Die Verfassung und Verwaltung des Preussischen Staates: Band 2, Abteilung 1 Die Landes-Kultur-Gesetzgebung [Reprint 2019 ed.] 9783111609720, 9783111234335

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Die Verfassung und Verwaltung des Preussischen Staates: Band 2,  Abteilung 1 Die Landes-Kultur-Gesetzgebung [Reprint 2019 ed.]
 9783111609720, 9783111234335

Table of contents :
Inhalts-Uebersicht der ersten Abtheilung des zweiten Bandes.
Erster Theil. Von den landwirtschaftlichen Behörden und deren Organen
Zweiter Theil. Von der Beseitigung der in Betreff der persönlichen Freiheit der Staatsbürger und der freien Verfügung über das Grund-Eigenthum bestandenen Beschränkungen und Hindernisse der Landes-Kultur
Dritter Theil. Von der Ablösung der Reallasten und der Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, und von den Gemeinheits- Theilungen
Erste Abtheilung. Von der Ablösung der Reallasten und der Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse
Erster Abschnitt. Die Ablösungs- und Regulierungs - Gesetze, welche für den ganzen Umfang der Monarchie, mit Ausnahme der auf dem linken Rheinufer belegenen Landeslheile, zur Anwendung kommen. Part 1
Erster Abschnitt. Die Ablösungs- und Regulierungs - Gesetze, welche für den ganzen Umfang der Monarchie, mit Ausnahme der auf dem linken Rheinufer belegenen Landeslheile, zur Anwendung kommen. Part 2
Erster Abschnitt. Die Ablösungs- und Regulierungs - Gesetze, welche für den ganzen Umfang der Monarchie, mit Ausnahme der auf dem linken Rheinufer belegenen Landeslheile, zur Anwendung kommen. Part 3
Zweiter Abschnitt. Die Ablösungs- und Regulirungs-Gesetze, welche nur für einzelne Provinzen und Gebietstheile der Monarchie zur Anwendung kommen. Vorbemerkung
Zweiter Unter-Abschnitt, Spezieller Kommen

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Die

Verfassung und Verwaltung des

Preußischen Staates; eine

systematisch geordnete^Sammlung aller auf dieselbe« Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere der in der Gesetz­

sammlung für die Preußischen Staaten, in den von Kamptzschen Annalen für die innere Staatsverwaltung, und in deren Fortsetzun­ gen durch die Minisierial-Blätter enthaltenen Verordnungen und

Reskripte, in ihrem organischen Zusammenhänge mit der früheren Gesetzgebung,

dargestellt unter Benutzung der Archive der Ministerien des Innern, der Finanzen, der Justiz, der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, des König­

lichen Hauses, und der Hauptverwaltung der Staatsschulden,

von

Ludwig von Rönne, Kammer - Gerichts - Rathe.

Siebenter Theil.

Die Gewerbe-Polizei. Dritte Abtheilung.

Die Landes-Kultur-Gesetzgebung. Zweiter Band, Abtheilung I.

Berlin, bei Veit & Comp.

1854.

Die

Landes-Kultur-Gesetzgebung des

Preußischen Staates; eine systematisch geordnete Sammlung aller auf dieselbe Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere der in der Gesetz­

sammlung für die Preußischen Staaten, in den von Kamptzschen

Annalen für die innere Staatsverwaltung, in den von Kamptzschen Jahrbüchern für die Preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft

und Rechtsverwaltung, und in deren Fortsetzungen durch die Mi-

nistcrial-Blätter, sowie in anderen Quellen-Sammlungen enthalte­ nen Verordnungen und Reskripte, in ihrem organischen Zusammen­ hänge mit der früheren Gesetzgebung, nebst

einem historisch-kritischen und praktischen Kommentar über die betreffenden Gesetze, herausgegeben von

Adolf Lette,

und

Ludwig t>vit Adnne, Kammer-Gerichts-Rathe,

Präsitenten de» Revisions-Kollegiums fit Landes - Kultur - Sache».

Zweiter Band, enthaltend

den

K o m m e n t a r.

((Erste Abtheilung.)

Berlin, bei Veit & Comp.

1894.

Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin.

Inhalts-Uebersicht der

ersten Abtheilung des zweiten Bandes.

(Erster Theil. Don den landwirthschaftlichen Behörden und deren Organen.

Erste Abtheilung. Die Central-Behörden Zweite Abtheilung. Die Provinzial-Behörden. Erster Abschnitt. Die Ober-Präsidien, die Regierungen und die General-Kommissionen Zweiter Abschnitt. Die Behörden zur Verwaltung der Rentenbanken und provinziellen Tilgungs-Anstalten . . Dritte Abtheilung. Das Revisions-Kollegium für LandeS-Kultur-Sachen......................................................... Vierte Abtheilung. Die Organe der Auseinandersetzungs-Be­ hörden ...............................................................................

Seite 1—

9—

9

19

19— 20 21 — 24

24 — 26

Zweiter Theil. Von der Beseitigung der in Betreff der persönlichen Freiheit der Staats­ bürger und der freien Verfügung über das Grundeigenthum bestandenen Beschränkungen und Hindernisse der Landes-Kultur. I. Das Edikt v. 9. Okt. 1807, betr. den erleichterten Besitz und freien Gebrauch des GrundeigenthumS, sowie die persönlichen Verhältnisse der Landbewohner II. Die Verordn, v. 18. Jan. 1819, betr. die Aufhebung der Unterthanigkeit in dem Kottbuser Kreise, den beiden Lausitzen und den übrigen vormals Königl. Sächsischen Landestheilen ... III. Aufhebung der Erbunterthänigkeit aus den Königl. Domainen . IV. Das Edikt zur Beförderung der Landes-Kultur, v. 14. Sept. 1811 . ..............................................................

Landes-Kultur-Gesetzg. Bd. II. Abch. I.

27—78

78—79 79

80-112

VI

Inhalts-Uebersicht.

Seite

V. Die Gesetzgebung, betr. die Zertheilung von Grundstücken und die Gründung neuer Ansiedelungen. Erster Abschnitt. Geschichtliche Einleitung, nebst Erörte­ rung der allgemeinen und leitenden Grundsätze der betr. Gesetzgebung. Erstes Kapitel. Die ältere Verfassung und Gesetzge­ bung vor dem Edikt v. 9. Okt. 1807 Zweites Kapitel. Die neuere Gesetzgebung deS Edikts v. 9. Okt. 1807 und der sich daran reihenden Ver­ ordnungen Drittes Kapitel. Uebersicht der seit Publikation des Edikts v. 9. Okt. 1807 in Betreff des DismembrationSwesenS geltenden materiellen und formellen Be­ stimmungen, deren weitere praktische Entwickelung und Abänderung durch die Gesetzgebung vom Jahre 1850. Vorbemerkung Erster Titel. Von der Theilbarkeit und deren Be­ schränkungen Zweiter Titel. Von den RepartitionS-Grundsätzen, den Wirkungen der Dismembration und dem Verfahren. Erstes Stück. Von den RepartitionS-Grund­ sätzen und den Wirkungen der Dis­ membration bezüglich der Realabgaben und Lasten . . . ....................... Zweites Stück. Von den Wirkungen der Dismembration in Betreff der mit dem zertheilten Grundstücke verbundenen Rechte Drittes St ü ck. Von der Regulirung der Verhältnisse der im Hypothekenbuche eingetragenen Realgläubiger bei Dis­ membrationen, und von der Kompetenz der Gerichtsbehörden in Bezug darauf Viertes Kapitel. Entstehungs-Geschichte, Kritik und Vorbereitung des Gesetzes v. 3. Zan. 1845. I. Zur Geschichte deS Gesetzes v. 3. Zan. 1845. II. Zur Kritik desselben III. Vorbereitung desselben durch die Verordnungen der Behörden in Betreff der TheilungS-Grundsatze, des Verfahrens, der Zuziehung der In­ teressenten und der mitwirkenden Organe bei Dismembrationen. A. Publikanda der Regierungen B. Ministerial-Erlasse IV. Zur Geschichte der Vorschriften deS Gesetzes v. 3. Zan. 1845 in Betreff der neuen Ansiedelun­ gen insbesondere Zweiter Abschnitt. Besondere Erläuterungen zu den ein­ zelnen die Zertheilung von Grundstücken und die Grün­ dung neuer Ansiedelungen betr. Gesehen. I. Erläuterungen zu den §§. 4 — 7. deS Edikts v. 9. Okt. 1807 und zu den §§. 1—3. und §. 6. des LandeS-Kultur-GdiktS v. 14. Sept. 1811 . . . . II Erläuterungen zu dem Gesetze v. 3. Zan. 1845, betr. die Zertheilung von Grundstücken und die Gründung neuer Ansiedelungen, sowie zu dem Ge­ setze v. 24. Februar 1850 wegen Abänderung einiger Bestimmungen desselben. A. Zum Gesetze v. 3. Jan. 1845

112 —114

115 -122

122 - 125 125 —129

129 — 136

137 - 144

144 - 150

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166 — 167

168 - 170

171— 194

Inhalts-Uebersicht.

B. 3um Gesetze v. 24. Februar 1850 III. Gesetzliche Bestimmungen, welche ausschließlich die Regulirung der Verhältnisse der Hypotheken-Gläubiger und anderer Realberechtigten bei Dismembratio­ nen betreffen IV. Erläuterungen zur Verordn, v. 11. Juli 1845, betr. die neuen Ansiedelungen in der Provinz Westphalen

VII

Seite 194 — 195

195 — 202 202 — 203

Dritter Theil. Von der Ablösung der Reallasten und der Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, und von den GemeinheitS-Theilungen. Erste Abtheilung. Von der Ablösung der Reallasten und der Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse.

Erster Abschnitt. Die Ablösungs-und RegulirungS-Gesetze, welche für den ganzen Umfang der Monarchie, mit Aus­ schluß der auf dem linken Rheinuser belegenen LandeStheile, zur Anwendung kommen. . I. Gesetz v. 2. Marz 1850, betreff, die Ablösung der Reallasten und die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse II. Gesetz v. 11. März 1850, betr. die auf Mühlengrund­ stücken hastenden Reallasten Zweiter Abschnitt. Die AblösungS- und Regulirungs-Gesetze, welche nur für einzelne Provinzen und Gebiets­ theile der Monarchie zur Anwendung kommen. Vorbemerkung

204 — 761

761 - 844

844 — 847

Erster Unter-Abschnitt. Rechtsgeschichtliche Dar­ stellung der provinziellen Ablösungs- und RegulirungS-Gesetzgebung.

Erstes Kapitel. Allgemeiner Abriß der zur . Zeit noch gültigen provinziellen AblösungSund RegulirungS-Gesetzgebung, unter Be­ rücksichtigung der durch die Gesetzgebung von 1850 eingetretenen Abänderungen. Erster Titel. Die materiellen Gesetze über Ablösungen und Regulirungen. Erstes Stück. Angabe der noch gel­ tenden provinziellen Ablösungs- und RegulirungS-Gesetze .... Zweites Stück. Abänderungen die­ ser nicht ausgehobenen provinziellen Gesetze Zweiter Titel. Die Ablösungs-Ord­ nungen. Erstes Stück. Außer Kraft gesetzte Vorschriften Zweites Stück. In Gültigkeit ver­ bliebene Rentenbank-Gesetze . . . Zweites Kapitel. Uebersicht der verschie­ denen Landestheile (frühere Territorien und Gebietstheile), innerhalb welcher die einzel­ nen in Kraft verbliebenen provinziellen Agrargesetze gelten. Vorbemerkungen . .......................

848 — 850

850 — 852

852 — 853 853 — 854

854 — 856

VIII

Inhalts-Uebersicht.

Seite Erster Titel. Da- Gesetz v. 21. April 1825 Nr. 938., die vor­ mals Königl. Westphalischen Landes­ theile betreff. Zweiter Titel. Das Gesetz v. 21. April 1825 Nr. 939., die vormals Großherzoglich Bergischen Landes­ theile betreff. Dritter Titel. Das Gesetz v. 21. April 1825 Nr. 940., die Franzö­ sischen Departements betreff. . . Vierter Titel. Das Gesetz v. 18. Juni 1840 Nr. 2105., das Fürstenthum Siegen betreff Fünfter Titel. Das Gesetz v. 18. Juni 1840, das Herzogthum West­ phalen betreff. ............................ Sechster Titel. Das Gesetz v. 22. Dec. 1839, den Kreis Wittgenstein betreff. Siebenter Titel. Die vormals Nassauischen Landestheile und Wetz­ lar betreff. •

857-860

860 - 863

863 — 864

865

865

866

866—867

Drittes Kapitel. Historischer Rückblick auf: 1) die früheren Rechtszustande des Grund­ besitzes, 2) die in den unterschiedenen Epo­ chen geltenden allgemeinen Rechte und Ge­ setze, 3) die besonderen Agrargesetzgebungen der Zwischenzeit, 4) die Sistirung, so wie die Aushebung der sremdherrlichen und die Einführung der Preuß. Agrargesetze, — in den verschiedenen, bei den provinziellen Gesetzen in Betracht kommenden Terri­ torien.

Vorbemerkungen

868 — 869

Erster Titel. Geschichtliche Darstel­ lung der Agrarrechtsverhältnisse 1) in den vormals zum Königreiche Westphalen, 2) zum Großherzogthume Berg, 3) zu den Französischen Departements gehörig gewesenen Landestheilen und Gebieten. Erstes Stück. Die früheren Rechtszustande des Grundbesitzes

869 — 877

Zweites Stück. Die in den un­ terschiedenen Epochen (vor, wah­ rend und nach der Fremdherr­ schaft) geltenden allgemeinen Rechte und Gesetze ....

877 - 885

Drittes Stück. Die besondere Agrargesetzgebung der Zwischeuzeit. I. Allgemeine Bemerkungen . II. Französische und Großherzogl. Bergische Landestheile III. Zum Königreiche Westpha­ len gehörig gewesene LandeSrheile

885 — 886 886 - 892

392 — 894

Inhalts-Uebersicht.

IX

Seite Viertes Stück. Die Sistirung, sowie die Aufhebung der fremd­ herrlichen und die Einführung der Preuß. Agrargesetze. Vorbemerkungen I. Sistirungen der fremdherr­ lichen Gesetze .... II. Die Vorbereitung der Preuß. Gesetze und das Gesetz v. 25. Sept. 1820 . . . III. Suspensionen in Bezug auf das Gesetz v. 25. Sept. 1820 und Vorbereitung und Er­ laß der drei Gesetze v. 21. April 1825, ihre rechtliche Bedeutung nebst ihren nicht mehr geltenden Deklara­ tionen Zweiter Titel. Geschichtliche Dar­ stellung der Agrarrechts-Verhältnisse des Fürstentums Siegen. Erstes Stück. Veranlassung und Vorbereitung des besonderen Ge­ setzes sürSiegen v. 18.Juni 1840 Zweites S t ü ck. Die früheren Rechtszustande des Grundbesitzes im Fürstenthume Siegen . . Drittes Stück. Allgem. Rechte und Gesetze im Fürstenthume Siegen Viertes Stück. Agrar-Gesetzge­ bung der Zwischenzeit und Auf­ hebung der fremdherrlichen Ge­ setze im Fürstenthume Siegen . Fünftes Stück. Die gegenwär­ tig im Fürstenthume Siegen gel­ tende Preuß. Agrargesetzgebung Dritter Titel. Die Rechtsverhält­ nisse in Betreff des Grundbesitzes und der Reallasten, sowie die zur Zeit geltende Agrargesetzgebung im Herzogthume Westphalen. Vorbemerkung Erstes Stück. Die früheren Rechts­ und Grundbesitz-Verhältnisse . Zweites Stück. Allgem. Rechte und Gesetze im Herzogthume Westphalen Drittes Stück. Die Großherzogl. Hessische Agrargesetzgebung Viertes Stück. Vorbereitung der Preuß. Agrargesetzgebung. (Das w Gesetz v. 25. Sept. 1820) . Fünftes St ü ck. Das gegenwär­ tig im Herzogthume Westphalen geltende Agrarrecht. I. Das Gesetz v. 18. Juni 1840 Nr. 2106. . . . II. Die Großherzoglich Hessi­ schen Gesetze; deren Aban-

894 - 897

897 — 898

898 — 901

901 — 903

903 — 904

904 — 905

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906 - 907

907 — 908

908 909 — 910

911 911 — 917

917 — 918

918 — 919

X

Znhalt--Uebersicht. Seite

derungen und deren noch sortgeltende Bestimmungen

919-922

Vierter Titel. Die Rechtsverhält­ nisse fit Betreff des Grundbesitzes und der Reallasten, sowie die zur Zeit geltende Agrargesetzgebung in den beiden Grafschaften Wittgen­ stein-Wittgenstein uud WittgensteinBerleburg. ErsteSStück. Veranlassung und Gegenstände der besond. Preuß. Agrar-Gesetzgebung für diesen Landestheil Zweites Stück. Frühere Besitzund Realrechtsverhältniffe . . Drittes Stück. Einwirkung der betreff. Großherzoglich Hessischen Verordnungen auf die BesitzrechtS-, besonders auch aus die Grundsteuer-Verhältnisse . . Viertes Stück. Vorverhandlun­ gen zum Gesetze v. 22. Dee. 1839 FünfteS Stück. Das Gesetz v. 22. Dec. 1839, betreffend die Rechtsverhältnisse der Grundbe­ sitzer und die Ablösung der Real­ lasten in den Grafschaften Witt­ genstein-Berleburg und Wittgen­ stein-Wittgenstein, und gegen­ wärtiger Rechtszustand . . .

923 — 924 924 - 925

925

926

926 - 929

Fünfter Titel. Die Rechtsverhält­ nisse in Betreff des Grundbesitzes und der Reallasten, sowie die zur Zeit geltende Agrargesetzgebung 1) in den vormals Nassauischen Lan­ destheilen: a) dem rechtsrheinischen Theile des Regierungs-Bezirks Ko­ blenz und b) den zur Provinz Westphalen und deren Kreis Siegen gehörigen Aemtern Bürbach und Neuenkirchen, wie 2) in der jetzt zur Rheinprovinz gehörigen Stadt Wetzlar mit Gebiet. Erstes Stück. Frühere Rechts­ zustände des Grundbesitzes . . Zweites Stück. Allgemeine und Partikularrechte Drittes Stück. Nassauische Agrar­ gesetzgebung ............................ Viertes Stück. Die Preuß. Agrargesetzgebung. I. Vorbereitung und Gegen­ stand des Preuß. Gesetzes v. 4. Juli 1840 .... II. Die neueste Preuß. Gesetz­ gebung

Zweiter Unter-Abschnitt,

Spezieller Kommen-

929 — 930 931 — 933 933 - 936

936 - 937 937-939

Inhalts - Uebersicht.

X! Seite

tar zu den drei Gesetzen v. 21. April 1825 über die den Grundbesitz betreff. Rechtsver­ hältnisse und über die Realberechtigungen in den LandeStheilen, welche vormals eine Zeitlang: A. zum Königreiche Westphalen (G. S. 1825. S. 74. Nr. 938.), B. zu dem ehemaligen Großherzogthume Berg (G. S. 1825. S. 94. Nr. 939.), C. zu den Französischen Departements (G. S. 1825. S.112. Nr. 940.) gehört haben, und zu der in Bezug auf die­ selben erlassenen Kab.-Ordre de eod. (G. S. 1825. S. 73. Nr. 937.), gleichzeitig auch mit Rücksicht auf das Ge­ setz v. 18. Juni 1840 für das Fürstenthum Siegen 940 - 1032

Erster Theil. Von den landwirthschastlichen Behörden und deren Organen. Geste

Abtheilung.

Die Central-Behörden. Das Publikandum v. 16. Dec. 1808, betreffend die veränderte Berfassung der obersten Staatsbehörden der Preuß. Monarchie in Beziehung aus die innere Landes- und Finanz-Verwaltung *1)/ hat die „Aufhebung aller bis dahin bestandenen Einrichtungen hinsichtlich der obersten Verwaltungs­ Behörden" ausgesprochen. Die Absicht desselben war, wie es im Eingänge des Gesetzes heißt, dahin gerichtet, „den Behörden eine verbesserte, den Fortschritten des Zeitgeistes, der durch äußere Verhältnisse geänder­ ten Lage des Staates und den jetzigen Bedürfnissen desselben angemessene Geschäfts-Einrichtung zu geben." Die neue Geschäfts-Einrichtung bezweckte, „der Geschäfts-Verwaltung größtmögliche Einheit, Kraft und Regsam­ keit zu geben, sie in einem obersten Punkte zusammen zu fassen und die Geisteskräfte der Nation und des Einzelnen auf die zweckmäßigste und einfachste Art für solche in Anspruch zu nehmen." Zu dem Ende sollte, wie das Publik, weiter bemerkt, „die Regierungs-Verwaltung künftig von einem, dem Oberhaupte des Staates unmittelbar untergeordneten obersten Standpunkte ausgehen." Es wurde eine möglichst kleine Zahl oberster Staatsdiener an die Spitze einfach organisirter, nach Haupt-Verwal­ tungs zweigen abgegränzter Behörden gestellt. Die oberste allgemeine Leitung der ganzen Staats-Verwaltung sollte sich in dem Staatsrathe unter des Königs unmittelbarer Aufsicht vereinigen. Das Ministerium sollte in fünf Departements, nämlich: des Innern, der Finanzen, der auswärtigen Angelegenheiten, deö Krieges und der Justiz zer­ fallen. Die Wirksamkeit eines jeden Departements sollte sich in Rücksicht

1) Vergl. dasselbe im N. C. C. Tom. XII. S. 527 und in Rabe'S Sammt. Bd. 9. S. 383. VandeS-Kultur-Hesetzg, Bd, IL

1

2

Don den landwirtschaftlichen Behörden und deren Organen;

der Gegenstände desselben auf sämmtliche Provinzen erstrecken. Das Mini­ sterium des Innern sollte in sechs Sektionen getheilt werden, deren eine (die zweite) die Sektion für die Gewerbe-Polizei bildete, zu deren Geschäftskreis unter Andern die ganze landwirthschaftliche Polizei, mit Ausschluß des Domainen- und Forstwesens, alle Anstalten zur Beför­ derung der Landwirthschaft, Gemeinheits-Theilungen, Melio­ rationen durch Austrocknung der Sümpfe rc., das Gestüts wesen, je­ doch lediglich in polizeilicher Hinsicht (§. 7. Litt. a. und b.), gehören sollten. Zur Belebung des Geschäftsganges in den Provinzen wurden OberPräsidenten angesetzt; die älteren Kriegs- und Domainen - Kam­ mern aber blieben unter dem Namen „Regierungen" bestehen, und erhielten eine verbesserte Organisation durch die Berord. v. 26. Dec. 1808 wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-, Polizei- und FinanzBehörden. 9 Nachdem unterm 6. Juni 1810 der Freiherr von Hardenberg zum StaatS-Kanzler ernannt war, erging, — auf jene Prinzipien fortbauend, — unter Aufhebung des Publik, v. 16. Dec. 1808, die anderweitige D. v. 27. Okt. 1810 über die veränderte Verfassung aller obersten Staats-Be­ hörden in der Preuß. Monarchie2), welche noch gegenwärtig die Grundlage des Organismus der Central-Behörden des Staates bil­ det. Dieselbe ordnete einen Staatsrath an, in welchem der StaatsKanzler den Vorsitz führen sollte. Eine Theilnahme an der Verwal­ tung wurde diesem Staatsrathe nicht überwiesen, vielmehr sollte derselbe hauptsächlich eine berathende Behörde für legislative Angelegenheiten bilden. Zugleich wurden die Wirkungskreise der fünf Ministerien aus­ führlicher festgestellt und die Abtheilungen schärfer und ganz neu bestimmt. Jeder Minister soll danach die ihm anvertraute Verwaltung selbstständig und unter unmittelbarer Verantwortlichkeit führen. Sie sollten an den König berichten und von demselben Befehle erhalten, aber verbunden sein, dem Staats-Kanzler auf Erfordern Auskunft und Rechenschaft über jeden Ge­ genstand ihrer Verwaltung zu geben, auch seine Verfügungen in außeror­ dentlichen und dringenden Fällen zu befolgen. Durch die V. v. 3. Juni 1814 3) wurde demnächst das GesammtStaats-Ministerium, bestehend aus dem Staats-Kanzler, als Vorsitzen­ den, und den Ministern der auswärtigen Angelegenheiten, der Justiz, der Finanzen und des Handels, des Krieges, der Polizei und des Innern, ein­ gerichtet, in welchem alle gemeinschaftliche und in verschiedene Ressorts ein­ greifende Angelegenheiten berathen werden sollten. Was nun insbesondere die Central-Verwaltung der landwirthschastlichen Angelegenheiten betrifft, so ist dieselbe bei der neuen Or­ ganisation der obersten Staats-Behörden ganz speciell berücksichtiget und dabei, sowie bei den demnächst angeordneten weiteren Reformen dieser Or­ ganisation nach und nach weiter ausgebildet worden. Die nachstehende Darstellung ergiebt das Nähere hierüber: I. Die V. v. 27. Okt. 1810, welche das Publik, v. 16. Dec. 1808 aushob, behielt dem Ministerium des Innern, welches danach in vier Abtheilungen zerfallen sollte, die Angelegenheiten des Handels und der Gewerbe vor, und bestimmte für deren Verwaltung die zweite Ab­ theilung dieses Ministeriums.

1) Vergl. in Rabe'S Samml. Bd. 9. S. 467. 2) G. S. 1810. S. 3. 3) G. S. 1814. S. 40.

3

die Central-Behörden.

In Betreff des Ressorts dieser Abtheilung wurde festgesetzt: Die Abth. für den Handel und die Gewerbe hat zu ihrem Geschäftskreise al­ les, was auf den Gang der Gewerbe bei der Nation, also der Produktion, Fabri­ kation und den Handel Bezug hat. Namentlich gehören dahin: die ganze landwirthschaftliche Polizei (wohin das Domainen- und Domainen-Forstwesen selbst nicht gehört), alle Anstalten zur Beförderung der Landwirthschast, GemeinhntStheilungen, Meliorationen, das Land-Gestütwesen, letzteres jedoch nur in Hinsicht der Gewerbe-Polizei und gemeinschaftlich mit dem Ober-Stallmeister. (G. S. 1810. S. 3.)

II. Die demnächst erlassene K. O. v. 3. Jan. 1814, betr. die Anordnung des Staats - Ministerii, ordnete eine Theilung der Angelegenheiten des Handels und der Gewerbe an, indem bestimmt wurde, daß diesel­ ben theils auf das Finanz-Ministerium übergehen, cheils dem Mini­ sterium des Innern verbleiben sollten. Die betr. Vorschriften der K. O. waren folgende: Da mehrere bisher zu der Abth. für Gewerbe und Handel im Min. des I. gerechnete Gegenstände mit der Abgaben-Verwaltung und dem Staatshaushalte verflochten sind, so will Ich, um den Gang der Geschäfte zum Vortheile Meiner Unterthanen und des Dienstes zu erleichtern, die Fabriken-Angelegenheiten, das Bauwesen, die Sorge für die Land- und Wasser-Kommunikation an alle, den Seeund Landhandel in seinem ganzen Umfange betr. Gegenstände dem Finanzmin. mit übertragen, jedoch dergestalt, daß diese zu der bisherigen Abth. für Gewerbe und Handel gehörig gewesene Ang., unter der Leitung des gedachten Min. von einem besonderen Personale bearbeitet werden, welches mit der Abgaben- und Do­ mainen-Verwaltung (die Bauten auf den Domainen-Aemtern jedoch ausgenom­ men) nichts zu thun hat. Das Berg- und Hüttenwesen ist dem Finanzmin. schon untergeordnet und verbleibet ihm. Das Ministerium des Innern hat alle die Gegenstände der innern Ver­ waltung zu seinem Reffort, die den vorher genannten Min. nicht zugetheilt sind. Ferner sind davon ausgenommen, die Ihnen dem Staatskanzler besonders vorbe­ haltenen Gegenstände und Behörden, namentlich die Ang. des Königl. Hauses, die Verhandlungen mit den Ständen, in sofern sie vor die höchste Behördö gehören, die Thronlehne, die höchsten geistlichen Würden, die Erbämter und höhere Hof­ chargen, Rang und Etikette, das Archiv, die Ober-Rechnungskammer und das sta­ tistische Bureau, wie auch diejenigen, die dem Staatsrathe untergeordnet bleiben, nämlich die Gesetz-Kommission und die Ober-Eraminations-Kommission. Zu dem Reffort des Min. des I. gehören demnach insbesondere alle zum inneren Staats­ recht gerechnete Gegenstände, insonderheit die ständische Verfassung und die Ver­ handlungen mit den Ständen, in sofern sie nicht von Ihnen, dem Staatskanzler, besorgt werden, das Provinzial- und Kommunalschulden-, Kassen- und Rechnungs­ wesen, die landschaftlichen Kreditsysteme, soweit der Staat dabei konkurrirt, die Aufsicht auf städtische und ländliche Korporationen und alles, was auf die LehnSverbindung, die Patrimonial-Gerichtsbarkeit u. f. w. Bezug hat, die Verfassung der Juden und ihr politischer Zustand, ferner die ganze landwirthschaftliche Polizei, alle Anstalten zur Beförderung der Landwirthschaft, die GemeinheitStheilungen, die Regulirung der bäuerlichen Verhältnisse, die Meliorationen, das Land-Gestüt­ wesen, alle milde und wohlthätige Stiftungen, das Armenwesen und die Arbeits­ häuser, die Wittwenkaffen und ähnliche Institute, die Feuerversicherungs-Anstalten und andere Assekuranz-Gesellschaften, welche keine Gegenstände des Handels betref­ fen; die Medicinal-Polizei und Aufsicht auf alle Krankenhäuser und Sanitäts-An­ stalten ohne Unterschied, jedoch in sofern die letzteren Gegenstände zum Medicinatr wesen gehören, unter Mitwirkung deS Kriegsministers; die Militairsachen, in sofern die Civil-Behörden dabei konkurriren, endlich alle Angelegenheiten deS Kultus und öffentlichen Unterrichts, sowie sie von der bisherigen Abth. des Min. des I. für diese Gegenstände verwaltet worden sind, alle Lehr- und Bildungs-Anstalten im Allgemeinen mit dem, was davon abhängig ist, oder damit in unmittelbarer Ver­ bindung steht. (G. S. 1814. S. 40.)

III. Die K. O. v. 11. Sept. 1830 verordnete die Trennung des Ministeriums des Innern in zwei Abtheilungen, deren eine, unter 1*

4

Von den landwirtschaftlichen Behörden und deren Organen;

der Benennung: „Ministerium des Innern und der Polizei", dem zum Staatsminister ernannten Reg.-Präsidenten Freib. v. Brenn übertragen, die andere, unter der Benennung: „Ministerium des Innern für Handels- und Gewerbe-Angelegenheiten", dem Staatsmini­ ster v. Schuck mann belassen wurde. (A. XIV. 715.-4. 1.)

Nach der gleichzeitig erlassenen Anordnung über das Ressortverhaltniß beider Abth. des Min. des I. wurden derjenigen für die Handelsund Gewerbe-Angelegenheiten außer den Handels- und GewerbeSachen auch das Bergwerks-, Hütten- und Salinen-Wesen und die Regulirung der gutsherrl. bäuerl. Angelegenh. und der GemeinheitS-Theilungen überwiesen. (91. XIV. 717.—4. 2.)

IV. Durch die K. O. v. 6. Juni 1837 wurde herigen Ministeriums des Innern für die heiten, und mittelst K. O. v. 13. Dec. 1837 diesem Ministerium bisher obgelegenen Geschäfte Das Nähere hierüber bestimmen: a) die K. O. v. 11. Jan. 1838.

die Auflösung des bis­ Gewerbe-Angelegen­ über die Vertheilung der das Nähere angeordnetx):

Auf den Ber. v. 2. d. M. beauftrage Ick das StaatSmin., die von mir ge­ nehmigte Bertheilung der im Min. deS I. für die Gewerbe-Angel, bisher bearbei­ teten, iiad) dessen Auflösung an die anderen Ministerial-ReffortS übergegangenen Gesckäfte nebst dem gegenwärtigen Erlaß durch die G. S. öffentlich bekannt zu macken. (G. S. 1838. S. 10.)

b) Staatsministerial-Bekanntmachung des Allerh. Befehls über die Auf­ lösung des Min. des I. für die Gewerbe-Angel, und über die Vertheilung der diesem Min. bisher obgelegenen Geschäfte, v. 17. Jan. 1838. Nachdem S. Maj. der König die Auflösung des bisherigen Min. des I. für Gewerbe-Angel, beschlossen, und den Uebergang der von demselben bearbeiteten Gesckäfte an die anderweitigen Ministerial-ReffortS turd^ die A. K. O. v. 13. v. M. in nachstehender Weise zu genehmigen geruht haben, wird solches Kraft A. Be­ fehls v. 11. d. M. zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Es gehen demgemäß von den Geschäfts-Gegenständen des aufgelösten Min. des I. für Gewerbe-Angel, über: I. An das Ministerium des Königl. Hauses: die Angelegenheiten der Thronlehne und der Erbämter. II. An das Min. deS I. u. d. P.: 1) die Landesgränz-, Homagial- und Huldigungssachen; 2) die Angelegenheiten der Mediatinrten und Standesherren; 3) die Angelegenheiten der Dvmstifter zu Brandenburg, Merseburg und Naum­ burg, des Kapitels zu Zeih, der Fräuleinstifter und die Verwendung der Ueberschüffe der Revenüen aus denselben; 4) die gesammte landwirtbsckaftlicke Polizei, insbesondere: a) die gutSherrlich-bäuerlicken Regulirungen, die GemeinheitStheilungen, und die Ablösungen gutsherrlicher und anderer Reallasten; b) die BcrfluthS-Angelegenheiten; c) die Fischerei-Polizei; d) alle Anstalten zur Beförderung der Landwirthsckaft (einschließlid) der Kon­ kurrenz bei den unter der Leitung des Ober-StallmeisterS stehenden Geftütwesen), die landwirthschaftlichen Lehr-Anstalten und die Prüfungen der für landwirthschastliche Angelegenheiten anznstellenden Beamten: e) die Beaufsichtigung der landwirthschaftlichen Kredit-Anstalten, die GeldInstitute der Korporationen und Gemeinen, der Westphälischen Hülfskaffe, der Kreis- und Kommunal-Sparkaffen, u. dgl.

1) Das C. R. des Königl. Min. des I. u. d. P. u. d. F. v. 21. Dee. 1837 (A. XXL 869. 4. 1.) bringt dies zur Kenntniß.

die Central-Behörden.

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III. An das Finanzministerium; 1) die Angelegenheiten der Wittwen-Verpflegungs-Anstalten; 2) die Leitung des gesammten, nicht von speciellen ReffortS, wie z. B. von der Militair- und Domainen-Verwaltung abhängigen Bauwesens, ausschließlich der dem Min. des I. verbleibenden Handhabung der Bau-Polizei im engeren Sinne des Wortes, soweit solche in Ausführung der SanitätS-, FeuersicherheitSund sonst dahin gehörenden Polizei-Vorschriften besteht; 3) die EindeichungS- und Deich-SocietätS-Angel., mit Vorbehalt der Konkur­ renz des Ministers des I., wenn es dabei auf eigentliche Landes-Meliorationen, oder im Allgemeinen auf die Wahrnehmung ständischer und korporativer Interessen ankommt. IV. Zum gemeinschaftlichen Reffort der Min. deS I. u. der Fin.: 1) die Angel, der Pommerschen ritterschaftlichen Privatbank; 2) die Angel., welche den allgemeinen Marktverkehr, die Jahr-, Wochen-, Woll-, Vieh- und Fruchtmärkte betreffen. V. Die Gewerbe-Polizei, in soweit dabei der Geschäftskreis des Min. des I. berührt wird, insbesondere aber bei Konzessionen zu solchen gewerblichen Anlagen, welche mit Rücksicht auf Lage und Beschaffenheit der Betriebsftätten einer beson­ deren Genehmigung bedürfen, wird künftig gemeinschaftlich von dem Min. des I. u. d. P. und dem Finanzmin. verwaltet. Wegen der dabei überwiegenden poli­ zeilichen Rücksichten reffortiren jedoch von dem Min. des I. ausschließlich: a) die Konzessionen zum Betriebe derjenigen Gewerbe, bei deren Unterneh­ mern eine besondere persönliche Zuverlässigkeit in sittlicher Hinsicht zur Bedingung gemacht ist; b) die Beaufsichtigung deS Abdeckereiwesens; c) die Beaufsichtigung des Schornsteinfeger-Gewerbes; wogegen die Aufrechthaltung aller sonstigen gewerbepolizeilichen Vorschriften, die Lei­ tung der gewerblich-technischen Lehr-Anstalten und Vereine, die Prüfung der Gewerbtreibenden und Handwerker u. s. w. dem Min. der Fin. zuständig ist, und hinsichtlich deS Gewerbebetriebes im Umherziehen es bei den Bestimmungen der Regulative v. 28. April 1824 und 4. Dec. 1836 sein Bewenden behält. (G. S. 1838. S. 11.)

V. Die K. O. v. 27. Marz 1848 ') setzte demnächst das Königl. StaatsMinisterium von der Absicht des Königs in Kenntniß, ein eigenes Mini­ sterium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten zu bilden und beauftragte daö Staats-Ministerium, die erforderlichen Vorschläge wegen der dadurch bedingten Reffort-Veränderungen bei den bestehenden CentralBehörden zu machen. Auf den in Folge dessen erstatteten Bericht des K. Staats-Ministeriums erging hierauf der Allerh. Erlaß v. 17. April 1848, betr. die Bildung des Min. für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und die Feststellung des Refforts desselben und des Ressorts des Finanz-Mini­ steriums. 2) Hiernach wurden dem neu gebildeten Ministerium von dem bisheri­ gen Reffort des Min. d. I. unter Andern überwiesen: die gejammte landwirthschastliche Polizei, insbesondere die obere Lei­ tung der Regulirungen der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, der Ge­ meinheitstheilungen, der Ablösung gutöherrlicher und anderer Reallasten, der Vorfluths- und Fischerei-Polizei-Sachen, aller Anstalten zur Beför­ derung der Landwirtschaft, einschließlich der Konkurrenz bei dem unter der Leitung des Ober-StallmeisterS stehenden Gestütwesen und der landwirthschastlich-technischen Lehranstalten.

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Don den landwirtschaftlichen Behörden und deren Organen;

Die Leitung des neu gebildeten Ministeriums wurde interimistisch dem Wirkt. Geh. Legations-Rathe Frhr. v. Patow anvertraut. VI. Durch den Allerh. Erlaß v. 25. Juni 1848 (sub No. 5.) *) wurde hiernach st von dem neu gebildeten Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche AKbeiten die Verwaltung der landwirthschaftlichen An­ gelegenheiten getrennt, und ein eigenes Ministerium für diese Angelegen­ heiten gebildet, dessen Leitung dem Stadt-Syndikus Abgeordneten Gierke, unter Ernennung desselben zum Staatsminister, übertragen wurde. Der Allerh. Erlaß v. 21. Sept. 1848 1 2), durch welchen die Entlassung des bisherigen Staats-Ministeriums (v. Auerswald) und die Bildung eines neuen (des Ministeriums v. Pfuel) erfolgte, bestimmte demnächst (unter No. 5), daß das Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten vorläufig von dem Minister des Innern mit ver­ waltet werden solle. 3) VII. In den Ressort-Verhältnissen des hiernach für sich beste­ henden Ministeriums für die landwirthschaftlichen Angelegen­ heiten haben noch einige hier zn erwähnende Modifikationen stattge­ funden. 1) Es ist durch den Erlaß v. 11. Aug. 1848 4) die Leitung des Ge­ stütwesens, bei welcher, nach dem Erl. v. April 1848, dem Min. deö I. eine Konkurrenz mit dem Ober-Stallmeister zustand, von dem OberMarstall-Amte getrennt, und die Leitung dieser Geschäfte dem Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten übertragen worden. 5)6 2) Durch den Erlaß v. 22. Juni 1849 G)', welcher die Überweisung der gesummten Medizinal-Verwaltung, mit Einschluß der Medizinal- und Sanitäts-Polizei, an den Mm. der Unterrichts- und Med.-Ang. anordnet, ist zugleich bestimmt worden, daß der Letztere in allen Fällen, in welchen

1) G. S. 1848. S. 159 u. Min. Bl. d. i. B. 1848. S. 190. Nr. 1ö3., s. in Bd. I. S. 2. 2) G. S. 1848. S. 255 u. Min. Bl. d. i. V. 1848. S. 288. Nr. 336., s. in Bd. I. S. 2. 3) Der Erl. v. 2. Sept. 1848 ernannte den bisherigen Ob. Präsidenten (der Nheinprovinz) Eichmann zum Min. des I., und der über die Bildung des Min. Brandenburg ergangene Erl. v. 8. Nov. 1848. (G. S. 1848. S. 347, Min Bl. d. i. V. 1848. S. 335. Nr. 402.) ernannte den bisherigen Direktor im Min. des I. v. Manteuffel zum Min. des I., unter gleichzeitiger Uebertragung der interimistischen Verwaltung des Ministeriums für die landwirthschaftlichen An­ gelegenheiten. Mittelst Erlasses v. 19. Dec. 1850. (Min. Bl. d. i. B. 1850. S. 366. Nr. 460.) wurde demnächst der bisherige Min. d. I. v. Manteuffel zum Minister-Präsidenten ernannt und an dessen Stelle der bisherige Reg. Präsi dent v. Westphalen zum Minister des I. befördert, auch dem Letzteren die in­ terimistische Leitung des Ministeriums für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten aufgetragen. Vergl. die C. R. v. 1. Jan. 1851 an die K. Ober-Präsidien (Min. Bl. d. i. V. 1851. S. 1. Nr. 1.) und an die K. Gen. Kommissionen (a. a. O. S. 2. Nr. 2.), durch welche der Minister v. Westphalen seinen Amtsantritt und die Grundsätze, nach welchen er die Verwaltung zu führen beabsichtige, ankündigt. 4) G. S. 1848. S. 228 u. Min. Bl. d. i. V. 1848. S. 288. Nr. 335., s. in Bd. I. S. 2. 5) Vergl. die K. O. v. 15. Febr. 1816, betr. die obere Verwaltung der Landgestüte (G. S. 1816. S. 101.) in Bezug auf die Theilnahme der übrigen Ministerien bei diesem Verwaltungszweige. Eine Konkurrenz des Min. des I. findet nach Obigem nicht mehr statt. 6) G. S. 1849. S. 335 u. Min. Bl. d. i. V. 1849. S. 169. Nr. 231., s. in Bd. I. S. 2.

die Central-Behörden.

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rurch Anordnungen in der Med. Verwaltung die Interessen anderer Refforts betroffen werden, vor der Entscheidung sich mit den betheiligten Min. zu benehmen und nach Lage der Umstände gemeinschaftlich mit ihnen zu han­ deln hat, insbesondere aber, daß der Lehrplan der Thierarzneischule, vor dessen Genehmigung durch den Min. der Med. Angel., den Min. des Kr. und für landwirthschaftl. Ang. zur Aeußerung mitzutheilen, auch mit denselben jede organische Verfügung über die Ausbildung der Thierarzte vorher zu berathen. 3) Dem Ministerium für die landwirthschastlichen Angelegenheiten ist durch den Erl. v. 26. Nov. 1849 x) die Bearbeitung der Eindeichungs­ und Deich-Societäts-Angelegenheiten, mit Vorbehalt der Theil­ nahme des Min. für H., G. u. öffentl. Arb. in Fällen, in denen auch das Interesse der Schifffahrt und der Strom-Polizei betheiligt ist, namentlich auch bei neuen Deich-Anlagen in der Nähe schiffbarer Ströme, überttagen worden.1 2) 4) Die Anordnungen zur Ausführung des Gesetzes v. 2. März 1850 über die Errichtung der Rentenbanken sind (nach §. 65. desselben) den Min. für die Fin. und für landwirthschaftl. Angelegenheiten übertragen worden, unter deren Oberaufsicht (nach §. 5. ebendas.) die Di­ rektionen der Rentenbanken gestellt sind. (G. S. 1850 S. 112 ff.) 5) Dem Ministerium für landwirthschaftliche Angelegenheiten ist die Ausführung des Jagd-Polizei-Gesetzes v. 7. März 1850 (nach §.31. desselben) 3) übertragen worden. Die Ministerien des I. und für landwirthschaftl. Angelegenheiten haben dessenungeachtet beschlossen, die Jagd-Polizei-Sachen gemeinschaftlich zu bearbeiten und es sind demgemäß die Regierungen mittelst C.R. v. 17. Nov. 1851 4) mit Anweisung versehen worden. VIII. ES ist hier noch der dem Ministerium für landwirthschaftliche Angelegenheiten (beziehungsweise dem Finanzministerium) unmittelbar unter­ geordneten Organe zu gedenken. A. Das Landes-Oekonomie-Kollegium. Das Land-Kultur-Ed. v. 14. Sept. 1811 hat im §. 39. den Wunsch des Gesetzgebers ausgesprochen, „daß erfahrene und praktische Landwirthe in größeren und kleineren Distrikten zusammentreten und praktische landwirthschastliche Gesellschaften bilden sollten, damit durch solche sowohl sichere Er­ fahrungen und Kenntnisse, als auch mancherlei Hülfsmittel vorbereitet und ausgetauscht werden mögen." In der That hat sich denn auch eine erheb­ liche Anzahl solcher Societäten und Vereine in den verschiedenen Landes­ theilen gebildet.5) Das Land-Kultur-Edikt (a. a. O.) bestimmte zugleich, daß in Berlin ein Central-Büreau errichtet werden solle, welches „diese verschiedenen Associationen in eine gewisse Verbindung zu setzen, Berichte und Anfragen

1) G. S. 1850. S. 3 und Min. Bl. d. i. V. 1850. S. 11. Nr. 16., s. in Bd. I. S. 3. 2) Ueber die Motive dieser Anordnung, vergl. denJmmediat-Ber. des Staats­ min. v. 24. Nov. 1849 (Min. Bl. d. i. B. 1850. S. 11. Nr. 16., f. in Bd. I. S. 3.). — Zur Ausführung des Erl. v. 26. Nov. 1849 ist das C. R. der Min. für H., G. u. off. A. und des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 9. Jan. 1^50 ergangen. (Min. Bl. a. a. O., S. 12. Nr. 17., s. in Bd. I. S. 4.) 3) G. S. 1850. S. 172, f. in Bd. I. S. 4. 4) Min. Bl. d. i. B. 1851. S. 302. Nr. 325., f. in Bd. I. S. 5. )) Vergl. das Nähere hierüber unten im Thl. IV. Abth. VII. Abschn. 5. (von den landwirthschastlichen Vereinen).

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Von den landwirthschaftlichen Behörden und deren Organen;

von ihnen zu fordern und zu erhalten, nicht nur Rathschläge zu ertheilen, sondern auch durch Besorgung von -Werkzeugen, Sämereien, Viehracen und in gewissen Geschäften erfahrenen Arbeitern die gewünschte Hülfe zu leisten, auch gerechte und zweckmäßige Wünsche des ländlichen Publikums, die ihm durch die Associationen zukommen, den obersten Staatsbehörden vorzutragen und zu empfehlen habe." Die näheren Bestimmungen hierüber blieben noch Vorbehalten. Der verstorbene Thaer war damals zum Dirigenten bestimmt, und auch die übrigen Mitglieder waren bereits designirt; nichtsdestoweniger gerieth die Ausführung, ohne daß der Plan eigentlich wäre aufgegeben wor­ den, ins Stocken, oder vielmehr er trat vor den wichtigeren und dringende­ ren Interessen und Ereignissen jener und der kurz nachfolgenden Zeit in den Hintergrund. Auch nach wiederhergestelltem mieden war er nicht in Vergessenheit gerathen; indessen wurde er eigentlich erst im Jahre 1838 von dem damaligen Minister des Innern v. Rochow mit der ernstlichen Absicht der Ausführung, zugleich aber mit der Rücksicht wieder ausgenommen, daß es nach den erweiterten Bedürfnissen und Forderungen der in so lebendiger Entwickelung begriffenen landwirthschaftlichen Verhältnisse rathsam sei, dem einzusetzenden Kollegium nicht nur eine bestimmtere amtliche Stellung zu der die landwirthschaftlichen Angelegenheiten leitenden obersten Staatsbehörde anzuweisen, sondern auch dasselbe in seinem Innern so zusammenzusetzen, daß darin die Interessen des Landbaues und der Produktion nicht in isolirter Auffassung, sondern in ihrer innigen Beziehung zu den übrigen gewerb­ lichen Interessen und zu den Verhältnissen des Verkehrs, mit denen sie so mannigfaltig durchflochten sind, gründlich erwogen werden können, damit mögliche Kollisionen vermieden und ein näheres Verständniß über die all­ gemeinen Prinzipien, nach denen die ökonomischen Verhältnisse überhaupt zu ordnen sind, vermittelt werden möge. Durch diese erweiterte Bestimmung unterscheidet sich die Organisation des Landes-Oekonomie-Kollegiums, wie sie demnächst zur Ausführung gekommen ist, von dem früheren Plane, für dessen Wiederaufnahme der gewählte Zeitpunkt besonders geeignet war, in­ dem die Interessen der Produktion sich so entschieden neben denen der übri­ gen Gewerbsamkeit und des Verkehrs geltend machten und die rüstige Be­ triebsamkeit, die sich in allen übrigen Zweigen der ökonomischen Thätigkeit offenbarte, auch der Landwirthschast sich mitgetheilt hatte und die eigenen Wünsche und Bestrebungen der ackerbauenden Klaffen den wohlwollenden Absichten der Regierung glücklich entgegenkamen. Es wurde die Errichtung deö Landes-Oekonomie-Kollegiums angeordnet durch die K. O. v. 16. Jan. 1842.1) Das E. R. des Min. des I. u. d. P. v. 2. März 1842 2) ertheilte den Ober-Präsidien sämmt­ licher Provinzen nähere Instruktionen: a) über die zwiefache Bestimmung der neuen Behörde, welche erstlich das in dem §. 39. des Land-Kultur-EdiktS verheißene Central-Büreau für die landwirthschaftlichen Vereine in den Provinzen bilden, zugleich aber auch zum Organ des vorgesetzten Ministeriums, als technische Deputation in landwirthschaftlichen Angelegenheiten und zur Ausführung der ihm zu ertheilenden Aufträge, dienen sollte; b) über die Stellung und Wirksamkeit deS Kollegiums und über die Art und Weise der Mitwirkung der Ober-Präsidien und der Regierungen in Bezug auf die amtliche Thätigkeit des LandeS-Oekonomie-KollegiumS.

die Provinzial-Behörden.

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Das C. R. des Min. des I. u. d. P. v. 5. Mai 1842 l) veröffentlichte demnächst das Regulativ für das Landes - Oekonomie - Kollegium vom 25. März 1842. B. Die Central-Kommission für die Angelegenheiten der Rentenbanken. Das G. v. 2. Mar; 1850 über die Errichtung von Rentenbanken hat (im §. 65) die zu dessen Ausführung erforderlichen Anordnungen, und (im $. 5) die Oberaufsicht über die Direktionen der Rentenbanken den Ministerien der Finanzen und für landwirthschaftliche Angelegenheiten über­ tragen. In Folge dessen ist durch den Allerh. Erlaß v. 21. Mai 1850 2) die Errichtung einer besonderen Central-Kommission für die Angele­ genheiten der Rentenbanken angeordnet worden, welche ihren Sitz in Berlin hat und aus einem Vorsitzenden und je einem oder zwei Vortra­ genden Räthen des Fin.-Ministeriums und des Ministeriums für die landwirthschastlichen Angelegenheiten, welche von den betr. Min. zu diesem Zwecke beauftragt werden, besteht. Dieselbe bildet das Organ der genannten Mi­ nisterien zur Errichtung der Provinzial-Rentenbanken und für die Ober­ aufsicht über dieselben. 3) Auch ist derselben die obere Leitung und Aufsicht über die für einzelne Landestheile bereits bestehenden Renten-Tilgungs-Anstalten (nämlich die Tilgungskaffe zur Erleichterung der Ablösung der Real­ lasten in den Kreisen Paderborn, Büren, Warburg und Hörter, und die Tilgungskaffe zur Erleichterung der Ablösung der Reallasten in den Kreisen Heiligenstadt, Mühlhausen und Worbis) übertragen worden.4)

Zweite Abtheilung.

Die Provinzial-Behörden. Erster Abschnitt. Die Ober-Präsidien, die Regierungen und die GeneralKommissionen. Das Publikandum v. IG. Dec. 1808, durch welches, wie bereits oben (Abth. I. S. 1 ff.) erwähnt, eine vollkommen neue Organisation aller ober­ sten Staats-Behörden angeordnet worden war, verweist (im §. 36.) auf

1) Min. Bl. d. i. V. 1842. S. 128. Nr. 184., s. in Bd. I. S. 10 ff. 2) G. S. 1850. S. 334, s. in Bd. I. S. 15 ff. 3) Laut Min. Bekanntmachung v. 11. Juni 1850. (Min. Bl. d. i. B. 1850. S. 191. Nr. 243., s. in Bd. I. S. 16) ist diese Centrals Kommission mit dem 11. Jvni 1850 in Wirksamkeit getreten. 4) Bergl. Nr. 2. des Erlasses v. 21. Mai 1850 und Min. Bekanntmachung v. 17. Sept. 1851. (Min. Bl. d. i. B. 1851. S. 206. Nr. 231., s. in Bd. 1. S. 16). — In Betreff der Wittgensteinschen Tilgungskaffe ist eine Uebertragung ter Oberaufsicht an die Central-Kommission für die Ang. der Rentenbanken noch nicht bekannt gemacht worden.

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Von den landwirtschaftlichen Behörden und deren Organen;

ein besonders zu erlassendes Gesetz wegen Umgestaltung der Organisation der Provinzial-, Finanz- und Polizei-Bebörden, und dies letztere ist die unterm 26. Dec. 1808 erlassene Geschäfts-Instruktion für die Regie­ rungen in sämmtlichen Provinzen.') Nach dieser Geschäfts-Instruktion (§. 2. Litt. 1.) sollten die Landes - Kultur - Angelegenheiten, Gemeinheits­ Theilungen, Abbaue und Zerschlagungen größerer Güter, Verwandlung von Diensten in Geld-Abgaben, Abfindung von Servituten, Vorfluth, Entwäs­ serung und Landes-Meliorationen von der Polizei-Deputation einer jeden Regierung bearbeitet werden, wogegen die specielle Ausführung dieser Angelegenheiten in den Domainen zum Geschäftsbereiche der FinanzDeputation gehören sollte. Durch die Verordn, v. 30. April 1815.1 2) wurden dieser Instruktion nähere Bestimmungen hinzugefügt, und sie wurde demnächst größtentheils aufgehoben durch die (an deren Stelle getretene) Geschäfts-Instruktion für die Regierungen v. 23. Okt. 1817.3) Nach dieser letzteren sollten die Angelegenheiten der landwirthschaftlichen Polizei, folglich alle Landes-Kultur-Anqelegenheiten, Gemeinheitstheilungen, Abbaue und Zerschlagung größerer Güter, Verwandlung von Diensten in Geldabgaben, Abfindung von Servituten, Vorsiutb, Entwässerung und Lan­ des-Meliorationen, insoweit diese Gegenstände nicht der zweiten Abthei­ lung oder besonderen Behörden beigelegt sind", zum Reffort der ersten Abtheilung jeder Regierung gehören. (§. 2. Nr. 4.). Die K. O. v. 31. Dec. 1825 4) (sub I). II. 1.) hob die Bearbeitung der Geschäfte der Regierungen in zwei Abtheilungen auf und ordnete die Vertheilung aller Geschäfte unter die Abtheilung des Innern, die Abtheilung für Kirch en Verwaltung und Schulwesen, die Abtheilung für direkte Steuern, Domainen und Forsten, und die Abtheilung für die Verwaltung der indirekten Steuern an. Der Abthei­ lung deö Innern sollten unter Andern die landwirthschastlichen Angelegenheiten zufallen. Das mehrfach erwähnte Publikandum v. 16. Dec. 1808 hatte auch bereits (im §. 34.), zur Belebung des Geschäftsganges in den Provinzen, die Anstellung von Ober-Präsidenten angeordnet.5)6 Die erste Geschäfts-Instruktion für dieselben erging unterm 23. Dec. 1808 G), in welcher ihnen eine dreifache Bestimmung beigelegt wird. 1) einen Vereinigungspunkt in Ansehung derjenigen Verwaltungszweige zu bilden, bei denen es von Wichtigkeit ist, daß sie nach größeren Abtheilungen als einzelnen Regierungs-Departements geleitet und auögeführt werden, welches besonders bei größern allgemeinen Landes-Polizei-Gegenständen der Fall ist; 2) den obersten Staatsbehörden Stellvertreter zu geben, welche mehr in der Nähe und an Ort und Stelle, eine genaue und nickt bloß formelle Kontrolle über die Unterbehörden, und 3) in dem Ober-Präsidenten eine Behörde zu bilden, welche bei vorkommenden Fällen nach erweiterten, ganze Provinzen umfassenden, Gesichtspunkten, ihr Gutachten geben können. Das Amt des Ober-Präsidenten theilt sich daher in die Eigenschaft einer

1) Rabe, Bd. 9. S. 415 ff. 2) G. S. 1815. S. 85. 3) G. S. 1817. S. 284. 4) G. S. 1826. S. 1. 5) Es sollten deren drei angesetzt werden, nämlich einer für die Provinzen Ostpreußen, Litthauen und Westpreußen, einer für die Kur- und Neumark und Pommern und einer für Schlesien. 6) N. C. C. Tom. XII. S. 545, Rabe, Bd. 9. S. 402.

die Provinzial-Behörden.

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aussührenden, beaufsichtigenden (kontrollirenden) und berathen­ den Behörde. Nach dem ersten Pariser Frieden ward durch die Verordn, v. 30. April 1815 1) in jeder Provinz ein Ober-Präsident ernannt, und ihre Be­ stimmung durch die Jnstr. v. 23. Okt. 1817 2) festgesetzt; dieselbe wurde jedoch in der Folge einer neuen Prüfung unterworfen und an deren Stelle eine erneuerte Jnstr. v. 31. Dec. 1825 3) erlassen, in welcher die früheren Bestimmungen im Wesentlichen beibehalten und nur im Einzelnen zeitge­ mäßer abgeändert, insbesondere aber ihr Verhältniß zu den Ministerien und den Provinzialbehörden näher bestimmt, und ihre Stellvertretung der ober­ sten Staats-Behörden auf mehrere Verwaltungsgegenstände ausgedehnt wurde. Durch die §§. 1. und 2. der Jnstr. v. 31. Dec. 1825 sind auch die General-Kommissionen der Oberaufsicht der Ober-Präsidenten untergeordnet worden. Die Ausführung des Edikts v. 9. Okt. 1807, betr. den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigenthums, so wie die persön­ lichen Verhältnisse der Landbewohner, der Verordn, v. 27. Juli 1808 wegen Verleihung des Eigenthums der Grundstücke der Jmmediat-Einsassen in den Domainen der Provinzen Preußen, so wie des Edikts v. 14. Sept. 1811 zur Beförderung der Land-Kultur, wurde den ordentlichen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden, soweit sich eine Veranlassung dazu ergab, überlassen. Indeß zeigte sich bald die Unzulänglichkeit dieser Behörden, besonders nach Publikation des Edikts v. 14. Sept. 1811 und dessen De­ klaration v. 29. Mai 1816 wegen Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse in den älteren östlichen Provinzen des Staates. Die schleu­ nigere Beförderung der zahlreich beantragten Auseinandersetzungen, deren Bearbeitung technisch gebildete und mit landwirthschastlichen Erfahrungen ausgerüstete Beamte erforderte, überstieg die Kräfte der bis dahin vorhandenen Behörden. Das Land-Kultur-Edikt v. 14. Sept. 1811 hatte im §. 41. verheißen, in jedem Regierungs-Departement ein besonderes Kollegium anzu­ ordnen, welches die Landes-Oekonomie- und Kultur-Sachen ausschließlich bearbeiten und mit Räthen besetzt werden sollte, die mit vollkommener Qualifikation für solche, wissenschaftliche Bildung ver­ binden. Diese Kollegien sollten Deputationen der Provinzial-Regierungen bilden, dabei aber doch in ihren Beschlüssen von dem übrigen Kollegium unab­ hängig sein. Dasselbe Edikt verhieß ferner (im Jj. 42.) die Verbesserung des Ver­ fahrens in Gemeinheits-Theilungs-Sachen und den Erlaß einer besonderen Verordn, darüber, in welcher von dem Grundsätze ausgegangen werden sollte, daß die Besorgung des Theilungsgeschäftes selbst einem qualifizirten Oekonomie-Kommissar unter Mitwirkung eines Rechtsverständigen zu über­ tragen, und bei entstehender Annahme des Theilungsplanes über dessen Beibehaltung oder Abänderung von einer Kommission zu entscheiden sei, die aus drei Schiedrichtern aus der Zahl der sachverständigen Kreisver­ ordneten bestehen sollte. Gegen die Entscheidungen dieser Kommissionen sollte die Berufung an ein Revisions-Kollegium zulässig sein, welches aus zwei Mitgliedern des

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Von den landwirtschaftlichen Behörden und deren Organen;

Landes-Oekonomie-Kollegiums der Provinz (§. 41.), aus zwei Rathen des Oberlandesgerichts und einem der Direktoren des letzteren bestehen sollte. Gleichzeitig bestimmte das Edikt v. 14. Sept. 1811, betr. die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, im §. 59.: daß, um die schnelle und sachverständige Ausführung der durch das Ed. verordneten Maaßregeln zu befördern und zu sichern, für jede Provinz eine besondere General-Kommission ausgestellt werden solle, die sich ausschließlich mit diesen Gegenständen beschäftigen, und vorzüglich dahin wirken solle, daß die Auseinandersetzung durch gütliche Einigung der Interessenten, und in deren Ermangelung durch Kommissionen er­ folge und alle Weitläufigkeiten vermieden werden. Die durch das Land-Kultur-Edikt v. 14. Sept. 1811 (§. 41.) ange­ ordneten Landes-Oekonomie-Kollegien T) wurden indeß, da die Sonderung ihrer Verwaltungszweige von denjenigen der Regierungen mit Schwierigkeiten verknüpft war, und eine Verwickelung des Geschäftsganges herbeisührte, durch die Verordn, v. 30. April 1815 wegen verbesserter Ein­ richtung der Provinzial-Behörden1 2) (§. 10.) wieder aufgehoben, und es gingen aus ihrem Wirkungskreise zunächst die mit den Regulirungen der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse verbundenen Gemeinheit--Theilungen auf die General-Kommissionen über. 3)4 Was nun die Errichtung der hiernächst in Wirksamkeit getretetenen General-Kommissionen und der späterhin in einigen Provinzen an deren Stelle gesetzten Regierungs-Abtheilungen betrifft, so muß bei der betreffenden Darstellung der Gang der darauf bezüglichen Gesetzgebung für die verschiedenen Landestheile abgesondert vorgetragen werden. In den älteren östlichen Provinzen, welche dem Preuß. Staate nach dem Tilsiter FriedenSvertrage verblieben, nämlich den Pro­ vinzen Brandenburg, Pommern, Preußen und Schlesien, wur­ den bald nach der Publikation des RegulirungS-Edtkts v. 14. Sept. 1811 folgende General-Kommissionen errichtet: 1) zu Berlin, für den Geschäfts-Bezirk der Kurmarkischen Regierung, einschließlich der Magdeburgischen Landestheile rechts der Elbe; 2) zu Sold in, für die Neumark, mit Ausschluß des zur Provinz Pommern gelegten Kreises Dramburg-Schievelbein; 3) zu Stargard, für Pommern; 4) zu Königsberg, für Ostpreußen und Litthauen; 5) zu Marienwerder, für Westpreußen; und 6) zu Groß-Strehlitz, für Ober-Schlesien. Die Verordn, v. 20. Juni 1817 wegen Organisation der GeneralKommissionen rc. (G. S. 1817 S. 161.) bestätigte (im §. 1.) diese sechs General - Kommissionen und dehnte den Geschäftskreis derjenigen zu Groß-Strehlitz auf die ganze Provinz Schlesien, sowie den Ge­ schäftskreis derjenigen zu Marienwerder auf die zum Bromberger Reg. Departement der Provinz Posen geschlagenen Ortschaften aus. Diese Verordnung bildete zugleich die Organisation der Auseinander­ setzungs-Behörden weiter aus, ertheilte nähere Vorschriften über deren Ver­ fahren, und gränzte ihr Reffort im Verhältniß zu den ordentlichen und und Verwaltungs-Behörden genauer ab. *)

I.

1) 2) 3) 4)

Nur in Ostpreußen war ein solches errichtet worden. G. S. 1815. S. 85. Vergl. Art. 108. der Dekl. v. 29. Mai 1816. Vergl. das Nähere hierüber im Kommentar zur V. v. 20. Juni 1817.

die Provinzial-Behörden.

13

In der Folge sind bezüglich der hier erwähnten ursprünglich nur errichteten sechs General-Kommissionen folgende Aenderungen eingetreten: a) Der Wirkungskreis der General-Kommission für Ober-Schle­ sien zu Groß-Strehlitz wurde durch das Gesetz v. 7. Juni 1821 über die Ausführung der Gemeinheits-Theil.- und Ablös.-Ordn. (§. 2.) ‘) auf den Regier. Bezirk Oppeln beschränkt und für die Regier. Be­ zirke Breslau und Liegnitz, mit Ausschluß des Preuß. Antheils der Ober-Lausitz, eine besondere General-Kommission zu Breslau er­ richtet. Diese beiden Schlesischen General-Kommissionen sind demnächst in Folge der K. O. v. 18. April 1825, vom 1. Juli 1825 an, in der General-Kommission zu Breslau vereinigt worden. 1 2) b) Durch die Verordn, v. 18. Nov. 1819 3), 4 5wegen Anwendung des Regulirungs-Edikts v. 14. Sept. 1811 auf den Kottbusser Kreis (§. 1.) wurde die Ausführung dieser Geschäfte in dem erwähnten LandeStheile der General-Kommission für die Neu mark zu Soldin übertragen. Derselben General-Kommission wurden durch das G. v. 7. Juni 1821 wegen Ausführung der Gem. Theil, und Ablös. Ordn. (§. 2.) *) die zum Frankfurter Reg. Bezirke der Provinz Brandenburg gelegten ehemals Sächsischen Landestheile3) und die Ober-Lausitz, letztere zum Reg. Bezirke Liegnitz gehörig, zugelegt. Auch ward derselben durch das G. v. 21. Juli 1821, wegen Anwendung des Regulirungs-Edikts vom 14. Sept. 1811 auf die Ober- und Nieder-Lausitz und das Amt Senftenberg (§. 8.) 6) die Ausführung der Regulirungen in den ge­ nannten Landestheilen übertragen. 7) c) Durch die Verordn, v. 27. Juni 1840 8)9 wurde die General-Kom­ mission zu Soldin gänzlich aufgehoben und mit der Regierung zu Frankfurt vereiniget; der §. 2. derselben Verordn, hat indeß hiervon die Ausführung der Landeskulturgefetze in der Ober-Lausitz ausgenom­ men, welche der General-Kommission zu Breslau übertragen worden ist. d) Die übrigen Landestheile des Herzogthums Sachsen3), ingl. das Gebiet Erfurt und Amt Wandersleben, ferner die vormals Großherzoglich Sachsen-Weimarschen und Fürstlich Schwarz­ burg sch en, der Provinz Sachsen einverleibten Ortschaften, wurden durch das G. v. 7. Juni 1821 über die Ausführung der Gem. Theil, u. Ablös. Ordn.10) (§. 2.) der General-Kommission für die Kurmark zu Berlin überwiesen.

1) G. S. 1821. S. 84. 2) Bergt. R. des Min. des I. v. 25. April 1825 (in den Akten des Min. des I., betr. die Organisation der Gen. Komm, ui Breslau, Nr. 2. Vol. II.) u. Publik, der Gen. Komm, für Schlesien v. 21. Juli 1825 (im Breslauer Amtsbl. 1825. S. 357.) 3) G. S. 1819. S. 249, s. in Bd. I. S. 17. 4) G. S. 1321. S. 84, s. in Bd. I. S. 17. 5) Dies sind namentlich die Nieder-Lausitz und daS Amt Senftenberg. 6) G. S. 1821. S. 110 ff., s. in Bo. I. S. 17. 7) Durch die K. O. v. 1. Dec. 1830 ist späterhin die Bearbeitung der Aus­ einandersetzungen in der Grafschaft Muskau in der Ober-Lausitz und in den Branizschen Gütern im Kottbuser Kreise (auf Antrag des Fürsten PücklerMuskau) der Gen. Komm, zu Breslau delegirt worden. (R. des Min. des I. v. 14. Dec. 1830 u. v. 16. März 1831 in den Min. Akt.: GemeinheitS-AuSeinandersetzungen in Schlesien, Nr. 26. Vol. II.) 8) G. S. 1840. S. 132, f. Bd. I. S. 27. 9) Nämlich der nach dem Friedens-Verträge v. 18. Mai 1815 (G. S., S. 53. Art. 2. u. 4.) an Preußen abgetretene Gebietstheile. 19) G. S. 1821. S. 84.

14

Von den landwirtschaftlichen Behörden und deren Organen;

Späterhin ist indeß auf den Antrag der Stände der Provinz Sachsen, mittelst K. O. v. 22. Sept. 1826 und durch R. des Min. deß 3. v. 8. Dec. 1826 *) die Leitung der Gemeinheitstheilungen, die Regulirung der gutsherrlich'-bäuerlichen Verhältnisse, ingleichen der Ablösungen von Diensten, Natural-Leistungen u. s. w., welche bisher der General-Kommis­ sion zu Berlin in einem Theile der Provinz Sachsen?) übertragen war, der General-Kommission zu Stendal überwiesen worden. e) Der General-Kommission zu Stargard ist durch das Gesetz vom 2. März 1850 bett, die Ablösung der Reallasten und die Regulirungen der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, §. 114., die Ausführung dieses Gesetzes in dem Reg. Bezirke Stralsund, und durch die Gemeinbeits-Theil.-Ordn. v. 19. Mai 1851 für die Rheinprovinz, sowie für Neu-Vorpommern und Rügen, §. 26., die Ausführung der darin erwähn­ ten Geschäfte für Neu-Vorpommern und Rügen übertragen worden. II. Das Großherzogthum Posen und die mit Westpreußen wiedervereinigten Distrikte, den Kulm- und Michelauschen Kreis und das Gebiet der Stadt Thorn, sowie das Landgebiet der Stadt Danzig betreffend. 1) Die Ausführung des Gesetzes v. 8. April 1823 wegen Anwendung deS Regulirungs-Edikts v. 14. Sept. 1811 und der Ablösungs-Ordnung v. 7. Juni 1821 aus daS Land gebiet der Stadt Danzigs), desgl. der Gemeinheits-Theil.-Ordn. v. 7. Juni 1821, in dem Danziger Gebiete, wurde durch das ersterwähnte Gesetz (§. 15.) der General-Kommission zu Marienwerder übertragen. 2) Hinsichtlich der übrigen oben genannten Landestheile wurde durch das G. v. 8. April 1823 wegen Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse im Großherzog thu me Posen, und den mit Westpreußen wieder vereinigten Distrikten*) (§. 111.) eine besondere General-Kommission zu Posen errichtet. Der hiernach bestimmte Kompetenz-Bezirk der Generat-Kommission zu Posen hat einige Abänderungen erlitten. a) Durch die K. O. v. 20. Juli 1823 5) wurde für den alten Kulm- und Michelauschen Kreis, welche seit 1815 wieder mit Westpreußen vereiniget waren, und für denjenigen Theil des Thorner Gebietes, welcher zum alten Kulm- und Michelauer Kreise gehörte, die General-Kommission zu Marienwerder derjenigen zu Posen substitum. b) Da die durch die B. v. 30. April 1815 angeordneten Bestim­ mungen über den Umfang und die Begränzung der Provinz Posen nicht vollständig zur Ausführung gelangten, sondern mehrere Distrikte und Ortschaften (in Folge der K. O. v. 31. Jan. 1816) von dem Bromberger

1) Bergt, das R. v. 8. Dec. 1826 in den A. X. 1029., s. in Sb. I. S. 22, deSgl. das Publik, v. 16. Dec. 1826 im Magdeburger AmtSbl. 1826. S. 417. 2) Die betr. Landestheile sind folgende: das Herzogthum Sachsen, mit Aus­ schluß der zu anderen Provinzen gelegten Theile (der beiden Lausttzen, der Herr­ schaft Baruth, der Aemter Jüterbogk, Dahme, Belzig und Senftenberg), das Er­ furtische Gebiet, die ehemals Sachsen-Weimarischen und Schwarzburgischen Ort­ schaften, sowie die beiden Jerichowschen Kreise auf dem rechten Elbufer. 3) Bergt. G. S. 1823 S. 73, s. in Bd. I. S. 18. 4) G. S. 1823. S. 49. 5) Bergt. R. des Min. des 3. v. 29. Juli 1823 u. v. 13. Febr. 1825 in den Min. Akt.: Regulirungen. Gen. No. 19. Vol. I. und Publik, der Reg. zu Po­ sen im dortigen Amtsbl. 1823. S. 432.

die Provinzial - Behörden.

15

zum Marienwerderschen Reg. Departement1), andere dagegen vom Marienwerderschen zum Bromberger Reg. Departement2) geschlagen wurden 3), so wurden die ersteren dem Bezirke der General-Kommission zu Marien­ werder, die letzteren dagegen derjenigen zu Posen beigelegt. 4) c) Die Leitung der Auseinandersetzungen in den Ortschaften Schermeisel mit den Vorwerken Brückenhof und Niederhof und dem Gute Grochow (welche, in Folge der oben erwähnten Gränzbestimmung, zum Frankfurter Reg. Bezirke gelegt worden sind), ist auf die GeneralKommission der Neumark übertragen worden.5)6 III. Die Provinzen Sachsen und Westphalen und einen Theil der Rheinprovinz betreffend. 1) Durch das G. v. 25. Sept. 1820 wegen der in Magdeburg und Münster zu errichtenden General-Kommissionen3) wurde die Ausführung des gleichzeitig erlassenen Gesetzes v. 25. Sept. 1820 betr. die gutsherr­ lichen und bäuerlichen Verhältnisse in den vormals zum Königreiche Westphalen, zum Großherzogthum Berg, oder zu den Franzö­ sisch-Hanseatischen Departements gehörenden Landestheilen 7): a) der zu errichtenden General-Kommission zu Münster für die oben gedachten Landestheile, welche zur Provinz Westphalen und zur Rheinprovinz gehören, b) der zu errichtenden General-Kommission zu Magdeburg für die obgedachten Landestheile, welche zur Provinz Sachsen gehören, übertragen. Durch die K. O. v. 23. Aug. 1821 wurde demnächst der Sitz der letztgenannten General - Kommission von Magdeburg nach Stendal verlegt.8) Das G. v. 25. Sept. 1820 (G. S. 1820 S. 185. Nr. 624.) regelte zugleich das Verfahren und die Kompetenz der beiden genannten GeneralKommissionen.

1) Dieö waren folgende: der Antheil der Herrschaft VandSburg und Zemyelburg, der Antheil der Komierowoschen Güter, der Antheil der Waldauschen Güter, das adliche Gut Waldowke nebst Zubehör und die Dorfschaft Wilkows nebst Eiosek-Mühle. 2) Dies waren: a) ein Theil des Kroner und Kamminer Kreises, nämlich die Westpreuß. An­ theile der Herrschaft Filehne, des Amtes Schönlanke und der Schönlanker Forst, der Herrschaft Behle, des Amtes Zelgniewo und die Zelegniewoer Forst, und der Herrschaft Ratai-Lobsens; b) vom Thorner Kreise der zu dem Kawenzkyschen Gütern gehörige WygodaKrug. 3) Bergl. Publik, der Reg. zu Marienwerder v. 20. Dee. 1817 in Beilage zu Nr. 52. des Marienwerderschen AmtSbl. und Beilage zu Nr. 51. des Brom­ berger AmtSbl. 1817. 4) Durch R. des Min. des I. v. 29. März 1837 und K. O. v. 12. Juni 1838 ist die Leitung sämmtlicher Auseinandersetzungen der Herrschaft Fi­ lehne der Gen. Komm, zu Posen übertragen worden. (R. des Min. deS I. u. der I. v. 9. Juli 1838 in den Akten des Min. des I.: Regulirungen und Ablö­ sungen, Posen, Nr. 5. Vol. III.) 5) R. der Min. des I. u. der I. v. 30. Juli 1829 in den Akten des Min. des I.: Regulirungen. Gen. No. 19. Vol. I. 6) G. S. 1820. S. 185. Nr. 624., f. in Bd. I. S. 19. 7) G. S. 1820. S. 169. Nr. 623., f. in Bd. I. S. 19. 8) Bergl. Publik, der Gen. Komm, zu Stendal v. 10. Juli 1821 im Mag­ deburger AmtSbl. 1821. S. 189.

16

Von den landwirtschaftlichen Behörden und deren Organen;

Mit Publikation der Gemeinheits-Theil.-Ordn. v. 7. Juni 1821 für alle Landestheile, wo das A. L. R. gilt, wurde auch deren Ausführung den General-Kommissionen zu Magdeburg (später zu Stendal) und zu Münster durch daö G. v. 7. Juni 1821 wegen Ausführung der Gem. Theil. Ordn, von demselben Tage, §. 1. (G. S. 1821 S. 83. Nr. 652.) für ihre Bezirke übertragen, der ersteren jedoch nur in denjenigen Thei­ len der Provinz Sachsen, in welchen die Ausführung nicht der Kurmär­ kischen General-Kommission zu Berlin beigelegt war. Die K. O. v. 22. Sept. 1826 und das R. des Min. des I. v. 8. Dec. 1826 bestimmten indeß später, daß auch die bisher von der General-Kom­ mission zu Berlin in einem Theile der Provinz Sachsen bearbeiteten Auseinandersetzungs- und Gemeinheitstheilungs-Geschäfte auf die GeneralKommission zu Stendal übergehen sollten. (Vergl. oben sub I. ad d., Seite 13—14. Das G. v. 25. Sept. 1820 wegen der gutsherrlich - bäuerlichen Ver­ hältnisse wurde demnächst einer Revision unterworfen und durch die, an dessen Stelle tretenden, drei Gesetze v. 21. April 1825 über die den Grund­ besitz betr. Rechtsverhältnisse und über die Realberechtigungen in den er­ wähnten LandestheilenJ) (§§. 95. 98. u. rest). 122.) aufgehoben, die Ausführung aller Gegenstände der drei Gesetze v. 21. April 1825 aber und der vorbehaltenen Ablösungs-Ordn. (welche demnächst unterm 13. Juli 1829 erging) den General-Kommissionen zu Münster und Stendal auf gleiche Weise und mit gleichen Rechten übertragen, wie dies in Beziehung auf Gemeinbeits-Theilungen nach dem G. v. 7. Juni 1821 geschehen war. Durch die V. v. 30. Juni 1834 wegen des Geschäftsbetriebes rc. (G. S. 1834 S. 96.) ist indeß später die Kompetenz und daß Verfahren der Auseinandersetzungs-Behörden allgemein und genauer bestimmt worden. Für die Grafschaften Wittgenstein-Wittgenstein und Witt­ genstein-Berleburg (Provinz Westpbalen) wurde demnächst das G. v. 22. Dec. 1839, betr. die dortigen Rechtsverhältnisse über den Grundbesitz und die Ablösung der Reallasten 2) erlassen, welches die Ablösung von Reallasten der Hintersassen der dortigen Standesherrschasten der Wittgensteinschen Tilgungs-Anstalt unter Direktion der Regierung zu Arnsberg übertragen (§. 3.), im Uebrigen aber die General-Kommission zu Mün­ ster mit der Ausführung des Gesetzes beauftragt hat (§. 36.). Durch das G. v. 18. Juni 1840, über die Rechtsverhältnisse des Grundbesitzes und über die Ablösung der Realberechtigungen in dem Fürstenthum Siegen ^) (§. 4.) ist die Ausführung dieses Gesetzes gleich­ falls der General-Kommission zu Münster übertragen worden. Eben dieser Behörde ist durch die beiden Gesetze v. 18. Juni 1840 über die den Grundbesitz betr. Rechtsverhältnisse im Herzogthum West­ phalen^) und über die Ablösung der Reallasten in demselben 5) die Ausführung dieser Gesetze aufgetragen worden. Ferner ist der General-Kommission zu Münster durch das ), (Mn. Bl. d. i. V. 1845 S. 172 Nr. 200.), ist zu unterscheiden, ob mit den städtischen Gebäuden rc. auch Grundstücke, auf der Feldmark veräußert werden. Für letztere gilt das G. v. 3. Jan 1845, während in Betteff jener (der Gebäude) noch zu beachten sind: a) das R. des Min. des I. u. d. P. (an den Magistrat zu Berlin) v. 6. Aug. 1838 (v. K. Annal. Bd. 22. S. 616—618) 1 2), worin zwar die Ansicht, daß es bei Parzellirungen einer vorläufigen Anzeige bei der Ortspolizei-Behörde und der Einholung ihrer zustimmenden Erklärung be­ dürfe, ebenfalls verworfen, aber bemerkt ist, daß die dem öffentlichen In­ teresse aus der Parzellirung drohenden Nachtheile durch gehörige Anwen­ dung der baupolizeilichen Vorschriften verhütet werden könnten und eS Sache des Parzellen-Erwerbers sei, sich über die Zulässigkeit der Bebauung rechtzeitig Gewißheit zu verschaffen. b) Das R. des Justiz-Min. v. 14. Okt. 1839, mitgetheilt durch das R. des Min. des I. u. d. P. v. 28. ej. m. (v. K. Annal. Bd. 22. S. 618) 3), wonach die Notare und Richter angewiesen sind, die Kontra­ henten darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich bei der Polizei-Behörde zuvor davon unterrichten mögen, was etwa der mit der Parzelle beabsich­ tigten Disposition, insbesondere ihrer Bebauung, entgegenstehe. c) Das R. des Min. des I. v. 24. Okt. 1845 (Min. Bl. d. i. V. 1845 S. 316 Nr. 352 ) 4), welches bestimmt, daß auch in Betreff der Abttennung der Höfe die Beschränkungen gelten, welche die §§. 66—69. Tit. 8. Th. I. des A. L. R. vorschreiben. 7) Zu den §§. 1—3. und §. 6. des Landkult. Ed. v. 14. Sept. 1811. a) Vergl. Abschn. I. Kap. 2. sub II.'(oben S. 117 ff.) und Kap. 3. Tit. 1. (oben S. 125 ff.). b) An die Stelle des $. 2. des Kult. Ed. ist der $. 93. des Abl. G. v. 2. März 1850 getreten, nachdem die Erbpachtsgerechtigkeit durch den 8- 2. Nr. 2. dieses Ges. in Eigenthum verwandelt und der 8- 29. mit der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821 selbst aufgehoben ist; welches auch der Fall ist mit der V. v. 31. Mai 1816 (G. S. 1816 S. 181), wonach Erb­ pacht-Zinsen an Religions-, Unterrichts-, Erziehungs- und WohlthätigkeitSAnstalten nur mit Einwilligung der Obern und Vorsteher solcher Anstalten vertragsmäßig abgelöst werden dürfen. (Vergl. oben Abschn. I. Kap. 3 Tit. 2. Stück I. sub II. S. 133 ff.).

1) Vergl. in Bd. I. S. 126. 2) Vergl. in Bd. I. S. 119. 3) Vergl. in Bd. 1. S. 120-121. 4) Vergl. ebendas. S. 121.

Zertheilung von Grundstücken u. Gründung neuer Ansiedelungen.

171

II Erläuterungen zu dem Gesetze v. 3. Jan. 1845, 6eit. die Zer­ theilung von Grundstücken und die Gründung neuer Ansiede­ lungen l)/ sowie zu dem Gesetze vom 24. Febr 1850 wegen Abänderung einiger Bestimmungen desselben. 2)3 4 A.

Zum Gesetze v. 3. Jan. 1845.

Zur Einleitung. Weshalb das Gesetz auf die sechs östlichen Provinzen (übrigens mit Ausschluß von Neu-V orvommern, wo das A. L. R. nicht gilt) beschränkt blieb, ist bereits oben bei dessen Entstehungsgeschichte entwickelt worden, (s. oben S. 150 ff.)

Zum §. 1. 1) Auf welche Veräußerungs - Verträge der Begriff einer Dismembra­ tion überhaupt anzuwenden, ist im Gesetze nicht näher angegeben. Es be­ stimmt sich dies theils durch das rechtliche Besitz- und Steuer-, theils durch das Hypotheken-Verhältniß. Das R. des Justiz-Min. v. 24. Dec. 183 2 (v. K. Jahrb. Bd. 40. S. 471) begreift unter einer Dismembration auch die Abveräußerung einzelner auf demselben Hypotheken-Folium einge­ tragener Wandeläcker, ingl. zu Rittergütern geschlagener Bauerhöfe; wäh­ rend eine Abgaben-Bertheilung durch die Administrativ-Behörden nur ein­ zutreten hat, wenn eine Vermischung der Grundstücke, der Rechts- und Leistungs-Verhältnisse derselben vorher stattgefunden hatte; im entgegen­ gesetzten Falle würde ein Attest der Regierung an die Stelle des AbgabenThellungs-Planes treten. (C. R. d. Min. des I. v. 13. März 1846 sub Nr. 2. — Min. Bl. d. i. V. 1846 S. 41 Nr. 56.) 8). 2) Auf Gebäude, Bauplätze, Hofstellen und Gärten innerhalb einer Stadt oder Vorstadt findet das G. v. 3. Jan. 1845 keine Anwendung. (Vergl. R. des Min. des I. v. 12. Juli 1845. Min. Bl. d. i. V. 1845 S. 172). *) Eine solche Ausnahme hatten im Allgemeinen mehrere provinzialstän­ dische Versammlungen beantragt; sie beruht auf der Rücksicht für den viel lebhafteren Verkehr mit dergl. Grundstücken und der Begünstigung dieses städtischen Verkehrs und des städtischen Gewerbes; in manchen Städten ist auch durch specielle Verordnungen für die Vertheilung der öffentlichen Reallasten, der Grundsteuer und städtischen Kommunal-Leistungen, dergl. hin und wieder auch auf Häusern u. s. w. ruhen, gesorgt. WaS zur Stadt und Vorstadt, (deren Häusern, Gehöften, Bauplätzen und damit unmittelbar verbundenen Gärten), gehört, ist in jedem Falle nach der Oertlichkeit, von den Kommunal-Behörden, unter Aufsicht und Entscheidung der Regierung, event, durch besondere Orts-Statuten zu be­ stimmen. 3) Auf die mit städtischen Häusern rc. zugleich diSmembrirten Feld-

1) 2) 3) 4)

Vergl. Bergl. Bergl. Vergl.

in Bd. I. S. 121 ff. ebendas. S. 155 ff. in Bd. I. S. 127. ebendas. S. 126.

172 Don d. Beseitigung d. Beschränk, u. Hindernisse d. Landes-Kultur :

Aecker und Wiesen findet das G. v. 3. Jan. 1845 Anwendung, auch wenn diese mit jenen auch pertinentialiter verbunden sein sollten. !) Dagegen bestehen wegen Dismembration der int $. 1. gedachten städti­ schen Grundstücke, (der Häuser, Gehöfte, Baustellen und Gärten innerhalb einer Stadt oder Vorstadt), die früheren Anordnungen fort, mithin auch die Verbindlichkeit des Dismembranten zur Anzeige von der Parzellirung an die Behörde (Stadt-Magistrat).-) Indeß find die Magistrate von dieser Anzeige der vorzunehmenden Parzellirung städtischer Grundstücke bei der Landespolizei-Behörde entbunden, ausgenommen, wenn darauf Grund­ steuer für den Staat haftet. Im letzteren Falle soll die Regulirung durch die Regierung eintreten, welche indeß den Magistrat damit beauftragen kann. (R. v. 12. Juli 1845 3 1).2 Zu §§. 2. und 3.

Nach §. 2. des Ges. v. 3. Jan. 1845 konnten Dismembrations - Ver­ träge bei Strafe der Nichtigkeit (§. 3. a. a. O.) nur vor dem Richter der belegenen Sache geschlossen werden, also auch nicht vor Notaren. Durch die V. v. 2. Jan. 1849 wegen Aufhebung der Privat-Gerichtsbarkeit rc., §. 31. (G. S. 1849 S. 10) wurde indeß gestattet, dergl. Ver­ träge rechtsgültig auch vor Notarien aufnehmen zu lassen, welche alsdann nur verpflichtet sein sollten, dergleichen Verträge demjenigen Gerichte, von welchem das Hypothekenbuch des zertheilten Grundstückes geführt wird, so­ fort nach der Aufnahme einzusenden. Der §. 1. des G. v. 24. Febr. 1850 bat jedoch die §§. 2—5. des G. v. 3. Jan. 1845 aufgehoben und damit den vor dem Erlasse dieses letzteren Gesetzes bestandenen Rechtszustand wieder hergestellt, wonach nicht blos alle Gerichte und Notare Dismembrations-Verträge aufnehmen dürfen, son­ dern auch die an sich gültigen Privat-Verträge rechtsverbindlich und klag­ bar sind. Nur die in der Zwischenzeit seit dem Erlasse der V. v. 2. Jan. 1849 bis zur Publikation des G. v. 24. Febr. 1850 geschloffenen PrivatParzellirungS - Verträge unterliegen der Nichtigkeit. (Vergl. die Erk. des Ob. Trib. v. 8. Febr. 1849 und v. 27. Okt. 1851 in Striethorst's Archiv Bd. 1. S. 21 Nr. 7. und Bd. 3. S. 162 Nr. 32). Die zum $. 2. des Ges. v. 3. Jan. 1845, unterm 7. Aug. 1846 (G. S. 1846 S. 395) erlassene Deklaration, wonach in allen Fällen, in welchen nach §. 2. die Wirksamkeit mehrerer Gerichte als Hypothekenbuch­ führender Behörden eintritt, jedes dieser Gerichte zur Aufnahme des Dis­ membrations-Vertrages befugt sein, dasjenige Gericht aber, vor welchem oder vor dessen Kommiffarius die Ausnahme des Vertrages erfolgt, alsdann den übrigen betheiligten Gerichten von dem abgeschlossenen DiSmembrationsVertrage Mittheilung machen sollte", ist gleichzeitig mit den $§. 2—5. G. v. 3. Jan. 1845 durch das G. v. 24. Febr. 1850 beseitiget.4) (Vergl. oben Abschn. I. Kap. 3. Tit. 2. Stück 3. sub III. S. 149 ff.).

1) Vergl. Jur. Wochenschr. 1846. S. 187—188 über die Frage, ob das G. v. 3. Jan. 1845 auf städtische Grundstücke in dem Falle Anwendung findet, wenn solche mit einem Grundstücke außerhalb der städtischen Feldmark verbunden find. 2) Vergl. die Erläut. und Bemerk, zum §. 4. des Gd. v. 9. Okt 1807, oben C. 168, u. das R. v. 12. Juli 1845, f. in Bd. I. S. 126. 3) Vergl. in Bd. I. S. 126. 4) a) Ebenso erledigt fich das R. des Just. Min. v. 1. Juli 1846 (Just. Min. Bl. S. 114), betr. die Befugniß der Kreis-Justiz-Räthe zur Aufnahme von

Zertheilung von Grundstücken u. Gründung neuer Ansiedelungen.

Zum

173

6.

Der 8- 6. ist durch das G. v. 24. Febr. 1850 nicht aufgehoben. Der Hypothekenrichter kann, nach §. 2. dieses letzteren G., sofort nach gültig aufgenommenem Dismembrations-Vertrage, die Abschreibung und Berichti­ gung des Besitztitels für die Trennstücks-Erwerber im Hypothekenbuche vornehmen, indem diese Operationen fortan von der vorausgegangenen Regulirung der öffentlichen Abgaben-Verhältnisse unabhängig sind. Der Anweisung des §. 6. muß — gemäß Ordre v. 6. Okt. 1833 — noch jetzt genügt werden, cs wäre denn, daß alle Betheiligte bei dem nach §. 91. Tit. II. der Hyp. O. zu veranlassenden Regulativ darauf verzichten und sonach die Voraussetzung und Tendenz der Bestimmung des §. 6., die Sicherstellung der Realberechtigten, einer übereinstimmenden Erklärung aller Interessenten zufolge, fortfiele. In Ermangelung eines Abkommens erfolgt einstweilen bis zur Fest­ setzung des Planes, resp, bis zur Vertheilung nach §. 93. des Ablös. Ges. v 2. März 1850 die solidarische Uebertragung aller Jngroffate. (§. 24. des G. v. 3. Jan. 1845 u. §. 93. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850).

Zn 88» 7* und 8. 1) Die Bestimmung, wonach „die Abschreibung der Trennstücke im Hypothekenbuche und deren Uebertragung auf ein anderes Folium, sowie die Berichtigung des Besitztitels für den Trennstücks-Erwerber erst alsdann geschehen darf, wenn die Abgaben und Leistungen, welche die Natur öffent­ licher Lasten haben, definitiv oder interimistisch durch die Regierung regulirt sind", ist nach §. 2. des G. v. 24. Febr. 1850 aufgehoben. Die Ab­ schreibung und Besttztitelberechtigung kann mithin jetzt sofort erfolgen. Doch bleiben die Anweisungen wegen Vermittelung eines Regulativs nach §. 91. Tit. II. der Hyp. O. für die Hypotheken-Gerichte in Kraft. (Vergl. oben Abschn. I. Kap. 3. Tit. 2. Stück 3. sub III. S. 149—150). 2) Gegenstand des Ges. v. 3. Jan. 1845 ist lediglich die Regulirung und Vertheilung solcher auf dem dismembrirten Grundstücke haften­ der oder in Rücksicht auf dessen Besitz zu entrichtender Abgaben und Lei­ stungen, welche die Natur öffentlicher Lasten haben, einschließlich

DismembrationS-Verträgen, burcb die Aufhebung des erimirten Gerichtsstandes der Rittergüter und ihrer Besitzer zufolge V. v. 2. Jan. 1849. b) Bereits in den R. des Just. Min. v. 12. Juni 1835 (Jahrb. Bd. 45. S 510), und v. 23. Juni 1846 (Min. Bl. d. i. V. 1846. S. 112. Nr. 172. u. Just. Min. Bl. 1846. S. 123. Nr. 38.) war die Zusendung des DismembratiouSVertrageS resp, von den Gerichten und Notarien an den Landrath, beziehungs­ weise den Magistrat (br. m. unter Kouvert und mit Bemerkung dieser Uebersendung auf den für die Partheien bestimmten Ausfertigungen) angeordnet; vice versa auch die Zusendung des RegulirungSplans an die Hypotheken-Behörden durch das C, R. des Min. des I. v. 13. März 1846. (Min. Bl. d. i. V. 1846. S. 40. Nr. 56., s. in Bd. I. S. 127 —128.). Diese letztgedachte Anordnung des Min. des I. ist nicht zurückgenommen und die Mittheilung des RegulirungSplans an den Hypothenrichter insbesondere alsdann zweckmäßig, wenn, wie nicht selten der Fall, öffentliche Abgaben, z. B. an Kirchen, Pfarren, Schulen, im Hypothekenbucke eingetragen sind. Die Auseinandersetzungs-Behörden sind übrigens stets verpflichtet, die von ihnen bestätigten Neceffe den Hypotheken-Be­ hörden zu übersenden. (§§. 196. 197. der V. v. 20. Juni 1817 u. §§. 57. 61. 62, der V. v. 30. Juni 1834.)

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Von d. Beseitigung d. Beschränk, u. Hindernisse d. LandeS-Kultur;

der auS dem Gemeinde-, Kirchen-, Pfarr- oder Schul-Verbande entsprin­ genden oder sonstigen Korporations- oder Societäts-Lasten. ($. 7. Nr. 1. $. 9. a — f.). Zu der im $. 7. Nr. I. gedachten Regulirung und in den von dem Landrathe, resp, der von ihm beauftragten Orts-Obrigkeit anzulegenden, von der Regierung, als Landespolizei-Vehörde, zu bestätigenden Plan, gehört daher die Repartition von Realberechtigungen privat­ rechtlicher Natur — von Diensten, Zehnten, Laudemien, Renten, wie anderen Leistungen an Gutsherrschaften — an sich nicht; die Vertheilung, beziehungsweise Ablösung derselben, fällt den Auseinandersetzungs-Behörden anheim, hinsichtlich deren Kompetenz- und Ressort-Verhältnisse daö Ges. v. 3. 3an. 1845 nichts geändert hat. (§. 8. Abs. 3. des G. v. 3. Jan. 1845). (Vergl. oben Abschn. I. Kap. 3. Tit. 2. Stück 1. snb I. ad 3. S. 130—133 u. sub II. S. 133—136.). 3) Das C. R. des Min. des I. v. 13. März 1846 ad 1. (Min. Bl. d. i. V. S. 40 Nr. 56.) *) verfügt, daß auf erhaltene Kenntniß von einem Dismembrations-Geschäfte die Regulirung der im §. 7. Nr. 1. und §. 25. des Gesetzes bezeichneten Verhältnisse von Amts wegen erfolgen muffe, ohne daß dieserhalb erst Anträge der Kontrahenten oder Berechtigten abzuwarten sind. Uebereinstimmend damit wiederholt das R. des Min. des I. v. 30. Nov. 1847, (M. Bl. d. i. D. 1847 S. 329 Nr 401.) 1 2), „daß die Regulirung der im §. 7. Nr. 1. des Gesetzes bezeichneten Verhältnisse von Amts weg en zu bewirken sei, sobald die erfolgte Dismembration auf irgend eine Weise zur Kenntniß der Landräthe oder Magisträte gelangt", welches auch der $. 3. (in fine) des G. v. 24. Febr. 1850 bestätigt.3)

1) Bergl. in Bd. I. S. 127-128. 2) Vergl. in Bd. I. S. 128. 3) (Zn den Zusätzen ad 2. u. 3.) a) Bereits das R. der Min. d. C. und des I. v. 8. Aug. 1842 (Min. Bl. d. i. B. 1842. S. 347. Nr. 476.) sprach auS: a) daß die der Landespolizei-Behörde von jeder Dismembration zu machende Anzeige hauptsächlich den Zweck habe, die Behörde in den Stand zu setzen, nicht nur die Staats^ und sonstigen öffentlichen Abgaben ordnungsmäßig zu vertheilen, sondern auch alle sonstigen durch die Dismembration alterirten Verhältnisse, insbesondere die Verhältnisse der Parzellen-Erwerber zur Kom­ mune, zum Parochial- und Schulverbande, unter Zuziehung der Vertreter derselben, dergestalt zu reguliren, daß aus der Dismembration weder Nach­ theile für die gedachten Korporationen, noch Störungen oder Verwickelungen hervorgehen; ß) daß zwar die Befugniß zur Entscheidung über die Vertheilung der für die gedachten Korporationen und Institute auf den dismembrirten Grundstücken haftenden Abgaben sich auf diejenigen beschränke, welche nicht auf speciellen (Privat-) Rechtstiteln beruhen und im Hypothekenbuch nicht eingetragen stehen; die Landespolizei-Behörde jedoch, vermöge ihres Aufsichtsrechts, so befugt, als verpflichtet sei, dafür zu sorgen, daß die Interessen der berech­ tigten Institute und die denselben zustechenden Gerechtsame auch bezüglich der eingetragenen Abgaben gehörig wahrgenommen werden, weshalb die Vereinbarung von der Polizei-Behörde auch auf dergleichen einge­ tragenen Abgaben auszudehnen sei. b) Allerdings unterscheidet das G. v. 3. Jan. 1845 in Betreff der den Polizei-Behörden obliegenden Verpflichtung zur Feststellung der Regulative über die Vertheilung der Abgaben, nicht zwischen eingetragenen und nickt eingetragenen, sondern nur zwischen Abgaben und Leistungen, welche die Natur öffentlicher Lasten haben, mithin solchen, welche — abgesehen von den Grundsteuern an den Staat — auS einem Gemeinde­ oder Korporations- Verbände entspringen, und solchen, welche auf einem

Zertbeilung vsn Grundstücken u. Gründung neuer Ansiedelungen. 175

4) Nach dem C. R. des Justiz-Min. v. 5. Okr. 1848 (I. M. Bl. 1848 S. 337 Nr. 77. u. Min. Bl. d. i. B. 1849 S. 98), mitgetheilt durch da- C. R. des Min. für landwirthschastl. Ang. v. 15. Mai 1849 (Min. Bl. d. i. B. 1849 S. 98 Nr. 43.), welches hauptsächlich den Aus­ tausch verschiedener Parzellen gegen einander nach dem Ges. v. 13. April 1841 (G. S. 1841 S. 79) behandelt, ist die Parzellirung sowohl deS einen wie des andern Grundstücks als eine unter das G. v. 3. Jan. 1845 8. 7. fallende Zertheilung anzusehen und danach das Abgaben-Verhältniß

Privatrechtstitel, — z. B. dem qutsherrlichen Berhältnisse, — beruhen. Beson­ ders aber bei den Abgaben an Kirchen, Pfarren und Schulen ist die Natur und der Entstehung-grund oer Abgaben und Leistungen häufig zweifelhaft und eS find neuerlich bei Regulirung der Hypothekenbücher auch wohl manche Abgaben öffent­ licher Natur, jedenfalls aber solche in die Hypothekenbücher eingetragen, welche nach §. 48. Tit. I. der Hyp. O- einer Eintragung nicht bedurften. Ueberdieß ist die Regierung — Domainen- resp, geistliche Abtheilung — (nach §§. 65. n. 66. der V. v. 20. Juni 1817, §. 39. der V. v. 30 Juni 1834, § XI. der K. O. v. 31. Dec. 1825, s. oben Abscbn. I. Kap. 3. Tit. 2. Stück I. sub 1. ad 3. S. 130 ff. und sub II.,,S. 133 ff), zur Verkeilung resp. Ablösung auch von Abgaben aus Privatrechtstiteln an Stelle der ordentlichen Auseinandersetzungs-Behörde kompetent, in sofern die Abgaben den unter ihrer Oberaufsicht und unmittelbaren Verwaltung stehenden Kirchen, Pfarren und Schulen oder anderen Korporationen und Societä­ ten, wie den Domainen, zustehen; aus beiderlei Gründen daher ihre Kompetenz, die Regulirung auf die eingetragenen Parocbiast und Schul-Abgaben auszudehnen, auch fernerhin unbedenklich. Sofern jedoch über die Vertheilung von dergleichen Abgaben und Privatrechts­ titeln Streit entsteht und eine Entscheidung nothwendig wird, tritt die Kompetenz der ordentlichen Auseinandersetzungs-Behörde ein. (Vergl. die obigen Allegate.) Abgaben und Leistungen an Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen, welche nicht die Verpflichtung zur Erbauung oder Unterhaltung der Kirchen-, Pfarr- u. Schulgebäude zum Gegenstände haben und nickt deshalb von der Anwendung des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 ausgeschlossen sind (§. 6. deff.), fallen nach §. 65. — abgesehen nur von ihrer definitiven Ablösung durch Kapital, die für jetzt nickt zulässig ist, — unter da- Ablös. Ges. v. 2. März 1850 und haben danach die Natur von privatrechtlicken angenommen. c) Uebrigens sanktionirte der §. 7. Nr. 1. des Gesetzes nur die bisherige praktische Behandlung, welche sich bereits in früheren Reskripten mehrfach ausge­ sprochen fand. (Vergl. u. a. R. des Fin. Min. v. 10. Juli 1817, v. K. Annal. Bd. 2. S. 35, C. R. des Min. d. K. u. des I. für H. u. G. v. 21. Mai 1833, V. K. Annal. Bd. 17. S. 351, R. des Min. des I. u. der F. v. 10. Febr. 1825, v. K. Annal. Bd. 9. S. 46, und R. d. Min. des I., landwirthschastl. Abth. v. 7. Okt. 1840, Min. Bl. d. i. V. 1840 S. 394.) Diese Erlasse gingen davon aus, daß die im Interesse des Gemeinwesens nothwendig erachtete Regulirung der öffentlichen Rechtsverhältnisse, welcke durck die Grundstücks-Theilung alterirt wer­ den, den Behörden als Organen der öffentlichen Ordnung von Amtswegen obliege und daß es den Partheien weder überlassen, noch zngemuthet werden könne, eine Nackweisung aller auf dem zertheilten Gute hastenden öffentlichen Lasten und Ab­ gaben, sowie einen Entwurf zum VertheilungSplane selbst anzufertigen und zu überreichen. (Vergl. auch das frühere R. v. 11. Aug. 1832, v. K. Annal. Bd. 21. S. 651.) Bei der Verfassung in Betreff der Kommunal- und SocietätS-Lasten, nach ihrer historischen Entstehung und den desfalls geltenden Observanzen auf dem Plat­ ten Lande der östlichen Provinzen, beim Mangel allgemeiner Principien über die Beitragspflicht nach dem Maaße der Prästations-Fähigkeit und der direkteu Staats­ steuern, ist die Vertheilung überdieß schwierig, insbesondere die Entscheidung darüber zweifelhaft, ob die Lasten persönlicher oder dinglicher Natur und wie weit eine Umgestaltung des KontributionSfußcS in der Gemeinde, in Folge von Dismembra­ tionen oder Konsolidationen der Güter nothwendig wird, worüber die Mehrzahl der Privatpartheien schwerlich ein sicheres Urtheil bat.

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Don d. Beseitigung d. Beschränk, u. Hindernisse d. Landes-Kultur;

ju reguliren (vergl. auch das C. R. des Justiz-Min. v. 23. Juni 1846; Justiz-Min. Bl. 1846 S. 124 Nr. 38. und Mm. Bl. d. i. V. 1846 S. 112 Nr. 172.); wenngleich es, worüber die betreffenden Verwaltungs­ Refforts einig waren, bei dergl. Tausch-Verträgen in der Regel einer Vertheilung der öffentlichen Abgaben und Leistungen nicht bedürfen werde und ein Attest der Regierung dieserhalb ausreicht. Die Bestimmungen des erwähnten C. R. des Just. Min. v. 5. Okt. 1848 wegen der Ab- und Zuschreibung sind inzwischen durch das G. v. 24. Febr. 1850 beseitiget. Die Frage, ob unter den im §. 1. des Ges. v. 13. April 1841 er­ wähnten: „anderen Realberechtigten", auch die wegen öffentlicher Abgaben und Leistungen zu verstehen, wird verneint. 5) Das R. des Min. des I. v. 24. Febr. 1847 (Min. Bl. d. i. V. 1847 S. 59 Nr. 84.) *) spricht aus, daß die zur Zeit der Publikation des G. v. 3. Jan. 1845 noch nicht vollzogene und genehmigte AbgabenVertheilung nach den Vorschriften und Formen jenes Gesetzes zu erfol­ gen habe. Es kommt hierbei in Betracht, daß dies Gesetz wesentlich nur regle­ mentarische resp, prozessualische Vorschriften für das Verfahren der Verwal­ tungs-Behörden enthalt und dergleichen nach allgemeinen Rechtsprinzipien rückwirkend anzuwenden sind.

Zum §. 8. 1) Den Magistraten steht die Regulirung der beregten Verhältnisse nur für die Feldmarken derjenigen Städte zu, welche keinem Kreise ange­ hören. 2) Wo die Stände, wie die Kommunalstände der Ober- und Nie­ der-Lau sitz, bei Erhebung und Abführung der Staatssteuern mitwirken, steht den betreffenden ständischen Behörden auch die Steuer-Repartition, jedoch unter Genehmigung der Regierung, zu. 3) Der Landrath kann die Regulirungs-Verhandlung der Orts-Obrig­ keit übertragen. Nach der Gemeinde-Ordn. v. 11. März 1850 würde darunter der Kreis-Amtmann (§. 126. und 135.), resp, der Bürgermeister ($. 58. Nr. 5) zu verstehen sein. Wer fortan darunter zu verstehen ist, wird erst durch die noch in der Umänderung und Berathung begriffene Gemeinde-Gesetzgebung bestimmt werden. 4) Nach §. 3. des G. v. 24. Febr. 1850 erhalt der betr. Landrath reft). Magistrat vom Hypotheken-Gerichte des zertheilten Grundstückes sofort beglaubigte Abschrift des Dismembrations-Vertrages und hat sich alsdann sogleich nach dem Empfange der Regulirung von Amtswegen zu unterziehen.1 2) 5) Die Regulirung der Steuern und Kommunal-Lasten, welche auf den nach §. 1. des G. v. 3. Jan. 1845 diesem Gesetze nicht unterworfenen Gebäuden, Bauplätzen, Hofstellen und Gärten innerhalb einer Stadt oder Vorstadt hasten, reffortirt auch in den Städten, welche einem Kreise an­ gehören, von deren Magistraten, nachdem diese im Allgemeinen von der

1) Vergl. in Bd. I. S. 132. 2) Vergl. auch die oben S. 174 sub 3. allegirten R. v. 13. März 1846. Nr. 1. und v. 30. Nov. 1847, desgl. v. 11. Aug. 1837 zum §. 4. des Ed. v. 9. Okt. 1807, (f. in Bd. I. S. 119), wonach der Landrath resp. Magistrat nöthigenfalls auch die Erwerbungs-Dokumente und Befitz-Urkunden einfordern kann, wenn er es zur Abgaben - Repartition für nöthig hält.

Zerthkilung von Grundstücken u. Gründung neuer Ansiedelungen.

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vorgeschriebenen Anzeige der Parzellirung solcher städtischen GrundMcke bei der Landespolizei-Behörde (mithin auch bei dem Landralbe, als perpetuirlichenr Kommissar derselben) entbunden sind, sofern nicht das Staatsintereffe bei Vertheilung der Grundsteuer betheiligt ist. Entgegengesetztenfalls muß der Vertheilungs-Plan von der Regierung bestätigt werden; auch bleibt die Entscheidung streitiger Falle der Regierung Vorbehalten. Die Delegation kann zurückgenommen werden. (Bergt. R. des Mn. des I. v. 12. Juli 1845, Min. Bl. d. i. B. 1845 S. 172 Nr. 200. in Bd. I. S. 126). Sind aber Grundstücke außerhalb der Stadt und Vorstadt, auf der Stadt-Feldmark betheiligt, so verbleibt es bei der Regulirung durch den Landrath; letzterer kann dieselbe dem Magistrate nur kommittiren, hat aber dessen Verhandlungen zu prüfen und mit seinem Gutachten der Regie­ rung einzureichen.

Zum 4. 9. 1) In Betreff der Zuziehung der Gutsherrschast als Gerichts- und Polizei-Obrigkeit, vergl. oben Abschn. I. Kap. 3. Tit. 2. Stück 2. sub I. ad 2. S. 140 ff. 2) Wegen Vertretung der geistl. und Schul-Institute bei Dismembra­ tionen, vergl. das R. des Min. des C. u. des I. v. 8. Aug. 1842 1), desgl. das C. R. des Min. deö C. v. 5. Juni 1848 (Min. Bl. d. i. V. 1848. S. 195 Nr. 189. sub Nr. 2.) 2), wonach die gewöhnliche Vertretung resp, durch den Patron, die Kirchen- und Schul-Vorsteher und den Nutz­ nießer mit vollkommen rechtlicher Wirkung ausreicht, da es sich nicht um Konstituirung neuer Beitrags-Verhältnisse, sondern lediglich um Vertheilung nach den im G. gegebenen Vorschriften handle, der Fall des §. 159. A. L. R. II. 11., wo besondere Repräsentanten zu wählen und mit Instruktion zu versehen seien, also nicht vorliege, auch die Zuziehung der ganzen Ge­ meinde oder deren Repräsentanten dem Zwecke des Ges., die Verhältnisse möglichst schnell und einfach zu ordnen, gradezu entgegenwirke. .3) Das R. des Min. des I. v. 5. Juli 1845 (Min. Bl. d. i. V. 1845 S. 173. Nr. 202.) unter Nr. 5. 3),4 bestimmt, daß in den gewöhn­ lichen Dismembrations- und Ansiedelungs-Sachen wegen Wahrnehmung der Kommunal-Interessen in den Stadt-Gemeinden die Zuziehung deö Magistrats, in Vertretung der Land-Gemeinden die Zuziehung der DorfGerichte und sonstigen Gemeinde-Vorstände, ebenso bezüglich der übrigen Korporationen und Institute die Wahrnehmung ihrer unmittelbaren gesetz­ lichen Vertreter um so mehr genüge, als die Regierung den RegulirungsPlan von Oberaufstchtswegen zu prüfen und demnächst festzustellen habe. *) 4) Das Interesse des Staates und ständischer Kaffen wegen der Grund-

1) Vergl. dessen Inhalt in der Note 3 zu Zus. 2. ad §§. 7. u. 8., oben S. 174. 2) Vergl. in Bd I. S. 132-134. 3) Vergl. in Bd. I. S. 134—139. 4) Die Realberechtigten aus öffentlichen Rechtsverhältnissen, deren AbgabenVerhältnisse durch die Dismembration eine Veränderung erleiden, sind als unmit­ telbare Interessenten dieser Abgaben-Regulirung nach Analogie des §. 90. der V. v. 20. Juni 1817 zu betrachten. Sofern übrigens ein Grundstück notorisch von allen dergleichen Gruudlasten frei und deren Besitzer nach Orts- oder LandeS-Verfaffung nur persönlich als Mitglied einer Kirchen- oder politischen Gemeinde ic. verpflichtet sein sollte, bedarf eS der Zuziehung der Vertreter jener Institute nicht, und eS vertritt das Attest der LandeSpolizei-Behörde (Regierung, Abtheilung des Innern) die Stelle des RegulirungSplanS. (C. R. des Min. des I. v 13. März 1846. Nr. 2. Min. Bl. d. i. V. 1846. S. 40. Nr. 56,, f. in Bd. I. S. 127—128.) Landcs'Kultur'Gesetzq.

Bd. II.

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steuer-Vertheilung ist von AmtSwegen wahrzunehmen; dabei ist eine Ab­ gaben-Konsignation von der betreffenden Steuerkaffe einzufordern und zum Grunde zu legen.

Zum 8» 10. Die Bestimmung deS §. 10., wonach die aufgenommenen RegulirungsProtokolle die Beweiskraft öffentlicher außergerichtlicher Urkunden haben, wenn die Formen der dort naher bezeichneten §§. der A. G. O beobachtet sind, ist besonders wichtig in Bezug auf die häufig konkurrirenden Analpha­ beten. (Vergl. §. 55. der V. v. 20. Juni 1817).

Zum §. II. Das Prinzip des $. 11. ist zuerst im §. 3. des Landkult. Ed., sodann im §. 43. Nr. 4. (am Schluffe) der V. v. 20. Juni 1817 ausgesprochen.

Zu 88- 12. biS 18. 1) Die §§. 12. bis 18. enthalten die Grundsätze wegen Vertheilung der öffentlichen Abgaben und Leistungen, mit Ausschluß der Grundsteuern, insofern also sämmtlicher Staatslasten, weil alle übrigen persönlicher Natur sind. Die SS- 13. 14. 15. 16. 17. insbesondere, enthalten legislative Ent­ scheidungen für spezielle Voraussetzungen und Fälle. Während für die Vertheilung der Staatslasten nach 8- 11- unbedingt daö Prinzip gilt, daß durch die Verabredungen der Partheien an den bestehenden Grundsätzen der Steuer-Verfassung niemals etwas geändert werden kann, sind dergl. Verabredungen der Betheiligten über die Regulirung und Vertheilung von Societäts- und Kommunal-Lasten an Gemeinden, Kirchen, Schu­ len k., nach §. 18., zulässig und zu berücksichtigen, wenn sie nur nicht der Landes-Verfassung entgegen und nicht von der Art sind, daß die Sicherheit für die nachhaltige Entrichtung jener Leistungen gefährdet wird. (Vergl. $. 43. Nr. 4. der V. v. 20. Juni 1817, wo bereits Aehnliches für den Wirkungskreis der Auseinandersetzungs-Behörden und wo namentlich be­ stimmt war, daß bezüglich der öffentlichen Lasten und Real-Abgaben an Kirchen, Pfarren, Schulen und andere öffentliche Anstalten ein Interessent für den andern die Real-Abgaben gegen anderweite angemessene Sicherheit übernehmen könne). Indeß ist die Zulässigkeit besonderer Verabredungen nach den im $. 18. angegebenen Voraussetzungen stets von der Behörde zu prüfen, zumal auch die Leistungsfähigkeit der Gemeinde-Korporation, resp. Societät, dabei in Frage kommt. (Vergl. 8- 15.) In Ermangelung solcher Verabredungen (§• 18.) tritt der im 8- 12. bestimmte allgemeine Repartitions - Grundsatz als maaßgebend ein, „daß sowohl Geld- und Natural-Abgaben, als andere Leistungen, auf die ein­ zelnen Theile des Grundstücks nach deren Ertragswerth oder Flächeninhalt zu vertheilen sind." Das noch jetzt dem Sinne obiger Bestimmungen in den 88- 12. ff. des G. v. 3. Jan. 1845 entsprechende R. der Mtn. des I. und der F. v. 10. Febr. 1825 (v. K. Annal. Bd. 9. S. 46. Nr. 28) an die Reg. in Potsdam, verlangte keine ganz genaue arithmetische Feststellung der auf die Trennstücke zu übernehmenden Abgabenquoten, erachtete vielmehr eine ungefähre Ermittelung ex bono et aequo für genügend. 2) Mit dem 8 12. des G. v. 3. Jan. 1845 stimmt im Prinzip auch

Zenheilung von Grundstücken u. Gründung neuer Ansiedelungen.

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der $. 93. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 betr. die Verkeilung der Privat-Lasten überein. Danach soll die Vertheilung nach Verhältniß deS Werths der Trennstücke erfolgen. Besonders für solche Verthei­ lungen, wobei es auf ökonomische Abschätzungen ankommt, erscheint alsdann das nach S- 21. des Ges. gestattete schiedsrichterliche Verfahren zweck­ mäßig. Äne Vertheilung der öffentlichen, Kommunal- und Societäts-Lasten lediglich nach dem Flächen-Jnhalte, ist zulässig, wenn in der Bonität und Ertragsfähigkeit der Grundstücke keine erhebliche Verschiedenheit ob­ waltet. In dem Falle aber, daß bei einer solchen Vertheilung nach dem Flächenraume die nachhaltige Leistung der Theilabgaben nicht genügend gesichert wäre, muß nach §. 12. unbedingt die Vertheilung nach dem Er­ tragswerthe, mithin ökonomische Abschätzung und Werths-Ermittelung der Grundstücke, eintreten. 3) Zu bemerken ist wiederholt, daß eine Entscheidung über die reale oder personale Natur der Abgaben aus dem G. v. 3. Jan. 1845 nicht ent­ nommen werden kann. (Vergl. in Betreff der Natur der verschiedenen öffentlichen Lasten, oben Abschn. I. Kap. 4. sub II. ad 1. und ad 3. (S. 153 ff. u. S. 1'55 ff.). Das R. des Min. deS I. v. 5. Juli 1845 (Min. Bl. d. i. V. 1845 S. 173 Nr. 202.) ') bestätigt bezüglich der Aufgabe und des Gegenstandes de- G. v. 3. Jan. 1845, daß die Frage, von welcher, ob realer oder per­ sonaler Natur, die zu vertheilenden Kommunal-Lasten sind und welcher Kontributionsfuß dieserhalb in den verschiedenen Landgemeinden, und wie­ derum hinsichtlich der verschiedenen Arten von Kommunal-Lasten, besteht, nicht auS dem G. v. 3. Januar 1845, sondern aus Orts-Verfassung, Her­ kommen, Vertrag u. s. w. entschieden werden müsse, indem ein neues Kon­ tributions-Prinzip durch das Gesetz nicht habe eingeführt werden sollen. — Zugleich bemerkt dies R.: a) daß selbst aus dem analogen Verhältnisse von Gemeindenußungen und Ge­ meindelasten nicht gerade ein maaßgebender Entscheidungsgrund hergenom­ men werden könne; b) daß ohne erwiesenes Bedürfniß zu einer Abänderung der hergebrachten Be­ steuerungs-Verhältnisse nickt zu schreiten sei; , c) daß, weil im Wesentlichen auch bei dem nach Besitzthumsklaffen der bäuer­ lichen Wirthe eingeführten BeitragS-Maaßstabe zu Kommunalleiftungen, das Princip der Prästations-Fähigkeit der verschiedenen Getneindeglieder zum Grunde liege, diesem Princip auch bei Dismembrationen oder Konsolidatio­ nen verschiedener Güter nachzugehen und das Beitrags-Verhältniß der durch Dismembration veränderten Besitzthümer daher einem als RepartitionSModuS für die Gemeindelasten hergebrachten Klaffen-Verhältnisse der Grund­ besitzungen möglichst einzureihen sei; d) daß deshalb auch das Edikt wegen Aufhebung des Militair-Vorspanns v. 28. Okt. 1810 auf die Gespannleistungen im Gemeindedienst nicht unbedingt Anwendung finden könne; c) daß bei vorkommenden Dismembrationen genau zu erwägen sei, ob der Fall deS §. 14. des G. vorliege, und nicht in einzelnen Gemeinden eine ander­ weitige Ausbringung der Kommunaldienste in Folge der vorgekcmmenen Be­ sitzstands-Veränderungen an der Zeit sei; f) daß auch die Beitragspflicht der Forensen, namentlich auch der Rittergüter wegen der erworbenen, angekauften und konsolidirten Bauerländereien fest­ zuhalten sei, weil sonst das Bestehen und die Leistungsfähigkeit der Landge­ meinden erheblich gefährdet werden könne.

1) Vergl. in Bd. I. S. 134—139.

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Bon d. Beseitigung d. Beschränk, u. Hindernisse d. LandeS-Kultur;

Dazu ertheilte das C. R. deS Min. des I. v. 11. April 1848 (Min. Bl. d. i. B. 1848 S. 236. Nr. 261) >) eine Erläuterung dahin: „daß vor Allem als HauptgeficbtSpunkt bei Entwerfung des RegulirungSplanS „maaßgebend bleiben müsse, daß die Gefammtmasse der zu vertheilenden Abgaben „nack der Dertheilung von den Trennstücken wieder aufgebracht werde. Abgesehen „von zulässigen Einigungen nach §. 18. deS G. sei die Repartition auf rechnungS„mäßig leicht anzuwendende Quoten, in Zehntheilen, Zwölftheilen u. s. w. zu riet? „ten; auch seien einzelne Parzellen in bereits observanzmLßig bestehende Klaffen „einzureihen: endlich könnten einzelne Abgaben und Leistungen auch nach einem „für die Leistungen bequemen Maaßstabe ungleichmäßig auf die Parzellen vertheilt „werden, in sofern nur die Ausgleichung mit Rücksicht auf den Werth der einzeln „neu Trennstücke angemessen erfolge."

Instruktionen über einen zweckmäßigen Vertheilungs-Maaßstab, welcher die praktische Ausführung sichert, insbesondere für Getteide-Abgaben, deren Repartition in zu kleinen Quantitäten gemißbilligt wird, ertheilten ferner die R. des Min. des I. v. 30. Dec. 1847 (Min. Dl. d. i. B. 1848 S. 24. Nr. 17.) 1 2) und des Min. s. landwirthschaftl. Ang. v. 23. Mai 1849 (Min. Bl. d. i. B. 1849 S. 99. Nr. 144.) 3)4 Das Publik, der Reg. zu Magdeburg v. 30. Nov. 1851 (Min. Bl. d. i. V. 1851 S. 28 Nr. 37) *) stellt den (in eine zweckmäßige GemeindeOrdnung passenderen) an sich völlig richtigen Hauptgesichtspunkt bei den Abgaben-RegulirungS-Plänen an die Spitze, „daß ein jedes GemeindeMitglied den ortsüblichen Steuer-Grundsätzen gemäß nach seinen Kräften zu den Lasten herangezogen werden müsse", hält dagegen eine specielle Enumeration der Lasten meist für überflüssig, ordnet jedoch in jedem Falle eine specielle Darlegung an, wie die Abgaben und Leistungen in einer Ge­ meinde aufgebracht werden, welche alsdann für jeden Ort aufzubewahren und bei späteren Dismembrationen wieder zum Grunde zu legen sei. Das Publik, erkennt ferner an, daß durch die Dismenbrationen die Grundlagen des herkömmlichen Steuer-Systems oft ganz umgestaltet werden, besonders wegen Leistung der Spanndienste, und gelangt zu dem Schluß, daß da, wo die Grundlagen des Gewohnheits-Rechts einmal untergraben sind und die Betheiligten, namentlich die Kommunen, das Gewohnheitsrecht nicht durch neue Vereinbarungen ergänzen wollen, am zweckmäßigsten ein ganz neues Steuer-System adoptirt werde, bet welchem der höchste Grundsatz der Steuer-Anlage Geltung erlangen müsse, „daß alle Verpflichtete nach ihren Kräften herangezogen werden, daß indeß zu einem solchen Besteuerungs­ Modus die Kommunen zwangsweise tricht angehalten werden können, so lange nicht eine wirkliche Gefährdung der Prästationsfähigkeit der einzelnen Gemeinde-Mitglieder klar vorliege". Auch diese Verfügung ergiebt mit Evidenz, wie der Mangel einer Gemeinde-Ordnung mit einem den An­ sichten der Regierung entsprechenden allgemeinen Prinzip über das BeittagsVerhältniß zu den Kommunal-Lasten, überall, — bewußt oder unbewußt, — empfunden wird, wo man an die Dertheilung der Kommunal-Lasten in Dismembrations-Sachen herangeht, und vorzugsweise in denjenigen Landes­ theilen, wo, wie in der Provinz Sa chsen, die Verkehrs- und GüterVerhältnisse sich bereits weiter ausgebildet und von alterSher freier ent­ wickelt haben. 4) Für Real-Lasten aus Privatrechtstiteln bleiben nach 93. des

1) 2) 3) 4)

Vergl. in Bd. I. S. 140. Vergl. ebenbas. S. 140-141. Vergl. in Bb. I. S. 141-142.

Vergl. in Bb. I S. 142—143.

Zertheilung von Grundstücken u. Gründung neuer Ansiedelungen. Ablös. Ges. v. 2. März 1850 das Haupt-Grundstück und die Trennstücke nur dann in solidum verhaftet, wenn die Lasten weder durch Kapital, noch durch Rente abgelöst werden, dagegen aber zu denjenigen gehören, welche nach den Vorschriften des Rentenbank-Gesetzes auf die Rentenbank übernommen werden können. Die Solidarität der Theile des dismembrirten Grundstückes für öffentliche Lasten auch an Kommunen, Kirchen k., ist durch das R. deS Min. deS I. v. 31. Dec. 1846 (Min. Bl. d. i. V. 1847 S? 16 Nr. 23.) *) ausdrücklich verworfen, indem „in künftigen Fällen eine soli­ darische Verpflichtung bei keiner öffenlicheli Abgabe irgend einer Art sestzustellen sei." 5) ES ist ferner zu bemerken: * a) daß nach dem Ablös. Gesetz v. 2. März 1850 — abgesehen von StaatS-Lasten — künftig nur Gemeinde-, Deich- oder ähnliche SocietätSLasten, ferner Abgaben und Leistungen zur Erbauung oder Unterhaltung von Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäuden (sofern letztere nicht die Gegen­ leistungen einer ablösbaren Reallast, z. B. des Zehnten, bilden), von-der Ablösung ausgeschlossen; dagegen b) alle anderen Reallasten, welche Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehen, für jetzt zwar noch nicht definitiv ablösbar, aber, weil in Rente zu verwandeln, doch theilbar sind (vergl. §. 65. Alin. 4. und §. 93. Alin. 2. a. a. £).), und insofern die Natur von Privat-Lasten annehmen; (wie dies übrigens rücksichtlich anderer geistlicher Abgaben, mit Ausnahme der auS dem Kirchen-Verhältnisse entspringenden Dienste, schon nach dem — obwohl sehr bestrittenen — §, 5. der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821 der Fall war); c) daß jedoch, ungeachtet der UnablöSbarkeit der oben zu a. erwähnten, im $. 6. des neuen Ablös. Ges. v. 2. März 1850 gedachten Gemeinde-, Deich-, Societäts-, sowie der Kirchen-, Pfarr-, nnd Schulbau-Lasten (öffentlicher Natur), bei vorkommenden Dismembrationen auch diese Lasten und Dienste nicht bloß der Vertheilung, sondern nach Befinden auch der Umwandlung unterliegen, z. B. Natural-Leistungen, besonders SpannDienste, in Leistungen anderer Art und in Geld-Abgaben (§. 14.); fer­ ner auch die Auferlegung der Natural-Dienste auf ein Theilstück, nach §§. 13. und 14. des Ges. v. 3 Jan. 1845, gegen anderweite Entschädigung zulässig ist. Hiernach kann dasjenige, was der §. 65. des Abl G. v. 2. März 1850 für Real-Abgaben aus dem Kirchen- und Schul-Verhältniß gestattet, in Folge von Dismembrationen auch hinsichtlich der sonst unablösbaren Ge­ meinde- und Societäts-Lasten und Dienste, nur mit dem Unterschiede ein­ treten, daß deren Verwandlung in Geld-Abgaben, ihre Erhöhung, je nach den Bedürfnissen, nicht ausschließt, daher nur als eine Ouotisation und nähere Bestimmung des Beittags - Verh ältnisse S erscheint. In gewissen Fällen (wenn z. B. die Mehrzahl der gespannfähigen Wirthe sich in Häuslerstellen auflöste), muß nach §. 15. im Gefolge von Dismem­ brationen sogar daS ganze Kommunal-Abgabenwesen einer Gemeinde ander­ weit und in der Art (nach Präftatiousfähigkeit und Steuerkraft) geordnet werden, wie dies allgemein durch eine zweckmäßige Gemeinde-Ordnung und einen entsprechenden prinzipmäßigen Maaßstab zu den Kommunal-Beiträgen im Voraus geschehen sein würde. 6) Tritt die Nothwendigkeit einer Verwandlung von Gespann-Diensten in Leistungen anderer Art oder in Geld-Beiträge ein, so ist doch immer

1) Vergl. in Bd. I. S. 140.

182

Von d. Beseitigung d. Beschränk, u. Hindernisse d. Landes-Kultur;

die Gemeinde-Korporation die den einzelnen TrennstückS-Erwerbern, als besonderen Gemeinde-Mitgliedern, gegenüberstehende berechtigte Person, welche das Aequivalent für den wegfallenden Naturaldienst oder die Lei­ stung ähnlicher Art einzieht, resp, vertheilt, und dafür diese Leistung ander­ weit beschafft. Denn Verhältnisse, wie sie beispielsweise in Pommern obwalten, wo einzelne Grundstücks-Besitzer unter der Benennung eines sog. NebenmoduS öffentliche Steuern von anderen Grundstücks-Besitzern erhoben, oder wo sich innerhalb der Gemeinde für Uebertragung der öffentlichen KommunalLasten Partial-Verbände gebildet haben, stehen schon mit den früheren Verwaltungs-Grundsätzen und den Prinzipien des Ges. v. 3. Jan. 1845 im Widerspruch. (Vergl. die oben Abschn. I. Kap. 4. sub III. ad B. unter Nr. 3. 5. 6. u. 7. (S. 162 ff.) allegirten Reskripte).

Zum §. 16. insbesondere. So lange die Erb- und Lehnschulzen-Aemter durch die GemeindeOrdnung nicht aufgehoben sind, wird die Bestimmung im zweiten Absatz des §. 16. deö Gesetzes als Regel gelten können, daß ein auskömmliches Schulzen-Gehalt in Grundstücken oder in Gelde vom Veräußerer festgesetzt und in letzterem Falle der Beitrag hypothekarisch sicher gestellt werden muß, da die Uebertragung auf eine Parzelle in der Regel dem Verwaltungö-Prinzip widerspricht, daß das Gemeinde-Vorsteher-Amt einem grö­ ßeren und einflußreichen Gutsbesitzer anzuvertrauen ist. Das R. des Min. des I., landwirthsch. Abth., v. 7. Okt. 1840 (Min. Bl. d. i. V. 1847 S. 394 Nr 691) verfügte übrigens, daß die auf dem dismembrirten Gute haftende Verwaltung des Schulzen-Amts, resp, die Kosten der Stellvertretung, nicht der Gemeinde zur Last gelegt werden könnten.

Zum §. 17. insbesondere. Zu den Abgaben und Leistungen, welche von jedem Besitzer eines Grundstückes, ohne Rücksicht auf dessen Art und Größe, mithin auch von jedem Erwerber eines Trennstückes und resp, jedem Ansiedler, nach OrtSoder Provinzial-Verfassung zu tragen, gebürten sonst, vor dem Erlasse des Ablös. Ges. V 2. März 1850 (8-' 2. und §. 3. Nr. 3. u. 4.) und vor der

Emanation der Verfassungs-Urkunde, häufig Jurisdiktions-Zins oder Schutz­ geld, und noch gegenwärtig muß in Ostpreußen nach $. 13. Zus. 213. des Ostpreuß. Provinz. Rechts vom Jahre 1801 die kleine und die GeldKalende, bei Theilungen oder Abbauten, von jeder neuen Besitzung beson­ ders entrichtet werden, ohne daß eine Verminderung der Abgaben zum Vortheile des alten Besitzers stattfindet. (Vergl. die oben Abschn. 1. Kap. 4. sub III. ad A. Nr. 3. 4. 5. u. 6. S. 160 bis 161 erwähnten Publikanda der Regierungen zu Königsberg, Frankfurt und Danzig).

Zum g. 19. Die 8$. 19. bis 22. des Gesetzes regeln das Verfahren der Administrativ-Behörden in den DismembrationSsachen, und schreiben dafür bestimmte prozessualische Formen und Fristen vor. 1) Ueber die Art der Aufstellung des Regulirungs-PlaneS, vergl. daS

Zertheilung von Grundstücken u. Gründung neuer Ansiedelungen. 183 Publik, der Regierung zu Danzig v. 25. März 1852 (Min. Bl. d. i. B. 1852 S. 114 Nr. 100). *) 2) Der vom Landrath resp. Magistrat angefertigte Entwurf deS RegulirungSplaneS muß sämmtlichen Betheiligten ($. 9.) zur Erklärung entweder im Termine oder schriftlich mitgetheilt werden. Der 2. Absatz deS $. 19. ordnet die Feststellung in contumaciam gegen diejenigen an, welche sich binnen einer ihnen zu stellenden Frist von längstens 4 Wochen nicht er­ klären, um auf diese Weise einen Abschluß für daS Verfahren zu gewinnen. Hier wird mithin (wie gegen diejenigen, welche im Termine zur Voll­ ziehung des Rezeß-EntwurfeS in Auseinandersetzungs-Sachen ausbleiben) in contumaciam verfahren und erkannt. 3) Nach Nr. 2. deS C. R. d. M. des I. v. 13. März 1846 (M. Bl. d. i. V. 1846 S. 40 Nr. 56.) *) vertritt ein Attest der Regierung die Stelle des RegulirungSplaneS in dem Falle, wenn keinerlei Abgaben und Leistungen öffentlicher Natur auf dem zertheilten Grundstücke hasten. Nur soll bei diesem Attest eine Fassung gewählt werden, durch welche die un­ richtige Annahme vermiedeu wird, als werde den betreffenden Grundstücken für alle Zukunft eine völlige Immunität beigelegt. 4) Bei der Prüftmg, Bestätigung und Ausfertigung des RegulirungSplanes wirken alle diejenigen Abtheilungen der Regierung mit, zu deren Reffort oder Beaufsichtigung und Verwaltung, die von der Regulirung betroffenen Verhältnisse gehören. Wenn eS sich also: a) bei einer Dismembration principaliter um Ablösung und Vertheilung von Lasten privatrechtlicher Natur, in Folge der Provo­ kation eines Betheiligten, handelt, so muß da, wo die AuseinandersetzungsBehörde, als landwirthschaftliche Abtheilung mit einer Regierung vereinigt ist, außer dieser landwirthschaftlichen Abtheilung, die Abtheilung des Innern wegen Vertheilung der Staats-Lasten, sowie der Societäts- und Kommunal-Verhältnisse zugezogen werden (C. R des Min. des I. v. 12. Jan. 1848, M. Bl. d. i. V. 1848 S. 23 Nr. 16.). UeberdieS ist wegen der Reparation der Staatssteuern in der Regel auch mit der Finanz-Abtheilung der Regierung zu kommuniziren (vergl. §. 11. der V. v. 30. Juni 1817), welche mit Rücksicht auf $. 11. des Ges. v. 3. Jan. 1845 über die Vertheilung definitiv zu beschließen hat und gegen deren definüiven Beschuß in dieser Beziehung nur ein Re­ kurs an das vorgesetzte Finanz-Ministerium zulässig ist, wenngleich der RegulirungSplan in solchem Falle, wo die Finanz-Abth. der Regierung lediglich als Steuer-Behörde konkurrirt, von der Abtheilung deS Innern, als LandeSpolizei-Behörde, auSgefertigt wird (R. der Min. deS I. und der F. v. 3. April 1845. Min. Bl. d. i. V. 1845 S. 132 Nr. 160.). -)

1) Vergl. in Bd. I. S. 143 ff. Dies Publik, theilt ein Schema zur Anferti­ gung des Abgaben-VertheilungSplanS mit, welches eine vollständige und umfassende Darstellung aller Kommunal- und SocietätS-Verhältnisse der betreffenden Ortschaft und in jedem Dismembrationsfalle eine specielle Eruirung der lokalen Gewohn­ heiten, (ohne eine Vermehrung des Schreibwerks davon zu befürchten!) verlangt und Veranlassung nimmt, von dergleichen gelegentlichen Feststellungen zu einer örtlichen Kodifikation aller ländlichen Gemeinde-Ordnungen im ReakerungS-Bezirk zu gelangen, demnächst aber sich über die Unterschiede der juristischen Persönlichkeiten von Rittergut und Dorfgemeinde, resp, von Autorität und Majori­ tät, des weiteren ausspricht! 2) Vergl. in Bd. I. S. 127. 3) Vergl. in Bd. I. ®. 148.

184 Bon t). Beseitigung d. Beschränk, u. Hindernisse d. LandeS-Kultur; Sind Abgaben an geistliche Institute zu Vertheilen und besteht bei der Regierung eine besondere Abtheilung für die Kirchen-Verwaltung und daS Schulwesen (K. £). v. 31. Dec. 1825 Nr. 982., G. S. 1826 S. 5), so wird nach Befinden auch mit dieser Abcheilung zu kommuniziren sein. b) In dem Falle, wenn Hintersassen der Domainen, resp, geist­ lichen Institute, oder Abgaben und Leistungen an solche konkurriren und die betreffenden Regierungs-Abtheilungen von dem ihnen, nach $. 65. und 8 66. der V. v. 20. Juni 1817, $. 39. der V v. 30. Juni 1834, ingl. §. XI. der K. O. v. 31. Dec. 1825, zustehenden Rechte der eigenen Verhandlung Gebrauch gemacht haben, nehmen an der Ausfertigung des Planes auch die Abtheilungen resp, für Domainen und ForstVerwaltung und für das Kirchen- und Schulwesen, neben der Abtheilung des Innern, Theil. (Vergl. R. der Min. deS K., der F. und des I. v. 13. Nov. 1842 im Min. Bl. der i. V. 1842 S. 395 Nr. 542. und VIII. der K. O. v. 31. Dec. 1825, G. S. 1826 S. 9). 5) In Betteff der Form der Urkunde ist durch das R. der Min. d. C., d. F. und des I. v. 13. Nov. 1842 (Min. Bl. d. i. V. 1842 S. 395 Nr. 542 ) bestimmt worden, daß die Urkunde von dem Präsi­ denten, und außerdem von dem Abtheilungs-Dirigenten und Justitiarius, unter Beidrückung des Regierungs-Siegels, vollzogen sein müsse und daß wenn dabei mehrere Regierungs-Abtheilungen betheiligt sind, die Unter­ schriften sämmtlicher Dirigenten der behelligten Abtheilungen beigesetzt wer­ den müssen. 6) Der definitiv bestätigte oder interimistisch festgestellte Plan ist durch den Landrath allen Betheiligten entweder zum Protokoll oder mittelst Uebersendung einer stempelfrei beglaubten Abschrift, nach Befinden im Auszuge, soweit der Plan das Interesse der einzelnen Betheiligten betrifft, bekannt zu machen. Auch die Hypotheken-Behörde soll eine Ausfertigung erhalten. (Vergl. Nr. 5. des C. R. des Min. des I. v. 13. März 1846 *) und R. des Justiz-Min. v. 23. Juni 1846, M. Bl. d. i. P. 1846 S. 112 Nr. 172. u. Just. Min. Bl. 1846 S. 123 Nr. 38.).

Zum §• 20. 1) Die Vorschriften über das Verfahren und die Entscheidung entsprechen mehr oder weniger den betr. Bestimmungen in Auseinander­ setzungs-Angelegenheiten. Auch die Auseinandersetzungs-Behörden haben öffentliche Interessen von AmtSwegen zu vertreten und in Fällen, wo diese öffentlichen Interessen mit den Anträgen der betheiligten Privat-Personen in Konflikt treten, darüber in der Form von Definitiv-Entscheidungen die erforderlichen Festsetzungen zu treffen. Nur entscheiden diese Behörden zu­ gleich über eine anderweite Ausgleichung der Privatpartheien für den Fall einer nothwendigen Abänderung vertragsmäßiger Verabredungen, inso­ weit nämlich, als diese mit der Wahrnehmung jener öffentlichen Interessen nicht vereinbar sind, (§. 162. bis 165. der V. v. 20. Juni 1817, $. 38. der V. v. 30. Juni 1834), — während in den Dismembrationssachen — (bei welchen nicht etwa die Kompetenz der Auseinandersetzungs-Behörden Platz greift) 2), die Entscheidung über die anderweitig etwa nothwendig werdende Ausgleichung der Privatintereffen nach Maaßgabe eines die Konttaktbestimmungen beseitigenden RegulirungsplaneS der int, $. 7. Nr. 1. und §. 19. deS Gesetzes gedachten Art, außerhalb der Kompetenz

1) Vergl. tu Bd. I. S. 127. 2) Vergl. oben Abschn. I. Kap. 3. Tii. 2. Stück 1. sub I. ad 3., S. 130 ff., desgl. sub II. S. 133 ff.

Zertheilung von Grundstücken u. Gründung neuer Ansiedelungen. 185

der Regierungen liegt und den ordentlichen Gerichten Vorbehalten bleibt. Auch über die Existenz, den Umfang und das Maaß von Abgaben und Leistungen aus öffentlichen Verhältnissen (an Kirchen-, Schulen k.) ent­ scheiden alSdann in den — nach Maaßgabe des Gesetzes v. 11. Mai 1842 über Zulässigkeit deS Rechtsweges in Bezug auf polizeiliche Verfügungen (T. S. 1842 S. 192), sowie der K. O. v- 4 Dec. 1831 nebst StaatSministerial-Bericht v. 16. Nov. ej. a. (G. S. 1831 S. 255) — geeigneten Fällen, die ordentlichen Gerichte. J) 2) Das von der Regierung festzusetzende Interimistikum ist sofort voll­ streckbar, gleich wie nach §. 23 der von der Regierung bestätigte oder durch Rekurs-Entscheidung deS Min. deS I. festgesetzte Regulierung-Plan die Wirkung einer gerichtlich bestätigten und vollstreckbaren Urkunde hat, mithin in dieser Beziehung einem von der Auseinandersetzungs-Behörde be­ stätigten Rezesse gleichsteht. (Bergt. §. 168. 169. und 170. der V. v. 20. Juni 1817). 3) Nach Nr. 3. des C. R. des Min. des I. v. 13. März 1846 *) hat die Regierung ein Interimistikum insbesondere auch dann festzusetzen, wenn sich nach den obwaltenden Umständen die definitive Regulirung der Abgaben-Derhältniffe verzögert und eine solche Verzögerung der Regulirung oder der Abschreibung der Trennstücke im Hypothekenbuche und der Be­ richtigung des Besitztitels auf den Namen der Trennstücks-Erwerber für diese oder die Berechtigten mit besonderen Nachtheilen verknüpft fein würde. Dies letztere Motiv fällt zwar mit Rücksicht auf die Bestimmung des $, 2, des Ges. v. 24. Febr. 1850 fort, indem hiernach die Regulirung deS Hhpo-

1) a) Vergl. hierüber das R der Min. des I. und d. F. v. 3. April 1845 (Min. Bl. d. i. V. 1845. S. 132. Nr. 160., s. in Bd. I. S. 148—149), deSgl. das C. R. des Min. des I. v. 12. Jan. 1848. (Min. Bl. d. i. V. 1848. S. 23., Nr. 16., f. in Bd. I. S. 130), und in Betreff der Kompetenz der administrativen und gerichtlichen Be­ hörden bei Vertheilung der Abgabe:» und Leistungen an die geistlichen und SchulInstitute, das C. R. des Min. d. K. v. 5. Juni 1848 (Min. Bl. d. i. V. 1848. S. 195. Nr. 189., f. in Bd. I. S. 132—134), wonach der Grundsatz festzuhalten ist: „daß bei bloßen Dismembrationen ein Streit über die Art der Vertheilung von sonst unstreitigen Abgaben lediglich zur Kognition der Regierung gehört, mag derselbe zwischen den DiSmembranten allein, oder unter Theilnahme der geistlichen oder Schul-Institute stattfinden", hingegen ein Streit zwischen den DiSmembran­ ten und den geistlichen Instituten über die Eristenz der Verpflichtung im Allgemei­ nen zur richterlichen Kognition gehört, ohne Rücksicht darauf, ob die Abgabe nur bestritten oder die Befreiung auf einen besonderen Titel begründet wird. Bet einem zur richterlichen Entscheidung gehörigen Streite ist sodann ein Interimistikum festzustellen. Dies Interimistikum hat sich unter Anderen auch über die Verpflich­ tung zu Bauten an geistliche oder Schul-Institute zu erstrecken. Die besondere Vorschrift im §. 20. des über die Materie von Dismembrationen erlassenen spe­ ciellen Ges. v. 3. Jan. 1845, — welches die Regulirung eines Interimistikums den Regierungen (Landes-Polizeibehörden, Abtheilungen des Innern) zuweist, schließt in solchem Falle die Anwendbarkeit des §. 709. Tit. 11. Thl. II. deS A. L. R. und des R. des Gen. Direktoriums v. 28. Febr. 1805 (Mathis Bd. 4. S. 303), wegen Anlegung eines provisorisch vollstreckbaren VertheilungSplanS Sei­ tens der geistlichen Oberen aus, da letzterer vorzüglich einen Streit über die Noth­ wendigkeit oder die Art des Baues oder des dazu zu leistenden Beitrages unter den Interessenten, zum Gegenstände hat." — Bergl. über die Kompetenz zwischen der Verwaltung-- und richterlichen Behörde bei Einziehung von Kirchen-, Pfarrund Schulabgaben auch die K. O. v. 19. Juni 1836. (G. S. 1836. S. 198.) b) Hingegen ist die Entscheidung in Fällen des §. 26. Nr. 2. stets rein ad­ ministrativer Art und liegt außerhalb der Wirksamkeit der Gerichte. (Vergl. C. R. des Min. d. K. v. 5. Juni 1848, s. in Bd. I. S. 132—134. 2) Vergl. in Bd. I. S. 127.

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Don d. Beseitigung d. Beschränk, u. Hindernisse d. Landes-Kultur;

thekenbuches von der Abgaben-Regulirung unabhängig sein soll, wogegen der $. 4. des G. v. 24. Febr. 1850 die Befugniß der Regierungen zur Festsetzung eines vollstreckbare» Interimistikums, aus alle Fälle auSdehnt, in welchen die Regierungen es für angemessen erachten, die definitive Regu­ lirung aufzuschirben. Nach Inhalt der Motive zu dem Gesetz-Entwürfe *) war dabei die Erwägung maaßgebend, daß denjenigen Verhältnissen, mit welchen sich das zu treffende Regulativ beschäftigt (Gemeinde- und Grund­ steuer-Verfassung) in naher Zukunft eine totale Veränderung bevorstehe. 4) Wegen der Form der Urkunde, vergl. die Grläut. zum $. 19. sub 4. u. 5., oben S. 183 bis 184.

Z«m §. 21. 1) Vergl. die Erläut. zu §§. 12—18. 2) Die Leitung des schiedsrichterlichen Verfahrens und die Stellung als Obmann steht dem Landrathe zu, welcher sich auch hier durch einen Oekonomie-KommiffariuS oder Kreis-Verordneten vertreten lassen kann (8. 33. der V. v. 30. Juni 1834; R. des Min. deS 3. v. 23. 3an. 1838, V. K. Ann. Bd. 22. S. 79. u. Jnstrukt. 12. Okt. 1835, v. K. Ann. Bd. 19. S. 975).

Z«m §. 22. Vergl. die Erläut. zu den §§. 19. und 20.

Z«M §. 23. Vergl. die Erläut. zum §. 20.

Z«m §♦ 24. 1) Ueber die Wirkungen der Dismembrationen und Ansiedelungen in Beziehung auf Grundgerechtigkeiten und Realberechtigungen, GemeindeVerband, politische und Korporations-Rechte, vergl. oben Abschn. I. Kap. 3. Tit. 2. Stück 2. S. 137 ff. 2) Der $. 24. entscheidet die Kontroverse, ob die Theilung der öffent­ lichen Abgaben und Lasten und die Thellnahme an den denselben ent­ sprechenden Gemeinde-Rechten unmittelbar und von Rechtswegen mit dem Abschlüsse des Dismembrations - Vertrages eintritt oder ob die getrennten Theilstücke für die bisher auf der ganzen Besitzung haftenden Lasten so lange in solidum verpflichtet bleiben, bis di« Regulirung der Kommunalund öffentlichen Abgaben-Verhältnisse ausgewtrkt und von der LandeSpoltzei-Behörde bestätigt ist, und zwar zu Gunsten der letzteren Alternattve. Die Entscheidung beruht auf der Natur des RealrechtS 1 2), womit auch die Bestimmung im §. 93. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 in Betreff der Privat reallasten im Prinzip übereinstimmt.

Zmi» 8. 25. Die 8§- 25—30. deS Gesetzes handeln von der Gründung neuer Ansiedelungen, woran sich die Bestimmungen der §§. 31. und 32. wegen Anlegung neuer Kolonien und Ortschaften anschließen.

1) Vergl. oben Abschn. I. Kap. 3. Tit. 2. Stück 3. sub UI., S. 149 ff. und JUp. 4. sub II. ad 3. 21 (§. 2.) läßt die Gemeinheit^ Theilung nur bezüglich folgender fünf Berechtigungen zu: a) zur Huthung, b) zur Mast in Forsten, c) zum Mitgenuß deS HelzeS, dj zum Streurechen, e) zum Plag­ gen -, Heide- und Bülten-Hieb. Der Art. 1. deS Ergänzuugs- Ges. v. 2. März 1650 fügt dem noch acht fernere Berechtigungen hinzu, nämlich: a) zur Gräserei und zur Nützling von Schilf, Binsen oder Rehr auf Ländereien und Privatgewässe.u aller Art, l») zum Pflücken deS Grases und des Unkrauts in den bestellten Fel­ dern (zum Krallten), c) zum Nach rechen auf abgeerudteten Feldern, so wie zum Stoppelharken, d) zur Nutzung fremder Felder gegen Hergeblmg deS Düngers, e) zum Fruchtgewinn von einzelnen Stückett frentder Aecker (zu Deputat-Beeten), f) zum Holzscharreu, g) zur Fischerei in stehenden oder fließenden Privatgewässern, hj zur Torfnutzuttg. Bei den fünf ersterwähnten macht eS keinen Unterschied, ob sic atif einem gemeinschaftlichen, oder Gesammt-Eigenthume, oder auf einer Dienstberkeit beruhen. Servituten und Grlindgerechtigkeiten, welche ztt den 13 genannten nicht geboren, sind auch nicht selbstständig ablösbar. (Bergl. §. 142. der Gem. T5. O. v. 7. Jlini 1821. u. die Erläut. dazu.) 2) Der Bericht der Kommiss, der II. K. (s. oben S. 315— 316) bemerkt zwar, deß eS in einzelnen Fällen zweifelhaft sein könne, ob etwas eine Re al la st oder ehe Servitut sei, fügt indeß hinzu, daß diese Zweifel bisher von keiner großen ptaktischen Bedeutung gewesen seien, und daß daher kein Bedürfniß vorhanden sei, in dieser Hinsicht im Wege der Gesetzgebung einzuschreiten. 3) Die 88- 1-, 3., 9. a. a. O. handeln von den gesetzlichen und nothwettdigen Einschränkungen des Eigenthums.

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Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theil« ngen.

Dagegen ist B. der Begriff und die Natur der „Reallasten" und „Realberechtigungen" im Preuß. Rechte nirgend klar ausgesprochen. Dies Institut ist Deutschen Ursprunges und bereits in den ältesten Zeiten kommen Lasten vor, welche sich auf Grundstücke beziehen, von dem Besitzer als solchem zu leisten sind und auf eine positive Leistung gehen. Sie werden als Reallasten, dingliche Lasten, dingliche Forderungs-Rechte, onera perpetua, bezeichnet. Die wichtigste Anwendung ist bei RustikalGütern, und es hängt ihre Entstehung mit den Besitzverhältnissen an Grund­ eigenthum zusammen. Sie sind größtentheils Leistungen, welche der Grund­ herr zu fordern hat, hervorgegangen aus vorbehaltenen Eigenthumsreckren, und haben als Reallasten fortgedauert, nachdem das ehemals abhängige Besitzverhältniß sich in vollständiges Eigenthum verwandelt hatte. Sie konnten aber auch an ganz unabhängigem Grundeigenthume neu entstehen. Die Berechtigung kann zu einem Grundstücke gehören, aber auch einer Per­ son zustehen. Die wichtigsten Reallasten sind die bäuerlichen Frohnden und Zinsen (Dienste und Abgaben), die Grundzinsen und Zehnten; auch hatten die Landes-Abgaben (r. B. Grundsteuern und Vorspann) die Natur der Reallasten. *) Das Wesen und die rechtliche Natur der Deutschen Reallast und die Stelle, welche ihr im Rechts-Systeme anznweisen, ist eine alte Kontroverse, welche noch immer nicht zum Abschluß gebracht worden. 1 2) Die verschiedenen Ansichten der gemeinrechtlichen Schriftsteller sind, daß die Reallasten Hypotheken-Forderungen 3), daß sieRömischeObligationen, welche gesetzlich auf jeden Dritten gehen und durch eine actio in rem scripta geschützt4), daß sie ein lediglich aus dem Besitze von selbst entstehendes Deutsch-rechtliches Obligations-Verbältniß 5),6 endlich daß sie eine Verbindlichkeit des personifizirten Grund­ stückes selbst, nicht des Besitzers, der nur als Repräsentant des Grund­ stückes anzusehen b), seien. Das Preuß. Recht hat das Institut der Realtasten ausgenommen, ohne ihm indeß eine selbstständige und zusammenhängende Entwickelung zu Theil werden zu lassen. Dasselbe erkennt als wahre Reallasten ein: a) gemeine Lasten und Pflichten, welche nach dem Rechtsstande des Ortes, des Kreises oder der Provinz von allen Grundstücken derselben Art an den Landesherrn, die Gutsherrschaft, die Kirche oder Geistlichkeit zu entrichten sind, als: Kontribution, Lehns-Kanon, Steuern, Dienste, Ser­ vis, Feuer-Sozietätsgelder, Husen- und Giebelschoß, Dezem, Kirchen-, Pfarrund Küster-Gebühren und nachbarliche Leistungen 7); b) solche beständige Lasten, welche vermöge besonderer Eigenschaft des

1) Vergl. Koch s Preuß. Privatrecht, Bd. 1. S. 560 ff. 2) Die abweichenden Ansichten darüber sind zusammengestellt und kritisch er­ örtert in: L. D unter'S Lehre von den Reallasten, in ihren Grundzügen darge­ stellt. 8. Marburg. 1838. — Vergl. auch: I. Chr. Schwarz, das Institut der Reallasten auf Deutschen Bauergütern, nach seinen Hauptmomentcn dargestellt. 8. Erlangen. 1827, C. W. Seidensticker, de oneribus realibus quae vocanlur. Gotting. 1830. 3) Vergl. Unterholzner, Verjährung, Bd. 2. §. 254. 4) Dieser Ansicht sind Runde, Eichhorn, Seusfert. 5) Maurenbrecher, Deutsches Privatrecht, §. 320., Mittermaier, Deut­ sches Privatrecht, 5. AuSg., §. 173., Reyscher, §. 254. 6) Dunter, a. a. O., S. 61 ff. 7) Vergl. Hyp. O. Tit. I. §. 48., A. L. R. II. 11. §§. 229 — 232., A. G. O. I. 50. §§. 270. u. 271., verb. mit §§. 358. u. 430, A. L. R. II. 7. §. 493.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., (§. 6.).

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Grundstückes nach der Natur des mittelst Vertrages errichteten BesttzverhältniffeS von derartigem Besitzthume gewöhnlich entrichtet werden, z. B. ErLzins und Erbpachtgelder, vorbebaltene Renten oder Geld- und Kornzinsen, wenn die Eigenschaft des Besitzthums aus dem Hypothekenbuche zu erkennen ist. ‘) Dazu ist auch die Laudemiallast zu rechnen. Dagegen haben fortdauernde Lasten und Leistungen, welche einem Grund­ stücke durch Verträge oder sonstige auf Willenserklärungen beruhende Titel aufgelegt sind, nicht die Natur der Rcallast, sondern die bloßer Fordernngsreste, und die Eintragung in das Hypothekenbuch verändert nicht deren Natur, sondern verstärkt nur die Wirkung des Rechtes, verschafft also nur eine Hypothek. 1 2) (Vergl. Koch s Lehrb. des Preuß. Privatrechts, Bd. 1. §. 351. S. 561.) Es findet sich indeß keine der verschiedenen Ansichten der gemeinrecht­ lichen Schriftsteller über die rechtliche Natur der Reallasten im Preuß. Rechte klar ausgesprochen, sondern es sind nur Folgerungen aus mehreren derselben mit einander vermischt.3) In den Gesetzbüchern werden die Real­ lasten meist als beständige, auf einem Grundstücke haftende Lasten und Ab­ gaben bezeichnet; der Berechtigte wird auch wohl einem Realgläubiger gleich geachtet. Indeß folgt aus diesem Sprachgebrauche nur, daß das Rechtsverhältniß als ein dingliches angesehen wird; einen sicheren Schluß auf dessen sonstige Natur läßt er nicht zu. Nach den Grundsätzen des A. L. R. kann das Eigenthum einer Sache oder eines Rechtes durch Befugnisse, welche einem Anderen in Beziehung aus dieselben zukommen, eingeschränkt und belastet werden. (A. L. R. I. 19. §. 1.). Dies geschieht namentlich durch dingliche Rechte; die aus solchen entstehen­ den Verpflichtungen muß jeder Besitzer anerkennen (§. 7. a. a. £).). Ist das Dasein einer solchen Einschränkung des Eigenthums klar, dagegen zwei­ felhaft, ob der Verpflichtete in seiner Sache etwas zu thun oder nur etwas

1) Vergl. A. G. O. I. 50. 51. 358.: „Sobald hingegen eine Abgabe aus der Natur und Eigenschaft nicht von selbst zu vermuthen", woraus folgt, daß, wenn sie zu vermuthen, sie zu den Reallasten gehören. — Vergl. §. 431. a. a. O., wo der Grbzinsherr nur wegen des rückständigen Kanons, nicht wegen seines etwa zu liquidirenden Erbzinsrechtes, gedacht ist, wie eS hinsichtlich der im §. 430. erwähnten Rentenrechte vorgeschrieben ist. — Vergl. ferner A. V. R. I. 18. §§. 747. ff. und wegen deS vorbehaltenen Zinses, §. 815. ebendas. 2) Vergl. Ä. G. O. I. 50. §. 430., Plenarbeschl. deS Ob. Trib. v. 22. April 1844 (Entsch. Bd. 10. S. 13., I. M. Bl. 1844. S. 234 u. 240), A. L. R. I. 11. 88- 329., 330., 611. 3) Auch die bekannt gewordenen Ansichten deS höchsten Gerichtshofes über die Natur des Rechtsverhältnisses sind sehr abweichend. Die Realtast wird von demselben aufgefaßt: a) als ein die DispositionSbcfugniffe und das Nutzungsrecht des EigenthümerS beschränkendes dingliches Recht (vgl. Erk. deS II. Sen. des Ob. Trib. v. 9. Sept. 1842 im Arnsberger Arch. Bd. 9. S. 425 - 431); b) als dingliche, in Beziehung zum Eigenthum stehende obligatio mit einer causa perpetua oder perennis (vergl. Erk. deS Ob. Trib. v. 29. Jan. 1848 in den Eutsch. Bd. 16. S. 196 ff): c) als fortdauernde dingliche Last, für welche das Grundstück selbst als verpsiichtet angesehen wird (vergl. den Plenarbeschl. des Ob. Trib. v. 22. April 1844 in den Entsch. Bd. 10. S. 14 ff. u. I. Min. Bl. 1844 S. 234 ff.); . d) als mit einer Hypothek verbundene und deshalb seit Erlaß der V. v. 28. Dec. 1840 von der Einlassung in den Konkurs befreite Realforderung (vergl. ebendas.); endlich e) als ein mit der Hypothek ganz identisches, in Gemäßheit der §§. 411., 412. A. L. R. I. 20. zu erwerbendes dingliches Recht (vgl. Erk. des III. Sen. des Ob. Trib. v. 23. Mai 1850 in den Entsch. Bd. 20. S. 196 ff).

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Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. ®em. Theilungen,

zu dulden verpflichtet sei, so wird Letzteres angenommen, (§§. 15. u. 16. a. a. O.). Die dingliche Verpflichtung zu einem Thun wird zur Real­ last, oder nach dem Sprachgebrauche der Quellen zu einer auf der Sache haftenden Last oder Abgabe, wenn das darc oder facerc den Hauptgegen­ stand der dinglichen Verbindlichkeit ausmacht. Die Reallast unterscheidet sich von anderen dinglichen Rechten dadurch, daß letztere den Eigenthümer der belasteten Sache nur zu einem Dulden oder Unterlassen verpflichten, während die dingliche Verpflichtung zu einem Thun bei ihnen etwas Un­ wesentliches und Zufälliges ist; wogegen bei der Reallast die Verbindlich­ keit zu einem Thun zum Wesen des Rechtsverhältnisses gehört. x) Umge­ kehrt wird bei der Reallast das dingliche Recht schon durch bloßes Nichttbun des Verpflichteten verletzt, während die Verletzung anderer dinglicher Rechte der Regel nach ein positives Entgegenhandeln des Verpflichteten — ein Thun oder Verhindern — voraussetzt. Von diesen Grundsätzen ist auch das Revisions-Kolleg, für Lan­ des-Kult. Sachen bei Entscheidung der in vielen Fällen streitig gewor­ denen, für die Ablösbarkeit oder Nichtablösbarkeit nach den Be­ stimmungen des Ges. v. 2. März 1850 entscheidenden Frage, ob eine Last für eine Reallast oder für eine Grundgerechtigkeit (Servitut) zu erachten sei, ausgegangen, indem dasselbe folgenden Rechtsgrundsatz ausgestellt hat:

„Das charakteristische Merkmal einer nach §. 6. des Ges. U. 2. Marz 1850 ablösbaren Reallast besteht darin, daß der Besitzer des verpflich­ teten Grundstückes zu einem positiven Handeln oder Geben verpflichtet ist." (Praj. Nr. 13., in der Präj. Sammt, des Revis. Kolleg. S. 44., Keilschrift desselben, Bd. 6. S. 71 ff.) -) Die Gründe dieses Präjudizes führen aus:

Es ist unhaltbar, die Natur einer Reallast aus dem Umstande her zu leiten, daß die Berechtigung nicht einem Grundstücke, sondern einer Person zustebe. Denn eines Theils folgt aus dem Mangel eines berechtigten Grundstückes noch nicht, das; die Berechtigung die Natur einer Reallast im Sinne der Ablös. Ordn. v. *2. Mar; 1 >50 habe, da außer dem Servituten- und Reallasten-Verhältnisse auch noch persönliche Rechte in der Gesetzgebung anerkannt sind, unter welche die in Rede stehende Be­ rechtigung fallen kann, und andern Theils kennt auch das A. L. R. selbst wirkliche Grundgerechtigkeiten, welche selbstständig und ohne Verbindung mit einem Grundstücke bestehen können und Gegenstand der freien Veräußerung sind, wie z. B. die Schäsereigerechtigkeit (§. 146. A. L. R. I. 22.) und daö HütungSrecht der Schlachter und anderer Gewerbetreibenden (§. 96. a. a. O.), sowie es denn

1) Koch (Lehrbuch des Preuß. Privat-RechtS, Bd. I. S. S. 562. ff.) spricht sich über die Natur der Reallasten dahin auö: „Die Reallasten erscheinen im Preuß. Rechte als ein obligatorisches Nech:S„verhaltniß, welches durch die Erwerbung des Grundstückes einerseits und „durch die ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung andercrscils ent„steht, und vermöge welches der jedesmalige Besitzer für die in seiner Besiy„zeit fällig werdenden Leistungen persönlich verpflichtet, und mit welchem z.r„gleich eine Hypothek für die einzelnen Leistungen, durch die Eintragung ver„selben, verbunden ist. 3ft das Letztere nicht der Fall, so begründen die „fälligen einzelnen Leistungen nur eine persönliche Forderung an den Be„sitzer, theils mit einem Vorzugsrechte (A. (M. O. I. 50. 431., 357., „358.), theils ohne ein solches (z. B. die Laudemien). Die Reallasten hi„ben mithin einen dinglichen Eharakter, wie die Jura in rc, in der Bedei„tung, daß jeder dritte Erwerber des belasteten Grundstückes das obligat.'„rische Rechtsverhältniß nothwendig eingehen muß, welches den ^edeSmaligrn „Besitzer zu einem positiven Thun persönlich verpflichtet." 2) Vergl. auch die in der Zcitschr. des Revis. Kolleg Bd. 3. S. ‘243. mit­ getheilten Präjudikate und die Abhandlung S. 141 ff. ibid.

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 6.).

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überhaupt noch eine sehr bestrittene Frage ist, ob und wie weit das Ai. L. R. in der angenommenen Erweiterung des Begriffs eines dinglichen Rechts nicht auch die Trennbarkeit und Uebertragbarkeit der Prädial-Servituten anerkannt habe '), wobei freilich nicht wird in Abrede gestellt werden können, daß durch die Aufhebung der Verbindung der Berechtigung mit einem Grundstücke der eigentliche Charakter einer Grundgerechtigkeit zerstört und auS einem subjektiv-dinglichen ein subjektiv-persön­ liches Recht wird. — Unter allen Umständen folgt aber aus einer solchen Verän­ derung niemals die Begründung einer Reallast im Sinne des Ges. v. 2. Marz 1850. Dem verpflichteten Grundstücke gegenüber muß man vielmehr den Unter­ schied zwischen einer Servitut und einer Reallast darin suchen, daß jene in einem „Dulden" oder „Leiden", diese aber in einem positiven Handeln oder Geben besteht. Das gemeine Deutsche Recht stellt den Begriff der Reallasten in bestimm­ ten Leistungen dar (vgl. Eichhorns Deutsch. Privat-R., §§ 161. ff.) und das Ablös. Ges. v. 2 März 1850 bezeichnet im §. 6. auch nur Abgaben und Lei­ stungen des Grundbesitzers als solche Reallasten, aus welche die neue Ablös. Ordn. Anwendung finden soll. Daß unter „Leistungen" wirklich positive Hand­ lungen verstanden worden find, ergeben die einzelnen Titel des Abschn. II.

Bon diesen Prinzipien ausgehend hat das Revisions-Kollegium für Landes-Kulturs, namentlich in folgenden zur Kontestation gelangten Streitfällen entschieden. a) Das bereits erwähnte Präjudikat (Zeitschr. Bd. 6. S. 71. ff.) fuhrt aus, daß die auf einem Grundstücke haftende (im Hypothekenbuche einge­ tragene) Verpflichtung des Besitzers, aus diesem Grundstücke auf ewige Zeiten ein bestimmtes Quantum Brennholz (zu fiskalischem Bedarfe) gegen Entrichtung eines bestimmten Stättegeldes aufnehmen und aufstellen zu las­ sen, keine ablösbare Reallast, sondern eine nicht ablösliche Servitut sei. b) Das Präjudikat in der Zeitschr. Bd. 3 S. 243 — 249 führt aus, daß das einem Grundstücke zustehende Recht, aus einem Walde Bau- mit) Reparatur-Holz zu beziehen, kein ablösbares Realrecht, sondern eine Ser­ vitut sei. r) In einem ähnlichen Falle hat das Ob. Trib. (in dem Erk. v. 22. Okt. 1847) ausgesührt, daß zwar die Holzberechügung als Grundgerechtigkeit nur in dem Rechte bestehe, das benöthigte Holz aus dem Walde eines Andern zu nehmen, Brenn- oder Bauholz aus demselben zu holen (A. L. R. I. 22, §§. 201., 209.) und daß die dabei vorkommende An­ weisung des zu entnehmenden Holzes für ein facere auf Seiten des Besitzers der dienenden Sache nicht angesehen werden könne, sondern nur die Gewährung der Sache, eine Aeußerung der patientia, welche die Hand­ lung des Berechtigten vermittelt, enthalte; wenn aber dem Berechtigten nicht blos das Recht eingeräumt sei, aus dem Forste einen bestimmten Holzbedarf zu nehmen und zu holen, sondern der belastete Waldeigenthümer sich ver­ pflichtet habe, jenem das erforderliche Holz zu verabfolgen, so liege darin ein versprochenes dare oder pracstare, eine Obligation zur Ge­ währung eines bestimmten Holzbedarfs. Sowie aber schon dem Römi­ schen Rechte, auch abgesehen von öffentlichen Lasten, eine LeistungsBerbindlichkeit des Besitzers einer Sache als solcher nicht unbekaunt sei (L. 7. pr. D. 39. 4., L. 14. §. 2. D. 50. 4, Mühlenbruch Pandekten, §. 275.), so habe auch das Deutsche Recht Verbindlichkeiten, Etwas zu

1) Vergl. hierüber oben S. 143-144. 2) Die Gründe dieses Präjud. bemerken übrigens, daß, wenn in einem sol­ chen Falle der Belastete zugleich die Verpflichtung habe, dem Berechtigten das Holz zu fallen und ihm solches zuzubringen, hierin allerdings die Verpflichtung zu einem Thun gefunden werden könne, welches der Verbindlichkeit den Charakter einer Realabgabe verleihe.

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungem.

geben und zu leisten, auch als fortwährende, gegen jeden Besitzer einer be­ stimmten Sache geltend zu machende Reallasten stets anerkannt, und nach Preuß. Rechte gehörten die sogen, affirmativen Rechte, von Jemandem die Wiederholung einer Handlung als eine fortwährende Schuldigkeit zu for­ dern, hierher. (A. L. R. I. 7, §. 80 ). Ihrem Wesen nach aber seien sie Obligationen, Prästationen, entsprächen dem Rechte, Leistungen und Ab­ gaben von dem Grundstücke eines Andern zu fordern, und nicht Servi­ tuten. (A. L. R I. 9. §. 509.) (Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 3. S. 252-256.)

c) Daß das Recht des Besitzers eines (ehemaligen) Rittergutes, von den Ackerbesitzern in einer Mark Getraide-Abgaben zu verlangen, eine ab­ lösbare Realberechtigung sei, hat das Revisions-Kolleg, für Landes-Kult. Sachen in dem in der Zeitschr. Bd. 3. S. 261 ff. mit­ getheilten Rechtsfalle anerkannt, und das Ob. Trib. ist dem per senk v. 11. Aug. 1847 beigetreten, indem es das in Rede stehende Recht für ein sogen, affirmatives (die Befugniß, von den Besitzern der Marken-Grund­ stücke ein klare, facere, praestare, — im vorliegenden Falle GetraideAbgaben als eine fortgesetzte Schuldigkeit zu fordernd erachtet (A. L. R. I. 7, §. 80. u. I. 9, §. 509., Hypoth?O. I. §§. 47 — 49'), welches eine Reallast, eine Obligation mit einer causa perennis oder perpetua, ein Forderungsrecht, welches in dem belasteten Grundstücke wurzelnd gegen jeden Besitzer desselben geltend gemacht werden kann, dergestalt, daß die demselben entsprechende Leistung von dem Grundstücke selbst verlangt und gewährt werden soll, sei. d) Es ist in Zweifel gezogen worden: ob solche Leistungen, welche die Gutsherrschaft bei Aussetzung dienstpflichtiger Rustikal-Stellen den Stellen­ besitzern gegenüber übernommen hat, wenn diese Leistungen an sich die Natur der Servituten haben, der Ablösung resp. Kompensation nach den Grundsätzen des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 unterliegen, oder nur nach den Vorschriften der Gem.-Theil.-Ordn. ablöölich sind? In einem Neuv orpommerschen Falle war nämlich streitig geworden, ob die Verpflichtung der Gutsherrschafi, den Besitzern der von ihr aus­ gesetzten dienstpflichtigen Häuslerstellen die bei Etablirung der Stellen vertragsmäßig als Gegenleistung zugesicherteu Weideberechtigungen und Berechtigung zum Stechen einer jährlich bestimmten Quanti­ tät Torf, sowie auf eine jährliche Quantität Knickholz für nach den Vorschriften des Ablös. Ges. v. 2. März ablösliche Reallasten oder für (nur nach den Grundsätzen der Gem.-Th.-O. ablösliche) Servituten zu erachten seien? Die Gutsherrschaft behauptete Ersteres hauptsächlich aus dem Grunde, weil jene Berechtigungen lediglich als Gegenlei­ stungen der Gutsherrschaft für die Dienste anzusehen seien und auf dem Dienstverhältnisse beruhetcn, auch in der Ausübung nur durch eine Handlung von Seiten der verpflichteten Gutsherrschaft zu ermöglichen seien (nämlich durch Anweisung einer Stelle zum Torfstechen). Deshalb hatte die Gutsherrschaft beantragt, diese Berechtigungen für solche zu erklä­ ren,^welche nach §. 7. u. §. 59. des Ablös. Ges. als Gegenleistungen zur Ablösung und auf die Reallastcn der Stellenbesitzer zur Kompensation zu bringen, wogegen die Stettenbesitzer die erwähnten Berechtigungen für solche erachtet wissen wollten, welche als Servituten nur nach den Vorschriften der Gem.-Th.-O. (v. 19. Mai 1851) ablösbar. Das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen hat per scnt. v. 15. Juli 1853 (unter Bestätigung des Urtels der Gen. Kom. zu Stargard v. 8. Jan. 1853) die Ansicht der Stellenbesitzer für die richtige erklärt und den Antrag der Gutsherrschaft zurückgewiesen, indem es ausführt:

Ges. v. 2. Marz 1850, betr. die AblSs. rc., (§. 6 ).

