Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Eigentumsentziehungen zur Verfolgung und Verhinderung von Straftaten [1 ed.] 9783428494118, 9783428094110

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Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Eigentumsentziehungen zur Verfolgung und Verhinderung von Straftaten [1 ed.]
 9783428494118, 9783428094110

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 767

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Eigentumsentziehungen zur Verfolgung und Verhinderung von Straftaten Von Michaela A. M. Dannert

Duncker & Humblot · Berlin

MICHAELA A. M. DANNERT

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Eigentumsentziehungen zur Verfolgung und Verhinderung von Straftaten

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 767

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Eigentumsentziehungen zur Verfolgung und Verhinderung von Straftaten

Von Michaela Α. M. Dannert

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Dannert, Michaela Α. M.: Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Eigentumsentziehungen zur Verfolgung und Verhinderung von Straftaten / von Michaela A. M. Dannert. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 767) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09411-5

D6 Alle Rechte vorbehalten © 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09411-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit hat im Wintersemester 1997/98 dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation vorgelegen. Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Bodo Pieroth, der die Bearbeitung des Themas anregte, die Arbeit betreute und ihr Entstehen maßgeblich förderte. Dank gebührt auch Prof. Dr. Hans-Michael Wolffgang für die außerordentlich rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Dem Land Nordrhein-Westfalen danke ich für die großzügige Gewährung des Graduiertenstipendiums während der Endphase der Dissertation, der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster für die Förderung durch den Druckkostenzuschuß. Ich widme die Arbeit meinen Eltern, ohne deren liebevolle Unterstützung sie nie entstanden wäre. Hamburg, im Mai 1998 Michaela Anna Margaretha Dannert

Inhaltsverzeichnis Gegenstand und Ziel der Untersuchung

13

A. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

17

I. Verfall

17

1. Inhalt der Verfallsvorschriften a) Die Mängel des alten Verfallsrechts

17 17

aa) Subsidiarität des Verfalls gegenüber Ansprüchen des Verletzten

18

bb) Beweislastverteilung

18

cc) Nettoprinzip

19

b) Reform des Verfallsrechts

19

c) Ausgestaltung des Verfallsrechts

21

2. Rechtsnatur des Verfalls

23

a) Wesensmerkmale der Strafe

23

b) Einordnung des Verfalls

25

aa) Verfall des Nettoerlöses

26

bb) Verfall des Bruttoerlöses

28

3. Verfassungsmäßigkeit a) Vereinbarkeit mit Art. 14 GG aa) Rechtfertigungsversuche außerhalb von Art. 14 GG

30 30 31

(1) Sühne

31

(2) Verfassungslücke

32

bb) Systematik von Art. 14

34

(1) Gewährleistung des Eigentums

34

(2) Inhalts- und Schrankenbestimmungen

35

(a) Ansätze in der Rechtsprechung

35

(b) Ansätze in der Literatur

36

(c) Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen

40

10

Inhaltsverzeichnis (aa) Unterscheidung nach Interessenbereichen

40

(bb) Unterscheidung zwischen typusprägenden und sonstigen Merkmalen

42

(cc) Unterscheidung zwischen Konfliktlösungen und grundsätzlicher Neuorientierung

42

(dd) Unterscheidung nach Zeitabschnitten

43

(ee) Unterscheidung zwischen Befugnissen und Pflichten

44

(3) Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums

45

(4) Enteignung

47

cc) Schutzbereich

47

(1) Fallbeispiele

48

(2) Schutz von rechtswidrig erlangtem Eigentum

49

dd) Eingriff in den Schutzbereich (1) Verfall als Enteignung?

52 52

(a) Keine Gemeinwohlförderung

52

(b) Zweck der Junktimklausel

54

(c) Eigener Ansatz

56

(2) Schrankenbestimmung

56

ee) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung b) Vereinbarkeit mit dem Schuldprinzip

56 57

aa) Inhalt und Rechtsgrundlagen des Schuldprinzips

57

bb) Verstoß gegen das Schuldprinzip?

59

Π. Erweiterter Verfall

61

1. Inhaltliche Ausgestaltung

61

2. Rechtsnatur

64

3. Verfassungsmäßigkeit

66

a) Verstoß gegen Art. 14 GG

66

b) Verstoß gegen das Schuldprinzip

67

c) Verstoß gegen die Unschuldsvermutung

68

aa) Exklusivität der verfahrensmäßigen Schuldfeststellung

70

bb) In dubio pro reo

74

Inhaltsverzeichnis ΠΙ. Reformentwürfe

76

1. Änderung von Art. 14IGG

76

2. Repressive Verdachtseinziehung

81

a) Auswirkungen einer einfach-gesetzlichen Änderung

82

aa) Inhalt der Vermögenseinziehungsgesetze

82

bb) Vergleich mit der geltenden Rechtslage

87

cc) Verstoß gegen Art. 14 GG

88

b) Auswirkungen einer Verfassungsänderung B. Einziehung von Gegenstanden zur Verhinderung von Straftaten

88 90

I. Einziehung nach § 74 Π Nr. 2 StGB

90

Π. Eigentumsentziehungen aufgrund der Polizeigesetze

91

1. Verwertung gem. § 45 PolG NW

91

a) Rechtmäßige Sicherstellung

91

aa) Öffentliche Sicherheit

92

bb) Gegenwärtige Gefahr

92

cc) Richtiger Adressat

95

dd) Pflichtgemäße Ermessensausübung

96

b) Verwertung oder Vernichtung

96

2. Entschädigungsansprüche

96

ΠΙ. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

99

1. Schutzbereich

100

2. Eingriff

104

a) Enteignung?

104

aa) Entschädigungslose Enteignung

104

bb) Historische Auslegung

105

cc) Opferkomponente

105

dd) Enteignung als aktive, offensive Eigentumsentziehung

106

ee) Enteignung als Güterbeschaffungsvorgang

107

ff) Enteignungsuntypische Interessenlage

109

gg) Enteignung als marktinternes Zwangsgeschäft

109

hh) Stellungnahme

110

12

Inhaltsverzeichnis b) Schrankenbestimmung 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

113 114

a) Ältere Literatur

117

b) Ausgleichspflichtige Schrankenbestimmungen in der Rechtsprechung

118

c) Reaktionen der Literatur

120

d) Ergebnis

123

IV. Reformentwürfe

125

1. Vergleich mit der geltenden Rechtslage

125

2. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

127

a) Einziehung von Nutzungen und Surrogaten

127

b) Einziehung von sonstigem Vermögen

128

c) Ergebnis

128

3. Hinzufügung eines Art. 14IV GG

129

Zusammenfassende Thesen

131

Literaturverzeichnis

134

Sachregister

147

Gegenstand und Ziel der Untersuchung Den Anlaß für die Untersuchung bilden zwei Gesetzesentwürfe der Fraktion der SPD und der Landesregierung von Baden-Württemberg, die neue Möglichkeiten der staatlichen Abschöpfung von illegal erlangten Gewinnen vorsehen. Zunächst hat die Fraktion der SPD am 4.2.1994 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (2. OrgKG)1 in den Bundestag eingebracht. Am 24.10.1995 hat die Landesregierung von BadenWürttemberg dem Bundesrat die Entwürfe fur ein Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes2 und ein Erstes Gesetz zur Ergänzung des Verbrechensbekämpfungsgesetzes3 mit dem Antrag zugeleitet, ihre Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Art. 76 I GG zu beschließen. Beide Gesetzesentwürfe enthalten neben anderen Regelungen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Vermögenseinziehung (Vermögenseinziehungsgesetz VermEinzG) und den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Art. 14 GG. Die Regelungen in den Vermögenseinziehungsgesetzen haben zum Ziel, Gefährdungen und Beeinträchtigungen, die von Vermögen der organisierten Kriminalität für die rechtsstaatliche Ordnung ausgehen, dadurch entgegenzuwirken, daß solche Vermögen unter erleichterten Beweisvoraussetzungen entzogen werden können. Die Änderung des Art. 14 GG soll dabei die für ein solches Gesetz erforderliche verfassungsrechtliche Grundlage schaffen 4. Das strafrechtliche Instrumentarium des Verfallsrechts (§§ 73 ff. StGB) ermögliche insbesondere wegen der geltenden Beweislastregeln des Strafprozeßrechts keine wirksame Gewinnabschöpfung, um der organisierten Kriminalität die finanzielle Basis zu entziehen5. Nach beiden Gesetzesentwürfen soll Art. 14 I GG folgender Satz hinzugefügt werden: „Eigentum, das aus Straftaten herrührt oder dafür verwendet 1 2 3 4 5

BT-Drs. BR-Drs. BR-Drs. BR-Drs. BT-Drs.

12/6784. 694/95. 695/95. 695/95, S. 15. 12/6784, S. 10; BR-Drs. 694/95, S. 22.

14

Gegenstand und Ziel der Untersuchung

werden soll, wird nicht geschützt"6. Durch diese Änderung soll einerseits „klargestellt" werden, daß sich die Eigentumsgarantie nur auf Rechtspositionen erstreckt, die rechtmäßig erworben wurden. Andererseits soll zugleich bestimmt werden, daß Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, ebenfalls nicht dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterliegt7. Die Verfasser der Gesetzesentwürfe gehen dabei davon aus, daß das Verhältnis von Eigentumspositionen, die aus Straftaten herrühren oder dafür verwendet werden sollen, zur geltenden Eigentumsgarantie geklärt ist. Betrachtet man allerdings die zu diesem Thema äußerst kontrovers geführte Diskussion sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur, so stellt man fest, daß von einer dogmatischen Klärung dieser Frage nicht gesprochen werden kann. Die Gesetzesentwürfe bieten vielmehr einen Anlaß, den Versuch zu unternehmen, Maßnahmen, die die in Frage stehenden Eigentumspositionen beeinträchtigen, dogmatisch in die Eigentumsgarantie einzuordnen. Zunächst stellt sich die Frage, ob die 1. Alternative der geplanten Änderung tatsächlich - wie behauptet - lediglich eine „Klarstellung" darstellt, ob also Eigentum, das aus Straftaten herrührt, schon durch den geltenden Art. 14 GG nicht geschützt wird. Von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, ob die im StGB normierten Verfallsvorschriften, die den Verfall von rechtswidrig erlangten Eigentumspositionen vorsehen, mit der Eigentumsgarantie zu vereinbaren sind. Es ist daher zu untersuchen, wie sich die Verfallsvorschriften des StGB zu Art. 14 GG verhalten. Weiter ist fraglich, ob die 2. Alternative der vorgeschlagenen Hinzufügung, wirklich eine Änderung der Rechtslage bewirkt oder ob es sich hier nicht lediglich um eine Klarstellung der ohnehin schon bestehenden Rechtslage handelt. So kann das Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, schon nach dem geltenden § 74 II Nr. 2 StGB eingezogen werden. Ferner können nach den Polizeigesetzen der Länder Eigentumsgegenstände sichergestellt und verwertet werden, von denen Gefahren ftir die öffentliche Sicherheit ausgehen, also auch Eigentumsgegenstände, die für Straftaten verwendet werden sollen. Sind diese Vorschriften bereits mit dem geltenden Art. 14 GG zu vereinbaren, so enthielte die 2. Alternative der geplanten Hinzufügung möglicherweise nur eine Klarstellung der ohnehin schon bestehenden Rechtslage. In der folgenden Untersuchung wird daher der Frage nachgegangen, ob die Einziehung aus präventiven Gründen mit der Eigentumsgarantie in Einklang steht. Ein dem Art. 14 GG angefügter Abs. 4 soll bestimmen, daß Eigentum, bei dem der Verdacht besteht, daß es aus schwerwiegenden Straftaten herrührt 6 BR-Drs. 694/95, S. 3; BT-Drs. 12/6784, S. 3 (In dem Entwurf der SPD wird lediglich statt des Begriffs Eigentum der Begriff Vermögen verwandt). 7 BT-Drs. 12/6784, S. 11.

Gegenstand und Ziel der Untersuchung

oder dafür verwendet werden soll, zur Abwehr einer drohenden Beeinträchtigung der rechtsstaatlichen Ordnung aufgrund eines Gesetzes entschädigungslos eingezogen werden kann. Die Vermögenseinziehung kann also aus zwei verschiedenen Gründen angeordnet werden: Nach der 1. Alternative kann Vermögen eingezogen werden, wenn der Verdacht besteht, daß es aus Straftaten herrührt, nach der 2. Alternative, wenn der Verdacht besteht, daß es für Straftaten verwendet werden soll. In den Entwurfsbegründungen wird betont, daß es sich bei beiden Varianten der Vermögenseinziehung nicht um eine strafrechtliche Maßregel oder Sanktion handele, sondern um ein Präventionsinstrument zur Abwehr von Gefahrdungen für die Rechts- und Wirtschaftsordnung 8. Eine solche Auslegung widerspricht jedoch der Systematik der Regelung, die durch die Unterscheidung des Einziehungsanlasses den beiden Alternativen ihre Ausrichtung vorgibt. Danach ist die 1. Alternative repressiv zu verstehen, während jede präventive Ausrichtung unter die 2. Alternative fallt 9. Wäre auch bei der 1. Alternative die Gefahr künftigen Eigentumsmißbrauchs der entscheidende Gesichtspunkt, so müßte die Anordnung und Aufrechterhaltung der Vermögenseinziehung daran geknüpft sein, daß bei dem Betroffenen weiterhin die Gefahr der Begehung von Straftaten bestünde und, falls diese Gefahr nicht mehr bestünde, müßte ihm sein Vermögen zurückgegeben werden10. Die Vermögenseinziehung der 1. Alternative hat jedoch unabhängig von dem Fortbestehen eines solchen Verdachts endgültigen Charakter und ist daher als vergangenheitsbezogene Maßnahme zu verstehen. Die Voraussetzungen und das Verfahren der Verdachtseinziehung sollen in einem Vermögenseinziehungsgesetz geregelt werden, welches darauf abzielt, neben das bereits existente personenbezogene Verfallsrecht (Verfahren „ad personam") ein sachbezogenes Vermögenseinziehungsverfahren (Verfahren „ad rem") zu stellen, wie es z.B. im amerikanischen Recht zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität seit 1970 bereits gilt („civil forfeiture" neben „criminal forfeiture") 11. Dabei sehen beide Entwürfe mit der vorläufigen Sicherstellung des Vermögens und seiner endgültigen Einziehung ein zweistufiges Verfahren vor. Eine Sicherstellung kann erfolgen, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte die Vermutung besteht, daß Vermögenswerte, deren Wert mindestens 15.000 DM übersteigt, aus schwerwiegenden Straftaten herrühren oder dafür verwendet werden sollen. Durch die Sicherstellung verliert der Betroffene die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen. Die Sicherstellung 8

BR-Drs. 694/95, S. 26; BT-Drs. 12/6784, S. 11 f. Heckmann, ZRP 1995,1 (2). 10 Vgl. die Argumentation von Weßlau, StV 1991, 226 (233) für die Einordnung des § 73 d StGB. 11 BR-Drs. 695/95, S. 15; BT-Drs. 12/6784, S. 12. 9

16

Gegenstand und Ziel der Untersuchung

verliert sechs Monate nach der Bekanntgabe ihre Wirksamkeit, wenn diese Frist nicht verlängert wird oder die Vermögenseinziehung angeordnet wird. Die endgültige Vermögenseinziehung kann erfolgen, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß das Vermögen aus schwerwiegenden Straftaten herrührt oder hierfür verwendet werden soll. Hinsichtlich dieser Verdachtseinziehung soll der Frage nachgegangen werden, ob der geplante Zusatz zur Eigentumsgarantie in der Form eines angefügten vierten Absatzes wirklich erforderlich ist, um den verfassungsrechtlichen Rahmen für ein solches Institut zu schaffen oder ob eine Verdachtseinziehimg auch schon mit dem geltenden Art. 14 GG zu vereinbaren wäre. Da der Gesetzesentwurf der SPD schon in der 11. Legislaturperiode in den Bundestag eingebracht wurde, gilt er gem. § 125 S. 1 GeschO BT inzwischen als erledigt (Grundsatz der sachlichen Diskontinuität). Die Fraktion der SPD plant allerdings die Einbringung eines neuen Gesetzesentwurfs 12. So liegt ein Diskussionsentwurf von Meyer und Hetzer13 vom 23.10.1996 vor, der den Entwurf eines Gesetzes zur Verhütung sowie Verfolgung Organisierter Kriminalität und zur steuerlichen Erfassung der Gewinne aus schweren Straftaten (OKVStG) beinhaltet14. Der Diskussionsentwurf sieht weiterhin eine Änderung von Art. 14 I GG im oben dargestellten Sinne vor. Von der Einführung einer Verdachtseinziehung, also der Änderung von Art. 14IV GG haben die Verfasser hingegen Abstand genommen. In der folgenden Untersuchung wird in zwei Schritten geprüft, ob und wenn ja wie sich die vorgeschlagenen Änderungen des Art. 14 GG auswirken würden. In einem ersten Schritt wird die Verfassungsmäßigkeit der Entziehung von rechtswidrig erlangtem Eigentum, also der Verfallsvorschriften des StGB untersucht. Hier wird neben der Eigentumsfreiheit auch auf das Schuldprinzip und die Unschuldsvermutung eingegangen. In einem zweiten Schritt wird untersucht, ob Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, von dem geltenden Art. 14 GG geschützt wird und ob die bestehenden Einziehungsvorschriften aus präventiven Gründen mit der Eigentumsgarantie zu vereinbaren sind. Am Ende eines jeden Teils wird zu der Frage Stellung genommen, wie sich eine Änderung von Art. 141 GG und die Einführung der vorgeschlagenen Vermögenseinziehung auswirken würden.

12

Vgl. Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13 ff. Prof. Dr. Jürgen Meyer, MdB, ist Stellv. rechtspolitischer Sprecher der SPDBundestagsfraktion, Dr. Wolfgang Hetzer wissenschaftlicher Mitarbeiter der SPDBundestagsfraktion. 14 Der 62 Seiten umfassende, noch nicht veröffentlichte Entwurf kann bei der SPDBundestagsfraktion angefordert werden. 13

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum I. Verfall 1. Inhalt der Verfallsvorschriften Durch den Verfall wird ein illegaler Vermögensvorteil, den der Täter oder Teilnehmer für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat, abgeschöpft1; er dient also der Umsetzung des Mottos „crime doesn't pay". Straftäter sollen unter allen Umständen um die Früchte ihres kriminellen Wirkens gebracht werden2. a) Die Mängel des alten Verfallsrechts

Als allgemeines, für das gesamte Strafrecht geltende Rechtsfolgeninstitut wurde der Verfall durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) vom 04.07.1969 in das Strafgesetzbuch eingefügt 3. § 73 I StGB a.F. lautete: „Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden und hat der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr einen Vermögensvorteil erlangt, so ordnet das Gericht dessen Verfall an. Dies gilt nicht, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde." Zu einer Verfallsanordnung nach dieser Vorschrift kam es aber nur bei ca. 0,04 % aller strafrechtlichen Verurteilungen 4. Die alte Ausgestaltung des Verfallsrechts hat sich damit in der Praxis als unwirksam erwiesen. Für dieses Wirksamkeitsdefizit können vor allem drei Gründe angeführt werden:

1

Schäfer, in: LK, Vor § 73 Rn. 11. Herzog, in: NK, Vor § 73 Rn. 5. 3 BGBl 19691, S. 717 (734 f.). 4 Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden, Fachserie 10: Rechtspflege, Reihe 3 Strafverfolgung, zit. nach Weßlau, StV 1991, 226 (227). 2

2 Dannert

18

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

aa) Subsidiarität des Verfalls gegenüber Ansprüchen des Verletzten Erstens konnte der Verfall gemäß § 73 12 StGB nur dann angeordnet werden, soweit dem Verletzten keine Ansprüche gegen den Täter zustanden. Dies galt auch dann, wenn praktisch mit der Geltendmachung von Ansprüchen nicht zu rechnen war, z.B. weil der Anspruchsinhaber nicht mehr ermittelt werden konnte. Aus Gründen der Praktikabilität war allein die rechtliche Existenz eines Anspruchs maßgebend5. Diese Subsidiarität des Verfalls gegenüber Ansprüchen des Verletzten hat dazu geführt, daß eine Verfallsanordnung bei den Delikten gegen die Person, den klassischen Vermögensdelikten und den Steuerdelikten regelmäßig ausschied6. Der Anwendungsbereich des Verfalls beschränkte sich daher von vornherein auf Sachlagen, bei denen der erzielte Tatgewinn nicht die Kehrseite der Schädigung eines Individualrechtsguts bildete, also etwa bei Gefährdungsdelikten oder Delikten gegen Rechtsgüter der Allgemeinheit7. Bei Vermögensdelikten kam er ferner dann in Betracht, wenn der Gewinn aus verbotenen und sittenwidrigen Geschäften wegen § 817 BGB nicht zurückzuerstatten war8. In der Praxis wurde der Verfall daher in über 50 % der Fälle bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz angeordnet9. bb) Beweislastverteilung Das zweite Hindernis für eine Verfallsanordnung stellte regelmäßig die Beweislastverteilung hinsichtlich der Herkunft des in Frage stehenden Vermögens dar. So kam der Verfall nur dann in Betracht, wenn nachgewiesen wer5 BGH NStZ 1984, 409 (409); MDR 1986, 794 (794); Dreher/Tröndle, Giintert, Gewinnabschöpfung, S. 72.

§ 73 Rn. 4;

6 Vgl. Lackner, § 73 Rn. 6; Kaiser, FS für Tröndle, S. 685 (695); Schmitt, GS für Noll, S. 295 (299); Bei Steuerdelikten wurde die Subsidiarität teilweise mit der Begründung abgelehnt, daß der Staat nicht Verletzter i.S.d. § 73 12 StGB sei und somit der Anspruch auf Nachzahlung der Steuer unbeachtlich sei, so Brenner, DRiZ 77, 203 (204); anders die h.M., weil §7312 StGB erstens nicht zwischen zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Ansprüchen unterschieden hat und zweitens den Täter davor schützen sollte, nicht zweimal zahlen zu müssen. Eine solche zweimalige Zahlung hätte stattgefunden, wenn der hinteizogene Betrag für verfallen hätte erklärt werden können und gleichzeitig der Staat berechtigt gewesen wäre, die hinterzogenen Steuern nachzufordern, so LG Aachen NJW 78, 385 (385); LG Berlin NStZ 91,437 (437); Schäfer, in: LK, § 73 Rn. 23; Dreher/Tröndle, § 73 Rn. 7. 7 Hoyer, GA 1993,406 (408). 8 OLG Stuttgart, wistra 90,165 (166 f.). 9

Giintert, Gewinnabschöpfung, S. 90.

I. Verfall

19

den konnte, daß der Täter die Vermögensgegenstände für die abzuurteilende Tat oder aus ihr erlangt hatte. Auch wenn es noch so sehr nahelag, daß z.B. der im Besitz einer größeren Betäubungsmittelmenge angetroffene Täter auch sein beträchtliches Geldvermögen mit Hilfe irgendwelcher unerkannt gebliebener Straftaten angehäuft hatte, schied der Verfall deshalb aus, solange die gewinnursächliche Tat nicht nachgewiesen werden konnte10. cc) Nettoprinzip Selbst wenn die Herkunft des aufgespürten Vermögens aus der abzuurteilenden Tat unzweifelhaft feststand, stieß die Verfallsanordnung noch auf eine weitere, dritte Schwierigkeit: Aus dem Begriff des Vermögensvorteils ergab sich, daß sämtliche Aufwendungen, die dem Täter im Zusammenhang mit seinem kriminellen Vermögenserwerb entstanden waren, von den dem Verfall unterworfenen Vermögensgegenständen abgezogen werden mußten. Dem Verfall unterlag also lediglich der „Nettogewinn" des Täters11. Das Gericht mußte somit - bevor es eine Verfallsanordnung treffen konnte - die Höhe der Aufwendungen des Täters feststellen. Auch wenn der Richter die Höhe der Aufwendungen gem. § 73 b StGB schätzen konnte, enthob ihn dies nicht von der Pflicht, die Grundlagen der Schätzung anzugeben und Beweismittel auszuschöpfen, soweit sie ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten zu erlangen waren. Da diese Ermittlungen über die Aufwendungen des Täters und damit über die tatsächliche Höhe des Gewinns in der Praxis einen erheblichen Aufwand bedeuteten, wurde häufig von den Möglichkeiten der §§ 442 I, 430 StPO Gebrauch gemacht. Um einen zusätzlichen Verfahrensaufwand zu vermeiden, wurde also der Verfall als Gegenstand der Untersuchung und Entscheidung ausgeklammert12. Wegen der aufgezeigten Probleme bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Verfallsanordnimg wurde das Tätervermögen von den Gerichten in der Regel nicht für verfallen erklärt. Das Verfallsrecht gewährleistete damit keine wirksame strafrechtliche Gewinnabschöpfung. b) Reform des Verfallsrechts

Um dem entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber das Recht des Verfalls 1992 zweimal geändert. Beide Gesetzesänderungen zielten darauf ab, den fi10

BT-Drs. 11/6623, S. 4; Hoyer, GA 1993,406 (409). Eser y in: Schönke/Schröder, § 73 Rn. 17; Schäfer, in: LK, § 73 Rn. 16; Hoyer, GA 1993,406 (409). 12 Güntert, Gewinnabschöpfung, S. 97. 11

20

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

nanziellen Erlös aus kriminellen Geschäften effektiver abschöpfen zu können13. Die erste Änderung erfuhr § 73 StGB durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28.02.199214. Durch dieses Änderungsgesetz wurden in § 73 11 StGB die Worte „einen Vermögensvorteil" durch „etwas" ersetzt, und § 73 12 und III StGB wurden dieser neuen Formulierung angepaßt. Es stellt sich die Frage, ob die Formulierung, daß der Täter „etwas erlangt" haben muß, nicht nur eine Änderung des Wortlautes darstellt, sondern auch dem Inhalt nach etwas anderes ausdrückt als die Formulierung, daß der Täter „einen Vermögensvorteil" erlangt haben muß. „Etwas" kann nach Wortlaut nur eine Vermögensvermehrung sein, bei der ebenso wie bei einem „Vermögensvorteil" zu ermitteln ist, ob damit der Vermögenszuwachs als solcher gemeint ist, oder ob für ihn getätigte Aufwendungen durch Saldierung abzuziehen sind. Der Wortlaut des § 73 I StGB läßt somit offen, ob der Bruttooder lediglich der Nettozuwachs des Vermögens eines Tatbeteiligten für verfallen erklärt werden kann15. Aus den Begründungen des Gesetzesentwurfs geht hervor, daß der Gesetzgeber durch das Ersetzen des Wortes „Vermögensvorteil" durch „etwas" in § 73 11 und III StGB bzw. durch „den Wert des aus der Tat erlangten" in § 73 12 StGB die „Geltung des Bruttoprinzips beim Verfall" klarstellen wollte. Er habe bei der neuen Formulierung Ausdrücke gewählt, die sich auf die Gesamtheit des Erlangten bezögen16. Begründet hat der Gesetzgeber das Erfordernis einer Bruttogewinnabschöpfung wie folgt: Die Saldierungspflicht bei der Verfallsanordnung führe nach der Gesamtsystematik der Rechtsordnung zu Wertungswidersprüchen. So versage das Zivilrecht demjenigen, der sich selbst außerhalb der Rechtsordnung stellt, in § 817 S. 2 BGB die Zuhilfenahme der Gerichte bei der Rückabwicklung seines zweifelhaften Geschäfts. Der Rechtsgedanke des § 817 S. 2 BGB, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sei, solle zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen deshalb auch beim Verfall Anwendung finden 17. Da es also der erklärte Wille des Gesetzgebers war, vom Netto- zum Bruttoprinzip überzugehen, und der insoweit offene Gesetzeswortlaut dem nicht entgegensteht, ist § 73 StGB dahingehend auszulegen, daß der gesamte Bruttoerlös des

13

BT-Drs. 12/989, S. 21, 23. BGBl 1992 I, S. 372 (374). 15 Dreher/Tröndle, § 73 Rn. 3 a; Herzog, in: NK, § 73 Rn. 12; Göhler, wistra 92, 133 (136); Krey/Dierlamm, JR 92, 353 (357). 16 BT-Drs. 12/1134, S. 12. 17 BT-Drs. 12/1134, S. 12; 12/989, S. 23; 11/6623, S. 13. 14

I. Verfall

21

Tatbeteiligten dem Verfall unterliegt, soweit die sonstigen Voraussetzungen für eine Verfallsanordnung gegeben sind18. Die zweite Änderung des Verfallsrechts erfolgte durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15.07.199219. Durch dieses Gesetz wurde das Institut des „Erweiterten Verfalls" (§ 73 d StGB) geschaffen. Danach kann der Verfall von Vermögensgegenständen bereits dann angeordnet werden, wenn der Täter eine rechtswidrige Tat begangen hat und „Umstände die Annahme rechtfertigen", daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt wurden, § 73 d 11 StGB. Der erweiterte Verfall sieht somit eine Beweislasterleichterung hinsichtlich der Herkunft des Tätervermögens vor 20. Durch die Reformen des Verfallsrechts wurden somit zwei Mängel, die für das Wirksamkeitsdefizit des Verfalls verantwortlich waren, behoben: Zum einen ist das Nettoprinzip durch das Bruttoprinzip ersetzt worden, zum anderen wurde eine Beweislasterleichterung hinsichtlich der Vermögensherkunft geschaffen. Die Ermittlungen bei der Feststellung der Höhe des Taterlöses und der Herkunft des Vermögens dürften daher nicht mehr auf die Schwierigkeiten stoßen, wie es vor den Gesetzesänderungen der Fall war. Nicht angetastet hat der Gesetzgeber dagegen den Grundsatz von der Subsidiarität des Verfalls gegenüber Ansprüchen des Verletzten. Auch nach dem geltenden § 73 12 StGB scheidet der Verfall deshalb aus, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Die Geltung des Subsidiaritätsgrundsatzes - von Kaiser als „eigentliche Crux" der Verfallsvorschriften bezeichnet21 - führt also weiterhin dazu, daß der Verfall fast im gesamten Bereich der Vermögenskriminalität ausscheidet22. c) Ausgestaltung des Verfallsrechts

Die Anordnung des Verfalls erstreckt sich gem. § 73 II StGB sowohl auf gezogene Nutzungen als auch auf Surrogate, die der Tatbeteiligte für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des Erlangten oder auf Grund eines 18 BGH NStZ 1994, 123 (123); Lackner, § 73 Rn. 4; Horn, in: SK, § 73 Rn. 7; Katholnigg, JR 1994, 353 (356). 19 BGBl 19921, S. 1302(1303). 20 Näher zum Institut des Erweiterten Verfalls unten unter Π. 21 Kaiser, FS für Tröndle, 685 (695). 22 Vgl. oben 1. T e i l ! l.a)aa).

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

22

erlangten Rechts erworben hat. Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und hat dieser dadurch etwas erlangt, so richtet sich die Verfallsanordnung nach § 73 III StGB gegen ihn. Ist ein Dritter Eigentümer des Vermögensgegenstandes, so ist der Verfall gem. § 73 IV StGB anzuordnen, wenn der Dritte den Gegenstand für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat. Den Hauptanwendungsfall dieser Regelung bildet die Gewährung eines Entgelts für die Tat, sofern sich die zivilrechtliche Nichtigkeit nach § 134, 138 BGB nicht nur auf das Verpflichtungs-, sondern auch auf das Erfüllungsgeschäft erstreckt 23. Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nicht möglich - z.B. wegen Verbrauchs oder Verarbeitung -, so ordnet das Gericht nach § 73 a StGB den Verfall des Wertersatzes an, d.h. eines Geldbetrages, der dem Wert des Erlangten entspricht. § 73 b StGB ermöglicht es dem Richter, die Höhe des dem Verfall unterworfenen Vermögens zu schätzen. § 73 c StGB enthält eine Härtevorschrift. Danach wird der Verfall nicht angeordnet, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre, § 73 c 11 StGB. Eine unbillige Härte liegt vor, wenn die Verfallsanordnung für den Betroffenen eine in besonderem Maße empfindliche und ungerechte Einbuße verkörpert 24 oder allgemein dem Rechtsempfinden widerspricht 25. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der von dem Verfall nach § 73 III StGB Betroffene gutgläubig gewesen ist und das Erhaltene inzwischen verbraucht hat26 oder wenn der Täter den erlangten Vermögensvorteil freiwillig einer gemeinnützigen Einrichtung zugewendet hat27. Nach § 73 c 12 StGB kann die Anordnung unterbleiben, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat. Während der Ausschluß des Verfalls bei einer unbilligen Härte obligatorisch ist, ergeht in den Fällen des § 73 c 12 StGB eine Ermessensentscheidunng. Die Wirkung des Verfalls regelt § 73 e StGB. Danach geht durch eine Verfallsanordnung das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht. Rechte Dritter an dem Gegen-

23

Lackner., § 73 Rn. 10.

24

Herzog, in: NK, § 73 c Rn. 3; Dreher/Tröndle,

Rn. 4. 25

Schäfer, in: LK, § 73 c Rn. 5.

26

Horn, in: SK, § 73 c Rn. 4.

27

Schäfer, in: LK, § 73 c Rn. 5; Dreher/Tröndle,

§ 73 c Rn. 2; Horn, in: SK, § 73 c

§ 73 c Rn. 2.

I. Verfall

23

stand bleiben bestehen. Vor der Rechtskraft wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot i.S.d. § 136 BGB, wobei das Verbot auch andere Verfügungen als Veräußerungen umfaßt.

2. Rechtsnatur des Verfalls Schwierigkeiten bereitet die Beantwortung der Frage nach der Rechtsnatur des Verfalls. Die dogmatische Einordnung des Verfalls als Strafe oder als sonstige Maßnahme ist zum einen bedeutsam für die Anwendung bestimmter Vorschriften des StGB, wie ζ. B. der §§ 46 ff. StGB, die nur für Strafen gelten. Zum anderen ist die Bestimmung der Rechtsnatur des Verfalls erforderlich, um die Anwendbarkeit verfassungsrechtlicher Grundsätze wie der Unschuldsvermutung und des Schuldprinzips feststellen zu können. Sowohl die Unschuldsvermutung als auch das Schuldprinzip gelten bei Strafen und strafahnlichen Sanktionen28. Um die Vereinbarkeit des Verfalls mit diesen Grundsätzen überprüfen zu können, muß daher zunächst untersucht werden, ob diese Grundsätze auf den Verfall anwendbar sind, ob also der Verfall eine Strafe oder eine strafähnliche Sanktion im verfassungsrechtlichen Sinne darstellt. a) Wesensmerkmale der Strafe

Wann eine Maßnahme eine Strafe darstellt, ist weder im Grundgesetz noch einfach-gesetzlich definiert. Das BVerfG geht in seiner Rechtsprechung zur Unschuldsvermutung und zum Schuldprinzip in Übereinstimmung mit der überwiegenden Literatur von einem Strafbegriff aus, der durch drei Elemente gekennzeichnet ist: Zunächst ist die Strafe Vergeltung durch Zufügung eines Übels29. Sie ist dabei durch die Schwere des Eingriffs in die Rechtsstellung des Bürgers gekennzeichnet30. Eine Strafe setzt damit eine rechtliche Schlechterstellung des Bürgers voraus.

28 Für die Unschuldsvermutung BVerfGE 19, 342 (347); 35, 311 (320); 74, 358 (371); 82, 106 (114 f.); für das Schuldprinzip BVerfGE 9, 167 (169); 20, 323 (331); 23, 127 (132); 25, 327 (331); 41, 121 (125); 50,125 (133). 29 BVerfGE 22, 125(132). 30 BVerfGE 45,272 (288).

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

24

Ferner ist die Strafe mit einer präventionsorientierten Zweckrichtung verbunden, d.h. sie dient der Speziai- und Generalprävention31. Der Anknüpfungspunkt der Strafe ist also einerseits die Gefährlichkeit des Täters und andererseits die latente Kriminalitätsbereitschafl anderer Personen im Umfeld des Täters. Der Staat begegnet dem verbrecherischen Hang mit Strafen, die nach Art und Höhe eine durchgreifende Einwirkung auf den Verurteilten und die Gemeinschaft ermöglichen sollen. Sowohl der Täter als auch die Allgemeinheit sollen von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden32. Schließlich enthält eine Strafe ein sozialethisches Unwerturteil über die Verhaltensweise des Betroffenen 33. Dem Täter wird die Auflehnung gegen die staatliche Rechtsordnung in einem grundsätzlichen, mit fehlerhafter Persönlichkeitshaltung zusammenhängenden Sinne zur Last gelegt, und die Berechtigung dieses Vorwurfs wird festgestellt 34. Eine Strafe ist damit gekennzeichnet durch ihre Wirkungen, also Rechtsnachteile für den Betroffenen, und durch ihre Zielsetzungen, die zum einen in der Prävention und zum anderen in der Verhängung eines Unwerturteils, also der Repression liegen. Wenn das BVerfG bei der Untersuchung, ob einer Maßnahme Strafcharakter zukommt, lediglich verlangt, daß die Maßnahme in ihren Wirkungen einer Freiheits- oder Geldstrafe gleichkommen muß35, so kann diese Überprüfung einer Maßnahme auf ihre Wirkungen nicht dahingehend verstanden werden, daß auf die anderen oben aufgezeigten Merkmale einer Strafe verzichtet werden kann. Stellte man nämlich allein auf die strafgleiche Übelswirkung ab, so müßte man zahlreichen Maßnahmen des Gefahrenabwehrrechts Strafcharakter beimessen. Maßnahmen der Gefahrenabwehr, die gegen den Störer ergriffen werden, stellen aber gerade keine Strafe dar, so daß das Kriterium der Übelszufügung nicht allein ausschlaggebend sein kann36.

31

BVerfGE 9, 137 (145); 20, 125 (132);20, 323 (331); Hoyer, GA 1993, 406

(421). 32

Jescheck, AT, § 8 Π 3, S. 67. BVerfGE 9,137 (145); 9,167 (171); 22, 49 (79); 22, 125 (132); 27, 18 (29); 27, 34 (40); 43, 101 (105); 45, 272 (288); Kühl, Unschuldsvermutung, S. 15; Meyer, FS für Tröndle, S. 61 (70); Weßlau, StV 1991, 226 (231). 34 BVerfGE 9,167 (171); 20, 323 (331); 22,49 (80); 43,101 (105). 35 BVerfGE 19, 342 (347); 35, 311 (320); 74, 358 (371). 36 Vgl. Weßlau, StV 1991,226 (231). 33

I. Verfall

25

Sähe man als strafbegründenden Aspekt einer Maßnahme allein die präventionsorientierte Zweckrichtung an37, so wäre eine Abgrenzung von Strafen zu Maßregeln der Besserung und Sicherung nur schwer möglich. Letztere werden nicht als Antwort auf eine Tat, sondern aus Anlaß der Tat im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Täters oder eines Gegenstandes angeordnet. Sie sind somit rein präventiver Natur 38. Um Strafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung voneinander unterscheiden zu können, bedarf es daher noch anderer Kriterien als die präventionsorientierte Zweckrichtung. Eine Strafe ist daher jeder Rechtsnachteil, den der Gesetzgeber an einen von ihm mißbilligten Sachverhalt angeknüpft hat, um damit general- und spezialpräventiv zu wirken und vom Standpunkt der Rechtsordnung ein spezifisches Unwerturteil über Tat und Täter auszusprechen39.

b) Einordnung des Verfalls

Der Reformgesetzgeber hat die Beantwortung der Frage nach der Rechtsnatur des Verfalls bewußt oflfengelassen 40. In § 111 Nr. 8 StGB wird der Verfall neben den Maßregeln der Besserung und Sicherung, der Einziehung und Unbrauchbarmachung zu den „Maßnahmen" gezählt. Aus dieser Vorschrift leitet Horn ab, daß der Verfall weder eine Strafe noch eine Maßregel der Besserung und Sicherung, sondern eine Maßnahme eigener Art sei41. Dem kann nicht zugestimmt werden, da sich der Rechtscharakter des Verfalls nicht allein aus einer Legaldefinition ergeben kann. Wäre dies möglich, so hätte es der Gesetzgeber in der Hand, Strafen per Legaldefinition zu Maßnahmen eigener Art zu erklären. Dadurch könnten Anforderungen, die das Grundgesetz an die Verhängung von Strafen stellt - z.B. die Beachtung des Schuldprinzips oder der Unschuldsvermutung - umgangen werden. Aus diesem Grund kann die Rechtsnatur des Verfalls nicht allein mit Hilfe des § 111 Nr. 8 StGB geklärt werden. Die Vorschrift dient lediglich gesetzestechnischen Zwecken, indem unter der Sammelbezeichnung der Maßnahme bestimmte Rechtsfolgen der Tat zusammengefaßt werden, die trotz unterschiedlicher Rechtsnatur teilweise

37

So Hoyer, GA 1993,406 (421 ). Stree, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 38 ff. Rn. 5; Frister, Schuldprinzip, S. 16. 39 BVerfGE 9, 137 (145); Jescheck, AT, § 70 I 1, S. 741; Stree, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 38 ff. Rn. 5. 40 BT-Drs. IV/650 S. 240. 41 Horn, in: SK, § 73 Rn. 3. 38

26

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

nach gleichen Grundsätzen behandelt werden42. Die Rechtsnatur des Verfalls richtet sich vielmehr nach den Wirkungen und dem Zweck der Verfallsanordnung. Insbesondere wegen der unterschiedlichen Wirkungen ist bei der Bestimmung der Rechtsnatur des Verfalls zwischen zwei Konstellationen zu differenzieren. Einerseits kann die Verfallsanordnung lediglich das Vermögen betreffen, das der Täter abzüglich seiner eigenen Aufwendungen für die oder aus der Tat erlangt hat, also seinen Nettoerlös. Andererseits kann sich der Verfall ohne Abzug der Aufwendungen auf alles beziehen, was der Täter für die oder aus der Tat erlangt hat, also auf seinen Bruttoerlös. aa) Verfall des Nettoerlöses Eine Einordnung des Verfalls als Maßregel der Besserung und Sicherung scheidet aus, da von den Tatvorteilen in der Regel keine besondere Gefährlichkeit ausgeht und der Verfall auch keine Handhabe bietet, den Täter an der Begehung weiterer rechtswidriger Taten zu hindern43. Die dogmatische Einordnung des Verfalls erschließt sich aus seinen Wirkungen und seinem vorrangigen Zweck. Zunächst ist festzustellen, daß der Verfall des Nettoerlöses keine Übelszufügung im Sinne eines wirtschaftlichen Nachteils darstellt. Dem Täter soll nicht mehr entzogen werden, als er auf unrechtmäßige Weise erlangt hat. Er soll durch den Verfall also nicht schlechter gestellt werden als es vor der Tat der Fall war. Dieser Gedanke findet sich auch in § 73 12 StGB wieder. Danach unterbleibt die Verfallsanordnung beim Bestehen von Ausgleichsansprüchen des Verletzten, um eine doppelte Inanspruchnahme des Täters zu verhindern 44. Die Verfallsanordnung bewirkt somit keine Schlechterstellung der Rechtsstellung des Täters im Vergleich mit seiner Situation vor der Tat. Der Zweck des Verfalls liegt zum einen darin, daß dem Täter und auch der Allgemeinheit vor Augen geführt werden soll, daß sich Kriminalität nicht finanziell auszahlt45. Insoweit kommen dem Verfall also speziai- und generalpräventive Aufgaben zu, die für eine Einordnung als Strafe sprechen könnten. 42 Eser, in: Schönke/Schröder, § 11 Rn. 64; Lackner, § 11 Rn. 21; Lenz, Einziehung und Verfall, S. 192. 43 Schäfer, in: LK, § 73 Rn. 4; E ser, in: Schönke/Schröder, Vor. § 73 Rn. 18; ders., Sanktionen, S. 86. 44 Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 5 f. 45 Schäfer, in: LK, § 73 Rn. 4.

