Die Vermietung von Immobilien als Problem der Tatbestandsverwirklichung im System der Ertragsteuern: Ein wertorientierter Ansatz zur Konkretisierung des Gewerbetatbestandes am Beispiel der Abgrenzung von Sonder- und Nebenleistungen [1 ed.] 9783428586752, 9783428186754

Die ertragsteuerliche Einordnung der Vermietung von Immobilien als entweder vermögensverwaltende oder gewerbliche Tätigk

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Die Vermietung von Immobilien als Problem der Tatbestandsverwirklichung im System der Ertragsteuern: Ein wertorientierter Ansatz zur Konkretisierung des Gewerbetatbestandes am Beispiel der Abgrenzung von Sonder- und Nebenleistungen [1 ed.]
 9783428586752, 9783428186754

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Schriften zum Steuerrecht Band 177

Die Vermietung von Immobilien als Problem der Tatbestandsverwirklichung im System der Ertragsteuern Ein wertorientierter Ansatz zur Konkretisierung des Gewerbetatbestandes am Beispiel der Abgrenzung von Sonder- und Nebenleistungen

Von

Senel Sokollari

Duncker & Humblot · Berlin

SENEL SOKOLLARI

Die Vermietung von Immobilien als Problem der Tatbestandsverwirklichung im System der Ertragsteuern

S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 177

Die Vermietung von Immobilien als Problem der Tatbestandsverwirklichung im System der Ertragsteuern Ein wertorientierter Ansatz zur Konkretisierung des Gewerbetatbestandes am Beispiel der Abgrenzung von Sonder- und Nebenleistungen

Von

Senel Sokollari

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Jahr 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-18675-4 (Print) ISBN 978-3-428-58675-2 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam im Wintersemester 2021/2022 als Dissertation angenommen. Die Einreichung der schriftlichen Ausarbeitung erfolgte im Oktober 2021; die Disputation fand im April 2022 statt. Relevante Gesetzesänderungen, Rechtsprechungsentscheidungen, Finanzverwaltungserlasse und Literatur haben bis einschließlich September 2021 Beachtung gefunden. Für die fachliche Unterstützung möchte ich herzlich meinem Doktorvater Herrn PD Dr. Lutz Lammers danken, der die vorliegende Arbeit in hervorragender Art und Weise betreut hat und schon während der Studienzeit mein Interesse für das Steuerrecht weckte. Ferner möchte ich Herrn Prof. Dr. Andreas Musil für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens danken. Herrn Prof. Dr. Jens Petersen danke ich für den interessanten fachlichen Austausch während der Disputation. Eine Arbeit wie die hiesige kann ohne die moralische Unterstützung von nahestehenden Personen kaum gelingen. An dieser Stelle besonders hervorzuheben sind mein Bruder und meine Lebensgefährtin, die mir in den Höhen und Tiefen der vergangenen Lebensjahre besonders nah mit Rat und Tat zur Seite standen. Der größte Dank, den auch Worte nicht beschreiben können, gebührt meinen Eltern Lindita und Drini Sokollari. Sie tauschten ihre Heimat und Familie gegen ein mühsames Leben in der Ferne aus, um mir ein glückliches und erfolgreiches Leben zu ermöglichen. Ihnen ist diese Arbeit als Zeichen meiner zutiefst empfundenen Dankbarkeit gewidmet. Berlin, im April 2022

Senel Sokollari

Inhaltsverzeichnis

Einleitung 

13

A. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 B. Vermietung von Immobilien und Zusatzleistungenin der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I. „Schädlichkeit“ von Sonderleistungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 II. „Unschädlichkeit“ von Nebenleistungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 C. Problembeschreibung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Hauptteil 

20

A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen – über die normative Relevanz von Sonderleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 I. Der Methodenstreit – „Gewerbebetrieb“ als Typusbegriff? . . . . . . . . . . . 20 1. Grundsätze der Typusgewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Der leitende Wertungsgesichtspunkt – historischer Exkurs . . . . . 28 b) Erkennen leitender Wertungsgesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 aa) Die Verkehrsanschauung als „untergeordneter“ Wertungsgesichtspunkt des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 bb) Die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme als „leitender“ Wertungsgesichtspunkt des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 c) Zwischenfazit – Hotelier als Typus des gewerblichen Vermieters 37 2. Grundsätze der Zuordnung des Einzelfalles zum Typus . . . . . . . . . . . 38 a) Die Natur der Sache  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Natur der Sache als Natur des Typus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Typusbegriffe und unverzichtbare Merkmale – ein Widerspruch? . . . 44 II. Zwischenfazit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung – Deutung des Sonderleistungsbegriffes und Bestimmung des Anwendungsbereiches im System der Ertragsteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 I. Einheit und Mehrheit von Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Grundsatz: Mehrheit von Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Einheitliche Tätigkeit bei fehlender Trennungsmöglichkeit . . . . . . . . 54

8 Inhaltsverzeichnis II. Der Sonderleistungsbegriff im Einkommensteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Die Abgrenzung von Sonder- und Nebenleistungen als hermeneutisches Problem – systematische und teleologische Auslegung des Sonderleistungsbegriffes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Auslegung aus dem inneren System der Einkommensteuerrechtsordnung und Markteinkommenstheorie als Bezugspunkt . . 59 b) Über die „Auslegungsfähigkeit“ und normative Verbindlichkeit ungeschriebener (Typus-)Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2. Irrelevanz von Gefälligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3. Entgeltlichkeit und Gewinnerzielungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4. Die „Üblichkeit“ der zusätzlichen Leistung als Kriterium? . . . . . . . . 71 5. Die (wirtschaftliche) Funktion der Zusatzleistung als Maßstab – ­eigenständige Marktleistung oder „notwendiger“ Bestandteil der konkreten Vermietungstätigkeit?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) (Zivil-)Rechtliche Betrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 b) Wirtschaftliche Betrachtungsweise des Sonderleistungsbegriffes . 76 c) Differenzierung nach konkretem Mietobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 6. Zuordnung der einheitlichen Tätigkeit: Fällt die Sonderleistung ins Gewicht?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 III. Der Sonderleistungsbegriff im Gewerbesteuerrecht   . . . . . . . . . . . . . . . . 82 1. Die Gewerbesteuer als Ertragsteuer – zum systematischen Verhältnis von Gewerbesteuer und Einkommensteuer   . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2. Zusammenwirken zweier Teilrechtsordnungen kraft gesetzlichem Verweis – Relevanz von Sonderleistungen bei der B ­ estimmung des Steuergegenstandes in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG  . . . . . . . . . . . . . . . 85 3. Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen . 86 a) Rechtssystematische Einordnung des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Sog. „Fondsstandortgesetz“ vom 03.06.2021: Gewährung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung trotz Erbringung von Sonderleistungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter – Zurechnungsprinzipien und Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 I. Die Zurechnungsthematik in der Steuerrechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes als Ausgangspunkt: Zurechnung von Leistungen, die der Dritte „für den Vermieter erbringt“ . . . 92 2. Finanzgericht Baden-Württemberg: Unterscheidung zwischen „sog. Grund- und Wahlleistungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3. Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Auf wessen „Veranlassung“ wird der Dritte tätig?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Eigener Ansatz: Lösung der Zurechnungsproblematik von Sonderleistungen Dritter durch das Veranlassungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

Inhaltsverzeichnis9 1. Allgemeine Vorüberlegungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Veranlassungsprinzip als allgemeines Zurechnungsprinzip?  . . . . . . . 99 a) Kausalität im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne als Grundlage des Veranlassungsprinzips  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Herausarbeitung des juristisch relevanten Kausalverlaufes . . . . . 102 aa) Die Bedeutung des inneren Systems des Rechts für die Herausarbeitung des juristisch relevanten Kausalverlaufes  . 103 bb) Ergänzende Funktion der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (gesetzesteleologischer Maßstab)? . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Exkurs: Feststellung von Kausalität und Anscheinsbeweis . . . . . 110 3. Zwischenfazit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Auslagerung gewerblicher Aktivitäten und eigenständige Sonderleistungserbringung durch ein Serviceunternehmen . . . . . . . . . . . . . . 114 2. „Service aus einer Hand“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Treuhandmodelle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Weitervermietungsmodell  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3. Zulässige Gestaltungsmittel oder unzulässiger Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4. Die Betriebsaufspaltung als Fallstrick und methodologische Heraus­ forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Personelle Verflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Sachliche Verflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

Zusammenfassung der Ergebnisse 

129

A. Zusammenfassung der Ergebnisse des Ersten Hauptteils . . . . . . . . . . . . . . . . 129 B. Zusammenfassung der Ergebnisse des Zweiten Hauptteils . . . . . . . . . . . . . . . 131 C. Zusammenfassung der Ergebnisse des Dritten Hauptteils . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere(r) Ansicht/Auffassung a. a. O. am angegebenen Ort Abs. Absatz AO Abgabenordnung Art. Artikel Aufl. Auflage BB Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) BeckRS Beck-Rechtsprechung BeckVerw Datenbank der Verwaltungserlasse in beck-online Beschl. Beschluss BFH Bundesfinanzhof BFH/NV Sammlung der nicht veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BGB Bürgerliches Gesetzbuch BMF Bundesministerium der Finanzen BR Bundesrat bspw. beispielsweise BStBl. Bundessteuerblatt BT Bundestag Buchst. Buchstabe BVerfG Bundesverfassungsgericht bzw. beziehungsweise d. h. das heißt DB Der Betrieb (Zeitschrift) ders. derselbe DStJG Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft (Tagungsband) DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) DStR-Beihefter Deutsches Steuerrecht Beihefter (Zeitschrift) DStRE Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst (Zeitschrift) DStZ Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) EFG Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) EG Europäische Gemeinschaft EL Ergänzungslieferung

Abkürzungsverzeichnis11 EStB

Ertrag-Steuerberater (Zeitschrift)

EStG Einkommensteuergesetz EStR Einkommensteuer-Richtlinien etc.

et cetera

EU

Europäische Union

f. folgende FBeh Finanzbehörde ff. fortfolgende FG Finanzgericht FGO Finanzgerichtsordnung FoStoG Fondsstandortgesetz FR

Finanz-Rundschau (Zeitschrift)

GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

GewStDV Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung GewStG Gewerbesteuergesetz GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls gGmbH

gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHR

GmbH-Rundschau (Zeitschrift)

GmbH-StB

GmbH-Steuer-Berater (Zeitschrift)

GmbH & Co. KG Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft grds. grundsätzlich GrS

Großer Senat

HmbKliSchG

Hamburgisches Klimaschutzgesetz

Hrsg. Herausgeber i. S. v.

im Sinne von

i. V. m.

in Verbindung mit

inkl. inklusive KG Kommanditgesellschaft KSG BW

Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg

KStG Körperschaftsteuergesetz  m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

MüKo

Münchener Kommentar

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

Nr. Nummer NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

12 Abkürzungsverzeichnis NWB Steuer- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) NZM Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht o. Ä. oder Ähnliche/s OFD Oberfinanzdirektion REStG Reichseinkommensteuergesetz  RFH Reichsfinanzhof RStBl. Reichssteuerblatt  Rz. Randziffer S.  Seite Schrb. Schreiben sog. sogenannt StuW Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) u. a. unter anderem Urt. Urteil v. vom vgl. vergleiche Ziff. Ziffer

Einleitung A. Einführung in die Thematik Wer sich mit der ertragsteuerlichen Relevanz1 von Sonderleistungen befasst, begibt sich auf düsteres Terrain. Dabei sind es weniger die Rechtsfolgen, die beim Rechtsanwender Fragezeichen aufwerfen. Dass die Erbringung zusätzlicher Sonderleistungen aus einer für sich genommen vermögensverwaltenden Tätigkeit eine gewerbliche machen kann, ist seit Langem geklärt.2 Schwieriger zu beantworten ist dagegen die Frage nach dem Vorliegen e­iner Sonderleistung. Das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 14.07.20163 ­illustriert dies deutlich. Was war passiert?4 Geklagt hatte eine GmbH, die in den Streitjahren noch eine GmbH & Co. KG (KG) gewesen ist. An der KG waren die Eheleute A zu 99 % und die B zu 1 % als Kommanditisten beteiligt. Komplementärin war die X-GmbH, deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer A war. Neben der X-GmbH (Komplementärin) wurde zu einem späteren Zeitpunkt durch Gesellschafterbeschluss auch der Kommanditistin B Vertretungsbefugnis verliehen. Die KG erwarb Eigentum an einem Grundstück und errichtete darauf ein Einkaufszentrum. Die in dem Einkaufszentrum befindlichen Geschäftsräume vermietete sie an insgesamt 40 Einzelhandels- und Dienstleistungsunternehmen. Mit der C-Verwaltungs-GmbH („Verwalter“) schloss die KG einen sog. „Verwaltervertrag“. Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der C-GmbH war die B. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages der C-GmbH lag der Gesellschaftszweck darin, das Einkaufszentrum in eigenem Namen und für eigene Rechnung zu verwalten sowie alle Verträge abzuschließen, die diesbezüglich erforderlich gewesen sind. In dem Verwaltervertrag verpflichtete sich die C-GmbH unter anderem zur Pflege, Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung sowie zur Reinigung der gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen. Die daraus resultierenden Kosten wurden von dem Verwalter auf die Mieter umgelegt. 1  Der Begriff „Relevanz“ ist – wie sich an geeigneter Stelle noch zeigen wird – anstelle des Begriffes „Verbindlichkeit“ (o. Ä.) aus überlegten Gründen gewählt worden, vgl. Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 1. b). 2  So bereits die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, vgl. RFH, Urt. v. 15.06.1938 – VI 172/37, RStBl. 1938, 899. 3  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. 4  Zweckmäßigerweise wird der Sachverhalt an dieser Stelle verkürzt wiedergegeben.

14 Einleitung Außerdem schloss die C-GmbH als Auftraggeberin mit der M-Management-GmbH („Centermanager“) einen Geschäftsbesorgungsvertrag ab, wozu sich die C-GmbH im Verwaltervertrag mit der KG verpflichtet hatte. Alleinige Gesellschafterin der M-GmbH war wiederum die B, die neben einer weiteren Person zur einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin bestellt wurde. In dem Geschäftsbesorgungsvertrag beauftragte die C-GmbH die M-GmbH mit Beratungs-, Betreuungs- und Verwaltungsaufgaben einschließlich der Entwicklung und Durchführung von werbe- und verkaufsfördernden Maßnahmen für das Einkaufszentrum. Zu diesem Zweck wurde eine Werbegemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gegründet. Mitglieder der Werbegemeinschaft waren die C-GmbH, die M-GmbH sowie 38 der insgesamt 40 Mieter. Die Kosten der Werbe- und verkaufsfördernden Maßnahmen wurden ebenfalls auf die Mieter umgelegt. Zusätzlich dazu hatte jeder Mieter das Recht, für seinen Geschäftsbereich eigenständige Werbung zu betreiben.

Im Mittelpunkt des Rechtstreits stand die Frage, ob die Vermietungstätigkeit der Klägerin noch vermögensverwaltenden Charakter hat oder bereits die Schwelle zur Gewerblichkeit überschritten ist. Diese Rechtsfrage ist nicht nur für die Abgrenzung der Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes und die Entstehung steuerverstrickten Betriebsvermögens bedeutsam. Ein gewerblich tätiges Unternehmen darf außerdem die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen aus § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Anspruch nehmen.5 Es droht der Verlust einer (faktischen) Steuerbefreiung.6 Als Laie könnte man meinen, dass bereits der Abschluss von 40 Mietverträgen mit jeweils unterschiedlichen Mietern die Annahme der gewerblichen Vermietung rechtfertigt. Die Anzahl der Mietobjekte ist jedoch nicht entscheidend. Denn die Vermietungsaktivität ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes auch dann noch der Vermögensverwaltung zuzuordnen, wenn das verwaltete Vermögen umfangreich ist und einen eingerichteten kaufmännischen Betrieb erfordert.7 Vielmehr gibt die Entscheidung Anlass, sich mit der ertragsteuerlichen Relevanz von Sonderleistungen zu befassen. Liegen neben den Voraussetzungen in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG Sonderleistungen vor – so die ständige 5  BFH, Urt. v. 29.04.1987 – I R 10/86, BStBl. II 1987, 603; Urt. v. 18.04.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359. 6  Der Rechtsnatur nach handelt es sich um keine Steuerbefreiungsvorschrift. Jedoch führt die erweiterte Kürzung aus § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bezogen auf die Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes im wirtschaftlichen Ergebnis zu einer Gewerbesteuerbefreiung und hat deshalb den „Charakter einer Steuerbefreiungsvorschrift“, vgl. Roser, in: Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 127. EL Mai 2019, § 9 Rz. 93. 7  BFH, Urt. v. 12.03.1964 – IV 136/61 S, BStBl. III 1964, 364; Urt. v. 06.03.1997 – IV R 21/96, BFH/NV 1997, 762.



B. Vermietung von Immobilien und Zusatzleistungen15

Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes –,8 wird, sofern die Sonderleistungen ins Gewicht fallen, der Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten und ein Gewerbebetrieb begründet (sog. „Schädlichkeit“ von Sonderleistungen). Aus dieser Judikatur ergeben sich insbesondere folgende Fragestellungen: –– Zunächst stellt sich grundlegend die Frage, weshalb die Erbringung zusätzlicher Sonderleistungen – neben der entgeltlichen Immobilienvermietung – zu einer gewerblichen Tätigkeit führen kann. Ein Tatbestandsmerkmal „Sonderleistungen“ sucht der Rechtsanwender innerhalb des gesetzlichen Gewerbetatbestandes (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG) vergeblich. –– Außerdem ist unklar, unter welchen Voraussetzungen eine Sonderleistung vorliegt, da nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht jede Zusatzleistung ertragsteuerlich relevant ist. Dass die Unterscheidung zwischen Sonderleistung und Nebenleistung nicht immer einfach ist, zeigt die Entscheidung des Bundesfinanzhofes deutlich: Anders als der Bundes­ finanzhof nahm die Vorinstanz noch das Vorliegen schädlicher Sonderleistungen an und bewertete die Vermietungstätigkeit der Klägerin deshalb als gewerblich.9 –– Schließlich wirft die Entscheidung die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen Sonderleistungen Dritter dem Vermieter als eigene zugerechnet werden können; dies deshalb, weil im Ausgangssachverhalt nicht die Vermieterin/Klägerin die Zusatzleistungen an die Mieter erbrachte, sondern dies durch andere Rechtssubjekte geschah. Weil aber der Bundesfinanzhof bereits in einem Vorschritt das Vorliegen von Sonderleistungen verneinte, lies er diese Zurechnungsfrage explizit offen.

B. Vermietung von Immobilien und Zusatzleistungen in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes I. „Schädlichkeit“ von Sonderleistungen Die steuerrechtliche Rechtsprechung zur Schädlichkeit von Sonderleistungen bringt Vermieter bzw. Vermietungsgesellschaften in eine prekäre Situation. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, reicht die ausschließliche Vermietung von Immobilien in aller Regel nicht aus. Zusätzliche Leistungen gehören deshalb in der Rechtswirklichkeit zum normalen Standard. Demgegenüber steht die Gefahr, dass die Vermietungstätigkeit den Rahmen der Vermögens8  Näher 9  FG

zu dieser Rechtsprechung sogleich in der Einleitung, Punkt B. I. Niedersachsen, Urt. v. 26.06.2013 – 7 K 10056/09, DStRE 2015, 266.

16 Einleitung

verwaltung verlässt und gewerblichen Charakter annimmt, wenn die Zusatzleistung eine schädliche Sonderleistung verkörpert. Das Steuerrecht gibt dem Steuerpflichtigen nicht gerade einfach zu ver­ stehen, welche Zusatzleistung bereits schädliche Sonderleistung oder noch unschädliche Nebenleistung ist. In einer Vielzahl von Entscheidungen der Steuer­rechtsprechung10 liest man den Passus, dass der Charakter der Vermögensverwaltung verloren ginge, „wenn wegen bestimmter, ins Gewicht fallender, bei der Vermietung von Räumen nicht üblicher Sonderleistungen des Vermieters eine gewisse unternehmerische Organisation erforderlich ist. […] Die Sonderleistungen müssen ins Gewicht fallen und dürfen nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen miterledigt werden können.“

Sicherlich führt eine solch offene Judikatur zu mehr Flexibilität und ermöglicht eine weitreichende Differenzierung je nach Einzelfall. Der Preis, der dafür bezahlt wird, ist jedoch nicht gerade gering. Denn Begrifflichkeiten wie „ins Gewicht fallend“ oder „nicht üblich“ lassen aufgrund ihrer hohen Unbestimmtheit an Rechtsklarheit zu wünschen übrig. Zu Recht wird daher die Abgrenzung zwischen schädlicher Sonderleistung und unschädlicher Nebenleistung seit jeher als ein „Spiel mit dem Feuer“ angesehen.11 Das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 14.07.201612 schafft zunächst etwas mehr Klarheit. Die Frage, ob eine Zusatzleistung noch üblich ist, sei „objektbezogen anhand des Vermietungsobjektes“ zu beantworten. Unter Berücksichtigung dieser objektbezogenen Betrachtungsweise liegen unschädliche Nebenleistungen vor, so der Bundesfinanzhof, wenn die Zusatzleistung lediglich der vertraglich vereinbarten Nutzung der Mieträume dient, mithin (überwiegend) wirtschaftliche Interessen des Vermieters im Vordergrund stehen. Erst wenn dieser Rahmen überschritten wird und wirtschaftliche Interessen des Mieters im Vordergrund stehen, könne die Erbringung der Zusatzleistung als eigenständiges Herantreten an den Markt verstanden werden, sodass eine eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, die den Charakter einer schädlichen Sonderleistung hat. Diese Rechtsprechung wird bislang von den Finanzgerichten übernommen;13 im Schrifttum wird sie (jedenfalls im Ergebnis) zum Teil kritisiert.14 Somit entscheiden „objektbezogene Besonderheiten“ de lege lata über die steuerrechtlichen Auswirkungen der Erbringung von Zusatzleistungen neben 10  Vgl. BFH, Urt. v. 24.10.2000 – IX R 58/97, BFH/NV 2001, 752; Urt. v. 14.01.2004 – X R 7/02, BFH/NV 2004, 945, jeweils m. w. N. 11  Geerling, NZM 1998, 800, 801. 12  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. 13  FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.11.2019 – 8 K 8055/17, DStRE 2020, 859. 14  Wacker, in: Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 15 Rz. 82.



B. Vermietung von Immobilien und Zusatzleistungen17

der Vermietung von Immobilien. Dieselbe Zusatzleistung kann, je nach konkretem Vermietungsobjekt, entweder schädliche Sonderleistung oder unschädliche Nebenleistung sein. Mit anderen Worten formuliert: Schädliche Sonderleistungen für Mieter des einen Objekts können unschädliche Nebenleistungen für Mieter eines anderen Objektes sein.15 Durch OutsourcingModelle versuchen zumindest größere Vermietungsgesellschaften diese Abgrenzungsproblematik zu umgehen, doch übersehen sie bewusst oder unbewusst, dass sie hierdurch in die vom Bundesfinanzhof offengelassene Zurechnungsproblematik hineingeraten.

II. „Unschädlichkeit“ von Nebenleistungen Von den schädlichen Sonderleistungen grenzt die Steuerrechtsprechung – wie schon zuvor ersichtlich wurde – in mehreren Entscheidungen die unschädlichen Nebenleistungen ab.16 Sofern lediglich Letztere neben der Vermietung von Immobilien erbracht werden, soll der vermögensverwaltende Charakter der Tätigkeit erhalten bleiben und keine gewerbliche Tätigkeit vorliegen. Die sprachliche Differenzierung zwischen (schädlichen) Sonderleistungen und (unschädlichen) Nebenleistungen wird indessen in der Steuerrechtsprechung nicht streng eingehalten. Mitunter ist auch von „schädlichen Nebenleistungen“17 oder schlichtweg von „Zusatzleistungen“18 die Rede. Der Zusammenhang zwischen Recht und Sprache ist ein umfassender Themenkomplex, der nach wie vor nicht in allen Einzelheiten klar durchdrungen worden ist und an dieser Stelle nicht in aller Ausführlichkeit aufgegriffen werden kann.19 Fest steht jedenfalls, dass die Ermittlung der inhaltlichen Bedeutung eines Rechtsbegriffes logischerweise der vorherigen Festlegung des zu konkretisierenden Begriffes bedarf und das Ziel dieses Prozesses auch in der Abgrenzung verschiedener Rechtsbegriffe voneinander zu erblicken ist.20 Denn die verbindliche Sprechweise des Rechts fordert nicht nur Ver15  So

die Anmerkung von Engers/Hawlitschek, NZM 2017, 85, 90. BFH, Urt. v. 14.02.1989 – IX R 109/84, BStBl. II 1989, 922; FG Hamburg, Urt. v. 23.04.1998 – III 189/95, BeckRS 1998, 14855; FG Hessen, Urt. v. 18.11.1998 – 8 V 2559/98, DStRE 1999, 181. An dieser (begrifflichen) Abgrenzung festhaltend Wacker, in: Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 15 Rz. 83. 17  FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.11.2019 – 8 K 8055/17, DStRE 2020, 859. 18  FG Münster, Urt. v. 11.11.2004 – 14 K 3586/03, EFG 2005, 197. 19  Näher hierzu Kirchhof, Die Bestimmtheit und Offenheit der Rechtssprache, 1987; Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 41 ff.; Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 182 ff.; Feix, Maßstäbe für eine gelungene richterliche Rechtsfortbildung, 2020, S. 59 ff. 20  Feix, Maßstäbe für eine gelungene richterliche Rechtsfortbildung, 2020, S. 59 m. w. N. 16  Vgl.

18 Einleitung

stehbarkeit, sondern in besonderem Maße auch Bestimmtheit und Kontrollierbarkeit von Rechtsbegriffen.21 Vor diesem Hintergrund soll an dieser Stelle eine sprachliche Klarstellung erfolgen: –– Der Begriff „Sonderleistungen“ wird im Rahmen dieser Untersuchung verwendet, um im Kern Leistungen zu beschreiben, die, wenn sie neben der Vermietung von Immobilien erbracht werden, insgesamt eine gewerbliche Tätigkeit begründen können. –– Davon abzugrenzen sind die „Nebenleistungen“. Anders als Sonderleistungen können Nebenleistungen – wie sich noch zeigen wird – unter keinen Umständen einen Gewerbebetrieb begründen und sind daher stets als unschädlich anzusehen. –– Der Begriff „Zusatzleistungen“ ist im Rahmen dieser Untersuchung als neutraler Sammelbegriff zu verstehen und hat keine unmittelbare Bedeutung für die ertragsteuerliche Einordnung der Vermietung von Immobilien als entweder gewerbliche oder vermögensverwaltende Tätigkeit, sondern umfasst in weitem Sinne sowohl Sonderleistungen als auch Nebenleistungen.

C. Problembeschreibung und Gang der Untersuchung Die vielen Unklarheiten in Zusammenhang mit der ertragsteuerlichen Relevanz zu Sonderleistungen haben ihre Ursache besonders darin, dass die methodischen Grundlagen bislang nicht ausreichend durchdrungen worden sind. Dem wird sich der Erste Hauptteil dieser Untersuchung widmen, indem zuallererst die Frage behandelt wird, weshalb die Erbringung zusätzlicher Sonderleistungen überhaupt einen Gewerbebetrieb begründen und damit zu gewerblichen Einkünften führen kann. Denn das Gesetz erwähnt an keiner Stelle explizit, dass der Vermieter von Immobilien bei Erbringung zusätz­ licher Sonderleistungen den Gewerbetatbestand verwirklichen kann, weshalb das Problem der Sonderleistungen auch ein Problem der Rechtsfindung und Tatbestandsverwirklichung im Steuerrecht ist. Ganz besonders im Fokus der Untersuchung steht dabei die Frage, ob der Begriff „Gewerbebetrieb“ in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ein Typus- oder Klassenbegriff ist. Im Zweiten Hauptteil wird zunächst der steuerrechtliche Sonderleistungsbegriff näher untersucht und eingegrenzt. Da, der (äußeren) gesetzlichen  Sys­ tematik folgend, auch eine separate Besteuerung von Vermietungstätigkeit und Zusatzleistungen möglich ist, d. h. eine getrennte Zuordnung zu unter21  Kirchhof,

Die Bestimmtheit und Offenheit der Rechtssprache, 1987, S. 5.



C. Problembeschreibung und Gang der Untersuchung19

schiedlichen Einkunftsarten, wird zunächst die Problematik der Einheit und Mehrheit von Tätigkeiten dargestellt. Ein besonderer Fokus liegt anschließend in der Deutung des Sonderleistungsbegriffes und der Frage, welche hermeneutischen Mittel hierfür zur Verfügung stehen. Zudem verlangt die vom Bundesfinanzhof jüngst angestellte objektbezogene Betrachtungsweise einen Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz. Nachdem die einkommensteuerlichen Grund­lagen erarbeitet worden sind, wird der Sonderleistungsbegriff im Gewerbesteuerrecht untersucht. Die gewonnenen Erkenntnisse wirken sich besonders auf die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG) aus, sodass die Frage nach der systematischen Einbettung und Auslegung der Vorschrift näher behandelt wird. Anschließend werden im Dritten und letzten Hauptteil die Grundsätze der Zurechnung von Sonderleistungen Dritter behandelt. Insoweit gilt es, nach einer Übersicht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sowie der Finanzgerichte Prinzipien herauszuarbeiten, die der Zurechnungsdogmatik von Sonderleistungen Dritter zugrunde liegen. Hierzu gehört auch die systematische Verortung der Zurechnungsproblematik. Letztlich stehen sog. Outsourcing-Modelle auf dem Prüfstand. Zur Verdeutlichung wird mit praxisrelevanten Fallbeispielen gearbeitet. Die Betriebsaufspaltung als methodologische Herausforderung und Fallstrick in Ausgliederungssachverhalten wird zum Abschluss behandelt, wobei der Schwerpunkt auf die sog. kapitalistische Betriebsaufspaltung sowie einzelne Probleme der personellen Verflechtung zwischen zwei Unternehmen gelegt wird.

Hauptteil A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen – über die normative Relevanz von Sonderleistungen I. Der Methodenstreit – „Gewerbebetrieb“ als Typusbegriff? Ausgangspunkt jeder methodischen Überlegung muss das geschriebene (positive) Recht sein. Die Steuerrechtsordnung als Gesamtheit verschiedenartiger Steuerrechtsnormen verhält sich jedoch zur ertragsteuerlichen Relevanz von Sonderleistungen schweigsam. Dass die Erbringung zusätzlicher Sonderleistungen neben der Nutzungsüberlassung zur gewerblichen Vermietung führen kann, ist gesetzlich nicht geregelt. Der Begriff der „gewerblichen Vermietung“ wird vom Steuergesetzgeber im Einkommensteuerrecht nicht verwendet. Stattdessen wird in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG der Gewerbebetrieb abstrakt definiert, als eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.1

Nimmt man diese Definition streng, so müsste ein Vermietungssachverhalt in der Regel den gewerblichen Einkünften zugeordnet werden – unabhängig davon, ob im konkreten Sachverhalt Sonderleistungen erbracht werden oder nicht. Denn die auf Wiederholung angelegte Vermietung eines Objektes an einen (fremden) Dritten gegen Entgelt erfüllt regelmäßig sämtliche Merkmale, die in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG genannt werden:2 Es handelt sich um 1  Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal „keine private Vermögensverwaltung“ wird an dieser Stelle bewusst nicht thematisiert, da deren methodischen Grundlagen weiterhin umstritten sind, vgl. Buge, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 300. EL Oktober 2020, § 15 EStG Rz. 1100 ff. m. w. N. Vorzugswürdig erscheint es daher, zunächst die methodischen Grundlagen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG zu er­ forschen, bevor anschließend das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal „keine private Vermögensverwaltung“ innerhalb eines ersten Zwischenfazits (Erster Hauptteil, Punkt A. II.) aufgegriffen und dogmatisch eingeordnet wird. 2  Jakob, Der Steuertatbestand im Grenzbereich zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 115, 117.



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen21

eine selbständige nachhaltige Betätigung, die typischerweise mit Gewinn­ erzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Außerdem handelt es sich weder um die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch um die Ausübung eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Arbeit. Eine streng am Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG orientierte Auslegung hätte somit die ertragsteuerliche Irrelevanz von Sonderleistungen zum Ergebnis. Hinter dieser Leseart verbirgt sich indessen eine Welt vorentschiedener Stellungnahmen. Wer die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG im Sinne eines strengen „entweder – oder“ dahin gehend interpretiert, dass bei vollständiger Merkmalserfüllung im Einzelfall ohne Weiteres eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, ordnet den Gewerbebetriebsbegriff (stillschweigend) den sog. Klassenbegriffen zu.3 Innerhalb der Jurisprudenz herrscht jedoch weitgehend Konsens darüber, dass (Rechts-)Begriffe wie bspw. der Begriff Gewerbebetrieb nicht nur Klassenbegriffe sein können. Eine weitere Begriffsart stellen die sog. Ordnungsbegriffe dar.4 Die strenge Dichotomie zwischen Ordnungsbegriffen und Klassenbegriffen geht – soweit ersichtlich – auf Hempel und Oppenheim zurück.5 Hempel und Oppenheim äußern in ihrer Untersuchung Kritik an den herkömmlichen Klassenbegriffen, da jene – so Hempel und Oppenheim – der „Abstufbarkeit der empirischen Objekteigenschaften Gewalt antun“.6 Darum stellen sie der Theorie der Klassenbegriffe eine gleichberechtigte Theorie der Ordnungsbegriffe an die Seite,7 die Radbruch prägnant wie folgt formuliert:8 „Die Denker, von deren Arbeit hier gesprochen werden soll, Paul Oppenheim und sein Mitarbeiter Carl G. Hempel, stellen den Begriffen der traditionellen Logik, die sie wegen ihrer klassifikatorischen Aufgabe Klassenbegriffe nennen, eine andere Art von Begriffen gegenüber, die Ordnungsbegriffe. Die Klassenbegriffe sind zusammengesetzt aus Merkmalen, die man einer Einzelerscheinung nur entweder 3  Mitunter ist auch vom „Allgemeinbegriff“, „abstrakt-allgemeinen Begriff“ oder schlicht von „dem Begriff“ als Synonym für Klassenbegriffe die Rede (Übersicht bei Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 8 m. w. N.; Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Aufl. 1982, S. 47). 4  Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 8. 5  Hempel/Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, 1936. Streng genommen handelt es sich hierbei um eine Untersuchung auf den Gebieten der Psychologie und Medizin. Im Rahmen der Abhandlung wird allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse auch über das gewählte Anwendungsgebiet hinaus Anwendung finden können, vgl. Hempel/Oppenheim, a. a. O., S.  3. 6  Hempel/Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, 1936, S. 2. 7  Hempel/Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, 1936, S. 121. 8  Radbruch, Klassenbegriffe und Ordnungsbegriffe im Rechtsdenken, in: Der Handlungsbegriff in seiner Bedeutung für das Strafrechtssystem, Sammelwerk, 1967, S. 167.

22 Hauptteil zu- oder absprechen kann, die Ordnungsbegriffe dagegen enthalten abstufbare Eigenschaften, Eigenschaften die man einer Einzelerscheinung in verschiedenem Maße, in höherem oder geringerem Grad, zuerkennen kann.“

Wichtigste Form der Ordnungsbegriffe sind die sog. Typusbegriffe.9 Während Klassenbegriffe abschließend definiert sind, entziehen sich Typusbegriffe einer festen Definition.10 Der Einzelfall wird unter einen Klassenbegriff subsumiert, wenn sämtliche Begriffsmerkmale erfüllt sind, einem Typusbegriff dagegen lediglich zugeordnet, sofern eine bestimmte Ähnlichkeit zum Typus besteht.11 Typusbegriffe haben zwar einen festen Kern, aber keine festen Grenzen, so dass das eine oder andere Merkmal, das den Typus kennzeichnet, im konkreten Fall fehlen kann.12 Entscheidend dafür, dass der Sachverhalt dem Typusbegriff zugeordnet werden kann, ist vielmehr, dass die Typusmerkmale in solcher Intensität erfüllt sind, dass der Sachverhalt insgesamt dem Erscheinungsbild des Typus entspricht13 und somit der konkrete Fall mit dem gesetzlich umschriebenen Typus vergleichbar ist.14 Im steuerrechtlichen Schrifttum herrscht Streit darüber, ob unter Gewerbebetrieb in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ein Typusoder Klassenbegriff zu verstehen ist.15 Der herrschenden Auffassung, die den 9  Radbruch, Klassenbegriffe und Ordnungsbegriffe im Rechtsdenken, in: Der Handlungsbegriff in seiner Bedeutung für das Strafrechtssystem, Sammelwerk, 1967, S. 167, 168. Der Ausdruck „Typusbegriff“ ist – so der Hinweis von Engisch – als „in sich widersprüchlich beanstandet worden, da Typus und Begriff etwas völlig unterschiedliches seien“, vgl. Engisch, Die Idee der Konkretisierung in Recht und Rechtswissenschaft unserer Zeit, 1953, S. 264; kritisch zum Ausdruck „Typusbegriff“ auch Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 165 ff. Im Rahmen dieser Untersuchung soll gleichwohl mit der Begründung Engisch’s (a. a. O., S. 264) der Ausdruck „Typusbegriff“ verwendet werden: „Unterscheidet man aber zwischen einem Begriff im weiteren Sinne und einem Begriff im engeren Sinne (der letztere als Gegensatz zum Typus im logischen Sinne verstanden, als reiner Allgemeinbegriff oder Klassenbegriff oder Gattungsbegriff), so kann man auch den Typus im Sinne der logischen Figur als Typusbegriff, nämlich als Begriff im weiteren Sinne (im Gegensatz zum Objektsbereich) bezeichnen.“ Festhaltend am Ausdruck Typusbegriff auch Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 8. 10  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 221. 11  Engisch, Die Idee der Konkretisierung in Recht und Rechtswissenschaft unserer Zeit, 1953, S. 243. 12  Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Aufl. 1982, S. 47. 13  Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 34. 14  Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 105. 15  Für die Einordnung als Typusbegriff: Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 8; Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S.  298 ff.; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 105; Zugmaier, FR 1999, 997, 999; Altfelder, FR 2000, 349, 354; Pahlke, DStR-Beihefter 2011, 66, 68; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2020, § 4 AO Rz. 369; Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 280. EL August 2017, § 15



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen23

Begriff Gewerbebetrieb als Typusbegriff interpretiert, steht die allgemeine Kritik an Typusbegriffen gegenüber, wonach Typusbegriffe rechtsstaatlich abzulehnen seien, da sie gegen den Gewaltenteilungs- und Bestimmtheitsgrundsatz verstoßen würden.16 Zwei Zitate stellvertretend:17 –– „Die Voraussetzungen des Typusbegriffs sind unklar, unbestimmt und rechtsstaatlich nicht einwandfrei. Tatbestände müssen so beschaffen sein, dass ihr Inhalt und ihre Grenzen nach Voraussetzungen und Rechtsfolgen bestimmt werden können.“ –– „Die Verwendung offener Typusbegriffe führt zu einer Reduzierung des gesetzlichen Tatbestandes auf den vermeintlichen Normaltyp, dessen gesetzlich nicht fixiertes Aussehen durch den Rechtsanwender bestimmt wird, zu einer Entfernung vom Gesetz und von der teleologischen Interpretation.“ Zusätzlich dazu wird auf die ideologische Vorbelastung hingewiesen, um – so offenbar die Intention der Kritiker – damit die Willküranfälligkeit der Typusbegriffe zu belegen.18 Mitunter ist auch von einer „Verirrung des Denkens“ die Rede.19 Für diese Untersuchung ist dieser Methodenstreit deshalb relevant, weil die typologische Betrachtungsweise die Grundlage der ertragsteuerlichen Relevanz von Sonderleistungen bilden kann. Versteht man den Begriff Gewerbebetrieb als Typusbegriff, so ist die vermeintliche Definition in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG als Beschreibung zu verstehen, die im Einzelfall durch Hinzufügung weiterer Merkmale konkretisiert werden muss.20 Ist der Begriff EStG Rz. 1004; Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020, Rz. 415; dagegen: Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghof, EStG, 270. EL Juli 2016, § 15 Rz. B  3; Heuermann, DStJG 30 (2007), 121, 125. Grundsätzlich ablehnend gegenüber der Verwendung von Typusbegriffen im Steuerrecht: Weber-Grellet, Der Typus des Typus, in: Festschrift für Heinrich Beisse zum 70. Geburtstag, 1997, S. 551, 568 ff.; Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161 ff. 16  Weber-Grellet, Der Typus des Typus, in: Festschrift für Heinrich Beisse zum 70. Geburtstag, 1997, S. 551, 568, 569; Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 169. 17  Weber-Grellet, Der Typus des Typus, in: Festschrift für Heinrich Beisse zum 70. Geburtstag, 1997, S. 551, 568, 569 (beide Zitate). 18  Rüthers, NJW 1996, 1249. Die ideologische Vorbelastung folgt daraus, dass Typusbegriffe insbesondere während der Zeit des Nationalsozialismus in der juristischen Methodenlehre eine Blütezeit erlebten, siehe bspw. Larenz, Über Gegenstand und Methode des völkischen Rechtsdenkens, 1938; Schmitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens, 3. Aufl. 2006, S. 18 ff. 19  Siehe Nachweise bei Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 167. 20  Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 10; vgl. auch Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 90.

24 Hauptteil

Gewerbebetrieb demgegenüber ein Klassenbegriff, gerät die Rechtsprechung zur ertragsteuerlichen Relevanz von Sonderleistungen in methodische Begründungsnot, da – streng positivistisch betrachtet – sich die Relevanz jedenfalls nicht aus dem Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ergibt. Zur Lösung des Methodenstreites erscheint es notwendig, die methodischen Grundlagen der am Typus orientierten Rechtsfindung genauer zu betrachten. Dazu ist insbesondere die Nähe der Typusbegriffe zur teleologischen Auslegung zu erforschen, die daraus folgt, dass sowohl die Typusbildung als auch die Zuordnung des Einzelfalles zum Typus festen (teleologischen) Grundsätzen folgt, sog. „leitenden Wertungsgesichtspunkten“.21 Nicht immer wird deutlich, ob die leitenden Wertungsgesichtspunkte der Typusbildung oder aber der sich anschließenden Rechtsanwendung in Form eines wertenden Ähnlichkeitsvergleiches zugeordnet werden.22 Nach hier vertretener Auffassung müssen diese zwei Prozesse getrennt werden.23 Denn erst wenn der Typus als Zuordnungsmaßstab feststeht, können anschließend die Grundsätze der Zuordnung des Einzelfalles zum Typus festgemacht werden. Eng damit verknüpft ist die umstrittene Frage, ob Typusbegriffe unverzichtbare Merkmale aufweisen können oder einzelne Merkmale, ganz gleich ob positiv geregelt oder nicht geregelt, im Einzelfall fehlen können.24 Erst wenn schlussendlich die vorstehenden Kritikpunkte widerlegt werden können, also Typusbegriffe insbesondere kein Mittel der Willkür des Rechtsanwenders darstellen und hinreichend bestimmbar sind, vermag die typologische Betrachtungsweise eine (rechtmäßige) methodische Grundlage für die ertragsteuerliche Relevanz von Sonderleistungen darzustellen.

21  Zur Heranziehung „leitender Wertungsgesichtspunkte“ für die typlogische Rechtsfindung im Steuerrecht siehe Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S.  8 ff.; Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 276; Drüen, StuW 1997, 261, 267. 22  Strahl (Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 219) äußert sich bspw. wie folgt: „Die jeweilige Bildung des Typus geschieht also nach vorangegangener Wertung durch den Menschen; dieser Vorgang wird im Terminus ‚leitender Wertgesichtspunkt‘ unmittelbar zum Ausdruck gebracht.“ Bezugnehmend hierauf ­äußert sich Drüen (StuW 1997, 261, 267) demgegenüber wie folgt: „Typologische Rechtsfindung setzt einen Ähnlichkeitsvergleich voraus. Die Zuordnung zum Typus bedarf der Wertung. Die Wertung wiederum bedarf eines Maßstabes […]. Larenz nennt diesen Maßstab ‚leitender Wertungsgesichtspunkt‘. Nach Strahl sind die leitenden Wertungsgesichtspunkte […]“. 23  So auch Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 54. 24  Vgl. zum Streitstand Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 48 m. w. N.



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen25

1. Grundsätze der Typusgewinnung Die erste Frage, vor der der Rechtsanwender steht, wenn die Typusbildung abverlangt wird, ist die Frage nach dem Adressaten.25 Ist der Typus etwas vom Gesetzgeber Vorgegebenes, das der Rechtsanwender lediglich anhand der Gesetzgebungsmaterialien ermitteln muss? Oder überlässt der Gesetzgeber dem Rechtsanwender, den Typus zu bilden? Der Gewaltenteilungsgrundsatz gebietet nach hier vertretener Auffassung eine Mischung von beidem. Soweit im steuerrechtlichen Schrifttum häufig von sog. „Urbildern“ die Rede ist,26 impliziert dies, dass für die Feststellung des relevanten Typus der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers eine bedeutsame Rolle spielt, der bei der Schaffung der Vorschrift bestimmte Bilder von Gewerbetreibenden vor Augen hatte, kurz: Urbilder. Primär ist es Aufgabe des Gesetzgebers, den gesetzlichen Typus zu beschreiben oder zu bilden.27 Hierüber darf sich der Rechtsanwender nicht ohne Weiteres hinwegsetzen. Andererseits kommt es selten vor, dass der Gesetzgeber diese Urbilder auch konkret benennt. Ähnlich wie unbestimmte Rechtsbegriffe konkretisierungsbedürftig bzw. -fähig sind, muss auch der Typus oftmals erst herausgearbeitet und ggf. „aktualisiert“28 werden. Wie aber erkennt der Rechtsanwender Typusbegriffe, wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich bestimmt, dass ein gesetzlicher Begriff als solcher zu behandeln ist? Das ist eine komplexe und nicht unumstrittene Frage, die vorliegend nicht umfassend behandelt werden kann, sondern beschränkt auf den Untersuchungsgegenstand. Nach hier vertretener Auffassung kann ein Begriff, der eine gesetzliche Legaldefinition erhalten hat – wie bspw. der Begriff Gewerbebetrieb in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG –, dann als Typusbegriff erkannt werden, wenn die gesetzlichen Merkmale objektiv betrachtet „viel zu weit sind, um eine Abgrenzung zu ermöglichen“.29 Es obliegt in diesem Fall dem Rechtsanwender, durch die 25  Vgl.

Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 42 m. w. N. Ausdruck „Urbilder“ findet beispielsweise Verwendung bei Schnorr, NJW 2004, 3214, 3216. 27  Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Aufl. 1982, S. 49. 28  Der Ausdruck „aktualisiert“ soll bezeichnen, dass ein gesetzlicher Typus verschwinden und ein neuer Typus auftauchen kann. Dahinter verbirgt sich grundsätzlich die Erkenntnis, dass „das Gesetz schlauer sein kann als der Gesetzgeber“ und mitunter einer Anpassung an die Herausforderungen der Gegenwart durch den Rechtsanwender bedarf, so auch Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 2 Rz. 33. 29  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 302; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 549. So wohl auch Musil, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 290. EL Januar 2019, § 2 EStG Rz. 91. A. A. wohl Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 256: „Ausschlaggebend ist die Funktion, die der Anwender mit der Norm verbunden wissen will.“ Die Erkennbarkeit von Typusbegriffen vom subjektiven Verständnis der Rechts26  Der

26 Hauptteil

Bildung von Typus und Gegentypus den Tatbestand hinreichend zu konkretisieren, so dass eine sachgerechte Sachverhaltszuordnung gewährleistet ist.30 Die Grundsätze der Typusbildung sind nicht einheit­licher Art, da die juristische Methodenlehre keinen einheitlichen Typusbegriff kennt, sondern verschiedene Typusbegriffe unterscheidet.31 Die Ver­treter der Ansicht, dass der Begriff Gewerbebetrieb in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ein Typusbegriff sei, verstehen darunter einen sog. „normativen Real­ typus“.32 Für die Herausarbeitung des sog. „normativen Realtypus“ ist ein zweistufiges Vorgehen erforderlich. In einem ersten Schritt muss in der Rechtswirklichkeit ein sog. empirischer Typus (Häufigkeitstypus) festgemacht werden.33 Hierbei stehen häufige Erscheinungsbilder, also das Sein, im Vordergrund der Betrachtung durch den Rechtsanwender. Da häufige Erscheinungsbilder maßgebend sind, kann etwas Einmaliges nicht typisch sein.34 Die Einzelerscheinung vermag nicht des Typus Wesen zu bestimmen. In einem zweiten Schritt müssen die vorgefundenen Erscheinungsbilder durch den Rechtsanwender selektiert werden, damit aus dem Sein das gesetzliche Sollen resultiert, mit anderen Worten: das gesetzliche Leitbild, der gesetzliche Typus. Diese Selektierung erfolgt anhand wertender Gesichtspunkte.35 Die „leitenden Wertungsgesichtspunkte“ ergeben sich aus dem Norm­ anwender abhängig zu machen, erscheint rechtsstaatlich bedenklich und ist daher abzulehnen. 30  Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 45. 31  Einzelheiten bei Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 461 ff. So bereits Hempel/Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, 1936, S. 4. 32  Allgemein zum „normativen Realtypus“: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 465 f. Für die Einordnung des Begriffes Gewerbebetrieb als „normativen Realtypus“: Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerecht, 1977, S. 48; Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 39; Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 238 f. 33  Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 86; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 543. 34  Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Aufl. 1982, S. 48. 35  Zur Notwendigkeit wertorientierten Denkens im Zusammenhang mit der „Typusgewinnung“ Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 42 ff., 62 ff., 177 ff. Siehe auch Strache, Denken in Standards, 1968, S. 67: „Standards sind nicht bloße Aussagen über soziologische Gegebenheiten, sondern normativ verbindliche Maßstäbe. Ihr Geltungsgrund ist daher nicht bereits die empirische Gegebenheit eines Durchschnittsverhaltenstypus, vielmehr bedarf es zu ihrer normativen Gültigkeit einer geschriebenen und ungeschriebenen Norm der positiven Rechtsordnung, welche die Rechtspflicht zu einem dem Normalmaßstab entsprechenden Verhalten allererst begründet.“ Die Verwendung des Begriffes „Standard“ soll nicht irritieren, da das „Den-



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen27

zweck,36 dem Willen des Gesetzgebers37 sowie aus Rechtsprinzipien, die innerhalb der Regelung Niederschlag gefunden haben und – soweit sie aus dem Grundgesetz folgen – Verfassungsrang haben.38 An dieser Stelle wird ganz besonders die Nähe deutlich, die wegen der Notwendigkeit wert­ orientierten Denkens zwischen der teleologischen und der typologischen Rechtsfindung besteht.39 Daraus folgt, dass für die Feststellung des Typus nicht das subjektive Verständnis des Rechtsanwenders zum Rechtsanwendungskriterium gemacht werden darf,40 also kein Widerspruch zu dem objektiv erkennbaren Willen des Gesetzgebers bestehen darf.41 Erst wenn dem Gesetzgeber die ratio legis nicht von vornherein bewusst ist, dürfen Rechtsanwender und Wissenschaft die maßgebenden Wertungsgesichtspunkte und Prinzipien anhand objektiv-teleologischer Kriterien herausarbeiten.42 Somit erweist sich die vermeintliche Ideologieanfälligkeit der typologischen Rechtsfindung in Wahrheit als eine am positiven Recht ausgerichtete Interken in Standards“ Strache lediglich als Aufhänger einer Untersuchung der Typuslehre dient, mithin mit „Standard“ im Rahmen der Untersuchung (a. a. O.) ein Typus gemeint ist. 36  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 465, 468. 37  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 221, konkretisiert die Maßgeblichkeit des gesetzgeberischen Willens dahin gehend, dass der „normative Realtypus“ seine rechtliche Relevanz dadurch erhält, „dass ihm eine bestimmte Rechtsfolge angemessen ist“. „Der Gesetzgeber bildet den Typus im Hinblick auf die Rechtsfolgen, die er an ihn knüpft.“ Darauf aufbauend nennt Strahl „die Rechtsfolge“ als leitenden Wertungsgesichtspunkt der Typusbildung, vgl. Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 228. 38  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 227, 339. Als steuerrechtliches Beispiel darf das Leistungsfähigkeitsprinzip genannt werden, dass als leitender Wertungsgesichtsunkt der Typusbildung herangezogen wird (Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 262 ff.) und – weil es aus Art. 3 des Grundgesetzes abgeleitet wird – Verfassungsrang hat. 39  Vgl. Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 109: „Ein teleologisch gebildeter Typus […]“. Wernsmann, Einkunftsartenabgrenzung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1229, 1238: „Der Typusbegriff […] ermöglicht eine wertende und am Regelungszweck der Norm orientierte Zuordnung.“ 40  Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2020, § 4 AO Rz. 284. 41  So zur teleologischen Auslegung Wernsmann, NVwZ 2000, 1360, 1362 ff. 42  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 336. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass zwischen der ratio legis und dem leitenden Wertungsgesichtspunkt kein Unterschied ersichtlich sei, vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 547. Denkt man diesen Gedanken folgerichtig zu Ende, dürfte die Typusbildung der teleologischen Rechtsfindung zuzuordnen sein (ungeklärt; kritisch gegenüber der Integrierung der typologischen Rechtsfindung in eines der traditionellen Auslegungsverfahren Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 174).

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pretationsmethode. Die leitenden Wertungsgesichtspunkte der Typusbildung sind stets normativer, nicht aber vorpositiver „übergesetzlicher“ Art.43 a) Der leitende Wertungsgesichtspunkt – historischer Exkurs Der Begriff „wertender Gesichtspunkt“ oder „leitender Wertungsgesichtspunkt“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff ohne abschließende Definition. Hiermit soll allgemein zum Ausdruck gebracht werden, dass die Rechtsfindung in der Regel einen Akt der Wertung erfordert, der beispielsweise für die Bildung eines Typus oder die Normanwendung erforderlich ist.44 Wertung im Rahmen der Rechtsfindung ist indessen keine seit jeher vorhandene Selbstverständlichkeit. Unter Vertretern eines strengen Positivismus galt insbesondere im 19. Jahrhundert das Idealbild eines Juristen, der – frei von jeglicher Wertung – allein über eine grammatisch-logische Auslegung des Gesetzes zur Rechtsentscheidung gelangt.45 Ausgehend von einer strengen Disparität zwischen Sollen und Sein, lehnte in seiner strengen Ausprägung der juristische Positivismus die historische und teleologische Gesetzesauslegung mangels Erkenntniswert als unwissenschaftlich ab.46 Die sog. Interessenjurisprudenz, die als eine gemäßigte Strömung des Positivismus gilt, verlangte demgegenüber als Methode der Gesetzesauslegung „die historische Interessenforschung“. Beim Vorliegen einer Gesetzeslücke verlangten die Vertreter der Interessenjurisprudenz, dass der Rechtsanwender die Gesetzeslücke anhand der erkennbaren Werturteile des Gesetzgebers und, falls solche nicht erkennbar sind, subsidiär durch „Eigenwertung“ zu schließen hat.47 Als wegbereitend für die völlige Überwindung des strengen juristischen Positivismus gilt Stammler,48 der zwecks Auffinden eines „richtigen Rechts“ die Auffassung vertritt, dass dort, wo das positive Recht nicht weiterhilft, (überpositive) Rechtsprinzipien und Rechtsideen heranzuziehen sind. Der südwestdeutsche Neukantianismus, dem Radbruch angehörte, ging noch einen Schritt weiter: Die Rechtsprinzipien und Rechtsideen setzen nicht nur dort ein, wo das positive Recht keine Antwort enthält, sondern bestimmen Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 469. auch Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996,

43  Larenz, 44  So

S. 219. 45  Dazu vertieft Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 2. Aufl. 1969, S. 76. Der juristische Positivismus geht zurück auf Bergbohm, Jurisprudenz und Rechtsphilosophie, 1892. Freilich entstand auch der Positivismus nicht aus sich selbst heraus; wegbereitend ist insbesondere die sog. „formale Begriffsjurisprudenz“ gewesen, als deren Wortführer Puchta gilt, vgl. Puchta, Cursus der Institutionen, 7. Aufl. 1872. 46  Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl. 1960, S. 349. 47  Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, 1914, S. 160. 48  Stammler, Die Lehre von dem richtigen Rechte, 1902.



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bereits die Auslegung und Fortentwicklung des positiven Rechts.49 Sowohl der strenge Rechtspositivismus als auch die an einer (übergesetzlichen) Rechtsidee orientierte Rechtsanwendung erhalten in der Zeit des National­ sozialismus eine beispiellose Pervertierung;50 die „völkische Weltanschauung“ wird zur obersten Rechtsidee erklärt,51 der (positivistische) Grundsatz „Gesetz ist Gesetz“ gilt selbst dort, wo heutiges Verfassungsrecht evident ge­brochen wird.52 In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt sich die sog. „Wertungsjurisprudenz“, die einerseits für sich beansprucht, die Mängel der Interessenjurisprudenz zu überwinden, und außerdem versucht, aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus adäquate Folgerungen zu ziehen. Die Disparität zwischen Sollen und Sein wird nicht aufrechterhalten. Vielmehr wird Recht verstanden als „das Entsprechen von Sollen und Sein“.53 Die Vertreter der Wertungsjurisprudenz gehen im Grundsatz von der Maßgeblichkeit des positiven Rechts aus und erkennen gesetzliche Bewertungsmaßstäbe als Folgerungen aus der Gerechtigkeitsidee an. Ihre Anhänger sind sich jedoch nicht in sämtlichen Punkten einig: Handelt es sich bei den Wertungsmaßstäben um solche positiver oder überpositiver Art?54 Während einige Vertreter streng am „Subsumtionsmodell“ festhalten55 und den Typus gänzlich ablehnen,56 heben andere die praktische Bedeutsamkeit des Typus hervor und ordnen diesen dem wertorientierten Denken zu.57 Darüber hinaus wird sogar die Ansicht vertreten, dass alle gesetzlichen Tatbestände wegen ihres Wirklichkeitsbezuges notwendig typologisch gefasst seien.58 Letztlich setzt sich folgende Auffassung durch, die nach einem sachgerechten Ergebnis strebt, indem sie wesentliche Ungleichheiten zu vermeiden versucht: „Ist der Tatbestand einer Norm hinreichend genau definiert, geschieht das Urteil im Wege logischer 49  Radbruch, Rechtsphilosophie, 1932, S. 4; Sauer, Juristische Methodenlehre, 1940, S. 225. Übersicht bei Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S.  92 ff. 50  Umfassend hierzu Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, 7. Aufl. 2012. 51  Larenz, Über Gegenstand und Methode des völkischen Rechtsdenkens, 1938. 52  Siehe dazu und zu den Folgerungen für die Jurisprudenz der Nachkriegszeit die Schrift von Radbruch, Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht, Süddeutsche Juristen-Zeitung 1 (1946), 105 ff. 53  Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Aufl. 1982, S. 18. 54  Übersicht bei Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S.  128 ff. 55  Fikentscher, Methoden des Rechts, Band 4, S. 181. 56  Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, S. 82 ff. 57  Larenz, Grundformen wertorientierten Denkens in der Jurisprudenz, in: Festschrift für Walter Wilburg zum 70. Geburtstag, 1975, S. 217. 58  So zu strafrechtlichen (!) Tatbeständen Hassemer, Tatbestand und Typus, 1968, S.  109 ff.

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Subsumtion; andernfalls durch Konkretisierung, Fallvergleichung, Zuordnung zu einem Typus oder Verdeutlichung der gesetzlichen Wertung“, jeweils mit Blick auf den Einzelfall.59 Auch im Steuerrecht der Gegenwart spielen Wertungsgesichtspunkte eine bedeutsame Rolle. Beispielsweise werden Gesetzesreformvorschläge mit einer „wertenden Betrachtung“ begründet.60 Es gilt grundsätzlich als anerkannt, dass die Rechtsanwendung im Steuerrecht jedenfalls in Zweifelsfällen der „Wertung intra legem“ bedarf.61 b) Erkennen leitender Wertungsgesichtspunkte Der kurze historische Exkurs verdeutlicht, dass der „leitende Wertungsgesichtspunkt“ stets aus dem Regelungszweck, dem Willen des Gesetzgebers und den hinter der Regelung stehenden verfassungsrechtlichen oder einfachgesetzlichen Rechtsprinzipien folgt. Wichtige Konsequenz dieser Erkenntnis ist, dass der leitende Wertungsgesichtspunkt stets für jedes Rechtsgebiet, für jede Norm innerhalb der jeweiligen Rechtsordnung gesondert ermittelt werden muss und keiner uneingeschränkten Vereinheitlichung zugänglich ist. Diese Ermittlung geschieht durch Auslegung der Norm oder eines Normengefüges.62 Die Wertungsgesichtspunkte sind nach hier vertretener Auffassung stets positiver Art und lassen sich induktiv aus der Regelung ermitteln oder folgen aus der Verfassung und wirken im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf die einfachgesetzliche Regelung ein.63 So wird einerseits die Problematik der Verbindlichkeit jener Wertungsgesichtspunkte vermieden, da 59  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 145; ähnlich auch Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 128. Mitunter ist an dem Vorhandensein „übergesetzlicher“ Wertungsmaßstäbe bzw. „vorpositiver“ Rechtsprinzipien festgehalten worden, vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.02.1968 – 2 BvR 557/62, NJW 1968, 1036; aus dem Schrifttum: Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 2. Aufl. 1969, S. 214; Bydlinski, Fundamentale Rechtsgrundsätze, 1988, S. 3, 115. Die Ausführungen des BVerfG (a. a. O.) ließen sich genauso gut Art. 3 Abs. 1 GG zuordnen, sodass der Terminus „übergesetzlich“ zwar in der Entscheidung konsequent, aber nicht zwingend erforderlich erscheint, so die zutreffende Anmerkung von Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, Neuausgabe 2020, S. 21. 60  Siehe beispielsweise den Reformvorschlag des Bundesrates im Zuge des sog. „Jahressteuergesetzes 2020“ zu einer Neuregelung des § 57 Abs. 4 AO, vgl. BRDrucksache 19/23551, 21.10.2020, S. 39. 61  Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 2 Rz. 32 m. w. N. 62  Der Begriff „Auslegung“ beschreibt in weitem Sinne einen Prozess, der den Inhalt der anzuwendenden Norm so weit wie möglich präzisiert, vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 313. Inhalt der anzuwendenden Norm sind auch die in ihr zum Ausdruck kommenden leitenden Wertungsgesichtspunkte, die sich folglich durch Auslegung der entsprechenden Norm ermitteln lassen. 63  Näher zur verfassungskonformen Auslegung Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 171 ff.



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen31

die Maßgeblichkeit und Verbindlichkeit aus der Rechtsgeltung der positiven Norm folgt.64 Außerdem wird die Gefahr verringert, dass die Wertung im Rahmen der Typusbildung den Charakter einer reinen Dezision des Rechtsanwenders erhält. Denn wo sich die maßgeblichen Wertungsgesichtspunkte nicht aus dem Gesetz (einschließlich der Verfassung) herleiten lassen, droht die „Beliebigkeit irgendwelcher Wertungen“.65 aa) Die Verkehrsanschauung als „untergeordneter“ Wertungsgesichtspunkt des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG Im Steuerrecht gilt die Auffassung, dass nach dem Willen des Gesetzgebers zur rechtlichen Erfassung empirischer Erscheinungen die Verkehrsanschauung als leitender Wertungsgesichtspunkt heranzuziehen sei.66 Die Verkehrsanschauung wird definiert als „eine im Verkehr herrschende Meinung darüber, wie ein Benehmen aufzufassen sei“.67 Maßstab ist die Durchschnittsmeinung verständiger Menschen bei der Beurteilung von Angelegenheiten der fraglichen Art.68 Als Wertungsgesichtspunkt lässt sich die Verkehrsanschauung ferner aus dem Postulat der Rechtssicherheit herleiten. Denn Rechtssicherheit verlangt auch, dass das geltende Recht sich an den im betroffenen Personenkreis geltenden Wertungen und Verhaltensweisen orientieren muss.69 Dennoch ist im steuerrechtlichen Schrifttum die Heranziehung der Verkehrsanschauung nicht unumstritten. Kritisiert wird, dass eine Art Eigenleben entsteht, wenn sich die Verkehrsanschauung zu weit von dem möglichen Gesetzessinn entfernt, und dass „der Verkehr“ oftmals überhaupt 64  Zum Begriff „Rechtsgeltung“ Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Aufl. 1977, S.  543 ff. m. w. N. 65  Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 128. 66  Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 60 f. m. w. N. Schmidt-Liebig konkretisiert diese Aussage in seiner Untersuchung (a. a. O.) auf S. 14 wie folgt: „Der Typus des § 2 I Ziff. 2 EStG besteht deshalb in einer Betätigung, die die Verkehrsauffassung für einen Gewerbebetrieb hält. Nach der Primärwertung des Gesetzes wird also ein Verhalten besteuert, das nach der Verkehrsauffassung als gewerblich anzusehen ist.“ Zu dieser Erkenntnis gelangt Schmidt-Liebig über eine historische Auslegung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG (a. a. O., S. 13 f.). So im Übrigen auch die ständige Rechtsprechung des BFH zu § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG, vgl. statt vieler BFH, Urt. v. 15.01.2020 – X R 18/18, BStBl. II 2020, 538: „Bei der Auslegung der Vorschrift ist das ‚Bild des Gewerbetreibenden‘ heranzuziehen, […] dass nach der Verkehrsanschauung einen typischen Gewerbebetrieb ausmacht.“ 67  Oertmann, Rechtsordnung und Verkehrssitte, 1914, S. 38. Zitat aus Albrecht/ John, FR 2019, 393, 396. 68  Oertmann, Rechtsordnung und Verkehrssitte, 1914, S. 38. Zur Feststellung der „Durchschnittsmeinung verständiger Menschen“ durch den Prozessrichter siehe Oertmann (a. a. O.), S.  476 ff. 69  Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 327.

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keine Meinung darüber habe, welches Verhalten als gewerbliches im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG einzustufen sei.70 Diese Kritikpunkte sind berechtigt, zwingen aber gleichwohl nicht zu einer generellen Ablehnung der Verkehrsanschauung als Wertungsgesichtspunkt. Sie lassen sich dadurch lösen, dass die Verkehrsanschauung lediglich eine Art Indiz dafür ist, welches Verhalten als typisch vorausgesetzt werden kann.71 Damit der anhand der Verkehrsanschauung gebildete Typus auch final als gesetzliches Leitbild dienen darf, ist eine zusätzliche Prüfung durch den Rechtsanwender dahin gehend erforderlich, ob der anhand der Verkehrsanschauung gebildete Typus mit den (weiteren) gesetzlichen Wertungsgesichtspunkten zu vereinbaren ist.72 Erst wenn die in dem betroffenen Verkehrskreis aufgefundenen Wertungen mit den hinter der Rechtsnorm stehenden Wertungen harmonieren, steht der Typus des Gewerbetreibenden fest.73 Diese Vorgehensweise vermeidet die von den Kritikern zu Recht hervor­ gehobene Gefahr der Entstehung eines Eigenlebens und somit de facto eine Rechtsanwendung contra legem. Die Verkehrsanschauung ist somit nach hier vertretener Auffassung nicht „leitender“, sondern „untergeordneter“ Wertungsgesichtspunkt der Typusbildung des Gewerbetreibenden. bb) Die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme als „leitender“ Wertungsgesichtspunkt des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG Ist hiernach die Verkehrsanschauung als „untergeordneter“ Wertungsgesichtspunkt, nicht aber als der einzige und maßgebliche bzw. „leitende“ Wertungsgesichtspunkt zu verstehen, müssen die hinter § 15 Abs. 1 Satz 1 70  Siehe Schmidt-Liebig, Abgrenzung zwischen gewerblichen und privaten Grundstücksgeschäften, 3. Aufl. 1999, S. 54 m. w. N. 71  Grundlegend Oertmann, Rechtsordnung und Verkehrssitte, 1914, S. 374. Ähnlich Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 50. 72  Auch nach Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 60 f., muss die betreffende Vorschrift ausgelegt werden, um den leitenden Wertungsgesichtspunkt im Rahmen der Typusbildung zu ermitteln. Offengelassen wird das Verhältnis zwischen Verkehrsanschauung und den weiteren, durch Auslegung der Norm gewonnenen Wertungsgesichtspunkten. Im Falle eines Widerspruches zwischen Verkehrsanschauung und der weiteren, durch Auslegung der Norm gewonnenen Wertungsgesichtspunkte genießen Letztere nach hier vertretener Auffassung Vorrang. So wohl auch Oertmann, Rechtsordnung und Verkehrssitte, 1914, S. 374. 73  So wohl auch Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 206: […] „aus dem Gesetz und der Verkehrsauffassung ein Typus entwickelt“. Mit „Gesetz“ kann in diesem Zusammenhang nur eine Auslegung des Gesetzes gemeint sein, die die Auffindung der gesetzlichen Wertungen zum Ziel hat.



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen33

Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG stehenden Wertungen ermittelt werden. Da konkret die Abgrenzung von Einkünften aus Gewerbebetrieb und solchen aus Vermietung und Verpachtung als Grundlage der ertragsteuerlichen Relevanz von Sonderleistungen Anlass dieser Untersuchung ist, erscheinen die Wertungen hinter dieser Abgrenzung von besonderem Interesse. Hinter dieser Abgrenzung steht der sog. Dualismus der Einkünfteermittlung, mithin die Unterteilung der Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes in Gewinn- und Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 2 EStG). Keineswegs verkörpern die Einkunftsarten „nur“ tradierte Berufsbilder.74 Vielmehr steckt hinter den verschiedenen Einkunftsarten eine unterschiedliche theoretische Grundlegung.75 Diese Unterschiede in der theoretischen Grundlegung werden deutlich, wenn zunächst der kleinste gemeinsame Nenner der meisten Einkunftsarten betrachtet wird. Nach gefestigter Auffassung ist dies „die entgeltliche Verwertung von Leistungen (Wirtschaftsgütern und/oder Leistungen) am Markt“ (sog. Markteinkommenstheorie).76 Von vereinzelten Ausnahmen abgesehen,77 zeichnen sich die meisten Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes dem Grunde nach durch die Teilnahme des Steuerpflichtigen am Wirtschaftsver74  So

aber offenbar Drüen, StuW 1997, 261, 267. „Dualismus der Einkunftsarten“ dient unter anderem dazu, diese unterschiedliche theoretische Grundlegung, zumindest dem Grunde nach, zu kennzeichnen, vgl. Musil, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 290. EL Januar 2019, § 2 EStG Rz. 590. Dem „Dualismus der Einkunftsarten“ wird – so scheint es – auch in der Untersuchung von Strahl für die Typusgewinnung eines Gewerbetreibenden Bedeutung beigemessen, vgl. Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 302. 76  Die Markteinkommenstheorie hat einen wirtschaftswissenschaftlichen Ursprung und wird inhaltlich bereits bei Adam Smith angedeutet, vgl. Steichen, Die Markteinkommenstheorie: Ei des Kolumbus oder rechtswissenschaftlicher Rückschritt?, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 365, 369 m. w. N. Die Bedeutung und den Anwendungsbereich der Markteinkommenstheorie im Einkommensteuerrecht hat – soweit ersichtlich – als erstes Georg Ruppe herausgearbeitet, vgl. Ruppe, DStJG 1 (1978), 7, 16; den Begriff „Markteinkommenstheorie“ hat Joachim Lang in die steuerrechtliche Diskussion eingeführt, vgl. Lang, DStJG 4 (1981), 45, 54 ff.; näher zur Markteinkommenstheorie Wittmann, Das Markteinkommen, 1992; Söhn, Erwerbsbezüge, Markteinkommenstheorie und Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 343; Marx/Kilincsoy, StuW 2019, 36. Die Bezeichnung „Theorie“ darf nicht über die Eigenschaft der Markteinkommenstheorie als Rechtsprinzip hinwegtäuschen (vom Markteinkommensprinzip sprechend etwa Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 1. Aufl. 1993, Band I, S. 113). Aus Gründen der Klarheit wird im Rahmen dieser Abhandlung gleichwohl am Begriff der „Markteinkommenstheorie“ festgehalten und nicht der Begriff „Markteinkommensprinzip“ verwendet. 77  Sog. „atypische Tatbestände“, wie bspw. § 22 Nr. 1a EStG, der unter bestimmten Voraussetzungen Unterhaltsleistungen nach Scheitern der Ehe in die Einkommensteuerbarkeit führt, vgl. Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 41 f. 75  Der

34 Hauptteil

kehr/Marktgeschehen aus.78 Nicht am Markt erzielte Vermögenszuwächse, wie bspw. Schenkungen und Erbschaften, sind grundsätzlich nicht einkommensteuerbar.79 Am Markt teilnehmen bedeutet, in bestimmter, objektiv erkennbarer Art und Weise zu agieren.80 Wenngleich die meisten Einkunftsarten durch eine Teilnahme des Steuerpflichtigen am allgemeinen Marktgeschehen durch Leistungsaustausch gekennzeichnet sind, bestehen objektive Unterschiede in der Intensität der Marktteilnahme. Diese Intensität nimmt bei den Gewinn­ einkünften zu und bei den Überschusseinkünften ab.81 Der Bundesfinanzhof optiert mit den Begriffen „Unternehmerinitiative“ sowie höheres „Unternehmerrisiko“, um gewerbliche Tätigkeiten von vermögensverwaltenden Tätigkeiten abzugrenzen.82 Das ist im Ergebnis nichts anderes als der Versuch, die erhöhte Intensität der Marktteilnahme gewerblicher Tätigkeiten näher zu umschreiben, da hiermit (objektiv) die Art und Weise der marktrelevanten Tätigkeit konkretisiert wird.83 Neben Entscheidungen des Bundesfinanz­hofes legen auch verschiedene Untersuchungen aus dem Steuerrecht nahe, dass die Intensität der Marktteilnahme maßgeblicher Wertungsgesichtspunkt für die Abgrenzung zwischen gewerblicher und vermögensverwaltender Tätigkeit zu sein scheint.84 78  Kirchhof,

363.

in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 121. EL Mai 2002, § 2 Rz. A

DStJG 1 (1978), 7, 15. Die Realteilung von Mitunternehmerschaften, 1991, S. 168 ff. 81  Goetze, Die Ersetzung der sieben Einkunftsarten des EStG durch eine einzige, 2010, S. 79. 82  Siehe BFH, Urt. v. 17.03.1981 – VIII R 149/78, BStBl. II 1981, 522: „Die Tätigkeit erlangt dann gewerblichen Charakter, weil sie als unternehmerisch, also auf Risikotragung gerichtet, zu werten ist.“ […] „Der Kläger ging damit ein höheres Risiko ein als ein Vermieter mit umfangreichem Grundbesitz, […].“ Vgl. auch Weber, Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung im Ertragsteuerrecht, 1976, S. 99: „Persönliches Risiko [ist das] konstituierende Element unternehmerischer Tätigkeit […]“. Vertiefend zu den Begriffen „Unternehmerinitiative“ und „Unternehmerrisiko“ in Zusammenhang mit § 15 EStG: Schön, Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative im Lichte der Einkommenstheorien, in: Festschrift für Klaus Offerhaus zum 65. Geburtstag, 1999, S. 385 ff. 83  In der Literatur wird bspw. die Mitunternehmerschaft, welche sich aus den Bestandteilen „Mitunternehmerinitiative“ und „Mitunternehmerrisiko“ zusammensetzt, explizit als ein „Intensitäts- und Schwellenproblem“ bezeichnet, vgl. Jakob, Der Steuertatbestand im Grenzbereich zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 115, 119. Ein risikoorientiertes Verständnis vertretend auch Neumer, Die Besitzgesellschaft im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S. 529. 84  Jakob, Der Steuertatbestand im Grenzbereich zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 115, 119: „Nun ist der Umschlagpunkt im dualistischen Einkünfte79  Ruppe,

80  Müller,



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen35

Als grundlegend darf die Feststellung von Wittmann bezeichnet werden, der im Rahmen einer umfassenden Untersuchung der Markteinkommenstheorie zu folgendem Ergebnis gelangt:85 „Nimmt man als Ergebnis der bisherigen Untersuchung die Erkenntnis hinzu, dass die im EStG vertypten steuerbaren Tätigkeiten insgesamt durch eine Hinwendung des Steuerpflichtigen am Markt charakterisiert sind, so wird man generalisierend formulieren können, dass sich diese steuerbaren Tätigkeiten untereinander durch eine Abschattierung ihrer Marktintensität unterscheiden […] und der dualistisch gespaltene Steuerzugriff dieser idealtypisch unterschiedlichen Marktintensität durch die Unterscheidung von Gewinn- und Überschußeinkünften Rechnung trägt.“

Nicht verschwiegen werden darf, dass die Intensität der Marktteilnahme als Wertungsgesichtspunkt im steuerrechtlichen Schrifttum in jüngerer Zeit auf Kritik gestoßen ist.86 Für die Intensität der Marktteilnahme als Abgrenzungskriterium, so wird angemerkt, fehle innerhalb der Gesetzgebungsmaterialien irgendein Anhaltspunkt.87 Dem ist aber entgegenzuhalten: Der Gesetzgeber des Reichseinkommensteuergesetzes 1925 umschreibt inhaltlich in der Gesetzesbegründung einen unterschiedlichen Intensitätsgrad als charakteristisch für die Abgrenzung zwischen Gewinn- und Überschusseinkünften.88 Zudem überzeugt der Einwand auch methodisch nicht. Die Erkenntnisquellen lediglich auf die Gesetzgebungsmaterialien zu beschränken, ist eine willkürliche Verkürzung möglicher Erkenntnisquellen. Stattdessen ist in Erinnerung zu rufen: Wertungsgesichtspunkte ergeben sich auch aus der Gesetzessystematik, aus objektiv-teleologischen Kriterien sowie aus Rechtsprinzipien, die

system nur das augenfälligste Beispiel eines allgemeinen Phänomens, wonach die gesteigerte Intensität bei der Ausübung steuerbarer Tätigkeiten auch die Besteuerungswürdigkeit des Sachverhaltes steigert.“ Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 39: „Die Gewinneinkunftsarten (§§ 13, 15, 18 EStG) sind durch das Vorherrschen einer sehr intensiven Marktteilnahme gekennzeichnet, […]. Im Gegensatz hierzu stehen diejenigen Einkunftsarten, die eine weniger intensive Marktteilnahme implizieren. Dies sind zunächst die Einkünfte aus […] Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG).“ Weckerle, StuW 2012, 281, 289: „Entscheidend ist vielmehr die aus objektiven Merkmalen ableitbare Intensität der Tätigkeit.“ Vertiefend dazu Jung, Einkommensteuerliche Abgrenzung des gewerblichen Grundstückhandels, 1998, S. 163 ff.; Bloehs, Die Abgrenzung privater Vermögensverwaltung von gewerblichen Grundstücks- und Wertpapiergeschäften, 2001, S. 115 ff. 85  Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 47. 86  Maitzen, Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Einkunftsarten, 2011, S. 48 ff. 87  Dechant, Die Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte in systematischer und verfassungsrechtlicher Hinsicht, 2006, S. 121. 88  Vgl. die Begründung zum Entwurf eines REStG, Reichtags-Drucksache 1924/25, Band 400, Nr. 795, S. 40 f.; so auch Bloehs, Die Abgrenzung privater Vermögensverwaltung von gewerblichen Grundstücks- und Wertpapiergeschäften, 2001, S. 115.

36 Hauptteil

sich aus dem einfachen Gesetz oder der Verfassung ableiten lassen.89 Genauso wie die induktive Ableitung von Prinzipien aus dem geschriebenen Recht auch vom Standpunkt des Gesetzespositivismus nicht ausgeschlossen ist,90 gilt dies bezogen auf die Wertungen, welche sich aus den Prinzipien ableiten lassen.91 Es entspricht ja sogar der Regel, dass Prinzipien sowie die daraus ableitbaren Wertungen erst durch systematische Arbeit am Gesetz sowie durch die Herausarbeitung der Zusammenhänge zwischen einzelnen Rechtsnormen gewonnen werden und insoweit eine vom Gesetzgeber abgeleitete Autorität besitzen.92 Einkommensteuerrechtliches Prinzip in diesem Sinne, aus dem die unterschiedliche Intensität der Marktteilnahme zwischen den verschiedenen Einkunftsarten abgeleitet wird, ist die Markteinkommenstheorie.93 Nach hier vertretener Auffassung folgt die Maßgeblichkeit der Intensität der Marktteilnahme auch aus einer an den Rechtsfolgen orientierten Betrachtungsweise, die für die Bildung des Typus ebenfalls herangezogen werden darf.94 Bedeutsame Rechtsfolge des Vorliegens einer gewerblichen Tätigkeit bzw. eines Gewerbebetriebs im Sinne des Einkommensteuerrechts (vgl. § 2 Abs. 1 GewStG) ist die zusätzliche Belastung mit Gewerbesteuer. Diese zusätzliche Belastung wird weiterhin mit dem sog. Äquivalenzprinzip gerechtfertigt, wonach Gewerbetreibende aufgrund der Verursachung „besonderer Lasten“ von den Gemeinden mittels einer zusätzlichen Steuerabgabe herangezogen werden.95 Besondere Lasten in diesem Sinne sind bspw. die zusätz89  Siehe

bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I. Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 92. 91  Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 39. 92  Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 91, 94. 93  Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 47; Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 39. 94  Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 221: „Weder der normative Realtypus noch der rechtliche Strukturtypus können ohne den leitenden Wertungsgesichtspunkt gedacht werden, der den Gesetzgeber dazu bewogen hat, an diesen Typus gerade diese Rechtsfolge zu knüpfen“; siehe auch Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 181. 95  Besonders deutlich wird dies im Beschluss des BVerfG v. 15.01.2008 – 1 BvL 2/04, NJW 2008, 3121 (Hervorhebung durch den Verfasser): „Mit Blick auf diese traditionelle, pauschale Rechtfertigung der Gewerbesteuer aus dem Äquivalenzprinzip erweist sich die Herausnahme der freien Berufe aus der Gewerbesteuer gemessen an ihren allgemeinen Unterschieden zu den Gewerbetreibenden nicht als willkürlich. Die Annahme, dass die freien Berufe typischerweise in geringerem Umfang Infrastrukturlasten der Gemeinden verursachen als die Gewerbetreibenden, liegt nahe. […] Große Gewerbebetriebe mit einer hohen Zahl von Beschäftigten und einem erheblichen Einsatz von Produktionsmitteln verursachen einen höheren Bedarf an Infrastrukturleistungen, etwa in Form der Ausweisung und Erschließung von Gewerbegebieten oder der Bereitstellung von Wasser, Abwasser, Energie, Straßen und öffentlichem Nahver90  So



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen37

liche Verkehrsbelastung, die Belastung der Umwelt durch Schadstoffe, Lärm­ entwicklung oder unangenehme Gerüche sowie der besondere Flächenverbrauch durch gewerbliche Nutzungsformen.96 Wird hiernach die zusätzliche Belastung mit der Gewerbesteuer durch die Verursachung „zusätzlicher“ Belastungen oder eines „höheren“ Bedarfes an Infrastrukturleistungen gerechtfertigt, so ist damit nach hier vertretener Auffassung auch gemeint, dass die zusätzliche Gewerbesteuerbelastung aufgrund der höheren Intensität der Marktteilnahme nach der gesetzgeberischen Wertung angemessen erscheint.97 Denn die erhöhte Intensität der Marktteilnahme geht – objektiv betrachtet – regelmäßig mit einer erhöhten Inanspruchnahme von Infrastrukturleistungen einher.98 c) Zwischenfazit – Hotelier als Typus des gewerblichen Vermieters Unter Berücksichtigung der bis hierhin ermittelten Grundsätze zeichnet sich ab, welcher Typus heranzuziehen ist, wenn es um die Frage der Verwirklichung des Gewerbetatbestandes durch Immobilien-Vermietungssachverhalte geht. Es ist dies der Hotelier,99 der einerseits keine einmalige, sondern häufige Erscheinung der Realwelt ist und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung sowie der gesetzlichen Wertungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG auch die für die Rechtsanwendung maßgebende Erscheinung darstellt. Wie Art und Umfang der Tätigkeit zeigen, nimmt der Hotelier gegenüber dem einfachen Vermieter intensiver am Marktgeschehen teil. Um der Tätigkeit nachgehen zu können, ist eine unternehmerische Organisation erforderlich, da Objekte kurzfristig an ständig wechselnde Mieter vermietet und Sonderleistungen erbracht werden. Dadurch wird, anders als im Falle der einfachen Vermietung, „Unternehmerinitiative“ und „Unternehmerrisiko“ entfacht, da nicht die dauerhafte und sichere Überlassung von

kehr, als dies bei freien Berufen typischerweise der Fall ist. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Leistungen vollständig durch kommunale Gebühren und Beiträge abgedeckt werden.“ 96  Sarrazin, in: Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 125. EL Oktober 2018, § 1 Rz. 7. 97  Die vorstehenden Ausführungen dienen vorerst dazu, die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme als leitenden Wertungsgesichtspunkt des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich herauszuarbeiten. Eine finale Aussage zum Bezugspunkt der „Intensität der Marktteilnahme“ ist damit noch nicht verbunden. 98  Einen ähnlichen Zusammenhang zwischen Äquivalenztheorie und Markteinkommenstheorie vertretend auch Schnädter, Die grundlegenden Wertungen des Gewerbesteuerrechts, 1996, S. 152 f. 99  So auch Zugmaier, FR 1999, 997, 1000.

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Grundvermögen gegen Entgelt die Tätigkeit kennzeichnet.100 Die Tätigkeit des Hoteliers ist vielmehr geprägt durch ein Bündel kurzfristiger Marktleistungen und die Nutzung von Marktchancen unter Inkaufnahme unternehmerischer Risiken. Zusätzlich ergibt sich dies aus einer an den Rechtsfolgen orientierten Betrachtung (zusätzliche Belastung mit Gewerbesteuer). Die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme führt regelmäßig zu einer gesteigerten Beanspruchung der gemeindlichen Infrastruktur, sodass es angemessen ist, den Hotelier zusätzlich mit Gewerbesteuer zu belasten. 2. Grundsätze der Zuordnung des Einzelfalles zum Typus Steht in einem ersten Schritt der Hotelier als Typus des gewerblichen Vermieters fest, bedarf es anschließend klarer Grundsätze, anhand deren die Frage beantwortet werden kann, ob der Einzelfall dem Typus des Hoteliers zugeordnet werden darf. Insoweit wurde bereits angedeutet, dass sich diese Zuordnung anhand der Ähnlichkeit zwischen Einzelfall und Typus vollzieht.101 Ähnlichkeit in diesem Sinne bedeutet Vergleichbarkeit zwischen Einzelfall und Typus, da der Typus einen „Vergleichsmaßstab gegenüber der Wirklichkeit darstellt“.102 Demnach mag es nicht verwundern, dass der Gleichheitssatz als leitender Wertungsgesichtspunkt dieser Zuordnung genannt wird.103 Nach hier vertretener Auffassung ist dies zutreffend, aber für sich genommen noch zu unpräzise. Denn die Vergleichbarkeit ergibt sich immer nur daraus, dass bestimmte Typusmerkmale im Einzelfall erfüllt sind. Die Frage, die damit aufgeworfen ist, lautet: Welche Merkmale sind „wesentlich“ und vermögen die Vergleichbarkeit zu begründen? Denn es geht im Rahmen der typologischen Betrachtungsweise nicht darum, dass irgendeine Vergleichbarkeit zwischen Einzelfall und Typus erfüllt ist, sondern stets und immerzu um

100  Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 83. 101  Dies wird insbesondere im Terminus „typologischer Ähnlichkeitsvergleich“ deutlich, der mitunter verwendet wird, um die am Typus orientierte Rechtsfindung zu beschreiben, vgl. Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 206. 102  Für die Maßgeblichkeit der „Vergleichbarkeit“ zwischen Typus und zu beurteilendem Einzelfall Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 105; Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S.160. 103  Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 59; ders., Abgrenzung zwischen gewerblichen und privaten Grundstücksgeschäften, 3. Aufl. 1999, S. 89; Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 39; Zugmaier, FR 1999, 997, 1000.



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eine an den gesetzlichen Wertungen orientierte Vergleichbarkeit. Dies festzustellen ist das Ziel des methodischen Instrumentes „Natur der Sache“.104 a) Die Natur der Sache Wenn im Volksmund mit der Natur der Sache argumentiert wird, ist damit in der Regel gemeint, dass eine Aussage aufgrund ihrer Selbstverständlichkeit keiner näheren Begründung bedarf. Der juristische Begriff „Natur der Sache“ geht indessen deutlich über die bloße Annahme von Selbstverständlichkeiten hinaus; er wird sogar innerhalb der Jurisprudenz in mannigfacher Art und Weise verstanden.105 Unter Vernachlässigung bereichsspezifischer Besonderheiten lässt sich der (juristische) Begriff „Natur der Sache“ ganz allgemein definieren als „die den Lebenssachverhalten innewohnende Ordnung, auf die der Rechtsanwender zurückgreifen muss, wenn die positive Rechtsnorm unvollständig oder unklar ist“.106 Diese innere Ordnung wird auch „Sachgesetzlichkeit“ genannt, die den „einzelnen Tätigkeitsbereichen des Menschen eigen ist“.107 „Sache“ darf nicht dahin gehend missverstanden werden, dass damit ausschließlich Gegenstände im Sinne des zivilrechtlichen Sachenrechts gemeint sind. Die „Sache“ kann auch menschliche Verhaltensweisen verkörpern, „Komplexe des Geschehens in der Außenwelt“, die begrifflich als Lebenssachverhalte bezeichnet werden.108 Mit anderen Worten: Nach inzwischen unstrittiger Auffassung kann mit der „Sache“ nicht nur ein isolierter oder gar dinglicher Gegenstand gemeint sein, sondern auch ein realer Lebenssachverhalt, ein konkretes Lebensverhältnis, dass in der Außenwelt wiederzufinden ist.109 Gelegentlich ist statt von Lebenssachverhalten auch von rechtlichen

104  Zum juristischen Begriff „Natur der Sache“ ohne Anspruch auf abschließende Vollständigkeit: Leist, Naturalis ratio und Natur der Sache, 1860; Stratenwerth, Das rechtstheoretische Problem der „Natur der Sache“, 1957; Maihofer, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 44 (1958), 145; Radbruch, Die Natur der Sache als juristische Denkform, 1960; Dreier, Zum Begriff der „Natur der Sache“, 1965; Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 2. Aufl. 1969, S. 177 ff.; Sprenger, Naturrecht und Natur der Sache,1976; Garrn, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 68 (1982), 60. 105  Garrn, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 68 (1982), 60. 106  Dernburg, Pandekten, 3. Aufl. 1892, Band 1, S. 87. 107  Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 1. Aufl. 1950, S. 174. 108  Maihofer, Vom Sinn menschlicher Ordnung, 1956, S. 41 ff. 109  Vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.10.1985 – 2 BvL 4/83, NVwZ 1986, 735: „Natur und Eigenart des in Frage stehenden Sachverhältnisses […]“. Aus dem Schrifttum: Maihofer, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 44 (1958), 145, 157.

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Institutionen die Rede.110 In weitem Sinne verstanden, kann die Argumentation aus der „Natur der Sache“ somit zunächst als eine an der Wirklichkeit – bzw. am Sein – orientierte Betrachtungsweise eingeordnet werden.111 Für den Einzelfall sind jedoch nicht beliebige Lebenssachverhalte entscheidend, sondern nur solche, die der Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzgebung vor Augen hatte, als er die maßgebliche – für die Rechtsentscheidung im Einzelfall relevante – Norm geschaffen hat, oder solche, die der Rechtsanwender anhand der gesetzlichen Wertungsgesichtspunkte für relevant erklärt. Darum kann die „Natur der Sache“ auch keine „außergesetzliche Rechtsquelle“ neben dem positiven Recht sein; sie ist nicht „außerpositiver Maßstab sachlicher Richtigkeit“,112 sondern entfaltet Wirkung nur intra legem. Für die Rechtsfindung ist die Natur der Sache in erster Linie ein Mittel der Gesetzeskonkretisierung, auf das nur dann zurückgegriffen werden darf, wenn die inmitten stehende Norm lückenhaft und unklar ist.113 Zum Teil wird die Natur der Sache sogar explizit als teleologisches Auslegungskriterium verstanden.114 Dem ist allerdings in dieser Verallgemeinerung nicht zuzustimmen, da die Grenze der Auslegung in engerem Sinne durch den möglichen Gesetzeswortsinn markiert wird und bei Überschreitung des Wortsinnes in die nächste Stufe der Rechtsfortbildung übergegangen wird.115 Die Argumentation aus der Natur der Sache ist besonders dann der Rechtsfortbildung zuzuordnen, wenn der Rechtsanwender unpassende oder unvollständige

110  Vgl. Dreier, Zum Begriff der „Natur der Sache“, 1965, S. 85 ff. Rechtsinstitute lassen sich wie folgt definieren: „Bestimmte Lebensverhältnisse, die im menschlichen Leben immer wieder in der gleichen Art auftreten und rechtlich geregelt sind, werden mit ihrer rechtlichen Regelung zusammen als Rechtsinstitut bezeichnet“, vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 13. Im Rahmen dieser Untersuchung wird aus Gründen der Klarheit und Einheitlichkeit der Begriff „Lebenssachverhalt“ verwendet. 111  Vgl. Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Aufl. 1982, S. 46: „Wo wir aus der Natur der Sache heraus denken, sind wir immer zugleich beim Sachverhalt […]“; Ballweg, Zu einer Lehre von der Natur der Sache, 1960, S. 67: „Natur der Sache ist die objektiv feststellbare, sachlogische Strukturiertheit der Wirklichkeit, deren seinsmäßiger Ordnungscharakter das Recht maßgebend konstituiert.“ 112  So aber Maihofer, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 44 (1958), 145, 172. 113  Vgl. Dreier, Zum Begriff der „Natur der Sache“, 1965, S. 77, 79 m. w. N. 114  Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 459. 115  Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 91 (dort in Fußnote 23); Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 366. Vertiefend zur Abgrenzung der Begriffe „Auslegung“ und „Rechtsfortbildung“ Musil, Richterliche Rechtsfortbildung und Rechtsprechungsinnovationen, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band I, 2018, S. 151, 154 ff.