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Die Vertrage enthalten allerdings keine genaue Bezeichnung der mit den in Rede stehenden Rechten belasteten Grundstücke, allein die Partheien sind darüber einver­ standen, daß das Weiderecht der Häuslerstellen in der Heerde der Herrschaft auf der ganzen Feldmark auSgeübt wird, daß die Berechtigten den Torf in dem herr­ schaftlichen Moor stechen, formen, trocknen und von da selbst abfahren, und daß der Knick auf geschehene Anweisung von Seiten der Gutsherrschaft in deren Forsten gehauen ist. Diese Art der Ausübung charakterisirt die den Stellenbesitzern einge­ räumten Weid-, Holz- und Torfrechte als Servituten. Dieselben belasten den gutsherrlichen Grundbesitz und bestehen darin, daß die Gutsherrschast dulde, daß die Stellenbesitzer die gutsherrlichen Grundstücke mitbenutzen und dadurch das guts­ herrliche Eigenthumsrecht einschränken. Die Einwendungen der Gutsherrschast, daß jene Rechte den Servituten deshalb nicht beizuzählen, weil sie auf einem Dienstver­ hältniß beruheten und sich als Theil des Lohnes darstellten und theilweise in der Ausübung nur durch eine Handlung von Seiten der Gutsherrschaft zu ermög­ lichen seien, sind unhaltbar. Die Veranlassung zur Begründung eines Rechtes bestimmt nicht dessen Natur, vielmehr muß letztere nach den positiven Bestimmungen beurtheilt werden, und die Ausübung einer Servitut nach Anweisung des Be­ sitzers des belasteten Grundstückes legt dem letzter» keine Verpflichtung zum Handeln auf, giebt vielmehr diesem nur die Befugniß, die Ausübung der Servitut zu regeln, ohne daß dadurch in dem Wesen einer solchen Servitut etwas geändert wird. Sind aber Servituten in medio, so bleiben dieselben auch von der Ablösung nach den Vorschriften der Ablös. Ordn. v. 2. März 1850 ausgeschlossen, dieselben mögen eine Gegenleistung für ablösbare Reallasten sein oder nicht. Die §§. 7. u. 59. a. a. O. lassen hierüber keinen Zweifel. (Acta des Rev. Koll. Pommern Litt. 8. Nr. 57.)

IV. In Betreff der Frage: welche Verpflichtungen für Reallasten, und als solche für ablösbar zu erachten, ist hier noch folgender Kontro­ versen zu gedenken: 1) Ist die Verpflichtung der Gutsherrschaft, dem ihr abgabenpflichtigen Müller das Wehr in baulichem Stande zu erhalten, eine Reallast und deshalb ablösbar?

u) Das Revis. Kolleg, für Landes-Kulturs, hat unterm 4. u. 11. Juni 1852 bejahet. (Präj. Samml. des Revis. Kolleg., S. 47. No. 22.) b) Das Erk. desselben Gerichtshofes v. 26. Nov. 1852 nimmt (gegen die Ansicht der General-Kom. für die Provinz Sachsen) an, daß die Be­ nutzung einer Wasserleitung (eines Mühlgrabens) durch Mehrere der Ablösung der einem Dritten obliegenden Verpflichtung, die dazu erforder­ lichen Anlagen und Anstalten zu bauen und zu unterhalten, nicht ent­ gegenstehe.

Die Gründe führen zunächst aus, daß die Wehrbaulast nicht zu den nach §. 6. des Ablös. Ges. unablöslichen öffentlichen Lasten gehöre, worunter nur Abgaben zu verstehen, welche an den Staat entrichtet wer­ den. (Plenarbeschl. des Ob. Trib. v. 20. März 1846, Entsch. Bd. 13. S. 42). Die Wehrbaulast beruhe vielmehr aus einem privativen Titel, und die Ausführung, daß bei gemeinschaftlichen Flüssen keiner der Adjacenten den Flußlauf ändern dürfe, und eine solche Aenderung durch Abbrechung des Wehres eintreten würde, die Fortdauer der Anstalt mit­ hin im Interesse einer größeren Gemeinschaft erforderlich sei, und dies der Ablösung nach §. 6. deS Ablös. Ges. entgegenstehe, beruhe auf der Ver­ wechslung des Flusses mit dem Mühlgraben, und übersehe außerdem, daß aus dem gemeinschaftlichen Interesse Mehrerer nicht von selbst eine Sozietät entstehe, und nach §. 6. a. O. nächst den öffentlichen und Ge­ meinde-Lasten nur die auf eine Deich- oder ähnliche Sozietät sich beziehen­ den Lasten der Ablösung nach dem erwähnten Gesetze nicht unterliegen. Aus dem Rechte der Benutzung des Wassers aus einem Mühlgraben folge noch nicht das Recht, von dem Wehrbaupflichtigen die Beschaffung des Wassers in den Mühlgraben, resp, die Erhaltung des dazu erforderlichen

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

WehrS zu verlangen, sondern dieS letztere müsse besonders nachgewiesen werden, widrigenfalls die zur Mitbenutzung des Wassers Berechtigten nicht befugt seien, der Ablösung der Wehrbaulast zu widersprechen. Wenn sie aber auch ein Recht auf die Unterhaltung des Wehrs erworben hätten, so sei dennoch der Antrag auf Ablösung auch gegen sie gerechtsertiget, da die Verpflichtung jedenfalls eine Reallast sei. (Zeilschr. des Revis. Kolleg.

Bd. 6. S. 178 ff.) c) Frey stellt in Betreff der Frage, ob die Verpflichtung zur Unter­ haltung von Wehren, Schleusen, Dämmen und dergl., desgleichen zum Aufräumen von Privatflüssen und Mühlgraben, welche in der Regel dem Gutsherrn gegenüber den Müllern auf Grund specieller Rechtstitel obliegt, und wobei der Gutsherr sich häufig der ihm dienst­ pflichtigen Bauern zur Ableistung der ihm obliegenden Verpflichtung be­ dient, für eine ablösbare Reallast zur erachten, folgende Ansichten auf.

Zuvörderst sei dabei ein Servituts-Verhältniß zwischen den Par­ theien niemals anzunehmen; denn eine Leistung könne keine selbstständige Servitut sein, und es könne sich daher nur fragen, welches denn die eigent­ liche Servitut sei, die mit jener Leistung in Verbindung stehen solle. In dem Rechte des Müllers, das Wasser zu benutzen, könne sie nicht bestehen, weil ein Eigenthum an dem fließenden Wasser, in der Regel auch an dem Bette von Privatstüffen, gar nicht eristire und daher auch keine Servitut daran konstituirt werden könne. Das G. v. 28. Febr. 1843 wegen Benutzung der Privatflüsse, welches überhaupt nur von Ufer­ besitzern an Privatflüssen, aber nicht von Flußbesitzern oder Fluß­ eigenthümern spreche, gebe den Uferbesitzern das Recht, das fließende Was­ ser nach Vorschrift des §. 13. zu benutzen. Die wesentlichste Vorschrift des §. 13. bestehe darin, daß Jeder gehalten ist, das abgeleitete Wasser, noch bevor es die fremde Grenze berührt, in sein ursprüngliches Bette zurückzuleiten und ungehindert auf das Grundstück des Nachbars fließen zu lassen, welcher dann an demselben Wasser auch ebendasselbe Recht habe. Das A. L. R. spreche ebenfalls nur von den Nutzungen des Wassers und der Begriff deS Eigenthums an fließendem Wasser sei der ganzen Gesetzgebung durch­ aus fremd. — Die Servitut könne auch nicht in der Verpflichtung des Grundeigenthümers bestehen, das Wasser über sein Grundstück fließen zu lassen, weil dieselbe, wenn sie nicht schon in der physischen Nothwendigkeit liege, jedenfalls zu den gesetzlichen Einschränkungen des Grundeigenthümers gehöre, für welche keine Entschädigung gefordert werden darf. (A. L. R. I. 22, §. 2.) Bei der Frage über die Ablösbarkeit der in Rede stehenden Verpflich­ tungen komme es vorzugsweise auf die Ermittelung an, ob eine gesetzliche Verbindlichkeit zur Leistung vorhanden oder nicht. Wenn Jemand aus einem speciellen Rechtsgeschäfte eine Verbindlichkeit übernehme, die ihm ge­ setzlich ohnehin schon obliege, so werde er dadurch zwar seinem Paciscenten noch besonders verpflichtet, aber die Natur der gesetzlichen Verpflichtung werde dadurch nicht verändert. Die leitenden Grundsätze, von welchen in Fällen der gedachten Art auszugehen, seien folgende:

1) Gesetzliche Verbindlichkeiten, d. h. solche, welche aus der Gesetzgebung un­ mittelbar fließen, ohne daß es eines besonderen Rechtsgeschäfts dazu bedarf, haben die Watin* der öffentlichen Lasten und sind nicht ablösbar. Ob sie auf allgemeinen Landes- oder provinziellen Gesetzen, oder auf Lokalstatuien und Observanzen beruhen, macht dabei keinen Unterschied, weil die letzteren, wenn sie überhaupt verbindliche Kraft haben, wirkliche Gesetze sind. 2) Wenn es sich nachweisen laßt, daß der, aus einem speziellen Rechtstitel Ver­ pflichtete, auch ohne denselben, zu derselben Leistung gesetzlich verpflichtet sein würde, so behält die Verpflichtung, deS speziellen Titels 'ungeachtet, die Na­ tur der öffentlichen Lasten.

Ges. v. 2. Marz 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 6.).

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3) Wenn Jemand aus einem speziellen Titel verpflichtet ist, innerhalb feiner eigenen Grenzen Flüsse zn räumen, Dämme zu unterhalten re., so gilt die Vermuthung, daß er auch gesetzlich dazu verpstichtet fein würde. 4) Wenn es sich nachweisen läßt, daß der Verpflichtete mir aus einem spe­ ziellen Titel verpflichtet ist und ohne denselben nicht verpflichtet sein würde, so gehört seine Verpflichtung nicht zu den öffentlichen Lasten. 5) Wenn Jemand aus einem speziellen Titel verpflichtet ist, innerhalb fremb er Grenzen Flüsse zu räumen. Dämme zu unterhalten rc., so gilt die Ver­ muthung, daß er nur aus duffem speziellen Titel verpflichtet ist und ohne denselben nicht verpflichtet sein würde. fi) 3n den zu 4 und 5 erwähnten Fällen ftefyt der Verpflichtung nicht bloß das Recht desjenigen entgegen, welcher dapelbe aus dem speziellen Titel herleitet, sondern das Recht aller derjenigen, welche gesetzlich verpflichtet sein würden, wenn der spezielle Titel nicht vorhanden wäre. Hierbei gilt die Vermuthung, daß gesetzlich Jeder innerhalb seiner Grenzen zu räumen rc. verpflichtet ist. 7) Alle nach Nr. 6. Betheiligten müssen bei der Ablösung mit ihren Einwen­ dungen gehört werden. Wenn auch die unmittelbar Betheiligten darüber einverstanden sind, so ist doch in allen Fällen die Ablösung nur insofern zu­ lässig, als das öffentliche Interesse durch dieselbe nicht gefährdet erscheint. Die Prüfung der Zulässigkeit liegt der Behörde von Amtswegen ob. 8) Wenn der Werth der Leistung zu der Prästatiousfahigkeit desjenigen Grund­ stückes, welchem die Leistung durch die Ablösung auferlegt werden soll, der­ gestalt im Mißverhältnisse steht, daß das Grundstück für die dauernde Er­ füllung der Verbindlichkeit keine genügende Sicherheit gewahrt, so wird ver­ muthet, daß die Ablösung dem öffentlichen Interesse zuwider ist. Dieselben Grundsätze finden auch dann Anwendung, wenn hinsichts des einen Theils der Verpflichtung der zu 2 und 3 erwähnte, hinsichts eines anderen Theiles der zu 4. und 5. erwähnte Fall eintritt, und zwar für jeden Theil der Verpflich­ tung besonders. Die zu 7. und 8. erwähnten Bestimmungen erscheinen durch die Natur der Sache und nach §. 6. dieses Gesetzes gerechtfertigt, wenn man erwägt, daß es sich bei der in Rede stehenden Verpflichtung niemals um eine bloße Adlösung, also um die Befreiung von einer Last handelt, sondern zugleich auch darum, daß dieselbe, resp, eine ihr ähnliche Last einem anderen Grundstücke im öffentlichen Interesse neu auferlegt werden m uß. In allen Fällen scheint die Vermuthung dafür zu sprechen, daß die Verpflich­ tung, dem fließenden Wasser in der bisherigen Art und Weise ungehinderten Abfluß zu schaffen, Dämme, Brücken, Wehre rc. zu unterhalten, die Natur der öffentlichen Lasten hat und daß es dem Provokanten der Ablösung obliegt, diese Vermuthung durch den Nachweis zu entkräften, daß fein Anderer, als der Provokat, ein Interesse dabei hat. (Frey, prakt. Erläut. des Ablös. Ges. S. 34—40.) 2) Gehört ein (im Hypothekenbuche eingetragenes) W 0 h nungsrecht und die auf einem Hause eingetragene Verpflichtung, ein anderes Haus in baulichem Stande zu erhalten zu den nach dem Ablös. Ges. v. 2. März ablösbaren Reallasten? Verneint von dem Revis. Kolleg, für Landes-Kult. Sachen per

sent v. 3. Febr. 1852. Kolleg.)

(Präj. Nr. 11. S. 43 der Präj. Sammt, des Nev.

Dergleichen Verpflichtungen seien weder Grundgerechtigkeiten, noch Rcallasten. Das A. L. R. habe die Personal-Servituten des Röm. Rechts nicht ausgenommen und kenne daher das Wohnungsrecht (habitatio) als ein besonderes Recht nicht; es sei hier unter dem „Recht zum Gebrauche nach Nothdurft" begriffen (A. L. R. I. 21, §. 185., Koch s Lehrb. des Preuß. Priv. R., Bd. 1. S. 520). Daß die persön­ liche Verpflichtung durch Eintragung in das Hypothekenbuch eine ding­ liche geworden, mache sie nicht zu einer Real la st. Reallasten seien ihrer Natur nach dingliche Verpflichtungen, welche nur der Publicitat

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Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

wegen der Eintragung in daS Hypothekenbuch bedürfen und mithin (nach §. 48. Tit. I. der Hyp. O.) nicht einzutragen seien, wenn sie nach der Verfassung des OrtS, des Kreises oder der Provinz als allgemein be­ kannt vorausgesetzt werden können. Persönliche Verpflichtungen, welche erst durch die Eintragung dinglich werden, gehörten sonach nicht zu den Reallasten, und daß insbes. die Verpflichtung, Jemanden den Gebrauch, die Nutznießung, die Wohnung oder andere dergleichen, daS Eigenthum des Besitzers und dessen Wirkungeu beschränkende Befug­ nisse einzuräumen, auch wenn sie eingetragen worden, nicht zu den Real­ lasten zu zählen seien, folge aus §. 50. Tit. I. der Hyp. O., in welchem — im Gegensatze zu den in den §§. 48. u. 49. ebendas, gedachten bestän­ digen Lasten und Abgaben — die Real-Verbindlichkeiten aufgesührt seien, welche sub Ruhr. II. des Hypothekenbuches eingetragen werden sollen. (Zeitschr. deS Revis. Kolleg. Bd. 5. S. 415-419.) Die Richtigkeit dieser Ansichten des Revisions-Kolleg, folgt übri­ gens schon daraus, daß der §. 6. des Gesetzes nur „Abgaben und Lei­ stungen" für ablösbar erklärt, und daß Verbindlichkeiten der in Rede stehenden Art dazu nicht gehören, sondern Dispositionsbeschrän­ kungen sind. 3) Reallasten, die auf, einer besonderen Erbfolge-Ordnung unterwor­ fenen, Bauerhöfen haften und deren Betrag nach Ablauf bestimmter Zeit­ abschnitte von Neuem festgestellt wird, sind ebenfalls nach den Bestimmungen des Ablös. Ges. v. 2. 1850 ablösbar. Erkannt von dem Revis. Kolleg, für Landes-Ku.lt. Sachen un­ term 6. Jan. 1852. (Präj. Nr. 7. S. 42. der Präj. Samml. desselben u. Zeitschr. Bd. 5. S. G6 ff.)

4) Unterliegt das Vorkaufs-Recht an Immobilien, — soweit es noch fortbesteht l), — der Zwangs-Ablösung? Es verneinen: a) das Fin. Min. in dem C. R. v. 12. Mai 1850. (s. in Bd. I. S. 191 — 192 u. Bd. II. S. 249.) b) Frey. (s. oben S. 249 ff.) 5) Ist die Schäferei-Gerechtigkeit im Sinne deS A. L. R. I. 22, §. 146., d. h. das Vorrecht der Gutsherrschasten zur Schafhutung auf der ganzen Feldmark3 1),2 für ein ablösbares Realrecht zu erachten? Es bejahet die Abhandlung in der Zeitschr. des Revis. Kolleg, für Landes-Kult. Sachen, Bd. 3. S. 142 ff., weil die Schäferei-Gerechngkeit zu den rein Deutschen Grundrechten gehöre, welche aus dem vorbekaltenen Eigenthum bei Aussetzung der Dörfer hervorgegangen und auf einem Herrschaftsverhältniffe zu den belasteten Grundstücken, dem Obereigenthume, beruhen, weshalb dieselbe nicht als eine Grundgerechtigkeit (Servitut) anzusehen sei. Dagegen hat das (a. a. O. S. 125 —130 mitgetheilte) Erk. des Ob. Tribunals 3) diese Auffassung der Natur der Schäferei-Gerechtigkeit

1) Bergl. die Erläut. zum §. 2. Nr. 6. und zum §. 4. (f. oben S. 244 ff. ii. S. 309), desgl. die Erläut. zum §. 3. des Ed. v. 9. Okt. 1807 (f. oben S. 39-42). 2) Die Schäferei-Gerechtigkeit, von welcher das A. L. R. Th. I. £it. 22. 88. 146 ff. handelt, ist von dem SchafhutungSrechte (als bloßer Sewitut) wohl zu unterscheiden. (Bergt. Koch's Lehrb. deS Preußk Privatrechts, Bd I. S. 548, 552, Abhandl. in der Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. I. S. 111 ff. u. Bd. 3. S. 142 ) 3) Das Datum dieses Erk. ist nicht angegeben. Wahrscheinlich ist es ras Präj. v. 26. Nov. 1846, welches dahin lautet:

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablos. rc., (§. 6.).

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reprobirt und ausgeführt, daß diese Gerechtigkeit zu den Grundgerechtig­ keiten gehöre und lediglich eine besondere An der Weide-Servi­

tuten sei. *) 6) Die unter dem Namen „Schaafzoll" von den ;nr Schaafhutung auf der Feldflur Berechtigten an den Fiskus bisher entrichtete Abgabe hat nicht die Natur einer Steuer, sondern ist eine noch fortbestehende ablös­ liche Real-Abgabe. Angenommen von dem Revis. Kolleg, für Landes-Kult. Sachen per sent V. 10. März 1848. (Jeiochr. des Revis. Koll. Bd. 2. o. 240 ff.) 7) Es ist die Frage streitig geworden: ob die Verpflichtung der an eine Wasserleitung angränzenden Ortschaften, zur Jnstandehaltung dieser Anstalt Hand- und Spanndienste zu leisten und Materialien zu liefern, in dem Falle, wenn die Wasserleitung nicht auf einem Societatsverhältnisse der verpflichteten Ortschaften beruht, auch nicht zu Staatszwecken bestimmt ist, sondern nur zur Versorgung einer Stadt mit Wasser dient, für eine nach den Grundsätzen des Ges. v. 2. März 1850 ablösbare Reallast zu er­ achten sei oder nicht? Das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sach en ist davon auSgegangen, daß die Entscheidung der Frage hauptsächlich davon abhängig sei, ob die in Rede stehende Verpflichtung, ihrer ursprünglichen Entstehung und Natur nach, eine Reallast der Grundbesitzer der betreffenden Ort­ schaften oder eine Verbindlichkeit der politischen Gemeinden derselben, als solcher, sei, und daß dabei auch in Betracht gezogen werden müsse, ob die Verpflichtung aus dem gutsherrlichen Verhältnisse der berechtigten Stadt zu den verpflichteten Ortschaften originire. Uebrigens finde auf keine der­ artige Verbindlichkeit weder das Deichgesetz v. 28. Jan. 1848, noch das G. v. 28. Febr. 1843 über die Benutzung der Privatflüsse, Anwendung, und es komme in Betracht, daß unter den nach §. 6. des Ablös. Ges. von der Ablösbarkeit ausgeschlossenen „öffentlichen Lasten" nur solche ge­ meint seien, die dem Staate als solchem zu leisten find, die also der Pflichtige nur in seiner Eigenschaft als Mitglied des Staates oder eines Gemeindewesens zu prästiren hat, weshalb nicht unerwogen (leiben dürfe, ob etwa jene Bestimmung alsdann keine Anwendung leide, wenn bei einer Anlage nicht der Staat als solcher betheiliget, sondern nur eine Stadt­ gemeinde als die einzig und allein Berechtigte anzusehen sei. (^cta des Revis.-Kolleg., Preußen, Litt. K. Nr. 62.) 8) Ist ein Zehntrecht, welches (in Schlesien) aus dem Grunde ruhet, weil dec Besitzer des belasteten Gutes der evangelischen Konfession angehört, für eine ablösbare Reallast zu erachten? Das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen hat bejahet, indem es zugleich die in solchen Fällen zur Anwendung kommen­ den Grundsätze bezüglich der Ermittelung des Jahreswerthes in Erwägung gezogen hat. Es wird angenommen, daß das Zehntrecht, seiner Natur nach, subjectivund zugleich objektiv-dinglich sei, da dabei stets ein verpflichtetes Grundstück vorausgesetzt werden müsse. Obwohl das A. L. R. (II. 11 §. 857.) dies Recht als auö dem Parochial-Verhältnisse entspringend auffasse, so bleibe

„Die Schäferei-Gerechtigkeit ist eine Grundgerechtigkeit und kann als solche „durch bloßen Nichtgebrauch verloren gehen. Auch in Schlesien findet hiervon „keine Ausnahme statt." (Praj. Nr. 1810. in der Präj. Sammt, des Ob. Trib. S. 132.) — Vergl. auch das Praj. v. 22. Okt. 1841 Nr. 1050. in der Praj. Sammt, des Ob. Trib. S. 40. 1) Als solche würde sie nach §. 2 der Gem. Theil. O. v. 7. Juni 1821 ablesbar sein, nicht aber nach den Bestimmungen des Ablös. Ges. v. 2. März 1850.

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Don d. AblSs. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

der Zehnt doch immer eine auf dem Grundstücke haftende Abgabe, im Gegensatze einer Servitut, wofür auch die Vorschriften der §§. 865., 869. u. 890. ff. a. a. O. sprächen. Die Bestimmung des §. 857. a. a. O. habe daher nur die Bedeutung, daß das Zehntrecht nicht als ein aus speziellem Titel gegen ein besonderes Grundstück erworbenes Recht behandelt werden solle, sondern lediglich als eine allgemeine, aus dem Parochialnerus originirende Abgabe von den Grundstücken im Zehntbczirke anzusehen sei. Dieser dingliche, den Begriff der Reallast bezeichnende Cha­ rakter werde gleichzeitig im §. 872. a. a. O. dadurch außer Zweifel ge­ stellt, daß, wenn der Besitzer eines an sich zehntbaren Grundstückes für seine Person,-wegen Verschiedenheit seines Religionsbekenntnisses, von der Entrichtung des Zehnten frei ist, das Zehntrecht inzwischen ruhet, nicht aber etwa aufgehoben sein soll. Hiermit stimme auch die Schlesische Zehnt-Verfassung überein *), und die K. O. v. 16. Juni 1831 insbeson1) In Betreff der Schlesischen Zehnt-Verfassung ist hier Folgendes zu bemerken: Das A. L. R. bestimmt im §. 872. Tit. 11. Th. II., daß, wenn der Besitzer eines an sich gesetzpflichtigen Grundstückes für seine Person, wegen Verschieden­ heit seines Religionsbekenntnisses, von Entrichtung des Zehnten frei ist, inzwi­ schen das Z e h n t r e ch t ruhet.

Hiermit steht die Schlesische Provinzial-Verfassung im Einklänge. Der Kollowratsche Vertrag v. 19. Febr. 1504 (vergl. in Suarez Samml. Schles. Prov. Ges. Bd. 1. S. 6), welcher durch den Kanzler Albrecht v. Kolowrat im Auftrage des Königs Vladislaus, lind unter Zuziehung der Herzöge Kasimir v. Tcschen und Sigiemund v. Glogau zlir Beileguilg der zwischen den Schlesischen Fürsten und Ständen und dem Bischöfe von Breslau entstandenen Differenzien zu Stande gebracht werden ist, bestimmte sub IV.: „Was anbetrifft das Stück des Zehendes, so von den Einwohnern der Für„stenthümer und Landen den Geistlichen zu geben gebühren, soll ohne alle „Widerrede lind Fürhaltung der Fruchtbarkeit als der Zehnde ausweiset den „Geistlichen gereichet werden." Nach der Bereinigung Schlesiens mit der Krone Preußen verordnete in­ deß die K. O. v. 3. Mär; 1758 ( Suare z a. a. O. Bd. 3. S. 828): „daß diejenigen Abgaben von Zehnden, Garben, Brodteil und dergl., so die „evangelischen Eingepsarrten den katholischen Pfarrern zeither entrichten „müssen, zum Nutzen und Besten der Unterthanen gänzlich cessiren und weg„fallen sollen." Nach dieser Vorschrift ist das Zehntrecht der katholischen Geistlichen nicht be­ seitiget, sondern nur hiilsichtlich der e v an g eli sch e n Glaubensverwandten aufge­ hoben. Es hat daher alich die Zehntverpflichtling nur während der Besitzzeit der evangelischen Glaubensverwandten ruhen, mithin keine weitere Aenderung der Schlesischen Zehntvcrsassling eintreten sollen. Von demselben Gesichtspunkte ist alich die K. O. V. 6. Febr. 1812 (G. S. 1813. S. 42) auSgegangcn, welche, unter Abänderung der K. O. v. 3. März 1758, bestimmte, „daß die von den damaligen Besitzern der den Pfarren pflichtigen Grund„stücke zu entrichtenden Zehnten und andern Parochialabgaben, auch bei teil „Veräußerungen dieser Grundstücke an Personen eines anderen Glaubens„bekenntniffes, der Pfarre unveränderlich verbleiben, und daß die gegenwär„tig (also am 6. Febr. 1812), wegen der Verschiedenheit des Glaubensbe „kenntniffeS des Grundstücksbesitzers, ruhenden Zchntabgabenverpflichtungen „wieder in volle Wirksamkeit treten, auch in derselben unabänderlich bleiben „sollen, sobald ein Besitzer von dem Glaubensbekenntnisse des Pfarrers, „dessen Pfarre der Zehnte ursprünglich gebührte, wieder eintritt." *)

*) Diese K. O. ist durch die K. O. v. 11. März 1812 (G. S. 1812. S. 28) auch auf alle durch das Ed. v. 28. Okt. 1810 säkularisirten, vormals geistlichen Besitzungen, und die darauf haftenden Zehnten und Psarrgefatle, für anwendbar erklärt worden.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. kv (§. 6 ).

ZZ5

dere ändere in der rechtlichen Natur der Zehnten nichts, sondern gewähre nur dem evangelischen Besitzer des verpflichteten Gutes für seine Person eine Befreiung von Entrichtung dieser Abgabe, nicht desbalb, weil er Be­ sitzer des pflichtigen Gutes, sondern desbalb, weil er der evangelischen Kon­ fession zugethan ist. Es sei also der Grund der Befreiung ein persön­ licher, welcher nicht eine Aushebung des Zehnt!echtes, sondern nur eine Sistirung der Ausübung desselben zur Folge habe. — Daß aber eine solche, die Grundstücke belastende Abgabe im Sinne des §. 6. des Ablös. Ges. ablösbar sein solle, ergebe sich schon daraus, daß dieselbe das Grund­ stück selbst dauernd belaste und eine einstweilige Sistirung der Ausübung diese Rechtes diese Belastung nicht aufhebe, werde aber auch durch den Schlußsatz des §. 6. a. a. O. noch besonders unterstützt, wonach zwischen Zehnten, die von allen Besitzern und solchen die nur von Konfessions­ Verwandten zu entrichten, nicht unterschieden werde. Auch die Agrar-Kom. der I. K. habe bei Berathung des Ablös. Ges. diese Ablösbarkeit der Schlesischen Zehnten als unzweifelhaft angesehen. *) — Dieser.Ansicht stehe auch der Umstand nicht entgegen, daß das Ablös. Ges. keine speziellen Vor­ schriften für die Ermittelung des Jabreswerthes der Schlesischen Zehnten ertheile, indem vielmehr für solche Falle die Bestimmung des §. 58. (Alin. 1.) a. a. O Platz greise, wonach die Feststellung durch sachverständiges Ermessen erfolgen müsse, event, aber müsse nach §§. 29. u. 30. A. G. O. 1.13. die Theilung eintreten. 2) (Acta des Revis. Ke lieg., Schlesien, Liu. 8. Nr. 132.)

Hiernachst bestimmte jedoch die K. £). v. 18. Juni 1831 (G. S. 1831. S. 169), „daß die Schlesische Zehntverfaffung ganz so, wie sie nach der K. O. v. „3. Marz 1758 bis zum 6. Febr. 1812 b estanden hatte, allgenlein wie„derhergestellt werden solle, daß jedoch diejenigen Kirchcnbeamten, die in „Verfolg der O. v. 6. Febr. 1812 bereits in den Besitz solcher Zehntabga„ben gelangt sind, die ein zur Konfession der berechtigten Kirchenansialt „nicht gehöriger Grundbesitzer entrichten mnß, wahrend der Dauer ihres „Amtes dieses Besitzes nicht verlustig gehen, vielmehr die Verpflichtung des „nicht zur Konfession der berechtigten Kirchenansialt gebörigen Grundbesitzers „zur Entrichtung der Zehnten erst mit dem Wechsel der empfangenden Be­ samten aushört, indem nur auf die Nachfolger das Rrcht zum Genusse nicht „übergehen solle. Dergleichen Kirchenbeamte sollen indeß, wenn es rathsam „gesunden werden sollte, sich gefallen lassen, daß ihnen dafür eine nach den „Grundsätzen der Abl. C. v. 7. Juni 1^21 zu ermittelnde Entschädigung „angewiesen werte." Zu bemerken ist noch: a) Grundbesitzer jüdi sch e n Glaubens sind nach Schlesischen Prov. R. von der Entrichtung des Zehnten an die kathol. Geistlichkeit nicht befreiet. (Erk. des Ob. Trib. v. 1. Zuli 1847 in den Entsch. Bd. 15. S. 410 u. in den Rechtsf. dcö Ob. Trib. Bd. 2. S. 14. Nr. 7.) b) In Schlesien ist ein Dezem, welcher seit Emanation der K. O. v. 3. März 1758 um deswillen nicht erhoben werden, weil die Grundstücksbesitzer anderer Kon­ fession waren, als der berechtigte Pfarrer, durch Verjährung nicht verloren. (Erk. des II. Sen. des O. L. G. zu Breslau v. 15. Marz 1838, in Kochs Schles. Arch. Bd. 3. S. 466 ff.) 1) Es wird hierüber Bezug genommen auf den Kommiss. Ber. der I. K. zum §. 6. (am Schluß), (s. oben S. 320.) 2) Zn dieser Beziehung wurde Folgendes in Erwägung gezogen. Die in Folge der Ablösung an die Stelle der Abgabe tretende Rente vertrete den Werth derselben nur in so weit, als sie mit Rücksicht aus Perzeption derselben von einem nicht der evangelischen Konfession angeherenden Besitzer des verpflichteten Gutes einen Werth für den Berechtigten hat. 'Nur in so weit sei auch der evangelische

336

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

9) Findet ein Unterschied bezüglich der Ablösbarkeit statt, je nach­ dem die Prästationen im Hypothekenbuche eingetragen sind oder nicht? Das Min. des I. u. d. P. hat diese Frage vor Erlaß des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 mittelst R. v. 4. Juni 1840 (an die Gen. Kom. zu Stendal) verneint, und die Auseinandersetzungs-Behörden für berech­ tigt und resp, verpflichtet erklärt, Anträge auf Ablösung solcher Leistungen anzunehmen und zu verfolgen, welche im Hypothekenbuche nicht eingetragen sind, nichts destoweniger aber von den Interessenten als Reallasten aner­ kannt werden. (Min. Bl. d. i V. 1840. S. 402. Nr. 698.) Diese Ansicht dürfte auch gegenwärtig für vollkommen begründet zu er­ achten sein, da auch der §. 6. des Ablös. Ges. nicht zwischen eingetragenen und nicht eingetragenen Reallasten unterscheidet, und die Eintragung in Bezug auf die rechtliche Natur der Reallasten überhaupt ohne Einfluß ist, indem nach §. 48. Tit. I. der Hyp. Ordn. Reallasten, welche nach der Verfassung des Orts, des Kreises oder der Provinz als allgemein bekannt vorausgesetzt werden können, der Eintragung in das Hypothekenbuch gar nicht bedürfen.

Besitzer des verpflichteten Gutes für den Ablösungsbetrag der Abgabe aufzukommen schuldig, weil er in so weit die Reallast seines Grundstücks anzuerkennen habe und durch die fortgesetzte Zahlung der Ablösungsrente ein Grundstück für alle Zei­ ten von derselben befreie. Der Fall stehe demjenigen gleich, welcher bei anderen Realverbindlichkeiten vorliege, die für den zeitweiligen Besitzer des verpflichteten Grundstücks nicht fühlbar sind, theils weil der Berechtigte keinen Gebrauch davon macht, theils weil der Anspruch 'auf deren Erfüllung von ungewissen Ereignissen, welche selbst mit Gewißheit während der Befltzzeit des zeitweiligen Besitzers nicht eintreten werden, abhängig ist, z. B. Remissionssorderungen bei Unglücksfällen, Laudemien und dergl., deren Ablösung sich dennoch aber der Besitzer auf Antrag des Berechtigten unterwerfen müsse. — Das nach §. 58. des Ablös. Ges. im vor­ liegenden Falle maaßgebende sachverständige Ermessen könne übrigens bei der eigenthümlichen Natur des in Rede stehenden Verhältnisses immer nur von mehr oder weniger willkürlichen Voraussetzungen geleitet und auf solche gestützt werden, da eS unmöglich sei, im Voraus mit Sicherheit zu bestimmen, wie oft sich das ver­ pflichtete Gut in der Hand eines evangelischen Besitzers oder eines anderen KonfesfionSverwandten befinden werde, und ein Schluß aus der Vergangenheit oder aus der Gegenwart auf die Zukunft eben so sehr der Bürgschaft für seine Richtigkeit entbehre. Jedes Gutachten müsse daher bei weiterer Verfolgung seiner Grundlagen zu unhaltbaren Konsequenzen führen, woraus folge, daß der Richter bei Anfechtung dieses Gutachtens an dasselbe nicht weiter gebunden sein könne, als er solches aus inneren, lediglich seiner freien Beurtheilung unterliegenden, Gründen für gerechtfer­ tigt erachtet, wie denn inöbes. der §. 10. der V. v. 22. Nov. 1844 (G. S. 1845. S. 21) in dieser Hinsicht dem Revisions-Kollegium ein selbstständiges Urtheil bei­ lege. — In der hier in Rede stehenden Beziehung könne namentlich das Verhältniß der Seelenzahl der den verschiedenen Konfessionen angehörenden Einwohner einer Provinz nicht maaßgebend sein für das Verhältniß deö Grundbesitzes unter den ver­ schiedenen Konfessionen, und es sei kein Grund zu der Annahme vorhanden, daß der Besitz eines bestimmten Grundstückes sich häufiger in der Hand der evangeli­ schen oder anderer Konfessionsverwandten befinden werde; eben so wenig könne die Vergangenheit in Bezug auf die Besitzverhältniffe eines bestimmten Grundstücks hierfür einen paffenden Piaaßstab darbieten. Das geeignete Auskunftsmittel sei viel­ mehr, bei der Unmöglichkeit eines jeden einen sicheren Anhalt gewährenden Gutach­ tens, sowie in Ermangelung anderer gesetzlicher Vorschriften für den Richter in den analogen Vorschriften der A. G. O. I. 13. §§. 29. u. 30. zu finden, wonach, wenn für keinen Theil überwiegende Gründe sprechen, der Streitgegenstand unter den Partheien getheilt werden soll. Hiernach sei daher im Streitfälle die Hälfte des Vollwerthes der Zehntberechtigung für den einzig entsprechenden Ablösungswerth der abzulösenden Reallast zu erachten.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., (§. 6.).

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11) Unterliegen auch die auf städtischen Grundstücken und Gerechtig­ keiten haftenden Reallasten der Ablösung nach den Vorschriften des Ab­ lösungs-Gesetzes? Das Min. des I., landwirthschaftl. Abth., hat, nach damaliger Lage der Gesetzgebung, bejahet in dem (nachstehenden) Rekursbescheide y. 28. Juli 1841: In Provokationssachen des N. zu Neustadt, als Vormundes der IV. IV. schm Minorennen, wider den ic. N., als Kurators der N. IV.schen Kinder, ertheilt das Mm. des I., landwirthschaftl. Abth., zur Resolution, daß, da die Ablös. O. v. 7. Juni 1821 sich ganz im Allgemeinen auf diejenigen Stellen (Grundbesitzungen) erstreckt, welche „eigenthümlich zu Erbzins- oder Erbpachtsrenten be­ sessen" werden; sie in dieser Beziehung also den Gegensatz zu dem, wegen Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse erlassenen, vorerst die nicht eigen­ thümlichen ic. Besitzer betr. Ed. v. 14. Sept. 1811 bildet, und solchergestalt eine Erweiterung der Landeskultur-Gesetzgebung überhaupt abgiebt; — letztere aber weder in der Ablös O. selbst, noch in irgend einem früheren oder späteren Gesetze der Art, auch nur entfernt darauf hindeutet, daß städtische Grundbesitzungen, bei denen noch Hindernisse des freien Verkehrs hervortreten, von ihren Wohlthaten ausgeschlossen sein sollen; — wie solches im Bescheide erster Instanz angenommen war; — das Gegentheil dessen vielmehr schon aus dem, die Grundprinzipien dieser ganzen Gesetzgebung seststellenden Ed. v. 9. Okt. 1807 folgt, und speziell noch int §. 26. der Ablös. O. v. 7. Juni 1821 selbst ausgesprochen ist, nach welchem „jähr­ liche Naturalabgaben, Zehnten und Laudemien in Rente verwandelt werden können, und zwar ohne Ausnahme, ob der verpflichtete Eigenthümer, Erbzinsman oder Erb­ pächter zur Klasse der bäuerlichen Wirthe, ob er dienstpflichtig oder keines der Fall ist", unter diesen Umständen also die, int Bescheide erster Instanz für besonders maßgebend erachteten Eingangsworte der Ablös. Ordnung: um auch in ihnen die Hindernisse zu beseitigen, welcher von dieser Seite nach der Landkultur und der freien Verfügung über ländliche Grundstücke entgegenstehen, mit den Bestimmungen des §. 29.' derselben, §. 2. des Landeskultur-Edikts und ähn­ lichen, wo das Wort „Landeskultur" in weiterem, einen allgemeinen Zweck an­ deutenden Sinne aufgesaßt worden, zusammengestellt, und demgemäß auch auf städ­ tische Grundbesitzungen angewendet werden müssen, — die, dem entgegenstehende engere Auslegung mithin nicht gerechtfertigt ist, und deshalb eine Aenderung des früheren Bescheides eintreten muß, welche die Kompensation der Kosten nach §. 3. Tit. 23. Thl. I. der A. G. G, verbunden mit §. 213. der V. v. 20. Juni 1817, zur Folge hat; — der, unterm 13. Febr. 1811 gehörig insinuirte Bescheid der K. Reg., Abth. des I., zu Danzig, v. 26. Jan. ej., dahin abzuändern, daß die Ablö­ sung der auf dem IV.schen Grundstücke in Neustadt haftenden Laudemialpflicht nicht, wie geschehen, für unzulässig zu erachten, der Provokation des Vormundes der Verpflichteten vielmehr Fortgang zu verschaffen, Provokat demgemäß schuldig, sich bei Vermeidung des Kontumazialversahrens darauf einzulaffen, und die Kosten sämmtlicher bisherigen Verhandlungen zu kompensiren. (Min. Bl. d. i. V. 1841, S. 238. Nr. 381.)

Da auch das neue Ablös. Ges. v. 2. März 1850 in dieser Beziehung zwischen städtischen und ländlichen Grundstücken und Gerechtigkeiten nicht unterscheidet, so muß als ganz unbedenklich angenommen werden, daß die obige auf vollkommen richtigen Prinzipien beruhende Ansicht auch nach gegenwärtiger Lage der Gesetzgebung anwendbar ist. V. Insbesondere ist noch der als Reallasten auf Grundstücken ruhen­ den gewerblichen und handwerksmäßigen Abgaben und Leistungen zu gedenken. 1) Die Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821 enthält über deren Ablösung keine ausdrücklichen Bestimmungen, und nnr der Grundsatz war danach als feststehend anzunehmen, daß nach §§. 26. und 29. a. a. O. .sowohl die Natural-, als Geldleistungen, welche auf den nicht sowohl auf den Land­ bau, als auf andere Nahrung abzweckenden Etablissements, als Mühlen, Schmieden rc., lasten, und ebenso auch die den Müllern und Schmieden LandeS-Kultur-Gesetzg. Bd. n.

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Don t. Ablös. ter Reallasten, ten Regulirungen u. Gem. Theilungen,

zustehenten Natural-Abgaben, nach den Grundsätzen der Ablös. Ordn, ab­ lösbar seien. *) — Dagegen wurde angenommen, daß hiervon die Frage unabhängig sei, ob gegenseitig die von Müllern, Schmieden rc. dafür zu gewahrenden Arbeiten wider den Willen des Andern abgelöst und mit jenen Leistungen kompensirt werden könnten, und das Min. des I. entschied sich in dieser Beziehung dahin, daß, da das Gesetz dies nicht verordne, der­ gleichen Leistungen ungeachtet der Ablösung der Natural- und Geldleistun­ gen unverändert bleiben müßten.1 2) Aus den Antrag der Schlesischen Stände wurde eine nähere Erör­ terung darüber veranlaßt, ob und in welcher Art auch solche auf dem Grundbesitze haftende, gewerbliche, handwerksmäßige und andere Leistungen, welche in der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821 weder als ablös­ bar bezeichnet, noch ausdrücklich von der Ablösung ausgeschlossen worden, der Ablösung auf einseitigen Antrag des Berechtigten oder deö Verpflichteten zu unterwerfen sein möchten. Diese Erörterungen führten indeß mir zum Erlaß des Ges. v. 30. Juni 1841 wegen Erleichterung der Ablösung ge­ werblicher it. s. w. auf dem Grundbesitze haftender Leistungen 3) (G. S. 1841 S. 136.), welches für diejenigen Landestheile, in welchen die Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821 Gesetzeskraft hatte, die Auseinandersetzungs-Behör­ den verpflichtete, sich auf den Antrag des Berechtigten oder des Verpflich­ teten der Vermittelung einer gütlichen Vereinbarung über die Ablö­ sung der genannten Leistungen zu unterziehen, wobei alsdann die Vorschrif­ ten der Ausführungs-Gesetze zur Anwendung kommen sollten. Dagegen sprach dies Gesetz die Ablösbarkeit solcher Leistungen auf einseitigen Antrag nicht aus. Da jetzt nach §. 6. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 alle Reallasten, mit alleiniger Ausnahme der im Alin. 2. des alleg. §. erwähnten, für ablösbar erklärt worden sind, so kann es nicht weiter zweifelhaft sein, daß auch sämmtliche Gattungen der gewerblichen und handwerks­ mäßigen Abgaben und Leistungen den Grundsätzen dieses Gesetzes unter­ liegen. Der §. 58. a. a. O. schreibt aber vor, nach welchen Grundsätzen der Jahreswerth solcher Abgaben und Leistungen festgestellt werden soll,

1) Die R. des Min. des I. v. 12. Oki. 1822 an die Gen. Kom. zu Marienwerder und v. 28. Dec. 1827 an die Gen. Kom. zu Stargard (Koch's Agrargesctzgeb. 3. AnSg. S. 147 ) erkannten dies ausdrücklich an, indem ange­ nommen wurde, daß die alleg. Vorschriften der Ablös. Ordn, ganz allgemein seien, und daß nirgends angeordnet sei, daß dieselben auf „Ackernahrungen" be­ schränkt sein sollten. 2) Vergl. das in der vorigen Note alleg. R. v. 28. Dec. 1827. — Denselben Grundsatz führte der RekurSbescheid deS Min. Des I. für Gewerbe-Ang. v. 1. Mai 1835 (Eentralbl. für Pr. Jur. 1837 S. 234. u. 1838 S. 156.) aus, welcher annahm, daß auf Ablösung der Schmiedearbeiten nicht angetragen werden könne, die Umwandlung des SchmiedekornS in Rente aber zulässig sei. Auch die RekurSbescheide desselb. Min. v. 3. März 1835 u. v. 13. April 1836, sowie daS R. deffelb. Min. v. 29. Juni 1834 erklärten Mühlendienste und Schmiedearbeiten nur dann für ablöslich, wenn beide Theile über die Vertragsbedingungen einig seien. lDönniges Landes-Kult. Gefetzgeb. Bd. 2. S. 304.). — Vrrgl. auch d. 5. Schle­ sisch. Landtags-Abschied v. 20. Nov. 1838 sub II. 3. (Eentralbl. für Pr. Jur. 1839. S. 387.) und §. 21. des G. v. 8. April 1823 wegen Regulir. der gutsherrl. bäuerl Verh. im Großherzogthum Posen ic. (G. S. 1823 S. 55 ), deSgl. Forui'S Zeitschr. Bd. 1. S. 355 — 357. — Auch das Ob. Trib. hatte in dem Nichtigkeits-Urtel v. 20. Dec. 1839 (Koch's Sebles. Arch. Bd. 4. S. 542.) die Schmiedearbeiten für unablöslich erklärt. 3) Dies Ges. ist demnächst durch den §. 1. Nr. 27. des Ablös. Ges. v. 2. März ld50 wieder aufgehoben worden.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 6.).

33g

und waS die dabei Vorkommenren Gegenleistungen betrifft, so sind solche nach §. 59. a. a. O. zu behandeln, auch ergiebt der §. 94. a. a. O., daß das Recht der Provokation sowohl dem Verpflichteten, wie dem Berechtig­ ten zusteht. ‘) 2) Insbesondere ist hier noch des Verhältnisses der Landschmiede, gegenüber den Gutsherrschaften und den Mitgliedern der Dorfgemeinde, zu erwähnen. Dasselbe hat sich in mehreren Landestheilen, besonders in den älteren Provinzen des Staates 1 2), seit Jahrhunderten ausgebildet. Die Landschmie­ den zerfallen nach der Art ihrer Entstehung in zwei Klaffen, nämlich erst­ lich solche, welche von Schmiedehandwerkern, denen die Betreibung ihres Handwerkes auf dem Lande nachgegeben worden, auf dazu erworbenem Grund und Boden angelegt sind, und zweitens solche, welche von den der Schmiedearbeit Bedürftigen auf ihrem Grundbesitze errichtet worden sind. Die Besitzerder Schmiedender ersteren Art sind freie, unabhängigeHandwerker,welche zu Niemand in einem Verhältnisse stehen. Anders verhält es sich mit den Inhabern der Schmiedewerkstätten der zweiten Gattung. Die Schwierigkeit sofortiger Beschaffung der nöthigen Ackergeräthschaften und ihrer Ausbesserung gab den Gutsherren, wie den Gemeinden Veranlassung, sich dessen für den Fall des Bedürfnisses zu versichern. Da sich in kleinen Landgemeinden selbstständige Schmiede aus Mangel an Aussicht zur Erwerbung eines aus­ kömmlichen Unterhalts nicht ansieteln mochten, so überzeugte man sich, daß, namentlich in den Zeiten des Zunft- und Gewerbezwanges, die Ansiedelung eines Schmidts im Dorfe häufig nur gegen Einräumung von Vortheilen möglich war, die ihm, durch eine gesicherte jährliche Einnahme und durch die Gewißheit ausschließlicher Hinweisung der Ackerbesitzer auf ihn, aus­ kömmlichen Unterhalt und Ersatz für die Beschränkung seiner Gewerbsthätigkcit auf ein Dorf gewähren könnten. Man legte daher eigene Schmiede­ werkstatten an, und nahm einen Werkverständigen in Lohn. Dies geschah entweder so, daß man ihm die Werkstätte vermiethete und die geleisteten Arbeiten nach einer entweder ein für alle Mal im Voraus oder auch bei jeder Bestellung getroffenen Uebereinkunst bezahlte (Pachtschmidt), oder so, daß ihm ein bestimmtes Einkommeu für sämmtliche von ihm zu leistenden Arbeiten zugesichert und die Werkstätte zum Gebrauche überlassen wurde (Lohnschmidt). In den meisten Dörfern haben aber die Schmiede im Ver­ laufe der Zeit einen erblichen Besitz an der Werkstätte erworben, wodurch daS Dienstverhältniß auch da, wo es sich früher nur auf eine gewisse Zeit beschränkte, in ein bleibendes verwandelt worden ist. Die Dörfer mit solchen Schmieden sind entweder adelige, mit ehemals unrerthänigen Einsassen, oder freie Gemeinden. In den Ersteren findet sich in der Regel, daß der Guts­ herr für sich und seine dienstpflichtigen Bauern eine Schmicdewerkstätte einrichtete und einen Schmidt annahm, der dann zu den Dienstleuten des

1) In Betreff der Mühlen - Grundstücke vergl. auch die 2. u. 6. des Mühlcn-Ablös. Ges. v. 11. Marz 1850. 2) Dies Verhältniß besteht namentlich in der Mark Brandenburg, wo eö in Landtags.Rezessen, Bauer- und Gesinde-Ordnungen erwähnt und näher be­ stimmt worben t|l, wie unter Anderen in dem die ganze Mark dies- und jenseits der Oder und Elbe umfassenden Rezeß v. 29. Juli 1653 sub Nr. 42. (Mylius C. C. M. Tom. VI. Abth. 1. S. 425. Nr. 118, Nabe Bd. I. Abth 1. S. 37. ff.), und in der Neumarkiseben Bauer,Ordn. v. 29. Juni 1687 (Mylius a. a. O. Tom. V. Abth. 3. Kap. 1. S. 213. Nr. 26., Nabe Bd. I. Abth. 1. S. 162.); deSgl. in Schlesien. — Bergt. Ferni's Zeitfthr. für gntshcrrl. bäuerl. Berh. Bd. l. S. 335 — 357., deSgl. D 0 nnigeS Landes - Kultur - Gesetzgeb. Bd. 1. S. 155 — 156. 11. Bd. 2. S. 324.

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Bon d. Ablös. der Reallasten, den Regnlirungen u. Gem. Theilungen.

Gutes gehörte, gleich den dienstpflichtigen Bauern. Wo die Schmiede diese Entstehung hat, da ist der Dienstvertrag mit dem Schmidt in der Regel für die unterthänigen Bauern, falls die Gemeinde keinen eigenen Schmidt hat, von dem Gutsherrn mit abgeschloffen worden und die Verbindlichkeit des Kontrakts auf die später frei gewordenen Bauern als eine Reallast mit übergegangen. In freien, keiner Gutsherrschaft unterworfenen Gemeinden gehörte die Schmiede in der Regel ursprünglich zu den Gemeinde-Grund­ stücken, und der Schmidt zu den Gemeinde-Dienern. Später aber haben auch hier die Schmiede erbliche Rechte an der Schmiedewerkstätte erworben, und das Dienstoerbältniß ist dadurch ein erbliches und auf Seiten des Schmidts veräußerliches Recht geworden (Eibschmiede). So entstand das Verhältniß entweder durch ein von der Gutsherrschaft ertheiltes Privilegium bei Aussetzung der Schmiede, oder durch freien Ver­ trag des Gutsherrn, beziehungsweise der Gemeinden, mit heu Schmieden. In vielen Fällen liegt die Entstehung solcher Stellen im Dunkeln; häufig sind aber die früher ertheilten Privilegien oder errichteten Verträge vor­ handen. J) Das Rechtsverhältniß besteht gewöhnlich darin, daß der Schmidt gegen den Genuß des sogen. Schärfgetraides 1 2), einer nach dem Hufenbefitze sich richtenden jährlichen bestimmten Abgabe, die Ackergerätbschaften zu schärfen, überhaupt im tauglichen Stande zu erhalten, und für die in deni sogen. Dinge zettel festbestimmten Preise, wohl auch außerdem noch, gegen die den Ackerbesttzern obliegende Zahlung eines jährlichen bestimmten sogen. Eisengeldes 3) und gegen den in der Regel von der GutSherrschafl zu gewährenden Genuß einiger Ackerbeete, die sogen, schwarze Ar­ beit, d. h. die Veifertigung und Ausbefferung aller übrigen für die Acker­ arbeit eifoiderlichen Eisengeräthschaften, den Hufbeschlag der Pferde u. s. w. zu besorgen verpflichtet ist.4)

1) Das Ob. Trib. hat (in dem Erk. v. 6. Zuli 1834) ausgeführt, daß ein Dorfschmidt das Recht, für gewisse Dienstleistungen ein gewisses Einkommen von der Gemeinde zu verlangen, nicht durch Verjährung erwerben kann, sondern daß der Grund des gegenseitig bestandenen Rechtsverhältnisses angegeben werden muß: denn es seien in dem obwaltenden Rechtsverhältnisse gegenseitige Rechte und Ver­ bindlichkeiten vorhanden, die Verjährung aber eure einteilige Erwerbart, die auf der einen Seite nur Rechte, auf der anderen nur Verbindlichkeiten erzeugt, mithin einen Vertrag nicht begründen könne. (Koch S Schles. Arch. Bd. 3. S. 277 ff.) Vgl. hiergegen Koch a. a. O. S. 381—282. 2) Sch är sge treid e heißt der Lohn in Körnern, welcher als Pauschguantum für das Schärfen und Ausbeffern der Pflugschaaren gegeben wird. (Vgl. die Erk. des O. L. G. zu Breslau v. 18. Mar; 1834 u. v. 11. Juli 1837 in Kochs Schles. Arch. Bd. 3. S. 246 u. 252.) 3) Das O. L. G. zu Breslau hat (in dem Erk. v. 9. Nov. 1832) ange­ nommen, daß das Eisengeld als eine Entschädigung für das Material anzusehcu sei nnd nickt gefordert werden könne, wenn das Material nickt verarbeitet werden ist. (Kock'S Schles. Arck. Bd. 3. S. 235). 4) Die Erk. des Fürstenth. Ger. zu Neisse und des O. L. G. zu Rati bor v. 14. Dec. 1821 und vom 7. April 1837 haben folgende Rechtssätze aufge­ stellt: a) Wenn ein erblicher Lohnschmidt für die ihm obliegende herrschaftliche Schmiedearbeit ein Pauschquantum erhält, so darf das Ackergeräth nicht ohne be­ sondere Bergütigung zur Bestellung des nach der 8cit des Kontrakts urbar gemach­ ten Neulandes gebraucht werden, selbst wenn andere urbar gewesene Strecken miste geworden. b) Solches Ackergeräth darf auch nicht zur Bestellung des Ackers eines ande­ ren Gutes gebraucht werden, selbst wenn der Gutsherr das Geräthe nach je)eS:

Ges. v. 2. März 1850, bett. die Ablös. rc., (§. 6.).

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A. In Bezug auf die rechtliche Natur und die Fortdauer dieser Rechtsverhältnisse sind mehrfache Zweifel entstanden. 1) Ob das Recht der Dorfschmiede, gegen Besorgung des Ackerwerk­ zeuges für Dominium und Dorfseinsaffen eine gewisse ein für allemal be­ stimmte Vergütigung — Schmiede- oder Schärfkorn genannt — zu beziehen, ein dingliches oder persönliches Recht ist? Ersteres ist bis in die neuere Zeit stets angenommen worden. So spricht das Ob. Trib. in dem Erk. v. 27. Juni 1834 den Satz aus: Ein Kontrakt, durch welchen der Erbschmidt dem Dominium zu gewissen Schmiedearbeiten gegen gewisse Prästationen in Gelde, Körnern rc. verpflichtet wird, hat gegenseitige Handlungen zum Gegenstände. Aber es werden durch dieses Kon­ traktsverhältniß bleibende und fortwährende Rechte mit) Verbindlichkeiten begründet, bei denen auf die Schmiede und das Rittergut als Subjekte und Objekte der Rechte gesehen wird, so daß dadurch für den jedesmaligen Besitzer der Schmiede und des Rittergutes gegenseitige Rechte und Verbindlichkeiten erwachsen. Diese sind daher nach §§ 125., 126. A. L. R. I. 2. dinglicher Natur. (Forni's Zeitschr. Bd. 1, S. 358 u. Koch's Schles. Arch. Bd. 3. S. 237 ff.)

Vou gleicher Ansicht gebt auch noch das Erk. des Ob. Trib. v. 20. Dec. 1839 (Koch's Schles. Arch. Bd. 4. S. 542.) auS. In neuerer Zeit wich indeß der II. Sen. des Ob. Trib. von dieser Ansicht ab, und der hierdurch herbeigeführte Plenarbeschl. des Ob. Trib. v. 27. April 1840 stellte nunmehr folgenden Satz auf: Das dem Besitzer einer Schmiede von der Gutsherrschaft vertragsmäßig eingeränmte und im Hypothckenbuche der Schmiede, nicht aber in dem des herrschaft­ lichen Gutes eingetragene Recht, gegen die von ihm zu leistende Schmiedearbeit von dem Gutsherrn das Schärfgetreide zu fordern, nimmt dadurch allein, daß die Kon­ trahenten gegenseitig die Erfüllung des Vertrages angefangen und hierdurch ihre Befugnisse in Ausübung gebracht haben, die Ratur eines dinglichen Rechts nicht an.

Diese Ansicht wird tut Wesentlichen dahin motivirt: Zur Begründung eines dinglichen Rechts sei außer dem Titel desselben noch die ErwerbungSart erforderlich, — L. R. I. 2. §§. 131 — 134, — also außer dem persönlichen Recht, aus welchem durch die hinzukommende Erwerbungsart ein Recht auf die Sache entsteht (§. 134.), eine Handlung oder Begebenheit, wodurch Je­ mand ein Recht auf eine Sache erlangt (§. 131.). Damit ein solches persön­ liches Recht zu einer Sache ein dingliches aus dieselbe werde, sei nach §. 135. 1. c. und Tit. 21. §§. 2. 3., in der Regel die Einräumung des Besitzes der Sache an denjenigen nothwendig, der bisher ein persönliches Recht zu der Sache hatte. Rechte dagegen, welche mit dem Besitze der Sache, die ihren Gegenstand ausmachen, nicht verbunden sind, haben die Eigenschaft eines dinglichen Rechts, nach L. R. 1. 2. §. 136. Tit. 20. §. S., nur dann, wenn ihnen dieselbe durch ein besonderes Gesetz beigelegt ist, hinsichtlich des in Rede stehenden des Schmidts sei dies nicht der Fall; nirgend sei vorgeschrieben, daß die bloße Ausübung dieses Rechts dasselbe zu einem dinglieben erbebe; es salle weder unter die Vorschrift Hyp. O. I. 48., noch Anh zum V. R. §. 58. Vielmehr sei der Regel nach — L. R. I. 2. §. 136., 20. tz. 20., 2t. tz. 4. — zur Erwerbung eines derartigen Rechts — die Eintragung in das Hvp. Bucb ersorderlich, welchenigemäß auch L. R. I. 20. 88. 9., 10. 11. 21. 8. 5. disponire. (Entsch. Bd. 5. S. 291-299.)

maligem Gebrauche aus seine Kosten von einem anderen Schmidt wieder in Stand setzen lapen wollte. c) Auch ein Schmicdelohnkontrakt, wonach ein bestimmter Preis für jedes Stück bezahlt wird, kann nicht aus spatere Vergrößerung der Ackerfläche des Gutsherrn ausgedehnt werden, und der Schmidt kann die Mehrarbeit verweigern oder nach den üblichen Preisen bezahlt verlangen. (Koch ö Schles. Arch. Bd. 4. S. 92—98.) Ueber die Art der Ausmittclung dieser Mehrarbeit vergl. Koch a. a. O. S. 98 bis 99.

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Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Gegen diesen Plenarbeschl. vergl. indeß Koch in den kritisch. Jahrb. von Richter und Schneider, Jahrg. 1841 und in dessen Beurtheil, der Entsch. des Ob. Trib. S. 376., desgl. in dessen Landrecht Bd. 1. S. 125 Rote 111. l) 2) Hat der Dorfschmidt, welcher die Verpflichtung hat, für das Dominium die Schmiede-Arbeiten gegen ein bestimmtes Entgeld zu fertigen, ein Bann­ recht, d. h., kann er verlangen, daß das Dominium diese Arbeiten nur bei ihm, nicht bei einem fremden Schmidt anfertigen läßt? a) Es verneint das Erk. des Jnstr. Sen. des Kammerg. v. 6. März 1806, und des Ob. Ap. Sen. v. 25. Aug. 1806, annehmend, daß ein Dorsschmidt kein Bannrecht habe und nicht verlangen könne, daß die Dorf­ gemeinde ihre Schmiedearbeit bei ibm verfertigen lasse. (Mathis jur. Mon. Schr. Bd. 3. S. 482.)

b) Es bejahet dagegen: a) Ein Erk. des Ob. Trib. (Datum konstirt nicht). Man kann nicht behaupten, daß die Gesetze dem Schmied ein Zwangsrecht bei­ legen, vermöge dessen er fordern könnte, daß das Dominium seines Dorfes ausschließ­ lich bei ihm arbeiten lassen müsse. Allein wenn ein Vertrag zwischen dem Dominio und dem Schmied besteht, der ihm für inintev und ohne besondere Bestellung die Verbindlichkeit zur Anfertigung der Dominial-Schmiedearbeiten auflegt, so muß man auch annehmen, daß dem Schmied die Mittel zugcsichert worden sind, durch welche er in den Stand gesetzt wird, dem jedesmaligen Verlangen des Dominii zu ent­ sprechen. Dies kann nur durch die beständige und ausschließliche Zuwendung der Dominial-Schmiedearbeit geschehen, denn sonst würde bei der geringen Belohnung, welche der Dorfschmied in der Regel erhält, der Vortheil allein aus Seiten des Dominii sein; dies widerspricht aber der Natur eines zweiseitigen Vertrages und insbesondere dem Zwecke eines, auf gegenseitigen und fortwährend en Nutzen beider Theile gerichteten, Schmiede-Kontrakts. — Für einen solchen muß aber der vorliegende geachtet werden. Die Schmiedegerechtigkeit ist von dem Dominio abge­ treten und der Abtretungs-Vertrag ist, so lange die qu. Gerechtigkeit mit einem dem Dominio nicht gehörenden, Grundstücke verbunden ist, wider den Willen des andern Theils nicht auflöslich; der Vortheil des Dominii besteht darin, daß ihm die Arbeit auf jedesmaliges Verlangen für einen geringen Lohn geliefert werden muß, die Ge­ genleistung aber darin, daß es dem Kläger gestatten muß, jene Arbeit anzufertigen und jenen Lohn zu verdienen. (Centralblatt für Pr. Jur. 1839. S. 11.)

ß) Das O. L. G. zu Glogau durch Erk. vom April 1812, in Sachen der Gemeinde Klopschen ca. Stephan. (Merkel s Komment, zum A. L. R. II. 8. §. 139. Th. II. S. 967.) /) Das O. L. G. zu Ratibor in dem Erk. v. 11. Jan. 1839, wel­ ches ausspricht, daß die in einem Urbarium getroffene Uebereinkunst, wonach

1) a) Die Kurmark Brandenburg betreff, hat der II. Sen. des Ob. Trib. (in dem Erk. v. 23. Aug. 1849) angenommen, daß die Entrichtung des ScbärfkornS, welkes in einem früherhin von der Gutsherrschaft für die Gemeinde mit dem Dorfschmidt errichteten Vertrage von den bäuerlichen Hufen stipulirt worden, nach der in der Kurmark Brandenburg bestehenden Provinzial Verfassung für eine Gemeindelaft zu achten sei, welche auch ohne Eintragung in das Hypcthekenbuch der bäuerlichen Hufengrundstücke von allen Besitzern derselben zu ent­ richten sei. (Entsch. Bd. 18. S. 405 ff.). Vergl. auch daS Erk. des II. Sen. des Ob. Trib. v. 2. Okt. 1847. (RecbtSfälle Bd. 2. S. 274. Nr. 138). b) Auch in Betreff der Neumark, inSbes. des Sternberger Kreises, hat der II. Sen. des Ob. Trib. (in dem Erk. v. 6. April 1848) angenommen, daß das Recht des Dorfschmidts auf das ihm Seitens der Gutsherrschast zngesicherte Schärfkorn, der unterbliebenen Eintragung bei dem Rittergute ungeachtet, auf jeden Besihnachfolger des Rittergutes übergeht. (Entsch. Bd. 16. S. 502. Pr. 2003. u. Rechtsf. Bd. 4. S. 24. Nr. 12.).

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 6.).

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der Schmidt der Herrschaft die Schmiedearbeiten für einen gewissen Preis leisten soll, für die Herrschaft eine Zwangsverbindlichkeit begründet, bei dem Schmidt arbeiten zu lassen, und daß dies Verhältniß nicht sofort durch schlechte Arbeit für die Herrschaft unverbindlich wird. (Koch's Schlcs. Nrch. Bd. 4. S. 90.) 3) Ist ein Vertrag, wonach eine Gutsherrschaft ihre Schmiedearbeiten nur bei dem Schmidt im Dorfe, und nicht bei einem fremden arbeiten lassen darf, durch das Gewerbe-Steuer-Ed. v. 2. Nov. 1810 aufgehoben? Das Ob. Trib. hatte bereits in einem Präj. im Centralbl. für Preuß. Jur. 1833 S. 10 und in dem Erk. v. 27. Juni 1834 (Koch's Schles. Arch. Bd. 3. S 22^) verneint. Als hiernächst der II. Sen. desselben diese Ansicht verließ, gelangte die Frage zur Plenarberathung und der Plenarbefchl. v. 14. März 1842 entschied dahin, daß das mit den Ritterguts- und Dorfschmieden in den älteren Provinzen als eine beständige Gerechtigkeit verbunden gewesene Recht auf das sogen. Schärfgetreide auch in den Fallen, wo kein älteres vertragsmäßiges Recht vorliegt, durch Ein­ führung der allgemeinen Gewerbesreiheit nicht aufgehoben sei. (Entsch. Bd. 7. S. 341 ff.)

Auch das Präj. v. 28. Mai 1842 (Pr. 1136 in der Präj. Sammt. S. 317) nimmt an, daß durch die §§. 16. und 17. des Gewerbesteuer-Ed. v. 2. Nov. 1810 das durch einen vor Publikation dieses Ed. errichteten Ver­ trag zwischen dem Besitzer einer Landschmiede und der Dorfgemeinde be­ gründete Rechtsverhältniß, wonach die letztere ihre sämmtliche Schmiede­ arbeit bei dem ersteren machen lassen muß, dieser aber solche um den bis­ herigen Preis, ohne denselben steigern zu dürfen, tüchtig und gut, allemal auch zur rechten Zeit anzufertigen schuldig ist, nicht für aufgehoben zu ach­ ten. Daß endlich auch durch die allgem. Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 der Schmiedezwang nicht aufgehoben, sondern (nach § 5. a. a. O. und §. 34. des Entfchädigungs - Gef. dazu) nur für ablösbar erklärt worden, hat das Ob. Trib. in dem Urtel v. 23. Febr. 1849 (Entsch. Bd. 17. S. 289 bis 293) anerkannt. B. Die Frage der Ablösbarkeit der in Rede stehenden Verhältnisse nach den Grundsätzen des Ablöf. Gef. v. 2. März 1850 anlan­ gend , so hat das Revisions-Kolleg, für Landes-Kultur-Sachen per seut. v. 9. Sept. 1853 (unter Abänderung des Erk. der Gen. Kom. zu Berlin v. 4. Dec. 1852) angenommen, daß die Leistungen einer Dorfgemeinde resp, der zu derselben gehö­ rigen bäuerlichen Wirtbe an den Dorfschmidt (Schärfkorn, Kohlen­ fuhren und dergl.) für die dem letzteren, als Eigenthümer des Schmiedegrundstückes, obliegende Anfertigung oder Ausbesserung des Ackerwerkzeuges der ersteren (das Schärfen der Hakeifen), gleich die­ ser Verpflichtung, nach Maaßgabe des Ges. v. 2. März 1850 abläsbar sind. Die Gründe dieser Entscheidung sind im Wesentlichen folgende: Der §. 6. des Ab lös. Ges. v. 2. Marz 1850, in welchem alle beständigen Abgaben und Leistungen, welche aus eigenthümlich besessenen Grundstücken haften (Reallasten), für ablösbar erklärt find, schließt, so weit es hier interessirt, im fol­ genden Absatz von der Ablösbarkeit nur aus: die öffentlichen Lasten mit Einschluß der Gemeinde last en, Gemeindeabgaben und Gemeindedienste. So­ nach ist das Kriterium für die Nichtablösbarkeit die öffentliche Natur der Last, worunter die Gemeindepstichten als eine Art der öffentlichen einbegrif­ fen sind, daher denn das Wesen der Last als einer öffentlichen und nicht der Rame als Gemeindedienst entscheidend ist. Es ist zuzugeben, daß das Rechts- und Leistungsverhaltniß der Dorfschmiede in älterer Zeit und selbst noch im A. L. R. (vergl. §. 37. Nr. 4. u. 5. Tit. 7. Thl. II.) als zum Gemeindeverbande gehörig betrach­ tet wurde. Diese Auffassung früherer Jahrhunderte ist darum aber nicht für alle

344 Von d- Absös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Zeiten richtig und maßgebend. Der Begriff und Unterschied von solchen Abgaben und Diensten, die dem Gebiete deS öffentlichen Rechts angehören und publizistischer Natur sind, und wiederum von solchen, die von diesem Gebiete ausscheiden und in den Bereich deS Privatrechts fallen, — ist kein für alle Zeiten feststehender. Der­ selbe hangt mit der politischen und nationalökonnmischen Entwickelung deS Staates enge zusammen und schließt sich stets dieser Entwickelung an. Nachdem zwischen jener alteren und selbst noch der landrechtlichen Verfassung der Gemeinde- wie der Reallasten - Verhältnisse einerseits, und der heutigen Gestalt und Behandlung der dahin ciuschlagenden Gegenstände andererseits, die AblösungS-, RegulirungS -, GemeinheitstheilungS- und Dismembrations-Gesetzgebung getreten ist, hat eine große Anzahl derselben ihre frühere publizistische Natur verändert und eine wesentlich an­ dere Stellung im Gesellschaftsverbande, namentlich einen rein privatrech tlichen Charakter angenommen. Es liegt aber in der Aufgabe deS Richters, besonders im Bereiche der Landes-Kultur-Gesetzgebung, jener Entwickelung durch die Gesetze zu folgen und diese im Zusammenhänge mit ihrer Quelle und Umgebung, mit der fortgeschrittenen Verfassung deS Landes, wie den wirtschaftlichen und sozialen Ver­ hältnissen und Bedürfnissen desselben, aufzufaffen, weil sonst die Anwendung der Gesetze zu den größten Anomalien und einer sowohl sich selbst, wie den wirklichen, jetzt bestehenden Zuständen widersprechenden führt, wie dieS im vorliegenden Falle weiter unten gezeigt werden wird. Die Jurisprudenz hat zu allen Zeiten und auf allen Rechtsgebieten die oben bezeichnete Aufgabe als ihren Beruf erkannt. So bestätigt jede Feldmark-Separation die oben ausgesprochene Ansicht über die Umän­ derung bisheriger öffentlicher Verhältnisse, insbesondere von früheren Gemeinde­ pflichten, in privatrechtliche, unter anderem wegen Unterhaltung von Hirten und Hirtenhäuscrn, Feldgräben und Feldwegen, Nachtkoppeln und Viehtriften, Dorfbul­ len und Zuchtebern, welche der §. 37. Tit. 7. Thl. II. deS A. L. R. sämmtlich noch zu den auf der Mitgliedschaft in der Gemeinde beruhenden Gemeindeverbands­ pflichten rechnet, welche dagegen mit Aufhebung der Gemeinheitswirthschast durch die Separationen von selbst in das Gebiet des Privatrechts hineingefallen und in Zu­ kunft, nach ausgeführter Separation, in der Regel als Gegenstände des Privat­ oder Interessenten - Vermögens zu behandeln sind, wenn schon in einzelnen Fallen noch mehrere Grundbesitzer bezüglich des einen oder andern Gegenstandes zu einer Gemeinschaft sich verbinden mögen. Früher fand der Gemeindeverband seinen Mit­ telpunkt größtentheils im UnterthänigkeitS- oder doch im gutsherrlichen Verhältniß, im Subjektions - Verhältniß — wie es in den ältern Rezessen und Verordnungen heißt — zur Orts- und Gerichtsobrigkeit. Daraus wurde z. B. in der Mark so­ gar die Zehntpflicht der angesessenen wie der nicht angesessenen Unterthanen und Dorfsbewohner abgeleitet (Neumärkische Bauerordn. v. 14. Sept. 1685 §§. 6., 7. Tit. III., Verordnungen v. 9. Sept, und v. 25. Okt. 1699, Mylius C. C. M. Thl. V. Abthl. 3. Kap. 2. S. 343 XL, XII., und Rabe Aamml. a. a. O. S. 129, 194 ii. 195), während Niemand jetzt daran denkt, auch keine Spur davon in den Ablösungsgesetzen zu finden ist, daß dergleichen Zehntpflichten anders als reine Pri­ vatlasten beurtheilt werden. Dagegen erscheint es vielmehr gleichgültig, wenn auch nicht für die objek­ tive Voraussetzung der Ablösbarkeit, so doch für die öffentliche Na­ tur der Leistung, ob letztere die Form einer Neallast hat. Denn so werden z. B. tu der Neumark die Geldbeiträge zu Psarrbauten von den bäuerlichen Wir­ then als Besitzer kontribuabler Hufen aufgebracht (R. v. 17. Juni und 14. Juli 1712, Rabe a. a. O. S. 304 und Mylius C. C. M. Thl. VI. Abthl. 2. S. 127 Nr. LXIX. und LXX.); und doch ist diese Last wegen ihrer öffentlichen Natur keine ablösbare, während andererseits Burgfrohnen und Baudienste zu den Rtttersitzen, welche vor Alters einen öffentlichen Charakter hatten und in mehreren LandeStheilen (z. B. Sachsen), lediglich um des öffentlichen Interesses willen, allen bäuer­ lichen Grundbesitzern aufgelegt wurden, gegenwärtig durchaus ablösbare Privat­ lasten find. Zwischen den obengedachten, auch noch unter den Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 11 deS $. 37. Tit. 7. Thl. II. A. L. R. als Gemeindepflichten genannten Lasten und den wegen der Leistung von Kohlenfuhren und Schärfkorn an den Dorfschmidt, fin­ det einleuchtend eine unabweisbare Analogie statt. Wie jenen Gegenständen — zumal in den östlichen Provinzen diesseits der Elbe, wo sich, im Gegensatz zu West­ phalen und Rheinland, auch zum Theil Sachsen, seltener Korporations-Vermögen bei den Dorfgemeinden vorfindet, und wo das gemeinschaftliche — das Interessen-

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., (§. 6.).

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ten-Dermögen — mit der Aufhebung von Nutzungsgemeinheiten, bezüglich der Hü­ tung auf Feldern und Wiesen u. s. w., zur Theilung kommt, — so fehlt jetzt auch diesen Pflichten der Gemeinde gegen den Schmidt der korporative Charakter, ein fortdauernder gemeinnütziger Zweck in der Erhaltung des Korporations-Verbandes (8. 25. A. L. R. II. 6.). Aus vorstehender Erörterung ergiebt sich bereits zur Evidenz, daß die auf die Schmiede bezüglichen Pflichten der bäuerlichen Gemeindemitglieder gegenwärtig kei­ nem öffentlichen Verhältnisse im Sinne des §. 6. des Ges. v. 2. März 1850 mehr angeboren, vielmehr nur noch die Natur vrivatrechtlicher Leistungen haben. Als solche betrachtet und behandelt sie denn aber auch wirklich nur noch die Ablösungs-Gesetzgebung von 1850. Der Hauptgegenstand des in Rede stehenden Verhältniffes beruht nämlich nicht sowohl auf den Leistungen der bäuerlichen Wirthe gegen den Schmidt, als viel­ mehr auf denen des Schmidts gegen die Wirthe. Das Bedürfniß der Landwirthschaft, nicht das des Gewerbes gab zur Ein­ setzung von Dorsschmieden mit den mehrgedachten Verbindlichkeiten wegen Anferti­ gung und Reparatur der Ackerwerkzeuge der Grundbesitzer zunächst Veranlassung; nur in jenem lag der Entstehungsgrund solcher Verhältnisse aus den Dörfern. Des­ halb sind auch Kohlenfuhren und Schärfkorn vielmehr nur die Gegenleistungen für die Pflicht des Schmidts, deren Ablösung allerdings für sich nicht zulässig scheint ohne den eigentlichen Inhalt des Rechtsverhältnisses, die Pflichten des Schmidts, zu berühren und diese gleichzeitig aufzulösen. Der Antrag auf Ablösung der Gegen­ leistungen involvirt aber den auf Ablösung der Hauptleistung von selbst, welche event, von der Auseinandersetzungs-Behörde von Amtswegen zu bewirken ist. Nun wird man die der Schmiede obliegende Reallast zur Schärfung der Hakeisen, vom Standpunkt des Verpflichteten aus, wohl schwerlich als eine unablösbare Kommu­ nalpflicht auffassen können. Der Schmidt ist nicht der Gemeinde-Korporation, son­ dern den einzelnen bäuerlichen Hüfnern gegenüber leistungspflichtig. Andere Gemeindemitgliedcr, als bäuerliche Hufenbesitzer und für Bauerhufen, haben kein Recht, die Schärfung von Pflugeisen von dem jedesmaligen Besitzer des Schmiede-Grund­ stücks zu verlangen. Beruht aber Gegenstand und Wesen des Verhältnisses hauptsächlich in der dem Schmied e-Grund st ück obliegenden Reallast zur Besorgung hand­ werksmäßiger Leistungen — und nach $. 6. des Ablös. Ges. von 1850 sind alle Reallasten, mithin auch die gewerblichen, ablöslich, — so fällt die Beurthei­ lung der Zulässigkeit und Behandlung der Provokation vielmehr im Allgemeinen unter den §. 58. a. a. O. und wegen der Kohlenfuhren und des Schärfkorns im Speziellen unter den §. 59 I. c., wobei das Recht zur Provokation nach §. 94. 1. c. ebensowohl dem Verpflichteten, wie dem Berechtigten zusteht. Bei dieser den Ablösungsgesetzen entsprechenden Auffassung der Sache niujj je­ der Zweifel gegen die Zulässigkeit der Provokation verschwinden, und cs ist nur noch darauf hinzuwcisen, daß doch jedenfalls der Gutsbesitzer wegen der dem Rittergute vorbehaltenen und der Schmidt wegen der ihm resp, feiner Schmiede oblie­ genden handwerksmäßigen Leistungen zum Anträge auf Ablösung befugt erachtet werden müssen; demnächst aber, in dem erstem Falle, die juristisch und historisch aus demselben Rechtsverhältniß hcrvorgegangcnen Befugnisse und Pflichten bezüglich dcS einen Theilhabers am Vertrage, nämlich der Gemeinde, im letzteren Falle, bei Ablösung der handwerksmäßigen Leistungen des Schmidts, die Gegenleistungen un­ abgelöst stehen bleiben werden, was offenbar der Intention, wie den Bestimmungen der Gesetze widersprechen würde. (Zeitschr. deS Revis. Kolleg, für Landes-KulturSachen Bd. 6. S. 430-439.)

VI. DaS Alinea 2. des §. 6.1) disponirt, wie bereits oben ad II. 1) Diese Bestimmungen sind im Wesentlichen dem §. 3. der Ab lös. Ordn. v. 13. Juli 1829 für die vormals Köuigl. Westphälischen, Greüherzogl. Bergischen und zu den Lippe-Depart. gehörigen Landestheile (G. S. 1829 S. 65.) entnommen, und finden sich ebenfalls in §. 3. der Ablös. O. v. 18. Juni 1840 für das Herzcgtbum Westphalen (G. S. 1840 S. 156.) und in §. 2. des Abl. Gef. v. 4. Juli 1840 für die vormals Nassauischen Landestheile und die Stadt Wetzlar mit Gebiet. (G. S. 1840, S. 195.)

346

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

(s. S. 322) bemerkt worden, über diejenigen Reallasten, welche nicht nach den Bestimmungen des Ablös. Ges. v. 2. Mär; 1850 ablös­ bar sind. Es sind dies: A. Alle öffentliche Lasten mit Einschluß der Gemeindelasten, Gemeinde-Abgaben und Gemeindedienste, so wie der auf eine Deich- oder ähnliche Sozietät sich beziehenden Lasten. Indeß beschränkt das Alinea 3. des §. 6. diese Bestimmung wiederum, indem es solche Abgaben und Leistungen an die Gemeinden und die ge­ dachten Sozietäten für ablösbar erklärt, welche denselben auS allgemeinen Rechtsverhältnissen, z. B. dem gutsherrlichen Verhältnisse oder dem Zehn­ rechte, zustehen. Hieran knüpfen sich folgende Bemerkungen: a) Begriff „von öffentlichen Lasten." Nach dem gemeinen Sprachgebrauche werden darunter alle Leistungen an Gemeinden und Korporationen, einschließlich des Staates, welche aus einem solchen Verbände zu gemeinnützigen Endzwecken entspringen, begriffen, im Gegensatze zu den aus Privatrechts-Verhältnissen herrührenden Leistun­ gen. In diesem weiteren Sinne ist der Ausdruck in dem G. v. 18. Juni 1840 über die Verjährungsfristen bei öffentlichen Abgaben, §. 14. (G. S. 1840 S. 140) und in dem §. 7. No. 1. des Ges. v. 3. Jan. 1845, betr. die Zertheilung von Grundstücken (G. S. 1845 S. 25., s. in B. I. S. 122) gebraucht worden. Im engeren Sinne werden dagegen unter öf­ fentlichen Lasten nur diejenigen verstanden, welche an den Staat in Folge seines Besteuerungsrechtes zu leisten sind. *) Das Ablös. Ges. v. 7. Juni 1821 hatte (im §. 5.) diejenigen Dienste für ablösbar erklärt, welche „die Natur der öffentlichen Lasten ha­ ben, oder aus dem Gemeinde- oder Kirchenverhältnisse ent­ springen", und mit Rücksicht auf diese Bestimmung konnte die Frage entstehen, ob hier der Ausdruck: „öffentliche Lasten" im engeren oder weiteren Sinne gebraucht sei, nnd ebenso war es zweifelhaft gefunden worden, ob, weil neben den Diensten, welche die Natur der öffentlichen Lasten haben, besondere Korporationen, die Gemeinden und Kirchen, auf­ geführt waren, deren Rechte auf Dienstleistung keiner Aufhebung unterwor­ fen sein sollen, die Dienste, welche anderen Korporationen zu gemeinnützigen Zwecken, privilegirten Sozietäten und Anstalten, z. B. Deichverbänden und Schulen, zu leisten sind, der Ablösung unterliegen? Diesen Zweifeln hatten bereits die Ablös. Ordnungen für die Westl. Provinzen (vergl. oben S. 345 Note 1.) vorgebeugt, indem danach (wie es wörtlich heißt) von der Ablö­ sung ausgeschlossen sein sollten: 1) die öffentlichen Lasten, mit Einschluß der Gemeinde-Abgaben und Gemeintcdienste; 2) die aus dem Kirchen- und Schulverbande entspringenden Abgaben und Lei­ stungen ; 3) alle sonstigen Korporation^ und Sozietätslasten, z. B. diejenigen, welche sich auf eine Deich-Sozietät beziehen.

Indem das Ges. v. 2. März 1850 sich dieser Fassung angeschlossen hat, ist klar auSgedrückt, daß alle und jede öffentliche Lasten, also sowohl

1) Dies hat das Ob. Trib., inSbesond. in Bezug auf die Befreiung v-n öffentlichen Lasten durch Nerjährung, in dem Plenarbeschl. v. 20. März 1846 (Mm. Bl. d. i. V. 1846, S. 104, Entscheid, des O. Trib. Bd. 13, S. 42. ff.) ange­ nommen, nnd aus den §§. 655. 658. A. L. R. I. 9. in Verbindung mit §§. I. u. 5. A. L. N. II. 14. hergelestet.

Ges. v. 2. März 1820, betr. die Ablös. rc., (§. 6.).

347

in der engeren, als weiteren Bedeutung, und alle aus SozietärsVerbänden entspringende Lasten, der Ablösung nickt unterliegen sollen. b) Ad verba: „Gemeindelasten, Gemeinde-Abgaben und Ge­ meindedienste." Welche Lasten als Kommunallasten zu erachten, ist zuvörderst nach dem Begriffe derselben, — nämlich: Abgaben und Leistungen, die einer Gemeinde und deren Mitgliedern, als solchen, obliegen und zur ttnterbaltung der Gemeinde-Institute erforderlich sind, — zu beurtheilen. Tas A. L. R giebt im §. 37. Tit. 7. Th. II nur Gemeinde-Arbeiten und andere nachbarliche Pflichten an, welche in der Regel zu den Lasten zu rechnen sind, zu welchen jedes Mitglied der Gemeinde Dienste und Beitrage leisten muß, ohne den Begriff der Kommunallasten zu erschöpfen und ohne Aus­ nahmen von dieser Bestimmung auszuschließen. Es laßt somit die Frage, welche Lasten zu den Kommunallasten zu rechnen, unentschieden. Der §. VII. des Publik. Pat. v. 5. Febr. 1794 und der §. 4. der Eint, zum A. L. R. weisen für solche Fälle auf Gewohnheiten und Observanzen hin, und der erstere hält selbst solche Observanzen, die von den Vorschrif­ ten des A. L. R. abweichen, bis zur Publikation der Provinzial-Gesetze aufrecht. Auch der §. 2. des Pat. v. 9. Sept. 1814 wegen Einführung des A. L. in die von dem Preuß. Staate getrennt gewesenen und mit demselben wieder vereinigten Provinzen hat die in den einzelnen Provinzen bestande­ nen Rechte und Gewohnheiten insoweit in Kraft erhalten, als sie bis da­ hin beibehalten worden, und in allen Fällen, in welchen das A. L. R. keine Vorschriften über deren Gegenstand enthält. Der §. 3. des Pat. v. 15. Nov. 1816 wegen Einführung des A. L. R. in die ehemals Sächsischen Provinzen und Distrikte hält die in den einzelnen Provinzen und Orten bisher bestandenen besonderen Rechte und Gewohnheiten, und der §. 111. des Pu­ blik. Pat v. 5. Febr. 1794 für die älteren Landestheile die Provinzialrechte dergestalt aufrecht, daß die vorkommenden Rechtsangelegenheitcn hauptsäch­ lich nach diesen beurtheilt und entschieden werden sollen. Nach §§. 26,27., 33. A. L. R. 11. 6., in Verbindung mit §§. 19., 31., 39. und 72. A. L. R. 11. 7., sollen die Verhältnisse, Rechte und Pflichten der Gemeinden, insbesondere aber der Dorfgemeinden, hauptsächlich nach Verträgen, Stiftungsbriefen, Privilegien und Konzessionen, welche die Verfassung der Kor­ poration ausmachen, mit Rücksicht auf die Gewohnheiten, beurtheilt werden. Diese besonderen Orts- und Provinzial-Verfassungen werden daher in den Landestheilen, für welche das A. L. R. gilt, bei Beurtheilung der oben er­ wähnten Frage nicht unberücksichtigt gelassen und die Bestimmungen des A. L. R. dabei nur subsidiarisch zur Anwendung gelangen dürfen; indeß ist dabei ebenfalls nicht außer Betracht zu lassen, daß der Begriff und Unter­ schied von solchen Abgaben und Diensten, welche dem öffentlichen Rechte angehören und publizistischer Natur sind, und wiederum solcher, die von diesem Gebiete ausscheiden und in den Bereich des Privatrecktes fallen, kein für alle Zeiten feststehender ist, sondern mit der politischen und national-ökonontischen Entwickelung des Staates eng zusammenbangt und sich dieser anschließt, weshalb es die Aufgabe des Richters, besonders im Bereiche der Landes-Kultur-Gesetzgebung, ist, jener Entwickelung durck die Gesetzgebung zu folgen und diese im Zusammenhänge mit ihrer Ouelle und Umgebung, mit der fortgeschrittenen Verfassung des Landes, wie den wirthsckastlichen und socialen Verhältnissen und Bedürfnissen desselben aufzufassen. ')

1) Vergl. hierüber das Erk. des Revis. Kolleg, für Land es-KulturSach en v. 9. Sept. 1853, betr. die Verhältnisse der Landschmiede, (s. oben S. 343 ff.)

348 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. c) Von den Gemeindelasten sind andere Gesellschaftslasten — Sozietätslast en — zu unterscheiden, welche den Gemeinden, als solchen, obliegen und zu jenen nicht gerechnet werden können (QL L. R. II. 6. u. II. 7. Abschn. 2.). ES gehören dahin die Lasten der Kirchengesellschaften (Kirchengemeinden), die Deichverbandslasten, die Feuersozietäts-Beiträge von den Gebäuden der einzelnen bäuerlichen Wirthe u. a. dergl. — Auch diese Lasten sind nach den Bestimmungen des Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 unablösbar, wobei darauf hinzuweisen ist, daß diese letzteren (auf den Antrag der Kommission der I. K. hinzugefügten)*) Worte den Zweck ha­ ben, auszudrücken, daß dergl. Lasten nicht schlechthin unablöslich sein sollen, sondern nur, daß das Ablös. Gesetz nicht der Sitz der Materie sei, um über die Ablöslichkeit solcher Lasten zu bestimmen, wie denn na­ mentlich die Ablösung der aus den gedachten Verhältnissen entspringenden Lasten der einzelnen Mitglieder jederzeit durch einen Beschluß der So­ zietät zu erreichen ist. d) Das letzte Alinea des §. 6 bestimmt, wie schon erwähnt, eine Aus­ nahme von der Vorschrift des Alinea 2., indem darnach solche Abgaben und Leistungen, welche den Gemeinden und den gedachten Sozietäten aus allgemeinen Rechtsverhältnissen zustehen, von der Ablösung nicht ausgeschlossen sein sollen. Die (nicht ablöslichen) öffentlichen Lasten sind solche, welche aus dem Staats- oder Gemeinde-Verbände unmittelbar entspringen, ohne daß es eines besonderen RechtsgeschäfteS zu ihrer Begründung bedarf; die (ab­ löslichen) Abgaben nnd Leistungen dagegen, welche das letzte Alinea des §. 6. im Auge hat, solche, welche die Gemeinde oder Sozietät, gleich jeder Privatperson, aus einem privatrechtlichen Titel erworben hat, wohin z. B. die aus dem gutSherrlichen Verbände und aus dem Zehntrechte ent­ springenden gehören. B. Ausgeschlossen von der Ablösbarkeit (nach den Bestimmungen des Ablös. Ges. v. 2. März 1850) sind ferner die Abgaben und Leistun­ gen zur Erbauung oder Unterhaltung der Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude, ausgenommen wenn solche die Gegenleistung einer ablösbaren Reallast sind, in welchem Falte sie zugleich mit dieser abge­ löst werden. a) Die Frage der Ablösbarkeit der auf Grundstücken oder Gerechtig­ keiten haftenden Reallasten, welche an Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zu entrichten sind, hat bei der Berathung des Ablös. Gesetzes zu sehr weitläuftigen Debatten Veranlassung gegeben,'^), deren Resultat ge­ wesen ist, daß: 1) durch die Bestimmung des §. 6. die Abgaben und Leistungen zur Erbauung oder Unterhaltung derKirchen-, Pfarr- und Schul­ gebäude vorläufig unbedingt von der Ablösbarkeit ausgeschloseu worden sind, mit alleiniger Ausnahme des Falles, wenn sie Gegen­ leistungen ablösbarer Reallasten sind und mit diesen zugleich abgelöst werden; 2) durch die Bestimmung des Alinea 4. des §. 65. ungeordnet worden ist, daß alle anderen Reallasten, welche Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehen, von der Ablösung nach §§. 64. und 65. des Ablös. Ges. (also von der Ablösung durch Kapital oder durch Vermittelung der Renten-

1) Bergl. den Bcricbt der Komm, der I. K. zum §. 6., oben S. 3IS ff. 2) Vergl. die oben S. 314 ff. mitgethcilte EntftcbungS - Gescbicbte des §. 6, und die stenograph. Ber. der II. K, Bd. 3. S. 1419 ff. u. der I. K., Bd. 5, §. 2533 ff.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 6 ).

349

bank) vorläufig ausgeschlossen bleiben sollen, indem sie vielmehr, — bis zum Erlaß des darüber vorbebaltenen definitiven Gesetzes, — nnr in Geld­ renten verwandelt werden dürfen, welche direkt an die gedachten Institute zu entrichten sind. In dieser Lage ist indeß die betreff. Gesetzgebung nicht verblieben, son­ dern die oktroyirte V. v. 13. Juni 1853 !) (G. S. 1853 G. 324) hat bestimmt, daß alle noch nicht durch Abschluß des Rezesses rechtsverbindlich erfolgten Ver­ wandlungen von Reallastcn, welche Kirchen, Pfarren, Küftereien und Schulen zuftehen, in Geldrenten, so wie alle noch nicht rechtskräftig entschiedenen Prozesse darüber, ob eine Rcallaft zu denjenigen gehört, wegen deren definitiver Ablösung im §. 65. dcS Ablös. Ges. ein besonderes Gesetz Vorbehalten worden ist, bis zum Erlasse dieses vorbehaltenen Gesetzes sistirt werden sollen. ?)

Vergl. das Nähere hierüber in den Erlaut. zum §. 65. Alinea 4. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. b) Die Bestimmung des §. 6., daß die Abgaben nnd Leistungen zur Erbauung oder Unterhaltung der Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude in dem Falle, wenn sie die Gegenleistung ein er ablösbaren Real­ last sind, nicht unablösbar sein, sondern mit dieser zugleich abgelöst werden sollen, ist nicht suspendirt. Das Motiv dieser Bestimmung erhellt aus dem Berichte der Kommission der II. Kammer zum §. 6?) dahin, daß es in einigen Landestheilen vorkommt, daß die Zehntberech­ tigten als Gegenleistung gewisse Verpflichtungen zum Aufbau der Kirchenund Schulgebäude haben, also häufig auch der zum Kirchen- oder Schul­ bau Verpflichtete gar nicht zu dem betreff. Kirchen- oder Schulverbande ge­ hört. *) Hieraus ergiebt sich klar, daß die in Rede stehende Vorschrift des §. 6. nicht hätte suspendirt werden können, ohne zugleich die Ablösun­ gen selbst zu suspendiren, bei welchen Gegenleistungen der fraglichen Art zur Sprache kommen, und ebendeshalb hat denn auch, wie er­ wähnt, die oktroyirte Sistirungs-Verordn, v. 13. Juni 1853 ihre Wirk­ samkeit nicht mit auf Fälle dieser Art ausgedehnt. VII. Nachdem vorstehend erörtert worden, daß die Bestimmungen deS Ges. v. 2. Marz 1 85 0 über die Ablösbarkeit nur anwendbar sind auf wirkliche Reallasten, nicht aber aus Grundgerechtigkeiten (Ser­ vituten), ist hier auch noch des Verhältnisses derjenigen Berechtigungen zu gedenken, welche unter der Benennung: „Gerechtigkeiten" begriffen werden. Es sind dies selbstständige Vermögensrechte, vermöge welcher dem Berechtigten ohne Rücksicht auf den Besitz einer Sache und ohne Beziehung aus einen bestimmten Verpflichteten gewisse Handlungen oder Befreiungen zustehen. Sie unterscheiden sich von den Grundgerechtigkeiten dadurch, daß sie nicht nothwendig mit einem berechtigten Grundstücke verknüpft sein

1) Vergl. in Bd. 1. S. 205. 2) Für das Fürstenthn m H ob e n z0 llcrn - He chi n g e n hat in gleichem Sinne die oktroyirte V. v. 6. 3uni 1853 (G. S. 1853, S. 200.) die Bestim­ mungen der landesherrlichen Resolution v. 4. Mai 1848 insoweit suspendirt, als dadurch die Aufhebung der den Kirchen, Pfarren, Schulen, milden Stiftungen und WohlthätigkeitS-Anstalten zustehenden Allemand- und Kleinzehnten angeordnet worden ist. 3) Vergl. oben S. 316, dcSgl. den Bericht der Kommission der II. K a mm e r zum §. 60. deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 (s. unten) und den dritten Satz dcS §. 60. a. a. O. 4) Es ist dies auch einer der Fälle, wo die Verpflichtung, einen Theil der Erndte abzutreten, nicht die Gegenleistung für Dienste, sondern der Dienst eine Gegenleistung für die erstere ist. Vergl. die Erlaut. znm §. 62. des Ablös. Ges.

350

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen

muffen, obwohl diese Vereinigung sich bei manchen Gerechtigkeiten zufällig findet, und daß sie nicht nach Art der Reallasten auf liegenden Gründen ruhen, sondern, wie das Eigenthum, absolut gegen Jedermann gelten. Sie zerfallen in Real- und Personal-Gerechtigkeiten, jenachdem sie als Pertinenz mit einem Grundstücke verbunden sind oder nicht *), und ent­ stehen entweder aus dem öffentlichen (Staats- oder Kirchen-) Rechte, oder aus dem Privat-Rechte, haben aber sämmtlich das Gemeinsame, daß sie in der Autorität des Staates wurzeln, da auch die privatrechtlichen Gerechtigkeiten, nämlich die Gewerbsberechtigungen, als eine Be­ schränkung aller Nichtberechtigten, nur durch ausdrückliche oder stillschwei­ gende Verleihung oder Bewilligung des Staates, vermöge der Polizeigewalt, rechtliches Dasein erhalten. Von den Gerechtigkeiten des öffentlichen Rechtes handelt es sich hier nicht weiter.1 2) Dagegen ist der Gewerbe-Gerechtigkeiten und ihres Verhältnisses in Bezug aus die Ablösungs-Gesetzgebung näher zu gedenken. Durch die neuere Gewerbe-Gesetzgebung, und namentlich durch die all­ gemeine Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 3), 4 sind theils ohne Ent­ schädigung, theils gegen eine solche aufgehoben worden:

a) die ausschließlichen (monopolisirten) Gewerbeberechtigungen, ohne Unterschied, ob die Berechtigung an einem Grundstücke hastet oder nicht *) (Gewerbe-O. §. 1.); b) die Berechtigung, Konzessionen zu gewerblichen Anlagen oder zum Betriebe von Gewerben zu ertheilen und Abgaben für den Betrieb eines Gewerbes aufzulegen und zu erheben (§§. 2. u. 3. a. a. O.) 5); c) die im §. 4. der Gewerbe-Ordn. aufgeführten Gattungen der ZwangSund Bannrechte; d) die in einzelnen Landestheilen den Gutsbesitzern, deren Besitzungen nach landwirthschaftlicher Taxe einen Werth von 15,000 Thlr. hatten, zu­ gestandene ausschließliche Berechtigung zum Absätze an Andere Bier zu brauen und Branntwein zu brennen (§. 39. a. a. O.). Dagegen sind für ablösbar erklärt:

1) Vergl. A. L. R. Einl. §§. 63 — 65. 2) Noch bestellende Gerechtigkeiten deS öffentlichen Rechtes, nach Aufhe­ bung der Berechtigung zur Auflegung und Erhebung von Gewerbeabgaben, deS Rechtes auf Äbfchoß, der Freiheit von öffentlichen Lasten und Abgaben, der Patrimonial-Gerichtsbarkeit, sind das Patron atvecbt, BergwerkSberechtiqu n g en, die Mühl en g erech tigkeit auf einem öffentlichen Strome, die Berechtigung zur Haltung einer Privat post (Ed. v. 10. Nov. 1810, §. 20, G. S. S. 79.), die Marktberechtigung (Gewerbe-O. v. 17. Jan. 1845, §. 76.), die Zollgerechtigkeit, nebst der theils daraus, theils aus dem Post­ regal in neuester Zeit hervorgegangenen Berechtigung zur Unterhaltung und Be­ nutzung einer Eisenbahn. 3) Bergl. die §§. 1 — 5. der allgem. Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845. (s. in Bd. I. S. 196). 4) Ausgenommen sind die Staatsmonopole (Gewerbe-O. §. 6.) und die Abdeckerei- oder Kavillerei-Gerechtigkeiten (§. 8. a. a. O.). In Be­ treff der Erfindungs- und Einführungs- Patente, der SchornsteinfegerZwangsbezirke, der Apotheker-Gerechtigkeiten, vergl. v. Rönne'S Ge­ werbe-Polizei, Bd. I., S. 171—179, und in Betreff der Aufhebung des Intelli­ genz zwang es ebendas. S. 213—214. 5) Bergl. die ausführliche Darstellung der durch die neuere Gesetz­ gebung erfolgten Aufhebung der Berechtigung zur Ertheilung von gewerblichen Konzessionen und über die Aufhebung gewerblicher Abgaben, in den Erlänt. zum Ed. v. 9. Okt. 1807, oben S. 64-73.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 7.).

351

a) die durch den $. 4. der Gewerbe-Ordn, noch nicht aufgehobenen Zwangs- und Bannrechte (also insbesondere auch die durch Vertrag konstituirten), wenn die Verpflichtung auf Grundbesitz haftet (Reallast), oder die Mitglieder einer Korporation als solche trifft, oder Bewohnern eines Ortes oder Distrikts vermöge ihres Wohnsitzes obliegt. Der Antrag auf Ablösung steht indeß nur dem Verpflichteten, nicht dem Berechtigten zu. (§. 5. a. a. O.) b) Dasselbe gilt vom Krugverlagsrechte zum Vortheil des Inhabers der Schankstätte (§. 5. a. a. O.) und von ausschließlichen Fährgerechtigkeiten, welche von Seiten des Staates abgelöst werden können. (§. 7. a. a. O.) Das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 bezieht sich nun gar nicht auf diese (in den 88- 1 — 5. der allgem. Gewerbe-Ordn. genannten) Rechte, sondern der 8- 58. (Abs. 2.) desselben bestimmt ausdrücklich, daß die Aufhebung (und Ablösung) dieser Rechte, insoweit dieselben verfassungsmäßig noch bestehen, nicht nach den Bestimmungen des Ablös. Ges., sondern nach denen der Gewerbe-Ordn. erfolgen soll. (Vergl. die Erläut. zum Abs. 2. des §. 58. des Ablös. Ges.). Dergleichen Ablösungen gehören deshalb auch gar nicht zum Ressort der Auseinandersetzungs-Behörden, sondern sind durch die darüber erlassenen besonderen Gesetze beziehungsweise den Kommunal- und KreisBehörden und den Regierungen, unter Leitung des Ministeriums, übertragen worden. Vergl. das Nähere in v. Rönne's Gewerbe-Polizei, Bd. 1. S. 144 — 242.

Zum §♦ 7.

I. Der 8- 7- ist von den Kammern unverändert nach dem Regier. Entw., jedoch mit dem Zusatze angenommen worden: „soweit der dritte Abschnitt keine Ausnahmen enthält." A. Der Regier. Entw. giebt zu diesem 8- keine speziellen Motive. B. Der erwähnte Zusatz ist von der Kommission der II. Kamme r beantragt, und zwar ist derselbe, wie der Kommiss. Bericht ergiebt ’), aus dem Grunde vorgeschlagen worden, weil der Abschn. III. des Gesetzes Be­ stimmungen wegen Ablösung von Grundgerechtigkeiten in Folge der guts­ herrlich-bäuerlichen Regulirungen enthält. Das Plenum der II. Kammer hat sich mit diesem Zusatze einver­ standen erklärt und den §. 7. in der vorgeschlagenen Fassung ohne Dis­ kussion angenommen. (Sten. Ber. der II. K. 18|®., Bd. 3. S. 1427.) C. Die 1. K a m in er ist dem ohne weitere Erinnerungen beigetreten. II. Vergl. die Erläut. zum §. 6. ad II. u. III. (oben S. 322 u.S.323ff.) Zum §. 8.

I. Der 8- 8- ist von beiden Kammern ohne Veränderung nach Fassung des Regier. Entw. angenommen worden. A. Die Motive des Regier. Entw. zum 8- 8. lauten dahin:

der

Diese Vorschrift, welche den Uebergaug zu den nachfolgenden Regeln über die Bewirkung der Ablösung der verschiedenen Reallasten bildet, deutet zugleich durch ihre Bestimmung, daß zur Feststellung der den Berechtigten gebührenden Abfindung der jährliche Geld werth der abzulösenden Reallast ermittelt werden soll, das Hauptprinzip an, durch welches dieses neue Ablösungs-Gesetz sich von den bisher geltend gewesenen unterscheidet. Während nämlich die Letzteren wegen einiger, und

1) Vergl. den Komm. Verlebt zum §. 6. (in fine), oben S. 3IG.

352 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, zwar der erheblichsten Reallasten dem Provokaten in der Regel die Wahl gestcatteten, ob die Abfindung des Berechtigten durch Land oder Geld geschehen solle, be­ stimmt der vorliegende Entwurf, daß in Ermangelung einer gütlichen Einigung un­ ter den Interessenten (cf. §. 98.) die Ablösung stets durch Verwandlung der Real­ lasten in feste Geldrente und demnächst durch Ablösung dieser vermittelst ba.arer Kapital-ahlung oder Abfindung des Berechtigten durch Rentenbriefe bewirkt werden soll. Die Erfahrung hat ergeben, daß die Abfindung in Land bald dem einen, bald dem anderen Theile nicht zusagt. Viele vereinzelte Landparzellen kann der Berech­ tigte nicht wirthschaftlich benutzen; sollen sie aber zusammengelegt werden, so wer­ den die Interessenten zu einer Landvertauschung hingedrängt, die lediglich für diesen Zweck sich nicht wohl rechtfertigen läßt. Aus diesen und manchen anderen Grün­ den wünschten bald die Berechtigten, zur Annahme von Land nicht gezwungen zu werden, bald die Verpflichteten, der Abtretung von Land überhoben zu sein, die auch besonders den kleineren, gegenwärtig auch zur Ablösung zu verstattenden Wir­ thes meistens sehr hart fallen würde. Jene bisher dem Provokaten allein gestattete Wahl zwischen Land oder Rente, welche der Lösung des Abhängigkeits-Verhältnisses der Verpflichteten zu den Berechtigten so hinderlich geworden ist, durfte daher nicht ferner beibehalten werden, vielmehr erschien es rathsam und bei weitem naturge­ mäßer, es, wie der Entwurf dies im §. 98. thut, lediglich dem Ermessen und der Uebereinkunft beider Interessenten zu überlassen, ob sie dennoch vielleicht die LandEntschädigung zum Ausgleichungsmitte! unter sich wählen wollen.

B. Die Kommissionen der beiden Kammern sind dem Dorschlage der Regierung ohne weitere Aeußerung darüber beigetreten, und bei der Plenar - Berathung haben sich beide Kammern hiermit einver-standen erklärt. ’) (Stenogr. Ber. der II. K. 18zz. Bd. 3. S. 1427, u. der I. K. Bd. 5. S. 2528.)

1) a) Zn der II. Kammer waren zum §. 8. folgende Verbess. - Anträge gestellt worden: a) von den Abgeordn. v. Bülow-Rieth und Ebert (Drucks, der II. Kam­ mer Nr. 332. ad V.): „;um §. 8. folgenden Zusatz zu beschließen: „insofern derselbe nicht schon durch Vertrag, Rezeß oder richterliches „Erkenntniß unter den Interessenten rechtsgültig festgesetzt ist." „Motive. „Es ist anzunehmen, daß auch dies Gesetz Eingriffe in rechts„gültig bestimmte Privatverhältniffe ohne dringende Veranlassung nicht „beabsichtige oder gestatte; daß nun solche in den vorbemerkten Fällen „nicht vorliege, dürste hier besonders auszusprechen zweckmäßig sein, „um unbegründeten Ansprüchen und Streitigkeiten vorzubeugen." Dieser Verbess.-Antrag wurde ab gelehnt. ß) Von dem Abgeordn. v. Kleist-Retzow (Drucks, der II. K. Nr. 330. ad III): „den §. 8. dahin zu fassen: „Zur Feststellung der dem Berechtigten gebührenden Abfindung „wird der jährliche Werth der abzulösenden Reallasten nach den Be„stimmungen der folgenden Titel der Regel nach in Geld und nur „in den nach diesem Gesetze selbst zulässigen Ausnahmen in Land „ermittelt." Dieser Antrag wurde zurückgezogen und gelangte deshalb nicht zur Ab­ stimmung. (Sten. Ber. der II. K., Bd. 3. S. 1427.) b) In der I. K. hatte der Abgeordn. v. B ethmann-H ollweg beantragt (Drucks, der I. K. Nr. 535. ad V.): „zu §§. 8. u. 52. folgenden Zusatz zu machen: „insofern dieselben nicht schon durch Vertrag, Rezeß oder richterliche Ent„scheidung unter ausdrücklicher oder stillschweigender Zugrundelegung der „damaligen Gesetzgebung unter den Interessenten rechtsgültig ftstge„setzt ist." Dieser Antrag wurde ab gelehnt. (Stenogr. Ber. der I. K , Bd. 5. S. 2528.)

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 9.).

ZtzZ

II. Der $. 8. bildet lediglich den Uebergang zu den folgenden Titeln des Abschn. II. über die Bewirkung der Ablösung der verschiedenen Real­ lasten, und ergiebt zugleich, daß die Verwandlung der Reallasten in Geld-Renten nur einen Theil des Ablösungs-Verfahrens bilden, keineßwegeS aber, wie nach den früheren Ablösungs-Gesetzen, ein ModuS der Ablösung sein soll. Es schließen sich diesem §. die Bestimmungen des §. 64. des Ablös. Gesetzes und deS §. 9. des Rentenbank-Gesetzes an, nach deren Vorschriften die Ablösung des festgestellten Geld-RentenBetrages beziehungsweise durch Kapital oder vermittelst der Renten­ bank zu erfolgen hat. Durch die solchergestalt bewirkte Ablösung wird jeder Nerus zwischen dem Berechtigten und Verpflichteten aufgelöst und nicht bloß eine andere Verpflichtung an die Stelle der ursprünglichen gesetzt. *) Zum §♦ 9.

I. Der $. 9. deS Gesetzes, welcher auch in dem Regier. Entw. den §. 9. bildete, ist von den Kammern mit einigen Modifikationen angenommen worden. A. In dem Regier. Entw. lautete der $. dahin: Sind für alljährlich vorkommende Dienste während der letzten zehn Jahre, für nicht alljährlich vorkommende Dienste während der letzten zwanzig Jahre vor Ver­ kündung deS Gesetzes v. 9. Okt. 1848 oder vor Anbringung der Provokation Geldvergütungen ohne Widerspruch bezahlt und angenommen worden, so sind diese Vergütungen, und wenn sie während dieser Zeiträume gewechselt haben, der Durch­ schnitt der gezahlten Beträge der Feststellung deS Geldwerths zum Grunde zu legen. In Ermangelung solcher Preise ist zu unterscheiden zwischen den nach Tagen und den nach dem Umfang der Arbeit bemessenen Diensten.

Die Motive des Entw. begründeten den §. in folgender Art:

1) Nach der früheren Gesetzgebung gab es vier verschiedene Arten der Ab­ lösung: a) durch feste Geldrente, b) durch eine in Gelde abzuführende Getreide­ rente, c) durch Land, imb d) durch Kapital. In den Fallen ad c. und d. erfolgte die Ablösung durch eine vollständige Auseinandersetzung, welche den bis­ herigen Nerus rwischen dem Berechtigten und Verpflichteten vollständig ct it f; löste; in den Fällen ad a. n. b. dagegen durch eine bloße Umwandlung der bisherigen Last in eine andere, welche zwar den Nerus veränderte und auf einfache Verhältnisse zurückführte, ihn aber doch sortbestehen ließ. Diese Umwandlung der ursprünglichen Last in eine Rente bildete einen Modus der Ab­ findung und es wurden daher im Wege des gesetzlichen Verfahrens Renten neu auserlegt, die der Berechtigte nicht kündigen durfte. Das Ablös. Ges. v. 2 März 1850 kennt die Umwandlung der Reallasten in Geld-, resp. Getreide-Renten als einen Modus der Abfindung nicht, sondern der §. 8. und die Motive dazu ergeben, daß die Umwandlung in Geld-Rente (die Ermittelung deS Geldwerthes) nur das Mittel zum Zwecke der Ablösung sein sott, mithin nur einen Theil des AblösungS - Verfahrens bildet. Dagegen ist die Ablösung durch Vermittelung der Rentenbank ein neuer Modus der Ablösung, welcher bis dahin nur für einige Landestheile (die Kreise Paderborn, Büren, Warburg und Hörter im Reg. Bez. Minden, die Kreise H eilig en st ad t, Mühlhausen und Worbis int Reg. Bez. Erfurt, und die Grafschaften Wittgenstein-Wittgenstein und Wittgenstein-Berleburg, s. oben S. 20) bestanden hatte, und es giebt somit jetzt drei Ablösungs-Arten: a) durch Kapital, b) durch Vermittelung der Renten bank und c) durch Land (in dem Falle des §. 62.), welche sämmtlich die ursprünglichen Reallasten nicht bloß in andere um wandeln, sondern den bis­ herigen Nerus zwischen dem Verpflichteten und Berechtigten vollständig auf­ lösen. (Vergl. Frey, prakt. Erläut. S. 6—7.) LandeS-Kultur-Gesetzg.

Bd. li.

23

354

Don d. Ablis. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Die Abfindung soll soviel als möglich demjenigen Werth entsprechen, welchen

die abzulösende Leistung bisher für den Berechtigten sowohl, als für den Verpflich­ teten gehabt hat. Sind aber die Leistungen bisher schon längere Zeit hindurch (10 oder resp. 20 Jahre lang) in Geld vergütet worden, so ist augenscheinlich an­ zunehmen, daß beide Theile übereinstimmend diese Geldvergütigung als den wahren Werth der Leistungen anerkannt haben und es kann daher keinem Bedenken unter­ liegen, in Fallen solcher Art die Geldvergütung auch gesetzlich als jenen Werth zu bezeichnen und der Berechnung der Abfindung zum Grunde zu legen. Dieser Grundsatz ist nicht nur in dem vorliegenden §. 9. in Bezug auf die Ablösung von Diensten, sondern auch in den spater folgenden §§. 29. und 32. bei der Ablösung der nicht in Körnern bestehenden Natural-Abgaaen, so wie der Natural-Fruchtzehnten in Anwendung gebracht. Die l(b oder 20jährige Frist, welche hierbei entscheidend sein soll, wird in der Regel von dem Zeitpunkte der Anbringung der Provokation zurück zu rechnen fei». Da aber das Bekanntwerden dieser jetzt nun erst entworfenen gesetzlichen Vorschrift einen oder den anderen derjenigen In­ teressenten, zwischen welchen bisher eine solche Geldvergütung üblich gewesen ist, leicht veranlassen könnte, noch vor Publikation des gegenwärtigen Gesetzes einseitig dieses bisher slattgefundene Verhältniß aufzuheben, und in Hoffnung auf eine künf­ tig ihm günstigere Berechnung der Abfindung statt der Geldvergütung die Wieder­ herstellung der Naturalleistung zu fordern, so erschien es, um dem neuen Gesetze möglichst gegen solche Spekulationen den Erfolg zu sichern, angemessen, alle dieje­ nigen Fälle unbedingt der neuen gesetzlichen Vorschrift zu unterwerfen, in welchen schon 10 oder 20 Jahre vor Publikation des unterm 9. Okt. 1848 wegen einst­ weiliger Sistirung der Ablösungen ergangenen Gesetzes dergleichen Vergütungen der Dienste rc. durch Geld unter den Betheiligten üblich gewesen sind.

B. Die Kommission der II. Kammer beantragte die unveränderte Annahme dieser Fassung, indem sie sich in ihrem Berichte dahin äußerte: Bei Beurtheilung der Vorschriften dieses §. ist festzuhalten, daß es hier nicht aus das Rechtsverhältniß, sondern auf die Feststellung des Werths der Dienste an? kommt. Die Werthschätzung bleibt bis zu einem gewissen Grade immer etwas Un­ sicheres, in welcher Form und von wem sie auch vorgenommen werden mag. Hat für zu leistende Dienste in Folge des Einverständnisses der Betheiligten während 10 resp. 20 Jahren eine Geldvergütigung stattgefunden, so kann angenommen wer­ den, daß diese Geldvergütigung dem wahren Werthe, d. h. dem Werthe, den beide Theile diesen Diensten beilegen, am meisten entspricht. Die Agrar-Kommission hat deshalb das hier aufgestellte Princip als vollkom­ men gerechtfertigt anerkannt.

Von einem Mitgliede ist der Antrag gestellt worden, in den §. 9. einen Zusatz dahin aufzunehmen: „In Fällen, wo für nicht geforderte und nicht geleistete Dienste eine GeldEntschädigung urkundlich oder durch Provinzial-Gesetze festgesktzt ist, wird „der Betrag dieser Entschädigung zum Grunde gelegt."

eventuell folgende Bestimmung anzunehmen: „Sind alljährlich vorkommende Dienste während der letzten 10 Jahre, die nicht alljährlich vorkommenden während der letzten 20 Jahre nicht wirklich geleistet, so ist im Fall für die nicht geleisteten Dienste urkundlich, oder nach Inhalt von Provinzial - Gesetzen der Betrag der Geldentschädigung seststcht, dieser Betrag der Ablösung zum Grunde zu legen."

Dieser Antrag wurde dadurch motivirt, daß in einzelnen Landcstheileu, na­ mentlich in der Provinz Westphalen, solche Geldbeträge für nicht geforderte rnd nicht geleistete Dienste unter Zustimmung der Betheiligten festgesetzt worden (Re­ gister-Sätze) lind auch jetzt noch angewendet würden, hienach aber um so mehr an­ zunehmen sei, daß sie den wahren Werth der Leistung festsetzten, als dieselben arsprünglich auf einer Vereinbarung der Betheiligten beruhten. Die Majorität Der Agrar-Kommission hat jedoch jenen Antrag zur Bevorwortung nicht für geeignet befunden und verworfen, weil den sogenannten Registersätzen die Voraussetzung znn Grunde liege, daß die Dienste von dem Berechtigten zur Bewirthschaftung eiieS Grundstücks nicht gebraucht werden, oder doch nicht verwerthet werden können, ruf eine solche Voraussetzung aber das allgemeine Ablösungsprinzip nicht basirt werden dürfe.

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 9.).

355

Allein das Plenum der II. Kammer trat diesem Anträge nicht bei. Der Abgeordn. v. Görtz hatte nämlich bei der Plenarberathung den Verbess.-Antrag (Drucks. Nr. 333. ad I.) gestellt, zu beschließen: daß in der Fassung deS §. 9. ersichtlich gemacht werde, cs solle in dem hier Vorausgesetzten Falle zunächst der zehn- resp, zwanzigjährige Zeitraum vom Tage der Provokation an inS Auge gefaßt und nur in so weit, als dieser Zeitraum den gesuchten Maßstab nicht darbietet, auf den gleichen Zeittaum vor dem 9. Okt. 1848 zurückgegangen werden.

Dieser Antrag dessen wurde die Fassung des $. 9., §§. 29. u. 32. in

fand die Zustimmung des Plenums *), und in Folge Agrar-Kommission beauftragt, eine anderweitige und demzufolge auch der damit in Verbindung stehenden Vorschlag zu bringen. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 18Zj.

Bd. 3. S. 1428—1430.)

Die Kommission beantragte hierauf, die §§. 9., 29. und 32. dahin zu fassen (Drucks. Nr. 342.): §. 9. Sind für alljährlich vorkommende Dienste während der letzten zehn Jahre, für nicht alljährlich vorkommende Dienste während der letzten zwanzig Jahre vor Anbringung der Provokation oder, wenn zwischen diesem Zeitpunkte und der Verkündigung des Gesetzes v. 9. Okt. 1848 eine Umschaffung der Geldleistung ein­ getreten ist, während der letzten zehn, resp, zwanzig Jahre vor Verkündigung die­ ses Gesetzes, Geldvergütungen ohne Widerspruch bezahlt und angenommen worden, so sind diese Vergütungen, und wenn sie während dieser Zeiträume gewechselt haben, der Durchschnitt der gezahlten Beträge der Feststellung des Geldwerths zum Grnnde zu legen. In Ermangelung solcher Preise ist zu unterscheiden zwischen den nach Tagen und den nach dem Umfange der Arbeit bemessenen Diensten. §. 29. Sind für feste nicht in Körnern bestehende Naturalabgaben, welche jährlich wiederkehren, während der letzten 10 Jahre, für die in längeren Perioden wiederkehrenden aber während der letzten zwanzig Jahre vor Anbringung der Pro­ vokation, oder, wenn zwischen diesem Zeitpunkte und der Verkündigung des Gesetzes v. 9. Okt. 1848 eine Umschaffung der Geldleistung eingetreten ist, Geldvergütigungen ohne Widerspruch bezahlt und angenommen worden, so sind rc. §. 32. Hat der Berechtigte während der letzten zehn Jahre vor Anbringung der Provokation, oder wenn zwischen diesem Zeitpunkte und der Verkündigung des Gesetzes v. 9. Okt. 1848 der Nati0nalfruchtzehnt wieder erhoben worden ist, wah­ rend der letzten zehn Jahre vor Verkündigung dieses Gesetzes, für den NaturalFruchtzehnten einen Pachtzins bezogen oder eine Abgabe in Geld oder Getreide statt des Natural-Fruchtzehuten ohne Widerspruch angenommen, so rc.

1) Die nachstehenden zum §. 9. gestellten AmendemenrS: a) deS Abgeordn. v Patew: den §. 9. dahin zu fassen: „Sind für alljährlich vorkommende Dienste während der letzten 10 Jahre, „für nicht alljährlich vorkommende Dienste während der letzten 20 Jahre „vor Anbringung der Provokation, oder, wenn zwischen diesem Zeitpunkte „und der Verkündigung des Gesetzes v. 9. Okt. 1848 eine Veränderung in „den Leistungen eingetreten ist, während der letzten 10, resp. 20 Jahre vor „Verkündigung diese- Gesetzes, Geldvergütnngen u. s. w." b) deS Abgeordn. v. Riebt Hofen: „die Abänderung vorzunehmen: vor Verkündigung deS Gesetzes v. 9. Okt. „1848 oder, sofern die Provokation später erfolgt ist, vor Anbringung der„selben", erledigten sich dadurch, daß das ad b. erwäbnte Amendement ohne die erforderliche Unterstützung blieb, und das ad a. erwähnte nach Annahme deS Antrages deS Abgeordn. v. Gortz nicht zur Abstimmung gelangte. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 18“. Bd. 3, S. 1429-1430).

356

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

3n dieser Fassung wurden die §§. demnächst von der II. Kammer an­ genommen. (Stenogr. Ber., a. a. O., S. 1532.) C. Die Kommission der I. Kammer schloß sich dem Beschlusse der II. Kammer lediglich mit der Modifikation an, daß sie beantragte, im ersten Satze des §. 9. statt der Worte: „vor Verkündigung dieses Ge­ setzes" zu setzen: „vor Verkündigung des gedachten Gesetzes." Der Kommissions-Bericht motivirt dies in folgender Weise: Zu §. 9. ist die Kommission mit dem hierin und in den §§. 29. und 32. gleich­ mäßig zur Geltung gebrachten Prinzipe einstimmig einverstanden. Ein Antrag: im Alinea 1. statt der Worte: „Umschaffung der Geldleistungen" zu sagen: „eine Veränderung in den Leistungen" fand keine Unterstützung, weil nach der Ansicht der Majorität durch die von der II. K. angenommene Fassung dieser Bestimmung der Zweck vollkommen erreicht werde: durch eine zwischen dem Tage der Provokation und dem Tage der Verkün­ digung des Ges. v. 9. Okt. 1848 erfolgte Wiederherstellung der Natural« Dienstpflicht, die Werthschätzung nach den Grundsätzen dieses §. nicht aus­ schließen. Der Antrag wurde verworfen. Auch der eventuelle Antrag: statt: „Umschaffung" zu sagen: „Erhöhung oder Verminderung der Geld­ leistungen" sand keinen Anklang, weil für den Fall des Wechsels der Geldleistungen schon die jetzige Fassung des §. vorsehe, nicht aber diesem Wechsel in der gedachten Zwischen­ zeit, sondern nur der Wiederherstellung der.Naturalpflicht, ihre dem Prinzip wider­ sprechende Folge habe genommen werden sollen. Der Antrag wurde abgelehnt. Ein fernerer Antrag: der früheren Fassung des Reg. - Entwurfs im §. 32. gemäß, sowohl dort, als im §. 9. und 29. statt: „ während der letzten 10 Jahre" zur Beseiti­ gung der aus ähnlicher Fassung anderweit entstandenen Zweifel zu sagen: „in jedem der letzten 10 Jahre" was offenbar der Ansicht des Gesetz-Entwurfes entspreche, wurde verworfen, ob­ wohl in Uebereinstimmung mit dem Reg. Kommissarius die Mehrheit der Kommis­ sion dem Sinne des Amendements beitrat, und nur die jetzige Frage für zweifelhaft fand. Angenommen wurde die FaffungSänderung: in der sechsten Zeile des Alinea

1.

statt: "dieses" „des gedachten" zu sagen, und mit dieser Veränderung beantragt die Kommission Annahme des §. 9.

Die I. Kammer genehmigte diesen "Antrag ohne Diskussion.

(Stenogr.

Ber. der I. K. pro 18J$. Bd. 5. S. 2571—2572.)

D. Die II. Kammer ist schließlich, auf den Antrag ihrer Kommission, der von der I. Kammer angenommenen Fassungs-Aenderung beigetreten. (Stenogr. Ber. der II. K., Bd. 5. S. 2755 ff.)

II. Die §§. 9., 29. und 32., welche mit einander im Zusammenhänge stehen, stellen den Fundamental-Grundsatz aus, daß wenn in den letzten 10 resp. 20 Jahren (d. h. in jedem der letzten 10 resp. 20 Jahrex) vor Anbringung der Provokation eine Geld vergüt igung anstatt der ur­ sprünglichen Leistung ohne Widerspruch gezahlt und angenommen worden ist, principaliler diese Geldvergütigung maaßgebend für die Feststellung des Jahreswerthes der Leistung sein sott.1 2) Die 10 resp. 20 jährige Frist soll

1)

Vergl. den Bericht der Kommiss, der I. K. zum §. 9. (s. oben.) 2) Das Gesetz erwähnt dieses Grundsatzes nicht: a) für Körner, welche Marktpreis haben (§§. 18. ff.), b) für Besitzveränderungs - Abgaben (§§. 36. ff.), c) für die Verpflichtung zur Haltung von Saamenvieh (§. 57.), sondern schreibt für diese Fälle andere Prinzipien vor, woraus hervorgeht, daß der erwähnte Grundsatz dabei keine Anwendung finden soll. Bei allen übrigen Reallasten dagegen muß derselbe stets zunächst angewendet werden und es darf erst even-

Ges. v. 2. Marz 1850, betr. die Ablös. re., (§. 10.).

357

in der Regel vom Tage der Anbringung der Provokation an zurückge­ rechnet werden, und hiervon nur in denjenigen Fällen eine Ausnahme stattfinden, wo die Provokation erst nach der Verkündigung des Sistirungsgesetzes v. 9. Okt. 1848 angebracht worden ist. Ist nämlich 10 resp. 20 Jahre vor der Publikation des erwähnten Gesetzes anstatt der ursprüng­ lichen Last eine Geldvergütigung gezahlt, hinterher aber, in Erwartung der Vortheile des neuen Ablösungs-Gesetzes, diese Geldvergüti­ gung wieder in die ursprüngliche Last umgewandelt worden, so soll auf diese Umwandlung keine Rücksicht genommen werden, sondern die bis zur Publikation des Sistirungs-Gesetzes v. 9. Okt. 1848 angenommene und gezahlte Geldvergütigung den Maaßstab für die Feststellung des Jahres­ werthes bilden. Wenn dagegen die Provokation schon vor Verkündigung jenes Gesetzes angebracht worden ist, so kommt es auf den Zeitpunkt des Sistirungs-Gesetzes nicht weiter an. Uebrigens gilt die Vorschrift des §. 9. als Regel für alle Arten der Dienste ohne Unterschied, ob solche nach Tagen oder nach der Art der Arbeit, oder nach dem Umfange der Arbeit bestimmt, oder auch walzende, oder endlich handwerksmäßige sind, so daß mithin die speziellen Bestim­ mungen der §§. 10 —15. nnd 58. erst alsdann zur Anwendung gelangen, wenn nicht schon früher eine Geldvergütigung statt der Dienste gezahlt worden ist. Wenn hierbei die thatsächliche Frage streitig wird, ob während des im Gesetze vorgesehenen Zeitraumes eine Geldvergütigung gezahlt worden, so liegt der Beweis hierüber nach den allgemeinen Beweis-Grundsätzen dem­ jenigen ob, welcher die in Rede stehende Thatsache behauptet; es genügt aber der Nachweis der bloßen Thatsache, daß die Geldvergütigung an­ genommen worden ist, und es bedarf nicht des Nachweises, daß hierüber ein rechtsverbindlicher Vertrag unter den Interessenten zu Stande gekommen sei. (Frey a. a. O. S. 17 11. 41.) Zum §♦ 10. I. Der §. 10. ist von den Kammern ohne Abänderungen nach der von der Regierung vorgeschlagenenen Fassung angenommen worden. A. Die Motive des Regier. Entw., welche zu den §§. 10 —17. zusammengefaßt sind, lauten dahin:

Zu 8§. 10-17. Die Anwendung von Normalpreisen für die zur Ablösung kommenden Gegen­ stände, hat sich in den westlichen Provinzen, für welche dieses Verfahren in den dort eingeführten Ablösungs-Ordnungen vorgeschrieben ist, als sehr zweckmäßig be­ währt. Sie beugt den Streitigkeiten vor, welche über die Hohe der Entschädigung erfahrungsmäßig so oft da eintraten, wo nach den Grundsätzen der für die östlichen Provinzen ergangenen Ablös.-Ordn. so. 7. Juni 1821 die Abschätzung der zu lei­ stenden Dienste und zu liefernden Gegenstände in jedem einzelnen Falle erfolgen mußte, und gewährt den Vortheil, daß die Interessenten sich schon im Voraus den Betrag der Entschädigung überschlagen und hiernach eine gütliche C nigung unter einander treffen können. Es ist daher in dem vorliegenden Gesetz-Entwurf die An­ wendung von Normalpreisen für die Abschätzung aller derjenigen Leistungen und Gegenstände angeordnet, in Ansehung deren die Feststellung solcher Preise überhaupt möglich erscheint. Leistungen und Gegenstände, deren Natur dies nicht gestattet, werden auch ferner in jedem einzelnen Fall besonders abgeschätzt werden müssen. Der Entwurf hat aber zugleich für solche Fälle, in denen voraussichtlich die Ab­

tu ell eine andere Art der Preisfeststellung eintreten; insbesondere gilt der Grund­ satz für Dienste aller Art obne allen Unterschied und für solche Körner, die kei­ nen Marktpreis haben. (Vergl. Frey, prakt. Erläut. S. 16—17.)

358 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regultrungen u. Gem. Theilungen, schätzung durch Sachverständige besonders weitläufige, zeitraubende und kostspielige Berechnungen erfordern würde, wie z. B. bei den Baudiensten (§. 14.) die Fest­ stellung des Werths durch Schiedsrichter angeordnet. In welcher Weise die Normalpreise unter Zuziehung der Betheiligten zu er­ mitteln und festzustellen sind, ist weiter unten in dem Titel IX. des vorliegenden Abschnitts deS Entwurfs vorgeschrieben.

B. Der Bericht der Kommission der II. Kammer spricht sich (zum §. 10.) in folgender Art aus: Die Anwendung von Normalpreisen für die zur Ablösung kommenden Gegen­ stände ist von der II. K. durch die Annahme deS Gesetz-Entwurfes, betr. die Fest­ stellung von Normal-Preisen und Normal-Marktorten bereits gebilligt und deshalb auch in der Agrar-Kommission außer allem Zweifel gewesen. Auch hat die Be­ stimmung deS §. 10. in dem zuletzt gedachten Gesetz-Entwürfe bereits der Prüfung der II. K. unterlegen und deren Bewilligung erhalten. In Anlaß einiger eingegangenen Petitionen ist das Bedenken angeregt worden, ob die Entschädigung der Prediger für die häufig bei den Vererbpachtungen ihrer Grundstücke vorbehaltenen Fuhren nach den Filialkirchen unter Anwendung der Normalsätze eine ausreichende sein werde, und ob es daher nicht zweckmäßiger sein würde, solche Dienste in jedem Falle nach den örtlichen Verhältnissen abschätzen zu lassen. Die Kommission hat jedoch jene Bedenken nicht getheilt, war vielmehr der Ansicht, daß eS Sache der Distrikts-Kommissionen sei, bei Feststellung der Normal­ satze jene Verhältnisse zu berücksichtigen und eventuell sür diese besondere Ablösungs­ sätze zu normircn. Eine Abänderung des §. 10. vor zu sch lag en, hat hiernach die Kommission nicht für nöthig erachtet.

C. Die Kommission des I. Kammer hat zum §. 10. nichts zu erinnern gefunden. D. Beide Kammern haben dem §. 10. ohne Diskussion ihre Zu­ stimmung ertheilt. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 18;Z. Bd. 3. S. 1430. und der I. K. Bd. 5. S. 2572-2573.)

II. Die Bestimmungen der §§. 10-—14. und 58. kommen erst alsdann zur Anwendung, wenn der Fall des §. 9. nicht vorliegt. Bereits das (vorläufige) G. v. 19. Nov. 1849 ') (G. S. 1849, S. 413 ff.) hatte (im §. 1.) angeordnet, daß zur schnelleren Ausführung des wegen Ablösung der Reallasten und Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse zu erlassenden Gesetzes sofort Normalpreise *)

1) Vergl. die KommissionS-Bericbte und Kammer-Verhandlungen über das G. v. 19. Nov. 1849 in den stenogr. Ber. der II. K. pro 1841, Bd. I. , S. 248-271, u. der I. K. Bd. III , S. 1287-1295. 2) Normalpreise dürfen nur da zur Anwendung kommen, wo das Gesetz ibre Anwendung ausdrücklich vorschreibt, oder ausdrücklich gestattet. Frey (praktische Erläut. S. 15) giebt hierüber folgende Uebersicht: I. Ausdrücklich vorgeschrieben ist sie: 1) bei den nach Tagen gemessenen Diensten (§. 10.), 2) bei den Kosten der Ersatzarbeit (§. 12.), 3) bei Naturalabgaben, welche nicht in Körnern bestehen (§. 30.), 4) bei Körnern, welche keinen Marktpreis haben (§. 27.), 5) bei der Verpflichtung, Saamenvieh zu halten (§. 57 ). Daß die Preise sür die ad 1., 2. u. 5. erwähnten Leistungen in den Normal­ preis-Tabellen fehlen sollten, läßt sich nicht annehmen, wogegen dies bei den ad 3. u. 4. erwähnten Leistungen sehr leicht Vorkommen kann. Zn solchem Falle wird der Preis nach Analogie des §. 72. durch Schiedsrichter zu bestimmen sein. II. Ausdrücklich verboten ist sie: 1) bei Abgaben in Wein (§. 31.), 2) bei Abgaben in Körnern, welche Marktpreis haben, weil nämlich nach Tck. III. prinzipaliter die Feststellung nach Marktpreisen und eventuell durch Schiedsrichter eintreten muß,

Ges. v. 2. März 1850, ben. die Ablös. :c.z (§. 10.).

359

und Normal-Marktorte ermittelt werden sollten, und es batte das er­ wähnte Gesetz (in den §§. 2 -6) die näheren Vorschriften sowobl über die Bildung der Distrikte und der Kommissionen zur Feststellung dieser Normal­ preise und Normal-Marktorte, als auch über die Gesichtspunkte, nach wel­ chen die Kommissionen zu verfahren haben, ertheilt. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind biernachst im Wesentlichen in daS neue Ablösungs­ Gesetz v. 2. März 1850 (§§. 10., 11., 18 — 31., 57., 59., 67., 68., 70. u. 72.) übergegangen l), wogegen der §. 1. Nr. 33. des letzteren das (vor­ läufige) G. v. 19. Nov. 1849 wieder außer Kraft gesetzt hat. III. Die Aufstellung der Normalpreis-Tabellen hat, in Gemäßheit des (vorläufigen) G. v. 19. Nov. 1849, überall stattgefunden. Die dadurch festgestellten Normalpreise müssen nun für alle nach Tagen be­ stimmte Dienste, mit Ausschluß der handwerksmäßigen Leistungen (§. 58.) zur Anwendung kommen. Ueber die Einrichtung der Normalpreis-Tabellen und deren praktische Anwendung spricht Frey sich folgendermaßen aus: In den Normalpreis-Tabellen aller Bezirke werden unterschieden: a) Dienste, welche nur nach Anzahl der Tage bestimmt sind, b) Dienste, bei welchen außer der Tageszahl auch noch die Art der Arbeit be­ stimmt ist. Bei den zu a. genannten Diensten sind allenthalben Unterabtheilungen für die Jahreszeiten gemacht, in welchen die Dienste zu leisten waren, wie für die Stunden-Anzahl, welche als Arbeitsdauer bei Feststellung der Normalpreise vorausgesetzt worden ist. Die auSgeworfenen Normalpreise gelten daher anch nur für den Fall, daß diese Voraussetzung richtig ist. Wenn es dagegen auch seststeht, daß die Dienste, um welche es sich handelt, in den Sommermonaten zu leisten, die wirkliche Arbeitsdauer aber geringer war, als die in der Normalpreis-Tabelle angegebene, so muß der "Normalpreis nach Maßgabe der kürzeren Arbeitsdauer ermäßigt werden. In den Preistabetten ist der Reduk­ tionsmaaßstab angegeben. Bei den zu b. genannten Diensten sind die Unterabtheilungen nach Jahresfrist und Arbeitsdauer nicht gemacht, sondern die Normalpreise schon mit Rücksicht dar­ auf festgestellt, daß durch die Art der Arbeit auch die Jahreszeit und die Arbeits­ dauer bestimmt ist. Hier tritt also der Normalpreis ein, ohne weitere Prüfung der Arbeitsdauer. Wenn für einzelne, nach der Art der Arbeit und nach Tagen bestimmte Dienste — z. B. für Iagddienste, deren unentgeltliche Aushebung ausgeschlossen bleibt — keine Normalpreise ausgeworseu sind, so treten die Normalpreise ad a. mit der Maaßgabe ein, daß die wirklich üblich gewesene Arbeitsdauer und im Mangel einer diesfallsigen Bestimmiing diejenige Jahreszeit maaßgebend ist, in welcher der Dienst seiner Natur nach zu leisten ist. In den meisten Fätleii wird auch kein Zweifel darüber obwalten. Wenn aber die Arbeit von der Art ist, daß sie ihrer Natur nach zu allen Jahreszeiten vorgcnommen werden kann, z. B. Dienste zur Jagd, zum Stecke rehden rc., so muß ausgemittelt werden, in welchen Jahreszeiten der Dienst faktisch geleistet werten ist, und wenn auch dieS nicht geschehen kann, so ist die Tagezahl gleichmäßig aus diejeiiigen Jahreszeiteii zu verthcilen, in welchen die Arbeil ihrer Natur nach geleistet werden samt. Die zu b. erwähnten Preise treten immer nur für einzelne, ttach der Art der Arbeit bestimmte Dienste ein. Wenn es aber atrch seststeht, daß die nach Tagen

3) bei Naturalabgaben, in Betreff deren urkundlich^ bestimmt ist, daß sie in einer besonderen Qualität geliefert werden müssen (§. 30.). III. Ausdrücklich zu gelassen, aber nicht geboten ist sie bei den, nicht nach Ta­ gen gemessenen Baudienstcn (§. 14.) und bei den, nach dem 3. Abschnitte ablösba­ ren Gegenständen der Gcmeinheitstheilung. 1) Der § 10. des G. v. 2. März 1850 ist (säst wörtlich) den Bestimmungen d:S §, 4. Litt. A. ad 1. des (vorläufigen) G. v. 19. Nov. 1819 entnommen.

360 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungem. bestimmten Robot- und Hofedienste theilweise zu solchen Arbeiten verwendet worden find, für welche ad b. ein besonderer Normalpreis ausgeworfen ist, wenn es z. B. feststeht, daß ein Theil der Robotdienste auch zu Ernte-, Fischerei-, SchaasscheerArbeiten rc. verwendet worden ist, so treten doch niemals die zu b. auSgeworfenien, sondern immer die Normalpreise für gewöhnliche, bloß nach Tagen be­ stimmte Hofedienste ein. Diese äußerst wichtige Bestimmung ist in viele Normalpreis-Tabellen auch aus­ drücklich ausgenommen worden. Wo sie aber auch vergessen sein sollte, kann eS keinem Bedenken unterliegen, daß sie sich von selbst versteht. Die Frage, wie lange die betreffenden Dienste wirklich gedauert, oder in wel­ cher Jahreszeit sie wirklich abgeleistet worden sind, ist selbstredend eine quaestio facti, welche nach der gewöhnlichen Beweistheorie zu entscheiden ist. Zum schiedsrichter­ lichen Verfahren gehört sie niemals. (Frey, prakt. Erläut. S. 42—44.)

Zu §8. 11 - 13.

I. Die $$. 11—13. i) sind von der II. Kammer, deren Kommis­ sion sich zu Bemerkungen darüber nicht veranlaßt gefunden hat, unverän­ dert nach dem Vorschläge der Regierung angenommen worden. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 18|fi. Bd. 3. S. 1430.) In dem Entw. standen im §. 11. statt der Worte: „schiedsrichter­ lichen Ausspruch" die Worte: „sachverständiges Ermessen". Die Kommission der I. Kammer beantragte in dieser Beziehung eme Aenderung, indem sie sich in ihrem Berichte hierüber dahin äußerte: Zum §. 11. wurde mit Rücksicht darauf, daß hier und an vielen anderen Stellen des Gesetz-EntwurfeS: „sachverständiges Ermessen" angeordnet, darin aber, möge es in die Hand des Kommissarius gegeben, oder die Vernehmung besonderer Sachverständigen beabsichtigt sein, die Quelle einer durch den offen bleibenden Jnstanzenzug begünstigten Verzögerung zu besorgen, und im Allgemeinen die Entschei­ dung durch Schiedsrichter im Gesetze beliebt sei, der Antrag gestellt: statt jener Worte: „durch schiedsrichterlichen Ausspruch" zu sagen. Seitens des Reg.-KommiffariuS wurde zwar bemerkt, daß die Fakultät der Parteien, auf Schiedsrichter zu provociren, auch bei der gegenwärtigen Fassung nicht ausgeschlossen, und von der Staats-Regierung beabsichtigt sei, durch ein bald vorzulegendes Gesetz über das schiedsrichterliche Verfahren, den bisherigen formellen Mängeln desselben abzuhelfen und die Parteien ihm dadurch geneigter zu machen. So wünschens- und anerkennenswerth die Kommission dies aber auch fand, so entschied sie sich doch dafür, durch „Annahme des Antrags" dies Verfahren dispositiv vorzuschreiben. Mit dieser Abänderung wird die Annahme des §. 11. beantragt.

Zu den §§. 12. und 13. fand auch die Kommission der I. Kam­ mer nicht zu erinnern. Das Plenum der I. Kammer trat dem Anträge der Kommission bei. (Stenogr. Ber. der I. K. pro 18|J. Bd. 5. S. 2572-2573.) Die II. Kammer hat sich demnächst, aus den Antrag ihrer Kom­ mission, hiermit einrerstanden erklärt. 1 2) (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Zum §. 12. Der §. 12. ergänzt den §. 11. dahin, daß die Schiedsrichter nicht direkt

1) Vergl. die betr. Motive des Regier. Entw. zu §§. 10 — 17. oben S. 357—358. 2) Das (vorläufige) G. v. 19. Nov. 1849 (G. S. 1849, S. 414) enthä t statt der jetzigen §§. 11—13. im §. 4. Liu. A. sub 2. nur folgende Bestimmung: „Für Dienste, die nicht nach Tagen bestimmt find, werden in Ansehung ber „Kosten für Haltung eines Gespannes, des Gesindes und der Tagelöhmr „ebenfalls Normalsäitze festgestellt."

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§§. 11—14.).

361

Me

Kosten zu bestimmen haben, welche der Berechtigte auszuwenden hat, sondern nur die Tagezahl, welche erforderlich ist, um die Arbeit in ihrer minder vollkommenen Weise durch freie Arbeiter herzustellen, wogegen der Preis der letzteren wieder nach Normalpreisen festzustellen ist. Frey bemerkt mit Bezug hierauf Folgendes zur Erläuterung des §. 12:

Gesetzt also, die abzulösende Verpflichtung besteht darin, jährlich 80 Beete mit der Brachfurche zu pflügen, so fragt sich'S zunächst, wie groß ein Beet ist. Diese Frage ist nicht durch SchiedS-ichter, sondern als Sach- oder Rechtsfrage vom Richter zu entscheiden und die Beweismittel sind: Urkunden, Zeugen, Sach­ verständige; denn sie betrifft nicht den Werth eines nach dem Umfange bestimmten Dienstes, sondern den Umfang selbst. Demnächst entsteht die Frage, ob die Ersatzarbeit, durch welche der Berechtigte sich künftig den abzulösenden Dienst zu ersetzen hat, durch eigenes Gesinde resp. Gespann, oder aber durch Tagelöhner resp, gemiethetes Gespann zu bewirken ist. Diese Frage gehört ebenfalls nicht zum schiedsrichterlichen Verfahren, sondern soll schon durch die Arbeiten der Normalpreis-Distrikts-Kommissionen entschie­ den sein. Diese Kommissionen hatten für jeden Kreisbezirk zu beurtheilen, ob die Grsatzarbeit billiger durch eigene oder durch gemiethete Arbeiten resp. Ge­ spann zu beschaffen ist und dann den Normalpreis für die billigere Gattung fest­ zusetzen. Diese Fragen müssen also vorweg entschieden worden sein, bevor es zum schiedsrichterlichen Verfahren nach §. 11. und 12. kommt, und gesetzt, es sei fest­ gestellt, daß 80 Beete 8 Morgen enthalten und daß die Ersatzarbeit durch eigenes Gespann zu bewirken ist, so muß die, den Schiedsrichtern vorzulegende Frage so lauten: Welche Arbeitskraft, mit eigenem, resp, welcher Art des Gespannes, ist erforderlich, um 8 Morgen mit der Brachfurche in derjenigen Vollkommenheit zu pflügen, in welcher tiefe Arbeit von dem Dienstpflichtigen in der Regel errichtet zu werden pflegt? Die Antwort der Schiedsrichter muß dann in der Weise abgegeben werden: Dazu sind 3| Tage Arbeit mit einem dreispännigen Och­ sengespann erforderlich. Hiernächst ist der JahreSwerth der Leistung nach dem Normalpreise des drei­ spännigen Ochsengespannes zu berechnen. (Frey, prakt. Erläut. S. 44 — 46.) III. Zum 8. 13. Im 8- 13. ist nicht von dem Falle die Rede, daß ein Theil der Dienste nach Tagen und ein Theil derselben nach dem Umfange der Arbeit be­ stimmt ist, sondern nur davon, daß derselbe Dienst pleonastisch, sowohl nach Tagen, alö nach dem Umfange der Arbeit bestimmt ist. Frey nimmt an, daß im ersten Falle die Preisermittelung theils nach 8- 10., theils nach 88- H- und 12. geschehen muffe, wogegen sie im zwei­ ten Falle nur nach 88- H- und 12. geschehen dürfe, (a. a. O., S. 46.)

Zum §. 14. I. Das Alin. 1. des 8- 14. lautete bereits in dem Negier. Entw. *) wörtlich ebenso, wie in dem jetzigen Gesetze und ist von den Kammern ohne Erinnerungen angenommen worden; dagegen hatte das Alin. 2. im Regier. Entw. folgende Fassung:

8$.

Wenn die Partheien sich nicht über den Werth einigen, so muß das in den 6. und 31. ff. der V. v. 30. Zuni 1834 wegen des Geschäftsbetriebes in den

1) Vergl. die betr. Motive der §§. 10 — 17. des Regier. Entw. oben S. 357—358.

362

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Angelegenheiten der Gemeinheitstheilungen rc. (G. S. 1834. S. 96) vorgeschriebene schiedsrichterliche Verfahren eintreten.

Das Alin. 3. halten.

endlich

war in dem Regier. Entw. gar nicht ent­

A, Die Kommission der II. Kammer beantragte die unveränderte Annahme deS §. 14. nach der Fassung des Regier. Entw., jedoch unter Hinzufügung des jetzigen Alin. 3. Der Bericht der Kommiss, motivirt dies in folgender Art: Die Ermittelung des Werths der Baudienste ist mit einem nicht geringen Kostenund Zeitaufwande verbunden und die Agrar-Kommission hat es deshalb als zweck­ dienlich anerkannt, daß. zur Vermeidung von prozessualischen Weitläufigkeiten auch hier daS im §. 31. der B. v. 30. Juni 1834 vorgeschriebene schiedsrichterliche Ver­ fahren eintreten soll. Dieses Verfahren wird im Mangel einer gütlichen Einigung der Betheiligten in jedem speziellen Falle eintreten und dadurch ein zeitraubendes und kostspieliges werden. In Gegenden, wo die Baudienste allgemein und in vielleicht nicht geringer Ausdehnung vorkommen, wird aber die Beachtung jener Vorschrift bei dem häufi­ gen Mangel an Bausachverständigen eine große Verzögerung des Auseinander­ setzungs-Verfahrens herbeiführen, und daher das Bedürfniß hervortreten, in einer noch einfacheren Weise jene Ermittelung deö Werths der Baudienste bewirken zu lassen. Die hierüber in der Kommisffon gepflogenen Berathungen haben zu dem Resultat geführt, daß eine solche größere Vereinfachung deS Verfahrens nur in dem Falle möglich, wenn die Beschaffenheit der Gebäude in bestimmten Distrikten von der Art ist, daß solche in leicht zu erkennende Klaffen eingetheilt werden können und in diesem Falle erreicht werden kann, daß für die Ablösung der Baudienste durch die DistriktS-Kommisfion gewisse Normen dergestalt festgesetzt werden, daß der AuSeinandersetzungs-KommiffariuS die Entschädigungs-Berechnung auf eine einfache Weise und ohne Zuziehung eines Bausachverständigen ermitteln kann. Bei der Ermittelung der Entschädigung für Baudienste ist der Grundsatz sestz uh alten: daß dem Berechtigten eine Rente gewährt werden muß, welche unter Hinzu­ rechnung einfacher Zinsen ihm Folgendes giebt: a) die Kosten der zu jedem Neubau zu leistenden Baudienste, b) die Kosten der bis zum nächsten Neubau und der von einem Neubau zum andern zu leistenden Dienste. Unter Festhaltung dieses Grundsatzes sind, um eine BaudienstwerthS-Berech­ nung aufzustellen, folgende Faktoren zu ermitteln: 1) die Zeit bis zum nächsten Neubau, 2) die Zeit von einem Neubau zum andern, 3) die Dienste, welche bei jedem Neubau geleistet werden müssen, 4) die Dienste, welche zu den Reparaturen bis zum nächsten Neubau und von einem Neubau zum andern erforderlich sind. ad 1. Die Ermittelung, wie lange die vorhandenen Gebäude noch stehen kön­ nen, oder mit andern Worten, nach Ablauf welchen Zeitraums der nächste Neubau erforderlich ist, kann von einem geschäftskundigen KommissariuS auch ohne Zuzie­ hung eines Bausachverständigen auf informatorischem Wege ohne Weiterungen fest­ gestellt werden, wenn er weiß, welcher Zeitraum von einem Neubau zum andern anzunehmen ist. ad 2. Anlangend die Zeit von einem Neubau bis zum anderen, so kommt dabei vorzugsweise der Zweck und die Bauart des Gebäudes in Betracht. Es wer­ den sich für eine gewisse Gegend bestimmte Gebäudeklaffen dergestalt annehmen lassen, daß für jede Klaffe eine bestimmte Bauperiode festgestellt werden kann. So­ wohl diese Gebäudeklaffen als die anzunehmende Bauperiode können von den DistriktS-Kommisfionen unter Zuziehung eines Bausachverständigen festgestellt werden, ad 3. Hinsichtlich der bei jedem Neubau zu leistenden Dienste ist zu unter­ scheiden, zwischen a) den Handdiensten, b) den Spanndiensten. Zu a. Für jede mit Rücksicht auf die Bauart festgestellte Gebäudeklasse lassen

Ges. v. 2. März 1850, tetr, die Ablös. rc-, (§. 14.).

363

sich die erforderlichen Handdienste pro Quadratruthe der Grundfläche des Gebäudes ein für allemal feststellen. Zu b. Zum Behufe der Ermittelung der Spanndienste kann durch die Di­ strikts - Kommission festgestellt werden, welches und wie viel Baumaterial in jeder Gebäudeklaffe pro Quadratruthe der Grundfläche heranzuschaffen ist, und welches Gewicht das erforderliche Quantum in jeder Art deö Baumaterials, in Centnern ausgedrückt, hat. Welche Ladung ein Zweigespann unter Berücksichtigung der Beschaffenheit der Wege, und in welcher Entfernung an einem Tage heranschaffen kann, wird dann der Auseinandersetzungs-KommiffariuS zu bemessen haben. Die Distrikts - Kommissionen werden hiernach in dem oben bezeichneten Falle sestzustellen haben: I. die in dem Distrikte anzunehmenden Gebäudeklaffen, II. für jede Gebäudeklaffe die 3yt von einem Neubau bis zum andern, III. die in jeder Gebäudeklaffe pro Quadratruthe der Grundfläche erforder­ lichen Handdienste, IV. das in jeder Gebäudeklaffe pro Quadratruthe der Grundfläche heranzu­ schaffende Baumaterial in Centnern ausgedrückt. Sind diese Satze gegeben, so hat der Auseinandersetzungs - Kommiffarius zur Anlegung der Entschädigungs-Berechnung seinerseits nur noch zu ermitteln die Zeit bis zum nächsten Neubau, die Gespannkräfte, welche zur Heranschaffung des erfor­ derlichen Baumaterials nothwendig sind, so wie endlich den Quadratinhalt der Grundfläche der zu befrohndenden Gebäude, um den Kapitalwerth der zu jedem Neubau erforderlichen Baudienste feststellen zu können. Nach dem Letztem wird dann unter Anwendung der von dem Königl. Finanz-Ministerium unterm 4. Mai 1834 resp. 28. Januar 1838 *) bekannt gemachten Prozent-Tabellen, deren Einlei­ tung die nähere Aufklärung über die Berechnungsart ergiebt, die Entschädigungs­ rente leicht ermittelt werden können. In den hier bezeichneten Tabellen ist auf die zu den Reparaturen erforderlichen Dienste keine Rücksicht genommen, die PrariS hat in neuerer Zeit keinen Unterschied zwischen den Reparaturen bis zum nächsten Neubau und zwischen denen, welche von einem Neubau bis zum andern vorkommen, gemacht, weil dieser Unterschied mehr in der Theorie zu denken, als in der Wirklichkeit zu fassen ist. Man hat ganz allge­ mein die Reparaturen in Prozenten der zum Neubau erforderlichen Dienste ausge­ drückt und es ist daher ausreichend, wenn von den Distrikts-Kommissionen V. der Prozentsatz für die Dienste zu den Reparaturen aller Art im Ver­ hältniß zu den zum Neubau erforderlichen Diensten festgesetzt wird. Die Agrar-Kommission stellt hiernach den Antrag, zum §. 14. folgenden Zu­ satz anzunehmen:

1) DaS hier in Bezug genommene R. des K. Fin. Min. v. 4. Mai 1834 an die Reg. zu Potsdam findet sich abgedruckt in DönnigeS Landes-KulturGesetzgebung Preußens Bd. 2. S. 448. und das R. des Min. des K. Hauses v. 28. Jan. 1838 an sämmtl. Reg. diesseits der Elbe, nebst der Prozent-Tabelle zur Bestimmung der von jetzt ab zu zahlenden jährlichen Rente für eine in gewissen Zeiten wiederkehrende Bau-AuSgabe, nach dem Zinsfüße von 4 Prozent berechnet, a. a. O. S. 449. und in Forni, Mafuch u. Kuh'S Zeitschrift für gutsherr­ lich-bäuerliche Verhältnisse ic., Bd. 1. S. 172 —176. — Vergl. auch in v. Kamptz Ann. Bd. XXII. S. 53. Nr. 41. — Ueber diesen Gegenstand sind ferner zu vergl.: a) C. R. des Min. des K. Hauses, Abth. II. v. 24. März 1837 an die K. Reg. der Provinzen Preußen, Schlesien und Posen, sowie zu Köslin u. Stralsund, betr. die Ablösungen der Bauholzberechtigungen oder deren Kompen­ sation gegen Domainen-Prästationen. (v. K. Annal. Bd. XXL S. 36. Nr. 40.). b) R. der K. Gen. Kommission zu Soldin v. 8. Aug. 1837, betr. die Ablösung von Bauholz-Gerechtsamen, bei DönnigeS a. a. O., S. 449—450. c) EyteltoMti Anleitung zur Ermittelung der Dauer und Unterhaltungskosten der Gebäude. Berlin bei Reimer. 1832. d) Bauer, Abhandlung über die Entschädigungs-Er­ mittelung für Ablösung der Bauholzberechtigungen und Baudienste, in Forni'S Zeitschrift für gutsherrlich-bäuerliche Verhältnisse rc., Bd. I. S. 133 ff.

364

Von d. Ablöf. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Für Distrikte, in welchen nach dem Ermessen der Distrikts-Kommissionen (88- 67. ff.) hiezu ein Bedürfniß vorhanden ist und die Beschaffenheit und Bauart der Gebäude eS gestatten, können von jenen unter Zuziehung eines

Bausachverständigen Normalsätze in Betreff der, der Ablösungsberechnung zum Grunde zu legenden Positionen festgestetlt werden.

Die II. Kammer ist den erwähnten Anträgen der Kommiss, ohne Dis­ kussion beigetreten. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 18JBd. 3. S. 1430.) B. Die Kommission der I. Kammer schloß sich dem Beschlusse der II. Kammer in Betreff der Alin. 1. und 3. an, brachte jedoch für das Alin. 2. dessen gegenwärtige Fassung in Vorschlag, indem sie dies in ihrem Berichte folgendermaßen motivirte: Zu §. 14. ist die Kommission damit einverstanden, daß auch hier durch schiedsricbterlicheS Verfahren die Ermittelung abgekürzt werde. In der hier ausnahmSweisen Hinweisung auf bestimmte formelle, in dieser Beziehung geltende Vorschriften sieht sie aber einen Zweifel begründet, ob auch in den andern Fällen, in denen das Gesetz den schiedsrichterlichen Ausspruch eiutreten läßt, dieses, oder das Verfahren nach der A. G. O. eintreten solle, was offenbar nicht beabsichtigt Darum schlägt sie die Fassung des Al. 2. dahin vor: „Wenn die Parteien sich über den Werth nicht einigen, so muß er durch schiedsrichterlichen Ausspruch festgestellt werden " und behält sich vor: am Schluffe des Gesetzes einen allgemeinen §. vorzuschlagen, welcher auf das formelle Verfahren hinweiset, nach welchem in allen den einzelnen Fällen der schiedsrichterliche Ausspruch herbeigeführt werden soll. Mit dieser Abänderung des Alinea 2. beantragt sie die Annahme des §. 14.

sei.

Das Plenum der I. Kammer trat diesem Anträge ohne Diskussion bei.

(Stenogr. Ber. der I. K. pro 18*». Bd. 5. S. 2572-2573.)

Die II. Kammer hat sich hiernächst, auf den Antrag ihrer Kom­ mission, hiermit einverstanden erklärt. (Stenogr. Ber. der II. K., Bd. 5. C.

S. 2755 ff.)

II. Der §. 14. handelt nur von der Ermittelung des Werthes solcher Baudienste, welche nicht nach Lagen bestimmt sind; wogegen die­ jenigen Vaudienste, welche nach Tagen bestimmt sind, stets zu den im §. 10. Litt. b. bezeichneten Diensten gehören, da der Ausdruck: „Baudienst", auch ohne sonstige Bestimmung, schon an sich eine Bezeichnung der Art der Arbeit enthält. Sind also für Baudienste keine besondere Normalpreise festgestellt, so treten auch für die nach Tagen bestimmten Baudienste die gewöhnlichen Normalpreise ein, welche für die nur nach der Anzahl der Tage bestimmten Dienste in den Normalpreis-Tabellen ausge­ worfen sind. Dagegen sollen (nach §. 14. des Gesetzes) solche Baudienste, welche nicht nach Tagen bestimmt sind, in jedem einzelnen Falle nach ihrem jährlichen Dnrchschnittsbetrage durch Schiedsrichter abge­ schätzt werden. Ueber das Verfahren und die Grundsätze hierbei giebt der Bericht der Kommission der II. Kammer (s. oben S. 362 ff.) Auskunft. Frey äußert sich darüber folgendermaßen: Hier findet der §. 12. keine Anwendung und die Schiedsrichter haben daher nicht die Dauer der Ersatzarbeit, sondern direkt den Jahreswerth selbst anzugeben. Ob aber dieser JahreSwerth nach demjenigen Werthe zu schätzen ist, welchen

der Berechtigte aufzuwenden hat, um sich die abzulösende Leistung anderweitig zu beschaffen, oder aber nach dem Vortheile, welchen der. Verpflichtete durch die Be­ freiung von dem Dienste erlangt, bat daS Gesetz unentschieden gelassen. ES muß daher lediglich dem Arbitrium der Schiedrichter überlassen bleiben. Wenn der Umfang des Baudienftes ganz bestimmt feststeht, wenn bespielsweise feststeht, daß der Verpflichtete jährlich 100 Tonnen Kalk, oder 30 Schachtruthen Sand anzufahren, oder einen bestimmten Damm zu unterhalten hat, so ergiebt sich die, den Schiedrichtern vorzulegende Frage von selbst. In der Regel ist dies aber nicht der Fall und der §. 14. setzt eigentlich den

Ges. v. L. März 1850, tetr, die Ablös. rc., (§. 14.).

365

Fall voraus, daß der Umfang des Dienstes an sich nicht bestimmt, sondern das Maaß desselben durch das Bedürfniß des Berechtigten geregelt wird. In diesem Falle muß der stalus causae, welcher den Schiedsrichtern vorgetegt wird, folgende Punkte enthalten: 1) zu welchen Gebäuden resp. Bauten der Dienst geleistet werden muß, 2) den Umfang der Gebäude, welcher, wenn er nicht der gegenwärtige ist, nach Maaßen anzugeben ist, 3) die Bauart derselben, 4) die spezielle Art der Dienstleistung, auf welche sich die Verpflichtung er­ streckt, z. B. alle Handlangerarbeit, oder alle Baufuhren zu verrichten, oder das nöthige Holz anzufahren ic., 5) die Entfernung, aus welcher die Materialien angefahren werden müssen, 6) das Theilnahmemaaß, nach welchem der in Rede stehende Verpflichtete zu­ gleich mit anderen, zu demselben Dienste Verpflichteten, dabei zu konkurriren hat. Diese Punkte müssen vorweg festgestellt sein, bevor eS zum schiedsrichterlichen Verfahren kommt. Wenn Streit über dieselben obwaltet, ist derselbe von der erkennden Behörde zu entscheiden, welcher eS allerdings überlassen bleibt, die Ent­ scheidung nach §. 31. c. der V. v. 30. Juni 1834 in geeigneten Fällen zum be­ sonderen schiedsrichterlichen Verfahren zu verweisen. Dies muß aber ausdrück­ lich geschehen und auf Grund des §. 14. dieses Gesetzes darf die Entscheidung durch Schiedsrichter nicht herbeigeführt werden. Dagegen haben die Schiedsrichter nach ihrem eigenen Arbitrium in Anschlag zu bringen: a) die Beschaffenheit der Wege, b) den baulichen Zustand der Gebäude zur Zeit der Abschätzung *), und die ihnen vorzulegende Frage wird so lauten: Welchen Werth hat der, von dem N. JV. zu leistende Baudienst, nach seinem jährlichen Durchschnittsbetrage, unter der Vor­ aussetzung: a) daß der N. N. verpflichtet ist, zugleich mit den 10 Bauern aus A. sämmtliche, beim Neubau und de n Reparaturen des herrschaftlichen Schlosses zu B. erford erlich en Baufuhren zu Anschaffung aller Baumaterialien zu leisten, ' b) daß der N. PL halbsoviel zu leisten hat, als jeder der 10 Bauern, c) daß die gegenwärtige massive Bauart allen künftigen Bauten zum Grunde gelegt wird, d) daß das Bauholz aus dem herrschaftlichen Walde, Sand und Lehm von dem Territorio des Vorwerks B. entnom­ men werden muß, daß aber dem Berechtigten die Wahl zusteht, Ziegeln und Kalk in einer Entfernung von 3 Wlei* len im Umkreise zu entnehmen, wo es ihm beliebt, und unter Berücksichtigung des gegenwärtigen baulichen Zu­ standes des Schlosses und der Beschaffenheit der 9Bege? 1 2) Die Antwort der Schiedsrichter aber wird so lauten: der jährliche Durch sch nitts werth dieses Dienstes ist 4 Thaler. Bei ihrem Gutachten über den Werth der Baudienste haben die Schieds­ richter den Gesichtspunkt festzuhalten, daß der Berechtigte eine Rente erhalten muß, welche, unter Hinzurechnung einfacher Zinsen, die zu jedem Neu-

1) Es versteht sich von selbst, daß der Jahreswerth des Baudienstes um so mehr beträgt, je schlechter der Bauzustand und je näher also der Zeitpunkt eines Neubaues, oder einer Hauptreparatur ist 2) Daß die ad a — d. erwähnten faktischen Voraussetzungen in der Frage selbst aufgeführt werden, ist nicht gerade nöthig. Wenn es aber nicht geschieht, so müssen sie entweder in derselben Verhandlung vorausgeschickt werden, oder in der Frage der stalus causae allegirt sein, in welchem die Feststellung erfolgt ist. Ueberhaupt muß aus jedem schiedsrichterlichen Verfahren genau ersichtlich sein, von welchen faktischen Voraussetzungen die Schiedsrichter ausgegangen sind.

366 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, bau zu leistenden Bandienste, ferner die bis tunt näcbsten Neubau, und endlich die, von einem Neubau bis zum andern zu leistenden Dienste ersetzt. (Freu, prakt. Erläut. S. 47—50.)

Zu §§♦ 15, u. 16. I. Die §§. 15. und 16. sind von den Kammern wörtlich nach der Fassung des Regier. Entwurfs !) angenommen worden. Die Kommission der II. Kammer bemerkt in ihrem Berichte darüber Folgendes: Diese §§. und aus dem Ges. v. 18. Juli 1845 -) unter gleichzeitiger Anwendung des im §. 10. festgeftellten Prinzips entnommen, und den eigenthümlichen Verhältniffen desjenigen Theils der Provinz Saci'sen, in welchem die sogenannten walzenden Dienste vorzugsweise vorkommen, entsprechend. Die Agrar-Kommission hat dieselbe für angemessen, und deren Gencralisirung als nothwendig erachtet, da auch in anderen Provinzen walzende Dienste vorkom­ men. Abänderungsvorschläge hat dieselbe nicht zu machen gehabt.

Die Kommission der I Kammer hat sich über diese 88- 9ar nicht geäußert. Eine Diskussion darüber bei den Plenarberathungen hat nicht stattgefunden. II. Zum §. 15. Nach Lage der früheren Ablösungsgesetzgebung konnte es zweifelhaft ge­ funden werden, ob auch solche Spanndienste, welche nur dann geleistet wer­ den müssen, wenn überhaupt Spannvieh gehalten wird und welche von verschiedenem Umfange sind, jenachdem die betreff. Wirthe sich der Pferde, Ochsen oder Kühe zum Betriebe ihrer wirtbschaftlichen Arbeiten be­ dienen, für ablösbar zu erachten? Das Min. des I. hatte dies in einem Rekursbescheide v. 23. Dee. 1842 (Min. Bl. d. i. D. 1842, S. 428, Nr. 602.) verneint, da in die­ sem Falte die fraglichen Dienste nicht ans bestimmten Grundstücken hafteten, sondern von rein zufälligen, selbst der Willkühr jedes Pflichtigen anheim­ gestellten Umständen abhingen, die Bestimmungen der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821 auch auf Verhältnisse dieser Art nicht paßten, dieselbe na­ mentlich nichts enthielten, was für die Schätzung solcher schwankenden, ver­ änderlichen, und in beliebigen freien Handlungen des Verpflichteten beding­ ten Leistungen zum Anhalt dienen könnte. Nachdem indeß der §. 6. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 alle Real­ lasten für ablösbar erklärt und der §. 15. a. a. O. auch die Normen für die Werthsermittelung solcher Dienste aufgestellt hat, kann die Ablösbarkeit derselben nicht mehr in Zweifel gezogen werden. III. Die Gen eral - Kommission zu Stendal hat (in ihrer Jnstr. V. 12. März 1851) den $. 16. dahin erläutert^' Dieser §. setzt voraus, daß feststehe, es werde der Dienst von sämmtlichen Gemeinde-Gliedern, Acker- und Hausbesitzern einer Ortschaft geleistet. Wenn da­ gegen aber feststeht, daß nur bestimmte Besitzer in einer, oder verschiedenen Ort­ schaften zu walzenden Diensten verpflichtet sind, dann bilden diese dem berechtig?

1) Bergt, die betr. Motive der §§. 10 —17. dcS Regier. Entw. oben S. 357—358. 2) Bergl. das G. v. IS. Inli 1845, betr. die Ablösung der Dienste in den­ jenigen Theilen der Provinz Sachsen, in welchen die Ablvs. Ordn. v. 7. Juni 1821 gilt (G. S. 1815 S. 502), welches durch §. 1. Nr. 24. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 außer Kraft gesetzt worden ist.

Ges. v. 2 März 1850, betr. die Ablös. ic., (§. 15—17.).

367

ten Gute gegenüber einen Verband, und auf ihre sämmtlichen Aecker und Häuser ist der Dienst allein zu vertheilen, ohne Rücksicht, wo sie liegen. Ist die ganze Ortschaft dienstpflichtig, so müssen im Falle des §. 16. auch die Forenlen mit herangezogen werden, wenn sie nicht etwa eine Befreiung von der Dienstpflicht überhaupt nachweisen, (s. Sprengel'S Ablösungs-Gesetze, S. 7.)

Zum §. 15. I. Der §. 17. lautete in dem Regier. Entw. 1), abweichend von sei­ ner jetzigen Fassung, dahin:

Wenn die einem Gute zustehenden Dienste nach der stattfindenden WirthschaftSart nicht sämmtlich gebraucht werden, so erfolgt die Abfindung nur für die­ jenigen Dienste, deren das Gut wirtschaftlich bedarf. Dieses Bedürfniß wird durch sachverständiges Ermessen nach der stattfindenden WirthschaftSart festgestellt. Es finden jedoch diese Bestimmungen in denjenigen Fällen keine Anwendung, in denen der Berechtigte die Besugniß hat, diejenigen Dienste, die er selbst nicht benutzen kann, einem Andern zu überlassen, oder solche von dem Verpflichteten sich bezahlen zu lassen. A. Die Kommission der II. Kammer, welche die unveränderte Annahme beantragte, spricht sich in ihrem Berichte dahin aus:

DaS erste Alinea entspricht der Vorschrift deS §. 10. der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821. ES ist jedoch auch die Bestimmung in dem dritten Alinea dieses §. von der Agrar-Komm. als ein Bedürfniß anerkannt worden, weil die hier an­ gedeutete Vrfngniß des Berechtigten, Dienste, die er selbst nicht gebraucht, einem Andern zu überlassen, oder sich von dem Verpflichteten bezahlen zu lassen, nament­ lich in der Eigenthums - Ordn, des Fürstentums Münster v. 10. Mai 1770 (Th. II. Tit. VII. 8 5.), in der Münsterschen EibpacktS - Ordn. v. 21. Sept. 1783 (§. 91.), in der Eigenthums-Ordn. v. 3. April 1781 für die Grafschaft Recklinghausen und der Eigenthums-Ordn. v. 26. Nov. 1741 für das Fürstenthum Minden, und die Grafschaft Ravensberg (Cap. V. §. 2.), eine rechtliche Begründung und auch in der Ablös. Ordn. v. 13. Juli 1829 ihre Anerkennung gefunden hat. Es ist daher auch diese Besti'nmung als gerechtfertigt erachtet werden.

Das Plenum der II. Kammer ist dem Anträge der Kommission ohne Diskussion beigetreten. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 18J-J. Bd. 3. S. 1431.) B. Die Kommission der I. Kammer erklärte sich zwar grundsätzlich mit §. 17. einverstanden, beantragte indeß folgende Fassungs-Aenderungen: a) im Al. 1. an Stelle der Worte: „stattfindenden" zu setzen: „in der Gegend üblichen"; b) im Al. 2. statt: „sachverständiges Ermessen" zu setzen: „durch schiedsrichterlichen Ausspruch". Der Kommissionöbericht motivirt diese Anträge in folgender Art: Die Mehrheit der Kom. erkannte den im Alin. 1. anSgedrückten Grundsatz, welcher sich int ganzen Gesetz-Entw. mehrfach wiederfindet: „daß der Berechtigte durch die Ablösung keinen Vortheil haben, sondern nur eine Entschädigung für diejenigen Reckte erhalten solle, die er wirklich nutzen könne," als ricktig und der sckon bisher geltenden Bestimmung des im §. 10. der Ab lös. Ordn. v. 7. 1821 entsprechend an, nach welcker die Dienste nach dem Kostenbeirage abgesckätzt werden mußten, welcher aufzuwenden war, um die nackbisheriger Feldeintheilung und WirthschaftSart damit bestrittenen Arbeiten zu beschaffen.

1) Bergt. die betr. Motive der §§. 10 — 17. des Regier. Entw. oben S 357-358.