I. Verfall

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Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Verfallsanordnimg kein schuldhaftes Handeln des Täters voraussetzt. Das heißt aber, daß der Täter von dem Gedanken, daß sich Kriminalität nicht auszahlt, möglicherweise gar nicht berührt wird. Trotzdem wird der Verfall angeordnet. Diese Überlegung zeigt, daß spezialpräventive Gesichtspunkte nicht den Hauptzweck darstellen kön-

Wohl aus diesem Grund hängt die Rechtsnatur des Verfalls nach einer Ansicht von dem Charakter der begangenen Tat und der Person des Bereicherten ab. Dem Verfall komme Strafcharakter zu, wenn der Täter schuldhaft gehandelt habe und selbst bereichert sei. Das gleiche gelte, wenn sich der Verfall gegen einen Dritten richte, der den Vermögensvorteil für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt habe. In allen anderen Fällen stelle der Verfall eine „Maßnahme der Nichttolerierung einer rechtswidrigen Maßnahme durch den Staat" dar47. Gegen die Einordnung des Verfalls als Strafe in den genannten Fallkonstellationen spricht aber, daß trotz der spezialpräventiven Zweckrichtung dem Betroffenen auch in diesen Fällen kein Übel zugefügt wird. Auch wenn also das Ziel einer Strafe mit der Verfallsanordnung verfolgt wird, so fehlt es an den einer Strafe innewohnenden Wirkungen. Auch die generalpräventive Abschreckungswirkung des Verfalls sollte nicht überbewertet werden, da der Verfall ja gerade kein Übel zufügt, sondern lediglich den illegal erlangten Taterlös wieder abschöpft. Die Androhung, im Vermögen des Adressaten werde der status quo ante wiederhergestellt, dürfte für sich alleine betrachtet - wohl keinen von einer Straftat abhalten48. Wesentliche Aufgabe des Verfalls ist es vielmehr, unrechtmäßig zustande gekommene Vermögensvorteile auf Täterseite zu beseitigen49 bzw. das verletzte Recht wiederherzustellen 50. Das Hauptziel des Verfalls ist somit keine Prävention, sondern Reparation. Der Verfall stellt damit keine Strafe dar, sondern eine Maßnahme sonstiger Art. § 73 12 StGB zeigt, daß bei der Reparation ein wichtiger Aspekt die mögliche Rückführung der Tatvorteile auf den Berechtigten, also den durch die Tat 46

Eberbach, NStZ 1987,486 (489). Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 61 Π Rn. 15, S. 528. 48 Giintert, Gewinnabschöpfung, S. 17. 49 BGHSt 30, 47 (47); 31, 145 (146); OLG Düsseldorf NJW 1979, 992 (992); Horn, in: SK, § 73 Rn. 4; Eser, in: Schönke/Schröder, Vor § 73 Rn. 18; Jescheck, AT, § 7611, S. 790; Eberbach, NStZ 1987,486 (489). 50 Lackner, § 73 Rn. 1; Dreher/Tröndle, § 73 Rn. 1 c. 47

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Geschädigten darstellt. Diese Situation entspricht der Ausgangslage der Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. §§ 812 ff. BGB. Wie § 73 II StGB umfaßt die Herausgabepflicht gem. § 8181 BGB auch Nutzungen und Surrogate. Ferner erfaßt § 73 a StGB wie auch § 818 II BGB die Herausgabe des Wertersatzes. Wegen dieser Struktur- und Funktionsgleichheit zwischen Verfall und ungerechtfertigter Bereicherung kann der Verfall als „quasikondiktionelle Ausgleichsmaßnahme" bezeichnet werden51. bb) Verfall des Bruttoerlöses Durch die Einführung des Bruttoprinzips beim Verfall wird nicht mehr nur der Gewinn aus der Tat, der sich erst durch Abzug von mit der Tat zusammenhängenden Aufwendungen ergibt, abgeschöpft, sondern der gesamte Taterlös. Darin liegt zunächst eine Verschlechterung der Rechtsstellung von Tätern, denen solche Aufwendungen entstanden sind. Wenn die Bruttoerlösabschöpfung aber eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Täters begründet, bewirkt sie mehr als nur die Wiederherstellung des Vermögensstandes vor der Tat. Sie kann daher nicht als quasi-kondiktionelle Ausgleichsmaßnahme angesehen werden52. Auch der Grundgedanke des § 817 S. 2 BGB hilft hier nicht weiter. Nach dieser Vorschrift wird bei der Rückabwicklung verbotener oder sittenwidriger Geschäfte lediglich staatliche Hilfe versagt. Das legitimiert den Staat aber nicht, den rechtswidrig transferierten Wert auf sich selbst überzuleiten53. Da auch bei der Bruttoerlösabschöpfung von dem Vermögen keine typische Gefährlichkeit ausgeht und die Abschöpfung keine Handhabe bietet, den Täter von weiteren Straftaten abzuhalten, scheidet auch eine Einordnung als Maßregel der Besserung und Sicherung aus54. 51

Eser, Sanktionen, S. 85; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 6; Eberbach, NStZ 1987, 486 (489 f.); Horn, in: SK, § 73 Rn. 4; nach Eser, Sanktionen, S. 86, kommt dem Verfall ausnahmsweise Strafcharakter zu, wenn er sich auf den Gewinn eines schuldigen Täters bezieht, und wenn er die entscheidende Voraussetzung dafür ist, daß der Täter für die Hauptstrafe überhaupt erst „empfanglich" wird. Diese Überlegung überzeugt indes nicht, da der Verfall allein dem Täter auch bei dieser Fallkonstellation kein Übel zufügt. Im übrigen ändert die von Eser beschriebene Zielrichtung nichts an der Hauptaufgabe des Verfalls, nämlich der Gewinnabschöpfung zur Wiederherstellung des verletzten Rechts. 52

(844). 53

Dessecker, Gewinnabschöpfung, S. 362; Eser, FS für Stree und Wessels, S. 833

Lackner, § 73 Rn. 4 b. Vgl. oben 1. Teil I. 2. a); anders Krey/Dierlamm, JR 92, 353 (358), die ihre Ansicht mit einem nicht näher erläuterten Hinweis auf den systematischen Zusammenhang und die ratio legis des Verfalls begründen. 54

I. Verfall

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Es stellt sich daher die Frage, ob der Verfall, der über die Abschöpfung des reinen Nettogewinns hinausgeht, Strafcharakter annimmt. Dann müßte der Verfall zunächst eine Übelszufügung bewirken. Der Verfall in Höhe des Brutto-Netto-Saldos bewirkt eine originäre Vermögensverschiebung vom Verfallbetroffenen auf den Staat. Der Betroffene ist damit - was sein Vermögen betrifft - schlechter gestellt als vor der Tat. Der Verfall bewirkt somit für den Betroffenen eine materielle Belastung, also eine Übelszufügung. Das BVerfG stellt bei strafähnlichen Maßnahmen nicht auf eine beliebige Übelszufügung ab, sondern es verlangt, daß die Maßnahme in ihrer Wirkung einer Freiheits- oder Geldstrafe gleichkommt55. Vergleicht man die Wirkungen des Verfalls mit denen der Geldstrafe, so unterscheiden sich beide Maßnahmen wie folgt: Durch eine Geldstrafe wird der Betroffene verpflichtet, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen, während durch die Verfallsanordnung konkrete Vermögensgegenstände entzogen werden. Da das Ergebnis, nämlich die vermögensrechtliche Schlechterstellung, bei beiden Maßnahmen identisch ist, ist dieser Unterschied für den Vergleich der Wirkungen der beiden Maßnahmen unbeachtlich. Die Wirkungen des Verfalls kommen daher denen der Geldstrafe gleich. Auch nach der Ansicht des BVerfG hätte der Verfall des Bruttoerlöses somit die Wirkungen einer Strafe. Ferner bemißt sich der Strafcharakter einer Maßnahme danach, ob mit der Maßnahme eine präventionsorientierte Zweckrichtung verbunden wird, ob sie also der Speziai- und Generalprävention dient56. Da die Abschöpfung des Brutto-Netto-Saldos über die erzielte Bereicherung des Täters hinausgeht, kann sie nicht mehr als kondiktionsähnlich angesehen werden. Der Bruttoerlösverfall läßt sich damit nicht mehr mit dem Reparationsgedanken erklären, er muß vielmehr statt des Ausgleichs einen anderen Zweck verfolgen. Um welchen Zweck es sich dabei handelt, wurde bereits ausgeführt 57: Der Verfall soll sowohl dem Täter als auch der Allgemeinheit vor Augen führen, daß sich Kriminalität nicht auszahlt. Auch wenn dieser Zweck bei der Nettoerlösabschöpfung neben der Hauptaufgabe der Reparation nur ein Nebenziel darstellt, so wird dieses Nebenziel zum Hauptzweck, wenn der Reparationsgedanke völlig wegfallt, wie dies bei der Bruttoerlösabschöpfung der Fall ist. Außerdem führt die Tatsache, daß die Bruttoerlösabschöpfung zu einer Verschlechterung der Rechtsstellung des Täters führen kann, zu einer wirksameren Speziai- und auch Generalprävention. Bei einer Bruttoerlösabschöpfung geht der Täter das Risiko ein, mit der Tat ein „Verlustgeschäft" zu machen. 55 56 57

BVerfGE 19, 342 (347); 35, 311 (320); 74, 358 (371). Hoyer, GA 1993,406 (421). Vgl. oben 1. Teil 1.2. b)aa).

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

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Die Androhung dieses Übels ist eher geeignet, eine Abschreckungswirkung zu erzielen als die bloße Androhung, dem Täter lediglich das Risiko aufzubürden, „umsonst" tätig geworden zu sein. Mit dem Verfall des Bruttoerlöses wird daher in erster Linie Verbrechensprävention betrieben. Schließlich müßte der Verfall ein sozialethisches Unwerturteil enthalten und ihm müßte deshalb in der Öffentlichkeit eine deklassierende Wirkung zukommen58. Durch den Verfall des Brutto-Netto-Saldos wird der Betroffene nicht nur um die Früchte seines verbotenen Tuns gebracht, sondern er wird auch vermögensrechtlich schlechter gestellt. Dem Betroffenen wird also das wirtschaftliche Risiko der Straftat aufgebürdet. Diese Risikoverteilung und die damit verbundene Schlechterstellung des Täters, also die Übelszufugung, erfolgt deshalb, weil das Verhalten des Täters sozialethisch mißbilligt wird. Die sozialethische Mißbilligung wird durch die Verfallsanordnung nach außen manifestiert. Der Verfall des Brutto-Netto-Saldos enthält somit ein sozialethisches Unwerturteil mit deklassierender Wirkung. Der Verfall des Brutto-Netto-Saldos genügt allen Anforderungen, die an eine Maßnahme mit Strafcharakter zu stellen sind. Ihm kommt daher Strafcharakter zu59.

3. Verfassungsmäßigkeit Schließlich stellt sich die Frage, ob der in § 73 StGB geregelte Verfall verfassungsgemäß ist. In Betracht kommen Verstöße gegen Art. 14 GG und gegen das verfassungsrechtlich garantierte Schuldprinzip. a) Vereinbarkeit

mit Art. 14 GG

Im Ergebnis herrscht Einigkeit darüber, daß die geltenden Verfallsvorschriften nicht gegen Art. 14 GG verstoßen. Unklar ist jedoch die dogmatische Begründung. Häufig wird auf eine Begründung der Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf die Systematik der Eigentumsgarantie gänzlich verzichtet. Es 58

Kühl, Unschuldsvermutung, S. 15; Meyer, FS fìir Tröndle, S. 61 (70); Weßlau, StV 1991, 226 (231). 59

So im Ergebnis auch Lackner, § 73 Rn. 4 b; Dreher/Tröndle, § 73 Rn. 1 c; Herzog, in: NK, Vor § 73 Rn. 8; Horn, in: SK, § 73 Rn. 5; Oessecker, Gewinnabschöpfung, S. 362; Hoyer, GA 1993, 406 (421); Jescheck, AT, § 76 I 5, S. 793; Eser, FS für Stree und Wessels, S. 833 (844).

I. Verfall

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wird dann lediglich festgestellt, daß Einziehungen im Strafverfahren, die sich gegen den Täter oder Teilnehmer richten, „üblicherweise als mit Art. 14 GG vereinbar angesehen werden"60. Auch das OLG Hamburg hat pauschal ausgeführt, daß die Junktimklausel einer Vorschrift nicht entgegenstehe, die im Strafverfahren die Einziehung einer Sache entschädigungslos anordne61. Sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts finden sich dabei recht selten spezielle Erörterungen zum Verfall als vielmehr allgemeine Ausführungen zur Vereinbarkeit der Eigentumssanktionen insgesamt mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Wenn sich die Rechtfertigungsversuche der Eigentumssanktionen, insbesondere die der Einziehung auf den Verfall übertragen lassen, wird daher im folgenden auch auf sie eingegangen.

aa) Rechtfertigungsversuche außerhalb von Art. 14 GG In der älteren Literatur und teilweise auch in der Rechtsprechung wird der Versuch unternommen, die Vereinbarkeit der Eigentumssanktionen mit der Eigentumsgarantie losgelöst von einer Prüfung des Art. 14 GG zu begründen. (Ì) Sühne

Zum einen wird die Rechtfertigung der Einziehung ohne eine Auseinandersetzung mit Art. 14 GG im Gedanken der Sühne erblickt. Wegen des „Strafhoheitsrechts" des Staates seien Eigentumssanktionen als Strafmaßnahmen zulässig62. Die Einziehung sei als Nebenstrafe „dem Strafrecht, nicht dem Bereich des Eigentumsschutzes zugeordnet"63. Mit der Einziehung werde eine gesetzliche Nebenstrafe verhängt, aber nicht enteignet, weil die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG den Verbrecher nicht vor Strafe schützen solle64. Auch der BGH hat zur Rechtfertigung der Einziehung als Sühne oder Strafe lapidar

60

Hamann/Lenz, Art. 14 Anm. 3 a.

61

OLG Hamburg NJW 1953,1645 (1645).

62

Kröner, Eigentumsgarantie, S. 77 f.; Forsthoff, 1959, 1210 (1211), Dietrichs, Einziehung, S. 30. 63 Forsthoff, VerwR I, S. 336. 64 Schneider, Enteignung, S. 20.

VerwR I, S. 336; Busse, NJW

32

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

ausgeführt, daß ihre Zulässigkeit „von jeher unbestritten gewesen" sei65 und ihre „Rechtfertigung aus dem Gedanken der Sühne" finde 66. Auf den Verfall übertragen würde dies bedeuten, daß der Verfall, soweit er Strafcharakter annimmt67, als Nebenstrafe gerechtfertigt wäre, ohne daß es einer Prüfung des Art. 14 GG bedürfte. Diesem Ansatz kann jedoch nicht gefolgt werden. Selbst wenn man eine Strafbefugnis des Staates mit dem Ziel der Sühne unterstellt, so entbindet diese Befugnis den Staat nicht von der in Art. 1 III GG statuierten Pflicht, die Grundrechte zu beachten. Eine Ausnahme der Grundrechtsbindung allen staatlichen Handelns für die Verhängung von Strafen sieht die Verfassung nicht vor 68. Im übrigen wären die Grenzen verfassungskonformer Eigentumssanktionen bei einer Rechtfertigung allein aus dem Sühnegedanken heraus nicht klar zu bestimmen.

(2) Verfassungslücke

Zum anderen wird die strafrechtliche Einziehung als Sühnemaßnahme, die sich an die Rechtsverwirkung anschließt, aufgrund ungeschriebenen Verfassungsrechts für zulässig erachtet. Das Grundgesetz enthalte eine „echte Verfassungslücke", indem es bei der Eigentumsgarantie keinen einschränkenden Vorbehalt zugunsten der strafrechtlichen Einziehung mache. Die Zulässigkeit einer solchen Einziehung sei allerdings im Grundgesetz „offensichtlich vorausgesetzt" und damit durch einen ungeschriebenen Verfassungssatz sanktioniert 69. Die Entschädigungslosigkeit der strafrechtlichen Einziehung ergebe sich dabei aus der „Natur der Sache"70. Auch das BVerfG sieht die strafrechtliche Einziehung als „traditionelle Einschränkung des Eigentums" an, die „stillschweigend vom Grundgesetz zugelassen" ist71.

65 66 67 68

BGHZ 27, 382 (384). BGHZ 27, 382 (386). Vgl. oben 1. Teil I. 2. b) bb). Stree, Deliktsfolgen, S. 87 f.

69 BAG NJW 1959, 1243 (1246); Huber, WirtschaftsverwR Π, S. 40; Zeidler, NJW 1954,1148; Ipsen, WDStRL 10 (1952), S. 74 (88); Wolff/Bachof VerwR I, § 62 IX f, S. 555-Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13 (19). 70 Huber, WirtschaftsverwR Π, S. 40. 71 BVerfGE 22, 387 (422); 44, 308 (313); NJW 1996, 246 (246).

I. Verfall

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Bei der Annahme einer Verfassungslücke wird einerseits vertreten, daß rechtswidrig erlangtes Vermögen kein Schutzgut des Art. 14 GG sei. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie soll also gar nicht eröffnet sein. Dies sei „angesichts der Werteordnung eines jeden Rechtsstaates und der konstitutiven Prinzipien des Grundgesetzes selbstverständlich"72. Andererseits soll die Einziehung nach der Rechtsprechimg des BVerfG „nach Maßgabe gesetzlicher Ausgestaltung eine 'Schranke des Eigentums' i.S.d. Art. 141 GG bilden73, die - wie jede Eigentumsbestimmung nach Art. 1412 GG - den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an die Einschränkung eines Grundrechts gestellt werden, genügen muß74. Das BVerfG geht also von einem Eingriff in die Eigentumsfreiheit aus, der aufgrund eines ungeschriebenen Einschränkungsvorbehalts möglich ist. Auch dieser Ansatz vermag nicht zu überzeugen. Der These, daß die Einziehung den Vätern des Grundgesetzes so selbstverständlich gewesen sei, daß man von einer Aufnahme in den Verfassungstext absah, läßt sich ohne weiteres ihr Gegenteil entgegenhalten: Das Recht zur Einziehung von Gegenständen war den Schöpfern des Grundgesetzes nicht selbstverständlich, gerade deswegen sahen sie von einer Aufnahme in die Verfassung ab. Damit stehen sich zwei Behauptungen antithetisch gegenüber, von der weder die eine noch die andere aus der Verfassung begründet werden kann75. Im übrigen setzt eine Rechtfertigung der strafrechtlichen Einziehung aufgrund ungeschriebenen Verfassungsrechts eine Lücke im geschriebenen Verfassungsrecht voraus. Um eine solche Lücke feststellen zu können, muß aber zunächst untersucht werden, ob das geschriebene Verfassungsrecht, also insbesondere Art. 14 GG eine Rechtfertigung der strafrechtlichen Einziehung ermöglicht. Bevor ein Rückgriff auf ungeschriebenes Verfassungsrecht möglich ist, ist daher eine Auseinandersetzung mit Art. 14 GG erforderlich 76. Eine von einer Prüfung des Art. 14 GG losgelöste verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Eigentumssanktionen ist daher nicht möglich. Die Verfallsvorschriften sind deshalb auf ihre Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG zu überprüfen. Der konkreten Untersuchung, ob die Verfallsvorschriften mit Art. 14 GG vereinbar sind, muß angesichts der kontroversen Auffassungen über die 72

Meyer/Hetzer, ZRP 1997,13 (19). BVerfG NJW 1996,246 (246); E 22, 387 (422). 74 Vgl. BVerfG NJW 1996,246 (246) hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit. 75 Schlieper, Einziehung, S. 35. 76 Stree, Deliktsfolgen, S. 87; Eser, Sanktionen, S. 149; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 172. 73

3 Dannert

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Systematik der Eigentumsgarantie eine allgemeine Darstellung des Art. 14 GG vorangestellt werden. Dort wird insbesondere dargelegt, welche Auffassung über eine Abgrenzung zwischen Inhaltsbestimmungen, Schrankenbestimmungen und Enteignungen der Untersuchung zugrundeliegt und welche Bedeutung Art. 14 II GG zukommt. bb) Systematik von Art. 14 (1) Gewährleistung des Eigentums

Die Eigentumsgewährleistung in Art. 14 GG hat „die Aufgabe ..., dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sicherzustellen und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen"77. Sie steht somit in einem inneren Zusammenhang mit der Garantie der persönlichen Freiheit78. Bei der Eigentumsgarantie lassen sich zwei Schutzrichtungen unterscheiden79: Zunächst statuiert Art. 14 GG das Grundrecht der Eigentumsfreiheit im Sinne eines subjektiven öffentlichen Rechts auf Eigentum. Er garantiert damit das konkrete Vermögensrecht des Einzelnen so, wie er es besitzt80. Dieses Recht wäre allerdings „nicht wirksam gewährleistet, wenn der Gesetzgeber an die Stelle des Privateigentums etwas setzen könnte, was den Namen „Eigentum" nicht mehr verdient81. Das Grundrecht des Einzelnen setzt deshalb das Rechtsinstitut „Eigentum" voraus. Neben dem subjektiven öffentlichen Recht enthält Art. 14 GG daher eine Institutsgarantie, die den Gesetzgeber verpflichtet, einen Grundtatbestand von Normen zu schaffen bzw. aufrechtzuerhalten, die die Existenz und die Funktionstüchtigkeit privatnützigen Eigentums ermöglichen und ordnen82. Art. 14 GG garantiert das Eigentum, ohne zu definieren, was Eigentum überhaupt ist. Die Inhaltsbestimmung wird vielmehr dem Gesetzgeber überlassen. Der Schutzbereich von Art. 14 GG zeichnet sich damit durch eine intensive Normprägung aus. Bei der Bestimmung des Eigentums kann nicht auf vorrechtliche, natürliche oder soziale Gegebenheiten zurückgegriffen werden; 77

BVerfGE 24, 367 (389); 68,193 (222). BVerfGE 24, 367 (389). 79 BVerfGE 24, 367 (389); 42, 263 (294); Kimminich, in: BK, Art. 14 Rn. 100; Wendt, in: Sachs, Art. 14 Rn. 9, 10; Badura, in: HdbVerfR, § 10 Rn. 32, S. 345; Parodi, Eigentumsbindung, S. 55. 80 Parodi , Eigentumsbindung, S. 55; Kimminich, in: BK, Art. 14 Rn. 101. 81 BVerfGE 24, 367 (389). 82 Badura, in: HdbVerfR, § 10 Rn. 33, S. 346; Wendt, in: Sachs, Art. 14 Rn. 10; Kimminich, in: BK, Art. 14 Rn. 119; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 1023; Vgl auch BVerfGE 24, 367 (389); 26,215 (222); 31,229 (241). 78

I. Verfall

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das Eigentum ergibt sich allein durch die normative Zuordnung von Gütern und Rechten zu Personen83. (2) Inhalts- und Schrankenbestimmungen

Art. 1412 GG überantwortet die Bestimmung von „Inhalt und Schranken" des Eigentums dem Gesetzgeber. Das Verhältnis der Begriffe „Inhalt" und „Schranken" ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Einerseits wird die Unterscheidung zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen als „Schlüssel für das Verständnis der gesamten Bestimmung des Art. 1412 GG" angesehen84. Andererseits wird der Differenzierung jede rechtsdogmatische und sachliche Bedeutung abgesprochen85. (a) Ansätze in der Rechtsprechung Das BVerfG nimmt keine Trennung zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen als zwei unterschiedliche Formen gesetzlicher Eigentumsgestaltung vor. Es bezeichnet den gesamten Art. 1412 GG pauschal als „Regelungsauftrag" oder „Regelungsbefugnis" an den Gesetzgeber86 und betont die gemeinsame Funktion von Inhalts- und Schrankenbestimmungen: „Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist"87. Auch wenn es um die Grenzen geht, denen der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Eigentums unterliegt, unterscheidet das BVerfG nicht zwischen den Grenzen der Inhalts- und denen der Schrankenbestimmungen: „Allerdings ist der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nicht gänzlich frei. Er muß sich am Wohle der Allgemeinheit orientieren, welches nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums ist. Insbesondere müssen Inhalts- und Schrankenbestimmungen stets verhältnismäßig sein"88. Eine Definition hat das BVerfG in einigen Entscheidungen nur für die Inhaltsbestimmung gegeben: „Unter Inhaltsbestimmimg im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG versteht das Grundgesetz die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber, die als 83 84 85 86 87 88

Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 960. Ramsauer, Beeinträchtigungen, S. 69; Parodi , Eigentumsbindung, S. 68. Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 300. BVerfGE 89, 237 (241); 93,165 (174). BVerfGE 53,257 (292); 70,101 (110); 75, 78 (97); 91,294 (308). BVerfGE 70,101 (110); vgl. auch 53,257 (292); 91,294 (308).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind. Sie ist auf die Normierung objektiv-rechtlicher Vorschriften gerichtet, die den Inhalt des Eigentumsrechts vom Inkrafttreten des Gesetzes an für die Zukunft in allgemeiner Form bestimmen"89. In einer anderen Entscheidung verwendet das BVerfG diese Definition auch für Schrankenbestimmungen: „Solche Normen (gemeint sind Bestimmungen i.S.d. Art. 1412 GG) legen generell und abstrakt die Rechte und Pflichten des Eigentümers fest, bestimmen also den 'Inhalt' des Eigentums"90. Auch wenn das BVerfG teilweise ausdrücklich nur von Inhaltsbestimmungen spricht 91, läßt sich in der Rechtsprechung deshalb keine Unterscheidung zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen ausmachen92. Auch das BVerwG unterscheidet nicht zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen, sondern behandelt beide Befugnisse als einfache Ermächtigung zur Auferlegung von Beschränkungen93. Schließlich verzichtet auch der BGH auf eine grundlegende Abgrenzung von „Inhalt" und „Schranken". Er bezeichnet eine bestimmte Regelung einmal als „Inhaltsbestimmung des Eigentums"94 und ein anderes Mal als „Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG"95. Der BGH spricht somit - wie auch die anderen Gerichte wahlweise von Inhalts- oder Schrankenbestimmungen, ohne Aussagen über die Stellung beider Regelungen zueinander zu machen. (b) Ansätze in der Literatur Ein Teil der Literatur sieht Inhalts- und Schrankenbestimmungen als dekkungsgleich an96. Man könne zwar begrifflich-formal zwischen Inhalts- und 89

BVerfGE 72, 66 (76); 52,1 (27). BVerfGE 58, 300 (330). 91 BVerfGE 14,263 (279); 21, 92 (93). 92 So überwiegen auch die Entscheidungen, in denen das BVerfG Inhalts- und Schrankenbestimmungen gemeinsam nennt, z.B. BVerfGE 21, 73 (82); 21, 150 (154 f.); 26, 215 (222); 31, 229 (240); 53, 257 (292); 70, 101 (110); 75, 78 (97); 91, 294 (308). Die Feststellung von Krüger, FS für Schack, S. 71 (FN 5), daß das BVerfG zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen differenziere, ist daher unzutreffend. 93 BVerwGE 96,217 (217). 94 BGHZ 126, 379 (381). 95 BGHZ 126, 379 (382). 96 Wieland, in: Dreier, Art. 14 Rn. 68; Bryde, in: v.Münch/Kunig, Art. 14 Rn. 51; Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 300; Rittstieg, in: AK, Art. 14/15 Rn. 162; Lerche, Übermaß, S. 144 (FN 140); Hantel, Bedeutung der Grundrechte, S. 45; Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 241 (FN 431); Breuer, Bodennutzung, S. 19 f. 90

I. Verfall

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Schrankenbestimmungen unterscheiden, von rechtsdogmatischer und sachlicher Bedeutung sei eine solche Differenzierung indes nicht97. Die Vermutung, die Unterscheidung von „Inhalt" und „Schranken" im Wortlaut des Grundgesetzes müßte auch einen rechtlichen Unterschied zwischen beiden Begriffen bedeuten, überschätze vielmehr „die begriffliche Durchdringung des Grundgesetzes", in dem Pleonasmen keine Ausnahme seien98. Jeder Inhalt des Eigentums sei durch Schranken bestimmt und jede Schranke bestimme einen Inhalt. Es gebe keine Bestimmimg eines Inhalts, die nicht zugleich Schranken errichte, und es gebe keine Schranke, die nicht zugleich den Inhalt bestimme. Die Worte „Inhalt" und „Schranke" besagten daher dasselbe: das eine Mal von der Warte des begrenzten Inhalts, das andere Mal von der Warte der Grenze des Inhalts aus99. Inhalts- und Schrankenbestimmungen stellten folglich nur zwei verschiedene Aspekte der dogmatisch einheitlich zu verstehenden gesetzlichen Konstituierung des Eigentums dar 100. Dieser Ansatz überzeugt indes nicht. Er widerspricht vielmehr der Grundrechtssystematik, von der das Grundgesetz ausgeht. Das Grundgesetz schützt Freiheitsbetätigungen des Bürgers vor staatlichen „Eingriffen" bzw. „Beschränkungen". So gewährleistet z.B. Art. 2 II GG, daß in das Recht auf Leben, die körperliche Unversehrtheit und die Freiheit der Person nur auf Grund eines Gesetzes „eingegriffen" werden darf, die Meinungsfreiheit findet ihre „Schranken" in allgemeinen und einigen besonderen Gesetzen (Art. 5 II GG) und auch die Freizügigkeit darf nur durch oder auf Grund bestimmter Gesetze „eingeschränkt" werden (Art. 11 II GG). Diese Formulierungen zeigen, daß dem Grundrechtsverständnis des Grundgesetzes ein „Eingriffs- und Schrankendenken" zugrundeliegt101. Die Konstruktion, daß die Freiheitsbetätigungen des Bürgers Schranken unterliegen, wäre überflüssig, wenn die Freiheit nur nach bestimmten Kriterien überhaupt gewährleistet wäre und nur unter diesen Voraussetzungen ausgeübt werden dürfte 102. Bei der Auslegung und Anwendung der Grundrechte muß daher immer zwischen dem 97

Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 300. Bryde, in: v.Münch/Kunig, Art. 14 Rn. 51. 99 Hamel, Bedeutung der Grundrechte, S. 45; Lerche, Übermaß, S. 144 (FN 140); Rupp, Verwaltungsrechtslehre, S. 241 (FN 431); zu dieser sog. Innentheorie vgl. auch Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 179. 100 Wieland, in: Dreier, Art. 14 Rn. 68. 98

101 Der Begriff des „Eingriffs- und Schrankendenkens" stammt von Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 3. Auch wenn er von Häberle als pejorative Umschreibung verwandt wurde, kann er heute wegen seiner Prägnanz als sinnvolle Bezeichnung eines Grundrechtsverständnisses gebraucht werden, Schlink, EuGRZ 1984,457 (FN 1). 102

Starck, in: HdbStR VD, § 164 Rn. 44, S. 217.

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

verfassungsrechtlichen Grundtatbestand, also dem Schutzbereich, und den Schranken des Grundrechts unterschieden werden103. Da an die Einschränkungen eines Grundrechts immer besondere Voraussetzungen geknüpft werden, werden dem Staat, der in den Freiheitsgebrauch der Bürger eingreift, Maßstäbe vorgegeben. Der Staat muß also seine Grundrechtseingriffe rechtfertigen, und er ist in seinen Rechtfertigungsmöglichkeiten begrenzt. Dem gegenüber steht der Freiheitsgebrauch des Bürgers, der nicht gerechtfertigt werden muß104. Das Grundgesetz geht somit von einer „grundsätzlichen Freiheitsvermutung" aus105: Die Freiheit des Bürgers ist prinzipiell unbegrenzt, während die Eingriffsbefugnisse des Staates prinzipiell Begrenzungen unterliegen106. Die Effektivität dieser Freiheitsgewährleistung wird zusätzlich dadurch sichergestellt, daß alle Grundrechte unmittelbar geltendes Recht darstellen, insbesondere auch den Gesetzgeber binden (Art. 1 III GG) und diese Bindung gerichtlicher Kontrolle unterliegt (Art. 93 I, 100 GG). Das Grundgesetz versteht also die Freiheitssphäre des Einzelnen als etwas vor dem Staat Gegebenen107 und sieht die Funktion der Grundrechte in erster Linie darin, staatliche Eingriffe von den grundrechtlich geschützten Freiheitsbereichen abzuwehren 108. Die Notwendigkeit der Schrankenziehung ergibt sich daraus, daß der gewissermaßen wildwüchsige Grundrechts- oder Freiheitsgebrauch zu Konflikten mit den Interessen der Allgemeinheit und auch mit den Rechten und Grundrechten anderer Grundrechtsberechtigter fuhren kann109. Das Grundgesetz geht somit bei den Grundrechten von einer scharfen Trennung zwischen dem Schutzbereich und den Schranken des jeweiligen Grundrechts aus. Es ist nicht ersichtlich, weshalb von diesem Grundsatz ausgerechnet bei Art. 14 GG eine Ausnahme gemacht werden sollte. Hierfür spricht auch schon der Wortlaut des Art. 14 12 GG. Dort heißt es nicht, der „Inhalt des Eigentums wird vom Gesetz bestimmt, insbesondere seine Schranken", sondern es ist von „Inhalt und Schranken" die Rede. Wegen dieser ausdrücklichen Doppelbefugnis des Gesetzgebers, „Inhalt und Schranken" des Eigentums zu bestimmen, liegt es nahe, daß beiden Begriffen eine selbständige Funktion zukommt, insbesondere im Hinblick darauf, daß eine 103

Starck, in: HdbStR VII, § 164 Rn. 36, S. 213.

104

Schlink, EuGRZ 1984,457 (457,467).

105

BVerfGE 32, 54 (12),Preu, JZ 1991,265 (268).

106

Sog. Verteilungsprinzip: Schmitt, Verfassungslehre, S. 126; Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1537); Wahl/Masing, JZ 1990, 553 (563); Schlink, EuGRZ 1984, 457 (467). 107

Schmitt, Verfassungslehre, S. 126.

108

BVerfGE 7, 198 (204); Schlink, EuGRZ 1984,457 (457).

109

Pieroth/Schlink,

Grundrechte, Rn. 223; Höfling, Jura 1994, 169 (171).

I. Verfall

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solche zweifache Befugnis nur beim Eigentum niedergelegt ist 110 . Für Krüger ist diese Schlußfolgerung aus dem Wortlaut sogar zwingend. Er bewundert den „Mut... , mit dem hier ein zweifacher Auftrag des Verfassungsgebers an den Gesetzgeber zu einem einfachen verkürzt wird" 111 . Würde man Inhalts- und Schrankenbestimmungen gleichsetzten und so auf die Trennung von Schutzbereich und Eingriff bei der Eigentumsfreiheit verzichten, so verlöre Art. 14 GG ferner seine Geltungskraft 112. Denn wenn man schon die Eröffnung des Schutzbereichs verneint, ist die verfassungsrechtliche Prüfung - bis auf die Frage nach der Verletzung der Institutsgarantie des Art. 14 GG - beendet. Weitere Fragen und Begründungslasten ergeben sich nicht. Geht man allerdings von einer Trennung von Schutzbereich und Schranken auch bei Art. 14 GG aus, so geht die Prüfung weiter, wenn erst einmal der Schutzbereich der Eigentumsgarantie betroffen ist 113 . Der Eingriff in das Grundrecht muß dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Dabei unterliegt die Grundrechtsschranke ihrerseits Beschränkungen, den sog. Schrankenschranken114. Als Schrankenschranken müssen z.B. das Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 191 GG), das Zitiergebot (Art. 1912 GG), die Wesensgehaltgarantie (Art. 19 II GG) und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Lehnt man eine strikte Trennung von Schutzbereich und Schranken ab, so ist insbesondere die Prüfung, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist, nicht mehr klar durchzuführen. Bei der Angemessenheit findet eine Abwägung statt zwischen den Interessen des Grundrechtsträgers und denen der Allgemeinheit bzw. kollidierenden Interessen Dritter. Wird aber die Eröffnung des Schutzbereichs eines Grundrechts schon verneint, so fehlt es an dem konkreten Bezugspunkt der Prüfung, nämlich dem grundsätzlich geschützten Freiheitsbereich des Betroffenen 115. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung kann somit nur durchgeführt werden, wenn der Schutzbereich des Grundrechts, die Schranken und die Schrankenschranken dogmatisch voneinander getrennt sind. Durch die Trennung zwischen Verbürgung und Begrenzung bleibt der Subsumtionsvorgang daher nachvollziehbar und disziplinierter 116. Da die Schrankenziehung auf diese Weise einem schärferen Ar110

Parodi, S. 1047.

Eigentumsbindung, S. 78; Leisner, in: HdbStR VI, § 149 Rn. 63,

111

Krüger, FS für Schack, S. 71 (72).

112

Wendt, Eigentum, S. 160.

113

Vgl. Höfling, Grundrechtsinterpretation, S. 176.

114

Stern, in: HdbStR V, § 109 Rn. 81, S. 93; Höfling, Jura 1994,169 (171). 115 Wendt, Eigentum, S. 162; Kloepfer, BVerfG und GG, S. 405 (407); Alexy, Grundrechte, S. 290. 116 Kloepfer, BVerfG und GG, S. 405 (407).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

gumentationszwang unterworfen ist, wird somit die Gefahr willkürlicher Beschränkungen der Freiheit durch ad-hoc Definitionen vermindert 117. Um die Gefahr willkürlicher Beschränkungen auch bei der Eigentumsfreiheit zu vermindern, muß auch hier zwischen dem Schutzbereich und Eingriffen, und damit zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen klar unterschieden werden118. Durch die Inhaltsbestimmungsbefugnis soll also nicht die Eigentumsgarantie zur Disposition des Gesetzgebers gestellt oder die Schrankensystematik der Grundrechte aufgegeben werden. Die Notwendigkeit der Inhaltsbestimmung durch den Gesetzgeber ergibt sich vielmehr daraus, daß es sich bei der Eigentumsfreiheit um ein stark normgeprägtes Grundrecht handelt. Schutzfähiges Eigentum sind nur vom Gesetz gewährte Rechtspositionen119. Die Eigentümlichkeit dieses Schutzbereichs verlangt daher, daß durch einfach-gesetzliche Vorschriften bestimmt wird, welche Rechtspositionen überhaupt eigentumsfähig i.S.d. Art. 14 GG sind120. (c) Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen Erkennt man die Trennung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen an, so stellt sich die Frage, welche eigentumsregelnden Normen nun als Inhaltsund welche Vorschriften als Schrankenbestimmungen anzusehen sind. Zur Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen werden in der Literatur unterschiedliche Ansätze vertreten, die im folgenden dargestellt werden. (aa) Unterscheidung nach Interessenbereichen Zunächst wird darauf abgestellt, in welchem Interesse eine eigentumsregelnde Norm erlassen wird. Schütze eine Regelung private Interessen, so handele es sich um eine Inhaltsbestimmung. Schütze sie hingegen öffentliche In-

117

Starck, HdbStR VE, § 164 Rn. 36, S. 213; Höfling, Jura 1994, 169 (171); Eckhoff, GrundrechtseingrifT, S. 17. 118 So im Ergebnis auch Chlosta, Eigentumsgewährleistung, S. 81 f.; Ehlers, WDStRL 51 (1992), 211 (235 FN 128); Ipsen, WDStRL 10 (1952), 74 (84); Krüger, FS für Schack, S. 71 (72); ders. DÖV 1961, 721 (726); Kutschern, Bestandsschutz, S. 72; Leisner, HdbStR VI, § 149 Rn. 63 ff., S. 1047 ff.; Lutz, Eigentumsschutz, S. 156 f.; Parodi, Eigentumsbindung, S. 78; Ramsauer, Beeinträchtigungen, S. 73 ff.; Selmer, Steuerinterventionismus, S. 310; Stein, Staatsrecht, § 41 ΠΙ 1, S. 347; Timm, Eigentumsgarantie, S. 45 ff; Wendt, Eigentum, S. 147 ff. (148). 119 Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (a). 120 Leisner, in: HdbStR VI, § 149 Rn. 65 ff., S. 1048 ff.

I. Verfall

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teressen, so stelle sie eine Schranke dar 121. Dies ergebe sich aus dem Schutzzweck der Eigentumsgarantie. Da Art. 14 GG die materiellen Grundlagen der Freiheit gegen den Staat schützen wolle, entscheide er Konflikte zwischen dem Interesse der Einzelnen, ihre Güter für ihre Selbstverwirklichung zu nutzen, und den Interessen der Allgemeinheit. Gesetze, welche ausschließlich privaten Interessen dienten, berührten diesen Konflikt nicht. Sie grenzten nicht Privatinteressen von öffentlichen Interessen ab, sondern regelten das Verhältnis der einzelnen Bürger zueinander. Daher beschränkten sie nicht die Eigentumsgarantie, sondern bestimmten lediglich den Inhalt des Eigentums. Von einer Beschränkung der Eigentumsfreiheit könne nur gesprochen werden, wenn die Verwertung eines Rechtsguts zugunsten öffentlicher Interessen erschwert werde122. Diesem Ansatz kann nicht gefolgt werden, da er dem Schutzzweck der Eigentumsgarantie und der Funktion der Grundrechte insgesamt widerspricht. Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat123. Als Abwehrrechte richten sie sich gegen alle Freiheitsbeeinträchtigungen, die aus staatlichem Handeln entstehen können. Dabei sind sowohl Freiheitsbeeinträchtigungen durch Gesetze erfaßt, die im öffentlichen Interesse ergehen, als auch Beeinträchtigungen durch Gesetze, die private Interessen schützen sollen. Wegen der Abwehrfunktion der Grundrechte hat sich der Staat grundsätzlich aller Maßnahmen zu enthalten, die den grundrechtlich geschützten Freiheitsraum schmälern können. Regelungen, die die Eigentumsfreiheit verkürzen, kann somit nicht aufgrund ihrer Zielsetzung der Eingriffscharakter abgesprochen werden. Ferner scheitert die dargestellte Abgrenzung daran, daß öffentliche und private Interessen keine unbedingten Gegensätze sind, weil der Schutz individueller Interessen auch im öffentlichen Interesse liegen kann124. So ordnet das Privatrecht die rechtlichen Beziehungen der einzelnen Bürger zueinander nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch aus dem öffentlichen Interesse am Rechtsfrieden 125. Charakteristisch für viele Normen ist daher die Berücksichtigung von privaten und öffentlichen Interessen, nicht aber die Berücksichtigung nur einer Interessenart.

