB, Rn. 5; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 251; Gursky, in: Staudinger, § 1001 BGB, Rn. 15. 73 A. A.: Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2, Mühl, in: Soergel, § 1001 BGB, Rn. 5. 74 Aus diesem Grund könnte allenfalls an eine Tilgungsbefugnis zu denken sein. Zur Frage, ob bereits ein Rückgabeangebot bei Annahmeverweigerung ausreicht Medicus, in: MüKo, § 1001 BGB, Rn. 8. 75 A. A. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 242f.

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

die Zwangsvollstreckung bereits nach seiner Wahl auf eine der alternativen Leis­ tungen gerichtet hat. Entgegen hierzu teilweise vertretener Auffassung 76 handelt es sich dabei nicht um das Recht zur Änderung eines zuvor vom Gläubiger ge­ stalteten Leistungsinhalts, sondern vielmehr um den modifizierten Fortbestand des Schuldnerwahlrechts. 77 Dem Verpflichteten steht damit noch immer die Ent­ scheidung zwischen mehren Leistungsalternativen zu, wobei ihm die wirksame Ausübung allerdings nur noch in Form einer Realwahl möglich ist. 78 Uneinigkeit hinsichtlich der Einordnung als Schuld mit Ersetzungsbefugnis oder Alternativobligation herrscht auch auf in Bezug auf § 617 Abs. 1 S. 2. Nach diesem ist es dem, gemäß § 617 Abs. 1 S. 1 BGB zur Gewährung von Verpfle­ gung und ärztlicher Behandlung in seinem Haushalt verpflichteten, Dienstbe­ rechtigten gestattet, seiner Verpflichtung durch die Aufnahme des Dienstver­ pflichteten in eine Krankenanstalt nachzukommen. Ein Teil der Literatur möchte darin eine Ersetzungsbefugnis des Schuldners erblicken. 79 Die Aufnahme in die Krankenanstalt wäre damit – unabhängig von der Frage, ob die Vertreter dieser Ansicht unter einer Ersetzungsbefugnis des Schuldners das Recht zur Einwir­ kung auf die geschuldete Leistung oder nur eine bloße Tilgungsberechtigung 80 verstehen – jedenfalls vor der Verwendung der Befugnis nicht geschuldet. Das kann jedoch unter Beachtung der ratio von § 617 Abs. 1 BGB nicht überzeu­ gen. Ausgangspunkt der Versorgungspflicht ist die der Regelung zugrundelie­ gende Annahme, dass durch die Aufnahme in die häusliche Gemeinschaft ein besonderes Verhältnis begründet wird. Aus diesem Grund soll der Dienstbe­ rechtigte, ebenso wie bei Familienmitgliedern, zur Versorgung im Fall einer Erkrankung verpflichtet sein. 81 Die Regelung diente damit der Absicherung des Dienstverpflichteten. Wäre es aber richtig, dass § 617 Abs. 1 S. 2 BGB eine Er­ setzungsbefugnis begründet, so würde bereits die unverschuldete Unmöglichkeit der von § 617 Abs. 1 S. 1 BGB definierten Leistung zur vollständigen Befreiung des Dienstberechtigten führen. Das kann nicht überzeugen. 82 Darüber hinaus 76

Vgl. Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 243. Krüger, in: MüKo, § 264 BGB, Rn. 6. 78 Bittner, in: Staudinger, § 264 BGB, Rn. 7; Krüger, in: MüKo, § 264 BGB, Rn. 6; Stadler, in: Jauernig, § 264 BGB, Rn. 1; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 264 BGB, Rn. 3; Wolf, in: Soergel, § 264 BGB, Rn. 3; BGH, NJW 1995, 3189 (3190); RGZ 53, 80 (82). 79 Vgl. Belling, in: Erman, § 617 BGB, Rn. 12; Joussen, in: Rolfs / Giesen / Kreike­ bohm / Udsching, § 617 BGB, Rn. 16; Legleitner, in: jurisPK, § 617 BGB, Rn. 8; Mansel, in: Jauernig, § 617 BGB, Rn. 6; Oetker, in: Staudinger, § 617 BGB, Rn. 48; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. 80 Für die Annahme einer facultas alternativa im Fall des § 617 Abs. 1 S. 2 BGB: Schultzenstein, ArchBürgR 1904, 219 (286). 81 Fuchs, in: Bamberger / Roth, § 617 BGB, Rn. 1. 82 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 250; vgl. Henssler, in: MüKo, § 617 BGB, Rn. 20. 77