368

Von t. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Sie erklärte sich mit diesem Grundsätze namentlich einverstanden, wo, wie hier, das ProvekationSreebt auch dem Berechtigten eingeräumt ist. Es wurde dagegen von einer Seite zwar geltend gemacht, daß der Nicht­ gebrauch eines Theils der Dienste in einer veränderten Wirthschaftsart seine mo­ mentane Rechtfertigung finden könne, von welcher wieder abzugehen und dadurch der zur Zeit überflüssig gewordenen Dienste wieder zu bedürfen und sie zu be­ nutzen, dem Berechtigten frei stehen müsse. Die Bestimmung des §. stelle sich in soleben Fällen als ein ungerechtfertigter Eingriff in das wohlerworbene Privat­ recht dar. Dem wurde jedoch von der andern Seite entgegnet, daß düs Gesetz nur die Regel im Auge behalte, und daß bei solcher Auffassung nicht zugegeben werden könne, eS werde bei veränderter WirthschaftSart von einem Theile der zu den bis­ herigen Arbeiten verwendeten, und dazu überflüssig gewordenen Dienste, auch in anderer, dem berechtigten Gute ersprießlicher Weise kein Gebrauch gemacht werden können. AuS diesen Gründen wurde ein Antrag auf Streichung deS ganzen §. ver­ worfen ; dagegen ein zweiter Antrag: in Alin. 1. und 2. an Stelle deS Wortes: „stattfindenden" die Worte: „in der Gegend üblichen" zu setzen, trotz deS Einwandes, daß eS niebt darauf, sondern nur auf das specielle Verhältniß des berechtigten Gutes ankomme, angenommen. Einstimmig wurde der Antrag angenommen, in Alin. 2. statt: „sachver­ ständiges Erin essen" zu setzen: „durch schiedsrichterlichen AuSf pruch." ') Zu Alin. 3. war nichts zu erinnern. Mit diesen Abänderungen wird die Annahme des §. 17. beantragt.

Das Plenum der I. Kammer ist diesen Anträgen ohne Diskussion beigetreten. (Stenogr. Ber. der I. K. pro 18deS Revision--Kollegii sei durch die Auslegung der damals vorhandenen Gesetzgebung gerechtfertigt gewesen und nicht maaßgebend für eine neue, welche eben dem, gegen das bisherige Gesetz sich überall geltend gemachten praktischen, sachverständig erkannten Bedürfnisse abhelfen solle. Sei kontraktlich so besondere Körnerart, oder so besondere Qualität vorge­ schrieben, wie sie auf auf dem Markte nicht vorkomme, wie z. B. Saamengetreide, oder Vordergetreide, dann falle schon die Möglichkeit der Aufstellung eines Ver­ hältnisses zum marktgängigen Getreide fort, und nicht der §. 26., sondern §. 27. komme in Anwendung.

„Felde gewonnene Getreide-Sorte abzuliefern ist, welche nach Tit. IV. „abgeschätzt werden). Für Marktfuhrkosten findet ein besonderer Abzug „nicht Statt; dieselben sind jedoch bei Feststellung der Normal-Verhält­ nisse nach §. 25. mit zu berücksichtigen." Diese Verbeff.-Anträge wurden sämmtlich abgelehnt. (Stenogr. Ber. der II. K., Bd. 3, S. 1432-1433). 1) Dies geschah auf den V erb ess.-An trag des Abgeordn. v. Selchow. (Drucks, der II. K. Rr. 333. ad II ).

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös.

k.,

(§§. 26. u. 27.). 377

Das Dlenum der I. Kammer trat dem Anträge der Kommission bei. *) (Stenogr. Ber. der I. K. pro 18^. Bd. 5. S. 2573-2574.) II. Die unbeschränkte Raffung des §. 26. erqiebt, daß der Abzug von fünf Prozent wegen der geringeren Beschaffenheit des Z ins g et r ei des im Verhältniß zum marktgängigen iu allen Fällen, mitbin auch als­ dann stattfinden soll, wenn durch Urkunden oder gesetzlich die Ver­ pflichtung zur Lieferung marktgängigen Getreides feststebt. Daß dies die Absicht des Gesetzes ist, geht auch aus der oben mitgetheilten Entste­ hungsgeschichte der §§. 26. und 27. hervor, indem sowohl in den Kommis­ sionen, als bei der Plenarberatbung diejenigen Anträge abgelebnt wurden, welche eine Ausnahme von der Festsetzung des §. 26. für den Fall begehr­ ten, wenn die Verpflichtung zur Lieferung marktgängigen Getreides durch Vertrag oder andere Urkunden oder durch spezielle gesetzliche Vorschriften begründet ist. 1 2) Für die Fälle dagegen, wo kontraktlich oder durch andere Urkunden die Lieferung besonderer Körnerarten oder von so besonderer Quali­ tät, wie sie auf dem Markte nicht vorkommen, z. V Saamengetreide oder Vordergetreide, vorgeschrieben ist, wo also Marktpreise nicht ausge­ zeichnet worden, findet, wie auch der Bericht der I. Kammer speziell hervorhebt, nicht der §. 26., sondern der §. 27. Anwendung, und um dies so­ wohl, als auch den Fall, wo an den Berechtigten eine weit schlechtere, als die auf eigenem Felde gewonnene Getreidesorte, abzuliesern ist, klarzustellen,

1) In der I. K. waren zum §. 26. folgende Verbess. - A nträge gestellt worden: a) Von dem Abgeordn. v. Bethmann-Hollweg u. Gen. (Drucks. Nr. 535. ad IV.): „hinter den Worten: „in Abzug" einzusckalten: „insofern die Verpflichtung zur Lieferung marktgängigen Getreides nicht ur„kundlich fcststeht." b) Von dem Abgeordn. Triest (Drucks. Nr. 544. ad 3.): „im §. 26. hinter: „in Abzug" einzuftbalten: „insofern das Neckt zur Lieferung geringeren als marktgängigen Getreides „urkundlich feststebt, oder die Lieferung geringeren Getreides in jedem der „letzten zehn Jahre vor Anbringung der Provokation stattgcfunden hat." Beide Amendements wurden akgclehnt. (Stenogr. Ber. der I. K. Bd. 5. S. 2574.). 2) Die Richtigkeit dieser Ansicht ergiebt-sick übrigens nickt allein aus dem Inhalte der (oben mitgetheilten) Kemmissiens-Berickte, sondern auch aus den Ver­ handlungen bei der Plenarberathung. Der BericktSerstatter in der II. K. tAbge­ ordn. A m br on n) erklärte lieb speziell gegen die Verbess. Anträge, welcke die Annahme der in Rede stehenden Ausnahme bezweckten, ineem er insbesondere be­ merkte : „Die (in Rede stehenden) Amendements stimmen darin überein, daß sie „einen Abzug von 5 Prozent in dem Falle nickt gestatten wellen, wenn „die Lieferung von „marktgängigem" Getreide feststebt. Der Ausdruck „marktgängig" bezeichnet keine bestimmte Qualität. Marktgängig ist sckleckteS „Getreide, marktgängig ist gutes Getreide, und marktgängig ist die beste „Getreidesorte. Es kann daher unter marktgängig auck die allersckleckteste „Qualität verstanden werden: denn auck diese wird zu Markte gekrackt. „In den Begründungen der Amendementssteller habe ick nickts gefunden, „was die Annahme beseitigen konnte, daß auch schlechtes Getreide zu „Markte gekrackt werden könne." (Stenogr. Ber. der II. K Bd. 3, S. 1432). Vergl. auck die Erörterungen des Akgeordn. Bauer (Stargardt) a. a. O. über den Begriff von „marktgängigem" Getreide und die Gründe, aus welchen in allen Fällen der Abzug von 5 Prozent gerechtfertiget sei.

378

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regultrungen u. Gem. Theilungen,

hat die Kommission der II. Kammer, wie deren Bericht ergiebt, die Hinzu­ fügung von Beispielen im §. 27. vorgeschlagen, welchem Anträge die Kammer denn auch entsprochen hat. III. Ueber die Ermittelung des Werthes von Körnerarten, wofür keine Marktpreise ausgezeichnet sind (§. 27.), sprechen sich aus: a) Die General-Kommission zu Stendal in der Jnstrukt. v. 12. März 1851: Wenn auch für Körnerarten, für welche keine Marktpreise verzeichnet sind, als: Saamen-, Metzgetreide, Normalpreise festgestellt sind, so kommen doch letztere nicht sofort zur Anwendung, sondern zunächst — nach §. 29. — die etwa seit zehn, resp, zwanzig Jahren gezahlten Geldvergütungen. Ist über die Qualität im gegebenen Falle urkundlich etwas Anderes bestimmt, als bei Feststellung der Normalpreise vorausgesetzt wurde, so findet auch hier das im §. 30. gedachte schiedsrichterliche Verfahren statt. (Sprengel's Ablös. Ge­ setze, S. 8.)

b) Wulsten: Ad §§. 27., 29., 30. wird sestzuhalten sein, daß, wenn keine Marktpreise aus­ gezeichnet worden, zunächst ad §. 29. nach dem Durchschnitte der etwa bezahlten Beträge die Festsetzung geschehen muß. Sind diese nicht zu ermitteln, so kommen die Normalpreise zur Anwendung. Ist aber urkundlich über die zu entrichtende Qualität etwas Anderes bestimmt, so tritt schiedsrichterlicher Ausspruch ein. Sollte übrigens an-zunehmen sein, wofür allerdings die Motive sprechen, daß namentlich unter Saamengetreide stets eine bessere Qualität, als das marktgängige Ge­ treide zu verstehen sei, so wird, falls keine Marktpreise ausgezeichnet und keine Durchschnittsbeträge des Bezahlten zu ermitteln sind, sofort schiedsrichterliche Ent­ scheidung eintreten müssen. (Wulsten, die neuen Agrar-Gesetze, S. 47 Anm. 2.)

Zu §. 28. I. Der §. 28. ist von den Kammern nach dem Vorschläge des Re­ gier. Entw. *) mit der Modifikation angenommen worden, daß im Alin. 1. desselben die Worte: „zehn- oder mehrjährigen" statt des Wortes: „mehrjährigen" gesetzt und im Alin. 2. die Worte: „nach einem niederern als zehnjährigen Durchschnitt der Getreidepreise" eingeschaltet worden sind. A. Die Kommission der II. Kammer, welche nur diese, auch von der II. Kammer beschlossenen, Abänderungen beantragte, motivirt ihren An­ trag folgendermaaßen: Nach Inhalt des §. 28. soll, wenn nach einem mehrjährigen Durchschnitt der Getreidepreise alljährlich eine Geldrente abzuführen ist, die Feststellung des jährlichen Geldwerths nach demjenigen Geldbetrag erfolgen, welcher an dem, der Anbringung der Provokation zunächst vorhergegangenen Fälligkeitstermin zu ent­ richten gewesen ist. Dies gründet sich auf die, auch dem §. 24. zum Grunde liegende Erwägung, daß es' zur Feststellung einer gerechten Entschädigung nothwendig erscheint, den Durchschnittspreis einer langen Reihe von Jahren zu berücksichtigen. Diese Rück­ sicht ist jedoch in der von der Regiernng vorgeschlagenen Fassung des §. 28. nicht gewahrt, denn nach dem Ausdrucke „mehrjährigen" würde auch der Durch­ schnittspreis der letzten zwei oder drei Jahre vor Anbringung der Provokation, wenn darnach die Geldrente abgeführt werden mußte, den Geldwerth bestimmen. Eine solche Festsetzung steht mit den seither angenommenen Prinzipien nicht im Einklänge und ist nach der vom Reg. KommiffariuS ertheilten Auskunft von der Regierung auch nicht beabsichtigt worden, vielmehr hat diese in dem Alin. 1. des $. 28. vorzugsweise die nach §. 73. der Gemeinh. Th. O. v. 7. Juni 1821

1) Vergl. die Motive des Regier. Entw. zu §§. 26—28., oben S. 374.

Ges. v. 2. Mär; 1850, bett, die Ablös. rc., ($. 28.).

379

und Art. 67. der Dekl. v. 19. Mai 1816 mit den Getreideprersen steigende und fallende Geldrenten berücksichtigen wollen. Die Agrar-Komm. hält eS hiernach für erforderlich und stellt den Antrag, im Alin. 1. des §. 28. statt des Wertes: „mehrjährigen" zu setzen „zehn- oder mehrjährigen" nnd im Alin. 2. hinter den Worten: „muß dagegen eine solche Getreiderente" einzuschalten: „nach einem niedern als zehnjährigen Durchschnitt der Ge„treib epreise oder."

B. Die Kommission der I. Kammer hat zum §. 28. nichts zu erinnern gefunden. II. Ueber den Begriff von: „rechtsverbindlich stipulirt" im Alin. 1. des §. 8., vergl. das Erk. des Revis. Kolleg, für LandesKultur-Sachen v. 4. Nov. 1851 (Zeitschr. deffelb. Bd. 4. S. 379 ff.) und das R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 26. Febr. 1852 (a. a. O. Bd. 5. S. HO). Bergl. in den Erläut. zum §. 63. des Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 Zus. V. Nr. 2. (s. unten.) III. Es entsteht die Frage: ob der §. 28. auch aus solche GetreideRenten Anwendung findet, welche bei G emeinheittS-Theilungen (§. 73. der Gem. Th. O. v. 7. Juni 1851) zur Ausgleichung gegeben werden?

Es verneinen: a) Die General-Komiss. zu Stendal in der Jnstrukt. v. 12. März, welche bemerkt: ES erwähnt der §. 28. nur der Getreiderenten, welche auf Grund der bisher gültig gewesenen Reguliruugs- und Ablösungs-Gesetze als Entschädigung für aus­ gehobene Reallasten rechtsverbindlich stipulirt find; es gehören deshalb hierher nicht die Getreiderenten, welche bei Gemeinheits-Theilungen als Ausgleichung gege­ ben werden, wenn nicht die Bestimmung des §. 54. Platz greift. (Sprengel's Ablös. Gesetze, S. 8)

b) Wulsten, welcher ausführt, daß bei der bestimmten Hinweisung des §. 28. auf die durch die Regulirungs- und Ablösungs-Gesetze festgestellten steigenden und fallenden Getreide-Renten, trotz der Aeußerung deö Regier. Kommiffarius in der Agrar-Kommission der II. K., daß die Regierung die nach §. 73. der Gem. Th. O. v. 7. Juni 1821 festzustel­ lenden Getreide-Renten habe berücksichtigen wollen, *) dennoch angenommen werden müsse, daß diejenigen Getreide-Renten, welche bei Gemeinheits-Theilangen zur Ausgleichung gegeben werden (cf. §. 60. der Gem. Th. O. v. 7. Juni 1821), den Bestimmungen des Ablös. Gesetzes in der Regel nicht unterliegen, mit Ausnahme des Falles des §. 54. (Wulsten, die neuen Agrar-Gesetze, S. 48.) Dagegen spricht sich Schuhmann (Reg. Rath) zur Erläuterung des §. 28. in folgender Art aus: Der erste Absatz deS §. 28. bezieht fick vorzugsweise auf solcke mit den Ge­ treidepreisen steigende und fallende Geldrenten, welche nach den Bestimmungen des Art. 67. der Dekl. v. 29. Mai 1816 und deS §. 73. der Gem. Th. O. v 7. Juni 1821 berechnet worden und. Der zweite Absatz des 28. hat dagegen solche Renten im Auge, welche auf einem besonderen Abkommen der Partheien beruhen. Bei diesen kann der im lehren Fälligkeitstermine vor der Provokation zu zahlende Betrag nicht zum Anhalte für die Firation der Rente dienen, weil derselbe in dem Durchschnitte einer zu geringen Anzahl verschiedener Preise besteht. (Erläut. zu dem Ablos. Gesetze, S. 45). Bergl. auch den folgenden Zus. IV.

1) Bergl. den Bericht der Kommiss, der II. K. zum §. 28., oben S."378.

380

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

IV. Der letzte Absatz des §. 28. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 findet auch auf Getreide-Renten Anwendung, welche zwar nicht in Folge eines Regulirungs- oder Ablösungs-Rezesses, aber doch in Folge anderwei­ tiger rechtsgültiger Festsetzung nach dem jedesmaligen jährlichen Marktpreise eines bestimmten Ortes in Gelde abgesührt werden müssen, und es ist bei der Ablösung solcher Renten der Abzug von 5 Prozent wegen der gerin­ geren Beschaffenheit des ZinSgetreides im Verhältniß zum marktgängigen (§. 26.) nicht zulässtg. So erkannt von dem Revis. Kolleg, für Landes-Kult. Sachen per seut. v. 3. Dec. 1852. In dem dieser Entscheidung zum Grunde liegenden Falle war das Zins­ getreide schon langer, als 100 Jahre, in Folge einer außeramtlichen Eini­ gung nicht in Natur, sondern nach dem jedesmaligen Marktpreise entrichtet resp, vergütet worden. Das Revis. Kolleg, führt nun aus, daß die Vor­ schrift des §. 28. zwar nur für rezeßmäßig festgestellte, in Gelde nach den Getreidepreisen zu vergütende Getreide-Renten gegeben sei und mithin auf die vorliegenden Getreide-Abgaben direkt keine Anwendung finde; allein der §. 58. des Ablös. Ges. ergebe dennoch, daß hier der zweite Absatz des §. 28. allerdings zur Anwendung gebracht werden müsse. Darauf, ob das in Rede stehende Abkommen der Partheien schriftlich errichtet worden, könne es nicht ankommen, da es nach dem damals gültigen gemeinen Rechte der schriftlichen Form dazu nicht bedurft habe und jedenfalls der Mangel der Form durch die langjährige Präskription ergänzt werde (A. L. R. 1. 9. 8628). Es sei daher sowohl der Berechtigte befugt, statt der Naturalleistung fortdauernd die Geldvergütung nach den Martini-Marktpreisen zu fordern, als auch die Verpflichteten berechtiget, die Naturalleistung zu verweigern. Bei der Ablösung liege mithin nicht der in den §§. 19 — 26. des Ablös. Ges. vorausgesetzte Fall vor, indem keine festen Abgaben in Körnern zur Berechnung kommen; die hier fraglichen Abgaben gehörten nicht zu den in den Titeln II. bis VL angeführten; es müßten daher nach §. 58. Vorschriften aus dem Gesetze gesucht werden, welche anwendbar erscheinen, und diese fänden sich im zweiten Absätze des §. 28., dessen Anwendbarkeit somit un­ zweifelhaft sei. Demgemäß sei aber auch der §. 26. ausgeschlossen, wel­ cher sich nur auf die nach den §§. 19 — 25. zu ermittelnden Preise beziehe. (Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 6. S. 93. und Praj. Samml. deffelb., S. 44. Nr. 14.)

V. Das Alin. 1. des §. 28. bestimmt, daß der Werth nach demjeni­ gen Geldbeträge sestgestellt werden soll, welcher an dem der Anbringung der Provokatiun zunächst, vorhergegangenen Fälligkeits-Termine zu entrich­ ten war. Es fragt sich, welcher Tag in den Fällen maaßgebend ist, wenn in einem schwebenden Verfahren Getreide-Renten rechtsverbindlich festgesetzt und seit längerer Zeit in Gelde abgeführt worden sind, ohne daß bisher der Rezeß abgeschlossen ist. a) Die General-Kommiss, zu Stendal nimmt (in der Jnstrukt. v12. März 1851) an, daß alsdann nicht der Tag der Provokation für die nunmehr nach den Bestimmungen des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 ein­ tretende Ablösung, sondern nur der Tag der Erklärung, daß diese eintreten solle, welche als Provokation anzusehen sei, maaßgebend sein könne. (Sprengel's Ablös. Gesetze, S. 9.) b) Wulsten führt aus, es sei in solchen Fällen auf den letzten Fällig­ keitstermin vor Publikation des Ges. v. 2. März 1850 zurückzugehen, weil nach 8- 95. desselben eine neue Provokation nicht nothwendig erscheine und nach 8- 91. von jetzt an keine anderen, als feste Geld-Renten bestätiget werden dürfen. (Wulsten, die neuen Agrar-Gesetze, S. 47 Anm. 3.)

Ges. v. 2. Mär; 1850, bett, die Ablös. ic., (§§. 29—31.).



381

29-31.

I. Die s§. 29—31. lauteten in dem Regier. Entw. *) abweichend von ihrer jetzigen Fassung dahin: §. 29. Sind für feste, nicht in Körnern bestehende Natural-Abgaben, welche jährlich wiederkehren, während der letzten zehn Jahre, für die in längeren Perio­ den wiederkchrenden aber während der letzten zwanzig Jahre ver Verkündung des Gesetzes v. 9. Okt. 1848, oder vor Anbringung der Provokation, Gelevergütungen ohne Widerspruch bezahlt und angenommen worden, so sind diese Vergütungen und, wenn sie innerhalb der gedachten Zeiträume gewechselt haben, der Durch­ schnitt der gezahlten Beträge der Feststellung des Geldwerths dieser Abgaben zum Grunde zu legen. §. 30. Kann der jährliche Geldwerth solcher Natural-Abgaben nach den Be­ stimmungen des §. 29. nicht ermittelt werden, so kommen Normalpreise (§§. 67. u. ff.) in Anwendung, bei deren Feststellung auf die Preise in den letzten zwanzig Jahren zu tuet sichtigen, und in Ansehung solcher Gegenstände, deren Qualität eine verschiedene sein sann, von der Voraussetzung auszugehen ist, daß die Abgabe in der geringeren Qualität zu entrichten sei. Ist aber in einem gegebenen Falle über die zu entrichtende Qualität urkund­ lich etwas Anderes bestimmt, so sind die festgestellten Normalpreise dabei nicht zum Grunde zu legen, vielmehr muß alsdann die Abgabe besonders abgeschätzt werden. §. 31. Auf Abgaben in Wein finden die Bestimmungen des §. 30. keine Anwendung. Der jährliche Geldwerth solcher Abgaben muß vielmehr, wenn die Vorschrift des §. 29. nicht Platz greift, durch sachverständiges Gutachten bestimmt, und hierbei auf den Ort des Erzeugnisses, sowie aus den Preis in den letzten zwanzig Jahren vor Anbringung der Provokation Rücksicht genommen werden.

Die Motive (zu §§. 30. u. 31.)1 2) sprechen sich dahin aus: a) Zum §. 3 0. Die Bestimmung des §. 30., daß bei Feststellung von Normalpreisen für Natural-Abgaben solcher Gegenstände, die eine verschiedene Qualität haben kön­ nen, von der Voraussetzung auSzugehen sei, daß die Abgaben in der geringeren Qualität zu entrichten, entspricht zwar nicht den bisherigen gesetzlichen Vorschrif­ ten, wohl aber der Wirklichkeit. Sie ist daher durch den allgemeinen, im gegen­ wärtigen Gesetz-Entwurf überall durchgeführten Grundsatz, daß bei der Entschä­ digung, soweit es irgend möglich, der faktische Zustand zur Zeit der Ablösung maßgebend sein soll, gerechtfertigt.

b) 3 u in §.31. Dieser §. ist aus der Ablös. Ordn. v. 4. Juli 1840 §. 39. für die ehemals Nattauischen Landestheile übernommen. Tie darin enthaltene Bestimmung er­ scheint für die dortigen Landestheile entbehrlich.

A. Die Kommission der II. Kammer beantragte die unverän­ derte Annahme der §§. 29 — 31. in der Fassung des Regier. Entw., nur mit Ginschaltung der Worte: „in der Regel" im §. 30.

1) Das (vorläufige) G. v. 19. Nov. 1849, betr. die Feststellung der bei Ab­ lösung der Reallasten zu beachtenden Normalpreise und Normal - Markierte (G. S. 1849, S. 413), enthielt an Stelle der §§. 29 — 31. des Ablös. Ges. v. 2. Mrrz 1850 nur folgende Bestimmung (im §. 4. Litt. C.): „Für feste nicht in Körnern bestehende Natural-Abgaben, welche jährlich „wiederkehren, jedoch mit Ausschluß der Abgaben au Wein, werden gleich„falls Normalpreise in Anwendung gebracht. Bei Feststellung derselben ist „in der Regel auf die Preise in den letzten zwanzig Jahren zu rüctsichtigen, „und in Ansehung solcher Gegenstände, deren Qualität eine verschiedene „sein kann, von der Voraussetzung auszugehen, daß die Abgabe in der „geringeren Qualität zu entrichten sei." 2) Zum §. 29. enthält der Entw. keine Motive.

382

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Der Bericht der Kommission motivirt dies in folgender Art:

Die Bestimmung des §. 29. entspricht dem im §. 9. des Gesetz-Entwurfs an­ genommenen Prinzipe und hat in der Agrar-Kommission keine Bedenken gefunden. Der §. 30. enthält in seinem ersten Alinea von dem bereits angenommenen Gesetz-Entwürfe über die Feststellung der bei Ablösung der Reallasten zu beachten­ den Normalpreise und Normal-Marktorte (§. 4. sub C.) insofern eine Abweichung, als in dem Letztern vor den Worten: „in den letzten Zwanzig Jahren" der Zusatz: „in der Regel" für nöthig befunden worden ist. Die Agrar-Kommission hat deshalb auch hier die Einschaltung dieses so eben gedachten Zusatzes für erforderlich erachtet, gegen das zweite Alinea deS §. 30. und die Bestimmung des §. 31. aber nichts zu erinnern gefunden. Das Plenum der II. Kammer hatte bereits bei der Berathung des §. 9. deS Gesetzes 1) (aufden Verbesser.-Antrag des Abgeordn. v. Görtz sDrucks. No. 333. ad I.]) beschlossen, den §. 29., wegen seines Zusammenhanges mit dem §.9., an die Agrar-Kommission zur anderweitigen Fassung zurückzuweisen, worauf diese die gegenwärtige Fassung des §. 29. in An­ trag brachte (Drucks. No. 342.), in welcher derselbe die Zustimmung der II. Kammer erhielt. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 18|g. Bd. 3. S. 1433 u. 1532.) Die §§. 30. und 31. wurden von der II. Kammer ohne Diskussion nach den Anträgen der Agrar-Kommission angenommen, (a. a. O., S. 1434.)

B. Die Kommission der I. Kammer fand zum §. 29. nichts zu erinnern, sondern beantragte dessen Annahme in der von der II. Kammer beschlossenen Fassung. Dagegen beantragte dieselbe ohne nähere Motivirung: a) im §. 30. im Alin. 2. hinter dem Worte: „alsdann" statt der dahinter folgenden Worte zu setzen: „der Werth der Abgaben durch schiedsrichterlichen Ausspruch besonders festgestellt werden;" b) im §. 31. im zweiten Satze statt: „sachverständiges Gutach­ ten" zu setzen: „schiedsrichterlichen Ausspruch." 2) Diesen Anträgen ist das Plenum der I. Kammer ohne Diskussion beigetreten. (Stenogr. Ber. der I. K. pro 18|J. Bd. 5. S. 2574.) C. Die II. Kammer hat sich (auf den Antrag ihrer Kommission) mit den hiernach von der I. Kammer beschlossenen Abänderungen der §§. 30. und 31. ohne weitere Diskussion einverstanden erklärt. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 184*. Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Zum §. 30. 1) Bei der Feststellung von Normal-Ablösungspreisen für feste, nicht in Körnern bestehende Natural-Abgaben sind nicht die Preise der Gegenwart, sondern die der Vergangenheit und zwar in der Regel die in den letzten zwanzig Jahren stattgehabten Preise zu berücksichtigen. Se erkannt von dem Revis. Kolleg, für Landes-Kultur-Sachen unterm 24. Sept. 1852. Die Entscheidung geht von folgenden Motiven auö: Die §. 30. ordnet zwar nicht schlechterdings die Berücksichtigung der Preise in den letzten zwanzig Jahren an, sondern gestattet Ausnahmen von dieser Regel; dagegen ist nickt anzunehmen, das; in den zur Ausnahme von der Regel geeigneten Fällen die Bestimmung der Normal-Ablösungs-Preise nach dem Preise der Gegen­ wart erfolgen müsse. Die Worte des Gesetzes unterstützen diese Annahme nicht, denn eine Ausnahme von den Preisen der letzten 20 Jahre findet auch dann statt, wenn die Preise der letzten 19, 18, 17 rc. Jahre der Ermittelung der Normal­ preise zum Grunde gelegt werden. In der Absicht des Gesetzgebers hat es viel-

1) Bergl. die Erläut. sub I. B. zum §. 9. des Ablös. Ges. (s. oben S. 354). 2) Bergl. die Motive der Kommiss, der I. K. zum 8. 11. (s. oben S. 360).

Ges. v- 2. März 1850, Letr. die Ablös. rc„ ($$. 32—35).

383

mehr offenbar gelegen, im §. 30. bestimmen, daß die Normalpreise zwar im Allgemeinen nach den Preisen der Vergangenheit festgesetzt werden und dabei der Zeitraum der letzten 20 Jahre die Regel bilden soll, daß indessen von dieser Regel abgewicken und mithin entweder ein längerer oder auch ein kürzerer Zeitraum berücksichtigt werden darf, wenn besondere und außergewöhnliche Umstände die Anwendung gerade eines 20jährigen Zeitraumes nicht für angemessen erscheinen lassen. Die Ablösung von Reallasten nach ein für allemal bestimmten, von 10 zu 10 Jahren zu reridireuden Normalpreisen ist zuerst in der Ablös. O- für die ehe­ mals Westphätiscken ic. Landestheile v. 13. Juni 1829 vorgeschrieben worden. Diese Vorschrift hatte sich in den erwähnten Landestheilen als sehr zweckmäßig bewährt, und ist dieselbe daher nickt nur in die Ablös. Ordn, für daS Herzogthum Westphalen und für die vormals Nassauischen Landestheile k. v. 18. Juni und resp. 4. Juli 1840, sondern auch in daS Neallasten -AblösungSges. v. 2. März 1850 übernommen worden. Die Ablös. O. v. 13. Juli 1829 und v. 18. Juni und 4. Juli 1840 bestimmten schlechthin, daß die Normalpreise für feste, nickt in Körnern bestehende Natural-Abgaben nach deren 14 jährigen Durchschnittspreisen, unter Hinweglaffung der beiden theuersten und der beideu wohlfeilsten Jahre er­ mittelt und für die nächsten 10 Jahre als gültig feftgestellt werden sollten. (Ablös. Ordn. v. 13. Juli 1829 §. 54., v. 18. Juni 1840 §. 55., v. 4. Juli 1840 §. 36.). Auch in dem Reg. Entw. des Ges. v. 2. März 1850 waren die Worte „in der Regel" im §. 30. nickt enthalten, vielmehr wurden dieselben erst von der Agrar-Komm. der II. K. bei der Umarbeitung deS Gesetzes, betr. die Feststellung der bei Ablös. der Reallasten zu beachtenden Normalpreise und Normal-Marktorte, eingeschaltet. Daß aber auch bei dieser Abänderung nickt die Absicht obgewaltet hat, bei den Ausnahmefällen, statt der 20jährigen Durchschnittspreise die Preise der Gegegenwart eintreten zu lassen, ergiebt sich daraus, daß die II. K. das von einem Abgeordneten eingebrackte Amendement verwerfen hat, welches vorscklug, daß die Normalpreise für feste, nicht in Körnern bestehende Naturalabgaben nach dem gemeinen Werthe derselben festgestellt werden sollten (ftenogr. Ber. der II. K. 1849, Bd. I. S 45 und 248 — 271), — sowie aus dem Umstande, daß eine Revision der festgestellten Normalpreise von 10 zu 10 Jahren erfolgen soll. (§. 69. deS Ges. v. 2. März 1850). (Zeitfckr. des Rev. Kolleg. Bd. 6. S. 240. ff., ii. Präj. Sammt, deffelb. S. 52, Nr. 36.).

2) Der Normalpreis für Salz (in concr. 12 Thlr.) bestimmt auch da den Werth einer Salzabgabe, wo der Verpflichtete selber Salz fabrizirt und alles von ihm gewonnene Salz für einen geringeren Preis (in concr. 4 Thlr.) an den berechtigten Fiskus abliefern muß. Erkannt von dem Revis. Kolleg, für Landes-Kutur-Sach en un­ term 8. Okt. 1852. (Praj. Sammt, deffelb. S. 45. Nr. 15.) 3) Der §. 30. ergiebt, daß die Vorschriften des A. L. R. Th. I. Tit. 5. §. 275. und Th. I. Tit 18. §.751. bei Ablösungen nicht mehr zur An­ wendung kommen. *)

Zu

32-35.

T. Der §. 32. lautete im Regier. Entw., abweichend von seiner ge­ genwärtigen Fassung, dahin: Hat der Berechtigte in jedem der letzten zehn Jahre vor Verkündung deS Ge­ setzes v. 9. Okt. 1848, oder vor Anbringung der Provokation, für den Natural-

1) Diese §§. lauten dahin: §. 275. Th. I. Tit. 5.: Ist eine bloß nach ihre* allgemeinen Gattung bezeich­ nete Sache (genus) versprochen worden, so muß eine Sache von mittlerer Art und Güte gewährt werden. §. 751. Th. I. Tit. 18.: Der auf Naturalien festgesetzte Zins muß jederzeit in der besten Sorte von Frückten, welcke auf dem Gute gewonnen werden, entrichtet werden.

384

Von d. Ablöf. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Fruchtzehnten einen Pachtzins bezogen, oder eine Abgabe in Geld oder Getreide statt des Natural-Fruchtzchntcn ohne Widerspruch angenommen, so bildet der jähr­ liche Betrag des Pachtzinses oder der Abgabe, und wenn diese Betrage gewechselt haben, der Durchschnitt der gezahlten Beträge den Jahreswerth des Zehntrechts. Sind solche Pachte oder Abgaben in Körnern entrichtet worden, so werden sie nach Tit. III. 8§. 19—27. in Gelde veranschlagt.

Dagegen sind die §§. 33 — 35. bis auf folgende Abänderungen wört­ lich aus dem Regier. Entw. übernommen worden: a) im §. 33. ist im letzten Alin, das Wort: „Grundsteuer-Kata­ ster" und b) im §. 35. im zweiten Satze das Wort: „daher" eingeschaltet worden.

A. Dem Regier. Entw. sind zu den §§. 32—35. keine Motive beigefügt, sondern es wird nur bemerkt, daß die §§. 34. und 35. aus den Ablös. Ordnungen o. 18. Juni 1840 und 4. Juli 1840 übernommen worden. B. Die KomMission der II. Kammer beantragte nur: a) im §. 32. an Stelle der Worte: „in jedem" zu setzen: „wäh­ rend;" b) im §. 33. das Wort: „ Grund steuer-Kataster" einzuschalten. Der Bericht der Kommission motivirt diese Anträge dahin: Die in den §§. 32 — 35. vorgeschlagenen Bestimmungen enthalten die Nor­ men für die Ablösung des Naturalfruchtzehnten und sind unter gleichzeitiger Aus­ dehnung des in den §§. 9. und 29. enthaltenen Prinzips aus den seither gültigen Ablösungsgesetzen übernommen werden. Ein Bedürfniß zur Abänderung ist hier nicht vorhanden und die Agrar-Kom. hat daher den vcrgeschlagenen Bestimmungen auch nur ihre Zustimmung geben können. Bon einem Mitgliede ist der Antrag gemacht worden, diese Bestimmungen nickt auf den Naturalfruchtzehnten zu beschränken, sondern gleichzeitig auf den Fleisch- und Blntzehnten aus;udehnen und zu diesem Behufe in der Üeberschrift und im §. 32. statt des Wortes: „Natural fru ck tzehnten" zu setzen: „Natural­ zehnten", da auch in den seither gültigen Ablösungsgesetzen beide Arten des Naturalfehnten, nach gleichen Grundsätzen zur Aufhebung gekommen seien und die §§. 32. und 33. auch für den Fleisch- und Blutzehnten ausreichende Ablösungs­ normen enthielten. Die Majorität der Agrar-Kom. hat es jedoch für angemessener gehalten, die im Tit. VIII. enthaltenen Festsetzungen für die Ablösung Yes Fleisch­ und Blntzehnten zur Anwendung bringen zu lassen, und deshalb jenen Antrag verworfen. Die Fassung des §. 32., wonach der in jedem der letzten zehn Jahre bezogene Pachtzins die nächste Norm für die Ablösung sein soll, toeicht von der Fassung der auf gleichen Prinzipien beruhenden §§. 9. und 29. in sofern ab, als in den lctztern statt der Worte: „in jedem" das Wort: „während" gebraucht worden ist. Da etwas Abweichendes hier nicht hat bestimmt werden sollen, so hat es die Agrar-Kom. zur Vermeidung von ferneren Zweifeln für zweckmäßig erachtet und stellt deshalb den Antrag, an Stelle der Worte: „in jedem" in der ersten Zeile des §. 32. zu setzen: „während". Endlich hat das letzte Alin, des §. 33. bei einem Mitgliede das Bedenken erregt, daß nach der Fassung desselben den Sachverständigen eine etwa nöthig be­ fundene Berücksichtigung der Grundsteuer-Kataster, in denjenigen Landestheilen, in welchen solche Kataster vorhanden sind, abgeschnitten sein könne. Wenngleich dieses Bedenken nicht allseitig als begründet erachtet wurde, so hat es dennoch die Agrar-Kvm. zur vollständigen Erledigung desselben für an­ gemessen erachtet, bei der II. K. den Antrag zu stellen, hinter dem Worte: „Zehntregister" die Einschaltung des Wortes: „Grundsteuer-Kataster" zu genehmigen.

Das Plenum der II. Kammer hatte bereits bei der Berathung des

9. des Gesetzes!) (auf den Verbesser.-Antrag des Abgeordn. v. Görtz sDrucks. No. 333. ad 1.]) beschlossen, den §. 32., wegen seines Zusammen­ banges mit dem 9., an die Agrar-Kommission zur anderweitigen Fas­ sung zurückzuweisen, worauf diese die gegenwärtige Fassung des §. 32. in Antrag brachte (Drucks. No. 342.), in welcher derselbe die Zustimmung der II. Kammer erhielt. 1 2) (Stenegr. Bcr. ter II. K. pro lSJ». Bd. 3. S. 1430, 1434 ii. 1532.)

Die §§. 33—35. wurden ohne Diskussion nach den Vorschlägen der Kommission angenommen, (a. a. O., S. 1434.) C. Die KomMission der I. Kammer beantragte die Annahme der §§. 32., 33. und 34. nach den Beschlüssen der II. Kammer; in Betreff des §. 35. dagegen trug sie dahin an, demselben seine gegenwärtige Fassung zu geben. Der Bericht der Kommission motivirt dies in folgender Art: a) Zu §. 32. wurde von einem Mitgliede, mit Hinweisung auf die korrespondirendeu §§. 9. und 29., darauf aufmerksam gemaebt, daß im §. 32. nicht, wie dort, vcii einer, in der Zwischenzeit vem Tage der Provokation und dem der Ver­ kündung des Ges. v. 9. Okt. 1848 an ftattgefundenen Umschaffung, sondern nur vcii einer Veränderung der Leistung die Rede sei, konsequent aber die in §. 9. und §. 29. beliebte Fassung auch hier eintreten müsse. Die Kom. war aber in ihrer Mehrheit der Ansickt, daß sich die verschiedene Fassung vollkommen durch die Verschiedenheit des Verhältnisses rechtfertige. Bei Diensten sei nur ein Wechsel zwischen der Natural- uud Geldleistung, bei den Natnralzehnten aber, wie auch §. 32. besage, eine mehrfache Veränderung im Bezüge, Seitens des unmittelbar Berechtigten, entweder durch Verpachtung oder durch Abgeltung mittelst baarcn Geldes oder eines bestimmten GetreivebetrageS möglich, und das Gesetz habe daher nur dafür zu sorgen gehabt, daß ein in jener Zwischenzeit wieder eingcführter Naturalbezug dem Verpflichteten nicht nachtheilig sein könne. Ein besonderer Verbesserungs-Antrag ist nicht gestellt, und die Kom. bean­ tragt unveränderte Annahme des §. 32.

1) Vergl. die Erläut. snb I. B. zum §. 9. des Ablös. Ges. (s. oben S. 354 —356). 2) Von dem Abgeordn. Lancelle und Gen. war zum §. 32. folgender Verb i ff. Antrag eingedrückt werden: „hinter den Worten des §. 32. „vor An bring« ng der Provokation,, „cinzuschalten: „unmittelbar von dem Zehntpflich tig en." Motive. „Nur wenn unmittelbar zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten „daS anstatt des NaturalzehntS zu präftirende Geld- oder Getreidcquantum „festgcstellt worden, kann solches als den Jahreswerth des ZehntS wirklich „darstellend betrachtet werden, auch wird diesenfalls durch dessen Adoption „znm Maaßftab für die Ablösung das Verfahren erheblich vereinfacht und „abgekürzt, indem alsdann alle Zehntwerth-Ermittclungen cessiren." „Wo aber das Prästandum nickt direkt zwischen dem Berechtigten und „dem Verpflichteten festgcstellt werden, oder wo eine ganze Zehntflur in „Pausck und Bogen an Dritte verpacktet war, welcke dann wieder den „Zehnt theils in Natura einziehen, theils sich mit den Vcrpflicktcten be„sonderS abfinden, kann der Packtertrag nickt als ZehntjahreSwerth erkannt „werden, auch würde die Repartitien des PacktzinseS auf jedes einzelne „zehntpflicktige Grundstück, besonders dort, wo nickt jede Frncktart den „Zehnten abgiebt, zu unabsehbaren Schwierigkeiten führen, das Ablösege„sckäft anck, statt vereinfacht, sehr erschwert werden, indem dann der Gr„mittelung der einzelnen zchntpflicktigen Aeckcr und deren Bonitirung noch „die hinzukemmen würden: „wie viel zehntpflicktigeS Korn der einzelne „Zehntpflicktige in den letzten 10 Jahren wirklich gezogen." Dieser Antrag gelangte indeß nickt zur Diskussion und Abstimmung, indem er nickt genügend unterstützt wurde. (Stenogr. Ber. der II. K., Bd. 3, S. 1531 bir 1532).

Landes Kultur-Gesetzg. .Bd. Ii.

25

386

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirnngen u. Gem. Theilungen.

b) 3u §. 3 3. war wiederum ein Antrag: im Alinea 1. statt „sachverständig" zu sagen: „durch schiedsrichterlichen Ausspruch", durch die früheren Motive, na­ mentlich aber dadurch begründet worden, daß eS sowohl nach der jetzigen Fassung, als nach der der Ablös. O. v. 7. Juni 1821 zweifelhaft sei, ob unter dem sach­ verständigen Ermessen das des KommiffariuS, oder das zugezogener Sachverstän­ diger gemeint sei. Letzterenfalls, und dafür spräche der Ausdruck im Alin. 4., fehle auch hier der Grund gegen das schiedsrichterliche Verfahren. Gegen dasselbe wurde aber die Komplizität des Sachverhaltniffes geltend gemacht, welche im Falle des §. dieses Verfahren nickt unbedingt nöthig, sondern es Wünschenswerth erscheinen lasse, den Antrag darauf in die Fakultät der Par­ theien zu stellen. Der Verbesserungs-Antrag wurde verworfen, und der §. 33. wird daher unverändert zur Annahme empfohlen. c) Zu §. 34. sand sich nichts zu erinnern. d) Zu §. 35. Mit dem Prinzipe ist die Kom. einverstanden. Nack dem allgemeinen Grundsätze des Gesetzes, daß der Berechtigte nur nach dem wirklichen Vortheile entschädigt werden soll, den er bisher von seinem Rechte bezogen hat, ist der zweite Satz dieses §. bereits in den Ablösungsgeseßen v. 18. Jnni 1840 und 4. Juli 1840 enthalten. Es ist lediglich eine Konsequenz des neu hinzu­ gekommenen ersten Satzes, welcher zugleich auf die Beseitigung mannigfacher Streitigkeiten und neu beginnender Ansprüche Bedacht nimmt. Um diese Absicht aber noch klarer zu stellen, hat die Kom. beschlossen, in der zweiten Zeile des ersten Satzes statt: „der Zehent" zu sagen: „ein Zehent", und im zweiten Satze zwischen die Worte: „schließt" und „auch" das Wert: „daher" einzuschieben. Mit diesen Abänderungen beantragt sie die Annahme des §. 35. in folgender Fassung: Von dem Tage ab, an welchem das gegenwärtige Gesetz in Kraft tritt, kann von Ländereien, von welchen ein Zehent noch nicht bezogen worden, derselbe nicht gefordert werden. Die Ablösung des Zehenten nach Maaß­ gabe der Bestimmungen dieses Titels schließt daher auch die Aufhebung des Zehenten vom Neuland (Neubruchzehent, Rottzehent) mit ein und kann dafür nicht noch eine besondere Abfindung verlangt werden. Diesem Anträge trat das Plenum der I. Kammer ohne Diskussion (Stenogr. Ber. der I. K. pro ISJ®. Bd. 5. S. 2575.) D. Die II. Kammer hat sich schließlich (auf den Antrag ihrer Kom­ mission) ohne weitere Diskussion mit der hiernach von der I. Kammer beschlossenen Abänderung des §. 35. einverstanden erklärt. (Stenogr. Ber. der II. K. pro 18J*. Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Auf die Fleisch- und Blutzehnten finden die Vorschriften der §§. 32 — 35. keine Anwendung, sondern die Festsetzungen für deren Ablö­ sung sind im Tit. VIII. des Gesetzes enthalten. III. Ist der Zehnt-Berechtigte nach §. 32. verpflichtet, sich in dem Falle, wenn die Zehnt-Berechtigung seit länger als 10 Jahren ununter­ brochen an dritte Personen, nicht an die zehntpflichtigen Grundbesitzer, verpachtet gewesen ist, bei der Berechnung des Zehntwerthes mir den von diesen dritten Personen für den Natural-Zehnt während der letzten 10 Jahre vor Anbringung der Provokation gleichmäßig gezahlten Pachtgeldern zu be­ gnügen? Das Revis. Kollg. für Landes-Kult. Sachen hat (in dem Erk. v. 2. Sept. 1853) verneint und angenommen, daß der Zehnt-Berechtigte befugt sei, in diesem Falle die Ermittelung des Jahres-Werthes der ZehntBerechtigung nach den Bestimmungen der §§. 33. ff. zu verlangen, *) in­ dem eS ausführt:

bei.

1) Vergl. das zum §. 32. in der II. K. von dem Abgeordn. Lomcelle ge­ stellte Amendement (s. oben S. 385 Note 2), welches bezweckte, die hiernach von dem Revis. Kolleg, angenommene Ansicht klar im Gesetze anSzudrücken, indeß keine Unterstützung fand.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., (§§. 32—35.).

387

Faßt man das Wort: „Pachtzins", wie cs in §. 32. hingestellt ist, isolirt auf, so kann darunter ein jeder Pachtzins verstanden werden, gleichgültig, ob der­ selbe von dem zehntpflichtigen Grundbesitzer oder von einem Dritten bezogen wer­ den ist. Im Zusammenhänge mit den übrigen Worten des Gesetzes gelangt man jedoch zu einer anderen Auffassung jenes Ausdruckes. Das Gesetz sagt ausdrück­ lich, daß wenn zwischen der Berkünrigung deS Ges. v. 9. Oft. 1848 und der An­ bringung der Provokation der Natural - Fruch tz eh n t wieder erhoben worden ist, nicht der Pachtzins der letzten 10 Jahre vor der Provokation, son­ dern der Pachtzins der letzten 10 Jahre vor Verkündigung des Ges. v. 9. Okt. 1848 den IahreSwerth des Zehntrechts bilden soll. — Demnach geht das Ges. im §. 32. offenbar von der Voraussetzung aus, daß der Natural-Fruchtzehnt während des 10jährigen Zeitraumes überhaupt nicht erhoben, sondern für denselben im Pachtzins bezogen sein soll. Diese Voraussetzung trifft nicht zu, wenn der Natu­ ral-Zehnt an einen Dritten verpachtet und von diesem in Natur bezogen worden ist. Schon hieraus ergiebt sich, daß der Gesetzgeber unter: „Pachtzins" nicht einen solchen Pachtzins verstanden haben kann, welchen der Zehntberechtigte von einem Dritten für die Zehntbercchtigung bezogen hat, sondern daß derselbe nur einen Pachtzins im Auge gehabt bat, welcher von dem Zehntpflichtigen selbst ge­ zahlt worden ist. Denn nur in diesem Falle wurde der Natural-Zehnt nicht be­ zogen, da der zehntpfliebtige Grundbesitzer als Eigenthümer nicht nöthig hatte, die AuSzehntung vorznnehmen. — Wenn hiergegen erinnert wird, daß die Verpach­ tung eines Natural-Zehnten an den zehntpstichtigen Grundbesitzer selbst rechtlich undenkbar sei, weil der Eigenthümer nicht Pächter seiner eigenen Sache sein könne, vielmehr wenn er daS von seinem Eigenthume lesgetrennte Nutzungsrecht, wenn auch nur zeitweise, wiedererlange, eine Konfusion von selbst eintrete, und dadurch daS Zehntrecht ans so lange erlösche, so übersieht man, daß eine Vereinigung der Rechte des Gläubigers und Schuldners nur eine Folge des Pachtvertrages, nicht aber der Gegenstand des Vertrages selbst ist. Diese Vereinigung kann durch jeden Rechtsgrund, also auch durch Pachtung des an der eigenen Sache einem Dritten zustehenden Nutzungsrechtes, herbeigeführt werden. DaS Zehntrecht ist keine Ser­ vitut, weil dasselbe nicht nothwendig einem Grundstücke zuzustehen braucht. Es ist ein Nutzungsrecht an einer fremden Sache und sowie der Pächter eines Grund­ stückes mit Einwilligung des Eigenthümers sein Pachtrecht verafterpachten sann, und der Afterpächter dem Afterverpächter gegenüber als Pächter anzusehen ist, ebenso kann auch der Zehnt-Berechtigte sein Zehntrecht einem Dritten pachtweise übertragen, und dieser Dritte kann auch der Eigenthümer der belasteten Sache sein. Aber auch der nächste unzweifelhafte Grund des Ges. macht es deutlich, daß der Gesetzgeber dem Ausdrucke: „Pachtzins" keinen anderen Sinn beigelegt hat. Dies ergiebt lieh aus den Motiven der Staats-Regierung zum §. 9. des Ges.'), mit deren Grundsätzen beide Kammern sich sowohl in ihren Kommiss.-Berichten, als bei der Plenar - Berathung einverstanden erklärt haben. Danach gingen die gesetzgebenden Faktoren offenbar von der Voraussetzung aus, daß derjenige Werth einer Leistung der gerechteste sein müsse, welchen der Berechtigte und der Ver­ pflichtete selbst übereinstimmend, sei es ausdrücklich oder stillschweigend durch Handlungen der Leistung beigelegt Hatten, und daß wenn in dieser Weise innerhalb der letzten 10 Jahre Seitens der unmittelbar Betheiligten die selbstbestiinmte Verwerthung der resp. Leistung erfolgt war, einem solchen thatsäch­ lich bestandenen 'Verhältnisse für das Ablösungs-Verfahren die Wirkung zuerkannt werden müsse, daß hierdurch der wahre Werth der Leistung übereinstim­ mend von den Vetheiligten anerkannt werden sei, und dieser mithin auch gesetzlich be: der Berechnung der Abfindung zum Grunde gelegt werden könne. Ein solcheübereinstimmendes, ausdrückliches oder stillschweigendes Anerkenntniß der unmittel­ bar bei der Ablösung Betheiligten über den Werth einer Zehnt-Berechtignng kann aber nicht gedacht werden, wenn die Verpachtung des Zehnten an einen Dritten stattgefunden und der Zehntpflichtige nach wie vor die Hebung deS Naturalzehnten gouldet hat. Die entgegengesetzte Ansicht würde aber auch gegen den allgemeinen

1) Das Urtel führt hier den Absatz 1. und den ersten Satz des Absatz 2. der Motive des Regier. Entw. zum §. 9. des Ab lös. Ges. (s. oben S. 353) w ört l i h an.

388 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. RechtSgrundsatz verstoßen, daß aus Rechtsgeschäften zwischen dritten Personen für den nicht zugezogenen Theil in der Regel weder Rechte, noch Pflichten erwachsen. — Auf der andern Seite wird zwar behauptet, daß nur der Fassung des §. 32. gegenüber der abweichenden Fassung der §§. 9. u. 29. und aus Zweckmäßigkeits­ gründen gefolgert werden müsse, daß der Gesetzgeber dennoch im vorliegenden Falle eine Ausnahme von dieser Regel habe machen wollen. Allein die §§. 9. u. 29. bestimmen ebensowenig, daß die Zahlung der Geldvergütignng für Dienste oder feste nickt in Körnern bestehende Naturalabgaben von dem unmittelbar Ver­ pflichteten erfolgt sein müsse. ES ließe stck daher für jene Fälle mit demselben Reckte die Behauptung aufstellen, daß auch dort die von dritten Personen gezahl­ ten und ohne Widersprnch von dem Berecktigten angenommenen Geldbeträge für die Ablösung maaßgebend sein müßten. Dasselbe werde man auch in dem Falle deS §. 32. annehmen müssen, wenn die in Geld oder Körnern statt des NaiuralFrucktzehnten von dem Berecktigten ohne Widerspruch angenommene Abgabe (welcke kein Pachtzins war) von einem Dritten gezahlt worden ist. Allein so weit gehen die Konsequenzen des Gegentheils selbst nickt, und gerade daraus ergiebt stck deutlick, daß die aus dem Worte: „Pachtzins" gezogene Folgerung rein willkürlich und deshalb unrichtig ist. — Auck können bloße Zweckmäßigkeitsgründe, welcke lediglich auf die Beseitigung der Unstckerheit der Abschätzungen resp. Abkürzung des Ver­ fahrens abzielen konnten, den Gesetzgeber zu einer solchen nicht zu rechtfertigenden Ausnahme-Bestimmung nickt bewogen haben, welcke nack Umständen ebenso für den Berecktigten, als für den Verpflichteten die größte Verletzung herbciführen könnte. Denn eS lassen stch verschiedene Gründe denken, aus denen der Berech­ tigte stck mit einem besonders niedrigen Pachtzinse, welcher von einem Dritten ge­ zahlt worden, begnügt hat; ebenso ist aber auch der Fall nicht undenkbar, daß ein Dritter aus besonderen Gründen fick zur Zahlung eines abnorm hohen Preises verstanden hat. — Deshalb ist der Zehnt-Berechtigte in dem in Rede stehenden Falle befugt, die Ermittelung des Jahreswerthes der Zehntberechtigung nach den Bestimmungen der §§. 33. ff. zu verlangen. (Acta des Revis. Kolleg. Sachsen Litt. Q. Nr. 7.).

IV. Die abweichende Bestimmung im §. 33., daß hier, sowie nach §. 58., bei eventueller Ermittelung des Werthes gewerblicher re. Abgaben re. Sachverständige statt Schiedsrichter zugezogen werden sollen, hat, wie Wulsten bemerkt und wie auch der Bericht der Kommission der I. Kam­ mer zum §. 33. bestätiget, ihren Grund nur darin, daß ost weitläuftige Berechnungen zuvor angelegt werden müssen, und eine wiederholte sorg­ fältige Prüfung durch andere Sachverständige in zweiter Instanz hat mög­ lich erhalten werden sollen. (Wulsten, die neuen Agrar-Gesetze, S. 51. Anm.)

ZU §§♦ 36-49. (Von Besitzveränderungs-Abgaben.)

Vorbemerkung.

I. Der Lit VI. Abschn. II. des Gesetzes (§§. 36 — 49.) handelt von den Besitzverändernngs-Abgaben. Diese kommen bekanntlich unter den verschiedenartigsten Benennungen, als Laudemien, Lehnwaare, Antrittsgelder, Gewinngelder, Handgeld, Weinkauf, Leibgewinn, Mahlpfennig. u. s. w. vor. Das Allgem. Land-Recht enthält darüber keine weiteren Bestim­ mungen, als diejenigen, welche sich auf das Laudemium (Lehnwaare) bei Erbzinsgütern 1 2) (A. L. R. I. 18. §§. 714 — 746) und Zins-

1) Vergl. oben S. 386. 2) In Betreff der Lehnwaare bei Erbpachtgütern bestimmt nur der §. 203. A. L. R. I. 21.: „Dagegen ist der neue Erbpächter zur Erlegung einer in dem ursprüng„lichen Kontrakte nicht vorbedungenen Lehnwaare nicht verpflichtet."

Ges. v. 2. Marz 1850, betr. die Aölös. rc., (§§. 36—49.).

ztz9

gutem (§§. 816. a. a. O.) beziehen, und die Bestimmung im §. 116. Th. IL Tit. 17. (bei der Lehre von der Gerichtsbarkeit), daß Laudemien gewöhnlich zu den Nutzungen der Civilgerichtsbarkeit gehören. Die Haupt-Quelle für diese Rechtsmaterie bilden somit die provinzialrecht­ lichen Grundsätze. Die Vorschriften, welche das Ä. L. R. über die Laudemien enthält, beziehen sich, wie bemerkt, zunächst auf die „ Erbzinsgüt er"; dagegen hat dasselbe anerkannt, daß nach Deutschem Rechte anders, als nach dem Rö­ mischen, auch ohne getheiltes Eigenthum, eine Laudemialpflicht be­ gründet sein kann. J) Denn nachdem dasselbe in Thl. I. Tit. 18. §§. 813. u. 814. von solchen Zinsgütern gesprochen, welche zu vollem Eigenthume besessen werden, auf denen aber ein auferlegter Zins (census constitutivus) haftet, bestimmt es in den §§. 815. und 816. ebendas., daß ein Zins, den sich der zinsberechtigte Gutsherr ursprünglich, bei Verleihung des vollen Eigenthums am Bauergute, Vorbehalten habe (census rcservativus) mit dem Erbzinse von einem Erbzinsgute in der Regel gleiche Rechte habe, und daß von einem solchen Zinsgute das Laudemium ebenso wie von einem Erbzinsgute entrichtet werden müsse. Die Grundsätze, welche das A. L. R. in Th. I. Tit. 18. §§. 714 — 746. von Laudemien aufstellt, sind folgende: 1) Jeder neue Erwerber, sei er ein Käufer oder nur Erbpächter des nutz­ baren Eigenthums, ist verpflichtet, solches dem Obereigenthümer zu entrichten (§§. 714., 715.).1 2) In welchen Fällen diese Abgabe zu entrichten ist, bestimmt

1) Weder der Name: „emphyteusis“, noch der Name: „ErbzinSgut", oder: „schlechtes Zinsgut", noch die Pflicht zur Investitur und deren Erneuerung be­ weisen ein getheiltes Eigenthum, und es kommt die Laudemialpflicht bei sehr vielen Bauergütern vor, die zu vollem Eigeuthum besessen werden; selbst die nach allge­ meiner Ansscht der Römischen emphyteusis inwohnende lex meliorationis kommt bei Deutschen Zinsgütern vor, ohne daß sie Emphyteusen sind. (Vergl. Kind quaest. for. Tom. II. cap. 1. p. 1. ff.). 2) a) Das Ob. Trib. hat angenommen: a) Gemeinrechtlich findet die Laudemialpfiicht als gesetzliche Regel nur bei Römischen Emphyteusen statt; in allen sonstigen Rechtsverhältnissen muß sie besonders nachgewiesen werden, ß) DaS charakteristische Merkmal eines ErbzinSverhältniffes nach dem A. L. R. ist getheiltes Eigenthum. Ist dieses nicht dargethan, so kann ein ErbzinSverhältniß nicht an­ genommen werden, wenn auch die erste Verleihung des Grundstücks von einer Kirche, Kommune oder andern moralischen Person geschehen, und das Grundstück dem ersten Erwerber als ein noch nicht in Kultur gesetztes Land, unter der Be­ dingung, dasselbe in Kultur zu setzen und dafür eine gewisse ein für allemal be­ stimmte Abgabe zu entrichten, eingeräumt worden ist. /) Bei bloßen Zinsgütern, die vor dem Erscheinen des A. L. R. mit Vorbehalt eines Zinses verliehen worden, läßt sich die Laudemialpflicht aus §. 816. A. L. R. I. 18. nicht herleiten, wenn klare Kontraktsbestimmungen vorliegen, welche nach den zur Zeit der Verleihung gültig gewesenen Gesetzen die Laudemialpflicht nicht begründen. (Erk. des Ob. Trib. v. 5. Jan. 1846, Entsch. Bd. 13., S. 215 ff.). b) In Schlesien sind nach den Grundsätzen der sanctio pragmatica v. 10. April 1693 und des Ed. v. 13. Juni 1744 Ehegatten, wenn sie in Erbfällen unter sich zum Besitze von Bauergütern gelangen, ohne Rücksicht darauf, ob sie in Gütergemeinschaft gelebt haben, von der Entrichtung der Lehnwaare befreiet. (Erk. des Ob. Trib. v. 20. Okt. 1847, Präj. Nr. 1937., Entsch. Bd. 16. S. 351). Die Vorschriften der sanctio pragmatica v. 10. April 1693 und des Ed. v. 13. Juni 1744, betr. die Befreiung der Descendenten nnd resp, der Wittwen von Erlegung der großen Kanzleitare bei Gutserwerbungen, sind für allgemeine Schle flsche Provinzialgesetze zu achten, welche an und für sich, und abgesehen von etwa

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Von b. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

zunächst der Erbzinsbrief oder die sogen. Fundal-Observanz, d. h. die bei einem gewissen Gute wohlhergebrachte Gewohnheit (§. 719.) *); fehlen solche Be­ stimmungen, so sind frei davon nur Erben in absteigender Linie, (§. 716.)2),

rügen speziellen Rechtstiteln, auch die Mediatfürsten und Standesherrn in Schlesien verpflichten. (Plenarbeschl. des Ob. Trib. v. 19. Juni 1844, Entsch. Bd. 10., S. 73. ff.). c) Das Revision s- Kollegium für Landes-Kult. Sachen hat in dem (nicht veröffentlichten) Erk. v. 19. Aug. 1853 angenommen, daß wenn (im Großherzogthum Posen) in einem bei Etabtirung von Rustikal-Erbzinsgütern den Erwerbern von der Gutsherrschast ertheilten Privilegium bestimmt worden, „daß dieselben und ihre Nachkommen nicht unterthänig oder leibeigen sein, „sondern Jedem freistehen solle, dem es nicht mehr auf den (zu ErbzinS „überlassenen) Hauländereien zu wohnen gefallen möchte, mit Vorwissen und „vorher entrichtetem Konsens, nämlich dem 10kn Thaler, der Schloßherr„schaft wegzuziehen rc." hierdurch eine Laudemialpflichtigkeit der Hauländereien nicht begründet wor­ den, sondern die stipulirte Abgabe für ein Abzugsgeld, nicht aber für eine BesitzveränderungS- Abgabe, zu erachten, als Abzugsgeld aber durch §. 1. der V. v. 21. Juli 1816 (G. S. 1816, S. 199) für aufgehoben zu erachten sei. 1) Diese Bestimmung des §. 719. A. L. R. 1. 18. ist abgeändert durch §. 40. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850, wonach auch nicht mehr die Fälle, in denen von einem an sich landemialpflichtigen Grundstücke das Laudemium zu ent­ richten ist, durch Observanz nachgewiesen werden können. DaS für Schlesien erlassene G. v. 19. Juli 1832 ist durch §. 1. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 aufgehoben. 2) a) Auch wenn bei der Theilung eines mehreren Descendenten angesallenen laudemialpflichtigen Grundstückes der Eine von ihnen dasselbe zum Allein-Eigen­ thum annimmt, ist er nickt schuldig, das Laudemium zu bezahlen, weil er nur durch Erbgangsrecht das Grundstück erworben hat. Theilung ist kein Kauf. (Vgl. Koch'S Ä. L. R. zu §. 90. Th. 1. Tit. 17., Note 54. Bd. 2. S. 520 u. zu §. 716. Th. I. Tit. 18., Note 4. Bd. 2. S. 720). — Derselben Ansicht ist auch v. Möller (s. Abhandl. in der Jur. Wochenschr. 1842 S. 617 ff., 640 ff., 649 ff.) ; deSgl. das O. L. G. zu G log au und das Ob. Trib. (f. die Erk. in Koch'S Schles. Arck. Bd. 1. S. 102 — 114). Dagegen vergl. das Erk. des II. Sen. des O. L. G. zu Breslau a. a. O. Bd. 1. S. 97-101. Die in Beziehung auf laudemialpflichtige Erben in den §§. 742 — 746. A. L. R. I. 18. gemachte Ausnahme kann auf andere Fälle nicht angewendet werden. Dem entsprechen folgende Präj. des Ob. Trib.: «) Die Laudemialfreiheit der Descendenten erstreckt sich nickt bloß auf den­ jenigen Antheil am Grundstücke, welcker dem Uebernehmer desselben auf seine, eigene Grbquote zufällt, sondern auch auf diejenigen Antheile des Grundstücks, welche ihm von den Kodescendenten und der Wittwe für eine Geldabfindung überlassen werden. (Erk. des Ob. Trib. v. 15. Dec. 1837, Präj. Nr. 394., Koch's Schles. Arch. Bd. 2. S. 24). ß) Wenn im Urbarium die Lehnwaare für die jedesmalige Besitzveränderung festgesetzt ist, so ist hierunter die Uebernahme von einem Descendenten nicht mitzu­ begreifen. (Erk. des Ob. Trib. v. 10. Nov. 1843, Präj. Nr. 1360.). b) Die Vorschriften der §§. 717. u. 719. A. L. R. I. 18. machen sich auch in Schlesien dahin geltend, daß Descendenten auch bei reinen Käufen von Entrichtung der Lehnwaare frei sind, und eine Ausnahme von dieser Regel nur durch den ursprünglichen Erbzins- oder Kaufbrief, oder durch eine bei dem ErbzinS- oder anderen Rustikalgute wohlhergebrachte Gewohnheit")

') Auf die Observanz kommt es nach §. 40. des Abl. Ges. nicht mehr an.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§§. 36—49.).

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auch wenn ihnen das Gut schon unter Lebendigen abgetreten wird (Guts­ überlassung) (§. 717.) '). Diejenigen, welche vermöge eines Gesetzes, eines Vertrages oder einer letzwilligen Verordnung das Gut mit einem Anderen gemeinschaftlich besessen haben, entrichten, wenn ihnen nach dessen Tode der alleinige Besitz zufällt, das Laudemium vollständig, insofern sie dasselbe nicht schon bei Erlangung des Mitbesitzes für ihren Antheil be­ zahlt haben. (§. 718.) 2)

begründet werden kann. Ein Vertrag oder Vergleich, welcher nur die Laudemialpflichtigkeit im Allgemeinen, oder in Beziehung auf die zu zahlenden Beträge regulirt, ist nickt geeignet, die Anwendung jener Regel auszuschließen. (Erk. deS Ob. Trib. v. 10. März 1845, Entsch. Bd. 10. S. 425 ff.). c) Wenn in Urbarien, die vor Einführung deS A. L. R. unter der Herrschaft des gemeinen Rechtes errichtet worden, bei Kaufverträgen die Freiheit der Descen­ denten von der Laudemialpflicht ausgeschlossen ist, so sind Erwerbungen des Grundstücks Seitens eines miterbenden Descendenten im Wege der Erbtheilung der Laudemialpflicht nicht unterworfen. (Erk. deS Ob. Trib. v. 11. Mai 1852, Striethorst'S Arch. Bd. 5. S. 256). 1) Der Plenarb eschl. des Ob. Trib. v. 10. Jan. 1842 stellt den Grund­ satz auf, daß Descendenten, welchen das ErbzinSgut unter Lebendigen abgetreten wird, von der Entrichtung der Lehnwaare befreit sind, die Abtretung mag mit oder ohne Bezugnahme auf das künftige Erbrecht erfolgt sein. (I. M. Bl. 1842, S. 155, Entsch. Bd. 7. S. 332). Bergs, auch das hierauf gegründete Erk. des Ob. Trib. v. 14. Jan. 1842 (Jur. Wochenfchr. 1842, S. 221, Koch's Schles. Arch. Bd. 5. S. 27). Ueber die hierdurch entschiedene Kontroverse vergl. das Schreiben des Fin. Min. v. 16. Dec. 1823 und das R. desselb. v. 25. Dec. 1823 (Jahrb. Bd. 22. S. 201, Gräff Bd. 5. S. 118), das Erk. des O. L. G. zu Breslau v. 5. Juli 1836 (Koch's Schles. Arch. Bd. 1. S. 53 -59), das Erk. des Ob. Trib. v. 6. Nov. 1840 (Koch'S Schles. Arch. Bd. 4. S. 289), und Koch a. a. O. Bd. 5. S. 39—43, desgl. Moller in der Jur. Wochenfchr. 1842, S. 655, und Bornemann' s System (2. Ausg.) Bd. 4. S. 144; ferner das Erk. des Ob. Trib. v. 10. März 1845 (Entscheid. Bd. 10. S. 431 ff.). 2) Nach Schlesischem Provinzial-Rechte ist der überlebende Ehegatte, der mit dem Verstorbenen in Gütergemeinschaft gelebt hat, zur Zahlung der Lehnwaare nicht verpflichtet, wenn er rin zur G. G. gehöriges Grundstück zum alleinigen Eigenthum übernimmt. Angenommen von dem Ob. Trib. durch das Präj. v. 19. Dec. 1840 (Nr. 968.), verbunden mit dem Präj. v. 22. Okt. 1850 (Nr. 2257., Entsch. Bd. 20. S. 539). Vergl. auch den Bericht des Ob. Trib. v. 24. Aug. 1840 (Jahrb. Bd. 56. S. 435 u. I. M. Bl. 1840, S. 370), desgl. die Abhandl. von Möller in der Jur. Wochenfchr. 1842, S. 657—662, u. Bornemann'S System (2. Ausg.) Bd. 4. S. 146. Dieselbe Ansicht wird ausgeführt in den Erk. des II. Sen. des O. L. G. zu Breslau v. 8. Nov. 1836 (Koch' s Schles. Arch. Vd. 1. S. 93 — 96), v. 8. Febr. 1838 u. 16. Febr. 1836 (a. a. O. Bd. 2. S. 28—31), deSgl. (gegen die Ansicht des O. L. G. zu Ratibor in dessen Erk. v. 21. Sept. 1842) von dem Ob. Trib. in dem Erk. v. 24. Febr. 1843 (a. a. O. Bd. 5. S. 43—58). Die Frage: ob auch bei der sogen, uneigentlichen Gütergemeinschaft, die erst mit dem Tode des einen Ehegatten wirksam wird, der überlebende Ehegatte, welcher vermöge dieser Wirkungen ein dem Verstorbenen gehörig gewesenes Grund­ stück erwirbt, von der Entrichtung des Laudemiums befreit sei? ist verneint in den Erk. des O. L. G. zu Breslau v. 5. Okt. 1843 u. v. 2. Febr. 1844 (Jur. Wochenfchr. 1844, S. 350). Vergl. dazu die Bemerkungen von Kühne, a. a. O. — Diese letztere Frage ist indeß, mit Rücksicht auf das G. v. 11. Juli 1845 wegen Aufhebung der im Herzogthum Schlesien und der Grafschaft Glatz geltenden besonderen Rechte über die ehelichen Güterverhältnisse und die gesetzliche Erbfolge (G. S. 1845, S. 471) nur noch von bedingtem Interesse.

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

2) Das Laudemium beträgt, wo nicht andere Bestimmungen vorhanden sind, zwei vom Hundert des Kausgeldes (§. 720.).T) Dabei gelten folgende Regeln: a) Der Werth des mitverkausten Inventariums 2) ist vom Kaufschillinge insoweit abzurechnen, als der Erbzinsmann dergleichen bei der ersten Ueber-

1) a) Der Betrag der Lehnwaare ist nach den verschiedenen Provinzial-Gesetzen sehr verschieden. In einigen Landestheilen, z. B. in Preußen, sind 10 Pro­ zent gesetzlich (Ostpreuß. Prov. Recht, Zus. 70.); in anderen hängt die Festsetzung sogar von dem Berechtigten oder auch vom Richter ab. Hierauf bezieht sich daS Präj. des Ob. Trib. v. 20. Okt. 1837 (Nr. 364.): „Der Grundsatz der Gigenthums-Ordn. des FürstenthumS Minden und der „Grafschaft Ravensberg v. 26. Nov. 1741: „daß, wenn ein Fremder auf „anderem Wege, als durch Heirath zum Besitze des eigenbehörtgen Gutes „gelangt, das Quantum des zu entrichtenden Weinkaufs lediglich von der „Bestimmung des Gutsherrn oder vielmehr der freien Uebereinknnft deffel„ben mit dem neuen Erwerber abhange", — ist nach dem G. v. 21. April „1825 und nach der durch dieses dem bäuerlichen Besitzer ertheilten Be„fugniß zur freiwilligen Veräußerung des Gutes an einen Dritten, auf „diesen Fall nicht mehr anwendbar. Vielmehr muß im Mangel einer gül„tigen Uebereinkunft der Interessenten auch in diesem Falle daS Quantum „des Weinkaufs nach der Analogie der Vorschrift der Eigenth. Ordn. cap. „XI. §. 4. richterlich festgesetzt werden." Dazu das Präj. des Ob. Trib. v. 23. März 1838 (Nr. 452.): „Unter den „doppelten Zinsen", welche nach dieser Bestimmung in Ver„änderungSfällen statt der Lehnwaare zu entrichten, ist der doppelte Betrag „des einjährigen auf dem verpflichteten Gute haftenden Zinses zu verstehen." Vergl. übrigens §. 43. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. b) Es ist zweifelhaft gefunden, ob der Berechtigte sich, da wo das Laudemium in einer Quote besteht, die Verabredung zwischen Käufer und Verkäufer ge­ fallen lassen muß, daß die Laudemien außerhalb des Kaufpreises vom Käufer übernommen, und von diesem bloß nach der Summe, die der Verkäufer erhält, abgesührt werden? Robe hat verneint, weil das Laudemium seiner Natur nach eine Quote deS Kaufgeldes fei, mithin vou diesem in Abzug komme; es müsse das richtige Laudemium in einem solchen Falle als 1lT nach derjenigen Summe berechnet wer­ den, die der Verkäufer, dessen Antheil immer als des Kaufpreises anzunehmen, überhaupt erhalte. (Centralbl. für Preuß. Jur. 1839, S. 920). Koch ist entgegengesetzter Ansicht; denn das Laudemium sei keineSwegeS seinem Begriffe nach eine Quote des Kaufpreises oder Werthes; aber auch da, wo eS in einer Quote bestehe, müsse sich der Berechtigte nach §. 731. A. L. R. I. 18. gefallen lassen, daß der Käufer dasselbe außerhalb des Kaufpreises übernehme, und könne nicht fordern, daß der Betrag des Laudemiums der Kaufsumme noch hinzugerechnet und von der Gesammtsumme das Laudemium entrichtet werde, wenn eS nicht ein AbfahrtS-Laudemium fei. (K och' S Landrecht, Bd. 2. S. 725, Note 13.). c) DaS Ob. Trib. hat (in dem Erk. v. 9. März 1852) angenommen, daß wenn eine. Urkunde nur die Laudemialpflickt an sich, nickt aber die Höhe der Laudemien feststellt, in Ermangelung eines anderweitigen Beweises, mit Rücksicht auf §. 720. A. L. R. I. 18., der Satz von 2 Prozent des Erwerbspreises zu ent­ richten sei. (Striethorst'S Arch. Bd. 5. S. 67). 2) a) Die auf einem Erbzinsgrundstücke vom Erbzinsmanne neu angelegten Gebäude sind dem nach Prozenten des Kaufgeldes zu zahlenden Laudemium weder ohne Unterschied unterworfen, noch ohne Unterschied davon frei. Wohl aber sind von dem Laudemium diejenigen neu errichteten Gebäude befreit, die zu einem anderen Zwecke dienen sollen, als dem, welcher aus der ursprünglichen Bestimmung des Grundstückes folgt. Der Werth derartiger Gebäude muß also bei Berechnung des Laudemiums vom Kaufgelde in Abzug kommen. (Plenarbeschl. des Ob. Trib. v. 22, Nov. 1847, Entsch. Bd. 15. S. 23).

Ges. v. 2. Mär; 1850, betr. die Ablös. re., (§§. 36—49.).

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nehmung des Gutes von dem Erbzinsherrn nicht erhalten hat *), oder nicht aus irgend einem anderen besonderen Rechtsgrunde zu dessen Zurück­ lassung bei dem Gute besonders verpflichtet ist. (§. 721.). b) Dagegen muß, wenn der Erbzinsmann ohne Einwilligung des Obereigenthümers das Gut mit einer jährlichen Abgabe oder Grundgerechtigkeit belastet, und also den Kaufwerth desselben vermindert hat, der Kapitalswerth einer solchen Last dem Kaufpreise bei Bestimmung des Laudemii zum Besten des Erbzinsherrn, beigerechnet werden. (§ 722.). c) Uebernimmt der neue Erbzinsmann die auf dem Gute haftenden

Vergl. auch über diese bis dahin streitig gewesene Frage: die Erk. in Koch'S Schles. Ärcb. Bd. 1. S. 423—427, in v. Kam pH Jahrb. Bd. 1. S. 115—128, im Eentralbl. für Preuß. Jur. 1838, S. 439 ff., 489 ff., 512 ff., und in den Rechtfällen des Ob. Trib. Bd. 3. S. 239 Nr. 119., desgl. die Abhandl. von Ulrich in der Jur. Wochenschr. 1844, S. 41 ff.). b) Nach Westpreuß. Prov. Rechte ist nicht bloß vom Grund und Boden, sondern auch von den darauf befindlichen Gebäuden das Laudeminm zu entrichten. (Erk. der Justiz-Deput. zu Marienwerder v. 5. Okt. 1838, im Eentralbl. für Pr. Jur. 1839, S. 893). — Bergt. Westpreuß. Prov. R. §§. 9—11. (G. S. 1844, S. 105). c) Bergl. §. 44. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. 1) a) Der Erbzinsherr, welcher auch vom Werthe des Inventariums die Lehnwaare fordert, muß beweisen, daß dasselbe bei der ersten Uebernehmung des Gutes dem ErbzinSmanne vom Erbzinsherrn gewährt worden. (Präj. des Ob. Trib. v. 20. Sept. 1839, Präj. Nr. 738. in der Präj. Sammt. S. 106). — Auch ist der Erbzinsherr nicht durch den §. 810. A. L. R. I. 18. in Betreff des zum Gute erforderlichen Jnventarii von jenem Beweise befreit. (Präj. des Ob. Trib. v. 15. Okt. 1841, Präj. Nr. 1052. in der Präj. Sammt. S. 106). b) Steht fest, daß in der ursprünglichen Verleihung ein Inventar mit einbe­ griffen gewesen, so streitet für den Erbzinsherrn auch die Vermuthung, daß es in den zur Bcwirthschaftung deS Gutes nothwendigen Beilaßstücken bestanden habe, gemäß §§. 516. 517. A. L. N. I. 18. (Erk. des Ob. Trib. v. 1. Mai 1847, Rechtsfälle Bd. 1. S. 80). c) VerreichSgebühren (Landemien) find von Zinkhütten und deren Vorräthen nicht zu entrichten. (Erk. des Ob. Trib. v. 17. Juni 1848, Rechtfälle Bd. 4. S. 180). d) Nach dem Plenarbescht. des Ob. Trib. v. 4. Dec. 1848 ist auf die große Kanzleitare, die in Schlefien von Mediatfürften und Standesherrn bei der Ver­ äußerung von Rittergütern von deren Erwerbern gefordert wird, und bei Berech­ nung des Betrages derselben, die Vorschrift, daß der Werth des mitverkauften Jn­ ventarii von dem Kaufschilliuge abzurechnen sei, nicht anwendbar. (Entsch. Bd. 17. S. 58). Vergl. übrigens oben S. 266. e) Die Dekl. v. 25. April 1845 (G. S. 1845, S. 243) hat ausgesprochen, „daß wenn Dienste, Abgaben, Grundgerechtigkeiten oder andere Lasten, welche auf einem Grundstücke ruhen, von dem bei Befihveränderungen ein .in einem aliquoten Theile des Erwerbpreises oder Tarwerthes bestehendes Laudemium (Lehnwaare, Weinkauf, Gewinngeld u. s. w) entrichtet werden muß, durch Kapital abgelöst worden find, bei Berechnung des Landemiums in allen späteren'Entrichtungsfällen das Ablösungs-Kapital von dem Erwerbspreise oder Tarwerthe des Grundstückes (A. L. R. I. 18. §§. 720. 727—729) in Abzug zu bringen sei; daß indeß dieser Abzug nicht fiattfinde, wenn das Grundstück von dem Befitzer einseitig ohne Ein­ willigung des Laudemial-Berechtigten mit den abgelösten Diensten, Abgaben u. s. w. belastet worden ist. (§. 722. a. a. O.)." Das Ob. Trib. hatte übrigens bereits durch das Präj. v. 5. Aug. 1842 (Präj. Nr. 1172. in der Präj. Sammt. S. 106) den Grundsatz ausgesprochen, daß ein ad rationem pretii übernommenes Dienst - Neluitions - Kapital bei Berechnung der Lehnwaare von dem Kaufgelde iu Abzug zu bringen sei. Vergl. §. 43. Satz 3. Litt. a. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850.

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Schulden noch außer dem versprochenen Kausgelde, so sind auch diese, ohne Unterschied, ob sie von dem Erbzinsherrn bewilligt worden oder nicht, dem Kaufpreise bei Berechnung des Laudemii zuzuschlagen. (§. 723.). d) Wenn der Käufer, außer dem Kaufpreise, dem Verkäufer noch an­ dere einer Schätzung nach Gelde fähige Vortheile bewilligt hat, so findet auch deren Zurechnung zu dem bedungenen Kaufgelde, bei Bestimmung des Laudemii, statt. (§. 724.). *) e) Ist der Kaufpreis, zur Verkürzung des Laudemii, durch eine Simu­ lation in dem Kaufinstrumente zu niedrig angegeben worden, so muß selbi­ ges von der verschwiegenen Summe doppelt entrichtet werden (§. 725.).1 2) f) Haben die Partheien die Kaufsumme in dem Instrumente, zur Aus­ schließung des dem Erbzinsherrn zukommenden Vorkaufsrechtes, zu hoch be­ stimmt, so kann letzterer von diesem Rechte noch binnen zwei Monaten, nachdem die Simulation zu seiner Wissenschaft gelangt ist, Gebrauch machen (§. 726.). g) Geht das Gut ohne Bestimmung eines Kaufschillings, vermöge ir­ gend eines anderen Rechtsgrundes, auf den neuen Erbzinsmann über, so wird die Lehnwaare nach dem neuesten Kaufpreise bestimmt (§. 727.). Ist aber das Gut vorher niemals oder innerhalb der letzten dreißig Jahre nicht verkauft, noch sonst dessen Werth bestimmt worden, so muß dasselbe, bei ermangelndem Uebereinkommen der Partheien, nach den in der Provinz angenommenen Abschätzungs-Grundsätzen gewürdigt werden (§. 728.). Doch ist bei einer solchen Taxe, so wie bei Lehnen, nur auf die nie­ drigsten Sätze und Preise Rücksicht zu nehmen (§. 729.) 3) Bei einer Veränderung in der Person des Obereigenthümers findet die Entrichtung einer Lehnwaare in der Regel nicht statt (§. 730.). 3) 4) Die Lehnwaare ist der neue Besitzer erst nach erfolgter gerichtlicher Zuschreibung des Gutes zu entrichten verbunden (§. 731.). 4)

1) a) Ueber die Frage, nach welchen Grundsätzen die Zurechnung bei lebens­ länglichen Vortheilen geschehen soll, disponirt das R. des Min. des I. v. 7. April 1823 (v. K. Annal. Bd. 17. S. 306). Koch will den Grundsatz des §. 348. A. L. R. I. 12. analogisch anwenden. (Bergt, dessen Land-Recht, Bd. 2. S. 727, Note 17. und Schlesisch. Arch. Bd. 5. S. 60 ff.). b) Nach Schlesischem Prov. Rechte wird von dem Werthe eines Ausge­ dinges (Altcntheils), welches vom Verkäufer vorbehalten oder demselben bewilli­ get worden, kein Laudemium entrichtet. (Präj. des Ob. Trib. v. 13. Dec. 1839, Pr. Nr. 779., u. v. 11. Nov. 1843 (Koch's Schles. Arch. Bd. 5. S. 244). Vergl. über diese (übrigens nicht unstreitige) Frage auch Koch's Schles. Arch. Bd. 1. S. 115, Bd. 2. S. 46 u. 476 u. Möller in der Jur. Wochenschr. 1843, S. 443 ff. 2) Diese Vorschrift findet auf laudemialpflichtige Grundstücke, welcbe utcbt zu den Erbzinsgütern und den im §.815. A. L. R. I. 18. bezeichneten, — unter Vorbehalt eines Zinses ursprünglich verliehenen — Zinsgütern gehören, keine analoge Anwendung. (Präj. des Ob. Trib. v. 13. Sept. 1848 Nr. 2051 in den Rechtsfällen des Ob. Trib. Bd. 4. S. 372). 3) Diese Bestimmung ist durch den §. 36. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 obsolet geworden. 4) a) Der Ptenarbeschl. des Ob. Trib. v. 4. Sept. 1843 nimmt an, daß unter der „gerichtlichen Zuschreibung" die Berichtigung des Besihtitels zu verstehen fei, und daß der §. 731. noch jetzt Anwendung finde. (Entsch. Bd. 9. S. 14). Dagegen Koch in der Beurtheilung der Entsch. des Ob. Trib. S. 660, im Schles. Arch. Bd. 5. S. 368 ff. u. Lehrb. des Preuß. Priv. R. Bd. 1. S. 499 Note. • b) Die „gerichtliche Zuschreibung" ist der Fälligkeitstermin, nicht aber eine Bedingung für die Entstehung der Forderung. (Erk. des Ob. Trib. v. 29. Sept. 1845, Entsch., Bd. 13. S. 227 — 231, u. v. 24. März 1847, Präj. Nr. 1854, Entsch. Bd. 17. S. 457).

Ges. v. 2. Marz 1850, tetr, die Ablös. re., (§§. 36—49.).

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Wird die Erwerbung, auch nach erfolgter Zuschreibung, als nichtig und unkrästig wiedr aufgehoben, so kann das bezahlte Laudemium wieder zurück­ gefordert werden (§. 736.). Wird hingegen der Streit, welcher zwischen dem jetzigen Besitzer und dem vorigen, oder auch einem Dritten, über die Gültigkeit der Erwerbung entstanden ist, dahin abgemacht, daß der gegenwärtige Besitzer das Gut dem Ansprechenden gegen eine Abfindung überläßt, so kann ersterer das ge­ zahlte Laudemium nicht zurückfordern (§. 737.). Auch ein nach geschehener Zuschreibung freiwillig erfolgender Rücktritt der Kontrahenten wird als ein neues Kaufgeschäft angesehen (§. 738.). Wird hingegen ein vom Anfänge an nur bedingungsweise geschloffener Kauf durch den Eintritt der auflösenden Bedingung wieder rückgängig, so muß die Lehnwaare wieder zurückgegeben werden (§. 739.). 5) Wer vermöge eines vorbehaltenen Wiederkaufsrechtes ein ehemals besessenes Erbzinsgut wieder an sich bringt, muß dennoch das Laudemium entrichten (§. 740.). Auch kann der Wiederverkäufer, wenn nicht ein Anderes verabredet wor­ den, den Ersatz desjenigen Laudemii, welches er bei seiner Erwerbung be­ zahlen müssen, von dem Wiederkäufer nicht fordern (§. 741.). 6) Haben- die Erben des letzten Besitzers die Lehnwaare gemeinschaftlich entrichtet, so kann dieselbe bei einer nachher erfolgenden Theilung von dem­ jenigen, welchem das Gut zugeschrieben wird, nicht noch einmal gefordert werden (§. 742.). Mehreren Erben eines Erbzinsmannes muß ein Jahr Zeit gelassen wer­ den, sich zu entschließen, ob sie das Gut ferner gemeinschaftlich besitzen oder dasselbe einem von ihnen gegen Abfindung der übrigen zuschlagen wollen (§. 743 ). Wenn sie aber auch innerhalb dieser Frist mit der Auseinan­ dersetzung nicht zu Stande kommen können, so kann ihnen dazu eine Nach­ frist von gleicher Dauer nicht versagt werden (§. 744.). Vor Ablauf die­ ser Frist kann der Obereigenthümer die Erben zur gemeinschaftlichen Be­ richtigung der Lehnwaare nicht anhalten (§. 745.). Ist hingegen die dop­ pelte Frist verstrichen, so sind nicht nur die gemeinschaftlich besitzenden Erben zur gemeinschaftlichen Entrichtung der Lehnwaare verbunden, sondern diese muß auch, wenn demnächst einer unter ihnen das Gut allein übernimmt, von diesem besonders berichtigt werden (§. 746.).*1) II. Die Gesetzgebung ist seit längerer Zeit bedacht gewesen, Ablösungs­ Grundsätze für die Aufhebung der Besitzveränderungs-Abzaben, insbesondere der Laudemien, aufzustellen. A. Die früheste gesetzliche Bestimmung hierüber enthält die V. v. 16. März 1811 über die Ablösung der Dominial-Abgaben (G. S. 1811 S. 15 ff.). Nach §. 8. dieser V. sollte nach Ermittelung der Fälle, in denen, und des Prinzips, nach welchem die Zahlung geschehen müsse, der wahr­ scheinliche Zeitraum, binnen welchem die Abgabe eintritt, und deren Betrag ermittelt und aus sämmtliche Jahre des Zeitraumes vertheilt werden. Der

c) Ueber die Frage, ob für das Laudemium beide Kontrahenten haften oder nur der neue Besitzer und ob dasselbe eine Realforderuug sei, vergl. die bejahende Entscheid, des Ob. Trib. v. 8. April 1837. (Koch' s Schles. Arch. Bd. 1. S. 396). — Dagegen Koch. (a. a. O. S. 399 — 400). Vergl. Borne mann's System (2, AuSg) Bd. 4. S. 145. 1) Aus den §§. 742 — 746. A. L. R. I. 18. ist nicht zu folgern, daß wenn einer von mehreren Descendenten, welche nach 8» 716. keine Lehnwaare zu ent­ richten haben, nach Ablauf von zwei Jahren das Gut allein übernimmt, derselbe diese Abgabe zahlen müsse. (Erk. des II. Sen. der Ob. Trib. v. 10. Okt. 1840, Präj. Nr. 933. in der Präj. Sammt. S. 107).

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Werth des Dominii utilis, oder der Erbpachtgerechtigkeit, sollte nach den Kaufpreisen von 1776 bis 1806, in deren Ermangelung nach den letzteren, im Mangel beider nach einer neuen gerichtlichen Abschätzung bestimmt, als wahrscheinlicher Zeitraum des Eintretens, wenn die Abgabe bei jeder Besitzveränderuug fällig war, jedes fünfzehnte Jahr, wenn Veräußerungen und Vererbungen in auf- und absteigender Linie ausgeschlossen waren, jedes fünf­ undzwanzigste Jahr angenommen werden. B. Ausführlicher sind die Bestimmungen, welche das G. v. 25. Sept. 1820 über die gutsherrlich - bäuerlichen Verhältnisse im Königreiche West­ phalen rc. (G. S. 1820 S. 169) in den §§. 46 — 51. und die Dienstablösungs-Ordn. v. 7. Juni 1821 (G. S. 1821 S. 535) in den bis aus unwesentliche Aenderungen in den Worten damit übereinstimmenden §§. 33. bis 37., sowie die spätere Ordn. v. 13. Juli 1829 wegen Ablösung der Reallasten für die vormals zum Königreiche Westphalen, zum Großherzogthume Berg und zu den Französ. Hanseat. Departements gehö­ rig gewesenen Landestheile (G. S. 1829 S. 65) in den §§. 69—73., desgl. die Ablös. Ordn. v. 18. Juni 1840 für das Herzogthum Westphalen (G. S. 1840 S. 156) §§. 71—76. und die Ablös. Ord. v. 4. Juli 1840 für die vormals Nassauischen Landestheile und das Gebiet der Stadt Wetzlar (G. S. 1840 S. 195) §§. 51 — 55. enthalten. Nach diesen Gesetzen steht der Antrag auf Ablösung beiden Theilen zu. Es wird unterschieden: 1) Das Laudemium wird entrichtet in der dienenden Hand: a) in allen Vererbungsfällen, deren drei auf ein Jahrhundert zu rech­ nen sind; b) nur in Dererbungsfällen auf andere Erben, als auf Descendenten, wo dann Ein Fall auf ein Jahrhundert gerechnet wird; c) bei Veräußerungen, deren zwei in demselben Zeitraume angenommen werden. 2) Es wird auch in herrschender Hand entrichtet: a) bei Sterbefällen; dann werden drei aus ein Jahrhundert gerechnet, außer wenn das Obereigenthum einem Amte, einer Dignität oder einem Seniorate zusteht, welchen Falls sechs solche Veränderungsfälle auf ein Jahrhundert gerecht werden sollen; b) bei Veräußerungen, deren zwei in einem Jahrhundert angenommen werden. Nach §. 34. der Ablös. O. v. 7. Juni 1821 soll nun „derjenige Betrag der Lehnwaare zum Grunde gelegt werden, wel­ cher durch Verträge oder Register, oder Landesgesetze oder Herkom­ men bestimmt ist. Sind nicht hinlängliche Nachrichten dieser Art vorhanden, so geschieht die Berechnung nach demjenigen Betrage, welcher in den letzten 6 Veränderungsfällen wirklich gezahlt ist, und kann auch dieser nicht ausgemittelt werden, so muß die Durchschnitts­ summe derjenigen Fälle, welche bekannt sind, als Einheit zum Grunde gelegt werden." Nach diesen Grundsätzen werden dann die Beträge aller auf ein Jahr­ hundert treffenden Veränderungsfälle zusammengerechnet, und der hundertste Theil dieser Summe macht die jährliche Rente aus, welche ablöslich ist. C. An die Stelle der erwähnten bisherigen Bestimmungen über die Ablösung der Besitzveränderungs-Abgaben sind nunmehr die Vorschriften der 88- 36 — 49. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 getreten. l)

1) Das C. N. des Fin. Min. (Hansemann) v. 13. Juni 1848 (Min. Bl. d. i. B. 1848, S. 206, Nr. 210. und nochmals abgedruckt ebendas. S. 322

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., (§§. 36—49.).

397

Die Grundprinzipien, von welchen diese neueste Gesetzgebung über den Gegenstand ausgeht, ergeben stch aus den zum Tit. VI. des Ablös. Ges. sowohl sowohl dem Regier. Entw. beigefügten, als auch in den Kom­ missions-Berichten beider Kammern darüber enthaltenen allgemei­ nen Motiven. Diese lauten dahin: 1) Die Motive des Regier. Entwurfs: Die BcsitzveränvcruugS-Abgaben weichen darm von den meisten Reas-Abgaben ben ab, daß ihr Betrag in der Regel sehr veränderlich ist. Derselbe wird ge­ wöhnlich nach Prozenten deS Werths des verpflichteten Grundstücks, mithin nach einem im Laufe der Zeit veränderlichen Maaßstab bestimmt, er ist aber außerdem stets von dem rein zufälligen Umstande abhängig, ob und wie oft durch Vererbung oder Veräußerung eine Besitzveränderung bei dem bethciligten Grundstück eintrilt. Vermöge dieser ihrer Veränderlichkeit flud die Laudemien im Laufe der Jahrhun­ derte, besonders aber in der neueren Zeit, in welcker der Grundbesitz überhaupt seinen ruhenden Charakter verloren, und mit dem steigenden Verkehr zugleich der Werth der Grundstücke sich auf daS Erheblichste gesteigert hat, eine bei weitem drückendere Last geworden, als sie früher waren. Hieraus erklären sich die hef­ tigen Anfeindungen, welche gegenwärtig wider diese Abgaben allgemein erhoben worden, und die Zerwürfnisse, die vornämlich in dieser Beziehung zwischen den

Nr. 379.) hatte sich in Betreff der Laudemien und sonstigen BesitzveränderungsAbgaben in folgender Art ausgesprochen: „Die Laudemien und sonstigen BefltzveränderungS-Abgaben sind in vielen „LandeStheilen eine Quelle zahlreicher Prozesse geworden. Die Spruchbehörden „haben die verschiedensten Ansichten über diesen Gegenstand; in keiner RechtS„materie herrscht eine so große Unsicherheit und Ungleichheit in dem Erfolge „der Prozesse und Ablösungen, wie bei den Laudemien. „Das Gouvernement richtet bei der jetzigen Revision der Agrikultur- und „Ablösungsgesetze seine Aufmerksamkeit vorzugsweise dahin, diesem Zustande ein „Ende zu macken, die zweifelhaften Prozesse zu beseitigen und durch billige Ab„lösung den Grundbesitz von diesen lästigen Abgaben zu befreien. Ein Gesetz„Entwurf darüber wird vorbereitet. „Bis dahin, daß dieser Entwurf Gesetzeskraft erlangen kann, muß die Do„mainen-Verwaltung in Rücksicht auf die dem FiSkuS zuftehenden Besitzverän„derungs-Abgaben Bedacht nehmen, den Streitigkeiten vorzubeugen, welche aus „der fortwährenden Anwendung der bisherigen Grundsätze auf die vorkommenden „BesitzverändernngSfälle sich ergeben. Da nun die Provokation auf Ablösung, „nach richtiger Auslegung der Gesetze, die Wirkung hat, daß von den Besitz„veränderungen, welche nach Mittheilung des Ablösungs-Antrages an den Pflich„tigeu eintreten, keine Laudemien mehr erhoben werden, so wird die Königs. „Regierung hiermit angewiesen, „sofort gegen alle Grundbesitzer Ihres Bezirks, welche dem FiSkuS zu Be„sitzverändernngS-Abgaben verpflichtet sind, auf Ablösung der Laudemien, „Markgroscheu, BerreichSgebühren, Aunahmegeldcr, Auffahrtsgelder, Wein„käufe, Gewinngelder und aller sonstigen Besitzveränderungö-Abgaben bei „der ordentlichen AuSeinandersetzungSbehörde zu provoziren. „Dabei ist zu erkläre«, daß FiSkuS die Provokation nur anbringt, um bei „Wahrung seines Rechts den mit Einziehung der Laudemien verbundenen fert„währenden Verwickelungen schon jetzt ein Ende zu macken, und daß FiSkuS „darin willigt, daß die Grundsätze deS zu erwartenden milderen Gesetzes auf die „anhängigen Ablösungen künftig angewendet werden. „Dagegen entspricht eS aber auch dem Rechte und der Billigkeit, daß bis „zum Erscheinen des neuen Gesetzes, welches alle bisherigen Mißverhältnisse „angemessen reguliren soll, dem in einzelnen Landestheilen bis zum Mißbrauche „ausgedehnten- häufig von Spekulanten betriebenen Zurückfordern der im guten „Glauben gezahlten Laudemien fortan ernstlich entgegengetreten wird. Die K. „Reg. hat daher die Erstattung solcher vermeintlich ohne Rechtsgrund zur Staats„kaffe gezahlten BesitzveränderungS-Abgaben gänzlich abzulehnen und die Rekla„manten in jedem Falle zum Rechtswege zu verweisen."

398

Bon d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Berechtigten und den Verpflichteten in manchen Provinzen, namentlich in Schle­ sien, hervorgetreten sind. Den letzteren liegen aber auch noch andere Veranlas­ sungen zu Grunde. In den meisten Gegenden, in welchen Laudemien überhaupt vorkommen, be­ sonders in Schlesien, sind Besitzungen gleicher Gattung in demselben Ort in der Regel auch gleichmäßig mit dieser Abgabe behaftet, oder von derselben befreit. So lehrt es das Herkommen; der Verpflichtete und der Berechtigte haben es nicht anders gewußt, und in diesem Bewußtsein ihre Güter und Grundstücke übernom­ men. Erst als in neuerer Zeit wegen der häufiger werdenden Veräußerungen von Grundstücken und des steigenden Kaufwerths derselben, die Streitigkeiten über die Eristenz der Laudemialpflicht zunahmen, als die in Anspruch Genommenen in jedem einzelnen Entrichtungsfalls den Beweis der vorhandenen Berechtigung verlangten, einen Beweis, welcher der Natur der Sache nach oft von sehr zufäl­ ligen Umständen abhing, z. B. ob der Urkauf aufbewahrt worden war, ob die Zah­ lung des LaudemiumS während der Verjährungsfrist in der erforderlichen Anzahl von Fällen nachgewiesen werden konnte, ob das Vorhandensein einer Observanz anzunehmen, k., da fingen diese Prozesse an, Lotteriespielen ähnlich zu werden und den verderblichsten Einfluß auf die Bevölkerung zu äußern. Der eine Kläger verlor, ein anderer gewann den Prozeß, ungeachtet das natürliche NechtSgefühl die Gleichheit der obwaltenden Rechtsverhältnisse für beide Fälle darlegte. Der Eine erhielt das gezahlte Laudemium zurück; der Andere mußte eS nachzahlen, obgleich die Zahlung in dem einen, wie in dem anderen Falle in gutem Glauben geleistet und angenommen worden war. Die in der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821 ertheil­ ten Vorschriften für die Ablösung der Laudemial-Verpflichtungen vermehrten noch diese schroffen Ungleichheiten. Für ganz gleiche Verpflichtungen von Stellen von ganz gleichem Werth mußten die verschiedenartigsten Abfindungen gezahlt werden, je nachdem der Zufall es fügte, daß Veränderungsfälle aus früherer Zeit aufge­ funden und in die Entschädigungs-Berechnung gezogen werden konnten, oder nur neuere hohe Kaufpreise die Norm für die Abfindung bildeten. Am gehässigsten erschienen aber die Naebschußrenten, die um so drückender waren, als der Ver­ pflichtete durch die Provokation des Berechtigten zu einer Baarzahlung von Sum­ men genöthigt werden konnte, die häufig weder mit dem Werth der Verpflichtung, noch mit dem Werth der Stelle überhaupt in Verhältniß standen, und auf die er sich verzubereiten in keiner Weise im Stande gewesen war. Ja eS kam nicht sel­ ten vor, daß durch die Höhe der Nachschußrenten die Entschädigung für eine Ver­ pflichtung geringeren NmfangS höher zu stehen kam, als für eine vom größeren wmfange,.und daß nicht nur die Prozesse über diesen Umfang vergeblich geführt Uaren, sondern sogar der günstige Ausfall bei der Entschädigung zum Nachtheil gereichte. Berücksichtigt man endlich noch den Umstand, daß, sofern eine Ablösung der Laudemialpflicht anhängig war, über diese Verpflichtung im Allgemeinen, die Auseinandersetzungs-Behörde, dagegen über die Verpflichtung zur Zahlung oder Rückzahlung in einem speciellen Veränderungsfall, das Gericht zu entscheiden hatte, und eS bei diesem zwiefachen Kompetenz-Verhältniß vorkam, daß ein und derselbe Fall von der Auseinandersetzungs-Behörde für einen laudemialpflichtigen geachtet, von dem Gericht dagegen erkannt wurde, daß das in diesem Fall entrichtete Lau­ demium znrückzuzahlen sei, oder umgekehrt, so wird man sich den aufregenden Einfluß, welchen diese überaus zahlreichen Prozesse auf die bäuerliche Bevölkerung gemacht haben, leicht erklären und ermessen können, welches Mißtrauen gegen die Gutsherrn und gegen die Behörden nothwendig hierdurch hervorgerufen werden mußte. Es ist daher gewiß eine höchst dringende Aufgabe der Gesetzgebung, diese Nebelstände, wo sie bereits bestehen, zu beseitigen, und in denjenigen Provinzen, in welchen sie erst zu entstehen drohen, zu verhüten. Eine Aushebung aller Laudemien und sonstigen BefitzveränderungS-Abgaben läßt sich in keiner Weise rechtfertigen. Da, wo sie erweislich als Fructus jurisdictionis zu betrachten, fallen sie ohnehin schon nach der VerfassungS-Urkunde weg. Häufig stammen sie aber unzweifelhaft nicht aus der Gerichtsherrlichkeit her, son­ dern sind vielmehr reine Grund-Abgaben. Zu diesen Fällen mangelt jeder Grund zu ihrer unentgeltlichen Aufhebung. Eben so wenig erscheint es rathsam, überall auf den Ursprung der Abgabe zurückzugehen und ihr Fortbestehen lediglich von der Rechtsgüttigkeit dieses Ur­ sprungs abhängig zu macheu. In einzelnen Fällen würde man zwar hierbei fin-

Ges. v. 2. März 1850, tetr, die Ablös. rc., (§§. 36-49 ).

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den, daß die Abgabe ebne rechtlichen Grund ein geführt werden, in anderen da­ gegen auch, daß sie vollkommen rechtsverbindlich stipnlirt worden; in den meisten Fallen aber würde sicherlich das Resultat durchaus zweifelhaft bleiben, mithin ans diesem Wege weder eine Berminderung der Streitigkeiten, 11 cd' eine Beruhigung der Gemüther herbeigeführt, sondern im Gegentheil eine große Zahl neuer zwei­ felhafter Prozesse und schwankender Entscheidungen in denselben Hervorgernfen, die Quelle der jetzt schon bestehenden Aufregung also eher erweitert als verstopft werden. Nach den gemachten Erfahrungen kann vielmehr ein gedeihlicher Erfolg von der Gesetzgebung nur dadurch erreicht werden, daß zur möglichsten Beseiiigung der hervorgetretenen unzähligen Prozesse rücksichtlid' der am häufigsten vorkommenden Streitfragen gesetzliche Präsum­ tionen, und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen deS höchsten Gerid'tShofeS, aufgestellt werden, daß der Beweis der Landemialvfiid't mehr dem praktischen Bedürfniß und dem natürlichen Rechtsgefühl der Interessenten angepaßt, als von juridischen Spitzfindigkeiten abhängig gemacht und so eine Gleichmäßigkeit der Entscheidung bei in der That gleichen Rechtsverhältnissen möglichst erzielt werde, daß aber namentlich midi die Abgabe selbst da, wo sie zu drückend ist, erleichtert, die Entschädignng möglichst gering und möglichst gleid'mäfiig für gtcidie Berpslich tnngen regulirt werde. Bon diesen Grundsätzen ist bei dem gegenwärtigen Gesetz-Entwurf anSgegangen und so die Angelegenheit gewissermaßen im Wege eines Vergleichs, bei dem sowohl die Berechtigten als die Verpfiichtcten von ihren unzweifelhaften Rech­ ten znm Besten deS Ganzen etwas anfgeben, lediglid' nadi der Billigkeit und ans dem praktischen Gesichtspunkte geordnet worden. Nach dem früheren Gesetz-Entwurf v. 10. Juli 184b ') sollten alle BesitzverändernngS-Abgaben, Landemien rc., welche von Descendenten, AScendenten, Ehegatten und Verlobten des Besitzers zu entrichten sind, ohne Entschädigung des Berechtigten wegfallen. Es hat sich aber ergeben, daß in den westlichen Provinzen BesitzverandernngS-Abgaben häufig nur beim Uebergang des pflichtigen Grundstücks auf Descendenten des Besitzers zu entrid'ten sind, während Veräußerungen an Fremde der Abgabe nickt unterliegen. Der Gesetz-Entwurf beabsichtigte keines­ wegs, die Laudemialpflidit im Allgemeinen gänzlich aufzuheben, sondern dieselbe nur, namentlich in den östlichen Provinzen, ivefenHidi zu erleichtern; seine AnSsührung würde aber gerade in den westlichen Landestheilen, in welcken die Besitz­ veränderungs-Abgaben viel weniger drückend sind, als in den östlichen, in vielen Fällen zur vollständigen Aufhebung der Laudemialpflicbt führen. Um nun nicht verschiedene materielle Bestimmungen für die verschiedenen Landestheile in Verschlag zu bringen, wohl aber überall, wie eS beabsichtigt ist, Erleichterungen zu gewahren, ist in dem vorliegenden Gesetz-Entwurf zwar die Aufhebung der Landemialpflicl t der Descendenten, AScendenten, Ehegatten und Verlobten nicht ausgesprochen, dagegen aber darin die Bestimmung ausgenommen worden, daß hei Ermittelung der Entschädigung niemals mehr als drei Verände-

1) Der Entwurf v. 10. Juli 1848, welcher der Preuß. National-Ver sammtnng vorgelegt wurde, enthielt im §. 1. Nr. 7. folgende Bestimmung: „Ohne Entschädigung Seitens der Verpflichteten werden aufgehoben: ,.7) die Berechtigung der Ober-Eigenthümer, Erbverpäcktcr und Guts- oder „Grnndherren, BesitzverandernngS-Abgaben irgend einer Art bei Vers „ändernngen in der Herrschenden Hand zu erheben und bei Verände„rungen in ter dienenden Hand dergleichen Abgaben von Erben in der „auf- und absteigenden Linie, von Ehegatten oder Brautleuten, sowohl „im Falle der Vererbung, als der Neberlassnng unter Lebenden zu „fordern." (Vergl. Aerhandl. der Nationalversamml., Bd. I. S. 488, und die Motive dazu a. a. O. S. 520—521). Die Verhandlungen über diesen Theil deS Entwurfs v. 10. Juli 1848 haben in der Nati0nal-Verfammlung in der 78., 79., 81. und 82. Sitzung statg funden, (a. a. O., Bd. III. S. *1034 ff., 1650 ff, 1702 ff. n. 1723).

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Von t. Ablös. ter Reallasten, den Rcgulirungen u. Gcm. Theilungen.

rungSfälle auf Ein Jahrhundert gerechtet werden sollen. Dies hat bei Feststellung der AblösungS-Rente für die östlieben Provinzen ganz dieselbe Wirkung, als wenn die Laudemialpflicht der Descendenten ic. aufgehoben worden wäre, und gewährt in den westlichen Provinzen eine gleiche Erleichterung in den Fallen, in welchen die BesttzveranderungS Abgabe nicht nur bei Vererbungen an Descendenten, son­ dern auch bei Veräußerungen an Fremde entrichtet werden mußte. Denn die Höhe der Entschädigung war auch schon bisher von der Zahl der auf Ein Jahr­ hundert zu rechnenden BentzveränderungSfälle abhängig: daS Gesetz bestimmte je­ doch, daß hierbei auf einen solchen Zeitraum zwei Fälle der Veräußerungen an Fremde, zwei Fälle der Vererbung an Descendenten und ein Fall der Vererbung an Seitenverwandte und Andere zu rechnen seien. Wenn nun aber nach der vorgeschlagenen Bestimmung deS Entwurfs fortan überhaupt nur höchstens drei Veränderungsfälle auf ein Jahrhundert gerechnet werden dürfen, während bisher fünf solcher Fälle und mehr in Anrechnung kommen konnten, so werden künftig immer nur die Veräußerungen an Fremde, oder die Vererbungen an Descen­ denten, niemals aber beiderlei Fälle zugleich bei Feststellung der Höhe der Entschädigung Berücksichtigung finden. Der Unterschied in der Wirkung zwischen dem früheren und dem gegenwärtigen Gesetz-Entwurf besteht nur darin, daß nach letzterem bis zur Provokation auf Ablösung der Laudemialpflicht daS Laudemium auch von Descendenten, AScendeuten rc. noch entrichtet werden muß, während nach dem früheren Entwurf diese Verpflichtung schon mit Publikation des Ab­ lösungsgesetzes aufgehört haben würde. Dieser Unterschied ist um so unerheblicher, als jedem Verpflichteten die Provokation auf Ablösung der Laudemialpflicht zu aller Zeit freisteht und nach §. 47. deS Entwurfs schon von dem Zeitpunkt der Anbringung der Provokation ab die BefltzveränderungS>Abgabe nicht mehr gefor­ dert werden darf. 2) Die Motive ter Kommission ter II. Kam men

Die BesitzverändernngS-Abgaben haben ebenso, wie die seither gültigen Gesetze über die Ablösung derselben in der neuern Zeit dte heftigsten Anfeindungen erlitten. Wahrend in der frühern Zeit in den leisten Gegenden, in welchen Laudemien vorkommen, besonders in Schlesien, die letzteren nicht sehr drückend waren, weil der Güterverkehr nicht bedeutend und bei dem geringen Kaufwerthe der belasteten Gü­ ter die Abgabe selbst von keinem besonderen Belange war, ist diese Abgabe in der neuern Zeit in demselben Maaße zu einer drückenden Last geworden, als die Ver­ äußerungen und Parzellirungen der Stellen und Grundstücke häufiger geworden sind und der VerkausSwerth ter Grundstücke sich gesteigert hat. Um sich dieser Last zu entledigen, haben die Verpflichteten in den einzelnen EntrichtungSfällen die Eri sten,; der bis dahin unbestritten gewesenen Laudemialpflicht in Abrede gestellt und deit Beweis der vorhandenen Berechtigung verlangt. Die hieraus hervorgegange­ nen Prozesse find in ihren Entscheidungen von Cer Zufälligkeit des Vorhandenseins der Beweismittel abhängig gewesen, und ost unter den obwaltenden gleichen Rechts Verhältnissen verschieden entschieden worden. Erwägt man hierbei, daß auch die Ansichten der Gerichtshöfe über die Begründung einer Laudemial - Verpflichtung öp lerS gewechselt haben, so läßt eS sich erklären, daß daS natürliche Rechtsgefuhl in Betreff dieser Rechtsverhältnisse dergestalt erschüttert worden ist, daß sowohl die Berechtigten als die Verpflichteten die anderweite Regelung derselben als ein drin­ gendes Bedürfniß erachten. Ebenso Haben auch die seitherigen Ablösungs-Prinzipien die Betheiligten nicht besriedigt. Die Entschädigungen für gleiche Landemial - Verpflichtungen von Stellen von ganz gleichem Werth sind oft in ausfallender Verschiedenheit fest gestellt worden. Die Höhe derselben ist vorzugsweise davon abhängig gewesen, ob der ablösende Wirth seit längerer oder kürzerer Zeit im Besitze der Stelle ist, und ob die bei der Berechnung zu berücksichtigenden Veränderungsfälle der ältern oder neuern Zeit angehören; die Entschädigung ist daher mehr nach zu fälligen Umständen, als nach dem wahren Werthe der Berechtigung abgemessen worden. Die Agrar-Kommission hat daher die anderweite Regelung dieser Verhältnisse und die Abänderung der seither gültigen Ablösungs-Gesetze als ein dringendes Be­ dürfniß anerkannt. Die Vorschläge der Regierung sind einer sorgfältigen Berathung unterworfen worden, Dieselben weichen mehrfach von den allgemein geltenden Rechtsprinzipien

Ges. v. 2. März 1850, ketr. die Ablös. rc., ($§. 36—49.).

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ab, und enthalten eine gänzliche Umgestaltung der seitherigen AblösungsGrundsätze. So bedenklich es auch erscheinen mag, in der Ablösungö - Ordnung in Betreff eines einzelnen Rechtsverhältnisses die seitherigen Rechts- und Beweistheorien zu andern, so hat doch die Agrar-Kommission bei der Eigenthümlichkeit der LaudemialVerhaltnisse sich für solche Abänderungen entscheiden zu muffen geglaubt und schließlich die Vorschläge der Königl. Reg. mit den zu den §§. 42. und 45. bean­ tragten Abänderungen angenommen. Dieselbe ist hierbei von der Ansicht geleitet worden, daß eS vorzugsweise daraus ankomme, eines Theils durch Ausstellung von mäßigen Ablösungssätzen die vorhandenen Härten in der seitherigen Gesetzgebung zu beseitigen, andern Theils die jetzt vielfach drohenden neuen Prozesse, welche in Be­ treff ihres Endresultats höchst zweifelhaft erscheinen, abzuschneiden und glaubt, daß die Annahme ihrer Vorschläge zur Beruhigung der Gemüther wesentlich beitragen wird.

3) Die Motive der Kommission der I. Kammer: So sehr auch die Ansichten der Mitglieder der Kommission darin von einander abweichen, ob durch die Bestimmungen dieses Titels den Berechtigten namhafte Opfer und Verluste zugemuthet würden, was von mehreren Seiten, zumal für die Fälle, wo Urbarien und Hypothekenbücher unzweifelhaftes Recht verbrieften, behaup­ tet, von der andern Seite, schon wegen der Zufälligkeit des Eintritts des Rechts und noch mehr wegen der ungewissen finanziellen Folgen des bisherigen Verfahrens bestritten wird, so hat doch die Kommission im Allgemeinen das Prinzip gebilligt, von welchem die Regierung in dieser Materie in dem Gesetzentwürfe ausgegangen ist. Sie erkennt an, daß gerade dieses Verhältniß vorzugsweise einer schleunigen Lösung bedürfe, da gerade in ihm, und zwar von einer ungenügenden Gesetzgebung begünstigt, insbesondere jedoch in Schlesien, der Keim zu den langwierigsten und gehässigsten Streitigkeiten gelegen habe ; weil fast mehr, als in irgend einem andern Rechtsverhältnisse, der bloße Zufall zu den schreiendsten Ungerechtigkeiten geführt habe. Die durch ihn bedingte allergrößte Verschiedenheit der Abfindung von zwei Grundstücken ganz gleichen Werthes und ganz gleicher Verpflichtung, die Widersin­ nigkeit, daß eS in dem Interesse des Berechtigten liegen konnte, ein geringeres Recht zu behaupten, um eine größere Entschädigung zu erhalten, und im Interesse deS Belasteten, eine umfangreichere Pflicht zu behaupten, um eine geringere Entschädi­ gung zu bezahlen, sind schlagende Beweise für die Fehlgriffe der früheren Gesetz­ gebung. Kommt dazu die Zweifelhaftigkeit des Rechts in vielen Fällen, die in der Provinz Sachsen über 60 streitige Punkte hervorrief, welche sämmtlich in verschie­ denen Prozessen gleichzeitig zur Entscheidung gestellt waren und die schwankende PrariS der Gerichtshöfe, die um so nachthciliger wirkte, als eine und dieselbe Frage, je nachdem sie sich in der condictio indebiti, oder in Bezug auf die Anrechnungs­ fähigkeit eines Falls bei der Ablösung geltend machte, zu derselben Zeit und zwi­ schen denselben Partheien von verschiedenen Richterbehörden verschieden entschieden werden konnte, so muß eS als ein im Allgemeinen gelungenes Mittel anerkannt werden, wenn die Regierung in den §§. 36—49. durch einen großen Vergleich die schwierigen Fragen zu lösen versucht hat. Die einzelnen Paragraphen stellen so gewissermaßen die einzelnen Punkte des Vergleichs dar, die einander wechselseitig bedingen, und die daher auch nach der Ansicht der Kommission nur entweder unge­ trennt verworfen, oder ungetrcnnt angenommen werden können, da ein stückweises Annehmen und Verwerfen den verwaltenden Hauptgedanken zerstören und das Gleichgewicht zwischen den Partheien verletzen würde, welches durch die Bestim­ mungen im Zusammenhänge aufrecht zu erhalten die Regierung mindestens beabsich­ tigt hat. Die Kommission hat sich, um dies bald vorauszuschicken, in ihrer großen Mehrheit dafür erklärt, daß jene Absicht gelungen fei, und sieht ihr Urtheil in dem von einem ihrer Mitglieder mitgetheilten Falle bestätigt, in welchem ein Berechtig­ ter bereits im Jahre 1 >47 durch einen, säst ganz nach den jetzigen Grundsätzen deS Gesetzes abgeschlossenen Vergleich in einem bedeutenden Umfange zu völliger Zufriedenheit beider Theile daS Verhältniß gelöst hat. Es wird hier, wie überall, auf die ausführlichen Motive, sowohl der Regierung, als in dem Kommissions-Be­ richte der 11. Kammer, verwiesen.

III.

Das Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 bat nur zwei Gattungen 26

Vunde-1-Kulruv-Gesetzg. Bk. H.

402

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u Gem. Theilungen,

der Besitzveranderungs-Abgaben ganz unbedingt und ohne Entschädigung aufgehoben, nämlich:

a) alle Besitzveränderungs - Abgaben bei Veränderungsfallen in herrschender Hand (§. 36.) und b) alle seit Einführung des Landes-Kultur-Edikts v. 14. Sept. 1811 nett entstandenen unfirirten BesitzveränderungS-Abgaben (§. 37).

Außerdem ist aber noch bestimmt worden, daß von einem und dem­ selben Grundstücke fortan niemals mehr als eine Art von Besttzveränderungs-Abgaben gefordert werden dürfe (§. 38.). Der Entwurf y. 10. Juli 1848, welcher der Preuß. National-Versammlung vorgelegt wurde, wollte weiter gehen und auch die BesttzveränderungsAbgaben von Erben in auf- und absteigender Linie, von Ehegat­ ten und Brautleuten ohne Entschädigung aufheben; J) allein hiervon wurde in dem neueren Entwürfe, welcher dem Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 zum Grunde liegt, wieder Abstand genommen, 1 2) und es beschränkt sich daS gegenwärtige Gesetz darauf, Erleichterungen der Belasteten ein­ treten zu lassen, erstlich durch Aufstellung ihnen günstiger Rechtövermuthungen (§§. 38. u. 39.) und einer zweckmäßigeren Beweistheorie (§. 40.), und zweitens durch Einführung billigerer Grundsätze bezüglich der Ermittelung der Entschädigung (§§. 41. ff.). Die (oben S. 397 mitgetheilten) allgemeinen Motive zu den §§. 36—49. des Entwurfs besagen in dieser Beziehung insbesondere: Eine Aufhebung aller Laudemien und sonstigen Besitzveränderungs - Abgaben läßt sich in keiner Weise rechtfertigen. Da, wo sie erweislich als frucius jurisdictionis zu betrachten, falten sie ohnehin schon nach der Verfas­ sung S-Nrkun de weg. Häufig stammen sie aber unzweifelhaft nicht aus der Genchtsherrlichkeit her, sondern sind vielmehr reine Grund-Abgaben, jn die­ sen Fällen mangelt jeder Grund zu ihrer unentgeltlichen Aufhebung.

ES ergiebt sich mithin hieraus, daß alle diejenigen Besitzveränderungs­ Abgaben, und insbesondere Laudemien, für aufgehoben zu erachten sind, von welchen sestgestellt werden kann, daß sie frucius jurisdictionis (Nutzungen der Gerichtsbarkeit) sind; wogegen (mit Ausnahme der durch die §§. 36. u. 37. unbedingt aufgehobenen) diejenigen fortbestehend blei­ ben, hinsichts welcher die Grund ab g ab en - Qualität sestgestellt wer­ den kann. Dies folgt auch aus der (in den Motiven des Regier. Entw. in Bezug genommenen) VerfassungS-Urkunde. Sowohl die oktroyirte Verfas­ sungs-Urkunde v. 5. Dec. 1848 (Art. 40.), als auch die revidirte Verfas­ sungs-Urkunde v. 31. Jan. 1850 (Art. 42.) enthalten nämlich die Bestimmung, daß ohne Entschädigung aufgehoben sind: die Gerichtsherrlichkeit, die gutsherrliche Polizei und obrigkeitliche Gewalt, desgleichen die auS diesen Befugnissen herstammenden Verpflichtun­ gen, und in Folge dessen verordnet auch das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 im §. 3. No. 5., daß ohne Entschädigung (soweit sie noch bestehen) aufgehoben sein sollen: alle Abgaben und Leistungen, welche außer den Kosten, de­ ren Erhebung sich auf die gesetzlich bestehenden Gebühren-Taren

1) Vergl. oben die Note 1. S. 399. 2) Vergl. darüber die allgem. Motive zu §§. 36. ff. des Regier. Entw., oben S. 397 ff.

Ges. v. 2. März 1850, -etr. die Ablös. rc., (§§. 36—49.).

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gründet, für einzelne gerichtliche Akte oder bei Gelegenheit der­ selben, entrichtet werden. Hiernach kommt es also in Betreff der Frage, ob eine, nicht nach §§. 36. u. 37. unbedingt aufgebobene, Besttzveränderungs-Abgabe, insbesondere eine Laudemial-Abgabe, für fortbestehend zu erachten sei oder nicht, allemal darauf an, ob dieselbe die Natur der Grund-Abgabe (Reallast) oder einer Nutzung der Gerichtsbarkeit*) hat. Was nun insbesondere die Laudemien, und speziell die Schlesischen Laudemien betrifft, so ist bekanntlich deren rechtliche Natur sehr strei­ tig ?) und es haben namentlich sowohl das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen, als auch das Ober-Tribunal in ih­ ren Entscheidungen hierüber geschwankt.

1) In dieser Beziehung ist darauf aufmerksam zu machen, daß ein Unterschied besteht zwischen Sporteln und anderen fructus jurisdictionis. Sportel ist alles das, was als Abgeltung einer gerichtlichen, bestimmten Handlung gegeben wird. Es gab aber auch viele Abgaben, welche bloß bei Gelegenheit einer ge­ richtlichen Handlung oder als nothwendige Folge derselben erlegt wurden. Dies waren Abgaben, welche dem Gutsherrn als Gerichtsherrn zur Anerkennung der Gerichtsbarkeit, oder für den dadurch gewahrten Schutz, oder zur Erleichterung der Lasten derselben gegeben wurden, wenn ste auch ausschließlich und nothwendig bei gewissen Rechtsgeschäften vorkamen. (Vergl. Koch's Schles. Arch. Bd. 1. S. 62—63). Alle diese aus der Gerichtsherrlichkeit stammenden Abgaben sind Nut­ zungen der CivilgerichtSbarkeit. Die Gebühren - Tare v. 23. Aug. 1815 hat nur diejenigen Abgaben, welche Sporteln sind, insoweit sie darin nicht mit aus­ genommen worden, aufgehoben. Die übrigen fructus jurisdictionis, also diejenigen Abgaben, welche bei Gelegenheit eines gerichtlichen Aktes gegeben werden mußten und nicht eine Tare für den gerichtlichen Akt waren, bestanden nach wie vor fort. Sie sind erst durch den Art. 42. der Verfass. Urkunde und durch §. 3. Nr. 5. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 aufgehoben, und deshalb kommt es in Betreff der Besitzveränderungs-Abgaben, insbes. der Laudemien, aus die Beantwortung der Frage an, ob sie die Natur einer Sportel, beziehungsweise einer Nutzung der Ge­ richtsbarkeit haben, oder für Grundabgaben zu erachten sind. 2) Bergt, darüber folgende Literatur: Franzkius, tractat. nov. de laudemio. Jen. 1628. — Henne, de laudemio censuali. Erf. 1770. — I. H. Eberhardt, Betrachtungen über die Laudemien und Anfallsgelder, besonders in Beziehung auf die Kaiserl. WahlKapitulation. Wittenberg 1771 — 1772. 2 Thle. — Beck, de jure detract. und vom Handlohn. Neue Ausg. mit Zus. von Lange. Baireuth 1781. — Schröter, theoret. u. prakt. Abhandlung von Lehnwaare und anderen Belehnungsgebühren. Berlin 1789. 2 Thlr. — Klingner, Sammlung zum Bauernrechte, Th. IV. S. 58 ff. Insbesondere die Schlesischen Laudemien betreff.: Tietze, über die Laudemien-Verfassung in Schlesien. (Abhandl. in v. Kamptz Jahrb.. Bd. 27. S. 35 ff.). — Fragmente über das Verhältniß der Gewohn­ heitsrechte zu Gesetzbüchern in besonderer Beziehung auf die Verpflichtung der Descendenten, Laudemien von Rustikalstellen zu entrichten. (Abhandl. in v. Kamptz Jahrb., Bd. 33. S. 3 ff.). — Ueber die Laudemialpflicht der Bauer­ güter und deren Ablösung, mit besonderer Rücksicht auf Schlesien und auf die Laudemialpflicht der Descendenten. (Abhandl. in der Zeitschr. für gutsherrl.bäuerl. Verhältnisse rc. von Forni, Kuh und Ma such, Bd. 1. S. 43 ff., 244 ff. u. 535 ff.). — W. Tesche, die Laudemien-Frage. Breslau 1841. — Schlesische Laudemial- und Urbarial-Angelegenheiten. Breslau 1844, bei L. Freund. — Robe, die Schlesischen Laudemien und die Beschlüsse der Abge­ ordneten. Breslau 1849. — Desselbeu, Abhandl. über Laudemien, in dessen Lehrzeitung für Entlastung des bäuerl. Grundbesitzes, Jahrg. 1850, S. 11., 14., 19., 29., 145., 151.

404

Don fr. Ablös. frer Reallasten, fren Regulirungen u. Gern. Theilungen.

A. Die Ansichten frer Gerichtshöfe. a) In einem in fren Jahren 1847 und 1848 entschiefrenen Rechtsfalle haben Beite genannte Gerichtshöfe (unter Bestätigung fres UrtelS frer Ge­ neral-Kommission zu Breslau v. 4. Dec. 1846) frurch frie konfor­ men Erkenntnisse v. 16. Nov. 1847 unfr 20. Sept. 1848 anerkannt, fraß frie Laufremien auch in Schlesien zu fren Früchten frer Gerichtsbarkeit gehören. *) (Entsch. des Ob. Trib. Bd. 17. S. 102 ff. und Zeitscbr. des Rev. Kolleg. Bd. 2. S. 215 ff. und S. 318 ff.)

Diese Erkenntnisse führen aus, fraß frie Verfassung Schlesiens in dieser Beziehung im völligen Einklänge stehe mit frer Bestimmung fres A. L. R. II. 17. §. 116., wonach Laufremien gewöhnlich zu fren Nutzungen frer Civilgerichtsbarkeit gehören. Jnöbesonfrere stehe frie Fürstlich Oels'sche Lanfres-Orfrn. v. 27. April 1617. Pars II. Art. VI., auf welche man sich für frie entgegengesetzte Meinung berufe, nicht entgegen, sonfrern entscheifre nur, fraß fräs Auf- unfr Abzugsgelfr zu freu Früchten nicht frer oberen, sonfrern frer niederen Gerichtsbarkeit gehöre. Die älteren Schlesischen ProvinzialRechtslehrer, namentlich Pachaly (S. 218), Friedenberg (Tract. Lib. II. cap. 24. §. ¥.), Stylo (S. 282 ad 22 ) stimmten darin überein, fraß das Schlesische Laufremium 1 2) eine Abgabe für den Verreich und frie Konfirmation an freu Gutsherrn, als gleichzeitigen Trägers der Ge­ richtsbarkeit, sei, womit auch ältere Schlesische Gesetze (Kommissions­ Dekret v. 25. Juni 1612 bei Friedenberg Tract. Tom. II. S. 167, frie Kaiserl. Pragmatica v. 10. April 1693 bei Brachvogel Cont. Bfr. 3. S. 775 unfr fräs Efr. v. 13. Jan. 1744 in Korn' s Efr. Samml. Th. 11. S. 118) im Einklänge ständen, fresgl. fräs Gutachten frer Gesetz-Kommiff. v. 6. Jan. 1804 (Rabe Bfr. 8. S. 216) und §. 2. fres Publ. v. 8. April 1809 (a. a. O. Bfr. 10. S. 80). b) Dagegen hat frer II. Sen. fres Ob. Trib. neuerdings (in dem Erk. v. 21. Okt. 1852) angenommen,

1) Es ist hierbei zu bemerken, daß der Fall, in welchem diese Entscheidungen ergangen und, nickt einen RecktSstreit zwischen dem Laudemial-Berecktigten und V e rp fl ick t e t e n über die LandemialVerbindlichkeit selbst, sondern zwischen dem FiSkuS und dem Käufer eines DvmaincnguteS über die Frage betraf, ob die Laudemien dem FiSkuS, welcker sich die GericktSbarkeit refervirt hatte, oder dem Käufer der Domaine, als Gutsherrn, gebührten. 2) Das Ob. Trib. bemerkt, daß diese in Schlesien hänsig vorkommende BesitzverändernngS - Abgabe, früher gewöhnlich Auf- und Abzugsgeld genannt, spater auch mit den Namen „Laudemium" belegt worden sei, aber nickt mit dem eigent­ lichen Laudemium verwechselt werden dürfe, welckeS bei Erb zins- und emphy teutiscken Gütern dem ErbzinSherrn und dem dominus emphyleuseos bei Ver­ äußerungen in recognitionem dominii oder dock des ObereigenthumS wegen gegeben werden muß (L. 3. Cod. IV. 66., Thibaut, §. 632., A. L. R. I. 18. §. 747.), wogegen die hier in Frage stehende Abgabe bei eigenthümlich besessenen Grundstücken vorkomme und daher anderer Natur sein müsse. Sie verdanke ihren Ursprung der früher in Schlesien bestandenen Verfassung, nach welcher, wie dies auck das Sächsische Neckt vorsckrieb (investitura Saxonica et allodialis. Decisio 61. de 1661. Dccisio 1. de 1741. Curtiu6, Bd. 2. §. 540.), das Eigenthum eines Grundstücks nicht schon durch die Naturalübergabe erlangt werden konnte, sondern dazu die gerichtl. Auslassung und Verreickung von dem Richter erforderlich war, denen bei bäuerlichen Grundstücken die Konfirmation der Grundherrschaft als GericktSobrigkeit hinzutrat. Die hierfür zu ent­ richtende Abgabe sei das Auf- und Abzugsgeld, welches im Gegensatze zu dem eigentlichen laudemium auch laudemium minus plenum, auch MannSthaler, ge­ nannt werde. (Vater, Th. I. S. 241., Eichhorn, §. 216., Runde, §.531., Eurtius, II. S 184, §. 623.).

Ges. v. 2. März 1850, berr. die Ablös. rc., (§§. 36—49.). daß die Schlesischem Laudemien x) nicht zu Früchten der Gerichtsbarkeit gehören. Diese Entscheidung stützt sich auf folgende Gründe.-

den

405

aufgehobenen

Abgesehen davon, daß der Art. 42. der Vers. Urkunde v. 31. Ian. 1850 sich nicht darüber anSspricht, ob lind in wie weit die Besitzverändernngs - Abgaben mit Aushebung der bisherigen Gerichtsbarkeit und gutsherrlichen Polizeigewalt wegfallen oder beibehalten werden sollen, die weitere Ausführung seiner allgenteinen Anord­ nungen vielmehr besonderen Gesetzen vorbehält, — konsiirt nicht, daß das Laudeniiiint vorkommenden Falls eine Leistung oder ein Beitrag zur Uebertragung der kasteit der PrivatgcrichtSbarkeit oder gutsherrlichen Polizeiverwaltung sei und eben so wenig ist dessen Sporteleigenschaft sestgestetlt. Die Bestimmungen der Nr. 4. und 5. des §. 3. des G. v. 2. Mär; 1850 kommen daher nicht zur Anwendung. — In der Eigenschaft des Laudemü, als einer Frucht der Gerichtsbarkeit, liegt aber auch kein Grund, um dessen Aushebung anzunehmen, wenigstens hat das G. v. 2. März 1850 dies nicht ausgesprochen, im Gegentheil dadurch, daß es im Abschn. VI. von der Ablösung der Besitzverändernngs-Abgaben handelt, deren Beibe­ haltung anerkannt, sofern sie auf Grundstücken haften, also Reallasten sind, was (int vorliegenden Falle) durch Anerkenutniß in Gemäßheit des §. 40. des Ges. v. 2. März 1850 sestgestetlt worden ist. (Strietho rst s Arch. Bd. 7. S. 285t. Nr. 59.)

In einem anderen (nicht veröffentlichten) Falle ist derselbe Senat des Ob. Trib. (in dem Erk. v. 21. April 1853) zu der Ansicht gelangt, daß das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 die durch dasselbe nicht aufgehobe­ nen Laudemien präsumtiv für fortbestehende Gr und abgaben erkläre.

Diese Entscheidung geht auf die Bestimmungen des Art. 42. der Ver­ fasst! ngS-Urkunde gar nicht ein, sondern deducirt folgendermaaßen: Die Berufung auf das ältere Präjudikat v. 20. Sept. 1848 erscheint schon deshalb unzulänglich, weil es vor Emanation des Ges. v. 2. März 1850 erging 1 2). Dies Gesetz aber hat zuerst für die Präsumtion, welcher Natur eine BesitzverändcrungS-Abgabe sei, deklaratorisch, also maaßgebend für alle noch unentschiedenen Rechtsfalle (§. 15. Einl. zum A. L. R.) eine feste Gränze gezogen, während bis dahin die Gesetzgebung diese Streitfrage nicht gelöst hatte, weshalb die Frage, auf welchen Fundamenten eine derartige Abgabe beruhe, in jedem einzelnen Falle nach den faktischen Verhältnissen zu beurtheilen war. (Revid. Entw. deS Schles. Prov. RecktS, §. 94.). Nachdem das G. v 2. März 1850 nämlich in den §§. 36. bis 38. die Aushebung der Besitzverändernngs-Abgaben bei VerändernngSfällen in herrschender Hand, aller unsirirten, erst nach Einführung des Ed. v. 14. Sept. 1811 neu entstandenen BesitzveränderungS-Abgaben, und des Rechtes, von einem und demselben Grundstücke mehrere Arten von BesitzveränderungS-Abgaben zu er­ heben, ausgesprochen hat, reiht es hieran in den §§. 38. und 39. die Bestim­ mungen, daß wenn bisher mehrere Arten von BesitzveränderungS-Abgaben neben einander entrichtet werden, zu vermuthen sei, daß die höhere dieser Abgaben eine Grund abgabe sei, und daher fortbcstehe, die geringere dagegen zu den im § 3. aufgehobenen Abgaben gehöre; daß dagegen von den unter einer auf eine Gerichts­ handlung hindeutenden Benennung vorkommenden Besitzveränderungs-Abgaben auch in solchen Fällen, in welchen neben ihnen keine anderen BesitzveränderungS-Abgaben entrichtet werden, die Vermuthung gelte, daß sie Geriebtssporteln sind und zu den nach §. 3. Nr. 5. aufgehobene Abgaben gehören.

1) Daß die „ Lehnwaare" nicht zu den nach §. 3. Nr. 5. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 aufgehobenen Lasten gehöre, hat das Ob. Trib. auch in Erk. v. 12. Febr. 1852 (Zeitschr. des Revis Kolleg.,Bd. 5. S. 379—381) angenom­ men. Vergl. Zus. zum §. 3. Nr. 5. des Ablös. Ges. (s. oben S. 265—266). 2) Dieser Grund erscheint deshalb nicht zutreffend, weil das Präj. v. 20. Sept. 1848 materiell ausführte, daß Laudemien nach den Grundsätzen des A. L. R. und des Schlesischen Prov.-Rechtes stets, bis zum Nachweis des Gegen­ theils, für fructus jurisdictionis zu erachten seien.

406 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Es wird schließlich noch ausgeführt, daß die Benennungen: „Laudemien" und „Abfahrt von Kaufgeldern" nicht auf eine Gerichtshand­ lung deuteten (§. 39.) und daß daher dergleichen Abgaben für Sporteln präsumtiv nicht zu erachten seien (Acta des Revis. Kolleg. Schlesien Litt. A. No. 11).

c) Das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen hat (ebenfalls in einem Schlesischen Falle) in neuerer Zeit (per sent. v. 11. Juni 1852) den Grundsatz ausgesprochen, daß in der Vorschrift des §. 116. A. L. R. II. 17. keine gesetzliche Präsumtion dafür erkannt werden könne, daß die Laudemien aus der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit originiren oder die Natur der Ge­ richtskosten haben. i) In dem dieser Entscheidung zum Grunde liegenden Rechtsstreite war Seitens der Verpflichteten die Laudemialpflichtigkeit ihrer Stellen bestritten, weil nach §. 116. a. a. O. die Präsumtion dafür streite, daß die Laudemialabgaben an die Gerichtsherrschaft zu zahlen und als Früchte der Civil-Gerichtobarkeit nach §. 3. No. 5. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 und in Folge der Aufhebung der Privat-Gerichtsbarkeit aufgehoben worden seien. Die Gutsherrschaft hatte dieser Ansicht widersprochen, weil bei der Frage, ob Laudemien ohne Entschädigung wegfallen sollten, nicht der §. 116. A. L. R. II. 17., sondern der Schlußsatz des §. 3. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850, wonach Laudemien nur in soweit ohne Entschädigung wegfie­ len, als dies in den §§. 33. ff. a. a. O. vorgeschrieben sei, zur Anwen­ dung komme. Der Richter erster Instanz (die General-Kommission zu Bres­ lau) hatte sich der Ausführung der Gutsherrschaft angeschloffen und an­ genommen, daß es ebenso nach dem A. L. R., als nach dem Schlesischen Provinzial-Rechte zweifelhaft sei, ob die Laudemien aus der Gerichtsbarkeit originirten, und daß gerade diese Zweifel durch den Schlußsatz des §. 3. und den Tit. VI. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 dahin hätten entschie­ den werden sollen, daß in Betreff der Entscheidung der Frage über den unentgeltlichen Wegfall der Laudemien nunmehr die Bestimmungen des Tit. VI. a. a. O. maaßgebend seien. Das Revisions-Kollegium führt nun aus: Die Ansicht, daß Laudemien, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung, nur insoweit aufgehoben seien, als dies im Tit. VI. des Ablös. Ges. v. 2. Mär; 1850, in Ver­ bindung mit §. 3. Nr. 4. a. a. O. ausgesprochen worden, kann nicht als be­ gründet erachtet werden. Der Art. 42. der Verfass. Urkunde v. 31. Jan. 1850, in Verbindung mit §. 3. Nr. 4. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 hebt alle aus der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit originirenden Abgaben auf, und hat hiervon auch Laudemien, wenn sie sich auf die aufgehobene Privat-Gerichtsbarkeit gründen, nicht ausgeschlossen. Daß aber auch Laudemien dieser Art in der That zur Kathegorie der unentgeldlich aufgehobenen Abgaben gehören sollen, geht unzweifelhaft aus den Motiven der Staatsregierung zum Ablös. Ges. hervor.

Die Urtels-Gründe nehmen hierüber Bezug auf die oben S. 402 be­ reits mitgetheilte Stelle aus den allgemeinen Motiven des Regier-Entw. zu §§. 36 — 49. und bemerken sodann ferner: Hiernach kann es nicht zweifelhaft sein, daß Laudemien unbedingt aufgehoben sind,

1) DaS Revisions-Kollegium hat auch in mehreren Fällen bereits angenommen, daß der Einwand, daß in Schlesien die Laudemien GerichtSsporteln und darum unentgeldlich aufgehoben seien, nicht begründet sei. Vergl. Präj. Samml. deffelb. S. 35. Nr. 15.

Ges. v. 2. Mär; 1850, betr. die Ablös. rc., ($§. 36—49.).

407

wenn sie zu den int §. 3. a a. O. bezeichneten Kathegcrien gehören: dieselben fallen aber auch als Grundabgaben in den Fällen weg, wenn sie bei Besitz­ veränderungen in herrschender Hand zu entrichten (§. 36.) oder erst nach Einfüh­ rung deS Kultur-Ed. v. 14. Sept. 1811 stipulirt werden sind. ES gelangen daher stets diejenigen Laudemien zur unentgeldlichen Aushebung, von welchen erweislich gemacht werden kann, daß selche in der aufgehobenen Gerichtsherrlichkeit ihren Gruud haben. Dies muß aber fciircb bestimmte That fachen naebgcwiesen werten: die bloße Berufung auf die Berschrift des §. 116. A. L. R. 11. 17., wen ach „Laudemien gewöhttlich zu den Nutzungen der EivilGerichtsbarkeit gehören", ist nicht genügend. In dieser Vorschrift ist nicht eine rechtliche Präsumtion für die gerichtsherrliche Natur der Laudemien, sondern nur daS thatsächliche Ergebniß der nach der Ansicht der Redaktoren deS A. L. R. in den meisten Landestheilen („gewöhnlich") bestehenden Verhältnisse historisch erwähnt. Dies geht schon aus der Stellung der Vorschrift im A. L. R. hervor. Jene Be­ stimmung ist in dem Titel über die Gerichtsbarkeit enthalten, und bezweckt zunächst nur eine Unterscheidung zwischen den Früchten der Civil- und denen der CriminalGerichtSbarkeit, während dieselbe, wenn sie die Natur der Laudemien für alle Lan­ destheile hätte entscheiden sotten, wohl eher ihren Platz unter den Vorschriften über Laudemien im Tit. 18. Th. I. A. L. R. gefunden haben würde. Noch mehr aber wird die obige Ansicht, daß daS A. L. N. keine rechtliche Präsumtion für die ge­ richtsherrliche Natur der Laudemien ausgestellt hat, durch die Erwägung begründet, daß daS A. L. R. die Laudemial-Verpflichtung vorzugsweise als eine Last des Erb­ pächters oder ZinSmanneS bestimmt und dieses Verhältniß mit der Gerichtsbarkeit nichts zu thun hat und ein Gleiches auch von den auf Lehngütern haftenden BcsitzveränderungS-Abgaben behauptet werden muß. Endlich findet auch diese Ansicht eine Unterstützung in den Motiven zum Ablos. Ges. v. 2. März 1850, indem auch nach diesen der spezielle Nachweis der Natur der Laudemien gefordert wird, wenn solche als fructus jurisdiciionis angesehen werden sotten, sowie in dem Umstande, daß daS gedachte Gesetz keineSweges alle Laudemien aufgehoben hat, waS doch ge­ schehen sein würde, wenn die gesetzgebenden Gewalten in dem §. 116. A. L. R. II. 17. eine praesumtio Juris et de jure anerkannt hätten. (Zeitschrift deS Nevis. Kolleg. Bd. 6. S. 57 ff. n. Präj. Samml. desselb. S. 49, Nr. 29.).

Es ergiebt sich aus den mitgetheilten Entscheidungen des höchsten Ge­ richtshofes und des Revisions-Kolleg, für LaudeS-Kultur-Sachen, daß beide Gerichtshöfe früher als feststehend angenommen ha­ ben, daß die Laudemien, insbesondere in Schlesien, präsumtiv eine aus der Civil-Gerichtsbarkeit stammende Abgabe seien. ’) Das Ob. Trib. hat auch in der (oben mitgetbeilten) neueren Entscheidung v. 21. Oft. 1852 dies nicht geradezu und allgemein in Abrede gestellt; allein dasselbe nimmt an, daß weder die Verfass. Urkunde v. 31. Jan. 1850, noch daS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 das Laudemium als Frucht der Gerichts­ barkeit für aufgehoben erklärt haben. Die Ausführung des Ob. Trib. geht nämlich anscheinend von der in neuerer Zeit vielfach gehörten Annahme auS, daß die Verfass. Urkunde für sich allein noch kein bindendes Gesetz sei, sondern daß es erst noch besonderer Gesetze bedürfe, um de­ ren Prinzipien inS Leben zu führen. Für die vorliegende Frage wird spe­ zielles Gewicht darauf gelegt, daß der Art. 42. der Verfass. Urkunde selbst die weitere Ausführung seiner allgemeinen Anordnungen besonderen

1) ES betraf zwar, wie bereits oben S. 404, Note 1. erwähnt, der durch jene früheren Urtel entschiedene Rechtsstreit keinen Streit zwischen dem Landemial-Berechtigtcn und Verpflichteten unter sich, sondern die Frage, ob die Laudemien dem FiSkuS, als Inhaber der Gerichtsbarkeit, oder dem Do­ main en-K äufer, als Gutsherrn, gebührten; allein die erwähnten Urtel entscheiden dennoch direkt die Frage über die Natur der Laudemien, und zwar dahin, daß sie sowohl nach teil Grundsätzen des A. L. R., als auch deS Schle­ sischen Prov.-Rechtes für frueins jurisdiciionis zu erachten, so lange nicht in concreto eine andere Qualität nachgewiesen worden.

408

Von d- Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Gesetzen vorbehalte. l) Da nun das in Ausführung deS Art. 42. a. a. O. ergangene Ablös. Ges. v. 2. März 1850 nicht ausgesprochen habe, daß das Laudemium — in der Eigenschaft als Frucht der Gerichts­ barkeit — wegfallen solle, so sei, wie das Ob. Trib. weiter auSführt, nicht anzunehmen, daß eS als solche habe aufgehoben werden sollen; im Gegentheil ergebe sich auS den Bestimmungen des Tit. VI. des Ablös. Ges., daß die Beibehaltung der Laudemien, insoweit sie auf Grundstücken hasten, vom Gesetzgeber anerkannt sei. — Gegen diese Rechtsausführung des höchsten Gerichtshofes ist zunächst einzuwenden, daß die Verfass. Urkunde mindestens dieselbe Kraft hat, wie jedes Spezial-Gesetz, und daher nicht entfernt der Grundsatz ge­ rechtfertigt werden kann, daß deren disposttive Bestimmungen nicht sofort mit ihrer Publikation gesetzliche Kraft erlangt hätten. Im Gegentheil ist gerade die Verfass. Urkunde eine die Spezial-Gesetzgebung bindende Norm und jedes damit nicht im Einklänge stehende Spezial-Gesetz trifft entschieden der Vorwurf der Verfass«ngSwidrigkeit, wenngleich solche (nach Art. 106.) allerdings nicht von den Behörden, sondern nur von den Kammern gerügt werden darf. Es besagt übrigens der Schlußsatz des Art. 42. keinesweges, daß dessen Ausführung durch den Erlaß be­ sonderer Gesetze bedingt werde, sondern nur, daß die weitere Ausfüh­ rung der im Art. 42. niedergelegten Grundsätze besonderen Gesetzen Vor­ behalten bleibe. Der Art. 42. hat aber in Betreff der Früchte der Ge­ richtsbarkeit nur dasjenige wiederholt, was der Art. 40. der oktroyirten Verfass. Urkunde v. 5. Dec. 1848 bereits gesetzlich festgestellt hatte, nämlich, daß ohne Entschädigung aufgehoben sei: die Gerichtsherrlichkcit, die gutsherrliche Polizei und obrigkeitliche Gewalt, desgleichen die aus diesen Befugnissen herstammenden Verpflichtungen. Dies hatte der Art. 40. der Verfass. Urk. v. 5. Dec. 1848 ohneHinweisung auf ein erst zu erlassendes Spezial-Gesetz ausgesprochen, und dadurch ist der erwähnte Rechtssatz unzweifelhaft sofort durch die Publikation jener Verfass. Urk. in volle Kraft getreten. Es ist aber auch darin durch den Art. 42. der revid. Verfass Urkunde nichts geän­ dert worden; denn dieser wiederholt denselben Satz, und wenn der Schlußsatz desselben noch hinzufügt, daß die weitere Ausführung besonderen Gesetzen Vorbehalten bleibe, so kann nur eine gezwungene Auslegung behaupten, daß es nun erst eines besonderen Gesetzes bedurft habe, um überhaupt den Grundsätzen des Arti­ kels zu ihrer praktischen Bedeutung und Anwendung zu verhelfen. — Hiernach ist klar, daß die Verfassungs-Urkunden alle und jede Berechtigungen auf diejenigen Abgaben definitiv aufgehoben haben, welche aus der beseitigten Civil-Gerichtsbarkeit originiren, und daß diese

1) Es heißt nämlich im letzten Alin, des Art. 42. der Verf. Urk. v. 31. Jan. 1850; „Die weitere Ausführung dieser Bestimmungen bleibt besonderen Gesetzen „Vorbehalten." Eine solche Bestimmung enthielt der Art. 40. der oktroyirten Verfass. Urkunde v. 5. Dec. 1848, welcher dem Art. 42. der revid. Verfass. Urkunde zum Grunde liegt, nicht; dieselbe ist auf den Antrag der Central-Kommission der I. Kammer hinzugesügt worden, welche diesen Zusatz empfahl, „weil der Artikel selbst nur die Grundzüge enthalte, die erst in besonderen „Gesetzen ihre nähere Gestaltung finden könnten." (Vergl. die stenogr. Verhandl. der I. K. pro 18J|. S. 836. u. v. Rönne'S Bearbeitung der Verfass. Urkunde (Berlin, 1852) S. 90 u. 92).

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($§. 36—49.).

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Aufhebung mit voller rechtlicher Wirkung von dem Tage der Publikation der Verfassung an eingetreten ist, ohne daß es hierzu noch erst eines fer­ neren AkteS der Gesetzgebung bedurfte, — wie dies denn auch ausdrücklich in den allgemeinen Motiven deS Regier. Enrw. zu §§. 36 — 49. des Ablös. Ges. (s. oben S. 404) ausgesprochen ist. Es kann aber auch keinesweges für richtig erachtet werden, wenn das Ob. Trib. in dem in Rede stehen­ den Urtel v. 21. Okt. 1852 annimmt, daß die Beibehaltung der Laudemien in der Eigenschaft als Früchte der Gerichtsbarkeit daraus folge, daß das Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 im Absch. VI. von deren Ablö­ sung handelt. Es wird kaum der näheren Ausführung bedürfen, daß die­ ser Grund des höchsten Gerichtshofes in keiner Weise zutrifft, indem aus der Aufnahme von Bestimmungen über die Besttzveränderungs-Abgaben und deren Ablösung in das Ablös. Gesetz doch offenbar nicht der Schluß gezo­ gen werden kann, daß diese Bestimmungen auch für solche Besitzveränderungs-Abgaben gelten sollen, die zur Zeit der Publikation des Ablös. Ges. überhaupt nicht mehr zu Recht bestanden, sondern bereits durch die Ver­ fassungs-Urkunde oder andere Gesetze für ausgehoben erklärt worden wa­ ren. Als das Objekt, auf welches jene Bestimmungen des Ablös. Ges. ihre Anwendung finden, sind vielmehr unzweifelhaft nur diejenigen BesitzVeränderungs-Abgaben anzusehen, welche nicht bereits durch frühere gesetz­ liche Bestimmungen (beziehungsweise durch das Ablös. Ges. selbst) für auf* gehoben erklärt worden. 9 — Die Entscheidung der Frage, in wiefern Laudemien nach gegenwärti­ ger Lage der Gesetzgebung für aufgehoben zu erachten, wird daher je­ denfalls von der Ermittelung ihrer Qualität abhängig sein. Dies hat auch das Revisions-Kollegium für Landes-KulturSachen in dem (oben mitgetheilten) Erk. v. 11. Juni 1852 aus völlig zutreffenden Gründen anerkannt; indeß nimmt dies Judikat an, daß die Eigenschaft der Laudemien als Früchte der Civil-Gerichtsbarkeit keinesweges auf Grund der Vorschrift des §. 116. A. L. R. II. 17. vermuthet wer­ den könne, sondern (von dem diese Qualität Behauptenden) durch be­ stimmte Thatsachen erweislich gemacht werden müsse. Diese Entschei­ dung geht somit von einer anderen Grundlage aus, als die frühere Aus­ führung desselben Gerichtshofes in dem (gleichfalls oben mitgetheilten) Präjudikate v. 16. Nov. 1847, welches angenommen hatte, daß sowohl nach §. 116. A. L. R. II. 17., als nach der Schlesischen Verfassung die Laudemial-Abgaben präsumtiv Abgaben an den Gutsherrn, als gleichzeitigen Trägers der Gerichtsbarkeit, für den Verreich und die Konfirma­ tion, mithin ein Ausfluß der Civil-Gerichtsbarkeit seien. Das Revisions-Kollegium ist bei seiner neueren Entscheidung v. 11. Juni 1852 auf die besondere und eigenthümliche Natur der Schle­ sischen Laudemien nicht näher eingegangen, und es läßt sich daher nicht mit Bestimmtheit entnehmen, ob der Gerichtshof in dieser Beziehung seine frühere Ansicht, mit welcher die des Ob. Trib. übereinstimmte, ge­

ll Dies hat auch der Berichterstatter der II. K. (Abgeordn. Ambronn) anerkannt, indem er (hi der 63. Sitz, der II. K. v. 28. Nov. 1849) bemerkte: „In den Fällen, wo das Landemium als AuSfiuß der Gerichtsbarkeit anzu„fehen ist, fällt cs nach §. 3. des Gef. unentgeldlich weg. Es versteht „sich daher von selbst, das' wenn: auch die Eristeuz eines LaudemiumS „nachgewiefen werden kann, dasselbe dennoch als bereits aufgehoben „angesehen werden muß, wenn uachgewiesen wird, daß dasselbe ein Aus„fluß der Gerichtsbarkeit ist." (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1435).

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Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

ändert habe. Indeß wird dies allerdings angenommen werden müssen, wenngleich die Motive davon aus der in Rede stehenden Entscheidung nicht konstiren, >) weil offenbar das Festhalten an jener älteren Meinung

1) In späteren (nicht veröffentlichten) Entscheidungen hat sich daS Re­ visions-Kollegium dahin ausgesprochen, daß die Entstehungsgeschichte der Laudemien in Deutschland und inSbes. in Schlesien so zweifelhaft und bestritten sei, daß die allgemeine Annahme, daß sie stets als Früchte der Gerichtsbar­ keit zu erachten, sich nicht rechtfertigen lasse. So bemerkt dasselbe: a) in einem Erk. v. 3. Dec. 1852 (Acta Schlesien, Litt. 6. Nr. 87.): „Der §. 116. A. L. R. II. 17. enthält keinesweges eine allgemeine Ver„muthung, daß Laudemien Nutzungen der Gerichtsbarkeit seien, sen„dern setzt schon solche Laudemien voraus, welche aus der Gerichtsbarkeit „herstammen, und bestimmt hinsichtlich dieser, daß sie zu den Nutzungen der „Civil- oder niederen Gerichtsbarkeit, im Gegensatze zu der Criminal- oder „höheren Gerichtsbarkeit, gerechnet werden. Auch ist die EntstehnngSge„schichie der Laudemien bei den Bauergütern in Schlesien so dunkel, daß „eine allgemeine Annahme, daß dieselben stets als Gerichtsgebühren für die „Konfirmation der Kontrakte anzusehen seien, nicht gerecktfertigt erscheint „(f. Forn i'S Zeitschr. Bd. 1. S. 43, 244), vielmehr daS Laudemium auch „vielfach in Schlesien als eine Abgabe bei Gelegenheit der Besitzverände„rung zum Zeichen der Anerkennung des bestehenden AbhängigkeitSverhalt„nisseS von der Gutsherrschaft anerkannt. Der Name Laudemien kann „daher nicht die Vermuthung rechtfertigen, daß diese BesitzveränderungS„Abgabe zu den GerichtSsporteln gehöre und als solche aufgehoben sei; „vielmehr ist gerade im §. 39. des Ablös. Ges. festgesetzt, daß diese Ber„muthung nur dann eintritt, wenn der Name Der Abgabe ganz bestimmt „darauf Hinweise, daß dieselbe für GerichtShandlungen entrichtet wird." b) Zn einer (gleichfalls nicht veröffentlichten) Entscheidung v. 2. Juli 1852 (Ada Schlesien, Litt. A. Nr. 11.) äußert sich das Neris. Kollegium in folgen­ der Art: „Die Eristenz der Laudemien in Deutschland läßt sich über daS 12teJahr„hundert hinaus verfolgen; eS war daher dies Rechtsinstitut schon vorhan„den, bevor das gemeine Römische Recht eingeführt wurde. Zur Zeit ist „über die eigentliche rechtliche Natur desselben unter den Rechtsgelehrten „eine Aufklärung noch nicht ermöglicht worden, und ebensowenig bietet das „A. L. N. hierfür irgend einen Anhaltspunkt dar; denn wenn es auch die „Laudemien selbst als eriftent anerkennt, so giebt eS doch keine Bestimmung „über den Begriff derselben, am wenigsten in der Disposition des §. 116. „A. L. R. II. 17., welcher nicht verordnet, daß Laudemien überhaupt als „anncxa der Gerichtsbarkeit zu erachten seien, sondern nur bestimmt, das; „sie da, wo sie als Gerichtsgefälle eristiren, den Nutzungen der CivilgerichtS„barkeit, also der niederen Gerichtsbarkeit, im Gegensatze zu der höheren, „anheimfallen. Dies ergeben ganz klar die vorauffolgenden und nack.fol„genden Vorschriften, sowie der Umstand, daß die Bestimmung in der Lehre „von der Gerichtsbarkeit, resp, deren Nutzungen, ihre Stelle gefunden hat. „— Auch für Schlesien eristiren keine provinziellen Vorschriften über die „Natur der Laudemien; denn die Publikanda und Reskripte (v. 8. April „1809, 5. März 1809), auf welche deshalb Bezug genommen wird, die „zu einem ganz anderen Zwecke ergangen sind, enthalten nichts, als An„sichten, die auf älteren Schriftstellern beruhen, und sie können um so we„nigcr maaßgebend sein, als diese Schriftsteller selbst ihre Meinungen nicht „auf haltbare Gründe gestützt haben. Die Ansichten der Juristen sind eben „nichts weniger, als konform hierüber, wie denn z. B. Robe in seiner „Schrift über die Schles. Laudemien ausgeführt hat, daß die Laudemien „keineSwegcS aus der Gerichtsbarkeit originirten. Die Frage ist daher zur „Zeit immer noch eine nicht aufgeklärte geblieben, und derjenige, welcher „die Aufhebung einer existenten Abgabe dieser Art verlangt, muß den Be-

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., (§§. 36—49.).

411

zu dem entgegengesetzten Resultate der Entscheidung, nämlich dahin ge­ führt haben würde, anzunehmen, daß (in Schlesien) alle Laudemial-Abgaben bis zum Nachweise deS Gegentheils für Früchte der CivilGerichtSbarkeit, und als solche für aufgehoben zu erachten seien. 1) Das (gleichfalls oben mitgetheilte) Erk. deS Ob. Trib. v. 21. April 1853 endlich ist auf die Frage, ob und in wiefern die Laudemien durch die Bestimmungen der Verfass. Urkunde berührt werden, gar nicht eingegangen, sondern geht von einer ganz anderen Grundlage aus, als das Urtel desselben Gerichtshofes v. 21. Okt. 1852. Es behauptet nämlich, daß biS zum Erlaß des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 allerdings die Frage, welcher Natur eine Besitzveränderungs-Abgabe sei, kontrovers gewesen sei, daß aber diese Streitfrage ihre deklaratorische Ent­ scheidung in den §§. 38. u. 39. des erwähnten Ges. gefunden habe. Allein aus den allegirten $§. ergiebt sich keinesweges, daß eS die Ab­ sicht deS Gesetzgebers gewesen sei, dadurch für alle Arten der Besitzverän­ derungs-Abgaben eine rechtliche Vermuthung bezüglich ihrer Qualität aufzustellen. Sie handeln vielmehr, wie ihr Inhalt klar zeigt, nur von zwei Fällen, nämlich a. von dem Falle, wo mehrere Arten von Be­ sitzveränderungs-Abgaben von einem und demselben Grundstücke bisher ne­ ben einander entrichtet worden sind, in welchem Falle vermuthet werden soll, daß die höhere derselben eine Grundabgabe, die geringere dagegen eine Sportel sei (§. 38.), und b. von dem Falle, wo die Benennung der Abgabe auf eine Gerichtshandlung hindeutet, wo die Vermuthung für die Sportel-Qualität eintreten soll (§. 39.). Der letztere §. hat offenbar auf die Frage der Qualität der Laudemien gar keinen Einfluß, da diese Benennung auf eine Gerichtöhandlung selbstredend nicht hindeutet, und der $. 38. entscheidet lediglich den Fall, wenn mehr als eine Besitzveränderungs-Abgabe bei einem und demselben Grundstücke vorkommt. Dagegen lassen beide §§. die Frage über die Qualität solcher Laude­ mien, die nicht in Verbindung mit anderen BesitzveränderungsAbgaben bei einem Grundstücke vorkommen, völlig unentschieden, und es ist eine mindestens bedenkliche Folgerung, aus jenen §§. herleiten zu wol­ len, daß dadurch ganz allgemein habe deklarirt werden sollen, es seien alle Laudemien präsumtiv für Grundabgaben zu erachten. Wäre dieS die Absicht deS Gesetzgebers gewesen, so ist nicht erfindlich, weshalb er dies nicht bestimmt ausgesprochen haben sollte. Gerade daraus, daß nur für zwei spezielle Fälle eine Rechtsvermuthung ausgestellt worden ist, dürste zu folgern sein, daß es nicht beabsichtiget worden ist, eine allge­ meine Präsumtion bezüglich der rechtlichen Natur aller und jeder Besitz­ veränderungs-Abgaben, und insbes. der Laudemien, aufzustellen.

„weis dafür führen, daß sie gerade in dem vorliegenden Falle als „ein Ausfluß der Gerichtsbarkeit anzusehen fei." 1) GS ergiebt sich aus der Vergleichung der (oben mitgetheilten) Entschei­ dungen deS Ob. Trib. v. 21. Okt. 1852 und des Revis. Kolleg, v. 11. Juni 1852, daß beide Gerichtshöfe einen völlig abweichenden Standpunkt zu der Frage des Fortbestandes der Laudemial-Abgaben einnehmen. Während das Revis. Kolleg, diejenigen Laudemien, welche erweislich Früchte der CivilGerichtSbarkeit sind, durch die Verfass Urkunde und das Ablös. Ges. für aufge­ hoben ansieht, und nur den speziellen Nachweis der Qualität als frucius jurisdictionis erfordert, findet das Ob. Trib. auch nicht, daß diejenigen Laudemien, von welchen dar gethan werden kann, daß sie Früchte der Civil-Gerichtsbarkeit seien, durch die Verfassung und daS Ablös. Ges. für aufgehoben zu erachten seien, sondern nimmt an, daß auch solche Laudemien fortbestehen, sobald nur der Nach­ weis der Verpflichtung nach Maaß gäbe des §. 40. des Ablös. Ges. ge­ führt sei.

412 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. B. Die Ansichten der Doktrin. a) Vergl. im Allgemeinen die oben S. 403 in der Note 2. angeführte Literatur und insbesondere die dort allegirte Abhandl. in Forni's Zeit­ schrift für gutsherrl. bäuerliche Verhältnisse rc., Bd. I. S. 43 ff., 244 ff. u. 535 ff., welche namentlich auch eine sehr ausführliche und schätzenswerthe Darstellung der verschiedenen Ansichten der Rechtslehrer über die Entstehung und rechtliche Natur der Laudemien (mit besonderer Berücksich­ tigung der Verhältnisse Schlesiens)') giebt. b) In neuerer Zeit hat sich, insbesondere über die Schlesischen Laudemien und über die Stellung, welche das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 zu der in Rede stehenden Frage einnimmt, am ausführlichsten Robe mit dem Gegenstände beschäftiget. Dieser hatte in seiner Schrift: „Die Schle­ sischen Laudemien und die Beschlüsse der Abgeordneten. Breslau bei Ader­ holz. 1849" darzuthun gesucht, daß das Schlesische Laudemium in der Regel eine aus dem Obereigenthume entspringende oder mit Hülfe des Herrenrechtes einge­ führte Abgabe (häufig eine Hülfssteuer) sei, und daß die Ansicht, in Schlesien sei daS Laudemium ein Gerichtsgefälle, wenigstens in ihrer Allgemeinheit falsch sei. Die allegirte Schrift suchte indeß nachzuweisen, daß schon die Gesetzgebung vor 1850 alle Laudemien auf­ gehoben habe, welche nicht Gerichtsgefälle sind, und sodann weiter, daß, weil das in Schlesien übliche Laudemium niemals ein Ge­ richtsgefälle war, jedes Laudemium in Schlesien ausgehoben sei. Die neueren Abhandlungen Robe's (in der Lehrzeitung für Ent­ lastung des bäuerl. Grundbesitzes, Jahrg. 1850 S. 11, 14, 19, 29, 145 u. 151) stellen nun wiederholt die Ansicht auf, das nur solche Besitzveränderungs-Abgaben für fortbestehend (und deshalb für ablösbar) zu erachten, welche Grundabgaben sind. 1 2) Die Deduktion sucht zu zeigen, daß schon das in Folge des Edikts v. 9. Okt. 1807 zu dessen Deklaration erlassene R. v. März 1809 (unter Nr. 17.) 3)4 und 5 das Publik. P. v. 8. April 1809 *) alle diejenigen Lau­ demien aufgehoben haben, welche der Gutsherr nicht als Gerichtsherr zu fordern hat3) (s. insbes. Lehrzeitung a. a. O. S. 145 ff.) und folgert sodann weiter: Wenn diese Ausführung richtig ist, so ergiebt sich eine Alternative, nach wel­ cher die Laudemien ein Gerichtsgcfätl sind, oder keins. Soweit sie kein Gerichts-

1) Ueber die Schlesischen Laudemien und deren Natur enthalt insbesondere auch der Aufsatz unter der Überschrift: „Lehnwaare" in der Schrift: „Schlesische Laudemial- und Nrbarien-Angelegenheiten, Breslau 1844, bei L. Freu ud", sedatzenswerihe Materialien. 2) In dieser Beziehung wird besonders auf bis oben S. 404 mitgetheilte Stelle aus den allgemeinen Motiven zu §§. 36—49. des Regier. Entw. zum Ablös. Ges. Bezug genommen. 3) Bergl. desselben in Bd. I. S. 35 ff. 4) Bergt, a. a. O., S. 79 ff. 5) Dies wird besonders durch die Behauptung zu motiviren gesucht: der §. 1. der Publ. v. 8. April 1809 lasse dem ehemaligen Ober-Eigenthümer nur die Rechte auf das ehemals unterthänige Gut, soweit sie „auf dem Besitzthum hasten", d. i. soweit er dafür auch ohne Eintragung ein spezielles Pfandrecht am Gute hat. Für obereigenthümliche^Laudemien bestebe kein Pfandrecht am Gute und habe nie eins bestanden; sie müßten demnach zu den aufgehobenen gehören. Es seien daher nur solche Laudemien stehen geblieben, welche der Gutsherr als Ge­ richtsherr zu fordern habe. (f. Lehrzeitung a. a. O., S. 146).

Ges. v. 2. Marz 1850, bett, die Ablös. rc., ($§. 36—49.).

413

gefall sind, wurden sie laut der' im Pubt. v. 8. Avril 1809 enthaltenen Deklaration für Schlesien schon 1807 aufgehoben. 'Nach l>07 bestanden nur solche Laudemien son, welche der Gutsherr als Gerichtsherr, aus dem Grunde der Gerichtsbarkeit, zu fordern hatte. Dieser Grund ist ihm mit Aushebung der Patrimonial-Gerichtsbarkeit genommen, und der Schlesische Gutsbesitzer ist also zu gar keiner Laudemien-Forderung mehr berechtiget.

Es wird, hieran anknüpfend, ausgesührt, daß daS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 die einmal aufgehobenen Besitzveränderungs-Abgaben nicht habe wieder Herstellen wollen, sondern, — wie sich von selbst verstehe und über­ dies aus Art. 40., beziehungsweise Art. 42., der Vers. Urk. v. 5. Dec. 1848 u. 31. Jan. 1850 folge, — nur von solchen spreche, welche zur Zeit seiner Publikation noch zu Recht bestanden. Dies ergebe sich auch aus dem Umstande, daß der §. 2. Nr. 3. des Ges. v. 9. Okt 1848 alle Prozesse über Besitzveränderungs-Abgaben sistirt habe, worin zugleich auch ein Hin­ derniß der Einleitung neuer liege. Der §. 113. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 habe aber jenes Sistirungs-Gesetz nicht gänzlich, sondern nur in Ansehung derjenigen Prozesse aufgehoben, welche Rechtsverhältnisse zum Gegenstände haben, die nach dem gegenwärtigen (nach dem G. v. 2. März 1850) geordnet werden sollen. Geordnet nach diesem Ges. werde aber, außer der Eigenthumsverleihung regulirungssähiger Stellen, nur die Ablösung der Reallasten. Der vorletzte Satz des §. 3. des Ablös. Ges. zeige aber, daß unter Reallasten (Grundabgaben) nur diejenigen Lasten und Abgaben verstanden werden, welche von dem Erwerber eines Grund­ stückes oder einer grundstückgleichen Gerechtigkeit als Gegenleistung, Kauf­ preis, Entgeltung übernommen worden sind. Wenn also ein Laudemium keine Grund ab gäbe, d. h. wenn es nicht eine Gegenleistung für Verlei­ hung eines Grundbesitzes sei, so unterliege es der Regulirung durch daS Ges. v. 2. März 1850 nicht, und die Sistirung, welche durch das Ges. v. 9. Okt. 1848 angeordnet worden, bestehe hinsichtlich seiner noch fort. — Für die übrigen Besitzveränderungs-Abgaben gebe das Gesetz blos Kenn­ zeichen an die Hand, aus welchen Vermuthungen entstehen sollen, ob sie Grundabgaben und ablösbar, oder keine Grundabgaben und also noch der Sistirung unterliegend sind. — Daraus gehe unzweifelhaft hervor, daß die Natur derjenigen Arten des Laudemii, welche vor dem Ges. v. 2. März 1850 noch nicht aufgehoben waren, über ihr Fortbestehen entschei­ dend sei. In Betreff der Natur der Laudemien rtnd der Beweislast in dieser Beziehung wird sodann Folgendes ausgesührt: Die Nichtgrundabgaben-Qualität des Laudemii soll nach §. 39. auS gewissen der Abgabe beigelegten Bezeichnungen vermuthet werden. Ein Kennzeichen zur Begründung der Vermuthung für die Grundabgaben-Qualität und daß sie „daher" nur daher, weil sie Grundabgabe sei, sortbestehe, nimmt §. 38. aus dem gleich­ zeitigen Vorkommen mehrerer Besitzveränderungsabgaben für die größere. — Es eutsieht nun die Frage, wie dann über die Abgabe zu urtheilen sei, wenn weder der Name der Abgabe — §. 39. — noch das gleichzeitige Vorkommen mehrerer Besitzveränderungsabgaben auf eine Vermuthung führen. Das Gesetz giebt auch dar­ über vollständigen Ausschluß, wenn gleich nicht au dieser, sondern ait einer andern

Stelle.