121

Stein, Staatsrecht, § 41ΙΠ 1, S. 347 f.; Chlosta, Eigentumsgewährleistung, S. 32; Timm, Eigentumsgarantie, S. 48; Parodi, Eigentumsbindung, S. 79 f.; Strebel, in: Staat und Privateigentum, S. 223 (237). 122 Stein, Staatsrecht, § 41 ΠΙ 1, S. 347 f. 123 BVerfGE 7,198 (204 f.); Stern, in: HdbStR V, § 109 Rn. 41 f., S. 70 f. 124 125

Ehlers, in: Erichsen, AllgVerwR, § 2 m 2 Rn. 15, S. 32; Jellinek, System, S. 53. Schmidt, Unterscheidung, S. 88 f.; Erichsen, Jura 1982, 537 (538).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

(bb) Unterscheidung zwischen typusprägenden und sonstigen Merkmalen Nach Schwerdtfeger schützt Art. 14 GG das Eigentum als „Typus", also als „ein 'Gesamtbild' mit unscharfen Konturen" 126. Daraus ergebe sich, daß die typusprägenden Elemente einer Eigentumsposition durch die Individualrechtsgarantie des Art. 1411 GG geschützt seien. Ein Gesetz, das typusprägende Merkmale einer Eigentumsposition einschränke, sei daher eine Schrankenbestimmung. Die normative Ausgestaltung des Eigentums im übrigen falle hingegen in die Inhaltsbestimmungsbefugnis des Gesetzgebers127. Diese Lösung begegnet erheblichen praktischen Bedenken, da sich aus Art. 14 GG kein Maßstab für die Abgrenzung von typusprägenden und sonstigen Regelungen herleiten läßt128. Auch Schwerdtfeger selbst ist es nicht gelungen, eine brauchbare Definition zur Abgrenzung zu liefern. (cc) Unterscheidung zwischen Konfliktlösungen und grundsätzlicher Neuorientierung Limpens unterscheidet Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach ihrer unterschiedlichen Funktion. Schrankenbestimmungen dienten dem Ausgleich von aktuellen Interessenkonflikten 129. Der inhaltsbestimmende Gesetzgeber hingegen könne dem Wandel der gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse Rechnung tragen, indem er nicht nur durch aktuelle Konfliktlösung und Interessenausgleich zu wirken suche, sondern vor allem langfristige gesellschaftliche Veränderungen in einer Umgestaltung des grundrechtlichen Leitbildes berücksichtige. Inhaltsbestimmungen seien damit Regelungen zur grundsätzlichen und langfristigen Neuorientierung des grundrechtlichen Schutzumfangs 130. Dieser Abgrenzung ist entgegenzuhalten, daß sich jeder Ausgleich von kollidierenden Interessen innerhalb der staatlichen Gemeinschaft auch langfristig auf die Eigentumsordnung auswirkt. Es ist daher nicht möglich, langfristige und kurzfristige Ziele der Gesetzgebung dogmatisch voneinander zu tren-

126

Schwerdtfeger, Mitbestimmung, S. 227. Schwerdtfeger, Mitbestimmung, S. 227 ff ; ähnlich Selmer, Steuerinterventionismus, S. 310. 128 Ramsauer, DVB1 1980, 539 (540). 129 Limpens, Inhaltsbestimmung, S. 117. 130 Limpens, Inhaltsbestimmung, S. 119 f. 131 Ramsauer, DVB1 1980, 539 (540). 127

I. Verfall

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(dd) Unterscheidung nach Zeitabschnitten Ferner wird der Umstand, ob schon vor dem Inkrafttreten einer eigentumsbezogenen Regelung eine Eigentumsposition bestand oder nicht, als Abgrenzungskriterium angesehen. So soll in das vor dem Änderungszeitpunkt nach altem Recht begründete Eigentum durch das neue Recht eingegriffen werden, d.h. insoweit soll es sich um Schrankenbestimmungen handeln. Nach dem Änderungszeitpunkt werde Eigentum nur noch nach neuem Recht begründet, und es sei durch eine Inhaltsbestimmung entsprechend definiert 132. Eine solche Betrachtung liefe darauf hinaus, daß der Schutz für zukünftige Eigentumspositionen sehr begrenzt wäre. So würden alle privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten des Eigentümers für künftige Eigentumspositionen Inhaltsbestimmungen darstellen. Die Rechte des Eigentümers entstünden von vornherein nur in den Grenzen aller die Eigentumsbefugnisse regelnden Normen. Der betreffende Grundrechtsberechtigte könnte sich also nur dann auf seine Eigentumsfreiheit berufen, wenn er allen Eigentümerpflichten nachkommt. So könnte er sich bei eigentumsbeeinträchtigenden polizeilichen Maßnahmen nicht auf die Eigentumsgarantie berufen, wenn er sein Eigentum gemeinwohlschädlich verwendet hätte. Schlösse man für zukünftige Rechtspositionen polizeilich störendes Eigentum aber vom Schutzbereich des Art. 14 GG aus, so wären anhand der zahlreichen polizeirechtlichen Vorschriften, die Einwirkungen auf störendes Eigentums ermöglichen, Grenzen dieser Einwirkungsmöglichkeiten nur schwer zu ziehen. So würde sich die Frage stellen, ob schon bei der kleinsten Störung das Eigentum vollständig entzogen werden dürfte oder ob etwa nur ein beschränktes Nutzungsverbot in Betracht käme. Würde dem Eigentümer das Eigentum vollständig entzogen, obwohl die Beseitigung der Störung auch durch ein milderes Mittel denkbar wäre, so könnte sich der Betroffene nicht auf Art. 14 GG berufen. Er hätte ja seine Eigentumsposition von vornherein nur mit der Beschränkung erworben, daß er allen Eigentümerpflichten nachkommt. Eine solche Sichtweise würde aber eine erhebliche Relativierung der Eigentumsgarantie bedeuten insbesondere im Hinblick darauf, daß das Zusammenleben in der industrialisierten Gesellschaft und die damit einhergehende Verkleinerung des individuell beherrschbaren Lebensraums zu einer immer fortschreitenden Ausdehnung und Differenzierung polizeirechtlicher Normen fuhrt 133. Die Eigentumsgarantie stünde damit praktisch unter einem einfach-gesetzlichen Vorbehalt. Damit läge ein Verstoß gegen Art. 1 III GG vor. Art. 1 III GG statuiert die Bindung der Gesetzgebung an die Grundrechte. 132 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 966; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14 Rn. 15; Ramsauer, DVB1 1980, 539 (541). 133 Schenke, JuS 1977, 789 (791 ).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Die Gesetze gelten also nur im Rahmen der Grundrechte. Dieser Grundsatz darf auch bei Art. 14 GG nicht außer acht gelassen werden. Der Gesetzgeber ist bei diesem Grundrecht zwar befugt, den grundrechtlich gewährleisteten Schutzbereich erst zu bestimmen und auszugestalten. Diese Befugnis darf aber nicht so weit gehen, daß durch das Herausnehmen bestimmter Rechte aus dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie das Grundrecht in bestimmten Bereichen gar nicht mehr zur Anwendung gelangt. Dann würden nicht mehr die Gesetze im Rahmen der Grundrechte, sondern umgekehrt Art. 14 GG im Rahmen der Gesetze gelten. Die Inhaltsbestimmungsbefugnis des Gesetzgebers kann daher nicht so weit gehen, daß Art. 14 GG in bestimmten Bereichen für zukünftige Rechtspositionen praktisch leerläuft. Hinzu kommt, daß durch alle Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten Konflikte gelöst werden sollen zwischen dem Interesse des Eigentümers, mit seinem Eigentum nach freiem Belieben zu verfahren, und den Interessen anderer oder dem Allgemeininteresse. Wird durch ein Gesetz die Freiheit eines Individuums zugunsten von anderen Interessen aber beeinträchtigt, so nimmt das Gesetz eine Konfliktlösung vor, die grundsätzlich rechtfertigungsbedürftig ist. Die Verlagerung von Eigentümerpflichten in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit bedeutet eine Freiheitsbeeinträchtigung durch den Gesetzgeber, ohne daß es einer Rechtfertigung bedarf. Diese Entbindung des Gesetzgebers von der Rechtfertigungspflicht bei einer Freiheitsbeeinträchtigung widerspricht aber der Systematik der Grundrechte, die von einer Freiheitsvermutung zugunsten des Bürgers ausgeht und Eingriffe nur unter besonderen Voraussetzungen zuläßt. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie darf deshalb nicht dahingehend definiert werden, daß er bestimmte Rechtspositionen nur unter der Voraussetzung umfaßt, daß der Eigentümer bestimmten einfach-gesetzlich festgelegten Pflichten nachkommt. (ee) Unterscheidung zwischen Befugnissen und Pflichten Um eine eigentumsbezogene Regelung als Inhalts- oder Schrankenbestimmung einzuordnen, muß sie daraufhin untersucht werden, ob sie dem Rechtsinhaber Befugnisse einräumt oder ob sie ihm Beschränkungen auferlegt. Hat eine Vorschrift Befugnisse des Rechtsinhabers zum Gegenstand, so handelt es sich um eine Inhaltsnorm. Schrankennormen sind alle übrigen eigentumsrelevanten Bestimmungen, die die aus der Innehabung oder Ausübung von gesetzlich zuerkanntem Eigentum resultierenden Bürger - Bürger- und Bürger - Staat-Konflikte zum Regelungsgegenstand haben und dem Eigentümer zur Lösung des Interessenkonflikts Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflichten auferlegen. Inhalts- und Schrankenbestimmungen haben demnach jeweils fest umrissene Funktionsbereiche, nämlich Befugniszuteilung und

I. Verfall

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Konfliktregelung sowie jeweils unterschiedliche Wirkungsdimensionen, nämlich Eigentumskonstituierung und Eigentumsbeeinträchtigung134. Diese Abgrenzung bietet zum einen den Vorzug, daß sie eine klare Trennungslinie zwischen Inhalts- und Schrankennormen vorgibt. Zum anderen werden keinerlei Pflichten in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit verlagert. Damit stellen alle Beeinträchtigungen, die dem Eigentümer zur Lösung von Interessenkonflikten auferlegt werden, Eingriffe in die Eigentumsfreiheit dar. Insbesondere muß jede Beeinträchtigung verhältnismäßig sein, d.h. bei jeder Beschränkung der Rechtsposition des Eigentümers muß eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Durch diese Abwägung ist sichergestellt, daß die Eigentumsfreiheit trotz der weitgehenden Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers nicht unter einfach-gesetzlichem Vorbehalt steht und ihre Geltungskraft verliert. (3) Die Sozialpflichtigkeit

des Eigentums

Während Art. 14 I GG als Institutsgarantie und Individualrecht das Eigentum als privates Herrschaftsrecht garantiert, setzt Art. 14 II GG den sozialen Kontrapunkt. Dort heißt es: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Dieses Gebot der Sozialpflichtigkeit des Eigentums wird als Ausformung der allgemeinen Sozialstaatsklausel in Art. 20 und 28 GG angesehen135 und ist in erster Linie eine „Richtschnur für den Gesetzgeber"136. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bei allen eigenfumsbezogenen Regelungen das Gebot der Sozialpflichtigkeit zu beachten137. Er steht somit „bei der Erfüllung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrages, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, vor der Aufgabe, das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und andererseits aus der ver-

134

Lutz, Eigentumsschutz, S. 165; Wendt, Eigentum, S. 157; Kutschern, Bestandsschutz, S. 72; Stein, FS für Müller, S. 503 (525); Kirnminich, in: BK, Art. 14 Rn. 134; ähnlich Bender, NJW 1965,1297 (1297 f.). 135 Breuer, Bodennutzung, S. 41; Stein, FS für Müller, S. 503 (515); Ipsen, WDStRL 10 (1952), 74 (85); Sendler, DÖV 1971, 16 (18). 136

BVerfGE 21, 73 (83); 71,230 (246); 89,1 (5). Bryde, in: v.Münch/Kunig, Art. 14 Rn. 69; Rittstieg, in: AK, Art. 14 Rn. 153; Leisner, Sozialbindung, S. 44; Wieland, in: Dreier, Art. 14 Rn. 82; Badura, in: HdbVerfR, § 10 Rn. 24, S. 341; Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 299; SchmidtBleibtreu/Klein, Art. 14 Rn. 7. 137

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

bindlichen Richtschnur des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben"138. Um der verfassungsrechtlich garantierten Rechtsstellung und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung zu tragen, muß der Gesetzgeber „die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung steht mit den verfassungsrechtlichen Vorstellungen eines sozialgebundenen Privateigentums nicht in Einklang. ... Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Beschränkungen"139. Der Regelungsauflrag an den Gesetzgeber in Art. 14 II GG bildet somit mit Art. 14 12 GG einen einheitlichen Gesetzesvorbehalt140. Ferner soll Art. 14 II GG nach überwiegender Auffassung eine Anweisung für das konkrete Verhalten des Eigentümers enthalten. Das Gebot der Sozialpflichtigkeit soll also unmittelbar Rechtspflichten des Eigentümers begründen, auch wenn diese einfach-gesetzlich nicht geregelt sind. Art. 14 II GG besitzt danach die Wirkungskraft einer unmittelbar verbindlichen Norm 141. Auch das BVerfG sieht in dem Gebot sozialgerechter Eigentumsnutzung „eine Anweisung für das konkrete Verhalten des Eigentümers"142. Das Gericht leitet unmittelbar aus Art. 14 II GG eine „dem Sacheigentum immanente Sozialbindung" ab, die „dem Eigentümer größere Verantwortung der Gemeinschaft gegenüber und damit stärkere Beschränkung seiner freien Verfügungsmacht auferlegt als früher" 143. Den Pflichten des Eigentümers, die unmittelbar aus Art. 14 II GG folgen, stehen allerdings keine Rechte Dritter gegenüber, die von der Sozialbindung des Eigentums begünstigt werden. Insoweit ist die Ausgestaltung der Eigentumsordnung dem Gesetzgeber überlassen, der dabei einen weiten Gestaltungsspielraum besitzt. Subjektive Rechtspositionen Dritter können also erst nach Maßgabe der Vorschriften entstehen, die der Gesetzgeber aufgrund der Richtschnur des Art. 14 II GG erlassen hat144. 138

BVerfGE 37, 132 (140); 38, 348 (470); 52, 1 (29); 71, 230 (246). BVerfGE 79, 174 (198). 140 Leisner, in: HdbStR VI, § 149 Rn. 136, S. 1076; Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 299; v.Brünneck, Eigentumsgarantie, S. 395 f., der in Art. 14 I 2 GG die formelle und in Art. 14 Π GG die materielle Grundlage des Gesetzesvorbehalts sieht. 141 Wieland, in: Dreier, Art. 14 Rn. 82; Bryde, in: v.Münch/Kunig, Art. 14 Rn. 69; Badura, in: HdbVerfR, § 10 Rn. 24, S. 341; Stein, FS für Müller, S. 503 (523); Breuer, Bodennutzung, S. 42; Gassner, NVwZ 1982, 165 (167); Georgiades, FG für Sontis, S. 149 (159); a.A.: Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 298 f.; Rittstieg, in: AK, Art. 14 Rn. 153; Leisner, Sozialbindung, S. 44; Griesbeck, Polizeipflicht, S. 69. 142 BVerfGE 21, 73 (83). 143 BVerfGE 20, 351 (361). 144 BVerfGE 80, 137 (150 f.); 89,1 (5). 139

I. Verfall

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(4) Enteignung

In die Eigentumsfreiheit kann auch durch Enteignungen gem. Art. 14 III GG eingegriffen werden. Eine Enteignung ist auf die teilweise oder vollständige Entziehung konkreter subjektiver Eigentumspositionen i.S.v. Art. 1411 GG gerichtet145. Die Enteignung unterscheidet sich somit durch drei Merkmale von Schrankenbestimmungen: Sie ist konkret statt abstrakt, trifft individuell statt generell und beläßt das Eigentum dem Eigentümer nicht, sondern entzieht es ihm 146 . Neben dem Teil- oder Totalentzug von Eigentumspositionen können auch andere Belastungen des Eigentums Enteignungen darstellen, wobei bei diesen Formen der Enteignung die Abgrenzung zu den Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 1412 GG höchst umstritten ist. Eine Enteignung nach Art. 14 III GG ist unter folgenden Voraussetzungen rechtmäßig: Sie muß zunächst entweder durch ein formelles Gesetz („Legalenteignung") oder aufgrund eines Gesetzes („Administrativenteignung") erfolgen. Das Gesetz muß dabei auch Art und Ausmaß der Entschädigung regeln. Schließlich ist vorgeschrieben, daß die Enteignung dem „Wohle der Allgemeinheit" dienen muß. Der Grundsatz, daß alle staatliche Maßnahmen, die den Bürger belasten, die Förderung des Gemeinwohls bezwecken müssen, ergibt sich schon aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Damit der Voraussetzung in Art. 14 III 1 GG daneben eine eigenständige Bedeutung zukommt, muß diese Vorschrift also enger ausgelegt werden. Eine Enteignung ist deshalb nur zulässig, wenn der Eigentumsgegenstand zur Erfüllung einer „bestimmten öffentlichen Aufgabe" erforderlich ist. Enteignungen sind damit kein Instrument zur Vermehrung des Staatsvermögens. Enteignungen aus fiskalischen Gründen sind folglich unzulässig, auch wenn hierdurch eine finanzielle Entlastung in anderen Bereichen eintritt 147.

cc) Schutzbereich Unter Zugrundelegung der dargestellten Systematik der Eigentumsgarantie soll im folgenden untersucht werden, ob die Verfallsvorschriften gegen die Eigentumsfreiheit verstoßen. Zunächst müßte der Schutzbereich von Art. 14 GG eröffnet sein. Schutzfahiges Eigentum im Sinne des Art. 14 GG sind alle ei-

145 146 147

BVerfGE 52,1 (27); 70,191 (199 f.); 72, 66 (76); 79,174 (191). Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 990. BVerfGE 38,175 (180).

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

48

gentumsfähigen Positionen in ihrem konkreten Bestand, wobei Innehabung, Nutzung und Verfügung geschützt werden148. Eigentumsfähige Positionen sind grundsätzlich die vom Gesetzgeber zu einem bestimmten Zeitpunkt gewährten Vermögenswerten Rechte149, insbesondere das Eigentum nach bürgerlichem Recht150. Durch den Verfall werden dem Betroffenen konkrete Eigentumspositionen, die ihm nach bürgerlichem Recht zustehen, entzogen. Bei diesen Eigentumspositionen handelt es sich allerdings nur um solche, die der Betroffene rechtswidrig erlangt hat. (1) Fallbeispiele

Bevor der Frage nachgegangen wird, ob auch rechtswidrig erlangte Eigentumspositionen vom Schutzbereich des Art. 14 GG erfaßt sind, werden zur Veranschaulichung die Fälle aufgezeigt, in denen Eigentum zwar wirksam, aber dennoch rechtswidrig erworben wird. Im Bereich der Vermögensdelikte erlangt der Täter bei Straftaten wie Diebstahl und Unterschlagung mangels Übereignung grundsätzlich überhaupt kein Eigentum an den gestohlenen oder unterschlagenen Gegenständen. Ein Eigentumserwerb findet in diesen Fällen nur dann statt, wenn der Täter die gestohlene oder unterschlagene Sache durch Verarbeitung zu einer neuen Sache umbildet (§ 950 BGB)151. Da die Verarbeitung einen originären Rechtserwerb begründet, ist § 134 BGB nicht anwendbar und der Verarbeitende erlangt auch bei rechtswidrigem Handeln Eigentum152. Ein Eigentumserwerb ist ferner möglich bei Delikten, die eine freiwillige Vermögensverschiebung zum Gegenstand haben, wie z.B. Betrug, Untreue oder Hehlerei. In der Regel scheitert zwar wegen des Verstoßes gegen eine Strafvorschrift auch in diesen Fällen der Eigentumserwerb an § 134 BGB. Die Übereignungen sind demnach nichtig und der Täter erlangt kein Eigentum. Es gibt allerdings auch Fälle, bei denen § 134 BGB nicht eingreift, obwohl ein Verstoß gegen eine Strafvorschrift vorliegt 153. Zum Teil wird die Nichtigkeit 148 149

Rn. 11. 150

Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14 Rn. 5. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14 Rn. 6; Bryde, in: v.Münch/Kunig, Art. 14

Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 968. Pikart, in: RGRK, § 950 Rn. 3; Hefermehl, in: Erman, § 950 Rn. 1. 152 Wiegand, in: Staudinger, § 950, Rn. 8; Quack, in: MünchKomm, § 950 Rn. 21; Pikart, in: RGRK, § 950 Rn. 3; Bassenge, in: Palandt, § 950 Rn. 6. 153 Mayer-Maly, in: MünchKomm, § 134 Rn. 48; Krüger-Nieland/Zöller, in: RGRK, § 134 Rn. 15. 151

I. Verfall

49

eines Rechtsgeschäfts gem. § 134 BGB verneint, wenn eine Strafvorschrift nur die Tätigkeit eines Beteiligten unter Strafe stellt, ohne sich gegen das Rechtsgeschäft im ganzen zu richten154. Im übrigen ist das Rechtsgeschäft nur dann gem. § 134 BGB nichtig, wenn das Verbot, das die Strafbarkeit begründet, auch das Rechtsgeschäft im ganzen mit der Folge der Nichtigkeit verbietet. Entscheidend für die Beurteilung dieser Rechtsfolge ist der Zweck, der mit der Strafandrohung erreicht werden soll155. So stellt z.B. § 263 StGB kein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB dar, da beim Betrug § 123 BGB als lex specialis gegenüber § 134 BGB angesehen wird. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß es dem Getäuschten überlassen sein soll, ob er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts durch eine Anfechtung herbeifuhrt oder nicht156. Wirksam soll ferner die Veräußerung einer unterschlagenen oder veruntreuten Sache an einen Gutgläubigen sein157. Den größten Anwendungsbereich genießt der Verfall im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität. Da § 29 BtMG sowohl die Veräußerung als auch den Erwerb von Betäubungsmitteln unter Strafe stellt, machen sich beim Handel mit Betäubungsmitteln beide Parteien strafbar. Sinn und Zweck der Strafvorschrift ist es, jeglichen illegalen Umlauf von Betäubungmitteln zu unterbinden. Um dieses Ziel zu erreichen, muß die zivilrechtliche Folge der Nichtigkeit sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft betreffen. Übereignungen im Rahmen von Drogengeschäften sind daher nichtig. Hinsichtlich des Kaufpreises bedeutet dies, daß der Verkäufer von vornherein keine Eigentumsrechte erlangt, weil der Käufer das Eigentum an dem Geld behält. Da der Käufer den gezahlten Kaufpreis aber wegen § 817 S. 2 BGB nicht zurückverlangen kann, kann der Verkäufer nach freiem Belieben über den erhaltenen Geldbetrag verfugen. Der Käufer hat somit zwar kein Eigentum, aber dennoch Vermögenswerte Rechte erlangt.

(2) Schutz von rechtswidrig

erlangtem Eigentum

Fraglich ist, ob die Tatsache, daß Eigentumspositionen zwar wirksam, aber rechtswidrig erlangt wurden, die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 14 GG unberührt läßt, ob also auch rechtswidrig erlangte Positionen vom 154 RGZ 69, 273 (277); 100, 39 (40); 170, 155 (156); BGHZ 46,24 (26); Hefermehl, in: Soergel, § 134 Rn. 34; a.A. Damm, in: AK-BGB, § 134 Rn. 88. 155 Hefermehl, in: Soergel, § 134 Rn. 34. 156 157

Damm, in: AK-BGB, § 134 Rn. 91. Damm, in: AK-BGB, § 134 Rn. 91.

4 Dannert

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Schutzbereich des Art. 14 GG erfaßt sind. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob die Regelungen, die die Rechtswidrigkeit des Erwerbs begründen, i.V.m. den Verfallsvorschriften als Schutzbereichsbegrenzungen, also als Inhaltsbestimmungen oder als Schrankenbestimmungen anzusehen sind. Das BVerfG hat zu dieser Fragestellung lediglich entschieden, daß nur Rechtspositionen schutzwürdig sind, die rechtmäßig erworben wurden158. Damit hat das BVerfG zwar festgestellt, daß der Entzug von rechtswidrig erlangten Eigentumspositionen im Ergebnis die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG nicht verletzt. Das Gericht hat jedoch offengelassen, ob sich die fehlende „ Schutzwürdigkeit" dieser Eigentumspositionen daraus ergibt, daß schon der Schutzbereich des Art. 14 GG nicht eröffnet ist, oder daß der Eingriff in die Eigentumsgarantie verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist 159 . Der BGH sieht als Eigentum i.S.v. Art. 14 GG nur „wohlerworbene" Vermögenswerte Rechtspositionen an160. In einer Entscheidung, die das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb betrifft, führt er weiter aus: „Geschützt vor entschädigungsloser Beeinträchtigung durch rechtmäßige Eingriffe von hoher Hand ist nur das schutzwürdige Vermögen. Vorteile, die nur im Widerspruch zum geltenden Recht erzielt werden, zählen dazu nicht"161. Der BGH grenzt somit rechtswidrig erlangte Vermögensgegenstände schon aus dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie aus162. Auch in der älteren Literatur gibt es Stimmen, die schon die Einschlägigkeit des Art. 14 GG ablehnen. Dabei wird der fehlende Schutz der Eigentumspositionen teilweise mit einer Verwirkung begründet. Bei der Einziehung handele es sich nicht um den Einbruch in eine geschützte Vermögensposition, weil sich der Betroffene in einem Unrechtszustand befinde. Er habe sein Eigentumsrecht durch die strafbare Handlung „verwirkt" 163. In Anlehnung an die Ausführungen zur präventiven Einziehung164 begründet Dürig seine Auffassung, daß schon der Schutzbereich des Art. 14 GG nicht eröffnet sei, wie folgt: 158

BVerfG NVwZ 1993, 878 (881). Eine eindeutige Äußerung des BVerfG kann auch nicht erwartet werden, da das Gericht Inhalts- und Schrankenbestimmungen gleichsetzt, vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (b) (aa), und somit nicht zwischen Schutzbereichsbegrenzungen und Eingriffen im Rahmen des Art. 1412 GG unterscheidet. 160 BGHZ 26,248 (254). 161 BGH NJW 1957, 633 (634). 162 Zustimmend: Kröner, DRiZ 1960, 422 (423); ders., DVB1 1969, 157 (160); Kleinhoff, DRiZ 1958,167 (167 f.); Krohn/Löwisch, Eigentumsgarantie, Rn. 67, S. 29. 163 Weber, NJW 1950,401 (402); vgl. auch Gilsdorf, JZ 1958, 641 (643). 164 Vgl. unten 2. Teil ΠΙ. 1. 159

I. Verfall

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Da die strafbare Handlung nur ein Unterfall der Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sei, gehöre es von vornherein nicht zur Freiheit des Einzelnen, strafbare Handlungen zu begehen. Vielmehr treffe jeden die Pflicht, diese zu unterlassen. Daraus folge, daß Strafgesetze keine „Einschränkungen" der Grundrechte seien und daß der Täter durch sie nur in von vornherein bestehende Schranken zurückverwiesen werde165. Ihm werde also nichts genommen, was ihm an ursprünglicher Rechtsmacht zugestanden habe166. Gegen die Ansicht, rechtswidrig erlangte Eigentumspositionen fielen gar nicht erst in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit, spricht folgende Überlegung: Verneint man die Einschlägigkeit des Schutzbereichs für rechtswidrig erlangte Eigentumspositionen, so würde der Schutzbereich ausgeformt durch einfach-gesetzliche Vorschriften, die die Rechtswidrigkeit des Eigentumserwerbs begründen. Damit könnte der einfache Gesetzgeber einen grundrechtsfreien Raum schaffen, in dem die öffentliche Gewalt losgelöst von jeglicher verfassungsrechtlicher Bindung in die Privatsphäre des Bürgers eingreifen könnte. Dies wäre mit Art. 1 III GG und Art. 20 III GG unvereinbar. Rechtswidrig erlangte Eigentumspositionen können daher aus dem Schutzbereich des Art. 14 GG nicht ausgeklammert werden167. Der Umfang des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie wird vielmehr durch Inhaltsbestimmungen i.S.d. Art. 14 12 GG festgelegt. Inhaltsbestimmungen sind solche Vorschriften, die dem Eigentümer Befugnisse einräumen168. Dies sind hier diejenigen Vorschriften, die dem Eigentümer trotz des rechtswidrigen Erwerbs Befugnisse zuerkennen. Die Verfallsvorschriften hingegen verkürzen die Rechtsposition des Eigentümers, indem sie ihm sein Eigentum entziehen. Da sie dem Eigentümer also keine Befugnisse einräumen, können sie auch nicht die Reichweite des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie festlegen. Der Schutzbereich der Eigentumsgarantie ist damit für alle wirksam erlangten Eigentumspositionen eröffnet, unabhängig davon, ob die Rechte rechtmäßig oder rechtswidrig erworben wurden. Der Schutzbereich ist nur dann nicht betroffen, wenn durch ein gesetzliches Verbot der Erwerb eines bestimmten Gutes schlicht unmöglich ist. In diesen Fällen hat der Betroffene wegen der Unwirksamkeit des sachenrechtlichen Verfügungsgeschäfts überhaupt keine Eigentumsposition inne und kann sich folglich nicht auf Art. 14 GG berufen. 165 Dürig, AöR 79 (1953/54), 57 (85 f.); vgl. auch Stödter, Entschädigung, S. 216 zu Art. 153 WRV: Aufgrund der Fehlerhaftigkeit des Eigentums sei der Verfall nur eine Zurückweisung des Eigentümers in ihm gezogene Grenzen. 166 Dürig, AöR 81 (1956), 117(149). 167 Eschenbach, Eigentum, S. 148 f. 168 Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (b) (cc) (5).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

dd) Eingriff in den Schutzbereich Durch die Verfallsanordnung geht das Eigentum an dem für verfallen erklärten Gegenstand auf den Staat über. Durch den Entzug konkreter Eigentumsrechte wird somit in die Eigentumsfreiheit des Betroffenen eingegriffen. (1) Verfall

als Enteignung?

Da dem Betroffenen durch den Verfall konkrete Eigentumsrechte vollständig und endgültig entzogen werden, liegt es zunächst nahe zu untersuchen, ob es sich bei dem Verfall um eine Enteignung handelt. Im Ergebnis ist anerkannt, daß der Verfall trotz des vollständigen Eigentumsentzugs keine entschädigungspflichtige Enteignung darstellt. Dies wird unterschiedlich begründet. Die genaue Definition der Enteignung und damit die Abgrenzung zwischen Enteignungen und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 12 GG hat Literatur und Rechtsprechung schon immer intensiv beschäftigt. Die Abgrenzungsproblematik wird „zu den meistdiskutierten Themen" der Rechtswissenschaft gezählt, so daß die Literatur zu dieser Problematik „kaum mehr überschaubar" ist 169 . Die folgende Darstellung der unterschiedlichen Auffassungen zur Begriffsbestimmung der Enteignung erhebt daher nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es werden nicht alle Theorien vorgestellt, die zur Abgrenzung zwischen Enteignungen und Schrankenbestimmungen vertreten werden, sondern nur diejenigen Ansätze, die zu begründen versuchen, warum der Verfall gerade keine Enteignung darstellen soll, obwohl durch die Verfallsanordnung Eigentumspositionen vollständig und endgültig entzogen werden. (a) Keine Gemeinwohlforderung Häufig wird der Verfall deshalb nicht als Enteignung eingestuft, weil er nicht dem einer Enteignung innewohnenden Zweck diene. Nach Art. 14 III 1 GG ist eine Enteignung nur „zum Wohl der Allgemeinheit" zulässig. Dabei wird das „Wohl der Allgemeinheit" nicht in einem allgemeinen Sinne verstanden, da sich letztlich jede belastende staatliche Maßnahme am Gemeinwohl zu orientieren hat. Die Hervorhebung in Art. 14 III 1 GG, daß die Enteignung dem Wohl der Allgemeinheit dienen muß, bedeutet daher, daß 169

Böhmer, Der Staat 1985, 157 (158); Kimminich, in: BK, Art. 14 Rn. 185.

I. Verfall

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die Enteignung auf eine ganz spezifische Weise das Gemeinwohl fördern muß. Der Zweck einer Enteignung liegt somit darin, daß auf konkrete Eigentumspositionen „zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben zugegriffen wird" 170 . Der Eingriff in das Eigentum muß also „mit dem erklärten Ziel erfolgen, das Objekt für eine konkrete, dem Wohl der Allgemeinheit dienende Aufgabe bereitzustellen"171. Die Enteignung ist folglich auf ein positives Ziel gerichtet: Sie soll die betroffenen Gegenstände nicht nur aus dem Verkehr drängen, sondern einer bestimmten Aufgabe zufuhren 172. Diese Zweckrichtung, mit dem entzogenen Gegenstand eine bestimmte öffentliche Aufgabe zu fördern, gehört nach Vertretern der Literatur zum Tatbestand der Enteignung. Fehle es an diesem Ziel, so liege also schon keine Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG vor 173 . Auch das BVerfG sieht in einigen Entscheidungen den Zweck der Eigentumsentziehung, also die Förderung des Allgemeinwohls, als Tatbestandsmerkmal der Enteignung an, indem es die Enteignung als Maßnahme „im Interesse der Allgemeinheit"174 bzw. „zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben"175 definiert. Eine Enteignung sei schon „begrifflich dadurch gekennzeichnet, daß das ... Eigentum ... im Interesse der Allgemeinheit entzogen wird" 176 . In anderen Entscheidungen hingegen versteht das BVerfG die Gemeinwohlförderung als Zulässigkeitsvoraussetzung der Enteignung. So soll der Zugriff auf das Eigentum „zulässig" sein, „wenn er einem besonderen, im öffentlichen Nutzen dienenden Zweck dient"177. In einer anderen Entscheidung heißt es ausdrücklich, daß „Enteignungen ausfiskalischen Gründen unzulässig sind"178. Obwohl durch diese Eigentumseingriffe also nicht das Wohl der Allgemeinheit i.S.d. Art. 14 III 1 GG gefördert wird, sieht das BVerfG die Maß170 BVerfGE 38, 175 (180); 42, 263 (299); 66, 248 (257); 70, 191 (199 f.); Eser, Sanktionen, S. 161. 171 BVerfGE 38,175 (180). 172 Eser, Sanktionen, S. 161. 173 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 14 Rn. 53; Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 833 (837); Achterberg, AllgVerwR, § 25 Rn. 45, S. 727; Steinberg/Lubberger, Aufopferung, S. m, Maurer, AllgVerwR, § 26 Rn. 53, S. 677 mit der Einschränkung, daß für den Enteignungsbegriff nur maßgeblich sei, daß die Zweckrichtung dem Eingriff typischerweise zugrunde liege. Ob die konkrete Maßnahme tatsächlich der Erfüllung öffentlicher Aufgaben diene, sei keine Frage des Enteignungsbegriffs, sondern eine Frage der Zulässigkeit der Enteignung. 174 BVerfGE 24, 367 (394); 42,263 (299). 175 BVerfGE 70, 191 (200); 71, 137 (143); 72, 66 (76). 176 BVerfGE 24, 367 (394). 177 BVerfGE 66,248 (257). 178 BVerfGE 38, 175 (180).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

nahmen tatbestandlich als Enteignungen - nämlich als rechtswidrige Enteignungen - an. Den Urteilen des BVerfG zur Gemeinwohlklausel läßt sich somit nicht eindeutig entnehmen, ob das Gericht die Förderung des Wohls der Allgemeinheit schon als Begriffsmerkmal der Enteignung oder erst als Zulässigkeitsvoraussetzung ansieht. Gegen die Einordnung der Gemeinwohlförderung als Element des Enteignungsbegriffs spricht zunächst der Wortlaut des Art. 14 III GG. In Art. 14 III 1 GG heißt es, daß eine Enteignung nur zum Wohl der Allgemeinheit „zulässig" ist und nicht, daß eine Enteignung „vorliegt", wenn die genannte Voraussetzung erfüllt ist. Die Regelung normiert daher die besonderen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Enteignungstatbestandes, ohne die Enteignung zu definieren. Der Enteignungsbegriff wird in Art. 14 III 1 GG vielmehr vorausgesetzt179. Aus dem Satz, daß eine Enteignung nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig ist, kann deshalb lediglich geschlossen werden, daß eine Enteignung ohne Förderung des Gemeinwohls unzulässig ist, also eine rechtswidrige Enteignung darstellt. Nicht geschlossen werden kann aus der Formulierung in Art. 14 III 1 GG, daß es sich bei einem Eigentumsentzug ohne Gemeinwohlförderung um eine Nicht-Enteignung handelt180. Neben dem Wortlaut spricht auch die folgende Überlegung dafür, daß die Förderung des Gemeinwohls nicht zum Tatbestand der Enteignung gehören kann: Zählte man die Gemeinwohlförderung schon zum Begriff der Enteignung, so wären gerade die schlimmsten Fälle der Eigentumsentziehung, etwa die Beschaffung einer Villa zu Wohnzwecken eines habgierigen Herrschers, keine Enteignung und unterstünden folglich nicht den strengen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Art. 14 III GG181. Die Frage, ob durch einen Eigentumsentzug das Wohl der Allgemeinheit gefördert wird, spielt somit keine Rolle bei der Frage, ob eine Enteignung vorliegt, sondern erst bei der Frage, ob eine Enteignung rechtmäßig ist182. (b) Zweck der Junktimklausel Ein Teil der Literatur stellt auf den Zweck der Junktimklausel ab und kommt so zu dem Ergebnis, daß es sich bei dem Bruttoerlösverfall als Maß179

Bauschke/Kloepfer, NJW 1971, 1233. Schwabe, FS für Thieme, S. 251 (262); Lerche, JuS 1961, 237 (240 FN 27); Schneider, VerwArch 58 (1967), 301 (318). 181 Lege, Zwangskontrakt, S. 75. 182 So im Ergebnis: Kimminich, in: BK, Art. 14 Rn. 388; Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 580; Bauschke/Kloepfer, NJW 1971, 1233; Lerche, JuS 1961, 237 (240 FN 27); Schwabe, FS für Thieme, S. 251 (262); Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, S. 92; Lege, Zwangskontrakt, S. 75. 180

I. Verfall

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nähme mit Strafcharakter nicht um eine Enteignung handeln kann: Wenn Art. 14 GG für jeden enteignenden Eingriff einen Ausgleich in Gestalt einer Entschädigung vorschreibe, so könnten nur solche Eigentumseingriffe eine Enteignung darstellen, bei denen eine Entschädigung überhaupt einen vernünftigen Sinn haben könne. Aus dem Begriff der Enteignung seien daher zumindest die Eigentumseingriffe auszuklammern, deren Zweck im Falle eines Entschädigungsausgleichs hinfallig würde. Zu diesen Eingriffen gehörten Eigentumsentziehungen, die darauf abzielten, den Betroffenen für ein bestimmtes Verhalten zu bestrafen. Eine Strafmaßnahme verfehle ihre Wirkung und werde damit sinnlos, wenn sie durch eine Entschädigung abzugleichen wäre. Auf strafrechtliche Eigentumsentziehungen könne Art. 14 III GG mithin nicht anwendbar sein183. Die Wirkungen einer Strafe würden praktisch neutralisiert, wenn der Betroffene durch eine entsprechende Entschädigung in die Lage versetzt würde, sich alsbald einen Ersatzgegenstand zu verschaffen oder gar das entzogene Objekt durch Ersteigerung wieder zu erlangen184. Auch diesem Ansatz kann nicht gefolgt werden. In Art. 14 III 2 GG heißt es nicht, daß eine Entschädigung bei Eigentumseingriffen erfolgen soll, bei denen ein Wertausgleich sinnvoll erscheint. Art. 14 III GG setzt vielmehr voraus, daß sich Enteignungen von sonstigen Eigentumseingriffen unterscheiden und bestimmt, daß Eingriffe in das Eigentum durch Enteignungen eben nur gegen eine Entschädigung zulässig sind. Würde man schon bei der Einordnung des Eigentumseingriffs als Enteignung oder sonstigen Eingriff fragen, ob eine Entschädigung sinnvoll wäre und bei Verneinung dieser Frage eine Qualifizierung als Enteignung ablehnen, so liefe die Junktimklausel leer. Dann könnte nämlich z.B. einer wohlhabenden Person ein Haus entzogen werden, um es kostenlos Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Auch in diesem Fall würde eine Entschädigung dem Zweck der Maßnahme zuwiderlaufen, da die Eigentumsentziehung ja gerade auf eine Umverteilung von Werten gerichtet ist. Müßte der Eigentümer des Hauses entschädigt werden, so hätte der Staat auch gleich ein anderes Haus kaufen können. Die Enteignung hätte also bei der genannten Zielsetzung der Eigentumsentziehung keinen Sinn und könnte nach dieser Ansicht unterbleiben, weil keine Enteignung vorläge. Gegen diese Auffassung spricht ferner, daß der Staat auch bei der Verhängung von Strafen an die Grundrechte gebunden ist185. Es kann somit nicht ar183

Stree, Deliktsfolgen, S. 84 f.; vgl. auch Schulte, Dogmatik, S. 26, der zur strafrechtlichen Einziehung ausführt, „daß vom Zweck der Maßnahme her eine Entschädigung absurd ist und daher nicht in Betracht kommt". 184 Eser, Sanktionen, S. 165; Schlieper, Einziehung, S. 20; vgl. auch Schmidt, NJW 1957, 1628 (1629), nach dem eine Entschädigung den Zweck des Strafgesetzes aufheben würde und „als widersinnig füglich nicht erwartet werden" könne. 185 Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) aa) (a).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

gumentiert werden, daß Art. 14 III GG auf strafrechtliche Eigentumsentziehungen nicht anwendbar ist, weil die Strafe sonst ihre Wirkung verfehlt. Bei Strafen ist vielmehr wie bei allen anderen belastenden staatlichen Maßnahmen zu untersuchen, ob der Grundrechtseingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. (c) Eigener Ansatz Der Verfall ist keine Enteignung, weil der Bezugspunkt der Verfallsanordnung nicht mit dem der Enteignung übereinstimmt. Bezugspunkt der Enteignung ist immer der Eigentumsgegenstand selbst. Wenn sich der Staat bestimmte Güter zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe beschaffen will, wie z.B. Grundstücke für den Straßenbau, dann geht es dem Staat um die Erlangung dieser konkreten Grundstücke, ohne die das staatliche Vorhaben nicht durchgeführt werden könnte. Auch wenn der Staat Eigentumsgegenstände vernichtet, geht es um diese bestimmtem Gegenstände, weil von ihnen eine besondere Gefährlichkeit ausgeht, die nur durch deren Vernichtung beseitigt werden kann. Das Wesen der Enteignung ist somit dadurch gekennzeichnet, daß es dem Staat um die Erlangung oder Vernichtung bestimmter Gegenstände geht. Beim Verfall hingegen ist der Bezugspunkt der staatlichen Handlung nicht der Eigentumsgegenstand, sondern die Person des Eigentümers. Befände sich der Gegenstand in der Hand eines Eigentümers, der ihn rechtmäßig erworben hätte, so käme eine Verfallsanordnung nicht in Betracht. Der Verfall wird nur deshalb angeordnet, weil der Eigentümer den Gegenstand rechtswidrig erlangt hat. Eine solche eigentumsentziehende Maßnahme, die nicht aufgrund der Beschaffenheit des Eigentumsgegenstandes, sondern aufgrund der Person des Eigentümers angeordnet wird, ist keine Enteignung, weil der Anknüpfungspunkt der Maßnahme nicht mit dem der Enteignung übereinstimmt. (2) Schrankenbestimmung

Die Verfallsvorschriften stellen deshalb Schrankenbestimmungen des Eigentums i.S.d. Art. 14 12 GG dar. ee) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Als solche müßten sie verhältnismäßig sein. Durch den Nettoerlösverfall sollen unrechtmäßig zustande gekommene Vermögensvorteile auf Täterseite

I. Verfall

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beseitigt werden. Der Bruttoerlösverfall soll den Täter bestrafen, d.h. die Verfallsanordnung dient einerseits der Vergeltung und andererseits der Prävention186. Der Entzug des rechtswidrig erlangten Eigentums ist sowohl geeignet als auch erforderlich, diese Ziele zu fördern. Bei der Abwägung im Rahmen der Angemessenheit ist zu berücksichtigen, daß der Täter die Verfallsanordnung durch seine Straftaten selbst verursacht hat. Wenn er Eigentumspositionen durch die Begehung von Straftaten erlangt, muß er von vornherein mit einer Beschränkung seiner Eigentumsfreiheit rechnen. Der Eingriff in die Eigentumsgarantie des Täters durch die Anordnung des Verfalls ist somit auch angemessen. Die Verfallsvorschriften stellen daher verhältnismäßige Schranken i.S.d. Art. 14 12 GG dar.

b) Vereinbarkeit

mit dem Schuldprinzip

aa) Inhalt und Rechtsgrundlagen des Schuldprinzips Das gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte, aber nach allgemeiner Ansicht dennoch verfassungsrechtlich garantierte Schuldprinzip besagt, daß jede Strafe Schuld voraussetzt (nulla poena sine culpa). Mit Strafe ist dabei nicht nur die Strafe für kriminelles Unrecht, sondern auch die strafahnliche Sanktion für sonstiges Unrecht gemeint187. Als Rechtsgrundlagen des Schuldprinzips werden teilweise das Rechtsstaatsprinzip, teilweise Art. 11 GG oder auch beides zusammen herangezogen. So hat das BVerfG das Schuldprinzip in einigen Entscheidungen ausdrücklich aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet188. Zur Rechtsstaatlichkeit gehöre nicht nur die Rechtssicherheit, sondern auch die materielle Gerechtigkeit. Die Idee der Gerechtigkeit fordere, daß Tatbestand und Rechtsfolge in einem sachgerechten Verhältnis zueinander stünden. Die Strafe sei im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, daß sie - wenn nicht ausschließlich, so doch auch - auf Repression und Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abziele. Mit der Strafe werde dem Täter ein Rechtsver186

Vgl. oben 1. Teil I. 2. b)bb).