II. Schuld mit Ersetzungsbefugnis des Verpflichteten

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spricht auch der Wortlaut „die Verpflegung und ärztliche Behandlung kann durch [...] gewährt werden“ dafür, dass es sich in beiden Fällen um denselben Versorgungsanspruch handelt. Zumindest durch die Wortwahl lässt sich eine Substitution demnach nicht belegen. Außerdem muss § 617 Abs. 1 BGB vor dem Hintergrund des dargestellten Regelungszwecks in einer Weise verstanden werden, die dem Dienstberechtigten seinen Versorgungsanspruch mit größtmög­ licher Sicherheit erhält. Es kann sich daher nur um ein Wahlrecht im Sinne des § 262 BGB handeln. 83 Nur bei diesem führt die zufällige Unmöglichkeit der ge­ schuldeten Leistung bzw. einer der geschuldeten Leistungen, im Gegensatz 84 zur Ersetzungsbefugnis und dem Recht zur datio in solutum, nicht zum vollständigen Anspruchsverlust. Um eine Ersetzungsbefugnis des Schuldners handelt es sich dagegen nach nahezu einhelliger Auffassung bei § 251 Abs. 2 S. 1 BGB. 85 Dem ist zuzustim­ men. In Abweichung zu § 275 Abs. 2 S. 1 BGB wird der Schuldner in diesem Fall nicht ohne weiteres von seiner Leistungspflicht frei, sondern erhält das Recht, gestaltend auf diese einzuwirken. Nachdem sich der Schuldner bei Vor­ liegen der Voraussetzungen hinsichtlich der Geldzahlung erklärt hat, schuldet er nur noch diese. 86 Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass große Teile der Literatur, die – wie in der zurückliegenden Arbeit dargestellt wurde – erhebliche Schwierigkeiten haben, die Ersetzungsbefugnis verallgemei­ 83 Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 250; Henssler, in: MüKo, § 617 BGB, Rn. 20; Matthes, in: RGRK, § 617 BGB, Rn. 28. Noch weiter geht Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660, der auch hier von der Freiheit des Schuldners im Hinblick auf die Entscheidung zugunsten eines Leistungsmittels ausgehen möchte. 84 Schultzenstein, ArchBürgR 1904, 219 (286), spricht daher zu Unrecht von einem „fast nur [...] theoretisch“ bedeutsamen Unterschied. 85 Vgl. exemplarisch: Alff, in: RGRK, § 251 BGB, Rn. 16; Arnold, in: AnwK, § 262 BGB, Rn. 4; Dennhardt, in: Bamberger / Roth, § 364 BGB, Rn. 1; Ebert, in: Erman, § 251 BGB, Rn. 16; Halbgewachs, NZV 1993, 380; H. Heinrichs, in: Palandt, § 251 BGB, Rn. 6; P. Huber, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 152; Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 9; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Lipp, NZV 1996, 7 (9); Magnus, in: AnwK, § 251 BGB, Rn. 16; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 188; Oetker, in: MüKo, § 251 BGB, Rn. 69; ders., NJW 1985, 345 (346); Rüßmann, in: jurisPK, § 251 BGB, Rn. 54; Schiemann, in: Stau­ dinger, § 251 BGB, Rn. 24; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191; Schubert, in: Bamberger / Roth, § 251 BGB, Rn. 2f.; Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; Stadler, in: Jauernig, § 262 BGB, Rn. 6; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 16; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8; Vieweg, in: Staudinger, Eckpfeiler, S. 408. Ebenso: BGH, NJW 2009, 1066, (1067); NJW-RR 1990, 1303ff. A. A.: Erler, Wahlschuld und Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, S. 72 (Dieser beschränkt den Be­ griff der Ersetzungsbefugnis auf anspruchsidentitätswahrende Fälle der Ersetzung, was er bei § 251 Abs. 2 BGB verneint.); Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660. 86 Ebert, in: Erman, § 251 BGB, Rn. 16; vgl. Halbgewachs, NZV 1993, 380 (381); Mertens, in: Soergel, § 251 BGB, Rn. 8; Oetker, in: MüKo, § 251 BGB, Rn. 69; ders., NJW 1985, 345 (346); Schiemann, in: Staudinger, § 251 BGB, Rn. 25; vgl. KG, VersR 1976, 391. A. A. vgl. v. Tuhr, KritVSchr 1907, 63 (81).

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

nernd als obligationsrelevantes Gestaltungsrecht des Gläubigers oder Schuldners anzuerkennen, die Befugnis im Fall des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB ohne weitere Pro­ blematisierung als Recht zur Einwirkung auf die geschuldete Leistung akzep­ tieren. Dieses verdeutlicht die Richtigkeit der hier vertretenen Forderung nach einer einheitlichen Charakterisierung von Gläubiger- und Schuldnerersetzungs­ befugnis. Ebenfalls zu Recht als Ersetzungsbefugnis bezeichnet 87 werden die aus den §§ 528 Abs. 1 S. 2, 3 und § 1390 Abs. 1 S. 2 BGB stammenden Gestaltungs­ rechte des Herausgabeschuldners. Diese ermöglichen es ihm, die Verpflichtung zur Rückgabe der Zuwendung – und nicht, wie der Wortlaut vorgibt, die Her­ ausgabe selbst – 88 durch Zahlung des fehlenden bzw. des für den Unterhalt erforderlichen Betrages abzuwenden. Durch die Gestaltungserklärung wirkt der Verpflichtete auf das Schuldverhältnis ein und substituiert dabei die geschuldete Leistung. 89 In obligatione ist fortan nur noch die Zahlung von Geld. Zuzustim­ men ist Koch, wenn er bei § 528 Abs. 1 S. 2 BGB darauf verweist, dass dem Wortlaut, der mit der darin formulierten Voraussetzung „durch Zahlung“ die Einstufung als bloße Tilgungsbefugnis nahe legt, entgegen der Auffassung des OLG Düsseldorf, 90 kein zu großes Gewicht bzw. keine Alleinentscheidungswir­ kung beizumessen ist. 91 Zu bedenken ist nämlich, dass der Herausgabegläubi­ ger – also der verarmte Schenker oder zuwendende Ehegatte – den Gegenstand zurückverlangen darf, um sich hierdurch mittelbar eine Geldleistung zu ver­ schaffen. So ist etwa der Zugewinnausgleichsanspruch grundsätzlich 92 ebenso auf Geld gerichtet, 93 wie der eigentliche Bedarf des verarmten Schenkers. In 87 Vgl. für 528 Abs. 1 S. 2: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Brähler-Boyan / Mann, NJW 1995, 1866 (1870); Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gehrlein, in: Bam­ berger / Roth, § 528 BGB, Rn. 5; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 248; Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 12; Habemeier, in: FS-Jahr, S. 281 (282); Koch, in: MüKo, § 528 BGB, Rn. 21; Krauß, ZEV 2001, 417 (421); Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 9; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Mansel, in: Jauernig, § 528 BGB, Rn. 5; Pauling, in: Wendl / Staudigl, § 2, Rn. 632; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191; Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; Sefrin, in: jurisPK, § 528 BGB, Rn. 51; Stenger, in: Münchner Anwaltshandbuch Erbrecht, § 32, Rn. 79; Wimmer-Leonhardt, in: Staudinger, § 528 BGB, Rn. 28; BGH, NJW 1985, 2419; 1994, 1655; 1998, 537 (539). Vgl. für § 1390 Abs. 1 S. 2 BGB: C. Berger, in: Jauernig, § 1390 BGB, Rn. 5; Koch, in: MüKo, § 1390 BGB, Rn. 6; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 1390 BGB, Rn. 5; Roth, in: jurisPK, § 1390 BGB, Rn. 6; B. Thiele, in: Staudinger, § 1390 BGB, Rn. 24. Obgleich damit nicht alle ein Recht zur Schuldersetzung meinen. 88 Eine Herausgabe kann der Verpflichtete niemals abwenden, sondern nur unterlassen, denn sie erfordert ein aktives Handeln seinerseits. Abwenden ließe sich dagegen eine Pflicht zur Herausgabe. 89 Koch, in: MüKo, § 1390 BGB, Rn. 6; Krauß, ZEV 2001, 417 (421). Für a. A. hin­ sichtlich § 528 Abs. 1 S. 2 BGB vgl. Olzen, in: Staudinger, § 364 BGB, Rn. 17f. 90 Vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1984, 887 (889). 91 Vgl. Koch, in: MüKo, § 528 BGB, Rn. 21, Fn. 67. Im Ergebnis ebenso WimmerLeonhardt, in: Staudinger, § 528 BGB, Rn. 28.