Es hebt unentgeltlich aus Nr. 4. 8- 3. die unter verschiedenen Benennungen vorkommenden Beiträge und Leistungen zur Uebertragung der Lasten der Privatgerichtsbarkeit und gutsherrlichcn Polizeiverwaltung. Es ist nun bekannt, daß man die Laudemien jederzeit als eine Vergeltung für die Lasten der Gerichtsbarkeit gerechnet hat. Daß aber die Laudemien, wenn sie nicht als Grundabgabe erwiesen werden können oder der gesetzlichen Vermuthung nach bis zum Gegenbeweis dafür gelten sollen, wirklich ausgehoben sind, lehrt Nr. 5. deS 8- 3., wonach unentgeltlich ausgehoben sind: alle Abgaben und Leistungen, welche außer den Kosten, deren Erhebung

414 Von d. Ablis. der Reallasten, den Regultrungen u. Gem. Theilungen, sich auf die gesetzlich bestehenden Gebührentaren gründet, für einzelne ge­ richtliche Akte oder bei Gelegenheit derselben entrichtet werden. Bei Gelegenheit eines die Befitzveränderung begründenden Kaufes, oder genauer bei Gelegenheit der öffentlichen Gewährleistung des rechtlich erworbenen Grundbe­ sitzes durch Eintragung in die Grund-, Flur- und Hypothekenbücher wird das Laudemium entrichtet. Es wird entrichtet außer den Kosten, deren Erhebung sich auf die gesetzlich bestehenden Gebührentaren gründet. Solche Abgaben sind — eben weil sie präsumtiv GerichtSgefälle find — unbedingt aufgehoben, wenn sie nichr ausdrücklich als Gegenleistung für Verleihung eines Grundbesitzes übernom­ men worden sind. Hiernach ist es ganz unzweifelhaft, daß, wer Laudemien fordern will, die Bedingungen darthun muß, unter welchen sie allein noch fort­ bestehen, und dieser Beweis — das ist alles, was die §§. 38. bis 40. besagen, — wird dem Beweispflichtigen dadurch erleichtert, daß §. 40. den Beweis für den irgend einmal vorhanden gewesenen rechtlichen Bestand der Ab­ gabe durch bloßes Anerkenntniß für geführt annimmt, bei der Frage aber: ob nun diese vorher rechtlich bestehend gewesene Abgabe nun ihrer 9tatur nach auch noch fortbestehe, für den Förderer eine günstige Präsumtion dann, wenn mehrere Befitzveränderungs-Abgaben (bei Gelegenheit der Besitztitel­ berichtigung außer den tarmaßigen Kosten vorkommenden Abgaben) neben einander vorkommen, für die größere dahin eintreten läßt, daß sie eine Grundabgabe sei. Nur in diesem einzigen Fall hat der Verpflichtete den Gegenbeweis, in allen übrigen Fällen hat der Fordernde den Beweis der Grundabgaben-, Gegenleistungs­ eigenschaft des Laudemii zu führen. Zn dem einzigen Fall, in welchem dem Ver­ pflichteten der Beweis obliegt, ist er in Schlesien unschwer zu führen. Die alten Käufe und Schöppenbücher beweisen, daß in älterer Zeit die Abgabe darin gar nicht vorkommt. Weil sie aber nicht vorkommt, so kann ihre Entrichtung keine Kausbedingung sein; ihre Entrichtung beruht nicht auf dem speziellen Titel der Gegenlei­ stung für Verleihung eines Grundbesitzes. Die Abgabe ist eine lange nach Ver­ leihung des Grundbesitzes erst eingeführte. Die alten Käufe und Schöppenbücher beweisen, daß die Abgabe, welche jetzt bei der Besitztitelberichtigung bezahlt wird, sobald sie vorkommt, srüherhin nur bei dem Ausscheiden eines Besitzers aus der durch den Besitz begründeten Unterthänigkeit als Abzug, oder bei der Ausnahme in die Unterthänigkeit durch Zulassung der Erwerbung eines unterthänigen BesitzthumS als Aufzug vorkommt. Dasselbe besagen die noch vorhandenen Landesordnungen. Die Kaufe und Schöppenbücher beweisen, duß die Abgabe nicht auf Grund des zur Forterhebung erforderlichen speziellen Titels, sondern auf Grund der Gewohn­ heit, der Landüblichkeit, der Observanz gefordert worden ist. Die alten Känfe und Schöppenbücher beweisen, daß später die Abgabe immer in Verbindung mit der Kauf-Bestätigung, Konfirmation, Verreichung deS Guts und mit den Kosten dersel­ ben zusammen genannt, die vorhandenen alten Kanzleitaren, daß sie mit den ge­ richtlichen Kosten gleichzeitig und als gleichartig gefordert werden. Alles weist dar­ auf hin, daß in Schlesien die Laudemien niemals eine Grundabgabe, eine Gegen­ leistung für Verleihung des GrundeigenthumS gewesen sind. — Laudemium, Lehnwaare, ist bekanntlich die Abgabe nur abusive und nur analogice genannt worden, und konnte im eigentlichen Sinn in Schlesien gar nicht vorhanden sein, weil in Schlesien das Verhältniß der eigentlichen ErbzinS- und emphyteutischen Güter über­ all nicht eristirte. Dafür, daß eS keine Grundabgabe, keine aus speziellen Verträgen und Titeln für Ueberlaffung eines Grundeigenthums auserlegte Gegenleistung ist, sprechen die Steuerkataster der Rittergüter, worin eS niemals veranschlagt, also nicht als Einkommen vom Grundbesitz betrachtet worden. Bei den LaudemialAblösungen wurde deshalb auch nie eine Steuerabschreibung bewirkt. Außerdem wurden nach dem Publikandum der Breslauer Haupt-Urbarienkommission vom 4. März 1785 Caput V die Laudemien mitten unter den persönlichen Prästationen der Unterthanen, zwischen LoslaffungSgeldern und Gerichtssporteln aufgeführt, und haben in den gehörig aufgenommenen Urbarien dort auch wirklich ihre Stelle ge­ sunden. AuS ihrer Anerkennung im Urbarium — zu einer Zeit, als die grund­ obrigkeitliche Gewalt mit der Patrimonialgerichtsbarkeit noch bestand — kann ihre Grnndabgabenqualität nicht gefolgert werden. Endlich haben die Laudemien im

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. k., ($$. 36—49.).

415

Konkurse nicht daS Vorzugsrecht der Grundabgaben, sondern nur gleiche Vorrechte mit allen übrigen persönlichen Forderungen gehabt. Die Schlesischen Laudemien, soweit sie nicht außerhalb des gutSherrlich-bäuer­ lichen Verbandes auf nicht eigenthümlichen Stellen in Folge der Vorbedingung und emphyteutischer Vertrage beruhen — sind von jeher als Gerichtsgefälle erachtet worden.

Robe sucht schließlich zu zeigen, daß die gesetzliche Präsumtion, welche aus $. 116. A. L. N. II. 17. hervorgehe, für die Gerichtsgefälle-Natur aller Laudemien überhaupt spreche, und bemerkt, daß diese Qualität derselben in Betreff Schlesiens von allen Schlesischen Rechts-Schriftstellern (vergl. namentlich Hcnel §. 23. Hauptstück XII. der Silestographie, Frieden berg Tract. de Siles. jurib. Lib. II cap. 24. p. 167—168, Pachaly S. 218, Vater Th. I. S. 241, Gut­ achten der Ges. Kommiss, v. 6. Jan. 1804 bei Rabe Bd. 8. S. 216) und von dem Ob. Trib. in dessen Erk. v. 20. Sept. 1848 (Entsch. Bd. 17. S. 402, s. oben S. 404 ff.) anerkannt worden sei. l) Wenn man alle diese Momente zusammenfaffe, so ergebe sich, daß der erforderliche Gegenbeweis, — wo er gegen die durch §. 39. begründete Präsumtion geführt werden müsse, — als vorhanden anzunehmen sei, wo es sich innerhalb des gutsherrlich-bauerlichen Verhältnisses um landübliche, nicht durch vorzulegende emphyteutische Verträge als Gegenleistung für Verleihung des Grundbesitzes darzustellende Laudemien handle. Ein solcher Gegenbeweis sei aber in Schlesien gar nicht erforderlich; die im §. 38. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 aufgestellte Präsumtion sei vielmehr in Schlesien durch die vorherige Ge­ setzgebung ausgeschlossen. DaS Publ. v. 8. April 1819 habe innerhalb des gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisses nur solche Laudemien bestehen lassen, welche Gerichtsgefälle sind; andere habe es seitdem in Schlesien gar nicht mehr geben können, und daher könne über die Natur eines Nonens auch nicht mehr gestritten werden, weder mit noch ohne Präsumtionen. 2) c) Fischer sucht in ausführlicher Erörterung zu zeigen, daß die im §. 116. A. L. R. II. 17. aufgestellte Vermuthung für die G er ich tSge fälle Eigenschaft der Laudemien auch für Schlesien maaßgebend und daß selbst ohne diese Vermuthung anzunehmen sei, daß in Schlesien die Lau­ demien, so lange nicht der Beweis des Gegentheils geführt ist, als fructns jurisdictionis jit erachten seien. 3) Als solche aber gehörten sie

1) In dieser Beziehung ist indeß darauf hinzuweisen, daß Robe selbst in seinem (oben allegirten) Werke über die Schlesischen Laudemien die Natur der Schlesischen Laudemien als fructus jurisdictionis in Abrede gestellt und, — wie bereits oben S. 412 erwähnt, — dieselben für eine in der Regel aus dem Ober-Eigenthume entspringende oder mit Hülfe des HerrenrechteS eingeführte Ab­ gabe erklärt hatte. 2) Dieselb en Grundsätze, welche nach Obigem von Robe vertheidiget wer­ den, hat die in befreit Lehrzeit. S. 102—103. mitgetheilte Entscheidung einer (nicht naher bezeichneten) Gerichts-Kommission angenommen und auf Grund der­ selben eine Schlesische GutSherrschaft mit der Klage auf Zahlung eines LaudeminmS abgewiesen. 3) Außer den bereits in Obigem erörterten Gründen stützt Fischer seine Ausführung auch auf folgende Materialien: a. Der RegierungS-KommissariuS (Geh. Reg.-Rath Schellwitz, welcher Mitglied der Gen.-Kommission zu Breslau war und gegenwärtig Diri­ gent derselben ist) hat in der 79. Sitz, der National-Versamml. (s. stenoar. Ber. der Nat.-Vers. Bd. 3. S. 1650. ff.) erklärt: „Unzweifelhaft ist zwischen GerichtSspvrteln und Nutzungen der GerichtS„barkeit im weiteren Sinne ein wesentlicher Unterschied. Die GerichtS„sporteln gehören zu den Nutzungen der Gerichtsbarkeit, aber nicht alle

416 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, zu den nach $. 3. Nr. 5. deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 aufgehobenen Abgaben; indeß sei natürlich dem Berechtigten der Gegenbeweis gestattet. (Hilfsbuch für bäuerl. Besitzer, Gutsherrn ic. oder das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 rc. S. 31-36.)

„Nutzungen der Gerichtsbarkeit sind GericbtSsporteln. Die Frage nun, ob „die BesitzveränderungS-Abgaben in Schlesien zu den Nutzungen der Ge­ richtsbarkeit gehören, ist bisher in judicando selten vorgekommen. Es war „dies gleichgültig, indem der Gutsherr zugleich der Gerichtsherr war und „ihm daher die BesitzveränderungS-Abgaben auch dann zugehörten, wenn sie „Nutzungen der Gerichtsbarkeit gewesen wären. — Die Absicht der Regie„rung geht dahin, die unter dem Namen Laudemien vorkommenden Besitz„veränderungS-Abgaben und diejenigen BesitzveränderungS-Abgaben, die „nachweislich keine GerichtSspcrteln sind, bestehen zu lassen, in den Fällen „nämlich, wo es sich nicht um Ucbergang ihres Grundstücks auf DeScen„denten, Ascendenten, Ehegatten ic. handelt. — Das Amendement deS „Abgeordn. Moritz geht dahin: a) daß die BesitzveränderungS-Abgaben, die ein Ausfluß der Gerichtsbar­ keit sind, aufgehoben werden sollen, und b) daß d afür in Schlesien die Vermuthung streite. „Der letztere Punkt enhält eigentlich nichts Neues. Es sind zwar, wie „gedacht, manche BesitzveränderungS-Abgaben keine Gerichtssporteln, aber „sie gehören, wie das A. L. R. sich ausdrückt (cf. §. 116. A. L. N. II. 17.) „zu den Nutzungen der Gerichtsbarkeit. In Schlesien spricht „gegen diesen Grundsatz deS A. L. 9t. kein Provinzialgesetz; eS wird „also schon jetzt dieser Grundsatz in Schlesien zur Anwendung kommen „müssen. Es wird daher einer besonderen Aufstellung dieser Präsumtion „für Schlesien nicht erst bedürfen, sofern man nicht etwa für andere Pro­ vinzen diese Präsumtion aufstcllen will. — Es wird hiernach nur auf den „ersten Theil des Amendements Moritz ankommen, welcher nämlich nicht „bloß die BesitzveränderungS-Abgaben, die als GerichtSsportelu zu betrach„ten, sondern alle BesitzveränderungS-Abgaben, die als Ausfluß der GerichtS„herrlichkeit anzirsehen sind, aufgehoben wissen will. Wird dieser Grundsatz „für Schlesien angenommen, oder mit anderen Worten, wird angenommen, „daß alle BesitzveränderungS-Abgaben, die vielleicht ursprünglichem AuS„fluß der Gerichtsherrlichkeit gewesen oder zur Nutzung der GericktSbar„keit gehört haben, — ohne Rücksicht daraus, ob sie hierzu in neuerer Zeit „verwendet werden oder in irgend einer Beziehung zur Gerichtsbarkeit ge„standen haben, — aufgehoben sein sollen, so fallen hiermit alle Laude„inien in Schlesien. Der Berechtigte wird nämlich bei der Präsumtion, „welche daS A. L. R. aufstellt, niemals nachzuweisen im Stande sein, daß „ein Laudemium nickt eine Nutzung der Gerichtsbarkeit sei." b. Der Abgeordnete Ulri ch (Ob. Trib.-Rath) bemerkte in derselben Sitzung (stenogr. Ber. a. a. O., S. 1652.): „Ich verkenne nickt, daß in Scklesien ein besonderes Verhältniß obwal„tet. Es ist dort ein Verhältniß eingetreteu, welches die Laudemien als „ein Produkt der Gertchtsherrlickkeit erscheinen läßt, ein GesichtS„punkt, der, meines Wissens, in anderen Provinzen, wo BesihveränderungS„Abgaben gezahlt werden, nickt eristirt." c. Der (damalige) Justizmin. Kisker erklärte in der 78. Sitz, der Nat.Vers. (s. stenogr. Der. a. a. O. S. 1640): „In Schlesien sind die Verhältnisse anders, als in den übrigen Provinzen. „In anderen Landestheilen hat das Laudemium mit der Gerichtsbarkeit „in der Regel nichts gemein. Was aber Schlesien anbetrifft, so muß ich „anerkennen, daß die Vermuthung dafür spricht, daß wenn „nichts Anderes festgestellt werden kann, das Laudemium „dort eine Nutzung der Gerichtsbarkeit ist. Es befinden fick in „den Akten des Justizmin. zwei Gutachten, von denen das eine deducirt, „daß die Abgabe für Besitzveränderungen als eine Grundabgabe in recogn. „dominii bezahlt wurde, und das andere damit schließt, daß sie eine Juris-

Ges. v. 2. März 1820, bett, die Ablös.

k.,

(§. 36.).

4] 7

Erläuterungen zu den §§. 36. bis 49.

Zum H. 36. I. Der §. 36. ist von den Kammern wörtlich in der Fassung des Regier. Entw. angenommen worden. A. Die Motive des Regier. Entw. sprechen sich zur Bearünduna deS §. 36. dahin aus: Die Verpflichtung, Laudemien bei Besitzveränderungen in herrschend er Hand zu entrichten, ist nicht gemeinrechtlich (§. 730. Tit. 18. Th. I. A. L. R) und kommt auch nur in wenigen Gegenden vor. Wo sie auS dem LehnSverhältmß ent­ springt, erscheint ihre unentgeltliche Aushebung schon durch die der Lehnsherrlichkeit, welche der §. 2. Nr. 1. des Entwurfs ausgesprochen hat, gleichzeitig gerechtfertigt. Aber auch in andern Fällen verdient diese Abgabe keinen ferneren gesetzlichen Schutz, weil die Herbeiführung des Falles, in welchem sie, wenigstens bei Veräuße­ rungen, entrichtet werden muß, ganz in die Willkühr des Berechtigten gestellt lst. Aus diesen Gründen ist in dem vorliegenden §. die unentgeltliche Aushebung dieser Art von Besitzveranderungs-Abgaben allgemein ausgesprochen.

B. Die Kommission der II. Kammer äußert sich in ihrem Berichte darüber folgendermaaßen: Die Aufhebung der Laudemien bei Besitzveränderungen in herrschender Hand ohne Entschädigung hat die Agrar-Kommission als gerechtfertigt erachtet. Die Verpflichtung zur Zahlung solcher Laudemien ist nicht gemeinrechtlich und kommt regelmäßig nur beim eigentlichen Lehnsverhältnisse vor. Ist dieselbe in einem solchen Verhältnisse begründet, so ist die unentgeltliche Aufhebung derselben eine nothwendige Folge der erfolgten unentgeltlichen Aufhebung der Lehnsherrlichkeit (§. 2 ). 3n andern Fällen ist jene Verpflichtung bei dem gesteigerten Güterver­ kehr der neuern Zeit, zu welchem die Aussicht auf die Laudemien sogar einen be­ sondern Reiz geben kann, eine um so drückendere Belästigung geworden, als dieselbe lediglich in die Willkühr des Berechtigten gestellt ist. Von einem Mitgliede der Kommission ist der Antrag gestellt worden, die un­ entgeltliche Aufhebung der Laudemien auf Besitzveränderungen in der dienenden Hand auSzudehnen, sofern das verpflichtete Grundstück sei eS durch Vererbung, ErbschaftStheilung oder durch' Ueberlassung unter Lebenden an Verwandte des Besitzers in der auf und absteigenden Linie oder an Ehegatten oder Verlobten desselben übergehe. Dieser Antrag wurde durch die Behauptung zu motiviren gesucht, daß Descendenten Laudemien gleichfalls nicht gemeinrechtlich seien (§. 716. ff. Tit 18. Thl. I. A. L. R.) und ein Gleiches wegen der analogen Verhällniffe auch von den Laudemien der AScendenten, Ehegatten und Verlobten gelte, auch eine solche Be­ stimmung, vorzugsweise in Berücksichtigung der Verhältnisse der Provinz Schlesien, in dem der National-Versammlung vorgelegten Gesetz-Entwürfe bereits enthalten sei. Gegen diesen Antrag wurde angeführt, daß die in Schlesien obwaltenden Ver­ hältnisse nicht allein maaßgebend sein könnten, weil hier ein allgemeines Landes­ gesetz gegeben werden solle, im Uebrigen aber für Schlesien durch die im §. 42. angenommene Bestimmung, nach welcher bei Ermittelung der Entschädigung nie­ mals mehr als drei Fälle auf ein Jahrhundert gerechnet werden sollen, indirekt die Vortheile für die Pflichtigen erreicht würden, welche durch den gestellten An­ trag erzielt werden sollten. Es wurde ferner gegen jenen Antrag geltend gemacht, daß die Annahme desselben für die Berechtigten in andern Provinzen eine nicht

„diktienS-Abgabe wäre. Das letztere hat die Gesetzgebung indeß eigentlich „schon anerkannt. ES ist dies geschehen in dem Gutachten der Ges.-Kom„mis. v. 6. Jan. 1804. und in der V. v- 8. April 1809., und dafür wird „man sie auch halten müssen. Darauf gebe ich zwar wenig, daß die Ge„richte sie als Sporteln eingefordert hatten; dies erklärt sich aus der „schlechten GerichtSeinrich.tung jener Zeit. Aber sowohl die Schlesischen „Schriftsteller haben sich dafür ausgesprochen, als auch das A. L. R. hat „den Satz angenommen, daß die Laudemien Nutzungen der Gerichtsbarkeit „sind, und dies rührt aus Schlesien her, weil die Redaktoren des A. L. R. „aus Schlesien stammten.

LandeS-Kultur-Gefetzg. 5Bb. II.

27

418 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, zu rechtfertigende Härte involviren werde und eine solche um so mehr vermieden werden müsse, als die Ablösungssätze so mäßig gestellt seien, daß allen billigen Rücksichten gegen die Verpflichteten vollkommen Genüge geschehe. Die AgrarKommission hat hiernach jenen Antrag ablehnen zu müssen geglaubt.

C. Die Kommission der I. Kammer bemerkt in ihrem Berichte zum §. 36.: Die bloße, von jedem Zutritt einer Handlung des Verpflichteten unabhängige Willkühr des Berechtigten, in Verbindung mit der Spekulation, die in den letzten zehn Jahren den Güterverkauf zu einem Handelsgeschäft gemacht hat, machten ge­ rade diese Art des Laudemii, die nicht gemeinrechtlicher Natur ist, gehässig. Läßt sich auch im Hinblick auf die Bestimmung des §. 5. des Gesetz-Entwurfes nicht un­ bedingt mit den Motiven der Regierung und der Agrar - Kommission der II. Kam­ mer die unentgeltliche Aufhebung der Abgabe schon aus ihrer lehnsartigen Natur rechtfertigen, die sie namentlich auch in den Theilen der Provinz Sachsen hat, wie ihr dortiger Name „Hanptlehn" andeutet, für welche dieser Ursprung von einem Kommissions-Mitgliede in Zweifel gestellt wird, so ist doch der erstgenannte Grund für die Kommission überwiegend gewesen und sie hat den §. 36. unverändert an­ genommen, aus welche Annahme sie auch ihren Antrag an die Kammer richtet.

(Vergl. die stenogr. Ber. der II. K. pro 18|£, Bd. 3. S. 1435 und der I. St. Bd. 5. S. 2505 ff.) II. Schon daS A. L. R. bestimmt in Th. I. Tit. 18. §. 730.: Bei einer Veränderung in der Person des ObereigenthümerS findet die Ent­ richtung einer Lehuwaare, in der Regel, nicht statt.

Auch nach gemeinem Rechte findet in der Regel die Entrichtung des Laudemiums bei Veränderungen in der Person des Gutsherrn nicht statt. ') Der §. 36. des Ablös. Gesetzes hat diese Gattung der VesitzveränderungsAbgaben ganz unbedingt und ohne Ausnahme aufgehoben. Unter „Veränderungssallen in herrschender Hand" sind solche Veränderungsfälle zu ver­ stehen, welche eintreten, wenn die Besitzer des berechtigten Gutes wechseln.

Zum §♦ 37. I. Der §. 37. lautete bereits in dem Regier. Entw. ebenso wie ge­ genwärtig, jedoch fehlten darin die Worte: „unbeschadet der Gültig­ keit der übrigen Bestimmungen der Veräußerung oder Ver­ leihung." A. Die betr. Motive des Regier. Entw. sprechen sich dahin aus: Die Bestimmung dieses § , daß alle nach Eiuführuug des Landeskultur-Edikts v. 14. Sept. 1811 neu ftiputirten unfirirten Laudemien ohne Entschädigung fortfallen müssen, gründet sich auf die auch von dem Ober-Tribunal gebilligte An­ sicht, daß die Stipulation solcher Laudemien den Vorschriften der §§. 2. und 7. jenes Edikts zuwiderlaufe (cf. darüber auch das Justiz-Miu. R. v. 10. April 1837, Jahrb. Bd. 49. S. 508 ). Da diese Ansicht aber bisher Hebt von allen Gerichts und Auseinandersetzungs-Behörden getheilt worden ist, und es zu einer Rechtsun­ gleichheit führen würde, wenn in Prozessen über diesen Gegenstand, die nickt an das Ober-Tribunal gelangen, anders entschieden würde, so erschien eS angemessen, diese deklarakorisebe Vorschrift hier aufzunehmen. Durch die Art ihrer Fassung hat zugleich dem möglichen Einwande entgegengetreten werden sollen, daß mit dem Fortfallen eines solchen ungültigerweise ftiputirten LaudemimuS auch der übrige Inhalt des geschloffenen Vertrages ungültig werde.

B. Die KomMission der II. Kammer beantragte die unveränderte Annahme des §. 37. in der von der Saats-Regierung vorgeschlagenen Fassung. Der Bericht der Kommission äußert sich folgendermaaßen: Nach Verkündigung des Landes-Kultur-Edikts v. 14. Sept. 1811 sind zu­

ll Vergl. Runde's Grundsätze deS allgem. Deutschen Privatrechts, §.532 — Eichhorn's Einleit, in das deutsche Privatrecht, §§. 214. 260.

Ges. v. 2. März 1850, bm. die Ablös. rc., ($. 37.).

419

weilen bei Veräußerungen und selbst bei Eigenthumsverleihungen von lassitischen Grundstücken unfirirte Besitzveränderungs-Abgaben neu begründet worden. Die deSfallfigen Stipulationen der letzteren Art sind nach §. 43. der V. v. 20. Juni 1817 unbedingt unzulässig uud Verabredungen über Begründung solcher Laudemien bei reinen Verkaufen haben die meisten Spruchbehörden und mit diesen auch das Ober-Tribunal, gestützt auf den §. 7. des gedachten Landes-Kultur-Edikts, in welchem die Errichtung von Dienstfamilienstellen nur gegen AuSbedingung von Abgaben in Geld oder Getreide gestattet ist, für ungültig erklärt. Es entspricht daher die hier ausgestellte Bestimmung den seither gültigen Ge­ setzen; die Ausnahme derselben in die Ablösungs-Ordnung hat aber die AgrarKommission zur Beseitigung der noch obwaltenden Bedenken über die Bedeutung solcher neu begründeten Laudemien für zweckmäßig erachtet und ebenso hat dieselbe auch dem Vorschläge der Regierung, nach welchem jene Laudemien ohne weitere Entschädigung, jedoch unter Aufrechthaltung des übrigen Inhalts der geschloffenen Verträge, Wegfällen sollen, ihre Zustimmung ertheilen zu müssen geglaubt, weil nur durch eine solche Bestimmung es möglich wird, eine nicht unbedeutende Zahl von Regulirungs-Rezessen, in welchen neue Laudemien stipulirt worden find, vor den Gefahren der Anfechtung im Wege des Prozesses zu schützen.

Das Plenum der II. ftaminer trat dem Anträge auf unveränderte Annahme des §• 37. ohne Diskussion bei. (Stenogr. Ber. der II. Kammer pro 18|$, Bd. 3. S. 1435.) C. Die KomMission der I. Kammer trug darauf an, im §. 37. die oben bereits erwähnte Einschaltung der Worte: „unbeschadet der Gültigkeit der übrigen Bestimmungen der Veräußerung oder Verleihung" zu genehmigen. Der Bericht der Kommission spricht sich folgendermaaßen aus: Langjährige Verkennung der Bestimmungen des §. 7. des LandeS-Kultur aus­ drücklich ausgesprochen, daß sie lediglich nach den bisherigen Gesetzen (s. A. G. O. III. 7. §§. 45. ff.) zu beurtheilen sind. 4) Die §§. 130—132 a. a. O. zählen auch nodi die von Iuftizkommissarien, als Notarien, ausgefertigten Urkunden zu dem doc. publ. extrajud., und der §. 130. bestimmt, daß die von diesen Personen vorläufig aufgenommcnen Protokolle vor der Vollziehung der Urkunden nur als Privat-Dokumente anzusehen sind. Der §. 40. der Notariats-Ordn. v. 11. Juli 1845. (G. S. 1845. S. 487.) legt nun zwar den Ursedristen dieselbe Kraft bei, wie den Ausfertigungen, mithin die Kraft und Glaubwürdigkeit gerichtlicher Urkunden: allein da uudi §. 46. a. a. O. die Vorschriften der NotariatS-Ordn. nur für die nach dem 1. Jan. 1846. aufgenommenen Notariats-Urkunden Geltung haben, so ergiebt sich, daß die vor diesem Zeitpunkte von Notarien aufgenommenen, aber nicht auSgefertigten Urkunden lediglich für Privat-Urkunden zu erachten sind, mithin als Beweisdokumente nach §. 40. des Ablös. Ges. nicht in Betracht kommen kön­ nen. — Auch ist darauf hinzuweisen, daß die von einem Notar bloß in Betreff der Unters driften re cogneScirten Urkunden keineSwegeS die Kraft öffent­ licher haben, sondern lediglich als P rivat-Urkunden anzusehen sind. (s. A. G. O. II. 7. §§. 75 77.). Auch der §. 40. der NotariatS-Ordu. v. 11. Juli 1845. legt nur den von Notarien aufgenommenen Urkunden die Kraft gerichtlid)er Dokumente bei. 5) Es kommen somit hier die in den §§. 127 v. 128. A. G. O. I. 10. er­ wähnten Atteste nicht weiter in Betracht.

444

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Personen, aber von anderen in Eid und Pflicht stehenden Offizianten, *) vermöge eines von einem Landes-Kollegium erhaltenen Auftrages,2) in An­

il a) Dahin gehören also unmittelbare und mittelbare Staatsbeamte, insbes. aber die vereidigten Beamten der Verwaltung-- und Kommunal-Behörden, na­ mentlich aber auch diejenigen der Auseinandersetzungs-Behörden. b) Auch die Protokolle der SchiedSmänner über wirkliche Vergleiche, welche durch ihre Vermittelung zu Stande gekommen sind, gehören zur Klaffe der öffentlichen Urkunden; nicht aber die Schriften, welche sie über andere Rechtsge­ schäfte häufig abfaffen und ausfertigen. Diese sind bloße Privatschriften. (Vergl. Koch'S Preuß. Civilprozeß, Bd. I. S. 410. §. 213. Note 1. u. S. 5. §. 3. ad III. Nro. 3., u. §§. 27. 28. u. 19. der Verordnung über das SchiedmannSJnstitut.). c) Nicht unzweifelhaft ist es, ob die von Dorfgerichten aufgenommenen Verhandlungen, insbes. also auch die in sogen. Schöppenbüchern enthaltenen Kauf- und sonstigen Verträge, für öffentliche Urkunden im Sinne des §. 40. des Ablös. Ges. zu erachten sind? Daß die das Dorfgericht konstituirenden Per­ sonen (Schulzen und Schöppen, s. A. L. 9t. II. 7. §. 79.), wenn sie gehörig vereidiget worden (§. 73. a. a. O.), als Organe der höheren Behörden anzusehen und als solche zu den im §. 129. A. G. O. I. 10. erwähnten Offizianten zu rechnen sind, wird sich nicht bestreiten lassen, und es ergiebt sich hieraus, daß den von ihnen aufgenommenen, mit den Erfordernissen des §. 129. cit. versehenen, Verhandlungen die Kraft eines doc. publ. extrajud. insoweit beizulegen ist, als sie zu deren Aufnahme überhaupt vermöge der gesetzlichen Vorschriften kompe­ tent sind. In dieser Beziehung bestimmt nun das A. L. R. II. 7. §. 62., daß Dorfgerichte, mit Zuziehung eines vereideten GerichtSfchreiberS, gericht­ liche Handlungen, bei welchen es auf keine RechtSkenntniffe, sondern auf bloße Beglaubigung ankommt, gültig vornehmen können. Nach §§. 83. u. 84. a. a. O. ist ihnen zwar zur Pflicht gemacht, solche Ver­ handlungen zur Beurtheilung der Gesetzmäßigkeit, oder näherer Berichtigung, dem ordentlichen Gerichtshalter ohne Zeitverlust vorzulegen; allein es ist die Unter­ lassung dieser Vorschrift nicht mit der Ungültigkeit der Verhandlung, sondern nur mit Verpflichtung zum Schadensersatz und DiSciplinar-Strafen bedroht. — Der §. 173. A. L R. I. 5. gestattet außerdem den Dorfgerichten, Verträge der Anal­ phabeten aufzunehmen. — Hiernach wird es in jedem einzelnen Falle auf die Prüfung ankommen, ob die Dorfgerichte (welchen übrigens in allen dergl. Fällen) die. Zuziehung eines vereidigten Gerichtsschreibers vorgeschrieben ist) zur Aufnahme der betreff. Verhandlung kompetent gewesen sind oder nicht. Denn um überhaupt einem doc. publ. extrajud. die rechtliche Wirksamkeit einer öffentlichen Urkunde beilegen zu können, ist nach der ausdrücklichen Vorschrift des §. 129. A. G. O. I. 10. erforderlich, daß der Verfasser derselben vermöge (allgemeinen oder besonderen) Auftrages berechtiget gewesen sei, die Verhandlung aufzunehmen. In dieser Beziehung wird es namentlich auch auf den Inhalt der den Dorfgerichten ertheilten Instruktionen ankommen, welche denselben die Auf­ nahme gewisser Gattungen der Verhandlungen theils verbieten, theils gestatten. (Vergl. insbes. die Jnstr. für die Schulzen in der Provinz Posen v. 18. Okt. 1833, v. K. Annal. Bd. 17. S. 983., für die Dorfgerichte in den O. L. G. Dep. Naumburg und Halberstadt, Centralbl. für Preuß. Jur. 1841. S. 147. u. I. M. Bl. 1842. S. 115. ff., welche durch das R. des Just. Min. v. 9. März 1852, I. M. Bl. 1842. S. 136., auch auf den Reg. Bez. Potsdam ausgedehnt worden ist. In dem in Robe's Lehrzeitung (Jahrg. 1850.) S. 206. mitgetheilten Rechtsfalle hat das Erk. eines nicht näher bezeichneten Kreisgerichtes v. 7. Jan. 1850 einen in den Schöppenbüchern des betr. Dorfgerichts enthaltenen Kaufver­ trag (aus dem Jahre 1778) für eine öffentliche Urkunde erachtet. Das Revis. Kolleg, für Landes-Kult. Sachen stellt sogar (in dem Erk. v. 24. April 1852) das Präj. auf, daß Urkunden-Abschriften in Schlesischen Schöppenbüchern für vollständig beweisend zu erachten sind. (Präj. Samml. des Rev. Kollg. S. 14. Nr. 7.).

2) Es versteht sich von selbst, daß die den Auftrag ertheilende Behörde die

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 40.).

445

gelegendeiten, welche ihr Amt unmittelbar betreffen, ausgenommen worden, vorausgesetzt, daß sie mit den vorgeschriebenen Erfordernissen l) verse­ hen sind. Daß nur ein, in einer nach den so eben mitgetheilten gesetzlichen Bestimmn gen für ein docuinentum publicum judiciale oder cxtrajudicialc erachtenden Urkunde, abgegebenes Anerkenntniß die im §. 40. des Ablös. Ges. gedachte Wirkung des Nachweises der Verpflichtung eines Grundstückes zu Besitzveränderungs-Abgaben haben kann, muß für ganz unzweifelhaft angenommen werden; es würde durchaus unstatthaft sein, die im § 40. a. a. O. gebrauchten Worte: „öffentliche Urkunde" in einem weiteren Sinne zu interpretiren und sie aus Urkunden anderer Kathegorien, als diejenigen zu beziehen, welchen die Gesetze ausdrücklich diese Eigenschaft beigelegt haben. Frey (prakt. Erläut. S. 65) meint zwar, daß es nur dem Ermes­ sen der erkennenden Behörde überlassen werden müsse, ob ein alS Beweismittel beigebrachtes Dokument als „öffentliche Urkunde" anzuse­ hen sei; allein diese Ansicht ist offenbar irrig, da es dem Richter nicht zu­ stehen kann, den Worten des Gesetzes eine beliebige Auslegung — nach seinem Ermessen — zu geben.2) 3) Der §. 40. bestimmt ferner, daß es zum Nachweise der Verpflich­ tung eines Grundstückes zu Besitzveränderungs-Abgaben genügen soll, wenn ein Besitzer des Grundstückes die Verpflichtung in einer öf­ fentlichen Urkunde anerkannt hat. Hieraus ergiebt sich: a) daß das Anerkenntniß keinesweges von dem letzten (dem gegen­ wärtigen) Besitzer abgegeben zu sein braucht, sondern daß auch ein von einem der Vorbesitzer abgegebenes Anerkenntniß der gedachten Qualität die erwähnte Wirkung haben soll, 3) und b) daß eS nicht darauf ankommt, ob das Anerkenntniß in einer Ur­ kunde abgegeben ist, bei deren Aufnahme der Berechtigte als Mitkontrahent oder Theilnehmer aufgetreten ist, sondern daß es genügt, wenn sich dasselbe nur überhaupt in einer öffentlichen Urkunde, — sei es eine einseitige oder eine zweiseitige, — vorfindet.4)

zuständige gewesen sein muß; der Auftrag kann indes: sowohl ein allgemeiner, als ein besonderer sein. (s.Koch'S Prcuß. Civilprozeß, Bd. I S. 412. §. 214. sub 2. d.). — Vergl. übrigens auch §. 38. der V. v. 2. Ian. 1849. über die Organisation der Gerichte. (G. S. 1849. S. 1.), und §. 108. des Ablos. Ges. v. 2. Mär; 1850. 1) Ueber diese Erfordernisse vergl. die näheren Bestimmungen im §. 129. A. G. O. I. 10., welcher am Schlüsse bemerkt, daß dergleichen Protokolle in Erman­ gelung der daselbst vcrgeschriebcnen Erfordernisse nur als Privat-Urkunden zu betrachten seien. Daß übrigens die von Be rwaltungs-Beamten mit Analphabeten aufgcnonuuenen Protokolle keine verbindliche Kraft haben, darüber vergl. das R. des Juftizm. v. 9. Dec. 1837. (Central bl. für Preuß. Jur. 1537. S. 759. und die Ergänz. 11. Erläut. der Pr. RecbtSb. zum A. L. R I. 5. §. 172. S. 232. 2) Dies würde vielmehr geradezu gegen die Borfchriften verstoßen, welche der § 46. der Ginleit, zum A. L. R. dem erkennenden Richter ertheilt, da der Begriff von.' „öffentlichen Urkunden" in den Gesetzen genau festgestellt, keineSwegeS aber dem Ermessen des Richters überlassen ist, auch andere, als die speziell aufgeführten Urkunden für documenta publica zu erachten. 3) Bergl. auch unten den Zus. 5. 4) Nach den oben angenommenen Grundsätzen erlediget sich in Bezug auf Anerkenntnisse über die Verpflichtung zu BesitzveränderungS-Abgaben auch die Streitfrage, ob der Berechtigte sich aus ein in einem zwischen dritten

446 Don d. Ablis. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. 4) Daß eS in dem Anerkenntnisse, um demselben die im $. 40. er­ wähnte Wirksamkeit beizulegen, der Angabe des RechtsgrundeS nicht

Personen abgeschlossenen Vertrage enthaltenes Anerkenntniß stützen kann? DaS Ob. Trib. bat nämlich (in dem Erk. v. 30. Sept. 1835) ausgeführt, daß eine GutSherrschast keine Rechte auS einem Kaufverträge herleiten könne, welcher nur zwischen den Stellenbesitzern abgeschlossen und welchem sie nicht beigetreten ist, sowie daß auch in der gutSherrlicken Konfirmation ein Beitritt der Gutsherr­ schaft ui solchen Verträgen nicht enthalten sei. (Koch'S Schles. Arch. Bd. 2. S. 494). Derse lbe Gerichtshof bat nämlich (in dem Erk. v. 5. April 1845) angenom­ men, daß die Pflichten der Stellenbefitzer gegen die Gutsherrschaft nur nach sol­ chen Kaufverträgen beurtheilt werden können, welche zwischen der Gutsherrschaft und dem Besitzer der Rustikalftelle abgeschlossen worden (sogen. Primordial-Verträge), nicht aber nach Verträgen der Stellenbesitzer unter einander, denen die Gutsherr­ schaft nicht mit deren Genehmigung beigetreten ist. (Entsch. Bd. 13. S. 335). (Vergl. das Nähere in Betreff dieser Entscheidungen und deren Gründe oben S. 62-63). Im Widerspruche mit diesen Grundsätzen bat das Revis. Kolleg, für Landes-Kult. Sachen per sent. v. 8. Okt. 1852 (Präj. Sammt, desselben S. 14. Nr. 8.) angenommen, daß ein über ein bäuerliches Grundstück zwischen zwei bäuerlichen Wirthen abgeschlossener, von der Gutsherrschaft konfirmirter Ueber, lassungS-Vertrag, in welchem die Abgaben ic. des Grundstückes an die Gutsherr­ schaft anfgeführt sind, die rechtliche Eriftenz dieser Abgaben beweist. In Bezug auf die Frage der rechtlichen Wirksamkeit eines Anerkenntnisses*) der Verpflichtung eines Grundstückes zu BesitzveränderungS-Abgaben ist indeß diese Kontroverse durch den §. 40. deS Ablös. Ges. für beseitiget zu erachten, indem eS, wie oben im Terte bemerkt, in dieser Beziehung gar nicht darauf ankommt, ob daS Anerkenntniß in einer Urkunde abgegeben werden ist, bei der der Berechtigte zugezogen worden, sondern genügt, wenn nur überhaupt bei irgend einer Veran­ lassung von einem Besitzer deS Grundstückes die Verpflichtung anerkannt ist. Nur muß die Urkunde, in welcher das Anerkenntniß enthalten ist, eine öffentliche fein; denn eS entscheidet, wie der Bericht der Kommission der I. K (s. oben S. 434) bemerkt, lediglich die äußere Ferm der Urkunde, und eS kommt auf deren übrigen Inhalt und Iweck gar nicht weiter an. Ganz mit Reckt hat daher die Praris, wie Freu (praktische Erlänt. S. 65) mittheilt, in Bezug auf BesitzveräuderungS-Abgabeu angenommen, „daß daS Anerkenntniß auch in einer Urkunde genüge, welcke nickt zwiscken den Partheien, — dem Berechtigten und Verpflickteten, — sondern auch zwischen dem Verpflichteten und einem Dritten ausgenommen ist, beispielsweise in Kaufkontrakten, durck welcke der Besitz des Grundstückes von einem Verpflickteten auf den anderen übergegangen ist." — Auch daS Ob. Trib. ist neuerdings (in Bezug auf den §. 40. des Ablös. Ges.) der Ansicht beigetreten, daß eS zur Wirksamkeit deS Anerkenntnisses einer BefitzveränderungS-Abgabe nicht erforderlich sei, daß die Erklärung dem Berechtigten gegenüber abgegeben, oder derselbe bei dem Vertrage, in welchem sie vorkommt, rugerogen sei. (Erk. des II. Sen. des Ob. Trib. v. 9. März 1852, in Striettz orst'S Arch. Bd. 5. S. 69).

*) In Bezug auf die rechtliche Wirksamkeit eines „Anerkenntnisses" Hat übrigens das Ob. Trib. in dem Präj. v. 12. Mai 1837 (Pr. Nr. 269. in der Präj. Samml. S. 10) folgenden Grundsatz ausgestellt: „DaS schriftliche Anerkenntniß eines mündlick geschlossenen Vertrages sann „auch in dem mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrage abgegeben „sein, dem der andere Kontrahent deS Ersteren nicht förmlich beigetreten „ist, wenn jenes Anerkenntniß nur in der nicht zu verkennenden Ansicht ab,,gegeben werden, die durck den mündlicken Vertrag begründete Verbind„lickkeit auch zum Besten des andern mündlicken Kontrahenten auSzu „sprechen."

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 40.).

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bedürfe, ist ausdrücklich oorgeschrieben. !) Dagegen entsteht die Frage, von welcher Beschaffenheit daS Anerkenntniß sein und unter welchen Voraussetzungen es abgegeben sein muß, um überhaupt eine rechtliche Wirksamkeit in Anspruch nehmen zu können. a) Zuvörderst ist der Zweifel entstanden, ob die Erklärung, welche das Anerkenntniß enthält, von solcher Beschaffenheit sein muß, daß daraus er­ hellet, daß der Erklärende animo confitendi, d. h. in der Absicht, die Be­ lastung seines Grundstückes als eine gültige einzuräumen, die Laudemialpflicht anerkennt? er) Koch, welcher dies Erforderniß aufstellt, nimmt an, daß auch er­ forderlich sei, daß das Anerkenntniß dem Berechtigten gegenüber 2) abgegeben worden, und folgert, daß die bloße Einräumung der Thatsache, daß von dem Grundstücke Laudemium gezahlt worden, oder die Uebernahme

1) Die Streitfrage: ob eS zur Gültigkeit eines Anerkenntnisses erforderlich, daß darin eine gültige causa debendi angegeben sei? ist hierdurch in Bezug auf Anerkenntnisse über BesitzveränderungS-Abgaben erlediget. DaS Ob.-Trib. hat (in den Erk. v. 15. Dez. 1837.. 14. Aug. 1840., 21. Mai 1841., 1. Dec. 1843, 3. März 1845. u. 1. Nov. 1847.) die Frage bejahet. (Bergl, K e eb'S Schlesisch. Arch. Bd. 2. S. 23., Bd. 4. S. 145., Bd. 5. S. 9 u. 294., Entsch. des O. Trib. Bd. II. S. 345. ff. Striethorft's RecktSf. Bd. з. S. 30.). Das Erk. deffelb. v. 3. März 1845. inSbesond. nimmt auch an: a) daß dies auch von Anerkenntnissen in vorbereitenden Urbarial-Berhandlungen, welche die Errichtung eines UrbariumS nicht zur Folge gehabt haben, gelte; wogegen b) die Gültigkeit eines Zugeständnisses im Prozeß, wodurch der Beklagte die Forderung des Klägers einräumt, nicht davon abhängig sei, daß aus der Erklärung des Zugestehenden der GntstehungSgruud der Forderung hervorgeht. Zn Beziehung auf Urbarien hat das Ob. Trib. mittelst Ptenarbeschl. v. 26. Febr. 1844. folgenden Rechtssatz angenommen: „Um die Eriftenz eines der Gutsherrschaft zustehenden Rechtes, von Rustikal,,Grundstücke» bei Besstzveränderungen Laudemium zu fordern, anzunehmen, „genügt der in einem konfirmirten Schlesischen Urbarium enthaltene Ber„merk über das gedachte Recht durch sich selbst, und ohne daß aus dem „Nrbarium der Rechtsgrund (Titel) dieses Rechtes erhellt." (Entsch. Bd. 9. S. 117., I. M. Bl. 1844. S. 52.) Bergl. auch die Abbandl. von Koch (in dessen Schles. Arch. Bd. 4. S. 147. и. Bd. 5. S. 25. u. 296.), Kuh (a. a. O. Bd. 6. S. 129.) und für die An­ sicht des Ob. Trib. die Abhandl. von Burchardi (Zur. Wcchenschr. 1846. S. 221. ff.); deSgl. die hierauf bezüglichen weiteren Aufsätze von Arndts (a. a. O. S. 236.), Dr. Kahle (a. a. O. S. 441.) und die Kritik aller dieser Ansichten von Roloff (Zur. Wochenschr. 1847. S. 185.), ferner die Abhandl. von Kräwel (Jur. Wochenschr. 1848. S. 129.) deSgl. Rein Hard in Sommer'S Arnsberg. Arch. Bd. 9. S. 600. ff. Bergl. übrigens die Erläut. zu §§. 10—12. des Ed. v. 9. Okt. 1807. sub IV. ad I. ß. dd. (s. oben S. 63.). 2) Da der §. 40. des Ablös. Ges. dies Grforderniß nicht ausdrücklich auf­ stellt, sondern im Gegentheile bestimmt, daß es genügen solle, wenn nur über­ haupt ein Besitzer des Grundstückes die Berpsticktung in einer öffentlichen Urkunde anerkannt habe, so dürste darauf, ob daS Anerkenntniß gerade dem Berechtigten gegenüber abgegeben worden ist, nichts ankommen, sofern eS nur in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist. Denn, — wie auch der Be­ richt der Kommiss, der I. K. zum §. 40. ausspricht, — „ nur die äußere Form der Urkunde ist das Entscheidende", und eS kann deshalb kein Gewicht darauf ge­ legt werden, ob der Berechtigte dabei als Mitintcreffeut zugegen oder das Aner­ kenntniß in direkter Bezugnahme auf ihn abgegeben worden ist, oder nicht. Bergl. auch die Note 4 oben S. 445 (am Schluß der Note).

448

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

der Verpflichtung in einem Kauf-Vertrage, Seitens des Käufers, daß er die schuldigen Laudemien bezahlen wolle, als ein solches Anerkenntniß nicht gelten könne. *) (Kocks Lande. Dd. 2. S. 722. Note 9.) ß) Der Civil-Sen. des Apell. Ger. zu Glogau geht von dem­ selben Standpunkte aus, indem derselbe (in einem Erk. v. 10. Mai 1851) ausführt, daß folgende Stellen in Kaufsurkunden über das in Anspruch ge­ nommene Grundstück: „Abfahrt und Gerichtskasten zahlt Käufer ganz allein ohne Schaden des „Kaufgeldes ",

und „herrschaftliche Laudemien zahlt Käufer ganz „ Kaufgeldes ",

allein

ohne Schaden des

nicht für ein Anerkenntniß der Laudemialpflichtigkeit im Sinne des §. 40. zu erachten seien. Das erwähnte Judikat führt dies in folgender Art näher aus: In beiden Stellen — in der erstern ist sogar von Laudemien gar nicht die Rede — ist offenbar kein derartiges Anerkenntniß vorhanden, wie es der §. 4 0. 1. c. zum Erw eise der Laudemialpflicht verlangt. Die Stellen bestimmen weiter nichts, als wer für den vorliegenden Fall von den Kon­ trahenten die Kosten resp. Laudemien zu tragen habe. Nach §. 40. I. c. soll aber die Verpflichtung eines Grundstückes zu Besitzveränderungs-Abgaben nur als­ dann für erwiesen erachtet werden, wenn ein Vorbesitzer dieses Grund­ stückes dieselbe allgemein — pro futuro — anerkannt hat. Das Grund­ stück soll in diesem Falle auch für die Zukunft, also in allen nach dem Anerkennt­ niß vorkommenden Besttzveränderungsfällen als ein landemialpflichtigeS angesehen werden. Hieraus ergiebt sich, daß §. 40. I. c. ein ausdrückliches, allgemeines Anerkeuntniß der Laudemialpflicht, allo für immer, erfordert. Ein solches ist in den in den beiden Kaufen von 1778 und 1800 enthaltenen Erklärungen nicht zu finden. ES laßt sich sogar nicht einmal behaupten, daß darin für die speciellen BesitzveränderungSfälle ein ausdrückliches Aner­ kenntniß der Laudemialpflickt ausgesprochen worden, geschweige, daß ein solches allgemein und für die zukünftige Zeit darin ent­ halten fei. Die Erklärung des Verklagten in der Appellations-Rechtfertigung, welche dahin lautet: „AuS dem Kaufe v. 5. April 1800 mag für die Zukunft Laudemialpflicht hervorgehen ", ist kein bestimmtes Zugeständniß, daß der Inhalt des Vertrages ein dem §. 40. entsprechendes Anerkenntniß sei. Abgesehen davon, daß auch der Verklagte bei der mündlieben Verhandlung bestritten, daß in jener Kaufsurkunde ein Anerkennt­ niß der Laudemialpflicht enthalten sei, könnte ein solches Zugeständniß, da eS nicht das Zugeständniß von Thatsachen in sich schließt, sondern nur eine rechtliche Fol­ gerung, den Verklagten nickt zu verpflickten. (Robe'S Lehrzeitung, Jahrg. 1850. S. 208).

1) Vergl. in dieser Beziehung auch die Ausführung Kock'S in dessen Schlesisch. Arck. Bd. 5. S. 25—27., wo derselbe insbesondere zu zeigen sucht, daß zur recktlicken Wirksamkeit eines Anerkenntnisses bezüglich auf Laudemien, außer den for­ mellen Erfordernissen einer gültigen Willenserklärung, insbesondere anck das wohl in vielen Fällen fehlende Bewußtsein des Erklärenden vorhanden sein müsse, daß durck die Erklärung etwas Unbestimmtes oder Zweifelhaftes in dem be­ stehenden Verhältnisse näher bestimmt werden sollte, und hinzufügt, daß in vielen Fällen freilick daS Anerkenntniß einer Sub- und Obreption ähnlicher, als einer bewußten Willenserklärung, erscheine. Dagegen erachtete Koch schon nach dama­ liger Lage der Gesetzgebung die Angabe einer causa deben di in dem Anerkennt­ nisse (welcke der §. 40 des Ablös. Ges. nunmehr ausdrücklich für unnöthig er­ klärt hat) nickt für erforderlich, (st. a. O. u. Bd. 4. S. 147. ff., Bd. 5. S. 296.). Vergl. auch Robe in dessen Lehrzeitung für Entlastung des bäuerl. Grund­ besitzes, Jahrg. 1850. S. 120.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., (§. 40.).

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/) Dagegen hat das Ob. Trib. *) in dieser Beziehung andere Grundsätze angenommen. Der II. Sen. desselben hat folgende Entschei­ dungen erlassen: aa) Derselbe führt in dem Erk. v. 9. März 1852 aus, daß der §. 40. des Ablös. Ges. keinesweges erfordere, daß daS Anerkenntniß in der Ab­ sicht abgegeben worden, dem Berechtigten gegenüber das Vorhandensein eines Rechtes oder einer Verbindlichkeit zu bekennen, noch daß der BerechÜgte bei dem Vertrage, in welchem die das Anerkenntniß enthaltende Er­ klärung vorkommt, zugezogen worden sei. Es sei daher für ein den Be­ dingungen des §. 40. genügendes Anerkenntniß zu erachten, wenn in einem Kaufverträge der Stellenbesitzer unter sich der Käufer erklärt habe, „die herrschaftlichen Laudemiengelder übernehmen zu wollen/ (Striethorst's Arch. Bd. 5. S. 68 ff.)

ßß) In dem Erk. v. 9. Dee. 1852 wird angenommen, daß wenn bei einem (in einer öffentlichen Urkunde errichteten) Rechtsgeschäfte, durch wel­ ches das Eigenthum eines Grundstückes. übertragen wird, der Veräußerer oder Erwerber desselben unbedingt die Entrichtung des Laudemii übernimmt, darin ein Anerkenntniß der Laudemialpflichtigkeit deö Grundstückes liegt. Die Gründe dieser Entscheidung, aus welcher sich ergiebt, daß der höchste Gerichtshof eine besondere Qualifikation der das Anerkennt­ niß enthaltenden Erklärung nicht für erforderlich erachtet, führen nur Fol­ gendes aus: Wo zwischen Ursache und Wirkung ein unmittelbarer einer vernünftigen Handlungsweise und dem gewöhnlichen Geschäftsgänge des bürgerlichen Leben­ entsprechender Zusammenhang stattfindet, darf dieser Kausalverband nicht verkannt, und bloßen Möglichkeiten Raum gegeben werden. (91. L. R. I. 6. §. 6.) Wenn daher bei einem Rechtsgeschäfte, durch welches die Besihveränderung eines Grund­ stückes bewirkt wird, bei der Feststellung des Kaufpreises, auf dessen Betrag der Umstand, ob davon eine bedeutende Besitzveränderungsabgabe zu entrichten ist oder

1) Ueber die Qualität, welche die Erklärung, aus welcher ein „Aner­ kenntniß hervorgehen soll, besitzen muß, hat das Ob. Trib. aus allgemeinem Standpunkte vor Erlaß des Ablös. Ges. v. 2. März 1850, folgende Grund­ sätze ausgesprochen: a) Das schriftliche Anerkenntniß eines mündlich geschloffenen Vertrages kann auch in dem mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrage abgegeben sein, dem der andere Kontrahent des Ersteren nicht förmlich beigetreten ist, wenn jenes Anerkenntniß nur in der nicht zu verkennenden Absicht ab­ gegeben worden, die durch den mündlichen Vertrag begründete Verbind­ lichkeit auch zum Besten des anderen mündlichen Kontrahenten auSzusprecken. (Präj. v. 12. Mai 1837. Nro. 269. in der Präj. Sammt. S. 10.). b) Damit derjenige, welcher sich schriftlich oder zum Protokoll zu einem münd­ lich geschlossenen Vertrage bekennt, des Einwandes der mangelnden sckrist\\Asen HtVHoHnng 'oexXuWxg exa&tet ’roex'oen Tonne, genügt eS nubt, t-aß ex den mündlichen Abschluß des Vertrages bloß als Thatsache einräume; das Anerkenntniß muß auch in der Absicht erfolgen, die verbindende Kraft des Vertrages einzuräumen. (Präj. v. 22. Nov. 1844. in den Entsch. Bd. 10. S. 361.). c) DaS Anerkenntniß eines mündlichen Vertrages setzt den WillenSauSdruck der Verpflichtung voraus. (Erk. v. 20. Febr. 1849., Entsch. Bd. 18. S. 242.). d) Es setzt voraus, erstlich: auf Seiten des Erklärenden den animus sese obligandi als noch gegenwärtig vorhanden und gerade jetzt zu beurkunden, — und zweitens: daß ein mündlicher Vertrag über einen bloß der schrift­ lichen Abfassung bedürfenden Gegenstand, vorliege. (Erk. v. 27. Febr. 1846., Entsch. Bd. 18. S. 188.).

LandeS-Kultur-Gesetzg. Bd. n.

29

450

Von d. Ablös. der Reallasten, Len Regulirungen u. Gem. Theilungen,

nicht, von dem wesentlichsten Einstuß sein muß, indem um so viel der wahre PreiS ßch höher oder niedriger stellt, der Käufer oder der Verkäufer unbedingt die Entrichtung deS Laudemii übernimmt, so liegt darin unzweifelhaft daS Anerkenntniß, daß daS den Kaufgegenstand ausmachende Grundstück zur Laudemialabgabe verpflichtet sei, weil ohne die Voraussetzung von der rechtmäßigen Eriüenz dieser Verpflichtung sie von dem Kontrahenten vernünftigerweise nicht zur wesentlichen Grundlage bei der Festsetzung des Kaufpreises gemacht werden konnte, und mithin die beregte Vertragsbestimmung gleichmäßig das Anerkenntuiß der Ursache und Wirkung, des gutsherrlichen Rechts zur Erhebung des Laudemii und des Eintritts eines Ausübungsfalles in sich schloß. (Striethorst's Arch. Bd. 8. S. 87.)

Yy) Das Erk. v. 9. Sept. 1852 nimmt an, daß schon in der Einwil­ ligung zur hypothekarischen Eintragung eines Laudemiums das Anerkenntuiß der Verbindlichkeit selbst enthalten sei, indem vor­ ausgesetzt werden müsse, daß ein Grundbesitzer, welcher, Behufs Regulirung des Hypothekenwesens, die Belastung seines Grundstückes anerkennt, sich dir Folgen dieses Anerkenntnisses bewußt sei. (Striethorst's Arch. Bd. 7. S. 76 ff.) b) Der §. 65. der A. G. O. I. 25. schreibt vor, daß rechtsunkundige, mit keinem Beistände versehene Partheien, wenn sie Verbindlichkeiten anerkennen, über die Folgen des Anerkenntnisses belehrt werden sollen. Es fragt sich, ob und in wiefern diese Vorschrift auf Anerkenntnisse der Verpflichtung eines Grundstückes zu Besitzveranderungs-Abgaben Anwen­ dung findet? In dieser Beziehung ist zu unterscheiden zwischen Anerkenntnissen, welche in einem Prozesse über das streitige Recht, und Anerkenntnissen, welche außerhalb eines Rechtsstreites (in einer öffentlichen Urkunde) abge­ geben worden sind. «) Was die in Prozessen über streitige Besitzveranderungs-Abgaben abgegebenen Anerkenntnisse betrifft, so bat das Ob. Trib. in einem Falle, wo ein rechtsunerfahrener Landmann im Instruktions-Termine die Laudemialverpflichtung seines Grundstückes eingeräumt hatte, hierauf ex agnitionc verurtheilt war, und in II. Instanz unter Vorschützung deS Rechtsirrthums widerrufen hatte, per sent. v. 23. März 1838 das abgegebene Zugeständniß wegen mangelnder Belehrung über dessen Rechtsverbindlichkeit (nach §. 65. A. G. O. a. a. O.) für völlig wirkungslos erklärt, so daß es selbst nicht einmal des Widerrufes bedurft baben würdet) (Koch's Schles. Areb. Bd. 3. S. 187.) ß) Dagegen hat das Ob. Trib. in dem Präs. v. 1. März 1839 (Präj. Nr. 636. in der Präj. Sammt. S. 259) und neuerdings auch in den Erk. v. 9. Sept. 1852 (Striethorst's Arcb. Bd. 7. S. 76) und V. 9. Dec. 1852 (ebendas. Bd. 8. S. 90—91) angenommen, daß der §. 65. der A. G. O. I. 25. auf Anerkenntnisse, die in Akten der freiwilligen Gerichts­ barkeit abgegeben worden, keine Anwendung finde. 1 2)

1) Auch die Erk. des Ob. Trib. v. 3. Marz 1845. (Eutscheid. Bd. 11. S. 348. u. Koch 'S Schlesisch. Arch. Bd. 6. S. 553 ff.) und v. 7. Mai 1847. (NccktSfälle deS Ob. Trib. Bd. 1. S. 135.) nehmen an, daß es bei Partheien der un­ teren VolkSklaffeu, wenn sie mit einem Nechtsbeistande nicht versehen sind, nach §. 65. A. G. O. I. 25. der Belehrung Seitens deS Richters über die rechtlichen Folgen eines von ihnen im Prozesse abgegebenen Zugeständnisses bedürfe. Die ersterwähnte Entscheidung führt aber zugleich aus, daß wenn diese Belehrung er­ folgt sei, das im Prozesse abgegebene Anerkenntuiß rechtliche Kraft habe, wenn gleich daraus der EntstehungSgründ der fraglichen Verpflichtung iticbt beson­ ders hervorgeht. 2) In einer älteren Entscheidung v. 15. Dec. 1 ö37. (Kochs Schles. Arch.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 40 ).

451

y) -Was insbesondere die im Aus ein and ersetzunzs - Verfahren von Personen der niederen Volksklassen (aus dem Bauern- und geringen Bürgerstande) abgegebenen Anerkenntnisse anbetrifft, so hat das Ob. Trib. in einem Falle, wo die streitige Abgabe in einem interimistischen Urbarium aufgeführt war (in dem Erk. v. 1. Dec. 1848), angenommen, daß der Ver­ pflichtete sich gegen sein Anerkenntniß mit dem Mangel der im §. 65. A. G. O. I. 25. vorgeschriebenen Belehrung nicht schützen könne. Denn wenn­ gleich das Auseinandersetzungs-Verfahren als ein prozessualisches anzusehen sei, so gestatte doch der §. 65. a. a. O. keine ganz allgemeine Anwendung; die darin vorgeschriebene Belehrung könne vielmehr niemals nothwendig sein, wenn sich ergebe, daß Verbindlichkeiten anerkannt worden, welche nach ihren Wirkungen und Folgen von dem Anerkennenden vollständig übersehen werden können, und dies lasse sich da nicht bezweifeln, wo die anerkannte Verbindlichkeit in dem unzweideutigen Inhalte des Urbariums beruhe. (Zeitscb. des Revis. Kolleg, für LandeS-Kult. Sachen Bd. 3. S. 83 und Robe'S Lehrzeitung für Entlast, des bäuerl. Grundbesitzes, Jahrg. 1850 S. 152.)

5) Es ist in Zweifel gezogen worden: ob das von einem Besitzer des Grundstückes in einer öffentlichen Urkunde abgegebene Anerkenntniß der Laudemialpflichtigkeit des Grundstückes zum Beweise und zur Erhaltung derselben auch gegen jeden dritten Besitzer des Grundstückes, ohne Eintra­ gung in das Hypothekenbuch, genügt? Der II. Sen. des Ob. Trib. hat die Frage abweichend entschieden. a) In dem Erk. v. 17. Dec. 1850 wird die bloße Festsetzung der Laudemialpflicht eines Grundstückes im Urkaufe ohne Eintragung für nicht aus­ reichend erklärt, ein gegen jeden Besitzer des Grundstückes verfolgbares Recht zu erzeugen. x) Die Gründe sind folgende: Im §. 137. A. L. R. II. 7., welcher bestimmt, daß die Pflichtest der Unter­ thanen gegen ihre Herrschaft hauptsächlich nach den Kauf- oder Annahme-Briefen beurtheilt werden, ist keineSwegeS eine Bestimmung enthalten, wonach Rechte, die in Urkäufen stipulirt worden, die Eigenschaft dinglicher Rechte auch ohne Eintra­ gung haben sollen. Eben so wenig kann aus dem §. 48. Tit. I. der Hyp. Ord. gefolgert werden, daß eS der Eintragung nicht bedurft habe, vielmehr das durch den Urkauf begründete Reckt auf Laudemien auck ohne Eintragung ein dinglickeS fei, denn es ist nicht festgestellt, daß die Landemialpflicktigkeit zu den gemeinen Lasten und Pflickten in dem Orte, wo das Grundstück belegen, gehöre. GS greift daher der Einwand durch, daß wegen mangelnder Eintragung das auf den Grund des Urkaufs beanspruckte Reckt gegen dritte Besitzer nickt geltend gemacht werden könne. Der Verklagte hält die Eintragung für unnöthig, weil die streitige Verpflichtung unter die Karhegorie der genieinen und resp. ortSherkömmlichen Verpflichtungen gehöre, hat aber nickt einmal den Beweis hierüber ange­ treten. Es soll die Laudemialpflicktigkeit auf dem Urkaufe, also auf einem spe­ ciellen Titel, beruhen; nach §. 49. Tit. I. der Hyp. O. bedurfte sie daher jeden­ falls der Eintragung, um dinglich zu werden. Daß die Kläger sich mit dem Man­ gel der Eintragung in Folge des §. 5. I. 19. deS A. L. R. nickt schützen könnten, hat der Verklagte weder in erster, noch in zweiter Instanz behauptet. (Striethorst'S Arch. Bd. 7. S. 360. ff.)

b) In den Erk. v, 21. Sept. u. 9. Dec. 1852 dagegen wird ange­ nommen , daß das in einer öffentlichen Urkunde abgegebene Anerkenntniß

Bd. 2. S. 23.) hatte das Ob. Trib. die entgegengesetzte Ansickt welche auch der II. Sen. des Ob. L. G. zu Breslau per sent. v. 9. (a. ci. O. S. 20.) angenommen hatte. 1) Dies hat der II. Sen. des Ob. Trib. in den Erk. v. 9. u 1851. (Striethorst'S Arch. Bd. 4. S. 11. u. Bd. 3. S. 99.) auch in Grundzinsen und andere Rustikal-Last en angenommen.

aufgestellt, Mai 1837. 25. Sept. Bezug auf

452

Don d. Äblös. der Reallasten, den Regulirungen u. Genr. Theilungen,

der Laudemialpflichtigkeit eines Grundstückes zum Beweise und zur Erhal­ tung derselben auch gegen jeden dritten Besitzer genügt, ohne daß es der hypothekarischen Eintragung derselben bedarf. Diese Urtel stützen sich aus folgende Gründe: «) In der Entscheidung v. 21. Sept. 1852 wird nur bemerkt, das hier der §. 40. des Ablös. Ges. als Spezial-Gesetz maaßgebend sei, welcher das Fortbestehen der Laudemial-Abgabe lediglich von dem bezeichneten Aner­ kenntnisse abhängig mache, und daß dergleichen Abgaben überhaupt auch ohne Jntabulation, nach §. 48. Lit I. Hyp. O., den Charakter der Real­ verbindlichkeiten hätten. (St riet horst's Arck. B'v. 7. S. 365.) 0) In der Entscheidung v. 9. Dec. 1852 heißt es: Daß die Wirkung des im §. 40. des 91 blos. Ges. gedachten Anerkenntnisses auch dem dritten Besitzer des Grundstückes gegenüber nickt von der Eintragung der BesitzveranderungS Abgaben in das Hypothekenbuch des belasteten Grundstückes abhängt, dies ergiebt der deutliche Wortsinn des Gesetzes, und stellt dessen logische Auslegung über jeden Zweifel. Ein Gesetz, welches mehrere Neckte der Grund­ herrn ohne Entschädigung aufhob, das ihnen das üblichste legale Mittel für die Geltendmachung deS Rechts auf die Besitzvcrandcrungs-Abgaben, den Nachweis der Observanz, entzog, und dafür eine neue Beweisführung, das bloße Anerkenntniß eines Besitzers des Grundstücks, in öffentlicher Urkunde abgelegt, und auch ohne Angabe des Rechtsgrundes von ganzer Wirkung, anordnete, konnte nickt den Zweck haben, als neues Beweismittel ein in zahlreichen Fällen illusorisches zu geben; ein illusorisches, wenn die hypothekarische Eintragung als Bedingung für das Fortbestehen der Besitzveränderungs-Abgabe eracktet werden könnte, der gericktskundigen Thatsache gegenüber, daß derartige Abgaben in Schlesien und andern Provinzen der Monarchie schon vor geordnetem Hvpothckenwesen häusig verkommen, und ihre Eintragung oft nickt erfolgt ist. Und (ine so beschränkte Wirkung deS neuen Beweismittels mußte sehen deshalb allein, weil es als ein Surrogat der Observanz gegeben wurde, der Absicht des Gesetzgebers firn liegen. Zn seine deutliche und bestimmte Vorschrift, was fortan zum Nachweise, daß ein Grundstück zu BesitzveränderungS^Abgaben verpflichtet sei, genügen soll, erscheint eS aber um so unstatthafter, andere Requisite einzumischen, als seiner ausdrücklichen Anordnung nach.auck ein Anerkenntniß ohne Angabe des RecktSgrundeS beweiskräftig sein soll. Ein "Gesetz von so ereeptioneller Art schließt daher seiner Natur nach jedes Zu­ rückgehen anfallgemeine Rechtstheorien aus.') (Strieth or st's Arch. Bd. 8. S. 89. ff.)

Die Redaktion des Striethorstschen Archivs sucht zu zeigen, daß die in den neueren Entscheidungen des Ob. Trib. angenommene Ansicht, daß BesitzveranderungS-Abgaben überhaupt, auch ohne Jntabulation, den Charakter der Realverbindlichkeiten haben, nicht begründet sei. Der­ gleichen Abgaben gehörten gar nicht zu den im §. 48. Tit. I. der Hyp. O., sondern in den im §. 49. ebend. aufgeführten. Auch folge aus dem §. 40. des Ablös. Ges. keineswegeS, daß das bloße Anerkenntniß der dort be­ zeichneten Qualität, ohne hinzutretende Eintragung in daS Hypothekenbuch, unbedingt jeden Nachfolger im Besitze des Grundstückes verpflichte. Dies wird folgendermaaßen deducirt: Das dingliche Recht, welches mit dem Besitze der Sache, die den Gegenstand

1) Die Redaktion deS Striethorst'scken Archivs bemerkt hierzu: „Der §. 49. hat nicht das Anerkenntniß der Laudemialpflickt der Observanz „surrogirt, auch früher schon konnte die Laudemialpflicht durch daS An„erkcnntniß des Besitzers bewiesen werden; — nur der Mangel der Angabe „des RecktSgrundeS soll dem Anerkenntnisse seine Kraft nickt benehmen, „wenn eS nur in einer öffentlichen Urkunde abgegeben ist. Dies ist das „einzige im §. 40. zu Gunsten des Gutsherrn eingeführte Exceptionelle und „Neue, weshalb es im Uebrigen bei den allgemeinen RechStheorien ver-

„blieben ist (a. a. O. S.-90. Note)".

Ges. v. 2. Mär; 1850, betr. die Ablös. rc., derS wider die Gutsherrschaft geltend zu machen. (Acta Brandenburg Litt. W. Nr. 34.).

2) Zum dritten (letzten)Satze des §. 60. a) Der Grund, aus welchem dieser Satz von den Kammern dem §. 60. hinzugefügt worden ist, ergiebr sich aus dem Berichte der Kommission der II. Kammer (f. oben S. 508.) und eö bedarf daher einer anderwei­ tigen Erläuterung in dieser Beziehung nicht. Vergl. den Schlußtheil des Alin. 2. des §. 6. des Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 und die Erläut. zum §. 6. dcS Ablös. Ges. sub VI. B. (s. oben S. 348 ff.)

b) Auf Grund des dritten Satzes des §. 60. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 und mit Rücksicht auf die Vorschriften der §§. 102—104. der (aufgehobenen) Ablös. Ordn. v. 18. Juni 1840 für das Herzogthum West­ phalen (G. S. 1840, S. 156) hat das Ob. Trib. mittelst PlenarbeschlusseS v. 1. Juli 1850 angenommen, daß die Kirche im Herzogthum Westphalen berechtiget ist, rücksichtlich des ihr nach der Clementinischen Verordnung vom Jahre 1715 zustehenden Anspruches an den Zehntherrn auf Theilnahme an der Kirchenbaulast, nach Ablösung des Zehnten die Sicherstellung des Ablösungs-Kapitals zu fordern. (Entscheid. Bd. 19., S. 486, Präj. Nr. 2219 und Entscheid., Bd. 20. S. 59). III.

Zum §.61.

1) Die Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821 bestimmte im §. 12.:

Bei Bestimmung dcS Werthes der Dienste ist die Vergütung, welche der Be­ rechtigte dem Dienstpflichtigen in Natur oder in Gelde zu geben verbunden war, in Abzug zu bringen, Sollte hierbei der Werth des Dienstes niedriger, als der

510 Don t>. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Betrag dieser Vergütung auSgemittelt werden, so können die Pflichtigen dennoch für letzteren keine größere Entschädigung, als den Erlaß des Dienstes fordern. Diese Bestimmung zeigte sich in der Praris als eine vollkommen un­ gerechtfertigte und wurde deßhalb für die Provinzen Sachsen und Schle­ sien, wo dergleichen Verhältnisse am häufigsten vorkommen, bereits durch die Gesetze v. 18. Juli 1845, betr. die Ablösung der Dienste in denjenigen Theilen der Provinz Sachsen, in welchen die Äblös. O. v. 7. Juni 1821

gilt (G. S. 1845 S. 502), und v. 31. Okt. 1845, betr. die Ablös. der Dienste in der Provinz Schlesien (G. S. 1845 S. 682} aufgehoben. ') Das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 hat diese Aufhebung allgemein ein­ treten lassen. 1 2) 2) Das A l i n. 2. des §. 61. ist ebenfalls dem §. 2. der oben allegirten Gesetze v. 18. Juli und 31. Okt. 1845 3)4 entnommen. Der Fall des Alin. 2. tritt namentlich alsdann ein, wenn der Guts­ herr das Recht hat, von den Gärtnern Schnitterdienste gegen die zehnte Mandel (Zehntschnitt-Verhältniß) oder das Dreschen gegen eine gewisse Quote der zum Ausdrusch gekommenen Feldfrüchte (Dreschgärtner-Verhältniß) zu fordern. (Vergl. §. 62. des Ablös. Ges.). *) Ergiebt sich hierbei,

1) Die beiden erwähnten Gesetze bestimmen im §. 2. gleichlautend: Ist der Berechtigte dem Dienstpflichtigen zu Gegenleistungen in Gelde oder in Naturalien verpflichtet, so wird der Werth der Gegenleistungen von dem Werthe der Dienste in Abzug gebracht. Uebersteigt der Werth der Gegenleistungen den Werth der Dienste, so hat der Berechtigte ohne Unterschied, ob der Antrag auf Ablösung von dem Berechtigten oder dem Verpflichteten ausgeht, diesen Mehrwerth zu vergü­ ten. Eine Ausnahme hiervon findet nur Statt, wenn dem Berechtigten aus einem besonderen Rechtsgrunde die Besngniß zusteht, wider den Willen des Verpflichteten auf die Dienste zu verzichten und sich dadurch von den Gegenleistungen zu befreien. Die Vergütung des Mehrwcrths der Gegenleistungen erfolgt, wenn beide Theile sich nicht anders einigen, in einer festen Geldrente. Diese Rente kann nach den bestehenden Grundsätzen abgelöft werden. Insoweit die Vorschrift deS §. 12. der Ablös. O. v. 7. Juni 1821. diesen Bestimmungen eutgegeuläuft, wird dieselbe hiermit aufgehoben. 2) Vergl. die Motive des Regier. Entw. zu §§. 60 u. 61. (s. oben S. 508). 3) Vergl. den zweiten Satz deS Alin. 2. des §. 2. der altg. Gesetze (s. oben in der Note 1). 4) Dergleichen Verhältnisse kommen namentlich in den Provinzen Sachsen und Schlesien zahlreich vor. Der unter dem Ausdrucke: „Erbdruseb" ver­ standene Dienst ist zum Ausdreschen sännntlichen Getreides oder gewisser Getreide­ arten, welche auf dem dieustberechtigten Gute gewonnen werden, gewidmet, und die Gegenleistung besteht fast immer in einem aliquoten Theile des Ausdrusches an Körnern: „der Scheffel" genannt. — Der Dienst des Zehntschnitts ist die Verpflichtung, entweder alles bei dem dienstberechtigten Gute vorkommende Ge­ treide, oder gewisse Arten, oder gewisse Schläge und Felder zu schneiden, zu bin­ den und aufznmandeln. Die Gegenleistung besteht in einem aliquoten Theile der aufgemandelten Früchte, gewöhnlich des WaizenS und Roggens: „die Schnitter­ mandel" genannt. — Der Zehntsebnilt und Erbdrusch kommen häufig zusammen vor und sind fast immer noch mit anderen Handdiensten, z. B. dem Harken des Heues, dem Mistladen, Miftbreiten und dergl. verbunden, welche giößtentheils, wie der Hauptdienft selbst, aneb nach dem Umfange der Arbeit gemessen sind. Die Gegenleistungen für jene Dienste bestehen gewöhnlich nur in dem Drescherschessel und der Schnittermandel, zuweilen aber wird dem Pflichtigen außerdem auch die Benutzung kleiner herrschaftlichen Feldstücke, z. B. Mohrrüben-Kaveln überlassen oder gestattet, Raff- und Leseholz in dem herrschaftlichen Forst zu sammeln. Die Häu-

Ges. v. S. März 1850, tetr, die AblSs rc., (§§. 60. u. 61.).

5H

daß der jährliche Geldwerth der von dem Gutsherrn dem Verpflichteten zu gewährenden Gegenleistungen (also des Antheils an den eingeerndteten oder zum Ausdrusch gekommenen Feldfrüchten) den jährlichen Geldwerth der Leistung übersteigt, so soll, nach §. 61., als Regel gelten, daß der Guts­ herr verbunden ist, den Dienstpflichtigen den Mehrwerth der Gegenleistun­ gen zu vergüten, welcher dann nach den Bestimmungen des §. 64. abgelöst werden muß. Es kann sich also der Gutsherr keinesweges durch die bloße Verzichtleistung auf die Leistungen, für welche er zur Ge> Währung einer Quote an den Feldfrüchten verbunden ist, von dieser Ge­ genleistung befreien. *) Nur in dem einzigen Falle soll ihm, nach

ser und Stellen, auf welchen die mit dem Erbdruscke und Zehntschnitte verbun­ denen Dienste ruhen, werden von den Dienstpflichtigen eigenthümlich besessen, und eS unterscheidet sich dieses Verhältniß von einem ähnlichen, welches zwischen den Tagelöhner-Familien in den herrschaftlichen MiethS-Wohnungen und den Gutsherr­ schaften sonst häufiger Statt fand, auch jetzt noch vorkommt, wesentlich dadurch, daß das Letztere auf gegenseitigen, vou Zeit zu Zeit veränderten oder erneuerten Verträgen beruht, und nach Ablauf der Jahre, wofür es bedungen worden, von der einen oder anderen Seite aufgegeben werden kann. Daher werden diese für eine bestimmte Zeit angenommenen Arbeiter, selbst wenn fie in eigenen Hausern wohnen, doch nicht Erbdrescher und Zehntschnitter, sondern Drescher und Tagelöh­ ner, auch Akordmäher genannt. Ueber den Ursprung des dem Erbdrusch- und Zehntschnitte zum Grunde lie­ genden Dienstverhältnisses fehlt es an sicheren Quellen. In den Fällen, wo die Gegenleistung den Werth des Dienstes nicht erreicht, kann man diese Dienste wohl wie andere Dienste, welche von bäuerlichen Stetten zum Besten des berechtigten Gutes geleistet werden, als eine Bedingung bei der ursprünglichen Verleihung des Grundstückes ansehen. Sehr häufig erreicht aber der Werth der Gegenleistung den des Dienstes, oder übersteigt Letzteren um ein BeträcklickeS, und wiewohl hierzu mehrere Umstände, namentlich auf der einen Seite die Vermehrung des Ertrages des berechtigten Gutes, und auf der anderen das Sinken des Werthes der Hand­ arbeiten beigetragen haben mögen, so wird man doch in solchen Fällen als Regel annehmen können, daß dabei ein kontraktliches Verhältniß zum Grunde liegt, wel­ ches durch das in früheren Zeiten dringende Bedürfniß, sich bleibende Arbeiter zu sichern, herbeigeführt war und zugleich den Zweck hatte, den Dienstpflichtigen durch diese Dienftvergütigung ihren ganzen Unterhalt zu gewähren. — In den zuletzt gedachten Fällen werden der Erbdrusch und der Zehntschnitt nickt als eine Last für den Verpflichteten angesehen, sondern als ein v orthe ilh afteS Reckt der Häuser, so daß eS beim Verkaufe derselben stets mit in Anscklag kommt. DaS HauS, auf welchem nach dem in Sacksen provinziellen Ausdrucke: „die Sickel ruhet", wird erheblich theurer bezahlt, als eins auf dem dies nickt der Fall ist. In Scklesien sind die D resck gärt n er n ah ru ngeu die wichtigste Klasse der dienstpflichtigen Nustikalbesitzungen. DaS Negulir. Ed. v. 14. Sept. 1S11. §. 57. B. bezeichnet diese im eigenthümlichen, erbzinS- oder erbpachtweisen Besitze der Inhaber befindlichen Dresckgärtnerbesitzungen in Scklesien als „früher abgebaute Etablissements der Dominien, deren Besitzer für ihre — in Drescker- und ErndteArbeit bestehenden — Handdienfte durch Äquivalente in Gelde, Körnern :c. (die s. g. Hebe, eine Quote des auSgedrosckenen Getreides) und besonders durch die f. g. Mandel (eine Quote der eingeärndteten Garben) so abgelehut werden, daß ihr Interesse mit dem das Dominii innig verbunden ist, ihre Dotiruug in Land aber nur in wenigen Morgen besteht, die sowie das HauS ihr vellkommneS Eigenihum sind." Bergs, über das Verhältniß der Dresckgärtncr in Schlesien auch Wentzel'S Eckles. Prov. R. S. 186—188., Forui'S Zeitsckr. Bd. I. S. 9. ff., K o eb''s Sckles. Arch. Bd. I. S. 123. und die Präj. ebendas. Bd. I. S. 121—141. u. Bd. II. S. 412-428. 1) DaS Negulir. - Ed. v. 14. Sept. 1811. (§. 57. B.) erklärte diejenigen Dresckgärtner inSchlesien, welcke ihre Stellen eigenthümlich (also zu Eigen­ thums- oder ErbzinS- resp. Erbpachts-Rechten) besitzen, ausdrücklich für „Bor-

612 Don d. Ablös. der'Reallasten, den Regulirungen u. Gern. Theilungen.

Alin. 2. deö $. 61., diese Befugniß zustehen, wenn solche (die Befugniß zur Derzichtleistung) auf einem besonderen Rechtsgrunde beruhet. — Ein besonderer Rechtsgrund aber ist ein solcher, der nicht auf dem Gesetze, sondern auf einem titulo speciali beruhet. Ob eine solche Befugniß vorhanden, ist eine das Theilnehmungsrecht betreffende Frage, welche die Spruchbehörden in jedem einzelnen Falle nach den vorhandenen Urkunden und sonstigen Umständen zu prüfen haben. Insbesondere wird eS darauf ankommen, ob bei der Begründung deS in Rede stehenden VerhältniffeS, oder während der Dauer desselben durch ein anderweitiges Abkommen oder sonstigen Rechtsgrund dasselbe sich ausdrücklich dahin gestaltet hat, daß es nur von dem Belieben des Gutsherrn abgehan­ gen hat, sich den Dienst leisten zu lassen, oder auf denselben gegen Wegfall der Gegenleistung zu verzichten. Wo dieser Nachweis nicht geführt wer­ den kann, muß angenommen werden, daß beiden Theilen auf die gegensei­ tigen Leistungen ein gleiches Recht zusteht, daß also der Berechtigte das vertragsmäßig oder sonst rechtsgültig konstituirte Verhältniß nicht ein­ seitig (willkührlich) durch bloße Verzichtleistung auf den Dienst, unter Wegfall der Gegenleistung, auflösen kann 1) Daß es übrigens Sache des Berechtigten ist, den Beweis seiner etwanigen KomPensa tivns - Befugn i ß zu führen, kann deshalb nicht zweifelhaft sein, weil nach allgemeiner Beweistheorie demjenigen, der sich auf einen besonderen Rechtsgrund stützt, der Nachweis dieses letzte­ ren obliegt. Es versteht sich jedoch von selbst, daß den Auseinandersetzungs­ Behörden nicht verschränkt ist, aus die Beweisfrage von Amtswegen einzu­ gehen, da ihnen, im Sinne der A. G. O., obliegt, inquisitorisch zu ver­ fahren. Fehlt eß aber an genügenden Anhaltspunkten für die betreffende richterliche Entscheidung, so wird, bei der gegen die Existenz eines besonde­ ren Rechtsgrundes sprechenden Vermuthung, anzunehmen sein, daß der Ausnahmefall des Alin. 2. des §. 61. nicht vorliege. 3) Aus dem Standpunkte der früheren Ablösungs-Gesetzgebung ist in Betreff der in Rede stehenden Frage aus folgende Entscheidungen hinzu­ weisen : a) Das Ob. Trib. hat folgende Grundsätze aufgestellt: «) Der dienstberechtigte Gutsherr ist (in den vormals Königl. Westphälischen, Großherzoglich Bergischen und Französ. hanseatischen Landes­ theilen) nicht befugt, sich durch Erlaß, oder, was dem ganz gleich, durch Richtforderung der Dienste der von ihm dafür zu leistenden Vergütung zu entziehen, wenn das Dienstverhältniß auf einem Vertrage beruhet, was in dem Falle anzunehmen ist, wenn ausgemittelt worden, daß die Dienst­ leute im Interesse des berechtigten Gtltes und zur Bewirthschafrung dessel-

werkSgesinde der Dominien", und bestimmte eben deshalb, daß dem Gutsherrn die Ablösung seiner für die Dienste der Dreschgartner zu gewahrenden Gegenlei­ stungen mir für ein vollkommenes Aequivalent in Brod, Körnern oder Geld, also ohne die Befugniß zur Kompensation deS Mehrwerthes, freu stehen solle. 1) Die Gerichtshöfe haben in der Regel in den Prozessen der Dresch­ gärtner und der sonstigen Familienstellen-Besstzer mit ihrem Gutsherrn entschieden, daß Letztere nicht befugt sind, die Hcfedienste durch Tagelöhner zu ersetzen, oder selbst nur neue Wirtschaftssysteme zum Nachtheile der Erbdrescher und Zehntschnitter einzuführen. Dabei ist angenommen worden, daß die fraglichen Dienstverhältnisse aus freien Vertragen beruhen. Vergl. die in der Note 4. S. 511. allegirten Präjudikate und das Erk. des II. Sen. des Ob. Trib. v. 6. Febr. 1849. in den Entsch. Bd. 18. S.

449-456.

Ges. v. L. März 1850, betr. die Ablös.

($. 62.).

513

ben dergestalt angesetzt worden, daß sie ihren Unterhalt von dem Gute durch die Dienstvergütigung erkalten. (Präj. des II. Sen. des Ob. Trib. v13. 9lov. 1840, in dessen Präj. Samwl. S. 361 Nr. 943 ) ß) Die vormaligen Unterthanen und Besitzer dienstpflichtiger Nahrun­ gen (in den ad a genannten Landestheilen) können in der Regel den Be­ sitzer des dicnstberechtigten Gutes nicht zwingen, sich die Dienste gegen Ver­ abreichung des üblichen Lohnes, der Kost und Futtergebühren wirklich leisten und dieselben ansagen zu lassen; sondern es hängt, falls nicht besondere Rechtstitel — Vertrage und Urbarien — oder Provinzialgesetze entgegen­ stehen, von der Wahl des Berechtigten ab, die Dienste zu erlassen. (Präj. des II. Sen. des O. Trib. v. 20. Juli 1838, in dessen Präj. Sammt. S. 362 Nr. 507.) /) Das Verhältniß der Zehntschnitter und Erbdrescher (im Herzogtbume Sachsen) berechtigt und verpflichtet gegenseitig. Der Dienstherr kann durch Nichtforderung der Dienste der Vergütung sich nicht entziehen. Die Fröhner haben aber gegen die Veränderung der Wirthschaftsart kein Widerspruchsrecht; auch tritt durch eine solche nicht eine Aenderung der bisherigen Vergütung von selbst ein, sondern, im Falle durch die Ver­ änderung der Wirthschaftsart ihre Verpflichtungen erschwert werden, nur ein Recht auf Entschädigung für diesen Nachtheil. (Erk. des II. Sen. des Ob. Trib. v. 6. Febr. 1849, in dessen Entsch. Bd. 18. S. 449 ff.) b) Das Revisions-Kollegium für L. K. Sachen führt (in dem Erk. v. 3. April 1846) aus, daß, nach den Grundsätzen der früheren Ablösungs-Gesetze Leistungen und Verpflichtungen des Dienst- oder Zehnt­ herrn, welche in keinem unmittelbaren Zusammenhänge mit dem Dienst­ oder Zehntrechte stehen, durch Aufgabe des letzteren nicht von selbst besei­ tiget werden. (Zcitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 1. S, 7 — 44.) »)

Zum tz. 62. I. Der §. 62. ist von den Kammern nach dem Vorschläge deS Re­ gier. Entw., lediglich mit der aus dem Berichte der Kommission der I. Kammer erhellenden Umstellnng der Worte: „und zwar in der Re­ gel in Land", genehmiget worden.

1) Diese Entscheidung stützt fid' auf die Vorschriften der §§. 12. und 31. der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821., des §. 128. der Ablös. Ordn. v. 13. Juni 1829, deS §. 132. der Ablös. Ordn. v. 18. Juni 1840, deS §. 108. der Ablös. Ordn, v. 4. Juli 1840. und der §§. 2 u. 3. des Ges. v. 18. Juli u. 31. Okt. 1845., und führt in sehr gründlicher Erörterung aus, daß sich die angenommene JnterpretatienSweise auS den Materialien (namentlich aus den Akten deS Körngl. Staatsrathes) bestätige. Zugleich wird (in einer Nachschrift S. 43—44 a. a. O.) mitgetheilt, daß mit den entwickelten Grundsätzen die Jmmediatberickte deS StaatSministeriumS v. 4. Nov. 1845. und deS Min. deS I. u. der I. v. 4. Sept. 1846. fidi überall einverstanden erklärt haben, und daß in Folge dessen mittelst Allerh. K. O. v. 11. Okt. 1846. der Antrag mehrerer (Posenseben) Gutsbesitzer auf Erlaß einer Deklaration der §§. 12. und 31. der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821. zurückgewiescn werden. DonnigeS (LandcS-Kultur Gesetzgeb. Bd. 2. S. 225 u. 313.) hatte in dem (vcn ihm redigirteu) Eunv. einer neuen Ablös Ordn, auf Grund dieser Er­ örterungen einen Zusatz zum §. 12. der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821. dahin beantragt: „Eine solche Kompensation sindet jedoch nur bei Leistungen und Gegen„lcistungen statt, welche in unmittelbarem Zusammenhänge stehen und, be„sonders genommen, sich gegenseitig bedingen." Bergl. auch das R. deS Mm. des I. v. 7. April 1823. bei DönnigeS a. a. O. S. 332—333. und in Koch'S Agrargesetzb. 3. Aust. S. 153—154. Landes'Kultur-Gesetzg. Bd. n.

33

514 A.

Von d- Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Die Motive des Regier. Entw. bemerken dazu:

Abweichend von den Grundsätzen der beiden Spezial-DienstablösungS-Gesetze, für Sachsen v. 18. Juli 1845 und für Schlesien v. 31. Okt. 1845 (G. S. 1845 S. 502 u. 682), welche ausdrücklich bestimmen, daß die Vergütung des Mehr­ werths der Gegenleistung eines Dienstberechtigten, wenn beide Theile sich nicht an­ ders einigen, in einer festen Geldrente erfolgen soll, verordnet der vorliegende §. des Entwurfs, daß ein solcher Mehrwerth in gewissen Fallen nach den Vorschriften der Gem. Theil. Ordn, und zwar in der Regel in Land zu vergüten sei. Diese Abänderung ist dringend von den Behörden der beiden gedachten Provinzen Sachsen und Schlesien bevorwortet worden und es spricht dafür allerdings die Billigkeit, indem dergleichen dienstpstichtige Stellen in der Regel zu klein sind, um die Wirthe durch die Bearbeitung der eigenen Grundstücke allein zu ernähren, so daß dieselben nur durch eine Landentschädigung für den in Körpern und Stroh bestehenden Mehrwerth ihrer Dienstbelohnung in ihrem bisherigen wirthschaftlichen Zustande er­ halten werden können. Wenn jedoch in einzelnen solchen Fällen keine Gelegenheit zur Entschädigung in Land vorhanden ist, so versteht es sich von selbst, daß der Abzufindende, ebenso wie bei GemeinheitStheilungen, eine Entschädigung in Rente annehmen muß.

B. Die Kommission der II. Kammer fand gegen den §. 62. nichts zu erinnern und auf ihren Antrag genehmigte die II. Kammer dessen un­ veränderte Annahme. *) (Stenogr. Ber. der II. K. 18$3. Bd. 3. S. 1466.) C. Die Kommission der I. Kammer beantragte nur die bereits oben erwähnte Fassungs-Aenderung, indem ste sich in ihrem Berichte dahin aussprach: Zu §. 62. erhoben sich Bedenken über die Richtigkeit des Grundsatzes von der Pflicht des Gutsherrn zur Bezahlung des den Dienstwerth übersteigenden Werths der Gegenleistungen, welche jedoch durch Hinweisung auf die mit Zuziehung der Provinzialstände erlassenen Gesetze v. 18. Juli 1845 und 31. Oktober 1845, worin dieser Grundsatz bereits für die Provinzen Schlesien und Sachsen ausgesprochen ist, beseitigt wurden. Weit ist nur die Anordnung, daß in der Regel Landabfindung gegeben werden soll. Sie ist in der Ansicht gegründet, den Gärtnern, die ihren Lohn in Naturalien zu fordern hatten, welche sie gegen die Ungunst des Preiswechsels sicherten, durch eine Landgewehr, denselben Natural-Bezug dauernd zu erhalten. Ein Antrag, am Ende des ersten Satzes hinzuzufügen: „wenn nicht das berechtigte Dominium eS vorziehen sollte, die Entschädigung in Gelde zu leisten", fand darum keinen Anklang, weil die Mehrheit mit jener Absicht des Entwurfs ein­ verstanden war. Er wurde verworfen. Um jedoch keinen Zweifel darüber zu lassen, daß auch für die Frage: ob in einem gegebenen Falle die Landentschadigung quSzu» schließen und Rente zu gewähren resp, anzunehmen sei, die Bestimmungen der Gem. Th. O. entscheiden, wird dem §. die Fassung zu geben beschlossen: Die Worte: „und zwar in der Regel in Land" an ihrer jetzigen Stelle zu streichen und in die vierte Zeile zwischen „Gegenleistungen" und „nach den Vorschriften" u. s. w. zu setzen. Die Kommission beantragt: die Annahme deö so geänderten §.

1) Der Verbess.-Antrag des Abgeordn. v. Kleist-Retzow (Drucks. Nr. 336. ad VIII.): „dem §. 62. folgenden Zusatz hinzuzufügen: „Auch dann kann eine Vergütung nach den Regeln der GemeinheitS„theilungS-Ordnung in Land beansprucht werden, wenn es mit Schwie­ rigkeiten für den Berechtigten verbunden sein würde, sich die abgelöste „Leistung für die gewährte Rente und Kapital-Abfindung zu beschaffen. „Kirchen, Pfarren, Küstereien, Schulen und andere milde Stiftungen „können überhaupt eine Abfindung in Land nach den Regeln der Ge„meinheitStheilungSordnung verlangen," wurde abgelehnt. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1465—1466.).

Ges. v. 2. Marz 1850, fielt, die Afilös. rc., ($. 62.).

515

Die I. Kammer trat dem Anträge der Kommission fiel (Stenogr.Ber. der I. K. 18^. Bd. 5. S. 2551.) D. Die II. Kammer hat sich schließlich mit der von der I Kam­ mer angenommenen FassungS-Aenderung einverstanden erklärt. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Der §. 62. setzt eine Ausnahme von der Regel des §. 61. fest, und zwar fiestimmt derselbe, daß für die im $. 62. vorausgesetzten Fälle, nämlich wenn die Verpflichteten, als Gegenleistung des Dienstberechttgten, die Befugniß haben, von dem letzteren: a) entweder einen gewissen Antheil an den eingeerndteten Feldfrüchten (Zehntschnitter-Verhältniß), b) oder einen Antheil an den zum Ausdrusch gekommenen Feldfrüch­ ten (Dreschgärtner-Verhältniß) zu fordern, J) ein Ueberschuß dieser Gegenleistungen den Dienst­ pflichtigen von den Dienstberechtigten in der Regel in Land zu gewäh­ ren ist, und (abgesehen von dem Falle anderweitiger gütlicher Vereinbarung) die in allen anderen Fällen gesetzlich eintretende Entschädigung in Rente ausgeschlossen bleiben soll.1 2) Die Ermittelung des Werthes, deS Umfanges und der Lage der Landentschädigung erfolgt nach den Vorschriften der Gemeinheits-Theil. O. v. 7. Juni 1821. III. Die Bedingung der Anwendbarkeit deS §. 62. ist, daß die Ueberlassung eines Antheils an der Erndte oder den zum Ausdrusch gekom­ menen Feldfrüchten die Gegenleistung für die Dienste und nicht die Dienste eine Gegenleistung für den qu. Antheil sind. ES kommt mithin der $. 62. nicht zur Anwendung, wenn ein Zehntberechtigter dem Zehntpflichtigen auch Dienste zu leisten hat. Daher muß in jedem einzelnen Falle genau unterschieden werden, welche Gegenleistungen gerade für die Dienste stipulirt worden sind. Ist es zweifelhaft, was Leistung und Gegenleistung ist, so ist zu präsumiren, daß die größere von ihnen die Leistung und die kleinere die Gegenleistung sei, und es kann die Landabfindung nur dann eintreten, wenn entweder durch deutliche Urkunden dargethan ist, daß die größere Verpflichtung eine Gegenleistung für die kleinere ist, oder wenn diese Annahme durch so notorische Verhältnisse, wie z. B. das Zehntschnitt- oder Dreschgärtner-Verhältniß, gerechtfertiget wird. (Vergl. Frey, prakt. Erläut. S. 82 — 83, und Wulsten, die neuen Agrar-Gesetze S. 75 Note.) IV. Es ist für die Fälle deS §. 62. in Zweifel gezogen worden, welche Grundsätze bezüglich der Kompensation in dem Falle emtreten, wenn neben den Diensten noch andere Leistungen stattfinden, indem nämlich dann die Frage entsteht: welcher Theil der Gegenleistungen deS Berechtigten durch Land und welcher Theil durch Rente entschädiget werden muß? In dieser Beziehung stehen folgende Ansichten einander gegenüber: a) Es müsse die Summe aller Leistungen von der Summe aller Ge­ genleistungen abgezogen und dann die Differenz durch Land entschädiget werden. b) ES könnten immer nur die Dienste auf der einen, und der An­ theil an der Erndte oder dem Ausdrusch auf der anderen Seite bei

1) Vergl. Über das Dreschgärtner- und Zehntschnitter-Verhältniß die Note 4. zum §. 61., oben S. 510 ff.) 2) Vergl. auch den §. 84. Alin 4. des Ablös. Ges. v. 2 März 1850. und die Erläuterung dazu, wonach bei lassitischen Besitzern die Vergütigung deS Mehrwerthes der Gegenleistungen nur für den Fall erfolgt, wenn diese in einem Antheile an der Erndte (Mandel, Garben) bestehen, und eine gleiche Vorschrift wegen der Vergütigung deS Mehrwerthes in Land sich nicht vorfindet.

516

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gent. Theilungen,

der Landabfindung in Betracht kommen, weil der §. 62. überhaupt nur von diesen beiden speziellen Arten der Leistungen und Gegenleistungen spreche, woraus folge,,daß, wenn noch andere Leistungen und Gegen­ leistungen vorhanden sind, die Ablösung derselben nach der allgemeinen Regel der 60. u. 61. erfolgen müsse. Frey tritt der letzteren Ansicht bei, weil der §. 62. nur eine Aus­ nahme sestsetze, die nur insoweit Platz greifen könne, als sie ausdrücklich gemacht worden. (Frey, prakt. Erläut. S. 81.) Diese Ansicht dürfte auch für die richtige zu erachten sein.

Zum §. 63» I. Der §. 63. lautete in dem Regier. Entw. etwas abweichend von seiner jetzigen Fassung. Die Differenzen sind folgende: a) im Alin. 2. hieß eS: „Feste Geldabgaben, sowie solche Geldund Getraide-Renten rc."; b) im Alin. 3. fehlten die Worte: „durch Schiedsrichter", desgl. die Worte: „nach Abzug der nach §§. 5 9. und 60. zu berücksichti­ genden Gegenleistungen"; endlich c) enthielt der Regier. Entw. noch den (jetzt gestrichenen) Schlußsatz: Auf Mühlengrundstücke finden die Bestimmungen dieses §. keine Anwendung.

A. Die Motive zum Regier. Entw. lauten dahin: Der hier ausgesprochene Grundsatz, daß dem Besitzer einer jeden Stelle bei Ablösung der Reallasten derselben auf sein Verlangen ein Drittel des Reinertrags der Stelle freigelaffen und zu dem Ende nöthigensalls die Abfindung des Berech­ tigten vermindert werben müsse, bezweckt lediglich die Erhaltung der verpflichteten Stellen im prästationsfähigen Zustande. Dieser Zweck muß bei jeder Auseinander­ setzung im Auge behalten werden, er verfolgt nur scheinbar eine Begünstigung des Verpflichteten und eine Einschränkung der Ansprüche des Berechtigten, welche Letz­ terer sich gefallen zu lassen nicht nöthig hätte. Offenbar kann der Berechtigte nur­ fordern, für den Nutzen, den ihm die abzulösende Berechtigung bisher gewährt hat, vollständig entschädigt zu werden. Es liegt aber in der Natur der Sache, daß dieser bisher ihm wirklich zugeflossene Nutzen nicht mehr betragen haben kann, als der Besitzer der verpflichteten Stelle, nach deren Beschaffenheit, davon zu leisten im Stande war. Ist daher auch vielleicht der rechtliche Umfang der Ansprüche des Berechtigten ein größerer, so kann doch bei der Ablösung diese Differenz gegen den in der Wirklichkeit nur zulässigen und möglichen Umfang nicht berücksichtigt werden. Es kommt z. B. nicht selten vor, daß auf einer bäuerlichen Stelle mehr Dienste hasten, als in der Wirklichkeit davon geleistet werden können und deshalb auch stets nur geleistet worden sind. In solchen Fällen und bei einer lediglich nach dem rechtlichen Umfang der Dienst-Berechtigung ohne Rücksicht auf die Kräfte und Prästationsfähigkeit der Stelle erfolgten Abmessung würde die Rente den wirk, lichen Werth der Leistung offenbar übersteigen; auf den überbürdeten Stellen würde kein Wirth bestehen können, und die Rentenbank würde für eine so hohe Rente keine Sicherheit haben. Nur für den wirklichen und gesicherten Ertrag der Leistung kann der Berech tigte Entschädigung fordern. Das Prinzip des Entwurfs, daß der Berechtigte sich unter solchen Umständen eine Reduktion seines Rechts nach Maaßgabe der Prästa­ tionsfähigkeit der verpflichteten Stelle gefallen lassen müsse, liegt im Wesentlichen auch den in den §§. 444. und folg. Tit. 7. Th. II. A. L. R. gestatteten sogenann­ ten Unmöglichkeitsklagen zum Grunde. So wenig Bedenken aber auch diesem Prinzipe an sich entgegenstehen, so ist doch dessen gesetzliche Durchführung sehr schwierig. Die Erfahrung lehrt, daß die Feststellung des Reinertrags eines ländlichen Grundstücks überhaupt eine höchst unsichere Operation ist; diese Unsicherheit steigert sich bei kleineren bäuerlichen Stellen, auf welche es hier hauptsächlich ankommt, und bei bloßen Häuslerstellen ist nach dem bisherigen Verfahren eine Abschätzung

Ges. v. 2. März 1850, tetr, die Atlös. rc., ($. 63.).

517

deS Reinertrags fast unausführbar. Jedenfalls würden die aus diese Weise erzielten Resultate mit der Wirklichkeit saft niemals übereinstimmen.

Den besten und einzig sichern Anhalt zur Beurtheilung deS Reinertrages bietet der Preis dar, mit welchem eine solche Stelle, wie sie steht und liegt, d. h. mit Berücksichtigung aller aus ihr ruhenden Lasten und Abgaben, sowie der ihr zu­ stehenden Berechtigungen, bei einem etwanigen Verkauf im gewöhnlichen Verkehr bezahlt werden würde. Erwägt man, daß ein solcher Käufer zu dem Kaufgelde, welches er für die Realitäten und die Berechtigungen der Stelle zahlt, auch noch die fernere Tragung der darauf ruhenden Lasten übernimmt, so folgt von selbst, daß der eigentliche Kaufwerth der Stelle in derjenigen Summe besteht, welche bei Zu­ sammenrechnung des wirklich gezahlten Kaufpreises und des Kapitalwerths jener Lasten herauskommt. Es bilden also nicht die Zinsen des Kaufpreises allein, son­ dern diese erst mit Hinzurechnung des Jahreswerths der Lasten, den eigentlichen Jahres ertrag der Stelle. Wenn z. B. für eine Stelle, auf welcher Abgaben, Dienste rc. zum jährlichen Werth von 20 Thlrn. hasten, der Käufer unter Ueber­ nahme dieser Lasten noch einen Preis von 200 Thlrn. zahlt, so ist der eigentliche Kauswerth bei Annahme eines Zinsfußes von 4 Prozent um 500 Thlr. höher, als der gezahlte Kaufpreis, mithin aus 700 Thlr. zu veranschlagen, denn so viel würde dieser Preis betragen haben, wenn jene Lasten nicht darauf hasteten.

Dies sind die Ansichten, von denen der Entwurf in dem vorletzten Alinea des §. 63. bei Aufstellung der Regel über die Ermittelung des Reinertrages auSgegangen ist. Wenn hierbei ausdrücklich nur die Beachtung der ablösbaren Reallasten der Stelle vorgeschrieben ist, so ist dies um deshalb geschehen, weil die nicht ablös­ baren an den Staat oder die Gemeinde zu entrichtenden Reallasten in der Regel gleichmäßig auf allen ähnlichen Stellen des Ortes ruhen, mithin nicht als etwas Eigenthümliches einer einzelnen Stelle zu betrachten sind, und deshalb auch bei Be­ stimmung des individuellen Werths, den eine solche Stelle im Verkehr hat, nicht veranschlagt zu werden pstegen. Ferner ist bei Berechnung des Reinertrages, so weit derselbe aus den Zinsen des Kaufwerths hergeleitet werden soll, nicht der jetzt übliche Zinsfuß von 5 Prozent, sondern der von 4 Prozent um deshalb zu Grunde gelegt, weil auch jetzt noch die in bäuerlichen Stellen angelegten Kapitalien in der Regel nicht mehr als 4 Prozent Zinsen zu tragen psiegen.

Dies vorausgeschickt, beruht nun der in dem ersten Aliena aufgestellte Haupt­ satz des §. 63., daß dem Verpflichteten, damit er prästationsfähig erhalten werde, ein Drittel des nach dem Vorstehenden pi ermittelnden Reinertrags seiner Stelle freibleiben müsse, lediglich auf der praktischen Erfahrung, daß unter solcher Vor­ aussetzung eine Ueberlaffung nicht eintritt, vielmehr das Fortbestehen des Verpflich­ teten auf der Stelle möglich ist. Die demnächst in dem zweiten Aliena von jenem Hauptsatz gemachte Ausnahme, daß die auf der Stelle bereits ruhenden festen Geld­ abgaben und rezeßmäßig festgestellten Absindungsrenten keiner Verminderung unter­ liegen sollen, hat theils darin ihren Grund, daß bei Leistungen solcher Art die Last, welche durch sie der verpflichteten Stelle bereits auserlegt ist, dergestalt übersichtlich seststeht, daß der Besitzer bei Uebernahme der Stelle klar ermessen konnte, ob deren Kräfte diese Last auch zu tragen im Stande seien — theils beruht diese Aus­ nahme-Vorschrift auf der auch von dem Gesetzgeber wohl zu beachtenden Unantast­ barkeit rechtsgültig geschlossener Verträge. Die Mühlengrundstücke endlich haben von den Bestimmungen dieses §. deshalb ausgeschlossen werden müssen, weil in Bezug aus die den Mühlenbesitzcrn zu gewährenden Erleichterungen ein besonderes Gesetz in Aussicht steht. Einige Beispiele werden übrigens die Regeln dieses §. in ihrer Anwendung noch deutlicher machen. Angenommen eS hasten aus einer Stelle a) ein Grundzins von 10 Thlrn., b) eine rezeßmäßig feststgestellte Dienstrente von.................................. 10 c) die Verpflichtung zur Entrichtung von Laudemien, deren jährlicher»Werth ermittelt wird, aus.......................................................... 2 d) die Verpflichtung, eine gewisse Quantität Getreide zu entrichten, deren jährlicher Werth ermittelt wird, aus .... . . . 4 Summa 26 Thlr., und der gemeine Kauswerth der Stelle würde auf 100 Thlr. abgeschätzt, so würde der Reinertrag der Stelle auf 4 Prozent hiervon, mithin aus 4 Thlr. + 26 Thlx.,

518 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, also überhaupt auf 30 Thlr. anzunchmen sein. Dem Verpflichteten müssen hiervon ‘ oder 10 Thlr frei bleiben, er hat also nur noch 20 Thlr jährlich an den Berecbtigten tu entrichten und der Letztere erhält daher außer den bereits feststehenden Gelvabgaben sub a. und b. keine weitere Entschädigung. Wäre dagegen a?'ßer den Abgaben sub a. und b auch die Laudemial-Verpflichtung sub c. bereits rechtsverbindlich in eine feste jährliche Geldrente von 2 Thlrn. verwandelt, so müßte der Verpflichtete, wenn gleich seine Stelle nur einen Reinertrag von 30 Thlrn. hat, dennoch die bereits festgestellten Geldabgaben von 22 Thlrn. fortentrichten. Sollte eine Stelle dergestalt belastet sein, daß sie gar keinen Kaufwerth hätte und betrüge der Iahreswerth der ablöslichen Reallasten 12 Thlr., so würde die Ablösungsrente auf 8 herabzusetzen sein. Wäre aber unter den 12 Thlrn. eine feste Geldrente von 10 Thlrn. enthalten, so müßte es bei dieser bewenden und eS könnte also nur eine Verminderung der Rente um 2 Thlr eintreten. Schließlich ist noch darauf aufmerksam zu machen, daß die gante Vorschrift deS §. 63., wie auch die Fassung der Eingangs-Worte darthut, nur allein auf eigent­ liche Stellen (Ackernahrungen, Koffätben-, Gärtner-, Häuslerstellen rc.) Anwen­ dung finden soll, nicht aber auch auf die sogenannten Wandeläcker. Diese sind um deshalb ausgeschlossen worden, weil bei ihnen der Grundsatz deS §. 63. zu erheb­ lichen Schwierigkeiten führen, überdies aber meist ohne praktische Wirkung bleiben würde, da auf Besitzungen dieser Art in der Regel nur Geldabgaben haften, nicht aber Naturaldienfte, auf die eS im §. 63. hauptsächlich ankommt. Die Zersplitterung deS Besitzes ist in denjenigen Gegenden, in welchen die Wandeläcker vorherrschend sind, außerordentlich und es ist nichts Ungewöhnliches, daß Flächen von 1 Morgen aus 10 und mehreren einzelnen selbstständigen Grund­ stücken bestehen. ES gehen solche Grundstücke einzeln, oder auch mehrere oder we­ niger zusammen, fortwährend auS einer Hand in die andere, so daß ein bäuerlicher Wirth, welcher heute eine Hofstelle und 20 Morgen einzelner Grundstücke besitzt, ohne alle Bedrückung die darauf haftenden Lasten aufzubringen im Stande ist, wäh­ rend morgen, nachdem er die Aecker ganz oder theilweise veräußert hat, seine WirthschaftS-Einrichtung sich vollständig umgestaltet hat. Dazu kommt, daß, wenn Na­ turaldienste vorkommen, der Umfang und die Art derselben häufig lediglich von der WirthschaftS-Einrichtung bedingt sind, indem z. B. jeder, der Spannvieh hält, zu Spanndiensten; jeder andere Grundbesitzer aber nur zu Handdiensten verpflichtet ist, der Besitzer ein und derselben Haus- oder Hofstelle mithin, je nachdem er nebenbei mehr oder weniger Wandelgrundstücke besitzt, bald Spanndienste, bald nur Handdienste zu leisten braucht, die Dienste mithin gar nicht auf einzelnen bestimm­ ten, sondern auf dem ganzen zu einer bestimmten Feldmark gehörigen KompleruS von Grundstücken hasten. (Vergl. §. 15. seq.)

B. Die Kommission der IT. Kammer beantragte nur eine Ab­ änderung des $. 63. deS Regier. Entw., indem sie nämlich vorschlug, im zweiten Satze des jetzigen Alin. 4. (dem vorletzten des Regier. Entw ) an Stelle der Worte: „vier Prozent" zu setzen: „fünf Prozent". Der Bericht der Kommission spricht sich folgendermaaßen aus: Die Vorschrift des §. 63. des Gefttz-Gntw. bezweckt das wichtige Prinzip zur Geltung zu bringen, daß dem Stellenbesitzer nur eine solche Entschädigung auferlegt werden soll, welche mit der Leistungsfähigkeit seines Grundstücks nicht außer allem Verhältnisse steht und demselben gestattet, auch unter Erfüllung feiner Pflichten gegen den Staat und die Gemeinde int Genusse seiner Stelle zu verbleiben. Bei den Ackernahrungen, auf welche im Wesentlichen die Befugniß zur Regulirung und Ablösung seither beschränkt war, hat das Bedürfniß zur Anwendung jenes Prinzips im Allgemeinen sich weniger fühlbar gemacht, weil bei jenen nur in seltenen Fällen die uuferlegte Rente die Kräfte des Besitzers wirklich übersteigen mag. Anders ge­ staltet sich das Verhältniß bei den kleinen Stellen, welche nach der aegenwärtigen Gesetzgebung zur Ablösung verstattet werden sollen. Der Umsang und der Ertrag solcher Stellen ist in vielen Fällen so gering, daß derselbe in einem Mißverhältnisse zu dem Werthe der Dienste und Abgaben steht. Wollte man in solchen Fällen nicht jenes Prinzip zur Anwendung bringen, so würde die Ablösung die kleinen Stellenbefitzer zwar in den Genuß der persönlichen Freiheit, gleichzeitig aber auch in die Gefahr versetzen, das Grundstück selbst zu verlieren.

Ges. v. L. März 1850, bett, die Ablöf. rc-, ($. 63.).

519

Wenn auch nicht sämmtliche Mitglieder der Agrar-Komm. in den Gründen für die im Alin. 1. deS §. 63. enthaltene Bestimmung übereinstimmten, so waren die­ selben doch mit dem ausgesprochenen Prinzipe der Erhaltung der Stellenbesitzer im prästationsfähigen Zustande völlig einverstanden. Dagegen wurde von einem Mitgliede der Antrag gestellt, dem Alin. 1. dm Zusatz zu geben: die Entschädigung für den bei Berechnung des freien Drittels dem seither Berechtigten entgehenden Nutzungsertrag tragt der Staat, und dies dadurch zu motiviren gesucht, daß zur Zeit keine positive Vorschrift be­ steht, welche den Berechtigten die Verbindlichkeit auferlege, den Dienst- und Abgaben­ pflichtigen, welche ihre Stellen eigenthümlich besitzen, einen solchen Erlaß der Ent­ schädigungsrente zu gewähren. Dieser Antrag wurde jedoch verworfen, indem die Majorität von der Ansicht ausging, daß bei solchen überlasteten Stellen, bei welchen eine Ermäßigung eintreten soll, auch seither Ausfälle an Diensten und Abgaben ge­ wesen, und daß durch die Uebernahme der regulirten Renten von solchen Stellen auf die zu errichtenden Rentenbanken unter Garantie des Staats auch den Berech­ tigten Vortheile gewährt würden, welche sie seither nicht gehabt hätten. Von einem andern Mitgliede ist beantragt worden, nicht ein Drittel des Rein­ ertrags überall frei zu lassen, sondern die Präftationsfahigkeit an sich aufrecht zu erhalten und in jedem speziellen Falle veranschlagen zu lassen, wie viel auf jene zurückzurechnen sei. Es ist jedoch auch dieser Antrag verworfen und dagegen die Regierungs-Vorlage unverändert angenommen worden. Die Majorität hielt den an­ genommenen Satz durch die Erfahrung für gerechtfertigt und glaubte einer solchen definitiven Festsetzung den Vorzug vor einer mehr oder minder unfichern Abschätzung geben zu müssen. In dem Alin. 2. des §. 63. ist bestimmt, daß in Folge der Freilassung des dritten Theils des Reinertrags für den Stellenbesitzer eine Verminderung der festen Geldabgaben, so wie der bereits festgestellten RegulirungS- und AblösungSrenten nicht eintreten dürfe. Gegen diese Bestimmung wurde erinnert, daß namentlich im Schlesischen Gebirge eine so überaus große Belastung der kleinen Stellen mit Geldabgaben Statt finde, daß die Besitzer der letzteren nur in den Fällen, wenn ihnen besonders günstige Gelegenheiten zu lohnender Arbeit gewährt worden, im Stande gewesen seien, ihren Verpflichtungen gegen die Gutsherrschaft nachzukommen, in der Regel aber dieselben in kümmerlicher Lage nur den nothdürstigsten Lebens­ unterhalt gehabt und die Gutsherrschaft nicht unbedeutende Ausfälle an solchen Geldabgaben erlitten hätten. Es erfordere daher nicht allein die Billigkeit gegen die Besitzer solcher kleinen Stellen, sondern mit Rücksicht auf die seitherigen Ausfälle auch die Gerechtigkeit, in dem hier vorausgesetzten Falle eine Ermäßigung der festen Geldabgaben zu gestatten. Hierauf wurde von einem Mitgliede der Anttag gegründet, in der ersten Zeile des Alin. 2. die Worte: „feste Geldabgaben, so wie" wegzulaffen. Die Agrar-Komm. hat jedoch diesen Antrag ablehnen zu müssen geglaubt. Die Majorität der Komm, ging hierbei von der Ansicht aus, daß bei den auf einer Stelle bereits ruhenden festen Geldabgaben andere Rücksichten obwalteten, als bei den Diensten, deren Werth in Rente nach dem ersten Alinea eventuell einer Ermäßigung unterliegen soll. Bei den Diensten sei maaßgebend, daß die in baarem Gelde zu entrichtende Rente in der ersparten Zeit nicht immer verdient werden könne; dazu gehöre sichere Gelegenheit zur lohnenden Arbeit, so wie daß keine sonsti­ gen erheblichen Störungen in der Fähigkeit zum Erwerbe eintreten. In den Fallen, wo ursprünglich feste Geldabgaben stipulirt worden, habe der Besitzer der Stelle an­ erkannt, daß seine Kräfte auch diese Last zu tragen im Stande seien, wenigstens habe er klar übersehen können, ob und in wie weit ihm dies möglich sein werde. Aus gleichen Gründen wurde auch der von einem andern Mitgliede gestellte und noch weiter gehende Antrag: das Alin. 2. dieses §. ganz zu streichen, verworfen, indem die Majorität unter keinen Umständen eine Revision und even­ tuelle Abänderung der hier bezeichneten RegulirungS- und Ablösungsgesetze bevorworten zu können glaubte. Die im vorletzten Alin, aufgestellte Art der Ermittelung des Reinerttags hat mit der unten zu erwähnenden Modifikation die Zustimmung der Agrar-Komm. er­ langt. Es ist zwar von einem Mitgliede darauf aufmerksam gemacht worden, daß ost ganz andere Resultate erlangt würden, wenn einer Stelle mit Rücksicht auf die

520 Von d. AblLs. der Reallastrn, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, ihr beigelegten Berechtigungen auch höhere Prästationen auferlegt worden, diese bei­ den Faktoren nun im Verkehr als ganz gleich in ihrem Werthe angenommen wür­ den, und alsdann eine spezielle Tare ausgenommen werden sollte. Es ist jedoch, nachdem man sich dahin verständigt hatte, daß ein Drittel nicht allein des Rein­ ertrages der Grundstücke, sondern auch der Berechtigungen dem Stellenbesitzer frei; gelassen werden solle, von jenem Bedenken Abstund, und daher aus jenem kein An­ laß zur Einbringung eines Abänderungsvorschlages genommen worden. Dagegen wurde beantragt, in dem zweiten Satze dieses Alin., an Stelle der Worte „vier Prozent" zu setzen: „fünf Prozent" und dieser Antrag auch angenommen, in­ dem die Majorität diese Abänderung als eine nothwendige Konsequenz des in den folgenden §. angenommenen Prinzips in Betreff der Höhe des Zinssatzes erachtete. DaS Plenum der II. Kammer beschloß indeß:

a) im Alin. 2 die Worte: „feste Geldabgaben, sowie,, zu streichen, und im §. 65. Alin. 1. zu setzend) „Ausgenommen von den Bestimmungen der §8. 6 3. und 64."; 2) b) im zweiten Satze des Alin. 4. die Worte: „durch Schiedsrich­ ter" einzuschalten; 3) dagegen den Antrag der Kommission, welcher dahin ging, im dritten Satze deS Alin. 4. statt der Worte: „vier Prozent" zu setzen: „fünf Prozent", abzulehnen. *) Im Ucbrigen wurde der §. 63. unverändert nach der Fassung deS Re­ gier. Entw. angenommen. E) (Stenogr. Ber. der il. K. 18$ J, Bd. 3. S. 1471-1472.)

1) Vergl. in dieser Beziehung die Entstehungsgeschichte des §. 65. 2) Dies wurde auf den Berbess.-Antrag des Abgeordn. Geppert (Drucks. Nr. 341. ad II.) beschlossen. — Das Amendement des Abgeordn. v. Ende und Gen. (Drucks. Nr. 336. ad IX.), welches beantragte: „in der ersten Zeile des Alin. 2. des §. 63. die Worte: „feste Geldab„gaben" zu streichen und an deren Stelle zu setzen: „Erbpacht- und „Er b zin S-K a n en", erledigte sich durch die Annahme des G epp ertsch en Verbeff. - Antrages und ge­ langte daher nicht zur Abstimmung. Ein gleichfalls hierauf bezüglicher Verbess.-Antrag des Abgeordn. Robe: „dem Alin. 2. hinzuzufetzen: „Äquivalente für Leistungen, die ursprünglich in Naturalien oder Ar„beit zu gewähren waren, gelten nicht für feste Geltabgaben", wurde von dem Antragsteller zurückgezogen. (Stenogr. Ber. der IE K. Bd. 3. ©. 1470 - 1471.) 3) Dies wurde auf den Berbess.-Antrag des Abgeordn. v. Schmid (Ap­ peln) und Gen. (Drucks. Nr. 341. ad 1.) beschlossen, dessen Motive dahin lauten: „Zur Vereinfachung des Tar-VerfahrenS und zur Verminderung der Kosten „wird auch hier, wie bereits beim § 44. beschlossen worden ist, der gemeine Kaufwerth durch Schiedsrichter seftzusetzen fein." (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1471.). 4) Der Abgeordnete Langer hatte folgenden Verbess.-Antrag (Drucks. Nr. 335. ad X.) gestellt: „im Alin. 4. statt: „vier Prozent" zu setzen: „drei unb ein halb „Prozent". Motive. „Schon die frühere Gesetzgebung hat anerkannt, daß die Prästationsfähig„keit der pflichtigen Stellen erhalten werden muß. Soll dieser Zweck durch „§. 63. in Wahrheit erfüllt werden, so erscheint die vorgeschlagene Abän­ derung nothwendig." Dieser Antrag wurde gleichfalls ab gelehnt. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd.

3. S. 1471.) 5) Der zum §. 63. von dem Abgeordn. v. Kleist-Retzow gestellte Ver­ bess.-Antrag (Drucks. Nr. 330. ad VI.):

Ges. v. 2. Marz 1850, betr. die Ablös. rc., (8- 63.).

521

C. Die Kommission der I. Kammer beantragte die Annahme deS §. 63. mit folgenden Aenderungen: a) im zweiten Satze des Alin. 4. die Worte einzuschallen: „nach Abzug der nach §§. 5 9. und 60. zu berücksichtigenden Gegen­ leistungen", und b) das letzte Alin, des Regier. Entw. zum §. 63. zu streichen. Der Bericht der Kommission motivirt dies in folgender Art: Wie bereits in der Einleitung') hervorgehoben worden, hat der Gesetzentw. bei Abmessung der Rente den Grundsatz wieder zur Anerkennung gebracht, welcher theils im A. L. R. in Ansehung der sogenannten Unmöglichkeitsklagen Geltung ge­ funden hat, theils im §. 8. des Ed. v. 14. Sept. 1811 ausdrücklich dahin ausge­ sprochen ist: daß die Abgaben und Lasten gemindert werden sollen, wenn der Pflichtige dabei nicht bestehen kann, und daß die Höfe im kontributionsfähigem Stande erhalten werden sollen. Das Ed. v. 8. April 1823 für das Großherzogthum Posen führte praktisch zu demselben Resultate, indem es bestimmte, daß auf Remissionen und Unglückssälle Abzüge von der ermittelten Entschädigung zulässig seien. Es hat sich dies für den glücklichen Erfolg dortiger Ablösungen sehr bewahrt. Der vorliegende Gesetzentw. nimmt im §. 63. und §. 85. an, daß die Prästationsfähigkeit als erhalten angesehen werden soll, wenn dem Besitzer nach Abzug der auf der Stelle haftenden Lasten Z des Reinertrags frei bleibt. Um den dazu nöthigen Betrag sollen daher die auf die Stelle zu legenden Ablösungsrenten ge­ kürzt werden. Man erkennt einstimmig an, daß es so im Rechte wie in der Pflicht deS Staa­ tes, nicht minder aber auch im Interesse der Berechtigten, auch nach Ueberweifung ihrer Renten auf die Rentenbank liege, derselben nur solche Renten zu überweisen, welche der Verpflichtete bei Bestreitung des nothwendigen Lebensunterhalts aus dem Grundstücke mit Sicherheit aufzubriugen vermöge. Man verkannte dabei nicht, daß bei der Ausführung des Grundsatzes der wenig und der Hochbelastete aus nicht konsequente Weise ziemlich gleich behandelt würden. Man überzeugte sich jedoch davon, daß hier nicht ohne bedeutende Schwierigkeiten eine spezielle Sonderung ein­ treten könne. Namentlich fand darum auch der Antrag keine Unterstützung, das Alin. 2. deS §. 63. zu streichen. Er stützte sich auf den Mangel jeden innern Grundes, die auf den Stellen bereits haftenden Getraide- und Geldrenten anders zu behandeln, als die Renten, welche jetzt erst durch Ablösung solcher Lasten entstanden, die zufällig früher abgelöset worden sind. Es wurde ragegen bemerkt, daß der Antrag in seinen Folgen unabweiölich zu einer Revision aller bereits geschloffenen Rezesse führen würde. Denn wenn man den Grundsatz einmal anuehme, würde ein Unterschied zwischen den Besitzern, welche alle Naturallasten bereits abgelöset haben, und denen, welche zum Theil noch unabgelöfct find, nicht gerechtfertigt sein. Ein solches Zurückgehen in bereits völlig geordnete Rechtsverhältnisse würde aber die bedenklichsten Folgen haben. Eilt fernerer Verbesserungs-Antrag gründete sich aus die Behauptung, daß des Reinertrags, nach dem gemeinen Kaufwerth ermittelt, die PrastationSfähigkeit nicht sichere. Er geht dahin: an dte Stelle des Alin. 5.2 * )1 zu setzen: Es wird der mittlere Ackerpachtzius deS Bodens (Acker und Wiese) in der betreffenden Gemeinde, so wie die Anzahl, der zur Ablösung ge­ langenden Morgen ermittelt, beides mit einander multiplizirt und zu der

„int Alin. 2. zwiscben die Worte: „als Abfindung" und „rechtS„ verbind lieb" einzusügen: „oder in einem der im §. 65. ge„daeb ten Verträge", wurde von dem Antragsteller zurückgezogen. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1458.). 1) Vergl. oben S. 213—217. 2) Nämlich des jetzigen Alin. 4. des §. 63.

522 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, gefundenen Summe 10 pCt. ihres Betrages und 5 pCt. des Grund­ werthes geschlagen. Die gefundene Summe stellt den Rein-Ertrag der Stelle dar. Der Antrag wurde aber verworfen. Dagegen wird ein Antrag: im §. 63. Alin. 5. Satz 2. hinter dem Worte: „Real-Lasten" die Worte einzuschalten: „nach Abzug der nach §. 59. und 60. zu berücksichtigenden Gegenleistungen" angenommen, weil, wie auch Seitens der Reg. Kommiffarien in Bezug auf die Absicht der Regierung bestätigt wird, es nach dem Zusammenhänge der §§. und nach der Natur der Sache nicht zweifelhaft sein kann, daß die Lasten nur in dem Werthe in Rechnung gestellt werden können und sollen, den sie nach Abzug der, nach §. 59. und 60. in Abzug zu bringenden Gegenleistungen haben, da erst daraus sich ihr Nettowerth darstellt, während die, nach der Gem. Theil. O. abzulösenden Aktivservituten der Stelle schon bei den Zinsen des baar zu zahlenden Kaufwerths in Anschlag gekommen sind. Auf Streichung des Alin. 6. *) wird einstimmig angetragen, weil am Schlüsse des Gesetzes eine allgemeine Bestimmung dasselbe erübrigen soll.1 2) Die Bedenken gegen den Prozentsatz von 4 pCt., und dagegen, daß nur die ablösbaren Real-Lasten in Zusammenrechnung mit jenen 4 pCt. des KaufwerchS den Rein-Ertrag der Stelle bilden sollten, führten zu keinem VerbefferungSantrage, weil man erwog, daß in diesen Bestimmungen ein Princip der Billigkeit liege, welches mit der Unmöglichkeit, die alten Renten einer Reduktion zu unterwerfen, in etwas ausföhne.

Die I. Kammer trat den Anträgen der Kommission bei.3)

(Stenegr.

Ber. der I. K. 18jz, Bd. 5. S. 2552.)

D. Die IL Kammer ist hiernächst, auf den Antrag ihrer Kommission, den von der I. Kammer beschlossenen Aenderungen deS §. 63. beigetteten. (Stenogr. Bcr. der II. K. 18zz, Bd. 5. S. 2755 ff.)

II. Die Instrukt. der Gen. Komm, zu Stendal v. 12. März 1851 giebt zum $. 63. folgende Erläuterungen: a) Die Bestimmung dieses §. ist nur auf geschlossene Grundstücke (Haus- oder Hofstelle nebst Zubehör) nicht auf Wandeläcker, oder walzende Grundstücke zu be­ ziehen, auch jedesmal der Antrag des Verpflichteten abzuwarten und nicht von Amiswegen darüber zu verhandeln, ob das Drittel für ihn frei bleibt. Ruhen Geld- oder Getraiderenten, die nach diesem oder nach §. 65. nicht einer Verminderung unterliegen, auf einem Grundstücke in solcher Höhe, daß da­ durch der Reinertrag desselben ganz, odet doch zu drei Drittel absorbirt wird, so fallen alle übrigen Reallasten ganz auS, selbst wenn sie früher ein Vorzugsrecht vor jenem hatten; erreichen dieselben aber nicht eine solche Höhe, so wird der Rest von den zwei Dritteln deS Reinertrages verhältnißmäßig auf die übrigen Reallasten vertheilt. b) Zu den der Verminderung unterworfenen Reallasten gehören auch die an die geistlichen Institute zu entrichtenden. c) Wenn zwischen den Leistungen und Gegenleistungen gar keine, oder zwischen allen eine Konnerität besteht, und es kommt zu einer Reduktion der Leistungen nach diesem Paragraph, ohne daß dieser alle Leistungen unterworfen sind, so ist der Be­ rechtigte befugt, seine Gegenleistungen verhältnißmäßig in Abzug zu bringen. Andernfalls kann die Gegenleistung nur von der mit ihr, dem Rechtsgrunde nach, konneren Leistung in Abzug kommen; z. B. A hat an B zu entrichten:

1) Nämlich des auf die Müh len-Gr und stücke bezüglichen Satzes. 2) Vergl. den §. 113. deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850. 3) Der Verbess.-Antrag des Abgeordn. Triest (Drucks. Nr. 550. ad L): „den §. 63. zu streichen, event. a) das Alin. 2. dahin zu fassen: „Geld- und Getraiderenten unterliegen jedoch einer solchen Verminde„rung nicht;" b) „im Alin. 4. statt: „vier Prozent" zu setzen: „fünf Prozent," wurde abgelehnt. (Stenogr. Ber. der I. K. Bd. 5. S. 2551 ).

Ges. v. 2. März 1850, tetr, die Ablös. rc., (§. 63.).

523

1) eine früher festgestellte Rente für bereits aufgehobene Reallasten von . . . ^................................. 28 Thlr. 2) für jetzt abzulösende Reallasten................................................................4 „ und fordert dagegen von B eine früher festgestellte GemeinheitStheilungs-Rente von fr Thlrn., auf welche 54. dieses Gesetz Anwendung findet. Zwei Drittel des Reinertrages des verpflichteten Grundstücks betragen nur 20 Thlr., so werden die 6 Thlr. Gegenleistungen von den 28 Thlrn. mit 5$ Thlr. und von den 4 Thlrn. mit Z Thlr. in Abzug gebracht, so daß der Berechtigte nur den Rest von 4 Thlrn. mit 3| Thlr. schwinden lassen darf, dagegen der Verpflich­ tete eine Rente von 22$ Thlrn. behält. (Sprengel s Ablös. Ges. S. 16.)

III. Die in den Motiven zum §. 63. des Regier. Entw. *) er­ wähnten Beispiele zur Erläuterung des §. 63. können nicht mehr zur An­ wendung gebracht werden, weil dieselben sich auf die Prinzipien des Ent­ wurfs stützen, welche indeß Abänderungen dadurch erlitten haben, daß a) feste Geldabgaben, wenn sie nicht rechtsverbindlich feststehen, der Ver­ minderung unterliegen, und daß b.) die Gegenleistungen von dem JahreSwerthe der ablösbaren Reallasten abgerechnet werden. Beispiele nach den Grundsätzen des §. 63. in seiner jetzigen Fassung geben Frey, prakt. Erläut. S. 84, Fischer, Hilfsbuch rc. S. 59 — 61, u. Robe in der Zeitung für Entlastung des bäuerl. Grundbesitzes, Jahrg. 1850, S. 61 — 64, woraus hiermit verwiesen wird. IV. Die Vorschriften des §. 63. beziehen sich nur auf eigentliche Stel­ len (Ackernahrungen, Koffäthen-, Gärtner-, Häusler-Stellen rc.). Sie fin­ den also keine Anwendung auf unbebaute Grundstücke, insbesondere nicht .mif die sogen. Wandeläcker. Dies bemerken die Motive des Regier. Entw. zum §. 63. (s. das vor­ letzte Alin, derselben) 1 2) ausdrücklich, auch wurde dies von dem Reg. Kommissarius (Geh. Reg. Rath Schellwitz) in der 65. Sitz, der II. K. v. 30. Nov. 1849 nochmals speziell hervorgehoben, indem derselbe sich da­ hin aussprach: Es sind im §. 65. unter den „zu Erbpacht, Erbzins oder zu Eigenthum auSgethanen Grundstücken" auch bebaute Stellen verstanden worden. Der §. 63. spricht dagegen nur von „Stellen". Auf unbebaute Grundstücke soll dieser §. sich nicht beziehen. (Stenogr. Ber. der II. K. 18 Jg. Bd. 3. S. 1470).

V. Zum Alin. 2. des §. 63. 1) Die oben mitgetheilte Entstehungsgeschichte des §. 63. ergiebt, daß nach der ursprünglichen Fassung desselben alle festen Geldabgaben, mithin nicht blos die rechtsverbindlich festgestellten Renten, von der Verminderung ausgeschlossen sein sollten. Durch die Beschlüsse der Kam­ mern ist indeß der §. dahin abgeändert worden, daß die Ausnahme nur auf die auf Grund der bisherigen Landes-Kultur-Gesetze rechtsver­ bindlich stipulirten Renten beschränkt ist. Die nicht rechtsverbindlich bereits sestgestellten Geldabgaben unterliegen mithin der Verminderung ebenso, wie alle übrigen Prästationen. Bei Mühlengrundstücken unter­ liegen (nach §. 6. des Mühlen-Ablös. Ges. v. 11. März 1850) auch die rezeßmäßigen Renten der Verminderung auf zwei Drittel des Rein­ ertrages. 3)4 2) Ad verba: „rechtsverbindlich stipulirt werden." *)

1) Vergl. oben S. 517. 2) Vergl. oben S. 518. 3) Vergl. die Zus. zum §. 6. des Mühlen Ablös. Ges. ad II. D. (s. unten). 4) Vergl. das Alin. 1. des §. 28. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. und die Erläut. zum §. 28. (s. oben S. 378. ff.).

524

Don d. Abl-s. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

DaS Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen legt (in dem Erk. v. 4. Nov. 1851) die Bestimmung des Alin. 2. des §. 63. dahin aus: a) Die auf Grund der bisher gültig gewesenen Regulirungs-, Ablösungs- und GemeinheitS-Theilungs-Gesetze durch Erkenntniß, Vertrag, Anerkenntniß oder sonst rechtsverbindlich festgestellten Abfindungs-Renten unterliegen der Verminderung bis zu zwei Drittheilen des Reinertrages der Stellen nach den Vorschriften des Ablös. Ges. v. 2. März 1850/§§. 63. u. 85.) nicht. b) Die Bestimmung des Alin. 2. des §. 63. a. a. O. ist nicht auf die durch Rezeß oder Vertrag sestgestellten Renten zu beschränken. Die Gründe führen aus: Es ist nicht anzunehmen, daß das Gesetz (§. 63.) immer einen Rezeß oder doch eine vertragsmäßige Feststellung der Rente voraussetze, weil eS von rechtsverbindlich stipulirten Renten spricht. Der Ausdruck: „Stipulation, Stipuliren" ist der Terminologie des A. L. R. fremd, sowie das Rechtsinstitut der „Stipulation", d. h. des auf der Uebereinstimmung mündlicher Frage und Antwort beruhenden Vertrages aus dem Römischen Recht in das A. L. R. nicht mit übernommen worden ist. Es liegt mithin kein Grund vor, den Ausdruck hier auf Verträge zu beschränk ken; er kann nur für gleichbedeutend mit „festgestellt" angesehen werden, und zwar um so mehr, als er mit dem Worte „rechtsverbindlich" verbunden, und nicht abzusehen ist, warum nicht jede Rechtsform, wodurch die Auseinandersetzung in Wirksamkeit getreten ist, gleiche rechtliche Folgen, wie der Vertrag haben sollte, auch das Auseinandersetzungs-Verfahren an fich die Natur deS Prozesses hat, und der Rezeß in demselben sehr häufig nicht auf der Einigung der Interessen­ ten, sondern auf richterliche Entscheidung beruhet. Aber auch für den Fall, daß die Auseinandersetzung noch nicht in volle Wirk­ samkeit getreten, bei der Regulirung insbesondere das Eigenthum der Höfe auf die Lasstten noch nicht übergegangen ist, unterliegt eine rechtsverbindlich festgestellte Ab­ findungsrente der Verminderung nach den Vorschriften des §. 63. (erstes Alinea) und resp, des §. 85. des Ges. v. 2. März 1850 nicht mehr. — Denn der 8 100. sagt: „Ist vor Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes in einer Auseinander­ setzungssache der Rezeß bestätiget oder die Ablösung oder Regulirung in Ansehung aller oder einzelner Berechtigungen (Abschn. I. bis III.) so weit gediehen, daß die Abfindung durch Vertrag, rechtskräftiges Erkenntniß, Anerkenntniß des Auseinandersetzungsplans oder sonst rechtsverbindlich bereits festgestellt ist, so kann hiergegen aus dem gegenwärtigen Gesetze kein Ein­ wand hergeleitet werden." Diese Vorschrift findet fich unter den allgemeinen Bestimmungen (Absch. IV.)\ eS ist darin ausdrücklich auf die Abschn. I bis III. Bezug genommen, und sie be­ ruhet namentlich auf der Rechtsregel, daß Gesetze keine rückwirkende Kraft haben. Demgemäß muß angenommen werden, daß davon alle Grundsätze des Ges. v. 2. März 1850 betroffen sind, welche auf die Abfindung Einfluß haben, resp, deren Anwendung eine Aenderung der bereits rechtsverbindlich festgestellten Abfin­ dung zur Folge haben würde. Wo der §. 100. Platz findet, können somit die §§. 63. und resp. 85. nicht mehr zur Anwendung kommen, und der §. 100. würde großentheils illusorisch wer­ den, wenn die Ansicht richtig wäre, daß derselbe fich nur auf die Ermittelung der Rmte, nicht auf deren endliche Feststellung beziehe. Für die Ablösung der Rente mittelst der Rentenbriefe ist das Rentenbank-Ges. vom 2. März maaßgebend, und dies ohne Einfluß auf die vorliegende Frage. (Zeitschr. des Rev. Kolleg. Bd. 4. S. 379—382 u. Präj. Samml. deffelb. S. 40 Nr. 4.)

Dieser Ansicht ist auch das Min. für landwirthschaftl. Ang. in dem R. v. 26. Febr. 1852, *) (Zeitschr. deS Rev. Kolleg. Bd. 5. S. 110) beigetreten.

1) Bergl. in Bd, 1. S. 197-198.

Ges. v. 2. Marz 1850, betr. die AblSs. rc., (§. 63.).

525

3) Wenn bei einer Eigenthums-Regulirung als Abfindung ein Laudemium festgesetzt ist (wie dies in den meisten Oberschlesischen RegulirungsRezeffen geschehen sein soll), so ist dasselbe nicht zu den Renten zu rechnen, von welchen das Alin. 2. des §. 63. spricht; es unterliegt also der Ermä­ ßigung wegen Erhaltung der Prästationsfähigkeit der bäuerlichen Stelle. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen unterm 30. Sept. 1852. (Präj. Sammt, deffelb., S. 45 Nr. 17.) 4) Silberzinsen, die nach einem früheren Ablösungs-Rezesse unverändert sortentrichtet werden sollen, 1) gehören nicht zu den Renten, bei welchen nach §. 63. Alin. 2. des Ablös. Ges. eine Ermäßigung wegen Erhaltung der Prästationsfähigkeit nicht eintritt. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für Landes-Kul­ tur-Sachen per sent. v. 17. Dec. 1852. (Präj. Sammt, desselben, S. 46. Nr. 18.) VI. Zum Alin. 4. des § 63. 1) Der gemeine Kaufwerth zur Ermittelung deS Reinertrages einer Stelle nach §. 63. und §. 85. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 und 8 6. des Ges. v. 11. März 1850, betr. die auf Mühlengrundstücken haftenden Real­ lasten, kann nie unter Null festgestellt werden, und die Schiedsrichter ver­ letzen durch Annahme eines negativen Kaufwerthes einen Rechtsgrundsatz. Dies hat das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen in mehrfachen Entscheidungen angenommen. (Vergl. in der Präj. Sammt, deffelb. S. 51, das Präj. Nr. 33. v. 26. Nov. 1852 und S. 46 die Präj. Nr. 19. v. 3. u. 10. Dec. 1852 u. die in der Zeitschr. deffelb., Bd. 6. S. 111 — 119 u. S. 120—123 mitgetheilte Erkenntnisse.) Bergt, auch die Erläut. zum §. 6. des Mühlen - Ablös. Ges. v. 11. März 1850, ad II. C. sub CC. Zus. 6. Derselben Ansicht ist Frey, welcher dies in einer ausführlichen Ab­ handlung (im Anhänge zu den prakt. Erlänt. S. III. ff.), als dem Sinne und Geiste des Gesetzes entsprechend, und zugleich ausführt, daß der auf einen negativen Kaufwerth lautende schiedsrichterliche Ausspruch, weil er einen Rechtsgrundsatz verletze und über die Befugniß der Schiedsrichter hinausgehe, von Amtswegen verworfen werden müsse. Vergl. auch v. Rönne's Handbuch über das Mühlen-Ablös. Ges. v. 11. März 1850, S. 55, 70 u. 75, wo dieselbe Ansicht ausgesprochen wird, und über die Art und Weise der Berechnung des Reinertrages, wenn eine Stelle einen Kaufwerth gar nicht hat, den Aufsatz in Robe's Lehrzeit, für Entlastung des bäuerl. Grundbesitzes, Jahrg. 1850 S. 69 — 72. 2) Ueber das Verfahren der Schiedsrichter zur Ermittelung des gemeinen Kaufwerthes einer Stelle vergl. Frey's prakt. Erläut., S. 85—86. Vergl. auch die Erläut. zum §. 6. des Ges. v. 11. März 1850, betr. die auf Mühlengrundstücken haftenden Reallasten. 3) Es ist zweifelhaft gefunden worden, ob der Verpflichtete die rechts­ verbindlich feststehende (also insbesondere die rez eß mäßig feststehende) Rente ohne Abzug der Gegenleistungen fortzahlen muß, — oder ob er die volle Gegenleistung von der rechtsverbindlich feststehenden Rente in Abzug bringen kann, oder endlich, ob er die Gegenleistung nach Ver­ hältniß der rechtsverbindlich feststehenden Rente zu der übrigen Rente anzurechnen hat?

1) Nämlich solche Silberzinsen, welche schon vor dem AuseinandersetzungsVerfahren rechtsverbindlich bestanden und durch die Auseinandersetzung keine Ver­ änderung erlitten haben, sondern nur (historisch) als fortbestehend in dem Rezesse aufgeführt worden find.

526

Don d. Ablös. der Reallasten, den ReguÜrungen u. Gem. Theilungen.

a) Fischer führt aus, daß für die Befugniß, die Gegenleistung von der nicht ablösbaren Rente abzurechnen, keine Gründe sprechen. Minder ungerechtfertigt erscheine es, wenn man gar keinen Abzug gestatte und die Verpflichtung zur Zahlung der ganzen rechtsverbindlich feststehenden Rente annebme, da der Abzug der Gegenleistungen schon einmal zu Gunsten deS Verpflichteten erfolgt sei. Dagegen sei indeß einzuwenden, daß kein Grund vorhanden sei, weshalb man die Gegenleistung, welche nach den $§. 59. u. 60. von dem Werthe aller Reallasten abgezogen werden solle, nur von den nicht rechtsverbindlich feststehenden Renten in Abzug bringen wolle, und daß von einem doppelten Abzüge nicht die Rede sei, wenn man im Voraus verhältnißmaßig die Gegenleistungen abziehe. (Hülfsbnch zum Ablös. Ges., S. 60 — 61.) b) Robe führt dagegen auS, daß das Gesetz den in Rede stehenden Zweifel gar nicht zulaffe. Er bemerkt' Wenn einmal ermittelt ist, was der Verpflichtete zu leisten hat und was eS werth ist, wenn andererseits ermittelt ist, was der Berechtigte dagegen zu leisten hat und was eS werth ist, so werden vor allen andern Schritten zuerst der Werth der Leistungen und der Werth der Gegenleistungen gegeneinander abgewogen und nachgesehen, aus welcher Seite der Ueberschuß ist. Dieser Ueberschuß ganz allein ist der Gegenstand der Ablösung, denn die Berechnung der Gegenleistung erfolgt nicht Behufs der Ablösung, sondern blos Behufs der Kompensation. Der erste Satz des 8- 60. sagt dieß ganz deutlich. Die Ermäßigung aus §. 63. kann hiernach nur in Betreff deS UeberschusseS eintreten, also erst dann, wenn die Gegen: leistungen gegen die Leistungen bereits aufgerechnet sind. Bei dieser Auf­ rechnung kommt es lediglich aus Summen an, aus Zahlen, nicht auf die Gegen­ stände, deren Werth die Summen hervorgcbracht haben. Erst dann wenn die Summe der Leistlingen nach Abzug der Gegenleistungen feststeht, wird gefragt, ob die Summe des UeberschusseS dem Verpflichteten oder dem Berechtigten obliegt, und im ersteren Fall, ob diese Summe zwei Drittel des Reinertrages seiner Stelle übersteigt. Bei der Prästationsfähigkeitsfrage sind daher Ge­ genleistungen schon gar nicht mehr vorhanden, sie sind durch Gegen­ rechnung ja vorher schon aufgehoben. Liegt nun der Fall vor, daß eine Ver­ minderung des UeberschusseS aus Grund sonst mangelnder Prästalionssähigkeit be­ ansprucht werden kann, so wird wiederum mir die S u m m e sestgestellt, welche als zwei Drittel des Reinertrages angesehen wird. Ob dann aber der Berechtigte sich an seinem Ueberschuß eine Verminderung auf die Summe der zwei Drittel gefallen lassen muß oder wie weit er einer solchen Verminderung widersprechen kann, hängt davon ab, wie viel er ursprünglich an rezeßmäßig festgestellten Abfindungsrenten zu fordern gehabt hat. Es kommt hienach bei der Frage, ob Ueberschüsse wegen der Prästationsfähigkeit herabgesetzt werden können, lediglich auf eine Vergleichung mit derjenigen Summe an, welche ursprünglich als rezeßmäßige Renten zu zahlen waren. Ist diese größer als die Summe des UeberschusseS, so wird die Abfindung bis auf diesen herabgesetzt; ist sie größer als die Summe von zwei Drittel des Reinertrages, so bleibt sie so weit abzufinden, als sie innerhalb der Summe deS UeberschusseS, als deS MarimumS, und der Zwei-Drittelsumme, als dtS Minimums fällt. (Robe S Lehrzeit, für Entlast, des bauerl. Grundbesitzes, Iahrg. 1850, S. 63-64).

VII. Ist in dem Falle, wo rechtsverbindlich sestgestellte Renten der Ver­ minderung auf zwei Drittel deS Reinertrages nicht unterliegen und zwei Drittel desselben übersteigen, die Rentenbank eventuell verpflichtet, die ganze Rente zu übernehmen, oder ist dieselbe befugt, denjenigen Theil der Rente, welcher zwei Drittel des Reinertrages übersteigt, von der Uebernahme aus­ zuschließen und dem Berechtigten zu überlassen, sich in Betreff dieses Thei­ les an den Verpflichteten persönlich zu halten? a) Frey nimmt Ersteres an und entwickelt dies ausführlich aus dem ganzen Zusammenhänge der neuen Agrargesetzgebung und der Bestimmung der Rentenbanken. Für die GemeinheitS-Theilungs-Rente sei übrigens die Frage durch den $. 54. entschieden und eS handle sich daher nur um die

Ges. v. 2. März 1850, betr. die AblSs. rc., ($. 64.).

527

RegulirungS- und Ablösungs-Renten, welche nicht in den $$. 53., 55., 65. ausdrücklich ausgeschlossen sind. (Prakt. Erlaut., Anhang, S. XXIX—XXXV ) 2) Derselben Ansicht ist das Min. für landwirthschaftl. Ang., welches in dem R. v. 26. Febr. 1852 ') der von einer (nicht genannten) Regierung aufgestellten Meinung beigetreten ist, daß dies aus §. 64. des Ablös. Ges. und §. 9. des Rentenbank-Ges. folge, da nach §. 56. des Ab­ lös. Ges. nur in den Fällen der §§. 53., 54., 55. und 65. des letzteren die Ueberweisung von Renten nur in soweit verweigert werden könne, als diese zwei Drittheile deS Reinertrages des belasteten Grundstückes überstei­ gen, auf andere Fälle aber diese Verringerung nicht ausgedehnt werden könne, sowie daß, wenn in den Fällen der §§. 53., 54., 55. und 65. der Reinertrag der belasteten Grundstücke nach $. 56. durch Schiedsrichter festgestellt sei, die Auseinandersetzungsbehörde selbst dann die unverkürzte Ueberweisung der Renten an die Rentenbank zu verweigern nicht befugt sei, wenn eine Ueberschätzung des Reinertrages der belasteten Grundstücke durch die Schiedsrichter nach dem Gutachten deS Spezial-Kommiffarius und ihrer eigenen Ueberzeugung erfolgt sei. Das allg. Reskr. ertheilt zugleich Anweisungen über das zur Sicherung der Rentenbank von den Auseinandersetzungs-Behörden in dergl. Fällen einzuschlagende Verfahren. (Zeitschr. des Neris. Kolleg., Bd. 5. S. 109—111.)

Zum §• 64, I. Der §. 64. findet sich bereits in dem Regier. Entw. wörtlich gleichlautend; jedoch sehlten in dem Entw. die beiden letzten Alin., welche erst von den Kammern hinzugefügt worden sind. A. Die Motive des Regier. Entw. zum §. 64 sprechen sich da­ hin aus: Die hier gegebene Vorschrift, daß die Rente von dem Verpflichteten durch Baarzahlung des IKsachen Betrages abgelöst werden könne, ist bereits von manchen Seiten angefochten und sogar als eine ungerechte bezeichnet worden. Die Monenten gehen fast sämmtlich davon aus, daß den Berechtigten bei der Ablösung durch Kapital der 25fache Betrag Der Rente rechtlich gebühre, und daß jede Kapitalisirung unter diesem Betrage einen Verlust für sie hcrbeiführe. Diese Ansicht ist offenbar eine irrthümliche. Die Kapitals-Entschädigung soll ein Aequivalent der Rente sein. Wenn aber der gewöhnliche Zinsfuß im Handel und Wandel 5 Prozent betragt, wie eS gegen­ wärtig der Fall ist, so erhielte der Berechtigte durch Entschädigung mit einem Ka­ pital, welches dem 25fachen Betrag der Rente gleichkommt, einen Vortheil, auf den er kein Recht hat. Denn wenn er beispielsweise bisher eine Rente von 10 Rthlr. alljährlich zu beziehen hatte, und dafür eine Entschädigung von 250 Rthlr. bekäme, so könnte er sich dafür unter den jetzigen Umständen 12| Rthlr. an Zinsen ver­ schaffen, mithin 2| Rthlr. mehr, als er bisher zu fordern berechtigt war. Hiergegen kann nicht eingewendet werden, daß der 25 fache Betrag der Rente der bisherige gesetzliche AblösungS-Maaßstab gewesen sei. Denn nicht dem Berech­ tigten, sondern nur dem Verpflichteten stand die Befugniß zu, auf Ablösung der Rente durch Kapital zu provoziren; der Berechtigte hatte mithin nur ein Recht auf die Fortbeziehung der Rente, und wenn gegenwärtig die Ablösung solcher Renten durch das Gesetz neu geordnet, und auch dem Berechtigten die ProvokationSbefugniß beigelegt wird, so darf ihm hierbei nicht mehr an Kapital zugestanden werden, als für ihn erforderlich ist, um sich durch dasselbe nach den jetzigen Geldverhältnissen die Rente wieder zu verschaffen. Hierzu genügt aber, bei dem Zinsfuß von 5 Pro­ zent, die Gewährung eines Kapitals, welches dem 20sachen Betrage der Rente gleichkommt. Wenn gleichwohl der Entwurf den Berechtigten bei Ablösungen durch Baarzahlung eines Kapitals nur das Achtzehnfache der Rente zugesteht, so ist hier-

1) Bergs, in Bd. I. S. 197-198.

528 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungtn u. Gem. Theilungen, bei erwogen worden, daß der Berechtigte durch die Ablösung überhaupt insofern günstiger zu stehen kommt, als er fortan die Kosten für Erhebung ter Rente erspart und gegen alle Ausfälle an der Rente, die an manchen Orten nicht selten vorge­ kommen find, gesichert und jeder weiteren Verpflichtung zu ctwanigen Remissionen überhoben wird. Schlägt man diese Kosten und dieses Risiko aus 3 Prozent an, wie dies z. B. in dem G. v. 22. Dec. 1839, betr. die Rechtsverhältnisse ter Grundbesitzer in den Grafschaften Wittgenstein u. s. w., geschehen ist, so würde sich bei der Ka­ pital-Abfindung des Berechtigten mit dem 18sachen Betrage der Rente der materielle Verlust desselben im Verhältniß zu der bisherigen Einnahme aus? Prozent alljähr­ lich belaufen, ein Verlust, der durch die freilich nicht im Gelde schätzbaren Vortheile ausgewogen werden dürfte, welche für den Berechtigten aus der Mobilisirung der Rente überhaupt, und aus der Lösung des Verhältnisses erwachsen, das bisher zwi­ schen ihm und dem Verpflichteten bestand. Will oder kann dagegen der Verpflichtete die Ablösung nicht durch baare Ka­ pitalzahlung bewirken, so erfolgt dieselbe von AmtSwegen durch die Rentenbank, welche alsdann — wie der dieserhalb abgefaßte besondere Gesetzentwurf näher fest­ setzt — dem Berechtigten ein Ablösungskapital in Rentenbriefen zum 20fachen Be­ trage der Rente überweist.

B. Die Kommission der II Kammer beantragte die unveränderte Annahme des §. 64. nach dem Vorschläge des Regier. Entw., indem sie dies folgendermaaßen begründete: Nach dem Vorschläge der K. Regierung in diesem §. soll der Verpflichtete die festgestellten AblösungS-Beträge durch Baarzahlung des achtzehnfachen Betrages, wenn solche im AuSführungStermine erfolgt, ablösen können und eventuell die Ab­ lösung durch Vermittelung der zu errichtenden Land - Rentenbanken bewirkt werden. Darüber find sämmtliche Mitglieder der Agrar-Komm, einverstanden, daß die Er­ richtung von Rentenbanken oder eines Surrogats derselben, vielleicht in Nebenvcisung der Renten an die landwirthschaftlichen Kredit-Institute, das geeignetste Mittet ist, die Ablösung der Reallasten zu erleichtern. Die näheren Bestimmungen hier­ über bleiben zwar der Berathung über den von der Regierung cingebrachten Ge­ setzentwurf über die Errichtung der Rentenbanken Vorbehalten: die Agrar-Kommifi pon hat jedoch geglaubt, schon hier die obige Erklärung abgeben zu müssen, weit der §. 64. auf diese Art der gänzlichen Lösung deS Verhältnisses zwischen den Be­ rechtigten und Verpflichteten hinweist. Ueber die Höhe deS Ablösungssatzes für die Rentenbanken ist die definitive Beschlußnahme gleichfalls bis zur Berathung des RentenbankgesetzeS ausgesetzt worden. Es find jedoch mit Ausschluß von drei Mit­ gliedern, welche für Baarzahlungen den 16fachen und für die Rentenbanken den 18fachen Betrag der Rente als Kapital-Al'lösungSsatz angenommen wissen wellten, sämmtliche übrigen Komm. Mitglieder darin einverstanden gewesen und bei der Diskusfion dieses §. davon ausgegangen, daß für die hier bezeichneten Fälle der 20sache Betrag der Renten als Kapital in Rentenbriefen zu gewähren sei. Dagegen find die Komm. Mitglieder über die Beibehaltung deS 18sachen Be tragS der Rente als KapitalS-AblösungSsatz für Baarzahlunge» verschiedener Ansicht gewesen. Ein Theil verlangte dieselbe. Dagegen wurde auf der einen Seite von drei Mitgliedern die Annahme deS sechszehnfachen Betrages der Rente, auf der an­ dern Seite von 12 Mitgliedern die Feststellung deS zwanzigfachen Betrages begehrt. ES hat jedoch schließlich nach Verwerfung der entgegen stehenden Abänderunas - An­ träge die Komm/ mit 17 gegen 10 Stimmen sich für die unveränderte Beibehaltung deS Alin. 1. des §. 64. entschieden. Für die Feststellung deS Machen Betrages der Rente als Kapitals-AblösungSsatz wurde angeführt, daß dieser Satz sogar für Ablösungen gegen Rentenbriefe im Paderbornschen sestgestellt sei. Wenn dort die Entschädigung in dieser Art auch nur auf den Antrag des Berechtigten Statt finde, so sei sie doch fast durchgängig beantragt, weil die Berechtigten sehr wohl erkannten, daß in der baldigen und de­ finitiven Lösung ihres Verhältnisses zu den Verpflichteten den Anforderungen der Zeit Rechnung getragen werde. Es wurde ferner behauptet, daß die Rechtsbestandigkeit der Abgaben doch immer eine schwankende sei. Zn den bereits festgestellten Renten könne die Entschädigung für Lasten enthalten sein, welche jetzt unentgeltlich aufgehoben würden, mitunter auch für solche, welche die Pflichtigen nach ihrem na­ türlichen RechtSgefühle nicht als gehörig begründete anerkannten, wie dies z. B. bei den Entschädigungen für einen Theil von ungemessenen Diensten, oder für Dienste,

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Mlös. rc., ($. 64.).

529

welche seit Jahrhunderten nicht mehr in natura geleistet, aber nach ihrem Naturalwerthe in Rechnung gestellt worden, der Fall sei. Diese Rücksicht erfordere gebie­ terisch die schleunige Lösung dieses Verhältnisses und dies werde dadurch erreicht, daß man durch Feststellung eines geringen Ablösungssatzes für Baarzahlungen die letztere begünstige. Es könne endlich aber auch nicht zugestanden werden, daß der von der Regierung vorgeschlagene AblösungS-Betrag mit Nachtheilen für die Be­ rechtigten verbunden sei. Denn einmal würden diese in der Regel im Stande sein, die' Kapitalien zur Ausführung von Meliorationen zu benutzen und dadurch noch höhere als die landesüblichen Zinsen zu erlangen und andern Theils würden dadurch die Berechtigten der ferneren ErhebungS- und Verwaltungskosten, welche in einzel­ nen Landestheilen sehr bedeutend seien, überhoben, auch von Remissions-Ansprüchen, welche bei UnglückSsallen der Verpflichteten erhoben würden, befreit. Diesen Grün­ den schloffen sich auch diejenigen Mitglieder der Komm, an, welche den 16 fachen Betrag der Rente als KapitalS-AblösungSsatz festgeftellt wissen wollten. Dagegen wurde zur Begründung der Annahme des zwanzigfachen Betrages der Rente als KapitalS-AblöfungSfatzeS behauptet, daß, nachdem durch die angenom­ menen billigen Ablösungssätze dafür gesorgt sei, daß der ZahreSwerth der abzulö­ senden Prästationen dem wirklichen NutzungSwerth der Berechtigungen entsprechend ermittelt werde, eS nur als ein gewaltsamer Eingriff in ein unbezweifeltes Eigen­ thum des Berechtigten angesehen werden könne, wenn sich der letztere mit einem Kapitale begnügen solle, welches ihm nicht mehr eine diesem IahreSwerthe entspre­ chende Rente mit Sicherheit gewähre. Bei der Ablösung zum 18 fachen Betrage würden den Hypothekengläubigern die Sicherheiten geschmälert, durch die Kapitals­ tündigungen der letzter« die Berechtigten großen Gefahren ausgesetzt, und auf Ko­ sten der letzter» die Besitzer größerer bäuerlichen Stellen begünstigt, deren indivi­ duelle Bedürfnisse dies nicht dringend erforderten; denn die durchschnittliche Wohl­ habenheit der größer» Bauergutsbesitzer fei notorisch. Das, was man für diesen geringen Ablösungssatz anführe, sei nicht zutreffend, denn einmal könne man den Zinsfuß nirgends höher, als 5 Prozent veranschlagen, wenn man sich nicht auf ge­ wagte Geschäfte einlaffen wolle, und andern Theils würde in der Regel der Be­ rechtigte die Abfindungs-Kapitalien zur Abstoßung von Schulden verwenden müssen. Außerdem fei aber auch in den meisten Landestheilen die Erhebung der Renten mit Kosten nicht verbunden gewesen und ein Erlaß von Renten nicht gefordert, am we­ nigsten ein solcher Anspruch rechtlich begründet worden.

DaS Plenum der II. Kammer beschloß zwar, den $. 64. nach der Fassung des Regier. Entw. anzunehmen, zugleich aber demselben den­ jenigen Zusatz hinzuzufügen, welcher gegenwärtig die beiden Alin. 4.. u. 5. bildet. i)

(Stenogr. Ber. der II. K. 18»$. Bd. 3. S. 1492—1495 u. 1505.)

1) a. Der in den beiden Alin. 4. und 5. enthaltene Zusatz wurde auf den Verb ess.-Antrag des Abgeordn. v. Pa tow (Drucks. Nr. 343.) angenommen. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1495. u. 1505.) b. Nachstehende Verbess.-Anträge, welche in der II. K. zum §. 64. ge­ stellt werden waren, wurden abgelehnt: «. Des Abgeordn. v. Kleist-Retzow (Drucks. No. 330. ad VII.:) den §. 64. dahin zu fassen: „Wenn über die Ablösung des nach §. 60. und 61. oder 63. festgestell„ten Geldbetrages nicht eine anderweite Einigung zwischen den Berech„tigten und Verpflichteten stattfindet, so erfolgt dieselbe nach den Ve­ rstimmungen des Gesetzes vom heutigen Tage über die Errichtung der „Rentenbanken. In denjenigen Fällen aber, in welchen durch bereits „bestätigte Rezesse anderweitige schriftliche Verträge oder richterliche „rechtsgültige Entscheidungen der bisher gesetzliche Ablösungssatz der „Kapitalisirung zu 4 Prozent ausdrücklich oder durch Hinweisung auf „das Gesetz, für den Fall der Kündigung Seitens der Verpflichteten „festgesetzt worden ist, behält eS bei dieser Festsetzung sein Bewenden. „Auch in diesen Fällen kann der Berechtigte die Ablösung jedoch nur „nach den Bestimmungen des Gesetzes vom heutigen Tage über die „Errichtungen der Rentenbanken verlangen." -cuUes-Kuliur-Gesetzg. Dd. n.

34

530 Don d. Ablvs. der Reallasten, den Regultrungen it Gem. Theilungen. O.

Die

Kommission

der

I.

Kammer

beantragte

die

An-

ß) Des Abgeordn. Bauer (Stargardt) Drucks. Nr. 336. ad XII.): den §. 64. in folgender Art zu fassen: „Der nach §§. 60. und 61. oder §. 63. fest gestellte Geldbetrag, wird „nach den Bestimmungen des Gesetzes vom heutigen Tage über die „Errichtung der Rentenbanken zur Ablösung gebracht. „Hierdurch wird aber die freie Vereinigung der Betheiligten wegen „sofortiger Tilgung der feftgestellten Geldbeträge mittelst baarer Kapi„talzablungen nickt ausgeschlossen". y) Des Abgeordn. Gr. Kanitz und Gen. (Drucks. Nr. 336. ad XVI.): hinter Alinea 3. des §. 64. folgenden Zusatz zu genehmigen: „In beiden Fällen soll der Berechtigte für Verluste, die er durch die „Kapitalissrung der ihm zustehenden Geldrenten nack den Vorschriften „dieses Paragraphen erleidet, aus Staatsfonds vollständig entschädigt „werden, sofern er auf Grund rechtsgültig abgeschlossener Verträge „oder Rezesse einen höheren als den 18- oder 20fachen Ablösungsbetrag „seiner Geldrente beanspruchen kann. Gründe. „§. 8. der Verfassungs-Urkunde " ä) Des Abgeordn. v. BiSmark-Schönhausen und Gen. (Drucks. Nr. 341. ad III.) im §.64. nach dem Alin. 2. einzuschalten: „Macht der Verpflichtete von diesem Rechte Gebrauch, so hat der Staat „überall, wo der Betrag der Geldrente durch richterliches Urtheil, Ver„trag oder Rezeß feststeht, außer der von dem Verpflichteten geleisteten „Zahlung des 18fachen, dem Berechtigten noch den zweifachen Betrag „der Rente zu gewähren, so daß der Berechtigte im Ganzen den 20> „sacken Betrag erhält. Wie und aus welcken Mitteln der Staat diese „Zahlung zu leisten habe, bleibt der gesetzlichen Bestimmung vorbe„halten." (Stencgr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1492—1493.) c. Nachstehende Amendements wurden zurückgezogen und gelangten daher nicht zur Abstimmung: a) Des Abgeordn. v. Wedell (Drucks. Nr. 322. ad 5.): „im §. 64. statt: „ achtzehnfack en " zu setzen: „ zw anzigfack en ß) Des Abgeordn. Ellwanger (Drucks. Nr. 336. ad XI.): dem §. 64. hinzuzusetzen: „Will der Verpflichtete die Ablösung durch Baarzahlung des achtzehn„fachen Betrages bewirken, so steht dem Berechtigten dennoch frei, die „Abfindung zum zwanzigfachen Betrag der JahreSrente in Rentenbriefen „zu verlangen. Wählt der Berechtigte diese Abfindung, so leistet der „Verpflichtete die Baarzahlung des 18fachen Betrages an die Renten „bank. „Das Nähere bestimmt das Rentenbankgesetz." y) Des Abgeordn. Sck ulenburg u. Gen. (Drucks. Nr. 326. ad XV ) dem §. 64. hinzuzusügen: „Auch in den Fällen, wo der Verpflichtete die Ablösung durch Baar „Zahlung deS 18fachen Betrages wählt, ist der Berechtigte den 20 „fachen Betrag in Rentenbriefen zu verlangen befugt. Geschieht dieses, „so erfolgt die Baarzahlung deS 18fachen Betrages Seitens des Vcr „pflichteten an die Rentenbank." Die ad ß und y erwähnten Amendements wurden zu Gunsten des (ange­ nommenen) Amendements des Abgeordn. v. Patow (Drucks. Nr. 313.) zu rückgezogen. ck) Des Abgeordn. v. Keller u. Gen. (Drucks. Nr. 336. ad XIV.): „Zum §. 64. folgenden Zusatz zu beschließen: „Den Kircken-, Pfarr-, Schul-, Armen- und andern milden Ctiftungs„Fonds wird bei allen Ablösungen die Baarzahlung deS zwanziglacken „Betrags in der Art gewährleistet, daß der durch die Bestimmungen „dieses Gesetzes entstehende Ausfall auf die Staatskasse übernommen „wird".

Ges. v. 2. Marz 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 64.).

nähme

deS

§.

64. in der

von

der

il. Kammer

beschlossenen

ZHI

Fas-

Motive. „Ein namhafter Theil des Vermögens der milden Stiftungen besteht in „Renten, deren Ablösung unter dieses Gesetz fällt. Auf der einen Seite „ist eS hörtest wünschenSwerth, dieses Vermögen vor Schmälerung zu be„wahren, auf der anderen Seite erscheint eS unbillig, die Verpflichteten „von der Wchlthat dieses Gesetzes auszuschließen, weit sie die Schuldner „milder Stiftungen sind. — Nach beiden Seiten würde das wünschens„werthe Ziel erreicht, wenn den beiheiligten Fonds ein 20facher Betrag „gesichert, der Ausfall aber auf die Staatskaffe übernommen, also von Allen „getragen würde, während der Vortheil Allen zu gut kommt. Eine solche „Bestimmung wäre nicht ebne Analogie in unserer Legislation, da das „Ges. v. 10. Ian. 1837 für die westlichen Provinzen eine ähnliche Sckad„ los Haltung festsetzt." Dies Amendement wurde nur unter dem Vorbehalte zurückgezogen, das­ selbe zum §. 65. wieder einzubringen. t) Des Abgeordn. v. Peguilhen (Wirsitz) und Gen. (Drucks. Nr. 336. ad XIII.) dem §. 64. hinznzufügen: „Die Staatsregierung ist ermächtigt, den Pfandbriefs-Instituten die „Renten-AblosungSgcschäfte zu übertragen, wobei sie jedoch unabänder„lich darauf zu halten verpflichtet ist, daß weder eine Erhöhung der „Leistungen, noch eine längere als 56^jährige Ablösungsfrist zum Nach„theil der Verpflichteten eintreten darf." Motive. „Die Vermittelung des Ablös. Geschäfts durch die Pfandbriefs-Institute „hat für die Verpflichteten den wesentlichen Vortheil, daß denselben dann „der Eintritt in diese Kredit-Anstalten nicht verschränkt ist und sie dadurch „Gelegenheit erhalten, die Betriebsmittel zu wirthschaftlichen Verbesserungen „zu erlangen und sich von dem Wucher zu befreien. ES legt der Stand „der Landgemeinen auf den Eintritt in die Pfandbriefs-Institute einen so „großen Werth, daß die Vertreter desselben auf dem Ersten Vereinigten „Landtage sich einstimmig gegen daS Renten-Ablösungsgesetz erhoben, „weil sie der Ueberzeugung waren, daß die Rentenbriefe den Kours der „Pfandbriefe herabdrücken werden, und daß die Pfandbriefs-Institute durch „die Kollision mit den Rentenbanken außer Stand gesetzt werden müßten, „den Rustikalbesitzern Darlehen zu bewilligen. Auch hat die Ritterschaft „mehrerer Provinzen sich bereits für tie Aufnahme des Bauernstandes in „den Kreditverdand entschieden. „In der Provinz Preußen ist diese thatsächlich und mit Genehmigung der „Staatsregierung bereits erfolgt, sie wird aber nach dem Gutachten der „ostpreußischen General-LandschaftS-Direktion eine leere Hoffnung bleiben, „sobald daS Ablösungsgeschäft auch in dieser Provinz besonderen Renten„banken überlassen bleibt. „Die Berechtigten aber werden in der Gattung von Geldpapieren abge„funden, mit welchen deren Güter in ganz überwiegender Mehrzahl belastet „sind; sie werden daher auch vor den Verlusten bewahrt, die mit dem Um» „satz der Rentenbriefe in Pfandbriefe nothwendig verbunden sind. „Endlich wird jede crhelliebe Störung deS Geldmarktes, welche die Folge „der Emission großer Summen von Rtntenbriefen sein könnte, vermieden, „und eS kaun das AblösungSgeschäst bestehenden Behörden übertragen wer„den, welche dasselbe ohne erhebliche Mehrkosten durchzuführen im Stande „sind." Die Zurückziehung dieses Amendements erfolgte unter dem Vorbehalte, dasselbe bei dem Rentenbank-Gesetze wieder einznbringen.*)

*) Die Zurückziehung dieses Amendements ergiebt sich zwar nicht aus den

stenogr. Ber. der II. K., wohl aber aus dem Sitzungs-Protokolle der II. K. über die 62. Sitz. v. 1. Dee. 1849. (Sitz. Protokolle der II. K. S. 702).