187

BVerfGE 20, 323 (331); 25, 269 (331); 9, 167 (169); 23, 127 (132); 41, 121 (125); 50, 125 (133); Jescheck, AT, § 4 I 1, S. 23; Lenckner, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 13 ff. Rn. 103. 188

BVerfGE 20, 323 (331); 23,127 (132); 41,121 (125); 50,125 (133).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

stoß vorgehalten und zum Vorwurf gemacht. Ein solcher strafrechtlicher Vorwurf setze aber Vorwerfbarkeit, also strafrechtliche Schuld voraus. Andernfalls wäre die Strafe eine mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbare Vergeltung für einen Vorgang, den der Betroffene nicht zu verantworten habe. Die strafrechtliche oder strafrechtsähnliche Ahndung einer Tat ohne Schuld des Täters sei demnach rechtsstaatswidrig 189. In anderen Entscheidungen zieht das BVerfG zur Herleitung des Schuldprinzips neben dem Rechtsstaatsprinzip die Garantie der Achtung vor der Menschenwürde aus Art. 11 GG heran190. Auch in der Literatur wird neben dem Rechtsstaatsprinzip191 Art. 11 GG als verfassungsrechtliche Basis des Schuldprinzips angesehen. Art. 11 GG verbietet es, „den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt"192. Würde ein Täter für einen Verstoß gegen die Rechtsordnung, der ihm mangels Schuld nicht zugerechnet werden kann, bestraft, so würde er, soweit die Strafe nur an das Unrecht der Tat anknüpft, nicht als sittliche Persönlichkeit, sondern als auswechselbare, vertretbare Größe behandelt. Denn nicht seine Persönlichkeit, seine „personhafte" freie Entscheidung gegen das Recht, sondern lediglich die äußere Tat hätte ihm dann den sozial diskriminierenden Makel der Strafe und die damit verbundene Minderung seiner sozialen Achtung eingebracht. Eine solche Behandlung würde aber seine sittliche Persönlichkeit und damit den Anspruch auf Achtung seiner Menschenwürde mißachten. Er würde daher als bloßes Objekt des Staates behandelt und deshalb entwürdigt193. Ebensowenig gehe es an, eine Strafe allein aus spezialpräventiven Gesichtspunkten zu verhängen. Zwar werde dann auch auf die Persönlichkeit des Täters abgestellt. Diese Persönlichkeitsmerkmale seien allerdings unabhängig von der begangenen Tat zu bewerten, da eine nicht zurechenbare Tat die Bestrafung ja gerade nicht rechtfertige. Allein ausschlaggebend müsse also die Gefährlichkeit des Täters sein. Dann könne aber auch jemand bestraft werden, der lediglich gefahrlich sei, ohne daß sich diese Gefährlichkeit bereits in einer Rechtsverletzung geäußert habe. Durch eine solche Bestrafung würde der Betroffene lediglich zu präventiven Zwecken sozialethisch diskriminierend gerügt. Er würde also zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung unter 189

BVerfGE 20, 323 (331). BVerfGE 25,269 (285); 45, 187 (259 f.); 50, 125 (133). 191 So Zipf, Strafmaßrevision, S. 47; Lenckner, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 13 fT. Rn. 103. 192 BVerfGE 50, 166 (175); 87, 209 (228). 193 Stree, Deliktsfolgen, S. 53. 190

I. Verfall

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Verletzung seines Rechts auf Achtung seiner Menschenwürde gemacht194. Aus Art. 11 GG folge deshalb, daß Strafe nur bei schuldhaftem Verhalten verhängt werden dürfe 195. bb) Verstoß gegen das Schuldprinzip? Der Verfall verstößt gegen das Schuldprinzip, wenn er eine Strafe oder eine strafahnliche Sanktion darstellt, deren Verhängung keine Schuld voraussetzt. Die Verfallsanordnung setzt gem. § 73 StGB lediglich eine rechtswidrige Tat, und damit keine Schuld voraus. Der Verfall des Nettogewinns des Täters stellt allerdings keine Strafe oder strafahnliche Sanktion, sondern eine quasi-kondiktionelle Ausgleichsmaßnahme dar 196, so daß ein Verstoß gegen das Schuldprinzip ausscheidet. Wie oben dargelegt, hat der Verfall aber insoweit Strafcharakter, als er sich auf den Brutto-Netto-Saldo des aus der Tat Erlangten bezieht197. Nach dem Wortlaut des § 73 StGB kann auch der Verfall des Bruttoerlöses bei schuldlosem Handeln des Täters angeordnet werden. Ferner kann er nach § 73 III, IV StGB gegenüber einem Dritten angeordnet werden, wenn entweder der Täter für den Dritten gehandelt hat und dadurch dieser etwas erlangt hat (Abs. 3) oder wenn der Dritte einen Gegenstand iür die Tat oder in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat (Abs. 4). Auch hier setzt die Verfallsanordnung des Brutto-Netto-Saldos dem Wortlaut nach keine Schuld voraus. Es könnten also Maßnahmen mit Strafcharakter gegen Betroffene ergriffen werden, die nicht schuldhaft gehandelt haben. Bei einem solchen Verständnis des § 73 StGB würde die Vorschrift gegen das Schuldprinzip verstoßen. Eser hält aus diesem Grund § 73 StGB, der den Verfall des Bruttoerlöses des aus der Tat Erlangten auch bei fehlender Schuld ermöglicht, für verfassungswidrig198. Eine Bestimmung ist aber nur dann verfassungswidrig, wenn sie nicht „verfassungskonform" ausgelegt werden kann. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob eine als verfassungswidrig erkannte Auslegung nach den üblichen 194

BVerfGE 45,187 (228); Stree, Deliktsfolgen, S. 53 f. Lenckner, in: Schönke/Schröder, Vor §§ 13 ff. Rn. 103; Stree, Deliktsfolgen, S. 53; Düng, in: M/D/H/S, Art. 1 Rn. 32. 196 Vgl. oben 1. Teil I. 2. b) aa). 197 Da sich das Schuldprinzip sowohl auf die Verhängung von Strafen als auch von strafähnlichen Sanktionen erstreckt, kann offenbleiben, zu welcher Kategorie dieser Maßnahmen der Verfall des Brutto-Netto-Saldos zu zählen ist. Er besitzt Strafcharakter und stellt deshalb zumindest eine strafahnliche Sanktion dar. 195

198

Eser, FS für Stree und Wessels, S. 833 (844).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Auslegungsmethoden die allein mögliche ist - dann ist die Bestimmung verfassungswidrig und damit ungültig - oder ob auch eine im Ergebnis verfassungskonforme Auslegung möglich ist 199 . Dabei darf sich die verfassungskonforme Auslegung weder über die Grenzen hinwegsetzen, die sich aus dem möglichen Wortsinn und dem Bedeutungszusammenhang ergeben200, noch darf sie das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfalschen 201. Wenn allerdings der Gesetzgeber eine weitergehende Wirkung beabsichtigt hatte, als sie nach der Verfassung zulässig ist, dann kann das Gesetz im Interesse der Normerhaltung verfassungskonform einschränkend ausgelegt werden. Dabei soll von der Absicht des Gesetzgebers das Maximum dessen aufrechterhalten werden, was nach der Verfassung aufrechterhalten werden kann202. Der Gesetzgeber wollte durch die Änderung des § 73 StGB beim Verfall vom Netto- auf das Bruttoprinzip übergehen203. Dabei sollte der Verfall weiterhin unabhängig von der Schuld des Täters angeordnet werden können. Der Verfall des Brutto-Netto-Saldos, der keine Schuld beim Betroffenen voraussetzt, verstößt aber gegen das verfassungsrechtlich garantierte Schuldprinzip. Die Einfuhrung des Bruttoprinzips beim Verfall ist daher nur insoweit verfassungsrechtlich zulässig, als für den Verfall des Brutto-Netto-Saldos schuldhaftes Handeln des Täters verlangt wird. Für die Auslegung des § 73 StGB ergibt sich damit folgendes: Wird der Bruttoerlös für verfallen erklärt, so ist als ungeschriebene Voraussetzung des § 73 StGB erforderlich, daß der vom Verfall Betroffene schuldhaft gehandelt hat. Kann die Schuld des Betroffenen nicht

199

BVerfGE 2, 266 (282); 8, 28 (34); 9, 194 (197 ff.); 19, 1 (5); 48, 40 (45); 49, 148 (157); 69,1 (55); harem , Methodenlehre, S. 344 f. 200 BVerfGE 54, 277 (299). 201

BVerfGE 8,28 (34); 54,277 (299). BVerfGE 8, 28 (34); 33, 52 (70); Larenz, Methodenlehre, S. 340 spricht in diesem Fall schon von „teleologischer Reduktion" bzw. von „verfassungskonformer Rechtsfortbildung". 203 BT-Drs. 12/1134, S. 12; § 73 StGB kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, daß sich das „ E r l a n g t e " f d Nettogewinn des Täters bezieht. Eine solche Auslegung stünde im Gegensatz zum erklärten Willen des Gesetzgebers und würde daher die Grenzen der verfassungskonformen Auslegung überschreiten; anders Herzog, in: NK, § 73 Rn. 14, der weiterhin für die Anwendung des Nettoprinzips beim Verfall plädiert. 202

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Π. Erweiterter Verfall

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festgestellt werden, so ist der Verfall auf den Nettogewinn zu beschränken204. Diese Auslegung ist sowohl mit dem möglichen Wortsinn des § 73 StGB - der nicht ausdrücklich voraussetzt, daß die Schuld des Betroffenen nicht festzustellen ist - als auch mit dem Bedeutungszusammenhang vereinbar. Außerdem wird von der Absicht des Gesetzgebers, nämlich die Effektuierung des grundsätzlich schuldunabhängigen Verfallsrechts durch Übergang vom Netto- zum Bruttoprinzip, das Maximum dessen aufrechterhalten, was bei Beachtung des Schuldgrundsatzes aufrechterhalten werden kann. Auch wenn die Absichten des Gesetzgebers bei der Gesetzesänderung weitergingen, so wird dessen Wille durch diese Auslegung weder verfehlt noch verfälscht. Der Gesetzgeber wollte einen schuldunabhängigen Bruttoerlösverfall einführen. Dieser Zielsetzung wird durch die Auslegung im wesentlichen Rechnung getragen: Der Verfall erstreckt sich auf den gesamten Bruttoerlös des Täters und bleibt auch grundsätzlich verschuldensunabhängig. Lediglich für die Abschöpfung des BruttoNetto-Saldos wird im Hinblick auf das Schuldprinzip ausnahmsweise schuldhaftes Handeln des Betroffenen verlangt. § 73 StGB kann daher verfassungskonform ausgelegt werden. Ein Verstoß gegen das Schuldprinzip liegt nicht vor.

I I . Erweiterter Verfall 1· Inhaltliche Ausgestaltung Das Institut des „Erweiterten Verfalls" wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15.07.1992205 geschaffen. Nach § 73 d 11 StGB ordnet das Gericht den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen, daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind, sofern eine rechtswidrige Tat nach einem Gesetz begangen worden ist, das auf diese Vorschrift verweist. Die Einführung des erweiterten Verfalls sollte nach dem Willen des Gesetzgebers „Lücken der strafrechtlichen 204 So auch Jescheck, AT, § 761 5, S. 793; Horn, in: SK, § 73 Rn. 5 und Hoyer, GA 1993,406 (422) wollen nicht § 73 StGB, sondern stattdessen § 73 c StGB dahingehend verfassungskonform auslegen, daß der Verfall des Brutto-Netto-Saldos bei schuldlosem Handeln des Betroffenen eine „unbillige Härte" darstelle und das Bruttoprinzip deshalb in diesen Fällen auszusetzen sei. Sie kommen damit zum gleichen Ergebnis. 205 BGBl 199211302.

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Gewinnabschöpfung in Fällen schließen, in denen die bei den Tatbeteiligten vorgefundenen Vermögensgegenstände, deren rechtmäßiger Erwerb nicht festgestellt werden kann, mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Begehung von Straftaten herrühren, in denen indessen die Verhängung einer Vermögensstrafe vom Schuldmaß der begangenen Taten her nicht zu vertreten wäre" 206. Anknüpfungstaten des erweiterten Verfalls sind rechtswidrige Taten, die in Gesetzen mit Strafe bedroht sind, die auf § 73 d StGB verweisen. Dies sind in erster Linie Tatbestände des Betäubungsmittelgesetzes, die auf Gewinnerzielung gerichtet oder zumindest mit entgeltlichem Betäubungsmittelumsatz in größerem Umfang eng verknüpft sind, und Straftaten, die banden- oder gewerbsmäßig begangen zu werden pflegen 207. Zugrififsobjekte sind „Gegenstände des Täters oder Teilnehmers", d.h. alle Rechtsobjekte - also auch Rechte -, die im Zeitpunkt der Verfallsanordnung dem Tatbeteiligten gehören208. Nach § 73 d 12 StGB ist der erweiterte Verfall auch dann anzuordnen, wenn ein Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer nur deshalb nicht gehört oder zusteht, weil er den Gegenstand für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat. Durch diesen Satz sollte klargestellt werden, daß insbesondere eine etwaige zivilrechtliche Doppelnichtigkeit von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft nach § 134 BGB auf die Anordnung des erweiterten Verfalls keine Auswirkungen hat209. Die Hinzufügung dieses Satzes war erforderlich, weil beim erweiterten Verfall eine Vorschrift, die dem § 73 IV StGB entspräche, fehlt. Nach § 73 d I 3 StGB ist § 73 II StGB entsprechend anzuwenden, so daß sich die Anordnung des erweiterten Verfalls auch auf Nutzungen und Surrogate erstrecken kann. Schließlich müssen „Umstände die Annahme rechtfertigen, daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind". Es ist mithin nicht erforderlich, daß die Gegenstände gerade für die konkrete Anknüpfungstat oder aus dieser erlangt worden sind. Es genügt vielmehr jede rechtswidrige Verwendung für bzw. jede rechtswidrige Herkunft aus Straftaten, selbst wenn diese aus rechtlichen Gründen - z.B. wegen Veqährungseintritts - nicht mehr verfolgbar sind210.

206 207 208 209 210

BT-Drs. 11/7663, S. 22; 12/989, S. 23. Vgl. §§ 33 I BtMG, 244 ΙΠ, 244 a ΠΙ, 256 Π, 260 ΠΙ StGB. BT-Drs. 11/6623, S. 6. BT-Drs. 11/6623, S. 7. BT-Drs. 11/6623, S. 7.

Π. Erweiterter Verfall

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Notwendig ist auch nicht, daß die rechtswidrige Verwendung oder Herkunft der Gegenstände prozeßordnungsgemäß bewiesen wird. Das Gesetz läßt es insoweit ausreichen, daß „Umstände die Annahme rechtfertigen". Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Annahme der rechtswidrigen Herkunft eines Gegenstandes erst dann gerechtfertigt, „wenn sich diese Herkunftsmöglichkeit von allen in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten als die ganz überwiegend wahrscheinlichste darstellt". Dabei soll es genügen, „daß dann, wenn sich rechtmäßige Quellen nicht feststellen lassen, sich die Herkunft aus rechtswidrigen Taten im Hinblick auf die Situation des Täters und sein Vorleben einem objektiven Betrachter geradezu aufdrängt". Dies könne „z.B. hinsichtlich eines größeren Geldbetrages der Fall sein, der bei einem bereits mehrfach in Erscheinung getretenen Betäubungsmittelstraftäter vorgefunden wird, der ohne erkennbare sonstige Einkunftsquellen seinen Unterhalt durch Sozialhilfe bestreitet" 211. Selbst wenn man die „Annahme" als „ganz überwiegende Wahrscheinlichkeit" versteht, so ändert dies nichts an der Tatsache, daß hinsichtlich der rechtswidrigen Verwendung oder Herkunft der Gegenstände des Tatbeteiligten Vermutungen angestellt werden können. Diese Vermutungen gehen in zwei Richtungen: Zum einen wird vermutet, daß der Täter andere rechtswidrige Taten als die konkret abgeurteilte begangen hat. Diese Annahme soll ermöglichen, das Vermögen des Täters weitgehend abzuschöpfen. Zum anderen wird der Zusammenhang zwischen den Straftaten und den vorgefundenen Vermögensgegenständen vermutet. Durch diese Herkunftsvermutung wird auf den oft nicht zu erbringenden - Nachweis der deliktischen Herkunft der Vermögensgegenstände verzichtet. Es wird also vermutet, daß die Gegenstände für die oder aus den zuvor vermuteten Straftaten erlangt worden sind212. Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nach der Tat ganz oder teilweise unmöglich geworden, so findet insoweit gem. § 73 d II StGB die Vorschrift über den Wertersatzverfall, § 73 e StGB, sinngemäße Anwendung. Dabei kann der ursprüngliche Gegenstandswert, nicht etwa das Tätervermögen, nach § 73 b StGB geschätzt werden213. Gegenstände, die nach § 73 d StGB für verfallen erklärt worden sind, in einem späteren Strafverfahren aber als Tatgewinn i.S.d. § 73 StGB ermittelt werden, gelten gem. § 73 d III StGB als bereits abgeschöpft 214. Um Härtefallen gerecht werden zu können, findet nach § 73 d IV StGB die Härtevorschrift des § 73 c StGB entsprechende Anwendung. 211 212 213 214

BT-Drs. 11/6623, S. 7. Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 158 f. BT-Drs. 11/6623, S. 9. Horn, in: SK, §73dRn. 9.

64

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

2. Rechtsnatur Es stellt sich die Frage, welche Rechtsnatur dem erweiterten Verfall zukommt. Die Rechtsnatur einer Maßnahme richtet sich nach ihren Wirkungen und Zielsetzungen. In Betracht kommt hier eine Einordnung als Maßnahme mit Strafcharakter. Dann müßte der erweiterte Verfall die drei oben genannten Kriterien erfüllen 215. Zunächst müßte der erweiterte Verfall in seinen Wirkungen einer Geldstrafe gleichkommen. Der erweiterte Verfall erstreckt sich auf alle Vermögensgegenstände, die für oder aus einer Straftat erlangt worden sind, also auf den gesamten Bruttoerlös. Hinsichtlich des Brutto-Netto-Saldos bewirkt der erweiterte Verfall daher - ebenso wie der Verfall nach § 73 StGB - eine vermögensrechtliche Schlechterstellung, die in ihren Wirkungen einer Geldstrafe gleichkommt216. Fraglich ist, ob dies auch für den erweiterten Verfall hinsichtlich des Nettogewinns gilt. Der Verfall des Nettogewinns nach § 73 StGB stellt keine Übelszufügung im Sinne eines wirtschaftlichen Nachteils dar, da dem Täter nur das entzogen wird, was er auf unrechtmäßige Weise erlangt hat217. Im Unterschied zum Verfall nach § 73 StGB wird beim erweiterten Verfall aber schon das Vermögen entzogen, das der Betroffene aller Wahrscheinlichkeit nach auf unrechtmäßige Weise erworben hat. Auch wenn man den Verdachtsgrad - wie in den Entwurfsbegründungen gefordert 218 - noch so hoch ansetzt, so besteht doch immer die Möglichkeit der rechtmäßigen Herkunft der Vermögensgegenstände. Damit existiert auch immer die Möglichkeit, daß dem Betroffenen durch den erweiterten Verfall Gegenstände entzogen werden, die er rechtmäßig erworben hat. Dieser Entzug würde für den Betroffenen - wie die Verhängung einer Geldstrafe - eine vermögensrechtliche Schlechterstellung bedeuten. Da bei der Anordnung des erweiterten Verfalls gerade nicht feststeht, ob die Vermögensgegenstände nun rechtmäßig oder rechtswidrig erworben wurden, ist insofern eine Differenzierung zwischen den Verfallsanordnungen nicht möglich. Beim erweiterten Verfall kann also nie ausgeschlossen werden, daß rechtmäßiges Vermögen betroffen ist und daß die Anordnung deshalb eine vermögensrechtliche Belastung wie bei der Verhängung einer Geldstrafe bewirkt. Ferner müßte dem erweiterten Verfall eine präventionsorientierte Zweckrichtung zugrunde liegen. Die Bruttoerlösabschöpfung dient sowohl der Spe215 216 217 218

Vgl. oben 1. Teil I. 2. a). Vgl. oben 1. Teil I. 2. b)bb). Vgl. oben 1. Teil I. 2. b) aa). BT-Drs. 11/6623, S. 7.

Π. Erweiterter Verfall

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zial- als auch der Generalprävention 219. Fraglich ist, welchem Zweck die Abschöpfung des Nettogewinns beim erweiterten Verfall dient. Nach den Begründungen des Gesetzgebers verfolgt der erweiterte Verfall das Ziel, „eine strafrechtswidrig zustandegekommene Vermögenszuordnung zu korrigieren" 220. Es handele sich deshalb nicht um eine Strafe, sondern um eine „strafrechtliche Maßnahme »eigener Art' mit kondiktionsähnlichem Charakter" 221. Stünde beim erweiterten Verfall aber wirklich die Korrektur einer rechtswidrig zustandegekommenen Vermögenszuordnung im Vordergrund, so müßte diese rechtswidrige Vermögenszuordnung auch die Voraussetzung für die Verfallsanordnung darstellen. Das ist aber gerade nicht der Fall. Es genügt für die Anordnung des erweiterten Verfalls vielmehr der Verdacht einer rechtswidrigen Vermögenszuordnung. Der Ausgleichsgedanke kann beim erweiterten Verfall daher nicht den Hauptzweck darstellen. Vielmehr soll durch die Abschöpfung des Nettogewinns beim erweiterten Verfall - wie auch durch die Bruttoerlösabschöpfung - sowohl dem Täter als auch der Allgemeinheit vor Augen geführt werden, daß sich Kriminalität nicht auszahlt. Dem steht auch nicht entgegen, daß nicht hundertprozentig feststeht, ob die rechtswidrigen Taten, aus denen das Vermögen stammt, wirklich begangen wurden, da jedenfalls die Anknüpfungstat prozeßordnungsgemäß nachgewiesen werden muß. Diese Anknüpfungstat ist es dann, die sich für den Täter nicht „ausgezahlt" hat. Dem erweiterten Verfall liegt damit eine präventionsorientierte Zweckrichtung zugrunde. Schließlich müßte durch die Anordnung des erweiterten Verfalls ein sozialethisches Unwerturteil verhängt werden. Der erweiterte Verfall bewirkt eine vermögensrechtliche Schlechterstellung beim Betroffenen. Dieses Übel wird dem Betroffenen nicht etwa wegen eines möglichen Ausgleichs zugemutet, sondern es wird verhängt, weil das Verhalten des Täters sozialethisch mißbilligt wird. Die Anordnung des erweiterten Verfalls stellt somit ein sozialethisches Unwerturteil dar. Der erweiterte Verfall weist damit alle Seiten einer Strafe auf. Es handelt sich daher beim erweiterten Verfall um eine Maßnahme mit Strafcharakter 222.

219

Vgl. oben 1. Teil I. 2. b)bb).

220

BT-Drs. 11/6623, S. 7; 12/2720, S. 42.

221

BT-Drs. 11/6623, S. 6.

222

So im Ergebnis auch Perron, JZ 1993, 918 (919); Eser, FS für Stree und Wessels, 842 (845); Weßlau, StV 1991, 226 (231 f.). 5 Dannert

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

3. Verfassungsmäßigkeit § 73 d StGB könnte gegen Art. 14 GG, das Schuldprinzip und die Unschuldsvermutung verstoßen. a) Verstoß gegen Art. 14 GG

Durch den erweiterten Verfall wird wie bei einer Verfallsanordnung nach § 73 StGB in die Eigentumsfreiheit des Betroffenen eingegriffen. Da der Anknüpfungspunkt auch hier nicht der Eigentumsgegenstand selbst, sondern die Person des Täters ist, handelt es sich nicht um eine entschädigungspflichtige Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG, sondern um eine Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 1412 GG223. Als Schrankenbestimmung müßte der erweiterte Verfall verhältnismäßig sein. Hier stellt sich insbesondere die Frage, ob der erweiterte Verfall angemessen ist. Der erweiterte Verfall soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine Lücke im alten Verfallsrechts schließen. Insbesondere bei der Betäubungsmittelkriminalität gebe es einen Bereich, in dem der Verfall nicht angeordnet werden könne, weil der Nachweis einer kriminellen Herkunft des Tätervermögens nicht möglich sei: So komme es in der Praxis immer wieder vor, daß bereits einschlägig bestrafte Drogenhändler erneut im Besitz von kleineren Betäubungsmittelmengen angetroffen würden. Daneben würden bei diesen Personen Geldbeträge vorgefunden, die angesichts der sonstigen Umstände - wie z.B. der festgestellten Einkommensverhältnisse - den Schluß zuließen, daß diese Geldmittel mit hoher Wahrscheinlichkeit aus illegalen Betäubungsmittelgeschäften stammten. Nachgewiesen werden könnte in der Regel aber nur der strafbare Besitz des vorgefundenen Betäubungsmittels. Da es an dem Nachweis der Herkunft der gefundenen Geldbeträge aus der gegenständlichen oder einer anderen Tat fehle, bestehe für den Verfall des Geldes keine Handhabe. Insoweit bestehe also eine Lücke im Maßnahmebereich, die besonders schwer wiege, wenn man die kriminogene Wirkung solcher dem staatlichen Zugriff entzogener Tatgewinne berücksichtige224. Durch den erweiterten Verfall soll diese Lücke geschlossen werden. Unterstellt man die Wirksamkeit der Maßnahme, so könnten Betäubungsmittelstraftaten mit Hilfe des erweiterten Verfalls effektiver bekämpft werden. Wenn man die Folgen der Betäubungsmittelkriminalität für die Allgemeinheit betrachtet, insbesondere im Hinblick auf die durch Betäubungsmittelstraftaten ausgelöste Beschaflungskriminalität, 223 224

Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) dd) (a) (cc). BT-Drs. 11/6623, S. 4.

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kommt dem erweiterten Verfall bei der Kriminalitätsbekämpfung eine erhebliche Bedeutung zu. Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß der von der Anordnung des erweiterten Verfalls Betroffene die Ursache für die Verhängung der Maßnahme möglicherweise gar nicht selbst gesetzt hat. Dem Betroffenen kann zwar eine Straftat, nämlich die Anknüpfungstat nachgewiesen werden. Er hat somit eine Ursache für die generelle Verhängung von Strafen gesetzt. Für die Anordnung des erweiterten Verfalls reicht allerdings die Anknüpfungstat nicht aus. Vielmehr setzt der erweiterte Verfall die Vermutung der Begehimg weiterer Straftaten und die Vermutung der rechtswidrigen Herkunft bestimmter Vermögensgegenstände voraus. Auch wenn man den Verdachtsgrad noch so hoch ansetzt, bleibt immer die Möglichkeit, daß der Täter außer der Anknüpfungstat keine weiteren Straftaten begangen und sein gesamtes Vermögen rechtmäßig erworben hat. Wenn der Täter zudem für die Anhaltspunkte, aus denen sich die Vermutung der rechtswidrigen Herkunft ergibt, nicht verantwortlich ist, so hat er die Anordnung des erweiterten Verfalls nicht verursacht. Trotzdem können seine Vermögensgegenstände gem. § 73 d StGB für verfallen erklärt werden. Durch die Verfallsanordnung werden dem Betroffenen bestimmte Eigentumspositionen vollständig und endgültig entzogen. Ein stärkerer Eingriff in das Eigentum ist nicht denkbar. Da der Betroffene auf der einen Seite die Ursache für die Anordnung des erweiterten Verfalls nicht gesetzt hat, die Anordnung auf der anderen Seite aber der intensivste Eigentumseingriff darstellt, der überhaupt möglich ist, kann die Maßnahme auch im Hinblick darauf, daß sie eine wirksamere Kriminalitätsbekämpfung ermöglicht, nicht als angemessen angesehen werden. Die Verfolgung von Straftaten darf nicht um jeden Preis erfolgen. Insbesondere darf die Bekämpfung der Kriminalität nicht durch Sanktionen erfolgen, die einen ganz empfindlichen Grundrechtseingriff darstellen und gleichzeitig so ausgestaltet sind, daß der Täter die Voraussetzungen für die Verhängung der Strafe möglicherweise nicht verursacht hat. Der erweiterte Verfall ist damit eine unverhältnismäßige Beschränkung der Eigentumsfreiheit und verstößt somit gegen Art. 14 GG225. b) Verstoß gegen das Schuldprinzip

Nach dem Schuldprinzip dürfen Strafen und strafahnliche Sanktionen nur verhängt werden, wenn dem Täter eine rechtswidrige Tat persönlich zum 225

Im Ergebnis bejahen einen Verstoß gegen Art. 14 GG Köhler/Beck, JZ 1991, 797 (799); Oessecker, Gewinnabschöpfung, S. 360; Eser, FS für Stree und Wessels, S. 833 (846 f.); a.A.: Katholnigg, JR 1995, 297 (298); Krey/Dierlamm, JR 1992, 353 (358).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Vorwurf gemacht werden kann, wenn er also schuldhaft gehandelt hat226. Der erweiterte Verfall, der eine Maßnahme mit Strafcharakter darstellt 227, setzt als Anknüpfungstat lediglich eine rechtswidrige, also keine schuldhafte Tat voraus. § 73 d StGB könnte damit gegen das Schuldprinzip verstoßen. Fraglich ist, ob § 73 d StGB verfassungskonform ausgelegt werden kann. Der erweiterte Verfall wäre mit dem Schuldprinzip zu vereinbaren, wenn man als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des §73 d StGB verlangen würde, daß der Täter schuldhaft gehandelt hat. Diese Auslegung dürfte das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfalschen 228. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch die Bezugnahme auf eine „rechtswidrige Tat" in § 73 d StGB klargestellt werden, „daß als Anknüpfungstat für den erweiterten Verfall eine rechtswidrige, nicht notwendigerweise schuldhafte Tat genügt"229. Die Anordnung des erweiterten Verfalls sollte also grundsätzlich schuldunabhängig ergehen können. Würde man nun statt dessen jedesmal verlangen, daß der vom Verfall nach § 73 d StGB Betroffene schuldhaft gehandelt hat, so würde man durch diese Auslegung dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Dadurch würde das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt bzw. verfälscht. Für eine verfassungskonforme Auslegung ist daher wegen des eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der sowohl in den Entwurfsbegründungen als auch in dem klaren Wortlaut des § 73 d StGB zum Ausdruck kommt, kein Raum. Die Auslegung des § 73 d StGB ergibt somit, daß der erweiterte Verfall unabhängig von einem schuldhaften Handeln des Betroffenen angeordnet werden kann. Damit verstößt die Vorschrift gegen das Schuldprinzip230. c) Verstoß gegen die Unschuldsvermutung

Innerstaatliche Geltung als Bundesgesetz hat die Unschuldsvermutung durch die Ratifizierung der EMRK erhalten. Dort heißt es in Art. 6 II: „Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist". In unterschiedlichen Formu226

Vgl. oben 1. Teil I. 3. b) aa). Vgl. oben 1. Teil Π. 2. 228 BVerfGE 8,28 (34); 54,277 (299). 229 BT-Drs. 11/6623, S. 6. 230 Im Ergebnis auch Dreher/Tröndle, § 73 d Rn. 4; Herzog, in: NK, § 73 d Rn. 3; Anders Lampe, JZ 94, 123 (131 FN 68), der einen Verstoß gegen das Schuldprinzip deshalb ablehnt, weil auch § 73 StGB nicht gegen das Schuldprinzip verstoße. Lampe übersieht dabei, daß - im Unterschied zu § 73 StGB - dem erweiterten Verfall insgesamt Strafcharakter zukommt. Ein Vergleich mit § 73 StGB kann daher nicht überzeugen. 227

Π. Erweiterter Verfall

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lierungen ist die Unschuldsvermutung auch in den Verfassungen einiger Länder verankert 231. Auch wenn die Unschuldsvermutung im Grundgesetz nicht ausdrücklich genannt wird, genießt sie nach allgemeiner Ansicht dennoch Verfassungsrang. Dabei wird die Unschuldsvermutung aus unterschiedlichen Bestimmungen hergeleitet. Nach der Rechtsprechung des BVerfG entspricht die Unschuldsvermutung „allgemeiner rechtsstaatlicher Überzeugung"232. Ihr kommt damit als „besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips"233 Verfassungsrang zu. Auch ein Teil der Literatur leitet die Unschuldsvermutung aus dem Rechtsstaatsprinzip ab. Der „Rechtsstaatsgedanke in seinem aufklärerisch und liberalistisch geprägten Verständnis, wie es für die Väter des Grundgesetzes prägend war", verlange die Geltung der Unschuldsvermutung „als tragende Maxime strafrechtlichen staatlichen Vorgehens"234. Ein anderer Teil der Literatur begründet die verfassungsrechtliche Geltung der Unschuldsvermutung mit der Garantie der Menschenwürde in Art. 11 GG235 oder sieht als verfassungsrechtlichen Angelpunkt der Unschuldsvermutung sowohl das Rechtsstaatsprinzip als auch die Garantie der Menschenwürde an236. Die Unschuldsvermutung schützt den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozeßordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung vorausgegangen ist237. Sie enthält dabei keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- und Verbote, sondern bedarf vielmehr der Konkretisierung durch den Gesetzgeber. Dieser muß bei der Ausgestaltung des Strafverfahrens der Unschuldsvermutung grundsätzlich Rechnung tragen238. Im folgenden werden die Garantien der Unschuldsvermutung herausgearbeitet, gegen die der erweiterte Verfall verstoßen könnte.

231

So z.B. Berlin, Art. 65 Π; Bremen, Art. 6 ΙΠ; Hessen, Art. 20 Π 1; RheinlandPfalz, Art. 6 ΠΙ 2. 232 BVerfGE 19, 342 (347). 233 BVerfGE 82,106 (114); 22,254 (265); 74, 358 (370). 234 Paeffgen, Vorüberlegungen, S. 66; Kleinknecht/Meyer-Goßner, Art. 6 MRK Rn. 12; Schubarth, Unschuldsvermutung, S. 2. 235 Schorn, Menschenwürde, S. 23; ders. EMRK, Art. 6 Π Anm.l; Stürner, JZ 1980, 1 (3); Sax, in: Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Grundrechte m 2, S. 987. 236 Haberstroh, NStZ 1984, 289 (290); Marxen, GA 128 (1980), 365 (372); Krauß, in: Strafrechtsdogmatik, S. 153 (153 f. FN 5); Vogler, FS für Kleinknecht, S. 429 (436); Stree, In dubio pro reo, S. 17; Kunig, in: v.Münch/Kunig, Art. 1 Rn. 36. 237 BVerfGE 74, 358 (371); 82,106 (114 f.). 238 BVerfGE 74, 358 (371 f.); 82,106 (115).

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aa) Exklusivität der verfahrensmäßigen Schuldfeststellung Die Unschuldsvermutung hat nicht nur Auswirkungen auf den Gang des Strafverfahrens selbst, sondern sichert auch die „Exklusivität der verfahrensmäßigen Schuldfeststellung" 239. Die Unschuld wird vermutet, um ein ordentliches Gerichtsverfahren zum Beweis des Gegenteils zu erzwingen, bevor wegen eines Tatvorwurfs strafrechtlich relevante Entscheidungen getroffen werden240. Durch das Erzwingen des Verfahrens dient die Unschuldsvermutung einer Kanalisierung staatlicher Machtausübung. Sie will den Beschuldigten vor der Verhängung von Strafen außerhalb des für die Schuldfeststellung einzig vorgesehenen Weges - der Durchführung des Strafverfahrens - schützen241. Erst wenn in einem Verfahren über einen Tatvorwurf entschieden worden ist, dürfen an die vorgeworfene Tat strafrechtliche Rechtsfolgen geknüpft werden. Die Unschuldsvermutung entfaltet daher ihre Wirkung nicht nur in dem Verfahren, in dem es um den Tatvorwurf selbst geht, sondern schützt auch vor strafrechtlichen Auswirkungen, die unter Umgehung eines solchen Verfahrens an den Tatvorwurf geknüpft werden242. Die Unschuldsvermutung begründet damit einen Anspruch auf die Durchführung eines Verfahrens 243. Aus diesem Grund dürfen selbständig strafbare Handlungen, die nicht zum angeklagten historischen Ereignis gehören, also nicht Gegenstand des Verfahrens sind, vor ihrer rechtskräftigen Feststellung bei der Verhängung der Strafen nicht berücksichtigt werden244. Die Berücksichtigung einer noch nicht festgestellten Tat verstößt somit als Verdachtsstrafe gegen die Unschuldsvermutung245. Der erweiterte Verfall könnte eine solche unzulässige Verdachtsstrafe darstellen, weil er an die Vermutung der Begehung rechtswidriger Taten anknüpft. § 73 d StGB bezieht sich auf Vermögensgegenstände, die nicht aus der abgeurteilten Tat stammen, sondern aus anderen - vermutlich begangenen Taten, die nicht Gegenstand der Anklage waren. Ein Zusammenhang zwischen den Vermögensgegenständen und der abgeurteilten Tat ist nicht erforderlich. Wenn durch den erweiterten Verfall die Taten, die nicht Gegenstand der Anklage waren, sanktioniert werden sollen, ist der Verstoß gegen die Un239 240 241 242 243 244

S. 165. 245

Marxen, GA 128 (1980), 365 (373); Vogler, in: IntKommEMRK, Art. 6 Rn. 401. Vgl. BVerfGE 19, 342 (347). Haberstroh, NStZ 1984, 289 (292). Vogler, FS für Kleinknecht, S. 429 (437). Mrozynski, JZ 1978, 255 (256 f.). Vogler, FS für Kleinknecht, S. 429 (438); Schultehinhchs, Gewinnabschöpfung,

Zipf, JR 1975, 470 (470); Bruns, Strafzumessungsrecht, Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 165.

S.

167 f.;

Π. Erweiterter Verfall

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schuldsvermutung offensichtlich. Diese vermuteten Taten müßten vor einer Bestrafung erst in einem Verfahren bewiesen werden. Anderenfalls läge eine unzulässige Verdachtsstrafe vor 246. Man kann den erweiterten Verfall aber auch als Strafe fur die abgeurteilte Anknüpfungstat deuten und die noch nicht nachgewiesenen Taten lediglich als Umstände, die bei der Straffestsetzung eine Rolle spielen. Dann stellen die vermutlich begangenen rechtswidrigen Taten kein Merkmal des Straftatbestandes, also keine Voraussetzung der Schuldfeststellung dar, sondern nur eine Voraussetzung der Sanktion selbst. Schultehinrichs hat sie deshalb treffend als „Sanktionstatbestandsmerkmal" bezeichnet247. Es stellt sich die Frage, ob sich die Unschuldsvermutung nur auf die Feststellung der Schuld bezieht oder auch auf die Festsetzung der Strafe. Katholnigg lehnt einen Verstoß des § 73 d StGB gegen die Unschuldsvermutung ab, weil der erweiterte Verfall die Feststellung einer konkreten rechtswidrigen Tat in einem Strafverfahren voraussetze und an die Feststellung dieser Tat lediglich bestimmte Rechtsfolgen knüpfe 248. Nach Katholnigg soll die Unschuldsvermutung also auf „Sanktionstatbestandsmerkmale" keine Anwendung finden. Peukert hält in einem Strafverfahren die Bezugnahme auf Taten, die nicht den Gegenstand des Verfahrens bilden, ebenfalls für zulässig, soweit sie Aufschlüsse über die Persönlichkeit des Angeklagten geben und sich nur auf die Strafzumessung und nicht auf die Schuldfeststellung auswirken249. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR betrifft die Unschuldsvermutung lediglich die Feststellung der Schuld, nicht Art und Ausmaß der Strafe 250. Sie hindere den Richter deshalb nicht, bei Ausspruch der Strafe Faktoren zu berücksichtigen, die sich auf die Persönlichkeit des Angeklagten bezögen. Wenn die Schuld gesetzlich nachgewiesen sei, könne die Strafe im Hinblick auf den Charakter und das Vorleben des Betroffenen festgesetzt werden, weil die Bestrafung nicht wegen dieser Tatsachen, sondern eben aufgrund der festgestellten Schuld erfolge 251. Mit der gleichen Begründung hält der EGMR die Berücksichtigung von früheren Verurteilungen bei der Bemessung der Sanktion für zulässig252. Dem kann insoweit zugestimmt werden, als es entweder um bewiesene Handlungen geht, die nicht selbständig strafbar sind, oder um rechtskräftig ab246 247 248 249 250 251 252

Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 168. Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 159. Katholnigg, JR 1994, 353 (355). Peukert, EuGRZ 1980, 247 (261). EGMR EuGRZ 1976, 221 (235); 1983, 190 (195). EGMR EuGRZ 1976, 221 (235). EGMR EuGRZ 1983, 190 (195).