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beiden Fällen müsste deshalb die zurückgegebene Leistung zunächst veräußert werden, um dem tatsächlichen Zweck in Form der synallagmatischen Geldge­ genleistung dienlich zu sein. Das Interesse des Herausgabegläubigers ist somit im Grunde ein Interesse an Geld. Zwar kann insbesondere im Fall des verarm­ ten Schenkers etwas anderes gelten, wenn etwa die zurückgegebene Sache – wie z. B. ein Taxi oder ein wertvoller Zuchthengst – geeignet ist, durch ihre Nutzun­ gen den Unterhalt zu gewährleisten. In diesem Fall ließe sich grundsätzlich von einem auf die Herausgabe der konkreten Zuwendung gerichteten Interesse des Zuwenders sprechen. Dieses Interesse ist jedoch als unbeachtlich einzustufen, schließlich kann der Zuwendungsempfänger in beiden Fällen – und damit un­ abhängig davon, ob der Herausgabegläubiger die Sache veräußern möchte oder nicht – auf die Zahlung der Geldbetrages übergehen. Darüber hinaus ist auch dem Interesse des Herausgabeschuldners Beachtung zu schenken, der erklärt hat, er wolle von seiner Möglichkeit der Zahlung von Geld Gebrauch machen. Auch seinem Willen würde es entsprechen, wenn dem Gläubiger nach der Erklärung kein auf Herausgabe der Zuwendung gerichteter Anspruch mehr zu Verfügung stünde. Sowohl das beachtliche Interesse der beteiligten Parteien als auch die ratio der Norm streiten daher für die Annahme einer Substitutionswirkung der Schuldnererklärung. Die §§ 528 Abs. 1 S. 2 und 1390 Abs. 1 S. 2 BGB begrün­ den demnach eine Ersetzungsbefugnis des Schuldners. Im Hinblick auf ihren Regelungszweck und das Interesse der beteiligten Parteien parallel zu bewer­ ten sind die den §§ 2329 Abs. 2, 94 1973 Abs. 2 S. 2, 95 und 1992 S. 2 bzw. 2187 Abs. 3 96 BGB entstammenden Befugnisse des Herausgabeschuldners. Auch diese legitimieren eine Einwirkung auf die geschuldete Leistung. 97 92

Beachtliche Ausnahme ist hier die Gestaltungsmöglichkeit des § 1383 BGB. B. Thiele, in: Staudinger, § 1378 BGB, Rn. 1. 94 Zumindest Bezeichnung als Ersetzungsbefugnis bei: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gernhuber, Schuldverhält­ nis, S. 661; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 257f.; Jülicher, ZEV 2001, 428 (429); K. Lange, in: MüKo, § 2329 BGB, Rn. 8; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Mayer, in: Bamberger / Roth, § 2329 BGB, Rn. 10; Nieder, in: Handbuch der Testamentsgestaltung, § 2, Rn. 162; Olshausen, in: Staudinger, § 2329 BGB, Rn. 35; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191; Toussaint, in: jurisPK, § 2329 BGB, Rn. 16; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. 95 Zumindest Bezeichnung als Ersetzungsbefugnis bei: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gernhuber, Schuldverhält­ nis, S. 661; Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 255; Habemeier, in: FS-Jahr, S. 281 (282); Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; vgl. Mayer, in: Bamberger / Roth, § 2329 BGB, Rn. 9f.; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungsrecht, S. 191; Toussaint, in: ju­ risPK, § 2329 BGB, Rn. 16; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. 96 Zumindest Bezeichnung der Befugnisse aus § 1992 S. 2 und § 2187 Abs. 3 BGB als Ersetzungsbefugnis bei Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 255. Ausdrücklich für den Fall des § 1992 S. 2 BGB: Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2. 93

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

Vielfach wird auch die Möglichkeit des Beschwerten nach § 2170 Abs. 2 S. 2 BGB als Ersetzungsbefugnis des Schuldners bezeichnet. 98 Zwar spricht zu­ nächst sowohl die Semantik der Norm – schließlich handelt der Wortlaut von einer Befreiung im Hinblick auf die Verschaffung des Vermächtnisses – als auch das Interesse des Bedachten – das sich auch final auf den Erhalt des Vermächt­ nisses und nicht, wie etwa bei den §§ 528 Abs. 1 S. 2 BGB und 1390 Abs. 1 S. 2 BGB, auf die bloße Verwertung zur Erzielung von Geld richtet – für die Annahme einer schlichten Tilgungsberechtigung. Insbesondere die Systematik lenkt den Blick jedoch auf ein anderes Ergebnis. Es ist zu berücksichtigen, dass der Regelungsgedanke von 2170 Abs. 2 S. 2 BGB weithin dem des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB gleicht. Daher erscheint es zweifelhaft, einmal ein Gestaltungsrecht, ein anderes Mal hingegen eine bloße Tilgungsbefugnis anzunehmen. 99 Unbe­ streitbar weicht zwar der Wortlaut beider Normen voneinander ab, da § 251 Abs. 2 S. 1 BGB die „Entschädigung in Geld“ ermöglicht, während 2170 Abs. 2 S. 2 BGB von dem „Recht zur Befreiung“ spricht. Ausschlaggebend ist das aller­ dings nicht. Die entscheidende Gemeinsamkeit beider Normen liegt in der sys­ tematischen Nähe zur faktischen 100 Unmöglichkeit des § 275 Abs. 2 BGB. Wäh­ rend § 275 Abs. 2 BGB den sofortigen Ausschluss der Leistungspflicht und die Entstehung einer verschuldensabhängigen Ersatzpflicht nach den §§ 280 Abs. 1, 3, 283 und 311a Abs. 2 BGB anordnet, ermöglichen es die §§ 251 Abs. 2 S. 1 und 2170 Abs. 2 S. 2 BGB dem Schuldner, den Gläubiger auf andere Weise zu­ friedenzustellen. Doch auch die Position des Gläubigers wird im Vergleich zum Unmöglichkeitsrecht verbessert, da diesem de lege ein verschuldensunabhängi­ ger Zahlungsanspruch gewährt wird. 101 An die Stelle der bei § 275 Abs. 2 BGB erforderlichen Erhebung der Einrede tritt bei den §§ 251 Abs. 2 S. 1 und 2170 Abs. 2 S. 2 BGB die Ersetzungserklärung. Gegen die Annahme einer Ersetzungs­ befugnis ließe sich für den vorliegenden Fall allerdings anführen, dass es gerade 97

