Die Österreichische Chronik der Jahre 1454-1467: Edition, Übersetzung, Kommentar [1 ed.]
 9783205218579, 9783205218562

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alexander hödlmoser • christina jackel matthias meyer • stephan müller

die

österreichische chronik der jahre 1454–1467

edition • übersetzung • kommentar

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Alexander Hödlmoser, Christina Jackel, Matthias Meyer, Stephan Müller (Hg.)

Die Österreichische Chronik der Jahre 1454–1467 Edition, Übersetzung, Kommentar

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Gedruckt mit Unterstützung durch das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, die Stadt Wien und die Universität Wien

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Inhalt

1. Überblick 2. Inhalt 3. Aufbau und Stil 4. Überlieferung 5. Sprache 6. Textkritik 7. Autor und Entstehung 8. Quellen der Österreichischen Chronik 9. Die Österreichische Chronik als Quelle 10. Editionsprinzipien 11. Abbildungen aus den Handschriften

X XIII XXI XXVII XXXVII XXXVIII XLV XLIX LIV LX LXXII

Die Österreichische Chronik der Jahre 1454 bis 1467 1. Von dem von Polan unnd den preẃssischen herren. Anno Domini 1454 2. Anno Domini millesimo quadringentesimo LVII° 3. Von dem cometen 4. Von dem túrckischenen kaiser und dem gesloss Kriechischenweissenwurckh 5. Von dem zug der Kreúzer wider die Túrcken 6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken 7. Anno Domini millesimo cccc° quinquagesimo septimo 8. Wie her Jan Witomitz gefangen hat des kaisers rétt zu Cili 9. Von der gefruer der wein 10. Von der kunft kunig Laslaus von den Turcken wider gen Wienn 11. Von kunig Laslas zug gen Prag 12. Von dem tod kunig lasslaws 13. Anno Domini M° CCCC° LVIII° 14. Wie der Mathiasch ze ainem kunig ze Ungeren erwelt ward 15. Von der erwellung des kúnigs zu Pehem 16. Von des Eyzinger vencknúss 17. Von dem lanttag zw Sannd Florians tag 18. Von der bericht kaiser Fridreichs und seins brueders hertzog Albrecht 19. Wie die von Wienn dem rómischen kaiser als irem erbherren haben gesworen und seinen erben 20. Von dem erwelten kunig zu Pehem wie der zoch in das lannd Osterreich

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2 4 8 8 12 14 28 32 34 34 38 44 48 50 52 52 56 64 70 72

21. Anno Domini M° CCCC° quinquagesimo nono. Von der wall des rómischen kaisers zu dem kunigreich ze Ungernn 22. Von der gepúrd Maximiliani 23. Von dem pabst Pio und seiner erwellung 24. Von der kunft des cardinal Sancti Angeli in die Newstatt 25. Von des kunigs von Pehem enphahung seiner regalia 26. Von dem zesamkomen ettlicher lanntleútt ze Stockheraw, daselbs sich anhueb des lands verderben 27. Anno Domini millesimo quadringentesimo sexagesimo 28. Von den Schinderling 29. Von dem rómischen kaiser und Cannreten dem Franawer 30. Von dem rómischen kaiser und purgernn ze Wienn 31. Von der taiding der lanntschaft und dem rómischen kaiser 32. Von der newn múnss 33. Wie der rat ze Wienn gepat den fleischackhernn, das fleisch hin zegeben nach dem pfuntt 34. Anno Domini millesimo CCCC° sexagesimo primo 35. Von dem zug des Franawer an die Traisem gen Sannd Andre 36. Wie hertzog Albrecht von Ósterreich und hertzog Ludweig von Payren abgesagt haben dem rómischen khaiser 37. Anno Domini M° CCCC° LXII° 38. Von dem haus Kallenberg 39. Von Weiteneckh 40. Von den lannttegen zu Sannd Pólten und zu Tullen 41. Von dem téber zu Tuttendorf, wie der gewunnen ward 42. Von der aidsteur, so ettlich purger und di hanntwercher zu Wienn gemacht haben 43. Von dem lannttag ze Wienn 44. Von dem Holtzer, dietzeit purgermaister, und der gmain ze Wienn 45. Von der absag des kunigs von Pehem 46. Wie die purger, purgermaister, rat und gnanntt und gemain dem rómischen kaiser, als irem erblichen herren und landsfúrsten, aufsagten ir aid und glúb, die im nach abganck kunig Laslaws getan heten 47. Item di zu den zeiten purgermaister und ratt seinn gewesen 48. Von hertzog Albrechts inreiten ze Wienn 49. Von der verpintnúss und dem landsfrid 50. Wie die von Wienn hertzog Albrechten haben gesworen 51. Wie der Pémkircher Korennewnburgk hat ingenomen 52. Anno Domini M° CCCC° LXIII° 53. Von dem verpot des pabsts 54. Von des Holtzers handlung wider den fúrsten 55. Wie hertzog Albrecht lies vahen die namhaftisten purger ze Wienn

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78 80 82 82 84 90 94 96 106 116 120 126 128 130 132 136 148 154 158 162 168 170 170 178 186 188 198 200 202 210 212 212 218 222 236

56. Von Kalsperg 57. Von hertzog Albrechts zug von Wienn gen Scherding 58. Von dem lanttag ze Tullen 59. Wie der von Hochenwerckh durch hertzog Albrechten ward geúrlaubt von der kchanntzlei 60. Von ertzhertzog Albrechts tod 61. Anttwúrt 62. Von dem tag zu Hedersdorf 63. Wie des Gravenecker diener, die am Osterabent in der stat Wienn wúrden gefangen, komen aus kerner túrnn 64. Anno Domini M° CCCC° LXIIII°. Wie die prelaten, herren, ritter und knecht und die von steten ob der Enns nach abgang Ertzhertzog Al– brechts gehabt haben ainen tag ze Lynntz 65. Wie die lanntleút in Osterreich ettlich aus in schickten zu dem rómischen kaiser und begerten den artickelnn, di ze Tullen wúrdn fúrgenomen, nach ze gén 66. Wie die sendpoten, von gemainer statt wegen zu dem romischen kaiser wúrden gesannt, wider umb chómen gen Wienn 67. Fúrbringung der gemain di antwúrt des rómischen kaiser 68. Wie di von Wienn widerumb swúren dem romischen kaiser 69. Der rétt anttwúrt auf den artickel 70. Antwúrt der rétt 71. Von den purgernn den hertzog Albrecht und der Holtzer von gemainer stat wegen ir guet heten genumen 72. Der von Wienn antwúrt, die sy teten den purgernn auf des kaisers ausspruch 73. Wie der Mathiásch zu ainem kunig ze Ungernn gekhrónet wardt 74. Von der verhandlung, die ettlich purger zw Wien téten wider den romischen kaiser nach der vergebung, so er in vormalln getan hett 75. Von der handlung des Schonnperger richter und Jacoben des Starichs 76. Von dem tod pabst Pyo 77. Wie der rómisch kaiser ervordert die purger von Wienn in di Newnstat von des Gravenecker und der ausgetriben purger scheden wegen 78. Wie der rómisch kaiser hat lassen berúeffen frid im lannd ze Osterreich 79. Wie der Gravenecker und die von Wienn iŕer zwitrecht sind beliben bei dem rómischen khaiser 80. Anno Domini M° CCCC° LXV°. Wie das haus Oberlach von den von Wienn ward gewunnen und zeprochen 81. Wie die von Wienn, geistlich und weltlich, sind getzogen in di Newnstat zu dem rómischen kaiser und haben sich seinen genaden gantz undertenig gemacht

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244 246 250 274 292 300 300 304 306 308 310 310 312 314 318 322 326 328 330 336 340 342 344 346 348 352

82. Wie hertzog Sigmund hat úbergeben seinen drittail in dem land Osterreich dem rómischen kaiser, den er von kunig Lasslawen het geéribt 83. Wie die von Wienn auf hertzog Sigmunds entslach brief dem romischen kaiser haben gesworen 84. Anno Domini millesimo quadringentesimo sexagesimosexto. Von der gepúrd hertzog Johansen, des kaisers sun 85. Von der verainigung wegen des kunigs von Polan und der herren von Preẃssen 86. Wie die rómisch kaiserinn hat angewunnen dem von Puechaim das geslos Rauchenstein 87. Von dem kunig von Ungernn und den raubernn, genannt die prúder 88. Wie der kunig von Ungernn fieng den hernn Wilhalm von Missingdorff und gewan im an das haus genannt Ratenstain 88 [GS]. Wie der Khünig von Vngern fieng den Miſsndorffeꝛ vnd gewan im ab daſs hauſs genandt Rattenſtain 89. Wie sich der kunig von Ungernn hat geslagen fúr di rauber, genant di prueder 90. Anno Domini M° CCCC° LXVII°. Von dem lanttag ob der Enns 91. Wie der kunig von Pehem schickt sein rétt gen lyntz zu dem rómischen kaiser 92. Antwúrt des kaisers 93. Des kunigs von Pehem rétt antwúrt 94. Antwúrt des kaisers 95. Von den aufslegen, so zw Wienn gemacht wúrden 96. Wie der jung von Starchenbergk absagt dem romischen kaiser unnd dem lannd 97. Von dem tod des Hynnckho und des Umerspacher

Literaturverzeichnis Personenregister Ortsregister Ortsregister Wien

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354 358 360 360 364 366 370 372 374 378 384 384 386 388 392 398 402

407 412 420 424

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1. Überblick Die „Österreichische Chronik der Jahre 1454 bis 1467“ (im Weiteren: ÖC) trägt ihre wesentlichen Inhalte bereits im (modernen) Titel. Erzählt werden die Ereignisse dieser turbulenten Zeit in und um das damalige Herzogtum Österreich. Die wichtigsten überregionalen Belange sind der Tod des König Ladislaus Postumus und die daraus folgenden Erbstreitigkeiten zwischen Kaiser Friedrich III. und Herzog Albrecht VI., die drohende osmanische Expansion und das böhmische Hussitentum sowie die Machtergreifungen Georgs von Podiebrad und Matthias Corvinus‘. Ein spezieller Fokus liegt auf den daraus resultierenden Folgen für die Stadt Wien: Wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Konsequenzen werden detailgenau und lebensnah beschrieben und analysiert. Einige dieser feinen Details finden sich nur hier überliefert, wofür die ÖC von je her sehr geschätzt wurde. Der Autor ist unbekannt, seine Arbeitsweise und Erzählhaltung lassen jedoch gewisse Rückschlüsse auf seinen geistigen und sozialen Horizont zu. Es muss sich um eine im politischen System der Zeit weit vernetzte Person handeln, der mündliche und schriftliche Berichte über politische, militärische und wirtschaftliche Entwicklungen unmittelbar zugänglich waren. Die Haltung des Autors kann überblickend als politisch neutral, jedoch keineswegs unkritisch zusammengefasst werden. Bestenfalls bezieht der Autor in Einzelfragen Position für einen der großen Machtblöcke (Wiener Bürger, die Geistlichkeit, Landstände, Herzog Albrecht, Kaiser Friedrich bzw. auch benachbarte Landesfürsten), dies aber nur, um in einer anderen Sache umso heftiger Kritik an derselben Partei zu üben. Seine Solidarität gilt am ehesten der leidenden Bevölkerung, sein Fokus aber liegt v.a. auf einer funktionierenden Ökonomie und Geldwirtschaft sowie einer befriedeten Rechtsstaatlichkeit. Quellen im klassischen Sinne konnten für die ÖC bislang nicht eruiert werden, was der äußerst zeitnahen Entstehung geschuldet sein mag. Der zeitweise recht inhomogene Charakter lässt jedoch drauf schließen, dass drei große Vorlagengruppen in das Gesamtwerk einflossen: 1. Dokumente wie Verhandlungsakten, Urkunden, öffentliche Briefe, etc. 2. sogenannte Hofmären, Zeitungen u.ä., 3. persönliche Erlebnisse und Erzählungen aus erster Hand. Die ÖC ihrerseits wurde hingegen häufig als Quelle der frühen Geschichtsschreibung genutzt, ist in etlichen Werken zumindest als mögliche Vorlage zu denken und wird auch zum Teil wörtlich zitiert. Zu diesen Nutzern der ÖC gehört auch die in der Forschung des Öfteren angesprochene lateinische „Versio“ des Cod. 9027 der ÖNB, die tatsächlich jedoch keine Version im Sinn einer Übersetzung, sondern vielmehr eine Art lateinischsprachige Paraphrase mit zahlreichen Erläuterungen und Ergänzungen ist. Die ÖC ist in drei Handschriften überliefert: 1. Hs. W (Cod. 2908, ÖNB Wien), 2. Hs. G (Cod. 352, UB Gießen), 3. Hs. S (Cod 78, Vol. 2, St. Pölten, Landesarchiv Niederösterreich). Hs. W ist weitgehend unauffällig und wohl sehr nah an den Ereignissen entstanden (4. Viertel 15. Jh.). Hs. G datiert ins 16. Jh. und ist durch mehrere Nutzerhände und zahlreiche Korrekturen geprägt, die so umfangreich sind, dass für Untersuchung und Edition zwei Texte aus Hs. G extrahiert wurden. Diesen wurden

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die Siglen G(ac), also G vor der Korrektur, und G(pc), also G nach der Korrektur, zugewiesen. Hs. S ist Teil eines dreibändigen Kollektaneen-Konvoluts aus der Bibliothek des Job Hartmann Enenkel. Der Text der ersten 17 Fol. ist verloren bzw. nach dem Druck von Rauch ergänzt. Die Fol. 18–77 stammen aus dem 16. Jh. Das Verhältnis dieser vier Textfassungen zueinander ist komplex und kann nicht mit letzter Sicherheit geklärt werden. Der Text der ÖC wurde zuerst bereits 1739 von Heinrich Christian Senckenberg nach der Hs. G herausgegeben. Ab 1794 ist der Text auch in der Fassung W, herausgegeben von Adrianus Rauch, einem breiteren Publikum zugänglich. In der Forschung wurden die beiden Ausgaben zunächst beliebig, wohl auch nach Verfügbarkeit behandelt. Beide Texte können und wollen natürlich keine Edition im eigentlichen Sinne sein, doch erweist sich der schlichte Textabdruck bei Senckenberg als besonders problematisch, da dieser der komplexen Überlieferungssituation in keiner Weise gerecht wird. So folgt Senckenberg, der einen einfachen Lesetext bietet, den diversen Korrektureinträgen der Hs. nur inkonsequent bzw. nach eigenem Gutdünken und scheut auch nicht davor zurück, eigenmächtig und unkommentiert in den Text einzugreifen. Als eindrucksvolles Beispiel mag die Überschrift des Kapitels 21 Anno Domini M° CCCC° quinquagesimo nono dienen. In Hs. G wurde offensichtlich die Einerstelle der Jahreszahl, nono, vergessen. Senckenberg ergänzt stillschweigend, jedoch nicht nach Hs. W, sondern – historisch korrekt – auf octavo. Solche Eingriffe wiederum schmälern den Wert etlicher Untersuchungen grundlegend, wo sich diese ausschließlich auf diese Textausgaben beziehen – unglücklicherweise so geschehen z.B. bei den stemmatologischen Überlegungen DODERERs 1 oder den sprachwissenschaftlichen Vergleichen TARVEINENs. 2 CZEGKA hat zwar Hs. G einsehen können 3 und beschreibt die schwierige Situation genau, stützt sich jedoch in etlichen Textvergleichen ebenfalls auf den Text nach Rauch. Aber auch Rauch greift – er hat es freilich weniger oft nötig als Senckenberg – selbständig und unkommentiert in den Fließtext ein (z.B. S. 2, Z. 26, wo er sinngemäß und richtig nach dem Korrektor von G bzw. auch Senckenberg „Herzog Sigmund“ ergänzt.) Die Kapitelgestaltung der beiden Textabdrucke unterscheidet sich: Was in unserer Edition unter Kapitel 35 steht, ist bei Senckenberg in zwei Kapitel unterteilt; der Text Doderer, Heimito: Zur bürgerlichen Geschichtsschreibung in Wien während des 15. Jahrhunderts (unveröffentlichte Dissertation), Wien 1925, v.a. S. 72–77. 2 TARVAINEN, Kalevi: Zur Problematik der sprachlichen Untersuchung historischer Chroniken des Spätmittelalters, in: Fachliteratur des Mittelalters. Festschrift für Gerhard Eis. hg. v. Keil, Gundolf, Stuttgart 1968, S. 115–130. (Tarvainen 1968b) TARVAINEN, Kalevi: Zur Wortgestalt in Bairischen Chroniken des 15. Jahrhunderts. Jakob Unrests Österreichische Chronik im Vergleich mit drei anderen Bairischen Chroniken, Jyväskylä 1968. (Tarvainen 1968a) 3 Laut eigenen Angaben wurde sie dazu sogar nach Wien geschickt. (CZEGKA im Verzeichnis, noch vor S. 1). CZEGKA, Eduard: Die anonyme österreichische Chronik von 1454–1467. Eine quellenkritische Untersuchung (Unveröffentlichte Hausarbeit am IfÖG), Wien 1928. 1

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unseres Kapitels 61 hingegen wird bei Senckenberg noch in Kapitel 60 eingeschlossen. Die unterschiedliche Kapitelzählung ist der unterschiedlichen Gestaltung der Codices geschuldet. Während sich Rauch dabei auf die recht eindeutige Gestaltung des Codex W zurückziehen kann, der Kapitelüberschriften in Rötel wiedergibt (Rauch stellt folgerichtig die Bezeichnung „Rubrica“ vor jede Überschrift), gestaltet sich die Sache für Senckenberg schwieriger: In Hs. G werden mehrere strukturgebende Mittel wie Einrückungen, Absätze, Schriftartwechsel, (Zier-)Initialen, Schriftgröße, etc. verwendet, jedoch keineswegs strikt systematisch oder einheitlich. So ist nicht immer klar, ob der Schreiber im jeweiligen Fall ein neues Kapitel, einen Absatz oder eine andere Erzähleinheit markieren wollte. Davon abgesehen aber sind einige Kapitelzahlen bei Senckenberg verdruckt: Kapitel 44 zweimal – 45 fehlt, 69 statt 59. Auf weitere Fehler der Senckenbergischen Ausgabe soll hier nicht weiter eingegangen werden, da sie weder für CZEGKA noch für DODERER den maßgeblichen Text enthält. Eine Sammlung der Textfehler bei Rauch bietet CZEGKA, 4 wobei auch diese teils mit Vorsicht zu genießen ist, da CZEGKA in seiner tabellarischen Darstellung „richtige oder vorzuziehende“ Lesarten gemeinsam in einer Spalte abhandelt – diese können im Zweifel Emendationen aus Hs. G oder anderswo her sein. In seiner Dissertation untersucht HÖDLMOSER 5 die Überlieferung und Textgeschichte der Chronik und bietet eine historisch-kritische Edition. Dies ist die Grundlage der vorliegenden Ausgabe, die im Zuge des FWF-Projektes „Die Österreichische Chronik der Jahre 1454 bis 1467. Text, Übersetzung und Kommentar“ 6 entstand. Bei HÖDLMOSER enthaltene Ausführungen zur Überlieferung und Textgeschichte werden im Folgenden gestrafft und teils auf relevante Ergebnisse gekürzt.

Obwohl, wie schon erwähnt, die ÖC stets eine beliebte Quelle für Darstellungen der österreichischen Geschichte war, gibt es doch keine veröffentlichte Einzeldarstellung. Zitiert werden meistens die kurzen und summarischen Einschätzungen LHOTSKYs 7 und UHLIRZ’ 8 im Rahmen quellenkundlicher Sammeldarstellungen. Raumgreifend haben sich lediglich DODERER9 und CZEGKA 10 mit der ÖC beschäftigt. DODERER analysiert die ÖC als eine von drei ausgewählten Chroniken zur „bürgerlichen Geschichtsschreibung Wiens“. Noch ausführlicher und exklusiv beschäftigt sich die „Hausarbeit“ CZEGKAs mit der ÖC. Beide Arbeiten sind unveröffentlicht geblieben und dementsprechend schwer zugänglich. Obwohl CZEGKA seine Arbeiten nur drei Jahre nach CZEGKA 1928, Anhang 1, S. 1–3. Österreichische Chronik der Jahre 1454 bis 1467“. Historisch-kritische Edition, hg. v. Alexander Hödlmoser, Diss., Universität Wien 2021. 6 Leitung: Matthias Meyer in Kooperation mit Stephan Müller; Mitarbeiter:innen: Alexander Hödlmoser, Christina Jackel, Sophie Zimmermann. 7 LHOTSKY, Alphons: Quellen zur mittelalterlichen Geschichte Österreichs (=Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 19), Wien 1963, S. 363–364. 8 UHLIRZ, Karl: Quellen und Geschichtsschreibung, in: Geschichte der Stadt Wien II/1, Wien 1900, S. 81. 9 DODERER 1925. 10 CZEGKA 1928. 4

5„Die

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DODERER abschloss und beide am Institut für Österreichische Geschichtsforschung in Wien tätig waren, erwähnt er diesen mit keinem Wort. Mit literaturwissenschaftlichem Zugang widmet sich MEYER 11 der ÖC, der sowohl die Art und Weise des Erzählens als auch der Figurengestaltung in den Blick nimmt.

2. Inhalt Die folgende Inhaltszusammenfassung konzentriert sich v.a. auf die großen, kapitelübergreifenden Handlungsstränge der ÖC. Kleinere, deshalb nicht minder interessante Einschübe, wie etwa von der erfrorenen Weinernte (Kap. 9) oder der spektakulären Flucht der Dienerschaft des Grafenecker (Kap. 63), werden dabei nicht berücksichtigt. Die ÖC beginnt ihre Erzählung ohne jegliche Einleitung oder Vorrede im Jahr 1454 mit dem Konflikt zwischen dem Deutschritterorden und den ihm unterstehenden Städten und dem Ritterstand. Nach einem missglückten Vermittlungsversuch durch den Kaiser unterstellen sich letzterer dem König von Polen, was zu einem langjährigen Krieg unter exzessivem Einsatz von Söldnertruppen führt, die bald keine der beiden Seiten mehr bezahlen kann, und so verkaufen Söldner der Deutschritter die symbolträchtige Marienburg an den König von Polen (Kap. 1 und 2). Das Erscheinen eines Kometen deutet der Erzähler als ein böses Omen, das die nachfolgenden Jahre des Krieges und der Wirren ankündigt (Kap. 3). Nach der erfolglosen Belagerung Belgrads unter Mehmed II. (Kap. 4) wird knapp die Kreuzzugsbewegung gegen das im Rückzug befindliche osmanische Heer erwähnt, die von Ladislaus angeführt wird und im eigenen Land große Schäden anrichtet (Kap. 5). Von hier an konzentriert sich der Erzähler vor allem auf die reichsinternen Konflikte, die dem jungen Ladislaus Postumus beinahe zum Verhängnis werden: Ladislaus Hunyadi, der Bruder des späteren ungarischen Königs Matthias Corvinus. nimmt Ulrich II. von Cilli und den jungen Ladislaus gefangen. Nur in einem Nebensatz wird der Bund zwischen Ladislaus Hunyadi, Georg von Podiebrad und Ulrich von Eitzing gegen den von Cilli erwähnt. Dieser überlebt die Verschwörung gegen sich nicht (Kap. 6). Mit List, viel diplomatischem Geschick und der Hilfe etlicher Verbündeter kann König Ladislaus das Blatt wenden, und so ist es am Ende Ladislaus Hunyadi, der durch den jungen König zum Tode verurteilt wird. (Kapitel 7). Kaiser Friedrich III. bemächtigt sich der Güter, die ihm nach dem Tod Ulrichs und dem gleichzeitigen Aussterben seines Geschlechts rechtlich zufallen, was wiederum der örtliche Adel missbilligt. Mit Duldung König Ladislaus’ wird dem Kaiser in Zelje eine MEYER, Matthias, Narrating Vienna. Then and Now, in: Topographies of the Early Modern City. hg. v. Arthur Groos, Hans-Jochen Schiewer u. Markus Stock (Transatlantische Studien zu Mittelalter und Früher Neuzeit - Transatlantic Studies on Medieval and Early Modern Literature and Culture 3), Göttingen 2008, S. 219—237. bzw. MEYER, Matthias: Widersprüchliche Figuren im ›Prosalancelot‹. Überlegungen zu Interferenzen von romanhaftem und chronikalischem Erzählen, in: Widersprüchliche Figuren in vormoderner Erzählliteratur, Oldenburg 2020 (BmE Themenheft 6). hg. v. Elisabeth Lienert, S. 385–402, (online).

11

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Falle gestellt, doch Friedrich wird gewarnt und kann knapp entkommen (Kap. 8). Ladislaus ist noch nicht von seinem Kreuzzug zurück in Wien, als er erfährt, dass sein eigener Reichsverweser von Böhmen, Georg von Podiebrad, mit einem starken Heer vor der Stadt steht. Die Einladung, wegen dringlicher Angelegenheiten nach Böhmen zu kommen, ist dann auch nur der Form nach eine Bitte. Nach mehreren Anläufen und unter Vermittlung u.a. Albrechts VI. kann eine Einigung mit Georg von Podiebrad erzielt werden. Die gleichzeitig mit Friedrich III. stattfindenden Verhandlungen scheitern jedoch (Kap. 9–10). Es deutet sich die große Rolle des Geschlechts der von Eitzingen an, die schon zuvor stets auf Seiten Georgs von Podiebrad standen, nun maßgeblich an der Absetzung der Wiener Stadtregierung im Jahr 1457 beteiligt sind und zugleich aber eine Einigung zwischen Friedrich und Ladislaus auf den Weg bringen (Kap. 11). In Prag angekommen, bereitet König Ladislaus unter einigen Pannen die Brautwerbung und seine Hochzeit mit Magdalena von Frankreich vor, zu der es jedoch nicht mehr kommen soll. Ladislaus stirbt völlig unerwartet im Alter von 17 Jahren. Zum einen verklärt der Erzähler diesen als sittsamen und edlen Herrscher und greift die Gerüchte um einen möglichen Giftmord auf, zum anderen werden die düsteren Ereignisse der kommenden Jahre angedeutet (Kap. 11–12). Da die Nachfolge der Herrschaft in Österreich nicht geklärt ist, einigen sich die Anwärter – Kaiser Friedrich III., Herzog Albrecht VI. und Herzog Sigmund – darauf, die Regierungsgeschäfte bis zur Klärung der Nachfolge an Ulrich von Eitzing, Bernhard von Schaunberg und Michael von Maidburg-Hardegg zu übergeben (Kap. 13). Nur in wenigen Sätzen widmet sich der Erzähler der Krönung von Matthias Corvinus in Ungarn (Kap. 14) und des Georg von Podiebrad in Böhmen (Kap. 15), doch sind damit die Rahmenbedingungen in den Nachbarländern abgesteckt und die Chronik wendet sich nun größtenteils innerösterreichischen Angelegenheiten zu. Zunächst wollen die Landesherren Österreich und Wien in je drei Territorien teilen, was durch den Widerstand der Wiener und der Landstände verhindert wird. Am Landtag zu St. Florians Tag einigt man sich beinahe, scheitert jedoch daran, dass weder Albrecht noch Friedrich die Wiener Burg aufgeben wollen. Gegen jede Vereinbarung üben Albrecht und Sigmund mit herangebrachten Söldnern Druck auf Friedrich aus. Nur mit Mühe können die Wiener dazu gebracht werden, Friedrich beizustehen, und ein offener Konflikt wird abgewendet (Kap. 17). Herzog Albrecht lässt Ulrich von Eitzing unter den fadenscheinigen Vorwürfen des Giftbesitzes und der Dokumentenfälschung gegen den Widerstand der Stadt Wien und der Landstände inhaftieren (Kap. 16). Als dieser auch nach längerem Zuwarten nicht rechtskonform an die Gerichtsbarkeit der Landstände überantwortet wird, erklären die Stadt Wien, etliche böhmische und mährische Adelige, König Podiebrad sowie der Eitzinger-Clan samt Verbündeten Albrecht den Krieg. Von allen Seiten unter Druck geraten, einigt sich Albrecht nun mit seinem Bruder Friedrich, verzichtet auf jeglichen Herrschaftsanspruch in Wien und Österreich und

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wendet sich mit einem Heer – mäßig erfolgreich – gegen die stetigen Raubzüge böhmischer Truppen, die im Norden Wiens ein virulentes Problem sind und bleiben (Kap. 18). Erst als der Kaiser selbst mit Georg von Podiebrad vor den Toren Wiens verhandelt, kann dieser dazu bewogen werden, mit seinen Truppen abzuziehen. Teil der Einigung ist die Überführung Ulrichs von Eitzing unter die Gerichtsbarkeit des Kaisers sowie die Freilassung des Konrad Hölzlers, der wegen Veruntreuungen gegenüber Ladislaus Postumus in Gefangenschaft geraten war (Kap. 20). 1459 wird Friedrich von den politischen Gegnern Matthias Corvinus‘ zum Gegenkönig von Ungarn gewählt (Kap. 21), woraufhin Matthias mit Truppen gegen Friedrich zieht, die nur unter großen Verlusten abgewehrt werden können (Kap. 22). Trotz der Intervention des frisch gewählten Papstes Pius II. und seiner Abgesandten (Kap. 23) kann zwischen den beiden Lagern nicht erfolgreich vermittelt werden, und es kommt zu wechselseitigen Gebietsgewinnen im umkämpften Raum. Friedrich zieht mit seiner Familie von Wiener Neustadt in die Wiener Hofburg (Kap.24). Verständnislos zeigt sich der Erzähler über die offizielle Verleihung der Regalien an Georg von Podiebrad durch Friedrich, da ersterer von niedrigem Stand ist und letzterer durch Erbverträge Anspruch auf die Herrschaft in Böhmen hat (Kap. 25). Später scheitern Schlichtungsversuche Georgs von Podiebrad zwischen Matthias Corvinus und Friedrich (Kap. 35). Aus dem Streit mit Gamerit Fronauer um Schloss Orth entwickelt sich ein langwieriger und zäher Konflikt, dem sich etliche unzufriedene Adelige anschließen, die auf die Einhaltung von Verträgen mit Friedrichs Vorgängern, Ladislaus und Albrecht II., pochen (Kap. 26, 27). Vor dem einberufenen Gericht erscheint der Fronauer weder selbst noch in Vertretung. Er hält die Einberufung für unrechtmäßig und die Schöffen für parteiisch. So kommt es zur Eskalation: Trotz einem unverhältnismäßig großen Aufgebot kann Friedrich Schloss Orth nicht einnehmen. Erst als den darin befindlichen Söldnern freies Geleit und die Übernahme aller Kosten versprochen wird, übergeben diese das Schloss (Kap. 29). Der abwesende Fronauer schließt sich zunächst dem böhmischen König, später Herzog Albrecht an und überfällt von nun an vor allem Klöster und Kirchen Niederösterreichs (Kap. 30, 31, 35). Der Unart benachbarter Länder und schlechten Ratgebern folgend, lässt Friedrich Münzen mit niedrigem Feingehalt prägen, um die chronisch leeren Staatskassen aufzubessern. Den kurzfristigen Gewinnen folgt schnell die Ernüchterung einer Hyperinflation, die anhand zahlreicher Preisbeispiele lebensnah dargestellt wird und die kaum mehr in den Griff zu bekommen ist (Kap. 28). Der zunehmend unbeliebte Kaiser versucht sich mit den Wiener Bürgern und den Ständen auf Gegenmaßnahmen zu einigen, was jedoch trotz päpstlicher Mithilfe und Vermittlung des Königs von Böhmen nicht gelingt (Kap. 30, 31). Auch das Eingreifen der Wiener selbst durch Preisregulierungen (Kap. 33) und neue Steuern (Kap. 42) ist mittelfristig nicht von Erfolg gekrönt. Verunsichert durch den Münzverfall und erbost durch Missachtung alter Rechte, wenden sich etliche Landleute zunächst an Georg von Podiebrad und wollen sich unter

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seine Obhut stellen. Dieser verweist auf die beiden österreichischen Konkurrenten, Sigismund und Albrecht. Letzterer willigt ein, sich erneut gegen seinen Bruder zu stellen (Kap. 35) und ihm die Landeshoheit streitig zu machen. Gemeinsam mit dem Herzog von Bayern sagt er sich vom Kaiser los und zieht gemeinsam mit Georg von Podiebrad und Matthias Corvinus gegen ihn ins Feld. Schließlich meutert auch Korneuburg gegen den Kaiser, der sich nur in Wien noch halten kann. Georg von Podiebrad drängt Albrecht zu Verhandlungen, die schließlich zu einem Frieden führen, in dem Albrecht die gewonnenen Gebiete innerhalb kurzer Zeit räumen soll. Friedrich aber bricht den Frieden, es kommt erneut zu Kämpfen in etlichen Gebieten Niederösterreichs und auch Albrecht widerruft den Frieden (Kap. 36, 37). Da nicht alle Verbündeten von Kriegsund Friedensbeschlüssen ihrer Herren erfahren, herrscht nun einige Verwirrung an verschiedenen Schauplätzen. Friedfertige Städte und Ritter werden von Kampfhandlungen überrascht, andere Kriegsherren gehen eigenmächtig und eigennützig auf Raubzug in ihren Einflussgebieten (Kap. 38). Um das Chaos im Land zu beenden, wird ein Landtag in Wien einberufen. Wieder scheinen die Verhandlungen ins Leere zu laufen, doch wollen einige Wiener Bürger den Gang der Dinge nicht mehr hinnehmen. Schließlich entzweien sich die Wiener: Während der Rat auf Seiten des Kaisers steht, wendet sich die Gemein den Landständen zu. 12 In einem gewaltsamen Putsch werden Bürgermeister und Rat ab- und eine neue Stadtregierung unter Führung Wolfgang Holzers eingesetzt (Kap. 43). Ein vom Kaiser eingesetzter Gegen-Bürgermeister kann sich nicht halten. Er wird vom Volk nicht akzeptiert. Die Wiener wählen den Holzer und einen neuen Rat in einer ordentlichen Wahl erneut. Der Kaiser akzeptiert dies notgedrungen – im Gegenzug schwören ihm die Wiener Treue (Kap. 44). Als aber die Söldner des Kaisers wegen ausstehender Löhne rund um Wien marodieren, wollen die Bürger die Sache selbst in die Hand nehmen. Sie sagen sich vom Kaiser los – vorgeblich nur um die anstehenden Probleme selbst lösen zu können (Kap. 46) – und belagern ihn und die Seinen gewaltsam in der Hofburg (Kap. 44, 45, 47). Als ihnen daraufhin Georg von Podiebrad den Krieg erklärt, unterstellen sich die Wiener Herzog Albrecht, der ihnen zu Hilfe eilt, in Wien einzieht und die Belagerung unterstützt (Kap. 45, 46, 48). Doch auch mit vereinten Kräften können weder Friedrich noch die umliegenden Marodeure besiegt werden. Schließlich sagen einige wichtige niederösterreichische Städte den Wienern die Unterstützung auf und ziehen mit einer gewaltigen böhmischen Streitmacht unter Georg von Podiebrad Im spätmittelalterlichen Wien erfolgte die Willensbildung und die Bestellung der Organe der Stadt Wien im Wesentlichen über drei Gremien, deren Bezeichnung und politische Macht sich über die Jahre stetig änderten: Zur Zeit der ÖC wählten die etwa 2000 Bürger aus ihren Reihen ca. 200 Personen in den Kreis der Gemein. Diese wählten jährlich aus ihrem Kreis 40 Vertreter zu Genannten, die wiederum 20 aus sich in den Rat wählten – darunter auch in die einflussreichsten Ämter des Richters und des Bürgermeisters. Während die Genannten den Rat sehr aktiv in seinen Funktionen unterstützten und in der Regierung mitwirkten, hatte die Gemein nur wenig politischen Einfluss und wurde nur dann hinzugezogen, wenn sich der Rat des breiten Rückhalts der Bevölkerung versichern musste. Vgl. PERGER, Richard: Die Wiener Ratsbürger 1396–1526 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 18), Wien 1988., S. 18–21.

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und seinen Söhnen vor Wien. Unter diesem enormen Druck finden erneut Verhandlungen statt, die zum Ergebnis haben, dass alle Gefangenen ausgetauscht und die Herrschaft über Österreich für acht Jahre Albrecht übergeben werden soll – freilich gegen jährliche Gebühren. So zieht Albrecht in der Hofburg ein, und die Wiener schwören ihm Gefolgschaft (Kap. 49). Schon nach kurzer Zeit jedoch werfen sich die Parteien wechselseitigen Vertragsbruch vor, und es kommt erneut zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Friedrich überfällt etliche niederösterreichische Städte, spricht Albrecht sämtliche Regalia ab, nimmt den Wienern das Münzrecht und verhängt über etliche von ihnen die Reichsacht (Kap. 52). Auch der von den Wienern und Albrecht angerufene Papst bleibt auf Seiten Friedrichs. Wegen des ausstehenden Soldes vereinigen sich Söldner Albrechts und Friedrichs und hinterlassen plündernd eine Spur der Verwüstung in Ober- und Niederösterreich. Albrecht entschädigt sie und nimmt sie erneut in seinen Dienst auf (Kap. 53). Von Friedrich bestochen und mit reichlichen Mitteln ausgestattet, versucht der Bürgermeister Holzer in Wien einen Putsch gegen Albrecht. Unter falschen Vorwänden überredet er viele der wichtigsten Bürger, Söldner in die Stadt zu bringen, um gegen Albrecht gewappnet zu sein. Doch die Geheimhaltung verursacht Missverständnisse und Tumulte in der Stadt und schlussendlich bleiben die gemeinen Bürger Albrecht treu. Die Söldner werden gefangenengesetzt. Holzer muss mit seinen Komplizen fliehen und wird später gefasst (Kap. 53). Er, der Söldnerführer und die hochrangigsten Mitverschwörer werden zum Tode verurteilt – den Großteil der beteiligten Bürger begnadigt Albrecht gegen Lösegeld und verbannt sie aus der Stadt. Ihre unbeweglichen Güter müssen sie zu Schleuderpreisen an die Anhänger Albrechts verkaufen (Kap. 54). Weiterhin besetzen die Söldner Friedrichs das Wiener Umland. Albrecht reist nach Passau, Salzburg und Linz, um gemeinsam mit den Landleuten 13 eine Lösung zu finden. Sie vereinbaren einen kurzfristigen Waffenstillstand (Kap. 57). Im Landtag von Tulln wird unter Vermittlung vor allem des Erzbischofs von Salzburg, der Markgräfin von Baden und eines päpstlichen Legaten – der zur Einigkeit im Angesicht der türkischen Expansion mahnt – ein erster großer Schritt in Richtung einer solchen Lösung gemacht. Der Erzähler zählt die Vorschläge und Forderungen der Landstände auf, die allgemeine Zustimmung erfahren. Zuletzt scheitern die Verhandlungen an den unrealistischen Forderungen der kaiserlichen Räte in Wiener Neustadt – der Waffenstillstand wird aber verlängert (Kap. 58). Die Verhandlungen werden immer wieder durch Gerüchte sabotiert. So wird etwa den Wienern zugetragen, dass sich Albrecht und Friedrich miteinander und gegen sie geeinigt hätten. Als Drahtzieher dieser Gerüchte werden Leute aus den eigenen Reihen, allen voran Albrecht von Hohenberg, ausgemacht, der mit einigen anderen Räten vom Hofe Herzog Albrechts verbannt wird und nun wieder beim Kaiser unterzukommen versucht. Herzog Albrecht inszeniert die Aufdeckung dieser Vorfälle als Schauprozess, um seine Bindung zu den Wienern zu stärken, Landleute meint jene Vertreter der Landstände, die zu den Hochfreien und Ministerialen gehören - also nicht Ritter und Knechte.

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und schwört sie auf beiderseitige Transparenz, Offenheit und Loyalität ein. Das bewährt sich – weitere Versuche der Entzweiung scheitern, jedoch drängen nun auch die Wiener sowie die Stände darauf, endlich nachhaltig Frieden zu schließen, was trotz intensiver Verhandlungen erneut misslingt (Kap. 59). Überraschend verstirbt nun Herzog Albrecht an einer kurzen schweren Krankheit. Während die herbeigerufenen Ärzte sich einig sind, dass es sich um einen Giftmord handelt, deutet der Erzähler den frühen Tod als eine Strafe Gottes für Albrechts Habgier und verschwenderische Hofführung. Die Wiener haben nun ihren Schutzherren verloren und sehen sich von Feinden umringt. Sie beschließen, zu ihrem Schutz Söldner anzuheuern – zugleich beginnt ihre Einigkeit bereits zu bröckeln. Umgehend meldet sich der Kaiser bei den Wienern und bietet an, auf Basis der Ergebnisse des Landtages zu Tulln erneut in Friedensverhandlungen zu treten (Kap. 60). Im Landtag zu Hadersdorf wollen Wiener und Stände darüber beraten, doch weder Vertreter des Kaisers noch die meisten oberösterreichischen Landleute folgen der Einladung. Eine Nachricht des Kaisers kommt zu spät, (Kap. 61–62) und so wird erst später eine Abordnung der Landstände zum Kaiser geschickt, um Forderungen durchzubringen (Kap. 65). Im Landtag zu Linz werden nun die Belange Oberösterreichs in der Nachfolge Albrechts geregelt: Herzog Albrecht hatte seinen Untergebenen befohlen, Land, Schlösser und Gefangene nur Herzog Siegmund zu unterstellen. Dieser aber tritt jegliche Herrschaftsansprüche im österreichischen Gebiet an Friedrich ab, der diese nun teils mit Gewalt durchsetzen muss (Kap. 64). In Niederösterreich sorgen derweil wieder die unbezahlten Söldnertruppen des verstorbenen Albrechts für Unruhe (Kap. 66). Durch diese gehindert, gelangen die Boten der Wiener und die Gesandten des Kaisers nur schwerlich mit ihren Nachrichten hin und zurück: Der Kaiser bietet den Wienern einen Vergleich an. Er will ihnen ihre unrechtmäßige Rebellion vergeben und ihnen alle traditionellen Rechte zugestehen, wenn sie ihm vorbehaltslos die Treue schwören. Außerdem sollen beiderseitig alle Gefangenen aus dem vorangegangenen Konflikt freigelassen werden (Kap. 67). Der Rat verhandelt nach und betont, dass vor allem die Forderungen der Landstände ernstgenommen und die im Land befindlichen Söldner entlohnt werden müssten, um nicht erneut Unruhe im Land aufkommen zu lassen. Auf die Forderungen antworten die gesandten Räte Friedrichs: In beiden Fällen sei der Kaiser bereit, legitime Ansprüche anzuerkennen, jedoch müssen diese in schriftlichen Zeugnissen belegt sein, die bislang kaum vorgelegt wurden. Schließlich schwören die Wiener dem Kaiser die Treue und werden im Gegenzug vom päpstlichen Interdikt sowie von der Reichsacht befreit (Kap. 67–70). Nun melden sich die ehedem vertriebenen Bürger der Stadt zu Wort und fordern Rehabilitierung. Gemeinsam mit Vertretern der Stadt einigen sie sich, und der Kaiser ordnet an, dass den Vertriebenen ihr Besitz und das Bürgerrecht wieder zurückgegeben wird (Kap. 71). Die Wiener berufen sich auf dringendere Angelegenheiten und bitten um Aufschub (Kap. 72). Um in der Sache besser urteilen zu können, fordert der Kaiser die Dokumente zu den

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damaligen Urteilssprüchen an. Unter den Wienern befinden sich jedoch einige, die die Sache vertuschen und die Dokumente verschwinden lassen möchten – davon erfährt der Kaiser. Auf seinen Druck hin werden die Verschwörer inhaftiert, und es wird die Zusage erteilt, die Dokumente auszuhändigen (Kap. 74). Als dies dennoch nicht geschieht, geraten der Bürgermeister Jakob Starch und der Richter Schönperger in heftigen Streit und werfen sich gegenseitig Feindseligkeiten aus Albrechts Regierungszeit vor. Da der Statthalter des Kaisers, Laurenz Schönperger, den erneuten Ausbruch von Unruhen durch die Anhänger der beiden Parteien in Wien fürchtet, werden die Kontrahenten zunächst in Wien, dann in Wiener Neustadt inhaftiert (Kap. 75). Der Erzähler berichtet knapp von Tod und Einsetzung des jeweiligen Papstes (Kap. 76) sowie der Krönung Matthias Corvinus’ zum Ungarischen König mit Billigung und Bestätigung durch den Kaiser (Kap. 73). Wenig später zitiert der Kaiser eine Vertretung der Wiener zu sich. Die vertriebenen Wiener Bürger und der kaiserliche Rat Ulrich von Grafeneck, die in den Auseinandersetzungen schwer geschädigt wurden, drohen an, gerichtlich gegen die Wiener vorzugehen und Schadensersatz zu erstreiten. Es kommt zu Kompromissen und zur Aussöhnung. Die Vertriebenen beziehen umgehend ihre Häuser, stunden aber sonstige Schadensersatzzahlungen; der von Grafeneck wird entschädigt (Kap. 77, 79). Dass der Kaiser hiernach Frieden im Land und zwischen Österreich und Böhmen und damit auch Handels- und Reisefreiheit ausruft, quittiert der Erzähler mit den Worten aber es ward nicht gehalten (Kap. 78). Dass dieser Zustand der Rechtsunsicherheit symptomatisch ist, zeigt sich auch an der Geschichte des Tannhausers. Dieser ehemalige Bürger, einer der Vertriebenen, hat ein Gut in Oberlaa. Vom Kaiser selbst und sogar durch eine päpstliche Bulle bestätigt, bekommt der Tannhauser das Recht, solange mit Raub und Geiselnahme gegen die Wiener vorzugehen, bis seine Schäden beglichen sind. Da er dies nun aber ohne angesagte Fehde tut, sehen die Wiener Rechtsbruch darin. Sie belagern und erobern die Feste und richten einige Männer der Besatzung hin. Der Tannhauser entkommt (Kap. 80). Stellvertretend für die gesamte Wiener Bevölkerung ziehen hochrangige Geistliche, Universitäts-, Bürger- und Handwerkervertreter nach Wiener Neustadt, um dem Kaiser in seiner Residenz die Treue zu schwören (Kap. 81). Der Erzähler erklärt nun die Hintergründe zum Verzicht Herzog Sigmunds auf seine Ansprüche gegenüber Friedrich. Dieser Verzicht nämlich war die Gegenleistung für die Vermittlung zwischen Sigmund und dem Papst, der Sigmund exkommuniziert und unter Bann gestellt hat, da er zwei Bischöfe gefangen gesetzt hatte. Ein Erbvertrag gesteht dem Stamm Sigmunds den Rückfall der Privilegien zu, sollte Friedrichs Stamm aussterben (Kap. 82). Die Wiener werden daraufhin offiziell von ihrer (Drittel-)Verpflichtung gegenüber Sigmund entbunden (Kap. 83). Der Erzähler konzentriert sich nun wieder auf den Streit zwischen dem Deutschen Orden und dem König von Polen. Dieser hatte zwar etliche Gebietsgewinne erringen und auch die Städte auf seine Seite ziehen können, doch mittlerweile sind – auch angesichts leerer Kassen – beide Parteien des Krieges überdrüssig. Unter Vermittlung

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eines päpstlichen Legaten einigt man sich darauf, dass der König von Polen sämtliche Gebietsgewinne behalte, im Gegenzug jedoch die Söldner beider Seiten bezahlen muss. Außerdem soll von nun an der amtierende Hochmeister des Deutschen Ordens stets auch Höchster Rat des Königs sein (Kap. 85). Das Problem marodierender Räuberbanden verlagert sich mittlerweile von Niederösterreich in den ungarischen Machtbereich Matthias Corvinus’. Dieser sammelt ungarische und deutsche Söldner, die dem Treiben Einhalt gebieten sollen. Vor dem stark befestigten Tabor von Tirna erleiden vor allem die deutschen Truppen große Verluste. Der Erzähler bemängelt den fehlenden Mut und Beistand der ungarischen Kampfgenossen. Auf Bitte Matthias’ schicken der Kaiser und die österreichischen Landstände Truppen zur Unterstützung (Kap. 87.). In der Schilderung des folgenden Sachverhalts unterscheiden sich die Überlieferungszeugen signifikant: Gegen Wilhelm von Missingdorf liegen beim König Anklagen zur Prüfung vor. Da sich der Missingdorfer einer Vorladung lange entzieht, wird er gewaltsam gefangengesetzt, später aber wieder frei gelassen. Währenddessen wird sein Sitz erobert und ihm entzogen. Uneins sind sich die Fassungen im Detail: Während Hs. W den Missingdorfer als unschuldiges Opfer einer Verleumdung und untreuer Untertanen sieht, berichten GS von etlichen Untaten und einer tapferen Burgbesatzung, die ihrerseits von ihrem Herrn im Stich gelassen wurde (Kap. 88/88[GS]). Inzwischen sind die österreichischen Truppen zu Matthias gestoßen. Gemeinsam wird die Räuberburg bei Tirna erobert und zerstört. Die Räuber finden größtenteils den Tod (Kap. 89). Der Erzähler konstatiert ein Machtvakuum in Österreich, da sich unter der Herrschaft Albrechts Oberösterreich sowohl machtpolitisch als auch verwaltungstechnisch von (Nieder-)Österreich gelöst hat, aber kein Nachfolger in das Amt des Hauptmanns gesetzt wurde, und so verschiedene Interessensgruppen und Koalitionen Anspruch auf die Herrschaft erheben. Sie schrecken vor offenen Kriegen, Brandschatzung und Plünderungen der Nachbarn nicht zurück – teils mit Unterstützung des böhmischen Königs. Besonders die Verbündeten Georg von Stein und der von Puchheim, denen die Stadt Steyr treu ergeben ist, treiben im Land ihr Unwesen. Ein Versuch der Kaiserlichen Truppen, die Stadt einzunehmen und zu halten, scheitert, und die nachfolgenden Plünderungen vor allem der oberösterreichischen Klöster fallen umso exzessiver aus. Schließlich wird der Frieden mit dem von Stein teuer erkauft (Kap. 90). Georg von Podiebrad bedrängt den Kaiser mit Forderungen: er beruft sich auf alte Geldschulden und die Kosten, die ihm durch den Beistand während der Belagerung in der Wiener Hofburg entstanden sind. Er verlangt die Freisetzung seiner Verbündeten aus österreichischer Gefangenschaft und droht mit deren gewaltsamer Befreiung. Der Kaiser hält ihm entgegen, dass er mehr als genug Entschädigung bezahlt habe und Podiebrad mit seiner Duldung Steuern auf seinem Gebiet erhoben und etliche Raubzüge durch Söldnerbanden unternommen habe. Das sowie die ständige Einmischung in österreichische Belange durch Bündnisse mit aufrührerischen Adeligen will der Kaiser künftig ebenso wenig dulden wie den Abfall von der römischen Kirche (Kap. 91, 92). Der Konflikt scheint zu eskalieren. Friedrich schwört die anwesenden Vertreter

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der Landstände und besonders der Kirche auf sich ein, und erwägt vordergründig, eine Exkommunikation zu veranlassen. Laut dem Erzähler verhindert Friedrich solche Maßnahmen tatsächlich aber. Schließlich wird der Papst Georg von Podiebrad doch bannen und mit seiner Förderung Kasimir II. als ein würdiger König auf den böhmischen Thron gelangen (Kap 93, 94). Hier weist die Chronik über den eigentlichen Erzählrahmen hinaus, denn vom Zeitpunkt der Erzählung aus (1467) kann nicht Podiebrads erste Exkommunikation vom 23.12.1466 gemeint sein, sondern jene neuerliche Exkommunikation vom 20.08.1469. Zu erneuten Unstimmigkeiten in Wien kommt es, als dort neue Steuern in Form von Pfennigwerterhöhungen eingeführt werden sollen, um die hohen Reparationsforderungen aus dem Krieg begleichen zu können. Gerade die ärmeren Bürger der Stadt, angestachelt durch die Geistlichen, protestieren heftig gegen diese Maßnahme sowie einige Landleute, die deshalb kurzfristig sogar eine Warenblockade gegen Wien errichten. Trotzdem wird der Zehent eingeführt (Kap. 95). Dass der ausgerufene Friede das Fehdewesen in Österreich nicht eindämmen kann, zeigt das Exempel des jungen Starhemberger, der schamlos und ganz nach seinem Vorteil Frieden verhandelt und aufsagt und sich unter den Schutz verschiedener konkurrierender Fürsten stellt. Letztlich wird er doch besiegt und stirbt an der Pest (Kap. 96). Ebenso ergeht es den Räubern Umerspacher und Hinko. Erster stirbt ebenfalls an der Pest, letzterer wird auf einem Raubzug von einem einfachen Bauern erschossen. Die Chronik schließt: Und so starben nacheinander all die Räuber eines schrecklichen Todes, die das ehrwürdige Land Österreich und seine Bewohner gegen Gott und Recht geschunden hatten.

3. Aufbau und Stil Die Forschung teilt die ÖC traditionell in drei große Abschnitte, nämlich: 1. bis zum Tod des Ladislaus Postumus, 2. vom Tod des Ladislaus Postumus bis zum Tod Albrechts, 3. die Ereignisse der Jahre 1463 bis 1467. Als Haupt- und qualitativ hochwertigster Teil wird dabei der zweite Teil gehandelt, der am stringentesten, am detailreichsten erzähle und historisch am wertvollsten sei.14 Dieser Blickwinkel entspringt freilich dem Daten- und Fakteninteresse einer Geschichtsforschung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und ist in einigen Punkten zu modifizieren und zu erweitern. Dabei soll zum einen auf die Art der historischen Ereignisse im Sinne der Geschichtsforschung Rücksicht genommen werden, zum anderen sollen literarisch-erzähltechnische Aspekte angesprochen und, wo dies möglich ist, gezeigt werden, wie beides Hand in Hand geht. Festhalten möchten wir an der Einschätzung, dass die ÖC von mehreren Teilen geprägt ist, mit denen eine jeweils sehr spezielle Art des Erzählens verknüpft ist.

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Vgl. DODERER 1925, S. 87.

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Teil 1 Die Chronik verfügt nicht über eine ausgewiesene Einleitung. Erzähltechnisch gesehen entspricht der erste Teil aber einer solchen, insofern er sich nicht nur durch etliche Eigenheiten vom Hauptteil absetzt, sondern auch die Funktion übernimmt, die historischen Voraussetzungen der im zweiten Teil, dem Hauptteil, geschilderten Ereignisse zu resümieren: Quasi im Eilverfahren wird ein Bild des (zerrütteten) Machtgefüges um und im Land Österreich gezeichnet. Ohne dass dieser als solcher angesprochen oder seine Vorgeschichte expliziert wird, zeichnet sich der Kreis des Mailberger Bundes ab. Die Hunyadis, Georg von Podiebrad und Ulrich von Eitzinger verschwören sich gegen die Habsburger Friedrich III. und Ladislaus Postumus und erreichen mit Mord und Tücke das Aussterben des großen Cillier Geschlechts. Auch der unerwartete Tod Ladislaus’ – die Urkatastrophe des kommenden Jahrzehnts – wird als mutmaßlicher Giftmord, mehr unterschwellig als direkt, in Verbindung mit Georg von Podiebrad und dem Eitzinger gebracht. Es beginnt die Zeit der Aufsteiger und Statthalter, was die ÖC mehr als einmal bedauernd zum Ausdruck bringt. Sowohl mit der Wahl Matthias Corvinus’ zum König von Ungarn als auch mit der Wahl Georgs von Podiebrad in Böhmen treten Personen aus dem niederen Adel die Regentschaft in großen Teilen des Reiches an. Auch Ulrich von Eitzingen wird Teil einer Übergangsregierung des Herzogtums Österreich, kann aber seine Macht nicht in ähnlicher Weise ausbauen. Der augenscheinlichste Unterschied zum zweiten Teil der Chronik besteht in der beinahe völligen Abwesenheit von Verhandlungsdetails. Bündnisse und Feindschaften werden in erster Linie durch offenen Kampf, Schlachten, Mord und Hinterlist dargestellt. Während der Autor im Hauptteil seine zahlreichen Schilderungen diplomatischer Tätigkeiten stets durch Erörterungen, Ergänzungen, Vor- und Rückverweise bereichert, wird hier eben nur ein Ausgangsszenario mit den wichtigsten Hintergründen erstellt. Das kann zu einer Überforderung weniger bewanderte Leser:innen führen, etwa, wenn völlig unkommentiert und uneingeleitet erzählt wird, wie Ladislaus von einem bis an die Zähne bewaffneten Heer seiner eigenen Statthalter, Georg von Podiebrad und dem Eitzinger, vor Wien belagert und zu Verhandlungen in Böhmen aufgefordert wird. Wie es dazu kommt, können die Leser:innen, sofern sie nicht über historisches Hintergrundwissen verfügen, nur durch äußerst aufmerksames Lesen erahnen. Wichtig aber ist dem Autor nur, dass Ladislaus dadurch seinem tödlichen Schicksal und somit der Ausgangssituation der Ereignisse des zweiten Teils näherkommt. Was interessiert, ist das politische ‚was‘, weniger das ‚wie‘. Das erklärt auch, warum den Königswahlen Podiebrads und Matthias Corvinus’ nur wenige schmucklose Zeilen gewidmet werden. Die Grenze zwischen Teil eins und zwei der Chronik müsste nach diesen Gesichtspunkten nicht mit dem Tod Ladislaus’ (Kap. 12), sondern mit der Fertigstellung des erwähnten Ausgangsszenarios gesetzt werden. Hier bildet der Bericht von der Gefangensetzung des Eitzingers (Kap. 16) eine Art Übergangskapitel, denn einerseits ist der Bericht Bestandteil der beschriebenen Vorhandlungen, andererseits der Beschreibungen innerösterreichischen Belange und intensiver diplomatisSiecher

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Verhandlungen, die auf dem Landtag am Tag des heiligen Florian (Kap. 17) mit voller Wucht einsetzen. Ein weiterer zentraler Bestandteil des ersten Teils ist der Bericht über die Kreuzzugsbewegung gegen die Osmanische Expansion im Osten, die von Ladislaus angeführt wird. Deren Einbringung verfolgt zwei Ziele: Zum einen wird, gemeinsam mit den ketzerischen Bewegungen in Böhmen, neben dem politisch-regionalen ein religiös-überregionales Bedrohungsmuster entwickelt, das im Hauptteil jedoch kaum zur Geltung kommt, es sei denn, päpstliche Vermittler rufen zur Einigkeit gegen die osmanische Expansion auf, die jedoch für den Fortgang der geschilderten Ereignisse unerheblich ist. Zum anderen ist die Einführung des Kreuzzugsthemas gewiss Teil der Glorifizierung der Person und der Herrschaft Ladislaus’ Postumus, zu der die Teilnahme an einem Kreuzzug unabdingbar gehört. 15 In diesen Zusammenhang ist vielleicht auch die sonst schwer zu begründende Aufnahme des Konflikts zwischen dem Deutschen Orden und den preußischen Ständen bzw. dem König von Polen erklärbar. Eine andere Erklärung wäre eine Interpolation durch einen späteren Redaktor. Das Fehlen einer ausgewiesenen Einleitung und eines Schlussteils hat die Forschung fragen lassen, ob wir es bei der ÖC nicht eigentlich mit einem Fragment zu tun haben. Die Überlieferungslage bietet uns dafür keine handfesten Hinweise: Die Chronik beginnt zwar in allen Hss. abrupt, jedoch immerhin mit einer Kapitelüberschrift. Eine nachträgliche Anfügung einzelner Kapitel wäre sicher möglich gewesen. Kapitel 3, Von dem Cometen, hätte durchaus die Anlage für eine, wenngleich kurze, so doch hinreichende Einleitung, die das Himmelszeichen traditionell mit dem kommenden Unheil verknüpft. Es eröffnet die Aufzählung an Missständen der alten Ordnung in und um Österreich, die bis Kapitel 16 erzählt, und vor deren Schablone sich die kommenden Konflikte abspielen werden. Dazu passen die fernen Ereignisse im Norden des Reiches (Kapitel 1–2) nur bedingt. Um eine unbedachte Ad-Hoc-Anfügung kann es sich jedoch nicht handeln. Zwar weiß der Hauptteil nicht von diesbezüglichen Handlungen zu berichten, doch wird der Faden im Schlussteil (Kapitel 85) aufgenommen und zu Ende erzählt. Neben den inhaltlichen treten auch stilistische Unterschiede zwischen den Teilen der ÖC ganz deutlich hervor: Was er an trockener Diplomatie im ersten Teil einspart, investiert der Autor in lebendige, spannende, atmosphärische, teils beinahe blumige Erzählungen blutiger Schlachten, dramatischer Einzelkämpfe, aufbrausender Dialoge und sogar innerer Monologe einzelner Figuren, die nur als literarisch bezeichnet werden können. Nur annähernd und ausnahmsweise kehrt der Autor zu diesem Gestus im Hauptteil zurück, wenn er zum Beispiel von der Hinrichtung des Wiener Bürgermeisters und dessen letzten Worten berichtet.

Dieses Versäumnis wurde Friedrich III. schon zu Lebzeiten gerne unter die Nase gerieben, und man kann sich fragen, ob die prominente Thematisierung nicht auch in diesem Zusammenhang gelesen werden kann.

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Ob die Glorifizierung des populären Ladislaus und die literarischen Töne in Einleitung und Mitte des Werkes einer literarischen Gesamtkonzeption entspringen, die dazu dienen soll, die Aufmerksamkeit der Leser:innen zu gewinnen und zu behalten, das mag dahingestellt bleiben. Sicherlich eine Verkennung des Autors stellt es jedoch dar, diesem zu unterstellen, dass er in diesen räumlich oder zeitlich weiter entfernten Belangen des ersten Teils schlichtweg „weniger informiert“ 16 sei. Teil 2 Die enorme hohe Auflösung, mit der das Bild der Ereignisse gemalt wird, ist es, für die die ÖC im Allgemeinen bekannt ist und geschätzt wird. Sie ist es auch, die den zweiten Teil der Chronik prägt. Zum einen wird sie durch die paraphrasierende oder gar wörtliche Wiedergabe von Verhandlungsprotokollen, Urkunden und anderen Schriftstücken mit dokumenthaftem Charakter bewirkt. Zwar konnten bislang keine direkten Vorlagen für die ÖC gefunden werden, jedoch zeigt z.B. der Vergleich mit Chmel, Anh. n. CA-125, dass der Autor mit wörtlichen Übernahmen, Auszügen und Versatzstücken arbeitet. 17 Von diversen Landtagen und anderen Verhandlungen zu St. Florian, Stockerau, Hadersdorf, Wien, Linz usw. berichtet er bis ins letzte Detail, wobei gerade in diesen Fällen schon der juristische Duktus und Wortgebrauch die Übernahme schriftlicher Vorlagen nahelegt. Diese sind jedoch zum anderen stets eingerahmt, teils sogar durchbrochen, von Erörterungen und Kontextualisierungen des Autors, der mit derart hohem Detailwissen aufwarten kann, dass man Augenzeugenschaft oder zumindest Informationen aus erster Hand zugrunde legen möchte. In diesem Stil verhandelt die ÖC im weitesten Sinne politische Geschehnisse auf mehreren Ebenen: Auf Ebene der Stadt Wien sind es u.a. die Ereignisse rund um die sogenannte „Schinderlingzeit“, in der eine verheerende Inflation, deren Auswirkungen samt den angestrengten Gegenmaßnahmen mit offensichtlichem Detailwissen und Expertise erörtert werden, die Wirtschaft beinahe zum Erliegen bringt. Aber auch die Organisation der militärischen Verteidigung Wiens gegen wechselnde Bedrohungen, die internen politischen Konflikte und das Verhältnis zu den wechselnden Landesherren sowie die Neuregelung des Handels nach dem Tode Albrechts werden in diesem Stil dargelegt. Die nächsthöhere Ebene stellen Verhandlungen in Ländersachen, u.a. auf den oben genannten Landtagen, zwischen den großen Machtblöcken innerhalb des Herzogtums Österreich dar. Hier sind es zumeist die Landstände bzw. deren Fraktionen und die Landesfürsten Friedrich III., Albrecht VI. und Sigmund der Münzreiche, deren Positionen und Forderungen detailreich dargelegt werden. Quantitativ und qualitativ liegt in diesem Sujet der Schwerpunkt der politischen Berichterstattung. Entgegen der älteren Geschichtsforschung und im krassen Gegensatz zum ersten Teil besteht die Absicht des Autors hier ganz offensichtlich gerade nicht in einer rein progressiv orientierten Geschichtsschreibung, denn nicht selten enden seitenlange Darlegungen diplomatischer Verhandlungen recht abrupt mit deren Abbruch und ohne nennenswerte 16 17

DODERER 1925, S. 77. HÖDLMOSER 2021, S. LXIII–LXIV.

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Ergebnisse, was der Autor mitunter mit einem achselzuckenden aber es ward nicht oder Ähnlichem quittiert. Vielmehr scheint es über lange Strecken hinweg gerade der tiefe Einblick in die Dynamik diplomatischer Verhandlungen zu sein, die herausgestellt werden soll. Meineidigkeit, zermürbende Trägheit, Irrationalität, Sprunghaftigkeit, mangelnde Kommunikation und individuelle Befindlichkeiten erweisen sich für den Verlauf der großen und kleinen Politik oft entscheidender als große Gesten und Reden im öffentlichen Raum. Schließlich findet auf einer dritten Ebene auch die ‚internationale‘ Diplomatie Eingang in diese Art der Geschichtsdarlegung. Sie wird überraschenderweise kaum am Austausch mit dem spät dominant auftretenden Matthias Corvinus, nur teilweise mit dem Papst und am intensivsten am Beispiel Georgs von Podiebrad illustriert. Teil 3 Was die Grenzziehung zwischen Teil zwei und drei angeht, so kann hier die bisherige Sicht der Forschung nicht ganz geteilt werden: Freilich ist der Tod Albrechts ein machtpolitischer Wendepunkt für Friedrich, und dieser Sichtweise wird die Grenzziehung vermutlich auch geschuldet sein, jedoch ist der Wendepunkt eben zugleich nur der Höhepunkt der Ereignisse und somit die Mitte des Hauptteils. Weder für den Kaiser noch für die Wiener noch für den Adel ist dadurch irgendetwas geklärt. Dies spiegelt sich auch in der Erzählweise der Chronik wider: In unverminderter Zähigkeit wird das diplomatische und militärische Ringen um Ordnung im Land geschildert, wobei die Schilderungen nun wieder konzentrisch von Wien ausgehen. Zum einen muss als innerstädtische Angelegenheit das Aufarbeiten der Geschehnisse und ein materieller Vergleich mit den unter Albrecht vertriebenen Bürgern stattfinden, zum anderen muss das Verhältnis der Stadt zum Kaiser geklärt, befriedet und gefestigt werden. Dies geschieht nun endlich erfolgreich auch und besonders unter gleichzeitiger Einbeziehung der Landstände. So gestärkt erringt der Kaiser auch in weiteren Belangen wieder die Oberhand. Wenn man wollte, könnte man hier (Kap. 81) 18 die Grenze zum dritten Teil ziehen, wobei Kapitel 82 in seiner ungewöhnlich retrospektiven Art wieder als Übergangskapitel betrachtet werden kann. Danach zeichnet sich die ÖC in vielen Dingen erneut durch die merkbar geraffte, beinahe etwas erzwungene Abschließung möglichst vieler Haupt- und Nebenmotive aus, sodass am Ende beinahe alle Handlungsstränge zu einem auserzählten Ende kommen können. Es soll der Eindruck vermittelt werden, dass die schlimmsten Jahre überstanden sind und nun wieder ein einigermaßen geregeltes Leben in mehr oder weniger alten Werten und Normen einsetzen kann: Nachdem Albrecht gestorben und Siegmund von seinen Ansprüchen zurückgetreten ist, ist CZEGKA sieht ganz ähnlich mit dem Ende des Jahres 1464 (also ab Kapitel 80) eine solche Grenze, beschreibt die Gestaltung des letzten Teils jedoch stark negativ wertend als fehlerhaft, sprunghaft und zugleich wahrscheinlich sekundär (vgl. CZEGKA S. 34–35). Auch er beschäftigt sich mit Angaben, die über den von der Chronik selbst explizit datierten Zeitraum hinaus verweisen, bleibt jedoch bei der eher vagen Feststellung, dass die angedeutete Wirkungslosigkeit des ausgerufenen Friedens wohl erst in späteren Jahren derart eingeschätzt werden konnte.

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ein zentraler Unruhefaktor in Österreich beseitigt. Die neue alte Ordnung wird teils durch Diplomatie, teils durch Waffengewalt hergestellt. Dabei werden Friedrichs Ansprüche bis ins oberösterreichische Steyr, das nun wieder Teil des vereinten Österreichs ist, größtenteils durchgesetzt. Matthias Corvinus hingegen wandelt sich in den letzten Kapiteln regelrecht zum Ordnungs- und Friedensstifter, da er, teilweise in Kooperation mit Österreich, den Übeln des Raubrittertums und der marodierenden Söldnerheere ein konsequentes Ende setzt. Über seine Ambitionen auf Österreich und Wien weiß der Autor entweder noch nicht Bescheid oder heißt diese stillschweigend gut – er erwähnt sie jedenfalls nicht. Auch das letzte Kapitel zu den Angelegenheiten Wiens kommt zu einem versöhnlichen Ende: Schwer aber doch einigt man sich auf hohe steuerliche Abgaben. Dass diese zu Reparaturzwecken bestimmt sind, verweist auf die Hoffnung, zukünftig in Frieden und Wohlstand leben zu können. Möglicherweise zeigt sich hier auch das Problem des Chronisten, einerseits seiner Chronik einen Abschluss geben zu wollen, andererseits aber noch zu nah an den berichteten Ereignissen zu stehen, um sie wirklich einordnen und interpretieren zu können. Auch der Konflikt zwischen dem Deutschen Orden und Polen wird noch einmal aufgenommen und zu einem Ende gebracht. Es ist nicht unmittelbar begreiflich, warum der Autor gerade den Konflikt des Deutschen Ordens mit Polen an den Anfang seiner Erzählungen stellt, und es scheint eine beinah komisch windige Verbindung zu den Belangen Wiens, wenn ein desertierter Söldnerhauptmann ob des unterschlagenen Soldes von ehemaligen Kameraden dorthin verschleppt wird. DODERER schreibt dazu: „[...] dennoch, im Zusammenhang mit den Wiener Interessen standen ja auch diese Dinge, selbst wo durchaus Entlegenes erscheint, lässt sich einmal eine lokale Veranlassung finden, als Bindeglied gleichsam: Die Nachrichten vom Ringen des Deutschen Ordens gegen Polen finden hier letzten Endes darum ihren Platz, [weil] den treulosen Hauptmann der Feste Marienburg gerade in Wien die Rache erreichte [...]“ 19 Tatsächlich erklärt dies nichts, denn der Fall der Marienburg war nur eines von vielen gleichzeitigen und fernen Ereignissen ohne maßgeblichen Einfluss auf Wien, die man hätte erzählen können. Man könnte den Wienbezug des ersten Kapitels auch als Gag lesen; die wahre Relevanz für den großen Handlungsbogen wird erst gegen Ende deutlich, wenn dieser Erzählstrang mit Kapitel 85 (Von der Vereinigung wegen des kunigs von Polan und der herren von Preẃssen) wieder aufgenommen wird. Warum aber werden die Belange des Deutschen Ordens überhaupt aufgegriffen? Die Antwort liegt vielleicht in den Schwierigkeiten, die der Autor mit der Beendigung des Handlungsstranges von Georg von Podiebrad hat: Zwar möchte der Autor alle Fäden aufgreifen und zu einem Ende bringen, jedoch endet seine Erzählung 1466/1467, während sich der Konflikt mit Georg von Podiebrad noch einige Jahre hinzieht. Mit der Auserzählung des zweiten Friedens von Thorn 1466 schlägt der Autor zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen wird die Besonderheit des Zeitraumes betont, in dem vieles wieder in Ordnung kommt,

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DODERER 1925, S. 87–88.

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was vorher im Argen lag. Zum zweiten verdeutlicht das Überlaufen Breslaus von Podiebrad zum König von Polen nach dem Friedensschluss den langsamen, aber sicheren Niedergang des böhmischen Königs. Auf diesen wird, wie nebenbei, mit der Erwähnung seines Nachfolgers, des polnischen König Vladislavs II., vorausgegriffen, obwohl dieser erst 1471 gekrönt wird. Ein Ende der Herrschaft Georgs von Podiebrads und damit des böhmischen Ketzertums wird also zumindest in Aussicht gestellt. Tatsächlich wird aber ein neuer König aus altem Adel ins Amt gesetzt werden. Es mag nach heutigem und damaligem Usus einen Mangel darstellen, dass der Chronik eine dezidierte Einleitung und ein entsprechender Schlussteil fehlen. Es mag jedoch auch der Intention und dem speziellen Stil des Autors widerstrebt haben, in einem klassischen Prolog und/oder Epilog letztendlich doch im moralisierenden Gestus für oder gegen eine der Parteien eintreten zu müssen. Das Ende der Chronik ist dennoch gestaltet und die meisten Handlungsstränge können als bewusst abgeschlossen betrachtet werden.

4. Überlieferung 4.1. Handschriften 4.1.1. Hs. W: Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2908 [Hist. prof. 443]

Papier, 95 Bll., 28,8–29,2 × 21,8–22,1 cm, Bair., um 1475 Äußeres: Lagenformel: I + VI84 + (V+1)95 + I*. Lage 1 wurde offensichtlich schon früh restauriert, alle Doppelblätter sind mit Stegen zusammengeklebt. Blatt 12 klebt an der 2. Lage. Auf dem letzten Blatt der Lagen I–VI sind Reste der Reklamanten erkennbar. Das erste Blatt der. 8. Lage (85) ist ein Einzelblatt, das an Blatt 86 geklebt wurde (vermutlich original). Durchgängige und korrekte moderne Bleistiftfoliierung auf der Rectoseite rechts oben und Versofoliierung links unten. Foliierung des 16. Jh. auf Bl. 1–19 (ev. von Wolfgang Lazius). Schriftraum 20,5 × 14,5 cm, 2 Spalten, 31–34 Zeilen, Spaltenbreite 6,3–6,4 cm, Abstand dazwischen 1,8 mm. Zahlreiche Notizen, ev. von Wolfgang Lazius. 20 Kapitelüberschriften, Alineazeichen und Initialen in Rötel. Zahlreiche Strichrubrizierungen. Maniculum in Rötel auf 21v. Einband: Weißer Schweinsledereinband mit goldener Prägung von 1753. Am Buchrücken „Hist. Austriae Anonym.“ Am inneren Vorderdeckel ist oben links ein Schild mit der Signatur 2908 angebracht. Es verdeckt zum Teil eine ältere Signatur in Bleistift [...]II.E18. Auf Ir findet sich noch einmal die Signatur 2908 und die Foliierung I. Mittig Stempel der ÖNB. Iv ist unbeschrieben. Ir ist schmutzig. Oben: Die Tengnagel-Standzahl Nº 74 (Anf. d. 17. 20

Siehe Nutzerspuren S. XXXI.

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Jh.) wird teilweise vom später hinzugefügten Titel Anonymi Historia Rerum Austriacarum ab A. C. 1454 usque ad A.C. 1467 überdeckt. Dieselbe Hand vermerkt unten: Ex Augustissimâ Bibliothekâ Caesareâ Vindobonensi. 21 Dort findet sich in Bleistift auch die Gentilotti-Nummer CCCCXVIII, sowie die Nummer 598. Unten mittig findet sich der Stempel der ehem. K.K.–Hofbibliothek. Bll. 90–96 sind leer, 90 ist noch vorliniert. Schrift: Ein Schreiber, gotische Eilschrift, beinahe ohne Korrekturen, sorgfältiger und geübter Eindruck. r ist teilweise x-ähnlich, rundes r wird als Alternative beliebig, jedoch nicht am Wortanfang verwendet (preẃssen vs. pꝛeẃssen). Rundes s am Wortende, in Ausnahmen auch am Wortanfang, nie jedoch im Wortinneren, wo ſ verwendet wird. Schlaufen können an fast allen Buchstaben (b, d, f, g [selten], h, k, und l) mehr oder weniger häufig ausgeführt sein oder nicht. Nur p und q sind stets ohne Schlaufe. Dabei lassen sich weder aussagekräftige Muster noch Häufigkeiten erkennen. Superskript: Überschriebenes e, über Vokalen. Über y Punkte oder schräge Striche über Vokalen in verschiedenen Varianten ohne erkennbares Muster, auch über i und e. y wird meist deutlich mit zwei schrägen Strichen gekennzeichnet. Abbreviationen: er-Haken wird regelmäßig, aber nicht extensiv verwendet, Makron in finaler Stellung, zumeist als en- oder nn- Abkürzung. Worttrennung bei Zeilenumbruch wird in der Regel mit "-ähnlichem Zeichen markiert. Provenienz/Geschichte: Die Geschichte der Hs. W kann nicht mit Sicherheit hinter ihren heutigen Standort in der ÖNB hinaus ermittelt werden. Einige Randbemerkungen lassen sich wohl auf den Bibliothekar Sebastian Tengnagel zurückführen (1608– 1636). Die von seinem Vorgänger Blotius (1575–1608) eingeführte Signaturenreihe trägt der Codex nicht. Im Handschriftenverzeichnis von 1597 lässt sich der Codex nicht finden, und auch in den Katalogen Tengnagels Privater Bücherei 22 wird der Codex nicht verzeichnet. Eine recht vage Spur führt nach Tirol: Gerhard von Roo benützte zum einen für seine Österreichischen Annalen die ÖC, zum anderen fast ausschließlich Quellen, die ihm in seiner Funktion als Bibliothekar Erzherzog Ferdinands II. zur Verfügung standen. Die recht allgemein gehaltenen Titel der zeitgenössischen Bücherlisten lassen freilich einigen Spielraum, jedoch könnte das in Hs. 8228, Fol. 570v vermerkte Von kaiser Friedrich, geschriben in folio auf Hs. W passen. 23 Dagegen spricht, dass die Ambraser Sammlung erst 1665 nach Wien überführt wurde und die vorhandene Tengnagel-Signatur damit nicht zu vereinbaren ist. Wasserzeichen: Das Wasserzeichen zeigt eine Waage im Kreis mit geraden, dreiecksförmigen Schalen. Die Aufhängung ähnelt der Ziffer 8. Über ihr befindet sich ein zweikonturiger sechszackiger Stern.

Diese Hand ist vermutlich dem Hofbibliothekar Peter Lambeck (1663–1680) zuzuordnen. Vgl. Smital 1920, S. 55. 22 ÖNB Hs. 9539, 12650. 23 Vgl. CZEGKA 1928, S. 37–38, v. a. Anm. 10. 21

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Der Kreis ist nicht ganz geschlossen und die Drahtenden des Kreises treffen in ihrer Flucht nicht aufeinander. Der mittlere Stegdraht ist im Bereich zwischen den Waagschalen zu einem leichten S verbogen. Ebenso weicht er oberhalb des Sterns leicht nach rechts von der Mitte ab. Die Zacken des Sterns (v. a. der oberste Zacken) sind vergleichsweise rund gehalten. Der Stern neigt sich leicht nach links. Auf Bl 1–7 ist das Wasserzeichen kopfständig. Identisch mit folgenden Referenznummern der WZMA: AT5000-571_155x, AT5000144_58x, AT5000-831_122x, AT8900-117_315x, AT5000-608_285, AT5000654_235, AT8500-3358_8x. Sie alle datieren zwischen 1471 und 1479 und befinden sich heute hauptsächlich im Klosterneuburger Augustiner-Chorherrenstift bzw. im Schottenstift in Wien.24

4.1.2. Hs. G: Gießen, Universitätsbibliothek, Cod. 352

Papier, 227 Bll., 21 × 16 cm, Bair., 16. Jh. Äußeres: Lagenformel: IV8+(IV-1)15+V25+III31+(V-1)40+7 IV96 (gez. 95)+III102 (gez. 101)+15 IV222 (gez.221)+III228 (gez.227) In der zweiten Lage fehlt ein Blatt nach der Lagenmitte, Position unklar. In der fünften Lage wurde das Gegenblatt zu Blatt 32 herausgeschnitten. Ein Rest ist nach Blatt 40 sichtbar. Blatt 68 wurde doppelt gezählt. Die Lagenzählung gibt die tatsächliche Foliierung in Klammern an. 25 Alte Foliierung bis 24r, fortgesetzt von moderner Hand mit Bleistift bis 227r. Ein loses Blatt wurde mit 147a beschriftet; Papier gleicht dem der Hs. in Abstand der Stegdrähte und Dichte der Rippdrähte. Kein Wasserzeichen. VD: Eingeklebtes Schild: Liber Bibliothecae Academicae publicae Senkenbergianae, Rep. No., In Bleistift Signatur: Hs. 352, zahlreiche schwer lesbare Nutzer-Notizen, u.a. „In Catalogu: fried. III Leben und thaten“, Alte Rötelsignatur der Bibliothek Senckenberg: A 139. 1r: Stempelsignatur MS. No. 45". 1r–224r: Text der ÖC. 224v leer. 225r–227v vorbereitetes und begonnenes Register von I bis U. HD: Kupferexlibris aus der Bibliothek des Zacharias Conrad von Uffenbach. Einband: Pergamentbroschur mit Stempeln. Auf dem Einbandrücken: Keyser Friderici Handlungen. Falzstreifen aus Pergament, Makulatur lat. Text. Rote Wachsflecken auf 197v, 200r, 208v. Provenienz/Geschichte: Reichard Streun von Schwarzenau (1538–1600) ist zumindest der erste Benutzer, wahrscheinlich auch Besitzer und Auftraggeber der Hs. Danach

Die Zuordnung CZEGKAs zu Briquet-Nr. 2450 kann angesichts der groben Zeichnung weder eindeutig bestätigt noch widerlegt werden, ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit falsch, da einige der oben beschriebenen Details nicht zur Geltung kommen. 25 Dass CZEGKAs Beschreibung der Lagen fehlerhaft ist, lässt sich bereits an der Lagenbindung schnell erkennen. 24

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wieder in der Bibliothek des Zacharias Conrad von Uffenbach (siehe oben) nachweisbar, jedoch nicht in den entsprechenden Katalogen26 verzeichnet. Dann wieder in der Bibliothek Senckenbergs (1704–1768) nachweisbar, der den ersten Abdruck der ÖC veröffentlicht. Schrift: Eine sehr schnelle und flüchtige Schreiberhand in früher Kanzleischrift, eine dominante Korrektur-Hand, zwei weitere sehr frühe Nutzer-Hände. 27 Kennzeichnung der Überschriften durch Schriftartwechsel in gebrochene Schrift und zentriertes Layout. Gebrochene Schrift ebenso bei den ersten 1–3 Wörtern nach Absatz. Schriftraum: 110–120 × 160–170 cm. Wasserzeichen: Heraldischer Adler, frei, mit Herzschild, darin Buchstabe K. Durch Bindung schwer erkennbar. Breite 55, Höhe 63, Kempten zwischen 1550 und 1600. 28 Ähnlich WZMA-Referenznummer AT4000-929_12

4.1.3. Hs. S: St. Pölten, Landesarchiv, HS. StA 0078, Vol. 2.

Bei Cod. 78 handelt es sich um dreibändige Collectaneen aus der Sammlung des Job Hartmann von Enenkel. Eine vollständige Katalogisierung ist bislang nicht erfolgt und kann an dieser Stelle auch nicht geleistet werden. Die folgenden Informationen beschränken sich auf Band 2, der die ÖC beinhaltet. Äußeres: Durchgehende alte Paginierung im ganzen Codex, jedoch stark fehlerhaft. Im Bereich der ÖC: 46 ausgelassen, 58 verronnen, 78, 79 fehlt, springt von 84 auf 49 und von 49 auf 59, auf 59 steht 559, 106 fehlt. Für den Bereich der ÖC wurde eine neue Foliierung in Bleistift von 1—78 vorgenommen (letztes Blatt leer). Die Reklamanten 3—10 sind auf Fol. 18, 26, 34, 42, 50, 58, 66 und 74 zu finden (4 nur Rest). Die Fol. 1—16 sind neuzeitlich (ca. 1800), ihre Paginierung wurde an die bestehende angefügt. Die Fol. 17—78 entstammen dem frühen 16. Jh. und bilden einen eigenen Faszikel. Fol. 17—21 Brand- oder Rostschäden (durch früheren Beschlag). Etliche Wachsflecken, z.B. auf Fol. 42. Wasserzeichen: Heraldischer Doppel-Adler, frei, mit Herzschild, darin Buchstabe K, Krone, Buchstabe H über beiden Flügeln. 60 × 80, Ende 16. Jh.

UFFENBACH, Zacharias Konrad von: Bibliotheca Uffenbachiana universalis, sive, Catalogus librorum: tam typis quam manu exaratorum, quos summo studio hactenus collegit Zach. Conradus ab Uffenbach, Frankfurt 1729–1731. bzw. MAJUS, Johann Heinrich: Bibliotheca Uffenbachiana mssta, seu, catalogus et recensio msstorum codicum qui in bibliotheca Zachariae Conradi ab Uffenbach Traiecti ad Moenum adservantur et in varias classes distinguuntur, qvarum priores / Io Henricus Maius fil..., recensuit reliquas possessor ipse digessit qui omnem etiam hanc supellectilem literariam suam ad usus publicos offert, [ohne Ort] 1720. 27 Vgl. jedoch SEELBACH (Online Katalog), der zumindest eine dieser Hände Zacharias Conrad von Uffenbach zuschreibt. 28 Vgl. PETZ, Wolfgang: Ein Handwerk zwischen Stadt und Land: Das Kemptener Papierergewerbe vor dem Dreißigjährigen Krieg, in: „Mehr als 1000 Jahre...“. Das Stift Kempten zwischen Gründung und Auflassung 752 bis 1802, hg. v. Birgit Kata, Volker Laube, Markus Naumann u.a., Friedberg 2006, S. 237–300, hier S. 297. 26

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Inhalt: Unzählige Abschriften im weiteren Sinne historischer Dokumente zur Geschichte des deutschsprachigen Raumes mit Schwerpunkt auf Österreich. Die Rechtstexte, Verträge, Briefe, Urkunden, Berichte, Chroniken, Wappenbücher, Anwesenheitslisten, Familienchroniken, Tagebücher etc. sind zumeist in deutscher Sprache gehalten. 29 Band 2 30: I Stempel der Niederösterreichischen Landstände, II: 1603. Conto Meo nauigem. Jobhartmann Enenkel. Freyherr, S. 1—122: ÖC, 122—127 leer, 128—215: Der löblichen Fürsten und des Landes Österreich Altherkommen und Regierung (Ladislaus Sunthayms Tabulae Claustroneoburgenses); 217—229: Niederösterreichisches Wappenbuch, 1. Teil, alphabetische Namensliste mit Sterbedaten, 231—233: Urkundenabschrift von 1289 (fehlerhafte Foliierung), 234—256: Auszug aus den kaiserlichen Rechten und wie die im Land Steyer gehalten werden, 312—325: Des Leblichen Haüss Ossterreich Freyheitten vnnd bryuilegien von Kaiser Carl dem Fürssten zum Taill Confürmiert zum Taill von Neuem gegeben, 328—343: Vera discriptio Privilegium Austriae, 344—350: Urkunde von Maximilian I., 352—353: Artikel über Einigung zwischen den Landständen und dem römischen Kaiser; 354—363: Urkunden, hauptsächlich aus dem späten 15. und Ende 16. Jh., 420—431: Fronsbergischer Geschichten extract, 1475 bis 1536, 432—465: Reichsmatrikel 1614, 468—479: Beschreibung des Begräbnisses von Friedrich III. mit Anwesenheitsliste; 480—487: Urkundenabschriften aus dem 12., 13. und 14. Jh., 488—503: Reise- bzw. Wanderbericht, 504—531: Reichsmatrikel, 532—540: Abschiedt der Herrn Moderation zu Wormbs, 544: Liste über Geld und Silbergeschirr, das in den Jahren 1568 und 1569 nach Konstantinopel geschickt wurde; 548: Pio Lectori, 548—628: Briefe an das polnische Königshaus, u.a. von Reichard Streun von Schwarzenau, (Lat.), 630—640: Deutsche Urkundensammlung, Privaturkunden, 641—645: Urkunden von und an Ferdinand I.

4.2. Schreiberhände, Korrekturen, Nutzerspuren 31 Die im Folgenden getätigte Einteilung der diversen Schreiber-, Korrektor- und Nutzerhände richtet sich nicht zwingend nach deren Alter, sondern u.a. nach Häufigkeit und Bedeutsamkeit. Dies trifft vor allem auf Hs. G zu, deren Korrekturen – obwohl vermutlich jünger als einige Nutzerhände – mit „Hand 2“ bezeichnet werden. Die folgende Darstellung beginnt mit dem kompliziertesten Fall, der Hs. G, die hier zum ersten Mal in ihrer Komplexität dargestellt wird. Einen Überblick über die wichtigsten Schriftstücke aller drei Bände liefert auch CORETH, Anna: Job Hartmann von Enenkel. Ein Gelehrter der Spätrenaissance in Österreich, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 55 (1944), S. 247–302 (hier besonders S. 288– 290). 30 Obwohl die ursprüngliche Paginierung stark defekt ist, wird sie hier verwendet, da die neue Foliierung nur für den Bereich der ÖC vorgenommen wurde. Leere Seiten werden ausgelassen. 31 Ausführliche Darstellungen mit zahlreichen Abbildungen bei HÖDLMOSER 2021, S. XXI– XXXVIII. 29

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4.2.1. Hs. G

Der Text ist von einer einzigen Hand (Hand 1) in schneller Kanzleischrift geschrieben. Einige Fehler bessert der Schreiber selbst, an ausgewählten Stellen lässt er Platz für Ergänzungen. Kapitelüberschriften werden durch Absetzung und Wechsel in gebrochene Schrift markiert. Die Schrift des Korrektors (Hand 2) ist starken Schwankungen unterworfen, was aber – wie auch beim Schreiber – einem längeren Entstehungszeitraum sowie wechselnden Tinten- und Federqualitäten geschuldet sein mag. Das Schriftbild des Korrektors lässt sich im Großen und Ganzen 32 in drei Abschnitte aufteilen: 1r–66r, 66v–89r, 89v–224r. Die doch deutlich unterscheidbaren Schriftbilder überkreuzen oder überlagern sich niemals. Es dürfte sich also um ein und denselben Korrektor oder zumindest um ein abgestimmtes Team gehandelt haben, das gemeinsam an dieser Aufgabe gearbeitet hat. Alle diese Einträge werden daher in der Edition unter G(pc) versammelt. Bei Hand 3 und Hand 4 handelt es sich um Nutzerhände, die den Text beinahe ebenso intensiv wie die Hand des Korrektors begleiten. Hand 3 setzt (Unter-)Streichungen und Anmerkungen als Marginalien. Die Unterstreichungen stellen in den allermeisten Fällen Markierungen und keine Streichungen dar und werden oft von Erörterungen des Unterstrichenen durch Marginalien begleitet. Diese schaffen sowohl innertextuelle als auch intertextuelle Verweise: Ersteres etwa, wenn ein bestimmter Handlungsstrang wieder aufgenommen wird, letzteres bei Parallelüberlieferung der Ereignisse in anderen historiographischen Werken. Wo nötig, trägt Hand 3 aber auch ganze Textpassagen nach. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen korrigiert Hand 3 den eigentlichen Text inhaltlich. Ebenso von Hand 3 stammen: Etliche Notizen auf der vorderen Deckelinnenseite, die ursprünglich fehlende Überschrift von Kapitel 1, die Foliierung, die wenigen Einträge des bruchstückhaften Index (mit Ausnahme des Eintrags unter U auf Fol. 274v, der vermutlich von Hand 2 stammt). Hand 4 ist etwas seltener, sie verfährt ähnlich wie Hand 3, beschränkt sich jedoch in erster Linie auf die Auszeichnung von Parallelüberlieferung. Die beiden Hände können optisch leicht durch die deutlich dunklere Tinte und die spitzere Feder unterschieden werden, sind im Schriftbild jedoch so ähnlich, dass sie von ein und derselben Person stammen könnten. Diese Hände sind offenbar älter als die Korrekturen, sodass also eine frühe kritische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der ÖC auf Basis des Textes G(ac) stattfand. Nicht selten nämlich streicht Hand 2 Unterstreichungen von Hand 3 oder 4 durch Wellenlinie o.ä. Der Grund und die Bedeutung sind unklar. Vorstellbar wäre, dass die frühere Nutzerspur getilgt werden sollte, um Missverständnisse, etwa bei der Abschrift oder einer geplanten Drucklegung, zu vermeiden. Einmal widerruft der Korrektor eine solche Streichung mit der Notiz Mues bleibn (88v), was in diesem Wortlaut erneut ein Indiz für die Intention einer Weiterverarbeitung und nicht etwa einer reinen Korrektur zur weiteren Lektüre darstellt. 32

Zu einigen kleineren Ausnahmen siehe HÖDLMOSER 2021, S. XXV.

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Hand 4 hingegen streicht bei einigen Gelegenheiten Hand 3, sodass die zeitliche Reihenfolge der Hände mit 1, 3, 4, 2 festgelegt werden kann. Sowohl Hand 3 als auch Hand 4 verweisen mitunter auf Parallelen. Dabei handelt es sich v.a. um folgende Werke. 33 • Antonio Bonfini (Zitiert als Bonfinig) (1434–1503). Schrieb im Auftrag Matthias Corvinus die „Rerum Hungaricum“, konnte diese aber nicht vollenden. Die erste vollständige Publikation erfolgte 1568 in Basel. • Wolfgang Lazius: „Vienna Austriae. Rerum Viennensium Commentarij in Quatuor Libros distincti“. Basel 1546. Zitiert als: Lazius in Viennam. • Gerardus de Roo: „Annales rerum belli domique ab Austriacis Habspurgicae gentis principibus a Rudolpho primo usq. ad Carolum V. gestarum”. Innsbruck: Agricola 1592. Zitiert als Gerardus. • Thomas Ebendorfer. „Chronica Austriae. Ab 1464“. Zitiert als Haselbacher.

Schlussfolgerungen zu den Händen in G Aus den oben gezeigten Interaktionen zwischen den Schreiber- und Nutzerhänden lässt sich eine zeitliche Reihenfolge wahrscheinlich machen, die mit der ältesten beginnend lautet: 1, 3, 4, 2. Mit dem am spätesten erschienenen Werk von Geradus Roo (1592) ergibt sich also ein Terminus post quem für die Tätigkeit des Korrektors. Das bei weitem am häufigsten ausgewiesene Werk ist zugleich das älteste, die Chronica Austriae des Thomas Ebendorfer. Deren Text- und Entstehungsgeschichte ist sehr gut erforscht und könnte in textkritischen Fragen zur ÖC als Vorbild dienen: Die hervorragende Edition der Haselbacher-Chronik, 34 besorgt von Alfons LHOTSKY, zeichnet wie üblich die Folioangaben aller erhaltenen Überlieferungszeugen neben dem Text aus, sodass man im Vergleich zu den Nutzerspuren der ÖC leicht herausfinden sollte, welche Hs. benutzt wurde – doch dem ist nicht so. Vielmehr lässt sich beobachten, dass beim Vergleich von Textstellen zu ein und demselben historischen Ereignis die Foliozählungen aller erhaltenen Hss. der Ebendorfer-Chronik den Folioangaben unserer Nutzerhand weit voraus sind. Dies wiederum deckt sich mit den Erkenntnissen, die LHOTSKY durch zeitgenössische Angaben über Aussehen und Geschichte des heute verlorenen Ebendorfer-Autographs gewinnen kann. 35 Demnach sei dieses auf relativ großformatigem Pergament und im typischen Stil des Ebendorfers in geradezu winziger Schrift geschrieben und mit etlichen Bemerkungen und Zusätzen, ja ganzen Exkursen in Form von Glossen, Zetteln usw. versehen worden. Ein Zugriff auf das Autograph durch Hand 4 wäre also eine stimmige Erklärung für die niedrige Foliozahl der Nutzerverweise. Zwar hatte Ebendorfer für die Zeit nach seinem Tod Eine stellengenaue Auflistung findet sich bei HÖDLMOSER 2021, S. 183. Ebendorfer, Chronica Austriae (Scriptores rerum Germanicarum, Nova series 13), hg. v. Alphons LHOTSKY, Wien 1967. 35 LHOTSKY 1967, S. LI ff. 33

34Thomas

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1464 verfügt, dass die Universität das Werk zu Lebzeiten Fridrichs III. und Maximilian I. unter Verschluss halten solle, vermutlich wegen der enthaltenen kaiserkritischen Haltung, jedoch wurde diesem Wunsch nicht entsprochen: 1509 wurde auf Drängen Maximilians zumindest eine Teilabschrift angefertigt, und auch 1585 wurde zum Kanonisationsverfahren Leopolds III. eine Textprobe zur Abschrift zugelassen. Der erste Nutzer von dem wir wissen, dass er das Manuskript zur Gänze einsehen und sogar ausleihen durfte, war Job Hartmann von Enenkel; jener Enenkel, aus dessen Besitz unser dritter Textzeuge der ÖC, Hs. S, auf uns gekommen ist. Spätestens in ihm hätten wir einen sicheren Benutzer der Chronica Austriae. Aus den zeitgenössischen Aufzeichnungen erfahren wir auch den Grund für diese Einsichtnahme: Enenkel hatte schon zuvor eine Abschrift der Ebendorferchronik anfertigen lassen, aber ohne die etlichen Ergänzungen, und diese sollten nun nachgetragen werden. Hinter diesen Bemühungen stand eine größere Unternehmung: Enenkel plante gemeinsam mit Hieronymus Megiser die Herausgabe einer Reihe von Geschichtswerken im Druck, für die eine (unvollständige) Auflistung der vorgesehenen Werke und Anträge zur Kostenbeteiligung an die Oberösterreichischen Stände überliefert sind. Obwohl Abschriften und Druckvorlagen bereits weit gediehen waren, scheiterte die Unternehmung letztlich an den fehlenden Mitteln, da die Stände diese in zweiter Instanz versagten. 36 Es liegt also durchaus im Bereich des Möglichen, dass mit Hs. G ein Textzeuge erhalten ist, der zwar nicht das (vom Autor überarbeitete) Original darstellt, jedoch ein Abbild von gerade diesem Original samt den vorhandenen Bearbeitungsspuren liefert. Haben sich die obigen Darstellungen zunächst nur auf die systematische und chronologische Einordnung der Hände in G konzentriert, so soll im Folgenden eine Zuordnung der Hände versucht werden. In diesem Zusammenhang wird v.a. auf die Forschungen CZEGKAs zurückgegriffen. Hand 3 bemerkt angesichts einer offensichtlich falschen Jahreszahl auf Fol. 46v–47r so ausführlich wie kritisch: Das dises auch ad annum 1458 gehor, apparet ex Bonfinio f. 544. (Sic enim in chronologica Hungarica scribit) 37 Es ist aber die jarzal in Bonfinio erstreckt ab Ao. 58 biss 63, dahers nit gewies ist. Ich eracht vill mer, es sey A 1459 beschehen. Dann ich ein schreiben hab von kayser Fridrich an hern Hainrichen Strein, mein Vren, darinn das datum also ainkhumbt. [...] 38 Daher es in das 59 kumen muess. Mit dieser Angabe lässt sich Reichard Streun von Schwarzenau recht zweifelsfrei als der Urheber der Notiz festmachen. 39 Nach CZEGKA habe Streun den Text zur Abschrift Vgl. CORETH 1944, S. 294 ff. Gestrichen. 38 Es folgen drei Beispiele von Urkundendatierungen Kaiser Friedrichs III. 39 Anders als man durch LHOTSKYs Ausführungen glauben könnte, ist damit aber noch nichts über die Schreiberhand oder den Korrektor ausgesagt (LHOTSKY 1963, S. 364). 36 37

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in Auftrag gegeben, daran gearbeitet und nach Erkennen der Unzulänglichkeiten eine umfassende Korrektur angeordnet. Bekräftigt werde diese Annahme dadurch, dass die vergleichsweise wenigen Korrekturen Streuns durch die späteren Korrektorhände teils wiederholt und damit bestätigt, 40 teils aber rückgängig gemacht wurden 41. Dies ist gewiss eine Möglichkeit, kann aber Art und Umfang der Korrekturen sowie die stellenweise Eigenständigkeit von G(ac) gegenüber W nicht ausreichend erklären. Der Standpunkt kann aber insofern unterstützt werden, als Streun in seinem „Jahrzeitbuch“ offensichtlich auf die ÖC zurückgreift, und zwar am wahrscheinlichsten auf die Fassung G(pc), obwohl kleinere Abweichungen zu allen Textzeugen bestehen. Da Streun sein Werk erst gegen Ende seines Lebens fertigstellte (1599), ist es durchaus noch möglich, dass er die Korrekturen und die Querverweise zur Parallelüberlieferung in Hs. G selbst gesetzt hat, dass also diese Auszeichnungen zugleich „Arbeitsnotizen“ für sein eigenes Werk waren. Dies ist umso wahrscheinlicher, als sich jene Chronisten, die als Querverweise in den Nutzerspuren der ÖC auftauchen, auch in dem „Jahrzeitbuch“ wiederfinden. So z.B. in Cod. 7584, Fol. 74: „[...] Vnd d' von Stein, khom alſo wid' vntter die herſchafft Steyr, alſo im Buech Khayſer Friderichs handlung Gerardus Sezt diſ Sub A'o 1466 Fol. 291“. Ebenso spricht dafür, dass G(pc) die Vorlage für das Jahrzeitbuch ist, dass Streun die ÖC darin mit Khayſer Friderichs handlung bezeichnet 42, was jenem Titel entspricht, den die erhaltene Broschur von Hs. G trägt. Korrekturen in G nach Dialekt, Sprachstand, Orthographie Flexionsendungen -e, -en werden regelmäßig gekürzt bzw. gestrichen: V. a. Pronomina werden mit erstaunlicher Konsequenz über den gesamten Text gekürzt (Inen -> In, Jrer -> Jr, Ime -> Im, denen -> den, ſeinen -> ſein). Selbiges gilt für Verbalsuffixe (3. Pers. Sg. Perf.: geuallen -> geualln, 3. Pers. Sg. Prät.: khame -> kam, wäre -> wär, erbatte -> erbatt, erschrackhe -> erschrackh). Adjektive mit dem Suffix -lich werden v.a. im ersten Achtel vom Schreiber noch des öfteren -leich geschrieben, später fast durchgängig -lich. Auch W variiert in diesem Punkt stark. In diesen Fällen bessert G(pc) jedoch nie. daſelbſt wird in den ersten Vorkommen noch auf daſelbſ verbessert – danach nicht mehr. Weitere regelmäßige bzw. auffällige Korrekturen: Bis 61v benutzt G(ac) bisweilen biſs, danach vnz. G(pc) verbessert biſs konsequent zu vnz. Mittwoch -> Mittich, waschen -> twachen; hemmet -> gewandt Regelmäßig werden typisch neuhochdeutsche Monophthongierungen und Diphthongierungen rückgängig gemacht. Besonders häufig geschieht dies bei den Partikeln in und zue (Er nam den Markt ein -> er nam den Markt in, einlassen -> Inlassen, zue -> zu). 98v, 147r, 147v. 88v (vgl. S. XXXII). 42 Cod. 7584, fol. 316, links unten, 317 u. 320, links oben. 40 41

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In den seltenen Fällen, in denen G(ac) Rhotazismus realisiert, wird dies von G(pc) korrigiert. Der Korrektor dürfte sich über die unterschiedliche Verwendung von ai und ei bewusst gewesen sein, da er falsche Verwendung stellenweise verbessert (z.B. 94v: Die thetten ein Anbringen -> die thetten ain Anbringen). Freilich passiert dies nicht flächendeckend, denn alle 3 Hss. verwenden gerade bei diesem Partikel ei/ai geradezu willkürlich. Man wird sich den hohen Aufwand, der schon alleine in diesen Korrekturen gemacht wurde, nicht anders erklären können, als dass eine Reinschrift oder Drucklegung auf Basis dieser Handschrift erfolgen sollte. Zugleich sind die zahlreichen Korrekturen ein Indiz dafür, dass S trotz ihrer zeitlichen und geographischen Nähe nicht die Reinschrift darstellt, da gerade jene Angleichungen auf einen moderneren Sprachstand in S (z.B. bis statt unz) den peniblen Bemühungen des Korrektors um einen tendenziell älteren Sprachstand entgegenstehen. Bestenfalls könnte S unabhängig von der Intention des Korrektors, etwa mit Abstand von einigen Jahren oder Jahrzehnten, erfolgt sein. Ebenso lässt sich aus dieser Art Korrekturen schließen, dass es sich bei Schreiber und Korrektor nicht um ein und dieselbe Person handelte, da Sprachstand und Orthographie ja durchaus schon während der Abschrift hätten angeglichen werden können.

4.2.2. Hs. W

Zu Hand 1 siehe auch Kapitel Handschriften, S. XXVII. Hand 1 ist die einzige Schreiberhand. Es gibt nur sehr wenige Korrekturen, der Text ist eine Reinschrift. Die in Rötel verfassten Überschriften entsprechen ebenfalls der Schrift des Schreibers. Somit dürften auch Initialen und weitere Rubrizierungen von dieser Hand stammen. Hand 2 setzt seltene und oft recht unleserliche Auszeichnungen am Rand. Da diese unter der Verstärkung der Bindung liegen, dürften sie die ältesten Nutzerspuren sein. Hand 4 schreibt jedenfalls über den Falzstreifen. MENHARDT 43 berichtet von Randnotizen des Wolfgang Lazius, beschreibt aber nicht, welche Hand er meint. Durch die Datierungen für Hand 3 und 4 (siehe unten) bleibt wohl nur Hand 2. Hand 3 verfasst etliche Anmerkungen, meist Auszeichnungen von Personen, Orten und Ereignissen. Von LHOTSKY wurde sie zuletzt als die Hand Sebastian Tengnagels identifiziert. 44 Damit ist das Jahr seiner Einstellung an der Hofbibliothek 1599 der Terminus post quem für Hand 3. Hand 4 zeichnet ähnlich wie Hand 3 Namen, Ereignisse etc. aus. Hand 4 schreibt einige Male über den Falzstreifen und ist damit sicher jünger als Hand 2. Auch ergänzt Hand 4 stellenweise Hand 3 (Fol. 4va). Dadurch ist Hand 4 mit Sicherheit die jüngste Nutzerspur.

MENHARDT, Hermann: Verzeichnis der altdeutschen, literarischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek, 3. Bd. (=Veröffentlichungen des Instituts für Deutsche Sprache und Literatur 13), Berlin 1960. 44 LHOTSKY 1963, S. 364. 43

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4.2.3. Hs. S

Hand 1 ist der einzige Schreiber des ursprünglichen Textes der Hs. S und schreibt ab Fol. 18r in Reinschrift und gestaltet Textabschnitte und Überschriften ganz ähnlich wie Hs. G. Dabei fallen Initialen noch etwas kunstvoller als dort aus. Die wenigen Korrekturen stammen vom Schreiber selbst. Von Hand 2 stammen die wenigen Nutzerspuren (Fol. 21r, 23r, 46v, 76v), die vielleicht unter Benutzung einer zweiten Hs. entstanden sind, da die Hand auch Textabweichungen gegenüber anderen Hss. korrigiert, nämlich Burger statt Herrn (Fol. 23r). Auffällig ist auch, dass die wenigen Unterstreichungen (Hs. S, 21r) in dieser jüngsten Hss. sich an denselben Textstellen auch in Hs. W und G finden, wodurch der Verdacht entsteht, alle Hss. seien zu einem gewissen Zeitpunkt an einem Ort gewesen. Für eine sichere Aussage ist die Beweislage aber zu dünn. Hand 3 ist die eines Schreibers des 19. Jahrhunderts, die den Text der ÖC nach dem Abdruck von Rauch kopiert. Die Relation ist eindeutig, da die Kopie sogar die im Druck verwendete Ornamentik imitiert und eindeutige Textfehler des Drucks mitkopiert werden. Da die ersten Seiten des originalen Textes der Hand 1 starke braune Flecken aufweisen, wird der kompensierte Textverlust auf Brand- oder Rostbeschädigung zurückzuführen sein.

5. Sprache Die Sprache der ÖC weist in allen Hss. eindeutig auf den bairischen Sprachraum hin. Typisch sind vor allem die beinah durchgängig anlautenden p. Ebenso findet sich ai für mhd. ei. Mhd. û und ou sind bereits zu au zusammengefallen. In der absoluten Überzahl ist s vor w, l, m, n (swester, sloss, swert, smach, snell). Neben zw wird auch das ältere tw verwendet (twingen, twahen). Auslautverhärtung wird nicht realisiert. Selten findet sich w für b (werck statt Berg, wesamt, wesarct) oder b für w (antbúrt) Typisch bairisch sind auch die Bezeichnungen der Wochentage ertag, mittich und pfinztag für Dienstag, Mittwoch und Donnerstag; ebenso antlastag für Gründonnerstag. Hinweise speziell auf den niederösterreichischen bzw. ostmittelbairischen Sprachraum begegnen in unterschiedlicher Häufung. Sie scheinen einerseits oft gemieden worden zu sein, da sie fast immer in der Minderzahl zu ihren neutralen Schreibweisen stehen. Andererseits sind sie doch so häufig, dass sie Rückschlüsse auf die Herkunft des Autors oder zumindest seiner Vorlagen zulassen: Es findet sich: a statt mhd. o vor h und r+f, r+n, r+t/d und r im Auslaut (frant, gewarfen, margen, sargen). Fast durchgängig steht ew für mhd. iü und öü (frewnt, dewtsch, trew, etc.). Schließlich sprechen vor allem die zahlreichen Sprossvokale für eine Verortung der ÖC in den ostmittelbairischen Sprachraum (óberist, ubering, verderibt, geéribt, durich, varib, etc.).

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Diese groben und grundsätzlichen sprachlichen Eigenschaften stimmen in allen Hss. überein. Sprache und Graphematik der Hss. sind keinesfalls homogen, sondern schwanken im Verlauf des Textes mehrmals auch innerhalb eines Wortes, wobei oft kein durchgängiges Muster erkennbar ist. Gerade für die ÖC mag dabei eine Rolle spielen, dass der Autor mitunter sehr nahe am Text seiner Quellen ist und so auch Spracheigenheiten dieser Quellen aufnimmt und mit den eigenen mischt.

6. Textkritik Forschungsgeschichtlich lässt sich nur sehr bedingt auf brauchbare Untersuchungen zur Textgenese der ÖC zurückgreifen. Einzig DODERER entwickelt überhaupt einige weiterführende Überlegungen zur unterschiedlichen Textgestalt in den Hss. W und G. Zwar erwähnt DODERER die Korrekturen in Hs. G, konnte den Codex jedoch offenbar nicht selbst einsehen. 45 Das volle Ausmaß und der spezielle Charakter der Korrekturen sowie der Hs. G an sich bleiben DODERER somit verborgen bzw. werden von ihm nicht berücksichtigt. Folgerichtig spricht er in seinen Kollationen und Untersuchungen nicht von den Hss. W und G, sondern von den Ausgaben Rauchs und Senckenbergs, wobei er selbst nicht von deren Qualität, und hier v.a. vom Druck Senckenbergs, überzeugt zu sein scheint, wenn er zu bedenken gibt: „[…] ferner muß dahingestellt bleiben, was auf Irrtümer Senckenbergs und des Setzers zurückgehen mag!“ 46 Hs. S ist DODERER nicht bekannt. Immerhin hegt schon er massive Zweifel an der damals etablierten Meinung, G sei ausschließlich nach W korrigiert. Um ein differenzierteres Bild der stemmatologischen Verhältnisse zu gewinnen, wird es nötig sein, die spezielle Textgenese vor allem der aus Hs. G extrahierten Texte zu berücksichtigen. Einige diesbezügliche Vorüberlegungen finden sich bereits im kodikologischen Abschnitt zu Hs. G und sollen hier nicht wiederholt werden. 47 Einen besonderen qualitativen Status haben jede Minusstelle des Textes G(pc) gegenüber G(ac) (und zumeist auch gegenüber W). Sie sind gänzlich anders zu werten, als das im Vergleich zweier Texte mehrerer Hss. zueinander der Fall wäre, da im ersten Fall ja nicht eigentlich Text fehlt und so z.B. aus Versehen eine „kürzere“ Lesart entstanden ist, sondern bewusst vom Korrektor aus dem Text gestrichen werden musste. Es handelt sich somit sozusagen um eine Präsumptivvariante höherer Ordnung: Nicht nur kann zwischen den beiden Lesarten keine qualitative Reihung getroffen werden, sondern es steht hinter der „sekundären“ Variante ein unbestreitbarer Gestaltungswille, der gar nicht auf Schreiberversehen beruhen kann. Dies ist im Sinn zu behalten, wenn DODERER 1925, S. 41. Offensichtliche Verschreibungen werden hier und im Folgenden stillschweigend korrigiert. 46 DODERER 1925, S. 41. 47 Siehe dazu das Kapitel Überlieferung, S. XXVII und v.a. die Schlussfolgerungen zu den Händen in G, S. XXXIII. 45

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im Folgenden von „Minusstellen“ die Rede sein wird, womit ausschließlich quantitative, keinesfalls aber qualitative Unterschiede bezeichnet werden. Eine einfache und alleinige Abhängigkeit eines der Textzeugen von einem anderen kann für die ÖC ausgeschlossen werden. Der einfachste Weg dies nachzuweisen, ist die Suche nach Minusstellen einer Hs. in den Kollationen, in denen möglichst alle, zumindest aber einer der anderen Textzeugen den vollständigen Text liefert. Dieser Nachweis kann für alle Textzeugen etliche Male erbracht werden. Die tatsächlichen Verhältnisse müssen also komplexer sein. Wie genau sich etwaige Zusammenhänge der Textgenese darstellen könnten, soll im Folgenden erörtert werden. Wie die zahlreichen Minimaleingriffe auf Laut- und Orthographieebene, so sind auch die unzähligen Wortumstellungen durch überschriebene Zahlen nur durch eine geplante Reinschrift bzw. einen geplanten Druck zu erklären, denn an der Aussage des Satzes ändern sie in den meisten Fällen nichts. Sie sind in ihrer Masse zwar stemmatologisch aussagekräftig, dürfen aber im Einzelfall und inhaltlich nicht überbewertet werden, da derlei Umstellungen auch auf allgemeinem Sprach- oder Sprachrhythmusgefühl beruhen können. Ersatzlose Streichungen finden sich eher selten. Kurze Einfügungen von ein bis drei Wörtern stellen demgegenüber abseits der Laut- und Zeichenebene die weitaus häufigsten Eingriffe des Korrektors in G dar. Dabei handelt es sich in den allermeisten Fällen um Ergänzungen wie Adverbien, Adjektive, Partikel aller Art sowie Objektergänzungen etc. Bemerkenswert ist, dass der ursprüngliche Text auch ohne KorrektorErgänzungen syntaktisch korrekt und inhaltlich verständlich ist. Man kann also kaum von einem Schreiberversehen ausgehen. Ebenso wenig wird man an Ad-hoc-Kürzungen eines Kopisten denken. Vielmehr muss sich der Schreiber auf eine wesentlich kürzere und prägnantere Vorlage gestützt haben. Dabei könnte es sich – wie oben angedacht – um einen Parallelfall zur Ebendorferschen Chronik handeln, die in Form ihres Entwurfsstadiums kopiert wurde. 48 Jedenfalls geht G(pc) in dieser Art der Ergänzungen oft mit allen anderen Textfassungen zusammen, sodass diesbezüglich der herausragende Charakter von G(ac) deutlich wird. Davon unterschieden und ausgenommen müssen zahlreiche tatsächliche und offensichtliche Auslassungen des Schreibers werden. Diese betreffen meist größere Textabschnitte und sind leicht dadurch zu identifizieren, dass die Auslassung mit demselben Wort beginnt und endet. Es handelt sich also um offensichtliche Haltefehler, die während des Kopierens entstanden sein müssen. Einige hochquantitative Beobachtungen seien nur kurz geschildert: Überfliegt man die Kollationen bzw. den Apparat der Chronik und achtet dabei auf Textabweichungen, in denen zwei oder drei Handschriften zusammengehen, so lässt sich folgendes sagen: Mit Abstand am prägnantesten unterscheidet sich G(ac) von allen anderen Texten und dies vor allem durch den insgesamt kürzeren Text durch „Minusstellen“. Davon abgesehen

48

Siehe S. XXXIII.

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aber zeigt sich, dass G(ac), dort wo keine Minusstellen den Text prägen, am häufigsten mit W zusammengeht und dann zumeist gegen G(pc) und S.

6.1. Tendenziöse Fassungsunterschiede In Anlehnung an die Autordiskussion gilt es, etwaige großflächige, inhaltlich tendenziöse und im weitesten Sinn politisch relevante Abweichungen möglichst zugunsten eines der beiden Landesherren Friedrich oder Albrecht oder aber der Wiener Bürger zu finden. Zu diesen gehört zweifellos die Umgestaltung der Gefangennahme des Wilhelms von Missingdorf in Kapitel 88. Hs. W geht hier nur in den ersten Zeilen mit den anderen Hss. zusammen, danach wird der Text völlig umgestaltet und eindeutig zugunsten des Missingdorfers verändert. Im Gegensatz zu allen anderen Textzeugen wird der Missingdorfer als unschuldiges Opfer einer Intrige dargestellt und später von allen Verdächtigungen freigesprochen. Es spricht einiges dafür, dass die Fassung der Hss. G und S primär, die der ältesten Hs. W sekundär ist. 49 Zum einen wäre es bei aller Inhomogenität als unwahrscheinlich anzusehen, dass die vorübergehende Inhaftierung eines Ritters auf Basis eines Missverständnisses Eingang in den Text finden würde, es sei denn, als Rechtfertigung und Antwort auf anderslautende Berichte. Und genau wie eine solche „Gegendarstellung“ wirkt der Text nach W, etwa in 370,12–13: […] er vernám, das er an schuld swárleich vor seinen genaden verkchlagt scholt sein, […] Zum anderen finden sich nicht nur auf Text- sondern auch auf kodikologischer Ebene Hinweise auf mehr oder weniger spontane Änderungen des Textes zugunsten des Missingdorfers: In Kapitel 39 wird Wilhelm von Missingdorf, im Gegensatz zu allen anderen Fassungen, nicht bloß als ain miſſendorffer, sondern als her wilhalm von miſſingdorff (162,2) vorgestellt. Eine genauere Untersuchung zeigt, dass diese Variante über der Rasur eines anderen Textes erstellt wurde, und es ist naheliegend, dass dieser ursprünglich den anderen Hss. folgte. Dies ist umso bedeutender, als Hs. W als Reinschrift ansonsten so gut wie keine Rasuren oder Einfügungen kennt. Es erscheint durchaus denkbar, dass die vermeintlich unerhebliche erste Nennung des Missingdorfers zunächst unbeachtet übernommen und erst durch den massiven späteren Eingriff auch ein Eingriff an der ersten Stelle motiviert wurde. Die etwas holprige Umdichtung sowie die angesprochene Änderung durch Rasur und die stilistischen Eigenheiten sprechen dafür, dass die Fassung W an dieser Stelle sekundär ist und vielleicht noch nicht einmal für die ansonsten so saubere Reinschrift W geplant war, sondern vergleichsweise spontan entstand. Für den sekundären Charakter des Kapitels nach W spricht sich auch CZEGKA im Zuge der Autordiskussion aus – wenngleich aus ganz anderen Gründen. 50 In den Konflikt 49 50

Ausführlich dazu HÖDLMOSER, S. XLIV–XLVI. Vgl. CZEGKA 1928, S. 26 ff.

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zwischen Friedrich und Albrecht lässt sich diese Änderung nicht mit Sicherheit einordnen. Sie bezeugt ein eher lokalpolitisches und auf die Darstellungen in Kapitel 88 begrenztes Interesse für den Ruf der Missingdorfer an sich. Zugleich kann damit eine alleinige Abhängigkeit einer der anderen Fassungen von W ausgeschlossen werden. Im Kapitel 58 (zum Landtag von Tulln) sind einige Abweichungen zu erkennen, denen man eine (eventuell unbewusste) Tendenz zugunsten eines der beiden Landesfürsten unterstellen könnte. Hier werden Bedingungen, die für die Herstellung eines Waffenstillstands zwischen Albrecht und Friedrich notwendig sind bzw. nach denen diese gelten sollen, formuliert: G(ac) 143r: […] vnd was auch Abſag denen von Wienn von den Landtleütten vnd and'n Stetten auſsgangen weren, das eim Jedem ſeinem Abſag. ſie weren Gaiſtlich od' weltlich, die ſie in den Khriegsleüffen zwiſchen den herrn v'ſchrieben hietten, ſolch v'ſchreibung wid'gaben wuerden [...] Das hier unterstrichene zwiſchen den herren entspricht in WG(pc)S gegenn vnſer genádıg herren und ist somit in einen Singular gebracht, der sich mit höchster Wahrscheinlichkeit nur mehr auf den Kaiser bezieht. So und ähnlich geschieht dies im Rest des Kapitels des Öfteren, wobei W meist mit G(ac) im Plural bleibt, G(pc)S jedoch stets in den Singular korrigiert. Ob diese Änderungen als kaiserfreundlich oder kaiserfeindlich zu werten sind, ist schwer zu beurteilen: Zum einen handelt es sich ja um Pflichten, die nach der Korrektur ausschließlich dem Kaiser, nicht Albrecht zufielen. Zum anderen könnte man argumentieren, dass es sich bei den Korrekturen stets um die Phrase unser/e Herr/en handelt und der Bearbeiter eben ausschließlich den Kaiser als „seinen Herren“ sieht. Solche und ähnliche kleinere Abweichungen, die sich als Ausdruck eines Gestaltungswillens deuten ließen, können zwar an zahlreichen Stellen beobachtet werden, jedoch sollten sie nicht überbewertet werden, da sie nur punktuell und nicht über längere Strecken hinweg einer eindeutigen Tendenz folgen. Dazu kommt, dass wir gerade in jenen Textteilen mit hohem dokumenthaften Charakter 51 mit Änderungen rechnen müssen, die lediglich einer leicht verschobenen zeitlichen Perspektive geschuldet sind und daher nicht als politische Meinung des Autors fehlgedeutet werden sollten. 52 Auffällig ist, dass gerade an jenen Stellen, an denen wesentlich eindeutiger und heftiger für oder gegen eine Partei Stellung bezogen wird, keine Eingriffe in den Textzeugen festzustellen sind. 53

Gemeint sind jene Textabschnitte, die sehr eng an ihren Vorlagen bleiben und somit als beinahe wörtliche Übernahmen von Urkunden, Briefen etc. einzuschätzen sind. 52 Siehe v.a. das besondere Verhältnis der Quellen bzw. Parallelüberlieferung S. XLIX. 53 Siehe Ausführungen zur Autorfrage S. XLV. 51

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6.2. Falsch-Korrekturen Bei einem so massiven Eingriff wie dem des Korrektors in G können Inkohärenzen in dem so entstehenden Text nicht ausbleiben. So werden wie im oben gezeigten Beispiel Änderungen von Pluralkonstruktionen nicht auf das komplette Satzgefüge übertragen, wodurch syntaktisch unsaubere Konstruktionen entstehen. Wie HÖDLMOSER anhand zahlreicher Beispiele zeigt, finden sich etliche dieser Konstruktionen in ebendieser grammatisch falschen Form in Hs. S, sodass ein Zufall auszuschließen ist. 54 Da der Ursprung und selbst die Gründe der verderbten Sätze in S noch im Korrekturprozess in G sichtbar sind, kann es als gesichert gelten, dass S sich zumindest passagenweise nach den Korrekturen von G gerichtet haben muss. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass diese Fehlkorrekturen auf einer exakt auf dieselbe Art und Weise falsch korrigierten Hs. beruhen. Ein einfaches stemmatologisches Bild lässt sich jedoch auch beim Verhältnis zwischen S und G(pc) nicht gewinnen, denn es lassen sich nicht weniger beeindruckende Beispiele gegen eine alleinige Abhängigkeit der Hs. S von G(pc) anführen. Das vermeintlich deutlichste Indiz dagegen, nämlich das gänzliche Fehlen des Kapitels 78, kann nicht als solches gelten, da am unteren Ende des Blatts ein Einfügungszeichen durch den Korrektor angebracht wurde. Zwar findet sich kein entsprechender Nachtrag, jedoch ist davon auszugehen, dass dieser in Form eines losen Zettels ähnlich 147a getätigt wurde, der heute verloren, zur Zeit der Abfassung von S jedoch noch erhalten war. Ein wichtigeres Indiz gegen das oben erwähnte Abhängigkeitsverhältnis findet sich in etlichen kleineren bis mittelgroßen Abweichungen55, in denen S nicht G(pc) sondern W folgt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die in G(ac) verderbten Eigennamen nicht in G(pc) berichtigt wurden oder wenn S dem Text der anderen Hss. folgt, obwohl der Korrektor nicht, wie zu erwarten wäre, ergänzt. S ist also nicht von G(pc) alleine abhängig, und auch eine kapitel- oder auch nur textabschnittsweise eindeutige Zuordnung ist nicht möglich, da sich die Abhängigkeiten stellenweise innerhalb weniger Zeilen zu ändern scheinen. S muss also neben G noch eine andere Vorlage besessen haben, wobei S vermutlich noch nicht einmal jene Reinschrift darstellt, die der Korrektor im Sinn hatte, denn nach einem derart aufwändigen und kleingliedrigen Korrekturdurchgang kann es nicht dessen Intention gewesen sein, dass die daraus resultierende Reinschrift erst recht eine zweite Quelle heranzieht und einen Großteil der Korrekturen auf orthographischer und dialektaler Ebene unbeachtet lässt. Auch Hs. W wirkt an einigen Stellen so, als wäre ein korrigierter Text nicht immer ganz glücklich übertragen worden. Obwohl diese Hs. den zuverlässigsten Text aller Hss. bietet, sind auch dort einige Eingriffe erforderlich. Einige Fehler lassen ahnen, dass auch der Schreiber von Hs. W stellenweise seine liebe Not mit einer eventuell stark überarbeitetet Vorlage gehabt haben könnte. Dazu ein Beispiel (G 98r):

54 55

HÖDLMOSER 2021, S. XLVII–XLIX. Vgl. HÖDLMOSER 2021, S. XLIX–L.

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G(ac)

G(pc)

vnd hueben an zueſteigen vnd Khamen in den Täber vnd gewunnen den an S. Johans Nacht zum Sunwendten vnd funden die alſo darin ſchlaffent, deren ſie beÿ Achzig fiengen

vnd hueben an zueſteigen vnd Khamen in den Täber vnd gewunnen den an S. Johans Nacht zum Sunwendten vnd funden dew alſo darin warn ſchlaffent, deren ſie beÿ Achzig fiengen gueter knecht /

Gezeigt werden hier nur G(ac) und G(pc). Wie üblich ergänzt G(pc) den kürzeren aber korrekten Text G(ac) um ein paar Worte. Die letzte Ergänzung guetere knecht ist syntaktisch unsauber eingefügt, da sie korrekt z.B. an vorletzter Stelle im Satzgefüge gesetzt werden müsste. Dabei ist der intendierte Ort der Einfügung in G eindeutig, denn es handelt sich um die letzte Zeile des Kapitels, in der genügend Platz verblieben wäre, um die Ergänzung hinten nach zu stellen, sie erfolgte also weder interlinear noch als Glosse, sondern in der Zeile. Ein Missverständnis ist somit ausgeschlossen. Dennoch könnte eine Vorlage den Zusatz ihrerseits als Glosse oder interlinear vermerkt haben und die falsche Einfügung so zustande gekommen sein. S übernimmt diese – wenig überraschend – kritiklos, doch auch W folgt diesem Satzbau. Sollte also auch W auf einer G(pc) stemmatologisch verwandten Überarbeitung beruhen? Ein zentraler Punkt zur Erstellung eines Stemmas ist die Einschätzung und Neubewertung der Hs. G und der Frage, wie es in einer, vermutlich doch wesentlich jüngeren Hs. zu einem „gekürzten Text“ (des Originals) gekommen sein kann. Zum einen ist es höchst unwahrscheinlich, dass eine so aufwendige Kürzung in einer so schnellen Schrift unvorbereitet durchgeführt wurde bzw. hätte eine aufwendig vorbereitete Kurzfassung wohl einen allgemein höherwertigen Text hervorgebracht. G(ac) wird also als (minderwertige) Abschrift eines bereits gekürzten oder genuin kürzeren Textes zu denken sein. Gerade weil die Forschung stets die Unmittelbarkeit des Textes und die vermutlich zeitnahe schriftliche Erfassung der Ereignisse betont, ist es nicht unwahrscheinlich, dass es sich dabei um ein Autograph handelt, welches später überarbeitet wurde. Wie oben gezeigt ist dabei sogar denkbar, dass der bereits überarbeitete Text von seinen Korrekturen „befreit“ und in seiner ursprünglichen Kurzform abgeschrieben wurde.

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Zusammenfassung Angenommen, die kürzere Fassung G(ac) stammt bereits aus einem kürzeren Original bzw. Entwurf *X(ac), dann könnte eine Überarbeitung *X(pc) sowohl für G(pc) als auch für W Vorlage gewesen sein. Dies würde die vielfachen Gemeinsamkeiten zwischen G(pc) und W erklären. Unterschiede resultierten dann zu gleichen Teilen aus dem eiligen Charakter der Hände in G als auch aus eigenständiger Verbesserung durch den gewissenhaften Schreiber der Hs. W. S hat zwar eindeutig G(pc) als Vorlage, jedoch nicht ausschließlich. Nimmt man sowohl G als auch W als Vorlage für S an, so bleiben keine Unstimmigkeiten, die nicht durch Versehen oder kleinere eigenständige Korrekturen erklärt werden können. Dennoch fällt auf, dass S in diesen Fällen nicht immer wörtlich W folgt, sodass auch eine verwandte Fassung, eventuell sogar X(pc) als Zweitvorlage angenommen werden kann. Ein Stemma wäre dann folgendermaßen zu visualisieren 56: *X(ac) *X(pc)

W G(ac)

G(pc)

S

Ganz ähnlich hat bereits CZEGKA 1928, S. 11–13, das Verhältnis der Handschriften gesehen, wenngleich er dem Missingdorfer-Kapitel bzw. der Form des „Urtextes“ unverhältnismäßig hohe Bedeutung zumisst und den Text der Hs. S noch nicht kennt.

56

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7. Autor und Entstehung 57 Der Autor der ÖC ist uns nicht bekannt. Über seine Identität konkurrieren mehrere Theorien, von denen sich bislang keine endgültig durchzusetzen vermochte. Dass die Frage nach dem Autor nicht erst jüngst, sondern bereits relativ kurz nach der Entstehung des Werkes beschäftigte, verdeutlicht die von Reichard Streun von Schwarzenau auf der Innenseite des Umschlags notierte Bemerkung: Auctor wirt part[ium] Alberti gewesen sein, dan er [die kaiserlichen Truppen] feint nent (Fol. 116 b). 58 In der Forschung des 20. und 21. Jahrhunderts konkurrieren zwei konkrete Vorschläge zur Autorschaft: Während CZEGKA die Chronik Hans Rechwein zuordnet, sieht DODERER Ulrich Grießenpeck als den Verfasser an. Die meisten der nachfolgenden Untersuchungen schließen sich einer der beiden Theorien an. LHOTSKY 59 sieht im Autor den Verfasser einer Landesgeschichte, dessen Sympathien zuerst dem „Natürlichen Herren“ Ladislaus, dann Albrecht VI. gelten, sofern es um deren Ansprüche gegenüber Böhmen und Ungarn geht. Beide Vermutungen halten wir in diesem Zusammenhang für wenig aussagekräftig. Es ist augenscheinlich, dass jene Kapitel, die von der Regierungszeit Ladislaus Postumus handeln, nach dessen Tod und der Verklärung zum unschuldigen Lemplein (26,11; 46,14; 392,2) und milden Herrscher geschrieben wurden. Die Sympathie des Autors für Ladislaus entspricht somit lediglich der weithin beobachtbaren Glorifizierung des jung verstorbenen Herrschers, die noch nicht einmal als politisch im engeren Sinn, sondern vielmehr als folkloristisch gewertet werden muss. Auch wird es für den Autor, welchem Lager er auch immer angehört haben mag, ein Leichtes gewesen sein, gerade dort für Albrecht zu intervenieren, wo es um Ansprüche gegenüber benachbarten Königreichen geht, denn es handelt es sich dabei um Ansprüche, die der Kaiser nach dem Tod seines Bruders erbt. Weder für einen kaiserlichen Notar noch einen Wiener Bürger hätte eine derartige Stellungnahme im Nachhinein eine heikle oder ungewöhnliche Positionierung bedeutet. Als offensichtlichen „Kaiserer“ bezeichnet LORENZ 60 den Autor der Chronik und schließt den Kreis der Wiener Bürger zugleich kategorisch aus. Zum einen wegen der seines Erachtens offensichtlichen Sympathie für den Kaiser, zum anderen wegen der vermeintlichen Uninformiertheit in Belangen der Stadt Wien, welche im offensichtlichen

Da angesichts der zur Entstehungszeit vorherrschenden soziokulturellen Voraussetzungen und der folgenden Argumentationen eine Autorschaft durch eine Frau nahezu ausgeschlossen ist, soll in diesem Zusammenhang bewusst lediglich vom Autor, nicht von einer möglichen Autorin die Rede sein. 58 Der Verweis bezieht sich wohl auf 204,28. Hier werden die kaiserlichen und böhmischen Truppen als veintt bezeichnet. Freilich kann dies sowohl der Sicht eines Anhängers Albrechts als auch der (momentanen) Sicht der bedrohten Wiener entspringen. 59 LHOTSKY 1963, S. 363–364. 60 LORENZ, Ottokar, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter seit der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, Bd. 1, 2. umgearbeitete Aufl., Berlin 1876, S. 186f. 57

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Gegensatz zum detailreichen Wissen um die Belange am Kaiserhof stünden. Dies spreche für einen Beamten der kaiserlichen Kanzlei. Mit Textbeispielen untermauert LORENZ seine Aussagen leider nicht. Sowohl die Uninformiertheit über Wiener Angelegenheiten als auch die unbedingte Kaisertreue sind kaum nachvollziehbar. Gerade aus ihrem vielfältigste Detailwissen um die Wiener Geschichte bezieht die ÖC ja ihren großen Wert für die Geschichtsforschung. 61 Über etliche Dinge von Landesinteresse, wie etwa die Wechselkurse und Pfennigwerte der Schinderlingzeit, mochte eine kaiserliche Kanzlei natürlich auch schriftlich unterrichtet gewesen sein. Was jedoch die lebhafte Genauigkeit in den Berichterstattungen rund um etliche Ereignisse der Machtübernahme des Holzers angeht, die teilweise bis auf die Stunde und die Gasse exakt schildern, so kann eine dermaßen detaillierte Berichterstattung kaum von außerhalb der Stadt ursprünglich sein. Wie oft man dem Autor in Detailfragen und in Bezug auf „internationale“ Politik auch Parteiname für Albrecht unterstellen mag, gegen die harsche Kritik des Autors beim plötzlichen Tode Albrechts verblassen solche Sympathien schnell: Aber ich fúrcht laider, das got der almochtig uber den grosmútigen fúrsten eins solichen snellen tods verhengt hab darumb, das er an den purgernn das unschuldig pluet mer durch des zeitlichen gúts, dann von verschuldung wegen lies vergiessen. […] [294, 17–21] Die Andeutung, Albrecht wäre vor Gott in Ungnade gefallen, und damit die eigentlich unerhörte Befleckung seiner Memoria wiegt umso schwerer, als es sich um die einzige Stelle handelt, an der der Autor bzw. Erzähler von sich selbst in der ersten Person spricht und seine persönliche Wertung explizit als solche kennzeichnet. Auch gegen Friedrich kommt Kritik des Autors stellenweise recht unverblümt zum Ausdruck, wenn es z.B. um den wirtschaftlichen Schaden durch dessen Münzpolitik geht (z.B. 98, 17 ff.) Solidarisch wirken die drei zuletzt angesprochenen Stellen hingegen gegenüber der Bevölkerung im Allgemeinen und den Wiener Bürgern im Besonderen. 62 Möchte man sich dem Autor also über Sympathien zu politischen Parteien nähern, so wäre er wohl im Umfeld der Wiener Bürger zu verorten. DODERER will so den 1467 gestorbenen Stadtschreiber Ulrich Grießenpeck als Autor der ÖC dingfest machen, der zudem der autographe Schreiber von W sei. 63 Dass Grießenpeck als Stadtschreiber zugleich das „Copeybuch der Stadt Wien“ führt, mag zunächst als Argument für eine Autorschaft der ÖC erscheinen, doch ÖC und Copeybuch gehen in ihren Darstellungen zu ein und demselben Ereignis an einigen Stellen so weit auseinander und widersprechen sich zum Geradezu verwundert äußert sich auch DODERER zu dieser Einschätzung, S. 100f. Doch auch gegenüber Teilen des Landadels scheint die Zuneigung größer als gegenüber Frierich: Zu den zeiten als der lobsam fúrst kunig Lassla dennoch was in leben, stuend er mit dem rómischen kaiser in zwitrecht von ettlicher geslosser wegen, die derselb rómisch kaiser unrechtlich innen, und der auch ettliche vergeben und verschriben hett. (90,14–18). 63 DODERER 1925, S. 98 ff. 61 62

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Teil sogar, dass eine Autorschaft für Grießenpeck dadurch eher unwahrscheinlicher wird. Beinahe auszuschließen ist eine Autorschaft Grießenpecks jedoch aus einem anderen Grund: In einigen unauffälligen Passagen weist die ÖC um einige Jahre über ihren eigentlichen Handlungszeitraum hinaus. Beispielsweise erfolgte der erneute und verschärfte Bann Georgs von Podiebrad durch Paul II. erst 1469. Auch die Vorausdeutung des Autors, dass der Papst durch seine Interventionen dem Königreich Böhmen mit Vladislav II. endlich einen würdigen Herrscher bescherte (390,27 ff.), verweist je nach Auslegung entweder in das Jahr 1467, als Georg von Podiebrad erstmals anbietet, zugunsten Vladislavs auf den Thron zu verzichten, oder in das Jahr 1471, als Vladislav durch die Wahl in Kuttenberg endgültig als König bestätigt wird. Eine Autorschaft Grießenpecks ist folglich äußerst unwahrscheinlich. Es stünde somit die forschungsgeschichtlich ältere Theorie zur Autorfrage wieder höher im Kurs: CZEGKA schließt sich der Meinung LORENZ insofern an, als er vermutet, dass der Autor aus dem Umfeld des Kaisers stammen müsse; er macht Hans Rechwein als möglichen Autor konkret. Schon der Lebenslauf Rechweins, der zuletzt von LUGER 64 detailliert ausgearbeitet wurde, unterstützt diese Vermutung. Als Sohn des Wiener Ratsherren Jakob Rechwein steht Hans Rechwein von Kindheit an direkt im politischen Leben der Stadt Wien. Auch hatte bereits sein Vater Jakob Rechwein, damals im Dienste Albrechts VI., eine Chronik zur Geschichte des Landes Österreich verfasst. 65 Es dürfte in der Familie also zumindest eine gewisse Affinität und handwerkliches Vorwissen zu dieser Art Tätigkeit gegeben haben. LUGER spricht sich gegen die These einer Autorschaft Rechweins aus, da sich dieser während des in der ÖC behandelten Zeitraumes über längere Zeiträume hinweg als Student in Italien aufhielt. 66 Dagegen könnte man argumentieren, dass gerade dies der Anlass für Aufzeichnungen über Ereignisse in der Heimat gewesen sein könnte. Immerhin reist Rechwein zu besonderen Ereignissen, wie dem Tod eines Kommilitonen oder beim Einzug der Kaiserin Eleonore, eigens nach Wien, um sich persönlich ein Bild von den Geschehnissen zu machen. Bereits 1462 lässt sich Rechwein als Lizenziat beider Rechte wieder dauerhaft in Wien nieder. In den Ereignissen rund um die Belagerung Wiens steht die Familie Rechwein dann auf Seiten des Kaisers und verliert ihr gesamtes bewegliches Gut durch die nachfolgenden Plünderungen. 1463 nahm Rechwein an dem für die ÖC zentralen Landtag zu Tulln teil und wurde kurz darauf in den Kanzleidienst Friedrichs III. aufgenommen, wo er sich bis 1469 zu deren faktischem Leiter emporarbeitete. Allerdings ist es gerade nicht die oft behauptete „Kaisertreue“, die Rechwein als potenziellen Autor der ÖC interessant macht: Vielmehr machen seine frühere Bindung LUGER, Daniel: Humanismus und humanistische Schrift in der Kanzlei Kaiser Friedrich III. (1440– 1493). (=Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 60), Wien 2016, S. 97–107. 65 Diese berichtete bis ins Jahr 1459 und war vermutlich in lateinischer Sprache verfasst. Bis ins 17. Jh. befand sie sich in der Stiftsbibliothek Zwettl, ist heute aber verschollen. Ihr Inhalt ist teilweise über Zitate in den Annalen Johann Bernhard Lincks erschließbar. 66 LUGER 2016, S. 109–110. 64

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an Albrecht VI., das politische Engagement der Familie als Wiener Bürger, sein an mehreren Universitäten erworbenes humanistisches Bewusstsein, seine persönliche Betroffenheit während der Unruhen in Wien und seine spätere Tätigkeit am Hofe Friedrichs Rechwein sowohl die detaillierten persönlichen Einblicke als auch das Faktenwissen und die dazugehörigen Dokumente verfügbar. Eine einseitige und ausschließliche Loyalität einem der großen Machtblöcke gegenüber ist im Angesicht einer solchen Biographie nicht nur nicht zwingend nötig, sondern sogar unwahrscheinlich. Zugleich muss einschränkend erwogen werden, dass Rechwein mit diesem Lebenslauf selbstverständlich nicht alleine steht, sondern etliche Bürger ein ganz ähnliches Schicksal mit ihm teilten. Ebenso könnte die doch vorhandene ostmittelbairisch-dialektale Färbung des Textes ein Indiz gegen dessen Herkunft aus einer Kanzlei-geprägten Feder sein. 67 Die autographen Schriften Rechweins wurden von LUGER ausführlich dokumentiert und beschrieben, sodass eine autographe Übereinstimmung mit einer der Hss. der ÖC, wie sie etwa DODERER für Grießenpeck sieht, auszuschließen ist. Rechwein starb erst 1481 und hätte somit auch alle behandelten Ereignisse der ÖC selbst miterleben können. Von der Dingfestmachung einer konkreten Person als Autor scheint die Forschung weiter entfernt als je zuvor. Die rechtlichen Ausführungen reichen nicht aus, um den Autor als Juristen im eigentlichen Sinn zu beschreiben. Seine lebendigen Ergänzungen und detailreichen Einfügungen lassen ihn zugleich in ständiger Anwesenheit in kaiserlichen als auch in Wiener Belangen erscheinen, und dies in einem Ausmaß, das man einer einzelnen Person kaum zutrauen möchte. Man wird also vielleicht an einen äußerst gut vernetzten Mann mit Zugang zu diplomatischen Schriftstücken denken, der, ob Kaiserer oder Wiener, ebenso im gegenüberstehenden Lager auf Kontakte und Quellen zurückgreifen konnte. Dass der Autor trotz dieser zwingend hohen und wohl auch einflussreichen Stellung Kritik in alle Richtungen üben und dabei doch überwiegend gemäßigt neutral agieren konnte, hebt ihn und sein Werk besonders hervor. In der innertextuellen Suche nach dem Autor wurden bislang die großen historischen Züge und die Haltung des Autors zu den Ereignissen in und um Wien erschöpfend und ohne zwingendes Ergebnis analysiert. Weitere Spuren könnten in der Auswahl der behandelten Ereignisse liegen, denn auch wenn die ÖC gerade in und um Wien teils bis ins Kleinste unterrichtet ist, so werden doch einige wirkmächtige und nahe Ereignisse ausgeklammert oder gekürzt (wie etwa der Verlauf der Türkenkriege), während einige zumindest retrospektiv weniger zentrale oder geschichtsträchtige Ereignisse expliziert werden. Gerade das Schlusskapitel ist symptomatisch dafür. Nun wurden bei der Suche nach dem Autor durch innertextuelle Analysen meist die sehr genauen und ausführlichen Beschreibungen der Vorgänge in der Österreichischen und Wienerischen Politik herangezogen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Autor offensichtlich sehr um Neutralität und Ausgleich bemüht ist und sich einer 67

Gerade Sprossvokale werden z.B. in der Wiener Stadtkanzlei völlig ausgeschlossen (vgl., WIESINPeter und ROLAND, Martin: Malstil und Schreibsprache, Wien 2015, S. 80).