34*

532

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

sung.') Der Bericht der Kommission spricht sich folgendermaaßen auS: Das Mittel zur Lösung der gegenseitigen Verpflichtungen enthalt der §. 64. in Verbindung mit den betreff. Bestimmungen des Renten- Bankgesetzes. Es muß hier nur ausdrücklich hervorgehoben werden, daß es danach dem Verpflichteten gestattet ist, die Ablösungsbeträge durch Baarzahlung des 16fachen Betrages, wenn solche im Ausführungstermine erfolgt, abzulösen oder durch eine Provokation auf die Rentenbank seine Pflichten gegen den Berechtigten zu lösen. In letzterem Falle zahlt er T®T seiner vollen Rente jährlich an dieselbe ein, wogegen ihm Vtf, also der jährliche Betrag an Zinsen, erlassen wird, welchen der zum I8fachen Betrage in Kapital Ablösende ebenfalls jährlich erspart. Während so beide Verpflichtete gleich gestellt werden, besteht auch zwischen dem Berechtigten, gegen den auf Kapitalsablösung provocirt wird, und demjenigen, gegen welchen auf Ueberweisung an die Rentenbank angetragen wird, kein Unterschied; denn auch Er­ sterer kann, wenn er eS vorziehet, das Kapital der Staatskasse überweisen und seine Abfindung in Rentenbriefen, zum 20fachen Betrage der vollen Rente verlangen. Das Prinzip, welches diesen Bestimmungen zum Grunde liegt, ist in der Kom. nicht ohne Widerspruch geblieben. Wird auch allseitig anerkannt, daß der Multi­ plikator, zu welchem der jährliche Geldwerth der Leistung zu kapitalisiren sei, sich nach dem landesüblichen Zinsfuß richten müsse, so wurde doch von einem Theil der Mitglieder behauptet, daß er jetzt eben allgemein nicht 5 pCt. betrage. Der Kours, welchen die Papiere an der Börse hätten, sowie der Stand des Diskontos bewiesen das Gegentheil. Die große Mehrheit entschied sich jedoch für den 20fachen Multiplikator. Den Gründen, welche in den Motiven geltend gemacht sind, tritt für sie noch hinzu, daß der bisherige Ablösungssatz zum 25fachen Betrage in den Materialien für die ältere Gesetzgebung kein Motiv hat. Bereits seit Jahren ist darauf hingewiesen worden, daß gerade dieser zu hohe Multiplikator es sei, welcher die Kapital-Ablösung im Großen gehindert habe. Unrichtig ist es, daß diese Kapitalifirung sich im allge­ meinen Verkehr eingelebt habe. Den landschaftlichen und gerichtlichen Taren wird sehr häufig der Zinsfuß von 5 pCt. zu Grunde gelegt. Im Großherzogthum Posen hat die Landschaft in neuerer Zeit in ihrer Tarordnung ihn und einen Abzug von 5 pCt. auf Kosten u. s. w. mit allseitiger Zufriedenheit eingeführt. Daö allgemeine Landesgesetz bezeichnet ihn noch als den landesüblichen. Daran muß festgehalten werden, denn der augenblickliche Kours an der Börse ist nicht maaßgebend, sondern es kommt darauf an, ob im Allgemeinen, ohne gewagte Geschäfte zu machen, das Kapital zu 5 pCt. benutzt werden kann. Dieß ist erfahrungsmäßig, zumal bei kleinen Kapitalien, die selten unter 5 pCt. zu haben sind, zu bejahen. WünschenSwerth wäre es. gewesen, provinziell sondern zu können, allein dies ist, wie allseitig anerkannt wurde, zumal unter den jetzigen Umständen nicht möglich. ES ist eine

0 Des Abgeordn. v. Kleist-Moholz (nicht gedruckt): dem §. 64. hinzuzufügen: „Alle an die Kirche, Pfarre und Schule zu zahlenden Leistungen teer? „den nur nach dem fünf und zwanzigfachen Betrag, gleich oder auf „Antrag des Verpflichteten oder Berechtigten, abgelöst." Gründe. „Die Abgabe an die Obengenannten ist nickt der Abgabe an die Guts„herrschaft gleickzustellen, sondern dient zur Erhaltung einer durchaus nö„thigen Gemeinde-Anstalt, trifft außerdem die Wohlhabenderen der Gemeinde, „welche theilweise diese Erleichterung nicht wollen oder nicht bedürfen. Der „obige Anstalten treffende Ausfall würde aber durch die Gemeinde gedeckt „werden müssen, wodurch den Aermeren nur Lasten auferlegt werden." (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1473. u. 1475, desgl. S. 1491.) 1) Dabei wurde zwar der Vorbehalt gemacht, nach Berathung des Rentenbank-GeseheS definitiven Beschluß darüber zu fassen, ob im Aliu. 4. statt: „Rentenbriefen" zu setzen: „Staatspapieren"; indeß erledigte fich dieser Vorbe­ halt durch die in dieser Beziehung hiernächst unverändert erfolgte Annahme

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 64.).

533

große Einigung aus den 20fachen Betrag schon gelungen. Daran zu rütteln, ist nicht räthlich. Daß hin und wieder den Berechtigten Opfer angemuthet werden, ist nicht zu verkennen. Sie werden aber schon durch die Erfahrung bedeutend ver­ mindert, daß höchst selten, weder bei Privat-, noch bei öffentlichen Käufen der Werth der Gutsberechtigungen zum 25fachen Betrage angeschlagen worden ist. Die Verluste, welche an den Rentenbriefen besorgt würden, widersprechen den Erfah­ rungen in andern Landern sowie in Westphalen. Während der bewegtesten Zeit des Jahres 1848 standen sie hier 98—99 pCt. und jetzt 102—103 pCt. Wird die Dazwischenkunft der Rentenbank als ein nothwendiges Mittel aner­ kannt, ohne welches die Konsequenz deö Verhältnisses nicht vollkommen, und der innere Frieden nicht gesichert ist, dann muß auch erwogen werden, daß die Ver­ pflichteten künftig durch die nothwendig strengere Kontrolle pünktlicher Zahlung, durch die Unmöglichkeit einer Nachsicht, einer Abgeltung von Resten durch einige Dienste u. dgl. nachtheiliger gestellt sein werden, während der Berechtigte eine völlig gesicherte Einnahme gewinnt. Daß die Rentenbriefe 4 pCt. tragen, ist einstimmig für unabweislich noth­ wendig erkannt worden, weil dieses den Umtausch gegen Papiere der Kredit-Institute wesentlich erleichtert und also im Interesse der Berechtigten selbst liegt. Ist dem aber so, dann ergiebt sich, wenn ein Amorüsation - Fonds geschaffen und eine Er­ höhung der bäuerlichen Leistungen nicht eintreten soll, auch wiederum die Ermäßi­ gung des Multiplikators unter den 25fachen Betrag von selbst. In Folge dieser Erwägungen stellte sich die Ansicht der Kommission einstimmig für Aufrechthaltung dieser Bestimmung des Gesetzentwurfs fest. Nur in Bezug aus die Herabsetzung des 20fachen auf den 18fachen Betrag bei Baarzahlungen machte sich ein Widerspruch in dem Anträge geltend: im §. 64. Alin. 1. hinter dem Worte: „kann" einzuschalten: „insofern derselbe nicht aus den Renten und Zinsen hervorgegangen ist, welche in früheren Verträgen und RegulirungSrezeffen begründet sind. 8. 52. Dieser Antrag gründet sich daraus, daß besonders den Bauern, welche das Eigenthum ihrer, früher uneigenthümlichen Stellen erhalten haben, bereits bei der Eigenthums-Verleihung alle zulässigen Erleichterungen geworden seien, und daher den Berechtigten zu Gunsten ihrer, ein neues Opfer nicht zuHemuthet werden könne. Dagegen wurde aber aus den geringen Unterschied hingewresen, welcher bei An­ nahme des Beschlusses der II. K. zwischen den Fällen bestehe, in welchen die Be­ rechtigten durch Rentenbriefe, und in welchen sie bei achtzehnfacher Baarzahlung Seitens der Verpflichteten — allerdings wahrscheinlich nicht in Rentenbriefen, da eine solche Operation vielleicht nicht ausführbar sein möchte —'doch aber in 4 prozentigen Staatspapieren abgesunden werden würden. Der Antrag wurde verworfen, und der 04. unter einem Vorbehalte ange­ nommen, welcher erst erledigt werden kann, wenn von der II. K. über das Renten­ bank-Gesetz beschlossen sein wird. Es ist schon daraus hingedeutet, daß eö wahr­ scheinlich unausführbar sein wird, den Berechtigten im Falle eintretender, von ihm zurückgewiesener, Kapitals-Abfindung durch den Verpflichteten, in Rentenbriefen abzufinden und es werden Staatspapiere wahrscheinlich an deren Stelle treten müssen. Die Kommission wird, sobald die Frage in dem andern Hause erledigt ist, nachträglich darüber berichten.

Das Plenum der I. Kammer trat dem Anträge der Kommission bei. l)

(Stenogr. Ber. der I. K. 18§j. Bd. 5. S. 2562.)

1) Abgelehnt wurden folgende Verbess.-Anträge: a. Des Abgeordn. v. Beth mann-Hollweg und Gen. (Drucks. Nr. 535. ad VI.): „im §. 64. und allen übrigen §§. statt des 18fachen Betrage- in Baarzah„lung den 20fachen, und statt des 20fachen Betrages in Rentenbriefen den „22^fachen zu setzen." b. Des Abgeordn. Triest (Drucks. Nr, 5H0. ad 2.) im §. 64.:

534

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

II. DaS im §. 64. des Ablös. Ges. in Bezug genommene Renten­ bank-Gesetz v. 2. März 1850 enthält die Vorschriften: a) über die Feststellung der Renten, Behufs deren Ueberweisung an die Rentenbank in den §§. 9 —17.; b) über die Abfindung deS Berechtigten in den 28—31., und §$. 59 — 60. Das R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 11. Nov. 1851 !) (Min. Bl. d. i. V. 1851 S. 257) macht übrigens noch darauf aufmerk­ sam, daß den Rezessen über Ablösung von Reallasten die Bestätigung in soweit zu versagen sei, als nach denselben eine den 18fachen Betrag der eigentlichen Ablösungsrente übersteigende Summe der Staatskasse überwiesen werden soll. 11J. Zn Betreff der Anwendbarkeit deS §. 64. auf einzelne Fälle sind Zweifel entstanden. 1) Sind Reallasten von Mühlen, welche in keinem gutsherrlichbäuerlichen Verhältnisse stehen, nach §. 64. oder nach §. 65. deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 abzulösen? Ersteres nehmen an: a) Das Min für landwirthschaftl. Ang. in dem R. v. 10. Okt. 1850. 2) (Min. Bl. d. i. V. 1852 S. 344.) b) Das Fin. Min. in dem E. R. v. 16. Jan. 1851. 3) (Min. Bl. b. i. B. 1851 S. 62 und Zeitscbr. dcs Nevis. Kolleg. Bd. 4. S. 163.) c) Das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen in den Erk. v. 12. und 26. Nov. 1852, (Zeitschr. desselb. Bd. 6. S. 51 u 111 und Präj. Sammt, deffelb. S. 48 Praj. 26. u. S. 79 Präj. 28.) Vergl. die Erläut. ad II. Nr. 3. Litt. f. zum §. 65- des Ablös. Ges V. 2. März 1850. (f. unten.) 2) Die Abgaben der Werdenschen Hobö- und Behändigungs­ güter an den Hobsherrn sind nicht nach $. 65., sondern nach §. 64. des Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 abzulösen. So erkannt von dem Revisions-Kollegium für LandeS-Kultur-Sachen unterm 2. Dec. 1852. (Präj. Sammt, deffelb. S. 50 Nr. 30. und Zeitschr. Bd. 6. S. 80.) Vergl. die Erläut. zum 35. des Ges. v. 21. April 1825 (Nr. 939.). ss. unten.) 3) Auf Münstersche Erbpachtgüter im vormaligen Großherzogtbimi Berg findet der §. 64. und nicht der §. 65. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 Anwendung. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für Landeö-Kultur-Sachen per sent v. 18. Nov. 1851. (Zeitschr. deffelb. Bd. 5. S. 44 — 57.) 4) Neber die Nichtanwendbarkeit des §. 64. auf solche Geldrenten, welche erst nach Publikation des Ablös. Ges. für die Aufhebung der im Alin. 2. des §. 58. a. a. O. erwähnten gewerblichen Rechte fcstgestellt worden, vergl. daß R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 17. Mai

u) in Alinea 1. statt: „ achtzehnfachen" zu setzen: „ fü nfuudzwan; „zigfaci>en." ß) in Alinea 3. hinter: „so erfolgt die Ablösung" einzuschalten: „auf den Antrag des Berechtigten." y) für den Fall der Annahme der Vorschläge zu a. und ß. den von der II. K. vorgeschlagenen Zusatz tjetzt Alinea 4.) zu streichen. (Stenogr. Ber. der I K. Bd. 5. S. 2561.) 1) Vergl. in Bd. I. S. 198. 2) Vergl. in Bd. I. S. 199-200. 3) Vergl. ebendas. S. 200-201.

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. re., (§. 64.).

535

1852 *) fMin. Bt. d. i. V. 1552 S. 141 Nr. 134.) und die Zus. zum §. 58. des Ablös. Ges. (s. oben S. 505 ff.). IV. Der §. 64. deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 ist nicht sedes materiae über die Höhe der Abfindung deS Berechtigten durch die Rentenbanken resv. Tilgungskassen, vielmehr sind dafür daS Rentenbank-Ges. vom nämlichen Tage (§. 28 ) resp, die durch den §. 58. des­ selben modlsizirten Tilgnngs-Kaffen-Reglements zu erachten. Wenn die Verpflichteten in den vier Kreisen Paderborn, Büren, Hörter und Warburg die Ablösung ihrer Reallasten durch Baarzahlung des achtzeynfachen Betrages der Rente in Gemäßheit des § 64. deS Ab­ los. Ges. v. 2. März 1850 und §. 9. deS Rentenbank-Ges. de eod. ab­ lehnen und die Ablösung durch Vermittelung der Tilgunqs-Kaffe bean­ tragen, so können die Berechtigten doch nur daS Achtzehnfache der Rente in Schuldverschreibungen der Paderborner Tilgungs-Kasse als Abfindung fordern; ein Anspruch auf Abfindung in Rentenbricfen zum zwanzigfachen Betrage der JahreSrente steht ihnen in diesem Falle nicht zu. Die Berechtigten in den genannten Kreisen die von den Belasteten nach den Vorschriften ments v. 8. Aug. 1836, und den durch den v. 2. März 1850 festgesetzten Modifikationen

sind verpflichtet, stcb auf deS Tilgungs-Kaffen-Regle§. 58. des Rentenbank-Ges. beantragte Ablösung etnzu-

taffen. Diese Grundsätze hat das Revisions-Kollegium für LandesKultur-Sachen in dem Erk. v. 24. Juni 1853 angenommen. Die Gründe der Entscheidung bemerken: Der Regier. Entw. zum §. 64. des Ab lös. Ges. enthielt die beiden letzten Alin, desselben noch nicht, welche vielmehr erst von den Kammern hinzuaesügt worden find. Dieser Zusatz spricht aber nur von der Befugniß des Berechtig­ ten in dem Falle, in welchem der Verpflichtete durch Baarzahlung deS acht­ zehnfachen Betrages ablösen will, das Zwanzigfache in Rentenbriefen zu ver­ langen, hat aber keineswegs den Fall vor Augen, wo der Verpflichtete die Ablösung nicht durch Baarzahlung bewirken will. Für diesen Fall setzt vielmehr der zweite Satz deS Zusatzes fest, daß die Ablösung nach den Bestimmungen de'S Rentenbank-Ges. erfolgen soll. Darüber, zu welchem Betrage der Berechtigte in diesem Falle von der Rentenbank seine Abfindung erhalten solle, enthält das Ablösungs-Gesetz noch g a r k c i n e B e st i m m u n g. Aber auch jener Zusatz, worin für einen andern Fall dem Berechtigten die Abfindung in Rentenbriefen zum zwanzigfachen Betrage in Aussicht gestellt wird, ist im Betreff der Höhe des Ab find ungssatzes nur als ein dem Renten­ bank-Gesetze vorgreifender historischer Vermerk anzusehen, wie daraus hervorgeht, daß im letzten Absätze ausdrücklich gesagt wird: „Das Nähere bestimmt das Rentenbank-Gesetz." Demnach ist das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 im Betreff der Höhe der Abfindung deS Berechtigten durch die Rentenbanken nicht sedes materiae, sondern hierüber werden erst in dem Rentenbank-Gesetze vom selbigen Tage die definitiven Bestimmungen getroffen. — Hat nun der provocirende Belastete die Ab­ lösung durch Baarzahlung abgelehnt, so muß die Abfindung des Berechtigten nach dem dritten Alinea des §. 64. I. c. nach den Bestimmungen des RentenbankGesetz eS erfolgen. Das Ablösungs-Gesetz hat für diesen Fall keine Bestimmung über die Höhe der Abfindung des Berechtigten getroffen und es kann daher nicht ange­ nommen werden, daß schon durch den tz. 64. I. c. dem Berechtigten für alle Fälle die Abfindung zum Zwanzigsachen Betrage in Rentenbriefen unbedingt zugesichert worden sei.

1) Vergl. in Bd. I. S. 197.

536 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Ist die- aber richtig und ist überhaupt der $. 64.1. c. nicht sedes materiae über die Abfindung de- Berechtigten durch die Rentenbank, so können auch durch das letzte Alin, des §. 1. de- Ablös. Ges. v. 2. März 1850 nicht diejenigen Ge setze derogirt fein, in welchen Bestimmungen über die Abfindung der Berechtigten bei Ablösungen getroffen worden find, wenngleich fie mit den in dem Renten bank-Gesetz in dieser Beziehung enthaltenen Festsetzungen fich nicht vereinigen lassen. Demnach kann nur das Rentenbank-Ges. v. 2. Marz 1850 den Ausschlag darüber geben, welche Abfindung der Appellant im vorliegenden Falle zu fordern hat. In dieser Beziehung ist eS nun zwar richtig, daß für diejenigen Landestheile, in welchen RententilgungS-Kaffen noch nicht bestanden, die Abfindung des Berech­ tigten allgemein auf daS Zwanzigfache in Rentenbriefen festgesetzt worden ist (8- 28. 1. c.). Dieses Gesetz enthalt jedoch im 8- 58. unter dem Marginale: „Besondere Bestimmungen für diejenigen Landestheile, in welchen bereits RententilgungS-Kaffen bestehen" die Festsetzung, daß die für diese Landestheile bereits ergangenen gesetzlichen Vor­ schriften auch nach Verkündung deS Rentenbank-Gesetzes in den Landestheilen, für welche fie gegeben find, jedoch nur insoweit in Kraft bleiben sollen, als fie den nachstehend sub 1 — 10 ansgeführten Bestimmungen nicht zuwiderlaufen. Daraus folgt, daß für diese Landestheile das Rentenbank-Ges. selbst nicht weiter maaßgebend sein kann, als dies im §. 58. I. c. ausdrücklich angeordnet ist, im Uebrigen aber eS bei den Bestimmungen der früheren Gesetze sein Bewenden behalten muß. Zu diesen ausgenommenen Landestheilen gehörten auch die Kreise Paderborn, Büren, Warburg und Hörter, für welche das Regl. v. 8. Aug. 1836 (Ges. S. S. 235) maaßgebend ist, in soweit eS nicht durch 8- 58. deS Rentenbank-Ges. v. 2. Marz 1850 eine Modifikation erlitten hat. — Es wird nun behauptet, daß der im §. 3. jenes Reglements festgesetzte Abfindung-- Maaßstab des Berechtigten zum 18fachen Betrage der IahreSrente in Rentenbriefen der Paderborner TilgungS-Kaffe auf den vorliegenden Fall deshalb keine Anwendung finden könne, weil diese Bestimmung nur dann maaßgebend sei, wenn der Berechtigte auf Ablösung durch die TilgungSkaffe provocirt habe. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Die Pro­ vokation sei von dem Verpflichteten ausgegangen. Ein Recht hierzu habe derselbe erst durch 8- 58. Nr. 2. deS Rentenbank-Ges. v. 2. März 1850 erhalten. Eine Verpflichtung, daß auch der Berechtigte fich in diesem Falle eine Abfin­ dung zum achtzehnfachen Betrage in Rentenbriefen gefallen lassen müsse, sei weder in diesem Gesetze, noch in dem obgedachten Reglement ausgesprochen. ES fehle somit an einer gesetzlichen ausdrücklichen Bestimmung darüber, welche Abfindung in dem Falle der Berechtigte erhalten solle, wenn der Verpflichtete die Ablösung nach dem Tilgung--Kaffen-Reglement verlange. Diese Lücke müßte nach allgemeinen InterpretationS-Regeln dem Zwecke des Gesetzes gemäß ergänzt werden. Es ist jedoch in der That eine solche Lücke in dem Gesetze nicht vorhanden. Daß auch in dem vorliegenden Falle der Berechtigte sich auf die von dem Ver­ pflichteten nach den Vorschriften deS modificirten Regl. v. 8. Aug. 1836 beantragte Ablösung einlassen muß, darüber bedurfte es gar keiner ausdrücklichen Vorschrift, wenngleich eine solche in Ansehung deS Verpflichteten in jenes Regl. ausge­ nommen worden ist. (cf. 8- 92. Eins zum A. L. R.) Der Verpflichtete würde aber das ihm durch 8- 58. Nr. 2. des RentenbankGes. eingeräumte Recht, die Ablösung ebenfalls nach den Bestimmungen deS Regl. v. 8. Aug. 1836 verlangen zu können, nicht ausüben können, wenn diesemRechte nicht die korrespondirende Pflicht des Berechtigten, sich auf eine solche Ablösung einzulaffen, zur Seite stände. Nun ist eS zwar richtig, daß der Berechtigte durch die Anwendung deS §. 3. jenes Regl., wonach er nur das Achtzehnfache der IahreSrente in Rentenbriefen als Abfindung erhält, gegenüber den Berechtigten in den übrigen Theilen deS preuß. Staates, für welche das Rentenbank-Ges. Anwendung findet, in Betreff seiner Ab­ findung nachtheiliger gestellt wird, indem diese überall den zwanzigfachen Betrag der IahreSrente in Rentenbriefen im Mangel einer Baarablösung erhalten; eS ist aber eben so richtig, daß man bei der Berathung deS 8* 58. des Rentenbank-Ges. von dem Grundsätze ausgegangen ist, daß den Verpflichteten die bisherigen Erleich­ terungen bei Ablösungen, welche denselben durch die für einzelne LandeStheile er­ lassenen Tilgung--Kaffen-Reglements zu Theil geworden waren, durch die neuen

Ges. v. 2. Marz 1850, bett, die Ablös. rc., ($. 64.).

537

Ablösungs-Gesetze nicht verkümmert werden sollten, wie dies die Materialien dieses Gesetzes aus daS Vollständigste ergeben. Insbesondere wurde zur Motivirung des $. 58. des Rentenbank-Ges. v. 2. März 1850 von dem Berichterstatter in der Sitzung der II. K. v. 11. Dec. 1849 (vergl. Stenogr. Ber. der II. K S. 1675) Folgendes angeführt: „Im Allgemeinen ist es der Zweck dieses Paragraphen, daß die Bethei­ ligten in denjenigen Landestheilen, wo bereits Tilgungskaffen bestehen, na­ mentlich im Paderbornschen und in dem Gichsfelde, in keiner Beziehung schlechter gestellt werden sollen, als die übrigen Betheiligten, welche durch das AblösungS-Ges. jetzt bettoffen werden. Es find dabei die in jenen Landestheilen bestehenden Bestimmungen für die TilgungS-Kaffen mit Zu­ stimmung des Herrn Finanz-Ministers so ungeformt worden, daß, ohne die Lasten der Pflichtigen zu erhöhen, fie dennoch der Wohlthaten, welche das neue Ablösegesetz bietet, theilhaftig werden, und umgekehrt die Berechtigten da, wo ihnen die Rente nach dem neuen AblösungS-Ges. festgestellt wird, ebenfalls nicht schlechter gestellt werden, als die Berechtigten in den übrigen Provinzen des Staates." Diese Grundsätze sind auch im Allgemeinen durchgeführt, namentlich int Betreff der Berechtigten in dem Eichsfelde, denen 4 Procent Zinsen tragende Rentcnbriefe durch §. 58. Nr. 4. I. c. als Abfindung zugesichert worden sind, während sie nach dem Regl. v. 9. April 1845 nur 3| pCt. Zinsen tragende Schuldver­ schreibungen erhielten. 2m Betreff der Berechtigten in den vier Paderborner Kreisen ist nun aller­ dings eine solche Gleichstellung bezüglich der Höhe der in Rentenbriesen ihnen zu gewährenden Abfindung durch das Rentenbank-Gesetz nicht erfolgt; und dies ist, wie nicht zu leugnen, eine Rechtsungleichheit. Es kann jedoch nicht angenommen werden, daß dieser Umstand bei der klar ausgesprochenen Absicht des Gesetzes den Faktoren der Gesetzgebung unbekannt ger blieben ist; es muß vielmehr vorausgesetzt werden, daß eine Ausgleichung derselben nicht möglich gewesen ist, ohne auf der andern Seite die Verpflichteten in ihren bisherigen Erleichterungen zu verkümmern. Eine solche Verkümmerung wäre aber nothwendig eingetreten, wenn die Ver­ pflichteten jener Kreise, während sie bisher nur entweder j der ZahreSrente oder 4 pCt. von dem achtzehnfachen Betrage der IahreSrente entrichteten, nach dem Rentenbank-Gesetze 4 pCt. Zinsen von dem zwanzigfachen Betrage der IahreSrente hätten entrichten sollen. Die Gründe^ welche jene erleichternden Bestimmungen deS Regl. v. 8. Aug. 1836 gerechtfertigt hatten (unverhaltnißmäßige Belastung und Armuth der Ver­ pflichteten) dauerten zum Theil auch bei Emanation des Rentenbank-Gesetzes fort. Eine Erhöhung der Lasten kennte daher den Pflichtigen nicht zugemuthet werden. Es hätte deshalb eine Ausgleichung der Berechtigten jener Kreise nur durch Staatsmittel herbeigeführt werden können. Eine solche zu befürworten, haben sich aber weder die Kammern veranlaßt gesehen, noch hat die Staatsregierung eine solche in Vorschlag gebracht. Es muffen demnach überwiegende Gründe vorgelegen haben, aus denen dies nicht geschehen ist. Jedenfalls geht aus dem Vorangeführten mit Bestimmtheit hervor, daß die sämmtlichen Faktoren der Gesetzgebung jene Ungleichheit der Berechtigten, bezüglich der Abfindung int Verhältniß der Berechtigten in den übrigen Provinzen deS Staa­ tes, wohl gekannt, aber dennoch absichtlich haben bestehen lassen, weil höhere Interessen ihnen eine Ausgleichung derselben unmöglich machten. Das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 hat im Vergleich mit dem bis dahin an­ erkannten Rechtszustande Opfer von dem Berechtigten gefordert, um den endlichen Abschluß der den Grundbesitz belastenden Verhältnisse im Interesse deS Staates und beider Theile herbeizuführen: es ist deshalb seinem Zwecke und seinem Geiste nicht widersprechend, wenn man annimmr, daß aus gleichen Gründen den Berechtigten der vier Paderborner Kreise die Zumuthung gemacht worden ist, sich mit dem ächt­ iß ebnfachen Betrage der IahreSrente in Rentenbriesen für abgesunden zu erachten. (Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 6. S. 350 ff.)

538 Don d. Ablös. der ReaNasten, den Regulirungen u. Tem. Theilungen. Zum S. 6S. I.

A.

Der $. 65. ist von den Kammern völlig umgestaltet worden. In dem Regier. Entw. lautete derselbe dahin:

Ausgenommen von den Bestimmungen des §. 64. bleibt derjenige Kanon oder Zins, welcher für die Neberlaffung eines Grundstücks zu Erbpacht, ErbzinS oder Eigenthum in einem vor Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes errichteten schrift­ lichen Vertrage stipnlirt worden ist. Ein solcher Kanon oder Zins kann nur auf Antrag des Verpflichteten durch Baarzahlung des zwanzigfachen Betrages nach vorhergegangener sechsmonatlicher Kündigung abgelöst werden. Der Verpflichtete ist befugt, das Kapital in vier auf einander folgenden einjährigen Terminen, von dem Ablauf der Kündigungsfrist an gerechnet, zu gleichen Theilen abzutragen. Doch ist der Berechtigte nur solche Theilzahlungen anzunehmen verbunden, die mindestens einhundert Thaler betragen. Der jedesmalige Rückstand ist mit fünf Prozent jährlich zu verzinsen.

Die Motive hierzu bemerken: Früher war eine Bestimmung beabsichtigt, daß auch Erbpächter, Erbzins- und ZinSbefitzer an der Erleichterung durch Ablösung mit dem 18fachen Betrage oder durch Ablösung vermittelst der Rentenbank dann Theil nehmen sollten, wenn der von ihnen zu entrichtende Kanon oder Zins weniger als 100 Rthlr. beträgt. Die Besitzer größerer, zur Erbpacht oder Erbzins ausgethaner Güter und Vorwerke glaubte man um deshalb ausschließen zu müssen, weil sich diese in der Regel in einer gesicherten Lage befinden, und bei ihnen überhaupt von einem gutsherrlichbäuerlichen Verhältniß, dessen Lösung daS Gesetz hauptsächlich bezweckt, nicht die Rede ist. Allein eben dieser Grund liegt auch vor, wenn Grundstücke gegen eineu weniger als 100 Rthlr. betragenden Zins zu Erbpacht, ErbzinS oder Eigenthum ausgethan sind, wie dies namentlich in der neuern Zeit häufig vorgekommen ist. Zn solchen Fällen ist zu einer Lösung des vertragsmäßig eingegangenen Verhält­ nisses, wider den Willen des Verpflichteten kein Grund vorhanden, und zwar um so weniger, als nach Artikel 40. der Verfassungs-Urkunde auch künftighin Verträge, durch welche das Eigenthum an Grundstücken gegen einen festen ablöslichen Zins verliehen wird, gestattet bleiben sollen. Es kam daher nur darauf an, bei einem solchen Kanon oder Zins überhaupt den Ablösungssatz mit dem gegenwärtig üblichen Zinsfuß und mit dem lüuftig zur Anwendung kommenden Ablösungsgesetz in Ein­ klang zu bringen. Dies ist in dem vorliegenden §. 65. geschehen.

B.

Die Kommission der II. Kammer beantragte folgende Fassung:

Ist ein Grundstück außerhalb einer gutsherrlichen-bäuerlichen Regulirung oder Ablösung oder ohne Begründung eines gutsherrlicheu-bäuerlichen Verhältnisses mit­ telst eines vor Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes errichteten schriftlichen Ver­ trages gegen Entrichtung eines Kanons oder Zinses und anderer Leistungen zu Erbpacht, Erbzins oder Eigenthum überlassen werden, so finden die Bestimmungen des §. 64. keine Anwendung. ES kann vielmehr in einem solchen Falle der Kanon oder ZinS, sowie der Geldwerth der übrigen etwa noch stipulirten Leistungen nach Abrechnung deS Geld­ werths der Gegenleistungen zum zwauzigfachen Betrage und zwar auf den Antrag deS Berechtigten nur durch Vermittelung der Landrentenbauken und auf den Antrag des Verpflichteten nur durch Baarzahlung desselben nach vorhergegangener sechsmo­ natlicher Kündigung abgelöst werden. Der Verpflichtete ist befugt. daS Kapital in vier auf einander folgenden einjährigen Terminen, von dem Ablauf der Kündigungs> frist an gerechnet, zu gleichen Theilen abzutragen. Doch ist der Berechtigte nur solche Theilzahlungen anzunehmen verbunden, die mindestens Einhundert Thaler be­ tragen. Der jedesmalige Rückstand ist mit fünf Prozent jährlich zu verzinse. Uebrigens finden auch hier die Vorschriften der §§. 52. und 55. Anwendung.

Der Bericht der Kommission motivirt dieS in folgender Art: Das Alin. 1. des §. 65. hat in der Agrar-Kommission zu mehrfachen Beden­ ken Anlaß gegeben. Darin sind sämmtliche Mitglieder einverstanden gewesen, daß für Grundstücke, welche ohne Begründung eines gutsherrlich-bäuerlichen VerhaltnisesS gegen Vorbehalt eines Kanons oder Zinses überlassen worden, die zum §. 64.

Ges, v. 2. März 1850, 6m. die Ablös. rc., (§. 65.).

539

angeführten Momente für die Ablösung zum 18fachen Betrage nicht obwalten, und daher für solche die Feststellung einer Ausnahme von der Regel des §. 64. gerecht­ fertigt ist. Ebenso ist darüber kein Zweifel gewesen, daß für solche Fälle, die Ausnahme nicht, wie es in der Regierungsvorlage geschehen ist, auf den Kanon oder Zins be­ schränkt, sondern auch auf die etwaigen übrigen Leistungen aus demselben Vertrage ausgedehnt werden muß. Denn es würde in dem Falle, wenn in einem Erbpachts- oder Erbzinsverträge neben dem Kanon oder Zins auch noch andere Leistungen stipulirt worden und mit diesen nach §. 60. Gegenleistungen kompenfirt werden sollen, zweifelhaft sein, ob zunächst mit den Letzter», nach der Regierungsvorlage (§. 61.) zum 18fachen Be­ trage ablösbaren Leistungen oder mit dem zum 20fachen Betrage (§. 65.) ablösba­ ren Kanon oder Zins kompenfirt werden muß, in beiden Fällen aber ein ganz ver­ schiedenes Resultat erlangt werden. Auch erscheint es nicht angemessen, am wenig­ sten aber gerechtfertigt, Leistungen aus einem und demselben Vertrage nach verschie­ denen Sätzen zur Ablösung zu bringen. Hiernach hat daher die Kommisfion eine Abänderung deS Alin. 1. des §. 65. um so mehr für erforderlich erachtet, als die jetzige Fassung desselben auch die ge­ gen Rente regulirten Stellen treffen könnte, für diese aber unter allen Umständen die Anwendung des §. 64. des Entwurfs gewahrt werden soll. Diese Abficht hat die Kommisfion noch besonders dadurch außer Zweifel gestellt, daß fie das von einem Mitgliede gestellte Amendement, im Alin. 1. hinter dem Worte Vertrage einzuschalten: „oder Regulirungs-Rezesse bis zum Jahre 1830", verwor­ fen hat. Um jene Gestchtspunkte aufrecht zu erhalten und gleichzeitig die nachtheiligen Folgen zu beseitigen, welche aus der Unsicherheit deS Rechtsbegriffes der ZinSgüter entstehen können, ist von einem Mitgliede vorgeschlagen worden, von der Anwendung des §. 64. auszuschließen: 1) unbedingt die Erbpachts-, Erbzins- und Eigenthumsgüter, welche nach Ein­ führung des Ed. v. 9. Okt. 1807 durch einen schriftlichen Vertrag gegrün­ det worden find, und 2) von den vor Einführung des Ed. v. 9. Okt. 1807 durch einen schriftlichen Vertrag gegründeten Erbpachts-, Erbzins- und EigenthumSgütern, nur die­ jenigen, welche an Kanon oder Zins und andern Leistungen jährlich mehr als 50 Thlr. zu entrichten haben. Dieser Antrag, zu welchem die Unter-Amendements gestellt waren, statt 50 Thlr. zu setzen 25 Thlr., event. 10 Thlr., wurde durch die Behauptung zu rechtfertigen gesucht, daß im 17. und 18. Jahrhunderts unter den Einflüssen deö damals ausge­ dehnten lassitischen und noch nicht vollständig beseitigten LehnsverhältniffeS sogenannte Erbpachts- und Erbzinsverträge abgeschlossen worden seien, welche Ausflüsse deS früheren Feudal-Verhältnisses in sich ausgenommen hätten. Mit Sicherheit lasse sich annehmen, daß seit Einführung des Ed. v. 9. Okt. 1807, welches gleichzeitig den Lehns- und Fideikommißbesitzern die Vererbpachtung von Grundstücken erleich­ tert habe, dergleichen feudalistische Verhältnisse nicht begründet worden seien. Die seit dieser Zeit geschloffenen Verträge würden daher unter allen Umständen von der Anwendung des im §. 64. sestgeftellten Prinzips auszuschließen sein. Von den vor dieser Zeit abgeschlossenen Erbpachts- und Erbzinsverträgen könnten dagegen mit einiger Sicherheit nur diejenigen als reine Erbpachts- oder Erbzinsverträge bezeich­ net werden, in welchen ein verhältnißmäßig hoher Kanon oder Zins stipulirt wor­ den, wie dies namentlich bei den im vorigen Jahrhundert erfolgten vielen Vererb­ pachtungen von Domainen, von Kirchen- und Pfarr-, sowie Kämmereigütern der Fall sei. Die Majorität der Kommission hat jedoch den obigen Antrag und mit diesem auch die gestellten Unter-Amendements abgelehnt, indem dieselbe von der Ansicht ausging, daß eine Unterscheidung zwischen den vor und resp, nach Einführung des Ed. v. 9. Okt. 1807 errichteten Erbschafts- und Zinsverträgen in diesem Ed. noch nicht eine genügende Rechtfertigung finde und daher dieselbe immer eine willkührliche sei. Rach dem zweiten Alinea dieses §. 65. soll ein solcher Kanon odex Zins nur auf den Antrag des Verpflichteten durch Baarzahlung des zwanzigfachen BettageS abgelöst werden können. Ein Mitglied wollte statt des zwanzigsachen Be­ trages überall den fünf und zwanzigsachen Betrag und ein anderes den letzten als

540 Don d. Ablis. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Regel und ausnahmsweise den zwanzigsachen Betrag für die Fälle festgesetzt wissen, wenn der Kanon oder Zins jährlich fünf Thaler oder weniger betrage. Es find diese Anträge jedoch fast einstimmig verworfen worden, weil die landublichen Zinfen fünf Prozent betragen und danach der Ablösungssatz normirt werden muß. Ferner ist von einem Mitgliede unter der Begründung, daß auch hier rechts­ gültig abgeschlossene Verträge über die Höhe des Kapitals-Ablösungssatzes aufrecht erhalten werden müßten, der Antrag gestellt worden, in der Zeile 1 dieses Alinea hinter den Worten „des Verpflichteten" einzuschalten: „wenn die Verträge ein Anderes nicht bestimmen." Dagegen machte ein anderes Mitglied unter Bezugnahme auf die Vorschriften der 88- 52. und 55. und die zu denselben angegebenen Motive den Vorschlag, am Schluffe dieses Alinea hinzuzufügen: „Uebrigens finden auch hier die Vorschriften der §§. 52. und 55. Anwendung." Die Kommission hat jedoch den zuerst erwähnten Antrag abgelehnt, dagegen den zuletzt erwähnten Zusatz angenommen. Endlich wurde von einem Mitgliede geltend gemacht, daß die Ausschließung der in Rede stehenden Geldbeträge von der Uebernahme auf die Rentenbanken fich dar­ auf gründe, daß durch die Letztere möglicherweise der Berechtigte benachtheligt wer­ den könne. Dieser Grund falle weg, wenn der Berechtigte selbst es in seinem In­ teresse finde, die Vermittelung der Landrentenbanken in Anspruch zu nehmen und diesen den Vorzug von dem Fortgenuffe der festgestellten Renten zu geben. Dies werde namentlich in Betreff der Erbpächter von den kleinen Stellen der Fall sein und auch diesen die Ausficht begründen, an den Wohlthaten der gegenwärtigen Ge­ setzgebung Theil zu nehmen. Eine zu große Belastung der Rentenbanken sei hier­ bei nicht zu besorgen, da eines Theils die Zahl solcher Stellen nicht übermäßig groß sei und andern Theils auch im Gesetze über Errichtung der Rentenbanken einer sol­ chen, durch Feststellung eines Termins, bis zu welchem die Ablösung durch die Ren­ tenbanken stattfinden solle, vorgebeugt werden könne. Hierauf wurde der Antrag gegründet, statt der Worte „nur aus den Antrag des Verpflichteten durch Baarzahlung des 20fachen Betrages" zu fetzen: „kann zum zwanzigsachen Betrage und zwar auf den Antrag des Berechtig, ten nur durch Vermittelung der Rentenbanken und auf den Antrag des Verpflichteten nur durch Baarzahlung desselben" n. s. g. Dieser Antrag ist denn auch von der Kommission angenommen worden. Nach diesem hat die Kommission fich über die von ihr beantragte Fassung des 8- 65. geeiniget.

DaS Plenum der II. Kammer trat den Anträgen der Kommission mit folgenden Modifikationen bei: a) in Betreff des Alin. 1. wurde beschlossen, darin außer dem $. 64. auch den §. 63. zu allegiren, *) und b) im Alin. 2. wurde zwischen dem ersten und zweiten Satze des Kom­ missions-Vorschlages folgender Satz eingeschaltet: Die Vermittelung der Landrentenbank kann jedoch verweigert werden, wenn die PrästationSsähigkeit (§. 63.) des Grundstücks auf Erfordern nicht nachgewiesen wird. 1 2)

Im Uebrigen genehmigte die II. Kammer den

65. ganz nach den

1) Dies wurde auf den Verbess.-Antrag der Abgeordn. v. KleistRetzow (Drucks. Nr. 336. ad IX.) beschlossen. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1495.) 2) Diese Einschaltung wurde auf den Verbess.-Antrag des Abgeordn. Lie­ ber (Drucks. Nr. 337.) angenommen, dessen Motive dahin lauten: „Es giebt mehrere Erbpachts-Grundstücke, welche mit einem so hohen „Kanon belastet sind, daß derselbe davon nicht aufgebracht werden kann. „Die Rentenbank würde daher durch die Uebernahme solcher Renten benach„theiligt werden."

Ges. v. 2. März 1820, betr. die AblSs. rc., ($. 65.). Anträgen ^der Kommission. x) bis 1504.)

541

(Stenogr. der II. K. 18z; Bd. 3. S. 1502

1) a) Nachstehende zum §. 65. in der II. K. gestellte Verbess. - Anträge wurden abgelehnt: «) des Abgeordn. v. Bülow (Drucks. Nr. 336. ad XVII.): „daS Alin. 1. des §. 65. wie folgt abzuLndern: „Ausgenommen von der Bestimmung des §. 64. bleiben: „1) diejenigen Geldrenten, Kanon oder Zinse, „2) derjenige Geldwerth für Dienste und Naturabgaben, „welche entweder für ediktmäßige Ueberlaffung von Bauernhöfen zu Ei„genthum, oder für Uebertragung von Grundeigenthum zu Erbpacht „ErbzinS oder vollem Eigenthum in einem vor Verkündigung dieses „Gesetzes errichteten RegulirungS-Nezeffe oder schriftlichen Vertrage auS„drücklich stipulirt worden sind." Motive. „Wenn der §. 64. ganz außergewöhnliche Erleichterungen für die Ab„lösung der auf dem kleinen Grundbesitz lastenden, in ihrem Ursprünge „und rechtlicher Begründung oft gar nicht nacbzuweisenden Geld- und Na„tural-Prästationen und Dienste, wie solche in Verbindung mit unglücklichen „Ereignissen anderer Art eine zahlreiche Bevölkerung in mehreren Theilen „Oberschlesiens und Westphalens fast erdrückt haben, anordnet, so würde „es doch mit den Forderungen der Gerechtigkeit und der Bestimmung der „Derf. v. 5. Dec. 1818. §.40. nicht vereinbar sein, ebendieselben Vortheile „und Erleichterungen denjenigen bäuerlichen Grundbesitzern in allen übrigen „Theilen der Monarchie zu gewähren, welche bei ediktmäßiger Verleihung „ihrer Höfe zu Eigenthum sehr mäßige Prästationen übernommen und da„rüber die Rezesse in der vorgeschriebenen Art abgeschlossen haben. ES „würde dies vielmehr um so weniger gerechtfertigt sein, als die BauerhofS„besitzer der erwähnten Art sich fast überall in wohlhabenden, oft blühenden „Verhältnissen befinden; diese müssen daher durchaus denjenigen gleich be­ handelt werden, welche Grundbesitz zu ErbzinS, Erbpacht oder Eigenthum

„in schriftlichen Verträgen vor Verkündigung dieses Gesetzes erworben ha, „ben und für welche die Ablösungsbedingungen im 2. Alin, des §. 64. „festgesetzt sind." ß) Des Abgeordn. Christi ani (Drucks. Nr. 336. ad XVIII.): „den §. 65. also zu fassen: „Die Bestimmungen des §. 64. finden gleichfalls Anwendung auf den„jenigen Kanon oder Zins, welcher für die Ueberlaffung eines GrundHücks zu Erbpacht, ErbzinS oder Eigenthum in einem vor Verkündi„gung des gegenwärtigen Gesetzes errichteten schriftlichen Vertrage und „außerhalb eines gntsherrlich - bäuerlichen Verhältnisses stipulirt wor„den ist." Gründe. „Die Last des Erbpacht-- und GrbzinS-Kanons ist mehrentheils weit grö„ßer als die, welche aus einem gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse ent„springt." y) Des Abgeordn. Denzin (Drucks. Nr. 333. ad V.): (Vergl. diesen Verbeff.-Antrag zum §. 52. des Ablös. Ges., s. oben S. 488. in der Note 1). (?) DeS Abgeordn. Freih. v. Hiller und Gen. (Drucks. Nr. 333. ad VI.): „im Alin. 1. der von der Kommission vorgeschlagenen Fassung des §. 65. „die Worte: „oder Ablösung, ohne Begründung eines gutsherrlicb„bäu erlich en Verhältnisses „zu streichen, so daß der Eingang des §. 65. in folgender Art gefaßt „werde: „Ist ein Grundstück außerhalb einer gutsherrlich-bäuerlichen Regulirung . „mittelst eines vor Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes errichteten „schriftlichen Vertrages u. f. w."

S42 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungon u. Gem. Theilungen. C. Die Kommission der I. Kammer beantragte die Annahme deS $. 65. in der von der II. Kammer beschlossenen Fassung, jedoch mit fol­ genden Modifikationen:

Gründe. „Durch die vorgeschlagene Fassung wird der von der Kommission auf„gestettte Zweifel, daß die Fassung des §. 65. auch die gegen Renten re„gulirten Stetten treffen könnte, beseitigt, mit) zugleich jedem Mißverständ­ nisse vorgebeugt, welches durch Beibehaltung der oben bezeichneten Worte „entstehen könnte. „Eventuell wird folgende Fassung vorgeschlagen: „Ist ein Grundstück außerhalb einer gutsherrlich-bäuerlichen Regu„lirung oder Ablösung und ohne Begründung eines lassiti„sch en Verhaltn isseS mittelst eines vor Verkündigung des gegen„wartigen Gesetzes errichteten schriftlichen Vertrages u. f. w." k) DeS Abgeordn. v. Bülow (Drucks. Nr. 341. ad IV.): „das Alin. 1. des §. 65. dahin zu fassen: „Ist ein Grundstück entweder durch Rezeß über gutsherrlich - bäuerliche „Regulirung nacb dem Ed. v. 14. Sept. 1816 gegen Rente und Dienste, „oder zu Erbpacht, Erbzins oder Eigenthum gegen Entrichtung eines „Kanons oder Zinses und anderer Leistungen mittelst eines vor Ber„kündigung dieses Gesetzes errichteten schriftlichen Vertrags überlassen „worden, so stnden die Bestimmungen des §. 64. keine Anwendung. „ic. ic." Motive. „Die Besitzer der ediktmäßig regulirten Bauernhöfe gehören im großen „Durchschnitt zu den wohlhabendsten Klassen der StaatS-Einwohner, daher „gar kein denkbarer Grund ist, diese günstiger als die Erbpacht- und Erb„zinsbesitzer, welche von der Regel des §. 64. ausgenommen werden, zu „behandeln, und die Berechtigten eines großen Theils ihres Eigenthums zu „berauben. £) DeS Abgeordn. v. Epnern (nickt gedruckt): „dem Alin. 2. des §. 65. hinzuzufügen: „eS sei denn, daß auch die Ablösung vermittelst eines schriftlichen „Vertrages rechtsverbindlich zum 25 fachen oder einem geringeren Ve­ rtrage festgestellt werden ist." Gründe. „Es giebt Vorträge, in denen der Ablösungssatz zum 25fachen Betrage „stipulirt werden ist, nicht, weil dieser der gesetzliche AblöfungSsatz war, son „dern weil dabei die besonderen faktischen Gründe obgewaltet haben, „welche bei Feststellung eines anderen Satzes ebgewaltet haben mögen." /;) DeS Abgeordn. Kögel (nickt gedruckt): „im Alin. 2. des §. 65. hinter dem Worte: „Neu ten bau ken" zu setzen: „zum 224 sacken Betrage", event., wenn die KemmissienS - Fassung „nicht angenommen wird, im Alin. 1. des §. 65. hinter dem Worte: „bleibt" „zn setzen: „die Abgaben und Leistungen an Kirchen, und die den Predigern und „Sckuttehrern aus ihrem Diensteinkcmmen zustehenden Forderungen', „diese werden auf Antrag des Verpssickteten durck Baarzahlung zum „20 fachen und auf Antrag des Berechtigten zum 22j fachen Betrage „in Rentenbriefen abgelöst, und derjenige ic. DeS Abgeordn. v. Dewitz (nickt gedruckt): „das Alin. 2. des § 65. "dahin zu fassen: „Es kann vielmehr in einem solchen Falle der Kanon oder Zins, sowie „der Geldwerth der übrigen etwa noch stipulirtcn Leistungen, nach Ab„recknung deS Geldwerthes der Gegenleistungen, auf Antrag deS Dcr„pflickteten nack vorhergegangener sechsmonatlicher Kündigung zum „20 fachen Betrage durch Baarzahlung, auf Antrag deS Berechtigten „zum 224 fachen Betrage durch Vermittelung der Rentenbanken abge-

Ges. v. 2. MLrz 1850, bett, die Ablös. re./ ($. 65.).

543

a) daß statt des Wortes: „Landrentenbanken" zu setzen: „Ren­ tenbanken" und

„löst worden. Die den Geistlichen zustehenden Renten und Leistungen „unterliegen denselben Bestimmungen. Gründe. „Möglichste Aufrechthaltung des im Art. 8. der Verf. Urk. enthaltenen „Prinzips der Unverletzlichkeit des Eigenthums und der gerechten Entschä„digunq für aufgehobene Vermögensrechte." 0 Des Äbgeordn. v. Kleist-Moholz (nicht gedruckt): „dem §. 65. folgenden Zusatz zu geben: „Alle Abgaben an Kircbe, Pfarre, Küsterei und Schule werden nur „nach dem 25 fachen Betrage, gleich ob auf Antrag des Verpflichteten „oder Berechtigten, abgelöst. Rentenbriefe müssen zu dem Nennwerthe „angenommen werden. x) Des Äbgeordn. Breithaupt (Wittstock) (Drucks. Nr. 336. ad XX.): „dem §. 65., mag derselbe nach der Vorlage der Negierung oder dem An„trage der Kommission angenommen werden, folgenden Zusatz zu geben: „Die Bestimmungen dieses §. greifen auch für die Ablösung der Abga„ben und Leistungen an milde Stiftungen, an Kirchen Pfarren, Küste„reien und Schulen, soweit dieselben nicht überhaupt nach §. 6. von „der Ablösbarkeit ausgeschlossen sind, jedoch mit der Maaßgabe Platz, „daß an die Stelle des zwanzigfachen, der fünf und zwanzigfache Be„traq des Kanons der Geldrente oder des Geldwerths der Abgaben nnd „Leistungen tritt," X) Des Äbgeordn. Keller und Gen. (Drucks. Rr. 336. ad XIV.): (Vergt. diesen, ursprünglich zum §. 64. gestellten, Verbeff. Antrag beim §. 64., s. oben S. 530. in der Note 1.). b) Nachstehende Verbess.-Anträge zum §. 65. wurden zurückgezogen: «) deS Äbgeordn. Freih. v. Schlotheim (nicht gedruckt): „dem §. 65. folgenden Zusatz zu geb-n: „die deutschen Kolonisten, welche sich im 17. und 18. Jahrhundert un„ter der Benennung Hauländer oder Holländer in den jetzt zu Preußen „gehörenden, früher Polnischen Landestheilen angesiedelt haben und de„ren Verhältnisse weder rein lassitischer Natur, noch rein Erbpacht- oder „ErbzinS-pflichtig, sondern gemischter Art sind, resp, deren Grundstücke „sollen zu den Ausnahmen dieses §. nicht gerechnet, sondern der Vor„theile, welche die Bestimmungen deS §. 64. gewähren, theilhaftig „werden." Gründe. „Diese sogen. Hauländer haben fast ohne Ausnahme nur Grundstücke ge„ringerer Bodengualität, häufig auch nur einen sehr unbedeutenden Besitz, „und befinden sich wenigstens sehr oft in einer viel schlechteren Lage, als „die zu demselben GutSverbande gehörenden früheren rein lassitischen Wir„the. Wenn nun die Hauländer ihre Grundstücke auch von Hause aus „in ErbzinS oder als Eigenthum erhalten haben, so war dies Verhältniß „doch kein unzweifelhaftes, indem in der Regel außer den Zinsen noch Lei„stungen der verschiedensten Art stipulirt waren, so daß immer ein gewisses „gutSherrlich-bäuerlicheS Verhältniß vertag. „Aus diesen Gründen erscheint eS billig, daß diese Kathegcrien der „Verpflichteten von den Vortheilen, welche der §. 64. bietet, nicht aus­ geschlossen werden, wobei noch bemerkt werden kann, daß gerade diese „Hauländer zu denjenigen Einwohnern der betreff. LandeStheile gehören, „welche dem Preuß. Staate mit treuester Liebe anhängen nnd sich auch bei „den Ereignissen der verflossenen Jahre vollkommen bewährt haben, so daß „eS nun deshalb eine um so größere Härte sein würde, sie gegen ihre in „gleichen und oft besseren Verhältnissen befindlichen Nachbarn, welcke daS „Eigenthum ihrer Grundstücke erst durch die seit dem Jahre 1811 erfolgte „Gesetzgebung erhalten haben, zurückzusetzen."

544 Non d. Ablös. der Reallasten, den Regultrungen u. Gern. Theilungen, b) daß im Alin. 2. der von dem Plenum der II. Kammer einge­ schaltete Satz wegzulassen. /?) Des Abgeordn. v. Werd eck (Drucks. Nr. 330. ad VIII): „hinter $. 65. einen $. einzuschalten: § 65. a. „Besitzt der Verpflichtete mehr als 50 Morgen an Aeckern und Wie„fen, so erfolgt die Abfindung des Berechtigten zwar ebenfalls nach „Maaßgabe der §§. 64. und 65.; im Falle der Vermittlung der Ablö„fung durch die Rentenbanken jedoch tritt zwar auch die Amortisation „nach Vorschrift des Gesetzes über deren Errichtung mit dem gleichen „Betrage von | pCt. des Ablösungs-Kapitals ein, der hiezu sowie jur „Verzinsung der dem Berechtigten zu überweisenden Rentenbriese nicht „erforderliche Theil der jährlichen Rente aber wird zur Gründung einer „für jeden Kreis zu errichtenden HülfSkasse nach den weiter unten, sowie „in dem Gesetze über die Rentenbanken enthaltenen Vorschriften ver„wendet." Erklärung und Begründung. „Nimmt die Versammlung den Vorschlag an, so bleibt dann: „1) unter die allgemeinen Bestimmungen etwa als §. 107 a. aufzunehmen: „die nach §. 65 a. zu bildende HülfSkasse ist bestimmt: „a) durch Gewährung unverzinslicher allmälig abzubürdender Dar„lehne nicht angesessene fleißige und würdige Handarbeiter in „den Stand zu setzen, Grundeigenthum zu erwerben; ,,b) durch Zuschüsse den milden Stiftungen einen Ersatz für diejeni„gen Ausfälle an ihren Einnahmen zu gewähren, welche sie in „Folge des gegenwärtigen Gesetzes erleiden; ,,c) bei zureichenden Mitteln Verwendungen zur Beförderung der „Amortisation der Schulden kleinerer Grundbesitzer und zu andern „Zwecken verwandter Natur eintreten zu lassen. „Die Verwaltung dieser HülfSkassen erfolgt durch die „Kreisvertretung; worüber eine besondere Verordnung das Rä­ uchere sestsetzen wird. „2) In das Gesetz wegen der Rentenbanken ist dann Folgendes einzu­ rücken : „Hinter §. 10.: §. 10a. „Diejenigen Verpflichteten, welche mehr als 50 Morgen an „Aeckern und Wiesen besitzen, bleiben jedoch verbunden, den vot„len Betrag der Geldrente an die Rentenbank zu entrichten. „Hinter §. 22.: §. 22a. „Die §. 10 a. erwähnten Verpflichteten erlangen die Befreiung „erst nach (einer zu berechnenden Zahl von) Jahren. „Hinter §. 31.: §. 31a. „Die HülfSkasse erhält bei den §. 10 a. gedachten Verpflichte­ ten von der Rentenbank einen ebenfalls vierprozentigen Ren„tenbrief zum 25 fachen Betrage des nach Verzinsung deS dem „Berechtigten auszustellenden Rentenbriefs und des zur Amorti„fation zu verwendenden | Prozentes der Ablösungssumme ver„fügbar bleibenden Theils der Jahresrente. „Hinter §. 38.: §. 38 a. „Für die §. 10a. bezeichneten Verpflichteten erfolgt die Til„gnng in gleicher Weise mit demjenigen halben Prozent, welches „nach Verzinsung der nach SS- 28. bis 31 a. auszustellenden „Rentenbriese verbleibt. 8. 58 a. „Für die unter 8- 10a. fallenden Verpflichteten dauert die

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. re., (§. 65.).

545

aa) Der Bericht der Kommission motivirt dies in folgender Art: Mit dem allgemeinen Grundsätze des §. 65. war die Kommission einverstanden. Sie hielt es im Interesse der Berechtigten auch für dringend nöthig, und wurde darin durch die Petiton eines Berechtigten noch bestärkt, auch in dem hier gedachten Falle die Wahl der Provokation aus die Rentenbank zu lassen. Eben so wurde andrerseits anerkannt, daß die Sicherheit der letzteren in keiner Weise gefährdet werden dürfe. Das schließe aber nicht aus, in Fällen, in denen nicht der ganze Betrag des Zinses aus die Rentenbank übernommen werden könne, ihr einen Theil wenigstens zuzuweisen. Zwar erhält der Verpflichtete dadurch zwei Gläubiger, aber entweder kann er den Rest seines Zinses dann durch Kapital abstoßen, oder er nimmt doch wenigstens für den von der Rentenbank übernommenen Betrag an den Vortheilen der Amortisation Theil, die jenen Nachtheil bei weitem aufwiegen. Es wurde bei dem §. nun beschlossen: l) in Alin. 2. statt: „Landrentenbanken" zu sagen: „Rentenbanken"; 2) den Satz 2. Alin. 2. von: „die" bis „wird" zu streichen, da die Be­ stimmung desselben Inhalts ui zweckmäßigerer Fassung bei §. 56. getroffen worden ist und 3) im letzten Alin, statt „8- 52. und 5 5." zu sagen: „§. 52. 55. 5 6." Mit dieser Aenderung wird der 8- zur Annahme empfohlen.

f)b) Es ist bereits oben S. 320 u. 321 erwähnt, daß in der I. Kam­

mer die Berathung des §. 65. mit der des §. 6. verbunden wurde und

„Forterhebung des vollen Betrags der Renten (wie §. 22 a.) „Jahre, wogegen die Staatskasse der Kreishülfskasse den 7fachen „Betrag mit eben so lange verzinst. „Ueber die Amortisation dieser Renten werden besondere Be„stimmungen ergehen." „Es erscheint nicht erforderlich, den wohlhabenden GutsbesiFern mehr „als die allmälige Abbürdung ihrer Verpflichtungen mit des Ablö­ sungs-Kapitals zu gewähren; dagegen den Erlaß von T'a der laufenden „Renten (4^), der nach dem Rentenbank-Gesetz allgemein eintreten soll, „nur auf diejenigen Klassen zu beschranken, welche einer Unterstützung „besonders zu bedürfen scheinen, und so weit er den Wohlhabenden zu „gut kommen soll, zu einem ihnen selbst und den Berechtigten indirekt „nützlichen Zweck zu verwenden, indem man den Handarbeitern die Ge„legenheit erleichtert, Grundeigenthum zu erwerben und die Ausfälle „deckt, welche die milden Stiftungen an rhrem Einkommen erleiden. „Daß eines wie das Andere dringendes Bedürfniß ist, erleidet kei„nen Zweifel; — auch wird Niemand, der die Verhältnisse kennt, be„haupten, daß Besitzer mit 50 Morgen Acker und Wiesen jenes Zehn„tels bedürfen. „Der Vorschlag gewährt eine ausreichende Hülfe demselben abzu„helfen. — Ist nämlich anzunehmen, daß incl. Domainengesälle (4,OOO,OOO) „mindestens 8 Millionen Renten der zur Renttfizirung gelangenden „Abgaben bestehen, und von diesen die Hälfte auf die Höfe über 50 „Morgen Acker und Wiesenfläche fallt, und davon \ zur Ablösung durch „die Rentenbanken gelangen, so betragt das den HülfSkaffen zu über„weisende Zehntel jährlich 300,000 Thaler oder für jeden der betheilig„ten circa 290 Kreise durchschnittlich etwas über 1000 Thaler. Ver­ wendet man davon % jährlich zur Ansäßigmachung zweier Leute mit „Abzahlung in 10 Jahren, so hat man im ersten Dezennium in einem „Kreise 20, im zweiten 40, und so weiter im ganzen Staate in 50 Jah„ren 90,000 Familien ansäßig gemacht. Erscheint das auch sanguinisch, „so ist eS doch möglich und lohnt des Versuchs. „Die Überweisung der Fonds an die Kreise, aus denen sie aufkom„men, spricht für sich selbst; — und schließen sich die in Aussicht ge„nommenen, näher zu erläuternden Bestimmungen im Uebrigen möglichst „dem Rentenbank-Gesetze an." (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1501—1504.) Landes-Knltnr-Gesetzq. Bd. n.

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546

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

daß aus dieser Berathung der Zusatz (bett, die den Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehenden Reallasten) zum §. 65. hervor­ gegangen ist, welcher jetzt das Alin. 4. desselben bildet. Die Kommission der I. Kammer hat einen solchen Zusatz nicht be­ fürwortet. Sie spricht sich in dieser Beziehung in ihrem Berichte folgendermaaßen aus: Die Komm, unterstellte die mehrseitig in ihr angeregte Frage reiflicher Erwägung, ob Grund vorhanden sei: rücksichtlich aller oder einiger geistlichen Institute in Betreff der gegen sie abzulösenden Reallasten Ausnahmen zu machen und in welchem Umsange? Einig war die Komm, darüber, daß da — wo geistliche Institute als bisherige Gutsherrn berechtigt seien, ebenso wie in Bezug auf säkularisirte Domkapitel, Ab­ teien, auf Klöster und andere Stiftungen dieser Art, kein Grund zu irgend einer Ausnahme vorwalte. Auch in Bezug auf pia corpora aller Art wurde der Man­ gel eines Ausnahmebedürfniffes anerkannt, und in Betreff der Kirchen selbst das Bedürfniß verneint, weil allen diesen Instituten die Einziehung und Verwaltung solcher Gefälle bisher schon so mannigfache Kosten und Ausfälle verursacht habe, daß die gesicherte, einfache Art der Revenüen - Erhebung, welche durch das Gesetz erzielt werde, die Reduktion vollkommen ausgleiche. Sonach find es nur die Personen der Pfarrer, Schullehrer und Küster, in Betreff welcher sich eine größere Meinungsverschiedenheit herausstellte. Daß auch die Ablösbarkeit der ihnen zu entrichtenden Abgaben und Leistungen erfolgen müßte, wurde als verfassungsmäßige Nothwendigkeit mit erkannt. Auch die bisherigen Ablösegesetze machten da, wo die Ordn. v. 7. Juni 1821 galt, nur in Ansehung der auö den Kirchenverhältniffen entspringenden Dienste, da wo die Ablösungsordn. von 1829 galt, nur in Ansehung der aus dem Kirchenund Schulenverbande entspringenden Abgaben und Leistungen eine Ausnahme von der Ablöslichkeit. Nur bei den Erbpächtern geistlicher Institute knüpfte die V. v. 31. Mai 1816 die Ablösung durch Kapital und Land an die Genehmigung der geistlichen Obern. Ihre fernere Gültigkeit war seit der Emanation jener Gesetze, namentlich ihrem Umfange nach, schon bisher nicht unbestritten. Eben der hiernach bestehende Unterschied nach dem schwer erkennbaren Ursprünge der Leistungen führte zu vielen Streitigkeiten. Die unbedingte Ablöslichkeit ist da­ her einstimmig anerkannt. Für eine günstigere Stellung jener Berechtigten spricht der Zweck der Abgaben. Sie vertreten großentheils das Gehalt. Die Ausfälle, wenn sie zumal den nothwendigen Unterhalt schmälerten, müssen von der Kirchenund Schulgemeinde, bei Schulen eventuell vom Staate, getragen werden. Sie tref­ fen dann ost das unbemittelte Gemeindemitglied, oft dieselben Belasteten in anderer Form. Alle Gründe, welche bei andern Berechtigten, für die Ausgleichung des Verlustes an Einnahmen durch das neue Gesetz angeführt werden, treffen hier nicht zu. Die Einnahmen der hier genannten Personen sind gesicherter, geringen Einzie­ hungskosten, keinen Remissionen unterworfen. Die künftige höhere Anlegung zu demselben Ertrage ist schwierig, ja unmöglich. Eine Erhöhung des Ablösungssatzeö für sie wird dem einzelnen Belasteten wenig drückend, und um der Person des Be rechtigten willen, mit dem er in so engem geistigem Verbände stehet, nicht rechtsver­ letzend erscheinen. Ein anderer Ausweg bleibt nicht übrig. Denn, so wünschenswerth es auch von einer Seite erscheint, daß der Staat hier ergänzend mit seinen Mitteln eintrete, so wird doch auch hier das Gewicht der von dem Reg. Kommissar geltend gemachten Gründe gegen jede solche Uebernahme einer Staatspflicht nicht verkannt. Sie würde Konsequenzen haben, die sich nicht übersehen lassen; sie würde auö vielen Gründen nicht durch eine jährliche Zuschußrente, die den Staat in man­ nigfachen Beziehungen erhalten würde, die eben gelöst werden sollen, sondern in Kapital erfüllt werden müssen. Die Kräfte des Staates würden aber auf die eine oder andere Art übermäßig in Anspruch genommen werden. Gegen jede ausnahms­ weise Behandlung der Geistlichen u. s. w. wird angeführt: Die hier in Rede stehenden Berechtigten haben so wenig, wie ein anderer, ein erworbenes Recht auf Ablösung ihrer Naturalbezüge zum 25fachen Betrage. Der 20fache ist als ein dem allgemeinen Zinsfuß entsprechender anerkannt, muß also auch hier, wenn man nicht in Widerspruch gerathen will, festgehalten werden, sobald ein­ mal die Ablöölichkeit aller, auch der hier in Rede stehenden Abgaben, eine versas-

Ges. v. 2. März 1850, 5err. die Ablös.

k.,

(§. 65.).

547

sungsmäßige, politische Nothwendigseu ist. Auch hier kann eS sich daher, wenn von einem Rechte auf einen bestimmten Ablösungssatz die Rede sein soll, nur um die verhältnißmäßig wenigen Fälle bandeln, in denen die Naturalbezüge schon in Rente verwandelt worden sind. Auch aus sie findet aber alles das Anwendung, was dar­ über oben bereits ausgesührt werden ist. Nebrigens hat in den gleichen Klagen der Geistlichkeit, daß sie auch nicht im Stande sein werde, die mit dem 25fachen Multiplikator abzulösenden Naturalbezüge zu dem früheren Betrage auszunutzen, bereits damals ein Grund gelegen, durch Ministerial-Verfügungen die nur für gewisse Fälle gemachten beschränkenden Aus­ nahmen auszudehnen. Zu diesen Gründen treten noch andere: Der Grund der Berechtigungen läßt sich schwer, und ohne ins Einzelne zu gehen und die bisherigen Streitigkeiten zu verringern, nicht ausfinden. Bei vielen ist es klar, bei anderen wahrscheinlich, daß er mit denen der übrigen bäuerlichen Lasten zusammenfalle und nur durch Uebertragung an die jetzigen Berechtigten ge­ diehen sei. Auch hier ist die Maaßregel eine politische Nothwendigkeit. Das Ver­ hältniß beider Theile ist schon lange, vielleicht mit Ausnahmen, eben wegen solcher direkten Bezüge kein ungetrübtes. Das Rechtsgesühl der Verpflichteten verlangt gerade im Gegentheil eine gleiche Behandlung ohne Rücksicht auf die Person des Berechtigten. Zn dem nothwendigen Eintritt der Gemeinde und in Bezug auf die Schulen, eventuell des Staats, liegt ein Vorzug dieser Berechtigten gegen andere, denen ihren Verlust Niemand ersetzt. Zinspfiichtige anderer Konfession als der Be­ rechtigte, oder außerhalb des Kirchspiels Wohnende stehen in keinem andern Ver­ hältnisse zu ihm, wie zu dem Gutsherrn. Sie an der erleichternden Gesetzgebung nicht Theil nehmen zu lassen, fehlt aller Grund. Die Ausnahmen aber wieder durch Ausnahmen zu beschränken, ist mindestens sehr bedenklich. Allerdings wird auch in diesen Verhältnissen der Uebergang in vielen Fällen schwierig sein, aber nicht hier allein, wo jedenfalls überdies der größte Theil der Abgaben in die Ka thegorie deS §. 65. falten wird. Von den in der Kommission gestellten Anträgen ging der eine dahin: Abgaben an Geistliche, Kirchen, Schulen und pia corpora werden, wie alle anderen Abgaben, nach den Bestimmungen dieses Gesetzes abaelöset, mit dem Unterschiede jedoch, daß in vorgenannten Fällen den Berechtigten aus Staatsmitteln ein Zuschuß von 10% der Ablösungs­ summe gewährt wird. Der Antrag wurde verworfen. Ein zweiter Antrag: Die von den Eingesessenen eines Kirchspiels zur Unterhaltung der Geistlichen, Schullehrer und Küster zu leistenden Abgaben und Natural­ lieferungen (namentlich der geistliche Dezem), welche nicht aus einem gutsherrlichen Verhältnisse herrühren, können nur durch den 20fachen Betrag baar, oder durch den 22^fachen Betrag mittelst der Rentenbank abgelöset werden, stet ebenfalls. 3) Ein Antrag, dem §. 6a. z uzn setzen: die den Pfarrern, Schullehrern und Küstern zustehenden Dienste, Abgaben und Leistungen unterliegen densel­ ben Bestimmungen, iclitte verworfen. 4) Ein vierter Antrag, welcher für die Zwischenzeit bis zur Regelung des neuen Kirchenverhältnisses die genannten Berechtigten vor Verlusten be­ wahren will, zu deren Ersatz, insoweit er für Herstellung des nothdürftigen Unterhalts nöthig ist, bis dahin Niemand vorhanden sein möchte, gehet dahin, dem §. 64. zu zu setz en: Die von den Gemeinden zu gewährende Entschädigung der Kir­ chen, Pfarrer und Schulen für erweisliche Verluste bleibt einer be­ sonderen Regelung vorbehalten. Auch er wurde verworfen. 5) Gin Antrag: Ausgeschlossen von den Bestimmungen des §. 64. bleiben die Reatlafien, welche Pfarren, Küstereien und Schulen zustehen. Die Bestimmung Über deren künftige definitive Ablösung bleibt einem besonderen Gesetze Vor­ behalten; bis zu diesem Zeitpunkte werden die nach dem gegenwättigen

35*

548 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Gesetze ermittelten Geldrenten direkt an die gedachten Institute ent­ richtet; hatte die Befürwortung des Reg. KommiffairS für sich, daß es sich am meisten empfehlen würde, die streitige Frage einer besonderen Regelung des ganzen Ver­ hältnisses der kirchlichen und politischen Gemeinden, des Patronats-nexus u. s. w. zu überlassen, wo eS genau zu übersehen sein werde, wie sich die Sache in Anse­ hung der Deckung der Ausfälle werde bewirken lassen. Auch dieser Antrag ist verworfen, somit durch Zurückweisung aller Anträge daö Prinzip des Gesetzes in §. 64. ausnahmslos festgehalten worden.

Das Plenum der I. Kammer genehmigte (ad aa.) die Anträge der Komm.1),

1) Zum §. 65. waren in der I. K. folgende Verb ess.-Anträge gestellt worden: a) Von dem Abgeordn. Triest (Drucks. Nr. 550. ad 3.): „den §. 65. dahin zu ändern, daß im Alin. 1. die Worte: „außerhalb einer gutsherrlichen-bäuerlichen Regulirung oder Ablösung „oder ohne Begründung eines gutsherrlichen-bäuerlichen Verhältnisses" „wegfallen." b) Von dem Abgeordn. Gr. v. Jtzenplitz (nicht gedruckt): „das Alin. 2. des §. 65. dahin zu fassen: „Es kann vielmehr in einem solchen Falle der Kanon oder Zins, so„wie der Geldwerth der übrigen etwa noch stipulirten Leistungen, nach „Abrechnung des Geldwerthes der Gegenleistungen, auf den Antrag des „Berechtigten nur zum 224sachen Betrage und durch Vermittelung der „Rentenbank, und auf den Antrag des Verpflichteten nur zum 25fachen „Betrage und gegen Baarzahlung desselben (Kanons) nach vorher­ gegangener sechsmonatlicher Kündigung abgelöst werden." Diese Anträge wurden ab gelehnt. (Stenogr. Ber. der I. K. Bd. 5. S. 2565 ) Der Abgeordn. Gr. v. Jtzenplitz hatte ursprünglich folgenden Verbess.Antrag (Drucks. Nr. 541. ad II.) gestellt: „den §. 65. dahin auszudehnen und zu fassen, daß die von der II. K. be­ liebte und von der Komm, der I. K. empfohlene Fassung dahin zu ändern: „daß im zweiten Absatz des §. 65. statt der Worte: „zum zwanzig„fachen Betrage" zu setzen: „nur zum fünfundzwanzigfachen „Betrage" „und daß ferner statt des 2. Satzes desselben Alinea, dessen Streichung „die Kommission (von „die" bis „wird") beantragt hat, folgender Satz „einzuschalten: „In diesem fünfundzwanzigfachen Betrage ist auch die Entschädigung „für das Eigenthum des Erbverpächters, für das Ober-Eigenthum des „Erbzinsherrn und die sonstigen bisherigen Rechte des ZinS-Berechtigten „gewährt und enthalten." Gründe. ad I. „Es widerspricht ebenso sehr der Gerechtigkeit als dem Art. 9. der Vers, „und wird durch den Art. 42. derselben nicht gerechtfertigt, das Eigenthum „des Erbpächters, und das Ober-Eigenthum des Erbzinsherrn, welche noch „dazu mit nutzbaren Vorrechten (Vorkaufs- und Näher-Recht, Vorzug im „Konkurse) verbunden sind, — ohne alle Entschädigung aufzuheben. „— Jede, auch eine unvollständige Entschädigung ist für den Grundsatz „der Gerechtigkeit und das Gefühl der Rechtssicherheit im Staate von großem „Werthe. ad II. „Das Gesetz wegen Ablösung der Reallasten hat den Zweck, das Ver„hältniß zwischen Gutsherrn und Hintersassen völlig zu lösen und den „Art. 42. der Verf. (wegen Ablösbarkeit aller Grundlasten) zur Anwendung „zu bringen. Für den ersten dieser Zwecke hat die Gesetzvorlage aus poli„tischen Gründen dem bisher Berechtigten ungewöhnliche Opfer zugemuthet, „welche hier nicht bekämpft werden sollen, für welche aber bei Rechtsyerhält-

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 65.).

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beschloß indeß gleichzeitig (ad bk.), dem §. 65. *) folgenden Zusatz bei­ zufügen: Ausgeschlossen von diesen Bestimmungen bleiben die Reallasten, welche Pfarren, Küstereien und Schulen zustehen. Die Bestimmungen rc. (— wie im jetzigen Alin. 4. des §. 65.).-) (Stenogr. Ber. der I. K. 18$$ Bd. 5. S. 2546 ff. u. S. 2565.)

D. Die II. Kammer ist demnächst, auf den Antrag ihrer Kommission, der von der I. Kammer beschlossenen Fassung des §. 65. ohne weitere Diskussion beigetreten; was aberden von der I. Kammer beschlossenen Zu­ satz betrifft, so empfahl die Kommission gleichfalls dessen unveränderte Annahme, indem sie in ihrem Berichte hierüber Folgendes bemerkte: Ueber das Bedürfniß und den zureichenden Grund einer solchen AusnahmeBestimmung zu Gunsten der Pfarrer, Küster und Schullehrer sind die Mitglieder der Agrar-Kommission verschiedener Meinung gewesen. Ein Theil derselben hat jenes Bedürfniß anerkannt und die oben erwähnte zusätzliche Bestimmung als ge­ rechtfertigt erachtet, wahrend ein anderer Theil derselben weder ein solches Bedürf­ niß, noch eine verfaffungmaßige, politische Nothwendigkeit für eine ausnahmweise Behandlung der Geistlichen re. zugestehen zu können geglaubt hat. Die Gründe, welche beide Theile für ihre Ansichten anzuführen gehabt haben, sind bei der frü­ hern Berathung dieses Gegenstandes in der II. K. und in dem Berichte der Kom^ Mission der I. K. weitläuftig erörtert worden, so daß eine Wiederholung derselben hier nicht erforderlich erscheint. Es haben jedoch diejenigen Mitglieder der Kom­ mission, welche gegen die Annahme von Ausnahmen zu Gunsten der Geistlichen sich erklärt haben, in Berücksichtigung der gegenwärtigen Lage der Sache sich gleich­ falls für die Annahme deö Beschlusses der I. K. entschieden, weil sie in demselben das in der Verfassung festgestellte Prinzip der Ablöslichkeit der Reallasten nicht ver­ letzt finden und bei Berathung des vorbehaltenen Gesetzes über die Ablösung jener Reallasten durch Kapital die Annahme der Normen des gegenwärtigen Gesetz-Ent­ wurfes möglich bleibt. Es wird daher die Annahme des Beschlusses der I. K. beantragt.

„niffen, die mit den gutsherrlich-bäuerlichen Angelegenheiten in gar keiner „Beziehung stehen, jede Rechtfertigung fehlt. Dies hat auch die GesetzeS„Vorlage durch den Vorschlag des zwanzigfachen Multiplikators im §. 65. „theilweis, aber nicht genügend anerkannt. Viele Kirchen, Pfarren, Stif„tungen, Stadtkämmereien haben ihre Güter und Aecker an dritte Personen: „Gutsbesitzer rc. vererbpachtet oder in Erbzins ausgethan. Es ist kein „Grund vorhanden, diese zu Gunsten ihrer Pächter zu benachtheiligen. Es „ist außerdem ungerecht und verfassungswidrig, Eigenthum und Ober-Eigen„thum, und nutzbare Vorrechte ohne alle Entschädigung auszuheben. Der „fünfundzwanzigfache Multiplikator einschließlich der Eigenthums -Entschädi„digung, wird daher durch Recht und Billigkeit begründet und die vorge„schlagene Fassung genügt dem Art. 42. der Verf. vollständig. Sie empfiehlt „sich außerdem dadurch, daß durch dieselbe viele Pfarren, Kirchen und Stadt„kämmereien vor Nachtheil bewahrt werden, für welche, als solche, Aus„nahmen vom Gesetze sestzusetzen, bedenklich bleibt." Diesem Anträge substituirte der Antragsteller indeß im Laufe der Diskussion den oben ad b. erwähnten. 1) Ursprünglich sollte der Zusatz dem §. 64. beigefügt werden, später wurde indeß beschlossen ihn dem §. 65. hinzuzufügen. 2) Dieser Zusatz wurde auf den Verbess. - Antrag des Abgeordn. Gr. v. Rittberg (Drucks. Nr. 534. ad II.) beschlossen, dessen Motive dahin lauten: „Es empfiehlt sich, die Regelung dieser Verhältnisse in Bezug auf Pfarren, „Küstereien und Schulen bis dahin auszusetzen, wo die Trennung der Kirche „vom Staate und die Bildung der kirchlichen-, Schul- und politischen Ge„meinden erfolgt sein wird." In Betreff der in gl-eicher Tendenz (bei der Berathung des §. 6.) gestellten Verbess.-Anträge vergl. oben S. 316. Note 1. und S. 320. Note 2.

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Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

DaS Plenum der II. Kammer beschloß indeß, den Zusatz in der jetzigen Fassung des Alin. 4. anzunebmen 1) (Stniogr. Ber. der II St. Bd. 5. S. 2763.) E. Die I. Kammer hat sich schließlich, auf den Antrag ihrer Kom­ mission, mit der von der II Kammer beschlossenen Fassung des Alin. L ein­ verstanden erklärt. (Stencgr. Ber. der I. K. 181». Bd. 5. S. 2837.) II. Zu Alin. I. bis 3. des §. 65. 1) Der §. 65. stellt (in Alin. 1 bis 3.) eine Ausnahme von der all­ gemeinen Regel des §. 64. fest. Er fordert zu seiner Anwendung das Zusammentreffen folgender Bedingungen bei dem verpflichteten Grundstücke. a) daß dasselbe auf Grund eines schriftlichen Vertrages überlassen sei; wenn der schriftliche Vertrag fehlt, so gehört der Fall unter die attgemeine Regel der vollen Ablösbarkeit (§§. 6. u. 64.); b) daß die Ueberlassung zu Erbzins, Erbpacht oder Eigenthum erfolgt sei; c) daß der Vertrag vor der Publikation des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 geschlossen worden; ist derselbe nach diesem Zeitpunkte errichtet, so findet der §. 91. Anwendung; d) daß die Grundstücksverleihung. «) außerhalb einer gutsherrlich-bäuerlichen Regulirung, ß) außerhalb einer Ablösung gutSherrlich-bäuerlicher Lasten, und /) ohne Begründung eines gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisses erfolgt sei; so daß also selbst bei dem ursprünglichen Vorhandensein der drei ersterwähnten Bedingungen, wenn die Verhältnisse des Grundstückes demnächst bei Gelegenheit einer früheren gutöberrlich-bäuerlichen Reguli­ rung oder Ablösung festgestellt worden, dieselben entweder der vollen Ab­ lösbarkeit nach §. 64. oder der bedingten nach §. 56. unterliegen.2) Wo die erwähnten Bedingungen Zusammentreffen, findet die Ablösbar­ keit nur nach §. 65. statt, und zwar ohne Unterschied, ob die Verpflichtun­ gen in Geldabgaben, Diensten oder sonstigen Prästationen besteben.

1) Dies geschah auf den Berbess.-Anlrag deS Abgeordn. Brcitbaupl (Wittstock) (Drucks. Nr. 548. ad I.). Der von dem Abgeordn. v. Nechtrly gestellte (nid't gedriickte) Verb esi. A n t r a g: ..Statt deS von ter I. K. beschlossenen Zusatzes zu seyen: „Ausgenommen von den Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben tie „Reatlasten, welche Kirchen, Pfarrereien, Küftereien und Schulen zu „stehen. „Die Bestimmung über deren künnige Ablösung bleibt einem be „sonderen Gesetze Vorbehalten." „Eventuell: „statt deS zum §. 64. von der I. .H. angenommenen Zusatzes zum §. 65. „folgenden Zusatz anzunehmen: „„Ausgeschlossen von den Bestimmungen der §§. 64. u. 65. bleiben „ „Reallasten, Erbpacht, Erbzinsen und Zinsen von Kirchen, Pfarren, „ „Ki'lstereien und Schulen. „„Die Bestimmung über deren künftige Ablesung bleibt einem bc „ „sonderen Gesetze Vorbehalten. „„Bis zu diesem Zeitpunkte werden die bisherigen oder nach dem „„gegenwärtigen Gesetze ermittelten Geldrenten direkt an die gedarbten „ „Institute entrichtet", wurde von dem Antragsteller zurückgezogen. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 5. S. 2759-2763.) ' 2) Vergl. auch das R. des Fin. Min. v. 5. Okr. 1850 (f. in Bd. I. S. 203 bi- 205.)

Ges. v. 2. Mär; 1850, betr. die Ablös. rc.. (§. 65.).

55J

2) Zu den Bedingungen der Anwendbarkeit des §. 65. gehört nach dem ad 1. Bemerkten, daß die Ueberlafsung des Grundstücks zu Erbzins, Erb­ pacht oder Eigenthum vor der Verkündigung des G. v. 2. März 1850 und durch einen schriftlichen Vertrag erfolgt sei. In dieser Beziehung bemerkt das R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 30. Okt. 1851: ') a) daß wenn ein Grundstück zwar nach dein Erscheinen des Regulir.Ed. v. 14. Sept. 1811, aber doch vor dem 2. Marz 1850 zu Erbpacht, Erbzins oder Eigenthum überlassen und hierüber ein schriftlicher Vertrag errichtet worden ist, für die Behandlung der Ablösung allerdings der §. 65. maaßgebend, alsdann aber die Bestimmung des §. 56. (Alin. 2.) zur Si­ cherstellung der Rentenbank sorgsam zu beachten sei; b) daß wenn in diesem Falle zwar nur ein mündlicher Vertrag errichtet sei, solcher aber bei der Ablösung in genügender Form anerkannt werde, die.Auseinandersetzungsbehörde zu erwägen habe, ob sie der Ansicht fei, daß (mit Rücksicht auf §. 185. A. L. R. 1. 5.) die Wirkung deS An­ erkenntnisses sich auf die Zeit des mündlich geschlossenen Vertrages zurück­ erstrecke, oder daß dies finit Rücksicht auf §. 44. A. L. R. I. 3.) nicht anzunehmen sei. Werde Ersteres angenommen, so sei die Vorschrift deß 56. (Alin. 2.) des Ablös. Ges. wegen Sicherstellung der Rentenbank mit erhöhter Sorgfalt ;iir Anwendung ui bringen. (Min. Bl. d. i. V. 1851 S. ‘256. Nr. 27 s.) 3) Es kommt, wie erwähnt, ferner, um die Anwendbarkeit des §. 65. darzuthun, wesentlich daraus an, festzustellen, ob daS pflichtige Grundstück ohne Begründung eines gutöherrlich-bäuerlichen Verhältnisses verliehen sei? a) Wulsten bemerkt in dieser Beziehung, daß sich oft aus den beste­ henden Verhältnissen schwer werde erkennen lassen, ob ein gewisses AbhängigkeitS-Verhältniß von dem Gutsherrn beabsichtiget worden. Es sei ein solches in der Regel nur aus dem alten Feudalsysteme abzuleiten und also auch nur als ein Ausfluß desselben anzusehen. Daher werde in den Fäl­ len, in welchen seit dem Verfall dieses Systems Grundstücke auSgethan sind, bis zum illachweise des Gegentheils anzunehmen sein, daß ein solches Abhängigkeits-Verhältniß nicht habe begründet werden sollen. (Wulsten,

die neuen Agrargesetze S. >9. Anmerk. 2.) b) Das R. des Fin. Min., Abth. für Dom. u. Forsten, v. 5. Okt. 1850 ?) (s. in Sprengel s Ablös. Ges. S. 61 — 63) ertheilt eine aus­ führliche Instruktion für die von den Domainen-Bebörden in dieser Bezie­ hung anzuwendenden Grundsätze. Mit Bezugnahme auf dies R. bat die ® eit. Kom. zu Stendal in ihrer Jnstrukt. v. 12. März 1851 die Kommissarien zu dessen Beachtung und zugleich angewiesen, in allen Fällen die zum Grunde liegenden Ver­ hältnisse vollständig aufzuklären und alles dazu Dienliche herbeizuschaffen. (Sprengel, a. a. O. S. 17.) c) Das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen (in dem Erk. v. 24. Febr. 1852) und das Ob. Trib. (in dem dies Urtel bestätigenden Erk. v. 26. Okt. 1852) haben ausgeführt: «) Der Begriff des gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisses kann nur aus den vorliegenden besonderen Thatsachen und wechselseitigen Bezie­ hungen der Interessenten entwickelt und gefolgert werden und müssen hier­ bei die besonderen Bestimmungen des 74. deS Ablös. Ges. v. 2. März J85O zur Anwendung kommen.

1) Bergt. in Bt. 1. S. 201—202. •2) Bergt, in Bd. 1. S. 203-205.

552

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

ß) Zur Annahme eines solchen Verhältnisses verlangt das Gesetz nichts weiter, als das Vorhandensein der im ersten Absätze des §. 74. a. a. O. bestimmten Merkmale. (Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 6. S. 167—178 uub Präj. Sammt, des Revis. Kolleg. S. 63 Nr. 24.)

d) Der §. 65., welcher eine Ausnahmebestimmung enthält, findet auch auf größere Vererbpachtete Vorwerke Anwendung, bei deren Vererbpachtung ein gutsherrliches und bäuerliches Verhältniß nicht begrün­ det worden ist. So erkannt von dem Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen unterm 3. Juni 1851. Die beschränkende Bestimmung des §. 65. beruhe auf der Erwägung, daß in Betreff derjenigen Reallasten, welche erwiesenermaaßen mit einem gutSherrltch-bäuerl. Verhältnisse in gar keinem Zusammenhänge stehen, kein politischer Grund vorhanden sei, auf die schleunige und vollständige Aus­ einandersetzung zwischen dem Berechtigten und Verpflichteten hinzuwirken, daß es vielmehr für solche Prästationen genüge, die Verwirklichung der in der Verf.-Urk. garantirten Ablösbarkeit aller Reallasten durch Feststellung eines angemessenen Ablösungssatzes zu sichern. Die Feststellung der Krite­ rien eines solchen, unter diesen Gesichtspunkt fallenden Verhältnisses sei schwierig gewesen. Aus den Motiven des Entw. zum §. 65. und den Be­ richten der Kommissionen beider Kammern darüber ergebe sich indeß, daß die Anwendung des §. 65. durch das kumulative Vorhandensein der beiden Requisite bedingt sei, daß das Grundstück «) durch einen schriftlichen Vertrag vor Verkündigung des Ablös. Ges. ge­ gen Abgaben zu Erbpacht-, ErbzinS- oder Eigenthumsrechten ausgethan, und ß) ohne Begründung eines gutsherrl. bäuerl. Verhältnisses oder außer­ halb einer gutSherrl. bäuerl. Regulirung oder Ablösung verliehen sein muß. Die Vererbpachtung größerer Vorwerke, wobei ein gutsherrl. bäuerl. Verhältniß nicht begründet worden, falle aber in diesem Sinne unter die Ausnahmebestimmung des §. 65. Dies wird in folgender Art näher ausgesührt' Das A. L. R. und die Provinzialgesetze enthalten nirgend eine specielle De­ finition des Begriffs eines „gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisses", ihnen ist sogar diese Terminologie völlig fremd, sie sprechen dagegen von Gutsherrn und Bauern, von der Gutsobrigkeit und Unterthanen (untertänigen Landbewohnern), von den

Rechten jener und den Pflichten dieser, stellen dabei erstere, wie letztere vielfach in Beziehung zum Staate und lassen demselben ein besonderes AuffichtSrecht offen; so daß sich hieraus ein eigenthümliches Gemisch von persönlichen und dinglichen Ge­ rechtsamen und Verpflichtungen bildet, welches durch lokale, distriktliche und provin­ zielle allgemeinere Bestimmungen, Observanzen und Herkommen gar sehr verschieden modificirt sein kann. Als durchgreifende Erkennungszeichen einer bäuerlichen Stelle, welcher als solcher nur ein Gutsherr gegenüber steht, wird man in den Landestheilen, in welchen das Regul. Ed. v 14. Sept. 1811 gegolten, in der Regel etwa folgende betrachten können, daß die Stelle: 1) zu Diensten und Abgaben an den Gutsherrn verpflichtet ist, oder doch 2) den allgemeinen Landessteuern — (Kontribution) — unterliegt; 3) Seitens des Gutsherrn mit Personen bäuerlichen Standes besetzt werden mußte, und daher weder eingezogen noch überhaupt in ihrem Bestände ver­ ringert werden durfte, auch 4) vom Erwerbe durch Adeliche früher ausgeschlossen war. Das Eigenthum des Gutsherrn als solchen, mußte sonach durch die besondere Qualität der Stelle, als einer bäuerlichen, und die, deren Besitzern oder Inhabern ertheilten Rechte beschränkt sein; die Beziehung der Stelle zum Gute aber die Merk­ male derjenigen Abhängigkeit in sich vereinigen, welche eben einer gewissen Ge-

1) Vergl. oben S. 538 ff.

Ges. v- 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 65.).

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schloffenheit und Selbstständigkeit derselben dennoch die freie eigene Verfügung des Inhabers über dieselbe mit rechtlicher Wirkung ausschließen. Auf den Umfang der einzelnen Verpflichtungen, die größere oder geringere Veschränkung der persönlichen Freiheit des Wirthes, die Erblichkeit oder Nichterblich­ keit seines Besitzes und andere ähnliche Momente kömmt es dann so wesentlich nicht an; diese dienen vielmehr zur Kolorirung des Spezialfalles, ohnedem entscheidenden Hauptverhaltniffe an sich und in seiner Totalität zu präjudiciren.

Wenn nun, heißt es weiter, nicht aus dem bett. Vertrage hervorgehe, daß es die Absicht gewesen, ein gutsherrl. bäuerl. Verhältniß zu begründen, so erhelle aus den Motiven des Gesetzes klar und deutlich, daß der §. 65. recht eigentlich auf Vererbpachtete größere Vorwerke berechnet worden. (Zeitschr. des Nevis. Kolleg. Bd. 4. S. 178 —185 und Präj. Samml. deffelb. S. 40 Nr. 2. und S. 46 Nr. 20., Acta des Revis. Kolleg, für Pommern S. 31.)

e) Die Frage: ob der §. 65. auf die Stellen der Deutschen Kolonisten, welche sich im 17. und 18. Jahrhundert unter der Benennung „Haulän­ der" oder „Holländer" in den jetzt zu Preußen gehörigen, früher Pol­ nischen Landestheilen angesiedelt haben, Anwendung finden solle? ist in der II. Kammer ausdrücklich erörtert worden. Vergl. das zum §. 65. von dem Abgeordn. Freihrn. v. Schlotheim in dieser Beziehung gestellte Amendement, v) welches den §. 65. auf diese Stellen nicht angewendet wissen wollte und die Gründe hierfür speziell entwickelte. Der Regier.-Kommissarius (Geh. Reg. Rath Schellwitz) gab hierüber folgende Erklärung ab: Es liegen über diese Verhältnisse überall schriftliche Kontrakte vor. Geht aus diesen hervor, daß ein gutsherrl. bäuerl. Verhältniß wirklich begründet worden ist, so ist es unzweifelhaft/ daß die auf diesen Stellen haftenden Abgaben dem §. 65. nicht unterliegen.

Der Berichtserstatter (Abgeordn. Ambronn) fügte hinzu: Das Amendement ist überflüssig, denn cs ist niemals zweifelhaft gewesen, daß in Betreff der Hauländer im Großhcrzcgthum Posen ein wirklich gutsherrl. bäuerl. Verhältniß Statt findet. Es kann in einzelnen Fällen wohl zweifelhaft sein, ob nicht etwa ein wirkliches Erbpachtverhaltniß obwaltet. Solche Falle müssen vom Richter entschieden werden. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1501 u. 1502).

Vergl. auch das R. des Fin. Min. v. 5. Okt. 1850 1 2) in Betreff der im vorigen Jahrhundert vom Fiskus als Eigenthümer, Erbpächter oder Erbzinsleute eingesetzten Kolonisten. f) Daß auf Mühlen - Abgaben die beiden ersten Sätze des §. 65. selbst dann, wenn die Mühle nicht in einem gutsherrlich-bäuerlichen Ver­ bände steht, keine Anwendung finden, sondern die Vorschriften des §. 64. maaßgebend sind, ist anerkannt: «) von dem Min. für landwirthschaftl. Ang. in dem R. v. 10. Okt. 1850 3)4 (Min. Bl. d. i. V. 1850 S. 344. Nr. 436.); ß) von dem Finz. Min. in dem R. v. 16. Jan. 1851*) (Min. Bl. d. i. V. 1851 S. 62. Nr. 73.).

Derselben Ansicht ist das RevisionS - Kollegium für LandesKultur-Sachen in den Erk. v. 12. und 26. Nov. 1852.

1) 2) 3) 4)

Vergl. Vergl. Vergl. Vergl.

oben S. 543 in der Note 1. ad b. a. in Bd. I. S. 203-205. in Bd. I. S. 199—200. ebendas. S. 200—201.

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen n. Gem. Theilungen.

Die Ausführung geht dahin: Das G. v. 11. Marz 1850 betr. die ans Mühlengrundstücken hastenden Reallasten entscheidet zwar nicht ausdrücklich, ob deren Ablösung nach §. 64. oder nach §. 65. des Ges. v. 2. Marz 1850 geschehen solle. Die §§. 2. und 6. deS ersteren weisen aber auf den §. 64. des letzteren hin, und, die aus möglichste Erleichterung der Mühlenbesitzer gerichteten Motive sprechen für die Anwendung dieses §. 64.

Der §. 2. Ges. v. 11. März 1850 verordnet sofortige Ablösung. Der §. 6. berechtigt jeden Besitzer eines mit Reallasten behafteten Mühlengrundstücks zu der Forderung, daß ihm ein Drittel des Reinertrages verbleibe. Beides ist mit einer Anwendung des §. 65. des Ges. v. 2. März 1850 un­ vereinbar. Nach diesem §. ist der Verpflichtete befugt, das Ablösungskapital in vier auf einander folgenden einjährigen Terminen, von dem Ablaufe sechsmonatlicher Kündigungsfrist an gerechnet, abrutragen; aber nicht, zu verlangen, daß ihm ein Drittel des Reinertrags der Stelle verbleibe. Das Gef. v. 11. März 1850 be­ zieht sich indeß nicht blos auf diejenigen Abgaben, deren Aufhebung durch den §. 30. des Ed. v. 2. Nov. 1810 oder den §. 3. der allgem. Gewerbeord. v. 17. Ian. 1845 der Verpflichtete ohne Erfolg behauptet hatte; sondern, wie die Ueberschrift und der §. 6. zeigt, auf alle Reallasten der Mühlengrundstücke und in den Mo­ tiven, womit der Entw. zum Ges. v. 11. März 1850 den Kammern vorgelegt wurde, wird anerkannt, „daß die Mühlenbefitzer sich in einer eigenthümlichen Lage befinden, welche eine besondere Berücksichtigung rechtfertige", und hinzugesetzt: „Hat der Staat ein wesentliches Interesse, daß die Mühlenbesitzer den Lasten, welche unter, für sie günstigeren Verhältnissen übernommen, und jetzt unerschwinglich ge­ worden sind, nicht erliegen: so müssen diese Prästationen so weit verringert werden, als erforderlich ist, um das Bestehen der Besitzer der belasteten Grundstücke möglich zu machen. Liegt es gleichmäßig im Interesse der Berechtigten selbst, daß die ihnen verpflichteten Mühlen int prästationsfähigen Stande bleiben: so ist eine Herabsetzung der ihnen zustehenden Leistungen ohne Entschädigung aus Staatsmitteln, gerecht­ fertigt. Es ist als ein dringendes Bedürfniß anzusehen, daß das Verhältniß zwischen dem Verpflichteten und Berechtigten vollständig gelöst werde." Auch der gemeinschaftliche Bericht der Kom. der H. K. für die Agrar-Ver­ hältnisse und für Handel und Gewerbe v. 15. Dec. 1849 über jenen Gesetz-Ent­ wurf „erkannte an, daß ein großer Theil der Besitzer älterer, mit Abgaben hochbe­ lasteter Mühlen sich in Folge der ganz frei gegebenen Konkurrenz des Mühlenge­ werbes in einer sehr traurigen Lage befinde." Es wurde bei den Verhandlungen der Kommissionen hervorgehoben, daß die Mühlen, um die eS sich hier handle, großentheils in einem ähnlichen gutsherrlichen Verhältnisse stehen, wie die bäuerlichen Stellen." Man fand die Anforderungen der Müller auf eine anderweite Regulirung ihrer Verhältnisse, den Berechtigten gegenüber, begründet, indem davon ausgegangen wurde, daß unverkennbar ein Theil der Mühlenabgaben mit Rücksicht darauf ange­ legt worden sei, daß der Müller auf sichere Einnahme aus seinem Gewerbe rechnen konnte; — unter den veränderten Gewerbe-Verhältnissen könnten aber die Berech­ tigten den verpflichteten Mühlenbesitzern den ihnen früher zu Theil gewordenen Schutz im Gewerbe, worauf die Abgabe zum Theil basirt war, nicht mehr gewäh­ ren. — Wenn die zum Nachtheile der Müller in der Dekl. v. 19. Febr. 1832 aufgestellte Vermuthung den Berechtigten Vortheile gebracht habe, so liege ihnen auch die Verpflichtung ob, zur Beseitigung der die Müller betroffenen Nachtheile beizutragen." Auch Seitens der Berechtigten wurde anerkannt, es fei die Absicht des Ge­ setzes, den Ansprüchen der Müller gerecht zu werden, und, da ihre Grundstücke durch die frühere Gesetzgebung deterioris conditionis geworden seien, ihre Lage zu verbessern." Der Bericht der Kom. der I. K. erkannte ebenfalls an, daß die eingetretene freie Konkurrenz, unter Hinzutritt der neuen Erfindungen int Gebiete gerade dieser Industrie, einen großen Theil der Besitzer älterer, mit Abgaben hochbelasteter Müh­ len in eine sehr traurige Lage versetzt habe und die Eristenz einer großen Zahl derselben durch die in ihrer Nähe entstandenen neuen Mühlenanlagen bedrohe; — insbesondere habe die Gewerbeord. v. 17. Jan. 1845 in dieser Beziehung nach­ theilig gewirkt, indem sie den Schutz wieder aushob, welchen die Müller durch die

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. re., (§. 65.).

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K. O. v. 23. Okt. 1826 gegen neue Müh len an la gen erlangt hatten." „Der vorliegende Entwurf" — fahrt der Bericht fort — „schlägt einen neuen Weg zur Lösung des Verhältnisses ein, indem er — — 5. die Ablösung der, nach Ausschei­ dung der für aufgehobene Gewerbeabgaben erkannten Lasten, auf den Mühlen haf­ tenden Reallasten nach den erleichternden Grundsätzen des Ges. über die Ablösbar­ keit der Reallasten im §. 2. anordnet und damit den Müllern auch die Vortheile des mäßigern Ablösungssatzes und die übrigen Vortheile jenes und des Rentenbank­ gesetzes gewährt." — Die Mehrheit der Kom. entschied sich daher dafür, daß nur auf dem, von dem Gesetz-Entwürfe eingeschlagenen Wege Hülfe zu bringen sei, und war im Allgemeinen mit der Tendenz desselben einverstanden." „Noch viel gerechter sei die Forderung der altzinspflichtigen Müller als die der Bauern," bemerkte man in der Diskussion der I. K.; —„säst alle Mühlen ge­ hörten ursprünglich entweder dem Fiskus oder den Gutsherrschaften," — früher haben nur die Müller, die Verpflichteten allein, den Schaden aus der Aufhebung des Erclufivrechts getragen; denn die Berechtigten haben den Zins sortbezogen, ob­ wohl sie nicht in der Lage waren, den Müttern das volle Aequivalent dieses Zinses zu gewähren." Der Gesetz-Entwurf — äußerte der Berichterstatter — gewähre den als reine Grundabgaben erkannten Lasten der Mühlen die Vortheile der Ablösungsgesetzge­ bung, er etablire auch für sie den Grundsatz der Prästationssähigkeit, er gestatte die Ueberweisung aller dieser Grundabgaben auf die Rentenbanken. Diese Vortheile seien nicht von der Hand zu weisen." (Sten. Ber. der II. K. S. 1340, 1345, 1346, 1946, 1948, 1959; der I. K. S. 2766, 2768, 2771, 2773. Alle drei Faktoren der Gesetzgebung haben es sonach als Zweck des Ges. v. 11. März 1850 anerkannt, die Lage der Mühlenbesitzer durch die Ablösung zu er­ leichtern, und nirgend angedeutet, daß dieses in minderem Maaße geschehen solle, als für die Besitzer bäuerlicher Grundstücke nach §. 64. des Ges. v. 2. März 1850. Ablösung durch Baarzahlung nach landesüblichen Zinsfüße gemäß §. 65. wäre keine Erleichterung. Es ist gezeigt, daß die Kammern den Gesetz-Entw. so verstanden und ange­ nommen haben, daß alle Ablösungen von Mühlenabgaben durch Vermittelung der Rentenbanken erfolgen können; die Mühlenabgaben wurden den aus gutsherrlichen Verhältnissen entstandenen gleich gestellt. Die Gesetzgebung wollte aber auch bei den Mühlen die Erleichterungsmittel der §§. 63. und 64. gleichzeitig eintreten lassen, wie es bei den bäuerlichen Abgaben und Leistungen an die Gutsherrschaften geschah. Denn nur durch deren gleichzeitige Anwendung erreicht sie vollständig den oft ausgesprochenen Zweck wesentlicher Er­ leichterung der Müller, welche sich in Folge der ungünstigen Gewerbe-Verhältnisse in bedrängter Lage befinden. Diejenigen derselben, welche ihre Mühlen von einer Gutsherrschaft erworben haben, bedürfen der Erleichterung nicht mehr als diejenigen, welche anderen Be­ rechtigten gleich hohe Abgaben entrichten müssen. (Zeitschr. des Rev. Kolleg. Bd. 6. S. 51 ff. u. S. 111 ff. u. Präj. Samml. desselb. S. 48, Nr. 26. u. S. 79, Nr. 28.).

g) Vergl. über den Begriff des „gutsherrlich-bäuerlichen Verbaltnisses" insbesondere auch den Bericht des Revisions-Kollegiums für L. K. Sachen v. 7. März 1851, wegen Deklaration der §§. 74. und 97. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850in der Zeitschr. desselb. Bd. 4. S. 53—64. 4) Der §. 95. des Ablös. Ges. verordnet, daß die Provokation auf Ablösung Seitens des Berechtigten sich stets auf die Ablösung aller Real­ lasten erstrecken muß, welche für ihn auf den Grundstücken desselben Ge­ meindeverbandes hasten, und daß die Provokation Seitens des Verpflichteten sich stets auf sämmtliche seinen Grundstücken obliegende Reallasten er­ strecken muß. ES ist nun zweifelhaft geworden, ob diese Grundsätze auch alsdann An­ wendung finden, wenn die betreff. Reallasten theils dem §. 64., theils dem $. 65. unterliegen?

1) Vergl. in Bd. I. S. 220 ff.

556

fe- Ablös. der Reallafteu, den Reguliruugen u. Gem. Theilungen.

Vergl. hierüber die Erläuterungen zum §. 95. des Ablös. Ges. Zus. 7. (s. unten).

HI. ßum Alin. 4. des tz. 6 5. (betr. die Ablösung der Reallasten, welche Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehen). A. Geschichtliche Uebersicht des Ganges der betr. Gesetz­ geb u n g. 1) Die Gesetzgebung bis zum Jahre 1850. DaS Ed. zur Beförderung der Landes-Kultur v. 14. Sept. 1811 ver­ ordnete im §. 2. i): Damit das erbpacktliche Verhältniß kein Hinderniß der Vereinzelung bleibe, sc scll eines Theils die Verwandlung in freies Eigenthum, soweit dies recbtüch angeht, erleichtert, anderen Theils bis dahin eine Einrichtung getroffen werden, die jenen Zweck ohne Nachtheil des Erbverpächters sickert. Zu dem Ende scll: a) der Letztere verpflichtet sein, sick die Ablösung des Kanons nach" dem Zins, fuße ven vier Prozent gefallen zu lassen und sclcke auck nach vorgängiger halbjähriger Kündigung, sukcessive in getheilten Summen, jedoch nickt un­ ter 100 Thalern, nach der Konvenienz des Erbpächters anzunehmen; b) das in Veränderungs-Fällen anfällige Laudeminm und anderweite uule, siimmte Abgaben sollen auf eine Jährlickkcit bestimmt, und ebenfalls ab. loslick gemacht werden können.

Die solchergestalt gewährte Kapital-Ablösung ist demnächst durch tie V. v. 31. Mai 1816 1 2)3 4(®, S. 1816 S. 181) dahin eingeschränkt worden, daß der Erbpacktzius, der vcm Erbpächter an Neligions-, Unterrichts-, Erziehungs- und W o h l t h ä l i g k e i ts - A n ft al te n, bezahlt wird, nickt an ders, als mit Einwilligung der Oberen und Vorsteher solcher Anstalten vertrags­ mäßig abgeloft werden kann.

Diesen Gesetzen folgte die Ordnung wegen Ablösung der Dienste, Na­ tural- und Geldleistungen v. 7. Juni 1821 (G. S. 1821 S. 77),*) welche die Ablösbarkeit von Diensten, Natural- und Geldleistungen allge­ mein machte, iitdeß im §. 5. bestimmte, daß Dienste, welche die Natur der öffentlichen Lasten haben, oder aus dem Ge­ meinde- oder K irck e n - Verhältniß entspriitgeu, keiner Aufhebung unterwc rfen sein sollen.-»)

1) Vergl. in Vd. I. S. 92. 2) Diese V. hat der §. 1. Nr. i. des Ablös. Geft v. 2. Mär; 1850. dcmnächft a n fg e h c b e n. 3) Dieselbe galt für diejenigen Landestheile, in welchen das Ed. v. 14. Sept. 181 L, betr. ric Regulirung der gutsherrl. bäncrl. Verh. Anwendung fand, desgl. für das Greßherzcgthum Pc fett, das Herzcgthum Sachsen, für das Gebiet Erfurt und das Amt Wandersleben, sowie für die vormals Weimarschen und Schwarzbnrgiscken, der Provinz Sachsen einvcrleibteu Ortschaften. 4) Die N. der Min. d. I. u. d. geiftl. Altg. v. 8. Zan. 1822 (v. K. Ann. Bd. 9. S. 99), v. 3. Marz 1825 (a. a. O.), v. 22. Sept. 1826 (a. a. O., Bd. 10. S. Ml?), v. 12. Mai 1*37 (a a. O., Bd. 22. S. 88 —89) lind v. 28. Febr. 1838 (a. a. O., S. 8G - **), dehnten jedoch mit Rücksicht auf die Dekl. v. 31. Mai 1816 (G. S. 1*16 S. 181) den tz. 5. der Ables. Ordn. v. 7. Juni 1821 auf alle "Natural - Abgaben und Leistlingen an geiftl. Institute, sofern jene Abgaben unb Leistungen auf dem Parochial-Verbande berllhten, mit der Bestimmung ans, daß zwar nach $. 26. der Ables. Ordn, deren Verwandlung in Rente, nicht aber deren gänzliche Ablösung durch Kapital zulässig sei; indeß wurde diese Auslegung in den einzelnen Falten bei den Definitiv-Entscheidungen der Anseinandersetzungs-Behorden, wie auch des Ministeriums selbst nicht überall anerkannt; sie rief überdies häufige Kontroversen darüber hervor: ob die Abgaben und Leistungen

Ges. v. 2. Mar; 1850, ben*. die Ablös.

k.,

(§. 65.).

557

Juv die Landestbeile, welche ;um vormaligen Königreiche West p st a l en, Großsterzogt b u in e V erg, oder den 8' r a n z ö si sch - H an sea t i * schen Departements gehört haben (in welchen übrigens die Ablösungen bereits durch die fremdherrliche Gesetzgebung eingefnbrt waren), erging die Ordn, wegen Ablösung der Neallasten v. 13. Juli 1829. (G. S. 1829 S. 65). l) Sie bestimmte im §. 3., raß vcii icni An spr Neste auf Ablesung folgende Rechte ausgenommen still sollen: a) die öffentlichen Lasten mit (S'hiKMm; der Gemeinde-Abgaben und GemeindeDienste :

uns dem Parochial-Vcrbande, oder cb sie ans allgemeinen Rechtsverhältnissen, z. B. dem gutsherrlichen Verhältnisse et er dem Iehmrechte, entstanden, ob sie deshalb den nicht ablöslichen oder den abloSlichen gehörten'^ Der Regier. Kommissarins (Geh. Reg. Rath Schellwitz) äußerte sich (in der 63. Sitz, der II. K. vom *28. '.Kov. 18)9) in diesen Beziehungen dahin: „Die Praris Hal sich dahin gebildet, daß Dienste, die aus dem Kirchen„verhältniffe Herruhren, weder in Rente verwandelt, noch auch durch Kapital „abgelost werden kennen, daß ferner alte übrigen Leistungen an geistl. In„stitute, mochten es Dienste oder Ratural-Abgaben seien, ohne Unterschied, „ob sie aus erbvachtlichen oder eigenthümlichen Stellen hafteten, zwar in ,,Renten verwandelt, aber diese Renten nicht durch Kapital abgelöst werden ,,kennten, wenn nicht die Vorsteher dieser Institute und die geistl. Oberen ,,darin willigen. So stand die Sache in denjenigen Landestheilen, in welchen ,.die Abl. O. v. 18*21 galt, und es war hiernach unzweifelhaft, daß auch ,,tie Dienste an geistl. Institute aus Erbpachtsverträgen abgelost werden „konnten. Die Abl. O. v. 1>21J nimmt von der Ablesung aus: die aus „den Kirchen- und Schul-Verbanden entspringenden Abgaben und Leistungen. „Von dieser Ausnahme macht sie aber wieder eine Ausnahme, indem sie „Geld- und Raturallasten, welche geistlichen und anderen Korporationen aus „allgemeinen Rechtsverhältnissen zustehen, z. B. aus dem gutsherrl. Verh. „und aus dem Iehutrechte, für ablesbar erklärt. Es entstanden hier mm weiset darüber, welche Abgaben und Leistungen mm eigentlich aus dem „Kirchen- und Schul-Verbande herrührten; die Praris blieb sich nicht gleich „und auch die Anfichteu der Min. hierüber haben gewechselt. Vor längerer Ieit „wurde angenommen, daß die Oualität des Empfängers darüber entscheiden „solle, ob eine Abgabe aus dem Kirchen- und Schul-Verbande herrühre. „Man nahm hiernach ohne Weiteres an, daß, wenn nur der Empfänger „der Abgabe ein geistl. Institut war, die Abgabe auch aus dem Kirchen- u. „Schul-Verbande herrühre und mithin nicht ablöslich sei. Bald aber fühlte „man, daß dieser Grundsatz in seiner Anwendung nicht immer richtig sei, „und man kam auf die alten Iweisel zurück, welche auch in den in Rede „stehenden Landestheilen noch bestehen. „Bei dem Entwürfe des gegenwärtigen Gesetzes ging man natürlich „von den Vorschriften der Verfassung aus,'wonach alle Grund„abgaben ablöslich sein selten ic. —- "Rach der (von der Regierung vorge „schlageuen) gegenwärtigen Fassung ist es unzweifelhaft, daß alle Abgaben an „geistl. Institute, Kirchen 'c. ab löslich fein sollen, soweit sie G r u ndabgabeu „sind, wogegen diejenigen, welche dies nicht sind, diesem Gesetze nicht un„terliegen sollen. Rur die Abgaben und Leistungen zur Erbauung und „Unterhaltung der Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude sollen, „auch wenn sie Gr und ab gab en sind, eine Ausnahme bitten." sStenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 142*2—1423.) Die Kontroversen über die parochiale oder privatrechtliche Ratur ter verschiedenen Abgaben und Leistungen an Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen sind also durch das Ablös. Ges. v. 2. Marz 1'50 (§. t!5. Alin. 4.) gehoben, da tueses in diese r B ezle h u n g n i d) i d i st i n g u i r t. Bergt, in Bd. I. die allgem. :inl. S. CVIII. ff. 1) Durestdas Ges v. 16. Juni 1840. (G. S. 1840. S. 151 ) wurde die Abloü Ord. v. 13. Juni 1829.anest in das Fürst enthnm Siegen eingeführf.

558

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

b) die aus dem Kirchen- oder Sch ul verbände entspringenden Ab, gaben und Leistungen: c) alle sonstigen Korporation-- und Secieläts-Lasten ; wogegen aber wiederum unter diesen Ausnahmen sclcl'-e Geld- und Natural-Aenten nicht mitbegriffen sein sollen, welche den gebauten Anstalten, Korporationen uud Societäten aus allgemeinen Reel tSoerbaltnissen, -B. dem gutSherrl. Vcrbältniffe oder dem Zehntrechten, zustehen.

Wörtlich gleichlautende Bestimmungen ertheilten demnächst: a) die Ablös. O. v. 18. Juni 1840 für das Herzogthum West­ phalen im §. 3. (®. S. 1840 S. 156); und b) die Ablös. C. v. 4. Juli 1840 für die vornlalS Nassauischen Landestbeile und die Stadt Wetzlar nebst Gebiet im §. 2. (G. S. 1840 S. 195): Das G. v. 22. Dee. 1839, betr. die Ablös. der Reallasten in teil Grafschaften Wittgenstein - Wittgenstein und WittgensteinBerleburg erklärte im §. 37. die Kreis-, Kommunal-, Parochial- und Societats-Lasten für ausgeschlossen von der Ablösbarkeit. (G. S. 1840 S. 13.). 2) Die Gesetzgebung vom Jahre 1850. Das Ablös. Ges. v. 2. Mär; 1850 hat, indem cs zugleich (im §. 1.) alle oben erwähnten früheren Ablös. Gesetze aufhebt, folgende Bestim­ mungen in Betreff des in Rede stehenden Gegenstandes getroffen: *) a) nach §. 6. a. a. O. sind nur die Abgaben und Leistungen zur Erbauung der Kirchen-, Pfarr- und Schulgebäude vorläufig un­ bedingt für unablösbar erklärt, ausgenommen, wenn sie Gegen­ leistungen ablösbarer Reallasten sind, in welchem Falle sie mit diesen zugleich abgelöst werden: h) nach §. 65. Alin. 4. a. a. O. sollen jedoch einstweilen alle an­ deren Reallasten, welche Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehen, ohne Unterscheidung ihres Emstehungsgrundes und ihres Gegenstandes vor­ erst nur in eine, an jene Institute direkt zu entrichtende Geld reine ver­ wandelt werden dürfen. ?) Somit sind nach den Bestimmungen des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 von der Kapital-Ablösung, beziehungsweise von den Wohlthaten des Ren­ tenbankgesetzes, alle, diesen Instituten pflichtige Grundbesitzer ohne Ausnahme ausgeschlossen, gleichviel ob diese Institute die ihnen zustehenden Realberech­ tigungen besitzen und ausüben auf Grund des öffentlichen, — deS Kirchen­ oder Parochial- — Verhältnisses, oder vermöge rein privatrechtlichen Titels, als Käufer, Geschenknehmer oder Cessionarien von Diensten und anderen Privatrechten, resp, als Akquirenten und Besitzer besonderer, in älterer oder in neuerer Zeit, selbst nach dem Jahre 1850, erworbener Rittergüter, denen die Rcalberechtigungen ankleben. Die wörtliche, und deshalb auch von den zur Entscheidung über die Auseinandersetzungs-Streitigkeiten berufenen Gerichtshöfen unterschiedslos angewendete Bestimmung des §. 65. des Ablös. G. v. 2. März 1850 greift in dieser Beschränkung der Ablösbarkeit von Reallasten an geistliche In­ stitute weit hinter die früher geltende Ablösungs - Gesetzgebung resp, von 1821 und von 1829 und 1840 zurück. Denn bis 1850 waren a) nach §. 5. der Ablös. C. v. 7. Juni 1821 im Bereiche dieses Ge-

1) Bergl. auch die Erläut. umt §. 6. deS Ab lös. Ges. sub VI. Litt. B. (f. eben S. 348. ff.). 2) Vergl. hierüber den Aussatz ui Robe s Zeitung für Entlast, des bäuerl. Grimdbes., Jahrg. 1850. S. 13-14.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. ic., (§. 65.).

559

setzes (d. h. in den 6 östlichen Provinzen, mit Ausnahme derjenigen Lan­ destheile der Provinz Sachsen, einschließlich der Altmark, welche eine Zeit lang Königlich Westphalisch gewesen), — wie dies späterhin auch vom Staats-Min. selbst anerkannt wurde, — nur die aus dem Kirchenverhältniß entspringenden Dienste, b) nach 8 3. Nr. 2. resp. §. 2. der Ab lös. O. v. 13. Juli 1829, v. 18. Juni und 4. Juli 1840 in deren Bereiche (d. h. in einem Theile der Provinzen Sachsen und Rheinland, wie in SBeffyt; titelt; in den Theilen des Staats, welche vormals zum Großherzogthume Berg, zu dem Königreiche Westphalen, zu den Hanseatischen Departements, sodann zu dem Herzogthume Westphalen und den Nassauischen Landestheilen, gehörten), — nur die aus dem Kirchen- und Schnl-Verbande entspringenden Abgaben und Leistungen von der Ablösung ausgenommen. Im Uebrigen war zu a. im Bereiche der Gesetzgebung v. 7. Juni 1821 lediglich wegen der Erbpachtszinsen an geistliche Institute die spezielle V. v. 31. Mai 1816 ergangen, welche deren Ablösung durch Kapital von der Einwilligung der geistlichen Oberen abhängig machte, wogegen alle anderen Abgaben und Leistungen an geistliche Institute unbedingt durch Kapital ablösbar waren. Die, besonders in den Jahren 1842 bis 1845 gepflogenen legisla­ tiven Berathungen wegen Erläuterung resp. Ausdehnung des §. 5. der Ablös. O. v. 7. Juni 1821 gingen in ihren Intentionen und Vorschlä­ gen niemals über das Prinzip und die Beschränkung des §. 3. Nr. 2. resp. §. 2. der Ablös. O. von 1829 und 1840 hinaus. Ebenso war zu b. in den betr. §§. der drei Ablösungs-Ordnungen von 1829 und 1840 auch noch ausdrücklich bestimmt: „daß unter den Ausnahmen von dem An­ sprüche auf Ablösung die Abgaben und Leistungen, welche jenen Instituten aus allgemeinen Rechtsverhältnissen, z. B. dem gutsherrlichen Verhältnisse oder dem Zehntrechte, zustehen, nicht mit begriffen seien;" — und stets wurde bei den erwähnten legislativen Berathungen besonders daran sestgehalten, daß die Zehntrechte dem gemeinen Rechte der Ablösung unterworfen blieben. Bei der Vorberathung des neuen Ablösungs-Gesetzes von 1850 hatte so wenig die Regierung (nach Inhalt der Motive), als die Agrar-Komm, der I. oder der II. K. irgend eine andere und weitere Beschränkung der Ablösbarkeit, als die tut §. 6. bestimmte, wegen der jenen geistlichen Insti­ tuten zustehenden Realrechte, beabstchtigt und vorgeschlagen. (Vergl. a) Ber. der Komm, der II. K. und b) Ber. der Komm, der I. K.) In letzterem ist bemerkt, „wie die Komm, darüber einig gewesen, daß da, wo geistliche Institute als bisherige Gutsherren berechtigt seien, eben so wie in Bezug auf säkularisirte Domkapitel, Abteien, Klöster und andere Stiftungen dieser Art, kein Grund zu irgend einer Ausnahme vorwalte"; ingleichen hatte sie auch in Beziehung auf pia corpora aller Art, desgleichen auf Kirchen, das Bedürfniß einer Ausnahme fast einstimmig verneint iittD selbst bezüglich der Pfarrer, Schullehrer und Küster wurde jeder in diesem Sinne gestellte Antrag mit überwiegender Majorität in den Kommissionen verwor­ fen. Erst bei der Berathung im Plenum der I. K. ist der 4. Absatz des §. 65. in Folge eines Amendements des Abgeordn. Gr. v. Rittberg an­ genommen; tnan gab diesem Amendement vor einem anderen Amendement, welches die definitive Ablösbarkeit vorerst nur für die aus dem Kirchen-

1) Bergt, oben S. 538 ff. u. 546 ff.

560

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulinmgen u. Gem. Theilungen,

und Schul - Verbände herrührenden Abgaben und Leistungen aus­ schließen wollte, bloß deshalb den Vorzug, weil man davon ausging, daß ersteres den zu besorgenden Pwzessen über den Erweis dieses Kriteriums begegnen werde. (Vergl. stenogr. Ber. der I. K. über die 110. Sitz. v. 7. Febr. 1850 S. 2531 sq. 2543 ff.) Bei beiden Amendements hatte man aber einen baldigen Erlaß des ad scparalum vorbehaltenen beson­ deren Ablösungs-Gesetzes über Abgaben an Kirchen, Pfarren u. s. w. im Auge, allseitig von dessen Dringlichkeit und davon überzeugt, daß eine solche Anomalie der Preuß. Agrar-Gesetzgebung nicht aufrecht zu halten sei. 3) Die Behandlung der Frage seit dem Erlaß des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 bis zur Sistirung der betr. Vorschriften des Letzteren. a) Bereits in der Legislatur-Periode von 1850—1851 waren mehrfache Petitionen bei der II. Kammer eingegangen, welche den schleunigen Erlaß des im §. 65. des Ablös. Ges. vorbehaltenen Gesetzes über die Ablösung der Reallasten, welche an Kirchen, Pfarren und Schulen zu entrichten sind, und zwar unter Beibehaltung der in dem G. v. 2. März 1850 festgestellten Ablösungs-Grundsätze beantragten, indem sie aus die Garantie des Art. 42. der Verf.-Urkunde Bezug nahmen. Die Agrar-Komm, der II. Kammer erkannte in ihrem hierüber er­ statteten Berichte (vergl. stenogr. Ber. .der II. K. 1851 Bd. 3. S. 275) einstimmig an, daß der Antrag wohlbegründet sei und indem sie die Voraussetzung außfprach, daß die Vorlegung des erwähnten Gesetzes Sei­ tens der Staats-Regierung zu erwarten sei, beantragte sie den Uebergang zur Tagesordnung, womit die Kammer sich einverstanden erklärte. Sn derselben Legislatur-Periode ging aus der Kammer selbst ein ent­ gegengesetzter Antrag hervor. Der Äbgeordn. v. Uechtritz und Gen.

begehrte nämlich (unterm 11. Febr. 1851) die Aufhebung des letzten Satztheils des §. 65., welcher bestimmt: Bis zu diesem Zeitpunkte werden die nach dem gegenwärtigen Gesetze ermittelten Geldrenten direkt an die gedachten Institute entrichtet. (Vergl. die stenogr. Ber. der II. K. 1851, Bd. 3. S. 595-596).

Die Agrar - Komm, der II. Kammer trug indeß (in ihrem Berichte v. 10. März 1851, s. stenogr. Ber. a. a. O. S. 597—598) einstimmig auf Ablehnung dieses Antrages an. Sie führte insbesondere aus: Mit Rücksicht aus die Entstehungsgeschichte des Schlußsatzes des §. 65. kann eS keinem Bedenken unterliegen, daß derselbe keine andere, als die Bedeutung hat, daß auf den Antrag sowohl des Berechtigten als des Verpflichteten diejenigen Real­ lasten, welche Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehen, lediglich nach den Normen des G. v. 2. März 1850 gegen Uebernahme einer Geldrente ablösbar sind, und daß nur die Festsetzung der Höhe des Betrages, zu welchem diese Geld­ renten in Rentenbriefen oder in baarem Gelde abgelöst werden sollen, einem künf­ tigen Gesetze «Vorbehalten wird. Die Worte des Schlußsatzes §. 65. 1. c. lassen über die Richtigkeit dieser Auslegung keinen Zweifel, wenn man erwägt, daß zu Gunsten der Abgaben an geistliche Institute eine Ausnahme nur von den Be­ stimmungen der §§. 64. und 65. gestattet wird, nicht aber vom ganzen Gesetze und in jenen §§. nur von der Höhe des Kapitals-Ablösungssatzes und der Ueberweisung der Renten an die Rentenbanken die Rede ist, sowie daß. die nach dem gegenwärtigen Gesetze ermittelten Geldrenten an die Institute zu ent­ richten sind und daher ausdrücklich für die Umwandlung der Abgaben und Leistun­ gen in Rente, alte sonstigen Vorschriften des AblösungögesetzeS maaßgebend bleiben sollen. Der Antragsteller Äbgeordn. v. Uechtritz hat übrigens selbst die Richtigkeit dieser Interpretation in der 109. Sitzung der II. K. am 15. Febr. 1850 (Sten. Bericht 35., S. 2759) dadurch anerkannt, daß derselbe dem in das G. übergegan­ genen Schlußsätze des §. 65. aus dem Grunde widersprochen hat, weil die Abgaben an die geistlichen Institute nicht vom ganzen Gesetze, sondern nur von einem Theile desselben ausgeschlossen werden. Die Auslegung, die der Antragsteller und dessen

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 65.).

zgl

Gen. dem AblösungSgesetze in dem Anträge v. 11. Febr. 1851 geben, ist daher­ entschieden unrichtig und es mußte daher derselben widersprochen werden. Was den gestellten Antrag selbst anbelangt, so erscheint derselbe in der formulirten Weise ohne Bedeutung. Denn wenn auch die Worte des §. 65. I. c.: Bis zu diesem Zeitpunkte werden die nach dem gegenwärtigen Gesetze er­ mittelten Geldrenten direkt an die gedachten Institute entrichtet, ausgehoben werden, so bleibt doch der §. 6. des Ablös. Ges., wonach auch die Ab­ gaben und Leistungen an geistliche Institute nach diesem Gesetze ablöslich sind, und der erste Theil des Schlußsatzes des 65., wonach zur Zeit Kapitals-Ablösungen in Betreff dieser Abgaben ausgeschlossen werden, in Kraft und es können daher nach dem Wortlaute und Sinne des Gesetzes selbst bei dem Wegfall jener Worte die Ablösungen jener Lasten gegen Rente gefordert werden. Der Zweck der GesetzBestimmung, deren Aufhebung die Antragsteller begehren, ist nur dahin gegangen, nochmals klar und deutlich hervorznheben, daß in Betreff der Abgaben an die mehr­ gedachten geistlichen Institute für jetzt nur eine Verwandlung in Rente, nicht aber eine Ablösung gegen Kapital zulässig sein soll; wenn jene Bestimmung jetzt aufge­ hoben werden sollte, so würde dadurch in der Hauptsache nichts geändert werden, das Gesetz aber an Klarheit und Deutlichkeit verlieren. Der gestellte Antrag ist daher schon an sich nicht geeignet, den von den An­ tragstellern beabsichtigten Zweck dahin gehend: von allen Bestimmungen des Ablösungsgesetzes die Reallasten auszuschließen, welche Kirchen, Pfarren, Küstereien und Sch ulen zustehen herbeizuführen, Event, würde aber auch die Agrar - Kom. sich entschieden gegen ein solches allmäliges Beseitigen der Ablös. O. v. 2. März 1850, deren Ausführung bereits die erfreulichsten Erfolge gehabt hat, erklären müssen. Die Verf. gewährleistet im Art. 42. die Ablösbarkeit aller Reallasten und die II. K. hat durch ihren Beschluß über den Antrag mehrerer Petenten, die in Ablösungsgesetzen den Kirchen, Pfarren und Schulen hinsichtlich des Ablösungssatzes gewährte exzeptionelle Stellung sofort aufzuheben, in der Sitz, am 18. v. M. bereits zu erkennen gegeben, daß sie die Vorlage der Regierung, welche den Schlußsatz des §. 65. 1. c. in Aussicht stellt, erwartet und die Erledigung jenes Vorbehaltes als ein dringendes Bedürfniß er­ achtet. Eine Ausdehnung der im Schlußsätze des §. 65. 1. c. enthaltenen Aus­ nahme-Bestimmung zu Gunsten der geistlichen Institute würde daher mit jenem Be­ schlusse in Widerspruch stehen, und nicht nur die angebahnte Ausführung der Ver­ fassung beeinträchtigen, sondern auch noch einen großen Rückschritt gegen die frühere Gesetzgebung machen. Außerdem wird es sich aber auch mit Ueberzeugung nicht bestreiten lassen, daß einige Berechtigungen der gedachten Institute, wie z. B. die Zehntberechtigung, ohne Benachteiligung der Landeskultur, von der Ablösung nicht ausgeschlossen werden können und viele Ratural-Abgaben an Geistliche und Schullehrer der Art sind, daß deren baldige Ablösung wenigstens gegen Rente im wohlverstandenen Interesse der Berechtigten ebensowohl, als in dem der Verpflichteten begründet ist. In diesen Erwägungen, mit denen sich auch der KommissariuS des Min. für die landwirthschaftl. Ang. einverstanden erklärte, hat kein Mitglied der Agrar-Kom. sich in der Lage befunden, dem gestellten Anträge daS Wort zu reden.

b) ES sind indeß mehrere Legislatur-Perioden vergangen, ohne daß die Hoffnung auf das verheißene Gesetz erfüllt worden ist. In der III. LegiSlatur-Periode (1852—1853) wurde von dem Abgeordn. v. Röder und Gen. in der II. Kammer sogar ein Antrag (Drucks Nr. 185.) eingebracht, welcher selbst die Verwandlung solcher Natural-Abgaben und Natural - Leistungen in Geldrenten nach dem Ablös. Ges. v. 2. März 1850, ohne Rücksicht auf ihre Natur und Entstehung, aus einem Motiv „der Heiligkeit von Rechten" sistirt wissen wollte. Aus dem ganz entgegengesetzten Standpunkte wurde dagegen in derselben Legislatur-Periode von dem Abgeordn. Lette und Gen. in der II. Kammer (unterm 8. April 1853) ein Gesetz-Entw. (Drucks, der II. K. Nr. 229) eingebracht, welcher die Tendenz hatte, „die Mißstande zu randks-KulM'-Hesetzg. Hd, II. 2g

562

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gern Theilungen,

beseitigen, welche sich auS der nach $. 65. Alin. 4. des Ablö f. Ges. v. 2. Mär; 1850 beschränkten Ablösbarkeit der in Rede stebenden Reallasten ergeben" und zwar „vorbehaltlich eine­ weiteren definitiven Gesetzes über diesen Gegenstand." Dieser Gesetz-Entw. beabsichtigte, (nach Inhalt der demselben beigcfügten Motive) diesen Gegenstand der Legislation vorerst wenigstens wiederum auf den Rechtsstandpunkt der früheren Gesetzgebung vor 1850 zu­ rückzuführen, ohne den Erwägungen der Staats - Regierung, insbesondere denjenigen, eine abweichende legislative Be­ handlung deS Gegenstandes allein rechtfertigenden Motiven vorzugreifen, welche aus dem öffentlichen Charakter, auS dem Kirchen-, Parochial- und Schul - Verhältniß von Abgaben und Leistungen an geistliche Institute entnommen werden können." Die Vorschläge deS erwähnten Gesetz-Entwurfes gingen dahin: a) Die Vorschrift deS Alin. 4. des §. 65. deS Ab lös. Ges. v. 2. Marz 1850 fortan nur aus vormalige Grbpachtzinsen, außerdem auf solche Reallasten zu bezie­ hen und zu beschranken, welche auS dem Kirchen-, Parochial- oder SchulVerbände entspringen, worunter jedoch Abgaben und Leistungen aus dem Zehnt rechte nicht mit zu begreifen; b) mit Ausnahme der Erbpachtzinsen, welche vormalige Erbpächter an die in Rede stehenden Institute zu zahlen haben, fortan alle diesen Instituten zustehende, aus andern Verhältnissen, als dem Kirchen-, Parochial- und Schul-Verbände ent­ springende, an sich ablösbare Reallasten, sowie Zehutrechte ohne Unterschied, nach den Bestimmungen deS Ablös.- und Rentenbank-Ges. v. 2. März 1850, in derselben Art, wie die den Privat-Berechtigten zustehenden Reallasten, der Ablösung für un­ terworfen zu erklären.

Die Motive bemerkten übrigens noch: a) So wenig sich auch sonst eine provisorische Gesetzgebung zur Erledigung deS Vorbehaltes im Alin. 4. deS §. 65. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 em­ pfehlen würde, so nothwendig erscheint sie doch bei der gegenwärtigen Sachlage mit Rücksicht aus die Verjährung, welche die Emanation des verheißenen Ge­ setzes erlitten, mit Rücksicht ferner auf die zahlreichen, das Bedürfniß deS Gesetzes beurkundenden Petitionen, welche auch schon früher bei den Kammern eingegangen sind, sowie mit Rücksicht darauf, daß die Ausnahme-Bestimmung in Betreff solcher Realberechtigungen geistlicher Institute, die auf gutsherrlichen und anderen allge­ meinen Verhältnissen beruhen und auS Privatrechtstiteln originiren, mit den Prin­ zipien des Rechts überhaupt, wie mit der Preuß. Agrar-Gesetzgebung insbesondere, im Widerspruch steht, und daß dieses mit Erhaltung und Befestigung deS allgemei­ nen inneren Rechtszustandes des Landes eng zusammenhängende Motiv diejenigen, hin und wieder etwa eintretenden Nachtheile weit überwiegt, welche aus der Zwei selhaftigkeit des Ursprungs und der 9iatnr der Lasten und daraus entstehen könn­ ten, daß resp, über die öffentlich-kirchliche oder die privatrechtlich - allgemeine Natur der qu. Abgaben und Leistungen in dem einen oder andern Falle ein Rechtsstreit zu besorgen sei. b) Der Gesetz-Entw. läßt in der wesentlichen Beziehung einer etwanigen künf­ tigen abweichenden legislativen Behandlung des Gegenstandes aus dem Gesichts­ punkte des öffentlichen Charakters und aus dem Kirchen-, Parochialund Schul-Verhältniß von Abgaben und Leistungen an die in Rede stehenden Institute der schließlichen Gesetzgebung volle Freiheit. Indem er sogar die Aus nähme bezüglich der definitiven Ablösung der Erbpachtzinsen zur Zeit bestehen läßt, trägt er den Rücksichten aus diejenigen Nachtheile Rechnung, welche dem Vermögen der geistlichen Institute, nicht sowohl oder doch nur hin und wieder und in unter­ geordnetem Maaße durch Ablösungen, als vielmehr in größter Ausdehnung, in äl­ terer wie noch in neuerer und neuester Zeit, durch unzeitige, leider aber mit Ge­ nehmigung der geistlichen Aufsichts-Behörden, und darum rechtsverbindlich auSgeführte Vererbpachtungcn ihrer Besitzungen, erwachsen sind, in Folge deren zahl­ reiche geistliche Institute überall in den östlichen Provinzen des Landes Verluste er­ litten haben, deren Umfang und Wirkung selbst die Verluste durch frühere Säkula­ risationen vielleicht noch übertreffen möchte, und die kaum durch die großen Vor-

Ges. v. 2. Mär; 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 65 ).

KAZ

theile erseht werden, welche wiederum anderen Instituten, die ihre Grundstücke konservirt und nicht vererbpachtet hatten, durch Separationen und Servitut-Ablösun­ gen nach der Gemeinheitsth. O. v 7. Juni 1821 — bei Anwendung dieses Theils der Agrar-Gesetzgebung — wie dies allgemein anerkannt ist, in der Mehr­ zahl der Falle, zugefloffen sind.

Dieser Antrag ist indeß, wegen des Schluffes der Sitzungs-Periode (185|). gar nicht zur Verhandlung gekommen. c) Dagegen wurde von Seiten der Königl. StaatS-Regierung, ebenfalls in der Legislatur-Periode von 185|, gleichzeitig in beiden Kam­ mern (unterm 13. April 1853) ein Gesetz - Entwurf, betr. die Ablö­ sung der den geistlichen und Schul-Instituten, sowie der den frommen und milden Stiftungen zustehenden Reallasten (Drucks, der I. K. Nr. 312.) eingebracht. Der Standpunkt, von welchem dieser Gesetz-Entwurf, wacher 10 §§. enthält, auSgeht, und dessen Inhalt erhellt aus nachstehendem Aus­ zuge der demselben beigefügten Motive: *) Bei Vergleichung der Bestimmungen der früheren Gesetzgebung mit denen der Ablös. O. v. 2. Marz 1850 ist zu entnehmen, daß die durch letztere ergangenen Vorschriften für den Berechtigten gegen die früheren Gesetze nachtheilig find. Denn es find dadurch 1) gewisse Rechte und Leistungen ohne Entschädigung aufgehoben; SS- 2., 3., 36., 37. und 39. 2) Die Rente für Abgaben in Körnern wird durch Zugrundelegung 24jähriger statt 14jähriger Martini-Marktpreise zum Vortheil der Verpflichteten wahr­ scheinlich herabgedrückt werden. 3) Die veränderliche Roggen-Aerndte bei Fruchtabgaben nach der Gesetzgebung von 1821 und ebenso die nur durch freie Vereinbarung zulässige Verwand­ lung der Körnerabgabe in eine Geldprästation nach dem G. v. 13. Juli 1829 ist aufgehoben.

1) Die Kenntniß dieser Motive ist von Interesse, weil dieselben die neueste Phase charakterisiern, in welche die Frage gerathen ist. — Vergl. im Ger gensatze zu den darin entwickelten Ansichten die Motive zum 8 6. deSRegier. En iw. (s. oben S. 315.), welche auf das Entschiedenste auSsprecken, daß „die Befreiung deS Grund eigen thums nur sehr unvollständig erreicht werden würde, wenn man alle aus demKirchen- undSchulverbände herrührenden Abgaben und Leistungen ferner von der Ablösung ausschließen wollte." — Die zuletzt erwähnten Motive beziehen sich hierbei zugleich ausdrücklich auf die Bestimmung deS Art. 40. (jetzt Art. 42.) der VersN r k u n d e: „Die Ablösbarkeit der Grundlasten wird gewährleistet." Die StaatS-Regierung stellte sich also damals ganz auf den Boden der Verfassung. Dagegen lassen die dem neuesten Gesetz-Entw. beigefügten Motive dielen Standpunkt völlig unberücksichtiget; es ist darin die Frage der Verfassungsmäßigkeit gar nicht berührt, sondern einfach ein dem früheren Standpunkte der Regierung geradezu entgegengesetzter eingenommen wor­ den, nämlich der, daß es lediglich die Aufgabe der Gesetzgebung sei, „von den berechtigten Instituten die Verluste abzuwenden, welche ihnen an­ der Ablös. Ordn. v. 2. März 1850. erwachsen könnten" und „das G. v. 2. März 18 50. in der Art abzuändern, daß die betheiligten In­ stitute nicht in eine ungünstigere Lage versetzt werden, als die, in der sie sich vor dem Erlaß jenes Gesetzes befanden." In der That aber geht der Ges.-Gntw., — inSbes. in der Gestalt, welche die I. Kammer ihm gegeben hat, — noch über die Gränzen der früheren Ablös. Gesetzgebung hinaus. GS steht zu erwarten, ob die demnächst zu berufenden Kammern sich mit diesen Tendenzen einverstanden erklären, und inSbesorztzere, ob sie ge­ neigt sein werden, die hierzu zuvor unerläßlichen Verfassungs-Abänderun­ gen zu bewilligen.

564 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. 4) Der Abzug von 5 Prozent, §. 26., ermäßigt die Preise in bedeutendem Maaße. 5) Bei andern Natural-Abgaben soll zunächst die bisher gezahlte Vergütung, welche unter Umständen ganz zufällig und sehr mäßig sein kann, somit den wahren Werth der Leistung mcht erreicht, zur Feststellung deS Geldwerths dienen. 6) Auch bei Zehnten soll zunächst der bisherige Pachtzins oder die aufgekom­ mene Abgabe in Gelde oder Getraide, wobei das zu 5. Bemerkte gilt, den JahreSwerth deS Zehntrechts bestimmen. 7) Die Kapital-Ablösung wird nach §§. 64. und 65. durch Erlegung des IZfachen resp. deS 20fachen Betrages bewirkt, während früher der 25fache Betrag in baarem Gelde bezahlt werden mußte. 8) Durch die Vorschriften §§. 95. und 101. nöthigt das Gesetz den Verpflich­ teten und den Berechtigten zur Ablösung. ES stellt sich daher für den gegenwärtigen Gesetzes-Entwurf die Ausgabe, von den berechtigten Instituten Verluste abzuwenden, welche ihnen auS der Ablös. Ordn, unverkennbar erwachsen, und welche dahin führen könnten, daß sich daS Einkommen der Geistlichen und Lehrer bis zur Unzulänglichkeit vermindert. Davon würde die Folge sein, daß entweder einzelne Stellen eingehen, oder die Ausfälle durch den Staat, oder durch die Gemeinden ergänzt werden müßten. Diesen Nachtheilen tritt noch vornämlich der hinzu, daß das berechtigte Institut in vielen Fällen außer Stande ist, durch das zu gewährende Geldäquivalent die frühere Naturalleistung überhaupt sich zu verschaffen, oder daß es sie nur mit großen Opfern, außer der Verwendung der zu empfangenden Geldentschädigung, würde erlangen können, sowie, daß ihm weniger als den Privatberechtigten Gelegenheit sich darbietet, durch die Kapital-Entschädigung Vortheile sich anzueignen, die jenem in vielfacher Beziehung sich darbieten. Es handelt sich daher darum, die Ablös. O. v. 2. Marz 1850 mit der früheren Gesetzgebung so zu verschmelzen, daß die betheiligten Institute der Hauptsache nach in eine nicht ungünstigere Lage versetzt werden, als die, in der sie sich vor dem Er­ laß jenes Gesetzes befanden. Die einzelnen Bestimmungen des vorliegenden Gesetz-Entwurfs anlangend, so ist im §. 1. den Instituten, ans welche die zu erlassenden Vorschriften Anwendung finden sollen, eine größere Ausdehnung gegeben. Der §. 65. der Ab lös. O. be­ zeichnet nur Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen als solche Berechtigte, welche das ereeptionelle Verfahren für sich in Anspruch nehmen können. Aber auch fürsonstige geistliche Anstalten außer den genannten, namentlich die kirchlichen Beamten, die zur Unterhaltung von Kirchen, Schulen und höheren Unterrichts- und Erzie­ hungs-Anstalten bestimmten Fonds, sowie für fromme und milde Stiftungen oder Wohlthätigkeits,Anstalten, muß mit vollem Rechte eine gleichmäßige Behandlung gefordert werden, die in Ansehung ihrer nach der Fassung des bestehenden Gesetzes entweder nicht vorgeschrieben war, oder in Zweifel gezogen ist. Wie jetzt der §. lautet, wird jede derartige Ungewißheit beseitigt sein. Durch den §. 2. ist als Regel die Regulirung der Rente nach den frühern Gesetzen wiederhergestellt. Es wird dadurch von den Berechtigten ein ungünstigeres Verhältniß als das vor dem G. v. 2. März 1850 bestandene unter allen Umstän­ den abgewandt. Ziehen die Partheien es vor, statt der Kapital-Abfindung die Rente sortdauern iu lassen, so ist der Nachtheil einer firirten Geldrente dadurch beseitigt, daß die Jährlichst, insofern dies früher zulässig war, in einer nach §. 73. der GemeinheitSth. O. v. 7. Juni 1821 mit den Roggenpreisen wechselnden Rente entrichtet werden kann. Die Anwendbarkeit deS G. v. 2. März unbedingt auszuschließen, ist insofern nicht räthlich, als die Behandlung nach dessen Bestimmungen in manchen Fällen den Vorzug verdient, und aus eine Vereinfachung deS Verfahrens abzweckt. Die Regulirung nach diesen Bestimmungen hat aber dem Uebereinkommen der Partheien überlassen werden müssen. ES war jedoch der Abzug von 5 Prozent von den Marktpreisen der KörnerAbgabe aufzuheben, da dieser Abzug vorzugsweise Gegenstand der Beschwerde, und insofern für nicht gerechtfertigt zu erachten ist, als das den berechtigten Instituten zu liefernde Getraide gesetzlich oder vertragsmäßig in nicht schlechterer Beschaffenheit als das marktgängige erschüttet werden darf.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 65.).

565

Für Neu-Vorpommern und Rügen ist in letzterer Beziehung noch keine gesetz­ liche Vorschrift vorhanden, und daher, als den dortigen Verhältnissen entsprechend, die Ablös. O. v. 7. Juni 1821 für anwendbar erklärt. Zu §. 3. Das G. v. 2. März 1850 enthält außer den Vorschriften für die Bildung der Geldrente bei den Natural-Abgaben und deren Kapital-Ablösung noch andere Bestimmungen, iusonderheit für die Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse. Es werden hiervon die geistlichen und Schul-Institute eines Theils überhaupt wenig betroffen, andern Theils können die gegebenen Vorschriften nicht als in gleichem Maaße ungünstig bezeichnet werden, und empfiehlt eS sich daher für dergleichen Regulirungen, die allgemeinen Normen nicht ohne Noth zu er­ schüttern. Zu §. 4. Die gütliche Einigung zwischen den Berechtigten und Verpflichteten macht ein weitläuftiges, und bei geringeren Objekten der Auseinandersetzung unverhältnißmäßig kostbares Verfahren durch die Behörde überflüsfig, und verdient daher alle Beachtung, wobei es sich von selbst versteht, daß auch bei dieser Behandlung die Prüfung und Genehmigung der getroffenen Vereinbarungen durch die geistlichen Obern resp. Aufsichts-Behörden erforderlich ist. Auf eine Land-Abfindung wird schwerlich noch in vielen Fällen zurückgegangen werden können, nachdem die Separationen, bei welchen darauf Bedacht zu nehmen war, größten Theils beendigt sind, und so in der Regel ein ganz neues Verfahren wegen der Landvertheilung würde statthaben müssen. Es empfiehlt sich aber, diesen Weg der Auseinandersetzung nicht geradezu auszuschließen, vielmehr in Ueberein­ stimmung mit §. 98. der Ablös. O. v. 2. März 1650 darauf im Gesetze besonders aufmerksam zu machen. Sowohl dem Verpflichteten als dem Berechtigten steht nach §. 94. der Ablös. O. v. 2. März 1850 das Recht zu, auf Kapital-Ablösung anzutragen, und dieser Grundsatz ist im beiderseitigen Interesse ferner aufrecht zu erhalten. Der §. 5. handelt von der Provokation deS Verpflichteten und legt ihm die Entrichtung des 25fachen Betrags in baarem Gelde, statt des resp. 18- und 20fachen Betrages nach §. 61. und 65. gedachter Ordnung auf. Dieser Multipli­ kator ist, als den früheren Gesetzen und dem gewöhnlichen Zinsfüße von 4 Prozent entsprechend, festgehalten, da jene Entschädigung für die betheiligten Institute offen­ bar unzureichend ist, und deren Verwirklichung den Ruin der Berechtigten noth­ wendig hätte zur Folge haben müssen. Diese Ueberzeugung hat den Vorbehalt im 4. Alin. deS §. 65. veranlaßt und kann es daher keinem Bedenken unterliegen, den vorgeschlagenen Satz als Norm sestzustellen. Ein Druck und eine übergroße Be­ lastung der Verpflichteten ist darin nicht zu finden, da sie schon nach dem ÄblösungSGesetze eine andere Behandlung als in den Fällen, wo der Staat und Privatper­ sonen die Berechtigten sind, erwarten mußten, die Lage der Landbewohner, um deren Verpflichtung es sich meistens handelt, durch die neue Gesetzgebung wesentlich ver­ bessert ist, und die Verweisung an die Rentenbank bei der Provokation durch den Berechtigten gleichfalls eine Erleichterung gewährt, auch die Debenten, wenn ihnen in diesem Wege ein günstigerer Ablösungssatz gestattet würde, dann nothwendig zur Aufbringung einer angemessenen Sustentation des Geistlichen und Lehrers und Er­ gänzung ihrer Dotationen würden angehalten werden müssen. Wenn von der Befugniß zur Provokation durch den Verpflichteten diejenigen Fälle haben ausgeschlossen werden müssen, in welchen ihm vor Verkündung der neuen Ordnung ein solches Recht nicht zuftand, so ist hierbei vornehmlich die Erb­ pacht ins Auge gefaßt. Die V. v. 31. Mai 1816 läßt nur eine vertragsmäßige Ablösung des Erbpachtzinses für die hier in Rede stehenden Institute zu. Die hierdurch gegebene Restriktion war durchaus begründet. Man hat von altersher, vornehmlich aber seit der Mitte des vorigen und bis zum Anfänge der vierziger Zahre des jetzigen Jahrhunderts, die Vererbpachtung als eine bequeme Maaßregel angesehen, die Kirchen und die Geistlichen von der eigenen Bewirthschaftung ihrer Grundstücke zu befreien, und geglaubt, ihnen durch die Erbpacht, die entweder in baarem Gelde, oder in Naturalien oder in allerlei sonstigen Leistun­ gen stipulirt ist, eine sichere Rente zu verschaffen. Wie nachtheilig jedoch dies Verfahren geworden, zeigt sich deutlich durch Vergleichung der hiervon betroffenen Institute mit denjenigen, welche im Besitz ihrer Ländereien geblieben sind. Wäh­ rend Letztere durch das Steigen der Bodenrente gewonnen, und bei den Separationen für Weide und andere Berechtigungen Entschädigungen empfangen haben, gehen Ersteren alle diese Vortheile verloren, und es zeigt sich häufig der Grbpachtökanon

566

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

kemeSwegeS als ein zur Zeit noch angemessenes Aequivalent für die dem Gr-Pächter überlassene Nutzung. Obschon Letzterer zur Renteuverwandlung der Erbpacht be­ fugt war, stand ihm hiernach das Recht auf Kapital-Ablösung nicht zu, und eS ist daher von jener Befugniß wenig Gebrauch gemacht worden. Jetzt ist er durch §. 2. der Ablös. O. zum vollen Eigenthümer erklärt, und dadurch ein größerer Reiz herbeigeführt, das bestehende Verhältniß gänzlich aufzu­ lösen. Alsdann wird sich der Erbverpächter mit einer Geldabfindung begnügen müssen, die schon jetzt dem wahren Werthe der verliehenen Nutzung nicht gleich kommt, und im Laufe der Zeit beim Sinken des Geldwerths immer unzureichender wird. Bleibt dagegen die frühere Vorschrift festgehalten, so kann statt der unabänderlichen Geld­ rente die nach den Rogqenpreisen wechselnde eintreten, und dadurch, daß die Kapi­ tal-Ablösung von der Einwilligung der Obern und Vorsteher ^bhängt, eine für den Erbverpächter günstige Vereinbarung sich erzielen lassen. Selbstredend tritt dies Verhältniß nur in denjenigen Landestheilen ein, für welche die V. v. 31. Mai 1816 gilt, und ist auch nur hier, da in den übrigen Provinzen Vererbpachtungen weniger vorkommen, von wesentlicher Bedeutung. Aber auch dem Berechtigten darf die durch die Ablös. O. gewährte Befugniß zur Provokation auf Ablösung nicht entzogen werden. Er muß jedoch alsdann die Vermittelung durch die Rentenbank sich gefallen lassen, nur mit dem Unterschiede, daß, nachdem der Multiplikator für die Ablösung geistlicher und Schul-Abgaben h. auf den fünfundzwanzigfachen Betrag angenommen worden, dieser Satz auch bei der Provokation des Berechtigten Anwendung finden muß. Demgemäß ist durch den §. 6. die nöthige Anordnung getroffen, und find im §. 7. die hieraus hervorgehenden Modifikationen des Rentenbank-Ges. v. 2. März 1850 festgestellt. Durch den §. 8. werden die in den §§. 95. und 101. des Ab lös. G. in Be­ treff der Provokationen aufgestellten Regeln innerhalb der Gränzen des vorliegenden Gesetzes außer Wirksamkeit gesetzt, da sie mit dem Geiste und der Tendenz desselben im Widerspruche stehen, und nach den dadurch gegebenen Bestimmungen zwangs­ weise Ablösungen nicht mehr herbeigesührt werden sollen. Zu §. 9. ist eS ein uralter Satz des Kirchenrechts, daß Veränderungen in der Substanz des Kirchen-Vermögens nur unter Mitwirkung der geistlichen Obern stattfinden können. Die bestehende Gesetzgebung hat die Rechte und Pflichten der geistlichen Obern in Ablösungssachen den Auseinandersetzungs-Behörden übertragen. Diese haben richterlich entscheidende Autorität, und eS ist nicht angemessen, sie zu­ gleich zu Vertretern einer Parthei zu bestellen. Daher wird den geistlichen Obern die ihnen gebührende Stellung in dieser Beziehung wieder einzuräumen sein, der­ gestalt, daß kein AblösungS-Rezeß von den Auseinandersetzungs-Behörden abge­ schlossen werden darf, ohne daß die geistlichen Obern darüber gehört sind, und ent­ weder konsentirt haben oder, wenn sie widersprechen, von der kompetenten Behörde darüber judicando entschieden ist. Zu 8. 10. Die bisher rechtsgültig zu Stande gekommenen Rentifizirungen lassen sich ohne eine Rechtsverletzung nicht für ungültig erklären, es muß aber ein Zeitpunkt festgestellt werden, von wo ab in Ansehung der noch schwebenden Ver­ handlungen ein Abschnitt gemacht wird, und ist in dieser Beziehung der 1. April 1853 als ein nicht zu weit zurückgreifender Termin gewählt worden. In ähnlicher Weise ist durch §. 2. deS EntschädigungS-Ges. zur Allgem. Ge­ werbe - O. v. 17. Ian. 1845, und durch die §§. 9., 29., 32., 76. und 81. der Ablös. O. v. 2. März 1850 das RechtSverhaltniß nach einem zurückliegenden Ter­ mine firirt.

Die zur Berathung dieses Gesetz-EntwurfeS erwählte Kommisson *) der I. Kammer hat ihren Bericht darüber bereits unterm 8. Mai 1853 (Drucks, der I. K. pro 1853 Nr. 430. u. 431.) erstattet und sich im Wesentlichen mit den Vorschlägen der StaatS-Regierung einverstanden

1) Diese Kommission bestand unter dem Vorsitze des Abgeordn. v. Franken berg, aus den Abgeordn. v. Meding (Berichterstatter), v. Below, Grf. v. Dönhof, Engels, v. Karstädt, v. Massow, Grf. v. Saurma-Jeltsch, Baron v. Senfft, Baron v. Sobeck, v. Stammer und Grs. v. Stosch.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die AblSs. re., (§. 65.). erklärt, indeß deS Inhalts:

noch

beantragt, in daS

Gesetzt einen §.

567

aufzunehmen

Die aus dem Kirchen- und Schul-Verbande entspringenden Ab­ gaben und Leistungen sind überhaupt nur mit gegenseitiger Zustim­ mung der Verpflichteten und der gesetzlichen Vertreter der berech­ tigten Institute ablösbar.

Diese Bestimmung ist indeß selbst in der Kommission der I. Kammer nur mit 7 gegen 5 Stimmen angenommen worden. Die betr. Stelle der Motive des Berichts zu diesem $. lautet dahin: Es ist zur Begründung dieses §. angeführt, daß in allen Provinzen links der Elbe, in welchen die Ablös. O. v. 13. Juli 1829 und deren spätere Nachbildungen galten, die auö dem Kirchen- und Schulverbande entspringenden Abgaben und Lei­ stungen von der zwangsweisen Ablösung ausgenommen waren. Es beruhte diese Bestimmung auf der richtigen Erwägung, daß dergl. Abgaben überhaupt nicht so­ wohl die Natur von Privat-Rechtsverhältnissen, wie die von öffentlichen Abgaben hatten, daher auch ihre Ausnahme von der Ablösbarkeit gleichzeitig mit der der Kommunal- und Sozietätslasten geschah. In den Provinzen rechts der Elbe hat zwar eine solche Ausnahme nach dem Wortlaut deö Ges. v. 7. Juni 1821 eigent­ lich nur für die aus dem Kirchenverbande entspringenden Dienste, nicht für die Abgaben anderer Art bestanden. Notorisch ist aber von dem Recht auf eine zwangs­ weise Ablösung der letzten Kathegorie auch in diesen Provinzen nur sehr selten Gebrauch gemacht. Dergl. Abgaben bestehen auch hier in den allermeisten Ort­ schaften zur gegenseitigen Zufriedenheit fort. Der Grund, welcher die zwangsweise Auflösung solcher Rechtsverhältnisse rechtfertigen kann, die Kulturschädlichkeit der­ selben, traf bei den Diensten viel mehr zu, wie bei den übrigen Abgaben, und eS scheint daher in der That nur einer weniger genauen Ausarbeitung des Ges. v. 7. Juni 1821 zugeschrieben werden zu müssen, wenn dasselbe in diesem Punkt nicht dieselbe Ausdehnung erhalten hat, wie das G. v. 13. Juli 1829. Sollte es jetzt bei der im G. v. 2. März 1850 ausgesprochenen Ausdehnung der zwangsweisen Auslösung auf alle Abgaben dieser Art bewenden, so entsteht die große Besorgniß, daß in allen Landestheilen dadurch eine große Unruhe in die inneren Verhältnisse der Kir­ chen- und Schulgemeinden kommen, daß der Frieden, der zwischen Seelsorgern und Schullehrern und ihren Gemeinden jetzt glücklicherweise besteht, gestört und auch materielle Nachtheile von den geistlichen Instituten nicht immer werden abgewendet werden. Es ist dagegen von der anderen Seite zwar angeführt, daß über die Qualität solcher Abgaben und Leistungen zwischen Pfarrern und Gemeinden oft Streitigkei­ ten entständen, und daß daher die Verwandlung dieser Naturalleistungen in baares Geld für beide Theile wünschenSwerth und dies Motiv auch bei dem G. v. 2. März 1850 entscheidend gewesen sei. Nach dem jetzigen Vorschläge soll indeß die Mög­ lichkeit einer solchen Verwandlung oder Ablösung auch keinesweges ausgeschlossen sein. ES sollen aber die Modalitäten einer solchen lediglich der freien Vereinba­ rung beider Theile vorbehalten bleiben und damit daS Prinzip der Gerechtigkeit bei einem Rechtsverhältniß gewahrt werden, von dem es mindestens sehr zweifelhaft bleibt, ob dessen zwangsweise Abschaffung durch überwiegende Rücksichten des Staatswohls geboten ist. Wieder von anderer Seite ist eingewendet, daß der Vorschlag die raschere Beendigung des ganzen Ablösungs-Geschäfts hemmen werde, was keinesweges zu wünschen sei. Endlich ist angeführt, daß ersahrungSmäßig sehr ost Zweifel darüber entstän­ den, ob die Abgaben aus dem Kirchenverbande entspringen, oder aus einem ande­ ren Rechtstitel. Es ist hiergegen erwidert, daß dergleichen Zweifel bei den zur Kontestation vor dem Richter gekommenen Fällen allerdings nicht selten gewesen, daß aber bei der ganz überwiegend größeren Zahl der zu einer solchen Kontestation nicht gediehenen Fälle unter den Betheiligten über die Natur des Rechtsverhält­ nisses in der That kein Zweifel obwalte. Nachdem auch der Minister v. Raumer erklärt hatte, daß das Gouvernement dem Vorschläge seine Zustimmung nicht versagen werde, ist derselbe in der obenge­ dachten Art angenommen.

Die Berathungen über den Gesetz-Entwurf haben in der I. Kammer in

568

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

der 60. Sitz. v. 11. Mai 1853 (stenogr. Der. der I. K. pro 185| Vd. 2. S. 1092 ff.) stattgefunden und zur unveränderten Annahme desselben nach den Anträgen der Kommission geführt. In der II Kammer ist der erwähnte Gesetz-Entwurf völlig uner­ ledigt geblieben und nicht einmal ein Kommissions-Bericht darüber er­ stattet worden. d) Da hiernach der Gegenstand in der letzten Legislatur-Periode nicht zum Austrag gebracht worden, so fand sich die Königl. Staats-Regierung zum Erlaß der oktroyirten V. v. 13. Juni 1853 l)2 3(G. 4 S. 1853 S. 324) veranlaßt, durch welche, unter Vorbehalt der Zustimmung der Kammern, alle noch nicht durch Abschluß des Rezesses rechtsverbindlich erfolgten Verwandlungen von Rcallasten, welche Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zusteben, in Geldrenten, sowie alle noch nicht rechts­ kräftig entschiedenen Prozesse darüber, ob eine Reallast zu denjenigen ge­ hört, wegen deren definitiver Ablösung im §. 65. des Ablös. Ges. ein besonderes Gesetz Vorbehalten worden, bis zum Erlasse dieses besonderen Gesetzes sistirt wurden.?) B. Obgleich nach Vorstehendem die Bestimmungen des Alin. 4. des §. 65. durch eine oktroyine Verordn, für jetzt suspendirt worden sind, so haben dennoch die auf diese Bestimmungen bezüglichen Erlasse der Behörden und Präjudize auch bei gegenwärtige» Sachlage insofern wenig­ stens ein praktisches Interesse, als es sich fragt, welche Karhegorien der Reallasten, unter die Vorschriften des Alin. 4. zu subsumiren sind und auf welche Gattungen derselben sich mithin die angeordnete Suspension der Ablösbarkeit erstreckt.^) 1) Zuvörderst ist zu bemerken, daß darüber kein Zweifel obwalten kann, daß solche Abgaben und Leistungen an Kirchen, Pfarren und Schulen, welche nicht auf dem Grundstücke haften, sondern von den Mitgliedern der Kirchen-, Pfarr- und Schul-Gemeinden, als solchen, also nicht von jedem Besitzer des Grundstückes, obne Rücksicht auf diese Mitgliedschaft, entrichtet werden müssen, dem G. v. 2. März 1850 überbaupt nicht un­ terworfen sind. Vergl. das E R. des Min. für geistl. n\ Ang. v. 29. Nov. 1851 ’) (Min. Bl. d i. V. 1851 S. 279 Nr. 304.) und die Bem. des Regier. Komm. (Geh. Reg. Rath Schellwitz) in dem stenogr. Ber. der 11. K. 1849 Bd. 3. S. 1422—1423 (f. eben S. 557 in der Nete 4.). 2) Ad verb.: „Kirche n." Die Gen. Komm, zu Stendal bemerkte in ihrer Jnstrukt. v. 12. März 1851, daß zu den Kirchen nur diejenigen gehören, welche wirklich noch als solche dienen, nicht aber die säkularisirten Klöster, Domstiste u. s. w.; überhaupt sei nur auf die Qualität zur Zeit der Provokation zu sehen. (Sprengel'S Ablös. Ges. S. 1\)

3) Äd verb.: „Schule n." a) Beschränkt sich der Ausschluß von den Bestimmungen der §§. 64.

1) Vergl. in Vd. I. S. 205. 2) Für das Fürstenthnm Hob en z oll ern -Heck ingen hat in gleichen» Sinne die ektropirle V. v 6. Juni 1853. (G. S. 1853. S. 206.) die Bestim­ mungen der landeshcrrl. Resolution v. 4. Mai 1848 in soweit suSpendirt,^alS dadurch die Aufhebung der den Kirchen, Pfarren, Schulen sowie den milden Stif­ tungen und Wohlthatigkeits Anstaltei» zustehenden Allemand- und Kleinzehntcn an'geordnet werde»» ist. 3) Die 23. v. 13. Juni 1853. bestimmt übrigens zugleich auch, daß alle Prozesse darüber, ob eine Reallast zu den »in Alin. 4. des §. 65. erwähnten gehört, sistirt werde»: sollen.

4) Vergl. in Bd. I. S. 205.

Ges. v. 2. Mar; 1850, bett, die Ablös. k., (§. 65.).

569

und 65. des Ablös. Ges. nach dem Alin. 4. des §. 65. auf niedere (Ele­ mentar-) Schulen oder begeht sich solcher auf a!le Lehranstalten, insbeson­ dere auf die Gymnasien und Universitäten? ce) DasMin. für landwirlbschaft. Ang. hat in einem an die Gen. Komm, zu Stendal ergangenen R. v. 2. Dec. 1850 ausgeführt, daß die im §. 65. aufgestellten Ausnabmen striklissime ui interpreiiren und deshalb, sowie nach dem Zwecke und der Absicht der Ausnahmebestimmung, wie sich solche aus den Kammer-Verhandlungen, Motiven und Berichten der AgrarKommissionen ergeben, unter Schulen nur niedere nnd gemeine Schulen, die durch einen Schullehrer verwaltet werden, zu verstehen seien, daß diesen, nicht aber den größeren Instituten, eine Eremtion zugedacht sei. (Sprengel'S Ablös. Ges. S. 17.) ß) Die Gen. Komm, zu Stendal bat dagegen in judicando ange­ nommen, daß zwar nickt die Universitäten, wohl aber die Gym­ nasien zu den im Gesetze gemeinten Schulen gehören. (Sprengel, a. a. O., S. 17.) /) DaS Revisions-Kollegium für LandeS-Kultur-Sachen nimmt (in dem Erk. v. 4. Nov. 1851) an, daß das Alin 4. des §. 65. von der Ablösbarkeit der Reallasten an alle Lehranstalten namentlich auch an Gymnasien und Universitäten', zu verstehen sei. (Zeitschr. de- Revis. Kolleg. Bd. 4. S. 264 u. Präj. Sammt, desselb. S. 40. Nr. 3 ) b) Auch auf Schul-Fonds, welche zu Schul-Zwecken gewidmet sind (in concr. die Revenuen der ehemaligen Klosterschule zu Berge im Magde­ burgischen) findet der letzte Satz des §. 65. Anwendung. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für Landes-Kul­ tur-Sachen unterm 7. Okt. 1851 und 4. Mai 1852. (Präj. Sammt, desselb. S. 48. Nr. 24.) c) Abgaben rc. an Rittergüter, die einer Schule gehören, sind der Be­ stimmung des letzten Satzes des §. 65. unterworfen. So erkannt von dem Revisions-Kollegium für Landes-KulturSacken unterm 21. Okt. und 25. Nov. 1851. (Präj. Sammt, desselb. S. 48. Nr. 25 ) d) Waisenhäuser sind nicht als Schulen angesehen; auf sie findet daher die Ausnahmebestimmung des letzten Satzes des §. 65. keine An­ wendung. Erkannt von dem Revisions-Kollegium für Landes-KulturSachen unterm 18. Juni 1852. (Präj Sammt, desselb. S. 47. Nr. 23.) 3) Das letzte Alin, des 65. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 findet auch aus solche Reallasten Anwendung, welche Anstalten zustehen, deren Fonds zum Theil zu kirchlichen und Schul-Zwecken, zum Theil für andere Gegenstände bestimmt sind, sobald die Verwendung nicht nach be­ stimmten Ouoten erfolgen muß. Angenommen von dem Revisions - Kollegium für Landes-Kultur-Sachen per senk v. 4. März (Mai) 1852. (Zeitscbr. desselb. Bd. 5. S. 294 h. Präj. Sammt. S. 42 Nr. 8.) 4) Können im Wege der freien Vereinbarung Abgaben an Kir­ chen, Pfarren und Schulen durch Kapilalzahlung definitiv abgelöst werden? Es bejahen: a) Die (nickt publizirte) K. O. v. 13. Nov. 1850 1) (mitgetheilt durch das R. deö Min. der gcistl. rc. Ang. v. 20. Nov. 1850) in Bezug auf höhere Schulanstalten, jedeck mit dem Bemerken, daß bis zur Pu­ blikation deß im §. 65. des Ablös. Ges. vorbehaltenen weiteren Gesetzes

1) Bergt, in Bd. I. S .206.

570

Von d. Ablis. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

der fünfundzwanzigfache Betrag der Jährlichkeit zur Anwendung zu bringen sei. (Zeitsckr. de- Revis. Kolleg. Bd. 4. S. 299.) b) Die Gen. Kom. zu Stendal in der Jnstrukt. v. 12. März 1851. (Sprengel'- Ablös. Ges. S. 17.) In dem C. R. v. 18. Juni 1851 (ad 2.) bemerkt dieselbe indeß, daß die Ablösung durch den 25sachen Betrag auf die höheren Schulan­ stalten zu beschränken und nach einer Anordnung deS Min. der geistl. :c. Ang. v. 3. April 1851 bei allen anderen Schulen, Küstereien, Kirchen und geistlichen Stellen Ablösungsverttäge bis zum Erscheinen deS vorbehaltenen Gesetzes nur dann zulässig sein sollen, wenn bei ihnen der 33;fache Betrag der Kapital-Abfindung zum Grunde gelegt ist. (a. a. O. S. 72.) e) Das Revisions-Kollegium für Landes-Kultur-Sachen hat (in dem Erk. v. 16. April 1852) allgemein für statthaft erklärt, Abgaben an Kirchen, Pfarren und Schulen unter Zustimmung der geist­ lichen Oberen im Wege der freien Vereinbarung durch Kapitalzahlung definitiv abzulösen. *) Die Gründe bemerken: Die in dem G. v. 2. Marz 1850 gegebenen Ablösungsnormen kommen über­ haupt nur für den Fall einer mangelnden Einigung der Interessenten zur Anwen­ dung und schließen nirgends eine gütliche Vereinbarung der Letzteren aus. Zu einem solchen Ausschließen von Vergleichen würde ein ausdrückliches Verbotsgesetz erforderlich gewesen sein, ein solches hat jedoch die Gesetzgebung nicht für gerecht­ fertigt erachtet; die Richtigkeit dieser Ansicht ist auch in der K. O. v. 13. Nov. 1850 1 2) anerkannt, indem in derselben es nachgelassen wird, im Wege der Ver­ einbarung bis zur Publikation des im §. 65. des Ges. v. 2. März 1850 vor­ behaltenen Gesetzes, Kapital-Ablösungen von Grundabgaben an Schulanftalten ge­ gen Zahlung des 25fachen Betrages der IabreSrente zu genehmigen und eine solche Ausführungs-Bestimmung nicht ergangen wäre, wenn der §. 65. I. c. Ka­ pitals-Ablösungen überhaupt hatte verbieten wollen. Als provisorische Verordnung im Sinne des Art. 63. der Vers. Urk. kann diese Atlerh. Ordre nicht angesehen werden, da die daselbst vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht beachtet, auch dieselbe den Kammern zur nachträglichen Genehmigung nicht vorgelegt worden ist. (Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 5. S. 296. u. Praj. Samml. deffelb. S. 42. Nr. 9.)

5) Daß selbst auf den Grund einer Vereinbarung der Interes­ senten bei Ablösungen der im Alin. 4. des §. 65. erwähnten Reallasten die Ablösung derselben durch Vermittelung der Renten banken nicht zulässig sei, hat das Min. für landwirthschaftl. Ang. in dem R. v. 23. Dec. 1850 3) ausdrücklich ausgesprochen, jedoch bemerkt, daß die Bestimmung des Alin. 4. des §. 65. sich auf die unter die §§. 53. u. 55. deS Ablös. Ges. fallenden Kapital-Ablösungen nicht beziehe, weshalb auf Antrag der betr. Institute und unter Genehmigung der Oberen derselben die Zinsen der in den §§. 52. u. 55. gedachten Ablösungs-Kapitalien al­ lerdings durch die Rentenbanken abgelöst werden könnten. (Zeitsckr. des Revis. Kolleg. Bd. 4. S. 11—12.)

6) In der bewirkten Umwandlung der an Kirchen und Schulen zu entrichtenden Natural-Abgaben in Geldrenten ist keine Novation ent­ halten und daher wegen der Geldrenten ebenso die Administrativ-Erekution zulässig, wie sie wegen der ursprünglichen Natural-Abgaben in

1) DicS Erk. führt zugleich aus, daß durch die Genehmigung eines Vergleichs zwischen dem Nutznießer einer Pfarre und einem Abgaben-Verpflichteten über Ab­ lösungs-Gegenstände Seitens der geistl. Oberen der Vergleich selbst, auch ohne Zu­ stimmung oder beim Widerspruche des Patrons rechtsverbindlich abgeschlossen werde. (A. L. R. II. 11. §§. 662 ff.) 2) Vergl. in Bd. I. S. 206.

3) Vergl. in Bd. I. S. 206.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 66.).

57]

Anwendung zu bringen war. 01. der K. Regier, zu Posen v. 7. April 1853/) Min. Bl. d. i. V. 1853. S. 94 Nr. 74.) 7) Vergl. die Erläut. sub Nr 7. u. 8. zum $. 95. deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850.

3«m

66.

1. Der $. 66. bat durch die Kammern wesentliche Abänderungen erlitten. A. In dem Regier. Entw. batte derselbe folgende Fassung. a) Alin. 1. Bei Ablösung der Reallasten findet fernerhin eine Ermäßigung der Abfindung wegen der den pflichtigen Grundstücken auferlegtcn oder aufzulegenden Grundsteuern nicht statt. Dagegen bewendet es bis zur Ausführung der Ablösung bei den ge­ setzlichen Bestimmungen über die Ansprüche der Verpflichteten auf eine Vergütung dieser Grundsteuern oder auf einen Abzug von den Leistungen wegen der gedachten Grundsteuern.

b) Der erste Satz des jetzigen Alin 2. fehlte und statt dessen wa­ ren nur die demselben beigefügten Allegate in demselben' gegeben, unter welchen jedoch wiederum das Ällegat: „§§. 16. u. ff. des Nassauischen Ges. v. 10. u. 14. Febr. 1809“ nicht enthalten war. Dagegen war der übrige Theil des jetzigen Alin. 2. gleichlautend in dem Regier. Entw. enthalten. c) Das jetzige Schluß-Alin, lautete dahin: Zn Ansehung der Kündigung und der Abschlagszahlungen finden bei einer solchen Kapitals-Ablösung die Vorschriften des §. 65. Anwendung. Die Rückstände müssen mit vier Prozent jährlich verzinst werden.