Vgl. dazu Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 12; Vgl. für § 2329 Abs. 2 BGB Olshausen, in: Staudinger, § 2329 BGB, Rn. 35, nach dem das Angebot des Fehlbetrages für den Untergang der Herausgabeforderung ausreichend sei. 98 Vgl. Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 660; Gröschler, in: HKK, § 262 – 265 BGB, Rn. 4, Fn. 12; Habemeier, in: FS-Jahr, S. 281 (282); Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 9; Larenz, Schuldrecht AT, S. 161; Mayer, in: AnwK, § 2170 BGB, Rn. 17; Müller-Christmann, in: Bamberger / Roth, § 2170 BGB, Rn. 9; Otte, in: Staudinger, § 2170 BGB, Rn. 10; Rey­ mann, in: jurisPK, § 2170 BGB, Rn. 8; Schlichting, in: MüKo, § 2170 BGB, Rn. 14; M. Schmidt, in: Erman, § 2170 BGB, Rn. 2; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungs­ recht, S. 191; Schulze, in: Hk-BGB, 262 BGB, Rn. 5; Wolf, in: Soergel, § 262 BGB, Rn. 18. 99 Auch Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 257, betont die große systematische Nähe beider Vorschriften. 100 Vgl. dazu Westermann, in: Erman, § 275 BGB, Rn. 23. 101 Das wird auch anhand von § 2170 Abs. 2 S. 1 BGB ersichtlich, der bei tatsächlicher Unmöglichkeit ohne Verschulden des Beschwerten einen Wertersatzanspruch anstelle des Verschaffungsanspruchs begründet.

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im Fall der „nur“ faktischen Unmöglichkeit einer zusätzlichen Wertung bedarf, welche die Leistungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen ausschließt. Die tatsächli­ che Unmöglichkeit erfordert dagegen bereits kraft Natur der Sache ein Erlöschen des Anspruchs. 102 Der Gesetzgeber ist daher zu keiner Zeit gehindert, im Fall ei­ ner abweichenden Wichtung der entgegenstehenden Interessen, den Fortbestand der Leistungspflicht als die ihm vorzugswürdig erscheinende Rechtsfolge anzu­ ordnen. Außerdem ist an dieser Stelle – unter Berücksichtigung der Bindung des Erben an den Erblasserwillen – zu bedenken, dass sich Ersterer, zumindest im Fall der anfänglichen Leistungserschwerung, auch für eine Ausschlagung der Erbschaft hätte entscheiden können. Da er aber die Erbschaft mit allen Vorzügen und Nachteilen angenommen hat, wäre es möglich, dem Erblasserwillen deshalb den absoluten Vorrang einzuräumen. In der Konsequenz bliebe der Beschwerte zur Verschaffung solange verpflichtet, bis er den Vermächtnisnehmer tatsächlich durch Zahlung abgefunden hätte. Hiergegen ist jedoch anzuführen, dass gerade die Existenz der in § 2170 Abs. 2 S. 2 BGB zu findenden Regelung gegen ein solches Alles-oder-Nichts-Prinzip spricht. Der Beschwerte kann also durchaus Erbe sein, ohne den Anspruch des Vermächtnisnehmers um jeden Preis erfül­ len zu müssen. Zudem würde auch ein aus § 2170 Abs. 2 S. 2 BGB folgendes Recht des Beschwerten zur Gestaltung der geschuldeten Leistung die Bindung an den Erblasserwillen hinreichend berücksichtigen. Diese Bindung wirkt sich nämlich bereits durch die Existenz von § 2170 Abs. 2 BGB vor dem Hintergrund des anderenfalls anzuwendenden § 275 Abs. 2 BGB aus. 103 Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Position des Vermächtnisnehmers nie­ mals um eine dinglich berechtigte Stellung, sondern nur um die Gläubigerschaft hinsichtlich eines Verschaffungsanspruchs handelt. Daher erschiene es aus sys­ tematischer Sicht zweifelhaft, würde § 2170 Abs. 2 S. 2 BGB – anderes als § 251 Abs. 2 S. 1 BGB – das Erlöschen des Anspruchs nur unter der Voraussetzung der tatsächlichen Leistung anordnen. Vorzugswürdiger erscheint es, den Be­ rechtigten in seiner Gläubigerstellung zu belassen und daher auch unter diesem Gesichtspunkt die Änderung der geschuldeten Leistung zu favorisieren. Der Vermächtnisnehmer hätte damit vor und nach der Verwendung der Befugnis aus § 2170 Abs. 2 S. 2 BGB einen Anspruch. Das gilt erst recht, wenn bedacht wird, dass kein tragbarer Grund ersichtlich ist, der eine Besserstellung des Ver­ mächtnisnehmers gegenüber dem Gläubiger im Fall des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB zwingend erforderlich werden lässt. Zwar ist der Beschwerte unstreitig an den Willen des Erblassers gebunden. Eine ähnlich intensive Bindung besteht aber etwa auch für den vertraglichen Schadensersatzschuldner, der über die grund­ sätzlich gebotene Naturalrestitution den geschuldeten Zustand herstellen soll, zu dem er sich gegebenenfalls sogar selbst verpflichtet hat. 104 Auch hier führt die 102 Zur Diskussion um die Notwendigkeit des Forderungsuntergangs vgl. oben Fn. 591 f. 103 Otte, in: Staudinger, § 2170 BGB, Rn. 4ff.