GER,

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eindeutigen Parteigängerschaft verweigert, kann dies nur in recht spitzfindigen Charakterisierungen münden, die aber trotzdem auf mehr als eine Person im österreichischen Politzirkel zutreffen. Einen Versuch wäre es wert, den Autor mehr von den Rändern her einzugrenzen – von den Randthemen und Nebensächlichkeiten, vielleicht auch von den Auslassungen her. Gerade singulären Nennungen haftet dabei natürlich stets der Verdacht der Zufälligkeit an, anders verhält es sich mit dem offensichtlichen (Rand-)Interesse des Autors für den Deutschen Orden: Dass gerade die ersten Kapitel so ausführlich von Interessen und Konflikten im Norden des Reiches berichten, erweckt einen eigentlich völlig falschen ersten Eindruck über Zentrum und Ausdehnung der Darstellungen. Die Verknüpfung des Themas mit der Stadt Wien über die Folklore gewordene Geschichte des Söldnerhauptmanns wirkt fast komisch verknappt. Dass es sich in diesem Fall aber eben um echtes Interesse an der Ordensgeschichte und nicht etwa nur um einen Zufall handelt, bestätigt sich zudem durch die Abschließung des Themas am Ende der ÖC (Kap. 85). Dass der Handlungszeitraum der ÖC recht genau dem des Dreizehnjährigen Krieges entspricht, sollte – wie die zahlreichen anderen zeitlichen Übereinstimmungen – nicht überbewertet werden, könnte jedoch ein Aspekt bei der Autorsuche sein

8. Quellen der Österreichischen Chronik Quellen im Sinne einer wörtlichen, zumindest über größere Teile des Textes übereinstimmenden Vorlage konnten für die ÖC bislang nicht ausgemacht werden. Vielfach wurde dieser Umstand der unmittelbaren und zeitnahen Entstehung, die die Datierung der Hs. W nahelegt, zugeschrieben. Die ÖC hat demnach also keine Vorlage, sondern ist eine zeitnahe, quasi originäre Schöpfung. Diese Formulierung sollte allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass der Autor ausschließlich aus seiner eigenen Erfahrung heraus und im eigentlichen Sinn genuin schriftstellerisch tätig war. Vielmehr unterstützen die wenigen Hinweise auf die Art seiner Quellen die These, dass der Autor der ÖC in einer kompilatorischen Tätigkeit unmittelbaren und sehr zeitnahen Zugang zu diversen Unterlagen hatte, die er dann in sehr unterschiedlichem Ausmaß wörtlich, versatzstückartig oder paraphrasierend verarbeitete und mit persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen hinterlegte und ergänzte. Dabei hat er aber – soweit das zu beurteilen ist – nicht leichtfertige Veränderungen am Text vorgenommen. Dies sehen wir an den verschiedenen Quellentexten, denen die ÖC entweder sehr nahe und nahezu wortgetreu folgt oder von denen sie sich vollumfänglich abgrenzt. Die Quellen werden in ihrer Eigenständigkeit sowohl hinsichtlich ihres Textinhaltes als auch ihrer Textintegrität hoch geachtet: Besonders deutlich tritt dies hervor, wenn offensichtlich verschiedene Schriftstücke mit größtenteils parallelen Inhalten zugrunde lagen. Hier rekapituliert der Autor lieber redundant beide Quellen, als den geschlossenen Text der

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Quellen zu zerreißen und neu zusammenzusetzen. 68 Nach bisherigem Kenntnisstand können diese Quellen in drei Kategorien geteilt werden69:

8.1. Chronikalische Darstellungen Um eine chronikalische Darstellung im engeren Sinne und damit um eine mögliche gattungsgleiche Quelle handelt es sich bei der „Chronica Austriae“ (CA) des Thomas Ebendorfer, entstanden zwischen 1450/51 und 1464. Zwar legen punktuelle Übereinstimmungen in einigen Berichten ein gewisses Verwandtschaftsverhältnis der ÖC zur CA nahe, jedoch kann dieses weder weiter spezifiziert noch kann eine Wirkrichtung der Einflussname konkret gemacht werden. CZEGKA legt nahe, dass der Autor der ÖC sich in einem späten Stadium des Entwurfs noch zu einigen Ergänzungen anregen ließ. Flächendeckende oder kompilatorische Übernahmen sind jedoch nicht nachweisbar. Michel Beheims „Buch von den Wienern“ und diverse politische Gedichte entstanden vor 1465, als dieser den Hof Friedrichs III. verließ. Für seine historischen Berichte, v.a. über die Belagerung des Kaisers in der Wiener Burg und die Belagerung Belgrads, ist Beheim Augenzeuge und auch in anderen Belangen dürfte er unmittelbaren Zugang zu den Ereignissen und den diversen Quellen gehabt haben. Tatsächlich bestätigen und ergänzen sich die Berichte Beheims mit denen der ÖC, jedoch können neben lokalen, aber recht gängigen Redewendungen keine wörtlichen Parallelen gefunden werden, die die gegenseitige Nutzung von der ÖC und Beheims Werken beweisen könnte.

8.2. Urkunden und Akten Urkunden, Briefe, Akten und ähnliche Dokumente dürften überall dort als Vorlage gedient haben, wo der Autor höchsten Wert auf die detaillierte Darstellung landespolitischer Kräfteverhältnisse, grenzüberschreitender Politik und wirtschaftspolitischer Dynamiken legt. Hier beobachtet man im Sinne chronistischer Genauigkeit und juristischer Legitimität oft nahezu wörtlich übernommene Passagen, wenn etwa Landtagsbeschlüsse, Verhandlungsergebnisse, Forderungen, Papstbullen, Verträge sowie politische und offene Briefwechsel zitiert werden. Beispielhaft werden hier die Dokumente Chmel n. 3945 und Chmel, Anh. n. CA-125 behandelt. Da die Forschungs- und Editionslage zu Dokumenten aus der Regierungszeit Friedrichs III. trotz großer Projekte, wie z.B. den Regesta Imperii, nach wie vor zu wünschen übriglässt, und die schiere Menge an Material noch keine flächendeckende digitale Volltexterfassung zulässt, kann hier kein Anspruch auf Vollständigkeit gestellt werden. Zugleich finden sich historisch beinahe gleichzeitige Textzeugen dieser Gattung, die gerafft, neu arrangiert und mit

So zum Beispiel Kap. 77, das man lediglich um einige Details aus Kap. 79 hätte erweitern können – stattdessen werden in einer Art Rückblick mit nur einem Kapitel dazwischen die Ereignisse noch einmal und redundant berichtet. 69 CZEGKA 1928, S. 15–18. 68

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Einfügungen versehen sind. Hier kann nicht entschieden werden, ob es sich nur um enge Verwandtschaft oder um ein tatsächliches Vorlagenverhältnis handelt. 70

8.2.1. Chmel n. 3945

Im Absagebrief der Wiener an den Römischen Kaiser (Kapitel 46) gleichen sich Chmel n. 3945 und die ÖC durchgehend beinahe wörtlich. 71 Am genauesten stimmt Hs. W mit Chmel n. 3945 zusammen, jedoch zeigen sich in allen Hss. gewisse Abweichungen und es werden Verschreibungen bzw. Verlesungen der ÖC offenbar, die erst im Vergleich mit Chmel n. 3945 deutlich werden. Am brisantesten ist jene ungewöhnliche Stelle der ÖC, in der die Wiener den Kaiser anklagen: Allerdúrleuchtıgiſter kaiſer nu hab wír das vergangen Iar, als die veint vmb vnd vmb kunſtig lagen, auff ewr gnad vnd ewr' Rétt vertróſtung, vns hoch vnd vaſſt angriffen [...] (190, 1–3) G enthält den ungewöhnlichen Ausdruck kunstik nicht, vermutlich wurde er wegen offensichtlicher Verständnisprobleme von vornherein bewusst weggelassen. S hingegen bietet wieder die Lesart mit kunstig. Wie erst der Vergleich mit der erschlossenen Vorlage zeigt, handelt es sich mit Sicherheit um das verlesene Kungstett, also das heutige Königstetten.

8.2.2. Chmel, Anh. n. CA-125

Bei Chmel, Anh. n. CA-125, im weiteren CA-125 genannt, handelt es sich um eine Sammlung mehrerer Briefe und Kredenzen72 rund um die Versammlung in Hadersdorf. Zur Einordnung der Sammlung ist es nötig, die historischen Umstände kurz zu erläutern. Nachdem der Leidensdruck aller beteiligten Parteien im Konflikt zwischen Friedrich und Albrecht ein erhebliches Ausmaß erreicht hatte, wurde unter der Vermittlung von deren Schwester, Katharina von Österreich, im Sommer 1463 ein zeitlich begrenztes Friedensabkommen vom 01.09. bis zum 29.09. geschlossen. Der Landtag von Tulln, der für den 22.09. ausgerufen wurde, fand unter der Regie des päpstlichen Legaten Domenico von Torcello statt, der angesichts der osmanischen Bedrohung auf eine schnelle Einigung aller Parteien drängte. Tatsächlich verliefen die Verhandlungen in Tulln ungewöhnlich erfolgversprechend. Die ÖC überliefert vom Landtag zu Tulln, dem sie ein ganzes Kapitel widmet, unter anderem den Wortlaut der ausgehandelten Artikel, ja beschreibt sogar das diplomatische Gezerre um einige besonders heikle Absätze und Formulierungen. Dabei wird durch den allgemeinen Gestus und die Wortwahl der ÖC, etwa in den zahlreichen Item-Aufzählungen, schnell ersichtlich, dass es sich um Auszüge der verschriftlichten Verhandlungsergebnisse handeln muss. Zwar wurde man sich in vielen Punkten einig, jedoch regelten diese v.a. die Belange des Vgl. CZEGKA 1928, Anmerkungen zu Quellen, S. 13. Synoptischer Abdruck bei HÖDLMOSER 2021, S. 196 ff. 72 Schriftliche Vorstellung des Boten und seiner Handlungsbefugnisse. 70 71

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Landes nach einer Einigung zwischen Albrecht und Friedrich. Ein Durchbruch zwischen den Brüdern war fast erreicht, als Albrecht am 02.12. unvermittelt starb. Den noch vor dem Tode Albrechts veranschlagten Landtag in Hadersdorf am 13.12. sagte der Kaiser ab und verbot sogar die Teilnahme daran. Dennoch hielten einige der größtenteils oberösterreichischen Herren, Ritter und Knechte, die am Landtag zu Tulln nicht teilgenommen hatten, an dem Treffen fest. Recht abschätzig berichtet der Erzähler von diesem Treffen, bei dem ohnedies an den allermeisten Punkten des Landtages von Tulln festgehalten worden sei und für dessen schriftlich ausgearbeitete Forderungen sich letztlich nur sehr schwer Boten zur Überbringung an den Kaiser haben finden lassen. Diese Forderungen samt der zugehörigen Kredenzen und einiger anderer damit verbundener Korrespondenzen beinhaltet die Sammlung CA-125. Gerade der angesprochene Katalog an Forderungen geht mit dem Wortlaut der ÖC parallel und bestätigt so den Bericht der ÖC: Freilich ändert oder streicht der Autor jene Passagen, in denen Albrecht noch entscheidender Aktant war. So zeigen sich gerade in den Artikeln zu den umstrittenen Steuern, welche von den beiden Texten an ganz unterschiedlicher Stelle gebracht werden, wie Versatzstücke des Originaltextes nicht nur umgestellt, sondern unterschiedlich stark modifiziert wiedergegeben werden. 73 Vieles jedoch bleibt bis in den Wortlaut gleich. Während die ÖC, wie oben erwähnt, noch sehr genau ausführt, ob und über welche Umwege es in den strittigen Punkten vor allem zur Weinund Salzbesteuerung zu einer Einigung gekommen war, ‚kürzt‘ der Kompilator von CA-125 bereits auf die letztgültige Fassung. Auch hier wird offensichtlich mit Versatzstücken des ursprünglichen Textes gearbeitet und auch hier passieren offensichtliche Fehler: So wird gerade in den Zeilen 32–49 deutlich, dass die Syntax und der Inhalt in CA-125 durch die Umformulierung teils entstellt werden. Dieses Beispiel macht sehr eindrücklich einige erzähltechnische und textgenetische Eigenschaften der ÖC deutlich: Zwischen dem Landtag von Tulln und dem Landtag von Hadersdorf lagen nicht einmal drei Monate. Die schriftlich ausgearbeiteten Dokumente zum Landtag von Tulln waren schon nach dieser kurzen Zeit teilweise hinfällig geworden und man darf davon ausgehen, dass ähnlich aktualisierte Fassungen wie die von CA-125 bereits mehrfach erstellt worden waren; denn Friedrich akzeptierte ja trotz seinem Missfallen über das Hadersdorfer Zusammenkommen im Kern weiterhin die Regelungen von Tulln. Der Autor der ÖC jedoch bedient sich der ‚alten‘ Fassungen, obwohl man davon ausgehen kann, dass ihm zur Zeit der Niederschrift aktualisierte und prägnante Fassungen wie CA-125 vorgelegen haben. Um eine reine Darstellung der Ergebnisse geht es dem Autor offensichtlich nicht. Er möchte selbst an jenen Stellen, an denen er u.a. auszughaft aus Dokumenten zitiert, noch erzählerisch eingreifen. Ihn interessiert nicht ausschließlich das historische und politische Ergebnis, er rückt zugleich den mühseligen und verschlungenen Pfad ins Licht, auf dem diese Einigungen zustande gekommen waren. 73

Vgl. grobe Synopse bei HÖDLMOSER 2021, S. 188 ff.

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Da der Text von CA-125 keine echte Quelle der ÖC ist, erübrigen sich ausgiebige Kollationierungen und die Suche nach politisch motivierten Veränderungen des Textes im Interesse textkritischer Erkenntnis für die ÖC. Geschichtswissenschaftlich wäre eine genauere Untersuchung der veränderten Vertragsverhältnisse nach dem Tod Albrechts bestimmt von Interesse. Immerhin aber ist es wahrscheinlich, dass jener Teil, in dem CA-125 und die ÖC übereinstimmen, auf einer gemeinsamen Quelle beruht. Der Vergleich zeigt, dass, wollte man ein stemmatologisches Verhältnis darstellen, der Text nach G(pc) dem Text von CA-125 am nächsten steht.

8.2.3. Das Copeybuch der Stadt Wien 74

Das „Copeybuch der Stadt Wien“ wurde von 1454 bis 1465 geführt und enthält etliche Korrespondenzen sowie interne Regelungen der Stadt Wien. Aufzeichnungen im Stil einer Chronistik finden sich nicht, doch ergeben sich naturgemäß etliche Überschneidungen mit der ÖC und die Texte sind sich zudem in konkreten Schilderungen sehr nahe. Dennoch ist selbst eine direkte Benutzung des Copeybuchs zur Erstellung der ÖC unwahrscheinlich, da Daten, Personenlisten etc. sich mehrfach widersprechen. 75 Die stellenweise Nutzung gemeinsamer Vorlagen ist aber plausibel.76

8.2.4. Zeitungen und Hofmären

Bei den sogenannten Zeitungen und Hofmären handelt es sich um eine medienhistorische Erscheinung des 15. und 16. Jahrhunderts, die gleichsam als Nebenprodukt aus dem allgemein gesteigerten Brief- und Verwaltungsverkehrs der Zeit hervorging. Der zeitgenössische oft gebrauchte Ausdruck Zedel weckt heute falsche Assoziationen. Nachrichten über aktuelle und bedeutsame Ereignisse vor Ort wurden zumeist offiziellen bzw. amtlichen Korrespondenzen zwischen gut vernetzten Personen und Institutionen beigelegt und beruhten auf einem unausgesprochenen Konsens der Gegenseitigkeit. Als inoffizielle Schriftstücke tragen sie oft persönliche Noten des Verfassers und muten wesentlich literarischer an als die meisten anderen zeitgenössischen chronikalen Genres. Sie sind geprägt von geradezu malerischen und atmosphärisch dichten Beschreibungen, geben Streitgespräche und Verhandlungen in direkter Rede wieder und gebrauchen gar innere Monologe. Sie gelten somit unter heutigen Kriterien einerseits als historisch weniger zuverlässig, gewähren andererseits jedoch tiefe Einblicke in Details, die nirgendwo sonst überliefert sind. Gängige Praxis war es, diese Nachrichten vielfach zu kopieren und weiterzuverbreiten. Sie waren somit ein Teil des wachsenden Informationsnetzwerkes. Dieses war in seiner aktiven Nutzung zwar auf eine gewisse

Copey-Buch der gemainen Stat Wienn 1454–1464 (Fontes rerum Austriacarum, Abt. 2: Diplomataria et Acta 7), hg. v. Zeibig, Hartmann Joseph , Wien 1853. 75 Siehe auch S. XLVI. 76 CZEGKA 1928, S. 26, insb. die Stellen FRA 7, S. 68, 77, 97, 135 ff, 162–164, 218–219, 215 ff, 308–309, 264–265, 320–321, 367–368, 360–361. 74

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Elite des Landes beschränkt, durch die stetig wachsende Städte- und Landständeverwaltung wurde der Zugang zu derlei Informationen zunehmend niederschwelliger. Wie weit nun dieses Netz an Hofmären die zeitgenössische Auffassung der Ereignisse beeinflusste, kann heute nicht gänzlich nachvollzogen werden, allerdings scheinen die Aufzeichnungen insoweit als vertrauenswürdig eingestuft worden zu sein, als sie als Quellen für zahlreiche zeitgenössische Chroniken dienten. Die weite Verbreitung sowie die bewusste und unbewusste Manipulation des Textes im Kopierprozess können die stellenweisen, diffusen und graduell sehr unterschiedlichen, insgesamt aber doch auffälligen Übereinstimmungen diverser Chroniken, Briefe und anderer Dokumentenarten dieser Zeit erklären. 77 Stilistisch zählen in der ÖC v.a. die Erzählungen über den Krieg des Deutschen Ordens dazu, die Berichte über Kometen und Erdbeben, die Bedrängung Kaiser Friedrichs III. in Cilli, König Ladislaus' Abordnung zur Brautwerbung in Frankreich, der Tod Papst Pius', die Schilderungen zur Krönung Kaiser Friedrichs III. zum König von Ungarn, etliche Episoden rund um die revolutionären Umstürze Wolfgang Holzers sowie die Geburt der Söhne Friedrichs III., Maximilian und Johann. 78 Vor allem bei geographisch weiter entfernten Ereignissen finden sich stilistische Anklänge der ÖC an diese Textgattung, doch konnte die Forschung 79 lediglich inhaltliche Parallelen, aber keine einzelnen Hofmären als Quellen plausibel machen – weder DODERER, der sich vornehmlich auf BIRKs Veröffentlichungen von 1849 80 stützt, noch CZEGKA, der die Veröffentlichungen von 1853 81 untersucht.

9. Die Österreichische Chronik als Quelle 82 9.1. Chronikale Werke Die ÖC ihrerseits wurde hingegen häufig als Quelle der frühen Geschichtsschreibung genutzt und ist in folgenden Werken zumindest als mögliche Vorlage zu denken. CZEGKA erklärt so die wörtlichen Übereinstimmungen diverser Aufzeichnungen, u.a. der Nürnberger Chronik mit der ÖC. CZEGKA 1928, Exkurs über schriftliches Nachrichtenwesen im XV. Jahrhundert, S. 5. 78 Vgl. CZEGKA 1928, S. 16–18. 79 DODERER 1925, S. 92–94. 80 BIRK, Emil: Beiträge zur Geschichte der Königin Elisabeth von Ungarn und ihres Sohnes König Ladislaus. 1440–1457, in: Quellen und Forschungen zur vaterländischen Geschichte, Literatur und Kunst, Wien 1849, S. 209–258, vgl. insb. die Mären Nummer XII und XIV. 81 BIRK, Emil: Urkunde-Auszüge zur Geschichte Kaiser Friedrichs des III. in den Jahren 1452–1467 aus bisher unbenützten Quellen, in: Archiv für österreichische Geschichte Bd. 11, Wien 1853, S. 139–176. 82 Sowohl CZEGKA als auch DODERER haben weitreichende und detaillierte Vorarbeiten für Untersuchungen zu etwaigen Textparallelen geleistet. Sie ergänzen sich gut und widersprechen sich in ihren Einschätzungen kaum (Vgl. DODERER 1925, S. 78–82 bzw. CZEGKA 1928, S. 36–39). 77

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Hierzu gehört die in der Forschung des Öfteren angesprochene lateinische „Versio“ des Cod. 9027 der ÖNB, bei der es sich nach LHOTSKY (1963), der durch CZEGKA überzeugt wurde, um keine Version im Sinn einer Übersetzung, sondern vielmehr um eine Art lateinische Paraphrase mit zahlreichen Erläuterungen und Ergänzungen handelt. Darüber hinaus sind hier nur jene Werke genannt, die noch keine der Ausgaben nach Senckenberg oder Rauch nutzen konnten. 83 Johannes Cuspinian (1473–1529): De Caesaribus et Imperatoribus Romanis (1540) CZEGKA findet in der lateinischen Chronik, die außerdem Enea Silvio Piccolomini und Ebendorfer als Quelle nutzt, etliche Passagen, in denen sich „gedankliche Übereinstimmungen“ mit der ÖC wiederfinden lassen. 84 Gedruckt wurde das Werk Cuspinians (1473–1529) erst postum 1540. Ob sein zweites chronikalisches Werk „Austria“ (1533) auch mit der ÖC arbeitet, müsste noch untersucht werden. Beide Werke sind editorisch nicht erschlossen. Johann Jakob Fugger: Ehrenspiegel des Erzhauses Österreich (1555) Hier stimmt v.a. der Absagebrief der Stadt Wien an Kaiser Friedrich mit der ÖC überein, allerdings kann aufgrund von dessen weiter Verbreitung keine direkte Abhängigkeit bewiesen werden. Eine genauere Untersuchung des Textes bzw. seiner ältesten Textzeugen könnte diesbezüglich Sicherheit verschaffen. 85 Wolfgang Lazius (1514–1565): Commentariorum in Genealogiam Austriacam libri duo (1564) Lazius beruft sich wiederholt auf eine nicht näher bezeichnete Chronik, die der ÖC entsprechen könnte. So: ex annalium fide referre 86 oder sunt ex annalibus 87. Stets folgen nach diesen Phrasen historische Ereignisse, die auch in der ÖC dargestellt sind, wenngleich stellenweise abgeändert. 88 Unterstrichen wird der Verdacht durch jene Paginierung und Nutzerspuren in Hs. W, die mit großer Sicherheit auf Lazius zurückzuführen sind. Ebenso zeichnen Nutzerspuren der Hs. G etliche Male Querverweise zu Lazius aus. 89

Siehe DODERER 1925, S. 82. Vgl. CZEGKA 1928, S. 37, v.a. Anm. 4. 85 Vgl. DODERER 1925, S. 78–79. 86 Wolfgang Lazius: Commentariorum in Genealogiam Austriacam libri duo. Basel 1564, S. 301. 87 Ebd., S. 285. 88 Vgl. CZEGKA 1928, S. 37. 89 DODERER schließt aus, dass Lazius die ÖC kennt, bezieht sich dabei jedoch auf seine „Vienna Austriae“ von 1546. (Vgl. DODERER 1925, S. 78). 83 84

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Gerhard Roo († 1589): Annales Rerum Belli Domique ab Austriacis Habsburgicae Gentis (1592) Schon Reichard Streun von Schwarzenau hat erkannt, dass Roo die ÖC verwendet haben musste. 90 Obwohl Roo in lateinischer Sprache schreibt, sind Übereinstimmungen mit dem deutschen Text streckenweise recht überzeugend. 91 Auch lässt sich aus der Art der Benutzung durch Roo eine interessante, wenngleich spekulative These spinnen: Roo, der zur fraglichen Zeit die Ambraser Sammlung in Innsbruck verwaltete, weist die für sein Werk verwendeten Quellen gesammelt aus, die fast alle vor Ort vorhanden waren. Darunter befindet sich auch ein Eintrag „Jacobus a Küngelshoven“. Zwar ist eine Chronik des Jakob (Twinger) von Königshoven für Innsbruck nicht nachweisbar, deren Verwendung wegen ihrer weiten Verbreitung nicht unwahrscheinlich. Auf eine andere Spur jedoch führt ein Eintrag Kollars 92 zu Cod. 2908 der ÖNB (Hs. W): Dieser habe in ihrem alten Einband ursprünglich den Vermerk Forte Cl. [?] a Königshoven auctor est hujius Historiae getragen. Dass die ÖC tatsächlich von dem Twinger stammt, wird in der Forschung ausgeschlossen, es wäre aber zu erwägen, ob beide Vermerke zusammenhängen. So könnte Hs. W. ursprünglich aus Innsbruck oder gar der Ambraser Sammlung stammen und erst später bzw. durch den Transfer eines Großteils der Sammlung durch Kaiser Leopold I. 1665 nach Wien gekommen sein. 93 Reichart Streun von Schwarzenau (1588–1600): Historisches Jahrzeitbuch des Erzherzogtums Österreich ob der Enns 94 Im Falle der 1599 vollendeten Jahrbücher steht die Benützung der ÖC außer Frage. Sie wird über längere Passagen exzerpiert und in einigen Punkten wörtlich zitiert. Auch wird sie direkt unter dem Namen „das Buch Kayser Friderichs Handlung manuscripto“ (Fol. 316 links unten, 317 u. 320 links oben) angesprochen. Wie oben gezeigt, stand Streun Hs. G der ÖC als Quelle nicht nur zur Verfügung, sondern er nutzte diese auch intensiv für seine Forschungen. Der Zeitraum der ÖC wird in den Jahrbüchern auf fol. 317–358 abgehandelt. Besonders augenfällige Gemeinsamkeiten zur ÖC finden sich auf fol. 318–320. Valentin Preuenhueber († 1642): Annales Styrenses, samt dessen übrigen Historischen und Genealogischen Schriften. Nürnberg 1740. Preuenhueber kennt die ÖC selbst nicht, benutzt aber explizit Streun, wodurch sich auch Passagen der ÖC fast wörtlich in seinem Werk wiederfinden.

Auf der Innenseite des Umschlags der Hs. G findet sich von seiner Hand die Notiz N[ota] Disſ puech hat auctor Hist. Austrie auch gehabt, apparet cum alibi tum fol 237–239. (Vgl. CZEGKA 1928, S. 37, Anm 24). 91 Vgl. DODERER 1925, S. 79. 92 Kollár, Adam Frantisek: Supplemente zu Petri Lambecii Hamburgensis Commentariorum de Augustissima Bibliotheca Caesarea Vindobonensis, I, Wien 1766, S. 666. 93 Vgl. CZEGKA 1928, S. 37–38. 94 Im Folgenden getätigte Verweise beziehen sich auf ÖNB, cod. 7584 N.B. 90

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Marcus Hansiz (1683–1766): Germania Sacra (1727) Hansiz zeichnet die ÖC namentlich als Quelle aus (Historia rerum Austriacarum ab anno 1455 usque ad 1467), gibt zusätzlich die Gentilotti-Nummer 443 an und verwertet diese v.a. für die Regierungszeit Ladislaus Postumus häufig. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 9027; die „Lateinische Versio“ Bei Cod. 9027 der ÖNB handelt es sich um eine Sammelhandschrift des 16.–17. Jahrhunderts im Format 21 × 32 cm. Der Einband gleicht dem von W. Am Rücken: „Codex Ms.Hist.Prof.Nr.XC“. Dass es sich bei Cod. 9027 um keine Versio im eigentlichen Sinn handelt, sei vorweggenommen, sie wird in den folgenden Beschreibungen der Einfachheit halber dennoch so betitelt werden. Eine vollständige wissenschaftliche Aufarbeitung dieser lateinischen Versio kann an dieser Stelle nicht geschehen und muss ein Desiderat bleiben. Eine erste knappe, aber ausreichende Untersuchung und Forschungsgeschichte liefert LHOTSKY 95: Schon Petrus LAMBECK 96 erwähnt eine lateinische Versio der ÖC in der damaligen Hofbibliothek. UHLIRZ konnte eine solche nicht finden. SCHALK 97 macht schließlich den Cod. 9027 als Träger der Versio wahrscheinlich. CZEGKA knüpft daran an und bestätigt SCHALKs Vermutung. LHOTSKY sieht in der Versio eine „Humanistenarbeit des 16. Jahrhunderts, die nicht gerade auf Wörtliche Übertragung ausging, sondern eine mit zusätzlichen Erläuterungen versehene Paraphrase darstellt." 98 Bis heute ist der fragliche Text im Katalog der ÖNB 99 fälschlicherweise 100 Aeneas Silvio Piccolomini zugeordnet. Die obige Formulierung, die Versio sei eine Paraphrase mit zusätzlichen Erläuterungen, ist mindestens missverständlich und entspricht auch nicht CZEGKAs Ausführungen. 101 So umfasst jener Teil des Cod. 9027, der als Versio in Frage käme, lediglich Fol. 1r–30v. Bei durchschnittlich 35 Zeilen zu je acht Wörtern ergibt dies ca. 18.270 Wörter. Rechnet man die Wörter der Hs. W hoch, so kommt man auf ca. 72.600. Der Text trägt keinen Titel und beginnt mit den Worten Quo tempore premium gubernacula rei publicae Ladislaus Rex subierat, ingens Prussiae seditio exporta est. Lambeck 102 hat am Rande vermerkt Anonymi fragmentum historicum de rebus gestis imperatoris Friderice III. vulgo re vera V. Wie die ÖC setzt die Versio mit den Ereignissen rund um die Konflikte LHOTSKY 1963, S. 364. LAMBECK, Peter: Commentarii de Augustiss. Bibliotheca Caesarea Vindobonensi. Bd. 2, Wien 1766, S. 666. 97 SCHALK, Karl: Aus der Zeit des österreichischen Faustrechts 1440–1463. Das Wiener Patriziat um die Zeit des Aufstandes von 1462 und die Gründe dieses Ereignisses (=Abhandlungen zur Geschichte und Quellenkunde der Stadt Wien 3), Wien 1919., S. 120. 98 LHOTSKY 1963, S. 364. 99 Basierend auf den: Tabulae codicum manu scriptorum: praeter graecos et orientales in Bibliotheca Palatina Vindobonensi asservatorum. Edidit Academia Caesarea Vindobonensis. Vol. VI: Cod. 9001–11500. Wien 1873. 100 LHOTSKY 1963, S. 364. 101 CZEGKA 1920, S. 5. 102 CZEGKA 1920, S. 5. 95 96

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zwischen dem Deutschen Orden und Polen ein und schließt noch das Kapitel „Vom Tod des Papst Pyo“ mit ein. Innerhalb dieses Handlungsraumes ist die Versio der ÖC stellenweise sehr nahe, rafft dann wieder stark, bricht zwischendurch ab und erzählt auch Dinge, die in der ÖC gar keine Erwähnung finden, etwa die Geschichte des Pozzingers (ab Fol. 15). Wahrscheinlich ist eine teilweise Verwendung der ÖC oder gemeinsamer Textgrundlagen. CZEGKA ordnet diese Arbeit dem Kreis der humanistischen Historiographen Maximilians I. oder einem seiner Nachfolger zu. Ob eine der uns bekannten Handschriften Vorlage für die Versio war, kann hier nicht einwandfrei belegt werden. Angesichts der verhältnismäßig korrekten Schreibung der Namen in der Ratsliste (Fol. 26 in Hs. W) sieht CZEGKA Hs. W als wahrscheinlichste Vorlage. Diese Beobachtung bleibt unberührt von der ihm unbekannten Hs. S, die an dieser Stelle ebenfalls Verschreibungen aufweist.

9.2. Vom Historiker zum Schriftsteller: Doderer und die Österreichische Chronik Als Heimito Doderer an seiner Dissertation zur bürgerlichen Geschichtsschreibung im mittelalterlichen Wien arbeitet, hat er bereits seine Lebensentscheidung, Schriftsteller zu werden, getroffen – sie fiel in der sibirischen Gefangenschaft in und nach dem Ersten Weltkrieg. Seine Fächerwahl, Geschichte und Psychologie, traf er nicht zuletzt im Hinblick auf diese Entscheidung, sah er doch darin eine wichtige Voraussetzung für den Beruf des Schriftstellers. Dass er beide Fächer in seiner Dissertation zusammenführt, ist da nur konsequent. Diese Entscheidung ist in seiner Zeit zwar noch ungewöhnlich, in ihr spiegeln sich aber die Besonderheiten der Wiener Geschichtswissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts wider. Dass Doderers Erfahrungen als Historiker in sein Werk eingegangen sind, kann bei dem autobiographischen Fokus vieler seiner Romane nicht überraschen. Während die klassische Alter-Ego-Figur der Strudlhofstiege und der Dämonen, Rene Stangeler, wie der junge Doderer ihre Erfahrungen mit der Presse macht, 103 lassen sich direkte Einflüsse seiner Dissertation auf die späteren ‚großen‘ Romane nicht zeigen. Als einzige Ausnahme kann man das sogenannte Hexenkapitel in den Dämonen nennen, das sich sprachlich am Frühneuhochdeutschen der in Doderers Dissertation untersuchten Texte orientiert. 104 Anders dagegen ist es um Doderers frühe Arbeiten, besonders seine Brotarbeiten, bestellt. Es ist generell festzuhalten, dass Doderers schriftstellerischer Start in der Nähe seiner Universitätsstudien liegt. Dies betrifft vor allem zwei zumindest in der Entstehung frühe Romane: Das letzte Abenteuer, 105 das auf einen früheren, mittlerweile aus dem Nachlass veröffentlichten Vgl. REISNER, Andrea Reisner: „Hier lag die warme schreibende Hand“. Schreibszenen in Heimito von Doderers „Dämonen“. Diss. Wien 2017, bes. S. 31–62, 174–184. 104 „Dort unten“, in: Heimito von Doderer: Die Dämonen. Nach der Chronik des Sektionsrates Geyrenhoff. München 1962, S. 757–806. 105 Heimito von Doderer: Das letzte Abenteuer. Ein ‚Ritter-Roman‘, in: H.v.D.: Die Erzählungen, hg. von Wendelin Schmidt-Dengler, München 1995, S. 386–449. 103

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kürzeren Text, Montefal, 106 zurückgeht, und Ein Umweg. 107 Es gibt zu den Texten eher wenig Forschung, doch ist eine recht verbreitete Annahme zu korrigieren: Der Ritter „Gamuret der Fronauer“ in Das letzte Abenteuer ist kein Reflex des Ritters Gahmuret aus Wolframs von Eschenbach Parzival, sondern Doderer fand den Namen in einer der prominenten Figuren der Chronik, Gamerit Fronauer. 108 Der Roman Ein Umweg nimmt zwar auch mittelalterliche Erzählmodelle auf, spielt aber in der Zeit kurz nach dem 30jährigen Krieg und es lassen sich keine direkten Bezüge zur Chronik finden. Direkt auf die ÖC gehen einige Zeitungsartikel zurück. Es handelt sich dabei meist um sprachlich glatte, korrekte Übersetzungen aus der ÖC, die manchmal durch kurze Erläuterungen, oft in Klammern, ergänzt werden. 109 Dies gilt für den Artikel Inflation 1460 oder Der größte Lump bleibt oben, 110 angekündigt als: „Wörtlich aus dem Kodex (Handschrift) Nr. 2908 der Nationalbibliothek“ – und es folgt wirklich eine unkommentierte Übersetzung der Schinderling-Passage aus der ÖC. Ebenfalls ein direktes Zitat aus der Chronik findet sich in einer unter dem Pseudonym Otto Styx veröffentlichten Artikelserie Vor dem Schafott. Hinrichtungen aus 5 Jahrhunderten, geschildert von Augenzeugen. 111 Der zweite Artikel dieser Serie bringt zuerst eine kurze Einleitung, in der Doderer nicht nur die Schmerzen einer ‚inhumanen‘ Hinrichtung und der Folter detailliert ausmalt, sondern auch den Charakter des öffentlichen Spektakels beschreibt, den mittelalterliche Hinrichtungen hatten. Er leitet dann wieder zum vermeintlichen Augenzeugenbericht der Hinrichtung Holzers aus der ÖC über. Eine etwas andere Gangart schlägt der Artikel Wiener Memoiren aus dem 15. Jahrhundert ein. 112 Er bietet eine Zusammenfassung der wichtigsten Thesen der Dissertation und erklärt folgerich-

Jetzt greifbar: Heimito von Doderer: Seraphica. Montefal. Zwei Erzählungen aus dem Nachlass, hg. von Martin Brinkmann und Gerald Sommer, München 2009, S. 61-79. 107 Heimito von Doderer: Ein Umweg. Roman. Wien 1940. 108 So beim ersten Auftreten im Roman: S. 407; zu Gamerit Fronauer s. o. die Inhaltszusammenfassung. Dieser Bezug passt auch deutlich besser zur Figur des Fronauer, zumindest in der MontefalErzählung. Dass der Name letztlich doch auf Wolfram zurückzuführen sein mag, steht auf einem anderen Blatt: Der Jüngere Titurel eines Albrecht war im 15. Jahrhundert ein gerade im bairischösterreichischen Sprachraum hochangesehenes Buch, das bekanntlich auf Wolframs Titurel und seinem Parzival beruht und nicht nur die Gahmuret-Figur weiter auserzählt, sondern auch seinen Protagonisten, Schionatulander, über weite Strecken als den ander Gahmuret führt. So konnte dieser Name überhaupt erst ein möglicher Rufname im 15. Jahrhundert werden. 109 Vgl. auch MA-KIRCHER, Klaralinda: Heimito von Doderers journalistische Arbeiten in den 1920er und 1930er Jahren – eine Editionslücke? In: Keime fundamentaler Irrtümer. Beiträge zur Wirkungsgeschichte Heimito von Doderers, hg. von Roland Innerhofer, Matthias Meyer und Stefan Winterstein, Würzburg 2018, S. 215–231. 110 Der Abend, 6. April 1929, S. 10. 111 Der Abend, 16. 8. 1932, S. 7; 17. 8. 1932, S. 8; 18. 8. 1932, S. 8; 19. 8. 1932, S. 8; 20. 8. 1932, S. 8; 22. 8. 1932, S. 7; 23. 8. 1932, S. 8; 24. 8. 1932, S. 8; 25. 8. 1932, S. 8. 112 Der Untertitel: Die ersten Lebensdokumente einer Wienerin, Neues Wiener Journal, 19. September 1927, S. 5, verweist auf Helene Kottanerin, aber auch die ÖC – Doderers These folgend – wird als Lebenserinnerung Ulrich Grießenpecks ausführlich berücksichtigt. 106

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tig auch die ÖC zu einer Art Memoiren. Es werden hier nur die offensichtlichen Spuren der ÖC in Doderers Werk genannt. Allerdings ist es eine lohnende Aufgabe, dem Einfluss von Doderers Dissertation und der von ihm dort untersuchten Texte, besonders der ÖC, auf sein gesamtes Werk einmal systematisch nachzugehen.

10. Editionsprinzipien 10.1. Text 113 Die Edition folgt dem Prinzip der Leithandschrift. Als Leithandschrift wird Hs. W gewählt. Diese stellt nicht nur die älteste Hs. dar, sondern bietet auch den konsistentesten und umfangreichsten Text. Hs. S ist teilweise neuzeitlich ergänzt, während aus Hs. G mit ihren Lesarten G(ac) und G(pc) kein zuverlässiger Schreiber- oder Autorwille gezogen werden kann: G(ac) könnte von Anfang an nur als Entwurf gedacht gewesen sein, während aus G(pc) keine sprachlich oder stilistisch konsistente Textentwicklung abstrahiert werden kann. 114 Solange W syntaktisch und grammatisch sinnvollen Text liefert, folgt ihr die Edition, auch gegen GS. Eingriffe gegen W werden durch Kursive markiert. Bei inhaltlichen Fehlern wird nur dann eingegriffen, wenn der Text eindeutig verderbt ist. Kein Eingriff erfolgt hingegen bei inhaltlichen Fehlern wie historischen Unstimmigkeiten oder Falschangaben. Der Eingriff selbst erfolgt nach dem zu erwartenden Lautstand in Hs. W. Normalisierung erfolgt nur sehr vorsichtig: ſ wird als s wiedergegeben, ꝛ als r. u/v sowie i/j werden nach dem Lautwert korrigiert. e über den Vokalen sowie y und w taucht in verschieden stark abstrahierten Varianten auf und wird als ´ wiedergegeben (á, é, í, etc.). Verschobene Superskripte, z.B. über r, werden dem nächsten passenden Vokal zugeschrieben. Abkürzungen werden entsprechend aufgelöst. Dazu zählen Nasalstrich, er-Haken, aber auch Wortkürzungen wie e.k.g. (ewr kaiserliche genaden), die nach dem zu erwartenden Lautstand wiedergegeben werden. Als nn müssen die zahlreichen Makrons am Wortende von Wörtern wie z.B. Söldner gedeutet werden. Zwar wäre ein mhd. Dat. Pl. Söldneren möglich, ein solcher kann aber in der Hs. W an keiner Stelle belegt werden – nn hingegen des Öfteren. ꝛc. (etc.) bleibt abgekürzt, wird jedoch in die neuzeitliche Form etc. gebracht. Zahl- und Währungskürzel wie ₰ bzw. d_ (Denarius) und die Mengenkürzel tl (Talentum), ℔ (Libra) und ß (Schilling) bleiben erhalten. Lateinische Zahlen entstammen der Hs. W und bleiben auch in heute unüblichen Formen (z.B. IIII) erhalten. Das Gleiche gilt für Absatzmarkierungen mit ¶, die nur dort vorhanden sind und entsprechend wiedergegeben werden. Hs. W gestaltet diese Absätze jedoch nicht immer graphisch aus. 113 114

Zu den dem Text zugehörigen Apparaten siehe S. LXIX. Siehe Überlieferung, S. XXVII.

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Die Getrennt- und Zusammenschreibung richtet sich in der Regel nach der Leithandschrift. Im Zweifelsfall wird zugunsten von Leserlichkeit entschieden. Groß- und Kleinschreibung wurde vereinheitlicht. Majuskeln werden nur verwendet, um Satzbeginn, Eigennamen und Nomina Sacra zu kennzeichnen. Die Interpunktion ist nach modernen Maßstäben gesetzt und hat v.a. zum Ziel, das sinnerfassende Lesen des über weite Strecken komplexen Satzbaues der ÖC zu erleichtern. Die Setzung von Kommata wird in diesem Sinne ausgiebig genutzt. So werden Vordersätze abgesetzt Nebensätze von Hauptsätzen getrennt und Parenthesen in Kommata eingeschlossen. Doppelpunkt wird vor direkter Rede und nach Ankündigungen gesetzt. Die Textgliederung folgt zunächst den Kapitelüberschriften der Hs. W. Diese stimmt nicht immer mit Hs. G überein. Zum einen fehlt Hs. G gegenüber W ein Kapitel, zum anderen sind Kapitelgrenzen teils anders gesetzt als in W und S. Wo der Text nach W Capitulumzeichen setzt, erfolgt in der Edition in jedem Fall ein Absatz, auch wenn dieser von W nicht realisiert wurde. Ansonsten setzt die Edition Absätze zur Markierung von größeren Inhaltsblöcken. Die zumeist zwei- bis dreizeilig ausgeführten und stets den Überschriften folgenden Majuskel in Rötel werden in der Edition nicht berücksichtigt, ebenso wenig die unregelmäßig gesetzten Rubrizierungen. In der Kopfzeile wird die Überschrift des Textes des ersten Kapitels auf der jeweiligen Seite angezeigt. Die Zeilenzählung erfolgt am inneren Rand, wo zudem Folio-Angaben für die Hss. G und S zu finden sind. Dabei ist zu beachten: Die Foliierung von G ist fehlerhaft. 68 wurde zweimal vergeben. Das zweite Vorkommen wird mit 68a gekennzeichnet. Mit 147a wird ein lose beiliegender Zettel bezeichnet. Folioangaben für W erfolgen stellengenau im Text und in eckigen Klammern. Im Text erfolgte Datumsangaben werden am äußeren Rand ausgezeichnet. Auch die alte Paginierung in Hs. S ist fehlerhaft, sie wird durch die neue Folierung ersetzt. Jene Textstellen, die in G und S als „Plustext“ gegenüber W bezeichnet werden können, sind von so geringem Umfang, dass dafür keine editorischen Entscheidungen gefällt werden müssen. Sie werden im Variantenapparat dokumentiert. Eine gravierende Ausnahme von der sonst vergleichsweise stabilen Überlieferung stellt Kapitel 88 dar. Hier weicht W nach wenigen übereinstimmenden Worten am Beginn des Kapitels so eklatant von GS ab, dass weder eine Darstellung im Apparat noch ein synoptischer Abdruck sinnvoll schienen. Das Kapitel 88 wird folglich zuerst nach Hs. W ediert, dem ein Kapitel 88 nach den Hss. G und S nachgestellt ist. Da dieses in Kursiv realisiert ist, sind Texteingriffe und Folioangaben in recte gehalten. Die Funktion der Leithandschrift wird von G(pc) übernommen, Abweichungen von G(ac) und S werden im Variantenapparat dokumentiert.

10.2. Übersetzung Die ÖC berichtet über Ereignisse, die sich in und um das spätmittelalterliche Wien abgespielt haben. Sie deckt nur einen sehr kurzen Zeitraum ab, innerhalb dessen sie aber von Weltbewegendem bis hin zu den kleinsten Details einzelner Landtage erzählt.

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Mit dieser thematischen Breite spricht sie Wissenschaftler:innen unterschiedlicher Disziplinen genauso wie allgemein historisch Interessierte an. Diese potenziellen Leser:innen bringen unterschiedliche Vorkenntnisse mit und treten so mit verschiedenen Erwartungen und Bedürfnissen an den Text heran. All dies birgt für die Übersetzung der in frühneuhochdeutscher Sprache verfassten Chronik in modernes Deutsch einige Herausforderungen. Denn es sind gerade die Akribie und Ausführlichkeit der Berichte, die die Chronik zu einer wertvollen Quelle für die historische Forschung machen. Für diese wissenschaftlichen Zwecke war bei der Übersetzung größte Genauigkeit bei der Wahl der Begriffe gefordert. Auf der anderen Seite soll die Übersetzung allen Interessierten einen Text bieten, der les- und verstehbar ist und auch ein weniger versiertes Publikum nicht auf Schritt und Tritt durch Fachtermini irritiert. Die ÖC ist ein sehr heterogener Text, was an den Umständen ihrer Entstehung liegen mag, die zeitlich sehr nah an den geschilderten Ereignissen liegt. Sie ist keine Kopie einer bereits vorhandenen Chronik, sondern ihr Autor muss auf die unterschiedlichsten Quellen, darunter wohl die eigene Augen- und Ohrenzeugenschaft, zurückgegriffen haben. Er hat diese Quellen kompiliert, in eine chronologische Ordnung gebracht, Übergänge geschaffen und vermutlich durch eigene Erfahrungen ergänzt. 115 Da die einzelnen Textsorten mit ihren Eigenheiten und Spezifika teilweise noch erkennbar sind, zeichnet die Chronik ein eigener Sprachgestus aus. Der Text ist in drei Handschriften erhalten, die in einem Zeitraum von etwa 100 Jahren entstanden sind und somit neben Textvarianten auch Unterschiede in der Sprache aufweisen. Die Edition folgt sprachlich der ältesten Handschrift, die in den 1470er Jahren vermutlich in Wien entstanden ist, dialektale Varianten der anderen beiden Textzeugen kommen nur dort zum Tragen, wo sie zusätzliche Informationen zum Ausgangstext bringen. Es galt somit, intralingual aus dem frühneuhochdeutschen Bairisch-Österreichisch in ein modernes Hochdeutsch zu übersetzen. Die Übersetzungsleistung musste aber auch auf anderen Ebenen erfolgen: Der Text sollte aus einer weit entfernten Epoche in die Gegenwart gebracht werden; eine politische Ordnung, ein Wertesystem, eine Gesellschaftsstruktur und eine Kultur, die uns heute fremd sind, verstehbar machen, ohne auf zusätzliche Erklärungen zurückgreifen zu müssen. Unter diesen Prämissen ist eine Übersetzung entstanden, die drei zentrale Funktionen erfüllen soll: 1. Entlastung der Apparate: Die Übersetzung bietet eine Lese- und Verständnishilfe für den frühneuhochdeutschen Text und ersetzt teilweise einen Stellenkommentar. So entfallen Worterläuterungen im Apparat an den Stellen, an denen die Übersetzung einer Erklärung gleichkommt. Die Leser:innen sind dazu angehalten, zwischen Original und Übertragung hin- und her zu blicken. Edition und Übersetzung sind deswegen parallel gesetzt, der tendenziell etwas längere gegenwartsdeutsche Text wird bei jedem Absatz wieder gefangen, damit die rasche Auffindbarkeit schwieriger Passagen gegeben ist. 115

Vgl. Einleitung zu den Quellen, S. XLIX.

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2.) Nähe zum Original: Das Ziel war es, die sprachlichen Strukturen der Quellentexte und somit den Erzählstil beizubehalten. Dieser ist allerdings durch viele Wortwiederholungen und Aufzählungen, unzählige indirekte Reden, Konjunktive und Schachtelsätze charakterisiert. Hier ist die Übertragung ins Neuhochdeutsche behutsam vorgegangen: Die Syntax wurde an den heutigen Sprachgebrauch angepasst, eine moderne Interpunktion eingeführt und allzu lange Sätze wurden geteilt. Stilistische Verbesserungen wurden äußerst behutsam vorgenommen. Da sich die Handlung der Chronik weitestgehend auf die Region rund um Wien beschränkt, wurden Regionalismen und lokale Bezeichnungen, beispielsweise für Berufe wie den Fleischhacker, beibehalten. 3.) Eigenständigkeit: Während die Übersetzung eine zusätzliche Informationsebene zum Original bietet, soll sie umgekehrt auch abgekoppelt vom frühneuhochdeutschen Text gelesen werden können. Auf diese Weise öffnet sich die ÖC einem deutlich erweiterten Rezipient:innenkreis. Übersetzen von Sprache und Kultur Eine Übersetzung, die innerhalb eines erzählenden Textes ohne zusätzliche Erläuterungen eine erklärende Funktion übernimmt, beschränkt sich nicht auf eine reine Übertragung von einer Sprache in eine andere. Der zu übersetzende Text konstituiert sich aus Sprache und Kultur, und beide müssen im Sinne einer ‚Kulturellen Übersetzung‘ in die Gegenwart übertragen werden – mit besonderer Aufmerksamkeit für Missverständnisse und Nicht-Übersetzbares sowie die unbewusste Änderung von Bedeutungsinhalten. 116 Genau in diesem Bereich lagen auch die größten Herausforderungen bei der Übersetzungsarbeit, nämlich insbesondere dort, wo vermeintlich bekannte Wörter oder Redewendungen im jeweiligen Kontext fremd erschienen. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist die fast durchgängige Verwendung der Bezeichnung (ge)sloss für adelige Wohnsitze, das heute in Bezug auf spätmittelalterliche Bauwerke unpassend erscheint, werden diese doch im Allgemeinen ‚Burg‘ genannt. Diese Bezeichnung begegnet in der Chronik fast ausschließlich als Bestandteil von Namen, wie Mergenburg, Tumesburg, Newnburg, oder sie kommt konkreten Burgen zu, wie der Burg ze Wienn. Der Begriffswandel von Burg zu Schloss vollzieht sich schon im Laufe des 15. Jahrhunderts, als viele Burgen umgebaut wurden, um den neuen fortifikatorischen Ansprüchen ebenso wie dem Bedürfnis nach mehr Wohnkomfort zu genügen. 117 Hier hinkt der moderne Sprachgebrauch der Geschichte hinterher und für die Übersetzung stellte sich die Frage, ob in diesem Fall einzugreifen wäre und alle geslösser zu Burgen zu machen seien. Die Entscheidung fiel dagegen, denn die Grundbedeutung als ‚adeliger Wohnsitz’ ist für beide Begriffe bekannt. Das Wort gesloss bietet so vielleicht einen kleinen Lesewiderstand, Vgl. LÄSSIG, Simone: Übersetzungen in der Geschichte – Geschichte als Übersetzung? Überlegungen zu einem analytischen Konzept und Forschungsgegenstand für die Geschichtswissenschaft, in: Geschichte und Gesellschaft 38 (2012), S. 189-216, hier S. 196. 117 GAUBE, Heinz: Burg, in: LexMA Bd. 2, Sp. 957-958. (Lexikon des Mittelalters, 9 Bde., München/Zürich 1980–1999.) 116

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dessen Ursprung bei Interesse leicht recherchiert werden kann, stört aber kaum das Textverständnis. Ähnliche Beispiele sind Begriffe wie diener oder lanntleut, die ebenfalls gleichlautend ins Neuhochdeutsche übertragen wurden. Eine durchgängige Erörterung der historischen Semantik wird also weder in der Einleitung noch in der Edition geleistet. Ausführlichere Anmerkungen finden sich jedoch – aufgrund ihrer zentralen Bedeutung im Text – zur Institution des Wiener Rats118 und zu den Münzwerten bzw. Währungs- und Maßeinheiten 119 (Siehe S. LXVIII ff.). Ein weiteres Wort bereitete besonderes Kopfzerbrechen, da die Kenntnis der dazugehörigen Praktik besonderer Expertise bedarf. Es handelt sich um den Begriff huldigung. Hierzu ein Auszug aus der Chronik: Wir befinden uns im Jahr 1457 am Todestag des Ladislaus Postumus, dessen Tod heftig beklagt wird: Den sendlichen tod haben beklagt mit haissen zehernn sein getrew untertan armm und reich, edl und unedl, in dem lannd zw Osterreich und nemlich in der stat ze Wienn, wenn nach seinem tod das lannd ze Osterreich mit nam, raub, prannt und huldigung, nahent an allen endten alſo ist beschedigt und verbúgſt warden, das vor nye erhórt iſt warden[…] [44, 28–45, 6] Übersetzung: Den schmerzlichen Tod haben seine getreuen Untertanen, Arme wie Reiche, Adelige und Nichtadelige, im Land Österreich und vor allem in der Stadt Wien mit heißen Tränen beweint. Denn nach seinem Tod wurde das Land Österreich durch Plünderung, Raub, Brandschatzung und Huldigung fast an allen Ecken und Enden verwüstet, wie man es zuvor noch nie gehört hatte. Bis auf ein paar kleinere Umstellungen konnte diese Stelle fast wortwörtlich übersetzt werden. Der sehr lange frühneuhochdeutsche Satz wurde, was im Neuhochdeutschen keine Probleme bereitet, in zwei Sätze geteilt. Weiters wanderte das Partizip beklagt ebenso die dazugehörenden ‚heißen Tränen‘ dem heutigen Sprachgebrauch gemäß nach hinten und wurde durch beweint ersetzt, da die Wendung durch Tränen beklagen zwar möglich, aber eher ungebräuchlich ist. Dasselbe gilt für An allen endten. Dieses wurde zu an allen Ecken und Enden erweitert, da diese Redewendung das adäquate Pendant zu sein scheint. Beschedigt und verbügst wurde zu verwüstet zusammengezogen. Eine Stelle jedoch bereitete Schwierigkeiten. Es handelt sich um die Aufzählung der Plagen, die nach Ladislaus Tod über das Land kommen. Dies sind nam, raub, prannt und huldigung, die genau in dieser Reihenfolge noch an anderen Stellen der Chronik 118 119

Siehe Fußnote 12, S. XVI. Siehe S. LXVIII ff.

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auftauchen, also wohl eine fixe Begriffsgruppe darstellen. Plünderung, Raub und Brandschatzung sind gut belegt und auch für moderne Leser:innen sofort erfassbar. Doch was meint der Begriff Huldigung in diesem Kontext? Die Recherche in diversen Wörterbüchern ergab das, was gegenwartsdeutsche Sprecher:innen erwarten: Das Deutsche Rechtswörterbuch erklärt den Begriff Huldigung mit Treue- oder Unterwerfungsgelöbnis, als eine feierliche und eidliche Angelobung eines Untertanen. Es räumt aber auch ein, die Untertanen könnten zur Huldigung gewaltsam angehalten werden. 120 Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm nennt sie fast gleichlautend ein Gelöbnis der Treue von Seiten der Untertanen an die Herrschaft. 121 Die mittelhochdeutschen Wörterbücher wie das von Matthias Lexer 122 oder das BMZ 123 kennen huldigung noch nicht, stattdessen aber huldunge und verweisen hier auf lateinisch homagium. Dieses wiederum ersetzt laut Lexikon des Mittelalters ab dem Hochmittelalter den Begriff der commendatio, also den Begründungsakt des Lehensverhältnisses, der auch als Handgang bezeichnet wird. 124 In keinem der genannten Nachschlagewerke wird die huldigung mit Begriffen wie Raub und Brandschatzung in Verbindung gebracht, und doch scheint es sich um eine zur Entstehungszeit der Chronik übliche Zusammenstellung zu handeln, denn auch die späteren Handschriften übernehmen den Begriff an dieser Stelle wie selbstverständlich. Auf lexikalischer Ebene ist dieses Problem nicht leicht zu lösen, erst das Verständnis spätmittelalterlicher Kriegspraktiken hilft weiter. So schreibt Armin GUGAU in seiner Untersuchung zum Landshuter Erbfolgekrieg: „Grundsätzlich handelt es sich bei der Huldigung um eine durch eine Anerkennungshandlung vollzogene Treuebindung des Untertanen an seinen Herren. Während des Krieges wurden die Untertanen des Gegners aufgefordert, gegen die Bezahlung einer Geldabgabe zu huldigen und sich damit vor weiteren Übergriffen zu schützen. Im Unterschied zur Brandschatzung verpflichteten sich die huldigenden Bauern aber neutral zu bleiben und ihrem Erbherren keine Zinsen und Steuern mehr zu entrichten. Die Huldigung griff somit in die Herrschaftsrechte ein und begründete vorübergehend ein neues Herrenverhältnis.“ 125 Vgl. DRW VI, Sp. 43-44 zum Lemma Huldigung. (Deutsches Rechtswörterbuch. Wörterbuch der älteren deutschen Rechtsprache, hg. v. der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 1 (1914-1932), ab Bd. 6 hg. v. der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Unveränd. photomechan. Nachdr. u. spätere Bände ersch. bei Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, 1944ff.) 121 Vgl. DWB Bd. 10, Sp. 1892-1893 zum Lemma Huldigung. (Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, 16 Bde. in 32 Teilbänden, Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971.) 122 Vgl. LEXER Bd. 1, Sp. 1381 zum Lemma huldunge. (Matthias Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, 3 Bde., Leipzig 1872-1878.) 123 Vgl. BMZ Bd 1, Sp. 706a. (Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Mit Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke, 3 Bde., Leipzig 1854-1866.) 124 CORDES, Albrecht: Kommendation, in: LexMA Bd. 5, Sp. 1278. 125 GUGAU, Armin: Untersuchungen zum Landshuter Erbfolgekrieg von 1504/1505. Die Schäden und ihre Behebung, München 2015, S. 269. 120

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huldigung heißt also auf neuhochdeutsch einfach Huldigung, doch das stellt die Übersetzung vor ein weiteres Dilemma. Denn obwohl schlussendlich der passende Begriff gefunden ist, wird dieser nicht mehr verstanden, da die dahinterstehende Praktik an sich den meisten fremd ist. Und es gibt auch kein Äquivalent, das an seine Stelle gesetzt werden könnte. Streng genommen handelt es sich somit um einen unübersetzbaren Begriff, der nun als solcher stehenbleibt und eine Erklärung erfordert. Der Anspruch an die Übersetzung, eine Verständnishilfe für das Original zu sein, kann hier nicht erfüllt werden. Auch die Entlastung des Apparates, die durch die Übersetzung schwer verständlicher Wörter gegeben werden sollte, greift hier nicht, denn an dieser Stelle benötigte man eine zusätzliche Erklärung. Im Großen und Ganzen sind solche Fälle jedoch selten, und wo sie vorkommen wurde ein knappe Erläuterung in den Stellenkommentar der Edition eingefügt (der bei der Erstnennung von huldigung auf diese Einleitung verweist).

10.3. Namen- und Ortsregister Das Namenregister liefert Angaben zu Geburts- und Sterbedaten sowie zu den wichtigsten Funktionen der historischen Personen. Zusätzlich erfolgen Verweise auf Nachschlagewerke und eine eindeutige Identifikationsnummer, wenn eine solche im Nachschlagewerk verfügbar ist. Schließlich werden Belege für alle in der ÖC genannten Personen durch Kapitel und Zeilenangaben gesammelt nach dem Muster , angeführt. Bei gehäuftem Vorkommen eines Namens über weite Strecken hinweg kann der Beleg auch über eine Spanne von mehreren Zeilen erfolgen. Die Wahl des Nachschlagewerkes ist hierarchisch organisiert: Der erste Versuch einer Identifizierung erfolgt über PERGER und der Zuteilung der dortigen eindeutigen Identifikationsnummer (Perger-Nr.). Die Identifikationsnummer der GND wird herangezogen, falls die Person bei PERGER nicht gefunden werden kann. Die VIAF (Virtual International Authority File) entspricht der GND auf internationaler Ebene und vergibt ebenfalls eindeutige Identifikationsnummern. Als vierte Instanz dient HEINIG. Hier wird auf die Seitenzahl desjenigen Registers verwiesen, in dem die Person erfasst ist. Bei Personen, die in keinem der drei Werke verzeichnet sind, werden möglichst weitere Nachschlagewerke verwendet, die keiner Reihung mehr unterliegen. Zuletzt ist auf Einzeldarstellungen zurückgegriffen worden. Ist eine Person weiterhin nicht historisch identifizierbar, werden Informationen über sie aus der ÖC selbst gezogen. Das Namenregister dient in erster Linie dazu, Leser:innen bei der Bewahrung des Überblicks über die ca. 250 Personen, die von der ÖC eingeführt werden, behilflich zu sein. Zwar liefert der historische Apparat bei der ersten Nennung einer Person entsprechend hilfreiche Daten zur historischen Identifizierung und Einordnung der Person, jedoch kann nicht erwartet werden, dass diese zu jedem Zeitpunkt im Gedächtnis behalten werden. Deshalb werden diese und zusätzliche Informationen im Register wiederholt.

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Dem Zweck entsprechend werden diese Angaben bei bekannteren Persönlichkeiten tendenziell knapper gehalten als bei unbekannteren. In das Register werden Personen auch dann aufgenommen, wenn diese nur indirekt und/oder nicht namentlich von der ÖC genannt werden, sofern diese Personen innerhalb der ÖC eine handlungstragende Funktion erfüllen. Beispielsweise wird Eleonore von Portugal stets nur als kaiserin, des kaisers gemehel etc. genannt und auch Georg von Podiebrad wird nur selten bei seinem Namen genannt. Zumeist wird er mit gubernator, der von Pehem, der ketzer von Pehem, kunig von Pehem usw. tituliert. Da Kaiser Friedrich III. in beinahe allen Kapiteln von tragender Bedeutung ist und entsprechend genannt wird, wird er nicht eigens im Register angeführt. Die ÖC selbst variiert in der Bezeichnung für ein und dieselbe Person sowohl die Form des Vornamens als auch des Nachnamens stark. So finden sich z.B. für den Namen Johannes die Namenformen Hans, Hannes und Jan, für Georg, die Formen Górg, Jórg oder Jorzik. Ebenso werden Herkunfts- und Geschlechternamen unterschiedlich realisiert. Ulrich von Grafeneck wird etwa als der Grafenecker oder Grafenegger geführt. Auch lateinische oder latinisierte Namenformen treten auf. In der genauen Schreibung des Namens richtet sich das Register nach dem jeweiligen Nachschlagewerk. Sind dort mehrere Namensformen ersichtlich, wird eine normalisierte deutsche Namensform gewählt. Diese Normalisierung des Namens (v.a. des Nachnamens) erfolgt ebenfalls nach der Schreibweise des jeweiligen Referenzwerkes und folgt somit keinen übergreifenden Regeln. PERGER tendiert im Gegensatz zur GND naturgemäß dazu, sprechende Nachnamen eher in bairischer Schreibart zu belassen und nur leicht zu normalisieren. Dementsprechend sollte bei der Benützung des Registers berücksichtigt werden, dass die Buchstabenpaare b/p, c/g/k, d/t, und c/z jeweils austauschbar sein können. Belege verschiedener Namensformen oder indirekter Nennungen werden im Haupteintrag unterschiedslos subsummiert. Verweiseinträge werden gesetzt, falls anderssprachige, dialektale oder alias-Formen des Namens so stark abweichen, dass eine Identifizierung schwer oder unmöglich wird (Z.B.: Ilocki, Nikolaus > siehe Freistadt, Niklas von). Zur besseren Durchsuchbarkeit ordnet das Namenregister bevorzugt nach Nachnamen. Gegen diesen Grundsatz wird nur dann verstoßen, wenn eine Reihung dem Nachnamen nach eklatant gegen den gegenwärtigen Usus verstoßen würde, also v.a. bei Königen, Päpsten und hohen Fürsten. Hier wird nach Vornamen gereiht. Im Zweifelsfall werden Querverweise gesetzt. In jenen Fällen, in denen beim Vor- oder Nachnamen genannte Personen keiner eindeutigen Identität zugeordnet werden können, wird der bekannte Namensteil vorangestellt, der zweite, nicht bekannte Teil, durch „?“ dargestellt. Der Aufbau des Ortsregisters mit seinen ca. 180 Einträgen entspricht in weiten Teilen dem Namenregister. Der Haupteintrag liegt immer auf der (modernisierten) deutschen Form des Ortsnamens. Querverweise werden gesetzt, wenn: der deutsche Ortsname heute nicht mehr gängig ist (Devín > Theben; Griechisch Weißenburg > Belgrad) oder

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der deutsche Name des Textes stark von der modernen deutschen Form abweicht (Newnstadt > Wiener Neustadt, Pehemischen Krut > Großkrut, Hindperk > Himberg bei Wien). Im Ortsindex werden Orte, Städte, Regionen, Länder und Gewässer wiedergegeben. Kleinere lokale Einheiten wie „Kärntner Turm“ sind im „Ortsindex Wien“ erfasst worden.

10.4. Münz- und Maßeinheiten Gerade die heute für viele Leser:innen nicht mehr allgemein verständliche genaue Verwendung von Münz- und Maßeinheiten ist ein Spezifikum einiger Kapitel der ÖC. Deswegen wird dieser Bereich hier genauer erklärt. Vor allem in den Kapiteln 28 und 31–33 widmet sich die ÖC dem Münzwesen bzw. der verheerenden Inflation durch die in Umlauf gebrachten Münzen im Sommer des Jahres 1459. Den Ursprung dieser Entwicklung macht die ÖC in Bayern, Salzburg und anderen Nachbarregionen Österreichs aus, in denen damit begonnen wurde, minderwertige Münzen zu prägen, um damit hochwertige Münzen und Güter aus Österreich auszuführen. Zum einen, um dieser Entwicklung entgegen zu halten, zum anderen aus Profitgründen werden nun auch von Friedrich III. bzw. durch von ihm legitimierte Münzmeister ebenfalls minderwertige Münzen geprägt. Die ÖC berichtet sehr genau und detailreich über die negativen Konsequenzen und die lange Zeit vergeblichen Versuche zu ihrer Eindämmung. Die von der Inflation betroffene Währung war der Wiener Pfennig, diese Währungseinheit wird aber nicht konsequent gesetzt. Die Übersetzung ergänzt diese stillschweigend. Die Währungskürzel ₰ bzw. d_ (Denarius) für Pfennig und die Mengenkürzel tl (Talentum), ℔ (Libra) für Pfund bzw. ß (Solidus) für Schilling werden in der Übersetzung aufgelöst, nicht aber im Original bzw. Apparat. Dabei gilt es zu beachten, dass es sich bei Pfund und Schilling in diesem Kontext nicht um Währungen oder Nominale handelt, sondern um Einheiten des Zählpfundes. So entspricht ein Pfund 240 Pfennig. Ein Schilling Pfennig entspricht 30 Pfennig. Zur besseren Vergleichbarkeit werden in der Übersetzung alle Angaben in Pfund Pfennig und Schilling Pfennig auf Pfennig umgerechnet und in runden Klammern angegeben. Als Vergleichswährung und zur Dokumentation der Kursschwankungen zieht die ÖC stets den relativ stabilen Ungarischen Gulden heran. Vom Zählpfund zu unterscheiden ist das Gewichtspfund. Das Wiener Gewichtspfund entsprach etwa 561 g und zerfiel in 2 Mark bzw. 32 Loth. In der ÖC kommt ihm vor allem in Kapitel 33 Bedeutung zu, als die Fleischhauer angewiesen werden, das Fleisch nach dem pfuntt, also nicht nach Qualität bzw. Körperteil, sondern rein nach Gewicht zu verkaufen. Auch im Münzwesen spielen das Gewichtspfund und seine Untereinheiten eine Rolle: Das Korn (Feingehalt) gibt an, welcher Teil des Gesamtgewichtes einer Münze auf das enthaltene Edelmetall zurückzuführen ist. Ab dem 14. Februar 1460 etwa lässt Friedrich III. eine neue Münze schlagen. Diese bringt ein Gesamtgewicht von einer Mark (280,5g) auf die Waage, wovon sechs Lot (104,1g) reines Silber sind.

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Als Hausgenossen wurden im weiteren Sinne all jene bezeichnet, die am Prozess der Münzherstellung beteiligt waren. Im engeren Sinn, und zumeist auch in der ÖC, bezeichnet der Begriff die Personen, die mit Beschaffung und Verarbeitung des Edelmetalls zur Münzherstellung befasst waren und somit einer dementsprechend einflussreichen und betuchten Gemeinschaft angehörten. Ab dem 29.09.1459 werden also jene minderwertigen Pfennige geschlagen, die vom Volk zuerst Hebrenko, später Schinderlinge genannt werden. Schwarze Pfennige werden sie im Gegensatz zu weißen Pfennigen aufgrund ihres herstellungsbedingten Äußeren genannt. Während der Schwarze Pfenning aufgrund seines niedrigen Silbergehalts schnell oxidiert und sich somit schwarz färbt, wird beim weißen Pfenning durch nachträgliche Ätzung erreicht, dass sich der Silberanteil an der Münzoberfläche erhöht und eine Oxidation wesentlich später und in geringerem Ausmaß stattfindet. Als sinnvolle Ergänzung zu den Kleinmünzen (Pfennige) und Großmünzen (Gulden) werden Kreuzer als kleine Vielfache von Pfennigen geprägt. Der Helbling (Hälbling) hingegen war als Scheidemünze einen halben Pfennig wert und wurde als solche geschlagen (also geprägt), konnte aber auch durch Teilen eines Pfennings (Hacksilber) produziert werden. Zum 30.03.1460 berichtet die ÖC zum ersten Mal von einer Erhöhung der Pfennwerte. Diese regeln den festgesetzten und zwingend einzuhaltenden Preis gewisser Waren im kleinen Verkauf, also in geringen Mengen. Im Pfennwert erfasste Waren konnten somit auch als legitime Ersatzwährung verwendet werden. Flüssige Waren werden in der ÖC in Echterin (auch Achtering) angegeben. Das Echterin ist ein Hohlmaß und Teil des Wiener Eimers, welcher umgerechnet ca. 58 Liter fasste. Wie viele Echterin aus einem Eimer gingen, änderte sich entsprechend der indirekten Getränkesteuern, die durch Verkleinerung des Schankmaßes auf den Verbraucher umgewälzt wurden. Zur Zeit der ÖC bestand ein Eimer aus 35 Echterin, ein Echterin entsprach also ca. 1,66 Litern. Das Mutt oder auch Muth, nicht zu verwechseln mit Muttel, Müttel etc., war eigentlich ein im Großhandel verwendetes Trockenhohlmaß, das vor allem für Getreide und Mehl verwendet wurde und ca. 1,845 m³ umfasste. Das Joch (Iewch), ursprünglich jene Fläche, die an einem Tag gepflügt bzw. bestellt werden konnte, entsprach 11.520 m² bei Weingärten und 5.760m² bei Äckern.

10.5. Apparate 10.5.1. Variantenapparat

Der Variantenapparat dokumentiert die Lesarten aller Handschriften, Nutzerspuren und Schreiberkorrekturen. Lesarten werden handschriftengetreu wiedergegeben. Satzzeichen werden in den Lesarten mitdokumentiert, vom Lesetext abweichende Satzzeichen sind jedoch kein Anlass für einen Eintrag im Apparat. Nicht aufgenommen werden außerdem rein graphematische oder regionalsprachliche Varianten. Einträge mit

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der Sigle W erfolgen, wenn in den Lesetext eingegriffen wurde oder Schreiberkorrekturen vermerkt werden sollen. Die zwei Lesarten der Hs. G werden mit den Siglen G(ac) und G(pc) bezeichnet. Stimmen G(ac) und G(pc) in ihrer von der Leithandschrift abweichenden Lesart überein oder sind die Unterschiede zwischen ihnen nicht im Sinne des Variantenapparats relevant, so wird die Sigle G verwendet. Mit den Siglen G(pc)3 und G(pc)4 werden die wenigen Einträge der Nutzerhände 3 und 4 bezeichnet, wenn diese mehr als bloße Auszeichnungen etc. vornehmen. Abweichungen in S werden erst ab S. 35 der Hs. wiedergegeben, da diese zuvor lediglich eine neuzeitliche Abschrift des Textes nach Rauch bietet und somit irrelevant für textkritische Untersuchungen ist. Die Zitation des Apparats funktioniert nach dem Muster , ] , . Teilen sich zwei Textzeugen eine Variante, so werden die Siglen direkt hintereinandergeschrieben. Die Grenze zwischen zwei Einträgen in ein und derselben Zeile wird durch | markiert. Findet sich das gleiche Lemma mehrmals in einer Zeile der Edition, so wird der Bezug durch eine hochgestellte Zahl vereindeutigt. Bei einem Eintrag und² würde also auf das zweite und der Zeile referiert. Längere Lemmata können durch … abgekürzt werden, wenn dadurch die leichte Erfassbarkeit der Varianteneigenschaften nicht gefährdet wird.

10.5.2. Historischer Apparat

Der historische Apparat dient in erster Linie dazu, die zahlreichen Städte und Personen des Textes historisch eindeutig zu identifizieren. Dazu wird bei deren erster Nennung ein Eintrag gesetzt. Dieser gibt neben der heute üblichen Schreibweise einige Grunddaten zur eindeutigen Identifizierung an. Bei Personen sind dies v.a. Geburts- und Sterbedaten sowie wichtige Funktionen. Bei Orten werden konzentrisch aufgebaute Identifikationsmerkmale wie Kreis, Bezirk, Bundesland, Land o.ä. angegeben. 126 Desweiteren werden im Apparat Erläuterungen zu wenig bekannten mhd. bzw. fnhd. Begriffen, Passagen mit komplexem syntaktischem Aufbau und historischen Ereignissen geboten. Schließlich bietet der historische Apparat an einigen schwierigen Stellen Verweise auf die entsprechenden historiographischen Aufzeichnungen in der Chronica Austriae (CA) und im Copey-Buch. 127

10.5.3. Marginalien

Links vom Fließtext ausgeworfen werden Datumsangaben im Format TT.MM.JJJJ. Der Text der Chronik bietet Jahreszahlen (z.B. in Überschriften) zumeist in lateinischer Sprache, in lateinischen Zahlen oder in Mischform. Tagesgenaue Angaben werden in

126 127

Vergl. Prinzipien der Namen- und Ortsregister Vgl. S. XXXIII bzw. S. LIII.

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der ÖC zumeist mit Bezug auf den Heiligenkalender getätigt – dann ohne Jahresangabe. Diese wird in der Edition ergänzt. Sollte die Datumsangabe in einer der Hss. von W abweichen, wird die abweichende Angabe in runden Klammern erfasst. Rechts ausgeworfen werden Folioangaben der Hss. G und S sowie eine Zeilennummerierung. Ebenso auf der rechten Seite wird die Seitenzählung des Textabdruckes nach Rauch gegeben. Auf eine Zählung nach Senckenberg wird aus mehreren Gründen verzichtet: Zum einen bezieht sich Rauch auf die älteste und stabilere Handschrift W, die zugleich die Leithandschrift der vorliegenden Edition ist. Zum anderen vertritt die absolute Mehrheit der Forschenden die Ansicht, dass die Ausgabe Rauch jener von Senckenberg vorzuziehen ist – allen voran die Verfasser der beiden großen Untersuchungen zur ÖC, DODERER und CZEGKA. In der Seitenzählung Rauchs findet sich 49 zu 94 verdruckt. In der Edition wird dies entsprechend gekennzeichnet.

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11. Abbildungen aus den Handschriften

Wien, Österreichische Nationalbibliothek Cod. 2908 [Hist. prof. 443], Fol. 37v

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Gießen, Universitätsbibliothek, Cod. 352, Fol. 94v

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St. Pölten, Landesarchiv, HS. StA 0078, Vol. 2., Fol. 31r

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DIE ÖSTERREICHISCHE CHRONIK DER JAHRE 1454 BIS 1467

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1. Von dem von Polan unnd den preẃssischen herren. Anno Domini 1454

1454

1. Von dem von Polan unnd den preẃssischen herren. Anno Domini 1454 Des benandten jars erhub sich ein grosse zwitrecht zwischen den herrenn von Preẃssen, irer stett und der ritterschafft daselbs und geschach das am maisten von póser regír und beschwerung wegen, so die herren auff sy gelegt heten. Darumb lieden sy die herrenn von Preẃssen fúr den rómischen kaiser zw recht, fúr den paid tail under dem gelait des kaisers khomen in di Newn Stat, daselbs sy in yeren notdurfften und sachen genuegsamleich verhort wurden. Darnach satzten paid tail ír sprúch und gerechtikait, so ain tail gegen dem anderen vermaint zehaben, willikleich zw dem rechten. Da ward mit recht erkandt, das die ritterschafft unnd stett irer herschafft solten gehorsam ein in aller mass und weis, als sy vormallen gewesen weren. Da entgegen sy die herren von Preẃssen [1rb] in ordnung und regir als ir getrew undertan genedikleich halten solten und sy wider alts herkomen nit verrer beschwáren.

¶ Die ritterschafft und stett aus Preẃssen heten ein missvallen an dem rechtspruch und mainten, ír herschafft hyett das úbergeben mit gellt, damit der rechtspruch für sy gevallen wér. Do riten sy wider gen Preẃssen under dem gelait des khaisers, und under wegen wúrden sy angegriffen, ettlich gefangen und ír guet genomen. Als das vernomen die stétt, wie der rechtspruch wider sy íerer herschafft wer gevallen, und in auch ír pottschafft under wegen nidergeworffen und gefangen wér worden, do

1 Von dem von Polan unnd den preẃssischen herren] fehlt G. 2 Anno Domini 1454] fehlt G(ac). 3 grosse] groſſeꝛ G(ac). 5 daselbs] daselbst G(ac), daselb G(pc). 14 irer herschafft] fehlt G(ac). 15 in] Jr G. 17 undertan] vnnderthan††† G(ac). 23 Do] Doch G.

1 von Polan: Kg. Kasimir II. von Polen (* 1427, † 1492). 8 rómischen kaiser: Friedrich III. von Habsburg (* 1415, † 1493), als Friedrich V. Herzog der Steiermark, von Kärnten und Krain (ab

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[R 3] [G 1r]

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[G 1v] 16 [R 4]

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[G 2r]

1. Von dem von Polen und den preußischen Herren. Anno Domini 1454

1. Von dem von Polen und den preußischen Herren. Anno Domini 1454

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30

Im genannten Jahr kam es zu großer Zwietracht zwischen den Herren von Preußen, ihren Städten und der ansässigen Ritterschaft. Dies geschah hauptsächlich wegen der schlechten Regentschaft und der hohen Belastung, die die Herren ihnen auferlegt hatten. Darum luden sie, Städte und Ritter, die Herren von Preußen vor den Römischen Kaiser vor Gericht. Beide Parteien kamen unter dem Geleit des Kaisers vor ihn nach Wiener Neustadt, wo ihre Argumente und Klagen angemessen angehört wurden. Danach stellten beide vor Gericht ihre Ansprüche und Forderungen, die sie gegenüber der anderen Partei mit vollem Recht zu haben glaubten. Da wurde von Rechts wegen geurteilt, dass die Ritter und Städte ihren Herren in jeder Hinsicht gehorsam sein sollten, so wie sie es zuvor gewesen waren. Im Gegenzug sollten die Herren von Preußen sie durch ordnungsgemäße Form und Regentschaft wie ihre treuen Untertanen wohlwollend behandeln und sie nicht entgegen alter Gewohnheit weiter belasten. Den Rittern und Städten aus Preußen missfiel der Rechtsspruch, und sie meinten, ihre Herren hätten das Urteil durch Bestechung herbeigeführt, sodass es zu deren Gunsten ausgefallen sei. Da ritten sie unter dem Geleit des Kaisers wieder Richtung Preußen und wurden unterwegs angegriffen, und etliche von ihnen wurden gefangen genommen und beraubt. Als die Städte erfuhren, dass das Urteil gegen sie und zugunsten ihrer Herren ausgefallen war und auch ihre Boten unterwegs überfallen und gefangen genommen worden waren, da sandten sie ihre

1439), Herzog von Österreich (ab 1439), römisch-deutscher König (ab 1440), Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (ab 1452). 9 Newn Stat: Heute Wiener Neustadt, Verwaltungssitz des Bezirks Wiener Neustadt-Land, ksl. Hauptresidenz Friedrichs III. 20 Preẃssen: Staat des Deutschen Ordens von 1230 bis 1561.

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1. Von dem von Polan unnd den preẃssischen herren. Anno Domini 1454

sanndten sy ir treflich pottschafft zw dem kunig von Polan und namen in auff zw irem herren und teten im auch mit ayd und gelúb gehorsam als yerem erbherren und offenten im all stétt und geschlósser und liessen in und sein volkh darin. Des verdras ser die preẃsischen [1va] herren, das sich die ritterschafft und stett heten geschlagen an den von polan und vorderten in dem lanndt auff in veld meniklich, die dennoch under irer gewaltsam worden, und machten ein veld und prachten vil sóldner und fromds volkh in das lannd und wolten die ritterschafft und stett mit gewalt haben betwungen under ir gehorsam. Do das merckhten die stett und ritterschafft, die prachten auch ze wegen vil volks. In khom auch zehilff der von polan mit macht und pracht in das lanndt vill Poleken und sóldner, darumb die deẃtschen herren nichts mochten geschaffen. Darnach gewunnen die stett und ritterschafft úberhanndt mit hilff des kúnigs von Polan, und die herren von Preẃssen verlueren das ganntz lanndt untz an das óberist geslos Mergenburg, da fúer sich die lanndschafft mit ainem grossen volkh schlueg, aber sy mochten das nicht gewinnen.

1457

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10 [G 2v]

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2. Anno Domini millesimo quadringentesimo LVII° [1vb] Des benanten jars fúgt sich, das die preẃsischen herren urbering mit irem volkh úberfielen die Poleken und ersluegen ir vil und behueben das veld. Da wúrden sy den sóldnern von schaden und solds wegen sovil schuldig, das sy muesten in verphendten das haubtgeschlos Mergenburg und andre geslosser, so sy gewunnen hedten umb iren sold. Desgeleichen der von Polan gegen seinen sóldnern auch tún muest, wenn paid tail sich gegen einander so vast heten verkriegt, das sy die sóldner nicht heten zw bezallen. Und zum letzten ward ain taiding gemacht under den sóldnern in sólicher maynung: welher tail in iren sold

2 in auff zw irem herren] Jn zue Jrem Herrn auff G(ac). 7 in2] ins G(ac). 12 ze wegen] Vom Schreiber selbst von zue samen auf zuewegen korrigiert G(ac). 15 Darnach] darumben G(ac). 30 sich gegen einander so vast heten] ſÿh hetten ſo Vaſſt gegen ainander G(pc).

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[G 3r] [R 5] 26

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1. Von dem von Polen und den preußischen Herren. Anno Domini 1454

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besten Boten zum König von Polen und erkannten ihn als ihren Herrn an und gelobten ihm mit Eiden Gehorsam als ihrem Erbherrn und öffneten ihm alle Städte und Schlösser und ließen ihn und sein Gefolge ein. Das verdross die preußischen Herren sehr, dass sich die Ritter und Städte dem von Polen angeschlossen hatten. Sie forderten viele aus ihrem Herrschaftsgebiet, die immer noch unter ihrer Führung standen, zur Heerfolge auf, sammelten ihre Truppen und brachten viele Söldner und fremdes Kriegsvolk ins Land und wollten die Ritter und Städte mit Gewalt wieder zum Gehorsam zwingen. Als das die Städte und Ritter bemerkten, stellten auch sie ein großes Heer auf. Auch der König von Polen kam ihnen mit seinem Heer zu Hilfe und brachte viele Polen und Söldner in das Land, sodass die deutschen Herren nichts erreichen konnten. In Folge gewannen die Städte und Ritter mit Hilfe des Königs von Polen die Oberhand, und die Herren von Preußen verloren das ganze Land bis zur Marienburg, die von den Landständen mit vielen Kriegern belagert wurde, jedoch nicht eingenommen werden konnte.

2. Anno Domini 1457

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Im genannten Jahr überfielen die preußischen Herren überraschend mit ihrem Heer die Polen und erschlugen viele von ihnen und behaupteten sich auf dem Feld. Da wurden sie den Söldnern an Entschädigungen und Sold so viel schuldig, dass sie ihnen den Hauptsitz Marienburg sowie andere Schlösser, die sie erobert hatten, für den ausständigen Sold verpfänden mussten. Der von Polen musste gegenüber seinen Söldnern ebenso verfahren, denn beide Parteien hatten einen so heftigen Krieg gegeneinander geführt, dass sie die Söldner nicht mehr bezahlen konnten. Letztendlich hielten die Söldner Rat und beschlossen Folgendes: Jener Partei, die ihren Sold

1 kunig von Polan: Kasimir Andreas II. von Polen (Kg.), der Jagiellone (* 1427, † 1492), als Herzog Kasimir IV. König von Polen (ab 1447). 19 Mergenburg: Schloss Marienburg, Ordensburg des deutschen Ordens bei Malbork (dt. Marienburg), Polen.

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2. Anno Domini millesimo quadringentesimo LVII°

bezalt und aufricht, dem selben tail wolten sy der geschlósser abtreten und gewaltig machen. Nun waren ettwas namhafft sóldner, den die herren von Preẃssen das geslos Mergenburg fúr iren sold und schaden nu geben heten, genaigt dem orden und waren nicht daran, das das gesloss aus iren henndten und von dem orden kém, und vertzugen mit [2ra] irem sold solang, untz die herren von preẃssen das gelt hieten zw wegen pracht und das obgenandt geslos gelóst und besetzten das mit sóldnern und hawbtleẃten und befulhen in, wenn die egenanten herren sy entrichten irs solds, das sy in dann das geschlos anverzihen abtreten und zw iren hanndten úberantwurten, und riten darauff aus dem landt. Darnach in gehaim ward mit dem óbristen hawbtman des gesloss Mergenburg von dem von Polan und den steten ein taiding getroffen, das er in des gesloss Mergenburg abtrett und das zw iren hanndten úberantwurtet, darumb sy im ain merckliche sum gelts geben wollten. Derselb haubtman verwag sich treu und ere und vergas auch des aidts, den er von des gesloss wegen seinen mittailen getan hett und nam das gelt, und zw seiner zeitt, als im das fúgt, gab er úber das geslos Mergenburg dem kúnig von Polan in seine hanndt an willen und wissen der anderen und khom darnach [2rb] mit dem selben gellt in die stat gen Wienn und nam Andre des Gundorffer witiben zw einer eeleichen hawsfrawn. Do des innen wúrden die sóldner, die sein mittail warn, das er ze Wienn hiet geheiratt, do liessen sy pitten den ratt der statt, das sy ainen solichen erlosen und treulosen pósswicht pey in nicht auffhielten, wenn er das geslos Mergenburg wider seine aid, trew und eer dem von Polan úbergeben und das an ir willen und wissenn den herren von preẃssen enpfromdt hiett. Darumb im die purger das purgerrecht nicht mittailen wollten. Da von kaufft er ain hoff zw Attakrinn von Oswalten dem Reicholff, den er zw der wér

16 des] das G(ac), den G(pc). 22 seine hanndt] ſeine henndt G. 23 willen und wissen] wiſſen vnd willen G. | anderen] Anndern herrn G. 24 gen] fehlt G(ac). 26 die sóldner] fehlt G(ac). 30 aid] Aidt vnnd G. 31 willen und wissenn] wiſſen vnnd willen G(ac). 33 Da von] darumb G(ac).

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[G 3v]

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[G 4r] 16

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2. Anno Domini 1457

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aufbringen und sie bezahlen würde, würden sie die Schlösser übergeben und unterstellen. Nun waren aber einige einflussreiche Söldner, denen die Herren von Preußen die Marienburg für ihren Sold und als Entschädigung verpfändet hatten, dem Orden geneigt und wollten nicht, dass das Schloss ihnen und dem Orden abhandenkäme. Sie verzichteten so lange auf ihren Sold, bis die Herren von Preußen das Geld aufgetrieben und das oben genannte Schloss ausgelöst hatten. Sie besetzten es mit Söldnern und Hauptleuten und befahlen ihnen, dass, wenn die vorgenannten Herren sie ausbezahlt hätten, sie dann das Schloss unverzüglich abtreten und überantworten sollten, und ritten daraufhin aus dem Land. Danach vereinbarten der von Polen und die Städte im Geheimen mit dem obersten Hauptmann der Marienburg, dass dieser ihnen die Marienburg abtreten und persönlich überantworten sollte. Dafür würden sie ihm eine beträchtliche Geldsumme geben. Dieser Hauptmann vergaß Treue und Ehre und brach den Eid, den er in Bezug auf das Schloss gegenüber seinen Verbündeten geleistet hatte. Er nahm das Geld, und zu einem für ihn günstigen Zeitpunkt übergab er die Marienburg in die Gewalt des Königs von Polen, ohne Zustimmung und Wissen der anderen. Danach kam er mit jenem Geld in die Stadt Wien und nahm die Witwe des Andre Gundorfer zur Ehefrau. Als die Söldner, die seine Verbündeten gewesen waren, erfuhren, dass er in Wien geheiratet hatte, baten sie den Rat der Stadt, dass er einen so ehr- und treulosen Verbrecher nicht dulden möge, denn er hätte die Marienburg gegen seinen Eid, seine Treue und Ehre dem von Polen übergeben und sie ohne ihre Zustimmung und ihr Wissen den Herren von Preußen entzogen. Da ihm die Bürger daraufhin das Bürgerrecht nicht gewähren wollten, kaufte er sich von Oswald dem Reicholf einen Hof in

24 Andre des Gundorffer: Andre Gundorfer († um 1454/57), Wiener Ratsherr (1444–1446), Grundbuchverweser (1446), Kaufmann. 34 Attakrinn: Ottakring, heute 16. Wiener Gemeindebezirk. Oswalten dem Reicholff: Oswald Reicholf († 1463, hingerichtet), Ratsherr (1438, 1439, 1443 –1446, 1453), Stadtrichter (1440, 1441), Bürgermeister (1452, 1454), Grundbuchsverweser (1443–1445), Hausgenosse, Ritter (seit 1453).

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2. Anno Domini millesimo quadringentesimo LVII°

zúricht. Ains tags ging er gen kirichen, da ward er verspecht seinen mittailen, den sóldnern, die im an underlas nachstellten. Und da er aus der kirichen gie, ward er von in angegriffen auff dem freithoff und auff ein pferdt gewarfen und von dann gefúrt, [2va] und man khund darnach nicht gewissen, wellent sy in hin gefúrt hieten, wenn man darnach nicht mer sagen hort von im. Der rómisch kaiser underwanndt sich alles seines guets und entricht der frawn ir margengab da von.

3. Von dem cometen 15.6.1456

[G 5r] 5

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Anno Domini M° CCCC° in dem sechsundfunffzigistenn jar umb Sand Veits tag hat erschienen an dem himmel der genant ward ein comet, der zw hanndt nach underganng der sunn ward gesechen in feureiner gestalt. Und hett einen langen swantz úber sich in die hoch, der khert sich gegen Pehem. Nach dem wurden in der welt grosse wasser, gross pestilentz, manschlecht, krieg, rauberei, mórderei und zwitrecht under den leẃten. Es wurden gross teurung, und ain lanndt erhueb sich wider das ander und ain fúrst wider den anderen, in geistlichem und weltlichem stanndt, [2vb] nahent in allen reichen der wellt.

[G 5v] 16

20 [R 7]

4. Von dem túrckischenen kaiser und dem gesloss Kriechischenweissenwurckh 12.7.1456

Darnach zwhanndt des vorgenanten jars als umb Sannd Margarethen tag schlúg sich der túrkisch kaiser mit grosser macht der Turcken und haiden fúr das geslos und stat zw Kriechisschen Weissenburg. Da fúr er auch pracht von púchsen und mórsernn solhen gueten und starkchen zeug,

6 gewissen wellent sy in hin gefúrt hieten wenn man darnach nicht mer sagen hort von im] wiſſen, wohin ſie dieſsen obbemeltten hetten gethan, vnd mann hörtt darnach nit mehr ſagen wohin Er Khommen war G(ac). 7 sagen hort] hört ſagen G(pc). 9 entricht] gab G(ac). 14 feureiner gestalt] Feur geſtalt G(ac). 17 manschlecht] fehlt G(ac). 26 zw] fehlt G(ac). 27 er] fehlt G(ac).

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25 [G 6r]

2. Anno Domini 1457

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Ottakring, den er wehrhaft ausbaute. Eines Tages, als er zur Kirche ging, wurde er an seine ehemaligen Verbündeten, die Söldner, die ihm unentwegt nachstellten, verraten. Und als er aus der Kirche kam, griffen sie ihn auf dem Friedhof an, warfen ihn auf ein Pferd und führten ihn fort. Man erfuhr nie, wohin sie ihn brachten, da man danach nie wieder von ihm hörte. Der Römische Kaiser beschlagnahmte seinen gesamten Besitz und gab davon der Frau ihre Morgengabe.

3. Vom Kometen Anno Domini 1456 um den Tag des heiligen Vitus erschien am Himmel im Westen ein sogenannter Komet, der in feuriger Gestalt zu sehen war und mit einem langen Schweif über sich, der in Richtung Böhmen zeigte. Danach gab es auf der Welt große Überflutungen, fürchterliche Krankheiten, Morde, Krieg, Räuberei und Streit unter den Menschen. Es kamen große Teuerungen, und ein Land erhob sich gegen das nächste und ein Fürst gegen den anderen, im geistlichen und im weltlichen Stand, beinahe in jedem Reich der Welt.

4. Von dem türkischen Kaiser und der Festung Belgrad

25

Kurz darauf, im vorher genannten Jahr um den Tag der heiligen Margareta, belagerte der türkische Kaiser mit einem großen Heer von Türken und Heiden die Festung und die Stadt Belgrad. Dorthin brachte er auch so gutes und schweres Kriegsgerät, Büchsen und Mörser, dass ihm längerfristig keine Mauer standhalten konnte. Er ließ

16 Pehem: Ehem. Königreich Böhmen. 22 túrckischenen kaiser: Mehmet II. Fatih (* 1432, † 1481), Siebter Sultan des osmanischen Reichs (1444–1446, 1451–1481). 23 Kriechischenweissenwurckh: Belgrad, Hauptstadt der Republik Serbien. 25 túrkisch kaiser: Mehmed II. Fatih, (* 1432, † 1481), siebter Sultan des osmanischen Reichs (1444 –1446, 1451–1481).

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4. Von dem túrckischenen kaiser und dem gesloss Kriechischenweissenwurckh

22.7.1456 24.7.1456

da fúr im in di lenng chain maur besteen mocht, und liess den selben zeug gar in néhent pringen zw der statmaur, da von er beschass die túeren des obgenanten gesloss, die gar guet waren. Darnach erlegt er ein guet taill an der statt nyder und macht die stat stúrmmessig, und liess graben grosse lúeger in die greben, damit die seinen dester pas an schaden mochten khomen zw der maur. Und an Sand Maria Magdalen tag hueb [3ra] er an das gesloss zu stúrmen mit macht, und sturmet untz an den dritten tag. Aber nach verhengnüss des almechtigen Gots, der seine scheffel nicht wollt verlassen, sunder in helfen wider den zuckhundenn wolff, begab sich, das der Túrckh verlas die stúrmm. Und an dem abtreten luffen die kristen mit gewallt in die haiden und sluegen ir zetod ettwevil tausent und namen in allen iren zeug und prachten den in die statt und in die greben. Darnach khom der gubernator Johannes von Huniad und mit im prueder Hanns Capistranus. Die mandten die kristen durch das leiden und die marter χρi Ihesu, das si mendlich weren wider die hellisschen hundt, wenn Gott der herr hiett in nun ertzaigt sein genad und parmhertzikait. Das móchten sy an dem wol versteen, das Gott scheinperlich fúr sy hyett gefachten, nach dem ir so gar wenig wer gewesen und der haiden und Túrken ein als grosse menig erlegt hieten. Der gubernator besterckht die lewt mit speis [3rb] und gellt und gab in gueten trost. Der prueder Capistranus nam die marter Gottes und hielt sy aus uber die maur gegen den haiden. Und darnach fúr der gubernator und der prueder wider úber Tuennaw zw dem hér, und die kristen waren froleich in dem geschlos. Als der túrckisch kaiser nun vernam, das im ein als gross volkh von den kristen was erslagen und aller zeug genomen, da

1 im] Jnen G(ac), fehlt G(pc). 2 gar] fehlt G(ac). | in néhent pringen zw der statmaur] Jn der nahendt der Stattmauer bringen G(ac). 6 lúeger] Luckhen G(ac). | seinen] ſeinige G. 7 mochten khomen zw der maur] zue der Stattmaur möchten Khommen G(ac). 8 hueb] fehlt G(ac). 9 untz] biſs G(ac). 10 scheffel] In W mit lat. Kürzung. 14 ettwevil] Viel G(ac), etwa Viel G(pc). 15 in die2] fehlt G(ac). 18 die] fehlt G(ac). | χρi Ihesu] Jeſu Christi G(ac), Christi Jeſu G(pc). 22 scheinperlich] perſonlichG(ac). 23 wer] waren G(ac), war G(pc). | ein als] ſo ain G. 25 speis] Spieſs G(ac).

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[G 6v] 11

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4. Von dem türkischen Kaiser und der Festung Belgrad

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ebenjene Waffen vor die Stadtmauern bringen und beschoss von da aus die Türme der genannten Festung, die sehr mächtig waren. Danach zerstörte er einen großen Teil der Stadt und machte sie sturmreif und ließ in den Burggräben lange Gänge errichten, damit die Seinen um so sicherer die Burgmauern erreichen konnten. Und am Tag der heiligen Maria Magdalena begann er einen mächtigen Sturm auf die Festung, der drei Tage andauerte. Aber durch die Gnade des allmächtigen Gottes, der seine Schäflein nicht verlassen, sondern ihnen gegen den reißenden Wolf beistehen wollte, begab es sich, dass die Türken von dem Sturm abließen. Während ihres Rückzuges überrannten die Christen die Heiden und erschlugen etliche Tausend von ihnen, nahmen alle ihre Waffen an sich und brachten diese in die Stadt und in die Gräben. Danach kam der Reichsverweser Johannes von Hunyadi und mit ihm Bruder Hans Capistranus. Die gemahnten die Christen an das Martyrium Jesu, damit sie tapfer gegen die höllischen Hunde seien, denn Gott der Herr habe ihnen seine Gnade und Barmherzigkeit offenbart. Das sollten sie daran erkennen, dass Gott offenkundig für sie gefochten habe, da sie so wenige gewesen seien, und doch so viele von den Heiden und Türken getötet hätten. Der Reichsverweser versorgte die Leute mit Verpflegung und Geld und half ihnen auf diese Weise. Bruder Capistranus nahm das Kreuz und hielt es über die Stadtmauer den Heiden entgegen. Danach fuhren der Reichsverweser und der Bruder wieder über die Donau zu ihrem Heer, und die Christen blieben glücklich zurück in ihrer Festung. Als der türkische Kaiser nun vernahm, dass die Christen so viele der Seinen erschlagen und ihm alle Waffen genommen hatten, da brach er am Donnerstag nach Maria Magdalena

27 darnach] darauf G. | fúr] fuere G(ac). 28 úber] vber die G(ac). 30 nun] fehlt G(ac). 31 aller] all G.

16 Johannes von Huniad: Johann Hunyadi (* 1407/09, † 1456), Reichsverweser von Ungarn (1446 –1453). 17 Hanns Capistranus: Johann von Capistran (* 1386, † 1456), Wanderprediger, Richter, Heerführer und Inquisitor, päpstlicher Legat, Heiligsprechung 1690.

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4. Von dem túrckischenen kaiser und dem gesloss Kriechischenweissenwurckh

29.7.1456

28.7.1456

10.8.1456

prach er auff haymlich am pfintztag nach Marie Magdalene pei der nacht und zoch davon und zúntn an ettliche scheff, darauff noch ir zeug und speis was. Ettliche scheff senckten sy in das wasser, da mit die den krissten nicht solten ze tail werden. Und man kundt darnach nicht hóren, wo der túrkisch kaiser hin khomen wér, aber darnach ward gesagt fúr ein warhait, wie er auch wer gestorben. ¶ In dem obgenannten gesloss Chriechischen Weissenburg sind gewesen von Poleken und Deẃtschen, die [3va] durch gotzwillen und zw rettung des heiligen gelauben da hin khomen seinn, als sechstausent, die solichen schaden in ainer als grossen menig der haiden und Turcken getan haben. Und da von, wer sich Gott dem almechtigen bevilicht und rétt sein eer und fecht umb den gelauben, den er in dem kristentumb veriehen hatt, und darinn auch ain mensch enttlich will erfunden werden. Darnach zehanndt am mitichen nach Jacobi ist gestarben Johannes von Hwniad, gubernator des kunigs von Hungernn, zw Kriechischen Weissenburg an der pestilenntz.

[G 7v] 5

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[G 8r]

5. Von dem zug der Kreúzer wider die Túrcken

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Des obgenanten jars als umb Sand Larentzen tag namen vil kristen in menigen lannden an sich das zaichen des heiligen kreẃtz und zugen wider die Túrckhen. Doch khomen sy nicht weiter untz gen Weissenburg, und vill aus dem selben volkh zach wider [3vb] hindersich mangelhalm zerung. Darnach ward das selb volkh genant die Krewtzer. Der selben Krewtzer besambtn sich ein guete menig in Oberlanndten, zw Ulmm, zw Núrenberg, zw Regenspurckh, zw Saltzpurg, zw Passaw, die all mit iren

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3 speis] Spieſs G(ac). 10 da hin] dafür G(pc). 12 der] fehlt G(ac). 13 haben] hetten G(ac). 15 veriehen] Verliehen G(ac). 17 mitichen] mitwochen G(ac). 24 untz] biſs G(ac). 27 in Oberlanndten] Im Oberland G. 28 zw2] fehlt G(ac). 29 zw2] fehlt G(ac).

28 Oberlanndten: Ursprünglich in etwa das Gebiet des heutigen Landkreis Miesbach, Oberbayern, Deutschland. | Ulmm: Stadt im

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[R 9] [G 8v]

4. Von dem türkischen Kaiser und der Festung Belgrad

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heimlich in der Nacht auf und zog sich zurück. Die Türken zündeten viele Schiffe an, auf denen sich noch ihre Waffen und ihre Verpflegung befanden. Sie versenkten etliche Schiffe, damit sie nicht in die Hände der Christen fielen. Danach erfuhr man nichts mehr über den Verbleib des türkischen Kaisers, aber es wurde behauptet, dass auch er gestorben sei. Zur oben genannten Festung Belgrad waren durch Gottes Willen sechstausend Polen und Deutsche gekommen, um den heiligen Glauben zu retten. Sie fügten den Heiden und Türken unermesslichen Schaden zu. Und daran erkennt man: Wer sich Gott dem Allmächtigen befiehlt und dessen Ehre rettet und für den Glauben kämpft, den Gott der Christenheit verkündet hat, der wird sich zu guter Letzt im wahren Glauben wiederfinden. Kurz darauf, am Mittwoch nach Jakobus, starb Johannes von Hunyadi, Reichsverweser des Königs von Ungarn, in Belgrad an der Pestilenz.

5. Vom Heereszug der Kreuzer gegen die Türken 20

25

30

Im oben genannten Jahr um den Tag des heiligen Laurentius nahmen viele Christen in unterschiedlichen Ländern das Zeichen des Kreuzes an sich und zogen gegen die Türken ins Feld. Doch sie kamen nicht weiter als bis nach Belgrad, wo viele von ihnen wieder umkehrten, da es ihnen an Nahrung mangelte. Von da an wurden diese Krieger die Kreuzer genannt. Viele dieser Kreuzer sammelten sich im bayerischen Oberland, in Ulm, Nürnberg, Regensburg, Salzburg und Passau, und sie kamen alle mit ihren Schiffen, auf denen sie Nahrung, Wein und Mehl und andere Verpflegung geladen hatten, nach Wien. Die meisten dieser Krieger waren auch gut

Süden von Baden-Württemberg, Deutschland. | Núrenberg: Fränkische kreisfreie Großstadt im Regierungsbezirk Mittelfranken, Deutschland. 29 Regenspurckh: Hauptstadt des Regierungsbezirks Oberpfalz, Bayern, Deutschland. | Passaw: Kreisfreie Stadt in Bayern, Deutschland.

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5. Von dem zug der Kreúzer wider die Túrcken

schiffungen komen gen Wienn, darauf sy ir speis, wein, mel und ander notturfft fúrten. Auch was der maist tail desselben volks wol geharnascht und fúrten auff den scheffen ir kostliche panier, dar inn unsers herren marter oder rate kreẃtz gemalt waren. Es zugen auch aus der stat Wienn und allenthalben aus dem lanndt Osterreich wol auff drew tausent man, di mit schiffung, speis, harnasch und anderen nottúrften von der statt eins tails, und irem aigen guett wol fürgesehen waren. Und zw Ofen wardt ain tail auff den anderen, untz sy zw samen khomen, das in der durchleẃchtig fúrst kunig Laslaw setzt hawptleẃt, [4ra] die sy darnach fúrten untz gen Futtak, da sy auff sein genad warten, und lagen da ze veld als auff sechs tausent und heten sich wol vergraben und pebart vor den Ungernn. Die selben Kreutzer teten den armen leẃten in Ungernn an irem vích und frúchten mercklichenn schaden, darumb sy den haupleẃten uber seu maniger mal klagten, die darnach schueffen mit den leúten in gegenbúrtikait der Kreútzer: Wolten sy da von nicht lassen und in verrer schaden zuezúgen, und wenn sy die an irem schaden begriffen, darumb móhten sy es straffen. Darumb der Kreútzer von den Ungernn haimlich vil wúrden erslagen.

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6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken 25.08.1456

Des obgemelten jars an mitichen nach Bartholomei ist der durchleúchtigist fúrst kunig Lassla, seins alters in dem sibentzehenten jar, zw Wienn aus getzogen wider die Túrken. Mit dem zach hertzog Ott von Pairen und graf

2 der] das G(ac). 4 panier] In G(ac) ev. vom Korrektor selbst gestrichene Korrektur; unleserlich. 7 schiffung] ſchiffen G(ac). speis] Spieſs G(ac). 8 statt] Statt vnd G. | statt eins tails und irem] Statt vnd ains thails von Jrem G(ac), Statt vnd ains thails vnnd Jrem G(pc). 15 armen leẃten in Ungernn] Vnngern vnd armen leütten G(ac). 18 schueffen] ſchaffen G(ac). | der] fehlt G(ac). 20 zuezúgen] zuefüegen G(ac). | wenn] wann G. | die] dann G. 21 es] fehlt G(ac), des G(pc). | von den Ungernn haimlich] haimblich von den Hungern G. 23 Lasslawens] Laſsla G(ac), Laſslaus G(pc). 25 obgemelten] obbemelten G. 28 zach] zog G.

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[G 9v] 26

5. Vom Heereszug der Kreuzer gegen die Türken

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gerüstet und führten auf ihren Schiffen kostbare Banner, auf die die Arma Christi oder rote Kreuze gemalt waren. Auch aus der Stadt Wien und dem Land Österreich kamen in etwa dreitausend Mann mit, die mit Schiffen, Speisen, Rüstungen und anderen Gütern, teils von der Stadt und teils aus ihrem eigenen Besitz, gut ausgestattet waren. Und bei Buda warteten sie aufeinander, bis sie alle zusammengekommen waren, damit der durchlauchtige Fürst König László Hauptleute für sie bestimmte, die sie nach Futog führten, wo sie wiederum auf Seine Gnaden warteten. Dort lagerten in etwa sechstausend Mann, die sich vor den Ungarn in Acht nahmen und sich gut verschanzt hatten. Die Kreuzer fügten der Landbevölkerung in Ungarn große Verluste an Vieh und Ernte zu, worüber diese sich bei den Hauptleuten immer wieder beklagten. Die Hauptleute bestimmten für die Landbevölkerung und in Gegenwart der Kreuzer Folgendes: Sollten jene nicht davon ablassen und der Bevölkerung weiter Schaden zufügen, und würden sie dabei ertappt, dürften sie dafür bestraft werden. Aus diesem Grund wurden viele der Kreuzer von den Ungarn heimlich erschlagen.

6. Von dem Heereszug des Königs László nach Ungarn gegen die Türken 25

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Im oben erwähnten Jahr am Mittwoch nach Bartholomäus zog der durchlauchtigste Fürst König László in seinem siebzehnten Lebensjahr von Wien aus gegen die Türken. Mit ihm zogen Herzog Otto von Bayern und Graf Ulrich von Cilli mit ihren Dienern, aber nur wenige aus seinen eigenen Ländern begleiteten ihn. Lediglich die edlen Herren Heinrich von Rosenberg und Wilhelm von Liechtenstein suchten ihren rechtmäßigen Herrn auf, der als Erster seines Heereszuges in Ofen ankam. Dort rastete

9 Ofen: Buda, hist. Ofen, Stadtteil der ungar. Hauptstadt Budapest. 11 kunig Laslaw: Ladislaus V. Postumus (* 1440, † 1457), Herzog von Österreich, König von Böhmen und Ungarn. 12 Futtak: Futok, Provinz Vojvodina, Serbien. 28 hertzog Ott von Pairen: Herzog Otto I. von Mosbach und Neumarkt (* 1390, † 1461), Pfalzgraf.

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6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken

Ulreich von [4rb] Cili mit iren dienernn. Aber wenig aus dem adel seiner lanndt voligten im nach, denn allain der edel herr her Haimreich von Rosenberg und her Wilhalm von Liechtenstain besúchten iren natúrlichen herren, der am ersten seines geuerts khom gen Ofen. Da rasst er ain klaine zeit und zach darnach verrer gen Futtak zu den Kreútzernn. Daselbs lag er so lanng, untz graff Lasslaw von Hwniad zw im khom, der sich nach seines vater tod underwunden hett des gesloss Weissenburg und anderer geslósser. Mit dem wardt getaidingt so verrer, das er dem kunig offnet das gesloss Kriechischenweissenwurg und versprachen seinem kunigklichen genaden, im gehorsam und gewertig zw seinn. Des geleichen er auch tett gegen dem von Cili, und paid herren liessen sich genntzlich auff solich seine ungrische wart und trew. In den taidingen tzwisschen [4va] dem kúnig, dem von Cili und Laslawen von Hwniad ward hin und her genútzt ainer des von Cili diener, genandt der Lamberger, dem der von Cili als seinem gehaimen wol vertraut, der villeicht durch miett und verhaissung durch graff Lasslawen was verkert worden. Darumb sagt er dem von Cili núr das pésst, und er mócht dem selben graff Lassla wol vertraun, wann es waren red aufferstanden an des kunigs hoff, wie der benandt graff Lasslau wol auff funffzehen hundert man haimlichen pracht hyett in das haus, die er hielt verpargen in den türnen und kellernn under der erden. Darauff aber der Lamberger zw besichten das gesloss allenthalben von dem von Cili geschickt wardt. Der sagt im widerumb, wie er in dem vorgenanten gesloss nyemants sech anders, denn graff Lasslaus diener und mócht wol [4vb] ziechen an schaden.

2 denn] dann G. 3 Haimreich von Rosenberg] Hainrich von Roſsenburg G. 9 hett] hat G(ac), fehlt G(pc). 10 so verrer das er] Souer er G(ac), Souer dz G(pc). | das] fehlt G(ac). 11 offnet] öffne G. 12 seinem] ſein† G(pc). | im] In G(pc). 13 er auch tett] thett Er auch G. 14 dem von Cili] dem herrn von Cilli G. 15 den] dem G. 16 kúnig] Khonig vnd G. 17 genútzt] grenz G(ac), genüzt G(pc). 19 durch miett und] mit G(ac), durch müet vnnd G(pc). 20 Lasslawen] Von Schreiber selbst von lawſſlawen zu laſſlawen korrigiert. Korrektur in Rötel nachgezogen. W. | was] fehlt G(ac). 22 waren] weren G(ac), wortn G(pc). 24 man] männ G. 29 sech anders] and'ſs geſech G(ac), and'ſs ſech G(pc). 30 Lasslaus] Laſslaw G(ac), Laſslaws G(pc). | mócht] möcht_ G(pc).

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[R 10] 5

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6. Von dem Heereszug des Königs László nach Ungarn gegen die Türken

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er kurze Zeit und zog danach weiter nach Futog zu den Kreuzern. Dort lagerte er solange, bis Graf László Hunyadi zu ihm stieß, der sich nach dem Tod seines Vaters der Festung Belgrad und anderer Schlösser bemächtigt hatte. Mit diesem wurde ausverhandelt, dass er dem König die Festung Belgrad öffnen sollte, und der Graf versprach Seiner Königlichen Gnaden gehorsam und dienstbar zu sein. Dasselbe sagte er auch dem von Cilli zu, und beide Herren verließen sich auf seine ungarischen Worte und Beteuerungen. Im Zuge der Verhandlungen zwischen dem König, dem von Cilli und László Hunyadi diente einer von Cillis Dienern, der der Lamberger genannt wurde, beiden Seiten: Er war ein Vertrauter dessen von Cilli, den Graf László – wahrscheinlich durch Bestechung und Zusagen – auf seine Seite gezogen hatte. Deshalb erzählte er dem von Cilli das Beste über den Grafen László und dass er ihm ruhig vertrauen könne, denn es waren Gerüchte am Königshof aufgekommen, dass der besagte Graf László an die fünfzehnhundert Mann heimlich in die Burg gebracht habe und sie in den Türmen und Kellern unter der Erde verborgen halte. Daraufhin schickte der von Cilli den Lamberger, um das gesamte Schloss zu durchsuchen. Dieser berichtete ihm dann, dass er in der erwähnten Burg niemand anderen gesehen habe, als die Diener des Grafen László, und er könne somit unbesorgt dorthin ziehen. Nach alledem brach der durchlauchtige Fürst König László mit dem von Cilli und anderen Fürsten und Herren und mit den Kreuzern auf. Und sie fuhren mit ihren Schiffen

1 Ulreich von Cili: Ulrich II. von Cilli (* 1406, † 1456), ungarischer Graf, ab 1452 Vormund von Ladislaus Postumus und so de facto Herrscher des Herzogtums Österreich ob und unter der Enns und des ungarischen Königreichs. 3 Haimreich von Rosenberg: Heinrich IV. von Rosenberg (* 1427, † 1457), böhmischer Adeliger, durch König Ladislaus zum Landeshauptmann der Erbfürstentümer Breslau und Schweidnitz-Jauer ernannt. | Wilhalm von Liechtenstain: Wilhelm von Liechtenstein († 1459), Herr zu Nickolsburg. 7 Lasslaw von Hwniad: Ladislaus Hunyadi (* 1433, † 1457), ältester Sohn von Johann Hunyadi, Bruder von Matthias Corvinus, Kommandant der Festung Belgrad, Ban von Kroatien-Dalmatien, Feldherr. 18 Lamberger: Georg II. von Lamberg (* 1409, † 1499), seit den 1450er Jahren Pfandinhaber von Schloss Ortenburg in Kärnten, kaiserlicher Pfleger zu Wippach (seit 1467), Truchsess Friedrichs III., vgl. Heinig, S. 1708.

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6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken

Nach dem allem prach auff der durchleuchtig fúrst kunig Lasslaw mit sambt dem von Cili und anderen fúrsten und herren und auch den Kreútzernn, und fúren auff dem wasser der Tuenaw mit iren schiffungen untz gen Weissenburg. Gegen dem kunig khom graff Lassla von Hwniad auff dem wasser gefaren und empfieng den kunig, den von Cili und ander fúrsten und herrenn mit ungrischer trew und versprach aber dem kúnig und dem von Cili, in dem gesloss leibs und gúts sicher zesein und enpfalich sich und seinen brueder den Mathiaschen seinen kunigklichen gnaden zw aller gehorsam. Darauff stuendt der kunig mit dem von Cili mit den pessten iren dienernn und retten von den scheffen und wúrden von graff Lasslawen belait in das haws und am ersten trat zw dem gesloss der Rynolt von Rozgon mit seinen dienernn, die heten vil grúener panier. Der ward in das gesloss gelassen. Darnach kom der kunig mit dem von Cili mitsambt anderen [5ra] reten und dienernn, derselben man ein tail mit dem kunig und dem von Cili in liess. Und als baid herren nu khomen in das geslos, do ward aufgetzogen das tór und das volkh ward fuder geslagen durch graff Lasslawen und ward verpoten nyemandts mer ein zelassen und also muesten der herren diener herab in die statt zw den Kreutzernn. Nw was vormalen zw Prag in der krónung kunig Lasslawens czwischen graff Hansens von Huniad, gubernator zw Ungernn, und herren Górgen von Podiebrett, dem gubernator zw Pehem, und herren Ulreich Eytzinger wider den von Cili ein haymliche pinntnúss beschechen, wann es was wider sy, das er kunig Lasslaw innhaben und regieren solt. Dardurch villeicht angetragen was pei graff Lasslawen nach abgang seins vaters und auch bei anderen ungrischen

6 auff dem wasser gefaren] fehlt G(ac). 9 leibs und gúts] fehlt G(ac). | und2] fehlt G(ac). 16 kom] Khambt G(ac), Kham G(pc). kunig mit dem] fehlt G(ac). 17 reten] Fürſten G(ac). 19 in liess] einlieſs G(ac). 20 aufgetzogen das tór] alſsbaldt auffgezogen G(ac), aufgezogen dz Thor G(pc), die Prugg G(pc)5. | ward2] fehlt G(ac). 21 fuder] furder G. 22 mer] fehlt G(ac). 28 wann] wann etewas G. 30 angetragen was pei] fehlt G(ac). | graff] Khünig G(ac).

10 Mathiaschen: Matthias I. Corvinus (* 1443, † 1490), Sohn von

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donauabwärts bis Belgrad. Graf László Hunyadi kam dem König auf der Donau entgegen und empfing den König, den von Cilli und die anderen Fürsten und Herren mit ungarischer Treue. Und er versprach dem König und dem von Cilli noch einmal, dass sie in der Burg ihres Lebens und Besitzes sicher seien, und er beteuerte den Gehorsam seiner selbst und seines Bruders Mátyás gegenüber Seiner Königlichen Gnaden. Daraufhin ging der König mit dem von Cilli und den edelsten Dienern und Räten von den Schiffen, und sie wurden von Graf László hineingeleitet. Als Erster erreichte Reinold von Rozgon mit seinen Dienern, die viele grüne Banner trugen, die Burg. Er wurde eingelassen. Nach ihm kam der König mit dem von Cilli und anderen Räten und Dienern, von denen man einen Teil gemeinsam mit dem König und dem von Cilli einließ. Und als nun beide Herren in der Burg waren, wurde das Tor hochgezogen und das Gefolge auf Geheiß des Grafen László weggetrieben. Und er befahl außerdem, niemanden mehr einzulassen. Deshalb mussten die Herren Diener in die Stadt hinunter zu den Kreuzern. Zuvor war nämlich in Prag bei der Krönung von König László zwischen Graf Johannes von Hunyadi, dem Reichsverweser von Ungarn, Georg von Podiebrad, dem Reichsverweser von Böhmen, und Herrn Ulrich Eitzinger ein geheimes Bündnis gegen den von Cilli geschlossen worden. Denn es war ihnen zuwider, dass dieser König László beeinflusste und lenkte. Nach dem Tod seines Vaters schlugen sie deshalb Graf László und den anderen ungarischen Herren vor, den von Cilli und König László nach Ungarn zu locken, indem sie ihnen die Regentschaft über das Königreich zusichern sollten – was auch geschah. Darauf

Johann Hunyadi, König von Ungarn (1457–1490). 14 Rynolt von Rozgon: Reinold von Rozgon, Gemeinsam mit mehreren Brüdern Graf von Székelys und Voivode von Transilvanien (1449 –1458, 1460 –1463). 26 Górgen von Podiebrett: Georg von Podiebrad und Kunnstatt (* 1420, † 1471), König von Böhmen (1458–1471), in der ÖC auch der von Böhmen, Herr Jorg, Jorzickh von Cunstat, Gubernator, Ketzer von Böhmen oder König von Böhmen genannt. 27 Ulreich Eytzinger: Ulrich von Eitzing, Freiherr (* vor 1398, † 1460), Hubmeister unter Albrecht II., Anführer des Mailberger Bundes, Mitglied des ständischen Regentschaftsrates (bis 1455) unter Ladislaus Postumus.

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6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken

herren, wie sy den von Cili mit gueten warten mit kunig Lasslawen gen Ungernn bringen, und in der regier des kunigreichs vertrósten [5rb] solten, das also besschach. Darauf sich der von Cili verlies und zoch also eylundt mitt dem kunig von Wienn in das kúnigreich und wollt sich villeicht der underen geslósser und der regier underwunden haben, wenn die móchtigisten herren ze ungernn der maist tail wider graff Lasslawen waren und besargten, nach dem er móhtig was an guett unnd klainatn die im sein vater hett lassen, er wúrd khomenn an seins vater statt und werden gubernator und sy regieren. Und solich der ungrischen herren vertróstung khom der von Cili umb sein leben. Als der kunig nun hett geessen, khom zw im graff Lassla und tróst in mit vil gueten ungrischen worten und erpatt sich gegen seine kuniglichen genaden auf das hóchst und pflag sein wol. Desgeleichen er auch tett gegen dem von Cili, und als es nu nacht ward, do gerau den von Cili, das er khomen was in das gesloss, wenn sich erhueb in im ein grosser grawsen, und verredt, hulff im Gott yetzund [5va] aus dem geschloss, das er fürbaser in khain geslos zw Ungernn nit mer khomen wolltt, núr er wer des selbs gewaltig, und lag also die nacht ungeschloffen in seinem zimer und in seinm gewandt. Das was ain joppen die was gemacht fúr die schúss. Und als nach mitternacht, hueben an die wachter in dem gesloss zw pfeiffen und zw paucken, und vil wunderlichs geschrai ward von in gehórt, und die meúr und tórr waren allenthalben pesetzt. Und als der tag zuenéhent, stuend auff der von Cili und liess im das haubt twahen, und gedacht, wie er und der kunig aus dem gesloss khemen. In der zeit hórt der kunig mess und nach der mess gieng er in sein zimer und ward bestellt und verlassen, wenn sein kunigklich genad nu berait wer dann solt er geen zw dem tór, so wer an zweiffel, man wúrd im das óffen. Dann so wollt nach im dringen der von Cili. In der weil hórt der

1 wie sy] mit G(ac). 2 in] Jm G(pc). 6 geslósser] geſchlöſſern G(ac). 11 werden] wuerdt G(ac), wuerdt d_ G(pc). | Und] Vmb G(pc). 14 vil] fehlt G(ac). 16 er auch tett] thett Er auch G(ac). 17 – 19 und als es nu nacht ward do gerau den von Cili das er khomen was in das gesloss wenn sich erhueb in im ein grosser grawsen] Das Er Khommen waſs in das geſchloſs, den von Cilli

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verließ sich der von Cilli, und so zog er eilends mit dem König von Wien aus in das Königreich und wollte die Schlösser und Regentschaft im Handstreich übernehmen, denn die einflussreichsten ungarischen Herren waren gegen Graf Ladilslaus und hatten Sorge, dass dieser aufgrund seiner Güter und Schätze, die er von seinem Vater geerbt hatte, nun auch an seiner statt Reichsverweser werden und sie regieren würde. Und genau diese Zusicherungen kosteten dem von Cilli sein Leben. Als der König gegessen hatte, kam Graf László zu ihm und vertröstete ihn mit guten ungarischen Worten, erbot dem König seinen Dienst auf das Höchste und kümmerte sich um sein Wohlergehen. Ebenso verhielt er sich gegenüber dem von Cilli. Als es Nacht wurde, bereute der von Cilli, dass er in die Burg gekommen war, denn in ihm erwachte ein großes Grauen. Er schwor, dass er, wenn Gott ihm helfe aus der Burg zu entkommen, künftig keine ungarische Burg mehr betreten wolle, es sei denn, sie stünde unter seiner Herrschaft. So lag er die ganze Nacht schlaflos in seinem Zimmer in seinem Gewand. Es war ein Oberkleid, das schusssicher war. Nach Mitternacht fingen die Wächter in der Burg an zu pfeifen und die Trommeln zu schlagen, und viel unheimliches Geschrei war von ihnen zu hören. Die Mauern und Tore wurden alle besetzt. Als der Morgen graute, stand der von Cilli auf und ließ sich das Haupt waschen und überlegte, wie er und der König aus der Burg fliehen könnten. Inzwischen hörte der König die Messe und ging danach in sein Zimmer. Ihm wurde zugetragen, dass er, wenn Seine Königlichen Gnaden bereit wären, zum Tor gehen solle, denn dieses würde man ihm zweifellos öffnen. Danach solle der von Cilli zu ihm stoßen. Der von Cilli hörte einstweilen die Messe, und noch bevor diese halb zu Ende war, kam der Lamberger zu dem von Cilli und sagte ihm, dass Graf

gerawet es In baldt hernach G(ac). 20 – 22 das er fürbaser in khain geslos zw Ungernn nit mer khomen wolltt] Er wolt fürbaſs zue vngern Jn Khain geſchloſs nicht mehr Khommen G. 24 joppen] hemmet G(ac). | die2] fehlt G(pc). 28 pesetzt] von Jnen beſezt G(ac). | zuenéhent] hertzue nahet G(ac), zue nahet G(pc). 29 auff der von Cili] der von Cilli auff G(ac). | twahen] waſchen G(ac), twachen G(pc). 32 und1] fehlt G(ac), do G(pc). | wenn] wann G. 34 wer] werdt G(ac).

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6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken

von Cili mess, und ee wenn die mess halbe enndt hett, kom der Lamber[5vb]ger zw dem von Cili und sagt im, wie graff Lasslaw und die ungrischen herren auff in wartetn und wolten einen ratt haben. Der von Cili anttwúrt, er wolt núr hóren zw enndt die mess unnd wolt darnach zw in komen. Und ee wenn die mess noch ende hett, khom der Lamberger aber und sagt im, wie lanng die ungrischen herren und graff Lassla solten auff in warten, wenn die sach wer genótig darumb sy zw ratt geen wollten. Der von Cili anttwúrtt im: „Ich wil ye von der mess nicht khómen, untz sy ein enndt hatt. Darnach von stund wil ich zw in kómen.“ Und als die mess ein endt nam, gieng der von Cili mit dem Lamberger und ettlichen anderen seinen dienernn in ain stuben, dar inn graff Lassla und ander ungrischen herren die seins tails waren bei einander gesambt waren. Do wúrden des von Cili diener pei der túr aufgehalten und in die stuben nicht gelassen, sunder allain der Lamberger gie mit im in die stubenn. Und als [6ra] sy nu pei einander waren, do gieng von in der Lamberger und sprach: „Ich hab euch zu einander pracht. Aynt euch nu selbs miteinander.“ Und also schied er von in. Darnach hueb an graff Lassla gegen dem von Cili zureden und sprach: „Dw von Cili, mein vater und ich haben dir unser tág khain laid getan, aber dw pist darauff gegangen, hiettest dw uns umb unser leib und guett, trew und eer múgen pringen, das hietest dw gerne getan.“ Aus den warten der von Cili vernam, das im die sach zw dem tod gemaint was. Doch so beredt er sich gegen im und sprach, er tétt im unguettlich, wenn er hiett in paiden sein teg núr gedient und nie ungedient. Czw hanndt drungend die Ungernn auff den von Cili mit iren grossen sebelnn, und do das sach der von Cili, zach er aus sein messer und slueg zu graff [6rb] Lasslawen. Graff Lassla warff fúr die hannt und enphieng den slag in ettlich vinger und ainen tail in das haupt. Wenn graff Lassla het an einem vinger ainen grossen guldeinen ring, der beschirmt in, súnst hiet im der von Cili die vinger gantz abgeslagen, wenn versehenlich

1 und ee wenn die mess halbe enndt hett] ehe die halbe endt hett G(ac). 5 núr] nun zuuor G(ac), nur zuuor G(pc). | zw enndt] fehlt G(ac). 6 Und ee wenn die mess noch ende hett] vnder dem ehe die Meſs ain endt hett G(ac). 7 aber] wid’ G(ac). | ungrischen] fehlt

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László und die ungarischen Herren auf ihn warteten und sich mit ihm beraten wollten. Der von Cilli antwortete, er wolle die Messe noch zu Ende hören und danach zu ihnen kommen. Und noch ehe die Messe endete, kam der Lamberger noch einmal und fragte ihn, wie lange die ungarischen Herren und Graf László denn noch auf ihn warten sollten, denn die Angelegenheit, die zu beraten sei, sei dringend. Der von Cilli antwortete ihm: „Ich werde die Messe nicht vor ihrem Ende verlassen! Danach werde ich unverzüglich zu ihnen kommen.“ Und als die Messe zu Ende war, ging der von Cilli mit dem Lamberger und etlichen seiner Diener in eine Stube, in der Graf László und ihm ergebene ungarische Herren versammelt waren. Die Diener dessen von Cilli wurden bei der Tür aufgehalten und nicht in die Stube hineingelassen. Nur der Lamberger ging mit ihm hinein. Und als sie nun alle beieinander waren, trat der Lamberger vor sie und sprach: „Ich habe euch zusammengebracht, nun einigt euch selbst miteinander“, und so verließ er den Raum. Daraufhin wandte sich Graf László dem von Cilli zu und sprach: „Du von Cilli! Mein Vater und ich, wir haben dir unser Lebtag kein Leid angetan, aber du hast es darauf angelegt, uns um Leib und Gut, Treue und Ehre zu bringen, und du hättest es gern getan.“ An diesen Worten erkannte der von Cilli, dass er dem Tod geweiht war. Und doch entgegnete er ihm und sprach, er tue ihm Unrecht. Denn er habe ihnen beiden sein Lebtag lang nur aufrichtig gedient. Sofort drangen die Ungarn mit ihren großen Säbeln auf den von Cilli ein. Als dieser das sah, zog er sein Schwert und schlug auf Graf László ein. Graf László schützte sich mit seiner Hand und wurde an einigen Fingern und auch am Kopf getroffen. Denn er trug an einem Finger einen großen

G(ac). 9 wer] fehlt G(ac). 15 bei einander gesambt waren] fehlt G(ac). 18 gie … Lamberger] fehlt G(ac). 23 Dw von Cili] fehlt G(ac). | dir] dir von Cilli G(ac). 27 was] were G(ac), war G(pc). 28 so] fehlt G(ac). 29 wenn] dann G. 30 und] vnd Ime G(ac). 31 mit iren grossen sebelnn und do das sach] fehlt G(ac). 32 er] fehlt G. | zu] auff den G(ac). 33 warff] wuerff G(ac). 34 in1] von G(ac). 36 im] fehlt G(ac). 37 – 24,1 wenn versehenlich was] Dann es war an zuesehen G(ac).

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6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken

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was, das im der von Cili den slag maint zw dem tod. Und als die Unger sahen, das graf Lassla wundt was, do sluegen sy gar hertikleich auff den von Cili und mochten im doch an dem leib nicht geschaden, wenn er hett an ein joppen da durch sy in nicht móchten gewinnen. Darnach schluegen sy in in die fúess und in die hennd solanng, untz er muest vallen und tótten in. Und do er tóter vor in lag, do nam in ein Unger genant Seladij Michel und warff in auff ein fúrpanckh und slueg im ab mit seinem mésser das hawbt. Das haubt sy darnach ausge[6va]schickht heten, das erst am dritten tag widerpracht ward, und hielten den toten leichnam in dem geschloss untz an den vierden tag. Do anttbúrten sy in heraus seinen dienernn. Die namen in und fúrten in darnach zw seiner begrebnúss gen Cili. Also nam ein endt das geschlecht der von Cili. Actum an eritag vor Martini anno etc. quinquagesimosexto. ¶ Und als das geschrai hórt der durchleúchtig fúrst kunig Lassla und sach die Unger umblauffen mit plassen messernn, do erschrackt er ser und fragt, was das bedeẃtt. Do khom ainer zw im und sprach: „Herr, sy haben erslagen den von Cili, ewren vetternn!“ Nu wolten ettlich Unger mit plossen messernn auch gelauffen sein zu des kunigs gemach. Do sprang fúr ain Unger mit ainem messer und werét. In der zeit khomen ettlich ungrischen herren und sagten im gelegenhait der sachen, wie der von Cili [6vb] graff Lasslawen wolt erslagen haben. Als sein genad dann wol sehen wúrd an im das wartzaichen. Darinn in sein frewnt beredten und den von Cili also in dem zorne ertótt hieten, und sein genad bedórfft sich nichts zebesargen wenn er und die seinen solten sicher sein leibs und guets. Doch so liess graff Lassla vahen menig des kúnigs diener

1 maint zw dem tod] zue dem Todt maint G(ac). 4 geschaden] verlezen G(ac). | an2] fehlt G(ac), In G(pc). 5 gewinnen] hawen G(ac). 6 in1] fehlt G. | in3] auff G. 7 tóter] Todten G. 9 mit seinem mésser das hawbt] ſein haubt mit ſeinem meſſer G(ac), mit ſeinem meſſer ſein haubt G(pc). 12 in dem geschloss] fehlt G(ac). untz] biſs G(ac), fehlt G(pc). 13 und] fehlt G. 14 in] fehlt G. begrebnúss] Schreiber selbst korrigiert von grebnúss auf begrebnúss. 15 der] fehlt G(ac). | Actum] fehlt G. | an] am G. 17 hórt] erhört G(ac). 19 das] es G(ac). 26 graff Lasslawen wolt erslagen haben] walt erſchlagen haben, Graff Laſla G(pc). 28 in dem] im G.

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goldenen Ring, der ihn beschützte. Ansonsten hätte ihm der von Cilli die Finger ganz abgeschlagen, denn es war offensichtlich, dass er ihn mit diesem Schlag töten wollte. Als die Ungarn sahen, dass Graf László verwundet war, schlugen sie mit aller Härte auf den von Cilli ein und konnten ihn trotzdem nicht verletzen, da er durch sein Oberkleid geschützt war. Deshalb zielten sie auf Arme und Beine, solange, bis er umfiel, und dann töteten sie ihn. Und als er tot vor ihnen lag, nahm ihn einer der Ungarn, der Seladij Michel genannt wurde, warf ihn auf eine Bank und schlug ihm mit seinem Schwert den Kopf ab. Das Haupt wurde danach aufgespießt und erst am dritten Tag wiedergebracht, und sie behielten den Leichnam bis zum vierten Tag im Schloss. Dann gaben sie ihn seinen Dienern heraus. Die nahmen ihn und überführten ihn nach Cilli, wo er bestattet wurde. So starb das Geschlecht derer von Cilli aus. Geschehen am Dienstag vor Martini 1456. Und als der durchlauchtige Fürst König László das Geschrei hörte und die Ungarn mit blanken Schwertern umhereilen sah, erschrak er sehr und fragte, was das zu bedeuten habe. Da kam einer zu ihm und sprach: „Herr, sie haben Euren Vetter, den von Cilli, erschlagen!“ Nun wollten einige Ungarn mit blanken Schwertern zum Gemach des Königs laufen, doch da stellte sich ihnen ein bewaffneter Ungar in den Weg und hielt sie auf. Gleichzeitig kamen etliche ungarische Herren zu ihm und berichteten, wie es sich zugetragen habe. Nämlich dass der von Cilli den Grafen László hätte erschlagen wollen und dass Seine Gnaden den Beweis noch an ihm sehen würde. Darüber hätten seine Freunde ihn unterrichtet und hätten den von Cilli im Zorn getötet. Seine Gnaden bräuchten für sich und die Seinen deshalb nichts zu befürchten und seien

29 bedórfft] dörfft G(ac). | zebesargen] beſorgen G(ac). 30 seinen] ſeinigen G(ac), ſein G(pc). 31 so] fehlt G(ac).