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen41

positive Rechtssätze durch weitere Merkmale konkretisiert.116 Freilich dürfen Auslegung und Rechtsfortbildung nicht als wesensverschieden betrachtet werden, sondern sind lediglich verschiedene Stufen teleologischer und prinzipienorientierter Rechtsfindung intra legem.117 So verstanden ist der Vorwurf dezi­sionistischer Rechtsanwendung – auch soweit er gegen die Heranziehung der Natur der Sache gerichtet ist – nicht gerechtfertigt. b) Natur der Sache als Natur des Typus Herrscht hiernach innerhalb der methodischen Diskussion weitestgehend Konsens darüber, dass mit der „Sache“ auch ein Lebenssachverhalt, ein bestimmter Tätigkeitsbereich gemeint sein kann, der unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen wesentlich ist, so zeichnet sich das Verhältnis zwischen den Denkformen Natur der Sache und Typusbegriff ab. Typus­ begriffe sind die „Sache“, deren Natur bestimmt werden will – mit anderen Worten: die Verbildlichung eines Lebenssachverhaltes.118 Die „Natur“, in diesem Fall verstanden als Natur des Typus, stellt schließlich eine Orientierungshilfe für den typologischen Ähnlichkeitsvergleich dar.119 D. h.: Ist darüber zu entscheiden, ob der Einzelfall dem gesetzlichen Typus ähnelt, so bedarf es der Feststellung, ob die in der Natur des Typus (bspw. Hoteliers) liegenden wesentlichen Eigenschaften auch im Einzelfall erfüllt sind und folglich eine hinreichende Ähnlichkeit begründen. Nicht anders darf die ältere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes verstanden werden, die explizit auf die „Natur der Vermietung“ abstellte, freilich ohne nähere methodische Begründung.120 Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 420. den fließenden Übergängen zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 366; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2020, § 4 AO Rz. 344. 118  Kaufmann nennt das Verhältnis von typologischem Denken und Denken aus der Natur der Sache „reflexiv“, ohne näher darzulegen, was mit der Bezeichnung „reflexives Verhältnis“ genau gemeint ist, vgl. Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Aufl. 1982, S. 75 f. Ganz deutlich formuliert Dreier (Zum Begriff der „Natur der Sache“, 1965, S. 88) den hier vertretenen Zusammenhang zwischen Typus und Natur der Sache, indem er feststellt, dass der Ausdruck Institution (d. h. die Sache, deren Natur bestimmt werden will) „einen offenen Typusbegriff bezeichnet“; so auch Hassemer, Tatbestand und Typus, 1968, S. 113; Ansätze schon bei Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, 1. Aufl. 1950, S. 121. Aus jüngerer Zeit zu diesem Zusammenhang zwischen Natur der Sache und Typusbegriff Bydlinski/Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, 3. Aufl. 2018, S. 46. 119  In diese Richtung auch Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 224; Drüen, StuW 1997, 261, 267. 120  BFH, Urt. v. 17.01.1961 – I 53/60 S, BStBl. III 1961, 233. 116  Larenz, 117  Zu

42 Hauptteil

Die „Natur“ steht – wie bereits festgestellt – für eine den Lebenssachverhalten innewohnende Ordnung oder mit anderen Worten für eine immer wiederkehrende Sachgesetzlichkeit, die den Tätigkeitsbereichen des Menschen immanent ist. Stratenwerth hat herausgearbeitet, dass es zur Herausarbeitung dieser Sachgesetzlichkeit wiederum der Wertung bedarf, die für jede Rechtsordnung gesondert zu erfolgen hat.121 Ziel dieser Wertung ist es, die rechtlich wesentlichen Merkmale von den unwesentlichen zu filtern. Denn nur die anhand leitender Wertungsgesichtspunkte herausgearbeiteten wesentlichen Merkmale der Sache (u. a. des Typus) sind es, die entscheidend,122 d. h. für den Ähnlichkeitsvergleich zwischen Typus und Einzelfall heranzuziehen sind. Es verbietet sich, allein aus den Sachstrukturen unmittelbar normative Folgerung zu ziehen. Vielmehr sind die aus der „Natur“ der Sache gewonnenen Erkenntnisse mit den gesetzlichen Wertungen zu messen, bevor ihnen normative Wirkung zukommt.123 Soweit ersichtlich ist das Verhältnis zwischen leitenden Wertungsgesichtspunkten der Typusbildung und leitenden Wertungsgesichtspunkten der Herausarbeitung der wesentlichen Merkmale anhand des methodischen Instrumentes Natur der Sache nicht thematisiert worden. Nach hier vertretener Auffassung handelt es sich um ein Identitätsverhältnis dergestalt, dass die leitenden Wertungsgesichtspunkte für die Typusbildung mit denjenigen der Bestimmung der Natur der Sache identisch sind, soweit dieselbe Rechtsnorm hierdurch konkretisiert wird. Daraus folgt: Ist für die Bildung des Typus des Gewerbetreibenden die Verkehrsanschauung unter maßgeblicher Berücksichtigung der aus einer Auslegung des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG gewonnenen Wertungsgesichtspunkte entscheidend, so gilt dies auch für die Bestimmung der Natur des Gewerbetreibenden. Für den hier maßgeblichen Typus des gewerblichen Vermieters sind folglich unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung diejenigen Merkmale wesentlich, aus denen die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme folgt. Konkret am Beispiel des Typus „Hotelier“ kann verdeutlicht werden, dass der Verkehr eine Auffassung darüber hat, welche Merkmale für diesen Typus kennzeichnend sind.124 Zunächst lässt sich allein aus der Sachstruktur feststellen, dass es in der Natur des Hoteliers liegt, mehrere Räume kurzfristig an ständig wechselnde Mieter zu vermieten oder zusätzlich zur Überlassung 121  Stratenwerth,

S. 29.

Das rechtstheoretische Problem der „Natur der Sache“, 1957,

122  Stratenwerth, Das rechtstheoretische Problem der „Natur der Sache“, 1957, S. 17, 25. 123  So auch Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 55. 124  So auch Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 50.



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen43

der Räumlichkeiten auch Sonderleistungen an die Mieter zu erbringen, wie bspw. deren Beköstigung. Da die Verkehrsanschauung, d. h. die mit der speziellen Materie (Hotellerie) befassten Wirtschaftskreise,125 gerade diese Merkmale als für die Tätigkeit des Hoteliers wesentlich betrachtet,126 spricht in einem ersten Schritt bereits dies für die Wesentlichkeit dieser Merkmale für den Ähnlichkeitsvergleich zwischen gesetzlichem Leitbild und zu beurteilendem Sachverhalt. Wie oben bereits dargelegt, ist die Verkehrsanschauung aber nicht der einzige Wertungsgesichtspunkt im Rahmen von § 15 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG.127 Ist entscheidender bzw. „leitender“ Wertungsgesichtspunkt für die Typusbildung die Intensität der Marktteilnahme, muss zusätzlich überprüft werden, ob die anhand der Verkehrsanschauung für wesentlich erklärten Merkmale auch die gegenüber der privaten Vermögensverwaltung gesteigerte Intensität der Marktteilnahme begründen. Es ist also für die hier behandelten Sonderleistungen zu fragen, ob die Erbringung von Sonderleistungen zur gesteigerten Intensität der Marktteilnahme führt. Diese Frage ist nach hier vertretener Auffassung zu bejahen. Denn Bezugspunkt der Intensität der Marktteilnahme ist die Intensität der Markt­ orientierung.128 Die Marktorientierung als Begriff in hier verwendetem Sinne steht insbesondere für den aufgrund der Tätigkeit objektiv erkennbaren Willen, Zugang zum Markt zu nehmen und die Möglichkeiten des Marktes zu nutzen.129 Die durch die private Vermögensverwaltung veranlasste Marktorientierung intensiviert sich bei Hinzutreten besonderer „Intensitätsmerkmale“

125  Für die Maßgeblichkeit der „mit der Materie befassten Wirtschaftskreise“: Jung, Einkommensteuerliche Abgrenzung des gewerblichen Grundstückhandels, 1998, S. 83 (m. w. N. aus der Rechtsprechung), 85. 126  Vgl. Bundesverband öffentlicher Banken Deutschlands, Beherbergungsgewerbe in Deutschland – Leitfaden für Immobiliengutachter, 2. Aufl. 2007, S. 63 ff. 127  Siehe bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) aa). 128  Beater, StuW 1991, 33, 35 f.; Jung, Einkommensteuerliche Abgrenzung des gewerblichen Grundstückhandels, 1998, S. 65. Nach Jung (a. a. O.) ist die Intensität der Marktorientierung alleiniger Bezugspunkt der Intensität der Marktteilnahme. Dem ist in dieser Absolutheit nicht zuzustimmen. Vorzugswürdig erscheint es, zusätzlich auch die Intensität der Beanspruchung von Infrastrukturleistungen indiziell als Bezugspunkt heranzuziehen. Dies ergibt sich aufbauend auf der Larenz’schen Methodenlehre aus der bereits oben thematisierten Anknüpfung an die Rechtsfolgen, vgl. Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb). 129  Jung, Einkommensteuerliche Abgrenzung des gewerblichen Grundstückhandels, 1998, S. 166: „Der Begriff der Marktorientierung ist dagegen spezifischer. Er definiert insbesondere den allgemeinen Charakter des Gewerbebetriebs als Entfaltung einer auf den Markt gerichteten Tätigkeit, mit dem unbedingten Willen, zum Markt Zugang zu nehmen und die Möglichkeiten des Marktes zu nutzen, […].“

44 Hauptteil

und schlägt deshalb in eine gewerbliche Tätigkeit um.130 Hierbei handelt es sich um objektive Intensitätsmerkmale, Bezugspunkt ist die Art und Weise des Leistungsaustausches, wie bspw. die Vornahme zusätzlicher (marktrelevanter) Handlungen, oder zeitliche Aspekte wie eine besonders häufige Marktteilnahme in kurzen Zeitabständen.131 Die Intensität der Marktteilnahme ist jedoch nicht mathematisch zu verstehen, sondern als Gesamtanschauung und Abwägung mannigfacher Intensitätsmerkmale, die gleichberechtigt nebeneinanderstehen.132 Indem der Steuerpflichtige nun neben der Vermietungstätigkeit auch Sonderleistungen erbringt, intensiviert sich der Marktzugang und damit ein­ hergehend die Möglichkeit, Marktchancen zu verwirklichen.133 Somit ergeben die Wertungsgesichtspunkte „Verkehrsanschauung“ und „gesteigerte Intensität der Markt­teilnahme“, dass das in der Natur des Hoteliers liegende Merkmal, Sonderleistungen zu erbringen, wesentlich für den typologischen Ähnlichkeitsvergleich ist und deshalb normative Relevanz im Rahmen der Abgrenzung zwischen gewerblicher und vermögensverwaltender Tätigkeit entfacht. 3. Typusbegriffe und unverzichtbare Merkmale – ein Widerspruch? Die vorstehend anhand der methodischen Figur „Natur der Sache“ ermittelten Typusmerkmale sind solche ungeschriebener Art, die sich aus dem konkreten Typus ergeben und stets vom Rechtsanwender unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen ermittelt werden müssen. Nimmt der Gesetzgeber eine nähere Konkretisierung vor, indem er einen Begriff legaldefiniert, so handelt es sich um geschriebene Typusmerkmale, wenn der vom Gesetzgeber definierte Begriff als Typusbegriff erkannt wird. So verhält es sich bspw. in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG, worin bestimmte Merkmale eines Gewerbetreibenden explizit gesetzlich geregelt sind. In der methodischen Diskussion zu Typusbegriffen herrscht Konsens darüber, dass nicht sämtliche Typusmerkmale im Einzelfall erfüllt sein müssen, Das Markteinkommen, 1992, S. 66 ff. Das Markteinkommen, 1992, S. 49 ff.; Bloehs, Die Abgrenzung privater Vermögensverwaltung von gewerblichen Grundstücks- und Wertpapiergeschäften, 2001, S. 117; Jung, Einkommensteuerliche Abgrenzung des gewerblichen Grundstückhandels, 1998, S. 169 ff. 132  So wohl auch Bloehs, Die Abgrenzung privater Vermögensverwaltung von gewerblichen Grundstücks- und Wertpapiergeschäften, 2001, S. 117 ff. 133  So auch Donath, Die Betriebsaufspaltung, 1991, S. 49: „Die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit wird so intensiv betrieben, verknüpft mit Zusatzaktivitäten wie […] das Anbieten von Sonderleistungen, daß – nach der Rechtsprechung des BFH – die ursprüngliche Verpachtungstätigkeit umschlägt in gewerbliche.“ 130  Wittmann, 131  Wittmann,



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen45

mithin einzelne Typusmerkmale im Einzelfall verzichtbar sind. Entscheidend dafür, dass der konkrete Sachverhalt dem gesetzlichen Typus zugeordnet werden kann, ist vielmehr, dass der Sachverhalt dem Typus insgesamt noch hinreichend ähnelt, sodass vom Rechtsanwender eine Zuordnung im Wege des Ähnlichkeitsvergleiches vorzunehmen ist.134 Umstritten ist dagegen, ob Typusbegriffe auch unverzichtbare Merkmale enthalten können oder stattdessen den Typusbegriffen von vornherein immanent ist, dass sämtliche Merkmale verzichtbar sind, ganz gleich ob explizit geregelt (wie in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) oder nicht. Lange Zeit galt im Steuerrecht die Auffassung, dass die in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG geregelten Merkmale im Einzelfall (partiell) fehlen können, es sich also auch insoweit um verzichtbare Merkmale handele.135 Vor diesem Hintergrund ist die Kritik an Typusbegriffen wegen eines potentiellen Verstoßes gegen den Bestimmtheits-, den Gewaltenteilungs- und den Gesetzmäßigkeitsgrundsatz gewissermaßen nachvollziehbar.136 Dieses Verständnis von verzichtbaren Merkmalen in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG vermag indessen nicht zu überzeugen und widerspricht der gesetzgeberischen Intention. Denn es ist ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers gewesen, durch die Einführung einer Legaldefinition des Gewerbebetriebes Rechtssicherheit zu schaffen.137 Würde nun aber der Rechtsanwender die in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG genannten Merkmale für verzichtbar halten und im Einzelfall einen Gewerbebetrieb trotz des Fehlens einzelner Merkmale bejahen, so stünde dies in erkennbarem Widerspruch zur gesetzgeberischen Intention, Rechtssicherheit zu schaffen.138 Nach hier vertretener Auffassung handelt es sich daher bei den in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG geregelten Merkmalen des Gewerbebetriebes um unverzichtbare Merkmale, die zwar im Einzelfall

134  Siehe

dazu bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I. FG Saarland, Urt. v. 11.02.1983 – I 642-643/81, EFG 1983, S. 247–248; Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 299. 136  Weber-Grellet bringt die Kritik begrifflich insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass er von offenen Typusbegriffen spricht, vgl. Weber-Grellet, Der Typus des Typus, in: Festschrift für Heinrich Beisse zum 70. Geburtstag, 1997, S. 551, 568, 569. 137  BT-Drucksache 10/336, 02.09.1983, S. 26 (Hervorhebung durch den Verfasser): „Die Begriffsbestimmung des Gewerbebetriebs ist bisher nicht in § 15 EStG, sondern in § 1 GewStDV enthalten. Aus Gründen der Rechtssystematik und Rechts­ sicherheit wird diese Begriffsbestimmung nunmehr in den neuen Absatz 2 des § 15 EStG übernommen.“ 138  Die an dieser Stelle gemeinte Rechtssicherheit ist im Sinne von „Vorhersehbarkeit“ und „Planbarkeit“ als sog. „formelle Rechtssicherheit“ zu verstehen, vgl. dazu Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 280 m. w. N. Näher über die verschiedenen Lesarten des Begriffes „Rechtssicherheit“: Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 325 ff. 135  Vgl.

46 Hauptteil

stärker oder schwächer ausgeprägt sein können, aber nie gänzlich fehlen dürfen.139 Bedeutet dieses Verständnis von unverzichtbaren Merkmalen, dass das Vorliegen eines Typusbegriffes ausgeschlossen ist und der Begriff Gewerbebetrieb somit doch ein Klassenbegriff ist? Mitunter wird die Auffassung vertreten, dass der Typus in keinem Falle durch unverzichtbare Merkmale gebildet werde.140 Mischen sich klassifikatorische (d. h. unverzichtbare) und typologische (d. h. verzichtbare) Elemente, so handele es sich um einen sog. „relativen Gattungstypus“,141 wobei unklar ist, welche Rechtsfolgen mit dieser Feststellung verbunden sein sollen. Denn auch die Vertreter dieser Auffassung räumen ein, dass das Vorhandensein unverzichtbarer Merkmale nicht die typologische Rechtsfindung per se ausschließe, sondern vielmehr der Begriff (bspw. Gewerbebetrieb) aufgespaltet werden müsse, in klassifikatorische (unverzichtbare) Merkmale, unter die in einem ersten Schritt zu subsumieren sei, und typologische (verzichtbare) Bestandteile, denen in einem zweiten Schritt der Sachverhalt zugeordnet werden könne.142 Nach anderer Auffassung vermag der Begriff des relativen Gattungstypus als eigenständige Begriffsform innerhalb der Endpole Klassen- und Ordnungsbegriffe nicht zu überzeugen, erscheine gekünstelt und ziehe dort Grenzen, wo fließende Übergange zwischen den verschiedenen Begriffsformen vorhanden seien.143 Danach werden dem Bestreben nach Rechtssicherheit einerseits und Methodenreinheit andererseits Typusbegriffe mit unverzichtbaren Merkmalen besser gerecht als eine eigenständige, in hohem Maße konkretisierungsbedürftige Begriffsform wie die des „relativen Gattungs­ typus“. Zu demselben Ergebnis, freilich mit anderer Begründung, gelangen Untersuchungen zum Typus aus dem Gesellschaftsrecht. Einzelne Typusmerkmale können nach dieser Auffassung begrifflichen Charakter haben, also unverzichtbar sein; es handele sich um einen häufig zu beobachtenden „unreinen 139  So zutreffend der Beschluss des Großen Senats des BFH v. 10.12.2001 (Az.: GrS 1/98, BStBl. II 2002, 291), wonach die in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG aufgeführten Merkmale als gesetzliche Mindesterfordernisse zu verstehen sind und darüber hi­naus das typische Bild des Gewerbetreibenden für die Abgrenzung zu anderen Einkunftsarten entscheidend ist; zustimmend Pahlke, DStR-Beihefter 2011, 66, 68. Diese Auffassung wird außerdem vertreten von: Altfelder, FR 2000, 349, 354; Kauffmann/Seppelt/Werthebach, in: Frotscher/Geurts, EStG, Stand 01.02.2021, § 15 Rz. 27. 140  Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 53, 93. 141  Der Begriff „relativer Gattungstypus“ geht auf Haller zurück, vgl. Haller, Typus und Gesetz in der Nationalökonomie, 1950, S. 25 f. 142  Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 51. 143  Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 50.



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen47

Typus“.144 Die Möglichkeit unverzichtbarer Typusmerkmale wird daraus geschlussfolgert, dass Typusbegriffe und Klassenbegriffe „an das gleiche empirische Material anknüpfen“.145 Nach hier vertretener Auffassung muss die Frage, ob ein Typusbegriff auch unverzichtbare Merkmale aufweisen kann, an den methodischen Grundlagen der typologischen Rechtsfindung im Allgemeinen ansetzen. Hiernach ist zunächst festzuhalten, dass ein Typus ein „Merkmalskomplex, d. h. eine Gesamtheit verschiedener Merkmale“ ist.146 Eine nähere Wesenskonkretisierung erfolgt durch die Begriffe „Offenheit“ und „Ganzheitlichkeit“ des Typus. Mit der Offenheit wird die Nichtabgeschlossenheit und Variabilität sowie die Abstufbarkeit einzelner Typusmerkmale,147 mit dem Ausdruck „Ganzheitlichkeit“ die Art der Merkmalszusammensetzung beschrieben.148 Während beim Klassenbegriff einzelne Merkmale zu einer Summe addiert werden, fügen sich die einzelnen Merkmale beim Typus zu einem „einheitlichen Gesamtbild zusammen“, dass sodann den Zuordnungsmaßstab für den Einzelfall bildet.149 Sowohl aus der Ganzheitlichkeit als auch aus der Offenheit des Typus wird die Möglichkeit verzichtbarer Merkmale abgeleitet: Aus der Ganzheitlichkeit folgt, dass auch bei Fehlen einzelner Merkmale eine Zuordnung zum Typus möglich ist, solange der Einzelfall noch dem einheitlichen Gesamtbild entspricht. Der Offenheit/Variabilität des Typus scheint die Verzichtbarkeit von Merkmalen logisch immanent zu sein. Das Vorliegen unverzichtbarer Merkmale – so scheint es – widerspräche hiernach dem Wesen des Typus, welches durch Ganzheitlichkeit und Offenheit geprägt ist. Bei genauerer Betrachtung taucht indessen – soweit Typusbegriffe im Allgemeinen beschrieben werden – eine Tendenz auf, die die strenge Offenheit auflockert und die Ganzheitlichkeit der einzelnen Merkmale näher konkretisiert. So heißt es bei Kaufmann:150 „Der Typus hat zwar einen festen Kern, aber keine festen Grenzen.“

Dieser „feste Kern“ ist, anders als der Typus in allen Einzelheiten, einer Definition zugänglich.151 Ist also der feste Kern des Typus einer Definition Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, 1972, S. 26. Grundfragen einer Typuslehre im Gesellschaftsrecht, 1967, S. 25. Zustimmend Ott, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, 1972, S. 26. 146  Ott, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, 1972, S. 30. 147  Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 198. 148  Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 212. 149  Ott, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, 1972, S. 39. 150  Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Auf. 1982, S. 47; Ursprünge bereits bei Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, 1914, S. 1, 46. 151  So explizit Herberger/Simon, Wissenschaftstheorie für Juristen, 1980, S. 337 f. 144  Ott,

145  Koller,

48 Hauptteil

zugänglich, so handelt es sich bei denjenigen Merkmalen, die den festen Kern ausmachen, um unverzichtbare Merkmale, unter die im „klassischen Sinne“ subsumiert werden kann. Es erscheint demnach methodisch möglich, zwischen festen (unverzichtbaren) und unfesten (verzichtbaren) Typusbestandteilen zu unterscheiden. Dieses Verständnis führt nicht dazu, dass die Offenheit des Typus verloren geht, da über den festen Typuskern hinaus die Offenheit des Typus weiterhin gewahrt bleibt. Am Beispiel der gewerblichen Vermietung: Es ist nicht erforderlich, dass der Vermieter kurzfristig an ständig wechselnde Mieter vermietet und Sonderleistungen erbringt, sondern bereits die Erfüllung eines jener Merkmale kann – soweit die gesetzlichen Merkmale des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt sind – einen Gewerbebetrieb begründen.152 Auch die Ganzheitlichkeit des Typus geht durch das Verständnis unverzichtbarer Typusmerkmale nicht verloren, da weiterhin das ganzheitliche Gesamtbild maßgeblich ist, dieses lediglich aus verzichtbaren und unverzichtbaren Merkmalen zusammengesetzt ist.153 Denn es ist letztlich das ganzheitliche Gesamtbild, das über die Zuordnung entscheidet, und nicht allein der feste Typuskern. Hiernach gilt zusammengefasst: Typusbegriffe ­ können nicht nur verzichtbare, sondern auch unverzichtbare Merkmale enthalten, die den „Kern des Typus“ ausmachen.154 Nimmt der Gesetzgeber den festen Typuskern in das Gesetz auf, insbesondere aus Gründen der Rechts­ sicherheit in Gestalt einer Legaldefinition, so darf sich der Rechtsanwender in der Regel nicht darüber hinwegsetzen. Diese Form der Rechtsfindung nimmt eine Sonderstellung zwischen der strengen Subsumtion unter Klassenbegriffe im Sinne eines „entweder – oder“ sowie einer Zuordnung unter Typusbegriffe im Sinne eines „mehr oder minder“ ein; kennzeichnend ist der Ausdruck eines „Nein oder Ja, aber“.155

152  Statt

vieler BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. wird hierfür der anschauliche Ausdruck „disjunktive Verknüpfung“ verwendet, vgl. Kuhlen, Typuskonzeptionen in der Rechtstheorie, 1977, S. 129. 154  Wie hier auch Kuhlen, Typuskonzeptionen in der Rechtstheorie, 1977, S. 129 ff.; Herberger/Simon, Wissenschaftstheorie für Juristen, 1980, S. 338. 155  Eine „Mischform“ der Rechtsanwendung, bestehend aus Subsumtion und Zuordnung zu einem Typusbegriff, wird ferner angedeutet bei Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 550. Im Übrigen ist auch die jüngere Rechtsprechung des BFH zu den Sonderleistungen als derartige Mischform der Rechtsanwendung einzuordnen. Denn der BFH prüft zuallererst, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG allesamt erfüllt sind („Ja oder Nein“), und widmet sich bejahendenfalls erst anschließend der Frage, ob der steuerpflichtige Vermieter etwaige Sonderleistungen erbracht oder nicht erbracht hat und deshalb der Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten oder nicht überschritten wird („Ja, aber“), vgl. BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. 153  Mitunter



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen49

II. Zwischenfazit Die bis hierhin erfolgte Untersuchung erlaubt es, ein erstes Zwischenfazit zu ziehen. Eingangs ist die Frage aufgeworfen worden, ob der Begriff Gewerbebetrieb in § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ein Typus- oder Klassenbegriff sei. Einer Einordnung als Typusbegriff stand die allgemeine Kritik gegenüber der Verwendung von Typusbegriffen entgegen, wonach diese zu unbestimmt seien, gegen das Gesetz verstoßen oder sogar eines der gefährlichsten Mittel juristischer Methodik darstellen, da sie der Willkür des Rechtsanwenders Tür und Tor öffnen. Diese Kritik vermag, wie zuvor inhaltlich festgellt wurde, nicht zu überzeugen. Sie erweist sich unter Berücksichtigung der methodischen Diskussion über das Wesen von Typusbegriffen, mit anderen Worten: nach einer näheren Bestimmung des „Typus des Typus“, als substanzlos. Insoweit wurde zunächst festgestellt, dass sowohl die Bildung des Typus als auch die sich anschließende Zuordnung des Einzelfalles zum Typus festen Grundsätzen folgt, sog. leitenden Wertungsgesichtspunkten. Diese sind aber nicht das Produkt des Rechtsanwenders, sondern werden induktiv aus dem positiven Recht abgeleitet, ergeben sich also stets und immerzu nur aus dem Gesetzessinn, der Gesetzeshistorie sowie der Gesetzessystematik. Darum entscheidet nicht der Rechtsanwender nach seinem Belieben, was als Typisches gelten soll und was im Einzelfall dem Typischen entspricht; dies resultiert vielmehr aus einem Zusammenspiel empirischer Sachverhalte und der Interpretation von (geschriebenen) Normen. Den Kritikern ist zwar zuzugestehen, dass der Typus aufgrund seiner Offenheit keine absolute Bestimmtheit bieten kann. Andererseits dürfen die Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz nicht überstrapaziert werden: Erforderlich und ausreichend ist eine hinreichende, nicht aber eine höchstmögliche Bestimmtheit.156 Daraus folgt, dass allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift, bspw. aufgrund der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz widerspricht, sofern anhand der anerkannten Auslegungsmethoden der Inhalt einer Vorschrift ermittelt werden kann. Der Typus ist mit den unbestimmten Rechtsbegriffen insoweit vergleichbar, als dass er aufgrund seiner Offenheit in der Regel einer Konkretisierung durch den Rechtsanwender bedarf.157 Bezogen auf den Bestimmt156  BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 – BvR 1190/90, NJW 2002, 1031; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 94. EL Januar 2021, Art. 20 VII., Rz. 61. 157  Wie hier Wernsmann, Einkunftsartenabgrenzung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1229, 1239: „Für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Typusbegriffen gelten die gleichen Erwägungen wie bei unbestimmten Rechtsbegriffen.“ Zum

50 Hauptteil

heitsgrundsatz können für die typologische Rechtsfindung aber keine strengeren Anforderungen gestellt werden, als sie auch für unbestimmte Rechtsbegriffe gelten.158 Ähnlich wie unbestimmte Rechtsbegriffe auslegungs- und konkretisierungsbedürftig sind, muss auch der gesetzliche Typus konkretisiert werden. Somit liegt die eigentliche Problematik nicht in der typologischen Rechtsfindung per se, sondern in der rechtmäßigen Erfassung des gesetzlichen Typus (sog. „Typusgewinnung“),159 also der Feststellung sachgerechter Zuordnungsmaßstäbe. Ist aber der Kern des Typus begrifflich definiert und folgt seine Wesensfeststellung über den Kern hinaus ebenso wie die Zuordnung im Wege des Ähnlichkeitsvergleiches klaren Grundsätzen, verstößt die typologische Rechtsfindung nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Wo eine Abgrenzung nicht ohne Weiteres möglich erscheint, wie dies bei den verschiedenen Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes häufig der Fall ist, bedeutet Gesetzmäßigkeit der Besteuerung auch, dass der Rechtsanwender den hinter der Gesetzesnorm stehenden Typus erfasst und in seiner Entscheidung berücksichtigt.160 Insoweit folgt die typologische Rechtsanwendung einer gesetzlichen Anordnung; die anzuwendende Norm wird interpretiert, ohne dass einzelne (positive) Merkmale verzichtbar sind, und der reale Sachverhalt wird nicht fingiert, sondern anhand seiner Besonderheiten mit dem gesetzlichen Typus verglichen. Aus einer derartigen Rechtsfindung folgt kein Verstoß gegen den Gesetzmäßigkeitsgrundsatz.161 Sicherlich erscheint auch die typologische Rechtsfindung nicht völlig gefahrenlos und bietet eine methodische Lösung für sämtliche Rechtsfragen. Sie darf nicht zu einem methodischen Blindflug verleiten. Gerade das Erkennen leitender Wertungsgesichtspunkte sollte in der steuerrechtlichen Diskussion noch stärkere Beachtung finden, da letztlich hierdurch der Unterschied zwischen Willkür und rechtmäßiger Gesetzesinterpretation markiert wird. Das hier vorgeschlagene Konzept zu den methodischen Grundlagen der normativen Relevanz von Sonderleistungen gewährleistet, dass der scheinbar zusammenhangslosen Kasuistik eine methodische Grundlage verliehen wird, die rechtsstaatlich haltbar ist.

Teil werden Typusbegriffe explizit den unbestimmten Rechtsbegriffen zugeordnet, vgl. Drüen, StuW 1997, 261, 266; Jehke, Bestimmtheit und Klarheit im Steuerrecht, 2005, S. 39, 42. 158  Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 105. 159  Vgl. Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 177 ff. 160  So grds. auch Kaufmann, Analogie und „Natur der Sache“, 2. Aufl. 1982, S. 49. 161  Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 105; Pahlke, DStR-Beihefter 2011, 66, 68.



A. Erster Hauptteil: Methodische Grundlagen51

Bislang ist das ungeschriebene Merkmal, dass keine private Vermögensverwaltung vorliegen darf, bewusst nicht thematisiert worden, da deren ­methodische Grundlagen weiterhin ungeklärt sind und verschiedene Begründungsansätze die Diskussion kennzeichnen.162 Die Einordnung des Gesetzesbegriffes Gewerbebetrieb in § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG als Typusbegriff gestattet es zugleich, dem ungeschriebenen Merkmal „keine ­ private Vermögensverwaltung“ eine methodische Grundlage zu verleihen. Insoweit wurde die am Typus orientierte Rechtsfindung bereits zuvor dahin gehend beschrieben, dass sie sich im Wege der Zuordnung durch die Bildung von Typus und Gegentypus vollzieht, denen jeweils ein Sachverhalt zugeordnet werden kann.163 Dementsprechend erscheint es folgerichtig, den privaten Vermögensverwalter als Gegentypus des Gewerbetreibenden einzuordnen,164 mithin diesen negativ vom Gewerbetreibenden abzugrenzen. Hieraus lässt sich abschließend folgende Schlussfolgerung für die Sonderleistungen ziehen, die den Gewerbetreibenden vom vermögensverwaltenden Steuerpflichtigen unterscheiden: In der Natur des Hoteliers als Typus des gewerblichen Vermieters liegt es, zusätzlich zur Vermietung Sonderleistungen im Interesse der Mieter zu erbringen, wie bspw. deren Beköstigung. Die normative Relevanz der Sonderleistungen als Typusmerkmal folgt einerseits aus der Verkehrsanschauung als Wertungsgesichtspunkt des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG. Weiterer Wertungsgesichtspunkt im Rahmen von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ist die Intensität der Marktteilnahme, die sich durch die zusätzliche Erbringung von Sonderleistungen steigert. Liegen Sonderleistungen im Einzelfall vor, so kann der konkrete Vermietungssachverhalt – sofern die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt sind – mehr dem Typus des Gewerbetreibenden als dem Gegentypus des privaten Vermögensverwalters entsprechen. Demgegenüber liegt es in der Natur des privaten Vermögensverwalters (Gegentypus), Nebenleistungen im überwiegenden Eigeninteresse vorzunehmen, die zu der Erhaltung des Miet- oder Pachtobjektes sowie dessen Vermietbarkeit erforderlich sind. Werden im Einzelfalle neben der Vermietung ausschließlich derartige Nebenleistungen im überwiegenden Eigeninteresse erbracht, so entspricht der konkrete Sachverhalt weniger dem Bild des Gewerbetreibenden und mehr dem Bild des privaten Vermögensverwalters. Ob Sonderleistungen vorliegen, ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes unter Berücksichtigung des Mietobjektes zu beurteilen (Einkaufszent-

162  Buge, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 300. EL Oktober 2020, § 15 EStG Rz.  1100 ff. m. w. N. 163  Vgl. Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1., aufbauend auf Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 302. Aus dem steuerrechtlichen Schrifttum: Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 45 m. w. N., 136. 164  So auch Ritzrow, EStB 2011, 187; Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 280. EL August 2017, § 15 EStG Rz. 1004.

52 Hauptteil rum, Geschäftsraum, Industriegebiet, Ferienwohnungen etc.).165 Das bedeutet aber nicht, dass mehrere Zuordnungsmaßstäbe gewerblicher Vermieter als Vergleichsmaßstab heranzuziehen sind, sondern stellt nach hier vertretener Auffassung eine nähere Konkretisierung des Typusmerkmals „Sonderleistungen“ in Abgrenzung zu unschädlichen Nebenleistungen dar.166 Denn die Heranziehung eines bestimmten Typus dient – nach hier vertretenem Ansatz – primär dazu, einen zu weit gefassten gesetzlichen Tatbestand durch weitere Merkmale zu ergänzen, insbesondere um verschiedene gesetzliche Tatbestände voneinander abzugrenzen. D. h. der Typus ist in seinem Zusammenspiel mit dem methodischen Instrument Natur der Sache dazu bestimmt, für ein bestimmtes Merkmal normative Relevanz zu begründen, trifft aber noch keine abschließende Aussage darüber, wie dieses Merkmal auszulegen ist. Dieser Frage wird im Folgenden näher nachzugehen sein.

B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung – Deutung des Sonderleistungsbegriffes und Bestimmung des Anwendungsbereiches im System der Ertragsteuern Nachdem die methodischen Grundlagen dargelegt worden sind, eröffnet sich der Weg für eine nähere inhaltliche Untersuchung des Sonderleistungsbegriffes im Ertragsteuerrecht. Die Frage soll lauten: Was sind schädliche Sonderleistungen in Abgrenzung zu unschädlichen Nebenleistungen und anhand welcher hermeneutischer Mittel lässt sich eine inhaltliche Konkretisierung vornehmen? Zur Beantwortung dieser Frage wird versucht, die zuvor gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere die relevanten Prinzipien und Wertungsgesichtspunkte des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG, fruchtbar zu machen (Punkt II.). Der Sonderleistungsbegriff, wie er in der Steuerrechtsprechung verwendet wird, steht anschließend auf der Probe. Schließlich ist die Frage zu beantworten, ob der aus dem einkommensteuerrechtlichen System entwickelte Sonderleistungsbegriff auch gewerbesteuerrechtlich relevant ist (Punkt III.). Doch vorab ist noch eine Vorfrage zu klären (Punkt I.).

I. Einheit und Mehrheit von Tätigkeiten Erbringt der Steuerpflichtige neben der Vermietungsleistung weitere Leistungen, so stellt sich die Frage, unter welchen Umständen die Zusatzleistungen der Vermietungsaktivität zugerechnet werden können und gemeinsam mit dieser eine einheitliche Tätigkeit bilden, die sodann Gegenstand der Einkünfte- bzw. Tätigkeitsqualifikation ist. Sofern die Zusatzleistungen dem165  BFH,

166  Näher

Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. hierzu Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 5. b) ff.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung53

gegenüber nicht gemeinsam mit der Vermietungstätigkeit als Einheit zu betrachten sind, liegen nicht Vermietungsleistung und Sonder- oder Neben­ leistungen als Bestandteile einer einheitlichen wirtschaftlichen Tätigkeit vor, sondern mehrere/unterschiedliche Tätigkeiten, die unterschiedlichen Einkunftsarten zuzuordnen sind. Die getrennte Tätigkeit ist also nicht nur terminologisch von den Sonder- und Nebenleistungen abzugrenzen, sondern führt auch zu anderen Rechtsfolgen im System der Ertragsteuern.167 1. Grundsatz: Mehrheit von Tätigkeiten Aus dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung lässt sich das „Primat der Trennung vor der Einheitsbeurteilung“ ableiten:168 Dadurch, dass der Steuergesetzgeber verschiedene Einkunftsarten nennt, ist dieser äußeren Systematik folgend primär eine getrennte Behandlung von Vermietungstätigkeit und zusätzlichen Leistungen dergestalt vorzunehmen, dass die Vermietungsaktivität zu Überschusseinkünften i. S. v. § 21 EStG führt und durch die weiteren Leistungen eine andere Einkunftsart (regelmäßig § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG oder § 22 Nr. 3 EStG) verwirklicht wird. Eine Trennung in diesem Sinne ist auch dann vorzunehmen, wenn die jeweiligen Tätigkeiten sich sachlich berühren.169 Im Falle einer derartigen Trennung ist aber aus Gründen der Rechtsklarheit nicht am Begriff der Sonder- oder Nebenleistungen festzuhalten, sondern die von der Vermietungstätigkeit getrennte Marktleistung als (getrennte) Tätigkeit zu bezeichnen. Die Trennung verschiedener Tätigkeiten führt dazu, dass nicht eine einheitliche gewerbliche oder vermögensverwaltende Tätigkeit, bestehend aus Vermietungs- und Zusatzleistungen, vorliegt, sondern zwei oder mehrere voneinander getrennte wirtschaftliche Tätigkeiten, die unterschiedlichen Einkunftsarten zuzuordnen sind.170 Für Einzelpersonen kann dies durchaus vorteilhaft sein, da das zur Nutzung überlassene Grundstück nicht zwangsläufig zu Betriebsvermögen wird. Vermögensverwaltenden Personengesellschaften droht demgegenüber die Gefahr, dass ihre Tätigkeit durch die Anwendung 167  Hinsichtlich der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen aus § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zeigt sich dies insbesondere in dem neu geregelten § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG. Vgl. dazu Zweiter Hauptteil, Punkt B. III. 3. b). 168  Koller, Abgrenzung von Einkunftstatbeständen im Einkommensteuerrecht, 1993, S. 30; Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 60; Musil, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 290. EL Januar 2019, § 2 EStG Rz. 92. 169  BFH, Urt. v. 21.12.1976 – VIII R 27/72, BStBl. II 1977, 244. 170  BFH, Urt. v. 21.12.1976 – VIII R 27/72, BStBl. II 1977, 244.

54 Hauptteil

von § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG (sog. Abfärberegelung) in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt.171 Die Abfärberegelung greift gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann, wenn aus der getrennten gewerblichen Tätigkeit Verluste erzielt werden.172 Für Grundstücksunternehmen, insbesondere Kapitalgesellschaften, die nach § 8 Abs. 2 KStG ohnehin nur gewerbliche Einkünfte erzielen, ist zu prüfen, ob die zusätzliche, d. h. von der Vermietungsaktivität getrennte wirtschaftliche Tätigkeit begünstigungsschädlich ist und zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) führt.173 Diesbezüglich ist aber die Neuregelung in § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG zu beachten, wonach trotz Vorliegen trennbarer (gewerblicher) Tätigkeiten die erweiterte Gewerbesteuerkürzung unter bestimmten Voraussetzungen Grundstücksunternehmen dennoch gewährt werden kann.174 2. Einheitliche Tätigkeit bei fehlender Trennungsmöglichkeit Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes,175 die auch im steuerrechtlichen Schrifttum vertreten wird,176 bedarf es einer einheitlichen Betrachtung, wenn „die jeweiligen Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und die Gesamttätigkeit nach der Verkehrsanschauung als eine einheitliche angesehen werden muss“. Dieser Zusammenhang zwischen verschiedenen Tätigkeiten wird durch verschiedene Fallgruppen konkretisiert, die im Wesentlichen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes entstammen.177 Eine Fallgruppe, in denen verschiedene Tätigkeiten untrennbar miteinander verbunden sind, ist das „Schulden eines einheitlichen Erfolges“, wie bspw. im Falle der Vermietung von Zimmern mit Reinigung.178 Weitere Konstellationen, in denen aus 171  Näher zu den Gefahren für Personengesellschaften bei Ausübung gemischter Tätigkeiten aufgrund der sog. Abfärberegelung: Maitzen, Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Einkunftsarten, 2011, S. 136; Korn/Scheel, DStR 2019, 1665; Häsner/Preil/Weinhold, DStR 2021, 1798, 1801. 172  Siehe hierzu und zu den damit verbundenen verfassungsrechtlichen Problemen Stenert/Gravenhorst, DStR 2020, 2505. 173  Zu einem solchen Fall siehe jüngst FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629 (schädliche Reinigungsleistungen). 174  Dazu näher im Zweiten Hauptteil, Punkt B. III. 3. b). 175  BFH, Urt. v. 21. 12.1976 – VIII R 27/72, BStBl. II 1977, 244. 176  Kauffmann/Seppelt/Werthebach, in: Frotscher/Geurts, EStG, Stand 01.02.2021, § 15 Rz. 108; Musil, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 290. EL Januar 2019, § 2 EStG Rz. 92. 177  Übersicht bei Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, 86. 178  BFH, Urt. v. 21.12.1976 – VIII R 27/72, BStBl. II 1977, 244.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung55

einer „einfachen“ Vermietungsaktivität eine gewerbliche Tätigkeit werden kann, findet man in der sog. Verklammerungsrechtsprechung des Bundes­ finanzhofes, wonach verschiedene Tätigkeiten (Anschaffung, Vermietung, Veräußerung von beweglichem oder unbeweglichem Vermögen) aufgrund eines einheit­lichen Geschäftskonzeptes als eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit betrachtet werden.179 Die Feststellung, ob die jeweiligen Tätigkeiten untrennbar miteinander verbunden sind und ein einheitlicher Erfolg geschuldet wird, ist eine Tatfrage, an die das Revisionsgericht gebunden ist.180 Ob ein einheitlicher Erfolg geschuldet wird, lässt sich insbesondere anhand der getroffenen Ver­ einbarungen feststellen.181 Da maßgeblich auf den geschuldeten Erfolg abzustellen ist, spricht eine gesonderte Abrechnung, die lediglich der formalen Abwicklung dient, nicht gegen eine untrennbare Verbundenheit von Zusatzleistungen und Vermietungsleistung.182 Ebenso wenig kommt es entscheidend auf eine formelle Urkundentrennung an, also darauf, ob die Sonderleistungen und die Vermietungsleistung in zwei getrennten Urkunden geregelt werden.183 Ausschlaggebend ist vielmehr, ob zwischen den Sonderleistungen und der Vermietungsleistung eine inhaltliche untrennbare Verflechtung in wirtschaftlicher und tatsächlicher Art besteht. Um zu beurteilen, ob die jeweiligen Tätigkeiten derart untrennbar miteinander verflochten sind, darf nach Veranlassungsgesichtspunkten gefragt werden, welche Tätigkeit die Wertänderung, d. h. die Entgeltvereinnahmung, veranlasst hat.184 Das Veranlassungsprinzip ist auch bei der Qualifikation

179  Zur sog. Verklammerungstheorie siehe BFH, Urt. v. 28.09.2017 – IV R 50/15, BStBl. II 2018, 89; Urt. v. 08.06.2017 – IV R 30/14, BStBl. II 2017, 1061; Urt. v. 26.06.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009, 289. Aus dem Schrifttum: Wendt, FR 2018, 267; Broemel, FR 2018, 235; Wagner/Brüggen, DB 2018, 408; Spohn/Lipps, DStR 2018, 605. 180  BFH, Urt. v. 18.10.2006 – XI R 10/06, BStBl. II 2008, 54; Urt. v. 08.10.2008 – VIII R 53/07, BStBl. II 2009, 143. 181  BFH, Urt. v. 07.11.1991 – IV R 17/90, BStBl. II 1993, 324. So auch Koller, Abgrenzung von Einkunftstatbeständen im Einkommensteuerrecht, 1993, S. 169 ff.; Kauffmann/Seppelt/Werthebach, in: Frotscher/Geurts, EStG, Stand 01.02.2021, § 15 Rz. 108. Zur Bedeutung der getroffenen Vereinbarungen anschaulich FG München, Urt. v. 26.06.2018 – 2 K 2245/16, BeckRS 2018, 47561 (Revision beim BFH anhängig unter dem Aktenzeichen IV R 42/19). 182  BFH, Urt. v. 18.10.2006 – XI R 10/06, BStBl. II 2008, 54; Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, 157. EL Mai 2021, § 15 EStG Rz. 96; Pfirmann, in: Kirchhof/ Seer, EStG, 20. Aufl. 2021, § 15 Rz. 22. 183  Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 88. 184  Näher hierzu Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S.  69 ff.