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

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geurteilte Vortaten253. Etwas anderes muß allerdings bei Handlungen gelten, die selbständig strafbar sind. Dürfte man diese Handlungen bei der Straffestsetzung berücksichtigen, ohne die Unschuldsvermutung dabei zu beachten, dann würde die Unschuldsvermutung ihr Ziel verfehlen. Die Unschuldsvermutung muß daher nicht nur hinsichtlich der Schuldvoraussetzungen, sondern hinsichtlich aller materiellrechtlicher Strafvoraussetzungen beachtet werden254. Die Unschuldsvermutung verbietet es daher, Strafsanktionen auf Taten zu stützen bzw. Taten zu berücksichtigen, die nicht in einem Verfahren nachgewiesen wurden. Gerade das bezweckt der erweiterte Verfall. Er bezieht sich nur auf Vermögensgegenstände, die aus vermutlich begangenen Straftaten stammen. Die Anordnung des erweiterten Verfalls setzt damit zwar auch eine prozeßordnungsgemäß nachgewiesene Anknüpfungstat voraus, er stützt sich aber letztlich auf andere, nicht in einem Prozeß nachgewiesene Taten. Ohne die Vermutung der anderen rechtswidrigen Taten könnte der erweiterte Verfall schließlich nicht angeordnet werden. Der erweiterte Verfall stellt damit wegen der Vermutung der Begehung rechtswidriger Taten eine Verdachtsstrafe dar und verstößt gegen die in der Unschuldsvermutung wurzelnden Garantie der Exklusivität verfahrensmäßiger Schuldfeststellung 255. Zu einem anderen Ergebnis kommt der BGH, der § 73 d StGB „verfassungskonform" auslegt256. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der BGH die Grenzen der verfassungskonformen Auslegung hier nicht überschritten hat. Der BGH gibt zu, daß die „Annahme" der rechtswidrigen Herkunft der Vermögensgegenstände nach den Überlegungen des Gesetzgebers dann gerechtfertigt sein soll, wenn sich rechtmäßige Quellen nicht feststellen lassen und sich die Herkunft aus rechtswidrigen Taten im Hinblick auf die Situation des Täters und sein Vorleben einem objektiven Betrachter geradezu aufdrängt. Hierzu führt der BGH aus, daß die vom Gesetzgeber für genügend erachtete „ganz hohe Wahrscheinlichkeit" der deliktischen Herkunft nicht ausreicht, um die verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Unschuldsvermutung „auszuräumen". Auch ein noch so dringender Verdacht würde nichts daran ändern, daß der erweiterte Verfall auf einer Unterstellung von Straftaten 253

Vogler, in: IntKommEMRK, Art. 6 Rn. 423 ff. Volk, JuS 1975, 25 (26); Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 159. 255 Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 168 f.; vgl. auch Eser, FS für Stree und Wessels, S. 833 (845 f.); im Ergebnis für einen Verstoß des erweiterten Verfalls gegen die Unschuldsvermutung ferner Dreher/Tröndle, § 73 d Rn. 4; Dessecker, Gewinnabschöpfung, S. 358 ff ; Heckmann, ZRP 1995, 1 (2); Weßlau, StV 1991, 226 (232); a.A. Krey/Dierlamm, JR 1992, 353 (358), die die Unschuldsvermutung gar nicht für anwendbar halten, weil der erweiterte Verfall keine Strafe darstelle; zum Strafcharakter des erweiterten Verfalls s. aber oben 1. Teil Π. 2. 256 BGHSt 40, 371 (371 f.). 254

Π. Erweiterter Verfall

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beruhen und damit gegen die Unschuldsvermutung verstoßen würde 257. Die Formulierung in § 73 d 11 StGB „wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen" sei deshalb „verfassungskonform einengend auszulegen": „Die Anordnung des erweiterten Verfalls kommt nur in Betracht, wenn der Tatrichter aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -Würdigung ... die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen hat, daß der Angeklagte die von der Anordnung erfaßten Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt hat, ohne daß diese selbst im einzelnen festgestellt sein müßten"258. Der Richter muß nach Ansicht des BGH also von der rechtswidrigen Herkunft der Vermögensgegenstände überzeugt sein. Wenn der BGH auf die Feststellung der Taten, aus denen die Gegenstände stammen, verzichtet, heißt das, daß diese Taten nicht prozeßordnungsgemäß nachgewiesen sein müssen, und der Richter auch nicht wissen muß, aus welcher Tat bei mehreren in Betracht kommenden Handlungen die Gegenstände herrühren. Dem kann nicht gefolgt werden. Zum einen ist schon zweifelhaft, ob bei einer solchen Auslegung des § 73 d 11 StGB tatsächlich kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung vorliegt. Auch wenn der Richter danach von der rechtswidrigen Herkunft der Vermögensgegenstände und damit von der Begehung anderer Taten überzeugt sein muß, stützt sich der erweiterte Verfall immer noch auf Taten, die im einzelnen nicht prozeßordnungsgemäß nachgewiesen wurden. Damit könnte ein Verstoß gegen die Garantie der Exklusivität verfahrensmäßiger Schuldfeststellung vorliegen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann allerdings offenbleiben, da der BGH zum anderen schon die Grenzen der verfassungskonformen Auslegung überschritten hat. Eine verfassungskonforme Auslegung darf sich weder über die Grenzen hinwegsetzen, die sich aus dem möglichen Wortsinn und dem Bedeutungszusammenhang ergeben259, noch darf sie das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfalschen 260. Im Hinblick auf den möglichen Wortsinn erscheint es schon bedenklich, die in § 73 d 11 StGB verlangte „Annahme" mit „uneingeschränkter Überzeugung" gleichzusetzen. Aber selbst wenn man von einer Vereinbarkeit dieser Auslegung mit dem Wortlaut der Vorschrift ausgeht, so muß man sich weiter fragen, ob diese Deutung nicht den Willen des Gesetzgebers völlig untergräbt. Der BGH hat selber ausgeführt, daß der Gesetzgeber für die „Annahme" der rechtswidrigen Herkunft i.S.d. § 73 d l 1 StGB lediglich eine „ganz überwiegende Wahr257 258 259 260

BGHSt 40, 371 (372). BGHSt 40, 371 (373). BVerfGE 54,277 (299). BVerfGE 8,28 (34); 54,277 (299).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

scheinlichkeit" verlangt 261. Dadurch wollte der Gesetzgeber eine Lücke im alten Verfallsrecht, insbesondere im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität, schließen, da hier die rechtswidrige Herkunft der vorgefundenen Vermögensgegenstände in der Regel nicht nachgewiesen werden kann262. Um dieses Ziel zu erreichen, ermögliche § 73 d StGB auch dann die Verfallsanordnung, wenn die rechtswidrige Herkunft des fraglichen Gegenstandes zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden könne, wenn aber die Umstände die Annahme der Herkunft aus rechtswidrigen Taten rechtfertigten 263. Der Gesetzgeber hatte also bestimmte Fallkonstellationen im Auge, in denen der erweiterte Verfall zum Tragen kommen sollte. Die Schließung einer „Lücke" des Verfallsrechts in den beschriebenen Fällen war dabei sein erklärtes Ziel. Damit eine Verfallsanordnung nach § 73 d StGB aber in den vom Gesetzgeber dargestellten Situationen möglich ist, muß auf den vollständigen Nachweis der rechtswidrigen Herkunft der vorgefundenen Gegenstände verzichtet werden. Verlangt man nämlich - wie der BGH - die „uneingeschränkte Überzeugung" der kriminellen Herkunft der Vermögensgegenstände, so muß eine Verfallsanordnung angesichts der Beweislage in den vom Gesetzgeber beschriebenen Fällen gerade unterbleiben. § 73 d StGB würde damit genau in den Fallkonstellationen leerlaufen, für die er vom Gesetzgeber geschaffen wurde. Damit würde das ausdrücklich erklärte Ziel des Gesetzgebers unterlaufen. Die Auslegung des § 73 d StGB, wie sie der BGH vorgenommen hat, überschreitet damit die Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung, indem sie das Ziel des Gesetzgebers nicht nur verfehlt oder verfälscht, sondern regelrecht in sein Gegenteil verkehrt. Der BGH hat sich damit praktisch selbst an die Stelle des Gesetzgebers gesetzt und somit gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen264. bb) In dubio pro reo Zum Kernbestand der Unschuldsvermutung gehört ferner der Grundsatz „in dubio pro reo" 265. Danach liegt die Beweislast für die Schuld des Angeklagten bei der Anklagebehörde und Umkehrungen der Beweislast sind unzulässig266. Neben der Begehimg rechtswidriger Taten wird beim erweiterten Verfall auch 261

BGHSt 40, 371 (372) unter Hinweis auf BT-Drs. 11/6623, S. 5. BT-Drs. 11/6623, S. 5. 263 BT-Drs. 11/6623, S. 5. 264 So im Ergebnis auch Katholnigg, JR 1995, 297, der allerdings § 73 d StGB auch ohne die „einengende" Auslegung für verfassungsgemäß hält. 265 Roxin, Strafverfahrensrecht, § 11 Π Rn. 4, S. 68; Schubarth, Unschuldsvermutung, S. 3; Trechsel, S JZ 1981, 317 (319); Stree, In dubio pro reo, S. 17. 266 Schubarth, Unschuldsvermutung, S. 3. 262

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die rechtswidrige Herkunft der vorgefundenen Vermögensgegenstände vermutet. Diese Herkunftsvermutung könnte eine unzulässige Beweislastumkehr darstellen. Das würde voraussetzen, daß hinsichtlich der Herkunft der Vermögensgegenstände die Beweislastregel „in dubio pro reo" überhaupt anwendbar ist. Die Herkunft der vorgefundenen Gegenstände stellt kein Merkmal des Straftatbestandes, sondern nur eine Voraussetzung der Sanktion selbst dar. Man könnte sie daher ebenfalls als „Sanktionstatbestandsmerkmal" bezeichnen267. Wie oben gezeigt, muß die Unschuldsvermutung grundsätzlich auch bei den Voraussetzungen der Sanktion beachtet werden. Als Beweislastregel besagt der Grundsatz „in dubio pro reo", daß es der Strafverfolgungsbehörde obliegt, die Schuld des Angeklagten zu beweisen; sie trägt gewissermaßen das Risiko der mißglückten Beweisführung 268. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings insbesondere im Bereich der Ehrverletzungsdelikte, wenn es um die Erweislichkeit der Wahrheit einer beleidigenden Äußerung geht, Ausnahmen. Diese Ausnahmen sind aus zwei Gründen mit der Unschuldsvermutung zu vereinbaren: Zum einen wird dem Angeklagten ein bewußtriskantes Verhalten vorgeworfen, welches dazu führt, daß sich im Prozeß die Rollen vertauschen269. Zum anderen wäre es unfair, den negativen Beweis der Unwahrheit dem Verletzten anzulasten270. Auf die Sanktionsvoraussetzungen übertragen bedeutet dies, daß es dem Gericht obliegt, alle Sanktionsvoraussetzungen, also auch die rechtswidrige Herkunft der Vermögensgegenstände zu beweisen. Einen solchen Beweis verlangt § 73 d StGB nicht. Vielmehr genügt nach dieser Vorschrift schon die Vermutung der rechtswidrigen Herkunft. Dem Angeklagten obliegt es damit, die rechtmäßige Herkunft seines Vermögens nachzuweisen, um die Anordnung des erweiterten Verfalls verhindern zu können. Diese Beweislastumkehr kann auch nicht als mit der Unschuldsvermutung zu vereinbarende Ausnahme angesehen werden: Da noch nicht einmal die Taten, aus denen das Vermögen vermutlich stammt, nachgewiesen sind, kann dem Angeklagten kein bewußt riskantes Verhalten vorgeworfen werden. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Angeklagte ausnahmsweise die Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Herkunft seines Vermögens tragen sollte. Die Vermutung der rechtswidrigen Herkunft der Vermögensgegenstände verstößt damit als Beweislastumkehr gegen den in der Unschuldsvermutung enthaltenen Grundsatz „in dubio pro reo . 267 268 269 270

Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung, S. 159. Trechsel, SJZ 1981, 317 (320); Vogler, in: IntKommEMRK, Art. 6 Rn. 414. Trechsel, SJZ 1981, 317 (320). Vogler, in: IntKommEMRK, Art. 6 Rn. 416.

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

I I I . Reformentwurfe Schließlich soll untersucht werden, wie sich die Realisierung der eingangs dargestellten Reformentwürfe auswirken würde. Dabei wird zuerst auf die geplante Änderung des Art. 141 GG eingegangen und dann sowohl auf die einfach-gesetzliche Normierung einer repressiven Verdachtseinziehimg als auch auf die Hinzufügung eines Art. 14IV GG. 1. Änderung von Art 14 I GG Art. 14 I GG soll folgender Satz hinzugefügt werden: „Eigentum, das aus Straftaten herrührt oder dafür verwendet werden soll, wird nicht geschützt"271. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei der ersten Alternative dieser Hinzufügung - wie in den Entwurfsbegründungen behauptet - lediglich um eine Klarstellung der bereits bestehenden Rechtslage handelt272 oder ob der angefügte Zusatz nicht doch eine Änderung der Rechtslage bewirken würde. Bei dem geplanten Zusatz könnte es sich entweder um eine Schutzbereichsbegrenzung oder um einen Eingriffsvorbehalt handeln. Der Wortlaut spricht für eine Qualifizierung als Schutzbereichsbegrenzung. Es heißt, daß Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, nicht „geschützt" wird. Es ist nicht die Rede davon, daß in bestimmte Vermögenspositionen „eingegriffen" werden darf. Ein Vergleich mit Eingriffsvorbehalten in anderen Grundrechten zeigt außerdem, daß bei solchen Vorbehalten immer ausdrücklich bestimmt wird, auf welcher Grundlage die grundrechtlich geschützte Freiheit beschränkt werden darf, also z.B. nur durch formelle Gesetze (Art. 104 11 GG) oder auch durch Rechtsverordnungen und Satzungen (Art. 8 II, 10 II 1, 12 II 2 GG). Eine derartige Angabe fehlt in der geplanten Hinzufügung. Es handelt sich daher nicht um einen Eingriffsvorbehalt. Die in Frage stehenden Eigentumspositionen sollen vielmehr schon von vornherein nicht dem verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 14 GG unterliegen, d.h. schon nicht dem Schutzbereich des Grundrechts unterfallen. Daraus ergibt sich, daß Eigentumspositionen, die aus Straftaten herrühren, nicht vom Schutzbereich des Art. 14 GG umfaßt wären. Eine Verletzung der

271 BR-Drs. 694/95, S. 3; BT-Drs. 12/6784, S. 3; Vgl auch DE der SPD (oben Fn. 14). 272 BT-Drs. 12/6784, S. 11; BR-Drs. 694/95, S 21.

. Reformentwürfe

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Eigentumsgarantie wäre demnach bei allen Maßnahmen, die sich auf derartige Gegenstände bezögen, nicht gegeben. Es müßte aber untersucht werden, ob eine Verletzung von Art. 2 I GG vorläge. Das würde voraussetzen, daß Art 21 GG anwendbar wäre. Eigentumspositionen, die aus Straftaten herrühren, würden zwar nicht in den Schutzbereich von Art. 14 GG fallen, sie würden aber dem Regelungsbereich dieses Grundrechts angehören. Der Regelungsbereich eines Grundrechts ist der Lebensbereich, dem das Grundrecht gilt und in dem es seinen Schutzbereich, also den grundrechtlich geschützten Lebensbereich, erst bestimmt273. Dem Regelungsbereich der Eigentumsgarantie würden nach der Änderung alle Eigentumspositionen, also alle Vermögenswerten Rechte unterfallen. In den Schutzbereich würden nur diejenigen Eigentumspositionen fallen, die nicht aus Straftaten herrühren oder dafür verwendet werden sollen. Fällt ein Verhalten zwar in den Regelungsbereich eines Grundrechts, nicht aber in dessen Schutzbereich, so stellt sich die Frage, ob sich sein Schutz dann nach dem Aufifanggrundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit richtet oder ob Art. 21 GG schon durch die Einschlägigkeit des Regelungsbereichs eines speziellen Freiheitsrechts verdrängt wird. Nach einer Ansicht scheidet in derartigen Fällen die Berufung auf Art. 21 GG aus. Die Aufifangfunktion der allgemeinen Handlungsfreiheit könne nicht wirksam werden, da die Herausnahme der Verhaltensweise aus dem Schutzbereich des speziellen Grundrechts durch die Schutzbereichsbegrenzung mit einem bewußten und beabsichtigten Unwerturteil des Verfassungsgebers verbunden sei. Es wäre demnach sinnwidrig, den Schutz des speziellen Grundrechts zu verneinen und gleichzeitig den Schutz des kaum schwächeren Art. 2 I GG zu bejahen274. Damit würden die grundgesetzlichen Differenzierungen der Freiheitsrechte, ihre unterschiedlichen Schutzbereichsbegrenzungen und Gesetzesvorbehalte in bedenklicher Weise relativiert. Die Normierung von Einzelfreiheitsrechten sei nur sinnvoll, wenn sie in positiver und negativer Hinsicht abschließende Regelungen träfen 275. Besondere Freiheitsrechte schlössen daher für den von ihnen erfaßten Regelungsbereich die Anwendung des Art. 2 I GG aus276. Dem kann nicht gefolgt werden. Das ausdrückliche Herausnehmen bestimmter Verhaltensweisen aus dem Schutzbereich eines speziellen Freiheits273

Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 214. Herzog,, in: M/D/H/S, Art. 8 Rn. 77; Bethge, ZBR 1988, 205 (209). 275 Erichsen, in: HdbStR VI, § 152 Rn. 26, S. 1196. 276 Erichsen, Jura 1987, 367 (370); Herzog, in: M/D/H/S, Art. 8 Rn. 77; Bethge, ZBR 1988, 205 (209); Krebs, Vorbehalt, S. 42 f.; vgl. auch Nipperdey, in: Bettermann/Nipperdey, Grundrechte IV 2, S. 762; Hesse, Art. 2 I GG, S. 56. 274

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

rechts läßt nicht den weitgehenden Gegenschluß zu, daß die entsprechenden Tätigkeiten überhaupt nicht geschützt werden sollen. Vielmehr bedeutet die Ausklammerung aus dem Schutzbereich eines speziellen Grundrechts nur, daß sich der Grundrechtsträger auf genau dieses Grundrecht nicht berufen kann277. Die Anwendung des Auffanggrundrechts aus Art. 2 I GG wird hingegen nicht ausgeschlossen, da die besonderen Freiheitsrechte gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit nur insoweit Vorrang beanspruchen, als ihr Schutzbereich einschlägig ist 278 . Ist dies nicht der Fall, so werden auch bei Einschlägigkeit des Regelungsbereichs eines speziellen Freiheitsrechts rechtfertigungs- und legitimierungsbedürftige Eingriffe in den zunächst als unbegrenzt zu denkenden Freiheitsraum der Individuen vorgenommen, deren Verfassungsmäßigkeit an Art. 21 GG zu messen ist 279 . Das BVerfG hat zu dieser Frage lediglich allgemein festgestellt, daß die besonderen Grundrechtsnormen für ihren Anwendungsbereich die Berufung auf Art. 2 I GG ausschließen280. Daraus ist zu entnehmen, daß die Verdrängung nur soweit reicht, als sich allgemeines und besonderes Grundrecht decken. Ist der sachliche Anwendungsbereich unterschiedlich, kann sich der Grundrechtsträger im Hinblick auf Verhaltensweisen, die nicht vom speziellen Freiheitsrecht erfaßt sind, auf Art. 2 I GG berufen 281. Ausdrückliche Entscheidungen des BVerfG, die dieses Ergebnis bestätigen, liegen in dem mit der sachlichen Schutzbereichsbegrenzung vergleichbaren Fall der personellen Schutzbereichsbegrenzung vor. Sind bei einem sog. Deutschenrecht wie z.B. Art. 8 oder 11 GG Ausländer durch eine personelle Schutzbereichsbegrenzung von dem Schutz ausgenommen, so können sie sich dennoch auf Art. 2 I GG berufen 282. Kann aber bei einer personellen Schutzbereichsbegrenzung hinsichtlich der ausgenommenen Grundrechtsträger auf die allgemeine Handlungsfreiheit zurückgegriffen werden, so muß dies folgerichtig auch bei sachlichen Schutzbereichsbegrenzungen gelten. Die Aufifangfunktion des Art. 2 I GG würde nur dann überzeugend widerlegt werden, wenn auf diese Weise die Verhaltensweisen, denen der Schutz eines speziellen Freiheitsrechts durch die Schutzbereichsbegrenzung ausdrücklich untersagt wird, einem stärkeren Schutz unterlägen als die durch das spe277

Vgl. Merten, JuS 1976, 345 (350). Isensee, WDStRL 32 (1974), 49 (80 FN 73). 279 Dreier, in: Dreier, Art. 2 I GG Rn. 66 FN 264. 280 BVerfGE 6, 32 (37); 9, 63 (73); 9, 338 (343); 10, 55 (58); 30,173 (192). 281 Vgl. Zuleeg, DÖV 1973, 361 (362). 282 BVerfGE 35, 382 (399); 78, 179 (196 f.); zust. Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 9; Dreier, in: Dreier, Art. 2 I Rn. 31 f.; Degenhart, JuS 1990, 161 (167 f.); Pietzcker, JZ 1975,435 (437); Bauer, NVwZ 1990, 1152 (1153); Sachs, BayVBl 1990, 385 (388); Rolvering, Rechtsgarantien, S. 120 f.; a.A.: Schwabe, NJW 1974, 1044 (1044 f.); Hailbronner, NJW 1983,2105 (2110 f.); Erichsen, StR I, S. 142. 278

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zielle Grundrecht geschützten Betätigungen. Würde die gezielte Schlechterstellung der ausgegrenzten Verhaltensweisen in ihr Gegenteil verkehrt, so wäre die Aufifangwirkung der allgemeinen Handlungsfreiheit ad absurdum gefuhrt 283. Dies ist aber gerade nicht der Fall, da der Schutz durch Art. 21 GG niemals stärker sein kann als der Schutz durch ein spezielles Freiheitsrecht: Die Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung ist ebenso wie der Schutzbereich weit auszulegen, d.h. sie umfaßt die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen284. Im Ergebnis stellt die Klausel damit einen einfachen Gesetzes- bzw. Rechtsvorbehalt dar 285. Die allgemeine Handlungsfreiheit wird also durch den weitesten und elastischsten Schrankenvorbehalt des Grundrechtskatalogs relativiert 286. Und selbst dort, wo auch spezielle Freiheitsrechte einem einfachen Regelungsvorbehalt unterliegen, ist der Schutz durch das spezielle Grundrecht intensiver als deqenige durch Art. 2 I GG, da sich die Wesensgehaltgarantie als Schrankenschranke auf die besonderen Freiheitsrechte und die allgemeine Handlungsfreiheit unterschiedlich auswirkt. Während bei Einschlägigkeit des Schutzbereichs von Art. 14 GG kein Gesetz den Wesensgehalt der Eigentumsfreiheit antasten darf, wird im Rahmen des Art. 2 I GG nur der Wesensgehalt der allgemeinen Handlungsfreiheit geschützt287. Der Schutz durch Art. 2 I GG ist damit niemals stärker als der Schutz durch ein spezielles Freiheitsrecht, sondern allenfalls gleichstark oder schwächer. Der Wille des Verfassungsgebers, eine bestimmte Verhaltensweise nicht durch ein spezielles Grundrecht zu schützen, wird somit nicht in sein Gegenteil verkehrt, wenn dem Grundrechtsträger durch den schwächeren Art. 2 I GG Schutz gewährt wird. Durch die Begrenzung des Schutzbereichs kommt lediglich zum Ausdruck, daß die ausgeklammerte Betätigung nicht von dem besonderen Freiheitsrecht erfaßt wird. Der Anwendung des Aufifanggrundrechts aus Art. 2 I GG steht folglich nichts im Wege288. Die Änderung des Art. 141 GG würde damit bewirken, daß Eigentum, das aus Straftaten herrührt, nicht mehr wie bisher vom Schutzbereich des Art. 14 GG, sondern vom Schutzbereich des Art. 2 I GG umfaßt wäre. Frag283

Merten, JuS 1976, 345 (350); Isensee, VVDStRL 32 (1974), 49 (80 FN 73). BVerfGE 6, 32 (37 f.); 63, 88 (108 f.); 74,129 (152); 80,137 (153). 285 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 14; Murswiek, in: Sachs, Art. 2 Rn. 90; Dreier, in: Dreier, Art. 21 Rn. 38. 286 Isensee, VVDStRL 32 (1974), 49 (80 FN 73). 287 Vgl. Merten, JuS 1976, 345 (350). 288 So i.E. auch Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 2 Rn. 2; Dreier, in: Dreier, Art. 2 I Rn. 66 FN 264; Kunig, in: v.Münch/Kunig, Art. 8 Rn. 37; Isensee, VVDStRL 32 (1974), 49 (80 FN 73); vgl. auch Merten, Freizügigkeitsrecht, S. 83; Bleckmann/Wiethojf, DÖV 1991, 722 (726). 284

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

lieh ist, welche Konsequenzen sich daraus fur den Umfang des Schutzes ergäben. Was die Schranken angeht, würde sich nichts ändern. Wie dargelegt, kann die allgemeine Handlungsfreiheit durch alle verfassungsgemäßen Rechtsnormen beschränkt werden, also sowohl durch formelle Gesetze als auch durch Rechtsverordnungen und Satzungen. Eigentumsbeeinträchtigende Maßnahmen, die sich auf Gegenstände beziehen, die aus Straftaten herrühren, stellen im Rahmen der Eigentumsgarantie Schranken i.S.d. Art. 14 12 GG dar 289. Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 I 2 GG sind dabei alle verfassungsmäßigen Rechtsnormen, also auf der Grundlage einer entsprechenden Ermächtigung auch Rechtsverordnungen290 und Satzungen291. In bezug auf Eigentum, das aus Straftaten herrührt, sind somit Art. 2 I GG und Art. 14 I GG gleichermaßen einschränkbar. Ein Unterschied beim Umfang des Schutzes existiert nur im Hinblick auf die Wesensgehaltgarantie als Schrankenschranke. Während bei Art. 14 GG der Wesensgehalt des Eigentums unverletzlich ist, schützt Art. 2 I GG nur den Wesensgehalt der allgemeinen Handlungsfreiheit. Für den Umfang des Schutzes bedeutet das, daß bei einem Schutz durch Art. 2 I GG Eigentumsbeeinträchtigungen möglich wären, die zwar den Wesensgehalt der Eigentumsfreiheit verletzen würden, die aber gleichzeitig den Wesensgehalt der allgemeinen Handlungsfreiheit nicht antasten. Es ist allerdings fraglich, ob es derartige Konstellationen in der Praxis überhaupt gibt. Im Ergebnis wäre der Schutz von strafbar erlangten Eigentumspositionen durch Art. 2 I GG deshalb wohl genauso intensiv wie der derzeitige Schutz durch Art. 14 I GG. Dies soll im folgenden am Beispiel des Verfalls und des erweiterten Verfalls veranschaulicht werden: Rechtswidrig erlangte Gegenstände werden vom Schutzbereich des Art. 14 I GG erfaßt. Da die Verfallsvorschriften allerdings Schranken i.S.d. Art. 14 I 2 GG darstellen, sind Verfallsanordnungen verfassungsrechtlich gerechtfertigt und mit der Eigentumsgarantie zu vereinbaren 292. Wäre nun nach einer Änderung von Art. 14 GG der Schutzbereich der Eigentumsgarantie für rechtswidrig erlangte Eigentumspositionen nicht mehr eröffnet, so käme eine Berufung auf Art. 2 I GG in Betracht. Wenn jemandem Eigentumspositionen, die ihm nach bürgerlichem Recht zustehen, entzogen würden, so läge ein Eingriff in seine durch Art. 2 I GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit vor. Dieser Eingriff wäre allerdings verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da die Verfallsvorschriften - insbesondere wegen ihrer Ver289 290 291 292

Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) dd) (b). BVerfGE 8, 71 (79); 9, 338 (343). BGHZ 77,179(183). Vgl. oben 1. Teil I. 3. a)ee).

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hältnismäßigkeit293 - Regelungen der verfassungsmäßigen Ordnung darstellen. Art. 2 I GG wäre damit nicht verletzt. Auch beim erweiterten Verfall kommt man unabhängig davon, ob Art. 14 GG oder Art. 2 I GG einschlägig ist, zum gleichen Ergebnis: Der erweiterte Verfall ist wegen Unverhältnismäßigkeit nicht mit Art. 14 GG zu vereinbaren 294. Würde die Prüfung des Art. 14 GG nun schon daran scheitern, daß der Schutzbereich nicht eröffnet wäre, so läge durch den erweiterten Verfall ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit vor. Dieser Eingriff wäre nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn er verhältnismäßig wäre. Bei der Untersuchung, ob der erweiterte Verfall angemessen ist, wären die gleichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen wie bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit Art. 14 GG295. Auch bei der Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 21 GG wäre also zu bedenken, daß Strafverfolgung nicht um jeden Preis erfolgen darf. Der erweiterte Verfall stellt daher kein angemessenes Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung dar. Der Eingriff in Art. 21 GG wäre somit verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt und es läge eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit vor. Die 1. Alternative der geplanten Hinzufügung in Art. 14 I GG würde damit zwar dogmatisch eine Änderung bewirken. Statt der Berufung auf die Eigentumsgarantie wäre wegen der Schutzbereichsbegrenzung in Art. 141 GG nur noch eine Berufung auf die allgemeine Handlungsfreiheit möglich. Praktisch würde sich an dem Schutz von Eigentumspositionen, die aus Straftaten herrühren, allerdings nichts ändern.

2. Repressive Verdachtseinziehung Bei der Untersuchung, wie sich die Einführung einer repressiven Verdachtseinziehung auswirken würde, wird nach der Darstellung der Gesetzesentwürfe zunächst der Frage nachgegangen, welche Änderung die einfach-gesetzliche Einführung einer repressiven Verdachtseinziehung bewirken würde und ob eine solche Verdachtseinziehung auch ohne Verfassungsänderung eingeführt werden könnte, ob sie also mit dem geltenden Art. 14 GG zu vereinbaren wäre. Dann wird die vorgeschlagene Änderung des Art. 14 GG in die Systematik der Eigentumsgarantie eingeordnet und auf ihre Auswirkungen hin überprüft. 293 294 295

Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) ee). Vgl. oben 1. Teil Π. 3. a). Vgl. oben 1. Teil Π. 3. a).

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum a) Auswirkungen einer einfach-gesetzlichen Änderung

aa) Inhalt der Vermögenseinziehungsgesetze Die Vermögenseinziehungsgesetze sehen ein zweistufiges Verfahren der Vermögenseinziehimg vor. Auf der ersten Stufe wird das Vermögen nach § 1 VermEinzG sichergestellt. Die Sicherstellung hat drei Voraussetzungen: Der Wert des Vermögens beträgt mindestens 15.000 DM, das Vermögen rührt aus schwerwiegenden Straftaten her und für das Herrühren aus den Straftaten besteht eine Vermutung auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte. Nach den Begründungen der Entwürfe schafft die Beschränkung der Sicherstellung auf Vermögen im Werte von insgesamt 15.000 DM eine „an Praktikabilitätserfordernissen orientierte Relevanzschwelle". Erst bei derart beträchtlichen Vermögensmassen könne davon ausgegangen werden, daß tatsächlich eine gefahrliche Finanzierungsquelle für künftige Organisierte Kriminalität vorläge296. Schwerwiegende Straftaten sind nach dem baden-württembergischen Entwurf solche, die auf einen kriminellen Hintergrund hindeuten, der eine „besondere Schädlichkeit in bezug auf die rechtsstaatliche Ordnung aufweist". Von einem Straftatenkatalog wurde in diesem Entwurf abgesehen. Er würde bei der überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu kaum überwindbaren Schwierigkeiten führen, weil in aller Regel zum Zeitpunkt einer Sicherstellung Zusammenhänge zwischen dem vorgefundenen Vermögen und bestimmten Straftaten regelmäßig gar nicht oder jedenfalls nicht mit dem geforderten Vermutungsgrad festgestellt werden könnten297. Der Entwurf der SPD hingegen enthält in § 1 III VermEinzG einen Katalog der in Betracht kommenden Straftaten. Danach sind schwere Straftaten die in § 100 a Nr. 2-4 StPO genannten Delikte sowie die Straftaten nach den §§129 und 129 a StGB und § 92 I Nr. 8 AuslG. Dies seien die Straftaten, die für die Organisierte Kriminalität typisch seien. Durch eine Aufzählung werde das Anliegen unterstrichen, daß nicht alle Formen des illegalen Vermögenserwerbs oder der illegalen Verwendung dem sachbezogenen Sicherstellungs- und Einziehungsverfahrens unterlägen298. „Herrühren" bedeutet nach den Entwurfsbegründungen, daß das Vermögen dem Verdacht der Herkunft aus schwerwiegenden Straftaten unterliegt. Nicht erforderlich sei der Verdacht, daß gerade auch der jeweilige Vermögensinhaber als Täter oder Teilnehmer im Zusammenhang mit einer der genannten 296 297 298

BR-Drs. 695/95, S. 25; BT-Drs. 12/6784, S. 12. BR-Drs. 695/95, S. 26. BT-Drs. 12/6784, S. 13.

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schweren Straftaten das Vermögen erworben habe. Zweck der Regelung sei es, gerade auch solche Vermögenswerte zu erfassen, die aus schwerwiegenden Straftaten der Organisierten Kriminalität herrührten, aber bereits erste „Waschgänge" der Geldwäsche durchlaufen hätten299. Nach dem baden-württembergischen Entwurf gilt dies nicht für Vermögen, das länger als 10 Jahre vor der Sicherstellung im Besitz des Betroffenen war (§ 1 III VermEinzG), der Entwurf der SPD sieht eine Frist von 30 Jahren vor (§ 1 II VermEinzG). Die auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützte Vermutung des Herrührens aus schwerwiegenden Straftaten sei gegeben, wenn die Schlußfolgerung auf eine deliktische Verwendung des Vermögens näherliege als andere, rechtmäßige Fallgestaltungen300. Der baden-württembergische Entwurf enthält zur Konkretisierung des Verdachtsgrads eine gesetzliche Regelvermutung für die Bewertung konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte. Danach besteht eine Vermutung insbesondere, wenn der Umfang des Vermögens in offensichtlichem Widerspruch zu den Lebensumständen, insbesondere den Einkommensverhältnissen des Betroffenen steht und tatsächliche Anhaltspunkte für seine rechtmäßige Herkunft und Verwendung fehlen. Nach dem baden-württembergischen Entwurf kann die Sicherstellung auch auf die gezogenen Nutzungen, auf die Gegenstände, die durch die Veräußerung eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder aufgrund eines erlangten Rechts erworben wurden, und auf die erzielten Gewinne erstreckt werden (§ 1 II VermEinzG). Soweit sicherzustellendes Vermögen dem Zugriff der anordnenden Behörde entzogen ist, kann ferner sonstiges Vermögen des Betroffenen sichergestellt werden (§ 1IV VermEinzG). Nach § 1IV bzw. V VermEinzG kann die Sicherstellung auf das gesamte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen erstreckt werden. Mit der Bekanntgabe der Anordnung verliert der Betroffene die Befugnis, das sichergestellte Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Die Beschränkung auf der Pfändung unterliegendes Vermögen soll gewährleisten, daß eine angemessene persönliche Lebensführung des Sicherstellungsbetroffenen nicht gefährdet wird. Der Sicherungszweck erfordere weiter, daß mit der Sicherstellung die Befugnisse der Verwaltung und Verfügung über das sichergestellte Vermögen nicht beim bisherigen Vermögensinhaber verblieben. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Vermögenseinziehungsbehörde seien allerdings durch den Zweck der Maßnahme auf eine treuhänderische 299 300

BT-Drs. 12/6784, S. 13; BR-Drs. 695/95, S. 26 f. BR-Drs. 695/95, S. 27; BT-Drs. 12/6784, S. 12.

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Verwaltung, die an den berechtigten Vermögensinteressen des Sicherstellungsbetroffenen orientiert sei, beschränkt301. § 2 VermEinzG enthält Regelungen über die Anordnung, das Verfahren und die Beendigung der Sicherstellung. Danach treffen die Anordnung der Sicherstellung im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit das Bundeskriminalamt oder die Landeskriminalämter. Einer vorherigen Anhörung des Betroffenen bedarf es nicht. Die technische Durchführung der Sicherstellung richtet sich nach den §§ 111 b und c StPO. Für die weitere Verwaltung des sichergestellten Vermögens verweist der Entwurf auf die Vorschriften der Konkursordnung. Hintergrund für diesen Verweis ist die Überlegung, daß der Sicherstellung nicht nur einzelne Vermögensgegenstände oder Bankguthaben, sondern auch Vermögenskomplexe und Firmen unterliegen können. Im Gegensatz zu den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder oder der Strafprozeßordnung enthalte die Konkursordnung ein hierauf gerichtetes Regelungswerk. An die Stelle des Konkursverwalters soll entweder die Anordnungsbehörde selbst oder eine von ihr beauftrage Person treten. Der Bezug auf die Konkursordnung stelle so einerseits die Sicherstellungs- und Ermittlungsinteressen der Anordnungsbehörde sicher, gewährleiste zugleich aber auch eine fachkundige Fortführung der von der Sicherstellung betroffenen Geschäftsbetriebe 302. Die Sicherstellung verliert sechs Monate nach der Bekanntgabe ihre Wirksamkeit, wenn nicht vor Ablauf dieser Frist die Vermögenseinziehung angeordnet wird. Nach dem baden-württembergischen Entwurf kann die Frist einmalig um bis zu sechs Monate verlängert werden. In § 3 VermEinzG ist der gerichtliche Rechtsschutz geregelt: Der Betroffene kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Sicherstellung Beschwerde beim zuständigen Gericht erheben303. Nach dem baden-württembergischen Entwurf können auch Dritte Beschwerde einlegen, die ein die Sicherstellung hinderndes Recht geltend machen. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die sofortige Beschwerde entsprechend. Dem Beschwerdeführer obliegt es, die auf die tatsächlichen Anhaltspunkte nach § 11 VermEinzG gestützte Vermutung zu widerlegen. Nach den Begründungen der Gesetzesentwürfe wird durch die Regelung in § 3 VermEinzG klargestellt, daß das Widerspruchsverfahren nach § 68 ff. VwGO und das vorläufige Rechtsschutzverfahren nach § 80 VwGO ausgeschlossen sind304. 301

BT-Drs. 12/6784, S. 13; BR-Drs. 695 /95, S. 32. BT-Drs. 12/6784, S. 13 f.; BR-Drs. 695/95, S. 33. 303 In dem baden-württembergischen Entwurf wird der Rechtsbehelf als „Beschwerde", im Entwurf der SPD hingegen als „Widerspruch" bezeichnet. Inhaltlich unterscheiden sich die Rechtsschutzmöglichkeiten allerdings nicht. 304 BT-Drs. 12/6784, S. 14; BR-Drs. 695/95, S. 36. 302

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§ 4 VermEinzG regelt die zweite Stufe des Verfahrens: die entschädigungslose Einziehung des Vermögens. Danach kann sichergestelltes Vermögen entschädigungslos eingezogen werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß es aus schwerwiegenden Straftaten herrührt oder hierfür verwendet werden soll. Eine Einziehimg kann also nur erfolgen, wenn das Vermögen zuvor sichergestellt wurde. Die als Voraussetzung der Einziehung verlangte „hohe Wahrscheinlichkeit" wird in den Entwurfsbegründungen unterschiedlich definiert. Die SPD sieht schon den Verdachtsgrad als ausreichend an, der für die Eröffnung eines Hauptverfahrens nach § 203 StPO vorliegen muß305. § 203 StPO verlangt hinreichenden Tatverdacht. Dieser liegt vor, wenn eine gedachte Hauptverhandlung wahrscheinlich zu einer Verurteilung führen wird 306 . In den baden-württembergischen Entwurfsbegründungen werden an den Wahrscheinlichkeitsgrad höhere Anforderungen gestellt. Danach soll die Vermögenseinziehung nur möglich sein, wenn dringender Tatverdacht i.S.d. § 112 StPO vorliegt 307. Dringender Tatverdacht im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, daß der Beschuldigte die Straftat mit großer Wahrscheinlichkeit begangen hat308. Wie bei der Sicherstellung kann bei dem baden-württembergischen Entwurf sonstiges sichergestelltes Vermögen eingezogen werden, wenn das einzuziehende Vermögen dem Zugriff der Behörde entzogen ist. Zuständig sind ebenfalls wie bei der Sicherstellung - das Bundeskriminalamt oder die Landeskriminalämter. Gegen die Anordnung der Vermögenseinziehung kann der Betroffene innerhalb eines Monats nach Zustellung der Vermögenseinziehungsanordnung Klage erheben (§ 5 VermEinzG). Nach dem baden-württembergischen Entwurf gilt dies wie bei der Beschwerde auch für einen Dritten, der behauptet, daß ihm an dem Vermögen ein die Einziehung hinderndes Recht zusteht. Dem Kläger obliegt es, im Verfahren die hohe Wahrscheinlichkeit für die rechtswidrige Herkunft oder Verwendung des Vermögens zu widerlegen. Er trägt also die Darlegungs- und Beweislast309. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Der Wegfall des Suspensiveffekts der Klage soll gewährleisten, daß der Betroffene durch Klageerhebung die Verfügungsmacht über das Vermögen nicht zurückgewinnen und Vermögensverschiebungen vornehmen kann310. 305

BT-Drs. 12/6784, S. 15. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 203 Rn. 2; Treier, in: KK, § 203 Rn. 5; Schlüchter, Strafprozeßrecht, S. 6. 307 BR-Drs. 695/95, S. 39. 308 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 112 Rn. 5; Wendisch, in: Löwe-Rosenberg, § 112 Rn. 22; Fezer, Strafprozeßrecht, S. 55. 309 BT-Drs. 12/6784, S. 15; BR-Drs. 695/95, S. 42. 310 BR-Drs. 695/95, S. 42. 306

Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

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Über die Einwendungen des Klägers wird auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden. Dabei gelten für das Verfahren die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug. Ferner finden die Vorschriften über Rechtsmittel im Zivilverfahren entsprechende Anwendung. Nach der Bestandskraft der Einziehungsanordnung geht das Vermögen in das Eigentum des Bundes oder des Landes über, dessen Behörde die Anordnung getroffen hat (§ 6 VermEinzG). In dem baden-württembergischen Gesetzesentwurf werden ferner die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates und die Landesregierungen jeweils für ihren Bereich ermächtigt, die Verwendung eingezogenen Vermögens, insbesondere die Herausgabe von Vermögensgegenständen oder des an ihre Stelle tretenden Wertersatzes an die Geschädigten, durch Rechtsverordnung zu regeln. Wurde Vermögen zu Unrecht sichergestellt oder eingezogen, so ist demjenigen, dem dadurch ein Schaden entstanden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld zu gewähren (§§ 8 bzw. 7 VermEinzG). Nach den Entwurfsbegründungen ist die Entschädigungsregelung abschließend für alle Schadensersatzansprüche, die sich aus der Anwendung des VermEinzG ergeben. Weitergehende Ersatzansprüche, insbesondere aus Amtspflichtverletzung, könnten nicht mehr geltend gemacht werden311. Die Entschädigungsregelung bestimmt weiter, daß §§ 252 und 847 I BGB keine Anwendung finden. Für entgangenen Gewinn und Nichtvermögensschäden wird mithin kein Ersatz geleistet. Hinsichtlich des Mitverschuldens gilt § 254 BGB sinngemäß. Der baden-württembergische Entwurf enthält in § 8 VermEinzG eine Regelung über die Zusammenarbeit mit den Finanzbehörden. Danach sind zur Durchführung eines Verfahrens nach dem VermEinzG die Finanzbehörden auf Anfrage der Anordnungsbehörden zur Auskunft über die Verhältnisse eines Steuerpflichtigen verpflichtet. Diese Regelung bezwecke vor dem Hintergrund von Erfahrungen in Italien über eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den Finanzbehörden einen verbesserten Informationsfluß zwischen den Polizeidienststellen und den Steuerbehörden312. Für die Beschwerden und die Klagen sind die Zivilkammern des Landgerichts, in dessen Bezirk die anordnende Behörde ihren Sitz hat, zuständig. Diese Zuweisung an die Zivilgerichtsbarkeit soll dem Umstand Rechnung tragen, daß mit den Rechtsmitteln regelmäßig der Einwand erhoben werde, das beschlagnahmte Vermögen auf rechtmäßige Weise durch wirksames Rechtsgeschäft erlangt oder ein die Sicherstellung oder Einziehung hinderndes Recht zu haben. Die Prüfung, ob die Behauptung eines solchen legalen, rechtsge311 312

BT-Drs. 12/6784, S. 15; BR-Drs. 695/95, S. 44. BR-Drs. 695/95, S. 45.

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schäftlichen Vermögenserwerbs plausibel sei, setze den besonderen Sachverstand der Zivilgerichte voraus313. bb) Vergleich mit der geltenden Rechtslage Die repressive Verdachtseinziehung, wie sie das VermEinzG vorsieht, ist vergleichbar mit dem erweiterten Verfall nach § 73 d StGB. In beiden Fällen wird Vermögen eingezogen, bei dem der Verdacht besteht, daß es aus Straftaten herrührt. Es wird also die Begehung von Straftaten vermutet sowie der Zusammenhang zwischen den zuvor vermuteten Straftaten und dem vorgefundenen Vermögen. Dabei sind die Voraussetzungen der Verdachtseinziehung nach dem VermEinzG zum Teil enger als die des erweiterten Verfalls. So ist eine Verdachtseinziehung nach dem VermEinzG nur zulässig nach einer vorherigen Sicherstellung des Vermögens, der Wert des Vermögens muß mindestens 15.000 DM betragen, und das Vermögen muß aus schwerwiegenden Straftaten herrühren. Diesen Einschränkungen unterliegt die Anordnung des erweiterten Verfalls nicht. Teilweise ist der Anwendungsbereich der Verdachtseinziehung nach dem VermEinzG aber auch erheblich weiter als der des erweiterten Verfalls. So ist die Anordnung des erweiterten Verfalls nur im Rahmen eines Strafverfahrens möglich, und sie setzt eine prozeßordnungsgemäß nachgewiesene Anknüpfungstat des Betroffenen voraus, die auf die Vorschrift des erweiterten Verfalls verweist. Die Verdachtseinziehung nach dem VermEinzG hingegen kann auch angeordnet werden, wenn dem Betroffenen keine einzige Straftat nachgewiesen werden kann. Eine weitere entscheidende Erweiterung des Anwendungsbereichs betrifft das in Frage stehende Vermögen. Beim erweiterten Verfall, kann nur das Vermögen entzogen werden, das der Betroffene wahrscheinlich durch eine Straftat erlangt hat. Kann der Betroffene die rechtmäßige Herkunft des Vermögens beweisen, so scheidet eine Verfallsanordnung aus. Bei der Verdachtseinziehung nach dem VermEinzG muß das Vermögen nur irgendwann in den letzten 10 bzw. 30 Jahren von irgendjemandem wahrscheinlich durch eine Straftat erlangt worden sein. Es ist nicht erforderlich, daß der Betroffene das Vermögen durch eine Straftat erlangt hat. Auch wenn der Betroffene das Vermögen rechtmäßig erworben hat, kann es ihm somit nach dem VermEinzG entzogen werden. 313

BT-Drs. 12/6784, S. 15; BR-Drs. 695/95, S. 42.