8 Seladij Michel: Mihály Szilágyi († 1461), ungarischer Adliger, Reichsverweser und Ban von Kroatien, Slowenien und Dalmatien. Über seine Schwester Erzsébet verschwägert mit Johann Hunyadi. 14 Cili: Celje,Stadt und Stadtgemeinde im Gebiet Spodnja Štajerska (Untersteiermark), Slowenien.

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6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken

und liess sy zueinander tún in ein stuben, die darnach ledig macht der pisschoff von Wardein. Darnach ward gepotn von dem kúnig den Kreutzernn, das sy solten ziechen haim an ir geworsam, das sy teten. Und also kom kunig Lassla in die gwaltsam graff Lasslaws von Hwniad, und als die Kreutzer khomen in ir haymbesen, do sturben sy am maisten all und gar wenig peliben aus in, darumb sy Gott den almechtigen erwegkt heten und strafft sy von irs pósen lebens wegen das sy gefúrt hettn. [7ra] Darnach nam graff Lassla der wúettund wollff unnd mórder den durchleuchtigisten fúrsten kunig Lasslawen, das unschuldig lempel, und fúrt in untz gen Tumespurkh. Auff dem weg sich der fúrst gar froleich gegen im stellt und ertzaigt und tett, als er in gar lieb hiett. Dar durich er behielt sein leben, wann es was offenbar, das der fúrst mitsambt seinem vetternn, dem von Cili, solt vergangen sein, des aber Gott zu disem mal villeicht nicht wolt verhengen. O, wer hatt das dem fúrsten geraten, das er sich in sein jungen tégen gegen einem sólichen mórder in sovil gueten siten und tugenten so gar genádiklich und weisleich hatt gehalten, und hatt in gefúrt under seinen armen, dar durch er das hert hertz gewaickt hatt untz zu seiner zeytt. Von Tumespurck kom der fúrst gen Ofen, und die lanngen haid músten vil gueter leútt mit iren fússen messen ungeessen und ungetrunckhen, [7rb] die dennoch leibs und lebens nicht sicher waren von den Ungernn.

¶ Als nu der kunig komen was gen Ofen, do khomen zu im die móchtigisten lanntherren. Graf Lassla und sein prueder Mathias hetten inn die purckh und den kúnig, desgeleichen auch die statt Ofen. Darnach zugen von Wienn zu dem kúnig der pisschoff von Passaw und ander

1 ledig] leidig G. 2 Wardein] wartheim G(ac). 7 Gott den almechtigen erwegkt heten und strafft sy] Gott der Allmechtig ſtraffet G. 11 durchleuchtigisten] durchleüchtigen G. | fúrsten] Fürſten vnd herrn G(ac). 12 untz] fehlt G(ac). 14 Dar durich er behielt sein leben] fehlt G(ac). 16 des] das G. | aber] fehlt G(ac). 21 hatt] Er hatt G(ac). 22 untz zu] bis an G(ac). 23 Tumespurck] Donſpurg G(ac). 24 gueter] guette G(ac). 25 ungetrunckhen] getrunckhen G(ac). 28 lanntherren] herrn G(ac). 29 den] d’ G(ac).

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5 [G 16v]

10 [R 15]

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6. Von dem Heereszug des Königs László nach Ungarn gegen die Türken

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an Leib und Gut sicher. Dennoch ließ Graf László viele Diener des Königs gefangen nehmen und sie in ein Zimmer sperren. Später wurden sie vom Bischof von Großwardein wieder ausgelöst. Daraufhin befahl der König den Kreuzern heimzukehren, was sie auch taten. Und so kam König László in die Gewalt des Grafen László von Hunyadi. Als die Kreuzer in ihre Heimat zurückgekehrt waren, starben die meisten von ihnen, und nur wenige überlebten, da sie Gott den Allmächtigen erzürnt hatten. So strafte er sie für das schlechte Leben, das sie geführt hatten. Danach nahm Graf László, der wütende Wolf und Mörder, den durchlauchtigsten Fürst König László, das unschuldige Lämmlein, und führte ihn bis nach Temesvár. Unterwegs zeigte sich der Fürst sehr freundlich gegenüber dem Grafen und tat so, als ob dieser ihm sehr lieb wäre. Das rettete ihm das Leben, denn es war offenkundig, dass der Fürst zusammen mit seinem Vetter, dem von Cilli, hätte getötet werden sollen, was Gott an diesem Tag aber offenbar nicht zulassen wollte. Oh, wer hat das dem Fürsten geraten, dass er sich in seinen jungen Tagen gegenüber einem solchen Mörder durch seine große Sittsamkeit und Tugendhaftigkeit so gnädig und weise verhalten hat und ihn an seinem Arm führte. Dadurch konnte er dessen hartes Herz erweichen, bis seine Zeit gekommen war. Der Fürst zog von Temesvár nach Ofen, und diese große Steppe mussten viele gute Gefolgsleute mit ihren Füßen durchmessen, ohne zu essen und zu trinken, und waren dabei wegen der Ungarn ihres Lebens nicht sicher. Als der König nun in Ofen angekommen war, kamen die mächtigsten Landesherren zu ihm. Graf László und sein Bruder Matthias hatten die Burg, den König und auch die Stadt Ofen in ihrer Gewalt. Danach zogen der Bischof von Passau und andere Herren und Räte von Wien aus zum

2 Wardein: Oradea, dt. Großwardein, Hauptstadt des Kreises Bihor, Rumänien. 23 Tumespurck: Temeswar, rum. Timișoara, Hauptstadt des Kreises Timis, Rumänien. 31 pisschoff von Passaw: Ulrich von Nußdorf († 1479), als Ulrich III. Fürstbischof (1451–1479), Notar von Ladislaus Postumus, Kanzler Friedrichs III., geheimer Rat Ludwigs IX., schickte Truppen gegen Georg von Podiebrad (1458/59 und 1468).

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6. Von dem zug kunig Lasslawens gen Ungernn wider die Túrken

herren und rett und súnderlich von der stat Wienn ettlich purger mit ainem gueten zeug daselbs hin gen Ofen. Es kom auch zu dem kúnig her Jan der Iskra mit ainem gueten volk, die haymlich iren harnasch prachten in die purckh, und der kunig tett gegen graff Lasslawen gar schon und hielt in albeg an seiner seitten und pei seinem tisch. Darumb ains mals Laslaban strafft der gross graff Lasslawen, darumb er mit dem kunig so durftikleich sas ze tissch.

1457

24.12.1456

4.12.1457 19.4.1457

7. Anno Domini millesimo cccc° quinquagesimo septimo [7va] In der zeit ward kranckh der edl herr her Hainreich von Rosenberg, den man also kranckhen fúrt von Ofen gen Wienn, daselbs er aufgab seinen geist in die hennd des almochtigen Gots. Und des selben jar ist auch gestorben der erwirdig vater prueder Hanns von Capistran Sannt Franciscen Orden de Observantia, ein liebhaber Gots und des heiligen gelauben, und ist zw Ulakch warden begraben. ¶ Des vorgenanten jars zw hannt nach weinachten ist gewesen in Napulia ein grozze erdpidem, also, das mer denn LXX stett, castel und merckt nidergevallen sind und versunckhen. Darinn wol als auf dreizzig tausent menschen seinn vergangen unnd verfallen am vierden tag des monedts Decembris. Darnach zw vasnacht merckt graf Lassla, wie der kunig nu vil volkhs von Deutschen und Pehmen pei im hiett und wer stercker in der purckh und stat dann er, da durch er seinen willen an dem künig nicht mócht [7vb] volbringen, und gedach im ainer listikait und richt zu ain rennen fúr die statt ze Ofen und patt den kunig dartzu zekomen, und het haimilich bestellt ain geraisig volkh als auf sechshundert pferd. Er hett auch allenthalben

3 dem kúnig her] Ine der G(ac). | Jan der Iskra] Jan de Jstea G(ac), Jan Iſkhra G(pc). 5 gegen] fehlt G. 6 an seiner] in ſeine G(ac), in ſeinen G(pc). 7 der gross graff] den groſs Grafen G(ac). 8 sas] ſäſs G. 16 vater prueder] herr G(ac), Vatt' Brud' herr G(pc). 17 Observantia] obheruantia G. 20 erdpidem] Erdtbidmen G. 25 nu] fehlt G. | von] von den G. 26 und stat] werder G(ac), den G(pc). 28 und2] fehlt G(ac). 29 ze] fehlt G(ac).

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[G 17v]

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6. Von dem Heereszug des Königs László nach Ungarn gegen die Türken

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König. Insbesondere aus der Stadt Wien kamen viele gut bewaffnete Bürger nach Ofen. Es kam auch Jan Iskra mit einem starken Gefolge, das heimlich seine Rüstungen in die Burg brachte, während der König dem Grafen László weiterhin schmeichelte und ihn immer an seiner Seite und an seinem Tisch hielt. Einmal tadelte László den Grafen László sogar, weil dieser mit dem König so selten zu Tisch saß.

7. Anno Domini 1457

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Zu dieser Zeit erkrankte der edle Herr, Herr Heinrich von Rosenberg. Man brachte den Kranken von Ofen nach Wien, wo er seinen Geist in die Hände des allmächtigen Gottes legte. Im selben Jahr starb auch der ehrwürdige Vater Hans von Capistran, Bruder des Franziskanerordens de Observantia, der von Gott und dem heiligen Glauben beseelt war, und wurde in Ilok begraben. Im Vorjahr gleich nach Weihnachten gab es in Apulien ein großes Erdbeben – so stark, dass mehr als siebzig Städte, Kastelle und Märkte zerstört wurden und versanken. Dabei starben an die dreißigtausend Menschen am vierten Tag des Monats Dezember. Danach, zur Fasnacht, bemerkte Graf László, dass der König nun viele deutsche und böhmische Gefolgsleute um sich scharte und somit die Oberhand in Stadt und Burg gewonnen hatte, sodass er seinen Willen gegenüber dem König nicht mehr durchsetzen konnte. So griff er zu einer List und rief zu einem Rennen vor der Stadt Ofen auf und bat den König, dazu zu kommen. Heimlich bestellte er ein berittenes Heer mit etwa sechshundert Reitern. Außerdem forderte er auch alle Bauern rund um Ofen dazu auf, am Tag des Rennens in die Stadt zu kommen, was sie auch taten. Und so kamen an die tausend dahin. Mit den Berittenen auf dem Feld

3 Jan der Iskra: Johann Giskra von Brandeis, in der ÖC auch Goska (* um 1400, † 1469/70). 18 Ulakch: Illok, kroat. Ilok, Gespanschaft Vukovar-Srijem, Kroatien. 20 Napulia: Apulien: in Südost-Italien gelegene Region mit der Hauptstadt Bari.

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7. Anno Domini millesimo cccc° quinquagesimo septimo

13.3.1457

umb Ofen ervordert die pauren auff den tag des rennen in die stat zw Ofen zekomen, die das teten. Und khomen dar in als auf tausent. Mit dem geraisigen volkh auff dem veld het er verlassen, wenn der kunig kem zw dem rennen, dann so solten sy trachten das sy khemen zwischen sein und der statt, das er und das ander volkh darin nicht mochten kómen, und solten darnach nemen den kunig und in von dannen fúeren. Mit den pauren hett er verlassen, wenn sy hórten, das man den kúnig hiet von dann gefúrt, das sy sich dann der statt und purckh hieten underwunden. Nu wolt Gott das nicht haben, und schickt, das der geraisig zeug zu frue kóm, ee wenn der kunig aus der statt raitt. Und also ward die sach lantmérig [8ra] und der kunig belaib in der purckh und nam zw im hinein Dewtsch und Pehem, damit er sterckher darinn was dann graff Lassla. Und graff Lassla schickt das geraisig volkh úber Tuenaw gen Allten Ofen, und den pawren erlaubt er zugen an ir wónung etc. ¶ Des vorgemelten jars an mitichen nach dem suntag reminiscere in der vassten hat der durchleúchtigist fúrst kunig Lassla graff Lasslauen von Huniad und seinen brueder Mathiéschen in der purck ze Ofen gefangen und im das haubt als umb completzeit des benannten tags lassen abslahen, und rach das mórd so er an seinem vetternn, dem von Cili, hett begangen. Auch darumb, das er sein kunigklich genad mit seinen helffernn wollt úberfallen haben, der ettlich als auff zechen mit im gefangen wúrden, mit namen Sebastian von Rozgon, Emreich von Canisa, Paul Modrer und andere etc.

4 dem] fehlt G(ac). 7 darnach] fehlt G(ac). | nemen den kunig] den Khünig nemen G(ac). 10 hieten] fehlt G(ac). 18 zugen] wider G(ac). 19 dem] fehlt G(ac). 21 von Huniad] fehlt G(ac). 23 tags lassen] Graf Laſslauen G(ac). 24 so] das G(ac). 26 mit seinen helffernn] fehlt G(ac). | wollt] hatt wöllen G(ac). 27 mit im gefangen] mitgefangen G(ac).

28 Sebastian von Rozgon: Gemeinsam mit seinem Bruder Reinold Graf von Székelys und Voivode von Transilvanien (1460 –1463). 29 Emreich von Canisa: Emerich von Kanizsai, vgl. Prickler, S. 157f. | Paul Modrer: Bürger und Bürgermeister von Kremnica, vgl. Haas, S. 169-171.

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7. Anno Domini 1457

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hatte er Folgendes vereinbart: Wenn der König zum Rennen käme, dann sollten sie versuchen, sich zwischen ihn und die Stadt zu stellen, damit er und sein Gefolge nicht mehr hineingelangen könnten. Sodann sollten sie den König gefangen nehmen und wegführen. Mit den Bauern hatte er vereinbart, sie sollten sich der Stadt und der Burg bemächtigen, sobald sie vernommen hätten, dass der König gefangen und abgeführt sei. Nun wollte Gott das aber nicht zulassen und fügte, dass der berittene Zug zu früh ankam, noch bevor der König aus der Stadt ritt. So sprach sich die Sache herum, und der König blieb in der Burg und sammelte die Deutschen und Böhmen um sich, um dort stärker als Graf László zu sein. Und so schickte Graf László das berittene Heer über die Donau nach AltOfen, und den Bauern erlaubte er, nach Hause zu gehen etc.

Im oben genannten Jahr am Mittwoch nach dem zweiten Fastensonntag hat der durchlauchtigste Fürst König László den Grafen László von Hunyadi und seinen Bruder Mátyás in der Burg zu Ofen gefangen genommen und László von Hunyadi das Haupt zur Komplet desselben Tages abschlagen lassen. Damit rächte er den Mord, den dieser an seinem Vetter, dem Grafen von Cilli, begangen hatte, und auch, dass er mit seinen Helfern den König hatte überfallen wollen. Von jenen wurden auch gut zehn gefangen genommen, mit Namen Sebastian von Rozgon, Emreich von Canisa, Paul Modrer und andere etc.

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8. Wie her Jan Witomitz gefangen hat des kaisers rétt zu Cili

8. Wie her Jan Witomitz gefangen hat des kaisers rétt zu Cili

29.4.1457

[8rb] Der rómisch kaiser, nach abgang graff Ulrichss von Cili, der underwant sich desselben von Cili geslósser und gúeter, die lagen in seinen lanndten nach lautt ains geméchts, und fúgt sich darauf gen Cili. Des verdróss villeicht ettlich Unger und Deútsch, die pey seinem leben wol an im waren gewesen. Und nemlich was die red von ettlichen, die sein amptleut waren gewesn, und der benandt von Cili zu den ambten hett geholffen, und die gewaltig waren pei dem kunig. Die prachten villeicht zewegen den gunst des kúnigs und schriben haimlich herrn Jan Witowitz, der des von Cili haubtman langzeit gewesen was und gelegenhait der lannd wol west, das er gedecht und ein volkh ze wegen precht in der still und zug gen Cili und versúecht, ob er den rómischen kaiser oder sein rétt mocht pringen in sein gewaltsam. Darumb wolt in kunig Lassla hoch begaben. Das tett der Witowitz und pracht in ainer still zw wegen ain [8va] volkh. Doch so ward sein pesammung verkundt dem rómischen kaiser, der sich fúegt auff das oberhaus zu Cili, das der Witowitz nicht wesst, und gedacht, er wer noch in dem underen haus in dem stettlein. Do kom er an freitag nach Sannd Jórgen tag des mórgens frú mit seinem volkh und úberfiel das stéttl und fieng den pischoff von Gúrck, Hannsen und Jórgen die Ungnaden, ainen von Stubenbergk, den Ledwenko und vil

1 Jan] fehlt G(ac). 2 zu] von G(ac). 6 Des] daſs G(ac). 9 der] den G(pc). 10 benandt] herr G(ac). | ambten] Ämbtern G(pc). 13 gewesen was] was geweſen G. 17 mocht pringen in sein gewaltsam] in ſein gewaltſamb bringen möcht G(ac). 19 so] fehlt G. 20 pesammung] Sammnung G(ac). 22 noch] fehlt G(ac). 23 an] am G. | Sannd Jórgen] S. Georgen G. 24 stéttl] Stettlein G(ac). 25 Jórgen] Ioachim G(ac), Georg_ G(pc).

1 Witomitz: Böhmischer Ritter, später Graf, Heerführer und Rat Friedrichs III. 25 pischoff von Gúrck: Ulrich Sonnberger, († 1469), als Ulrich III. Bischof von Gurk (1454). | Gúrck: Marktgemeinde im Bezirk St. Veit an der Glan, Kärnten. | Hannsen und Jórgen die Ungnaden: Johann Ungnad von Weissenwolff I., Kammermeister bei Friedrich III., (Schloss Sonneck als Lehen); Georg Ungnad, ohne

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[G 20r] 6

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[R 18] 25

8. Wie Herr Jan Vitovec die Räte des Kaisers in Zelje gefangen nahm

8. Wie Herr Jan Vitovec die Räte des Kaisers in Zelje gefangen nahm

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Nach dem Tod des Grafen Ulrich von Cilli bemächtigte sich der Römische Kaiser der Schlösser und Güter dessen von Cilli, die ihm laut einem Vertrag zugefallen waren, und begab sich daraufhin nach Zelje. Das verdross natürlich einige Ungarn und Deutsche, die jenem zu seinen Lebzeiten nahe gestanden hatten. Es gab nämlich eine Absprache zwischen einigen, die hohe Ämter bekleideten und denen der genannte von Cilli zu diesen Ämtern verholfen hatte und die großen Einfluss beim König hatten. Diese versicherten sich der Zustimmung des Königs und schrieben heimlich an Herrn Jan Vitovec, der lange Zeit der Hauptmann dessen von Cilli gewesen war und der das Land gut kannte, dass er doch im Verborgenen ein Heer zusammenstellen und nach Zelje ziehen möge, um zu versuchen, den Römischen Kaiser oder seine Räte in seine Gewalt zu bringen. Dafür werde ihn König László fürstlich belohnen. Das tat der Vitovec auch und stellte heimlich ein Heer auf. Doch sein Tun wurde dem Römischen Kaiser verraten, der sich in die obere Burg von Zelje zurückzog. Das wusste der Vitovec nicht und dachte, der Kaiser sei noch im unteren Haus in der Stadt. So rückte er am Freitag nach dem heiligen Georg frühmorgens mit seinem Heer an, überfiel die Stadt und fing den Bischof von Gurk, Hans und Georg Ungnad, einen von Stubenberg, den Ledvenko und viele weitere Adelige und ihre Diener. Die Diener ließ er nach der Stellung von Bürgschaftsgeiseln bis zu einem gewissen Tag frei, die Räte setzte er gefangen. Doch es ging die Rede, dass der vorher genannte Vitovec, als er diese Tat beging, ein Rat und Diener des Römischen Kaisers gewesen sei,

Kinder verstorben; Vater: Wolfhart, (Zedler, Sp. 1552). 26 Stubenbergk: Vermutlich Erasmus von Stubenberg († 1466). Jedoch hatte auch Hans III. von Stubenberg (* vor 1429, † 1461) einen Ratstitel inne, vgl. BLKÖ, Bd. 40, S. 125ff. | Ledwenko: Ledwenko von Ruchenau, in anderen Quellen auch Ludwenko, Wencho, Wnacho etc. von Ruchenau (=Remenow), Slowakischer Söldnerführer, Seit 1454 regelmäßig an Kriegsschauplätzen in und um Österreich vertreten, vgl. Schalk S. 136 –142.

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8. Wie her Jan Witomitz gefangen hat des kaisers rétt zu Cili

ander edlerleẃt und ir diener. Den dienernn gab er teg auff stéllung, die rétt behiellt er in venckhnúss, doch was die sag wie der egenant Witowitz des kaisers aufgenomener ratt und diener diezeit, und er die tatt tet, gewesen wár, und davon hett man nicht sargnús gehabt. Er hett aber abgesagt, und die selb absag hett er geschickt gen Gretz, die so pald dem kaiser nicht mocht zuepracht werden etc.

9. Von der gefruer der wein 15.4.1457

Des obgenanten jars an dem karfreitag sind erfroren die weingerten in dem [8vb] lannd ze Osterreich an dem gepirig und in der ében, das desselben jars wenig wein ward, aber er ward guett etc.

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[G 21r]

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10. Von der kunft kunig Laslaus von den Turcken wider gen Wienn 4.6.1457

3.8.1457

Des vorgemelten jars an dem heiligen pfingstabent ist der durchleuchtigist fúrst kunig Lassla seines zugs von den Túrken widerumb komen in sein stat ze Wienn und pracht mit im gefangen Mathiáschen von Hwniad und Paulen Modrer. Die wúrden gehalten im frawnzimer in der púrckh. Darnach des obgenannten jars an Sannd Stephans tag inventionis kómen die edlen herren, her Jorzickh von Cunstat, gubernator des kunigreich zw Pehem, und Ulreich Eytzinger von Eytzing geriten mit ainem ordenlichen zeug under dem gelait künig Lasslaus an die Aussertuennawpruckh, wenn sy in die statt nicht khomen wolten. Darumb sich der durchleuchtig fúrst Lasslaw daselbs hin in aigner person fuegt zw in. Do ward an [9ra] sein kúniklich genad

1 – 4 Den dienernn gab er teg auff stéllung die rétt behiellt er in venckhnúss doch was die sag wie der egenant Witowitz des kaisers aufgenomener ratt und diener] fehlt G(ac). 2 behiellt] schickt G(pc). | er] Vom Schreiber selbst nachgetragen W. 4 die tatt tet] in der Stett dort G(ac). 5 sargnús] ſorgens G(ac). | hett2] fehlt G(pc). 7 so pald dem kaiser] fehlt G(pc). | etc] fehlt G. 17 ze] gen G(ac). 21 inventionis-] fehlt G(ac). | Jorzickh] Georg G(ac), Jorzekh G(pc).

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8. Wie Herr Jan Vitovec die Räte des Kaisers in Zelje gefangen nahm

weswegen man ihm gegenüber keine Bedenken hatte. Er hatte dem Kaiser aber bereits abgeschworen und diese Aufkündigung nach Graz geschickt. Diese konnte dem Kaiser aber nicht mehr rechtzeitig zugestellt werden etc.

5

9. Als die Weinstöcke erfroren In dem oben genannten Jahr am Karfreitag sind in Österreich im Gebirge und in den Tälern die Weinstöcke erfroren, sodass es in diesem Jahr wenig Wein gab. Aber der Wein wurde gut etc.

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10. Von der Rückkehr des Königs László von seinem Zug gegen die Türken nach Wien Im vorher genannten Jahr am Abend vor Pfingsten kam der durchlauchtigste Fürst König László von seinem Zug gegen die Türken zurück in seine Stadt nach Wien und brachte die Gefangenen Mátyás von Hunyadi und Paul Modrer mit sich. Diese wurden in der Frauenstube der Burg gefangen gehalten. Etwas später im oben genannten Jahr, am Tag St. Stephani Auffindung, kamen die edlen Herren Herr Georg von Podiebrad, Landesverweser des Königreichs Böhmen, und Ulrich Eitzinger von Eitzing schwer bewaffnet und unter dem Geleit des Königs László an die äußere Donaubrücke geritten, da sie nicht in die Stadt kommen wollten. Deshalb begab sich der durchlauchtige Fürst László höchstselbst zu ihnen. Da

23 zeug] Zug G. 26 fúrst] Fürſt Khünig G. | in aigner person] fehlt G(ac). 27 fuegt zw in] zue Jnen füegt G(ac).

6 Gretz: Graz, Landeshauptstadt der Steiermark. 21 Jorzickh von Cunstat: Georg von Podiebrad. 23 Eytzing: Eitzing, Ortsteil der Gemeinde Fridolfing, Landkreis Traunstein, Oberbayern, Deutschland.

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10. Von der kunft kunig Laslaus von den Turcken wider gen Wienn

von in begert, das sich sein genad in das kúnigreich Pehem von merckhlicher notturfft wegen fúegen solt. Do ward verrer ein tag gesetzt gen Korennewnburg. 10.8.1457

15.8.1457

¶ Darnach zwhannt an suntag vor Sand Larentzen tag erhub sich kunig Lassla zw Wienn und zoch gen Korennewnburgk. Mit im riten die hochgeporen fúrsten hertzog Albrecht von Osterreich, hertzog Ludweig von Payren, hertzog Ott, und ander fúrstn rétt, die der benannt kunig Lasslaw von ainer bericht wegen zwischen dem rómischen kaiser und sein gen Wienn ze khomen gevodert und gepeten hett, die aber in den sachen zwischen paiden tailen nichts mochten geschaffen. Und als er khom gen Kórenewnburg, zw im fuegt sich der gubernator, der sich enthiellt auff dem Greitschenstain mit herrn Ulreich Eytzinger, und hueb an ze taidingen mit dem kúnig. Der kúnig lued in zehaus, und nach tisch ward aber [9rb] getaidingt. Also zustiessen sich die taiding. Der gubernator rait auff den Greitschenstain, und des morgens vor tags prach er auff und zoch mit herrn Ulreichen Eytzinger gen Schretental, und der kúnig mit den obgenanten fúrsten kert sich gen Wienn. ¶ Darnach zuhannt nach unser lieben frawn tag assumptionis ward verrer ain tag gehalten und gestóssen mit dem gubernator von Pehem zw Schretental. Zw dem selben tag schickt der kunig den erwirdigen in Gott vater heren Ulrichen, bischoff zw Passaw, graff Michelnn von Maidburgk, herren Rúdiger von Starchenwerckh, herren

2 solt] wolt G(ac). 8 rétt] vnd herrn G(ac). 12 geschaffen] ſchaffen G(ac). 14 Greitschenstain] Creüzenſtain G. 15 ze taidingen mit dem kúnig] mit dem Khönig zuethädingen G(ac). 16 kúnig] fehlt G(ac). 18 rait] reitt wid’ G(ac). | Greitschenstain] Chreüzenſtain G. 24 Zw dem selben] denſelbigen G(ac), zu denſelben G(pc). 27 Maidburgk] mainpurg G(ac), magdpurg G(pc).

3 Korennewnburg: Korneuburg, Bezirkshauptstadt, Niederösterreich 7 hertzog Albrecht von Osterreich: Albrecht VI. von Habsburg (* 1418, † 1463), Erzherzog von Österreich. | Ludweig von Payren: Ludwig IX., der Reiche, (* 1417, † 1479), Herzog von Bayern-Landshut (ab 1450). 8 hertzog Ott: Otto II. von

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10. Von der Rückkehr des Königs László von seinem Zug gegen die Türken nach Wien

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wurden Seine Königlichen Gnaden von ihnen aufgefordert, wegen dringlicher Angelegenheiten nach Böhmen zu kommen. Des Weiteren wurde ein Treffen in Korneuburg vereinbart. Gleich danach, am Sonntag vor dem Tag des heiligen Laurentius, brach König László aus Wien auf und zog Richtung Korneuburg. Mit ihm ritten die hochgeborenen Fürsten Herzog Albrecht von Österreich, die Herzöge Ludwig und Otto von Bayern und die Räte anderer Fürsten, die der genannte König László aufgefordert und gebeten hatte, nach Wien zu kommen, um zwischen ihm und dem Römischen Kaiser zu vermitteln. Allerdings konnten sie in dieser Angelegenheit zwischen den beiden Parteien nichts erreichen. Als er nach Korneuburg kam, stieß der Landesverweser zu ihm, der sich auf dem Kreuzenstein mit Herrn Ulrich Eitzinger aufgehalten hatte, und begann Gespräche mit dem König. Der König lud ihn zu sich ein, und nach dem Essen wurde abermals verhandelt. Doch die Verhandlungen scheiterten. Der Landesverweser ritt auf den Kreuzenstein. Am nächsten Morgen, noch vor Tagesanbruch, brach er auf und zog mit Herrn Ulrich Eitzinger Richtung Schrattenthal. Und der König zog mit den vorher genannten Fürsten nach Wien. Gleich darauf, nach Mariä Aufnahme in den Himmel, wurde ein weiterer Rat mit dem Landesverweser von Böhmen einberufen und in Schrattenthal abgehalten. Zu dieser Versammlung schickte der König den ehrwürdigen Vater in Gott, Herrn Ulrich, Bischof von Passau, Graf Michael von Maidburg, Herrn Rüdiger von Starhemberg, Herrn Georg von Puchheim, Georg Perckhaimer und

Braunschweig-Göttingen, (* um 1380, † 1463), aus der Familie der Welfen, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Fürst im Fürstentum Göttingen (ab 1394). 14 Greitschenstain: Burg Kreuzenstein, nahe Leobendorf, Bezirk Korneuburg, Niederösterreich. 20 Schretental: Schrattenthal, Stadtgemeinde im Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich. 26 Michelnn von Maidburgk: Michael Graf von Maidburg-Hardegg (* um 1420, † 1483), Burggraf, kaiserlicher Hofrichter, Landmarschall der Niederösterreichischen Landesstände (1475–1483). 27 Rúdiger von Starchenwerckh: († 1476), Landmarschall des Herzogtums Österreich (1441–1446), Rat und Kämmerer Ladislaus Postumus (1455 –1457), 1457–1463 für Hzg. Sigmund den Münzreichen tätig.

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10. Von der kunft kunig Laslaus von den Turcken wider gen Wienn

11.11.1457

Jórgen von Puechaim, Jórgen Perckhaimer und Kúnradten Holtzler unnd enpfalich in umb all zwitrechtig sachen zetaiding mit dem gubernator. Die yetz benantten herren fuegten sich gen Retz und riten teglich gen Schretntal und beschlussen daselbs menig artickel, darumb sy vormalen [9va] zwitrechtig waren gewesen, und ward gemacht ein gantze ainigung. Doch so wardt zevórdrist geredt, das sich der durchleuchtigist fúrst kunig Lassla zwischen der selben zeyt und Sannd Merten tag solt fúgen gen Pehem, wenn solten die rett die taiding gegen dem gubernator haben abgeslagen, so was er nu mitt seinem volk beraitt unnd wolt zogen sein in das lanndt Osterreich und seine herren mit gewalt haben erfordert an, die so innheten und regierten. Das wessten die rett und underkomen das mit beschliessung der taiding.

[G 23r] 5

10 [R 20]

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11. Von kunig Laslas zug gen Prag 19.9.1457

In dem selben jar an montag vor Sand Matheus tag ist der durchleuchtig fúrst kunig Lassla zw Wienn ausgetzogen gen Prag. Daselbs vertigt er sein ersame pottschaft zw ziechen zw dem kunig von Franckreich und daselbs beslussen die heyrat zwi[9vb]schen seiner tochter und sein. Dieselben erwúrdigen und edlen senndpoten sich auf das allerkostlichist zúrichten auff die raiss mit iren guldein klaidernn und pferdten, dem fúrsten zu lob und eren. Und warden von Osterreich geschickt mit namen herr Ulreich, pischoff ze Passaw, mit XXXII pferdten, die alle apfelgrab waren, und sein diener auff den pferdten hett er gekhlaitt in ain gewannt roter varib, Her Rúediger von Starhenberg

1 Jórgen Perckhaimer und Kúnradten Holtzler] fehlt G(ac). 2 zwitrechtig] zwiphalch od' zwitrachtig G(pc). 3 zetaiding mit dem gubernator] mit dem G u b e r n at o r zue thädingen G. 4 Schretntal] Schwättenthal G. 7 so] fehlt G(ac). 12 lanndt] Lanndt das G(ac). 17 an] am G. 18 durchleuchtig] Durchleüchtigiſt G. 19 ersame] ſtattliche G(ac). 20 von] zue G(ac). 23 allerkostlichist] Aller Khöſtlichs G(ac). 27 hett] hat G.

1

Jórgen von Puechaim: Georg II. von Puchheim (* 1390, † um

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[G 23v]

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10. Von der Rückkehr des Königs László von seinem Zug gegen die Türken nach Wien

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Konrad Hölzler und befahl ihnen, alle Streitpunkte mit dem Landesverweser zu verhandeln. Die eben genannten Herren begaben sich nach Retz und ritten täglich nach Schrattenthal, beschlossen dort viele Punkte, über die sie zuvor uneins gewesen waren, und es wurde eine völlige Einigung erzielt. Zuvor war schon besprochen worden, dass der durchlauchtigste Fürst König László zwischen derselben Zeit und dem Tag des heiligen Martin nach Böhmen ziehen sollte. Denn wenn die Räte ihre Verhandlungen mit dem Landesverweser abbrächen, stünde dieser ja mit seinem Heer schon bereit und wäre schon nach Österreich gezogen und würde die Herren, die es regierten und innehatten, mit Gewalt herausgefordert haben. Das wussten die Räte und verhinderten es mit ihrem Beschluss.

11. Vom Zug des Königs László nach Prag

20

25

Im selben Jahr am Montag vor dem Tag des heiligen Matthäus ist der durchlauchtige Fürst König László von Wien nach Prag gezogen. Dort rüstete er seine ehrbaren Boten aus, um zum König von Frankreich zu ziehen und dort die Heirat zwischen dessen Tochter und ihm selbst zu veranlassen. Diese ehrwürdigen und edlen Sendboten statteten sich für die Reise auf das Allerprächtigste mit ihren goldenen Kleidern und Pferden aus, ihrem Fürsten zu Lob und Ehre. So wurden aus Österreich Herr Ulrich, Bischof von Passau, mit zweiunddreißig Pferden, die alle apfelgrau waren – seine Diener auf den Pferden hatte er in rote Gewänder gekleidet –, Herr Rüdiger von Starhemberg

1458), Rat Friedrichs III. und von Ladislaus Postumus. | Jórgen Perckhaimer: Jörg Perkheimer († 1486), 1455 –1486 Dompropst des Kapitels zu Pressburg und wirkte als Pronotar und Diplomat für die Kurie, König Ladislaus Postumus, Kaiser Friedrich III. und König Matthias Corvinus. | Kúnradten Holtzler: Konrad Hölzler der Jüngere († nach 1478), Ratsherr (1449, 1452, 1466 und 1468), Hubmeister (1452–1453, 1455–1457, 1466–1478), Bürgermeister (1450–1451, 1455), Ritter (seit 1438). 4 Retz: Stadtgemeinde im Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich. 20 kunig von Franckreich: Karl VII. von Frankreich (* 1403, † 1461), König von Frankreich (1403–1461).

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11. Von kunig Laslas zug gen Prag

und her Oswalt Eytzinger. Von Ungernn waren gesannt der pischoff von Colotschan und sunst zwen ungrischen herren, die sich auff das kóstlichist hetten zuegericht, und auch von Pehem zwen herren. Und die leẃt sagten zw Pariss, das sy in menigen jaren ein als kostliche pottschafft nye gesechen hyeten. ¶ Her Kúnratt der Hóltzler was dietzeit huebmaister in Osterreich und nam im fúr mer gewalt, den er villeicht hett, [10ra] und wollt auch den kúnig regieren, darumb er im vil ungunst gegen dem gubernator ze Pehem, herren Ulrichen Eytzinger, ettlichen herren von Osterreich und anderem gemainen volkh macht, der kom auch mit dem kunig gen Prag geriten. Nu hett man vor langer zeitt zw Wienn mit im geredt, das er dar ob wér, daz die pottschafft gen Franckhreich mit notdurftiger zerung fúrgesehen wúrd, darauff er albeg antwúrt, man bedórfft darumb nit sargen, er wolt sy wol fúrsehen. Er pracht auch in seinem ambt zewegen kóstliche herschafft und geslosser mit namen Guetenstain und Klingbergk der er sich nicht ein wenig tróst. Und als der kunig ze Prag die senndtpoten gen Franckhreich mit brieffen und anderen bevelhennússen hett abgevértigt, do ward der Hóltzler umb die zerung angelangt. Der antwúrt, er hiett nicht gellt. Darumb [10rb] satzt in der gubernator und die rétt des kúnigs nicht ein wenig zu red unnd hielten im fúr, er hiet albeg geredt, man bedorfft umb die zerung nicht sargen, wie nu die sach stuennd. Er antwurt, wie er wer vertrost warden mit gellt das im aber nicht geantbúrt wer warden. Die herren prachten die sach an den kúnig. Do ward in dem ratt beschlossen von etlichen reten, man solt in nemen zu hannden, wenn er dem kúnig mit sólicher vertróstung grosse sméch pebeist hiett. Allso ward er gefangen und zu Prag gesetzt in ainen tuernn, darinn er was úber das jar. Do

1 waren] wuerden G. 5 ein als kostliche] Khain ſo ſtattliche G(ac). 12 der] Schreiberkorrektur von dem zu der W. | kom] khäm G. 16 bedórfft] darff G(ac). 17 sy wol] ſich darumb nicht G(ac), ſich wol G(pc)4. | in seinem ambt zewegen] zuewegen in ſeinem Ambt G(ac). 19 Klingbergk] Khlinburg G(ac). | er] fehlt G(ac). 21 bevelhennússen] beuelhen G(ac). 24 nicht ein wenig] fehlt G. 25 er] wie Er G(ac). 29 die sach an den kúnig] dem Khonig die ſach für G(ac). | ratt beschlossen] beſchloſen Rath G(pc). 30 solt] ſoll G.

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[G 24r]

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[G 24v] 16 [R 21]

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11. Vom Zug des Königs László nach Prag

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und Herr Oswald Eitzinger geschickt. Von Ungarn wurden ebenfalls Gesandte geschickt, wie der Bischof von Kalocsa und noch zwei ungarische Herren, die auf das Kostbarste ausgestattet waren, und auch zwei Herren aus Böhmen. Und die Menschen in Paris sagten, dass sie in vielen Jahren nie so prachtvolle Boten gesehen hätten. Herr Konrad Hölzler war zu dieser Zeit Hubmeister in Österreich und nahm sich dort mehr Macht, als ihm zustand, und wollte sogar den König regieren. Dadurch machte er sich beim Landesverweser von Böhmen, Herrn Ulrich Eitzinger, bei etlichen Herren von Österreich und auch beim gemeinen Volk unbeliebt. Auch er kam mit dem König nach Prag geritten. Nun hatte man ihm vor langer Zeit in Wien aufgetragen, dass er dafür sorgen solle, die nach Frankreich reisenden Boten mit allem erforderlichen Proviant auszustatten. Darauf hatte er immer geantwortet, man solle sich deshalb keine Sorgen machen, denn er werde sich gut um sie kümmern. Durch sein Amt verfügte er über reiche Pfründe und Schlösser, namentlich Gutenstein und Klingenberg, durch die er nicht wenig einnahm. Und als der König in Prag die Boten nach Frankreich mit Sendschreiben und anderen Aufträgen ausgestattet hatte, wurde der Hölzler auf die Verpflegung angesprochen. Dieser antwortete, er habe das nötige Geld nicht. Deswegen stellten ihn der Landesverweser und die Räte des Königs eindringlich zur Rede und hielten ihm vor, dass er stets beteuert habe, man müsse sich um die Verpflegung nicht sorgen, und fragten, wie es nun um die Sache stehe. Er antwortete, ihm sei Geld zugesichert worden, das er aber nie erhalten habe. Die Herren brachten die Angelegenheit vor den König. Da wurde im Rat von etlichen Räten beschlossen, man solle ihn unverzüglich gefangen setzen, weil er dem König mit diesem Bruch seines Versprechens große Schmach bereitet habe. Also

1 Oswalt Eytzinger: Oswald von Eitzing, Freiherr (* um 1400, † um 1480), jüngerer Bruder Ulrichs von Eitzing. 2 pischoff von Colotschan: (* um 1425, † 1471), Kardinal (1467), Bischof von Kalocsa (1457–1471). | Colotschan: Kalocsa, dt. Kollotschau, Stadt im Komitat Bács-Kiskun, Ungarn. 19 Guetenstain: Burg nahe der gleichnamigen Gemeinde im Bezirk Wiener Neustadt-Land, Niederösterreich. | Klingbergk: Burg Klingenberg, tschech. Zvíkov, im Okres Písek, Tschechien.

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11. Von kunig Laslas zug gen Prag

ward er ledig umb XIIII tausent guldein. Das guett ward im und seinem prueder Leopolten zu Prag alles genomen und seine geslósser wúrden im angewunnen. Der selb Hóltzler hett sich auch underwunden des gefangen grafen Mathiáschen von Huniad und gefúrt auf [10va] Lempach, daselbs in her Sigmund Eytzinger und anderen herren nach geschefft des kunigs namen und fúrten in gen Prag, und nach abgang des kunigs ward er ledig von dem gubernator umb fúnfftzig tausent gulden. Der benandt Mathiásch nam darnach zw ainer gemáhel des gubernator weibs swester tochter, die im ward geantwurt gen Trentsch. Darnach fúrt man sey gen Ofen und er ward kunig in dem kunigreich ze Ungernn und lóst die kron von dem rómischen kaiser umb LXXX tausent guldein, domit man ze Weissenburg hat gekrónt.

28.10.1457

31.10.1457

¶ Desselben jars an Sand Symon und Jude tag khomen gen Wienn die edlen herren her Ulreich Eytzinger von Eytzing und Sigmund Eytzinger, her Nicklas Trucksetz und der Fritzestorffer und ander rett und setzten ab den purgemaister, richter und ratt von unverschulter sach, und setzten hinwider Jacoben Starchen [10vb] zw einem purgermaister, Hanns Angervelder zw einem richter und ander ettlich purger ze ratt. Daraus groz red gieng in der statt, das man den erberen ratt allso hett abgesetzt, und das geschach an aller heiligenabent, das nicht gewóndlich was,

1 guldein] Cronen G(ac). 3 wúrden im angewunnen] Im auch genommen G(ac), Im angewonnen G(pc). 6 her] der herr G(ac). 11 weibs swester tochter] filiam G(pc)3. 13 ze] fehlt G(ac). 14 LXXX] G(ac), 70. | guldein] Chronen G(ac). | man] man Ine G. 16 Symon] Simonis G(ac), Simonia G(pc). 17 her] herrn G(pc). 20 unverschulter] vnſchueldter G(ac). 22 Hanns Angervelder] Englfeldten G(ac), Hanns Angenfeldten (Streichung ev. vom Korrektor selbst) G(pc). 24 und das geschach an aller heiligenabent-] fehlt G(ac). 25 gewóndlich] gewonhait G.

2 Leopolten: Leopold Hölzler der Jüngere, 1451 als Kämmerer Friedrichs III. belegt, [RI XIII] H. 13 n. 194; [RI XIII] H. 13 n. 195. 6 Sigmund Eytzinger: Sigmund von Eitzing, Vetter Ulrichs, Forstmeister (in Österreich), Rat Friedrichs III. 11 weibs swester

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[G 25v] 10

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11. Vom Zug des Königs László nach Prag

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wurde er gefangen genommen und in Prag für den Rest des Jahres in einen Turm gesperrt und schließlich für vierzehntausend Gulden freigelassen. Seine Güter und die seines Bruders Leopold wurden ihnen in Prag entzogen, und seine Schlösser wurden ihm gewaltsam genommen. Derselbe Hölzler hatte sich auch des gefangenen Grafen Mátyás von Hunyadi bemächtigt und ihn nach Lembach gebracht, von wo aus er von Herrn Sigmund Eitzinger und anderen Herren auf Geheiß des Königs nach Prag geführt wurde. Und nach dem Tod des Königs wurde er vom Landesverweser um fünfzigtausend Gulden freigekauft. Jener Mátyás heiratete daraufhin die Nichte der Frau des Landesverwesers, die ihm in Trenčín übergeben wurde. Danach führte man die beiden nach Ofen und er wurde ungarischer König. Er kaufte die Krone vom Römischen Kaiser um achtzigtausend Gulden zurück und wurde in Stuhlweißenburg damit gekrönt. Im selben Jahr am Tag des heiligen Simon und heiligen Judas kamen die edlen Herren Herr Ulrich Eitzinger von Eitzing und Sigmund Eitzinger, Herr Niklas Truchsess von Staatz, Sigmund von Fritzesdorf und andere Räte nach Wien und setzten Bürgermeister, Stadtrichter und Stadtrat ohne deren Verschulden ab. Stattdessen setzten sie Jakob Starch als Bürgermeister, Hans Angerfelder als Richter und etliche andere Bürger als Räte ein. Dadurch kam in der Stadt viel Gerede darüber auf, dass man den ehrbaren Rat in solcher Weise abgesetzt hatte, und noch dazu am Tag vor Allerheiligen. Es war nicht Sitte, den Rat zu dieser Zeit

tochter: Tatsächlich heiratete Mathias Corvinus die Tochter Podiebrads. Auch Hand 3 der Hs. G bessert unter Berufung auf Antonio Bonfinio auf filiam. | Trentsch: slowak. Trenčín, Hauptstadt des Bezirks Okres Trenčín, Slowakei. 15 Weissenburg: Székesfehérvár, dt. Stuhlweißenburg, Ungarn. 18 Nicklas Trucksetz: Niklas Truchsess von Staatz, Mitglied des österr. Landadels, Hauptsitz in Staatz, Niederösterreich (1451/52), Hubmeister 1455 – 57) 19 Fritzestorffer: Vermutlich Sigmund von Fritzelsdorf, vgl. Opll 1995, S. 157 und 170 bzw. Vancsa, S. 660, zu den Fritzesdorfern siehe Wißgrill Bd. 3, S. 105 –109. 21 Jacoben Starchen: Jakob Starch († 1468/1471), Stadtrichter (1454, 1455), Bürgermeister (1457–1460), Ratsherr (1463, 1464), Studentenrichter (1452), Ritter (ab 1463). 22 Hanns Angervelder: Hans Angerfelder der Jüngere († nach 1479), mehrfach Ratsherr (zwischen 1440 und 1471), Stadtrichter, Steuerherr, Hausgenosse.

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11. Von kunig Laslas zug gen Prag

2.11.1457

den ratt zw der zeytt abzesetzen und auftzesetzen. Darumb so erstuendt gross zwitrecht under den purgern als sich dann das hernach wol ertzaigett. ¶ Desselben jars an mitichen nach allerheiligen tag erhebt sich ze Wienn Ulreich Eytzinger mit den pehemischen reten und wollten verrichtung getan haben zwisschen dem rómischen kaiser und kunig Lasla. Nach meniger swerung und hertn taiding so die obgenanten herren mit dem rómischen kaiser getan heten, mochten sy von seinen kaiserlichen genaden kain bericht nicht erlangen, doch zum letzten hielten die herren seinen kaiserlichen genaden fúr ettlich weg, die do dientten zw der bericht. [11ra] Darin sich der rómisch kaiser gab und allso wurden an dem obgenanten tag die allerdúrleuchtigisten fúrsten und herren, der rómisch kaiser und kunig Lasla mitsambt iren lannden und leúten durch die egemelten herren gantz geaint und verricht. Darnach fuegt sich der Eytzinger mitsambt den pehemischen herren gen Pettaw, daselbs sy auch verrichten den Witowitz und den rómischen kaiser.

12. Von dem tod kunig lasslaws 23.11.1457

Desselben jars an Sand Clementen tag ist der durchleuchtig fúrst und herr her Lassla, kunig zw Ungernn und zw Pehem und hertzog zu Osterreich unnd margraf zw Mérhernn etc., mit emphahung der heiligen sacrament seins alters im achzehendten jar mitt grosser andacht verschaiden zu Prag in der statt in seinem kunigklichem hauss und ist warden begrabenn daselbs in dem grab kaiser Karls, seins úren, auff Sand [11rb] Wentzla Perg. Den

1 und auftzesetzen] fehlt G(ac). 2 so] fehlt G(ac). 3 dann das hernach wol] dannach G(ac). 4 Desselben] Deſſelbigen G. 6 getan] fehlt G(ac). 7 rómischen] Beheimiſchen (von Schreiber gestrichen) G(ac). | meniger swerung] ſchwären G(ac), manigen ſchwären G(pc). 8 taiding] Thädung_ G(ac). | mit] wider G(ac). 10 nicht] fehlt G(ac). 14 obgenanten] obbenanten G. 15 und kunig Lasla] fehlt G(ac). 16 egemelten] obgemelten G(ac). 17 Eytzinger] Herr Eizinger G(ac). 22 durchleuchtig] durchleüchtigiſt G(pc). | her Lassla kunig] Khünig Laſsla G(ac). 23 und1] fehlt G(pc). 24 etc] fehlt G. 28 úren] vrenl G(ac).

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11. Vom Zug des Königs László nach Prag

des Jahres ab- und einzusetzen, und das führte zu großer Zwietracht unter den Bürgern, wie sich später noch zeigte.

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Im selben Jahr am Mittwoch nach Allerheiligen begannen in Wien Ulrich Eitzinger und die böhmischen Räte mit der Vermittlung zwischen dem Römischen Kaiser und König László. Nach vielen Verschwörungen und harten Verhandlungen, die die oben genannten Herren mit dem Römischen Kaiser geführt hatten, konnten sie mit Seiner Kaiserlichen Gnaden keine Einigung erzielen. Doch schlussendlich brachten die Herren Seiner Kaiserlichen Gnaden einige Möglichkeiten vor, die einer Einigung dienlich sein könnten. Damit erklärte sich der Römische Kaiser einverstanden. Also wurden an diesem Tag die allerdurchlauchtigsten Fürsten und Herren, der Römische Kaiser und König László, samt Ländern und Leuten durch die genannten Herren vollkommen geeint und versöhnt. Danach zogen der Eitzinger und die böhmischen Herren nach Pettau, wo sie den Vitovec und den Römischen Kaiser miteinander versöhnten.

12. Vom Tod des Königs László Im selben Jahr am Tag des heiligen Klemens ist der durchlauchtige Fürst und Herr, Herr László, König von Ungarn und von Böhmen und Herzog von Österreich und Markgraf von Mähren etc., nachdem er die heiligen Sakramente empfangen hatte, in seinem achtzehnten Lebensjahr in tiefer Andacht in seiner königlichen Residenz in Prag verschieden. Dort wurde er auch im Grab Kaiser Karls, seines Urgroßvaters, auf dem Wenzelsberg beigesetzt. Den schmerzlichen Tod haben seine getreuen Untertanen, Arme wie Reiche, Adelige und Nichtadelige, im Land Österreich und vor allem in der Stadt Wien mit heißen Tränen beweint. Denn nach seinem Tod wurde das

18 Pettaw: Pettau, slow. Ptuj, Slowenien. 24 Mérhernn: Markgrafschaft unter böhmischer Oberhoheit. 28 Karls: Karl IV. von Luxemburg (*1316, + 1378); röm.-dt. König (ab 1346), König von Böhmen (ab 1347), König von Italien (seit 1355) und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (ab 1355).

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12. Von dem tod kunig lasslaws

19.12.1457

sendlichen tod haben beklagt mit haissen zehernn sein getrew untertan armm und reich, edl und unedel in dem lannd zw Osterreich und nemlich in der stat ze Wienn, wenn nach seinem tod das lannd ze Osterreich mit nam, raub, prannt und huldigung nahent an allen endten also ist beschedigt und verbúgst warden, das vor nye erhórt ist warden, als hernach davon geschriben ist. ¶ Dessselben jars an montag vor Sannd Tamans tag khomen wider gen Wienn von dem rómischen kaiser her Ulreich der Eytzinger mitsambt den pehemischen herren. Dem selben Eytzinger das gemain volkh grosse schuld gab, wie er iren herrenn umb das leben gen Prag aus dem lannd Osterreich gefúrt hiett, unnd erstuenden red under dem volkh, wie man dem unschuldigen lemplein und gottvarchtigen fúrsten, der in seiner jugent was ein liebhaber [11va] der gerechtigkait, ein beschúermer der armen, solt vergeben haben. Ettlich sprachen, er wer gestarben an der pestilentz, und gie ain red hin, die ander her. Der durchleuchtig fúrst ist in seiner jugennt gewesen ein fliecher aller untzimlicher úbel und póshait, und wenn in der von Cili und ander fúrten zu frawen, pei den was er schemmig, und so er sach untzúchtig und unersam ding, so winckt er albeg ainem, dem er vertrawtt und patt in, das er in haimlich da von precht. Darnach ward fúrgenomen von den namhafftigen herren des lanndts ze Osterreich ain regír untz auff zesamkomung der lanndtschafft, und ward zwayung under den herren im lannd und sunderlich under den púrgen zw Wienn, dar aus hernach vil gross úbels entsprungen ist.

1 sendlichen] ſchendtlichen G. | haben beklagt] beklagten G(ac). 4 – 7 wenn nach seinem tod das lannd ze Osterreich mit nam raub prannt und huldigung nahent an allen endten also ist beschedigt und verbúgst warden das vor nye erhórt ist warden als hernach davon geschriben ist] fehlt G(ac), Wenn nach ſeinem Todt dz Landt zu Osterreich mit Namb , Raub prandt vnnd huldigung , nahent an allen Ennd_ alſo iſt beſchedigt vnd verwüegſt word_ dz vor nie iſt erhört word_ alſs hernach daruon geſchribn iſt G(pc). 10 der] fehlt G(ac). 13 unnd] Vnnd es G(ac). | red] reden G(ac). 15 seiner jugent] ſeinem Leben G(ac). 17 sprachen] ſagten G(ac).

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12. Vom Tod des Königs László

Land Österreich fast an allen Ecken und Enden durch Plünderung, Raub, Brandschatzung und Huldigung geschädigt und verwüstet, wie man es zuvor noch nie gehört hatte und wie im Folgenden geschrieben steht.

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Im selben Jahr am Montag vor dem Tag des heiligen Thomas kehrten Herr Ulrich Eitzinger und die böhmischen Herren vom Römischen Kaiser wieder zurück nach Wien. Das gemeine Volk beschuldigte den Eitzinger, er habe ihren Herrn aus dem Land Österreich nach Prag geführt und ihn damit umgebracht. Das Volk munkelte, dass man das unschuldige Lämmlein, den gottesfürchtigen Fürsten, der in seinen jungen Jahren ein Liebhaber der Gerechtigkeit und ein Beschützer der Armen gewesen war, vergiftet habe. Einige sagten, er sei an der Pestilenz gestorben, und so ging das Gerede hin und her. Der durchlauchtige Fürst scheute in seiner Jugend alle unziemlichen Übel und Laster. Wenn ihn der von Cilli und andere zu Frauen führten, so war er stets verschämt. Wenn er unzüchtige oder ehrlose Dinge sah, winkte er jemanden zu sich, dem er vertraute, und bat ihn darum, ihn heimlich wegzubringen. Danach regierten einflussreiche Herren des Landes Österreich bis zum nächsten Zusammentreffen der Landstände, und es war große Uneinigkeit unter den Herren des Landes und insbesondere unter den Wiener Bürgern, woraus später noch großes Übel hervorging.

19 gewesen ein fliecher] ain flieher geweſen G. 21 und] od' G. fúrten] Fürſten G(ac), füertn G(pc)5. 22 schemmig] gſchamig G(ac). | unersam] vnuerſchambt G(ac). 24 precht] hülff G(ac), bracht G(pc). 25 namhafftigen] Maiſtn G(pc). | des lanndts] das Lanndt G. 26 auff] auff die G(ac). | zesamkomung] zueſamen Khunfft G(ac), zuſamen Khummung G(pc). 28 hernach] fehlt G(ac). | úbels] vbel G(pc).

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12. Von dem tod kunig lasslaws

18.2.1458

¶ Der durchleuchtig fúrst kunig Lassla het im fúrgenomen zw ainer gemáhel junckfrawnn Magdalen, des kunigs von Franckreich tochter, zu der [11vb] er daselbs hinsendet sein trefflich pottschafft von seinen kunigreichen und fúrstentumen, mit namen von dem kunigreich ze Ungernn den pischoff von Colotz und Lasslawen von Polotz, von Pehem herren Zdencken von Sternnberg und den Terska, von Osterreich den pisschoff von Passaw, Ruedigernn von Starhenberg und Oswalt Eytzinger, wol als auf funfhundert pferd. Und als die vorgenanten sandtpoten mit dem kunig von Franckreich die heyrat beslossen heten, do kom pottschafft, wie der obgenant durchleuchtig fúrst kunig Lassla mit dem tod verschaiden wer. Do das kom an die junckfrawnn und an ir vater und mueter, do hueb die junckfraw an ze klagen und ze weinen, und der kunig liess do dem fúrsten kunig Lasslawen zw Turóni gar kóstlich pegén. Und nach sólichem klaglichem fal zugen die herren von Franckreich von dann und kherten wider in ir haimmwesen und khomen gen Passaw an dem [12ra] freitag vor Vasnacht in dem achtundfunffzigistem jar.

1458

13. Anno Domini M° CCCC° LVIII° Nach abganck des durchleuchtigisten fúrsten kunig Lasslaws sind zw dem lannd ze Osterreich gewesen drei erben mit namen her Fridreich, der romisch kaiser, hertzog Albrecht, sein prueder, und hertzog Sigmund, ir véter.

1 durchleuchtig] durchleüchtigſt G(ac). | kunig Lassla] fehlt G(ac). 2 junckfrawnn] fehlt G(ac). | kunigs] fehlt G. 3 daselbs hinsendet sein trefflich pottschafft] ſein pottſchafft ſandt G(ac), hinſent ſein Treflich pottſchafft G(pc). 6 – 8 von Pehem herren Zdencken von Sternnberg und den Terska von Osterreich] fehlt G(ac). 8 Ruedigernn von Starhenberg und Oswalt Eytzinger] fehlt G(ac). 9 als] fehlt G(ac). 12 obgenant] fehlt G. 13 Do] D†† G(ac). 14 do] die G(ac). 18 von1] zue G. 19 an dem] am G. 22 durchleuchtigisten] durchleüchtigen G.

2 Magdalen: Magdalena von Frankreich (* 1443, † 1495) , Tochter von Karl VII. von Frankreich und Marie d'Anjou, Verlobte von Ladislaus Postumus. 6 pischoff von Colotz: Stephanus VI. de

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[R 24] 5

10 [G 28v]

15

20

[G 29r]

25

12. Vom Tod des Königs László

5

10

15

20

Der durchlauchtige Fürst König László hatte die Jungfrau Magdalena, die Tochter des Königs von Frankreich, zu seiner Gemahlin erwählt. Er sandte die besten Boten seines Königreiches und der Fürstentümer aus, namentlich aus dem Königreich Ungarn den Bischof von Kalocsa und László von Polotz, aus Böhmen den Herrn Zdenko von Sternberg und den Terska und aus Österreich den Bischof von Passau, Rüdiger von Starhemberg und Oswald Eitzinger mit gut fünfhundert Pferden. Als die vorher genannten Boten mit dem französischen König die Vermählung beschlossen hatten, da erreichte sie die Nachricht, dass der durchlauchtige Fürst König László verstorben sei. Als dies die Jungfrau, ihr Vater und ihre Mutter erfuhren, begann die Jungfrau zu klagen und zu weinen. Der König ließ für den Fürsten König László in Tours eine besonders prächtige Gedenkfeier ausrichten. Nach diesem tragischen Ereignis verließen die Herren Frankreich und kehrten in ihre Heimat zurück und erreichten Passau am Freitag vor der Fasnacht im Jahr 1458.

13. Anno Domini 1458

25

Nach dem Tod des durchlauchtigsten Fürsten König László gab es im Land Österreich drei Erben, nämlich Herrn Friedrich, den Römischen Kaiser, dessen Bruder Herzog Albrecht und deren Vetter Herzog Sigmund.

Varda, Kardinal, Bischof von Kalocsa (1457–1471). | Lasslawen von Polotz: Ladislaus von Politz, vermutlich aus dem heutigen Police nad Metují, deutsch: Politz an der Mettau. 7 Zdencken von Sternnberg: Zdenko von Sternberg auf Konopischt (* 1410, † 1476), Böhmischer Adeliger, Diplomat. | Terska: († 1468), Burgherr auf Lipnicz und Lichnice (Lichtenburg), Utraquistenführer, Böhmischer Gesandter Ladislaus Postumus zur Brautwerbung nach Frankreich. Identifizierung unsicher. In der ÖC Terska, in der CA Burianus de Lipnitz alias Tarschko. 8 Ruedigernn von Starhenberg: Rüdiger von Starhemberg VII. († 1480), Landmarschall von Niederösterreich, Rat und Kämmerer von Ladislaus Postumus. 10 kunig von Franckreich: Karl VII. (* 1403, † 1461), König von Frankreich (1403 –1461). 14 mueter: Marie d’Anjou (* 1404, † 1463), Königin von Frankreich (ab 1422). 25 hertzog Sigmund: (* 1427, † 1496), auch Sigmund der Münzreiche, Herzog von Tirol (ab 1427).

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13. Anno Domini M° CCCC° LVIII°

21.1.1458

¶ Des benanten jars ward von den regierernn des lannds ausgeschriben ein lanndtag, der ward gesetzt auf Sand Agnesen tag gen Wienn, das durch gemaine lantschaft solt betracht werden, wie man sich gegen den obgenanten herren und fúrsten mit gehorsamb halten solt. Da ward ainhelliklichen durch die vier parthei des lannds beslossen, das man khainemtail solt gehorsam sein noch tuen, untz sich die herren frewntlich miteinander verainten. Wenn yeder tail wolt haben die regir des lannds, es pelaib auch nach dem tag das lanndt Osterreich mit regir unbe[12rb]setzt. Dann her Ulreich der Eytzinger, der von Schawnbergk, der von Maidbergk und der von Wallsee prachten dennoch von dem romischen kaiser und den zwain fúrsten ze wegen, das man in enphalich die regier untz auff ein künfftigen lanndtag, die das lanndt regierten in namen der lanndschafft.

5

[G 29v] 10 [R 25]

15

14. Wie der Mathiasch ze ainem kunig ze Ungeren erwelt ward

6.1.1458

Desselben jars nach abgang kunig Laslaws haben die ungerischen herren und die lantschafft daselbs in Ungeren ain landtag gehabt auff der haid pey Ofen auff der heiligen drey chunigen tag. Daselbs die gemain mit hillf des Tzelagy Michel, der starckh bei dem benanten lanndtag was, für namen und erwelten graf Mathiáschen, der dennoch in des gubernator von Pehem venckhnúss was, zw ainem kunig. Das [12va] ser muett ettlich móchtig ungrischen herren. Doch getórsten sy wider die gemain landschafft nicht reden. Wann solich fúrnemen und

1 jars] Jar G(pc). | regierernn] Regierer G(pc). 3 Agnesen] Agnes G(pc). 5 Da ward ainhelliklichen durch] dadurch G(ac). 6 ainhelliklichen] ainhellilliklichen W. 7 sein noch tuen] ſein G(ac), Thuen G(pc). 10 dem] den G. 13 dennoch] denn G(pc). 14 in enphalich] Jnen empfalhe G(ac), Jn Lieſs G(pc). 19 kunig] des G(ac). 26 ser muett] vermuetten G(ac). 27 herren] fehlt G(ac).

11

der von Schawnbergk: Bernhard von Schawnberg († 1473),

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20 [G 30r]

25

13. Anno Domini 1458

5

10

15

Im genannten Jahr wurde von der Regierung des Landes ein Landtag ausgeschrieben, der am Tag der heiligen Agnes in Wien stattfinden sollte und auf dem von den Landständen beratschlagt werden sollte, wie man es gegenüber den oben genannten Herren und Fürsten mit dem Gehorsam halten werde. Da wurde von den vier Parteien des Landes einhellig beschlossen, dass man gegenüber keinem der Herren gehorsam sein noch ihm huldigen werde, bis sich diese untereinander geeinigt hätten. Da aber jeder Einzelne die Regierung des Landes für sich beanspruchte, blieb das Land Österreich auch nach diesem Landtag ohne Regierung. Dennoch brachten Herr Ulrich Eitzinger, der von Schaunberg, der von Maidberg und der von Wallsee den Römischen Kaiser und die beiden Fürsten dazu, ihnen die Regierungsgeschäfte bis zu einem neuerlichen Landtag zu übertragen, sodass sie im Namen der Landstände das Land regierten.

14. Wie Mátyás Corvinus zum ungarischen König gewählt wurde 20

25

30

Im selben Jahr nach dem Tod des Königs László hielten die ungarischen Herren und die Landstände in Ungarn auf der Heide bei Ofen am Dreikönigstag einen Landtag ab. Dort bestimmte und erwählte die Versammlung mit Unterstützung des Michael Seladij, der großen Einfluss auf jenem Landtag hatte, den Grafen Mátyás, der zu dieser Zeit noch in der Gefangenschaft des Landesverwesers von Böhmen war, zum König. Das empörte etliche mächtige ungarische Herren, doch sie wagten es nicht, den versammelten Ständen zu widersprechen. Denn man hatte im ungarischen Reich in vielen hundert Jahren noch nie

kaiserlicher Rat und Landmarschall in Österreich (1447), Rat von König Ladislaus Postumus, in den 1460er-Jahren stand im Dienst von Herzog Ludwig IX. von Baiern-Landshut, vgl. Schalk, S. 263. 12 der von Maidbergk: Michael Graf von Maidburg-Hardegg (* um 1415, † 1483), Landmarschall des Herzogtums Österreich (1475–1483), kaiserlicher Hauptmann ob der Enns und Hofrichter. der von Wallsee: Reinprecht V. von Walsee († 1483), vgl. Schalk, S. 263.

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14. Wie der Mathiasch ze ainem kunig ze Ungeren erwelt ward

erwellung was in manig hundert jaren in dem reich ze Ungeren nicht erhórt waren, das von ainem schlechten geschlecht als der Mathiásch was, ye ain kunig wer erwellt gewesen, sunder albeg von kunigklichem stammen in dem benanten reich kunig seínn genomen und erwellt warden.

5

15. Von der erwellung des kúnigs zu Pehem 19.2.1458

Desselben jars hat die lanndschafft in Pehem ainen tag gehabt zu Prag an suntag Invocavit. Daselbs sy zu ainem kunig aintrechtilich erwellt haben herrn Jórgen von Podiebrétt, der vor was gubernator in dem selben kunigreich, und haben den under irem brieff und insigel presentírt dem romischen kaiser als ainen óbristen kúrfúrstenn des [12vb] reichs. Der selb Podiebrétt ward auch erwelt durch das gemain lanndtvollk an dem maisten, wann er was irs gelaubens und hiellt die Compactat, da von die móchtigisten herren in Pehem auch dáwider nicht getórsten gereden.

[G 30v]

10

[R 26] 16

16. Von des Eyzinger vencknúss 5.3.1458

Desselben jars an dem suntag oculi in der vassten auff den abent hiess der hochgeporen fúrst hertzog Albrecht von Österreich zw im khomen heren Ulreich Eytzinger in das Praghaus. Und als er auff des fúrsten vertrawn zw im kom, do hueb an der fúrst zu reden mit im fromde sach, dar durch der Eytzinger vernam wie er von dem fúrsten ungefangen nicht kem. Doch so beredt sich der Eytzinger gegen dem fúrsten und sagt im, wie er wider sein fúrstlich gnad nye wer gewesen. Er hiet auch dartzú nicht geraten, das [13ra] seine gnaden an seinem váterlichem erb kainen schaden pracht hiett, wann solt di wal an im sein

3 was ye] wardt für G(ac). 5 kunig seínn] fehlt G(ac). 8 an] am G. 9 aintrechtilich] fehlt G(ac). 10 Podiebrétt] Potirert G(ac). 15 er] es W, er G. 17 gereden] gerathen G(ac). 20 der] des W, der G. 23 zu reden] mit Im zuereden G(ac). 24 er] er wider G(ac). 25 beredt] eredt G(pc). 29 – 54,1 sein gestanden] gelegen ſein G(ac).

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[G 31r] 20

25

14. Wie Mátyás Corvinus zum ungarischen König gewählt wurde

davon gehört, dass je ein König aus so niederem Geschlecht wie dem des Mátyás gewählt worden wäre, sondern es wurden in dem genannten Reich stets Könige von königlicher Abstammung ausgesucht und erwählt.

5

10

15

15. Von der Wahl des böhmischen Königs Im selben Jahr hielten die Landstände in Böhmen eine Versammlung in Prag am ersten Fastensonntag ab. Dort wählten sie einstimmig Herrn Jörg von Podiebrad, der zuvor Landesverweser in jenem Königreich gewesen war, zum König und präsentierten ihn dem Römischen Kaiser unter ihrem Brief und Siegel als obersten Kurfürsten des Reiches. Jener Podiebrad hatte auch die meiste Unterstützung im gemeinen Landvolk, denn er gehörte ihrem Glauben an und befürwortete die Kompaktaten. Deswegen wagten auch die mächtigsten Herren Böhmens nicht zu widersprechen.

16. Von der Gefangennahme des Eitzingers

20

25

30

Im selben Jahr am Abend des dritten Fastensonntags ließ der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht von Österreich den Herrn Ulrich Eitzinger zu sich ins Praghaus kommen. Als dieser im Vertrauen auf den Fürsten zu ihm kam, begann der Fürst über bestimmte Dinge zu sprechen, wodurch der Eitzinger begriff, dass er den Fürsten nicht als freier Mann verlassen würde. Der Eitzinger rechtfertigte sich gegenüber dem Fürsten und versicherte ihm, dass er nie gegen ihn gewesen sei. Er habe auch nicht dazu geraten, Seine Gnaden an dessen Erbe zu schädigen, denn wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er ihn allen anderen als Regenten vorgezogen. Dem Fürsten genügte diese Rechtfertigung des Eitzingers nicht, und so sprach er: „Eitzinger, du bist mein Gefangener!” Der Eitzinger

22 Praghaus: Das Praghaus (Wien) wurde von den österreichischen Herzögen ab 1400 als Gästehaus, aber auch als Gefängnis für prominente politische Persönlichkeiten genutzt.

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16. Von des Eyzinger vencknúss

29.3.1458

gestanden, er hiet in seins tails zw der regír des lannds für ander genomen. Der fúrst an des Eytzinger ausred nicht het ein genúegen und sprach: „Eytzinger, dw pist mein gefangen.“ Der Eytzinger antbúrt: „Genediger herr, die sach, wo man die hórt, wírt ewr fúrstlich genad nicht eren. Wenn ich pin khomen zw ewren fúrstlichen genaden auf das vertrawn so ich zw euch gehabt hab und mich kainerlai veintschafft von euren fúrstlichen genaden hab versechen.“ Und als solich red und wider red beschachen, dabei was nyemant dann der fúrst und der Eytzinger. Und als der hertzog gegen dem Eytzinger laut ward reden, do drungen zue die rétt und diener des fúrsten und namen den Eytzinger und fúrten den in die venckhnúss. Darumb sich die rétt [13rb] des lannds und auch die statt Wienn pei dem fúrsten vast múeten und hieten geren heren Ulreich Eyzinger aus der vennckhnúss pracht, des aber nicht gesein mocht. Doch zum letzten begerten die rett an den fúrsten, in zw óffenn die tatt, so der Eytzinger begangen, darumb in sein genad in venckhnúss genomen hiett. Do ward in fúrgehalten durch den fúrsten, wie derselb Eytzinger mit falschen briefen und gifft hiet gehanndelt, aber man hórt núr wart und khain tatt. ¶ Desselben jars an mitichen nach dem Palmtag hat der hochgeporen fúrst hertzog Albrecht von Österreich mit hillf ettlicher lanndherren in Osterreich und der von Wienn gebunnen zwen téber, die der Ledwencko zum Hoff im Marichart pei Teben und enhalb der Marich auf dem Stain mit vil pueben und rauberen dem lannd zuschaden zuegericht und besetzt hett. [13va] Darinn man derselben pueben fieng als pei vierhunderten, der man zw stund hieng zw Wienn in der heiligen Osterwochen als auff drithalb hundert. Die anderen sturben ze aintzigen in den

1 seins tails] zue ſeines Thaills G(ac). 3 het ein genúegen] ain genüegen hiett G(ac). 4 gefangen] gefangener G. 5 die hórt] ie hörtt G(ac), die hát G(pc). 7 kainerlai] ainerleÿ G(ac). 9 als solich] da ſolches G(ac), alſs ſolche G(pc). | red und wider red beschachen] beſchach G(ac). 12 rétt] In Rötel nachgetragen W. 13 den] fehlt G(pc). | venckhnúss] gefenckhnuſs G. | sich] ſie G(ac). 15 múeten] murten G(ac), mueten G(pc). 18 begangen] begang_ hett G. 19 venckhnúss] gefenckhnuſs G. 20 Eytzinger] fehlt G. 21 hiet gehanndelt] gehandlt hiett G(ac). | hórt] hiet G(ac).

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[G 31v]

5

10

[G 32r] 15

[R 27] 20

[G 32v] 25

30

16. Von der Gefangennahme des Eitzingers

5

10

15

20

25

30

antwortete: „Gnädiger Herr, wo immer man von dieser Sache hören wird, wird es dem Ansehen Eurer Fürstlichen Gnaden nicht zuträglich sein. Denn ich bin im Vertrauen zu Euren Fürstlichen Gnaden gekommen und war mir keiner Feindschaft von Seiten Eurer Fürstlichen Gnaden bewusst.” Während dieses Gesprächs war niemand anderer anwesend als der Fürst und der Eitzinger. Erst als der Herzog gegenüber dem Eitzinger laut zu werden begann, eilten die Räte und Diener des Fürsten herbei, ergriffen den Eitzinger und führten ihn ins Gefängnis. Darüber beschwerten sich die Landräte und die Stadt Wien heftig beim Fürsten und hätten den Herrn Ulrich Eitzinger gern aus der Gefangenschaft befreit, was ihnen aber nicht gelang. Schließlich begehrten die Räte vom Fürsten, er solle ihnen das Vergehen des Eitzingers nennen, dessentwegen ihn Seine Gnaden gefangen gesetzt habe. Da wurde ihnen vom Fürsten entgegnet, dass jener Eitzinger mit gefälschten Dokumenten und Gift zu schaffen gehabt habe. Aber man hörte nur Anschuldigungen und nichts von Taten.

Im selben Jahr am Mittwoch nach Palmsonntag eroberte der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht von Österreich mit Hilfe etlicher Landesherren aus Österreich und derer von Wien zwei Tabore, die der Ledwenko bei Hof im Marchland bei Theben und jenseits der March auf dem Stein mit vielen Dieben und Räubern zum Schaden des Landes eingerichtet und besetzt hatte. Dort wurden an die vierhundert von diesen Schurken gefangen genommen, von denen man kurz darauf in der heiligen Osterwoche in Wien etwa zweihundertfünfzig hängte. Von den anderen starben einige nach und nach in den Türmen und etliche

25 der] den G. 31 zw Wienn] fehlt G(ac). aintzigen] Zainzing G(pc).

32 ze] fehlt G(pc).

27 Marichart: Gegend um Hof an der March, Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich. | Teben: Devín, heute Stadtteil von Bratislava, Slovakei; bis 1946 selbständige Gemeinde. 28 Stain: Röthelstein bei Hainburg, Bezirk Bruck an der Leitha, Niederösterreich.

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16. Von des Eyzinger vencknúss

túeren und ettlich wurden ausgelassen. Vor den benanten zwain teberen ward geschossen Gerhart Frannawer, ein gerader junger ritter, der dem fürsten gar gehaim was. Der do starb.

17. Von dem lanttag zw Sannd Florians tag

4.5.1458

Desselben jars haben die drey fúrsten, her Fridreich, der rómisch kaiser, hertzog Albrecht, sein brueder, und hertzog Sigmund, ir vetter, nach pett der lanndschaft ausgeschriben ainen lanndtag gen Wienn auf Sannd Florians tag. Und yeder fúrst schraib in sunderhait den lanndleuten, und irer brieff innhaltung was also, das dieselben lanntleẃtt solten raten und hellfenn, sy umb erbliche gerechtikait uberain zebringen. Nu téten die lanntlewtt [13vb] wol acht wochen sólhen gúten fleis zwischen den herren und fúrsten, das sy die sach darzue prachten unnd sy soverer aindten, das die obgenanten drei fúrsten in dem marschalich haus zw einander khomen. Und darnach giengen sy gen hoff in den sagrer und tailten daselbs die klainat so darinn waren miteinander. Und yedem fúrsten geviel als auff VI hundert marckh in silber, an perl, ring und héfftel. Aber umb die regier des lannds móchten die lanntleẃt die fúrsten nicht geainen, wie wol sy vil weg und mittel suechten, wenn yeder herr regieren wollt. Hertzog Albrecht und hertzog Sigmund waren ains. Und heten als bei fúfftzehenhundert pférdten, die lagen enhalb des Wienerperg in den dórffernn und teten den armen leútten grossen schaden. Unnd ee wenn sich der rómisch kaiser mit seiner gemehel gen Wienn fuegten, músten im paid fúrsten, die purger [14ra] unnd lanntleútt versprechen, das sy die soldner in die statt nit wolten lassen. Und als das geschach erst, zach der rómisch kaiser

8 pett] Rath G(pc). 9 gen] zue G(ac). 12 – 14 solten raten und hellfenn sy umb erbliche gerechtikait uberain zebringen Nu téten die lanntlewtt] fehlt G(ac), ſcholten Raten vnnd helffen. ſÿ vmb Ihr Erbliche gerechtigkhait vberain zubring_. Nun Thetten die Landtleut G(pc). 16 soverer aindten] ſo Veraindten G. 18 tailten] thailet G(pc). 19 daselbs] fehlt G(ac). 22 móchten] möchtens G(ac). die fúrsten] fehlt G(ac). | geainen] Verainen G(ac). 25 als] fehlt G. 27 ee] fehlt G(ac). 28 seiner] ſeinem G(ac). 30 statt] fehlt G(ac).

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[G 33r] 6

10

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[R 28] [G 33v] 22

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16. Von der Gefangennahme des Eitzingers

wurden freigelassen. Vor den beiden genannten Taboren wurde Gerhard Fronauer, ein aufrechter junger Ritter, der ein enger Vertrauter des Fürsten war, angeschossen, und er verstarb.

5

10

15

20

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30

17. Vom Landtag am Tag des heiligen Florian Im selben Jahr haben die drei Fürsten, Herr Friedrich der Römische Kaiser, Herzog Albrecht, sein Bruder, und Herzog Sigmund, ihr Vetter, auf Bitten der Landstände einen Landtag in Wien am Tag des heiligen Florian ausgeschrieben. Und jeder Fürst schrieb den Landleuten noch gesondert. Der Inhalt ihrer Briefe war, dass die Abgeordneten ihnen bei der gerechten Aufteilung des Erbes helfen und sie beraten sollten. Nun vermittelten die Landleute gut acht Wochen so beflissen zwischen den Herren und Fürsten und brachten die Angelegenheit so weit voran, dass sich die drei oben genannten Fürsten darauf verständigten, sich im Marschallhaus zu treffen. Danach gingen sie in die Burgkapelle und teilten die dort aufbewahrten Kleinodien unter sich auf. Jedem Fürsten fielen sechshundert Mark (168,3 kg) in Silber an Perlen, Ringen und Spangen zu. Aber bezüglich der Herrschaft über das Land konnten die Abgeordneten die Fürsten nicht zu einer Einigung bringen, obwohl sie es mit vielen Mitteln und Wegen versucht hatten, denn jeder der Herren wollte selbst regieren. Herzog Albrecht und Herzog Sigmund waren sich einig. Sie lagen mit etwa fünfzehnhundert Reitern in den Dörfern jenseits des Wienerbergs und fügten der armen Bevölkerung damit großen Schaden zu. Noch bevor sich der Römische Kaiser mit seiner Gemahlin nach Wien begab, mussten ihm beide Fürsten, die Bürger und die Abgeordneten versprechen, dass sie diese Söldner nicht in die Stadt lassen würden. Erst als das geschehen war, zog der Römische Kaiser mit

2 Gerhart Frannawer: Gerhard Fronauer († 1458), Bruder Gamerits. 18 sagrer: Sakristei der Burgkapelle; diente als Schatzkammer und Aufbewahrungsort für wichtige Briefe und Urkunden. 26 Wienerperg: Bergrücken, damals südlich von Wien, heute im 10. und 12. Wiener Gemeindebezirk.

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17. Von dem lanttag zw Sannd Florians tag

11.5.1458

18.6.1458

19.6.1458

mit seiner gemáhel gen Wienn. Dohin sy komen am sambstag nach dem heiligenn auffart tag, daselbs sy mit dem heiltumb unnd der process lóblichen wurden enpfangen. Es kom auch mit im hertzog Ludweig von Pairen, der fúrt im vor das swert. Unnd der kaiser was zw herberg in des Strasser haus, und die kaiserin in des Steger hauss. ¶ Darnach hueb an die lanndschafft zwischen den obgenanten herren und fúrsten mit hilff und ratt hertzog Ludweigs von der regier wegen des lannds zutaidingen, unnd hieten sy geren darumb geaint, des sy aber nicht getún móchten. In der zeit rait hertzog Ludweig zw Wienn von dann und riett den lanntleuten, das sy teten als getrew lanntleút ann ierer herschafft und [14rb] liessen sy mit krieg nicht in einander wachsen. Unnd an dem suntag nach Sannd Veits tag wúrden all taiding zwischen den fúrsten von der regier und der statt wegen Wienn abgeslagen unnd zestóssen, wann die zwen herren, hertzog Albrecht und hertzog Sigmund, das lannd Osterreich und die statt Wienn núr wollten getaillt haben mit dem rómischen kaiser, do mit ein yeder fúrst in sunderhait hiett gehabt sein aigne regier. Des in aber die lanntschafft nicht wolten verhengen. ¶ Darnach am Montag nach Sand Veits tag des margens frue liessen paid fúrsten, hertzog Albrecht und hertzog Sigmund, das tor pei Sannd Tiboldt in der vorstatt und auch das tór pei der púrckh auffhackhen und offenn und prachten ir volkh in die statt. Do das vernam der rómisch kaiser, das solicher gewalt wider das zúsagen so im von paiden fúrsten und den [14va] burgeren zw Wienn vormalln getan beschechen was, do sanndt er zu hertzog Albrechten

3 heiltumb] hailligen Haillthummb G. 10 wegen] weg_ G. 11 sy1] ſich G. | darumb] darin G(pc). 12 zw Wienn] fehlt G(ac). 15 nicht in einander] an ainand’ nit G(ac), in ainand’ nit G(pc). 16 den] denen G. 17 wegen] fehlt G. 21 hiett gehabt sein aigne regier] ſein Regier hiett gehabt G. 26 Tiboldt] † G.

1 gemáhel: Eleonore Helena von Portugal (* 1434/1436, † 1467), Tochter König Ferdinands I. von Aragon, Gemalin Friedrichs III.(seit 1452). 6 Strasser: Peter Strasser († um

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[G 34r]

5

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[G 34v] 15

20

[R 29] 25 [G 35r]

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17. Vom Landtag am Tag des heiligen Florian

5

10

15

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30

seiner Gemahlin in Wien ein. Dort kamen sie am Samstag nach Christi Himmelfahrt an und wurden von einer Prozession, bei der Reliquien mitgeführt wurden, empfangen. Mit ihm kam auch Herzog Ludwig von Bayern, der ihm das Schwert vorantrug. Der Kaiser bezog seine Herberge im Strasserhaus, die Kaiserin ihre im Stegerhaus. Danach fingen die Landstände mit Rat und Hilfe Herzog Ludwigs an, mit den oben genannten Herren und Fürsten die Herrschaft über das Land zu verhandeln, und bemühten sich redlich, eine Lösung zu finden, was ihnen aber nicht gelang. Dann ritt Herzog Ludwig von Wien fort und riet den Landleuten, sich wie treue Landleute gegenüber ihren Herrschern zu verhalten, indem sie sie von einem Krieg abhielten. Am Sonntag nach dem Tag des heiligen Vitus wurden alle Verhandlungen zwischen den Fürsten über die Herrschaft und die Stadt Wien abgebrochen und aufgelöst, denn die zwei Herren, Herzog Albrecht und Herzog Sigmund, wollten das Land Österreich und die Stadt Wien zwischen sich und dem Römischen Kaiser aufteilen, damit jeder Fürst seine Herrschaft hätte. Das aber wollten die Landstände nicht zulassen. Danach, am Montag nach dem Tag des heiligen Vitus morgens früh, ließen beide Fürsten, Herzog Albrecht und Herzog Sigmund, das Tor bei St. Theobald in der Vorstadt und auch das Tor bei der Burg aufhacken und öffnen und brachten ihr Kriegsvolk in die Stadt. Als der Römische Kaiser vernahm, dass die vorher getätigten Vereinbarungen beider Fürsten und der Bürger von Wien gebrochen worden waren, sandte er Boten zu Herzog Albrecht und Herzog Sigmund, mit der Frage, was es zu bedeuten habe, dass sie die Söldner so gewaltsam in die Stadt gebracht

1459/1461), Ratsherr (1435, 1438, 1439, 1441, 1443 –1445, 1453, 1455 –1457), Stadtkämmerer (1435), Grundbuchsverweser (1449, 1450), Kellermeister (1441–1457). | Steger: Hans Steger, († 1459/61), Ratsherr (1422, 1424 –1426, 1429 –1433, 1441, 1450, 1453 –1457), Bürgermeister (1434-1439, 143, 1447–1449), Stadtkämmerer (1462), Grundbuchsverweser (1429), Kellermeister (1432–1439), Münzmeister (1446 –1451), Ritter (seit 1438), Kaufmann, Hausgenosse. 26 pei Sannd Tiboldt: Kloster St. Theobald vor dem Widmer Tor.

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17. Von dem lanttag zw Sannd Florians tag

und hertzog Sigmunden sein pottschafft, wie sy das mainten, das sy die sóldner als gar gewaltiklich in die stat pracht hieten. Die enputen im, sein kaiserlich genad bedórfft sich nichts besorgen in kainem weg, wenn sy mit dem volk nachstellenn wolten irem váterlichem erib. Doch nichts dester minner liess der kaiser vertérrassen all gassen bei seiner hérberg und auch besetzen die héwser und enpatt zue dem purgermaister und dem ratt der statt zw Wienn und ermont sy an ir gelúb und verhaissen das sy im in der Newnstat getan heten. Den was das laid und reten sich aus, wie das an ir willen unnd wissen wár geschechen und sein genad bedórfft sich darumb nichts bekúmeren, wenn sy im genueg ruckh halten wolten. Und legten darnach in des von [14vb] Eslarn haus wol auff zwai hundert sóldner, dem kaiser zw dienst. ¶ Der rómisch kaiser erklagt sich der lanndschafft sólichs gewalts, der im von seinem brueder hertzog Albrechten und hertzog Sigmunden, seinem vétteren, in dem rechten, darumb sy all drei gegen der lanndschafft nu veranlest waren, wider gangen was und wolt darumb von dann getzogen sein. Die lanntschafft und die statt múeten sich vasst und paten den kaiser lennger zupeleiben, das er tétt. Allso ward in dem Probsthoff zu Wienn von der lanndtschaft zwischen den fúrsten solich weg und mittel betracht: Das hertzog Albrecht das lanndt ob der Enns mitt allen herleichkaiten und gewaltsamen damit er herkomen wár auff drew jar solt regieren und der kaiser das lannd Osterreich underhalb der Enns auch solanng. Und welicher tail von nútzen und rénten mer innemen wúrd, der solt dem [15ra] anderen von seinem tail erstattung tuen. Und paid tail solten von den nútzen und rénten die sy innemen

2 als] alſo G. 3 hieten] haben G(ac). 5 Doch nichts dester minner liess der kaiser vertérrassen] fehlt G(ac). 8 zw] fehlt G(ac). 9 ermont] Er vermant G(ac), mant G(pc). 10 getan heten] hetten gethon G. 12 bedórfft] dörfft G. 13 wolten] wöllen G. 14 darnach in] Jne darnach G. | Eslarn] Estern G(ac). 15 dienst] hilff G(pc). 19 darumb sy] ſie darumb G(ac). 19 – 21 nu veranlest waren wider gangen was und wolt darumb von dann getzogen sein Die lanntschafft] fehlt G(ac), nun veranleſt warn, wid' gangen was vnd wolt darumb von dann zog_ ſein die Landtſchafft vnd G(pc). 26 allen herleichkaiten-] aller He††letten (Lesung unsicher) G(ac),

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5

[G 35v] 10

15

20

[G 36r] 25 [R 30]

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17. Vom Landtag am Tag des heiligen Florian

5

10

15

20

25

30

hätten. Die ließen ihm ausrichten, Seine Kaiserlichen Gnaden müssten sich keinerlei Sorgen machen, denn sie wollten mit ihrem Kriegsvolk lediglich ihr väterliches Erbe in Anspruch nehmen. Nichtsdestotrotz ließ der Kaiser alle Gassen bei seiner Herberge verbarrikadieren und die Häuser besetzen und schickte Botschaft zum Bürgermeister und dem Rat der Stadt Wien und mahnte sie an ihr Gelübde und Versprechen, das sie ihm in Wiener Neustadt gegeben hatten. Jenen war das unangenehm und sie entschuldigten sich damit, dass all das ohne ihren Willen und ihr Wissen geschehen sei, und Seine Gnaden sollten sich darüber keine Sorgen machen, denn sie würden ihm ausreichend den Rücken stärken. Und daraufhin beorderten sie an die zweihundert Söldner in das Eslarnhaus, dem Kaiser zu Diensten. Der Römische Kaiser beklagte sich bei den Landständen darüber, dass die Zusicherungen seines Bruders Herzog Albrecht und seines Vetters Herzog Sigmund, zu denen sie alle drei von den Landständen angehalten worden waren, gebrochen wurden, und wollte deswegen abreisen. Die Landstände und die Vertreter der Stadt bemühten sich sehr und baten den Kaiser, doch länger zu bleiben, was er auch tat. Somit wurden im Propsthof zu Wien den Fürsten von den Landständen folgende Vorschläge unterbreitet: dass Herzog Albrecht das Land ob der Enns mit all seinen Herrschaftsrechten und Vollmachten, die ihm zustanden, auf drei Jahre regieren sollte und der Kaiser das Land Österreich unter der Enns ebenso lange. Welcher mehr an Nutzen und Renten einnehmen würde, der sollte dies dem anderen von seinem Teil ausgleichen. Und beide Parteien sollten von den Nutzen und Renten, die sie einnahmen, so

alln Heleikhaiten (Lesung unsicher) G(pc). | er] es G(ac). fehlt G(pc). 28 underhalb] vnd'derhalb G(ac).

27 wár]

14 Eslarn: Hans von Eslarn († 1463), Ratsherr (1455, 1457, 1462), Grundbuchverweser (1447–1452, 1454, 1456, 1461–1463). 23 Probsthoff: Propsthof: Pfarrhof bei St. Stephan, 1. Wiener Gemeindebezirk, Rotenturmstr. 2. 25 lanndt ob der Enns: Entspricht in etwa dem heutigen Oberösterreich. 28 Osterreich underhalb der Enns: Entspricht in etwa dem heutigen Niederösterreich.

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17. Von dem lanttag zw Sannd Florians tag

2.2.1459

28.6.1458 (29.6.1458) 2.2.1459

sovil geben und ausrichten, damit er umb seinn drittail auch genúgig gemacht wúrd. Des von den fúrsten verfoligt ward. ¶ Dann von der regier wegen der stat zw Wienn: Die wolt hertzog Albrecht mit seinem brueder, dem rómischen kaiser, mithalden unnd wolt sich auch mit nichte davon weisen lassen. Und maint, im wer durch die lanndschaft in dem fúrstenlichen geséss in der purckh zw Wienn sein wonung ausgetzaigt, darumb er pilleich ain regier zw dem selben ausgetzaigten tail an der statt zw Wienn mithielt. Darauf ward durich die lanndschafft ain solich weg fúrgenomen und betracht zwischen den obgenanten herren und fúrsten von derselben regír wegen, das ein tag solt gesetzt werden auff die liechtmess. Bei demselben tag man mit fleiss versúechen solt, sy von der obgenanten regír wegen [15rb] frewntlich úberain zebringen. Wer aber, das man die herren nicht geainen mócht, das dann ein lanndtag wúrd ausgeschriben, bei demselben lanndtag dann mit recht durch die lanndschafft solt ausfúndig gemacht werden, ob der rómisch kaiser die stat Wienn allain regieren, oder ob hertzog Albrecht die egenanten regier mit im haben solt. Des die obgenanten fúrsten und herren auch vervoligten. Und darauf ward geschafft von der lanndschaft mit den purgeren der stat ze Wienn, das sy den drein fúrsten aim yeden zu seiner gerechtikait ir gewóndlich aid tún solten, das sy teten an Sand Peter und Pauls abent in dem brobsthoff ze Wienn. ¶ Es ward auch fúrgenomen, das untz auf den tag der liechtmess die stat Wienn die lanndschafft mit der regier fúrsehen und innhaben solten, ambtleút setzen und entsetzen, und kain fúrst solt damitt unzt auff den obgenanten tag mit der regier nichts zuschaffen haben. Des auch von den fúrsten ward vervoligt etc. [15va]

1 sovil geben] fehlt G(ac), Den Heꝛzog Sigimund (Hand unsicher) ſouil gebn G(pc). 2 verfoligt] Veruolt G(ac), geuolgt G(pc). 4 Dann] Denn G. 5 mit seinem brueder dem rómischen kaiser mithalden] nit halten mit ſeinen bruedern dem Römiſchen Khaiſer G(ac), mit ſeinen bruedern dem Römiſchen Khaiſer mithalt_ G(pc). 7 im] In G. 12 zwischen] fehlt G(ac). 14 man mit fleiss] inen mit vleiſs G(ac), mit vleiſs inen G(pc). 16 wegen] wregl_ G. | Wer] wänn G(ac). 17 mócht] Khundt G(ac). 19 dann mit recht durch die lanndschafft] fehlt G(ac). 20 Wienn] zu Wienn G(pc).

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5 [G 36v]

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[G 37r] 21

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[R 31] 30

17. Vom Landtag am Tag des heiligen Florian

viel geben und entrichten, dass auch Sigmund das ihm zustehende Drittel bekam. Dem stimmten die Fürsten zu.

5

10

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20

25

30

Weiters zur Herrschaft über die Stadt Wien: Die wollte Herzog Albrecht mit seinem Bruder teilen, und davon ließ er sich nicht abbringen. Er meinte, die Landstände hätten ihm im Fürstensitz in der Burg zu Wien seine Wohnung zugewiesen, weshalb ihm folgerichtig auch ein Teil der Herrschaft über die Stadt Wien zustehe. Daraufhin schlugen die Landstände bezüglich der Herrschaftsfrage den oben genannten Herren und Fürsten vor, einen Landtag zu Lichtmess anzusetzen. Auf diesem Landtag solle man dringend versuchen, sie in Bezug auf die oben genannte Herrschaftsfrage zu einem Einvernehmen zu bringen. Sollte es nicht gelingen, die Herren zu einigen, müsse ein weiterer Landtag ausgeschrieben werden, bei dem dann die Landstände berechtigt wären, zu entscheiden, ob der Römische Kaiser die Stadt Wien allein regieren oder ob Herzog Albrecht die oben genannte Herrschaft mit ihm gemeinsam ausüben sollte. Dem stimmten die Fürsten und Herren zu. Daraufhin wurde den Bürgern der Stadt Wien von den Landständen befohlen, jedem der drei Fürsten den ihm zustehenden Eid zu leisten, was sie am Vortag der heiligen Peter und Paul im Propsthof zu Wien taten.

Es wurde auch vereinbart, dass die Landstände bis Lichtmess mit der Regierung der Stadt Wien beauftragt seien und Amtsleute einsetzen und entlassen sollten und kein Fürst bis zum oben genannten Landtag mit der Regierung zu schaffen haben solle. Dem stimmten die Fürsten zu etc.

22 haben] halten G(ac). 23 vervoligten] V’uolgen G(ac). | Und darauf ward geschafft] fehlt G(ac). 27 abent] Tag G(ac). 33 vervoligt] geuolgt G(pc).

27 abent: abent kann als „Vortag‟ verstanden werden. In Opposition dazu bringt G Tag.

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17. Von dem lanttag zw Sannd Florians tag 29.6.1458

6.7.1458

14.7.1458

¶ Desselben tags an Sand Peter und Sand Pauls tag zoch der rómisch kaiser mitsambt seiner gemähel von Wienn wider in die Newnstat, wenn er zw Wienn von der sóldner wegen nicht lenger wolt beleiben. ¶ Desselben jars an pfintztag nach Sand Ulreichs tag haben abgesagt hertzog Albrechten von Osterreich, der statt zw Wienn und etlichen lanndleuten, geistlichen und weltlichen in dem land ze Ósterreich der erwellt kúnig ze Pehem, sein sun und ettlich pehemisch und mérherisch herren und dartzú all Eytzinger mit ettlichen lanndleúten, iren frewnten von heren Ulrichs des Eytzinger venckhnúss wegen, den derselb hertzog Albrecht zw recht fúr die lanndschafft, als er sich erpoten, nicht gestellt hett. ¶ Desselben jars am freitag nach Sannd Margarethen tag, hatt gebunnen das geslos Perenhartstal ein Pehem genanndt Pschennckh von Teintz, dafúr man zustunden zeich und gewan dasselb geslos herwider. Darnach liessen es die Ruckhendorffer, derselben [15vb] es was, ausprennen, wenn es was weitt und bedorfft vil volks zu der huett, und die Pehem hieten das widerumb ingenomen, dem land zu schaden etc.

[G 37v] 5

10

15 [G 38r]

20

18. Von der bericht kaiser Fridreichs und seins brueders hertzog Albrecht Der hochgeboren fúrst hertzog Albrecht fúgt sich nach begeren seins brueders des romischen kaisers in die Newnstat, daselbs getaidingt ward zwischen den herren und fúrsten von der regier des lannds Osterreich und statt zw Wienn, und kom die sach zwischen in in verschreibung

2 mitsambt] mit G(ac). 4 wolt beleiben] bleiben kund G. Nachtrag am Rand: Der klagt benf 4. Iuly darnach wer gl. 10 Iuly darumb das In der von wien auf ſein ſchreibn wol gewonen hetn G(pc)4. 9 pehemisch] bohaim G. 11 venckhnúss] gefenckhnuſs G. 13 hett] hiett G(ac). 16 Pschennckh von Teintz] herr Pſohenckh von T†nnz G(ac), herr Pſhenckh von Teinnz G(pc). 18 die] fehlt G(ac). | derselben [15vb] es was ausprennen] fehlt G(ac), der es was ausprennen G(pc). 20 widerumb] wider G(ac). 21 etc] fehlt G. 23 Albrecht] Albrechts G.

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17. Vom Landtag am Tag des heiligen Florian

5

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Am selben Tag, am Tag des heiligen Peter und des heiligen Paul, zog der Römische Kaiser mit seiner Gemahlin wieder von Wien nach Wiener Neustadt, da er der Söldner wegen nicht länger in Wien bleiben wollte. Im selben Jahr am Donnerstag nach dem Tag des heiligen Ulrich wurde Herzog Albrecht von Österreich von der Stadt Wien und etlichen geistlichen und weltlichen Herren des Landes Österreich, von dem gewählten König von Böhmen, seinem Sohn und einigen böhmischen und mährischen Herren und außerdem von allen Eitzingern und allen befreundeten Landleuten wegen der Gefangennahme Ulrich Eitzingers der Krieg erklärt. Diesen hatte Herzog Albrecht nicht wie zugestanden der Gerichtsbarkeit der Landstände überantwortet. Im selben Jahr am Freitag nach dem Tag der heiligen Margareta eroberte ein Böhme namens Pschennck von Teintz das Schloss Bernhardsthal. Umgehend zog man dorthin und gewann es zurück. Danach ließen es die Ruckendorfer, denen es gehörte, niederbrennen, da es so groß war und man zu viele Wachen benötigte, um es zu halten und die Böhmen es ein weiteres Mal eingenommen hätten, was dem Land geschadet hätte, etc.

18. Von der Einigung Kaiser Friedrichs und seines Bruders Herzog Albrecht 25

30

Der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht kam auf Wunsch seines Bruders, des Römischen Kaisers, nach Wiener Neustadt, wo zwischen den Herren und Fürsten über die Herrschaft des Landes Österreich und der Stadt Wien verhandelt wurde. Zu dieser Angelegenheit zwischen den beiden wurden Urkunden und Verträge vorgelegt, und als diese vorgelesen wurden, meinte jeder, er wäre vom anderen übervorteilt worden. Streitpunkt waren zwei

9 sun: Viktorin von Münsterberg (1443 –1500), vgl. Opll 1995, S. 162. 15 Perenhartstal: Marktgemeinde im Bezirk Mistelbach, Niederösterreich. 16 Pschennckh von Teintz: Ritter, Pfleger von Schloß Orth (ab 1460 –mind. 1463), 18 Ruckhendorffer: Niederösterreichischer Adel mit Stammsitz Araburg. Zu ihren Besitzungen gehörten auch Bernhardsthal, vgl. Heinig, S.1750.

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18. Von der bericht kaiser Fridreichs und seins brueders hertzog Albrecht

3.8.1458

und nottelnn, und als die gelesen wúrden, do maint yedweder tail, er wer von dem anderen úbergriffen. Und der strit was umb zbai geschlósser: Newnburck auf dem In und umb die herschafft zw Steir, die wolt hertzog Albrecht haben und rait darauf aus der Newnstat gen Wienn. Doch múeten sich ettlich herren von baiden tailen darunder und prachten die sach zwisschen den obgenanten herren und [16ra] fúrsten dennoch gantz in ainigung in solher mass, das daz geslos Newnburgk auf dem In, nach dem es dem rómischen kaiser und seinen lannden gelegen was, dem selben kaiser und sein erben solt beleiben, und hertzog Albrechten und sein erben die herrschafft Steir. Dar zw im auch der rómisch kaiser geben solt zwai und dreissig tausent Phunt Pfennig und das lannd ob der Enns und die regír mit allen herleichkaiten unnd gewaltsamen und anderen seinen zuegehörungen. Das also geschach und ward verbriefft. Und yeder fúrst hieng an den brieff sein maiestat. Es ward auch dem genanten hertzog Albrecht zw pesserung gesprochen der Liechtenstain und Pruck auff der Leita, das darnach an sich lóset der kaiser und den Liechtenstain aym Pehem genant Holowersy. Unnd sólh ainigung der fúrsten ist geschechen in der Newnstat an Sand Stephans tag [16rb] Inventionis. ¶ Aber da entgegen hatt sich der benantt hertzog Albrecht fúr sich und sein erbenn méndlichs stams gegen dem benanten rómischen kaiser, seinen brueder, unnd sein erben, auch mendlichs geschlecht, die weil die wéren, verschriben unnd vertzigen, das er in kunfftigen zeiten, zu dem lannd Osterreich von érblicher gerechtikait wegen nymer mer kainerlai zúspruch noch anvordrung haben well in dhain weis ungeverleich. Es begáb sich denn, das der rómisch kaiser oder sein erben mendlichs geschlecht, mit

1 wúrden] waren G. 2 yedweder] Ieder G. | wer] wardt G(ac). 3 strit] Statt WG(ac), stritG(pc). | dem In] der Ihn G(ac). 6 múeten] mueheten G. | herren] Fürſten G(ac). 9 auf dem In] fehlt G(ac). | es] es vnd’ G(pc). 10 seinen lannden] ſeinem Landt G. 14 Phunt Pfennig] Chronen G(ac). 17 Und yeder fúrst hieng an den brieff sein maiestat] fehlt G(ac). 20 kaiser] Romiſch Khaÿſer G(ac). 21 aym Pehem] gab Herzog Albrecht ainem böhaimb G. 23 Inventionis] fehlt G(ac). 25 und] vnnd für G(pc). | méndlichs] Männlich G(pc). | stams] Stammens G(ac), Stamm G(pc). 28 zu] In G(pc). 29 wegen] fehlt G(pc).

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[R 32] [G 38v] 5

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[G 39r] 20

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30 [G 39v]

18. Von der Einigung Kaiser Friedrichs und seines Bruders Herzog Albrecht

5

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20

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Schlösser: Neuburg am Inn und die Herrschaft Steyr, die Herzog Albrecht für sich beanspruchte. Und er ritt daraufhin aus Wiener Neustadt nach Wien. Trotzdem bemühten sich einige Herren beider Parteien und erzielten in der Angelegenheit zwischen den oben genannten Herren und Fürsten eine vollständige Einigung, nach der das Schloss Neuburg am Inn, da es dem Römischen Kaiser und seinen Ländereien angehörte, auch diesem und seinen Erben erhalten bleiben sollte und Herzog Albrecht und seinen Erben die Herrschaft Steyr. Zusätzlich sollte der Römische Kaiser ihm zweiunddreißigtausend Pfund Pfennig (7.680.000 Pfennige) und die Herrschaft über das Land ob der Enns mit allen Herrschaftsrechten, Vollmachten und Besitzungen überlassen. So geschah es auch und wurde urkundlich festgehalten. Und jeder Fürst hängte sein Siegel an die Urkunde. Dem genannten Herzog Albrecht wurden als Entschädigung der Liechtenstein und Bruck an der Leitha zugesprochen, das ihm der Kaiser später abkaufte, und den Liechtenstein kaufte ein Böhme namens Holobersy. Diese Einigung zwischen den Fürsten wurde in Wiener Neustadt am Tag der Auffindung St. Stephani erzielt. Im Gegenzug verzichtete Herzog Albrecht für sich und seine männlichen Erben gegenüber dem Römischen Kaiser, seinem Bruder, und dessen männlichen Erben – solange die Linie bestehe – aufrichtig darauf, in Zukunft in Erbangelegenheiten des Landes Österreich jemals wieder irgendwelche Ansprüche oder Forderungen zu stellen. Es sei denn, die männliche Linie des Römischen Kaisers stürbe aus. Was ihm und seinen Erben in diesem Fall an Ansprüchen am Land Österreich und anderen Ländern zustünde, das sollte ihm und seinen genannten Erben laut diesem Vertrag vorbehaltlos zugesprochen werden.

3 Newnburck: Marktgemeinde im Landkreis Passau, Bayern. 4 Steir: Steyr, Stadt im Bezirk Steyr-Land, Oberösterreich. 19 Liechtenstain: Burg Liechtenstein im Wienerwald, Maria Enzersdorf, Niederösterreich. | Pruck auff der Leita: Bruck an der Leitha, Bezirkshauptstadt des gleichnamigen Bezirks, Niederösterreich. 21 Holowersy: Johann Holobersy, böhmischer Feldhauptmann, Rat Friedrichs III. mit ausschließlich militärischer Bedeutung (nach 1469), vgl. Heinig, S. 1696, [RI XIII] H. 22 n. 7.

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18. Von der bericht kaiser Fridreichs und seins brueders hertzog Albrecht

11.8.1458

15.8.1458

tod gantz volfúeren. Was im und seinen érben dann erbliche gerechtikait an dem lannd Osterreich oder anderen lannden icht geben, das sol im und den benanten seinen érben in dem verschreiben unvorgehalten und unvergriffen sein unnd khain irrung pringen. [16va] Darauff unnderwanndt sich der rómisch kaiser der statt Wienn, der purckh und der wonung, die hertzog Albrechten durch die lanndschafft was ausgetzaigt, unnd der ganntzen regier des lannds Osterreich und der statt zw Wienn. ¶ Desselben jars am freitag nach Sannd Larentzen tag ist ausgetzogen der hochgeporen fúrst hertzog Albrecht zw Wienn gen Korennewnburgk. Mit im zugen auch menig herren des lannds von Ósterreich und macht das velld wider die Pehem, die merckhlichen schaden von dem marckt zw Gelesdorff, den sy gewunnen und besetzt heten, dem lannd Osterreich mit nam, rawb und prannt zue zugen. In das veld zw dem fúrsten schickten auch die von Wienn ir volkh, der hawbtman was Nicklas Téschler. Als das vernomen die Pehem, das hertzog Albrecht zw Newnburg was und das veld wider sy macht, slúgen sich [16vb] dieselben Pehem auch zu veld und machten ein wagenpúrkh. Und an unser lieben frawn tag Assumptionis khomen sy getzogen mit irem volkh under der wagenpurgkh wider hertzog Albrechten gen Korennewnburgk, da selbs sy sich under dem Greitschenstain pei dem dórff zw Lewbestorff nider sluegen. Daselbs sy lagen untz an den dritten tag. Darnach prachen sy auff und raumbten das veld und prennten nach in. Derselbn Pehem waren als auff fúnff tausent. Doch was zw versteen, das sy sólhen aufpruch heten getan auff ainen vortail und wessten ain hinderhuet. Damit prachten sy den fúrsten daran, das er in mit seinem volkh nach zoch untz gen Laa, daselbs sich der grosmútig fúrst slueg zw veld

3 icht] möcht G(ac). 6 statt Wienn] Statt zue Wienn G. 8 lanndschafft] lanndtſchafften G. 13 herren] Fürſten vnd herrn G(ac). 14 die1] fehlt G. | die merckhlichen schaden] fehlt G(ac). 15 besetzt] geſetz G(ac). 16 nam] fehlt G(ac). 21 dieselben] die G. 23 khomen sy getzogen mit irem volkh] Khamen ſie mit Jrem Volckh gezogen G(pc). 28 sy] ſie ſich G(pc). 32 daran] an G(pc). 33 grosmútig] Groſsmechtigtig G(ac).

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[R 33] 6

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[G 40r] 15

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25 [G 40v]

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18. Von der Einigung Kaiser Friedrichs und seines Bruders Herzog Albrecht

Daraufhin besetzte der Römische Kaiser die Stadt Wien, die Burg und die Wohnung, die Herzog Albrecht von den Landständen zugesprochen worden war, und übernahm die Herrschaft über das Land Österreich und die Stadt Wien.

5

10

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20

25

Im selben Jahr am Freitag nach dem Tag des heiligen Laurentius zog der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht von Wien nach Korneuburg. Mit ihm zogen auch viele Herren des Landes Österreich gegen die Böhmen ins Feld, die dem Land beim Markt Göllersdorf, den sie erobert und besetzt hielten, mit Plünderung, Raub und Brandschatzung großen Schaden zugefügt hatten. Auch die Wiener schickten ihre Soldaten, deren Hauptmann Niklas Teschler war, zum Fürsten ins Feld. Als die Böhmen vernahmen, dass Herzog Albrecht gegen sie bei Korneuburg aufmarschierte, brachten sie sich in Stellung und bildeten eine Wagenburg. Und an Mariä Aufnahme in den Himmel zogen sie mit ihrem Kriegsvolk im Schutz der Wagenburg gegen Herzog Albrecht nach Korneuburg, wo sie unter dem Kreuzenstein bei Leobendorf ihr Lager aufschlugen. Dort lagerten sie bis zum dritten Tag. Danach brachen sie auf, räumten das Feld und verbrannten alles hinter sich. Es waren in etwa fünftausend Böhmen. Doch musste man erkennen, dass dieser Aufbruch nur ihrem Vorteil diente und sie einen Hinterhalt planten. Denn damit brachten sie den Fürsten dazu, dass er ihnen mit seinem Kriegsvolk bis nach Laa an der Thaya nachzog, wo der großmütige Fürst

15 Gelesdorff: Göllersdorf, Marktgemeinde im Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich. 18 Nicklas Téschler: († 1485), Ratsherr (1437–1439, 1441, 1446, 1452, 1454–1455, 1460 –1462, 1468 –1485), Stadtrichter ( 1443–1445), Bürgermeister (1453, 1456 –1457), Stadtanwalt (1485), Stadtkämmerer (1441), Studentenrichter (1452), Grundbuchsverweser (1455), Kirchmeister zu St. Stephan (1483–1486), Hansgraf (1452), Münzmeister (1456–1457, 1460 –1462), Barchenter, Hausgenosse, Kaufmann. 26 Lewbestorff: Leobendorf, Marktgemeinde im Bezirk Korneuburg, Niederösterreich. 33 Laa: Laa an der Thaya, Stadt im Bezirk Mistelbach, Niederösterreich.

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18. Von der bericht kaiser Fridreichs und seins brueders hertzog Albrecht

wider sein veint. Dem erwellten kúnig zw Pehem ward gesagt, wie hertzog Albrecht pei Laa zw veld leg. Der kom mit macht gar eilund wider den fúrsten [17ra] und wollten in in dem geliger uberfallen habn. Do ward der fúrst gewarent und prach auff und zoch mit seinem volkh wider gen Korennewnburgk. Do ward das velld zulassen, wenn ettlich lanntleẃt peliben ain zeytt zw Khorennewnburg. Der furst kóm gen Wienn auff dem wasser. Darnach rait er in die Newnstat zw seinem brueder dem rómischen kaiser, der daselbs mit im taidingt von wegen der erledigung heren Ulrichs des Eytzinger. Do gab im hertzog Albrecht die sach gantz zw seinen hannden, das er dar inn hanndlétt was in guett bedeúcht.

19. Wie die von Wienn dem rómischen kaiser als irem erbherren haben gesworen und seinen erben

26.8.1458

Desselben achtundfúnfftzigisten jars an dem sambsstag nach Sannd Wartholomes tag khomen gen Wienn des rómischen kaiser rétt mit namen Hanns Ungenad, Hanns Rorbacher und ander. Es komen auch mit inn hertzog Sigmunds [17rb] rett. Von den selben réten der purgermaister, richter, ratt, genannt und gemain gefordert wurden in die purckh, daselbs sy hinkomen. Do ward in von den réten von hertzog Albrecht wegen fúrgehalten und gelesen ain gelaubbrieff. Darnach liessen die rett sy horen die verschreibung und ainigung, die der rómisch kaiser und sein brueder miteinander gemacht heten. Darnach lass man ainen entslachbrieff, darinn sich hertzog Albrecht vertzech seins tails der regier und der erblichen gerechtikait die er gehabt hiett an dem lannd ze Österreich

2 leg] lag G. 3 wollten] woltt G. 10 im] Jn G. 11 im] In G. 13 in] Jm G. | bedeúcht] gedeücht G. 17 Wartholomes] Barthlmei G. 18 rómischen] fehlt G. 22 wurden] fehlt G(ac). 24 gelaubbrieff] gelöbbrüeff G. | sy] ſich G. 25 horen] horen vnd G(ac). 27 lass] lieſ G(ac). 28 der erblichen] derſelbigen G(ac). 29 ze] fehlt G(ac).

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[G 41r] 6 [R 34]

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[G 41v]

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[G 42r]

18. Von der Einigung Kaiser Friedrichs und seines Bruders Herzog Albrecht

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10

15

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30

gegen seinen Feind Stellung bezog. Dem gewählten König von Böhmen wurde gesagt, dass Herzog Albrecht bei Laa an der Thaya zu Feld lag. Er machte sich mit seinem Heer eilends auf den Weg dorthin, um ihn in seinem Lager zu überfallen. Aber der Fürst wurde gewarnt, brach auf und zog mit seinen Soldaten zurück nach Korneuburg. Da wurde das Heer aufgelöst, da etliche Landleute eine Zeit lang in Korneuburg blieben. Der Fürst kam auf dem Wasserweg nach Wien und ritt dann nach Wiener Neustadt zu seinem Bruder, dem Römischen Kaiser, mit dem er ebendort über die Freilassung des Herrn Ulrich Eitzinger verhandelte. Da legte der Herzog Albrecht die Angelegenheit ganz in die Hände des Kaisers, damit dieser nach seinem Gutdünken verfahre.

19. Wie die Wiener dem Römischen Kaiser und seinen Erben als ihren Erbherren die Treue schworen Im selben Jahr 1458 am Samstag nach dem Tag des heiligen Bartholomäus kamen die Räte des Römischen Kaisers, mit Namen Johann Ungnad, Hans Rohrbacher und andere, nach Wien. Mit ihnen zogen auch die Räte Herzog Sigmunds. Sie beorderten den Bürgermeister, die Richter, den Stadtrat und die Bürger in die Burg, und diese kamen dorthin. Dort wurde ihnen von den Räten in der Sache Albrechts ein Beglaubigungsbrief vorgelegt und vorgelesen. Danach ließen die Räte sie die Verträge und Vereinbarungen, die der Römische Kaiser und sein Bruder geschlossen hatten, hören. Dann verlas man eine Verzichtserklärung, in der Herzog Albrecht sich der Teile seines Erbes und der Regentschaft, die ihm am Land Österreich und der Stadt Wien zugestanden hätten, entschlug und diese zur Gänze an seinen Bruder, den Römischen Kaiser, übertrug. Weiters entband er in

18 Hanns Rorbacher: Hans von Rohrbach († 1467), königlicher Kämmerer und Rat (1447–1463), Pfleger zu Weitenegg (1451) und Laxenburg (1456), Hubmeister 1461, Ritter (1459), Freiherr und Besitzer der Grafschaft Neuburg am Inn/Bayern.

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19. Wie die von Wienn dem rómischen kaiser als irem erbherren haben gesworen und seinen erben

und an der statt ze Wienn und gáb die gantz úber seinem brueder dem rómischen kaiser. Er enpannt auch in dem selben brieff die purger gemainikleich der aid und gelúbb, die sy im zw seiner erblichen gerechtikait getan heten, und enphalich in nu fúrbaser den rómischen kaiser und seine érben als irem natúrlichem erbherren mit der regier unnd in all ander weg [17va] gehorsam und gewértig zu sein, in auch ir gewóndlich aid und gelub zetún, doch unengolten hertzog Sigmunden und seinen erben an seiner gerechtikait und dem inreiten seins drittails an schaden. Das die purger genanntt und gemain an dem obgenanten tag téten und swúren den reten an statt und in namen des rómischen kaisers und seinen erben als iren natúrlichen erbherren und lanndsfúrsten. Desgeleichen swúr auch der purgermaister darauff. Gott zw lob wúrden geleytt all glocken zw ainem zaichen des frides, aber darnach hatt sich die sach geénndert, unnd dieselb freẃd ist khomen zw grosser pittrikait, als hernach gemellt wírdt.

20. Von dem erwelten kunig zu Pehem wie der zoch in das lannd Osterreich

1.9.1458

Als der hochgeborene fúrst hertzog Albrecht nu hett gerawmt das veld, zoch im nach der erwellt kúnig von Pehem mit drein héren und slueg sich nyder nahent [17vb] pey dem Greitschenstain. Da lag er untz auff zwen tag. Darnah zach er nach der Túnaw auff und nach Sand Gilgen tag slueg er sich fúr die statt Krembs. Do schickt zw im der rómisch kaiser sein rétt. Die wúrben an in, wes er tzig den rómischen kaiser, das er im sein lanndt und leẃtt unabgesagt beschedigiett. Der von Pehem gab im anttwúrt wie er seinen kaiserlichen genaden, noch seinen lannden und leẃten nicht wer khómen zw schaden, súnder er

4 erblichen] fehlt G(ac). 5 fúrbaser] fürbaſs G. 6 mit] in ? (unleserlich) G(ac). 9 an] ain W, an G. 10 dem inreiten] den in rändt_ G(ac), ia reitten G(pc). | drittails] thails G(ac). 12 tag téten und swúren den reten an statt und in namen des rómischen kaisers] Tag ſchwueren ſie dem Rómiſchen Khaiſer G(ac), Tag teten vnd ſchwueren den Räten anſtat vnd in namen des Rómiſchen Khaiſer G(pc). 21 nu hett] nahent G(ac). 22 von] zue G.

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[G 42v] [R 35] 12

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[G 43r]

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19. Wie die Wiener dem Römischen Kaiser und seinen Erben als ihren Erbherren die Treue schworen

5

10

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demselben Schriftstück alle Bürger von ihren Eiden und Gelübden, die sie ihm seines Erbanspruchs wegen geleistet hatten. Und er befahl ihnen, von diesem Moment an die rechtmäßige Herrschaft des Römischen Kaisers, ihres natürlichen Erbherrn, und seiner Erben anzuerkennen, ihnen in allen Angelegenheiten dienstbar zu sein und ihnen auch die üblichen Eide und Gelübde zu leisten. Davon unbeschadet sollten die Ansprüche Herzog Sigmunds und seiner Erben und die Auszahlung seines Drittels sein. Das taten die Bürger der hohen und niederen Stände an dem oben genannten Tag, und sie schworen den Räten als Vertretern des Römischen Kaisers und seiner Erben als ihren rechtmäßigen Erbherren und Landesfürsten die Treue. Ebenso schwor auch der Bürgermeister. Zum Lob Gottes und zum Zeichen des Friedens wurden alle Glocken geläutet, doch später sollte sich alles ändern und die Freude wich großer Bitterkeit, wovon noch berichtet werden wird.

20. Vom gewählten König von Böhmen und wie er in das Land Österreich zog Als der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht nun das Feld geräumt hatte, zog ihm der gewählte König von Böhmen mit drei Heeren nach und lagerte zwei Tage lang nahe dem Kreuzenstein. Danach zog er donauaufwärts, und nach dem Tag des heiligen Ägidius belagerte er die Stadt Krems. Der Römische Kaiser schickte seine Räte zu ihm. Die fragten ihn, was er dem Römischen Kaiser vorzuwerfen habe, dass er ihm ohne Kriegserklärung Land und Leute schädigte. Der von Böhmen antwortete ihnen, er sei nicht gekommen, um dem Kaiser und Land und Leuten Schaden zuzufügen, sondern er wolle die Güter und Ländereien seines Feindes, Herzog Albrechts, heimsuchen. Dem wolle

24 Greitschenstain] Creüzenſtain G. | untz] alſs G. 26 fúr] nider für G(pc). 29 im] Jnen zue G(ac), Jne G(pc). 30 seinen2] ſeiner G.

26 Krembs: Krems an der Donau, Niederösterreich.

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20. Von dem erwelten kunig zu Pehem wie der zoch in das lannd Osterreich

23.9.1458

18.9.1458

25.9.1458 26.9.1458

suecht seins veints hertzog Albrechts gúeter und erbtail. Dem wollt er schaden soverr er mócht. Des rómischen kaiser rétt gaben zw versteen dem erwelten zw Pehem, wie der yetz benanndt hertzog Albrecht khainen erbtail an dem land ze Österreich, noch kain regenntz mer hiett, wenn er all sein gerechtikait die er an dem lannd gehabt úbergeben hiett dem rómischen kaiser. Und nach menigen taidingen ward ein tag gesetzt auff den sambstag nach [18ra] Sannd Lamprechts tag zu halten zwischen dem Greitschenstain und Korennewnburg auff dem veld, der aber nicht fúrgang gewan. Nach solichem underweisen prach auff der erwellt von Pehem, mit seinem volkh vor Krembs und zoch wider herab under den Greitschenstain. Darnach slueg er sich in den marckt gen Pilichdorff. Daselbs do macht er drew veld und prannt aus den selben marckht Wolkestorf und auch Ulreichskirichen und zoch verrer in das dorff gen Asparnn, daselbs er sich niderschlueg. Do ward zwischen dem rómischen kaiser und dem erwellten zw Pehem aber ein tag angestóssen zw halten pei der ausseren Tuenawpruck. Dennoch was der kaiser in der Newnstatt als das alles beschach. ¶ Desselben jars an montag nach Sannd Lamprechts tag komen gen Wienn die allerdurchleuchtigisten fúrsten und herren, her Fridreich, der romisch kaiser, und hertzog Albrecht, sein brueder, írs geverts von der Newnstatt. [18rb] Do besas der rómisch kaiser sein fúrstlich gesess, die purck, und hertzog Albrecht wont in dem Praghaws. ¶ Des obgenanten jars am montag und eritag vor Sannd Michelstag kóm der erwellt kunig von Pehem zw der ausseren Túnawpruck. Zw dem fúegt sich der rómisch kaiser untz zw der mitteren pruck. Do hett man auffgemacht zwai getzellt und tétt darnach pottschafft dem erwellten von Pehem. Den weissten zwen ritter under den

1 Albrechts] Albrechten G(ac). | erbtail] Erbthaills G. 3 kaiser] Khaiſers G. | zw2] von G(pc). 5 ze] fehlt G(ac). | noch kain regenntz] fehlt G(ac). 6 úbergeben hiett] hiett vbergeben G. 8 Sannd Lamprechts] S. Lorenz_ G(ac). 11 underweisen] fehlt G(ac). 12 von] Khünig zue G(ac), von G(pc). 13 Greitschenstain] Crüzenſtain G. 14 do] fehlt G. 17 niderschlueg] ſchlueg G(ac). 20 Dennoch] Dernach G. 23 komen] kham G. | die allerdurchleuchtigisten fúrsten und herren] der Aller Durchleüchtig Fürſt vnd herr G. 25 írs] des G(ac).

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[G 43v] 5

10 [R 36]

15 [G 44r]

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[G 44v] 30

20. Vom gewählten König von Böhmen und wie er in das Land Österreich zog

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10

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er schaden, soweit es in seiner Macht lag. Die Räte des Römischen Kaisers klärten den Gewählten von Böhmen darüber auf, dass der genannte Herzog Albrecht kein Erbe im Land Österreich und auch keine Herrschaft mehr habe, da er alle seine ehemaligen Ansprüche an dem Land dem Römischen Kaiser übertragen habe. Nach langen Verhandlungen wurde ein Treffen am Samstag nach dem Tag des heiligen Lambert auf dem Feld zwischen dem Kreuzenstein und Korneuburg vereinbart, das aber nicht zustande kam. Nach dieser Belehrung brach der Gewählte von Böhmen mit seinem Kriegsvolk vor Krems auf und zog wiederum donauabwärts zum Kreuzenstein. Danach errichtete er ein Lager im Markt Pillichsdorf. Von dort aus unternahm er drei Feldzüge, brannte den Markt Wolkersdorf und auch Ulrichskirchen nieder und zog weiter in das Dorf Aspern, wo er wiederum lagerte. Da wurde zwischen dem Römischen Kaiser und dem Gewählten von Böhmen erneut ein Treffen vereinbart, das bei der äußeren Donaubrücke stattfinden sollte. Der Römische Kaiser hielt sich, als dies alles geschah, in Wiener Neustadt auf. Im selben Jahr am Montag nach dem Tag des heiligen Lambert kamen die durchlauchtigsten Fürsten und Herren, Herr Friedrich, der Römische Kaiser, und Herzog Albrecht, sein Bruder, zusammen aus Wiener Neustadt nach Wien. Dort bezog der Römische Kaiser seinen Sitz in der Burg und Herzog Albrecht wohnte im Praghaus. Im oben genannten Jahr am Montag und Dienstag vor dem Tag des heiligen Michael kam der gewählte König von Böhmen zur äußeren Donaubrücke. Der Römische Kaiser näherte sich ihm bis zur mittleren Brücke. Dort errichtete man zwei Zelte und benachrichtigte den Gewählten von Böhmen. Den führten zwei Ritter an den Armen über die Brücke, und als er sich dem Kaiser näherte, kniete er nieder und unterwarf sich ihm demütig. Der Kaiser zog ihn

14 Pilichdorff: Pillichsdorf, Bezirk Mistelbach, Niederösterreich. 15 Wolkestorf: Wolkersdorf, Stadt im Bezirk Mistelbach, Niederösterreich. 16 Ulreichskirichen: Ulrichskirchen, heute Marktgemeinde Ulrichskirchen-Schleinbach, Bezirk Mistelbach. Asparnn: Aspern, heute Teil des 22. und 2. Wiener Gemeindebezirks.

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20. Von dem erwelten kunig zu Pehem wie der zoch in das lannd Osterreich

4.10.1458

armen úber die pruck, und als er nehent gegen dem rómischen kaiser, do khniett er nyder unnd erpatt sich diemuetiklich gegen dem kaiser. Der kaiser in auftzach und fúrt in under das getzellt, daselbs sy und ir paider rétt, miteinander taidingten. Do ward beslossen das man dem egenanten erwellten von Pehem geben sollt XVI tausent gulden, darumb sich der Kúnradt Hóltzler in der vennckhnús ze Prag geschetzt hett. Damit sollt er entrichten die sóldner [18va] auff den Posseken, so er nu krieg in dem lannd gemacht hett, und die als dann vernichten lassen. Derselb von Pehem tet menig ander begerung und vordrung die im aber gentzlich abgeschlagen wúrden. In den benannten taidingen ward auch beslossen, das der hochgeboren fúrst hertzog Albrecht heren Ulreich Eytzinger dem rómischen kaiser in viertzehen tagen in sein gewaltsam und vénknúss solt úberanntwúrten. Der solt dann von derselben seiner venckhnús ein gewondliche verschreibung geben. Ain sóldner, genannt der Sweintzer, der fieng in dem werd ain ritter, genannt Niklas Slickh und wunndt den und fúrt in auch von dann. Derselb Slickh was ein diener des erwelten von Pehem, und sólh venckhnúss beschach in den taidingen. Fúr den ward beslossen, das der rómisch kaiser denselben Slickhen ledigen sollt, unnd nicht lanng darnach fieng man denselben Sweintzer selb fúnfften in der Newn Statt, und der Slickh ward ledig. [18vb] Und die weil der vorgenannt rómisch kaiser in der taiding was, do verhuetten in die purger von Wienn mit einem gueten volkh. ¶ Darnach am mitichen nach Sannd Michelstag, als sich die taiding zwischen dem rómischen kaiser und dem erwellten zw Pehem geendt heten und all sachen der abred nu verbriefft waren, do prach auff der selb von Pehem mit seinem volkh zw Asparnn und taillt sein hér in vier tail, damit er dem lannd dester mynner schaden tétt, als das mit

2 kaiser] Khaiſer Khambt G(ac). 5 miteinander] fehlt G(pc). 8 vennckhnús] gefenckhnuſs G. 11 vernichten] V’richten G. | tet menig ander begerung und vordrung] begeret Vielmehr an ford’ung G(ac). 16 vénknúss] gefänckhnuſs G. 17 venckhnús] gefenckhnuſs G. 19 genannt] genant der G. 22 den2] dem G. 30 kaiser] fehlt G(pc). 32 selb] fehlt G(pc).

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[G 45r] 10 [R 37]

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[G 45v] 20

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30 [G 46r]

20. Vom gewählten König von Böhmen und wie er in das Land Österreich zog

5

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hoch und brachte ihn in das Zelt, wo die beiden und ihre Räte miteinander verhandelten. Dort wurde beschlossen, dass man dem vorher genannten Gewählten von Böhmen jene sechzehntausend Gulden geben solle, für die der gefangene Konrad Hölzler in Prag im Gefängnis saß. Damit solle er, wenn er denn schon Krieg in dem Land geführt hatte, die Söldner auf den Besitzungen bezahlen und die Truppen auflösen. Der von Böhmen brachte viele weitere Wünsche und Forderungen vor, die ihm jedoch sämtlich abgeschlagen wurden. In den genannten Verhandlungen wurde auch beschlossen, dass der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht Herrn Ulrich Eitzinger binnen vierzehn Tagen in die Gewalt des Römischen Kaisers ausliefern solle. Der Eitzinger solle dann seine Gefangennahme schriftlich bestätigen. Ein Söldner, genannt der Schweintzer, nahm auf der Insel einen Ritter namens Niklas Schlick gefangen, verwundete ihn und führte ihn ab. Dieser Schlick war ein Diener des Gewählten von Böhmen und die Gefangennahme geschah während der Verhandlungen. Hierzu wurde beschlossen, dass der Römische Kaiser jenen Schlick freilassen solle, und kurz darauf wurde der Schweintzer mit vier anderen in Wiener Neustadt gefangen genommen und der Schlick befreit. Während der oben genannten Verhandlungen beschützten die Bürger von Wien den Kaiser mit einem starken Heer.

Danach, am Mittwoch nach dem Tag des heiligen Michael, als die Verhandlungen zwischen dem Römischen Kaiser und dem Gewählten von Böhmen zu einem Ende gekommen waren und alle Angelegenheiten besprochen und verbrieft waren, brach der von Böhmen mit seinen Soldaten von Aspern auf und teilte, wie es besprochen worden war, sein Heer in vier Teile, damit dem Land möglichst wenig Schaden entstünde. Und er zog aus dem Land Österreich nach Mähren.

18 Sweintzer: Hans Schweintzer, Räuber und Söldnerführer, vgl. Opll 2021, S. 153–154. 19 Niklas Slickh: Niklas von Schlick, Mitglied des Mailberger Bundes in seiner ersten Fassung, vgl. Gutkas, S. 357f.

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20. Von dem erwelten kunig zu Pehem wie der zoch in das lannd Osterreich

23.11.1458

1459 (1450)

4.3.1459

im verlassen was, und zoch widerumb aus dem lannd Ósterreich gen Mérheren. ¶ Desselben jars an pfintztag vor Symonis und Jude ward von hertzog Albrechten von Ósterreich dem rómischen kaiser úbergeantwúrt her Ulreich der Eytzinger, nach innhaltung der taiding vor beschlossen. Derselb Eytzinger gab ein verschreibung von seiner vennckhnúss wegen. Darnach lies in der kaiser fúren gen Schretental in sein wónung, der darnach vill nótt [19ra] dem lanndt zuegericht hatt. Und hertzog Albrecht rait zu Wienn auch von dann unnd nam in sein lannd ob der Enns und liess kunig Lasslawen zw Lynntz gar kóstlich begén.

21. Anno Domini M° CCCC° quinquagesimo nono. Von der wall des rómischen kaisers zu dem kunigreich ze Ungernn Desselben jars an suntag letare in der vassten ist der allerdurchleuchtigist fúrst und herr, her Fridreich, der rómisch kaiser, von dem widertail des Mathiáschen zw ainem kunig ze Ungernn erwellt warden in der Newnstatt. Pei der selben erbellung ist gewesen der pischoff von Saltzpúrck und ander pischoff unnd Ábbt, die dartzue ervordert wúrden. Nach derselbenn erwellung hatt man gehabt ein process mit dem heiltumb, dar inn gangen ist der obgenannt von Saltzburkh und ander bischoff und Ábbt als bei zweliffen. Des geleichen hatt man zw Wienn gehabt ain process mit dem héltumb etc. [19rb]

3 und] et G(pc). 6 innhaltung] haltung G. 7 vennckhnúss] gefenckhnuſs G(ac). 9 vill nótt [19ra] dem lanndt] dem Landt Viel noth G(ac). 10 zu] von G(ac). 14 nono] fehlt G. 23 heiltumb] heiltung W (Weiter unten erneut mit selber Endung, dort aber vom Schreiber selbst korrigiert), hailligtumb G. 24 obgenannt] gegangen G(pc). | von] fehlt G(ac). 25 hatt man zw Wienn gehabt] hatt man gehabt zue wienn G.

12 Lynntz: Landeshauptstadt Oberösterreichs. 20 pischoff von Saltzpúrck: Burkhard II. von Weißpriach (* 1420 o. 1423, † 1466), Salzburger Erzbischof und Kardinal

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[G 46v] 10 [R 38]

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[G 47r] 21

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20. Vom gewählten König von Böhmen und wie er in das Land Österreich zog

5

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Im selben Jahr am Donnerstag vor Simon und Judas wurde Ulrich Eitzinger von Herzog Albrecht von Österreich dem Römischen Kaiser übergeben, so wie es in den Verhandlungen beschlossen worden war. Jener Eitzinger bestätigte seine Gefangennahme schriftlich. Danach ließ der Kaiser ihn, der später dem Land noch viel Schaden zufügen sollte, nach Schrattenthal zu seinem Wohnsitz führen. Auch Herzog Albrecht verließ Wien und nahm sein Land ob der Enns in Besitz und ließ König Lászlós in Linz aufwendig gedenken.

21. Anno Domini 1459. Von der Wahl des Römischen Kaisers zum ungarischen König

15

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Im selben Jahr am vierten Fastensonntag wurde der allerdurchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Friedrich der Römische Kaiser, von den Gegnern des Mátyás in Wiener Neustadt zum König von Ungarn gewählt. An dieser Wahl nahmen der Bischof von Salzburg und andere Bischöfe und Äbte, die dazu aufgefordert worden waren, teil. Nach der Wahl wurde eine Prozession mit dem Heiligtum abgehalten, bei der der oben genannte von Salzburg und andere Bischöfe und Äbte zu zwölft mitgingen. Auch in Wien fand eine Prozession mit Reliquien statt etc.

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22. Von der gepúrd Maximiliani

22. Von der gepúrd Maximiliani 22.4.1459

7.4.1459

Desselben jars an dem heiligen Anttlas tag hatt die durchleúchtig fúrstin fraw Leonora, die rómisch kaiserin, geperdt ainen sun der ward gehaissen mit dem namen Maximilianus. Den taufft der bischoff von Saltzpúrg und sein gótt was der gross Unger Nicklas von der Freinstatt, der den kaiser zw kúnig in Ungeren erwellt hett. ¶ Am sambstag nach Ambrosy hat der erwellt kúnig ze Ungern, Mathias genannt, geschickt an die greintz gegen des kaisers lannden als auff drew tausent gúts volkhs und den bevolhen den benanten kaiser und seine lannd an zegreiffn und zw beschedigen. Da entgegen besambt sich des rómischen kaisers volkh als auff zwai tausent. Der haupman waren Nicklas Wayder, Ulrich Grafenécker, der Pémkirher und der Méttsch und ruckhten in nehent zw den Ungeren. Und in dem geliger wollten die [19va] Unger des kaiser volkh gechling haben úberfallen. Die dar inn wúrden gewarent, und die zeit ward in ze kurtz und machten sich auff an alles geschickt und zugen den Ungeren entgegen. Und als sy ze sam khomen, hueben sy an miteinander ze fechten, unnd dasselb vechten hueb sich an des margens frúe und wert untz auff den abentt umb séchse, und des kaisers volkh legt der Unger nider als auff sechs hawffen, unnd vill ertranckh ir in der Rab. Dieselben Unger hetten dennoch einen grossen hauffen zu einer hinderhuet, der gab die flucht. Ein Unger, genannt der Gross Symon, der des volkhs haubtman was, ward verloren, unnd man kund nit wissen, wo er hinkomen wér. Der vorgenannt Métsch hatt so ritterlich gefachten, das er

1 Maximiliani] Maximiliano G(ac). 4 gehaissen] genandt vnd gehaiſſen G. 9 Mathias genannt] genant mathiaſch G.

5 Maximilianus: Maximilian I. von Habsburg (*1459, † 1519), Herzog von Burgund (ab 1477), römisch-deutscher König (ab 1486), Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (ab 1508). 6 Nicklas von der Freinstatt: Niklas von Freistadt (Nikolaus Újlaki) (* 1410, † 1477), Ban von Kroatien, Slavonien und Dalmatien, Titularkönig von Bosnien (1471–1477). 14 Nicklas Wayder: auch Wayda, in der ÖC Söldnerführer Friedrichs III., Belegt als Helfer des Kaisers. Während dessen Belagerung in der Hofburg, vgl. Birk, S. 254, 258. | Ulrich

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[G 47v] 5

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15 [G 48r]

20 [R 39]

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[G 48v]

22. Von der Geburt Maximilians

22. Von der Geburt Maximilians

5

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Im selben Jahr am Gründonnerstag gebar die durchlauchtige Fürstin Eleonore, die Römische Kaiserin, einen Sohn, der Maximilian genannt wurde. Den taufte der Bischof von Salzburg, und sein Pate war der große Ungar Niklas von Freistadt, der den Kaiser zum ungarischen König gewählt hatte. Am Samstag nach dem Tag des heiligen Ambrosius schickte der gewählte König von Ungarn, Matthias genannt, an die dreitausend gute Soldaten gegen den Kaiser an die Grenze und befahl ihnen, den genannten Kaiser und seine Länder anzugreifen und zu schädigen. Auf der anderen Seite versammelte sich das Heer des Römischen Kaisers mit etwa zweitausend Mann. Deren Hauptleute waren Niklas Wayder, Ulrich Grafenecker, der Baumkircher und der Metsch, und sie rückten in die Nähe der Ungarn vor. Die Ungarn wollten das kaiserliche Kriegsvolk in seinem Lager jählings überfallen, doch diese wurden gewarnt. Aber die Zeit war zu kurz, und so machten sie sich ungeordnet auf und zogen den Ungarn entgegen. Als sie aufeinandertrafen, fingen sie an, miteinander zu kämpfen. Die Gefechte begannen frühmorgens und dauerten bis sechs Uhr abends. Das kaiserliche Heer tötete alle Ungarn bis auf sechs Haufen, und viele von ihnen ertranken in der Raab. Die Ungarn hatten aber noch einen Haufen in der Nachhut, der die Flucht ergriff. Ein Hauptmann des ungarischen Heeres, der große Symon genannt, verschwand, und man wusste nicht, wo er hingekommen war. Der vorher genannte Metsch hatte so ritterlich gefochten, dass er vier Pferde benötigte, und wurde schließlich tödlich verwundet. Wäre er nicht ein so guter Anführer gewesen, hätte das Heer des vorher

Grafenécker: Ulrich von Grafeneck († 1487), kaiserlicher Söldnerführer, aus Schwaben, Rat Friedrichs III. 15 Pémkirher: Andreas Baumkircher, Freiherr von Schlaining (* um 1420, † um 1471), Söldnerführer zunächst auf Seiten Ladislaus Postumus und Friedrichs III., ab 1469 für Matthias Corvinus. | Méttsch: Vermutl. Petzold Metsch, vgl. Heller-Reiffenstein, Brigitte: Andreas Baumkircher und seine Zeit, in: Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 67, Eisenstadt 1983, S 57. 27 Gross Symon: Simon Groß, zu Fam Groß s. Heinig S 1686.