56 Hauptteil

gemischter Tätigkeiten anwendbar.185 Soweit keine der beiden Tätigkeiten (Vermietung einerseits, Sonderleistungen andererseits) alleinige Ursache für die Entgeltvereinnahmung ist, sondern erst aus der Gesamtheit heraus die Wertänderung verursacht wird, ist eine Trennung der Tätigkeiten nicht mehr möglich. Nach hier vertretener Auffassung bietet das Veranlassungsprinzip auch die Grundlage dafür, dass der Bundesfinanzhof zur Beurteilung einer einheitlichen Tätigkeit die Verkehrsanschauung heranzieht.186 Denn das Veranlassungsprinzip als allgemeines Rechtsprinzip erschöpft sich nicht lediglich auf eine Kausalitätsprüfung, sondern bedarf stets und immerzu auch einer wertenden Betrachtung.187 Vertritt man wie vorliegend die Auffassung, dass die Verkehrsanschauung einen – wenn auch untergeordneten – Wertungsgesichtspunkt der Abgrenzung der Einkunftsarten darstellt,188 ist in konsequenter Weise auch darauf zurückzugreifen, soweit eine Veranlassungsprüfung zwecks Beurteilung einer einheitlichen Tätigkeit angestellt wird. Wo allerdings der Rechtsanwender mit atypischen Konstellationen bzw. Zweifelsfällen konfrontiert wird, vermag der Rückgriff auf eine (vermeintliche) Verkehrsanschauung nur bedingt weiterzuhelfen.189 Insoweit müssen die weiteren von Rechts wegen vorgegebenen Wertungen herangezogen und offengelegt werden. Da sich die meisten Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes durch die Marktteilnahme kennzeichnen,190 können auch aus der konkreten Art und Weise der Marktteilnahme rechtliche Schlüsse zur Beurteilung gemischter Tätigkeiten gezogen werden. Besonders die fehlende Marktüblichkeit kann indizieren,191 dass nicht nur eine Tätigkeit alleinige Ursache für die Entgeltvereinnahmung ist, sondern erst aus der Zusammenschau der jeweiligen Tätigkeiten die Marktüblichkeit der Marktteilnahme 185  Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 70; näher zum Veranlassungsprinzip Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. ff. 186  Vgl. BFH, Urt. v. 21.12.1976 – VIII R 27/72, BStBl. II 1977, 244, wonach eine einheitliche Tätigkeit vorliegt, wenn „die jeweiligen Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und die Gesamttätigkeit nach der Verkehrsanschauung als eine einheitliche angesehen werden muss.“ 187  Schneider, Gemischte Veranlassung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1243, 1244. 188  Wie hier Schmidt-Liebig, Gewerbe im Steuerrecht, 1977, S. 60 f. m. w. N. Näher bereits zuvor Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) aa). 189  So auch Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 50. 190  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb). 191  Für die Heranziehung der „Marktüblichkeit“ zwecks Beurteilung gemischter Tätigkeiten Koller, Abgrenzung von Einkunftstatbeständen im Einkommensteuerrecht, 1993, S. 94 ff.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung57

resultiert und deshalb eine einheitliche Tätigkeit vorliegt. So kann es bspw. liegen, wenn für die Vermietung eines bestimmten Mietobjektes ein zu hoher (marktunüblicher) Mietpreis vereinnahmt wird, für etwaige Sonderleistungen dagegen (in marktunüblicher Weise) überhaupt kein Entgelt vereinbart wird. Damit soll nicht gesagt werden, dass im Falle eines marktüblichen Mietzinses sowie der getrennten Vereinbarung eines marktüblichen Entgeltes für die Erbringung etwaiger Sonderleistungen automatisch keine einheitliche Tätigkeit, sondern per se getrennte Tätigkeiten vorliegen. Auch in diesem Fall kann eine einheitliche Tätigkeit besonders dann vorliegen, wenn die Marktteilnahme dennoch faktisch durch das Schulden eines einheitlichen Erfolges gekennzeichnet ist, weil keine der beiden Tätigkeiten eingestellt werden kann, ohne dass die andere beeinflusst wird.192 Erst wenn nach alledem eine einheitliche Tätigkeit vorliegt, ist zu prüfen, ob diese einheitliche Tätigkeit einen Gewerbebetrieb begründet oder stattdessen eine vermögensverwaltende Tätigkeit vorliegt.193 Mischen sich Vermietungsaktivitäten mit Zusatzleistungen, so ist maßgebend für die Zuordnung dieser einheitlichen Tätigkeit zu einer der sieben Einkunftsarten, ob die zusätzlichen Leistungen unschädliche Nebenleistungen darstellen oder schädliche Sonderleistungen vorliegen, die über die Vermögensnutzung bzw. Vermögenserhaltung hinausgehen.194 Während die Kombination von Vermietungsleistung und Nebenleistungen stets eine vermögensverwaltende Tätigkeit darstellt und zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt, kann die Kombination aus Vermietungsaktivität und Sonderleistungen eine gewerbliche Tätigkeit begründen, mithin zu gewerblichen Einkünften führen.195 Um also eine sachgerechte Zuordnung vornehmen zu können, muss der Sonderleistungsbegriff in Abgrenzung zu den unschädlichen Nebenleistungen konkretisiert werden.

192  Vgl. BFH, Urt. v. 23.01.1992 – IV R 19/90, BStBl. II 1992, 651: „Der Kläger übte beide Tätigkeiten unabhängig voneinander aus. Er konnte jede dieser Tätigkeiten einstellen, ohne dass dies den jeweils anderen Betrieb in irgendeiner Weise beeinträchtigt hätte.“ Siehe auch Koller, Abgrenzung von Einkunftstatbeständen im Einkommensteuerrecht, 1993, S. 170 f. am Beispiel gemischter Verträge (sog. „Typuskombinationsverträge“). 193  Musil, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 290. EL Januar 2019, § 2 EStG Rz. 92; Wernsmann, Einkunftsartenabgrenzung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1229, 1235. 194  BFH, Urt. v. 21.12.1976 – VIII R 27/72, BStBl. II 1977, 244. 195  Näher zu dieser finalen Zuordnung Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 6.

58 Hauptteil

II. Der Sonderleistungsbegriff im Einkommensteuerrecht Der Versuch einer näheren inhaltlichen Konkretisierung des Sonderleistungsbegriffes führt über eine Vielzahl von Entscheidungen aus der Steuerrechtsprechung, aus denen Beispiele schädlicher Sonderleistungen und unschädlicher Nebenleistungen abgeleitet werden können.196 Die entscheidenden Kriterien scheinen zum einen das Kriterium der „Üblichkeit“ (dazu Punkt B. II. 4.) und zum anderen das Kriterium des „wirtschaftlichen Inte­ resses“ (dazu Punkt B. II. 5.) zu sein. Was noch üblich und was bereits unüblich ist, wird, wie einleitend dargestellt, objektbezogen beurteilt, was de lege lata zu einem variablen Sonderleistungsbegriff führt (dazu B. II. 5.). Daraus folgt, dass bspw. eine Reinigungsleistung einmal zur schädlichen Sonderleistung erklärt wird197 und in einem anderen Fall demgegenüber den Charakter einer unschädlichen Nebenleistung erhält.198 Bevor aber der Sonderleistungsbegriff näher konkretisiert wird, bedarf es noch einer begrifflichen Klarstellung. Der Ausdruck Konkretisierung statt Definition ist nicht willkürlich gewählt. Dies hängt mit der methodischen Grundlage der ertragsteuerlichen Relevanz von Sonderleistungen zusammen, dem Typusbegriff. Insoweit ist bereits festgestellt worden, dass sich der Typus – über den festen Kern hinaus – nicht abschließend definieren lässt.199 Dasselbe gilt nach hier vertretener Auffassung konsequenterweise auch für das ungeschriebene Typusmerkmal der Sonderleistungen, welches keiner abschließenden Definition, unter die subsumiert werden kann, zugänglich ist. Das bedeutet aber nicht, dass der Inhalt und der Umfang des Sonderleistungsbegriffes in keinerlei Weise näher zu bestimmen sind. Insbesondere ist es möglich, den Sonderleistungsbegriff insoweit inhaltlich zu konkretisieren, als dass dargelegt wird, was er ganz sicher ist oder ganz sicher nicht bedeutet bzw. zum Inhalt hat.200

196  BFH, Urt. v. 14.02.1989 – IX R 109/84, BStBl. II 1989, 922; Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175; FG Hamburg, Urt. v. 23.04.1998 – III 189/95, BeckRS 1998, 14855; FG Hessen, Urt. v. 18.11.1998 – 8 V 2559/98, DStRE 1999, 181; FG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.2016 – 4 K 1349/15, DStRE 2017, 266. 197  BFH, Urt. v. 06.10.1982 – I R 7/79, BStBl. II 1983, 80. 198  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. 199  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 3. 200  So grundsätzlich zu den Merkmalen des Typus Hassemer, Tatbestand und Typus, 1968, S. 114 ff.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung59

1. Die Abgrenzung von Sonder- und Nebenleistungen als hermeneutisches Problem – systematische und teleologische Auslegung des Sonderleistungsbegriffes? Um den Sonderleistungsbegriff näher zu verstehen, also darzulegen, was er ganz sicher ist oder ganz sicher nicht zum Inhalt hat, muss zunächst die Frage nach geeigneten hermeneutischen Mitteln beantwortet werden. Denn innerhalb des methodischen Teiles wurde bereits die Problematik dargestellt, dass die ertragsteuerliche Relevanz der Sonderleistungen nicht aus dem positiven Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG folgt. Fehlt es demnach an einer expliziten Gesetzesgrundlage, so stellt sich die Frage, welcher Bezugspunkt heranzuziehen ist, um eine nähere inhaltliche Konkretisierung des ungeschriebenen Sonderleistungsbegriffes zu ermöglichen und welche (Auslegungs-)Mittel der Jurisprudenz hierfür zur Verfügung stehen. a) Auslegung aus dem inneren System der Einkommensteuerrechtsordnung und Markteinkommenstheorie als Bezugspunkt Als zuvor schon die Frage des Auffindens leitender Wertungsgesichtspunkte behandelt wurde, sind die Rechtsprinzipien als eine Erkenntnisquelle vorgestellt worden.201 Rechtsprinzipien werden im Allgemeinen als „richtungsgebende Maßstäbe rechtlicher Normierung“ bezeichnet.202 Sie haben in der Regel keinen Normcharakter, sondern bilden zusammen mit den in ihnen zum Ausdruck kommenden Wertungsgesichtspunkten die zentralen Bezugspunkte der Bildung eines sog. „inneren Systems des Rechts“.203 Das innere System204 dient der Ordnung des Rechtsstoffes anhand von Prinzipien und Wertungen205 und fordert die Umsetzung wertungsmäßiger Folgerichtig201  Siehe

Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. a) und b). Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 474. 203  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaften, 1991, S. 481. Näher zum Systemdenken: Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969; Peine, Das Recht als System, 1983; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008. Grundsätzlich über die Funktion von Prinzipien für ein (system)gerechtes Steuerrecht Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 1. Aufl. 1993, Band I, S. 281 ff.; Mössner, Prinzipien im Steuerrecht, in: Festschrift für Joachim Lang zum 70. Geburtstag, 2010, S. 83, 99. 204  Neben dem „inneren“ System besteht auch ein „äußeres“ System des Rechts. Näher zum Begriff des äußeren Systems Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 19 ff. Die Unterscheidung zwischen innerem und äußerem System geht auf Heck zurück, vgl. Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, 1914, S. 139 ff., 142. 205  Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 80; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 1. Aufl. 1993, Band I, S. 111; Drüen, in: Tipke/ 202  Larenz,

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keit.206 Es ist deshalb ein teleologisches System, ein System von Prinzipien und Wertungen.207 Systematisch-teleologische Auslegung aus dem inneren System der Rechtsordnung heraus verlangt, dass das Auslegungsergebnis in Einklang mit den Rechtsprinzipien und Wertungen steht, welche die Rechtsordnung prägen und innerhalb der konkretisierungsbedürftigen Rechtsnorm zum Ausdruck kommen.208 Dies gilt nicht nur für die Auslegung der Rechtsnorm als Merkmalsganzes, sondern auch für die Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale.209 Zur Verdeutlichung der methodischen Grundlagen sind verschiedene Systembegriffe voneinander abzugrenzen. Neben dem Begriff des inneren Systems hat der Begriff des beweglichen Systems210 Einzug in das Steuerrecht gefunden.211 Auch wenn von Teilen im steuerrechtlichen Schrifttum das innere System als bewegliches System bezeichnet worden ist,212 handelt es sich nach hier vertretener Auffassung um zwei unterschiedliche methodische Denkformen, die zwar beide Teil eines umfassenden Systembegriffes213 sind und sich inhaltlich nicht starr abgrenzen lassen,214 aber im Prozess der Rechtsfindung grundsätzlich unterschiedliche Funktionen einnehmen. Das bewegliche System in seinem eigentlichen Anwendungsbereich215 dient – Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2020, § 4 AO Rz. 289: „Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze basieren auf Prinzipien oder Wertungen, die einem oder mehreren Gesetzen gemeinsam zu Grunde liegen.“ 206  Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 40 ff. 207  Peine, Das Recht als System, 1983, S. 94 ff.; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 99. 208  Ausführlich Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 94 ff.; Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 208. 209  Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 139 f.; Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 206. 210  Das bewegliche System geht auf Walter Wilburg zurück, vgl. Wilburg, Entwicklung eines Beweglichen Systems im bürgerlichen Recht, 1951; ders., Die Elemente des Schadensrechts, 1941. Näher hierzu: Westerhoff, Die Elemente des Beweglichen Systems, 1991. 211  Vgl. Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, 1999, S.  32 ff. 212  Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 221. 213  Näher zum Systembegriff Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 19 ff. 214  Vgl. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 80: „Das geltende Recht kennt also ein Nebeneinander von unbeweglichen und beweglichen Systemteilen […].“ 215  Grundlage der weiteren Ausführungen ist das bewegliche System, wie es der Begründer selbst, also Wilburg, verstanden hat. Darauf aufbauend haben zahlreiche Autoren versucht, das bewegliche System für die Bewältigung unterschiedlichster



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung61

ähnlich wie Typusbegriffe –216 primär der Rechtsanwendung und bildet gewissermaßen bzw. in weitem Sinne verstanden einen „beweglichen“ normativen Zuordnungsmaßstab, auf den zurückgegriffen werden kann, wenn die anerkannten Auslegungsmittel an ihre Grenzen stoßen.217 Dagegen handelt es sich bei dem inneren System des Rechts in seiner hier angewandten Form nicht um Rechtsfortbildung und Rechtsanwendung in engerem Sinne, sondern um ein systematisch-teleologisches Auslegungskriterium und damit um ein Mittel der Rechtsdeutung.218 Das innere System ist zwar „offen“ hinsichtlich der Relevanz von Wertungen und Prinzipien sowie deren Zusammenspiel.219 Es ist aber grundsätzlich kein „bewegliches“ im Sinne Wilburgs, Aufgaben heranzuziehen, vgl. Westerhof, Die Elemente des Beweglichen Systems, 1991, S. 15 m. w. N. Auf diese Ansätze kann im Rahmen dieser Abhandlung nicht näher eingegangen werden. 216  Näher zu der Ähnlichkeit von Typusbegriffen und beweglichem System Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, 1999, S.111 ff.; Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 64. Larenz geht nicht nur von einer „Ähnlichkeit“, sondern einer „vollständigen Übereinstimmung zwischen beiden Denkformen“ aus, vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 470. Vergegenwärtigt man sich den diskutierten Anwendungsbereich des beweglichen Systems im Steuerrecht, wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um ein Mittel der Rechtsdeutung (Auslegung), sondern ein Mittel der Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung handelt, vgl. Petersen (a. a. O.), S. 39: „Das bewegliche System hätte die Aufgabe, Einkünfte angemessen zu qualifizieren.“ 217  Wilburg selbst hat das bewegliche System für das Schadensersatzrecht im bürgerlichen Recht entwickelt, vgl. Wilburg, Entwicklung eines Beweglichen Systems im bürgerlichen Recht, 1951. Nach der Wilburgschen Lehre vom beweglichen System „lässt sich die Haftung nicht auf einen einheitlichen Gedanken, sondern auf ein Zusammenspiel von Gesichtspunkten zurückführen“ (S. 12). „Tritt ein Element in besonderer Stärke auf, so kann es allein ausreichen, um eine Schadenshaftung zu rechtfertigen“ (S. 13). „Als Gesamtergebnis kann der Richter feststellen, dass eine Haftung voll oder teilweise begründet oder aber auszuschließen ist“ (S. 14). Wilburg weist explizit darauf hin, dass die Denkform vom beweglichen System ausschließlich auf die Lückenfüllung und Rechtsfortbildung beschränkt ist (S. 22). Siehe auch Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 532, 634; Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 64. 218  Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 91; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 336; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 91 ff., 94; Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 207 f.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/ FGO, Stand Oktober 2020, § 4 AO Rz. 291. Näher zu den wesensunterschiedlichen, aber aufeinander aufbauenden Prozessen der Rechtsanwendung und Rechtsdeutung (Auslegung) Hassemer, Tatbestand und Typus, 1968, S. 155; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 312 ff. 219  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 486: „Das innere System ist […] ein ‚offenes‘ System in dem Sinne, dass Änderungen sowohl in der Art des Zusammenspiels der Prinzipien, ihrer Rechtweite und wechselseitigen Beschränkungen, wie auch die Auffindung neuer Prinzipien möglich sind.“ Vertiefend zur

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sondern (in weitem Umfang) ein durch die gesetzlichen Regelungen festgelegtes220 und weist den einzelnen Prinzipien klar umgrenzte Anwendungsbereiche zu.221 Hat sich also der Gesetzgeber an bestimmter Stelle ganz oder teilweise gegen ein Prinzip oder eine Wertentscheidung entschieden oder wird ein Prinzip durch ein anderes verdrängt, darf die Auslegung durch den Rechtsanwender aus dem inneren System heraus nicht nach Maßgabe des verdrängten Prinzips erfolgen.222 Freilich besteht eine Ähnlichkeit zwischen dem inneren und dem beweglichen System aufgrund der Prinzipiengerichtetheit und der durch beide Denkformen beabsichtigten Herstellung wertungsmäßiger Folgerichtigkeit innerhalb der (Einkommensteuer-)Rechtsordnung.223 Unter Zugrundelegung eines derartigen Verständnisses vom inneren System des Rechts als Auslegungswerkzeug, welches wertungsmäßige Folgerichtigkeit verlangt, könnten somit die relevanten (einkommen)steuerrecht­ lichen Rechtsprinzipien und Wertungen für eine nähere Deutung des Sonderleistungsbegriffes in Abgrenzung zu den unschädlichen Nebenleistungen ­herangezogen werden. Das Auffinden dieser relevanten Prinzipien und Wertungen ist nach dem bereits Gesagten nicht problematisch: Grundlegendes Rechtsprinzip der meisten Einkunftsarten des Einkommensteuerrechts ist die Markteinkommenstheorie.224 Aus der Markteinkommenstheorie lässt sich die Wertung ableiten, dass sich Gewinn- und Überschusseinkünfte durch eine unterschiedliche Intensität in der Marktteilnahme unterscheiden.225 Die Intensität der Marktteilnahme ist bei den Gewinneinkünften grundsätzlich ­ stärker und bei den Überschusseinkünften schwächer ausgeprägt. Aus dieser Wertung ist die normative Relevanz der Sonderleistungen abgeleitet worden, da durch deren Erbringung die Intensität der Marktteilnahme des Vermieters steigt, infolgedessen die Vermietungsaktivität als Form privater Vermögensverwaltung in eine gewerbliche Tätigkeit umschlagen kann.226 Diese methodische Grundlegung führt also dazu, im Rahmen der vorliegenden Untersu„Offenheit des inneren Systems“ Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 61 ff. 220  Wie hier ausdrücklich Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 479; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 139 f. 221  Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 78. 222  Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2020, § 4 AO Rz. 291. 223  Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, 1999, S. 38. Zudem dürfen Auslegung und Rechtsfortbildung – wie zutreffend angemerkt wird – grundsätzlich nicht als wesensverschieden angesehen werden, sondern sind lediglich unterschiedliche Stufen desselben gedanklichen Verfahrens, vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 366; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2020, § 4 AO Rz. 344. 224  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb). 225  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb). 226  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 2. b).



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung63

chung die Markteinkommenstheorie samt ihrer Wertungsgesichtspunkte als Bezugspunkt für eine Auslegung des Sonderleistungsbegriffes aus dem inneren System heranzuziehen.227 Denn eine systemgetreue Auslegung nach Maßgabe des inneren Systems des Rechts verlangt, dass die Auslegung des Sonderleistungsbegriffes in Einklang mit den maßgeblichen Prinzipien und Wertungsgesichtspunkten der Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes steht. Das hier vertretene Systemverständnis spiegelt sich grundsätzlich auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes wider, wonach die Markteinkommenstheorie eine „vom Gesetzgeber zugrunde gelegte rechtssystematische Grundwertung sei“, welche die Auslegung des Tatbestandes durch den Rechtsanwender beeinflusse.228 b) Über die „Auslegungsfähigkeit“ und normative Verbindlichkeit ungeschriebener (Typus-)Merkmale Die Auslegung des Sonderleistungsbegriffes aus dem inneren System des Rechts heraus setzt voraus, dass der Sonderleistungsbegriff als gesetzlich nicht geregeltes (Typus-)Merkmal überhaupt mittels systematischer und teleologischer Kriterien ausgelegt werden darf.229 Denn Auslegung bedeutet die Ermittlung der inhaltlichen Bedeutung von sprachlichen Äußerungen, wie sie beispielsweise in Form von Tatbestandsmerkmalen in Rechtsnormen geregelt sind.230 Der Sonderleistungsbegriff ist aber keine gesetzgeberische 227  So grds. auch Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 58: „[Das] Markteinkommensprinzip [hat] für das zutreffende Verständnis des Gesetzesrechts [den] Rang eines beherrschenden auslegungsleitenden Prinzips.“ Siehe auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 1. Aufl. 1993, Band I, S. 113, der unter anderem die Markteinkommens­ theorie als Bezugspunkt des inneren Systems nennt. 228  BFH, Urt. v. 09.02.1994 – IX R 110/90, BStBl. II 1995, S. 47. Auf den Einfluss der Markteinkommenstheorie auf die Steuerrechtsprechung näher eingehend Marx/Kilincsoy, StuW 2019, 36, 47, m. w. N. aus der Steuerrechtsprechung auch aus jüngerer Zeit. 229  Vom steuerrechtlichen Schrifttum wird mitunter der Versuch einer „Präzisierung“ von ungeschriebenen (Typus-)Merkmalen vorgenommen, ohne dass dabei offengelegt wird, welche hermeneutischen Mittel herangezogen werden. Zudem wird deren Auslegungsfähigkeit offenbar stillschweigend vorausgesetzt, vgl. Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 315. Zur grundsätzlichen Auslegungsfähigkeit von Typusbegriffen Hassemer, Tatbestand und Typus, 1968, S. 132 ff., 159 f. 230  Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 144. Vertiefend zu dem Zusammenhang von Recht und Sprache Kirchhof, Die Bestimmtheit und Offenheit der Rechtssprache, 1987; Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 41 ff.; Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S.  182 ff.; Feix, Maßstäbe für eine gelungene richterliche Rechtsfortbildung, 2020, S.  59 ff.

64 Hauptteil

sprachliche Äußerung, sondern folgt aus einer Tatbestandskonkretisierung durch den Rechtsanwender. Zudem scheint auch eine Funktion, die der (Gesetzes-)Auslegung beigemessen wird, gegen die Auslegungsfähigkeit des Sonderleistungsbegriffes zu sprechen. Als hermeneutisches Verfahren dient die Auslegung dazu, die Norm hinreichend zu konkretisieren, damit der zu entscheidende Sachverhalt darunter subsumiert werden kann.231 Unter einen Typusbegriff lässt sich aber, wie bereits erörtert, nicht subsumieren, sondern der Sachverhalt wird diesem im Wege eines Ähnlichkeitsvergleiches zugeordnet.232 Beide Einwände sprechen nach hier vertretener Auffassung nicht gegen die Auslegung des Sonderleistungsbegriffes aus dem inneren System des Rechts heraus. Zunächst zu Ersterem: Zwar mag die Gesetzesauslegung als Auslegung sprachlicher Äußerungen des Gesetzgebers den häufigsten Anwendungsbereich juristischer Hermeneutik markieren.233 Auslegungsfähig sind indessen nicht nur sprachliche Äußerungen des Gesetzgebers, sondern auch sprachliche Äußerungen der Judikative (sog. Präjudizien).234 Ebenso wie die Gesetzesauslegung stellt die Auslegung von Präjudizien einen hermeneutischen Vorgang dar.235 Zentrale Bedeutung kommt hierbei der systematischteleologischen Auslegung von Präjudizien zu, welche unter anderem dazu dient, „unklare Merkmale begrifflich zu fixieren“236 oder diese „anhand allgemeiner Prinzipien zu systematisieren“.237 Erst durch die Wertungen und Prinzipien, die der entscheidungserheblichen Regelung zugrunde liegen, können Präjudizien dogmatisch strukturiert und insoweit für künftige Fälle konkretisiert werden.238 Deutlicher kann man die Auslegung ungeschriebener 231  Vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, S. 397. Siehe auch Pelka, Die Steuerrechtsprechung als unerwünschte Rechtsquelle für die Vertragsgestaltung, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 251, 252 m. w. N.: „Dem Präjudiz wird die Rechtsnorm entnommen, unter die subsumiert wird.“ 232  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 233  Näher zur Auslegung von Gesetzen: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 312 ff.; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 141 ff.; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, 6. Aufl. 2015. 234  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 357 ff. 235  Payandeh, Judikative Rechtserzeugung, 2017, S. 463. 236  Langenbucher, Die Entwicklung und Auslegung von Richterrecht, 1996, S. 84. 237  Langenbucher, Die Entwicklung und Auslegung von Richterrecht, 1996, S. 88; ähnlich wohl auch Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 91: „An die Stelle der Gesetze treten Richtersprüche. Diese zu einem wertungsmäßig folgerichtigen System zusammenzufügen, ist oft eine schwierige Aufgabe.“ Zur systematischen und teleologischen Auslegung von Präjudizien aus jüngerer Zeit Feix, Maßstäbe für eine gelungene richterliche Rechtsfortbildung, 2020, S. 118 ff. 238  Feix, Maßstäbe für eine gelungene richterliche Rechtsfortbildung, 2020, S. 120.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung65

Tatbestandsmerkmale – also von Kreationen des Rechtsanwenders – aus dem inneren System des Rechts heraus nicht beschreiben. Die Unterschiedlichkeit zu den gesetzlich niedergeschriebenen Tatbestandsmerkmalen liegt lediglich in der verfassungsgemäßen Begründung der normativen Relevanz,239 der Rechtsquellenqualität sowie der normativen Verbindlichkeit. Letzteres trifft auf Präjudizien240 im Gegensatz zu Gesetzen und gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen, was im Steuerecht insbesondere die Praxis der Nichtanwendungserlasse der Finanzverwaltung zeigt,241 nur abgeschwächt zu.242 Deshalb ist im Rahmen dieser Untersuchung auch bewusst der untechnische Begriff der normativen/ertragsteuerlichen Relevanz von Sonderleistungen gewählt worden. Ferner spricht die Funktion, die der Auslegung mitunter beigemessen wird, nicht gegen die Auslegungsfähigkeit ungeschriebener (Typus-)Merkmale. Die Auslegung des Tatbestandes zur Vorbereitung der sich anschließenden Subsumtion beschreibt nur einen Teilaspekt der Rechtsanwendung. Weitere gleichwertige Form der Rechtsanwendung ist der typologische Ähnlichkeitsvergleich.243 Genauso wie der Klassenbegriff einer Auslegung bedarf, damit der Sachverhalt unter diesen subsumiert werden kann, bedarf auch der Ty239  Näher zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben und Grenzen von Richterrecht Musil, Richterliche Rechtsfortbildung und Rechtsprechungsinnovationen, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band I, 2018, S. 151, 160 ff. 240  Die richterliche Entscheidung entfaltet zwar nur unmittelbare Wirkung zwischen den Parteien. Das in der Entscheidung enthaltene Präjudiz wirkt aber zumindest faktisch für und gegen jedermann und hat zumindest dann „rechtsquellenähnlichen Charakter“, wenn offene Generalklauseln oder unbestimmte Rechtsbegriffe konkretisiert und fortgebildet werden, vgl. Pelka, Die Steuerrechtsprechung als unerwünschte Rechtsquelle für die Vertragsgestaltung, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 251, 252 m. w. N. 241  Näher hierzu Desens, Bindung der Finanzverwaltung an die Rechtsprechung, 2011; Payandeh, Judikative Rechtserzeugung, 2017, S. 357 ff. 242  Schenke, Die Rechtsfindung im Steuerrecht, 2007, S. 68 m. w. N. Die Frage, ob den Präjudizien nicht nur faktische, sondern auch rechtliche Bindungswirkung zukommt, ist nach wie vor höchst umstritten. Näher zum Streitstand Payandeh, Judikative Rechtserzeugung, 2017, S. 124 ff.; Feix, Maßstäbe für eine gelungene richterliche Rechtsfortbildung, 2020, S. 29 ff. Payandeh (a. a. O., S.  129 f. m. w. N.) weist zutreffend darauf hin, dass die weitgehende Ausblendung der normativen Dimension des Richterrechts zumindest mit dafür verantwortlich ist, dass im Gegensatz zur Gesetzesauslegung der methodische Umgang mit Präjudizien nur eine untergeordnete Rolle in der juristischen Methodenlehre spielt. Da aber auch die Vertreter der Auffassung einer ausschließlich faktischen Geltungs- bzw. Bindungswirkung von Präjudizien deren Auslegungsfähigkeit bejahen (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 357 ff.), muss der Streitstand an dieser Stelle nicht entschieden werden. 243  Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 206. Siehe auch bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I.

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pusbegriff einer inhaltlichen Präzisierung, um eine sachgerechte Sachverhaltszuordnung zu gewährleisten. Hier wie dort dient also die Auslegung der sich anschließenden Rechtsanwendung, weshalb die Funktion der Auslegung nicht allein mit der Vorbereitung der Subsumtion beschrieben werden darf. Treffender ist folglich eine umfassendere Formulierung: Die Auslegung dient der Vorbereitung der Rechts- bzw. Gesetzesanwendung und kann somit auch der Vorbereitung des typologischen Ähnlichkeitsvergleiches dienen.244 Der Sonderleistungsbegriff lässt sich daher nach hier vertretener Auffassung wie geschriebene Tatbestandsmerkmale teleologisch und systematisch, also auch aus dem inneren System des Rechts heraus, auslegen. Auslegung aus dem inneren System heraus bedeutet im Rahmen dieser Untersuchung, die Markteinkommenstheorie als grundlegendes Prinzip der meisten Einkunftsarten als Bezugspunkt heranzuziehen. Im Sinne wertungsmäßiger Folgerichtigkeit müssen zudem die relevanten Wertungsgesichtspunkte für die Auslegung des Sonderleistungsbegriffes in Abgrenzung zu dem Nebenleistungsbegriff berücksichtigt werden. 2. Irrelevanz von Gefälligkeiten Nachdem die Frage der Auslegungsfähigkeit des Sonderleistungsbegriffes geklärt ist, soll dessen Deutung mit einem vergleichsweise einfachen Beispiel eingeleitet werden. Bereits aus dem möglichen Wortsinn245 des Begriffes Sonderleistungen folgt die Erkenntnis, dass stets das Vorliegen einer Leistung erforderlich ist, d. h. die Abgabe einer Willenserklärung mit Rechtsbindungswillen. Es muss sich um eine klagbare Verpflichtung handeln.246 Damit scheiden bloße Gefälligkeiten von vornherein aus, sodass kein Gewerbebetrieb begründet wird, wenn der Vermieter neben der Überlassung des Mietobjektes bestimmte Gefälligkeiten an die Mieter erbringt, wie etwa eine unverbindliche allgemeine touristische Betreuung.247

244  Einen umfassenden Begriff in diesem Sinne verwendend auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 312; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 141. 245  Zur Auslegung von Präjudizien anhand des möglichen Wortsinns: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 358; Langenbucher, Die Entwicklung und Auslegung von Richterrecht, 1996, S. 77 ff.; Payandeh, Judikative Rechtserzeugung, 2017, S. 463; Feix, Maßstäbe für eine gelungene richterliche Rechtsfortbildung, 2020, S.  117 f. 246  FG Hamburg, Beschl. v. 13.05.2016 – 2 V 271/15, DStRE 2017, 397. 247  FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.01.2010 – 14 K 1355/06 B, BeckRS 2012, 95321; nachfolgend bestätigt durch BFH, Beschl. v. 28.09.2010 – X B 42/10, BFH/ NV 2011, 37.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung67

Neben dem Wortsinn spricht für diese Würdigung nach hier vertretener Auffassung auch eine Auslegung des Sonderleistungsbegriffes aus dem (inneren) System des Rechts heraus: –– Geht es um die Frage, ob eine einheitliche Tätigkeit, bestehend aus Vermietungsleistung und Zusatzleistung, eine gewerbliche Tätigkeit begründet, so können nicht bloße Gefälligkeiten dieser Tätigkeit das Gepräge geben.248 Die Vermietungsleistung als klagbare Verpflichtung kann nicht durch eine rechtlich irrelevante Gefälligkeit derart überlagert werden, dass aus der vermögensverwaltenden eine gewerbliche Tätigkeit wird. „Geschuldet“ wird nicht ein einheitlicher Erfolg, sondern die Überlassung des Mietobjektes. –– Weil nach hier vertretener Auffassung die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme als leitender Wertungsgesichtspunkt des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG anzusehen ist und insbesondere hieraus die normative Geltung des Typusmerkmals der Sonderleistungen folgt,249 können bloße Gefälligkeiten nicht als Sonderleistungen angesehen werden. Die Markteinkommenstheorie als grundlegendes Prinzip der meisten Einkunftsarten umfasst keine Gefälligkeiten, da insoweit keine marktrelevanten Vorgänge gegeben sind.250 Mangels weiterer, marktrelevanter Vorgänge steigert sich durch die Erbringung von Gefälligkeiten auch nicht die Intensität der Marktteilnahme, sondern bleibt unverändert. –– Hinzu kommt, dass bloße Gefälligkeiten in aller Regel nicht gegen Entgelt erfolgen, also kein Leistungsaustausch stattfindet. Vertritt man die Auffassung, dass schädliche Sonderleistungen nur dann vorliegen, wenn sie gegen Entgelt erbracht werden,251 so können auch aus diesem Grund reine Gefälligkeiten keine gewerbliche Vermietungstätigkeit begründen.252 Somit ist als erstes Zwischenergebnis festzuhalten, dass bloße Gefälligkeiten keine Sonderleistungen darstellen. Folglich liegt keine gewerbliche Tätigkeit vor im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG, 248  Vgl. Wernsmann, Einkunftsartenabgrenzung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1229, 1239: „Im Falle einer einheitlichen Betrachtung ist entscheidend für die Zuordnung zu einer Einkunftsart, welche Tätigkeit dem Gesamtbild das Gepräge gibt oder prägend im Vordergrund steht.“ 249  Siehe bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb) und Punkt A. I 2. b). 250  Zu den Grundgedanken der Markteinkommenstheorie siehe Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 5 ff.; Bloehs, Die Abgrenzung privater Vermögensverwaltung von gewerblichen Grundstücks- und Wertpapiergeschäften, 2001, S. 29. 251  Dazu vertieft sogleich Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 3. 252  So auch FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.01.2010 – 14 K 1355/06 B, BeckRS 2012, 95321; nachfolgend bestätigt durch BFH, Beschl. v. 28.09.2010 – X B 42/10, BFH/NV 2011, 37.

68 Hauptteil

wenn der Vermieter neben der Vermietung des Mietobjektes bestimmte Gefälligkeiten erbringt. Die Vermietungstätigkeit ist in derartigen Fällen dem Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zuzuordnen, da keine Ähnlichkeit zum Typus des Hoteliers besteht. 3. Entgeltlichkeit und Gewinnerzielungsabsicht Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob das Vorliegen einer schädlichen Sonderleistung stets die Vereinbarung einer Gegenleistung, also in aller Regel die Vereinnahmung eines Entgeltes, voraussetzt oder auch die Erbringung unentgeltlicher Sonderleistungen als schädlich einzustufen ist. Besonders für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist diese Frage umstritten. Während die Rechtsprechung nur entgeltliche Sonderleistungen als ertragsteuerlich relevant bzw. als kürzungsschädlich für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen einstuft,253 wird in der Literatur mitunter die Ansicht vertreten, dass auch unentgeltliche Sonderleistungen schädlich sind, „weil auch unentgeltliche Tätigkeiten in der Regel ertragswirksam seien“.254 Für die Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht muss die Frage der Entgeltlichkeit anhand der Markteinkommenstheorie als grundlegendes Rechtsprinzip der meisten Einkunftsarten beantwortet werden, also aus dem inneren System des Einkommensteuerrechts heraus.255 Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass nicht jeder wirtschaftliche Vorteil auch einkommensteuerlich relevant ist und zu gewerblichen Einkünften führt, sondern nur der durch Teilnahme am Marktgeschehen realisierte Markterfolg.256 Das Einkommensteuerrecht folgt somit einem zweigliedrigen Einkommensbegriff, der aus einem sog. Erwerbstatbestand und einem sog. Erwerbserfolg besteht.257 Der 253  Vgl. die vorgenommene Klarstellung vom FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.07.2020 – 8 K 8230/17, EFG 2020, 1629: „Die Reinigungsleistungen wurden durch die Klägerin gegen Entgelt erbracht.“ 254  Güroff, in: Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 10. Aufl. 2021, § 9 Nr. 1 Rz. 23b. 255  Ob der an dieser Stelle zunächst nur für die Abgrenzung der Einkunftsarten konkretisierte Sonderleistungsbegriff auch für die Tätigkeitsqualifikation von Grundstücksunternehmen innerhalb der erweiterten Gewerbesteuerkürzung (§  9 Nr.  1 Satz 2 ff. GewStG) gleichermaßen relevant ist, wird an geeigneter Stelle thematisiert, vgl. Zweiter Hauptteil, Punkt B. III. 3. a). 256  Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 35; Eisgruber, Einkommensteuerobjekt und Bemessungsgrundlage, in: Festschrift für Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, 2013, Band II, § 169, S. 1837, 1843 Rz. 22. 257  Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 175. Näher zum Einkommensteuertatbestand und zum Einkommensbegriff Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 1.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung69

Erwerbstatbestand folgt einer markttheoretischen Grundlegung.258 Hiernach ist nicht jedwede Steigerung der Leistungsfähigkeit bzw. allein die Ertragswirksamkeit einer Handlung einkommensteuerlich relevant, sondern nur eine solche, die als Gegenleistung für eine marktbezogene Tätigkeit einzustufen ist.259 Man kann kurz und zugespitzt formulieren: ohne Leistungsaustausch kein Einkommen.260 Die Entgeltlichkeit einer Leistung ist ein objektives Merkmal der Tätigkeit des Steuerpflichtigen.261 Wie zuvor schon angemerkt, wird die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme ausschließlich anhand objektiver Intensitätsmerkmale bestimmt.262 Dieses theoretische Fundament führt dazu, dass unentgeltliche Leistungen als einkommensteuerlich irrelevant einzustufen sind. Wo kein Leistungsaustausch vorliegt, also die Handlung von vornherein nicht in einen marktmäßigen Erwerbserfolg münden kann, sind wesentliche Strukturmerkmale des zweigliedrigen Einkommensbegriffes nicht erfüllt.263 Erhält der Steuerpflichtige für etwaige Leistungen kein Entgelt, liegt folglich keine marktorientierte und daher keine einkommensteuerrechtlich relevante Tätigkeit vor, die die entgeltliche Vermietungstätigkeit beeinflussen kann. Mangels marktrelevanter Zusatzleistung steigert sich auch nicht die Intensität der Marktteilnahme, sodass nach Maßgabe der Markteinkommenstheorie und der aus ihr folgenden Wertungsgesichtspunkte die Schwelle zur privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten werden kann. Somit ist festzuhalten, dass nur im Falle entgeltlicher Leistungen schädliche Sonderleistungen vorliegen, die einen Gewerbebetrieb des Vermieters begründen können. Hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht muss dagegen differenzierter vorgegangen werden. Noch einmal zur Wiederholung: Bezugspunkt des Wertungsgesichtspunktes der gesteigerten Intensität der Marktteilnahme sind stets objektive Merkmale, also die durch objektive Merkmale erkennbare Art 258  Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 175; Goetze, Die Ersetzung der sieben Einkunftsarten des EStG durch eine einzige, 2010, S. 27 ff. 259  Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 175; Lambrecht, Ermittlung der Einkünfte, in: Festschrift für Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, 2013, Band II, S. 1853, 1855 Rz. 8. 260  So explizit Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 35. 261  Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 127. 262  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 2. b). 263  Siehe auch Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 40: „Nur die bewußte entgeltliche Leistungserstellung am Markt ist als erwerbsorientierte Handlung […] zu interpretieren.“

70 Hauptteil

und Weise des Marktauftritts.264 Die Gewinnerzielungsabsicht ist demgegenüber subjektives Tatbestandsmerkmal265 und daher nicht Bezugspunkt der gesteigerten Intensität der Marktteilnahme. Aus der Absicht, einen höheren Gewinn zu erzielen, kann für sich genommen nicht auf eine höhere Intensität der Marktteilnahme geschlossen werden, genauso wie andersherum nicht allein eine niedrigere Gewinnerzielungsabsicht für eine geringere Intensität der Marktteilnahme spricht. Daraus abgeleitet: Werden zusätzlich zur Vermietungstätigkeit entgeltliche Sonderleistungen erbracht, so liegt bereits aus diesem Grund objektiv ein zusätzlicher Leistungsaustausch und deshalb ein weiterer marktrelevanter Vorgang vor. Für diese objektive Feststellung sind subjektive Merkmale in einem ersten Schritt nicht prüfungsrelevant. Daher ist für die objektive Feststellung des Vorliegens einer einheitlichen Tätigkeit, bestehend aus Vermietungs- und Sonderleistungen,266 gleichgültig, ob die Sonderleistungen isoliert betrachtet mit Gewinnerzielungsabsicht erbracht werden.267 Erst wenn anhand objektiver Merkmale das Vorliegen einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit festgestellt wird, ist die Gewinnerzielungsabsicht in einem zweiten Prüfungsschritt als subjektives Merkmal zu prüfen, wobei Bezugspunkt dieser Prüfung die einheitliche Tätigkeit ist.268 Dies geschieht bei gewerblichen Einkünften, also auch in Konstellationen gewerblicher Vermietungssachverhalte, anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalles. Anders als bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) ist keine Typisierung zulässig.269

264  Vgl.

Erster Hauptteil, Punkt A. I. 2. b). Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 247; Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 131; Seeger, Die Gewinnerzielungsabsicht – ein unmögliches Tatbestandsmerkmal, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 37, 38; Jung, Einkommensteuerliche Abgrenzung des gewerblichen Grundstückhandels, 1998, S. 62. 266  Zur Feststellung einer einheitlichen Tätigkeit in diesem Sinne siehe bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. I. 2. 267  So auch Zugmaier, Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1998, S. 94. Anders ist dies dann, wenn keine einheitliche Tätigkeit, sondern eine Mehrheit von Tätigkeiten vorliegt. Dann muss für jede getrennte Tätigkeit jeweils einzeln die Gewinnerzielungsabsicht unter Berücksichtigung der einschlägigen Einkunftsart festgestellt werden. 268  Siehe ausführlich FG Niedersachsen, Urt. v. 02.12.2003 – 8 K 10406/01, EFG 2004, 1665, nachfolgend bestätigt durch BFH, Beschl. v. 13.06.2005 – VIII B 67, 68/04, BFH/NV 2005, 2181. 269  FG Niedersachsen, Urt. v. 02.12.2003 – 8 K 10406/01, EFG 2004, 1665, nachfolgend bestätigt durch BFH, Beschl. v. 13.06.2005 – VIII B 67, 68/04, BFH/NV 2005, 2181. 265  Lang,



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung71

4. Die „Üblichkeit“ der zusätzlichen Leistung als Kriterium? In ständiger Rechtsprechung vertritt der Bundesfinanzhof die Auffassung, dass die Erbringung „unüblicher“ Sonderleistungen zu gewerblichen Einkünften führen kann, wohingegen zusätzliche Leistungen, die „üblicherweise“ im Rahmen der Vermietungsleistung anfallen, nicht zu einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit führen.270 Das wirft die Frage auf, ob und inwieweit sich der Sonderleistungsbegriff anhand des Kriteriums der „Üblichkeit“ konkretisieren lässt. Ob das Kriterium der Üblichkeit überhaupt relevant ist, muss zwingend anhand der methodischen Grundlagen beantwortet werden, da anderenfalls die Gefahr einer rein willkürlichen Rechtsdeutung und -anwendung entsteht. Die hier vertretene Auffassung vom inneren System des Rechts, welches wertungsmäßige Folgerichtigkeit verlangt, zieht die Rechtsprinzipien und relevanten Wertungsgesichtspunkte als Bezugspunkt heran. Insoweit ist bereits festgestellt worden, dass untergeordneter Wertungsgesichtspunkt der Abgrenzung der Einkunftsarten, bereits nach dem Willen des historischen Gesetzgebers sowie der gegenwärtigen Rechtsprechung des Bundesfinanz­ hofes, die vorgefundene Verkehrsanschauung ist.271 Das bietet dem Kriterium der Üblichkeit eine methodische Grundlage zur wertorientierten Feststellung der Schädlichkeit von Zusatzleistungen. Zudem ist damit auch die Perspektive der Beurteilung vorgegeben: Ob zusätzliche Leistungen neben der Vermietung von Immobilien noch „üblich“ oder bereits „unüblich“ sind, beurteilt sich nicht nach irgendeiner Anschauung, sondern nach Maßgabe der im Verkehr vorherrschenden Auffassungen darüber, wie der Sachverhalt zu beurteilen sei. Die Anknüpfung an die Verkehrsanschauung zeigt aber zugleich, dass die „Üblichkeit“ nur bedingt eine inhaltliche Konkretisierung des Sonderleistungsbegriffes liefern kann. Anhand der im Verkehr vorherrschenden Auffassung über bestimmte Sachverhaltskomplexe kann allenfalls etwas über die Schädlichkeit der Zusatzleistung ausgesagt werden, falls das Vorliegen von Sonderleistungen festgestellt wurde, jedoch wenig über die inhaltliche Abgrenzung von Sonder- und Nebenleistungen. Zudem bedeutet diese methodische Grundlegung auch eine Grenzsetzung. Da es sich bei der Verkehrsanschauung nach hier vertretener Auffassung lediglich um einen untergeordneten Wertungsgesichtspunkt, eine Art Indiz handelt, ist für eine nähere Konkretisierung des Sonderleistungsbegriffes die Markteinkommenstheorie sowie der aus ihr ableitbare leitende Wertungsgesichtspunkt der gesteigerten Intensität der Marktteilnahme gewerblicher Tätigkeiten maßgeblich. Wo eine Di270  Statt

vieler BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175 m. w. N. bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) aa).