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Α. Verfall von rechtswidrig erlangtem Eigentum

Durch die Einführung einer repressiven Verdachtseinziehung nach dem VermEinzG würden damit die Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung aus vermuteten Straftaten erheblich erweitert. cc) Verstoß gegen Art. 14 GG Durch die Verdachtseinziehung werden dem Betroffenen Eigentumspositionen endgültig und vollständig entzogen. Die Einziehung stellt somit einen Eingriff in die Eigentumsfreiheit dar. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei der repressiven Verdachtseinziehung um eine Enteignung handelt. Bei dem Verfall wurde eine Einordnung der Eigentumsentziehimg als Enteignung abgelehnt, weil die Maßnahme nicht an das Eigentum, sondern an die Person des Eigentümers anknüpft 314. Bei der Verdachtseinziehung ist die Situation anders: Hier wird lediglich verlangt, daß die Vermögensgegenstände irgendwann einmal durch eine Straftat erlangt wurden. Es wird nicht auf die Person des Inhabers abgestellt, d. h. es wird nicht verlangt, daß der Inhaber selbst die Gegenstände auf strafbare Weise erworben hat. Bei der Verdachtseinziehung geht es also um die Einziehung eines bestimmten Gegenstandes und nicht darum, daß der Gegenstand nicht in den Händen einer bestimmten Person bleiben soll. Eine Enteignung kann also nicht wie beim Verfall abgelehnt werden, weil die Maßnahme nicht an den Gegenstand, sondern an die Person des Inhabers anknüpft. Da es sich bei der Verdachtseinziehung um die endgültige und vollständige Entziehung von Eigentumspositionen handelt, stellt die Maßnahme deshalb eine Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG dar. Eine Entschädigung des Betroffenen ist nicht vorgesehen. Die Verdachtseinziehung verstößt somit gegen Art. 14 III 2 GG. b) Auswirkungen einer Verfassungsänderung

Die Gesetzesentwürfe sehen neben der einfach-gesetzlichen Einführung einer Einziehung von Vermögen nach einem VermEinzG auch eine diesbezügliche Änderung von Art. 14 GG vor. So soll Art. 14 GG folgender Absatz 4 angefügt werden: „Eigentum, bei dem die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß es aus schwerwiegenden Straftaten herrührt oder hierfür verwendet werden soll, kann zur Abwehr einer drohenden Beeinträchtigung der rechtsstaatlichen Ordnung aufgrund eines Gesetzes entschädigungslos eingezogen werden"315. 314 315

Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) dd) (cc). BR-Drs. 694/95, S. 3; vgl. die ähnliche Formulierung in BT-Drs. 12/6784, S. 3.

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In dem baden-württembergischen Entwurf soll Art. 14 IV GG ferner folgenden Satz 2 enthalten: „Soweit ein Zugriff nicht möglich ist, kann sonstiges Vermögen des Betroffenen eingezogen werden"316. Ein solcher Absatz 4 wäre ein qualifizierter Gesetzesvorbehalt der Eigentumsfreiheit. Ein qualifizierter Gesetzesvorbehalt liegt vor, wenn das Grundgesetz nicht nur fordert, daß die Eingriffe durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, sondern außerdem verlangt, daß das eingreifende Gesetz an bestimmte Situationen anknüpft, bestimmten Zwecken dient oder bestimmte Mittel benutzt317. Der vorgeschlagene Art. 14IV GG verlangt, daß das betroffene Vermögen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus schwerwiegenden Straftaten stammt oder hierfür verwendet werden soll. Hiermit knüpft der Vorbehalt an eine bestimmte Situation an. Ferner soll die Eigentumsentziehung der Abwehr einer drohenden Beeinträchtigung der rechtsstaatlichen Ordnung, also einem bestimmten Zweck dienen. Dieser Zweck soll durch die entschädigungslose Einziehung, mithin durch ein bestimmtes Mittel gefördert werden. Die Hinzufügung eines Art. 14 IV GG würde somit bewirken, daß die Einziehung von Eigentum, das wahrscheinlich aus Straftaten herrührt, eine Schranke i.S.d. neu angefügten Absatzes darstellen würde. Die repressive Verdachtseinziehimg wäre also mit dem geänderten Art. 14 GG zu vereinbaren.

316 317

BR-Drs. 694/95, S. 3. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 276.

Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten Vorschriften, die die Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten ermöglichen, finden sich in § 74 II Nr. 2 StGB und in den Polizeigesetzen der Länder.

I. Einziehung nach § 74 I I Nr. 2 StGB Nach § 741 StGB können Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Straftat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden. Die Einziehung setzt nach § 74 II Nr. 2 StGB voraus, daß die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. Die Einziehung ist auch dann zulässig, wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat (§ 74 III StGB). Mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung geht das Eigentum an der Sache gem. § 74 e I StGB auf den Staat über. Rechte Dritter an dem Gegenstand erlöschen (§ 74 e II 2 StGB). Nach § 74 f I StGB steht Dritten, die durch die Einziehung betroffen sind, grundsätzlich ein Entschädigungsanspruch zu. Dieser entfällt, wenn einer der in Absatz 2 genannten Gründe vorliegt, d.h. wenn der Dritte am Eigentumsverlust mitschuldig ist (Nr. 1 und 2) oder wenn die Einziehung aufgrund von anderen Rechtsvorschriften auch ohne Entschädigung zulässig wäre (Nr. 3). Eine Entschädigung in diesen Fällen wird nur dann gewährt, wenn die Versagung eine unbillige Härte darstellt (§ 74 f III StGB). Trotz der systematischen Stellung im StGB hat die Einziehung nach § 74 II Nr. 2 StGB rein präventiven Charakter. Sie begnügt sich mit einer nur rechtswidrigen Anknüpfungstat und erstreckt sich unterschiedslos auch auf das Eigentum Tatunbeteiligter. Die Einziehung nach dieser Vorschrift bezweckt daher keine Repression, sondern sie dient ausschließlich der Abwehr von Gefahren, sei es, daß sie der Allgemeinheit von der Art des Einziehungs-

Π. Eigentumsentziehungen aufgrund der Polizeigesetze

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gegenständes drohen, sei es, daß die künftige Verwendung des Gegenstandes zur Begehimg rechtswidriger Taten zu befürchten ist1.

I I . Eigentumsentziehungen aufgrund der Polizeigesetze 1. Verwertung gem. § 45 PoIG NW Nach den §§43-46 PoIG NW kann die Polizei2 Vermögensgegenstände sicherstellen und verwerten3. Verwertet werden können nach § 45 PoIG NW nur sichergestellte Sachen, d.h. einer Verwertung muß immer eine Sicherstellung vorausgehen. Eine endgültige Eigentumsentziehung durch die Verwertung einer Sache kann also nur in zwei Schritten erfolgen. a) Rechtmäßige Sicherstellung

Zunächst setzt eine Verwertung nach § 45 PoIG NW deshalb eine rechtmäßige Sicherstellung voraus. Nach § 43 Nr. 3 PoIG NW kann die Polizei eine Sache sicherstellen, wenn sie von einer Person mitgeführt wird, die nach dem PoIG NW oder anderen Rechtsvorschriften festgehalten wird, und die Sache verwendet werden kann, um Leben oder Gesundheit anderer zu schädigen (Nr. 3 b), fremde Sachen zu beschädigen (Nr. 3 c) oder die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern (Nr. 3 d). Diese Vorschrift läßt also unter bestimmten Voraussetzungen Sicherstellungen zur Verhinderung von Tötungsdelikten, Körperverletzungsdelikten, Eigentumsdelikten und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu. Aber auch wenn es sich um eine Person handelt, die nicht festgehalten wird, kann die Polizei nach § 43 Nr. 3 PoIG NW Sachen sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. 1 Schäfer, in: LK, § 74 Rn. 7; E ser, in: Schönke/Schröder, Vor § 73 Rn. 15; Dreher/Tröndle, § 74 Rn. 2; Lackner, § 74 Rn. 2. 2

Soweit im folgenden von der Polizei die Rede ist, ist die Polizei im materiellen Sinn gemeint, d.h. jede Staatstätigkeit mit der Aufgabe der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Gefahrenabwehr), vgl. Möller/Wilhelm, POR, S. 6; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 33. 3 Vgl. die entsprechenden Vorschriften in den anderen Bundesländern, z.B. §§ 4043 HessSOG, §§ 26-29 NdsGeFAG, § 14 HmbSOG, §§ 25-28 BayPAG.

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

aa) Öffentliche Sicherheit Die öffentliche Sicherheit umfaßt die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die subjektiven Rechte und Rechtsgüter des einzelnen sowie den Bestand, die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt4. Da zur Rechtsordnung auch die Strafgesetze gehören, schließt die Tätigkeit zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit auch die Verhinderung von Verstößen gegen die Strafrechtsordnung mit ein5. Ferner stellt die Verhütung der Begehung von Straftaten ein wichtiges Instrument des Individualschutzes dar, da vielen Strafvorschriften der Schutz subjektiver Rechte und Rechtsgüter einzelner zugrunde liegt6. Schließlich können Strafnormen auch den Bestand, die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt schützen, so daß die Verhinderung dieser Taten der Aufrechterhaltung der genannten Schutzgüter und damit der öffentlichen Sicherheit dient7. Da es lediglich um den Schutz der genannten Bestandteile der öffentlichen Sicherheit und nicht um Strafverfolgung geht, reicht schon die drohende Verwirklichung des objektiven Tatbestandes aus, da dadurch sowohl die Rechtsordnung als auch die Schutzgüter der einzelnen Normen verletzt werden können. Auf den subjektiven Tatbestand, Verschulden und sonstige Strafverfolgungsvoraussetzungen kommt es nicht an8. bb) Gegenwärtige Gefahr Eine Gefahr ist eine Sachlage, die in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die öffentliche Sicherheit führen 4

Tegtmeyer, PolG NW, § 1 Rn. 15; Götz, POR, Rn. 89, S. 42; vgl. auch die Legaldefinitionen in § 2 Nr. 2 brPolG, § 3 Nr. 1 SOG LSA und § 54 Nr. 1 thürOBG. 5 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 236; Möller/Wilhelm, POR, S. 37. Da die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr für die öffentliche Sicherheit zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten verpflichtet ist, kommt der Ergänzung des § 1 PolG NW durch die Einfügung des § 112 PolG NW insoweit nur deklaratorische Bedeutung zu, Möller/Wilhelm, POR, S. 21 f.; a.A. Gusy, PolR, Rn. 187, S. 100 f., der in der Gesetzesänderung die Zuweisung eines neuen polizeilichen Aufgabengebietes erblickt. 6

Götz, POR, Rn. 96 f., S. 44.

7

Nach Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 236 erübrigt sich bei der drohenden Verletzung einer Rechtsnorm eine besondere Prüfung der durch die Norm gechützten Individual- oder Kollektivgüter. 8 BVerwGE 64, 55 (61); Drews/Wacke/Vogel/Martens, MöUer/Wilhelm, POR, S. 37; Götz, POR, Rn. 97, S. 44.

Gefahrenabwehr, S. 236;

Π. Eigentumsentziehungen aufgrund der Polizeigesetze

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wird 9. Von einem für den Gefahrenbegrifif relevanten Schaden kann dabei erst gesprochen werden, wenn die zu erwartende Beeinträchtigung des Schutzguts einen gewissen Intensitätsgrad erreicht. Es muß sich also um eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung handeln. Bloße Belästigungen, Nachteile, Unbequemlichkeiten und Geschmacklosigkeiten genügen nicht10. Unter einer gegenwärtigen Gefahr wird eine Sachlage verstanden, „bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht"11. Da es sich bei dem polizeilichen Einschreiten um die Abwehr drohender, d.h. zukünftiger Rechtsgutverletzungen handelt, muß das Gefährdungsurteil ex-ante getroffen werden. Erforderlich ist deshalb in jedem Fall die Prognose eines zukünftigen Kausalverlaufs. Bei dieser Prognose wird naturgemäß häufig keine Aussage über den bevorstehenden Schadenseintritt möglich sein, die über jeden Zweifel erhaben ist. Deshalb genügt es für die Annahme einer Gefahr, daß nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Einschreiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, der Schaden werde ohne Eingreifen der Polizei eintreten12. Absolute Gewißheit muß also nicht bestehen. Die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts reicht allerdings nicht aus13. Die Anforderungen, die im Einzelfall an den Wahrscheinlichkeitsgrad zu stellen sind, hängen von der Bedeutung des bedrohten Rechtsguts ab: Je bedeutsamer das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist, um so geringer sind die Anforderungen an die Schadenswahrscheinlichkeit14. Daneben spielt der Rang des Rechtsguts, in das eingegriffen werden soll, eine Rolle. Da die Gefahrenabwehr immer eine ex-ante Prognoseentscheidung verlangt, kann sich bei einer ex-post Betrachtung herausstellen, daß entgegen der behördlichen Prognose ein Schadenseintritt tatsächlich nicht gedroht hat. In 9

Vgl. die Legaldefinition in § 3 Nr. 3 a SOG LSA; BVerwGE 45, 51 (57); VG Münster NVwZ 1983, 238 (238); Götz, POR, Rn. 140, S. 59; Schenke, in: Steiner, BesVerwR, Π Rn. 46, S. 199. 10 BVerwG DVB1 1969, 586 (586); VGH Mannheim NJW 1984, 507 (509); VGH Kassel NJW 1984, 1368 (1369); Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 221; Friauf, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Abschnitt Rn. 46, S. 124; Möller/Wilhelm, POR, S. 44. 11 Götz, POR, Rn. 121, S. 67. 12 OVG Münster NJW 1980, 956 (956); Friauf, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Abschnitt Rn. 50, S. 125; Möller/Wilhelm, POR, S. 45; Schenke, in: Steiner, BesVerwR, Π Rn. 54, S. 201. 13 VGH Mannheim NJW 1985, 507 (509); Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 223. 14 BVerwGE 45, 51 (61); 47, 31 (40); 57, 61 (65); DÖV 1981, 421 (422); 1984, 557 (558); 1992, 30 (31); VG Gießen NVwZ-RR 1993, 248 (249); Habermehl, POR, Rn. 65, S. 44; Möller/Wilhelm, POR, S. 44.

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

diesen Fällen sind zwei Konstellationen denkbar: Entweder lagen im Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens bei verständiger Würdigung des Sachverhalts objektive Anhaltspunkte für eine Gefahr vor und es hat sich lediglich nachträglich ergeben, daß eine Gefahr in Wirklichkeit nicht vorlag (sog. Anscheinsgefahr). Oder es lagen überhaupt keine objektiven Anhaltspunkte für eine Gefahr vor, aber die Behörde hat sich unbewußt ein falsches oder unvollständiges Tatsachenbild verschafft und ist aufgrunddessen von einer Gefahrenlage ausgegangen (sog. Putativ- oder Scheingefahr). Im ersten Fall liegt nach ganz überwiegender Ansicht eine Gefahr i.S.d. Polizeirechts vor. Die sog. Anscheinsgefahr läßt sich problemlos unter den Gefahrenbegriff subsumieren, da aus der ex-ante Sicht bei verständiger Würdigung der Sachlage die Möglichkeit eines Schadenseintritts vorliegt. Mehr verlangt der Gefahrenbegriff nicht. Ob der Schaden tatsächlich eingetreten wäre, ist also unerheblich15. Zudem wäre es widersprüchlich, die Richtigkeit der polizeilichen Gefahrenprognose, die notwendigerweise ex ante erfolgen muß, anhand der Erkenntnisse ex-post in Frage zu stellen. Im zweiten Fall hingegen kann nicht von einer Gefahr gesprochen werden, da die handelnden Beamten hier nur einem Irrtum unterliegen, den sie bei der ihnen möglichen Sachverhaltsaufklärung hätten vermeiden können. Die bloße Fehlvorstellung von Amtswaltern begründet keine objektive Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts16. Von der Anscheinsgefahr zu unterscheiden ist der bloße Gefahrenverdacht. Der Verdacht einer Gefahr liegt vor, wenn der Behörde anders als bei der Anscheinsgefahr bestimmte Unsicherheiten bei der Diagnose des Sachverhalts oder bei der Prognose des Kausalverlaufs bewußt sind und ihr deshalb die Entscheidung über die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts erschwert wird. Solche Unklarheiten mindern den Grad der Wahrscheinlichkeit, schließen aber die Annahme einer Gefahr nicht aus, sofern der Verdacht begründet, d.h. durch Tatsachen erhärtet ist. Ob die Tatsachen eine Gefahrenlage begründen, hängt von den jeweiligen Anforderungen an den Grad der Wahrscheinlichkeit ab17. Welche Maßnahmen im Falle eines Gefahrenverdachts zulässig sind, ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Erforderlich sind in der Regel nur vor-

15 Da es sich bei der „Anscheinsgefahr" um eine echte Gefahr i.S.d. Polizeirechts handelt, wird der Begriff „Anscheinsgefahr" teilweise dogmatisch als überflüssig angesehen, Gusy, PolR, Rn. 121, S. 65. 16 BVerwGE 45, 51 (58); BGHZ 117, 303 (306); 5, 144 (149, 152); 43, 196 (204); VG Münster NVwZ 1983, 238 (238); Friauf, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Abschnitt Rn. 53, S. 129; Schenke, in: Steiner, BesVerwR, Π Rn. 57 f., S. 203 f.; Möller/Wilhelm, POR, S. 46; Tegtmeyer , PolG NW, § 8 Rn. 18 f.; Knemeyer, POR, Rn. 69, S. 53 f. 17

Vgl. oben2. Teil Π. l.a) bb).

Π. Eigentumsentziehungen aufgrund der Polizeigesetze

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läufige Maßnahmen und Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts (Gefahrerforschungsmaßnahmen) 18. cc) Richtiger Adressat Die polizeilichen Maßnahmen der Gefahrenabwehr sind in erster Linie an den für die Gefahr Verantwortlichen (Störer) zurichten. Unter den Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes kommt nur ausnahmsweise die Inanspruchnahme eines unbeteiligten Dritten (Nichtstörer) in Betracht. Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei Formen der Verantwortlichkeit, nämlich der Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen nach § 4 PoIG NW (Verhaltensstörer) und der Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen nach § 5 PoIG NW (Zustandsstörer). Verhaltensstörer ist, wer eine Gefahr verursacht hat. Aus dem Begriff der Verursachung ergibt sich, daß schuldhaftes Handeln nicht erforderlich ist. Um die Störerhaftung nicht ins Unendliche auszudehnen, ist nach h.M. nicht jede Bedingung des Erfolgs ursächlich i.S.d. Polizeirechts, sondern grundsätzlich nur die Bedingung, die die Gefahr unmittelbar herbeigeführt hat (Theorie der unmittelbaren Verursachung). Die Unmittelbarkeit der Bedingung ergibt sich aus einer wertenden Beurteilimg, d.h. ein Verhalten ist für eine Gefahr dann kausal, wenn es seinerseits nicht polizeirechtlich neutral ist, sondern wenn es schon für sich gesehen die polizeirechtliche Gefahrenquelle überschreitet19. Geht von einer Sache oder einem Tier eine Gefahr aus, so ist zum einen der Inhaber der tatsächlichen Gewalt (§51 PoIG NW) und zum anderen der Eigentümer oder sonstwie Berechtigte (§ 5 II PoIG NW) als Zustandsstörer verantwortlich. Ausnahmsweise kann die Polizei auch Maßnahmen gegen unbeteiligte Dritte richten. Das setzt nach § 6 I PoIG NW voraus, daß eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist, Maßnahmen gegen den Störer nicht möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, die Polizei die Gefahr nicht selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und die Personen ohne erhebliche eigene Gefahrdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können. 18 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 226 f.; Knemeyer, Rn. 70, S. 54 f.; Habermehl, POR, Rn. 166 f., S. 78 f. 19 OVG Münster DVB1 1973, 924 (927); NVwZ 1985, 355 (356); VGH Kassel NJW 1986, 1829 (1829); OVG Lüneburg NVwZ 1988, 638 (639); VGH München BayVBl 1978, 340 (340); Friauf, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Abschnitt Rn. 73 fT., S. 137 ff; Schenke, in: Steiner, BesVerwR, Π Rn. 89 ff., S. 232 ff; Götz, POR, Rn. 195 ff, S. 77 ff; Knemeyer, POR, Rn. 245 ff, S. 149 ff.

POR,

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

dd) Pflichtgemäße Ermessensausübung Die Polizei trifft ihre Maßnahmen gem. § 3 I PolG NW nach pflichtgemäßem Ermessen, d.h. sie entscheidet einerseits ob (Entschließungsermessen) und andererseits wie (Auswahlermessen) sie zur Gefahrenabwehr einschreitet20. Sind für eine Gefahr mehrere Personen verantwortlich, so entscheidet die Polizei in Ausübung ihres Auswahlermessens, gegen welchen Störer sie vorgeht. Bei der pflichtgemäßen Ermessensausübung ist insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 2 PolG NW) zu wahren. b) Verwertung

oder Vernichtung

Nach § 45 I PolG NW kann eine sichergestellte Sache verwertet werden. Bei Sicherstellungen zur Verhinderung von Straftaten wird in der Regel die Voraussetzung des § 45 I Nr. 4 PolG NW vorliegen, d.h. die Sachen können nach einer Frist von einem Jahr nicht an einen Berechtigten herausgegeben werden, ohne daß die Voraussetzungen der Sicherstellung erneut eintreten würden. Es muß also nach einem Jahr immer noch zu befürchten sein, daß die sichergestellten Sachen für Straftaten verwendet werden sollen und damit bei Rückgabe die öffentliche Sicherheit gefährden würden. Die Verwertung erfolgt grundsätzlich durch Versteigerung (§ 45 III 1 Hs. 1 PolG NW). Falls eine Verwertung nicht möglich ist, können sichergestellte Sachen nach § 45 IV PolG NW auch unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden. 2. Entschädigungsansprüche Wann einem Betroffenen Entschädigung zu gewähren ist, wird in den §§ 67 PolG NW i.V.m. 39-43 OBGNW geregelt. Danach ist ein Schaden zu ersetzen, wenn er entstanden ist infolge einer Inanspruchnahme als Nichtstörer oder durch rechtswidrige Maßnahmen, gleichgültig ob die handelnde Behörde ein Verschulden trifft oder nicht. Keinen Entschädigungsanspruch besitzt somit der für die Gefahr Verantwortliche, d.h. der Verhaltens- oder Zustandsstörer21. Dies gilt grundsätzlich auch für den sog. Anscheinsstörer und für denjenigen, der aufgrund eines nicht bestätigten Gefahrenverdachts in An20

Tegtmeyer, PolG NW, § 3 Rn. 1; Gusy, PolR, Rn. 38, S. 195. In einigen Spezialregelungen gewährt der Gesetzgeber aus besonderen rechtspolitischen Gründen ausnahmsweise auch einem Störer einen Ersatzanspruch, so z.B. in § 51 GewO, § 49 BundesSeuchenG und §§ 24, 66 ff. TierseuchenG. 21

Π. Eigentumsentziehungen aufgrund der Polizeigesetze

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spruch genommen worden ist22, da es sich auch in diesen Fällen um echte polizeiliche Gefahren und damit um verantwortliche Störer handelt23. Ausnahmsweise soll dem Anscheinsstörer und damit erst recht demjenigen, der aufgrund eines nicht bestätigten Gefahrenverdachts geschädigt wurde, ein Entschädigungsanspruch analog den §§ 67 PoIG NW i.V.m. 39 I a OBG NW zustehen. Der Entschädigungsanspruch nach § 39 I a OBG NW hängt davon ab, ob der Geschädigte im Sinne dieser Vorschrift Störer oder Nichtstörer ist. Eine Betrachtung aus der Sicht im Zeitpunkt des Eingriffs ist hier nicht angebracht. Sie ist um der wirkungsvollen Gefahrenabwehr willen zwar geboten, soweit es um die Voraussetzungen und die Art und Weise des Einschreitens geht. Die Frage der Entschädigung muß aber nach den tatsächlichen Umständen entschieden werden, wie sie wirklich vorlagen. Denn es geht dabei nicht um die Möglichkeit des raschen Eingriffs zur Verhütung von Gefahren, sondern um den gerechten Ausgleich der erbrachten Opfer. Dafür ist auf die wirkliche Sachlage abzustellen, wie sie sich bei späterer rückschauender Betrachtung objektiv darstellt24. Da § 39 I OBG NW Entschädigungsansprüche nur für den Nichtstörer und den rechtswidrig in Anspruch Genommenen, nicht aber für den Anscheinsstörer vorsieht, besteht insoweit eine Regelungslücke. Wann die Interessenlage des Anscheinsstörers mit der des Nichtstörers vergleichbar ist, wie es eine analoge Anwendung des § 39 I a OBG NW voraussetzt, wird unterschiedlich beurteilt. Nach einer Ansicht ist der Anscheinsstörer zu entschädigen, wenn für ihn ein „Vertrauenstatbestand" spricht. Begründet wird die Entschädigungspflicht damit, daß der Anscheinsstörer nicht allein das Risiko dafür tragen solle, „daß die sicherheits- und ordnungsrechtlichen Aspekte in der entfalteten Leistungsund Verkehrsgesellschaft unübersichtlich geworden" seien25. Diese Ansicht ist allerdings unklar und damit unpraktikabel, weil nicht dargelegt wird, wodurch sich der die Entschädigungspflicht auslösende „Vertrauenstatbestand" auszeichnet. Nach Kokott soll dem Anscheinsstörer dann ein Entschädigungsanspruch zustehen, wenn die Anscheinsgefahr seiner Risikosphäre nicht zuzuordnen ist. Dies sei in drei Fallgruppen gegeben. Eine Risikoaufteilung zwischen dem Anscheinsstörer und der Allgemeinheit komme zunächst in Fällen gesetzlicher 22

Schenke, in: Steiner, BesVerwR, Π Rn. 227 (FN 559), S. 322, Friauf, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Abschnitt Rn. 53, S. 129; Knemeyer, POR, Rn. 229, S. 180 f.; Götz, POR, Rn. 440, S. 162; MöUer/Wilhelm, POR, S. 221; a.A. HoffmannRiem, FS für Wacke, S. 327 (337), nach dem der Anscheinsstörer allenfalls als Nichtsörer in Anspruch genommen werden kann und demnach einen Anspruch auf Entschädigung hat. 23 Vgl. oben2. Teil Π. l.a)bb). 24 BGHZ 117, 303 (307). 25 Scholler/Broß, DÖV 1976, 472 (474). 7 Dannert

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

Gefahrdungshaftung in Betracht. Die in den Gefahrdungstatbeständen zum Ausdruck kommende Risikozuweisung zu Lasten des Betroffenen müsse zwar beachtet werden. Der aus der ex-post Betrachtung objektiv unnötige Eingriff erfolge aber ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit, die folglich auch das Risiko des Eingriffs tragen und deshalb dafür zahlen müsse. Bei der Inanspruchnahme des Anscheinsstörers aufgrund gesetzlich geregelter Gefährdungshaftung sei der Anscheinsstörer daher teilweise zu entschädigen26. Ferner stehe dem Anscheinsstörer ein Entschädigungsanspruch zu, der lediglich als Zustandsstörer verantwortlich sei, während die Gefahr durch Mißbrauch der Sache durch einen Dritten, also von einem Handlungsstörer ausginge. Der Anscheinsstörer habe die Gefahr nicht verursacht und solle deshalb nicht das Risiko für den Mißbrauch durch einen Dritten tragen. Gleiches gelte, wenn der Anscheinszustandsstörer zufällig Opfer der Realisierung eines Risikos sei, dem er nicht näher stehe als jeder beliebige Steuerzahler. Dies sei z.B. der Fall, wenn der Eigentümer eines Grundstücks, auf dem infolge eines Verkehrsunfalls Öl aus einem Tanklastwagen gelaufen sein soll, in Anspruch genommen werde. Da die Risiken des allgemeinen Straßenverkehrs der Allgemeinheit zuzuordnen seien, müsse dem Anscheinszustandsstörer hier eine Entschädigung gewährt werden27. Die überwiegende Auffassung differenziert danach, ob der Anscheinsstörer die den Anschein einer Gefahr begründenden Umstände verursacht hat. Sei dies der Fall, sei er auch entschädigungsrechtlich wie ein Störer zu behandeln. Habe er den Anschein hingegen nicht hervorgerufen, stehe ihm ein Anspruch auf Entschädigung analog § 39 I a OBG NW zu28. Dies sei dann gegeben, wenn der Anscheinsstörer lediglich als Zustandsverantwortlicher in Anspruch genommen werde29. Aber auch dem Anscheinshandlungsstörer sei der Anschein der Gefahr nicht zuzurechnen, wenn das den Anschein begründende Verhalten rechtmäßig gewesen sei und keine in den haftungsrechtlichen Risi26

Die Argumentation überzeugt nicht, weil auch in den Fällen, in denen objektiv eine Gefahr vorliegt, der Eingriff im Interesse der Allgemeinheit erfolgt. Trotzdem wird hier keine Risikoverschiebung entgegen der im Gesetz enthaltenen Risikozuweisung vorgenommen. 27 Kokott, DVB1 1992, 749 (751 ff.). 28 BGHZ 5, 144 (152); 117, 303 (308); 126, 279 (283); VGH Mannheim DVB1 1990, 1047 (1048); Götz, POR, Rn. 440, S. 162; Möller/Wilhelm, POR, S. 221; Wolff/Bachof, VerwR ΙΠ, § 125 Rn. 22, S. 55; Breuer, GS fur Martens, S. 317 (348); Schleberger, POR NW, S. 130 f.; a.A: Schenke, in: Steiner, BesVerwR, Π Rn. 339, S. 333 f., der eine analoge Anwendung des § 39 I a OBG NW generell ablehnt. Habe eine Person den Anschein einer Gefahr nicht unmittelbar verurscht, so sei sie Nichtstörer. Damit stehe ihr ein Entschädigungsanspruch in direkter Anwendung des § 391 a OBG NW zu. 29 BGHZ 126,279 (283).

ΠΙ. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

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kobereich des Handelnden fallende Verantwortlichkeit begründet habe30. Es ist allerdings zweifelhaft, ob beim Anscheinshandlungsstörer durch das Erfordernis der Verursachung des Anscheins ein taugliches Abgrenzungskriterium gewonnen ist. Der Handlungsstörer wird ja bereits dadurch definiert, daß er durch sein Verhalten die Gefahr bzw. den Gefahrenschein verursacht hat. Hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs muß also ein engerer Verursachungsbegriff zugrunde gelegt werden31. Für die Bejahung der Störereigenschaft wird ein Verhalten als ursächlich angesehen, wenn es die polizeiliche Gefahrenquelle überschreitet 32. Auf der Sekundärebene soll das Verhalten des Anscheinshandlungsstörers nur dann ursächlich sein, wenn das den Anschein begründende Verhalten nicht rechtmäßig war. Fraglich ist, wo die Grenze zwischen diesen beiden Verursachungsbegriffen zu ziehen ist. Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß jedenfalls der Anscheinszustandsstörer eine Entschädigung analog § 391 a OBG NW erhalten soll. Der Anscheinshandlungsstörer kann nur dann eine Entschädigung verlangen, wenn besondere Umstände vorliegen.

I I I . Vereinbarkeit mit Art. 14 GG „Zum eisernen Bestand des deutschen Verwaltungsrechts gehört seit je der Grundsatz, ein polizeilich in Anspruch genommener Störer könne für den ihm dadurch entstandenen Schaden eine Entschädigung nicht verlangen"33. Auch wenn dieser von Quaritsch 1959 behauptete „Grundsatz" im Ergebnis im Wesentlichen unangefochten geblieben ist, so gehen die Meinungen hinsichtlich der Begründung, wie sich die Entschädigungslosigkeit des in Anspruch genommenen Störers mit Art. 14 GG vereinbaren läßt, weit auseinander. Obwohl die Zahl der Beiträge zur Beantwortung dieser Frage sehr groß ist, lassen sich nur wenige Äußerungen finden, die einen bestimmten dogmatischen Ansatz im Hinblick auf die Systematik des Art. 14 GG aufzeigen. In der Regel wird die Frage offengelassen, wie sich Maßnahmen gegen Störer im Einzelnen zur Eigentumsgarantie verhalten. Insbesondere in der Rechtsprechung finden sich immer wieder Formulierungen, die darauf hindeuten, daß die geltenden gefahrabwendenden Rechtssätze mit Art. 14 GG in Einklang stehen, ohne daß dies anhand der Systematik der Eigentumsgarantie näher erläutert wird. Selbst wenn Begründungen für die Entschädigungslosigkeit von Eigentumsentzie30 31 32 33

BGHZ 126, 279 (283). Kritisch daher Kokott, DVB1 1992, 749 (751 ). Vgl. oben2. Teil Π. l.a) cc). Quaritsch, DVB1 1959, 455 (455).

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

hungen eines Störers geliefert werden, wird nicht erläutert, ob sich die Entschädigungslosigkeit daraus ergibt, daß die Rechtspositionen schon nicht in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fallen, oder daraus, daß zwar der Schutzbereich eröffnet ist, aber keine entschädigungspflichtige Enteignung, sondern eine ohne Entschädigimg zulässige Schrankenbestimmung vorliegt. Insoweit können bei dem Versuch einer systematischen Einordnung der einzelnen Ansätze häufig nur „Mutmaßungen" angestellt werden34. Außerdem wird oft ergebnisorientiert argumentiert. So stellt Erler seiner Untersuchung zur Entschädigungslosigkeit gefahrabwendender Maßnahmen die Feststellung voran, daß „von vornherein keine unorthodoxen Lösungen" wie die entschädigungspflichtige Enteignung des Störers bei Eigentumsentziehungen zur Gefahrenabwehr in Betracht kämen35. Die Inanspruchnahme des Störers soll also auf jeden Fall ohne Entschädigung möglich sein. 1. Schutzbereich In der älteren Literatur wurde überwiegend vertreten, daß der gemeinwohlschädliche Eigentumsgebrauch schon vom Schutzbereich des Art. 14 GG nicht erfaßt sei. Weil sich der Störer außerhalb der dem Eigentum mitgegebenen bzw. innewohnenden Grenzen bewege, werde ihm durch gefahrabwendende Maßnahmen nur untersagt, wozu das Eigentum ohnehin nicht berechtige und nur entzogen, was von vornherein keinen Eigentumsschutz genieße36. Die präventive Einziehung stelle nur eine Verweisung des Eigentümers in seine natürlichen Grenzen dar, nicht eine Verkürzung seiner Rechte37. Der Betroffene befinde sich in einem Unrechtszustand und habe dadurch sein Eigentumsrecht verwirkt 38. Insbesondere könne Vermögen, das für Straftaten verwendet werden soll, kein Schutzgut des Art. 14 GG sein, was „angesichts der Werteordnung eines jeden Rechtsstaates und der konstitutiven Prinzipien des Grundgesetzes selbstverständlich" sei39. 34

Vgl. Lutz, Eigentumsschutz, S. 125 f. Erler, Gefahrenabwehr, S. 112. 36 Quaritsch, DVB1 1959, 455 (457); Stree, Deliktsfolgen, S. 86; Friauf, FS für Wacke, S. 293 (300); Kreft, DÖV 1955, 517 (520); Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 120; Hurst, AöR 83 (1958), 43 (60); Krakau, DÖV 1970, 178 (181); Dürig t AöR 79 (1953/54), 57 (79, 81); Hoppe, Wirtschaftliche Vertretbarkeit, S. 122; Böhmer, NJW 1988, 2561 (2572); Kröner, NJW 1959, 81 (83); Schlieper, Einziehung, S. 24; vgl. auch schon Stödter, Entschädigung, S. 216 zu Art. 153 WRV. 37 Stier-Somlo, VerwArch 6 (1898), 275 (336). 38 Weber, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner, Grundrechte Π, S. 348. 39 Meyer/Hetzer, ZRP 1997, 13(19). 35

ΠΙ. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

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Auch in der Rechtsprechung finden sich Formulierungen, die in diese Richtung weisen. So hat schon das PreußOVG festgestellt, daß die Privatinteressen des Eigentümers mit „höheren, allgemeineren Interessen" zusammentreffen können: „Dadurch werden dem Eigenthum, soweit die Ausübung der darin begriffenen Rechte nach Außen wirkt, bestimmte Schranken gesteckt und nur innerhalb der letzteren erkennt die Rechtsordnung das Eigentum als Recht an. ... Deshalb fallen Maßregeln der Verwaltungsbehörden, welche den Eigenthümer in diese rechtlich bestehenden Schranken zurückweisen, nicht unter den Begriff von Beschränkungen des Eigenthums im Sinne des Art. 9..."40. Gemeinwohlschädlicher Eigentumsgebrauch ist nach dieser Rechtsprechung demnach nicht als Eigentumsrecht anerkannt und somit nicht vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie erfaßt. Die Pflicht des Eigentümers, sein Eigentum in einem Zustand zu erhalten, daß die polizeilich zu schützenden Interessen des Gemeinwohls nicht gefährdet werden, habe zwar keine ausdrückliche Bestätigung durch den Gesetzgeber gefunden. Sie ergebe sich jedoch ohne Weiteres aus der Erwägung, daß ohne sie eine geordnete menschliche Gemeinschaft nicht bestehen könne41. Ferner hat das BVerwG die Verpflichtung des Eigentümers, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu dulden, „einer seinem Eigentum wegen seiner potentiellen Gefährlichkeit von vornherein innewohnenden Begrenzung" genannt42. Bei der Vernichtung seuchenverdächtiger Tiere handele es sich nicht um Enteignungen, sondern vielmehr um Maßnahmen, „die in Auswirkung der Inhaltsbestimmung" ergingen43. Auch bauordnungsrechtliche Vorschriften konkretisierten nur die Pflichten des Eigentümers und enthielten damit die dem Gesetzgeber überlassene nähere Bestimmung des Eigentums44. Daß bei gemeinwohlschädlichem Eigentum schon der Schutzbereich von Art. 14 GG nicht eröffnet sein soll, wird in einer Entscheidung über die Vernichtung von Endiviensalat wegen Seuchenverdachts deutlich: „Der Endiviensalat kann nach seiner Natur Träger von Seuchenerregern sein. Wegen dieser potentiellen Gefährlichkeit der Ware ist das Eigentum an ihr von vornherein einer besonderen Pflichtenbindung ausgesetzt, die sich aus Gründen des allgemeinen Wohls ergeben kann und ihren Niederschlag in der Seuchengesetzgebung gefunden hat. Diese 'Pflichtigkeit' ... kann unter gegebenen Umständen zur Pflicht des Eigentümers werden und ihm die Duldung von öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Einwirkungen auf sein Eigentum auferlegen, die bis zur Vernichtung der Gegenstände selbst gehen können. Wird ... eine solche 40 41 42 43 44

PreußOVGE 8, 327 (329 f.). PreußOVGE 8, 327 (330). BVerwGE 7,257 (261). BVerwGE 7,257 (260 f.). BVerwGE 17, 315 (319).

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

Duldungspflicht geltend gemacht, so kommt damit nur eine dem Eigentum anhaftende Belastung zum Ausdruck."45 Der BGH hat die Entschädigungslosigkeit bei präventiven Einziehungen in einer Entscheidung wie folgt begründet: „Die Anerkennung von Eigentum setzt voraus, daß sein Gebrauch sich in den Schranken der Gesetze hält. Das Eigentum in einer rechtsstaatlichen Ordnung genießt den Schutz der Verfassung nur dann, wenn und soweit es sich dieser Ordnung, 'dem Inhalt und den Schranken der Gesetze' (Art. 14 GG) einfügt" 46. Der BGH stellt damit die Eigentumsgarantie unter den Vorbehalt des Polizeirechts und seines Störer- und Gefahrenbegriffs. Wenn der BGH formuliert: „Dem Eigentum wird eine Schranke dort gesetzt, wo sein Gebrauch und seine Innehabung das Gemeinwohl verletzen"47, so darf dieser Satz nicht dahingehend verstanden werden, daß die Polizeigesetze der Eigentumsfreiheit Schranken setzen und so polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr Eingriffe in das Grundrecht darstellen. Wenn dem so wäre, also nach Ansicht des BGH ein Eingriff in die Eigentumsgarantie vorläge, müßte das Gericht weiter begründen, warum dieser Eingriff bei vollständiger Entziehung des Eigentums keine Enteignung darstellt und deshalb entschädigungslos bleiben kann. Zu dieser Frage nimmt der BGH aber gerade nicht Stellung. Deshalb ist davon auszugehen, daß er mit „Schranke" ausdrücken will, daß schon der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit begrenzt ist und somit ein Eingriff gar nicht erst vorliegt. Dann stellt sich nämlich auch nicht das Problem der Abgrenzung zur Enteignung. Soweit der Ausschluß polizeilich störenden Eigentums vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie anhand der Systematik des Art. 14 GG näher begründet wird, sind zwei unterschiedliche Ansätze ersichtlich. Einerseits werden die gefahrabwendenden Vorschriften des Polizeirechts als Inhaltsbestimmungen i.S.d. Art. 14 12 GG angesehen. Das Eigentum gebe von vornherein nicht mehr her, als ihm die im Recht ausgeformte Sozialordnung, hier also die Polizeigesetze, überhaupt an Inhalt und Möglichkeiten zuerkenne48. Die Regelungen der Gefahrenabwehr legten im Sinne des Art. 1412 GG die Nutzungsfähigkeit des Eigentums fest und ermöglichten den entschädigungslosen hoheitlichen Zugriff, der den Eigentümer auf diesen Inhalt zurückweise. Die gefahrabwendenden Maßnahmen seien daher keine „Eingriffe" in einen vorgegebenen Bereich, sondern sie bestimmten diesen Bereich erst inhaltlich und ermöglichten gerade dadurch den nur scheinbaren Eingriff 19. 45 46 47 48 49

BVerwGE 12, 87 (96). BGHZ 27, 382 (388); vgl. auch 40, 355 (360); 43, 196 (208); 60,126 (139 f.). BGHZ 27, 382 (388). Quaritsch, DVB1 1959,455 (457); Hurst, AöR 83 (1958), 43 (60). Krakau, DÖV 1970, 178 (181).