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22. Von der gepúrd Maximiliani

komen ist auff das vierd pferd und ward gewnndt untz in den tod. Und solt derselb man in seinen geschickt als gar mendlich nicht [19vb] getan haben, des vorgénten rómischen kaisers volkh wér ganntz nidergelegt warden. Doch beliben ir ein gueter tail an der waltzstatt. Ir wúrden auch vil bunndt, wenn zw paider seitten gút volkh an einander gewesen was.

5

23. Von dem pabst Pio und seiner erwellung

2.4.1459

Desselben jars ist der hochwirdig in Gott, vater und herr, her Eneas, cardinal und pisschove zu Senes erwellt warden von allen cardinálen zu einem pabst. Der sich vasst geflissen hatt, einig zesein mit dem rómischen kaiser, wenn er vormalen sein ratt und diener gewesen ist. Des obgenanten jars ward auch enthaupt ain schreiber aus der kantzley, genant Jórg Frannck, von ainer úbeltat wegen die er het pegangen, am montag vor Ambrosy.

10 [G 49r]

15

24. Von der kunft des cardinal Sancti Angeli in die Newstatt 24.4.1459

Desselben jars an Sand Jorgen abent ist kommen in die Newnstatt zw dem rómischen kaiser der hochwúr[20ra]dig in Gott vater und herr, her Johanns, cardinal Sancti Angeli, nach pett der lanndschafft in Ungeren, daselbs zu versuechen zwischen dem rómischen kaiser und heren Mathiáschen, dem erwellten kunig ze Ungeren, frid und ainikaitt zemachen, da mit das benannt kunigreich nicht so gar verbúgst und verdérbt wúrd. Daselbs in der Newnstatt der cardinal beliben ist zway moned, und ward beslossen,

11 pabst] probst W, Babſt G. 15 von] vor G. 22 pett] bitt G(pc). 25 kunigreich] Khünigreich Vnngern G(ac). | so gar verbúgst und verdérbt] gar ſo Verwüeſt G(ac).

8 Pio: Papst Pius II., bürgerlich Eneas Silvio Piccolomini (* 1405, † 1464), Papst (1458 –1464). 10 Senes: Siena, Italien. 15 Jórg Frannck: Jörg Frank, Schreiber aus der Kanzlei Friedrichs,

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20 [G 49v]

25 [R 40]

22. Von der Geburt Maximilians

genannten Römischen Kaisers eine große Niederlage erlitten. Dennoch blieb ein großer Teil von ihnen im Feld, und viele wurden verwundet, denn auf beiden Seiten hatten gute Soldaten gegeneinander gekämpft.

5

10

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25

23. Von Papst Pius und seiner Erwählung Im selben Jahr ist der hochwürdige Vater und Herr in Gott, Herr Eneas, Kardinal und Bischof zu Siena, von allen Kardinälen zum Propst gewählt worden. Dieser strebte sehr nach Einigkeit mit dem Römischen Kaiser, da er zuvor sein Rat und Diener gewesen war. Im oben genannten Jahr wurde auch ein Schreiber aus der Kanzlei namens Jörg Frank wegen eines Verbrechens enthauptet, das er am Montag vor Ambrosius begangen hatte.

24. Von der Ankunft des Kardinals von Sant’Angelo in Wiener Neustadt Im selben Jahr am Tag vor dem heiligen Georg kam auf Bitten der ungarischen Landstände der hochwürdige Vater und Herr in Gott, Herr Johannes, Kardinal von Sant’Angelo, zum Römischen Kaiser nach Wiener Neustadt, um dort zwischen dem Römischen Kaiser und Herrn Mátyás, dem gewählten König von Ungarn, Frieden und Einigkeit zu stiften, damit das oben genannte Königreich nicht weiter verwüstet und geschädigt werde. Der Kardinal blieb zwei Monate in Wiener Neustadt. Es wurde beschlossen, dass der Kaiser nach seinem Gutdünken sechs Vertreter bestimmen sollte und der gewählte König von Ungarn ebenfalls sechs. Diese müssten

hingerichtet 1459, Familie Frank aus Straßburg steht in Kontakt zum Hof Friedrichs, vgl. Heinig, S. 1677. 21 Johanns cardinal Sancti Angeli: Juan de Carvajal (* 1399/1400, † 1469), spanischer Kardinal und päpstlicher Diplomat. | Sancti Angeli: Sant’Angelo in Pescheria.

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24. Von der kunft des cardinal Sancti Angeli in die Newstatt

25.7.1459

das der kaiser auff seinem tail nemen solt sechs herren, die im gefiellen, desgeleichen der erwellt kunig ze Ungeren auch sechs, die dann mit irem gúten vleiss versuechen solten, ob sy paid herren in iren gerechtikaiten kunden geainen. Wurden sy aber in ettlichen artikelnn stóssig, dann solt der cardinal sein als obman, unnd wo er die sach dann hinlegt, dabei solt es bestén. Doch soverr sich der erwellt zw Ungeren in sólh taiding und besliessung wolt geben, des er aber nicht getan hatt. Desselben jars hatt der Led[20rb]wencku ingenomen die ungrischen stetten und daselbs gemacht ain téber und tet da von in dem lannd ze Osterreich mit raub, prannt und huldigung grossen schaden, den im darnach die lanntschafft mit hillff und beistand der von Wienn widerumb angewunnen. Darinn fiengen sy vil geraisig knecht, die sy auff widerstellung liessen reiten, und XIII pracht man aus in gen Wienn. ¶ Desselben jars an Sannd Jacobs abent hatt der rómisch kaiser Fridreich pracht gen Wienn seinen jungen sun, Maximilianum, und sein geméhel frawn Leonoram und hatt daselbs in der purckh mit in heẃslich gewónt.

5 [G 50r]

10

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[G 50v] 20

25. Von des kunigs von Pehem enphahung seiner regalia 27.7.1459 1.8.1459

Desselben jars an freitag nach Jacobi ist der rómisch kaiser zw Wienn ausgetzogen gen Wrúnn und hatt daselbs gelichenn dem kunig von Pehem seine regalia an Sannd Peters tag ad Vincula. Des die leútt vasst verbundert, das ein rómischer [20va] kaiser einem als schlechten herren, als derselb von Pehem von púrd was, nachziechen solt auff ein frómdts erder reich. Wenn der benandt von Pehem was nicht von fúrstlichem stam geporen, sunder er was ein herr von Merheren, genannt von der Cunstatt. Und in den Kriegen in dem husschisschen gelauben ward er móchtig

2 kunig ze Ungeren] zue Vngern G. 5 Wurden] weren G(ac). 7 dann] fehlt G(ac). 12 huldigung] ſchueldigung G(ac). 14 der] deren G. | angewunnen] gewonnen G(ac). | Darinn] Darumb G(ac). 16 in] denen G(ac). 20 in der purckh mit in] mit Jnen in der Burgkh G(ac). 21 von] zue G. 23 an] am G. 27 als1] ſo S. schlechten] geſchlechten G(ac). 32 in dem] vnnd G(ac).

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24. Von der Ankunft des Kardinals von Sant’Angelo in Wiener Neustadt

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sich dann darum bemühen, die Ansprüche der beiden Herren überein zu bringen. Würden sie in einigen Punkten nicht einig, so sollte der Kardinal als Vorsitzender entscheiden, und sein Urteil wäre verbindlich, jedoch nur, wenn der Gewählte von Ungarn sich auf eine solche Verhandlung und deren Beschlüsse einlassen würde, was er aber nicht tat. Im selben Jahr nahm der Ledwenko die ungarischen Gebiete ein und errichtete einen Tabor, von wo aus er dem Land Österreich mit Raub, Brandschatzung und Huldigung großen Schaden zufügte. Diese Gebiete wurden von den Landständen mit Hilfe und Beistand der Wiener zurückgewonnen. Darin fingen sie viele berittene Kriegsknechte, die sie gegen die Stellung von Bürgschaftsgeiseln reiten ließen, aber dreizehn von ihnen brachte man nach Wien. Im selben Jahr, am Tag vor dem heiligen Jakob, brachte der Römische Kaiser Friedrich seinen Sohn Maximilian und seine Gemahlin Frau Eleonore nach Wien und bezog mit ihnen die Burg.

20

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25. Als der König von Böhmen seine Regalien empfing Im selben Jahr am Freitag nach dem Tag des heiligen Jakob zog der Römische Kaiser von Wien aus nach Brünn und verlieh dort dem König von Böhmen seine Regalien am Tag des heiligen Peter in Ketten. Es verwunderte die Menschen, dass ein Römischer Kaiser einem so einfachen Herrn, wie es der von Böhmen von seiner Geburt her war, in ein fremdes Land nachzog. Denn der genannte von Böhmen war nicht aus fürstlichem Hause, sondern er war ein mährischer Herr aus Kunstadt. Er war in den Hussitenkriegen mächtig geworden und kam während dieser nach Prag, wo er etliche einflussreiche Herren und das gemeine Volk des Königreichs an sich band, die ihn schließlich zum Reichsverweser des Königreichs erhoben.

24 Wrúnn: Brünn, tschechisch Brno, Bezirk Brno-město, Tschechien.

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25. Von des kunigs von Pehem enphahung seiner regalia

und kam under die statt zw Prag und vasst an sich ettlich móchtig herren und das gemain volkh in dem kunigreich und in der statt zw Prag, die in darnach erhueben zw ainem gubernator desselben kunigreichs. Unnd in der benanten regir pracht er under sich vill geslósser unnd stett, die der krón zúgehórten. Und nach abgang kunig Lasslaws pracht er mit seiner listikait zewegen, das in das gemain volkh auffwarff zw irem kúnig, das doch wider die móchtigen herren was, unnd móchten doch wider den povel nichts geschaffen. ¶ Die vorgenant verleichung des egenanten kunigreichs [20vb] von Pehem was auch wider die fúrsten von Osterreich, wenn sich vor lanngen jaren das haws von Pehem, und das haws von Osterreich und ir fúrsten gen einander heten verbriefft und verschriben, wenn die kúnig von Pehem und ir erben mendlichs geschlecht mit tod gantz abgiengen und verschieden, das dann dasselb kunigreich mit allen seinen zuegehorungen, gewaltsamen und herleichkaiten erben und gefallen solt auff die fúrsten unnd das haws von Osterreich, so dietzeit im leben weren. Desgeleichen, ob die fúrsten von Ósterreich an leibs erben mendlichs stams ab giengen, das dann dasselb fúrstentumb mit allen zue gehorung, gewalltsamen und herlichkaiten gefallen solt auff den kunig von Pehem unnd seine érben, so dietzeit in leben wáren. Das nach abganckh kunig Lasslaws, nach innhaltung der obberúrten verschreibung, nu auff den rómischen kaiser, hertzog Albrechten und hertzog [21ra] Sigmunden rechtlich gevallen was sólher ere und wírdikait, darumb die fúrsten von Osterreich vor lanngen jaren gestellt heten, sy in entziehen und dieselb wírdikait ainen frómbden und nicht gepor besitzen liessen. Sy liessen in auch entziehen die marggrafschaft ze Mérheren, die kunig Albrecht, lóblicher gedechtnúss, umb sein aigennhafft guett von kaiser Sigmund gekaufft hett,

5 under sich] vnderſıch W, zwegn G(pc). 11 kunigreichs von] Khünigreich zue G(ac), Khünigs von G(pc). 20 unnd das haws von] zue G(ac). 21 an] auch G. 23 gewalltsamen und herlichkaiten] fehlt G(ac). 26 verschreibung] V††ſchreibung G(ac), Vorſchreibung G(pc). 28 rechtlich] retlich G(ac). 29 vor] fehlt G(pc). 30 gestellt] beſtellt G(pc). | in] fehlt G(ac). 32 entziehen] ainziehen G. | ze Mérheren] fehlt G(ac). 34 gekaufft] khaufft G(ac).

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[R 41]

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[S 17r]

25. Als der König von Böhmen seine Regalien empfing

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In diesem Amt brachte er viele Schlösser und Städte, die der Krone angehörten, unter seine Herrschaft. Nach dem Tod von König László erreichte er durch seine Gerissenheit, dass das gemeine Volk ihn zu seinem König erkor, was gegen den Willen der mächtigen Herren war; doch diese konnten gegen den Pöbel nichts ausrichten.

Die vorher genannte Verleihung des erwähnten Königreiches von Böhmen geschah auch gegen die Ansprüche der österreichischen Fürsten. Denn bereits vor langer Zeit hatten das Haus von Böhmen und das Haus von Österreich und ihre Fürsten urkundlich festgelegt, dass im Falle des Aussterbens der männlichen Linie der böhmischen Könige dasselbe Königreich mit all seinen Zugehörigkeiten, Herrschaftsrechten und Vollmachten an die Fürsten und das Haus Österreich fallen sollte, die zu der Zeit lebten. Genauso sollte dann im Falle des Aussterbens der männlichen Linie der österreichischen Fürsten jenes Fürstentum mit all seinen Zugehörigkeiten, Herrschaftsrechten und Vollmachten an den König von Böhmen und seine Erben, die zu der Zeit lebten, gehen. Nach dem Tod von König László fiel nun durch die Einhaltung der oben beschriebenen Verträge diese Herrschaft und Würde, auf die die österreichischen Fürsten seit Langem Anspruch hatten, rechtmäßig dem Römischen Kaiser, Herzog Albrecht und Herzog Sigmund zu, die sich dieselbe Würde nun entziehen und sie einen Fremden ohne standesgemäße Abstammung ausüben ließen. Sie ließen sich auch die Markgrafschaft Mähren entziehen, die König Albrecht – Ehre seinem Andenken – selbst von Kaiser Sigmund gekauft hatte. Da die Bürger von Olmütz, die von Brünn, die von Znaim und von Iglau

33 kunig Albrecht: Albrecht II. von Habsburg (* 1397, † 1439), als Albrecht V. Herzog von Österreich (ab 1404), Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (ab 1438). 34 kaiser Sigmund: Sigismund von Luxemburg (* 1368, † 1437), König von Ungarn und Kroatien (ab 1387), röm.-dt. König (ab 1411), König von Böhmen (ab 1419) und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (ab 1433).

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25. Von des kunigs von Pehem enphahung seiner regalia

wenn die purger von Olmúntz, die von Brúnn, die von Znaim und von der Igla ir nambhafft potschaft pei den fúrsten heten, sy underteniklich paten, sy als ir herschafft genediklichen auffzenemen und in irem schermm zevassen, des sy aber nicht erlanngen mochten. Und also schied der purger pottschafft zw Wienn von dann und ward undertenig dem newn kunig zw Pehem. Doch so was sovil in den sachen zuverstén, das der rómisch kaiser seinem brueder, hertzog Albrechten, und hertzog Sigmunden, seinem véteren, der [21rb] eren villeicht nicht gund unnd desgeleichs sy im herwider, unnd allso ist das kunigreich von Pehem und die margrafschaft ze Mérheren von der von Osterreich hannden ditzmals gestanden. Derselb von Pehem ist auch nach malen komen mit heiratt súnen und tóchteren in das hochgeporen unnd edel geschlecht, der fúrsten von Sachsen und Payren. Das er alles mit seiner listikait zw wegen pracht, und villeicht die fúrsten teten das nicht an vortail. Des obgenanten kunig von Pehem brueder genant her Erhart von Triwa und von Cunstat dem sluegen die purger ze brúnn von ainer misshandlung wegen die er daselbs begie ab das haupt. ¶ Als der rómisch kaiser dem kunig von Pehem nu seine regalia gelihen hett, khert er von Brúnn wider gen Ósterreich und zoch daselbs zw den prelaten, stéten und mérckhten und nam von in aid und gelúb als ein lanndsfúrst. Daselbs [21va] im der maist tail swúr, aber ettlich aus den merckhten als zw Hederstorff Gobolspurckh, die heren Ulrich Eytzinger waren verschriben, sich des setzen, wenn sy dem selben Eytzinger nach geschefft des kaiser, die weil er vormund in dem lannd ze Osterreich was gebesen, geswaren heten. Solich

3 paten] bätten G(ac), betten G(pc). 5 zevassen] faſſen G(ac). 6 purger] Bürgerſchafft G(ac). | zw Wienn von dann] ze der von Wienn vnnd G(ac). 8 zuverstén] verſtandn S. 11 herwider] hinwider G(ac). 13 hannden] fehlt GS. 15 unnd] fehlt G(pc)S. 19 Erhart von Triwa] Erhartt von Triwa G(ac)S, Gerhart von Triwa G(pc). 20 purger] prueder oder Burger S. 21 ab das haupt] dz haubt ab G(ac). 22 rómisch kaiser dem kunig von Pehem nu] nun dem Khünig von Böheimb G(pc)S. 23 wider] fehlt G(ac). 29 sy] ſich G. 31 ze] fehlt G.

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[R 42] 5 [G 52v]

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25. Als der König von Böhmen seine Regalien empfing

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einflussreiche Botschafter bei den Fürsten hatten, baten sie diese untertänigst darum, sie gnädig in ihre Herrschaft aufzunehmen, was ihnen aber nicht gewährt wurde. Und so verließen die Botschafter der Bürger Wien und wurden Untertanen des neuen Königs von Böhmen. Aus dieser Angelegenheit erkennt man, dass der Römische Kaiser seinem Bruder Herzog Albrecht und seinem Vetter Herzog Sigmund die Ehre einfach nicht gönnte und die beiden sie ihm ebenso wenig, und so sind das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Mähren Österreich damals abhanden gekommen. Später brachte derselbe von Böhmen sich durch die Verheiratung seiner Söhne und Töchter in das hochgeborene und edle Geschlecht der Fürsten von Sachsen und Bayern ein. Das alles brachte er mit seiner großen Gerissenheit zuwege, doch vielleicht taten die Fürsten das nicht ohne Eigennutz. Dem Bruder des oben genannten Königs von Böhmen, genannt Herr Erhart von Trima und Kunstadt, schlugen die Bürger von Brünn wegen eines Verbrechens, das er dort begangen hatte, das Haupt ab. Als der Römische Kaiser dem König von Böhmen nun seine Regalien verliehen hatte, kehrte er von Brünn wieder nach Österreich zurück und zog dort zu den Prälaten, Städten und Märkten und nahm ihnen als ihr Landesfürst Eide und Gelübde ab. Der Großteil von ihnen legte die Schwüre ab, aber einige der Märkte, wie HadersdorfGobelsburg, die mit Ulrich Eitzinger verbündet waren, widersetzten sich, denn sie hatten bereits demselben Eitzinger, als dieser Vormund des Landes Österreich gewesen war, auf Befehl des Kaisers geschworen. Diese

1 Olmúntz: Olmütz, Verwaltungssitz der Region Olomoucký kraj, Tschechien. 2 Znaim: Stadt in Südmähren, Niederösterreich. Igla: Jihlava (dt. Iglau), Region Vysočina, Tschechien. 19 Erhart von Triwa: In der ÖC als Bruder Georgs von Podiebrad gehandelt. Die Forschung kennt jedoch weder einen Bruder Georgs noch einen Erhart aus dem Geschlecht derer von Kunstadt im fraglichen Zeitraum. 27 Hederstorff: Hadersdorf am Kamp, Ortschaft der Marktgemeinde Hadersdorf-Kammern, Bezirk Krems-Land, Niederösterreich. 28 Gobolspurckh: Gobelsburg, heute Katastralgmeinde der Stadtgemeinde Langenlois, Bezirk KremsLand, Niederösterreich.

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25. Von des kunigs von Pehem enphahung seiner regalia

12.8.1459

aid und sweren, die er also aufnam, kam im darnach von der landschafft zuschaden unnd zuverdenckhen, wenn ettlich redten, er solt das getan haben in aynem lanndtag, da die lanndschaft bei ein ander wer gesamet gewesen. Die anderen sprachen er wolt fúrbaser khainen landtag mer hallten, als das wol an im selbs was. Und am suntag nach Sand Larentzen tag ward her Wilhalm von Liechtenstain, weilennt heren Kristofs von Liechtenstain sun, von den merherischen pauren erslagen und auff dem veld begraben, und sein hausfraw ward darnach unsynnig und starb. [21vb]

26. Von dem zesamkomen ettlicher lanntleútt ze Stockheraw, daselbs sich anhueb des lands verderben Zu den zeiten als der lobsam fúrst kunig Lassla dennoch was in leben stuend er mit dem rómischen kaiser in zwitrecht von ettlicher geslosser wegen, die derselb rómisch kaiser unrechtlich innen, und der auch ettliche vergeben und verschriben hett. Darumb im derselb kunig Lassla mit gewalt ettliche angeẃunnen lies. Nu hett der benannt rómisch kaiser ein herschafft und gesloss enhalb Tuennaw genant Ort. Der besargt es vor kunig Lasslawen und gedacht, er wúrd im die villeicht auch angewinnen und gab das selb geslos und herschafft uber ainem ritter, genantt Gerhart Frannawer. Und schueff durch sein brieff mit den léwten zw der benanten herschafft Órt gehorund, im als newn herren nu fúrbaser gehorsam und gewertigkait zu tuen, wann er im die benanndt herschafft [22ra] mit irer zuegehorungen zekauffen geben hiett. Der obgenannt

1 also] fehlt G(ac). 2 unnd zuverdenckhen] fehlt G(ac). 4 da] dieweill G(pc)S. | wer] werdt G(ac), warn G(pc). 5 anderen] fehlt G(ac). | mer] fehlt G(pc)S. 12 daselbs] Daſelbſe G. 15 – 17 in zwitrecht von ettlicher geslosser wegen die derselb rómisch] fehlt G(ac). 16 wegen] fehlt GS. 17 unrechtlich innen und der auch] vnredlich bekhem, Vnnd darnach S. 18 verschriben] V'ſchreibung gethan G(ac). 19 mit gewalt ettliche] etliche mit gewalt GS. angeẃunnen lies] eingenoen hiett S. 21 vor] für G, vom S. 22 auch] fehlt S. 23 uber] auch vber G, fehlt S. 26 im] Ine G.

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5 [R 43]

[G 54r] [S 17v]

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25. Als der König von Böhmen seine Regalien empfing

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Eide und Gelübde, die er in solcher Weise entgegennahm, wurden ihm später von den Landständen vorgehalten, denn etliche sagten, er hätte dies auf einem Landtag tun sollen, denn dort wären alle Landstände versammelt gewesen. Die anderen meinten, er würde, wenn es nach ihm ginge, in Zukunft gar keinen Landtag mehr abhalten. Am Sonntag nach dem Tag des heiligen Laurentius wurde Herr Wilhelm von Liechtenstein, Sohn des Christoph von Liechtenstein, von den mährischen Bauern erschlagen und auf dem Feld begraben. Seine Frau wurde daraufhin wahnsinnig und starb.

26. Von der Zusammenkunft etlicher Landleute in Stockerau, von wo aus das Unheil über das Land kam 15

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Zu der Zeit, als der löbliche Fürst König László noch am Leben war, lag er mit dem Römischen Kaiser im Zwist um etliche Schlösser, die der Römische Kaiser zu Unrecht besaß und von denen er auch einige vergeben und überschrieben hatte. Darum ließ König László ihm etliche mit Gewalt abnehmen. Nun hatte der oben genannte Römische Kaiser Besitzungen und ein Schloss jenseits der Donau, genannt Orth. Er sorgte sich und dachte, König László würde auch dieses einnehmen, und übergab selbiges Schloss und die Herrschaft an einen Ritter namens Gerhard Fronauer. Er befahl den Untertanen in seinen Besitzungen zu Orth in einem urkundlichen Schreiben, jenem als neuem Herrn gehorsam und dienstbar zu sein, da er ihm die genannte Herrschaft mit all ihren zugehörigen Besitzungen verkauft habe. Der oben genannte Gerhard

fúrbaser] fürbaſ beſſer G(ac), fürbaſ G(pc)S. | gewertigkait zu tuen] gewerttig zueſein GS.

8 Kristofs von Liechtenstain: Christoph II. von Liechtenstein und Nikolsburg († 1445), Rat Friedrichs III. (1442). 21 Ort: Schloss Orth, in Orth an der Donau, Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich.

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26. Von dem zesamkomen ettlicher lanntleútt ze Stockheraw, daselbs sich anhueb des lands verderben

6.1.1460

Gerhart Frannawer ward geschossen vor dem téber im Marchort, des er starb, als vor gemellt ist. Dardurch sich sein brueder Camret Frannawer underwannt derselben herschafft Órt mitsambt dem geslos, auch anderer seins brueder gelassen hab und guet. Darunder er vand geschefftbrieff, die ausgangen waren aus der kanntzlei des rómischen kaisers an die leẃtt der herschafft, die inn hielten, das sy Gerharten dem Frannawer als irem herren solten gehorsam sein, wann die herschafft und das geschlos sein kauffts guet wér. ¶ Und als der rómisch kaiser nu erblich an gie in dem lannd zw Osterreich und die regier in seiner gewaltsam hett, do vordert er das benandt geslos und herschafft Órt an Camreten den Frannawer, der im aber des nicht abtreten wolt und gab antwúrt, es wér seins brueder gekhaufts gút [22rb] gewesen, das nu von im erblich an in komen wér. Wollt in aber sein kaiserlich gnad sprúch nicht vertragen, darumb wolt er seinen genaden anttwúrten in ainem landsrechten, als recht wér. Nun waren der lanntleút menig, die von kunig Lasslawen auch verschreibung heten, dabei sy aber der kaiser nicht wollt halden. Und maint als in kunig Lassla sólh verschreibung geben hiett, wer er seiner jar ze junckh gewesen, und hiett die weil nicht regírt. Mit den macht Camrett Frannawer ein zesamkómn in dem markt Stockeraw, und nach irer underredung schriben sy aus ainen lanndtag, auff der heiligen drei kunigen tag gen Gelesdorff. Es wúrden auch durch dieselben lanndleẃtt auffgeschriben ettlih artikel und ander nottúrfft des lannds und sunderleich von der múnss und des aufslags, saltz und wein, darumb die benanten

29 – 92,1 vor dem téber im Marchort] fehlt G(ac). 2 des er starb] vnd dz Er ſtarb G(ac). | als vor gemellt ist] fehlt G(ac). 3 Camret] Cunradt GS. 5 brueder] brueders G(ac). | gelassen] fehlt G(ac). 8 dem] fehlt GS. | irem] Iren G. 9 das] fehlt GS. 10 kauffts] gekhaufft G(ac), gekhaufftes S. 11 erblich] erblichen G(ac). | an gie] angieng G(ac)S angie G(pc). 14 Camreten] Gerhaꝛten W, Conraden G(ac), Gerharten G(pc), Cunrat S. | aber des] aber das aber G, aber das S (urspr. das aber. Schreiberkorrektur). 17 sprúch] ſpruch S. 23 ze junckh] Viel zue Jung G. | nicht regírt] nicht Regiert Guet G(ac). 24 Mit den macht] mit dem macht W, dennoch macht G(ac), mit dem macht G(pc), mit der macht S. zesamkómn] Zueſsamen Khumfft G(ac). 25 Stockeraw] zu

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[G 55r] 10

[R 44] 15

20 [G 55v]

[S 18r] 26

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26. Von der Zusammenkunft etlicher Landleute in Stockerau, von wo aus das Unheil über das Land kam

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Fronauer wurde vor dem Tabor bei der Marchmündung erschossen, sodass er starb, wie vorher schon erzählt wurde. Deshalb übernahm sein Bruder Gamerit Fronauer die Herrschaft Orth mitsamt dem Schloss und auch andere Hinterlassenschaften seines Bruders. Darunter fand er Schreiben, die von der Kanzlei des Römischen Kaisers an die Untertanen der Herrschaft ergangen waren und die besagten, dass sie Gerhard Fronauer als ihrem Herrn gehorsam sein sollten, da er die Herrschaft und das Schloss gekauft habe. Als der Römische Kaiser sein Erbe im Land Österreich antrat und die Regierungsgeschäfte übernahm, forderte er das genannte Schloss und die Herrschaft Orth von Gamerit Fronauer zurück, der es ihm aber nicht geben wollte. Er antwortete, dass es der gekaufte Besitz seines Bruders sei, der als Erbe an ihn gefallen sei. Wollten Seine Kaiserlichen Gnaden ihm aber nicht zustimmen, so würde er sich vor einem Landesgericht verantworten, so wie es rechtens wäre. Nun gab es aber viele Landleute, die von König László ähnliche Verträge erhalten hatten, die der Römische Kaiser nun nicht einhalten wollte. Denn er meinte, dass König László, als er diese unterzeichnet hatte, an Jahren noch zu jung gewesen sei und noch gar nicht regiert habe. Mit jenen Landleuten kam Gamerit Fronauer im Markt Stockerau zusammen, und nach ihrer Unterredung schrieben sie eine Versammlung am Dreikönigstag zu Göllersdorf aus. Durch dieselben Landleute wurden auch etliche Punkte und Angelegenheiten, die das Land betrafen, aufgeschrieben – insbesondere über die Münze und Abgaben und über Salz und Wein –, mit denen die Landleute Boten aus ihren Reihen mit ihren Anliegen zum

Stockheraw G(pc)S. 26 der] den G. 28 auffgeschriben] auſsgeſchriben GS. | ettlih] Von etlichen S. | und] von G(pc). 30 aufslags] Aufſchlag wegen S.

3 Camret Frannawer: Gamerit Fronauer († nach 1483), beanspruchte 1458 die Herrschaft Orth und provozierte damit den Krieg zwischen Friedrich III. und seinem Bruder Albrecht VI., später Rat Friedrichs III. (1483). 25 Stockeraw: Stockerau, Stadt im Bezirk Korneuburg, Niederösterreich. 27 Gelesdorff: Göllersdorf, Marktgemeinde im Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich.

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26. Von dem zesamkomen ettlicher lanntleútt ze Stockheraw, daselbs sich anhueb des lands verderben

lanndleútt ír pottschafft aus in mit irenn fürnemen zw dem rómischen [22va] kaiser wolten geschikht haben, den er aber nicht gelait geben woltt. Und also belaib das under wegen.

1460

6.1.1460

27. Anno Domini millesimo quadringentesimo sexagesimo In dem als nu kóm der heiligen dreir kunig tag, fúgten sich der maist tail der lanndleútt underhalb der Enns zw dem tag gen Gelesdórff. Zw dem kom auch her Ulrich der Eÿzinger. Daselbs sÿ aber betrachten des lannds nottdurfft, und wúrden daselbs aufgeschriben all artickel irer geprechen. Darnach paten sÿ den rómischen kaiser, sein rétt daselbs hin genn Gelesdorff zw in zeschicken, die sólh ír hanndlung und nottúrft hórten und verrer an sein kaiserlich genad préchten. Wollt aber des sein kaiserlich genad nicht tuen, denn, so sy aus in erwellten und in iren nottúrften zw seinen genaden sennden wúrden, mit nottúrftigem gelaitt fúr zesehen, das der kaiser tétt. Also senndten zw dem kaiser ainen aus den herren [22vb] und drei aus ritter und knechten, die hielten seinen genadenn fúr alle hanndlung und artickl, so sÿ pei dem selben tag beslossen heten und liessen sein kaiserlich genad pitten, sy genediklich als herr und lanndsfúrst dar inn fúr zesehen unnd sólh geprechen ze wenden, nach dem die wider ír und des lannds freihaitt und gerechtikaitt und alts herkomen wéren, und sy auch hielt bei iren verschreibungen, so sy von kunig Albrechten, kunig Lasslawen und anderen seine vorforderen hieten. Das wolten sy umb sein genad underteniklich als umb iren genedigen herren und lanndsfúrsten verdienn. Auff solich werbung in aber der kaiser nicht anttwúrt gab. Do von legten sy verrer ainen tag gen Wulderstorff und schriben

1 irenn fürnemen] Jren fürnembens G, Jrm fürnemen Auch S. 3 geben woltt] geb W, haben woltt G, geben wolt S. | also] fehlt G(ac). 12 den] dem S. 13 zeschicken] zue ziech_ G(pc)S. 16 in erwellten] Ir Erwöllung S. 19 senndten] ſandten ſie G(ac)S. 20 seinen] ſeiner G, ſein S. 22 kaiserlich] fehlt G(ac). 26 wéren] wär G. 32 Wulderstorff] Wolterſtorff G.

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[G 56r] 6

10

15 [R 45] [G 56v] 20

25

30 [G 57r]

26. Von der Zusammenkunft etlicher Landleute in Stockerau, von wo aus das Unheil über das Land kam

Römischen Kaiser schicken wollten, denen dieser aber kein freies Geleit zusicherte. Und so unterblieb das.

27. Anno Domini 1460

5

10

15

20

25

30

Als nun der Dreikönigstag gekommen war, begab sich der Großteil der Landleute unterhalb der Enns zum Landtag nach Göllersdorf. Dorthin kam auch Ulrich Eitzinger. Sie besprachen dort abermals die Missstände des Landes, und es wurden alle strittigen Punkte niedergeschrieben. Danach baten sie den Römischen Kaiser darum, seine Räte zu ihnen nach Göllersdorf zu schicken. Diese sollten von den bisherigen Verhandlungen und Missständen unterrichtet werden und sie dann Seiner Kaiserlichen Gnaden übermitteln. Wollten Seine Kaiserlichen Gnaden das jedoch nicht gewähren, so bäten sie darum, denjenigen, den sie aus ihren Reihen auswählen und mit ihren Anliegen zu Seiner Gnaden senden würden, mit dem erforderlichen Geleit zu versehen, was der Kaiser tat. Also sandten sie einen von den Herren und je drei von den Rittern und Knechten zum Kaiser und brachten Seiner Gnaden alle Angelegenheiten und Punkte vor, auf die sie sich bei jener Versammlung geeinigt hatten, und ließen Seine Kaiserlichen Gnaden bitten, ihre Belange gnädigst als ihr Herr und Landesfürst anzuerkennen und die Missstände zu beenden, da diese ihren und des Landes Freiheiten, Rechten und Gewohnheiten zuwiderliefen, und weiters die Verträge, die sie mit König Albrecht, König László und anderen seiner Vorgänger geschlossen hatten, einzuhalten. Darum wollten sie Seine Gnaden als ihren gnädigen Herrn und Landesfürsten untertänig bitten. Auf dieses Ansuchen gab ihnen der Kaiser aber keine Antwort. Deshalb setzten sie eine weitere Versammlung in Wullersdorf an und schrieben den Landleuten, dass sie am

32 Wulderstorff: Wullersdorf, Marktgemeinde im Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich.

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27. Anno Domini millesimo quadringentesimo sexagesimo 24.3.1460

den lanndleẃten, daselbshin ze kómen auff den montag nach dem suntag letare in der vassen, daselbs sy ir artickl, die sy wider den rómischen kaiser heten fúrgenomen aufschriben, etc. [23ra]

28. Von den Schinderling 1459

In dem sumer des newnundfúffzigisten jars haben hertzog Ludweig von Pairen und ander fúrsten und stett, der von Halss, der von Saltzpurck, der von Passaw, unnd ander herren umb das lannd Osterreich gesessen, geslagen gar ein geringe múnss, der vill in das lannd Osterreich gefúrtt, unnd darumb des lannds gúete múnss und ander klainat von gold und silber aufgekaufft unnd aus dem lannd gefúrt war. Nu hett der kaiser ettlich kemrer, mitt namen Hannsen Rórbacher, Hannsen Spaurer und den von Morsperg. Die wúrden durch ettlich purger von Wienn, di ein versteen zu der múnss heten, underricht, wie die vorgenanten fürsten und herren einen grossen gewin an der vorgenanten geringen múnss hieten, wie auch umb die selb gering múnss die guet múnss in dem land aufkaufft, aus dem lannd gefúrt, widerumb ingesetzt und sólch gering múnss daraus gemacht wúrd, das seinen kaiserlichen genaden [23rb] lannden und leúten zw schaden khém. Sólhs sy sein genad wol anbringen und daran weisen móchten, das er auch desgeleichen ein newe múnss in dem kornn, als die anderen fúrsten und herren slúegen, in dem lannd ze Osterreich auch schlachen liess und den gwin da von nem als ander.

2 letare] Lætars G. 4 etc] fehlt GS. 5 Von den Schinderling] Vertzaichtnus von der Müntz die gangen iſt in dem Landt zu Oſterreich, die mann gehaiſſen hat die Schinderling G(ac), Von der Müntz die gangen iſt in dem Landt zu Oſterreich, die mann gehaiſſen hat die Schinderling G(pc), Von der Müntz die gangen iſt in dem Lanndt zue Oſſterreich, die man gehaiſsen hatt Schinderling S. 7 ander] ander herrn G(pc)S. 9 gar ein] ein gar G. 11 unnd] fehlt GS. 14 Hannsen Rórbacher] Hannſ von Larbacher G(ac). 16 ein versteen] am vorderiſten G(ac), am verſthen G(pc), ein Verſtandt S. 17 vorgenanten] Vorigen G. 18 wie auch] wie es auch WG, wie auch S. 22 khém] Kham GS. 25 slúegen] fehlt S.

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[S 18v]

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10 [G 57v]

15 [R 46]

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[G 58r] 26

27. Anno Domini 1460

Montag nach dem vierten Sonntag in der Fastenzeit dorthin kommen sollten, wo sie dann ihre Anliegen gegenüber dem Römischen Kaiser schriftlich festhalten würden.

5

10

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28. Von den Schinderlingen Im Sommer des neunundfünfzigsten Jahres schlugen Herzog Ludwig von Bayern und andere Fürsten und Städte, der von Halss, der von Salzburg und der von Passau und andere Herren, die um das Land Österreich saßen, minderwertige Münzen, von denen sie viele ins Land brachten. Damit wurden die starke Münze des Landes und viele Kleinode aus Gold und Silber aufgekauft und außer Landes geführt. Nun hatte der Kaiser einige Kämmerer, mit Namen Hans Rohrbacher, Hans Spaur und den von Mörsberg. Die wurden von einigen Bürgern Wiens, die sich auf das Münzwesen verstanden, darüber aufgeklärt, dass die vorher genannten Fürsten und Herren großen Gewinn durch die vorher genannte minderwertige Münze machten, indem um diese minderwertige Münze die starke Münze des Landes aufgekauft, außer Landes geführt, wiederum eingeschmolzen und daraus eine minderwertige Münze gemacht werde, sodass Länder und Leute Seiner Kaiserlichen Gnaden zu Schaden gekommen seien. Sie wollten dies Seiner Gnaden vorbringen und ihn anweisen, dass auch er eine neue Münze im Land Österreich schlagen lassen solle, die denselben Feingehalt wie die Münzen der anderen Fürsten und Herren haben solle, und er so Gewinn daraus ziehe wie die anderen.

7 der von Halss: Friedrich V von Leuchtenberg (* ca. 1437, † 1487), Landgraf (ca. 1437–1487). 8 der von Saltzpurck: Sigismund I. von Volkersdorf (um 1395–1461), Erzbischof von Salzburg (1452–1461). 14 Hannsen Spaurer: († 1490), Urspr. aus Südtirol, stets im Dienst Friedrichs III., 1464 in den Reichsherrenstand erhoben. 15 Morsperg: Christoph von Mörsberg († 1479), Kämmerer, Rat Friedrichs III., Burggraf von Graz und Landschreiber in der Steiermark, vgl. Heinig, S. 1720.

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28. Von den Schinderling

29.9.1459

¶ Die vorgenanten drei kamrer prachten das an den rómischen kaiser und ertzellten im gelegenhait der sach, ob er schlueg ein newe münss in dem lannd ze Osterreich, was nutz und gewinn er davon aufheben und gehaben mócht. Aber sy ertzelten und sagten im nicht das gross und hoch verderben, des lannd und leútt dardurch ném. Der benantt rómisch kaiser wollt sich am erssten darin nicht geben, das er von seinn gút múnss hett geloſſn. Da batn Sý, Inen dieſelb zu verleihen, und erpúten sich, sein gnaden ein gúten gewin da von zegeben, das er allso tétt. Und allso hueben sy an ze múnssen in der Newnstatt umb Sannd Michels tag des obgenanten jars, und sluegen daselbs swartz Pfenning un[23va]der dem zaichen des kaisers in aller formm und mass, als vor zeiten die allten swartzen wienner Pfenning pei kunig Albrechten, sáligen, gewesen waren, aber sy heten nicht vil silber. ¶ Und als der rómisch kaiser nu merckht den gewin, das er gross was, und seinen aigen nutz dardurch wol macht betrachten, nam er von den egenanten drein kamrernn úber die múnss und setzt zu der Newnstat und zu Gretz múnsmaister, die sluegen Pfenning, die hiessen Kreútzer. Dar auff ward gezaichent sein liebrey und ettlich seine lannd an schilten. Es ward auch den hausgenossen zw Wienn verpoten, das sy nicht toersten gemúnssen, und der wechsel ward darnach von in durch den kaiser auch aufgehebt, wie wol das was wider ir freihaitt und gerechtikait. Dennoch acht man sein nicht und derselben Kreutzer unnd Pfenning wúrden sovil bracht gen Wienn, das zum lessten die kinder auff der gassen sovil der Pfenning heten, das sy die von in wúrffen. [23vb] Der rómisch kaiser was schuldig den grafen von Pósing, dem von Ellerbach, dem Grafenecker und Andren Pémkirher

2 rómischen] fehlt S. 3 in dem lannd] fehlt G(pc)S. 4 und gehaben] fehlt GS. 5 und hoch] fehlt G(ac)S. 6 des] den W, dem G, des S. ném] Khamb G(ac), namb G(pc)S. 7 rómisch] fehlt G(ac). | am erssten] fehlt G(ac). 8 hett geloſſn Da batn Sý Inen dieſelb] fehlt WG(ac)S, hett geloſſn. Da batn Sý, Inen dieſelb G(pc)5. 9 erpúten] erbietten G(ac), erbiett G(pc). 14 aller] fehlt S. | mass] weiſs G(ac). 18 dardurch] fehlt G(ac)S. 20 zu2] fehlt S. 23 ward] was G(ac)S.. 24 toersten] dorfft_G, dörfften S. 27 Dennoch] Dannach GS. 28 bracht] gebracht G. 31 den] dem GS.

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[G 58v] 15

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[S 19r] [R 47] [G 59r]

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28. Von den Schinderlingen

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Die drei vorher genannten Kämmerer brachten dies dem Römischen Kaiser vor und erläuterten ihm, welchen Nutzen und Gewinn er daraus ziehen und erhalten könne, wenn er eine neue Münze im Land zu Österreich schlüge. Aber sie verschwiegen ihm das große und umfassende Verderben, das Land und Leute dadurch ereilen würde. Der genannte Römische Kaiser wollte zuerst nicht darauf eingehen, von seiner guten Münze abzulassen. Da baten sie darum, ihnen diese zu überlassen, und erboten sich, Seiner Gnaden guten Gewinn damit zu erzielen, woraufhin der Kaiser einwilligte. So begannen sie in Wiener Neustadt um den Tag des heiligen Michael des oben genannten Jahres zu prägen und schlugen dort schwarze Pfennige unter dem Monogramm des Kaisers, die in Form und Maß wie die alten schwarzen Wiener Pfennige früher unter dem seligen König Albrecht waren, aber sie enthielten nicht viel Silber. Als der Römische Kaiser nun sah, wie groß der Gewinn war, und er seinen eigenen Nutzen darin erkannte, übernahm er von den ehegenannten drei Kämmerern die Münze und setzte in Wiener Neustadt und in Graz Münzmeister ein, die Münzen schlugen, die Kreuzer hießen. Darauf wurde sein Monogramm abgebildet und einige seiner Länder durch ihre Wappen. Den Mitgliedern der Münzgemeinschaft in Wien wurde verboten zu prägen, und auch der Wechsel wurde ihnen durch den Kaiser entzogen, obwohl das gegen ihre Privilegien und Rechte war. Doch das beachtete man nicht, und es wurden so viele von denselben Kreuzern und Pfennigen nach Wien gebracht, dass zuletzt die Kinder in der Gasse so viele Pfennige hatten, dass sie damit warfen. Der Römische Kaiser schuldete den Grafen von Bösing, dem von Ellerbach, dem Grafenecker und Andreas Baumkircher eine gute Summe Geldes, in etwa zwölftausend Gulden.

32 Ellerbach: Berthold von Ellerbach († 1505), zuerst im Dienst Friedrichs III, 1460 in Grafenstand erhoben, Ab 1462 im Dienst des Matthias Corvinus, Obergespan von Veröcze (1462–1464) und Wojwode von Siebenbürgen (1465-1467), vgl. Schalk, S. 133. Grafenecker: (* zwischen 1415 und 1420, † 1487), kaiserlicher Söldnerführer, aus Schwaben, Rat Friedrichs III. Hauptmann und Gespan von Ödenburg (1459–1463), Freiherr (ab 1465), Bruch mit dem Ks. ab 1472.

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28. Von den Schinderling

25.11.1459

14.3.1460

ain summ gelts, als auff XII tausent gulden. Die paten sein gnad, sy solher summ gelts zw entrichten. Wollt aber sein genad, das sy die gegen im vallen liessen, das er in dann verlich die múnss zw einer ergetzung. Dem kaiser geviel das wol und gab in prieff und sigel, das sy gemúnssen móchten. Die múnssten zw Prespurck, zw Altenburckh, zw Ódenwurck und anderen menigen ennden und sluegen Kreutzer unnd Pfenning dabei kain silber was, núr kuppfer, und wúrden dardurch gereicht. Dieselben Pfenig wúrden gehaissen Hebrenko und darnach Schinderling. Den namen sy behielten untz an das enndt. Derselben Pfenig gab man am ersten fúr ainen Gulden ain tl ₰. Das werd untz auff Sannd Kathreintag. Da was gúte zerung zw Wienn. Darnach gallt der Gulden X ß, darnach zwai Pfunnt, darnach do verrueff man, den Guldein [24ra] nicht hóher zenemen denn umb zehen Schilling d_. Nach dem verrueffen leuff der Gulden auff, das er galt vier tl, und darnach sechse und achte, unnd aller werd ward verkaufft nach dem Guldein. Die herren im lannd heten ein gross verdriessen an der múnss, wenn in gie vil ab an iren nútzen und rennten. Desgeleichenn ward auch gross geschrai under dem volkh ze Wienn, darumb der rómisch kaiser zw Wienn hueb an ze slahen ein newe múnss am sambstag vor letare in der vassten. Derselben múnss solt gelten ein Gulden VI ß ₰ und ward genannt das gross khórnn. Und wúrden die Phenig auf den formm gemacht, als sy ettwaren pei kunig Albrechts zeiten gewesen und gangen waren, und die Marckh solt besteen bei sechs Lóten lauters silber, des das gemain volkh fró was.

1 summ] ſumma G(ac). 3 die] fehlt G(ac). 4 verlich] Villeicht S. 5 gemúnssen] genieſſen G(ac). 6 múnssten] fehlt G(ac), münzen G(pc), münz S. 7 und1] vnd an GS. | menigen] fehlt G(ac). 9 gereicht] gericht GS. 10 Hebrenko] Habrenckho G, Helrenko S. 11 behielten untz] ſie hielten vnzt G(pc), ſie bhielten hinzt bis S. 13 untz auff] hinzt bis S. 15 den] die G(pc)S. 17 d_] fehlt G. 20 ein] fehlt G. 22 gross geschrai] ein groſs geſchraÿ S. | darumb] darumb dz G(pc)S. 23 zw Wienn hueb an] anfieng S. 25 ein Gulden] fehlt G(ac). | ₰] fehlt G. | das] der GS. 29 Lóten] Lati G(ac).

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[G 59v] 10

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28. Von den Schinderlingen

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Sie baten Seine Gnaden, ihnen diese Summe Geldes zurückzuzahlen. Wollten Seine Gnaden aber, dass sie die Forderungen ihm gegenüber fallen ließen, sollte er ihnen das Münzrecht als Entschädigung überlassen. Dem Kaiser gefiel das gut, und er gab ihnen Brief und Siegel, sodass sie prägen durften. Sie prägten in Preßburg, in Altenburg, in Ödenburg und vielen anderen Orten und schlugen Kreuzer und Pfennige, in denen nur Kupfer und kein Silber war, und bereicherten sich dadurch. Diese Pfennige wurden Hebrenko genannt und danach Schinderlinge. Diesen Namen behielten sie bis zuletzt. Von diesen Pfennigen gab man zuerst für einen Gulden ein Pfund Pfennig (240 Pfennige). Das galt bis zum Tag der heiligen Katharina. Da konnte man sich in Wien noch gut verpflegen. Danach war der Gulden zehn Schilling Pfennig (300 Pfennige) wert, danach zwei Pfund Pfennig (480 Pfennige). Danach wies man an, dass der Gulden nicht mehr als zehn Schilling Pfennig (300 Pfennige) wert sein solle. Nach dieser Verordnung stieg der Gulden, sodass er vier Pfund Pfennig (960 Pfennige) wert war und dann sechs (1.440 Pfennige) und acht (1.920 Pfennige), und alle Preise richteten sich nach dem Gulden. Die Herren im Land waren sehr unglücklich mit der Münze, denn ihnen entgingen viele ihrer Nutzen und Renten. Desgleichen gab es auch ein großes Gezeter unter dem Volk in Wien, woraufhin der Kaiser am Tag vor dem vierten Sonntag in der Fastenzeit in Wien begann, eine neue Münze zu schlagen. Sechs Schilling Pfennig (180 Pfennige) dieser Münze, die das Großkorn genannt wurde, sollten einen Gulden wert sein. Die Pfennige wurden in der Form gemacht, wie sie zu König Albrechts Zeiten hergestellt wurden und im Umlauf waren, und die Mark sollte sechs Lot reines Silber enthalten, worüber das gemeine Volk froh war.

6 Prespurck: Bratislava, dt. Pressburg, Hauptstadt der Slowakei. Altenburckh: Ungarisch-Altenburg, heute Mosonmagyaróvár, Stadt im gleichnamigen Kreis im Komitat Győr-Moson-Sopron im Nordwesten Ungarns. 7 Ódenwurck: Sopron, dt. Ödenburg, Stadt im Komitat Győr-Moson-Sopron, Ungarn.

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28. Von den Schinderling 26.4.1460

30.3.1460 31.3.1460

¶ Darnach, am sambstag nach Sannd Jórgen tag, lies der rómisch kaiser aufwerfen die new múnss zw Wi[24rb]enn, und man rúefft, das der allten swartzen geringen múnss IIII ₰ solten gellten werden fúr der newn Phenign ainen, und ain Kreútzer solt genomen werden fúr ainen newen Phenig. Dar aus zu versteen was der gewin, den der kaiser an der múnss gehabt hett, und der schaden und verderben den lannd und leẃtt dadurich genommen hett. Under dem newn Wienner Pfenig, und under dem allten geringen Phenning, was nicht underschaid, wenn es was ein yeder swartz und heten ain zaichen. Darumb das ainvaltig volk vil ward petrogen. Davon die newen Phenig wúrden verworffen. Und grosser irrsal ward in kauffen und verkauffen, und die Kreutzer und Schinderling gewunnen wider iren ganck, und man hórt auff ze slahen die newn Wienner Phenig. ¶ Darnach zw hannt am suntag und montag nach dem verrúeffen wúrden alle pfenbert auflauffen ze Wienn in fleisch, prott, wein, in ve[24va]nedigischer war, pei schuesterenn, schneidernn und allen hanntwerchernn. Und ward under dem gemainen volk ein gross múrmelnn, zwithrecht, klagen vnd wainen, und hueben an ze schelten und zefluechen dem rómischen kaiser und sein rett, das ee nie was erhórt warden, wenn man gab ein Échterin wein umb vírtzig, fúnfftzig oder sechtzig Phennig. Es was auch ein gross geschrai wider die peckhen, wenn sy gaben einen klainen laib umb IIII ß Phenig. Desgeleichen auch wider die fleischakher, die wollten núr nemen die newen Phenning. Die mocht das arme volk nicht gehaben, und da von so schueff der ratt von der statt zw Wienn mit den peckhenn und fleischackheren, das sy von den armen leẃten nemen solten die gering swartz múnss und auch die

2 aufwerfen] auſrueffen S. 3 geringen] fehlt G(ac). 4 gellten] geben GS. | der] d_ G. 8 dem] den GS. 11 swartz] ſchwarzen pfenning G(ac). | ainvaltig] gemain G(ac). 13 irrsal] Ir ſchadt S. | kauffen] Kauff G(pc). 15 wider] fehlt G(ac). 18 pfenbert] pfennwerth G, pfenbart S. 19 venedigischer] Venediſcher G, fehlt S. 20 schneidernn] vnd ſchneidern G(ac). | allen hanntwerchernn] allenthalben G(ac). 21 under dem gemainen volk ein gross múrmelnn] ein groſser murmell vnder dem gemainen Volkh S. 24 was] ward S. | wenn] denn S. | Échterin] Achtering G,

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5 [G 60v] [S 19v]

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[G 61r] 21

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28. Von den Schinderlingen

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Danach, am Samstag nach dem Tag des heiligen Georg, ließ der Römische Kaiser die neue Münze in Wien in Umlauf bringen, und man rief aus, dass von der alten schwarzen, minderwertigen Münze vier Pfennig einen neuen Pfennig wert sein sollten, und ein Kreuzer sollte für einen neuen Pfennig genommen werden. Daraus wurde ersichtlich, welchen hohen Gewinn der Kaiser aus der Münze erlangt hatte und welch Schaden und Verderben Land und Leute dadurch erlitten hatten. Zwischen dem neuen Wiener Pfennig und dem alten, minderwertigen Pfennig gab es keinen Unterschied, denn beide waren schwarz und hatten dasselbe Zeichen. Dadurch wurde das einfache Volk oft betrogen. Deshalb wurde der neue Pfennig verworfen. Beim Kaufen und Verkaufen herrschte große Verwirrung. Die Kreuzer und Schinderlinge kamen wieder in Umlauf, und man hörte mit dem Schlagen der neuen Wiener Pfennige auf. Gleich danach, am Sonntag und Montag nach der Verlautbarung, wurden alle Pfennigwerte in Wien angehoben, von Fleisch, Brot, Wein, von venezianischer Ware, bei Schustern, Schneidern und allen Handwerkern. Bei dem gemeinen Volk erhoben sich großes Gemurre, Zwietracht, Klagen und Weinen, und sie begannen über den Römischen Kaiser und seine Räte zu schimpfen und zu fluchen, wie es nie zuvor gehört worden war, denn man verkaufte ein Achtering Wein um vierzig, fünfzig oder sechzig Pfennig. Es gab auch großen Unmut gegenüber den Bäckern, denn sie verkauften einen kleinen Laib um vier Schilling Pfennig (120 Pfennige); ebenso gegenüber den Fleischhauern, die nur die neuen Pfennige nehmen wollten. Die hatte das arme Volk aber nicht, und so verpflichtete der Rat der Stadt Wien die Bäcker und Fleischhauer dazu, dass sie von den armen Leuten die minderwertige schwarze Münze und auch die Kreuzer zum gleichen Wert wie zuvor nehmen sollten. Danach stieg der Gulden, sodass er zwölf Pfund Pfennig (2.880 Pfennige) wert war. Inzwischen verkaufte man einen Hasen um zehn Schilling Pfennig (300 Pfennige), ein Dutzend

Achterin S. 25 umb] fehlt S. | oder] fehlt S. 29 gehaben] erhaben G, habn S. 30 so] fehlt G(ac)S. | zw] fehlt G(ac). 31 und] vnd mit den G. 32 gering swartz] ſchwarz vnd gering G(ac).

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28. Von den Schinderling

Kreútzer in dem werd als vor. Darnach laff der guldein auff, das er galt XII tl ₰. Dieweil gab man ainen hasen umb X ß ₰, ain tusent néstln umb X tl, ain henn umb IIII ß ₰, ain Pfunt pfeffer umb IIII tl ₰, [24vb] ainen Mutt waitz umb L tl ₰. Wenn es tett den pauren gar wol, das sy írs gúts so hoch und wol an wúrden, aber zum lessten ward in die súess zu einer pittrikait, wenn sÿ músten den maisten tail des gelts umb súnst an werden. Unnd wer wolt essen einen lunnglpraten, der múst geben auff die lest darumb XVIII ß oder drew tl ₰, und ainen laib prott umb IX ß ₰, und die obgenannt gering múnss múst man dennoch dulden untz die lanntschaft kom gen Wienn zw dem rómischen kaiser.

¶ Pei der benanten múnss wúrden auch máchtig des kaisers múnsmaister, wenn sy heten von im bestannden die múnss und gaben im ain benante sum gelts, da von der münsmaister in der Newnstatt pracht zw wegen in peraitschafft gold und silber als auf achtzig tausent Gulden. Dasselb guet fúrt er haimlich aus des chaisers landen und kom gen Franckreich. Daselbs setzt er sich zehaws [25ra]. Der münsmaister ze Gretz, genanndt der Ekkenperger, der kaufft in dem lannd Steir als auff sechshundert Pfunndt gelts und ward móchtig. ¶ Darnach wolt der kaiser nach im haben gegriffen. Do ward er gewarnnt und entran gen Venedig unnd fúrt mit im von gold, silber unnd klainaten als auff viertzig tausent Pfunntt werd. Daselbs er ein zeitt was und gewan darnach die huld des kaisers und macht mit im ainen abpruch umb ain summ gellts und kom wider zw seinem guett gen Gretz.

2 auff] fehlt S. | tl] ß S. | tl2] ß S. | ₰] fehlt G(ac). 3 ₰] fehlt G(ac). | ain tusent néstln umb X tl] Ain duzet Neſtl vmb ain halb pfundt G, ein Tuzet Neſtel vmb einen halben gulden S. | tusent] duznt G, Tuzent S. 4 ain Pfunt pfeffer umb IIII tl ₰] fehlt G(ac). tl] ℔ S. 5 Wenn] denn S. | írs] Ir G. 6 in die] Ir S. 7 súess] Süeſsig G(pc), ſüeſſsigkhait S. | wenn] denn S. | den maisten] fehlt G(ac). 8 des gelts] Geltt S. | wolt essen] Eſſen wolt S. 9 darumb] fehlt G(ac). | ß] ß ₰ S. 10 tl] ℔ S. 11 gering] ring G(pc)S. | untz] biſs G(ac), hünzt S. 13 múnss] geringen Münz S.

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[G 61v] [R 49 (verdr. 94)] 5

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[G 62r] 15

[S 21r] 20

[G 62v] 25

28. Von den Schinderlingen

5

10

15

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30

Nestelbänder um zehn Pfund Pfennig (2.400 Pfennige), eine Henne um vier Schilling Pfennig (120 Pfennige), ein Pfund (561 g) Pfeffer um vier Pfund Pfennig (960 Pfennige), einen Mutt (1,845 m³) Weizen um fünfzig Pfund Pfennig (12.000 Pfennige). Zwar war es den Bauern sehr recht, dass sie ihre Waren so teuer und gut anbringen konnten, zuletzt jedoch wurde ihnen die Süße bitter, denn sie verloren den größten Teil des Geldes wieder. Und wer einen Lungenbraten essen wollte, der musste zuletzt achtzehn Schilling (540 Pfennige) oder (sogar) drei Pfund Pfennig (720 Pfennige) dafür geben und für einen Laib Brot neun Schilling Pfennig (270 Pfennige), und dennoch musste man die oben genannte minderwertige Münze dulden, bis die Landstände nach Wien zum Römischen Kaiser kamen. Durch die genannte Münze wurden auch die kaiserlichen Münzmeister mächtig, denn sie hatten von ihm das Münzrecht zugestanden bekommen und gaben ihm eine beachtliche Geldsumme, wodurch der Münzmeister in Wiener Neustadt Gold und Silber um rund achtzigtausend Gulden anhäufte. Dieses Gut führte er heimlich aus den Ländern des Kaisers und ging nach Frankreich. Dort ließ er sich nieder. Der Münzmeister aus Graz, genannt der Eggenberger, kaufte in der Steiermark rund sechshundert Pfund Pfennig (144.000 Pfennige) Geld und wurde mächtig. Danach wollte der Kaiser ihn ergreifen. Da wurde er gewarnt und entkam nach Venedig und nahm Gold, Silber und Kleinode im Wert von vierzigtausend Pfund Pfennig (9.600.000 Pfennige) mit sich. Dort blieb er eine Zeit lang und gewann schließlich die Huld des Kaisers zurück, traf ein Abkommen über eine Summe Geldes mit ihm und kehrte auf sein Gut nach Graz zurück.

14 wenn] denn S. 15 sum] Summa GS. 18 des chaisers] den G(ac). | landen] Lanndt S. 23 haben gegriffen] greiffen S. 25 silber] vnd Silber G. 26 werd Daselbs er ein zeitt was] fehlt G(ac). 28 summ] Summa G(ac)S.

20 Ekkenperger: Balthasar Eggenberger (* um 1425, † 1493/94), Grazer Bürger und Münzmeister, Kaufmann, vgl. Schalk, S. 510.

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28. Von den Schinderling

¶ Aber hertzog Albrecht von Ósterreich begraif seinen múnsmaister zw rechter zeitt, der mit seinem guett auch von dann wolt gefaren sein, und nam im das alles, des ein merckliche zal was, und lies in also plóssen von dann ziechen.

29. Von dem rómischen kaiser und Cannreten dem Franawer Der rómisch kaiser lies laden zw recht von wegen [25rb] des gesloss Órtt. Derselb Frannawer kom zw der lanndschafft und legt in die sach fúr und patt sy umb ratt, ob er auff den enndthafften rechtag, der in der ladungen wér bestymbt, antwúrten sollt. Die im rieten, wer sach, das der kaiser ainen lanndmarschalch mit wissen der lanndschafft hiett gesetzt unnd das recht nach allter gewónhait des lannds mit herren, ritternn und knechten wúrden besetzt, so mócht er anttwúrten. Beschéch aber des nicht, so mócht er schickhen zw dem enndthaften rechttag seinen scheinpoten, der in daselbs solt ausreden. Als nu kóm der rechttag, schickt der Franawer seinen scheinpoten mit ainem schreiben das da in der gemain lautt an die herren, so an dem rechten wúrden sitzen. Desgeleichen so schraib auch die lanndschafft. Nu ward das recht besétzt von dem rómischen kaiser durch sein [25va] rétt, die do waren steirer. Pei den auch sassen ein tail lanndleútt, die villeicht des Fraunawer anwallt nicht gevielen. Es was auch dennoch nicht gesetzt ein landmarschalich, súnder der rómisch kaiser hett das gericht bevolhen und zw richter gesétzt den erwúrdigen in Gott vater und hernn, hernn Ulrichen, pischoven zw Passau. Da lies fúrhalten der

2 auch von dann wolt gefaren sein] von dannen wolt gefaren ſein G(ac), auch von dann wolt faren G(pc)S. 3 das] do G(ac). 4 zal] Summa G(ac), Zoll G(pc)S. | plóssen von] dauon G(ac), uon dan G(pc), von dannen S. 6 dem] fehlt S. 8 zw recht] zue Recht den fronaur G(pc)5, zue Recht G(pc). 9 kom zw der lanndschafft] zue der Lanndtſchafft kham S. 11 wér] wärdt G(ac). 14 des lannds] fehlt G(ac). 15 ritternn] vnd Ritter S. | und] fehlt G(ac). 18 scheinpoten] ſendpotten G(pc)S. | solt] möchte G(ac), soll G(pc). 19 scheinpoten] ſendpotten G(pc)S. 20 der gemain] ainer

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[R 50]

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[G 63r] 10

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28. Von den Schinderlingen

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Herzog Albrecht von Österreich aber ergriff seinen Münzmeister rechtzeitig, der ebenfalls mit seinem Besitz entkommen wollte, und nahm ihm alles ab, was eine beachtliche Summe war, und ließ ihn allen Besitzes entledigt ziehen.

29. Vom Römischen Kaiser und Gamerit Fronauer

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Der Römische Kaiser ließ wegen Schloss Orth vor Gericht laden. Der Fronauer wandte sich an die Landstände, legte ihnen die Sache dar und bat sie um Rat, ob er der Ladung zur angesetzten Gerichtsversammlung Folge leisten solle. Diese rieten ihm, dem nachzukommen, sofern der Kaiser einen Landmarschall mit Wissen der Landstände bestellen und das Gericht nach altem Recht des Landes mit Herren, Rittern und Knechten besetzen würde. Sollte dies aber nicht geschehen, so möge er zum festgesetzten Gerichtstermin einen Stellvertreter schicken, der ihn dort vertreten solle. Als der Gerichtstag nun nahte, schickte der Fronauer einen Vertreter mit einem Schreiben, das sich an alle jene Herren wandte, die zu Gericht saßen. An diese schrieben auch die Landstände. Das Gericht war aber durchwegs mit den Räten des Kaisers besetzt, die allesamt Steirer waren. Unter ihnen waren auch etliche Landleute, die dem Anwalt des Fronauers offensichtlich nicht gefielen. Es war auch kein Landmarschall als Richter bestellt, sondern der Römische Kaiser hatte den vor Gott Vater, dem Herrn, ehrwürdigen Bischof von Passau, Herrn Ulrich, als Richter eingesetzt. Da ließ der Kaiser durch Meister Ulrich Riederer seine Ansprüche vorbringen, die er gegenüber dem Fronauer bezüglich des Schlosses Orth stellte, die jedoch von der Partei Fronauers niemand entgegennahm. Da wurde gefragt, ob jemand von der Partei Fronauers anwesend sei, der die Klage des Kaisers entgegennehmen würde. Da trat der Anwalt Fronauers mit

gmain G, in einem gemainen S. | lautt] lauttet G(ac), erlautt G(pc), Lanndt S. 21 wúrden] wuerden G(ac), woltn G(pc), wöllen S. 24 auch] fehlt G(ac). 25 anwallt] Landtleütten G(ac). 26 dennoch] dannach G, noch S. 27 richter] rechte G.

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29. Von dem rómischen kaiser und Cannreten dem Franawer

rómisch kaiser durch maister Ulrichen Riederer sein sprúch, die er hett gegen dem Franawer von des gesloss Ort wegen die aber nyement verantwúrt von wegen des Fronawer. Do ward gefragt, ob yemannt do wár von des Franawer wegen, der die klag des kaisers veranttwúrt. Do tratt fúr des Franawer anwallt, mitt ainem schreiben das da lautt an die herren, so an dem rechten sassen. Durch sólh schreiben sy der Franawer all lies pitten, das sy auff den tag wider in und sein gerechtikait nicht recht spréchen. [25vb] Wenn aber das lanndsrecht einen fúrganck gewun und das mit herren, ritternn und knechten, lanndleúten besetzt wúrd, so wollt er seinen kaiserlichen genaden vor den anttwúrten umb seine spruch und hiet guete hoffnung zw seinen genaden, er wúrt das auch seinhalben dapei sten lassen. ¶ Des rómischen kaiser anwálltt und redner heten nit ein benúegen an der annttwúrt und dem schreiben des Franauer und satzten des rómischen kaisers sprúch zw den herren, so da sassen zw dem rechten. Do wart von in zerecht erkannt, seindmalen der Franawer nach lanndsrecht zw drein viertzehen tagen wár geladen warden zw recht und sich bei dem endthafften rechtag durch sich selbs, noch durch sein volmóchtigen anwalt nicht veranttwúrt hiett, so hiett der kaiser sein sprúch gegen im behabt und wér im auch phlichtig des gesloss Órt abzetreten mit seiner zugehórung. Des gesprochen rechten begert im der kaiser ze geben einen gerichts brieff, der im auch mit [26ra] recht erkannt ward ze geben und liess dar auff erforderen das geslos Ort mit seiner zúgehórung an den Franawer, das er im nicht abtreten wolt. Und als der Franawer dem rómischen kaiser nach sólhem ervordernn des gesloss nicht

1 Ulrichen Riederer] Vlrichen d’ Eizinger G(ac). 4 Do ward gefragt ob yemannt do wár von des Franawer wegen] fehlt G(ac). yemannt] fehlt G(ac), niemand G(pc)S. 9 spréchen] Sprech_ ſolten G(ac). 11 und] fehlt S. 14 auch seinhalben] auch ſeinthalben G(pc)S. | dapei] fehlt G(ac). | sten] beſtehen G(ac). 16 redner] Räthen G. 17 benúegen] genuegen S. 19 so] die G(ac). 23 nicht veranttwúrt hiett] mit ainem ſchreiben das lautt an die herrn, ſo an dem Rechten ſaſſen G(ac), Es sind zwei Korrekturebenen erkennbar, die jedoch beide von Hand 2 stammen. Der Einschub sollte zuerst durch kleinere Zusätze geglättet werden, sodass der eigentlich sinnvollste Text entstünde: [...] Anwalt nicht, verantwort hiet ſond’ mit ainem

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[G 64r] [S 21v] 5

[R 51] 11

15 [G 64v]

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25 [G 65r]

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29. Vom Römischen Kaiser und Gamerit Fronauer

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einem Schreiben vor, das sich an die Herren, die zu Gericht saßen, wandte. In diesem Schreiben bat der Fronauer sie darum, an diesem Gerichtstag nicht gegen ihn und seine Rechte zu verhandeln. Wenn aber die Rechtsordnung des Landes wieder eingehalten würde und das Gericht mit Herren, Rittern, Knechten und Landleuten besetzt wäre, dann wollte er Seiner Kaiserlichen Gnaden vor jenen zur Rechtsprechung zur Verfügung stehen. Und er habe gute Hoffnung, dass Seine Kaiserlichen Gnaden dem auch zustimmen werde.

Die Anwälte und Redner des Römischen Kaisers waren mit der Antwort und dem Schreiben des Fronauers nicht zufrieden und brachten die Ansprüche des Römischen Kaisers den Herren, die da zu Gericht saßen, vor. Da wurde von ihnen geurteilt: Da der Fronauer nach geltendem Landrecht vor dreimal vierzehn Tagen vor Gericht geladen worden sei und sich am festgesetzten Tag weder selbst noch durch einen bevollmächtigten Anwalt verantwortet habe, falle das Urteil zugunsten des Kaisers aus, und er sei verpflichtet, ihm das Schloss Orth mit allen dazugehörigen Besitztümern abzutreten. Über dieses Urteil wollte der Kaiser ihm einen gerichtlichen Brief zukommen lassen, was ihm auch zugestanden wurde. Er ließ darin Schloss Orth mit allen dazugehörigen Besitztümern, die ihm der Fronauer nicht abtreten wollte, einfordern. Als der Fronauer auch nach dieser Aufforderung das Schloss nicht

ſchreiben das lautt an die herrn, ſo an dem Rechten ſaſſen. Der Korrektor verwirft den Versuch jedoch und streicht die ganze Passage letztlich.. 24 kaiser] Römiſch Khaiſer G(ac). 25 des gesloss Órt abzetreten mit seiner zugehórung] Schloſs Orth mit ſeiner zuegehorung ab zuetretten GS. 27 gerichts brieff] Rechtbrüeff G(ac).

1 Ulrichen Riederer: Ulrich Riederer (um * 1406, † 1460), Rat Friedrichs III., Probst zu Freising.

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29. Von dem rómischen kaiser und Cannreten dem Franawer 7.2.1460

abtreten wollt, da schickt der kaiser an pfintztag nach Sand Dorotheetag sein hoffgesind mitsambt dem grossen zeug gen Grossen Enntzesdorff. Es hett auch der kaiser in seinem sold aufgenomen als auff zwai tausent Pehem. Die sluegen sich am ersten für das geslos Órt. Darnach kom zw in des kaisers hoffgesind und ander volk mit dem zeug und erbaiten das geslos gar krefftiklich und zeschassen das geméwr gantz und die túernn. Aber die grében waren so guett das sy dennoch mit dem sturmm nichtz geschaffen mochten, wenn der Franawer guet lewt in dem gesloss hett, die grossen schaden heraus in das volk teten, und lagen also da vor und kunden nichts geschaffen. In der zeit besambt sich der graff von Górtz mit seinen [26rb] edln leúten und pauren und graif an den rómischen kaiser unnd nam in das geslos und marckt Greifenburg und prennt das aus. Darnach slueg er sich fúr Orttenburck und tett in oberen Kerentn dem kaiser grossen schaden. Gegen dem besambt sich her Jan der Witowitz, des kaisers haubtman, mit macht. Dem der kaiser schickt zehillff mitt ettlichem volk graff Hansen von Pósing. Die triben den von Górtz ze Ortenburck an der Traa zu gericht, ein geslos und das wol pebart mit zeẃn und gráben, das er besetzt mit pauren. Dasselb geslos im der Witowitz angewan. Und darnach zoch der Witowitz mit seinem volk dem von Górtz in sein lannd und gewan im an wol auff fúnff gueter geslósser. Darnach gund der von Görtz zetaiding mit dem Witowitz und begert im die geslósser widerzegeben, so well er sich verschreiben, gegen dem rómischen kaiser fúrbaser wider in noch sein lannd und leutt nymermer zetuen. Des aber der Witowitz [26va] an des kaiser willen nicht gewalt hett zetún und machte sólche abred mit dem von Górtz, das er

2 zeug] Gezeug S. 9 dennoch] dannach G(ac), fehlt G(pc)S. sturmm] Stürmen S. 13 Górtz] Grez G(ac). 14 graif] griffen S. 15 in] Im S. 17 oberen Kerentn] aber kheinen S. | dem kaiser] fehlt GS. 18 Jan der Witowitz] Witowitz G(ac). 19 mit macht] fehlt G(ac). 20 Górtz] Grez G(ac). 21 Traa] Taya G(ac), drau S. 22 pebart] verwart G(ac). 24 Górtz] Gräz G, Görz G(pc)4. 25 an] ab G(ac)S. 26 Görtz] Graz G(ac). | zetaiding] mit im zuethädtingen G(pc)S. | Witowitz] von Wittowiz G(ac). 27 geslósser] Schlöſs' S. so well er sich verschreiben gegen] fehlt G(pc)S. 29 und leutt] fehlt G(pc)S. 30 gewalt] gebold S. 31 machte] machtem W, machte G, machten S.

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5 [G 65v]

10 [S 22r]

[R 52] 16 [G 66r]

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[G 66v] 30

29. Vom Römischen Kaiser und Gamerit Fronauer

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abtreten wollte, schickte der Kaiser am Donnerstag nach dem Tag der heiligen Dorothea sein Gefolge mit schweren Waffen nach Groß-Enzersdorf. Der Kaiser hatte auch rund zweitausend Böhmen in seinen Sold genommen. Die lagerten zuerst vor dem Schloss Orth. Danach stießen das Gefolge des Kaisers und andere Soldaten mit Waffen zu ihnen, griffen das Schloss heftig an und zerschossen Mauern und Türme. Aber die Gräben waren so gut, dass sie mit ihrem Sturm nichts erreichten, denn der Fronauer hatte gute Leute in seinem Schloss, die den Soldaten draußen großen Schaden zufügten. Sie lagen also vor dem Schloss und kamen nicht voran. Zur selben Zeit versammelte der Graf von Görz seine Edelleute und Bauern, griff den Römischen Kaiser an und nahm ihm das Schloss und den Markt Greifenburg und brannte es nieder. Daraufhin zog er nach Ortenburg und fügte dem Kaiser in Oberkärnten beachtlichen Schaden zu. Gegen ihn sammelte Herr Jan Witowetz, der Hauptmann des Kaisers, ein Heer. Diesem schickte der Kaiser den Grafen Hans von Bösing mit vielen Soldaten zu Hilfe. Die stellten den von Görz bei Ortenburg an der Drau, einem Schloss, das mit Zäunen und Gräben gut befestigt und mit Bauern besetzt war. Dieses Schloss nahm ihm der Witowetz ab. Danach zog der Witowetz mit seinem Heer in das Land dessen von Görz und eroberte dort fünf mächtige Schlösser. Daraufhin trat der von Görz in Verhandlungen mit dem Witowetz und verlangte von ihm, die Schlösser zurückzugeben. Im Gegenzug wolle er sich verpflichten, sich nie wieder gegen den Römischen Kaiser, sein Land oder sein Volk zu wenden. Dazu war der Witowetz vom Kaiser nicht bevollmächtigt, und er sprach mit dem von Görz ab, dieser solle zum Römischen Kaiser reiten, sich seiner Gnade unterstellen und Seine Gnaden bitten, ihm die oben genannten Schlösser wieder zu übereignen. Auch der

3 Grossen Enntzesdorff: Stadtgemeinde im Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich. 13 graff von Górtz: Johann von Görz, Graf (* um 1433, † 1462), Schwiegersohn Ulrichs II. von Cilli. 15 Greifenburg: Marktgemeinde im Bezirk Spital an der Drau, Kärnten. 20 Hansen von Pósing: Johannes von St. Georgen und Bösing, Militärbefehlshaber und zeitweiliger Rat Friedrichs III. 21 Ortenburck an der Traa: Ortenburg an der Drau, Kärnten.

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29. Von dem rómischen kaiser und Cannreten dem Franawer

solt reitn zu dem rómischen kaiser und sich im geben in genad und sein genad pitten, im die obgenanten geschlózzer schaffen wider zu geben. Desgeleichs der Witowitz sein genad auch fúrr in pitten wolt. Das der von Górtz tétt und kom zu dem rómischen kaiser und patt genad, die im getan ward. Aber von wegen der geslósser lies im anttwúrten der kaiser, sy wéren alle vergeben ee wenn er zw im kómen wár. Also schíd der von Górtz wider von dem kaiser als im unmuett, aber er mocht wider in nichts mer geschaffen, wann er sein pesste geschlósser nu verloren hett. ¶ Als der rómisch kaiser und der von Górtz mit irem krieg nu geaint wúrden, fúgt sich graff Hanns von Pósing mitt den sóldneren so im der kaiser zúgeordnet híett und seinen dienernn wider gen Wienn und das geschlos Ort was dennoch nicht gewunnen. Nu wollt der kaiser das gsloss Órt ye haben und gestuend in was [26vb] es wollt. Und rett mit dem von Pósing, dem Gravenecker, und dem Pémkiricher, das sy dem anderen volk so vor Ort lagen mitsambt anderen sóldneren zw hilff zugen, das sy teten. Es schickten auch die von Wienn als auf zwaihundert oder mer guett volk mit puchsen und mit pulver zw dienst dem kaiser fúr dasselb geslos, die da vor lagen und mochten nichts geschaffen, wie woll man den veinten mit den púchsen zerútt all wér. Dennoch hiellten sy sich der lúeger und der gráben und man getórst sy dennoch nicht gestúrmen, und paid tail lagen allso widereinander mit werhaffter hannt. Und in der zeitt nam der Franauer in die kirichen ze Sweinbart und richt die zẃ mit zeẃn und gráben, und hiett das geschlos Ort geren davon beschútt, des er aber nicht getún mocht wenn des volks in dem veld ze vil was.

2 genad1] ſein genad G(pc)S. 4 von Górtz] fehlt G(pc)S. 5 patt] batte vmb G(ac). 6 getan] eruelgt G(ac). 7 im anttwúrten der kaiser] Ime d' Khaiſer antwortten G(ac). 8 wenn] fehlt G(ac), dann G(pc)S. 9 kaiser] Romiſchen Khaiſer G. | als] fehlt G(ac). 9 – 11 aber … hett] fehlt G(ac). 10 geschlósser] Schlöſſer S. 12 Górtz] Graz. | mit irem krieg nu] nun mit Jrem Khrieg G(pc)S. 13 graff] der Graff G. 16 dennoch] dannach G. 17 Órt] fehlt S. 18 und dem Pémkiricher] fehlt G(ac). 19 so vor Ort lagen mitsambt anderen sóldneren] fehlt G(ac). 22 puchsen und mit pulver] püxen vnnd puluer G(ac), puluer vnnd püxen G(pc)S. 23 kaiser]

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10 [G 67r]

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29. Vom Römischen Kaiser und Gamerit Fronauer

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Witowetz wolle sich bei Seiner Gnaden für ihn einsetzen. Das tat der von Görz und kam zum Römischen Kaiser und bat ihn um Gnade, die ihm gewährt wurde. Aber hinsichtlich der Schlösser ließ ihm der Kaiser ausrichten, sie seien bereits alle vor seiner Ankunft vergeben worden. Also schied der von Görz verärgert vom Kaiser. Aber er konnte nichts mehr ausrichten, denn er hatte seine besten Schlösser nun verloren.

Als der Römische Kaiser und der von Görz ihren Krieg nun beigelegt hatten, zog Graf Hans von Bösing mit den Söldnern, die der Kaiser ihm zugeteilt hatte, wieder nach Wien, doch das Schloss Orth war immer noch nicht eingenommen. Der Kaiser wollte das Schloss aber unbedingt haben, koste es, was es wolle. Er besprach mit dem von Bösing, dem Grafenegger und dem Baumkircher, dass sie den Truppen, die vor Orth lagen, mitsamt ihren anderen Söldnern zu Hilfe eilen sollten, was sie auch taten. Auch aus Wien wurden zweihundert oder mehr gute Soldaten mit Kanonen und Pulver dem Kaiser zu Diensten vor dasselbe Schloss geschickt, die ebenfalls davor lagen und nichts ausrichten konnten, obwohl sie den Feinden mit ihren Büchsen alle Wehranlagen zerstörten. Doch diese hielten die Gänge und Gräben, und so wagte man nicht, sie zu stürmen, denn beide Seiten standen sich wehrhaft gegenüber. Zu dieser Zeit nahm der Fronauer die Kirche in Schweinbart ein, befestigte sie mit Zäunen und Gräben und wollte das Schloss Orth dadurch beschützen, was ihm aber nicht möglich war, da das Heer auf dem Feld zu groß war.

Romiſchen KaiſerG(ac). | da vor] da G(pc)S. | mochten] möchten dannach G möchtn dennoch S. 25 Dennoch hiellten sy sich der lúeger und der gráben und man getórst sy dennoch] dannoch dorſſt man ſie G(ac). 31 getún] thain S. | in dem] zu G(ac), zu dem G(pc).

29 Sweinbart: Groß-Schweinbart, Gemeinde im Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich.

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29. Von dem rómischen kaiser und Cannreten dem Franawer

¶ Darnach súechten des vorgenantn rómischen kaiser haubtleút menig listig weg, wie sy das vorgenant geslos [27ra] prechten zw iren handen von den veinten. Und schlúegen an einen stúrm, der aber durch ettlich, die dartzú verstuenden, ward widerraten, wenn es hiett vil volks gellten múessen, nach dem die zeẃn und gráben vasst guett unnd vil wérlicher knecht darinn waren. Ains tag vordert der von Pósing aus dem gesloss den haubtman und rett mit im, das er das geslos geb dem khaiser, so wolt er im und seinen gesellen versprechen, das in der kaiser umb iren sold und scháden solt ain bemúegen tún. Der haubtman anttwúrt, sein herr der Frannawer hiett im ingeanttwúrt das geslos, dem wolt er auch das mit der hilff Gots wider inanttwúrten, wenn er im und seinen gesellen hiett versprochen, ob sy so gar gewaltcklich angriffen und gearbbaitt wúrden, so wolt er sy an beschuttung nicht lassen, des sy von im allso warttieten. Doch wolt er solch des von Pósing begeren pringen an ander sein gesellen, des er tétt. Die liessen sich auch gúttlich abreden, nach dem [27rb] sy verstuenden, das in umb ír múe und dienst solt beschehen ain bemúegen. Der haubtman kom wider aus dem geschloss und redt mit dem egenantn von Pósing und anderen hauptleúten, wolten sy im und seinen gesellen umb ír dienst und scheden ain benúegen tún, so wollten sy in das geslos anttwúrten. Das in ward versprochen und auch gehalten, doch ward die sach von dem haubtman des geslos Ortt gesetzt also, das er und die gesellen dem Franauer wollten schreiben, kém er und beschútt sy noch inder vier tagen, als er in versprochen hiett, so solt die taiding kein krafft habn. Tétt er aber des nicht, so wolten sy nach ausgang der benanten vier tág das geslos antwúrten dem rómischen kaiser, oder den, die er an seiner stat darzúe schúeff. Der Franawer beschútt sy nicht. Davon anttwúrten sy úber das geslos den Hauptleiten nach

1 vorgenantn] benanten G(ac). 2 vorgenant] fehlt G(pc)S. 6 gellten múessen] goltten S. 8 vordert] vortrett G(ac). | gesloss] Schloſſs S. 11 sold und scháden solt ain bemúegen tún] Soldt ain benüegen ſolt thuen G(ac), Soldt vnnd ſchäd_ ſolt ain vernüegen thuen G(pc). 12 anttwúrt] d’ antwortt G(pc)S. 13 dem wolt er auch das] dem wolt er auch des G(pc), das wolt Er S. 14 wider inanttwúrten] Im wid’ Einantwordten S. 15 so gar] gar S. 16 sy] ſich G(ac).

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5 [G 68r(a)]

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15 [G 68v(a)]

20 [R 54]

25

[G 68r(b)] [S 23r] 31

29. Vom Römischen Kaiser und Gamerit Fronauer

5

10

15

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25

30

Daraufhin versuchten die vorher genannten Hauptleute des Römischen Kaisers auf allerlei listige Weise, das genannte Schloss aus den Händen der Feinde in ihre eigenen zu bringen. Sie erwogen, es zu stürmen, aber einige, die sich darauf verstanden, rieten davon ab, denn das hätte viele Leben gefordert, da die Zäune und Gräben gut befestigt und viele tapfere Kriegsknechte darin waren. Eines Tages rief der von Bösing den Hauptmann aus dem Schloss und sagte zu ihm, wenn er das Schloss dem Kaiser übergäbe, so würde er ihm und seinen Gesellen versprechen, dass sich der Kaiser um ihren Sold und ihre Entschädigungen kümmern werde. Der Hauptmann antwortete, sein Herr, der Fronauer, habe das Schloss in seine Verantwortung gegeben, und dem wolle er es auch wieder zurückgeben, denn er habe ihm und seinen Gesellen zugesagt, wenn sie so gewaltsam angegriffen würden, so würde er sie nicht ohne Schutz lassen, worauf sie nun warteten. Doch wolle er den Vorschlag dessen von Bösing anderen seiner Gesellen unterbreiten, was er auch tat. Die ließen sich überzeugen, nachdem sie verstanden hatten, dass sie für ihre Mühen und Dienste entschädigt werden sollten. Der Hauptmann trat wieder aus dem Schloss und sagte zu dem ehegenannten von Bösing und anderen Hauptleuten, wenn sie seine und seiner Gesellen Dienste und Schäden bezahlten, so wollten sie ihm das Schloss überantworten. Das wurde ihnen versprochen und auch gehalten. Doch der Hauptmann von Schloss Orth vereinbarte Folgendes: Er und die Gesellen wollten dem Fronauer schreiben, dass, wenn er binnen vier Tagen wie versprochen zu Hilfe käme, die Übereinkunft nicht gültig sei. Täte er das aber nicht, so wollten sie nach Ablauf der genannten vier Tage das Schloss dem Römischen Kaiser oder denen, die er an seiner statt dazu bestimmen würde, übergeben. Der

beschuttung] behüettung G(ac). 17 von im allso] alſo von Ime G(ac)S. 18 pringen an ander sein gesellen des er tétt] an ſein geſellen bringen, dz thett er G(pc)S. | ander] fehlt GS. 21 bemúegen] gemüegen G(pc). 26 ward] war S. 28 beschútt] behüettet G(ac). 29 inder] Inner G(ac), Inder G(pc), vnder S. hiett] fehlt G(pc)S. 31 benanten] fehlt G(ac).

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29. Von dem rómischen kaiser und Cannreten dem Franawer

26.3.1460

geschéfft des kaisers. Die gaben in allso [27va] vil, so mit in vormalen was abgeredt, doch beschach von sólicher gab wegen offenlich kain meldung und zugen da von mit irem gerátt gein Pehmischen Krut, das auch des Franawer was, und der haubtman des gesloss slueg sich an den kaiser. Actum an mitichen nach dem sunttag letare in der vassten des vorgenanten jars. Darnach ward das geslos Ortt ingeantwúrt heren Pfenykein von Tenitz, ainem Pehem.

30. Von dem rómischen kaiser und purgernn ze Wienn 28.4.1460 (30.4.1460)

Desselben jars am montag nach Sand Jórgen tag vordert der rómisch kaiser den purgemaister, ratt, genantt und gemain ze Wienn zu im in die púrckh des morgens als umb sybene. Und als sy zu im komen, lies er in fúrhalten durch sein rétt, wie er in ír freihaitt und gerechtikait wollt bestátten, wie er auch alle pfennbert in ainen geleichen kauff bringen und setzen wolt durch die múnss, damit der hingewer und der kauffer auf baider seitten nit beswúrt wúrden. [27vb] Und zum lessten, als sich nun vil taiding von dem kaiser und den purgernn heten vergangen, begert sein kaiserlich genad, sy solten im sweren als irem herrn und lanndsfúrsten. Do das erhórt die gemain, die drang aus mit gewallt, zu dem purcktór mit vil untzúchtigen worten und als sy komen gen Sand Michel in die gassen, do redten ettlich pós leẃtt, wie das haus des von Cili und auch das marschalich haws voller geharnaschter leẃtt wár und wolten die gemain und purger also haben úberfallen. Und

1 gaben in allso vil] galten Inen ſouiel G(ac), gaben In alſs ſouiel G(pc), gaben Ihm allſs vill S. | so] fehlt S. 3 offenlich] fehlt G(ac). 6 dem sunttag] fehlt S. 7 Ortt] fehlt G(ac). 9 purgernn ze] Herꝛn von S . 11 montag] Mittwoch G(ac). 15 in] fehlt S. | ír] fehlt G(pc). 18 der kauffer] Verkhauffer G(ac). 20 den] fehlt G. purgernn] fehlt G(ac). 22 erhórt] hörtt G(ac). | die2] fehlt S. 24 gassen] pfarr G(ac). 25 haus] fehlt G(ac). 26 das] des G.

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5 [G 68v(b)]

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15 [G 69r]

[R 55] 21

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29. Vom Römischen Kaiser und Gamerit Fronauer

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Fronauer kam ihnen nicht zu Hilfe, und so übergaben sie das Schloss nach Anweisung des Kaisers den Hauptleuten. Die bezahlten ihnen so viel, wie abgesprochen war, doch diese Zahlung wurde nicht öffentlich gemacht, und sie zogen mit ihrem Kriegsgerät nach Großkrut, das auch dem Fronauer gehörte, und der Hauptmann des Schlosses unterwarf sich dem Kaiser. Dies geschah am Mittwoch nach dem vierten Sonntag in der Fastenzeit des vorher genannten Jahres. Danach wurde das Schloss Orth in die Verantwortung des Herrn Psenko von Teinitz, eines Böhmen, übergeben.

30. Vom Römischen Kaiser und den Bürgern von Wien 15

20

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30

Im selben Jahr am Montag nach dem Tag des heiligen Georg beorderte der Römische Kaiser den Bürgermeister und den Wiener Rat, Genannte und Gemein morgens um sieben zu ihm in die Burg. Und als sie zu ihm kamen, ließ er ihnen durch seine Räte erläutern, wie er ihnen ihre Rechte und Freiheiten bestätigen und auch alle Pfennigwerte durch die Münze zur gleichen Kaufkraft bringen und festlegen wolle, damit weder Verkäufer noch Käufer benachteiligt würden. Und zuletzt, als die Verhandlung zwischen dem Kaiser und den Bürgern schon weit fortgeschritten war, verlangten Seine Kaiserlichen Gnaden, sie sollten ihm als ihrem Herrn und Landesfürsten schwören. Doch als die niederen Stände das hörten, drangen sie mit Gewalt und vielen unzüchtigen Worten hinaus zum Burgtor, und als sie bei St. Michael in die Gassen kamen, da erzählten etliche böse Leute, dass das Haus dessen von Cilli und auch des Marschalls Haus voller geharnischter Soldaten wären, die die Gemeinen und

marschalich] Landtmarſchalch G. | voller] volles W, voller GS. 27 úberfallen] vberfallen haben G(pc)S.

4 Pehmischen Krut: Heute: Großkrut, Marktgemeinde im Bezirkt Mistelbach, Niederösterreich. 24 Sand Michel: Pfarrkirche St. Michael, heute 1. Wiener Gemeindebezirk.

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30. Von dem rómischen kaiser und purgernn ze Wienn

4.5.1460

3.5.1460

24.6.1460

ein flucht ward pracht in das volkh und ein yeder leuff haym zw seiner behausung und die tórr wúrden zúgeslagen an den heẃsernn, und beschach doch von dem kaiser und den seinen nyemants chain laidigung. ¶ Desselben jars am suntag nach Philippi und Jacobi ist komen gen Wienn ein legatt des rómischen stuels, der mit der process des heiltumbs ersamleich ward enpfangen und pelaib zw Wienn untz in [28ra] das ander jar. Derselb legatt was ein kriech und hett einn part. Derselb legat hett sich bei denn fúrsten allenthalben vasst gemúett, die zwitrecht in denn lannden nider ze legen. Er hett aber wenig dar inn geschaffen múgen. ¶ Desselben jars nach Inventionis Sancte Crucis sanndt der pehemisch kunig gein Wienn sein rétt, die den rómischen kaiser und die lanntschaft umb ír zwitrecht miteinander solten vereinen, aber sy mochten nichts geschaffen, wenn die lanntschafft nit hett ein benúegen an der antwúrt, die in der rómisch kaiser getan hett. Davon so legten sy verrer ainen tag gen Hérderstorff, daselbs sy zw einander komen. Zw dem yetzbenanten tag gen Hérdersdorff schickt der pehemisch kunig aber sein rétt. Daselbs sy mit der lanntschafft beslussen, das die lanntschaft umb ír sprúch nach solt halten ainen tag mit dem rómischen kaiser auff Sand Johannstag zw súnbenten ze Wienn. Daselbs der kunig ze Pehem sein tréfflich rett auch haben [28rb] wollt, die all sachen zwischen paiden tailen nach nottúrften hórten, und dann versuéchten, sy darumb zw vereinen. Es solt auch der rómisch kaiser die, so die lanndschafft zw dem selben tag ordnen und schicken wúrd, mit nottúrftigem gelaitt fúrsehen und versargenn, der von paiden tailen also ward vervolgt.

1 pracht] gebracht S. 2 wúrden] wurden darnach G(ac). 5 und] fehlt G. 7 des] fehlt G(ac). | ersamleich] gar Erſamblich G(pc)S. 10 gemúett] bemueth S. 11 in] all in S. 12 dar inn] fehlt S. geschaffen] ſchaffen G(pc)S. 14 rómischen] fehlt S. 16 solten vereinen] ſolten V'gleichen G(ac), allſo verain ſolten S. geschaffen] ſchaffenn S. 18 Davon so] darnach G(ac). 21 aber] abermalln G(ac), fehlt S. 23 tag] Landtag G(ac). 25 ze] von GS. 27 hórten] erhörten G(ac). 28 die1] fehlt G(ac). 30 der] Den S. 31 vervolgt] geuolgtt S.

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[G 69v] [S 23v] 5

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15 [G 70r]

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30. Vom Römischen Kaiser und den Bürgern von Wien

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Bürger überfallen wollten. Dies brachte das Volk dazu, zu fliehen, und ein jeder lief heim zu seinem Haus, und die Tore der Häuser wurden verbarrikadiert, doch niemandem geschah vom Kaiser und den Seinen ein Leid. Im selben Jahr am Sonntag nach Philippus und Jakobus kam ein Legat des Heiligen Stuhls nach Wien, der mit einer Prozession mit dem Heiligtum ehrenvoll empfangen wurde und bis zum nächsten Jahr in Wien blieb. Jener Legat war ein Grieche und hatte einen Bart. Der Legat bemühte sich bei den Fürsten sehr darum, den Streit im Land zu beenden, doch er hatte dabei nur wenig Erfolg. Im selben Jahr nach dem Fest der Kreuzauffindung sandte der böhmische König seine Räte nach Wien, um die Zwietracht zwischen dem Römischen Kaiser und den Landständen zu beenden. Doch sie erreichten nichts, denn die Landstände waren mit der Antwort des Römischen Kaisers nicht zufrieden. Und so legten sie einen Tag fest, an dem sie in Hadersdorf zusammenkommen sollten. Zu diesem genannten Tag zu Hadersdorf schickte der böhmische König wieder seine Räte, die dort mit den Landständen vereinbarten, dass die Landstände, um einen Beschluss zu erwirken, ein weiteres Treffen am Tag des heiligen Johannes zur Sonnwende mit dem Römischen Kaiser in Wien halten sollten. Zu jenem wollte der böhmische König seine trefflichen Räte wiederum entsenden, um alle Anliegen beider Seiten angemessen anzuhören und dann zu versuchen, sie darin zu einen. Der Römische Kaiser sollte aber jene, die die Landstände zu diesem Treffen beorderten, mit dem erforderlichen Geleit ausstatten und versorgen, und dies wurde von beiden Seiten befolgt.

6 legatt des rómischen stuels: Basilius Bessarion (* zwischen 1399 und 1408, † 1472), byzantinischer Humanist, Theologe, Kirchenpolitiker, Diplomat, Redner, Publizist, Philosoph, Philologe und Übersetzer, Kardinal (ab 1439), lateinischer Patriarch von Konstantinopel (1463).

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30. Von dem rómischen kaiser und purgernn ze Wienn

¶ In der zeit graif der Franauer an von der kirichen zw Sweinwart den probst zw Klosternewnburg und seine gúeter und auch anderer herren gueter, die an dem rechten wider in waren gesessen und beschedig die vasst mit huldigung und robatt und ward dar auff des kunigs von Pehem diener.

[G 70v]

5

31. Von der taiding der lanntschaft und dem rómischen kaiser 8.7.1460

24.6.1460

9.7.1460

Desselben jars am eritag nach Sand Ulrichs tag sind komen gen Wienn her Ulreich Eitzinger mitsambt andernn herren, rittern und knechten aus der lanntschaft als mit dreinhundert pferdten [28va] under dem gelaitt des kaisers. Umb dasselb gelaitt sich paid tail her verainten, und zum lesten músten der pisschof von Olmuntz und ander des vonn Pehem rett, die er auff den tag zu Sannd Johannes tag daselbs hin geschickt hett, der selben herren neben dem kaiser für das gelaitt steen, anders wolten sy nicht in die stat kómen sein. In muest auch versprechen die statt, die weil sy da in taiding wern, nyemant wider sy in noch aus lassen. ¶ Am mitichen darnach hueb an die lanntschafft zu ertzellen ír geprechen, damit sy und das lanndt von dem rómischen kaiser wider alts herkomen beschwert wúrden. Und das geschach zw Wienn in der púrck in dem grossem múshaus in gegenwúrtikait des kaisers und des kunigs von Pehem réten, di pei dem kaiser sassen als verhórrer und mittler der sachen. Und vermelten auch daselbs ír artickl: Von erst von der múnss, darnach von des aufslags, wein, traid und des saltz etc. [28vb] Und der artickl waren als pey newnn oder dreitzehnn, und geschach daselbs téglich underrédung. Und als des kunigs von Pehem rétt, nu paid

7 und] mit GS. 13 paid] baider G. | her] har W, hartt GS. 15 er] fehlt W, Er GS. | zu] fehlt GS. 21 an] fehlt S. 22 und das lanndt] vnnd die Lanndtſchaft vnnd das Lanndt S. 29 traid] vnnd getraidt GS. 31 kunigs von Pehem rétt] von Böhaimb Räth G, Königs Räth S.

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10 [S 24r]

[G 71r] 15

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[G 71v] 30 [R 57]

30. Vom Römischen Kaiser und den Bürgern von Wien

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Zu dieser Zeit griff der Fronauer von der Kirche zu Schweinbart aus den Propst zu Klosterneuburg und dessen Güter und auch die Güter anderer Herren, die gegen ihn zu Gericht gesessen hatten, an. Er fügte diesen mit Huldigung und Frondiensten großen Schaden zu und wurde daraufhin zum Untertanen des Königs von Böhmen.

31. Von den Verhandlungen zwischen den Landständen und dem Römischen Kaiser 10

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Im selben Jahr am Dienstag nach dem Tag des heiligen Ulrich kamen Herr Ulrich Eitzinger und andere Herren, Ritter und Knechte aus den Landständen mit dreihundert Reitern unter dem Geleit des Kaisers nach Wien. Über dieses Geleit konnten sich beide Parteien nur schwer einig werden. Zuletzt mussten neben dem Kaiser auch der Bischof von Olmütz und andere Räte dessen von Böhmen, die er zu dem Treffen am Tag des heiligen Johannes geschickt hatte, diesen Herren ein Geleit stellen. Ansonsten wollten sie nicht in die Stadt kommen. Die Stadt musste ihnen auch versprechen, niemanden gegen ihren Willen herein- oder hinauszulassen, solange sie in den Beratungen wären. Am Mittwoch danach begannen die Landstände über das Unrecht zu berichten, mit dem sie und das Land durch den Römischen Kaiser entgegen der alten Gewohnheiten belastet würden. Dies geschah in Wien in der Burg im großen Saal in Gegenwart der Räte des Kaisers und des Königs von Böhmen, die die Angelegenheiten beim Kaiser anhörten und darin vermittelten. Dort verlautbarten sie auch ihre Artikel: zunächst von der Münze, dann von den Abgaben, Wein, Getreide und vom Salz etc. Es waren neun oder dreizehn Artikel. Täglich wurde verhandelt. Als die Räte des Königs von Böhmen nun genug von den Anliegen beider Parteien gehört hatten, nahmen sie die

2 probst zw Klosternewnburg: Simon II. Heindl, Probst von Klosterneuburg (1451–1465). | Klosternewnburg: Stift in der gleichnamigen Stadt, Niederösterreich. 14 pisschof von Olmuntz: Protasius von Boskowitz und Černá Hora († 1482), mährischer Adeliger und Bischof von Olmütz (ab 1495).

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31. Von der taiding der lanntschaft und dem rómischen kaiser

10.8.1460

11.8.1460

tail in irem fúrlegn genúgsamleich heten gehórt, griffen sy in die sach und all artickel wúrden gegen einander aufgeschriben. Und hieten paid tail gegen einander geaint, des aber nicht gesein mocht. Darnach zum lessten pad die lanntschafft den cardinal, das er sich fuegt gen hoff zu dem kaiser und hórt sy auch in yren anligunden sachen und nottúrfften. Und paten den cardinal mit dem rómischen kaiser zu reden, das er sy pei íren freihaiten und gerechtikaiten beleiben liess, als sy von allter herkomen weren. Darumb sy seine kaiserlichen genaden als getrew lanndleútt gehorsam und gewertig sein wolten. Das aber alles nicht fúrgetragen mocht, wenn ain tail dem anderen nichts wolt nachgeben, und die sachen wúrden gantz zestóssen, dann allain der artickl von der munss ward zu [29ra] ennd beslossen und verbrieft. Und ward verlassen durich den kaiser und die lanntschaft mit den hausgenossen zu Wienn, das sy múnsen solten und setzen, das die marckh haben solt lautters silber fúnnff lott und der Guldein solt nicht hócher genomen werden dann fúr sechs Schilling ₰. Und die lanntleútt zugen darauff zw Wienn aus der statt an Sannd Larentzen tag des vorgenanten jars. Aber es ward in der statt Wienn mit dem guldein ein klaine zeit gehalten. Darnach leuff der guldein widerumb auff, das derselben múnss umb ainen guldein ward geben newn ß X ₰. ¶ Darnach zwhannt als die lanntschafft aus der statt Wienn kam, als am montag nach Laurentii, huldigt der Franawer die kirichen Gaunesdorff und Hochenruepersdorff. Derselb Franawer ward gefordert durch die lantschaft zu dem tag gen Wienn under [29rb] dem gelaitt des kaisers, daselbs er von den reten des kunigs von Pehm und der lanntschaft in seinen sachen gehórt ward. Es ward auch gehórt der rómisch kaiser. Darnach ward gefragt der Franawer, was

3 Und hieten paid tail gegen einander geaint] fehlt G(ac). | gegen einander] gern mit einander G(pc)S. 4 pad] batten G(ac). 9 gerechtikaiten] alten herkhommen G(ac). 12 mocht] wardt G(ac). 13 gantz] fehlt G(ac). 16 durich] von S. 18 fúnnff] 15 G(ac). 22 mit dem guldein] fehlt GS. 23 widerumb] fehlt GS. 25 ß] ß d_ G. 26 Wienn] zu Wienn G(pc). 27 kam] fehlt G(ac). 28 Gaunesdorff] Gauerſtorff G. 31 den] fehlt S. | in seinen sachen gehórt ward] gehörtt wardt in ſein ſachen G(ac).

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[G 72r] 10

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31. Von den Verhandlungen zwischen den Landständen und dem Römischen Kaiser

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Sache in Angriff, und alle Artikel wurden aufgeschrieben. Sie hätten beide Parteien miteinander geeint, aber das sollte nicht sein. Zuletzt baten die Landstände den Kardinal, dass er an den Hof des Kaisers käme und sich ihre Anliegen und Bedürfnisse anhörte. Und sie baten den Kardinal, mit dem Römischen Kaiser zu reden, damit er ihre Freiheiten und Rechte wahre, wie sie von alters her bestünden. Dafür wollten sie Seiner Kaiserlichen Gnaden als treue Landleute gehorsam und dienstbar sein. All das wurde aber nicht umgesetzt, denn keiner wollte dem anderen nachgeben, und die Angelegenheiten wurden alle verworfen. Nur der Artikel über die Münze wurde zu Ende beschlossen und beurkundet. Der Kaiser und die Landstände vereinbarten mit den Hausgenossen, dass sie münzen sollten, und legten fest, dass die Mark fünf Lot reinen Silbers enthalten sollte, und der Gulden sollte nicht mehr gelten als sechs Schilling Pfennig (180 Pfennige). Daraufhin zogen die Landleute aus der Stadt Wien am Tag des heiligen Laurentius des vorgenannten Jahres ab. Doch die Vereinbarung über den Gulden hielt in der Stadt Wien nur kurze Zeit. Danach stieg der Gulden wieder im Wert, sodass um einen Gulden nun neun Schilling und zehn Pfennig (180 Pfennige) derselben Münze gegeben wurden.

Kurz nachdem die Landstände die Stadt Wien verlassen hatten, am Montag nach Laurentius, huldigte der Fronauer die Kirchen Gaunersdorf und Hohenruppersdorf. Dieser Fronauer wurde von den Landständen zu einem Treffen nach Wien unter dem Geleit des Kaisers vorgeladen, wo seine Angelegenheiten von den Räten des Königs von Böhmen und den Landständen angehört wurden. Auch der Römische Kaiser wurde angehört. Danach wurde der Fronauer gefragt, welche Rechtsgrundlage und Dokumente er in Bezug auf Schloss Orth habe und ob er eine Kaufurkunde besitze, die er vorlegen könne. Dieser antwortete, er habe keine Kaufurkunde, aber nach dem

28 Gaunesdorff: Gaunersdorf, 1914 umbenannt in Gaweinstal, Marktgemeinde im Bezirk Mistelbach, Niederösterreich. Hochenruepersdorff: Hohenruppersdorf, Marktgemeinde im Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich.

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31. Von der taiding der lanntschaft und dem rómischen kaiser

26.10.1460

gerechtikait er hiett und verschreibung umb das geslos Órt, ob er kauffbrieff hiett, das er die fúrprácht. Der anttwúrt, er hiet khainen kaufbrieff darumb, aber nach abgang seins brueder hiett er funden brieff, die der rómisch kaiser geschriben hiett den leúten zw Órt gehórund, das sy seinen brueder als irem herenn solten gehorsam sein und gewértig, wan er im die herschafft Ort zw kauffen geben hiett, dardurich zu versteen wár, das auch kaufbrieff darumb ausgangen weren. Wo aber die hinnkómen wéren, des wesst er nicht. Doch so mócht man durch die brieff, so er hiett horen lassen, genúgsamlich versteen, das daz obgenant geslos und herschafft Órt rechtlich als sein váter[29va]lich erb an in kómen wér. Darauff rait der Franauer zw Wienn wider von dann, und am pfintztag nach Sand Bertelmes tag nam er ein den marckt und den kasten Trebensee, das dem von Passaw zúgehórt, und richt das zue mit gráben und zeẃnn zu der wer, und huldigt darzue des von Passau und auch anderer herren leútt, die wider in an dem rechten waren gesessen, und bezech den pischoff von Passaw, er wer ein richter gewesen úber sein váterlich erb, und macht zw Trebensee ein newe mautt auff dem wasser. Doch wie der Franawer mit der herschafft Órt gegen dem rómischen kaiser handelt, was grúnntlich zu versteen, das er des nicht recht hett, wenn die úbergab des geslos und herschaft zu Órt was von dem rómischen kaiser beschehen in gútem wolvertrawn, das er zu seinem brueder gehabt hiett, damit dem kaiser dieselb herschaft von kunig Lasslawen nicht wúrd abgedrungen.

1 gerechtikait er hiett und verschreibung] gerechtigkhaitt vnnd V'ſchreibung Er hiett GS. | geslos Órt] geſchloſs zu Orth G(pc)S. 2 ob er kauffbrieff hiett das er die fúrprácht] fehlt G(ac). 5 geschriben hiett] hett geſchriben G(ac). 6 solten] ſolln S. 9 ausgangen weren] weren auſsgangen GS. 10 die] fehlt G(pc)S. 12 rechtlich] redlich G(pc)S. 13 rait] reittet G(ac). 15 ein] In G(pc). | kasten Trebensee] den Khaſten von Trebenſee G(ac). 16 zúgehórt] zuegehört hat S. 17 mit gráben und zeẃnn zu] fehlt G(ac). 18 auch] fehlt G(ac). 19 an dem rechten] an dem Rechten wegen Orth G(ac). 26 beschehen] fehlt G(ac). 27 hiett] fehlt G(pc)S.

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[G 73r] [R 58] 5

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[G 73v] 16

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25 [G 74r] [S 25r]

31. Von den Verhandlungen zwischen den Landständen und dem Römischen Kaiser

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Tod seines Bruders habe er Dokumente gefunden, in denen der Römische Kaiser den Einwohnern von Orth befehle, dass sie seinem Bruder als ihrem Herrn gehorsam und dienstbar sein sollten, denn er habe ihm die Herrschaft Orth verkauft, wodurch ersichtlich sei, dass auch Kaufurkunden ausgestellt worden seien. Wo diese aber hingekommen seien, wisse er nicht. Doch könne man durch die Dokumente, die er angeführt habe, hinreichend ersehen, dass das oben genannte Schloss und die Herrschaft Orth rechtmäßig als sein väterliches Erbe an ihn gekommen seien. Daraufhin ritt der Fronauer wieder weg von Wien, und am Donnerstag nach dem Tag des heiligen Bartholomäus nahm er den Markt und das Kornhaus in Trebensee ein, das dem von Passau zugehörte, und baute es mit Gräben und Zäunen wehrhaft aus und huldigte außerdem die Leute dessen von Passau und anderer Herren, die gegen ihn zu Gericht gesessen hatten, und bezichtigte den Bischof von Passau, er habe über sein väterliches Erbe gerichtet. Bei Trebensee schuf er eine neue Maut auf dem Wasser. Doch es war offensichtlich, dass der Fronauer in Bezug auf die Herrschaft Orth gegenüber dem Römischen Kaiser im Unrecht war, denn die Übergabe des Schlosses und der Herrschaft Orth war von Seiten des Römischen Kaisers im guten Vertrauen, das der Kaiser zu dessen Bruder hatte, erfolgt, damit dieselbe Herrschaft dem Kaiser nicht von König László abgenommen würde.

16 Trebensee: Heute Wüstung nahe Trübensee bei Tulln, Bezirk Tulln, Niederösterreich.

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32. Von der newn múnss

32. Von der newn múnss 21.8.1460

13.9.1460

[29vb] Des sechzigisten jars am pfintztag nach unser lieben frawn tag assumptionis haben die hausgenossen zu Wienn angefengt zu giessen die new múnss, und liessen der gar eilund slahen ein guet tail, wenn es wolt schier nyemant mer verkauffen umb die Schinderling. Und die obgenannt new múnss ward aufgewarffen, an sambstag vor des heiligen kreútz tag exaltationis, und der Guldein galt VI ß ₰. Darnach machten die herren der statt ze Wienn ein geschribene satzung auff allerlai phenbart, das die von den hanntwerchernn solten geben werden, als von allter wér her kómen, da der guldein auch VI ß ₰ golten hiett. Es ward gesetzt den venedigernn írew phenbart, des geleich den kramernn, item schústernn, schneidernn, kúrsnernn und darnach allen hanntwerchernn, wie ein yeder seine phenbart solt hingeben und nicht tewrer. Sölicher satzung ward von dem ratt geben, einem yedem hanntwerch in sein zech ain zedel. So die daig satzung kam [30ra] auf vier wochen, do leuf der Guldein auf VI ß, darnach auf VII ß. Darnach ward der Guldein wider gerúefft auf VI ß, und wer den hócher nám, den wolt man straffen an leib und an guett. Das ward gehalten als auf viertzehen tag, do galt der Guldein wider VII ß ₰. Darumb wurden alle phenbart widerumb gehócht. Zum lesten gieng der Guldein umb IX ß X ₰ der vorgenanten múnss, die nach dem karnn vil pesser was dann der Guldein.

4 angefengt] angefangen GS. | der] die G. 8 exaltationis] fehlt G(ac). 9 die herren] die herrn des Raths GS. 11 wér] fehlt S. 12 ₰] fehlt S. 14 item schústernn schneidernn kúrsnernn und darnach] vnd G(ac). 17 yedem] Jedlichen S. 18 So die daig] Dieſelb G(ac), do dÿ taigen G(pc), Da die dag S. 19 auf VI ß darnach auf VII ß] auf vij ß, Daꝛnach auf vij ß W, auff 7 ß. G(ac), auff VII ß darnach auf 7 ß G(pc), auf 7 ß ₰ S, auff 6 ß darnach auf 7 ß G(pc)4. | ß1] ß ₰ S. 21 an2] fehlt G(ac)S. 24 IX ß X ₰] 9 ß d_ X ₰ G. 25 ß] ß ₰ S.

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[G 74v] [R 59] 12

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[G 75r] 25

32. Von der neuen Münze

32. Von der neuen Münze

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Im sechzigsten Jahr am Donnerstag nach Mariä Aufnahme in den Himmel fingen die Münzer in Wien an, eine neue Münze zu gießen, und ließen schnell eine große Menge schlagen, denn niemand wollte mehr etwas um die Schinderlinge verkaufen. Die neue Münze wurde am Samstag vor dem Tag der Kreuzerhöhung ausgegeben, und der Gulden galt sechs Schilling Pfennig (180 Pfennige). Danach setzten die Herren der Stadt Wien schriftlich viele Pfennigwerte fest, die die Handwerker einhalten sollten, wie es schon früher gewesen sei, als der Gulden auch sechs Schilling Pfennig (180 Pfennige) Wert gewesen sei. Auch den Venedigern wurden ihre Pfennigwerte gesetzt, desgleichen den Krämern, auch den Schustern, Schneidern, Kürschnern und danach allen Handwerkern, wie ein jeder seine Preise einhalten und sie nicht überschreiten sollte. Eine Abschrift dieser Satzungen gab der Rat jedem Handwerk in die Zunft. Als dieselbe Satzung vier Wochen alt war, belief sich der Gulden auf sechs Schilling Pfennig (180 Pfennige), danach auf sieben Schilling Pfennig (210 Pfennige). Danach wurde der Gulden wieder auf sechs Schilling Pfennig (180 Pfennige) festgelegt, und wer ihn höher bewertete, sollte an Leib und Gut bestraft werden. Das wurde vierzehn Tage eingehalten, dann war der Gulden wieder sieben Schilling Pfennig (210 Pfennige) wert. Daraufhin wurden alle Pfennigwerte wieder erhöht. Zuletzt war der Gulden um neun Schilling Pfennig und zehn Pfennig (280 Pfennige) der vorher genannten Münze im Umlauf, deren Feingehalt an Silber mehr wert war als der Feingehalt an Gold eines Gulden.

19 auf VI ß darnach auf VII ß: In G sind mehrere Korrekturebenen erkenntlich. Die offensichtlichen Schwierigkeiten mit denen mehrere Schreiber an dieser Stelle kämpfen dürften zumindest im indirekten Zusammenhang mit der für W ungewöhnlich unsinnigen Lesart stehen.

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33. Wie der rat ze Wienn gepat den fleischackhernn, das fleisch hin zegeben nach dem pfuntt

33. Wie der rat ze Wienn gepat den fleischackhernn, das fleisch hin zegeben nach dem pfuntt 16.8.1460

19.11.1460

Desselben jars am sambstag nach unser lieben fraun tag assumptionis gepat der purgermaister und ratt der statt zw Wienn denn fleischackernn, das fleisch nach dem Pfundt hinzegeben. Und ward das Pfundt gesetzt umb zwen phenning, das die fleischackher am ersten gar hart verdras und kömen hart daran, wenn sy verstuenden dennoch nicht darinn iren ge[30rb]wing und múrmelten vasst wider die purger und das volk. Doch zum lesten, als sy nu iren gewin merckhten, waren sy wol daran, wenn es hett offt ein arm mensch kauft umb drei Helbling, das er darnach muest nemen umb zwen Phenning, oder umb V Helbling. Davon was sólich satzung nit fúr die órdnung, súnder fúr die reichen, die vil hausgesind heten, und für di fleischaker, wenn sy das pósest als tewr gaben als das pesst. So namen die purger das pést in seynem werd und liessen den armen das érgerist. Es bestuend das Pfund nicht bei der satzung, sunder es leuf úbering auf und gáchling ab wider. Ettwenn galt es pald vier, fúnff, sechs oder acht Pfenning. Darnach leuf es wider auff vier ₰, und also was die sach gar wandelwértig und die fleischacker heten mit der wag mer gewin dann sy vor ye gehabt hetn. Solt aber solich satzung ge[30va]wesen sein wider die fleischackher, so wér das gepot und satzung des rats in die lenng nicht bestanden. Aber nach dem es für sy was, bestuend das gepott und satzung dester lenger und wolten auch davon nicht kheren. Desselben jars vor Sand Elspeten tag starb her Ulreich der Eytzinger an der pestilentz.

4 sambstag] Suntag S. 5 assumptionis] fehlt G(ac). | und ratt der statt] vnd Statt G(ac), vnd Ratt G. 8 am] zum G(ac). 10 darinn iren gewing] fehlt G(ac). 11 zum] zue S. 12 gewin merckhten] merckhten G(ac), genueſ gewinn wieſtn G(pc), gewin weſtn S. 13 kauft] Khaufft ain flaiſch G(ac). | Helbling] haller S. 14 Helbling] haller S. 15 órdnung] Armen GS. 17 pósest als tewr] Leze alles ſo theür G(ac), beſiſt ſo theür G(pc), böſsiſt ſo theuer S. 19 bestuend] beſtundt auch GS. | bei] nach G(ac). 20 ab wider] ab G(ac), wider ab G(pc)S. 21 pald] fehlt G. | vier] fehlt G(pc)S. oder acht Pfenning] ₰ oder acht G. 22 was] wardt G(ac). 24 dann]

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10 [G 75v]

15 [S 25v] [R 60] 20

[G 76r] 25

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33. Wie der Wiener Rat den Fleischhackern befahl, das Fleisch nach dem Pfund zu verkaufen

33. Wie der Wiener Rat den Fleischhackern befahl, das Fleisch nach dem Pfund zu verkaufen

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Im selben Jahr am Samstag nach Mariä Aufnahme in den Himmel befahlen der Bürgermeister und der Rat der Stadt Wien den Fleischhackern, das Fleisch nach dem Pfund zu verkaufen. Das Pfund wurde auf zwei Pfennig festgesetzt, was die Fleischhacker zunächst sehr verdross und hart traf, denn sie sahen noch nicht den Vorteil für sich, und sie beschwerten sich untereinander sehr über die Bürger und das Volk. Doch als sie schließlich ihren Vorteil erkannten, waren sie zufrieden damit, denn oft hatte ein armer Mensch etwas um drei Hälblinge gekauft, das er später um zwei Pfennig oder fünf Hälblinge nehmen musste. Dadurch sorgte diese Satzung nicht für Ordnung, sondern diente den Reichen, die viel Gesinde hatten, und den Fleischhackern, die nun das Schlechteste genauso teuer verkauften wie das Beste. So nahmen die Bürger das Beste zu seinem Wert und ließen den Armen das Schlechteste übrig. Das Pfund hielt nicht den festgesetzten Wert, sondern es stieg plötzlich und fiel schnell wieder. Je nachdem galt es einmal vier, fünf, sechs oder acht Pfennig; dann belief es sich wieder auf vier Pfennig und war also insgesamt sehr unbeständig, und die Fleischhacker machten mit der Waage mehr Gewinn, als sie je zuvor gemacht hatten. Wäre diese Satzung zum Nachteil der Fleischhacker gewesen, so hätten das Gebot und die Satzung des Rats nicht lange Bestand gehabt. Aber nachdem es ihnen zugutekam, bestanden Gebot und Satzung umso länger, und sie wollten nicht davon ablassen. Im selben Jahr vor dem Tag der heiligen Elisabeth starb Herr Ulrich der Eitzinger an der Pestilenz.

Alſs G(ac), das G(pc), dann S. 25 solich] die G(ac). 30 her Ulreich der Eytzinger] herr Vlrich Eizinger G(ac), herr Vlrich der Eizinger G(pc), der herr Vlrich Eÿzinger S.

29 Sand Elspeten tag: Im Bistum Passau, zu dem Wien gehörte, wurde nicht die biblische Elisabeth, sondern die heilige Elisabeth von Thüringen verehrt.

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34. Anno Domini millesimo CCCC° sexagesimo primo

1461

34. Anno Domini millesimo CCCC° sexagesimo primo Desselben jars hat der kúnig von Pehem mit willen und wissen des rómischen kaisers graf Mathiáschen, erwelten kunig ze Ungernn, und der lanntschafft in Osterreich von irer zwitrecht wegen ainen tag gesetzt gen Olmuntz auf das new jar. Daselbs hin der rómisch kaiser sanndt sein rétt, mit namen den pischoff von gúrckh, herren Jórgen Volkenstorffer, Hannsen Rarbacher und graff Sigmund von Pósing. Der Mathiásch khom gen Trentsch und sannt sein potschaft gen Olmuntz mit gantzem gewalt. Da tett der [30vb] kunig gueten fleis zwisschen den tailen und hiett sy gernn geaint, des er aber nicht mocht erlangen, wenn yéttweder tail khain nachgeben tún wolt. Darumb ward der tag zestóssen und des kaisers rétt unnd die lanntschafft riten wider von dann. Darnach wolt der kúnig von Pehm sein zogen zw dem erwelten kunig von Ungernn und kom seins geverts gen Kremsier. Do ward im verpotschafft, wie derselb erwellt kunig kranckh wér warden in den tod. Darumb der von Pehm khert zw ruckh und zoch gen Brúnn und schickt sein rétt gen Trentsch zw dem erwelten von Ungernn. Die beslussen daselbs die heyratt und der Mathiásch kom also kranker gen Ofen, da er lanng siecht. Darnach ward er wider gesunnt.

2 primo] quinto G(ac). 4 erwelten] fehlt G(ac). 5 in] zue G. 7 sanndt] ſambt G(ac). 8 von] zue S. 11 gen Olmuntz mit gantzem gewalt] mit ganz gewolt gen Olmunz G(ac). | tett] hett G(ac). 12 zwisschen den] zwiſchen baiden G(ac), mit baiden S. | hiett sy gernn geaint] gedacht ſie zuuerainen G(ac). 13 des er] Da Ers S. 14 yéttweder] Jed' G(ac), iedlicher G(pc), ÿedlicher S. | tún] fehlt G(ac). 15 unnd die lanntschafft] fehlt G(ac). 16 riten] Ritt S. 20 khert] kheret wid’ G(ac)S.

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[G 26r] [G 76v] 6

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[G 77r] 20 [R 61]

34. Anno Domini 1461

34. Anno Domini 1461

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Im selben Jahr setzte der König von Böhmen mit Willen und Wissen des Römischen Kaisers, des Grafen Mátyás, des gewählten Königs von Ungarn, und der Landstände aufgrund ihrer Zwietracht ein Treffen in Olmütz auf Neujahr fest. Dorthin sandte der Römische Kaiser seine Räte, nämlich den Bischof von Gurk, Jörg von Volkersdorf, Hans Rohrbacher und Graf Sigmund von Bösing. Mátyás kam nach Trenčín und sandte seine Boten mit allen Vollmachten nach Olmütz. Dort bemühte sich der König sehr und hätte die beiden Parteien gerne geeint, was ihm aber nicht gelang, denn keine der beiden Seiten wollte nachgeben. Darum wurde das Treffen aufgelöst und die Räte des Kaisers und die Landstände ritten wieder davon. Danach wollte der König von Böhmen zum gewählten König von Ungarn ziehen und kam mit seinem Gefolge nach Kremsier. Dort wurde ihm ausgerichtet, dass der gewählte König todkrank sei. Deshalb kehrte der von Böhmen um, zog nach Brünn und schickte seine Räte nach Trenčín zum gewählten König. Diese beschlossen dort die Heirat, und Mátyás kam krank nach Ofen, wo er noch lange darniederlag. Dann wurde er wieder gesund.

8 Jórgen Volkenstorffer: Jörg II. von Volkersdorf (1422–1475 oder 1476), Rat Friedrichs III., zuvor Albrechts IV. 9 Sigmund von Pósing: Sigmund von St. Georgen und Bösing, Militärbefehlshaber und zeitweiliger Rat Friedrichs III. 10 Trentsch: Trenčín, Stadt im Kraj Trenčiansky kraj, Slowakei. 18 Kremsier: Kroměříž, Stadt im gleichnamigen Bezirk in der Region Zlín in Ostmähren, Tschechien. 22 Die beslussen daselbs die heyratt: Gemeint ist die Heirat zwischen Katharina von Podiebrad und Matthias Corvinus.

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35. Von dem zug des Franawer an die Traisem gen Sannd Andre

35. Von dem zug des Franawer an die Traisem gen Sannd Andre Als dennoch die purger von Wienn mit irem volk lagen zu Tullen, hueb sich der [31ra] Franawer zw Eisdorff unnd zoch mit gewalt auf die Traism und legt sich gen Sand Andre in das kloster und huldigtt die leut allenthalben umb Sannd Póllten untz gen Mélkh, da selbs er abnam ein gross gellt von den leútten. Er huldigt der klosterleútt von Melkh, Liligenveld und Hertzogwurckh. Und als er sein sach mit der huldigung volfúert, zach er gen Hollnburck und nam in den marckt und das haus und richt das alles zue mit pastein und gráben. Er macht auch enhalb Tuennaw an dem úrfar einen téber, da mit er das úrfar gantz innhett, und er und die seinen komen úber die Tuenaw wann sy wolten. Des im alles die lanntschaft verhulfen in gehaim und widerdries dem kaiser. Da ward der raub und stórung der kloster in Osterreich angefangen in der mass, als es beschechen ist in Pehem. ¶ Und als der lanntleút zwitrecht mit dem kaiser nicht kund geaint werden, do machten in die lanntleút einen ruckken an dem kúnig [31rb] von Pehem, gegen dem sy an dem maisten all ennhalb Tuenaw in gelúbnuss kómen. Es ward auch der Frannawer des kunigs von Pehem diener, und die lanntleút heten vil tág mit dem kúnig. Und zum lesten paten sy den kúnig, in ze raten, das sy pei iren freihaiten und verschreibungen von írer herschafft gehalten wúrden. Der gab in ein ratt, wie der von Ósterreich noch zwen wáren, an die mochten sy die sach noch bringen.

3 von] zue G(ac). | mit irem volk lagen] lagn mit Jrem Volckh G(pc)S. 9 Melkh] Mölckh vnnd G(ac). 10 volfúert] faciert G(ac). 13 Tuennaw] der Thonaw G(ac)S. 14 komen] khundten G(ac). 16 dem] des G. 17 und stórung] fehlt G(ac). | in Osterreich] fehlt G(pc)S. 21 dem1] den G. | an dem maisten] ein erſt_ G(ac), an dem erſt_ G(pc), am maiſten S. 26 gehalten wúrden] wuerden gehalt_ GS. 28 mochten] ſo möchten G. | die2] Ir GS. | noch] fehlt GS.

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Tullen: Tulln an der Donau, Hauptstadt des gleichnamigen

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[S 26r] [G 77v] 6

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15 [G 78r]

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35. Vom Zug des Fronauers an die Traisen nach St. Andrä

35. Vom Zug des Fronauers an die Traisen nach St. Andrä

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Als damals die Bürger von Wien mit ihrem Kriegsvolk bei Tulln lagen, erhob sich der Fronauer in Eisdorf und zog gewaltsam an die Traisen, belagerte das Kloster in St. Andrä und huldigte die Menschen überall von St. Pölten bis Melk, wo er den Menschen viel Geld abnahm. Er verlangte von den Klosterleuten von Melk, Lilienfeld und Herzogenburg Huldigung. Als die Huldigungen vollzogen waren, zog er nach Hollenburg, nahm den Markt und das Haus ein und verstärkte es mit Basteien und Gräben. Er errichtete auch jenseits der Donau am Ufer einen Tabor, um das gesamte Ufer zu kontrollieren und damit er und die Seinen über die Donau kommen konnten, wann immer sie wollten. Dabei halfen ihm, zum Verdruss des Kaisers, insgeheim die Landstände. So begannen die Plünderung und die Zerstörung der Klöster in Österreich im selben Ausmaß, wie es in Böhmen geschehen war. Als der Streit zwischen den Landleuten und dem Kaiser nicht beigelegt werden konnte, wandten sich die Landleute dem König von Böhmen zu, dem hauptsächlich jene oberhalb der Donau ihre Treue zusagten. Auch der Fronauer wurde ein Diener des Königs von Böhmen und die Landleute berieten sich oft mit dem König. Zuletzt baten sie den König um Rat, wie sie ihre Freiheiten und Rechte gegenüber ihrer Herrschaft behalten könnten. Der gab ihnen den Rat, dass in Österreich noch zwei andere wären, denen sie ihr Anliegen vorbringen könnten. Aus

Bezirks, Niederösterreich. | Eisdorff: Abgekommen, einstige Siedlung bzw. Raubschloss nahe Altenburg, Bezirk Horn, Niederösterreich. 5 Traism: Traisen, Marktgemeinde im Bezirk Lilienfeld, Niederösterreich. | Sand Andre: St. Andrä an der Traisen, Ortschaft der Gemeinde Herzogenburg, Bezirk St. PöltenLand, Niederösterreich. 7 Sannd Póllten: Landeshauptstadt von Niederösterreich. | Mélkh: Melk, Bezirkshauptstadt, Niederösterreich. 9 Liligenveld: Lilienfeld, Bezirkshauptstadt, Niederösterreich. | Hertzogwurckh: Herzogenburg, Bezirk St. Pölten-Land, Niederösterreich. 10 Hollnburck: Hollenburg bei Krems, Niederösterreich.

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35. Von dem zug des Franawer an die Traisem gen Sannd Andre

Und aus den zwain móchten sy in ainen erwellen, der sy pei íren freihaiten und gerechtikaiten hielt, und er hofft, sy wúrden sy zw frómder hannt nicht kómen lassen. Er wolt in auch desgeleichen schreiben und sy den paiden fúrsten in iren sachen bevelhen. Daran die lanntleútt ein guett gefallen heten. ¶ Auf den ratt des kúnigs von Pehem erwelten die lanntleútt aus in sechs, drei aus den herren und drei aus der ritterschaft, mit namen herren Jórgen von Eckhartzaw, Jorigen von Potendorf, herrn Albrechten von [31va] Ebersdorff, den Táhenstainer und súnst anderer zwen. Die riten am ersten zw hertzog Sigmunden und wúrben an in ír potschafft, die in enpholhen was. Der entslueg sich der sach gantz und schab die auf hertzog Albrechten. Und also schieden die herren von hertzog Sigmunden und khomen zu hertzog Albrechten gen Lynntz, an den sy auch wúrben ír potschafft. Im schraib auch der kunig von Pehem, das er die lanntlewt írs gepets nicht vertzig, anders móchten sy kómen zw ainer frómden herschafft und also steen von der von Osterreich hannden. Und als hertzog Albrecht vernam das schreiben des kúnigs und das gepett der lanntherren, gab er zw den sachen eins tails seinen willen. Doch ward ein tag gelegt von hertzog Albrechten gen Sand Póllten, do die lannt leútt dann zw im khomen solten. Daselbs er mit in aus den sachen verrer reden woltt. ¶ Hertzog Albrecht fúegt sich auf den tag, den er gesetzt hett, gen Sand Póllten. Zw im [31vb] komen auch die lanntleẃtt von herren, ritternn und knechten. Daselbs von allen nottúrftigen sachen des lannds ward geredt und ertzellten seinen fúrstlichen genaden, wie sy den rómischen kaiser meniger mal hieten gepeten, das lannd ze

2 hielt] erhielt G(ac)S. 6 heten] thetten G(pc). 11 den] fehlt S. súnst] fehlt G(ac). 12 am] zue S. 14 gantz] ganz vnd gar S. schab] ſchob G, ſchubs S. 15 und khomen] fehlt S. 16 auch] fehlt G(ac). 18 móchten sy] ſie möchten G(ac). 19 frómden] Andern S. 21 lanntherren] Landleütt G(ac). 22 den] d’ G. 24 mit in aus den sachen verrer reden woltt] mit Jnen Verrer auſs der ſachen reden wolt G(ac), auſs den ſachen Verrer mit In Reden wolt G(pc), mit Jnen auſs der ſachen verrer reden wolt S. 27 im] Ine G. 28 lanntleẃtt] Landtschafft G(ac). 31 meniger mal] ainigermall S.

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[G 78v] [R 62] 5

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[G 79r] 16

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25 [S 26v]

[G 79v] 30

35. Vom Zug des Fronauers an die Traisen nach St. Andrä

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diesen beiden sollten sie einen auswählen, der ihnen diese Freiheiten und Rechte zugestehe, und er hoffe, dass dieser sie nicht unter fremde Herrschaft kommen lassen würde. Er würde ihnen in dieser Sache ein Empfehlungsschreiben an die beiden Herren ausstellen. Das gefiel den Landleuten sehr. Auf den Rat des Königs von Böhmen hin wählten die Landleute sechs von ihnen aus; drei von den Herren und drei aus der Ritterschaft, mit Namen Jörg von Eckartsau, Jörg von Pottendorf, Herrn Albrecht von Ebersdorf, den Tachensteiner und zwei weitere. Die ritten zunächst zu Herzog Sigmund und überbrachten ihm ihre Botschaft, die ihnen anvertraut worden war. Der entzog sich der Verantwortung zur Gänze und verwies sie an Herzog Albrecht. So verließen die Herren Herzog Sigmund und kamen zu Herzog Albrecht nach Linz, wo sie ihre Anliegen ebenfalls vortrugen. Auch ihm hatte der König von Böhmen geschrieben, dass er die Bitten der Landleute nicht abschlagen möge, da sie ansonsten unter fremde Herrschaft kämen und somit außerhalb des Zugriffs derer von Österreich wären. Als Herzog Albrecht das Schreiben des Königs und die Bitten der Landherren vernommen hatte, willigte er in einigen Punkten ein. Doch Herzog Albrecht setzte ein Treffen in St. Pölten fest, bei dem die Landleute dann zu ihm kommen sollten. Dort wollte er die Angelegenheiten weiter mit ihnen besprechen. Herzog Albrecht begab sich nach St. Pölten zu dem Treffen, das er festgesetzt hatte. Auch die Landleute der Herren, Ritter und Knechte kamen zu ihm. Dort wurde über die Bedürfnisse des Landes gesprochen und Seinen Fürstlichen Gnaden berichtet, dass sie den Römischen Kaiser des Öfteren darum gebeten hätten, das Land Österreich und sie selbst in ihren Freiheiten, Rechten und

9 Jórgen von Eckhartzaw: Georg von Eckartsau († 1495), Ritter, Rat Friedrichs III. 10 Jorigen von Potendorf: Georg von Pottendorf, Erbschenk von Österreich, Rat Friedrichs III. | Albrechten von Ebersdorf: Albrecht IV. von Ebersdorf († 1472/1474), Rat Friedrichs III. und oberster Kämmerer. 11 Táhenstainer: Bernhard von Tahenstein (* um 1412, nach 1471), Hauptmann von Triest (1445) und königlicher Rat, Hauptmann von Portenau, Rat Friedrichs III., Hofmarschall Eleonore von Portugals (1452), Später auf Seiten Albrechts.

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35. Von dem zug des Franawer an die Traisem gen Sannd Andre

Ósterreich und sy pei iren freihaiten, gerechtikaiten und alltem herkómen zehalten, des sy aber an seinen kaiserleichen genaden nye hieten erlangen múgen, wenn er hiett in dem lannd gemacht vil newng und auffsátz, die wider des lannds freihait wéren. So verdurb auch yetzund das lannd gar grosleich mit der pósen geringen múnss etc. Sólichs in unleidlich wár und paten sein fúrstlich genad, sich umb sy an zunemen und sy pei iren freihaiten und gerechtikhaiten zuhalten. So wolten sy als getrew lanntleẃt seinen genaden gehorsam und geẃertig sein und im mit irem leib und guett hellfen, das er zu der regier des lannds ingesetzt wúrd. Das alles nam auff hertzog Albrecht, und gab sich gentzlich in der lanntleútt [32ra] willen und begeren. Darnach ward ein tag gelegt gen der Freinstatt, daselbs die lanntleútt den fúrsten besatzten mit réten und ambtleuten und betrachtn veld zemachen und den fúrsten in zesetzen in die regier des lannds mit gewalt und verschriben sich daselbs gegen dem fúrsten, von im nymermer ab zu steen, untzt sy in préchten zw der regír. Sich slueg auch an den fúrsten der Franawer mit den Tábernn, die er hett.

5 [R 63]

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[G 80r] 15

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36. Wie hertzog Albrecht von Ósterreich und hertzog Ludweig von Payren abgesagt haben dem rómischen khaiser 1461

Desselben jars haben abgesagt dem rómischen kaiser, als ainem fúrsten vonn Ósterreich und seinen erblichen landen, die hochgeporen fúrsten hertzog Albrecht von Osterreich, des rómischen kaiser brueder, und hertzog Ludwig von Pairen, den darnach zúschub teten in das veld der erwellt kúnig von Ungernn unnd der kúnig von

1 gerechtikaiten] vnd gerechtigkheitten GS. | und alltem herkómen] handthaben G(ac). 2 zehalten] fehlt G(ac). 6 gar] fehlt G. 7 unleidlich] entleidlich G(pc). 8 und gerechtikhaiten] fehlt G(ac). 14 gelegt] geſezt G(ac). 17 gewalt] geꝛ valt W, gewalt GS. 18 sich] ſie G(pc). 23 abgesagt haben] abgſagt_ G(pc)S. 27 von] vom hauſs S. 29 zúschub] fehlt G(ac).