271  Siehe

72 Hauptteil

vergenz zwischen untergeordnetem und leitendem Wertungsgesichtspunkt besteht, ist zugunsten der leitenden Wertungsgesichtspunkte zu entscheiden, sodass das Kriterium der Üblichkeit sich nicht als wegweisend erweist. Oftmals bedarf es einer derartigen Entscheidung zwischen den Wertungsgesichtspunkten indessen nicht, da das aufgrund der Verkehrsanschauung ermittelte Ergebnis mit den weiteren gesetzlichen Wertungen häufig übereinstimmt.272 Ein Beispiel dürfte jedoch die Vermietung möblierter/vollausgestatteter Wohnungen darstellen. Mitunter wird vertreten, dass es sich hierbei stets um eine unschädliche Nebenleistung handele, da die Möblierung von Wohnungen „üblich“ sei.273 Durch diese verallgemeinernde Äußerung wird jedoch verkannt, dass die Möblierung/Vollausstattung gegen Entgelt einen weiteren marktrelevanten Vorgang darstellt und sich dadurch die Intensität der Marktteilnahme steigern kann. Daher kann das Angebot möblierter/vollausgestatteter Immobilien nach hier vertretener Auffassung eine Sonderleistung darstellen und bei Vorliegen weiterer Anhaltspunkte in eine gewerbliche Tätigkeit umschlagen, d. h. eine Zuordnung zum Typus des Hoteliers rechtfertigen, wobei allerdings keine starre Subsumtion zulässig ist, sondern letztlich eine wertende Betrachtung im Einzelfall über die Tatbestandsverwirklichung entscheidet.274 Dass das Angebot möblierter/vollausgestatteter Wohnungen für die Verwirklichung des Gewerbetatbestandes relevant ist, lässt sich an dem aktuellen Beispiel der Vermietung von Wohnraum über die Sharing Economy-Plattform Airbnb zeigen.275 In derartigen Fällen ist eine Gesamtschau sämtlicher Merkmale des Einzelfalles erforderlich, wobei in diese Gesamtschau auch miteinzubeziehen ist, dass die Wohnung vollausgestattet/möbliert ist.276 Die Möb272  In diese Richtung grundsätzlich auch Oertmann, Rechtsordnung und Verkehrssitte, 1914, S. 374. Soweit ersichtlich, haben weder der Reichsfinanzhof noch der Bundesfinanzhof jemals zu diesem Aspekt Stellung bezogen. 273  Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, 157. EL Mai 2021, §  15 EStG Rz. 118; im Ergebnis auch EStR 2012, H 15.7 Abs. 2. Nach Auffassung des FG Köln (Urt. v. 12.11.2020 – 15 K 2394/19, EFG 2021, 633, Rz. 29) ist die Möblierung/ Vollausstattung „kein relevantes Kriterium“. 274  Wie hier FG Thüringen, Urt. v. 05.12.2018 – 1 K 743/16, EFG 2019, 287. So im Ergebnis auch Güroff, in: Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 10. Aufl. 2021, § 2 Rz. 107. Auch der BFH spricht lediglich davon, dass die Untervermietung möblierter Zimmer „regelmäßig“ keine gewerbliche Tätigkeit ist, vgl. BFH, Urt. v. 14.02.1989 – IX R 109/84, BStBl. II 1989, 922. Eine gewerbliche Tätigkeit kann insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Möblierung Teil eines umfassenden Gesamtkonzeptes ist, vgl. hierzu FBeh Hamburg, Fachinformation vom 30.01.2018 – S 1980 – 2017/003 – 52, DStR 2018, 1821. 275  Näher zu einzelnen Rechtsfragen der Sharing Economy am Beispiel des Modells Airbnb Ludwigs, NVwZ 2017, 1646. Vertiefend zu den zivilrechtlichen Grundlagen der Sharing Economy von Schönfeld/Radtke, NJW 2021, 1841. 276  Kußmaul/Kloster, DStR 2016, 1280, 1283.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung73

lierung/Vollausstattung der Wohnung gegen Entgelt ist also grundsätzlich ein weiterer, marktrelevanter Vorgang und kann daher nach hier vertretener Auffassung als Sonderleistung für die Frage der Tatbestandsverwirklichung bedeutsam sein. Insoweit liegt nicht per se eine Nebenleistung vor, die stets unschädlich ist und von vornherein für das Vorliegen gewerblicher Arten der Vermietung irrelevant wäre. Daneben tritt auch die kurzfristige Wohnraumüberlassung an ständig wechselnde Mieter als weiterer Intensitätsparameter hinzu.277 Außerdem wird die Wohnung in vielen Fällen zur ständigen Vermietbarkeit (online) bereitgehalten, was eher dem Typus des Hoteliers ähnelt („rezeptionsähnlich“).278 Somit spricht wertungsmäßig betrachtet vieles dafür, dass die kurzfristige Vermietung möblierter/vollausgestatteter Wohnungen über die Sharing Economy-Plattform Airbnb den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreiten und einen Gewerbebetrieb begründen kann. Will der Gesetzgeber die zusätzliche Gewerbesteuerbelastung künftig in besonderen Fällen vermeiden, so bedarf es der Aufnahme einer entsprechenden Steuerbefreiungsvorschrift innerhalb des § 3 GewStG, die – als sog. Lenkungszwecknorm ausgestaltet – einer gleichheitsrechtlichen Prüfung standhalten kann. Als Lenkungszweck käme bspw. die Vermeidung von leerstehendem Wohnraum in angespannten städtischen Lagen in Betracht.279 5. Die (wirtschaftliche) Funktion der Zusatzleistung als Maßstab – ­eigenständige Marktleistung oder „notwendiger“ Bestandteil der konkreten Vermietungstätigkeit? Kann hiernach das Kriterium der Üblichkeit keinen maßgebenden Beitrag zur Deutung des Sonderleistungsbegriffes leisten, so muss wiederum einer teleologischen und systematischen Auslegung des Sonderleistungsbegriffes aus dem inneren System des Rechts heraus der Vorrang gebühren, vorliegend also nach Maßgabe der Markteinkommenstheorie. Die hier vertretene Auffassung von der Markteinkommenstheorie als Bezugspunkt der inhaltlichen Konkretisierung des Sonderleistungsbegriffes dürfte auch der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sowie der Finanzgerichte zur Deutung des Sonderleistungsbegriffes entsprechen. Hiernach sind solche Leistungen unschädlich, die nicht über das hinausgehen, was die Nutzung der Räume zu dem von den Mietern vorausgesetzten Zweck ermöglicht und die nicht als 277  Zur Kurzfristigkeit als Intensitätsparameter der Marktteilnahme am Beispiel des gewerblichen Grundstückshandels Jung, Einkommensteuerliche Abgrenzung des gewerblichen Grundstückhandels, 1998, S. 173. 278  Kußmaul/Kloster, DStR 2016, 1280, 1283 f. 279  Zum Begriff der steuerlichen Lenkungsnorm Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 62 ff.

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eigenständiges Herantreten an den Markt verstanden werden können.280 Das ist nach hier vertretener Auffassung wertungsmäßig folgerichtig: Wo eine Leistung nicht als eigenständiges Herantreten an den Markt anzusehen ist, steigert sich nicht die Intensität der Marktteilnahme, weshalb die vermögensverwaltende Tätigkeit nicht zur gewerblichen Tätigkeit mutieren kann. Leistungen, die die konkrete Vermietungstätigkeit überhaupt erst ermöglichen, verändern bzw. steigern nicht die Intensität der Marktteilnahme, sondern dienen der Marktteilnahme durch vermögensverwaltende Tätigkeit dem Grunde nach. Aus dieser Überlegung heraus kann die Abgrenzung zwischen unschädlichen Nebenleistungen und schädlichen Sonderleistungen in der Weise vorgenommen werden, indem die Frage beantwortet wird, ob die Zusatzleistung die vertraglich vereinbarte Nutzung des Mietobjektes ermöglicht. Dem kann man sich in zweierlei Weise näheren: mittels (zivil)rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtung. a) (Zivil-)Rechtliche Betrachtung Inwieweit bestimmte Zusatzleistungen die konkrete Vermietungstätigkeit ermöglichen, lässt sich zunächst (zivil)rechtlich anhand rechtlich zwingend vorgeschriebener Anforderungen an die Vermietungstätigkeit verstehen. Zivilrechtlich treffen den Vermieter gemäß § 535 BGB diverse Instand- bzw. Gebrauchserhaltungspflichten, worunter auch sog. Verkehrssicherungspflichten fallen.281 Der mietrechtliche Begriff Instandhaltung umfasst alle (auch vorbeugenden) Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu halten, Schäden vorzubeugen sowie Folgen von Abnutzung, Alterung, Witterung und Verschleiß zu beheben.282 Zur Instand- bzw. Gebrauchserhaltungspflicht zählt auch die Beachtung öffentlichrechtlicher Vorschriften (bspw. aus dem Baurecht).283 Als Beispiel darf die in einigen Bundesländern geregelte Verpflichtung zur Errichtung und zum Betrieb von Photovoltaikanlagen auf Dach- und Grundstücksflächen von Neuund Bestandbauten genannt werden.284 Eine hierauf beruhende Stromlieferung an die Mieter des Mietobjektes, die untrennbar mit der Vermietungstätigkeit verflochten ist,285 begründet keine einheitliche gewerbliche Tätigkeit, 280  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175; EStR 2012, H 15.7 Abs. 2. 281  Häublein, in: MüKo/BGB, 8. Aufl. 2020, Band 5, § 535 Rz. 120. 282  Hübner/Griesbach/Fuerst, in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraum­ miete, 4. Aufl. 2017, Kapitel 14, Rz. 202. 283  Häublein, in: MüKo/BGB, 8. Aufl. 2020, Band 5, § 535 Rz. 120. 284  Bspw. in Hamburg (§ 16 HmbKliSchG) oder in Baden-Württemberg (§§ 8–8e KSG BW). 285  Siehe hierzu Zweiter Hauptteil, Punkt B. I. 2.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung75

sondern bewegt sich im Rahmen privater Vermögensverwaltung.286 Dem entspricht inhaltlich auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes287 zur Maßgeblichkeit einer rechtlichen Betrachtung nach vorstehendem Maßstab, soweit es um die Frage geht, ob die Zusatzleistungen die Vermietungstätigkeit überhaupt erst ermöglichen. Auch in der steuerrechtlichen Literatur werden die gesetzlichen Pflichten des Vermieters grundsätzlich als unschädliche Nebenleistungen eingestuft.288 Aus einer solchen Betrachtung, die offenbar zivilrechtliche Grundsätze bzw. Rechtspflichten außerhalb des Steuerrechts zum Maßstab erklärt, resultiert jedoch die Frage nach dem Verhältnis von Zivil- und Steuerrecht. Die rigorose Anlehnung an zivilrechtliche Grundsätze bzw. Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten erweckt Erinnerungen an eine früher vertretene Auffassung vom Steuerrecht als „Annexrecht bzw. Folgerecht“.289 Nach inzwischen gefestigter Auffassung,290 der sich auch das Bundesverfassungsgericht angeschlossen hat,291 ist das Steuerrecht aber ein nebengeordnetes Rechtsgebiet, das durchweg an wirtschaftliche Vorgänge anknüpft und eine eigene Teleologie hat bzw. eigenen Wertungen folgt. Zwar ist es dennoch nicht ausgeschlossen, zivilrechtliche Regelungen für die Interpretation steuerrechtlicher Begriffe heranzuziehen.292 In erster Linie ist aber auf die Wertungen des Steuerrechts bzw. des jeweiligen Steuertatbestandes abzustellen.293 Die gleichwohl vorhandene Legitimation einer zivilrechtlichen Konkretisierung des Sonderleistungsbegriffes ergibt sich nach hier vertretener Auffassung aus der zuvor entwickelten typologischen Methode der Rechtsfindung. Wie bereits festgestellt, bedient sich das Einkommensteuerrecht als Wertungs­ gesichtspunkt sowohl der Typusbildung als auch der Zuordnung des Sachver-

286  So

auch Häsner/Preil/Weinhold, DStR 2021, 1798, 1801. Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175 (Hervorhebungen durch den Verfasser): „Zu solchen Infrastruktureinrichtungen gehören auch Sanitäranlagen, ohne die eine Vermietung schon öffentlich-rechtlich nicht möglich wäre. […] Auch das Angebot ausreichender Parkplätze ist nicht nur baurechtlich zwingend mit dem Betrieb eines Einkaufszentrums verbunden […].“ 288  Vgl. Geerling, NZM 1998, 800, 801: „Vereinfacht wird man sagen können, daß all diejenigen Leistungen des Vermieters, die in den Bereich der ihm nach §§ 535 ff. BGB obliegenden Verpflichtungen fallen, noch zur privaten Vermögensverwaltung gehören.“ 289  So noch Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, 1983. 290  Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020, Rz. 1.32 ff. m. w. N. 291  BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212. 292  Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020, Rz. 1.37. 293  BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212. 287  BFH,

76 Hauptteil

haltes zum Typus seit jeher der Verkehrsanschauung.294 Die Verkehrsanschauung als Wertungsgesichtspunkt ist Bindeglied zu den (­zivil)recht­lichen Maßstäben, da der Verkehr sich regelmäßig an der zivilrecht­lichen Rechtslage orientiert, sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften zwingend beachtet und die wirtschaftliche Tätigkeit typischerweise nicht contra legem erfolgt.295 Wo das Steuerrecht sich der Verkehrsanschauung als empirischem Erfahrungssatz bedient, macht es sich also konsequenterweise auch (zivil)rechtliche Maßstäbe zur Interpretation steuerrechtlicher Begriffe zu eigen. Die Frage, ob die konkrete Vermietungstätigkeit durch eine Zusatzleistung ermöglicht wird, darf folglich anhand zivilrechtlicher bzw. öffentlich-rechtlicher Vorschriften beantwortet werden, da die Bedeutung der Verkehrsanschauung als einkommensteuerrechtlicher Wertungsgesichtspunkt dies g ­ ebietet. Soweit die Erbringung bestimmter Leistungen für die konkrete Vermietungsaktivität gesetzlich vorgeschrieben ist, liegen folglich keine schädlichen Sonderleistungen, sondern unschädliche Nebenleistungen vor. b) Wirtschaftliche Betrachtungsweise des Sonderleistungsbegriffes Das Steuerrecht als eigenständige Rechtsordnung darf allerdings nicht rigoros bei den zivilrechtlichen Grundsätzen stehen bleiben. Da das Steuerrecht und das Zivilrecht mitunter unterschiedliche Prinzipien und Wertungen beinhalten, erfordert die Auslegung des Sonderleistungsbegriffes im Steuerrecht eine bereichsspezifische Betrachtung.296 Zwar muss sich auch die steuerrechtliche Auslegung des Sonderleistungsbegriffes durch den Rechtsanwender an dem Rechtsstaatsprinzip messen lassen, namentlich am sog. Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 3 GG).297 Aus einem Wertungsunterschied innerhalb unterschiedlicher Rechtsordnungen folgt aber kein verfassungsrechtlich zu beanstandender Wertungswiderspruch.298 Aufgrund vorhandener Wertungsunterschiede dür294  Siehe

bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb) und Punkt A. I. 2. b). Oertmann, Rechtsordnung und Verkehrssitte, 1914, S. 17: „So folgt in der Regel aus dem Sollen ein ihm entsprechendes Sein.“ 296  Raupach, Darf das Steuerrecht andere Teile der Rechtsordnung stören? Zur Eigenständigkeit des Steuerrechts und deren Grenzen, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 105, 106 ff.; Englisch, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020, Rz. 1.37. 297  Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 251. Der Gedanke der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung schützt den Gesetzeszweck davor, dass er auf einem anderen Rechtsgebiet vereitelt wird, vgl. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 312. 298  Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 366: „Ist ein Rechtsgebiet aufgrund der Besonderheiten des Gegenstandes und des Zwecks seiner Regelungen durch andere Wertungen geprägt als das übrige 295  Grundlegend



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung77

fen bzw. müssen die Begriffe Gewerbebetrieb und Vermietung sowie die jeweiligen Tatbestandsmerkmale im Einkommensteuerrecht folglich autonom steuerrechtlich ausgelegt werden.299 Da es sich sowohl bei gewerblichen als auch bei vermögensverwaltenden Tätigkeiten im Sinne des Einkommensteuerrechts aufgrund ihrer markttheoretischen Grundlegung jeweils um wirtschaftliche Aktivitäten handelt, müssen die relevanten Typusmerkmale im Sinne wertungsmäßiger Folgerichtigkeit nach hier vertretener Auffassung in erster Linie wirtschaftlich ausgelegt werden.300 Auch die jüngere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes bedient sich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zur Auslegung des Sonderleistungsbegriffes, indem zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Vermieters und des Mieters differenziert wird.301 Die Finanzgerichte operieren in derselben Art und Weise. Aufbauend auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes deutet bspw. das Finanzgericht Berlin-Brandenburg den Sonderleistungsbegriff nicht ausschließlich rechtlich, sondern daneben auch nach Maßgabe des jeweiligen Mietobjektes wirtschaftlich.302 Um diese These und die methodische Richtigkeit der Steuerrechtsprechung zu belegen, soll die wirtschaftliche Betrachtungsweise kurz inhaltlich erläutert werden. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise dient dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und verlangt vom Rechtsanwender Rechtsnormen, gesetzliche Tatbestände sowie die in ihnen verwendeten Begriffe Recht (oder Teile dessen), liegt hierin zwar ein Wertungsunterschied, nicht aber ein Wertungswiderspruch.“ 299  Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 342 (Gewerbe), S. 348 (Miete). 300  Näher zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise: Ball, Steuerrecht und Privatrecht, 1924, S. 188 ff.; Beisse, StuW 1981, 1; Lehner, Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 237; Eibelshäuser, DStR 2002, 1426; Eulau, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Grunderwerbsteuerrecht, 2017, S.  7 ff. 301  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175 (Hervorhebungen durch den Verfasser): […] „Solche Leistungen [sind] unschädlich […], die nicht über das hinausgehen, was die Nutzung der Räume zu dem von den Mietern vorausgesetzten gewerblichen Zweck ermöglicht, und die nicht als eigenständiges Herantreten an den Markt verstanden werden können. Letzteres ist nicht anzunehmen, wenn die Sonderleistung im (jedenfalls überwiegenden) wirtschaftlichen Interesse des Vermieters erbracht wird und nicht wirtschaftliche Interessen des Empfängers im Vordergrund stehen.“ 302  FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.11.2019 – 9 K 8055/17: „Die Lagerhalle […] war allein aus baulichen Gründen nur über ein auf dem Areal selbst betriebenes Netz mit Elektrizität zu versorgen. […] Ohne Energieversorgung hätte die Klägerin das Grundstück nicht als Lagerimmobilie vermieten können. Es lag daher keine Sonderleistung vor.“

78 Hauptteil

nach ihrem wirtschaftlichen Sinn zu verstehen und fortzubilden.303 Bei der wirtschaftlichen Betrachtungsweise handelt es sich um ein methodisches Instrument, das der allgemeinen juristischen Hermeneutik und der Lehre von der richterlichen Rechtsfortbildung zuzuordnen ist.304 Nach gefestigter Auffassung im Steuerrecht ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise eine Form teleologischer Rechtsfindung.305 Diese Einordnung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als teleologisches Instrument der allgemeinen juristischen Hermeneutik legt schon für sich genommen nahe, den Sonderleistungsbegriff entsprechend zu deuten. Zwar ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise vorwiegend als Instrument der Gesetzesauslegung sowie der Auslegung gesetzlich fixierter Begriffe (Tatbestandsmerkmale) bekannt. Damit ist der An­ wendungsbereich indessen nicht abschließend beschrieben. So führt Beisse aus:306 „Wenn das Gesetz in seiner wirtschaftlichen Bedeutung zu verstehen ist, so muss sich auch der gefundene lückenfüllende Rechtssatz in diesem Sinn in das Rechtsganze einfügen.“

Ersetzt man die Formulierung „gefundener lückenfüllender Rechtssatz“ durch den Begriff des „Präjudizes“ und vergegenwärtigt man sich, dass Präjudizien systematisch und teleologisch ausgelegt werden dürfen,307 so bestätigt sich die These, dass auch der Sonderleistungsbegriff als ungeschriebenes und vom Rechtsanwender herausgearbeitetes Typusmerkmal wirtschaftlich ausgelegt werden darf. Der Sonderleistungsbegriff ist Teil des hier entwickelten inneren Systems, Teil des Rechtsganzen und muss deshalb konsequenterweise genauso wie das Gesetz, welches konkretisiert wird, ausgelegt werden. Diesen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Betrachtungsweise und Typusbegriffen bzw. Typusmerkmalen brachte wiederum schon Beisse zutreffend zum Ausdruck:308 „Ob ein Sachverhalt einem Typus zugeordnet werden kann, entscheidet sich immer erst durch eine Wertung des Gesamtbilds. Diese Wertung kann immer nur in wirtschaftlicher Betrachtungsweise geschehen und sie setzt eine entsprechende Konkretisierung der Typenmerkmale voraus.“ StuW 1981, 1; Eibelshäuser, DStR 2002, 1426, 1429. StuW 1981, 1. 305  Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 196; Beisse, StuW 1981, 1, 2; Eulau, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Grunderwerbsteuerrecht, 2017, S.  59 ff.; Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020, Rz. 1.34. 306  Beisse, StuW 1981, 1, 9. 307  Zu der teleologischen Auslegung von Präjudizien sowie der Auslegung von Präjudizien aus dem inneren System des Rechts heraus Langenbucher, Die Entwicklung und Auslegung von Richterrecht, 1996, S. 83; vgl. auch bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 1. b). 308  Beisse, StuW 1981, 1, 10 (Hervorhebung durch den Verfasser). 303  Beisse, 304  Beisse,



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung79

Somit ist festzuhalten: Unschädliche Nebenleistungen und damit keine Sonderleistungen liegen nach wirtschaftlicher Betrachtung nicht nur dann vor, wenn die Leistungserbringung (zivil)rechtlich vorgeschrieben ist, sondern auch dann, wenn die Leistungserbringung wirtschaftlich betrachtet für die konkrete Vermietungstätigkeit erforderlich ist. Erst wenn die Zusatzleistung – wirtschaftlich betrachtet – nicht für die konkrete Vermietungsleistung erforderlich ist, also durch eine weitere wirtschaftliche Tätigkeit eigenständig am Markt teilgenommen wird, liegen Sonderleistungen im steuerrecht­ lichen Sinne vor. Zwar wird eine solche wirtschaftliche Betrachtung häufig mit der zivilrechtlichen Beurteilung im Ergebnis synonym verlaufen, muss dies aber nicht zwingend, sondern kann darüber hinaus auch weitere Sachverhaltskonstellationen erfassen.309 c) Differenzierung nach konkretem Mietobjekt Die Frage, ob die konkrete Vermietungstätigkeit durch eine bestimmte Leistung überhaupt erst ermöglicht wird, also wirtschaftlich betrachtet für die konkrete Vermietungstätigkeit erforderlich oder nicht erforderlich ist, muss nach hier vertretener Auffassung anhand der Natur des konkreten Typus beurteilt werden. Maßstab für diese Beurteilung ist der jeweilige Typus des in § 21 EStG geregelten Vermieters, d. h. je nach Mietobjekt lassen sich unterschiedliche gesetzliche Leitbilder festmachen (Typus privater Wohnraumvermietung, Typus der Geschäftsraumvermietung, Typus der Vermietung von Flächen in Einkaufszentren etc.). So spricht auch das Finanzgericht Köln innerhalb einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung nicht allgemein von dem Typus des privaten Vermögensverwalters, sondern konkreter vom Typus einer privaten (Ferien-)Wohnungsüberlassung.310 Die Prüfung, ob die Zusatzleistung für die konkrete Vermietungstätigkeit – wirtschaftlich betrachtet – erforderlich oder nicht erforderlich ist, hat immer drei Dimensionen, zum einen das konkrete Mietobjekt, zum anderen die beabsichtigte Nutzung und weiterhin die konkrete Leistung.311 Soweit die Leistungserbringung für die beabsichtigte Nutzung des jeweiligen Mietobjektes wirtschaftlich erforderlich ist, wird die Vermietungstätigkeit hierdurch erst ermöglicht, weshalb die Schwelle zur gewerblichen Tätigkeit nicht überschritten wird. Es liegt kein eigenständiges Herantreten an den Markt vor und somit keine gesteigerte Intensität der Marktteilnahme. Soweit dagegen die Leistungserbringung nach Maßgabe des Mietobjektes sowie der beabsichtigten Nutzung (wirtschaftlich betrachtet) nicht für die konkrete Vermiein: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2020, Rz. 5.73. Köln, Urt. v. 12.11.2020 – 15 K 2394/19, EFG 2021, 633. 311  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. 309  Englisch, 310  FG

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tungstätigkeit erforderlich ist, dient die Leistung nicht mehr dem wirtschaftlichen Interesse des Vermieters an der Ermöglichung der Vermietungstätigkeit. Es liegt eine weitere wirtschaftliche Leistung vor, welche die Intensität der Marktteilnahme steigert. Die Verknüpfung aus Vermietungstätigkeit und Sonderleistung in diesem Sinne kann zu einer gewerblichen Tätigkeit führen. Im steuerrechtlichen Schrifttum wird zutreffend angemerkt, dass aufgrund einer solchen Auslegung des Sonderleistungsbegriffes Sonderleistungen für den Mieter des einen Objektes unschädliche Nebenleistungen für Mieter eines anderen Objektes sein können und umgekehrt.312 Das mag zunächst gleichheitsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 GG) bedenklich wirken, wenn man allein die Vermietungstätigkeit als Vergleichsmaßstab heranzieht und den gleichheitsrechtlichen Grundsatz „wesentlich Gleiches gleich zu behandeln“ anwendet.313 Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn der Gleichheitssatz gebietet auch, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, und kann insoweit Unterscheidungen fordern.314 D. h., dass die Ungleichbehandlung unterschiedlicher Formen privater Vermögensverwaltung je nach konkretem Miet­ objekt (Typus privater Wohnraumvermietung, Typus der Geschäftsraum­ vermietung, Typus der Vermietung von Flächen in Einkaufszentren, Typus privater Ferienwohnungsüberlassung etc.) gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden ist, sondern, im Gegenteil, im Sinne individueller Gleichmäßigkeit gleichheitsrechtlich notwendig erscheint.315 Denn die Natur der Sache, d. h. in dem vorliegend verwendeten Sinne als Natur des Typus, verlangt vom Rechtsanwender sachgemäß zu differenzieren und steht deshalb in engem Zusammenhang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz.316

NZM 2017, 85, 90. zum allgemeinen Gleichheitssatz: Huster, Rechte und Ziele, 1993; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999; Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 211 ff.; Maitzen, Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Einkunftsarten, 2011, S. 16 ff. 314  Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 252. 315  Näher zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 59. Zum Begriff der „individuellen Gleichmäßigkeit“ in Abgrenzung zur „generellen Gleichmäßigkeit“ Höft, StuW 1952, 467 ff. Auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise, vorliegend im Sinne wirtschaftlicher Betrachtung von Typusmerkmalen, dient der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, vgl. Beisse, StuW 1981, 1; Lehner, Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 237, 244; Eulau, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Grunderwerbsteuerrecht, 2017, S. 73 f. 316  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 418. 312  Engers/Hawlitschek, 313  Grundlegend



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung81

Der hier vertretene Ansatz lässt sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum allgemeinen Gleichheitssatz ableiten.317 Darin findet sich die Aussage, dass sich der Grund für eine Differenzierung „aus der Natur der Sache“318 ergeben kann, oder die Forderung, „dass die in der Sache liegenden Gesetzlichkeiten zu beachten seien“319. Wie schon zuvor angemerkt, kennt das methodische Instrument Natur der Sache aber nicht nicht nur eine einzige Sache, sondern es lassen sich mannigfache Lebenssachverhalte als „Sache“ festmachen, unter anderem ein konkreter Typus.320 Auch in der steuerrechtlichen Literatur zum allgemeinen Gleichheitssatz wird zutreffend angemerkt, dass die von der „staatlichen Maßnahme betroffene Sache jede beliebige sein kann“.321 Ist hiernach von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes vorgegeben, dass der allgemeine Gleichheitssatz die Beachtung der „in der Sache“ liegenden Eigengesetzlichkeiten erfordert, und kann mit der „Sache“ ein bestimmter Typus gemeint sein, bedeutet dies zu Ende gedacht, dass der Rechtsanwender zwischen unterschiedlichen gesetzlichen Leitbildern zu differenzieren hat. Die Differenzierung zwischen unschädlichen Nebenleistungen und schädlichen Sonderleistungen auf Grund einer wirtschaftlichen Betrachtung nach Maßgabe des jeweiligen Mietobjektes verstößt somit nach hier vertretener Auffassung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern dient im Gegenteil dessen Umsetzung. 6. Zuordnung der einheitlichen Tätigkeit: Fällt die Sonderleistung ins Gewicht? Bisher ist bewusst die Formulierung gewählt worden, dass die Erbringung von Sonderleistungen neben der Vermietungstätigkeit insgesamt eine gewerbliche Tätigkeit begründen bzw. zu gewerblichen Einkünften kann. Dies hängt mit der methodischen Grundlegung zusammen, wonach die Begriffe Gewerbebetrieb und private Vermögensverwaltung jeweils Typusbegriffe sind. Wie zuvor schon an mehreren Stellen angemerkt, lässt der Einzelfall sich unter Typusbegriffe nicht subsumieren, sondern lediglich wertend zuordnen.322 D. h. dass die Erbringung von Sonderleistungen keine Subsumtion dergestalt 317  Näher zu der folgenden Rechtsprechung des BVerfG: Huster, Rechte und Ziele, 1993, S.  45 ff.; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 146. 318  BVerfG, Beschl. v. 29.04.1954 – I BvR 328/52, NJW1954, 833; Beschl. v. 30.10.1961 – 1 BvR 833/59, NJW 1961, 2299. 319  BVerfG, Beschl. v. 15.10.1985 – 2 BvL 4/83, NVwZ 1986, 735. 320  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 2. a). 321  Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 148. 322  Vgl. Erster Hauptteil, Punkt A. I.

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zulässt, dass die zusätzliche Erbringung von Sonderleistungen neben der Vermietungstätigkeit zwingend einen Gewerbebetrieb begründet. Die Sonderleistungen sind lediglich insoweit relevant, als dass deren Vorliegen im Einzelfall überhaupt erst die Qualifikation des Einzelfalles als gewerb­liche Tätigkeit ermöglicht, wohingegen bei unschädlichen Nebenleistungen diese Qualifikation von vornherein nicht statthaft ist. So entspricht es auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, dass die Erbringung von Sonderleistungen als eine Art Türöffner für den Eintritt in die Gewerblichkeit dient, letztlich aber ein Gewerbebetrieb nur dann vorliegt, wenn die Sonderleistungen „ins Gewicht fallen“ und deshalb eine „unternehmerische Organisation vergleichbar der eines Hotelbetriebes“ erforderlich wird.323 D. h., dass auch im Falle der Erbringung von Sonderleistungen weiterhin eine Vergleichbarkeit zum jeweiligen Typus des privaten Vermögensverwalters vorliegen kann, wenn die Sonderleistungen nicht ins Gewicht fallen, der Vermietungstätigkeit also nicht das Gepräge geben und deshalb nicht dem Bild des Hoteliers entsprechen.324 Dieser wertende Prozess der Typuszuordnung wird jüngst besonders anschaulich vom Finanzgericht Köln dargestellt, dessen Ausführungen deshalb zum Abschluss dieses Teils zitiert werden sollen:325 „Maßgeblich ist damit nach Überzeugung des erkennenden Senats eine Schwerpunktbetrachtung, ob die Vermögensnutzung (durch Vermietung) im Vordergrund steht und durch die Zusatzleistungen ‚abgerundet‘ wird oder ob erhebliche, über eine bloße Nutzungsüberlassung hinausgehende Zusatzleistungen […] erbracht werden. […] Im Ergebnis dürfte dies eine Typusbetrachtung erfordern, ob die Tätigkeit des Steuerpflichtigen bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls eher dem Typus eines Hotels oder einer Fremdpension oder dem Typus einer privaten (Ferien-)Wohnungsüberlassung entspricht […].“

III. Der Sonderleistungsbegriff im Gewerbesteuerrecht 1. Die Gewerbesteuer als Ertragsteuer – zum systematischen Verhältnis von Gewerbesteuer und Einkommensteuer Eine Abhandlung, die die Vermietung von Immobilien als Problem der Tatbestandsverwirklichung im System der Ertragsteuern am Beispiel von Zusatzleistungen zum Gegenstand hat, muss sich auch mit der Relevanz von Sonderleistungen im Gewerbesteuerrecht auseinandersetzen. Denn die Gewerbesteuer ist in ihrer derzeitigen Ausgestaltung – so wie die Einkommen323  Ständige Rechtsprechung: BFH, Urt. v. 28.06.1984 – IV R 150/82, BStBl. II 1985, 211; Urt. v. 19.01.1990 – III R 31/87, BStBl. II 1990, 383; Urt. v. 14.01.2004 – X R 7/02, BFH/NV 2004, 945; Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. 324  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. 325  FG Köln, Urt. v. 12.11.2020 – 15 K 2394/19, EFG 2021, 633, Rz. 26, 27.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung83

steuer – eine Ertragsteuer.326 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und an welcher Stelle die bereits ermittelten Grundsätze zur einkommensteuerrechtlichen Relevanz von Sonderleistungen auch im Gewerbesteuerrecht von Bedeutung sind. Die Beantwortung dieser Frage muss wiederum an den methodischen Grundlagen ansetzen. Die einkommensteuerrechtliche Herleitung der normativen Relevanz von Sonderleistungen ergab sich aus einer typologischen Konkretisierung des Gewerbetatbestandes. Die Auslegung des Sonderleistungsbegriffes vollzog sich nach hier vertretener Auffassung primär anhand einer systematisch-teleologischen Auslegung aus dem inneren System der Einkunftsarten des Einkommensteuerrechtes heraus. Ein derartiges (prinzipiengeleitetes) Systemdenken, welches nach wertungsmäßiger Folgerichtigkeit strebt, ist jedoch in seinem Anwendungsbereich nicht uferlos und darf nicht pauschal herangezogen werden.327 Voraussetzung für eine Auslegung aus einem bestimmten inneren System heraus ist ein Zusammenwirken bzw. eine wertungsmäßige Vergleichbarkeit zweier Teilrechtsordnungen,328 vorliegend also zwischen dem Einkommensteuerrecht und dem Gewerbesteuerrecht. Zudem muss auch die einzelne auslegungsbedürftige gewerbesteuerliche Norm Teil des hier entwickelten inneren Systems sein, damit der aus dem Einkommensteuerrecht entwickelte Sonderleistungsbegriff insoweit übertragbar ist und mit dem gleichen Inhalt auch gewerbesteuerrechtlich relevant ist. Zumindest die Gewerbesteuer als Normkomplex wird man als Teil des hier entwickelten (inneren) Systems des Rechts einordnen dürfen, knüpft doch die Gewerbesteuer ebenso wie die Einkommensteuer an den am Markt erwirtschafteten Ist-Ertrag gewerblicher Unternehmen an.329 Die gegenwärtige 326  Gosch, DStR 1999, 752, 753; Jachmann, DStJG 25 (2002), 195, 207; Schulte, Gewerbesteuer, in: Festschrift für Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Band II, 2013, S. 2057, 2066; Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, 2013, S. 2. 327  Grundlegend Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S.  112 ff. 328  Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 213 ff. Der Begriff „Teilrechtsordnung“ wird häufig in Zusammenhang mit dem Zivil- und Steuerrecht als zwei Teilrechtsordnungen verwendet und seltener bezogen auf Einzelsteuergesetze. Letzteres wird stattdessen gelegentlich mit dem Begriff „Einzelordnungssystem“ umschrieben, vgl. Prokisch, Von der Sach- und Systemgerechtigkeit zum Gebot der Folgerichtigkeit, in: Festschrift für Klaus Vogel zum 70. Geburtstag, 2000, S. 293, 310. Im Rahmen dieser Untersuchung wird am Begriff „Teilrechtsordnung“ festgehalten, da auch die Gewerbesteuer ein eigenständiger Normkomplex ist und daher in weitem Sinne verstanden als eigenständiger Teil der Steuerrechtsordnung bezeichnet werden darf. 329  Ansätze bereits bei Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 82 („enge systematische Verknüpfung zwischen Gewerbesteuer und Einkommensteuer“).

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Gewerbesteuer zielt also auf die steuerliche Erfassung der am Markt erzielten objektiven Leistungsfähigkeit gewerblicher Unternehmen ab.330 Demzufolge wirkt die Markteinkommenstheorie samt der aus ihr ableitbaren Wertungen nach hier vertretener Auffassung jedenfalls auf Ebene der gewerbesteuer­ lichen Besteuerungsgrundlage (Ist-Ertrag gewerblicher Unternehmen), da die Markteinkommenstheorie dazu dient, die (objektive) Ist-Leistungsfähigkeit näher zu konkretisieren.331 Zudem lässt sich der aus der Markteinkommenstheorie abgeleitete Intensitätsgedanke gewerblicher Tätigkeit im Gewerbesteuerrecht äquivalenztheoretisch begründen, was zusätzlich für eine wertungsmäßige Vergleichbarkeit zwischen Einkommensteuerrecht und Gewerbesteuerrecht spricht.332 Aufgrund dieser grundlegenden wertungsmäßigen Schnittstellen erscheint es naheliegend, im Sinne wertungsmäßiger Folgerichtigkeit das bereits entwickelte innere System und damit den überwiegend markttheoretisch gedeuteten Sonderleistungsbegriff grundsätzlich auch im Gewerbesteuerrecht anzuwenden.

Explizit Jachmann, DStJG 25 (2002), 195, 207 m. w. N.: „Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist ausschließlich der im Rahmen eines gewerblichen Unternehmens erwirtschaftete Ist-Ertrag, auch wenn er durch Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert wird.“ […] „Sie greift auf dieselbe Schöpfung wirtschaftlicher Leistungs­ fähigkeit durch privatwirtschaftliche Ertragserzielung zu wie Einkommensteuer und Körperschaftsteuer.“ Siehe auch Schulte, Gewerbesteuer, in: Festschrift für Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Band II, 2013, S. 2057, 2066. 330  Schnädter, Die grundlegenden Wertungen des Gewerbesteuerrechts, 1996, S. 265; Jachmann, DStJG 25 (2002), 195, 206 ff.; Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, 2013, S. 9. Gelegentlich wird die Auffassung vertreten, dass die Gewerbesteuer als Objektsteuer bzw. Teile derselben „mit dem Leistungsfähigkeitsgedanken grundsätzlich nicht vereinbar sind“, vgl. Roser, DStJG 35 (2012), 189, 196. Dies trifft allerdings lediglich bezogen auf das Prinzip subjektiver Leistungsfähigkeit im Sinne individueller Merkmale einer natürlichen Person zu, vgl. Jachmann, DStJG 25 (2002), 195, 206. Vertiefend zur Abgrenzung zwischen objektiver und subjektiver Leistungsfähigkeit Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 11. 331  Vgl. Desens, DStJG 37 (2014), 95, 122: „Die Markteinkommenstheorie konkretisiert die Ist-Leistungsfähigkeit […].“ 332  Ähnlich wohl auch Schnädter, Die grundlegenden Wertungen des Gewerbesteuerrechts, 1996, S. 152 f. Dieser systematische/wertungsmäßige Zusammenhang wird insbesondere in der von Paul Kirchhof fortentwickelten „Version“ der Markteinkommenstheorie deutlich, vgl. Kirchhof, Einkommensbegriffe und Einkommenstheorien, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1197, 1199 f. und 1209 f. Näher zu den Überlegungen von Paul Kirchhof bei Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 106 ff.; Söhn, Erwerbsbezüge, Markteinkommenstheorie und Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 343, 348 ff. m. w. N.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung85

Dennoch kann es vorkommen, dass einzelne Normen einer Teilrechtsordnung nicht Teil des hier entwickelten inneren Systems des Rechts sind, also Systembrüche, systemfremde Normen oder Systemlücken vorliegen.333 In diesem Fall darf der aus dem inneren System des Einkommensteuerrecht entwickelte Sonderleistungsbegriff ganz gewiss nicht blind in das Gewerbesteuerrecht übernommen werden, sondern der gewerbesteuerliche Sonderleistungsbegriff wäre verschiedenartig auszulegen, da insoweit kein Zusammenwirken zwischen Gewerbesteuerrecht und Einkommensteuerrecht vorläge.334 Damit ist die Frage aufgeworfen, wie man ein Zusammenwirken zweier Teilrechtsordnungen sowie Systembrüche, systemfremde Normen und Systemlücken erkennt, oder, um es konkreter zu formulieren: ob die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen in § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG Teil des hier entwickelten inneren Systems oder „Systemfremdkörper“ und somit „wertungsmäßig isoliert“ zu betrachten ist.335 2. Zusammenwirken zweier Teilrechtsordnungen kraft gesetzlichem Verweis – Relevanz von Sonderleistungen bei der ­Bestimmung des Steuergegenstandes in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs336 sowie von Teilen im steuerrechtlichen Schrifttum337 ist die Frage, ob zwei Teilrechtsordnungen zusammenwirken und ein gemeinsames System bilden, nach dem Willen des Gesetzgebers zu beantworten. Da sich der Wille des Gesetzgebers durch Auslegung erschließt,338 müssen folglich die in Frage kommenden Normen des 333  Vertiefend hierzu Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 112 ff. 334  Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 132; Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S.  213 ff. 335  Die Formulierung „wertungsmäßig isoliert zu betrachtender Fremdkörper“ entspricht Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 130. Weiterführender Hinweis: Auch derartige Systemfremdkörper lassen sich im Rahmen der Prüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtfertigen, vgl. Prokisch, Von der Sach- und Systemgerechtigkeit zum Gebot der Folgerichtigkeit, in: Festschrift für Klaus Vogel zum 70. Geburtstag, 2000, S. 293, 308. Diese Frage soll aber nachfolgend nicht vertiefend behandelt werden, sondern in erster Linie die Möglichkeit der Anwendbarkeit und Auslegung des Sonderleistungsbegriffes im Gewerbesteuerrecht aus dem hier entwickelten inneren System des Rechts heraus. 336  BFH, Urt. v. 17.06.2010 – III R 35/09, BStBl. II 2011, 176. 337  Prokisch, Von der Sach- und Systemgerechtigkeit zum Gebot der Folgerichtigkeit, in: Festschrift für Klaus Vogel zum 70. Geburtstag, 2000, S. 293, 309; Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 214. 338  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 316 ff.; Höpfner, Die systemkonforme Auslegung, 2008, S. 144 ff.

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Gewerbesteuerrechts ausgelegt werden, um festzustellen, ob sie Teil des hier entwickelten inneren Systems sind oder nicht sind. Besonders deutlich kommen hiernach ein Zusammenwirken zweier Teilrechtsordnungen und die systematische Einbettung einer Norm in ein bestimmtes (inneres) System zum Vorschein, wenn eine Norm ausdrücklich auf Regelungen einer anderen Teilrechtsordnung verweist.339 Ein solcher Verweis auf das Einkommensteuergesetz – und somit auf das hier entwickelte innere System – findet sich beispielsweise in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, der die Bestimmung des Steuergegenstandes von Einzelpersonen und Personengesellschaften regelt und insoweit explizit auf den Gewerbetatbestand des Einkommensteuerrechtes verweist.340 D. h., dass bei der Bestimmung des gewerbesteuerlichen Steuergegenstandes von Einzelpersonen und Personengesellschaften auf die im Rahmen dieser Untersuchung dargestellten Abgrenzungsgrundsätze zwischen schädlichen Sonderleistungen und unschädlichen Nebenleistungen zurückgegriffen werden darf.341 Kurzum: § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist Teil des hier entwickelten inneren Systems und nicht Systemfremdkörper, der ausschließlich eigenen (gewerbesteuerlichen) Wertungen und Prinzipien folgt. 3. Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen a) Rechtssystematische Einordnung des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG Die systematische Einbettung einer Vorschrift in ein bestimmtes inneres System oder genauer gesagt das Zusammenwirken zweier Teilrechtsordnungen wird vom Gesetzgeber indessen nicht immer in dieser Ausdrücklichkeit angeordnet. Im Rahmen dieser Untersuchung ist die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) schon häufiger erwähnt worden. Auch insoweit greift die (Steuer-)Rechtsprechung auf die einkommensteuerrechtliche Abgrenzung zwischen gewerblicher und vermögensverwaltender Tätigkeit zurück.342 Da jedoch ein ausdrücklicher 339  Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 215. 340  Für Kapitalgesellschaften ordnet § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG an, dass deren Tätigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Deshalb ist für die Bestimmung des Steuergegenstandes insoweit gleichgültig, ob Kapitalgesellschaften neben der Vermietung von Immobilien auch Sonderleistungen erbringen. 341  Unstrittige Auffassung, vgl. Güroff, in: Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 10. Aufl. 2021, § 2 Rz. 51, 107, 122, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der (Steuer-)Rechtsprechung. 342  BFH, Urt. v. 29.04.1987 – I R 10/86, BStBl. II 1987, 603; Urt. v. 18.04.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.11.2019 – 8 K



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung87

Verweis auf das Einkommensteuerrecht fehlt, muss zuerst durch Auslegung festgestellt werden, ob auch § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG Teil des hier entwickelten inneren Systems ist und damit der überwiegend markttheoretisch begründete und gedeutete Sonderleistungsbegriff auch insoweit normativ relevant ist. Die vom Gesetzgeber in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewählte Formulierung („Verwaltung und Nutzung“) scheint zunächst in enger Verwandtschaft mit dem einkommensteuerrechtlichen Typusbegriff „private Vermögensverwaltung“ zu stehen. Allerdings ist für ein Zusammenwirken zweier Teilrechtsordnungen, also die systematische Einbettung einer Norm in ein bestimmtes inneres System, nicht bereits die Verwendung gleichlautender Begriffe ausreichend.343 Ein bestimmter Begriff kann durch die Aufnahme von einer in die andere Teilrechtsordnung einen Bedeutungswandel erhalten.344 Gleichlautende Begriffe können also von Gesetz zu Gesetz einen unterschiedlichen Inhalt haben (sog. Relativität von Rechtsbegriffen).345 So vertritt auch der Bundesfinanzhof in jüngerer Rechtsprechung die Auffassung, dass die Begriffe Verwaltung und Nutzung in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG „nicht deckungsgleich“ mit dem einkommensteuerrechtlichen Typusbegriff der privaten Vermögensverwaltung sind.346 Da der mögliche Gesetzeswortsinn die Frage nach der Einbettung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen in das hier entwickelte innere System also nicht eindeutig beantworten kann, ist der Fokus auf eine teleologische Auslegung sowie die Entstehungsgeschichte von § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG zu legen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes347 sowie des Bundesverfassungsgerichtes348 liegt der Regelungszweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG darin, vermögensverwaltende Unternehmen, die nur kraft ihrer Rechtsform einen Gewerbebetrieb unterhalten, den vermögensverwaltenden Einzelpersonen und Personengesellschaften hinsichtlich der Belastung mit Gewerbesteuer anzunähern. Die Vorschrift 8055/17, DStRE 2020, 859; siehe auch Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 GewStG Rz. 35, 39 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 343  Prokisch, Von der Sach- und Systemgerechtigkeit zum Gebot der Folgerichtigkeit, in: Festschrift für Klaus Vogel zum 70. Geburtstag, 2000, S. 293, 309; Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 214. 344  Prokisch, Von der Sach- und Systemgerechtigkeit zum Gebot der Folgerichtigkeit, in: Festschrift für Klaus Vogel zum 70. Geburtstag, 2000, S. 293, 309. 345  Beisse, StuW 1981, 1, 2. 346  Vgl. BFH, Urt. v. 28.11.2019 – III R 34/17, BStBl. II 2020, 409. 347  BFH, Beschl. v. 29.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. II 2017, 202; Urt. v. 07.04.1967, BStBl. III 1967, 559. 348  BVerfG, Beschl. v. 24.03.2010 – BvR 2130/09, FR 2010, 670.

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dient dazu, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer zum Zwecke der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die lediglich private Vermögensverwaltung betreiben, freizustellen und bezweckt insoweit die folgerichtige Umsetzung des „ursprünglichen gewerbesteuerlichen Belastungsgrundes“.349 Die methodische Grundlegung hat einleitend gezeigt, dass Besteuerungsgrundlage der Gewerbesteuer der im Rahmen eines gewerblichen Unternehmens am Markt erwirtschaftete Ist-Ertrag ist.350 Die Gewerbesteuer baut insoweit auf einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen auf und greift auf dieselbe Abschöpfung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit wie die Einkommensteuer zu.351 Diese systematische Verknüpfung zwischen Gewerbesteuer und Ertragsteuer tritt besonders deutlich in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG in Erscheinung. Dient hiernach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG der Verwirklichung des ursprünglichen gewerbesteuerlichen Belastungsgrundes bzw. der „Korrektur einer allein rechtsformveranlassten Steuerbelastung“,352 so ist aufgrund einer teleologischen Auslegung die Einbettung der Vorschrift in das hier entwickelte innere System geboten. Folgerichtig gelten die hier entwickelten Grundsätze zur normativen Relevanz von Sonderleistungen sowie der Aus­ legung des Sonderleistungsbegriffes gleichermaßen auch im Rahmen des Anwendungsbereiches von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei der Auslegung der Begriffe Verwaltung und Nutzung. Das heißt, dass die Begriffe Verwaltung und Nutzung aus dem hier entwickelten inneren System des Rechts heraus ausgelegt werden dürfen und die zuvor dem Einkommensteuerrecht entnommene Differenzierung zwischen schädlichen Sonderleistungen und unschäd­ lichen Nebenleistungen auch an dieser Stelle eine Rolle spielt. Der hier vertretenen Linie steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes entgegen, wonach die Begriffe Verwaltung und Nutzung in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG „nicht deckungsgleich“ mit dem einkommensteuerrechtlichen (Typus-)Begriff der privaten Vermögensverwaltung sind. Denn die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen regelt nicht jedwede Form privater Vermögensverwaltung, sondern lediglich die Vermögensverwaltung von „eigenem Grundbesitz“.353 Vor diesem Hintergrund ist auch die Äußerung des Bundesfinanzhofes zu verstehen, da der einkommensteuerliche (Typus-)Begriff der privaten Vermögensverwaltung 349  BFH, Beschl. v. 29.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. II 2017, 202 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH. 350  Siehe Zweiter Hauptteil, Punkt B. III. 1. 351  Jachmann, DStJG 25 (2002), 195, 207. 352  BFH, Beschl. v. 29.09.2018 – GrS 2/16, BStBl. II 2017, 202. 353  Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, 2013, S.  23 f.