ΠΙ. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

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Andererseits wird die Sozialbindung des Art. 14 II GG als schutzbereichsbegrenzende Regelung der Eigentumsgarantie aufgefaßt. Durch die Sozialbindung werde Art. 14 GG nicht eingeschränkt, sondern nur der Inhalt der Eigentumsgarantie bestimmt, da Art. 14 II GG nach seinem Wortlaut von vornherein auf der Eigentumsgarantie laste50. Der Satz „Eigentum verpflichtet" in Art. 14 II 1 GG lasse zwar offen, wozu der Eigentümer verpflichtet werde. Das Grundgesetz setze hier aber als selbstverständlich voraus, daß jedes Grundrecht die Pflicht enthalte, die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht zu stören. Deshalb könnten Maßnahmen zur Störungsbeseitigung und Gefahrenabwehr keine „Eingriffe" in die Grundrechtsfreiheit sein, sondern lediglich „Zurückweisungen in bestehende Schranken"51. Aus Art. 14 II GG sei also unmittelbar die Verpflichtung des Eigentümers herzuleiten, sein Eigentum in polizeigemäßem Zustand zu halten. Komme er dieser Pflicht nicht nach, könne er sich mangels einer schutzfähigen Eigentumsposition i.S.d. Art. 14 11 GG nicht auf sein Grundrecht auf Eigentum berufen 52. Beide Begründungsansätze überzeugen nicht. Es ist zwar richtig, daß sich der Umfang des durch Art. 14 GG geschützten Eigentums nicht direkt aus der Verfassung ergibt, sondern daß der Inhalt des Eigentums gem. Art. 14 12 GG erst durch die einfachen Gesetze bestimmt wird. Nun sind aber nicht alle Regelungen, die sich auf Eigentumspositionen Privater beziehen, Inhaltsbestimmungen in diesem Sinne, sondern möglicherweise auch Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 12 GG bzw. Ermächtigungsgrundlagen für Enteignungen i.S.d. Art. 14 III GG. Wie oben dargelegt53 unterscheiden sich Inhalts- und Schrankenbestimmungen danach, ob sie dem Eigentümer Befugnisse einräumen oder Pflichten auferlegen. Da die Vorschriften, die die Einziehung des Eigentums aus präventiven Gründen ermöglichen, dem Rechtsinhaber keine Rechte einräumen, sondern sie ihm im Gegenteil Rechte entziehen, stellen diese Regelungen jedenfalls keine Inhaltsbestimmungen dar. Damit begrenzen die Vorschriften nicht den Schutzbereich von Art. 14 GG. Auch Art. 14 II GG kann den Schutzbereich der Eigentumsgarantie nicht begrenzen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. Art. 14 II GG macht keinerlei Aussage dazu, was Eigentum ist. Die Regelung 50

Hoppe, Wirtschaftliche Vertretbarkeit, S. 122. Dürig, AöR 79 (1953/54), 57 (79, 81); ders., JZ 1954, 4 (10); Auch der BGH spricht in einigen Entscheidnungen davon, daß „das Eigentum von vornherein mit der Tflichtigkeit' belastet" ist (BGHZ 40, 355 (360); 23,20 (33)) und daß der Eigentümer durch das Polizeirecht nur in seine „Schranken zurückgewiesen" wird (BGHZ 45, 23 (25); 60, 126 (140)). Er verzichtet allerdings darauf, die tflichtigkeit" aus Art. 14 Π GG herzuleiten, sondern er behauptet ihre Existenz, ohne eine rechtliche Grundlage anzuführen. 52 Friauf FS für Wacke, S. 293 (299 f.); vgl. auch Creifelds, JR 1955,403 (408). 53 Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (b) (cc) (5). 51

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

setzt vielmehr das In-den-Händen-Halten von Eigentum als Anknüpfungspunkt und Gegenstand der Sozialbindung voraus. In Art. 14 II GG heißt es, daß Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll. Wenn Eigentum aber nun gar nicht besteht, so kann weder sozialnützlicher Eigentumsgebrauch eingefordert noch privatnütziger Eigentumsgebrauch ausgeübt werden. Besteht hingegen ein durch Inhaltsnormen i.S.d. Art. 1412 GG eingeräumter Eigentumstitel, so ist dieser zugleich Quelle sozialer Rücksichtnahmepflichten 54. Im übrigen setzt die Formulierung, daß der Gebrauch des Eigentums zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll, schon logisch voraus, daß es auch einen gemeinwohlwidrigen Eigentumsgebrauch geben kann, ohne daß der betreffende Gegenstand dadurch die Qualifikation des Eigentums i.S.d. Art. 14 GG verliert 55. Damit fällt auch gemeinwohlschädliches Eigentum in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie. 2. Eingriff Wird gemeinwohlschädliches Eigentum entzogen, so liegt ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit vor. a) Enteignung?

Durch die präventive Einziehung werden dem Betroffenen Eigentumspositionen vollständig entzogen. Es liegt daher die Vermutung nahe, daß es sich um eine Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG handeln könnte. Es herrscht aber im Ergebnis Einigkeit darüber, daß die Einziehung aus präventiven Gründen keine entschädigungspflichtige Enteignung darstellt. Die einzelnen Auffassungen unterscheiden sich lediglich in ihren Begründungen. aa) Entschädigungslose Enteignung Lerche bejaht zwar den Enteignungscharakter der präventiven Einziehung, lehnt eine Entschädigung aber dennoch ab: „Der Rechtsbrecher hat zwar die Entschädigung, aber nicht sein Eigentum verwirkt" 56. Die Entschädigungslosigkeit der Enteignung begründet Lerche damit, daß der „tragende Ausgleichsgedanke" des Art. 14 III GG bei der präventiven Einziehung nicht 54 55 56

Lutz, Eigentumsschutz, S. 143 f.; Wendt, Eigentum, S. 293 f. Eser, Sanktionen, S. 152 (FN 39). Lerche, Übermaß, S. 119 (FN 80).

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passe. Durch den Eingriff in die Eigentumsgarantie des Störers werde das vom Störer erschütterte Gleichgewicht in den Beziehungen der Rechtsgenossen wiederhergestellt. Diese Ausgleichslage könne daher grundsätzlich nicht ihrerseits gemäß Art. 14 III GG „ausgeglichen" werden57. Die Annahme einer Enteignung ohne gleichzeitige Entschädigungspflicht ist jedoch im Hinblick auf den insoweit eindeutigen Wortlaut des Art. 14 III GG höchst bedenklich. Danach sollen ausnahmslos alle Enteignungen durch eine Entschädigung ausgeglichen werden. Entschädigungslose Enteignungen sind damit nach dem Wortlaut des Art. 14 III GG unzulässig. bb) Historische Auslegung Teilweise wird vermutet, daß der Verfassungsgeber eigentumsentziehende Maßnahmen gegen Störer „selbstverständlich wie bislang entschädigungsfrei gestatten und also nicht als Enteignung verstehen" wollte. Es müsse all das aus dem Enteignungsbegriff herausgehalten werden, was bis 1949 nicht als Enteignung verstanden wurde58. Hierzu gehörten insbesondere Eigentumsentziehungen durch gefahrabwendende Maßnahmen59. Dieser Gesichtspunkt mag zwar dafür sprechen, Maßnahmen gegen Störer nicht als Enteignungen anzusehen. Der Wille des Verfassungsgebers allein kann allerdings nicht ausschlaggebend sein, wenn er im Wortlaut des GG keinen Niederschlag gefunden hat bzw. wenn der Wortlaut sogar für eine andere Deutung spricht. Der Begriff Enteignung umfaßt seinem Wortlaut nach alle vollständigen Eigentumsentziehungen. Eine Beschränkung auf Eigentumsentziehungen, die sich nicht gegen Störer richten, läßt sich Art. 14 III GG nicht entnehmen. cc) Opferkomponente Ferner wird wegen der Entwicklung der Enteignung aus der Aufopferung dem an sich wertfreien Enteignungsbegriff eine wertende Opferkomponente beigegeben. Da Störer ihr Eigentum nicht aufopferten, könnten die Maßnahmen gegen sie auch keine Enteignungen sein60. 57

Lerche, Übermaß, S. 122 (FN 83). Schwabe, FS für Thieme, S. 251 (266); Sass, Art. 14 GG, S. 278. 59 Sass, Art. 14 GG, S. 278; näher Erler, Gefahrenabwehr, S. 29-59 für die Zeit vor der WRV und S. 59-65 für die Zeit der Geltung des Art. 153 WRV. 60 Schwabe, FS für Thieme, S. 251 (266). 58

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

In seiner früheren Rechtsprechung hat auch der BGH die Enteignung als „erzwungenes, ungleich treffendes Sonderopfer für die Allgemeinheit" angesehen61. Die Enteignung sei gekennzeichnet durch einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Eine Enteignung liege somit dann vor, wenn ein staatlicher Eingriff in das Eigentum den Betroffenen im Vergleich zu anderen ungleich, besonders treffe und ihn zu einem besonderen, den übrigen nicht zugemuteten Opfer für die Allgemeinheit zwinge62. In späteren Entscheidungen hingegen hat der BGH nicht mehr ausdrücklich verlangt, daß ein „Sonderopfer" vorliegen muß, damit eine Enteignung angenommen werden kann63. dd) Enteignung als aktive, offensive Eigentumsentziehung Das BVerfG hat in einer Entscheidung über die Tötung tollwutverdächtiger Hunde zwischen einerseits aktiven, offensiven und andererseits defensiven Eigentumsentziehungen unterschieden. Bei einer Enteignung gehe die öffentliche Gewalt aus eigenem Interesse aktiv, offensiv gegen den Privateigentümer vor, weil sie sein Eigentum für einen öffentlichen Zweck „brauche", d.h. in irgendeiner Weise nutzen wolle. Bei polizeilichen Maßnahmen gegen Störer werde dagegen ein bestimmter Eigentumsgegenstand wegen seiner Beschaffenheit, wegen eines gefahrlichen Zustands, in dem er sich befinde, dem Eigentümer entzogen. Der Staat sei hier nicht primär am Eigentum interessiert; er bedürfe seiner nicht und wolle es nicht wirtschaftlich oder sonstwie nutzen. Er verhalte sich defensiv, weil er gegen das Eigentum nur vorgehe, um Rechtsgüter der Gemeinschaft vor Gefahren zu schützen, die vom Eigentum ausgehen. Er werde nicht im Blick auf die Eigentumsentziehung tätig, sondern erfülle die Pflicht der Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit. Die Beeinträchtigung des Privateigentums sei dabei lediglich eine im Prinzip unerwünschte, aber notwendige Nebenwirkung, jedoch keine Enteignung64. Nach dieser Entscheidung soll also die polizeiliche Einziehung keine Enteignung sein, weil der Staat sich durch die Einziehung nicht bestimmte Gegenstände beschafft, um sie zu nutzen. Die Tatsache, daß sich der Staat bestimmte Gegenstände, die er benötigt, durch Eigentumsentziehungen beschafft, wird auch in anderen Entscheidungen als „für die Enteignung ty61

BGHZ 6,270 (280). BGHZ 6, 270 (280); 15, 268 (271); 23, 30 (32); 72, 211 (216 f.); 77, 351 (354). 63 BGHZ 87, 66 (71 f.); 90,4 (14 f.); 105,15 (17 f.); 120, 38 (42). 64 BVerfGE 20, 351 (359); zustimmend Wendt, Eigentum, S. 346 f.; Lutz, Eigentumsschutz, S. 172 f; Krohn/Löwisch, Eigentumsgarantie, Rn. 67, S. 29; Riegel, BayVBl 1981, 289 (292). 62

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pisch"65 bzw. als maßgebliche „Funktion des Enteignungsrechts"66 bezeichnet. Der Gesichtspunkt der staatlichen Güterbeschaflung wird in diesen Entscheidungen allerdings nicht schon als Begriffselement der Enteignung angesehen, sondern eben nur als typische Begleiterscheinung oder als Funktion der Enteignung. Dieser Grundsatz wird in zwei anderen Entscheidungen deutlich ausgesprochen: „Das Vorliegen einer Enteignung hängt allerdings nicht davon ab, daß es sich um einen Güterbeschaflungsvorgang handelt. Ihr entscheidendes Merkmal ist der Entzug des Eigentums und der dadurch bewirkte Rechtsund Vermögensverlust, nicht aber die Übertragung des entzogenen Objekts"67. Grundsätzlich geht das BVerfG also davon aus, daß allein die vollständige Entziehung von Eigentumsgegenständen schon eine Enteignung darstellen kann, ohne daß gleichzeitig eine Güterbeschaflung durch den Staat vorliegen muß. In der zuerst zitierten Entscheidung über die Tötung tollwütiger Hunde hat das BVerfG von diesem Prinzip eine Ausnahme gemacht. Warum bei polizeilichen Eigentumsentziehungen plötzlich der Gesichtspunkt der Güterbeschaflung eine Rolle spielt, um eine eigentumsentziehende Maßnahme als Enteignung qualifizieren zu können, wird dabei dogmatisch nicht begründet. Es drängt sich deshalb die Vermutung auf, daß das Gericht ergebnisorientiert gearbeitet hat. Polizeiliche Einziehungen sollen keine Enteignungen sein, damit die Junktimklausel keine Anwendung findet und die Maßnahmen nicht entschädigt werden müssen. Damit die Entschädigungslosigkeit polizeilicher Einziehungen mit Art. 14 GG zu vereinbaren ist, hat das BVerfG somit eine Ausnahme von dem Grundsatz gemacht, daß eine Enteignung auch bei einer bloßen Eigentumsentziehung vorliegen kann, ohne diese Ausnahme anhand des Wortlauts, der Entstehungsgeschichte, der Systematik oder des Sinns und Zwecks des Art. 14 III GG begründen zu können. ee) Enteignung als Güterbeschaflungsvorgang Im Gegensatz zu dieser Rechtsprechung orientiert sich ein Teil der Literatur grundsätzlich „am historischen Typus der klassischen Enteignung" als „Güterbeschaflungsvorgang" und erklärt die staatliche Güterbeschaflung damit zum wesentlichen Merkmal einer Enteignung. Das Rechtsinstitut der Enteignung löse einen Nutzungskonflikt, indem es den Staat dazu berechtige, bestimmte Vermögenswerte nutzbare Güter dem Eigentümer zu entziehen, um sie zur Erfüllung einer dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe künftig selbst oder durch einen Dritten nutzen zu können. Enteignung sei also ein „Güterbeschaflungsvorgang zum Zwecke künftiger staatlicher oder privater 65 66 67

BVerfGE 74,264 (280). BVerfGE 45,297 (338). BVerfGE 83,201 (211); 24, 367 (397).

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

Nutzung"68. Da die Eigentumsgegenstände, die dem Eigentümer zur Gefahrenabwehr entzogen werden, in der Regel vernichtet werden und jedenfalls nicht weiter genutzt werden sollen, läge bei den gefahrabwendenden eigentumsentziehenden Maßnahmen keine Enteignung vor. Bei dieser Umschreibung der Enteignung als „Güterbeschaffungsvorgang" ist allerdings festzustellen, daß sich die heutige Definition deutlich von der echten „klassischen" Enteignung unterscheidet. Die echte „klassische" Enteignung war ein staatlicher Güterbeschafiungsvorgang, um den Bedarf an Grund und Boden für die Erfüllung der anstehenden Aufgaben, wie Eisenbahnbau, Kanalbau, Straßenbau usw. zu decken. Gegenstand der klassischen Enteignung konnte somit nur ein Grundstück oder ein sonstiges dingliches Recht sein69. Heute versteht man den Begriff des Güterbeschaffungsvorgangs in einem weiteren Sinn. Erweitert hat sich insbesondere der Kreis der Rechtsgüter, der einer Enteignung unterliegt. So hat schon Dürig seinen Appell von 1954 „Zurück zum klassischen Enteignungsbegriflf!" nicht als Rückkehr zu einem nur auf Sachen beschränkten Enteignungsbegriff verstanden. Vielmehr sollen auch bei der Bezeichnung der Enteignung als Güterbeschafiungsvorgang alle Rechte, die von Art. 1411 GG geschützt werden, enteignungsfahig sein70. In die gleiche Richtung weist die Auffassung von Ehlers, der zwar eine Definition der Enteignung als „Güterbeschaffungsvorgang" ausdrücklich ablehnt71, gleichzeitig aber eine „Indienstnahme der entzogenen Rechtsposition für die Erfüllung von Staatsaufgaben" verlangt, um die Enteignung von anderen eigentumsentziehenden Maßnahmen abgrenzen zu können. An der erforderlichen Indienstnahme fehle es, wenn sich der Staat die in Anspruch genommene Eigentumsposition nicht unmittelbar oder mittelbar zunutze machen wolle72. Insbesondere reiche die bloße Vernichtung von Eigentumspositionen nicht aus73. Ehlers verlangt somit ebenfalls, daß die entzogenen Eigentumspositionen in irgendeiner Weise weiter genutzt werden. Damit deckt sich sein Ansatz mit der „neuen" Definition der Enteignung als Güterbeschaffungsvorgang. Insofern geht auch Ehlers Kritik an dem Begriff der Enteignung als Güterbeschaffungsvorgang fehl. Ehlers kritisiert an diesem Ansatz, daß Art. 14 III GG an Art. 14 I GG und damit nicht nur an das Sacheigentum anknüpfe 74. Genau 68 Osterloh, DVB1 1991, 906 (911); Rittstieg, NJW 1982, 721 (724); Lege, NJW 1993,2565 (2567); Dürig, JZ 1954,4 (9); Schlieper, Einziehung, S. 19 f. 69 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, § 17 1, S. 123. 70 Dürig, JZ 1954,4 (9). 71 Ehlers, WDStRL 51 (1992), 211 (236 FN 133). 72 Ehlers, WDStRL 51 (1992), 211 (239). 73 Ehlers, WDStRL 51 (1992), 211 (239 FN 144). 74 Ehlers, WDStRL 51 (1992), 211 (236 FN 133).

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davon geht aber auch die oben dargestellte Definition der Enteignung als Güterbeschaffungsvorgang aus, die sich lediglich an dem klassischen Begriff der Enteignung orientiert, diesen aber nicht voll übernimmt. Das Erfordernis von Ehlers der „Indienstnahme der entzogenen Rechtsposition für die Erfüllung von Staatsaufgaben" unterscheidet sich von dem Kriterium der Güterbeschaffung deshalb nur begrifflich. Inhaltlich hingegen besteht kein Unterschied zwischen den beiden Ansätzen. ff) Enteignungsuntypische Interessenlage Sass schlägt vor, Art. 14 III GG in „enteignungsuntypischen Interessenlagen" teleologisch zu reduzieren. Die Enteignung knüpfe nach dem Wortlaut der Vorschrift an einen bestimmten materiellen Interessenkonflikt an, nämlich an den Widerstreit zwischen dem staatlichen Interesse an der Verwirklichung eines bestimmten Unternehmens mit dem privaten Interesse des Eigentümers am Erhalt seines Rechtsobjekts. Für staatliche Eigentumsentziehungen in gänzlich anderen materiellen Konfliktlagen beanspruche Art. 14 III GG hingegen keine Verbindlichkeit, weil es insoweit mangels staatlicher Eigeninteressen an der Gefahr einseitigen Machtmißbrauchs fehle. Deshalb gebe es keinen Grund für das in Art. 14 III GG normierte Entschädigungserfordernis 75. Eine von der Konzeption des Art. 14 III GG abweichende, also eine den Enteignungsbegriff ausschließende, enteignungsuntypische Interessenlage liege aber den gefahrabwendenden Eigentumsentziehungen zugrunde. Hier stünden sich nicht die oben beschriebenen staatlichen und privaten Interessen gegenüber, sondern die Schutzbedürftigkeit des Eingriffsbegünstigten vor illegitimen Übergriffen Dritter und die Schutzbedürftigkeit des Inanspruchgenommenen vor illegitimen Eingriffen des Staates76. gg) Enteignung als marktinternes Zwangsgeschäft Lege versteht die Enteignung als marktinternes Zwangsgeschäft, also als zwangsweise Beschaffung einer Eigentumsposition aufgrund eines Sonderzugriffsrechts auf der Nachfrageseite des Marktes77. „Marktintern" bedeute dabei, daß der Enteignende bzw. der durch die Enteignung Begünstigte sich prinzipiell in der Rolle des Marktteilnehmers befände. Maßnahmen des Marktveranstalters, also insbesondere solche der Gefahrenabwehr, könnten 75 76 77

Sass, Art. 14 GG, S. 276 ff. Sass, Art. 14 GG, S. 287. Lege, Zwangskontrakt, S. 73 ff

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

daher von vornherein keine Enteignungen sein - auch nicht, wenn sie ein Eigentumsobjekt vollständig entzögen78. hh) Stellungnahme Die dargestellten Ansätze stellen in der Regel auf den Zweck der eigentumsentziehenden Maßnahme ab. Eine Enteignung soll vorliegen, wenn die Gegenstände zum Zwecke weiterer Nutzung oder zur Verwirklichung eines bestimmten Unternehmens entzogen werden. Der Zweck, dem die Enteignung dienen soll, ist aber in Art. 14 III 1 GG ausdrücklich genannt. Danach soll die Enteignung „dem Wohle der Allgemeinheit" dienen. Bei dieser Gemeinwohlförderung handelt es sich gerade nicht um ein Begriffsmerkmal der Enteignung, sondern um eine Zulässigkeitsvoraussetzung79. Dies muß auch für die Zwecke gelten, die in den dargestellten Definitionen zu Voraussetzungen der Enteignung erhoben werden. Welchem Zweck eine eigentumsentziehende Maßnahme dient, ist damit unerheblich für die Beantwortung der Frage, ob überhaupt eine Enteignung vorliegt. Die Ziele der Maßnahme spielen erst eine Rolle bei der Beurteilung der Zulässigkeit der in Frage stehenden staatlichen Handlung. Sieht man als Ziel der Enteignung die Nutzung der entzogenen Gegenstände bzw. die Verwirklichung eines bestimmten Unternehmens an, so wird dadurch der Begriff des Wohls der Allgemeinheit in Art. 14 III 1 GG ausgelegt und damit eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Enteignung. Für die Feststellung, ob eine Enteignung begrifflich gegeben ist, sind die dargestellten Abgrenzungskriterien daher untauglich. Sie verdeutlichen vielmehr das Dilemma, in dem sich Rechtsprechung und Literatur befinden: Im Ergebnis sollen eigentumsentziehende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr entschädigungslos möglich sein. Maßnahmen, die Eigentumspositionen vollständig entziehen, können allerdings nicht aus dem Begriff der Enteignung herausgenommen werden, ohne daß in diesen Begriff zuviel hinein interpretiert wird. Aus diesem Grund erscheint es überzeugender anzuerkennen, daß grundsätzlich auch eigentumsentziehende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr begrifflich Enteignungen darstellen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn sich eine Maßnahme gegen einen Handlungsstörer richtet, weil zu befürchten ist, daß er mit seinem Eigentum Straftaten begehen wird. In diesen Fällen geht es nicht um die Einziehung des Eigentumsgegenstandes an sich, sondern der Gegenstand soll nicht länger in den Händen des Eigentümers bzw. des Besitzers verbleiben. Anknüpfungspunkt der Maßnahme ist also wie beim Verfall nicht das Eigentum, sondern 78 79

Lege, Zwangskontrakt, S. 73. Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) dd) (a) (aa).

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der Inhaber. Aus diesem Grund stellen solche Eigentumsentziehungen keine Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG dar 80. Etwas anderes gilt, wenn von Gegenständen aufgrund ihrer Beschaffenheit Gefahren ausgehen. In diesen Fällen richten sich die eigentumsentziehenden Maßnahmen sehr wohl gegen das Eigentum an sich und stellen somit Enteignungen dar. Warum diese Enteignungen trotzdem entschädigungslos zulässig sind, zeigt folgende Überlegung: Nach Art. 14 12 GG kann der Gesetzgeber der Eigentumsfreiheit Schranken setzen. Dabei ist er an den Regelungsauftrag in Art. 14 II GG gebunden. Neben dem Gesetzgeber richtet sich Art. 14 II GG an den Eigentümer selbst und begründet unmittelbar Rechtspflichten 81, indem er dem Eigentumsgebrauch nach freiem Belieben des Eigentümers die Grenze des Gemeinwohls setzt. Der Eigentumsgebrauch soll danach dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Aus einem Umkehrschluß dieser Vorschrift ergibt sich, daß der Eigentumsgebrauch, der das Wohl der Allgemeinheit sogar fordern soll, dem Gemeinwohl jedenfalls nicht schaden darf. Den Eigentümer trifft somit durch Art. 14 II 2 GG die Pflicht, jeglichen Eigentumsgebrauch zu unterlassen, der dem Wohl der Allgemeinheit Schaden zufügen könnte. Diese Pflicht des Eigentümers ergibt sich auch aus einer Gesamtschau von Art. 14 II GG. Dort heißt es in Satz 1: „Eigentum verpflichtet". Aus dieser Formulierung ergibt sich zunächst zwar nicht, wozu der Eigentümer verpflichtet ist. Der Bezugspunkt ist allerdings in Art. 14 II 2 GG genannt. Der Eigentümer ist somit verpflichtet, das Gemeinwohl als Grenze seiner Eigentumsnutzung zu respektieren. Wenn das Gemeinwohl die Grenze des Eigentumsgebrauchs darstellt, so bedeutet dies, daß das Wohl der Allgemeinheit durch den Eigentumsgebrauch auf keinen Fall geschädigt werden darf. Der Eigentümer darf das Eigentum also nicht zu gemeinwohlschädlichen Zwecken einsetzen. Aus Art. 14 II GG lassen sich somit folgende Pflichten des Eigentümers herleiten: Zum einen darf der Eigentümer sein Eigentum nicht zum Schaden der Allgemeinheit nutzen, und zum anderen soll der Eigentumsgebrauch das Gemeinwohl fördern. Für den Regelungsauftrag an den Gesetzgeber ergibt sich daraus ebenfalls zweierlei: Der Gesetzgeber ist zunächst verpflichtet, Vorschriften zu erlassen, die sozialschädlichen Eigentumsgebrauch verhindern. Wenn von einer Sache aufgrund ihrer Beschaffenheit eine Gefahr ausgeht, die nicht beseitigt werden kann und ein ungefährlicher Gebrauch dieser Sache nicht mehr möglich ist, kann der betreffende Gegenstand nur noch Schaden bringen. Der Gesetzgeber ist somit durch den Regelungsauftrag in Art. 14 II GG verpflichtet einzuschreiten, um den einzig möglichen gemeinwohlwidrigen Eigentumsgebrauch 80 81

Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) dd) (a) (cc). Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (c).

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

zu verhindern. Wegen seiner systematischen Stellung in Abs. 2 bezieht sich dieser Regelungsauftrag nur auf den Erlaß von Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 1412 GG und nicht auf Enteignungen, die in Abs. 3 geregelt sind. Der Gesetzgeber soll also durch die Bestimmung von Schranken i.S.d. Art. 14 12 GG seinem Regelungsauftrag, sozialschädlichen Eigentumsgebrauch zu verhindern, nachkommen. Wenn es für die Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, müssen die Schrankenbestimmungen unter Umständen anordnen, daß Eigentumspositionen vollständig entzogen werden. Mit der Anordnung dieser Eigentumsentziehungen kommt der Gesetzgeber dann seinem Regelungsauftrag gem. Art. 14 II i.V.m. 14 12 GG nach. Da der Regelungsauftrag in Art. 14 II GG für den Gesetzgeber bindend ist und sich nur auf den Erlaß von Schrankenbestimmungen bezieht, muß Art. 14 II i.V.m. 1412 GG für diese Fallkonstellationen als lex specialis gegenüber Art. 14 III GG angesehen werden. Anderenfalls wäre der Gesetzgeber zwar an einen Regelungsauftrag gebunden, ihm würden aber gleichzeitig die Befugnisse fehlen, den Auftrag zu erfüllen. Wenn es um Maßnahmen geht, die sozialschädlichen Eigentumsgebrauch verhindern sollen, also um eigentumsbeeinträchtigende Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, so ist deshalb Art. 14 II i.V.m. 14 12 GG als speziellere Vorschrift einschlägig. Auch wenn es sich um eigentumsentziehende Maßnahmen und damit begrifflich um Enteignungen handelt, ist Art. 14 III GG mithin nicht anwendbar. Ferner soll der Gesetzgeber Vorschriften erlassen, die sicherstellen, daß der Eigentümer seiner Pflicht nachkommt, durch den Eigentumsgebrauch dem Gemeinwohl zu dienen. Diese Pflicht des Eigentümers wird lediglich durch eine Soll-Vorschrift statuiert, d.h. der Eigentumsgebrauch soll nur dann dem Wohl der Allgemeinheit dienen, wenn die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers dadurch nicht verletzt werden. Die Regelungen, die der Gesetzgeber auf der Grundlage des Art. 14 12 i.V.m. 14 II GG erläßt, müssen somit sowohl der grundsätzlichen Anerkennung des Privateigentums als auch dem Gebot der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ausreichend Rechnung tragen82. Eine Grenze des Regelungsauftrags ergibt sich dabei aus Art. 14 III GG. Wenn die Förderung des Gemeinwohls durch den Eigentumsgebrauch nur durch eine Enteignung ermöglicht werden kann, so richtet sich die Zulässigkeit dieser eigentumsbeeinträchtigenden Maßnahme nach dem für Enteignungen spezielleren Art. 14 III GG. Hier hat der Verfassungsgeber die Wertung getroffen, daß Enteignungen nur gegen eine Entschädigung zulässig sind. Das Gebot der Sozialpflichtigkeit in Art. 14 II GG geht deshalb nicht soweit, daß der Gesetzgeber den Eigentümer enteignen darf, wenn nur auf diese Weise dem Gemeinwohl gedient werden kann. 82

Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (c).

ΠΙ. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

113

Als Ergebnis läßt sich somit festhalten, daß Art. 14 III GG grundsätzlich bei Eingriffen in die Eigentumsfreiheit die speziellere Vorschrift darstellt. Eine Ausnahme gilt nur fur Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, damit der Gesetzgeber seinem Regelungsauftrag in Art. 14 II i.V.m. 14 I 2 GG nachkommen kann. b) Schrankenbestimmung

Präventive Einziehungen könnten somit Schranken i.S.d. Art. 14 I 2 GG darstellen. Das würde allerdings voraussetzen, daß die Schrankensetzungsbefugnis den Gesetzgeber nicht nur zur näheren Bestimmung des Rahmens berechtigt, innerhalb dessen der Erwerb, die Inhaberschaft oder der Gebrauch des Eigentums grundrechtlichen Schutz genießen sollen, sondern auch die Möglichkeit eröffnet, konkrete Eigentumspositionen vollständig zu entziehen. Der Wortlaut des Art. 1412 GG könnte dafür sprechen, daß der Gesetzgeber die Verfügungsmacht des Eigentümers lediglich in der Weise einengen darf, daß dieser über seine Gegenstände nicht mehr völlig frei verfügen kann. Werden dem Eigentümer aber Gegenstände vollständig entzogen, so wird die Verfügungsmacht nicht nur eingeengt, sondern aufgehoben. Da dem Betroffenen nichts verbleibt, könnte der vollständige Eigentumsentzug daher über eine Bestimmung der Schranken hinausgehen83. So verbindet sich nach Schwabe mit der Inhalts- und Schrankenbestimmungsbefügnis naheliegenderweise die Vorstellung, daß noch etwas übrig bleiben muß. Die Bestimmung eines Inhalts null und die Errichtung einer Totalschranke wirke etwas gezwungen und konstruiert 84. Gegen ein solches Verständnis des Art. 1412 GG spricht jedoch ein Vergleich mit anderen Grundrechtsbestimmungen, die Einschränkungen zulassen. Bei anderen Grundrechten wird unter „Schranken" auch die Beschränkung des Kreises der Berechtigten verstanden, die für bestimmte Personen den völligen Ausschluß von der Grundrechtsausübung bedeuten kann. So kann z.B. das Freizügigkeitsrecht aus Art. 11 GG nicht nur in der Weise eingeschränkt werden, daß einem Grundrechtsträger die Erlaubnis, sich in der Bundesrepublik niederzulassen, auf einen Teil des Bundesgebiets beschränkt wird. Vielmehr kann ihm die Erlaubnis auch gänzlich versagt werden. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist der Begriff der Einschränkung nicht so zu verstehen, „daß er nur eine teilweise Beschränkung der Freizügigkeit erlaube". 83 84

So: Schock, NJW 1954, 577 (579). Schwabe, FS für Thieme, S. 251 (259).

8 Dannert

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

Einschränkung ist vielmehr u.U. eine Einschränkung auch des Kreises der aus dem Grundrechte Berechtigten mit der Wirkung voller Abweisung85. Art. 2 II 3 GG, der Eingriffe in das Recht auf Leben vorsieht, kann sogar nur so verstanden werden, daß das Leben vollständig entzogen wird, da ein teilweiser Eingriff nicht denkbar ist. Angesichts dieser Auslegung der Begriffe „ E i n s c h r ä n k u n g " bzw. „Eingriff" erscheint es angebracht, auch den Begriff der „Schranke" in Art. 1412 GG entsprechend zu interpretieren. Daß in anderen Grundrechten von „Eingriff' und nicht von „Schranke" oder „Einschränkung" die Rede ist, ist unerheblich, da es sich insoweit um gleichbedeutende Begriffe handelt86. Die vollständige Entziehung des Eigentums an einem Gegenstand steht somit nicht im Widerspruch zur wörtlichen Bedeutung des Begriffs „Schranke". Art. 14 12 GG ermöglicht daher nicht nur Beschränkungen im Rahmen der Verfügungsgewalt eines Eigentümers, sondern es ist auch der vollständige Entzug bestimmter Eigentumspositionen denkbar87. Damit stellen präventive Einziehungen, also auch Eigentumsentziehungen zur Verhinderung von Straftaten, Schranken der Eigentumsfreiheit i.S.d. Art. 14 12 GG dar. 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Die Schrankenbestimmungsbefugnis des Gesetzgebers unterliegt allerdings Grenzen88. Insbesondere muß der Gesetzgeber „beiden Elementen des im Grundgesetz angelegten dialektischen Verhältnisses von verfassungsrechtlich garantierter Freiheit ... und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung tragen und die schutzwürdigen Interessen aller Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen" 89. Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 12 GG müssen somit verhältnismäßig sein90. Verhältnismäßig ist ein Grundrechtseingriff 85 86 87 88

(198). 89

BVerfGE 2, 266 (284); BVerwGE 6, 173 (174). Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 225. Stree, Deliktsfolgen, S. 89. BVerfGE 14, 263 (277 f.); 50, 290 (339 f.); 52, 1 (29); 70, 191 (200); 79, 174

BVerfGE 37,132(140). BVerfGE 52, 1 (29); 70, 191 (200); 79, 174 (198); a.A.: Lerche, Übermaß, S. 140 ff.; Däubler, Mitbestimmung, S. 262 f.; Witzel, Eigentumsgarantie, S. 20 f. Diese Autoren lehnen die Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Rahmen des Art. 14 I 2 GG ab, was seinen Grund darin hat, daß die genannten Autoren nicht zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen differenzieren. Eine solche Konzeption des Art. 14 GG ist aber abzulehnen, vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (b). 90

. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

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dann, wenn er geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne, also angemessen ist. Eine Maßnahme „ist geeignet, wenn der gewünschte Erfolg mit ihrer Hilfe gefordert werden kann, und erforderlich, wenn der Gesetzgeber dazu kein anderes, den Betroffenen weniger belastendes Mittel hätte wählen können"91. Soweit eine Gefahr, die der Allgemeinheit droht, nicht anders als durch die vollständige Eigentumsentziehung beseitigt werden kann, bestehen an der Geeignetheit und der Erforderlichkeit der Maßnahme keine Bedenken. Zweifel an der Geeignetheit könnten lediglich bei Anscheinsgefahren und bei Gefahrenverdacht aufkommen. In diesen Fällen besteht in Wirklichkeit überhaupt keine Gefahr. Maßnahmen des Staates können damit auch keine Gefahrenabwehr fördern. Die Feststellung, daß die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nicht geeignet sind, kann allerdings erst aufgrund einer ex-post Betrachtung getroffen werden. Bei einer ex-ante Betrachtung bestehen objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr. Im Zeitpunkt des Einschreitens erscheinen gefahrabwendende Maßnahmen daher auch geeignet zur Förderung des erstrebten Ziels. Ob Maßnahmen zur Gefahrenabwehr auch bei Anscheinsgefahren oder bei Gefahrenverdacht geeignet sein können, hängt somit davon ab, welcher Zeitpunkt für die Prüfung der Geeignetheit entscheidend ist. Bei der Bestimmung eines geeigneten Mittels zur Förderung eines bestimmten Ziels kann der Gesetzgeber naturgemäß nur von den Verhältnissen ausgehen, die zur Zeit des Erlasses bestehen. Da die Entwicklung sich nicht genau vorausberechnen läßt und aus den verschiedenen Gründen der erwartete Geschehensablauf eine unvorhergesehene Wende nehmen kann, müssen Irrtümer über den Verlauf der Entwicklung nach der Rechtsprechung des BVerfG in Kauf genommen werden. Eine gesetzliche Maßnahme könne nicht schon deshalb als verfassungswidrig angesehen werden, weil sie auf einer Fehlprognose beruhe: „Die Frage nach der Zwecktauglichkeit eines Gesetzes kann also nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern nur danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, daß die Maßnahmen zur Erreichimg des gesetzten Ziels geeignet waren, ob also seine Prognose ... sachgerecht und vertretbar war" 92. Gefahrabwendende Maßnahmen sind daher auch in den Fällen der Anscheinsgefahr und des Gefahrenverdachts geeignet. Was die Erforderlichkeit angeht, so muß insbesondere beim Gefahrenverdacht sorgfaltig geprüft werden, ob auch mildere Mittel als vollständige Eigentumsentziehungen ausreichen. Wenn die Gefahr nicht gegenwärtig ist, kommen z.B. alle Maßnahmen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung, sog. Ge91 92

BVerfGE 78,232 (245); 67,157 (173); 70, 1 (26 f.); 79,256 (270). BVerfGE 30, 250 (263); 39, 210 (226); 71, 230 (250); 77, 84 (109).

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

fahrerforschungsmaßnahmen oder auch vorläufige Maßnahmen wie z.B. Sicherstellungen in Betracht. Erst wenn alle Möglichkeiten zur Klärung der Frage, ob tatsächlich eine Gefahr vorliegt oder nicht, ausgeschöpft wurden, sind endgültige eigentumsentziehende Maßnahmen als letztes Mittel erforderlich. Eigentumsentziehungen zur Gefahrenabwehr müssen schließlich angemessen sein. Eine staatliche Handlung ist angemessen, wenn „der mit der Maßnahme verbundene Eingriff nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht"93. Das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne setzt also voraus, daß der Betroffene nicht „übermäßig" oder „unzumutbar" belastet wird 94: „Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muß die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein"95. Vollständige Eigentumsentziehungen stellen die schärfste Form des Eingriffs in die Eigentumsfreiheit dar. Dieser erheblichen Beeinträchtigung stehen Rechtsgüter der Allgemeinheit oder Rechte anderer gegenüber. So kann der Eingriff z.B. erforderlich sein, um Gefahren für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben anderer Personen abzuwehren. Bei den zu schützenden Rechtsgütern kann es sich also im Vergleich zum beeinträchtigten Eigentumsrecht sowohl um gleichrangige als auch - im Fall des Schutzes von Gesundheit und Leben - um höherrangige Rechtsgüter handeln. Die Beeinträchtigung der Eigentumsfreiheit ist dem Betroffenen in beiden Fällen dann zuzumuten, wenn er die Gefahr, die von seinem Eigentum ausgeht, verursacht hat und deshalb verantwortlich für die Gefahrensituation ist, d.h. wenn er als Störer anzusehen ist96. Grundrechtsfreiheiten reichen grundsätzlich nur soweit, als die Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden. Ist aber ein Eigentümer dafür verantwortlich, daß von seinem Eigentum Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen, so hat er die zulässige Grundrechtsausübung überschritten und muß daher Einschränkungen seiner Eigentumsfreiheit hinnehmen. Aufgrund der Tatsache, daß er die Gefahr selbst verursacht hat, sind ihm die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr auch zuzumuten. An sich hätte er schon die gefahrbegründenden Handlungen unterlassen bzw. die Gefahren, die von seinem Eigentum ausgehen, beseitigen müssen. Tut er dies nicht, muß er damit rechnen, daß der Staat an seiner Stelle handelt. Eigentumsentziehende Maßnahmen gegen den Eigentümer, der für die Gefahr verantwortlich ist, sind mithin angemessen. 93 94 95 96

BVerfGE 78,232 (245); 9, 338 (345); 70,278 (286). BVerfGE 9, 338 (345); 13, 97 (113); 81,156 (194); 83,1 (19). BVerfGE 30,292 (316); 39,210 (234); 71,183 (197); 77, 84 (111). Zum Störerbegriffs, oben 2. Teil Π. 1. a) cc).