Die Motive lauten dahin: Der §. 66. berührt zunächst nur die westlichen Landestheile; seine Rechtferti­ gung erfordert ein näheres Eingehen auf die dortigen Verhältnisse. Das G. über die Grundsteuern im vormaligen Königreich Westphalen v. 18. Aug. 1808 verordnete: Art. 4. „In jedem Jahre wird von der Regierung eine Grundsteuer ausgeschrieben, und der Betrag derselben sowohl an Hauptsteuer als an Zulags-Centimen durch das Finanzgesetz bestimmt u. s. w." Art. 5. „Die Grundsteuer wird in verhältnißmäßiger Gleichheit aus alles Grundeigenthum nach Maaßgabe des steuerbaren reinen Einkommens und ohne alle weitere Ausnahme, als diejenigen, welche weiter unten u. s. w. gestattet werden, veranlagt.“ Art. 59. „Die Schätzung des steuerbaren Einkommens und die Besteue­ rung der Grundstücke aller Art, sollen ohne Rücksicht aus die Renten, Grundzinsen und andere Prästationen, welche davon in Früchten oder baarem Gelde geleistet werden müssen, geschehen. Den Grundbesitzern, welche Renten und andere beständige Prästationen zu entrichten haben, bleibt in­ dessen vorbehalten, nach Verhältniß der Grundsteuer, davon ihren Gläubi­ gern einen Abzug zu machen, jedoch unbeschadet der Vollziehung der Ver­ träge, wodurch stillschweigend oder ausdrücklich solche Censiren die Entrich­ tung der öffentlichen Abgaben übernommen haben, oder welche mit Beifügung irgend einer anderen Klausel geschlossen worden sind, woraus die Uebereinkunft der Partheien hervorgeht, daß die öffentlichen Abgaben dem Rente­ pflichtigen außer der Rente oder der Prästation zur Last bleiben sollen." Art. 60. „Dieser Abzug soll überhaupt nicht statt finden, bei den so­ genannten Meiergütern und andern Gütern dieser Art, deren Besitzer nach

1) Vergl. in Bd. 1. S. 206.

572 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, den alten Gesetzen und Gewohnheiten verpflichtet find, die Steuern außer den darauf haftenden Renten noch besonders zu entrichten, es wäre denn, daß hierüber zwischen dem Gutsherrn und dem Meier oder dem Inhaber eine andere Uebereinkunst getroffen worden wäre." Durch das Dekret v. 31. Mai 1812, die Grundsteuern betr., wurde in dem Königreich Westphalen die Grundsteuer auf 20 Prozent oder den fünften Theil des reinen Ertrags des steuerbaren Grundeigenthums bestimmt und im Art. 40. angeordnet: „In Gemäßheit des Art. 59. des G. v. 18. Aug. 1808 soll von jetzt an der Unterschied aushören, welcher bisher in verschiedenen Theilen des Königsreichs in Rücksicht der Erhebung der Grundsteuer zwischen den mit Renten, Grundzinsen und anderen Natural- oder Geld-Prästationen be­ schwerten und den mit solchen Abgaben nicht belasteten Grundstücken statt­ gefunden hat. „Die Pflichtigen sollen die Grundsteuer ganz bezahlen und den Eigen­ thümern der Prästationen den fünften Theil derselben in Abzug zu bringen ermächtigt sein, jedoch nur in den Fällen, wo, in Gemäßheit der Art. 59. und 60. des Ges. v. 18. Aug. 1808, dieser Abzug gemacht werden darf." In den Französ. Depart. gründet sich das Nbzugsrecht der Rentepflichtigcn aus Art. 35. des Dekr. v. 9. Dee. 1811, welches im Wesentlichen aus dem ge­ dachten Westphälischen Gesetze von 1808 entnommen ist. Im Großherzogthum Berg endlich ist die Französische Grundsteuer durch ein ausdrückliches Gesetz nicht eingeführt; sie bestand jedoch faktisch ebenso wie in dem ehemaligen Königreich Westphalen und den Französischen Depart., und eS ist die Gültigkeit der hieraus bezüglichen Gesetze in den letztgedachten Landestheilen auch in dem Großherzogthum Berg niemals bezweifelt worden. DaS G. v. 25. Sept. 1820 über die gutsherrlich - bäuerlichen Verhältnisse in den sämmtlichen vorgedachten Landcstheilen erkannte im Wesentlichen die Bestim­ mungen der oben gedachten Westphalischen Gesetze an, indem eS §. 29. verordnete: „Ueberalt, wo die unter der Französischen, Königlich Westphalischen oder Bergischen Herrschaft cingeführte Grundsteuer-Verfassung bei den bäuerlichen Besitzungen noch besteht, sind die Bauern befugt, von allen aus dem bäuer­ lichen Verhältniß in Naturalien oder in Gelde zu entrichtenden Leistungen, dem Berechtigten den fünften Theil in Abzug zu bringen. Jedoch darf die­ ser Abzug niemals mehr, als die von dem Bauer bezahlte Grundsteuer selbst betragen, auch steht es dem Gutsherrn frei, den wirklichen Reinertrag des Bauerguts nachzuweisen, und wenn sich daraus ergiebt, daß die Grundsteuer­ weniger als ein Fünftel dieses reinen Ertrags beträgt, auch den Abzug in demselben Verhältniß zu vermindern." 3ii §. 30. „Der im §. 29. bestimmte Abzug sott ebenso bei allen Iehnten stattfinden, ohne Unterschied, ob dieselben bei einem gutsherrlichen Verhältniß, oder aus einem andern Grunde beruhen." Der §. 32. enthielt nun die Ausnahmen, in welchen der Fünftel-Abzug nicht siattfinden sollte, nach Maaßgabe des Westphalischen Gesetzes, und fügte nur in Bezug auf Renten, welche an die Stelle zufälliger Rechte getreten inib auf Dienste eine Ausnahme bei, welche übrigens sowohl der PrariS als den Worten der ge­ dachten sremdherrlichen Gesetze entsprach. DaS G. v. 25. Sept. 1820 wurde in Folge mehrfacher, namentlich auch Sei­ tens der Berechtigten über den Fünftel-Abzug laut gewordener Klagen einer Revifion unterworfen, aus welcher die drei Gesetze v. 21. April 1825 für das ehema­ lige Königreich Westphalen, das Großherzogthum Berg und die Französisch-Hansea tischen Depart. hervorgingen. In dem Tit. IV. dieser Gesetze sind fast völlig gleichlautende, allein sehr komplizirte Bestimmungen über die Grundsteuer unb deren Vertheilung zwischen den Berechtigten und Verpflichteten enthalten. Dieselben gehen hauptsächlich auf die Verhältnisse v o r Einführung der fremd­ herrlichen Steuergesetze zurück, und es wird durch sie die Vefugniß der Verpflichte­ ten zum Fünftel-Abzug zur Ausnahme, während sie nach den fremdherrlichen Ge­ setzen und dem G. v. 25. Sept. 1820 die Regel bildete. Diese Vorschriften haben niemals sich des Beifalls der betreffenden Landcötheile zu erfreuen gehabt, wie zur Genüge aus den mehrfach darüber geführten Beschwer­ den von Privatpersonen und Gemeinden, sowie aus den Petitionen der Rheinischen

Ges. v. 2. März 1850, betr. die AblSs.

k.,

(§. 66.).

573

Landtage hervorgeht, die namentlich eine unbedingte Ausdehnung des Fünftel-Abzugs aus alle Zehntpflichtigen forderten. Auch neuerlich noch find häufig Anträge auf eine solche allgemeine oder we­ nigstens erweiterte Ausdehnung der Befugniß zum Fünstel-Abzug gemacht. Anderer Seits ist aber gegen die in dem vorliegenden Gesetzentwurf in Aus­ sicht gestellte Kapitalisirung der Ablösungsrente mit dem löfachen statt des bisheri­ gen 25sachen Betrages nirgends größerer Widerspruch erhoben worden, als in den westlichen Landestheilen, und namentlich in der Provinz Westphalen. Wenn nun auch im Allgemeinen die-Behauptung nicht zugegeben werden kann, daß die Berechtigten in diesen Landestheilen genöthigt worden seien, den Verpflich­ teten erheblich größere Opfer zu bringen, als den Berechtigten in den übrigen Lan­ destheilen zugemuthet worden find, so kann wenigstens der Einwand nicht in Ab­ rede gestellt werden und unberücksichtigt bleiben, daß bereits durch die Einwirkung der fremdherrlichen Gesetze die gutsherrliche oder feudale Ratur der Abgaben und Leistungen der bäuerlichen Stellenbesitzer jener westlichen Provinzen fast völlig be­ seitigt worden ist, daß ferner dergleichen Abgaben dort schon ein Gegenstand deS freien Verkehrs geworden sind, und sich zum großen Theil nicht mehr in den Hän­ den der ursprünglich berechtigten Gutsherrn, sondern in denen von milden Stiftun­ gen, Gemeinden und Privatpersonen befinden, welche deren Akquisition als das sicherste Mittel zu einer günstigen Anlegung ihrer Kapitalien betrachtet haben. Des­ halb sind denn auch von dort her gegen die in dem Promemoria v. 10. Juni 1848 projektirte Ablösung mit dem 18fachen Betrage der Rente eine Menge von Klagen eingegangen. Am lebhaftesten haben sich in dieser Beziehung die städtische Verwal­ tung des Waisenhauses und der Armenanstalten zu Soest geäußert. Sie veran­ schlagen den durch das projektirte AblösungSgesetz der Kämmerei und den Armen­ anstalten drohenden Kapitalsverlust auf 45,000 Rthlr., den Verlust einzelner Bür­ ger der Stadt aber auf mehr als 100,000 Rthlr., und heben dabei hervor, daß die Äussälle in den städtischen Einnahmen von den Einwohnern wieder auszubringen

seien, obgleich diese zum großen Theil in viel schlechteren Vermögens-Umständen sich befänden, als die Besitzer der ländlichen Grundstücke. Um so weniger sei ein Grund vorhanden, den Letzteren mit dem wohlerworbenen Eigenthume der Stadt und ihrer Bürger ein Geschenk zu machen. Es darf hier ferner nicht unbemerkt bleiben, daß in den westlichen LandeStheilen Seitens der Verpflichteten bisher noch keine Klagen über die Höhe des bisherig gen Ablösungssatzes laut geworden sind. Wohl aber wird vielseitig von dort her die Gestattung des Fünftel-Abzugs von den Geld- und Ratural-Abgaben, nament­ lich von dem Ratural-Fruchtzehnten, als ein dringendes Bedürfniß dargestellt. Die Frage, ob dieser Fünftel-Abzug in der Regel rechtlich gefordert werden könne, ist zwar bei den Vorberathungen über die Gesetze v. 21. April 1825 von der damals mit der Revision des G. v. 25. Sept. 1820 beauftragten Kommission mit großer Gründlichkeit untersucht und erwogen worden; eine Uebereinstimmung der Meinungen unter den Mitgliedern der Kommission hat jedoch nicht herbei­ geführt werden können. Daß wenigstens die Billigkeit in den meisten Fällen für die Gestattung des Fünftel-Abzuges spricht, kann offenbar nicht verkannt wer­ den. Erwägt man aber, daß dte Vorschriften der Gesetze v. 21. April 1825 über diesen Gegenstand nun schon seit 24 Zähren zur Anwendung gekommen, und in diesem Zeitraume der größte Theil der bei der Frage betheiligten Grundstücke ohne Rücksicht aus die Befugniß zu diesem Fünftel-Abzüge in die Hände ihrer jetzigen Besitzer übergegangen ist, so leuchtet ein, daß, wenn man erst gegenwärtig diese Befugniß den Verpflichteten einräumen wollte, die dadurch beabsichtigte Wohllhat nicht mehr denjenigen, welche ursprünglich Anspruch darauf hatten, sondern meistens solchen zu Theil werden würde, denen kein Anspruch darauf zusieht. Der Versuch einer Ausgleichung unter den gegenwärtigen und den früheren Besitzern der verpflichteten Grundstücke würde aber offenbar zu den größten Weite­ rungen führen. ES leuchtet ferner ein, daß, wenn man neben dem Fünftel-Abzuge auch noch eine Kapitalisirung mit dem lüsachen statt des bisherigen 25fachen Betrags gestatten wollte, die Berechtigten auf das Aeußerste gefährdet, ja zum großen Theil zu Grunde gerichtet werden würden. Endlich ist aber auch klar, daß der Fünftel-Abzug mit der jetzt beabsichtigten Einrichtung von Rentenbanken durchaus nicht zu vereinigen ist, indem durch diese das Verhältniß zwischen dem Verpflichteten und dem Berechtigten sogleich gelöst, die

574 Don d. Ablöf. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Rente fortan nicht mehr an den Berechtigten, sondern an die Bank entrichtet, aber auch allmälig amortisirt werden und nach einer gewissen Reihe von Jahren ganz aufhören soll, wo alsdann jeder Grund zu einem Abzug von derselben wegfallt. Bei Erwägung aller dieser Umstände erschien eS am angemessensten, mit der jetzt beabsichtigten erleichterten Ablösung der Renten durch Erlegung, entweder ihrelösachen Betrags in baarem Gelde, oder ihres 20sachen Betrags in Rentenbriefen zugleich alle weiteren Ansprüche der Verpflichteten auf den Fünftel-Abzug für be­ seitigt zu erklären. Es wird hierdurch nicht nur für die Berechtigten in den west­ lichen Landestheilen die Härte, welche sonst das neue Ablösungs-Gesetz und der darin bestimmte geringere Ablösungssatz für sie allerdings haben würde, wesentlich gemildert, sondern auch den Verpflichteten nicht zu nahe getreten. Denn wahrend diese bisher bei einer Kapital-Ablösung den 25sachen Betrag der Rente erlegen mußten, hiervon aber ein Fünftel wegen der Grundsteuer zurückbehalten zu dürfen verlangten, wird ihnen dies Letztere jetzt schon bei der Ablösung durch die Renten­ bank gewährt, indem sie hier fortan nur den 20sachen Betrag der Rente durch einst­ weilige Fortzahlung derselben zu verzinsen und allmälig zu amortifiren brauchen. Wählen sie aber statt der Ablösung durch die Rentenbank die sofortige baare Zah­ lung des Ablösungs-Kapitals, so stellt sich dies für sie noch günstiger, indem sie alsdann nur das 18fache der Rente zu erlegen brauchen, und mithin auf die von ihnen fortzuzahlende Grundsteuer nicht blos 20, sondern 28 Prozent der Rente ersetzt erhallen. Ein ähnliches Verfahren, wie das vorliegend in dem Entwurf gewählte, ist schon in dem G. v. 22. Sept. 1839, betreffend die Rechtsverhältnisse der Grund­ besitzer und die Ablösung der Reallasten in den Grafschaften Wittgenstein-Wittgen­ stein rc. (G.'S. 1840, S. 6), angewandt worden, indem auch dort (§§. 11. seq. a a. O.) den Verpflichteten ohne Unterschied ein Fünftel der statt ihrer Real-Ab­ gaben ermittelten Rente erlassen, hierdurch aber jeder Anspruch auf einen Abzug oder eine Vergütung wegen der Grundsteuern für beseitigt erklärt wurde. Dies sind die Gründe, auf welchen die im Eingänge des §. 66. ausgesprochene Vorschrift beruht, daß bei Ablösung der Reallasten (nach den Grundsätzen dieses neuen Ablösungsgesetzes) fernerhin eine Ermäßigung der Abfindung wegen der dem verpflichteten Grundstück auferlegten Grundsteuer nicht Statt finden solle. Bis zur Ausführung dieser Ablösung mußten aber, — wie es in dem nächstfolgenden Satze des §. bestimmt ist — die in den westlichen Landestheilen wegen deö Fünftel-Ab­ zugs bestehenden Vorschriften aufrecht erhalten bleiben. Endlich aber war es noth­ wendig, auch Bestimmungen für diejenigen Fälle in jenen Provinzen zu treffen, in denen nach den bisherigen Ablösungsgesetzen eine Regulirung der Ablösungsrente oder eines verzinslichen Ablösungskapitals bereits eingetreten, und hierbei den Ver­ pflichteten eine Grundsteuer-Vergütung durch Ermäßigung jener Rente oder jenes Kapitals schon gewährt worden ist. Es leuchtet ein, daß solchen Verpflichteten nicht gestattet werden kann, die ermäßigte Rente oder die Zinsen des ermäßigten Kapitals durch Erlegung ihres nur 18fachen Betrages abzulösen, weil ihnen sonst zum Nach­ theil der Berechtigten eine doppelte Ermäßigung für die Grundsteuerpfiicht zu Theil werden würde. Rücksichtlich ihrer war daher der Zusatz in dem Gesetz erforderlich, daß falls sie eine Ablösung nach den Bestimmungen deS letzteren vornehmen wollen, zuvor ihrer Rente oder dem von ihnen verzinsten Ablösungökapital derjenige Betrag wieder hinzugesetzt werden müsse, welcher davon bisher wegen der Grundsteuer in Abzug gebracht worden ist. Will fich ein solcher Verpflichteter dies nicht gefallen lassen, so folgt von selbst, daß er auf die Erleichterungen des vorliegenden neuen Gesetzes nicht Anspruch machen, sondern eine definitive Entlassung von seiner Rente oder von den Zinsen des Ablösungskapitals nur nach den bisher geltend gewesenen Gesetzen fordern kann.

B. Die Kommission der II. Kammer beantragte die unverän­ derte Annahme des §. in der von der Regier, vvrgeschlagenen Fassung, jedoch mit Ausnahme des Schluß-Alin., für welches sie dessen gegen­ wärtige Fassung vorschlug. Sie bemerkte in ihrem Berichte nur: Die im §. 66. enthaltene Bestimmung hat die Agrar-Kom. durch die von der Königl. Reg. in den eingereichten Motiven ausführlich dargelegten Gründe für voll­ ständig gerechtfertigt erachtet. Dieselbe hat sich deshalb derselben einstimmig an­ geschloffen.

Ges. v. 2. März 1850, Vetr. die AblSf. re., (§. 66 ).

575

Nur zum letzten Alinea dieses §. ist zu bemerken, daß dasselbe nunmehr einer andern (nämlich der jetzigen) Fassung bedarf, weil der §. 65. deS Gesetz-Entw. eine Abänderung erlitten hat, und daher eine Bezugnahme auf denselben nicht mehr stattfinden kann.

DaS Plenum der II. Kammer trat dem Anträge der Kommission bet. *) (Stenogr. Ber. der II. K. 18*$, Bd. 3. S. 1538.)

C. Die Kommission der I. Kammer beantragte, dem §. diejenige Fassung zu geben, welche derselbe gegenwärtig hat, und motivirte dieS in folchender Art: Zu §. 66. wurde die mit Rücksicht auf die Reg. Motive ah den Reg. Kommiffarius gemachte Anfrage: „ob der erste Satz deS §., wie gegen die Motive in der Debatte der II. K. erklärt worden sei (pag. 1537, stenogr. Ber.), sich nicht blos auf die westlichen Provinzen, sondern auf den ganzen Staat beziehen solle," bejahend beantwortet. Unter ausdrücklicher Hinweisung daraus, daß eS sich hier nur um die Verhältnisse eigenthümlicher Besitzer handle, hielt die Kommission die Annahme dieses Grundsatzes um so mehr für zweckmäßig, als bei der bevorstehenden Steuerausgleichnng das bisherige SteuerumschreibungS-Verfahren eine große und unnöthige Verzögerung in die Ablösungen bringen würde. Um die Allgemeinheit der Bestimmung klarer herauözustellen, wurde beschlossen: mit dem ersten Satze deS Alinea 1. ein besonderes Alinea zu bilden und dahin zu fassen:

1) Zum §. 66. waren in der II. K. folgende Verbess.-A nträge gestellt worden: a. Von dem Abgeordn. v. Kleist-Retzow (nicht gedruckt): „die im §. 66. enthaltene Anführung spezieller Gesetze zu streichen „1. sowohl nach Alin. 1., als auch „2. im Alinea 2." b. Von dem Abgeordn. Diesterweg u. Gen. (nicht gedruckt): „im §. 6. einzuschalten: „das Nassauische Gesetz v. 10. u. 14. Febr. „1809. §§. 18. u. 19." Motive. „Die Vergütung der von den Inhabern der Grundstücke zu bezahlenden „vollen Grundsteuer ist in den zum Herzogthum Nassau früher gehörigen „Gebietstheilen des Reg. Bezirks Koblenz in Bezug auf die Empfänger „der Reallasten durch das Nassauische Ges. v. 10. «. 14. Febr. 1809. Ve„stimmt, und namentlich auch die Art und Weise der Berechnung, der „Rückvergütung der Steuern dadurch festgesetzt." c. Von dem Abgeordn. Lohmann u. Gen. (Drucks. Nr. 348. ad I.): Die Kammer wolle, „in Erwägung, daß die bisherigen Gesetze eine freie Einigung über „den Ablösungssatz gestatteten und die etwa getroffene Einigung daher „auch in dem Falle aufrecht erhalten werden muß, wenn bei einer Ab„lösung die dem Verpflichteten günstigeren Bestimmungen des jetzt vor„liegenden Gesetz-Entwurfs nicht in Anwendung kommen sollen, beschließen: „zu den Schlußworten des vorletzten Absatzes, nämlich zu dem Satze: „die vorgedachten Ablösungs-Renten aber können in einem solchen „Falle nur mit ihrem 25fachen Betrage durch Kapital-Zahlung auf „Antrag des Verpflichteten abgelöst werden, hinzuzusetzen: „Ist jedoch ein anderer AblösungS-Satz vertragsmäßig festgesetzt, so hat „eS bei letzterm sein Bewenden." Zu diesem Amendement (ad c.) hatten die Abgeordneten Hartmann und Ostermann das Unter-Amendement gestellt: „statt des Wortes: „anderen" zu setzen: „geringeren". Alle diese*Verbeff.-Anträge wurden abgelehnt. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1538.)

576

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungm u. Gem. Theilungen.

„Bei Ablösung der Reallasten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes findet weder eine Ermäßigung der Abfindung wegen der, den pflichtigen Grundstücken auferlegten oder aufzulegenden Grundsteuer, noch auch eine Umschreibung der von den berechtigten Grundstücken für die abgelösten Reallasten zu entrichtenden Steuern, auf die verpflichteten Grundstücke statt." Den übrigen Inhalt des §, anlangend, mußte sich die Kom. aus den, in den Motiven entwickelten Gründen in ihrer Majorität damit einverstanden erklären. Allerdings ist die Meinung weit verbreitet, daß die frühere, die verschiedenen westphälischen Landestheile sehr ungleich behandelnde Gesetzgebung manches Unrecht ge­ than habe. Bei dem seitdem vielfach durch Erbschaft und Kauf eingetretenen Wech­ sel der Grundstücke ist es aber nicht mehr möglich, denen wieder gerecht zu werden, die einen persönlichen Verlust erlitten haben. Im Gegentheil würden mit Durch­ führung des J Abzugs, der in einem Theile des Staates, in welchem er eingeführt ist, dennoch aber schon seit lange fast gar. nicht mehr bestehet, weil die Voraus­ setzungen seiner Zulässigkeit sehr selten eintreffen, neue Verluste sich zeigen. Wollte man im Herzogthum Westphalen und im Fürstenthum Siegen, wo er wirklich noch erfolgt, dem Berechtigten, der somit nur r seiner Rente beziehet, noch | durch Re­ duktion des Multiplikators nehmen, so würde eine große Unbilligkeit gegen ihn her­ vortreten. Deshalb ist, um das Gleichgewicht wieder herzustellen, nur übrig ge­ blieben, grade durchzuschneiden, und so den | Abzug ein für allemal zu beseitigen. Die dem Verpflichteten gelassene Alternative, entweder nach dem gegenwärtigen Ablösungsgesetze ohne Berücksichtigung des £ Abzugs, oder mit Berücksichtigung desselben, nach den alten Grundsätzen mit dem 25 fachen Betrage abzulösen, war daher unvermeidlich. Ein Antrag: im letzten Satz des Alin. 2 statt: „25 fach en" zu setzen: „20 fach en," blieb in der Minorität. Ein fernerer Antrag aber: als Alin, beizufügen: §. 16. des Nassauischen Gesetzes v. 10. und 14. Febr. 1809. wurde angenommen, weil auch in diesem Gesetze dem Belasteten die Pflicht aufer­ legt ist, die Steuer von den auf seinem Gute hastenden Lasten zu entrichten, dasselbe ihn aber zum Abzüge des Steuerbetruges von der Abgabe an den Berechtigten für befugt erklärt. Mit der erwähnten Abänderung wird der §. zur Annahme empfohlen.

Das Plenum der I. Kammer trat dem Anträge der Kommission bei. r) (Sten. Ber. der I. K. 18* » , Bd. 5. S. 2570.)

D. Die II. Kammer ist demnächst, auf den Antrag ihrer Kommission, den von der I. Kammer beschlossenen Modifikationen des §. 66. ohne wei­ tere Diskussion beigetreten. (Stenogr. Ber. der II. K. 18z». Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Die Vorschriften des §. 66. finden nur Anwendung bei Ablö­ sung der Reallasten nach den Bestimmungen des Äblös. Ges. y. 2. März 1850, mithin nicht in Bezug aus die durch Gemeinheits-

1) Der Abgeordn. Kisker hat zum §. 66. folgenden Verbess.-Antrag (Drucks. Nr. 537. ad 2 gestellt: a) „im letzten Satz des vorletzten Alin, statt: „25fachen" zu setzen: „20fa* „cken;" b) „im letzten Alin, statt: „vier Prozent" zu setzen: „fünf Prozent." Motive. „Zu a.: DaS Reckt ans Ablösung zum 20 sacken Betrage, wenn ver„tragS- und re;eßmößig kein anderer. Ablösungssatz festgestettt ist, folgt auS „den in §§. 65. und yi. angenommenen Bestimmungen. „Zu b.: Fünf Prozent find die gesetzlichen Zinsen, und auch im §. „65. für gleiche Fälle, wenn Zahlungen in Rückstand bleiben, vorge-

„schrieben."

Dieser Antrag wurde abgelehnt. 2570.).

(Stenogr. Ber. der I.*JL Bd. 5. S.

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. re., ($. 66.). Theilungen vorgehenden Veränderungen der Verhältnisse. *) ferner der §. 96. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850:

577

Es bestimmt

1) Zur Uebersicht der Bestimmungen der vor dem Jahre 1850. erlas­ senen agrarischen Gesetze bezüglich der Grundsteuer-Umschreibung ist zu be­ merken, daß nach den bisherigen Gesehen zu unterscheiden war zwischen den Auseinandersetzungen: a) bei Regulirungen der gutSherrl. bäuerl. Verhältnisse nach dem Ed. v. 14. Sept. 1811. und dessen Dekl. v. 29. Mai 1816; b) nach der Gemeinheits-Th. O. v. 7. Juni 1821., und c) nach den Ablösungs-Ordnungen. WaS:

a) die Regulirungen nach dem Ed. v. 14. Sept. 1811. und dessen Dekl. v. 29. Mai 1816. betrifft, so galt (nach §. 13. Nr. 4. Litt. d. u. § 47. des Ed.) der Grundsatz, daß im Falle der Normalentschädigung durch Land­ abtretung sowohl die Grundsteuer, wie die Dienflsteuer, und die Steuer von Natural- und Geldabgaben überall nach dem Verhältnisse der Landtheilung zu repartiren; wenn dagegen die Entschädigung in Rente oder Kapital gegeben wurde, so blieb die Grund st e uer unver­ ändert bei dem Bauer Hofe und es ging davon auf die Gutsherrschaft nichts über, die Dien st steuer und die Steuern von Natural- und Geld­ abgaben dagegen wurden dem Dominium ganz abgeschrieben und dem Bauer­ gute ohne Veränderung des Divisors überwiesen; wurde endlich die End­ schädigung theils in Rente oder Kapital, theils in Land gegeben, so sollte die Steuervertheilung ebenfalls nach Verhältniß der Laudtheilung regulirt werden, so daß die GutSherrschaft, jenachdem sie statt der Land-Quote von i und oder £ das übrige in Rente oder Kapital erhielt, auch nur resp, i oder £ jener Steuer überkam und die andern K oder f der Grund­ steuer bei dem Bauerhose verblieben, auf welchem außerdem noch - oder f der Steuer von den Diensten und Natural- und Geldabgaben ohne Ver­ änderung des Divisors übergingen. b) Bei Gemeinheit- - Theilungen nach dem G. v. 7. Juni 1821. gelten nach den Bestimmungen der §§. 148. u. 156. der Gem. Th. Ord. folgende Grundsätze: a) Wird Land gegen Land abgetreten, so bleibt die Grundsteuer unverän­ dert und findet eine Ab- und Zuschreibung nicht statt. ß) Werden Grundstücke gegen Kapital und Rente abgetreten, so geht die Grundsteuer mit dem Lande auf den neuen Erwerber über. y) Werden Grundstücke für aufgehobene Gerechtigkeiten gegeben, so darf keine besondere Steuer-Ab- und Zuschreibung weiter statt finden. d) Wenn steuerpflichtige Berechtigungen gegen Land abgetreten werden, so bleibt ebenfalls das Steuerverhältniß unverändert, so daß die auf der Berechtigung haftende Steuer nach wie vor von dem Besitzer des Grund­ stückes, welchem die abgelöste Berechtigung bisher zuftand, entrichtet wird, wogegen aber derselbe die auf dem abgetretenen Lande haftende Grundsteuer nicht übernimmt. e) Werden steuerpflichtige Berechtigungen durch Kapital oder Rente abge­ löst, so geht die Steuer auf das Grundstück über, welches bisher mit der abgelösten Berechtigung belastet war. £) Werden Berechtigungen mit Berechtigungen kompenssrt, und gegen ein­ ander aufgehoben, so bedarf es keiner Steuer-Umschreibung. 17) Bei Kompensationen einer steuerpflichtigen mit einer steuerfreien Be­ rechtigung findet ebenfalls keine Uebertragung statt. c) Bei Ablösungen der Dienst-, Natural- und Geldleistungen von Grundstücken (nach der Ablös. Ordn. v. 7. Juni 1821.) gelten folgende Grundsätze: «) Wird die Entschädigung in Land gegeben, so bleibt das Steuerverhält­ niß völlig unverändert. Dasselbe gilt ß) im Falle der Entschädigung in Rente, welche an die Stelle der Dienste und Natural-Leistungen tritt, es sei denn, daß die Interessenten stch Landeö-Kultur-Gesetzg. Vd. tt. 37

578 Don L. Ablis. ter Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. In Beziehung auf die Kommunal-Verhä ltnisse und die Grund­ steuern treten außer den Vorschriften deS §. 66. durch die Ausführung des ge­ genwärtigen Gesetzes keine Veränderungen ein. ES bleibt vielmehr die Regulirung dieser Verhältnisse der künftigen Gemeinde-Ordnung und den Gesetzen über die Grundsteuer vorbehalten.

Außerdem bestimmt in Bezug hierauf der §. 51. des Rentenbank-Ges. y. 2. März 1850: Die Ablösung durch die Rentenbanken begründet nickt die Nothwendigkeit einer neuen Verkeilung der Grundsteuern. (Steuer-Umschreibung.)

Aus der Zusammenhaltung dieser Vorschriften ergiebt sich, daß die bisherigen Vorschriften über die Grundsteuer-Umschreibung nur noch in Bezug auf Gemeinheits - Theilungen maaßgebend sind. Das Ablös. Ges. v. 2. März 1850 geht nämlich davon aus, daß die Entschädigung für die Beibehaltung der vollen Grundsteuer auf den Grundstücken der Pflich­ tigen, welche nach den Prinzipien desselben nur Rente und nicht mehr Landabfindung zu gewähren haben, bereits bei den Abfindungßnormen und Enrschädigungsgrundsätzen, wonach die gesetzliche Berechnung der RenteEntschädigung erfolgt, berücksichtiget und ausgeglichen sei, und der §. 96. a. a. O. behält nur die weitere Regulirung der betr. Verhältnisse der Ge­ meinde-Ordnung und dem Grundsteuer-Gesetze vor. Es findet daher nach gegenwärtiger Lage der Gesetzgebung gar keine Steuerumschreibung bei Ablösungen von Reallasten und gutsherrlich-bäuerlichen Regulirungen mehr statt, weder bei Ab­ lösungen in Kapital, noch bei Ablösungen in Renten, und selbst ein frei­ williges Abkommen über die Steuervertheilung ist bei Auseinander­

darüber einigen, daß der Rentpflichtige die auf den Diensten und Ab­ gaben haftende, dem Berechtigten zur Last geschriebene Steuer, nicht erst bei der Ablösung der Rente durch Kapital, sondern sofort über­ nehme. y) Erfolgt die Ablösung durch Kapital, so geht die auf den Diensten, wie auf den Natural- und Geldabgaben haftende Steuer auf dasjenige Grundstück über, welches mit diesen Leistungen belastet war. Ebenso wenn die ad ß stipulirte Rente durch Kapital abgelöfl wird. Es muß also in diesen Fällen eine Steuerumschreibung erfolgen. (Vergl. über diesen Gegenstand die R. des Min. des I. u. refpl des I. u. d. F. v. 15. Febr. 1821, 22. Mai 1821, 8. Aug. 1822, 11. Dec. 1823, 10. Sept. 1824, 10. Dec. 1824, 6. April 1825, 18. März 1826, 9. März 1827, 30 Sept. 1837 und 3. Sept. 1838, sowie das Publik, der Negier, zu Oppeln r. 15. Aug. 1826. (welches letztere sämmtliche Grundsätze über die Steuervertheilung ;usammenstellt) in Koch's Agrargefttzgeb. zu §. 13. beS Regulir. Ed. v. 14. Sept. 1811. u. §. 156. der Gem. Th. O. v. 7. Juni 1821.) Zu erwähnen ist noch, daß das R. des Min. des I., des Königl. Hauses und d. F. v. 27. Dec. 1836. (v. K. Ann. Bd. 20. S. 985. Nr. 85.) bestimmt hatte, „daß bei allen gutsherrlich-bäuerlichen Regulirungen, GemeinheitStheilungen und Ablösungen wo möglich stets eine gütliche Einigung dahin zu vermitteln sei, daß diejenigen Interessenten, welche steuerpflichtige Grundstücke gegen Verzichtleistung auf Renten, Präftationen, Servituten und andere Gerechtigkeiten erwerben, die .auf diesen Grundstücken haftende Grundsteuer mit übernehmen und dafür durch Ver­ mehrung des Abfindungslandes oder auf andere Weise entschädigt werden. Domainen- und Forst-Grundstücke sollten in dieser Beziehung anderen steuerpflichtigen Grundstücken gleich geachtet und sollte die von den Erwerbern derselben zu über­ nehmende Steuer so berechnet werden, wie es nach §. 5. des Abgaben - Ges. v. 30. Mai 1820. geschehen würde." ' Vergl. auch die Erläut. zum §. 156. der Gem. Th. O. v. 7. Juni 1821.

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 66.).

579

setzungen dieser beiden Kathegorien unzulässig. Dasselbe gilt (nach §. 96. des Ablös. G.) von den Kommun al-Abgaben und Leistungen. l)2 3 III. 9lur das Alin. 1. des §. 66. enthält eine für sämmtliche Landestheile der Monarchie, mit Ausnahme der auf dem linken Rheinufer belegenen, zur Anwendung kommende Vorschrift. Die sämmtlichen übrigen Bestimmungen des §. 66. betreffen nur die westlichen Landestheile, wie dies auch ausdrücklich, sowohl in den Motiven des Regier. Entw. zum §. 66., *) als in dem Berichte der Kommission der I. Kammer, ') als auch bei der Diskussion in den Kammern 4) anerkannt worden ist. Der Zweck und die Bedeutung der auf die westlichen Landestheile beschränkten Vorschriften des §. 66. erhellen klar aus den in den Moti­ ven des Regier. Entw. niedergelegten ausführlichen Erläuterungen, auf welche deshalb verwiesen werden kann. Es knüpfen sich daran nur noch folgende Bemerkungen: 5) 1) Zum ersten Satze des Alin. 2. des §. 66. Unter dem im ersten Satze des Alin. 2. des §. 66. gebrauchten Aus­ drucke : „Ausführung der Ablösung" ist nicht der Zeitpunkt der Uebernahme der Rente durch die Rentenbank zu verstehen, sondern der Zeitpunkt der Verwandlung der bisherigen Leistung, welcher nach §. 104. des Ablös. Ges. von den Partheien, event, von der Auseinandersetzungs­ behörde bestimmt wird. Dies hat das Min. für landwirthschaftl. Ang. in dem R. v. 23. Dee. 1850 6) (Zeitschr. des Revis.Kolleg. Bd. 4. S. 108.) ausgeführt. 2) Zum zweiten Satztheile des Alin. 2. des §. 66. Der hier in Bezug genommene §. 127. der Ablös. Ordn. v. 13. Juli 1829 für die vormals König!. Westphälischen re. Landestheile bestimmt' Wenn der Berechtigte, in Beziehung aus die ihm zustehende Neal-Berechtigung, irgend einen Beitrag zur Grundsteuer des verpflichteten Guts zu geben hat, so

1) Bergt, über die betr. Bestimmungen des Ablös. und Rentenbank-GeseheS den Aufsatz in Robe'S Lehrzeitung für Entlast, des banerl. Grundbesitzes, Jahrg. 1850. S. 9 —11. 2) Bergt, oben S. 571—574 ff. 3) a. a. O. S. 575—576. 4) Bergt, die stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1533 — 1537. u. der I. K. Bd. 5. S. 2568—2570. — Das von dem Abgeordn. v. Kleist-Retzow zum §. 66. gestellte Amendement (f. oben S. 575 Note 1 ad a.) hatte die Teuren;, die sämmt­ lichen Bestimmungen dieses §. aus alle Landestheile auszudehlien, was indeß von dem Reg. Kommissarius (Geh. Reg. R. Schellwitz) und dem BerichtScrstatter (Abgeordn. Ambronu) als völlig unzulässig bekämpft, woraus das Amen­ dement denn auch von der II. Kammer verworfen wurde. 5) Zur Gesebieb te des sogen. Fünftel-Abzuges vergl. in Betreff der ehemals Königl. Westphälischen Landestheile, DönnigeS LandeS-Kult. Ge­ setzgebung Bd. 2. S. 114.; in Betreff der ehemals Großherzoglich Bergi­ schen Landestheile, a. a. O. S. 117.; in Betreff der ehemals Französisch­ hanse at isch en Departements, a. ) Endlich wurden sie als allgemeine Grundsätze der Landesverfassung in das im Jahre 1794 publizirte A. L. R. (Th. II. Tit. 7. 14-16., 136., 138., 141 ff. u. a. a. £).), so wie in spätere Verordnungen2 * )13 übernommen. Obige Beläge aus der Landes-Geschichte und Verfassung genügen, um ein Urtheil über solche Ansichten zu gewinnen, wie sie auch heut zu Tage bei der Beurtheilung der Rechtsprinzipien unterlaufen, auf denen das Ed. v. 14. Sept. 1811 und die späteren Regulirungs-Gesetze beruhen. Dasselbe steht mit der Ablösung der Dienste, Servituten u. s. w. aus einem und demselben Rechts- und politischen Boden, woran man damals auch die Prophezeiung des Unterganges des Preuß. Staates anknüpfte.s) Es geEs ergiebt sich hieraus nur, wie unzutreffend derartige Anschauungen für die wirkliche Geschichte, das eigentliche Recht und die Landesverfassung sind. 1) Vergl. die allgem. Einleit, in Bd. I. S. LXXII -LXX11I. 2) Vergl. ebendas, in Abth. II. Abschn. III S. LXXI. ff. 3) Die historisch bekannte Petition der Lebuser Kreis-Stände gegen die Stein-Hardenbergische Gesetzgebung erblickte damals in der beabsichtigten Aufhebung der HütungS-Gemeinsckaften, Servituten, Zehnten, Frohndienste rc. den Untergang der Monarchie Preußens und aller gesellschaftlichen Ordnung. Der seitdem weit vorgeschrittenen Erkenntniß ungeachtet, tönt das Echo verklungener Ansichten und Zustände von Zeit zu Zeit wieder durch die lebendige Gegenwart. Wenn insbesondere in dem (unten zum §. 74. des Ablös Ges. Zus. III. ad C. sub DD. abgedruckten) Ber. der Agrar-Kom. der I. K v- 27. April 1853, betr. die Dekl. der §§. 74 u. 97. des Ablös. Ges. zwar einerseits das fast gänzliche Verschwinden des Banerstandes in Neu-Pommern und Mecklenburg aus Mangel polizeilicher Beschränkungen der Gutsherrn, „als un­ zweifelhafter alleiniger Eigenthümer der bäuerlich en Grundstücke", bezüglich der Einziehung der Bauerhöfe, als eine für Preußen nicht erwünschte Erscheinung bezeichnet, dagegen aber andererseits diese Erscheinung „als thatsächlicher Belag für die großen materiellen Opfer" angeführt wird, „welche das Negulir. Ed. v. 14. Sept. 1811 den Gutsbesitzern von Hause aus angesonnen habe," — so darf diese Auffassung der Preußi­ schen RegulirungSgesetzgebung mit Exemplifikation auf Mecklenburg und Neu­ vorpommern in einem Werke nicht unbeleuchtet bleiben, welches der großen, den Grundsätzen ebensowohl der Gerechtigkeit, als der politischen Weisheit ent­ sprechenden Preußischen Agrargesetzgebung gewidmet ist. Auch in Neuvorpommern und selbst in Mecklenburg stand es mit den Rechts­ und Besitzverhältniffen des Bauernstandes in früheren Zeiten anders. — Im 12ten und besonders im 13ten Jahrhundert hat vielmehr auch dort das Deutsche Reckt die Slavischen Zustände und Formen verdrängt. Villae jure teutonico locatae ver­ breiteten fick über das ganze platte Land; erblicke Kolonen- und Zinsbauern bil­ deten.die große Mehrzahl in fürstlichen wie anderen Gütern, namentlich erbliche Pächter, gegen Anzahlung und bestimmte feste Rente oder Zins, deren Besitzrechte und zum Theil auf die weiteren Verwandtschaftsgrade ausgedehnte Erblichkeit an den Höfen, durch Kaufverträge mit den Gutsherrn befestigt und deren firirte Dienst­ leistungen vertragsweise vereinbart waren. (Vergl. u. a. Urkunden zur Geschickte deS FürstenthnmS Rügen ic. mit erläuternden Abhandlungen v. C. G. FabriciuS Stettin 1853. Bd. 3. Nachtrag S. 35. 152-163. 170-173,, nebst den das. alleg. Dokumenten.) Sehr treffend bemerkt FabriciuS a. a. O. S. 36: „Es entwickelte sich aus der schaffenden Kraft des Volkslebens im Mittelalter zunächst noch unter dem Fortbestehen alter Formen, das Recht anfangs unscheinbar, bis eS erstarkte; oft aber erhielt sich auch mit der Form nock die Erinnerung an längst beseitigte Zustände, bis eine Zeit kam, die das Volksleben erstickte und, nickt min­ der unscheinbar, die Wiederaufnahme längst nomineller Reckte wagen durfte," — und an einer anderen Stelle S. 173.: „Freie Vereinbarungen wegen Dienste und Abgaben anzuerkennen, darf man sich dadurch nickt abhalten lassen, daß ebenso

586 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, hörte den großartigen Reorganisations-Maaßregeln des Preuß. Staates an, welche bereits von dem größten Staatsmanne des Jahrhunderts, dem Miunzweifelhaft eine spatere Zeit, in Ausbildung einer neuen Leibeigenschaft, den Ursprung der einmal gangbaren Dienste und Abgaben der Bauern nicht weiter beachtete, sondern alles willkührlich durch einander warf." Das in die Wendischen Länder, namentlich in Neu-Vorpommern (ganz ähnlich wie in die Mark Bran­ denburg) übertragene Deutsche Bauernrecht mit Erblichkeit und festen Besitz- und Leistungs-Verhältnissen, — sogar, in den von Kolonen urbar gewachten Orten mit freiveräußerlichem ZinSeigenthum, — bildete in Neu-Vorpommern und Rügen die Regel bis zur Mitte des 16ten Jahrhunderts. Deshalb war dort der Bauernstand zahlreich und wohlhabend, (s. Homeyer historiae Juris Pomeranici cap. 1. §§. 2.) 4.) 5. u. cap. 3. nnd dessen Ausgabe des Sachsenspiegels Th. I. Bd. 2. Art. 59. §§. 1., 2. nebst Glosse u. B. 3. Art. 79., Matthäus v. Normann (LandvoigtS v. Rügen) Wendisch -Rügianischer Landgebrauch aus den Jahren 1529 bis 1546, herausgegeben v. Gadebusch, Vorbericht §§. 9. ff., ferner Tit. 123. 124, 1. 126., 3. 131., 6. 133., 5. u. a. a O.), nach dessen Zeugniß die willkührliche Behandlung der Bauernrechte Seitens des Adels damals jedoch schon begann. Es fehlte an einer zum Schirme des Rechts der nicht repräsentirten Stände be­ rufenen starken Fürstenmacht und Staatsgewalt. Erst in der „erweiterten und erklärten Pommersch en Bauer- und Schäfer-Ordnung v. 16. Mai 1616", (Daehnert'S Sammt, gemeiner und besonderer Pommerscher und Rügenscher Lan­ desurkunden, Gesetze, Privilegien ic. Bd. 3. S. 823. ff.), findet sich, noch neben Verfügungen über Brautschatz und Erbschichtung nach dem Vermögen der Höfe, die mindestens Erbrecht an demselben voraussetzen ließen, (s. Tit. X. S. 832. Alin. 4. und S. 833 ), im Tit. XI. unter Nr. 12. S. 835. die Hinweisung auf die Leibeigenschaft nebst der unterschiedslosen Bestimmung: „daß die Bauern in Pom­ mern keine Emphyteutar- und ErbzinS- oder Pachtleute,, sondern homines proprii und coloni glebae adscripti seien, die «»gemessene Frohnden ohne Limitation und Gewißheit leisten müssen, deren Güter einzig und allein der Herrschaft und Obrig­ keit jedes Orts gehören, welche den Bauern die Höfe, Aecker und Wiesen wieder nehmen können ic."; worauf alsdann später: „die renovirte Gesinde-, Tagelöhner-, Bauer- und Schäfer-Ordnung v. 7. Jan. 1670," (Daehnert a. a. O. S. 869.) im Tit. IV.: „von Leibeigenschaft der Bauern und deren Abforderung," mit eige­ nen ausführlichen Vorschriften hierüber hervortrat. (s. a. a. O. S. 876.) Daran reihte sich demnächst in dem vormaligen Schwedisch-Pommern und auch später in Mecklenburg, dort allerdings schon seit Ende des 16ten Jahrhunderts, sodann ausgedehn­ ter nach dem siebenjährigen Kriege, und wiederum zu der Zeit der Französischen Re­ volution, jedoch am Schlimmsten, nachdem durch die V. v. 4. Juni 1806, mit dem 27. Okt. 1810, die Leibeigenschaft aufgehoben wurde, — das Austreiben der Bauern und das Niederreißen der bäuerlichen Gehöfte, selbst eigenthümlicher Käthner. (Vergl. Arndt Geschichte der Veränderung der bäuerl. und herrschaftl. Ver­ hältnisse im vormaligen Schwedisch-Pommern und Rügen. Berlin 1817. S. 4. 10—14. 41. 47. und die Beilagen; deögl. Sonnenschmidt Samml. der für Neu-Vorpommern und Rügen in den Jahren 1802 — 1817. ergangenen Gesetze ic. Stralsund 1847. Bd. 1. S. 279. ff. und Bd. 2. S. 39. ff. Reglem. v. 17. Mai 1810. inSbes. §. 16.). — Wo es, wie in Mecklenburg, der Staatsgesellschaft an einem Mittelgliede kleinerer — bäuerlicher — Grundbesitzer fast fehlt (im Scbwerinschen) zwischen 645 Rittergutsbesitzern und etwa 22,000 Besitzlosen, und sogar, — bei der Geschlossenheit der Rittergüter durch Lehns-, Kredit- oder WirthschaftSVerhältniffe und bei den sonstigen Parcellirungsbeschränkungen, — thatsächlich jeder Aussicht auf Erwerbung eines eigenen Grundbesitzes beraubten Tagelöhner-Fami­ lien, außerdem 28,000 Knechten (f. O. Hübner Jahrb. ic., 2. Jahrg. S. 168. 173), — müssen Auswanderung und Sittenlosigkeit, wie noch andere Uebel die na­ türliche Folge einer staatsgeselljchaftlichen Entwickelung oder einer Gesetzgebung sein, die einst Recht- und Schutzlosigkeit ganzer Volksklaffen und die Willkühr der Herrn (wie nach den älteren Bauer-Ordnungen in Neu - Vor­ pommern), zu ihrem Inhalt gehabt und verfassungsmäßig sanktionirt hat. Für das übrige Pommern trat die weisere und kräftigere Preußische Herrschaft der Hohenzollern noch zur rechten Zeit ein, um durch Herstellung der früheren Deutsch-rechtlichen und Deutscher Landes-Verfassung entsprechenden Grundlagen des

Ges. v. 2. Mär; 1850, betr. die Ablös. rc., (§$. 73—90.).

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nistet Freiherrn vom Stein, eingeleitet, dennoch später durchgeführt wurden, nachdem über Stein im Jahre 1808 durch Französische Gewalt­ that und die Intriguen seiner politischen Gegner das Bannurtheil Napoleon'v. 16. Dec. 1808 erging, ihm andererseits aber von seinem Könige bezeugt wurde: „daß ihm das Bewußtsein, den ersten Grund zu einer erneuerten, besseren und kräftigeren Organisation des in Trümmern liegenden Staats­ gebäudes gelegt zu haben, die größte und zugleich edelste Genugthuung und Beruhigung gewähren werdet) Die Geschichte des Regulirungs-Ed. v. 14. Sept. 1811, welches ledig­ lich für die damals nach dem Tilsiter Frieden vom Jahre 1807 dem Preuß. Staate verbliebenen Landestheile galt und dessen sukcessive Anwendung, zu­ nächst auf den Kottbusser Kreis mittelst B. v. 18. Nov. 1819, sodann auf die Ober- und Niederlausitz und das Amt Senftenberg mittelst G. v. 21. Juli 1821, demnächst auf das Landgebiet der Stadt Danzig durch das G. v. 8. April 1823, endlich, jedoch in veränderter Gestalt, auf das Großherzogthumr Posen, wie den Kulm- und Michelauschen Kreis und das Landgebiet der Stadt Thorn mittelst G. v. 8. April 1823, ingl. die wesentlichen Einschränkungen des Ed. v. 14. Sept. 1811 durch die Dekl. v. 29. Mai 181G und für Oberschlesien insbesondere durch die V. v. 13. Juli 1827, sodann des Ges. für Posen rc. v. 8. April 1823 durch die Dekl. v. 10. Juli 1836, sind bereits in der attgem. Einleit, (s. Bd. I. S. C. bis CV.) geschildert. Abgesehen von einzelnen Ergänzungen und Verbesserungen, hoben beBesitzthumS des Bauernstandes und seiner Verhältnisse zu den Gutsherrn, mittelst gesetzlicher und landespolizeilicher Verordnungen, (vergl. die allgem. Einleit. S. LI. und S. LXXII. ff.) und alsdann mittelst des auf diese Verordnungen sich gründenden allgemeinen Landesrechtes (s. §§. 14 — 16. §. 137. ff. §. 145. §§. 314. ff. A. L. R. II. 7.), einer ähnlichen Zerstörung des Bauernstandes, wie sie in Neuvorpommcrn und Mecklenburg eintrat, entgegenzuwirken und dadurch zugleich Rechtszustände hcrzustellen, welche, — ganz abgesehen von den günsti­ gen Folgen des Ed. v. 14. Sept. 1811. für die Werths - und Kultursteigerung der Güter, — bei angemessener Entschädigung der Gutsbesitzer, — auch der Gerechtigkeit dieses Ed. zur Grundlage dienten, welche demgemäß ferner die in dem erwähnten Berichte der Agrarkom. der I. K. v. 27. April 1853., von Mecklen­ burg und dem vormaligen Schwedisch-Pommern entlehnten Beläge für die Ansicht vollständig widerlegen, „daß den Gutsbefftzerii durch die Preußischen RegnlirungSgesetze besondere materielle Opfer, angesonnen seien," — dies durch Reformmaaßregeln, die vom unausweichlichen Fortschritte der Gesellschaft--, wie der Kultur-Verhält­ nisse geboten waren. Wenn die Regierungen anderer Länder die sukcessive Aus­ bildung einer völligen RecktSlosigkeit des Bauernstandes gewähren ließen, oder die­ selbe gar durch Gesetze sau ktionirten, so beruht im Gegentheil eben die Größe, wie die Zukunft Preußens vorzugsweise auf einer anderen Anschauung und Handhabung des allgemeinen Rechts Seitens sei­ ner Fürsten. 1) Vergl. die Autographie Sr. Majestät des Königs Friedrich Wilhelm III. in Pertz, Leben des Ministers Freih. vom Stein, Bd. 2. S. 300. und außerdem ebendas. S. 118. 310. 312. n. 490; ferner S.- 276—280. 282. 318— 321. — Stein, welcher später im Jahre 1810. noch über Hardenberg'Finanzplan um Rath gefragt wurde, empfahl auch damals die damit in Verbin­ dung stehende Verwandlung der Unfreien in Eigenthümer, eine Maaßregel, die in der Kurmark, wo das lassitische bäuerliche Verhältniß bestehe*), wenig Schwierig­ keit habe, mehr in Pommern und Preußen, wo der Bauer Zeitpächter sei; doch müsse man auch hier dnrchgreifen, da der Gutsherr bei dem Verhältniß unleugbar mehr Schaden als Nutzen habe, das Eigenthum der Bauergüter in Preußen für eine Usurpation des Adels zu halten sei, und die Königl. Domainen im I 1808. bereits das Beispiel gegeben hätten. Vergl. Pertz a. a. O. S. 490. u. 515. ff.

*) Vergl. unten die Crläut. I. zum §. 74. des Ablös. Ges, vom 2. März 1850,

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Don d Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

sonders die Dekl. v. 29. Mai 1816 für den Bereich deS Ed. v. 14. Sept. 1811, so wie die V. v. 13. Juli 1827 speziell für Oberschlesten, das Ed. v. 14. Sept. 1811 in Bezug auf dessen Hauptgegenstand, die Verleihung eines (vollen und unbeschrankten) Eigenthums, großentheils wieder auf, in­ dem diese durch das Ed. (entsprechend der früheren Verfassung und den Ed. v. 1749 und 1764) allen bäuerlichen Wirthen zugesicherten Rechte auf die größeren Bauerwirthe, die Besitzer von Ackernahrungen, und auch auf diese nur unter den in den Deklarationen naher angegebenen Voraus­ setzungen eingeschränkt, mithin in Beziehung auf alle übrigen bäuerlichen Wirthe zurückgenommen wurden. Für diese durch die späteren Deklarationen und Gesetze von der Regulirung wiederum ausgeschlossenen bäuerlichen Wirthe und deren Besitzungen, gleichviel ob Koffäthen, Häusler, Gärtner u. s. w., blieben dagegen die oben dargestellten, zuletzt in den Ed. v. 1749 u. 1764 erneuerten Grundbestim­ mungen wegen Uneinziehbarkeit und Konservation der bäuerlichen Besitzun­ gen bis zum Ablös. Ges. v. 2. März 1850 im^Allgemeinen in Kraft, in­ dem die Regulirungsgesetze selbst nur einige Ausnahme davon und »nur in Betreff der regulirungsfähig erklärten Wirthe gestatteten. Denn der §. 32. des Regulir. Ed. v. 14. Sept. 1811, in Verbindung mit dem §. 54. desselben, entband die Gutsherrn von der Verpflichtung, die Bauerhöfe mit besonderen Wirthen besetzt und im konrributionsfähigen Stande zu er­ halten, erst nach vollzogener Auseinandersetzung, und der §. 33. (vergl. §. 54.) ermächtigte sie außerdem nur zur Einziehung der während des letzten Krieges (180|) oder nachher bis Trinitatis 1809 wüste gewordenen und ver­ lassenen Höfe, insofern ein öffentliches Aufgebot und die Subhastanon voraus­ gegangen und sich dabei kein bereiter vermöglicher Annehmer gefunden hatte. Die Art. 76. u. 77. der Dekl. v. 29. Mai 1816 erweiterten diese Befugniß der Einziehung nur auf die auch vor dem Kriege von 1806 verlas­ senen und wüsten Höfe, ferner dahin, daß von dem öffentlichen Aufgebot entbunden wurde, überdieß ausdrückliche Verträge mit den zeiti­ gen Inhabern oder sonstigen Berechtigten über Beseitigung ihrer Rechte und Ansprüche gestattet wurden, wozu der Art. 86. noch den Fall der Ermission oder der freiwilligen Verzichtleistung auf die Eigen­ thumsverleihung bei nicht erblichen Nutznießern und Pächtern hinzu­ fügte. Wegen der nach dem Edikt und der Deklaration nichr für regulirungssähig erklärten Höfe wurde dem Gutsherrn nach erledigtem Besitzrechte des jetzigen Besitzers eine beliebige Verfügung lediglich in An­ sehung der nicht erblichen Dienst-Etablissements freigegeben. *) Der §. 12. der Dekl. v. 10. Juli 1836 entband für den Bereich des Ges. v. 8. April 1823 von der Pflicht der Wiederherstellnng und Wieder­ besetzung nicht hinsichtlich der seit der K. O. v. 6. Mai 1819 eingezoge­ nen, unbesetzten oder zurückfallenden Bauerhöfe im Allgemeinen, sondern nur von der Vorschrift des §. 101. des Ges. v. 8. April 1823, d. h. hin­ sichtlich solcher bäuerlichen Höfe, welche bereits zu Eigenthums-, ErbzinSoder Erbpachtrechten verliehen gewesen waren. Nur in diesen speziell gedachten Fällen hatte der Staat auf seine Rechte an der Wiederherstellung und Erhaltung der Bauergüler ver­ zichtet. Die im Interesse der Freiheit deS Güterverkehrs und der dadurch bedingten staatswirthschaftlichen Entwickelung des Landes nach §§. 6. u. 7. des Ed. v. 9. Okt. 1807 gestattete Zusammenziehung mehrerer bäuerlichen Besitzungen in eine oder zum Gutsvorwerk durfte nur in Uebereinstimmung

1) Bergs, hierüber die ausführlicben Erläut. zu §§. 6 u. 7. deS (Sb. v. 9. Okt. 1807. (f. oben S. 43—47.), deSgl. das Erk. des Ob. Trib. v. 21. April 1853. in der Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 6. S. 423. ff.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§§. 73—90).

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mit den älteren Landesverordnungen, unter ausdrücklicher Genehmi­ gung der Regierung, vor sich gehen und war zufolge der Verordnun­ gen wegen Zusammenziehung bäuerlicher Grundstücke oder Verhandlung derselben in Vorwerksland, a) v. 14? Febr. 1808 für Ost- und West­ preußen und Litthauen, b) v. 27. März 1809 für das Herzogthum Schle­ sien und die Grafschaft Glatz, c) v. 9. Jan. 1810 für die Kur-, Neumark und Pommern, ’) — an die Bedingung geknüpft, daß 1) jedes bäuerliche Besitz- und Erbrecht durch gerichtlichen Verzicht oder sonst auf rechtmäßige Weise völlig erledigt und außerdem ad a. ebensoviel, ad b. und c. we­ nigstens die Hälfte des eingezogenen Bauerlandes in besonderen, ihrem Maaß und Umfang nach näher bestimmten Etablissements eigenthums-, erbzins- oder erbpachtweise, auch frei von Dienst-, Mühlen- und Getränke­ zwang wieder ausgethan werde, sofern das Bauerland als solches ad a. in Ostpreußen und den Hauptämtern Marienwerder, Riesenburg, Schönberg und Deutsch-Eylau schon vor 1752, in Westpreußen und dem Ermelande vor 1774, ad b. in Schlesien vor dem 14. Juli 1749 und ad c. in der Mark und Pommern vor dem 15. Febr. 1763 bestanden hatte; wobei denn auch bei der Konsolidation mit dem Vorwerk die Staats-, Sozietäts- und Kommunal-Lasten mit übernommen werden sollten. Daß im Uebrigen, so­ weit nicht im Wege der oben gedachten gesetzlichen Bestimmungen aus le­ gale Art die Ein- und Zusammenziehung von Bauergütern bewirkt wor­ den, die mehrerwähnten Prinzipien der Landesverfassung wegen Wiederbesetzung der bäuerlichen Güter mit besonderen Wirthen und wegen deren Erhaltung im prastationsfähigen Zustande in Kraft und Gültigkeit verblie­ ben, ist namentlich auch nach Erlaß der Dekl. v. 29. Mai 1816 anerkannt worden in den Reskripten des Min. des I. v. 20. Mai und 3. Sept 1817,1 2) ferner in ausführlicher Anweisung wiederholt in dem R. des Min. des I. v. 26. Mai 1819. 3)4 Dieselben sind, und zwar nur soweit sie publizisti­ scher Natur waren, dem Staate gegenüber, nicht bezüglich ihrer anderen privatrechtlichen Seite, also nicht gegenüber den bäuerlichen Wirthen, resp, den Erb- oder sonstigen Anspruchsberechtigten, erst vollständig und allge­ mein aufgehoben mit der Publikation des neuesten Regulirungs- und Ab­ lös. Ges. v. 2. März 1850 durch dessen Vorschrift im §. 77., wonach die Gutsherrschaft, unbeschadet der Rechte dritter Personen, künftig insoweit frei über die Höfe verfügen darf, als niemand mehr eristirt, welchem ein Anspruch auf ein solches Besitzrecht am Hefe zusteht, aus welchem nach Maaßgabe des Ges. v. 2. März 1850 ein Anspruch auf Eigemhumsverleihung desselben abgeleitet werden kann. *) In Pommern, vorzüglich in Posen und in den vormals Polnischen Theilen der Provinz Westpreußen, wo im Allgemeiuen Nichterblichkeit 1) Vergl. in Bd. I. S. 58-65. 2) Vergl. in der Königsberger Sammt. S. 223. u. 247. (f. in Bd. I. dieses Werkes S. 66. u. 67.) Die Fortdauer dieser Verbots- und Strafgesetze spricht auch das Schreiben des Justizmin. v. 5. Febr. 1819. (Königsberg. Samml. S. 235., s. in Bd I S. 71.) aus. 3) Vergl. in der Königsberger Samml. S. 247 — 250. ff. in Bd. I. S 67—69.). 4) Diese Freiheit der Verfügung der Gutsherrn mit völliger Beseitigung der früheren Landesverfassung ist eben nur die nothwendige Konsequenz und das Kor­ relat der erst mit dem Ges. v. 2. März 1850. durchgreifend vollendeten, seit dem Ev. v. 9. Okt. 1807. begonnenen Gesetzgebung wegen allgemeiner und unbeding­ ter Emancipation deS GrundeigenthumS von allen den Fesseln und Beschränkungen, mit welchen dasselbe und gleichzeitig in mannichfachfter Abstufung und Form die Freiheit der Personen, durch die im Deutschen Mittelalter entsprungene Verfassung vinluUd waren.

590 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gern. Theilungen, der bäuerlichen Stellen bestand, ist jedoch im Gefolge der Deklarationen von 1816 und resp. 1836, in Westpreußen auch der Jt. £). y. 31. Dec. 1826, betr. die in den Kontributionskatastern nur zu Schutzgeld angesetzten Rustikalstellen, die Mehrzahl der nach jenen Deklarationen von der Reg ulirung wieder ausgeschlossenen bäuerlichen Stellen eingegangen, weshalb der Abschn. III. des Ges. v. 2. Marz 1850 dort im Ganzen nur noch be­ schränkte Anwendung finden wird. *) II. Die allgemeinen Motive zum Abschn. III. des Ablös. Ges' v. 2. März 1850. -) 1) Vergl. die allgemeinen Motive des Regier. Entwurfs und die im Allgemeinen darüber erstatteten Berichte der Kommissionen beider Kammern, oben S. 207—217. 1) Vergl. Kretzscbmer'S Konkordanz der Preuß. Agrargesetze. Danzig 1830. S. 80. 88; ferner Bericht der landwirthschaftl. Reg. Abth. zu Marienwerder v. 16. Dec. 1850. in der Zeitsckr. des Revis. Kolleg. Bd. 4. S. 31—34., (s. in Bd. I. des WerkeöS. 210—212.), worin angeführt wird, daß im Schlochauer Kreise den Besitzern der damals nicht regulirungsfähigen Stellen infolge der Judikate, welche sie mit ihren Regulirungsansprüchen aus Grund der damaligen Gesetzge­ bung abwiesen, von den Gutsherrn gekündigt, dieselben auch in Folge solcher Auf­ kündigungen zur Exmission richterlich verurtheilt und die Bauerländereien alsdann zu den gutsherrlichen Vorwerken eingezcgen worden und nur noch selten der Fall vorkomme, daß die damals nicht für regulirungSfähig erachteten Besitzer sich im Besitze ihrer Stellen erhalten haben. Nur in Oberschlesien hat sich vielleicht die Mehrzahl der durch die V. v. 13. Juli 1827. (G. S. 1827. S. 79. und allgcm. Ein leit, zu diesem Werke in Bd. I. S. CIV.) von der Regnlirung ausgeschlossenen Stelleninhaber im Besitze erhalten, wohl deshalb, weil diese V. die überwiegende Mehrzahl der dortigen bäuerlichen Wirthe von der Eigenthumserwerbung ausschloß und die Gutsbesitzer damals die Frohndienste der Lassiteu für ihre Wirthschaften noch nicht entbehren zu können meinten. In Westpreußen wurde bei der durch die Instruktion Friedrich'S des Großen v. 5. Juni 1772 verordneten Einführung einer allgemeinen Grundsteuer und Anlage der Kontributions-Kataster theilweise sehr übereilt und unvollkommen verfahren, so daß viele Bauerftellen nicht besonders katastrirt, sondern nur in den Beilagen deS Katasters bemerkt wurden; auch wurden grundsätzlich diejenigen Hin­ tersassen, welche weniger als eine altkulmische Hufe besaßen, nicht zur Kontribution gezogen, sondern nur mit einem Schutzgelde augesetzt, wogegen derjenige Grund­ besitzer, dessen Hintersassen sie waren, für ihre Grundstücke zur Kontribution mit gezogen wnrde, mit dem Vorbehalt, daß er den Betrag von den Hintersassen wie­ der einziehen könne. Biele Gutsbesitzer haben von diesem Vorbehalt deshalb nicht einmal Gebrauch gemacht, weil eS in Westpreußen herkömmlich war, bei der Nichterblichkeit der bäuerlichen Nahrungen deren Wiederbesetznng in Form von Pachtverträgen zu bewirken und sich auf diesem Wege durch erhöhete Geld- und Ratural-Abgaben die für die bäuerlichen Höfe anSzulegende Kontribution entschä­ digen zu lassen. Die Gen. Kommission zu Marienwerder erkannte früher der­ gleichen nicht katasirirte Ruftikalstellen für regulirungSfahig an, während das frü­ here Revisions-Kollegium daselbst deren RegulirungSansprüche zurückwieS. Der Kabinetsbcfehl v. 27. Juni 1822. suSpeudirte die dieserhalb anhängigen Pro­ zesse, welchemnächst die K. O. v. 31. Dec. 1826. (Provinz. - Recht der Provinz Westpreußen Bd. 2. Abth. 2. von Leman hcrausgegeben von v. Strombeck S. 771.) eö, bei Aufhebung der Suspension, lediglich bei der Dckt. v. 29 Mai 1816. beließ. Damit war denn fortan gege n die RegulirungSfähigkeit aller dieser nicht im Steuerkataster selbst aufgesührten Rustikalstellen deshalb entschieden, weil Art. 4. der Dekl. v. 29. Mai 1816. die Katastrirung iu den Steuerschlägen ter Pro­ vinz ausdrücklich zur Bedingung der RegulirungSfähigkeit gemacht hatte. Vergl. hierüber das alleg. Provinz. Recbt von Westpreußen Bd. 1. S. 177—179. und über die früheren Verhältnlffe der Bauern in Preußen ebendas. S. 167. ff. 2) Vergl. auch den Aufsatz in R obe'ö Lehrzeit. 1850. S. 65—68. überRe­ gulirungSfähigkeit.

Ges. v. L. Marz 1850, betr. die Ablös. rc., (§§. 73—90.).

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2) Die Motive des Regier. Entw, welche sich speziell auf die 73 — 76. beziehen, lauten dahin: Zu §§. 73-75. In den nach dem Tilsiter Frieden dem Preuß. Staate verblie­ benen Provinzen war früher ein sehr bedeutender Theil des bäuerlichen Grund­ besitzes Eigenthum des Gutsherrn, welcher die Grundstücke an bäuerliche Wirthe zur Nutzung verlieh. Gesetzliche Normen über die Bedingungen der Verleihung fehlten, und der bäuerliche Stand hätte daher durch allmälige gutsherrliche Ein­ ziehungen seiner Grundstücke verschwinden können, wenn nickt in vielen Gegenden durch Herkommen ein erbliches Nutzungsrecht der bäuerlichen Wirthe sich ausge­ bildet hätte, und die Staatsgewalt ein Interesse bekommen hätte, für die Erhal­ tung der bäuerlichen Stellen zu sorgen. Als sich nämlich die neueren Steuerprinzipien zu entwickeln begannen, und eine an den Staat dauernd zu entrichtende Grundsteuer üblich wurde, waren die bäuerlichen Besitzungen die vorzugsweise steuerpflichtigen Grundstücke. Da die Rittergüter in Ansehung der ihnen obliegenden Abgaben meistens firirt waren und durch die Einziehung bäuerlicher Grundstücke sich dieser Betrag nicht erhöhete, so wurde der willkürlichen Einziehung der letzteren gesetzlich Einhalt gethan, und zugleich die Verpflichtung der Gutsherrn festgestellt, die bäuerlichen Wirthe in kontributionsfähigem Zustande zu erhalten, und deren Steuern und andere öffent­ liche Leistungen zu vertreten. Diese Verhältnisse, worüber die §§. 625—650. Tit. 21. Thl. I. des A. L. R. handeln, und Tit. 7. Thl. II. die nähere Entwicklung hinsichtlich der Reallasten enthalten, wurden durch das Ed. v. 14. Sept. 1811. für die Provinzen, aus denen damals die Monarchie bestand, aufgefaßt, und es war dort durch die §§. 3. und 35. dieses Gesetzes allen erblichen sowohl als nickt erblicken Inhabern derjenigen bäuerlichen Grundstücke, welcke der Gutsherr nickt einzichen durfte, sondern mit Personen des Bauernstandes besetzt erhalten mußte, ein Anspruch auf Verleihung deS vollen Eigenthums verliehen; im §. 46. a. a. O. wurden nur diejenigen Landleute ausgenommen, welche nur wenige Morgen besaßen und Handdienste leisteten. Diese sehr umfassenden Bestimmungen deS Ed. v. 14. Sept. 1811. wurden indessen durch die Dekl. v. 29. Mai 1816. Art. 4. wesentlich beschränkt, indem darin nur diejenigen Höfe'für regulirungSfähig erklärt wurden, bei welchen sich gleichzeitig folgende Merkmale finden: a. daß ihre Hauptbestimmung ist, ihren Inhaber als selbstständigen Ackerwirth zu ernähren (wobei zugleich als entscheidendes Merkmal einer Ackernahrung bezeichnet wurde: die Leistung von Spanndiensten oder das Halten von Spannvieh); b. daß sie in den Steuerschlägen der Provinz überhaupt als bäuerliche Be­ sitzungen katastrirt sind: c. daß sie in den Normaljahrezr der Provinz, nämlich in den Marken und Pommern schon am 15. Febr. 1763, in Schlesien vor dem 14. Juli 1749, in Ostpreußen und den Aemtern Marienwerder, Riesenburg, Schönberg und Deutsck-Eylau vor dem Jahre 1752, in Westpreußen und Grmland vor dem Jahre 1774 mit besonderen bäuerlichen Wirthen besetzt, und , d. bei Publikation des Ed. v. 14. Scpt. 1811. noch mit der Verpflichtung für den Gutsbesitzer belastet waren, dieselben mit besonderen Wirthen be­ setzt zu erhalten. Ausgeschlossen von der RegulirungSfähigkeit wurden hiernach in den Art. 5. u. 7. der Deklaration ausdrücklich die sogenannten Dienst Etablissements, die auf Verwerkslard gegründeten, die nickt kataftrirten oder erst nach den Normaljahren etablirtcn Stellen, ferner diejenigen Höfe, zu deren Einziehung die Genehmigung der Negierung ertheilt war, und endlich die in Kultur gegebenen oder verpach­ teten Parr- und Kirchenländereien und Pfarrbauerhöfe. Mit ähnlichen Modifikationen der RegulirungSfähigkeit wurden nack dem Be­ freiungskriege das Ed. von 1811. und dessen Dekl. durch die V. v. 18.Nov 1819. in den Kotbusser Kreis, und durch das G. v. 21. Juli 1819. in dieOberund Nieder lausitz und das Amt Senftenberg eingeführt. Erheblicher ward durck die B. v. 13. Juli 1827. (G. S. S. 79.) die Regulirunasfahigkeit der kleineren bäuerlichen Stellen für einen großen Theil Ober-

592 Don v. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Schlesiens, namentlich für den Bezirk der Ob erschlesisch en Land schäft mit Einschluß deS Uj ester HaltS und des Kreuzburger Kreises be­ schrankt. GS wurden tarcn ausgeschlossen alle in der siebenten Abtheilung des Katasters eingetragenen Stellen, mit Ausnahme derjenigen, zu welchen wenigstens 25 Morgen mittlerer Bodenklasse gehören, und die gleichzeitig ».entweder nach dem Kataster, oder nach älteren, vor dem Edikt von 1811 geschloffenen Vertragen u. s. w. zu Spanndiensten verpflichtet sind, b. oder für welche die Entschädigung des Gutsherrn sofort in ungetheilter Kapitalsumme entrichtet werden kann. Für die Provinz Posen, die mit Westpreußen wieder vereinigten Distrikte, den Kulm- und Michelau scheu Kreis und das Landgebiet der Stadt Thorn, wo die Leibeigenschaft durch die Herzoglich Warschau'sche Regierung aufgehoben war, wurde durch die K. O. v. 6. Mai 1819 (@. S- S. 153.) bestimmt, daß die Rechte und Pflichten der bäuerlichen Wirthe an den ihnen zur Kultur und Nutzung eingeräumten Stellen und die Befugniß der Gutsherren zu ihrer Entsetzung, soweit darüber in besonderen Verträgen nicht anderweitige Bestimmungen getroffen sind, lediglich nach dem §. 15. des Pal. v. 9. Nov. 1816 wegen Wiedereinführung der Preuß. Gesetzgebung und den §§. 629. ff. Tit. 21. Thl. I. deS A. L. R. zu beurtheilen und Entsetzungen der bäuerlichen Wirthe außer den hierin bestimmten Fällen blos auf den Grund gutsherrlicher Kündigung nicht zulässig sein sollten. Der §. 15. der gedachten Patente enthält nur die Bestimmung, daß die nicht erblichen Bauern und Landleute als persönlich völlig frei die ihnen überlassenen Grundstücke in Nutznießung haben und dafür bestimmte Prästationen abführen; die Bezugnahme auf den angeführten Abschnitt deS Allgemeinen Landrechts über die zur Kultur ausgesetzten Grundstücke weist unmittelbar aus daS sogenannte laSsitische Verhältniß hin. Hiernäckst erging für diese Landestheile daS NegulirungS-Gesetz v. 8. April 1823., wodurch zur EigenthumS-Verleihung die damaligen Inhaber von bäuer­ lichen Ackernahrungen verstattet wurden, welche diese Nahrungen als Zeit­ pächter oder Zeilemphyteuten mit oder ohne Befugniß, nach Ablauf der im Con­ trakt bestimmten Frist die neue Verleihung zu fordern oder als Laßbesitzer im Sinne des §. 626. ff. Tit. 21. Th. I. A. L. R. zu erblichen oder nickt erblicken Reckten rechtmäßig besaßen. Der Begriff der Ackernahrung wurde auck hier au die Merk­ male oder Leistung deS Spanndienstes oder des Haltens von Zugvieh geknüpft. Für bäuerlich wurde diejenige Ackernahrung erklärt, welcke ». zu den schon 1772 und 1773 in Besitz genommenen Landestheilen gehörig, in den während dieses Besitzes anfgenommenen Steuerrollcn zur bäuerlichen Hufensteuer oder doch als Danniker, Ratavcr u. s. w. zu Schuygeld ver­ anschlagt sind; b. oder bei Publikation des Ges. v. 8. April 1823. mit Diensten zur Bewirthsckaftung eines herrschaftlichen Gutes belastet waren, oder als zur Kultur ausgesetzte Güter im Sinne des Allgemeinen LandrecktS (Laßgüter) zu erblichen oder nickt erblicken Rechten besessen wurden; c. oder bei einer Fläcke von 200 Morgen und weniger, zwar frei von Dien sten, aber als sogenannte emphvteutiscke Güter auf bestimmte Zeit, Ge' schlecktSfolgen und selbst auf Zeitpackt besessen wurden, in sofern eines der drei nachfolgenden Merkmale stattfand, daß 1) die Besitzer solcker Stellen in amtlichen Verzeichnissen oder in Verträ­ gen als Leute bäuerlichen Standes oder die Besitzungen selbst als solche, die von Leuten bäuerlichen Standes besessen werden, mit provinziell oder örtlich üblichen Benennungen bezeichnet waren, z. B. als Bauern, Hüfner, Meier, Gärtner, Kossäten, Danniker, Ratayer und den ent­ sprechenden polnischen Namen, 2) die Stellen sowohl zur Zeit der Bekanntmachung der Herzoglich Warsckau'scken Verfassungs-Urkunde v. 22. Juli 1808., als in der Person des vorhergehenden Wirthes von einem erbunterthänigen besessen wurden, 3) die Stellen zur Zeit der Bekanntmachung der Herzoglich Warschau'schen V. v. 21. Dec. 1807. wegen näherer Bestimmung über die Folgen der Aufhebung der Erbunterthänigkeit auf die oben Litt. b. erwähnte Weise besessen wurden.

Ges. v. 2. März 1850, tetr, die Ablös. k., (§§. 73—90.).

593

Ausgenommen von der Regulirung waren diejenigen Bauerhöfe, welche bereits vor Publikation der B. v. 6. Mai 1819. eingezcgen oder erst nachher gegründet waren, desgleichen diejenigen, zu deren Einziehung die Landespolizei-Behörde be­ reits vor der Publikation des Ges. v. 8. April 1823. dir Genehmigung ertheilt hatte. Die Dekl. v. 10. Juli 1836 führte einige Beschränkungen ein, indem ne den Begriff der Ackernahrung von den Merkmalen der Spanndienstpfficht, des bisheri­ gen gewöhnlichen Haltens eines Gespannes von zwei Pferden oder Ockfen, oder eines Landbesitzes von 25 Morgen Geestland zweiter Klaffe abhängig mackte. Ferner wurden alle Stellen von der Regulirung ausgeschlossen, welche zu den schon 177% von Preußen in Besitz genommenen LandeStheilen gehörig, erst nach Auf« nähme der Steuerrcllcn auf Vorwerks! and errichtet worden sind, desgleichen die nach jener Zeit zu regulirungSfähigen Stellen zugelegten Vorwerksländereien. Auch Haus- und Wirthschaftsbcamte und Dienstboten des Gutsherrn, welche bäuer­ liche Ackernahrnngen als Besoldungen, Dienstemolumente oder Dienstlohn zur Be­ nutzung besitzen, wurden von der Eigenthumö-Verleihung ausgeschlossen, desgleichen Müller, Schmiede, Krüger und andere Gewerbetreibende, welchen bäuerliche Acker­ nahrungen zur Vergütung für gewerbliche Verrichtungen verliehen sind, endlich auch diejenigen Ackernahrungen, welche mit einer gewerblichen Anlage in Verbin­ dung bleiben müssen, nm in der bisher üblichen Betriebsart der letzter» keine Störung herbeizuführen. Für das L a n d g e b i e t von Danzig wurde durch das Ges. v. 8. April 1823, das Ed. v. 14. Sept. 1811. und die Dekl. v. 29. Mai 1816. mit der näheren Bestimmung über die Regulirungsfähigkeit eingeführt, daß nur bäuerliche Ackerriahrungen, d. h. Nahrungen, von welchen Spanndienste zu leisten waren, oder deren Besitzer bisher gewöhnlich zur Bewirthschaftung Zugvieh gehalten hatten und bei denen solckcs fortdauernd erforderlich war, zur Regulirung verstattet wurden, insofern sie entweder a. in den aufgenommenen Steuer-Anschlägen und Steuerrollen zur bäuerlichen Hufenfteuer oder doch als Danniker und Ratayer n. s. w. zu Schutzgeld veranschlagt, oder b. bei der Verkündigung des Gesetzes entweder 1) mit Diensten zur Bewirthschaftung eines herrschaftlichen Gutes belastet waren, oder 2) als sogenannte emphvteutiscke Güter auf bestimmte Jahre oder Ge­ schlechtsfelgen mit oder ohne Befugniß, nach Ablauf der Frist die Ver­ längerung des Kontrakts fordern zu können oder als zur Kultur aus­ gesetzte Güter (Lafigüter) im Sinne des §. 626. ff. Tit. 21. Th. I. A. L. R., sei eS zu erblicken oder nicht erblicken Reckten, oder zeitpachtweise von Leuten bäuerlichen Standes besessen wurden. Diese gesetzlichen Beschränkungen der Regulirungsfähigkeit neben der Locke­ rung des alten Bandes zwischen den Inhabern der kleinern ländlichen nickt eigen­ thümlichen Stellen und ihren Gutsherren öffnete der Umgestaltung des bestehen­ den Verhältnisses einen willkürlichen Spielraum. Von manchen Gutsherren ist derselbe zweckmäßig benutzt und sie haben das Verhältniß so geordnet, wie es ihrer durch die Aufhebung der Spanndienste nöthig gewordenen neuen Wirthsckaftseinrichtung entsprach. Vielfältig aber ist der Erfolg auch ein ganz uner­ wünschter gewesen. Die Aecker, welche die kleinen bäuerlichen Wirthe, wenn auch mit mangelhafter Einsicht, dock mit der dieser Klasse von Landwirthen eignen Sorgsamkeit bebaut hatten, wurden von den Gutsherren zu ihren Vorwerken eingezogen, zu deren kräftigen Bewirthschaftung es ihnen schon vorher an dem nö­ thigen Betriebskapital gefehlt hatte. Ihre Wirthschaften hätten der intensiven, nicht der ertensiven Hebung bedurft, sie blieben daher mangelhaft, kränkeln oft noch jetzt mehr als zuvor, und bieten den auf Beschäftigung bei ihnen angewie­ senen, in den Tagelöhnerftand getretenen kleinen Stellenbesitzern nickt die gesicherte Gelegenheit zum fortlaufenden Verdienst, welcher zum Bestehen dieses Standes nothwendig ist. Das Gemeinwohl erfordert, dem weitern Umsickgreifen dieser Mißstände ein Ziel zu setzen. Im Allgemeinen ist anzunehmen, daß die Einziehung der bäuer­ lichen Stellen da, wo sic den neuen Zuständen wirklich entsprach, bereits erfolgt ist, wo aber noch kleine uneigenthümlicke Stellen bestehen, erscheint ihre Erhale hing zum Wehl des Ganzen ersprießlich; sollen aber die Inhaber derselben ihr

Landes-Ku nir-Gesctzg. Bd. 11.

Ztz

594 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirnngen u. Gem. Theilungen. Kräfte in der Kultur der Grundstücke frei entwickeln können, so müssen sie Eigentbüuicr derselben werden und den bisherigen Grundherren muß eine angemessene Entschädigung für die Dienste und andern Leistungen werden, welche sieb mehr und mehr als unverträglich mit jedem neuen Aufschwünge in der Landwirlhsckaft und mit jedem Fortschritte in den Sitten der arbeitenden Volksklasse zeigen würden. Alle diese Gründe macken stck besonders in den östlicken Theilen der Monarckie fühlbar. Nur durch die Erweiterung der Regulirungsfähigkeit kann in diesen Provinzen die Qrtmbnnq der kleinern ländlichen Stellen gesichert werden, welche den B sitzlosen das Aufsteigen in die Klaffe der Besitzenden erleichtern und den Boden eines als Mitglied in der Kette des Ganzen unentbehrlichen Standes bilden. In einzelnen LandeStheiten wird dadurch zugleich der zweifelhafte und stö­ rende Streit: ob die Stellen sckon Eigenthum der Inhaber und ob sie erblich find oder nickt? geschlichtet werden. Was die übrigen, vorstehend nicht namhaft gemachten LandeSthnle betrifft, so kommt in ihnen, namentlich in dem Herzogthum Sacksen und dem am reckten Elbufer belegenen Theile des Regierungsbezirks Magde­ burg das Verhältniß eines nickt eigenthümlichen zur Regulilung sich eignenden bäuerlichen Grundbesitzes gar nickt vor, und in den früher zum Königreich Westphalen, dem Großherzogrhum Berg und zu den französischen De­ partements gehörig gewesenen Landestheilen ist dieses Verhältniß, wo eS bestand, unter dem Einstuß ler fremdherrlicken Gesetzgebung längst beseitigt. Eben so wenig besteht ein solckeS Verhältniß noch in Neuvorpommern. Die frühere Erbunterthänigkeit ist dort bereits durck das Schwedische Gesetz v. 4. Juli 1816. aufgehoben. Da sämmtliche erbunterthäuige bäuerliche Wirthe keine erblichen Reckte an den von ihnen bewirthschafteten Grundstücken hatten, und wegen der EigembumSverleihung an sie jenes Gesetz nicktS verordnete, so ver­ blieben die Grundstücke freies Eigenthum der Gutsherren und sind von denselben seitdem beliebig zur eigenen Bewirthschastung eingezogen, oder nack Gefallen in Zeitpackt ausgethan. Ein mehr als vierzigjähriger Zeitraum hat daher in diesem LandeSlheile die Verhältnisse dergestalt für das unbeschränkte Eigenthum deS Guts­ herrn an den Grundstücken, welcke nickt in Erbpacht gegeben oder verkauft wor­ den sind, herausgebildet, daß ein Einschreiten der Gesetzgebung hiergegen unzu­ lässig erscheint, und deshalb auch von den darüber befragten Behörden dieses LandeStheileS durckauS widerrathen worden ist. Aus diesen Gründen sind in dem §. 73. des Euiw. die weiterhin folgenden Vorschriften dieses Abschnitts nur auf diejenigen Landestheile beschränkt worden, in welchen bisher daS Ed. v. 14. Sept. 1811. und das für die Provinz Pofen ergangene G. v. 8. April 1823. Anwendung gefunden haben. Was nun diese weiteren Vorschriften anbetrifft, so gewährt die obige Darstellung der in diesen ebengedachten LandeStheilen gegenwärtig geltenden Bestim­ mungen über die Regulirungsfähigkeit ein anschauliches Bild der Schwierigkeiten, mit welchen die Gesetzgebung bei Aufstellung dieses Begriffs und derjenigen Merk­ male zu kämpfen gehabt hat, nach welchen die der freien Verfügung deS Gutsherrn verzubehaltenden, von der Negulirung auszuschließenden Grundstücke von denjenigen gesondert werden sollen, welche als zur Negulirung und EigeuthumSverleihung ge­ eignet zu erachten sind. Diese Sckwierigketten entsprangen hauptsächlich auS dem Umstande, daß die frühere Gesetzgebung daS gutsherrlich-bäuerliche Verhältniß in seinen Details nickt zum Gegenstände ihrer Einwirkung gemacht und dieses Ver­ hältniß sich vielmehr nur gewohnheitsrechtlich in kleineren Distrikten, ja selbst oft ganz lokal, mithin höchst verschiedenartig ausgebildet hatte. Wo auf diesem Wege die Erblichkeit deS Besitzes sich festgestellt hatte, war die legislative Aufgabe leich­ ter zu losen, bei dem nicht erblick gewordenen Besitze war dagegen die Gränze zwischen einer zur freien Disposition deS Gutsherrn stehenden und einer stets wiederum au einen bäuerlichen Wirth zu verleihenden Stelle schwerer zu ziehen und die Gesetzgebung mußte hier hauptsächlich mit großer Vorsicht verfahren, um der Gefahr zu entgehen, mit offenbarer Verletzung der Reckte der Gutsherren, selbst die von denselben zu einem bloßen Packt- oder MiethSverhältniß an bäuer­ liche Besitzer ausgethane Grundstücke für regulirungSfähig zu erklären. War es aber schon bei dem Erlaß der früheren RegulirungSgesetze schwierig, die Merkmale der Regulirungsfähigkeit scharf zu bestimmen, so erhöht sich diese

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§§. 73—90.).

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Schwierigkeit jetzt, wo cS fidi, um den Anforderungen der Zeit und Erfahrung zu genügen, darum handelt, den Unterschied zwischen größeren und kleineren, spann­ dienstpflichtigen und handdienstpflichtigen Stellen hinsichtlich der RegulirungSfähigkeit aufzuheben. Denn abgesehen davon, daß bei diesen kleineren Stellen der Unterschied zwischen einem reinen Mieths- oder Pachtverhältniß und dem gutSherrlichen lassitiscken an und für sich schwerer zu erkennen, so kommt noch hinzu, daß durch die neuere Gesetzgebung selbst größere Verwickelungen entstanden sind, indem durch die V. v. 14. Febr. 1808. für Oft- und Westpreußen, v. 27. März 1809. für Schlesien und v. 9. Ian. 1810. für die Marken und Pommern die Einziehung der nickt erblicken täuerlicken Grundstücke unter gewissen Bedingungen gestattet wurde, auch durch die Dekl. v. 29. Mai 1816. Art. 76. und 101. die nickt erblichen Nahrungen den Gutsherren zur freien Verfügung gestellt wurden, ferner das Ges. v. 8. April 1823, in §§. 99. und 100. zwar die Einziehung der eigentlichen bäuerlichen Ackernahrungen, im Gegensatze der Dienstfamilien-Stellen untersagte, den kleinen nickt erblicken Stellen aber keinen Sckutz gewährte, und zugleich im §. 5. die vor der Publikation der K. O. v. 6. Mai 1819. einge­ zogenen und die nachher gegründeten Bauernahrungen für nicht regulirungSfähig erachtete. Wenn es nun auf der einen Seite keinem Bedenken unterliegen konnte, die­ jenigen Stellen, welche der Gutsherr auf Grund der bisher gültigen Gesetze wirk­ lich eingezogen, von der RegulirungSfähigkeit auszuschließen, so durste doch, wenn die wohlthätige Absicht des Gesetzes nickt gänzlich verfehlt werden sollte, diese Ausschließung nickt auf diejenigen Stellen ausgedehnt werden, welche von dem Gutsherrn nach den gesetzlichen Bestimmungen zwar eingezegen werden konnten, aber in der Wirklichkeit nicht eingezegen, sondern wie früher anderweit besetzt worden sind. Es erschien ferner unbedenklich, die nickt zu erblichen Reckten, sondern nur auf Lebenszeit oder auf eine bestimmte Zeit, aber dock im lassitiscken Verhältniß besessenen Stellen der Regulirung zu unterwerfen, wenn man nickt gerade die Mehrzahl derjenigen Stellen, bei welcken ft di das Berürfniß der Regulirung, namentlich in Schlesien und Posen, am dringendsten herausgestellt hat, hätte auSsckließen wollen, während auf der andern Seite reine Zeitpachtverhältniffe der Regulirung weder unterworfen werden können noch sollen. Auf diesen Grundsätzen berufen die §§. 74. und 75. des Gesetz-Entwurfs. Die Fassung des §. 74., über welche hauptsäcklicki die betreffenden Provinzial­ behörden zu Rathe gezogen werden sind, wird zwar voraussichtlich bei der An­ wendung in concreto nickt alle Zweifel über den Begriff und den Umfang der RegulirungSfähigkeit lösen, und eS wird namentlich in manchen Fällen, in denen die EigenthumSoerleihung von Stellen gefordert wird, die nur zu einem zeitweisen Nutzungsrecht verliehen sind, oft schwierig sein, darzuthun und zu entscheiden, ob — wie der Gesetz - Entwurf eS bedingt — diese Stellen dergestalt verliehen worden, „daß im Falle der Besitz-Erledigung nach Gesetz oder Herkommen ihre Wiederbesetzung mit einem Wirthe erfolgte." Abgesehen aber davon, daß diese Schwierigkeiten sehr häusig ihren Grund in der über das faktische Verhältniß obwaltenden Ungewißheit haben werden, die das Ge­ setz zu beseitigen offenbar ganz außer Stande ist, so dürste eS aucki, bei der un­ endlichen Mannigfaltigkeit, in der sich diese bäuerlichen Besitzverhältnisse in den verschiedenen Gegenden gestaltet haben, für den Gesetzgeber ganz unmöglich sein, durdi Aufstellung spezieller Merkmale in abstracto die Gränzen der RegulirungSfahigkeit bestimmter und zutreffender zu bezeichnen, als eS in dem vorliegenden Paragraphen geschehen ist. Man muß vielmehr dem Rickter vertrauen, daß er, eingehend in den Geist des ganzen Gesetzes, diese allgemeiner gehaltene Vorschrift in dem gegebenen Falle neblig zu deuten und zu unterscheiden wissen wird, ob dem Besitz deS fraglichen Grundstücks ein bloßes ZeitpacklS- oder Dienftverhältniß, oder ein zur EigenthumSverleihnng berechtigendes lassitisckeS zum Grunde liegt.

Zu §. 76. Die Bestimmung dieses §. rechtfertigt sich dadurck, daß bei denjenigen Stellen, welche erst nach Publikation der hier erwähnten Gesetze auSgethan find, ein lasfitischeS Verhältniß nickt zum Grunde liegen kann.

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gern. Theilungen.

3) Die Agrar - Kommission der II. Kammer hat sich in ihrem Berichte hierüber solgendermaaßen geäußert: Zu den

73. bis 7 6.

Die Agrar-Komm. hat sich mit der Regierung aus den Gründen, welche von derselben in ihren dem Gesetzentwürfe beigegebenen Motiven entwickelt worden sind, damit einverstanden erklärt, daß zur Vermeidung von Zweifeln die im Abschn. III. enthaltenen RegulirungS - Vorschriften ausdrücklich auf diejenigen Landestheile be­ schränkt werden, in welchen die RegulirungS-Eo. v. 14. Sept. 1811 und 8. April 1823 bisher gegolten haben. Dagegen hat bei einigen Mitgliedern der int §. 74. aufgestellte Begriff der Regulirungsfahigkeit Bedenken erregt. Zn Betreff der Fassung des Alin. 1. sind die Kommissionsmitglieder übereinstimmend der Ansicht gewesen, daß zweckmä­ ßig der Inhalt des 8- 76. durch Einschaltung der Worte hinter den Worten „un­ terliegen alle" vor Einführung des Edikts v. 14. Sept. 1811 oder vor Ver­ kündung der Kabinets-Ordre v. 6. Mai 1819 in den betref­ fenden Landestheilen bestehend gewesenen aufzuuehmen, und statt der Bestimmung, „welche entweder nach Maaßgabe der 88626. ff. Tit. 21. Thl. I. des A. L. R. zur Kultur ausgethan" zu setzen: „welche entweder zu lassitischen Rechten nach Maaßgabe der „88- 626. ff. Tit. 21. Thl. I. des A. L. R. zur Kultur oder „ Nutzung ausgethan ", auch den Schlußsatz des Alin. 1. „Ein solches Herkommen ist in der Regel rc." wegzulaffen ist. Der zuletzt erwähnte Schlußsatz kann zu erheblichen Verletzungen führen, und ist zur rechtlichen Begründung der lassitischen Qualität einer Stelle nicht geeignet. Die Einschaltung der Worte „zu lassitischen Rechten", so wie der „oder Nutzung ist aber deshalb für zweckmäßig erachtet worden, weil jener Ausdruck ein juridisch - technischer geworden und der Zusatz der letzten Worte den Zweifel beseitigen wird, als ob die bereits kultivirten Stellen, wenn sonst die Re­ quisite vorhanden sind, von der Regulirung hätten ausgeschlossen werden sollen. Die oben erwähnten Bedenken sind aus den Worten hergeleitet worden, „bei derlei Stellen jedoch nur insofern als sie u. s. w." Von einem Mitgliede wurde geltend gemacht, daß nachdem die Verpflichtung zur Wiederbesetzung der noch nicht regulirten Stellen fast überall aufgehoben sei, in der gebrauchten Bezeichnung kein charakteristisches Merkmal der Regulirungsfähigkeit einer Stelle erkannt werden könne und daher jene zu Mißdeutungen Anlaß gebe, und hieraus der Antrag gestützt, statt jener Worte zu setzen: „letztere jedoch nur in dem Falle, wenn sie jetzt zu erblichen Rechten besessen „werden." Die Majorität hat jedoch jene Bedenken nicht getheilt, vielmehr unter Verwer­ fung dieses Antrags sich für die Beibehaltung des Gesetzentwurfs in Betreff dieses Punktes entschieden, indem die Regierungs-Vorlage mit der seilherigen Gesetzgebung im Einklänge stehe und hier eine Ausdehnung der letzteren aus die kleinen Stellen beabsichtigt werde. Gegen das Alin. 3. des 8- 74. ist erinnert worden, daß auch die durch Ver­ trag in Zeitpacht gegebenen Stellen von der Regulirung auszuschließen seien, weil in Betreff dieser auf Grund der in der Dekl. v. 29. Mai 1816 erfolgten Aufhe­ bung der Wiederbesetzungspflicht der Gutsbesitzer eine Vereinigung mit der Besitzung deS Gutsherrn (Konsolidation) erfolgt sei und die hierdurch begründeten Rechte den letztern nicht entzogen werden könnten. Dieser Ansicht ist auch die Majorität der Kommission beigetreten und dieselbe hat daher und in Berücksichtigung der Berg­ werks'-Verhältnisse in Oberschlesien folgende Fassung des Alin. 3. in Antrag zu bringen beschlossen: Ausgeschlossen von der Regulirung bleiben die durch Vertrag in Zeitpacht gegebenen Stellen und Grundstücke, sowie die den Haus-, Forst-, Hüttenund Wirthschafts-Beamten, Dienstboten oder Tagelöhnern, Hütten- und Berg­ werks-Arbeitern mit Rücksicht auf dieses Verhältniß zur Benutzung überlas­ senen Htellen und Grundstücke, gleichgültig, ob dieselben Ackernahrungen waren oder nicht. Zum 8- 75. sub a. ist von einigen Mitgliedern der Kommission die Bemer­ kung gemacht worden, daß nicht sämmtliche angegebene Namen Kathegorien von

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§§. 73 ).

597

Stellenbesitzern bezeichnen. Namentlich werden in einigen Gegenden unter „Ratayer" die Pferde- oder Ochsenknechte und unter „KomornikS" die eigentlichen herrschaftlichen Tagelöhner verstanden. Zur Beseitigung etwaiger Zweifel hat die Majorität der Kommission eS des­ halb für zweckmäßig erachtet und stellt den Antrag, den Satz: Zu den Bezeichnungen dieser Art gehören u. s. w. biö zu den Worten zagrodick, chalupnik u. s. W. wegzulaffen. Der §. 76. fällt wegen der oben vorgeschlagenen anderweiten Fassung der §. 74. weg.

Erläuterungen zu den §$. 73 — 90. Zum §. 73. I. Der §. 73. ist von beiden Kammern, ohne Diskussion, in der Fassung des Regier. Entw. angenommen worden, indem die Kommis­ sionen in Bezug auf denselben nichts zu erinnern fanden. (Stenogr. Ber. der II. K. 18^. Bd. 3. S. 1539. u. der I. K. Bd. 5. S. 2580.)

II. Der territoriale Umkreis der Wirksamkeit des Abschn. III. beschränkt sich auf die Landestheile rechts der Elbe, mit Ausschluß jedoch 1) von Neuvorpommcrn und Rügen und 2) des vom Königreiche Sach­ sen erworbenen, gegenwärtig zur Provinz Sachsen gehörigen Landestheils, *) während auf die links der Elbe belegenen altpreußischen Landestheile, na­ mentlich die Altmark u. s. w., die in Kraft verbliebenen Gesetze v. 21. April 1825 Anwendung finden. 1 2) Auf die neuerworbene Ober- und Niederlausitz nebst dem Amte Senftenberg wurde das Ed. v. 14. Sept. 1811 nebst dessen Dekl. v. 29. Mai 1816 durch das Ges. v. 21. Juli 1821 (G. S. 1821 S. 110) für anwendbar erklärt, wonach nur Dienstfamilienstellen, im Gegensatze von selbstständigen Ackernahrungen, von der Regulirung ausgeschlossen blieben, während die übrigen Beschränkungen der Regulirungsfähigkeit auS*den Art. 4. u. 5. der Dekl. v. 29. Mai 1816 auf die Lausitzen und das Amt Senf­ tenberg keine Anwendung sanden. Für das Landgebiet der Stadt Danzig wurde das Ed. v. 14. Sept. 1811 nebst dessen Deklarationen eingeführt durch das Ges. v. 8. April 1823 (G. S. 1823 S. 73), durch welches indeß Dienstfamilienstellen im Gegensatze zu Ackernahrungen ebenfalls ausgeschlossen, übrigens die Bedin­ gungen der Regulirungsfähigkeit weniger beschränkt wurden, als nach der Dekl. v. 29. Mai 1816, indem unter Andern sogen. Danniker, Ratayer und ähnliche nicht in den Steueranschlägen zur bäuerlichen Hufensteuer, sondern nur zu Schutzgeld veranschlagte Wirthe für regulirungSfähig erklärt waren (§. 4. a. a. O.). Dem besonderen Regulirungs - Gesetze v. 8. April 1823 (G. S. 1823 5. 49 ff.) unterlag nur das Großherzogthum Posen, der Kulmund Michelausche Kreis und das Landgebiet der Stadt Thorn. Für Neuvorpommern und Rügen ist ein Gesetz über die Ber-

1) Für letzteren, wie für die anderen von Sachsen erworbenen Landestheite, excl. der beiden Lansitzen und des Amts Senftenberg, galt nur die Ablbs. Ordn. v. 7. Juni 1821., an deren Stelle jetzt die Abschn. I. II. und IV. des Ab. lös. Ges. v. 2. März 1850. getreten sind, welche letzteren Abschnitte dieses GesetzeS nunmehr auch für Neuvorpommern und Rügen gelten und hier zuerst eine Ablösungs-Gesetzgebung angeordnet haben. 2) Vergl. unten den Abschn. II. des Werkes über die nur für einzelne Lan­ destheite zur Anwendung kommenden Regulirungs- und Ablös. Gesetze Einleit. und Unter-Abschn. II.

598

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Wandlung der bäuerlichen Laß- und Kulturgüter in Eigenthum nicht erlas­ sen worden, weil man von der Ansicht ausging, daß es in jenen Landes­ theilen dazu an einem Objekte fehle nachdem vollends, in Folge der Schwe­ dischen Gesetzgebung über Aufhebung der Leibeigenschaft, die selbstständigen Bauergüter in jenen Landestheilen zerstört und zu den Rittergütern einge­ zogen waren. (Vergl. die allgem. Einl. in Bd. I. S. XLV.) *) Alle diese Regulirungs-Gesetze und deren Deklarationen sind durch den 1. deö Ablös. Ges. v. 2. März 1850 ausdrücklich außer Kraft gesetzt. Dem­ gemäß galt bis zum Erlaß des deklaratorischen Gesetzes v. 24. Mai 1853 über die 74. u 97. des Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 (G. S. 1853 S. 240) der Abschn. III. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 innerhalb des vorbeschriebenen territorialen Umkreises des Regulirungs-Edikts v. 14. Sept. 1811 und des Ges v. 8. April 1823 als alleiniges und allgemeines Landesgesetz, wogegen jetzt die erwähnte Deklaration der §§. 74. u. 97. deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 nur die Regierungsbezirke Stettin, KöSlin und Danzig betrifft.

Znm §♦ 74. Die Bedingungen der Regulirung Behufs der Eigenthumsverleihung zer­ fallen a) in objektiv-dingliche, betr. die Besitz-, Rechts- und Leistungs-Ver­ hältnisse der bäuerlichen Höfe, und b) in subjektiv-persönliche, betr. die An­ sprüche der auf Eigenthumsverleihung antragenden Personen. Ueber die Erfordernisse zu b. handeln die §§. 76., 77. u. 78., wogegen die $§. 79. bis 90. über die Theilnahmerechte, die Entschädigungsgrundsätze, sowie über Maaß und Umfang beider, über die Erfordernisse zu a. aber der §. 74. nebst §. 75. disponiren.1 2) I. Entstehungsgeschichte des §. 74. Der §. 74. lautete in dem Regier. Entw., abweichend von seiner jetzigem Fassung, dahin.'

1) a) In Neuv orpommern und Rügen streitet daher bei Grundstücken, welche ehemaligen Leibeigenen, gegen bestimmte Abgaben und Leistungen zur Kul­ tur und Benutzung überlassen worden, ohne Rücksicht auf die Dauer des Besitzrecktes, die Vermuthung für die Zeitpacht; wogegen aber, wenn derartige Grundstücke oderStellen zn erblichen, wenn auch nur lasfitischen oder ähn­ lichen Rechten einem solchen Besitzer übereignet worden, dieser daran in Folge des Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850. (§. 2. Nr. 2.) das volle Eigenthum erlangt hat und demnächst die auf den Stellen haftenden Reallasten nach den Vorschriften deS Abschn. II. des Ges. ablösbar sind. (Vergl. das Erk. des Revis. Kolleg, für L. K. Sachen in dessen Zeitschr. Bd. 6. S. 231 —239. und Präj. Sammt, deffelb. S. 38. Nr. 23.). b) Dagegen ist neuerlich ein Fall zur richterlichen Entscheidung gelangt, in welchem gegen einen durch die Erkenntnisse I. u. II. Instanz rechtskräftig für einen Lassiten erachteten bäuerl. Wirth, int Jahr 1847., auf Grund der Pommerschen Bauer-Ordn. v. 16. Mai 1616., auf Exmission geklagt, der ErmissionSprozeß aber im Wege Erkenntnisses durch zwei Instanzen nach Maaßgabe des SistirungS-Ges. v. 9. Okt. 1848. siftirt werden, hierauf, nach Publikation des Ges. v. 2. März 1850., wieder ausgenommen, darin der beantragten Exmission der §. 113. dieses Ges. entgegengesetzt und dieser Einwand vom Ob. Trib. in letzter Instanz für begründet angenommen ist. — Ueber die noch bestehenden nicht eigenthümlichen Besitzverhaltniffe des Bauernstandes, sowie über den RechtSiustand der Schmiede-, Krug- und Mühlenstellen und der Eigenthums-Kathen daselbst, vergl. jedoch das treffliche Werk von D. Gäde: „Die gntsherrlich-bäuerlichen Besitzverhältnisse in Neuvorpommern und Rügen. Berlin. 1853. 8." 2) Der §. 74. entscheidet nur über die objektive, nicht über die subjek­ tive RegulirungSbefähigung. (Vergl. das Erk. des Revis. Kolleg, für L. K. Sachen v. 20. Jan. 1852. in dessen Zeitschr. Bd. 5. S. 153.).

Ges. v. 2. MSrz 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 74.).

599

Der Regulirung Behufs der EigenthumSverleihung unterliegen alle ländliche, ihren Besitzern nickt zu Eigenthu-uS-, ErbzinS- oder ErbpacktSreckten zuqehörende 6tcdcn, welche entweder nach Maaßgabe der §§. 626. u. flg. Tit. 21. Th. I. A. L R. zur Kultur ausgethan, oder mit Abgaben oder Diensten an die Gutsherrschaft belastet find, beiderlei Stellen jedock nur in sofern, als sie entweder zu einem erb­ licken oder dergestalt zu einem zeitweisen Nutzungsrechte verliehen find, daß im Fall der Besitz-Erledigung nack Gesetz oder Herkommen ihre Wiederbesetzunq mit einem Wirthe erfolgte. Ein solckeS Herkommen ist in der Regel bei denjenigen Stellen anznnehmen, welche in den drei letzten Erledigungsfällen in dieser Art wieder besetzt worden find. Alle dergleichen Stellen sind regulirungSfähig ohne Rücksicht auf Umfang und Beschaffenheit (ob sie Ackernahrungen oder Dresckgärtnerstellen u. s. w.. mit Müh­ len, Schmieden, Krügen verbunden sind, oder nickt); ferner ohne Rücksickt darauf, wem da- Eigenthum zusteht, und ob sie auf bäuerlichen oder anderen Grundstücken gegründet sind. Ausgeschlossen von der Regulirung bleiben die durch Vertrag in Zeitpacht gegebenen einzelnen Grundstücke, sowie die den Hans- und Wirthschaftsbeamten, Dienstboten oder Tagelöhnern mit Rücksicht auf dieses Verhältniß zur Benutzung überlassenen Stellen und Grundstücke.

Außerdem enthielt der Regier. Emw. (als besonderen $. 76.) folgende Bestimmung: Die Besitzer derjenigen Stellen, welcke nack Einführung des Ed. v. 14. Sept. 1811. oder nack Verkündigung der K. O. v. 6. Mai 1819. (G. S. 1819. S 153.) in den betreffenden Landestheilen neu gegründet worden sind, haben keinen Anspruch auf EigenthumS-Verlethung nack dem gegenwärtigen Gesetze.

Dergl. die Motive dazu oben S. 591 ff, A. Die Kommission der II. Kammer stellte folgende Anträge: a) den §. 76. des Entw. gänzlich zu streichen; b) dessen Inhalt in das Alin. 1. deS §. 74. in der Art aufzunehmen, daß hinter den Worten: „unterliegen alle" einzuschalten: „vor Einführung des Ev. v. 14. Sept. 1811. oder vor Verkündigung der „K. O. v. 6. Mai 1819. in den betreffenden Landestheilen bestehend ge„wesenen";

c) im Alin. 1. statt der Worte: „welcke entweder nack Maaßgabe der §§. 626. ff. Tit. 21. Thl. I. des A. „L. R. zur Kultur auSgethan"

zu setzen: „welche entweder zu lasfitiscken Neckten nach Maaßgabe der §§. „626. ff. Tit. 21. Thl. I. deS A. L. R. zur Kultur oder Nutzung auSge„than";

(!) den Schlußsatz des Alin. 1., welcher lautet: „Ein solckeS Herkommen ist in der Regel bei denjenigen Stellen anzuneh„mcn, welcke in den drei letzten Erledigungsfällen in dieser Art wieder „besetzt worden sind/'

wegzulaffen; endlich e) daS Alin. 3. folgendermaaßen zu fassen: Ausgeschlossen von der Regulirung bleiben die durck Vertrag in Zeitpackt ge­ gebenen Stellen und Grundstücke, sowie die den Haus-, Forst-, Hüttenund Wirthschaftsbeamten, Dienstboten oder Tagelöhnern, Hütten- und Berg­ werks-Arbeitern mit Rücksickt auf dieses Verhältniß zur Benutzung überlassenen Stellen und Grundstücke, gleichgültig, ob dieselben Ackernahrungen wa­ ren oder nickt.

Vergl. die betr. Motive des Kommiss. Berichtes oben S. 596—597. Das Plenum der II. Kammer trat diesen Anträgen bei?) (Stenogr. Ber. der II. K. 18 rechnung aber dem weiteren Verfahren vorbehalten wurde. 9) Die Berechnung der gutsherrl. Entschädigung für daS von den bäuer­ lichen Wirthen zu zahlende Einkaufsgeld (§. 80. a. Nr. 3. u. $. 75. a. u. b.) geschieht auf gleiche Weise, die Wirthe mögen Zeitemphyleuten oder Zeitpächter sein. Dieser, schon mit Rücksicht auf §. 37. des Regulir. Ges. v. 8. April 1823 für das Großherzogthum Posen, den Kulm- und Michelauschen Kreis und daS Landgebiet der Stadt Thorn, in einer Entscheidung des Revis.-Kolleg. für L. K. S. aus dem Jahre 1847 (Zeitschr. desselben Bd. 1. S. 352) feftgestellte Satz behält seine Bedeutung auch nach Erlaß des Ablös.-Ges. v 2. März 1850, indem der §. 75. a. im Großherzogthum Posen rc. als regulirungsfähig diejenigen Stellen bezeichnet, welche entweder als sogenannte emphyteutische Güter auf bestimmte Jahre oder Geschlechtssolgen, oder als Zeitpachtgüter besessen werden, beiderlei Arten jedoch nur dann, wenn deren Besitzer oder die Besitzungen die daselbst näher angegebenen Eigenschaften, resp. Benennungen haben. In dem oben bezeichneten Fall handelte eS sich um die Regulirung der von der Stadt Kulm unter die Hausbesitzer daselbst, als Landherrn seil 1602 von 50 zu 50 Jahren vertheilten, wiederum aber von ihnen auf ge­ wisse Besitzperioden an bäuerliche Wirthe ausgethanenen sogenannten Elokationsländereien, und es wurde ausgeführt, nachdem diese Ländereien als Emphyteusen anerkannt worden, daß auch abgesehen von dieser Besitzqualität, kein Grund obwalte, die Entschädigung für Einkaufsgelder bei regulirungsfähigen Zeitpächtern anders als bei Zeitemphyteuten zu berechnen, da von beiderlei Besitzungen dem Gutsherrn, zufolge §. 37. und §. 28. des Regul. Ges. v. 8. April 1823, volle Entschädigung gebühre. Dabei wurde auch der Antrag der Wirthe, „den Werth der Gebäude als gutsherrl. Gegenleistung von der Rente in Abzug zu bringen", ver­ worfen, weil die Gebäude Eigenthum der bäuerl. Wirthe, von letzteren allein erbaut und unterhalten seien und der Gutsherrschaft daher für eine nicht geleistete Pflicht, ohne den Grundsatz vollständiger Entschädigung zu verletzen, keine Gegenvergütigung angesonuen werden könne. 10) Zu §. 80. Litt. a. 4. u. Litt. b. 5. ist folgender Rechtssätze zu gedenken:

a) Sowohl erbliche, als nicht erbliche Lassiten können gegen ihren Guts­ herrn Rechte durch Verjährung erwerben, jedoch nur für ihre Höfe und in derselben Eigenschaft, in welcher sie diese selbst besitzen. (Erk. des Revis. Kol­ leg. für L. K. S. v. 17. Juli 1846., 13. Nov. 1846 u. 28. Okt. 1851, in der Präj. Samml. S. 5. Nr. 10.) b) In Folge deS durch die K. O. v. 20. Febr. 1777 verliehenen erb­ lichen Besitzrechtes sind die Besitzer von Domainenbauerhöfen fähig, Grund­ gerechtigkeiten für ihre Höfe gegen den Fiskus durch Verjährung zu erwer­ ben und steht ihnen auch in Pommern die Bauer-Ordn. v. 30. Dec. 1764 nicht entgegen. (Erk. des Ob. Trib. v. 12. Jan. 1846, Entsch. Ad. 12. S. 436 ff.)

Ges. v. 2. Mär; 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 81.).

663

c) Auch der Gutsherr kann gegen seine Laßbauern durch Verjährung Rechte erwerben. (Erk. des Revis. Kolleg, für L. K. S. v. 11. Febr. 1848, in dessen Präj. Samml. S. 6. Nr. 13.)

d) Auch gegen Besitzer lassitischer Stellen können Servitute durch Ver­ jährung erworben werden. (Erk. des Revis. Kolleg, für L. K. S. v 14. Juni 1850 u. des Ob. Trib. v. 12. Febr. 1852 ') in der Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 6. S. 62. ii. Präj. Sammt, deffclb. S. 11. Nr. 29.)

e) Die vorzugsweise Berechtigung der Gutsherrschaften zur Schaafhütung auf der Ortsfeldmark, auch in der Provinz Schlesien, hat die Natur einer Servitut und kann wie diese, durch bloßen Nichtgebrauch verloren werden, ohne daß die Erwerbung eines Untersagungsrechtes erforderlich ist. (Erk. des Revis. Kolleg, für L. K. S. v. 29. Okt. 1852, Präj. Samml. desselben S. 6. Nr. 12. und Erk. des Ob. Trib. v. 26. Nov. 1846 in der Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 1. S. 125 u. 483.)

11) Vergl auch die Erläuter. zum §. 81. ad II. sub 2. und die Note dazu.

Zum §♦ 8L I. Der §. 81., welcher in dem Regier. Entw. den $. 82. bildete, ist von den Kammern mit Hinzufügung des Schlußsatzes: „diese Vermuthung kann nur durch Urkunden entkräftet werden,"

im Uebrigen aber unverändert angenommen worden. Vergl. die Motive des Regier. Entw. zu §§. 80. ff. (s. oben S. 651). A. Die Kommission der II. Kammer beantragte den oben erwähn­ ten Zusatz, indem sie bemerkte. Die Bestimmung des & 82. (jetzt §. 81.) ist in der Agrar-Kom. einstimmig als eine gerechtfertigte anerkannt worden. Außerdem ist noch ein Zusatz zu diesem §. dahin: „diese V e r in u t h u n g kann nur durch Urkunden entkräftet werden." beantragt und auch dieser angenommen worden. Die Minorität hat gegen diesen Zusatz geltend gemacht, daß durch denselben das Recht selbst von dem Zufälle der Existenz eines bestimmten Beweismittels ab, hängig gemacht werde und dies schon an sich in Betreff der erblichen Stellenbesttzer und der schon jetzt regulirungSfähigen bäuerlichen Wirthe aber auch noch deshalb bedenklich und gefährlich sei, weil denselben dadurch Rechte entzogen würden, welche ihnen nach Lage der Gesetze unbestritten zuständig wären. Die Majorität der Kommission hat diese Bedenken nicht getheilt, vielmehr jenen Zusatz zur Beseiti­ gung von Zweifeln, welche aus der seitherigen Gesetzgebung entlehnt werden kön­ nen, und zur Verhütung vieler in ihrem Endresultate höchst zweifelhafter Prozesse, für nothwendig erachtet.

Die II. Kammer trat dem Anträge der Kommission bei. (Stenogr. Ber. der II. K. 18y, Vd. 3. S. 1561 - 1562.) B. Die KomMission der I. Kammer trat dem Beschlusse der II. Kammer bei, indem sie sich in ihrem Berichte folgendermaaßen äußerle: Zu §. 81. ist nur darauf hinzuweisen, daß der Beweis über den Besitzstand zur Zeit des Ges. v. 9. Okt. 1848. selbst in keiner Weise verschränkt, sondern

1) Das Ob er-Trib. führt auö: Unterthanen, welche ihre Stellen auch zu nicht erblichen Rechten besitzen, z. B. nach Zusatz 118. des Ostpreuß. Provinzial-RechtS nir auf 3 Jahre, seien dessenungeachtet keineSwegeS als Zeitpächter oder gewöhnlche Nießbraucher, noch weniger als bloße Verwalter zu betrachten, weil ihnen die Gundstücke nicht nach Willkühr entzogen werden dürfen, überdieß auch beim Abgaize ihrer Besitzer anderweitig wieder besetzt werden mußten; weshalb dieselben i in i e r als selbstständige Besitzungen, und a l S solche a l S Ob- und Sulsekte von Rechten zu betrachten seien.

664

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

nur die für den nachgewiesenen Besitz sprechende Vermuthung der Redlichkeit lediglich durch eine Urkunde soll entkräftet werden können. Es ist dies zur Be­ seitigung von Zweifeln, welche aus der seitherigen Gesetzgebung entlehnt werden können, zur Verhütung vieler Prozesse zweckmäßig und nöthig.

Das Plenum der I. Kammer

erklärte

sich

hiermit einverstanden.

(Stenogr. Ber. der I. K. 18;z. Bd. 5. S. 2585.)

II. Erläuterungen zum $. 81. 1) Der Zeitpunkt des Sistirungs-Ges. v. 9. Okt. 1848 ist hier mit Rücksicht auf dessen §. 1. a. und §. 2. Nr. 3. rückwirkend angenommen, weil bereits damals die Ausdehnung der Regulirungsansprüche bevorstand und ähnlichen Beeinträchtigungen, wie sie in der Zeit zwischen dem Erlaß der K. O. v. 3. Mai 1815 und der K. O. v. 6. Mai 1819 im Großherzogthume Posen vorgekommen (vergl. oben S. 603), begegnet werden sollte. 2) Nach dem Ablös. Ges. v. 2. März 1850 bildet demnächst der Be­ sitzstand v. 9. Okt. 1848 die präsumtiv-rechtmäßige Grundlage sowohl: a) für den Umfang der zur Stelle gehörigen Ländereien, als b) für die der Stelle zustehenden Dienstbarkeitsrechte und sonstigen Be­ rechtigungen gegen die Gutsherrschast (gulsherrliche Gegenleistungen), als endlich c) für die der Stelle gegen die Gutsherrschaft obliegenden Verpflich­ tungen (Dienste, Geldzinsen, Naturalabgaben). *) 3) Die Bestimmung des §. 81. hat jedoch die Art der Beweisführung über den Besitzstand zur Zeit des Ges. v. 9. Okt, 1848 in keiner Weise verschränken, sondern nur die Entkräftung der Vermuthung für die Redlich­ keit des nachgewiesenen Besitzes erschweren sollen, welches zur Beseitigung von Zweifeln, die aus der seitherigen Gesetzgebung entlehnt werden können, sowie zur Verhütung von Prozessen nöthig erschien.1 2)

1) Der Art. 11. der Dell. v. 29. Mai 1816. bestimmte: „Der rechtliche Besitzstand zur Zeit der Bekanntmachung des Ed. v. 14. „Sept. 1811. dient zur Norm bei Entscheidung der Frage, welche Lände„reien zu einer bäuerlichen Nahrung gehören und von welchen dem Guts„herrn der ediktmäßige Antheil gebührt? Behauptet der Gutsherr, daß „bei derselben gegenwärtig mehr Grundstücke benutzt werden, als dazu ge„hören, so muß er den Beweis führen. Wird dieser geführt, so kann der „Gutsherr den Ueberschuß vorweg nehmen, insofern der bäuerliche Besitzer „darauf in rechtsbeständiger Art kein Eigenthum oder erbliches NutzrmgS„recht erworben hat. Als ein solcher Beweis gilt aber nicht der Uwstand „allein, daß etwa jetzt die Aussaat stärker ist, als sie in dem Steuerkataster „angegeben worden." Es finden sich indeß im Bereiche des Ed. v. 11. Sept. 1811. keine speciellen Bestimmungen ähnlicher Art in Bezug auf die Berechtigungen und Verpflichtun­ gen der regulirungSfähigen Stellen. Das Ges. v. 8. April 1823. hingegen bezeichnet im §. 20. „alle nach dem rechtlichen Besitzstände bei der Verkündung dieses Gesetzes zum Bauerhose gehö­ rigen Ländereien, Gebäude und Jnvcntarienstücke als den Gegenstand der Aus­ einandersetzung, ohne daß zwischen den ursprünglich zur Stelle gehörigen und den später aus dein Bestände der Vorwerksländereien dazu gelegten Pertinenzien ein Unterschied gemacht werden solle." Der §. 3. der Dell. v. 10. Juli 1836. nahm indeß in den bereits seit 177| von Preußen in Besitz genommenen LandeStheilcn die Zulagen aus dem Vorwerkslande von der Negulirung wiederum aus; dage­ gen sollten nach §. 30. des Ges. v. 8. April 1823. Dienste, Natural- und Geld Abgaben resp, nach dem bisherigen Betrage und nach ihrer wirklichen Leistmg innerhalb der 3 letzten Jahre vor Publikation des Gesetzes, die Gegenleistung«, gemäß bestehender Verpflichtungen oder örtlicher Verhältnisse, in Rechnung geftllt werden. 2) Vergl. den Ber. der Agrar Kom. der I, K. zum §. 81. (s. oben S. *o3.).

Ges. v. 2. Marz 1850, bett, die Ablös. re., ($. 82.).

665

4) Der Umfang der zu einer regulirungsfähigen ländlichen Stelle ge­ hörigen Grundstücke und Rechte ist daher auch von dem faktischen Besitz­ stände zur Zeit der Verkündung des Ges. v. 9. Okt. 1848 nicht abhängig; auch ist der Beweis eines größeren Besitzstandes der regulirungsfähigen Stelle dadurch in keiner Weise beschränkt worden. Die Rechtmäßigkeit des Besitzes hängt jedoch von der Beschaffenheit und Gültigkeit des Titels ab, auf welchen das Recht, zu besitzen, sich gründet, und wenn der Titel zum Besitze als ein gültiger zu bestehen aufgehört hat, ist auch der Besitz ein unredlicher und mithin kein rechtmäßiger mehr. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für L. K. Sachen unterm 20. Jan. 1852. J) Sammt. S. 57. Nr. 9.)

(Zeitfchr. deffelb. Bd. 5. S. 147 u. 154 u. Präj.

5) In Betreff der den Stellen obliegenden Verpflichtungen kommt in Betracht, daß die Bedingungen, unter welchen Laß- und Kulturgüter wieder verliehen und besetzt werden, nicht erschwert, und daß nicht ohne Zuschlagung neuer nutzbarer Pertinenzstücke oder sonst dauernde Verbesserung des Ertrages der Stellen, neue Dienste und Abgaben auferlegt werden dürfen.2) Bei Veränderung, namentlich Erhöhung von Lasten und Abgaben sind die in den §§. 139. ff. A. L. R. II. 7. vorgeschriebenen Formen zu beachten gewesen. (Erk. des Nevis. Kolleg, für L. K. Sachen v. 20. Jan. 1852, in dessen Zeitschr. Bd. 5. S. 160) Zum §♦ 82.

I. Der §. 82., welcher in dem Regier. Entw. den §. 83. bildete, ist unverändert in der Fassung des letzteren angenommen worden. Vergl. die Motive des Regier. Entw. zu §§. 80. ff. (s. oben S. 651). A. Die Kommission der II. Kammer hat zu diesem §. bemerkt: Der Vorschrift des §. 83. (jetzt §. 82.) liegt die Annahme zum Grunde, daß das Eigenthumsrecht des Gutsherrn an der Stelle und an der Hofwehr im Werthe als gleich anzunehmcn sei mit der Verpflichtung desselben zur Unterstützung des Stellenbesitzers und zur Vertretung desselben bei öffentlichen Abgaben und Leistun­ gen. Anfangs hat dieselbe bei mehren Mitgliedern Bedenken erregt. Nachdem je­ doch mit derselben die im §. 2. angenommenen Grundsätze zusammen gehalten und naher erläutert worden, in welcher Weise seither jene Unterstützungspflicht der GutSherrschaft von den Sachverständigen veranschlagt worden ist, sind sämmtliche Ab­ änderungs-Vorschläge wieder zurückgezogen und die Bestimmungen der Regierungs­ vorlage einstimmig angenommen worden.

B.

Die Kommission der I. Kammer äußert sich dahin:

Mit dem Bemerken, „daß das Saamengetraide" da wo es als Hofwehr ge­ liefert wird, unter derselben natürlich begriffen ist, worüber ein Mitglied Bedenken hatte, ist gegen den §. nichts erinnert.

Bergt, diicb das Erk. des Nevis. Kolleg, für L. K. Sachen, v. 20. Jan. 1852. in de ff. Zeitschr. Bd. 5. S. 161. u. Präj. Sammt. S. 57. Nr. 9.). 1) Dabei kommt auch in Betracht, daß die Gutsherrschaften nicht befugt ge­ wesen sind, lassitische Stellen zu verkleinern, Acker- und Gespann haltende Nah­ rungen in Dienstfamilienstellcn zu verwandeln, Realitäten, Grundstücke oder Dienst­ barkeitsrechte davon abzunchmen und die Stellen solchergestalt zn verschlechtern. (§§. 14 — 16. 302. A. L. N. II. 7. u. Zeitschr. des Nevis. Kolleg, a. a. O. S. 159. 163.) Dagegen vergl. wegen der Unrechtmäßigkeit des Besitzes auf Seiten bäuerlicher Wirthe a. a. O. S. 163. u. 164. 2) Vergl. §§. 302. u. 303. mit §§. 298. u. 138. A. L. N. II. 7. — Auch im Art. 74. der Dell. v. 29. Mai 1816. war bestimmt, „daß, so lange die Aus­ einandersetzung nicht zur Ausführung kommt, jeder Theil die ihm obgelegenen Ver­ bindlichkeiten erfüllen muß."

666 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Beide Kammern haben hierauf den $. unverändert genehmiget. (Stenogr. Der. der II. K. 18« J. Bd. 3. S. 1561—1562 u. der I. ft. Bd. 5. S. 2585.)

II.

Dergl. die Erläut. zum §. 80. ')

Zum §. 83. I. Der §. 83. bildete in dem Regier. Entw. den §. 84. und ent­ hielt hier nur daS jetzige Alin. 1. desselben, wobei noch zu bemerken, daß hinter dem Worte: „Schiedsrichter" das Allegat des $. 14. be­ findlich war. Vergl. die Motive deS Regier. Entw. zu §§. 80. ff. (f. oben S. 651). A. Die Kommission der II. Kammer beantragte zwar die Annahme deS jedoch unter Hinzufügung der jetzigen Alin. 2. u. 3., indem fle dies in folgender Art motivirte: Zur Beschränkung des Entw. ist von einem Mitgliede der Antrag gestellt, an Stelle der Worte: „muß nach dem jährlichen DurchschnittSbetrage dieser Ver­ pflichtungen" zu setzen: „muß nach dem zur Zeit der EigenthumSverlcihung vorliegenden wirthschaftlichen Bau- und Reparaturbedürfniß einmal für alle Zeiten," und dadurch zu begründen gesucht worden, daß der Besitzer einer zu regulirenden Stelle außer der unentgeltlichen Erwerbung des Eigenthums an den Gebäuden höchstens nur noch die einmalige Instandsetzung der Letzteren verlangen könne, eine Verpflichtung deS Gutsherrn zur ferneren Unterhaltung der Gebäude aber rechtlich nicht bestehe. Es ist jedoch dieser Antrag verworfen worden, weil nach der Ansicht der Majorität die Voraussetzung, daß dem Gutsherrn eine besondere Entschädigung für daS Eigenthum in den Gebäuden gebühre, nach dem im 83. angenommenen Grundsätze unrichtig ist und der Anspruch des Stellenbesitzers auf Bau- und Re­ paraturholz deshalb einer speziellen Werthsermittelung bedarf, weil in gleicher Weise auch der Werth der Leistungen des StellenbesitzerS zur Ausgleichung ge^ bracht wird. Außerdem hat die Agrar-Komm. mit Rücksicht aus die zum §. 81. beschlossene Erweiterung hier die Aufnahme der Bestimmungen über die Ablösung der Servituten für erforderlich erachtet und für diese, wie für die Abgeltung der Bauhclzberechtigung die Ermittelung von Normalsätzen für statthaft gehalten, wenn nach dem Ermessen der Distrikts-Kommissionen hiezu ein Bedürfniß vorhanden sein sollte. Zur Erreichung dieses Zweckes sind zwei Vorschläge gemacht worden. Der erste geht dahin, an Stelle des §. 84. folgende Bestimmung zu treffen: „Der Iahreswerth der §. 81. a. 4. und b. 5. angegebenen Berechtigungen wird in der Regel nach Normalpreisen bestimmt (§. 67.). „Bei Festsetzung dieser Normalpreise ist in Ansehung der sub a. 4. an­ gegebenen Berechtigungen hauptsächlich auf den Umfang und die Beschaffen­ heit der diesen Berechtigungen unterliegenden bäuerlichen Grundstücke, in Ansehung der sub b. 5. angegebenen Berechtigungen dagegen auf das Be­ dürfniß der bäuerlichen Stellen Rücksicht zu nehmen. „Dieses Bedürfniß wird bei den Forst-Servituten nach dem Umfange der Stellen und die Werbungskosten nach der Entfernung der Forsten; bei den Hütungsberechtigungen nach der, nach dem Umfange und der Bodenqualität der Stelle zu haltenden Viehzahl und nach dem ortsüblichen HütungSzinse für ein Stück Vieh zu bemessen sein. „Sollte in einzelnen Distrikten die Festsetzung von solchen Normalpreisen überhaupt nicht ausführbar erscheinen, so ist der Iahreswerth dieser Berech­ tigungen durch Schiedsrichter festzustellen." Der zweite Vorschlag geht dahin, den §. 84. der Regierungs-Vorlage mit folgendem Zusatz anzunehmen: Ebenso wird auch der Werth der nach §. 81. a. 4. und b. 5.

1) Vergl. auch den Aufsatz: über daS gntsherrliche Eigenthum an lassitischen Stellen in Robe S Lehrzeitung für Entlastung deS bäuerlichen Grundbesitzes. 1851. S. 196. u. 197. ff.

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., ($. 83.).

667

auszuhebenden Gru ndgerechtigkeiten ermittelt und im Mangel einer Einigung durch Schiedsrichter s e st g e st e l l t. Für Distrikte, in welchen nach dem Ermessen der DistriktsKommissionen hierzu ein Bedürfniß vorhanden ist, können von den Letzteren unter Zuziehung von Sachverständigen, 9t or malsatze i« Betreff der, der Ablösungsberechnung zum Grunde zu legenden Positionen fest gestellt werden. Bon diesen beiden Vorschlägen hat die Agrar-Komm, den zuletzt gedachten adoptin und beschlossen, denselben der II. K. zur Annahme zu empfehlen. Die Majorität ist hierbei von der Ansicht geleitet worden, wie sich nicht im Voraus an­ nehmen lasse, daß an allen Orten der Bedarf der bäuerlichen Wirthe an Holz, Streu, Weide und dergleichen gedeckt worden sei oder gewährt werden könne und daher die Voraussetzung des ersten Vorschlages nicht zutreffend anznerkennen sei. Durch den zweiten und angenommenen Vorschlag wird bezweckt, den AuSeinandersetzungs-KommissariuS in den Stand zu setzen, die Entschädigungs-Berechnung ohne Zuziehung von Sachverständigen zulegen zu können und dadurch die schnelle Durch­ führung der Geschäfte zu erleichtern. Welche Positionen für die einzelnen Aus­ einandersetzungen festgestellt werden müssen, um jenen Zweck zu erreichen, dies wird Gegenstand einer Instruktion sein müssen. Hier genügt eS zum Nachweise der AuSfübrbarkeit einer solchen Bestimmung auf die Erläuterungen zum §. 14. in diesem Berichte zu verweisen.

Das Plenum der II. Kammer trat den Anträgen der Kommission bei. (Ltenegr. Bcr. der II. K. 18“. Bd. 3. S. 1561—1062.)

B. Die Kommission der I. Kammer fand nur zu bemerken, daß das Allegat deS §. 14. (im Alin. 1.), als Folge des dort gefaßten Be­ schlusses, zu streichen sei, und mit dieser Maaßgabe wurde der $. in der von der 11. Kammer beschlossenen Fassung auch von der I. Kammer geneh­ miget.

(Steriogr. Ber. der I. K. 18jg. Bd. 5. S. 2585.)

C.

Die II. Kammer hat sich schließlich mit der von der I. Kammer beschlossenen Streichung deS Allegats deS §. 14. einverstanden erklärt. (Ltenogr. Ber. der II. K. 18* g. Bd. 5. S. 2755 ff.)

II. Erläuterungen zum §. 83. 1) Die Gutsherrschaft, welcher die Gebäude einer regulirungssähigen ländlichen Stelle bisher eigenthümlich gehörten, oder welche sonst dieselben zu unterhalten veipflichtet war, ist verbunden, diese Gebäude bei der Aus­ führung der Negulirung zum letzten Mal in baulichen Zustand zu setzen, insoweit der Besitzer einer solchen Stelle die alsdann noch erforderlichen Reparaturen nicht selbst verschuldet hat. So erkannt von dem Revisions-Kollegium für L. K. Sachen unterm 20. Jan. 1852.') Die Gründe führen aus: Die GutSbcrrschast ist Gigenthümerin der Gebäude und die lasfitischen Wirthe haben die Rechte der Zeitpächter (A. L. R. I. 21. §. 630). Nach §§. 443. ff. a. a. O. Hal aber der Pächter nur solche Reparaturen zu bestreiten, welche mit den Materialien des Gutes und durch die Arbeit des Gesindes und der Dienstleute lestriuen werden können; alle übrigen Reparaturen muß der Verpächter auf seine Kosten alisführen (§. 444. a. a. O.) und hierzu gehört offenbar die bauliche Jnstandhaltinlg der Wirthschaftsgebäude. Der §. 632. a. a. O. verpflichtet zwar den

1) Bergt, auch die hierauf bezüglichen Erläut. in dem Berichte der Komm, der II. K. zum §. h3. (f. oben S. 666 ). Die Verpflichtung der Gutsherrschaft zum Bau und zur Reparatur der bäuerlichen Stellen ist als eine gewöhnliche Gegenleistung zu erachten (§. 80. b. Nr. 3 ). Nach §. 32. des Ed. v. 14. Sept. 1811. sollten Neubauten und Hauptreparaturen vom bäuerlichen Wirthe besorgt werden, welches indeß der Art. 74. der Dekl. v. 29. Mai 1816. dahin modisieirte, daß der Gutsherr von der Bau- und Reparatnrpflicht der bäuerlichen Gebäude erst mit Anmeldung der Provokation auf Regulirung befreit wurde.

668

Von d. Abl-s. der Reallasten, den Regultrungen u. Gem. Theilungen.

Besitzer eines lassitischen Grundstückes, dasselbe im baulichen Zustande zu unterhal. ten. Allein diese Verpflichtung kann offenbar nicht weiter gehen, als die eines Zeitpächters. — Dies muß um so mehr angenommen werden, als nach §. 6. des Regulir. Ed. v. 14. Sept. 1811. und $. 80. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. die Verpflichtung der Gutsherrschaft zum Bau und zur Reparatur der Gebäude als gewöhnliche Gegenleistung bezeichnet wird, was nicht hätte angenommen werden können, wenn jene Gesetzesftelle den Wirth zu allen Reparaturen im zweifelhaften Falle hatte für verpflichtet erachten wollen. War daher die Noth­ wendigkeit einer solchen Reparatur bis zum Aufhören des Pachtverhältnisses oder mit andern Worten bis zum Eintritte des Ausführungstermins der Regulirung ein­ getreten, so hat der Pächter in derselben Weise das Recht, die Ausführung der Reparaturen von dem Verpachter zu verlangen, als wie dies ihm zustand, wenn kein Regulirungs-Versahren eingeleitet worden wäre, indem nach K. 90. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. alle Verpflichtungen beider Theile bis zum Ausführungs­ termine fortdauern. tZeitfchr. des Revis. Kolleg. Bd. 5. S. 155—157. u. Präj. Samml. deffelb. S. 56. Ro. 8.) .

2) Durch die Bestimmung des Art. 74. der Dekl. v. 29. Mai 1816, wonach vom Zeitpunkte der Provokation auf Dienstregulirung ab der Guts­ herr den Lassiten fernerhin Bau- und Reparaturholz nicht zu gewähren hat, ist diese Bauholzberechtigung nicht aufgehoben, sondern nur suspendirt wor­ den. Dieselbe tritt daher auch nach Verkündung deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 wieder, in Kraft. Doch sind die lassitischen Wirthe nicht berechtigt, Entschädigung für das bis dahin von ihnen selbst beschaffte Bauholz zu fordern. *) So erkannt von dem Revisions-Kollegiums für L. K. Sachen. 3) Die gutsherrliche Verpflichtung zum Aufbau und zur Reparatur der bäuerlichen Gebäude, resp, zur Verabfolgung von Bauholz, soll im Wege deS schiedsrichterlichen Verfahrens festgestellt werden. Für letzteres ist die Jnstr. v. 12. Okt. 1835 maaßgebend. 4) Daffelbe gilt in Betreff der gegenseitigen Grundgerechligkeiten nach Alin. 2. des §. 83 1 2) 5) Zum Alin. 3. des §. 83. ist zu bemerken, daß bei der Verschieden­ heit der Art und des Umfanges und demgemäß deS Werthes der hier ge­ dachten wechselseitigen Berechtigungen, Normalsätze für die Ablösungsbe­ rechnung rückfichtlich derselben, soviel bekannt geworden, nirgends sestgestettt sind.

1) Der mangelnde Besitz am 9. Okt. 1848 hat daS früher bestandene und durch eine (int Jahre 1821) angemeldete Provokation auf Regulirung nur suSpendirte Recht nicht aufgehoben, da die Befreiung von der int §. 83. gedachten Ver­ pflichtung einen Theil der gutSherrlichen Entschädigung bildet, indem der §. 90. alle Verpflichtungen beider Theile bis zum Ausführungstermin nach Maaßgabe des Ges. v. 2. März 1850 (lediglich mit Ausnahme wegen der Hoswehr) fortdauern läßt, wogegen während der Dauer der Gültigkeit der Dekl. v. 29. Mai 1816, welche erst durch den §. 1. deS Ges. v. 2. März 1850 aufgehoben ist, ein Anspruch der bäuerlichen Wirthe auf Bauholz und Bauhülse nicht bestand, daher für den Zeit­ raum von der Provokation im Jahre 1821* bis zur Publikation des Ges. v. 2. März 1850 auch Entschädigungs - Ansprüche für das in der Zwischenzeit selbst be­ schaffte Bauholz nicht gerechtfertigt erscheinen. 2) Nachdem zuvor die gegenseitigen Servitute mit Rücksicht auf die im 81. vorgc schrieb en e Beweisführung ausgemittelt sind und deren Art und Umfang festgestellt ist, bleibt also bei der Abschätzung ihres Werths das gewöhnliche kommissa rische Verfahren ausgeschlossen; hierbei ist die nur unter gewissen Voraussetzungen im Art. 14. des Ergänzungs-Ges. v. 2. März 1850 zur GemeinheitS-TheilnngsOrdn. (G. S. 1850. S. 143) vorgeschriebcne SchatzungSmcthode für die Fälle des §. 83. (§. 80. «i. 4. und b. 5.) allgemein und unbedingt vorgeschrieben, sofern die Partheien sich nicht anderweit über den Werth vereinigt haben.

Oes. v. 2. Mär; 1850, tetr, die Ablös. rc., ($. 84.).

669

Zum §♦ 84.

I. Der $. 84. bildete in dem Regier. Entw. den $. 85. und lau­ tete dahin: Der JahreSwerth der §. 81. b. 4.l) bezeichneten Verpflichtungen der Guts­ herrschaft, sowie der §. Sl.a. 3.2)3 angegebenen 4 Verpflichtungen der Stellenbefitzer, wird nach den Vorschriften deS zweiten Abschnitts des gegenwärtigen Gesetzes er­ mittelt, und einschließlich deS nach §. 84.s) seftgestellten Betrags abgelöst. Die Vorschriften deS 8 63., nach welchen der Stellenbesitzer jedenfalls zu fordern berechtigt ist, daß ihm ein Drittel des Reinertrages der Stelle frei bleibe, finden auch auf die nach dem vorliegenden Abschnitt zu regulirenden Stellen, jedoch mit der Modifikatton Anwendung, daß hier der Berechtigte sich eine Verminderung seiner Abfindung auch in Ansehung der ihm gebührenden festen Geld-Abgaben ge­ fallen lassen muß.

Vergl. die Motive des Regier. Entw. zu 88- 80. ff. (s. oben S. 651.).

A. Die Kommission der II. Kammer stellte folgende Anträge: a) daS Alin. 1. anzunehmen, jedoch mit Streichung der Schluß­ worte: „und einschließlich des nach 8- 84. festgestellten Be­ trags abgelöstj" b) das jetzige Alin. 2. als einen neuen Zusatz einzuschalten; c) auS dem Alin. 2. des 8- 85. des Regier. Entw. einen beson­ deren 8- (den jetzigen 8- 85.), und zwar in veränderter Fassung zu bilden/). Der Bericht der Kommission, insoweit er den jetzigen 8- 84. betrifft, lautet dahin: Zum 1. Alin, dieses §. ist zu bemerken, daß die Schlußworte desselben: „und einschließlich deS nach §. 84. festgestellten Betrages" hier wegfallen müssen, weil vor dieser Ablösungsbestimmung zunächst eine Vorschrift wegen der Kompensation der gegenseitigen Leistungen gegeben werden muß. Eine solche Bestimmung hat die Agrar-Komm. in folgendem Zusatze erkannt, welcher als Alin. 2. einzuschal­ ten ist: Von der Summe deS ermittelten jährlichen Geldwerths der sämmtlichen Verpflichtungen des Stellenbesitzers wird die Summe des ermittelten jährlichen Geld Werths der sämmtlichen Verpflichtungen der Gutsherrschaft in Abzug gebracht. Gr giebt sich hiernach ein von d em Stellen besitzer zu entrich­ tender Ueberschuß, so erfolgt dessen Ablösung nach Vorschrift des §. 64. Die Agrar-Komm. beantragt daher die Annnahme dieses Zusatzes. Außerdem ist von einem Mitglieds .der Komm, in Antrag gebracht worden, der vorstehenden Bestimmung noch folgenden Zusatz anzureihen: „Uebersteigt der jährliche Geldbetrag der Verpflichtungen der GutSherrschasl „den jährlichen Geldbetrag der Verpflichtungen des Stellenbesitzers, so „braucht der Gutsherr einen solchen Ueberschuß nicht zu vergüten. Der „Stellenbesihcr muß sich vielmehr mit der Kompensation der gegenseitigen „Berechtigungen und Verpflichtungen begnügen." Zur Motivirung dieses Antrages wurde angeführt, daß das eigenthümliche Verhältniß der zu regulirenden Stellen eine solche Festsetzung rechtfertige. Bei der Gründung und Verleihung der letzter« seien die Leistungen des Besitzers nach dem Umfange und Ertrage der Grundstücke und Berechtigungen der Stelle abgemessen worden, und eine richtige WerthSermittelung der gegenseitigen Leistungen könne da­ her niemals zu dem Resultate führen, daß schon der Werth der gegenseitigen Lei­ stungen als gleich anzunehmen sei, am wenigsten aber zu dem Resultate, daß der 1) 2) 3) 4)

Jetzt Jetzt Jetzt Vergl.

§ 80. b. 4. 8- 80. a. 3. 8- 83. hierüber das Weitere zum 8- 85.

570 Von d- Ablös. der Reallasten, den Regnlirungen u. Gem. Theilungen. Gutsherr nicht allein alle Ansprüche auf daS Eigenthum an der Stelle ohne Ent­ schädigung aufzugeben, sondern auch außerdem noch eine Entschädigung an den Stellenbesitzer zu zahlen habe. Werde dennoch in einzelnen Fällen ein hiervon abweichendes Resultat durch weitläuftige Abschätzungen und Berechnungen gefunden, so könne ein solches nur auf irrthümlichen Schätzung-- und Rechnungs-Positionen beruhen, und es erfordere daher mindestens die Billigkeit, durch Annahme der vorgeschlagenen Zusatz-Bestim­ mung den GutSheren vor solchen Verletzungen zu schützen. Von der andern Seite wurde gegen den Antrag protestirt und behauptet, daß die VorauSsetznng desselben nicht überall zutreffe, die Richtigkeit derselben nicht er­ weislich sei. Der Werth der gegenseitigen Leistungen zur Zeit der Gründung einer Stelle könne nicht mehr ermittelt werden; eS sei aber eine durchaus willkührliche Annahme, daß überall die Höhe der Lasten dem Werthe der Berechtigungen und Nutzungen entsprechend festgesetzt worden sei. GS lasse sich sehr wohl denken, daß zuweilen auch nach der Ansicht des Gutsherrn der Stellenbesitzer habe begünstigt werden sollen. In einem Falle habe der Gutsherr auch seither dem Werthe nach mehr geleistet als empfangen, und der Stellenbesitzer werde dann durch jene ZusatzBestimmung in Folge der Regulirung schlechter gestellt, als seine Lage ohne Da­ zwischenkunft der letzteren gewesen sei. Solche Nachtheile habe auch die seitherige Gesetzgebung vermieden; namentlich sei im Regulirungs-Ed. v. 8. April 1823, welches gleichfalls die gegenseitigen Leistungen zur Grundlage der Auseinander­ setzung mache, die beantragte Bestimmung nicht enthalten, und man müsse sich da­ her gegen die letztere um so mehr erklären, als die Besorgnisse vor unrichtigen Abschätzungen durch die Anwendung von Normalpreisen beseitigt würden, auch eine gleiche Verpflichtung des Gutsbesitzers zur Vergütung eines UeberschuffeS den Ei­ genthümern der Stellen gegenüber bereits im §. 61. festgestellt sei. Unter Erwägung der vorstehend entwickelten Gründe und Gegengründe hat die Agrar-Komm. den obigen Antrag abgelehnt und danach zur Bevorwortung nicht geeignet erachtet.

Das Plenum der II. Kammer trat den Anträgen der Kommission (Stenogr. Bcr. der II. K. 18|?. Bd. 3. S. 1562.). B. Die Kommission der I. Kammer erklärte sich zwar mit den Beschlüssen der II. Kammer einverstanden, trug indeß dahin an, dem 84. dessen jetziges Alin. 3. hinzuzufügen, indem sie dies folgendermaaßen

bei.

begründete: Zu §. 84. wurde der in der Kommission der II. K. gestellte, von der II. K aber verworfene Antrag wieder ausgenommen: als Alin. 3. den Zusatz zu machen: Uebersteigt der jährliche Geldbetrag der Verpflichtungen der Gutsherrschaft den jährlichen Geldbetrag der Verpflichtungen des Stellenbesitzers, so braucht der Gutsherr einen solchen Ueberschuß nicht zu vergüten. Der Stellende sitzer muß sich vielmehr mit der Kompensation der gegenwärtigen Berechti­ gungen und Verpflichtungen begnügen. Die Gründe für und gegen den Antrag waren die in dem Berichte der Komm, der II. K. S. 66. und 67. enthaltenen. Der Reg. KommissariuS bevorwortete den Antrag darum insbesondere, weil eS die Vergleiche offenbar sehr beschleunigen werde, wenn der Verpflichtete wisse, daß der Gutsherr niemals etwas hcrauSzuzahlen haben werde. Der §. wird mit dieser Aenderung zur Annahme empfohlen.

Das Plenum der I. Kammer trat dem Anträge der Kommission bei. (Stenogr. Ber. der I. K. 18;z. Bd. 5. S. 2585.)

C. Die Kommission der 11 Kammer empfahl, ohne weitere Motivirung, den von der I. Kammer beschlossenen Zusatz anzunehmen. Das Plenum der II. Kammer beschloß zwar, dem beizutreten, zugleich aber, nunmehr dem §. 84. auch dessen jetziges Alin. 4. hinzuzu­ fügen.') (Stenogr. Ber. der II. K. 18Jg, Bd. 5. S. 2761 n. 2769.).

1) Dies geschah auf den Verbess.-Antrag des Abgeord. Ellwanger.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 84.).

671

D. Die Commission der I Kammer empfahl nunmehr den Beitritt zu dem Beschlusse der II. Kammer, indem sie bemerkte: Mit der Abändernng zu § 84. erklärte sich die Komm, einverstanden, weil das Prinzip dieser Abänderung bereits in den Ablesungsges. v. 18. Juli und 31. Okt. 1845. fest geh alten worden und in den Verhältnissen der Mandelgärtner be­ gründet itt, bei denen jener Ernteantheil, in der Regel wenigstens, einem in Ver­ gleich mit anderen Dienstpflichtigen verhältnißmäßig geringeren Landbesitze entspricht.

Die I. Kammer trat hierauf diesem Anträge bei. I.

(Stenogr. Ber. der

K. 18jz Bd. 5 S. 2837.).

Vergl. übrigens die Erläut. zum $. 74. des Ablös. Ges. sub III. C. DD. ad 2. Litt, c., oben S. 628. Nr. 1. II. Erläuterungen zum §. 84. 1) Ueber die Abfindungsprinzipien vergl. die Erläut. zum $. 64. des Ablos. Ges. v. 2. März 1850. 2) Die oben (ad I.) mitgetheilte Entstehungsgeschichte des $. 84. ergiebt, daß derselbe ursprünglich (nach dem Regier. Entw) nur das jetzige Alin. 1. enthielt'), und daß das jetzige Alin. 2. des 84. von der II. Kammer, hiernächst aber das jetzige Alin. 3. von der I. Kammer2*),1 und schließlich noch das jetzige Alin. 4. von der II. Kammer hinzugefügt worden ist.

(Drucks. Nr. 548. ad 2., vergl. stenogr. Ber. der II. K. Bd. 5. S. 2763. und 2769.) 1) DaS Alin. 2. des §. 85. des Regier. Entw., dessen Alin. 1. jetzt das Alin. 1. des §. 84. des Gesetzes bildet, ist als ein besonderer §. auSgeschiedeu und in den jetzigen §. 85. des Gesetzes übertragen worden. 2) Das Alin. 3. des §. 84., wonach die Gutsherrschaft einen Ueberschuß des Werthes ihrer Verpflichtungen gegen die bäuerlichen Wirthe nicht zu vergüten hat, der Stellenbefitzer sich vielmehr (ausgenommen den Fall des Abs. 4.) in allen an­ dern Fällen mit der Kompensation des Werths seiner Verpflichtungen begnügen muß, hat seit Publikation des Ges. v. 2. März 1850. bereits mehrfache Beschwerden, auch Berathungen in den Kammern, hervorgerufen. Zn der Sitzungs-Periode von 18j£ petitionirten Gärtnergemeinden aus der Nieder-Lausitz um Abänderung oder eine authentische Deklaration jener Bestimmung dahin: „daß eine solche Kompensation nur in Betreff der im §. 80. unter Litt. a. Nr. 3. mit den daselbst unter Litt. h. Nr. 4. genannten Verpflichtungen angeord­ net, hingegen bei den Liu. a. Nr. 4. u. Litt. h. Nr. 3. u. 5. gedachten Verpflich­ tungen der Ueberschuß ihres ermittelten Werths auch dann noch entschädigt würde, wenn die Entschädigung dem Gutsherrn zur Last fiele." — Die Unstatthaftigkeit einer solchen Deklaration, gegenüber der unzweideutigen, sämmtliche Vervflichtungen ohne Ausnahme, auf gleiche Weise treffenden Bestimmung des Gesetzes, ist indeß unbedenklich, auch nachgewiesen in dem Aufsatze in Robe'S Lehrzeitung für Entlastung des bauerl. Grundbesitzes, Zahrg. 18J? S. 186. ff. u. 189. ff. — Die erwähnte Petition gab indeß Veranlassung zu einer Berathung in der AgrarKom. der II. K., deren Bericht v. 17. Jan. 1852. (Drucks. Nr. 50.) die Be­ schwerde sür gerecht, eS aber für bedenklich hielt, an dem zwischen den gesetzgeben­ den Gewalten nach vielfachen Verhandlungen vereinbarten Gesetz v. 2. Marz 1850., als dem endlichen Abschluß der Agrargesetzgebung, wiederum zu andern und dadurch den eben erst gebildeten Rechtszuftand und das Vertrauen zur Gesetzgebung von Neuem zu erschüttern. Diesen Motiven für Ablehnung des Antrages trat die II. Kammer bei (Stenogr. Ber. über die 13. Sitzung v. 26. Jan. 1852. S. 160— 162.). — Als indeß die Staatsregierung den Gesetzentwurf wegen Deklaration der §§. 74. ii. 97. vorbrachte (f. die Erläut. zu §. 74., oben 620.) wurde vom Abgeordn. Braeiner und Gen. der ebendas, (s. oben S. 628 Note 1.) bereits erwähnte eventuelle Antrag (für den Fall irgend einer Aenderung des Ablösungsges. v. 2. März 1850.) gestellt, welcher jedoch keine Berücksichtigung fand, indem die II. K. dem Anträge ihrer Komm, beitrat, daraus nicht näher einzugehen.

«72

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

ES knüpfen sich hieran folgende Bemerkungen. a) Mit Rücksicht darauf, daß nach §$. 80. und 81. deS Gesetzes nur die aus dem Verhältnisse zwischen den bäuerlichen Wirthen und der Guts­ herrschast herrührenden wechselseitigen Rechts- und Verpflichtungs-Verhält­ nisse den Gegenstand der Regulirung bilden und im 8 80. unter den Ge­ genständen, welche dabei zur Berechnung kommen, nur die ablösbaren Be­ rechtigungen auf den Grundstücken der Gutsherrschaft gedacht sind, hat daS Revisions-Kollegium für L. K. Sachen (in dem Erk. v. 16. April 1852) angenommen, daß von der Vorschrift des $. 84., nach welchem die gegenseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen zwischen Gutsherrschaften und lassitischen Wirthen in Folge der Regulirung ohne Vergütigung des Mehrwerthes der Berechtigungen der bäuerlichen Wirthe Seitens der Guts­ herrschaft kompenstrt werden sollen, solche Berechtigungen der Lassiten aus­ geschlossen sind, welche nicht auf ursprünglich gutsherrlichen Grundstücken, sondern auf Grundstücken eines Dritten bestanden haben. (Zeitssir. Revis. Kolleg. Bd. 5. S. 202 — 208. und Präj. Samml. dcsselb. S. 59. Nr. 13.). b) Zweifelhaft ist die Frage: ob bei Ermittelung des Umfanges und der Werthschätzung der Dienste auch die Ansprüche der Stellenbesitzer auf Remissionen an den bäuerlichen Leistungen bei Unglücksfällen (Krieg, Feuer) zu berücksichtigen sind?*) Es sind hierüber folgende Ansichten ausgesprochen worden: a) Das Revisions-Kolleginm für L. K. Sachen hat ausgeführt: «) Die Remissionspflicht der Gutsherrn bäuerlicher nicht lassittscher Wirthe ist weder durch das Ablös. Ges. v. 2. März 1850., noch durch die Verfass. Urkunde y. 31. Jan. 1850. unentgeldlich aufgehoben, muß also als Gegenleistung mit zur Ablösung kommen. (Erk. des Revis. Kolleg, v. 25. Juni und 17. Dec. 1852. in dessen Präj. Samml. S. 33. Nr. 10.). ß) Die bäuerlichen Wirthe haben das ihnen gesetzlich oder vertrags­ mäßig zugestandene Recht, in Unglückssällen und bei Brandschäden Re­ missionen an den Diensten und Abgaben zu fordern, durch das Ablös. Ges. v. 2. März 1850. nicht verloren. (Erk. des Revis. Kolleg, v. 6. Jan. li. 3. Sept. 1852., in dessen Präj. Samml. S. 37. Nr. 21. und ßcitfcbr. Bd. 5. S. 410. und Bd. 6. S. 216.). Vergl. die Gründe dieser Entscheidungen zum §. 3. Nr. 15. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. (s. oben S. 301-302.). b) Der II. Sen. des Ob. Trib. führt (in dem Erk. v. 10. Mai 1851.) aus, daß nach dem Provinzial-Rechte der Nieder-Lausih (vergl. die LandeS-Ordn. v. 12. Dec. 1651. 88- 12. und 13. und die revid. LandesOrdn. v. 28. Jan. 1669. Tit. II. 88- 6., 15. und 16.) die bäuerlichen Wirthe bei Unglücksfällen (durch Krieg oder Feuer) auch nach gegenwär­ tiger Lage der Gesetzgebung einen dreijährigen Diensterlaß zu fordern baben. (Zeitsckr. deS Revis. Kolleg. Bd. 5. S. 17—22.). c) DaS 5in. Min. hat in dem R. v. 2. Mai 1851.*) auögesührt. daß da das Ablös. Ges. v. 2. März 1850. die Verpflichtung zur Gewäh­ rung von Remissionen und Erlassen an die bisherigen Censiten unter den unentgeldlich aufgehobenen Leistungen und Gerechtsamen nicht mit aufge­ führt hat, sich auch int Allgemeinen deren Wegfall nicht behaupten lasse. Es sei zu unterscheiden: a) in den Fällen, wo die Remissionspflicht a) lediglich aus dem Art. 42. der Verfass.-Urkunde v. 31. Jan. 1850. auf­ gehobenen gutsherrlichen und gutsobrigkeitlichen Verhältniß, aus der Schutz-

1) Vergl. § 80. Liu. b. Nr. 1. des Ab lös. Ges. v. 2. März 1850. 2) Vergl. in Bd. I. S. 225. und ebendas. S. 226. das R. der Regier, zu Magdeburg v. 19. Mai 1851.

Ges. v. 2. März 1820, betr. die AblSs. rc., (§. 84.).

673

Herrlichkeit und auS der früheren Erbunterthänigkeit entsprang, sei sie nach Art. 42. a. a. O. und ß) in den Fallen, wo sie den Berechtigten als Ge­ genleistung für nach §. 2. und §. 3. Nr. 1 bis 14. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. unentgeltich aufgehobene Leistungen und Gerechtsamen oblag, sei sie nach §. 3. Nr. 15. ebendas, ohne Entschädigung beseitiget; hingegen b) in anderen Fällen, namentlich da, wo die Verpflichtung zur Gewährung von Remissionen als Gegenleistung für noch fortdauernde un ab lösbare Gerechtsame erscheint, lasse sich der unentgeldliche Wegfall, und namentlich auS §. 63. a. a. O., deshalb nicht herleiten, weil einmal die in diesem §. angeordnete Reduktion die vorgängige Ermäßigung der betreffenden Abgabe um den Jahreswerth der bisherigen Remisstonspflicht nicht ausschließe, und nur zur Anwendung kommen könne, wo die vorgän­ gige Ermäßigung nicht ausreicht, um dem Pflichtigen ein Drittel des Rein­ ertrages seiner Stelle frei zu lassen, sodann aber auch in den Fällen des 8. 65., für welche der §. 63. nicht gilt, die Remissionspflicht als Gegen­ leistung der Berechtigten Vorkommen könne. Es sei daher stets auf den Ursprung der Remissionspflicht zurückzugehen und zu prüfen, ob dieselbe le­ diglich Ausfluß des aufgehobenen gutsherrlichen Verhältnisses, oder Gegen­ leistung anderer unentgeldlich aufgehobener Gerechtsame war, oder ob sie sich zu noch fortdauernden Gerechtsamen alS Gegenleistung verhalte. (Spren­ gels Ablös. Ges. S. 133-135.)

Andererseits hat man indeß die Ansicht vertheidigt, daß die nach der älteren Gesetzgebung stattfindenden Remissions-Berechtigungen der Stellen­ besitzer bei Anwendung des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 gar nicht mehr in Betracht gezogen werden dürften. Diese Ansicht wird folgendermaaffen zu motiviren gesucht: Die Vorschriften der älteren Gesetzgebung über Erlaß der Dienste und Zinsen, sowohl die landrechtlichen in den §§. 435. seq. resp. §§. 480—490. Tit. 7. Thl. II. A. L. R., als die hierher gehörigen provinzialrechtlichen in den Ed. v. 12. Aug. 1721. (v. Rabe'S Sammt. Bd I. Abth. 1. S. 596.), v. 25. Okt. 1725. Art. 13. (a. a. O. Bd. 13. S. 66.) und 5. Dec. 1776. (a. a. O., Bd. I. Abth. 6. S. 251.), gehen von zwiefachen Voraussetzungen aus, welche zugleich das gesetzliche Motiv der Remissionen enthalten, nämlich a. ein Unterthanen - Verhältniß, b. die Erhaltung der Pflichtigen im prästationsfähigen Zustande. Die Edikte ergeben dies eben so klar, wie die Bestimmungen dLS A. L. R. (§. 492. A. L. R. II. 7.) und namentlich spricht sür den Grund zu b. der Maaßstab des Erlasses nach den lan­ desherrlichen Steuern. Das Unterthanen-Verhältniß hörte in seiner praktischen Bedeutung für den Grundbesitz der Eigenthümer (cfr. §§. 246—297. A. L. R. II. 7.) schon durch daS Ed. v- 9. Okt. 1807. auf, und die GutSherrschafd behielt in Rücksicht ihrer Dienste und Zinsen nur die Rechte eines Realgläubigers (R. v. 5. März 1809. Nr. 17. ad c. v. Rabe Bd. 9. S. 63.) und, wenn nach dieser Befreiung der früber unterthänigen, zu Eigenthum besessenen Bauergüter von der beschränkenden Einwirkung der gutsherrlichen Rechte die gesetzliche Remissionspflicht noch bestehen geblieben ist, so läßt sich dies nur aus dem zweiten obigen Gesichtspunkte, der Er­ haltung der Stellenbesitzer im prästationsfähigen Zustande herleiten. — Aber auch dieser zweite Grund ist weggefatlen, nachdem das Ges. v. 2. Marz 1850. einen andern Weg eingeschlagen hat, im Staatsintereffe die Prastationssahigkeit der Stellenbesitzer zu sichern, nämlich durch Sicherung von einem Drittheile des ReinErtrageS der Stelle bei jeder Ablösung (§. 63). — Nachdem hiernach durch voll­ ständige Lösung des Unterthanen-Verhältniffes und Sicherung der PrästationSsähigleit der Stellenbesitzer aus einem anderen Wege alle Voraussetzungen der älteren Remissionspflicht geschwunden sind, müssen auch die älteren Gesetze über die Remissionspfticht, als mit dem Ges. v. 2. Marz 1850. nicht vereinbar, (§. 1. letzter Absatz) sür aufgehoben erachtet werden. — Das Ges. v. 2. März 1850. gedenkt der Remissionsforderungen nicht. Sie sind keine eigentlichen Gegenleistungen, son­ dern treffen nur die Höhe der Werthsberechnung der Leistungen, und würden vom Gesetze dort nm so eher erwähnt worden sein, als ihrer da, wo sie nach dem Obigen allein noch in Betracht kommen können, bei der Regulirnng der gutsherrlichen und Landes-Kullur-Gesetzg. Bd. n.

43

674

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

bäuerlichen Verhältnisse Behufs der EigenthumSverleihung, ausdrücklich gedacht worden (§. 82. b.) Es laßt sich nicht denken, daß ein Moment, welches beim Fort­ bestehen der Remisfionspflicht in jeder Ablösungssache zur Sprache kommen müßte, wenn nicht nach provinziellen, doch nach den landrechtlichen Vorschriften, und wel­ ches grade wegen seines ungewissen Maaßes der normirenden Vorschriften so sehr bedurfte, von dem Gesetze völlig sich selbst überlassen sein sollte, wenn man dessen Beseitigung durch die neuen Grundsätze nicht als sich von selbst verstehend betracht tet hatte. Da, wo eS erwähnt worden ist, hatte es als sortbestehend betrachtet werden müssen, weil der gutSherrlich-bauerliche Nerus noch fortbestand und erst durch Eigenthumsverleihung gelöst werden sollte. Wo es also zur Sprache kommen mußte, hat das Gesetz auch dasselbe nicht unbeachtet gelassen. Daraus ist nicht zu schließen, daß auch da, wo sie nicht erwähnt worden, die Remisfionspflicht fortwal­ ten solle; sondern im Gegentheile, daß fie da, wo sie nicht erwähnt wird, als be­ seitigt betrachtet worden ist. — Die Kammer - Verhandlungen lassen eben so gut darauf schließen, daß die Kammern den Wegfall der Remissionspflicht als sich von selbst verstehend, erachtet haben, als daß sie dieselben haben fortbestehen lassen wollen.

Ueber die frühere Gesetzgebung wegen Berücksichtigung der Remissions­ und Vertretungsansprüche der Lassiten, vergl. Dönniges Landkulturgesetz­ gebung Bd. I. S. 184 ff. 213. 268. 334. c) Da nach §. 84. der Jahreswerth der wechselseitigen Verpflichtungen nach rem Abschn. II. zu ermitteln ist, so greift auch gegen lassitische Wirthe die Bestimmung des §. 66. Platz, wonach bei der Ablösung der Reallasten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes weder eine Ermäßigung der Abfin­ dung wegen der den pflichtigen Grundstücken auferlegten oder aufzuerlegenden Grundsteuer, noch auch eine Umschreibung der von den berechtigten Grundstücken für die abgelösten Reallasten zu entrichtenden Steuern auf die verpflichteten Grundstücke stattfindet. ') Das Motiv hierzu enthält der §. 96. (wonach in Beziehung auf die Kommunal - Verhältnisse und die Grundsteuern durch die Ausführung dieses Gesetzes keine Veränderungen eintreten sollen) in der Bestimmung des Alin. 2.: „daß vielmehr die Regulirung dieser Verhältnisse der künftigen Gemeinde-Ordnung und den Gesetzen über die Grundsteuer vorbehalten bleibt."1 2) d) Nach dem Alin. 4 des §. 84. findet die Kompensation in Gemäß­ heit der Vorschrift deS Alin. 3. ebendas, nicht statt bei Stellen, deren Be­ sitzer einen Antheil an der Erndte (Mandel, Garben) genießen, sondern es muß diesen auch der Ueberschuß vergütet werden. Mit Rücksicht auf diese Bestimmung hat das Revisions-Kollegium für L. K. Sachen (in dem Erk. v. 24. April 1852) angenommen, daß auch bei den nur zur Hebe berechtigten Dreschgärtnern die KompensationSbefugniß des Gutsherrn nach Alin. 4. deS §. 84. ausgeschlossen sei, da auch die lvrescherhebe einen Antheil von der Erndte bilde. (Präj. Sammt, des Revis. Kolleg. S. 61 Nr. 18.)

1) Die letztere Bestimmung, betreff, die Umschreibung der Steuern, hat vor­ züglich die in Schlesien bestehende Grundsteuerverfassung im Auge, wonach die bäuerlichen Dienste und Zinsen, gleichwie Gewerbsberechtigungen, von den Guts Herrschaften besonders zu versteuern und ihnen bei der Grundsteuer veranschlagt sind. Vergl. über diesen Gegenstand die früheren Erlasse der Ministerien und der Regierungen, welche zum §. 66. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. in der Note 1. zum Zus. II. (s. oben S. 577. ff.) zusammengestellt sind. 2) Ueber die früheren Bestimmungen wegen Vertheilung und Uebertragung der Grundsteuern und Kommunallasten vergl. auch §. 16. a. und §. 48. des Ed. v. 14. Sept. 1811. und Art. 36. u. 95. der Dekl. v. 29. Mai 1816, deSgl. §§. 55. u. 57. ff. des Ges. v. 8. April 1823., §. 43. Nr. 4. der V. v. 20. Juni 1817. und 8. 11. der V. v. 30. Juni 1834.

Ges. v. 2. Mär; 1850, ben. die Ablös. rc., (§. 84.).

675

Dagegen sieht das Ob. Trib. in seinem, die Entscheid, des Revis. Kolleg, abändernden Erk. v.- 30. Juni 1853 die Drescherhebe (die Vergütigung für das Ausdreschen des Getraides gegen einen gewissen Scheffel) nicht als einen solchen Erndte-Antheil an, durch dessen Genuß eine Aus­ nahme von der im Alin. 3. vorgeschriebenen Kompensation nach Alin. 4. begründet werde. Das Revisions-Kollegium stützt seine Entscheidung auf folgende Gründe: Der urbarienmäßigen Verpflichtung „sämmtliche Büdner müssen gegen den 16. Scheffel dreschen" stehe auch ein Recht gegenüber, indem die Stellenbesitzer seither unbestritten den Saatrcggen, sowie den größten Theil des übrigen Roggens gegen jene Gegenleistung ausgedroschen haben. Der in der Agrar-Komm. der IL K. vorgeschlagene, nur durch die Verhältnisse der Schlesischen Mandelgärtner be­ gründete Absatz 4., sei in der Agrar-Komm. der I. K. als mit dem Prinzipe der Ges. v. 18. Juli u. 31. Okt. 1845. betr. die Ablösung der Dienste von eigen­ thümlich, erbzinS- oder erbpachtwcise besessenen Dienstfamilienstellen resp, in den Provinzen Schlesien und Sachsen (G. S. 1845. S. 502. 682.), übereinstimmend anerkannt und darauf auch in der I. K. angenommen. Es lasse sich aus den Materialien nicht mit Bestimmtheit entnehmen, welche Verhältnisse durch die ge­ dachte Vorschrift haben getroffen werden sollen; daher müsse dieselbe nach ihrem Wortlaute ausgelegt werden. Die alleg. Ges. v. 1845., welche in dem resp. §. 3. einen gleichen Gegenstand behandelten, sprächen hierbei von Ablösung des Dienst­ verhältnisses, „welches dem Zehntschnitt und Erbdrusch zum Grunde liegt." Hätte man gerade nur dieses Verhältniß in der sich jenen Gesetzen von 1845. anschließenden Bestimmung des Alin. 4. §. 84. auffaffen wollen, so hätte es nahe gelegen, auch nur diese praktisch gebräuchlich gewordene Bezeichnung und Ausdrücke beizubehalten. Indem dies nicht geschehen sei, man vielmehr den ganz allgemeinen, viel weiter greifenden Ausdruck: „eines Antheils an der Erndte" gewählt habe, habe mau dadurch zu erkennen gegeben, daß der in den Gesetzen von 1845. bezeichnete beschränktere Kreis der Dienstverhältniß-Art habe erweitert werden sollen. Einen Antheil an der Erndte genieße nicht allein Derjenige, wel­ cher einen aliquoten Theil der ganzen Erndte in Garben erhält, sondern auch Derjenige, welebier infolge seiner Dienstleistimg sich einen Anspruch auf einen Theil des Erdrusches erwirbt. Unter dem Begriff der Erndte sei der Ausdrusch mitent­ halten; auch sei.en die Worte: „ Mandel, Garben" nur als Beispiele aufgeführt, welche als solch.e die vorangegangene diSpositive Vorschrift nicht beschränkten.

Dagegen fiührt das Ob. Trib. aus: DaS Gesetz setze voraus, daß die Stellenbesitzer einen Antheil an der Erndte genießen. Nach der gewöhnlichen Bedeutung dieses Wortes sei darunter, sofern von einem Antheile die Rede ist, der Betrag der ein gemitteten Feldsrüebte zu verstehen; vom Einerndten der Feldfrüchte sei deren Aus­ drusch verschieden. UeberdieS spreche die Fassung deS Gesetzes durchaus dagegen, daß das Wort „Erndte", in jenem weiteren Sinne zu verstehen, was inSbefondere durch den Zusatz: „Mandel, Garbe," genügend zu erkennen gegeben sei. Da^ gegen, das; diese nur als Beispiele aufgeführt, spreche, daß wenn man auch den Ausdrusch zur Erndte hatte rechnen wollen, neben jenen Werten auch noch der Hebe — dcS Drescheisscheffels — gedarbt worden wäre, da gerade diese Gegen­ leistung für Dienste beim Dreschen üblich ist. Außerdem fei auch zu beachten, daß im §. 6 2. speciell der ein gemitteten und der z u m Ausdrusch gekom­ menen Feldfrüchte gedacht ist, und man sich daselbst nicht bloß der Worte: „An­ theil an der Erndte" bedient hat, endlich in den alleg. Ges. v. 18. Juli u. 31. Okt. 1845. neben der Schnittermandel ausdrücklich auch vom Drescherscheffel die Rede ist. •) (Acta deS Revis. Kolleg. Brandenburg Litt. I. Nr. 40.)