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D. Darstellung der wichtigsten gesetzlich begründeten Fälle

Unverhältnismäßigkeit der dazu erforderlichen Aufwendungen aber zum Unter­ gang der Verpflichtung zur Naturalrestitution. Die besseren Argumente sprechen somit dafür, auch diese Regelung als ein Recht zur substituierenden, einseitigen Einwirkung 105 auf die geschuldete Leistung und damit als eine Ersetzungsbe­ fugnis zu verstehen. 106 Entgegen weit verbreiteter Auffassung 107 steht dagegen dem Nießbraucher gemäß § 1087 Abs. 2 S. 1 BGB keine Ersetzungsbefugnis zu. 108 Dieser ist nur berechtigt, den gegen den Besteller gerichteten Anspruch zu erfüllen. 109 Nach dem Untergang dieser Forderung fehlt es nunmehr auch an den Voraussetzungen des gegen ihn selbst gerichteten Anspruchs des Bestellers nach § 1087 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Nießbraucher wird daher frei. Ein für die Annahme einer Er­ setzungsbefugnis erforderlicher Austausch der geschuldeten Leistung liegt dem­ nach ebenso wenig vor, wie der Nießbraucher auch keine gegen ihn gerichtete Forderung, durch Erbringung einer nicht geschuldeten Leistung im Sinne von § 364 BGB, tilgt.

104 Tendenziell sogar für eine geringere Bindung des Erben Otte, in: Staudinger, § 2170 BGB, Rn. 4. 105 Vgl. Reymann, in: jurisPK, § 2170 BGB, Rn. 8; Schlichting, in: MüKo, § 2170 BGB, Rn. 14. Letzterer führt dazu aus, dass „die Ersetzungsbefugnis – wenn der Beschwerte von ihr nicht schon mit Recht Gebrauch gemacht hat – nur solange, wie die Unverhältnismäßigkeit andauert“. Die Ersetzungsbefugnis kann ihren Gebrauch aber nicht überdauern. Bestehen bleibt im Fall einer durchgeführten Gestaltung aber die gestal­ tete Rechtslage, trotz nachträglichem Wegfall der Voraussetzungen des Gestaltungsrechts. Meint Schlichting demnach die Möglichkeit des Beschwerten zur Tilgung durch die Er­ satzleistung, so kann es sich nur um ein Gestaltungsrecht handeln. Für die Annahme einer bloßen Tilgungsberechtigung: Johannsen, in: RGRK, § 2170 BGB, Rn. 14; Mayer, in: AnwK, § 2170 BGB, Rn. 17; vgl. Olzen, in: Staudinger, § 364 BGB, Rn. 17f.; Otte, in: Staudinger, § 2170 BGB, Rn. 11. 106 Beachtlich ist in diesem Zusammenhang auch der Verweis des § 2288 Abs. 2 S. 1 BGB. 107 Bittner, in: Staudinger, § 262 BGB, Rn. 11; Ebert, in: Erman, § 262 BGB, Rn. 2; Krüger, in: MüKo, § 262 BGB, Rn. 9; Scholz, Gestaltungsrechte im Leistungsstörungs­ recht, S. 191; Toussaint, in: jurisPK, § 262 BGB, Rn. 16; Unberath, in: Bamberger / Roth, § 262 BGB, Rn. 8. Dabei ist allerdings erneut zu beachten, dass dort mit der Bezeichnung Ersetzungsbefugnis teilweise auch das Recht zur Leistung an Erfüllungs gemeint wird. 108 Wie hier Gernsheim, Ersetzungsbefugnis, S. 251. 109 Vgl. Jauernig, in: Jauernig, § 1087 BGB, Rn. 1 („kann den [vom Besteller] ge­ schuldeten Gegenstand auch selber an den Gläubiger leisten“); Pohlmann, in: MüKo, § 1087 BGB, Rn. 7.

E. Zusammenfassung I. Die Ersetzungsbefugnis ist ein forderungsbezogenes Gestaltungsrecht, dass seinen Inhaber berechtigt, auf die geschuldete Leistung einzuwirken, indem es eine Ersatz- an die Stelle der zuvor bestehenden Primärleistungspflicht treten lässt. Zu jedem Zeitpunkt ist, in Abweichung zum Wahlrecht bei der Wahl­ schuld, nur eine konkrete Leistung geschuldet. Dieser Leistungsaustausch ist sowohl durch ein Gestaltungsrecht, das unter Wahrung der Anspruchsidentität die Leistung auswechselt, als auch durch ein Recht zur einseitigen vollständi­ gen Substitution der Forderung zu erreichen. Beide Varianten stellen Erschei­ nungsformen der Ersetzungsbefugnis dar, die insoweit als das jeweils einseitiges Pendant zu Änderungs- und Novationsvertrag zu verstehen sind. Der Inhalt der Ersetzungsbefugnis ist nicht auf bestimmte Leistungsmerkmale beschränkt. Die Ähnlichkeit zur Novation führt darüber hinaus zu dem Schluss, dass theoretisch überhaupt keine inhaltliche Abweichung zwischen Primär- und Ersatzleistungs­ pflicht erforderlich ist. Durch die Ersetzung tritt die neue Leistungspflicht in ein zuvor bestehendes Synallagma ein. II. Die Ersetzungsbefugnis kann im Lichte der Privatautonomie sowohl dem Schuldner- als auch dem Gläubiger zugestanden werden, ohne dass dazu eine Anpassung ihrer Rechtsnatur erforderlich wäre. Aus diesem Grund ist insbe­ sondere die Ersetzungsbefugnis des Schuldners von der, zu Unrecht als solche bezeichneten, Berechtigung zur Tilgung mit einer nicht geschuldeten Leistung abzugrenzen. Das so genannte Recht zur „datio in solutum“ ist bereits in der Re­ gelung des § 364 Abs. 1 BGB enthalten und benötigt deshalb keine Behandlung als eigenständige Rechtsfigur. Insbesondere ist die Einordnung dieses Rechts in die Gruppe der Gestaltungsrechte unzutreffend. Zusätzlich zur Wahlschuld und Leistung an Erfüllungs statt ist es erforderlich, die Ersetzungsbefugnis von der elektiven Konkurrenz und einem verhaltenen Anspruch zu unterscheiden. III. Die Ersetzungsbefugnis kann sowohl auf Vertrag als auch auf Gesetz beruhen. Darüber hinaus konnte die Arbeit aufzeigen, dass auch einer einseitigen Einräumung durch den späteren Gestaltungsunterworfenen keine schlagkräftigen Gründe entgegenstehen. Grundlage hierfür ist eine Analogie zu § 145 BGB, die den zuvor durch teleologische Reduktion von § 311 Abs. 1 BGB geschaffenen Raum auffüllt. Ein einseitiges Selbstverschaffen muss dagegen ausscheiden. In jedem Fall benötigt die Entstehung einer Ersetzungsbefugnis die Existenz einer Forderung, die das ihr zugrunde liegende Gestaltungsobjekt bildet.