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[S 27r] 26 [G 80v]

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35. Vom Zug des Fronauers an die Traisen nach St. Andrä

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Gewohnheiten zu bestätigen, was sie aber von Seinen Kaiserlichen Gnaden niemals hatten erlangen können, denn er habe im Land viele Neuerungen und Regelungen eingeführt, die den Freiheiten des Landes zuwiderliefen. So leide das Land beispielsweise momentan sehr an der schwachen, minderwertigen Münze, etc. Solches wollten sie nicht länger hinnehmen, und sie baten Seine Fürstlichen Gnaden, sich ihrer anzunehmen und ihnen ihre Freiheiten und Rechte zu bestätigen. Dann wollten sie als treue Landleute Seinen Gnaden gehorsam und dienstbar sein und ihm mit ihrem Leib und Gut helfen, damit er als Regent des Landes eingesetzt werde. All dies nahm Herzog Albrecht zur Kenntnis und gab den Wünschen und Bitten der Landleute vollständig nach. Daraufhin wurde ein Treffen in Freistadt festgelegt, für das die Landleute den Fürsten mit Räten und Amtsleuten ausstatteten und erwogen, ein Heer aufzustellen und den Fürsten mit Gewalt als Regenten des Landes einzusetzen. Sie verpflichteten sich gegenüber dem Fürsten, immer zu ihm zu stehen, bis sie ihm zur Regierung verholfen hätten. Auch der Fronauer stellte sich mit seinen Taboren auf die Seite des Fürsten.

36. Wie Herzog Albrecht von Österreich und Herzog Ludwig von Bayern sich vom Römischen Kaiser lossagten Im selben Jahr sagten sich die hochgeborenen Fürsten Herzog Albrecht von Österreich, der Bruder des Römischen Kaisers, und Herzog Ludwig von Bayern vom Römischen Kaiser als Fürsten von Österreich und seinen Erblanden los, woraufhin der gewählte König von Ungarn und der König von Böhmen ihnen Verstärkung ins Feld schickten. Auch viele Herren, Ritter und Knechte, Landleute in Österreich, die auf Seiten Herzog Albrechts standen, sagten sich vom Römischen Kaiser los und schlossen sich seinem Heer an, das er bei St. Pölten und ob

14 Freinstatt: Freistadt, Bezirkshauptstadt des gleichnamigen Bezirks, Oberösterreich.

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36. Wie hertzog Albrecht von Ósterreich und hertzog Ludweig von Payren abgesagt haben dem rómischen

18.7.1461

Pehem. Es sagten auch ab dem selben rómischen [32rb] kaiser vil herren, ritter und knecht, lanntleútt in Osterreich, die auff hertzog Albrechts tail stuenden und zugen zw im in das veld, das er macht zw Sannt Pólten und ob der Enns. Darnach prach auff hertzog Albrecht zw Sand Pólten mit seinem hér und zach herab gen der statt Tulln, daselbs er sich niderslueg. Nu hett der kaiser den purgernn in der statt geben einen haupman, der was genannt der Czenger, der sich ritterleich wert aus der statt mitsambt den purgernn und tett ettwas schaden an den leútten des fúrsten. Der fúrst schickt in die statt zw der gemain, das sy ettlich aus in zw im schickten in das veld, das sy teten. Die selben wúrden von dem fúrsten und den lanntleúten underweist einer meynung, die sy solten bringen an die anderen in der statt, das dieselben sendpoten téten. Als der haupman und der richter die gemain nu wollt ordnen auf die maur und zw den tórren [32va] zw der wér, und ermanten sy das sy teten als frum leẃtt, wenn er wolt pei in sterben und genesen, do waren sy gar trág und sagten im, wie sy wider den fúrsten nicht tuen wolten und móchten auch seinem gewalt nicht widersteen. Des erschrackt der haubtman, das die gemain was verkert warden und sagt in, er und die seinen wolten sich als pider leútt wéren, als verr sy móchten, und er hiett guett vertraun zw in, sy wúrden desgleichs auch tuen. Darnach an dem sambstag vor Marie Magdalene besambt sich die gemain und senndt aus in ír potschaft in das veld zw dem fúersten und ergaben sich seinen genaden, der desselben tags die stat innam, und besetzt die mit haubtleúten und die gemain swúr im als irem herren und

1 dem … lanntleútt] demſelben Römiſchen Khaiſer Viel herrn, Ritter vnd Khnecht vnd Landleütt G(ac), demſelben Römiſchen Khaiſer Viel herrn, Ritter vnd Khnecht Landleütt G(pc), vil herrn, Ritter, Vnd Knecht, demſelb_ Römiſchen Keÿſer S. 3 stuenden] waren G(ac). 4 macht] fehlt G(ac). 5 und ob der Enns] fehlt G(ac). prach] in S nachträglich eingefügt – vermutlich vom Schreiber selbst. 7 daselbs] das GS. 8 purgernn] Purger S. | der was genannt] mit Namen G. 9 Czenger] Senger G(ac), Genger S. 12 zw im schickten] ſchickhen zue Im S. 13 den] fehlt G(ac). 15 in der statt] in d' Statt mit ſambt den burgern G(ac). 16 Als der haupman und der richter] Dieſelben wurden von dem Fürſten vnd Haubtman vnderrichtet G(ac). 17 nu] fehlt GS. | maur] mauren G. 18 sy1]

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[R 64] [G 81r] 12

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der Enns aufgestellt hatte. Danach brach Herzog Albrecht aus St. Pölten auf und zog nach Tulln hinunter, wo er lagerte. Nun hatte der Kaiser für die Bürger der Stadt einen Hauptmann bestimmt, der Zenger hieß und der die Stadt mit den Bürgern ritterlich verteidigte und den Leuten des Fürsten einigen Schaden zufügte. Der Fürst schickte in die Stadt zu der Gemein, damit sie einige von sich zu ihm ins Feld schickten, was sie auch taten. Diesen wurde vom Fürsten und den Landleuten ein Plan offenbart, den sie den anderen in der Stadt mitteilen sollten, was diese Boten auch taten. Als der Hauptmann mit dem Richter die Gemein nun auf der Mauer und bei den Toren zur Verteidigung aufstellen wollte und sie ermahnte, sich wie treue Gefolgsleute zu verhalten, denn er wollte mit ihnen sterben oder leben, waren diese zögerlich und sagten ihm, sie wollten dem Fürsten nicht zuwiderhandeln und könnten seiner Macht nichts entgegensetzen. Der Hauptmann erschrak darüber, dass die Gemein umgestimmt worden war, und sagte ihnen, dass er und die Seinen sich als tapfere Leute wehren würden, so gut sie es vermochten, und er habe großes Vertrauen in sie, dass sie das ebenso halten würden. Danach, am Samstag vor Maria Magdalena, versammelte sich die Gemein und sandte ihre Boten zum Fürsten ins Feld und ergab sich Seinen Gnaden, der am selben Tag die Stadt einnahm und mit Hauptleuten besetzte, und die Gemein schwor ihm als ihrem Herrn und Landesfürsten Treue. Der Zenger und der Marchfelder wurden gefangen genommen und ihr Besitz wurde konfisziert.

fehlt G(pc)S. 21 gewalt] willen G(ac). 23 warden] warn G(pc). 24 sich] ſi G(pc). | als verr] ſouer G(ac). 27 senndt] ſandte GS. in1] fehlt G. | in das veld zw dem fúersten] zue dem Fürſten in das Velt GS. 28 seinen] ſeiner G(ac). | genaden] genaden gar S.

9 Czenger: Friedrich Zenger, Pfleger zu Güns und Rechnitz, in der ÖC vom Ks. eingesetzter Hauptmann der Tullner; Belegt auch in Beheim, S. 208, 214.

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36. Wie hertzog Albrecht von Ósterreich und hertzog Ludweig von Payren abgesagt haben dem rómischen

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1.8.1461 (2.8.1461)

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lanndsfürsten. Der Czenger und der Marichvelder wúrden gefangen und ir guet genomen. ¶ Und zuhannt am sunntag darnach schickt der hochgeporen fúrst hertzog Albrechtt [32vb] den Franawer und anderer seiner rétt ettlich als mitt vierhundert pferdten zw den purgernn gen Klosternewnburg und lies den selben purgernn fúrhalten, warumb er in das lannd khómen wár. Und als die benanten purger genuegsamleich wúrden underweist des fúrstenn willen, schickten sy den probst und ettlich purger mitt im in das veld zw dem fúrsten, die mit dem fúrsten und den lanntléuten beschlussen ein taiding und namen den fúrsten auff zw irem herren, der sich darnach persóndleich gen Newnburg fúegt und nam daselbs auf von den purgernn und der gemain ír aid und gelúbd und besetzt die statt mit haupleútten. Darnach zach er wider in das veld. ¶ Desselben jars am freitag vor Sannd Stephans tag Inventionis prach auf der hochgeporen fúrst hertzog Albrecht bei Kúnigstéten mit seinem hér und zach denselbn tag durich den wald und slueg sich nyder [33ra] pey Hédersdorff auff der wisen. Daselbs er am nachsten sambstag darnach aufprach unnd ruckht gen Hyetzing, daselbs er sich unden nach dem Hóltzlein niderslueg. Do komen gen Wienn her Iskra als mit drithalb tausent mannen: der Grafenecker und der Pámkiricher und ander sóldner. Die machten veld wider den hértzogen und sluegen sich nyder pei Sand Tiboldt in den weingárten zw nachst dem zawn. ¶ Darnach am Suntag schickt der fúrst sein brieff in die statt Wienn, die da lautten an ratt, genandt und gemain, das sy ettlich aus in zw im in das veld sennten. Den wolt er

5 anderer seiner rétt ettlich] vnnd etlich ander ſeiner Räth G, And' ſeine Rhät S. 7 wár] ſeÿ S. 10 in das veld zw dem fúrsten] zue dem fürſten in das Veldt GS. 11 beschlussen] redten vnd beſchluſſen G(ac). 13 Newnburg] Cloſterneuburgkh G(ac). 14 daselbs] da G(ac). | den] fehlt G(ac). 18 Inventionis] fehlt G(ac). hochgeporen] wolgeborn G(pc). 20 denselbn] deſſelben GS. 21 am nachsten sambstag] an dem negſten Suntag S. 22 Hyetzing] Hieznig S. 23 unden nach dem] vnd’ dem G(ac). 27 Sand Tiboldt] S. Seboldt G(ac). 29 Darnach am Suntag schickt der fúrst] Darnach am Suntag ſchickht der herzog G(ac), Darnach ſchickht der Fürſt am Suntag S. 31 sy] fehlt G. | zw im] fehlt G.

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[S 27v] 5 [G 82r]

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36. Wie Herzog Albrecht von Österreich und Herzog Ludwig von Bayern sich vom Römischen Kaiser

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Gleich am Sonntag danach schickte der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht den Fronauer und andere seiner Räte mit vierhundert Berittenen zu den Bürgern nach Klosterneuburg und ließ den Bürgern darlegen, warum er in das Land gekommen sei. Als den genannten Bürgern die Absichten des Fürsten nun hinlänglich unterbreitet worden waren, schickten sie den Propst und etliche Bürger mit ihm ins Feld zum Fürsten, die mit dem Fürsten und den Landleuten eine Vereinbarung trafen, mit der sie den Fürsten als ihren Herrn annahmen, der sich daraufhin persönlich nach Klosterneuburg begab und dort die Eide und Gelübde der Bürger und der Gemein entgegennahm und Hauptleute in der Stadt einsetzte. Dann zog er wieder ins Feld. Im selben Jahr am Freitag vor St. Stephani Inventionis brach der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht mit seinem Heer bei Königstetten auf, zog noch am selben Tag durch den Wald und lagerte bei Hadersdorf auf der Wiese. Von dort brach er dann am nächsten Samstag auf und rückte nach Hietzing vor, wo er unterhalb des Hölzleins lagerte. Da kamen Herr Iskra mit zweieinhalbtausend Mann, der Grafenecker, der Baumkircher und andere Söldner nach Wien. Die zogen gegen den Herzog ins Feld und lagerten bei St. Theobald in den Weingärten in der Nähe des Palisadenwalls.

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Danach, am Sonntag, schickte der Fürst seine Schreiben in die Stadt Wien, die an Rat, Genannte und Gemein gerichtet waren, damit sie etliche von ihnen zu ihm ins Feld senden würden. Denen wollte er die Gründe auseinandersetzen, weswegen er gekommen sei. Sie

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1 Marichvelder: Evtl. Michel Marchfelder, Richter in Tulln; In der ÖC gemeinsam mit Zenger als Gefangener Albrechts VI. erwähnt, auch bei Beheim 209, V. 15ff., vgl. Schalk S. 184 –185, Quellen Bd. II/2, Nr. 3170. 9 probst: Simon II. Heindl, Probst von Klosterneuburg (1451–1465). 19 Kúnigstéten: Königstetten, Marktgemeinde im Bezirk Tulln, Niederösterreich. 22 Hyetzing: Heute Teil des 13. Wiener Gemeindebezirkes Hietzing. 23 Hóltzlein: Damals wohl gängige Ortsbezeichnung für den Wald beim heutigen Schönbrunn.

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36. Wie hertzog Albrecht von Ósterreich und hertzog Ludweig von Payren abgesagt haben dem rómischen

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8.8.1461

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zuerkennen geben sein maynung, warumb er kömen wér. Die schriben dem fúrsten wider ir anttwúrt, sy hieten des nicht gewallt zu tuen an úrlaub des rómischen kaisers, dem sy wárenn geschwaren, aber sy wolten die sach an sein kaiserlich genad pringen. Was dann sein gnad darinn schúef, dem wolten [33rb] sy gehorsamleich nach geen. Und also ward dem fúrsten verantwúrt sein schreiben. Und an Sand Stephans tag des morgens als umb di sibent stund prach auf hertzog Albrecht zw Hietzing und zoch uber den Wiennerperg unnd slueg sich unden pei dem Inzespach nyder auf die wiesenn. Daselbs er lag als bei acht tagen, und als der hertzog aufprach, slueg man an die glocken. Do besambt sich das volkh in der statt Wienn aus den vier viertailen unnd ein yedts viertail hett ein panier. Darnach zach die durchleúchtig fúrstinn, die kaiserinn, mit ettlichen iren iunckhfrawn hin aus auf das veld gen Sannd Tibolt. Daselbs hin auch kom das stattvolkh, das volk des Iskra, der Gravenecker, der Pámkiricher und ander sóldner, und hielten daselbs in ainer gúten ordnung und besambten sich als starck, das ir wol aus VI tausent zu einander kómen und liessen [33va] sich sehen den fúrsten. Darnach zugen sy wider in di statt. ¶ Desselben jars am sambstag vor Laurentii kómen gen Wienn des kunigs von Pehem rétt, mit namen der von Sternnberk, der von Raben, hér Procopus von Rabenstain, und ander, die des morgens von stund riten zu dem hertzogen und den lanntleuten in das veld und hueben an ze taidingen zwischen dem rómischen kaiser, dem hertzogen und den lanntleútten umb ainen frid. Und sólh taiding wert als auf vier wochen. ¶ Desselben jars am mitichen vor unser lieben frawn tag Assumptionis prach auff der hochgeporen fúrst hertzog Albrecht mit seinem hér an dem Wiennerperig und ruckht gen Schwechant. Und an dem aufprechen kóm er mitt

2 anttwúrt] mainung G(pc)S. 3 tuen] y tuen W, zuethuen GS. úrlaub] Erlaubnis G(ac). 4 sein] Ir S. 6 nach geen] nachkhummen G(ac). 7 verantwúrt] geantwortt auff G(ac). 8 morgens] morgens frue G(ac). 10 dem] fehlt G. 15 fúrstinn die kaiserinn] Fürſtin vnnd die Khaiſerin G(ac). 17 hin] hinan G. | Iskra] Ysera G(ac), Gÿſrin G(pc). 20 tausent] hundert G. | zu einander] zue ſamen G(ac). 26 von stund] von ſtundan S. 28 dem2] vnnd S. 30 als] fehlt S. 32 Assumptionis] fehlt G(ac).

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[G 83r]

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[G 83v] [S 28r] 16

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schrieben dem Fürsten zurück, sie hätten nicht die Macht, das ohne die Erlaubnis des Römischen Kaisers zu entscheiden, dem sie Treue geschworen hatten, aber sie würden die Angelegenheit dem Römischen Kaiser vorbringen. Was Seine Gnaden dann befehle, dem wollten sie gehorsamst Folge leisten. So wurde dem Fürsten auf sein Schreiben geantwortet. Am Tag des heiligen Stephan, morgens um die siebte Stunde, brach Herzog Albrecht von Hietzing auf, zog über den Wienerberg und lagerte beim Inzersbach auf der Wiese. Dort blieb er acht Tage, und als der Herzog aufbrach, läutete man die Glocken. Daraufhin versammelte sich das Kriegsvolk aus den vier Vierteln in der Stadt Wien, und jedes Viertel hatte ein Banner. Danach zog die edle Fürstin, die Kaiserin, mit etlichen ihrer Jungfrauen hinaus auf das Feld bei St. Theobald. Dorthin kamen auch die Soldaten aus der Stadt, das Kriegsvolk des Iskra, der Grafenecker, der Baumkirchner und andere Söldner, und sie formierten sich dort. Insgesamt versammelten sich so viele, dass gut sechstausend von ihnen zusammenkamen, und sie zeigten sich dem Fürsten. Danach zogen sie wieder in die Stadt. Im selben Jahr am Samstag vor dem heiligen Laurentius kamen die Räte des Königs von Böhmen nach Wien, namentlich der Sternberg, der von Raben, Herr Procopus von Rabenstein und andere, die frühmorgens zum Herzog und den Landleuten auf das Feld ritten und anfingen, zwischen dem Römischen Kaiser, dem Herzog und den Landleuten über einen Frieden zu verhandeln. Diese Verhandlungen dauerten vier Wochen. Im selben Jahr am Mittwoch vor Mariä Aufnahme in den Himmel brach der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht mit seinem Heer vom Wienerberg auf und rückte nach Schwechat vor. Und bei diesem Aufbruch kam er mit etlichen seiner Landherren und Hauptleute am frühen Morgen über die Gräben zum Kloster St. Niklas vor dem

10 Inzespach: Inzersbach, wohl Arm des Liesingbaches in Inzersdorf, heute 23. Wiener Gemeindebezirk. 25 Procopus von Rabenstain: Prokop von Rabstein (um 1420 –1472), Oberstkanzler von Böhmen (1453–1468). 34 Schwechant: Schwechat, Bezirk Bruck an der Leitha, Niederösterreich.

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36. Wie hertzog Albrecht von Ósterreich und hertzog Ludweig von Payren abgesagt haben dem rómischen

ettlichen seinen lannttherren und haubtleúten des margens frue úber die gráben in das kloster Sand Nickla vor Stubentór, das er und die seinen innam. Als man des in der stat innen ward, slueg man an [33vb] die glockken. Do macht sich auf das volkh in der statt und auch die sóldner und besetzten die prugken und scharmuezelten mit des hertzogen volkh mit púchsen und anderen waffen. Es luffen auch hinden in den gérten zue das stattvolkh und namen den veinten ettliche pferd, die sy an die zeẃn gepunden heten. Und sólh scharmúetzelnn wertt als pei drein stunden. Und als der fúrst vernam das er und die seinen nichts mochten geschaffen, da zoch er wider aus dem kloster in das veld gen Schwechant. Und ainer aus den selben belaib ligund in der vorstatt. Dem hett man mit ainer púchsen abgeschossen den fues. Wie aber sólich des fúrsten einkómen zúgericht was, oder durich wen, des kund man nicht gewissen, dann sovil sagt man, wie man des nachts uber die gráben mit préternn ein pruckh hett gemacht, darauff der fúrst und die seinen zu rossen und zu fuessen uber komen wáren. Und als der hochgeporen fúrst hertzog Albrecht mitt seinem hér lag zw Swechant, [34ra] kam zw im in das veld das volk des kúnigs von Ungernn als auf vier tausent. Es kom auch daselbs hin zw im hertzog Ludweigs volkh, an die er khain taiding aufnemen wolt. Und als die nu khómen waren, riten zu dem fúrsten gen Schwechant der hochwúrdig vater der cardinal und auch die rétt des kunigs von Pehem und taidingten mit dem fúrsten aber umb ainen frid. Do wúrden aufgeschriben ettlich artickel von dem fúrsten, wie er in den frid gen wolt, die darnach oft wúrden geéndert ee wenn man kom zw einer ennttlichen besliessung. ¶ Darnach prach auf zw Schwechant der obgenant grosmútig fúrst hertzog Albrecht und slueg sich mit seinem hér wider nyder pei dem teich zw Lachsenburck.

2 Sand Nickla] zue S. Nicola G, gen Sandt Nicla S. | vor] vorm G, vor dem S. 8 stattvolkh] Volckh G(ac). 10 als pei] in die G(ac), alls bei G(pc), beÿ S. 12 nichts] nichts mehr G(ac). | geschaffen] ſchaffen G(ac)S. 13 in das veld] fehlt G. 15 den] ein S. | Wie] Wer G. 16 zúgericht was] was zuegericht G(pc)S. 17 gewissen] wiſſen G(ac)S. 21 zw] auf der S. 22 in] fehlt W. | das volk des kúnigs von] des Khünigs von Vngern Volckh G(ac). 23 daselbs]

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[G 84v] 5

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36. Wie Herzog Albrecht von Österreich und Herzog Ludwig von Bayern sich vom Römischen Kaiser

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Stubentor, das er und die Seinen einnahmen. Als man dies in der Stadt bemerkte, läutete man die Glocken. Da machten sich das Kriegsvolk und auch die Söldner in der Stadt auf, besetzten die Brücken und bekämpften die Soldaten des Herzogs mit Büchsen und anderen Waffen. Das Stadtvolk lief auch von hinten zu den Gärten und stahl den Feinden etliche Pferde, die diese an den Zäunen festgebunden hatten. Diese Kämpfe dauerten drei Stunden. Und als der Fürst vernahm, dass er und die Seinen nichts erreichen konnten, zog er wieder vom Kloster ins Feld nach Schwechat. Einer von ihnen blieb in der Vorstadt zurück. Dem hatte man mit einer Büchse den Fuß abgeschossen. Wie aber der Fürst überhaupt zum Kloster gelangt war oder mit wessen Hilfe, das konnte man nicht erfahren. Nur so viel wird erzählt, dass man des Nachts über die Gräben mit Brettern eine Brücke gebaut habe, auf der der Fürst und die Seinen zu Pferd und zu Fuß hinübergekommen seien. Als der hochgeborene Fürst Albrecht mit seinem Heer bei Schwechat lag, kam das Kriegsvolk des Königs von Ungarn mit etwa viertausend Mann zu ihm ins Feld. Auch Herzog Ludwigs Kriegsvolk, ohne das er nicht verhandeln wollte, kam dorthin. Als sie gekommen waren, ritten auch der hochwürdige Vater, der Kardinal, und auch die Räte des Königs von Böhmen zum Fürsten nach Schwechat und verhandelten mit dem Fürsten erneut über einen Frieden. Da wurden etliche Artikel vom Fürsten aufgeschrieben, wie er sich auf einen Frieden einlassen wollte. Diese wurden danach oft geändert, ehe man zu einem endgültigen Beschluss kam.

Danach brach der oben genannte großmütige Fürst Herzog Albrecht von Schwechat auf und lagerte als nächstes mit seinem Heer bei einem Teich bei Laxenburg. Erneut folgten ihm die Räte des Königs von Böhmen, die ein

fehlt S. | hin] hinzue G. 26 der2] vnd G(pc)S. 29 gen] geben G. 33 grosmútig] groſsmechtig GS. | mit seinem hér] fehlt G.

3 Stubentór: Auch Ungarntor. 1. Wiener Gemeindebezirk. 34 Lachsenburck: Laxenburg, Bezirk Mödling, Niederösterreich.

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Do riten aber zw im in das veld die rett des kúnigs von Pehem und heten fúrgenomen ein schreiben, wie der frid enntlich besten solt zwischen dem rómischen kaiser und sein, dar in sich aber der fúrst nicht wolt geben. Darauf vorderten die rétt, nach gescháfft [34rb] des kúnigs herren Goska, das er mit allen seinen leuten solt ziehen von dem fúrsten aus dem veld, das er tétt, und kom mit seinen wágen, leúten und dienernn gen Wienn. Darnach heten auch die lanntleẃt ain verdriessen in dem veld und stiessen wider an ein taiding mit des kúnigs réten, unnd ward do enntlich beslossen ain frid untz auff Sand Johanns tag ze Sunnbenten ze under gang der sunn. Derselbig frid von stundan ward verbriefft und verhanntvest mit paider fúrsten sigl under der rétt des von Pehem. Darauf rawmbt hertzog Albrecht das veld an unser lieben frawn tag Nativitatis, und ein yeder zoch haim zw seiner wónung. ¶ In dem selben frid und taidingen ward beslossen, das all preláten, herren, ritter und knecht, stett, merckt, dórfer, pawrschefft, ungelt, meẃtt, so hertzog Albrecht in dem krieg mit dem swert in sein gewaltsam pracht, auch die leútt, so sich im gehuldigt und [34va] zúgesagt heten, in regírung untz auf den obgenanten Sand Johanns tag beleiben solten. Der hochvertig Lucifer mit seinen engeln macht nicht frid halten in dem hymml, darumb er und sein engeln wúrden gestriten von den gúten engeln und gewarfen ze tal in die héll. Also geschach es auch mit dem frid. Der rómisch kaiser schickt zw dem kúnig von Pehem als umb Sannt Kathrein tag herren Hannsen Rarbacher und herrn Hannsen Múlfelder gen Prag, die villeicht durch ettlich pehemisch herren, die wol waren an dem kaiser,

1 aber] fehlt G(ac). | die rett des kúnigs von Pehem] des Khünigs von Böhaimb Räth G. 2 der] ain G(pc)S. 5 nach gescháfft] fehlt G(ac). 6 Goska] Gotſcha G(ac), Joſka G(pc), Gyſtra S. | er mit allen seinen leuten solt ziehen] Er ſolt ziehen mit allen ſeinen leütten G(ac). 7 mit seinen wágen leúten und dienernn gen Wienn] gen Wienn mit ſeinen wagen Leütten vnd dienern G(ac). 11 untz] hintz an S. | ze] zum G(ac). 14 under] vnd der G. 18 herren] fehlt G(ac). 19 pawrschefft] vnd paurdörffer G(pc)S. 21 gehuldigt und zúgesagt] zue geſagt vnnd gehuldigt G. 22 den obgenanten] fehlt S. | Sand Johanns tag] tag S. Johannis G. 27 Der rómisch kaiser] Wann d' Römiſch Khaiſer G, Denn der Römiſch Keÿſer S. 30 kaiser] Römiſchen Khaiſer GS.

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Schreiben aufgesetzt hatten, wie der Frieden zwischen dem Römischen Kaiser und ihm schlussendlich zustande kommen sollte, dem wollte der Fürst aber nicht zustimmen. Darauf forderten die Räte nach Anordnung des Königs Herrn Goska auf, mit allen seinen Soldaten vom Lager des Fürsten abzuziehen, was er auch tat, und er kam mit all seinen Wägen, Soldaten und Dienern nach Wien. Daraufhin waren auch die Landleute im Lager verstimmt und regten wieder eine Verhandlung mit den Räten des Königs an, bei der endlich ein Friede bis zum Sonnenuntergang am Tag des heiligen Johannes zur Sonnwende beschlossen wurde. Derselbe Friede wurde umgehend verbrieft und mit den Siegeln der beiden Fürsten und der Räte dessen von Böhmen besiegelt. Daraufhin räumte Herzog Albrecht das Feld an Mariä Geburt, und ein jeder zog nach Hause. In demselben Frieden und in den Verhandlungen wurde beschlossen, dass alle Prälaten, Herren, Ritter und Knechte, Städte, Märkte, Dörfer, Höfe, Steuern und Mauten, die Herzog Albrecht im Zuge des Krieges mit dem Schwert in seine Gewalt gebracht hatte, und auch die Menschen, die ihm gehuldigt und sich ihm unterstellt hatten, bis auf den oben genannten Tag des heiligen Johannes unter seiner Herrschaft bleiben sollten. Der hoffärtige Luzifer mit seinen Engeln wollte den Frieden im Himmel nicht halten. Deshalb wurden er und seine Engel von den guten Engeln bekämpft und in die Hölle hinabgestoßen. So geschah es auch mit diesem Frieden. Der Römische Kaiser schickte um den Tag der heiligen Katharina Herrn Hans Rohrbacher und Herrn Hans Mühlfelder zum König von Böhmen nach Prag, die, wenn möglich, mit Hilfe einiger böhmischer Herren, die dem

6 Goska: Johann Giskra von Brandeis, Ident mit Jan Iskra, der in S in der Variante Gſtra auftaucht. 29 Hannsen Múlfelder: Hans Mühlfelder († 1475 oder 1477), Küchenmeister (1453, 1455), Hubmeister (1457–1459), Pfleger zu Waidhofen an der Thaya (1466), Mitglied des österreichischen Landadels mit Hauptsitz Dross, Krems an der Donau, Edler (1455), Ritter (1467).

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36. Wie hertzog Albrecht von Ósterreich und hertzog Ludweig von Payren abgesagt haben dem rómischen

hertzog Albrechten wider solt abdringen die preláten, stétt, mérckht, dorffer, ungelt, meẃtt, der er sich in dem land ze Osterreich hett underwunden, als in dem vorderen artickl gemelt ist. Die sólichs under anderem, als sy von Prag kómen, an den kaiser prechten, daran er ein gevallen hett.

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1462

28.12.1461

¶ Darnach zuhannt ruefft man in der statt zu Wienn herfart. Des sich die leútt vasst verbunderten, nach dem und ein kristenlicher frid zwischen baiden herrn und fúrsten beslozzen was untz auf sannt Johanns tag ze Sunbenten. Und an freitag vor Sand [34vb] Thomas tag vor tags schickten des rómischen kaiser rett zw Wienn aus volkh. Die nótten die leútt allenthalben under dem gepirig zw der gehorsam des kaisers. Als nu das geschach, slueg sich dasselb volk fúr Dráskirichen und lagen davor in den weinachtveirtagen als pei acht tagen und gewunnen die. Dennoch setzten sich Gunderstorff und Perichtodstorff, die sy auch gewinnen wolten.

[S 29r] [G 87r]

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[G 87v] 15

37. Anno Domini M° CCCC° LXII° Desselben jars, als des rómischenn kaisers volkh nu heten gewunnen Dréskirchen, darnach an aller kindlein tag schlueg sich dasselbig volkh mit der von Wienn sóldner für di kirchen Gundramstorff, die innen hett der von Potendorff und hett die besetzt mit ainem haubtmann, genannt der Krewss. Dieselb kirchen man mit gróssem und klainem zeug vasst arbaitt und zeschas, des geleichs die wér

2 dorffer ungelt meẃtt der] Dörffer Vmgelt Vnngelt Mautt dern G(ac), Dörffer Vmgelt Vnngelt der G(pc), Vngeltt, Dörffer, Der S. 3 underwunden] vnderſtand_ G(pc)S. 4 under] an die G(ac), hindern G(pc). 5 den] der W, denn GS. 6 ruefft man in der statt zu Wienn herfart] mann in der Statt zue Wienn ruefft G(ac), ruefft mann in der Statt Wienn herfart G(pc)S. 8 und1] fehlt GS. | herrn und] fehlt G(ac). 9 untz] hinzt S. 12 volkh] Jr Volkh G(ac). gepirig] Gepürg G(ac)S, pürg G(pc). 13 nu das] das nun G. 16 Gunderstorff] Gundramſtorff G(ac). 19 heten] hett GS. 24 man] nam G(pc)S. | gróssem und klainem] Khlainen vnd groſſen G(pc)S.

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[R 69] [G 88r]

36. Wie Herzog Albrecht von Österreich und Herzog Ludwig von Bayern sich vom Römischen Kaiser

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Kaiser wohlgesonnen waren, dem Herzog Albrecht die Prälaten, Städte, Märkte, Dörfer, Steuern und Mauten, die er im Land Österreich in seine Gewalt gebracht hatte, wie es im vorhergehenden Artikel beschrieben ist, wieder abringen sollten. Als sie von Prag zurückkamen, bestätigten sie dies und anderes dem Kaiser, der Gefallen daran fand. Gleich darauf rief man in der Stadt Wien zur Heerfahrt auf. Darüber waren die Menschen sehr verwundert, da doch ein christlicher Frieden bis zum Tag des heiligen Johannes zur Sonnwende zwischen den beiden Herren und Fürsten beschlossen worden war. Am Freitag vor dem Tag des heiligen Thomas schickten die Räte des Römischen Kaisers in Wien noch vor Tagesanbruch Soldaten aus. Diese zwangen die Leute überall unter dem Gebirge zum Gehorsam gegenüber dem Kaiser. Im Zuge dessen belagerten die Soldaten Traiskirchen, blieben dort in etwa acht Tage über Weihnachten und nahmen es ein. Guntramsdorf und Perchtoldsdorf, die sie auch einnehmen wollten, widersetzten sich dessen ungeachtet.

37. Anno Domini 1462

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Im selben Jahr, als die Soldaten des Kaisers Traiskirchen eingenommen hatten, kurz darauf, am Tag der unschuldigen Kinder, sammelte sich dieses Kriegsvolk mit den Wiener Söldnern vor der Kirche Guntramsdorf, die dem von Pottendorf gehörte und die er mit einem Hauptmann namens Kreß besetzt hatte. Diese Kirche bestürmten und zerschossen sie mit leichten und schweren Geschützen, ebenso die Wälle und Zäune, die die Feinde jedoch in der Nacht stets mit großen Baumstämmen und Mist wieder instand setzten. Als die Hauptleute sahen, dass

14 Dráskirichen: Traiskirchen, Bezirk Baden, Niederösterreich. 16 Gunderstorff: Guntramsdorf, Bezirk Mödling, Niederösterreich. Vgl. G(ac). | Perichtodstorff: Perchtoldsdorf, Marktgemeinde im Bezirk Mödling, Niederösterreich. 22 der von Potendorff: Georg von Pottendorf 23 Potendorff: Pottendorf, Bezirk Baden, Niederösterreich. 24 Krewss: Hans Kreß von Kressenstein. Die Kreß von Kressenstein sind ab dem 13. Jh. eine der ältesten Patrizierfamilien der Reichsstadt Nürnberg.

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37. Anno Domini M° CCCC° LXII°

und die zeẃn, die aber die veint albey des nachts mit grossen pawmen und mist wider vermachten. Und als die haupleẃtt sahen, [35ra] das die zewn und gemeẃr villeicht nu stúrmmássig waren, alss schickhten sy den stúrm. Nu gedachten in die veint in der khélten ainer listikaitt, und begussen die schútt ann den gráben mit wasser, das ward gefraren und úbertzogen mit glatteyss, das nyemant darauf gesteen mócht. Und als man angieng zw dem stúrm und die laitternn pracht in die gráben und an den zawn, do waren sy zw kúrtz, und so ainer kóm auf die schútt, der mocht sich nicht enthalten. Unnd wúrden gestochen und gewarffen in die gráben und verlueren drei stúrm. Und vil gueter leẃtt peliben ligund tod in denn gráben, und wúrden vil wundt. In der zeitt kom gen Perchtoldsdorf der Anckhelreiter, der von Stain und ettlich lanntleútt. Die heten als pei sechs hundert pherdten und wolten Gundramsdorf beschútt haben, des sy aber nicht getuen mochten, wenn die von Wienn schickten gen Medling als auf [35rb] siben hundert mann, die den, so vor der kirichen lagen, ruck hielten. Und als des rómischen kaiser leẃtt die kirichen nicht gewinnen mochten, noch des hertzogen leẃtt die kirchen beschútten móchten, ward zwischen paiden tailen ein taiding angestóssen umb ainen frid, darin sich paid tail gaben. Und als man den frid nu auf ein zeitt wolt beschliessen, da entzwischen beschútt des hertzogen vollk eins nachts mit ettlichem fuezvolkh die kirichen, und

1 albey] fehlt G. 2 als] als balt G(pc)S. 3 die] Ir G. | villeicht nu] fehlt G(ac). 4 waren] wären G(ac). | alss] Allſo S. | sy] ſie ſich in G(ac). 5 die] dem G(ac). | in der khélten] fehlt G(ac). 6 schútt ann den] fehlt S. | ward] was GS. 7 glatteyss] glattem Eÿſs G. 8 gesteen] geſtehen G(pc). | zw] mit G(ac), fehlt S. 9 den zawn] die zeün G. 10 kóm] Khumbt G(ac). 11 enthalten] beſtehen od' ſich enthalten G(ac). 16 als] fehlt G(ac). 17 getuen] Thain S. 21 noch des hertzogen leẃtt die kirchen beschútten móchten] Korrektor in G revidiert (eigene) Streichung durch Wellenlinie und vermerkt: mues bleib_. 24 den frid nu] nun den fridt G. 26 eins nachts] ain nacht G(ac), ainſs mals G(pc)S. | fuezvolkh] Fueſsknecht G(pc)S.

15 Anckhelreiter: Nabuchodonsor Nanckenreuter, Söldnerführer aus

Anckelreuter, auch dem berüchtigten

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[G 88v] 15 [S 29v]

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die Zäune und Gemäuer offensichtlich sturmreif waren, ließen sie sie stürmen. Nun dachten sich die Feinde in der Kälte eine List aus und begossen die Wälle an den Gräben mit Wasser, das gefror und die Wälle mit Glatteis überzog, sodass niemand darauf stehen konnte. Als man den Sturm begann und die Leitern in die Gräben und an die Palisade brachte, waren diese zu kurz, und wenn doch einer auf den Wall gelangte, so konnte er sich nicht halten. So wurden sie erstochen und in die Gräben geworfen und sie verloren drei Stürme. Viele gute Leute blieben tot in den Gräben liegen und viele wurden verwundet. In dieser Zeit kamen der Ankelreuter, der von Stein und etliche andere Landleute nach Perchtoldsdorf. Die hatten an die sechshundert Reiter und wollten Guntramsdorf beschützen, was ihnen aber nicht gelang, denn die Wiener schickten an die siebenhundert Mann nach Mödling, die denen, die die Kirche belagerten, den Rücken freihielten. Da weder die Leute des Römischen Kaisers die Kirche einnehmen noch die Leute des Herzogs die Kirche beschützen konnten, wurde zwischen beiden Parteien eine Friedensverhandlung vereinbart. Dem stimmten beide Parteien zu. Eines Nachts, während man den Frieden nun auf eine bestimmte Zeit festlegen wollte, bewachten die Leute des Herzogs mit einigen Fußsoldaten die Kirche und erwischten den Smykosky beim Eindringen. Sie brachten ihn in die Kirche, und der Hinko wurde schwer verwundet. Trotzdem wurde ein Frieden bis zum ersten Fastensonntag beschlossen. In dieser Zeit sollte jede Partei ihre Herrschaft

Söldnergeschlecht der Anckelreuter (auch Nanckenreuter, Venckenreuter, Ankhelreuter, etc.). Stets auf der Seite der Gegner Friedrichs III. In zeitgenössischen Chroniken oft als Räuber u. ä. betitelt, jedoch später Rat und Diener Albrechts III. Vgl. v. a. Schalk 1919, S. 190 –191, Csendes 1974, S. 8; Opll 1995, S. 54. | der von Stain: Georg von Stein († 1497), oberschwäbischer Adliger, maßgeblicher Gefolgsmann und enger Vertrauter des Erzherzogs Albrecht VI. Nach dessen Tod diente er zunächst Herzog Sigmund von Österreich, dann dem böhmischen König Georg von Podiebrad und schließlich dem ungarischen König Matthias CorvinuS. Hauptmann der niederschlesischen Herzogtümer (1480–1488), Landvogt der Niederlausitz (1481–1485), Landvogt der Oberlausitz (1481–1490). Landeshauptmann des böhmischen Erbfürstentums Schweidnitz-Jauer. 18 Medling: Mödling, Bezirkshauptstadt, Niederösterreich.

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37. Anno Domini M° CCCC° LXII°

7.3.1462 24.6.1462

9.2.1462 (2.2.1462)

24.6.1462

24.6.1462

22.3.1462

an dem zuetreten ward gefangen der Smykosky und gefúrt in die kirichen, und der Hincko ward hart gewundt. Dennoch ward beschlossen ein frid untz auf den suntag Invocavit. In der zeitt solt yeder tail das bringen an sein herschaft, ob sy den frid, der auf Sand Johanns tag gesetzt ward, zw paider seytt also wolten halten und besteen lassen. Welher tail aber den frid untz auf Sand Johanns tag nicht wolt halten, der mócht den aufsagen in den acht tagen nach Invocavit. Also prachen auf die von Wienn mit irem volk und dem [35va] zeug vor Gunderstorf am eritag nach Sand Dorothee tag und komen gen Wienn. Und des hertzogen volk zw Perchtoldstarff zach auch haim zw iren behausungen. ¶ In der zeit ward angelangt hertzog Albrecht von Ósterreich, ob er seins tails wolt halten den frid, der gemacht was auf Sand Johanns tag. Der gab antwúrt, er hiett den seinthalben auf die obgenant zeit gernn gehalten, aber im wären in dem frid abgedrungen waren ettlich merckt unnd dórffer. Die wolt er wider zu seinen handen bringen. Davon mócht er den frid nicht gehalten. Es wúrden auch angesuecht die lanntleut, ob sy irenthalben wolten halten den frid auf Sand Johanns tag. Die gaben antwúrt, sy wolten den irenthalben halten, doch so verr man in den auch hiellt. Und ettlich lanntleẃt schriben darumb den von Wienn, das sy den obgenanten frid auf die obberúrt zeitt halten wolten.

¶ Desselben jars am montag nach Oculi in der vassten sagt ab der Anckhelreiter an statt des hochgeporen fúrsten hertzog Albrechts den frid, der doch am ersten durch den selben Anckhelreẃter ward zúgesagt zuhalten untz auf

1 dem] fehlt G(ac). 4 tail] fehlt G(pc)S. | das bringen] fehlt G(ac), bringen das G(pc)S. 5 der auf Sand Johanns tag gesetzt ward zw] darauff S. Johans tag geſezt wardt zue G(ac), der auf Sant Iohannes ward geſezt zwiſchen S. 6 also] fehlt G(ac). 7 aber] fehlt G(ac). untz auf Sand Johanns tag nicht wolt halten] nit wolt halten bis auf Sant Iohannes Tag S. 9 nach] fehlt G. 11 nach] vor G(ac). | tag] fehlt S. 14 hertzog Albrecht] an herzogen Albrechten G. 16 was] ward_ G(pc), ward S. 17 gehalten] halten G(pc). 18 waren] worden G(ac). 19 merckt unnd] fehlt G(ac). 20 Davon] Darumb G(ac).

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5 [R 70]

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[G 89v] 15

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befragen, ob sie beide den Frieden, der bis zum Tag des heiligen Johannes festgelegt worden war, anerkennen und einhalten wollten. Diejenige Partei, die den Frieden bis zum Tag des heiligen Johannes nicht einhalten wolle, solle ihn in den acht Tagen nach dem ersten Fastensonntag aufkündigen. Also brachen die von Wien mit ihrem Kriegsvolk und den Geschützen von Guntramsdorf am Dienstag nach dem Tag der heiligen Dorothea auf und kamen nach Wien. Und das Kriegsvolk des Herzogs zog auch von Perchtoldsdorf nach Hause.

Zu jener Zeit wurde Herzog Albrecht von Österreich gefragt, ob er seinerseits den Frieden, der bis zum Tag des heiligen Johannes festgelegt worden war, einhalten wolle. Der antwortete, er hätte ihn seinerseits für den oben genannten Zeitraum gerne eingehalten, aber ihm seien etliche Märkte und Dörfer während der Friedenszeit abgerungen worden, die er wieder unter seiner Herrschaft haben wollte. Deswegen könne er den Frieden nicht einhalten. Es wurden auch die Landleute befragt, ob sie ihrethalben den Frieden bis zum Tag des heiligen Johannes einhalten wollten. Die antworteten, sie wollten ihn ihrethalben einhalten, jedoch nur, wenn er ihnen gegenüber auch eingehalten werde. Und einige Landleute schrieben diesbezüglich den Wienern, dass sie den oben genannten Frieden bis zur oben genannten Zeit einhalten wollten. Im selben Jahr am Montag nach dem dritten Sonntag in der Fastenzeit kündigte der Ankelreuter im Namen des hochgeborenen Fürsten Herzog Albrecht den Frieden auf, den derselbe Ankelreuter doch zuerst bis zum Tag des

nicht] fehlt G(ac). 22 Die] Sÿ G(pc)S. 23 den] fehlt G(ac). 24 den] fehlt G(ac). 26 wolten] fehlt S. 28 an statt] fehlt G(ac).

1 Smykosky: Heinrich Smykosky, Söldnerführer Friedrichs III., im Copey-Buch Heinrich Smykosky von Zehar, auch Smykosty, Smikouski von Zdiara, vgl. Schalk 2019, S. 138. 2 Hincko: Hinko Tannfelder (†1487), kaiserl. Söldnerführer, vgl. Heinig S. 1770.

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37. Anno Domini M° CCCC° LXII° 24.6.1462 22.3.1462

[35vb] Sand Johanns tag, aber mit sólichen warten, darauf sich nit was zuverlassen. Darnach an dem selben montag hueb er auf mit seinem volk Nusdorff, Heiligenstatt, Tóbling und tett den armen leẃten an irem guett grossen schaden, wenn sy wessten nicht umb das aufsagen des fridts und kom also ungewarnt uber sy. Darnach huldigt er die leútt under dem gepirig und verpatt den hauernn daselbs, den von Wienn ír weingárten nicht zw pawen.

[S 30r] 5

[R 71] [G 90v]

38. Von dem haus Kallenberg Das haws Khallenperg hett inn ein lanntman genant Mathes Grasser, der dem rómischen kaiser und hertzog Sigmunden damit gelobt was. Nu hett der Anckhelreiter gemacht ainen téber unden pei dem dórff Kallenberg in den weingárten, do von er grossen schaden tett auf wasser und auf lannd. Der Grasser ward von des kaisers réten und auch von den purgernn ettwieofft gevodert gen Wienn und an in [36ra] begert, des kaisers volkh auf dem gesloss in zelassen, als er des von gelúbnúss wegen schuldig wár, dar durich man den téber wolt zustórt haben. Der sich aber in khain taiding geben wolt unnd wolt auch kain volkh in lassen und maint, er wér hertzogs Sigmundts zw seinem drittail mit demselben gesloss auch gelúbt. Des willen er zw sólhem inlassen nicht hiett, und wolt das geslos also innhalten, das nyemant kain schad davon solt beschehen. Und nach vil underrédungen, so mit im beschachen, raitt er albeg von dann mit den warten die vorgemelt sind.

2 was] were G(ac). 4 irem guett] Jren güettern G(ac). 6 sy] ſej G(pc). 7 den] denen G(ac). 10 Das] Diſs S. | inn] Jnnen G(ac). 15 auf lannd] dem Landt G(ac), Landt G(pc)S. 16 ettwieofft] offtmals G(ac), etwz oft S. 18 wegen] fehlt S. 20 unnd wolt] fehlt G(ac). 22 mit demselben gesloss] fehlt G(ac), des Schloſs G(pc)S. Des willen er zw sólhem inlassen nicht hiett] Deſshalben Er zue ſolchen Einlaſſen nit macht hett G(ac). 24 innhalten] Innenhaben G(pc)S. | davon solt] ſolt dauon GS. 25 raitt] riett G(ac). 26 albeg] allemall G(ac). | sind] fehlt G(ac).

3 Nusdorff: Nussdorf, heute Teil des 19. Wiener Gemeindebezirks.

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heiligen Johannes zu halten versprochen hatte. Aber auf diese Worte war kein Verlass. Noch am selben Montag besetzte er mit seinem Kriegsvolk Nussdorf, Heiligenstadt und Döbling und fügte den armen Menschen großen Schaden an ihrem Besitz zu, denn sie wussten nichts von der Aufhebung des Friedens, und so traf es sie ohne Vorwarnung. Danach huldigte er die Leute unter dem Gebirge und verbot den Hauern dort, die Weingärten der Wiener zu bestellen.

38. Von dem Haus Kahlenberg Das Haus Kahlenberg besaß ein Landmann, genannt Matthias Grasser, der in dieser Sache dem Römischen Kaiser und Herzog Sigmund verpflichtet war. Nun hatte der Ankelreuter bei den Weingärten unten bei dem Dorf Kahlenberg einen Tabor gemacht, von wo aus er zu Wasser und zu Land viel Schaden anrichtete. Der Grasser war von den Räten des Kaisers und den Bürgern zigmal nach Wien beordert und aufgefordert worden, die Soldaten des Kaisers in das Schloss zu lassen, so wie er es ihnen aufgrund seines Eides schuldig sei. So wollten sie den Tabor nutzlos machen. Der wollte aber auf keine Verhandlungen eingehen und keine Soldaten einlassen. Er behauptete, er sei mit jenem Schloss zu einem Drittel auch Herzog Sigmund verpflichtet. Dessen Einwilligung zur Öffnung habe er nicht, und er wolle das Schloss so halten, dass niemand Schaden dadurch erleide. Nach vielen Unterredungen, die mit ihm geführt wurden, ritt er mit den schon zitierten Worten von dannen.

Heiligenstatt: Heiligenstadt, heute Teil des 19. Wiener Gemeindebezirks. 4 Tóbling: Döbling, heute Teil des 19. Wiener Gemeindebezirks. 10 Khallenperg: Kahlenberg, entspricht nicht dem heutigen Kahlenberg, sondern dem benachbarten Leopoldsberg, der bis 1693 den Namen Kahlenberg trug. 11 Mathes Grasser: in Urkunden meist Matthes; Verwalter des Schlosses auf dem Kahlenberg, Zeuge in div. Urkunden: Quellen, S. 573; Schalk 1919, S. 196f. 13 dórff Kallenberg: Kahlenbergdorf, bis 1891 eigenständige Gemeinde, heute Teil des 19. Wiener Gemeindebezirks.

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38. Von dem haus Kallenberg 10.4.1462

12.4.1462

22.4.1462

¶ Darnach, am sambstag vor dem heiligen palmmtag schickten aus die herren von Wienn ainen yerer sóldner, genandt der Sweintzer, mit anderen sóldnern. Nu het der Grasser gehabt einen knecht, der im gedient hett und nam von im úrlaub, dem er seinen sold nicht wolt geben. Dem was kund alle gelegenhait des hawss [36rb] und des Grasser, der auch ainer in der rott was und fúerer. Dieselben sóldner kómen zw dem haws gar in gehaim geslichen und erstigen das vorhaws. Darnach komen sy in das recht haus und gewunnen das gantz untz an den túrnn. Dar inn sich die veint enthielten untz auf die montag nacht. Do gaben sy den túrn, und man liess sy davon. Der Grasser, als er vernam das das haus was gewunnen, ward er ausgelasen úber die maur und kom núr in ainem joppenphaidtl gen Klosternewnburg und tét kund dem Anckhelreẃter die mér. ¶ Als der Anckhelreẃter von dem Grasser vernam die már, wie das haws Kallenperg wér gewunnen, do besambt er sich pald mit den purgernn ze Klosternewnburg und den sóldnern, die er daselbs pei im hett, und wolt das haus den, die es heten gewunnen, widerumb abgedrungen haben nach dem, und der túrn dennoch nicht was gewunnen. Da entgegen die von Wienn auch schickten ir volkh, als auf tausent, den iren [36va] zw beschúttung. Und als der Anckhelreiter mit denn seinen kom auf den perig zw dem haus, in der weil drungen zú dem haws der von Wienn leẃt mit hauffen. Als die der Anckhelreúter und die seinen ersachen, die gaben die flucht von dem perg ze tal in die weingérten und dar nach in die statt Klosternewnburg, und das haus belaib unbeschútt. Und die von Wienn richten zue das benannt haws zw der wér auf das aller pest und an Sand Jórgen abent gebunnen sy auch den téber under dem haus Kallenperg, und die so dar innen waren wúrden davon gelassen.

1 Darnach] fehlt G(ac). 3 Sweintzer] Schwimzer G(ac), Schweinzer G(pc), Schweizer S. 4 gehabt] fehlt G. 5 úrlaub] Vrlach G(pc). 7 in der rott was] was in der Rott G(ac), in der Rett war S. 10 gantz] fehlt G(ac). | an] auff G(ac). 11 auf die montag nacht] auff die montagsnacht G(ac), an der montagsnacht G(pc), an den Montag zue Nacht S. 12 túrn] Thurn auf G(ac). | davon] auff genad daruon ziehen G(ac). 14 joppenphaidtl] Joppenpfaitlein GS.

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5 [G 91v]

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[S 30v] [R 72] 17 [G 92r] 20

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38. Von dem Haus Kahlenberg

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Danach, am Samstag vor dem heiligen Palmsonntag, schickten die Herren von Wien einen ihrer Söldner, genannt der Schweinzer, mit anderen Söldnern aus. Nun hatte der Grasser einen Knecht, der ihm gedient hatte und der ihn verließ, weil er ihm seinen Sold nicht bezahlen wollte. Der wusste alles über das Haus und den Grasser und war auch einer der Rotte und ein Anführer. Jene Söldner kamen heimlich zum Haus geschlichen und erklommen das Vorhaus. Danach kamen sie in das eigentliche Haus und eroberten es ganz, bis auf den Turm. Darin verschanzten sich die Feinde bis Montagnacht. Dann gaben sie den Turm auf und man ließ sie ziehen. Als der Grasser vernahm, dass das Haus verloren war, wurde er über die Mauer hinausgelassen und kam – nur mit einem Nachthemd bekleidet – nach Klosterneuburg und erzählte alles dem Ankelreuter. Als der Ankelreuter vom Grasser die Geschichte hörte, wie das Haus Kahlenberg eingenommen worden war, sammelte er sofort die Bürger von Klosterneuburg und die Söldner, die er bei sich hatte, und wollte daraufhin das Haus jenen, die es eingenommen hatten, wieder abringen. Doch den Turm konnte er nicht erobern. Im Gegenzug schickten die Wiener auch an die tausend Soldaten, um die Ihren zu beschützen. Und als der Ankelreuter mit den Seinen auf den Berg zum Haus kam, drangen die Wiener mit mehreren Haufen ebenfalls dorthin. Als der Ankelreuter und die Seinen diese erblickten, wandten sie sich zur Flucht vom Berg talwärts in die Weingärten und danach in die Stadt Klosterneuburg, und das Haus blieb ohne Schutz. Die Wiener bauten das Haus aufs Beste wehrhaft aus und am Tag vor dem heiligen Georg eroberten sie auch den Tabor unter dem Haus Kahlenberg und ließen die Besatzung ziehen.

15 Klosternewnburg] Cloſterneuburg vnd den Soldner, die Er ſelbſt bei Ime hiett G(ac). 17 von dem Grasser] fehlt GS. | vernam] hortt G(ac). 22 und] fehlt G(ac)S. | dennoch] noch G(ac). 23 als] aus G(pc)S. 25 perig] Khallenperg S. | dem haus] fehlt G(ac). 29 in die statt] gen G(ac). | und das haus belaib unbeschútt] G(ac). 31 benannt] fehlt G(pc)S. | zw der wér] fehlt S. 33 haus] fehlt G.

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38. Von dem haus Kallenberg

2.5.1462 3.5.1462

¶ Desselben jars hat der von Potendórff den von Wienn aufgesagt den frid am Sunntag vor Floriani und hat darauf gewunnen an des heiligen kreútz tag Inventionis das geslos Aichaw, das halb Symon Pótel was. ¶ Zw dem selben geslóss und gen Perchtoldstorff er die leẃtt allenthalben umb Wienn pei raub und prannt in huldigung erfordert. Da von di von Wienn schriben den lanntleúten zw Stettldorff und erklagten [36vb] sich des úber den von Potendorff. Die sennten zw im von der sachen wegen herren Hainreichen von Liechtenstain und herren Veiten von Ebersdorff, die in underweisten, das er die huldigung lies vallen.

39. Von Weiteneckh 6.5.1462

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[G 93r]

Desselben jars an Sand Johanns tag ante portam latinam umblegt der Seysenécker mit hertzog Albrechts volkh das geslos Weiteneck, das inn hett der Lempeckh, der sich darauf ein guete zeit ritterlichenn wért. Nu wúrden dem selben Lempeckhen von dem kaiser zw beschuttung geschickt der Khadawer und der Sésyme. Die khomen in den marckt zw Kúlib, daselbs sy von hertzog Albrechtens volk wúrden angegriffen. Der Kchadawer und der Sésyme

2 Floriani] S. Florians tag G(ac), Florian G(pc). | darauf] fehlt G(ac). 4 Aichaw] Anhaw G(ac). | Symon Pótel] Simapell G(ac), potl G(pc), Syman Potl S. 5 dem selben] desſelben G(pc). | die] lÿe G(pc). 7 erfordert] eruorder ̅ G(pc)S. 10 sachen] Ahaw G(ac). 11 er] fehlt G(pc). 14 an Sand Johanns tag ante portam latinam] fehlt G(ac), an S. Iohanstag an portam latinam G(pc)S. 15 das geslos] fehlt G(ac). 16 – 18 der2 … Lempeckhen] fehlt G(ac). 19 geschickt] geſezt G(pc)S. | Khadawer] Kaltauer S. 20 Kúlib] Khuling G(pc), Kichulig S.

4 Aichaw: Wegen der geografischen Nähe zu Berchtoldsdorf wohl das heutige Achau, nahe Mödling, Niederösterreich - nicht das heutige Aichau im Bezirk Melk. | Symon Pótel: († 1483), Ratsherr (1441–1448, 1450 –1455, 1460 –1461), Grundbuchverweser (1441–1442), Kirchmeister zu St. Stephan (1444–1456), Edler (seit 1468), Kaufmann, Hausgenosse. 8 Stettldorff: Stetteldorf am Wagram, Bezirk Korneuburg, Niederösterreich. 10 Hainreichen von Liechtenstain: Heinrich VII. von Liechtenstein, der Lahme († nach

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15 [R 73]

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38. Von dem Haus Kahlenberg

5

10

Im selben Jahr hat der von Pottendorf den Wienern am Sonntag vor dem Tag des heiligen Florian den Frieden aufgekündigt und darauf am Tag der Kreuzauffindung das Schloss Achau erobert, das zur Hälfte Simon Pöltl gehörte. Von diesem Schloss und Perchtoldsdorf aus zwang er die Menschen überall um Wien durch Raub und Brandschatzung in seine Gewalt. Darüber schrieben die Wiener den Landleuten zu Stetteldorf und beklagten sich über den von Pottendorf. Die sandten Herrn Heinrich von Liechtenstein und Herrn Veit von Ebersdorf in dieser Angelegenheit zu ihm, die ihn aufforderten, die Huldigung aufzuheben.

39. Von Weitenegg 15

20

Im selben Jahr, am Tag des heiligen Johannes vor dem Lateinischen Tor, belagerte der Seisenegger mit den Soldaten Herzog Albrechts das Schloss Weitenegg, das dem Lempeck gehörte, der sich darin lange Zeit ritterlich zur Wehr setzte. Nun wurden dem Lempeck vom Kaiser zum Schutz der Kadauer und der Sesyme geschickt. Die kamen in den Markt zu Kilb, wo sie von Herzog Albrechts Kriegsvolk angegriffen wurden. Der Kadauer und der Sesyme wurden schwer verwundet, etliche wurden

1485), Hauptmann in Mähren, Rat Herzog Albrechts VI. und König Georgs von Podiebrad. 11 Veiten von Ebersdorff: Veit von Ebersdorf († 1500), oberster Kämmerer in Österreich, Feldhauptmann und Kriegsrat Friedrichs III., Kommandant der Stadt Wien (1477–1485). 15 Seysenécker: Georg Seisenecker, Georg (Jörg) Seisenegger, Rat Friedr. III., Pfleger zu Persenbeug, Inhaber des Landgerichts auf dem Tullnerfeld (vgl. Heinig S. 1760). 16 Weiteneck: Weitenegg, Niederösterreich, Bezirk Melk. 18 Lempeckhen: Hans Lempeck († 1488/1491), Ratsherr (1467–1471, 1485–1488), Grundbuchsverweser (1487, 1488), Pfleger zu Weitenegg (1462), Wassermauter beim Roten Turm in Wien (1466–1478), Kastner (1466, 1478), Mauter, vgl. Perger-Nr. 319. 19 Khadawer: Vermutl. Hans Kadauer, Sohn Wolfgangs von Kadau, Pfleger von Eggenburg, vgl. Heinig, S. 1699, Turba, S. 69 Sésyme: Sezime von Horresegkh, Hauptmann im Dienste Friedrichs III., Copey-Buch: S. 278; Chmel, Anh. n. CA-129; StAM, Hohenaschauer Archiv A 2814; Westenrieder S. 196, 198. 20 Kúlib: Kilb, Marktgemeinde im Bezirk Melk, Niederösterreich.

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39. Von Weiteneckh

20.5.1462 12.5.1462

14.5.1462

wúrden hart gewundt und ettlich gefangen und als pei achzehen erslagen, und das obgenant geslos Weiteneck ward gewunnen von dem Seysenecker am [37ra] Pfintztag vor Urbani. ¶ Desselben jars an Sannd Pangretzen tag sind khómen gen Wienn die edeln herren, her Hainreich von Liechtenstain und her Veitt von Ebersdorff, dew von herren, ritternn und knechten zw Stettldorff von des lannds nottúrfft und verderben bei einander waren gewesen, zw den von Wienn gesannt wúrden. Die wúrben an den purgermaister, ratt und genannt, auch an die gemain, auf ainen glaubbrieff. Das fúrnemen, so die selben herren und lanntleútt daselbs betracht heten, sólich werbung under anderem innenhielt, wie sy wéren ainig warden, von sólhs verderben wegen des lannds ain pottschafft zw dem rómischen kaiser und hertzog Albrechten seinem brueder ze tún und paten den burgermaister, ratt und genandt und gemain von ír und der [37rb] obgenanten herren, irer frewnt wegen, ettlich aus in zw erwellen, mit derselben irer pottschafft zw dem rómischen kaiser zw ziehen. Die sein genad solten anrueffen und pitten, dem lanndt mit frid und gemainem nutz fúr zw sehen. In sólh besliessung und fúrnemen der lanntherren sich die von Wienn gaben und erwelten aus ratt, genannt und gemain als auf sechs, die sich mit herren Rúdigernn von Starhenberckh, der von den lanntleuten und herren geschickt ward, fúgten zw dem rómischen kaiser, die sich zw Wienn erhueben am montag nach Sophie. Die wúrden von dem kaiser zw Grétz abgevertigt mit ainer maynung, dar aus nichts ward. Item zw hertzog Albrechten wúrden gesandt von den obgenanten

1 als] alſo S. 3 Pfintztag] Pfingstag S. 7 dew von] vnd ander G(ac), die S. 8 ritternn] fehlt G(ac). 9 und verderben bei einander waren gewesen] warn bei ainand' geweſen G(ac), verderbn bei ainand' waren geweſen G(pc), widerub beÿ einand' wärn geweſen S. 10 wúrben] wuerden G(ac), burben G(pc). 11 und] fehlt G(pc)S. an2] fehlt G. 14 innenhielt] hielt G(ac). 15 warden] worden G(ac), warn G(pc), worn S. 18 und genandt] fehlt G(ac), Genant G(pc), genant S. 22 mit] ein G(pc), fehlt S. 23 und fúrnemen der lanntherren] der Landtherrn vnd fürnemen GS. 24 gaben] vnd'gaben G(pc)S. 25 sich] ſie G(ac). 27 ward] was G(ac). 29 wúrden] warn G(pc)S.

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[S 31r] 5 [G 93v]

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20 [G 94r]

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30 [R 74]

39. Von Weitenegg

5

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gefangen genommen und ungefähr achtzehn erschlagen. Das oben genannte Schloss Weitenegg wurde vom Seisenegger am Donnerstag vor dem Tag des heiligen Urban eingenommen. Im selben Jahr am Tag des heiligen Pankratius kamen die edlen Herren Herr Heinrich von Liechtenstein und Herr Veit von Ebersdorf nach Wien, die von den Herren, Rittern und Knechten von Stetteldorf aufgrund der Not und des Verderbens des Landes zusammengeführt und zu den Wienern gesandt worden waren. Sie baten den Bürgermeister, den Rat, die Genannten und auch die Gemein um ein Beglaubigungsschreiben. Das Vorhaben, das dieselben Herren und Landleute darin dargelegt hatten, hatte unter anderem das Bestreben zum Inhalt, über das sie sich in Anbetracht der Not des Landes geeinigt hatten, Boten zum Römischen Kaiser und Herzog Albrecht, seinem Bruder, zu senden. Und sie baten den Bürgermeister, den Rat, Genannte und Gemein in ihrem eigenen Namen und im Namen ihrer Freunde, einige von sich auszuwählen, um gemeinsam mit ihren Boten vor den Römischen Kaiser zu treten. Die sollten Seine Gnaden anrufen und bitten, zum Vorteil des Landes Frieden zu stiften. Die Wiener stimmten diesem Beschluss und dem Vorhaben der Landherren zu und wählten aus Rat, Genannten und Gemein sechs aus, die sich gemeinsam mit Herrn Rüdiger von Starhemberg, der von den Landleuten und Landherren geschickt worden war, zum Römischen Kaiser begaben und am Montag nach Sophie von Wien aufbrachen. Sie wurden vom Kaiser in Graz mit einem Beschluss entlassen, doch dieser wurde nicht umgesetzt. Item zu Herzog Albrecht wurden von den oben genannten Landleuten und Landherren Herr Reinprecht von Ebersdorf und Herr Wilhalm von Missingdorf gesandt.

8 Stettldorff: Stetteldorf am Wagram, Bezirk Korneuburg, Niederösterreich.

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39. Von Weiteneckh

lanntleuten und herren her Reinprecht von Eberdorff unnd her Wilhalm von Missingdorff. [37va]

[G 94v]

40. Von den lannttegen zu Sannd Pólten und zu Tullen 21.6.1462

15.6.1462

6.7.1462

Desselben jars an montag vor Johannis waptiste sind in gelait kómen gen Wienn der probst von Klosternewnburg, ainer von Topel, der Potinger und ain purger, genannt der Heller, von Klosternewnburgk, die von preláten, herren, ritternn und knechten, so auf hertzog Albrechts tail stuenden, geschickt wúrden. Die teten ein anpringen an den purgemaister, richter, ratt, genannt und gemain, wie yetz von preláten, herren, ritternn und knechten, die an Sand Veits tag pei dem lanndtag zw Sand Pólten pei einanderen weren gewesen, weg wáren fúrgenomen warden, die zw des lannds gemach, frid und ainikait wol dienten. Pei dem benanten tag der von Wienn auch wár gedacht worden, sy wurden zw sólher ainkait und frid gehúlfig sein. Sy melten auch dapey, wie durch die lanndschaft verrer [37vb] ein tag gen Tullen auf den freitag nach Sand Peter und Sannd Pauls tag wár gelegt warden,

1 und herren] fehlt G(pc)S. | Reinprecht] Rueprecht G(ac). 2 her Wilhalm von Missingdorff] ain miſſendorffer GS. 3 Von den lannttegen zu] Von den Landtleütten zu G(ac), Von den Landttägen G(pc), Von dem Lanndtag S. 5 an montag] fehlt G(ac), am Mantag G(pc), am Montag S. | sind] ſnıd W, ſeindt G, ſindt S. 6 Klosternewnburg] Kloſteꝛnewnb'g W, Cloſterneuburg G, Kloſter Neuburg S. 8 die] fehlt G(pc)S. | herren ritternn und] Ritter vnd G(ac), herrn Ritter vnd G(pc), herrn, Vnnd Rittern, ſampt den S. 11 richter ratt] Richter vnd Rath G. 12 yetz von] das von S. 13 zw Sand Pólten pei einanderen] beÿ ainander G(ac), zu S. Pölten G(pc), zue Sant Pöltn S. 14 weg wáren] vnnd weren ain tag weg G(ac), weg were G(pc), Weg S. 15 gemach] fehlt G(ac). 16 – 18 Pei dem benanten tag der von Wienn auch wár gedacht worden sy wurden zw sólher ainkait und frid gehúlfig sein] Vnd V'hoſſten ſie wuerden darzue auch V'hülfflich ſein G(ac), beÿ dem benantn tag der von Wienn auch woll war pedacht worn, ſÿ wurd_ zu ſolher ainikhait vnd frid_ gehulffig ſein G(pc), beÿ dem benantn Tag der Von Wienn auch woll weꝛ gedacht wordn, ſÿ wurdn zue ſollicher ainigkeit vnd fritt gehilflich ſein S. 16 der] dz W (Korrektur des Schreibers mit unsicherer Lesung nach der Korrektur), fehlt G(ac). 20 Sannd] fehlt S.

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[S 31v] 16

[G 95r]

40. Von den Landtagen zu St. Pölten und zu Tulln

40. Von den Landtagen zu St. Pölten und zu Tulln

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Im selben Jahr am Montag vor Johannes dem Täufer kamen der Propst von Klosterneuburg und einer von Toppel, der Pöttinger und ein Bürger, genannt der Heller, aus Klosterneuburg unter Geleit nach Wien. Sie waren von den Prälaten, Herren, Rittern und Knechten, die auf Seiten Herzog Albrechts standen, geschickt worden. Diese kündigten dem Bürgermeister, Richter, Rat, Genannten und Gemein an, dass nun von den Prälaten, Herren, Rittern und Knechten, die am Tag des heiligen Vitus bei dem Landtag zu St. Pölten zusammengesessen waren, Schritte geplant worden seien, die dem Wohl des Landes, Frieden und Einigkeit dienlich wären. Auf dem genannten Landtag sei auch damit gerechnet worden, dass die Wiener zu Frieden und Einigkeit beitragen würden. Sie teilten dabei auch mit, dass die Landstände ein weiteres Treffen für den Freitag nach dem Tag der heiligen Peter und Paul festgelegt hätten, auf dem die Probleme des Landes besprochen und gelöst werden sollten, damit Frieden, Ruhe und auch Einigkeit in das Land gebracht würden,

1 Reinprecht von Eberdorff: Reinprecht III. von Ebersdorf († vor 1463), Bruder Albrechts IV. von Ebersdorf. 2 Wilhalm von Missingdorff: Wilhelm Missingdorfer, Vetter des bekannteren Wolfgang Missingdorfer, der in der Ständepolitik des 15. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle spielte. Wilhelm kam wahrscheinlich durch Erbschaft in den Besitzt des Schlosses Dobra am Kamp und kaufte 1464 Schloss Röthelstein bei Hainburg, vgl. Turba, S. 81f. 7 Topel: Sigismund von Topel, der Vorname ist im Copeybuch und der CA in derselben Sache überliefert, Vgl. CopeyBuch, S. 331 bzw. CA S. 547,5. | Potinger: Kristof Pöttinger, niederösterreichischer Adel, die Brüder Kristof und Wilhelm unterzeichneten den Mailberger Bund, Kristof war Rat Friedrichs III. und Anwalt im Rat der Stadt Wien (1457), vgl. Vgl. Copey-Buch, S. 331 bzw. CA S. 547,5. 8 Heller von Klosternewnburgk: Jakob Heller, Bürger von Klosterneuburg, im Copey-Buch in derselben Angelegenheit (und weiteren) belegt, vgl. Copey-Buch, S. 330 –333; [RI XIII] H. 13 n. 43.

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40. Von den lannttegen zu Sannd Pólten und zu Tullen

daselbs all nottúrft des lannds solten fúrgenomen und beslossen werden, da mit das lanndt in frid und gemach und auch ainkhait pracht wúrd und paten ratt, genant und gemain, ettlich der iren zw solhem tag auch ze schickhen. ¶ Darauf gab der burgermaister den obgenanten herren und sendtpoten von gemainer statt wegen zw Wienn ein anttwúrtt, als sy begert hieten, zw dem tag gen Tullen ettlich der iren zw schickhen etc. Das hieten sy vernomen. Nu wár vor ein fúrnemen von herren, ritternn und khnechten zw Stetldorf beschechen, das durch hern Hainreichen von Liechtenstain und hern Veiten von Ebersdorff an sy pracht wár. In solich fúrnemen sy iren willen hieten geben und heten auch di iren mitsambt derselben herren pottschafft zw dem rómischen kaiser geschickt, der sich nach pett der ehegenanten herren und lanntleútt [38ra] in sólh ír fúrnemen von des lanndsfrid nutz und pesten willen auch gentzlich geben hiett. Darumb in uber sólh verwilligung nicht fuegt zw anderen tágen zw schickhen. Es gab auch dabei her Hainreich von Liechtenstain zw erkennen, wie er, her Veitt von Ebersdorff, der von Ekhartzaw und her Sigmund von Puechaim pei dem tag zw Sand Pólten auch wérn gewesen und westen umb sólh fúrnemen, das man in yetz hiet fúrbracht, nichts. Nach dem sy nicht die mynnisten im lanndt wáren, und sólh fúrnemen wer pillich mit irem wissen auch beschechen. ¶ Es hielt auch der obgenannt von Liechtenstain dazmals dem purgermaister, ratt, genanntt und der gemain fúr, wie das fúrnemen, so die herren, ritter und knecht zw Stettldorf hieten getan an den hochgebornen fúrsten hertzog Albrechten durch ír senndpoten auch wár gepracht worden. Die hieten sein genad peten, sich in sólh

1 und beslossen] fehlt G(ac). 2 in frid und gemach und auch ainkhait] in Fridt G(ac), in Fridt gemach vnd ainikait G(pc)S. 4 auch] vnd G(pc), fehlt S. 6 zw Wienn] fehlt G(ac). 8 etc] fehlt G(ac)S. 14 derselben herren] derſelben G(ac), der Herrn S. 15 ehegenanten] Ege W, Ehegenanten GS. 16 von] vnd G(ac). 17 willen] wegen G(ac). 18 sólh verwilligung] ſolchs G(ac). tágen] Thädtungen G(ac). 20 Veitt von Ebersdorff] Veitt Eberſtorffn G(pc), Veitt Eberſtorff S. 21 Ekhartzaw] Ekherrnu G(pc). 22 Puechaim] puechhaübnb G. 23 in] fehlt GS. 26 wissen] Vorwiſſ_ G(ac). 27 hielt] hiett G(ac). | obgenannt] obgenant Herr

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[G 95v] [R 75] 16

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40. Von den Landtagen zu St. Pölten und zu Tulln

und sie baten Rat, Genannte und Gemein, auch einige der Ihren zu diesem Treffen zu entsenden.

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Daraufhin gab der Bürgermeister den oben genannten Herren und Boten im Namen der Stadt Wien die Antwort, einige der Ihren zu dem Treffen zu schicken, so wie sie es verlangt hatten, etc. Das nahmen sie zur Kenntnis. Nun war aber zuvor bereits eine Übereinkunft zwischen den Herren, Rittern und Knechten in Stetteldorf getroffen worden, die ihnen durch Herrn Heinrich von Liechtenstein und Veit von Ebersdorf übermittelt worden war. Diesem Vorhaben hätten sie zugestimmt und die Ihren mit den Boten jener Herren zum Römischen Kaiser geschickt, der auf Bitten der vorher genannten Herren zum Wohl und zum Besten des Landes zugestimmt habe. Aus diesem Grund stehe es ihnen nicht zu, weiteren Treffen beizuwohnen. Außerdem brachte Herr Heinrich von Liechtenstein vor, dass er, Herr Veit von Ebersdorf, der von Eckartsau und Herr Sigmund von Puchheim auch bei dem Treffen in St. Pölten gewesen seien und von einer solchen Übereinkunft nichts wüssten. Nachdem sie nicht die Unwichtigsten im Land seien, hätte ein solcher Beschluss mit ihrem Wissen gefasst werden müssen.

Bei dieser Gelegenheit brachte der oben genannte von Liechtenstein dem Bürgermeister, Rat, Genannten und Gemein auch vor, dass das Vorhaben, das die Herren, Ritter und Knechte in Stetteldorf formuliert hatten, auch dem hochgeborenen Fürsten Albrecht durch ihre Boten vorgebracht worden war. Sie hatten Seine Gnaden gebeten, dem Vorhaben zuzustimmen und für die Auseinandersetzungen einen Waffenstillstand von acht

G(ac). | dazmals] diſsmal GS. 28 fúr] fehlt G(ac), bericht für (nicht zugeordnete Hand) G(pc).

21 Sigmund von Puechaim: Sigmund von Puchheim († 1469), kaiserlicher Feldhauptmann, wechselte aber 1462 auf die Seite von Albrecht VI.

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40. Von den lannttegen zu Sannd Pólten und zu Tullen

fürnemen zegeben und ainen gúettlichen anstand in den kriegen auff [38rb] acht wochen zetún. Den hiett sein genad geanttwúrt, wie er zw disem mal in den kriegen khain anstand getún, noch sich in nichte geben mócht, nach dem er mit kúnigen, fúrsten und anderen herren in pintnúss wár khómen, an der willen und wissen er in kain fürnemen noch tág gen mócht. ¶ In dem krieg hett auch ingenomen der von Potendorff ettlich kirchen, daraus gemacht wúrden raubheẃser. Darzue man fieng junge kind als pei drein und vier jaren, die man schätzt umb gelt. Es wúrden auch verpoten, die weingarten ze pawn, so den von Wienn zúgehórten. Sólh úbel gab auch der burgermaister den vorgemelten sendpoten zw erkennen vor dem von Liechtenstainn und dem von Ebersdorff und ertzéllt, wie nicht kristenlich wár, das man aus den gotzheẃsernn raubheúser machét und das man klaine kindel bei drein oder vier jaren vahen und die frúcht der weingarten zw pawn weren solt, das vor in der ungelaubig [38va] und anderen kriegen nicht wár erhórt warden. Das teten die, so sich des hochgebornen fúrsten, hertzog Albrechts tail hielten und seiner genaden krieg fúrten. Darinn nemlich ward betzigen her Jórg von Potendorff und hatt darauff di obgenanten herren und sendtpoten sólh tún, die herren, ritter und knecht, die sy gesenndt hieten, zw bringen, damit das úbl wúrd aufgehebt und understanden. Darauf was des probst von Klosternewnburgk und der anderen herren anttwúrt, wie irem genádigen herren hertzog Albrechten umb solh handlung nicht wár wissenlich. Er hiett auch des nicht geschaft, und solten sein an zweifel, wúrd sólh vorgemelt handlung an sein genad gelangen, das er darinn ein gross

1 gúettlichen] güetigen G(ac), gnedigen S. | anstand in den Kriegen auff acht wochen zetún] Anſtandt zue machen mit dem Krieg auff Acht woch_ G(ac), Anſtandt in dem Krieg auf Acht Wochen zuethuen S. 3 zw] in G(ac). | in den kriegen] zum Krieg G(ac), in dem Krieg S. 4 mócht] wolt G(pc)S. 5 anderen] fehlt S. 6 willen und wissen] wiſſen vnd willen G. 7 tág gen] V'trag eingehen G(ac). 9 daraus] vnd daraus G. | wúrden] fehlt G(ac). 10 und] od’ G(ac). 13 der burgermaister den vorgemelten sendpoten zw erkennen] zuerkhennen der purgermaiſter, den Vorgenantn Sendtbotten S. 17 kindel] Khindtlein G(ac), Kind’ S. oder] vnd G(pc). 18 das vor in der ungelaubig] Das zuuor in d'

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[S 32r] [G 96v] 11

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[R 76] 21

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40. Von den Landtagen zu St. Pölten und zu Tulln

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Wochen zu befehlen. Seine Gnaden hatten ihnen geantwortet, dass er in diesem Fall keinem Waffenstillstand noch etwas anderem zustimmen könne, da er mit Königen, Fürsten und anderen Herren Bündnisse geschlossen habe und ohne deren Einverständnis und Wissen weder Vorhaben unterstützen noch Treffen besuchen könne. In diesem Krieg hatte der von Pottendorf etliche Kirchen eingenommen, aus denen er Raubhäuser machte. Außerdem fing man kleine Kinder von drei oder vier Jahren, für die man Lösegeld verlangte. Ebenso wurde es verboten, die Weingärten, die denen von Wien gehörten, zu bewirtschaften. Diese Missstände zeigte der Bürgermeister den vorher genannten Boten vor dem von Liechtenstein und dem von Ebersdorf auf, und er erklärte, dass es unchristlich sei, aus Gotteshäusern Raubhäuser zu machen oder kleine Kindlein von drei oder vier Jahren zu fangen und zu verbieten, die Weingärten zu bebauen, und dass man dies weder von den Kriegen gegen die Ungläubigen noch von anderen Kriegen gehört habe. Das täten jene, die auf der Seite des hochgeborenen Fürsten Herzog Albrecht stünden und Seiner Gnaden Krieg führten, und unter ihnen sei besonders Jörg von Pottendorf anzuklagen. Daraufhin hielt er die oben genannten Herren und die Boten dazu an, mit den Herren, Rittern und Knechten, die sie gesandt hatten, dazu beizutragen, dem Übel Einhalt zu gebieten. Darauf antworteten der Propst von Klosterneuburg und die anderen Herren, dass ihr gnädiger Herr Herzog Albrecht von diesen Vorgängen nichts wisse. Er habe das auch nicht befohlen, und sie könnten sicher sein, dass ihm dies, wenn er davon erführe, sehr missfiele. Und so trennten sie sich und ritten aus Wien hinaus etc.

Vnglaubigen G(ac), Das uor in d' Vnglaubigen G(pc), Das von Juden S. 19 kriegen] Khrieg G, Krieg'n S. 20 sich] fehlt G. 21 hertzog Albrechts tail hielten] Herzog Albrecht theils weren G(ac), Herzog Albrechts hielten G(pc), Herzog Albrechten hielten S. 23 hatt] fehlt G(pc). | obgenanten] obgena W, fehlt G(ac), obge G(pc), obgenanntn S. | herren und] fehlt S. 24 die sy] fehlt G(ac). 25 gesenndt] geſindt G(ac). | zw bringen] fehlt G(ac). 26 was] wardt G(ac). 29 wár wissenlich] wiſſentlich wer G(ac). 30 und solten sein an zweifel wúrd sólh vorgemelt] vnd wer G(ac).

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40. Von den lannttegen zu Sannd Pólten und zu Tullen

missvallen hiett. Und also sind sy abgeschaiden und von Wienn von dann geritten etc.

41. Von dem téber zu Tuttendorf, wie der gewunnen ward 6.6.1462

23.6.1462

23.6.1462

Zu der zeit als umb Pfingsten raitt der Anckhlreiter zw dem hochgeboren fúrstenn hertzog Albrechten úber die Enns in seinen nottúrften. Der wider kom gen Klosternewnburg an Sand Johanns abent zw sunnbenten. [38vb] Und als die sóldner im téber zw Tuttendorf hórten, das der Anckhelreẃter khómen wár gen Klosternewnburgk, do fúegt sich der maist tail der pesten von Pehem und Deẃtschen zu im und gedachten, zw wegen pringen iren sold. Die desselben tags zw Klosternewnburgk assen und trunckhen, das sy nicht wol waren pei írer vernunfft. Und auf den abent fúren sy also trunckhen úber wasser in den téber und legten sich nyder und slieffen an sarg. Das ward verkúndt den purgernn von Kornnewnbergk durch ír kuntschaft, die sy bei in heten. Die machten sich auff mit macht und zugen gar in still zw dem téber. Und desselben nachts was es gar wintig. Und nach underweisung irer kuntschafft wúrfen sy an die laitternn und hueben an zw steigen und khómen in den téber unnd gebunnen den an Sand Johanns nacht zu sunnbenten und funden die all so darinnen waren slaffund, der sy bei LXXX fiengen gueter knecht. [39ra]

1 und] fehlt S. 2 von dann] fehlt G(ac), Vnnd von Dannen S. etc] fehlt GS. 4 gewunnen ward] wardt gewunnen G, wardt Eingenommen S. 6 úber die Enns in seinen nottúrften] in ſeinen Notturfften vber die Enns G(ac). 8 zw] zun G(ac), ze G(pc). 9 hórten] horatn G(pc). 11 der maist tail der pesten von Pehem und Deẃtschen] der Maiſte thaill von Böhaimen vnnd Teütſchen der beſſten G(ac), der Maiſtē der beſten Böhaim Teütſchen G(pc), der maiſtn d' peſten pehem, Vnd Teütſchen S. 12 und gedachten zw wegen pringen iren sold] vermaindten, ſie wuerden Jren Soldt zuwegen bringen G(ac), vnnd gedachtn zu wegen bringen den Sold G(pc)S. 14 waren pei írer vernunfft] bei Jrer vernunfft wären G(ac). 15 wasser] das waſſer GS. 16 ward] was G(ac). 17 von] zu G(pc)S. 19 desselben nachts] in derſelben Nacht G(ac), dieſelbig Nacht S. 21 die] Jr GS. 24 waren] fehlt G(ac). | gueter knecht] fehlt G(ac).

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[G 97v] 10

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[G 98r] [S 32v] [R 77]

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41. Wie der Tabor zu Tuttendorf eingenommen wurde

41. Wie der Tabor zu Tuttendorf eingenommen wurde

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Zu jener Zeit um Pfingsten ritt der Ankelreuter mit seinen Anliegen zum hochgeborenen Fürsten Herzog Albrecht über die Enns. Am Tag vor dem heiligen Johannes zur Sonnwende kam er wieder nach Klosterneuburg zurück. Als die Söldner im Tabor zu Tuttendorf hörten, dass der Ankelreuter nach Klosterneuburg gekommen war, ging der Großteil der besten Böhmen und Deutschen zu ihm, und sie glaubten, sie könnten von ihm ihren Sold bekommen. An diesem Tag aßen und tranken sie in Klosterneuburg so viel, dass sie nicht mehr recht bei Sinnen waren. Abends fuhren sie schwer betrunken über den Fluss zum Tabor, legten sich nieder und schliefen sorglos. Den Bürgern von Korneuburg wurde das von ihren Kundschaftern, die sie dort hatten, berichtet. Die machten sich gut gerüstet auf und zogen in aller Stille zum Tabor. In dieser Nacht war es sehr windig. Nach Anweisungen ihrer Kundschafter legten sie die Leitern an, begannen hinaufzusteigen, kamen so in den Tabor und eroberten ihn in der Nacht des heiligen Johannes zur Sonnwende. Sie fanden alle darin schlafend vor und nahmen in etwa achtzig gute Knechte gefangen.

3 Tuttendorf: ehemaliges Fischerdorf Tuttendörfel, auf dem Gemeindegebiet von Langenzersdorf, Niederösterreich. 7 Enns: Enns (Fluss) 9 Tuttendorf: Heute Tuttendörfl, Teil der Marktgemeinde Langenzersdorf, Bezirk Korneuburg, Niederösterreich.

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42. Von der aidsteur, so ettlich purger und di hanntwercher zu Wienn gemacht haben

42. Von der aidsteur, so ettlich purger und di hanntwercher zu Wienn gemacht haben Desselben jars habent ettlich namhafft purger und besunderlich alle hanntwerch zw Wienn ein fúrnemen getan, das ein yeder purger und hanntwercher von seinem guet, was er des hiett, ye von ainem Pfundt drei Phennig zw stewr geben sol. Dasselb sein guett ein yeder purger und hantwercher bei seiner gewissen an aidts statt ansagen sol. Und zw sólhem gellt ist gesetzt warden in dem ratthaws ein truhen mit súben slossen und sind aus dem ratt zwen, aus den genanten und der gemain vier erwellt warden zw derselben truhen, die sólh gelt von einem yeden sullen innemen und schütten in die truhen und das wider ausgeben zw nottúrfft der statt. Und zw der truhen sind gewesn sechs slússel, der yeder ainen gehabt hatt, und den súbenten slússel hat gehabt der purgermaister, also das kain tail an den anderen nicht hat múgen in die truhen, [39rb] sy seinn dann bei einander gewesen.

5

[G 98v] 10

15

43. Von dem lannttag ze Wienn 25.7.1462

Desselbn jars an Sannd Jacobs tag ist von prelaten, herren, ritter und knechten und den von stéten mit willen und wissen der von Wienn ein lanndtag gehalten warden zu Wienn. Darinn der rómisch kaiser ein misvallen hett, doch schickt er dartzue sein rátte maister Úlrichen Riedrer, den Rarbacher, Ulrichen Gravenecker, Andren Pémkircher und herrnn Sigmunden Sebriacher. Den benanten lannttag hatt ausgeschriben der von Liechtenstain. In dem selben lannttag ward fúrgenomen, das lannd zw befriden und die fúrsten miteinander in ainikaitt ze bringen. Darumb von

1 di] fehlt G(pc)S. 3 namhafft] Mannhaft G(pc). 4 hanntwerch] Handtwerchen G(ac). 6 er] fehlt G. | des] da S. | ye] fehlt G(ac). 7 sein guett] fehlt S. 8 seiner] ſeinem G(ac)S. 9 in dem ratthaws] fehlt G. 11 den] fehlt G(pc)S. 12 die sólh gelt von einem yeden sullen innemen und schütten in die truhen] fehlt G(ac), die ſolich gelt von einen Jedn ſulln Innemen Si fullen in die Truhn G(pc)3. 15 gehabt hatt] hatt gehabt G(pc)S. 16 also das kain tail] Das Kein Thaill allſo S. 20 an] vor G(ac). 21 den von stéten] den Vorſtetten

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20

[G 99r] 25

[R 78]

42. Von der Eidsteuer, die etliche Bürger und die Handwerker in Wien geleistet haben

42. Von der Eidsteuer, die etliche Bürger und die Handwerker in Wien geleistet haben

5

10

15

Im selben Jahr einigten sich etliche namhafte Bürger und insbesondere alle Gewerke darauf, dass jeder Bürger und Handwerker von seinem Besitz, so viel er auch hatte, von jedem Pfund Pfennig (240 Pfennige) drei Pfennig Steuer bezahlen sollte. Jeder Bürger und Handwerker sollte nach bestem Gewissen und an Eides statt seinen Besitz offenlegen. Für dieses Geld wurde im Rathaus eine Truhe mit sieben Schlössern aufgestellt, und aus dem Rat wurden zwei und aus den Genannten und der Gemein vier gewählt, um die Truhe zu verwalten. Die sollten dieses Geld einnehmen, es in der Truhe verwahren und es dann für die Notwendigkeiten der Stadt ausgeben. Zu dieser Truhe gab es sechs Schlüssel, von denen jeder einen bekam, und den siebten Schlüssel hatte der Bürgermeister, sodass keiner die Truhe ohne die anderen öffnen konnte, wenn sie nicht alle zusammen dort waren.

43. Vom Landtag zu Wien 20

25

30

Im selben Jahr am Tag des heiligen Jakobus wurde von den Prälaten, Herren, Rittern und Knechten und von denen aus den Städten mit Zustimmung und Wissen der Wiener ein Landtag in Wien abgehalten. Dem Römischen Kaiser missfiel das zwar, er schickte aber dennoch seine Räte Meister Ulrich Riederer, den Rohrbacher, Ulrich Grafenecker, Andreas Baumkircher und Herrn Sigmund Sebriacher. Den genannten Landtag hatte der von Liechtenstein ausgeschrieben. Bei diesem Landtag sollte das Land befriedet und die Fürsten sollten miteinander geeint werden. Deswegen wurden von den Landständen

G(ac). 25 Pémkircher] pumkircher G(ac). 26 Sebriacher] Sebraiher S. 28 lannttag] fehlt G(ac).

25 Rarbacher: Hans Rohrbacher. 26 Sigmunden Sebriacher: Sigmund von Sebriach, Landeshauptmann von Krain.

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43. Von dem lannttag ze Wienn

der lanndschaft zw dem kaiser in gelaitt geschickt wúrden her Rúediger von Starchenbergk und von der statt her Oswalt der Reicholff auf gelait des kaisers. Und als des geleits von dem rómischen kaiser begert ward, do verbundert [39va] des den kaiser, das der von Starhenberg, als ratt, und der Reicholff, als sein diener, glaits an sein genad solten begeren, doch gab er in das dennoch. Die aber nach menigem irem vleiss, so sy teten, pei dem selben rómischen kaiser, hertzog Albrechten, seinem brueder, und den lanntleẃten nichts mochten geschaffen auf das fúrnemen, das zw Steteldorf betracht was. Es ward auch in anfangk des lannttags beredt, welicher herr, ritter oder knecht sich zw dem lanndtag gen Wienn wúrd fúegen, das der bei den tórren, so er in ritt, den, so von dem purgermaister und ratt dartzú geordent wúrden, gelúb tún solt fúr sich und die iren, das sy in der statt dem rómischen kaiser und auch den purgernn an schaden sein wolten. Doch wie dem was, so geschach dennoch heimleich aine underredung von den lanntlewten mit den namhaften aus der gemain und mit den zechen, damit sy auff der lanntleútt tail getzogen wúrden. ¶ Eins tags komen die lanntleút zw den Augustinernn, unnd [39vb] nach menigernn underredungen wúrden die purger, die von gemainer statt zw dem lannttag geben waren, ettwas misshellig mit den lanntleẃten, also, das ein yeder gie an die herberg. Nu was auch des benanntn tags ein gueter tail aus der gemain von purgernn und hanntwerchernn khómen gén den Augustinernn, die villeicht wolten hóren, wie sich die sach wolt ennden. Und als man abschied von den Augustinernn, do stuend auff in der kirichen her Reinprecht von Ebersdorff und sagt der gemain, wie die herren, ritter und knecht, so pei in hie wáren, gerne des lannds nutz betrachten wolten. Darinn in

1 in] in dem G(ac). 2 Rúediger] Vlrich G(ac). 4 rómischen] fehlt S. | ward] was G(ac). | do] fehlt G. 8 menigem] Manigung G(ac). | teten] hetten G(ac). 9 seinem brueder] ſein Landtleütt d_ bruedern G(ac). 10 mochten] möcht G(pc). 12 beredt] begert G(pc)S. 13 fúegen] gefüegen G(ac). 15 wúrden] wern G(ac). gelúb] Das gelüb G(ac). 17 auch] fehlt G(ac). 18 dennoch] fehlt G. 19 underredung] wid’redung G(pc)S. 23 menigernn] Mancher G(ac). 25 misshellig] miſsheldig S. 26 Nu] Vnnd G(pc)S. 27 von purgernn] fehlt G(ac), von burg' G(pc), Von den purgern S. 28 den]

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5 [G 99v] [S 33r] 10

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[G 100r] 20

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30 [G 100v]

43. Vom Landtag zu Wien

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Herr Rüdiger von Starhemberg und von der Stadt Herr Oswald der Reicholf unter dem Geleit des Kaisers zu demselben geschickt. Als dieses Geleit vom Römischen Kaiser verlangt worden war, erstaunte es den Kaiser, dass der von Starhemberg als Rat und der Reicholf als sein Diener Geleit von ihm begehrten. Dennoch sicherte er es ihnen zu. Trotz ihrer vielen Bemühungen konnten sie bei ebenjenem Römischen Kaiser, seinem Bruder Herzog Albrecht und den Landleuten nichts von dem erreichen, was sie sich in Stetteldorf vorgenommen hatten. Zu Beginn des Landtages wurde besprochen, dass jeder Herr, Ritter oder Knecht, der zum Landtag nach Wien kommen würde, bei dem Tor, durch das er einritt, einem, der vom Bürgermeister und dem Rat dazu abgestellt worden war, für sich und die Seinen geloben sollte, dass sie dem Römischen Kaiser und den Bürgern in der Stadt nicht schaden würden. Aber wie es so ist, fanden doch heimliche Unterredungen der Landleute mit Namhaften aus der Gemein und mit den Zünften statt, um diese auf die Seite der Landleute zu ziehen. Eines Tages kamen die Landleute zu den Augustinern. Nach einigen Unterredungen wurden die Bürger, die von Seiten der gemeinen Stadt für den Landtag vorgesehen waren, immer mehr uneins mit den Landleuten, so sehr, dass jeder zu seiner Herberge ging. Nun waren am genannten Tag auch etliche aus der Gemein von Bürgern und Handwerkern zu den Augustinern gekommen, weil sie gerne hören wollten, wie die Sache ausgehen würde. Als man von den Augustinern aufbrach, stand Herr Reinprecht von Ebersdorf in der Kirche auf und sagte der Gemein, dass die Herren, Ritter und Knechte, die mit ihm hier wären, gerne zum Wohl des Landes handeln würden, woran sie jedoch etliche von jenen, die sie zu diesem Landtag eingeladen hätten, hindern würden. Doch es wäre

fehlt G(ac). 31 her] der G(ac). 33 des lannds nutz betrachten wolten] wolt_ des Landts Nuz betrachten G(pc)S. | in] fehlt G(ac).

22 Augustinernn: Augustinerkirche, heute Gemeindebezirk, schon damals Teil der Hofburg.

im

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1. Wiener

43. Von dem lannttag ze Wienn

aber ettlich, so sy zw dem lanndtag geordent hieten, wider wéren. Doch so wér durch die preláten, herren, ritter und knecht verlassen, wie sy margen umb súbene zw den minneren brúdernn zw sam khómen wolten. Daselbs hin er auch erfordert die gemain zekómen, die sich des verbilligt. Darumb in der purgermaister anredt und die anderen, die bei im waren, wie [40ra] er sólhs nicht gewalt hiett ze tún. Es wár auch wider das gelúb, so er getan hiett. Darauf in annttbúrt der von Ebersdorf, er hiett das in khainem úbel getan, sunder durch nutz und pessten willen des lannds. Also ward die sach gestillt, und ein yeder gie an sein herberig. ¶ Darnach des margens, als die prelaten, herren, ritter und knecht zwsamen komen zw den minneren brúedernn, zw in komen auch die purger, den die gemain nú ettlich aus in, so ir vorgeer waren, zu geben heten. Und als man daselbs nún lang taidingt und die namhaftisten purger ein versteen heten, wie die sach nicht gleichleich zẃgie, da redten sy gegen den lanntherren auch ír maynung, darumb sy von in hoch wúrden zered gesetzt. Es stuenden auch wider sy auff der gemain vorgeer, der Ódnacker, Kirichaim und ander und betzigen die purger vil untzymlicher und unpillicher handlung, darumb der ratt und gemain gegen einander in zwitrecht khómen. Und die gemain hielt sich der lanntschaft, und die purger hielten sich des rómischen khaisers. [40rb] Nach dem allen warf die gemain auf zw irem vorgeer und redner den Ódnacker, einen newen herkomen mann. Der sagt in núr, was in wolgeviel und das wider den ratt und die purger was, und wúrden gemacht vil besamnung zw den predigernn und in des Ódnacker haws.

1 sy] ſich G(pc). | geordent] gewandt G. | hieten] weren G(ac). 3 súbene] Siben Vhr G(ac). 4 minneren] Minoritern G(ac), Mintern G(pc)S. | zw sam] fehlt G(ac). | hin] fehlt G(ac). 5 erfordert] hinerford’t G(pc)S. | zekómen] vnd mit denn zehern G(pc)S. 6 und] vmb G(ac). 8 hiett] fehlt G(ac)S. 10 willen] fehlt G(pc)S. 11 ward] was G(ac). | an] in G(ac). 13 herren] fehlt G(ac). 16 heten] hett G(ac). 17 namhaftisten] Nambhafften G(pc)S. 18 versteen] Verſtand S. | gleichleich] gleich G(ac)S, gleichlej G(pc). 19 lanntherren] Landtleütten G(ac). 20 stuenden] ſtuendt G(ac). | auch] fehlt G(ac), auf G(pc). 21 Ódnacker] Ödenauher G. 22 betzigen] G(ac). 23 handlung] handlungen G(ac). 26 warf die gemain auf] warff auff die Gemain G(ac). | zw irem vorgeer und

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[R 79]

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[S 33v] 20

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43. Vom Landtag zu Wien

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von den Prälaten, Herren, Rittern und Knechten veranlasst worden, dass sie sich am nächsten Tag um sieben bei den Minderen Brüdern versammeln sollten. Er forderte die Gemein auf, ebenfalls dorthin zu kommen, was sie zusagte. Deswegen stellte der Bürgermeister ihn und die anderen, die bei ihm waren, zur Rede und sagte, dass er nicht befugt sei, dies zu tun. Es sei auch gegen den Eid, den er abgelegt habe. Darauf antwortete ihm der von Ebersdorf, er habe das ohne böse Absicht getan, sondern zum Nutzen und zum Besten des Landes. So wurde die Sache beigelegt, und jeder ging in seine Herberge. Danach, am nächsten Morgen, als die Prälaten, Herren, Ritter und Knechte zusammen zu den Minderen Brüdern kamen, erschienen auch die Bürger, denen die Gemein etliche von ihren Anführern mitgeschickt hatte. Als man nun lange verhandelt hatte und die namhaftesten Bürger erkannten, dass die Sache nicht gerecht zuging, erhoben auch sie Einwände gegen die Landherren, wofür sie von diesen sehr gerügt wurden. Auch die Anführer der Gemein, der Ödnacker, der Kirchhaimer und andere erhoben sich gegen sie und bezichtigten die Bürger unangemessener und ungebührlicher Taten, derentwegen der Rat und die Gemein in Zwietracht kämen. Die Gemein hielt sich an die Landstände, und die Bürger hielten sich an den Römischen Kaiser. Nach alledem machte die Gemein den Ödnacker, einen neuen Bürger, zu ihrem Anführer und Sprecher. Der sagte ihnen nur, was sie hören wollten und was gegen den Rat und die Bürger war, und es wurden viele Versammlungen bei den Predigern und im Haus des

redner] zue Jrem Vorgeher G(ac), zue Irn Vorgeern vnd Rednern S. 27 Ódnacker] Ötennaicher G(ac). | newen herkomen mann] neuherkhommener G(ac). 30 Ódnacker] Otennaichers G(ac).

4 minneren brúdernn: Sitz der Minderen Brüder (Franziskaner) in Wien war die Theobaldskirche. 21 Ódnacker: Hans Ödnacker († 1463, hingerichtet), provisorischer Rat (1462), Ratsherr (1462, 1463), Grundbuchsverweser einer Rechtsstiftung. | Kirichaim: Hans Kirchhaimer, († um 1468), Ratsherr (1462, 1463), mehrfach Dekan der medizinischen Fakultät der Universität Wien, Bucharzt, vgl. Perger-Nr. 90.

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43. Von dem lannttag ze Wienn

19.8.1462

Daselbs betracht ward, wie sy den ratt entsetzten und selbs kemen an ír statt und gaben fúr, wie der ratt kainen gemainen nutz hiett betracht, sunder núr iren aigen nutz, darumb sy und gemaine statt núr in abnemen und verderben komen wáren, des sy von in nicht lenger móchten leiden, und wer es mit in nicht wolt halten, den hiessen sy ainen héckler. Das benandt sprichwart gar gemain ward in der statt ze Wienn, unnd also wúrden die purger, die es hielten mit dem kaiser genannt héckler. Und als die gemain mit iren vorgeernn ír sach nu ganntz heten beslossen, do paten sy den Kirchaim, der was ein lerer in der ertznei, das er ettlich aus in ném und gieng mit werhafter hanndt in das ratthaws und fieng den purgermaister und ratt, [40va] wenn sy wolten im beisten mit leib und mit guett. Das der Kirchaim also tétt. Darnach an dem pfinztag nach unser lieben frawn tag Assumptionis umb vesperzeit kom in das ratthaws gegangen in harnasch der Kirichaim als mit sechtzick mannen und hies auftún die rattstuben. Dar inn der purgermaister, genannt Cristan Prenner, ein erber alter man, mit anderen rattherren was und westen nicht umb die sach. Und als er darin kom, hies er aufsten den Téschler und treten in den rattuernn, darnach den purgermaister und all ander. Zw sólher hanndlung lewf darnach zẃ die gantz gemain in irem harnasch, und auf die nacht sundert man die herren von einander. Den Reicholff, den Teschler, Ulrichen Khérner und den Kannsdorffer legt man oben in dem ratthaws in ainem gwelib. Den purgermaister und ander des rats lies man unden in der rattstuben, die zw paider seyttn von der

3 sunder núr iren aigen nutz] fehlt G(ac). 4 núr] fehlt GS. 5 komen wáren] weren Khomen G(ac). | nicht lenger] leng' nicht G. 7 gar gemain ward] wardt gar gemain G, war gar gemain S. 9 hielten mit dem kaiser] mit dem Khaiſer hielten G(ac). | genannt] gehaiſſen die G(pc)S. | héckler] Heüchler G, heügkhler S. 10 iren vorgeernn] Irem Vorgeer S. | ír sach] fehlt G(ac). | ganntz heten] hettn ganz S. 11 in der ertznei] beeder Ärznej_ G(ac). 12 gieng] gienngen S. 15 mit2] fehlt GS. 16 tag] fehlt G(ac). | Assumptionis] Aſsumptionis Mariæ G. 18 mannen] Mann G(pc)S. 19 genannt] fehlt G. | Cristan Prenner] Chriſtoff prunner G(ac). 21 darin] hinein G(ac). 24 lewf] fehlt G(ac). | zẃ] zug GS. 27 in dem] ain G(ac). 28 lies] leſſt G(ac). 29 unden] fehlt G(ac). | paider] baiden G(ac).

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5 [R 80] [G 102r] 10

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20 [G 102v]

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43. Vom Landtag zu Wien

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Ödnackers abgehalten. Dort wurde beratschlagt, wie sie den Rat absetzen könnten und selbst an seine Stelle kämen, und sie brachten vor, dass der Rat nicht zum Wohl der Allgemeinheit gehandelt habe, sondern nur zu seinem Eigennutz, weswegen sie und die gemeine Stadt nur in Not und Verderben gekommen seien. Das wollten sie nicht länger hinnehmen, und wer es nicht mit ihnen hielt, den schimpften sie einen Heuchler. Der besagte Ausspruch wurde so gängig in der Stadt, dass bald alle Bürger, die es mit dem Kaiser hielten, Heuchler genannt wurden. Als die Gemein mit ihren Anführern die Sache beschlossen hatte, baten sie den Kirchhaimer, der ein Lehrer der Arznei war, dass er etliche von ihnen mitnähme und bewaffnet in das Rathaus zöge, um den Bürgermeister und den Rat gefangen zu nehmen, und sie wollten ihm dabei mit Leib und Gut beistehen. Genauso machte es der Kirchhaimer. Danach, am Donnerstag nach Mariä Aufnahme in den Himmel zur Vesperzeit, kam der Kirchhaimer geharnischt mit sechzig Mann ins Rathaus und befahl, die Ratsstube zu öffnen. Darin war der Bürgermeister, genannt Kristan Brenner, ein ehrbarer alter Mann, mit anderen Ratsherren, und sie ahnten nichts. Als er hineinkam, befahl er zuerst dem Teschler aufzustehen und in den Rathausturm zu gehen, dann dem Bürgermeister und allen anderen. Zu diesen Ereignissen lief bald die gesamte Gemein im Harnisch hinzu. In der Nacht trennte man die Herren voneinander: Den Reicholf, den Teschler, Ulrich Kerner und den Kansdorfer verlegte man in ein Gewölbe oben im

19 Cristan Prenner: Kristan Prenner († 1463/69), Ratsherr (1456–1457), Bürgermeister (1461–1462), Bürgerspitalsmeister (1451–1460). 26 Ulrichen Khérner: Ulrich Kerner († 1478), Ratsherr (1441, 1443 –1446, 1451–1453, 1455–1457, 1460 –1462 und 1465 –1474, Stadtkämmerer (1444–1447 und 1451), Steuerherr (1452 und 1455), Pilgramhausverweser (1448–1475 ), Kirchmeister zu St. Stephan (1460 –1478), Kaufmann. 27 Kannsdorffer: Hans Kansdorfer († 1469/1471), Ratsherr (1450–1451, 1459–1462), Kellermeister (1450–1452), Hubschreiber (1453), Schreiber, Architekt, Perger-Nr. 73.

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43. Von dem lannttag ze Wienn 21.8.1462

2.9.1462

3.9.1462

gemain starckh behúett wúrden. Und an der sambstagnacht darnach ward der Reicholf, Teschler, Kherner und Kansdorffer gefúrt in kherner túrn und dar innen [40vb] in venckhnúss gehalten untz auf den suntag nach Egidy. Do wúrden sy ledig gelassen und der purgermaister und die anderen wúrden ausgelassen auf gelúbnúss. Die giengen haym in iré heẃser, doch in solher maynungen, wenn sy die gemain wider erfordert, das sy sich dann wider stélten in das ratthaws. Darnach erfordert sy wider die gemain in das ratthaws. Daselbs waren sy in venckhnúss untz auf den montag nach Egidi.

5 [S 34r] [G 103r]

10 [R 81]

44. Von dem Holtzer, dietzeit purgermaister, und der gmain ze Wienn Der Ódnackher, der Kirchaim und Fridreich Wesstendorffer waren redner und fúrer der gemain. Die wessten nit vil gelegenhait umb der statt freihait, noch umb die regier des rats, wie all sachen von allter herkomen wáren, nach dem sy new herkomen leẃtt und in dem ratt vor nicht gewesen waren. Die bedeúcht wie in die sach frómd und ze swár wár. Darumb sich der purger vil von in entsetzten. In der zeitt kóm in die statt [41ra] ein purger genanndt Wolfgang Holtzer, der vor in dem ratt und munnsmaister ettlich jar gewesen was. An den die sach von den obgenanntn drein rednernn und auch anderen ward getragen und gepeten, das er sich umb die gemain anném, und in den sachen gen dem ratt ír helfer und fúrer wár, so wolten sy im mit leib und guet beistand tún. Darnach ward

3 in venckhnúss] gefang_ G(ac), gefengkhnus S. 8 wider1] fehlt G(ac). 10 venckhnúss] gefenckhnuſs GS. 12 dietzeit] dem G(ac), deꝛ zeit S. 13 ze Wienn] Wienn S. 14 der] fehlt G(ac). 15 waren redner und fúrer] die waren Füerer G(ac), warn Füerer vnnd Redner S. 18 – 20 nach … wár] fehlt G(ac), nachdem ſie all neu herkhome_ Leut war_ G(pc)S. 20 sich] ſie S. 21 in] ein W, in GS. 22 Wolfgang] d’ G(pc)S. 23 ettlich jar] ein guete zeit G(pc)S. 24 rednernn] Räthen G(ac). 26 in den sachen] fehlt G(ac). | gen] gieng S. | und fúrer] fehlt S. | wár] Vor S. 27 beistand] fürſtandt G(pc)S. | tún] ſein G(pc)S.

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20 [G 103v]

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43. Vom Landtag zu Wien

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Rathaus. Den Bürgermeister und den Rest des Rates ließ man unten in der Ratsstube, die von beiden Seiten von der Gemein streng bewacht wurde. Danach, samstagnachts, wurden der Reicholf, der Teschler, der Kerner und der Kansdorfer in den Kärntnerturm geführt und dort bis zum Sonntag nach Ägidius gefangen gehalten. Dann wurden sie freigelassen, und der Bürgermeister und die anderen wurden unter Auflage eines Gelöbnisses entlassen. Sie gingen heim in ihre Häuser, doch unter der Bedingung, sich bei Aufforderung durch die Gemein wieder im Rathaus zu stellen. Dann beorderte sie die Gemein wieder in das Rathaus. Dort blieben sie gefangen bis zum Montag nach Ägidius.

44. Vom Holzer, zu dieser Zeit Bürgermeister, und der Gemein von Wien Der Ödnacker, der Kirchhaimer und Friedrich Westendorfer waren Sprecher und Anführer der Gemein. Sie wussten weder viel über die Freiheiten der Stadt noch über die Regierung des Rates noch über die alten Traditionen, da sie alle neu in der Stadt und zuvor nicht im Rat gewesen waren. Sie erkannten, dass ihnen die Angelegenheiten fremd und zu schwierig waren. Deswegen wandten sich viele Bürger von ihnen ab. In dieser Zeit kam ein Bürger, genannt Wolfgang Holzer, in die Stadt, der zuvor etliche Jahre Ratsmitglied und Münzmeister gewesen war. Dem wurde die Angelegenheit von den drei oben genannten Rednern und anderen vorgetragen, und er wurde gebeten, dass er sich um die Gemein annehme und in den Angelegenheiten gegen den Rat ihr Helfer und Anführer sei, wofür sie ihm mit Leib und Gut beistehen wollten. Dann wurde die Gemein einberufen. Diesen wurde dasselbe vorgetragen. Denen gefiel das gut, und sie schlugen sich alle auf die Seite des Holzers und streckten

14 Fridreich Wesstendorffer: Friedrich Westendorfer, auch Westerndorfer, Genannter der Stadt Wien, vgl. Copey-Buch, S. 418. 22 Wolfgang Holtzer: Wolfgang Holzer (* um 1420, † 1463), Wiener Ratsherr (1453 –1455, 1457–1460), Bürgermeister (1462–1463), Münzmeister (1452–1456, 1460, 1462), Kaufmann, Hausgenosse.

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44. Von dem Holtzer, dietzeit purgermaister, und der gmain ze Wienn

22.8.1462

25.8.1462 (18.8.1462)

7.9.1462

gefordert die gemain. Denen ward das also fúrgehalten. Die heten daran ein guet gevallen und sluegen sich all an den Holtzer und reckten auf vor im ír vinger, das sy im in allen sachen hilff, ratt und beistand tún wollten und von im nymer weichen. Als das nu vernam der Holtzer, redt er zw der gemain: „Ich pin ettlich jar in dem ratt gewesen und wais wol, wie der ratt gehandelt hatt, damit ír die púrd alle habt tragen múessen. Aber nach dem und ír mich habt gemacht zw einem vorgeer, so wil ich mitsambt euch darob sein, damit gemainer nutz der statt betracht und der aigen [41rb] nutz ze ruckh gelegt werd, und wil mich auch tróstlich umb euch annemen, und wellen all geleich mitteinander heben und tragen, damit nyemant sol beswárt werden.“ ¶ Desselben jars an suntag vor Wartholomei kom der rómisch kaiser als mit vier tausent pferdten von der Newnstat getzogen gen Wienn. Den aber die purger nit wolten inlassen, wiewol er ir herr und landsfúrst was, und im und seinen erben gesworen heten. Darnach slueg sich der rómisch kaiser zw veld pei Sand Marxs. Daselbs taidingten mit im die purger und gemain, auch die lanntlewtt, und kóm zw aynem sólichen, das der rómisch kaiser solt geben den purgernn ain verschreibung, das er in und irn nachkómen von der sachen und misshandlung wegen, die sy heten begangen, nichts dester veinter sein wolt und solt sy auch halten pei iren freihaiten als von allter wér herkhómen. Und also ward er mit seinem volkh an mitichen [41va] nach Bartholomei zu Wienn ingelassen. Und dieselb verschreibung, die er den purgernn gab, die antwúrten sy im wider zu sein hannden und sprachen, sy wár nicht gemacht als es abgeredt wér. ¶ Desselben jars an unser lieben frawn abent der gepúrd, setzt der rómisch kaiser ainen newen purgermaister und

3 ír] die G(ac). 4 ratt] fehlt G(ac). 6 Ich] ſecht Ich S. 8 nach dem und ír] nach dem Ir G(ac) . 9 einem] Eurem S. 10 statt] statt Wienn G. 12 all] fehlt G(ac). 16 von der Newnstat getzogen gen Wienn] gezogen von der Neuſtatt gen Wienn G(ac), von d' Neuſtat gegn wienn gezogen G(pc)S. 21 taidingten] thattigten G. 24 nachkómen] nachkämlichen S. 25 dester] deſto S. 26 auch halten] halten G(ac), auch haben G(pc)S. | als von] wie vor G(ac),

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[G 104r] 10

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[R 82] 20 [S 34v] [G 104v] 25

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44. Vom Holzer, zu dieser Zeit Bürgermeister, und der Gemein von Wien

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ihre Finger vor ihm hoch, dass sie ihm in allen Angelegenheiten Hilfe, Rat und Beistand leisten und sich nicht mehr von ihm abwenden wollten. Als der Holzer das hörte, sprach er zur Gemein: „Ich bin etliche Jahre im Rat gewesen und weiß genau, was der Rat getan hat, sodass ihr alle die Bürde habt tragen müssen. Aber nachdem ihr mich zu eurem Anführer gemacht habt, werde ich gemeinsam mit euch dafür sorgen, dass das Wohl der Stadt gewahrt bleibt und der Eigennutz zurückgestellt wird. Ich werde mich auch um euch kümmern, und wir werden die Last alle gemeinsam tragen, damit keiner zu sehr beschwert wird.‟

Im selben Jahr am Sonntag vor Bartholomäus zog der Römische Kaiser mit viertausend Reitern von Wiener Neustadt nach Wien. Doch die Bürger wollten ihn nicht einlassen, obwohl er ihr Herr und Landesfürst war und sie ihm und seinen Erben Gefolgschaft geschworen hatten. Daraufhin schlug der Römische Kaiser sein Feldlager bei St. Marx auf. Dort verhandelten die Bürger und die Gemein und auch die Landleute mit ihm, und sie kamen überein, dass der Römische Kaiser den Bürgern eine schriftliche Zusicherung geben sollte, dass er ihnen und ihren Nachkommen aufgrund der Angelegenheiten und Taten, mit denen sie gegen ihn gehandelt hatten, nicht feindlich gesinnt sein und ihnen ihre Freiheiten zugestehen werde, die sie von alters her hatten. So wurde er am Mittwoch nach Bartholomäus mit seinem Gefolge in die Stadt Wien eingelassen. Die Zusicherung, die er den Bürgern gab, wiesen sie zurück und sagten, sie entspreche nicht dem, was abgesprochen sei. Im selben Jahr am Vortag von Mariä Geburt setzte der Römische Kaiser einen neuen Bürgermeister und Rat in

alſs vor G(pc). 28 nach] vor G(ac). | zu Wienn] fehlt G(ac). 29 verschreibung] Verſchreiben S. 30 hannden] gl (gnaden) G(ac). 31 es] ſie S. 32 abent] tag GS.

20 Sand Marxs: St. Marx, Heute Teil des Gemeindebezirks, damals vor der Stadtmauer Wiens.

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3. Wiener

44. Von dem Holtzer, dietzeit purgermaister, und der gmain ze Wienn

19.9.1462

23.9.1462

24.9.1462

29.9.1462

ratt in der statt zw Wienn, den die genanten zw hoff in der púrckh erwelten. Dem die gemain nicht wolt gehorsam sein, und mainten, es wár derselb purgermaister und ratt nach der statt freihait nicht erwelt warden. Und der benannt purgermaister was genanndt Sebastian Zieglhaẃser. Úber den man offenlich anslúeg scheltbrieff, in den begriffen was, wie er von eelichem stam nicht wár geporen. Und geschach das am maisten dem kaiser zw smach. Wenn die gemain daran was, das man den Holtzer zw purgermaister solt genomen und erwellt haben. Darumb hueb sich vil zwitrecht under den purgernn und hanntwerchern. [41vb] Desselben jars am suntag vor Mathei hatt die gemain und alle hanntwerch aus den zechen und ettlich purger durch ír geschrifft erwellt Wolfgangen Holtzer zw aim purgermaister, dem die gemain anhengig was. Sy erwelten auch ainen newen ratt und paten den kaiser, denselben purgermaister und ratt zubestátten, und gewóndlich aid und gelúbnúss von in auf zenemmen. Des sich der kaiser ze tún verwilligt. ¶ Desselben jars am pfintztag nach Mathei hat der vorgenannt purgermaister und ratt gesworen in dem Probsthof ze Wienn dem rómischen kaiser und seinen érben als iren natúrlichen erbherren und landsfúrsten. Und zwhanndt am freitag darnach liess der rómisch kaiser die Steirer und ander sein volk von dann ziechen zw Wienn und trawtt den von Wienn, sy wúrden solich aid an im halten. ¶ Darnach zu Michaelis tag sagten ab des rómischen kaisers sóldner umb iren sold und tetten den wiennernn und anderen von der vechsnunng [42ra] irer wein mérckhlich

1 genanten] Genandten in d' Statt G(ac). 3 – 5 und ratt nach der statt freihait nicht erwelt warden Und der benannt purgermaister] fehlt G(ac). 5 Sebastian] der Sebaſtian G. 6 Zieglhaẃser] Zigſshauſer G(ac). | scheltbrieff] Schelmbrieff G(ac). 7 eelichem] Ehrlich G(ac). | stam] ſtanndt S. | wár geporen] geborn wer G(pc)S. 8 geschach das] das geſchach G(ac). 9 daran] darob S. 12 Mathei] S. Matthej G. 14 geschrifft] ſchrifft G(ac)S. 17 kaiser] Röm: Khaiſer GS. 20 pfintztag] pfingſtag G(ac)S. | nach] vor G(ac). 24 die Steirer und ander sein volk] ſein Volkh die Steÿrer G(ac), die Steÿrer Vnd and'e Volkh G(pc)S. 26 solich] ſolhen G(ac)S. 28 zu Michaelis tag] Mıchaelis WS, Michäelis tag G(ac), zu

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[G 105r] 5

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[G 105v] [R 83] 21

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44. Vom Holzer, zu dieser Zeit Bürgermeister, und der Gemein von Wien

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der Stadt Wien ein, den die Genannten am Hof in der Burg wählten. Diesem wollte die Gemein nicht gehorsam sein, denn sie meinten, dass dieser Bürgermeister und der Rat nicht nach dem Stadtrecht gewählt worden seien. Der erwähnte Bürgermeister hieß Sebastian Ziegelhauser. Über ihn wurden öffentlich Schmähbriefe aufgehängt, die zum Inhalt hatten, dass er unehelich geboren sei. Dies geschah vor allem zur Schmach des Kaisers. Denn der Gemein ging es darum, dass man den Holzer zum Bürgermeister nehmen und wählen solle. Deswegen gab es viel Streit zwischen den Bürgern und den Handwerkern. Im selben Jahr am Sonntag vor Matthäus haben die Gemein, alle Gewerke aus den Zünften und etliche Bürger durch ihre schriftliche Zustimmung Wolfgang Holzer zum Bürgermeister gewählt, dem die Gemein anhing. Sie wählten auch einen neuen Rat und baten den Kaiser, diesen Bürgermeister und Rat zu bestätigen und ihnen die üblichen Eide und Gelübde abzunehmen. Der Kaiser willigte ein, dies zu tun. Im selben Jahr am Donnerstag nach Matthäus haben der vorher genannte Bürgermeister und der Rat im Propsthof in Wien dem Römischen Kaiser und seinen Erben als ihren natürlichen Erbherren und Landesfürsten geschworen. Am darauffolgenden Freitag ließ der Römische Kaiser die Steirer und das restliche Kriegsvolk aus Wien abziehen und vertraute den Wienern, dass sie ihre Eide ihm gegenüber hielten. Danach, am Tag des heiligen Michael, sagten sich die Söldner des Römischen Kaisers wegen des ausstehenden Soldes von ihm los und fügten den Wienern und anderen großen Schaden an der Weinernte zu. Darüber erhob sich

Michäelis tag G(pc). irer] der G(ac).

30 von der] an der G(ac), vor der G(pc)S.

5 Sebastian Zieglhaẃser: († 1463), Stadtrichter (1459), Bürgermeister (gewählt 1462, jedoch nicht anerkannt), Amtmann in Gmunden (1453, 1457). 22 Probsthof: Bischofshof, ab 1222 als Pfarrhof von St. Stephan nachweisbar, 1. Wiener Gemeindebezirk, Rotenturmstraße 2, (Konskriptionsnummer: Stadt 869), identisch mit Stephansplatz 7 und Wollzeile 2.

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44. Von dem Holtzer, dietzeit purgermaister, und der gmain ze Wienn

6.10.1462

irrung. Darumb hueb sich ain geschray in der gemain wider den kaiser, er wér ír lanndsfúrst, und solt sy beschírmen, als er in geredt hiett. Wann geschech des nicht, so músten sy gedenckhen, sich selbs zw beschírmen und senndten darauf den purgermaister und ettlich aus dem ratt zw im in di púrckh und liessen in pitten, die sóldner zw entrichten, wenn sy tétten in gross írrung und fiengen ír leẃtt, darumb sy ír frúcht nicht einpringen móchten. Der kaiser patt die purger, sy soltenn im leichen sechs tausent gulden, so wolt er die úbermass darzú geben und die sóldner entrichten. Alls das pracht ward an die gemain, die wollt das mit nichte tún. Darnach liess es der kaiser auf drew tausent, des sy auch absluegen, und bestuend der krieg mit den sóldnern, und man pracht die frúcht der wein gar mit grosser múe und gelt in die statt. [42rb] Desselben jars an mittichen nach Francisci, als der purgermaister und ratt zw Wienn nu menigermal an stat der gemain angelangt heten den rómischen kaiser als iren herren und landsfúrsten und sein genad gepeten, in frid ze schaffen und sich mit der lanndschafft ze ainenn, des sy aber untz her an seinen kaiserlichen genaden nicht hieten múgen erlangen, darumb in swár wár das verrer ze dulden, sunder sy wolten sich selbs befriden. Als das pracht ward an die gemain den geviell das wol.

¶ Darnach machten sy ain geschrifft, darinn der burgermaister, ratt, genannt und gemain sich enpunden der aid und gelúbd, so sy dem rómischen kaiser als irem herren und landsfúrsten getan heten und underwundten sich darauf des ungelts in der statt und aller ander nútz und rénndt, die aym fúrsten zúgehoren und fiengen maister Ulreichen Riedrer, Tumbrobst ze Freising, und [42va]

1 irrung] groſſs ſchadn G(pc)S. | in der gemain] fehlt G(ac). 3 als … beschírmen] fehlt G(ac). 6 ratt] Rath, Genant vnnd Gemain GS. 7 wenn] dann G(ac), denn S. 8 einpringen móchten] ein khond_ bringen G(pc)S . 11 pracht ward] bracht was G(ac), bracht ward G(pc), gepracht ward S. 12 die wollt das mit nichte] das woltt ſie nicht G(ac). 13 drew tausent] drej tauſent gulden G(ac). 15 gar] fehlt G(ac). | gelt] Arbaitt G(ac). 17 an stat der gemain] fehlt S. 19 herren] Erbherrn G. 20 sich] ſie G(ac). | ze ainenn] Verainen G(ac). 22 múgen erlangen] erlangen mügen G(pc)S. | in swár wár]

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[G 106r] [S 35r] 5

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[R 84] 26

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44. Vom Holzer, zu dieser Zeit Bürgermeister, und der Gemein von Wien

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großes Geschrei gegen den Kaiser in der Gemein, er sei ihr Landesfürst und müsse sie beschützen, wie er es versprochen habe. Geschähe das nicht, so müssten sie in Betracht ziehen, sich selbst zu schützen. Daraufhin sandten sie den Bürgermeister und etliche aus dem Rat zu ihm in die Burg und ließen ihn bitten, die Söldner zu entlohnen, denn diese fügten ihnen großen Schaden zu und fingen ihre Leute, sodass sie die Ernte nicht einfahren konnten. Der Kaiser bat die Bürger, sie möchten ihm sechstausend Gulden leihen, und er selbst wolle den Rest begleichen und die Söldner entlohnen. Als das der Gemein vorgebracht wurde, wollte diese keineswegs darauf eingehen. Danach verringerte der Kaiser auf dreitausend, was sie aber auch abschlugen. So dauerte der Krieg mit den Söldnern an, und man brachte die Weinernte nur mit großer Mühe und hohen Kosten ein. Im selben Jahr am Mittwoch nach dem heiligen Franz von Assisi waren der Bürgermeister und der Rat in Wien bereits oftmals im Namen der Gemein an den Römischen Kaiser als ihren Erbherrn und Landesfürsten herangetreten und hatten Seine Gnaden gebeten, Frieden zu stiften und sich mit den Landständen zu einigen. Das konnten sie aber bei Seiner Kaiserlichen Gnaden nicht erreichen, und deshalb wollten sie es nicht länger hinnehmen, sondern selbst für Frieden sorgen. Als das der Gemein vorgebracht wurde, gefiel es ihr sehr. Danach setzten sie ein Schreiben auf, in dem sich Bürgermeister, Rat, Genannte und Gemein von den Eiden und Gelübden, die sie dem Römischen Kaiser als ihrem Herrn und Landesfürsten geleistet hatten, lossagten, und sie bemächtigten sich danach aller Steuern in der Stadt sowie aller Nutzen und Renten, die einem Fürsten gebührten. Sie nahmen Meister Ulrich Riederer, den Dompropst zu Freising, und Ulrich Grafenecker gefangen,

Jnen dz ſchwer were In G(pc)S. | ze dulden] zu Thain vnd zue dulden S. 23 befriden] v'ainen G(ac). | ward] was G. 26 genannt] fehlt S. 27 der] fehlt G(ac). 29 darauf] fehlt G(ac). 30 aym] dem G(ac).

31 Freising: Kreisstadt im Bundesland Bayern, Deutschland.

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44. Von dem Holtzer, dietzeit purgermaister, und der gmain ze Wienn

Ulreichen Gravenecker, die des obgenanten rómischen kaisers rétt waren, das do was wider ir schreiben, so sy dem rómischen kaiser under irem insigel in die púrckh gesenndt heten, das da innhielt, nach dem sein genad nicht wár daran gewesen, frid zw machen, so wolten sy frid machen und sein genad allso in den frid werffen als ein héchtel in das wasser. Und was sy yetz téten, dartzẃ zwung sy die nótt, und sólh handlung solt seinen kaiserlichen genaden, auch seiner genaden geméhl und dem jungen herren und den iren kainerlai schaden an leib noch guet nicht pringen. Und der kaiser ward also pehawet in der púrckh und richt sich zwe zu der wér.

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10 [G 107v] [S 35v]

45. Von der absag des kunigs von Pehem 20.10.1462

Darnach zwhanntt an Sannd Ursula abennt hueben an das Stattvolkh und des rómischen kaisers leẃtt in der púrck gegen einander zeschiessen mit armbsten. Und des morgens fúrten die purger grossen und klainen zewg von púchsen und schermen fúr die púrckh [42vb] und arbaitten damit auff den rómischen kaiser, sein gemehel und der jungen herren, das da aber was wider das schreiben, das sy seinen genaden in die púrck getan heten. Der benandt rómisch kaiser hett in der púrck pei im vill gueter herren, ritter unnd knecht, als auff zwaihundert, die sich ritterlich wérten. Do ward das hochwúrdig gefáss, das haus von Osterreich, also zedrúmert und zeschossen allenthalben, das es kléglich was an zusehen. Und als der purgemaister und die gemain sahen, das sich die sach zach in die hérr, und iren willen nicht mochten erfúllen als sy gedacht heten, und in kómen auch vill absag von dem kúnig von Pehem, seinem sun und anderen herren, ritternn und

1 rómischen] fehlt G(pc)S. 4 das] da G(pc), die S. 6 sein genad allso] alſo ſein Gnad G(pc)S. | den] fehlt G(ac), der G(pc). héchtel] hechten G(ac), Häkhl G(pc)S. | in das] ins G(ac), in d’ G(pc). 7 zwung] tbung W, zwueng G, zwung S. 10 an leib noch guet nicht] fehlt G(ac). 12 zwe] fehlt G. 14 hueben] hueb S. 16 gegen einander zeschiessen] zueſchieſſen gegen ainander G(pc)S. armbsten] armſteun S. 17 morgens] morgens frue G(ac). fúrten … púrckh] füertten die burg' vor die Burgg groſſen vnd Khlain

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[G 108r] 26 [R 85] 30

44. Vom Holzer, zu dieser Zeit Bürgermeister, und der Gemein von Wien

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die die Räte des oben genannten Römischen Kaisers waren, was gegen ihr Schreiben war, das sie mit ihren Siegeln dem Römischen Kaiser in die Burg geschickt hatten und das zum Inhalt hatte, dass sie, nachdem Seine Gnaden sich nicht um den Frieden gekümmert habe, selbst den Frieden herstellen und Seine Gnaden wie ein Hechtlein ins Wasser in diesen Frieden werfen wollten. Was sie im Moment täten, dazu zwinge sie die Not, und ihr Handeln solle weder Seiner Kaiserlichen Gnaden noch Seiner Gnaden Gemahlin oder dem jungen Herrn und den Ihren Schaden an Leib und Gut bringen. Und der Kaiser wurde in der Burg belagert und verschanzte sich dort.

45. Von der Absage des Königs von Böhmen 15

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Gleich darauf am Tag vor der heiligen Ursula begannen das Stadtvolk und die Leute des Römischen Kaisers, die in der Burg waren, mit Armbrüsten aufeinander zu schießen. Am Morgen brachten die Bürger große und kleine Geschütze, Büchsen und Belagerungsschilde vor die Burg und gingen damit gegen den Römischen Kaiser, seine Gemahlin und den jungen Herrn vor, was ebenfalls gegen das Schreiben war, das sie Seiner Gnaden in die Burg geschickt hatten. Der genannte Römische Kaiser hatte in der Burg in etwa zweihundert gute Herren, Ritter und Knechte, die sich ritterlich wehrten. Da wurde der hochwürdige Sitz, das Haus von Österreich, so zertrümmert und zerschossen, dass es erbärmlich anzusehen war. Als der Bürgermeister und die Gemein sahen, dass sich die Sache in die Länge zog und sie ihren Willen nicht durchsetzen konnten, wie sie es sich gedacht hatten, und zudem viele Absagen des böhmischen Königs,

zeüg von püxen vnd Schermen G(ac), füertten die burg' vor die Burgg groſſen vnd Khlain zeüg von püxen vnd Schermen für die Burgkh (Korrektor vergisst nach Korrektur, urspr. Stelle zu streichen) G(pc). 19 sein gemehel] vnd ſein Gemahl G. 21 seinen] ſeiner G(ac). | getan heten] hetten gethan G(ac). 22 gueter herren] guetter Leut herrn G(pc), guetter Leütt vnd herrn S. 26 an zusehen] an zueſchauen G. | purgemaister] Burgermaiſter G, purgermaiſter S. 27 sahen] nun ſahen G(pc)S. | zach] fehlt G(ac). 28 nicht] nun nicht G(pc)S. 29 in] fehlt G(ac). | vill] nun vil S.

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45. Von der absag des kunigs von Pehem

knechten, wúrden sy ains und namen in fúr zw ainem herren hertzog Albrechten von Ósterreich, des römischen kaiser brueder, den ettlich lanntherren von irs aigen nutz wegen in gedrungen heten, dem sy schriben und mit vleis paten, sich zw in zefúegen, und in hilff und beistand ze tún. [43ra] Der das tétt, das auch was wider die verschreibung, mit dem er sich vormallen gegen seinem prueder, dem rómischen kaiser, verschriben hett.

46. Wie die purger, purgermaister, rat und gnanntt und gemain dem rómischen kaiser, als irem erblichen herren und landsfúrsten, aufsagten ir aid und glúb, die im nach abganck kunig Laslaws getan heten Allerdurchleuchtigister kaiser, allergenádigister herr, wir, purgermaister, richter, ratt, genanntt und die ganntz gemain der statt Wienn, haben ewren kaiserlichen genaden menigmal unser merckhlich und gross anligund nottúrfft schriftlich und múndlich, als das wissenlich ist, verkúnndt und zw erkennen geben ſolch hoch vnd groſs verderben, dar in wir von der zeitt der vormundschafft unser herren kúnig Lasslaws seligen unnd nachmallen ewrer erblicher regentz in manigvéltig weis komen seinn. Dawider uns ewr kaiserlich genad albeg gar genédiklich, auch schriftleich und múndlich, vertrósst hatt, [43rb] uns gewallts und unrechts von der veintt wegen des lannds und in ander weg, vor zesein. Dem aber untz her nottúrftiklichen nye nachgangen ist warden, sunder das lanndt und wír fúr und fúr núr in mérer scheden und verderben khómen seinn und téglich khómen.

1 zw ainem herren] fehlt G(pc)S. 2 von Ósterreich] fehlt G(ac). 4 mit vleis] fehlt G(ac). 5 in2] G(ac). 6 Der das] dz er G(ac). 9 und gnanntt] Genant G, fehlt S. 11 ir] fehlt G. 12 im] ſie Im S. 13 heten] wardt G(ac). 14 Allerdurchleuchtigister] im Folgenden mehrmals abgekürzt durch allerd_. Wird stillschweigend aufgelöst zu dieser Form. | kaiser] Fürſt G(ac). 15 die ganntz] fehlt G(ac). 18 wissenlich] wiſſen G(ac). 19 ſolch hoch vnd groſs] hab, vns ſólh

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[G 108v]

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20 [G 109r]

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45. Von der Absage des Königs von Böhmen

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seines Sohnes und anderer Herren, Ritter und Knechte eintrafen, kamen sie überein und unterstellten sich Herzog Albrecht von Österreich, dem Bruder des Römischen Kaisers, den etliche Landherren zu ihrem eigenen Nutzen in Bedrängnis gebracht hatten. Ihm schrieben sie und baten ihn inständig, zu ihnen zu kommen und ihnen Hilfe und Beistand zu leisten. Das tat er und handelte somit auch gegen den Vertrag, den er zuvor mit seinem Bruder, dem Römischen Kaiser, geschlossen hatte.

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46. Wie die Bürger, der Bürgermeister, der Rat und Genannte und Gemein dem Römischen Kaiser, ihrem Erbherrn und Landesfürsten, ihre Eide und Gelübde aufkündigten, die sie ihm nach dem Tod von König László geschworen hatten

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Allerdurchlauchtigster Kaiser, allergnädigster Herr! Wir, Bürgermeister, Richter, Rat, Genannte und die ganze Gemein der Stadt Wien, haben Euren Kaiserlichen Gnaden, wie allgemein bekannt ist, schon oft unsere wichtigen und dringlichen Bedürfnisse schriftlich und mündlich vorgebracht und die großen und schwerwiegenden Missstände kundgetan, in die wir in der Zeit der Vormundschaft unseres seligen Herrn König László und später unter Eurer erblichen Regentschaft in vielfacher Art und Weise gekommen sind. Diesbezüglich haben uns Eure Kaiserlichen Gnaden stets gnädig – auch schriftlich und mündlich – zugesichert, uns vor der Gewalt und dem Unrecht der Feinde unseres Landes und vor anderem zu beschützen. Dies wurde aber bisher sträflich unterlassen, und dem Land und uns wurde nur immer noch mehr geschadet, und so geschieht es auch weiterhin.

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WS, ſolch hoch vnd groſs G(ac), haben vnd ſolch G(pc). 20 wir von der zeitt] vor der Zeitt G(ac), darin wier in der Zeitt G(pc)S. unser] vnzt S. 21 erblicher] fehlt G(ac). 25 unrechts] vnrechtens. 26 untz her] vonz hero G, biſsheer S. 27 ist] fehlt G(ac). | fúr und fúr núr] nur Jmmer für vnd für G(ac). 28 und verderben khómen seinn und téglich] fehlt G(ac).

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46. Wie die purger, purgermaister, rat und gnanntt und gemain dem rómischen kaiser, als irem erblichen

¶ Allerdúrleuchtigister kaiser, nu haben wír das vergangen jar, als die veint umb Kungstetten lagen, auff ewr gnad und ewrer rétt vertróstung, uns hoch und vasst angriffen. Und seinn aus uns die pessten und namhafftisten mitsambt der gemain auff sólh ewr kaiserlich genad vertróstung umb hilff gen den veinten getzogen und haben desmals von ewren genaden sólher hilff gewartt. Da uns gar nyemant ist kómen also, das wir flúchtiklichen nach dem und uns die veint so starck wúrden, músten abziehen, uns und der statt mit grosser kosstung, zesmach und schannden. Und von derselben zéitt haben wir stétigs mercklichs und gross darlegen auff sóldner [43va] zw rossen und zefuessen in der statt, zw widersteen den veinten zw Gundersdorff, Medlig und Berchtolsdorff, Nustorff, auff dem gesloss Kallenperg, auf dem téber daselbs untz her getan, des wir doch ewr kaiserlich genad von rechtens wegen nicht pflichtig seinn gewesen zetún, sunder ewr kaiserlich genaden und ein yeder landsfúrst ist den seinen schuldig, sy vor gwalt und unrecht zeschútzen und beschírmen. Darumb nymbt er in des lannds nútz und renntt. Wir haben auch ewren kaiserlichen genaden von gútem willen, mit mer gehorsam, mit unserm grossen schaden, noch menigere jar und vil jar getan, dann unser vorfordernn ye getan haben. So haben wir auch pei zeitten unsern vorfordernn regierernn, purgermaister und ratt vil menig und ungewóndlich aufsleg gedult. Und sein yetz am nachsten, zw widerstand ewr

2 umb Kungstetten] vmb vnd vmb kunſtig WS, vmb vnd vmb G. Der Text ist hier recht offensichtlich in allen Hss. der ÖC verderbt. Aus der vermutlichen Vorlage, Chmel, Materialien zur Österreichischen Geschichte, Band G(ac), S. 268 –269 lässt sich der Text umb Kungstetten rekonstruieren. Diese Variante ist auch historisch plausibel, da Albrecht im Vorjahr 1461 seinen Heereszug durch den Wienerwald auf Wien von Königstetten aus begann. 4 namhafftisten] Mannhafftigen G(pc)S. | mitsambt] aus G(ac), mit S. 5 kaiserlich] fehlt G(ac). | umb] vnd G(pc)S. 6 den veinten] dem Feindt G. 7 ewren genaden] Eur kay. gl. G(pc)3, Eur. gl. G(pc) (Korrektor streicht Einfügung wieder). | sólher] fehlt G(ac), ſolch G(pc). | Da] das G(pc). 8 uns] vnnd G(pc)S. 12 darlegen] darlehen G. 13 zw widersteen] zuewid’ G(ac). | den veinten] dem Feindt G. 14 und] fehlt GS. 15 ewr kaiserlich genad] Der Schreiber der Hs. W verwendet in diesem Kapitel häufig die Abkürzung e. k. g., die wohl aus der Vorlage stammt. Sie wird im Weiteren unkommentiert durch die in Hs. W übliche Schreibung ersetzt. 16 pflichtig] pflichtig ſchuldig G(pc)S.