B. Zweiter Hauptteil: Begriffskonkretisierung89

weiter ist und nicht nur die Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz umfasst, sondern auch bspw. die Vermietung von Betriebsvorrichtungen.354 Da jedoch Betriebsvorrichtungen nicht Grundbesitz im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 sind, ist deren Mitvermietung stets kürzungsschädlich, obwohl an sich noch von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit auszugehen wäre.355 Somit wird deutlich: Ob und inwieweit eine Vorschrift der folgerichtigen Umsetzung von Prinzipien und Wertungen dient bzw. mit anderen Teilrechtsordnungen zusammenwirkt, unterliegt dem Willen des Gesetzgebers, über den sich der Rechtsanwender nicht ohne Weiteres mittels teleologischsystematischer Überlegungen hinwegsetzen darf.356 Lediglich bezogen auf die Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz gebietet der Zweck der Vorschrift, auf die einkommensteuerliche Abgrenzung zwischen vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit zurückzugreifen, sodass nach dem Willen des Gesetzgebers nur insoweit von einer synonymen Begriffsverwendung auszugehen ist.357 Dementsprechend darf unter Umständen die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht beantragt bzw. gewährt werden, wenn neben der Vermietung von eigenem Grundbesitz Sonderleistungen erbracht werden, da das Grundstücksunternehmen in diesem Fall nicht nur kraft Rechtsform, sondern auch tatsächlich gewerblich tätig sein kann.358 Dagegen bleibt die Erbringung von Nebenleistungen neben der Vermietung von eigenem Grundbesitz kürzungsunschädlich, da insoweit stets von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit auszugehen ist, die der Gesetzgeber rechts­ formunabhängig nicht zusätzlich mit Gewerbesteuer belasten will.359 354  In diesem Sinne konkretisiert auch der BFH die Äußerung zur „fehlenden Deckungsgleichheit“ der Begriffe, vgl. BFH, Urt. v. 28.11.2019 – III R 34/17, BStBl. II 2020, 409, Rz. 16a. 355  Ständige Rechtsprechung; statt vieler BFH, Urt. v. 11.04.2019 – III R 36/15, BStBl. II 2019, 705; siehe auch Schneider, NWB 2019, 3211 m. w. N. 356  Zutreffend Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 214 (Hervorhebungen durch den Verfasser): „Ob mehrere Rechtsgebiete zusammenwirken, unterliegt dem Willen des Gesetzgebers. Soweit die Synergie reicht, spricht die systematische Auslegung wegen der gemeinsamen Zielrichtung, die durch das Zusammenwirken zu Tage tritt, für ein einheitliches Verständnis gemeinsam verwendeter Begriffe.“ Zu den Grenzen der Auslegung aus dem inneren System des Rechts heraus siehe bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 1. a). 357  Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, 2013, S.  23 f., 53 m. w. N. 358  Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, 2013, S. 55 ff. m. w. N. An dieser Stelle ist in Erinnerung zu rufen, dass keine starre Subsumtion des Sachverhaltes unter den gesetzlichen Tatbestand zulässig ist, sondern eine (wertende) Typuszuordnung zu erfolgen hat, vgl. Erster Hauptteil, Punkt A. I. sowie Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 6. 359  So im Ergebnis auch Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 39.

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b) Sog. „Fondsstandortgesetz“ vom 03.06.2021: Gewährung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung trotz Erbringung von Sonderleistungen? Im Zuge des sog. „Fondsstandortgesetz“ vom 03.06.2021 (verkündet am 10.06.2021) ist der Tatbestand der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen in § 9 Nr. 1 Satz 3 ff. GewStG um weitere, sog. unschädliche Tätigkeiten erweitert worden.360 Das Interesse der vorliegenden Untersuchung weckt an dieser Stelle der neu eingefügte § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG, wonach Einnahmen aus anderen Tätigkeiten, die aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes resultieren, die Gewährung der erweiterten Kürzung fortan nicht mehr ausschließen sollen. Voraussetzung für die Unschädlichkeit jener Tätigkeiten ist, dass die daraus resultierenden Einnahmen nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind. Derartige Pauschalierungen stellen nach überwiegender Auffassung eine Unterform der (gesetzgeberischen) Typisierung dar und können Ungleichbehandlungen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen.361 Nach hier vertretener Auffassung fallen indessen Sonderleistungen in eigentlichem Sinne nicht unter den Tatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG, sondern lediglich von der Vermietung von Grundbesitz trennbare Tätigkeiten. Sowohl der mögliche Gesetzeswortsinn („Einnahmen aus anderen Tätigkeiten“) als auch die Gesetzgebungsmaterialien362 belegen, dass der Gesetzgeber von der Trennbarkeit der anderen Tätigkeit einerseits sowie der Gebrauchsüberlassung andererseits ausgeht. Das zeigt sich auch in der Rechtsfolge, die darin liegt, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung hinsichtlich des trennbaren begünstigten Teiles („Verwaltung und Nutzung von Grundbesitz“) erhalten bleibt, der Steuerpflichtige aber hinsichtlich der weiteren gewerblichen Tätigkeiten nach wie vor gewerbesteuerpflichtig ist.363 Sonderleistungen in eigentlichem Sinne sind indessen mit der Vermietungs­ 360  Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen (Fondsstandortgesetz – FoStoG) vom 3. Juni 2021, verkündet am 10.06.2021, Bundesgesetzblatt 2021, Teil I, Nr. 30, S. 1498. Ein Überblick zu den Neuregelungen bei Dorn/Dibbert, DB 2021, 1300. 361  Näher zum Gleichheitssatz und zu Typisierungen Huster, Rechte und Ziele, 1993, S.  245 ff.; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 87 ff.; zum Verhältnis von Typisierung und Pauschalierung Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 205 m. w. N. 362  BT-Drucksache 19/28868, 21.04.2021, S. 151. 363  Vgl. Häsner/Preil/Weinhold, DStR 2021, 1798. So auch die Klarstellung in BTDrucksache 19/28868, 21.04.2021, S. 151.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 91

tätigkeit untrennbar verbunden und bilden mit dieser zusammen eine einheitliche wirtschaftliche Tätigkeit. Mischen sich Gebrauchsüberlassung und Sonderleistungen in untrennbarer Art und Weise, so lässt sich – anders als in § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a GewStG geregelt – das Entgelt regelmäßig nicht aufteilen.364 Sofern die einheitliche Tätigkeit insgesamt als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren ist, liegt überhaupt keine Verwaltung von Grundbesitz mehr vor, die von dem Anwendungsbereich der erweiterten Gewerbesteuerkürzung in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst sein könnte. Das mag zwar wertungsmäßig nur bedingt überzeugen, da sowohl Sonderleistungen als auch trennbare (gewerbliche) Tätigkeiten gleichsam weitere marktrelevante Vorgänge darstellen, die aber gesetzlich lediglich aufgrund der Trennbarkeit oder Nichttrennbarkeit von der Gebrauchsüberlassung unterschiedliche Rechtsfolgen herbeiführen. Wenngleich der mögliche Wortsinn einer direkten Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG auf Sonderleistungen in eigentlichem Sinne entgegensteht, käme insoweit grundsätzlich eine (begünstigende) analoge Anwendung der Vorschrift in Betracht. Zur Analogie bedarf es allerdings einer planwidrigen Regelungslücke, für die vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Der Gesetzgeber dürfte mit der Neuregelung eine Aufweichung des strengen „Ausschließlichkeitsgebotes“ in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG beabsichtigt haben, nicht aber eine gesetz­ liche Regelung zur Vereinfachung der tatbestandlichen Zuordnung einheitlicher Tätigkeiten bezwecken. Über den erkennbaren gesetzgeberischen Willen darf sich der Rechtsanwender – auch soweit dies zugunsten des Steuerpflichtigen geschieht – nicht im Wege der Rechtsfortbildung hinwegsetzen.365

C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter – Zurechnungsprinzipien und Gestaltungsmöglichkeiten Die bis hierhin erfolgte Untersuchung ging von dem Fall aus, dass Vermietungsleistung und Sonderleistung von ein und demselben Rechtssubjekt erbracht werden. Nicht abschließend geklärt ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Vermieter Sonderleistungen Dritter zugerechnet werden können. Von daher gesehen soll dieser Zurechnungsproblematik in den nachfolgenden Ausführungen in grundsätzlicher Art und Weise nachgegan364  Siehe bereits die zuvor dargestellten Grundsätze zur Einheitlichkeit und Trennbarkeit mehrerer Leistungen/Tätigkeiten, vgl. Zweiter Hauptteil, Punkt B. I. 2. 365  Musil, Richterliche Rechtsfortbildung und Rechtsprechungsinnovationen, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band I, 2018, S. 151, 169.

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gen werden. Hierzu erscheint es hilfreich, einleitend einen Blick auf die zu dieser Thematik bereits ergangene Rechtsprechung zu werfen, da eine explizite gesetzliche Regelung als Anknüpfungspunkt nicht besteht. Vorab bedarf es aber auch an dieser Stelle einer Klarstellung: Die Frage nach den Voraussetzungen der Zurechnung von Sonderleistungen Dritter taucht in einer Vielzahl von finanzgerichtlichen Entscheidungen auf, die hier nicht umfassend dargestellt werden können. Da sich in den allermeisten Entscheidungen lediglich „tradierte“ Zurechnungsgrundsätze wiederholen, erscheint dies auch nicht für eine nähere Untersuchung erforderlich. Vielmehr soll der Blick auf solche Entscheidungen gelegt werden, die nicht nur „tradierte“ Zurechnungsgrundsätze wiederholen, sondern diese näher konkretisieren bzw. fortentwickeln, um die sich anschließende theoretische Grundlegung darauf aufzubauen.

I. Die Zurechnungsthematik in der Steuerrechtsprechung 1. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes als Ausgangspunkt: Zurechnung von Leistungen, die der Dritte „für den Vermieter erbringt“ Im Rahmen der Erörterung der methodischen Grundlagen ist bereits festgestellt worden, dass die Zuordnung des Einzelfalles zum Typus des Hote­ liers oder des privaten Vermögensverwalters im Wege eines wertenden Ähnlichkeitsvergleiches erfolgt. Hierauf aufbauend urteilte der Bundesfinanzhof bereits im Jahr 1976, dass es für die „Wertung des Gesamtbilds der Vermietung des Steuerpflichtigen“ ohne Bedeutung sei, ob die mit der Vermietung zusammenhängenden Leistungen persönlich oder durch einen Dritten erbracht werden.366 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sei allein entscheidend, dass der Dritte die Sonderleistungen „für den Vermieter“ erbringt,367 wie bspw. aufgrund eines Auftrages368 bzw. Geschäftsbesorgungsvertrages.369 Die Entscheidungen der Finanzgerichte – auch aus jüngerer Zeit – bauen überwiegend auf dieser Rechtsprechung auf.370

366  BFH,

Urt. v. 25.06.1976 – III R 167/73, BStBl. II 1976, 728. Urt. v. 14.07.2004 – IX R 69/02, BFH/NV 2004, 1640. 368  BFH, Urt. v. 25.06.1976 – III R 167/73, BStBl. II 1976, 728. 369  BFH, Urt. v. 14.01.2004 – X R 7/02, BFH/NV 2004, 945. 370  FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 20.12.2017 – 3 K 342/14, BeckRS 2017, 148909; FG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.2016 – 4 K 1349/15, DStRE 2017, 266; FG Hamburg, Urt. v. 10.07.2014 – 6 K 125/13, BeckRS 2014, 95867. 367  BFH,



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 93

2. Finanzgericht Baden-Württemberg: Unterscheidung zwischen „sog. Grund- und Wahlleistungen“ Eine erwähnenswerte Entscheidung ist im Jahr 2015 durch das Finanz­ gericht Baden-Württemberg ergangen.371 Strittig war, ob die Klägerin (eine GmbH & Co. KG) aus der Vermietung von Wohnungen im Rahmen eines sog. betreuten Wohnens Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder gewerbliche Einkünfte erzielte. Die Klägerin hatte eine Wohnanlage mit mehreren barrierefreien Wohnungen errichtet, die sie an unterschiedliche Mieter vermietete. Außerdem schloss die Klägerin mit der X-GmbH einen „Vertrag über die Betreuungsträgerschaft des betreuten Wohnens“. In § 1 des Vertrages mit der X-GmbH verpflichtete sich die Klägerin, „den Mietern zusammen mit dem Mietvertrag einen mit der X-GmbH abzuschließenden Betreuungsvertrag zum Abschluss vorzulegen“. D. h., dass die Mieter im Mietvertrag dazu verpflichtet wurden, einen Betreuungsvertrag mit der X-GmbH abzuschließen. Das Leistungsangebot der X-GmbH an die Mieter bestand aus sog. Grund- und Wahlleistungen, die in den Anlagen zu den Betreuungsverträgen im Einzelnen dargestellt waren. Grund- und Wahlleistungen unterschieden sich dadurch, dass die Mieter dazu verpflichtet waren, die Grundleistungen in Anspruch zu nehmen, wohingegen bezogen auf die Wahlleistungen ein Wahlrecht bestand, die Wahlleistungen gegen gesonderte Vergütung in Anspruch zu nehmen. Zu den sog. Grundleistungen gehörten u. a. verschiedene Beratungsleistungen, Informationsleistungen sowie die Koordination von Freizeitangeboten, wie bspw. kulturelle Veranstaltungen oder das Herstellen von Kontakten im Rahmen der Nachbarschaftshilfe. Als Wahlleistungen wurden den Mietern u. a. ein Hol-, Bringund Einkaufsservice sowie ein Haushaltsservice (bspw. Staubwischen und -saugen, Wischen der Fußböden, Badreinigung, Fenster putzen, Zubereitung von Mahlzeiten – Frühstück, Mittagessen, Abendbrot) angeboten.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg stellte zunächst klar:372 Eine gewerbliche Vermietung könne dann vorliegen, wenn die zusätzlichen Leistungen eines Dritten Sonderleistungen darstellen und dem Vermieter als eigene zugerechnet werden können. Unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Grundsätze des Bundesfinanzhofes können dem Vermieter nur solche Zusatzleistungen zugerechnet werden, die der Dritte – aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags – für den Vermieter erbracht hat.373 Insoweit ergeben sich also keine neuen Maßstäbe aus der Entscheidung. Die Besonderheit der Entscheidung ist die anschließend vorgenommene Unterscheidung zwischen den Grund- und Wahlleistungen. Denn laut dem 371  FG

Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.2016 – 4 K 1349/15, DStRE 2017, 266. Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.2016 – 4 K 1349/15, DStRE 2017, 266. 373  Vgl. Dritter Hauptteil, Punkt C. I. 1. 372  FG

94 Hauptteil

Finanzgericht Baden-Württemberg konnten der Klägerin (Vermieterin) nur solche Leistungen der X-GmbH zugerechnet werden, die die Mieter verpflichtend in Anspruch nehmen mussten, d. h. nur die sog. Grundleistungen. Demgegenüber bestand hinsichtlich der sog. Wahlleistungen für die Mieter kein Zwang zur Inanspruchnahme, sondern lediglich eine Hoffnung bzw. Erwartung der Vermieterin. Nach Auffassung des Finanzgerichtes BadenWürttemberg reichte dies aber nicht aus, um die durch die X-GmbH ggf. erbrachten Wahlleistungen der Klägerin (Vermieterin) als eigene zuzurechnen.374 Daraus folgte, dass die einheitliche Tätigkeit der Vermieterin aus der Vermietung von Wohnungen an ältere Personen sowie der Erbringung der Grundleistungen bestand. Diese einheitliche Tätigkeit überschritt aber nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung und führte daher nicht zu gewerblichen Einkünften. Denn die Grundleistungen erfüllten nicht die Merkmale der Sonderleistungen, sondern stellten unschädliche Nebenleistungen dar. Eine andere Würdigung wäre nur dann möglich gewesen, wenn in den Ähnlichkeitsvergleich zwischen dem Typus des Hoteliers und der Tätigkeit der Klägerin auch die Wahlleistungen der X-GmbH einbezogen worden wären. Da die Voraussetzungen der Zurechnung von Sonderleistungen hinsichtlich der Wahlleistungen jedoch nicht erfüllt waren, war dies nicht möglich. 3. Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Auf wessen „Veranlassung“ wird der Dritte tätig? Schließlich soll eine jüngere Entscheidung des Finanzgerichtes BerlinBrandenburg aus dem Jahr 2020 vorgestellt werden.375 Zwischen den Beteiligten war die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) strittig gewesen. Die Klägerin (eine GmbH) verwaltete eigenen Grundbesitz. Der Geschäftssitz der Klägerin befand sich in einem Gebäude, das im Eigentum der Gesellschafter/Geschäftsführer stand. Zwei Wohnungen bzw. Geschäftsräume in dem besagten Gebäude waren fremdvermietet; die Wohnungen bzw. Geschäftsräume im Obergeschoss wurden durch die Gesellschafter selbst genutzt, u. a. für die Geschäftsführung der Klägerin. Die Klägerin war Arbeitgeberin einer Putzkraft, die unter anderem dreimal wöchentlich Reinigungsleistungen in dem Gebäude erbracht hat, das den Geschäftssitz der Klägerin bildete. Die Reinigungsleistungen stellte die Klägerin den Gesellschaftern/Geschäftsführern (Eigentümern des Gebäudes) in Rechnung. 374  FG 375  FG

Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.2016 – 4 K 1349/15, DStRE 2017, 266. Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 95 Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Klägerin hierdurch schädliche Reinigungsleistungen erbracht habe, die gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verstoßen. Die Erbringung entgeltlicher Reinigungsleistungen an die Gesellschafter/Geschäftsführer sei keine „ausschließliche“ Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Die erweiterte Kürzung sei damit nicht zu gewähren. Die Klägerin war demgegenüber der Auffassung, dass die Reinigungsleistungen nicht auf ihre „Veranlassung“ erfolgt seien, sondern auf Veranlassung einer Gesellschafterin. Die Reinigungsleistungen seien der Klägerin somit nicht zuzurechnen. Tätigkeiten, die über die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes hinausgehen, seien von der Klägerin somit nicht erbracht worden.

Neben der Zurechnungsproblematik hatte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg auch weitere Rechtsfragen zu behandeln, die es an dieser Stelle nicht näher zu erörtern gilt.376 Das Interesse der Untersuchung richtet sich vielmehr auf die Frage, ob die Reinigungsleistungen der Gesellschafterin oder der Klägerin zuzurechnen sind. In den Urteilsgründen führte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hierzu im Ergebnis aus:377 „Das Gericht ist nicht vom Vortrag der Klägerin überzeugt, dass die Reinigungskraft nicht auf Veranlassung der Klägerin, sondern auf Veranlassung der Gesellschafterin tätig geworden sei.“ Es entspreche der „Lebenswirklichkeit“, dass ein Arbeitsnehmer seine Arbeitskraft für seinen Arbeitgeber erbringen will, um seine Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis zu erfüllen und damit seinen versprochenen Arbeitslohn zu verdienen. Beachtung für die hiesige Untersuchung verdient die Entscheidung aus zwei Gesichtspunkten: –– Zum einen wird die Zurechnungsproblematik danach beurteilt, durch wen die Leistungserbringung „veranlasst“ ist. Somit wird ein Grundsatz aufgestellt, der deutlich allgemeiner und abstrakter als die bisherige Rechtsprechung ist, wonach die Zurechnung durch einen Auftrag bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag ausgelöst werde. –– Auffallend ist zudem die Heranziehung der „Lebenswirklichkeit“ zur Beantwortung der Frage, durch wen die Leistung veranlasst ist. Veranlassung wird somit nicht nur im Sinne einer reinen Kausalität verstanden, sondern offenbar durch eine Wertung ergänzt. Die vorstehende kurze Rechtsprechungsübersicht soll genügen, um die Zurechnungsproblematik näher zu illustrieren. Besonders die Entscheidung 376  Außerdem war fraglich, ob die Reinigungsleistungen eine „unschädliche Betreuung von Wohnungsbauten“ i. S. v. § 9 Nr. 1 Satz 4 GewStG darstellten. Diesbezüglich ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig. 377  FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629, Rz. 24a.

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des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg erscheint wegen der abstrakten Herangehensweise wegweisend für eine theoretische Grundlegung, die die Zurechnungsproblematik umfassend und losgelöst vom konkreten Einzelfall aufgreift. Dem soll im Folgenden nachgegangen werden.

II. Eigener Ansatz: Lösung der Zurechnungsproblematik von Sonderleistungen Dritter durch das Veranlassungsprinzip 1. Allgemeine Vorüberlegungen Nach welchen Kriterien Sonderleistungen Dritter dem Vermieter als eigene zugerechnet werden können, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem geschriebenen (positiven) Recht. Die Zurechnungskriterien müssen daher innerhalb allgemeiner Rechtsprinzipien und Wertungsgesichtspunkte gesucht werden.378 Damit ist die Frage aufgeworfen, welches Prinzip die Zurechnungsfrage von Sonderleistungen Dritter umfassend beantworten kann und wie ein solches Zurechnungsprinzip näher zu bestimmen ist. Hierzu sind zunächst die methodischen Grundlagen der Sonderleistungen als Zurechnungsgegenstand in Erinnerung zu rufen und im System des Einkommensteuerrechtes einzuordnen.379 Die ertragsteuerliche Relevanz von Sonderleistungen ergibt sich, wie bereits festgestellt, nach hier vertretener Auffassung aus der Eigenschaft des Begriffes Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG als Typusbegriff.380 Der Natur des Hoteliers als Typus des gewerblichen Vermieters entspricht es unter anderem, Sonderleistungen an die Mieter zu erbringen. Die normative Relevanz der Sonderleistungen als wesentliches Typusmerkmal folgt insbesondere aus dem Wertungsgesichtspunkt der gesteigerten Intensität der Marktteilnahme, welcher den gewerblichen Einkünften in Abgrenzung zu den Überschusseinkünften zugrunde liegt.381 Dieser Wertungsgesichtspunkt lässt sich aus der Markteinkommenstheorie als Rechtsprinzip des geltenden Einkommensteuerrechtes ableiten.

378  Zur Thematik der allgemeinen Rechtsprinzipien und Wertungsgesichtspunkte als Bezugspunkte der Rechtsanwendung und Systembildung vgl. bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 1. a). 379  Die nachfolgenden Ausführungen gelten aus den bereits erörterten systematischen und teleologischen Überlegungen (siehe zweiter Hauptteil, Punkt B. III. 1. und Punkt B. III. 3. a.)) auch für die Tätigkeitsqualifikation von Grundstücksunternehmen im Rahmen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG. 380  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. II. 381  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. bb) und Punkt A. I. 2. b).



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 97

Der Typus wiederum ist innerhalb der Rechtsanwendung dem Tatbestand zuzuordnen, d. h. er bildet einen gesetzlichen Vergleichsmaßstab gegenüber dem zu beurteilenden Sachverhalt.382 Der Steuertatbestand lässt sich im Allgemeinen definieren als „die Gesamtheit der in den materiellen Steuerrechtsnormen enthaltenen abstrakten Voraussetzungen, bei deren konkretem Vorliegen […] bestimmte Rechtsfolgen eintreten sollen“.383

Aus dieser allgemeinen Definition des Steuertatbestandes wird der Tatbestand der Einkommensteuer nach der sog. „klassischen Lehre“ in mehrere gleichrangige Tatbestandselemente aufgeteilt, die allesamt erfüllt sein müssen, damit der staatliche Einkommensteueranspruch entsteht: Steuersubjekt (persönliche Seite des Steuertatbestandes), Steuergegenstand (sachliche Seite des Steuertatbestandes), Zurechnung (Verknüpfungselement zwischen persönlicher und sachlicher Seite des Steuertatbestandes), Bemessungsgrundlage und Steuertarif.384 Steuergegenstand bzw. Gegenstand der Einkommensteuer ist das Einkommen.385 Der steuerliche Einkommensbegriff (Gegenstand der Einkommensteuer) ist erfolgsqualifiziert ausgestaltet, d. h. in der Regel ist eine Tätigkeit erforderlich (sog. Erwerbstatbestand), die in einen sog. Erwerbserfolg mündet (Gewinn, Überschuss).386 Nicht jede Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist Gegenstand der Einkommensteuer, sondern nur eine solche, die auf eine der in § 2 Abs. 1 EStG abschließend aufgeführten Einkunftsarten zurückzuführen ist.387 Ausgehend von dieser verschachtelten Struktur des Einkommensteuer­ tatbestandes können sich Zurechnungsfragen auf verschiedenen Ebenen ergeben: –– Zurechnungsprobleme können innerhalb der verschiedenen Tatbestands­ elemente des Einkommensteuertatbestandes entstehen. Unter dem Stich382  Umfassend zur Einordnung des Typus auf Ebene des Tatbestandes Hassemer, Tatbestand und Typus, 1968, S. 111 ff. 383  Hensel, Steuerrecht, 3. Aufl. 1933, S. 57; Behrends, Die Lehre vom Steuertatbestand, 1999, S. 76. 384  Behrends, Die Lehre vom Steuertatbestand, 1999, S. 92, S. 133. 385  Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 34, 43. 386  Raupach, Die Frage der Zurechnung im Steuerrecht als Problem der Tatbestandsverwirklichung, in: Festschrift für Heinrich Beisse zum 70. Geburtstag, 1997, S.  403, 409 m. w. N.; Behrends, Die Lehre vom Steuertatbestand, 1999, S. 134; Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 175; Goetze, Die Ersetzung der sieben Einkunftsarten durch eine einzige, 2010, S. 33; Ratschow, DStJG 34 (2011), 35, 52. 387  Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 174.

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wort „Zurechnung von Einkünften“ kann streitig sein, welchem Steuersubjekt der Steuergegenstand zuzurechnen ist.388 –– Aber auch innerhalb eines Tatbestandselementes können Zurechnungsund Zuordnungsschwierigkeiten auftreten. Am Beispiel des Tatbestands­ elementes „Einkommensteuergegenstand“: Erfüllt der Steuerpflichtige mehrere Einkunftsarten, so kann die Zuordnung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten und somit die Bestimmung des Erwerbserfolges fraglich sein.389 Innerhalb der Zweigliederung des Einkommensbegriffs bzw. der Bestimmung des Steuergegenstandes ist der Vorgang der Einkünftequalifikation und damit die Problematik der Sonderleistungen innerhalb des Erwerbstatbestandes zu verorten. Es geht um die nähere Bestimmung der Tätigkeit des Steuerpflichtigen und die sich anschließende Zuordnung dieser Tätigkeit zu einer der sieben Einkunftsarten als Grundlage der Einkommensermittlung. Fallen Vermietungsleistungen und Sonderleistungen dergestalt zusammen, dass sie unmittelbar durch den Vermieter an den Mieter erbracht werden, so bereitet die Zurechnung von Handlungen keine Schwierigkeiten.390 Wer handelt, dem sind grundsätzlich auch die Erfolge dieses Handelns zuzurechnen.391 Werden aber Dritte in die Leistungsbeziehung zwischen Vermieter und Mieter eingeschaltet, so führt dies zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Vermieter den Tatbestand der gewerblichen Einkünfte (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG) dadurch verwirklicht, dass ihm die Handlungen des Dritten zuzurechnen sind. Diese Prüfung bewegt sich auf Ebene des Einkommensteuergegenstandes – bzw. konkreter: auf Ebene des Erwerbstatbestandes – und ist Teilelement eines umfassenden Begriffes des Einkommensteuertatbestandes. Deshalb lässt sich kurz und zusammengefasst formulieren: Die Problematik der Zurechnung von Sonderleistungen Dritter ist in erster Linie ein Problem der Tatbestandsverwirklichung.392 388  Grundlegend Ruppe, DStJG 1 (1978), 7, 18 ff. Aus der Rechtsprechung zur Zurechnung gewerblicher Einkünfte am Beispiel von Treuhandverhältnissen: BFH, Urt. v. 21.04.1988 – IV R 47/85, BStBl. II 1989, 722 m. w. N. 389  Siehe hierzu sogleich Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. ff. 390  In diesem Fall liegt die Schwierigkeit bei der Beurteilung, ob eine schädliche Sonderleistung oder unschädliche Nebenleistung vorliegt (siehe bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 5. ff.) sowie ob eine einheitliche/gemischte oder zwei getrennte Tätigkeiten vorliegen (dazu bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. I. ff.). 391  Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 238. 392  So auch Brodhun, Die Besteuerung privater Vermögensumschichtungen im Einkommensteuerrecht, 2010, S. 114: „Eng mit dem Grundsatz der Tatbestandsverwirklichung hängt die Frage nach der Zulässigkeit der Zurechnung von Drittverhalten zusammen.“



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 99

Aus dieser systematischen Einordnung lässt sich die Zurechnungsproblematik der Sonderleistungen zwar noch nicht lösen, aber eingrenzen, soweit es um das Auffinden eines allgemeinen Zurechnungsprinzips sowie relevanter Wertungsgesichtspunkte geht. Ist das Problem der Zurechnung von Sonderleistungen ein Problem der Tatbestandsverwirklichung, so sind nicht irgendwelche Rechtsprinzipien und Wertungsgesichtspunkte heranzuziehen, sondern nur solche, die sich aus der entscheidungserheblichen Rechtsnorm herleiten lassen.393 2. Veranlassungsprinzip als allgemeines Zurechnungsprinzip? Die Eigenschaft als allgemeines Zurechnungsprinzip, das die Grundlage „jedes Zurechnungstatbestandes“ sei, wird in jüngerer Zeit von der steuerrechtlichen Literatur dem Veranlassungsprinzip zugeschrieben.394 Das Veranlassungsprinzip ist im Rahmen dieser Untersuchung bereits bei der Beurteilung gemischter Tätigkeiten herangezogen worden, um festzustellen, ob eine einheitliche bzw. gemischte Tätigkeit oder zwei getrennte Tätigkeiten vorliegen.395 An dieser Stelle weckt es das Interesse der Untersuchung deshalb, weil es Zurechnungsfragen anhand einer wertenden Betrachtung zu lösen versucht und sich damit in die methodischen Grundlagen der normativen Relevanz von Sonderleistungen sowie die teleologisch-systematische Auslegung des Sonderleistungsbegriffes folgerichtig einfügt.396 Wesentlicher Anwendungsbereich des Veranlassungsprinzips im Steuerrecht ist die Ebene der Einkommensermittlung (Gewinn/Überschuss). Lebhaft diskutiert und im Einzelfall oftmals umstritten ist die Frage, ob Betriebsausgaben betrieblich veranlasst sind und somit das steuerpflichtige Einkommen, d. h. einen etwaigen Gewinn, mindern.397 Eine gesetzliche Regelung als Anknüpfungspunkt besteht – für Betriebsausgaben – in § 4 Abs. 4 EStG. Für die Zuordnung von Werbungskosten zur Erwerbssphäre, also die Überschus-

393  Ähnlich Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 197. 394  Vgl. Schneider, Gemischte Veranlassung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1243, 1244. 395  Vgl. Zweiter Hauptteil, Punkt B. I. 2. 396  Schneider, Gemischte Veranlassung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung 1918– 2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1243, 1244. Näher zur wertenden Betrachtung innerhalb der Veranlassungstheorie sogleich Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. b) ff. 397  Näher hierzu mit weiteren Nachweisen aus Literatur und Rechtsprechung Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. a) ff. (sogleich).

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sermittlung, ist die Anwendung des Veranlassungsprinzips – obgleich eine explizite gesetzliche Formulierung fehlt – ebenfalls anerkannt.398 Unter Berücksichtigung des zweigliedrigen Einkommensbegriffes399 ist die Gewinn- oder Überschussermittlung dem Erwerbserfolg zuzuordnen.400 Das Veranlassungsprinzip – jedenfalls in der vorstehenden Funktion verstanden – ist ein methodisches Werkzeug der Gewinn- und Überschussermittlung und deshalb folgerichtig ebenfalls auf Ebene des Erwerbserfolges zu verorten. Die vorliegende Untersuchung bewegt sich aber auf Ebene des Erwerbstat­ bestandes und widmet sich der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vermietung von Immobilien den Tatbestand der gewerblichen Einkünfte verwirklicht.401 Mit den Worten des Gesetzes gesprochen: Um beurteilen zu können, ob Betriebsausgaben betrieblich veranlasst sind (vgl. § 4 Abs. 4 EStG), muss vorab die Frage beantwortet werden, ob ein (Gewerbe-)Betrieb überhaupt vorliegt. Denn nicht jede Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfüllt die Voraussetzungen der Steuerbarkeit, sondern nur eine solche, die zugleich den Tatbestand einer Einkunftsart verwirklicht.402 Damit stellt sich die Frage, ob das Veranlassungsprinzip auch Zurechnungsproblematiken innerhalb der Einkünftequalifikation einer Lösung zuführen kann, also auch auf Ebene des Erwerbstatbestandes anwendbar ist. Um diese Frage zu beantworten, müssen zunächst Wesen und Inhalt des Veranlassungsprinzips näher erörtert werden. a) Kausalität im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne als Grundlage des Veranlassungsprinzips Im Steuerrecht wird die Veranlassungstheorie als besondere Kausalitätstheorie bezeichnet.403 Veranlassung setzt hiernach stets eine Verursachung im Sinne eines logisch-naturwissenschaftlichen Kausalzusammenhanges und die Feststellung einer solchen durch den Rechtsanwender voraus.404 Im streng logisch-naturwissenschaftlichen Sinne bezeichnet der Kausalitätsbegriff die Verknüpfung von Ursache und Wirkung, „eine gewisse gesetzmäßige Verket398  BFH, Urt. v. 19.01.2017 – VI R 37/15, BStBl. II 2017, 526 m. w. N.; Schneider, Gemischte Veranlassung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung 1918–2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1243, 1244. 399  Zum Einkommensbegriff bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 1. 400  Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 175. 401  Vgl. Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 1. 402  Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 173. 403  Söhn, DStJG 3 (1980), 13, 99. 404  Söhn, DStJG 3 (1980), 13, 21.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 101

tung zweier Ereignisse, wobei das frühere Ereignis als Ursache, das spätere als Wirkung bezeichnet wird“.405 Ursache ist demnach jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non).406 Ähnlich wie bei der Bildung des Typus der Blick des Rechtsanwenders in einem ersten Schritt auf das Sein gerichtet ist, also zunächst einer ontologischen Feststellung bedarf, dient die Kausalität im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne der Feststellung eines realen Sachverhaltskomplexes.407 Um einen Zurechnungszusammenhang nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips herzustellen, muss also immerzu eine tatsächliche Verursachung vorliegen, ohne die eine Zurechnung im juristischen Sinne nicht möglich ist. Für die hier behandelte Zurechnungsproblematik der Sonderleistungen bedeutet dies, dass ein Verhalten des Vermieters im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne ursächlich für die Erbringung der Sonderleistungen durch einen Dritten gewesen sein muss. Dem streng logisch-naturwissenschaftlichen Kausalitätsbegriff ist die Wertung verschiedener in Betracht kommender Ursachen fremd; „mehrere Ursachen sind gleichwertige Teilursachen“.408 Hieraus folgt die lediglich bedingte Tauglichkeit eines streng logisch-naturwissenschaftlichen Kausalitätsbegriffes, Zurechnungsprobleme im Steuerrecht rechtsdogmatisch zu lösen. So werden sich in einem Drei-Personen-Verhältnis, bestehend aus Vermieter, Mieter und Dienstleister, in dem der Dienstleister bestimmte Sonderleistungen an den Mieter erbringt, mehrere kausale Ursachen für die Erbringung der Sonderleistungen feststellen lassen. Im steuerrechtlichen Schrifttum wird dies anschaulich als „das Problem der Ursachenkonkurrenz“ bezeichnet.409 Wesentlicher (steuerlicher) Zurechnungsgrundsatz ist aber, dass die Zurechnung eines Zurechnungsgegenstandes (bspw. einer bestimmten Handlung) eindeutig und abschließend zu erfolgen hat.410 Der streng logisch-naturwissenschaftliche Kausalitätsbegriff bietet somit zwar eine die Zurechnung überhaupt erst ermöglichende Grundlage, vermag indes nicht die Zurechnungsproblematik umfassend zu lösen. 405  Planck, Der Kausalbegriff in der Physik, in: Max Planck: Vorträge und Reden 1958, Neudruck 2020, S. 219. 406  Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 301. 407  Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 32; näher zur Kausalität im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne als „Seinskategorie“ Watermann, Die Ordnungsfunktionen von Kausalität und Finalität im Recht, 1968, S. 20 ff. 408  Söhn, DStJG 3 (1980), 13, 20; zum Problem „alternativer Ursachen“ Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, 1989, S. 167 ff. 409  Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 314. 410  Ratschow, DStJG 34 (2011), 35, 54.

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b) Herausarbeitung des juristisch relevanten Kausalverlaufes Die Lösung der Problematik der Ursachenkonkurrenz und die Herausarbeitung des juristisch relevanten Kausalverlaufes erfolgt erst in einem zweiten Schritt, nachdem eine (bzw. mehrere) Ursachen im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne festgestellt worden sind.411 Denn das Veranlassungsprinzip gründet auf naturwissenschaftlicher Kausalität, erschöpft sich aber nicht darin, sondern bedarf der Wertung, um Zurechnungsfragen abschließend zu lösen.412 In einer Untersuchung zum gesetzlichen Unfallrecht gelangt Watermann zu der grundsätzlichen Erkenntnis:413 „Die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes vollzieht sich nicht allein nach den Gesetzen der Empirie und Logik, sondern ist wertorientiert nach den im Gesetz niedergelegten Prinzipien […]. Die Rechtsordnung kann und darf die Existenz erwiesener Kausalbeziehungen im naturwissenschaftlichen Bereich nicht leugnen. Es steht jedoch der Rechtsordnung frei, naturwissenschaftlich gegebene Kausalfaktoren im Hinblick auf ihre Rechtserheblichkeit zu bewerten und nur diejenigen Faktoren, die hiernach für wesentlich erachtet werden, als allein kausal im rechtlichen Sinne zu bezeichnen.“

Im steuerrechtlichen Schrifttum ist ein ähnliches Verständnis einer (einkommen)steuerrechtlichen Kausalitäts- bzw. Veranlassungstheorie vorherrschend. So stößt man in einer Abhandlung von Ruppe zur Abziehbarkeit von Betriebsausgaben/Werbungskosten auf folgende Aussage:414 „Juristische Kausalität bedeutet aber gerade Ausscheidung von als irrelevant erkannten logisch-naturwissenschaftlichen Kausalverknüpfungen und bedarf daher der Wertung, Abwägung und Gewichtung. Gerade dies ist aber auch das Anliegen der Veranlassungslehre […].“

Dasselbe Verständnis einer (steuer-)rechtlichen Kausalitäts- bzw. Veranlassungstheorie formuliert Söhn, der zudem klarstellt, dass der Begriff „Kausalitätstheorie“ inhaltlich der Lösung von Zurechnungsfragen dient:415 „Nicht jede Ursache im philosophisch-logisch-naturwissenschaftlichen Sinne muss rechtserheblich sein. Der Rechtsordnung ist es nicht verwehrt, Ursachen rechtlich zu gewichten, und alle sog. juristischen Kausalitätstheorien nehmen eine Selektion unter den Ursachen im philosophisch-logischen-naturwissenschaftlichen Sinne vor, erklären einzelne Ursachen für rechtlich bedeutsam, andere für rechtlich irrelevant. Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 302. Gemischte Veranlassung, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung 1918– 2018, Festschrift für den Bundesfinanzhof, Band II, 2018, S. 1243, 1244. 413  Watermann, Die Ordnungsfunktionen von Kausalität und Finalität im Recht, 1968, S. 74 (Hervorhebungen aus dem Original übernommen). 414  Ruppe, DStJG 3 (1980), 103, 147. 415  Söhn, DStJG 3 (1980), 13, 69 ff. (Hervorhebungen aus dem Original übernommen). 411  Lang,

412  Schneider,



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 103 Dass es sich hier nicht eigentlich um eine Frage der Ursächlichkeit handelt, sondern um Zurechnungs- und Zuordnungsprobleme, die eine wertende Betrachtungsweise voraussetzen, und dass der Ausdruck Kausalitätstheorie strenggenommen ungenau und missverständlich ist, steht außer Frage, spricht indessen nicht gegen sog. juristische Kausalitätstheorien.“

Die wertende Selektion zwischen mehreren in Betracht kommenden Ursachen entspricht zudem der allgemeinen Auffassung der Steuerrechtsprechung. Nach dem Regelungsziel des Einkommensteuergesetzes – so der Große Senat – „seien Aufwendungen dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen“.416 Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein derartiger Zusammenhang vorliegt – so führt der Große Senat fort –, sei die „wertende Beurteilung“ des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments.417 Die vorstehenden Passagen sollen als Nachweise genügen, dass im Steuerrecht eine zweistufige Prüfung erforderlich ist, um Zurechnungsfragen abschließend zu lösen. Entscheidend für die Zurechnung ist nicht, dass eine Ursache im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne gesetzt wird. Handlungserfolge oder Handlungen sind vielmehr demjenigen zuzurechnen, der nach Maßgabe einer wertorientierten Betrachtung die „wesentliche“ Ursache gesetzt hat. Bei mehreren in Betracht kommenden Ursachen (sog. Ursachenkonkurrenz) muss der Rechtsanwender eine wertende Selektion zwischen wesentlichen und unwesentlichen Ursachen nach Maßgabe der maßgeblichen Wertungsgesichtspunkte vornehmen, um die juristisch relevante Ursache fest­ zumachen.418 aa) Die Bedeutung des inneren Systems des Rechts für die Herausarbeitung des juristisch relevanten Kausalverlaufes Eine derartige Selektion zwischen „wesentlichen“ und „unwesentlichen“ Merkmalen nach gesetzlichen Wertungsgesichtspunkten ist in dieser Unter­ suchung bereits unternommen worden, als es darum ging, die in der Natur des Typus „Hotelier“ liegenden wesentlichen Merkmale herauszuarbeiten und ihnen normative Relevanz zu verleihen.419 Geht es nun darum festzustellen, dass der Vermieter einen Gewerbebetrieb unterhält, weil ihm Sonderleis416  BFH,

Beschl. v. 21.09.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, S. 672, Rz. 93. Beschl. v. 21.09.2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, S. 672, Rz. 93. 418  Watermann, Die Ordnungsfunktionen von Kausalität und Finalität im Recht, 1968, S. 75, 129; Söhn, DStJG 3 (1980), 13, 69 ff.; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 302. 419  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 2. b). 417  BFH,

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tungen Dritter zuzurechnen sind und die auf diese Weise ermittelte Tätigkeit des Vermieters mehr dem Typus des Hoteliers entspricht, so erfordert das innere System des Rechts, die Selektion in gleicher Weise anhand der Prinzipien und Wertungsgesichtspunkte vorzunehmen, die sich aus dem § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ergeben. Hierzu ist bereits dargelegt worden: Untergeordneter Wertungsgesichtspunkt ist die „Verkehrsan­ schauung“,420 leitender Wertungsgesichtspunkt „die gesteigerte Intensität der Markt­teilnahme“421 und grundlegendes Prinzip der meisten Einkunftsarten des Einkommensteuerrechtes die Markteinkommenstheorie.422 Daraus lässt sich für die Herausarbeitung des juristisch relevanten Kausalverlaufes ableiten: –– Die Verkehrsanschauung bietet einen ersten Anhaltspunkt zur Bewertung verschiedener Ursachen und Beantwortung der Frage, durch wen die Erbringung der Sonderleistungen veranlasst ist. So dürfte es der Verkehrsanschauung entsprechen, dass der Arbeitnehmer Leistungen für den Arbeitgeber erbringt, der Auftragnehmer für den Auftraggeber, der Stellvertreter für den Vertretenen etc. Insoweit ist aber bereits darauf hingewiesen worden, dass die Verkehrsanschauung die Gefahr der Entstehung eines Eigenlebens birgt und in Zweifelsfällen fraglich sein dürfte, ob der Verkehr eine normativ wirkende Aussage über bestimmte Sachverhaltskomplexe treffen kann.423 –– Aus der Markteinkommenstheorie als systemtragendes Rechtsprinzip des Einkommensteuerrechtes lässt sich als leitender Wertungsgesichtspunkt die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme herleiten, welche die Gewinn­ einkunftsarten kennzeichnet.424 Dieser Maßstab lässt sich auch für die Selektion verschiedener Ursachen, also als Zurechnungskriterium fruchtbar machen.425 Das folgt nach hier vertretener Auffassung besonders aus der Eigenschaft der Markteinkommenstheorie als grundlegendes Rechts­ prinzip und ihrer Funktion, dem Rechtsanwender als Bezugspunkt der Rechtsanwendung zu dienen.426 Dasselbe gilt konsequenterweise auch für die Wertungsgesichtspunkte, die sich aus der Markteinkommenstheorie ableiten lassen. Der Systemgedanke gebietet, sowohl für die Auslegung des Sonderleistungsbegriffes als auch zur Lösung der Zurechnungsproblematik auf diese Rechtsprinzipien und Wertungen zurückzugreifen. 420  Siehe

Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) aa). Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb). 422  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb). 423  Siehe bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) aa) m. w. N. 424  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb) m. w. N. 425  Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 59 ff. 426  Siehe zu dieser Funktion bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 1. a). 421  Siehe



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 105

Die Marktteilnahme besteht objektiv aus einer entgeltlichen Betätigung, die in eine Vielzahl von Handlungen zerfällt.427 Wesentliches objektives Merkmal der Marktteilnahme, also auch der Beurteilung, ob sich die Inten­ sität der Marktteilnahme steigert, ist das Vorliegen eines Leistungsaustausches.428 Unter Berücksichtigung dessen ist „Herr der Leistungsbeziehung“ und damit „Verursacher“ der Erbringung von Sonderleistungen derjenige, der „über die Leistungserbringung, d. h. über die Marktteilnahme und -teilhabe disponieren kann, d. h. die Möglichkeit hat, Marktchancen zu nutzen, Leistungen zu variieren, im Extremfall auch zu verweigern“.429 Weniger entscheidend ist demgegenüber, wer die Marktleistung tatsächlich vollzieht. Diese Grundsätze über die Beherrschung des Marktgeschehens als wesentliches Zurechnungskriterium entsprechen der gefestigten Auffassung, soweit es um die Zurechnung von Einkünften geht, also die Verknüpfung zwischen Steuergegenstand und Steuersubjekt.430 Für die Zurechnung von Sonderleistungen Dritter darf nach hier vertretener Auffassung auf dieselben Prinzipien und Wertungen zurückgegriffen werden. Denn die Markteinkommenstheorie ist ein grundlegendes Prinzip des Einkommensteuerrechtes und in dieser Funktion Bezugspunkt der Rechtsanwendung und Systembildung, sodass es keinen entscheidenden Unterschied machen kann, auf welcher Ebene des Einkommensteuertatbestandes Zurechnungsfragen zu lösen sind.431 Ebenso wie die meisten Einkunftsarten durch eine marktgerichtete Leistung gekennzeichnet sind, stellen Sonderleistungen ein eigenständiges Herantreten an den Markt dar, sodass in beiden Fällen im Sinne wertungsmäßiger Folgerichtigkeit die Beherrschung des Marktgeschehens für die Zurechnung maßgeblich sein muss. Letztlich spricht für die hier vertretene Auffassung auch ein weiteres Argument: Sonderleistungen erfüllen in der Regel die Voraussetzungen einer der sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes. Würde keine untrennbare Verflechtung zur Vermietungsaktivität bestehen, so wäre das Problem der Zurechnung von Sonderleistungen Dritter ein Problem der Zurechnung von Einkünften und demzufolge nach Maßgabe der MarkteinkomDie Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 238, 307. bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 3. 429  Grundlegend Ruppe, DStJG 1 (1978), 7, 18; siehe auch Raupach, Die Frage der Zurechnung im Steuerrecht als Problem der Tatbestandsverwirklichung, in: Festschrift für Heinrich Beisse zum 70. Geburtstag, 1997, S. 403, 411 ff. 430  Ruppe, DStJG 1 (1978), 7, 18; Söhn, Erwerbsbezüge, Markteinkommenstheorie und Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 343, 363; Raupach, Die Frage der Zurechnung im Steuerrecht als Problem der Tatbestandsverwirklichung, in: Festschrift für Heinrich Beisse zum 70. Geburtstag, 1997, S. 403, 411 ff. 431  Näheres zum Einkommensteuertatbestand bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 1. 427  Lang, 428  Vgl.