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IV. Ein beschränkt Geschäftsfähiger kann ohne Einwilligung seines gesetzli­ chen Vertreters i. S. d. § 107 BGB an der Begründung einer Ersetzungsbefugnis zu seine Gunsten mitwirken. Das Innehaben dieser Rechtsposition ist für ihn in jedem Fall mit einem lediglich rechtlichen Vorteil verbunden. Für die Mitwir­ kung an der Begründung einer für ihn regelmäßig nachteilhaften Ersetzungs­ befugnis des anderen Teils benötigt er dagegen die Einwilligung seines gesetz­ lichen Vertreters. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist allerdings dort zu machen, wo die spätere Ausübung des Gestaltungsrechts die Rechtposition – sal­ diert betrachtet – ausschließlich erweitern kann. Dass ist etwa der Fall, wenn der beschränkt Geschäftsfähige durch Einwilligung seines gesetzlichen Vertre­ ter bereits Schuldner und damit Partei eines für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäftes geworden ist und die zu begründende Ersetzungsbe­ fugnis des anderen Teils die Möglichkeit beinhaltet, den Anspruch gegen einen qualitativ gleichwertigen, aber weniger rechtlich nachteilhaften auszutauschen. Gleiches gilt, wenn der Umfang eines lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäf­ tes durch die Befugnis nur erweitert werden kann. Soll die Befugnis darüber hinaus zeitgleich mit der Entstehung einer zugrunde liegenden, lediglich recht­ lich vorteilhaften Forderung des beschränkt Geschäftsfähigen begründet werden, so kommt es auf die Bewertung der Ersatzforderung an. Sofern diese ebenfalls lediglich rechtlich vorteilhaft ist, so kann auf eine Einwilligung selbst dann ver­ zichtet, wenn der Vorteil durch die Ersetzung im Verhältnis zum Primäranspruch geringer würde. V. Die Ersetzungsbefugnis kann übertragen werden. Das ist jedenfalls in Form eines gemeinsamen Aktes mit der Übertragung der zugrunde liegenden Rechts­ position möglich. Zu nennen sind hier die Vertragsübernahme, die Zession der gestaltbaren Forderung und die Schuldübernahme im Fall einer Ersetzungs­ befugnis des Schuldners. Außerdem konnte die zurückliegende Untersuchung darlegen, dass sich keine tragfähigen Gründe gegen eine isolierte Zession der Ersetzungsbefugnis finden lassen. Auch diese ist somit möglich. VI. Die Ersetzungsbefugnis wird durch eine empfangsbedürftige Willens­ erklärung ausgeübt, an die ihr Inhaber gebunden ist. Diese bildet das Mittel der Gestaltung und informiert den Gestaltungsrechtsgegner zugleich über den Eintritt der Rechtsänderung. Aufgrund der Einstufung als Gestaltungsrecht gilt für sie der den Gestaltungsgegner schützende Grundsatz der Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit. Zulässig sind diese allerdings immer dann, wenn ein solches Schutzbedürfnis nicht besteht. Das ist der Fall, wenn sich der Gestal­ tungsgegner entweder mit dieser Form der Ausübung einverstanden erklärt hat, oder bei ihm überhaupt keine Unsicherheit in Bezug auf den Eintritt der Ge­ staltungswirkung gegeben ist. Zu denken ist hier an erster Stelle an Potestativ-, Rechts- und bereits eingetretene Bedingungen. Für einen Minderjährigen ist die Ausübung einer Ersetzungsbefugnis im Grundsatz rechtlich nachteilhaft. Das ist darauf zurückzuführen, dass er als Gläubiger den bereits bestehenden Anspruch

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einbüßt, als Schuldner dagegen eine neue, gegen ihn gerichtete Forderung be­ gründet. Auch von dieser Regel sind allerdings Ausnahmen zu machen, wenn etwa die Ersetzung durch eine qualitativ gleichartige, für ihn im Vergleich jedoch quantitativ vorteilhafte Forderung erfolgt. VII. Die Ersetzungsbefugnis erlischt nicht nur durch den Untergang der ihr zugrunde liegenden Forderung, sondern auch durch einen auf Aufhebung ge­ richteten Vertrag. Darüber hinaus kann der Inhaber einer Ersetzungsbefugnis einseitig auf sein Recht verzichten. Das ist für Gestaltungsrechte generell aner­ kannt und überzeugt als Gegenakt insbesondere vor dem Hintergrund der hier vertretenden Möglichkeit einer einseitigen Begründung. VIII. Die Ersetzungsbefugnis unterliegt als Gestaltungsrecht nicht den Regeln der Verjährung. Der Tatsache, dass sich ein ersetzungsbefugter Gläubiger durch die Ausübung seines Rechts nach Eintritt der Verjährung eine neue Forderung mit neuer Verjährungsfrist verschaffen könnte, kann durch eine Ausschlussfrist begegnet werden. Diese ist durch Auslegung im Einzelfall zu ermitteln. Dabei ist allerdings zu beachten, dass zumindest die zielgerichtet Begründung einer Be­ fugnis zum vollständigen Anspruchsaustausch dafür spricht, dass auch alle damit verbundenen Folgen im Zweifel gewollt sind. Anderenfalls hätte gleich eine nur die Leistung betreffende und damit den Anspruch erhaltende Befugnis begründet werden können. Weiterhin begrenzt auch die von Zeit- und Umstandsmoment abhängende Rechtsverwirkung die Ersetzungsbefugnis in zeitlicher Hinsicht. IX. Der Gestaltungsrechtsinhaber kann mit der Ausübung seiner Ersetzungs­ befugnis nicht in Verzug geraten. Diese ist weder geschuldet, noch ist sie zur Realisierung des bereits bestehenden Anspruchs erforderlich. Dem Problem der ersetzungsbedingten Verzugsfolgenbeseitigung durch den im Verzug be­ findlichen und zur Ersetzung berechtigten Schuldner kann durch § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB begegnet werden. Dieser löst den Verzug bei der Erfüllung des Er­ satzanspruchs bereits mit seiner Entstehung aus. Auf Seiten des Gläubigers ist eine solche Korrektur, insbesondere aufgrund der Wesensverschiedenheit von Gläubiger- und Schuldnerverzug, dagegen nicht geboten. In beiden Fällen blei­ ben aber die bereits entstandenen verzugsbedingte Ansprüche auch nach der ex nunc wirkenden Gestaltung erhalten. X. Als Willenserklärung ist die Ersetzungserklärung dem Risiko eines Irr­ tums unterworfen. Ein solcher Irrtum kann den Ersetzungsbefugten unter den Voraussetzungen der §§ 119ff. BGB zur Anfechtung berechtigen. Es ist danach zu unterscheiden, ob der Irrtum die Ersetzungserklärung, die Willenserklärung im Hinblick auf die Erfüllung der Schuld oder eine möglicherweise konkludent abgegebene Verzichtserklärung betrifft. XI. Sowohl der Primär- als auch der Ersatzleistung kann ein die Erbrin­ gung ausschließendes Leistungshindernis entgegenstehen. Dabei ist zwischen drei Zeitpunkten zu unterscheiden. Zunächst ist die Situation von Bedeutung, bei