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[S 36r] [R 86] 5

[G 109v] 10

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20 [G 110r]

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Allerdurchlauchtigster Kaiser! Wir haben uns, als im vergangenen Jahr der Feind rund um Kirchstetten lag, auf die Zusage der Räte Eurer Gnaden hin, im höchsten Maße eingesetzt. Die Besten und Namhaftesten von uns zogen zusammen mit der Gemein auf die Zusicherung der Unterstützung Eurer Kaiserlichen Gnaden gegen den Feind und haben dazumal auf Eurer Gnaden Hilfe gewartet. Da uns niemand zu Hilfe kam, mussten wir, da die Feinde übermächtig wurden, mit großen Verlusten für uns und die Stadt, unter Schmach und Schande abrücken. Und seither haben wir empfindlich hohe Ausgaben für berittene und unberittene Söldner in der Stadt geleistet, um uns den Feinden in Gundersdorf, Mödling und Perchtoldsdorf, in Nussdorf und auf dem Schloss Kahlenberg im dortigen Tabor zu widersetzen, obwohl wir gegenüber Eurer Kaiserlichen Gnaden von Rechts wegen nicht dazu verpflichtet gewesen wären. Denn Eure Kaiserlichen Gnaden ist es wie jeder Landesfürst den Seinen schuldig, sie vor Gewalt und Unrecht zu beschützen und zu beschirmen. Dafür bekommt er ja die Nutzen und Renten des Landes. Wir haben Eurer Kaiserlichen Gnaden aus gutem Willen, mit größerem Gehorsam, unter großen Verlusten und über viele, viele Jahre hinweg besser gedient, als es unsere Vorfahren je getan haben. So haben wir auch schon zu Zeiten unserer früheren Regierungen, Bürgermeister und Räte mannigfache und außergewöhnliche Steuern geduldet. Auch zuletzt haben wir für den Widerstand gegen die Feinde Eurer Kaiserlichen Gnaden besonders hohen Abgaben und

18 ist den seinen schuldig sy] iſt ſchuldig, die ſein S. 19 unrecht] Vnrechtem G(ac). | beschírmen] zeſchirmen G(pc)S. 21 mit mer] nicht mehr G(ac). 22 jar1] fehlt G(pc). 23 So] Doch G(ac). 25 aufsleg] Aufſchläg G(pc).

2 Kungstetten: Königstetten, Marktgemeinde im Bezirk Tulln, Niederösterreich. 13 Gundersdorff: Guntramsdorf, Marktgemeinde südlich von Wien, Bezirk Mödling, Niederösterreich. 14 Kallenperg: Heute Leopoldsberg. Umbenennung nach Bau der Leopoldskirche 1679. Der ursprüngliche Name „Kallenperg‟ ging auf den benachbarten Berg (ursprünglich „Sauberg‟ oder „Schweinsberg‟) über.

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46. Wie die purger, purgermaister, rat und gnanntt und gemain dem rómischen kaiser, als irem erblichen

kaiserlich genaden veintt, ains sunderen merckhlichen aufslag und aidstewr úberain warden, nach grossen unstaten und unserm mercklichen verderben und heten gehofft, das uns solich unser willig dienst und swér darlegen, die wir ewr kaiserlichen genaden unverdrossenlich untz her haben [43vb] getan zu guett, nit solten sein vergessen wardn. Dar an aber ewr kaiserliche genaden kain genúegen noch aufhóren gehabt, sunder yetz, als sich ewr kaiserliche genaden di sóldner zw betzallen an uns verrer begert hatt, ewr kaiserliche genaden, ze hilff zegeben, VI tausent gulden, doch dieselb ewr kaiserliche genaden wol verstett, das wír unser sóldner nicht zw betzallen haben und in mercklicher grosser geltschuld seinn. Allerdúrleichtigister kaiser und herr, und wann wir nu ewr kaiserliche genaden solher hilf zetún nicht vermúgen, hatt ewr kaiserliche genaden ainen anderen weg erdacht und maintt, den sóldnern ettlich geslóss, mit namen Marcheck, Potenwurck, Paden, Potenstain und das kastenambt hie zw Wienn pei dem Roten Tuernn mitsambt den nutzen und rennten zu verschreiben, als wir vernemmen. Solt das also beschechen, so wár dennoch kain landsfrid dadurch beslossen, und seinn warden ains, uns und das lannd ganntz zeverdérben, als sy nu yetz anheben, und unser frúcht wáren ze vechsen, der wír das gantz jar leben solten, vahen, schátzen, prennen und mórden die leẃtt, nemen die wágen, ross und ander guett, slahen den maisch vor den [44ra] weingerten auf die erd, nyetten und erstatten sich aller poshaitt. Sólichs gewalts und unrechtens ir uns doch

1 sunderen] ſonderlichen G(ac), ſonders G(pc), ſunder S. 5 ewr kaiserlichen genaden] E. gl. G, E. kÿ. gl. G(pc)3. 6 unverdrossenlich] vntroſtentlich G(ac). 7 sein vergessen] v'geſſen ſein G. 8 sunder yetz als] ſond'lich Iezmals G(ac), ſond'lich Iez alſs G(pc). 9 di] fehlt S. | betzallen] zalen S. | an] ans W, an GS. 13 in] ain G(ac). | geltschuld] gelt ſchuldig G(ac). 15 nu] fehlt G(ac). 17 erdacht] gedacht G(pc)S. 18 geslóss] ſchlöſs G. 19 hie] alhie G. 22 dennoch] durch G(ac). | dadurch beslossen] beſchloſſen G, beſchloſſsn dardurch S. 23 und1] vns W, Vnnd GS. lannd ganntz] ganze Landt G. 24 unser] die G(pc)S. 25 wáren] fehlt G(pc)S. | der] deren G(pc). 26 schátzen] ſchaden S. 27 slahen] vnd ſchlag_ G(ac). | den2] dem S. 28 erstatten] ſtehen G(ac). 29 unrechtens] vnrechts G(pc).

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[G 110v] 10

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[S 36v] 21

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Eidsteuern zugestimmt, trotz der unsicheren Lage und zu unserem großen Nachteil, und hätten gehofft, dass unsere bereitwilligen Dienste und großen Opfer, die wir zu Gunsten Eurer Kaiserlichen Gnaden bisher unverdrossen geleistet haben, nicht vergessen würden. Doch das war Eurer Kaiserlichen Gnaden weder genug noch ausreichend, sondern Eure Kaiserlichen Gnaden haben uns daraufhin, als die Söldner zu bezahlen waren, noch zusätzlich aufgefordert, mit sechstausend Gulden zu helfen. Nun werden Euer Gnaden doch wohl einsehen, dass wir nichts haben, um unsere Söldner zu bezahlen, und in empfindlich hohen Schulden stehen.

Allerdurchlauchtigster Kaiser und Herr! Da wir nicht imstande sind, Eurer Kaiserlichen Gnaden diese Hilfe zu leisten, haben Eure Kaiserlichen Gnaden einen anderen Weg erdacht und haben, wie wir hören, angekündigt, den Söldnern etliche Schlösser, namentlich Marchegg, Pottenburg, Baden, Pottenstein und das Kastenamt zu Wien bei dem roten Turm, mitsamt den Nutzen und Renten zu übergeben. Sollte dies so geschehen, so wäre dadurch dennoch kein Friede im Land erreicht, sondern beschlossen worden, uns und das Land völlig zu vernichten, weil diese nun, da wir die Ernte einfahren, von der wir uns das ganze Jahr ernähren sollten, damit beginnen, zu plündern und zu brandschatzen, die Leute zu fangen und zu ermorden, die Wägen, Pferde und andere Güter zu stehlen, die Maische vor den Weingärten auf den Boden zu schütten und sich jeder erdenklichen Boshaftigkeit zu befleißigen. Vor solcher Gewalt und solchem Unrecht solltet Ihr, als unser Landesfürst, uns doch von Rechts wegen beschützen. Hier spüren und sehen wir jedoch kein Erbarmen, sondern nur Verderben.

18 Marcheck: Marchegg, Stadtgemeinde, Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich. 19 Potenwurck: Pottenburg, Burganlage zwischen Hainburg an der Donau und Bratislava. | Paden: Baden, Bezirkshauptstadt, Niederösterreich. | Potenstain: Pottenstein, Marktgemeinde im Bezirk Baden, Niederösterreich. 20 Roten Tuernn: Roter Turm, Teil der Stadtmauer im Bereich des heutigen 1. Bezirks.

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46. Wie die purger, purgermaister, rat und gnanntt und gemain dem rómischen kaiser, als irem erblichen

als landsfúrst genádiklichen und von rechtens wegen soltet vor sein. Da wir aber lautter merckhen und sehn kain erparmung, núr verderben. ¶ Allerdúrleuchtigister kaiser, solt aber lieb und genad gegen uns erschinen sein, die wir doch wol und gróslich verdient hieten, sölh verderben wár lanngst wol und senftiklich nidergelegt warden, das yetz wol erschinn hatt. Aus dem uns ewr kaiserliche genaden zw den vier partheien in dem landsfrid, der eren aufzenemen gewesen wér, nicht hatt wellen kómen lassen, wie wol wir mit ewr kaiserlichen genaden solhs, da wir umb gefragt seinn, getreulich geraten und getan haben. Und doch ewr kaiserliche genaden an die vier partheien und sólhen landsfrid kain rechte gehorsam nymer geschehen mag. ¶ Allerdúrleuchtigister kaiser, nachmallen haben wír ewr kaiserliche genaden auf den aufgenomen und gerúefften frid, ewr kaiserlichen genaden sóldner irs solds entrichten, sy aus dem lannd abfertigen wollt, dar durch sólher frid dester fúglicher gehalten und wir unser frúcht, der wír [44rb] uns das gantz jar in unseren notdúrften petragen muessen, her in zw der statt pringen móchten. Seindmalen des aber nicht beschehen, und ewr kaiserlichen genaden lannd und leúten und uns nichts pesser ist dann der frid, den wir an ewr kaiserliche genaden ye nicht erlangen múgen. Unnd darumb seinn wir merkhundt, und das wir armm leẃt von ewr kaiserlichen genaden so gar verdacht und ring geschetzt werden und unserr armer dienst so gar wenig gedáchtnús ist, und ain úbltéter hócher fúrgenommen wírt dan frumbleẃtt und wir doch nye úbl getan haben an ewren kaiserlichen genaden, sunder uns altzeit in diemútiger gehorsam pebeist haben. Und das alles nicht hilft und sich ewr kaiserliche genad mit ewrer regentz

1 von] vor W, von GS. | soltet] ſollet GS. 3 núr] ſond' nur G(ac). 4 Allerdúrleuchtigister kaiser] allerd_ W, Allerdurchleuchtiger Khaiſer G, Allerdurchleuchtigiſter Kaÿſer S. | kaiser] fehlt W. 6 hieten] haben G(ac). | verderben] hoch v’derben G(ac). | und senftiklich] fehlt G(ac). 7 nidergelegt] nid' erlegt G(pc)S. 8 Aus dem] den G(pc), denn S. 9 der eren] fehlt G(ac), d’ ain’ G(pc). gewesen wér] fehlt G(ac), geweſen war G(pc). 10 hatt] hab S. wellen] fehlt G(pc)S. 11 umb] vmb Rath GS. 12 ewr] die G(pc)S. 13 die] den G(pc)S. | sólhen] ſolch GS. 14 nymer] nimmeꝛ mer S.

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Allerdurchlauchtigster Kaiser! Hättet Ihr Zuneigung und Freundschaft uns gegenüber offenbar werden lassen, die wir wohl und redlich verdient hätten, so wäre dieses Übel, das sich im Moment zeigt, längst und friedlich beseitigt worden. Außerdem haben Eure Kaiserlichen Gnaden uns nicht zu den vier Parteien des Landesfriedens, der früher einzuberufen gewesen wäre, kommen lassen, obwohl wir Eure Kaiserlichen Gnaden, wenn wir gefragt wurden, stets treu beraten und unterstützt haben. Und doch wird Eurer Kaiserlichen Gnaden ohne die Unterstützung aller vier Parteien und ohne einen solchen Landesfrieden kein wirklicher Gehorsam sicher sein. Allerdurchlauchtigster Kaiser! Danach haben wir Eurer Kaiserlichen Gnaden den festgesetzten und ausgerufenen Frieden umso treuer gehalten. Im Rahmen dieses Friedens hätten Eurer Kaiserlichen Gnaden Söldner entlohnt und aus dem Land gewiesen werden sollen, und wir hätten die Ernte, von der wir uns das ganze Jahr über ernähren müssen, in die Stadt bringen können. Das ist aber seitdem nicht geschehen, obwohl Eurer Kaiserlichen Gnaden Land und Leuten nichts lieber wäre als der Friede, den wir ohne Eure Kaiserlichen Gnaden niemals erreichen können. Dadurch erkennen wir, dass wir armen Leute von Eurer Kaiserlichen Gnaden nicht bedacht, sondern gering geschätzt werden und unser bescheidener Dienst so wenig Anerkennung findet und ein Übeltäter höher geschätzt wird als rechtschaffene Leute, obwohl wir uns doch nie ungebührlich gegenüber Eurer Kaiserlichen Gnaden verhalten, sondern uns allzeit in demütigem Gehorsam geübt haben. Und da das alles nichts hilft und sich Eure Kaiserlichen Gnaden mit Eurer Herrschaft gegenüber uns

15 Allerdúrleuchtigister] Allerdurchleüchtiger G. 16 gerúefften] angerueffen G(ac). 18 lannd] fehlt G(ac). 20 uns das gantz jar] das ganze Jar vns G(ac). 21 Seindmalen] ſeidt G(ac). 22 des aber] aber diſs S. | beschehen] iſt geſchehen S. 23 nichts] nit G(ac)S. 24 an] von S. 25 Unnd darumb seinn wir merkhundt] fehlt G(ac), vnd darumb ſein wier mehr khundt G(pc). 26 von ewr kaiserlichen genaden] fehlt G(ac). | verdacht] v’acht GS. 29 doch] dennoch G(ac).

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46. Wie die purger, purgermaister, rat und gnanntt und gemain dem rómischen kaiser, als irem erblichen

gen uns also haltet noch gehalten hatt, als unser herr und landsfúrst von gótlichs rechten wegen zetún schuldig ist, nach dem und wír doch gen ewr kaiserliche genad altzeitt untz her getan haben, als undertan gegen irem herren und landsfúrsten tún solten, und seidmalen, dann wir ewr kaiserliche genaden, und ewrer gnaden erben, das sún sein, mitt aiden und gelúbden verpunden seinn, so urlaub wir und múesigen uns [44va] von ewr kaiserlicher genad und ewrer genaden erben, das sún sein, von sólhen aiden und gelúbden allen, wie wir die ewr kaiserliche genad getan haben. Es sei zw erblicher huldigung, purgermaister, richter, ratt, genandt und der ganntzen gemain und aller ander ámpter hinfur kainerlai gehorsam, so wir ewr kaiserlichen genaden vormalen von eren und rechtens wegen zetún phlichtig gewesen seinn, nicht mer tún wellen, und ewre kaiserliche genaden fúrbaser weder ungelt, meẃtt, purgerstewr, noch kainerlai renntt nicht mer geben wellen lassen, so lanng untz wir mit den drein stándten ains warden seinn, dardurch wir mit in als der vierd stannd veraintleich ewr kaiserliche genaden als unserm herren und landsfúrsten gehorsam sein und gedienn múgen, als wir dann zetún schuldig sein und von alter herkhomen ist. ¶ Allerdurchleuchtigister kaiser, nu sol ewr kaiserliche genaden und maiestatt an allen zweiffel sein, das wir sólh unser múessagen, so vor berúrt ist, nicht gerne tún, noch darumb getan haben, ewr kaiserliche genaden, auch ewrer kaiserlicher genaden geméhel und ewr kaiserlicher genaden sún, als unserer herschafft, zw leibs schaden, zw smach, noch zu kainerlai widerwértikait getan haben. Sol und mag das in aller warhait an uns nit erfunden [44vb] werden, sunder, als wir hoffen, zw Gott und vertrawn haben, es sol fúr ewr kaiserliche genaden, auch ewrer genaden gemáhl,

4 untz] vns G(ac), hinzt S. | her] hieheer S. 5 dann wir] wir G(ac), wir dann S. 6 das sún sein] dz ſie, des ſun ſein, des Sün sein S. 7 aiden und gelúbden] Aidt vnd gelüb G(ac). 9 das sún sein] fehlt G(ac). 10 wie wir die] wie wie die WG(ac), wie die wir G(pc)3, wie wir die S Da G(pc)3 älter ist als G(pc), wird die Variante G(ac) nicht auf G(pc) übertragen. Zwar korrigiert G(pc) nicht selbst, man muss aber davon ausgehen, dass G(pc) mit der vorgefundenen Korrektur einverstanden war. 12 richter] Richter vnnd G(ac)S. | der] auch die S. 13 wir] wer G(ac). 16 fúrbaser] fürbaſs GS. 17 meẃtt

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5 [G 112v]

10 [S 37r]

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weder so verhält noch verhalten hat, wie es unser Herr und Landesfürst von göttlichen Rechts wegen schuldig ist, und da wir uns doch gegen Eure Kaiserlichen Gnaden stets so verhalten haben, wie sich Untertanen gegenüber ihrem Herrn und Landesfürsten verhalten sollen, und das schon seit wir mit Euren Kaiserlichen Gnaden und Euren männlichen Erben mit Eiden und Gelübden verbunden sind, so lösen wir uns und sagen uns los von Euren Kaiserlichen Gnaden und Euren männlichen Erben und den Eiden und Gelübden, die wir Euren Kaiserlichen Gnaden gegenüber getan haben. Der Bürgermeister, der Richter, der Rat, die Genannten und die ganze Gemein und alle anderen Amtsträger werden den ererbten Gehorsam in Zukunft nicht mehr leisten, wie wir es Eurer Kaiserlichen Gnaden bisher durch Recht und Ehre zu tun verpflichtet waren, und wir werden Eurer Kaiserlichen Gnaden fürderhin weder Abgaben, Steuern, Mauten, Bürgersteuern noch irgendwelche Renten abgeben, so lange, bis wir mit den anderen drei Ständen wieder vereint sind, wodurch wir mit ihnen gemeinsam als vierter Stand Eurer Kaiserlichen Gnaden als unserem Herrn und Landesfürsten gehorsam sein und dienen können, so, wie es dann unsere Pflicht und wie es von alters her üblich ist. Allerdurchlauchtigster Kaiser! Eure Kaiserlichen Gnaden sollen ohne jeden Zweifel sein, dass wir diese unsere Lossagung, wie sie oben geschehen ist, nicht gerne vollziehen und sie auch nicht dazu geschehen ist, Eurer Kaiserlichen Gnaden, Eurer Kaiserlichen Gnaden Gemahlin und Eurer Kaiserlichen Gnaden Sohn als unseren Herrschern, persönlich zu schaden, ihnen Schmach oder andere Widrigkeiten zuzufügen. Das kann und wird man uns wahrlich nicht vorwerfen, sondern, so hoffen wir im Vertrauen auf Gott, dass sie für Eure Kaiserlichen Gnaden, Eurer Kaiserlichen Gnaden Gemahlin und unseren jungen Herrn als unsere gnädigen

purgerstewr] burgerſteur Mäut G(ac). 22 gedienn] dienen G(ac). sein] fehlt GS. 24 Allerdurchleuchtigister] Allerd_ W, Aller durchleüchtiger G(pc). 26 múessagen] Miſſagen G(ac). | so vor] ſouer GS. 27 genaden] Mtl. G(ac). 29 unserer herschafft] vnſserm Herſcher G(ac), vnſserm Herſcher S. 31 werden] fehlt G(ac). 32 vertrawn] getrowen G. 33 genaden2] Mtl. G(ac).

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46. Wie die purger, purgermaister, rat und gnanntt und gemain dem rómischen kaiser, als irem erblichen

5.10.1462 (5.10.1460)

unsern jungen herren als unser genádige herscher, und darzú fúr lanndt und fúr léwtt und in kainerlai anderer unpillicher und untzimlicher widerwártikait nicht sein. Und ewr kaiserliche genaden well das in kainerlai anderer maynung von uns nicht gelauben. Und wellen darauf nach dem lanndsfrid selber trachten, wann durch den landfrid ewr kaiserliche genaden, auch land und leẃtt aufnemen, und wellen zw den drein partheyen und stétten treten, und uns mitsambt in in den landfrid geben. Wann daraus kúmpt landt und leẃtt in alts wesen und gewóndlichs herkómen, und aus dem landsfrid gett das lanntrecht, und daselb recht beschútzt und beschúrmt den landfrid und meniklich vor gewalt und unrecht. Dardurch dann ewr kaiserliche genaden als unserm herren und lanndsfúrsten dester pas gedient mag werden. Mit urkund der geschrift bewart, mit gemainer fúrgedruckten stat insigel geben zw Wienn an Erichtag nach Sand Michelstag anno Domini etc. M CCCC LXII. [45ra]

47. Item di zu den zeiten purgermaister und ratt seinn gewesen Wolfgang Holtzer, purgermaister, her Fridreich Ebmer, ratt, Ulrich Matzlásdorffer, Valentin Liephert, Hanns

1 herren als unser genádige herscher] Herſcher G(ac), Herrn alſs Vnnſer gnedig' Herſchaft G(pc), herrn, Alls vnnſsern genädig_ herrſcher S. 3 und] noch GS. | nicht sein] gethan haben G(pc)S. 4 kainerlai] Khainer G(pc)S. 5 von uns nicht gelauben] von unſs aufnemen G(ac), nicht glaubn G(pc)S. 9 geben] tretten G(ac). 10 wesen] herweſsen G(ac). 12 und meniklich vor gewalt und unrecht] fehlt G(ac), vnd Menigelich Vor dem Gwaltt vnd Vnrecht S. 16 fúrgedruckten] fehlt G(ac). 18 etc] fehlt GS. | M CCCC LXII] M CCCCº Sexagesimo GS.

21 Fridreich Ebmer: Friedrich Ebmer († vor 1466), Ratsherr (1454, 1456 –1461, 1462/1463, 1464), Stadtkämmerer (1449 –1450, 1459), Bürgermeister von Wien (ab 1463), Kramer, Ritter (seit 1453). 22 Ulrich Matzlásdorffer: Ulrich Metzleinstorffer der Jüngere († 1477

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[G 113v] 5

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[G 114r]

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Herrscher und überdies für Land und Leute und in keinerlei unrechter und unsittlicher Art und Weise geschah. Das dürfen Eure Kaiserlichen Gnaden, auch wenn anderes behauptet wird, nicht glauben. Wir werden versuchen, den Landesfrieden selbst herzustellen, und nicht mehr auf den Landesfrieden Eurer Kaiserlichen Gnaden bauen. Wir werden Land und Leute verwalten und werden uns mit den drei Parteien und Städten zusammenschließen und gemeinsam mit ihnen den Landesfrieden herstellen. Denn dadurch kommen Land und Leute wieder in die alte Rechtsordnung. Aus dem Landesfrieden ergeht das Landesrecht, das seinerseits wieder den Landesfrieden gewährleistet und viele vor Gewalt und Unrecht beschützt. Dadurch wird Eurer Kaiserlichen Gnaden als unserem Herrn und Landesfürsten umso besser gedient werden. Verbrieft und mit aufgedrucktem Siegel ausgestellt in Wien am Dienstag nach dem Tag des heiligen Michael Anno Domini etc. 1462.

47. Item, jene, die zu dieser Zeit Bürgermeister und Räte gewesen sind Wolfgang Holzer – Bürgermeister, Herr Friedrich Ebmer – Rat, Ulrich Metzleinstorffer, Valentin Liephart, Hans

oder 1478), Ratsherr (1442, 1445, 1447–1451, 1454, 1456 –1458, 1462, 1463, 1467–1469, 1473 –1476), Stadtkämmerer (1457, 1458), Steuerherr (1459 –1463), Grundbuchsverweser (1472–1474), Verweser zu St. Jeronim (1450 –1452, 1457, 1462), Bürgermeister (1464–1466), Kaufmann. | Valentin Liephert: Valtein Liephart († um 1464/1466), provisorischer Ratsherr (1463), Kanzleischreiber (1444), Amtsschreiber und Grundamtmann (1453–1455), Kellermeister (1452), Schreiber.

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47. Item di zu den zeiten purgermaister und ratt seinn gewesen

Kirichaim, puechartzt, Ódnacker, Larentz Swantz, Schonperger, Hanns Marrchart, Ravenspurger, Talhaimer, Hanns Haug, Jacob Gsméchel, Wulderstorfer, Jacob Strássel, all drei kúrsner, Hierss kramer, Menhart fleischacker, Haslpeck, Jorg Krempel.

[S 37v] [R 90]

5

48. Von hertzog Albrechts inreiten ze Wienn 20.10.1462

2.11.1462

Desselben jars an mitichen nach Luce Ewangeliste habent der Hincko, der Pémkircher und die sóldner, die in zúgehórten, und vil ander herren, ritter und knecht, lanntleẃt in Osterreich, den von Wienn von wegen des rómischen kaiser mit raub, pranntt und mórd abgesagt. Dar auff die von Wienn an Aller Seeltag den hochgeporen fúrsten hertzog Albrechten haben in gefúrt unt vil volkh in die statt Wienn. Der mit im pracht zwo gross púchsen, die man von stund legt fúr die púrckh, und damit gewaltiklichen arbaitt. Mit dem egenannten fúrsten komen auch vil herren, ritter und khnecht, [45rb] lanntlewt in Osterreich, die sich des fúrsten tail hielten und des rómischen kaisers veint waren und sólich zwitrecht

1 puechartzt] puechas G(ac), Bukcharts G(pc), purckhart S. Swantz] Schwarz G(ac), Schwaz G(pc). 2 Ravenspurger] . 3 Wulderstorfer] Welderſtorffer G(ac). 5 Haslpeck] Haſelpach G(pc)S. 9 herren] fehlt G(ac). | knecht] fehlt G(ac). 10 von2] fehlt G(ac). 14 gross] fehlt G(ac). 15 und damit gewaltiklichen arbaitt] fehlt G(ac). 19 zwitrecht] handlung vnd zwitracht G(ac).

1 puechartzt: Man unterschied zwischen Bucharzt (an einer Universität ausgebildet) und Wundarzt (Bader). Hans Kirchhaimer war Bucharzt. Sowohl G(ac), G(pc) als auch S scheint den Begriff nicht zu kennen und interpretiert ihn als Vornamen des nachfolgenden Ödenacker, der hier ohne Vorname genannt ist. Die Interpunktion der Hs. S unterstützt diese These. | Larentz Swantz: Laurenz Schwanz, Ratsherr (1452, 1454, 1455, 1458, 1459), Steuerherr (1449, 1450, 1452, 1456–1459), Grundbuchsverweser (1463), Mautverweser (1470–1475), Hausgenosse. 2 Schonperger: Laurenz Schönperger († um 1467/1471), Ratsherr (1462), Stadtrichter (1463–1464), Schreiber, Hausgenosse, vgl. Perger-Nr. 453. | Hanns Marrchart: Hans Marchart († 1463), Ratsherr (1462, 1463), Laubenherr. | Ravenspurger: Hans Ravensburger, auch Hans

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[G 114v] 10

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47. Item, jene, die zu dieser Zeit Bürgermeister und Räte gewesen sind

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Kirchhaimer – Bucharzt, Ödnacker, Laurenz Schwanz, Schönperger, Hans Marchart, Ravensburger, Talheimer, Hans Haug, Jakob Gschmechl, Wuldersdorfer und Jakob Stressl, die alle drei Kürschner sind, der Krämer Hirsch, der Fleischhacker Menhart, Haselpeck, Jörg Krempl.

48. Von Herzog Albrechts Einzug in Wien

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Im selben Jahr am Mittwoch nach Lukas dem Evangelisten sagten der Hinko, der Baumkircher und die Söldner, die zu ihnen gehörten, und viele andere Herren, Ritter und Knechte, Landleute aus Österreich, wegen der Angelegenheit mit dem Römischen Kaiser den Wienern mit Raub, Brand und Mord die Feindschaft an. Daraufhin holten die Wiener am Allerseelentag den hochgeborenen Fürsten Herzog Albrecht und viel Kriegsvolk in die Stadt Wien. Der brachte zwei große Büchsen mit, die man sofort vor der Burg aufstellte, und diese damit heftig beschoss. Mit dem vorher genannten Fürsten kamen auch viele Herren, Ritter und Knechte, Landleute aus Österreich, die auf der Seite des Fürsten standen und Feinde des Römischen Kaisers waren und die diese Zwietracht

Füg († um 1472/73), Ratsherr (1462, 1463–1465), Grundbuchsverweser (1463–1465), Urteilschreiber (1438–1472), Perger-Nr. 393. | Talhaimer: Jörg Talheimer, im Copey-Buch 1463 als Rat geführt (S. 357). 3 Hanns Haug: Hans Haug († 1489), Ratsherr (1462, 1463), Steuerherr (1488), Stadtkämmerer (1463), Kürschner. | Jacob Gsméchel: Jakob Gschmechl († um 1473/1474), Ratsherr (1459 –1460, 1462–1465), Kirchmeister zu St. Michael (1457–1465), Grundbuchverweser (1466), Kürschner. Wulderstorfer: Koloman Wuldersdorfer, († 1465/70), Ratsherr (1462, 1463), Kürschner, Perger-Nr. 545 | Jacob Strássel: Richtig: Stefan Stressl († um 1490–1491), Kürschner, Ratsherr (1462, 1463, 1466, 1470, 1472–1490). 4 Hierss: Hans Hirsch († um 1472/1475), Wiener Ratsherr (1462–1463), Krämer, Einnehmer der Moststeuer (1462–1463). | Menhart: Jakob Menhart († um 1472–1475), Ratsherr (1462, 1463), Fleischhacker, vgl. Perger-Nr. 347. 5 Haslpeck: Konrad Haselpeck († um 1475–1485), Bäcker, Ratsherr (1462–1463), Perger-Nr. 259. | Jorg Krempel: Jörg Krempl († um 1470 –1474), Ratsherr (1462–1463), Kellermeister (1462, 1463), Diener des Herrn Hans von Liechtenstein (1444, 1445).

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48. Von hertzog Albrechts inreiten ze Wienn

zwischen den herren und brúedernn von irs aigen nutz wegen angefengt heten. Die di purger und gmain vasst stérckten in iren fúrnemen, und der benannt hertzog Albrecht was mit hérberg in dem Praghaus.

49. Von der verpintnúss und dem landsfrid 5.11.1462

29.9.1464

5.11.1462

Desselben jars an freitag nach Allerheiligen tag ist der hochgeporen fúrst, hertzog Albrecht von Ósterreich, mitt ettlichen herren, ritter und knechten des benanten fúrstentumbs underhalb der Enns, mitsambt den von Wienn in ainen lanndfrid und pinntnúss, die man in dem Probsthoff lesen lies, gangen auf zwai jar, die sich zw Sannd Michelstag des vier und sechtzigisten jars ennden werden. Aber die rauberei wúchss allenthalben umb Wienn und hórt dennoch nit auff, und der rómisch kaiser hielt sich mit werhaffter hanntt in der púrckh und lies schiessen und werffen aus púchsen und mórsernn gross stain [45va] in die statt und héwser, unnd nyemandt tórst offenwar gen von Sand Michel zw Peilertór. In der zeit wúrden menig taiding angestóssen mit dem rómischen kaiser, der sich aber in kain taiding wolt geben und lies albeg fúrhalten, das geslos múst sein freitthof sein. ¶ Desselben Iars am freitag vor Leonardi haben die sttétt Krembs, Stain, Korennewnburgk den von Wienn abgesagt und haben darauff desselbigen tags des kunigs von Pehems sun, den von Sternnberg und ander mit irem volk in gelassen. Die darnach zugen gen Ortt, daselbs sy úber das wasser kómen und sluegen sich allenthalben umb Vischamund in die dórffer und warten auf die lannttleútt Steir, Kérnden und Krain und auch ettlich lanntlewtt von

1 brúedernn] Fürſten G(ac). | irs] Jren G(ac). 4 mit1] war zue S. Praghaus] plaghaws W, praaghaus G(ac), praaghauſss G(pc), praglhauſs S. 7 von Ósterreich] fehlt G(pc)S. 8 herren] Landtherrn G(ac). 9 underhalb] vnder G. 10 pinntnúss] peüdnus S. 11 Probsthoff] Brobſthoff zue Wienn G(ac). | sich] ſÿ G(ac). | zw] an G(pc)S. 13 werden] werdt G(ac). | wúchss] würx S. 14 dennoch] dannach G. 19 mit] zwiſchen G(ac). 22 Iars] fehlt W, Jars GS. 23 Krembs Stain] Stain, Chrembſs G(ac). 25 mit] fehlt G(ac).

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5 [G 115r]

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15 [R 91] [G 115v] 20

[S 38r] 25

48. Von Herzog Albrechts Einzug in Wien

zwischen den Herren und Brüdern aus Eigennutz befeuert hatten. Diese unterstützten die Bürger und die Gemein stark in ihrem Unterfangen. Der genannte Herzog Albrecht bezog im Praghaus Quartier.

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49. Von dem Bündnis und dem Landesfrieden Im selben Jahr am Freitag nach Allerheiligen ist der hochgeborene Fürst, Herzog Albrecht von Österreich, mit etlichen Herren, Rittern und Knechten des genannten Fürstentums unterhalb der Enns und mit den Wienern einen Landesfrieden und ein Bündnis auf zwei Jahre eingegangen, die man im Propsthof verlesen ließ und die am Tag des heiligen Michael im vierundsechzigsten Jahr enden würden. Aber das Rauben rund um Wien nahm weiter zu, anstatt aufzuhören, und der Römische Kaiser hielt sich wehrhaft in der Burg und ließ mit Büchsen und Mörsern große Steine auf die Stadt und die Häuser schießen und werfen, und niemand traute sich, ohne Deckung von St. Michael zum Peilertor zu gehen. Zu dieser Zeit wurden dem Kaiser oft Verhandlungen vorgeschlagen, doch der war zu keiner Verhandlung bereit und ließ immer nur ausrichten, das Schloss werde sein Friedhof sein. Im selben Jahr am Freitag vor Leonhard kündigten die Städte Krems, Stein und Korneuburg den Wienern das Bündnis auf und holten noch am selben Tag den Sohn des Königs von Böhmen, den von Sternberg und andere mit ihrem Kriegsvolk. Danach zogen diese Richtung Orth, wo sie über die Donau setzten, in den Dörfern rund um Fischamend lagerten und auf die Landleute aus der Steiermark, aus Kärnten und Krain und auch auf etliche Landleute aus Österreich warteten. Am selben Tag, am Samstag nach Martin, belagerten der Viktorin – der Sohn

18 Sand Michel: Michaelerkirche, heute im 1. Wiener Gemeindebezirk. | Peilertór: Stadttor zwischen Kohlmarkt und Tuchlauben. 23 Stain: seit 1938 Stadtteil von Krems an der Donau, Niederösterreich. 28 Vischamund: Fischamend, Stadtgemeinde im Bezirk Bruck an der Leitha, Niederösterreich. 29 Krain: Ehem. Herzogtum.

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49. Von der verpintnúss und dem landsfrid 13.11.1462

14.11.1462 16.11.1462

18.11.1462

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20.11.1462

Ósterreich. Desselben tag am Sambstag nach Martini sind für die statt Wienn mit veld der Victorin, des kúnigs von Pehem sun, der von Sternnberck, die herren und lanntleútt von Osterreich, Steir, Kernnden und Krain. Der hawbtman was her Ian der Witowitz, und sluegen sich nyder neben dem dorff [45vb] Intzesdorff und heten zwai héer und prenten ab umb Wien vil múl und dórffer. Desselben jars an Suntag nach Martini ist kómen gen Korennewnburgk mit ainem grossem héer der kúnig von Pehem. Zw dem raitt hertzog Albrecht in gelaitt, am eritag vor Elizabet. Do ward angestóssen ein taiding zwischen dem rómischen kaiser und hertzog Albrechten. Die mocht aber nicht beslossen werden und hertzog Albrecht kom wider gen Wienn. ¶ Desselben jars am pfintztag vor Elizabett habent die zwai heér zw Intzesdorff aufgeprochen und sind zogen úber den Wiennerperg gegen Wienn und sluegen sich nyder pei Gumppendorf. Darnach des nachts komen sy mitt irem volkh gen Sand Ulreich, da sy schickten den sturmm. Und des margens an Sand Elspeten tag als umb achte traten sy zw dem zawn und hueben an den zestúrmen. Do verlúren sy drei stúrmm und wúrden wol als auf zwaihundert erschossen und erslagen und vil namhaffter herren, ritter und knecht gefangen. In wúrden auch [46ra] da genomen zwo púchsen und anderr zeug, wenn die hawer und das gemain volkh sich gar vasst werten. ¶ Desselben jars am sambstag nach Elizabett prachen auf die veintt zw Gumppendorf und zugen von dann uber den Wiennerperig und sluegen sich gen Hindperg und allenthalben daselbs umb in die dórffer. Do ward aber angefengt ain taiding von dem kúnig von Pehem zwischen

4 von] in W, von GS. | und] fehlt G. 5 Ian der Witowitz] Iohann der Wittobiz G(ac), Ian Wittobiz G(pc), Ian Witowiz S. 6 und prenten] fehlt G(ac). 16 sind] ſich W, ſeindt GS. 19 da] das GS. 20 achte] Achte vhr G(pc). 21 an den] fehlt G, den an S. | Do verlúren sy drei stúrmm] fehlt G. 22 als] fehlt S. 23 vil namhaffter] vil Manhaffter G(pc)S. 25 das] fehlt G. 26 gar] fehlt G. 28 dann] daꝛ S. 31 von1] zwiſchen G(ac). | zwischen] vnd zwiſchen GS.

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[G 116r] 5

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49. Von dem Bündnis und dem Landesfrieden

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des böhmischen Königs –, der von Sternberg, die Herren und Landleute aus Österreich, der Steiermark, Kärnten und Krain Wien. Der Hauptmann war Herr Jan Witowitz. Neben dem Dorf Inzersdorf schlugen sie ihr Feldlager auf. Sie hatten zwei Heere und brannten um Wien viele Mühlen und Dörfer nieder. Im selben Jahr am Sonntag nach Martin kam der König von Böhmen mit einem großen Heer nach Korneuburg. Unter Geleit ritt Herzog Albrecht am Dienstag vor Elisabeth zu ihm. Da wurde eine Verhandlung zwischen dem Römischen Kaiser und Herzog Albrecht angestrebt, die aber nicht stattfand, und Herzog Albrecht kam wieder nach Wien.

Im selben Jahr am Donnerstag vor Elisabeth brachen die beiden Heere von Inzersdorf auf und zogen über den Wienerberg in Richtung Wien und lagerten bei Gumpendorf. Danach kamen sie in der Nacht mit ihrem Kriegsvolk nach St. Ulrich, von wo aus sie den Sturm begannen. Morgens am Tag der heiligen Elisabeth etwa um acht rückten sie zur Palisade vor und begannen diese zu bestürmen. Drei Sturmangriffe schlugen fehl, und es wurden wohl zweihundert erschossen und erschlagen, und viele namhafte Herren, Ritter und Knechte wurden gefangen genommen. Sie verloren auch zwei Büchsen und anderes Kriegsgerät, denn die Hauer und das gemeine Volk wehrten sich wacker. Im selben Jahr am Samstag nach Elisabeth brachen die Feinde von Gumpendorf auf, zogen über den Wienerberg und lagerten vor Himberg und in den umliegenden Dörfern. Dort wurde vom König von Böhmen abermals eine Verhandlung zwischen dem Römischen Kaiser und Herzog Albrecht, seinem Bruder, in Korneuburg

2 Victorin: Viktorin von Münsterberg (* 1443, † 1500), Sohn Georgs von Podiebrad aus erster Ehe. 16 Intzesdorff: Inzersdorf bei Wien, bis 1938 eigenständige Gemeinde, heute Stadtteil Wiens im 23. Wiener Gemeindebezirk Liesing. 18 Gumppendorf: Gumpendorf, heute Teil des 6. Wiener Gemeindebezirks Mariahilf. 19 Sand Ulreich: St. Ulrich, bis 1850 eigenständige Vorstadtgemeinde, heute Teil des 7. Wiener Gemeindebezirks Neubau. 29 Hindperg: heute Himberg bei Wien, Marktgemeinde im Bezirk Bruck an der Leitha, Niederösterreich.

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49. Von der verpintnúss und dem landsfrid

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dem rómischen kaiser und hertzog Albrechten, seinem brueder, zw Korennewnburg. Daselbs hin der kaiser schickt her Sigmunden Sebriacher und Iórgen Chúnacher. Dar kom auch hertzog Albrecht in aigner person. Desgeleichen schickten die von Wienn den purgermaister und ander, und die taiding ward in sólher mass fúrgenómen und beslossen, das hertzog Albrecht dem rómischen kaiser solt abtreten alle geslósser, die er im in dem krieg hiett abgedrungen, und so das beschách, dann so solt der rómisch kaiser seinem brueder widerumb [46rb] abtreten der regier des lannds Ósterreich und solt in das auf acht jar regiernn lassen, und eins yeden jars solt hertzog Albrecht geben dem rómischen kaiser IIII tausent gulden albeg zw Sand Nicklas tag an alles vertziehen. Und all gefangen solten zw paider seytt ledig sein und solt fúrbaser kain tail dem anderen von der sachen wegen kainerlai veintschaft noch unbilln nicht zwziehen. An solher taiding paid tail ain benúegen heten, doch so solt die taiding angevér anstén, untz der rómisch kaiser selbs gen Newnburg kém, das dann die brieff gevértigt wúrden. Das ward darumb getan damit der kaiser khom aus der púrck, wenn er und die seinen abgang heten an der speis und nu lang geessen heten kleiblein prótt und wasser getrunckhn, denn dem herren was noch ein wenig fúrgesehen mit wein und pratt, das aber nit lanng gewert hiett. Doch ee wenn der kaiser gen Newnburg kom, múst die sach verbriefft und darnach, in gegen[46va]wúrtikait des kaisers, sollten auch all artickel zw ennd beslossen werden. ¶ Desselben jars an Sand Barbara tag ist der rómisch kaiser mit seiner gemáhl und dem jungen herren zw Wienn aus der púrckh ausgetzogen und hatt sein gemáhel belaitt untz

2 Daselbs hin] Dahin G(ac). | schickt] hinſchickhet GS. 3 Iórgen Chúnacher] Georg Khinockher G, Jörgn Thumacher. 7 rómischen] fehlt G(pc)S. 8 alle geslósser] alle geſchlöſſer G(ac), alle die ſchlöſſer G(pc)S. 9 abgedrungen] eingenoen G. 13 geben … vertziehen] […]Verziehen geben G. 15 solten] ſoldner G. | kain tail dem anderen] fehlt G(pc)S. 16 der] den S. 17 nicht] fehlt G(ac). 21 kaiser] Rom: Khaÿſer G. 22 heten1] in d' Burkh G(pc)S. | der] fehlt G(pc)S. | nu] fehlt G(pc)S. 24 was] wardt G(ac). 26 verbriefft] Verbrüefft werden G(ac). 27 auch] fehlt GS. | zw

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[G 117r] [S 38v] 5

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49. Von dem Bündnis und dem Landesfrieden

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vorgeschlagen. Dorthin schickte der Kaiser Herrn Sigmund Sebriacher und Jörg Kainach. Herzog Albrecht kam höchstpersönlich dahin, und die Wiener schickten den Bürgermeister und andere. So fand die Verhandlung statt und hatte zum Ergebnis, dass Herzog Albrecht dem Römischen Kaiser alle Schlösser, die er ihm im Krieg abgenommen hatte, zurückgeben sollte, und wenn das geschähe, sollte der Römische Kaiser seinem Bruder im Gegenzug die Herrschaft über das Land Österreich abtreten und ihn acht Jahre lang regieren lassen. Jedes Jahr, immer am Tag des heiligen Nikolaus, sollte Herzog Albrecht dem Römischen Kaiser dreitausend Gulden geben, und zwar ohne jeden Aufschub. Und alle Gefangenen auf beiden Seiten sollten freigelassen werden, und keiner der beiden sollte dem anderen in Zukunft aufgrund der Angelegenheit Feindschaft oder Unbill entgegenbringen. Beide Seiten waren mit diesen Ergebnissen zufrieden, doch die Verhandlungen mussten ausgesetzt werden, bis der Römische Kaiser persönlich nach Korneuburg käme, um die Verträge zu unterzeichnen. Dies wurde deswegen verlangt, damit der Kaiser aus der Burg kommen konnte, denn er und die Seinen hatten zu wenig Nahrung und hatten schon lange nur Kleiebrot gegessen und Wasser getrunken. Nur der Herr war noch mit ein wenig Wein und Brot versorgt, was aber nicht mehr lange gereicht hätte. Doch bevor der Kaiser nach Korneuburg kam, musste die Angelegenheit schriftlich festgehalten werden, und danach, in Gegenwart des Kaisers, sollten die Artikel endgültig beschlossen werden. Im selben Jahr am Tag der heiligen Barbara zog der Römische Kaiser mit seiner Gemahlin und dem jungen Herrn aus der Wiener Burg aus, und er begleitete seine Gemahlin bis St. Tibold, wo sie und der junge Herr von

ennd] ganz zum Endt S. ge†n G(pc), bis gen S.

30 dem] fehlt S.

31 – 208,1 untz fúr] vnz

3 Sigmunden Sebriacher: Sigmund von Sebriach, Landeshauptmann der Markgrafschaft Krain (1463–1467, 1470–1482). | Iórgen Chúnacher: Georg von Kainach, steirischer Adeliger, kaiserlicher Pfleger von Eppenstein, Rat Friedrichs III.

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49. Von der verpintnúss und dem landsfrid

fúr Sand Tiboltt, daselbs sy und den jungen herren genomen haben die herren von Steir, Kernnden und Krain und haben sy mit wúrden belaitt in die Newnstatt. Darnach belait der Victorin, des kunigs von Pehem sun, durch die Schefstrass ze Wienn, untz gen Korennewnburg, als mit tausent pferdten den rómischen kaiser. Do hueb man an all artickel, die in der taiding aufgeschriben und fúrgenomm warden zw besliessen. Do ward am erssten fúrgenomm der artickel von wegen der gefangen, der under anderen artikeln der lesst was. Der ward zw end beslossen. Darnach scheub auf der kúnig die sach untz nach éssens. Da ward es ze spatt und des [46vb] margens frue vor tags prachen auff der rómisch kaiser und der kúnig mit einander und zugen gen Grossen Entzesdorff, und ward nichts mer getaidingt aus den sachen, súnder hertzog Albrecht hett ein verschreibung, und die gúten gefangen wúrden all ledig. Dieselb verschreibung der kaiser darnach widerrúfft und bezech hertzog Albrechten, er hiett im der nicht gehalten, und hueb sich an grosser krieg in dem lannd von paiden herren und ward also verbúgst und verdérbt untz auf das hindrisst mit huldigung, rawb und prannt. Zw Grossen Entzedorff, waren der rómisch kaiser und der kunig von Pehem peieinander drei tag, darnach nam úrlaub der kúnig von dem kaiser und zach mit seinem volkh haim in sein lannd, und der rómisch kaiser zoch gen Pruck auff der Leita und darnach in die Newnstatt, und der hertzog kom gen Wienn und lies auff der schuel horen die verschreibung des frids, [47ra] die zwischen dem rómischen kaiser und sein durch den kúnig von Pehem was beslossen

1 – 3 daselbs … Newnstatt] daſelbſt ſie ſambt den Jungen herrn von Steÿrer, Kharndten vnd Crain empfang_ vnd haben ſie wid' belaittet in die Neuſtatt G(ac), daſelbſt ſie vnd den Jungen herrn genohmen haben die herrn von Steÿrer, Kharndten vnd Crain vnd haben ſie wid' belaitt vnzt in die Neuſtatt. G(pc), daſelbs ſie, vnd den Jungen herrn genoen haben, die herrn Von Steür, Kärntn, vnd Crain, vnd haben ſie mit würden plait hinzt in die Neuſtatt S. 5 untz] hinzt S. 8 fúrgenomm] fürgehalten GS. 11 éssens] eſſen G, dem eſſen S. 14 Grossen Entzesdorff] groſſen Rüznſstorff G(pc). 16 verschreibung] Verſchreiben S. 17 der kaiser darnach widerrúfft] darnach der Khaiſer widerumb verruefft G(pc)S. 18 im der] in dem auch G(ac), im das G(pc). 20 verbúgst] v'wieſt G(ac), v'wiegſt G(pc), verwüeſt S. | untz auf das hindrisst] fehlt G(ac), auf dz hind'iſt

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49. Von dem Bündnis und dem Landesfrieden

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den Herren der Steiermark, von Kärnten und Krain in Empfang genommen und mit allen Würden nach Wiener Neustadt geleitet wurden. Danach geleitete der Viktorin, der Sohn des Königs von Böhmen, den Römischen Kaiser mit tausend Berittenen durch die Scheffstraße bei Wien bis nach Korneuburg. Dort begann man, alle Artikel, die im Zuge der Verhandlung aufgeschrieben worden waren, zu beschließen. Zuerst wurde der Artikel über die Gefangenen bearbeitet, der unter allen Artikeln der unbedeutendste war. Der wurde endlich beschlossen. Danach verschob der König die Angelegenheit bis nach dem Essen. Dann wurde es zu spät, und am Morgen früh vor Tagesanbruch brachen der Römische Kaiser und der König miteinander auf und zogen in Richtung Groß-Enzersdorf, und so wurde in der Angelegenheit nicht weiter verhandelt, und nur Herzog Albrecht hatte eine schriftliche Zusicherung, durch die alle wertvollen Gefangenen freigelassen werden sollten. Diese Zusicherung widerrief der Kaiser später und bezichtigte Herzog Albrecht, er habe sich nicht an sie gehalten. Und so begann ein großer Krieg zwischen den beiden Herren, und das Land wurde zerschossen und bis in den hintersten Winkel durch Huldigung, Raub und Brand zerstört. Der Römische Kaiser und der König von Böhmen blieben drei Tage in Groß-Enzersdorf beieinander. Danach verabschiedete sich der König vom Kaiser und zog mit seinem Kriegsvolk heim in sein Land, und der Kaiser zog nach Bruck an der Leitha und danach nach Wiener Neustadt. Der Herzog kam nach Wien und ließ in der Schule die Niederschrift des Friedens verlesen, der zwischen dem Römischen Kaiser und ihm durch die Vermittlung des Königs von Böhmen geschlossen und ausgehandelt worden war. Er fragte die Bürger, ob sie ihm

G(pc)S. 21 Zw Grossen Entzedorff] fehlt G(ac). 22 waren] wann G, war S. | rómisch] fehlt S. 25 Pruck auff der Leita] pruckh an der Leytta G(ac), pruckh auf die Leytta G(pc)S. 28 dem] des G(pc)S. 29 was] ward G(pc).

5 Schefstrass: Scheffstraße, heute nicht mehr existent. Damals vor dem Stubentor und noch diesseits des Wienflusses, zwischen Fluss und Stadtmauer verlaufend. 14 Grossen Entzesdorff: GroßEnzersdorf, Stadtgemeinde, Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich.

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49. Von der verpintnúss und dem landsfrid

und betaidingt, und fragt die purger, ob sy mit im in sólhen frid sein und steen wolten. Do ward seinen genaden fürgehalten und von in zúgesagt, sy wolten darinn stén. Darauf begert der fúrst an die benanten purger, in die púrckh in zeanntwúrten und als ainem regierunden fúrsten ze swéren. Des namen in die purger ein gedéchtnúss, und dem fúrsten ward darnach von in zúgesagt das zetún.

50. Wie die von Wienn hertzog Albrechten haben gesworen 26.12.1462

6.1.1463

Desselben jars an Sand Stephans tag in den weinachtveirtagen haben die von Wienn hertzog Albrechten auf die verschreibung, zwischen seiner genaden und dem rómischen kaiser gemacht, gesworen und anntwúrten im darauf zu seinen hannden die púrck als ainem regierunden fúrsten, die er zwhanndt innam und besas. Darnach schraib er aus ainen lanndtag auf der heiligen drei kúnigen [47rb] tag. Do komen prelaten, herren, ritter und knecht aber doch nicht gantz. Es komen auch nicht die von stéten, súnder die von Newnburg, Tulln und Ybs. Die sanndten die yeren, wann sy under seiner gewaltsam waren. Darauf verpatt der rómisch kaiser allen preláten, herren, ritternn und knechten, an den von stéten solichen lanndtag nit ze besúechen und setzt in dem selben seinem schreiben úrsach, wie der benanndt hertzog Albrecht, sein prueder, den ausspruch, den der kúnig von Pehem zw Korennewnburg zwischen in getan hiett, nicht nachkomen wér. Dennoch ward durch die prelaten, herren, ritter und knecht, die pei dem lanndtag ze Wienn, fúrgenomen ain gemaine landtstewr auf all weingérten zetún, von ainem Iewch ze geben I Pfundt Pfenning,

1 im in] fehlt G(ac). 3 in] Ime GS. 5 in zeanntwúrten] ein zegeben G(pc)S. 7 das zetún] Sie wolten dz thuen etc. G(pc), ſie wolten dz thain S. 10 tag] fehlt G(ac). | den] fehlt G(ac). 15 fúrsten] Herrn G(ac). 20 Die sanndten die yeren] fehlt G(ac). 22 an] Auch GS. 25 ausspruch] auſpruch W, Auſſpruch GS. 28 dem] dei W, dem GS. 30 von ainem Iewch ze geben] fehlt G(ac), vnd ain Iwch zu gebn G(pc), Vnd ein Ioch zuegeben S.

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49. Von dem Bündnis und dem Landesfrieden

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zustimmten und den Frieden einhalten wollten. Da wurde Seiner Gnaden zugestimmt und ihm von ihnen zugesagt, dass sie zu dieser Sache stehen wollten. Daraufhin verlangte der Fürst von den genannten Bürgern, ihm die Burg zu überantworten und ihm als ihrem regierenden Fürsten Gefolgschaft zu schwören. Darüber nahmen die Bürger eine Bedenkzeit und willigten danach ein.

50. Wie die Wiener Herzog Albrecht Gefolgschaft geschworen haben 10

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Im selben Jahr am Tag des heiligen Stephan in den Weihnachtsfeiertagen haben die Wiener Herzog Albrecht auf die Vereinbarung hin, die zwischen Seiner Gnaden und dem Römischen Kaiser getroffen worden war, Gefolgschaft geschworen und ihm, als regierendem Fürsten, daraufhin die Burg überantwortet, die er sofort in Besitz nahm und bezog. Danach schrieb er einen Landtag für den Dreikönigstag aus. Dorthin kamen Prälaten, Herren, Ritter und Knechte, aber nicht alle. Auch die aus den Städten kamen nicht, außer jene aus Korneuburg, Tulln und Ybbs. Die sandten die Ihren, denn sie waren seine Untertanen. Daraufhin verbat der Römische Kaiser allen Prälaten, Herren, Rittern und Knechten, aber nicht jenen aus den Städten, diesen Landtag zu besuchen, und begründete es in seinem Schreiben damit, dass der genannte Herzog Albrecht, sein Bruder, dem Abkommen, das der böhmische König in Korneuburg zwischen ihnen vermittelt hatte, nicht nachgekommen sei. Trotzdem wurde von den anwesenden Prälaten, Herren, Rittern und Knechten auf dem Landtag zu Wien beschlossen, eine allgemeine Landsteuer auf alle Weingärten einzuheben und für ein Joch ein Pfund Pfennig (240 Pfennige) zu geben,

20 Ybs: Ybbs an der Donau, Stadtgemeinde im Bezirk Melk, Niederösterreich.

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50. Wie die von Wienn hertzog Albrechten haben gesworen

desgeleichen auf der preláten gúeter und aller gotzgab der priester und auf all dínstleẃt etc.

[R 95] [S 39v]

51. Wie der Pémkircher Korennewnburgk hat ingenomen 1.2.1463

Desselben jars an sambstag vor Purificationis Mariæ hat der rómisch kaiser Andreen dem Pémkiricher verschriben [47va] auf den nútzen und réntten der statt zw Korennewnburg VI tausent gulden in sölicher maynung, das er sich von den zwain tailen derselben nútz und rénntt der vorgenanten geltschult betzallen und den drittail zw zúrichtung der benannten statt gefallen sol lassen. Darauf er die statt ingenomen und ain púrckh in derselbn statt gemacht hatt in der stattmaur hinden pei dem pharrhoff. Darzw er eingefangen hatt einen túrnn, das er und die sein aus der egénanten statt in und auskomen múgen an irrung der purger.

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[G 120v] 10

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52. Anno Domini M° CCCC° LXIII° 25.2.1463

Desselben jars an freitag vor Invocavit kom in das ratthaws ze Wienn der hochgeporen fúrst hertzog Albrecht und liess hóren den ratt, genanndt und gemain ettlich ebrenisch brieff, die Hans Wisent, richter zw Perchtolsdorf, ainem juden daselbs solt genomen haben und seinen fúrstlichen genaden zúgeschickt hiett, die Symon Póltl und Niklas Téschler dem Reicholf, dem Angervelder, [47vb] dem

1 desgeleichen] deſsſelbn G(pc)S. | der1] die G(ac). | aller gotzgab der priester] auf alle güetter vnd des prieſter Gottesgab G(ac), auf aller prieſter Gottesgab G(pc)S. 2 all] die G(pc)S. | etc.] fehlt GS. 6 Andreen dem Pémkiricher] Andreen dem prinkirchner G(ac), Andreen dem pamkircher G(pc), Andree pamkhircher S. 7 auf den] fehlt G(ac). 9 den] denen G(ac). | rénntt] Renndten G(ac). 11 zúrichtung] zuuerrichtung G(ac). | sol] fehlt G(ac). | lassen] Ablaſſen G(pc). 16 purger] burg', Damit das loch zerſtört vnd v'wüeſt wierdt G(ac). 20 den] fehlt G(ac). | ebrenisch] Hebraiſch G, Ebreiſch S. 24 Angervelder] Angenuelder G.

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[G 121r] 21

50. Wie die Wiener Herzog Albrecht Gefolgschaft geschworen haben

ebenso auf alle Prälatengüter, alle Pfründe der Priester und auf alle Dienstleute etc.

51. Wie der Baumkircher Korneuburg einnahm

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Im selben Jahr am Samstag vor Lichtmess sprach der Römische Kaiser Andreas Baumkircher aus den Nutzen und Renten der Stadt Korneuburg sechstausend Gulden unter der Auflage zu, dass er zwei Drittel dieser Nutzen und Renten als Bezahlung der vorher genannten Geldschulden und das letzte Drittel zum Ausbau der Stadt verwenden solle. Daraufhin nahm er die Stadt in Besitz und errichtete eine Burg in derselben Stadt an der Stadtmauer, hinten beim Pfarrhof. Zusätzlich friedete er einen Turm ein, damit er und die Seinen ohne Hinderung durch die Bürger ein- und ausgehen konnten.

52. Anno Domini 1463 Im selben Jahr am Freitag vor dem ersten Fastensonntag kam der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht ins Wiener Rathaus und ließ dem Rat, Genannten und Gemein etliche hebräische Briefe verlesen, die Hans Wisent, Richter in Perchtoldsdorf, angeblich einem dort ansässigen Juden abgenommen und Seinen Fürstlichen Gnaden zugeschickt hatte, die Simon Pötel und Niklas Teschler an den Reicholf, den Angerfelder, den Ödnacker, den Kürschner Tenk und Stefan Kisling geschrieben hatten und die unter anderem enthielten, dass sie Seine Gnaden mit Gift töten sollten. Sie sollten die Stadt auch möglichst bald an mehreren Stellen in Brand setzen, damit die Räuberhöhle zerstört und verwüstet werde. Über all das beklagte sich

21 Hans Wisent: In der ÖC Richter in Perchtoltsdorf (1463), zu Thoman Wisent S. Perger-Nr. 542. 23 Symon Póltl: Simon Pötel († 1483), Ratsherr (1441–1448, 1450 –1455, 1460–1461), Grundbuchverweser (1441–1442), Kirchmeister zu St. Stephan (1444–1456), Edler (seit 1468), Kaufmann, Hausgenosse.

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52. Anno Domini M° CCCC° LXIII°

Ódnacker, dem Tenckkúrsner, und Stephan dem Kisling zúgeschriben hieten, die under anderem innhielten, wie sy gegen seinen genaden mit gifft handeln solten, dardurch er wúrd umbpracht. Si solten auch die statt an ménigen enden antzúndten und das pald tún, damit das schacherloch zustórt und verbúgst wúrd, und erklagt sich des alles gegen in aus trawrigem hertzen und maintt, sein genad wár allso gar unsicher hie bei in. Pei solichem erklagen auch gegenwártig was die universitett ze Wienn und begert, die obgenanten purger zuhanden ze nemmen und von einander ze súndernn etc. Darauff anttwúrt der Reicholf, wie im umb sólh schreiben nit wár wissenlich, darinn in der Póltl oder der Teschler bestymbt hieten. Wenn es wár offenbar, das er und der Póltl nu ettliche jar mitteinander stúenden in recht von ainer sum gelts wegen, dardurch er sólh gehaim zw im nicht mócht gehaben. Desgeleichen beredten sich auch die anderen [48ra] und paten sein fúrstlich genad, khain géch an in nicht ze begén, súnder sich pas in den sachen zw verchunden. Wúrden sy dann schuldig erfunden, das dann sein genad mit in handelt, als in zúgehóret. ¶ Darauf tett antwúrt der fúrst, er wár nicht ein pluet vergiesser und wolt an in kain géch begén, sunder er wolt sich pas in den sachen erkunden. Wúrd sich dann mit genúgsamer bewárung erfinden, das sy an den sachen schuld hieten und sólh úbel wolten an seinen genaden volfúrt haben, er wolt sy darumb straffen als in zúgehórt, wenn im wér sein leben als lieb als in das ír. Darauf wúrden die vorgenanten purger zehannden genomen in vénckhnúss und von einander gesundert. Und als der

4 solten] wolten G(ac), ſollen S. | statt] stett G(ac). 5 enden] ortten S. 6 schacherloch] loch G(ac), ſchaher log S. 7 maintt sein genad] Maint ſein Fürſtlich Gnad G(ac), ſein gnad maint S. 8 allso gar] alſo G(ac), gar G(pc)S. | hie] fehlt G(ac). 10 obgenanten] fehlt G(pc)S. | ze nemmen] Nemen S. 11 etc] fehlt GS. | anttwúrt] antworttet G(ac). 15 mitteinander stúenden] ſtund_ mit ainand' G(pc). | von] vmb G(pc)S. | wegen] fehlt G(pc)S. 16 sólh gehaim zw im] zu Im ſolch gehaimb G(pc)S. | gehaben] haben G(pc)S. 18 nicht ze begén] zue tuen G(pc)S. 19 pas in den sachen] in den ſachen baſs G(ac). 22 tett antwúrt] Antwort tet G(ac). 23 begén] nit begehen G(ac). 24 Wúrd] wuerd ob G(ac). 26 wolten] fehlt GS. 27 er wolt] wolt Er G(ac). | in] im G(ac)S. | zúgehórt] zue

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10 [G 121v] [R 96]

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25 [S 40r] [G 122r]

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52. Anno Domini 1463

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Seine Gnaden mit traurigem Herzen und meinte, er sei absolut nicht sicher hier bei ihnen. Bei dieser Anklage war auch die Universität Wien zugegen und verlangte, die oben genannten Bürger sofort festzunehmen und voneinander zu trennen etc. Darauf antwortete der Reicholf, er wisse nichts von solchen Briefen, in denen der Pötel oder der Teschler ihn angeschrieben hätten. Es sei doch öffentlich bekannt, dass er und der Pötel seit etlichen Jahren wegen einer Geldangelegenheit in einem Rechtsstreit lägen, und deswegen würde er mit ihm nicht solche Geheimnisse teilen. In gleicher Weise sprachen auch die anderen und baten Seine Fürstlichen Gnaden, sie nicht vorschnell zu verurteilen, sondern sich in der Angelegenheit eingehender zu erkundigen. Würden sie dann für schuldig befunden, sollten Seine Gnaden so mit ihnen verfahren, wie es ihnen zustünde.

Darauf antwortete der Fürst, er sei kein Blutvergießer und wolle sie nicht vorschnell verurteilen, sondern sich in der Angelegenheit weiter erkundigen. Würde sich dann nach ausreichenden Nachforschungen herausstellen, dass sie in der Sache schuldig seien und tatsächlich ein solches Verbrechen an Seiner Gnaden begehen hätten wollen, werde er sie dafür so bestrafen, wie es ihnen zustünde, denn ihm sei sein Leben genauso lieb wie ihnen das ihre. Daraufhin wurden die vorher genannten Bürger sofort gefangen genommen und voneinander getrennt. Und als

gepüert S. 28 wenn] Dann S. | sein] dz S. | als1] ſo G(ac)S. 29 vorgenanten] obgenantn S. 30 vénckhnúss] gefenckhnus GS. gesundert] geſezt G(pc)S.

1 Tenckkúrsner: Stephan Tenk († um 1473–1474), Kürschner, Ratsherr (1445 –1448, 1451, 1453 –1454, 1456–1458, 1461–1462), Kürschner. | Stephan dem Kisling: Stefan Kisling der Ältere († 1480), Wiener Ratsherr (1464, 1468–1471, 1476–1478), Steuerherr (1468, 1469, 1471–1478), Vater zu St. Tibold (1468).

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52. Anno Domini M° CCCC° LXIII°

23.3.1463

27.2.1463

4.3.1463

purgermaister, ratt und auch die anderen purger verstuenden, das den obgenanntn iren mitpurgernn beschách ungútlich und kain genúgsame pewárung gegen in in der sachen nicht ward fúrbracht, giengen sy zw dem fúrsten und paten sein genad, die ledig zeschaffen, das er darnach nach menigernn bedécht[48rb]nússen, die er im nam, tétt. Die wúrden ledig gelassen an mitihen nach letare in der vassten, und sich erfanndt, das das alles ein vallsch geticht was, unnd den erberen, wolgelewnten leẃten geschach ungúettlich gantz. ¶ Desselben jars am suntag Invocavit hatt der von Sternnbergk von wegen des rómischen kaiser ingenomen das geslos und statt ze Weitra, da von er ettlich lanntleẃtt, die sich hielten auff hertzog Albrechts tail, unnd darnach hertzog Albrechten in dem lannd ob der Enns mit raub, pranntt, huldigung hatt angriffen. Des kriegs was auch mit im her Sigmund von Puechaim, der darnach auch innam die pharrkirichen zw Zwettl und macht daraus ainen téber und beschédigt mitsambt dem von Sterenberckh die gúter, so zw der herschafft Krumpnaw gehórten, und prennten aus den marckt Polan, wie dietzeit diselb herschafft ainer, genannt der Frannhover, inhett und hiellt sich auf dem taill hertzog Albrechts. [48va] Desselben jars am freitag vor Reminiscere in der vassten habent die veint angetzúndt den téber, das haws und die mitter túnawprucken und ettlich sóldner und diener, so der prucken gehútt haben, gefangen und als pei vieren erslagen und ain gúten tail derselben prucken in das wasser gewarfen. ¶ Desselben jars hatt der rómisch kaiser hertzog Albrechten, seinem bruder, genomen alle regalia, die er von im und dem reich ze lehen gehabt hatt. Er hatt auch aufgehebt von den purgernn ze Wienn die múnss, pan und écht. Und wúrden von den purgernn, den man ír gútt ze

3 kain] fehlt G(ac). 9 geticht] dichtnuſs G(ac). 10 ungúettlich gantz] ganz vngüettlich G, ganz Vnrecht S. 12 kaiser] fehlt G(pc). 14 auff] aus G(pc), an S. 16 pranntt] vnnd prandt S. | was] wardt G(ac). 19 mitsambt] mit G(ac). 21 dietzeit] dieſelb G(ac). 22 Frannhover] Fraunauer G(ac). 26 und diener] vnd Soldner G(ac). 28 in das wasser] In die Tonnau G(pc)S. 29 hertzog Albrechten seinem bruder genomen] genomen herzog Albrechten ſeinem bruedern G(pc)S. 31 ze lehen] fehlt G(ac). 33 écht] Eidt G(ac), Ach G(pc)3.

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[G 122v] 15 [R 97]

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[G 123r] 30

52. Anno Domini 1463

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der Bürgermeister, der Rat und auch die anderen Bürger erkannten, dass ihren oben genannten Mitbürgern Unrecht geschah und keine ausreichenden Beweise gegen sie in der Angelegenheit vorgebracht worden waren, gingen sie zum Fürsten und baten Seine Gnaden, sie freizulassen, was er nach einiger Bedenkzeit, die er sich nahm, tat. Sie wurden am Mittwoch nach dem vierten Sonntag in der Fastenzeit freigelassen, und es stellte sich heraus, dass alles ein Komplott gewesen war und den ehrbaren, unbescholtenen Leuten großes Unrecht geschehen war. Im selben Jahr am ersten Fastensonntag nahm der von Sternberg im Namen des Römischen Kaisers das Schloss und die Stadt Weitra ein, von wo aus er etliche Landleute, die auf Herzog Albrechts Seite standen, und Herzog Albrecht selbst im Land ob der Enns mit Raub, Brand und Huldigung angriff. In diesem Krieg stand ihm Herr Sigmund von Puchheim bei, der danach auch die Pfarrkirche von Zwettl einnahm und aus ihr einen Tabor machte. Er beschädigte gemeinsam mit dem von Sternberg die Güter, die zur Herrschaft Krumau gehörten, und sie brannten den Markt bei Neupölla nieder, wo zu dieser Zeit einer, genannt der Fraunhofer, die Herrschaft innehatte, der auf der Seite Herzog Albrechts stand. Im selben Jahr am Freitag vor dem zweiten Sonntag in der Fastenzeit zündeten die Feinde den Tabor, das Haus und die mittlere Donaubrücke an und fingen etliche Söldner und Diener, die die Brücke bewacht hatten, erschlugen vier von ihnen und stürzten einen Teil der Brücke ins Wasser. Im selben Jahr nahm der Römische Kaiser Herzog Albrecht, seinem Bruder, alle Regalien ab, die er von ihm und dem Reich als Lehen erhalten hatte. Er hob auch das Münzrecht der Wiener Bürger auf und stellte sie unter Bann und Acht. Und von den Bürgern wurden jene zu Seiner Kaiserlichen Majestät vor Gericht geladen, deren Gut man in Wien genommen hatte und die sich am

13 Weitra: Stadtgemeinde im Bezirk Gmünd, Niederösterreich. 18 Zwettl: Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks, Niederösterreich. 20 Krumpnaw: Krumau am Kamp, Marktgemeinde im Bezirk Krems-Land, Niederösterreich. 21 Polan: Neupölla, Marktgemeinde im Bezirk Zwettl, Niederösterreich. 22 Frannhover: Vermutlich Georg oder Engelbrecht Fraunhofer (vergl. Wißgrill, Bd. 3, S. 87).

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52. Anno Domini M° CCCC° LXIII°

9.4.1463

1.5.1463

Wienn het genomen, geladen fúr sein kaiserliche maiestatt zw recht, die sich an dem heiligen osterabent zw dem enndhafften rechtag solten verantwúrt haben, des nicht beschach, darumb sy von sólicher ungehorsam wegen getan warden in die écht und aber écht. Darauf dieselben purger von Wienn appellierten fúr den heiligen vater, den pabst, und mainten, [48vb] wie dasselb recht wár besetzt gewesen mit iren veinten und den iren genúgsam gelaitt zw sólhem rechten wár versagt warden. Es hiett auch der rómisch kaiser ír veintt an dem tag, und sich das recht solt vergangen haben, in die statt Wienn gesenntt, die den fúrsten und sy wollten úberfallen und gemórtt haben. Aus solichen und anderen genúgsamen úrsachen er das recht nicht pillichen hiett geen lassen, und wáren in die écht und aber écht unpillich gesprochen waren. Und das appellieren der purger ze Wienn ist geschechen an Sand Philips und Sand Jacobs tag.

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[S 40v] [G 123v] 10

15 [R 98]

53. Von dem verpot des pabsts 2.4.1463

Desselben jars am sambstag vor dem palmtag hatt der heilig vater pabst Pius aller priesterschafft in der statt Wienn durch sein brieff verpoten, das man kainen layen, der mit wér vor der púrckh daselbs zw Wienn wider den rómischen kaiser gewesen ist und zw seiner éngstigung geholffen [49ra] hat, umb die selb súndt unnd frável nicht absolvieren sol pei dem pann, sunder sein heilikait hat im die selbs vorbehalten, múndlich zw hóren und darumb puess zesetzen. Desgeleichen hatt er auch verpoten allen cardinalen, ertzpischoven und bischoven, das pei dem pann auch nicht zetún. Des deẃcht sich beswert der hochgeboren fúrst hertzog Albrecht, und hat darumb appelliert für den heiligen vater den pabst, sein heilikait zw underrichten seiner gerechtikaitt. In derselben appellation

1 Wienn] fehlt S. | geladen fúr sein kaiserliche maiestatt zw recht] für ſein Khaiſerlich Mie. zue recht geladen G(ac). 4 beschach] beſach G(ac). | darumb … écht2] fehlt G(ac), Darumb ſie von wegen ſollicher... S. 7 besetzt] geſezt G(pc). 9 Es hiett] vnnd hiett G(pc)S. 10 solt vergangen haben] vergangen ſolt haben S. 12 und gemórtt] fehlt G(ac). 13 genúgsamen] dergleichen G(ac). 17 Sand]

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20 [G 124r]

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52. Anno Domini 1463

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Karsamstag bei der endgültigen Urteilsverkündung bereits verantworten hätten sollen, was aber nicht geschehen war, weshalb sie für diesen Ungehorsam unter Acht und Reichsacht gestellt wurden. Daraufhin wandten sich die Bürger von Wien an den Heiligen Vater, den Papst, und meinten, dass dieses Gericht mit ihren Feinden besetzt gewesen sei und dass den Ihren ein freier Zugang zum Gericht versagt worden sei. Der Römische Kaiser habe auch an jenem Tag, an dem das Gericht tagen sollte, Mörder in die Stadt Wien geschickt, die den Fürsten und sie überfallen und umbringen sollten. Aus diesen und anderen ausreichenden Gründen sei das Urteil nicht rechtmäßig ergangen, und sie seien unrechtmäßig unter Acht und Reichsacht gestellt worden. Der Appell der Wiener Bürger fand am Tag der heiligen Philippus und Jakobus statt.

53. Vom Verbot des Papstes

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Im selben Jahr am Samstag vor Palmsonntag verbot der Heilige Vater Papst Pius bei Androhung des Banns der gesamten Priesterschaft der Stadt Wien mittels eines Briefes, den Laien, die mit Waffengewalt vor der Burg dort in Wien gegen den Römischen Kaiser gestanden hatten und mitgeholfen hatten, diesen zu bedrängen, für eben diese Sünde und diesen Frevel die Absolution zu erteilen, sondern Seine Heiligkeit behielt es sich selbst vor, deren Mundbeichte zu hören und die Buße dafür anzusetzen. Ebenso verbot er auch allen Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen bei Androhung des Banns, dies zu tun. Davon fühlte sich der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht bedroht und appellierte deswegen an den Heiligen Vater, den Papst, um Seine Heiligkeit von seiner Rechtschaffenheit zu unterrichten. Bei diesem Appell

fehlt G(ac). 19 vor dem] vorm G(ac). 20 Pius] Lius G(ac). 21 layen] Laÿen in der Statt G(ac). 22 wér] fehlt G(ac). 26 die selbs vorbehalten] dieſelb vorgehalten G(pc), dieselb vorbehaldten S. und] fehlt G(ac). | darumb] darauff S. 29 deẃcht] fehlt G(ac), Rechts S. 30 darumb] hat darumb GS.

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53. Von dem verpot des pabsts

4.4.1463

mit im sind gestanden nahent all beneficiaten zw Wienn und ettlich doctores aus der universitét daselbs, aber man hórt nicht, das die sach von sólicher appellation wegen ward nach gegeben. Desselben jars am montag nach dem heiligen palmmtag habent sich zesam gefúegt gen Medling wol auf III tausent sóldner, pehem und déutsch, die der rómisch kaiser und sein prueder hertzog Albrecht in [49rb] dem krieg in das land pracht heten. Der hauptman waren der Watzla und der von Vettaw, den der rómisch kaiser und sein prueder hertzog Albrecht iren sold schuldig waren und khunden der nicht entrichten. Darumb sagten sy ab dem fúrsten und zwgen mit gwallt auf den Wiennerperg und fiengen wol als auf vierhundert hawer in den weingerten und ander frumb léwtt allentalben umb Wienn, derselben sy ettlich zw tod sluegen und ettlich hartt wundten. Und die anderen fúrten sy gefangen gen Medling und legten die in einen keller úber einander als das viech und pressten und márteten die armen leẃt umb gútt, das es Gott im hymel mocht erparmmt haben. Darumb in der fúrst noch aus der statt kainen widerstandt tétt, wenn es was in derselben statt Wienn sólh grosse zwitrecht und unainikait under den purgernn und hanntwerchern, das ainer dem anderen seins verderben zúsach [49va], und verdurben also miteinander. Darnach in der osterwochen zugen dieselben sóldner mitteinander durch den wald auf das Tulner Veld und namen in das kloster und den marckt zw Hertzogburckh, das sy zw der wér zẃrichteten mit zeẃnn und graben und huldigten die leẃtt allenthalben in den gégenten umb Sand Pólten und auff untz an den Strenbergk und gen Steir und teten sólhen grossen schaden mit nam, raub und pranntt, in dem lannd, das es

1 mit im sind gestanden] ſeinndt mit Ime geſtanden G(ac). 2 und] fehlt S. 7 sein prueder hertzog Albrecht] ſein brued' G(ac), Herzog Albrecht G(pc)S. | in dem Krieg in das land pracht] in das landt in dem Khrieg bracht G(ac). 8 Der] deren G(ac). | waren] wär G(ac), war S. 9 Vettaw] Vittaw G(ac). | den] dem G. 15 hartt] hettn S. 16 die anderen] etlich G(ac). 18 und pressten] fehlt G(pc)S. 20 wenn] denn S. 21 was] were G(ac). 25 durch den wald] fehlt G(pc)S. 27 zẃrichteten mit zeẃnn und graben] mit Zeünen vnd Gräben zurichten GS. 29 den gégenten] der gegent G(ac), den gegtn S. | auff untz] hin auff vnz G(ac), auff vnz G(pc), hinztt auf S. | an den Strenbergk und] fehlt G(ac). 31 nam] fehlt G.

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[G 124v] 6

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[R 99] [S 41r] [G 125r] 22

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53. Vom Verbot des Papstes

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standen nahezu alle Würdenträger von Wien hinter ihm, genauso wie etliche Doktoren der dortigen Universität, aber man hörte nichts davon, dass durch diesen Appell in dieser Angelegenheit nachgegeben worden wäre. Im selben Jahr am Montag nach Palmsonntag vereinten sich bei Mödling an die dreitausend Söldner, Böhmen und Deutsche, die der Römische Kaiser und sein Bruder Herzog Albrecht im Zuge des Krieges ins Land gebracht hatten. Deren Hauptleute waren der Wenzel und der von Vöttau, denen der Römische Kaiser und sein Bruder Herzog Albrecht ihren Sold schuldig waren, den sie nicht bezahlen konnten. Deswegen sagten sie sich vom Fürsten los, zogen kampfbereit auf den Wienerberg und nahmen an die vierhundert Hauer in den Weingärten und andere fromme Leute rund um Wien gefangen, von denen sie etliche erschlugen und etliche schwer verwundeten. Die anderen brachten sie als Gefangene nach Mödling, legten sie in einem Keller übereinander wie Vieh und erpressten und folterten die armen Leute um ihr Gut, dass es Gott im Himmel erbarmen musste. Doch der Fürst in der Stadt konnte ihnen keinen Einhalt gebieten, denn in der Stadt Wien herrschte so große Zwietracht und Uneinigkeit unter den Bürgern und Handwerkern, dass einer dem Verderben des anderen zusah und sie so gemeinsam untergingen. Danach, in der Osterwoche, zogen diese Söldner miteinander durch den Wald auf das Tullnerfeld und nahmen das Kloster und den Markt Herzogenburg ein, die sie mit Palisaden und Gräben wehrhaft ausbauten, und sie huldigten die Leute überall in den Gegenden um St. Pölten bis nach Strenberg und Steyr und fügten ihnen mit Plünderung, Raub und Brand im Land unsäglich großen Schaden zu. Daraufhin schickte der Fürst zu ihnen und rechnete mit ihnen ihren Sold ab und bezahlte sie

9 Watzla: (* um 1425, † 1501), Söldnerführer unter Friedrich III. (1463), Zdeneks von Sternberg (1465), Georgs von Podiebrad (1466), vgl. BLKÖ Bd. 51, S. 115 f. | Vettaw: Jörg von Vöttau, Söldnerführer Albrechts VI, aus mährischem Adelsgeschlecht, Söldnerführer Albrecht VI. bzw im Dienst AnckelreutherS. Ausführlich in Ebendorfer S. 948; Schalk 1919, S. 102–103. 26 Tulner Veld: Gegend am südlichen Donauufer zwischen Traismauer und Tullnerfeld. 30 Strenbergk: Strenberg, Marktgemeinde im Bezirk Amstetten, Niederösterreich.

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53. Von dem verpot des pabsts

unséglich was. Darnach besanndt sy der fúrst und tétt mit in ainen abpruch umb iren sold und entricht sy des zw allem schaden, so sy in dem lannd getan heten und nam sy wider auff zw seinen dienernn, den Watzlaben mit hunderten, den Smykosky auch mit hundert phérdten und legt sy in die statt gen Wienn. Und den anderen setzt er fúr iren sold die statt und mawtt zw Ibs. Und an den fuder ziehen zw Hertzogenwurck prannten sy aus den marckht und das kloster.

54. Von des Holtzers handlung wider den fúrsten [49vb] Als Wolfgang Holtzer, purgermaister ze Wienn, nu vil frummen leúten daselbs aus seinem gewalt und neyd, den er im gegen in fúrgenómen, ir guet genomen hett, und ward úrbering gar reich. Doch tétt er das alles under dem schein gemainer statt, des im dann vil hanntwercher von irs aigen nutz wegen verhulfen. Nu hett in die geitikait so gar ubergangen, darumb er gedacht noch reicher ze werden. Als das etlich auff des kaisers tail merckhten, das er mit gellt ze úberkomen wár, die schickten zw im den probst von Prespurk in ainer gehaim und versprachen im VI tausent gulden. Der taidingt sovér mit im, das er in den sachen verstuend seinen willen. Darauff wúrden im versprochen VI tausent guldein, das er hertzog Albrechten prácht aus der statt und sétzt den rómischen kaiser wider in sein váterlich Érb. Dem Holtzer sméckht wol das gellt und erpat sich, das zetún. Und nam im fúr weg, damit er volkh in die statt précht, das er [50ra] auch darauff bestelltt.

1 Darnach besanndt sy] Nachmals beſaumbt ſich G(ac), Nachmal_ beſambt ſich G(pc)S. | mit in] im S. 2 zw allem] ohn allen G(ac). 4 wider] wid'umb G. | seinen] fehlt G(ac). 5 hunderten] hundert G(pc)S. | hundert] hunderten G(ac), hunderte G(pc). 6 legt sy] legt_ ſÿ G(pc), legten ſich S. 7 iren] den G(ac). | an den fuder ziehen] an dem hinweg ziehen G(ac), an dem futter ziehen G(pc), an dem Weckhziehen S. 11 Holtzer] Holzer nun G(pc)S. | nu] fehlt G(pc)S. 12 gewalt und neyd] Neidt vnd gewaltt G(ac). 13 im] fehlt GS. | genomen] gemünzt S. | und] fehlt G(ac). 14 ward] wardt er G. 16 aigen] fehlt G(ac). | verhulfen] dar zue v'huelffen G(ac). so] fehlt G(pc), alles S. 17 gedacht] dachte G(ac). 19 wár] ſeÿ S.

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[G 125v] 5

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15 [G 126r]

[R 100] 21

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53. Vom Verbot des Papstes

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abzüglich des Schadens, den sie im Land angerichtet hatten. Er nahm sie – den Wenzel mit hundert, den Smykosky ebenfalls mit hundert Berittenen – wieder in seinen Dienst und verlegte sie in die Stadt nach Wien. Den übrigen gab er die Stadt und die Maut zu Ybbs als Sold. Beim Abzug aus Herzogenburg brannten sie den Markt und das Kloster nieder.

54. Von den Handlungen des Holzers gegen den Fürsten 10

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Indem Wolfgang Holzer, der Bürgermeister von Wien, viele gute Bürger der Stadt durch seine Macht und Habgier, die er ihnen gegenüber an den Tag legte, um ihr Gut betrogen hatte, wurde er schnell sehr reich. Er tat dies alles unter dem Deckmantel des Gemeinwohls, und dabei halfen ihm die Handwerker, um selbst Nutzen daraus zu ziehen. Nun nahm seine Gier so überhand, dass er noch reicher werden wollte. Als einige der Kaisertreuen bemerkten, dass er mit Geld zu bestechen war, sandten sie den Propst von Preßburg in einer geheimen Mission zu ihm und versprachen ihm sechstausend Gulden. Der Propst verhandelte so lange mit ihm, bis er seine Absichten verstand. Daraufhin wurden ihm sechstausend Gulden zugesagt, wenn er Herzog Albrecht aus der Stadt vertriebe und dem Römischen Kaiser zu seinem väterlichen Erbe verhelfe. Dem Holzer schmeckte das Geld, und er erklärte sich bereit, es zu tun. Er nahm das Geld im Voraus, um Söldner in die Stadt zu bringen, was er auch in die Wege leitete.

20 in] fehlt G(ac). 21 sovér] in d_ ſach_ G(pc)S. 23 versprochen] v'ſprochen zu geb_ G(pc)S. 25 váterlich] fehlt G(pc)S. 26 damit er] dz er das G.

20 probst von Prespurk: Georg Peltel von Schönberg († 1455), Dompropst des Kapitels von Pressburg (1455–1486), Protonotar und Diplomat für die Kurie.

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54. Von des Holtzers handlung wider den fúrsten 8.4.1463

¶ Darnach an der heiligen Karfreitagnacht beschickt er den ratt und all namhafft purger aus genandten und gemain und die namhaftisten aus den hanntwerchernn, und erfordert die all, zw im zekómen in sein haws, wenn es wáren genótig sach vorhannden, die sy und gemaine statt berúrten. Und ee wenn die purger und hanntwercher nach einander zw im kómen, was es schier umb mittnacht. Und was der móchtigen purger waren, tétt er zueinander in ein stuben. Darnach sundert er die knecht von den herren und tétt die auch in ain stuben und liess das haws zuesperren und verhúetten, das nyemand frómbder dar in möcht khómen. Darnach sprach er zw den purgernn: „Lieben herren, wellt ír wissen, warumb ich nach euch geschickt hab? Wenn ich hab an euch zebringen ettlich mércklich sachen, die uns all berúren. Doch so seyn wir nicht gantz [50rb] bei einander, wenn uns noch von dem ratt aussteen der Richter, der Kirichaim, der Haug und der Krempel, auch der Liephart. Und wie genótig die sach ye seinn gewesen, und ich nach in gesanntt hab, so seinn sy mir albeg ungehorsam und kómen langksam zw mír. Und was wir in dem ratt in gehaim betrachten, das bringen sy alle gen hoff an den hertzogen.‟ ¶ Darauf antwúrt im der Holabrunner: „Das ist nit guett, das sy das tuen. Wenn alle zwitrecht, so yetz in der statt under uns ist, daraus ist komen, das man die gehaim des rats albeg gen hoff pracht hatt, und ír sullt sy als ein purgermaister darumb straffen.‟ Und als der Holabrunner die red volpracht, komen an das tór der Richter, der Kirichaim, der Hawg und der Krempel, die man einliess, und spérrt nach in zú. Als die komen in die stuben und

2 aus genandten und gemain] auſs der gemain G(ac), genant vnnd gemein G(pc)S. 3 namhaftisten] Nambhafftigiſten G(ac), Nambhafft_ G(pc)S. 4 zekómen] fehlt G(ac). 6 wenn] fehlt G(pc)S. 8 móchtigen] Anſehenliche G(ac). | waren] was G(pc). | tétt er] Die hett G(ac). | zueinander] zueſamen G(ac)S. 11 möcht khómen] Khundt G. 14 Wenn] Dann G(ac), Denn S. 15 seyn] ſeÿ W, ſein GS. 16 wenn] dann G(ac), Denn S. 17 Krempel] Khoempl G(ac), Khoempler G(pc). 19 gesanntt] geſchickht GS. 20 kómen langksam] Langſamb Khommen G(pc)S. 21 betrachten] handlen G(ac). 23 Holabrunner] Holenprunner S. 26 sy als ein purgermaister darumb straffen] ſein wie ein purgermaiſter, Vnnd ſie

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[S 41v] [G 126v] 5

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54. Von den Handlungen des Holzers gegen den Fürsten

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Danach, in der Nacht zum heiligen Karfreitag, schickte er nach dem Rat und allen namhaften Bürgern, Genannten und Gemein, und den namhaftesten Handwerkern und forderte sie alle auf, zu ihm in sein Haus zu kommen, denn es gebe dringende Angelegenheiten, die sie und die gesamte Stadt beträfen. Bis die Bürger und Handwerker nacheinander bei ihm eingetroffen waren, war es fast schon Mitternacht. Jene, die mächtige Bürger waren, versammelte er in einer Stube. Danach trennte er die Knechte von den Herren, brachte auch sie in eine Stube und ließ das Haus zusperren und bewachen, damit kein Fremder hineinkommen konnte. Dann sprach er zu den Bürgern: „Liebe Herren, wollt ihr wissen, warum ich nach euch geschickt habe? Weil ich euch etliche wichtige Dinge mitzuteilen habe, die uns alle betreffen. Doch wir sind noch nicht ganz vollzählig, denn es fehlen aus dem Stadtrat noch der Richter, der Kirchhaimer, der Haug, der Krempl und auch der Liephart. Aber wie dringend die Angelegenheiten auch je waren, derentwegen ich nach ihnen geschickt habe, so sind sie doch immer ungehorsam gewesen und langsam zu mir gekommen. Und was auch immer wir im vertraulichen Rat besprechen, das bringen sie an den Hof vor den Herzog.‟ Darauf antwortete ihm der Hollabrunner: „Das ist nicht gut, dass sie das tun. Denn alle Zwietracht, die jetzt in der Stadt zwischen uns herrscht, resultiert daraus, dass man die Geheimnisse des Rates immer an den Hof gebracht hat, und Ihr als Bürgermeister sollt sie dafür bestrafen.‟ Und als der Hollabrunner die Rede beendet hatte, kamen der Richter, der Kirchhaimer, der Haug und der Krempl an das Tor. Man ließ sie ein und sperrte hinter ihnen zu. Als sie die Stube betraten und so viele namhafte Bürger dort sitzen sahen, erschraken sie und dachten, dass es nicht mit

darumb ſtraffen S. 28 der Kirichaim der Hawg] der Haug, der Kirchaimb G(ac). 29 Kirichaim] Kirchamer S. | und] fehlt G(ac). 30 spérrt] v’pörrt G. | in zú] den wid’ zue G(pc), Jnn wid’ zue S.

17 Richter: Laurenz Schönperger. 23 Holabrunner: Wolfgang Hollabrunner der Ältere († 1466), Ratsherr (1455, 1462), Kaufmann, vgl. Perger-Nr. 288.

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54. Von des Holtzers handlung wider den fúrsten

sahen so vil namhaffter purger do sitzen, [50va] da erschrackten sy und gedachten, wie die sach nit geleich zúgieng. Do wúrden die yetzbenanten, der Richter und die drei rattherren von dem purgermaister gevordert in ein sundré stuben, und als sy dar in komen, hueb an der purgermaister gegen in ze reden: „Ir, richter und Kirichaim, ír seytt mir albeg héssig gewesen und widerspenig in allen dingen und habt mich bei dem hertzogen ze hoff verklagt. Und was in der gehaim des rats ist betracht warden, das alles habt ír pracht an sein genad. Das sol euch nicht guet pringen!‟ Die antwúrten, sy weren in nichte wider in gewesen, dann das sy offt wider in hieten geredt, das er das guet, so er den leẃten hiett genómen, nit pracht hiett in das ratthaws, und das aufgeben zw nottúrfft gemainer statt. Darauff gie von in der Holtzer und lies sy in der stuben und kom wider zw den purgern [50vb] und sprach: „Uns gett noch ainer ab.‟ Das was der Liephart. Der kom nicht. Als das hórten die purger, gedachten sy, er hiett sy gefangen, und westen noch nicht warumb sy der purgermaister erfordert hiett. Und der purgermaister gieng wider zw dem richter und den anderen und hiess sy mit im gen in ain vinsters gwelib, dar inn er sy verslóss, die sich vasst besargten, wie er sy wúrd pringen von dem leben zum tód. ¶ Als sich nu das alles verlauffen hett, kom der purgermaister gangen zw den purgernn in der stuben und sagt in, wie er den richter und die anderen drei in ein gwelb getan hiett, darumb, das sy ir gehaim nicht verrer sagten. Darnach hueb er an ze reden gegen den purgernn: „Lieben herren, darumb ich euch gefordert hab, das ist umb ein sólichs: Mich hatt gewislich angelangt, wie der hertzog hab aufgenomen die sóldner und wil die legen in die statt, [51ra] und ainem yeden purger geben in sein haws zehen oder zwaintzig, die im dann sullen legen ainen strickh an seinen drússel, und so lanng nótten, das er sy Írs

1 namhaffter] Nambhaffte G(ac), Nambhafftig G(pc)S. | da] fehlt S. 5 sundré] beſond'e G(ac), Anndere S. 6 gegen] zu G(pc)S. | und] ir S. 9 ze hoff verklagt] v'clagt zue Hoff G(ac). 10 ist betracht] betracht iſt G. 12 in nichte] nicht GS. | wider in hieten geredt] wider Ine geredt G(ac), hettn wid' in geredt S. 15 nottúrfft] Nuz S. 18 Das was der] der haiſt der G(ac). | die] fehlt W, die GS. 23 wie

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[G 127v] 6

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54. Von den Handlungen des Holzers gegen den Fürsten

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rechten Dingen zugehen könne. Da wurden die gerade Genannten, der Richter und die drei Ratsherren, vom Bürgermeister in eine weitere Stube gewiesen, und als sie hineinkamen, fing der Bürgermeister an, mit ihnen zu sprechen: „Ihr, Richter und Kirchhaimer, ihr seid mir gegenüber schon immer in allen Belangen hasserfüllt und widerspenstig gewesen und habt mich beim Herzog am Hof angeschwärzt. Und was unter Geheimhaltung im Rat besprochen wurde, habt ihr vor Seine Gnaden gebracht. Das soll euch nichts Gutes bringen!‟ Sie antworteten, sie seien in keiner Angelegenheit gegen ihn gewesen, außer dass sie es immer missbilligt hätten, dass er das Gut, das er den Leuten genommen hat, nicht in das Rathaus gebracht und dem Gemeinwohl zur Verfügung gestellt habe. Daraufhin ließ der Holzer sie in der Stube zurück, ging wieder zu den Bürgern und sprach: „Einer geht uns noch ab.‟ Das war der Liephart. Der kam nicht. Als das die Bürger hörten, dachten sie, er halte sie gefangen, denn sie wussten noch nicht, weswegen der Bürgermeister sie einberufen hatte. Der Bürgermeister ging wieder zum Richter und den anderen dreien und befahl ihnen, ihm in ein finsteres Gewölbe zu folgen, in das er sie einschloss. Sie machten sich große Sorgen darüber, dass er sie um ihr Leben bringen würde. Als das geschehen war, kam der Bürgermeister wieder zu den Bürgern in die Stube und berichtete ihnen, wie er den Richter und die anderen drei in ein Gewölbe gesperrt habe, damit sie ihre Geheimnisse nicht weitersagen könnten. Danach begann er zu den Bürgern zu sprechen: „Liebe Herren, ich habe euch aus folgendem Grund hierherbestellt: Ich habe aus sicherer Quelle erfahren, dass der Herzog Söldner in seinen Dienst genommen hat und sie in die Stadt bringen will und jedem Bürger zehn oder zwanzig davon in sein Haus schicken will, die ihm dann einen Strick um die Kehle legen und ihm so lange zusetzen sollen, bis er ihnen ihren Sold bezahlt. Da würde

er sy] er wuert ſie G(pc)S. 24 zum] zum d_ G(pc). 26 zw den purgernn in der stuben] in die Stuben zue den burg'_ GS. 27 in ein gwelb getan hiett] gethan hett in ain gewelb G(pc)S. 34 dann] fehlt S. | ainen strickh an seinen drússel] ann ſeinen halſs ainen Strickh G(pc)S. 35 nótten] reden G(ac).

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54. Von des Holtzers handlung wider den fúrsten

9.4.1463

solds entricht. Das uns gar swér wár, nach dem wír erberlich an seinen genaden getan haben. Und wolt euch nu gevallen, so wais ich vorhannden vierhundert pférdt, die wolt ich zw beschírmung gemainer statt aufnemen. Die haben mir zúgesagt, sey es mein und ewr gevallen, sy wellen uns ain monád oder zway umb sunst dienn, wenn es sind all deutsch knecht, den wol zu vertraun ist, damit wir sólhs úberlóss von dem fúrsten wúrden vertragen.‟ Und hoff, er well dardurch frid machen, und das sich der hertzog mit dem rómischen kaiser, seinem brueder, dester példer werd ainen. ¶ Als das vernomen [51rb] die purger, das geviel in wol, und sagten dem purgermaister, wér dem also, so mócht er wol herein nemen die vierhundert pferdt, doch das es geschách mit wissen des fúrsten, damit das wider sein genad nicht wér. Ettlich rieten, man solt auch die sach pringen an die gemain. Des sich der purgemaister verwilligt zetún und sprach aus dúrstikaitt: „Lieben herren, ir solt kain fúrsarig haben, das ich sólh volkh her ein wel bringen dem hertzogen zw schaden, wenn der hertzog ist zw uns kómen auf guet vertrawn und tétt gerne was er solt, aber er hatt nichts in der taschen. Dennoch well wir unser trew an im halten.‟ Und als di handlung nu alle ein besliessen hett, was es nu tag. Do ward verpoten einem yedem, das er die sach in gehaim pei [51va] im hielt. Und die umb die sach wessten, der waren wol auf sechs hundert, aber vil waren der, die umb die sach nicht wessenn und verstuenden nit des Holtzer grunnt. ¶ Desselben jars an dem heiligen Osterabent des margens als umb achte pracht in die statt Wienn der hóltzer vierhundert man zu rossen. Der haubtman was ain ritter, genannt her Augustin. Die riten in zw Stubntór und kómen an den Hoff. Vor den raitt auch der Holtzer mit

2 getan] than G(pc). 3 vorhannden] nun verhannden G(ac), verhannden G(pc). 6 oder] fehlt G(ac). 7 all] als G. 9 hoff er] fehlt G(ac). 14 herein nemen] einnemen G(ac), vereinnemen G(pc). 15 wider sein genad nicht] ſeiner genad nit zuewid' G(ac). 18 dúrstikaitt] Triſſigkheitt G(ac). 20 hertzogen] Furſtn G(pc)S. wenn] denn S. 21 auf] auſs S. 23 nu] fehlt G(ac). 25 gehaim pei im] beÿ Im in geheim S. | hielt] hiett S. 26 der] fehlt S. 30 Wienn] fehlt G(pc)S. 31 Der] deren G. 32 her] der G. 33 den2] dem G.

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uns großes Unrecht geschehen, nachdem wir so ehrenhaft an Seiner Gnaden gehandelt haben. Wenn ihr mir zustimmt, so weiß ich von vierhundert Berittenen, die ich zum Schutz der Allgemeinheit aufnehmen könnte. Die haben mir zugesichert, sie wollten uns, wäre es mein und euer Wunsch, einen Monat oder zwei umsonst dienen – denn sie sind alle deutsche Knechte, denen man vertrauen kann. So könnten wir von der Übermacht des Fürsten befreit werden.‟ Und er hoffe, dadurch Frieden stiften zu können, und dass sich der Herzog mit dem Römischen Kaiser, seinem Bruder, umso schneller einig werde. Als die Bürger das vernommen hatten, gefiel es ihnen gut und sie sagten zum Bürgermeister, wenn dem so sei, so solle er die vierhundert Berittenen ruhig hereinbringen. Es solle aber mit dem Wissen des Fürsten geschehen, damit es nicht gegen Seine Gnaden wäre. Einige rieten, man solle die Angelegenheit auch vor die Gemein bringen. Der Bürgermeister willigte ein, das zu tun, und sprach kühn: „Liebe Herren, macht euch keine Sorgen, dass ich diese Söldner hereinbringen will, um dem Fürsten zu schaden, denn der Herzog ist im besten Vertrauen zu uns gekommen und würde sich gerne angemessen verhalten, aber ihm fehlen die Mittel. Trotz allem halten wir ihm die Treue.‟ Und als die Pläne so beschlossen wurden, war es bereits Tag. Da wurde jedem befohlen, die Sache geheim zu halten. Die von der Angelegenheit wussten, waren in etwa sechshundert, aber es gab viele, die nichts davon wussten und die Pläne des Holzers nicht verstanden. Im selben Jahr um acht Uhr am Morgen des Karsamstags brachte der Holzer vierhundert Reiter in die Stadt Wien. Der Hauptmann war ein Ritter, genannt Herr Augustin. Sie ritten zum Stubentor herein und kamen an den Platz am Hof. Ihnen voran ritt der Holzer mit gezücktem Schwert. Als sie zum Hof kamen, hielten sie an, und keiner aus dem gemeinen Volk wusste, wer sie waren und was das zu bedeuten hatte. Den Herzog erreichte die Nachricht, dass der Holzer vierhundert feindliche Berittene in die Stadt

32 Augustin: Augustin (Tristram) Oberheimer († 1463), auch Albrecht Augustin Tristram, aus dem Geschlecht der Oberheimer, Söldnerführer, vgl. Heinig, S. 1728. 33 an den Hoff: Entspricht der heutigen Adresse „Am Hof‟ im 1. Wiener Gemeindebezirk.

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54. Von des Holtzers handlung wider den fúrsten

ainem plóssen swertt. Und als sy komen an den hoff, do hielten sy, und in dem gemainen volkh wesst nyemandt, wer die waren, oder wie die sach zúgie. Die mér komen an den hertzogen, wie der Holtzer hiett pracht in die statt als auf vierhundert pferdt, sein veintt, und sein genad solt im gedenckhen was zetán wár. Der hertzog sprach: „Ist, das er sich wírt slahenn für uns, so sey wir úbl fúrgesehen, wenn wir den ersten [51vb] tag weder éssen noch trinckhen hynn haben. Wir haben auch kainerlai wér, das wir uns geredten móchten. Nu hab ich dem Holtzer wol getrawtt, und hiett nicht gedacht, das er mich solt geben auf die fleischpancken. Doch wil ich hewtt stérben, ee wenn ich yemants gefangen sein wil. Ratt nu was ze tún sey.‟ ¶ Darauf antwúrt seinen genaden her Reinprecht von Ebersdorff und sprach: „Genádiger herr, ich wais das die gemain frumb ist, und wírt nicht úbl tún an ewren genaden. Schickt pald und lasst an slahen an die glocken zw Sannd Michel und lasst schrein in den gassen an das volkh, wie der Holtzer pracht hab in die statt ein mercklich volkh, auf ewrer genaden und ir leib und guett, die ewren gnaden veint seintt, das sy ewren gnaden hilff und peistand tún.‟ Das also geschach, aber das maist [52ra] volkh leuf zw dem purgermaister, wenn nyemannt wesst, wie die sach zúgie, denn die, so im anfanckh dabei waren gewesen. Als sich das nún alles vergie, sennt der fúrst sein rett zu dem purgermaister an den hoff und lies in zw red setzen, warumb er das volkh, sein veinntt, an sein willen und wissen hiett pracht in di statt, dardurch sich sein genad nichts gúts versách. Der purgermaister anttwúrtt, wie er das volkh zu beschiermung gemainer statt hiett her ein pracht und in dhain weg wider sein fúrstlich genad solt sein. Das dem also wár, so solten sy im yetz geloben, das sy sein fúrstlichen gnaden und seiner genaden retten solten sein an schaden. Das gelobt her Augustin an der statt, den reten

2 in dem gemainen volkh wesst nyemandt wer die waren] vnder dem gemainen volckh weſt Niemandt, wer die wären G(ac), in der Gmain wiſt dz Volckh nit wer ſie wern S. 4 Holtzer] Holzen G(ac). 5 pferdt] Mann G(ac). 8 hynn] herinnen G(ac). 9 Wir haben] fehlt G(ac). 12 Doch] Doch ſo S. | hewtt] heint S. | wenn] fehlt G(pc)S. 18 in den gassen an das volkh] an das Volckh in den gaſſen G(pc). 19 pracht hab in die statt] in die Statt bracht hab G(pc), in

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5 [G 130r]

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gebracht habe, und Seine Gnaden müsse nun überlegen, was zu tun sei. Der Herzog sprach: „Sollte er uns belagern, wären wir schlecht vorbereitet, denn wir haben noch nicht einmal für den ersten Tag zu essen und zu trinken. Wir haben nichts zur Verteidigung, um uns zu retten. Ich habe dem Holzer vertraut und hätte nie gedacht, dass er mich auf die Schlachtbank führen würde. Doch eher will ich heute sterben, als jemandes Gefangener zu werden. Ratet mir, was zu tun ist!‟

Darauf antwortete Herr Reinprecht von Ebersdorf Seiner Gnaden und sprach: „Gnädiger Herr, ich weiß, dass das gemeine Volk ehrbar ist und Euren Gnaden nichts Schlechtes tun wird. Schickt schnell und lasst die Glocken von St. Michael läuten und lasst in den Gassen für die Bevölkerung ausrufen, dass der Holzer viele feindliche Soldaten in die Stadt gebracht hat, um Euer Gnaden und auch ihnen an Leib und Gut zu schaden, damit sie Euren Gnaden Hilfe und Beistand leisten.‟ So geschah es, aber der Großteil der Bevölkerung lief zum Bürgermeister, denn niemand wusste, was vor sich ging, außer jene, die von Anfang an dabei gewesen waren. Als das nun alles geschehen war, sandte der Fürst seine Räte zum Bürgermeister auf den Hof und ließ ihn zur Rede stellen, warum er die feindlichen Soldaten ohne seine Zustimmung und sein Wissen in die Stadt gebracht habe, was Seine Gnaden nichts Gutes ahnen lasse. Der Bürgermeister antwortete, dass er die Soldaten zum Schutz der Stadt hereingebracht habe und dass sich dies in keiner Weise gegen Seine Fürstlichen Gnaden richte. Als Beweis sollten sie ihm jetzt geloben, dass sie Seiner Fürstlichen Gnaden und Seiner Gnaden Räten keinen Schaden zufügen würden. Herr Augustin gelobte den Räten umgehend, sich

die Statt pracht hatt S. 24 dabei waren gewesen] geweſen waren G(pc)S. 25 sich] fehlt G(ac), ſie G(pc). 26 den hoff] Inn S. 30 beschiermung] beſchüzung G(ac). 33 retten] Rathen in der Statt GS. 34 statt] andern Statt G.

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zetún. Desgeleichen begert auch derselb her Augustin an des fürsten rétt, das sy im auch solten geloben, [52rb] das er und die seinen von dem fúrsten und in in der statt wúrden gehalten an schaden. Das die rett auch tétten, und die sach ward also gestillt, und der purgermaister hies haimgén das volkh und henngt mit dem geraisnigen volkh von dem hoff auf den Hohenmarckht. Daselbs aber komen zu dem purgermaister des fúrsten leútt und diener und sagten im, wie er das volkh wider solt fúren aus der statt und dann mit in komen zw dem fúrsten. Der purgermaister gab in anttwúrtt, seidmalen sich sein genad so vasst besargt, so well er das volkh wider fúren aus der statt, und haisst seinn genad éssen mit gútem muett, „und nach essens wil ich dann zw im kómen und in aller meiner handlung gantz underrichten.‟ In der zeytt hett der hertzog ain panier pei den schotten auffwerffen lassen und lies schrein in [52va] das gemain volkh, das sy im heutt hulfen redten leib und guett, trew und ere, wenn der purgermaister hiett pracht in die statt sein veint, im zu schaden. Do das hórt das gemain volkh, das besambt sich zw dem panier des fúrsten und sprach: „Wír seinn mer pflichtig dem fúrsten von aide wegen dann dem purgermaister. Und hueben sich auf mit gemainem ratt, und drungen nach dem volkh, das in die statt kómen was, das dennoch hielt an dem Hohenmarckt. Unnd als das vernam der purgermaister, das man hinden auf in und das volkh mit werhaffter hant drang, do spanten sy auf Íre armmst, und ein yeder zach aus sein swertt und riten ab durch den Liechtensteg und komen an den allten Fleischmarckht und wollten wider aus sein getzogen durch stubentór. Dasselb tór was aber zúgetan, und allso wúrden sy von dem volkh angegriffen allenthalben [52vb] in den gassen mit schússen und slegen und wurden von den pherdten geworffen und all gefangen und drei aus in

3 und in in der statt] fehlt G(ac), Vnd Im in d' Stat G(pc), vnd in der Statt S. 7 Hohenmarckht] hohenmarckh G. 13 gútem muett] guetter rhue G(ac). 14 gantz] genzlich G(ac). 15 ain panier pei den schotten] beÿ den Schotten Ain panier G(pc)S. 16 auffwerffen lassen] laſſen aufwerffen GS. 18 guett trew und ere] leben, Ehr vnd guett G(ac). 19 das hórt das gemain volkh] das gemain Volckh hört S. 23 volkh] Volkh. Das beſaumbt ſich zue dem paner G(ac). | das in die statt kómen was] fehlt G(ac). 26 und das volkh] fehlt G(ac), vnd auf dz Volkh G(pc)S. 29 aus sein getzogen] auſs zieh G(pc)S.

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daran zu halten. Im Gegenzug verlangte Herr Augustin von den Räten des Fürsten, dass auch sie ihm gelobten, dass ihm und den Seinen weder vom Fürsten noch von ihnen in der Stadt Schaden zugefügt würde. Das taten die Räte, und so wurde die Sache beigelegt. Der Bürgermeister wies die Bevölkerung an, heimzugehen, und brachte die Reiter vom Hof auf den Hohen Markt. Aber dorthin kamen auch Boten des Fürsten zum Bürgermeister und sagten ihm, dass er die Soldaten wieder aus der Stadt führen und dann mit ihnen zum Fürsten kommen solle. Der Bürgermeister gab ihnen zur Antwort, wenn Seine Gnaden so sehr besorgt sei, wolle er die Soldaten aus der Stadt führen, und er ließ ausrichten, Seine Gnaden möge guten Mutes essen. „Und nach dem Essen werde ich dann zu ihm kommen und ihm mein Vorgehen ausführlich erklären.‟ In der Zwischenzeit hatte der Herzog bei den Schotten ein Banner aufstellen und die Bevölkerung dazu aufrufen lassen, dass sie ihm heute helfen sollten, Leib und Gut, Treue und Ehre zu retten, denn der Bürgermeister habe seinen Feind in die Stadt gebracht, um ihm zu schaden. Als die Bevölkerung das hörte, versammelten sie sich beim Banner des Fürsten und sprachen: „Wir sind dem Fürsten durch unsere Eide mehr verpflichtet als dem Bürgermeister.‟ Und sie machten sich geschlossen auf und drangen zu den Soldaten vor, die in die Stadt gekommen waren und die sich immer noch am Hohen Markt aufhielten. Als der Bürgermeister hörte, dass man ihn und die Soldaten von hinten angriff, spannten sie alle ihre Armbrüste, und jeder zog sein Schwert, und sie ritten durch den Lichtensteg, kamen zum alten Fleischmarkt und wollten die Stadt durch das Stubentor wieder verlassen. Dieses Tor war aber verschlossen worden, und so wurden sie von der Bevölkerung aus allen Gassen mit Schüssen und Schlägen angegriffen, von den Pferden geworfen und alle gefangen genommen. Drei von ihnen wurden erschlagen. Als man sie alle gefangen hatte, führte man sie in den Burggraben. Daraufhin führte man sie in den Kärntnerturm, wo sie einige Zeit festgehalten und schließlich freigelassen wurden, nachdem der Graf von

7 Hohenmarckht: Heute „Hoher Markt‟ im 1. Bezirk Wien.

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54. Von des Holtzers handlung wider den fúrsten

11.4.1463 (13.4.1463)

erslagen. Und als man sy nu all hett gefangen, fúrt man sy zw samen in den purckhgraben. Darnach fúrt man sy in Kérner Túrn, darinn sy ein gúte zeitt waren gefangen und wúrden darnach ausgelassen auf stéllung von dem grafen von Pósing. Und als des hertzogen rétt mérckten, das das gemain volkh sogar erberleich getan hett, erlaubten sy in, sackman ze machen in des purgermaister haws, und was ein yeder pegraiff, das trueg er von dann. Der purgermaister mit vil anderen purgernn, die komen da von ainer hin, der ander her. ¶ Als sich die sach und hanndlung nu alle verleuf, kom wider der purgermaister selb áchtéter geriten an Stubentór, den man aber nit wolt inlassen. Darnach kom er geriten zw dem Rótntuernn, daselbs man in auch nit wolt inlassen. Darnach [53ra] kom er auf den Kallenperg und begert an den Aschpeckhen und die sóldner, die den innheten, im da mit ayd und gelúbnus zetún, des sy aber nicht tún wolten. Darnach gab er ainem knecht ainen guldein. Der fúrt in durch den wald und kom gen Mélkh an das úrfar. Da lies er seine pherdt und knecht úberfaren in das haws Weiteneckh, das im der hertzog hett verschriben und verbandelt sich selb dritter in pawren gewandt und kom auf dem wasser von Melkh gefaren gen Nusdorff. Und gie daselbs zw ainem peckhen des er kuntschafft hett, und trúgen weinmesser under den gúrtelnn als die hawer. Doch ward er von ainem fleischacker und anderen erkhannt. Die namen in zw handen und antwúrten in am montag in der Osterwochen dem fúrsten gen Wienn, der in hielt in der púrckh gefangen und lies in hart gichtigen, aber er wolt nichts bekennen.

1 erslagen] wurden erſchlag_ G. | all hett] hett all S. 7 sackman ze machen in] fehlt G(ac). 8 von dann] dauon G(ac), mit im S. 11 sich] ſich nun G(ac). 12 Stubentór] das Stubenthor G(ac)S. 16 die1] fehlt G(ac). 22 selb] daſelb ſand S. | gewandt] Klaider G(ac). 26 und anderen] fehlt G(ac). 27 am montag in der Osterwochen] in in d' Oſterwochen, An Mitwochen S. 28 gen Wienn] gen Wienn dem Fürſtn S. | in hielt in] hielt in in S. 30 nichts] nix S.

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10 [S 43v] [G 132v] 15

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54. Von den Handlungen des Holzers gegen den Fürsten

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Bösing Bürgschaftsgeiseln gestellt hatte. Als die Räte des Herzogs bemerkten, dass die Leute so ehrbar gehandelt hatten, erlaubten sie ihnen, das Haus des Bürgermeisters zu plündern. So nahm sich jeder, was er tragen konnte, mit nach Hause. Der Bürgermeister und viele andere Bürger wurden so in alle Himmelsrichtungen versprengt.

Als sich die Lage wieder beruhigt hatte, kam der Bürgermeister mit sieben Begleitern zum Stubentor geritten, doch man wollte ihn nicht einlassen. Daraufhin ritt er zum Roten Turm, doch auch da wollte man ihn nicht einlassen. Dann ritt er auf den Kahlenberg und forderte den Aschpeck und die Söldner, die diesen eingenommen hatten, dazu auf, ihm Gefolgschaft zu schwören, was sie aber nicht tun wollten. Danach gab er einem Knecht einen Gulden, und der führte ihn durch den Wald, bis sie bei Melk ans Ufer kamen. Dort ließ er seine Pferde und Knechte zum Haus Weitenegg übersetzen, das ihm der Herzog überschrieben hatte. Dort verkleideten sie sich zu dritt mit Bauerngewändern und fuhren auf dem Wasser von Melk nach Nussdorf. Dort gingen sie zu einem Bäcker, der ihnen bekannt war, und sie trugen Weinmesser unter den Gürteln wie die Hauer. Doch er wurde von einem Fleischhacker und anderen erkannt. Die nahmen ihn gefangen und übergaben ihn am Montag der Osterwoche dem Fürsten in Wien. Der hielt ihn in der Burg gefangen und ließ ihn schwer foltern, doch er gestand nichts.

16 Aschpeckhen: Hans Aschpeckh, († um 1472/1475), Zimmermann. In Wien ab 1453 urkundlich nachweisbar, Ratsherr (1463, 1465), vgl. Perger-Nr. 9. 21 Weiteneckh: Burg Weitenegg, in der Marktgemeinde Leiben, Bezirk Melk, Niederösterreich.

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55. Wie hertzog Albrecht lies vahen die namhaftisten purger ze Wienn

55. Wie hertzog Albrecht lies vahen die namhaftisten purger ze Wienn

14.4.1463

15.4.1463

Nach dem als der hertzog [53rb] nu hett den Holtzer in seiner gewaltsam, lies er darnach vahen hernn Oswalt Reicholf, Sebastian Zieglauser, Hansn Ódnacker, Hannsen Purckhauser, die man hielt in venckhnúss zu hoff in der púrckh untz auf den phintztag zu abent in der osterwochen. Do fúrt man sy in das deuphaws. Er lies auch vahen Cristan Wissinger, Nicklasen Ernst, den Tenckkúrsner, Larentz Swantz, Cristan Prenner, Giligen Pawm, Giligen Knaben, Andren Schonpruckner, Wolfgangen Holabrunner, den Angervelder und den Mánestorffer. Die legt man gefangen in das huebhaws, die all von wegen des purgermaister handlung wúrden verdacht pei dem fúrsten. ¶ Desselben jars an freitag in der osterwochen ward zúgericht ein wagen mit ainer pún und gefúrt fúr das deuphaws. Darauf wúrden gesetzt her Oswalt der Reicholff,

1 lies vahen die namhaftisten purger ze Wienn] lieſz die Nambhafftigiſten Burger zu Wienn fach_ G(pc), lieſz die Namhafften Purger zue Wienn fahen S. 2 purger] pur W, Burger GS. 3 in seiner gewaltsam] in ſeiner gewaltt G(ac), in der gewalttſamb G(pc)S. 6 Purckhauser] purckh G(ac). | die man hielt] die mann G(ac), die hielt mann G(pc). | in venckhnúss] in in gefenckhnuſs G(ac), in d' gefenckhnuſs G(pc)S. 7 zu abent] fehlt G(ac). 8 deuphaws] Richthauſs G(ac). 9 Ernst] Erſt S. 10 Cristan Prenner Giligen Pawm] Chriſtian Khilian paumb G(ac), Chriſtan Gilg_ paumb G(pc). 16 an] ahm S. 17 fúr] in G(ac). 18 deuphaws] Richthauſs G(ac).

5 Hannsen Purckhauser: Hans Burghauser († 1463), Wiener Bürger (fehlt bei Perger), schwer fassbar. Gemeinsam mit Wolfgang Holzer (unschuldig) hingerichtet. Vgl. Schalk 1919, S. 425; auch als Purkhofer belegt. Vgl. Opll 1995, S. 192 bzw. 265. 8 deuphaws: Evtl. ident mit dem Amtshaus – stellenweise so genannt auch in G(ac) – oder dem Diebsschergenhaus, heute Rauhensteingasse 10, 1. Wiener Gemeindebezirk. 9 Cristan Wissinger: Wissinger, Christian († 1474/75), Kaufmann, Grundbuchverweser (1442, 1444 – 45, 1454) Ratsherr (1446, 1450–1452, 1454, 1460 –1462, 1484), Stadtkämmerer (1452), Steuerherr (1461/62), Perger-Nr. 544. | Nicklasen Ernst: Ernst, Niklas († um 1472/73), Stadtkämmerer (1444–1446, 1451–1452, 1455), Ratsherr

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[R 106] 6

10 [G 133v]

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55. Als Herzog Albrecht die namhaftesten Bürger Wiens gefangen nehmen ließ

55. Als Herzog Albrecht die namhaftesten Bürger Wiens gefangen nehmen ließ

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Nachdem der Herzog den Holzer nun in seiner Gewalt hatte, ließ er auch Herrn Oswald Reicholf, Sebastian Ziegelhauser, Hans Ödnacker und Hans Burghauser gefangen nehmen. Man hielt sie bis zum Donnerstagabend in der Osterwoche am Hof in der Burg in Gefangenschaft, dann führte man sie ins Gerichtshaus. Er ließ auch Christian Wissinger, Niklas Ernst, den Kürschner Tenk, Laurenz Schwanz, Kristan Prenner, Gilg Paum, Gilg Knab, Andre Schönprucker, Wolfgang Hollabrunner, den Angerfelder und den Menesdorfer gefangen nehmen. Die setzte man im Hubhaus fest, da sie aufgrund der Taten des Bürgermeisters vom Fürsten verdächtigt wurden. Im selben Jahr am Freitag in der Osterwoche wurde ein Wagen mit einer Bühne hergerichtet und vor das Gerichtshaus geführt. Darauf wurden Herr Oswald der Reicholf, Herr Augustin, der Ritter, Sebastian Ziegelhauser, der Bürgermeister, Hans Burghauser und der Hollerbeck gesetzt und auf den Hohen Markt zur

(1454–1457, 1461–1462, 1467–1472), Grundbuchverweser (1468–1472), Perger Nr. 168. 10 Tenckkúrsner: Tenk, Stefan († um 1473/1474), Ratsherr (1445 –1448, 1451, 1453 –1454, 1456 –1458, 1461–1462), Kürschner, Perger-Nr. 125 | Giligen Pawm: Paum, Gilg († um 1482/1487), Ratsherr (1467–1469, 1476 –1482), Einnehmer der Moststeuer (1468), Grundbuchsverweser (1475), Kirchmeister zu St. Stephan (1478–1482), Fleichschhacker. 11 Giligen Knaben: Knab, Gilg († um 1470 –1471), Stadtkämmerer (1456–1458). | Andren Schonpruckner: Schönprucker, Andre († 1473), Ratsherr (1458–1461, 1464, 1465, 1473), Bürgermeister (1467–1471), Grundbuchsverweser (1454, 1458), Stadtkämmerer (1460, 1461), kaiserlicher Diener (1443), Ungelter (1444). 12 Wolfgangen Holabrunner: Hollabrunner, Wolfgang der Ältere († 1466), auch Wolfgang Schell, Ratsherr (1455, 1462), Kaufmann. 13 Mánestorffer: Michel Menesdorfer († um 1481/1486), Ratsherr (1456, 1457, 1462, 1474 –1476 und 1478), Verweser zu St. Jeronim (1443, 1444, 1447), Grundbuchsverweser (1457, 1480), Münzmeister (1474–1476), Kaufmann, Hausgenosse, vgl. Perger-Nr. 346. huebhaws: Hubhaus, Sitz des herzöglichen Hubmeisters, heute Petersplatz 7, 1. Wiener Gemeindebezirk.

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55. Wie hertzog Albrecht lies vahen die namhaftisten purger ze Wienn

her Augustin der ritter, Sebastian Ziegelhauser, der purgermaister, Hanns Púrckhauser und der [53va] Hollerweckh und wúrden gefúrt auf den Hohenmarckht under die schran. Daselbs man ruefft, das nyemant diselben purger mit warten solt engstigen. Darnach nam man ab dem wagen hernn Augustin den ritter und slueg im ab das haubt an dem Hohenmarckt. Als das geschach, do fúrt man die anderen purger an den hoff. Do wúrden gemacht schranckhen, daselbs man sy all solt haben gefiertailt. Der Reicholf und auch die anderen ruefften an die gemain und purger, das sy so wol tétten und des fúrsten genad fúr sy piten, das in wúrd verlihen das swert. Also schickten die purger und gemain ettlich aus in zw dem fúrsten, und liessen pitten sein genad, in das swert zu erlauben. Das der fúrst tétt. Doch allain nam er aus den purgermaister, den solt man viertailn. Und als die pottschaft wider kom von dem fúrsten, und sagten dem Reicholfen und anderen, wie sy der fúrst hiett begnadt und hiett in verlihen das swertt, [53vb] des danckten sy vasst. Und als der Reicholf nu hinreckt den hals, rúfft er an das volckh, das sy Gott fúr in peten, wenn er des tods den er lidt nicht hiet verschult. Und was sein handlung in den sachen wér gewesen, die hiet er aufgeschriben. Daraus man wol wúrd nemen, ob er den tod verschuldt hiett oder nicht. Und also enphalich er got sein seel. Der Zieglhauser bekannt sein schuld offenlich. Er sturb darumb, das er dem hertzogen nit hyett gesworen, des er rechtlichen nicht hiett getún múgen, wenn er des aids, den er vor dem rómischen

1 Sebastian Ziegelhauser der purgermaister] der Burgermaiſter, Sebaſtian Ziglhauſer G(ac). 4 das nyemant diselben purger mit warten solt engstigen] das niemandt ſolt dieſelben burger mit wortten engſtigen G(pc), das niemand die ſelben purger mit Wortten Enſtig S. 5 nam man ab dem wagen hernn Augustin den ritter] namb ob dem wagen herrn Auguſtin den Ritter G(ac), namb man her ob d_ Auguſtin den Rihter G(pc), nam man herab den Auguſtin Ritter S. 7 do] fehlt S. 9 solt haben gefiertailt] ſoll haben geuiertthailt G(ac), ſoll geuiertthailt haben G(pc)S. 11 so] fehlt G(ac). 12 wúrd] werd S. 15 er] man G(ac) (Nicht Albrecht nimmt den Holzer von dem Gnadengesuch aus, sondern schon die Bürger!). 21 peten] bitten G. 23 wér gewesen] geweſt wer G. | Daraus man wol wúrd nemen] Darauſs man wol wuerdt vernemen G(ac), Darauſs wurd man ſehen S. 25 enphalich] beuolche S. 26 Er] vnd G(ac). 28 vor] fehlt G(ac).

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[S 44r] 5 [G 134r]

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[G 134v] 21 [R 107]

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Gerichtsbank geführt. Dort verkündete man, dass niemand diesen Bürgern mit Worten zusetzen solle. Danach holte man Herrn Augustin, den Ritter, vom Wagen und schlug ihm auf dem Hohen Markt den Kopf ab. Als das geschehen war, führte man die anderen Bürger zum Hof, wo eine Schranke aufgebaut war, wo sie alle gevierteilt werden sollten. Der Reicholf und auch die anderen riefen die Gemein und die Bürger an, sie sollten so barmherzig sein und die Gnade des Fürsten für sie erbitten, damit ihnen das Schwert zugestanden würde. Also schickten die Bürger und die Gemein etliche von ihnen zum Fürsten und ließen Seine Gnaden bitten, ihnen das Schwert zuzugestehen. Das tat der Fürst. Er nahm nur den Bürgermeister davon aus, den sollte man vierteilen. Und als die Boten vom Fürsten zurückkehrten und dem Reicholf und den anderen sagten, dass der Fürst sie begnadigt und ihnen das Schwert zugestanden habe, bedankten sie sich sehr. Als der Reicholf nun seinen Hals hinreckte, rief er das Volk an, dass sie Gott für ihn bäten, denn er erleide den Tod unschuldig. Was seine Beteiligung an der Sache gewesen sei, habe er aufgeschrieben. Daraus könne man gut entnehmen, ob er den Tod verdient habe oder nicht. Und so empfahl er seine Seele Gott. Der Ziegelhauser bekannte offen seine Schuld. Er sterbe, weil er dem Herzog nicht die Treue geschworen habe, was er von Rechts wegen nicht hätte tun können, denn er war von dem Eid, den er vor dem Römischen Kaiser als seinem natürlichen Erbherrn und Landesfürsten geleistet hatte, nicht entbunden worden. Auch sei ihm und anderen gemeinen Bürgern von ebenjenem Römischen Kaiser geboten worden, dass sie dem oben genannten Herzog Albrecht, seinem Bruder, aufgrund der schriftlich festgesetzten Versöhnung, die der

1 Augustin der ritter: Oberheimer, Augustin (Tristram) († 1463), auch Albrecht Augustin Tristram , aus dem Geschlecht der Oberheimer, Söldnerführer, Heinig 1728. 3 Hollerweckh: Georg Hollerbeck, „Mitbürger zu Wien”, vgl. Csendes, Peter: Regesten der Urkunden aus dem Archiv des Wiener Bürgerspitals 1401–1530, nicht bei Perger erfasst, vgl. Ebendorfer S. 583. | Hohenmarckht: Heute Hoher Markt im 1. Wiener Gemeindebezirk. 4 schran: bezeichnet in Süddeutschland den Getreidemarkt oder Kornspeicher, in Österreich historisch einen Gerichtsplatz bzw. ein Gerichtsgebäude. In Wien seit 1441 auf dem Hohen Markt.

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kaiser als seinem natúrlichem erbherren und lanndsfúrsten getan hiett, nit wér ledig gesagt worden. Es wár auch im und anderen purgernn von gemainer statt von demselben rómischen kaiser warden verpoten, das sy dem obgenanten hertzog Albrechten, seinem brueder, auf die verschreibung und bericht, die der kúnig von Pehem zwischen in getan hiett nicht sweren solten, noch gehorsam sein, wenn er taiding nicht wár nachkomen. [54ra] Er sagt auch dabei der gemain und den purgernn, und mant sy, das sy undereinander ainig wéren und treulich rieten, das paid fúrsten und herren miteinander geaint wúrden, wann geschách des nicht, so wúrd noch vil grósser úbel daraus gén. Wenn das pluetvergiessen, so heut an in geschách, wár ein klains úbel. Aber es wurd noch vil pluets werden vergossen, das man lange jar davon wúrd sagen. Und enphalich darauf sein seel Gott dem almechtigen und reckht hin seinen hals zu dem swert. Desgeleichen teten auch die anderen zwen, und also wúrden die aus des hertzogen gewaltsam gericht. ¶ Als es nu kom an den purgermaister, der gedacht, man wúrd im auch das swert widergén lassen, do warf der zúchtiger vor im nyder ain prétt. Der purgermaister sprach: „Wie mainstu das?“ Der zúchtiger antwúrt: „Herr, ir múst anders an.“ Des erkom der purgermaister [54rb] und sprach: „Nu wais got wol das ich eins sólhen tods nicht verdient hab. Sol nu mein leib den vógelnn zetail werdenn, das sei damit, wenn Gott der herr ist heut achtag an dem heiligen kreútz unschuldiklich gestorben. Also wil ich heut auch durch seinen willen gerne sterben.“ Und betzeugt vor meniklich, das er wolt sterben als ein frummer khristen. Und all die weil der zúchtiger mit im umb gie und in nu aufgehackt hett untz an das hertz, do hueb er auf das haup und schaut an sein gewaid und rúefft unser frawn an gar

1 seinem] ainem GS. 3 demselben] dem S. 4 warden verpoten] v'botten worden G(ac), Verpotten S. 6 zwischen in] fehlt G(pc)S. 7 sweren solten] ſolten ſchweren G(ac). | wenn] Dann G(ac), denn S. 9 mant] ermanet G. 10 rieten] räthen G(ac). | das] damit G(ac). 13 gén] entſtehen G(ac), ſten S. | Wenn] Dann G(ac), denn S. 14 werden vergossen] vergoſſen werden S. 16 sein seel Gott dem almechtigen] Gott dem Allmechtigen ſein Seel S. 18 die2] ſie G. 20 es] mann G(ac). 21 im] fehlt G(ac). | widergén] wid' Ine gehen G(ac). 23 antwúrt] ſprach G(ac). 24 erkom] erſchrackh

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5 [G 135r]

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König von Böhmen mit ihnen ausgehandelt hatte, nicht schwören und auch nicht gehorsam sein sollten, da dieser den Beschluss nicht eingehalten habe. Dabei riet er auch der Gemein und den Bürgern und ermahnte sie, dass sie untereinander einig und treue Ratgeber sein sollten, damit die beiden Fürsten sich einigten. Denn geschähe das nicht, so würde ein noch viel größeres Übel daraus entstehen. Denn das Blutvergießen, wie es heute geschähe, wäre ein kleines Übel. Aber es werde noch viel Blut vergossen werden, sodass man viele Jahre davon erzählen werde. Und er empfahl seine Seele daraufhin Gott dem Allmächtigen und reckte seinen Hals zum Schwert, und die anderen beiden taten es ihm gleich. Und so wurden sie auf Befehl des Herzogs hingerichtet.

Als es nun an den Bürgermeister kam, der gedacht hatte, man würde auch ihm das Schwert zugestehen, da warf der Scharfrichter ein Brett vor ihn hin. Der Bürgermeister sprach: „Wie meinst du das?“ Der Scharfrichter antwortete: „Herr, Ihr müsst anders dran!“ Darüber erschrak der Bürgermeister und sprach: „Gott weiß sehr gut, dass ich einen solchen Tod nicht verdient habe. Soll mein Körper nun den Vögeln zuteilwerden, dann ist es deswegen, weil Gott der Herr heute vor acht Tagen am Heiligen Kreuz unschuldig gestorben ist, und so will auch ich heute um seinetwillen gern sterben.“ Und er bezeugte vor der Menge, dass er als frommer Christ sterben wolle. Und während der Scharfrichter zugange war und ihn bis zum Herzen aufgehackt hatte, hob er seinen Kopf und schaute seine Eingeweide an und rief inniglich zur Gottesmutter,

G(ac). 26 das sei damit] fehlt G(ac). 27 an dem] am S. | heiligen] fehlt G(pc)S. 28 heut auch] heütt G(ac), heütt auch G(pc), auch heünt S. 29 durch seinen willen] durch ſeinetwill_ G(ac), von ſeinetweg_ G(pc)S. | Und betzeugt vor meniklich das er wolt sterben] fehlt G(ac). 30 khristen] Chriſt G. 32 an] auf G(ac).

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55. Wie hertzog Albrecht lies vahen die namhaftisten purger ze Wienn

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iniklich, untz im die seel schied von seinem mund. Und ward getailt in vier tail, und die vier tail wúrden gehangen an séwlen fúr di tórr zu den lanntstrassen. Darnach macht man ein eysneme stangen. Di slueg man auf ain czinnen pei dem ausseren tór bei Sand Nikla vor Stubentor in der vorstatt, da er das volckh eingefúrt hett. Auf dieselb stangen man setzt [54va] sein haubt zw ainem zaichen der verráterey. Und also nam des Holtzer gewalt und reichtumb gar kurtzlichen ein endt. ¶ Dennoch waren die purger gefangen in dem huebhaus. Die wúrden darnach all gefúrt in das deuphaus und wúrden darinn jemerlich gepeinigt und gemartert, die da nichts úbls verjachen. Man verspért in auch ire héwser und gmách. Dieselben purger wúrden all geúrtailt zu dem tod. Und als man aufspért ír gemách, do vand man nicht vil gúts. Do wúrden erdacht menig weg, wie man das guet von in prácht. Do ward verlassen mit dem zúchtiger, wie er hacken und mésser solt lassen sleiffen, als man sy wolt viertailen. Das alles ward den purgernn gesagt. Zum lesten ward aufgemacht an dem hof ain grosse pún am montag vor dem heiligen Auffartag, daselbs der fúrst wider sy wolt sytzen zu recht und wolt da horen lassen ir handlung. Des die gemain gar fró was, das man sy [54vb] wolt umbpringen. In der selben zeitt wúrden dieselben purger gewaickht von iren gueten frewnten, sy verstuenden wol, das es núr zetún wár umb ír guett. Es wár pesser, sy verlúren das guett, wenn das leben. Also wúrden sy all nacheinander geschátzt wol umb XXIIII tausent gulden. Die sy gaben und muesten dartzue brieff úber sich geben, das sy nymermer in die statt Wienn kómen wolten und in allen sachen neben dem

1 schied] auſsſchiedt G(ac). | seinem] dem G(ac). 4 ain czinnen] fehlt G(ac). 5 vor] vorm G, vor dem S. 7 man setzt] ſezet mann G(ac)S. 8 nam] nambe G(ac), nämbe G(pc), fehlt S. 9 kurtzlichen] Khurz G(ac). 10 Dennoch] Darnach G. 11 deuphaus] Richthauſs G(ac). | deuphaus] ambthauſs G(ac). 14 all] auch alle G(pc)S. geúrtailt] verurtheilt G(ac). 15 ír] die G(pc). 18 hacken und mésser solt] ſoll hackhen, Vnd Meſſer S. | man sy wolt] wolt mann ſie G(ac). 19 Zum lesten] zue lezt G(ac). 21 wider sy wolt sytzen zu recht] ſolt ſizen wid'umb zue Recht wider ſie G(ac), wüd' wolt ſizen zu recht G(pc), wid' ſie wolt ſizen zue Recht S. 22 da] fehlt G. 24 selben] fehlt G(ac). 25 sy] Die G(pc). | es] er W, es GS. 27 wenn] dann G(ac)S.

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[G 136r]

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20 [S 45r]

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bis ihn die Seele durch den Mund verließ. Dann wurde er in vier Teile geteilt und die vier Teile wurden an Säulen vor die Tore zu den Landstraßen gehängt. Danach machte man eine eiserne Stange, die setzte man auf eine Zinne vor dem Stubentor in der Vorstadt beim äußeren Tor bei St. Niklas, wo er das Kriegsvolk hereingeführt hatte. Auf diese Stange steckte man seinen Kopf als Zeichen des Verrats, und so nahmen des Holzers Macht und Reichtum ein jähes Ende. Währenddessen waren immer noch Bürger im Hubhaus gefangen. Die wurden nun alle in das Gerichtshaus geführt und dort jämmerlich gequält und gefoltert, gestanden jedoch keine Vergehen. Man versperrte auch ihre Häuser und Wohnungen. Diese Bürger wurden alle zum Tode verurteilt. Als man ihre Wohnungen aufsperrte, fand man darin nicht viel Wertvolles. Da wurden viele Wege erdacht, wie man ihnen ihre Reichtümer abnehmen könnte. So wurde mit dem Scharfrichter besprochen, dass er die Hacken und Messer schleifen lassen solle, als ob man sie vierteilen wolle. Das alles wurde den Bürgern gesagt. Zuletzt wurde am Montag vor Christi Himmelfahrt auf dem Platz am Hof eine große Bühne aufgebaut, wo der Fürst über sie richten wollte und ihre Vergehen verlautbart werden sollten. Die Gemein war darüber sehr froh, dass man jene umbringen wollte. Inzwischen beschworen die guten Freunde der Bürger sie, zu verstehen, dass es dem Fürsten nur um ihren Besitz ginge und dass es doch besser wäre, den Besitz zu verlieren als das Leben. Also wurden sie alle nacheinander auf in etwa vierundzwanzigtausend Gulden geschätzt. Die gaben sie ab und mussten dazu noch schriftlich bestätigen, dass sie nie mehr in die Stadt Wien kommen würden und in allen Angelegenheiten neben dem

5 tór bei Sand Nikla: Torturm bei St. Niklas, benannt nach dem dortigen Nikolaikloster. 10 huebhaus: Hubhaus, Sitz des herzöglichen Hubmeisters, heute Petersplatz 7, 1. Wiener Gemeindebezirk.