1) Für die Ansicht deS Revis.-Kolleg. dürfte jedoch wohl auf die Erwä­ gung Gewicht zu legen fein: das; der NegierungSentwurf die Lassiten für den Fall eines UeberschusseS des Wcrtbs der gutsherrlichen Gegenleistungen eben so günstig, wie die eigentümlichen Stelteubesitzer behandeln wollte, hieraus aber auf 43*

676

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Vergl. auch Zus. 2. zum §. 61. (s. oben S. 510) und Zus. II. und III. zum $. 62. (s. oben S. 515).

Zum

85.

I. Der $. 85. des Gesetzes bildete in dem Regier. Entw. keinen selbstständigen sondern das Alin. 2. deS $. 85. deS Entw.') in folgender Fassung: Die Vorschriften des § 63., nach welchen der Stellenbesitzer jedenfalls zu fordern berechtigt ist, daß ihm ein Drittel des Reinertrages der Stelle frei bleibe, finden auch auf die nach dem vorliegenden Abschnitte zu regulirenden Stellen, je­ doch mit der Maaßgabe Anwendung, daß hier der Berechtigte sich eine Vermin­ derung seiner Abfindung auch in Ansehung der ihm gebührenden festen Geldab­ gaben gefallen lassen muß.

Vergl. die Motive des Regier. Entw. zu 80. ff. (s. oben S 651 ff.) A. Die Kommission der II. Kammer beantragte, aus dieser Be­ stimmung einen selbstständigen $. (den jetzigen $. 85.) zu bilden, dessen Fassung sie dahin in Vorschlag brachte: Der Stellenbesitzer ist jedenfalls zu fordern berechtigt, daß ihm bei Feststellung der zu leistenden Abfindung ein Drittel des Reinertrags der Stelle verbleibe und daß mithin, so weit es hierzu erforderlich, die Abfindung des Berechtigten vermin­ dert werde. Zur Ermittelung dieses Reinertrages der Stelle wird der gemeine Kaufwerth, den die Stelle bei Berücksichtigung aller auf ihr ruhenden Lasten und Abgaben, sowie aller ihr zuftehenden Berechtigungen hat, in Pausch und Bogen festgestellt. Alsdann werden fünf Prozent dieses Kaufwerths mit dem Jahreswerth aller ab­ lösbaren Neallasten der Stelle zusammengerechnet. Die Summe beider stellt den Reinertrag der Stelle dar, von welchem das Drittel dem Stellenbesitzcr verbleibt. Es wird daher die für Servitute von dem Gutsbesitzer au den Stellenbesitzer zu leistende Vergütigung erst nach Ermittelung der bei Berücksichtigung der Prästationsfähigkeit von letzterem noch zu zahlenden Rente mit dieser kempensirt.

Zur Begründung bemerkte die Kommission Folgendes: Das Alin. 2. dieses K. (§. 85. des Regier. Entw.) bezweckt die Feststellung deS höchst wichtigen Grundsatzes, daß die Stellenbesitzcr im prastationsfähigen Zu­ stande auch nach der Ablösung verbleiben sollen (cf. die Erläuter. zum §. 63.) Gegen dies Prinzip, so wie gegen die Bestimmung, daß hier eventuell auch eine Ermäßigung der festen Geld-Abgaben eintreten kanu, sind keine Erinnerungen gemacht worden. Dagegen ist in Betreff der Art der Ermittelung deS Reinertrags der Stelle und der Berechnung des frei zu lassenden Drittels, von einem Mitglieds geltend

Antrag der Kommission der I. K. von dieser und der II. K. die abweichende, den Lasfiten ungünstige Bestimmung deS Alin. 3., dagegen indeß wiederum in der II. K. der Absatz 4., als Ausnahme von jenem den Lassiten ungünstigen Princip des Abs. 3., beschlossen wurde, bei dieser Ausnahme nun aber im Wesentlichen diesel­ ben Motive und Verhältnisse als maaßgebend betrachtet worden sind, welche dem von beiden Kammern adoptirten Vorschläge der Regierung im §. 62. zum Grunde lagen, ohne daß die Absicht, so wenig beim Antragsteller, als bei den Kammern, ersichtlich oder anzuehmen ist, dem Alin. 4. des §. 84. eine vom §. 62. wesentlich abweichende, beschränktere Fassung in Bezug auf das an beiden Stellen bezeich­ nete Dienstverhältniß zu geben, so daß hieraus gefolgert werden kann, man habe hinsichtlich der Dienstleistungsrenten bei Lassiten einerseits und bei eigen­ thümlichen Wirthen andrerseits im §. 84. nichts vom §. 62. Abweichendes vor Augen gehabt und bestimmen wollen, und nur hinsichtlich der Art der Ent­ schädigung des Mehrwerths der gutsherrlichen Gegenleistungen es im §. 84. bei der daselbst allgemein angenommenen Entschädigungsart in Rente belassen. 1) Vergl. Zus. I. zum §. 84. (oben S. 669.).

Ges. v. 2. März 1850, tetr, die Ablös. rc., (§. 85.).

677

gemacht worden, daß das letztere lediglich von dem Reinerträge der Stelle, wie solche nach der Auseinandersetzung fich gestalten werde, zu berechnen sei, da nach erfolgter Aufhebung der Servituten dem Stellenbesttzer nicht noch ein Drittel des Reinertrags der Servitute freigelaffen werden könne, weil er diesen Reinertrag überhaupt nicht mehr habe. Es wurde deshalb der Antrag gestellt, hinter den Worten „jedoch mit der Modifikation Anwendung, daß" einzuschalten: „der gemeine Kaufwerth der Stelle ohne Rücksicht auf die bisherigen Be­ rechtigungen und Verpflichtungen zwischen Gutsherrschast und Stellenbesttzer festgestellt wird, und re." Die Agrar-Komm. hat jedoch diesen Antrag abgelehnt, weil der Stellenbesitzer dadurch, daß jetzt nach der angenommenen Abänderung des §. 81. die Berech­ tigungen desselben auf den gutsherrlichen Grundstücken zur Aufhebung und deren Werth zur Kompensation mit dem Werthe der Abgaben gebracht werden sollen, nicht schlechter gestellt werden könne, als wenn ihm Letzten für jetzt belassen und in einem besonderen Verfahren abgegolten würden. Das Letztere wird dann der Fall sein, wenn man nach dem obigen Anträge den Reinertrag der Stelle berechnen wollte. Indem daher die Komm, der Ansicht ist, daß demselben ein Drittel des Reinertrages der Servitute auch nach der Aus­ einandersetzung unter allen Umständen verbleiben muß, hält es dieselbe für zweck­ entsprechend, dem Alin. 2. dieses §. eine präcisere Fassung zu geben und dadurch etwanige Zweifel wegen der Art der Berechnung des frei zü lassenden Drittels zu beseitigen.

Die II. Kammer trat dem Anträge der Kommission bei.

(Stenogr.

Ber. der II. K. 18$g, Bd. 3. S. 1562.)

B.

Die Kommission der I. Kammer beantragte folgende Modi­

fikationen: a) im Alin. 2. einzuschalten: „durch Schiedsrichter"; b) ebendas. Statt: „5 Prozent" zu setzen: „4 Prozent"; c) im zweiten Satze des Alin. 2. hinter: „Reallasten der Stelle" hinzuzufügen: „nach Abzug der nach §§. 59. und 60. zu berücksichtigenden Gegenleistungen", und d) dem Alin. 3. seine gegenwärtige veränderte Fassung zu geben. In ihrem Berichte bemerkte sie zur Rechtfertigung dieser Vorschläge: Die Kommission erklärt sich auch hier mit dem Prinzipe der Erhaltung der Prästationsfähigkeit einverstanden. Auch mit dem in der II. K. beschlossenen Zu­ satz im Alin. 3. ist sie darum einverstanden, weil dadurch eine Gleichstellung des Nichteigenthümers, welchem die für die Servituten zu berechnende Vergütung nicht in Anrechnung gebracht wird, während sie dem Eigenthümer nach §. 63. und ebenfalls ohne Anrechnung verbleiben, bewirkt wird. Einstimmig ist beschlossen worden: 1. im Alin. 2. hinter: „hat" einzuschalten: „durch Schiedsrichter". 2. ib. „4 pCt." statt „5 pCt." zu setzen, welches Letztere offenbar, mit Bezug auf §. 63. ein Versehen ist. 3. Im Alin. 2., Satz 2. hinter: „Reallasten der Stelle" aus den zu §. 63. angegebenen Gründen zu setzen: „nach Abzug der nach §§. 59. und 60. zu berücksichtigenden Gegen­ leistungen." 4. Alin. 3. zu sagen: „Es wird daher der Werth der nach §. 80. b. 5. ablösbaren Be­ rechtigungen erst nach Ermittelung der bei Berücksichtigung der Prästationsfähigkeit von dem Stellenbesitzer noch zu zahlenden Rente in Abzug gebracht." Mit diesen Abänderungen wird die Annahme des §. beantragt.

Die I. Kammer trat diesen Anträgen bei. (Stenogr. Ber. der I. K. 18|J. Bd. 5. S. 2585.) C. Die II. Kammer ist demnächst, auf den Antrag ihrer Kommission, den von der I. Kammer beschlossenen Modifikationen des §. ohne weitere Diskussion beigetreten. (Sten. Ber. der II. K. 18zz, Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Nach der vorstehend mitgetheilten Entstehungsgeschichte des 85.

678

Von d. Ablös. der Neallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

haben sich die Agrar - Kommissionen beider Kammern mit dem Grund­ sätze der Prästationsfähigkeit der Stellenbesitzer, speziell auch in Bezug auf Laßwirthe, einverstanden erklärt. Nach dem Ed. v. 14. Sept. 1811 §§. 8. und 9., ingleichen §. 35. in fine, bildete dieser Grundsatz eine prinzipielle Basis der Regulirungsgesetzgebung und es bestimmte nament­ lich der §. 9. des erwähnten Ed.: „daß (bei erblichen Wirthen) der bis jetzt fehlende Begriff für das Bestehen der bäuerlichen Besitzer und die Fähigkeit zur vollen Steuerleistung, außer Zweifel sein solle, wenn die gutsherrlichen Abgaben und Leistungen ein Drittel der sämmtlichen Gutsnutzungen eines solchen erblichen Besitzers nicht übersteigen.^ Deß­ halb hat auch bei Anwendung der höheren als der Normal - Entschädi­ gung nach Art. 66. ff. der Dekl. v. 29. Mai 1816 schon früher die Praxis aller Auseinandersetzungsbehörden auf das Bestehen der bäuerlichen Wirthe stets in der Art gerückstchtigt, daß ihnen in der Regel ein Drittel des Reinertrages ihrer Nahrungen freigelaffen wurde. Dieser durch die vorerwähnten Bestimmungen des Ed. v. 14. Sept. 1811 und durch die Landes-Verfassung gerechtfertigten Praxis schloß sich die Gesetzgebung vom Jahre 1850 an. III. Ueber die Auslegung des §. 85. und in Betreff der Grundsätze bei der Ausführung desselben wird aus die Erläut. zum §. 63. des Ablös. Ges. (Zus. II bis VII.) verwiesen (f. oben, S. 522 'ff.). *) Besonders hervorzuheben ist hier nur noch: 1) Das Prinzip des §. 85. findet auch auf feste Geldabgaben An­ wendung, weshalb eventuell auch eine Ermäßigung derartiger Abgaben ein­ tritt. 1 2)3 Dasselbe gilt namentlich von den bei einer-früheren Regulirung als Abfindung stipulirten Laudemien, dergleichen ost in Schlesischen Regulirungsrezessen Vorbehalten sind2); insbesondere auch von den sog. Silber­ zinsen, welche aus der früheren Zeit unverändert als fortzuentrichtende Abgaben in Regulirungs- und Ablösungs-Rezesse übernommen sind. 4) Dagegen unterliegen die auf den Grund der bisher gültig ge­ wesenen Regulirungsgesetze, durch Erkenntniß, Vertrag, Anerkenntniß oder sonst rechtsverbindlich festgestellten Abfindungsrenten der Verminderung bis zu zwei Drittheilen des Reinertrages der Stellen nach §§. 63. und 85. nicht, und ist die Bestimmung im Alin. 2. des 63. nicht allein auf die durch einen bestätigten Vertrag oder Rezeß festgestellten Renten zu beschränken. Vergl. das Nähere hierüber in den Erläut. zum Alin. 2. des §. 63. (s. oben S. 523 ff. Zns. V.). 2) Der Kaufwerth kann niemals unter Null festgestellt werden. Vergl. die Erläut. zum Alin. 4. des §. 63. (s eben S. 525 ff. Zns. VI. ad L). 3) Die Kompensation der gegenseitigen Verpflichtungen zwischen Guts­ herrschaft und lassitischen Stellenbesttzern nach §. 84. erstreckt sich auch auf

1) Ueber die Ausmittelung des Kaufwerthes, des Werthes der Leistungen und die Aufstellung der Berechnung nach den Grundsätzen des §. 85. vergl. die prak­ tischen Beispiele in Frey'S Erläuter. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. S. 99-103. 2) Vergl. den Bericht der Agrar - Komm, der II. K. zum §. 85. (f. oben S. 676.) 3) Vergl das Erk. des Revis.-Kolleg. v. 30. Sept. 1852. (Präj. Sammt. S. 45. Nr. 17.) 4) Vergl. das Erk. des Revis.-Kolleg. v. 17. Dec. 1852. fPräj. Samml. S. 46. Nr. 18.)

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös.

h.,

($. 86.).

679

die im $. 80b. Nr. 5. gedachten ablösbaren Berechtigungen auf den Grund­ stücken der ersteren, als Weide-, Brennholz-, Streu-Berechtigungen u. s. w. Dagegen sind aber auch bei einer solchen Kompensation von Grundgerech­ tigkeiten der bäuerlichen Stellen auf gutsherrlichem Fundus, die lassitischen Wirthe zu verlangen befugt, daß ihnen der dritte Theil des Reinertrages ihrer Stellen, reftx der denselben anklebenden DienstbarkeitSrechte, freigelassen werde, und es muß die Kompensation dieser letzteren insoweit, als es dazu erforderlich ist, zurücktreten. Dies hat das Revisions-Kollegium für L. K. Sachen (in einer nicht veröffentlichten Entscheid.) angenommen. ') Denn der §. 85. bestimmt, daß der Stettenbesttzer jedenfalls zu for­ dern befugt sei, daß ihm bei Feststellung der Abfindung ein Drittel deS Reinertrages der Stelle verbleibe, mithin, soweit es hierzu erforderlich, die Abfindung deS Berechtigten vermindert werde. Dieser wichtige Grundsatz der Erhaltung der Prästationsfähigkeit der bäuerlichen Wirthe (vergl. §§. 432—434., §. 435 ff., §. 444. A. L. R. II. 7., §§. 8. u. 30. deS Ed. v. 14. Sept. 1811) muß in allen Fällen ohne Rücksicht auf die Art der Auseinandersetzung, — ob diese in einer speziellen Aufrechnung von Leistungen und Gegenleistungen oder in der Kompensation besteht, — zur Anwendung kommen. Vergl. dagegen die Ausführung von Frey in dessen praktischen Erläut. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 im Anhänge S. XXI—XXIX.1 2)

Zum §♦ 86. I.

Der §. 86. lautete in dem Regier. Entw. dahin:

In Ansehung der Grundgerechtigkeiten und anderer nach den Vorschriften der GemeinheitStheilungS- Ordnung abzulösenden Verhältnisse, bewendet eS zwar (mit Ausnahme der §. 81. b. 3. gedachten Bauholz-Verpflichtung) bei der Bestimmung des §. 7. Es muß aber, wenn eine Regulirung anhängig wird, die AuSeinder-

1) Das Präj. desselben Gerichtshofes v. 2. Sept. 1851. stellt folgenden RechtSgrundfatz auf: „Der regulirte lassttische Wirth ist die Erhaltung der Prästationsfähigkeit „seiner Stelle auch da zu fordern berechtigt, wo der Werth seiner Ver„pflichtungen von dem Werthe der Verpflichtungen deS Gutsherrn über„stiegen wird, also eigentlich nach §. 84. Alin. 3. die Kompensation ein* „treten müßte." (Präj. Sammt, deffelb. S. 61. Nr. 19. ) 2) Die gegenteilige Ansicht beruht aus der mehrfach verbreiteten histo­ rischen Anschauung über die Entstehung der lassitischen Bauergüter, daß diese überall aus Verleihungen und Abzweigungen der Gutsherrn aus ihrem Eigenthum und gutsherrlichen Fundus hervorgegangen seien-, auf einer Ansicht, welche nur sehr theitweise richtig, im Allgemeinen mit der wirklichen Geschichte im Widerspruch steht, und noch viel unhaltbarer ist, als wenn man behaupten wollte, daß alle Lehne feuda data seien, und eS keine feuda obJata gebe. Im Gegentheildatirt überall, wo die Errichtung der bäuerlichen Güter als Ausflüsse gutsherr­ licher Verleihung und Abzweigungen vom gutsherrlichen Fundus nickt durch meist erst spätere Verträge und Urkunden darüber nachweisbar ist, die Entstehung der Bauergüter neben den Rittergütern ebenso aus uralter Zeit, und sind jene zum Theil sogar älter als diese; so z. B. großentheilS in Schlesien und in der Mark (vergl. die allg. Einleit.), wo sich nackgewiesenermaßen die Ritterguts­ verfassung — die territoriale Guts- und Gericktsherrlichkeit — erst weit später durch sukcessive Erwerbung von einzelnen, ursprünglich zum Theil öffentlichen Ab­ gaben und Diensten, Jurisdiktionsrechten, Lehnschulzenämtern u. bergt, mittelst Belehnung und sonst Seitens der Fürsten, Kirchen ic., herausgebildet und der gutSherrlicke NeruS in feiner heutigen Gestalt erst infolge des 30jährigen Krieges vollend- befestiget hat.

680 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, setzung wegen jener Grundgerechtigkeiten und Verhältnisse nach den Vorschriften der Gemeinheitstheilungs-Ordnung, und zwar von Amtswegen, erfolgen. Bei einer sol­ chen Gcmeinheitstheilung können auch die keiner Gemeinheit unterliegenden Grund­ stücke einer nach den Vorschriften des gegenwärtigen Abschnitts zu regulirenden Stelle wider den Willen des Besitzers derselben in den Auseinandersetzungsplan ge­ zogen, und der Umlegung unterworfen werden.

Vergl. die Motive zu §§. 80. ff. des Regier. Entw. (s. o. S. 651 ff.). A. Die Kommission der II. Kammer beantragte, den beiden ersten Sätzen des §. ihre jetzige Fassung zu geben, da dieselben in den §§. 81. und 84. umgestaltet worden. Im Uebrigen fand sie nichts zu erinnern. Die II. Kammer genehmigte dies. (Stenogr. Ber. der II. K. 18;z, Bd. 3. S. 1562.) B. Die Kommission der I. Kammer fand gegen den §. nichts ein­ zuwenden, welcher dann auch von der I. Kammer genehmiget wurde. (Stenogr. Ber. der I. K. 18^. Bd. 5. S. 2585.)

II. Die Bestimmung des §. 86. schließt sich den §§. 65. und 66. des Ges. v. 8. April 1823 an und beruht auf dem Prinzip des §. 9. des Ausführungs-Ges. v. 7. Juni 1821, welches im §. 86. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 noch dahin erweitert wird, daß, abweichend von dem §. 64. der Gem. Th. O. v. 7. Juni 1821, auch Grundstücke eines Theilhabers der Regulirung (jedoch nicht eines dabei unbeteiligten Dritten), welche keiner Gemeinheit unterworfen sind, aber zweckmäßig in den Auseinandersetzungs­ plan gezogen werden können, wider den Willen des Besitzers umgelegt wer­ den dürfen. III. Frey bemerkt: Der §. 86. werde denjenigen Gutsherrn in Oberschlesien, deren Vorwerks­ ländereien noch vermengt mit den bäuerl. liegen, wohl die einzige Gelegenheit bie­ ten, eine Zusammenlegung der Grundstücke zu beantragen. Auf dem rechten Oder­ user Oberschlesiens finde nämlich, der zerstückelten und vermengten Lage ungeachtet, in der Regel keine gemeinschaftliche Hütung auf den bäuerl. Grundstücken statt, da­ her eine künftige Spezialseparation fast niemals in Aussicht stehe. Bisher hatten die Gutsherrn nach §. 2. Nr. 2. der V. v. 28. Juli 1838 (G. S. 1838 S. 429) auch dann, wenn ihre Theilnehmungsrechte weniger als den vierten Theil der GesammttheilnehmungSrechte auSmachten, das Vorrecht gehabt, den Ackerumtausch zu verlangen, also z. B. Behufs Ablösung ihres SchaafhütungSrechtes. Nachdem dies Vorrecht durch den Art. 13 deS Ergänzungsges. v. 2. März 1850 zur Gem.TH. O. v. 7. Juni 1821 aufgehoben worden, könnten die Gutsherrn eine mit Ackerumtausch verbundene Gemeinheitstheilung auch nur dann verlangen, wenn ihre Theilneh­ mungsrechte den vierten Theil der gesammten Theilnehmungsrechte auSmach­ ten. (Frey, prakt. Grläut. S. 104—105.)

Dagegen ist indeß zu bemerken: a) daß in den vorausgesetzten Fällen zu erörtern wäre, ob die gemeinschaft­ liche Hütung auf den zerstückelten und vermengten bäuerlichen Feldern blos de facto nicht mehr stattfindet, oder ob de jure die Felder hutsrei gewesen oder geworden sind, und b) daß durch den Art. 13. deS ErzänzungSges. v. 2. März 1850 zur Gem. Th. O. nur das erwähnte Vorrecht eines Besitzers von Rittergutsäckern, wie das der Domainen- und Forstverwaltung rücksichtlich ihrer Ackerländereien auf der Ortsfeldmark, und beziehungsweise der diesen Aeckern anklebenden Grundgerech­ tigkeiten, auf Spezialseparation anzutragen, nicht aber das Vorrecht eines Servi­ tutberechtigten, der nicht zur Gemeinde und deren Forenfen gehört, mithin auch nicht das eines außer dem Gemeindeverbande stehenden schäfereiberechtigten Ritterguts­ besitzers aufgehoben zu sein scheint.

Zum §♦ 87. 1. Der §. 87. enthielt in dem Regier. Entw. nur das jetzige Alin. 1. desselben; wogegen das jetzige Alin. 2. von der Kommission der II. Kam­ mer hinzugefügt worden ist.

Ges. v. 2. Mär; 1850, bett, die Ablös. rc-, (§. 87.).

681

Sergi die Motive deS Regier. Entw. zu 8$. 80 ff. (s. c. S. 651 ff.). A. Die Kommission der II. Kammer äußert sich dahin: Die Bestimmung deS §. 87. hat in der Agrar-Kom. zu Bedenken keinen An­ laß gegeben. Es ist zwar von einem Mitgliede beantragt worden, hinter den Wor­ ten „zu rechnen ist" einzuschalten: der Gutsherr ist von Publikation dieses Gesetzes ab das Holz sich anzueig­ nen, nicht mehr befugt. Die Kom. hat jedoch diesen Antrag abgelehnt, weil das Nutzungsrecht deS StellenbefitzerS schon jetzt auf das Holz auf den zur Stelle gehörigen Grundstücken sich erstreckt, und jener Zusatz daher die Bedeutung jenes Nutzungsrechts in Zwei­ fel stellen könnte. Der Schlußsatz dieses §. ist für den Fall nicht für ausführbar erachtet wor­ den, wenn ein bei der Regulirung auszugleichendes gutsherrliches AufhütungSrecht auf bäuerlichen Grundstücken erst mit der Ausführung des Verfahrens über die Zusammenlegung der Grundstücke aufgehoben werden soll. Um die Absicht deS Gesetzes zu erreichen, wird für einen solchen Fall ein In­ terimistikum zu reguliren, dies aber hier anzudeuten sein. Die Agrar-Kom. bean­ tragt daher, zum §. 87. folgenden Zusatz anzunehmen: Die Ausübung der Hütung auf den in gemischter Lage befindlichen Grund­ stücken ist bis zur Ausführung dieser Zusammenlegung erforderlichen Falls durch ein Interimistikum zu ordnen.

Die II. Kammer genehmigte den Antrag der Kommission. (Stenogr. Ber. der II. K. 18z; Bd. 3. S. 1562.) B. Die Kommission der I. Kammer fand gegen den $. nichts zu er* innern und das Plenum derselben genehmigte denselben gleichfalls. (Stenogr. Ber. der I. K. 18JJ Bd. 5. S. 2585.) II. Erläuterungen zum §. 87. 1) Der Ausführungs-Termin bestimmt den Uebergang deS Eigenthums der Stelle auf deren Besitzer. Hiermit stimmte der §. 76. des Ges. v. 8. April 1823 überein und es verordnete auch der §. 31. deS Ed. v. 14. Sept. 1811, „daß, sobald die Auseinandersetzung vollzogen, daS volle Eigenthumsrecht der bäuerlichen Wirthe in Wirksamkeit tritt." Der Ueber­ gang des Eigenthums ist danach von der Vollziehung oder Bestätigung des Rezesses nicht abhängig, und eben so wenig von der Aufhebung der noch stattsindenden Gemeinheit und vermengten Lage der Grundstücke; durch diese Aufhebung soll vielmehr die Ausführung der Regulirung nicht aufgehalten werden. Dies beruht wesentlich darauf, daß die nach §. 84., in Ermange­ lung besonderer Einigung, eintretende gesetzmäßige Entschädigung deS Guts­ herrn fortan nur in einer auf die Rentenbank zu übernehmenden Geldrenre, resp, in den ihm für seine Ansprüche bei der Regulirung zu gewährenden Rentenbriefen besteht. *)

1) Die früheren Kontroversen über den Ausführungstermin, sowohl nach Maaßgabe des §. 31. des Ed. v. 14. Sept. 1811., als nach Maaßgabe der §§. 75., 76., 77. des Ges. v. 8. April 1823. für Posen k., im Hinblick nament­ lich auf §§. 72. 73. der Dekl. v. 29. Mai 1816. einerseits und auf die §§. 81. 83. des Ges. v. 8. April 1823. andrerseits, sind auch gegenwärtig nicht ohneJntereffe. (S. die Grläut. zum §. 79. sub BB., oben S. 647. ff.) Es wurde früher der Zeitpunkt des beginnenden vollen Eigenthums der frü­ heren Laßwirthe im Allgemeinen bestimmt durch die von den Interessenten selbst, unter Genehmigung der Auseinandersetzungsbehörde, vereinbarte, oder im Falle des Streites Seitens der letzteren angeordnete Ausführung (Vollziehung) des Aus­ einandersetzungsgeschäfts.— Schwierigkeiten bot die Entscheidung im einzelnen Falle besonders alsdann dar, wenn die Ausführung nach und nach in Betreff der ein­ zelnen Gegenstände der Regulirung geschehen war, z B. wegen der Aufhebung der Spann- oder Handdienste, der gemeinschaftlichen Hütung, der Acker- oder WiesenSeparation, der Rente oder Üebergabe der CntschädigungSländereien. — Beim

682

Von d. Ablis. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

2) Die Bestimmung im Alin. 2. deS $. 87. wegen Regulirung eines Interimistikum- in Betreff der Ausübung der Hütung auf den in gemisch-

Mangel besonderer, mit Genehmigung der Gen. Komm, getroffener Verabredungen unter den Jntcreffenten, trat im Bereit deS Regul. Ges. v. 8. April 1823. das Eigenthum der Wirthe an ihren Höfen erst dann in volle Wirksamkeit, wenn das neue Verhältniß in allen Theilen geordnet, ins Leben getreten und dazu die Genehmigung der General-Kommission hinzugekommeu, oder von dieser über den Ausführungstermin erkannt war (§§. 76. 77. des Ges. v. 8. April 1823), wobei der §§. 75. a. a. O. die General-Kommission ausdrücklich autorisirt hatte, die Ausführung je nach ihrem Ermessen auch nach und nach, so wie es zum schicklichen Uebergange in die neuen Verhältnisse nöthig und zweck­ mäßig erschien, eintreten zu lassen. Behielten die bäuerlichen Wirthe größere, als tie im Allgemeinen bestimmten Hülfsdienste (§§. 68. 70.), so blieb ihr EigenIhumSrecht an den Höfen einstweilen den in den §§. 78 — 80. a. a. O. näher bezeichneten Beschränkungen wegen der Veräußerung, Verschuldung und Zerstükkelung noch unterworfen. — Einer ausdrücklichen Genehmigung des AnsführungStermiaS Seitens der General-Kommission, bedurfte es jedoch nicht, sofern die Behörde bei Einsendung und Prüfung der Akten, resp, der darin enthaltenen Verträge über die Auseinandersetzung und wegen der bestimmten oder etwa bereits geschehenen Ausführung, hiergegen nichts erinnert und solchergestalt ihre Geneh­ migung dazu stillschweigend ertheilt hatte. (Vergl. die Erk. deS Revis. Kolleg, v. 31. Juli 1846. Act. Posen L. 17., v. 14. Aug. 1846. Posen I. 9., v. 20. Febr. 1846. Posen R. 7., v. 3. Sept. 1847. Posen B. 34., v. 23. Jan. 1845 Posen G. 31. u. 20. Okt. 1848. Posen W. 30. allegirt in der Zeitschr. des Revis.-Kolleg. Bd. 2. S. 278. 282. 285.; deSgl. das Erk. des Ob.-Trib. v. 9. Dec. 1847. (a. a. O. S. 285.) und die Abhandlung ebendas. S. 273 — 311.) Jedenfalls trat das Eigenthum der Wirthe in Wirksamkeit, sobald das letzte Theilftück der Re­ gulirung unter ausdrücklicher oder stillschweigender Genehmigung der GeneralKommission ausgeführt (Zeitschr. a. a. O. S. 285.), oder der Rezeß bestätigt und ihm (wie es Regel geworden) die Ausführung vorausgegangen war. Den oben erwähnten Grundsätzen entsprach im Wesentlichen ein bereits frü­ her erlassenes Reskript des Min. des Inn. für Gewerbe v. 11. Dec. 1835., (Zeit­ schr des Revis.-Kolleg. Bd. 2. S. 279. u. 280), welches indeß zur Vermeidung von Streitigkeiten dahin Anweisung ertheilte: „daß die Kommiffarien darauf zu halten haben und dieserhalb zu instruiren sind, sogleich, wenn sie zur Ausführung der Auseinandersetzung schreiten, die besondere Vereinigung der Interessenten zu vermitteln, von welchem Zeitpunkte ab das Eigenthumsrecht der bäuerlichen Wirthe in Wirksamkeit treten solle," ferner: „daß die General-Kommission in zweifelhaften Fällen hierüber nicht bestimmen dürfe, ohne die Interessenten zu hören und vor der — dieserhalb stets erforderlichen — kontradiktorischen Entscheidung, eine Ver­ einigung zu versuchen." — Nachdem die General-Kommission zu Posen zuerst mittelst Cirk.-Reskr. v. 27. Febr. 1836., als Regel angeordnet batte: daß das Eigenthum erst nach Bestäti­ gung deS Rezesses übergehen und dahin unter Einwirkung der Kommiffarien eine Vereinbarung vermittelt werden solle," — empfahl sie später, mittelst Cerk.-Neskr. v. 13. Jan. 1843, einen anderen Termin bestimmen zu lassen und dazu sofort ihre Genehmigung zu ertrahiren (Zeitschr. a. a. O. S. 281.). Durch diese zweck­ mäßige Verfügung wurde für die Zukunft den Differenzen über den UebergangStermin des Eigenthums im Großherzogthum Posen vorgebeugt. Im Bereiche des Ed. v. 14. Sept. 1811. und der Landestheile, in welchen dasselbe nebst Dckl. v. 29. Mai 1816. durch spätere Gesetze zur Anwendung kam, war im Allgemeinen bloß die Vollziehung — Ausfüh­ rung — der Regulirung als lenninus a quo deS Eintritts deS vollen Eigenthumsrechts der bäuerlichen Wirthe mit seinen Wirkungen bestimmt (§. 31. 32. des Ed. v. 14. Sept. 1811. Art. 71—74. 76. der Dekl. v. 29. Mai 1816.), und war nur mit Rücksicht auf die, in der Prariö selten zutreffende, Voraussetzung der Verordn, v. 20. Juni 1817. §. 202., kontrovers: ob die Ausführung allein, ohne voraus­ gegangene oder hinzugetretene Bestätigung des Rezesses, die Eigenthumserwerbung der früheren Laßhöfe znr Folge habe? Denn allerdings konnte die Auseinander-

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 88.).

683

ter Lage befindlichen Grundstücken bis zur Ausführung der Separation und Zusammenlegung, entspricht dem $. 18. der V. v. 30. Juni 1834, und ist dieselbe aus den Vorschlag der Agrar-Komm. der II. Kammer an­ genommen, um die betreffende Bestimmung wegen der Trennung der Regulirung von der Gemeinheitstheilung und der Zusammenlegung der Grund­ stücke, ausführbar zu machen. 3) Bei der Ausgleichung ivegen des auf den Grundstücken der Stelle stehenden Holzes greift auch bei Laßböfen die Bestimmung unter Nr. 13. 8. 3. des Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 Platz.

Zum §♦ 88.

I. Das Alin. 1. des §. 88. ist unverändert nach der Fassung deS Regier. Entw. angenommen worden. Dagegen lautete das Alin. 2. in dem Regier. Entw. folgendermaaßen: Die von der Gutsherrschaft vor Verkündung deS gegenwärtigen Gesetzes auf­ gedeckten Kalk- und Steinbrüche, Mergel- und Lehmgruben und Torfstiche verbleiben der Gutsherrschaft; doch ist dieselbe verpflichtet, so lange sie diese Benutzung fort­ setzt, den Stellcnbesitzer für die ihm entgehende Benutzung der Bodenfläche zu ent­ schädigen.

Die jetzigen Alin. 3. und 4. waren in dem Regier. Sntw. gar nicht enthalten. Vergl. die Motive des Regier. Entw. zu §§. 80. ff. (s v. S. 651 ff.).

setzungsbehörde, in Vertretung der landeSpolizeilichen Interessen, nach §. 43. der V. r. 20. Juni 1817. u. §. 9. dcS AusführungSges. v. 7. Juni 1821., gegen ein vorzeitig auSgeführtes RegulirungSgesckäft, selbst hinsichtlich der Hauptgegenstände der Auseinandersetzung, z. B. deS LandtheitungSplanS wegen unzweckmäßiger oder zerstückelter Planlagen, oder wegen der Feststellung der Abfindung, wegen unzulässigen Vorbehalts unfirirter Laudemien, einer größeren Zahl von Diensten, von Vorkaufsrechten oder von andern, mit dem Zwecke der Verleihung eines vollen und reinen Eigenthums im Widersprüche stehenden Einschränkungen deS Besitzes und der Disposition, — erhebliche Erinnerungen aufstellen und eine bessere, gesetzmä­ ßigere Regulirung im Wege der Verhandlung und event, der Entscheidung, mit gänzlicher Beseitigung der Verabredungen der Interessenten, anordnen und bewir­ ken (§. 164. der V. v. 20. Juni 1817., §. 38. der V. v. 30. Juni 1834.). Da­ raus folgt denn, daß auch im Bereiche des Ed. v. 14. Sept. 1811. die lediglich unter den Partheien, ebne Prüfung und ausdrückliche oder stillschweigende Geneh­ migung der Behörde, verabredete Ausführung an und für sich noch nicht den Uebergang des Eigenthums zur Folge hatte, jedoch die Genehmigung der Behörde auf den früher verabredeten und cingetretenen Termin der wirklich vollzogenen Ausführung zurückzubeziehcn war, andererseits, daß der Uebergang des Eigenthums nicht erst von einer (späteren) Bestätigung des RegulirungSrecesses abhängig gemacht werden konnte. — Letzteres ist denn auch in dem Gutachten des Kammergerickts v. 14. Nov. 1844. (Justizminifterialbl. Jahrg. 1844. S. 265.), entgegen den ab­ weichenden Ansichten anderer Gerichte (a. a. O. S. 264.), mit Reckt angenom­ men und lurck das Reskr. des Juftizminist. v. 24. Nov. 1844. (Zeitfckr. des Revis.-Kolleg. Bd. 2. S. 280.) genehmiget worden. Die Frage stellt sich nach §. 87. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. deshalb viel einfacher, weil gegenwärtig die Ausführung nach einer etwauigen Um- und Zusammenlegung der Grundstücke, welcke, namentlich nach §§ 65. ff. deS Regulir. Ges. v. 8. April 1823. stets eintrat, nicht mehr aufgehalten werden soll, hat aber, abgesehen hiervon, auch jetzt eine große Bedeutung, weil mit Ausnahme der Erb­ rechte zum Hofe (§.79.), und deS Ersatzes von Verlusten an der Hofwehr (§. 90.), alle anderen gegenseitigen Verbindlichkeiten, in Ermangelung specieller Verabre­ dungen, erst mit dem Zeitpunkte der Ausführung, resp. deS NebergangS des EigentbumSrecktS auf den Stellenbesitzer, erlöschen.

684 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. A. Die Kommission der II. Kammer äußerte sich in ihrem Be­ richte dahin: Zum Alin. 1. dieses §. sind Abänderungen nicht vorgeschlagen worden. Da­ gegen hat die Kommission beschlossen, mit Rücksicht auf die BergwerkSverhaltniffe in Schlesien bei der II. Kammer eine Abänderung des Alin. 2. dieses §. in nach­ stehender Art in Antrag zu bringen: Die von der GutSherrschaft vor Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes ausgedeckten Erz-Förderungen und Gruben, Kalk- und Steinbrüche, Mergclund Lehmgruben oder Torfstiche, desgleichen die ihr für schon gemuthete Steinkohlen-, Braunkohlen- und Galmei-Gruben bisher zustehenden Grbkurund das Mitbaurecht an diesen Gruben verbleiben derselben, doch muß der Stellenbesitzer für die ihm entgehende Benutzung der Bedenfläche von der GutSherrschaft und resp. Gewerkschaft entschädigt werden. Auch Seitens des KommiffariuS der Regierung ist gegen diese Abänderung nichts erinnert worden.

DaS Plenum der II. Kammer genehmigte daS Alin. 1. in der Fassung des Regier. Entw., beschloß dagegen, dem Alin. 2. folgende Fassung zu geben: Die von der GutSherrschasl vor Verkündigung gegenwärtigen Gesetzes bäuerlichen Gründen ausgeschlossenen mineralischen Lagerstätten, KalkSteinbrüche, sowie Thongruben verbleiben der GutSherrschaft vorbehaltlich der Stellenbefiher zu gewährenden Entschädigung sür die ihm entzogene Benutzung die Verschlechterung der Bodenfläche. ') (Stenogr. Ber. der II. K. 18jj, Bd. 3. S. 1555).

aus und dem und

1) a) Diese Fassung wurde auf den V erbess.-Antrag des Abgeordn. Erdreich und Gen. (Drucks. Nr. 348. ad III.) angenommen, welches Ursprünge lich auch noch die Mergel- und Lehmgruben, sowie die Torfstiche mit aus­ genommen wissen wollte, später aber von dem Antragsteller nach der obigen Fas­ sung modisicirt wurde, und dessen Motive dahin lauten: „Die Feststellung des Verhältnisses des ParzettenbesitzerS zu der Grund„Herrschaft in der Benutzung der dem Bergregal nicht unterliegenden mi„ueralischen Lagerstätten fällt der Agrargesetzgebung anheim, während daS „Verhältniß des Grundbesitzers zu denjenigen, welche auf Grund des Berg„regals die Ausübung der durch den Staat verleihbaren mineralischen Sub„stanzen sich unterziehn, durch die Bergwerks-Gesetzgebung geregelt wird, „daherBestimmungen über die Grbkure und das Mitbaurecht hier nicht Platzgrei„fen. Weil nun in Schlesien die Eisenerze, in dem Herzogthum Sachsen und in „den beiden Lansitzen Stein- und Braunkohlen dem Bergregale nicht unter„worfen sind, letzteres in der Provinz Ost- und Westpreußen überhaupt „nur aus Salz und Bernstein besteht, so sind Bestimmungen über die vom „Grundbesitze abhängigen, durch die Gutsherrschaft auf bäuerlichen Grund„stücken bereits aufgeschlossenen Lagerstätten erforderlich. Der Werth dieser „Objekte ist in den genannten Landestheilen bei Ermittelung des Werths „der bäuerlichen nicht eigenthümlichen Stellen niemals in Berathung ge„zogen, also auch der Gutsherrschaft bei der Ablösung nicht vergütigt wor„deu, weil die besagten Objekte stets als ein gesondertes Eigenthum der „Gutsherrschaft angesehen werden; außerdem sind auf die Benutzung solcher „Objekte nickt selten großartige ökonomiscke Einrichtungen und industrielle „Unternehmungen gegründet, deren Fortbestehen gefährdet, sogar unmöglich „würde, wenn das Recht der Benutzung jener Lagerstätten der GutSherr„sckaft entzogen werden sollte. Andererseits muß aber auch dem Stellen„besitzer eine Entschädigung nicht nur für die ihm entzogene Benutzung, „sondern auch für die durch die AuSgewinnung der mineralischen Snbstan„zen veranlaßte Verschlechterung der Bodenfläche zu Theil werden." h) Außerdem waren zum §. 88. in der II. K noch folgende Verb ess.-An­ träge gestellt worden: a) Von dem Abgeordn. Baur (Aachen) und Gen. (Drucks. Nr. 348. ad II ):

Ges. v. 2. März 1850, 6etr. die Ablös. rc^ ($. 88.).

685

B. Die Kommission der I. Kammer brachte die gegenwärtige Fassung des $. 88. in Vorschlag, indem sie dies in folgender Art motivirte: da- Alin. 2. des §. 88. zu streichen, eventuell demselben folgende Fas­ sung zu geben: „die von der GutSherrschast vor Verkündigung des gegenwärtigen „Gesetzes schon begonnenen Gewinnungen dieser Fosstlien verbleiben „derselben, jedoch ist sie verpflichtet, den Stellenbefitzer für die ihm „dadurch entgehende Benutzung der Bodenfläche zu entschädigen." Gründe. „DaS von der Kommission der Gutsherrschaft vorbehaltene Grbkur- und „Mitbaurecht kann dem Stellenbefitzer nicht entzogen werden, denn eS ist „entweder ein Gesetz für den verursachten Grundschaden und findet keine „weitere Entschädigung Statt (gemeines Berg-Recht und verschiedene Berg„Ordnungen) und dann wäre eine solche Entziehung ein Widerspruch „gegen die Bestimmung desselben Alinea, nach welcher dem Stellenbesitzer „die Entschädigung für die ihm entgehende Bodenbenutzung gewährt wer„den soll; — oder das Grbkurrecbt findet neben der Grundentschädigung „Statt (Preußisches Land-Recht), ist in diesem Falle aber nach den gleich, „zeitigen Bestimmungen derselben Gesetze untrennbar von dem Grunde „besitz. „Aber auch die im Gesetz-Entwurf der Gutsherrschaft vorbehaltene Fort„setzung der bereits begonnenen Gewinnungen dem Grundbesitzer gehöriger „Fossilien ist eine zu große Beschränkung in der Disposition über den Bo­ lden, als daß sie mit den Grundsätzen des Gesetzes und mit der Bestim„mung desselben, daß der Stellenbefitzer Grundeigenthümer werden soll, „vereinbar wäre. „Sollte diese Beschränkung aber beschlossen werden, so ist es wenigstens „nothwendig, den Stellenbefitzer vollständig für die ihm entgehende Boden„benutzung zu entschädigen, welches nach dem Gesetz-Entwurf nicht ge„schieht, indem dieser nur eine Entschädigung „so lange die Benutzung „dauert" vorschreibt; aber auch nach beendigter Benutzung kann bei an„dauernder Verschlechterung oder Gntwerthung des Grundstücks vom Stellen« „besitzet dasselbe nicht benutzt werden, wie es ohne jene festgesetzte Gewin„nung möglich gewesen wäre." ß) Von dem Abgeordn. v. Beughem (nicht gedruckt): An Stelle des Alin. 2. zu seyen: „Der Gutsherrschaft verbleibt jedoch noch auf 5 Jahre, vom Tage „der Verkündigung dieses Gesetzes an gerechnet, die Benutzung der „von ihr in Betrieb gesetzten und noch darin befindlichen Kalk- mir „Steinbrüche, Mergel- und Lehmgruben, Eisenstein- und Braun„kohlengruben, gegen vollständige Entschädigung des Stellenbesitzers „für die ihm dadurch entgehende Benutzung der Bodenfläche, und „zwar rücksichtlich der nach Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes „in Besitz genommenen auf so lange, bis dieselben wieder im kul„turfähigen Zustande hergestellt find." Motive. „Die nicht zum Bergwerks-Regal gehörigen Fossilien — von welchen „nur allein im §. 88. die Rede ist — find Akcessorien des Grund und „Bodens. „Soll daher der Stellenbesitzer Grundeigenthümer werden, so müssen „auch diese auf ihn übergehen. „Da jedoch durch den sofortigen Uebergang aus ihn für die Guts„herrschast, welche Kosten auf die Ausrichtung der Lagerstätten gewandt „und vielleicht Etablissements auf die weitere Verarbeitung desselben ge„gründet hat, Schaden und Verlegenheiten entstehen können, so ist es bil„lig, ihr die Benutzung noch auf 5 Jahre zu belassen. „Der Erbkur und das Mitbaurecht, gegen den der Kommissionsvorschlag „spricht, kann ihr aber in keinem Falle verbleiben, da ersterer nach auS„drücklichen gesetzlichen Bestimmungen von Grundeigenthum nicht getrennt

686

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen il Gem. Theilungen.

Zu $. 88. wurde von einem Mitgliede der Kommission das Verhältniß der oberschlesischen Gutsherrn zur Sprache gebracht, nach welchem ihnen das Recht der Erzförderung auf den bäuerlichen Grundstücken bisher zugestanden habe. Ginge nun das Eigenthum auf die bisherigen Lassiten über, so würde vielen Gutsherren ein großer Verlust erwachsen, in vielen Fällen aber würden industrielle Etablisse­ ments, die auf dies Recht bafirt seien, in ihrer Eristen; gefährdet, wenn in dem Paragraphen nicht Vorsorge getroffen werde. Diesem Zwecke sollte ein dahin ge­ stellter Antrag entsprechen: in einem Zusatz zum zu sagen: „Auf die den Gutsherren zustehenden Berechtigungen auf unterirdische Nutzungen, z. B. Eisenerze, erstreckt sich die Eigenthums-Verleihung nicht, und bleibt die Feststellung des rechtlichen Verhältnisses der Bergwerksgesetz­ gebung überlassen." Ein zweiter Antrag geht dahin, einen Zusatz zu machen: „In allen anderen, nicht aus den hier zu regulirenden Eigenthums-Derhällniffen herzuleitenden Beziehungen verbleibt es bei den Bestimmungen der Bergwerksgesetzgebung." Gegen diese Anträge wurde erinnert, daß schon das Alin. 1. jedes Recht auf regale Bergwerksgegenstände vollständig wahre. Was Ausfluß des landesherrlichen Regals sei, werde durch diese Bestimmung gar nicht alterirt. Der §. spreche nur, zur Beseitigung etwaniger Bedenken, den Satz aus: daß auf den neuen Eigenthümer deS Grund und Bodens übergehen solle alles das Recht, was aus dem Eigenthum

„und veräußert werden darf (§. 118. A. L. R. II. 16.), auch bei getheil­ tem Eigenthum nur dem nutzbaren Eigenthümer zusteht (§. 119. I. c.), „und letzteres ein Ausfluß des Eigenthums ist, bei dessen Ausübung die „Eingangs gedachten Rücksichten nicht zur Sprache kommen." Diese beiden Anträge gelangten nach Annahme des Verbeff.» Vorschlages des Abgeordn. Erdreich und Gen. nicht zur Abstimmung. X) Von dem Abgeordn. Schaffraneck (Drucks. Nr. 336. ad XXL): dem Alin. 2. deS §. 88. folgende Fassung zu geben: „Auch die von der Gutsherrschaft vor Verkündigung des gegenwar„tigen Gesetzes aufgedeckten Kalk- und Steinbrüche, Mergel- und „Lehmgruben und Torfstiche gehen mit allen ihren bergwerklicheu „Rechten auf den Eigenthümer des Bodens über, namentlich auch „die Erbkure für schon gemuthete Steinkohlen-, Braunkohlen- und „Galmei-Gruben, sowie das Mitbaurecht an diesen Gruben und der „eventuelle Anspruch auf besondere Entschädigung für die durch den „künftigen Grubenbetrieb verhinderte Benutzung der Bodenfläche „und hauptsächlich für das entstehende Unland. Der Punkt etwaiger „Erstattung aller bei Begründung solcher Bergwerks-Etablissements „entstandenen Kosten wird sofort nach den bestehenden Bergbau „Prinzipien ausgeglichen." Motive. „Wenn der neue Eigenthümer, welcher vermöge des dritten Abschnitts „dieses Gesetzes kreirt wird, an Fossilien oder Mineralien oder überhaupt „an unterirdischen Schätzen keinen größeren Aulheil sofort erlangt, als ihm „durch die Fassung des Alin. 2. des Gesetz-Entwurfs und selbst des Kom„missionS-BenchteS zugedacht und zugemeffen wird; so bekommt er durch „die ganze Eigenthumsverleihung eben gerade materiell nur so viel, als er „schon hatte und haben würde, qua Nichteigenthümer, und eS würde dem„nach das ihm mittelst deS Alinea übertragene EigenthumSrecht für ihn „noch auf unvordenkliche Zeit hin die bitterste Illusion bleiben, wobei der „vormalige Gutsherr nach wie vor in der Nutzung der Gruben belassen „blieb, gleichsam zum Hohne des homo novus, vielleicht Jahrzehnte hin­ durch bis zum Abbaue der aufgedeckten Gruben, Brüche und Sticke, also „bis zur möglichen Verwüstung des ganzen bäuerlichen Grundstücks zu einem „werthlofen Haldensturze." Dieser Antrag wurde nickt anSreickend unterstützt. (Stenogr Ber. der II K. Bd. 3. S. 1551—1555.)

Ges. v. 2. März 1850, bett, die Ablös. rc., ($. 88.).

tztz?

an Grund und Boden entspringt. Wre weit dies in Bezug auf die unterirdischen Bergschätze der Fall sei, in wie weit sie ein Pertinenz resp. Substanztheil des GrundeigenthumS an sich seien, habe die allgemeine, in wiefern sie Regal seien, die Berggesetzgebung zu bestimmen. Durch das Alin. 2. sei nur analog der Bestim­ mung im Art. 71. der Dell. v. 29. Mai 1826 bestimmt worden, daß diejenigen Lagerstätten, welche der bisherige Gutsherr bereits mit seinen Kosten nutzbar ge­ macht habe, ihm verbleiben sollen. Dies sei um so billiger, als diese, den Werth der Stelle oft um das 1OO- ja mehrfach übersteigenden werthvollen Objekte ihm in keiner Weise angerechnet würden. Bon den beiden Anträgen wurde der erste verworfen, der zweite angenommen. Ebenso wurden folgende Anträge angenommen: 1) einen Zusatz zu machen: In den Rechtsverhältnissen in Bezug auf diejenigen Erbkure und Mit­ baurechte, welche zur Zeit der Verkündung dieses Gesetzes bereits er­ worben sind, wird durch dies Gesetz nichts geändert. 2) in Alin. 2. statt: „ausgeschlossenen" zu setzen: „aufgeschlossenen" ; 3) in Alin. 2. einzuschalten: „durch Schiedsrichter fest zu st eilenden"; 4) in Alin. 2. hinter: „Lagerstätten", zu setzen: „Erzförderungen und Gruben." Ein Antrag: statt des Alin. 2. die Fassung anzunehmen, welche im Bericht der Kom. II. Kammer pag. 70. vorgeschlagen ist, wurde verworfen, dagegen der Antrag, statt: „Thongruben" zu setzen: „Thon-, Lehm-, Mergel-Gruben und Torfstiche" angenommen. Die I. Kammer trat den Anträgen der Kommission bei. J)

(Stenogr.

Ber. der I. K. 18j*. Bd. 5. S. 2587.) C. Die Kommission der II. Kammer beantragte nunmehr die Zu­ stimmung zu den Beschlüssen der I. Kammer, indem sie bemerkte:

Der §. 88. ist nach den Beschlüssen der I. K. dahin abgeändert worden, daß auch ausgeschlossene Erzförderungen und Gruben, ferner Lebm- und Mergel-Gruben und Torfstiche der Gutsherrschaft verbleiben, auch die Verhältnisse in Bezug auf bereits erworbene Erbkuren und Mitbaurechte durch die Regulirung nicht geändert werden und in allen übrigen Beziehungen die Bergwerksgesetze in Kraft bleiben sollen. Diese Abänderungen, so weit sie auS den Bergwerks-Verhältnissen hergeleitet find, erscheinen durch die Natur der Sache und die seitherigen Gesetze gerecht­ fertigt. Auch die Ausschließung der Thon- und Mergel-Gruben, sowie der Torf­ stiche, so fern sie vor der Auseinandersetzung bereits aufgedeckt waren, ist in dem Art. 71. der Dekl. v. 29. Mai 1816 sanktionirt gewesen und die Kom. glaubt daher, auch die Abänderungen der I. K. zum §. 88. zur Annahme empfehlen zu dürfen. Die II. Kammer

hat

sich

schließlich

hiermit

einverstanden

erklärt.

(Stenogr. Bcr. der II. K 18zz, Bd. 5. S. 2755 ff.)

1) Der von dem Abgeordn. v. Reibnitz gestellte V erb ess. - A n Ira g (Drucks. Nr. 554.): „den 8 88. folgendergestalt zu fassen: „Diejenigen Anstalten, welche bereits vor Verkündung dieses Gesetzes von „der Gutsherrschaft auf bäuerlichen Grundstücken zur Gewinnung solcher „Fossilien eröffnet waren, die nach den Landes - oder Provinzial x Gesetzen „nickt zum BergwerkS-Rega! gehören, verbleiben der Gutsherrschast vorbe„haltlich der dem Stellenbesitzer zu gewährenden, durch Schiedsrichter fest„zustettenden Entschädigung für die entzogene Benutzung und die Verschlecht „terung der Bodenfläche. „Hinsichtlich der Rechte, welche gegenwärtig der Gutsherrschaft, oder „Dritten auf solche Fossilien zustehen, die nach den Landes- oder Provin„zial-Gesetzen zu den Regalien gehören, wird durch diese- Gesetz nichts ge„ändert, vielmehr bewendet es in dieser Beziehung bei dem, was die Berg„Werks-Gesetzgebung festsetzt," wurde ab gelehnt (Stenogr. Ber. der I. K. Bd. 5, S. 2587.)

688

Von d- Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

II.

Erläuterungen zum $. 88.

A.

Zum Alin. 1.

1) Zum Worte: „Fossilien." Darunter werden nicht blos Mineralien überhaupt, sondern selbst solche verstanden, welche, wie z. B. in der Oberlausttz, der Rasen- (Eisen-) stein, nester- und lagerweise in der oberen Erdkrume auf Aeckern und be­ sonders Wiesen zu Tage liegen, deren Gewinnung einen bergmännischen Bau mittelst Eingrabens in die Erde (Einschlagens) nicht erfordert und deren Wegnahme sogar als eine Verbesserung des Ackerbodens betrachtet wird. Denn die älteren Bergwerks-Ordnungen (z. B. die v. 7. Dec. 1772 für das Herzogthum Magdeburg, Cap. I. $. 1., und die Schlesische v. 5. Juni 1769) stellen die Worte: „alle Mineralien und Fossilien" tautolo­ gisch, doch als völlig synonym neben einander. Ferner ergiebt eine Ver­ gleichung des §. 69. A. L. R. II. 16. mit den folgenden §§., indem in jenem und in diesen die verschiedenartigen Objekte des Bergregals, nebst den frei erklärten, dem Privateigenthume der Grundbesitzer anheimfallenden Produkten des Mineralreichs, aufgesührt werden, daß im §. 69. die Worte: „alle Fossilien", ganz gleichbedeutend gebraucht worden sind mit Mineralien, ohne Rücksicht auf die Art und Weise ihrer Gewinnung. Die synonyme Bedeutung der Worte „Fossilien" und „Mineralien" in der Sprache der Bergwerksgesetzgebung bestätigen endlich auch neuere Gesetze und Ministerial­ erlasse, welche sich, statt des Worts „Fossilien", gegentheils fast immer der Bezeichnung „Mineralien" bedienen, und hierunter auch Steine, Thon, Kalk u. s. w. begreifen. (Vergl. z. B. §. 7. und §. 10. des G. v. 12. Mai 1851 über die Besteuerung der Bergwerke — G. S. 1851, S. 261 •—, das Cirk. R. an die Ober-Bergämter v. 31. März 1852, betr. die Aus­ fertigung der Schürferlaubnißscheine und die Muthungen auf die zum Berg­ regal gehörenden Mineralien, §. 2. a., §. 12 , §. 21. a. u. a. a. O. in v. Carnall's Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen Bd. I. Lief. 1. S. 41 ff.) Der Sprachgebrauch im §. 88. des G. v. 2. März 1850 schließt sich nur dem des §. 69. A. L. R. II. 16. an. 2) Die Bestimmung in Alin. 1 : daß sich daS EigenthumSrecht des Stellenbesitzers auf die Fossilien erstreckt, insofern solche dem Eigen­ thümer des Bodens nach Landes- oder Provinzialgesetzen zustehen, — insofern sie mithin rechtlich als accessoria oder fructus fundi zu be­ trachten sind, — bedingt nicht etwa als Gegensatz, daß von der Etgenthumserwerbung nur die dem Staate vermöge seines Bergwerks­ regals vorbehaltenen mineralischen Produkte und Nutzungsgegenstände ausgeschlossen sind. Vielmehr will Alin. 1. von der Eigenthumsver­ leihung an die Besitzer der bisherigen bäuerlichen Laß- und Kulturgrund­ stücke, (wie sich aus den Berichten der Agrar-Kom. beider Kammern *) er­ giebt), auch die Mineralien ausschließen, welche als niedere Regalien ange­ sehen sind, gleichwohl als solche aber von Privatpersonen und Kommunen erworben und besessen werden. (§§. 22., 24., 26., 32. A. L. R. II. 14.) Auch solche, in das Gebiet des Bergwerks-Regals gehörige, außer dem Bereiche des privaten Grundeigenthums liegende und daher nicht als acces­ soria der Privatgrundstücke betrachtete Mineralien und Fossilien, werden vielmehr nach Alin. 1. von den Bestimmungen der Agrargesetzgebung, dem Abschn. III. des Ablös. Ges., und einer danach zu bewirkenden guts­ herrlichen und bäuerlichen Regulirung nicht betroffen. Dies wird durch Alin. 4. des $. 88. noch schärfer ausgedrückt, und es dient Alin. 4. insofern zur Ergänzung und Erläut. des Alin. 1., als daselbst bestimmt wird, daß

1) Vergl. oben S. 684. ff.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 88.).

689

es in allen anderen, nicht aus den hier zu regulirenden Eigen­ thums Verhältnissen herzuleitenden Beziehungen bei den Bestim­ mungen der Berggesetzgebung verbleibt. In diese letztere hat der §. 88. nicht übergreifen wollen. Derselbe hat a) weder in den Fallen, in welchen Kommunen oder Gutsherrn und andere Privatpersonen, aus anderen Titeln und Verhältnissen, durch Verträge, Kon­ cessionen, Privilegien und Specialverleihungen, in älterer oder neuerer Zeit niedere Regalien vom Staate erworben haben, ($. 26. A. L. R. II. 14.), deren, nach der Bergwerksgesetzgebung und den Titeln der Specialverleihung zu beurtheilende Eigenthums- und Nutzungsrechte auf solche niedere Rega­ lien, alteriren, b) noch auch darüber eine Entscheidung treffen wollen und getroffen, a) welche Fossilien nach Landes-, insbesondere nach Provinzial­ gesetzen, als selbstständige, mit den Grundstücken und deren Eigenthum in keiner Verbindung stehende Regalitätsrechte, und welche dagegen bloß als srLictus und accessoria fundi eineö jeden Grundeigenthümers rechtlich zu betrachten sind; denn die legislative Entscheidung hierüber ist Sache der Berg-, nicht der Agrargesetzgebung; — ß) ob und welche, dem Staate nicht vorbehaltenen, frei gegebenen und von Kommunen oder Privatpersonen (Gutsherrn rc.) ausgeübten Nutzungsrechte auf Mineralien, nach Provin­ zialgesetzen oder Koncessionen als Zubehörungen des Grundeigenthums, jeder Klaffe der Grundeigenthümer oder welche als Vorrechte und niedere Regalien nur einer gewissen Klaffe (den Mitgliedern des Herren- und Ritterstandes) zustehen; denn hierbei handelt eS sich um ein zur Regulirung mitgebrachtes Theilnehmungsrecht, und die legislative Entscheidung darüber wäre ebenfalls nicht Sache der Agrar- (der RegulirungS- und Ablösung--), sondern der allgemeinen oder Provinzialgesetzgebung.

3) Bei der Anwendung deS §. 88. in den konkreten Fällen treten indeß nichtsdestoweniger die beiden Fragen hervor:

a) Welche mineralischen Produkte und Nutzungsgegenstände: aa) nach den Landesgesetzen (A. L. R. II. 16. j. 69. ff.),

bb) nach Provinzialgesetzen, die, zufolge §. 69. a. a. O., dem A. L. R. derogiren, zum Bergwerksregal deS Staates gehören und deshalb bei der nach §$. 80. bis 85. deS Ablös. Ges. zu bewirkenden Aufstellung der gegenseitigen Rechte deS Gutsherrn einer- und des bäuerlichen Wirths andererseits, sowie bei der Entschädigungsberechnung jedenfalls ausscheiden? b) Ob und welche nicht zur eigenen Benutzung, resp. Beleihung Sei­ tens deS Staates vorbehaltenen mineralischen Produkte und Bergwerks­ gegenstände, «) dessen ungeachtet in dem Besitze von Privatpersonen, sei eS vermöge älterer Specialgesetze, Verträge oder Verleihungen und Privilegien der Landesherrn, als präsumtiver Inhaber solcher RegalitätSrechte, die Ei­ genschaft alS s. g. niedere Regalien, (§§. 22., 24. und 26. A. L. R. II. 14.) haben und als solche Gegenstand selbstständiger, vom Fundus getrenn­ ter, besonderer Vorrechte der vormaligen Gerichts- und Gutsherrschaften, oder ß) vermöge erfolgter Freierklärungen, gleichviel in welcher Form diese geschehen, accessoria und fructus fundi jedweden zu Eigentumsrechten besessenen Grundstücks (cf. $. 72., §. 119. A. L. R. II. 16. und SS- 94. ff. A. L. R. I. 9.) sind? Denn es bestimmt auch der S- 72. A. L. R. II. 16. in Betreff der Fossilien, welche in ihrer natürlichen Gestalt sogleich zum ökonomischen Ge­ brauche bei Künsten, Handwerken, zum Bauen u. s. w. benutzt zu werden psiegen: „daß sie dem Eigenthümer deS Grundes und BodenS ge­ hören, oder dem Gutsherrn, wenn derselbe nach den Provinzial­ gesetzen daS Vorrecht darauf hat", und der 119. a. a. O. in Betreff des nach §. 117. dem Grundeigenthümer gebührenden Erbkures: „inwiefern VanM’.Qiiltur-tMeßfl-

11.

44

690

Von v. Ablös. bet Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

ein Gutsherr den Vorzug vor dem Grundeigenthümer hat, ist nach den Provinzialgesetzen zu beurtheilen? Ueber die oben erwähnten Fragen ist Folgendes zu bemerken: Zu s. Die Bestimmungen darüber, welche mineralischen Produkte und Nutzungsgegenstände zu aa. nach den Landesgesetzen zum Bergwerks­ regale gehören, und welche dagegen andererseits von Privatpersonen als Objekte und Zubehörungen des Privateigenthums benutzt werden können, enthalten die §§. 69 — 74. A. L. R. II. 16., welche jedoch deshalb für die Praxis wenig maaßgebend sind, weil denselben in vielen Landestheilen bezüglich verschiedenartiger Gegenstände ältere Provinzialgesetze derogiren.') 1) DaS Deutsche Bergrecht unterscheidet sich in seinem Ursprünge von den übrigen Theilen des Rechtes wesentlich darin, daß dasselbe seine Grundlage nicht in Röm. oder in anderen für Deutschland gültigen allgemeinen Gesetzen hat, dessen Grundsätze sich vielmehr ursprünglich als Gewohnheitsrecht ausbildeten und dies demnächst bei Verbreitung des Bergbaues auf andere Gegenden mit übertra­ gen und allmählig in einzelnen Bergordnungen gesammelt wurde, so daß ein durch­ greifendes Princip, woraus mit Sicherheit gefolgert werden könnte, welche einzel­ nen Mineralien oder unterirdischen Schatze in Deutschland Gegenstand des Berg­ regals sind, nicht aufzusinden ist, wobei aber doch die einzelnen Bergordnungen deffelden Staats oft in vielen wichtigen Punkten fast wörtlich übcreinstimmen, wie dies z. B. mit der neueren Cleve-Märkischen Bergordnung v. 29 April 1766., der Schlesischen v. 5. Juni 1769. und der Magdeburgischen v. 7. Dec. 1772. (den Bergcrdnuttgen dieser älteren Preußischen Provinzen) der Fall ist, indem die eine nach der anderen bearbeitet wurde und alle drei die Jülich-Ctevische Berg­ ordnung von 1542. zur ältesten Grundlage hatten. Dem Röm. Recht ist der Begriff des Bergregals fremd. Nach Röm. Recht gehörte dem Eigenthümer auch die Erdschicht unter der Oberfläche seines Grund­ stücks, wenngleich derselbe bereits damals vom Bergbau Abgaben entrichten mußte. L. 13. §. 1. Dig. VIII. 4. (communia praediorum), pr. Big. III. 4. (quod cujuscunque univcrsilatis), (Jod. 11. 6. de melallariis et melallis. Das Longobardische Lehnrecht II. feud. 56., woraus die Regalitätsideen sich weiter verbreiteten, erwähnt als Regalien nur der Silbergruben und Salinen. Zuerst räumte die goldene Bulle von 1356. den Kurfürsten ein: universas auri et argenli fodinas atque mineras stanni, cupri, ferri, plumbi et alterius cujusque generis raetalli, ac etiam salis, tarn invenlas, quam inveniendas in posterum etc. Im Anschluß hieran wurden dann, bei der weiteren Entwickelung der Lan­ deshoheit der anderen Reichsstände, auch die mineralischen Produkte des Bergbaues zu denjenigen Regalitätsrechten gerechnet, aus welchen sich die Landeshoheit zunächst

als ein Komplex verschiedener Befugnisse herausbildete, in dem einen Lande in größerer Ausdehnung, in dem anderen in geringerem Umfange, je nachdem dage­ gen die Landstande, als Vertreter des gemeinen RecbtS und Eigenthums, wenn­ schon im eigenen Interesse, doch fortwährend, hier mit größerem, dort mit gerin­ gerem Erfolge ankämpften, indem sie, im Gegensatz zu den Beschränkungen durch die allmählige Ausdehnung der landesherrlichen Regalitätsrechte, die volle Berech­ tigung des echten Eigenthums, zu welcher nach ursprünglichen germanischen RecbtSbegriffen die Nutzung der s. g. Regalien mitgehörte, vertraten und, wenigstens unter der Form von Landtags-Abschieden oder von Verträgen mit den Landesherrn, zu behaupten suchten. Diese sich bekämpfenden Prinzipien der landesherrlichen Regalitätsrechte einerseits und der Freiheit und Berechtigung des echten und vollen GigenthümerS andererseits, fanden ihre Vermittelung in der theilweisen Freier­ klärung des Bergbaues und darin, daß das vorbehaltene RegalitätSrecht des Lan­ desherrn, resp, des Staates, sich hauptsächlich doch nur auf die Befugniß be­ schränkte, nach bestimmten gesetzlichen Regeln das Schürfen (Aufsuchen der Fossi­ lien) durch gewisse künstliche Vorbereitungen zu erlauben, die MÜ/hung und Be­ leihung zum bergmännischen Eigenthum zu ertheilen und dafür bestimmte Abgaben zu erheben. (Vergl. hierüber Beseler, Svstem des gemeinen Deutschen PrivatrechtS Bd. 2. §. 93. S. 117—121; insbesondere aber über jene historische Ent­ wickelung deS Bergregals, Eichhorn'S Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte,

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 88.).

ß91

Die abweichenden Bestimmungen der Provinzialrechte (zu bb.), so­ weit sie, zufolge der territorialen Ausdehnung der Wirksamkeit deS Abschn. 111. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850, hier interessiren, sind im Wesent­ lichen folgende: а) in Ostpreußen, einschließlich des KreiseS Marienwerder, in welchem das Ostpreußische Provinzialrecht gilt (s. 8- 2. des Pak. v. 19. Apnl 1844), ist nach Zusatz 228. des Ostpreuß. Provinzialrechts d. publ. den 4. Aug. 1801, der Bernstein ausdrücklich als vorbehaltenes Eigenthum deS Staates erklärt, wogegen im Uebrigen besondere, dem A. L. R. derogirende Provinzialverordnungen nicht eristiren. ß) In Westpreußen, und zwar in allen im Jahre 1806 dazu ge­ rechneten Landestbeilen (mit Ausnahme der Stadt Danzig und deren Ge­ biets), sind von den in den §§. 69—71. A. L. R. II. 16. benannten Fos­ silien, laut §. 82. des unterm 19. April 1844 publicirten Westpreußischen Provinzialrechts (G. S. 1844, S. 103) nur Steinsalz und Salzquellen als Regal zu betrachten und vom gemeinen Verkehr ausgenommen. y) Im Großherzogthume Posen (einem Theile deS ehemaligen Süd­ preußens) gilt die Schlesische Bergordnung v. 5. Juni 1769, laut des Pat. v. 7. April 1793 betr. die Verwaltung des Münz-Bergwerks- und SalzRegals (Rabc's Sammt. Bo. 2. S. 422 und N. C. C. T. IX. Nr. 25. de 1793. 5. 1489), wobei jedoch die Regalität des Eisensteins außer Streit und stets vom Staate ausgeübt worden, der Bernstein daselbst aber nicht Regal ist, zufolge K. O. v. 7. März 1805 und R. v. 17. April ejusd. (Rabe a. a. O. Bd. 8. S. 271).

б) Auch in Pommern ist laut K. O. v. 25. April 1804 und R. v. 13. Mai ejusd. (Rabe a. a. O. Bd. 8. S. 51), ingleichen R. v. 14. Nov. 1817, der Bernstein nicht Regal. s) In der Mark Brandenburg (mit Ausschluß der Niederlausitz) bestehen keine noch gültigen Bergwerksverordnungen von provinziellem Cha­ rakter, welche über die Regalität entscheiden. 0 In Schlesien und der Grafschaft Glatz (mit Ausschluß der Ober­

lausitz) gilt die oben allegirte Bergordnung v. 5. Juni 1769, wonach Eisenerze und verschiedene geringere Mineralien, auch Steinkohlen, keine Regalien sind. 1) Hingegen gehören in Schlesien Braunkohlen zu den Re­ galien. (Erk. des Ober-Trib. v. 4. Jan. 1848, Entsch. Bd. 15. S. 512 Nr. 1979, deSgl. Erk. d. Ob. Trib v. 9. Juni 1852, Entsch. Bd. 23. S. 381).

0 In beiden Lau sitz en gilt das Sächsische Steinkohlen-Mandat v. 19. Aug. 1743, und sind zufolge Erk. d. Ob. Trib. v. 27. Okt. 1843 (Entsch. Bd. 9. S. 402) in den vormals zu Kursachsen gehörig gewesenen

2. Aufl. Bd. 2. §. 297. S. 330. §. 307. S. 378. §. 362. S. 550., Bd. 3. §. 395. S. 35., Bd. 4. §. 534. S. 327. ff. §. 548. S. 412. ff.-, Eichhorn s Einleit, in das Deutsche Privatrecht §§. 273—279. S. 689. ff.; Karsten über den Ursprung des Bergregals in Deutschland ( 1844) S. 21. 43.; Hüllmann Geschichte deS Ursprungs der Regalien in Deutschland S. 64. ff; Haubold Lehrbuch des Königl. Sachs. Privatrechts (1820) §§. 245 — 247. S. 266. ff.). Der Bcliehene erlangt übrigens nickt sowcht ein Eigenthum an der Grube selbst (am Grund und Boden), mag sie nach gestrecktem oder nach geviertem Felde ver­ messen sein, sondern vielmehr nur an dem in der Grube vorhandenen, zum Abbau verliehenen Mineral, an diesem aber ein vollständiges, frei veräußerliche- Recht. (Bergt. Beseler a. a. O. S. 120. Karsten Bergrechtslehre §. 71. Meiste NechtSlerikon, Bergbau und Bergregal. S. 948.) 1) Bergt, in Bezug auf Steinkohlen den Erlaß v. 24. Nov. 1851., Min. Bl. der i. B. 1851. S. 315. wegen Wiederherstellung des RechtszustandeS der Baufreiheit auf Steinkohlen im Bezirk des Schlesischen Ober-BergamtS zu Tarnowitz.

692

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen

Landestheilen schon vor Publikation des Mandats v. 19. Aug. 1743 Stein­ kohlen zum Bergwerksregal nicht gehörig gewesen. Auch ist bei Berathung eines allgemeinen Bergrechts beantragt, die Braunkohlen in den Lausitzen vom Regal auszunehmen. ’) ««) In der Niederlausitz haben, (selbst nach der einstimmigen Be­ hauptung der Kommunalstände bei Gelegenheit der Berathungen über den Entwurf zum Bergwerksrechte), die Böhmischen Bergverträge von 1534 und 1575 keine Anwendung gesunden, indem sie daselbst weder ausdrücklich publicirt, noch recipirt gewesen. ßß) In der Oberlausitz wird die Ausschließung der Regalitätsrechte des Staats aus Eisenstein und andere Mineralien und Bergbauprodukte (mit Ausnahme des Steinsalzes, rer Salzquellen, wie des GoldeS und Silbers), insbesondere auf Königs Ferdinand 1. Vertrag mit den Stan­ den der Krone Böhmen und inkorporirter Lander, betr. die Bergwerke und Metalle, von 1534 Montags vor palmarum und auf den diesen Vertrag bestätigenden späteren Vertrag Kaiser Marimilians v. 18. Sept. 1575 ge­ stützt. (s. Kollektion der den statum des MarkgrafthumS Oberlausitz in Justiz- ;c. Sachen betr. Privilegien, Verordn. ;c. Th. II. S. 294 und 300.)

Zu b. Eingreifender in das Regulirungsverfahren ist, — (abgesehen von landesherrlichen Special-Privilegien und Special-Verleihungen verschie­ dener Bergwerksprodukte an einzelne Besitzer von Herrschaften und Ritter­ gütern, vorzüglich in der Oberlausitz, wohl auch in Schlesien, besonders aus der Zeit der Vereinigung mit der Krone Böhmen), — namentlich aa) im vormaligen Markgrafthum Oberlausitz, bb) in Nieder- und Ober-Schlesien nebst der Grafschaft Glatz (excl. der Oberlausitz) die oben zu b. erwähnte Frage: ob diejenigen Bergbanprodukte und mine­ ralischen Nutzungsgegenstände, welche nicht zu den dem Staate vorbehaltenen Regalien gehören, insbesondere auch Eisenerze, als fructus oder accessoria funili anzusehen, daher jedem Grundeigenthümer zustehen und auf ihn mit der Erwerbung des Eigenthums am Grund und Boden übergehen, oder als Objekte des Bergregals landesherrlicherseits nur den mit Jurisdiktions- und Gutsherrlichkeits-Rechten versehen gewesenen Grundherren aus dem Herrnund Ritterstande verliehen, daher nur ein Vorrecht dieser Herrschaften und Rittergüter sind? Wenngleich auf diese Frage bei der Berathung über ein allgemeines Bergrecht eingegangen ist, so wurde doch deren legislative Entscheidung mit Recht in das Provinzialrecht, als in den Bereich der Rechtsverhältnisse zwischen den Gutsherrn einerseits und den bäuerlichen Hintersassen anderer­ seits gehörig, verwiesen und von der Verggesetzgebung, sowohl der allge­ meinen, als provinziellen, ausgeschieden, seitdem aber durch kein ausdrück­ liches Gesetz darüber bestimmt. Was aa) die Oberlausitz anbetrifft, so ist von den Mitgliedern des ersten Standes, sowie den Vertretern des zweiten Standes und der Städte Gör­ litz und Laub an, gestützt auf die s. g. Bergwerks-Verträge Ferdinand's I. von 1534 und Marimilian's 11. von 1575, für die Gutsherrschaften und diejenigen Städte, welche zur Zeit der Böhmischen und Sächsischen Landeshoheit eigene Gerichtsbarkeit und Standschaftsrechte ausgeübt haben, ein unbedingtes ausschließliches Recht auf alle Metalle und Mineralien, (excl. Gold, Silber, Steinsalz und Salzquellen), und resp, das ausschließliche

1) Vergl. hierüber ancb das mittelst K. O. v. 13. Nov. 1843. genehmigte Betriebs-Regulativ in den Ergänz, der Preufi. Neebtsb. 3. Suppl. Bd. S. 289.

Ges. v. 2. Mär; 1850, bett, die Ablös. rc., (§. 88.).

ggz

Recht auf deren Benutzung innerhalb ihrer gutsherrlichen Bezirke auch auf Rustikalbesitzungen, beansprucht, während dagegen von den Vertretern der Landstädte und des vierten Standes die Gültigkeit und Reception jener böhmischen Bergwerks-Verträge für die Ob er lau sitz, wie auch deren Eigenschaft als besondere Verleihungen und Verträge, bestritten, gegen die von den Gutsherrschaften beanspruchten Vorrechte protestirt und dagegen daS Nutzungsrecht auf alle dem Staate nicht vorbehaltene Mineralien, sofern nicht specielle Verträge eine Ausnahme begründeten, jedem, auch dem bäuer­ lichen Grundeigenthümer innerhalb seiner Grundstücke, vindicirt wurde. DaS Vor- und Erklustvrecht der Gutsherrn wird hauptsächlich auf §. XII. des Vertrages von 1534 gestützt — (s. das oben angef. Oberlausitzsche KollektionSwerk Th. II. S. 299) —, welcher dahin lautet' „Ueber dies Alles haben Wir den Standen der Herrschaft, Ritterschaft und den Pragern der alten und neuen Stadt diese sonderliche Gnade erzeigt und hier­ mit in Kraft dieses Briefes und Bertrages thun und erzeigen, daß Wir oder Unsere Nachkommen, die böhmischen Könige, ihnen in die anderen übrigen Metalle, als nemlich Messing, Zinn, Eisen, Blei und Quecksilber, (wie sie zuvor von Altersher bei Unseren Vorfahren, Kaisern und Königen zu Boheim vor vielen Jahren, in diesem Königreich sich gebraucht und genoffen), keinen Einhalt oder Eingriff thun wollen, sondern ihnen dasselbige einräumen zu lassen."

In einem R. deS Fin. Min. an das Schlesische Ober-Bergamt v. 12. April 1840 und ausgedehnt unterm 12. Sept. 1843 auf die Niederlausitz, (Erg. und Erlaut. der Preuß. Rechtsb. zum Th. II. Tit. 16., bearbeitet vom Ober-Bergrath Steinbeck, Suppl. Bd. vom Bergwerksrechte S. 5) ist hiernächst

auch ausgesprochen: daß durch die gedachten Verträge den Grundherrn des Herrn- und RitterstandeS in der Lausitz das landesherrliche Regalitätö- und Nutzungsrecht und die s. g. gerin­ geren Mineralien (einschließlich des EisenS) als Objekte des Bergregals, nicht als accefforisches Grundeigenthum, abgetreten und verliehen worden, sie insolge dessen die Gewinnung der betreff. Mineralien für eigene Rechnung unterneh­ men und innerhalb der Grenzen ihrer Grundherrschaft jeden anderen dabei auSschließen könnten.')

Demgemäß hatte auch das Ober-Trib. in seinem, das Urtel des Re­ vis. Kolleg, zu Berlin v. 29. Sept. 1827 bestätigenden Erk. in S. des DominiumS UhsmannSdorf c/a Gerber und Ramin angenommen'. „wie sich aus den Verträgen von 1534 und 1575 die Folgerung nicht rechtfertigen lasse, daß in der Oberlausitz die niederen Metalle niemals zu den Regalien gehört hätten, daS Gegentheil vielmehr durch den Umstand bewiesen würde, daß daselbst die Belassung der serneren Benutzung derselben als eine Gnade erbeten und be­ willigt worden."

Auf die Niederlausitz haben aber, wie die Stände ihrerseits selbst behaupteten (s. oben), jene Verträge von 1534 und 1575 niemals Anwen­ dung gefunden, indem sie dort weder publicirt, noch reeipirt sind. Aber auch in Betreff der Oberlausitz ist wiederholt deren verfassungsmäßige Publikation, wie deren Reception mit der Behauptung bestritten, daß die Verträge, laut ihres Kontextes, nur für Böhmen errichtet, auch die Worte: „und inkorporirter Länder" in der Überschrift, unter welcher jene Verträge im KollektionSwerk stehen, ein willkührlicher Zusatz der Herausgeber seien, überdieß die Staatsgewalt jene Verträge als verbindliche Gesetze für die Lausitz früher schon niemals anerkannt habe, und gegen die Reception in der Oberlausitz außerdem noch der Umstand spreche, daß in den beiden

1) Vergl. auch SteinbeckS Erläut. des provinziellen Bergrechts in Schle­ sien und der Oberlaufitz. S. 92.

694

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Lausttzen immer eine gleiche Gesetzgebung gegolten habe. Insbesondere er­ weise der Schluß des Vertrages von 1575, daß die Verträge nur für Böhmen bestimmt gewesen, weshalb es auch zur Ausdehnung des Ver­ trages von 1575 auf das Herzogthum Schlesien erst der besonderen Bestimmung in der Bergordnung Kaiser Rudolph II. v. 5. Febr. 1577 (Art. 9.) bedurft habe, worin aber das Exklusiv- und Vorrecht der Guts­ herrn ausdrücklich reprobirt sei. *) (s. unten zu b.). Der Vertrag von 1575 insbesondere spricht, ähnlich wie die Schlesische Bergordnung v. 1769, von „den Grundherr n" im Gegensatze zu den Gewerkschaften, erwähnt auch der Herrn und Landleute oder resp, der Grundherrn, die sich in Bergwerksbauten einlaffen. Vor dem Erlaß des oben gedachten Reskr. v. 12. April 1840 ist von der Verwaltung im Allgemeinen angenommen, daß der Eisenstein in den Lausitzen nach gleichen Rechtsverhältnissen, wie in Schlesien, benutzt werde und accessorium fundi sei, zumal derselbe dort meist nur als Rasenstein nester- und lagerweise auf Wiesen und Aeckern vorkommt. bb) Die Schlesischen Gutsherrn nahmen zur Begründung der Nicht­ regalität der geringeren Mineralien, wie auch der Eisenerze a) zum Theil dieselben Verträge in Anspruch (s. die Denkschrift des 3 teil Schlesischen Provinziallandtages v. 23. Mai 1830 in den betr. Land­ tags-Verhandlungen). Schon bei Entwerfung der Schlesischen Bergordnung v. 1769 sind indeß die Verträge von 1534 und 1575, ihrer Bezeichnung als Vertrag resp. Vergleichung ungeachtet, nur als unvollständige Berg­ ordnungen betrachtet, welche auf den Landtagen zu Prag mit den Ständen vereinbart worden. Es wurde deren Publikation und Reception in Schle­ sien bezweifelt und sogar das Gegentheil angenommen, auch der Verglei­ chung von 1575 nur soweit Gültigkeit beigelegt, als die Bergbegnadigung Kaiser Rudolph II. v. 5. Febr. 1577 darauf verweist, in welcher jedoch Cap- H. gesagt ist: „daß die vom Adel bisher andere im Schürfen behindert, künftig aber Jedem ver­ stattet sein solle, aus Gold re. Blei oder Eisen ungehindert einzuschlagen und zu schürfen."

Die Bergordnung von 1769 hat daS Eisenerz nicht zum Regal, son­ dern zu den fructus fundi gerechnet. Man beließ es in der Bergordnuug von 1769 deshalb hierbei, weil hierfür eine lange Observanz spreche, diese Nutzung auch bei der Steuerkatastrirung mit veranschlagt sei und in den meisten Ländern daS Eisen den dominis fundi kompetire (s. hierüber die Motive zum Entwurf eines allgemeinen Bergrechts de 1833, S. 202).

ß) Außerdem wurde aber in der Provinz Schlesien das beanspruchte Vorrecht der Rittergüter hauptsächlich auf Cap. I. §. 2. der Schlesischen Bergordnung v. 5. Juni 1769 gegründet, welche letztere als neueres Gesetz jedenfalls den s. g. älteren Bergverträgen von 1534 und 1575 derogirt haben würde. Der §. 2. der Bergordnuug v. 1769 lautet: „Es verbleiben aber denen Do mini is alle Eisenerze, sie mögen Namen haben wie sie wollen, die Kalk-, Marmor-, Alabaster-, Gips-, Mühl- und SandsteinBrüche, der Tors, die Thonwalker-, Umbra- und Ocker-Erden, wenn anders aus letzteren kein Metall oder Halb-Metall geschmolzen oder sonst herausgebracht werden kann, dergestalt und also, daß sie selbige Stücke zu ihrem eigenen Nutzen und zum Verkauf zu genießen haben, auch andern zur Betreibung überlassen können, ohne Uns und Unserm Ober-Berg-Amt eine besondere Rekognition dafür abzutragen."

1) Vergl. hierüber den Suppl. Bd. zu den Erg. und Erlänt. der Preuß. Rechtsb., betr. das BergwerkSrecbt if. S. 3. u. 4., deSgl. die Protokolle wegen Revision des ^Bergrechts infolge der gutachtlichen Bemerkungen der Provinzialstände von 18|f S. 707—709.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 88.).

695

Aehnlich lautet $. 2. Cap. I. der Magdeburg-Halberstädter Bergordnung v. 7. Dec. 1772, worin nur die Worte: „alle Eisenerze" fehlen, hingegen angehängt ist: „Sollte indessen ein tertius ein gleiches Recht aus den fuadis privatorum zu ererciren befugt sein, so soll ihm solches unbenommen bleiben."

Streitig war nun: ob unter dem AuSdrucke dominium in diesen BergOrdnungen der Inhaber der gutsobrigkeitlichen Gerechtsame (der Gutsherr) oder der Eigenthümer des Grund und Bodens zu verstehen sei? Die früheren Erkenntnisse besonders der Provinzialgerichtshöfe haben diese Frage verschieden beantwortet. Am ausführlichsten sind die Gründe für die Ansicht, daß in Schlesien und der Grafschaft Glatz die auf bäuerlichen Grundstücken vorkommenden, zu den Bergregalien nicht gehörigen Mineralien, bei Ermangelung eines anderweiten speciellen Rechtstitels, nicht den bäuerlichen Grundeigenthümern, sondern den Gutsherrn zustehen, ent­ wickelt vom Ober-Bergrath Steinbeck in seiner Erläut. des Bergwerks­ rechts in Schlesien und der Oberlausttz. Später haben die Gerichtshöfe, besonders die höheren und daS Ober-Trib., sich für die entgegengesetzte Ansicht entschieden, in Folge dessen anzunehmen ist: „daß den Rittergutsbesitzern in Schlesien weder nach ausdrücklichen Provinzialge­ setzen, noch nach der Provinzial-Verfassung, noch endlich nach Observanz, ein Recht auf die Mineralien und Fossilien gebührt, welche sich auf dem Grunde und Boden der bäuerlichen Einsassen finden und dem Bergregal nicht unterworfen sind";

ferner: „daß dasselbe auch hinsichtlich der regulirten Wirthe aus ihren, infolge der RegulirungSgesetze zu vollem Eigenthum erworbenen Besitzungen gelte;" — „sofern bei der Ausführung der Regulirung in den desfallstgen Rezessen nicht abweichende Stipu­ lationen ausdrücklich getroffen sind."

Vergl. die Gutachten und Entscheidungen der Gerichtshöfe in der handlung über das Verhältniß zwischen den Rittergutsbesitzern und Rustikalbesitzern in Schlesien, in Beziehung auf diejenigen Mineralien Fossilien, welche sich auf den Grundstücken der Dorfeinsaffen vorfinden nicht zum Bergregal gehören, in Koch'S Schlesischem Archiv Bd. I. S. bis 315. r)

Ab­ den und und 252

1) a) Auch in der Bergbau-Ordnung des HerzogthumS Magdeburg k. v. 7. Dec. 1772. Cap. I. §. 2. (f. bei Rabe Bd. I. Abth. 4. S. 446.) ist den Guts­ herrschaften kein Vorrecht eingeräumt, vielmehr unter dem gebrauchten Ausdruck „Dominium" der Eigenthümer des Grund und Bodens zu verstehen, wo das Mi­ neral sich befindet. So erkannt von dem II. Sen. des Ob.-Trib. unterm 27. Jan. 1845. Präj. Sammt. Nr. 1527. S. 301. b) Mit Rücklicht auf die Fassung des Gesetz-Entwurfs, wie sie von der StaatSregierung vorgelegt und hiernächst zuerst von der II K. amendirt war, überreichte der Erb-Ober-Land-Mundschenk Graf Henkel v. Donners mark bei der I. K. eine Petition, den §. 88. bestimmter dahin zu fassen: „daß die Eisenerze in Schle­ sien den Gutsherrschaften gegen Bergütigung der Oberfläche als ihr Eigenthum verblieben und namentlich selbst alsdann auf der ganzen Dorffeldmark, wenn die Eisenlag erstatten auch erst an einer oder der andern Stelle aufgedeckt oder in Angriff genommen worden; indem solches bisher nur in Oberschlesien als reservirtes Eigenthum der Gutsherrschast gegolten habe." Der Antragsteller führte an: „daß in Schlesien nach einem besonderen RechtSverhältniß die Eisenerze, als der Gutsherrschaft ««gehörend, stets betrachtet wor­ den. Wenn dieselben nach erfolgter Regulirung und GigenthumSverleihung mit Dem Eigenthum der Stellen den Stellenbesinern zugesprochen werden sollten, so würde dadurch ein sehr großer Theil des Vermögens mehrerer Gutsherrschasten

696

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Diesen Gutachten und Erkenntnissen der Gerichtshöfe, resp, des OberTribunals treten folgende König!. Erlasse zur Seite: «) die K. O. v. 23. Jan. 1828 an den Fürsten zu Pleß auf dessen Antrag wegen Deklaration der Schlesischen Bergordnung v. 5. Juni 1769 (vergl. Koch s Archiv a. a. O. S. 255), welche verfügt: „daß diese Ordnung in den §§. 1 u. 2. Cap. I. n nr beabsichtigt hat, die­ jenigen Fossilien zu bezeichnen, auf welche das landesherrliche Berg­ werks-Regal Anwendung findet. Die Bestimmung im §. 2. enthalte also nur: daß das landesherrliche Regal nicht aus solche Fossilien, die im §. 1. nicht namentlich verzeichnet worden, zu erstrecken sei, und daß diese den Dominien, als Eigenthümern des Grund und Bodens, verbleiben. Wer unter den Dominien, im Gegensatze deS landesherrlichen Fiskus, zu verstehen sei, habe in der Bergordnung nicht entschieden werden sollen, und würde bei der mannigfachen Verschiedenheit der Rechtstitel, aus welchen sich die Besitz- und Nutzungsrechte der Einzelnen gründen, ganz besonderer Bestim­ mungen bedurst haben, die in der Bergordnung nicht anzutrcfsen sind. Wenn daher zwischen einer Gutsherrschast und ihren Hintersassen ein Streit hierüber entsteht, müsse derselbe im Rechtswege entschieden werden."

ß) Der Landtagsabschied auf die schon oben gedachte Petition des 3 len Schlesischen Provinzial - Landtages um eine „authentische Deklaration der gedachten Gesetze zu dem Zwecke, daß den Dominien das Recht zur Förderung von Eisenerzen auf den Rustikalbesitzungen mit Ausschluß der Eigenthümer derselben eingeräumt werde". Der $. 12. des Landtags-Abschiedes v. 30. Dec. 1831 enthielt den Allerh. Bescheid: „daß Bedenken getragen werde, einem solchen Anträge Statt zu geben, weil die S ch l e s i s ch e B e r g o r d n u n g von 1769 nut das Rcch tsv erh altniß in Be ziehung auf d a S Bergregal zwischen dem Fiskus und dem Privateigenthümer deS Grundes und Bodens bestimmt, dagegen über das Rechtsverhältniß, welches zwischen den Dominien und den Eigenthümern und Nieß­ brauchern der Rustikalstetlen über die Benutzung der, dem fiskalischen Bergregal nicht überwiesenen Fossilien vorwaltet, keine Vorschriften ertheilt, weshalb denn a u ch der behauptete Anspruch der Dominien auf diese Fossilien in­ nerhalb der R u sti ka l seld mar k eu nicht aus den §. 2. der Bcrgordnung von 176 9, sondern nur auf privatrechtliche Titel gegründet werden k ö n n e." (Vergl. Erg. u. Erläut. der Preuß. RcchtSb., III. AuSg. Bd. 5. S. 282 und die betr. Landtags-Verhandlungen).

Nach diesen Allerh. Entscheidungen ist, wofür sich auch das Justiz-Min. ausgesprochen hatte, (vergl. Motive zum Entwurf deS Bergrechts 1833, S. 201), ein Vorrecht der Gutsherrn, gegenüber den bäuerlichen Eigenthümern, auf die Eisenerze und geringeren Mineralien, auf Provinzialgesetz, Provinzial-

ScblesicnS entzogen werden, da die Hauptrevenüen mehrerer Güter und Dominien in der Gewinnung vnd Benutzung der Eisenerze bestünden." Ueber die angeregte Rechtsfrage ist nun allerdings beim §. 88. und in der Agrargesetzgebung keine Entscheidung getroffen. Wenn übrigens (wie die Petition weiter bemerkt), bei Etablirnng neuer Stellen vor 1811. die ausschließliche Benutzung der Eisenerze von der AuSthnung der Grundstücke ausdrücklich ausgenommen und der GutSherrschaft in den Ver­ leihungsurkunden vorbehalten worden ist, so würde wohl in solchem Falle eben so, wie in dem, wenn bei Veräußerung und Umschaffung von Laßbesitzungen in Eigen, thum durch besondere, vor Publikation der RegulirungSgesetze geschloffene Verträge, Eisenerze und ähnliche Mineralien vom Verkaufe der bäuerlichen Güter ausge­ nommen und dem Dominium reservirt worden, einem solchen Reservat deS Guts­ herrn die richterliche Anerkennung auf Grund solcher specieller Rechtstitel, nicht entstehen.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 88.).

697

Verfassung und Observanz nicht zu gründen, ein solches vielmehr nur in jedem einzelnen Falle durch einen speciellen Titel nachzuweisen, wohin aber auch Specialkoncessionen und Privilegien an einzelne Rittergüter rc., soweit dergleichen eristiren, zu rechnen sein möchten, wenn auS solchen speciellen Titeln ein Vor- und Erklusivrecht und die Verleihung als eines Regale, hervorgeht. Wo im einzelnen Falle dergleichen specielle RechtStitel zur Begründung eines gutsherrlichen Vorrechts nicht vorhanden und nachweisbar sind, sind demnächst, da eine entgegengesetzte, vom gemeinen Recht abweichende Ent­ scheidung der Legislation nicht ergangen ist, diejenigen mineralischen Lager­ stätten, Erzsörderungen u. s. w., welche zum Bergwerksregal des Staats nicht gehören, als fructus und acccssoria fiindi zu behandeln, welche bei der EigenthumSerwerbung der Stelle auf den Stellenbesitzer mit übergehen. Wenn das Gegentheil in den Regulirungsrezessen stipulirt werden soll, würde nur zu erwägen sein, wiefern eine solche Stipulation in Berücksich­ tigung der §$. 15. und 43. der D. v. 20. Juni 1817 von der Auseinandersetzungsbehörde in Vertretung der Landeskultur- und LandespolizeiInteressen genehmiget werden könnte oder von Amtswegen zu untersagen wäre.

B.

Zum Alin. 2. des §. 88.

1) Die Bestimmung des Alin. 2. sorgt besonders für die Erhaltung der von teil Gutsherrschaften vor Verkündigung des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 innerhalb der bäuerlichen Grundstücke bereits erworbenen Rechte auf Eisenerze und andere Mineralien. Dieselbe entspricht dem Art. 71. der Dekl. v. 29. Mai 1816 und dem §. 25. des Regulir. Ges. für Posen rc. v. 8. April 1823, wonach die bereits vor der Auseinandersetzung aufgedeckten Kalkbrüche, Gruben von Mergel oder anderen minera­ lischen Düng er erd en und Torfstiche dem Gutsherrn verbleiben, worauf sich der Reg. Entw. beschränkt hatte. Die Veranlassung und Ten­ denz der nach den Anträgen der Agrar-Kommissionen beider Kammern erweiterten Fassung und Ausdehnung auf mineralische Lager­ stätten und Erzsörderungen ist in den Komm.-Berichten näher er­ läutert. Dieses Alin. 2. besonders, begegnet der Besorgniß, daß viele von den Gutsherrn schon errichtete, auf die von ihnen bereits benutzten oder doch aufgedeckten mineralischen Lagerstätten rc. gegründete industrielle Etablisse­ ments infolge der Eigenthumsverleihung von bäuerlichen Stellen, in ihrer Eristenz gefährdet werden würden. 2) Ad verb.: „aufgeschlossenen."

Wäbrend in Uebereinstimmung mit der Dekl. v. 29. Mai 1816 und dem Regulir. Ges. v. 8. April 1823 für Posen rc., — der Entwurf der Regierung und das Amendement der Agrar-Kom. der II. K. sich deS Worts: „aufgedeckten" bedient, ist nach dem Vorschläge der Agrar-Kom. der I. K. das Wort „aufgeschlossenen" in das Gesetz ausgenommen. Da das G. v. 2. März 1850 im §. 88. Alin. 2. in Bezug auf die Objekte der aufgeschlossenen mineralischen Lagerstätten rc. einen weiteren Kreis zieht, als der Art. 71. der Dekl. v. 29. Mai 1816 und der $. 25. des Regul. Ges. y. 8. April 1823, so ist bei Erläuterung deS WortS: „aufgeschlossenen", nach Maaßgabe der Art und Weise der Gewinnung der Mineralien, und dem entsprechend zu unterscheiden: a) stände Regel b)

zwischen solchen Fossilien, beziehungsweise Mineralien, welche Gegen­ des künstlichen und eigentlichen Bergwerkbetriebes find, wie in der Eisenerze, ferner Stein- und Braunkohlen u. s. w. und solchen, welche wesentlich nur zum ökonomischen Gebrauche dienen,

698 Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. alS Thon, Lehm, Mergel und Torf, und in der Regel keinen künstlichen Bau erfordern. Bezüglich beiderlei Arten, von denen die SS- 69. bis 74. A. L. R. II. 16. gleicherweise handeln, bedarf eS zunächst kaum der Bemerkung, daß daS Wort: „aufgedeckt" oder „ausgeschlossen", etwas Anderes und Engeres in stch begreift, als daö Wort: „entdeckt." (Vergl. DönnigeS Landkulturges. Bd. I. S. 308). Laut SS- 150., 151., 154., 155. A. L. R. II. 16. entspricht daS Wort „Entdeckung", auf vorausgegangenes Schürfen, (§. 141.) nur dem „Aufsinden" von Mineralien (s. Randbemerkung zu SS- 154 ff. und die 88- 156 ff.). Zu 2 er) Nachdem der Entdecker oder Finder gemuthet bat, soll der­ selbe, laut 8- 162. a. a. O, „mit Fleiß und unausgesetzter Arbeit bemüht sein" — (wie 8- 162. weiter besagt) — „„den gemutheten Gang daS Flötz oder die Bank zu entblößen, das ist (heißt eS im 8- 162. ferner) selbige mit dem Stollen oder Schürf im vollen frischen Anbruche zu zeigen."" Dazu gehört, wie die §8- 163. ff. ergeben, bereits eine künstliche bergmännische Arbeit, zufolge 8- 168. a. a. O., zu dem Zweck und soweit, „daß die entblößten Gange, Flötze oder Lager vom Bergamte auf ihre Bauwürdigkeit untersucht werden können." Hiernach bestimmt sich aus den allegirten Vorschriften, was unter einer aufgedeckten oder entblößten mineralischen Lagerstätte, Erzförderung oder Grube in der technisch gesetzlichen Bedeutung des WorrS zu verstehen. Demnächst aber ergeben verschiedene Erlasse in Bergwerkssachen, unter Anderen daS Cirk. R. v. 31. März 1852 (v. Carnall, Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preuß. Staate Bd. I. Lief. 1. S. 45), daß der an den allegirten Stellen des A. L. R. gebrauchte Aus­ druck „entblößt" mit dem im §. 88. gebrauchten Worte „aufge­ schlossen " identisch ist. J) ß) Der Vorbehalt, das Verbleiben einer mineralischen Lagerstätte rc. auf den bäuerlichen Grundstücken im Besitze des Gutsherrn beim Uebergange dcö Eigenthums dieser Grundstücke aufden Stellenbesitzer im Ausführungstermine der Regulirung (§. 87.), setzt demnächst voraus, daß eine solche Lagerstätte h. von dem Gutsherrn bereits vor Verkündigung des Ges. v. 2. März 1850 in einer, den technisch gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden Weise gehörig aufgeschlossen (entblößt) gewesen ist. /) Wie weit hiernächst an einer solchen vor Verkündigung deS Ges. v. 2. März 1850 aufgeschlossenen mineralischen Lagerstätte daS dem Guts­ herrn verbleibende Nutzungsrecht innerhalb der bäuerlichen Gründe auSzu-

1) Es lauten auszugsweise: a. der §. 33. des Cirk. R. v. 31. Mär; 1852.: „ Für die Aufschließung des Fundus aufden Augenschein ic. wird dem Muther eine angemessene Frist bewilligt." Ferner: „Die Dauer des SchürfscheinS, beziehungsweise dessen Verlängerung, wird als die Frist zur Entblößung des Fundes und zu dem weiteren Aufschlüsse des Feldes angenommen." b. §. 34. ib.: „Wenn in dieser Frist (§. 33.) die zur vollständigen Beur­ theilung des Vorkommens und der Verbreitung des gemutheten Minerals in dem begehrten Felde erforderlichen Aufschluß- und Versucharbeiten nicht beendigt sind k., so ist die Muthung als erloschen anzusehen." c. §. 35. ib.: „Erfolgt zwar eine rechtzeitige Anzeige und wird auch in dem darauf anberaumten Termine der Fund auf den Augenschein nachgewiesen, eS fin­ det sich aber, daß das Feld nicht genügend durch Versuche aufgeschlossen worden ist, so wird das in der Muthung begehrte Feld nach Maaßgabe des Ges, v. 1, Juli 1821, beschränkte

Ges. v. 2. März 1850, berr. die Ablös. k.z (§. 88.).

699

dehnen ist, — resp, im Gevierten oder in gestrecktem Felde nach Längenmaaß u. s. w., gemäß $§. 169. und 170. A. L. R. II. 16., resp, der bett. Bestimmungen der Provinzial-Berg-Ordnungen, wie mach Maaßgabe des Ges. v. 1. Juli 1821 —, bestimmt sich durch diese gesetzlichen Bestimmun­ gen wegen der Beleihung, nach der sachverständigen Ermittelung und Fest­ stellung der Bergbehörden. (?) Nur bei dem nester- und lagerweise ausAeckern und besonders Wiesen, befindlichen Rasenstein, wird die Entscheidung der Frage: wie weit hier ein solches Eisensteinlager als entblößt oder aufgeschloffen anzu­ sehen ist? in den einzelnen Fällen schwieriger, indeß wohl — nach Maaß­ gabe technischer Ermittelung — davon abhängig sein, wie weit ein solches Rasensteinlager als ein in sich zusammenhängendes Ganze zu betrachten ist? Denn keinenfatts wird das für die Zukunft vorzubehaltende gutsherrliche Nutzungsrecht an den Mineralien auf alle Nester und Lager, welche sich innerhalb einer ganzen Dorfsflur oder auch innerhalb sämmtlicher Grund­ stücke desselben bäuerlichen Stellenbesitzers befinden, ausgedehnt werden dür­ fen, gleichviel, ob sie noch nicht aufgeschlossen, vielleicht noch nicht einmal entdeckt wären; indem dadurch die ganze zum Eigenthum verliehene Be­ sitzung einer für alle Zukunft bestehenden Dispositionsbeschränkung und Serviiutbelastung Seitens des Gutsherrn unterworfen bliebe, was mit dem Zwecke der Gesetzgebung und der Natur des verliehenen Eigenthums un­ vereinbar erschiene. Zu b. In Betreff der aufgeschlossenen Thon-, Lehm-, Mer­ gel-Lager und Gruben, sowie Torfstiche und ähnlicher, vorzüglich zum ökonomischen Gebrauch bestimmter Anlagen, dürften für den Umfang und die Begränzung des innerhalb der bäuerlichen Grundstücke vorzubehaltenden Terrains folgende Bestimmungsgründe maaßgebend sein: a) die Kontinuität deö Lagers bezüglich des daselbst vorgefundenen Ma­ terials, so daß die Lehm- rc. Grube oder der Torfstich jedenfalls nicht über das im Zusammenhänge mit dem aufgeschlossenen Theile befindliche Lager an Lehm, Mergel, Thon, Torf ausgedehnt werden darf (s. oben zu a. /.); außerdem aber auch ß) die bisherige ortsübliche Benutzungsart der Grube rc.; ferner y) der bisherige Zweck der Benutzung, insbesondere mit Rücksicht auf den wirthschastlichen Bedarf des Gutsherrn und dessen wahrscheinliche Deckung. Die obigen Bemerkungen über die Ausdehnung des Vorbehalts der Lager und Gruben entsprechen denjenigen Grundsätzen, welche nach Inhalt der betr. Ministerial-Akten, der Fassung des Art. 71. der Dekl. v. 29. Mai 1816 zum Grunde lagen (vergl. Dönniges a. a. O. Bd. I. S. 308), weshalb um so mehr darauf zurückzugehen ist, als, Inhalts der Berichte der Agrar-Kom. der Kammern, bei dem schließlich angenommenen Amendement zum Alin. 2. §. 88. der Art. 71. der Dekl. v. 29. Mai 1816, wesentlich in Betracht gekommen ist. Es ist jedoch die Aufgabe der Kommissarien und Auseinandersetzungs­ behörden, über die örtliche Ausdehnung von dergleichen dem Gutsherrn reservirten Gruben, Lagerstätten und Torfstichen auf bäuerlichen Grundstücken und deren Abgrenzung genaue Festsetzungen in den Rezessen treffen zu lassen.

3) Ueber die Bestimmung, wonach durch Schiedsrichter die Ent­ schädigung für die dem Stellenbesitzer, vermöge der dem Gutsherrn ver­ bleibenden ausgeschlossenen Lagerstätten, entzogene Benutzung und die Verschlechterung der Bodenfläche festgestellt werden soll, ist zu bemerken: a) Wenn dergleichen Entschädigungsansprüche während der Regulirung oder im Zusammenhänge mit derselben geltend gemacht werden, so kommt

700

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

dabei daS schiedsrichterliche Verfahren nach Maaßgabe der Instruktion v12. Oft. 1835 (v. K. Annal. Bd. 19. S. 975), zur Anwendung. b) ES erscheint aber auch andererseits ebenso unbedenklich, daß sich die oben gedachte Bestimmung, wegen der Feststellung durch Schiedsrichter, nur auf daS RegulirungSversahren und auf eine dabei eintretendc Ausgleichung der beiderseitigen Rechte und Leistungen, des Gutsherrn und des bäuerlichen Wirths, dagegen nicht auf spatere, außerhalb und nach Be­ endigung der Regulirung hervortretende Entschädigungsansprüche der Art bezieht. Denn außerhalb einer Auseinandersetzung enthalten nur die §§ 167. ff. A. G. O. I. 2. Vorschriften über das schiedsrichterliche Verfahren und hangt es lediglich von der Uebereinkunft der streitenden Partheien ab, ob sie sich einem schiedsrichterlichen Ausspruche durch Kompromiß unterwerfen wollen oder nicht; aus dem Bericht der Agrar-Kom. der I. K., in welchem die Worte „durch Schiedsrichter festzustellenden" amendirt worden, ist über das Motiv dazu nichts ersichtlich, um so weniger also anzunehmen, daß ohne zureichendes Motiv beabsichtigt sei, auch noch nach Ausführung der Regulirung und nach dem Uebergange des Eigenthums, Streitigkeiten zwi­ schen dem vormaligen Gutsherrn und dem vormaligen Lasstten in Bezug auf einen so singulären Gegenstand, in dem ganz exceptionellen Rechtsversahren der §§. 167. ff. A. G. O. I. 2. erledigen zu lassen, wobei überdies ein nur vom freien Willen jeder Parthei abhängiges Kompromiß auf be­ stimmte Personen der Schiedsrichter vorausgesetzt werden müßte. Daher werden vielmehr bei AuSmittelung solcher Entschädigungen nach ausgesührter Regulirung die allgemeinen Grundsätze *) und das gewöhn­ liche Prozeßverfahren Anwendung finden. c) Hiernächst aber folgt nicht blos aus der vorstehenden Bemerkung zu b., sondern ergiebt sich auch aus dem Zusammenhänge der beiden Vor­ schriften im Alin. 2. des §. 88. weiter «) wegen der dem Gutsherrn ver­ bleibenden, vom Laßgrundstück abzutrennenden mineralischen Lagerstätten re. einerseits und ß) wegen der Entschädigung des Laßwirths durch den Gutsherrn für die durch die aufgeschlossenen Lager re. ihm entzogene Benutzung und herbeigeführte Verschlechterung der Bodenfläche andererseits: daß in dem 8. 88. Alin. 2. vorausgesetzten Falle bei jedem Re gulirungSverfahren sowohl jener Vorbehalt, als diese Entschädigung eintreten soll und zur vollständigen Ausgleichung beider Theile gehört, oder mit anderen Worten, daß jene Vorschriften zu a. u. ß. materielle Auögleichungsbestimmungen über wechselseitige Rechte und Leistungen bei der Regulirung selbst enthalten; insofern bildet das Alin. 2. des $. 88. für den besonderen, in ihm behandelten Fall eine Ergänzung des §. 80. a. und b. dergestalt, daß im Falle des §. 88., jene zu a. und ß. gedachten wechsel­ seitigen Rechte beim Regulirungsverfahren selbst stets in Betracht kommen, demgemäß einerseits der Vorbehalt der aufgeschlossenen Lagerstätten als ein Theil der gutsherrlichen Abfindung betrachtet wird, andererseits aber auch vom Gutsherrn in jedem Falle dafür Entschädigung zu gewähren ist und diese einen Theil der gutsherrlichen Gegenleistung darstellt, welche dem bäuerlichen Wirthe bei der Aufstellung der Rente zu Gute zu rechnen und von seiner Rentenverpflichtung in Abzug zu bringen ist.

1) Ueber diese Grundsätze sind zu vergleichen: §§. 109. ff. A. L. 9t II. 16., Erk. deS Ob. Trib. v. 1838. Präjud. Samml. Nr. 538a. S. 216., deSgl. v. 11. Juni 1847. ib. Nr. 1890. S. 216., Plen. Beschl. des Ob. Trib. v. 7. Nov. 1849. Gntsch. Bd. 19. S. 72., deSgl. Erk. v. 13. Mai 1844. Präj. Samml. Nr. 1462. S. 216. ferner die Aufsätze in der Jur. Wochenschr. 1841. S. 389. ff. deS Reg. Raths Kuh, ebendas. 1843. S. 655. des O.-L.-G.-Aff. Dieterici.

Ges. v- 2. März 1850, Letr. die Ablös. rc., ($$. 88.).

701

C. Das Alin. 3. des $. 88. enthält die Bestimmung, daß in den Rechtsverhältnissen bezüglich derjenigen Erbkure und Mitbau­ rechte, welche bei Verkündung des Gesetzes v. 2. März 1850 bereits erworben sind, durch dieS Gesetz nichts geändert werde. 1) In Folge dessen verbleibt ein vom bisherigen Gutsherrn alS Grund­ eigenthümer der lassttischen Stelle, nach §. 117. A. L. R. II. 16. und den betr. Provinzial-Berg-Ordnungen, erworbener Erbkur demselben auch nach Verleihung des Eigenthums der Stelle an den früheren Laßwirth. Es ist dies eine Abweichung von dem Princip des Z. 118. a. a. O., weil hiernach der Erbkur von dem Grunde und Boden, auf welchem daS Berg­ werk betrieben wird, nicht getrennt, noch besonders veräußert werden soll. Es kann aber zufolge deS §. 88. der Stellenbesttzer, welcher das Eigen­ thum deS Grund und Bodens erwirbt, auf denjenigen Erbkur, welchen der Gutsherr bezüglich eines auf den bäuerlichen Grundstücken geschehenen Berg­ baues bereits vor Verkündigung des Ges. v. 2. März 1850 rechtmäßig er­ worben hatte, aus dem Grunde keinen Anspruch machen, weil er an diesen, bisher nach Laßrecht besessenen und benutzten Grundstücken fortan Gigenthumsrechte erwirbt, und der Erbkur nach den Grundsätzen des Bergrechts ein untrennbares Pertinen; des Grundstücks sei. 2) In Bezug auf die Mitbaurechte zur Hälfte, welche nach $$. 123. und 124. A. L. R. II. 16. dem Grundeigenthümer nur da zustehen, wo besondere Provinzialgesetze sie ihm ausdrücklich beilegen, ist mit Rücksicht auf $. 3. Cap. I. der Bergordnung für daS Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glatz v. 5. Juni 1769, durch Erk. des II. Sen. des Ob. Trib. v. 12. Febr. 1846 (Präj. Samml. Nr. 1703. S. 300), ferner durch Erk. des Ob. Trib. v. 9. Juni 1852 (Entsch. Bd. 21. S. 381) festgestellt, daß solche nach Schlesischem Provinzialrechte nicht der Gutsherr­ schaft, sondern dem Eigenthümer des Grund und Bodens gehören.*) Dieses Princip findet aber auf die vor Publikation des Ges. v. 2. März 1850 Seitens des Gutsherrn bereits rechtmäßig erworbenen Mit­ baurechte innerhalb bäuerlicher Laßbesitzungen keine Anwendung, indem §. 88. Alin. 3. demselben derogirt. Dergleichen Mitbaurechte verbleiben vielmehr auch nach ausgeführter Regulinmg dem Gutsherrn und gehen mit dem Eigenthum an den bisherigen Laßgrundstücken auf den Stellenbesttzer nicht mit über. D. Zum Alin. 4. des §. 88. wird aus die Bemerk, zum Alin. 1. unter A. 2. zurückgewiesen (s. o. S. 688). III. Der Vorbehalt des Ed. v. 14. Sept. 1811 §. 57. C. und Art. 102. der Dekl. v. 29. Mai 1816 wegen der Jagdgerechtigkeit, in­ gleichen des §. 27. des Regulir. Ges. für Posen rc. v. 8. April 1823, wonach die Jagd nicht Gegenstand der Auseinandersetzung sein sollte, wobei übrigens gesetzliche Bestimmungen wegen des Schadensersatzes durch Be­ schädigung mittelst Wildfraß und Jagens Vorbehalten wurden, aber nicht erschienen, sand tu dem Ges. v. 2. März 1850 keine Stelle mehr, nachdem dieser Gegenstand inzwischen durch den Erlaß des G. v. 31. Okt. 1848 wegen Aufhebung der Jagdrechte auf fremdem Boden (G. S. 1848. S. 343) seine Erledigung erhalten hatte.

1) ES kann taut Erk. des Ob.-Trib. v. 24. Nov. 1851. (Entsch.Bd. 21. S. 385. und Striethorst' s Archiv Bd. 3. S. 179.) der Anspruch zum Mitbau auf die Hälfte, bevor noch eine Muthung eingelegt und die vorgeschriebene Erklärung über Ausübung de- MitbaurechteS von dem Grundherrn abgegeben oder abgefor­ dert worden, als ein cessibeles Recht nicht angesehen werden.

702

Don d. Ablis. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Zum $. 89. I. Der $. 89. ist wörtlich aus dem Regier. Entw. in das Gesetz übernommen worden. Vergl. die Motive deS Regier. Entw. zu §§. 80. ff. (§.81. ff. des Entw.) oben S. 651 ff. Die Agrar-Kommissionen beider Kammern fanden gegen den §. nichts zu erinnern, worauf beide Kammern denselben, ohne Diskussion, genehmigten. (Stenogr. Ber. der II. K. 18Jg, Bd. 3. S. 1555 und der I. K. Bd. 5. S. 2587.) II. Der §. 89. entspricht den besonders im Bereiche des Ges. für Posen rc. v. 8. April 1823 vorkommenden Verhältnissen und dem §. 24. desselben.

Zum §♦ 90. I. Der §. 90. ist, da die Agrar-Kommissionen beider Kammern nichts dagegen zu erinnern fanden, ohne Diskussion von beiden Kammern unverändert nach der Fassung des Regier. Entw. angenommen worden. (Stenogr. Ber. a. a. O.)

II. Vergl. die Erlaut. zum §. 80. deS Ablös. Ges. (f. oben S. 651 ff.) III. In Betreff der Berechtigung der lassitischen Wirthe von der Gutshrrrschaft auch nach Anbringung der Provokation, die Jnstandehaltung rety. den Aufbau ihrer Gebäude zu fordern, vergl. die Erläut. zum §. 83. des Ablös. Ges. (s. Zus. II. ad 1. u. 2. oben S 667 ff.).

Allgemeine Bestimmungen.

Zu §§. 91. und 92. I. Die §§. 91. und 92. wichen in dem Regier. Entw. von ihrer jetzigen Fassung in folgenden Punkten ab: a) im §. 91. fehlten die Schlußworte deS Alin. 3.: „erstens gilt auch von den in den §§. 53. bis 55. gedachten Renten;"

b) im §. 92. standen im Alin. 2. statt der Worte: „feit der Ver­ kündigung dieses Gesetzes," die Worte: „seit ihrer Anlage," und eS fehlte das Alin. 3. A. Die Motive des Regier. Entw. (zu §§. 91. und 92.) lauten dahin: Diese Bestimmungen beruhen auf den Vorschriften des Art. 40. der Verf.-

Urk. v. 5. Dec. 1848, und dienen zu deren näheren Ausführung. Die Festsetzung des 30jährigen Zeitraums, während dessen die Ablösung von Geldrenten und die Kündigung hypothekarischer Kapitalien ausgeschlossen werden darf, ist auS der in der Rheinprovinz geltenden Französischen Gesetzgebung entnommen. Die Beschränkung deS für neu aufzuerlegende feste Geldrenten vertragsmäßig zu bestimmenden Ablösungssatzes auf das 25fache der Rente war deshalb erforder­ lich, weil sonst durch die Stipulation höherer Ablösungssätze die Ablösbarkeit, der Verfassung zuwider, indirekt ausgeschlossen werden könnte.

B.

Die Kommission der II. Kammer beantragte: a) die unveränderte Annahme des §. 91. nach der Fassung des Regier. Entw., und b) dem §. 92. daS jetzige Alin. 3. hinzuzufügen, übrigens aber den­ selben unverändert anzunehmen. Der KommissionS-Bericht motivirt dies in folgender Art: ) durchgeführt worden, daß das Ablös. Ges. im Allgemeinen keine rückwirkende Kraft haben foö; indeß ist es für erforderlich erachtet worden, hiervon einige Ausnah­ men zu machen. a) Die Verpflichteten sotten von der nachträglichen Leistung derjenigen Prastationen, welche der Abschn. I. ohne Entschädigung aufgehoben hat, in­ sofern entbunden sein, als deren Fälligkeit erst nach der Verkündung des Sistirungs-Ges. v. 9. Okt. 1848. eingetreten ist. Das Motiv dieser Bestimmung ist, daß es die Absicht des SistirungsGesetzes war, von seiner Verkündung an den Pflichtigen die Vortheile der zu erwartenden neuen Gesetze zu Theil werden zu lassen, daß auch die­ ser Grundsatz in Schlesien durch die interimistische V. v. 20. Dec. 1848. bereits theilweise zur Ausführung gelangt ist, und daß die durch den 8- 3. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. aufgehobenen Rechte strenge genommen, seit Emanation der Vers. Urkunde v. 5. Dec. 1848. nicht mehr hatten aus­ geübt werden dürfen. b) Aus gleichen Gründen ist den Pflichtigen ein Schutz gegen die nachtheiligen Folgen solcher Unterlassungen verliehen, welche erst nach Ver­ kündung des Sistirnngs-Gesetzes v. 9. Okt. 1848. geschehen sind, insofern die Unterlassungen nach Maaßgahe des Abschn. I. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. in Zukunft nicht mehr gleich ungünstige Wirkungen äußern können. Hauptsächlich hat hierbei die Absicht zum Grunde gelegen, den Erbzinsmann, welcher nach Publikation des Sistirungs-Gesetzes die Bezah­ lung des Zinses versäumt hat, gegen die Einziehung seines Gutes wegen des Zahlungs-Verzuges zu sichern. Auf der anderen Seite ist aber auch dem Berechtigten die Geltendmachung solcher Befugnisse Vorbehalten wor­ den, welche er durch die vor Verkündung des Sistirungs-Gesetzes ein­ getretenen Unterlassungen des Verpflichteten bereits erworben hatte. Vergl. Schuhnrann's Erläut. des Ablös. Ges. S. 102. und den Auf­ satz in Robe's Lehrzeitung für Entlast, des bäuerlichen Grundbes. S. 5—8. 2) Der §. 99 bandelt von solchen Fällen, welche überhaupt und ohne Rücksicht auf das Ablösungsverfahren, mithin auch vor dem ordentlichen Richter, zur Sprache kommen können; wogegen der §. 100. nur von der Rechtsbestandigkeit der im Au ö einander setzungsverfahren vorgenom­ menen Geschäfte handelt. Das Gesetz vom 2. März 1850. soll nun, wie der erste Satz des 899. vorschreibt, keine Anwendung auf vergangene Fälle finden und deshalb fragt es sich, welche Fälle als vergangene zu erachten sind? In Bezug auf den 8« 99. können in dieser Beziehung folgende Fragen entstehen: a) ob das Recht, eine beständige Leistung zu fordern, überhaupt vorhanden ist oder nicht? In dieser Beziehung gehören diejenigen Fälle zu den vergangenen, saus welche mithin das neue Gesetz keine Anwendung findet), in welchen bereits vor dessen Publikation resp, vor Verkündung des Sistirungs-Ges.

1) Vergl. K. 14. der Viril, zum A. L. R.

736

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

v. 9. Okt. 1848. rechtskräftig über die Frage entschieden worden ist, ob daS Recht auf eine beständige Abgabe eristirt oder nicht.

Wenn also z. B. Jemand mit dem Ansprüche, BesitzveränderungS-Ab­ gaben zu fordern, vor Publikation des neuen Ablös. Ges. oder des Sistirungs-Gesetzeg, rechtskräftig abgewiesen ist, so behält es dabei sein Be­ wenden, wenn auch der Nachweis nach §. 40. geführt werden könnte. Ist aber über diese Frage vor Publikation des neuen Gesetzes resp, des Sistirungs-Gesetzes noch nicht rechtskräftig erkannt, so findet das Gesetz v. 2. März 1850 Anwendung. Es darf also z. B. alsdann der Beweis der Verpflichtung zu Besitzver­ änderungs-Abgaben nach den Grundsätzen des §. 40. geführt werden. In dieser Hinsicht ist darauf hinznweisen, daß eine rechtskräftige Entscheidung unzweifelhaft alsdann vorliegt, wenn durch alle zulässige Instanzen erkannt worden, sowie wenn gegen ein Erkenntniß einer frü­ heren Instanz das gesetzlich zulässige Rechtsmittel nicht rechtzeitig eingelegt worden ist. Dagegen sind Bedenken entstanden in Betreff solcher Prozeffe, wo zur Zeit der Publikation des Sistirungs-Gesetzes v. 9. Okt. 1848. bereits in den beiden ersten Instanzen auf Abweisung des Berechtigten erkannt wor­ den, die hiergegen eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde aber in Folge des Ges. v. 9. Okt. 1848. sistirt werden mußte und wo demnächst, nach Aufhebung der Sistirung, die Vernichtung des früheren Erkenntniffes von dem Ob. Trib. ausgesprochen worden ist. Wenn in diesem Falle der Berechtigte in einem neuen Prozeffe (wegen Besitzveränderungs-Abgaben) sich auf Anerkenntnisse in öffentlichen Urkun­ den, worin die Angabe der causa dcbcndi fehlt, beruft, so entsteht die Frage, ob alsdann solche Anerkenntnisse als volle Beweismittel (nach 40.) in Betracht kommen können? Frey sucht zu zeigen, daß die Beantwortung davon abhänge, ob anzu­ nehmen, daß der Fall bereits vor Verkündung des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. rechtskräftig entschieden war. Denn sei dies der Fall gewesen, so finde das letztere keine Anwendung, sondern es müßten die Beweismittel nach der früheren Gesetzgebung beurtheilt werden. Es sei nun aber der in Rede stehende Fall für bereits rechtskräftig vor Publikation des Ab­ lös. Ges. entschieden zu erachten; denn die Nichtigkeitsbeschwerde sei kein ordentliches Rechtsmittel und könne die Rechtskraft der früheren Erkenntnisse nicht aufhalten. (§. 4. der V. v. 14. Dec. 1833., in Ver­ bindung mit §. 9. u. 10. ebendas.) (Erläut. des Ablös. Ges. S. 115—116.) Die Richtigkeit dieser Ausführung dürfte indeß in Zweifel zu ziehen fehl. Auf die Frage, ob die Nichtigkeitsbeschwerde für ein ordentliches oder außerordentliches Rechtsmittel zu erachten, scheint es nicht anzu­ kommen. Die V. v. 14. Dec. 1833. bestimmt im §. 10. nur, daß die Einlegung der Nichtigkeitsbeschwerde in der Regel die vorläufige Voll­ streckung des Erkenntnisses nicht aufhalten soll; der §. 17 a. a. O. ergiebt aber, daß dessenungeachtet der für begründet erachteten Nichtigkeits­ beschwerde die Wirkung beigclegt ist, alle Folgen der Vollstreckung des vernichteten Urtels rückgängig zu machen. Der §. 10 a. a. O. be­ stimmt gerade nur für den Fall der Verwerfung der Nichtigkeitsbe­ schwerde, daß der Tag der Insinuation des angefochtenen Urtels für den Tag der Rechtskraft desselben anzusehen ist. Es folgt hieraus, daß, wenn die Vernichtung ausgesprochen wird, alle Folgen des vernichteten Erkennt­ nisses wegfallen und daß dasselbe mithin nur in Bezug auf Vollstreck­ barkeit eine interimistische Kraft besessen hat, aber nicht definitiv rechtskräftig geworden ist. Es wird deshalb angenommen werden müssen, daß im Falle der Vernichtung eines in der Zeit vor der Publikation des

Ges. v- 2. Marz 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 99.).

737

Ablös. Ges. v. 2. Marr 1850. resp, des Sistirungs-Ges. v. 9 Okt. 1848. ergangenen Urtels bei der nach §. 17. der P. v. 14. Dec. 1833. alsdann eintretenden Entscheidung durch das Ob. Trib., beziehungsweise des frühe­ ren Instanz-Richters die Grundsätze des neuen Gesetzes, mithin auch deS $. 40. desselben, zur vollen Anwendung gelangen. Dagegen dürfte es sich von selbst verstehen, daß in solchen Fällen bei der Beurtheilung der Nichtigkeitsbeschwerde selbst, (der Gründe der Nichtigkeit) nicht auf die Bestimmungen des neuen Gesetzes Rücksicht genommen werden darf. b) Ob daS Recht auf eine beständige Leistung durch das Ablös. Ges. v. 2. März 1850. unentgeltlich aufgehoben ist oder nicht? In dieser Beziehung ist nur das Ablös. Ges. v. 2. März 1850. maaß­ gebend, und zwar ohne Rücksicht auf etwa bereits vor dessen Publikation ergangene Judikate. Ist also z. B. vor Publikation des Ablös. Ges. resp, des SistirungsGesetzes rechtskräftig entschieden, daß Jemandem das Recht zusteht, Jagd­ dienste zu fordern, so steht dies dennoch der unentgeltichen Aufhebung nicht entgegen. Auch die Eintragung im Hypothekenbuche steht dem nicht entgegen. Ablösungs-Rezesse stehen der unentgeldlichen Aufhebung solcher Rechte nur alsdann entgegen, wenn sie nicht bloß ein Anerkenntniß des Rechtes, sondern eine Novation desselben enthalten, (s. Erlaut. zum §• 100.). c) Welchen Einfluß die Entscheidung der ad a. und b. gedachten Fra­ gen auf die Verbindlichkeit zur Entrichtung rückständiger Leistungen hat? In dieser Beziehung muß zwischen Besitzveränderungs-Abgaben und den übrigen unentgeldlich ausgehobenen Abgaben undLeisttlngen unterschieden werden. Frey stellt in dieser Hinsicht folgende Ansichten aus: I. Die nach §§. 2. und 3. des Ab lös. Ges. unentgeltlich aufgehobenen Rechte betreff, (also mit Ausschluß der Besitzveränderungö-Abgaben), so können, wenn die beiden Fragen zugleich streitig sind, ob das Recht überhaupt eristirt, und even­ tuell ob es für unentgeldlich ausgehoben zu erachten, drei Falle eintreten: a) Wenn das Recht selbst aberkannt wird, so sind rückständige Leistun­ gen nicht mehr zu entrichten und bereits geleistete zurückzuerstatten. Bezüglich der B esitzv erand erungS-Abgab en tritt hier dagegen hinsichtS der Rückforderung die Vorschrift des §. 49. ein. b) Wenn das Recht selbst zu erkannt und der Anspruch aus unentgeldlichen Wegfall abgesprochen wird, so müssen sämmtliche Rückstände nach­ gezahlt werden. ') c) Wird das Recht se l b st z u g e sp r 0 ch e n, der Anspruch auf u n e ntg e ld liche Aufhebung aber für begründet erachtet, so muß unterschieden werden: aa) die vor Verkündung deS Ges. v. 9. Okt. 1848 fällig gewordenen Rück­ stände müssen nachgezahlt werden, woraus folgt, daß die bis zu diesem Zeitpunkte geleisteten Zahlungen nicht zurückerstattet zu werden brauchen; bb) die nach Verkündung deS Ges. v. 9. Okt. 1848 fällig gewordenen Lei-

1) Dabei ist zu bemerken, daß für die Werthsermittelung rückstän­ diger Leistungen niemals daS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 maaßgebend ist; denn die Tit. II. bis IX. desselben gelten nur im Ablösungsverfahren. In dieser Beziehung hat daS Rev isi onS - Kol legium für L. K. S. unterm 20. Mai 1851 angenommen, daß and) da, wo der Verpflichtete nicht in einem eigentlichen Untcrthanen-Verhältniffe zu dem Berechtigten stand, letzterer für rück­ ständige Natural-Abgaben den Marktpreis und Verzugszinsen dafür (A. L. R. II. 7. §§. 479., 480., II. 11. §. 929., I. 11. §. 859.) fordern kann. (Praj. Samml. deffelb. S. 7, Nr. 18.). Landes-Kultilr-Gesetzg. Bd. II.

47

738

Don b. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

stnngen brauchen nicht mehr prästirt zu werden und die geleisteten muffen zurücker­ stattet werden. •) II. Hinsicht- der Besitz Veränderung--Abgaben können drei Fälle ein­ treten : a) Wenn auch da- Recht, die Abgabe zu fordern, aberkannt wird, mithin von der unentgeldlichen Aushebung desselben und von der Zahlung für die Zukunft nicht weiter die Rede ist, so treten dennoch bezüglich der Rückforderung der vor Verkündung des Ges. v. 2. März 1850 indebite geleisteten Zahlungen die Bestim­ mungen des §. 49. ein. b) Wird daS Recht selbst festgestellt und der Anspruch auf dessen un­ entgeldlichen Wegfall verworfen, so müssen sämmtliche Rückstände nachge­ zahlt werden. •) c) Wenn da- Recht an sich zwar feststand, jedoch dessen unentgeldliche Aushebung ausgesprochen wird, so ist zu unterscheiden: aa) für die vor Verkündung des Ges. v. 9. Okt. 1848 eingetretenen Fälle muß die Abgabe noch nachträglich entrichtet werden; bb) für die nach Verkündung des Ges. v. 9. Okt. 1848 eingetretenen Fälle ist wiederum zu unterscheiden: aaa) für die vor Verkündung des Ges. v. 2. März 1850 eingetretenen Fälle dürfen gezahlte Abgaben nicht zurückgefordert und rückständige nicht gezahlt werden; bbb) für die nach Verkündung des Ges. v. 2. März 1850 eingetretenen Fälle dürfen keine Abgaben mehr gezahlt und die gezahlten müssen zurückerstattet wer­ den. s) In allen diesen Fällen ist vorausgesetzt, daß die Klage nach Verkündung deS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 angebracht ist. Eine Klage auf unentgeldliche Auf­ hebung eines Rechtes war früher nicht möglich; wenn aber der Anspruch aus die Leistung vor Verkündung des Ges. v. 9. Okt. 1848 von dem Berechtigten einge­ klagt, oder vor diesem Zeitpunkte die Negatorienklage Seitens des Verpflichteten an­ gestellt war, so hat die Anbringung der Klage dieselbe Wirkung, welche in den oben erwähnten Fällen die Verkündung des Ges. v. 9. Okt. 1848 hat. (Frey, prakt. Erläut. S. 111—115.)

3) Auch noch jetzt, nach Erlaß des Ablös.- und Regulir. Ges. v. 2. März 1850., kann ein laßbäuerlicher Wirth aus den in den §§. 288. ff. A. L. R. II. 7. angegebenen Gründen seiner Stelle entsetzt werden, wenn die Thatsachen, welche diese Gründe bilden, sich vor dem Erlaß des Sistirungö-Ges. v. 9. Okt. 1848 ereignet haben. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für L. K. Sachen per sent. v. 27. Mai 1851, indem dasselbe bemerkt: Das G. v. 2. März 1850 enthält über die Befugniß des Gutsherren, lieder­ liche, widerspenstige, aufwieglerische, diebische oder sonst verbrecherische Wirthe außer Besitz setzen zu lassen, keinerlei Bestimmung, und wird deshalb auf dem früher ge­ öffnetem Wege gegen dergleichen Personen allerdings nicht mehr vorgeschritten wer­ den können, sofern es sich dabei um Begehungen oder Unterlassungen handelt, die in die Zeit seit Erlaß deS G. v. 9. Okt. 1848 fallen. Für frühere Ereignisse da­ gegen sind die älteren Gesetze noch anwendbar. — Die allgemeine Regel, daß neue Gesetze auf schon vorhin vorgekommene Handlungen und Begebenheiten nicht an­ gewendet werden können (§. 14. der Einl. zum Ä. L. R.), erleidet nur hinsichtlich etwaiger milderer Strafbestimmungen eine Ausnahme (§. 18. 1. c.), wobei inrwischen ausdrücklich befürwortet ist, daß sofern aus einer verbotenen Handlung Privatrechte entspringen, immer noch aus die Gesetze Rücksicht genommen werden müsse, welche zur Zeit der Handlung gültig waren (§. 19. I. c.). — Eine ganz ähnliche Vorschrift findet sich im §. 99. deS Ablös.- u. Regul.-Ges. v. 2. März 1850, indem dort ebenfalls bestimmt ist, daß dasselbe, soweit nicht eine ausdrückliche Ausnahme gemacht worden, auf vergangene Fälle keine Anwendung erleiden solle, aus den günstigern Anwendungen desselben namentlich kein Einwand gegen die

1) Vergl. auch Zus. 1. sub. b. (s. oben S. 735.) 2) Es versteht sich von selbst, daß alsdann der §. 47. zu berücksichtigen ist. 3) Vergl. jedoch §. 49.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 99.).

739

Nachtheile entnommen werden könne, welche rechtlich mit gewissen Handlungen oder Unterlassungen verbunden sind, die vor Verkündigung des SistirungS - Ges. v. 9. Okt. 1848 sich ereigneten. — Wenn nun alle einzelne Thatsachen, aus welchen der Besitzer seiner Stelle und des Eigenthums-Derleihungs-Anspruches verlustig gehen soll, aus jener Vorzeit datiren, so können sie als Exmissions-Gründe noch geltend gemacht werden. (Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 4. S. 186 ff. u. Präj. Samml. deffelb. S. 54. Nr. 3.)

B. Zum Alin. 2. des $. 99. 1) Die Bestimmung des Alin. 2. bezieht sich nur auf den Bereich der­ jenigen Landestheile, für welche die drei Gesetze v. 21. April 1825 ergangen sind, und bezwecken eine Deklaration der §§. 78. resp. 58. u. 56. der­ selben. Die Motive dieser Bestimmung sind ausführlich in dem Berichte der Kommission der II. Kammer zum §. 99. x) entwickelt. 2) Das Alin. 2. des §. 99. ist auf den §. 100. nicht zu beziehen. Ein rechtsverbindliches Anerkenntniß des Auseinandersetzungsplanes schließt daher jeden Einwand aus' den §§. 2. und 3. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850, wegen der in diesem Gesetze erfolgten unentgeltichen Aufhebung der dort gedachten Rechte aus. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für L. K. Sachen unterm 25. Okt. 1850. Die Gründe bemerken 1 2): Während der §. 99. über die rückwirkende Kraft des neuen Gesetzes, insbe­ sondere auch der in den §§. 2. und 3. desselben enthaltenen Bestimmungen wegen unentgeltlicher Aufhebung der daselbst bezeichneten Berechtigungen allgemein und ohne Rücksicht auf ein schwebendes Auseinandersetzungsverfahren disponirt, da­ her in seinen zweiten Absatz die Ausnahme von der im ersten Absatz dieses §. auf­ gestellten generellen Regel aufnahm, entscheidet andererseits der §. 100. über die Anwendung deS Prinzips des §. 14. der Einl. zum A. L. R. auf bereits schwe­ bende Regulirungsverhandlungen, also auS einem ganz anderen Gesichtspunkte, na­ mentlich über die Frage: unter welchen Voraussetzungen ein bereits eröffnetes AuseinandersetzungSversahren und Ablösungsgeschast als rechtsverbindlich und unwider­ ruflich abgeschlossen betrachtet werden solle. Deshalb betrifft der §. 100. ohne Unterschied sowohl die ablösbaren, wie die ohne Entschädigung aufzuhebenden Be­ rechtigungen; und eS könnte im zweiten Absatz des §. 99. nur vom Vertrage oder Judikate, nicht auch — wie im §. 100 — von einem Anerkenntnisse die Rede sein, da ein Anerkenntniß — nicht etwa der Werthsberechnung, resp, des Plans, sondern von Pflichten und Rechten, die von der Legislation vor Publikation des Ges. v. 2. März 1850 gleich allen übrigen behandelt und geschätzt wurden, keine Verände­ rung und Verstärkung dieser Pflichten und Rechte zur Folge hatte. Demnächst hat der zweite Abschn. des §. 99. und die im §. 2. Nr. 4. des Ges. v. 2. März 1850 ausgesprochene unentgeltliche Aufhebung des Heimfallsrechts keinen Einfluß auf den AuseinanderfehungSplan, resp, die Abfindung der Berechtig­ ten, sobald der Plan von beiden Theilen anerkannt war. ES ist daher vielmehr allein aus dem Gesichtspunkte des §. 100 deS Gesetzes die Frage zu erörtern: ob nach Anerkennung des Plans der Verpflichtete noch Ein­ wendungen gegen die rechtliche Existenz der dem Plane zum Grunde liegenden Ver­ hältnisse erheben kann? (Zeitschr. deS Revis. Koll. Bd. 3. S. 307. ff. u. Präj. Sammt, deffelb. S. 64. Nr. 1.)

3) Rechtskräftige Judikate über die Existenz unentgeltlich aufgehobener Rechte stehen an sich der Anwendung des §. 2. deS Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 nicht entgegen. So erkannt von dem Revisions-Kollegium für L. K. Sachen (Datum der Entsch. konsttrt nicht). 1) Vergl. oben S. 730 ff. 2) Ueber die Begründung deS zweiten in diesem Präjud. aufgestellten RechtSsatzeS vergl. die Grläut. zum 8- 100,, Zus. II. Nr. 1. Litt. b. sub ee. ad a. (s.

unten S. 747.)

740

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Die Gründe führen aus: Die Bestimmung deS Alin. 2. des §. 99. enthält eine Abweichung von dem im Alin. 1. wiederholten allgemeinen Rechtssatze des §. 14. der Einl. zum A. L. R., und zwar zu Gunsten deS Verpflichteten, indem sie die aus früheren Handlungen oder Begebenheiten als deren unmittelbare Wirkung erworbenen Rechte, innerhalb deS Bereiches der 3 Gesetze v. 21. April 1625, in Bezug auf das lehnSherrliche Obereigenthum und das gutsherrliche Heimfallsrecht nur insoweit anerkennt und gel­ ten laßt, als dergleichen rechtliche Wirkungen, beziehungsweise angefallene Rechte durch Vertrag oder Judikat schon besonders und ausdrücklich festgestellt waren. Diese Beschränkung deS allgemeinen Prinzips wegen unzulässiger Rückwirkung neuer Gesetze hat aber darin ihren Grund, daß dadurch (wie der Bericht der Agrar-Kom. der II. Kammer ergiebt), für die Vergangenheit die wegen der Verhältnisse der so­ genannten Bauerlehne (§§. 78., 58. und 56. der 3 Gesetze) obgewalteten Zweifel und Streitigkeiten beseitigt werden sollten. Die angeführte Vorschrift des §. 99. war sonach keine neue, sondern eine Deklaration der betr. Bestimmungen der drei Gesetze vom 21. April 1825 (cfr. Zeitschr. des Revis. Kolleg. Bd. 3. S. 309). Daraus aber folgt um so mehr, daß die entgegengesetzte Auslegung der Bestimmung im Alin. 2. §. 99. eine verfehlte ist. Denn es ist daselbst, entsprechend dem §. 14, der Einl. zum A. L. R. von Handlungen, Unterlassungen oder Ereignissen die Rede, welche von den Interessenten eingegangen, resp, sie unmittelbar betroffen haben, beispielsweise einem Verkauf des verpflichteten Guts, einer Heirath in dasselbe, einem Todesfall. Wenn nun nach Erlaß des Ablösungs-Ges. v. 2. März 1850, durch welches das Heimfallsrecht ohne Entschädigung aufgehoben worden, für das Recht eine Abfindung — also ein in Stelle des aufgehobenen Rechtes tretendes Surrogat desselben — verlangt wird, so werden der That nach Ansprüche auf Gewährung desselben Rechts, das die Gesetzgebung unentgeltlich aufgehoben hat, erhoben. Ein vor dem 9. Okt. 1848 ergangenes Judikat, welches die damals streitige Frage über die Eristenz eines Heimfallsrechts entschied und als eine nach der damaligen Lage der Ablösungsgesetzgebung sich von selbst ergebende Folge der Existenz deS Rechtes, die Verbindlichkeit aussprach, dafür gesetzliche Entschädigung zu leisten, hat nur Be­ deutung für den damaligen Rechtszustand, auf den es sich bezieht und den eS be­ festigt, nicht für einen Rechtszustand, der durch eine spätere Gesetzgebung erst ge­ schaffen wurde. Endlich ist tz. 99. überhaupt nicht der Ort, an welchem das Ges. v. 2. März 1850 über den Einfluß der im Laufe eines AblösungSv ersah renS ergangenen Verträge oder rechtskräftigen Erkenntnisse Festsetzungen getroffen hat. Darüber enthält vielmehr der §. 100. des Gesetzes die speziellen Bestimmun­ gen. Es ist deshalb dieser §., unter welchen der Streit über die Wirkung eines im Auseinandersetzungsgeschäft ergangenen Erkenntnisses fällt. (Zeitschr. deS Revis. Kolleg. Bd. 4. S. 375—378.)

4) In den vormals zum Königreiche Westphalen, zum Großherzogthume Berg oder den Franzos. Hanseatischen Departements gehörigen Landestheilen kann ein vor Verkündung des Sistirungs-Ges. v. 9. Okt. 1848 apert ge­ wordenes Bauerlehn jetzt nicht mehr eingezogen werden. Angenommen von dem Revision^ Kollegium für L. K. Sachen unterm 21. Mai 1852. (Präj. Samml. deffelb. S. 67, Nr. 7.). 5) Vergl. die Erläut. zu den drei Ges. v. 21. April 1825 resp. SS- 78., 58. und 56. (s. unten). Zum Alin. 3. des S- 99. 1) Die Beachtung der Vorschrift des Alin. 3. des 8- 99. wird speziell empfohlen in dem E. R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 12. Marz 1850 sub. IV. i) (Min. Bl. d. i. V. 1850, S. 65). 2) Das R. deS Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 11. Nov. 1851 2). (Min. Bl. d. i. V. 1851, S. 257, Nr. 279.) erläutert, daß zur Anwendung des Alin. 3. des S- 99. der Fall vorausgesetzt werde, daß der Belastete die Rückstände nicht sofort berichtiget, sondern durch eine sub-

C.

Ges. v. 2. März 1850, tetr, die Ablöf. k., ($. 99.).

741

stituirte Rente amortisiren will; denn sonst fehle jede Veranlassung, dem Berechtigten durch Vertauschung des Baarbetrages der Rückstände mit Rentenbriefen zu einem höheren Nominalbeträge noch einen besonderen Vortheil zuzuwenden. 3) Ad verba: „den doppelten Betrag der jährlichen Rente nicht übersteigen". Diese Worte sind dahin ausgeleat worden, daß „zweijährige Rück­ stände" durch Vermittelung der Rentenbank getilgt werden können. So faßt Robe (Lehrzeitung S. 7.) jene Worte auf, und auch daS C. R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 12. März 1850 sub IV. 1) (Min. Bl. d. i. V. 1850, S. 65, Nr. 78.) scheint diese Inter­ pretation anzunehmen. Frey macht indeß mit Recht darauf aufmerksam, daß das Gesetz nur von Rückständen „im Betrage der doppelten (Jahres-) Rente" spreche. 4) Die Rückstände sind nur alsdann zur Tilgung durch die Renten­ bank geeignet, wenn sich die Hauptleistung dazu qualifizirt, in diesem Falle aber selbst dann, wenn auch letztere gar nicht oder ohne Vermit­ telung der Rentenbank, etwa durch Kapitalzahlung an den Berechtigten oder durch Kompensation, abgelöst wird. Dies nimmt mit Recht die Gen. Komm, zu Stendal in der Jnstrukt. V. 12. März 1851 an. (Sprengel'« Ablös. Ges. S. 26.) Frey bemerkt in gleichem Sinne, daß wenn Ablösungs-Renten gegen Gemeinheitstheilungs-Renten kompensirt werden, der Renten­ bank der doppelte Betrag der ersteren überwiesen werden kann, wenngleich im Rezesse, in Folge der geschehenen Kompensation, ein geringerer Betrag als Rente auögeworfen ist. (Frey prakt. Erläut., S. 116.) 5) Vergl. §. 10. Alin. 3. und §. 22. Alin. 2., desgl. §. 50. Alin. 2. des Rentenbank-Ges. v. 2. März 1850 und die Erläut. dazu. D. Zu dem Worte: „Rückstände" (in Alin. 1. und 3. des §. 99.). In Betreff der Frage: ob und inwiefern Rückstände von Reallasten die Natur eines objektiv-dinglichen, gegen jeden Besitzer verfolgbaren, Rechtes haben? ist hier folgender Entscheidungen zu gedenken: 1) Das Ob. Trib. hat folgende Grundsätze ausgesprochen: a) Rückständige gutsherrliche Abgaben, welche, den §§. 4. und 9. Tit. I. der Hyp. O. zuwider, in das Hypothekenbuch nicht eingetragen, beziehungs­ weise zur Rekognition nicht angemeldet worden sind, haben nicht die Natur eines objektiv-dinglichen, gegen jeden Besitzer verfolgbaren, Rechtes. (Praj. des II. Sen. Wr. 1634.)

v.

28. Okt.

1845

in

der

Praj. Sammt,

des

Ob. Trib.

S. 5.

b) DaS dingliche Element bei einer Reallast ist kein akcefforisches Recht, kein Hypothekenrecht, kommt vielmehr der Berechtigung an und für sich selbst zu. Eine Reallast wird in das Hypothekenbuch eingetragen, nicht weil die Berechtigung dadurch dinglich werden soll, sondern weil und insofern sie dinglich ist. Die Eintragung in das Hypothekenbuch ist eins von den Mitteln, um die Dinglichkeit einer Reallast gegen jeden Besitzer der Sache zu erhalten. Sie vermittelt nämlich ebenso, wie die ausdrückliche Uebernahme einer solchen Last, oder wie die stillschweigende Uebernahme hinsichtlich der ge­ meinen oder der dem Erwerber der Sache erweislich bekannten nicht gemei­ nen Lasten, den Uebergang einer Reallast aus den neuen Besitzer einer Sache.

t) Vergl. in Bd. I. S. 189-190.

742

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Dasselbe ist der Fall, wenn auf den neuen Erwerber des mit einer Reallast behafteten Grundstückes ein Recht mit übergegangen ist, zu welchem sich die Reallast als Ausfluß und korrespondirende Gegenverpflichtung ver­ hält, z. B. ein auf einem Gute haftendes Patronatrecht, welches die Pa­ tronatverpflichtungen nach sich zieht, und deren Dinglichkeit erhält. (Erk. des III. Sen. v. 29. Nov. 1849 in den Gntsck. Bd. 18. S. 316. ff.). c) Rückstände von Reallasten, sowohl von verfassungsmäßigen, keiner Eintragung in das Hypothekenbuch bedürfenden, als den auf besonderen Rechtstiteln beruhenden und hypothekarisch eingetragenen, inaleichen von Hypothekenzinsen haben, in soweit sie nicht verjährt sind, die Natur eines objektiv-dinglichen, gegen jeden dritten Besitzer verfolgbaren Rechts. Eine Beschränkung dieser Verfolgbarkeit auf zweijährige Rückstände findet, abge­ sehen von dem Falle der Unzulänglichkeit der Kaufgelder des belasteten Grundstücks oder des Konkurses, nicht statt. (Erk. des III. Sen. v. 10. April 1851, Präj. Nr. 2288, in den Entsck. Bd. 21. S. 44, Striethorst'S Arcb. Bd. 2. S. 64. n. Sommer' s Arch. Bd. 15. S. 282.) 2) Das Revisions-Kolleg, für L. K. S. nimmt (in den Erk. v. 10. Sept. u. 19. Nov. 1852) gleichfalls an, daß der Besitzer eines Grund­ stückes für die rückständigen Realabgaben seiner Vorbesitzer verhaftet sei, auch wenn er nickt deren Erbe geworden oder sonst aus einem anderen speziellen Rechtstitel sie zu vertreten verpflichtet ist. (Präj. Sammt, deffelb. S. 10. Nr. 26.)

Zum §. 100« I. Der § 100. war in dem Regier. Entw., bis auf zwei Modifi­ kationen, welche das Alin. 1. erlitten hat, in gleicher Fassung enthalten. Es sind nämlich im Alin. 1. hinter: Auseinandersetzungssache" die Worte: „der Rezeß bestätiget oder" eingeschaltet, und es ist das Allegat: „Abschn. I. bis III." hinzugefügt worden. Vergl. die Motive des Regier. Entw. (zu §§. 99 — 102.) zum §. 99. (s. oben S. 730.) A. Die KomMission der II. Kammer fand gegen den §. 100. nichts zu erinnern und die II. Kammer nahm hierauf denselben in der Fassung der Regier. Vorlage an. (Stenogr. Ber. der II. Kammer 18zz Bd. 2. S. 1577.) B. Die Kommission der I. Kammer beantragte die oben bereits erwähnten Modifikationen im Alin. 1., indem sie dies folgendermaßen motivirte Zu §. 100. wurde man, insbesondere nach einer Erklärung des Reg. Kommiffarius über die Absicht der Regierung, einig darüber, wie eine strenge Auslegung des §. keinen Zweifel darüber lasse: daß Ansprüche auf Erlaß von unentgeltlich aufgehobenen Diensten und Ab­ gaben, welche in früheren Rezessen abgelöset oder umgewandelt worden, und einen Theil der darin sestgestellten Abfindung bilden, durch diesen und den vorhergehenden §. ausgeschlossen seien. Zur Beseitigung möglicher Zweifel wurde einstimmig folgende Abänderung dcS §. beschlossen: a) im Alin. 1. hinter „ AuSeinanandersehungSsache" einzuschalten: „der Rezeß bestätigt oder", und b) hinter „Berechtigungen" einzuschalten: „(Abschnitt I — III.)". Das Plenum der I. Kammer erklärte sich (Stenogr. Ber. ver I. K. 18§z Bd. 5. S. 2627.)

hiermit

einverstanden.

1) Im Eingänge (dem allgemeinen Theile) des Komm. Berichts wird in Bezug auf die vorgeschlagenen Aenderungen im §. 100. bemerkt, daß solche le­ diglich eine den Sinn nicht ändernde Verdeutlichung der Fassung bezwecken.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., (§. 100.).

743

C. Die II. Kammer ist, auf den Antrag ihrer Kommission, den von der I. Kammer beschlossenen Modifikationen des §. beigetreten. (Stenogr. Ber. der II. K. 18tzz, Bd. 5. S. 2755 ff.)

II. Zu Alin. 1. und 2. des §. 100. 1) Der §. 100. handelt, wie bereits zum §. 99. (Zus. II. sub 2. (s. oben S. 735.) bemerkt worden, nur von der Rechtsbeständigkeit der bereits vor Verkündung des Ablös. Ges. v. 2. März 1850. im Auseinandersetzungs-Verfahren vorgenommenen Geschäfte, im Gegen­ satze zu den im §. 99. gedachten Fällen, welche überhaupt und ohne Rück­ sicht auf daS Auseinandersetzungs-Verfahren, mithin auch vor dem ordent­ lichen Richter, zur Sprache kommen können. Der §. 100. bestimmt nun im Alin. 2., daß das Gesetz auf alle zur Zeit seiner Publikation noch nicht rechtsverbindlich festgestellten Verhältnisse anwendbar sein soll; das Alin. 1. aber giebt nähere Er­ läuterung darüber, was unter einer rechtsverbindlichen Feststellung zu verstehen sei. Es soll eine solche nämlich als erfolgt angenommen wer­ den, wenn vor der Verkündung des neuen Ablös.-Ges.: a) entweder der Rezeß bestätiget worden ist, ') b) oder die Ablösung oder Regulirung in Ansehung aller oder einzelner Berechtigungen so weit gediehen ist, daß die Abfindung bereits durch Vertrag, rechtskräftiges Erkenntniß, Anerkenntniß des Auseinandersetzungs­ Planes oder sonst rechtsverbindlich sestgestellt ist. Daran knüpfen sich folgende Bemerkungen: a) Ad verba: „der Rezeß bestätigt". Wenn in einer Auseinandersetzungssache vor Verkündung des Ges. v. 2. März 1850 der Rezeß bestätiget worden ist, so sind die durch den Rezeß festgestellten Verhältnisse, welcher Art sie immer sein mögen, durch aus dem Gesetze hergenommene Einwendungen unangreifbar. Für die Fälle, wenn die Bestätigung mit dem Willen oder doch ohne Widerspruch der Partheien erfolgt ist, kann kein Bedenken in die­ ser Beziehung weiter stattfinden. Dagegen sind Zweifel erhoben Betreffs derjenigen Fälle, wo die Bestätigung gegen den Willen und Wider­ spruch einer Parthei oder beider Partheien erfolgt ist. Robe führt in letzterer Beziehung im Wesentlichen Folgendes aus: Nach §. 169. der V. v. 20. Juni 1817 erlange der Rezeß nur durch die Be­ stätigung der Auseinandersetzungs-Behörde die Wirkung einer gerichtlich bestätigten Urkunde, oder die Rechtsverbindlichkeit; derselbe sei mithin erst mit der Bestätigung endgültig abgeschlossen, bis dahin aber als ein bloßer Entwurf zum Rezesse anzu­ sehen, und habe noch keine rechtliche Gültigkeit. Nach §. 168. a. a. £>. dürfe die Bestätigung des Rezesses nicht früher eintretcn, als bis: a) die Anseinandersehungs - Behörde sich überzeugt habe, daß ihrerseits nichts dagegen zu erinnern sei; ß) die von den Partheien aufgestellten Erinnerungen erledigt seien, und y) die unterschriftliche Vollziehung gehörig Statt gefunden habe, oder, bei deren Verweigerung, rechtskräftig entschieden sei, daß sie richterlich zu ergänzen. Jede frühere Bestätigung sei eine Abweichung von den Vorschriften des Ge­ setzes und ungültig. Mit Recht bezeichneten daher die R. des Iustizmin. und des Min. des Inn. v. 26. Jan. und 13. März 1824 (Kamptz Jahrb. Bd. 23. S. 88. und Bd. 22. S. 219) es als ein unangemessenes Verfahren, wenn die Auseinan­ dersetzungs-Behörden ihre Entscheidung auf richterliche Ergänzung mit der Bestäti­ gung verbinden; denn die Bestätigung des Rezesses könne erst dann erfolgen, wenn unter den Partheien wegen der Gegenstände desselben alles ausgeglichen und jede Erinne­ rung dagegen beseitigt sei, und es sei mithin ein Widerspruch mit der Absicht und

1) Vergl. hierzu den Bericht der Kom. der I. Kammer zum §. 100. (S. oben S. 742).

744

Don t. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen n. Gem. Theilungen.

Bestimmung der Bestätigung, dieselbe mit einem Bescheide zusammen zu fassen, von welchem noch Rekurs oder Appellation stattfinde, und in Folge dessen noch förmliche Litis-Kontestation und Instanzen - Züge gegen den Inhalt des Rezesses angeordnet werden können." — Hieraus folge, daß von einer mit gesetzlicher Wirksamkeit er­ folgten Bestätigung nicht die Rede sein könne, so lange noch der Streit darüber, ob ein Rezeß zu vollziehen sei oder nicht, nicht rechtskräftig entschieden worden. Vor rechtskräftig ergangener Entscheidung eines solchen Streites sei die Bestätigung des Rezesses eine unzeitige, und somit in Ermangelung der vom Gesetz vorausge­ setzten Bedingungen, unter welchen die Bestätigung des Rezesses allein gesetzlich ge­ rechtfertigt ist, eine ungültige. — Wo also noch über die Vollziehung des Rezesses ohne rechtskräftigen AuStrag gestritten wird, sei, ebenso, wie in dem Falle, in wel­ chem ein Rezeß zwar vollzogen ist, aber seine rechtzeitige Bestätigung noch nicht erhalten hat, kein Abschluß der Ablösung dergestalt vorhanden ist, daß die Anwend­ barkeit des Ges. v. 2. März 1850 ausgeschlossen wäre. (Robe S Lehrzeit, für Entlast, des bäuerl. Grundbesitzes, Iahrg. 1850, S. 157—159.)

Die obigen Ansichten dürften indeß nicht überall für richtig zu erachten fein. Die Bestätigung des Rezesses durch die betreff. Behörde erfolgt lediglich im Interesse der Beobachtung des Gesetzes und dritter Personen, sowie der durch die bestätigende Behörde vertretenen fiskalischen resp, ander­ weitigen öffentlichen Stationen. Wenn dieselbe nur überhaupt erfolgt ist, so liegt der Fall des §. 100. vor, und die Bestimmungen deS Ges. v. 2. März 1850 können auch dann nicht gegen den Inhalt des bestätigten Rezesses geltend gemacht werden, wenn der Bestätigungs-Klausel ein Vor­ behalt bezüglich gewisser Punkte beigefügt worden ist, eS sei denn, daß der aus dem Ges. v. 2. März 1850 herzuleitende Einwand sich eben auf die vorbehaltenen (also von der Bestätigung noch ausgeschlossenen) Gegenstände bezieht. — Daß übrigens zulässig ist, die Bestätigung als irrthümlich oder zu Unrecht erfolgt anzugreifen, dürste sich von selbst verstehen. So wird es z. B. unbedenklich sein, den Angriff in dem Falle zuzulassen, wenn die unbedingte Bestätigung erfolgt ist, obgleich noch ein Rechtsmittel gegen einen oder den anderen Punkt, der nicht von der Be­ stätigung ausgenommeu worden, statthaft war und eingelegt ist. b) Der zweite im Alin. 1. des §. 100. gedachte Fall ist der, wenn die Abfindung bereits vor Verkündung des Ges. v. 2. März 1850 rechtsverbindlich festgestellt war. aa) Zuvorderst bestimmt das Gesetz, daß es in dieser Beziehung keinen Unterschied begründen soll, ob die betreff. Feststellung alle zur Ablösung gebrachten Berechtigungen und Lasten, oder nur einen Theil derselben zum Gegenstände hat. J) bb) Dagegen ergiebt sich aus den Worten: „so kann hiergegen", daß wenn nur die Abfindung rechtsverbindlich festgestellt war, zwar gegen diese Abfindung kein aus dem Ges. v. 2. März 1850 hergenom­ mener Einwand mehr zulässig ist, daß aber gegen die übrigen (außer der Abfindung) behandelten Verhältnisse, welche, selbst in derselben Auseinandersetzungssache, noch nicht rechtsverbindlich festgestellt worden, die Einwendungen aus dem Gesetze offen bleiben. So läßt z. B. das Gesetz

1) Die frühere Gesetzgebung ließ die Ablösung einzelner Lasten zu, wo­ gegen das G. v. 2. März 1850 (§. 95.) fordert, daß der Ablösung einzelner Lasten, so daß die übrigen unverändert bestehen bleiben, nickt mehr statt­ gegeben, sondern stets die Gesammtheit aller auf demselben Grundstücke ruhenden Lasten gleickzeitig zur Ablösung gekrackt werden soll. Da nun aber über einzelne Lasten sehr viele Rezesse und bestätigte Verträge vorhanden stnd, so will der $. 100., daß, wenn es jetzt zur Ablösung auch der übrigen Lasten kommt, jene Rezesse und Verträge im Punkte der rechtsverbindlich festgestellten Abfindung nicht alterirt werden sollen.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 100.).

745

die Ablösung einer auch schon festgestellten Rente statt zum 25sachen, zum 18fachen Betrage zu und zwingt beide Theile zur Baarbezahlung oder zur Ablösung durch die Rentenbank. ec) Dagegen ist es zur Ausschließung der Anwendbarkeit des Ges. v. 2. März 1850 w esentlich nothwendig, daß die Feststellung sich auf die Abfindung selbst, und nicht etwa nur auf den Ablösungs­ modus, oder irgend eine auf die Abfindung bezügliche Vorfrage beziehe. J) Unzweifelhaft ist somit, daß wenn über die Pflicht zur Abfindung und über die Höhe der Abfindung bereits rechtskräftig erkannt oder rechts­ verbindlich paciscirt worden, die Anwendung des Gesetzes, insoweit eS sich von dem Rechte selbst und von der Abfindung dafür handelt, ausge­ schlossen bleiben muß. Ist dagegen nur die Pflicht zur Abfindung, nicht aber die Höhe derselben durch Vertrag, rechtskräftiges Erkenntniß oder Anerkenntniß fest­ gestellt, so steht die Abfindung noch nicht fest, und es finden alSdann alle Einwendungen aus dem G. v. 2. März 1850 noch statt. 1 2) Bisweilen ist es indeß zweifelhaft, ob in der betreffenden Urkunde die Abfindung selbst festgestellt, oder nur das Recht anerkannt ist, weil nach der bisherigen Gesetzgebung die Verwandlung in Rente ein Ab­ findungsmodus war und daher bei solchen Lasten, welche schon in einer festen Geldabgabe bestanden, nicht erhellet, ob sie nur anerkannt oder in eine neue Verbindlichkeit umgeschaffen sind. In den DienstablösungS-Rezessen ist insbesondere öfters erwähnt, daß die Verpflichteten außer der festgestellten Dienstrente auch noch Grundzins, Wächtergeld rc. zu entrichten haben. Die Gen. Komm, zu Breslau hat nun angenommen, daß die bloße Erwähnung einer bisherigen Geldabgabe im Rezesse, wenn auch deren Betrag angegeben ist, die unentgeldliche Aufhebung resp, die An­ wendung deS $. 63. nicht ausschließe, sondern aus dem ganzen Inhalte der Urkunde in jedem einzelnen Falle beurtheilt werden müsse, ob der betreff. Passus nur als eine historische Anführung, resp, ein Anerkenntniß der ur­ sprünglichen Verpflichtung anzusehen, oder ob die letztere wirklich Gegen­ stand der Ablösung gewesen und eine Novation derselben eingetreten sei. (Vergl. Frey's prakt. Erlaut. S. 118—119.) dd) Es sind insbesondere Bedenken darüber erhoben worden, wann anzunehmen sei, daß die Abfindung (im Sinne des §. 100.) durch „Ver­ trag" für festgestellt zu erachten? 1) Wenn also z. B. durch Erkenntniß oder Vertrag rechtsverbindlich festge­ stellt ist, daß bei Berechnung der Laudemialrente fünf Fälle aus ein Jahrhundert zu rechnen, oder wenn festgestellt ist, daß die Abfindung für eine Reallast durch Land gewährt werden soll, oder wenn festgestellt ist, wie viele Dienste die Ver­ pflichteten zu leisten schuldig, so erfolgt die Ablösung resp, die unentgeldliche Auf­ hebung dennoch, unter Beseitigung jener Festsetzungen, lediglich nach dem G. v. 2. März 1850. (Vergl. Frey'S prakt. Grläut. S. 118). 2) Auch im umgekehrten Falle, wenn die Höhe der Abfindung erkenntnißmäßig oder durch Anerkenntniß des AuSeinandersehnngS-Planes feststände, aber die Pflicht zur Abfindung streitig geblieben wäre, würde ein Feststehen der Ab­ findung nicht anzuuehmen sein; indeß ist dieser Fall praktisch nicht leicht denkbar, weil immer erst die Ablösungspflicht festgestellt sein mnß, ehe die Höhe der Abfin­ dung bestimmt werden kann. Dennoch kommen dergleichen Fälle dann vor, wenn die Abfindung bloß eventuell, bloß für den Fall, wenn die Pflicht zur Ablösung als vorhanden anerkannt werden müßte, berechnet und genehmigt worden. Ge­ wöhnlich aber wird in solchen Fällen in einem und demselben Erkenntniß zuerst über die Pflicht und dann über die Höhe der Abfindung erkannt. (Vergl. Robe'S Lehrzeitg. S. 159).

746

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gern. Theilungen.

Robe führt in dieser Beziehung im Wesentlichen Folgendes auS: Der Vertrag müsse ein rechtsverbindlicher, also ein solcher sein, dessen Erfüllung jeder Theil von dem andern rechtlich erzwingen könnte; insbesondere müsse also (nach §. 109. A. L. R. 1. 5.) auch die gesetzliche Form beobachtet sein, wozu bei Verträgen in AuSeinandersetzungSfachen auch die Bestäti­

gung entweder durch die AuSeinandersetzungS-Behörde oder durch die betreff. Pro­ vinzial-Behörde (§. 39. der V. v. 30. Juni 1834) gehöre, vor deren Ertheilung der Vertrag noch nicht rechtsverbindlich sei, weshalb rechtsverbindliche Ver­ träge den bestätigten Rezessen völlig gleich zu Nellen seien und von jenen ganz das­ selbe, wie von diesen gelte. Man könne hiergegen nicht, wie von einer Seite her geschehe, einwenden, daß daS Wort: „rechtsverbindlich" im §. 100. nur in seinem nächsten Zusammenhänge mit den Worten: „oder sonst" aufzusaffen und aus Verträge um so weniger zu beziehen sei, weil hinter diesen die rechtskräfti­ gen Erkenntnisse genannt würden, die als rechtskräftige immer auch rechtsverbind­ liche wären. Denn nicht rechtsverbindliche Verträge seien überhaupt noch gar keine Verträge, und deshalb verstehe eS sich von selbst, daß im §. 100. nur von rechtsverbindlichen Verträgen die Rede sei, wie auch auS dem Alin. 2. desselben zu entnehmen. — Ebenso unbegründet sei ferner der Einwand, daß der 8- 100. offenbar zwischen bestätigten Rezessen und Vertragen unter­ scheide und deshalb ein die Abfindung feststehender Vertrag im Gegensatze zu den bestätigten Rezessen aufgefaßt werden müsse, welcher Gegensatz sich nur darin äußern könne, daß Verträge zu ihrer Rechtsverbindlichkeit im Sinne des §. 100. einer Bestätigung nicht bedürften. Die Entstehungsgeschichte deS §. 100. und die Motive der Kommission der I. Kammer 1) ergäben nämlich, daß ein solcher Gegen­ satz ursprünglich im §. 100. gar nicht ausgestellt worden, sondern daß die Worte: „der Rezeß bestätigt oder" erst von der Kommission der I. Kammer zur Verdeutlichung der Fassung hinzugefügt seien. — ES sei auch gar nicht noth­ wendig gewesen, der Abfindung durch R e z e sse zu gedenken, weil letztere als eine bestimmte Art von Verträgen unter dem allgemeinen Ausdrucke mitbegriffen seien und in AblösungSsachen überhaupt nur von Ablösungsverträgen die Rede sein könne. Wenn nun der 8- 100. der Rezesse ausdrücklich gedenke, so geschehe dies nicht in Betreff der Abfindung, sondern in Betreff anderer, außer der Abfindung, durch sie regulirten Verhältnisse. Dies Gedenken der Rezesse berühre mithin nicht die Form der die Abfindung feststellenden Verträge, eS wolle, wie in der alten, so in der neuen Fassung des 8- nicht auch formlose, sondern nur rechtsver­ bindlich e Verträge gelten lassen. Gehöre zu einem solchen Vertrage, der als Ab­ lösungsvertrag an besondere Bedingungen gebunden ist, damit er zum rechts­ verbindlichen Vertrag werde, die Bestätigung irgend einer Behörde, so sei er ohne eine schon vor dem Gesetz ertheilte Bestätigung rechtsverbindlich gar nicht vorhanden und alle Einwendungen des Gesetzes seien gegen die nickt durch rechts­ verbindlichen Vertrag seftgestellte Abfindung zulässig. — Richtig sei eS übrigens, daß die Verträge über die Abfindung nickt immer Rezesse sein müssen oder der Bestätigung der General-Kommission oder der in §. 39. der V. v. 30. Juni 1834 erwähnten Behörden bedürfen. Die Formen und Bedingungen, welche Verträge zu ihrer Rechtsverbindlichkeit nöthig haben, richteten sich natürlich nack den zur Zeit ihrer Abschließung geltenden Gesetzen. Ehe die Bestätigung der betreffenden Behörden gesetzlich vorgeschrieben war, ehe Verträge uno Rezesse nur durch diese Bestätigung zur Wirkling gerichtlicher Urkunden erhoben werden konnten, habe die­ jenige Form zu ihrer Rechtsgültigkeit genügt, welche zur Zeit ihrer Abschließung gesetzlich vorgeschrieben war. (Lehrzeitung für Entlast. deS bäuerl. Grundbesitzes, Iahrg. 1850-1851. S. 158-160 u. S. 169-172.)

Die Richtigkeit der obigen Ausführung wird indeß nicht anerkannt werden können. Daß derselben darin beizutreten, daß der Vertrag über die Abfindung ein rechtsverbindlicher sein müsse, kann zwar nicht zweifelhaft sein; allein hieraus folgt nicht, daß auch die Bestätigung desselben durch die komvetente Behörde hinzu kommen müsse. Denn ein Vertrag über die Abfindung ist unzweifelhaft für die Partheien

1) Vergl. oben S. 742 ad I.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. rc., ($. 100.).

747

ebenso rechtsverbindlich vor, als nach der Bestätigung des RezeffeS. Die Bestätigung ist (in §. 168. der V. v. 20. Juni 1817 und §§. 39. ff. der V. v. 30. Juni 1834) nur bezüglich der Rezesse vorgeschrieben, nicht aber hinsichtlich der im Laufe des ÄuSeinandersetzungsverfahrenS oder sonst vorkommenden Verträge über die Abfindung, welche demnächst einen Theil der Grundlagen deS Rezesses zu bilden bestimmt sind. Uebrigens ist es schon nach der Wortfaffung des $. 100. ganz klar, daß in Betreff der „bestätigten Rezesse" unter allen Umständen alle Einwendungen ab­ geschnitten sein sollen, welche aus dem G. v. 2. März 1850 sonst gel­ tend gemacht werden könnten, und daß den „bestätigten Rezessen" die vor Publikation deS Gesetzes abgeschlossenen Verträge, ergangenen rechts­ kräftigen Erkenntnisse, abgegebenen Anerkenntnisse des AuSeinandersetzungsplanes, und sonst erfolgten rechtsverbindlichen Feststel­ lungen gleichgestellt worden sind, welche sich auf die Abfindung bezie­ hen. Solche Verträge bedürfen nicht der Bestätigung, sondern sind rechtsgültig, wenn dabei die sonst gesetzlich vorgeschriebene Form beobachtet und kein innerer Mangel vorhanden ist. ee) Ad vcrba: „Anerkenntnis des Auseinandersetzungs­ planes." «) Der §. 99. Abs. 2. des Ges. v. 2. März 1850 ist auf den §. 100. nicht zu beziehen. ‘) Ein rechtsverbindliches Anerkenntniß des Auseinandersetzungsplanes schließt jeden Einwand aus den $$. 2. und 3. deS gedachten Ges. wegen der in diesem Gesetze erfolgten unentgeldlichen Aufhebung der dort gedach­ ten Rechte auS. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für L. K. Sachen per sent. v. 25. Oft. 1850. Zur Begründung des letzteren Rechtssatzes bemerken die Entschei­ dungsgründe: Wenn es schon nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen nicht zweifelhaft sein konnte, daß die beiderseitige Anerkennung eines AuSeinandersetzungSplanS die Natur eines Vertrages hat, so ist doch jeder Zweifel durch den §. 100. deS Ablös.-Ges. v. 2. März 1850 beseitiget, indem darin ein solches Anerkenntniß als ein Akt der rechtsverbindlichen Feststellung bezeichnet wird. Daß jede Auseinandersetzung — selbst die Umwandlung der bis­ herigen Verpflichtung in eine Rente — eine Novation bewirkt, ist unter anderen auch von der Agrar-Komm. der II. K anerkannt; nur aus diesem Grunde verwarf sie das Amendement, „daß bei erfolgter Verwandlung einer unentgeltlich ausgehobenen Berechtigung in Rente, die Verpflichtung zur Zahlung der letzteren mit der Verkündigung deS neuen Gesetzes aufhören solle", mit dem Motiv desselben: „es sei durch den Renteverwandlungs-Vertrag nur daS Zahlungsmittel geändert, nicht auch der eigentliche Rechtögrund der Verpflichtung umgeschaffen." — Ist hier­ nach eine Novation anzunehmcn und dieselbe durch die Anerkennung deS Plans für ersetzt zu achten, so finden auch die allgemeinen Vorschriften über die Wirkungen der Novation Anwendung; eS kann deshalb nach §.467. Tit. 16. Th. 1. A. L. R. die neue Verbindlichkeit unter dem Vorwande, daß die alte nicht rechtsbeständig ge­ wesen, nicht angefochten werden. (Zeitschr. deS Revis. - Kolleg. Bd. 3. S. 311 ff. und Präj Samml. desselben S. 64. Nr. 1.)