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der das Leistungshindernis vor Begründung der Primärschuld eintritt. Trifft diese schon vor ihrer Entstehung ein unmöglichkeitsauslösendes Leistungshindernis, so hindert 275 BGB bereits die Entstehung dieser Pflicht. Der verschuldensab­ hängige Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 311a Abs. 2 BGB kann nicht durch die ursprüngliche Ersetzungsbefugnis ersetzt werden. Diese ist mit der ihr zugrunde liegenden Forderung erloschen. Eine zusätzliche Erset­ zungsbefugnis, die sich auf die Schadensersatzforderung bezieht, lässt sich al­ lerdings vereinbaren. Trifft das Leistungshindernis dagegen die Ersatzschuld, so ist das aufgrund der zu diesem Zeitpunkt ausschließlich relevanten Primärschuld bis zum Ersetzungsversuch unbeachtlich. Eine Ersetzung, der in diesem Zeit­ punkt grundsätzlich § 275 BGB entgegensteht, ist in Analogie zu § 265 S. 2 BGB nur zulässig, sofern den Ersetzungsgegner ein diesbezügliches Verschulden trifft. Die Rechtsfolge ist in diesem Fall ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Unmöglichkeit der Ersatzleistung. Daneben ist die Konstellation von Bedeutung, in der das Leistungshindernis nach Entstehung der Primärschuld, aber noch vor der Ausübung der Ersetzungs­ befugnis eintritt. Wird hier die Primärleistung unmöglich, so handelt es sich um einen regulär zu behandelnder Fall der nachträglichen Unmöglichkeit. Wird hingegen der Ersatzanspruch gehindert, so liegt die Besonderheit vor, dass die Unmöglichkeit der Ersatzleistung hier zwar nach Abgabe der Willenserklärun­ gen und damit auch nach dem für § 311a Abs. 2 BGB maßgeblichen Verspre­ chen, jedoch noch vor der späteren Ersetzung eintritt. Erst Letztere verhilft aber der Ersatzforderung zu ihrer Wirksamkeit und bildet damit – unabhängig von der Frage, ob die geschuldete Leistung oder der gesamte Anspruch substitu­ iert wird – den Zeitpunkt des theoretisch erstmalig begründeten Verlangens. Die Erfüllung ist somit bereits ausgeschlossen, wenn das darauf gerichtete Ver­ sprechen seine Wirkung entfalten soll. In zeitlicher Hinsicht müssten also die Regeln der anfänglichen Unmöglichkeit zur Anwendung gelangen. Dabei ist je­ doch problematisch, dass nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB die Kenntnis bzw. zu vertretenden Unkenntnis für eine eventuelle Haftung maßgeblich sind. Im Zeit­ punkt der Begründung der Ersetzungsbefugnis bestand das Leistungshindernis aber noch nicht, so dass dem Gestaltungsgegner auch nicht vorgeworfen werden kann, er habe die Ersetzungsbefugnis im Wissen oder in fahrlässiger Unkenntnis um die Leistungsstörung eingeräumt. Wenn er aber erst nach der Begründung der Befugnis, jedoch noch vor ihrer Ausübung durch den Berechtigten Kenntnis vom unmöglichkeitsauslösenden Leistungshindernis erhält, so besteht für ihn überhaupt keine Möglichkeit mehr, um auf das Substitutionsversprechen hin­ sichtlich der Ersatzleistungsverpflichtung einzuwirken. Die Situation ist daher vergleichbar mit der Stellung des antragenden Schuldners, der nach der Abgabe seines Angebotes vom Bestehen eines anfänglichen Leistungshindernisses er­ fährt. Auch hier ist eine Lösung in der entsprechenden Anwendung von § 265 S. 2 BGB zu suchen. Für den Verschuldensmaßstab ist dabei jedoch in Anleh­ nung an die vorzugswürdig erscheinende Lösung im oben genannten Vergleichs­

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fall § 311a Abs. 2 BGB teleologisch zu reduzieren. Sofern der Ersetzungsgegner die Unmöglichkeit der Leistung jedoch vorsätzlich herbeigeführt hat, haftet er in Analogie zu den §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 Abs. 1 S. 1 BGB auf Schadensersatz. Mit einer direkten Anwendung der im BGB bestehenden Regeln lässt sich dagegen wieder die Situation des Eintritts der die Unmöglichkeit auslösenden Leistungsstörung nach der Ersetzung lösen. In diesem Fall ist allein die Ersatz­ leistung von Bedeutung, bei deren Unmöglichwerden die Regeln der nachträgli­ chen Unmöglichkeit gelten. XII. Im BGB findet sich eine Vielzahl gesetzlicher Fälle der Schuldner- und Gläubigerersetzungsbefugnis.