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menstheorie zu lösen. Die untrennbare Verflechtung mit der Vermietungsaktivität rechtfertigt nicht die Heranziehung – wie auch immer gelagerter – anderer Prinzipien und Wertungen. Für die Zurechnung von Sonderleistungen bedeutet dies, dass Sonderleistungen demjenigen zuzurechnen sind, der das Marktgeschehen insoweit beherrscht, als dass er über die konkrete Leistungserbringung entscheiden kann, also die Dispositionsbefugnis innehat. Im Regelfall der Ursachenkonkurrenz liegt also die juristisch relevante Ursache in der Beherrschung des Marktgeschehens. Für diese Feststellung kann hilfsweise auf zivilrechtliche Ordnungsstrukturen zurückgegriffen werden.432 So erklärt sich auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, wonach die Sonderleistungen dem Vermieter zuzurechnen sind, soweit der Dritte sie in seinem Auftrag an den Mieter erbringt, also zwischen Vermieter und dem Dritten ein Auftragsverhältnis bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag besteht.433 Denn wesentliches Merkmal für ein Auftragsverhältnis bzw. einen Geschäftsbesorgungsvertrag ist ein Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.434 D. h. der Auftraggeber entscheidet über das „Ob“ und das „Wie“ der Leistungserbringung und erteilt dem Auftragnehmer Weisungen,435 sodass er durch den Auftragnehmer am Markt teilnimmt und insoweit das Marktgeschehen (rechtlich) beherrscht. bb) Ergänzende Funktion der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (gesetzesteleologischer Maßstab)? Fraglich ist, ob neben dem inneren System des Rechts, also den relevanten Prinzipien und Wertungsgesichtspunkten des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG, ergänzend auch ein anderer Maßstab zur Bestimmung des juristisch relevanten Kausalverlaufes herangezogen werden darf. Namentlich von Joachim Lang ist die Auffassung vertreten worden, dass das Problem der Ursachenkonkurrenz gesetzesteleologisch zu lösen sei.436 Nach der von ihm vertretenen Auffassung handele es sich bei der steuerrechtlichen 432  Wittmann, Das Markteinkommen, 1992, S. 61; richtigerweise handelt es sich um eine Art „Indizwirkung“ zivilrechtlicher Ordnungsstrukturen, vgl. Ruppe, DStJG 1 (1978), 7, 10 ff. 433  Siehe bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. I. 1. 434  Martinek/Omlor, in: Staudinger/BGB, 2017, Vorb. zu § 662 BGB Rz. 28 ff. und § 662 BGB Rz. 2. 435  Zum Weisungsrecht des Auftraggebers Schäfer, in: MüKo/BGB, 8. Aufl. 2020, Band 6, § 665 Rz. 7 m. w. N. Auf entgeltliche Geschäftsbesorgungsverträge findet § 665 BGB entsprechende Anwendung, vgl. § 675 Abs. 1 BGB. 436  Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 314.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 107

Kausalitätstheorie um eine „gesetzesteleologische Adäquanzlehre“.437 Dem ist aber richtigerweise insoweit widersprochen worden, als dass grundsätzlich keine „Verwandtschaft“ des steuerrechtlichen Veranlassungsprinzips mit der zivilrechtlichen Adäquanzlehre besteht, weil die Adäquanz (bzw. Angemessenheit) kein sachgerechter Maßstab der Beurteilung steuerrechtlicher Vorgänge oder Kausalverläufe ist.438 Gleichwohl lässt sich nach hier vertretener Auffassung der Gedanke einer teleologischen Bestimmung des juristisch relevanten Kausalverlaufes fruchtbar machen, wenn statt der Adäquanz bzw. Angemessenheit der im Steuerrecht geltende gesetzesteleologische Maßstab der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gewählt wird.439 Die wirtschaftliche Betrachtungsweise dient der gleichmäßigen Erfassung gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und damit einer gleichmäßigen Besteuerung.440 Besonders bei der Auslegung der Einkunftsarten des Einkommensteuerrechtes sind die Prinzipien gleichmäßiger und an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichteter Besteuerung zu berücksichtigen.441 Demzufolge könnte wirtschaftlich betrachtet auch derjenige die juristisch relevante Ursache setzen, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch die Marktteilnahme des Dritten gesteigert wird.442 Übertragen auf die hier zu untersuchende ertragsteuerliche Relevanz von Sonderleistungen könnte dieser Ansatz bedeuten, dass dem Vermieter Sonderleistungen Dritter auch dann zuzurechnen sind, wenn sich unmittelbar durch die entgeltliche Leistungserbringung die wirtschaftliche Leistungs­ fähigkeit des Vermieters steigert, indem er das Leistungsentgelt vereinnahmt, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 314. DStJG 3 (1980), 13, 30. 439  Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht ist der teleologischen Auslegung zuzuordnen, vgl. Seer, in: Tipke/Lang, 24. Aufl. 2020, Rz. 1.34. 440  Lehner, Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 237, 244. Vertiefend zu dem Zusammenhang zwischen Leistungsfähigkeitsprinzip und wirtschaftlicher Betrachtungsweise Eulau, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Grunderwerbsteuerrecht, 2017, S. 70 ff. 441  Vogel, Die Auslegung privatrechtlicher geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 198. 442  Zum einem ähnlichen Ansatz: Raupach, Darf das Steuerrecht andere Teile der Rechtsordnung stören? Zur Eigenständigkeit des Steuerrechts und deren Grenzen, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 105, 106: „Wegen des Postulats der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit geht es vielmehr stets darum, wirtschaftliche Gestaltungen zu erfassen […]. Dies gilt sowohl beim subjektiven als auch beim objektiven Tatbestand (Steuersubjekt und -objekt) und bei deren ‚Verknüpfung‘, der sog. Zurechnung.“ Siehe auch Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, 1989, S. 39, der von einer „teleologischen Abhängigkeit“ des Veranlassungsprinzips vom Leistungsfähigkeitsprinzip ausgeht. 437  Lang, 438  Söhn,

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also wenn der Dritte auf dessen Rechnung tätig wird und wirtschaftliche Interessen des Vermieters im Vordergrund stehen. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise erschöpft sich indessen nicht lediglich in monetären Erwägungen, sondern bedeutet zugleich ein Verfahren der Wertung.443 Daher ist nach hier vertretener Auffassung nicht allein maßgebend, ob der Dritte auf eigene Rechnung oder auf Rechnung des Vermieters tätig wird. Da die wirtschaftliche Betrachtungsweise ohne die dem Gesetz zugrunde liegenden Wertungen nicht auskommt,444 ist und bleibt entscheidend, ob und inwieweit der Vermieter bezogen auf die konkrete Leistungs­ erbringung das Marktgeschehen beherrscht. Hier setzt die wirtschaftliche Betrachtungsweise an: Ob und inwieweit der Vermieter das Marktgeschehen beherrscht, bestimmt sich nicht allein anhand der zivilrechtlichen Ordnungsstrukturen, sondern nach Maßgabe der wirtschaftlichen Gegebenheiten. Wird also der Dritte auf Rechnung des Vermieters tätig, so kann dies die Beherrschung des Marktgeschehens insoweit indizieren, als dass vermutet werden darf, dass der Vermieter das Marktrisiko trägt und deshalb das Marktgeschehen beherrscht. Diese Indizwirkung kann allerdings im Einzelfall durch konkrete Anhaltspunkte widerlegt werden, die gegen eine Marktbeherrschung durch den Vermieter sprechen. Umgekehrt spricht nicht automatisch gegen die Zurechnung von Sonderleistungen, dass der Dritte in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig ist. Soweit im Einzelfall nachgewiesen werden kann, dass der Vermieter das Marktgeschehen dennoch beherrscht, sind die Sonderleistungen des Dritten ihm insoweit als eigene zuzurechnen. Die hier vertretene theoretische Grundlegung spiegelt sich inhaltlich auch in der Steuerrechtsprechung wider. So ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zu Treuhandverhältnissen nicht ausreichend, dass dem Treugeber das wirtschaftliche Ergebnis eines Vorganges zugutekommt.445 Zudem muss der Treugeber über den Handelnden das „Marktgeschehen beherrschen“, indem er dem Treuhänder Weisungen geben kann und dessen Handlungsbefugnis im Außenverhältnis bestimmt.446 Vergegenwärtigt man sich, dass die Markteinkommenstheorie der Konkretisierung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit dient,447 so ist diese Rechtsprechung nach hier vertretener StuW 1981, 1, 2. StuW 1981, 1, 2. 445  BFH, Urt. v. 12.07.2016 – IX R 21/15, BFH/NV 2016, 1695; Urt. v. 28.05.2020 – IV R 10/19, BFH/NV 2020, 1055. 446  BFH, Urt. v. 12.07.2016 – IX R 21/15, BFH/NV 2016, 1695; Urt. v. 28.05.2020 – IV R 10/19, BFH/NV 2020, 1055. 447  Desens, DStJG 37 (2014), 95, 122. Siehe auch bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. III. 1. 443  Beisse, 444  Beisse,



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 109

Auffassung als systemkonform und folgerichtig einzustufen, da es ertragsteuerlich nicht auf irgendeine Steigerung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ankommt.448 Für die Dogmatik der Zurechnung von Sonderleistungen bedeutet dieser Ansatz, dass die Zurechnung nicht allein durch die wirtschaftliche Verwertung der Sonderleistungserbringung bewirkt wird, sondern die Herrschaftsstellung des Vermieters im Innenverhältnis, also dessen Beherrschung des Marktgeschehens maßgeblich ist. Man kann also sagen: Die Selektion verschiedener Ursachen anhand der Markteinkommenstheorie sowie der aus ihr ableitbaren Wertungsgesichtspunkte sind nicht ein neben der wirtschaftlichen Betrachtungsweise stehender Maßstab, sondern dienen vielmehr gerade der sachgerechten Erfassung wirtschaftlicher Vorgänge im Ertragsteuerrecht. D. h. die Markteinkommenstheorie sowie die aus ihr folgenden Wertungsgesichtspunkte als Teil des zuvor entwickelten inneren Systems des Rechts und die wirtschaftliche Betrachtungsweise als vorwiegend teleologischer Maßstab sind nicht gegeneinander abzuwägen, sondern ergänzen sich nach hier vertretener Auffassung im Rahmen der Feststellung (ertrag)steuerrechtlicher Zurechnung von Drittverhalten gegenseitig.449 Der Eingangs dargestellte Sachverhalt in der „Einkaufscenter-Entscheidung“ des Bundesfinanzhofes eignet sich, um die hier entwickelten Grundsätze beispielhaft zu illustrieren.450 In dem zu entscheidenden Sachverhalt wurde die Verwaltung des Einkaufszentrums auf eine Verwaltungs-GmbH übertragen, die die hierzu erforderlichen Verträge in eigenem Namen und auf eigene Rechnung abschloss und die jeweiligen Zusatzleistungen teils selbst erbrachte, hingegen andere Zusatzleistungen (u. a. Werbeleistungen) durch weitere Auftragnehmer (eine Management-GmbH und eine Werbe-GbR) erbringen ließ, die ebenfalls in eigenem Namen und auf eigene Rechnung handelten. Nun spricht nicht bereits gegen eine Zurechnung der Zusatzleistung für die Einkünftequalifikation der Vermieterin (im streitbefangenen Zeitraum eine GmbH & Co. KG), dass die Dritten in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig geworden sind. Der Vermieterin hätten die Zusatzleistungen dennoch als eigene zugerechnet werden müssen, soweit diese das Marktgeschehen beherrscht hat. Zu dieser Feststellung wäre allerdings weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich gewesen. Denn die vertraglichen Klauseln, wonach die Verwaltungs-GmbH „unter bestmöglicher Wahrnehmung der Interessen der Vermieterin 448  Mössner, Typusbegriffe im Steuerrecht, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161, 174. Siehe auch bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 1. 449  In diese Richtung auch Beisse, StuW 1981, 1, 2: „Die teleologische Methode und mit ihr die wirtschaftliche Betrachtungsweise bedeuten zugleich ein Verfahren der Wertung.“ Im steuerrechtlichen Schrifttum wird die wirtschaftliche Betrachtungsweise daher zutreffend als teleologische und systematische Auslegungsmethode eingestuft, vgl. Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 196. 450  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. Vgl. Einleitung, Punkt A.

110 Hauptteil tätig wird“ oder Verwaltungs-GmbH und Vermieterin sich „im Rahmen des Möglichen abstimmen“, lassen nicht zweifelsfrei auf die Beherrschung des Marktgeschehens durch die Vermieterin schließen, sondern sprechen eher für ein weisungsunabhängiges Gleichordnungsverhältnis der Beteiligten „auf Augenhöhe“. Auch dass die Verwaltungs-GmbH einen Geschäftsbesorgungsvertrag hinsichtlich der Werbemaßnahmen abschließen musste und tatsächlich auch mit der Management-GmbH tat, lässt nicht automatisch auf die Beherrschung der tatsächlichen Umsetzung der Werbemaßnahmen durch die Vermieterin schließen. Vielmehr war es so, dass die Vermieterin an der zu diesem Zweck gegründeten Werbe-GbR nicht beteiligt war und – so das Vorbringen der Klägerseite im erstinstanzlichen Verfahren – in dieser ihren Willen überhaupt nicht habe durchsetzen können. Das FG Niedersachsen451 hat im erstinstanzlichen Verfahren lediglich festgestellt, dass „die Mieter hinsichtlich des ‚ob‘ ihrer Mitgliedschaft in der Werbe-GbR und hinsichtlich des ‚ob‘ der Zahlung von Werbebeiträgen nicht frei waren“. Das eine generelle Beitritts- und Beitragspflicht tatsächlich vorlag, erscheint jedoch für sich genommen schon fraglich, da nicht sämtliche Mieter der Werbe-GbR beitraten. Letztlich kommt es darauf aber auch nicht an. Für die Frage der Zurechnung der Werbeleistungen zur Vermieterin wäre entscheidend und daher aufzuklären gewesen, ob die Mieter hinsichtlich des „ob“ und des „wie“ der konkreten Leistungserbringung frei waren oder vielmehr insoweit die Vermieterin das Marktgeschehen beherrscht hat, etwa indem sie die Willensbildung in der Werbe-GbR wesentlich über die VerwaltungsGmbH bzw. Management-GmbH beeinflussen konnte.

c) Exkurs: Feststellung von Kausalität und Anscheinsbeweis Die Erfassung kausaler Zusammenhänge erfolgt retroperspektiv, weshalb Zweifel und Unklarheiten auf dem prozessualen Gebiet der Beweiswürdigung entstehen können.452 In der zuvor näher erörterten Entscheidung des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg ist die Aussage enthalten, „es entspreche der Lebenserfahrung, dass der Arbeitgeber seine Leistungen für den Arbeitgeber erbringe“.453 Lebenserfahrung und Verkehrsanschauung weisen insoweit eine inhaltliche Ähnlichkeit auf, als dass in beiden Fällen Folgerungen aus bestimmten, in der Realwelt vorgefundenen Anschauungen gezogen werden. Im Prozess der Rechtsanwendung ist aber die Verkehrsanschauung als gesetzlicher Wertungsgesichtspunkt auf Ebene des Tatbestandes zu verorten. Hingegen handelt es sich bei der Lebenserfahrung um einen Erfahrungssatz zur retroperspektiven Beurteilung typischer Geschehensabläufe (sog. Anscheinsbeweis) und damit um ein Hilfsmittel auf Ebene der Sachverhalts-

451  FG

Niedersachsen, Urt. v. 26.06.2013 – 7 K 10056/09, DStRE 2015, 266. Die Ordnungsfunktionen von Kausalität und Finalität im Recht, 1968, S. 76. 453  FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629, Rz. 24a. 452  Watermann,



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 111

ermittlung.454 Diese Prozesse lassen sich, wie zutreffend angemerkt wird, nicht immer trennscharf unterscheiden.455 Die Parallelen zwischen Rechtsanwendung und Sachverhaltsfeststellung werden besonders deutlich, wenn ein bestimmter Typus für die Begründung des Anscheinsbeweises herangezogen wird.456 Denn wie bereits festgestellt, ist der Typus in seiner maßgeblichen Funktion ein Zuordnungsmaßstab auf Ebene des Tatbestandes und deshalb gerade kein Instrument der Sachverhaltsermittlung. Die besondere Herausforderung an den Rechtsanwender, insbesondere an die Rechtsprechung, liegt darin, methodisch zutreffend, deutlich und nachvollziehbar darzustellen, auf welcher Ebene bestimmte Erfahrungssätze he­ rangezogen werden. Hierbei bietet sich an, am Begriff „Verkehrsanschauung“ festzuhalten, soweit es um normative Folgerungen auf Ebene der Tatbestandskonkretisierung geht. Der Begriff „Lebenserfahrung“ sollte als Element des Anscheinsbeweises der Ebene der Sachverhaltsfeststellung vorbehalten bleiben. Rechtsanwendung und Sachverhaltsfeststellung dürfen nicht miteinander vermengt werden.457 Daraus folgt: –– Die Verkehrsanschauung kann als untergeordneter Wertungsgesichtspunkt dazu dienen, unter verschiedenen Ursachen die „wesentliche“ herauszuarbeiten und damit dem „Verursacher der Leistungserbringung“ eine bestimmte Handlung zuzurechnen. Maßgeblich sind aber die systemtragenden Rechtsprinzipien und leitenden Wertungsgesichtspunkte sowie eine am Gesetzeszweck orientierte Auslegung. Die Selektion verschiedener Ursachen und die Zurechnung von Drittverhalten hat sich also in erster Linie danach zu richten, wer (wirtschaftlich gesehen) über die Erbringung zusätzlicher Marktleistung entscheidet, indem er das Marktgeschehen beherrscht. Diese Feststellung kann die Verkehrsanschauung nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen bzw. absichern. –– Die Lebenserfahrung ist ein Erfahrungssatz, der den Anscheinsbeweis tragen soll, und insoweit ein Instrument auf Ebene der Sachverhaltsfeststellung. Hiermit lassen sich retroperspektiv verschiedene, kausale Ursachen, bspw. für die Erbringung einer Marktleistung, feststellen. Veranlas454  Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 159; Ansätze bereits bei Jüptner, Leistungsfähigkeit und Veranlassung, 1989, S. 177. 455  Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 33, S. 84 ff. 456  Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S.  464: „Der Durchschnitts- oder Häufigkeitstypus spielt ferner eine große Rolle bei dem sogenannten Prima-facie-Beweis.“ 457  Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 307 ff.; Anzinger, Anscheinsbeweis und tatsächliche Vermutung im Ertragsteuerrecht, 2006, S. 159.

112 Hauptteil

sung im Sinne des Veranlassungsprinzips bedeutet aber immerzu auch wertende Selektion mannigfacher Ursachen im logisch-kausalen Sinne. Dies lässt sich nicht anhand der Lebenserfahrung als Element der Sachverhaltsfeststellung lösen. Die Entscheidung des Finanzgerichtes BerlinBrandenburg458 mag zwar im Ergebnis zutreffend sein, leidet aber in der Begründung insoweit an Defiziten, als – womöglich ungewollt – der Anschein entsteht, dass die Selektion verschiedener Ursachen nach Maßgabe der Lebenserfahrung erfolgt. 3. Zwischenfazit Eingangs ist die Frage aufgeworfen worden, ob das Veranlassungsprinzip auch die Frage der Zurechnung von Sonderleistungen Dritter auf Ebene des Erwerbstatbestandes lösen kann. Die Natur des Veranlassungsprinzips gestattet es, diese Frage zu beantworten. Denn hinter dem Veranlassungsprinzip verbirgt sich eine allgemeine Kausalitätstheorie zur Lösung von Zurechnungsfragen.459 Eine einkommensteuerrechtliche Kausalitäts- bzw. Zurechnungsprüfung im Sinne des Veranlassungsprinzips ist folglich nicht nur allein für die Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben vorzunehmen.460 Die Zurechnung von Sonderleistungen Dritter nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips setzt voraus, dass der Vermieter eine logisch-naturwissenschaftliche Ursache für die Leistungserbringung gesetzt hat. Der Vermieter muss also eine Bedingung gesetzt haben, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die (Sonder-)Leistungserbringung entfiele. Weil sich jedoch anhand dieser Methode mannigfache Ursachen für die Leistungserbringung feststellen lassen, muss das Problem der Ursachenkonkurrenz auf zweiter Stufe durch den Rechtsanwender gelöst werden, um den juristisch relevanten Kausalverlauf, d. h. die wesentliche Ursache für die Leistungserbringung festzumachen. Hierzu ist eine systematische Selektion der Ursachen nach Maßgabe der relevanten Rechtsprinzipien und Wertungsgesichtspunkte der Rechtsordnung vorzunehmen. Ergänzend lässt sich der juristisch relevante Kausalverlauf anhand des Zweckes der entscheidungserheblichen Rechtsnorm festmachen, wobei im (Ertrag-)Steuerrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise heranzuziehen ist.461 458  FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.07.2020 – 8 K 8320/17, EFG 2020, 1629, Rz. 24a. 459  So auch Söhn, DStJG 3 (1980), 13, 70. 460  Explizit Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 283. 461  Generell zur Maßgeblichkeit des Normzwecks: Vogel, Die Auslegung privatrechtlich geprägter Begriffe im Ertragsteuerrecht, 2015, S. 197. Der Normzweck bezeichnet den Zweck der einzelnen Norm und ist spezifischer als der Gesetzeszweck,



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 113

Die vorstehend erörterte systematische und teleologische Selektion verschiedener Ursachen stößt indessen dann auf Grenzen, wenn andere Rechtsprinzipien und Wertungen der Steuerrechtsordnung im konkreten Fall Vorrang genießen. Das ist auch der Grund, weshalb keine abschließende und umfassende Definition des Veranlassungsprinzips möglich ist, also keine uneingeschränkt gültigen Aussagen über sachliche Zurechnungsgrundsätze getroffen werden können. Vielmehr muss der Rechtsanwender immerzu mit den verschiedenen Wertungen und Rechtsprinzipien arbeiten, die im jeweiligen Einzelfall Relevanz besitzen. Der Normzweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG, die Markteinkommenstheorie, der Gedanke der gesteigerten Intensität der Marktteilnahme sowie die Verkehrsanschauung sind somit ein Maßstab der Selektion verschiedener Ursachen. Gleichwohl schließt dies nicht aus, dass andere Wertungen und Prinzipien der Steuerrechtsordnung einer solchen Selektion im Einzelfall entgegenstehen.

III. Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen Die bis hierhin erfolgte Untersuchung hat gezeigt, dass die Erbringung von Sonderleistungen durch den Vermieter von Immobilien dazu führen kann, dass keine vermögensverwaltende, sondern eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt.462 Eine einheitliche Tätigkeit in vorstehendem Sinne kann also zu gewerblichen Einkünften führen und den Verlust der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen zur Folge haben.463 Insoweit sind nicht nur Sonderleistungen relevant, die der Vermieter durch eigenes Handeln bewirkt, sondern auch solche, die ein Dritter für den Vermieter erbringt.464 Als einfachste Lösung, um die Gefahr der Umqualifizierung einer an sich vermögensverwaltenden Tätigkeit in eine gewerbliche bereits im Grunde zu eliminieren, erscheint es, die Tätigkeit ausschließlich auf die Gebrauchsüberlassung des Mietobjektes zu beschränken. Diese Vorgehensweise vermeidet von vornherein die Abgrenzungsfrage zwischen schädlichen Sonderleistungen und unschädlichen Nebenleistungen sowie die ggf. vorhandene Zurechnungsproblematik. Auf die Erbringung von Zusatzleistungen neben der Vermietung gänzlich zu verzichten, kommt jedoch in Anbetracht der technischen

welcher für den Zweck eines Gesetzes als Ganzes steht, vgl. Höhn, Zweck(e) des Steuerrechts und Auslegung, in: Festschrift für Klaus Tipke zum 70. Geburtstag, 1995, S. 213, 221 ff. 462  Siehe Erster Hauptteil, Punkt A. II. 463  Siehe Zweiter Hauptteil, Punkt B. III. 3. 464  Siehe Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 3.

114 Hauptteil

Anforderungen moderner Immobilien sowie der realen Marktgegebenheiten nur in seltenen Fällen in Betracht.465 Vor diesem Hintergrund haben sich in der Rechtspraxis Gestaltungen etabliert, die im Nachfolgenden – zusammen mit den ihnen zugrunde liegenden Grenzen – vorgestellt werden sollen. Die Frage lautet insbesondere: Wie verhalten sich derartige Konstruktionen zu den zuvor entwickelten Zurechnungsgrundsätzen? 1. Auslagerung gewerblicher Aktivitäten und eigenständige Sonderleistungserbringung durch ein Serviceunternehmen Eine besonders praktikable und rechtssichere Gestaltungsmöglichkeit ist die Ausgliederung der Zusatzleistungen466 auf ein eigenständiges Serviceunternehmen.467 Die Ausgliederung sichert eine strikte Trennung zwischen vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit.468 Das Serviceunternehmen kann ein externer Dienstleister oder ggf. auch eine Schwestergesellschaft469 des Vermietungsunternehmens sein.470 Die Zusatzleistungen werden dann nicht mehr vom Vermieter, sondern von dem Serviceunternehmen erbracht, welches die entsprechenden (Service-)Verträge mit den Mietern abschließt.471 Der Vermieter tritt insoweit lediglich als echter Stellvertreter im zivilrechtlichen Sinne auf und führt die Vertragsbeziehung zwischen dem Serviceunternehmen und dem Mieter herbei.472 Mitunter ist im steuerrechtlichen Schrifttum zu Ausgliederungsmodellen die Formulierung „Ausgliederung trennbarer gewerblicher Tätigkeiten“ wie465  So schon Geerling, NZM 1998, 800. Infolge der zunehmenden Komplexität technischer Anforderungen moderner Immobilien sowie damit einhergehend auch der realen Marktgegebenheiten gilt diese Aussage auch weiterhin. 466  Vorteilhaft kann es sein, zumindest in Zweifels- bzw. Grenzfällen, nicht nur Sonderleistungen, sondern auch Nebenleistungen auszugliedern, da somit das Risiko eines Steuerstreites deutlich verringert wird. 467  Geerling, NZM 1998, 800, 801; Heß, NWB 2015, 528, 533 f.; Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1.  Aufl. 2019, §  9 Rz. 47. 468  Seer/Drüen, BB 2000, 2176, 2182. 469  Von Strukturen, in denen das Serviceunternehmen Tochtergesellschaft und das Vermietungsunternehmen Muttergesellschaft ist, ist abzuraten, siehe dazu sogleich, Dritter Hauptteil, Punkt C. III. 3. a). 470  Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 47, 48. 471  Geerling, NZM 1998, 800, 801; Heß, NWB 2015, 528, 534. 472  Heß, NWB 2015, 528, 534.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 115

derzufinden.473 Das liest sich augenscheinlich so, als sei die Trennbarkeit der Zusatzleistungen Voraussetzung für die Möglichkeit, jene auf einen anderen Rechtsträger auszugliedern.474 Nach hier vertretener Auffassung ist dies aber nicht der Fall. Vielmehr dient andersherum die Ausgliederung gerade dazu, die Trennbarkeit zwischen Zusatzleistungen und Vermietungsleistung herbeizuführen, da infolge der Ausgliederung der Vermieter keinen einheitlichen Erfolg mehr schuldet und somit keine untrennbare Verflechtung zwischen beiden Vorgängen vorliegt.475 Nach dem bereits Gesagten können in diesem Gestaltungsmodell die Zusatzleistungen des Dritten dem Vermieter nicht als eigene zugerechnet werden, da das Serviceunternehmen das Marktgeschehen beherrscht, jedoch unter keinen Umständen der Vermieter als regulär in Erscheinung tretender Stellvertreter.476 Der (offene) Stellvertreter handelt nicht nur zivilrechtlich, sondern auch wirtschaftlich betrachtet für den Stellvertretenen.477 Die Konstruktion mit mehreren Vertragspartnern kann allerdings auf Ablehnung stoßen, wenn der Mieter einen „Service aus einer Hand“ wünscht und nicht mehrere Verträge mit unterschiedlichen Vertragspartnern abschließen möchte.478 Zudem kann in Fällen, in denen eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit nachträglich aufgespalten wird und der Vermieter anschließend eine vermögensverwaltende Tätigkeit unternimmt (bspw. vermögensverwaltende Personengesellschaft), die Gefahr der Aufdeckung stiller Reserven dem Ausgliederungsvorgang im Einzelfall – wirtschaftlich gesehen – Grenzen setzen. 2. „Service aus einer Hand“ Für den Fall, dass vom Mieter ein Service aus einer Hand gewünscht wird, haben sich in der Praxis unter den Bezeichnungen „einfaches“ und „umgekehrtes“ Treuhandmodell sowie „Weitervermietungsmodell“ drei Konstruk­ tionen etabliert. Derartige Gestaltungen beruhen auf dem Grundsatz, dass eine juristische Person mit ihrer eigenen unternehmerischen Substanz Leistungen am Markt erbringen kann und jene Leistungen ihr selbst zugerechnet

473  So

zu lesen in Seer/Drüen, BB 2000, 2176, 2178. Seer/Drüen (a. a. O.) der Formulierung diesen Bedeutungsgehalt beimessen wollten, ist indessen unklar. Es könnte auch lediglich gemeint sein, dass der Untersuchungsgegenstand des Beitrages auf diese Konstellation beschränkt ist. 475  Zu den Voraussetzungen der Einheitlichkeit und Trennbarkeit mehrerer Leistungen vgl. bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. I. 2. 476  Siehe bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. b) aa). 477  Vgl. BFH, Urt. v. 28.05.2020 – IV R 10/18, BFH/NV 2020, 1055. 478  Heß, NWB 2015, 528, 534. 474  Ob

116 Hauptteil

werden können.479 Nur soweit wirtschaftlich betrachtet die Leistungserbringung oder Gebrauchsüberlassung einem anderen Rechtsträger zugutekommt und dieser das Marktgeschehen beherrscht, ist insoweit die Veranlassung der Leistungserbringung durch den anderen Rechtsträger anzunehmen.480 a) Treuhandmodelle Beim „einfachen“ Treuhandmodell erfolgt sowohl die Gebrauchsüberlassung als auch die Erbringung von Zusatzleistungen durch die Servicegesellschaft.481 Vertragspartner der Mieter ist allein die Servicegesellschaft, welche in eigenem Namen gegenüber den Mietern auftritt, aber bezogen auf die Gebrauchsüberlassung treuhänderisch auf Rechnung der Vermietungsgesellschaft handelt.482 Da die Servicegesellschaft hinsichtlich der Zusatzleistungen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung handelt, also ohne Einwirkung der Vermietungsgesellschaft das Marktgeschehen eigenständig beherrscht, können der Vermietungsgesellschaft die Zusatzleistungen nicht zugerechnet werden.483 Eine Zurechnung erfolgt lediglich hinsichtlich der Gebrauchsüberlassung, da nur insoweit auf Rechnung und Gefahr der Vermietungsgesellschaft gehandelt wird. Das Treuhandverhältnis muss nicht gegenüber den Mietern offengelegt werden.484 Beim „umgekehrten Treuhandmodell“ schließt allein die Vermietungsgesellschaft in eigenem Namen einen Vertrag mit den Mietern und handelt bezogen auf die Zusatzleistungen treuhänderisch auf Rechnung und Gefahr der Servicegesellschaft.485 Auch das umgekehrte Treuhandverhältnis muss nicht gegenüber den Mietern offengelegt werden.486 Im Falle der Umsetzung eines umgekehrten Treuhandmodelles muss allerdings sichergestellt werden, dass die Vermietungsgesellschaft keine schädlichen Einkünfte aus der Tätigkeit

479  Zu diesem Grundsatz Fischer, Überlegungen zum sog. Durchgriff im Zivilund Steuerrecht, in: Festschrift für Arndt Raupach zum 70. Geburtstag, 2006, S. 339, 356. 480  Siehe bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. b) aa). 481  Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 48. 482  Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 48. 483  Zur theoretischen Grundlegung bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. b) ff. 484  Heyes/Hannweber, GmbH-StB 2021, 122, 126 f. m. w. N. 485  Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 48. 486  Heyes/Hannweber, GmbH-StB 2021, 122, 126 f. m. w. N.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 117

als Treuhänderin erzielt; die Treuhandtätigkeit sollte deshalb unentgeltlich erfolgen.487 Da die Vermietungsgesellschaft hinsichtlich der Zusatzleistungen – wirtschaftlich betrachtet – für die Servicegesellschaft handelt, setzt sie nicht die juristisch relevante Ursache für die Leistungserbringung, weshalb ihr die Zusatzleistungen nicht zugerechnet werden können.488 Zu beachten ist aber, dass die Servicegesellschaft im Innenverhältnis eine beherrschende Stellung einnehmen muss, also der Vermietungsgesellschaft Weisungen erteilen darf sowie deren Handlungsbefugnis am Marktgeschehen bestimmt, da anderenfalls ein zivilrechtlich wirksames Treuhandverhältnis (ertrag)steuerlich nicht anzuerkennen ist.489 Wird das Treuhandverhältnis steuerlich nicht anerkannt, bspw. weil ein Fall der sog. „eigennützigen Treuhand“ vorliegt,490 so ist die Erbringung der Zusatzleistungen nicht der Servicegesellschaft zuzurechnen, samt der damit verbundenen Konsequenzen für die ertragsteuerliche Beurteilung der Tätigkeit der Vermietungsgesellschaft. b) Weitervermietungsmodell Außerdem zulässig ist ein sog. „Weitervermietungsmodell“, in dem die Servicegesellschaft in einem ersten Schritt das Mietobjekt von der Vermietungsgesellschaft gegen Entgelt anmietet und in einem zweiten Schritt an die Mieter inkl. Zusatzleistungen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung weitervermietet.491 Von daher gesehen mag die Vermietungsgesellschaft zwar eine kausale Ursache für die Erbringung etwaiger Sonderleistungen am Markt herbeiführen, da die Weitervermietung inkl. Zusatzleistungen durch die Service- bzw. Betreibergesellschaft nicht ohne die Zwischenvermietung denkbar ist. Die Servicegesellschaft, die mit ihrer eigenen unternehmerischen Substanz – ohne Weisungen der Vermietungsgesellschaft – Leistungen auf eigene Rechnung und Gefahr erbringt, beherrscht aber insoweit das ihr zurechenbare Marktgeschehen und setzt deshalb – auch wirtschaftlich betrachtet – die juristisch relevante Ursache für die Sonderleistungserbringung in 487  Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 48; Heyes/Hannweber, GmbH-StB 2021, 122, 129. 488  Siehe bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. b) bb). 489  Siehe bereits Dritter Hauptteil, Punkt C. II. 2. b) bb). So im Übrigen auch Heyes/Hannweber, GmbH-StB 2021, 122, 127 ff. 490  Zur „eigennützigen Treuhand“ vgl. BFH, Urt. v. 28.05.2020 – IV R 10/18, BFH/NV 2020, 1055. 491  Siehe zu einem solchen Modell BFH, Urt. v. 28.05.2020 – IV R 10/18, BFH/ NV 2020, 1055; FG Hamburg, Urt. v. 10.07.2014 – 6 K 125/13, BeckRS 2014, 95867.

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Gang. Plastisch gesprochen: Die eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit der Servicegesellschaft setzt eine Zäsur und durchbricht einen etwaigen Zurechnungszusammenhang zur Vermietungsgesellschaft.492 Somit bleibt die Vermietungsgesellschaft auch beim Weitervermietungsmodell im Rahmen privater Vermögensverwaltung tätig, da ihr die gewerbliche Tätigkeit bzw. die Zusatzleistungen der Servicegesellschaft nicht ohne Weiteres zugerechnet werden können.493 3. Zulässige Gestaltungsmittel oder unzulässiger Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO? Die vorstehenden Konstruktionen zur Vermeidung einer gewerblichen Tätigkeit des Vermieters bzw. des Vermietungsunternehmens könnten einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO darstellen. Ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 Abs. 2 AO liegt vor, wenn eine unangemessene Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Sofern die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 AO erfüllt sind, könnten dem Vermieter bzw. der Vermietungsgesellschaft die gewerblichen Leistungen der Servicegesellschaft zugerechnet werden und deshalb eine gewerbliche Tätigkeit begründen.494 Ob die Gestaltung angemessen oder unangemessen ist, hängt von dem Inhalt und dem Zweck sowie den Wertungen der entscheidungserheblichen Steuerrechtsnorm ab.495 Hinsichtlich der Abfärberegelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG ist anerkannt, dass die Trennung gewerblicher und nichtgewerblicher Tätigkeiten aus verfassungsrechtlichen Gründen keinen unzulässigen Gestaltungmissbrauch im Sinne von § 42 AO begründet.496 Der 492  So im Ergebnis auch das FG Hamburg, Urt. v. 10.07.2014 – 6 K 125/13, BeckRS 2014, 95867. 493  BFH, Urt. v. 28.05.2020 – IV R 10/18, BFH/NV 2020, 1055. 494  Zur Funktion des § 42 AO als Zurechnungsinstrument vgl. BFH, Urt. v. 17.03.2010 – IV R 25/08, BStBl. II 2010, 622 Rz. 46 d). Grds. zur Steuerrechtsprechung im Lichte des § 42 AO Hüttemann, DStR 2015, 1146. 495  Seer/Drüen, BB 2000, 2176, 2178; Ratschow, in: Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 42 Rz. 61. 496  Seer/Drüen, BB 2000, 2176, 2180. Auch die Finanzverwaltung billigt derartige Sachverhaltsgestaltungen zur Vermeidung der Abfärbewirkung, vgl. BMF, Schrb. v. 14.05.1997 – BMF IV B 4-S 2246-23/97, BStBl. I 1997, 566. Siehe aus jüngerer Zeit auch FG München, Urt. v. 26.06.2018 – 2 K 2245/16, BeckRS 2018, 47561 (Revision beim BFH anhängig unter dem Aktenzeichen IV R 42/19) für den Fall einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, die eine originär gewerbliche Tätigkeit (Photovoltaik) auf eine andere Personengesellschaft ausgliedern wollte.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 119

Bundesfinanzhof versucht die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift auch damit zu begründen (bzw. zu retten), dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit habe, gewerb­liche Tätigkeiten auszugliedern und auf diese Weise die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG zu vermeiden.497 Die steuerrechtliche Anerkennung der Ausgliederung bzw. Trennung gewerblicher von nichtgewerb­lichen Tätigkeiten ist danach ein Mittel der geltungserhaltenden Reduktion.498 Eine inhaltliche Vergleichbarkeit zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG weist wegen des Ausschließlichkeitsgebots499 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf. Auch insoweit begründet der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift damit, dass der Steuerpflichtige „die Steuerbefreiung durch alternative Sachverhaltsgestaltungen“ sicherstellen kann.500 Deshalb stellen nach hier vertretener Auffassung die zuvor thematisierten Gestaltungskonstruktionen – ebenso wie im Rahmen von § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG – jeweils Mittel der geltungserhaltenden Reduktion dar und keinen unzulässigen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO. In sämtlichen der zuvor vorgestellten Modelle werden gewerbliche und nichtgewerbliche Tätigkeiten voneinander getrennt und verschiedenen Rechtsträgern deutlich zugeordnet, sodass es überdies auch nicht der Anwendung des § 42 AO zum Schutz des Steueraufkommens bedarf.501 4. Die Betriebsaufspaltung als Fallstrick und methodologische Herausforderung Vom steuerrechtlichen Schrifttum wird darauf hingewiesen, dass bei der Umsetzung der vorstehenden Konstruktionen zwingend darauf zu achten sei, dass keine Betriebsaufspaltung zwischen der Vermietungsgesellschaft und dem Serviceunternehmen entsteht.502 Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung503 findet sich genau so wenig wie der Sonderleistungsbegriff im positi497  Statt

vieler BFH, Urt. v. 19.02.1998 – I V R 11/97, BStBl. II 1998, 603. BB 2000, 2176, 2178. 499  Näher zum Ausschließlichkeitsgrundsatz des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, 2013, S. 58 ff. 500  BFH, Urt. v. 11.09.2019 – III R 5/18, BFH/NV 2019, 1248, BeckRS 2019, 20006, Rz. 28. 501  So die zutreffende Anmerkung von Seer/Drüen, BB 2000, 2176, 2180. 502  Geerling, NZM 1998, 800, 801; Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 48; Heyes/Hannweber, GmbHStB 2021, 122, 129. 503  Näher zur Einordnung der Betriebsaufspaltung als Rechtsinstitut Beisse, Die Betriebsaufspaltung als Rechtsinstitut, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 498  Seer/Drüen,

120 Hauptteil

ven Gesetzeswortlaut des § 15 EStG wieder und wird mitunter auch deshalb als „methodologischer Irrgarten“ bezeichnet.504 Die nachfolgenden Ausführungen können in Anbetracht des Untersuchungsgegenstandes nicht die methodologischen Grundlagen der Betriebsaufspaltung umfassend darstellen, sondern sich lediglich darauf beschränken, das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung wesensartig zu beschreiben und nach Maßgabe der bereits erörterten Zurechnungsgrundsätze und Wertungsgesichtspunkte rechtlich einzuordnen. Im Steuerrecht wird grundsätzlich zwischen einer „echten“ und einer „unechten“ Betriebsaufspaltung unterschieden. Bei der „echten“ Betriebsaufspaltung wird ein gewerbliches Unternehmen nachträglich in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen aufgespalten.505 Die „unechte“ Betriebsaufspaltung meint dagegen den Fall, dass dieser Aufspaltungsvorgang nicht nachträglich umgesetzt wird, sondern formal von vornherein zwei getrennte Unternehmen mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Tätigkeiten vorliegen.506 Sowohl im Fall der unechten als auch bei der echten Betriebsaufspaltung nimmt die Besitzgesellschaft über die Betriebsgesellschaft am allgemeinen Wirtschaftsverkehr „nach außen“ teil.507 Die Betriebsgesellschaft hat in der Regel die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft.508 Je nach Rechtsform des Besitzunternehmens (bspw. Einzelunternehmen, Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft) lassen sich mannig­ fache Formen der Betriebsaufspaltung festmachen, die zahlreiche Hand­ 65. Geburtstag, 1993, S. 455 ff.; zustimmend Neumer, Die Besitzgesellschaft im natio­nalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S. 97. 504  Crezelius, Die Betriebsaufspaltung – ein methodologischer Irrgarten, in: Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, 2011, S. 45. 505  Donath, Die Betriebsaufspaltung, 1991, S. 6; Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, 1999, S. 46; Crezelius, Die Betriebsaufspaltung – ein methodologischer Irrgarten, in: Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, 2011, S. 45. 506  Donath, Die Betriebsaufspaltung, 1991, S. 7; Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, 1999, S. 46; Crezelius, Die Betriebsaufspaltung – ein methodologischer Irrgarten, in: Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, 2011, S. 45. 507  Ebeling, Keine Betriebsaufspaltung bei Pachtverträgen zwischen Kapitalgesellschaften, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 471, 474; Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 126: „Das Betriebsunternehmen stellt quasi den verlängerten Arm der Besitzunternehmung dar.“ 508  Becker/Günkel, Betriebsaufspaltung über die Grenze, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 483, 484; Crezelius, Die Betriebsaufspaltung – ein methodologischer Irrgarten, in: Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, 2011, S. 45, 50.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 121

bücher füllen.509 Sämtliche Formen der Betriebsaufspaltung haben dieselben Voraussetzungen und führen zu denselben Rechtsfolgen:510 –– Voraussetzung der Betriebsaufspaltung ist eine personelle und sachliche Verflechtung zwischen dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen.511 Zudem muss das Betriebsunternehmen einen Gewerbebetrieb unterhalten, sei es kraft Rechtsform (bspw. § 8 Abs. 2 KStG) oder kraft Tätigkeit.512 –– Die personelle und sachliche Verflechtung zwischen dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen führt dazu, dass das Besitzunternehmen nicht mehr vermögensverwaltend, sondern gewerblich tätig ist.513 Das Besitzunternehmen übt somit kraft Tätigkeit einen Gewerbebetrieb aus und darf deshalb nicht die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen in Anspruch nehmen.514 Von der Rechtsfolge her gesehen erweist sich die Betriebsaufspaltung als Fallstrick in Ausgliederungssachverhalten, weshalb den Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung (personelle und sachliche Verflechtung) zusammen mit besonders relevanten Zurechnungsproblemen zum Abschluss eine nähere Betrachtung gebührt. a) Personelle Verflechtung Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung fand auch in der eingangs erörterten „Einkaufscenter-Entscheidung“ des Bundesfinanzhofes (kurze) Beachtung.515 Mangels personeller Verflechtung zwischen Vermietungs- und Servicegesellschaft waren die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung dort jedoch nicht erfüllt, sodass auch unter diesem Aspekt kein Gewerbebetrieb der Vermieterin (im streitbefangenen Zeitraum eine GmbH & Co. KG) begründet

Die Betriebsaufspaltung, 1991, S. 7. Die Betriebsaufspaltung, 1991, S. 7. 511  Crezelius, Die Betriebsaufspaltung – ein methodologischer Irrgarten, in: Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, 2011, S. 45, 46. Dazu näher sogleich. 512  BFH, Vorlagebeschl. v. 12.05.2004 – X R 59/00, BStBl. II 2004, 607; Urt. v. 22.06.2016 – X R 54/14, BStBl. II 2017, 529. 513  Becker/Günkel, Betriebsaufspaltung über die Grenze, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 483; Crezelius, Die Betriebsaufspaltung – ein methodologischer Irrgarten, in: Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag, 2011, S. 45, 46. 514  BFH, Beschl. v. 24.01.2012 – I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176; Herbst/Bohn, GmbHR 2012, 698, 699. Zur Auslegung der Vorschrift bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. III. 3. a). 515  Siehe Einleitung, Punkt B. I. 509  Donath, 510  Donath,

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wurde. Von daher gesehen erscheint es geboten, sich das Merkmal der personellen Verflechtung etwas näher anzuschauen. Eine personelle Verflechtung zwischen dem Besitz- und dem Betriebsunternehmen ist regelmäßig gegeben, wenn eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen „einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen“ durchzusetzen.516 Dies ist in zwei Formen denkbar: als Beteiligungsidentität und als Beherrschungsidentität.517 Letzteres kann allerdings im Einzelfall durch den Nachweis eines konkreten Interessenkonfliktes widerlegt werden.518 Das Kriterium des einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillens der hinter Besitz- und Betriebsunternehmen stehenden Personen ist vom Bundesfinanzhof insbesondere für den Fall entwickelt worden, dass das Besitzunternehmen die Rechtsform einer Personengesellschaft hat.519 Es lässt sich in dieser Form nicht auf Sachverhalte anwenden, in denen sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft haben (sog. kapitalistische Betriebsaufspaltung).520 Denn einer Besitzkapitalgesellschaft können weder die von ihren Gesellschaftern gehaltenen Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft noch die mit diesem Anteilsbesitz verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden, da es sich (zivilrechtlich) um verschiedene Rechtsträger handelt und das Steuerrecht eine strenge Trennung zwischen der Sphäre der Kapitalgesellschaft und der Sphäre der Gesellschafter vornimmt.521 Um eine kapitalistische Betriebsauf516  BFH, Urt. v. 16.05.2013 – IV R 54/11, BFH/NV 2013, 1557 m. w. N.; Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. 517  BFH, Urt. v. 28.05.2020 – IV R 4/17, BStBl. II 2020, 710. Aus dem Schrifttum: Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 134 ff.; Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, 1999, S. 85. 518  BFH, Beschl. v. 07.01.2008 – IV B 24/07, BFH/NV 2008, 784. 519  Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, 157. EL Mai 2021, §  15 EStG Rz. 601. 520  Unter einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung versteht man die Aufspaltung eines Unternehmens in eine Besitzkapitalgesellschaft und in eine Betriebskapitalgesellschaft, vgl. Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 126. Die Besitzkapitalgesellschaft darf auch im Falle einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen aus § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Anspruch nehmen, vgl. BFH, Beschl. v. 24.01.2012 – I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176. 521  BFH, Urt. v. 01.08.1979 – I R 111/78, BStBl. II 1980, 77; Urt. v. 22.6.2016 – X R 54/14, BStBl. II 2017, 529. Zum Trennungsprinzip Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 124.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 123

spaltung zu begründen, muss daher in der Regel die Besitzkapitalgesellschaft zu mehr als 50 %, also mehrheitlich an dem Betriebsunternehmen beteiligt sein.522 Die personelle Verflechtung zwischen einer Besitzkapitalgesellschaft und einer Betriebskapitalgesellschaft darf dagegen nicht damit begründet werden, dass an beiden (Schwestergesellschaften) dieselben Gesellschafter mehrheitlich beteiligt sind, da dies einen Durchgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Personen bedeuten würde.523 Ein Durchgriff in diesem Sinne bedeutet aber immer die Aufgabe des Trennungsprinzips und ist deshalb im Steuerrecht nur unter engen Voraussetzungen zulässig.524 Das Gesetz muss eine Durchgriffsmöglichkeit explizit anordnen, oder aber die Durchgriffsmöglichkeit muss sich durch Normauslegung ergeben.525 Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen aus § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG eröffnet keine Durchgriffsmöglichkeit,526 weshalb in der Praxis Konstruktionen mit Schwesterkapitalgesellschaften (Vermietungskapitalgesellschaft und Servicekapitalgesellschaft) in besonderem Maße empfohlen werden,527 wenn die Ausgliederung schädlicher Sonderleistungen umgesetzt werden soll. Trotz des insoweit geltenden Durchgriffsverbots kann bei Konstruktionen mit zwei Schwesterkapitalgesellschaften dennoch eine personelle Verflechtung zwischen der Besitz- und der Betriebskaptalgesellschaft begründet werden, wenn die Gesellschaftsanteile sowie die damit verbundene Beherrschungsfunktion nicht dem bzw. den Gesellschaftern zugeordnet werden können, sondern wirtschaftlich betrachtet der Besitzgesellschaft nach § 39 AO zuzurechnen sind.528 Damit also keine personelle Verflechtung zwischen den Schwesterkapitalgesellschaften entsteht, muss die Beherrschungsfunktion 522  BFH, Urt. v. 22.10.1986 – I R 180/82, BStBl. II 1987, 117; Neumer, Die Besitzgesellschaft im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S. 157. 523  BFH, Urt. v. 01.08.1979 – I R 111/78, BStBl. II 1980, 77; Urt. v. 22.6.2016 – X R 54/14, BStBl. II 2017, 529. Ein Durchgriff liegt grundsätzlich immer dann vor, wenn Rechtsfolgen für die juristische Person aus Tatbeständen im Kreis ihrer Mitglieder abgeleitet werden, vgl. Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 192. 524  Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S.194 f. 525  Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 91 ff., 109 ff. 526  BFH, Urt. v. 01.08.1979 – I R 111/78, BStBl. II 1980, 77. 527  Ebeling, Keine Betriebsaufspaltung bei Pachtverträgen zwischen Kapitalgesellschaften, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 471, 477; Winkler, Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen, 2013, S.  137 f.; Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 49. 528  BFH, Urt. v. 01.08.1979 – I R 111/78, BStBl. II 1980, 77; Ebeling, Keine Betriebsaufspaltung bei Pachtverträgen zwischen Kapitalgesellschaften, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 471, 476.