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55. Wie hertzog Albrecht lies vahen die namhaftisten purger ze Wienn

22.5.1463

Holtzer schuld gehabt hieten. Doch hiett sy der hertzog der straff von gnaden begeben, und ob sy hinfúr wider sólh ír verschreibung ichts wúrden handeln, und wo man sy begriff, so solt mit in gehandelt werden als mit ubeltéternn an alle genad. Und in ward von dem fúrsten aufgetzaigt ein statt genannt Vecklapruckh. Daselbs sy mit iren weiben und kinden wonen, und die statt Wienn nach irer betzalung als dann úber acht wochen rawmen solten. Das also geschach, doch zu dem [55ra] lessten ward in erlaubt von dem fúrsten, das ein yeder mócht wónen, wo es im fúgleich wár. Also tailten sich die frumen leutt hin und her in dem lannd mit iren wónungen. ¶ Desselben jars am sambstag vor des heiligen Kreútztag, hatt ain sóldner, genannt der Kreutzer, angewunnen ainem purger ze Wienn, genannt der Schratt, ain héwsel, genandt Lewpoldstorff, das er darnach lófft umb fúnff hundert gulden.

5

[G 137v] 11

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56. Von Kalsperg

4.7.1463

Darnach zuhannt nam in ain sóldner, genannt der Sweintzer, das ód haws zw Kalsperg, das des von Eckhartzaw was und richt das zue mitt zeẃn und tébernn zu der wér. Do von er die hawer in den weingerten und ander leútt so gen Wienn gehoren fieng, und dem lannd allenthalben umb Wienn mit raub, prannt und huldigung merckhlichen schaden zuezóch, des den fúrsten und die von Wienn verdras. Und an Sand Ulreichs tag schickt der fúrst sein hofgesinde und sóldner fúr das egenannt haws

1 Doch hiett sy der hertzog] doch hiet der Fürſt ſich G(ac), doch hiet ſich der Fürſt G(pc), Doch hiett ſich der Herzog S. 2 sólh ír] Jr G(ac), ſolch G(pc)S. 3 ichts] fehlt G(ac)S, Icht G(pc). 4 begriff] begreifft S. 8 als dann] fehlt G(ac). 9 geschach] beſchach G. 11 fúgleich] gefiell S. 14 Kreutzer] Khreyaz G(ac). | angewunnen] abgewunnen S. 15 Schratt] Schartt S. 17 gulden] L.D. G. 20 des] fehlt G(pc), Vor S. 21 Eckhartzaw] Eckherau G(ac). | tébernn] Gräben G(pc)S. 22 in] die in S. 23 leútt] fehlt G(ac). | gehoren] gehörten GS. 24 raub prannt und huldigung] Raub vnd brandt, mit huldigung G(ac), Raub vnd brandt, vnnd huldigung G(pc), mit Raub vnnd prandt S. 25 zuezóch] zue füegt G(ac).

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[G 138r] [R 110] 25

55. Als Herzog Albrecht die namhaftesten Bürger Wiens gefangen nehmen ließ

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Holzer mitschuldig gewesen seien, doch habe der Herzog ihnen die Strafe gnädig erlassen. Und wenn sie in Zukunft gegen ihre Vereinbarung handeln würden, sollte mit ihnen, wo auch immer man sie ergriff, wie mit Übeltätern und ohne jede Gnade verfahren werden. Der Fürst wies sie in eine Stadt, genannt Vöcklabruck, wo sie mit ihren Frauen und Kindern wohnen sollten. Die Stadt Wien müssten sie nach der Bezahlung ihrer Auslösung binnen acht Wochen verlassen. So geschah es, doch zuletzt wurde ihnen vom Fürsten erlaubt, dass jeder wohnen durfte, wo es für ihn günstig war, und so verteilten sich die wackeren Leute und wohnten überall im Land. Im selben Jahr am Samstag vor dem Heiligen Kreuztag eroberte ein Söldner, genannt der Kreuzer, von einem Wiener Bürger, genannt der Schrot, ein Häuslein, genannt Leopoldsdorf, das dieser danach um fünfhundert Gulden auslöste.

56. Von Kalksburg 20

25

Gleich danach nahm ein Söldner, genannt der Schweinzer, die leer stehende Kalksburg ein, die dem Eckhartsauer gehörte, und stattete sie mit Zäunen und Befestigungen zur Verteidigung aus. So nahm er die Hauer in den Weingärten und andere Menschen aus Wien gefangen. Er fügte dem Land rund um Wien mit Raub, Brand und Huldigung erheblichen Schaden zu, was den Fürsten und die Wiener sehr bekümmerte. Und am Tag des heiligen Ulrich schickte der Fürst sein Hofgesinde und seine

6 Vecklapruckh: Vöcklabruck, Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks, Oberösterreich. 14 Kreutzer: Ruprecht Kreuzer, in derselben Sache belegt in der CA, S. 587, vgl. Winter, Otto Friedrich: Die Herrn von Spaur in Niederösterreich (1454 –1548), in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich 38, S. 331. 15 Schratt: Mert Schrot († 1486/1490), Ratsherr (1463 –1465, 1470 –1472), Stadtkämmerer (1454, 1464, 1465), Steuerherr (1466, 1467), Ungelter (1462–1465), Edler von Streiwiesen (ab 1481), Hausgenosse, Perger-Nr. 456. 16 Lewpoldstorff: Leopoldsdorf im Marchfelde, Marktgemeinde im Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich. 20 Kalsperg: Kalksburg, heute Teil des 23. Wiener Gemeindebezirks.

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56. Von Kalsperg

mitsambt dem stattvolkh von [55rb] Wienn, das sy gewunnen und den Sweintzer selb achtisten darinn fiengen. Der ward geantwúrt dem fúrsten gen Wienn in die púrckh, der in darnach gab den purgernn zu iren handen. Die legten in gefangen in das deuphaws . Es wúrden auch sunst von des rómischen kaiser sóldner vil téber gemacht und geslósser gewunnen allenthalben umb Wienn, als Raucheneckh pei Paden, das geslos des Hager, Schrainbaten, Mitternndorff, Minckhendorff, Lewpoltsdorff und der gútt hoff zw Vischamúnd. Die alle wúrden besetzt, dem fúrsten und den von Wienn zu schaden.

[S 45v] 6

10 [G 138v]

57. Von hertzog Albrechts zug von Wienn gen Scherding 15.7.1463

Zuhannt am freitag nach Margarethe zoch der hochgeboren fúrst hertzog Albrecht zw Wienn aus zu hertzog Ludweigen von Pairen gen Schérding, daselbs er und der yetzbenandt hertzog Ludweig als auff ainen tag ain underredung miteinander heten. Er nam auch mit im ettlich purger von Wienn, mit namen Jacoben Starich und den Jégermaister von Médling, [55va] den Kirichaimer etc. Denselben purgernn ward bevolhen, der statt nottúrfft wider den rómischen kaiser an die fúrsten, geistlich und weltlich, und an ander, soverr sy mochten, zúpringen. Von

1 mitsambt] mit dem G(ac). 2 selb] ſandt S. | darinn] fehlt G. 4 der] die G(ac). 5 gefangen] darnach G(ac), gefanng_ darnach G(pc). | ] Richthauſs G(ac). 8 das geslos des Hager Schrainbaten] fehlt G(ac). 9 Minckhendorff] muckhendorff G, fehlt S. 10 Vischamúnd] Viſchamint G, Viſchandt S. 13 Albrechts] Albrecht GS. 18 yetzbenandt] Ehegenant S. 19 underredung] Wid'redung G(pc)S. 21 etc] fehlt G.

8 Raucheneckh: Burg Rauheneck, Nähe Baden, Niederösterreich. das geslos des Hager: Vermutlich Weikersdorf, das dem Sigmund Hager gehört. Zugleich hatte ein Jörg Hager, 1451–1453 Pfleger von Baden, weitläufige Besitzungen rund um Baden, jedoch keine Burg. Lokalhistorische Untersuchungen postulieren, meist basierend auf

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56. Von Kalksburg

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Söldner mitsamt dem Wiener Stadtvolk vor die vorher genannte Burg, die sie so zurückgewannen und den Schweinzer mit sieben anderen darin gefangen nehmen konnten. Er wurde dem Fürsten in die Burg zu Wien geschickt, der ihn danach den Wiener Bürgern überantwortete. Die sperrten ihn ins Gerichtshaus. Auch andernorts wurden von den Söldnern des Römischen Kaisers viele Befestigungen errichtet und Schlösser rund um Wien erobert, so wie Rauheneck bei Baden, das Schloss des Hagers, Schranawand, Mitterndorf, Münchendorf, Leopoldsdorf und der Gutshof zu Fischamend – sie alle wurden besetzt, um dem Fürsten und den Wienern zu schaden.

57. Von Herzog Albrechts Zug von Wien nach Schärding Gleich am Freitag nach Margareta zog der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht von Wien aus zu Herzog Ludwig von Bayern nach Schärding, wo er und der eben genannte Herzog Ludwig bei einem Treffen eine Unterredung miteinander hatten. Herzog Albrecht nahm etliche Wiener Bürger, mit Namen Jakob Starch, den Jägermeister von Mödling, den Kirchhaimer etc. mit. Diesen Bürgern wurde befohlen, den geistlichen und weltlichen Fürsten und anderen die Anliegen der Stadt im Konflikt mit dem Kaiser, so gut sie es vermochten, vorzubringen. Von Schärding aus begab sich der genannte Herzog Albrecht nach Salzburg und von Salzburg weiter nach Linz, wo er

CA, ein archäologisch nicht mehr nachweisbares Schloß Hag in Baden. Vgl. Rudolf Maurer: Die Burg Baden. Ihre Herren – Ihre Herrschaft. In: Katalogblätter des Rollettmuseums Baden 61, Baden 2006, S. 33–34. 9 Schrainbaten: Schranawand, Ortschaft und Katastralgemeinde der Stadt Ebreichsdorf, Bezirk Baden, Niederösterreich. | Mitternndorff: Mitterndorf an der Fischa, Bezirk Baden, Niederösterreich. | Minckhendorff: Münchendorf, Bezirk Mödling, Niederösterreich. 17 Schérding: Schärding, Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks, Oberösterreich. 21 Jégermaister von Médling: Sigmund Scheptek († 1478/1481), prov. Rat (1462), Jägermeister in Mödling (1439–1478), Edler (ab 1460), vgl. Perger-Nr. 439.

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57. Von hertzog Albrechts zug von Wienn gen Scherding

1.9.1463 29.9.1463

22.8.1463

Scherding fúgt sich der benandt hertzog Albrecht gen Saltzpurck und von Saltzpurck wider gen Lynntz und belaib do als auf viertzehen tag und raitt darnach wider gen Saltzpurckh und nam mit im allain den vom Stain und herren Dúringen von Halburckh. Daselbs zw Saltzpurckh wúrden an den hertzogen getragen ettlich weg und mittel, die fúrgenomen durch den legaten des päbstlichen stuels, auch durch die margrafin von Paden und durch den von Saltzpurckh, dardurich der rómisch kaiser und er umb ír zwitrecht móchten geaint werden. Aber in den sachen ward nichts endtlichs beslossen. Doch so stuend auf ein gemaine red in dem lannd ze Ósterreich und anderen endten, wie die fúrsten gewisleich [55vb] miteinander geaint wáren. Des aber der hertzog nicht wolt verhellen und schraib zue seinen reten und auch den purgernn ze Wienn, wer in sólhs fúrbrácht, das er und der benanndt rómisch kaiser, sein prueder, miteinander veraint wéren, dem solten sy es nicht gelauben, wenn es wár nicht. Darnach kom der hertzog wider gen Lynntz. Da patt in die rómisch kaiserin und die margrafin, sein swester, einen frid zehalten mit dem rómischen kaiser von Sand Giligen tag untz auf Sand Michelstag. Des er sy gewertt und schraib zú den reten, die er dann ze Wienn gelassen hett, und der statt zw Wienn, das sy mitt den sóldnern und den iren bestellten, das sólicher frid auf die obgenandt zeitt wúrd gehalten. In der zeitt, und der frid dem rómischen kaiser ward verkúndt, kómen gen Salhenaw an Sand Wértelmes abent graf Wolfgang von Schawnberg, dem der obgenannt hertzog Albrecht die haubtmanschaft bevolhen hett, mit ettlichen sóldnern. [56ra] Der hauptman waren der Smykoski und

4 und nam mit im allain den vom Stain und herren Dúringen von Halburckh] fehlt G(pc)S, vnnd nam mit im an lain den von Stain, vnnd herrn düring_ von Halburkh. vnnd zauch G(pc), nam mit allein den Von Stain, Vnnd herrn Duringer Von holburckh, vnd zog S. 5 zw Saltzpurckh] fehlt G(pc)S. 6 wúrden an den hertzogen getragen] wuerdt an den Herzogen getragen G, warden getragen an den Fürſtn S. 8 margrafin] Margrafen GS. 13 gewisleich] fehlt G(ac). 18 wenn] wann G, denn S. | nicht2] nichts S. 21 tag] fehlt G(ac). 23 dann] da G(ac). 25 obgenandt] obberüertt GS. 26 und der frid dem rómischen kaiser] vnd dem Röm: Khaiſer der fridt G(ac). 30 waren] was GS.

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[G 139r] [R 111] 5

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57. Von Herzog Albrechts Zug von Wien nach Schärding

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etwa vierzehn Tage lang blieb. Danach ritt er wieder nach Salzburg und nahm nur den von Stein und den Herrn Thüring von Hallwil mit. Dort in Salzburg wurden etliche Wege und Mittel an den Herzog herangetragen, über die sowohl der Legat des päpstlichen Stuhls als auch die Markgräfin von Baden und der von Salzburg übereingekommen waren, dass durch sie die Zwietracht zwischen dem Römischen Kaiser und ihm beigelegt werden könne. Aber in diesen Angelegenheiten wurde kein endgültiger Beschluss gefasst. Dennoch entstanden Gerüchte im Land zu Österreich und andernorts, dass die Fürsten sich geeinigt hätten. Die wollte der Herzog aber nicht aufkommen lassen, und so schrieb er seinen Räten und auch den Wiener Bürgern, wer behaupte, dass er und der genannte Römische Kaiser, sein Bruder, miteinander versöhnt seien, dem sollte man nicht glauben, denn dem sei nicht so. Danach kam der Herzog wieder nach Linz. Dort baten ihn die Römische Kaiserin und die Markgräfin, seine Schwester, vom Tag des heiligen Ägidius bis zum Tag des heiligen Michael einen Frieden mit dem Römischen Kaiser zu halten. Das sagte er ihnen zu, und er schrieb an seine Räte, die er in Wien zurückgelassen hatte, und an die Stadt Wien, dass sie den Söldnern und den eigenen Soldaten befählen, diesen Frieden für die oben genannte Dauer einzuhalten. In der Zeit, als der Friede dem Römischen Kaiser verkündet wurde, kamen am Tag vor dem heiligen Bartholomäus Graf Wolfgang von Schaunberg, den der oben genannte Herzog Albrecht mit der Hauptmannschaft betraut hatte, und mit ihm etliche Söldner nach Sollenau. Deren Hauptleute waren der Smykoski und der Wenzel. Sie hielten dort an und schickten etliche von ihnen in den Kampf vor Wiener

5 Dúringen von Halburckh: Thüring von Hallwil († 1469), österreichischer Hauptmann in den Vorlanden. 7 legaten des päbstlichen stuels: Domenico von Torcello, auch Domenico dei Domenici, Bischof von Torcello (1448 –1464). 8 margrafin von Paden: Katharina von Österreich (* 1420, † 1493), Herzogin von Österreich, Markgräfin von Baden. | den von Saltzpurckh: Burkhard II. von Weißpriach. 27 Salhenaw: Sollenau, Marktgemeinde im Bezirk Wiener Neustadt-Land, Niederösterreich. 28 Wolfgang von Schawnberg: Wolfgang von Schaunberg († 1484), Hauptmann Albrechts VI.

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57. Von hertzog Albrechts zug von Wienn gen Scherding

29.9.1463

der Watzla. Daselbs machten sy ain haldt unnd schickten ettlich aus in in dem rennen fur die Newnstatt. Gegen denselben komen aus der benanten statt des vorgenanten rómischen kaisers hofgesindt und diener und scharmútzelten miteinander. Und als die, so in dem rennen geschickt waren, sachen, das sich des rómischen kaiser volkh aus der statt mert, do hueben sy listiklich an ze fliechen und tzénten des benanten rómischen kaisers volkh, das sy begírlich jagt, mit sólicher flucht untz auf ir halt. Do prach auf die halt und sprengt in des kaisers volkh. Dy wérten sich ritterleich, doch wúrden sy úberdrungen, das sy gaben die flucht zu der statt. Do wúrden gefangen her Hanns der Preisinger, hofmarschalkh, ein ritter, der von Gleichen und noch ainer des kaisers diener. Die betégt graf Wolfgang auf dem veld mit ross und harnasch. Es wúrden auch sunst auf paiden tailen vil bundt und ettlich erslagen. [56rb] Czwhanndt am Montag nach Augustini ward das geslos Schrainbaten von der von Wienn sóldner, der haupman was der Pitzilin, ein schuesterknecht, dem Hymko, der es vor dem Pellndorffer het abgelaichen, wider gewunnen.

[G 140r]

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15 [G 140v]

20 [R 112]

58. Von dem lanttag ze Tullen

22.9.1463

In dem benanten frid schriben aus die dúrchleúchtigen fúrsten und herren, her Fridreich, der rómisch kaiser, und der hochgeboren fúrst, hertzog Albrecht, ainen lanntag allen preláten, herren, ritternn unnd knechten, den vonn steten, gehorsamen und ungehorsamen und legten den auf Sand Maritzen tag gen Tullnn. Als nu derselb tag ward gehalten, zw dem komen von des obgenanten rómischen kaiser wegen her Ulrich, bischof ze Gúrck, her Jorg von

2 in2] fehlt G. 4 kaisers] Khaiſer G(pc)S. 5 miteinander] gegen ainand' G(ac). | in dem] ins G, Inn S. 7 do] fehlt G(ac). listiklich] liſtig G(ac), Lüſtigkheit S. 8 tzénten] rennt G(ac). | des benanten rómischen kaisers volkh] das Volckh G. 10 Do prach auf die halt] fehlt G(ac). | sprengt] sprengt_ G. 15 mit ross und harnasch] fehlt G(ac). 18 Augustini] Auguſtin G. 19 Schrainbaten] Schranpaden G. 20 schuesterknecht] Schuekhnecht S. 21 wider] fehlt S. 23 dúrchleúchtigen] Duꝛichleühtigſtn G(pc)S.

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[G 141r] [S 46v]

57. Von Herzog Albrechts Zug von Wien nach Schärding

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Neustadt. Aus der genannten Stadt kamen ihnen das Hofgesinde und die Diener des Römischen Kaisers entgegen, und sie kämpften miteinander. Als jene, die in den Kampf geschickt worden waren, erkannten, dass das Volk des Römischen Kaisers aus der Stadt Verstärkung bekam, ergriffen sie zum Schein die Flucht und lockten des genannten Römischen Kaisers Volk, das sie eifrig jagte, mit dieser Flucht in einen Hinterhalt. Aus diesem Hinterhalt brachen sie hervor und sprengten in das kaiserliche Volk. Dieses wehrte sich ritterlich, doch es wurde überrannt und wandte sich zur Flucht in Richtung Stadt. Hans der Preysinger, Hofmarschall, ein Ritter, der von Gleichen und noch einer der Diener des Kaisers wurden gefangen genommen. Noch auf dem Feld bestellte Graf Wolfgang sie mit Ross und Harnisch auf einen bestimmten Tag wieder. Auch sonst wurden viele auf dem Feld verwundet oder erschlagen. Gleich am Montag nach Augustinus wurde das Schloss Schranawand durch die Wiener Söldner, deren Hauptmann der Pitzilin, ein Schusterknecht, war, vom Hincko, der es zuvor vom Pellendorfer als Lehen hatte, zurückerobert.

58. Vom Landtag in Tulln

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Während des genannten Friedens schrieben die durchlauchtigsten Fürsten, Herr Friedrich, der Römische Kaiser, und der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht, einen Landtag für alle Prälaten, Herren, Ritter und Knechte, für die aus den Städten, für Gehorsame und Ungehorsame in Tulln aus und legten ihn auf den Tag des heiligen Mauritius. Als dieser Landtag nun stattfand, kamen von der Seite des oben genannten Römischen Kaisers Herr Ulrich, der Bischof von Gurk, Herr Jörg von Volkersdorf, der Kainacher und Meister Hartung von

13 Hanns der Preisinger: Johann von Preysing, Herr von Wolnzach, kaiserlicher Diener. 14 Gleichen: Zu den Grafen von Gleichen S. Heinig, S. 1682. 20 Pitzilin: In der ÖC Söldnerführer, eigentlich Schusterknecht aus Wien. 21 Pellndorffer: ev. Jörg von Pellendorf († um 1484/1490), Stadtanwalt Wien (1462–1468), Mitglied des österr. Landadels, Edler, Ritter (ab 1463).

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58. Von dem lanttag ze Tullen

Volkensdorf, der Kúnacher und maister Harttung von Kapellenn. Mit in zugen auch ettlich purger, die zw Wienn waren ausgetriben, mit namen der Kanstorffer, der Réchwein, ain licenciat paider rechten, der Haiden und der Hinderpach. [56va] Auf solh der benanten paider herren schreiben komen auch all prelaten, herren, ritter und knecht und auch die von stéten underhalb der Enns, aber ob der Enns kom von herren, ritternn und knechten nyemantt, sunder ettlich prelaten. Es komen auch zu dem tag hertzog Albrechts rátt, der Marggraf von Rótel, her Hértneyd von Trawn, her Kristof von Potendorf und Stephan Gewman, und von dem heiligen vater, dem pabst, werd gesannt her Torrilang, ein legatt, ain weiser man, der zwischen paider fúrsten rátt und der lanntschafft ain getrewer mittler was. Do ward angehebt zu taidingen. Do hielt der legat fúr vor den réten des rómischen kaisers, hertzog Albrechtens und der lanntschaft ettlich notdúrftig sachen, die di heilig kristenhait berúrt von den unglaubigen und pat paider herren rátt, auch die lannttschafft, das sy sólh úbel, so die unglaubigen Túrken der kristenhait zuezugen, zu hertzen némen und in frid und ainikait giengen, damit denselben unglaubigen [56vb]

3 waren ausgetriben] ſein auſs getriben worden S. 5 der] fehlt S. 6 all] etlich G. 7 – 9 von stéten underhalb der Enns aber ob der Enns kom von herren ritternn und knechten nyemantt] von Stetten, vnderhalb der Ennſs Khamen von herrn Ritter vnd Khnechten niemandt G(ac), von Stetten, niderhalb d' Ens aber ob d' Ens Khamen von herrn Ritter vnd Khnechten niemandt G(pc), Von Stetten, vnd'halb der Enns, Aber ob der Enns kamen wed' herrn, Ritter, noch Knecht S. 9 sunder] allein S. 12 dem2] fehlt S. 13 Torrilang] Torallanus G(ac), Torcitanus G(pc), Terrilanus S. 15 angehebt] angefang_ G(ac)S, angefängt G(pc). 21 der kristenhait] den Chriſten G(pc)S. | zuezugen] zue füegen G(ac).

1 Harttung von Kapellenn: Hartung von Cappel (* vor 1420, † nach 1476), Dr. utr. iur., maister, Bürger zu Wien, Diener Friedrichs III., Fiskalprokurator und Rat Friedrichs III., Beisitzer des Kammergerichts (vor 1420 –nach 1476), vgl. Mühlberger, S. 153. 3 Kanstorffer: Hans Kanstorffer († 1469/1471), Schreiber, Architekt, Ratsherr. 4 Réchwein: Jakob Rechwein der Ältere († 1463), Ratsherr (1456, 1457), Grundbuchsweser (1453, 1456, 1457, 1462), Verweser zu St. Marx (1492), Verweser zu St. Jeronim (1455),

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58. Vom Landtag in Tulln

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Kapellen. Mit ihnen zogen auch etliche Bürger, die von Wien vertrieben worden waren, mit Namen der Kansdorfer, der Rechwein, ein Lizenziat beider Rechte, der Haiden und der Hinderbach. Auf dieses Schreiben der genannten zwei Herren hin kamen auch alle Prälaten, Herren, Ritter und Knechte und auch die von den Städten unterhalb der Enns, aber von oberhalb der Enns kam niemand von den Herren, Rittern und Knechten, bis auf einige Prälaten. Zu dem Treffen kamen auch die Räte Herzog Albrechts, der Markgraf von Röttel, Herr Hartnid von Traun, Herr Christoph von Pottendorf und Stephan Geumann, und vom Heiligen Vater, dem Papst, wurde Herr von Torcello, ein Legat und ein weiser Mann, geschickt, der zwischen den Räten der beiden Fürsten und den Landständen ein treuer Vermittler war. Da begannen die Verhandlungen. Da brachte der Legat den Räten des Römischen Kaisers, Herzog Albrechts und den Landständen etliche dringende Angelegenheiten in Bezug auf die heilige Christenheit und die Ungläubigen vor und bat die Räte beider Herren und auch die Landstände, dass sie sich diese Bedrohung, die die ungläubigen Türken für die Christenheit darstellten, zu Herzen nähmen und sich friedlich einigten, damit diesen Ungläubigen Widerstand entgegengebracht werden könne. Wenn dies nicht

Ungeltter (1429, 1445), Hubschreiber (1448, 1450, 1451), Münzanwalt (1450, 1451), vgl. Perger-Nr. 395. | Haiden: Laurenz Haiden († 1486), Stadtrichter (1460), Ratsherr (1461, 1473 –1476, 1478, 1485), Bürgermeister (1479 –1484), Bruckmeister (1461), Ritter (ab 1472), Perger-Nr. 255. 5 Hinderpach: Heinrich Hinderbach († nach 1492), Ratsherr (1462), Edler (1472), Stadtkämmerer (1459 –1462), Schlüssler und Amtmann zu Klosterneuburg (1464 –1497), Perger-Nr. 280. 10 Marggraf von Rótel: Vermutlich Wilhelm von Hochberg-Sausenberg (1426/1427–1487), Markgraf (seit 1441), vg. Heinig S. 326. 11 Hértneyd von Trawn: Hartnid von Traun († 1468), [RI XIII] H. 18 n. 161, Rat Albrechts VI, Vater: Johann III.von Abensperg und Traun († 1420). | Kristof von Potendorf: Christoph von Pottendorf, zunächst Rat Albrechts VI., dann Friedrichs III. (ab 1463). 12 Stephan Gewman: Stephan Geumann der Jüngere (* um 1410, † um 1465), erwirkte 1439 von König Albrecht II. das Marktrecht für Gallspach. 1452 war er in Rom im Gefolge Kaiser Friedrichs III. bei dessen Krönung, Mitglied der Empfangsdelegation für Eleonore von Portugal als Braut des Kaisers. 13 Torrilang: auch Domenico dei Domenici, Bischof von Torcello (1448 –1464).

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widerstand getan wúrd. Wenn geschách des nicht, so mócht der gantzen kristenhait noch weiter unbringlicher schaden zugezogen werdn, nach dem das óbrist hawbt der kristnhait geirret wúrd, das er den ungelaubigen nit widerstand getún mócht. ¶ Auf sólh fúrlegen des legaten und darnach nach baider herren rátt und der lanntschaft red und widerred, nach ettlichen tagen, als der legatt paider herren rátt unnd die lanntschaft genúgsamlich in irem fúrlegn gehórt hett, begerten derselb legat der margrafin von Paden und des von Saltzburk rátt ain wissen zuhaben, ob die kaiserlich maiestat und hertzog Albrecht umb ir zwitrecht und irrung in gúttlicher bericht veraint wúrden, ob sy das leiden und ain gvallen daran haben wolten, sunder des artickl halben antreffund die widergab der geslósser, der die kaiserlich maiestatt an recht enttwért wár. ¶ Darauf was der lantschaft antwúrt, das in sólh zwitrecht und irrung untzt her albeg ein getrews [57ra] laid gewesen und noch wér und gerne gesechen hieten, das sy in gútem brúderlichem wesen miteinander gestanden wárn, dann in zwitrecht und irrung. Deshalben so wár ír gefallen und begier, das ir paider gnad umb ir zwitrecht und irrung gúttlich gemittelt und geaintt wúrden an der lanntschaft verrer beswerung. Sólh erpietung der legatt gevelliklich aufnam. Darauf wúrden von der lanntschafft erwelt XXXII, acht aus den herren, acht aus den prelaten, acht aus ritternn und knechten und VIII von den steten. Do wurden aufgeschriben ettlich artikel, darinn des lands und der lanntschaft nottúrft begriffen was. ¶ Von erst, ob paid herren umb sólh ír zwitrecht und irrung gemittelt und geaint wúrden, das dann allen den lanntleuten aus den vier partheyen des lannds ze Ósterreich, die unserm herren, dem rómischen kaiser, oder

2 unbringlicher] vrſprunglich G(ac), noch weitt' vrprunglich' G(pc)S. 8 paider] nun baider G(pc)S. 10 begerten derselb] begertt der G. margrafin] Margraff G(ac), Margraffen S. 14 halben] fehlt G(ac). 15 der1] fehlt G. 16 wár] weren G, war S. 18 untzt her] vnzt hero G, biſsheer S. 22 begier] begern G(ac). 24 verrer] ſchwerer G(ac). beswerung] beſcharung G(ac). 26 herren] Landtherrn G(pc)S.

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[R 113] [G 142r] 5

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15 [S 47r]

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geschähe, würde der ganzen Christenheit noch mehr nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt werden, wodurch das Oberhaupt der Christenheit daran gehindert würde, den Ungläubigen Widerstand zu leisten. 5

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Nach diesen Ausführungen des Legaten und nach den Reden und Gegenreden der Räte beider Herren und der Landstände, nach etlichen Tagen, als der Legat die Räte der beiden Herren und die Landstände zur Genüge in ihren Darlegungen angehört hatte, begehrten der Legat und die Räte der Markgräfin von Baden und dessen von Salzburg zu erfahren, ob die Kaiserliche Majestät und Herzog Albrecht in ihrer Zwietracht und ihrem Streit gütlich geeint werden könnten und ob es ihnen zusage und sie daran Gefallen fänden, insbesondere an jenem Artikel, der die Rückgabe der Schlösser, die der Kaiserlichen Majestät unrechtmäßig entzogen wurden, betreffe. Darauf antworteten die Landstände, dass ihnen diese Zwietracht und der Streit schon immer tiefes Leid bedeutet hätten und noch immer bedeuteten, und dass sie es gerne gesehen hätten, dass sie zueinander in guter brüderlicher Art gestanden wären, anstatt in Zwietracht und Streit. Deshalb seien es ihr Anliegen und ihr Wunsch, dass Ihre beiden Gnaden im Guten versöhnt und geeint würden, ohne weitere Belastung der Landstände. Eine solche Darlegung gefiel dem Legaten. Daraufhin wurden von den Landständen zweiunddreißig ausgewählt: acht von den Herren, acht von den Prälaten, acht von den Rittern und Knechten und acht von den Städten. Dann wurden etliche Artikel verfasst, in denen die Anliegen des Landes und der Landstände dargelegt wurden. Zuerst – falls beide Herren in ihrer Zwietracht und ihrem Streit versöhnt und geeint würden –, dass in diesem Fall allen Landleuten aus den vier Parteien des Landes Österreich, die unserem Herrn, dem Römischen Kaiser,

27 von den] von G, auſs den S. den] fehlt S.

31 gemittelt und] fehlt G(ac).

10 des von Saltzburk: Burkhard II. von Weißpriach.

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unserm herren, ertzhertzog Albrecht, entsagt, und was auch absag den von Wienn, von den lanntleuten und anderen steten aus[57rb] gangen wern, das ainem yeden sein absag, sy weren geistlich oder weltlich, die sich in den kriegleuffen gegenn unseren genádigen herren verschriben hieten, sólh verschreibung widergeben wúrden ungeverlich. Das auch alle ungnad und veintschafft, die sich in den benanten kriegsleúfen zwischen den herren und den bemelten lanntleuten und den, so kain tail entsagt haben, noch still gesessen sein, sunder dem pischof von Passau begeben und halten, gantz ab sein und kunftiklich gegen kainen tail in ungnadn, rach noch in dhainen anderen wegen, nymermer gesúcht, noch gedacht werden, mit recht noch an recht, geistlichen noch weltlichen.

[R 114] 6

10 [G 143v]

Das auch das nach allen nótdúrften versargt werd, das auch all new auffeng und besatzung, so durch unser genádig herren, die iren herren Zdenncko von Sternberckh, den haupman von Märhern und ander, oder durch wen das beschechen wár, im lannd gemacht und ausgangen wéren, [57va] an verziehen vernicht und ab getan, und die noch ander fúrbaser genutzt und gepraucht werden. Desgeleichen all new aufsleg und meẃtt, die nach abgang kunig Albrechts lóblicher gedechtnúss und von allter nicht herkomen seinn, von wem die gemacht und fúrgenomen wéren, niderhalb und ob der Enns, all abgetan und nicht mer hinfúr genomen werden.

[G 144r] 26

¶ Item, das auch all huldigung absein und hinfúr nicht mer geben noch genomen solten werden. Es sullen auch all gefangen, was in den kriegleẃffen gefangen sind, ledig gelassen werden an all schétzung.

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4 sich] ſie G. 5 gegenn unseren] zwiſchen den G(ac), gegen Vnnſerm S. 9 bemelten] benant_ GS. 12 tail] fehlt G(ac). | rach] Rath G(ac). 13 anderen wegen] ander weeg G. 14 noch2] od’ G(ac). 15 werd] wer G. | das2] Des G. 16 auffeng] Anfeng G(ac)S. 17 die iren herren Zdenncko] die Jren herrn G(ac), vnd' ſeinen herrn zdenkho G(pc). 19 ausgangen] auffgangen G(ac). 20 an verziehen vernicht] anzieh_ G(ac), anuerziehen_ Verricht G(pc). 21 und] noch GS. 23 Albrechts] Laſſlaus G(pc)S. | von

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oder unserem Herrn, Herzog Albrecht, aufgesagt hatten – und welche Aufsagungen sonst von denen von Wien, von den Landleuten oder anderen Städten getätigt worden seien –, dass also einem jeden, der sich in den Kriegswirren gegen unsere gnädigen Herren verschrieben habe, egal ob geistlich oder weltlich, seine Aufsage ohne Konsequenzen verziehen werde. Dass man auch von aller Ungnade und Feindschaft, die sich in den genannten Kriegswirren ergeben und eingestellt hatten zwischen den Herren und den genannten Landleuten und jenen, die niemandem aufgesagt, aber auch nicht still gesessen hatten, insbesondere dem Bischof von Passau, gänzlich Abstand nehme. Und dass man künftig niemandem gegenüber Ungnade, Rache oder sonstige Unterfangen mehr ausüben oder planen werde, mit oder ohne Recht, geistlich oder weltlich. Dass man sich angemessen darum kümmern werde, dass auch alle neuen Befestigungen und ihre Besatzung, die durch unsere gnädigen Herren, ihre Gefolgsleute, den Zdenko von Sternberg, den Hauptmann von Mähren oder von wem auch immer sie befohlen wurden und im Land errichtet und veranlasst wurden, unverzüglich aufgelassen und abgebaut würden, außer jene, die noch weiter genutzt und gebraucht würden. Ebenso sollten alle Aufschläge und Mauten unter- oder oberhalb der Enns, die nach König Albrechts Tod – Ehre seinem Andenken – und nicht aus alter Gewohnheit eingehoben wurden, von wem auch immer sie eingeführt und eingenommen worden seien, abgeschafft und künftig nicht mehr eingehoben werden. Item, dass auch alle Huldigungen aufgehoben werden sollten und künftig weder gegeben noch genommen werden sollten. Es sollten auch alle Gefangenen, die in den Kriegswirren gefangen genommen wurden, ohne Lösegeldzahlung freigelassen werden.

allter nicht herkomen] von Alter hero nit khommen G(ac). 25 niderhalb] vnderhalb GS. 28 noch genomen] fehlt G(ac), od’ genomen S. | auch] fehlt G. 29 gefangen1] gefangen worden G(ac).

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¶ Auch was ainem yedem in den Kriegen von geslóssern, sytzen, eḿbternn, leúten und gúeternn abgedrungen, angewunnen oder vergeben, von wem das beschechen wár, und ob icht brieff genomen wérnn, was der vorhanden sind, das es denselben, in was wesen oder stand die seinn, wider ingeben und abgetreten werden mitsambt den frúchten, als sy yetz sind an verrer wai[57vb]grung und widerred, an verziehen. ¶ Item, wer die weren, die in sólhem fúrnemen unsern genádigen herren und der lanntschafft nicht gehorsam und sich darwider muetwilliklichen setzen wolten, das dann unser genádig herren die selbnig gewaltiklich darzue twingen, das sy gehorsam sein múesten. Und ob unser genádig herren der lanntschaft darzue bedúrfften unnd sy ervordernn wúrd, so sol man aufsein und iren genaden sólh ungehórsam hellfen gehorsam zemachen. ¶ Item, das unser genádig herren paid all geltschuld und verschreibung, die sy gésten und lanntleẃten geben oder gemacht hieten auf zeit, die nu aus wéren oder kúnftiklich aus sein wúrden, betzallen, damit lannt und leẃt dardurich nicht angriffen noch beschédigt werden. ¶ Item, das unser genádig herren hinfúr sólh geltbrief, darinn die lanntleẃtt verschriben wáren und darauf angegriffen und beschédigt móchten werden, fúrbaser nicht mer [58ra] aufgeben, als dann syder kunig Albrechts lóblicher gedechtnúss abgang beschechen ist. ¶ Item, ob yemant seine lehen aufgesanndt hiett, welhem herren das wár, oder wie sich der kriegsleutt irrung in den lehen begeben hiett, dem oder den sullen ire lehen genádiklich an schaden wider gelichen werden, wenn sy des begeren, mittsambt den erbámptern. ¶ Item, das das lanndsrecht mit ainem lanndmarschalh fúrgesehen und mit peisytzernn von herren, rittern und

1 den Kriegen] dem krieg_ G, dem Krieg S. | von] in den G(ac), Vor S. | geslóssern] Schlöſſern G. 2 leúten] fehlt G(ac). 4 und ob icht brieff genomen wérnn] fehlt G(ac). | der] dann G(ac). 5 die] ſie S. 6 wider] vnnd’ S. 8 verziehen] ziech_ G(ac). 12 genádig] genedig’ G(pc)S. 13 twingen] trungen GS. 15 sólh ungehórsam hellfen gehorsam zemachen] ſolch gehorſam zuemachen G(ac).

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[G 144v] 11 [R 115]

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[G 145r] 25

30 [S 48r]

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Auch sollten einem jeden, was ihm an Schlössern, Sitzen, Ämtern, Leuten und Gütern abgenommen, entzogen oder übertragen worden war, und durch wen auch immer dies geschehen sei und auch wenn darüber Urkunden vorhanden seien, welcher Stellung oder welchen Standes er auch sei, diese wieder zurückgegeben und abgetreten werden, mitsamt dem momentanen Fruchtgenussrecht ohne jede Weigerung und Widerrede und unverzüglich. Item, wer auch hinsichtlich dieser Übereinkunft unseren gnädigen Herren und den Landständen nicht gehorsam sei und sich mutwillig widersetze, den sollten unsere gnädigen Herren gewaltsam zum Gehorsam zwingen. Wenn unsere gnädigen Herren die Hilfe der Landstände dazu benötigten und sie dazu aufforderten, so sollten diese dazu bereit sein, Ihren Gnaden zu helfen, die Ungehorsamen gehorsam zu machen. Item, dass unsere beiden gnädigen Herren alle Geldschulden und Pfänder, die sie bei Fremden oder Landsleuten auf Zeit gemacht oder ihnen gegeben hatten und die jetzt oder künftig fällig würden, beglichen, damit Land und Leute nicht dafür belangt würden und dadurch zu Schaden kämen. Item, dass unsere gnädigen Herren in Zukunft solche Schuldurkunden, die die Landleute betreffen und diese verpflichten und schädigen könnten, nicht mehr ausstellen, wie es nach dem Tod Albrechts – Ehre seinem Andenken – geschehen war. Item, wenn jemand auf seine Lehen verzichtet hatte, gegenüber welchem Herrn auch immer, oder wenn sich Streitigkeiten der Kriegsteilnehmer auf die Lehen ausgewirkt hatten, dem oder denen sollten ihre Lehen mitsamt den Erbämtern gnädig und ohne Nachteile wieder geliehen werden, wenn sie dies wollten. Item, dass dem Landesgericht ein Landmarschall vorstehen solle und es mit Herren, Rittern und Knechten als

18 gésten] geſtehen G(ac). | und] od’ GS. 19 nu] fehlt G(ac), ÿezt nun S. 23 lanntleẃtt] Landtſchafft G(pc)S. 25 aufgeben] auſsgeben G(pc)S. 26 beschechen] ſider geſchehen S. 27 ob] ſo S. aufgesanndt] lehenmann auſgeſandt G(ac). 28 der] den G(pc). kriegsleutt irrung] khriegsleüff vnordnung G(ac), khriegsleüffen Irung G(pc). 29 den] denſelben G(ac). | sullen] fehlt G(ac).

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knechten besetzt und gehalten wúrd, als von allter herkomen ist. ¶ Item, das an paidertail willen oder an merckhlich eehaft nótt nicht schúb gegeben werden, damit das recht ainen fúrgangk gehaben múg. ¶ Item, ob der lanndsfúrst zw aynem lanntman, oder lanndtman zw dem lanndsfúrsten zúsprúch gewinn, ob das nicht gútlich mócht abgenomen werden, das er dann denselben lanntman, desgeleichen der lanndtman [58rb] den fúrsten, darumb fúrnem mit recht, als von allter herkomen ist, ungeverlich. ¶ Item, das die múnss im lannd pei dem werd, khornn und auftzal gehalten werd, als das durch gemaine lanntschaft mit willenn und wissen unsers allergenádigisten herren, des rómischen kaisers, zw Wienn fúrgenomen ist. Das auch unser genediger herr darob sey, das kain ausswendige múnss auf den wienner slag nicht gemúnst werd und dardurch die múnss im land Osterreich bestentig beleiben múg und der slagschatz nicht gehóhert werd ungeverlich. ¶ Item, das unser genádig herren all aufsleg auf wein, traid, saltz und andre war und all ander newung ganttz abtún und hinfúr nicht mer gestatten ze nemen und sich an yeden gewondlichen meẃtten und zollen, als die von allter pei iren vorforderen fúrsten von Osterreich herkómen sind, benúgen lassen, damit der [58va] gemain man seins gewerbs und handl wider geprauchen und getreiben mág. ¶ Item, von des lanndsfrid wegen, das uns den ir genad vestiklichen halten und schermen well, dardurch ain lannd zw dem anderen berúblich gehandeln múg. ¶ Item, nach dem unser genádiger herr, kunig Albrecht lóblicher gedechtnúss, di Juden aus dem lannd getan hiett von mercklicher úrsach unnd des lannds pessten wegen, das di hinfúr in das lannd Osterreich nicht mer gesetzt, in

3 oder] vnd G(ac). 5 múg] möcht G. 8 dann] fehlt G(ac). 14 willenn und wissen] wiſsn vnd willen G(ac). | allergenádigisten] Aller durchleüchtigiſten G(ac). 17 und] fehlt GS. 19 múg] fehlt S. slagschatz] ſchlag ſaz G. | gehóhert] gehöret G(ac). 20 genádig herren] genedig' herr G(pc)S. 21 all ander newung] andere Erneuerung G(ac), all and' Erneuerung G(pc). 22 gestatten]

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5 [G 145v]

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15 [R 116]

[G 146r] 21

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[G 146v]

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Beisitzern besetzt und abgehalten werde, wie es von alters her üblich ist. Item, dass ohne beiderseitige Einwilligung und ohne triftigen Grund kein Fall aufgeschoben werde, damit die Rechtsprechung vorangetrieben werde. Item, wenn ein Landesfürst gegenüber einem Landmann oder ein Landmann gegenüber dem Landesfürsten Recht zugesprochen bekomme, wenn man sich nicht gütlich einigen konnte, dass er dann den Landmann oder der Landmann den Fürsten rechtmäßig und ohne weitere Feindseligkeit behandle, wie es von alters her üblich ist. Item, dass die Münze im Land bei dem Wert, dem Feingehalt und dem Raugewicht gehalten werde, wie es durch die gemeinen Landstände und mit Willen und Wissen unseres allergnädigsten Herrn, des Römischen Kaisers, in Wien festgelegt wurde. Dass unser gnädiger Herr darauf achte, dass keine auswärtige Münze in Wien geschlagen werde und dadurch die Münze im Land Österreich stabil bleiben könne und der Schlagschatz nicht leichtsinnig erhöht werde. Item, dass unser gnädiger Herr alle Aufschläge auf Wein, Getreide, Salz und andere Waren und alle anderen Neuerungen abschaffe und künftig nicht mehr gestatte, sie einzuheben und sich mit den gewohnten Mauten und Zöllen begnüge, wie sie von seinen vorvorderen Fürsten von Österreich festgesetzt wurden, damit der gemeine Mann Gewerbe und Handel wieder in Anspruch nehmen und ausüben könne. Item, in Bezug auf den Landfrieden: An dem soll Ihre Gnaden für uns festhalten und ihn schützen, damit die Länder in Ruhe miteinander Handel treiben können. Item, nachdem unser gnädiger Herr, König Albrecht – Ehre seinem Andenken – die Juden aus gutem Grund und zum Besten des Landes vertrieben hat, sollten sie auch künftig nicht mehr ins Land gelassen werden. Ihr Handel soll im Land nicht gestattet oder geduldet werden.

zeſtatten zunemen G(pc)S. 23 gewondlichen] gewertiglichen G(ac). 25 gewerbs und handl] handls vnd gewerbs G. 29 berúblich] beruelich G. 31 getan] abgethan G(ac).

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auch kains handels im lannd gestatt noch darinn gehalten werden. ¶ Item, das alle lehen von den fúrsten, den lanntleútten gnádiklich gelihen und dar inn gehalten werden, als bei iren vorforderen beschechen ist, und auch in der kantzlei wider alts herkomen nicht beswért werden ungeverlich. ¶ Item, das uns die lanndsfúrsten pei allen unseren genaden freihaiten, lóblichen gewonhaiten und allten herkomen genediklich halten und uns die bestétten. ¶ Item, das auch [58vb] die hochschuel zw Wienn pei iren eren, wúrden und freihaiten und in ir aussteunder unnd kúnftiger sold gegeben werd, als der von den fúrsten von allter herkomen und gestifft ist. Item, welcherlai verschreibung die lanntleútt von den fúrsten und iren vorforderen umb ir kamerguet haben, das sy dabei genádiklich gehalten und an lanndfrid davon nicht gedrungen werden. ¶ Item, das uns unser genedig herren unseren sold und ander redliche schuld von kunig Lasslawen und anderen fúrsten herkomend genádiklichen betzallen, als uns das vormalen von iren genaden zuegesagt ist. ¶ Item, das ir genad kainen freibrieff fúr geltschuld geben, sunder das recht aym yedem darumb offen lassen, und ob sólh brieff vor ausgangen wéren, das sy die abtuen und kraftlos machen. ¶ Item, das uns ir genad in aufervordernn und veldzugén halten, als ir vorfarderen unser vorfarderen [59ra] gehalten haben. ¶ Item, das ir genad ir pfleg und eḿbter im lannd mit lanntleuten besetz und die regierung den gessten nicht bevolhen werd. ¶ Item, das man es an den méwtten und zollen mit den lanntleuten halt, als von allter herkomen ist.

1 darinn gehalten] dargehalten G(ac). 3 von den fúrsten den lanntleútten] den Landtleütten von den Fürſten GS. 5 beschechen] geſchehen G(pc)S. 8 lóblichen] ob†††hen G(ac). 11 und in ir aussteunder] vnd Inen Ir auſſſtehender G(ac), erholn vnd In Ir auſſſtehender S. 12 von allter] fehlt G(ac). 15 das sy dabei genádiklich gehalten] fehlt G(ac). 16 an lanndfrid davon] wid' dem

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[S 48v]

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Item, dass alle Lehen von den Fürsten den Landleuten gnädig und unter den gleichen Bedingungen geliehen werden, wie unter den Vorvorderen vereinbart wurde, und sie auch in der Kanzlei nicht beliebig entgegen den alten Gewohnheiten belastet werden. Item, dass die Landesfürsten uns alle unsere Vorrechte, Freiheiten, bewährten Gewohnheiten und alten Gebräuche gnädig belassen und uns diese bestätigen. Item, dass auch der Hochschule in Wien ihre Privilegien, Stellung und Freiheiten erhalten bleiben und ihr der ausstehende Sold gegeben werde, wie er von den Fürsten von alters her Brauch und festgesetzt ist. Item, welche Zusicherungen die Landleute von den Fürsten und ihren Vorvorderen bezüglich ihres Kammergutes erhalten hatten, die sollten sie gnädig behalten und sie ohne Gerichtsbeschluss nicht verlieren können. Item, dass uns unsere gnädigen Herren unseren Sold und andere berechtigte Ansprüche, die noch von König László und anderen Fürsten herrühren, gnädig bezahlen, wie uns das bereits zuvor von Ihren Gnaden zugesichert wurde. Item, dass Ihre Gnaden keinen Freibrief für Geldschulden geben, sondern das Recht dazu jedem offen lassen. Und wenn solche Briefe bereits ausgestellt worden seien, so sollten sie diese für ungültig erklären. Item, dass uns Ihre Gnaden einberufen und zur Heerfolge auffordern, wie es ihre Vorvorderen unseren Vorvorderen gegenüber gehalten haben. Item, dass Ihre Gnaden ihre Verwaltung und Ämter im Land mit Landleuten besetze und die Regierung keinem Fremden anvertraut wird. Item, dass man es mit den Mauten und Zöllen für die Landleute so halte, wie es von alters her üblich ist.

Landtfridt G(ac). 18 – 25 Item … machen] fehlt G(ac). 26 – 28 Item … haben] Item dz Vnnſs Jr gnädt inn Auferuordern vnd Veldt zuggehen halten, Alſs Jr voruorder gehalt_ haben. G(ac), im Auferuordern vnd Veldt zug halten, Alſs vnnſer vorford'n gehalt_ haben. G(pc). 29 mit lanntleuten] mit landtleütten des landts GS. 30 und die regierung] vnnd Regierunḡ S.

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¶ Item, das sy frombdt wein in das lannd zefúren nicht erlauben, sunder gewért werden, als von allter herkomen ist. ¶ Item, das kain stewr, noch gewaltig anlechen an vergúnnen und willen gemainer lanntschaft fúrgenomen werd, weder in gemain noch in sunderhait auf geistlich noch weltlich, damit nyemants wider alts lóblichs herkómen nicht beswért werd. Und ob solich steur mit vergúnnen der lanntschafft furgenomen wúrd, das dann mit der gemmain briesterschaft darinn mit willen des bischofs von Passaw unnd besunder gegen den guetern des capitels zw Passaw nicht als mit gesst gúeternn, sunder als pei kunig Albrechten und seinen vorforderen gehalten [59rb] und gehandelt werd. ¶ Item, ob die herren und die lanntschaft also in ainikait pracht wúrden, das darinn sein wirdikait weg fúrném, damit den dingen allen nachgangen, und sy darinn nach nóttdúrfften fúrgesechen wúrden, als er sich des erpoten hab. ¶ Item, als der legatt der lanntschaft hett fúrgehalten das stuckh antreffund die hillf und púrd zw entrichtung der sóldner umb ír schuld, darauf was der lanntschafft anttwúrt, das sy sich in sólch hillff und mittleiden nicht pilleich gében, angesechen, das die sóldner aufgenomen und in das lannd an iren willen und wissen gefúrt wéren. Doch wolten sy dem verrer nach gedenckhen, und nach dem in fúrgehallten wer, das solh hillf leidleich und unbeswérlich sein solt, begerten sy, in zu versteen zegeben, was hilf die seinn, und wie die fúrgenomen solt werden, das sy leidleich wér. ¶ Auch, ob sich die lanntschafft bedenckhen [59va] wúrd, von frid und gemachs wegen unserer genádigen herren und des lannds ein leidliche hilff zetún, das in das an iren freihaiten und lóblichen herkomen kainerlai schaden noch

2 werden] fehlt G(ac), wern G(pc). 7 alts lóblichs] altes G(ac), dz alt loblich S. 9 der lanntschafft] den Landleutt_ G(ac). 9 – 14 furgenomen … werd] fehlt G(ac), Für G(pc) wird die betreffende Stelle auf einem eingelegten Zettel 147a nachgetragen. 12 zw] von G(pc). 15 die herren] der Caꝛdinal die Herrn G(pc). 16 wúrden]

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[G 147v] [G 147a] 10

[G 147v] 15 [S 49r]

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[R 118] 30

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Item, dass sie nicht erlauben, fremden Wein ins Land einzuführen, sondern dies verhindern, wie es von alters her üblich ist. Item, dass keine Steuern festgesetzt noch große Anleihen genommen werden, ohne die Zustimmung und Einwilligung der gemeinen Landstände, weder im Allgemeinen noch im Besonderen, auf geistliches oder weltliches Gut, damit niemand entgegen alter löblicher Gewohnheiten belastet werde. Wenn solche Steuern mit der Einwilligung der Landstände festgesetzt würden, dann sollte mit der Zustimmung des Klerus und insbesondere des Bischofs von Passau und gerade in Bezug auf die Güter des Bistums Passau nicht so wie mit fremden Gütern verfahren werden, sondern so, wie es unter König Albrecht und seinen Vorvorderen gehalten wurde. Item, dass die Herren und die Landstände so geeint würden, dass seine Exzellenz Maßnahmen ergreifen könne, damit allen Angelegenheiten nachgekommen und ihnen je nach Dringlichkeit Sorge getragen werde, wie er es angeboten habe. Item, als der Legat den Landständen die Angelegenheit betreffend die Übernahme der Kosten zur Entlohnung der Söldner vorgebracht hatte, antworteten die Landstände darauf, dass es nicht rechtmäßig wäre, wenn sie sich an diesen Zahlungen beteiligen müssten, angesichts dessen, dass die Söldner ohne ihren Willen und ihr Wissen angeheuert und in das Land gebracht worden seien. Doch wollten sie darüber weiter nachdenken. Nachdem ihnen erläutert worden war, dass diese Unterstützung angemessen und erträglich sein sollte, verlangten sie, dass man ihnen erkläre, wie diese Unterstützung genau aussehe und wie sie umgesetzt werde, sodass sie angemessen wäre. Außerdem, wenn sich die Landstände um des Friedens und der Einigkeit unserer gnädigen Herren und des Landes willen entschließen würden, einen angemessenen Anteil zu übernehmen, dass ihnen das in ihren Freiheiten und guten alten Gewohnheiten keinerlei Schaden oder Nachteil

hiet G. 20 hett] her W, hett GS. 22 schuld] Solds G(ac). 23 mittleiden] mitl G(ac). 25 an iren willen und wissen gefúrt wéren] gefuert weren, ohn Jren Rath vnnd willen GS. | Doch] doch ſo S. 27 – 266,10 leidleich … werden] fehlt G(ac). 31 sich] ſÿ S.

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irrung pringen solt, und das sy darumb mit brieflicher urkund versorgt wúrden nach nottdúrfften. Das auch wurd fúrgesechen, das die hilff zw ander nichte, dann zw fridung unserer genedigen herschafft und des lannds unnd zw abfertigung der sóldner gepraucht werd. Das auch all parigen, die von kunig Lasslaws wegen lóblicher gedechtnúss in parigschafft komen weren, davon an schaden geńediklich genómen, damit dieselben pargen auch lanndt und leútt in verrer scheden nicht pracht werden. ¶ Und als solich obgemelt artickl durch die lanntschaft fúrgenomen und betracht wúrden, darnach wúrden sy gemacht in latein und dem legaten geantwúrt in zwain zedelnn. Der selb legatt [59vb] sy darnach zúschickt des rómischen kaisers und des hertzogen réten, die sy hórten, und des benanten kaisers rétt ir anttwúrt auf yeden artikl in sunderhait teten. Aber die rétt des fúrsten sanndten ir zedeln dem fúrsten gen Wienn, do er die mit seinen reten aigenlich gehórtt und die nach allen notdurften gewegen hett. Do sannt er die wieder gen Tullen seinen réten, die darnach die anttwúrt des fúrsten der lanntschaft in geschrift fúrhielten, unnd lautt also, als hernach geschribn stett: ¶ Als die lanntschaft ain fúrnemen getan, sólh fúrnemen im sein rétt an einer zedeln geschickt hieten. Dasselb fúrnemen er gehórt und mit seinen réten gelesen híett und liess das seinthalben bestén bei den artikelnn, so die lanntschafft hiet fúrgenomen und hiett auch dar an ein guett gefallen. ¶ Darnach ward aber gehórt das fúrnemen der lanntschaft und darauf des rómischen kaiser anttwúrt, die in allen [60ra] artikelnn geleich miteinander lauttent, ausgenomen zwen artickeln von wegen der lanntsteur und des aufslags. Die waren dennoch zw enndt nit beslossen. Do wurden die XXXII herrn, so vor von der lanntschafft zu den sachen geben warden, durch die lantschafft gepeten, das sy solten ubersytzen und versuechen, damit man des aufslags und

11 Und als solich obgemelt] vnd ſolchgemelt G(ac), fehlt G(pc). 12 darnach] darauf G. 14 darnach] fehlt G(ac). 16 kaisers] Röm: Khaiſers G(ac). | anttwúrt auf yeden artikl in sunderhait teten] Antwortt Thätn auff einen Ieden Artickhl inſonderhait S. 21 in geschrift] ain geſchrifft G(ac), fehlt S. 22 geschribn] geſchrie_ G.

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[G 148r] 15

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bringen sollte und dass sie darüber eine angemessene urkundliche Bestätigung erhielten. Dass auch sichergestellt würde, dass ihr Anteil zu nichts anderem als zur Friedensstiftung zwischen unserer gnädigen Herrschaft und dem Land und zur Abfertigung der Söldner verwendet würde. Dass auch alle Bürgen, die durch König László – Ehre seinem Andenken – zu Bürgschaften gekommen waren, daran gnädig schadlos gehalten würden, damit Land und Leute dieser Bürgen nicht weiter Schaden nehmen könnten. Als diese oben genannten Artikel von den Landständen verfasst und geprüft worden waren, wurden sie auf Latein übersetzt und dem Legaten auf zwei Blättern übergeben. Der Legat schickte sie daraufhin an die Räte des Römischen Kaisers und des Herzogs, die sie sich anhörten. Die Räte des Kaisers antworteten auf jeden Artikel einzeln, wohingegen die Räte des Fürsten ihre Blätter dem Fürsten nach Wien schickten, wo er sie selbst mit seinen Räten anhörte und sorgsam abwog. Dann schickte er seine Räte wieder nach Tulln, die dann den Landständen die Antwort des Fürsten in schriftlicher Form überbrachten. Diese lautete, wie folgend geschrieben steht: Als die Landstände sich geeinigt und ihm seine Räte die Ergebnisse auf einem Blatt geschickt hatten, habe er die Vorschläge mit seinen Räten gehört und mit seinen Räten gelesen und stimme den Artikeln, die die Landstände verfasst hatten, aus seiner Sicht zu und habe großen Gefallen daran. Im Anschluss wurden noch einmal die Vorschläge der Landstände und dann die Antwort des Römischen Kaisers gehört, die in allen Artikeln gleich lauteten, mit Ausnahme von zwei Artikeln, die die Landsteuer und die Aufschläge betrafen, die so schlussendlich nicht beschlossen wurden. Da wurden die zweiunddreißig Herren, die zuvor von den Landständen in der Sache beauftragt worden waren, von den Landständen gebeten, dies noch einmal zu überarbeiten und zu versuchen, eine Einigung für diese

23 Als] Dz G(pc)S. 24 Dasselb fúrnemen er gehórt und mit seinen réten gelesen híett] fehlt G(ac). 25 und1] fehlt G(pc). 29 lanntschaft] Lanndtleütt G(ac). 33 Do wurden] darnach G. 34 von] fehlt GS. | zu den sachen geben warden] fehlt G(ac).

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der stewr möcht sein vertragen, wenn das land in menig weg vil scheden genomen und enphangen hiett. ¶ Auff solh der lanntschaft begeren sassen uber die XXXII herren und suechten menig weg hin und her, damit man der stewr und des aufflags wér gewesen vertragen, des aber ye nicht gesein mocht. Do ward die lanntschafft gefordert. Do hielt fúr her Rúdiger von Starchenbergk, wie die herren die zwen artickel nach allen nottúrfften gewégen hieten und chunden nicht finden, das man des aufflags und der stewr mochten vertragen sein, solt man anders [60rb] die sóldner aus dem lannd vértigen. Wann solt die sachen durch der benanten zwayer artickl wegen wúrden werden zestóssen, so wúrd der mangel und pruch gelegt auf die lanntschaft. Und das man séch, das kain abgangk an der lanndschafft in den dingen allen nicht wúrd erfunden, so solten sy yren willen zw solichem aufslag und der lanndstewr gútlichen geben. Aber wúrd die sach durch die herren zustózzen, so mocht man in darinn dhain schuld zúgeméssen, wenn sy hieten albeg gerne gehórt den gelimpfen. Und als die lanntschaft die wart vernamn, gab sy zw dem aufslag núr auf zway jar. An ainer statt in dem lannd ze Osterreich solt genomen werden von den weinn und sunst von kainen anderen dingen, und das die herren die sach also fúrsich némen, dardurch sy und die gantz lanntschaft, armm und reich, darinn nach notturfften pebart und fúrgesechen wúrden. Es ward [60va] auch nemlich beredt, das der aufslag und die lanndsteur erst solten genomen werden, wenn die herren miteinander geaint wéren. Man solt auch ettlich lanntlewtt aus den vier partheyen erwellen dartzú, die denselben aufslag und stewr innemen und zu ander nichte ausgeben,

1 der] fehlt G(ac). | stewr] Steuern G(pc). | wenn] dann S. 2 genomen und enphangen] erlitten S. | hiett] fehlt G(ac), hat S. 3 uber] fehlt G(pc)S. 4 suechten] ſuechten dann G(ac). | man] fehlt G. 5 stewr und des aufflags wér gewesen vertragen] Auſſchleg, Vnnd der Steur wer vertragen geweſen S. 6 gesein] ſein S. 7 her] der G(pc)S. 8 gewégen] gewog_ G, bewegt S. 12 der benanten] den benant_ G, die S. | wegen wúrden] weg_ G(ac), wuerden G(pc), fehlt S. 13 gelegt] fehlt G(ac). 14 séch] ſach S. 17 Aber wúrd] wuerdt aber GS. 18 in darinn] Inen in den ſachen G(ac), Jnn

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Aufschläge und Steuern zu erzielen, denn das Land habe bereits in vielerlei Hinsicht Schaden genommen und empfangen. Auf dieses Begehren der Landstände hin setzten sich die zweiunddreißig Herren zusammen und suchten Wege, um das Problem der Steuer und Aufschläge zu lösen, was aber nicht gelingen wollte. Da wurden die Landstände einberufen und Herr Rüdiger von Starhemberg trug vor, dass die Herren die beiden Artikel aus allen Blickwinkeln betrachtet hätten und nichts finden könnten, wie man sich wegen des Aufschlags und der Steuer einig würde, und also müsse man die Söldner anders aus dem Land bringen. Denn sollte die Angelegenheit wegen der beiden genannten Artikel scheitern, so würde der Schaden den Landständen angelastet werden. Und damit man sehe, dass die Landstände in keiner Angelegenheit zurückstünden, sollten sie willentlich ihre Zustimmung zu diesen Aufschlägen und der Landsteuer geben. Würde aber die Angelegenheit dennoch durch die Herren scheitern, dann könnte man ihnen keine Schuld zuweisen, denn sie hätten sich stets um Redlichkeit bemüht. Als die Landstände diese Worte vernahmen, stimmten sie stattdessen einem Aufschlag für zwei Jahre zu, der im Land Österreich nur für Wein und sonst für keine andere Ware eingehoben werden sollte. Aber dafür, dass die Herren diese Steuer auf sich nahmen, sollten ihre Interessen und die aller Landstände, egal ob arm oder reich, angemessen gewahrt und behandelt werden. Es wurde insbesondere auch besprochen, dass der Aufschlag und die Landsteuer erst dann eingenommen werden sollten, wenn die Herren miteinander geeint wären. Es sollten auch einige Landleute aus den vier Parteien gewählt werden, die diesen Aufschlag und die Steuer einheben und für nichts anderes ausgeben sollten als zur

dann S. 21 zw] fehlt G, Irn willen dz G(pc)3. | dem aufslag] den Auffſchlag G(ac), der Auffſchlag G(pc), den Aufſchleg S. 27 ward] war S. 28 erst solten genomen werden] erſt genomen ſolt werd_ G(ac). 30 erwellen dartzú] darzue erwöln GS. 31 ausgeben] auſsgeben word_ G(ac).

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dann zw abfertigung und entrichtung der sóldner aus dem lannd. Und ob icht úbermass do sein wurd, das man dann zw nottúrft des lannds dann anlegiett. Man solt auch úbersitzen und fúrnemen, wie man sólh stewr anlegen wolt. ¶ Nach dem wúrden aus den XXXII herren erwelt VIII. Die solten úber sytzen und betrachten, was einem yedem von seinem guet, so er hiett im lannd ze Osterreich, zu stewr geben solt. Die erfunden und betrachten, das ein yeder der XV Pfundt wert hyett, solt geben I Pfundt, von hundert Phundten funf phunt unnd von tausent phunt fúnftzig Phundt d_. ¶ Darnach ward geredt aus den sachen, wie man [60vb] den rómischen kaiser und hertzog Albrechten umb ir zwitrécht, gúttlich mócht geainen. Darumb sich die lanntschaft fuegt zw den reten des romischen kaisers und den rétten hertzog Albrechts und redten mit in auf menig weg und mittel, die dienten zw frid und ainikait paider herren. Es prachten auch fúr den legaten und die lanntschaft die von Wienn als pei dreytzechen artickeln, die ettwas grob und swár waren und hielten fúr, wér sach, das der rómisch kaiser und ír genádiger herr, ertzhertzog Albrecht, umb ir stóss und zwitrecht miteinander in gúttliche bericht kemen, das sich dann der benandt rómisch kaiser gegen in verschreiben solt, dieselben artickln zehalten. Do ward in fürgehalten durch die lanntschaft, sy solten di sach so swér nit vassen, sunder gleichlich fúr sich nemen, das man dar in mócht gereden. Darauf gaben sy wider ein antwúrt der lanndschaft, ob sy verstúenden, [61ra] das sy die sach swérlich hieten fúr sich genomen, das wer in ein nottúrft, doch so wolten sy sich gúttlich lassen weisen, was in darinnen riett der von Passaw und die lanntschaft. Des

1 aus dem lannd] fehlt G(ac). 2 icht] ain G(ac), fehlt G(pc)S. dann] die GS. 3 nottúrft] denen nottürfften G(ac). 5 wolt] ſoll G(ac). 8 von seinem guet so er hiett im] fehlt G(ac). 9 erfunden] funden S. 10 XV] zwainzig GS. | Pfundt1] pfundt pfenning GS. Pfundt2] guld_ G(ac), tl d_ G(pc), pfundt pfenig S. 11 Phundten] guld_ G(ac), tl. G(pc), pfundt S. | phunt1] fl. d_ G, pfundt S. phunt2] guld_ G, pfundt S. 12 Phundt d_] fl G(ac), tl G(pc), pfundt S. 16 des romischen kaisers und den rétten hertzog Albrechts] baider herrn S. 17 redten] handelten G. 18 Es] das G. 19 die1]

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[R 120] [G 150r]

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[S 50v] 31 [G 151r]

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Entlohnung und Bezahlung der Söldner im Land. Und wäre ein Überschuss vorhanden, so sollte man ihn für die Bedürfnisse des Landes aufwenden. Man solle sich auch treffen und beschließen, wofür man diese Steuern einsetzen werde. Danach wurden von den zweiunddreißig Herren acht gewählt, die sich treffen und darüber beratschlagen sollten, was ein jeder von seinem Gut, das er im Land zu Österreich habe, als Steuer abgeben müsse. Diese entschieden und erwogen, dass ein jeder, der fünfzehn Pfund Pfennig an Wert hatte, ein Pfund Pfennig geben sollte, von hundert Pfund Pfennig fünf Pfund Pfennig und von tausend Pfund Pfennig fünfzig Pfund Pfennig. Danach wurde die Angelegenheit besprochen, wie man den Römischen Kaiser und Herzog Albrecht in ihrer Zwietracht gütlich einen könne. Zu diesem Zweck begaben sich die Landstände zu den Räten des Römischen Kaisers und den Räten Herzog Albrechts und sprachen mit ihnen über etliche Mittel und Wege, die zur Erlangung des Friedens und der Einigkeit der beiden Herren dienen sollten. Auch die Wiener brachten dem Legaten und den Landständen dreizehn Artikel vor, die etwas überzogen waren, und forderten, dass, wenn der Römische Kaiser und ihr gnädiger Herr, Erzherzog Albrecht, in ihren Auseinandersetzungen und ihrer Zwietracht zu einer gütlichen Einigung kämen, dann solle sich der genannte Römische Kaiser ihnen gegenüber verpflichten, sich an diese Artikel zu halten. Da wurde ihnen durch die Landstände nahegelegt, sie sollten in der Angelegenheit keine zu hohen Forderungen stellen, sondern sich zurückhalten, sodass man darüber verhandeln könne. Darauf antworteten sie den Landständen, dass diese verstehen müssten, dass sie die Sache kaum so unternommen hätten, wenn es ihnen kein großes Anliegen

fehlt G(pc)S. 21 wér] Wers S. 22 ertzhertzog] Herzog G(ac). 23 gúttliche] güett G(ac), güettlich G(pc), güettige S. | kemen] khümen werd G(ac). 27 sich] ſÿ G. 28 gereden] Reden S. 30 swérlich hieten fúr sich genomen das] ſchwerlich für ſich hetten genummen G(ac)S. | in] ir G(ac). 32 darinnen] fehlt G(ac). Des] den G(ac).

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58. Von dem lanttag ze Tullen

28.10.1463

13.10.1463 11.11.1463

28.10.1463

wolten sy gerne voligen. Sy melten auch dabei, das sy an iren genádigen herren ertzhertzog Albrechten und ausserhalb sein kainerlai bericht aufnemen wolten. Es wér dann, das sein genad vor umb sein sprúch, die er hiett gegen dem rómischen kaiser, verricht und geaint wér und hieten guete hofnung, sein genad wúrd desgeleichen auch tún. Und das den sachen dester beruebtlicher nachgangen mócht werden, wúrden die geschoben fúr den rómisch kaiser in die Newnstatt, auf Sand Symon und Sand Jude tag. Auf denselben tag hertzog Albrecht sein treflich rétt, die von Wienn die iren mit gewalt sennden solten. Des also von paiden tailen ward verfoligt, und der lanndtag zu Tullen ward zu lassen. Doch so ordnét die lanntschaft aus den vier parthéyen [61rb] acht, die sich auch fuegten in die Newnstatt zu dem rómschen kaiser, mit namen aus den prelaten der abt von Melkh, der von Quótweig, herren Rúedigernn von Starchenberg, Pangretzen von Planckhenstain, herrn Sigmund Eytzinger, Jorgen Seysenécker und die von Stain und Krembs, die daselbs an sein genad prachten der lanntschaft nottúrft, und ein frid ward gesetzt von Sand Kolmanstag untz auf Martini.

¶ Desselben jars an Sand Symon und Juda tag fúegten sich in die Newnstatt under dem gelaitt des rómischen kaisers hertzog Albrechts rétt und ettlich aus der lanndtschaft. Daselbs aber gueter fleis getan ward, das paid herren und die von Wienn in ainikait wéren, des zw disem mal aber

1 melten] wolten G(ac). 2 ertzhertzog] Erzherzog_ G(ac). 4 sein2] die G(ac). 6 desgeleichen] daſs G(pc)S. 7 beruebtlicher] bälder G(ac). 9 Sand2] fehlt G(ac)S. 10 hertzog] der Herzog G(ac). 12 also] alſs G. 13 ward zu lassen] wardt zueſtoſſ_ gelaſſ_ G. ordnét] verordnet G(ac). 16 der1] den G(ac)S. 21 Sand Kolmanstag] S. Colmans G(ac). | untz] hinzt S. | Martini] S. Martini G(ac). 24 hertzog] des herzog G(ac), vnnd Herzog S.

16 abt von Melkh: Johann IV. Hausheimer von Welming, Abt von Melk (1446 –1453). | der von Quótweig: Martin Matschauer, Abt von Göttweig (1457–1468). | Quótweig: Göttweig,

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[R 121] 6

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wäre. Jedoch wollten sie sich bereitwillig anhören, was ihnen der von Passau und die Landstände raten würden. Dem würden sie gerne Folge leisten. Sie verkündeten dabei auch, dass sie von niemandem außer ihrem gnädigen Erzherzog Albrecht Befehle entgegennehmen würden. Es sei denn, dass Seine Gnaden zuvor bezüglich seiner Ansprüche gegenüber dem Römischen Kaiser mit diesem übereingekommen sei, und sie hätten Hoffnung, dass Seine Gnaden dem zustimme. Damit den Angelegenheiten umso ernsthafter nachgegangen werden konnte, wurden sie am Tag der heiligen Simon und Judas vor den Römischen Kaiser nach Wiener Neustadt gebracht. Am selben Tag sollten Herzog Albrecht seine mit Amtsgewalt ausgestatteten Räte und die Wiener die ihren schicken. Dem wurde von beiden Seiten nachgekommen, und der Landtag zu Tulln wurde aufgelöst. Nun bestimmten die Landstände acht aus den vier Parteien, die sich nach Wiener Neustadt zum Römischen Kaiser begaben – nämlich von den Prälaten die Äbte von Melk und von Göttweig, Herrn Rüdiger von Starhemberg, Pankraz von Plankenstein, Herrn Sigmund Eitzinger, Jörg Seisenegger und die von Stein und Krems –, die dort Seiner Gnaden die Forderungen der Landstände vorbrachten, und es wurde ein Frieden vom Tag des heiligen Koloman bis auf Martin festgesetzt. Im selben Jahr, am Tag der heiligen Simon und Judas, begaben sich unter dem Geleit des Römischen Kaisers Herzog Albrechts Räte und etliche aus den Landständen nach Wiener Neustadt. Dort wurde viel Aufwand betrieben, damit die beiden Herren und die Wiener sich einigten, was aber zu diesem Zeitpunkt nicht geschah, da

Benediktinerkloster der Österreichischen Benediktinerkongregation in der Gemeinde Furth nahe Krems, Niederösterreich. 17 Pangretzen von Planckhenstain: Pankraz von Plankenstein († 1465), beteiligte sich an der Opposition gegen Friedrich III. (1451-1452), wurde später aber zu dessen Rat und vermittelte zwischen dem Kaiser und den Ständen. 18 Jorgen Seysenécker: Georg Seisenegger, Rat Friedrich III., Pfleger zu Persenbeug, Inhaber des Landgerichts auf dem Tullnerfeld.

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58. Von dem lanttag ze Tullen

9.11.1463 25.11.1463

nicht gesein mocht, wenn des rómischen kaisers rétt weg fúrgehalten heten, die mer zu unfrid dienten, denn zw frid. Unnd dar auf kómen [61va] des hertzogen rétt und die von Wienn am mitichen vor Sand Merten tag ungetaner sachen wider gen Wienn, und ain frid ward gesetzt untz auf Sand Katherein tag.

5 [S 51r]

59. Wie der von Hochenwerckh durch hertzog Albrechten ward geúrlaubt von der kchanntzlei

11.11.1463

In der zeytt nam der hochgeboren fúrst, hertzog Albrecht, herrn Stephan von Hochenwerck das Sigel, und ward von im getzigen, wie er den lanntag zu Tullen hiett wellen iŕren. Derselb von Hochenwerckh trew und eer darumb gab, damit er des fúrsten kantzler ward wider die gerechtikait seins natúrlichenn herrn und landsfursten des rómischen kaysers. Also múst er auch mit schannt und laster von der kantzlei weichen. Darnach schraib derselb von Hochenwerckh dem fürsten und maint, wie er solich smach und schandt umb sein genad nicht hiet verdientt und nam darauff [61vb] in sólhem seinem schreiben von dem fúrsten urlaub von dem aid und gelúb, so er im getan hiett und wolt im hinfúr nichts mer phlichtig sein. Der selb von Hochenwergk schickt auch in die statt Wienn ainen seinen kapplan, mit namen herrn Cristan, zw ettlichen purgernn mit gelaubbriefen. Der was am ersten komen zw dem Liepherten, die zeit múnsmaister, darnach zw Andrén dem Schónprucker, und hett in gesagt, wie der rómisch kaiser und hertzog Albrecht, sein pruedr, miteinander verricht weren. Sólh bericht auswendig ir wér beschechen, darumb sy auf die fleischpannckh geben wúrden. Und ee wenn Sand Merten tag kém, wúrd sólh pluetvergiessen in der statt Wienn geschechen, das vor nye wér erhórt

1 wenn] Denn S. 4 am] An S. | Sand Merten] S. Martinitag G, Sandt Marttin S. 11 getzigen] geſagt G(ac), gezüg G(pc). | er den] der G(ac). 13 damit] mit G(ac). 15 auch] fehlt G(pc)S. 17 wie] dz G(pc)S. 21 im] fehlt G(ac). | nichts] nit G. 25 die] der G(ac). zw Andrén] zum Andern G(ac), zu dem Andre G(pc)S. 28 bericht] gericht G(pc)S. 29 geben wúrden] wuerden geben G(pc)S. 30 tag]

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10 [R 122] [G 152v] 15

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[G 153r] 30

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5

die Räte des Römischen Kaisers Vorschläge brachten, die mehr Unfrieden stifteten als Frieden. Daraufhin kehrten die Räte des Herzogs und die Wiener am Mittwoch vor dem Tag des heiligen Martin unverrichteter Dinge wieder nach Wien zurück, und es wurde ein Frieden bis zum Tag der heiligen Katharina festgelegt.

59. Wie der von Hohenberg von Herzog Albrecht aus der Kanzlei entlassen wurde 10

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In dieser Zeit entzog der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht dem Herrn Stephan von Hohenberg das Siegel und bezichtigte ihn, er habe den Landtag zu Tulln sabotiert. Der von Hohenberg hatte Treue und Ehre verraten, um Kanzler des Fürsten zu werden, gegen das Recht seines natürlichen Herrn und Landesfürsten, des Römischen Kaisers. So musste er die Kanzlei mit Schimpf und Schande verlassen. Danach schrieb der von Hohenberg dem Fürsten und meinte, dass er eine solche Schmach und Schande von Seiner Gnaden nicht verdient habe, und sagte sich in diesem Schreiben dem Fürsten gegenüber von dem Eid und Gelübde los, die er vor ihm abgelegt hatte, und wollte ihm fortan zu nichts mehr verpflichtet sein. Der von Hohenberg schickte auch seinen Kaplan namens Herr Christian mit Beglaubigungsschreiben in die Stadt Wien zu etlichen Bürgern. Der kam zuerst zum Liephart, zu dieser Zeit Münzmeister, danach zu Andre Schönprucker und sagte ihnen, dass der Römische Kaiser und Herzog Albrecht, sein Bruder, sich versöhnt hätten. Dieser Beschluss sei ohne sie gefasst worden, und nun würden sie auf die Schlachtbank geführt. Noch bevor der Tag des heiligen Martin käme, würde es ein solches

fehlt S. 31 Wienn] fehlt G(pc)S. | geschechen] beſchehen G(ac). erhórt] gehort G(pc).

7 Hochenwerckh: Stephan V. von Hohenberg († nach 1463), Siegelbewahrer Albrechts VI., urkundl. oft schwer von Stephan VI. von Hohenberg zu unterscheiden, vgl. Heinig S. 1694, insb. S. 46; Schalk 1919, S. 421.

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warden. Darnach was er gangen zw dem Schonpruckner. Dem hett er auch geantwürt ainen gelaubbrief und im die maynung sagt darauf, als dem Liepharten. Der benandt von [62ra] Hochenwerckh hett in auch geraten, das sy ír guett aus der statt préchten an enndt, da es sicher wér. Wenn der von Liechtenstain, der von Ebersdorff und die von Potendorff von dem hertzogen volligen gewalt hieten, zwischen dem rómischen kaiser, sein und der statt Wienn umb all sachen auszusprechen. Der benandt kapplan hett auch mer brieff, die er ettlich anderen purgern solt geantwúrt haben, doch so hett er darinn gehabt den Liepharten zw ratt, ob er die anderen brieff an die ennd, do sy hin lauttietten, antwúrten solt. Der hett im geraten, er solt sein unverbarrren, wenn er mócht mit den sachen also umbgén, das er kém in aynn sackh.

28.10.1463

¶ Nach dem giengen die obgenanten zwen purger villeicht von foricht wegen zw den rátn des fúrsten und óffnaten in sólh des von Hochenwerckh potschafft und werbung, die sy von seinem kaplan heten vernomen. Die prachten das an den fúrsten. [62rb] Darnach stéllt der fúrst nach dem kaplan und fieng in und erfarscht von im alle heymlikait seiner pottschafft und begraif pei im die brieff, die er anderen purgernn noch solt geantwúrt haben. Und am montag vor Symons und Jude stéllt er in offenleich fúr ratt, genandt und gemain auf Sand Stephans Schuel, die der fúrst dahin hett berúeffen lassen. Daselbs sagt er offenleich die maynung seiner pottschaft, so im sein herr, der von Hochenwerckh, bevolhen hett. Er sagt auch dabei, wie sein herr geredt hiett, ob er dem fúrsten ye gediennt hyett, so wolt er nu gedenckhen, das er im sovil widerumb undienn wolt.

1 was] wardt G(ac). 2 geantwürt] beantwortt S. | die maynung sagt darauf] darauff geſagt die Mainung G(ac), geſagt die Mainung G(pc)S. 4 in] fehlt S. 5 wér] lage G(ac), war S. | der2] vnnd der G. 9 all] all aus G(pc). | auszusprechen] an zue ſprech G(ac). 10 anderen] nach and’n G(ac). 11 gehabt] fehlt G(pc)S. 12 do sy hin] da hin ſie G(pc)S. 13 lauttietten] lautt_ GS. 14 unverbarrren]

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[S 51v] [G 153v] 12

[R 123]

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[G 154r] 26

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Blutvergießen in der Stadt Wien geben, wie man es zuvor noch nie gehört habe. Danach ging er zum Schönprucker. Auch ihm übergab er ein Beglaubigungsschreiben und teilte ihm dasselbe mit wie dem Liephart. Außerdem habe der genannte von Hohenberg ihnen auch geraten, sie sollten ihr Gut aus der Stadt an einen sicheren Ort bringen. Denn der von Liechtenstein, der von Ebersdorf und der von Pottendorf hätten vom Herzog die uneingeschränkte Vollmacht erhalten, in allen Angelegenheiten des Römischen Kaisers, seiner selbst und der Stadt Wien zu entscheiden. Der genannte Kaplan hatte noch mehr Briefe, die er etlichen anderen Bürgern überbringen sollte, doch er beratschlagte sich mit dem Liephart, ob er die anderen Briefe an ihre Bestimmungsorte überbringen sollte. Dieser riet ihm, er solle sich keine Gedanken darüber machen, denn er, Liephart, werde dafür sorgen, dass der Kaplan im Sack lande. Daraufhin gingen die beiden oben genannten Bürger offenbar aus Angst zu den Räten des Fürsten und berichteten ihnen von der Botschaft und der Aufforderung dessen von Hohenberg, die sie vom Kaplan erhalten hatten. Diese brachten das vor den Fürsten. Danach stellte der Fürst dem Kaplan nach, fing ihn, entlockte ihm alle Einzelheiten seiner Botschaft und fand alle Briefe bei ihm, die er den anderen Bürgern noch hätte überbringen sollen. Und am Montag vor Simon und Judas stellte er ihn in der Schule zu St. Stephan, wohin der Fürst alle einberufen hatte, öffentlich vor den Rat, die Genannten und die Gemein. Dort sagte er öffentlich über den Inhalt der Botschaft aus, die ihm sein Herr, der von Hohenberg, zu übermitteln befohlen hatte. Er berichtete dabei auch, dass sein Herr gesagt habe, so sehr er dem Fürsten bisher gedient hätte, sei es nun sein Ansinnen, ihm ebenso viel zu schaden.

Vnuerworren GS. | wenn] Denn S. 24 und] fehlt G. | offenleich] offentlich GS. 29 ye] fehlt GS. 30 gedenckhen] ſehen vnnd gedenckhen G(ac). | sovil widerumb] widerumb ſouiel G(pc)S.

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¶ Als die sach nu alle von dem kaplan gehórt und vernomen ward, lies hóren hertzog Albrecht ainen brieff, den im der obgenant von Hochenwerckh hett geschriben, der inn hielt wie er solh schmach und schandt, [62va] di im von seinen genaden wár widergangen, mit seinen getrewn diensten umb sein fúrstlich genad nicht verdient hiett, als oben berúrt ist etc. Darauf anttwúrt der fúrst, wie er im kainerlai smach noch schanndt nicht zúgetzogen hyett, súnder er hiett gúettlich an in das Sigel vordernn und in von dann reiten haissen, darumb er solichs in seinem schreiben nicht bedarff melden. Er patt auch ratt, gennannt und gemain, ob hinfúr icht brief von dem von Hochenwerckh oder anderen in die statt khémen und an sy gelangten, das sy die seinen genaden fürbringen wolten. Desgeleichen, ob sein fúrstlich genad ichts angelangiett, das sy und gemaine statt berúrt, das wollt er sy albeg wissenn lassen und vor in nichts verhalten, und wer in sagt, das die kaiserlich maiestat und er miteinander geaint weren, dem solten sy nicht gelauben, [62vb] wenn er hiett in vor meniger malln persóndlich zúgesagt und auch durch sein rétt zuesagen lassen, das er auswendig iŕ mit der kaiserlichen maiestatt in kainerlai bericht kómen wolt. Desgeleichen hofft er widerumb zu in, das sy auch kain bericht auswendig sein mit dem rómischen kaiser ausnemen, das im vom ratt, genanntt und gemain zúgesagt ward. Her Veitt von Eberstorf kom gen Wienn. Dem liess zúsagen der hertzog, er solt reiten aus der statt an verzihen, das er tétt. Her Hainrich von Liechtenstain begert menigermal gelaitt an denn hertzogen, der im aber kainns geben wollt, und lies im anttwúrten, wie von allter nicht wér herkómen, das ain fúrst seinen lannttleútten gelaittphlichtig wér zugeben an redlich ursach. Hiett er aber pei seinen genaden zeschaffen, so mócht er an gelaitt wol zw im komen, wenn er kainerlai [63ra] ungnad wider in

1 nu alle von dem kaplan] von dem Capellan nun alle G(ac). 5 widergangen] wıdergag W, wid'gang_ GS. 7 ist etc] fehlt G(ac), Wiert G(pc)S. | im] Ine G. 8 smach noch schanndt] ſchandt noch ſchmach S. | zúgetzogen] zue gefüegt G. 9 an in das Sigel] dz Sigilt an Ine G, das Sigl von Im S. 10 solichs in seinem schreiben nicht] auch nit G(ac). 11 bedarff] dörfft S. | gennannt] genaden S. 12 ob] ob Inen G. | icht] mehr G(ac), ain S. 14 gelangten]

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[G 154v] 10

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[S 52r] [R 124] 20 [G 155r]

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Als nun alle Aussagen des Kaplans gehört und vernommen worden waren, ließ Herzog Albrecht den Brief vorlesen, den ihm der oben genannte von Hohenberg geschrieben hatte und der enthielt, dass er eine solche Schmach und Schande, wie sie ihm von Seiner Gnaden widerfahren sei, mit seinen getreuen Diensten gegenüber Seiner Fürstlichen Gnaden nicht verdient habe, wie oben berichtet etc. Darauf antwortete der Fürst, er habe ihn weder Schmach noch Schande ausgesetzt, sondern im Guten das Siegel gefordert und ihn angewiesen, von dannen zu reiten, weshalb kein Anlass bestünde, so etwas in seinem Schreiben zu behaupten. Er bat den Rat, die Genannten und die Gemein auch, sollte in Zukunft ein Brief dessen von Hohenberg oder von anderen in die Stadt kommen und ihnen in die Hände fallen, dann möchten sie ihn Seiner Gnaden vorlegen. Weiters, wenn Seine Fürstlichen Gnaden etwas erführe, das sie und die Stadt anginge, wolle er es sie immer wissen lassen und nichts vor ihnen verschweigen. Und wenn jemand behaupte, dass Seine Kaiserliche Majestät und er sich versöhnt hätten, dann sollten sie ihm nicht glauben, denn er habe ihnen bereits mehrere Male persönlich zugesagt und durch seine Räte zusagen lassen, dass er ohne ihre Zustimmung mit der Kaiserlichen Majestät keine Übereinkunft treffen werde. Desgleichen hoffe er auch, dass auch sie ohne seine Zustimmung keine Übereinkunft mit dem Römischen Kaiser träfen. Das wurde ihm vom Rat, den Genannten und der Gemein zugesagt. Herr Veit von Ebersdorf kam nach Wien. Dem ließ der Herzog ausrichten, er solle unverzüglich aus der Stadt reiten, was er auch tat. Herr Heinrich von Liechtenstein bat beim Herzog mehrere Male um Geleit; dieser wollte ihm jedoch keines gewähren und ließ ihm ausrichten, ein Fürst sei von alters her nicht

gelang_ S. | die] die ſelben G. 15 ichts angelangiett] nichts anlangt vnd G(ac), icht anlangt vnd G(pc), anlanget S. 18 die kaiserlich maiestat und er] Er vnd die Khay: Ml. G(ac). | geaint] veraint G(ac). 19 sy] ſie dz G(pc)S. 22 bericht] vnaies W, bericht GS. 23 widerumb] fehlt G(ac). | sy] er G(pc). 25 im] Ine G. 26 kom] Kham geritten GS. | Dem] den G. 27 an verzihen] fehlt G(ac). 29 menigermal] Manigerlaÿ G(pc). 30 nicht wér herkómen] nit herkhoen wer GS. 32 gelaittphlichtig wér] gelaidt wer pflichtig G(ac).

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nicht hyett. Also wúrden auch von des fúrsten hoff getan her Kristoff von Potendorff, her Reinprecht und her Albrecht von Ebersdorff und ander, die an dem ersten den fúrsten in den krieg wider den rómischen kaiser pracht heten, die sich darnach wider in setzten, und seinen gepoten und dem schreiben, so er in getan hett zw dem lanttag gen Tullen, nicht gehorsam waren. Und also wurden sy umb ir untrew von dem fúrsten belónet. Darnach zw hanndt hielten die obgenanten lanntherren ainen tag zw Ebersdorff. Zw in kom der graff von Pósnig und Ulreich Gravenecker, die sy mit fleiss poten, das sy in huld und gnad von dem rómischen kaiser erwurben. Daselbs wúrden sy eins tails von dem genanten von Pósnig und dem Gravenecker vertróst. Doch das man sy zwischen dem rómischen kaiser und ir dester fúglicher [63rb] getaidigen móchten, ward den lanntherren durch sy geraten, das sy ettwo in nehent umb die Newenstatt kémen, das sy teten und fuegten sich gen Liechtenwerd. Daselbs waren undertaidinger zwischen dem vorgenannten rómischen kaiser und ír, Ulreich Gravenecker und Andre Pémkiricher und prachten soverr, das sy sich gegen seinen kaiserlichen genaden diemútigen solten und sein genad pitten, das er in vergáb die hanndlung, so sy wider sein gnad begangen hieten. Dann so móchten sy villeicht gnad an im finden. Des sy sich verwilligten. Doch begerten sy an sein kaiserlich genad zw sólher diemúetikait eins gelaits, des in aber der kaiser nicht geben wolt und maint, sy wáren sein lanntlewt und bedórfften khains gelaits. Úber das ward es dennoch durch den Gravenecker und den Pémkiricher pei dem rómischen kaisers villeicht

3 dem] fehlt G(pc)S. 9 lanntherren] herrn G(ac)S. 12 von dem rómischen kaiser erwurben] erlangten von dem Röm: Khaiſer G(pc)S. 15 und ir] fehlt G. 16 lanntherren] Landtleütten G(ac). 17 ettwo in nehent] nahent G(ac), etwein nahent G(pc), etwan nahe S. 18 Liechtenwerd] Liechtenwendt G. 19 vorgenannten] obgenanten G. 20 ír] Jnen G(ac). 21 prachten] brachten ſie GS. 24 so] fehlt G(ac). | villeicht gnad an im finden] Villeicht genad bei Ime fing_ G(ac), ſie an im Villeicht genad fing_ G(pc), villeicht Gnadt finden S. 26 eins] fehlt G(ac). 28 bedórfften] düerfften S. 30 kaisers] Röm: Khaiſer G(ac).

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[G 155v] 5

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verpflichtet, seinen Landleuten ohne triftigen Grund Geleit zu gewähren. Wolle er mit Seiner Gnaden etwas besprechen, so könne er gern ohne Geleit zu ihm kommen, denn er sei nicht in Ungnade gefallen. Im Folgenden wurden auch Herr Christoph von Pottendorf, Herr Reinprecht, Herr Albrecht von Ebersdorf und andere vom Hof verbannt, die zuerst den Fürsten in den Krieg mit dem Römischen Kaiser gebracht hatten, die sich ihm danach jedoch widersetzten und seinen Befehlen und dem Schreiben, das er dem Landtag zu Tulln vorgelegt hatte, nicht folgten. So wurden sie für ihre Untreue vom Fürsten belohnt. Danach trafen sich die oben genannten Landherren in Ebersdorf. Zu ihnen kamen der Graf von Bösing und Ulrich Grafenecker. Sie baten die beiden inständig, für sie die Gunst und Gnade des Römischen Kaisers zu erlangen. Der genannte von Bösing und der Grafenecker vertrösteten sie vorläufig. Doch damit man zwischen ihnen und dem Römischen Kaiser besser verhandeln könne, wurde den Landherren von den beiden geraten, dass sie in die Nähe von Wiener Neustadt kommen sollten, was sie auch taten und sich nach Lichtenwörth begaben. Dort waren Ulrich Grafenecker und Andreas Baumkircher Unterhändler zwischen dem vorher genannten Römischen Kaiser und ihnen, und sie kamen zu dem Punkt, dass sie sich Seiner Kaiserlichen Gnaden unterwerfen und Seine Gnaden bitten sollten, ihnen ihre Handlungen zu vergeben, die sie gegen ihn begangen hatten. So könnten sie vielleicht Gnade erlangen. Dem stimmten sie zu. Jedoch wollten sie für diese Unterwerfung die Zusage für ein sicheres Geleit von Seinen Kaiserlichen Gnaden, doch die wollte der Kaiser ihnen nicht geben und meinte, sie seien seine Landleute und bedürften keines Geleits. Außerdem wurde vermutlich durch den Grafenecker und den Baumkircher mit dem Römischen Kaiser ausgehandelt, dass sie jenen Landherren heimlich Geleit gäben.

10 Ebersdorff: Heute Kaiserebersdorf, 11. Wiener Gemeindebezirk. 18 Liechtenwerd: Lichtenwörth, Marktgemeinde im Bezirk Wiener Neustadt-Land, Niederösterreich.

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8.11.1463

16.11.1463

ausgetragen, das sy denselben lanntherren stuenden fúr das [63va] gelait in ainer gehaim. Desselben jars an eritag vor Martini komen in die Newn stat geriten an offens gelaitt her Stephan von Hochenwerck, her Hainreich von Liechtenstain, Veitt von Ebersdorf und her Cristof von Potendorf und fiellen dem rómischen kaiser zu fuezzen und diemútigten sich daselbs mit aller úntterténikeit und paten sein kaiserlich genad, in solh mishandlung wider sein kaiserlich genad begangen genädiklich zw vergeben, wann sy fúrbaser seinen kaiserlichen genaden mit aller gehorsam peisten und mit leib und guet diénen wolten. Der rómisch kaiser hies sy aufsten und lies in zúsagen, sein genad wolt sich úber sólh ír erpieten bedencken, und so sy zw nachsten zw im kémen, in darúber ein anttwúrt geben. Als das erhórten die von Wienn, die in der zeit in taidingen waren in der Newnstat, das sich die also dem rómischen kaiser gediemútigt und gnad von im gepeten heten, [63vb] die erschrackten ettwas vast, und die sach ward pracht an die gemain in dem ratthaws, di ettwas ein missvallen daran heten, wann so ainen gueten ruckh und hilff an in verlúren. Doch geschach es mer darumb, das sy ein exempel pei in nemen und sich auch diemútigten umb den fréuel und gewalt, den sy an dem rómischen kaiser, seiner ersamen gemáhel und dem jungen herren begangen heten. Auf sólh des römischen kaisers antwúrt riten die lanntherren wider aus der Newnstatt und legten ainen tag gen Ebenfúrt auf den mitichen vor Sand Elspeten tag unnd schriben den von Wienn ettlich aus, in zw demselben tag auch zu schicken, wann sy daselbs fúrnemen wollten, das fúr sy, lannd und lewtt sein solt. Sólh ír schreiben verantwúrten in die von Wienn in solher mass: Sy solten sólh ir begeren an den fúrsten bringen. Was dann sein

1 denselben] denſellen G, denſelbigenn S. | lanntherren] Landtleütt G(ac). 2 ainer] fehlt G(ac). 8 aller] annd’ S. 13 lies] fehlt G(ac). 14 zw1] im G(ac), am G(pc), zum S. 15 in] fehlt G(ac). | ein] ſein S. 17 also] alſo vor GS. 18 gepeten] erbetten G(pc)S. 21 so] ſie GS. | ainen] ains G(pc). 22 verlúren] hettn G(pc)S. 23 in] Im G. 24 seiner ersamen gemáhel] ſeinem Gemahel G(ac), vnd ſeiner Erſamen Gemahel G(pc)S. 27 ainen tag] ain Landtag G(pc)S. 29 in] Jn auch G(pc)S. | tag] Landttag G(ac). 31 solt] wolt G. 32 verantwúrten] berantwortten G.

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[G 156v] 5

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[R 126] 25

[S 53r] 30 [G 157v]

59. Wie der von Hohenberg von Herzog Albrecht aus der Kanzlei entlassen wurde

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Im selben Jahr am Dienstag vor Martin kamen Herr Stephan von Hohenberg, Herr Heinrich von Liechtenstein, Veit von Ebersdorf und Herr Christoph von Pottendorf ohne sichtbares Geleit nach Wiener Neustadt, fielen dem Kaiser vor die Füße, unterwarfen sich dort untertänigst und baten Seine Kaiserlichen Gnaden, ihnen die Vergehen, die sie gegen Seine Kaiserlichen Gnaden begangen hatten, gnädigst zu verzeihen, denn sie wollten Seiner Kaiserlichen Gnaden zukünftig gehorsamst beistehen und mit Leib und Gut dienen. Der Römische Kaiser ließ sie aufstehen und ihnen zusagen, Seine Gnaden wolle ihr Angebot überdenken und ihnen, wenn sie das nächste Mal zu ihm kämen, eine Antwort geben. Als das die Wiener hörten, die zu dieser Zeit in Wiener Neustadt in Verhandlungen waren, dass jene sich dem Römischen Kaiser in solcher Weise unterworfen und Gnade von ihm erbeten hatten, erschraken sie sehr, und die Angelegenheit wurde vor die Gemein ins Rathaus gebracht, die einiges Missfallen daran hatte, denn dadurch würde sie mit ihnen viel Unterstützung und Hilfe verlieren. Dies alles geschah hauptsächlich deswegen, damit sie sich ein Beispiel an ihnen nähmen und sich auch aufgrund des Frevels und der Gewalt, die sie dem Römischen Kaiser, seiner Gemahlin und dem jungen Herrn angetan hatten, unterwürfen. Auf diese Antwort des Römischen Kaisers hin ritten die Landherren wieder aus Wiener Neustadt weg und legten einen Verhandlungstag in Ebenfurt am Mittwoch vor dem Tag der heiligen Elisabeth fest. Sie schrieben den Wienern, dass auch sie einige von ihnen zu diesen Verhandlungen schicken sollten, da sie dort beschließen wollten, wie es für sie, Land und Leute in Zukunft weitergehen sollte. Dieses Schreiben beantworteten ihnen die Wiener folgendermaßen: Sie sollten ihr Begehren an den Fürsten richten, und was Seine Fürstlichen Gnaden als ihr gnädiger Herr und Landesfürst dann bestimme, dem wären sie bereit, Folge zu leisten. Als jene Landherren bemerkten, dass sie die Wiener und ihren Fürsten nicht entzweien

28 Ebenfúrt: Ebenfurth bei Wien, Stadtgemeinde im Bezirk Wiener Neustadt-Land, Niederösterreich.

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fúrstlich genad als ir genádiger herr und lanndsfúrst mit in schueff, dem wéren sy willig nach zugén, und als [64ra] dieselben lanntt herren merckhten, das sy die von Wienn von dem fúrsten nicht tailen mochten, als dann ir will wér gewesenn und als das villeicht mit in was angelegt, do riten sy wider in die Newnstat zw dem römischen kaiser. Der gab in sein huld und genad und lies in nach alle misshandlung, die sy wider in begangen heten. ¶ Zw der zeitt was auch grosse zwitrecht under dem adel in dem fúrstentumb Ósterreich. Es was auch kain lanndmarschalh, noch kain lanndsrecht, und welich herren sich hielten auf dem tail des rómischen kaisers, die griffen an die herren und edelleẃtt auf dem tail hertzog Albrechts, und dieselben widerumb die herren und edlleutt auf dem tail des rómischen kaisers. Ain herr, genandt Pangretz von Planckhenstain, und ain ritter, genannt Jorg Seẃsenecker, die waren ettwas hochmútig, und ainer wolt dem anderen nicht nachgeben, wenn der benandt von Planckenstain hett inn das haws Freinstain [64rb] mitsambt der herschaft, so darzú gehórt und hett das nach allen nótdúrfften zw der wér zúgericht und wol gespeist. Der hielt den tail des rómischen kaisers, und der Seẃsnecker was auf dem tail hertzog Albrechts und hett inn das geslos Pósenpewg mitsambt der herschaft so dartzú gehórt. Di zwenn edlman sluegen scheltbrief an einander an und komen in grosz krieg, und ainer verwúgst dem anderen mit raub, prannt und huldigung seine leút und gúeter. Doch was der minnist tail an denselben gúeternn und leẃten ir aigen, sunder es was des fúrstentumbs Osterreich, darumb sy das villeicht dester ringer wuegen. Und als sy an einander nu

5 gewesenn] gern geweſn G(ac). | als das villeicht mit in] alſs das mit Jnen Villeicht G(ac), vnd alſs dan mit Jn Villeicht G(pc), Vnnd Allſs denn mit Inn villeicht S. 6 römischen] fehlt G(pc)S. 10 Es] fehlt G(ac). 11 lanndmarschalh] Marſchalich G(ac). 12 auf dem tail des rómischen kaisers] auff des Khaiſers thaill G(pc)S. 15 des rómischen kaisers] herzog Albrechten S. | Pangretz] herr pangraz S. 16 Jorg] fehlt G. 18 wenn der benandt] der vorbenant G(pc), Der Von S. 19 Freinstain] Freüdenſtain G(ac), Freünſtain G(pc). 20 nach allen nótdúrfften] fehlt G(pc)S. 21 zúgericht] gericht G(pc)S. 22 auf dem tail hertzog Albrechts] auff dem thaill Herzog Albrecht_ G(ac), auffs Herzog theill G(pc), deſs Herzog Thaill S. 24 so dartzú gehórt] fehlt G(ac). | edlman] Die zwen Edlleütt GS.

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konnten, wie es ihre Absicht gewesen und was ihnen offensichtlich ein Anliegen war, ritten sie wieder nach Wiener Neustadt zum Römischen Kaiser, der ihnen seine Huld und Gnade schenkte und ihnen alle schlechten Taten vergab, derer sie sich ihm gegenüber schuldig gemacht hatten.

Zu dieser Zeit herrschte auch große Zwietracht unter dem Adel im Fürstentum Österreich. Es gab weder einen Landmarschall noch ein Landrecht, und welcher Herr auf der Seite des Römischen Kaisers stand, der griff die Herren und Edelleute an, die auf Seiten Herzog Albrechts waren und jene wiederum die Herren und Edelleute auf der Seite des Römischen Kaisers. Ein Herr, genannt Pankraz von Plankenstein, und ein Ritter, genannt Georg Seisenegger, die waren sehr hochmütig und keiner wollte dem anderen nachgeben. Der genannte von Plankenstein saß auf Haus Freienstein und der zugehörigen Herrschaft und hatte es nach allen Regeln der Kunst wehrhaft ausgebaut und ausreichend mit Lebensmitteln versehen. Der war auf Seiten des Römischen Kaisers, und der Seisenegger war auf der Seite Herzog Albrechts und saß auf Schloss Persenbeug und der Herrschaft, die dazugehört. Die beiden Edelmänner verfassten Schmähschriften übereinander und gerieten darüber in einen großen Streit, und der eine verwüstete dem anderen mit Raub, Brand und Huldigung Leute und Güter. Allerdings gehörte der größte Teil derselben Güter und Leute nicht ihnen selbst, sondern dem Fürstentum Österreich, weswegen sie es wohl umso

25 und komen in grosz krieg] fehlt G(ac). 26 mit raub prannt und huldigung seine leút und gúeter] ganz vnd gar G(pc)S. 28 minnist] wenig G(ac), meiſt G(pc)S. | an denselben gúeternn] derſelben güetter G(ac), an derſelben güetter G(pc), derſelben güettern S. und leẃten] fehlt G(ac). 29 Osterreich] ze Oſſterreich G(pc)S. 30 villeicht] fehlt G(pc)S. | wuegen] in die ſchanz wagt_ G(ac). an einander nu] nun mit ainand' G(ac)S, mit ainand' nun G(pc).

19 Freinstain: Heute Burgruine Freienstein bei Neustadtl an der Donau, Niederösterreich. 23 Pósenpewg: Persenbeug-Gottsdorf, Marktgemeinde im Bezirk Melk, Niederösterreich.

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59. Wie der von Hochenwerckh durch hertzog Albrechten ward geúrlaubt von der kchanntzlei

24.8.1463 16.11.1463

vil mercklich schaden mit raub und prannt getan heten, do ward von herrn Rúdigernn von Starchenberg, herren Oswalten dem Eytzinger und anderen iren frewnten da zwischen getaidingt und ain tag gesetzt gen Weissnkirchen in die Wachaw. Daselbs wúrden sy verricht. Es het auch hertzog Albrecht die statt [64va] und mautt zw Ibs versetzt ettlichen sóldnern umb iren sold, die allenthalben umb Ibs den leúten vil verderblichs schaden zúzugen. Geschechen nach xpi gepúrd M° CCCC° unnd LXIII jar umb Sand Wertelmestag. ¶ Desselben Jars am mitichen nach Martini lies der hochgeboren fúrst hertzog Albrecht vordernn in das ratthaus zw Wienn ratt, genannt und gemain und hielt in fúr under anderen dingen, wie er wér komen in den krieg. Es weren auch vil brief gesenntt warden in die statt von ettlichen lanntleẃten, die innhielten, wie er sich mit dem rómischen kaiser ausserhalb ir verricht und geaintt hiett, und wer das von im schrib oder redt, der tétt im ungútlich, und man solt des nicht gelauben, wenn er hiett in menigmal zúsagen lassen, das er mit dem benanten rómischen kaiser in kain bericht noch aynigung kómen wolt, iŕ sach wér denn vor gericht nach irem gevallen. [64vb] Dann so wolt er sich auch verrichten. Nu wer komen der hochwirdig vater her Dominicus Torcilan, des pébstlichen stuels legat, mit anderen undertaidingernn der sachen. Es hiett auch die lanntschaft aus in geschickt herren Sigmunden Eytzinger und Górgen Seẃsenecker, die all weg und mittel villeicht wurden darlegen, dardurich die sachen verricht und geaint wúrden, und begert an ratt,

1 schaden mit raub und prannt getan] ſchaden thetten G(pc)S. 6 versetzt] verſez G(pc). 7 allenthalben umb Ibs den leúten vil verderblichs] thetten den Leüten vmb Ybbſs groſs_ G(ac), allenthalben vmb Ybbſs groſs_ G(pc)S. 8 schaden zúzugen Geschechen nach xpi gepúrd] ſchad_ beſchah_ G(ac), ſchad_ beſchah_ nach Criſti gebuert G(pc), ſchaden thätn. Geſchehen nach Chriſti gepurtt S. 12 fúrst] fehlt G(pc)S. 14 under anderen dingen] fehlt G(pc)S. 15 gesenntt] geſchikht G(pc)S. 16 ettlichen] den G(pc)S. 17 geaintt] veraindt S. 18 von im] vom Im W, von Jme G(ac), fehlt G(pc)S. 19 wenn] denn S. 20 benanten rómischen] fehlt G(pc)S. 21 noch aynigung] fehlt G(pc)S. 22 gevallen] willen G(pc)S. 23 komen] fehlt W, Khomen GS. 27 Eytzinger] d_ Eizinger G(pc)S. | die all weg und mittel villeicht wurden darlegen]

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[S 53v] 5

10 [G 159r]

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weniger kümmerte. Als sie sich nun merklichen Schaden mit Raub und Brand zugefügt hatten, berieten sich Herr Rüdiger von Starhemberg, Herr Oswald der Eitzinger und andere Verbündete und setzten eine Verhandlung in Weißenkirchen in der Wachau fest. Dort wurde eine Einigung erzielt. Außerdem hatte Herzog Albrecht die Stadt Ybbs und deren Maut an Söldner für ihren Lohn verpfändet, die rund um Ybbs den Leuten großen, nachhaltigen Schaden zufügten. Geschehen nach Christi Geburt 1463 um den Tag des heiligen Bartholomäus. Im selben Jahr am Mittwoch nach Martin forderte der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht den Rat, Genannte und Gemein auf, ins Rathaus von Wien zu kommen, und legte ihnen unter anderem dar, wie er in diesen Krieg hineingeraten war. Es seien auch von etlichen Landleuten viele Briefe in die Stadt gesendet worden, die zum Inhalt hätten, dass er sich mit dem Römischen Kaiser ohne ihr Wissen versöhnt und geeinigt habe. Doch wer das über ihn schreibe oder sage, der tue ihm Unrecht, und man solle das nicht glauben, denn er habe ihnen mehrfach ausrichten lassen, dass er mit dem genannten Römischen Kaiser zu keiner Versöhnung und Einigung kommen werde, es sei denn, ihre Angelegenheit sei zuvor zur Zufriedenheit der Wiener geregelt worden. Dann würde er sich auch versöhnen. Nun sei der hochwürdige Vater Herr Dominicus de Toricello, der Legat des päpstlichen Stuhls, mit anderen Unterhändlern aufgrund dieser Angelegenheit gekommen. Die Landstände hätten zudem Herrn Sigmund Eitzinger und Georg Seysenecker geschickt, die alle Wege und Mittel offen darlegen würden, die zu einer Versöhnung und Einigung in den Angelegenheiten führen könnten. Er verlangte von Rat, Genannten und Gemein,

fehlt G(ac), die all mitl villeicht wurd_ darleg_ G(pc), die all mittl villeicht wurdn Verlegn S.

4 Weissnkirchen: Weißenkirchen in der Wachau, Marktgemeinde im Bezirk Krems-Land, Niederösterreich. 5 Wachaw: Landschaft im und um das Tal der Donau zwischen Melk und Krems an der Donau, Niederösterreich.

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59. Wie der von Hochenwerckh durch hertzog Albrechten ward geúrlaubt von der kchanntzlei

18.11.1463

25.4.1463 11.11.1463 25.11.1463

genannt und gemain, das sy aus in als auf XX, oder so vil sy guett bedeúcht, zu seinen genaden gen hof schickhen, die mit sambt seinen genaden auch guett weg und mittel geben, das sólh zwitrecht und krieg auf paiden tailen aufgehebt, und das lannd in frid und gemach gesetzt wúrd. ¶ Auf sólhs des fúrsten begeren erwelt die statt aus ratt, genannt und gemain ettlich aus in, und als die gen hof komen, do ward vor dem legaten und anderen undertaidingernn durch hertzog Albrechten múndlich fúrgehalten [65ra] nicht anders, dann die maynung, als sein genad in dem rathaws ertzellt hett. Und am Freitag vor Elizabet rait der legat mitsambt anderen undertaidingernn von Wienn wider in die Newnstat. Den der fúrst belaitt untz zw dem heiligen geist und fúrt mit im den probst von Prespurckh, den hertzog Albrecht in venckhnuss het gehalten, von Sand Marchsstag untz auf den obgenanten tag. Und ain frid ward gesetzt von Sand Mertein tag untzt auf Sand Kathrein tag. ¶ Als das merckhten die purger und hanntwercher, das der legat mit anderen unttertaidingernn an entliche besliessung abschieden, daran heten sy ein missvallen und kundten doch grunntlich nicht gewissenn, was in den sachen írrung précht, oder an welichen tail der pruch wér und gedachten, wie villeicht ir sachen irrunng tétt. Darumb erbelten sy etlich aus in und sannten die zu dem fúrsten und liessen sein gnad pitten weg fúrzenemen, die [65rb] zwischn sein und dem rómischen kaiser zu frid und ainikait dienten, angesechen, das sy mit seinen fúrstlichen gnaden auf den krieg nu vil gelegt hieten und vermóchten des in die leng nicht weitter. Und setzten iren willen gantz zu seinem genaden. Was er aus den sachen macht und darinn hanndliett oder tétt, das wár alles ir gueter will unnd hieten

1 aus in] fehlt G(pc)S. 2 bedeúcht] bedunckht G(ac), begicht G(pc). 4 zwitrecht und] fehlt G(pc)S. 9 undertaidingernn] fehlt G(ac). 10 dann] dauon G(ac), das G(pc)S. 11 in dem] in G(pc), im S. 12 Elizabet] Eliſabeth tag G(ac). | rait] ritten G(ac). | mitsambt] mit G(ac). | undertaidingernn] fehlt G(ac). 18 Sand Kathrein tag] Katharein tag S. 24 tétt] fehlt G(pc)S. 26 fúrzenemen] zue nemben G(pc)S. | sein2] ſeiner gl. G. 28 angesechen] Vnnd anſehen S. fúrstlichen] fehlt S. 31 Was] dz was G(pc). 32 alles] aller G(ac), alls G(pc)S. | hieten] hieltten G(pc).

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[R 128]

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[G 160r] 10 [S 54r]

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dass sie zwanzig oder soviele, wie sie für gut befänden, zu Seinen Gnaden an den Hof schickten, die Seiner Gnaden gemeinsam gute Mittel und Wege vorschlagen sollten, damit Zwietracht und Krieg auf beiden Seiten beigelegt würden und Frieden und Ruhe im Land einkehrten. Auf dieses Begehren des Fürsten hin wählte die Stadt aus Rat, Genannten und Gemein etliche aus. Als die zum Hof kamen, wurde vom Legaten und den anderen Unterhändlern Herzog Albrechts nichts anderes mündlich vorgetragen als die Ansichten, die Seine Gnaden im Rathaus geäußert hatte. Am Freitag vor Elisabeth ritt der Legat mit anderen Unterhändlern von Wien wieder nach Wiener Neustadt. Der Fürst begleitete ihn bis zum Heiligen Geist und nahm den Propst von Preßburg mit, den Herzog Albrecht vom Tag des heiligen Markus bis zum oben genannten Tag gefangen gehalten hatte. Vom Tag des heiligen Martin bis zum Tag der heiligen Katharina wurde ein Friede festgelegt. Als die Bürger und Handwerker bemerkten, dass der Legat und die anderen Unterhändler keinen endgültigen Beschluss erreicht hatten, missfiel ihnen das, und sie verstanden nicht, was eine Einigung verhindert hatte und woran die Sache gescheitert war, und überlegten, ob sie dazu beigetragen hatten. Deshalb wählten sie einige von sich aus, sandten diese zum Fürsten und ließen Seine Gnaden bitten, Wege zu finden, die zwischen ihm und dem Römischen Kaiser zu Frieden und Einigkeit führen würden, angesichts dessen, dass sie mit Seinen Fürstlichen Gnaden bereits viel in den Krieg investiert hätten und dies nun nicht länger vermöchten. Und sie legten die Sache ganz in Seiner Gnaden Hände. Was immer er in der Angelegenheit unternähme, wäre ganz in ihrem Sinne, und sie hätten volles Vertrauen, dass Seine Fürstlichen Gnaden ihre Rechte und Ansprüche wahren würden.

14 heiligen geist: Heiligengeistspital, damals außerhalb des Kärntnertors südlich des Wienflusses gelegen; Ordenshaus des Heiligen-Geist-Ordens. | probst von Prespurckh: Georg Peltel von Schönberg († 1486), Dompropst des Kapitels zu Pressburg (1455–1486), wirkte als Pronotar und Diplomat für die Kurie, König Ladislaus Postumus, Kaiser Friedrich III. und König Matthias Corvinus.

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59. Wie der von Hochenwerckh durch hertzog Albrechten ward geúrlaubt von der kchanntzlei

22.11.1463

25.11.1463 2.2.1464

30.11.1463

gútt getrawen, sein fúrstlich genad wúrd sy nach notdurften fúrsechen und versargen. ¶ Darnach, vor Sand Kathrein tag am eritag, kom des legaten pottschafft in der nacht aus der Newnstatt zw dem hertzogen gen Wienn und sagt seinen fúrstlichen genaden, wie er untzt her pei dem rómischen kaiser in seinen sachen nicht vil hiett ausgericht, dann das er sein kaiserlich genad mitsambt anderen unttertaidingernn daran hieten pracht, das er den frid von Sand Kathrein tag untz auf die Liechtmess gelengt hiett. [65va] Das verkunden sy sein fúrstlichen genaden, darumb er mit den seinen ernstlichenn schueff, das der benant frid durch sy pas wúrd gehalten dann vor. Sy wolten auch in den sachen, die sein fúrstlich genad berúrten, nicht nachlassen, sunder die fúr und fúr bei dem rómischen kaiser arbaiten unnd dann seinen genaden die anntwúrt, so in geben wúrd, fúderlich verkhunden. Nach dem kom aber ain schreiben von dem legaten und den undertaidingernn hertzog Albrechts aus der Newnstatt, das er die purger aus ratt, genanntt und gemain an Sand Andrés tag auf Sannd Stephans Schuel zw Wienn horen lies, das innhiellt, wie der rómisch kaiser nicht wolt ingedenckh sein der wartt von der verlengung wegen des frids, als sy vormalen seinen genaden zúgeschriben hieten. Sunder sein kaiserlich genad hiett lassen melden ettlich artickel und maynung. Wolt man in die allso gén, [65vb] dann so wolt er den frid halten untz auf die obberúrt zeyt. Und des rómischen kaisers maynung stuend also, das man dem probst von Prespurck auf gerawm zeit tég geben, und die gefangen dem Grafenecker auf sein verschreibung, di er darumb tún wolt, auf widerstellen aufgeben, und das hertzog Albrecht in der zeitt von nyemant kain stewr begeren noch innemen solt.

1 gútt] auch guett S. | getrawen] v’trauen GS. | sein] Ihr S. nach notdurften] auch nach Notturfftn S. 2 und versargen] fehlt G(ac). 3 vor Sand Kathrein tag am eritag] am Ehrtag Vor Sant Katharinen Tag S. 4 pottschafft] ſein Bottſchafft S. 5 hertzogen] Fürſtn S. | sagt seinen] ſagt ſeiner G, ſagten ſeinen S. 6 untzt2] vnzthero G, biſsheer S. | rómischen] fehlt G(pc)S. | in seinen sachen] fehlt S. 8 unttertaidingernn] vnd'handlern G(ac). | daran] davon G. 9 die] fehlt G(ac). 10 gelengt] v’lengt G(ac), erlengt G(pc)S. 11 darumb] darumb dz G(ac), darumb damit dz G(pc), Damit S. 12 pas wúrd] wurdt baſs S. 17 verkhunden] fehlt G(ac).

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[G 161r]

5 [R 129]

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Danach, am Dienstag vor dem Tag der heiligen Katharina, kam die Gesandtschaft des Legaten in der Nacht aus Wiener Neustadt zum Herzog nach Wien und sagte Seinen Fürstlichen Gnaden, dass der Legat bislang beim Römischen Kaiser in seiner Angelegenheit nicht viel erreicht habe, außer dass er und die anderen Unterhändler Seine Kaiserlichen Gnaden dazu gebracht hätten, den Frieden vom Tag der heiligen Katharina bis Lichtmess zu verlängern. Das richteten sie Seinen Fürstlichen Gnaden aus, damit er den Seinen befehle, den genannten Frieden besser einzuhalten als zuvor. Sie wollten in den Angelegenheiten, die Seine Fürstlichen Gnaden beträfen, beharrlich bleiben und sie beim Römischen Kaiser wieder und wieder vorbringen und dann Seinen Gnaden die Antwort, die sie erhielten, wiederum überbringen. Daraufhin kam wieder ein Schreiben vom Legaten und den Unterhändlern Herzog Albrechts aus Wiener Neustadt, welches er die Bürger, Genannte und Gemein am Tag des heiligen Andreas in der Schule zu St. Stephan in Wien hören ließ und das zum Inhalt hatte, dass der Römische Kaiser nichts von einer Vereinbarung zur Verlängerung des Friedens, wie sie Seiner Gnaden zuvor unterstellt worden war, wisse. Indessen hätten Seine Gnaden etliche Artikel und Forderungen verlautbaren lassen. Würde man auf diese eingehen, so wolle er den Frieden bis zum oben genannten Zeitpunkt einhalten. Die Bedingungen des Römischen Kaisers lauteten, dass man den Propst von Preßburg auf geraume Zeit freiließe und die Gefangenen dem Grafenecker für die Kaution, die er für sie bezahlen wollte, bis zur Wiederbestellung übergebe. Herzog Albrecht solle in dieser Zeit von niemandem Steuern fordern oder einnehmen. Auf diese oben genannten

18 undertaidingernn] andern taidingern G(pc)S. 20 zw Wienn] fehlt G(pc)S. 23 wegen] fehlt G(ac). | genaden] Khaÿ: gl. G(ac). 24 hiett] hät G(pc), hatt S. 25 in] fehlt G(ac). 26 gén] eingehen GS. | dann] fehlt G(ac). | den frid halten] halten den frid_ G(ac), frid_ halten G(pc)S. 27 obberúrt] obgenandt' G(ac). | maynung stuend] ſtuend_ G(ac), beg'n ſtuend_ G(pc)4, ſtuend_ mainung G(pc). 29 gerawm zeit tég geben] ain tag gegeben ſolt G(ac). 30 darumb] darumb für ſie GS. 31 in der zeitt] fehlt S.

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59. Wie der von Hochenwerckh durch hertzog Albrechten ward geúrlaubt von der kchanntzlei

29.11.1463

Auf sólh obgenant maynung schickt hertzog Albrecht sein rétt an Sand Andres abent in der nacht in die Newnstat, die verrer aus den sachen mit dem rómischen kaiser, dem legaten und anderen undertaidigernn redten, bei wen die sachen bestén solt. ¶ Dann in paider herren haupsachen erpatt sich der rómisch kaiser gegen hertzog Albrechten auf solh weg, wie er im zw Saltzburg perait wolt nyderlegen fúnfzig tausent guldein, und fúr fúnftzig tausent gulden wolt er im insetzen und nyderlegen silbreine und vergolte phannd. Er wolt in auch umb funftzig [66ra] tausent guldein weisen auf ettlich stétt im reich, davon er jerlich mócht ingenemen XXIIII tausent reinisch gulden solang, untz er der egenanten summa entricht wúrd. Und für XL tausent gulden wolt er in entrichtten von dem aufflag und stewr, so yetz in dem lannd Osterreich wúrd ingenomen. Da entgegen hertzog Albrecht seinen kaiserlichen genaden solt abtretn aller der geslosser und stétt, die er im in dem krieg abgedrungen hett, mitsambt dem lannd ob der Enns. Und so das also beschéch, und er die lannd nu innhiett, dann wolt sein kaiserlich genad mit im von der lanntschaft und der statt Wienn wegen gútlich taidingen lassen. Sólich weg aber zu dism mal nicht wúrden aufgenomen.

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[R 130] [G 162v] 11

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[G 163r] [S 55r]

60. Von ertzhertzog Albrechts tod Als nu durch den hochwirdigen vater, den legaten, die underteudiger und ettlich ander, so die lanntschaft dar zue geben hett, vil weg [66rb] und mittel in paider herren haupsachen fúrgenomen und betracht wúrden, die sich doch zw kainer endtlichen besliessung gefúegen und ziechen mochten, begab sich úbering, das der almochtig

1 obgenant] fehlt G(pc)S. 3 kaiser dem legaten und anderen undertaidigernn] Khaiſer vnd legaten G(pc)S. 4 wen] wem G(pc)S. 5 sachen] ſach G. | bestén] ſtehen G(ac). 6 Dann in paider herren haupsachen] Darum baider ſachen G(ac), Da in baider gehört ſachen G(pc). 9 und fúr fúnftzig tausent gulden] fehlt G(pc)S. 11 in] Jme G(ac), JmG(pc). 12 ettlich] die G(pc)S. 13 XXIIII] 32 G(ac).

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59. Wie der von Hohenberg von Herzog Albrecht aus der Kanzlei entlassen wurde

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Bedingungen hin schickte Herzog Albrecht sein Räte in der Nacht vor dem heiligen Andreas nach Wiener Neustadt, die die Angelegenheiten und wer nun im Recht sei, mit dem Römischen Kaiser, dem Legaten und anderen Unterhändlern weiter besprachen. Bezüglich ihrer beider Hauptforderungen bot der Römische Kaiser Herzog Albrecht daraufhin an, dass er in Salzburg bereitwillig fünfzigtausend Gulden hinterlegen wolle, und für fünfzigtausend Gulden wolle er Silber und Gold als Pfand einsetzen und hinterlegen. Außerdem wolle er ihm auch etliche Städte des Reichs im Wert von fünfzigtausend Gulden unterstellen, von denen er jährlich vierundzwanzigtausend Rheinische Gulden einnehmen könne – so lange, bis er die vorher genannte Summe zurückgezahlt habe. Für die Abgaben und Steuern, die jetzt im Land Österreich eingenommen würden, wolle er ihn mit vierzigtausend Gulden entschädigen. Im Gegenzug solle Herzog Albrecht Seiner Kaiserlichen Gnaden alle Schlösser und Städte, die er ihm im Krieg abgenommen habe, zurückgeben, mitsamt dem Land ob der Enns. Und wenn dies alles so geschähe und er die Länder dann besäße, dann wolle Seine Kaiserlichen Gnaden mit ihm, den Landständen und der Stadt Wien in wohlwollende Verhandlungen treten. Dieser Vorschlag wurde zu diesem Zeitpunkt nicht angenommen.

60. Von Erzherzog Albrechts Tod

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Als nun durch den hochwürdigen Vater, den Legaten, die Unterhändler und etliche andere, die die Landstände dazu beauftragt hatten, viele Mittel und Wege in den wichtigsten Angelegenheiten beider Herren erdacht und abgewogen worden waren und sie sich dennoch auf keine Lösung einigen und sie umsetzen konnten, geschah es

reinisch gulden] gulden Reiniſch G(ac). 14 XL] 50 G(pc). 15 in] fehlt G(ac). | stewr] der Steuer G(pc)S. 18 aller der] alle der G(ac), alle G(pc). | die] ſo G(pc)S. 19 abgedrungen hett] hiett abgetrung_ G(pc)S. 20 beschéch] geſchäch S. 24 der] hertzog GS. 28 haupsachen] ſach_ G(pc)S. | sich] ſie G(ac), ſach G(pc), ſach aber S. 30 úbering] fehlt G(pc)S.

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60. Von ertzhertzog Albrechts tod

4.12.1463 6.12.1463

4.12.1463

got aus seinem gewalt verhengt úber hertzog Albrechten ein swáre kranckhait, die im alle glieder seins leichnams so gar zu rútt, das er ains géchen tods starb, an alle berúbung der heiligen sacrament am freitag vor Sand Barbara tag des morgens zwischen sechsine und súbene vor mittag, seins allters im XLV jar und an Sand Nicklas tag pei seinen vorforderen in Sannd Stephans kirichen wírdiklich ward begraben. Darnach erstuenden vil red in dem gemainen volk in der statt Wienn, wie man seinen genaden hiett vergeben. Darauf er durch die ertzt beschawtt und judiciert ward, im wér vergeben, das sich darnach durch dieselben értzt verwunndert und wolten nicht mer offenlich [66va] davon reden. Aber ich fúrcht laider, das got der almochtig uber den grosmútigen fúrsten eins solichen snellen tods verhengt hab darumb, das er an den purgernn das unschuldig pluet mer durch des zeitlichen gúts, dann von verschuldung wegen lies vergiessen. Das teglich von dem ertreich zu Gott umb rach uber in geschrieren hatt, wann er hett vil durstiger Swaben an seinem hof, die all genúgsamleich von im wolten gesatt sein. Und hielt ainen kóstlichen hof an vermúgen. Da von nam er von seinen undertanen, prelaten und steten ob der Enns manig stewr, das ettlich purger sprachen, séchen sy nicht an ir weib und kinder, sy wolten ir erb lassen ligen und alss plós davon gen, wenn sy vermóchten solichs gebens nicht mer. Es ward auch die statt Wienn under seinem regiment also an gelt úberschépft, darumb dieselben von Wienn und ir nachkomen uber lange jar noch gelter sein múessen.

¶ Des obgenanten freitags, zuhannt als der durchleúchtig fúrst hertzog Albrecht [66vb] mit dem tod verschaiden was, komen in das ratthaus ze Wienn zw einander der purgermaister, ratt, genannt und gemain. Da hielt der purgermaister und ratt der gemain fúr die ableibung des

2 ein] vnd G(pc)S. 7 kirichen] pfarrkirch_ G. | wírdiklich] fehlt G(pc)S. 9 seinen] ſeiner G(ac), ſein G(pc). 10 beschawtt] wurdt beſchautt G(ac). 11 sich] ſie S. | durch] fehlt G(pc). 13 der almochtig] fehlt G(ac). 14 grosmútigen] Großmächtigen S. 18 ertreich] ettreich W, Erdtrich G, Erdrig S. | wann] denn S. 21 kóstlichen] treflich G(pc). | an vermúgen] fehlt G(ac),

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[G 163v] 5

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60. Von Erzherzog Albrechts Tod

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unverhofft, dass der allmächtige Gott durch seine Kraft Herzog Albrecht mit einer schweren Krankheit belegte, die alle Teile seines Körpers so zerrüttete, dass er, ohne die heiligen Sakramente empfangen zu haben, zwischen sechs und sieben Uhr morgens am Freitag vor dem Tag der heiligen Barbara in seinem fünfundvierzigsten Lebensjahr eines jähen Todes starb und am Tag des heiligen Nikolaus bei seinen Ahnen in der Stephanskirche würdig beigesetzt wurde. Danach wurde im gemeinen Volk viel gemunkelt, man habe Seine Gnaden vergiftet. Daraufhin nahmen die Ärzte eine Leichenbeschau vor und urteilten, dass er vergiftet worden sei, wovon die Ärzte so erstaunt waren, dass sie ab dann nicht mehr öffentlich darüber sprechen wollten. Aber ich befürchte leider, dass Gott, der Allmächtige, über den großmütigen Fürsten einen so plötzlichen Tod verhängt hat, weil er das Blut unschuldiger Bürger eher wegen weltlicher Güter als wegen ihrer Schuld vergießen ließ. Das schrie täglich von der Erde zu Gott nach Rache an ihm, denn er hatte viele durstige Schwaben an seinem Hof, die alle gut von ihm verköstigt werden wollten. Und er hielt aufwendig Hof, ohne die Mittel dazu zu haben. Deshalb trieb er von seinen Untertanen, Prälaten und Städten ob der Enns vielfältige Steuern ein, sodass etliche Bürger sprachen, müssten sie nicht an Frau und Kinder denken, würden sie ihr Erbe zurücklassen und mittellos davongehen, denn sie könnten solche Zahlungen nicht mehr leisten. Auch die Stadt Wien wurde unter seiner Regierung dermaßen geschröpft, dass die Wiener und ihre Nachkommen noch viele Jahre lang Schuldner sein müssen. Am oben genannten Freitag, gleich nachdem der durchlauchtige Fürst Herzog Albrecht verschieden war, kamen der Bürgermeister, der Rat, Genannte und Gemein im Rathaus von Wien zusammen. Da verkündeten der Bürgermeister und der Rat der Gemein den Tod des Fürsten und verlasen einen Beschluss, den sie gefasst hatten, der folgendermaßen lautete: Da sie wüssten, dass

anuernüg_ G(pc). 27 úberschépft] erſchöpfft G(ac). 28 gelter] fehlt G(ac). 29 Des] Deſſelben S. | durchleúchtig] durchleüchtigiſt S. 31 zw einander] fehlt G(pc)S. 33 purgermaister und ratt der gemain] Burgermaiſter Rath, Genandt vnd Gemain G(ac).

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60. Von ertzhertzog Albrechts tod

4.12.1463 (3.12.1463)

fúrsten unnd heten gemacht ein fúrnemen, das sy horen liessen, das also lautt: Als sy wessten, das sy vil veintt allenthalben hieten, so wér notdúrft, das sy in gueter ainikait pei einander beliben und stuenden. So móchten sy iren veintten desterpas widerstand tún. Und so man sy wúrd erfordernn in der statt notturft, das sy dann gehorsam wéren und an die enndt kémen, dahin sy von denn hauplewten in den viertailen beschaiden wúrden. Und das sy desterpas also in ainikait pei einander beleiben móchten, so dient vast darzú, das einer gegen dem anderen das sprichwart heckler vallen liess und téten als frumb leútt, als sy untzt her getan hieten solang, untzt rechtlich ausfindig wúrd, wes man sich fúrbaser [67ra] in den sachen halten solt. Darumb sy ir leib und guet mit sambt in darlegen wolten, und ob sy daran ein gefallen hieten, so móchten sy darauf auff reckhen, das sy tétten, aber doch nicht all. Es ward auch daselbs verlassen, das sich ein yeder mit namen solt lassen schreiben. Aber vil aus der gemain giengen aus zu dem tór und gaben nicht vil dar umb. Es vermelt auch der purgermaister, wie sy ettlich soldner zw pewarung der statt aufnemen wolten, die all deútsch knecht wáren, und den man getrawn móchte, des auch von der gemain unnd anderen purgernn ward verfoligt. ¶ Darnach am suntag vor Sannd Nicklas tag komen auf Sand Stephans Schuel ze Wienn der purgermaister, ratt, gnantt und gemain. Daselbs ward durch ainn artzt, genant der Kirichaim, der die zeit ainer des rats was, und sagt, wie er mitsambt anderen maisternn den leichnam des fúrsten aigenlich beschawtt, als sich nach [67rb] irer kunst gepúrt hiett. Und kunden nach allen zaichen an dem leichnam anders nicht richten noch erkennen, dann das dem fúrsten wár warden vergeben. Sy wolten auch noch mit dem leichnam sólichen fleis haben und den nach der geschrift der ertznei und irer kunst also bewáren, damit sy auf den rechten grunnt der sachen kémen. Und man solt gúte

9 also in ainikait] in ainigkheitt alſo G(ac). | beleiben] verpliben S. 11 heckler] fehlt G(ac), heuchliꝛ G(pc)S. 12 untzt her] biſheer S. untzt rechtlich] biſs Redlich S. 13 fúrbaser in den sachen] fehlt G(ac). 16 darauf] darumb GS. 17 daselbs] fehlt G(ac). 18 solt lassen schreiben] lies ſchreibe_ S. 19 gaben nicht vil] fragten nichts G(ac). 23 ward verfoligt] Veruolligt wardt S. 24 suntag] Sambſtag

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[G 165r] 10

[R 132] 15

20 [G 165v]

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15

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sie überall viele Feinde hätten, sei es notwendig, dass sie weiterhin in Einigkeit zueinander stünden. So könnten sie ihren Feinden umso besser Widerstand leisten. Und wenn man sie im Falle einer Bedrängnis der Stadt einberiefe, dann sollten sie gehorsam sein und sich dort einfinden, wohin sie die Hauptleute der Viertel befehlen würden. Damit sie besser in Einigkeit verbunden sein könnten, wäre es sehr dienlich, wenn sie es unterließen, sich gegenseitig als Heuchler zu bezeichnen, und wie bisher als rechtschaffene Leute handeln würden, so lange, bis rechtlich geprüft sei, an wen man sich in Zukunft halten solle. Dafür wollten sie ihr Leben und ihren Besitz einsetzen, und wenn sie dazu bereit seien, so könnten sie darauf schwören, was sie taten – aber nicht alle. Es wurde auch verfügt, dass sich ein jeder namentlich eintragen lassen solle. Aber viele aus der Gemein gingen aus dem Tor und scherten sich nicht darum. Der Bürgermeister verkündete auch, dass sie etliche Söldner, die alle deutsche Knechte seien und denen man vertrauen könne, zum Schutz der Stadt anheuern wollten. Die Gemein und die anderen Bürger stimmten dem zu.

Danach, am Sonntag vor dem Tag des heiligen Nikolaus, kamen der Bürgermeister, der Rat, Genannte und Gemein zur St. Stephansschule in Wien. Dort wurde durch einen Arzt, genannt der Kirchhaimer, der zu dieser Zeit ein Ratsmitglied war, verlautbart, dass er und andere Meister den Leichnam des Fürsten höchstselbst beschaut hätten, wie es sich nach ihrer Kunst gebühre. Sie könnten aufgrund der Zeichen am Körper nicht anders richten und urteilen, als dass der Fürst vergiftet worden sei. Sie wollten den Leichnam noch eingehender nach den medizinischen Lehrwerken und den Regeln ihrer Kunst untersuchen, um den wahren Grund für den Tod zu finden. Man wolle

S. 27 was] wardt G. 29 irer] aller Irer G. 30 – 32 nach … vergeben] an allen Zaich_ and'ſt nicht er khennen, dann das dem Fürſten v’geben were worden G(ac), nach allen Zaich_ an dem leichnamb nicht richten noch er khennen, dann das dem Fürſten were v’geben worden G(pc), khunden nach allen zaichen an dem Leichnam nit richtn, noch erkhennen, dann dz dem Fürſtn war worn Vergeben S.

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60. Von ertzhertzog Albrechts tod

8.12.1463 (1.12.1463)

erfarschung haben, damit man darauf kém, durch wen solich gifft ausgangen wér. Es ward auch gelesen ain brief von dem von Ellerbach, darinn er meldung tétt, wie er hertzog Albrechten aine summ gelts gelichen hiett, die zu gemainer statt nottdúrfft wár gepraucht und ausgeben warden und patt, in der zu entrichten, oder anders múst er darumb die iren aufhalten zw recht solang, untz er haubtguets und schadens gentzlich betzallt wúrd. Nu waren fúr solich gellt parig warden Hanns von Gera, [67va] Hanns Gold und der Kopp, die darnach wúrden in venckhnúss genomen umb die dínst, so sy gemainer statt und dem fúrsten getan heten. Und wart begert, das sy solich gellt, als die parigen, sollten zallen, das sy tétten. Zw hannt am Pfintztag nach Nicolai ward gesannt ein offener brieff von dem rómischen kaiser gen Wienn, der do lawtt an prelaten, herren, ritter und knecht unnd an die purger gemainklich, daselbs zw Wienn. Als der hochgeboren fúrst hertzog Albrecht, sein prueder, nach verhengnúss des almóchtigen Gots mit dem tód verschaiden wér, hiett sein kaiserlich genad gúte hoffnung gehabt, das sy in kúrtz umb ir stóss und zwitrecht miteinander wéren geaint warden. Nach dem es aber der almochtig Gott nu also geschickt hiett, das sy sich dann sein als irs natúrlichen erbherren und landsfúrsten hielten, so wolt sein genad nach ir und anderer lantleút ratt [67vb] fúrnemen, damit lanndt und leẃtt in frid und gemach gesetzt wúrden, in massen, als das bei dem landtag ze Tullenn fúrgenomen und abgeredt wér.