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Personenverzeichnis Blümich 56 – 57, 231 Bosse 83 – 84, 94, 115 Bötticher 85, 96

Litten 39 Medicus 64 – 65

Bracklo 43

Moritz 34

Canaris 210, 224

Penner 232

Dechamps 31, 73, 218 Endemann 34 Erler 46, 52, 72 Faust 234 Fikentscher 65 – 67 Flume 215, 230 Gärtner 232 Gernhuber 61 Gernsheim 27, 36, 42, 46, 52, 57, 61, 83, 162, 245 Grothe 156 Heck 34 Herzberg 83, 231 Hirata 58, 62 Kiehl 143 Kleinschmidt 86 – 88, 142, 151

Pescatore 34 – 35, 38 – 39, 48 Radbruch 88 Rauscher 224 Regelsberger 29 – 30, 33, 35, 38 – 39, 53, 63, 71 – 72, 75 Rieble 118, 140 Scholz 67, 97, 141 Siber 19, 31, 34, 39 Spiro 158 Steffen 105 Steinbeck 108 Tettinger 236 – 238 Thiele 97 von Tuhr 215 Wächter 71 Wagner, C. 72 – 73, 79 Wagner, E. 49, 71 – 72

Langheineken 31, 33, 39

Weitz 57

Larenz 65, 88, 96

Windel 210

Leonhard 43, 77

Würdinger 96

Sachverzeichnis Abtretungsverbot 93 Affektionsinteresse 52, 137 Analogie 142, 144, 156, 215, 220, 228 – Analogiefähigkeit der Norm 156 – offene und verdeckte Lücke 89 – singularia non sunt extenda 156 – Voraussetzungen 88, 216 Änderungsvertrag 47 – Zweifelsregel 50 Anfechtung – Berechtigte 92, 199 – 200 – Bestätigung 140, 151 – Bindung 120 – der Verzichtserklärung 194, 198, 201 – Erklärungsbewusstsein 194 – 196, 199, 201 – 202 – Frist 199 – Gegenstand 200 – Motivirrtum 197 – Recht 85, 199, 201 – 202 – Täuschung und Drohung 203 – Zeitpunk der Anfechtbarkeit 170 – Zeitpunkt der Forderungsentstehung 161 Aufdrängungsschutz 93, 149 Aufdrängungsschutzes 94 Aufrechungsausschluss 93 Aufwendungen 23, 258 Aufwendungsersatz 22, 245 Ausschlussfrist 163 – 164 Bedingung – conditio in praesens vel in praeteritum collata 128

– Potestativbedingung 126 – 127 – Rechtsbedingung 129 – Schadensersatz 215 – Suspensiv- und Resolutivbedingung 30 Befristung – Abgrenzung zur betagten Forderung 130 – sicherer Termin 129 – unsicherer Termin 130 Beweis 143, 155, 165, 167 culpa in contrahendo 229 – 230 Elektive Konkurrenz 249

215 – 217, 224,

44 – 45, 244 – 245,

Erfüllung 42, 65, 68, 75, 244 essentialia negotii 41, 54 Festofferte 95 Fristrücknahme 93 Gestaltungsrecht – Ausübungsermächtigung 108 – Bedingungsfeindlichkeit 124 – Befristungsfeindlichkeit 129 – Erklärungsadressat 115 – Gestaltungsantragsrecht 247 – Gestaltungserklärung 114 – Rechtsnatur 41 – subjektives Recht 40 – Übergang bei Schuldübernahme 107 – Übergang bei Vertragsübernahme 105

Sachverzeichnis – Übergang durch Zession der Forderung 106 – Verbrauch 117 – Verzicht 86 – 88, 140 – 148 Kündigung 120, 160, 170 Leistung an Erfüllungs statt – Rechtsnatur 58 – relevanter Zeitpunkt 60 – Wirkung 59 Mängelgewährleistungsrecht 160, 248 – 249 Modalität 55 Novation 48, 55 Option 98, 163 – 164 Privatautonomie 53, 55 – 56, 82, 111, 138 Recht aus der Offerte 95 Rücktritt 44, 116, 153, 156 – 157 – Ausschluss 160 – im Verzug 180 – Verjährung der Rückabwicklungsforde­ rung 160 – Werkvertrag 177 Schadensersatz – bei anfänglicher Unmöglichkeit 207 – Grundsatz der Naturalrestitution 40, 230 – Mitverschulden 208 – Schadensersatz statt der Leistung 44, 160 – Verhältnis von Schadensersatz- und Er­ füllungsanspruch 206 Stellvertretendes commodum 207, 244 Treu und Glauben 135, 169 – 170, 178, 182, 187 – 190

285

Unmöglichkeit – Abgrenzung zum Wegfall der Ge­ schäftsgrundlage 238 – anfängliche Unmöglichkeit 210

204 – 205,

– anfängliche Unmöglichkeit und Mitver­ schulden 208 – bei der Wahlschuld 212, 218 – 224 – Haftungsgrundlage bei anfänglicher Un­ möglichkeit 205 – Unmöglichkeit zwischen Angebot und Annahme 232 – 233 – Verhältnis von Primärleistungspflicht und Schadensersatzanspruch 206 – 207 – Widerruf 235 – 238 Verjährung – Beginn 46, 159, 167 – Gestaltungsrechte 153, 161 – Hemmung 162, 166 – Rücktritt 153, 155 – 158, 160 – Zweck 152, 166 Verwirkung 169 – 170, 181 Verzicht 143 – Definition 141 – Forderungen 143 – Teilverzicht 101 – Verzicht auf ein Gestaltungsrecht 93 Verzug – Annahmeverzug 189 – 191 – Gläubigerverzug und Kausalität 192 – 193 – Rechtsfolgen beim Annahmeverzug 177 – Schuldnerverzug 186 – 187 – Selbstmahnung 187 Vorkaufsrecht 89 – Ausübung 91 – Entstehung 90 – 91 – Rechtsnatur 90 – 91

286

Sachverzeichnis

Vorteil 94, 100 – 104, 131, 133, 185, 211, 260 Wahlschuld – Anspruchsinhalt 36

– duae res in obligatione, una in solutione 36 – Recht zur Fristsetzung 183 – 184 – Unmöglichkeit 212, 218 – 224