ΠΙ. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

117

Bedenken an der Angemessenheit ergeben sich allerdings dann, wenn lediglich eine Anscheinsgefahr oder ein Gefahrenverdacht vorliegt. In diesen Fällen ist der betroffene Eigentümer möglicherweise nicht für den Anschein der Gefahr oder für den Gefahrenverdacht ursächlich geworden97. Wenn der Betroffene in keiner Weise für die Umstände, welche den Anschein der Gefahr oder den Gefahrenverdacht begründen, verantwortlich ist, stellt sich die Frage, ob ihm der empfindliche Eingriff in die Eigentumsfreiheit in Form der entschädigungslosen Eigentumsentziehung zugemutet werden kann. Hier muß eine sorgfaltige Abwägung zwischen dem Grundrecht der Eigentumsfreiheit und den - bei einer ex-ante Betrachtung gefährdeten - Rechtsgütern vorgenommen werden. Sind die zu schützenden Rechtsgüter höherwertig als die Eigentumsfreiheit des Betroffenen, so ist der Eigentumsentzug auch in diesem Fall hinzunehmen, weil der Schutz der bedrohten Rechtsgüter anders als durch Maßnahmen gegen den Eigentümer nicht möglich ist. Fraglich ist allerdings, ob der Betroffene neben dem Substanzverlust auch den Wertverlust tragen muß. Was den Wert des entzogenen Gegenstandes angeht, so ist denkbar, daß der Wertverlust durch eine Entschädigung in Geld ausgeglichen wird. Wenn der Betroffene für den Anschein der Gefahr oder den Gefahrenverdacht überhaupt nicht mitverantwortlich ist, so sind keine Gründe ersichtlich, warum er den Wertverlust allein tragen sollte. Da er die Ursachen für den Anschein der Gefahr bzw. den Gefahrenverdacht nicht gesetzt hat, würde seine Belastung rein zufällig erfolgen. Eine rein zufällige Belastung ist aber unzumutbar. Der durch die Eigentumsentziehung bewirkte Substanzverlust ist in diesen Fallkonstellationen daher möglicherweise nur dann zumutbar und damit angemessen, wenn der gleichzeitig erfolgte Wertverlust durch eine Entschädigung in Geld ausgeglichen wird. Eine solche Lösung würde allerdings voraussetzen, daß es Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 12 GG gibt, die eine Ausgleichspflicht auslösen. a) Ältere Literatur

In der älteren Literatur sind Äußerungen zu einer Ausgleichspflicht bei Schrankenbestimmungen nur vereinzelt zu finden 98. Grundsätzlich war im Rahmen der Eigentumsgarantie allgemein anerkannt, daß Eingriffe durch Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 12 GG vom Eigentümer entschädigungslos hingenommen werden müssen. So hat Leisner die Sozialbindung, also Bestimmungen i.S.d. Art. 14 12 GG 1972 definiert als „diejenige Beschränkung des Eigentums durch staatlichen Hoheitsakt, welche nicht als 97

Vgl. oben 2. Teil Π. 2. Schulze-Osterloh, Eigentumsopferentschädigung, S. 275 ff; dies., NJW 1981, 2537 (2541 ff.); Friauf, FS für Jahrreiß, S. 45 (60 ff.). 98

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

Enteignung zur Entschädigung verpflichtet". Nach welchen Kriterien die Sozialbindung auch immer bestimmt werde - Sinn habe eine Definition nur dann, „wenn damit derjenige staatliche Aktionsraum gegenüber dem Eigentum abgegrenzt werden" könne, in dem keine Entschädigungsverpflichtungen entstünden". Im Hinblick auf den Eigentumsschutz sollte es also nur entweder entschädigungslose Schrankenbestimmungen oder entschädigungspflichtige Enteignungen geben. Die strikte Ablehnung von entschädigungspflichtigen Schrankenbestimmungen würde allerdings nur dann überzeugen, wenn die Entschädigungspflicht tatsächlich ein Kriterium zur Abgrenzung zwischen Schrankenbestimmungen und Enteignungen wäre. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Die Enteignung „darf 4 nach Art. 14 III 2 GG nur erfolgen, wenn gleichzeitig eine Entschädigung vorgesehen ist. Die Entschädigung ist damit eine Zulässigkeitsvoraussetzung und kein Begriffsmerkmal der Enteignung. Da sich Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 1412 GG von Enteignungen i.S.d. Art. 14 III GG aber schon ihrem Wesen nach und nicht nur in ihren Zulässigkeitsvoraussetzungen unterscheiden, ist die Entschädigung kein taugliches Abgrenzungskriterium. Folglich können entschädigungspflichtige Schrankenbestimmungen nicht abgelehnt werden mit dem pauschalen Hinweis auf die Notwendigkeit der Abgrenzung zu Enteignungen. b) Ausgleichspflichtige

Schrankenbestimmungen in der Rechtsprechung

Das BVerfG hat sich in der sog. „Pflichtexemplarentscheidung" zum ersten Mal ausdrücklich zu ausgleichspflichtigen Schrankenbestimmungen geäußert 100. Diese Entscheidung des BVerfG wurde daher als „Geburtsstunde" der ausgleichspflichtigen Schrankenbestimmung angesehen101. Gegenstand der Entscheidung war § 9 Hess.LPrG. Die Vorschrift statuierte die Pflicht des Verlegers, ein Belegstück von jedem erscheinenden Druckwerk unentgeltlich an staatliche Bibliotheken abzuliefern. Obwohl die Ablieferungspflicht auf ein einzelnes Belegstück gerichtet ist, handelt es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um eine Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG. Die Vorschrift begründe in 99

Leisner, Sozialbindung, S. 43. BVerfGE 58, 137 ff.; Wenn in der Rspr. des BVerfG und in der Literatur von ausgleichspflichtigen ,Inhaltsbestimmungen" gesprochen wird, so liegt das daran, daß häufig zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen nicht differenziert wird, vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (b). Da dieser Untersuchung aber eine Unterscheidung zwischen beiden Regelungsmôgliçhkeiten zugrunde liegt (vgl. oben 1. Teil I. 3. a) bb) (b) (cc) (5)), werden die in Frage stehenden Normen daher entgegen der Formulierung in den Gerichtsentscheidungen und einem großen Teil der Literatur als „ausgleichspflichtige Schrankenbestimmungen" bezeichnet. 101 Kleinlein, DVB1 1991, 365 (366). 100

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„genereller und abstrakter Weise eine Naturalleistungspflicht in der Form einer Abgabe" und ruhe „auf der Gesamtheit der zu einer Auflage gehörenden und im Eigentum des Verlegers stehenden Druckstücke, die das Gesetz als Druckwerk bezeichnet". Dieses Eigentum am Druckwerk sei schon bei seiner Entstehung mit der Verpflichtung zur Ablieferung eines Exemplars belastet. Die Ablieferungspflicht sei daher eine „allgemein und im vorhinein" dem Verleger „obliegende Verpflichtung". Die Pflichtexemplarregelung sei somit eine objektiv-rechtliche Vorschrift, die in allgemeiner Form den Inhalt des Eigentums am Druckwerk als der Gesamtheit aller Druckwerke bestimme, und damit eine Regelung i.S.d. Art. 1412 GG102. Zur Ausgleichspflicht dieser Bestimmung führte das BVerfG zwei Gründe an: zum einen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und zum anderen den Gleichheitssatz als allgemeines rechtsstaatliches Prinzip. Eine aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips erforderliche Abwägung ergebe folgendes: Im Blick auf die soziale Bedeutung eines Druckwerks stelle es ein legitimes Anliegen dar, die literarischen Erzeugnisse dem wissenschaftlich und kulturell Interessierten möglichst geschlossen zugänglich zu machen und künftigen Generationen einen umfassenden Eindruck vom geistigen Schaffen früherer Epochen zu vermitteln. Um diesem kulturpolitischen Bedürfnis Rechnung zu tragen, stelle die unentgeltliche Abgabe eines Belegexemplars je Druckwerk eine zumutbare, den Verleger nicht übermäßig und einseitig treffende Belastung dar, sofern der damit verbundene wirtschaftliche Nachteil nicht wesentlich ins Gewicht falle. Dies sei bei der Mehrzahl der Literatur der Fall, wenn sie in größerer Auflage hergestellt werde. Eine ins Gewicht fallende Belastung stelle die Ablieferungspflicht bei Ausschluß einer Kostenerstattung aber bei Druckwerken dar, die mit großem Aufwand und zugleich nur in kleiner Auflage hergestellt würden. Hier vermöge Art. 14 II GG nicht zu rechtfertigen, daß der Verleger eine solche Belastung im Interesse der Allgemeinheit tragen müsse. Wegen der Intensität der Belastung sei eine Pflicht zur unentgeltlichen Ablieferung daher unangemessen103. Darüber hinaus widerspreche die Regelung dem im Rahmen des Art. 1412 GG zu beachtenden Gleichheitssatz. Eine allgemeine Ablieferungspflicht mit generellem Vergütungsausschluß führe innerhalb des Kreises der Verleger zu Belastungen von erheblich unterschiedlicher Intensität. Der Gleichheitssatz gebiete deshalb, der unterschiedlichen Inanspruchnahme der Eigentümer durch eine differenzierte Lösung Rechnung zu tragen104. 102 103 104

BVerfGE 58,137 (144 f.). BVerfGE 58, 137 (148 ff.). BVerfGE 58, 137 (150 f.).

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Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

In einer späteren Entscheidung hat das BVerfG diese Rechtsprechung bestätigt. Unter Bezugnahme auf die Pflichtexemplarentscheidung hat es dort ausgeführt, daß eine Inhaltsbestimmung wegen der Intensität der den Rechtsinhaber treffenden Belastung durch einen Ausgleichsanspruch abgemildert und so in Einklang mit dem Grundgesetz gebracht werden kann105. Das BVerwG hat in einer Entscheidung offengelassen, inwieweit Ausgleichsansprüche des Eigentümers für eine verfassungsrechtliche Beurteilung der getroffenen Schrankenbestimmungen mit herangezogen werden können106. In anderen Entscheidungen hat es sich jedoch der Rechtsprechung des BVerfG zur ausgleichspflichtigen Schrankenbestimmung angeschlossen. Auch nach Ansicht des BVerwG kann daher „für den Gesetzgeber ein verfassungsrechtlicher Zwang zur Gewährung eines Ausgleichsanspruchs in der Weise bestehen, daß er aus Gründen des Prinzips der Verhältnismäßigkeit gehalten ist, eine aus öffentlichen Gründen als geboten angesehene Inhalts- und Schrankenbestimmung in ihren Belastungen abzumildern"107. Schließlich erkennt auch der BGH die Ausgleichspflicht bestimmter Schrankenbestimmungen an, nachdem er die Frage zunächst ebenfalls offengelassen hatte108. Im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Belastung für den Eigentümer sei eine Schrankenbestimmung möglicherweise nur dann verfassungsgemäß, wenn sie durch eine Entschädigung ausgeglichen werde109. c) Reaktionen der Literatur

Die Veröffentlichung der Pflichtexemplarentscheidung löste in der Literatur eine kontroverse Diskussion über die dogmatische Einordnung einer ausgleichspflichtigen Schrankenbestimmung aus110. Die Figur der aus105

BVerfGE 79, 174 (192). BVerwGE 81, 329 (340). 107 BVerwG DVB1 1990, 585 (587); 77,295 (298); 94,1 (5). 108 BGHZ 100, 136(144). 109 BGHZ 121, 73 (79 f.); 102, 350 (359); 110, 12 (16). 110 Für eine Ausgleichspflicht bei bestimmten Schrankenbestimmungen: Battis, NVwZ 1982, 585 (589 f.); Ehlers, VVDStRL 51 (1992), 211 (232 f.); Götz, DVB1 1984, 395 (396 f.); Kleinlein, DVB1 1991, 365 (375); Kreft, FS für Geiger, 399 (412 f.); Leisner, DÖV 1991, 781 (786); Maurer, DVB1 1991, 781 (782 f.); Nüßgens/Boujong, Eigentum, Rn. 339; Schmitt-Kammler, FS Universität Köln, 821 (842 f.); Schwabe, JZ 1983, 273 (276); Schwerdtfeger, Eigentumsgarantie, S. 28 f.; ders., JuS 1983, 104 (109); krit., weil sich die Abgrenzungsproblematik von Enteignungen und Schrankenbestimmungen lediglich verschiebe auf die Frage, ob eine ohne Ausgleich verfassungsgemäße oder eine ausgleichspflichtige Schrankenbestimmung vorliege: Knauber, NVwZ 1984, 753 (756 f.); Pietzcker, JuS 1991, 369 (370 f.); ablehnend: Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 341; Eschenbach, Eigentum, S. 498 f.; Parodi, Eigentumsbindung, S. 105. 106

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gleichspflichtigen Schrankenbestimmung hat im wesentlichen drei Kritikpunkte erfahren: zum einen werden ausgleichspflichtige Schrankenbestimmungen wegen der Systematik der Eigentumsgarantie abgelehnt und zum anderen wird die Herleitung der Ausgleichspflicht durch das BVerfG aus dem Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip angegriffen. Die Verfassung kenne nur eine Zweiteilung von entschädigungslos zulässigen Normen nach Art. 1412 GG und von entschädigungspflichtigen Enteignungen nach Art. 14 III 2 GG. Aus der Tatsache, daß Art. 1412 GG kein ausdrückliches Entschädigungsgebot enthält, sei zu folgern, daß sich die Schrankenbestimmungsbefugnis des Gesetzgebers nicht nur auf Eigentumsnutzungs-, sondern auch auf Eigentumswertbeschränkungen erstrecken solle. Diese Grundsatzentscheidung des Verfassungsgebers dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, daß auch im Rahmen des Art. 14 12 GG Entschädigungspflichten angenommen würden: „Der sozialgestalterischen Gesetzgebung im Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 2 würden damit Fesseln angelegt werden, die in der Verfassung nicht vorgesehen und die in dieser Allgemeinheit ausdrücklich nur für die Enteignung bestimmt sind"111. Da die Eigentumsgarantie mit Art. 14 III GG nur für den Fall der Enteignung eine Entschädigungspflicht des Staates vorsehe, sei im Gegenschluß zu folgern, daß die öffentliche Gewalt für alle anderen Arten und Folgen von Eigentumsbeeinträchtigungen verfassungsrechtlich nicht zur Vornahme eines Wertausgleichs verpflichtet sei. Dieser Einwand überzeugt indes nicht. Die ausdrückliche Normierung einer Entschädigungspflicht bei Enteignungen zeigt lediglich, daß Art. 14 III GG den Eigentumswert schützt. Die Junktimklausel beweist hingegen nicht, daß durch Art. 141 GG der Eigentumswert gerade nicht geschützt wird. Auch wenn Art. 14 I GG nämlich in erster Linie Bestandsschutz gewährt, kann dieser Schutz bei besonders intensiver Beeinträchtigung in eine Wertgarantie umschlagen112. Die Junktimklausel regelt daher nur, daß in den Fällen der Enteignung immer eine Entschädigung zu leisten ist. Sie trifft aber keine Aussage 111

Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 339; an anderer Stelle räumt Papier allerdings ein, daß unter besonderen Voraussetzungen gesetzlich vorgesehene Ausgleichsleistungen an den Eigentümer ein mögliches Mittel darstellen, die Zulässigkeit einer Schrankenbestimmung zu begründen. Papier weigert sich lediglich, in diesem Zusammenhang von einer „Entschädigungsverpflichtung" zu sprechen, Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 341. Wenn aber gerade der finanzielle Ausgleich die Zulässigkeit einer ansonsten unzulässigen Schrankenbestimmung „begründet", so hat der Gesetzgeber zwei Möglichkeiten: entweder er verzichtet auf den Erlaß der Schrankenbestimmung oder er gewährt einen Ausgleich in Geld. Bei Erlaß der Schrankenbestimmung muß der Gesetzgeber also gleichzeitig einen finanziellen Ausgleich gewähren. Da Papier dies anerkennt, ist nicht nachvollziehbar, warum er sich weigert, in diesem Fall von einer Verpflichtung des Gesetzgebers zu sprechen. 112 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 1003.

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darüber, ob auch bei bestimmten Schrankenbestimmungen Ausgleichszahlungen an den Betroffenen erfolgen müssen oder nicht. Auch wenn die Junktimklausel keine Grundlage für Ausgleichspflichten im Rahmen des Art. 1412 GG darstellt, so schließt sie somit nicht aus, daß sich aus anderen Grundsätzen eine Ausgleichspflicht bei bestimmten Schrankenbestimmungen ergeben kann. Eschenbach kritisiert die Begründung der Ausgleichspflicht mit dem Gleichheitssatz. Grundsätzlich sei wegen Art. 1 III GG die Bindung des Gesetzgebers an Art. 3 I GG auch im Rahmen seiner Schrankenbestimmungsbefugnis anzuerkennen. Es sei allerdings unzulässig, allein unter Berücksichtigung des Art. 3 I GG eine zusätzliche Zugriffsmöglichkeit zu schaffen, die weitergehende Belastungen mit an sich nicht zu rechtfertigender Intensität erlaube. Die Bindung des Gesetzgebers an andere verfassungsrechtliche Prinzipien im Rahmen seiner Schrankenbestimmungsbefugnis könne somit nur zu einer weiteren Verengung seines Gestaltungsspielraums, keinesfalls aber zu einer Erweiterung führen 113. Auch dieser Einwand ist unzutreffend. Durch die Bindung an Art. 3 I GG wird der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gerade nicht erweitert, sondern begrenzt. So hat das BVerfG in der Pflichtexemplarentscheidung ausgeführt, daß eine allgemeine Ablieferungspflicht mit generellem Vergütungsausschluß zu einer unterschiedlichen Inanspruchnahme der Eigentümer führe und daß deshalb ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliege 114. Den gestalterischen Möglichkeiten des Gesetzgebers wurden also mit Hilfe des Art. 3 I GG Grenzen gezogen. Wenn durch Ausgleichszahlungen in bestimmten Fällen die Belastungen der einzelnen Verleger aneinander angeglichen werden, so liegt keine Ungleichbehandlung mehr vor. Der Schutzbereich von Art. 3 I GG ist somit nicht eröffnet. Die in Frage stehenden Schrankenbestimmungen sind also bei Ausgleichszahlungen im Hinblick auf Art. 3 I GG verfassungsgemäß, weil der Gleichheitssatz schon nicht einschlägig ist und nicht etwa, weil Art. 3 I GG eine „zusätzliche Zugriffsmöglichkeit" schafft. Ein letztes, gewichtiges Argument gegen die Ausgleichspflicht bestimmter Schrankenbestimmungen betrifft die Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Eine gesetzgeberische Sozialbindung greift immer weniger stark in bestehendes Eigentum ein, wenn sie mit einer Kompensation der erlittenen Vermögenseinbuße verknüpft ist. Auch wenn das Bestandsinteresse gleichermaßen beschränkt wird, so wird der Eingriff in das Wertinteresse durch den finanziellen Ausgleich abgemildert. Eine Schrankenbestimmung, die eine Ausgleichszahlung vorsieht, stellt daher im Vergleich zu einer Schrankenbe113 114

Eschenbach, Eigentum, S. 501. BVerfGE 58, 137 (150 f.).

ΠΙ. Vereinbarkeit mit Art. 14 GG

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Stimmung, die diese Zahlung nicht vorschreibt, ein milderes Mittel dar. Die Zahlung eines Ausgleichs könnte deshalb schon im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung als milderes Mittel in Betracht gezogen werden. Bei konsequenter Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit dürfte es dann nur noch ausgleichspflichtige Schrankenbestimmungen geben115. Auch wenn dieses Argument auf den ersten Blick überzeugt, bleibt es bei genauerem Hinsehen nicht stichhaltig. Die Erforderlichkeit einer Maßnahme kann nur dann verneint werden, wenn ein gleich wirksames, milderes Mittel in Betracht kommt. Die Kriterien, anhand derer das am wenigsten eingreifende Mittel zu bestimmen ist, sind dabei einerseits die Auswirkungen des Eingriffs auf den Betroffenen und andererseits der Grad der größeren oder geringeren Beeinträchtigung der Allgemeinheit116. Insbesondere darf das alternative Mittel nicht zu einer unangemessenen höheren finanziellen Belastung des Staates führen 117. Selbst wenn also eine Ausgleichspflicht den Eingriff in die Eigentumsfreiheit des Betroffenen abmildert, so stellt der Eingriff mit Ausgleichspflicht nicht unbedingt ein milderes Mittel dar, weil dadurch der Staat finanziell belastet wird. Der Grundsatz der Erforderlichkeit gebietet somit nicht, daß nur noch Grundrechtseingriffe bei gleichzeitigem Wertausgleich des Vermögensverlustes stattfinden dürfen 118. Die Frage, ob ein finanzieller Ausgleich zu zahlen ist oder nicht, kann daher nicht schon im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung, sondern erst bei der Prüfung der Angemessenheit der Maßnahme endgültig beantwortet werden. d) Ergebnis

Als Ergebnis kann somit festgehalten werden, daß die Argumente gegen eine Ausgleichspflicht bei bestimmten Schrankenbestimmungen nicht überzeugen. Bestimmte Schrankenbestimmungen können folglich ausgleichspflichtig sein, wenn anders dem Gleichheitssatz oder dem Grundsatz 115

Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 338; Eschenbach, Eigentum, S. 503; Sass, Art. 14 GG, S. 142; Schlink, Abwägung, S. 84 f.; vgl. auch Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137(181). 116 Stern, StaatsR m/2; Götz, POR, Rn. 337, S. 124; Jakobs, Verhältnismäßigkeit, S. 68 f.; d'Avoine , Verhältnismäßigkeit, S. 12. 117 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20 Rn. 60; vgl. auch BVerfGE 77, 84 (110 f.); 81, 70 (91 f.). 118 Nach Papier, in: M/D/H/S, Art. 14 Rn. 340 und Kempen, Eigentum, Rn. 259, S. 100 fehlt es schon an der gleichen Eignung des Mittels. Eine ausgleichspflichtige Sozialbindung könne wegen der öffentlichen Belastungen regelmäßig nicht in gleicher Weise den Gemeinwohlzielen des Art. 14 Π GG dienen.

124

Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

der Verhältnismäßigkeit nicht Rechnung getragen werden kann119. Es ist also zu untersuchen, ob es angemessen ist, daß ein Anscheinsstörer oder der Betroffene bei einem Gefahrenverdacht, den keinerlei Verantwortlichkeit trifft, den Eigentumswertverlust als Folge einer gefahrabwendenden Maßnahme allein trägt. Da der Eigentümer in diesen Fällen die Umstände, die die Gefahrensituation ausgelöst haben, nicht verursacht hat, würde seine Inanspruchnahme, was den Eigentumswert angeht, rein zufällig und damit unzumutbar erfolgen. Bei fehlender Verantwortlichkeit des Eigentümers in den Fällen der Anscheinsgefahr oder des Gefahrenverdachts gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei intensiven Eigentumseingriffen wie die vollständige Eigentumsentziehung daher einen finanziellen Ausgleich120. Eine Ausgleichspflicht könnte sich auch im Hinblick auf den Gleichheitssatz ergeben. Als Vergleichsgruppen könnte man Eigentümer von Sachen, von denen - scheinbar - Gefahren ausgehen und Eigentümer von ungefährlichen Sachen ansehen. Allerdings ist schnell ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung, nämlich die Gefahrensituation, gefunden. Art. 3 I GG verbietet neben der willkürlichen Ungleichbehandlung auch die willkürliche Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Hierbei könnte man einerseits an Störer im polizeirechtlichen Sinne denken, die für die Gefahr verantwortlich sind und andererseits an die Anscheinsstörer bzw. die Betroffenen bei einem Gefahrenverdacht, die eben keine Verantwortlichkeit trifft. Beiden Gruppen keine Entschädigung zu gewähren, obwohl die letztgenannte die Gefahrensituation in keiner Weise verursacht hat, könnte eine willkürliche Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem darstellen. Hierbei ist allerdings zu beachten, daß dem Gesetzgeber gerade bei der Gleichbehandlung verschiedener Sachverhalte ein größerer Ermessensspielraum zusteht. Er ist also nicht gezwungen, alle tatsächlichen Verschiedenheiten auch rechtlich unterschiedlich zu behandeln121. Entscheidend ist nur, ob für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die tatsächlichen Ungleichheiten in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam sind, daß der Gesetzgeber sie bei seiner Regelung beachten muß122. Hier ist zweifel119 Dabei ist zu beachten, daß aufgrund der Ausgleichszahlungen in diesen Fällen kein Verstoß gegen die genannten Grundsätze vorliegt und die Schrankenbestimmungen daher von vornherein verhältnismäßig sind; a.A. Peine, DÖV 1988, 937 (946), nach dem der Verfassungsverstoß durch die Entschädigung „geheilt" werden kann. Eine solche „Heilungsmöglichkeit" ist aber mit dem Grundgesetz unvereinbar. Der Ausgleich von Vermögenswerteinbußen stellt kein Mittel dar, mit dem die Fehlerhaftigkeit von Grundrechtseingriffen zu korrigieren wäre, vgl. Sass, Art. 14 GG, S. 328 f. 120 Vgl. oben 2. Teil Π. 2. 121 BVerfGE 6, 55 (71); 86, 81 (87); 90,226 (239). 122 BVerfGE 86, 81 (87).

IV. Reformentwürfe

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haft, ob der Gesetzgeber bei dem Vergleich der beiden Gruppen aufgrund der unterschiedlichen Verantwortlichkeit auch verschiedene Regelungen hinsichtlich der Entschädigung treffen muß. Möglicherweise kann der Gesetzgeber hier auch allein auf die Gefahrensituation abstellen und deshalb beide Gruppen hinsichtlich eines Vermögensausgleichs gleich behandeln. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz kann somit nicht ohne weiteres angenommen werden.

IV. Reformentwürfe Wie bei der repressiven Vermögenseinziehung soll auch bei der präventiven Einziehung der Frage nachgegangen werden, ob und wenn ja welche Auswirkungen die Realisierung der Reformentwürfe mit sich brächte. Die Änderung von Art. 14 I GG hätte in Bezug auf Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, die gleichen Konsequenzen wie bei Eigentum, das aus Straftaten herrührt: Der Eigentümer könnte sich wegen der Schutzbereichsbegrenzung nicht mehr auf die Eigentumsgarantie, sondern nur noch auf die allgemeine Handlungsfreiheit berufen. Außer dieser dogmatischen Änderung würden sich allerdings keine praktische Konsequenzen ergeben. Hinsichtlich der Regelungen einer präventiven Verdachtseinziehung in einem VermEinzG stellt sich die Frage, ob diese Vorschriften überhaupt neue Wege der Gefahrenabwehr eröffnen würden und ob eine solche Vermögenseinziehung auch ohne Änderung des Art. 14 GG eingeführt werden könnte. Schließlich soll untersucht werden, welche Bedeutung der Hinzufügung des Art. 14 IV GG neben der vorgesehenen Änderung von Art. 14 I GG zukäme. 1. Vergleich mit der geltenden Rechtslage Auch nach geltendem Recht kann Vermögen, das für Straftaten verwendet werden soll, eingezogen werden. Rechtsgrundlagen für derartige Einziehungen sind § 74 II Nr. 2 StGB und §45 PoIG NW. Einziehungen nach § 74 II Nr. 2 StGB setzen dabei voraus, daß die Vermögensgegenstände rechtswidrig erworben wurden, während auf Grundlage des § 45 PoIG NW auch rechtmäßig erlangtes Eigentum sichergestellt und verwertet werden kann. Eine Verwertung gem. § 45 PoIG NW setzt eine rechtmäßige Sicherstellung voraus. Die endgültige Eigentumsentziehung kann also wie bei der Verdachtseinziehung nach den Vermögenseinziehungsgesetzen nur in zwei Schritten erfolgen.

126

Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

Im Gegensatz zu den Vermögenseinziehungsgesetzen enthält das PolG NW keine Beschränkungen, was den Wert des betroffenen Vermögens angeht. Aufgrund der polizeilichen Generalklausel können also auch Vermögensgegenstände eingezogen werden, deren Wert unter 15.000 DM liegt. Die Vermögenseinziehungsgesetze verlangen weiter, daß das betroffene Vermögen für schwerwiegende Straftaten verwendet werden soll. Wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes muß allerdings auch bei Maßnahmen aufgrund des PolG NW die Bedeutung des bedrohten Rechtsgutes in die Abwägung miteinbezogen werden. Daraus ergibt sich, daß so empfindliche Eigentumsbeeinträchtigungen wie endgültige Eigentumsentziehungen von beträchtlichen Vermögenswerten nur bei der geplanten Verwendung für schwerwiegende Straftaten angemessen sind. Für Einziehungen nach dem PolG NW bestehen somit ähnliche Voraussetzungen wie für Einziehungen nach dem VermEinzG. Eine bedeutende Änderung würden allerdings die Regelungen des badenwürttembergischen Entwurfs bewirken, die auch Sicherstellungen und Einziehungen von Nutzungen, Surrogaten oder sonstigem Vermögen ermöglichen, sofern das sicherzustellende oder einzuziehende Vermögen dem Zugriff der Behörde entzogen ist. Eine Sicherstellung und Verwertung nach § 45 PolG NW setzt immer voraus, daß von dem betroffenen Vermögen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Dies wird bei Nutzungen, Ersatzgegenständen oder sonstigem Vermögen des Betroffenen in der Regel nicht der Fall sein. Ein Einschreiten aufgrund des § 45 PolG NW wäre also nicht möglich. Zur Verdeutlichung des Unterschieds soll folgender Fall dienen: Um ein Attentat zu begehen, hat jemand eine aufwendige Bombe hergestellt. Die mit dem Fall befaßte Behörde kann die Bombe allerdings nicht finden, da der Hersteller sie dem Zugriff der Behörde entzogen hat. Nach § 1IV des baden-württembergischen Entwurfs des VermEinzG könnte das zuständige Kriminalamt sonstiges Vermögen des Betroffenen sicherstellen, das dem Wert der Bombe entspricht, also z.B. auch Bargeld oder Bankguthaben. Nach § 45 PolG NW hingegen wäre ein solches Vorgehen unzulässig, da von dem Geld keinerlei Gefahr ausgeht. Die Bestimmungen über Sicherstellungen und Einziehungen von Nutzungen, Surrogaten oder sonstigem - an sich ungefährlichem Vermögen - würden damit die Handlungsmöglichkeiten der Behörde beträchtlich erweitern. Unterschiede zum geltenden Recht bestehen ferner hinsichtlich Zuständigkeiten, Verfahren und Rechtsschutz. So sind z.B. nach den Vermögenseinziehungsgesetzen für alle Streitigkeiten die Landgerichte zuständig, während der Betroffene bei Sicherstellungen und Verwertungen nach dem PolG NW vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Klage erheben muß.

IV. Reformentwürfe

127

2. Vereinbarkeit mit Art 14 GG Wie oben dargelegt hat die Einziehung von Gegenständen, die für Straftaten verwendet werden sollen, nach dem VermEinzG ähnliche Voraussetzungen wie Eigentumsentziehungen nach den geltenden polizeirechtlichen Vorschriften. Die Überprüfung der Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG führt daher zum gleichen Ergebnis: Eigentumsentziehungen zur Gefahrenabwehr sind zulässige Schranken der Eigentumsfreiheit i.S.d. Art. 14 I 2 GG123. Etwas anderes gilt für die im baden-württembergischen Entwurf geregelte Einziehung von Nutzungen, Surrogaten oder sonstigem Vermögen des Betroffenen. Wenn diese Gegenstände nicht für Straftaten verwendet werden sollen, so geht keinerlei Gefahr von ihnen aus. Die Einziehung dieses Vermögens dient damit nicht der Gefahrenabwehr und ist deshalb nicht aus Spezialitätsgründen eine Schranke i.S.d. Art. 14 I 2 GG. Da die Einziehung die vollständige und endgültige Entziehung von Eigentumspositionen bewirkt, könnte es sich vielmehr um eine entschädigungspflichtige Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG handeln. Eine Enteignung läge lediglich dann nicht vor, wenn die Maßnahme nicht an den einzuziehenden Gegenstand, sondern an die Person des Inhabers anknüpfen würde 124.

a) Einziehung von Nutzungen und Surrogaten

Was die Einziehung von Nutzungen und Surrogaten angeht, so knüpft die Maßnahme an die Beschaffenheit der Gegenstände und nicht an die Person des Eigentümers an: Die Einziehung soll gerade deshalb erfolgen, weil die betroffenen Vermögensgegenstände Nutzungen oder Surrogate von gefährlichem Eigentum darstellen. Wegen dieser Eigenschaft, also wegen ihrer Herkunft, sollen die Gegenstände dem Betroffenen entzogen werden. Die Einziehung von Nutzungen und Surrogaten stellt deshalb eine entschädigungspflichtige Enteignung dar. Da eine Entschädigung nicht vorgesehen ist, sind die Regelungen hinsichtlich der Einziehung von Nutzungen und Surrogaten verfassungswidrig.

123

Vgl. oben 2. Teil ΙΠ. 3.

124

Vgl. oben 1. Teil I. 3. a) dd) (cc).

128

Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten b) Einziehung von sonstigem Vermögen

Bei der Einziehung von sonstigem Vermögen des Betroffenen, falls das einzuziehende Vermögen dem Zugriff der Behörde entzogen ist, verhält es sich anders. Hier können alle Vermögensgegenstände des Betroffenen bis zum Wert des einzuziehenden Vermögens entzogen werden. Grund für die Einziehung ist nicht die Beschaffenheit des Vermögens. Die Einziehung erfolgt vielmehr, weil das Vermögen nicht in der Hand des Betroffenen verbleiben soll. Dieser will mit anderen Gegenständen Straftaten begehen und aus diesem Grund wird ihm sonstiges Vermögen entzogen. Anknüpfungspunkt ist also die Person des Eigentümers. Obwohl es sich bei der Einziehung um die vollständige und endgültige Einziehung von Eigentumspositionen handelt, stellt diese Einziehung daher eine Schranke i.S.d. Art. 14 12 GG dar. Als solche müßte sie allerdings verhältnismäßig sein. Die Einziehung müßte geeignet sein, um ein legitimes Ziel des Gesetzgebers zu fördern. Nach den Begründungen des Gesetzesentwurfs soll auch die Einziehung von sonstigem Vermögen der Gefahrenabwehr, nämlich der Verhinderung von Straftaten dienen125. Hier stellt sich die Frage, ob die Einziehung von ungefährlichem Vermögen, welches überhaupt nicht fiir Straftaten verwendet werden soll, überhaupt dazu dienen kann, Straftaten zu verhindern. Wird in dem oben angeführten Beispielsfall dem Attentäter statt der Bombe Bargeld entzogen, so wird er sich durch diese Maßnahme kaum vom seinem geplanten Bombenattentat abhalten lassen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Täter das Geld für die Durchführung seines Attentats noch benötigen würde. In diesem Fall aber wäre das Geld selbst gefährlich, weil es für eine Straftat verwendet werden sollte und es könnte schon aufgrund des § 4 I VermEinzG eingezogen werden. Wird das Geld jedoch nicht mehr für die Verwirklichung der Tat benötigt, so wird eine Einziehung keine Auswirkung auf die Durchführung des Vorhabens haben. Die Einziehung von sonstigem Vermögen des Betroffenen ist damit nicht zur Gefahrenabwehr geeignet. Sie ist somit unverhältnismäßig und verstößt gegen Art. 14 GG. c) Ergebnis

Die Regelungen des baden-württembergischen Entwurfs, die die Sicherstellung und Einziehung von - an sich ungefährlichen - Nutzungen, Surrogaten oder sonstigen Vermögensgegenständen ermöglichen, verstoßen somit gegen Art. 14 GG. 125

BR-Drs. 695/95, S. 31.

IV. Reformentwürfe

129

Die Einführung einer präventiven Einziehung, wie sie der baden-württembergische Entwurf vorsieht, wäre daher nur mit einer gleichzeitigen Änderung des Art. 14 GG zulässig. So soll nach dem Gesetzesentwurf der Eigentumsgarantie folgender Art. 14 IV 2 GG hinzugefügt werden: „Soweit ein Zugriff nicht möglich ist, kann sonstiges Eigentum des Betroffenen eingezogen werden"126. Diese Vorschrift stellt in Form eines qualifizierten Gesetzesvorbehalts ausdrücklich klar, daß auch die Einziehung von sonstigem Vermögen des Betroffenen zulässig ist, soweit ein Zugriff der Behörde auf das einzuziehende Vermögen nicht möglich ist. Die Vorschriften, die die Einziehung von sonstigem Vermögen ermöglichen, würden deshalb eine Schranke i.S.d. Art. 14 IV 2 GG darstellen und wären bei Beachtung der Schrankenschranken mit der Eigentumsgarantie zu vereinbaren. Da die Entwürfe keine Verfassungsänderungen vorsehen, was Nutzungen und Surrogate des gefährlichen Vermögens angeht, bliebe die Einziehung dieser Gegenstände auch bei der Verwirklichung der Gesetzesvorhaben verfassungswidrig. 3. Hinzufugung eines Art. 14 IV GG Die Hinzufügung des Art. 14 IV GG würde wie bei der repressiven Einziehung lediglich eine dogmatische Änderung bewirken: Einziehungen von Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, würden - sofern die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 4 vorlägen - keine Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14I2GG, sondern Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14IVGG darstellen. Fraglich ist allerdings, ob diese Regelung neben der Änderung von Art. 14 I GG überhaupt noch erforderlich wäre. Nach dem neuen Art. 14 I GG würde Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, gar nicht mehr in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fallen. Ist der Schutzbereich aber nicht eröffnet, so sind Eingriffe nicht möglich. Es stellt sich somit auch nicht die Frage nach einem Gesetzesvorbehalt. Die Hinzufügung des Art. 14 IV GG wäre daher bei einer gleichzeitigen Änderung des Art. 14 I GG überflüssig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den unterschiedlichen Formulierungen in den einzelnen Absätzen: In Absatz 1 wird Eigentum genannt, das für Straftaten verwendet werden soll, in Absatz 4 Eigentum, das mit hoher Wahrscheinlichkeit für Straftaten verwendet werden soll. Da hinsichtlich der geplanten Verwendung des Eigentums eine Zukunftsprognose angestellt werden muß, muß immer ein Wahrscheinlichkeitsurteil gefällt werden. Was das 126

BR-Drs. 694/95, S. 3.

130

Β. Einziehung von Gegenständen zur Verhinderung von Straftaten

Eigentum angeht, hätte Abs. 4 deshalb auf keinen Fall einen größeren Anwendungsbereich als Abs. 1. Allenfalls könnte der Anwendungsbereich des Abs. 4 kleiner sein als der des Abs. 1, weil Abs. 4 im Gegensatz zu Abs. 1 besondere Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsgrad stellt. Auch hinsichtlich der geplanten Straftaten hätte Abs. 4 engere Voraussetzungen, indem er verlangt, daß es sich um schwerwiegende Straftaten handeln muß. Wenn der Anwendungsbereich des Abs. 4 aber auf keinen Fall größer wäre als der des Abs. 1, so wäre die Hinzufügung des Absatzes neben der gleichzeitigen Änderung des Art. 141 GG überflüssig.

Zusammenfassende Thesen I. Der Verfall gem. § 73 StGB ist verfassungsgemäß. Im Hinblick auf Art. 14 GG stellen die Verfallsvorschriften verhältnismäßige Schrankenbestimmungen dar. Der Verfall ist keine Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG, weil sein Bezugspunkt nicht der Eigentumsgegenstand, sondern die Person des Inhabers ist. Da dem Verfall des Brutto-Netto-Saldos Strafcharakter zukommt, muß die Vorschrift wegen des verfassungsrechtlich garantierten Schuldprinzips verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, daß als ungeschriebene Voraussetzung des § 73 StGB der vom Verfall des Brutto-Netto-Saldos Betroffene schuldhaft gehandelt haben muß. II. Der erweiterte Verfall gem. § 73 d StGB verstößt gegen Art. 14 GG, das Schuldprinzip und die Unschuldsvermutung. Da der erweiterte Verfall auch gegen Eigentümer angeordnet werden kann, die die Verfallsanordnung in keiner Weise verursacht haben, stellt der erweiterte Verfall eine unverhältnismäßige Schranke der Eigentumsfreiheit dar. Als Strafsanktion verstößt der erweiterte Verfall ferner gegen das Schuldprinzip, da seine Anordnung auch ohne schuldhaftes Handeln des Betroffenen möglich ist. Schließlich verstößt der erweiterte Verfall gegen die Unschuldsvermutung. Zum einen stellt der erweiterte Verfall wegen der Vermutung, daß weitere Straftaten begangen wurden, eine Verdachtsstrafe dar und verstößt damit gegen die in der Unschuldsvermutung wurzelnde Garantie der Exklusivität verfahrensmäßiger Schuldfeststellung. Die Auslegung des § 73 d StGB, die der BGH vorgenommen hat, indem er die Annahme der rechtswidrigen Herkunft mit uneingeschränkter Überzeugung gleichgesetzt hat, überschreitet die Grenzen der verfassungskonformen Auslegung, da durch eine solche Auslegung das ausdrücklich erklärte Ziel des Gesetzgebers in sein Gegenteil verkehrt wird. Zum anderen verstößt der erweiterte Verfall wegen der vermuteten Herkunft der aufgefundenen Vermögensgegenstände gegen die in der Unschuldsvermutung enthaltene Beweislastregel „in dubio pro reo", da nach § 73 d StGB der Angeklagte die Beweislast für die rechtmäßige Herkunft seines Vermögens trägt. III. Der geplante Zusatz in Art. 14 I GG, daß Eigentum, das aus Straftaten herrührt, nicht geschützt wird, würde lediglich eine dogmatische, nicht aber eine praktische Änderung bewirken. Durch die Hinzufügung wäre der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit begrenzt, d.h. rechtswidrig erworbene Gegen-

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Zusammenfassende Thesen

stände würden nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallen. Eröffnet wäre allerdings der Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit. Dabei wären Eingriffe in Art. 21 GG durch Verfallsanordnungen verfassungsrechtlich gerechtfertigt, während Eingriffe durch Anordnungen des erweiterten Verfalls gegen die allgemeine Handlungsfreiheit verstoßen würden. IV. Durch die Einführung einer repressiven Verdachtseinziehung nach dem VermEinzG würden die Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung aus vermuteten Straftaten erheblich erweitert. Insbesondere könnte im Gegensatz zur geltenden Rechtslage Vermögen, das in den letzten 10 bzw. 30 Jahren von irgendjemandem wahrscheinlich durch eine Straftat erlangt worden ist, auch dann eingezogen werden, wenn der derzeitige Eigentümer die Vermögensgegenstände rechtmäßig erlangt hat. Da die repressive Verdachtseinziehung eine Enteignung i.S.d. Art. 14 III GG darstellt, das VermEinzG aber keine Entschädigung vorsieht, verstößt eine solche Vermögenseinziehung gegen Art. 14 GG. Die mit der Einführung des VermEinzG gleichzeitig beabsichtigte Hinzufügung eines Art. 14 IV GG würde die Eigentumsfreiheit einem qualifizierten Gesetzesvorbehalt unterstellen. Nach einer derartigen Verfassungsänderung wäre die Verdachtseinziehung mit der Eigentumsgarantie zu vereinbaren. V. Präventive Einziehungen zur Verhinderung von Straftaten, die sich gegen den Handlungsstörer richten, sind keine Enteignungen i.S.d. Art. 14 III GG, weil ihr Bezugspunkt nicht der Eigentumsgegenstand, sondern dessen Inhaber ist. Richtet sich die Einziehung gegen einen Zustandsstörer, so liegt zwar begrifflich eine Enteignung vor, Art. 14 III GG ist aber dennoch nicht anwendbar, weil Art. 1412 i.V.m. 14 II GG bei Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ausnahmsweise die speziellere Vorschrift darstellt. Einziehungen zur Verhinderung von Straftaten schränken die Eigentumsfreiheit somit gem. Art. 14 12 GG ein. Liegt lediglich eine Anscheinsgefahr oder ein Gefahrenverdacht vor, und hat der von der Einziehung Betroffene die Umstände, die die Anscheinsgefahr oder den Gefahrenverdacht begründet haben, nicht verursacht, so ist die Einziehung nur angemessen, wenn der Betroffene entschädigt wird. VI. Die vorgeschlagene Änderung von Art. 14 I GG hätte in Bezug auf Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, die gleichen Konsequenzen wie bei Eigentum, das aus Straftaten herrührt: Der Eigentümer könnte sich wegen der Schutzbereichsbegrenzung nicht mehr auf die Eigentumsgarantie, sondern nur noch auf die allgemeine Handlungsfreiheit berufen. Außer dieser dogmatischen Änderung würden sich allerdings keine praktischen Konsequenzen ergeben.

Zusammenfassende Thesen

VII. Die Voraussetzungen für präventive Einziehungen nach den VermEinzG decken sich im wesentlichen mit den Voraussetzungen für Einziehungen nach Polizeigesetzen. Lediglich der baden-württembergische Entwurf des VermEinzG würde die Möglichkeiten der präventiven Einziehung erheblich erweitern, da er die Einziehung von sonstigem Vermögen des Betroffenen zuläßt, sofern die gefährlichen Vermögensgegenstände dem Zugriff der Behörde entzogen sind. VIII. Die in den VermEinzG normierte Einziehung von Eigentum, das für Straftaten verwendet werden soll, wäre mit Art. 14 GG zu vereinbaren. Die Einziehung von Nutzungen, Surrogaten und sonstigem Vermögen, die der baden-württembergische Entwurf vorsieht, würde gegen die Eigentumsfreiheit verstoßen und wäre damit verfassungswidrig. IX. Die Hinzufügung eines Art. 14 IV GG, der die Einziehung von Eigentum, das mit hoher Wahrscheinlichkeit für Straftaten verwendet werden soll, ermöglichen würde, wäre neben der gleichzeitig geplanten Änderung von Art. 14 I GG überflüssig, da die betreffenden Eigentumsgegenstände schon nicht mehr in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fallen würden.

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Sachregister Administrativenteignung 47 Ausgleichspflichtige mungen 118 ff.

Schrankenbestim-

Auswahlermessen 96

Betäubungsmittelkriminalität 49,66,74

- Gefahrenverdacht 94 ff, 115 ff, 124, 132 - Gefahrerforschungsmaßnahmen 95,115 - Gegenwärtige Gefahr 91 f. - Putativ- oder Scheingefahr 94 Gemeinwohlförderung 52 ff. 110 In dubio pro reo 74 f., 131

Eigentumsgarantie

Inhalt und Schranken 35 ff.

- Eingriff 35 ff., 52 ff, 104 ff.

- Gleichsetzung 35 ff.

- Enteignung 47, 52 ff, 104 ff.

- Trennung40 ff.

- Funktion 34

Institutsgarantie 34, 39,45

- Schutzbereich 35 ff, 47 ff, 100 ff. - Sozialpflichtigkeit 45 ff. Entschädigungsansprüche im Polizeirecht 96 ff. Entschließungsermessen 96

Junktimklausel31, 54 f., 107,121 f.

Legalenteignung 47

Erweiterter Verfall 61 ff. - Rechtsnatur 64 ff. -und Art. 14 GG66 f.

Öffentliche Sicherheit 14, 91 f., 96,126 Organisierte Kriminalität 82

- und Schuldprinzip 67 f. - und Unschuldsvermutung 68 ff. Gefahr

Pflichtexemplarentscheidung 118 ff.

Schuldprinzip 67 f.

-Anscheinsgefahr 94, 97, 115, 117, 124, 132

Sicherstellung 15, 82 ff, 116,125 ff.

- Gefahrenabwehr 24, 93 ff, 125, 127 f., 132

Strafe 23 ff, 49, 55 ff, 131

Sonderopfer 106

148

Sachregister

Tötung tollwutverdächtiger Hunde 106

Verdachtseinziehung 15 f., 76, 81, 87 ff., 125,132 - präventiv 125 ff. - repressiv 81 ff. Verfall - Ausgestaltung der Verfallsrechts 17 ff. -Rechtsnatur23 ff. -und Art. 14 GG 30 ff.

- und Schuldprinzip 57 ff. verfassungskonforme Auslegung 60, 68, 73 Verfassungslücke 32 f. Verhältnismäßigkeitsprinzip 94 ff., 116,119 fT,

47,

Verhaltensstörer 95 Verwertung 41, 91, 96,125 f. Verwirkung von Grundrechten 50 Zustandsstörer 95 ff., 132

80,