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an der Betriebskapitalgesellschaft (Servicegesellschaft) bei den auch hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Gesellschaftern verbleiben und darf dieser nicht explizit (d. h. vertraglich) oder implizit (bspw. wesentliche faktische Einflussnahme der Besitzkapitalgesellschaft auf die Geschäftsführung der Betriebskapitalgesellschaft) übertragen werden.529 Dass eine Betriebsaufspaltung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften bereits aufgrund einer faktischen Beherrschung des Betriebsunternehmens durch das Besitzunternehmen entstehen kann,530 ist nicht ganz unumstritten. Mitunter wird vertreten, dass „das Trennungsprinzip und das Durchgriffsverbot einer fiktiven Transparenz und einer Zurechnung“ entgegenstünden. „Allein die Beherrschungsmöglichkeit könne keine Durchbrechung erkennbarer gesetzlicher Grundentscheidungen rechtfertigen.“531 Dem ist aber nach hier vertretener Auffassung nicht zuzustimmen. Übt die Besitzkapitalgesellschaft eine faktische Beherrschung gegenüber der Betriebskapitalgesellschaft aus, so werden keine normativen Folgen aus dem Kreis der Gesellschafter gezogen,532 sondern allein aus der Sphäre der Besitzkapitalgesellschaft heraus, sodass kein Durchgriff auf die dahinterstehenden Gesellschafter vorliegt, mithin auch keine Verletzung des Trennungsprinzips. Zudem folgt, wie zuvor angemerkt, nicht aus dem Vorliegen eines Durchgriffs automatisch auch dessen steuerrechtliche Unzulässigkeit. Eine steuergesetzliche Grundlage, die aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung die Abkehr von der zivilrecht­ lichen Zuordnung gestattet, ist in § 39 Abs. 2 AO enthalten, dessen Regelungsgehalt auch die Zurechnung von Gesellschaftsanteilen an Kapitalgesellschaften umfasst.533 Hiernach richtet sich Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall, so 529  BFH, Urt. v. 01.08.1979 – I R 111/78, BStBl. II 1980, 77; Ebeling, Keine Betriebsaufspaltung bei Pachtverträgen zwischen Kapitalgesellschaften, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 471, 476; Neumer, Die Besitzgesellschaft im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S. 282, 285; Sanna, DStR 2012, 1989, 1992. 530  Zur „faktischen Beherrschung“ der Betriebsgesellschaft, wenn auch nicht für den Fall einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung, BFH, Urt. v. 01.12.1989 – III R 94/87, BStBl. II 1990, 500; Urt. v. 29.01.1997 – XI R 23/96, BStBl. II 1997, 437. Siehe auch OFD Frankfurt a. M. v. 10.05.2012, S 2240A – 28 – St 219, BeckVerw 262070, Rz. 2.2.6. Der Begriff „faktische Beherrschung“ wird als unbestimmter Rechtsbegriff eingeordnet, Bühler, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG bei der privaten Verwaltung von Grundvermögen, 1995, S. 137. 531  Roser, in: Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, 127. EL Mai 2019, § 9 Rz. 154a; zustimmend Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 49 (in Fußnote 57). Grundsätzlich ablehnend gegenüber der „faktischen Betriebsaufspaltung“ Söffing, DStZ 1983, 443. 532  Das ist aber Voraussetzung dafür, dass ein Durchgriff vorliegt, vgl. Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 192. 533  Ratschow, in: Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 39 Rz. 48 f.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 125

dass eine von der zivilrechtlichen Inhaberstellung abweichende Zuordnung eines Wirtschaftsgut auch dann anzunehmen sein kann, wenn die dafür von der Rechtsprechung aufgestellten einzelnen Kriterien nicht in vollem Umfang erfüllt sind.534 Führt also im Einzelfall die faktische Beherrschung zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums der Gesellschaftsanteile auf die Besitzgesellschaft, so wäre – selbst wenn man dies entgegen der hier vertretenen Auffassung als Durchgriff bezeichnen möchte – der vermeintliche Durchgriff jedenfalls wegen der gesetzlichen Anordnung in § 39 Abs. 2 AO insoweit gestattet.535 Im Übrigen sprechen systematische und teleologische Erwägungen dafür, dass auch die faktische Beherrschung des Betriebsunternehmens durch die Besitzkapitalgesellschaft eine personelle Verflechtung herbeiführen kann. Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung wird damit gerechtfertigt, dass das Besitzunternehmen infolge der Herrschaftsstellung über das Betriebs­ unternehmen am Markt teilnimmt und deshalb die gewöhnlicherweise vermögensverwaltende Tätigkeit des Besitzunternehmens (Vermietung oder Ver­pachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen) in eine gewerbliche Tätigkeit umschlägt.536 Zumindest was die Marktteilnahme angeht, wird man das Besitz- und das Betriebsunternehmen folglich als wirtschaftliche Einheit betrachten müssen, die durch die Beherrschung des Betriebsunternehmens sowie die sachliche Verflechtung begründet wird.537 Im Sinne wertungsmäßiger Folgerichtigkeit kann es aber keinen Unterschied machen, ob diese Beherrschung zivilrechtlich aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung bzw. Stimmrechtsmehrheit vermittelt wird oder wirtschaftlich betrachtet aufgrund einer faktischen Herrschaftsstellung der Besitzkapitalgesellschaft. In beiden Konstellationen beherrscht das Besitzunternehmen das Marktgeschehen (über das Betriebsunternehmen) und übt deshalb eine Tätigkeit aus, die intensiver ist als das, was eine vermögensverwaltende Tätigkeit typischerweise kennzeichnet. 534  BFH,

Beschl. v. 15.10.2013 – I B 159/12, BFH/NV 2014, 291. wohl auch Fischer, Überlegungen zum sog. Durchgriff im Zivil- und Steuerrecht, in: Festschrift für Arndt Raupach zum 70. Geburtstag, 2006, S. 339, 354. 536  Grundlegend BFH, Beschl. v. 08.11.1971 – GrS 2/71, BStBl. II 1972, 63. Aus dem Schrifttum: Ebeling, Keine Betriebsaufspaltung bei Pachtverträgen zwischen Kapitalgesellschaften, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 471, 474; Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, 1999, S. 84; Bode, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, 157. EL Mai 2021, § 15 EStG Rz. 601. 537  In diese Richtung wohl auch Neumer, der diese wirtschaftliche Einheit plastisch dahin gehend ausdrückt, dass Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen hinsichtlich des Marktrisikos „in einem Boot sitzen“, vgl. Neumer, Die Besitzgesellschaft im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S. 534 (Fußnote 2395), 535. So auch in BVerfG, Beschl. v. 14.01.1969 – 1 BvR 136/62, NJW 1969, 689; BFH, Urt. v. 29.03.2006 – X R 59/00, BStBl. II 2006, 661. 535  So

126 Hauptteil

Somit ist der bereits im Ersten Hauptteil angesprochene Intensitätsgedanke gewerblicher Tätigkeit538 letztlich auch der Wertungsgesichtspunkt, der der Betriebsaufspaltung zugrunde liegt und sich durch das gesamte einkommensteuerrechtliche System der Einkunftsarten sowie dessen Bedeutung für das Gewerbesteuerrecht durchzieht.539 Bei Unternehmensgestaltungen, in denen die Unternehmung in eine Grundstückskapitalgesellschaft und eine (Schwester-)Servicekapitalgesellschaft aufgegliedert wird, ist folglich nach hier vertretener Auffassung eine faktische Beherrschung der Servicekapitalgesellschaft durch die Grundstückskapitalgesellschaft zu vermeiden.540

538  Siehe

bereits Erster Hauptteil, Punkt A. I. 1. b) bb). BVerfG, Beschl. v. 14.01.1969 – 1 BvR 136/62, NJW 1969, 689; BFH, Urt. v. 29.03.2006 – X R 59/00, BStBl. II 2006, 661. In den Urteilen stellen sowohl das BVerfG als auch der BFH darauf ab, dass die Besitzgesellschaft infolge der personellen und sachlichen Verflechtung „in gewissem Umfang das Risiko (gemeint ist das Marktrisiko) der Betriebsgesellschaft trägt“. Deshalb unterscheide sich die Tätigkeit der Besitzgesellschaft von der Tätigkeit eines „normalen Vermieters“. A. A. wohl Söffing, DStZ 1983, 443, 444, wonach „das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung lediglich den Zweck habe zu vermeiden, daß durch eine Betriebsaufspaltung steuer­ liche Vorteile erreicht werden, […] die ein Einzelunternehmer oder ein Mitunter­ nehmer nicht erreichen kann.“ Diese Auffassung ist unzutreffend und stark verkürzt. Söffing selbst führt aus (a. a. O., S. 443, m. w. N. aus der Rechtsprechung des RFH), dass das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung „dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ diene. Von dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung her betrachtet, ist aber nach hier vertretener Auffassung im Sinne wertungsmäßiger Folgerichtigkeit auf den Intensitätsgedanken abzustellen und darauf basierend eine sachgerechte Qualifikation der Tätigkeit des Besitzunternehmens erforderlich. Dem ist auch die „faktische Betriebsaufspaltung“ zu dienen bestimmt, die einen Anwendungsbereich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise markiert und deshalb dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dient (der BFH spricht anschaulich von einer „wirtschaftlichen Machtstellung“, vgl. BFH, Urt. 29.07.1976 – IV R 145/72, BStBl. II 1976, 750; zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise siehe bereits Zweiter Hauptteil, Punkt B. II. 5. b). Von daher gesehen ist der Auffassung des BVerfG sowie des BFH zuzustimmen, wonach die Rechtfertigung des Rechtsinstitutes der Betriebsaufspaltung darin zu sehen ist, dass sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens gegenüber der Tätigkeit des „normalen Vermieters“ wertungsmäßig unterscheidet. Wie hier wohl auch Wacker, in: Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 15 Rz. 807: „Das Rechts­ institut der Betriebsaufspaltung beruht auf einer wertenden Betrachtung des Gewerbebetrieb-Begriffs.“ 540  So auch Herbst/Bohn, GmbHR 2012, 698, 700; Sanna, DStR 2012, 1989, 1992. 539  Vgl.



C. Dritter Hauptteil: Zurechnung von Sonderleistungen Dritter 127

b) Sachliche Verflechtung Da in der eingangs erörterten „Einkaufscenter-Entscheidung“ des Bundesfinanzhofes541 keine personelle Verflechtung zwischen der Vermieterin (im streitbefangenen Zeitraum eine GmbH & Co. KG) und der Verwalterin (­ C-GmbH) bestand, konnte offenbleiben, ob beide Unternehmen sachlich miteinander verflochten gewesen sind. Betrachtet man die Voraussetzungen der sachlichen Verflechtung genauer, so wird deutlich, dass der Bundesfinanzhof eine Entscheidung wahrscheinlich gar nicht hätte treffen können. Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlässt und diese Wirtschaftsgüter eine wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens darstellen.542 Aus dieser Definition lassen sich drei Voraussetzungen ableiten, die erfüllt sein müssen, damit eine sachliche Verflechtung begründet wird: –– Zunächst muss ein „Wirtschaftsgut“ im steuerlichen Sinne vorliegen. Hierunter fallen materielle und immaterielle,543 bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter.544 Demnach kann nicht nur die Überlassung von Immobilien an eine Betriebsgesellschaft eine sachliche Verflechtung begründen, sondern auch bspw. die Überlassung einer Namenslizenz.545 –– Das Wirtschaftsgut muss zu den „wesentlichen Betriebsgrundlagen“ des Betriebsunternehmens gehören. Wesentliche Betriebsgrundlagen sind Wirtschaftsgüter, die für das Betriebsunternehmen zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzen.546 Für diese Feststellung ist eine funktionale und nicht eine wertmäßige Betrachtung maßgebend.547

541  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. Vgl. Einleitung, Punkt A. 542  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175; Neumer, Die Besitzgesellschaft im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S. 153. 543  BFH, Urt. v. 06.11.1991 – XI R 12/87, BStBl. II 1992, 415. 544  Neumer, Die Besitzgesellschaft im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S.  153 m. w. N. 545  BFH, Urt. v. 20.03.2017 – X R 11/16, BStBl. II 2017, 992, m. w. N. Zur Schädlichkeit der Überlassung eines Firmennamens für die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG: Ebeling, Keine Betriebsaufspaltung bei Pachtverträgen zwischen Kapitalgesellschaften, in: Festschrift für Ludwig Schmidt zum 65. Geburtstag, 1993, S. 471, 477. 546  Neumer, Die Besitzgesellschaft im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S.  154 m. w. N. 547  Neumer, Die Besitzgesellschaft im nationalen und internationalen Steuerrecht, 2017, S. 538.

128 Hauptteil

–– Die wesentlichen Betriebsgrundlagen müssen dem Betriebsunternehmen zur Nutzung „überlassen“ werden.548 Die notwendige Überlassung kann nicht nur durch eine explizite Gebrauchsüberlassung auf vertraglicher Grundlage entstehen. Auch eine implizite (faktische) Nutzung des Wirtschaftsgutes (bspw. eines Gebäudes) kann eine sachliche Verflechtung zur Folge haben, wenn es sich hierbei um eine wesentliche Betriebsgrundlage für das Betriebsunternehmen (bspw. die Dienstleistungsgesellschaft) handelt.549 Auf die Entgeltlichkeit der Überlassung kommt es nicht an.550 Ob in der zuvor angesprochenen „Einkaufscenter-Entscheidung“ des Bundesfinanzhofes551 eine sachliche Verflechtung zwischen der Vermieterin und der Verwalterin bestand, lässt sich anhand der Sachverhaltsangaben nicht abschließend beurteilen. Aus den erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ergab sich zwar eine explizite Nutzungsüberlassung bestimmter Räumlichkeiten.552 Das allein reicht aber noch nicht aus, um beurteilen zu können, ob es sich insoweit auch um „wesentliche Betriebsgrundlagen“ handelte. Zudem erscheint es naheliegend, dass eine weitergehende faktische/implizite Nutzung des Gebäudes (Einkaufszentrums) durch die Verwalterin stattfand, damit diese ihre vertraglichen Pflichten gegenüber der Vermieterin und den Mietern erfüllen sowie ihre satzungsmäßigen Zwecke verwirklichen konnte. Insoweit hätte der Fall – falls eine personelle Verflechtung vorgelegen hätte – zur weiteren tatsächlichen Aufklärung an die Erstinstanz zurückverwiesen werden müssen. Anschließend hätte die Rechtsfrage virulent werden können, unter welchen Voraussetzungen eine implizite Nutzungsüberlassung eine sachliche Verflechtung zwischen zwei Rechtssubjekten begründen kann. Somit konnte die Vermieterin womöglich erst durch Vermeidung der personellen Verflechtung verhindern, dass ihre Vermietungstätigkeit den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritt und einen Gewerbebetrieb begründete.

548  Instruktiv am Beispiel eines Namensrechtes BFH, Urt. v. 25.08.2010 – I R 97/09, BFH/NV 2011, 312. 549  Wagner, in: Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, Gewerbesteuergesetz, 1. Aufl. 2019, § 9 Rz. 49. 550  BFH, Urteil vom 24.04.1991 – X R 84/88, BStBl. II 1991, 713. Dies ist allerdings bei steuerbegünstigten Besitzgesellschaften (bspw. Verein oder gGmbH) wegen § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO grundsätzlich nicht möglich, Hüttemann, in: Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 4. Aufl. 2018, 3. Teil, Kapitel 6, Rz. 6.135. In diesem Zusammenhang ist allerdings der erst kürzlich neugefasste § 58 Nr. 1 AO zu beachten, wonach auch die unentgeltliche/verbilligte Nutzungsüberlassung steuerbegünstigter Körperschaften unter bestimmten Voraussetzungen eine unschädliche Betätigung darstellt. Näher zur Betriebsaufspaltung zwischen steuerbegünstigten Körperschaften Becker/Sokollari, DStR 2021, 1849. 551  BFH, Urt. v. 14.07.2016 – IV R 34/13, BStBl. II 2017, 175. Siehe Einleitung, Punkt A. 552  FG Niedersachsen, Urt. v. 26.06.2013 – 7 K 10056/09, DStRE 2015, 266.

Zusammenfassung der Ergebnisse A. Zusammenfassung der Ergebnisse des Ersten Hauptteils 1. Der Begriff „Gewerbebetrieb“ in § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ist ein Typusbegriff. Gegentypus ist der private Vermögensverwalter. Der zu weit gefasste Tatbestand des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 bedarf der Ergänzung. Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den verschiedenen Einkunftsarten sind anhand des typologischen Ähnlichkeitsvergleiches zu lösen. 2.  Typusbegriffe entziehen sich anders als Klassenbegriffe einer abschließenden Definition. Der typologische Ähnlichkeitsvergleich führt deshalb aber nicht zu einer Entwertung der Rechtssicherheit oder zu einem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot. Insoweit sind keine strengeren Anforderungen an Typusbegriffe zu stellen, als sie auch für unbestimmte Rechtsbegriffe gelten. Wie Letztere bedarf auch der Typus einer Konkretisierung durch den Rechtsanwender, um als sachgerechter Zuordnungsmaßstab zu dienen. 3.  Die Konkretisierung durch den Rechtsanwender verlangt bereits methodisch im Sinne der Klarheit eine Trennung der verschiedenen Prozesse des typologischen Ähnlichkeitsvergleiches. In einem ersten Schritt muss der Typus – in aller Regel durch den Rechtsanwender – gebildet werden. Erst wenn der Typus als tatbestandlicher Zuordnungsmaßstab gebildet worden ist, können anschließend die wesentlichen Typusmerkmale herausgearbeitet werden. Sowohl die Typusbildung als auch die Herausarbeitung der wesentlichen Typusmerkmale zur Feststellung der Vergleichbarkeit zwischen Einzelfall und Typus bedürfen der Wertung intra legem. 4.  Im Einkommensteuerrecht gilt nach wie vor die Markteinkommenstheorie als systemtragendes Prinzip der meisten Einkunftsarten. Mitunter wird die Markteinkommenstheorie (plastisch) als kleinster gemeinsamer Nenner der meisten Einkunftsarten bezeichnet. Aus der Markteinkommenstheorie lässt sich ableiten, dass sich die verschiedenen Einkunftsarten durch die Intensität der Marktteilnahme unterscheiden. Die Intensität ist bei den Gewinn­ einkünften stärker ausgeprägt als bei den Überschusseinkünften. Bei Vorliegen bestimmter Intensitätsmerkmale mutiert eine an sich vermögensverwaltende Tätigkeit in eine gewerbliche. Leitender Wertungsgesichtspunkt der gewerblichen Einkünfte ist daher die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme.

130

Zusammenfassung der Ergebnisse

5. Aus einer historischen Auslegung des Einkommensteuergesetzes (bzw. seiner Vorläufer) ergibt sich die Bedeutung der Verkehrsanschauung als weiterer Wertungsgesichtspunkt. Nach hier vertretener Auffassung handelt es sich jedoch bei der Verkehrsanschauung lediglich um eine Art Indiz und daher um einen untergeordneten Wertungsgesichtspunkt. Soweit also die ­ ­Typusbildung sowie die Herausarbeitung wesentlicher Typusmerkmale eine Wertung durch den Rechtsanwender verlangen, können allenfalls hilfsweise Schlussfolgerungen aus der Verkehrsanschauung gezogen werden. Für die Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG bleibt die Intensität der Marktteilnahme als Wertungsgesichtspunkt maßgeblich. 6.  Typus des gewerblichen Vermieters ist der Hotelier. Der Hotelier zeichnet sich durch eine intensivere Marktteilnahme als der private Vermögensverwalter aus. Ihm ist die zusätzliche Belastung mit der nach wie vor auch äquivalenztheoretisch ausgestalteten Gewerbesteuer angemessen. 7. Damit der Einzelfall dem Bild des Hoteliers entspricht, muss eine wesentliche Vergleichbarkeit zwischen der Vermietungstätigkeit im Einzelfall und einem Hotelbetrieb bestehen. Zur Herausarbeitung der wesentlichen ­Typusmerkmale lässt sich das methodische Instrument „Natur der Sache“ fruchtbar machen. Mit der „Sache“ kann auch ein bestimmter Typus gemeint sein. Da die Feststellung der „Natur“ der Sache, vorliegend die „Natur“ des Typus, gleichsam wie die Typusbildung einer Wertung bedarf, ist auf die vorstehenden Wertungsgesichtspunkte zurückzugreifen. Wesentliche Typusmerkmale, die im Einzelfall in unterschiedlicher Zusammensetzung erfüllt sein müssen, um eine Zuordnung zum Typus Hotelier zu rechtfertigen, sind hiernach solche, aus denen die gesteigerte Intensität der Marktteilnahme folgt. Die vorgefundene Verkehrsanschauung kann eine ergänzende Funktion zur Herausarbeitung wesentlicher Typusmerkmale leisten. 8. Sonderleistungen sind als wesentliches Typusmerkmal des Hoteliers normativ relevant. Indem der Steuerpflichtige neben der Vermietungstätigkeit auch Sonderleistungen erbringt, intensiviert sich der Marktzugang und damit einhergehend die Möglichkeit, Marktchancen zu verwirklichen. Von den Sonderleistungen abzugrenzen sind Nebenleistungen, die nicht als eigenständiges Herantreten an den Markt verstanden werden können und nicht über das Bild des privaten Vermögensverwalters hinausgehen. Anders als die Kombination von Vermietungstätigkeit und Sonderleistungen entspricht die Kombination von Vermietungstätigkeit und Nebenleistungen daher stets dem Bild des privaten Vermögensverwalters, nicht aber dem Bild des Hoteliers. 9.  Die Einordnung des Begriffes Gewerbebetrieb als Typusbegriff macht die in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG geregelten Merkmale nicht verzichtbar. Mit der Legaldefinition wollte der Gesetzgeber zusätzliche Rechtssicherheit schaffen. Insoweit liegen also unverzichtbare Merkmale vor, die im Einzel-



B. Zusammenfassung der Ergebnisse des Zweiten Hauptteils 131

fall stärker oder schwächer ausgeprägt sein können, keinesfalls aber gänzlich fehlen dürfen. Nach hier vertretener Auffassung ist dies kein methodischer Widerspruch, da der Typus sich aus unverzichtbaren und verzichtbaren Merkmalen zusammensetzen kann. Im Einzelfall verzichtbar sind lediglich einzelne Typusmerkmale, die der Rechtsanwender über den Gesetzeswortlaut hinaus bildet. Daher ist es nicht erforderlich, dass der Vermieter Sonderleistungen erbringt und in kurzen Abständen an ständig wechselnde Mieter vermietet. Bereits das Vorliegen eines dieser Intensitätsmerkmale kann dazu führen, dass die Vermietungstätigkeit den Tatbestand der gewerblichen Einkünfte verwirklicht, wenn zugleich die positiven Merkmale in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG allesamt erfüllt sind.

B. Zusammenfassung der Ergebnisse des Zweiten Hauptteils 1. Der Sonderleistungsbegriff bedarf einer inhaltlichen Konkretisierung. Neben einer Auslegung nach dem möglichen Wortsinn bedarf es einer Auslegung aus dem inneren System der Einkommensteuerrechtsordnung heraus. Bezugspunkte sind die Markteinkommenstheorie als systemrelevantes Prinzip sowie die aus ihr ableitbaren Wertungsgesichtspunkte. Ergänzend lassen sich Typusmerkmale anhand der wirtschaftlichen Betrachtungsweise konkretisieren. 2.  Die fehlende Positivität des Sonderleistungsbegriffes steht dessen Auslegungsfähigkeit nicht entgegen. Neben Tatbestandsmerkmalen sind auch Präjudizien, d. h. – in weitem Sinne verstanden – sprachliche Äußerungen der Judikative, auslegungsfähig. Der Unterschied zwischen geschriebenen Tatbestandsmerkmalen und ungeschriebenen Typusmerkmalen liegt in verfassungsrechtlichen Anforderungen und der normativen Verbindlichkeit. 3. Eine systematisch-teleologische Auslegung des Sonderleistungsbegriffes aus dem inneren System des Einkommensteuerrechts heraus ergibt, dass unentgeltliche Leistungen und Gefälligkeiten nicht vom Sonderleistungsbegriff umfasst sind. Wo kein Leistungsaustausch vorliegt, also die Handlung von vornherein nicht in einen marktmäßigen Erwerbserfolg münden kann, sind wesentliche Strukturmerkmale des zweigliedrigen Einkommensbegriffes nicht erfüllt. Erhält der Steuerpflichtige für etwaige Leistungen kein Entgelt, liegt folglich keine marktorientierte und daher keine einkommensteuerrechtlich relevante Tätigkeit vor, die die entgeltliche Vermietungstätigkeit beeinflussen kann. Mangels marktrelevanter Zusatzleistung steigert sich in derartigen Fällen auch nicht die Intensität der Marktteilnahme, sodass nach Maßgabe der Markteinkommenstheorie und der aus ihr folgenden Wertungs­

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Zusammenfassung der Ergebnisse

gesichtspunkte die Schwelle zur privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten werden kann. 4.  Damit die Zusatzleistung eine schädliche Sonderleistung darstellt, muss ein eigenständiger, marktrelevanter Vorgang vorliegen, der zu einer gesteigerten Intensität der Markteilnahme führt. Zusatzleistungen, die die konkrete Vermietungstätigkeit überhaupt erst ermöglichen, steigern demgegenüber nicht die Intensität der Marktteilnahme, sondern dienen der Marktteilnahme durch vermögensverwaltende Tätigkeit dem Grunde nach. Aus dieser Überlegung heraus kann die Abgrenzung zwischen unschädlichen Nebenleistungen und schädlichen Sonderleistungen in der Weise vorgenommen werden, indem die Frage beantwortet wird, ob die konkrete Zusatzleistung die vertraglich vereinbarte Nutzung des konkreten Mietobjektes ermöglicht und deshalb im überwiegenden Vermieterinteresse erbracht wird. Dem kann man sich in zweierlei Weise nähern: mittels (zivil)rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtung. Soweit Zusatzleistungen in Erfüllung einer gesetzlichen Rechtspflicht erbracht werden oder wirtschaftlich betrachtet für die Vermietung des konkreten Mietobjektes erforderlich sind, liegen unschädliche Nebenleistungen und keine schädlichen Sonderleistungen vor. 5. Die hier vorgeschlagene objektbezogene Betrachtung führt zu einem variablen Sonderleistungsbegriff. Sonderleistungen für Mieter des einen Miet­ objektes können Nebenleistungen für Mieter des anderen Mietobjektes sein und umgekehrt. Das führt aber nicht zu einer gleichheitswidrigen Rechts­ anwendung und einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der allgemeine Gleichheitssatz verlangt auch, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, verlangt also insoweit die Beachtung der in der Natur der Sache liegenden Umstände und daher auch die Ungleichbehandlung verschiedener „Typen“. Die Differenzierung zwischen verschiedenen Mietobjekten hat ihre Ursache darin, dass sich je nach Mietobjekt unterschiedliche Leitbilder bzw. Zuordnungsmaßstäbe privater Vermögensverwaltung festmachen lassen und daher unterschiedliche Sachgesetzlichkeiten vorliegen. 7.  Ist nach alledem das Vorliegen von Sonderleistungen festgestellt worden, so ist damit nicht zwangsläufig verbunden, dass die Vermietung von Immobilien gewerblichen Charakter annimmt. Die Vermietung von Immobilien kann auch bei Vorliegen zusätzlicher Sonderleistungen dem Bild des privaten Vermögensverwalters entsprechen, wenn diese nicht ins Gewicht fallen. Entscheidend ist, ob die einheitliche Tätigkeit, bestehend aus Sonderleistungen und Vermietungstätigkeit, eine unternehmerische Organisation erfordert. Erst wenn dies zu bejahen ist, entspricht der Sachverhalt dem Bild des Hoteliers. Anderenfalls ist auch bei Vorliegen von Sonderleistungen die Vermietung von Immobilien einkommensteuerlich als vermögensverwaltende Tätigkeit einzuordnen.



C. Zusammenfassung der Ergebnisse des Dritten Hauptteils 133

8.  Der aus dem Einkommensteuerrecht entwickelte Sonderleistungsbegriff ist auch im Gewerbesteuerrecht anwendbar. Die Gewerbesteuer ist in ihrer derzeitigen Ausgestaltung eine Ertragsteuer und systematisch eng mit der Einkommensteuer verknüpft. Dieser systematische Zusammenhang zeigt sich besonders deutlich in § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, der auf den Gewerbetatbestand des Einkommensteuerrechts explizit verweist. Eine Vorschrift kann aber auch ohne Verweis Teil eines bestimmten (inneren) Rechtssystems sein und mit einer anderen Teilrechtsordnung Zusammenwirken, wenn dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Ob und inwieweit dies der Fall ist, muss durch Auslegung ermittelt werden. 9. Eine teleologische Auslegung ergibt, dass die erweiterte Gewerbe­ steuerkürzung in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG – auch ohne expliziten Verweis – Teil des hier entwickelten inneren Systems des Rechts und nicht Systemfremdkörper ist. Der Regelungszweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG liegt darin, vermögensverwaltende Grundstücksunternehmen, die nur kraft ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielen, den vermögensverwaltenden Einzelpersonen und Personengesellschaften hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Belastung anzunähern. Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale „Verwaltung und Nutzung“ muss daher auf einkommensteuerliche Abgrenzungsgrundsätze zwischen vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit zurückgegriffen werden. Keine Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz liegt vor, wenn Sonderleistungen erbracht werden und deshalb eine unternehmerische Organisation erforderlich wird, da dann eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit vorliegt. Der neugefasste § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG erfasst nach seinem Wortlaut nicht Sonderleistungen in eigentlichem Sinne, sondern nur von der Verwaltung und Nutzung von Grundbesitz trennbare Tätigkeiten. Mangels planwidriger Regelungslücke lässt sich die Vorschrift auf Sonderleistungen auch nicht analog anwenden.

C. Zusammenfassung der Ergebnisse des Dritten Hauptteils 1.  Der Vermieter von Immobilien kann den ertragsteuerlichen Gewerbetatbestand nicht nur durch Sonderleistungen verwirklichen, die er durch eigene Handlungen bewirkt. Für die Frage der Tatbestandsverwirklichung sind auch Sonderleistungen Dritter relevant, soweit die Sonderleistungen des Dritten dem Vermieter als eigene zugerechnet werden können. 2. Inwieweit dem Vermieter Sonderleistungen Dritter zuzurechnen sind, bestimmt sich nach dem Veranlassungsprinzip. Wenngleich die gesetzliche Fixierung des Veranlassungsprinzips in § 4 Abs. 4 EStG die Bestimmung des Erwerbserfolges regelt, ist das Veranlassungsprinzip auch auf der Ebene des

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Zusammenfassung der Ergebnisse

Erwerbstatbestandes zur Bestimmung der verwirklichten Einkunftsart anwendbar. Dies folgt aus dem Wesen des Veranlassungsprinzips als allgemeines Zurechnungsprinzip. Die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 4 EStG markiert daher einen, aber nicht den alleinigen Anwendungsbereich. 3.  Zur Lösung von Zurechnungsfragen nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips bedarf es einer zweistufigen Vorgehensweise. Damit dem Vermieter Sonderleistungen Dritter zugerechnet werden können, muss der Vermieter zunächst eine kausale Ursache im Sinne der „conditio sine qua non“-Formel für die Sonderleistungserbringung gelegt haben. Unter Berücksichtigung der „conditio sine qua non“-Formel lassen sich jedoch in der Regel mannigfache Ursachen verschiedener Rechtssubjekte für die Sonderleistungserbringung festmachen (sog. Problem der Ursachenkonkurrenz). Der Rechtsanwender muss daher in einem zweiten Schritt die juristisch relevante Ursache für die Sonderleistungserbringung herausarbeiten. Entscheidend für die Zurechnung ist daher nicht, dass eine Ursache im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne gesetzt wird. Handlungserfolge oder Handlungen sind vielmehr demjenigen zuzurechnen, der nach Maßgabe einer wertorientierten Betrachtung die wesentliche Ursache gesetzt hat. 4. Im Sinne wertungsmäßiger Folgerichtigkeit verlangt das hier entwickelte innere Rechtssystem, um die wesentliche Ursache von unwesentlichen Ursachen zu trennen, vorrangig die Heranziehung der Markteinkommenstheorie sowie den leitenden Wertungsgesichtspunkt der gesteigerten Intensität der Marktteilnahme gewerblicher Tätigkeit. 5.  Die Marktteilnahme besteht objektiv aus einer entgeltlichen Betätigung, die in eine Vielzahl von Handlungen zerfällt. Wesentliches objektives Merkmal der Marktteilnahme, also auch der Beurteilung, ob sich die Marktteilnahme steigert, ist das Vorliegen eines Leistungsaustausches. Unter Berücksichtigung dessen ist Herr der Leistungsbeziehung und damit Verursacher der Erbringung von Sonderleistungen derjenige, der „über die Leistungserbringung, d. h. über die Marktteilnahme und -teilhabe disponieren kann, d. h. die Möglichkeit hat, Marktchancen zu nutzen, Leistungen zu variieren, im Extremfall auch zu verweigern“.1 Weniger entscheidend ist demgegenüber, wer die Marktleistung tatsächlich vollzieht. Diese Grundsätze über die Beherrschung des Marktgeschehens als wesentliches Zurechnungskriterium entsprechen der gefestigten Auffassung, soweit es um die Zurechnung von Einkünften geht, also die Verknüpfung zwischen Steuergegenstand und Steuersubjekt. Für die Zurechnung von Sonderleistungen Dritter darf nach hier vertretener Auffassung auf dieselben Prinzipien und Wertungen zurückgegriffen werden. Denn die Markteinkommenstheorie ist ein grundlegendes Prinzip 1  Zitat

aus Ruppe, DStJG 1 (1978), 7, 18.



C. Zusammenfassung der Ergebnisse des Dritten Hauptteils 135

des Einkommensteuerrechtes und in dieser Funktion Bezugspunkt der Rechtsanwendung und Systembildung, sodass es keinen entscheidenden Unterschied machen kann, auf welcher Ebene des Einkommensteuertatbestandes Zurechnungsfragen zu lösen sind. Ebenso wie die meisten Einkunftsarten durch eine marktgerichtete Leistung gekennzeichnet sind, stellen Sonderleistungen ein eigenständiges Herantreten an den Markt dar, sodass in beiden Fällen im Sinne wertungsmäßiger Folgerichtigkeit die Beherrschung des Marktgeschehens für die Zurechnung maßgeblich sein muss. Zu dem spricht für die hier vertretene Auffassung auch ein weiteres Argument: Sonderleistungen erfüllen in der Regel die Voraussetzungen einer der sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes. Würde keine untrennbare Verflechtung zur Vermietungsaktivität bestehen, so wäre das Problem der Zurechnung von Sonderleistungen Dritter ein Problem der Zurechnung von Einkünften und demzufolge nach Maßgabe der Markteinkommenstheorie zu lösen. Die untrennbare Verflechtung mit der Vermietungsaktivität rechtfertigt nicht die Heranziehung – wie auch immer gelagerter – anderer Prinzipien und Wertungen. 5. Die „Angemessenheit“ ist demgegenüber kein sachgerechter (teleologischer) Maßstab zur Bestimmung der wesentlichen Ursache im Steuerrecht und Lösung von Zurechnungsproblemen auf Ebene des Erwerbstatbestandes. Stattdessen lässt sich nach hier vertretener Auffassung ergänzend die wirtschaftliche Betrachtungsweise als teleologischer Maßstab zur Bestimmung der juristisch relevanten Ursache für die Sonderleistungserbringung heranziehen. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise erschöpft sich indessen nicht lediglich in monetären Erwägungen, sondern bedeutet zugleich ein Verfahren der Wertung. Daher ist nicht allein maßgebend, ob der Dritte auf eigene Rechnung oder auf Rechnung des Vermieters tätig wird. Da die wirtschaftliche Betrachtungsweise ohne die dem Gesetz zugrunde liegenden Wertungen nicht auskommt, ist und bleibt entscheidend, ob und inwieweit der Vermieter bezogen auf die konkrete Leistungserbringung das Marktgeschehen beherrscht. Soweit etwa der Dritte auf Rechnung des Vermieters tätig wird, ist dies nur insoweit bedeutsam, als dass dies indizieren kann, dass der Vermieter das Marktrisiko trägt und deshalb wirtschaftlich betrachtet das Marktgeschehen beherrscht. 6.  Die Praxis behilft sich mit unterschiedlichen Gestaltungsmodellen, damit die Vermietung von Immobilien trotz Sonderleistungserbringung keinen gewerblichen Charakter annimmt. Je nach Ausgestaltung lässt sich auf diese Weise die Zurechnungsproblematik vermeiden. Insoweit gilt als besonders rechtsichere Gestaltung die Aufteilung einheitlicher Tätigkeiten auf eine (Vermietungs-)Kapitalgesellschaft und eine (Service-)Kapitalgesellschaft. In Betracht kommen auch verschiedene Treuhandmodelle sowie ein Weiterver-

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Zusammenfassung der Ergebnisse

mietungsmodell. Derartige Konstruktionen stellen grundsätzlich keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO dar und dienen im Rahmen von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG – in Anbetracht des strengen Ausschließlichkeitsgebots – einer geltungserhaltenden Reduktion. 7. Als Fallstrick kann sich allerdings die Betriebsaufspaltung erweisen. Sofern zwischen der Vermietungsgesellschaft (Besitzunternehmen) und der Servicegesellschaft (Betriebsunternehmen) eine personelle und sachliche Verflechtung besteht, nimmt auch die Tätigkeit der Vermietungsgesellschaft gewerblichen Charakter an. Die Ausgliederung der Sonderleistungen auf die Servicegesellschaft führt in diesem Fall nicht zu dem bezweckten Resultat (Vermeidung gewerblicher Tätigkeit der Vermietungsgesellschaft). Insoweit kann – auch im Falle einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung – bereits eine faktische Beherrschung der Servicegesellschaft durch die Vermietungsgesellschaft die personelle Verflechtung zwischen beiden Unternehmen herbeiführen. Die zudem erforderliche sachliche Verflechtung kann schon durch eine implizite Nutzungsüberlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen begründet werden.

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Stichwortverzeichnis Airbnb  S. 72 f. Anscheinsbeweis  110 ff. Beitragspflicht  110 Beitrittspflicht  110 Beköstigung  43, 51 Betriebsaufspaltung –– Durchgriffsverbot 123 ff. –– Einheitsbetrachtung  125 –– erweiterte Gewerbesteuerkürzung  121 –– faktische Beherrschung  124 ff. –– implizite Nutzungsüberlassung  128 –– kapitalistische  122 Betriebsvorrichtungen  89 Einkaufszentrum  13, 109, 128 Einkommen –– Begriff  68, 97 –– Markteinkommenstheorie  69 f. Ferienwohnung  79, 82 Gebrauchserhaltungspflicht  74 Gestaltungsmodelle –– Aufteilung  114 f. –– Treuhandmodell  116 f. –– Weitervermietungsmodell  117 f. Gleichmäßigkeit –– generelle  80 –– individuelle  80 Grundleistungen  93 f. Instandhaltungspflicht  74 Intensität der Marktteilnahme –– Äquivalenztheorie  36 f. –– Herleitung  35 f. –– Inhalt  34, 43 f.

–– Markteinkommenstheorie  36 Leistungsfähigkeitsprinzip –– Markteinkommenstheorie  84, 108 f. –– Verfassungsrang  27 Leitender Wertungsgesichtspunkt –– Begriff  28 ff. –– Gewinnung  30 f. –– Rechtsgeltung  31 f. Lenkungsnorm  73 Markteinkommenstheorie  33 ff., 62 f. Möblierung  72 f. Natur der Sache –– Begriff  39 –– Rechtsfortbildung  40 f. –– Typus  41 –– Wertung  42 ff. Nebenleistungsbegriff –– rechtliche Betrachtung  74 ff. –– Unschädlichkeit  17 f. –– Variabilität  79 ff. –– wirtschaftliche Betrachtung  76 ff. Pauschalierung  90 Photovoltaikanlagen  74 f. Präjudizien –– Auslegung  64 ff. –– Bindungswirkung  65 Rechtsfortbildung –– Auslegung (Verhältnis)  40 f. –– Grenzen  91 Reinigung  54, 58, 93, 94 Rezeptionsähnlichkeit  73 Sharing-Economy  72 f.

Stichwortverzeichnis149 Sonderleistungsbegriff –– Entgeltlichkeit  69 f. –– erweiterte Gewerbesteuerkürzung  88 –– Gefälligkeiten  66 ff. –– Gewinnerzielungsabsicht  69 f. –– Schädlichkeit  17 f. –– Variabilität  79 ff. –– wirtschaftliche Betrachtung  76 ff. –– Zurechnung, siehe Veranlassungsprinzip Steuertatbestand  97 ff. Stromlieferung  74 f. Systembegriffe –– äußeres System  59 –– bewegliches System  60 –– inneres System  59 ff. –– Systemfremdkörper  85 Teilrechtsordnung –– Begriff  83 –– Relativität  87 –– Wertungsunterschied  76 –– Wertungswiderspruch  76 –– Zusammenwirken  83 ff., 85, 89 Touristische Betreuung  66 Typisierung  90 Typusbegriff –– allgemeiner Gleichheitssatz  38, 80 f. –– Auslegung  63 ff., 78 –– Begriff  22, 47 –– Bestimmtheitsgrundsatz  49 ff.

–– Definition  47 f., 58 –– Ganzheitlichkeit  47 f. –– Gegentypus  26 f., 51 –– Gesetzmäßigkeit  50 –– Klassenbegriff  21 ff. –– normativer Realtypus  26 –– Offenheit  47 f. –– unverzichtbare Merkmale  45 ff. –– Zuordnungsmaßstab  47, 61, 97, 111 Veranlassungsprinzip –– Geschäftsbesorgungsvertrag  106 –– Kausalität  100 ff. –– Markteinkommenstheorie  104 ff., 108 ff. –– Treuhandverhältnisse  108 f. –– Wertung  102 ff. –– Zurechnungsprinzip  99, 102 f. Verkehrsanschauung –– Bedeutung  32, 42, 72, 104, 111 –– Begriff  31, 76, 111 –– Wertungsgesichtspunkt  31 ff. Verkehrssicherungspflichten  74 Verklammerungsrechtsprechung  55 Vollausstattung  72 f. Wahlleistungen  93 f. Werbeleistungen  14, 109 f. Wirtschaftliche Betrachtungsweise –– Begriff  77 ff. –– Inhalt  107 ff.