ß) Die Gen. K0mm. zu Stendal bemerkt in ihrer Jnstrukt. v. 12. März 1851, daß das einseitige Anerkenntniß des Auseinandersetzungsplaneö nicht genüge, sondern auch die Abfindung für den anderen Theil rechtsverbindlich bereits festgestellt sein müsse. (Sprengel's Ablös. Ges. S. 26.) 1) Vergl. über die Begründung dieses Rechtssatzes die Erlaut. zum Alin. 2. des §. 99. sub 2. (s. oben S. 739.)

748

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

/) Wenn noch über die Existenz einer Abgabe Streit besteht, begrün­ det ein eventuelles Anerkenntniß des AuSeinandersetzungSplanes die An­ wendbarkeit deS $. 100. nicht. Erkannt von dem Revisions-Kollegium für L. K. Sachen unterm 13. Sept. 1850. (Präj. Sammt, deffelb. S. 66. Nr. 6.) ff) Ein Schiedsspruch ist kein Akt, durch den eine Abfindung be­ reits rechtsverbindlich festgestellt ist und der also die Anwendung des Ab­ lös. Ges. v. 2. Mar; 1850 ausschließt. Angenommen von dem Revisions-Kollegium für L. K. Sachen unterm 11. Mai und 24. Sept. 1852. (Praj. Samml. deffelb. S. 66. Nr. 5.)

III.

Zum Alin. 3. des §. 100.

1) AuS dem Alin. 3. des §. 100. folgt nicht, daß ein vorzeitig realifirter Landabfindungsplan nicht mehr anfechtbar ist, sondern nur, daß dies nicht aus Grund solcher Einwendungen zulässig ist, welche aus dem Ablös. Ges. v. 2. Marz 1850 hergeleitet werden. Steht aber der LandabfindungSplan noch nicht rechtsverbindlich fest, und ist derselbe auch noch nicht ausgeführt, so kann derselbe auch aus Grund der dem Ges. v. 2. März 1850 zu entnehmenden Einwendungen angefochten werden. Es ist mithin insbesondere der Einwand zulässig, daß die Abfindung durch Land nur un­ ter Zustimmung beider Theile statthaft ist (§. 98.). Ist der Landabfin­ dungsplan zwar noch nicht rechtsverbindlich festgestellt, aber bereits ausgesührt, so gelten, wie Frey ausführt, folgende Regeln: a) Ist dieselbe gegen den Modus der Abfindung, durch Land, gerichtet, so gilt fie nur insoweit, als sie auS der früheren Gesetzgebung hergenommen ist. Der Einwand also, daß nach dem gegenwärtigen Gesetze die Abfindung durch Land nur unter Einwilligung beider Partheien stattfinden darf, gilt nicht mehr *). Der Ein­ wand aber, daß der Plan ohne Rückficht aus das, dem Provokaten zuständige Recht, den Abfindungsmodus zu wählen, angelegt worden ist, gilt allerdings. b) Gegen die Schicklichkeit der Plan läge ist jeder Einwand zuläsfig. c) Gegen die Höhe der Landabfindung ist ebenfalls jeder Einwand zu­ lässig, und zwar: aa) wenn derselbe aus der früheren Gesetzgebung entspringt, so hat der erken­ nende Richter zugleich auch darüber zu entscheiden, ob die Ausgleichung an­ derweitig durch Land, oder durch Rente erfolgen soll, bb) wenn der Einwand aber auS dem gegenwärtigen Gesetze hergenommen wird, z. B. daraus, daß die abzulösenden Lasten nach demselben mit einem gerin­ geren Werthe veranschlagt, resp, unentgeltlich aufgehoben werden müssen, so darf die Ausgleichung beim Mangel anderweitiger Einigung nur durch Rente erfolgen. (Frey prakt. Erläut. S. 119—120.)

2) Das Alin. 3. des §. 100. bestimmt, daß in dem Falle, wenn der Landabfindungsplan auf Grund des Ges. v. 2. März 1850 nicht mehr an­ fechtbar ist, die Ausgleichung nur durch Rente erfolgen darf, und daß diese nach den Vorschriften der Gemeinheits - Theil. Ordn, zu behandeln, mithin nach diesen ablösbar ist. Dagegen ist nicht vorgeschrieben, welche Grundsätze in denjenigen Fällen eintreten sollen, wenn ein vorzeitig ansgeführter Landtheilungßplan aus den oben (Zus. 1. ad a., b., c. aa.) angeführten Gründen abgeändert wird. Frey nimmt an, daß alsdann zu unterscheiden sei, ob die zu erlassende Entscheidung den Plan in wesentlichen oder nur in unwesentlichen Stücken alteriren soll. Ersteren Falls sei zu erwägen, daß durch die Verwerfung des realistrten Planes dasjenige Moment beseitiget werde, welches die An-

1) Dies ist eigentlich auch der einzige Einwand, welcher durch den letzten Satz des §. 100. abgeschnitten wird.

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. k., (§§. 101—103.).

749

Wendung des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 auSschließt, nämlich das Fak­ tum der Ausführung, — und daß, wenn ohnedieß ein neuer Plan ange­ legt werden muß, die dem Alin. 3. des $. 100. zum Grunde liegende Rück­ sicht ganz wegfalle. Deshalb sei in diesem Falle kein neuer Plan festzu­ setzen, sondern nur der ausgeführte zu verwerfen, so daß im weiteren Ver­ laufe so zu verfahren, als wäre der Plan niemals ausgeführt gewesen. (Krett prakt. Grläut. S. 120—121.) IV. Vergl. Zus. V. Nr. 2. zum $. 63. (s. oben S. 523—524.)

Zu 8

10L u. 102.

I.

Die §§. 101. und 102., zu welchen der Regier. Entw. spezielle Motive nicht enthält, haben in den Kammern zu Bemerkungen keine Veranlassung gegeben und sind unverändert nach der Fassung des Entw. von beiden Kammern angenommen worden. (Stenogr. Ber. der II. K. 18zz, Bd. 3. S. 1577 u. der I. K. Bd. 5. S. 2628.) II. Vergl. die Erläut. zu $§. 95. und 47.

3nm §. 103. I. Der $. 103. ist wörtlich in der Fassung des Regier. Entw. an­ genommen worden, dessen Motive dazu dahin lauten.

Diese Bestimmung enthält anscheinend eine Beeinträchtigung der Berechtigten. Da jedoch der gegenwärtige Gesetz-Entwurf im Allgemeinen auf den Standpunkt des Regul. Ed. v. 14. Sept. 1811 zurückkommt, namentlich aber die PräftationSfähigkeit der pflichtigen Stellen wieder festhält, so ist hiervon eine nothwendige Folge, daß die erst durch die Dekl. v. 29. Mai 1816 eingeführte SupernormalEntschädigung, welche jenen Grundsatz beseitigt, überall wegsallen mußte, wo sie nicht bereits rechtsverbindlich festgestellt worden. A. Die Kommission der II. Kammer sand zu dem $. 103. nichts zu bemerken und das Plenum der II. Kammer trat dem Anträge auf unveränderte Annahme desselben obne Diskussion bei. (Stenogr. Ber. der II. K.18;z. Bd. 2. S. 1577.) B. Die Kommission der I. Kammer erklärte sich hiermit einver­ standen, indem sie bemerkte, daß dieser $. nur eine Konsequenz der Wieder­ herstellung des Prinzips der Prästationsfähigkeit sei, und die I. Kammer ist dem beigetreten. x) (Stenogr. Ber. der I. K. 181z. Bd. 5. S. 2628.) II. DaS Regulir. Ed. v. 14. Sept. 1811 setzte unter dem Namen: „Normal-Entschädigung" eine Abfindung in Pausch und Bogen fest, welche für die nicht erblichen Bauerhöfe auf | und für die erblichen auf j des Hofes festgesetzt ward. Die Dekl. v. 29. Mai 1816 stellte demnächst fest, daß sowohl den Gutsherrn, als den bäuerlichen Wirthen, wenn sie sich verletzt glaubten, ein Anspruch, sowohl auf die höhere, als niedere Normal-Entschädigung zustehen solle, jenachdem der Werth der Leistungen der bäuerlichen Wirthe nach Abzug der Gegenleistungen der Gutsherren

1) Der Verbess. - Antrag deS Abgeord. Triest (Drucks. Nr. 556. ad 2.): „an die Stelle deS §. 103. Folgendes zu setzen: „Wenn der nach der Dekl. v. 29. Mai 1816 zu gewährende Anspruch „aus höhere oder geringere als Normalentschädigung noch nicht erledigt „ist, muß, wenn derjenige, der den Anspruch erhoben hat, nicht auf den„selben verzichtet, die definitive Regulirung nach den Bestimmungen deS „gegenwärtigen Gesetzes erfolgen, so daß die Festsetzungen der Dekl. v. „29. Mai 1816 über die Berechnung der Leistungen und Gegenleistun„gen, wie über die Entschädigung für die EigenthumSverleihung außer „Kraft treten", wurde ab gelehnt. (Stenogr. Ber. der I. K. Bd. 5. S. 2628.)

750

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

den Bettag der Normal-Entschädigung überstieg oder nicht. Dabei wurde bestimmt, daß die erblichen bäuerlichen Wirthe 5 Prozent, die nicht erb­ lichen aber 7| Prozent deS Reinertrages der Hufe für die Eigenthums­ verleihung zahlen sollten. DaS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 hat im $. 103. den Anspruch auf die Super-Normal-Entschädigung gänzlich aufgehoben und nur in dem Falle, wenn solche bereits vor Publikation desselben rechtsverbindlich festgestellt worden, soll es dabei lediglich bewenden. Dagegen soll der Anspruch auf die Minus-Normal-Entschädigung nach den bisherigen Gesetzen erledigt werden, indeß auch hierbei die Vorschrift des Art. 86. der Dekl. v. 29. Mai 1816 außer Anwendung bleiben. *) Hiernach ist theilweise noch auf die betteff. Vorschriften deS Regulir. Ed. v. 14. Sept. 1811 und der Dekl. v. 29. Mai 1816 zurückzugehen. Die in Rede stehenden Bestimmungen sind folgende: 1) Das Regulir. Ed. v. 14. Sept. 1811 diSponirt in den SS- 30. u. 37.: 8. 30. Die allgemeine Regel im §. 10., daß die Abfindung und Entschädi­ gung deS Gutsherrn durch \ Land, oder die Nutzung davon geschehen soll, setzt daS gewöhnliche Verhältniß voraus, nach welchem anzunehmen ist, daß die Leistungen der Bauern bis zu dem Punkt getrieben sind, den ihre Kräfte zuließen, und daß diese sich nach der Güte und Größe ihrer Landbesitzungen richten. ES giebt aber Fälle, wo die bäuerlichen Abgaben und Leistungen diesen Punkt nicht erreicht haben, und so gering sind, daß eine entschiedene Verletzung entstehen würde, wenn auch \ Land oder Land-Nutzung zur Entschädigung gegeben werden sollte. Diese Fälle sind vorzüglich da vorhanden, wo seit Regulirung der Dienste und Abgaben durch Urbarmachungen, oder andere Umstände das Land vermehrt und we­ sentlich verbessert ist, vorzüglich also in den NiederungSgegenden. Die Gerechtigkeit rmd Billigkeit erheischt, daß bei Gütern dieser Art eine au dere Ausgleichung statt finde. Bei der großen Verschiedenheit der Falle lassen sich deshalb keine allgemeine Regeln geben. Wir überlassen in solchem Falle um so mehr die Auseinandersetzung lediglich der gütlichen Einigung der Interessenten, und setzen blos fest: a) daß solche ebenso, wie in den übrigen Fällen, binnen zwei Jahren erfol gen muß; b) daß, wenn sie bis dahin nicht statt findet, die Auseinandersetzung nachher durch schiedsrichterliche Kommissionen nach den Vorschriften der GemeinheitStheilungS-Ordnung geschehen soll; c) daß die Provokation auf die geringere Entschädigung als zu \ der Guts­ nutzung, durch das Gutachten zweier Kreisverordneten begründet werden muß, welches die Umstände, so die Ausnahmen begründen, angiebt lind bezeugt: daß die allgemeine Entschädigung durch \ der GutSnutzung den Verpflichteten offenbar verletzte; d) daß die Festsetzung der Entschädigung nach 2| Jahren durch sachverständige Kommiffarien von Amtswegen geschehen soll, wenn bis dahin so wenig die gütliche Einigung, als die unter c. bemerkte Provokation auf schiedsrichter­ liche Entscheidung erfolgt ist. s)

1) Die Gründe dieser Bestimmungen des Ges. v. 2. März 1850 ergeben sich auS den Motiven des Regier. Entw. zum 8- 103. (f. oben). — Das neue Gesetz hat es vorgezogen, mit Rücksicht auf die Umständlichkeit, die vielfachen Pro zeffe und die Schwierigkeit der Beweisaufnahme, welche durch die älteren Bestim­ mungen veranlaßt wurden, diesen Weg zu verlassen und die Prästationfähigkeit durch die in den SS- 63. u. 85. ertheilten Vorschriften zu sichern. (Veral. die Bemer­ kungen deS Min. v. Manteuffel in den stenogr. Ber. der I. K. Bd. S. 2628.) 2) a) Die Bestimmungen deS 8- 30. deS Ed. zu a. bis d. sind theils durch die Art. 9. u. 66. ff. der Dekl. v. 29. Mai 1816 hinsichtlich der Frist zum An trage auf die außerordentliche Entschädigung und hinsichtlich deS Verfahrens, sodann in letzterer Beziehung durch die V. v. 20. Juni 1817, inöbes. §. 107. derselben,

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., ($. 103.).

751

§. 37. Die Dispositionen des 1. Abschnitts hinsichtlich der erblichen Bauer­ guter gellen auch von den nicht erblichen, mit dem Unterschiede, daß die Gutsherrn, wenn keine gütliche Einigung auf andere Weise erfolgt, berechtigt sein sollen, die Hälfte der Besitzungen an Aeckern, Wörthen, Wie­ sen, Holzung und Hütung zu ihren Gütern einzuziehen, oder sonst willkührlich darüber zu disponiren.

2) Die Dekl. v. 29. Mai 1816 verordnet in den Art. 66 — 69. (zum $. 30. des Regulir. Ed.) und Art. 81. und 82. (zum §. 37. des Regulir. Ed.): Art. 66. So wie eS dem bäuerlichen Besitzer nachgelassen ist, auf die AuSmittelung einer geringeren, als der Normalentschädigung, anzutragen; ebenso soll es dem Gutsherrn nachgelassen sein, auf die AuSmittelung einer höheren, als der Nor­ malentschädigung, zu provoziren. Wir ertheilen für den Fall solcher Anträge, sie mögen von dem Bauer oder Gutsherrn angebracht werden, folgende Vorschriften: Art. 67. Ein solcher Antrag auf höhere oder geringere, als die Normalent­ schädigung, hat auf den Fortgang der Regulirung keinen Einfluß, und soll deren Beendigung und Vollziehung nicht verzögern; vielmehr soll derselbe ganz getrennt von der Regulirung verhandelt werden, und wenn sich auS der Verhandlung ergiebt: daß einer der Interessenten durch die Normalentschädigung verletzt wird; so soll doch der Schadenersatz in Ermangelung einer gütlichen Einigung, jederzeit nur durch Geldrente gegeben werden. Wird ein solcher Antrag angebracht, so muß die Kommission a) daS Rechtsverhältniß, nemlich die gegenseitigen Leistungen, auSmitteln; b) demnächst müssen unparteiische Sachverständige ihr Gutachten darüber erstat­ ten: ob die Normalentschädigung anwendbar, oder mit Nachtheil für den Provokanten verbunden sei? — Von den Sachverständigen wählt jeder Theil einen und der, im Fall sie verschiedener Meinung sind, erforderliche Ob­ mann, wird von der Kommission gewählt; c) auf diese Gutachten entscheidet, im Mangel einer Einigung der Interessen­ ten, die Generalkommisfion: ob eine spezielle AuSmittelung zulässig sei, oder nicht. Gegen deren Entscheidung ist bmnen 10 Tagen die Berufung auf eine anderweite Entscheidung durch das Revisions-Kollegium zulässig und dessen Beurtheilung bleibt eS überlassen, ob vorher andere Sachverständige mit ihren Gutachten zu hören find. ') Art. 68. Die spezielle AuSmittelung geschieht nicht allein zum Vortheil des Provokanten, sondern kommt auch dem Provokaten zu statten. Ergiebt sich daher, daß nicht der Provokant, sondern der Provokat durch die Normalentschädigung ver­ letzt worden; so muß dennoch dieser, wenn er gleich auf spezielle Ausmittelung nicht angetragen hat, auf obige Art entschädigt werden.

und endlich durch §. 31. der B. v. 30. Juni 1834 abgeändert resp, aufgehoben worden. b) Der Antrag aus eine Super- oder MinuS-Normal-Entschädigung konnte zu jeder Zeit im Laufe der Auseinandersetzung angebracht werden. Ex officio konnte die außerordentliche Entschädigung zwar nicht veranlaßt werden; wenn jedoch im Lause der Auseinandersetzung beim Abschlüsse deS Rezesses oder früher ein Vorbe­ halt derselben gemacht worden, so schrieb das R. des Min. deS I. v. 7. April 1819 (Kochs Agrargesetzgeb. S. 37) vor, daß mit Einleitung desselben, wie we­ gen aller übrigen Gegenstände der Auseinandersetzung, — dem §. 72. der V. v. 20. Juni 1817 gemäß, — vorzugehen, ohne daß es der Abwartung besonderer Anträge deshalb oder der Einleitung eines nach Art der Diffamationsklagen einzu­ leitenden Praklusions-VersahrenS bedürfe. Wenn bis zur Vollziehung deS Rezesses kein Vorbehalt gemacht worden, so kann, zufolge des §. 170. der V. v. 20. Juni 1817, kein Interessent weiter mit Nachforderungen gehört werden. 1) DaS sub b. u. c. vorgeschriebene Verfahren findet nach §. 31. der V. v. 30. Juni 1834 nicht mehr statt; vielmehr soll durch Schiedsrichter die Vorfrage entschieden werden, ob die Normalentschädigung anwendbar, oder mit Nachtheil für den Provokanten verbunden, und gegen den Ausspruch, nach $. 34. ebendas., weder Appellation, noch Rekurs zulässig seien.

752 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen. Art. 69. Die spezielle AuSmittelung geschieht nach folgenden Grundsätzen: a) Die Grundlage der Berechnung find die gegenseitigen Leistungen des bäuer­ lichen Besitzers und des Gutsherrn. b) Die Leistungen des Ersteren werden nach dem Betrage der Kosten, die der Letztere, um die Wirthschaft nach der bisherigen Feldeintheilung fortzusehen, zum Ersatz derselben verwenden muß, abgeschätzt. c) Unbestimmte bäuerliche Leistungen, als Baudienste rc. und unbestimmte Gegenleistungen des Gutsherrn, als Bauhülfe, Erlaß rc., kurz Konservationskosten, werden nach dem mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse zu er­ stattenden Gutachten der Sachverständigen, berechnet. d) Ist solchemnach der Werth der Leistungen, nach Abzug der Gegenleistungen, auSgemittelt, so muß der reine Ertrag der Normalentschädigung, mit Ein­ schluß des Werths der unentgeltlich zu leistenden Hilfsdienste, ausgemittelt werden. Ergiebt sich, daß der reine Ertrag derselben den oben ausgemittelten Werth der Leistungen, nach Abzug der Gegenleistungen, übersteigt, so konstituirt die übersteigende Summe den Betrag der Rente, welche der Gutsherr dem bäuerlichen Besitzer bezahlen muß. Ergiebt sich aber, daß der Ertrag der Entschädigung noch nicht den Werth der Leistungen, nach Abzug der Gegenleistungen, beträgt, so macht die fehlende Summe den Betrag der Rente aus, welche der bäuerliche Be­ sitzer, außer der Normalentschädigung, zu geben verpflichtet ist. e) Da jedoch der Gutsherr durch die Ueberlassung des Eigenthums Vortheile verliert, welche er in den bisherigen Verhältnissen bei einem Heimfatle des Hofes erlangen konnte, und der bäuerliche Besitzer dagegen durch das Eigen­ thum allein Vortheile erhält, die er in seinem bisherigen Zustande nicht hatte, so muß dem Erster» dafür eine Entschädigung gegeben werden (es versteht sich, daß dieses nur allein in dem Falle der zulässig erachteten Pro­ vokation auf höhere, als Normalentschädigung, stattsindet). Diese wird aus Fünf vom Hundert des ganzen reinen Ertrages des Hofes, einschließlich des Gartens, festgesetzt und solche werden dem reinen Ertrage der bäuerlicher: Leistungen hinzugerechnet und also von der Rente, die nach Litt. d. der Gutsherr geben muß, ab-, und der Rente, die der Bauer zu leisten hat, hinzugerechnet. UebrigenS wird festgesetzt, daß Vortheile, die nach bewirkter Auseinandersetzung als Folge derselben durch die dann mögliche bessere Kultur zu erlangen sind, bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt werden können. l)2 Art. 81. Auch in Absicht der nicht erblichen Bauerhöfe entscheidet der recht­ liche Besitzstand zur Zeit der Bekanntmachung deS Ed. v. 14. Sept. 1811, und es findet alles Anwendung, was zu dem §. 12. im Art. 11. der Zusätze versügt wer­ den, mit der Ausnahme, daß Zeitpachtcr und die ihnen gleich ju achtenden Emphy teilten in Preußen (Art. 80.) an die ihnen außer dem Bauerhofe beigelegten VorwerkS-Ländereien keine Ansprüche machen können, der Gutsherr vielmehr solche nach geendeter Pacht zurücknehmcn und bei dem Vorwerke zu benutzen befugt ist. Art. 82. DaS Edikt läßt schon eine gütliche Einigung über einen anderen, als den in diesem §. bestimmten Normalsatz, nach. Findet diese nicht statt, und glaubt der Gutsherr durch dessen Anwendung beeinträchtigt zu werden, so steht eS ihm unter eben den Bedingungen, wie solche den Gutsherren erblicher Nahrungen tn den Zusätzen zu §. 30. nachgelassen worden, frei, auf spezielle Ausmittelung an­ zutragen. Es finden sodann aber die Vorschriften der Ausmittelung, mit der allei­ nigen Ausnahme statt, daß für die Ueberlassung des Eigenthums statt fünf, sieben und ein halb Prozent des reinen Ertrags berechnet werden. a)

1) a) Ueber die Ausführung dieser Grundsätze vergl. Dönniges LandeSKult. Gesetzgeb. Bd. 1. S. 295. ff. Zus. LIV. b) Die 5 pCt. resp. 7| pEt. deS reinen Ertrages für das Eigenthum am Hofe werden so berechnet, wie er nach der Regulirung eingerichtet ist. (R. des Min. des I. v. 16. Juni 1821 in Kochs Agrargesetzgeb. S. 61 — 62.) 2) Die in dem R. des Min. deS I. v. 6. Mai 1825 (Koch a. a. O. S. 68) ausgesprochene Ansicht, daß nichterbliche Bauern auf eine MinuS-Normalentschadi

Ges. v. 2. März 1850, betr. die AblSs. re., ($$. 104—107.).

753

Zum §♦ 104. Der §. 104., zu welchem der Regier. Entw. spezielle Motive nicht mittheilt, ist von beiden Kammern, deren Kommissionen sich darüber nicht weiter ausgesprochen haben, unverändert angenommen worden. (Stenogr. Ber. der II. K. 18|®, Bd. 2. S. 1577. u. der I. K. Bd. 5. S. 2628.)

Zum §♦ 103. I. Der §. 105. war in dem Regier. Entw. nicht enthalten, sondern es ist dessen Aufnahme in das Gesetz auf den Antrag der Kommission der I. Kammer erfolgt, welche sich zur Motivirung dieses Antrages auf die zum §. 14. 9 gefaßten Beschlüsse bezieht. (Stenogr. Ber. der I. K. 18;z, Bd. 5. S. 2628 u. der II. K., Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Bergl. die Erläut. zu §§. 2. und 32. ff. der 93. v. 30. Juni 1834 (s. unten).

Zu §§♦ 106. II. 107. I. Die §§. 106. und 107., welche in dem Regier. Entw. die §§. 105. und 106. bildeten, sind aus letzterem unverändert in das Gesetz übernommen worden. Der Regier. Entw. giebt dazu keine spieziellen Motive; die Kom­ missionen der Kammern fanden gegen beide §§. nichts zu erinnern, welche demnächst von den Kammern angenommen wurden. 2 * )1 (Stenogr. Ber. der II. K. 18^, Bd. 3. S. 1579 u. der I. K., Bd. 5. S. 2629.)

gung nicht antragen dürfen, wird (auf Grund der Min. Akten) widerlegt in DönnigeS Landes-Kult. Gesetzgeb. Bd. 1. S. 305 — 306. 1) Bergt, oben S. 361 — 364. 2) Zum §. 106. (§. 105. des Regier. Entw.) wurden in der II. K. folgende Berbeff.-Antrage gestellt: a) Bon dem Abgeordn. Robe und Gen. (Drucks. Nr. 350. ad IV.): „dem §. hinzuzufügen: „Wo zur Erhaltung der Prästationsfähigkeit der Verpflichteten der „Berechtigte nach §. 63. sich die Herabsetzung seiner Abfindung ge„fallen lassen muß, sind die Kosten niederzuschlagen." b) Von dem Abgeordn. Schaffraneck und Gen. (Drucks. Nr. 350. ad V.): „dem §. als drittes Alin, hinzuzusügen: „a) In denjenigen Fällen, in welchen nach §. 63. die Abfindung des „Berechtigten in Rücksicht auf die Prästationsfähigkeit des Verpflicht „teten herabgesetzt werden muß, find die Kosten der Regulirung und „Ablösung niederzuschlagen. ,,b) Kann der nach §§. 60. und 61. oder 63. festgestellte Geldbetrag „von dem Verpflichteten ArmuthS halber durch Baarzahlung des „achtzehnfachen Betrages an den Berechtigten nicht abgelöst werden, „sondern nur nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Errich„tung der Rentenbanken, so zahlt der Berechtigte und ergänzungS„weife der Staat von den kompensirten AblösungS- und RegulirungS„kosten den Theil des Verpflichteten erkl. Prozeßkosten." Motive. „Wo nichts ist, hat der Kaiser das Recht verloren. Dieser staats„ökonomische Grundsatz wird gelten, bis ans Ende der Welt. Arme „giebtS überall. Oberschlesiens räthfelhast argverwickelte Verhältnisse, „hinsichtlich der Reallasten und gutsherrlichen Ueberbürdungen, find aber „anerkannt ein Krebsschaden des Landes, und wohl die trübste Wolke „am Himmel der Preuß. Politik. Dort find ja schreiende Nothstände „die Regel, wie anderwärts nur die Ausnahme. Der allgemein gute „Wille zur Abhülfe ist als eine dankenSwerthe Sympathie durch den Landes-Kultur-Gesetzg. Bd. II.

48

754

Don d. AblLs. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

II. Zum §. 106. 1) Zu den allgemeinen Regulirungskosten, welche von beiden Partheien zur Hälfte getragen werden müssen, gehören namentlich auch die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens, in den zu §§. 11., 14., 30., 31., 44., 72., 83. u. 88. erwähnten Fallen, weil es keiner Parthei verschränkt werden darf, in diesen Fällen die Feststellung des Jahreswerths durch Schiedsrich­ ter zu verlangen. — Wenn aber ein Theil der Verpflichteten sich mit dem Berechtigten einigt, und das schiedsrichterliche Verfahren nur in Betreff der Uebrigen erforderlich ist, so sind die Kosten desselben zur Hälfte von dem Berechtigten, zur Hälfte von denjenigen Verpflichteten zu tragen, in Betreff deren das Verfahren stattfinden mußte. Wenn ein Theil der letzteren in dem, zum schiedsrichterlichen Verfahren anberaumten Termine, sich mit dem Berechtigten einigt, so kann er deshalb von den Kosten, welche durch die Zuziehung der Schiedsrichter verursacht worden, nicht befreit werden. — Das schiedsrichterliche Verfahren nach §§. 17., 63. und 85. erfolgt nur auf den Antrag der Verpflichteten. Wenn dasselbe zu einer Ermäßigung der Lasten führt, so sind die Kosten von beiden Partheien zur Hälfte zu tragen. Wenn eine Ermäßigung aber nicht erfolgt, so müssen die Kosten von den Extrahenten allein getragen werden. Ob die Verpflichteten zu den, nach 63. und 85. verursachten Kosten nach Verhältniß des Werths der Lei­ stungen und Gegenleistungen, oder nach Verhältniß der stattgesundenen Er-

„Mund der beredtesten Wortführer in unserm Parlamente vielfach ehren„hast kund geworden. Nur über die Art undWeisedieser dring„lichen Abhülfe blieb sogar das Hohe Ministerium momen„ tdii rathlos. Partikular - Bestimmungen zu Gunsten der einen lei„denden Provinz waren nicht vereinbar mit dem Charakter der Allge„meinheit des Gesetzes. Allgemeine Maaßregeln begünstigender Art „stellten sich im Hinblick auf die Wohlhabenderen jeder Gegend so dar, „als wolle man Holz in den Wald tragen. Almosen gegen die Einen „ward Lurus gegen die Andern in demselben gemeinsamen und speziellen „Vaterlande. „Darum glückten weder, noch paßten vor §. 105. exceptionelle Ge­ setzes -Bestimmungen zu Gunsten armer Ablösender überhaupt, wie für „die Schlesier insbesondere. — Erlaß der 10 Prozente bei Ablösungen mittelst Rente erscheint zwar als Begünstigung für die Armen, aber sie „kommt eben so gut dem Bemittelten zu Statten, der es aus Bequem„lichkeit vorzieht, von der um zwei Prozent billigeren und sofortigen „Ablösung durch Baarzahlung nicht Gebrauch zu machen. Es galt also „und gilt ernstlich, eine Maaßregel zu entdecken, durch welche den wahr„haft hülfsbedürstigsten Ablösungspflichtigen in Oberschlefien wie auch „anderwärts einige Unterstützung erwüchse. „Ein Zusatz im Sinne deS obigen Amendements wird sich, ins Ge„setz ausgenommen, sicher als ein probates Mittel zu dem Zwecke bewah„ren, den alle legislativen Faktoren gemeinsam erstreben. Eine derartige „Befreiung von den Regulirungskosten ist eine ebenso billige Zubuße des „Vaterlandes, als landesväterliche Ausstattung oder Mitgift in den neuen „Drittel-Hausstand des Emanzipirten (regulirten Bauers), zu welcher „alle nicht armen Landsleute ohne Ueberbürdung ihr Schärflein dahin „beitragen, daß das Jahr 1850 ein wahrhaft christliches Jubeljahr in „mehrfacher Beziehung werden kann. Diese humane Spende berührt „die Gegend am freudigsten, wo die meisten Armen find. Dann wird „unfehlbar Schlesien getröstet jubeln: „Bettler werden Fürstenbrüder" „und die Geschichte wird Zeugniß geben, daß die Zweite Preuß. Kam­ mer die Schlesier sich nicht wollte nehmen lassen. — Ebenso werden „die Schlesier sich auch die Kammer nicht nehmen lassen." Beide Anträge wurden ab gelehnt. (Stcnogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S.

1579.)

Ges. v. 2. März 1850, betr. die AblSs. re., (§§. 108—111.).

755

Mäßigung beizutragen haben, resp, nach welchem Verhältnisse sie sonst her­ anzuziehen sind, muß der Beurtheilung jedes speziellen Falles, event, der Entscheidung vorbehalten bleiben. (Frey, prakt. Erläut. S. 122.) 2) Der Jahreswerth bildet nur alsdann den Maaßstab für die Kostenvertheilung, wenn keine Kompensation von Gegenleistungen stattgefunden hat. Ist letzteres geschehen, so muß der doppelte Betrag der Gegenleistung der Jahresrente hinzugesetzt werden. (Frey's prakt. Erläut. S. 123.) III. Zum §. 107. Das Min. für landwirthschaftl. Ang. hat in dem E. R. v. 12. Dec. 1850 >) (Min. Bl. d. i. B. 1850, S. 389, Nr. 486.) zur Erläute­ rung des §. 107. darauf hingewiesen, daß zu den darnach niederzuschlagenden Kosten nicht allein die noch unbezahlten Kosten in den bei Ema­ nation des Ges. v. 2. März 1850 anhängigen AuseinandersetzungS- und Prozeßsachen über die durch das G. ausdrücklich ohne Entschädigung aufgehobenen Gerechtsame, sondern auch über die in Folge des Gesetzes faktisch und mittelbar hinwegfallenden Berechtigungen, Abgaben und Leistungen gehören. Ueber die Anwendung auf Ablösungs- und Prozeßsachen betreffend Be­ sitzveränderungs-Abgaben vergl. das R. desselben Min. v. 30. Mai 1850. 1 2) (Min. Bl. d. i. B. 1850, S. 191, Nr. 245.) Vergl. auch Frey's prakt. Erläut. S. 123—126. IV. Vergl. 88- 209 — 214. der V. v. 20. Juni 1817 und 88- 65. u. 66. der V. v. 30. Juni 1834 wegen des Geschäftsbetriebes rc. (s. unten).

Zu §g. 108. -iS 111. T. Die SS. 108. bis 111. waren in dem Regier. Entw. nicht ent­ halten, sondern sind auf den Vorschlag der Kommission der I. Kammer neu hinzugefügt worden. A. Der Bericht der Kommission der I. Kammer spricht sich in Betreff dieser §§. folgendermaaßen aus: Die Mängel des bisherigen Ablösungsverfahrens, wie es in der V. v. 20. Juni 1817, in dem Ausführungsgesetze v. 7. Juni 1821, in der B. v. 30. Juni 1834, dem Gesetze v. 29. Juni 1835 und der V. v. 22. Nov. 1844 vorgeschrieben ist, sind von allen Behörden und Betheiligten längst tief empfunden worden. In ihnen liegt zum großen Theil der Grund, auS welchem sich die Ablösungen so schwerfällig vorwärts bewegten und bei weitem den Segen zu bringen verfehlten, den eine energische, rasche Abwickelung der Geschäfte durch Hebung deS National­ wohlstandes verbreitet haben würde. Es ist der Kom. zwar bekannt geworden, daß die Staatsregierung eine Abänderung im legislatorischen Wege vorbereitet; aber es ist kaum zu hoffen, daß es im Wege des gewöhnlichen Geschäftsganges gelingen werde, den gegenwärtig nur noch kurze Zeit versammelten Kammern den GesetzEntwurf vorzulegen. So wichtig nun auch ein Gesetz ist, welches das schiedsrich­ terliche Verfahren, sowie das gewöhnliche Prozeßverfahren in Auseinandersetzungs­ sachen ordnet, so ist doch hierin wenigstens nicht so dringend eine Reform der be­ stehenden Gesetzgebung nöthig, als in Betreff des Verfahrens mit Ablösungskapita­ lien, Behufs der Wahrung der Rechte dritter Personen auf byt Grundstücken der Kapitalempfänger. Es tritt dies jetzt ganz besonders darum ein, weil die Kapitals­ ablösungen durch Ausreichung von Rentenbriefen auf eine nicht zu berechnende Weise sich vermehren. Nach den bisherigen Bestimmungen würden die Berechtig* ten sehr spät und nicht ohne erhebliche Kosten in den Besitz der Rentenbriefe kom­ men, und doch liegt grade darin, daß dies recht schnell geschieht, ein Mittel zur. Ausgleichung eines Theiles der Verluste, welche die Berechtigten besorgen. Eben so dringend, wenn jener Zweck bald erreicht werden soll, ist aber auch eine Bestim-

1) Vergl. in Bd. I. S. 233. 2) Vergl. in Bd. I. S. 232-233.

756 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, mung, welche der Regulirung des LegirimationSpunkteS der Interessenten den um so lähmenderen Einflüsse auf die rasche Bewegung der Sachen nimmt, als seit Auf­ hebung der Zwangspflicht zur Berichtigung des Besitztitels die Legitimations-Mängel sich häufen und erst bei Gelegenheit des Auseinandersetzungs-Verfahrens zur Kennt­ niß, hier aber nur unter langem Zeit- und Koftenauswande zum Austrag kommen. Die Kom. hat daher im Einverstandniß mit den Reg. - Kommiffarien einen in ihren Händen befindlichen „Entwurf eines Gesetzes, betr. das Verfahren bei den Auseinandersetzungs­ behörden" mit wenig veränderter Fassung benutzt, um die §§. 4—7. desselben in einstimmigem Beschlusse hinter §. 106., künftig §. 107. des AblösungSgesetzentwurfeS einzu­ schieben. Zur Motivirung genügen wenige Bemerkungen. a) Die voraussichtliche Anhäufung der Auseinandersetzungen wird mit den ge­ wöhnlichen Arbeitskräften nicht bewältigt werden können Der §. 108. bezweckt die Vermehrung derselben in Ausdehnung einer Vorschrift, welche der §. 22. des Regl. für die Tilgungskaffe im Kreise Heiligenstadt u. s. w. v. 18. April 1845 auS glei­ chen Gründen schon enthält. Das Ermessen der Behörde bürgt dafür, daß sie die, durch schiedsrichterliches Verfahren und Normalpreise sehr vereinfachten Ablösungs­ sachen nicht ungeeigneten Männern anvertrauen werde. Soll die Maaßregel aber Erfolg haben, dann muß den Verhandlungen dieser Beamten der den Protokollen der ständigen Kommiffarien nach §. 55. der V. v. 20. Juni 1817 inwohnende öffent­ liche Glaube beigelegt werden, und sie müssen dann auch die blos formelle Proce­ dur der Rezeßvollziehung mit gleicher Wirkung, wie der Oekonomie-KommiffariuS, vor sich vornehmen lassen können. Ebenso nöthig ist eS auch, die Schranken zu beseitigen, welche nach §. 166. der V. v. 20. Juni 1817, §§. 41. und 43. der V. v. 30. Juni 1834, in der für gewisse Fälle angeordneten Zuziehung eines rich­ terlichen Beamten der vollen öffentlich glaubwürdigen Thätigkeit des OekonomieKommissariuS ohne genügenden Grund gezogen waren. b) Der §. 109. hat die schon in den Vorworten zu diesen §§. angegebene Bestimmung. Die Schwierigkeit der Legitimationsführung tritt namentlich bei wal­ zenden Grundstücken hervor. Für die Präklusion unbekannter Interessenten ist bereits durch daS in den §§. 25—27. der V. v. 30. Juni 1834 angeordnete öffentliche Aufgebots-Verfahren ge­ sorgt. Aber auch in Betreff der bekannten Interessenten machen Tod, Verkäufe ohne gleichzeitige Besitztitel-Berichtigung u. s. w. oft große Schwierigkeiten; dem sollen die Bestimmungen des §. abhelsen. Sie sind in der natürlichen Erwägung ge­ gründet, daß ohne Nachlässigkeit des Besitzers eines, noch in irgend einer Beziehung, einer möglichen Auseinandersetzung unterworfenen Grundstückes, eine Vertretung seiner im Falle seiner Abwesenheit nicht fehlen kann. Die Folgen einer solchen Nachlässigkeit muß er tragen. Wenn nun hiernach die Legitimation zu dem bestimm­ ten Zwecke nicht mehr aus dem Hypothekenbuche beruhen soll, dann kann auch dem Hypothekenrichter nicht ferner gestattet sein, wegen seiner, aus das Hypothekenbuch gegründeten Bedenken die Eintragung bestätigter Rezesse zu verweigern. c) Die §§. 110. iL 111. sollen die Bekanntmachungen an die Realgläubiger bei der zumal voraussichtlich steigenden Anzahl der Fälle, in denen sie eintreten müßten, um der Zeit, der Kosten und der Hemmnisse des Besitzers willen, möglichst einschränken. Zugleich bestimmt §. 110. zur Beseitigung aller Zweifel, daß die Auseinander­ setzungsbehörde eS sei, welcher die Prüfung der Verwendung in die Hand gegeben werde. Uebrigens entspricht die Bestimmung auch zum großen Theil dem, waS die Praris der Behörden, in Folge einer weiteren Auslegung des Gesetzes bisher häufig schon gethan hat.

Die Kommission beantragte die Aufnahme der $$. 108. bis 111. des jetzigen Gesetzes, und zwar bis auf zwei geringe Abweichungen in ihrer gegenwärtigen Fassung. Diese Abweichungen der Vorschläge der Kom­ mission betreffen: a) den Satz ad Litt. a. des §. 109., in welchem nach den Vorschlägen der Kommission daS Wort: „eigenthümlich" und die Schlußworte: „oder wenn er eine auf die Erwerbung des EigenthumS da-

Ges. v. 2. Marz 1850, betr. die Ablös. k., (§$. 108—111.).

757

von lautende öffentliche Urkunde vorzulegen im Stande ist", nicht enthalten waren, und b) den Satz ad Litt. c. des §. 109., in welchem die Worte: „und Benachrichtigung der auS dem Hypothekenbuch etwa ersicht­ lichen Eigenthumsprätendenten", nicht enthalten waren; c) den $. HO., in dessen vorletzten Alin, hinter: „der Berech­ tigte" die Worte: „wenn er zugleich im Hypothekenbuche ein­ getragener Besitzer ist", sich nicht vorfanden. Die erwähnten Einschaltungen wurden nämlich von dem Ple­ num der I. Kammer beschlossen, ') welches im Uebrigen die Anträge der Kommission genehmigte3). (Stenogr. Ber. der I. K. 18Lz, Bd. 5. S. 2630—2631.) B. Die Kommission der II. Kammer fand gegen die von der I. Kammer angenommenen §§. 108. bis 111. nichts zu erinnern und die II. Kammer trat dem bei. (Stenogr. Ber. der II. K. 18z», Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Erläuterungen zu den §§. 108— 111. 1) Zum 8- 108. a) DaS C. R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 12. Febr. 18513) (Mm. Bl. d. i. B. 1851, S. 42, Nr. 51.) nimmt an, daß auch Feldmesser

1) Dies geschah auf die Berbess.-Vorschläge des Abgeordn. Kisker (Drucks. Nr. 537. ad 4. u. 5.), deren Motive auf die Bestimmungen der A. G. O. I. 51. 8 102., der K. O. v. 9. Mai 1835 (G. S. 1835 S. 163) und der B. v. 7. März 1845 (G. S. 1845 S. 160) Bezug nahmen. 2) Der zum §. 108. von dem Abgeordn. v. Bassewitz gestellte Verbess.Antrag (Drucks. Nr. 551.): ,,a) im Eingänge des §. 108. statt: „General-Kommissionen und land„wirthschaftliche RegierungS-Abthei lungen" zu setzen: „AuS„einandersetzungS-Be Hörden." „b) im zweiten Absatz desselben §. statt: „der General-Kommission oder „derlandwirthschastlichenRegierungS-Abtheilung" zu setzen: „der AuSeinandersetzungs-Behörde." „ G r u n d e. „Der Antrag enthalt keine bloße Redaktions-Veränderung. Im 8» 39. „der V. v. 30. Juni 1834 heißt eS: „Den Regierungen und Provinzial-Schul-Kottegien steht die eigene Be„stätigung der Rezesse rücksichtlich der von ihnen reffortirenden Güter„verwaltungen zu, insofern die Auseinandersetzungen auf eigene Ver„handlungen jener Behörden im Wege deS Vergleichs zu Staude kom„men. Dies findet auch in denjenigen Fallen statt, wenn ,,a) die Regierungen wegen der zu ihrem Patronat gehörigen kirchlichen „Güter und Grundstücke, ,,b) dieselben und die Provinzial-Schul-Kollegien aus dem Interesse des „ObcreigenthumS oder des Erbverpächters der zu ihrer Verwaltung „oder resp, ihrem Patronate gehörigen Domainen und Anstalten, „die Auseinandersetzungen unter eigene Leitung zu nehmen, sich ver„anlaßt finden. „Hiernach gehören auch die Regierungen re. zu den AuSeinandersetzungS„Behörden. „Die Absicht des Antrages ist: zu bewirken, daß den mit der Besorgung „einfacher Auseinandersetzungen von den Regierungen und Provinzial-Schul„Kollegien beauftragten Staats- und Gemeinde-Beamten, HinsichtS der von „ihnen aufgenommenen Protokolle und Rezesse, derselbe Glaube beigelegt „werde, welchen die Spezial-Kommiffarien, nach §. 55. der V. v. 20. Juni „1817 und §. 43. der V. v. 30. Juni 1834 für die von ihnen aufgenom„menen Protokolle und Rezesse haben. wurde ab gelehnt. (Stenog. Ber. der I. K. Bd. 5. S. 2630.) 3) Vergl. in Bd. I. S. 236 ff.

758

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

und Protokollführer, und zwar die ersteren ohne Rücksicht darauf, ob sie mit Penstonsansprüchen versehen sind, oder nicht; die letzteren aber nur insofern, als sie nicht bloße Privatschreiber der Kommiffarien, sondern von der Auseinandersetzungs-Behörde selbst, oder doch unter ihrer Kontrolle und Genehmigung bestellt und in Eid und Pflicht genommen sind, zu den im §. 108. gedachten Beamten gehören, welchen Aufträge in der a. a. O. näher bezeichneten Art ertheilt werden dürfen. ’) b) DaS C. R. desselben Min. v. 10. Aug. 1850 1 2) (Mm. Bl. d. i. B. 1850, S. 253, Nr. 340) gestattet den Oekonomie - Kommissions­ gehülfen einzelne Aufträge der im §. 108. gedachten Art zu er­ theilen, nicht aber dieselben von der Aufsicht der ordentlichen OekonomieKommissarien gänzlich zu entbinden, indem der §. 59. der V. v. 20. Juni 1817 durch den §. 108. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 keinesweges aufgehoben worden sei. c) Das R. desselben Min. v. 9. Sept. 1851 3)4 (Min. Bl. d. i. B. 1851, S. 204, Nr. 228.) bestimmt, daß den Beamten des Justiz-Refforts Auf­ träge der im §. 108. gedachten Art nur mit Genehmigung ihrer Amts­ vorgesetzten ertheilt werden dürfen. d) Vergl. §§. 43., 55., 59. und 60. der V. v. 20. Juni 1817 und

die Erläut. dazu. 2) Zum §. 109. a) Das C. R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 12. Febr. 1851 *) (Mm. Bl. d. i. V. 1851, S. 42, Nr. 51.) erläutert, daß die die Legitimation erleichternden Bestimmungen des §. 109. auch da zur Anwendung gelangen, wo daö Hypothekenbuch noch nicht angelegt ist. b) Nur die Bestimmung sub Litt. a. des §. 109. ist alternativ zu verstehen, so daß das Attest der Ortsbehörde nicht erforderlich ist, wenn eine auf Erwerbung des Eigenthums lautende Urkunde producirt wird. Diese letztere braucht keine gerichtliche zu sein, muß aber, wie sich von selbst versteht, zwischen dem sich meldenden und dem zuletzt eingetragenen Besitzer ausgenommen sein. Uebrigens müssen die sub g., b. und c. er­ wähnten Bedingungen gleichzeitig und nebeneinander vorhanden sein. (Vergl. Frey's prakt. Erläut. S. 128.) c) Durch das Verfahren nach §. 109. wird der wirkliche Eigenthümer nicht in seinen Rechten präkludirt, sondern nur verpflichtet, die Ausein­ andersetzung gegen sich gelten zu lassen, (a. a. O.) d) Vergl. in Betreff der Besitzer uneigenthümlicher Stellen den §. 91. der V. v. 20. Juni 1817. 3) Zum §. 110. Die Gen. Kom. zu Stendal giebt in ihrer Jnstrukt. v. 12. März 1851 folgende Erläut. zum §. 110.: a) Berw end ungöp unkt. Hohe der zu v c r w e n b e n b e n Ablö s u n g s» Kapitalien. Die Verwendung muß immer nach der Summe, welche der Berechtigte wirklich entweder in Kapital oder Rentenbriefen, bei letzteren nach deren Nennwerthe, erhält, erfolgen, mit den im vorliegenden §. aufgestellten Ausnahmen. Nur wird dieselbe vermieden, wenn der Berechtigte die Rentenbriese bis zur

1) Das C. R. des Min. für landwirthschaftl. Ang. v. 10. Aug. 1850 (Min. Dl. d. i. B. 1850 S. 253, s. in Bd. I. S. 234—235) gestattete nur den mit Pen­ sionsberechtigung versehenen Feldmessern, niemals aber den Protokollführern Aufträge zu ertheilen. 2) Vergl. in Bd. I. S. 234—235. 3) Vergl. in Bd. I. S. 235-236. 4) Vergl. in Bd. I. S. 236—239.

Ges. v. 2. März 1850, tetr, die Ablös. rc., (§. 112 ).

759

Ansloosnng bei dem Kredit-Institute, oder im gerichtlichen Depositorio niederleqt. (§. 49. des Rentenbank-Ges.). Die Rentenbriefe für die Rückstände, so wie die Kapitalspitzen und die Kapi­ talien für die überfchießenden Pfennige erhält der Berechtigte, sobald er im Hypo­ thekenbuche eingetragener Besitzer ist, zur eigenen Disposition. b) Arten der Verwendung. Sind Hypothekenschulden und Real-Verpflichtungen auf dem berechtigten Gute eingetragen, so erfolgt die Verwendung des Kapitals entweder: 1) zu den Einrichtungskosten, 2) zu anderweiten Verwendungen in die Substanz, oder 3) zur Abstoßung paritätisch eingetragener Kapitalsposten. Ad 1. gelten die bisherigen Vorschriften sowohl in Bezug auf die Befugniß des Gutsbesitzers, solche Einrichtungskosten zu verlangen, als auch in Betreff der Art und Weife ihrer Ermittelung. Ad 2. ist die bisherige Vorschrift des §. 9. des Gef. v. 29. Juni 1835 durch das vorliegende Gesetz dahin geändert, daß die fragliche Disposition durch einen be­ stimmten Schuldenzustand des berechtigten Gutes nicht mehr bedingt wird. Um so wichtiger ist aber eine gründliche Prüfung über die Sicherstellung der Gläubiger und Realberechtigten durch uns und unsere Kommiffarien. Von welcher Art die Verwendungen sein müssen, um diesem Zweck zu entsprechen, läßt sich nicht in eine für alle Fälle passende Regel zusammenfaffen und ist nach jedem speziellen Falle zu beurtheilen. Ad 3. ist die bisherige Vorschrift im §. 9. des Gef. v. 29. Juni 1835 eben­ falls auf alle berechtigten Guter ohne Berücksichtigung ihres Schulden-Zustandes ausgedehnt. Unter den prioritätisch eingetragenen Kapitalposten können nur solche eingetragene Forderungen verstanden werden, welche für sämmtliche Realberechtigte verpflichtend sind; also auch die sub Ruhr. II. eingetragenen. c) Bekanntmachung an die Berechtigten. Wenn die Verwendung nicht nachgewiesen wird, so ist die besondere Bekannt­ machung an die eingetragenen Gläubiger und Realberechtigten erforderlich, deren Forderung nicht erst nach Eintragung des nach §. 59. der Verordnung v. 30. Juni 1834 vorgeschriebenen vorläufigen Vermerks intabulirt ist. d) Lehn- und Fideikommiß-Güter. Wenn das berechtigte Gut ein Lehn-, Fideikommiß- oder wiederkäuflich besesse­ nes Gut ist, so finden im Wesentlichen obige Vorschriften ebenfalls Anwendung; es sind aber in Betreff der Abweichungen, namentlich hinsichts der Nothwendigkeit der Bekanntmachung des Geschäfts, die einschlägigen Bestimmungen des Ausführungsges. v. 7. Juni 1821 — §. 11. bis 15. —, der V. v. 30. Juni 1834 — §. 24. —, und des Ges. v. 29. Juni 1835 — §. 8. —, sowie hinsichts der den LehnS- und Fideikommiß-Befitzern zustehenden ausgedehnteren Befugnisse in Betreff der Verwendung ins Lehn oder Fideikommiß die Vorschriften im §. 4. u. 6. des letzteren Gef., endlich auch die für diese Fälle geltenden allgemeinen Grundsätze zur Anwendung zu bringen, und hinsichts der Letzteren ist nur darauf aufmerksam zu machen, daß Ablöf.-Kapilien solcher Güter immer entweder in das berechtigte Gut verwendet, oder zu Lehn, Fideikommiß rc. wieder angelegt werden müssen, die Be­ kanntmachung also nicht genügt. (Sprengel's Ablös.-Ges. S. 28.)

Zum §♦ 112. I. Der §.112. bildete im Regier. Entw., welcher spezielle Motive dazu nicht giebt, den §. 107. in nachstehender Fassung: Außerdem behält eö in Ansehung der Verbindlichkeit zur Entrichtung der Ko­ sten sowie des Kostenwesens in Auseinandersetzungssachen überhaupt, ferner in An­ sehung der Rechte dritter Personen (z. B. der Realberechtigten und der Hypothe­ kengläubiger), der Kompetenz und Wirksamkeit der Auseinandersetzungs-Behörden und des Verfahrens in Auseinandersetzungssachen vorläufig bei den bestehenden ge­ setzlichen Bestimmungen und den hierauf bezüglichen Vorschriften der oben im §. 1. bezeichneten bisherigen Gesetze sein Bewenden, insoweit nicht durch die Bestimmun­ gen des gegenwärtigen Gesetzes, sowie des Gesetzes vom heutigen Tage über die Errichtung von Rentenbanken Abänderungen eingetreten find.

A.

Die Kommission der II. Kammer fand zu dem §. nichts zu

760

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

bemerken und die II. Kammer genehmigte denselben unverändert. (Stenogr. Ber. der II. K. 18»», Bd. 3. S. 1580.)

B. Die Kommission der I. Kammer dagegen brachte die jetzige Fassung deS $. in Vorschlag, indem diese Aenderung in Folge der neu eingeschalteten §§. 108. bis 111. erforderlich sei, und die I. Kammer er­ klärte sich hiermit einverstanden. (Stenogr. Ber. der I K. 18zz, Bd. 5. S. 2631.) C. Die II. Kammer hat sich, auf den Antrag ihrer Kommission, dem Beschlusse der I. Kammer angeschloffen. (Stenogr. Ber. der II. St., 18ZZ, Bd. 5. S. 2755 ff.)

II. Die Vorschriften der durch den §. 1. des Ablös. Ges. v. 2. März 1850 aufgehobenen Gesetze sollen, nach §. 112. desselben, insoweit sie das Kostenwesen, das Verfahren und die Rechte dritter Per­ sonen betreffen, insofern auch künftig in Kraft bleiben, als sie nicht durch die abändernden Bestimmungen der §§. 106. bis 111. des Ablös. Ges. und durch daö Rentenbank-Ges. v. 2. März 1850 ausdrücklich abgeändert sind. Vergl. das Nähere hierüber zu den Verordn, v. 20. Juni 1817 und 30. Juni 1834, dem G. v. 7. Juni 1821 über die Ausführung der Gem. Theil. Ordn., dem Ges. v. 29. Juni 1835 und dem Kosten-Regul. v. 25. April 1836.

Zum §♦ 113« I. Der 8. 113. bildete im Regier. Entw., welcher spezielle Motive dazu nicht giebt, den §- 108., und zwar in folgender Fassung: Mit dem Zeitpunkte der Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes verliert das Ges. v. 9. Okt. 1848, betr. „die Sistirung der Verhandlungen über die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, und über die Ablösung der Dienste, Natural- und Geldabgaben, sowie der über diese Gegenstände anhängigen Prozesse" (G. S. 1848. S. 276), in Ansehung aller derjenigen Verhandlungen und Prozesse seine Wirksamkeit, welche Rechtsverhältnisse zum Gegenstand haben, die nach dem gegenwärtigen Gesetze geordnet werden sollen. Ebenso kommen die Bestimmungen der durch §. 1. nicht aufgehobenen Gesetze, in soweit sie den Vor­ schriften des gegenwärtigen Gesetzes entgegenstehen oder sich mit denselben nicht vereinigen lassen, von dem gedachten Zeitpunkte an nicht ferner zur Anwendung.

A. Die Kommission der II. Kammer beantragte: a) die unveränderte Annahme des ersten Satzes, b) den Wegfall des zweiten Satzes, und c) die Hinzufügung des jetzigen Alin. 3. Der Bericht motivirt dies in folgender Art: Das SistirungSgeseh v. 9. Okt. 1848 bezieht sich auch auf die Mühlenabga­ ben. Da die Letztern durch das gegenwärtige Gesetz noch nicht betroffen werden, vielmehr nach der Mittheilung des KommiffariuS der Regierung wegen der Regulirung jener Abgaben ein besonderer Gesetzentwurf eingebracht werden sott, so muß eS bei der Sistirung der Ablösungs-Verhandlungen und Prozesse über jene Abga­ ben einstweilen noch verbleiben. Es wird daher die Annahme folgender zusätzlicher Bestimmung beantragt: „Bei der Sistirung der Ablösungs-Verhandlungen und Pro­ zesse über die Mühlenabgaben behält es einstweilen sein Be­ wenden." Uebrigenö ist der Schlußsatz des §. 108.: „Ebenso kommen die Bestimmun­ gen rc." bereits in den §. 1. übernommen, und fällt daher hier weg."

Die II. Kammer trat diesen Anträgen bei. *) (Stenogr. Ber. der II. St. 18zz, Bd. 3. S. 1580.)

1) Der von dem Abgeordn. Gr. Zieten und Gen. gestellte Verb ess.-An-

Ges. v. 2. März 1850, betr. die Ablös. re., (§. 113. u. 114.). B. Die Kommission der I. Kammer fand gegen den §. nichts zu erinnern, beantragte aber die Einschaltung des jetzigen Alin. 2. mit Rücksicht darauf, daß die II. Kammer inzwischen daS Mühlen-Ablös. Ges. angenommen habe. Die I. Kammer war hiermit einverstanden. (Stenogr. Ber. der I. K. 18jz, Bd. 5. S. 2631.) C. Die II. Kammer hat sich schließlich, auf den Antrag ihrer Kom­ mission, mit der von der I. Kammer beschlossenen Fassung einverstanden er­ klärt. (Stenogr. Der. der II. K. 18jz, Bd. 5. S. 2755 ff.) II. Der zweite Satz des §. 113. nach der Fassung des Regier. Entw. ist in den §. 1. (als Schlußsatz) übernommen worden. III. DaS besondere Gesetz über die Ablösung der Mühlen-Abgaben ist unterm 11. März. 1850 ergangen und dadurch auch daS Schluß-Alin. des §. 113. erlediget worden. Vergl. auch die Erläut. zum letzten Alin, der Nr. 10. des $. 3. des Ablös. Ges. v. 2. Mär; 1850 (f. oben S. 289.)

Ium §. 114. Der §. 114. bildete in dem Regier. Entw., welcher spezielle Motiv« dazu nicht giebt, den $. 109., in wörtlich gleichlautender Fassung. Die Kommissionen beider Kammern fanden gegen diesen $. nichts zu erinnern und die Kammern sind dem beigetreten. (Stenogr. Ber. der II. K. 18$;, Bd. 3. S. 1580 u. der I. S„ Bd. 5. S. 2631.)

II. Gesetz vom 11. März 1850, betreffend die auf Mühlen­ grundstücken haftenden Reallasten. Vorbemerkungen.

I. Zur Entstehungsgeschichte des Gesetzes im Allgemei­ nen. J) Das Mühlengewerbe genoß im Preuß. Staate nach der älteren Gesetzgebung eines besonderen Schutzes. Dieser bestand erstlich in der den Mühlen beigelegten Gewerbe-Erklusiv-Berechtigung, in Folge deren für einen bestimmten Ort oder Distrikt die Errichtung neuer oder die Erweiterung bestehender Mühlen-Anlagen untersagt trat2); zweitens in

trag (Drucks. Nr. 336. ad XXII.), einen Z usatz-Paragraphen dahin anzu­ nehmen, daß das Gesetz mit dem 1. Jan. 1850 in Kraft treten solle, wurde abgelehnt. (Stenogr. Ber. der II. K. Bd. 3. S. 1580.) 1) Bei der nachstehenden Darstellung ist v. Rönne'S Bearbeitung des Mühlen-Ablös.-Ges. (Brandenburg a. H. 1850) zum Grunde gelegt und eS sind dabei auch die dem Gesetz-Entw. beigefügten allgemeinen Motive und der allge­ meine Theil der Berichte der Kommissionen beider Kammern (Drucks, pro 18JJ der II. K. Nr. 318 und 399. und der I. K. Nr. 576.) benutzt worden, welche im Uebrigen nicht mehr von praktischem Interesse sind; wogegen der aus die ein­ zelnen des Gesetzes bezügliche Inhalt jener Motive und Kommissions-Gut­ achten betreff. Orts berücksichtiget worden ist. 2) Das A. L. R. erklärte zwar im §. 229. Tit. 15. Thl. II. nur das Recht, Wasser- und Schiffsmühlen in öffentlichen Flüssen anzulegen für ein Vorbe­ halt (Regale) deS Staats; dagegen stellte dasselbe im §. 233. a. a. O. den

762

Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

der den Mühlen beigelegten Zwangs- und Bannberechtigung, Kraft welcher die Einwohner eines gewissen Bezirkes, oder doch gewisse Klaffen derselben, die Verpflichtung hatten, ihren Bedarf an Mühlenfabrikaten auf einer bestimmten Mühle bereiten zu lassen, oder von derselben zu entneh­ men. *)

Grunds atz auf, daß jeder Eigenthümer auf seinem Grunde und Boden Müh­ len in Privatflüssen, ingleichen Windmühlen, anlegen dürfe, wo nicht das Gegentheil durch besondere Gesetze und Verfassungen bestimmt worden. Obwohl hiernach prinzipiell der Grundsatz der M ühlen-Freiheit ausgesprochen war, so waren doch die ferneren Bestimmungen des A. L. R. von der Art, daß die hinzugefügten Ausnahmen das Prinzip gänzlich aufhoben. Es sollten nämlich erstlich die Provinzial - Gesetze den landrechtlichen Vorschriften vorgehen; jene enthielten aber meistentheils andere Bestimmungen, wie denn na­ mentlich in Schlesien (nach dem Ed. v. 14. Febr. 1772) die Befugniß, Mühlen anzulegen, für ein Regal erklärt war, mit welchem in der Regel die Guts herr­ sch ast en beliehen waren. Zweitens stand dem Prinzip des §. 233. a. a. O. daS Bann recht entgegen, welches den meisten fiskalischen Domainen- und gutSherrlichen Mühlen beiwohnte. In diesem Sinne sprach der §. 237. a. a. O. aus: „Zum Nachtheile der Zwangsgerechjigkeit einer schon vorhandenen Mühle „soll der Bau einer anderen, oder die Veränderung oder Erweiterung der„selben, nicht zugelaffen werden." Dies Ban «recht aber, wenn dasselbe fich auch Anfangs nur auf provin­ zielle Vorschriften gründete, hat das A. L. R. thatsächlich und zum Nutzen der Gutsherrschaften dadurch zu einer für daS ganze Land gültigen Bestimmung erhoben, daß der §. 27. Eit. 23 Th. I. vorschrieb, daß, wenn in einem Dorfe eine gutsherrliche Mühle fich befinde, zunächst in dieser Mühle gemahlen werden müsse. Erst wenn eine solche nicht vorhanden war, mußte in der Dorfmühle gemahlen werden, und erst dann, wenn auch diese nicht eristirte und daS Dorf auch sonst keine Zwangspflicht zu einer anderen Mühle hatte, stand es den Dorfbewoh­ nern frei, auf jeder beliebigen anderen Mühle mahlen zu lassen. Auf diese Weise war in der That die Wirkung eines Bannrechtes für die Mühlen vollständig erreicht. Dazu kam nun aber noch, daß nach den Vorschriften des A. L. R. Th. II. Tit. 15. 88-234— 242. allen Mühlen ohne Ausnahme das Widerspruchsrecht gegen neue Anlagen (Erklusivrecht) zugestanden worden war, indem neue Müh­ len nicht angelegt werden durften,' wenn irgendwie der Nahrungsstand der schon be­ stehenden Müller dadurch benachtheiligt schien.

1) DaS A. L. R. stellt den Begriff der Zwangs- und Bannrechte in den §§. 1., 2. und 4. Tit. 23. Th. I. in folgender Art auf: „§. 1. Die Zwangsgerechtigkeit im allgemeinen Sinne ist die Befugniß, „Andere im Gebrauche ihrer Freiheit zu handeln, zum Vortheile des Be„rechtigten ein^uschränken. „§. 2. Hier aber wird unter Zwangsgerechtigkeit eine Befugniß ver„standen, den ihr unterworfenen Personen die Anschaffung oder Zubereitung „gewisser Bedürfnisse bei jedem Andern, als dem Berechtigten, zu unter? „sagen. „§. 4. In so fern die Befugniß dem Berechtigten gegen alle Einwohner „eines gewissen Bezirks, oder gegen gewisse Klaffen derselben zusteht, heißt „sie ein Bannrecht." Als dergleichen Zwangs- und Bannrechte führt nun das A. L. R. in dem erwähnten Titel- auf: a) den Mühlenzwang; b) die Brau- und Schankgerechtigkeit, den Ausschank und Krug­ verlag; c) die Branntweinbrennereigerechtigkeit. WaS insbesondere den Mühlenzwang betrifft, so stellte daS A. L. R. darüber a. a. O. in den SS- 24—30. folgende Grundsätze auf: „§. 24. AuS dem Rechte, eine Mühle zu haben, folgt noch nicht die „Befugniß, Andere zu zwingen, daß sie sich derselben bedienen müssen.

Gesetz v. 11. März 1850, betr. d. auf Mühlengrundstücken haft.Reallasten. 763 Wenn gleich nicht mit allen Mühlen ein Zwangs- oder Bann­ recht verbunden war, so äußerte doch das denselben beigelegte GewerbeErklusivrecht durch die Erschwerung, welche dadurch in Bezug auf die Einwohner deS Bezirks hinstchtlich der Benutzung einer anderen MühlenAnlage entstand, eine den Zwangs- und Bannrechten nahe kommende Wir­ kung; während ein ZwangS-Bannrecht, auch wenn damit ein Exklusiv­ recht nicht verbunden war, dennoch thatsächlich die Fernhaltung anderer Ge­ werbetreibenden zur Folge hatte. Diese mit den Mühlen verbundenen Berechtigungen sind nun nach und nach im ganzen Umfange der Monarchie aufgehoben worden; es ist aber diese Aufhebung nur theilweise gegen Entschädigung erfolgt. Der Gang der betreffenden Gesetzgebung war folgender: A. In den Landestheilen, welche vormals zum Königreiche West­ phalen, zum Großherzogthume Berg und zu den Französisch-Han­ seatischen und Lippe-Departements gehört haben *1), sind die Zwangs-, Bann- und Gewerbe - Exklusivrechte durch die fremdherrliche Gesetzgebung aufgehoben, und von der Aufhebung nur in den vormals Hanseatischen Departements diejenigen Zwangs- und Bannrechte ausgenommen wor­ den: a) welche ursprünglich einer anderen Person, als dem Gutsherrn der Zwangspflichtigen zustanden; b) für deren Gründung der Gutsherr den Bannpflichtigen noch andere Vor­ theile, als die bloße Erhaltung der Mühlen bewilliget hatte.

Die spätere Preuß. Gesetzgebung hat es hierbei überall belassen, jedoch die so eben erwähnten nicht aufgehobenen Zwangs- und Bannrechte auf

„§. 25. Doch ist in der Regel jede Dorfgemeinde sich zu der Mühle „desselben Dorfes zu halten schuldig. „§. 26. Sind bei einem Dorfe mehrere Mühlen vorhanden, so haben „die Einwohner desselben die Wahl, zu welcher derselben sie sich halten „wollen. „§. 27. Doch müssen sie, wenn nur eine davon der GutSherrschast ge„hört, in der Regel dieser vor den übrigen den Vorzug geben. „§. 28. Wenn mehrere Dörfer unter einer GutSherrschast stehen, und „diese mehrere Mühlen hat, so sind die Einwohner eines jeden Dorfs an „ihre Dorfmühle nicht gebunden, sondern können auch einer anderen Mühle „derselben GutSherrschast sich bedienen. „§. 29. Dagegen kann eine GutSherrschast, welche mehrere Mühlen hat, „der Ordnung wegen eine Eintheilung machen, zu welcher derselben ein jc„der Wirth im Dorfe sich halten solle. „§. 30. Alle diese Vorschriften (§§. 26—29.) finden jedoch nur in so „fern Statt, als einem oder dem anderen Mühlenbefitzer nicht eine wirkliche „Zwangsgerechtigkeit beigelegt ist." 1) Diese Landestheile find: a) die Provinz Sachsen, mit Ausnahme des HerzogthumS Sachsen und der unbedeutenden von Schwarzburg - Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt und Sachsen-Weimar abgetretenen Di­ strikte, ingleichen des Gebietes von Erfurt, und der diesseits Elbi­ schen Theile der Altmark und des HerzogthumS Magdeburg; b) die Provinz Westphalen, mit Ausnahme des HerzogthumS West­ phalen und der Grafschaften Wittgenstein-Wittgenstein und Wittgenstein-Berleburg, sowie der Aemter Bürbach und Neuen­ kirchen, und c) der diesseits Rheinische Theil der Provinz Cleve und Berg, so­ weit dieser zum Departement deS Ober-LandeSgerichts zu Hamm ge­ hört.

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Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

den Antrag, sowohl deS Berechtigten, als deS Verpflichteten, gegen eine von dem Letzteren zu zahlende feste Geldrente für ablösbar erklärt. J) Die Freiheit deS Müllergewerbes war in jenen Landestheilen, so­ wie jene aller übrigen Gewerbe, ebenfalls schon hergestellt. *) Die Lösung eines Gewerbescheines war die einzige Bedingung, woran die Betreibung einer Mühle gebunden war, und nur die Anlage von Wassermühlen an öf­ fentlichen Flüssen, wozu indeß nicht bloß die schiffbaren, sondern auch die flößbaren zu rechnen waren, erforderte eine besondere Konzession deS Staa­ tes, als des Flußeigenthümers.3) ES entstand indeß hinsichtlich derjenigen hier gedachten Landestheile, in welchen das A. L. R. eingeführt ward, der Zweifel, ob die Bestimmung deS A. L. R. Th. II. Tit. 15. §. 242.: „Wenn in einem Orte oder Distrikte schon hinlängliche Mühlen zur Ver„sorgung deS Publikums vorhanden find, so soll denjenigen, welche neue

1) a) Die- geschah durch die drei Ges. v. 21. April 1825, betreff, die Rechtsverhältnisse des Grundbesitzes und der Realberechtigungen in den gedachten Landestheilen, §. 60. und resp. §. 41. und §. 39. (G. S- 1825, S. 83, 102 u. 119.) b) Das Ober-Trib. hat unterm 2. Febr. 1849 erkannt, daß die Grundsätze der allgem. Gewerbe-Ordn. v. 17. Ian. 1845 §§. 1, 2, 3 u. 190 keine Anwen­ dung finden auf die in den vormals König!. Westphälischen Landestheilen auf­ gehoben gewesenen Abgaben. Das G. v. 21. April 1825 spreche bereits die Aufhebung derjenigen Abgaben aus, welche als Gewerbsabgaben schon durch die Einführung der König!. Westphälischen Steuergesetze aufgehoben worden, und die §8- 1—3. der Gewerbe-Ordnung hätten es hierbei lediglich belassen, indem sie nur bestimmten, daß alle noch bestehende Berechtigungen zu Beschränkungen, Konzessionen und Abgaben von Gewerben aufgehoben sein sollten. (Entscheid, des Ob. Trib., Bd. 17. S. 445 ff.) c) Das Revis. Kolleg, für L. K. Sachen hat (in dem Erk. v. 27. Mai 1853) folgende Grundsätze ausgesprochen: «) In den vormals Königl. Westphälischen LandeSthetlen sind die aus­ schließlichen Gewerbeberechtigungen und das Recht Konzessionsabgaben für den Betrieb des Gewerbes zu erheben, nicht durch das Gewerbesteuer-Ed. v. 2. Nov. 1810 und die allgem. Gewerbe-O. v. 17. Jan. 1845, sondern bereits durch die Westphälischen Dekrete v. 5. Aug. 1808 und 12. Febr. 1810, sowie durch das G. v. 21. April 1825 (Nr. 938) aufgehoben worden. ß) Die Bestimmungen wegen Gewährleistung für aufgehobene Rechte im Tit. V. des Ges. v. 21. April 1825 (Nr 938.) finden keine Anwendung auf Abgaben, welche für ausschließliche Gewerbe-Berechtigungen oder für den Betrieb eines Gewerbes übernommen worden sind, insoweit sie gegen den Abgabepflichtige« geltend gemacht werden. y) Abgaben für ausschließliche Gewerbe-Berechtigungen fallen in diesen LandcStheilen sofort, und nicht erst mit dem eintretenden Falle eines geltend zu machenden WiderspruchS-RechteS weg. (Zeitschr. deS Revis. Kolleg. Bd. 6. S. 341—350.) 2) Dies war geschehen: «) in dem vormaligen Königreiche Westphalen durch die Dekrete v. 5. Aug. 1808 Art. 19. und v. 12. Febr. 1810 Art. 21. (Bulletin des lois v. I. 1808 No. 50. und v. I. 1810 No. 8.); ß) in dem vormaligen Großherzogthume Berg durch das Dekret v. 31. März 1809 Art. 8. (Bulletin des lois Tom. I. pag. 342), und /) in den vormals Hanseatischen und Lippe-Departements zufolge der Franzos. Dekrete v. 15. u. 28. März 1790, Art. 22., v. 2. u. 17. März 1791, Art. 2. u. 7. (Code general Fran^ais, Tom. VIII. pag. 37 u. 39.) 3) Berg!. Code Napoleon, art. 538. und die V. v. 9. Ventose d. I. VI. (Code gener. Fran^. Tom. VIII. pag. 59.)

Ges. v. 11. März 1850, 6etr. t. auf Mühlengrundstücken haft.Reallasten. 765 „Mühlen nicht zum alleinigen Gebrauche, sondern vielmehr zum Abbruche „der schon vorhandenen Mühlen anlegen wollen, dle Erlaubniß dazu von „der Landespolizei-Behörde versagt werden",

da zur Anwendung zu bringen sei, wo der Mühlenzwang bei Einführung deS A. L. R. bereits aufgehoben gewesen. Durch die an die Min. des I. u. der F. erlassene Ä. O. v. 18. Dec. 1833 wurde die Anwendbarkeit jener Bestimmung ausgesprochen, so daß seitdem bei Anlegung neuer Mühlen in diesen Landestheilen die Bedürfnißfrage zur Erörterung kam. B. Zn denjenigen Landestheilen, welche nach dem Tilsiter Friedens­ schlüsse bei der Preuß. Monarchie verblieben, wurde der Mühlenzwang durch die Edikte v. 29. März 1808 und 28. Okt. 1810 aufgehoben. Das Ge­ werbe - Steuergesetz v. 2. Nov. 1810 gab alle Gewerbe frei, machte deren Betrieb nur von der Lösung eines Gewerbescheines abhängig, und indem eine allgemeine Gewerbesteuer eingesührt ward, sollten alle bisherigen Ab­ gaben von den Gewerben, insofern sie die Berechtigung zum Betriebe der­ selben betreffen, aufhören. Was den Mühlen zwang insbesondere betrifft, so ward solcher: a) für Ostpreußen und Litthauen, mit Einschluß deS ErmelandeS und des Marienwerderschen landräthlichen Kreises, durch daS Ed. v. 29. März 1808 (G. S. 1808. S. 217) sammt dem Mühlenregal auf­ gehoben. b) In den übrigen, zu dem oben gedachten Gebiete gehörigen Landes­ theilen hob daS Ed. v. 28. Okt. 1810 (G. S. 1810. S. 95) den Müh­ lenzwang auf und gab die Errichtung neuer und Erweiterung bestehender, sowie die Wiederherstellung eingegangener Mühlen, frei, indem dasselbe be­ stimmte, daß in dieser Beziehung nur die allgemeinen baupolizeilichen Bor­ schriften beobachtet, dagegen die Rechte benachbarter Mühlenbesttzer nur in dem Falle für gekränkt angesehen werden sollten, wenn ihnen in dem Maaße Wasser oder Wind entzogen werde, oder ersteres dergestalt aufgestauet werde, daß sie dadurch nach der Art ihres bisherigen Betriebes einen Schaden er­ leiden würden. Durch die K. O. v. 23. Okt. 1826 (®. S. 1826. S. 108) wurde in­ deß diese Freigebung der Mühlen-Anlagen wieder dahin beschränkt, „daß die Landespolizei-Behörde den Bau und die Veränderung einer jeden Mühle, „die nicht auf das eigene Bedürfniß des Eigenthümerö derselben, es sei ein GutS„herr, eine Korporation oder eine Gemeinde, eingeschränkt, sondern gleichzeitig oder „ausschließlich auf fremde Mahlgäste berechnet ist, zu versagen befugt und ver„pflichtet sein solle, wenn die vor der Ertheilung der Genehmigung jeder Zeit zu „veranlassende polizeiliche Ermittelung ergiebt, daß die in der Gegend schon vor„handenen Mühlen hinreichen, um das Bedürfniß der Anwohner vollständig zu be„friedigen."

Es sollte durch diese Bestimmung, ohne den bestehenden Mühlen ein Zwangsrecht oder ein Ausschließungsrecht anderer Gewerbetreibenden beizu­ legen, einer, den Nahrungsstand der Besitzer der vorhandenen Mühlen be­ drohenden Konkurrenz bis dahin ein Ziel gesetzt werden, wo die GewerbeGesetzgebung die betreff. Verhältnisse allgemein geordnet haben würde. Die erwähnte K. O. bemerkt übrigens am Schluffe, daß die darin ge­ troffene Bestimmung sich nur auf diejenigen Provinzen beziehe, in welchen das Ges. v. 28. Okt. 1810 gesetzliche Kraft hat, mithin weder auf die Landestheile der Provinz Preußen, für welche daS Ges. v. 29. März 1808 ergangen, noch auf die seit 1814 mit der Monarchie vereinigten Pro­ vinzen und Ortschaften, in welchen es bei den daselbst bestehenden Vor­ schriften verbleibe. *)

1) DaS Ober-Trib. hat unterm 17. Sept. 1847 erkannt, daß daS Ed. v.

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Bon d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

C. Im Großherzogthum Posen, welches, nebst dem Kulm- und Michelauschen Kreise und dem Gebiete von Thorn, zum Herzogtb um e Warschau gehört bat, ist die Französische Gesetzgebung bis zur Vereini­ gung dieser Landestheile mit dem Preuß. Staate in Kraft gewesen. Durch ein ausdrückliches Gesetz sind daselbst während der fremdherrlichen Regie­ rung die Mühlenzwangs-Gerechtigkeiten nicht aufgehoben worden; *) sie ha­ ben sich auch faktisch bis dahin erhalten, wo das Ges. v. 13. Mai 1833 (G. S. 1833. S. 59) alle in der Provinz Posen damals noch beste­ henden Zwangs- und Bannrechte für aufgehoben erklärte.?) D. Was das Herzogthum Sachsen nebst den Markgrafschaften Ober- und Rieder-Lausitz betrifft, so ist hier die Frage erhoben wor­ den: ob nicht dadurch, daß das A. L. R. mit allen dasselbe abändernden und ergänzenden Bestimmungen durch das Patent v. 15. Rov. 1816 (G. S. 1816. S. 233) eingeführt und alle frühere allgemeine Landesgesetze außer Kraft gesetzt worden, der Mühlen- und Gewerbezwang für aufgeho­ ben, und das Ed. v. 28. Okt. 1810 für anwendbar zu erachten sei? Allein da durch das erwähnte Patent alle wohl erworbene Rechte namentlich auf­ recht erhalten worden, und der allgemeine Wechsel der Gesetzgebung keinen zureichenden Grund abgeben kann, die Mühlen- und sonstigen Zwangs­ rechte für aufgehoben anzunehmen; so wurde durch eine (nicht publicirte) K. O. v. 30. Juni 1823 3* )1 4 ausgesprochen, 2 daß in jenen LandeStheilktt die Sächsischen Generale in Mühlensachen *), und als subsidiarisches Recht der 28. Okt. 1810 wegen der Mühlengerechtigkeit in den seit dem Jahre 1814 mit der Monarchie vereinigten Provinzen und Ortschaften gar keine Anwendung findet. (Entsch. des Ob. Trib., Bd. 15. S. 493. Präj. Nr. 1922.). — Die K O. v. 23. März 1836 (G. S. 1836, S. 168) hat dies übrigens auch ausdrücklich deklarirt. 1) Das Oberlandesger. zu Marienwerder war der Anficht, daß die Aufhebung eine nothwendige Folge der Einführung des Code Napoleon (Art. 686.) und der Vorschrift des Warschauschen transitorischen Ges. v. 10. Okt. 1809, Art. 9. (Warschausche Gesetz-Samml. Bd. II. S. 52) gewesen sei. Das Ober-AppellationSger. zu Posen war entgegengesetzter Meinung. DaS Justizmin. hatte sich in einem Schreiben an das Finanzmin. v. 1. Juni 1827 der Ansicht des OberlandeSger. zu Marienwerder angeschloffen. (Act. gen. I. Abth. No. 12. Vol. 2.) 2) a) Es ist hier zu erwähnen, daß das Ober-Trib. angenommen hat, daß für die Jmmediatstädte des GroßherzogthumS Posen das G. v. 2. Nov. 1810 über die Einführung der Gewerbesteuer schon seit dem 1. März 1817 für eingeführt und in Kraft getreten, der Gewerbezins somit in diesen Städten schon seit jenem Zeitpunkte für wegfallend zu erachten sei. (Entscheid, des Ob. Trib., Bd. 13. S. 454 ff.) b) Das R e v i s. Kolleg. für L. K. Sachen hat in Bezug aus das Großherzogthnm Posen und die zur vormaligen Prov in z Südprcußen gehörigen Landestheile folgende Rechtssätze angenommen: «) Mühlenabgaben, welche in der vormaligen Provinz Südpreußen nach Verkündigung der Dekl. v. 30. April 1797 stipulirt worden, sind im zweifelhaften Falle nicht als Gewerbe-, sondern als Grundabgaben zu erachten. (Grk. des Revis. Kolleg, v. 2. Sept. 1851 in dessen Zeitschr. Bd. 4. S. 408-411 u. Präj. Sammt. S. 76, Nr. 20.) ß) Es ist nicht zu vermuthen, daß Gutsherren im Großherzogthume Posen (im Netzdistrikte seit 1772, im vormaligen Südpreußen seit 1797) befugt gewesen seien, Berechtigungen zum Betriebe des Mühlen­ gewerbes zu verleihen, und solche, sowie Grklusiv-Recht, zu verleihen be­ absichtiget haben. (Erk. des Revis. Kolleg, v. 18. Nov. 1851, in dessen Zeit­ schrift Bd. 5. S. 91—95. u. Präj. Samml. S. 78, Nr. 25.) 3) Acta des Min. des Innern s. Ruhr. Mühlensachen No. 62. 4) a) Dies sind das Generale v. 8. Mai 1811 (3te Fortsetz, des Codex Augusteus Abth. II. S 311) und für die Sächsischen Stiftsländer und

Ges. v. 11. März 1850, betr. t. auf Müblengrundstücken haft.Reallasten.

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Abschn. 5. Tit. 15. Tb. II. des A. L. R. !) zur Norm dienen sollten. Die erwähnten Generale enthalten nur eine wesentliche Abweichung von den Bestimmungen des allegirtcn Abschnitts des A. L. R., nämlich die, daß eine Patrimonial-Gerichtsobrigkeit zur Anlegung einer Mühle auf eige­ nem Grunde und Boden keiner besonderen Konzession bedürfe. Die Säch­ sischen Rechtsgelehrten deuteten diese Vorschrift auf eine unbeschränkte Befugniß; allein die erwähnte K. O. v. 30. Juni 1823 sprach aus, daß die Erörterung der Bedürfnißfrage eintreten müsse, insofern die Anlage nicht bloß für das eigene Bedürfniß bestimmt sei, und bei Anlegung von Müh­ len Seitens einer Patrimonial-Gerichtsbarkeit, sofern darauf noch anderes Gemahl, als daS seiner Gerichts-Eingesessenen gefördert werden solle. 2) E. Gan; unberührt von der neueren Mühlen- und Gewerbe-Gesetzge­ bung bis zum Erlaß der allgem. Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 blieben die Zwangs- und Bannrechte in folgenden Landestheilen: a) in den ehemals Nassauischen Landestheilen auf dem rechten Rheinufer des Regierungsbezirkes Koblenz;*) b) in der Stadt Wetzlar und ihrem Gebiete; c) in den ehemals zum Großherzogthum Hessen gehörigen Landes­ theilen, nämlich üi: dem Herzogthum Westphalen und den Graf­ schaften Wittgenstein-Wittgenstein u. Wittgenstein-Berle­ burg: 4) d) im Fürstenthume Erfurt; 5)* e) in Neu-Vorpommern und Rügen.*)

die Markgrasschaften Ober- und Nieder-Lausitz die Generale v. 13. Aug. 1812 für das Stift Merseburg, und v. 12. Aug. 1812 für die Lausitz. b) Zur Erläut. der Frage, wieweit die den Patrimonialgerichtsherrschaften in der Nied er-Lau sitz früher zugeftandene Mühlengerechtsame für den Beweis der gewerblichen Natur einer Mühlenabgabe von Bedeutung ist? vergl. die sehr gründ­ liche historische Erörterung in dem Erk. deS Revis. Kolleg. für L. K. Sachen v. 3. Juni 1851. (Zeitschr. deffelb. Bd. 5. S. 392-406.) 1) Hiernach wurde insbesondere der bereits oben (sub ä..) angeführte §.242 a. a. O. für anwendbar erklärt, welcher in der durch die K. O. v. 23. Oft. 1826 vergescl riebencn Art die Erörterung der Bedürfnißfrage anordnet. 2) Es ist übrigens auch hier darauf hinzuweisen, daß nach der K. O. v. 23. Marz 1836 (G.' S. 1836, S. 168) das Ed. v. 28. Oft 1810 wegen der Mühlengerechtigkeit in den oben ad D. genannten Landestheilen nicht in Kraft getreten ist. 3) In diesen LandeStheilen wurde die Gewerbefreiheit nicht eingeführt, viel­ mehr erhielt die Verordn, v. 9. und 11. Dec. 1815, §. 7. (Nassauische GesetzSamml., Bd. I. S. 336) die Zwangs - und Bannrechte sogar ausdrücklich aufrecht. 4) Hier wurde die alte Mühlen-Gesetzgebung nicht abgeändert, namentlich blieben die Zwangs- und Bannrechte fertbestehen. DaS Ed. v. 28. Oft. 1810 kennte daher hier, obwohl daS A. L. R. mit den späteren abändernden und er­ gänzenden Bestimmungen durch das Patent v. 21. Juni 1825 (G. S. 1825, S. 153) eingefübrt wurde, nicht zur Anwendung kommen, sondern nur der Abscbn. 5. Tit. 15. Thl. II. deö A. L. R. 5) Das Gebiet von Erfurt gerieth durch den Tilsiter Frieden unter Französische Herrschaft, wurde aber nicht desinitiv zu irgend einem Staate ge­ schlagen, sondern bis zur Wiedervereinigung mit Preußen von einem provi­ sorischen Gouvernement verwaltet. DaS Ä. L. R. blieb während dieser Zwischen­ zeit daselbst in Kraft. Da indeß die G ewerb efrei h e it dort nicht angeordnet und die ZwangS-Gerechtigkeiten nicht aufgehoben wurden, so erlangte daS Ed. v. 28. Oft. 1810 daselbst keine Gesetzeskraft. 6) In Neu-Vorpommern und Rügen, wo daS gemeine Deutsche Recht noch sortbefteht, hat eS niemals Zwangs- und Bannrechte gegeben, und die An­ lage von Mühlen ist dort stets ein unbeschränktes Recht der natürlichen Freiheit geblieben, so daß laudespolizeiliche Konzessionen dazu niemals stattgefunden haben,

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Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

AuS der vorstehenden Darstellung ergiebt sich, daß bet der Anlegung von Mahlmühlen die Erörterung der Bedürsnißfrage nach der K. O. v. 23. Okt. 1826, oder der damit im Wesentlichen übereinstimmenden Vorschrift deS $. 242. Tit. 15. Th. II. des A. t. R. im ganzen Umfange der Monarchie erforderlich war, mit Ausschluß:

a) von Ostpreußen und Litthauen nebst Ermeland und demMarienwerderschen Kreise; b) der Landestheile auf dem linken Rh einufer; c) derjenigen auf dem rechten Rheinufer, wo das A. L. R. nicht Gesetzes­ kraft hat, und d) von Neu-Vorpommern. Die allgem. Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 (G. S. 1845. S. 48) bestimmte indeß für den ganzen Umfang der Monarchie im $. 38.'), daß die in den einzelnen Landestheilen noch bestehenden Vorschrif­ ten, wonach die Anlage neuer und die Erweiterung und Verände­ rung vorhandener, auf die Konsumtion der Umgegend berechneter Getreide-Mahlmühlen von dem Bedürfniß der Umgegend abhängig ist (insbesondere der $. 242. Tit. 15. Th. II. des A. L. R. und die Ordre v. 23. Okt. 1826), aufgehoben sein sollten. Zugleich erklärte dies Gesetz alle ausschließlichen Gewerbe-Be­ rechtigungen, auch die an einem Grundstücke haftenden, ferner alle Be­ rechtigungen, Konzessionen zu gewerblichen Anlagen oder zum Betriebe von Gewerben zu ertheilen; desgleichen alle noch bestehenden Zwangs­ und Bannrechte, insbesondere den Mahlzwang, für aufgehoben (§§. 1., 2. und 4. a. a. O ). Für die unter der Preuß. Regierung stattgefundene Aufhebung der Exklusiv - Berechtigungen und Zwangs - und Bannrechte der Mühlen sind den Mühlenbesitzern nach den hierüber erlassenen Gesetzen Entschädigungen gewährt worden. Für Ostpreußen und Litthauen nebst Ermeland und dem Marienwerderschen Kreise sollten nach dem Ed. v. 29. März 1808 als Entschädigung dem Zwangsberechtigten, Mühlenerbpächter oder Pächter, der Kanon oder die Pacht, oder überhaupt die Abgabe, welche von der Mühle für daS Nutzungsrecht derselben bisher entrichtet worden, ganz oder zum Theil erlassen und dabei vermuthet werden, daß die Erlassung der ganzen Abgabe zur Entschädigung erforderlich sei. Dem Ober-Eigenthümer oder Verpächter der Mühle sowohl, als dem bisherigen Mahlpflichtigen sollte jedoch zu jeder Zeit der Beweis offen stehen, daß der Ausfall an dem Gewinnste deS Müllers geringer sei, und wenn dieser Beweis geführt würde, sollte dem Müller nur der wirkliche Ausfall vergütet werden. Für den Verlust des Berechtigten durch den Erlaß der Abgabe sollten die bisherigen Mahlpflichtigen aufkommen. In den übrigen Landestheilen, in welchen unter der Preußischen

(Vergl. Bericht der Reg. zu Stralsund v. 1. Juni 1824 in den Akten des Min. deS Innern sub rubro Mühlensachen, No. 60. Vol. 2.) 1) Das RevistonS-Kollegtum für L. K. Sachen hat in den Präj. v. 23. April 1851 und 23. März 1852 angenommen, daß in Neu-Vorpommern und Rügen zwar eine allgemeine aus dem Regal oder der Gutsherrlichkeit herzuleitende KonzessionSbefugniß bezüglich deS Betriebes des MütlergewerbeS nicht begründet, wohl aber der Erwerb einer Erklusiv-Berechtigung zulässig gewesen sei. ES seien daher Mühlen-Abgaben, welche kontraktlich für eine solche stipulirt worden, als unentgeldlich aufgehoben zu erachten. (Zeitschr. deS Revis. Kolleg., Bd. 4. S. 218 ff. u. Präj. Samml. desselb, S. 74. Nr. 14.)

Ges. v. 11. März 1850, betr. d. auf Mühlengrundstucken hast. Reallasten.

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Regierung die Zwangs-, Bann- und Erklusivrechte aufgehoben sind, hat der Staat die Entschädigung der Mühlenbesitzer für diese Aufhebung über­ nommen. Für die Provinzen, wo das Ed. v. 28. Okt. 1810 galt, wurde durch die V. v. 15. Sept. 1818 (G. S. 1818. S. 178) in Bezug auf die zu gewährende Entschädigung festgestettt, daß eine Verminderung der Einnahme der früher Berechtigten, durch die Aufhebung der Zwangs- und Bann-Rechte nicht zu vermuthen und eine Entschädigung nur dann zu gewahren sei, wenn nachgewiesen werde: a) der Debit aus den zehn Jahren von 1796 bis 1805; b) der Debit aus den vier Jahren 1811 und 1816 bis 1818; c) daß der bei Vergleichung des Durchschnittes dieser beiden Normal-Perioden sich etwa ergebende Ausfall ohne Schuld des Berechtigten und nicht durch Mangel an Thätigkeit, Industrie und Güte des Fabrikats herbeigeführt, son­ dern lediglich als unmittelbare Folge der Aushebung des Zwangrechtes anzusehen sei.

Der Beweis deS Ausfalls am Ertrage sollte durch genau geführte Bü­ cher, in deren Ermangelung aber durch andere Beweismittel, mit Ausnahme der Eidesdelation, geführt werden. Die Entschädigung für solchen Ausfall übernahm der Fiskus allein. Für das Großherzogthum Posen wurden durch das Ges. v. 13. Mai 1833 (G. S. 1833. S. 59) hinsichtlich der Entschädigung die Bestimmungen der V. v. 15 Sept. 1818, jedoch mit der Maaßgabe für an­ wendbar erklärt, daß daselbst zur Begründung einer Entschädigungs-Forde­ rung der Debit aus den beiden Perioden von 1816 bis 1825 und von 1834 bis 1837 nachzuweisen, und der Beweis des Nichtvorhandenseins einer Verschuldung auf seiner Seite von dem Berechtigten nicht verlangt werden sollte. Nach dem mit der Gewerbe - Ordn. v. 17. Jan. 1845 erlassenen Ent­ schädigungs-Gesetze §. 29. (G. S. 1845. S. 79) wird die Entschädigung für die durch die gedachte Gewerbe-Ordnung aufgehobenen Mühlen-, Zwangs- und Bannrechte in der Art festgestellt, daß die Einwohneranzahl, welche der zwangs- oder bannpflichtige Bezirk im Jahre 1844 hatte, ermit­ telt und pro Kopf alljährlich £ Metze Roggen nach den Durchschnittsprei­ sen von 1815 bis 1844 als Vergütigung gewährt wird. Obwohl in Folge dieser Gesetze den Mühlenbesitzern nicht unbedeutende Entschädigungen gewährt worden 2), so zeigten sich solche doch als unzu­ reichend, und es stellte sich insbesondere heraus, daß der ganze Umfang des Nachtheils, welchen die Müller durch Aufhebung der Zwangs- und Bann­ rechte erlitten, erst nach Ablauf der festgesetzten Normaljahre hervorgetreten, und mithin die auf bestimmte Normaljahre gegründete Entschädigung eine ungenügende sei. Hierzu kam nun, daß die durch die Einführung der Ge­ werbe - Ordn. v. 17. Jan. 1845 und die Aufhebung der Untersuchung der Bedürsnißfrage eröffnete freie Konkurrenz des Mühlengewerbes mit den nachtheiligsten Folgen für die Besitzer der bis dahin bestandenen Müh­ len verbunden war, indem das Entstehen neuer Mühlen den alteren Mühlenbesitzern einen großen Theil ihrer Nahrung entziehen und ihre Ein­ nahme verringern mußte. Die unbeschränkte Konkurrenz aber war für die Besitzer der alteren Mühlen um so empfindlicher, weil auf ihren Mühlen vielfach aus früherer

1) Der Staat hat in Folge des Ges. v. 15. Sept. 1818 im Ganzen 1,800,000 Thlr. und in Folge des EntschädigungS-Ges. v. 17. Jan. 1845 bis jetzt 200,000 Thlr. als Entsckadignng für aufgehobene Zwangs-, Bann- und Erklusiv-Recl te gewährt. dandes-Kultur-Gksetzg. Bd. n.

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Don d. Ablös. der ReaNasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

Zeit herrührende Abgaben und Leistungen an den Domainen - Fiskus oder an andere Berechtigte ruhen, welche in der Regel von beträchtlicher Höhe sind; wogegen die Besitzer der neu entstandenen Mühlenanlagen nur mit den geringeren Abgaben (der Gewerbesteuer) beschwert sind, welchen die älteren Mühlen überdieß auch noch unterworfen sind, so daß diese mit jenen nicht zu konkurriren vermögen.

Diese Umstände veranlaßten die sogenannten altzinspflichtigen Müller der sechs östlichen Provinzen bald nach Erlaß der allgem. GewerbeOrdn. v. 17. Jan. 1845 zu vielfachen Beschwerden. Sie bildeten Vereine, um durch gemeinschaftliches Wirken Abhülse von der Gesetzgebung zu er­ langen. Bereits dem ersten vereinigten Landtage vom Jahre 1847 wurde eine Petition Schlesischer Müller überreicht, welche die Wiedereinführung eines Schutzes durch Erörterung der Bedürfnißfrage oder eine Staats-Ent­ schädigung beanspruchte. Sowohl von Seiten der Staatsregierung, als aus der Mitte der Volksvertretung wurden demnächst mehrfache Versuche ge­ macht, den erwähnten Uebelständen Abhülfe zu verschaffen. Von der Staatsregierung wurde bereits der Nationalversammlung ein Entwurf eines Gesetzes über die Regulirung der mit Mühlengrund­ stücken verbundenen Abgaben und Leistungen vorgelegt *), welcher indeß, wegen der bald nachher erfolgten Auflösung dieser Versammlung, nicht zur Berathung gelangte.

Auch von Mitgliedern der aufgelösten zweiten Kammer sind selbststän­ dige, von verschiedenen Grundsätzen ausgehende, Gesetzentwürfe zur Be­ schlußnahme eingereicht worden 1 2),3 4welche indeß gleichfalls nicht Gegenstand der Berathung in den Plenarsitzungen wurden.

In der I. Kammer wurde ebenfalls schon vor Auflösung der II. Kam­ mer, von zwei Abgeordneten ein Antrag auf Berathung über einen von ihnen vorgelegten Gesetzentwurf über die Regulirung der Mühlenabgaben gestellt2), und es wurde zur Berathung desselben, zufolge Beschlusses der I. Kammer v. 13. Okt. 1849, eine besondere Kommission erwählt. *)

Da inzwischen die Königliche Staatsregierung bereits in dem Patente V. 5. Dec. 1848, betr. die Zusammenberufung der Volksvertreter (G. S. 1848. S. 393) das Versprechen ertheilt hatte, der nächsten Volksvertretung unter Andern ein Gesetz über Regulirung der Mühlenabgaben vorlegen zu lassen, und dieser Gesetzentwurf demnächst auch mittelst Kö­ nig!. Ermächtigung v. 12. Noo. 1849 durch den Minister für Handel, Ge­ werbe und öffentliche Arbeiten der II. Kammer zur Beschlußnahme über­ reicht wurde; 5) so blieb der Gegenstand einstweilen in der I Kammer auf sich beruhen, und die von dieser ernannte Kommission beschloß, ihre Bera­ thungen auszusetzen, bis von der II. Kammer über die Reg. Vorlage ein

1) Vergl. diesen Entwurf nebst Motiven in den stenogr. Verhandl. der National-Versammlung, Bd. III. S. 1949—1956. Derselbe wurde in der 91. Sitz. v. 31. Okt. 1848 mittelst Königl. Botschaft von demselben Tage eingebracht. (Verhandl. d. Nat. V., Bd. III. S. 1900.) 2) Dies geschah Seitens der Abgeordneten Moritz und Elsner. (Vergl. die stenogr. Verhandl. der aufgelösten II. Kammer, 30. Sitzung, S. 533 u. 534.) 3) Dieser Antrag wurde unterm 28. März 1849 von den Abgeordneten Robe.und Denzin eingereicht. 4) Stenogr. Ber. der I. K. 18*1, S. 1090. 5) Vergl. die stenogr. Ber. der II. K., 54. Sitz. v. 15. Nov. 1849, S. 1175. — Der Gesetz-Entw. nebst Motiven findet sich abgedrnckt in den stenogr. Ber. her II. K. 18z8, Bd. 3. S. 1340-1346.

Ges. v. 11. März 1850, betr. d. auf Mühlengrundstücken haft. Reallasten.

771

Beschluß gefaßt und derselbe der I. Kammer zur gleichmäßigen Beschluß­ nahme zugegangen sein würdet) In der II. Kammer gelangte demnächst der Gesetzentwurf zuerst zur Berathung. 1 2) Derselbe wurde hier nur mit verschiedenen Abänderungen angenom­ men, und ging nunmehr an die I. Kammer, welche nach Erstattung des Berichtes der von ihr ernannten besonderen Kommission für Berathung deS Mühlengesetzes 3) dem von der II. Kammer beschlossenen Gesetzentwürfe im Wesentlichen beitrat. 4)5 Da indeß Seitens der I. Kammer einige Ab­ änderungen für erforderlich erachtet worden waren, so gelangte das Gesetz an die II. Kammer zur anderweitigen Erwägung. Auf den Antrag der Kommission«) der letzteren trat das Plenum derselben den von der I. Kammer beschlossenen Modifikationen deS Gesetzes, mit Ausnahme eineS einzigen Punktes (den §. 3. betreffend), bei.6) AlS nunmehr der Gesetz­ entwurf zur endlichen Beschlußnahme wiederum an die I. Kammer zu­ rückging, erklärte diese sich bei dem noch bestehenden Dlfferenzpunkte mit der II. Kammer einverstanden 7),8 wodurch die völlige Uebereinstimmung der Be­ schlüsse beider Kammern herbeigeführt war. Das solchergestalt berathene Gesetz erlangte die Sanktion der Krone und ist unterm 11. März 1850 von des Königs Majestät vollzogen und demnächst durch die Gesetzsammlung publicirt worden. •)

1) Vergl. den Bericht der Komm, für die Berathung deS MühlenabgabenGes., v. 15. Febr. 1850 in den stenogr. Berhandl. der I. K. 18$$, S. 2765. 2) Die Kommissionen der II. K. für Agrar-Berh. und für H. u. G., welchen der Gesetz-Entwurf zur Begutachtung überwiesen worden, erstatteten ihren Komm.Bericht unterm 15. Dec. 1849 (Berhandl. der II. K. S. 1945—1949), und es ge­ langte der Gegenstand bereits in der 80. Plenar-Sitzung v. 7. Jan. 1850 zur Be­ rathung ; indeß wurde auf den Antrag des Abgeordn. Elwanger beschlossen, die Berathung einstweilen auSzusetzen und die inzwischen eingegangenen zahlreichen Proteste der Mühlenbesitzer nebst den eingereichten Verbesserungs-Antragen zu dem Gesetz-Entwürfe den beiden Kommissionen zu überweisen, und nach erfolgter Diskussion in denselben demnächst, ohne weitere Berichterstattung, die weitere Be­ rathung des Gesetz-Entwurfs im Plenum stattfinden zu lassen. (Verh. der II. K, S. 1830.) — Dagegen wurde ein ähnlicher Antrag des Abgeordneten Walter und Gen., welcher dahin lautete: „ju beschließen, daß der Bericht der Agrar- und Gewerbe-Kommissionen, „in Folge der von den Betheiligten gegen den Gesetz-Entwurf eingereichten „Proteste, Behufs nochmaliger Prüfung und Berathung an die Kommissionen „zurückgewiesen und einstweilen die Diskussion vertagt werde", vom Plenum abgelehnt (a. a. O. S. 1828 u. 1830). — Nachdem demnächst von den beiden vereinigten Kommissionen für Agrar-Berh. und für H. u. Gew. eine nochmalige Berathung veranlaßt worden, welche dieselben zu verschiedenen AbanderungS-Anträgen zu dem Gesetz-Entwürfe veranlaßte, gelangte die Sache an­ derweitig in der 85. Sitzung v. 16. Jan. 1850 zur Plenar-Berathung. (Stenogr. Ber. der II. K., S. 1945—1974.) 3) Dieser Bericht wurde unterm 10. Febr. 1850 erstattet. Vergl. denselben in den stenogr. Ber. der I. K., S. 2765 ff. 4) Die Plenar-Berathung in der I. K. sand in der 115. Sitzung v. 19. Febr. 1850 statt. (Stenogr. Ber. der I. K., S. 2765 ff.) 5) Vergl. den Bericht der Komm, der II. K. v. 18. Febr. 1850. (Stenogr. Ber. der II. K., S. 2961.) 6) Vergl. die Berhandl. der 115. Sitzung der II. K. v. 20. Febr. 1850. (Stenogr. Ber. der II. K., S. 2961 — 2965.) 7) Vergl. die Verhandl. der I. K. in der 124. Sitzung v. 22. Febr. 1850. (Stenogr. Ber. der I. K., S. 2900—2902.) 8) Das Gesetz befindet sich in der (am 16. März 1850 zu Berlin auSgegebenen) Nr. 11. der G. S. pro 1850, S. 146—148 abgedruckt.

772 Bon d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

II. Die allgemeinen Prinzipien deS Gesetzes. DaS Gesetz gebt, wie die Königl. Staatsregiernng in den Motiven des von ihr vorgelegten Entwurfs ausdrücklich anerkannt hat, von der thatsäch­ lichen Voraussetzung aus, daß die Mühlenbesttzer sich vielfach in einer sehr bedrängten Lage befinden, und stellt sich daher die Aufgabe, den zahlreichen Beschwerden dieser Gewerbetreibenden, so weit als möglich, Abhülfe zu gewähren. — Die Motive und Kommissions-Berichte sprechen aus, „daß die eingetretene freie Konkurrenz deS MühlengewerbcS, unter Hinzutritt der „neuen Erfindungen im Gebiete dieser Industrie, einen großen Theil der Besitzer al„terer, mit Abgaben hoch belasteter Mühlen in eine sehr traurige Lage versetzt hat. „Die Eristenz einer großen Zahl derselben wird durch die in ihrer Nähe entstan„denen neuen Mühlenanlagen bedrohet. Dahin gehören namentlich die Besitzer der „Wassermühlen mit geringen unregelmäßigen Wasserkräften und von Windmühlen, „wenn dieselben außer dem Grund und Boden des MühlenetabliffementS keine wei„teren oder sehr geringe Ländereien besitzen, gleichwohl aber ihre Grundstücke mit „bedeutenden Abgaben belastet find. Während sie seither, in Folge der Beschrän„kung der Konkurrenz, durch den Betrieb ihres Gewerbes noch ihren Unterhalt „fanden, gerathen sie, sobald der Ertrag ihres bisherigen Gewerbebetriebes durch „neue Konkurrenten geschmälert wird, in die Gefahr, nicht mehr bestehen und ihren „Verpfiichtungen nicht mehr genügen zu können."

Aus diesen Ursachen war denn auch das Verhältniß der Verpflichteten und Berechtigten gegen einander großentheils ein nicht mehr zufriedenstellen­ des. Die Prozesse über die streitige Natur der Mühlcnabgaben hatten seit Jahren bedeutend zugenommen, und zahlreiche Beschwerden der Mühlen­ besitzer hatten dringend begehrt, daß den obwaltenden Uebelständen abgehol­ fen werde. Der Weg, welchen das neue Gesetz zu diesem Behufe einschlägt, ergiebt sich im Wesentlichen auS folgenden dabei zum Grunde liegenden Prin­ zipien. 1) Indem davon ausgegangen wird, daß jede Entschädigung Seitens deS Staats und jeder Gewerbeschutz durch Prüfung der Bedürfnißfrage, sowie jede neue Verpflichtung der Gewerbegenoffen zur Aufbringung einer Entschädigung zurückzuweisen, beschränkt daS Gesetz sich 2) darauf, die ungerechtfertigten Bestimmungen der Dekl. v. 19. Febr. 1832 aufzuheben, 3) formell das Prozeß - Verfahren behufs Erörterung der streitigen Abgaben­ natur zu vereinfachen und zu beschleunigen, 4) dem Berechtigten einen Erlaß auch der unstreitigen, nicht aufgehobenen Grundabgaben insoweit anzumuthen, als eS nöthig ist, um den Verpflichte, teil in prästationsfähigem Stande zu erhalttn; 5) die Ablösung der, nach Ausscheidung der für aufgehobene Gewerbeabgabeu erkannten Lasten, aus den Mühlen hastenden Real-Lasten, nach den erlcich ternden Grundsätzen des Gesetzes über die Ablösbarkeit der Real-Lasten an­ zuordnen. und damit den Müllern auch die Vortheile deS mäßigeren Ablö­ sungssatzes und die übrigen Vortheile jenes und deS RentcnbankgeseheS zu gewähren.

Diese Prinzipien des Gesetzes werden einer ausführlichen Kritik unterworfen in der Schrift: „v. Rönne, das Ges. v. 11. März 1850, betr. die auf Mühlengrundstücken haftenden Reallasten, nebst einem prakti­ schen Kommentar zu demselben und einer kritischen Beurtheilung des Ge­ setzes. Brandenburg. 1850. S. 81—111.", worauf hiermit verwiesen wird.

Zum Eingänge des Gesetzes. Das MühlenablösungS-Gesetz kommt, wie sein Eingang besagt, ebenso wie daS Ablös. Ges. v. 2, März 1850, für den ganzen Umfang der

Ges. v. 11.März 1850, betr. d.ausMüblengrundst.hast. Realtasten($. 1.).

773

Monarchie, mit Ausnahine der auf dem linken Rbeinnfer belegenen Landesiheile, zur Anwendung.

Zum

L

I. Der §. 1. des Ges. ist von beiden Kammern ohne irgend eine Abänderung wörtlich in derjenigen Fassung angenommen worden, welche der Entw. v. 12. Nov. 1849 in Vorschlag gebracht hatte. *) (Stenogr. Ber. der II. K. 18;;. S. 1967. u. der I. K. S. 2774.)

1) Es waren in vielfachen Petitionen der Mühlenbesitzer Anträge gestellt wor­ den, welche dahin gerichtet waren: den Begriff der gewerblichen Abgaben anderweit gesetzlich festz u stellen, um dadurch eine Ermäßigung der aufden Mühlengrundstücken haftenden Reallasten herbeizusühren; desgleichen: den Mühlenbesitzern durch Aufstellung günstiger Rechtsvermuthungen für die gewerbliche Eigenschaft der Lasten, insbesondere in denjenigen Fällen, wo bei der ursprünglichen Verleihung ein Kauf- oder ErbstandSgeld gezahlt worden, zu Hülfe zu kommen. Derartige Anträge waren bereits bei der National-Versammlung gestellt worden. Die Fach-Kommission derselben für Handel und Gewerbe hob indeß in ihrem Berichte v. 27. Juli 1848 in dieser Beziehung die Schwierigkeit hervor, welche sich der Auffindung eines billigen Prinzips für die Sonderung der Abgabe entgegenstellten, und hielt es deshalb, und weil die Sachlage in jedem einzelnen Falle eine besondere sei, für zweckmäßiger, dabei von der Aufstellung all­ gemeiner Grundsätze abzustehen. Der Seitens der Staats-Regierung der National - V ersammlung vorgelegte Gesetz-Entwurf schlug in dieser Beziehung gleichfalls nicht den von meh­ reren Mühlenbesitzern gewünschten Weg ein. Dagegen wurden bei der (aufgelösten) II. Kammer Seitens der Abgeordneten Moritz u. Gen. und Elsner und Gen. verschiedene Anträge im Sinne der er­ wähnten Petitionen der Mühlenbesitzer gestellt, welche im Wesentlichen dahin gerich­ tet waren, die Grundsätze von der Beweislast bei Mühlenabgaben zu Gun­ sten der Verpflichteten zu modifiziren und rechtliche Vermuthungen für die gewerbliche Eigenschaft der Mühlenzinsen aufzustellen. Die Motive des demnächst von der Koni gl. Staats- Regie rung vor­ gelegten, dem jetzigen Gesetze zum Grunde liegenden Entwurfs erklären sich ent­ schieden gegen die Anträge, welche beabsichtigten: an Stelle der früher eventuell für das Vorhandensein einer Grundabgabe ausgestellten Rechtsvermuthung die Präsumtion einer, die Berechtigung zum Gewerbebetriebe betreff. Abgabe treten zu lassen; denn einem solchen Verlangen ständen eben die Gründe entgegen, welche für die Aushebung der §§. 1. und 2. der Dekl. v. 19. Febr. 1832 sprechen; es würde damit der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetze wieder auf andere Weise ver­ letzt werden. Ueberhaupt könne nicht gehofft werden, durch eine Deklaration die Streitigkeiten darüber: ob Mühlenprästationen nach den Vorschriften des §. 30. des Ed. v. 2. 9tev. 1810 und des §. 3. der Gewerbe-Ordn. v. 17. Zan. 1845 aufgehoben find oder nicht, auf eine gerechte Weife zu beseitigen. Denn die Worte des Ges. und der Rechts­ begriff der Abgaben, welche die Berechtigung zum Betriebe des Gewerbes betreffen, seien vollkommen klar; die Schwierigkeit beruhe nur in der Anwendung des Ges. auf die speziellen Fälle, weil die thatsächliche Grundlage für die Beurtheilung, ob die Angabe die Berechtigung zum Betriebe des Gewerbes betrifft oder nicht, selten bewiesen werden könne. Die Feststellung von Thatsachen aber könne nur der richterlichen Thätigkeit überlassen bleiben; sie dürfe nicht zum Gegenstände der Gesetzgebung gemacht werden. Sofern aber der Vorschlag den Zweck habe, die so eben allegirten Gesetze dahin zu deklarircn, daß durch solche alle diejenigen Müh­ lenabgaben haben beseitigt werden sotten, welche nicht als Aeguivalent für die das

774 II.

Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulinmgen u. Gern. Theilungen.

Vergl. die im $. 1. des Ges. in Bezug genommenen Bestimmun

belastete Mühlengrundstück bildenden Realitäten anzusehen, sondern als aus der Rücksicht auf den wahrscheinlichen Ertrag des aus der Mühle zu betreibenden Ge­ werbes hervorgegangen zu betrachten find, so sei eine solche Maaßnahme weder ge­ recht, noch zweckmäßig; denn eine derartige Auslegung deS Begriffs: „Abgaben, welche für die Berechtigung zum Gewerbebetriebe entrichtet werden", halte sich nicht in den Gränzen der bisherigen Gesetzgebung, sondern unterstelle demselben ganz neu eine Reihe von Abgaben, welche nach jenen Gesetzen dahin niemals gehört hatten, vielmehr unzweifelhaft zu Recht beständen. Die Mühlenbesitzer würden also dadurch nicht allein von einer Last befreit werden, welche ihnen die Gesetze von 1810 und 1845 abgenommen haben, sondern es würden dadurch Abgaben, auf welche sich jene Gesetze gar nicht bezogen hätten, nämlich solche, welche der Rück­ sicht auf den muthmaaßlichen Ertrag des Gewerbes ihre Entstehung verdanken, neuerdimgs aufgehoben werden. Auch würde die hierin liegende Verletzung für die Berechtigten insofern keine gleichmäßige sein, als diese in den Landestheilen, in wel­ chen die Abgaben für die Berechtigung zum Gewerbebetriebe durch §. 3. der Gewcrbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 aufgehoben worden, für ihren Verlust einen Ersatz aus Staatskassen erhalten, ein solcher aber den Berechtigten in beit übrigen Landes­ theilen nicht zu Theil werden würde. Andererseits würde eine solche Deklaration des Begriffs der Abgaben nicht allen Mühlenbesitzern von Nutzen sein können, da bei sehr vielen derselben, und vorzugsweise bei den am schwersten belasteten, bereits durch rechtskräftige Entscheidungen oder rechtsbeständige Abkommen festgestellt sei, daß sich unter deren Mühlenprästationen keine derartige Abgaben befinden. Diese Gründe gaben der Königl. Staats-Regierung Veranlassung, aus die erwähnten Anträge der Mühlenbefitzer nicht einzugehen; vielmehr die Abhülse des Nothstandes derselben durch die Aufstellung des (im §. 6. des Ges. enthalte­ nen) Grundsatzes der Erhaltung der Mühlenbesitzer im prastationssähigen Zustande vorzuschlagen. Die Komm, der II. K. erklärte sich (in dem Ber. v. 15. Dec. 1849) mit die­ sen Ansichten der Staats-Regierung vollkommen einverstanden. In der Komm, der I. K. wurde die Frage ausführlicher zur Erörterung ge­ zogen: ob man nicht durch eine minder zweifelhafte Begriffsbestimmung der Ab­ gaben, welche nach §. 30. des Ed. v. 2. Nov. 1810 aufgehoben worden, den Partheien zu Hülfe kommen und viele Prozesse vermeiden könnet Der Komm.-Bericht v. 10. Febr. 1850 erwähnt, daß in dieser Beziehung in der Komm, verschiedene Anträge gestellt worden, nämlich: a) int §. 1. deS Ges. die Worte: „und bewendet eS u. s. w." zu streichen und folgenden Satz an ihre Stelle zn setzen: „und soll nur von der Baustelle, von Aeckcrn, Wiesen und Gärten die „Grundabgabe festgestellt, dagegen der nach Abzug der dafür berechneten „Grundabgaben verbleibende Rest deS Mühlenzinses, so weit er nicht „für Gegenleistungen deS Berechtigten bestehen bleibt, als Gewerbe„abgabe betrachtet werden." Dem Anträge sei jedoch entgegengesetzt, „daß er in seiner Allgemeinheit „das Prinzip der Unantastbarkeit früherer Judikate und Verträge verletze, „daß er das Unrecht, welches in der Deklaration durch unzulässige Auf­ stellung einer thatsächlichen Vermuthung, die nicht Sache des Gesetzes, son„dern nur der richterlichen Thätigkeit sein könne, gegen den einen Theil der „Interessenten begangen worden sei, nunmehr dem andern zufügen würde. „Dazu komme, daß auch in den obwaltenden Verhältnissen eine solche Ver„muthnng ihre Rechtfertigung nicht würde finden können. Man verweise „nur auf den relativen Werth der Wasserkraft, deren Uebertragung auf den „Abgabepflichtigen noch heute von unbedingtem Vortheile sei, nm darzuthun, „daß jener Zinsüberschuß nicht nothwendig ein ausgehobener Gewerbezins „sein müsse, ganz abgesehen davon, ob zur vollkommenen Verwerthung jener „Kraft der Abgabenberechtigte noch zu Leistungen in Bezug darauf verpflich„tet sei oder nicht." Der Antrag wurde ab gelehnt. b) Dem §. 1. zuzusetzen:

Ges.v. 11. März 1850, bett.d.aufMühlengnmdst.haft. Reallasten(§. L).

775

gen des §. 30. deö Ed. v. 2. Nov. 1810 *), des §. 3. der allgem. Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 und der Dekl. v. 19. Febr. 1832 in Bd. I. S. 83—84 u. S. 86—87.

„Ist bei der ersten Berleihung einer Mühle für dieselbe ein Kaufs- oder „Erbstandsgeld gezahlt, so wird bis zum Erweise des Gegentheils ver„muthet, daß die daneben bedungenen Abgaben für das Recht zum Be„triebe des Gewerbes, resp, der verliehenen Erklusiv-Berechtigung stipu„lirt worden seien." Dieser Antrag stützte sich aus die Behauptung, daß überall da, wo eine Abgabe neben dem Kauf- oder Erbstandsgelde vorkomme, sie unzweifelhaft eine Gewerbe-Abgabe sein müsse, da ja der Werth des Grundstückes durch ersteres vergütet worden sei. Die Komm, bemerkt indeß, „daß der Antragsteller selbst zugegeben habe, „daß, wenn fruchttragende Grundstücke mit überlassen worden seien, in Er„Wägung gezogen werden müsse, ob dieser Werth durch das Erbstands- oder „Kaufgeld ganz gedeckt worden fei. Darum sei dafür in dem Anträge „nur eine Vermuthung ausgestellt, deren Widerlegung dem Berechtigten nach„gelassen sei." — Gegen diesen Antrag sei übrigens eingewandt worden, „daß es unzulässig scheine, eine so weit greifende Vermuthung zu Gunsten „eines Theils durch das Gesetz aufzustellen. Sei sie thatsächlich begründet, „so würde sie ihre Würdigung auch ohnedies in den Richtersprüchen fin„den, sei sie eS nicht, dann würde das Gesetz eine Ungerechtigkeit begehen, „wenn eS sie in sich aufnähme." Der Antrag wurde ebenfalls verworfen. (?) Der Vorschlag, durch eine präcisere Definition dessen, was das Gesetz unter aufgehobener Gewerbeabgabe verstehe, Abhülfe zu verschaffen. Die Komm, überzeugte sich aber auch hier, daß einerseits die Bestim­ mung deS Ges. v. 17. Jan. 1845, welche im §. 3. die Abgaben aufhebt, die für den Betrieb eines Gewerbes zu entrichten sind, die thatsäch­ lichen Erörterungen darüber, ob dem in den einzelnen Fällen so sei, nicht abschneiden würde; andererseits möglicher Weise mehr umfasse, als die Be­ stimmung des §. 30. des Ges. v. 2. Nov. 1810. Die Bestimmung deS letzteren sei an sich klar und die Schwierigkeit nur in der thatsächlichen Komplikation zu suchen, deren Lösung nur durch den Richter zn erwar­ ten sei. Bei der Berathung im Plenum der II. K. hatte der Abgeordnete Benn ecke einen Antrag von gleicher Tendenz (Drucks, der II. K. Nr. 471. ad VI.) ge­ stellt, welcher dahin gerichtet war, hinter den §. 1. folgenden §. hinzuzusügen: „Kann bei einer mit einer Abgabe belasteten Mühlenbesitzung nicht er„mittelt werden, ob die Abgabe eine Grundabgabe ist, oder ganz, oder zum „Theil von der Berechtigung zum Betriebe des Gewerbes geleistet wird, „so wird angenommen, daß die Abgabe für den Betrieb deS Gewerbes und „für die dem Grundherrn gegen den Verpflichteten obliegenden Gegenlei„stungen stipulirt ist. „Wenn aber bei der ersten Verleihung ein Kauf- oder Erbstandsgeld ge„zahlt ist, werden die Abgaben und tie korrespondirendcn Gegenleistungen „des Grundherrn ohne Entschädigung aufgehoben." Dieser Antrag wurde indeß von der II. K. (in der ö5. Sitz. v. 16. Jan, 1850) abgelehnt. (Stenogr. Bcr. der II. K. S. 1967.) Außerdem war zu diesem §. auch noch von den Abgeordn. Rohden und Gen. folgender Zusatz beantragt (Drucks- der II. K. Nr. 441 ad II.): ».Dies gilt auch hinsichtlich der den aufgehobenen Abgaben gegenüber„stehenden Gegenleistungen und Lasten des Berechtigten, welche mit denselben „Wegfällen." Dieser Antrag wurde indeß gleichfalls von der II. K. ab gelehnt (a. a. £).). 1) In Uebereinstimmung mit dieser Vorschrift verordnete das Gesetz über Ein­ richtung des Abgabenwesens v. 30. Mai 1820 §. 9., daß gegen Entrichtung der darin festgesetzten Steuern alle bisherigen darunter nicht begriffenen Abgaben, na­ mentlich sämmtliche Gewerbe-, Patent- und Nahrungssteuern, welche in den seit

776 Don d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gern. Theilungen.

III. Der $. 1. des Gesetze- beabsichtiget, denjenigen Uebelständen Ab­ hülfe zu verschaffen, welche sich nach der bisherigen Gesetzgebung bezüglich der Ungleichheit der Beweislast heransgestellt hatten. Der §. 30. des Ed. v. 2. Nov. 1810 hob diejenigen Abgaben von den Gewerben auf, welche die Berechtigung zum Betriebe betreffen, und der §. 3. der Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 alle diejenigen Ab­ gaben, welche für den Betrieb eines Gewerbes zu entrichten sind. Bald nach dem Erscheinen des Ed. v. 2. Nov. 1810 entstanden, na­ mentlich in Schlesien, zahlreiche Prozesse über die Bedeutung des §. 30. desselben, indem von vielen Grundstücken Abgaben entrichtet wurden, de­ ren Bezeichnung als Gewerbe-, Schank-, Weber-, Mühlenzins k. rc., oder deren Beträchtlichkeit, in Verbindung mit dem Werthe der verliehenen Grundstücke, auf die gewerbliche Natur der Abgaben zu deu­ ten schienen. Die Entscheidungen der Gerichtshöfe darüber fielen sehr ver­ schieden aus. Der Begriff einer gewerblichen Abgabe war nicht zwei­ felhaft; sondern die Zweifel bestanden darin, ob in dem einzelnen Falle eine auf einer Mühle haftende Abgabe unter diesem Begriffe sub sumirt werden könne oder nicht? Das Ober-Trib. bemerkte in einem von ihm erforderten Gutachten, daß weder die Worte des Gesetzes, noch die Ungewißheit über die charakteristischen Kennzeichen einer Grundabgabe die Entscheidung zweiselhaft machten, sondern die Ungewißheit über die Natur der Abgabe selbst, ob diese nämlich für die Erlaubniß zum Gewerbebetriebe entrichtet worden oder nicht. Dennoch erachtete die Gesetzgebung es. bei den auffallenden Verschiedenheiten der in den rich­ terlichen Erkenntnissen angenommenen Grundsätze, für ein Bedürftliß, durch eine gesetzliche Deklaration gewisse Merkmale und Rechtsvermuthun­ gen festzusetzen, welche bei den Entscheidungen darüber, ob dergleichen mit Grundbesitz verbundene A bgaben für gewerbliche zu erachten seien oder nicht, maaßgebend sein sollten. Dies war die Veranlassung der Dekl. v. 19. Febr. 1832. Der §. 1. derselben giebt den Begriff der Gewerbe-Abgaben ne­ gativ, und zwar in derjenigen Auffassung, welche ihm bisher schon das Ober-Trib. *) beigelegt hatte, indem dasselbe annahm, daß Grund abgaben keine andere seien, als solche, welche auf einem Grundstücke selbst haften und von jedem Besitzer desselben entrichtet werden müssen, er mag das Gewerbe, zu welchem das Grundstück bestimmt ist, betreiben oder nicht. Für diejenigen Fälle dagegen, wo dies Kriterium nicht ausreiche, stellte die Dekl. im §. 2. eine Rechtsvermnthung zu Gunsten der Be^ rechtigten dahin auf, daß alsdann die Vermuthung für die Eigenschaft einer Grundabgabe eintreten solle. Allein auch diese Deklaration, auf deren Inhalt im §. 3. der allgem. Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845, als für alle Land es theile maaßge­ bend, verwiesen worden, hat sich nicht als zureichend bewährt; vielmehr sind auch nach deren Erlaß vielfach Prozesse darüber geführt, ob eine auf einer Mühle haftende Abgabe eine Grundabgabe oder eine Gewerbeabgabe sei.

dem 1. Ian. 1813 wiederum erworbenen Landestheilen bis dahin erhoben worden, aufhören sollten. (G. S. 1820, S. 136.) 1) Das Ob.- Trib. hatte dies in einem Berichte an das Iusti^min. v. 10. Nov. 1824, welcher dem §. 1. der Dekl. v. 19. Febr. 1832 zum Grunde liegt, entwickelt.

Ges. v. 11-März 1850, betrd. auf Mühlengrund st. hast. Reallasten (§. 1.).

777

Das Ober-Trib. hat indeß durch den Plenarbeschluß v. 15. Febr. 1847 !) folgende Grundsätze ausgesprochen: a) Der $. 1. der Dell. v. 19. Febr. 1832 stellt keine Rechtsvermuthung da­ für auf, daß Abgaben, welche auf einem zum Gewerbebetriebe bestimmten Grund­ stücke haften, von jedem Besitzer desselben entrichtet werden müssen, eS möge das Gewerbe betrieben werden oder nicht; vielmehr beruht das richterliche Urtheil hier­ über auf Thatsachen, welche von derjenigen Parthei, die sich auf die Vorschrift dcS §. 1. beruft, angegeben und erwiesen werdem müssen. b) Die rechtliche Vermuthung für eine Grnnvabgabe greift erst dann Platz, wenn die in jedem einzelnen Falle obwaltenden faktischen Verhältnisse oder sonst von den Partheien dargethanen Thatumstande dem richterlichen Ermessen keine hin­ reichende Gründe darbieten, entweder: a) eine gewerbzinsliche, oder b) eine gemischte Abgabe als vorhanden anzunehmen.

IV. Indem der §. 1. des Ges. die in den §§. 1. u. 2. der Dekl. v. 19. Febr. 1832 aufgestellten Regeln von der Beweislast bezüglich der auf Mühlengrundstücken haftenden Abgaben aufhebt, ertheilt derselbe zu­ gleich dem Richter die Anweisung, sich dabei lediglich nach den allgemeinen Grundsätzen von der Beweisführung und BeweiSlast zu richten. Hieran knüpfen sich folgende Bemerkungen: 1) Die Preuß. Prozeß-Gesetze sprechen sich ebensowenig, als daö gemeine Recht1 2), direkt darüber aus, wen die BeweiSlast trifft. Die Hauptstellen, welche davon handeln, sind folgende: a) der §. 16. der (Jini, zur A. G. O.: Wenn eine erhebliche Thatsache geläugnet wird, so ist vornehmlich derjenige Theil, welcher sich darauf gründet, schuldig, dem Richter die Mittet anzuzeigen, durch welche die Wahrheit an den Tag gebracht werden könne.

b) Der 8 28. der A. G. O. Th. I. Tit. 13. : Sind keine anderen rechtlichen Präsumtionen vorhanden, so giebt der Satz den Ausschlag: daß keine Thatsache und keine Veränderung vermuthet wird; und muß daher, wenn ein Klagepunkt oder Einwand bloß in einem bestrittenen Fakto beruht, weshalb weder Beweismittel beigebracht werden können, noch besonders

1) Vergl. denselben in den Entscheid, des Ob.-Trib. Bd. 14. S. 104 — 141. — Vergl. das Nähere darüber oben S. 65—67. 2) Vergl. über die Regeln des gemeinen Rechts: a) die Bestimmung in L. 21. D. de probat. (XXII. 3.), $. 4. J. de legal. (II. 20) u. L. 20. C. de probat. (IV. 19.): semper necessitas probandi incumbit illi, qui agil, d. h der Kläger hat die Klage, nämlich die Voraussetzungen und Erfordernisse des speziellen Klagerechtes, womit er seinen Anspruch durchsetzen will, zu beweisen; b) die Bestimmung in L 2. D. de probat, u. L. 23. C. cod.: ei inicumbit probatio, qui dicit, non qui negat, welches den nämlichen Grundsatz auSdrückt, da der qui dicit, der Kläger, sowie der, welcher deS Klägers Rolle übernimmt, ist, woraus indeß schon die Glossatoren den zu einem anderen Resultate führenden Satz gemacht haben: affirmanti incumbit probatio, non neganli. Außerdem wird im Röm. Reckte in einigen Fällen die BeweiSlast von einer Vermuthung, welcke der einen Parthei zur Seite gestellt ist, abhängig gemacht, worauf man die Theorie gestützt bat, daß der Parthei, welcher eine Vermuthung entgegenstehe, die BeweiSlast obliege. Vergl. hierüber Leue, Tbeorie deS Beweises im Preuß. Civil-Prozeß, S. 118—155, Sckeele, systemat. Darstellung der Lehre vom Beweise im Preuß. Civilprozeß, S. 38 ff., Koch, Lehrbuch des Preuß. Civil-Prozesses, S. 390 ff., und Lehrbuch des Preuß. Privatrechts, Bd. I. S. 332 ff.

778 Don d- Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen, rechtliche Präsumtionen obwalten, ein solcher Klagepunkt oder Einwand verworfen werden.

Diese letztere Gesetzstelle, indem ste auf die zur Begründung der Klage oder des Einwandes zu behauptenden Thatsachen hinwetset, ergiebt, daß nach dem Preuß. Prozeßrechte der Kläger alle zur Begründung der Klage, und der Beklagte alle zur Begründung des Einwandes gehö­ rigen Voraussetzungen behaupten, und folglich auch beweisen muß, inso­ weit ihm keine Rechtsvermuthungen zu Statten kommen. Es kann also sowohl den Kläger, als den Verklagten die Beweislast treffen, und es folgt aus der Regel des §. 28. a. a. O., daß derjenige, welcher trotz seiner Beweispflichtigkeit den Beweis nicht liefert, beweislos oder beweisfällig wird, und mit dem Mangel des Beweises auch sein Recht verlieren muß. Es ist ferner im §. 28. a. a. O. vorgeschrieben, daß Veränderun­ gen nicht vermuthet werden sollen. Dies kann nur den Sinn ha­ ben, daß wenn eine Parthei zur Begründung eines Rechtsanspruches be­ hauptet, daß das bis dahin als gewiß feststehende Sachverhältniß in der Folge durch eine in der Zeit oder in dem Raume liegende Umwandlung verändert oder aufgehoben worden, der Richter diese Umwandlung ohne Be­ weis nicht für wahr annehmen darf, sondern vielmehr im Falle des Nichtnachwetses derselben stets auf die Wahrheit des ursprünglich vorhandenen Sachverhältniffes wieder zurückgehen und bei dessen unverrückter Fortdauer stehen bleiben muß. 2) Nachdem der §. 1. des neuen Gesetzes die, zu Gunsten der Be­ rechtigten erlassenen, Vorschriften der §§. 1. u. 2. der Dekl. v. 19. Febr. 1832 beseitiget hat, ist nunmehr der Richter verpflichtet, bei allen Strei­ tigkeiten über die rechtliche Natur der Mühlenabgaben lediglich die so eben (sub 1.) dargestellten allgemeinen Grundsätze über die Beweis­ last zur Anwendung zu bringen. a) Die Motive des Entwurfs des Gesetzes v. 12. Nov. 1849 (zum §. 1.) bemerken in dieser Beziehung: Wenngleich das Gewicht der gesetzlichen Bestimmung der §§. 1. und 2. der Dekl. v. 19. Febr. 1832 auf die richterlichen Entscheidungen Seitens der Mühlen­ besitzer vielfach überschätzt werden möchte, indem die den Mühlenbesitzern nachthei­ ligen Entscheidungen wohl häufig nicht sowohl grade durch die Bestimmungen der Dekl. v. 19. Febr. 1832 herbeigeführt, vielmehr auch die besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles dabei entscheidend gewesen sind, so mag doch andererseits nicht verkannt werden, daß bei den Mühlengrundstücken, da die VerleihungsUrkunden die Abgaben und Leistungen im Ganzen festzustellen pflegen, ohne die Rücksicht auf den Betrieb des Gewerbes besonders hervorzuheben, jene Bestim­ mungen im Allgemeinen den Abgabepflichtigen zum Nachtheile gereichen. Nm da­ her bei dem, keinem Theile zu verschränkenden Nachweise, daß eine Abgabe für den Gewerbebetrieb entrichtet werde, oder die Natur einer Grnndabgabe habe, den Erörterungen und der Beurtheilung vollkommene Freiheit zu gewähren, alle diejenigen Thatsachen in Betracht zu ziehen, welche nach der Eigenthümlichkeit des Falles und der örtlichen Umstände geeignet sein können, einen Schluß auf die Natur der Abgabe zu begründen,- sind im §. 1. des Entwurfs die betreff. Be­ stimmungen der V. v. 19. Febr. 1832 außer Kraft gesetzt. Dies mußte auch für die Fälle geschehen, in denen nach §. 3. der GewerbeOrdn. v. 17. Jan. 1845 auf jene Verordnung, welche daselbst in Bezug genommen wird, zurückzngehen ist.

b) Um die Grundsätze von der Beweislast auf das Verhältniß

1) Dieselben Motive führt die Königl. Staatsregierung zu den §§. 1. u. 2. des der Nationalversammlung vorgelegten Gesetz-Entwurfes an. (Verhandl. der Nat. V., Bd. III. S. 1954.)

Ges.Ul.Marz 1850,betr.d.ausMühlengrundst.haft.Reallasten(§.!,).

779

der Mühlenbesitzer richtig anzuwenden, ist es erforderlich, die auf Müh­ lengrundstücken hastenden Lasten und Abgaben einer näheren Prü­ fung zu unterwerfen. Hierbei ergiebt sich nun sofort, daß dieselben ver­ schiedener Natur und verschiedenen Ursprunges sind. Es ist in dieser Beziehung auf die Entstehung der erwähnten Abga­ ben zurückzugehen. *) Vor Einführung der Gewerbefreiheit waren in der Regel die Besitzer der Rittergüter die alleinigen Inhaber von Gewerbeberechtigungen; nur von ihnen konnte man die Besugniß zum Betriebe der Gewerbe em­ pfangen; sie mußte ihnen abgekauft werden. Dies war namentlich auch in Betreff der Mühlenbere-chtigungen der Fall. 1 2) Eigenthüulliche Ueberlassungen gegen ein, den Werth erschöpfendes Kaufgeld waren aber theils wegen Mangels des dazu erforderlichen Ver­ mögens in der Regel nicht ausführbar; theils stand dem auch die Gutsunterthänigkeit der Hintersassen entgegen, welche die Uebertragung eines völlig freien Eigenthums nicht, am allerwenigsten aber dann gestattete, wenn die Berechtigung als Zubehör eines Grundstückes ertheilt werden sollte. Die Dominial- Besitzer zogen es deshalb, und da besonders ihnen auch die durch die Mühle gewonnenen Naturalien Bedürfniß waren, gewöhn­ lich vor, sich an die Stelle des höheren Kaufpreises alljährlich einen, auf eine bestimmte Höhe festgesetzten Theil des Gewinnstes abgeben zu lassen. Der Gegenstand der Ueberlassung war theils der Grund­ besitz nebst Zubehör, theils der Nahrungszweig des Mühlen­ gewerbes. Der letztere bestand nun aber darin, daß dem Erwerber der Mühle die dem Dominial-Besitzer zustehende Mühlengerechtigkeit (die Befugniß zum Betriebe des Mühlengewerbes) übertragen wurde, welche ihren

1) Vergl. zur Erläut. der geschichtlichen Entstehung von Mühlenberechtigungen und Gewerbebetriebs-Abgaben für Mühlenanlagen auch des Erk. des Revis. Kolleg, für L. K. Sachen v. 2. Mai 1851. (Zeitschr. deffelb., Bd. 4. S. 200 ff.) 2) Was insbesondere die Provinz Schlesien betrifft, so war dort, nach dem Mühlen-Edikt v. 14. Febr. 1772 und der Dell. v. 8. Febr. 1803, die Müblengerechtigkeit ein Regal; sie konnte nur durch Verleihung vom Staate erworben werden, welcher sich auch das Recht Vorbehalten hatte. die Konzession zur Anlegung neuer Mühlen zu ertheilen, mit einer Mühle oder Mühlenftatte zu belehnen. Es sind nun zwar vielfach die Gutsherrschafteu in Schlesien mit dem Mühlen-Regal beliehen worden; häufig aber haben sie auch Mühlengerechtigkeiten veräußert, ohne vom Staate mit dem Regale beliehen worden zu sein, weshalb der §. 9. des Edikts v. 14. Febr. 1772 verordnete, „daß kein Vasall und Unterthan ex capite der fehlenden Konzession angefochten werden solle." — Diese Bestimmung kommt den Besitzern der bis zum 14. Febr. 1772 gegründeten Mühlen zu statten. Ihnen und ihren Nachfolgern hat also der Staat gestattet, zu mahlen. Das Revisions-Kolleg, für L. K. Sachen hat (in dem Erk. v. 27. Juni 1851) angenommen, daß in Schlesien nach Erlaß des Ed. v. 14. Febr. 1772 die Vermuthung dagegen spreche, daß den Rittergutsbesitzern die Mühlengerechtig­ keit, d. h. das Erklusivrecht zur Anlage von Mühlen und die Besugniß, die Er­ laubniß zum Betriebe des Mühlengewerbes zu ertheilen, zugestanden hat. Allein auch dann, wenn von einem mit der Mühlengerechtigkeit Belichenen ein fertiges Mühlwerk, unter Vorbehalt von Abgaben, veräußert worden, könne nicht ohne Weiteres angenommen werden, daß diese für die Erlaubniß zum Betriebe des Gewerbes stipulirt worden seien. (Zeitschr. des Revis. Kolleg., Bd. 4. S. 246— 251, u. Präj. Sammt, deffelb. S. 75 Nr. 18.) Vergl. auch über das Schlesische Mühlenrecht insbesondere die sehr ein­ gehenden. Erörterungen in Robe's Lehrzeit, für Entlastung des bäuerl. Grund­ besitzes, 1850-1851, S. 81-84 u. S. 86-102.

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen n. Gem. Theilungen.

Werth eben dadurch hatte, daß das Mühlengewerbe ohne die Mühlen­ gerechtigkeit gar nicht betrieben werden durste, *) und daß der Inhaber der Mühlengerechtigkeit ein zwiefaches Recht erlangte, nämlich erstens daS mit der Exklusiv-Defugniß verbundene Recht zum Betriebe des Mühlengewerbcs, und zweitens das mit der erworbenen Mühlengerechtig­ keit verbundene Bann recht gegen die zu der verkauften Mühle gehörigen Zwangspflichtigen. Was aber den zugleich mit der Mühlengerechtigkeit übertragenen Grund­ besitz betrifft,-) so besteht dieser nicht allein in dem Grund und Bo­ den (Areal), auf welchem das Mühlengebäude errichtet ist, sondern viel­ mehr in dem ganzen Komplerus, also dem Areal, dem darauf errichteten Mühlengebäudc nebst Zubehör, den etwa mit veräußerten Ländereien, Gar­ ren, Wiesen k., und alle demjenigen, was dazu gehört, um das Mühlen­ gebäude nutzbar zu machen, mithin auch der etwa mitüberlaffenen Was serkrast,^) infofetn nämlich diese letztere stch zur Zeit der Uebertragung im ausschließlichen Eigenthume des Veräußerers befunden haben sollte; *) desgl. den sonstigen etwa mit übertragenen nutzbaren Gegenlei1) Vor dem Jahre 1810 war eine Mühle ohne Gewerbeberechtigung kein möglicher VerkausSgegenstand, sie hätte denn etwa zum Abbruch — also das bloße Baumaterial — verkauft werden müssen. 2) Es kommen übrigens auch Fälle vor, wo Jemand bereits ein Grund­ stück besaß und dazu nur die Gewerbeberechtigung erwarb. 3) In dieser Beziehung bemerkt auch Koch (f. dessen Land-Recht, Bd. 2. S. 1105, Anm. 51.), daß der Werth einer Mühle, nach Abzug der Gewerbe­ berechtigung, nicht bloß auf den des Mühlenwerkes und des Grundes und Bedens reducirt sei, sondern daß außerdem die Triebkraft in Betracht komme. 4) a) DaS Ablös. Ges. v. 2. März 1850 erhält im §• 3. Nr. 10. die Bc stimmung, daß zwar die noch verkommenden Abgaben für die Benutzung des slic; ßenden Wassers in Privatflüssen unentgeltlich aufgehoben, hierunter aber die Mühlenabgaben nicht begriffen sein sollen. (S. oben S. 281 — 282 und S. 288-289.) b) DaS Ges. v. 28. Febr. 1843 über die Benutzung der Privatflüsse, enthält im §. 1. die Bestimmung, daß jeder Uferbesitzer an Privatflüssen, Quellen, Bücken, oder Flüssen, sowie Seen, welche einen Abfluß haben, insofern niebt Jemand das ausschließliche Eigenthum des Flusses hat, oder Pro­ vinzial - Gesetze, Lokalstatuten oder spezielle Rechtstitel eine Ausnahme begründen, berechtigt ist, das an seinem Grundstücke vorbeiflicßende Wasser zu seinem beson­ deren Vortheile zu benutzen; jedoch soll cS in Betreff der Benutzung des Wassers zu Mühlen und anderen Triebwerken bei den bestehenden gesetzlichen Vorschriften verbleiben. Da nun nach §. 233. des A. L. R. Th. II. Tit. 15. jeder Eigen­ thümer berechtigt ist, Mühlen an Privatflüssen anzulegen, sofern nicht Provinzial­ gesetze daS Gegentheil bestimmen, so wird eS in allen Fällen, wo eine Mühlen abgabe darauf gestützt wird, daß solche als Acquivalent für eine mit über lassene Wasserkraft zu entrichten sei, immer daraus ankommen, ob die in Rede stehende Wasserkraft sich zur Zeit der Aussetzung der Mühle im aus­ schließlichen Eigenthume des Veräußerers der Mühle befunden hat, oder das betreffende Gewässer für den öffentlichen Gebrauch bestimmt war. Nach dem A. L. R. Th. I. Tit. 9. §. 176. aber find in der Regel nur Teiche, Hälter, Seen und andere geschlossene Gewässer, welche sich nicht über die Grenze des Grundstücks erstrecken, in welchem fie liegen, (Privatgewässer im engeren Sinne) als das Eigenthum des betreffenden Grundherrn anznsehen. Dagegen gehören die Nutzungen der von Natur schiffbaren Flüsse (öffentliche Flüsse im engeren Sinne) zu den Regalien des Staates (91. L. R. Th. II. Tit. 15. §. 38), und die nichteingeschlosfenen Privatgewässer (gemeinschaftliche Flüsse) befinden fich im Miteigenthume und Mitbenutzungsrechte sämmtlicher Ufereigenthümer. tVergl. hierüber Böle in Ulrich'S Archiv für Preuß. Recht, Bd. 2. S. 635.) Wenn der Berechtigte nun behauptet, daß eine Mühlenabgabe für die von seiner Seite erfolgte Uebertragung des Gebrauches

Ges.v. ll.Marz 1850, betr.d.anfMüblettgrttndst. baff. 5)1 eatta fielt (§. 1.).

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stnngen, als Bauhülfen, Weide- und Waldgerechtigkeiten u. dergl. Dieser Komplexus bildet den Grundbesitz, wie daraus deutlich hervorgeht, daß der Besitzer einer Mühle nicht, wie ein anderer Handwerker, z. B. der Wasserkraft stipulirt werden, so wird ihm obliegen, den Nachweis zu führen, daß und ans welchem RecbtStitel die in Rede stehende Wasserkraft sich in seinem ausschließlichen Eigenthume befunden habe. c) In Betreff der einem Mühlenbefitzer mit überlassenen Wasserkraft find die Fragen entstanden: «) was hat der Gutsherr, welcher eine Wassermühle gegen fortdauernde Ab­ gaben veräußert hat, bezüglich der Wasserkraft dem Mühlenbesitzer zu gewähren? und ß) liegt in der Natur eines solchen Veräußerung^Vertrages, bei dem man­ gelnden Ausdruck des Gegentheils, die selbstverstandene, dauernde Verpflich­ tung des Gutsherrn, dem Mühlenbesitzer das Wasser auf die Mühle zu beschaffen? Das Ob. Trib. hat in einem Erk. (Datum konstirt nicht), die Annahme des Richters zweiter Instanz, welcher die Gutsherrschaft verurtheilt hatte, dem Mühlen­ besitzer einen Teich, aus welchem jener das Wasser für die Mühle erlangte, im Stande zu erhalten, weil eS in der Natur des zwischen beiden bestehenden KontraktSverhaltniffeS liege, daß der Gutsherr dem Mühlenbesitzer das Wasser auf die Mühle schaffe, als unrichtig bezeichnet, ohne dies indeß in den EntfcheidungSgrünhen (weil es in dem speziellen Falle hierauf nicht ankam) näher zu motiviren. Der Aussatz in der Zeitschr. des Nev. Kolleg. Bd. 5. S. 137 ff. führt nun aus: Allerdings müsse nach §. 318. h. t. der Verkäufer einer Wassermühle dem Käufer das Recht zur Benutzung des die Mühle bewegenden Wasser-, in soweit ihm da- Recht selbst zustand, und eben Wasser vorhanden ist, gewähren, und mithin dürfe der Verkäufer der Mühle, wenn er zugleich Eigenthümer der Wasserkraft ist, diese letztere dem Käufer nicht durch eigene Handlungen entziehen, auch müsse er solche gegen Ansprüche eines Dritten vertreten, damit der Käufer sich derselben nach der Natur deS Vertrages bedienen kann. Ganz verschieden hiervon sei aber die Verpflichtung, daS Wasser auf die Mühle zu schaffen. Die dazu nöthigen Anlagen und Anstalten seien Pertinenzien der Mühle (§. 46. A. L. R. 1., 2.), gingen also bei dem Verkaufe als solche in daS Eigen­ thum deS Käufers mit über, und Gewähr dafür brauche der Verkäufer nur wegen ausdrücklich vorbedungener oder stillschweigend vorausgesetzter nicht verborgener Fehler leisten. (§. 325., 330. h. t.) Für den Zufall und höhere Gewalt brauche nach der Uebergabe keine Gewähr geleistet zu werden (§. 322. h. t.) und Ausnahmen hiervon fänden nur bei Rechtsinstituten statt, wo Proprietät und Nutzungsrecht getrennt sind, wie bei Miethe und Pacht, Erbz in Sgütern und Erbpacht. (§§.207., 299., 420., 478, A. L. R. I. 21, §§. 762., 763. A L R. I. 18.) Bei anderen fortdauernden gegenseitigen Verhältnissen, wie bei bloßen ZinSgütern (in deren Kathegerie die mit bloßen Abgaben belasteten Mühlen gehören, welche das volle Eigenthum der Besitzer sind), greife jene Aus­ nahme nicht Platz (§. 817 A. L. R. I. 18). Es seien für das fragliche Recht-verhältniß außerdem nur die Vorschriften über Servituten maaß­ gebend; denn das Verhältniß sei ein servitutähnliches. Nach §§.35. u. 37. A. L. R. I. 22. sei der Belastete nur verpflichet, daS dienende Grundstück so weit in der bisherigen Fassung zu erhalten, als nicht Zufall oder höhere Gewalt es verändert. Die entgegengesetzte An­ nahme verwechsle mithin die Verpflichtung deS Gutsherrn, dem Mühlen­ besitzer die Benutzung des Wassers zu gestatten, mit der Verpflichtung, ihm daS Wasser auf die Mühle zu beschaffen, oder sehe doch zu Unrecht beide Verpflichtungen für identisch an. Die Gewähr könne, ihrer Natur nach, nicht weiter gehen, als bis zur Aufhebung deS Geschäfte-, Forderung des Minderwerthes oder Nachforderung de- Feh-

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Don d. Ablös. der Neallasten, den Regulirungen u. Gern. Theilungen.

Fleischer, Schuster, Scheider und dergl., sein Gewerbe in jedem beliebigen Gebäude des Dorfes betreiben kann, sondern unbedingt an das Mühlen­ gebäude und dessen Zubehör gebunden ist. AuS Vorstehendem ergiebt sich, daß die Abgaben, welche auf Mühlen­ grundstücken ruhen, von verschiedener Beschaffenheit sein können; näm­ lich entweder Grundabgaben; oder Abgaben, welche den Betrieb des Mühlengewerbes *) betreffen; oder Abgaben für ein überlassenes Mühlen-Zwangs- oder Bannrecht. Bei weitem in den meisten Fällen ist es nun aber mit den größten Schwierigkeiten verbunden, in der Regel sogar nicht einmal möglich, zu ermitteln, welcher Theil der Mühlenabgaben für den einen oder den anderen der veräußerten Gegenstände ursprünglich bedungen und zcither entrichtet worden, indem die betreffenden Urkunden die Abgaben und Lei­ stungen in der Regel im Ganzen festzustellen und nur selten eine ge­ nau bezeichnete Scheidung der verschiedenen darunter begriffenen Gat­ tungen zu enthalten pflegen. Der §. 30. des Gewerbe-Steuer-Edikts v. 2. Nov. 1810 hat nur die bisherigen Abgaben von den Gewerben, insofern sie die Be­ rechtigung zum Betriebe derselben betreffen, aufgehoben, und auch der §. 3. der Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 ei­

lenden bei vorbedungener Quantität (§§. 326., 328. h. L, §§. 207., 210. A. L. R. I. 11, §. 30. des Cd. v. 2. Nov. 1810), niemals aber dem Gutsherrn eine LeistnngSpflicht auferlegen, welche in ihrem Umfange den Werth des ganzen Rittergutes übersteigen könne. Die Unhaltbar­ keit des fraglichen Grundsatzes zeige sich übrigens klar bei dem Ab­ lösungs-Verfahren (wie näher anSgeführt wird). Nur wenn kontrakt­ lich ausdrücklich etwas Anderes bedungen werden, könnten die Verpflich­ tungen des Gutsherrn sich weiter erstrecken. 1) Bei der Berathung der Dekl. v. 19. Febr. 1832 im StaatSrathe war die Meinung aufgestellt worden, die mit Grundbesitz verknüpften Abgaben in folgender Art zu klafsifiziren: a) solche, welche mit dem Beisatze des NamenS von irgend einem Gewerbe für die Ueberlaffung von Grundeigenthum bedungen worden; b) solche welche als Preis für die Abtretung oder Ueberlaffung einer bestimm­ ten Gewerbegerechtigkeit verabredet worden; c) solche, welche für die ursprüngliche Verleihung der Berechtigung zum Be­ triebe des Gewerbes nur mit der Auferlegung jener Abgabe erfolgt feien. In den Fällen zu a. und b. müsse die Abgabe fcrtdauern. Bei der Berathung in den Abtheilungen des Staatsraths wurde jedoch das Resultat der hierüber ftattgehabten Verständigung gutachtlich dahin festgestellt: daß, wenn daS Gewerbesteuer-Gesetz v. 2. Nov. 1810 in seinem inneren Zusammenhänge mit der damaligen Gewerbe- und Steuergesetzgebung, so wie sie im Wesentlichen noch jetzt besteht, aufgefaßt wird, eS nicht zu ver­ kennen sei, daß die Disposition des § 30. beabsichtiget habe, nicht mir diejenigen Gewerbeabgaben aufzuheben, welche unmittelbar und ausdrücklich für die Erlaubniß (Konzessionirung) zu dem Betriebe eines Gewerbes bedungen worden, sondern auch diejenigen, welche das Gewerbe selbst tref­ fen und besteuern, gleichviel, ob sie ausdrücklich für die Erlaubniß zum Betriebe, oder etwa für die Abtretung und Ueberlaffung vorhan­ dener, durch daS Gesetz aufgehobener Gewerbeberechtigungen, oder für den gutShcrrlichen Schutz des Gewerbebetriebes gegen Unbefugte (für ein Erklusivum) bedungen worden sind, und gleichviel: ob der Gewerbebetrieb mit einem Grundbesitz verbunden gewesen ist oder nicht, insofern nur die Abgabe den Gewerbebetrieb trifft — denselben besteuert. Diese ganz richtigen Grundsätze hat auch daS Ober-Trib. bei seinen Ent­ scheidungen befolgt und stützt sich darauf der Plenarbeschluß desselben v. 15. Febr. 1847 (f. oben S. 68-70.)

Ges.v. 11.März 1850, betr.d.aufMühlengrundst.haft. Realsasten (§. 1.).

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klärt nin die Abgaben, welche „für den Verrieb eines Gewerbes ent­ richtet worden," für erloschen; wogegen alle übrigen Mühlenabgaben, die nicht unter diese Kathegorie fallen, fortbestehen sollen. !) Das Gesetz macht aber weder die Abgaben selbst, welche als ausgeho­ bener, reiner GewerbezinS zu betrachten sind, namhaft, noch giebt dasselbe über die Art, dieses zu erweisen, irgend eine Anleitung; sondern über­ läßt es den Interessenten, den Beweis zu führen, und demnächst dem jedes­ maligen richterlichen Ermessen, die Natur des Zinses sestzustellen. Wenn nun ein Mühlenbesitzer bisher eine Abgabe an die Gutsherr­ schaft entrichtet hat, und auf Grund der neueren Gewerbegesetzgebung da­ von befreit sein will, so muß er seine Klage durch Angabe des Grun­ des, aus welchem er Befreiung sucht, substantiiren. Es liegt ihm also ob, diejenigen Thatsachen anzugeben und zu beweisen, welche die Anwend­ barkeit des Gesetzes als zulässig erscheinen lassen. Diese Thatsache kann, da dies allein das Fundament der Klage ausmacht, keine andere sein, alS daß die in Rede stehende Abgabe für den Gewerbebetrieb gezahlt werde. Dem Berechtigten, welcher sich im Besitze des Rechts aus die Abgabe befindet, 1 2) kann, so lange dieser Beweis nicht geführt ist, irgend ein Beweis des Gegentheils nicht obliegen. ES folgt dies unzweifelhaft aus den oben mitgetheilten Bestimmungen des 8- 16. der Einleit, und des §. 28. Tit. 13. Th. I. der A. G. O. Nachdem indeß die durch die 88- 1- u. 2. der Dekt. v. 19. Febr. 1832 zu Gunsten der Berechtigten aufgestellten Rechtsmuthungen fortgeschafft wor­ den, ist die Untersuchung und Beurtheilung der Frage: von welcher Na­ tur die Abgabe sei, dem uneingeschränkten Ermessen des Rich­ ters anheimgegeben, welcher sein Urtheil auf sämmtliche bei Errichtung des Zinses obwaltenden Umstände zu richten haben wird. Es ist der freien Erörterung und Beurtheilung desselben überlassen, alle diejenigen That-

1) Für die Provinzen Ostpreußen und Litthanen, mit Einschluß deS ErmelandeS und des M a rien w erd er sch en Kreises, verhält sich jedoch die Sache anders. Hier hat nämlich das Edikt v. 29. März 1808 (G. S. 1808, S. 217, Rabe'ö Sammlung, Bd. 9. S. 176) mit dem 1. Dec. 1808 das Müh­ lenregal und den Mühlen zwang aufgehoben und im §. 8. verordnet, daß die Entschädigung wegen der künftig zu verstattenden Mahlfrciheit dem zwangs­ berechtigten Mühlenerbpächter oder Pächter in der Art gewährt werden solle, daß ihm der Kanon oder die Pacht, oder überhaupt die Abgabe, welche von der Mühle für d a ö N u tz u n g S r e ch t derselben bisher e n t r i ch t e t worden, ganz oder zum Theil erlassen sein, nach §. 9. a. a. O. aber, bis zum Nachweise deS Gegentheils Seitens des Ober-EigenthümerS oder Verpächters, oder der bisherigen Mahlpflichtigen, vermuthet werden solle, daß die Erlassung der ganzen Abgabe zur Entschädigung erforderlich sei. — In den genannten Landestheilen waren somit sämmtliche Mühlenabgaben, die nicht wirkliche Grundabgaben sind, also nicht bloß die für den gewerblichen Betrieb, sondern auch die für den dem Mühlenbesitzer übertragenen Mahlzwang zeither entrichteten, hiernach aufgehoben. 2) Hierfür sprechen auch die §§. 179. u. 180. A. L. R. I. 7, wonach jeder Besitzer die Vermuthung der Rechtmäßigkeit und Redlichkeit seines Besitzes für sich hat, und den Titel seines Besitzes nicht anzugeben und nachzuweisen schuldig ist. Auch das Revisions-Kollegium für L. K. Sachen hat (in dem Erk. v. 3. Juni 1851) ausgeführt, daß wenn der rechtmäßige Besitz einer Mühlen­ abgabe resp, bis zur Emanation des Gewerbcsteuer-Ed. v. 2. Nov. 1810 und der allgem. Gewerbe - Ordn. v. 17. Ian. 1845 feststeht, den Wirkungen desselben die Vermuthung für die Freiheit des Eigenthums nicht eutgegeustehe, sondern der Verpflichtete, welcher die Befreiung von der Abgabe behauptet, den Beweis führen müsse, daß sie zu den gesetzlich aufgehobenen gehöre. (Zeitschr. deö Revis. Kolleg. Bd. 4, S. 261 u. Praj. Samml. deffelb., S. 70. Nr. 19.)

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Von d. AblLs. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen,

fachen in Betracht tu ziehen, welche nach der Eigenthümlichkeit des Falles und der örtlichen Verhältnisse geeignet sein können, einen Schluß auf die Natur der Abgabe zu begründen. Dabei wird insbesondere auf der einen Seite der Werth des Grundstücke-, sowie der von dem Berechtigten ver­ sprochenen Gegenleistungen, auf der andern Seite die Höhe des gezahlten Kapitals und des Zinse- zu prüfen und zu berücksichtigen sein. c) Für diejenigen Fälle, wo zwar ermittelt werden kann, daß die streiti­ gen Abgaben sich theilweise auf den Grundbesitz, theilweise auf den Gewerbebetrieb beziehen, keinesweges aber mit Gewißheit festzu­ stellen ist, zu welchen Antheilen das eine oder daS andere anzuneh­ men sei, bewendet eS bei der, durch das neue Gesetz nichtaufgehobenen, Vorschrift deS $. 3. der Dekl. v. 19. Febr. 1832, welcher bestimmt: Ist eine Abgabe gemischter Natur, so daß sie sich theils auf den Grund­ besitz, theils auf einen Gewerbebetrieb bezieht, so bleibt die Absonderung bei mangelnder Einigung der Interessenten dem richtlichen Ermessen überlassen. Hat der Grundherr wegen einer solchen zu theilenden Abgabe Gegenleistungen an den Abgabepflichtigen gehabt, so sollen bei der Absonderung diese Gegenleistungen berücksichtigt werden. l)2 3

Sobald eS also dem Verpflichteten gelingt, den Nachweis zu liefern, daß die Abgabe wenigstens theilweise gewerblicher Natur sei, tritt die Verbindlichkeit des Richters ein, sich der Prüufng und Ent­ scheidung über das Quoten-Verhaltn iß der Theilung zu unterziehen, und hierbei ist derselbe lediglich an sein billiges Ermessen gewiesen, welches sich nach der jedesmaligen Lage der Sache zu bestimmen haben wird, und zu dessen Grundlage unzweifelhaft auch die technischen Gutachten Sachkundiger dienen können,*) weshalb es den Partheien unbedenklich freisteht, dergleichen Gutachten beizubringen, oder auf deren Einholung über diejenigen Punkte anzutragen, welche für das bei der Theilung maaßgebende richterliche Arbitrium von Erheblichkeit sein können. Zu bemerken ist hier übrigens noch, daß der $. 1. deS neuen Gesetzes zwar die Bestimmung des §. 1. der Dekl. v. 19. Febr. 1832 aufgehoben hat, welche vorschrieb, daß diejenigen Abgaben, welche auf einem Grundstücke hasten oder von jedem Besitzer desselben entrichtet werden müssen, eS möge das Gewerbe, zu welchem daS Grundstück bestimmt ist, betrieben werden oder nicht, nicht zu den nach §. 30. des Ges. v. 2. Nov. 1810 aufgehobenen Abgaben von Gewerben gehören sollen, wie indeß, un­ geachtet dieser Aufhebung des §. 1. a. a. O., unbedenklich ist, daß gerade der Umstand stets von erheblichem Gewichte sein wird, wenn nachgewiesen werden kann, daß eine von der Mühle geforderte Abgabe alsdann nicht entrichtet worden ist, wenn daS Mühlewgewerbe auf dem Grundstücke nicht betrieben worden. ’) d) Vergl. in Betreff des zur Begründung des Anspruches auf theilweisen Erlaß erforderlichen Beweises, daß die Abgabe sich wenigstens

1) a) Diese Vorschrift der Dell. v. 19. Febr. 1832 findet sich, ihrem Grund­ sätze nach, schon in den Bestimmungen der A. G. O. Th. I. Tit. 13. §§. 29. u. 30. ausgedrückt. b) Ueber dergl. Mühlenabgaben gemischter Natur vergl. die Erk. des Revis. Kolleg, für L. K. G. v. 27. u. 2. Mai 1851 in dessen Zeitschr., Bd. 4. S. 251 — 261, deSgl. des Ob. Trib. v. 1. Okt. 1850 in Robe'S Lehrzeit., S. 130—136. 2) Dieser Ansicht tritt Wulsten (Agrar-Gesetzgebung S. 340) bei. 3) Vergl. hierüber auch das Erk. des II. Sen. des O. L. Ger. zu Breslau V. 12. Nov. 1833 in Koch'S Schlesisch. Archiv, Bd. 3. S. 362—364.

Ges.v. 11.Marz 1850, bett.d. aufMühlengrundst.haft.Reallasten(§. 1.).

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theilweise auf den Gewerbebetrieb bezieht, den Plenarbeschl. des Ob. Trib. v. 15. Febr. 1847, welcher folgende Rechtssätze ausspricht: a) Bei einer mit Grundbesitz verknüpften Abgabe braucht der Abgabenpflichtige zur Begründung deS Anspruches auf ganzen oder Iheilweisen Erlaß nicht nachzuweisen, daß der Zins für die ihm ertheilte Konzession znm Gewerbe­ betriebe entrichtet worden; es genügt vielmehr, um die gewerbliche Natur deS Zinses anzunehmen, daß der Zins den Gewerbebetrieb trifft, — be­ steuert. b) Die AnSmittelung: ob die Abgabe sich theils auf den Grundbesitz, theils auf einen Gewerbebetrieb bezieht? wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Abgabe bei Veräußerung eines fertigen, vollständig ausgerüsteten Mühlen­ werks von Seiten der mit der Mühlengerechtigkeit beliehenen Gutsherrschaft, Vorbehalten worden.

Vergl. das Nähere über die Begründung dieses Plenarbeschl. oben S. 67 — 70. V. Aus der vorstehenden Darstellung (sub IV.) ergiebt sich, daß nach Lage der bestehenden Gesetzgebung *) nur diejenigen auf Mühlengrundstücken haftenden Lasten und Abgaben, welche den Gewerbebetrieb betreffen (besteuern), für aufgehoben zu erachten sind; es sind hier indeß sowohl diejenigen Grundsätze zu erörtern, welche vor Er­ laß des Ges. v. 11. März 1850 von den Gerichtshöfen in Beziehung auf Mühlenlasten angenommen worden, insoweit dieselben nach Aufhebung der 88- 12- der Dekl. v. 19. Febr. 1832 noch von praktischem Inte­ resse sind, als auch insbesondere die in Bezug auf die gegenwärtige Lage der Gesetzgebung von dem Revis. Kolleg, für L. K. Sachen in Betreff der Natur der Mühlenabgaben angenommenen Grundsätze mitzutheilen. A. Aus der Bezeichnung einer Abgabe in den bett. Verträgen und Urkunden darf zwar allein kein bestimmter Schluß auf deren Eigen­ schaft als Gewerbezins gezogen werden; es kann aber die Benen­ nung keinesweges ohne Einfluß auf die Beurtheilung der rechtlichen Natur einer Abgabe bleiben. 1) Das Ob. Trib. hat in dieser Beziehung folgende Ansichten aus­ gesprochen : a) Mit Rücksicht auf §. 65. A. L. R. I. 4. könne die Art der Benen­ nung nur da für einflußlos erachtet werden, wo sich nachweisen lasse, daß die Interessenten mit einem Namen oder einer Bezeichnung einen unrichtigen Begriff verbunden haben, da dann allerdings das wahre Rechtsgeschäft aus den sich ergebenden Merkmalen abgeleitet werden möge. Wo dergl. Merk­ male nicht vorhanden, sondern die Richtigkeit der Bezeichnung, als einer gewerblichen Abgabe, auch in den übrigen faktischen Verhältnissen eine hinreichende Bestätigung finde, da sei die Abgabe für einen Gewerbezins zu erachten.

(Erk. des Ob. Trib. v. 24. Nov. 1843, Entsch. Bd. 9. S. 376 - 380).

b) Wenn in einem Mühlen-Kaufvertrage festgesetzt worden, daß ein Geld­ zins anstatt der Mühlen-Metz-Getreide und Mastungsgelder ent­ richtet werde, so deutet diese Benennung die Natur einer Gewerbeabgabe an, weil die bezeichneten Leistultgen Produkte der Mühlennahrung sind. Denn die MastungSgelder können nur auf daS Staubmehl und die Kleie, welche zum Mästen des Viehes dienen, bezogen werden, sofern nicht nach­ gewiesen wird, daß dem Müller eine besondere Mastungsberechtigung über­ tragen worden ist.

1) In Betreff der Provinz Ostpreußen und Litthauen nebst dem Ermelande und Marien werd ersehen Kreise, vergl. indeß daS oben S. 783 in der Note 1. Bemerkte. LandeS-Knlrur-Gesetzg. Bd. II.

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Von d. Ablös. der Reallasten, den Regulirungen u. Gem. Theilungen.

So erkannt von dem Ober Trib. unterm 18. Febr. 1842. (Koch's Schleuss. Archiv, Bd. 5. S. 450 ff.) c) Ueber die Bedeutung des auch in älteren Verträgen und Urkunden vorkommenden Ausdrucks: „Mühlenpacht" hat das Ober Trib. sich ebenfalls ausgesprochen. a) In einem Erk. v. 29. Mai 1847 wird ausgesührt, daß dieser Aus­ druck nicht beweise, daß die Abgabe für ertheilte Gewerbe-Konzession stipulirt worden; sie deute vielmehr auf das Gegentheil, nämlich auf eine Vergütigung für die eingeräumten Nutzungen der Mühle. (Rechtsfälle res Ob. Trib. Bd. I. S. 158. Nr. 74.) ß) Auch in dem Erk. v. 10. April 1847 wird angenommen, daß der erwähnte Ausdruck keine sichere Anzeige eines Gewerbezinses sei, da der­ selbe keinen strengen Gegensatz zum Begriff „Grundgeld" bilde, (a. a. O., S. 42. Nr. 21.) d) Auch die Bezeichnung „Mühlenzins" (oder Zins für das Mahlen) ist nicht entscheidend für die Natur der Abgabe, da diese Benennung keinesweges gleichbedeutend ist mit einenr Zinse, welcher für die Berechtigung zum Betriebe des Mühlenhandwerks gezahlt wird; es kommt vielmehr alsdann auf die Umstände an, unter welchen der Zins ge­ zahlt wird, um aus der Benennung einen Schluß auf dessen Eigenschaft zu ziehen. So erkannt von dem II. Senat des O. L. Ger. zu Breslau und von dem Ober Trib. unterm 12. Nov. 1833 und 28. Okt. 1834. (Koch's Schlesisch. Archiv, Bd. 3. S. 373 und 380.) c) Wenn ein Mühtenzins: „für diese Mühlengerechtigkeit" ver­ sprochen worden, so ist anzunehmen, daß derselbe für zweierlei Gegenstände, nämlich für die Berechtigung zum Betriebe deö Mühlengewerbes und für das Mühlen-Zwangs- und Bannrecht stipulirt worden. Ein solcher Zins ist daher nur in so weit aufgehoben, als er auf die Gewerbe-Berech­ tigung fällt, wogegen derjenige Theil, welcher das verliehene ZwangsBannrecht betrifft, fortbesteht und dafür nur die im §. 3. des Ed. v. 28. Okt. 1810 bestimmte Entschädigung vom Staate gefordert werden kann. Es muß in solchen Fallen festgestellt werden, welcher Theil des Zinses auf jede der beiden darunter begriffenen Gattungen zu rechnen ist. (Erk. des Ob. Trib. v. 30. Sept. 1852., Striet horst's Rechtsf. Bd. 6. S. 351. Nr. 82.) 2) Das Revisions-Kollegium für L. K. Sachen hat in dieser Be­ ziehung folgende Grundsätze angenommen: a) Bei Beurtheilung der Frage, ob eine Mühlen-Abgabe eine gewerb­ liche und deshalb durch das Gewerbesteuer-Ed. v. 2. Nov. 1810, resp, die Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845 unentgeldlich aufgehobene sei, kommt es nicht auf die Bezeichnung derselben an sich an, und es ist in der Regel ohne Einfluß, ob sie Grundgeld, Erbzins, Kanon oder dergl. ge­ nannt ist. Abgaben, welche vertragsmäßig für die Mühlengerechtigkeit stipu­ lirt sind, unterliegen der Aufhebung resp, deö §. 30. des Ed. v. 2. Nov. 1810 und des §. 3. der Gewerbe-Ordn. v. 17. Jan. 1845. (Erk. des Re­ vision s - K o l l e g. für L. K. Sachen v. 15. Nov. 1850, Zeitschr. deffelb. Bd. 3. S. 315 — 319 und Präj. Sammt. S. 69. Nr. 2.). b) Die Natur einer Mühlenabgabe ist nach den ermittelten faktischen Verhältnissen und Thatsachen richterlich zu beurtheilen. Die Benennung derselben giebt so wenig, als der Umstand, daß die Abgabe auS dem Ge­ winn des Mühlengewerbes zu entrichten ist, ein entschiedenes Merkmal für die gewerbliche Natur derselben. (Erk. des Revisions-Kolleg, für L. K. Sachen v. 15. Nov. 1850, Zeitscb. deffelb. Bd. 3. S. 333-337 u. Präj. Sammt, deffelb. S. 70. Nr. 4.). c) Die Benennung der Abgabe als „Mühlenpacht" gilt an sich eben-

Ges.v.11.Mär; 1850, betr.d.ausMüblengrundst. hast.Reallasten(§. 1.).

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sowenig für ein Kriterium der gewerblichen Natur derselben, als der Name G.undgeld, Erb;ins, Kanon und dergleichen an sich als Merkmal der grrndzinslichen Natur aelten kann. (Erk. des Revisions-Kolleg, für L. K. Sccbcn v. 15. Nov. 1850, Zeitscbr. desselb. Bd. 3. S. 361—365 u. S. 380 ff., n. Präj. Samml. S. 70. Nr. 4.). 3) Das O. L. Ger. zu Breslau hat (in den Erk. v. 30. Sept. 1834 mir 2. März 1837) angenommen, daß die Bezeichnung als: „bestän­ diger erblicher Zins" der Behauptung, daß der Zins vom Gewerbe entrichtet werde, entgegenstehe. (Koch's Schles. Arch. Bd. 2. S. 507 u. 512, s. eben S. 70—71.). B. Wenn eS nachgewiesen ist, daß in einem bestimmten Falle eine Abgabe als eine Abgabe vom Gewerbe zu erachten sei, so ist dieselbe nicht allein in dem Falle für aufgehoben anzusehen, wenn die Gewerbeberechtigung allein und selbstständig Gegenstand einer Verleihung gewesen ist; sondern auch dann, wenn ein Grundstück, welches mit einer Ge­ werbeberechtigung versehen ist, überlassen worden. Diesen Grundsatz hat das Ob. Trib. stets sestgebalten und insbes. in den Erk. v. 18. Febr. 1842 (Koch s Scbles. Arch. Bd. 5.