1 haben] fehlt G(pc)S. 2 wér] were, Aber er beſorgt, es wer laid' ſolich gifft von den enden Khomen, da ſie gegen Khünig Laſslauen auch auſsgangen wer. GS. 5 nottdúrfft wár gepraucht und ausgeben warden und patt in der zu entrichten] Notturfft weren gebraucht worden, vnd bathe Ine deren zuentrichten G(ac), weren auſſgeben worn Ine der Zuentrichten G(pc), war Auſsgeben worn, Vnnd in d' zuendtrichten S. 7 darumb] fehlt GS. 8 haubtguets und schadens gentzlich betzallt] ſeines guets bezalt G(pc)S. 10 Kopp] Khuopff G(ac). | darnach wúrden in venckhnúss genomen] darnach in gefenckhnus waren genomen S. 11 umb] vnnd S. 13 sollten zallen] wurd_ Erzolten G(ac). 14 nach] Vor S. | von dem rómischen kaiser gen Wienn] in die ſtat wienn von dem Römiſchen Khaiſer gen G(pc), gen Wienn in die Statt Von dem Römiſchen Kaÿſer S. 17 hochgeboren fúrst hertzog Albrecht sein prueder] Herzog G(ac). 18 des almóchtigen Gots] Gottes des Allmechtigen G. 21 und zwitrecht] dÿ ſÿ gegeneinander gehabt hiettn G(pc)S.

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[S 56r] [G 166r]

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[G 166v] [R 133] 15

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25 [G 167r]

60. Von Erzherzog Albrechts Tod

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gewissenhaft nachforschen, damit man erführe, von wem dieses Gift gekommen sei. Es wurde auch ein Brief von dem von Ellerbach verlesen, in dem er vermeldete, dass er Herzog Albrecht eine Geldsumme geliehen habe, die für die Bedürfnisse der Stadt gebraucht und ausgegeben worden sei, und er bat, ihm diese zurückzuzahlen, andernfalls müsse er sie rechtlich belangen, bis er die Summe und die Zinsen gänzlich zurückerhalten habe. Bürgen für dieses Geld waren Hans von Gerau, Hans Gold und der Kopp, die daraufhin für die Dienste, die sie der Stadt und dem Fürsten erwiesen hatten, gefangen gesetzt wurden. Es wurde verlangt, dass sie das Geld, für das sie gebürgt hatten, bezahlen sollten, was sie taten. Gleich danach, am Donnerstag nach Nikolaus, wurde ein offener Brief des Römischen Kaisers nach Wien geschickt, der sich an die Prälaten, Herren, Ritter und Knechte und an alle Bürger Wiens richtete: Bevor der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht, sein Bruder, nach Schickung des allmächtigen Gottes gestorben sei, seien Seine Kaiserlichen Gnaden guter Hoffnung gewesen, dass Streit und Zwietracht in Kürze beigelegt werden könnten. Nachdem der allmächtige Gott es nun aber so gefügt habe, dass er, der Kaiser, zu ihrem Erbherrn und Landesfürsten bestimmt sei, wollten es Seine Gnaden auf den Rat der Wiener Bürger und der anderen Landleute hin so einrichten, dass für Land und Leute Frieden und Ruhe einkehrten, so, wie es bei dem Landtag zu Tulln beschlossen und besprochen worden sei. Wie sie sich zu dieser Sache verhalten wollten,

22 es aber der almochtig Gott nu also] als ob dan der Allmachtig Gott nun alſo G(pc), Alls ob nun der Allmechtig Gott allſo S. 23 dann] allſdann G(pc). 24 hielten] haltten G(pc)S. 25 lantleút] leütt G(ac)S. 26 das bei] dan dz bej G, im S.

3 Ellerbach: Berthold von Ellerbach, Söldnerführer im 15. Jh., stand im Konflikt mit Friedrich III. 9 Hanns von Gera: Hans von Gerau († 1470–1475), Ratsherr (1459–1461), Hansgraf (1453–1454), Kaufmann, Hausgenosse. | Hanns Gold: Hans Gold von Lampoding († 1543), Erbausferge. 10 Kopp: Hans Kopp († 1507), Ratsherr (1487–1488, 1492–1493, 1495 –1498, 1500–1503), Einnehmer der Moststeuer (1487), Steuerherr (1488, 1493, 1496 –1496), Münzmeister (1407), Kaufmann, vgl. Perger-Nr. 99.

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60. Von ertzhertzog Albrechts tod

Und was sy dar inn tún wellen, das solten sy sein genad bei dem gegenwúrtigen poten verschriben wissen lassen.

61. Anttwúrt

13.12.1463

11.12.1463

24.12.1463

Auf solich des rómischen kaiser pegeren haben die prelaten, herren, ritter und knecht mitsambt den von Wienn geantwúrt, sein kaiserlich genad und weilennt hertzog Albrechts, haben ausgeschriben ainen lanntag und den auf Sand Lucein tag gelegt gen Hédersdorf, den aber sein gnad verpatt zu besuechen, doch wellen sy sich dennoch, nach irer genaden schreiben, zu demselben tag fuegen und daselbs nichts anders fürnemen, dann das für sein genad lannt und leẃtt sein solt.

¶ Desselben jars am sunntag nach Nicolai hatt der purgermaister [68ra] und ratt lassen hóren ain schreiben auf Sannd Stephans Schuel zu Wienn die gnanten und gemain, so der graf von Pósing getan hett, das innhielt, wie im weilent der hochgeporen fúrst hertzog Albrecht schuldig wár warden acht tausent gulden, darumb er im den marckht zw Perchtoldsdorf verpfendt hiett. Unnd begert, das sy ingedechtig solten sein, das er sólh gellt zw rechter zeytt erfordert hiett, und das sy im halben tail desselbigen gelts betzallten auf die kunftigen Weinachten, so wolt er in zw dem andern halben tail geraw mer tég geben. Wann geschech des nicht, so múst er mitsambt dem von Ellerbach gedenckhen, das sy haupguets und schadens entricht und betzallt wúrden.

62. Von dem tag zu Hedersdorf 13.12.1463

An Sand Lucein tag ist gehalten warden ain tag ze Héderstorf. Darzwe sind komen ettlich prelaten, herrn,

7 Albrechts] Albrecht G(ac)S. 10 nach] fehlt GS. 11 fuegen] v’fiegen G. 13 am sunntag] fehlt G(ac). 18 wár] fehlt G(ac). 19 zw] fehlt G(ac). | Perchtoldsdorf] poderſtorff S. | begert] begertt nun G(ac). 21 erfordert] geuord’t G(ac). | halben] den

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60. Von Erzherzog Albrechts Tod

sollten sie Seinen Gnaden durch den anwesenden Boten schriftlich übermitteln.

61. Antwort 5

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Auf dieses Begehren des Kaisers hin antworteten die Prälaten, Herren, Ritter und Knechte gemeinsam mit denen von Wien, dass Seine Kaiserlichen Gnaden und Herzog Albrecht zu seinen Lebzeiten einen Landtag ausgeschrieben und diesen auf den Tag der heiligen Luzia in Hadersdorf festgesetzt hatten. Seine Gnaden aber hatte damals verboten, diesen zu besuchen. Doch nun, nach Ihrer Gnaden Schreiben, wollten sie sich doch zu diesem Treffen zusammenfinden und dort nichts anderes beschließen als das, was für Land und Leute im Sinne Seiner Gnaden sei. Im selben Jahr am Sonntag nach Nikolaus ließen der Bürgermeister und der Rat in der St. Stephansschule in Wien den Genannten und der Gemein ein Schreiben vorlesen, das vom Grafen von Bösing stammte. Dieses besagte, dass ihm der hochgeborene Fürst Herzog Albrecht achttausend Gulden schuldig sei, wofür er ihm den Markt zu Perchtoldsdorf zum Pfand gegeben habe. Er forderte sie auf, zu bedenken, dass er sein Geld fristgerecht eingefordert habe, und dass sie ihm die Hälfte des Geldes bis zur kommenden Weihnacht bezahlen sollten. Dann werde er ihnen für die Rückzahlung der anderen Hälfte mehr Zeit geben. Geschähe das aber nicht, so müssten er und der Ellerbach in Erwägung ziehen, die Geldsumme samt Zinsen zurückzufordern.

62. Von dem Tag zu Hadersdorf 30

Am Tag der heiligen Luzia wurde ein Treffen in Hadersdorf abgehalten. Zu dem kamen etliche Prälaten, Herren, Ritter und Knechte und auch die von Wien und

halb_ G(ac). 23 halben] fehlt G. | Wann] dann S. 24 geschech] beſchehe GS. 25 haupguets] hauptſumma S. 29 Darzwe] zue dem S.

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62. Von dem tag zu Hedersdorf

23.12.1463

ritter und knecht und auch die von Wienn und nemlich [68rb] die, so hertzog Albrechts tail haben gehalten und dem lannttag ze Tullen vor nicht waren gewesen. Der in tzal als auf XX sind gewesen, und nach menigernn underredungen sind sy beliben pei den artickln und dem fürnemen, so die gmain lanttschaft ze Tullen betracht heten und haben sich auch gantz darein geben, an der lanntschaft dar inn zu stén. Es haben auch dieselben prelaten, herren, ritter unnd knecht geschriben dem römschen kaiser, sein rétt zw Inen gen Hedersdorf zw sennden, des aber nicht geschach. Sy haben auch geschriben denn lanntherren ob der Enns, die iren mit volligem gewalt daselbs hin zu in sennden, des sy auch nicht tétten. Unnd als sy sachen, das sy nichts mochten geschaffen, teten sy ain fúrnemen und erwelten aus in herrn Rúdiger von Starhenbergk und herren Hainreichen von Liechtenstain, zw dem rómischen kaiser ze [68va] reiten, und seinen genaden ir fúrnemen da ertzellen, die sich aber darumb nicht annemen wolten. Nachmalen haben sy erwellt aus den vier partheien vier, mit namen herren Stephan von Hochenwerck und den probst von Sand Dorothe, die pei dem tag nicht sind gewesen. Den haben sy ír maynung zúgeschriben, die an den rómischen kaiser zebringen, die sich auch des nicht wolten verfachen. Es ist auch zu dem selben erwelt worden aus den ritternn her Pernnhart von Táhenstain und von den stéten die von Wienn. Und also wúrden die von Wienn die zwaintzig gehalten für ein landschaft, und der tag ward zulassen am freitag vor dem heiligen Weinachtag, und ein yeder zach zw seiner behausung. ¶ Und als die lanntleút, die zw Hédersdorf pei dem tag waren, von dann wolten schaiden, kom in pottschafft, wie

2 haben] hetten G(ac). 3 waren] ſein S. | Der] Derer G(ac). 5 underredungen] vnd'redung G(ac). | sy] fehlt G(ac). | dem] fehlt G(ac). 7 an der lanntschaft] fehlt G(ac). 10 Inen] Im W, Inen GS. 12 denn lanntherren] an die Lanndtleütt G(ac), den Landtleütt_G(pc)S. 13 daselbs] zue Jnen daſelbſt GS. 14 als] alſo G. 15 teten sy ain fúrnemen und erwelten aus] erwölten ſie aus G(ac). | in herrn] In herrn hern G(pc)S. 18 ir fúrnemen da ertzellen] da er zehlen Jr fürnemen G(ac). 20 vier2] fehlt G(ac). 21 den] dem G. 24 auch] aus W, auch GS. | verfachen] vnd'fahen G(ac), fahen G(pc), vnd'nemen S. 27 Und also wúrden die von

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besonders jene, die auf Seiten Herzog Albrechts gestanden und am Landtag von Tulln nicht teilgenommen hatten. Sie waren ungefähr zwanzig an der Zahl, und nach langen Beratungen stimmten sie vollständig zu, die Artikel und Beschlüsse, die beim Landtag zu Tulln von den gemeinen Landständen verfasst worden waren, gemeinsam mit den Landständen vollständig anzuerkennen. Dieselben Prälaten, Herren, Ritter und Knechte schrieben dem Römischen Kaiser, er solle seine Räte zu ihnen nach Hadersdorf schicken, was aber nicht geschah. Sie schrieben auch den Landherren ob der Enns, sie sollten Bevollmächtigte zu ihnen schicken, was aber auch diese nicht taten. Als sie sahen, dass sie nichts ausrichten konnten, fassten sie einen Beschluss und wählten Rüdiger von Starhemberg und Heinrich von Liechtenstein, um zum Römischen Kaiser zu reiten und Seiner Gnaden von den Beschlüssen zu erzählen. Doch diese wollten sich der Sache nicht annehmen. Daraufhin erwählten sie vier aus den vier Parteien, nämlich Herrn Stephan von Hohenberg und den Propst von St. Dorothea, die bei dem Treffen nicht anwesend waren. Denen schrieben sie ihre Anliegen, die sie dem Römischen Kaiser vorbringen sollten, jedoch wollten diese nicht in die Sache verwickelt werden. Ebenso wurden aus den Rittern Herr Bernhard von Tahenstein und von den Städten die Wiener gewählt. Also wurden die zwanzig Wiener als Landstände angesehen, und die Versammlung wurde am Freitag vor Weihnachten aufgehoben, und ein jeder zog wieder nach Hause.

Als die Landleute, die sich beim Treffen in Hadersdorf befanden, aufbrechen wollten, erreichte sie die Botschaft,

Wienn] fehlt G(ac), Vnnd wurdn allſo S. 29 Weinachtag] Weihenacht G(pc)S.

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ward] fehlt S.

21 probst von Sand Dorothe: Stephan von Landskron († 1477), Probst in St. Dorothe (1458–1477).

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62. Von dem tag zu Hedersdorf

26.12.1463

9.4.1463

22.12.1463

graf Michel von Maidburckh auch khém, des sy [68vb] aber nicht warten wollten und riten also von dann. Und als derselb von Maidburck kom gen Hédersdorf, ward im geanttwúrt ain schreiben von dem rómischen kaiser, im und anderen lanttleúten, die pei dem tag zw Hedersdorff weren, lauttund, das er auf prach, und das darnach schickt den anderen herren. Und als Jacob Starch und der Rauscher komen gen Wienn, offnaten sy darnach ir pottschaft an Sand Stephans tag den genanten in dem ratthaws, als oben begriffen ist. Darauf wúrden sy ze ratt, welich sy aus in zw dem rómischen kaiser schickhen wolten, die ir fúrnemen und artickel, so sy vor betracht heten, die zu enndt pringen solten.

63. Wie des Gravenecker diener, die am Osterabent in der stat Wienn wúrden gefangen, komen aus kerner túrnn Der purgermaister und ratt von wegen gemainer statt Wienn heten nach abgang hertzog Albrechts [69ra] dennoch vil gefangen, die herrn Ulreich von Graveneckh zúgehórten, die sy all in venckhnuss hielten in kherner túrn. Ettlich waren gelegt als die pessten ze undrist, und die slechtisten auf den óbristen podem in dem obgenanten túrn. Nun wúrden albeg ettlich aus der gemain geordent, die derselben gefangen hueten solten, die aber lessig und treg in solher huett waren. Als das merckten die gefangen auf dem oberen podem, die feirten nicht unnd gedachten, wie sy mochten ledig werden und den von Wienn aus iren henntten entgen. Und an dem Pfintztag vor dem

1 auch] fehlt G(ac). 1 – 3 des … kom] fehlt G(ac). 6 darnach] er darnach G. 7 den] fehlt G(ac). 8 ir] die S. 11 sy aus in] aus Inn ſie S. 13 solten] woltten G(ac), ſolten etc. S. 14 die] fehlt G(pc). 15 komen] gefangen vnd G. 16 kerner túrnn] dem Khärner Thurn G(ac). 17 wegen] fehlt G(ac). 18 Wienn] Wien weg_ G(ac). 19 von Graveneckh] Grafeneckher G(pc)S. 20 hielten] hiettn S. in2] in dem G(ac), Im S. 22 óbristen] Obern GS. 24 hueten solten] ſolten hüetten G(ac). 25 in solher huett waren] warn in, ſolher huett G(ac). 27 mochten ledig] ledig möchten G. 28 entgen] entrinnen

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62. Von dem Tag zu Hadersdorf

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dass Graf Michael von Maidburg käme. Sie wollten aber nicht auf ihn warten und ritten von dannen. Als jener von Maidburg nach Hadersdorf kam, erreichte ihn ein Schreiben des Römischen Kaisers, das sich an ihn und die anderen Teilnehmer des Landtages richtete. Er öffnete es und schickte es den anderen Herren nach. Als Jakob Starch und der Rauscher nach Wien kamen, gaben sie die Botschaft am Tag des heiligen Stephan im Rathaus bekannt, wie es oben beschrieben wurde. Daraufhin berieten sie, wen von ihnen sie zum Römischen Kaiser schicken sollten, um die Beschlüsse und Artikel, die sie gefasst hatten, zum Abschluss zu bringen.

63. Wie die Diener des Grafeneckers, die am Karsamstag in der Stadt Wien gefangen genommen worden waren, aus dem Kärntner Turm entkamen Der Bürgermeister und der Rat der Stadt Wien hielten nach dem Tod Herzog Albrechts noch immer viele festgesetzt, die zu Herrn Ulrich von Grafeneck gehörten, und hielten sie alle im Kärntner Turm gefangen. Viele waren dort untergebracht, die Besseren ganz unten und die Einfachen im obersten Stock des genannten Turmes. Nun wurden stets einige aus der Gemein damit beauftragt, diese Gefangenen zu bewachen. Sie waren aber nachlässig und träge bei ihrer Wache. Als das die Gefangenen im obersten Stock bemerkten, zögerten sie nicht und überlegten, wie sie freikommen und den Wienern entfliehen könnten. Am Donnerstag vor dem Weihnachtstag vor Tagesanbruch

G(ac). 28 – 306,1 dem Weinachtag] Weihnacht Tag G(ac), dem Weihnacht Tag G(pc), den Weinnachten S.

1 Michel von Maidburckh: Michael von Maidburg-Hardegg (* um 1420, † 1483), Burggraf, kaiserlicher Hofrichter. 8 Rauscher: Peter Rauscher († 1473), Schreiber, urkundlich in Wien ab 1437 nachweisbar, Ratsherr (1466 –1472), Mautschreiber bei der Wassermaut am Roten Turm, Hansegraf (1455–1473), Perger-Nr. 392.

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63. Wie des Gravenecker diener, die am Osterabent in der stat Wienn wúrden gefangen, komen aus kerner

Weinachtag, des morgens vor tags kamen die obgenanten gefangen all aus dem túrnn, was der waren auf dem oberem podem, als pei newntzigen und liessen sich ab an einem sail aus dem túrn untz auf die rinckhmaur, und darnach uber die rinckhmaur, aus in den graben, und komen all davon. Des wúrden die húetter des margens als umb [69rb] neẃne erst innen, und von forcht wegen wichen sy von dann. Darnach als der rómisch kaiser widerumb der von Wienn herr ward und im gesworen heten, do patt er sy umb die anderen gefangen, die im gegebenn wúrden etc.

[R 136]

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64. Anno Domini M° CCCC° LXIIII°. Wie die prelaten, herren, ritter und knecht und die von steten ob der Enns nach abgang Ertzhertzog Albrechts gehabt haben ainen tag ze Lynntz 2.1.1464

Des benannten jars am montag nach dem newn jar haben die prelaten, herren, ritter und knecht unnd die vonn steten in dem lannd ob der Enns gehalten ain tag zu Lynntz, dabei der rómisch kaiser und hertzog Sigmund ir rétt gehabt haben. Daselbs hertzog Sigmund dem römschen kaiser gentzlich úbergeben hatt die regentz des gantzen fúrstentumbs Osterreich und darauf allen prelaten, herren, rittern und knechten und den von steten bevolhen, im als irm landsfúrsten [69va] und erbherren nu hinfúr gehorsam und gewertig ze sein, damit das lannt wider zusammen und ain regier als von allter ist herkomen gepracht werd, dem sy darnach an all auf zug und waigrung gehorsam teten. Darauf ward die hauptmannschaft von

1 tags] Tag G(pc)S. | obgenanten] obgemeldten S. 2 was der waren auf dem oberem podem als] deren auff dem abernpoden waren G(ac), was dern warn auff dem abernpoden alſs G(pc), Was der warn auf dem obern podn alls S. 3 – 5 an einem sail aus dem túrn untz auf die rinckhmaur und darnach uber die rinckhmaur aus in den graben] an ainem Saill vber die Rinckhmaur auſs, vber den Graben G(ac), an ainem Saill aus dem Thurn vnzt auf die Rinckhmaur auſs, in den Graben G(pc), auſs dem Thurn an einem Saill, biſs auf die Rinckhmaur auſs in den Graben S. 6 als] fehlt G(ac)S. 7 neẃne] 9 Vhr S. 10 anderen] fehlt G(ac). | etc] Anno Domini G(ac), 1464. 11 Anno Domini Mº CCCCº LXIIIIº] fehlt G(pc), Anno Domini

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63. Wie die Diener des Grafeneckers, die am Karsamstag in der Stadt Wien gefangen genommen worden

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entkamen die oben genannten etwa neunzig Gefangenen, die im obersten Stock waren, alle aus dem Turm und ließen sich an einem Seil hinab auf die Ringmauer und dann über die Ringmauer in den Graben und kamen alle davon. Die Wärter bemerkten dies erst morgens um neun und liefen vor Angst davon. Als danach der Römische Kaiser wieder der Herr der Wiener wurde und sie ihm geschworen hatten, bat er sie um die anderen Gefangenen, die ihm übergeben wurden, etc.

64. Anno Domini 1464. Wie die Prälaten, Herren, Ritter und Knechte und die aus den Städten ob der Enns nach dem Tod Erzherzog Albrechts ein Treffen in Linz abhielten Im genannten Jahr am Montag nach Neujahr haben die Prälaten, Herren, Ritter und Knechte und die aus den Städten und dem Land ob der Enns ein Treffen in Linz abgehalten, zu dem auch der Römische Kaiser und Herzog Sigmund ihre Räte geschickt hatten. Dort übergab Herzog Sigmund dem Römischen Kaiser die alleinige Regentschaft über das gesamte Fürstentum Österreich und befahl daraufhin allen Prälaten, Herren, Rittern und Knechten und den Städten, ihm als ihrem Landesfürsten und Erbherrn künftig gehorsam und dienstbar zu sein, damit das Land wieder vereint und wie von alters her regiert werde. Dem leisteten sie danach ohne zu zögern und ohne Widerstand Folge. Daraufhin wurde Wolfgang von Wallsee zum Hauptmann bestellt.

1464 G(ac) (Aus dem Hss.-Vergleich geht klar hervor, dass die Jahresangabe Teil der folgenden Überschrift ist. In der Platzregie von Hand 2 ist diese Angabe jedoch in derselben Zeile wie das Satzende des vorhergehenden Kapitels und eindeutig dort zugeordnet). 14 Lynntz] Lünz etc. S. 15 Des benannten] Deſſelben G(ac). 16 vonn steten] Stött S. 18 – 20 und hertzog Sigmund ir rétt gehabt haben Daselbs hertzog Sigmund dem römschen] fehlt G(ac). 20 kaiser] fehlt W, Khaiſer GS. | regentz] Regierung G(ac). 22 und den von] ſampt den S. 24 wider] fehlt G(ac). 25 ain] in ain G(ac)S. | als von allter ist herkomen] Alls von Alter heerkhomen iſt S.

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64. Anno Domini M° CCCC° LXIIII°. Wie die prelaten, herren, ritter und knecht und die von steten ob

dem rómischen kaiser bevolhen hernn Wolfgangen von Walse. ¶ Hertzog Albrecht, die weil er dennoch was in leben, hett verschriben dem von Stain die herschafft Steẃr und dem, graven von Tierstain die statt, geslos unnd herschaft mit iren zúgehórungen Freinstatt, unnd in bevolhen, ob er mit tod abging, das sy dann mit denselben geslossen nyemant anders gehorsam solten sein, dann hertzog Sigmunden. Sich solten auch nach solhem seinem abganckh all gefangen nyemants anderem stellen, dann demselben hertzog Sigmunden. Auch bevalh dem rómischen kaiser mit den selben geslossen und herschaften gehorsam unnd ge[69vb]wertig ze sein, wenn die lanntleútt wolten ir nicht leiden und sluegen sich für sy, untz sy giengen in taiding mit dem egenanten rómischen kaiser und rawmbten die geslózzer. Es schuef auch der obgenant hertzog Sigmund all gefangen ledig.

65. Wie die lanntleút in Osterreich ettlich aus in schickten zu dem rómischen kaiser und begerten den artickelnn, di ze Tullen wúrdn fúrgenomen, nach ze gén 15.1.1464

Am sunntag vor Anthoni, als dennoch die von Wienn in der Newnstatt waren, schickt die lanntschaft in Osterreich ettlich aus in zw seiner kaiserlichen genaden und begerten an sein genad, den artikelnn, so gemaine lannttschaft bei dem lanntag ze Tullenn hiett fúrgenomen, seinenthalben genádiklich nach zu gén. Darauf tétt sein kaiserlich genad denselben senndpoten anttwúrt, wie er in solhm fúrnemen

3 dennoch] noch S. 4 dem von Stain die herschafft Steẃr] die Herrſchafft Steÿr dem von Stain G(ac). 5 Tierstain] Chriſtain G(ac), Turſtain G(pc), Thiernſtain S. | statt] Statt vnd S. | unnd herschaft] ſampt d' herrſchafft S. | mit iren zúgehórungen] fehlt G(ac). 10 demselben] denſelben GS. 13 ir] Jm G(ac), Jr G(pc), in S. 14 sluegen] fehlt G(ac). | sich für sy] ſie für ſich GS. | untz] vnd G, bis S. 15 egenanten rómischen] Rom. G(ac), egenanten G(pc), obgenant S. | rawmbten] Raupten S. 17 all gefangen ledig] lädig all gefangen etc. S. 19 begerten] begern S. 20 di] wie G(ac). 22 Am] an dem S. 25 bei dem lanntag] fehlt G(ac).

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5 [S 58r] [R 137]

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64. Anno Domini 1464. Wie die Prälaten, Herren, Ritter und Knechte und die aus den Städten ob der

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Herzog Albrecht hatte, als er noch lebte, dem von Stein die Herrschaft Steyr übergeben und dem Grafen von Thierstein die Stadt, das Schloss und die Herrschaft Freistadt, mit allem, was dazugehört, und hatte ihnen befohlen, dass sie mit diesen Schlössern im Falle seines Todes niemand anderem gehorsam sein sollten als Herzog Sigmund. Sie sollten auch alle Gefangenen nach seinem Tod niemand anderem übergeben als demselben Herzog Sigmund. Dieser befahl, mit den genannten Schlössern und Herrschaften dem Römischen Kaiser gehorsam und dienstbar zu sein, denn die Landleute wollten die Grafen nicht dulden und so wurden sie belagert, bis sie mit dem vorher genannten Römischen Kaiser in Verhandlungen traten und die Schlösser räumten. Der oben genannte Herzog Sigmund ließ auch alle Gefangenen befreien.

65. Wie die Landleute zu Österreich etliche von ihnen zum Römischen Kaiser schickten und verlangten, die Artikel, die in Tulln beschlossen worden waren, umzusetzen 20

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Am Sonntag vor Antonius, als die Wiener immer noch in Wiener Neustadt waren, schickten die Landstände Österreichs etliche von ihnen zu Seiner Kaiserlichen Gnaden und verlangten von Seinen Gnaden, die Artikel, die die gemeinen Landstände beim Landtag in Tulln beschlossen hatten, seinerseits gnädigst umzusetzen. Daraufhin antwortete Seine Kaiserlichen Gnaden denselben Boten, dass er im Sinne der Beschlüsse der Landstände nach dem Rat seiner Räte und Landleute in Österreich gnädig handeln werde.

1 Wolfgangen von Walse: Wolfgang V. von Wallsee (* vor 1450, † 1466 oder 1467), Hauptmann von Enns (seit 1452), Rat von Ladislaus Postumus, Statthalter des Erzherzogtums Österreich (seit 1456), Hauptmann ob der Enns (seit 1464). 5 graven von Tierstain: Wilhelm von Thierstein († 1519).

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65. Wie die lanntleút in Osterreich ettlich aus in schickten zu dem rómischen kaiser und begerten den

der lannttschaft nach ratt seiner [70ra] rétt unnd lanntleẃtt in Ósterreich genediklich hanndeln wolt.

66. Wie die sendpoten, von gemainer statt wegen zu dem romischen kaiser wúrden gesannt, wider umb chómen gen Wienn

3.2.1464

Do die von Wienn von dem rómischen kaiser in iren sachen gantz wúrden abgevértigt, dennoch músten sy beleiben wol acht tag in der Newnstat, wenn die Pehem und brúder, die hertzog Albrechten gedient heten, vil téber heten gemacht und den von Wienn abgesagt heten von irs solds wegen. Darnach an Sand Blasi tag als umb die súbent stund nach mittag komen dieselben sendpoten aus der Newnstat wider gen Wienn. Mit in komen auch des heiligen rómischen stuels zwen legaten, her Gorg von Volkensdorf, Haidnreich Drucksátz, Hanns Múlfelder, maister Harttung von Kappellen und Hanns der Pellendorfer, des rómischen kaisers rátt etc. [70rb]

5

[G 172v] 10 [R 138]

[S 58v] 15

67. Fúrbringung der gemain di antwúrt des rómischen kaiser 5.2.1464

Darnach am nachsten suntag nach Sand Blasitag wúrden durch den purgermaister und ratt di genanten und gmain erfordert auf Sand Stephans Schuel. Da selbs sagten die senndpoten der gemain die anttwúrt, so vor berúrt ist, damit sy von dem rómischen kaiser wáren abgeferigt warden. Daran die gemain ain guet gevallen hett und

3 von gemainer statt wegen] vonwegen Gemainer Statt G, von gemaineꝛ Statt S. 6 von dem rómischen kaiser] fehlt G(ac), dem Rom. Kaiſer G(pc). 9 brúder] burg’n G(pc)4, bruder G(pc). 9 – 11 vil téber heten gemacht und den von Wienn abgesagt heten von irs solds wegen] hetten von Jres Soldts wegen G(ac), hetten von Jres Soldts wegen ſprüch G(pc)4, vil täber hetten gemacht den von wien abgeſagt hetten von Jres Soldts wegen G(pc). 12 aus der Newnstat wider gen Wienn] wid' auſs der Neuſtatt gen Wienn GS. 14 rómischen] fehlt G. 15 Haidnreich Drucksátz] fehlt G(ac). 17 etc] fehlt G. 21 und1] fehlt G(ac). | di] fehlt G. 23 – 25 so vor

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66. Wie die Boten der Stadt, die zum Römischen Kaiser gesandt worden waren, wieder zurück nach Wien

66. Wie die Boten der Stadt, die zum Römischen Kaiser gesandt worden waren, wieder zurück nach Wien kamen 5

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Als die Wiener vom Römischen Kaiser entlassen wurden, mussten sie weitere acht Tage in Wiener Neustadt bleiben, denn die Böhmen und die Brüder, die Herzog Albrecht gedient hatten, hatten viele Befestigungen errichtet und sich von den Wienern wegen ihres ausständigen Soldes losgesagt. Danach, am Tag des heiligen Blasius, um die siebente Stunde nach Mittag, kamen diese Boten aus Wiener Neustadt wieder nach Wien. Mit ihnen kamen auch zwei Legaten des Heiligen Römischen Stuhls, Herr Jörg von Volkersdorf, Heinrich Truchsess, Hans Mühlfelder, Meister Hartung von Kapellen und Hans Pellendorfer, die Räte des Römischen Kaisers etc.

67. Überbringung der Antwort des Römischen Kaisers an die Gemein

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Danach, am nächsten Sonntag nach dem Tag des heiligen Blasius, wurden die Genannten und die Gemein durch den Bürgermeister in die St. Stephansschule geladen. Dort verkündeten die Boten der Gemein die zuvor beschriebene Antwort, mit der sie vom Kaiser entlassen worden waren. Die gefiel der Gemein gut, und sie erkannten den zuvor

berúrt ist damit sy von dem rómischen kaiser wáren abgeferigt warden] des Romiſchen Khaiſers G(ac). 24 wáren] ſein S. 25 ain] fehlt G(ac). | guet] guettes G(ac). | hett] hetten G(ac).

15 Haidnreich Drucksátz: Wohl Heinrich Truchsess von Grub, († nach 1463 und vor 1468), auch Heidenreich Truchseß, Freiherr (1463); Rat Friedrichs III. vgl. Heinig S. 1773; [RI XIII] H. 22 n. 1; [RI XIII] H. 22 n. 32. 16 Hanns der Pellendorfer: Hans von Pellendorf, Rat Friedrichs III.

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67. Fúrbringung der gemain di antwúrt des rómischen kaiser

namen ainhelliklich auf den egenanntn rómischen kaiser zw irem rechten, natúrlichen erbherren und landsfúrsten und erputen sich, im nu fúrbaser als sein getrew undertan gehorsam und gewertig zw sein.

68. Wie di von Wienn widerumb swúren dem romischen kaiser 6.2.1464

An Sannd Dorothe tag des margens als umb die acht stund vor mittag ward geleẃtt die gross glocken zw Sand Stephan. Do komen reich und armm von gemainer [70va] statt in den Probsthof. Es kómen auch da hin die zwen pábstlichen legaten mitsambt des kaisers réten. Do ward auch durch hernn Jórgen Volkenstorffer der gemain fúrgehalten, als sy yetz ir senndpoten pei dem rómischen kaiser, die sein kaiserlich genad von ir aller wegen diemútiklich gepeten hieten, in solh laidigung und misshandlung, die sy wider sein genad gehandelt híeten, genádiklich nach zulassen und der zu begeben, alsdann dieselben ir senndpoten mit mer warten vor seinen kaiserlichen genaden fúrbracht hieten, dieselben wort nit nottúrfft wár widerumb zu ertzellen. Darauf den benanten iren senndpoten sein kaiserliche maiestat ain anttwúrt und genédigs zúsagen getan hiett in massen, als sy das von in nu villeicht hieten vernumen. Also begert derselb von Volkenstorf, das sy im und anderen seiner kaiserlichen genaden réten, da gegenwúrtig, auf den gwalt, den [70vb] sy von sein gnaden hieten, und der offenlich gelesen und gehórt ward, an statt des rómischen kaisers ir gewóndlich aid tétn. Und wenn sy das nu getan hieten, dann so wér im und anderen réten von seinen kaiserlichen genaden wegen warden bevolhen, in zu zesagen, das sy sein kaiserlich

1 egenanntn] fehlt GS. 2 rechten natúrlichen] Nattürlichen rechten S. 3 im nu] fehlt G(ac). 5 widerumb] widerumben G. 9 komen] kham G. 12 Jórgen] Georg_ G. 13 fúrgehalten] fürzuehalten G(ac). 14 ir] Jrer G. 16 gehandelt] begang_ GS. 17 und der zu begeben] fehlt G(ac). 18 dieselben] dies G(ac). 19 dieselben wort nit nottúrfft wár widerumb zu ertzellen] fehlt G(ac), diſelben wart nicht war notturfft widerumb bezeln G(pc)S. 21 maiestat] gl_ GS. 22 das von in nu villeicht] dz villeicht nun wol G, das villeicht Von

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[G 173r]

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[G 173v] 15

[R 139] 20

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67. Überbringung der Antwort des Römischen Kaisers an die Gemein

genannten Römischen Kaiser einstimmig als ihren rechtmäßigen und natürlichen Erbherrn und Landesfürsten an und erboten sich, ihm zukünftig als getreue Untertanen gehorsam und dienstbar zu sein.

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68. Wie die Wiener dem Römischen Kaiser erneut Gefolgschaft schworen Am Morgen des Tages der heiligen Dorothea etwa um acht Uhr vormittags wurde die große Glocke von St. Stephan geläutet. Da kamen Reich und Arm aus dem gemeinen Volk in den Propsthof. Auch die beiden päpstlichen Legaten mitsamt den Räten des Kaisers kamen dorthin. Dort wurde der Gemein von Jörg Volkersdorfer erklärt: Weil ihre Sendboten beim Römischen Kaiser seien und dort Seine Kaiserlichen Gnaden in ihrer aller Namen demütig gebeten hätten, ihnen ihre Beleidigungen und falschen Handlungen, die sie gegenüber Seiner Gnaden begangen hätten, gnädig nachzulassen und zu vergeben, und da diese Sendboten es dann noch wortreicher vor Seiner Kaiserlichen Gnaden vorgebracht hätten, sei es jetzt nicht notwendig, dieselben Worte noch einmal vorzutragen. Darauf habe Seine Kaiserliche Majestät den genannten Sendboten ja bereits jene Antwort und gnädige Zusage gegeben, die sie von jenen inzwischen bestimmt vernommen hätten. So verlangte der von Volkersdorf, dass sie ihm und anderen dort anwesenden Räten Seiner Kaiserlichen Gnaden auf die Vollmacht hin, die diese von Seiner Gnaden erhalten hätten und die öffentlich verlesen und gehört worden war, an Stelle des Römischen Kaisers den üblichen Eid leisteten. Und wenn sie das getan hätten, dann sei ihm und den anderen Räten von Seiner Kaiserlichen Gnaden befohlen worden, ihnen zuzusagen, dass ihnen Seine Kaiserlichen Gnaden alle Beleidigungen und falschen Handlungen, die sie gegen ihn begangen hätten, für sich selbst, seine Gemahlin und ihrer beider

Inn S. 24 anderen] fehlt G. 25 da gegenwúrtig] dagegen dz ſie Ime vnd ſein Khay: würd: G(ac), fehlt G(pc)4, dagegen wierdiglich G(pc), Da gegenwürtigklich S. 27 rómischen] Rómiſch W, Rom: G, Römiſchen S. 28 nu] fehlt G(pc)S. | im] Jnen G(ac), Jn G(pc).

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68. Wie di von Wienn widerumb swúren dem romischen kaiser

genad aller laidigung und verhandlung, so sy wider in begangen hieten, fúr sich selbs, sein geméhel und ir paider sún gentzlich und genédiklich begéb und wolt der in kúnftigen zeiten gegen in noch iren erben in rachweis nymermer gedenckhen. Er wolt in auch bestátten ir freihait, recht und statútt, auch all gewonhait, damit sy von seinen vorforderen lanndsfúrsten in Osterreich weren begabt warden und sy dabei genédiklich hannthaben und halten wolt, so verr sy des begerten ze tún. Darauff namen in reich und arm ain bedéchtnúss, und die rétt traten von dem ganck in das Múshaws. In derselben bedechtnúss [71ra] wurden reich und armm ainig ettlicher artikelnn, die sy darnach durch ain purger, genant Jacob Starich, an di rett pringen liessen. Von erst, das sein kaiserlich genad die lanntleútt, so pei dem tag zu Hedersdorf pei einander weren gewesen, in irem anpringen genediklich erhór und fúrsech und darinn versarg nach notdúrfften, in auch ir freihait und privilegia bestéttiett, da mit seinen kaiselicher genaden lannt und leẃtt nicht unrúe auferstúend, als dann vor beschechen wer. Das wolten sy unttertániklich umb sein kaiserlich gnad verdienn.

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[G 174v] 11

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20 [R 140]

69. Der rétt anttwúrt auf den artickel Darauf was der rétt anttwúrt, in wér wissenlich, wie dieselben lanntleútt ettlich aus in zw dem rómschen kaiser in die Newnstatt gesanntt hieten, die er in irer gegenwürtikait gehórt und mit ainer anttwúrt, daran sy ain benúegen gehabt, ge[71rb]nediklich abgevertigt hiett. Er wolt sy auch gernn in der gemain oder ir yedn in sunder, wie sy des begerten, genádiklich versargen, in auch ir freihait und privilegia, soverer sy im die fúrpréchten,

1 laidigung] der Erlaidung G, d’ laidung S. 2 sein] vnd ſein G. 3 begéb] v’geb G(ac), begäb G(pc), begab S. 4 noch] Vnnd S. | in rachweis nymermer gedenckhen] nit gedenckhen G(ac), im rach weiſs in niermer gedenckhen G(pc). 5 bestátten ir freihait recht und statútt] Jr Freÿhait Recht vnnd Statut beſtatten G(ac). 8 und1] fehlt G(ac). 9 wolt] fehlt GS. 10 rétt] Rathherrn G(pc)S. 11 Múshaws] Münzhauſs S. 16 erhór und fúrsech] erhörtt vnnd fürſehe G, erhört, fürſäch S. 19 nicht] Icht G(pc), nit S. | auferstúend] auffſtuendt

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[G 175r] 25

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68. Wie die Wiener dem Römischen Kaiser erneut Gefolgschaft schworen

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Sohn gänzlich und gnädig vergebe, und er wolle zukünftig weder gegen sie noch ihre Erben je Rachegedanken hegen. Er wolle ihnen auch ihre Freiheiten, Rechte und Statuten und auch alle Gewohnheitsrechte, mit denen sie von seinen Vorgängern als Landesfürsten in Österreich ausgestattet worden waren, gnädig bestätigen und sie jetzt und in Zukunft demgemäß behandeln, sofern sie bereit seien, den Eid zu leisten. Daraufhin nahmen Reich und Arm Bedenkzeit, und die Räte gingen vom Durchgang in den Saal. Während dieser Bedenkzeit einigten sich Reich und Arm auf einige Artikel, die sie danach durch einen Bürger, genannt Jakob Starch, den Räten übermittelten. Zuerst, dass Seine Kaiserlichen Gnaden die Landleute, die auf dem Treffen in Hadersdorf zusammengekommen waren, in ihren Anliegen gnädig anhören, sich darum kümmern und sich ihrer Bedürfnisse annehmen möge und ihnen auch ihre Freiheiten und Privilegien bestätige, damit in Seiner Kaiserlichen Gnaden Land und unter den Leuten keine Unruhe entstünde, wie es zuvor geschehen war. Dessen wollten sie sich bei Seiner Kaiserlichen Gnaden untertänig würdig erweisen.

69. Antwort der Räte auf den Artikel

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Darauf war die Antwort der Räte, ihnen sei bekannt, dass diese Landleute etliche von ihnen zum Römischen Kaiser nach Wiener Neustadt gesandt hätten, die er persönlich angehört und mit einer Antwort, die sie zufriedenstellte, entlassen habe. Er werde sich auch gerne um sie gemeinsam oder um jeden Einzelnen, wie sie es wünschten, gnädigst kümmern und ihnen ihre Freiheiten und Privilegien, die sie ihm vortragen würden, bestätigen, so wie er ihnen das zuvor schon bei mehreren Treffen, die

G(ac), erſtuendt G(pc)S. 20 unttertániklich] vndertheingelich S. 21 kaiserlich] fehlt G(pc)S. 22 Der rétt antwúrtt auf den artickel] Die antwortt G(ac) (nicht durch Schriftartwechsel als Überschrift gekennzeichnet). 23 Darauf was der rétt anttwúrt] Auff den Articl Antwortteten die Räth G(ac). | in] Jnn Ine G(pc). | wér] war S. 25 in die Newnstatt gesanntt hieten] geſandt hetten in die Neuſtat G(ac). 28 ir] in G(pc), ein S. | in sunder] in ſonderhait G(pc)S. 29 in] fehlt G(ac).

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69. Der rétt anttwúrt auf den artickel

bestétten, als er in das vor pei menigeren tégen, die sy pei seinen genaden hieten gehalten, zúsagen hiett lassen. Dar inn sy aber selbs sawmig weren gewesen und im solh ír freihaitt nye furbracht hieten, darumb der pruch und mangel nicht an seinen kaiserlichen genaden, sunder an in untzt her gewesen wér. Sy móchten auch bei in selbs wol verstén, nach dem und sy auch ír freihait, statut und privilegia von den lanndsfúrsten hieten, und wenn sy begerten, das in die ein lanndsfúrst solt bestétten, so músten sy im die vor fúrbringen und hóren lassen. Wér aber, das sy ainem landsfúrsten núr plozze wart fürprechten, als die lanntleutt untz her gegen [71va] seine kaiserlichen genaden getan hieten, so verstuenden sy wol, das ainen landsfúrst darauff zu recht nichts kúnd noch mócht bestetten. So hieten auch seine kaiserlichen genad der maist tail der lanntschaft, die pei dem egenanten tag gewesen weren zu Hedersdorf gelobt als irem erbherren und landsfúrsten, gehorsam zesein. Sy wolten auch die anderen, die seine genaden nicht gelobt hieten, daran weisen, das sy seine genaden auch gelúb und gehorsam tétten, das er also von in warttund wér. ¶ Zum anderen mal ward den egenanten reten aber durch Jacoben Starch fúrgehalten, das sein kaiserlich genad daran sein solt und mitt gewalt darzú tún, damit die Pehem und kriegsleẃtt aus dem lannd gevertigt und das lannd in frid und gemach gesetzt wúrd.

1 die] wie G(pc). 2 seinen] ſeim G(pc). | hieten] hielten G. zúsagen] zuegeſagt G(ac), zuegeſagn G(pc). | lassen] fehlt G(ac). 3 weren] ſeindt G(ac), fehlt G(pc)S. 4 furbracht] fürgebracht G. 5 mangel] der Mangl S. | sunder an in untzt her gewesen wér] fehlt G(ac), ſonder an Inen biſsheer geweſen wer S. 7 und1] fehlt S. statut] vnd Statut G(ac). 8 den] dem G. 10 vor fúrbringen] vorbringen G, fürbringen S. 12 die lanntleutt untz her gegen] Alſs vnzhero die Landtleüt gegen G, die Lanndtleüt biſsheer S. 13 getan] than S. 14 nichts] nicht G(ac), nit S. | noch mócht

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[S 59]

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[R 141] 25 [G 176r]

69. Antwort der Räte auf den Artikel

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bei Seiner Gnaden stattgefunden hatten, habe zusagen lassen. In dieser Angelegenheit seien sie jedoch selbst säumig gewesen und hätten ihm ihre Freiheiten nie vorgetragen. Deshalb gingen der Wortbruch und die daraus resultierenden Schäden bislang nicht auf Seine Kaiserlichen Gnaden, sondern auf sie selbst zurück. Nachdem sie ihre Freiheiten, Statuten und Privilegien von den Landesfürsten erhalten hätten, würden sie wohl einsehen, dass sie ihm diese, wenn sie wollten, dass ihnen ein Landesfürst diese bestätigte, vortragen und zu Gehör bringen müssten. Sei es aber so, dass sie einem Landesfürsten nur Worte vorbrächten, wie es die Landleute bisher gegenüber Seiner Kaiserlichen Gnaden gehalten hatten, so würden sie wohl verstehen, dass ein Landesfürst auf dieser Grundlage rechtmäßig nichts bestätigen wolle oder könne. So habe der größte Teil der Landstände, die bei dem vorher genannten Treffen in Hadersdorf gewesen waren, ihm als ihrem Erbherrn und Landesfürsten gelobt, gehorsam zu sein. Sie sollten auch die anderen, die Seiner Gnaden noch nicht gelobt hatten, anweisen, Seiner Gnaden Gehorsam zu geloben, so wie er es von ihnen erwarte. Zweitens wurde den vorher genannten Räten durch Jakob Starch dargelegt, dass Seine Kaiserlichen Gnaden mit Nachdruck daran arbeiten solle, dass die Böhmen und das Kriegsvolk entlohnt und aus dem Land gewiesen würden und das Land zu Frieden und Ruhe gebracht würde.

bestetten] noch beſtättn möcht S. 16 lanntschaft] Landleütt GS. egenanten tag gewesen weren zu Hedersdorf] Tag zue Haderſtorff geweſen waren G(ac), egen Tag zue Haderſtorff geweſen waren G(pc)S. 17 als] fehlt G(ac). 18 die] den G(ac). 19 die] ſo G(pc)S. 21 also] alſs G. 22 aber durch Jacoben Starch] aber durch Iacob ſtaꝛch G(ac), durch Jacoben Storchen abermall G(pc), durch Jacoben Starich abeꝛ S. 24 solt] ſelb G. 25 kriegsleẃtt] di Khriegeleütt G(pc)S.

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70. Antwúrt der rétt

70. Antwúrt der rétt In wér wissenlich, das der rómisch kaiser die selben Pehem zw im in die Newstatt hiett erfordert und mit in in [71vb] irer gegenwúrtikait hiett reden lassen, welich redlich úrkund umb iren sold oder ander sprúch hieten und im die fúrprechten, die wolt er darumb nach ratt der lannt leẃtt entrichten. Die aber seinen kaiserlichen gnaden kain aufrichtige und pebérte urkund hieten nye fúrbracht, sunder núr plósse wart, daraus sy selbs wol verstén móchten, das in sein kaiserlich genad auff sólch ir plósse wartt und vordrungen nichts schuldig wér zu pezallen. Aber sy solten sein an zweifel, das sein genad mitt irer und anderer lanntleẃtt hillff und peistand auf das peldist, und das gesein mócht, also darzú tún wúrd, damit sólh beschedinger aufgetriben und das lannd und sein inwóner in frid und gemach gesetzt wúrden. ¶ Es ward auch daselbs durch des rómischen kaisers rett den purgernn fúrgehalten, ob yemandt wér, die wéren inwóner der statt oder herkomen leẃtt, dem rómischen kaiser oder seiner [72ra] gemehel, réten oder ambleúten, die er setzen wúrd, úbl nachreden, die solten sy zu handen nemen und als dann mitt solichen handelnn nach iren verschulden. Desgeleichen paten auch die purger die rétt, ob ainer oder meniger aus in pei seinen kaiserlichen genaden versagt, das sólher versagung sein kaiserlich genad auch nicht well gelauben, sunder in ainen sólichen versager well fúrstéllen, so sein sy willig sich darumb nach irer eren nottdúrft gegen in genúgsamleich zu bereden. Dardurch sein gnad verstén sol das er fúrbaser einem sólichen versager nicht werd gelauben. ¶ Mer ward durich die rétt den purgernn fúrgehalten und an sy begert, das sy all gefangen, die dem rómischen

1 Antwúrt der rét] Antwort der Rath etc. S (nicht als Überschrift gekennzeichnet). 2 die selben] denſelben, derſelben G(pc). Pehem] Böhaimb vnnd Khriegsleütten GS. 4 welich] weſſen G(pc). 5 oder ander] fehlt G(ac), vnd ander G(pc). | im] fehlt G(ac). 7 seinen] ſeiner G, ſein S. 8 aufrichtige] Aufrechte S. 11 vordrungen] vordrung G. | wér] war S. 12 sein an zweifel] ſich ane zweiffls ſehn G(ac), ſein ane zweiffls G(pc)S. 13 und2] fehlt G.

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[G 176v] 16

[S 60v] 21

25

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70. Antwort der Räte

70. Antwort der Räte

5

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30

Sie wüssten, dass der Römische Kaiser die Böhmen zu sich nach Wiener Neustadt geladen und persönlich mit ihnen besprochen habe, dass er jene, die ordentliche Urkunden über ihren Sold und andere Ansprüche hätten und ihm diese vorlegten, im Sinne der Forderungen der Landleute entlohnen würde. Diese aber hätten Seiner Kaiserlichen Gnaden nie gültige und bestätigte Urkunden vorgelegt, sondern nur Behauptungen. So würden sie doch selbst einsehen, dass ihnen Seine Kaiserlichen Gnaden auf solche Behauptungen und Forderungen hin nichts schuldig sei. Aber sie sollten nicht daran zweifeln, dass sich Seine Gnaden mit Hilfe und Beistand ihrerseits und von anderen Landleuten so bald wie möglich darum kümmern werde, dass solche Marodeure vertrieben und das Land und seine Bewohner zu Frieden und Ruhe gebracht würden. Dort wurde den Bürgern von den Räten des Römischen Kaisers vorgebracht, wenn da jemand wäre – es seien Einwohner der Stadt oder Leute von außen –, der dem Kaiser oder seiner Gemahlin oder den Räten oder Amtsleuten, die der Kaiser einsetzen würde, übel nachredete, den sollten sie sofort ergreifen und ihn dann angemessen bestrafen. Desgleichen baten die Bürger die Räte, wenn einer oder mehrere von ihnen bei Seiner Kaiserlichen Gnaden üble Nachrede betriebe, dann solle Seine Kaiserlichen Gnaden diesen Verleumdungen keinen Glauben schenken, sondern ihnen den Verleumder gegenüberstellen. Dann wollten sie sich zur Rettung ihrer Ehre angemessen verteidigen. So werde Seine Gnaden sehen, dass er künftig einem solchen Verleumder nicht mehr glauben sollte. Weiters wurde den Bürgen von den Räten vorgebracht und von ihnen verlangt, dass sie alle Gefangenen freiließen, die

14 wúrd] wolt S. 16 wúrden] wuerde G(pc). 17 des] den G(pc). 18 den purgernn] dem purgermaiſter S. 19 dem] die dem G(pc)4. 20 oder1] fehlt S. | gemehel réten] gl_. Gemahel, ſeinen Räthen GS. 22 als dann] fehlt G(pc)S. | nach iren] als Sÿ G(pc)S. 26 ainen] ſeinen S. 27 eren] fehlt S. 29 sol] ſolt G. | einem] ain G. 30 nicht werd] nit mehr wuerdt G(ac). 31 Mer] Wer GS.

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70. Antwúrt der rétt

kaiser, oder seinen haupleúten, dem Gravenécker oder anderen in sold oder sunst mit dienssten gelúbt wéren, solten ledig lassen. Desgeleichen wolt sein kaiserlich genad [72rb] die gefangen so in zúgehérten auch ledig schaffen. Er wolt auch pei seinen haupleuten darob sein, ob sy icht hieten gefangen, die in zúgehórten, das sy die an vertzichen solten ledig lassen, da mit dem fúrnemen, das die lannttschafft ze Tullen betracht hiett, nach gegangen wúrd. Darauff namen in die purger ain bedéchtnúss, doch zum lesten anttwúrten sy all gefangen úber dem rómischen kaiser nach seinem begeren. ¶ Als nu sólh obgemellt taidung enndt heten, begert aber her Jorg von Volkensdorf an die purger und inwóner gemainer statt, im und den anderen réten auf den gewalt den sy gehórt hieten an statt des rómischen kaisers ir gewóndlich aid zetún, des sich reich und armm verwilligten. Darauf ward in von dem selben von Volkensdorf mit warten fúrgehalten der gewóndlich aid, den reich und armm also swúren mitt [72va] aufgerackten vingernn, nu hin fúr den rómischen kaiser, seine erben, das sún seinn, fúr ir recht, natúrlich erbherren und landsfúrsten ze haben und in getrew, gehorsam und gewertig ze sein als iren rechten erbheren. Und zu hannt nach solhm swúr ward in durch die rétt des rómischen kaisers zúgesagt huld und genad und vergeben alle misshandlung. Si wúrden auch durch den pébstlichen legaten absolviert von dem interdict, so der heilig vater, der pabst, auf sy gelegt hiett und aus pan, echt und aber écht ledig gelassen. Darauf dannckht Jacob Starch von gemainer statt wegen dem hochwúrdigen in Gott, des pébstlichen stuels legaten und den edlen herren des allerdúrleichtigisten fúrsten heren Fridreichs, des romischen kaisers réten, und dem ersamen vater, prúder

3 wolt] wuerdt G(ac). 4 die gefangen] fehlt G(pc)S. 5 icht] nit G(ac), Iemandt S. 7 das] Welliches S. 9 bedéchtnúss] gedechtnuſs G(pc)S. 12 enndt] ein Endt G(ac). 14 den1] fehlt GS. 17 verwilligten] willigten G(pc), bewilligten S. | in] fehlt G. 19 den] dem S. 20 seine erben das sún seinn] ſeinem Erben G(ac), ſeinem Erben des Sun war G(pc), ſein Erben deſs Sun warn S. 21 recht] Rechten G(ac). 22 gehorsam] fehlt G. 23 iren] Jrem GS. erbheren] vnnd Landtsfürten G(ac). 24 des] von des GS. 25 kaisers] Khaiſers weg_ GS. 28 aus pan echt und aber écht] auſs

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[G 177r] [R 142]

5

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[G 177v] 15

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25 [S 60r] [G 178r]

30

70. Antwort der Räte

5

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im Sold des Römischen Kaisers, seiner Hauptleute, des Grafeneckers oder anderer standen oder ihnen anders verpflichtet waren. Auch Seine Kaiserlichen Gnaden wolle diejenigen Gefangenen freilassen, die in ihren Diensten stünden. Er würde auch seine Hauptleute dazu anhalten, wenn sie Gefangene hätten, die zu ihnen gehörten, diese unverzüglich freizulassen, damit der Übereinkunft, die die Landstände in Tulln getroffen hatten, nachgekommen werde. Daraufhin nahmen sich die Bürger Bedenkzeit, doch zuletzt übergaben sie alle Gefangenen dem Römischen Kaiser nach dessen Forderungen. Als nun diese vorher erwähnten Verhandlungen zu einem Ende kamen, verlangte wieder Herr Jörg von Volkersdorf stellvertretend für den Römischen Kaiser von den Bürgern und Bewohnern der Stadt, vor ihm und den anderen Räten auf das Kaiserhaus den gewohnten Eid zu leisten, den sie nun hören würden. Dazu erklärten sich Reich und Arm bereit. Daraufhin wurde ihnen von ebenjenem von Volkersdorf der gewohnte Eid vorgesprochen, und Reich und Arm schworen nun mit ausgestreckten Fingern, fürderhin den Römischen Kaiser und seine männlichen Erben rechtmäßig als ihre natürlichen Erbherren und Landesfürsten anzusehen und ihnen treu, gehorsam und dienstbar zu sein als ihren rechtmäßigen Erbherren. Gleich nach diesem Schwur wurde ihnen von den Räten des Römischen Kaisers Huld und Gnade und die Vergebung aller Verfehlungen zugesagt. Sie wurden auch vom päpstlichen Legaten vom Interdikt erlöst, mit dem sie der Heilige Vater, der Papst, belegt hatte, und von Bann und Acht und Aberacht befreit. Daraufhin dankte Jakob Starch im Namen der gemeinen Stadt seiner Exzellenz, dem Legaten des päpstlichen Stuhls, und den edlen Herren, den Räten des allerdurchlauchtigsten Fürsten Herrn Friedrich, und dem ehrbaren Vater Bruder Gabriel für den übergroßen Eifer, mit dem sie die Angelegenheit des allergnädigsten Herrn, des Römischen Kaisers, betrieben hätten und sie mit ihm geeint, versöhnt und zu Huld und Gnade gebracht hätten. Dessen wollten sich die gemeine Stadt und jeder Einzelne künftig durch Dienstbarkeit und

dem Bann G(ac). vattern GS.

29 dannckht] danckhten G.

30 Gott] Gott

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70. Antwúrt der rétt

7.2.1463

Gabrielen, des hochen und grossen vleis, den sy in iren sachen gegen irem allergenédigisten herren, dem rómischn kaisers getan, und sy mit im geaintt, versúntt und zu huld und gnaden pracht hieten. Das wolt ge[71vb]maine statt umb sy all, und ir yeden besunder, mit aller dienstperkait in kúnftigen zeiten gehorsamlich verdienn. Und nach sólher dancksagung ward verkúndt durch den ainen legaten, wie am eritag nach Dorothee wúrd werden ein lóbliche process mit dem heiltumb umb Sand Stephans Kirichen, und ain ambt wúrd gesungen werden von dem heiligen geist. Nach dem wúrd man in verkunden ain wull, die ausgangen wér von dem heiligen vaternn pabst, die innhielt solichen antlóss, den sy vor nicht gehort hieten. Und als die sach nu endt hett, wúrden armm und reich geschaft zu gén mit dem legaten in Sand Stephans Kirichen. Daselbs hueb man an ze singen das Te Deum Laudamus mit der argel, und wúrden geleẃtt all glocken zu Sand Stephan und anderen pfarkirichen und klosternn, und in der statt allenthalben auf den plétzen und vor den heẃsernn, freidnfewr gemacht, got zu lob und dem kaisers ze eren, damit Gott [73ra] der herr verlich ainen seligen frid, damit Gott gelobt, und reich und arm in irem trúbsal getróst wúrden.

71. Von den purgernn den hertzog Albrecht und der Holtzer von gemainer stat wegen ir guet heten genumen 4.3.1464

Auf den vorgenanten suntag Oculi in der Vassten komen in di Newnstatt die purger, die hertzog Albrecht nach verhengnúss der gemain, und ettlicher purger, die von iŕs aigen nutz wegen an im hiengen, aus der stat durch irs gúts

1 Gabrielen] dem Gabrieln G(ac). 2 dem] fehlt G(pc). 3 geaintt versúntt] veraint G(ac), veraint verſient G(pc), geaindt, verſuendt S. 4 wolt] woll G. 7 ainen] fehlt G. 8 wúrd] wur S. 10 gesungen] gehalten G(ac). | von] bei G. 13 den] die G. 14 nu] nun alle ain G, nun alle S. 15 dem] demſelben GS. 19 und2] fehlt G. 21 damit] dardurch GS. 22 irem trúbsal] Irn Trüebſalln S. 24 den1] denen G(ac). | den] denen G. 27 suntag] Tag Suntag G(ac). | komen] Khamen auch GS. 28 nach verhengnúss] von

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[R 143] [G 178v] 7

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[G 179r] 20

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70. Antwort der Räte

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Gehorsam als würdig erweisen. Nach dieser Danksagung wurde durch den Legaten verkündet, dass am Dienstag nach Dorothea eine feierliche Prozession mit dem Heiligtum um die St. Stephanskirche stattfinden und ein Hochamt auf den Heiligen Geist gesungen werde. Danach werde man ihnen eine Bulle des Heiligen Vaters, des Papstes, verlesen, die einen Ablass, wie sie ihn noch nicht kannten, zum Inhalt habe. Und als die Unterredung vorbei war, wurden Arm und Reich angewiesen, mit dem Legaten in die St. Stephanskirche zu gehen. Dort sang man das Te Deum Laudamus mit Orgelbegleitung, und alle Glocken von St. Stephan und anderen Pfarrkirchen und Klöstern wurden geläutet, und in der Stadt wurden überall auf den Plätzen und vor den Häusern Gott zum Lob und dem Kaiser zu Ehren Freudenfeuer entzündet, damit Gott der Herr seligen Frieden brächte, und um Gott zu loben und Arm und Reich in ihrem Leid zu trösten.

71. Von den Bürgern, denen Herzog Albrecht und der Holzer im Namen der Gemein ihr Gut genommen hatten Am vorher genannten dritten Sonntag in der Fastenzeit kamen jene Bürger nach Wiener Neustadt, die Herzog Albrecht nach Beschluss der Gemein und etlicher Bürger, die ihm aus Eigennutz folgten, ihres Besitzes wegen aus

verhengnuſs G(ac), nach vergeeung G(pc), nach vergehung S. 30 an] am W, an GS.

1 Gabrielen: Gabriel Rangone (* 1410 † 1486), Kardinal, Diplomat, Franziskaner (Observant), Provinzialvikar des tschechisch-österreichischen (-polnischen) Franziskaner-Observatoriums (1452–1453, 1454 –1457, 1459–1460).

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71. Von den purgernn den hertzog Albrecht und der Holtzer von gemainer stat wegen ir guet heten

9.4.1463

9.4.1463

wegen getribn hett. Es waren auch da die purger, die pei dem rómischen kaiser verslozzen gewesen und die purger, die an dem Osterabent von forchten aus der statt Wienn gewichen warn, den allen ir gútt genumen was. Da ward geraten, das man die purger, so von gemainer statt von des von Grafeneckh wegen zu dem rómischen kaiser gesannt wéren, den auch gewalt zu taidingen von gemainer statt wegen mit den egeńten purgernn geben was, und die purger, so vor benendt, sind zw einander précht, das sy [73rb] selbs ein freuntliche underredung mit einander hieten. Zwischen den tailen sich der erwirdig vater prueder Gabriel, Sand Franciscen órden De Observantia, vast múet, das er sy zu einander pracht. Und als sy zu einander komen, sagt in derselb prueder Gabriel, sy wéren nu peieinander, das sy selbs weg fúrnémen und gedéchten, sich mit einander ze verainen. Also wurden sy ainig ettlicher weg, die sy zu paiden tailen truegen an den rómischen kaiser, der die hórt und darnach ainen ausspruch tétt in sólher mass, das den purgernn, die pei im in der purckh weren gewesen, all ir gútt, es wér erb oder varund gútt, von gemainer statt wider ingeben und geantwúrt solt werden. Desgeleichen den purgernn, die an dem Osterabennt aus der statt gewichen wéren, das auch denselben ir erb und varund gútt widergeben solt werden. Dann den purgernn, die hertzog Albrecht aus der statt getan hiett, den solt man ir érb und varund gút, was des nach vor hannden [73va] wér, ungeverlich auch wider geben, und sy all pei in in der statt wonen und ire erb hinfúr pawen lassen. Denn von der heẃser und anderstuck wegen, die diselben purger hieten wolfail hingeben muessen, damit sy herzog Albrechten betzallt hieten: Die selben heẃser und stuckh solten in die, die sy von in gekauft hieten umb das gellt widerumb ze lósen geben.

1 getribn] vertriben G(pc)S. | da] darbeÿ S. 2 verslozzen] in der Burgkh verſchloſſen GS. | gewesen] waren geweſen G(ac). 5 von des von Grafeneckh] von des Grafeneckhers S. 9 vor benendt] vorgenant S. 12 órden] orn S. 13 zu einander2] zueſamen S. 16 sich] d' ſich G(pc), Vnnd ſich S. | ze verainen] ze ainen G(pc)S. 17 truegen] trungen G. 18 und darnach ainen ausspruch tétt in sólher mass] vnd thet zu baidn ſeittn, ain auſſpruch ſolchermaſs G(pc), Vnnd thät zue paiden ſeiden einen Auſſpruch, Jnn ſollocher maſs S. 26 varund] Vormudt S. | des nach] das G, deſſsn noch S.

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[G 179v] [S 61r]

5 [R 144]

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[G 180r] 15

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25 [G 180v]

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71. Von den Bürgern, denen Herzog Albrecht und der Holzer im Namen der Gemein ihr Gut genommen

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der Stadt vertrieben hatte. Da waren auch die Bürger anwesend, die der Römische Kaiser gefangen gehalten hatte, und jene Bürger, die am Karsamstag aus Angst aus der Stadt Wien geflohen waren und denen ihr gesamter Besitz genommen worden war. Dort wurde besprochen, dass man die Bürger, die im Namen der Gemein bezüglich des Grafeneckers zum Römischen Kaiser gesandt worden waren und denen auch von der Stadt die Vollmacht für Verhandlungen gegeben worden war, mit jenen zuvor genannten Bürgern zusammenbrächte, damit sie ein wohlwollendes Gespräch führen könnten. Der ehrwürdige Vater Bruder Gabriel aus dem Franziskanerorden De Observantia bemühte sich sehr, sie zusammenzubringen. Und als sie sich trafen, sagte ihnen dieser Bruder Gabriel, dass sie nun zusammensäßen, damit sie selbst Wege fänden und darüber beratschlagten, wie sie eine Einigung erzielen könnten. So wurden sie sich über etliche Wege einig, die beide Seiten dem Römischen Kaiser vorbrachten, der sie sich anhörte und danach verkündete, dass jenen Bürgern, die bei ihm in der Burg gewesen seien, all ihr ererbter oder beweglicher Besitz von der Stadt wieder zurückgegeben und überantwortet werden solle. Auch den Bürgern, die am Karsamstag aus der Stadt geflohen waren, sollten ihr Erbe und beweglicher Besitz wiedergegeben werden. Bezüglich jener Bürger, die Herzog Albrecht aus der Stadt vertrieben hatte, denen solle man ihr Erbe und ihren beweglichen Besitz oder was davon noch vorhanden sei, ohne sie zu hintergehen, wiedergeben, und man solle sie in der Stadt wohnen und ihr Erbe weiterhin nutzen lassen. Denn die Häuser und andere Besitztümer, die jene Bürger billig hergeben hatten müssen, damit sie Herzog Albrecht bezahlen konnten, diese Häuser und Besitztümer sollten ihnen jene, die sie von ihnen gekauft hatten, um dasselbe Geld wieder auslösen lassen. Wäre es aber so, dass sie

27 vor hannden wér ungeverlich] vngeuerlich vorhanden wer G(ac)S, vngeuerlich noch vorhanden wer G(pc). 28 in1] Im G. 30 wegen] Das dieſelben S. | hieten wolfail hingeben muessen] wolfaill hetten hingeben müeſſen G(ac). 33 gekauft] khaufft G(ac). | ze lósen geben] zuekhomen laſſen G(ac).

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71. Von den purgernn den hertzog Albrecht und der Holtzer von gemainer stat wegen ir guet heten

9.4.1463

15.4.1464

Wér aber, das sy so gar úrbering das gelt nicht móchten gehaben, das in dann ain pitt auf ein gerawme zeit getan wúrd, darinn sy solh gelt ze wegen práchten unnd sy betzalten. Und auf solhen ausspruch wúrden geschickt gen Wienn zwen aus den purgernn, die in der purckh pei dem rómischen kaiser waren gewesen, zwen, die an dem Osterabennt aus der stat warn gewichen und zwen, di hertzog Albrecht aus der statt getan hett. Denselben solten die von Wienn inner zechen tagen anttwúrt tún, ob sy solhm ausspruch nachkomen, oder was sy in den sachen tún oder lassen wolten. Und als des rómischn kaisers ausspruch der gemain verkúndt [73vb] ward, heten sy vil múrmelnn darumb, und den egenanten purgernn ward antwúrt vertzogen untz auf den suntag Misericordia Domini.

[G 181r] 5 [S 61v] [R 145] 10

15

72. Der von Wienn antwúrt, die sy teten den purgernn auf des kaisers ausspruch 15.4.1464

1.9.1464

Am suntag Misericordia Domini wúrden durch den purgermaister und ratt ervordert die purger in das ratthaws zw Wienn und mit in geredt, das sy die sachen gúttlich anstén liessen auff einen lengeren tag, wenn sy wol séchen, das sy yetz von velds und anderen sachenn wegen, so den rómischen kaiser, irn genedigisten herren, auch lannd und leẃtt berúrt, zu schaffen hieten, das sy in zw disem mal ain ennttliche anttwúrt nicht geben móchten. Und von der und anderer ursach wegen [74ra] wolten sy schreiben dem rómischen kaiser, iren genédigisten herren, und sein genad pitten, das er den tag lengiett untz auf Sand Gilgen tag. Da

1 so gar úrbering das gelt] ſo gar vbring G(ac), des gelts ſo gar vbring G(pc)S. 2 gehaben] haben G(pc)S. | pitt] biet G(ac), gebiet G(pc). | gerawme] anngeraumbte G(pc). 3 darinn] das S. 7 warn] ſein G(ac). 9 die von Wienn] die purger Von Wienn S. | tún] geben S. 10 den] der G(ac). 14 antwúrt] die Anntwordt S. 17 des] das des G(pc). 18 den] die G(pc)S. 19 und] fehlt W, vnnd GS. 21 anstén liessen auff einen lengeren] lieſſen anſtehen auff ain lengern G(ac), güettlich anſtehen laſsen auff ain andern G(pc), anſtehen lieſsn auff einen Andern S. 22 und anderen sachenn] fehlt G(ac). 23 irn] vnſern Aller G(ac). 24 zw disem mal] dieſsmall G(ac). 25 von der und anderer ursach wegen] von den andern

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[G 181v] 20

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71. Von den Bürgern, denen Herzog Albrecht und der Holzer im Namen der Gemein ihr Gut genommen

5

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dieses Geld im Moment nicht hätten, so solle ihnen ein Aufschub für geraume Zeit gewährt werden, in der sie das Geld auftreiben und sie bezahlen könnten. Auf dieses Urteil hin wurden zwei von den Bürgern, die in der Burg bei dem Römischen Kaiser gewesen waren, zwei, die am Karsamstag aus der Stadt geflohen waren, und zwei, die Herzog Albrecht aus der Stadt vertrieben hatte, nach Wien geschickt. Diesen sollten die Wiener innerhalb von zehn Tagen antworten, ob sie diesem Urteil nachkommen oder was sie in der Angelegenheit tun oder lassen wollten. Als das Urteil des Römischen Kaisers der Gemein verkündet wurde, erhob sich ein lautes Murren darüber, und die Antwort für die zuvor genannten Bürger verzögerte sich bis zum dritten Sonntag in der Osterzeit.

72. Die Antwort der Wiener, die sie den Bürgern auf die Stellungnahme des Kaisers hin gaben Am dritten Sonntag in der Osterzeit wurden die Bürger vom Bürgermeister und dem Rat ins Rathaus von Wien geladen, und dort wurde mit ihnen besprochen, die Angelegenheiten vorerst bis zu einem späteren Treffen auf sich beruhen zu lassen, denn sie würden wohl einsehen, dass sie sich gerade jetzt mit dem Krieg und anderen Angelegenheiten, die den Römischen Kaiser, ihren gnädigsten Herrn, und auch Land und Leute angingen, beschäftigen müssten und sie ihnen deswegen im Moment keine endgültige Antwort geben könnten. Aus diesem und anderen Gründen wollten sie dem Römischen Kaiser, ihrem gnädigsten Herrn, schreiben und Seine Gnaden bitten, das Treffen auf den Tag des heiligen Ägidius zu verschieben. In der Zwischenzeit würden sie sich

wegen G(ac), von der vnd andern ſach wegen G(pc), von der, Vnnd Andern Vrſach wegen S. 27 herren] herr, auch lannd v leẃtt berúrt ze ſchaffen hiet das Sÿ zw dıſem mal in ain Endtlıche antwúrt nicht geb mócht. Vnd von der vnd ander' vrſach weg wolt ſy ſchreib dem Rómiſch kaiſer W (bis auf eine kleine Umstellung idente Doppelung der vorangegangenen Zeilen, Haltefehler). | genad] Kaÿſerlich gnadt S. 28 tag1] Landtag G(ac).

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72. Der von Wienn antwúrt, die sy teten den purgernn auf des kaisers ausspruch

16.4.1464

1.9.1464

zwischen wolten sy gedenckhen, das sy in auf denselben tag ain endtliche antwúrt tétten. Dann die purger so pei dem rómischen kaiser in der púrckh weren gewesen, den wolten sy gerne ir gútt widergeben, sovil des vorhannden wér, und sy pei in in der statt wónen lassen. Und am montag dar nach schieden di purger ze Wienn wider von dann in die Newnstatt. Und der rómisch kaiser gewert die von Wienn iŕs gepets, da mit sy sein genad in irem schreiben gepeten heten, und verlengt den tag zwischen den von Wienn und der purger untz auf Sand Gilgen tag, doch mit solher underschaid dacz sich die von Wienn gegen den purgernn solten verphlichtigen, das sy in da zwisschen ir gút wolten widergeben. Wann beschech des nicht, so móchten sy den tag [74rb] so lang nicht gehalten, sunder sy músten iren sachen nachgen als recht wér.

73. Wie der Mathiásch zu ainem kunig ze Ungernn gekhrónet wardt

29.3.1464

Als der rómisch kaiser und Mathiásch von Hunyad nu ettliche jar in zwitrecht von des kunigreich wegen ze Ungernn gestanden waren unnd sich miteinander geaint hetten in massen, als vor geschriben stett, also ward fúrgenomen durch die gantz lanndschaft desselbigen kunigreichs, das man den benanten Mathiaschen, der vor durch sy erwellt was, zw kunig krónen solt. Und an dem Heiligen Annttlas tag ward er durch den hochwírdigen vater, den ertzpisschof von Gran, nach allter lóblicher gewohnhait ersamlich gekronett mit der heiligen kron. In derselben kronung slueg er zwaihundert und vier ritter.

1 in] fehlt G(ac). 3 in der púrckh] fehlt G(ac). 4 gerne ir gútt] Jr Guett gern G(ac). | widergeben] wid'umb geben G. | sovil des vorhannden wér] fehlt G(ac). 5 wónen] gern wonen G(ac). 6 ze Wienn wider von dann] von dannen G(ac), von wien wieder G(pc)S. 7 die von Wienn] die von G(ac), die von Wien G(pc)3, ſÿ S. 8 iŕs] des S. | sy] fehlt G. 10 den von Wienn und der purger] denen von Wienn vnd anndern Burgern G(ac), den burgern vnd den von Wienn G(pc), den purgern, vnnd der Von Wienn S. 13 wolten widergeben] wolten vbergeben G(ac), ſolten widergeben G(pc), ſolten wid' geben S. 14 gehalten] halten G(ac)S, inhalten G(pc). 19 wegen] fehlt G(pc)S. 20 waren] fehlt G(pc)S. 22 gantz] fehlt G(ac).

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[G 182r] 5

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[G 182v] [S 62r] [R 146] 16

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72. Die Antwort der Wiener, die sie den Bürgern auf die Stellungnahme des Kaisers hin gaben

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beratschlagen, um ihm bei diesem Treffen eine endgültige Antwort geben zu können. Denn sie würden den Bürgern, die beim Römischen Kaiser in der Burg gewesen waren, gerne ihren Besitz, oder so viel davon noch vorhanden sei, zurückgeben und sie bei ihnen in der Stadt wohnen lassen. Am Montag danach zogen die Wiener Bürger wiederum nach Wiener Neustadt. Und der Römische Kaiser kam ihrem Ansuchen, das sie in ihrem Schreiben an Seine Gnaden gestellt hatten, nach und verschob das Treffen zwischen den Wienern und jenen Bürgern auf den Tag des heiligen Ägidius, allerdings mit dem Zusatz, dass die Wiener sich gegenüber den Bürgern verpflichten sollten, ihnen ihren Besitz wiederzugeben. Denn geschähe das nicht, fände das Treffen so lange nicht statt, bis sie ihre Angelegenheiten rechtmäßig geklärt hätten.

73. Wie Mátyás zum ungarischen König gekrönt wurde

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Nachdem der Römische Kaiser und Mátyás Hunyadi nun etliche Jahre aufgrund des Königreichs Ungarn in Zwietracht gelebt hatten und sich dann in solcher Weise, wie es zuvor beschrieben wurde, geeinigt hatten, wurde von den Landständen dieses Königreichs beschlossen, dass man den genannten Mátyás, der bereits durch sie gewählt worden war, zum König krönen sollte. Und so wurde er am Gründonnerstag durch den hochwürdigen Vater, den Erzbischof von Esztergom, nach alter, löblicher Sitte ehrenvoll mit der Heiligen Krone gekrönt. Im Zuge dieser Krönung schlug er zweihundertvier zu Rittern. Dort bei der Krönung hatte der Römische Kaiser seine Räte und

desselbigen] deſſelben GS. 24 sy] die G(pc)S. | was] fehlt G(pc)S. 25 hochwírdigen] heiligen S. 26 von] zue G(ac)S. | allter] aller G(ac). | lóblicher] wonigelihr G(pc), fehlt S.

26 ertzpisschof von Gran: Dénes Szécsi (Desiderius Széchy, Dionysius) (* 1400 oder 1410, † 1465), Bischof von Nitra (1438), Bischof von Eger (1439), Kardinal (1439), Erzbischof von Esztergom (1439). | Gran: Ung. Esztergom, Komitat-Hauptstadt, Ungarn.

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73. Wie der Mathiásch zu ainem kunig ze Ungernn gekhrónet wardt

Daselbs pei der kronung der rómisch kaiser hett sein rétt als mit sechs hundert pferdten, die in insetzten und stattgaben [74va] nach innhaltung ir paider verschreibung.

74. Von der verhandlung, die ettlich purger zw Wien téten wider den romischen kaiser nach der vergebung, so er in vormalln getan hett Als die purger, di hertzog Albrecht mitt gunst ettlicher purger, die an im hiengen, umb ir guett geschetzt und sich aus der statt Wienn ziechen und swére verschreibung als úbelteter uber sich geben músten, das sy nymermer in die statt Wienn komen wolten, dieselben brief nam der hertzog zw seinen handen. Und als er mit tod abgieng, wúrden die brieff durich ettlich sein rétt ubergeben dem ratt der obgenantten statt, die doch der statt noch ander yemant lautten, denn dem rómischen kaiser noch zú gehórtn als herren und landsfúrsten und aim erben seins prueders. Derselb rómisch kaiser schraib den purgernn, inn solh brieff zw sein handen ze antwúrten, dar innen sy aber albeg ausred heten. Das [74vb] die purger machten, die an hertzog Albrechten waren gehangen und der obgeńtn purger gúter innhíelten. Doch nach menigernn schreiben, das der rómisch kaiser als lanndsfúrst umb die selben brief tett, wúrden ratt, gnant und gmain úberein und schriben dem rómischen kaiser, wie sy seinen gnaden die brief anttwúrten wolten. Als das ettlich purger vernomen, die heten ain fúrsarg auf sich selbs in dem und retten in gehaim mit ettlichen aus der gmain, die an in hiengen, das sy dar an wéren, das die brieff hin aus nicht geben wúrden, wenn gemainer statt daraus kúnftiger schad auferstén mócht und schickten ettlich kúrsner, vischer und peckhen,

5 téten] hetten G(ac). | den] der W, den GS. 8 geschetzt] geſezt GS. 9 swére] ſchweren G(ac). 13 ettlich] fehlt G. | dem ratt] der S Ratt W (begonnene Verschreibung, vermutlich zu „Statt“ statt „Ratt“ vom Schreiber selbst gemerkt und getilgt, jedoch nicht im Artikel), dem Rath GS. 14 die doch der statt] fehlt G(pc)S. 15 denn dem rómischen kaiser noch zú gehórtn] noch zuegehört_ dann dem Römiſchen Khaiſer GS. | als herren und landsfúrsten und aim erben seins prueders] fehlt G(ac). 17 Derselb rómisch kaiser schraib

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[G 183v] 11

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[R 147] 21 [G 184r] [S 62v] 25

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73. Wie Mátyás zum ungarischen König gekrönt wurde

sechshundert Berittene, die ihn einsetzten und bestätigten, wie sie beide es vereinbart hatten.

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10

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20

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74. Vom Zuwiderhandeln etlicher Wiener Bürger gegen den Römischen Kaiser, nachdem er ihnen zuvor vergeben hatte Als jene Bürger, die Herzog Albrecht mit Unterstützung einiger anderer auf seiner Seite stehender Bürger um ihren Besitz gebracht hatte, aus der Stadt Wien fortziehen und die harten Urteile als Übeltäter ertragen mussten und sie nicht mehr nach Wien zurückkehren wollten, nahm der Herzog die Niederschriften der Urteile an sich. Und als er starb, wurden diese Schriftstücke durch einige seiner Räte dem Rat der oben genannten Stadt übergeben, obwohl sie weder an die Stadt noch an sonst jemanden gehen sollten, sondern dem Römischen Kaiser als Herrn und Landesfürsten und Erben seines Bruders zustanden. Der Römische Kaiser schrieb den Bürgern, sie sollten ihm die Dokumente aushändigen, doch diese hatten stets Ausreden. Das waren jene Bürger, die auf Herzog Albrechts Seite gestanden und die Güter der oben genannten Bürger übernommen hatten. Doch nach vielen Schreiben, die der Römische Kaiser als Landesfürst bezüglich der Dokumente verschickt hatte, einigten sich Rat, Genannte und Gemein und schrieben dem Römischen Kaiser, dass sie Seinen Gnaden die Dokumente übergeben wollten. Als das einige Bürger vernahmen, sorgten sie sich deshalb um sich selbst und beratschlagten heimlich mit etlichen Bürgern aus der Gemein, die auf ihrer Seite waren, dass diese sich darum kümmern sollten, dass die Dokumente nicht herausgegeben würden, da der Stadt dadurch Schaden entstehen könnte. Sie schickten etliche Kürschner, Fischer und Bäcker – namentlich den

den purgernn inn] der ſchreib dem Burgermaiſter, Ime G(ac). 18 zw sein handen] fehlt G(ac). | ze antwúrten] zuüberantworten G(ac). 23 úberein] fehlt W, vberein GS. 25 anttwúrten] vberantwortten G(ac). 28 dar an] darab G(pc)S. 29 daraus] fehlt S.

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74. Von der verhandlung, die ettlich purger zw Wien téten wider den romischen kaiser nach der

10.7.1464

mit namen den Stéber kúrsner, den Pluem kúrsner, Cristan vischer, und den Wurm peckhen, zw den zechleúten der maisten hanttwerck der statt und liessen in in gehaim sagen, das sy pei iren genossen daran wéren, damit die brieff dem rómischen kaiser nicht wúrden geanttwúrtt. [75ra] Wann wúrden dieselben brief also hinaus geben, so mócht gemainer statt daraus erstén mercklicher schaden, als sy das selber wol verstúenden. Des ward gewar der rómisch kaiser und schraib herrn Jórgen von Volkensdorff, das er pei dem purgermaister und ratt mit ernst dar ob wér, das sólch saumung und geschicht nit geschech. Der kom an eritag vor Margarethe in das ratthaws als der ratt besambtt was. Mit im kom auch her Albrecht von Eberstorf und lies sy hóren das schreibenn, das im der rómisch kaiser getan hett von der egemelten sachen wegen und sagt dabei dem purgermaister, es wér pesser, das der rómisch kaiser ainen hertter gesetzt hiet zw ainem purgermaister und freihait zw rattherren. Die hieten villeicht seiner kaiserlichen genaden ere und frumen betracht und fúr augen genomen mer, dann sy téten. Der purgermaister und richter antwurten darauf dem vonn [75rb] Volkensdorff, in wér umb sólich sachen, als des kaisers schreiben innhielt, nicht wissentlich. Do tratt herfúr ein fleischhacker, genant Pawl von Rór, und gab offenleich

1 Stéber] Stober S. 2 zechleúten] zeitn G(pc)S. 3 hanttwerck] handtwerckher G(ac). | der statt] zu wien G(pc)S. | liessen] hieſſen G. 4 die brieff dem rómischen kaiser nicht wúrden geanttwúrtt] dem Röm. Khaiſer die brieff nicht geantwurtt wurden G(pc)S. 6 dieselben] die G(pc)S. | also] denn alſo G(ac), fehlt G(pc)S. | hinaus geben so mócht gemainer statt daraus erstén mercklicher schaden] hinauſs geben, ſo möcht gemainer Statt groſſer ſchaden darauſs entſtehen G(ac), hinauſs geben, ſo möcht ſchaden darauſs geen G(pc), hinauſs geben, ſo möchtn ſchaden daraus gehen, od' endtſpringen S. 8 selber] ſelbſt G(ac), Silber S. 10 mit ernst] fehlt G(ac). 11 und geschicht] G(ac). 12 an eritag] am Erichtag G, am Montag Ertag S. 13 besambtt] beÿſamen G. 15 rómisch] fehlt G(pc)S. | egemelten] gemelten G(pc), ehegenanntn S. 17 ainen hertter gesetzt hiet zw ainem purgermaister und freihait zw rattherren] andere erwölet hett zue burgermaiſter vnd Rathherrn G(ac), ain herter zu aim burgermaiſter vnd vreihait zu Rathherrn G(pc), geſezt hett ein Hertter zue einem purgermaiſter, Vnnd freÿhart zue Rattherrn S. 20 betracht und fúr augen genomen mer dann sy téten] mehr bedacht dann ſie G(ac), mehr bedracht vnd fur

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[G 184v] 5

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[G 185r] 16

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[R 148]

74. Vom Zuwiderhandeln etlicher Wiener Bürger gegen den Römischen Kaiser, nachdem er ihnen zuvor

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Kürschner Steber, den Kürschner Pluem, Fischer Christan und den Bäcker Wurm – zu den Zechleuten der meisten Gewerke der Stadt und ließen ihnen heimlich ausrichten, sie mögen ihre Genossen überzeugen, dass dem Römischen Kaiser die Dokumente nicht ausgehändigt werden sollten. Denn sollten dieselben Dokumente hinausgegeben werden, so würde der Stadt daraus beträchtlicher Schaden entstehen, wie sie selbst wohl erkennen könnten. Davon erfuhr der Römische Kaiser und schrieb Herrn Jörg von Volkersdorf, dass er beim Bürgermeister und beim Rat mit Nachdruck dahinter sei, dass ein solches Versäumnis und Unrecht nicht geschähe. Der kam am Dienstag vor Margareta, als der Rat versammelt war, ins Rathaus. Mit ihm kam auch Herr Albrecht von Ebersdorf und las ihnen das Schreiben vor, das ihm der Römische Kaiser in Bezug auf die zuvor berichteten Angelegenheiten geschickt hatte, und sagte dabei dem Bürgermeister, es wäre besser gewesen, wenn der Kaiser einen Stärkeren zum Bürgermeister gemacht und dem Rat Freiheiten zugestanden hätte. Die hätten vielleicht Seiner Kaiserlichen Gnaden Ehre und Nutzen besser verfolgt und im Blick gehabt als sie. Der Bürgermeister und der Richter antworteten dem von Volkersdorf daraufhin, dass sie von diesen Angelegenheiten, die das Schreiben des Kaisers zum Inhalt habe, nichts wüssten. Da trat ein Fleischhacker vor, genannt Paul von Rohr, und sagte öffentlich aus, dass die vorher genannten Kürschner, Fischer und Bäcker zu ihm

oug_ genomen dann ſie tettn G(pc)S. 21 darauf] fehlt G(ac). 22 als des kaisers schreiben innhielt nicht wissentlich] nicht wiſſent, ſo des Khaiſers ſchriben Jnnhielt. G(ac), als des Khaiſers ſchriben Jnnhielt nicht wiſſentlich. G(pc)S. 23 Do] Doch G(pc)S.

1 Stéber: Hans Steber, Kürschner, Wiener Bürger, 1463 Genannter, Copey-Buch S. 357. | Pluem: Hans Pluem, Wiener Bürger, Kürschner, vgl. Schalk 1915, S. 324. | Cristan vischer: Christan Vischer, Wiener Bürger, Genannter (1463), vgl. Copey-Buch S. 357. 2 Wurm peckhen: Heinrich Wurm (Wurmpeck), Wiener Bürger, Bäcker, vgl. Schalk 1915, S. 312. 24 Pawl von Rór: Paul von Rohr, (*1492/93), Ratsherr (1465, 1466, 1470 –1476, 1478–1488), Fleischhacker.

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74. Von der verhandlung, die ettlich purger zw Wien téten wider den romischen kaiser nach der

zw erkennen, wie die vorgenanten kúrsner, vischer und peckhen pei im weren gewesen und in gepeten, das er pei seinen hanntgenossen dar an wér, das sy widerredten, das dem rómischen kaisers die prieff nicht wúrden geanttwúrtt. Auff das redt der von Volkensdorf zw purgermaister, richter und ratt: „Ir hórt nu genúgsame kunt schaft und tútt nicht darzú als ewrem ambtt zúgepúrtt.‟ Do kom auch fúr der Steber und gab zw erkennen, wie er wér komen zu dem Paul von Rór und hiet mit im geredt als von sein selbs wegen, das man di brief nicht gáb aus der stat hannden, untzt die sach zwischen den purgernn gantz verricht und geaintt wúrd, das ain sach mit der anderen zúgieng. Darumb hiett er das getan [75va] und sunst in kainer pósenn maynung, noch zw kainer smach dem rómischen kaiser. Dartzú redt auch der richter, es wern ettlich aus der gemain pei im gewesen und hieten im solich sach zu erkennen geben. Da hiett er dieselben haissen gén zw dem purgermaister. Darauf tétt der purgermaister antwúrt, es wér nyemant zw im kómen. Als der von Volkenstorf von den tailen red und widerred genúgsamlich hett gehórtt, redt er zu den kúrsnernn, vischernn und pecken, nach dem sy solich sach aus in selbs getan und solich saummung gemacht hietten, darumb weren sy zu straffen und fragt den purgermaister und richter, ab sy zw den sachen als ambtleẃtt des rómischen kaisers tún wolten die straffen und im die prieff antwúrten wolten, das er die maynung dem rómischen kaiser aigenlich macht verkunden nach lawttt seiner genaden schreiben, das sy gehórtt hieten. Darauf [75vb] nam im der purgermaister, richter und ratt ain bedéchtnuss untz nach essens unnd gaben darauf dem von Volkensdorf anttwúrt, sy wolten im die brief zw des rómischen kaisers handen anttwúrten und auch die zu hannden nemen, di solich sach, als vorgemelt ist, gehandlt hieten. Die wúrden gefangen und in das

1 vischer und peckhen] vnd peckhen vnd Viſcher G(ac). 7 zúgepúrtt] gebüeret G(ac). | Do] Doch G(pc)S. | auch] fehlt G(pc)S. 10 gáb] gab S. 12 verricht] gerricht G(pc)S. | geaintt] veraint G(ac). 20 von den tailen red und widerred genúgsamlich hett gehórtt] red vnd widerred von den thaillen gnuegſamlich gehörtt hiet G(ac), red vnd widerred gnuegſamlich hiet gehörtt G(pc)S. 22 aus in selbs] auch Jnen G(ac), ſelbſt auch G(pc), ſelbs auſs Inn S.

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15 [G 186r]

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74. Vom Zuwiderhandeln etlicher Wiener Bürger gegen den Römischen Kaiser, nachdem er ihnen zuvor

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gekommen seien und darum gebeten hätten, bei seinen Handwerksgenossen Einfluss zu nehmen, damit sie dagegen stimmten, dem Römischen Kaiser die Dokumente auszuhändigen. Daraufhin sprach der von Volkersdorf zu Bürgermeister, Richter und Rat: „Ihr habt nun genug gehört und handelt trotzdem nicht, wie es euer Amt verlangt.‟ Da trat auch der Steber vor und legte dar, dass er von sich aus zu Paul von Rohr gekommen sei und mit ihm geredet habe, dass die Stadt die Dokumente nicht aus den Händen geben sollte, bis die Angelegenheit unter den Bürgern geregelt und beigelegt wäre, sodass eins nach dem anderen geschähe. Nur deswegen habe er das getan und mit keiner bösen Absicht und auch nicht, um den Kaiser zu schmähen. Dazu sagte auch der Richter, es seien etliche aus der Gemein bei ihm gewesen und hätten ihm die Angelegenheit vorgebracht. Er habe dieselben zum Bürgermeister geschickt. Der Bürgermeister antwortete darauf, zu ihm sei niemand gekommen. Als der von Volkersdorf Rede und Widerrede beider Seiten zur Genüge angehört hatte, sagte er zu den Kürschnern, Fischern und Bäckern, da sie aus eigenem Antrieb gehandelt und eine solche Verfehlung begangen hätten, müssten sie bestraft werden. Und er fragte den Bürgermeister und den Richter, ob sie in der Angelegenheit die Strafen als Amtsleute des Römischen Kaisers selbst verhängen wollten und ihm die Dokumente aushändigen würden, sodass er dem Römischen Kaiser die Antwort auf die Verlautbarung Seiner Gnaden, die sie gehört hatten, persönlich überbringen könne. Darauf baten sich Bürgermeister und Rat eine Bedenkzeit bis nach dem Essen aus und antworteten dem Volkersdorfer danach, sie würden ihm die Dokumente für den Römischen Kaiser aushändigen und auch jene zur Verantwortung ziehen, die die Dinge getan hatten, die oben beschrieben sind. Die wurden gefangen

25 rómischen kaisers] Khaiſers G(ac), Romiſch_ G(pc). 27 macht] wuerdt G(ac), mocht G(pc), möcht S. 29 nam im] nämben Jnen G. 30 bedéchtnuss] bedacht G(ac). 31 von Volkensdorf] Volckherſtorffer G. 32 rómischen] fehlt G. 33 sach] ſachen S. als vorgemelt ist] alſs vorgemelt iſt G(ac) setzt den angegebenen Textteil in runde Klammern.

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74. Von der verhandlung, die ettlich purger zw Wien téten wider den romischen kaiser nach der

ratthaus gelegt. Desselben tag des morgens kom der purgermaister und ettlich des rats mitsambt andern gen hoff zu dem von Volkensdorf und paten in, die auf stellung auszugeben. Der gab in antwúrt, er hiett das verkúndt dem rómischen kaiser. Was sein genad darinn wúrd schaffen, das wolt er in verkundenn, wann er von sein selbs wegen in den sachen chainen gwalt hiett.

[R 149]

5 [S 63r]

75. Von der handlung des Schonnperger richter und Jacoben des Starichs 16.7.1464

Desselben jars am montag nach Divisionis Apostolorum hatt geschriben der rómisch kaiser als herr unnd [76ra] landsfúrst in Ósterreich den von Wienn, wo die purger die purger, die sy aus der statt getriben und ir gút genomen hieten auf sólh ir gút antzaigten, das man sy des wider gwaltig machiett und darzú komen liess. Es wér mit recht oder an recht nach lawtt des spruchs, den sein kaiserlich genad in der Newnstatt zwischen in darumb getan hiett. ¶ Auf solich schreiben ervordert der purgermaister den ratt und die, so zw der órdnung der statt geben waren. Als das schreiben gehórt ward, daran heten ettlich purger, die derselben gúeter heten, ein missvallen und múrmelnn wider einander. Darnach kom Jacob Starch an den Schonnperger Richter und sagt im, wie er wér gewesen ein verhindrer, das die brief, so die purger dem hertzogen úber sich geben hieten, dem rómischen kaiser nach menigerem schreiben, so sein kaiserlich genad darumb getan hiett, nicht wéren geantwúrt warden. [76rb] Darauf antwúrt im der richter, er tétt im ungútlich. Er hiet in den sachen kainerlai hindernúss seinen gnaden nicht getan. Aber er wolt zw im weisen, das er auf ein zedel hiett aufgeschriben

1 gelegt] gefüert G(ac). 4 in] Jm G. | er] es G. 5 genad] Khaiſerlich gl_ GS. 10 am] fehlt G(pc)S. | Apostolorum] Apolorum W, apostolorum GS. 12 die purger die purger] die burg’ GS. 14 antzaigten] Anzaigung thun G(ac), Anzaigung G(pc), anzaign S. | des] fehlt S. 15 machiett] macht G. | wér] war S. 16 oder an recht] oder an recht oder an recht W, od’ vnrecht G(ac),

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[G 187v] 20

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74. Vom Zuwiderhandeln etlicher Wiener Bürger gegen den Römischen Kaiser, nachdem er ihnen zuvor

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genommen und ins Rathaus gesperrt. Am selben Tag kamen der Bürgermeister und etliche aus dem Rat mit anderen an den Hof zu dem von Volkersdorf und baten ihn, sie gegen Stellung von Bürgschaftsgeiseln freizulassen. Er antwortete ihnen, er habe den Römischen Kaiser davon in Kenntnis gesetzt, und was Seine Gnaden in dieser Angelegenheit befehle, werde er ihnen mitteilen, denn er selbst habe in dieser Angelegenheit keine Befehlsgewalt.

75. Vom Handeln des Richters Schönperger und von Jakob Starch Im selben Jahr am Montag nach Divisionis Apostolorum schrieb der Römische Kaiser als Herr und Landesfürst von Österreich den Wienern, dass die Bürger denjenigen Bürgern, die sie aus der Stadt vertrieben und denen sie ihr Gut genommen hatten, dieses Gut bestätigten, damit man es ihnen wieder übereignen könne und ihnen zukommen ließe, sei es mit oder ohne Berufung auf das Urteil, das Seine Kaiserlichen Gnaden in Wiener Neustadt diesbezüglich im Streit zwischen ihnen gesprochen hatte. Auf dieses Schreiben hin berief der Bürgermeister den Rat und jene, die für die Ordnung der Stadt zuständig waren, ein. Als das Schreiben verlautbart wurde, hatten einige Bürger, die diese Güter bekommen hatten, Missfallen daran und murrten untereinander. Danach kam Jakob Starch zum Richter Schönperger und warf ihm vor, er habe verhindert, dass die Urkunden der Bürger, die sie dem Herzog gegeben hatten, dem Römischen Kaiser auch nach vielen schriftlichen Aufforderungen, die Seine Kaiserlichen Gnaden verfasst habe, übergeben wurden. Darauf antwortete ihm der Richter, er tue ihm Unrecht. Er habe Seiner Gnaden in keinster Weise im Weg gestanden. Außerdem beschuldigte er ihn, dass er auf einen Zettel jene Bürger aufgeschrieben habe, die sich mit einer

od’ an recht G(pc)S. 17 darumb] fehlt S. 19 die so] die zue G(ac), die die G(pc)S. 21 heten] innhietten GS. | múrmelnn] murmelten G, murredten S. 23 Schonnperger Richter und sagt im] Richter G(ac). 24 verhindrer] hindrer G(pc)S. | dem hertzogen] fehlt G(ac). 27 wéren] warn S. 30 zw] zum S.

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75. Von der handlung des Schonnperger richter und Jacoben des Starichs

die purger, so man umb ir gútt geschetzt hiett, wievil ein yeder geben solt. Er hiett auch geraten, das man Nicklasn Téschler solt reckhen, das súnst nicht beschechen wér. Er hiett auch den Metzleinsdorffer pei dem hertzogen angeben und verklagt, wie er seinen fúrstlichen genaden in dem ratt nit ain getrewer man wér. Sólh handlung und nach mer er begangen hiett, daraus gemainer statt schannt und smach gangen wér. Als der purgermaister, ratt und auch die, so zu der ordnung der statt geben warden, die wart von paiden tailen hórten, paten sy paid tail, das sy in rieten treulich, das sy sólher wart gegen einander weren vertragen. Wenn was sich vor hiett begeben und verlauffen, [76va] das hiett der rómisch kaiser als ir allergenedigister herr und lanndsfúrst alles nachgelassen. Davon bedorften sy solich sach nicht éfernn. Nu begab sich, das man des tags von der statt nottúrft wegen zw dem von Volkensdorff ettlich gen hoff senden múst, darzú sy zwen mit sambt anderen erwellt wúrden. Und als sy gen hof komen und der statt nottúrft aufgericht heten, do patt Jacob Starich den von Volkensdorff, er solt in horen in seinen nottúrften. Desgeleichen tett auch der Richter. Der von Volkenstorf gab in anttwúrt, wolten sy icht reden oder an in bringen, das sy dann in iren warten weren beschaiden und khain sach nit éfferten, die sich vor hiett vergangen, wenn sy der rómisch kaiser des alles hiett begeben. Darauf pracht fúr Jacob Starch di wart unnd maynung gegen dem richter und der richter gegen dem Starch in massen, als sy in dem ratthaus gegen einander getan heten. [76vb] Als der von Volkenstorff paider tail inzicht genugsamlich hett gehórtt, hies er yeden tail treten in ainn sunderen gemach und hett darauf der herren und purger ratt, was in den sachen zetún wár. Die rieten, nach dem paid tail nambhaft mann in der statt wérn und des gemaine volkh vil an in hieng, solten sy in solher zwitrecht wider in die statt

1 umb] fehlt G(ac). 4 Metzleinsdorffer] Wezldorffer G. 6 wér] war S. 7 mer] vill mehr S. 9 auch] fehlt G(pc)S. | ordnung] handlung vnnd Ordnung S. 10 sy1] fehlt G. 14 allergenedigister] genadigiſter G(ac), genadigiſt G(pc), gnedige S. 15 Davon] Dann G(ac). solich] ſolcher G(pc). | éfernn] äfern G, öffern S. 16 von der statt] fehlt G(ac). 18 mit] fehlt S. 22 icht] mit Jme G(ac). 24 nit] fehlt G(pc)S. | éfferten] öffneten G(ac), äferten G(pc), öfferten S.

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[R 150] 5

[G 188v] 10

[S 63v] 16

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75. Vom Handeln des Richters Schönperger und von Jakob Starch

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Summe, die anhand ihres Besitzes festgelegt worden war, freikaufen mussten. Er habe auch dazu geraten, dass man Niklas Teschler foltern solle, was ansonsten nicht geschehen wäre. Er habe auch den Metzleinstorffer beim Herzog angezeigt und ihn angeklagt, dass er Seiner Fürstlichen Gnaden im Rat nicht treu gedient habe. Dieses und noch mehr habe er getan, wodurch der Stadt Schmach und Schande entstanden sei. Als der Bürgermeister, der Rat und jene, die für die Ordnung der Stadt zuständig waren, die Rede der beiden hörten, baten sie die beiden, ernsthaft in Betracht zu ziehen, einander das Gesagte nachzusehen. Denn was sich früher zugetragen und abgespielt habe, habe der Kaiser als ihr allergnädigster Herr und Landesfürst alles vergeben. Deswegen sei es unnötig, sich in diesen Angelegenheiten zu ereifern. Nun begab es sich, dass man zu dieser Zeit in Belangen der Stadt zu dem von Volkersdorf an den Hof schicken musste, und dazu wurden die beiden und einige andere ausgewählt. Und als sie an den Hof kamen und ihre Belange vorgebracht hatten, bat Jakob Starch den von Volkersdorf, ihn auch in seinen eigenen Belangen anzuhören. Das Gleiche tat auch der Richter. Der von Volkersdorf antwortete ihnen, wollten sie ihm etwas sagen und vorbringen, dann sollten sie dies in wohlüberlegten Worten tun und sich nicht in einer Sache ereifern, die sich früher zugetragen habe, denn der Römische Kaiser habe das alles bereits vergeben. Daraufhin trug Jakob Starch die Worte und Argumente gegen den Richter und der Richter gegen den Starch in derselben Weise vor, wie sie es schon im Rathaus getan hatten. Als der von Volkersdorf die Bezichtigungen beider Seiten gehört hatte, wies er jeden von ihnen in ein gesondertes Zimmer und beriet sich mit den Herren und Bürgern, was in der Angelegenheit zu tun sei. Die gaben zu bedenken, dass beide namhafte Männer in der Stadt seien und sie viele Anhänger im gemeinen Volk hätten und bestimmt jeder der beiden, kämen sie in solcher

sich] ſie G(ac)S. | hiett] hetten GS. 26 fúr] fehlt G(ac). 27 und der richter] Vnnd der Richter Vnnd der Richter S. 30 yeden tail treten in ainn sunderen gemach] Jedenthaill beſund' in ain zimmer tretten G(ac), ein Ieden thaill tretten in ain ſundere ſtuben, oder Gemach S. 31 hett] hat G(ac), hört G(pc)4. 32 wár] ſeÿ S.

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75. Von der handlung des Schonnperger richter und Jacoben des Starichs

kómen, so mócht im villeicht ein yeder machen einen anhang in dem gemainen pofel. Daraus dem rómischen kaiser als herren und landsfúrsten von gemainer statt vil irsals komen mócht. Und das solicher wúrd underkómen, ward dem von Volkensdorf geraten, er solt paid tail pei im halten und ir hanndlung, wie er die hiett gehórt, dem rómischen kaiser verkunden, das er also tétt. Er patt auch den purgermaister und ratt, das sy das neben im dem rómischen kaiser auch durich ir geschefft wolten zw wissen tún, des sy sich zetún verwilligten. Und nach dem der Schonn[77ra]perger was ain ambtman des kaisers, ward er gehalten in der púrckh, und Jacob starich als ain purger ward gefúrt in das ratthaws und dar inn in vencknuss gehalten. Darnach begert der rómisch kaiser im paid tail ze antwúrtten in die Newnstat, wenn er die selbs hóren wolt. Das man tett und anttwúrt sy paid in die Newnstat dem rómischen kaiser. Der hórt sy, und nach solicher verhórung ward yder besunder gelegt in ainen túrn, dainn sy puessten ir súnd umb das úbl, das sy in der statt Wienn angefengt heten.

[R 151] [G 190r] 6

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[S 64r] 15 [G 190v]

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76. Von dem tod pabst Pyo 21.8.1464

Desselben jars am eritag nach Assumptionis Marie ist verschaiden mit dem tod der heilig vater pabst Pius der Ander zw Ankan, als er wolt ziechen úber mér wider die ungelaubigen Túrcken. Daselbs ist auch gestorben Nicolaus de Cusa, ein cardinal und bischof zw Brichsn. Darnach [77va] derselb heilig vater ist nachkomen in gantzer warheitt seiner wull, die er allenthalben in die christenhait verkundt, die innhielt, wie er wolt sein ein

1 mócht im] möcht Ine G(ac), möcht_ Im G(pc). 2 in dem gemainen pofel] in der Gemain G(ac), in den Gemain pöffl G(pc). dem2] der G(pc)S. 4 solicher] ſolches GS. 7 verkunden] alſo verkhünden G. | also] fehlt G(pc). 9 geschefft] geſchrifft G(pc). 10 sich] fehlt G(pc). 11 kaisers] Rom: Khaiſers G(ac). 13 dar inn] fehlt G(ac). | vencknuss] gefenckhnuſs GS. 15 selbs] fehlt G. 16 sy] fehlt GS. | sy paid] beede thaill G, baid Thaill S. 18 besunder] beſunderlich G(pc), ſonnderlich S. 20 angefengt heten] angefengt hett G(pc), Angefüegt hettn S. 21 ] Pii G(ac).

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[G 191r]

75. Vom Handeln des Richters Schönperger und von Jakob Starch

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Zwietracht wieder in die Stadt, seine Anhänger aus dem gemeinen Pöbel um sich scharen würde. So könne dem Römischen Kaiser als Herren und Landesfürsten durch die Stadt großer Schaden erwachsen. Und damit dies verhindert würde, wurde dem von Volkersdorf geraten, er solle die beiden bei sich behalten und ihre Argumente, die er gehört hatte, dem Römischen Kaiser kundtun, was er auch tat. Er bat auch den Bürgermeister und den Rat, dass sie gemeinsam mit ihm dem Römischen Kaiser den Fall darlegen würden, wozu sie sich bereit erklärten. Nachdem der Schönperger ein Amtmann des Kaisers war, wurde er in der Burg festgehalten, und Jakob Starch, als Bürger, wurde in das Rathaus geführt und dort gefangen gesetzt. Daraufhin verlangte der Römische Kaiser, man solle ihm die beiden nach Wiener Neustadt überführen, da er sie selbst anhören wolle. Das tat man auch und überführte sie beide zum Römischen Kaiser nach Wiener Neustadt. Der hörte sie an, und nach dieser Anhörung wurde jeder in einen anderen Turm gesperrt, wo sie für ihre Sünden, das Übel, das sie in die Stadt gebracht hatten, büßten.

76. Vom Tod des Papstes Pius

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Im selben Jahr am Dienstag nach Mariä Aufnahme in den Himmel starb der Heilige Vater, Papst Pius der Zweite, in Ancona, als er über das Meer gegen die ungläubigen Türken ziehen wollte. Dort starb auch Nicolaus de Cusa, der Kardinal und Bischof von Brixen. Und so ist derselbe Heilige Vater seiner Bulle wahrlich nachgekommen, die er überall in der Christenheit verkündet hatte und die zum Inhalt hatte, dass er ein treuer Hirte seiner Schäflein sein

22 Marie] Maria G. 26 Nicolaus] fehlt G(ac). ganze Chriſtenhait G. | innhielt] in ſich hielt G.

29 christenhait]

24 Ankan: Ankona, Provinzhauptstadt der Provinz Ancona, Italien. 26 Nicolaus de Cusa: Nikolaus von Kues (* 1401, † 1464), deutscher Philosoph, Theologe, Mathematiker; Kardinal (ab 1448), Legat (ab 1446); Fürstbischof von Brixen (ab 1450). | Brichsn: Brixen, Stadt in Südtirol, Italien.

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76. Von dem tod pabst Pyo

9.10.1464

getrewer herter seiner scheflein und wolt sein séll geben fúr seine scheffel. Dem er treulich nachkomen ist. Darnach am suntag nach Nativitatis Marie ist ainhelliklich durch die cardinel zw pabst erwelt waren Paulus der Ander, der von gepúrd was einn Venediger.

77. Wie der rómisch kaiser ervordert die purger von Wienn in di Newnstat von des Gravenecker und der ausgetriben purger scheden wegen 20.8.1464 (15.8.1464)

Desselben jars am montag nach unser lieben frawntag Assumptionis hatt der rómisch kaiser geschriben den purgernn von Wienn ettlich aus in zuschicken zw seinen genaden in die Newnstatt von des Gravenecker und der aus getriben purger scheden wegen. Wenn derselb Gravenecker und auch die purger die gericht [77va] erlangt heten und wolten dar umb die von Wienn haben angegriffen. Da würden erwelt von der sachen wegen mit gantzm gewalt in die Newnstat zu ziechen Ulreich Metzleinstorffer, purgermaister, der Schónpruckner, der Gwerlich, der Liephart, der Schratt aus dem ratt, von den gnannten Ulreich Kerner, der Marhaimer, der Meilinger und ander. Die zugen in die Newnstat unnd waren daselbs untzt in die sechst wochen, wenn in der zeit der rómisch kaiser mit sólhen grossen und mercklichen sachen was

1 und wolt sein séll geben fúr seine scheffel] fehlt G(ac). 3 Nativitatis] fehlt G(ac), (nachgetragen von G(pc)4, jedoch wurde schon vom Schreiber Platz für den Nachtrag gelassen). 4 zw pabst erwelt waren] erwölt warn zum Babſt G(pc)S. 8 scheden] fehlt G(ac). 9 am montag nach] an G(ac). | frawntag] frawn G. 11 seinen] ſeiner G. 13 Wenn] denn S. 15 und] fehlt GS. 16 würden] warn. 17 ziechen] ſchickhen G(pc)S. 18 Metzleinstorffer] Megleſtorffer G(ac), Mezlenſtorffer G(pc). 19 den gnannten] der Gemain G(pc)S. 20 Kerner] Khräner G(ac), Kharner G(pc). | Marhaimer] Murhaimb G(ac), Murhaimber G(pc), Marichamer S. 21 zugen] da zugen G(pc)S. 23 grossen] hohen groſſen G(ac). | grossen und mercklichen] merckhlichen vnd groſſen G(pc)S.

3 suntag nach Nativitatis Marie: Tatsächlich fand die Wahl am 30. August 1464 statt. 4 Paulus der Ander: Papst Paul II, ursprünglich

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76. Vom Tod des Papstes Pius

und seine Seele für seine Schäflein geben wolle. Dem kam er treulich nach. Danach, am Sonntag nach Mariä Geburt, wurde Paulus der Zweite, der ein gebürtiger Venediger war, durch die Kardinäle einstimmig zum Papst gewählt.

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77. Wie der Römische Kaiser die Bürger von Wien wegen der Verluste des Grafeneckers und der vertriebenen Bürger nach Wiener Neustadt befahl Im selben Jahr am Montag nach Mariä Aufnahme in den Himmel schrieb der Römische Kaiser den Wiener Bürgern, sie sollten einige von ihnen wegen der Verluste des Grafeneckers und der vertriebenen Bürger zu Seiner Gnaden nach Wiener Neustadt schicken. Denn jener Grafenecker und auch die Bürger würden vor Gericht ziehen und wollten die Wiener in der Sache anklagen. Da wurden der Bürgermeister Ulrich Metzleindorffer, aus dem Rat der Schönprucker, der Gwerlich, der Liephart und der Schrot und von den Genannten Ulrich Kerner, der Murheimer, der Meilinger und andere ausgewählt, um in der Sache mit allen Vollmachten nach Wiener Neustadt zu ziehen. Die zogen nach Wiener Neustadt und blieben dort sechs Wochen lang, denn der Römische Kaiser war in dieser Zeit mit so schwerwiegenden und wichtigen Dingen belastet, dass er die Anliegen der Parteien nicht angemessen anhören konnte. Doch nach mehreren Ansuchen, die beide Seiten stellten, wurden sie vom Römischen Kaiser zur Anhörung vorgeladen. Der

Pietro Barbo (* 1417, † 1471), Bischof von Cervia (ab 1440), Bischof von Vicenca (ab 1451), Bischof von Padua (ab 1459), Papst (ab 1464). 19 Gwerlich: Peter Gwerlich († um 1478 oder 1482), Wiener Ratsherr (1458 –1459, 1462, 1464, 1466–1469, 1471–1474), Steuerherr (1468–1469), vgl. Perger-Nr. 251. 20 Marhaimer: Vermutlich Jörg Murheimer, bezeugt in div. Regesten, z.B. Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, hg. v. Altertums-Vereine zu Wien, 2. Abteilung Regesten aus dem Archive der Stadt Wien, Bd. 3, Wien 1904, S. 73, Quellen Bd. II/3, S. 73. | Meilinger: Hans Meilinger († um 1464/1466), provisorischer Ratsherr (1463), Kanzleischreiber (1444), Amtsschreiber und Grundamtmann (1453–1455), Kellermeister (1452), Schreiber, vgl. Perger-Nr. 341.

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77. Wie der rómisch kaiser ervordert die purger von Wienn in di Newnstat von des Gravenecker und der

23.9.1464

13.10.1464

beladen, das er die tail in irem fúrbringen nicht fúeglich macht gehórn. Doch nach menigernn anrúffen, so sy zu paider seytt teten, wúrden sy gevordert von dem rómischen kaiser in verhórung. Do hett der Grafenecker ein grossen peistand. Und als das der kaiser sach, do vadert er den Gravenecker selb funften und hórt in in der gehaim. Desgeleichen tett er auch den purgern. Und nach vil underredungen [77vb] setzten paid tail ir sprúch nach lawtt der hindergeng zu sein kaiserlichen genaden, was sein genad daraus machiett oder spréch, das wolten paid tail gentzlichen stéthalten an all austzúg. Es sind auch verhórt warden Jacob Starich, der Schonnperger, der Wurmm peckh, der Pluem kúrsner, und Cristan vischer, in iren handlungen, die in der Newnstat wúrden gelassen. Und dar nach am suntag nach Mathei ward der Grafenecker widerumb der von Wienn frant. Es ward auch den ausgetriben purgernn durch den purgermaister zúgesagt, sy móchten sich fúgen gen Wienn und ire heẃser besitzen und mitsambt in raten und hellfen, das die statt in rue und gmach wúrd gesetzt. Darumb solten sy des gelts in die ansleg, so yetz verhanden wérn, ditzmals sein vertragen. Auf sólh zue sagen komen dieselben purger wider gen Wienn und besassen ire heẃser. Und dar nach an Sand Kolmans tag ward durch den rómischen kaiser verkundt der auspruch den [78ra] von Wienn, den er getan hett. Der hielt inn, das sy dem Grafenecker fúr sein scheden solten geben XVI tausent guldein.

[G 192r]

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78. Wie der rómisch kaiser hat lassen berúeffen frid im lannd ze Osterreich Darnach hat der allerdúrhleúchtigist fúrst und herr, her Fridreich, der rómisch kaiser etc. und her Jorg, kunig zu Pehem, von ir paider gnaden lannt und leẃtt rue und

2 gehórn] höern GS. 5 sach] vernamb G(ac). | vadert] vordert GS. 11 stéthalten] halten G(ac). | an all austzúg] fehlt G(ac). 16 widerumb] fehlt G(ac). | der] deren G. 20 wúrd gesetzt] geſezt wuerdt G(ac). | Darumb … vertragen] fehlt G(ac). 22 komen dieselben purger wider gen Wienn] ſeindt die burger wid’umb gen Wienn gezogen G(ac), komen dieſelb_ burger wid’umb gen Wienn

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77. Wie der Römische Kaiser die Bürger von Wien wegen der Verluste des Grafeneckers und der

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Grafenecker hatte dort viele Unterstützer. Und als das der Kaiser sah, bestellte er den Grafenecker mit vier anderen zu einer geheimen Unterredung. Ebenso verfuhr er mit den Bürgern. Nach langen Verhandlungen formulierten beide Seiten ihre Positionen so, wie es im Kompromiss mit Seiner Kaiserlichen Gnaden besprochen worden war – was auch immer Seine Gnaden umsetze oder befehle, das wollten beide Seiten zur Gänze annehmen ohne Abstriche. Auch Jakob Starch, der Schönperger, der Bäcker Wurm, der Kürschner Pluem und der Fischer Christan wurden zu ihrer Rolle befragt und in Wiener Neustadt festgehalten. Danach, am Sonntag nach Matthäus, wurde der Grafenecker wieder zum Freund der Wiener. Außerdem wurde den vertriebenen Bürgern durch den Bürgermeister ausgerichtet, sie mögen wieder nach Wien zurückkehren, ihre Häuser in Besitz nehmen und ihnen gemeinsam mit Rat und Hilfe beistehen, um Frieden und Ruhe in die Stadt zu bringen. Doch sie sollten auf die Zahlungen zugunsten des Angebots, das nun vorgelegt worden sei, vorläufig verzichten. Auf diese Zusagen hin kamen diese Bürger wieder zurück nach Wien und übernahmen ihre Häuser. Danach, am Tag des heiligen Koloman, wurde den Wienern durch den Römischen Kaiser das Urteil, das er gesprochen hatte, verkündet. Dieses besagte, dass sie dem Grafenecker für seine Verluste sechzehntausend Gulden geben sollten.

78. Wie der Römische Kaiser im Land Österreich den Frieden ausrufen ließ 30

Danach haben der allerdurchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Friedrich, der Römische Kaiser etc., und Herr Jörg, König von Böhmen, um ihrer beider Land und Leute

G(pc). 23 besassen ire heẃser] Jre heüſer wid’umb beſeſſen G(ac). 25 den1] den er G(ac). 26 inn] in ſich G(ac). 28 – 346,10 Wie … gehalten] Kapitel 78 fehlt G(ac) gänzlich, G(pc) bringt ein Einfügungszeichen am unteren Rand der Seite an, jedoch fehlt der entsprechende Text. 31 etc] fehlt S. | kunig] von S. 32 paider] baiden S.

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78. Wie der rómisch kaiser hat lassen berúeffen frid im lannd ze Osterreich

gemach willen ein fúrnemen mit einander getan und nach innhaltung des selbigen fúrnemens in dem land ze Osterreich und in der marggrafschaft zw Merhernn offenlich lassen berúffen, das ein yeder, wer der sey, der mit seinem gútt arbaittet in das lannd gen Merhernn oder von Mérhernn in das lannd gen Ósterreich, das die mit irem guett sicher und frey faren, hanndelnn und wandeln sullen. Wer aber solichen frid zepréch, der sol darumb von irer paider genaden nach lawtt des bemelten fúrnemens gestraft und gepússt werden. Aber es ward nicht gehalten. [78rb]

79. Wie der Gravenecker und die von Wienn iŕer zwitrecht sind beliben bei dem rómischen khaiser

31.3.1464

Desselben jars, als Ulreich Grafenecker und auch die purger von Wienn von wegen der geraisigen leútt, die derselb Grafenecker in die statt ze Wienn an dem heiligen Osterabent geschickt hett, die all gefangen und ir gútt von den stattleúten genomen ward, miteinander zwitrechtig waren, derselben zwitrecht darnach paid tail hindergengig wúrden hinder den rómischen kaiser als herren und landsfúrsten in Ósterreich. Der tett zwischen paiden tailen ainen ausspruch in sólher mass, das die von Wienn dem Grafenecker fúr all sein scheden inner vier jaren nach einander kúnftig soltn betzallen XVI tausent guldein. Als den spruch die hanntwercher vernomen, die heten daran ein gross missvallen und mainten, sy hieten den Grafenecker umb sein volkh in die statt zw schicken auf iren schaden nicht gepeten. Als dann an im selbs was, [78va] so gab fúr der Grafenecker, der Holtzer, purgermaister, den sy aus iren zechen wider der statt freihait aufgenomen und erwelt hieten und ander ir

1 getan] than S. 2 des selbigen] deſselben S. 7 sicher und] fehlt S. 8 Wer] Der S. 15 purger von] fehlt G(ac), burger zu G(pc)S. 16 die] der G(pc). | ze] fehlt G(ac). 17 ir gútt] all Ir guett S. von] beÿ G(ac). 19 hindergengig wúrden] gegen ainand’ G(ac), gegen ainand’ ſtöſſig wardn gelegt G(pc)5, hindergenig wurn G(pc).

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78. Wie der Römische Kaiser im Land Österreich den Frieden ausrufen ließ

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Frieden und Ruhe willen eine Übereinkunft geschlossen, die dazu führte, dass im Land Österreich und in der Markgrafschaft Mähren öffentlich verkündet wurde, dass ein jeder, wer auch immer er sei, der mit seinen Gütern Handel mit Mähren treiben wolle, oder von Mähren aus mit Österreich, mit seinem Gut sicher und frei reisen, handeln und tauschen dürfe. Wenn aber dieser Frieden gebrochen würde, so sollte dies von Ihrer beider Gnaden gemäß der genannten Übereinkunft bestraft und vergolten werden. Aber es wurde nicht eingehalten.

79. Wie die Zwietracht zwischen dem Grafenecker und den Wienern vom Römischen Kaiser beigelegt wurde 15

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Im selben Jahr, als Ulrich Grafenecker und auch die Bürger wegen der berittenen Soldaten, die derselbe Grafenecker am Karsamstag in die Stadt Wien geschickt hatte und die alle gefangen genommen worden waren und denen die Stadtleute ihre Habe abnahmen, in Zwietracht kamen, brachten beide Seiten diesen Streit danach dem Römischen Kaiser als Landesfürsten von Österreich vor, um einen Kompromiss zu finden. Dieser entschied für die beiden Parteien, dass die Wiener dem Grafenecker für alle seine Verluste innerhalb der vier folgenden Jahre insgesamt sechzehntausend Gulden bezahlen sollten. Als die Handwerker diesen Schiedsspruch hörten, hatten sie großes Missfallen daran und sagten, sie hätten den Grafenecker nicht darum gebeten, sein Volk zu ihrem Schaden in die Stadt zu schicken. Als die Reihe an ihm war, brachte der Grafenecker vor, Bürgermeister Holzer, den sie selbst aus ihren Zünften heraus entgegen den Freiheiten der Stadt aufgestellt und gewählt hätten, und

G(ac) lässt bereits Platz für jene Ergänzung, die G(pc)4 später einfügt. G(pc) streicht beide und folgt W. 22 von Wienn] Wienneꝛ G(pc)S. 23 scheden] Sprüch vnd ſchaden GS. 27 umb] vnd G(ac). | auf iren schaden] auf Jr ſchaden G(ac), fehlt S. 30 purgermaister] d’ Burgermaiſt’ G(ac). | sy aus iren zechen wider der statt freihait aufgenomen und erwelt] ſie auſserwölt hetten G(ac).

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79. Wie der Gravenecker und die von Wienn iŕer zwitrecht sind beliben bei dem rómischen·khaiser

20.8.1464

1465

vorgeér hieten in darumb gepeten, und also múst man den ausspruch halten und den Gravenecker betzallen. Actum am montag nach Assumptionis Marie.

80. Anno Domini M° CCCC° LXV°. Wie das haus Oberlach von den von Wienn ward gewunnen und zeprochen Desselben jars was das haws und dórfl oberlach ain zúgehorung des Bohunko, den der rómisch kaiser zw maister zw Maurpergk gemacht hett und seiner nachkomen Sand Johannes órden von Rodis. Derselb Bohunko fúrt ein ungeordents Leben unnd trueg auch nicht den orden als ander maister vor im getan heten. Der versetzt dasselb benantt geslos ainem purger, genandt der Tanhauser. Dem hett man in dem krieg, so die von Bienn fúrten wider den kaiser, genomen sein guett, wenn er was pei im in der púrckh gewesen, [78vb] als in diselben von Wienn belegt heten. Nu hett der benant Tanhauser mitsambt anderen purgernn, den auch ir guet in der statt Wienn von wegen des rómischen kaiser was genomen warden, genúgsamlich recht wider di von Wienn erlangt vor dem rómischen kaiser: Wo sy der von Wienn leib und guett ankemen, das sy das mochten angreiffen und aufhalten so lang, untzt sy irs guets und scheden habhaft wúrden, als dann die repressalia innhalten. Dasselbs recht auch der heilig vater pabst Pius der Ander in bestétt hett in seiner bull. Aber der Tanhauser was ze gách in seinen sachen und kund dem

3 am] fehlt G(pc). 5 Oberlach] von Oberlach G(pc), Obeꝛloh S. 7 dórfl] dorff S. 8 Bohunko] Wohuneckh G, Bohunkn S. | zw maister zw Maurpergk] zue meuerbeckh zum maiſter G(ac). 11 ungeordents] vnordenliches G(ac). 12 getan] trag_ G(ac). dasselb] daſ G(pc)S. 13 purger] burgermaiſter G(ac). 16 belegt] belegert G(ac). 17 mitsambt] mit S. | anderen] den andern G(pc)S. 18 von wegen des rómischen kaiser was genomen warden genúgsamlich] Von G(ac), genoen wardt, genuegſam S. 21 Wienn] fehlt G(ac). 25 der2] fehlt S.

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79. Wie die Zwietracht zwischen dem Grafenecker und den Wienern vom Römischen Kaiser beigelegt

auch andere ihrer Anführer hätten ihn darum gebeten, und folglich müsse man sich an den Spruch halten und den Grafenecker bezahlen. Actum am Montag nach Mariä Aufnahme in den Himmel.

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80. Anno Domini 1465. Wie das Haus Oberlaa von den Wienern eingenommen und zerstört wurde Im selben Jahr gehörten das Haus und das Dorf Oberlaa dem Bohunko. Ihn und seine Nachkommen hatte der Römische Kaiser zu Meistern des Johanniterordens von Rhodos in Mailberg gemacht. Dieser Bohunko führte ein ungeregeltes Leben und leitete den Orden nicht so, wie andere Meister vor ihm es getan hatten. Er verpfändete das genannte Schloss einem Bürger, genannt der Tanhauser. Dem hatte man im Krieg, den die von Wien gegen den Kaiser führten, sein gesamtes Gut genommen, denn er war in dessen Burg gewesen, als die Wiener ihn belagerten. Nun hatte der genannte Tanhauser mit anderen Bürgern, denen ebenfalls ihr Gut wegen des Römischen Kaisers genommen worden war, in Wien ein Recht auf angemessene Entschädigung vom Römischen Kaiser zugesprochen bekommen: Wo immer sie der Wiener Leib und Gut habhaft werden könnten, sollten sie zugreifen und es behalten, so lange, bis sie für ihr eigenes Gut und ihre Verluste entschädigt worden wären, und dann die Repressalien beenden. Dieses Recht hatte auch Papst Pius der Zweite in seiner Bulle bestätigt. Aber der Tanhauser war zu ungestüm in dieser Angelegenheit und hielt sich nicht an die vereinbarte Ordnung. Er sammelte einige

5 Oberlach: Oberlaa, ehemalige niederösterreichische Ortsgemeinde, heute Teil des 10. Wiener Gemeindebezirks, Favoriten. 8 Bohunko: Achaz Bohunko († 1479), zunächst böhmischer Söldnerführer auf Seite Friedrichs III., dann Meister des Johanniterordens in Mailberg (ab 1460), vgl. Chmel Mat. II. 297, Vancsa, S. 426, Schalk 1919, S. 159. 9 Maurpergk: Heute Mailberg, Marktgemeinde im Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich. 10 Sand Johannes órden von Rodis: Johanniterorden von Rodos. 13 Tanhauser: Hans Tanhauser († 1473), Kaufmann, Ratsherr (1462).

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80. Anno Domini M° CCCC° LXV°. Wie das haus Oberlach von den von Wienn ward gewunnen und

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rechten nach ordnung nicht nachgén und nam an sich ettlich knecht und graif an die von Wienn unnd fieng in ir arbaitter in den weingerten und ettlich purger und tett das unabgesagt. Davon machten sich auf die von Wienn, doch nach bevelhnúss des kaisers, zw rossen und ze fuezzen und sluegen sich fúr das obgenannt haus, [79ra] da vor ettlich wúrden erschossen und gewundt und prachten dafúr ain grosse púchsen. Und als man aufricht den schermm und die púchsen wolt gelegt haben, von stund traffen die veintt ain taiding mit der von Wienn haubtlewten, man solt sy mit irem leib und guett davon lassen ziechen. In derselben taiding drang das volkh zu dem haws und komen in den zwinger. Als das sachen die veintt, so im haus waren, das sy das haus verrer nicht mochten behaben, do gaben sy sich all auf gnad und wúrden am mitichen vor dem heiligen Palmmtag gefúrt gen Wienn. Und an dem benanten tag darnach umb completzeitt pracht auf den Hochenmarckt, daselbs man ir sibenzehen abslueg di hawpt. Der haupman selbfünfter ward gehalten in venknuss in Kerner tuernn auf ain zeitt. Darnach wúrden sy getégt und ledig gelassen nach gescheft des rómischen kaisers, wenn sy heten nicht schuld in den sachen, sunder das sy dem gescheft irer herren waren gehorsam gewesen. Der Tanhauser kom [79rb] aus dem gesloss ee wenn man das gewan und versprach, er wolt in beschuttung pringen.

1 nach ordnung nicht] nit nach ordnung G(ac). 2 unnd] fehlt S. in ir arbaitter in den] Jr G(ac). 5 bevelhnúss] beuelch G(ac). 6 obgenannt] fehlt G(pc)S. | da vor ettlich wúrden] daruor etlich warn G(pc), dauor etliche S. 7 gewundt] wunndt G(pc), verwundt S. 9 wolt] wolten G(ac). | von stund] von ſtundt darauff G(ac). 10 ain taiding] in dem hauſs ain Thädtung GS. 14 behaben] haben G(ac), haltn G(pc), erhaldten S. | gaben] ergaben G. 15 am] an G. 16 Und an dem benanten tag] fehlt G(ac). 17 auf] man auf G(ac)S. 18 sibenzehen abslueg di hawpt] 17. dz haubt abſchlueg G(ac), 17. abſchlueg dz haubt G(pc)S. 19 in venknuss] fehlt G(ac). 20 getégt und] fehlt G(ac), gedacht vnd G(pc). 22 in] an G(ac). 23 dem] in G(ac). 24 wenn] fehlt G(ac), wan G(pc), dann S. 25 gewan] einnamb G(ac). | in] fehlt G(ac).

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[G 195r]

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80. Anno Domini 1465. Wie das Haus Oberlaa von den Wienern eingenommen und zerstört wurde

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Knechte um sich, griff die Wiener an und nahm ihre Arbeiter in den Weingärten und etliche Bürger gefangen. Und er tat das alles, ohne die Fehde anzusagen. Deshalb machten sich die Wiener trotz des Befehls des Kaisers zu Ross und zu Fuß auf und belagerten das oben genannte Haus, wobei etliche von ihnen erschossen und verwundet wurden, und sie stellten eine große Büchse auf. Zur selben Stunde, als man die Belagerungsschilde aufstellte und die Büchsen ausrichten wollte, legten die Feinde mit den Wiener Hauptleuten fest, man solle sie mit ihrem Leib und Gut ziehen lassen. Während dieser Unterredung drang das Kriegsvolk zum Haus vor und kam in den Zwinger. Als die Feinde, die im Haus waren, erkannten, dass sie das Haus nicht länger halten konnten, ergaben sie sich bedingungslos und wurden am Mittwoch vor Palmsonntag nach Wien gebracht. Danach, am genannten Tag nach der Komplet, brachte man sie auf den Hohen Markt, wo man siebzehn von ihnen den Kopf abschlug. Der Hauptmann und vier weitere wurden im Kärntnerturm einige Zeit in Gefangenschaft gehalten. Dann wurden sie auf Anordnung des Römischen Kaisers auf Kaution freigelassen, da sie an der Sache nicht schuld gewesen seien, sondern nur den Befehlen ihrer Herren gehorcht hätten. Der Tanhauser war aus dem Schloss entkommen, bevor man es einnahm, und hatte versprochen, Verstärkung zu bringen.

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81. Wie die von Wienn, geistlich und weltlich, sind getzogen in di Newnstat zu dem rómischen kaiser und

81. Wie die von Wienn, geistlich und weltlich, sind getzogen in di Newnstat zu dem rómischen kaiser und haben sich seinen genaden gantz undertenig gemacht. 25.4.1465 (12.7.1465)

Desselben jars an Sand Marx tag sind getzogen in di Newnstatt zu dem rómischen kaiser etlich próbst von den klósternn unnd Ébt an statt der anderen, darnach von der hochwirdigen schuel der universitett ettlich doctores, darnach von wegen gemainer priesterschaft der official, der purgermaister mit ettlichen puergernn des rats, und darnach aus allen hanntwerchen und zechen di namhaftisten und haben sein gnad mit aller diemútikait gepeten knieund, in alle die misshandlung, so sy wider sein gnad, auch seiner gnaden geméhln, die rómisch kaiserin, und wider ir paider gnaden sun, den jungen herren hernn Maximilian zw Wienn getan haben, genediklich zw vergeben und sy und all inwoner [79va] der statt widerumb in seiner gnaden schermm zu nemen und pei iren freihaiten ze halten und haben im darauf gentzlich gehorsam getan als irem rechten erbherren und landsfúrstenn. Auf sólh der von Wienn geistlicher und weltlicher diemútig gepett und anrueffen nam sy sein genad genediklichen auf und lies in durch hernn Ulreichen, pischofen zu Passau, die zeit rómischer kantzler, zúsagen, das er nu fúrbaser ir genediger herr und landsfúrst sein und sy in seiner genaden schermen und pei allen iren freihaiten und gerechtikaiten, damit sy von im und seinen vorforderen loblicher gedechtnuss gefreit und begabt weren, genediklichen halten wolt, mer dann vor kain fúrst in Osterreich ye getan hiett. Des waren die von Wienn,

3 seinen] ſeineꝛ G, ſein S. | genaden] Khay: Gnaden G(pc). 5 Sand Marx] S. Margarethen G(ac). 6 próbst] prelaten vnnd Äbt G(ac). 7 unnd Ébt an statt der anderen] fehlt G(ac), vnd Äbbt an d‘ ſtat d‘ annd’n G(pc)S. | darnach] Auch G(ac). 10 puergernn] fehlt G(ac). 12 namhaftisten] nambhafftigiſten burger G(ac), nambhafftigen G(pc), namhafften S. 13 knieund] fehlt G(ac). | alle die] allen G(ac), allen die G(pc)S. 15 und] auch S. 17 und1] fehlt G(ac). 19 haben] zu haben G(pc). 21 sólh] ſolches G(ac), ſolche G(pc), ſollicher S. | geistlicher] geiſtliches G(ac), geiſtliche G(pc). 22 weltlicher] weltlichs G(ac), weltlich G(pc). | nam sy sein genad

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[G 196v] 15

20 [S 66v]

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[G 197r] 30

81. Wie die Wiener, geistliche und weltliche, nach Wiener Neustadt zum Römischen Kaiser gezogen sind

81. Wie die Wiener, geistliche und weltliche, nach Wiener Neustadt zum Römischen Kaiser gezogen sind und sich Seiner Gnaden gänzlich unterwarfen

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Im selben Jahr, am Tag des heiligen Markus, zogen etliche Pröpste und Äbte aus den Klöstern, weiters etliche Doktoren aus der hochwürdigen Schule der Universität, der Offizial für die gemeine Priesterschaft, der Bürgermeister mit etlichen Ratsbürgern und schließlich aus allen Gewerken und Zünften die Namhaftesten nach Wiener Neustadt zum Römischen Kaiser und baten Seine Gnaden in aller Demut kniend darum, ihnen jedes Vergehen, das sie gegen Seine Gnaden, Seiner Gnaden Gemahlin, die Römische Kaiserin, und auch gegen ihrer beider Sohn, den jungen Herrn, Herrn Maximilian, in Wien begangen hatten, gnädig zu vergeben und sie und alle Einwohner der Stadt wieder unter Seiner Gnaden Schutz zu stellen und ihre Freiheiten aufrechtzuerhalten. Daraufhin schworen sie ihm als ihrem Erbherrn und Landesfürsten vollkommenen Gehorsam. Auf das Bitten und Flehen der geistlichen und weltlichen Wiener hin nahm sie Seine Gnaden gnädig auf und ließ ihnen durch Herrn Ulrich, den Bischof von Passau, seinerzeit Römischer Kanzler, zusagen, dass er von nun an ihr gnädiger Herr und Landesfürst sein werde und sie in Seiner Gnaden Schutz und bei all ihren Freiheiten und Rechten, die ihnen von ihm und seinen Vorfahren – Ehre ihrem Andenken – gegeben und zugesprochen worden seien, behalten wolle, wie es kein anderer Fürst in Österreich je getan habe. Dafür dankten die Wiener, geistliche und weltliche, Seinen Gnaden sehr und erboten sich gegenüber Seiner Gnaden, ihm als ihrem Herrn und Landesfürsten wieder alle gemeinsam Hilfe und Beistand zu leisten. Daraufhin verließen die Wiener, geistliche und

genediklichen auf] name ſie ſein gnad demüettiglich auf G. 23 in] fehlt G. 24 zu] von G. | die zeit rómischer kantzler] fehlt G(ac). 25 zúsagen] fehlt G(pc)S. 27 gerechtikaiten] gerechtigkhait S. 28 gefreit] befreyt G(ac). 29 mer dann vor kain] mehr dann khain G, Wer dann vor khein S. 30 ye] fehlt G(ac).

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81. Wie die von Wienn, geistlich und weltlich, sind getzogen in di Newnstat zu dem rómischen kaiser und

geistlich und weltlich, seinen genaden vasst dannckhen und erputen sich da entgegen seinen genaden, hilff und peistand ze tún als irem herren unnd lanndsfúrsten wider meniklich. Darauf schieden die von Wienn, [79vb] geistlich und weltlich, von dem kaiser aus der Newnstatt und komen mit freiden gen Wienn und fúrten in die stat ain panyer, daran gemalt was ein adler mit zwain haupten, und man leútt in allen klósternn und kirichen die glocken ain gantze stund und macht fréwdenfeur auf allen plétzen und in den gassen, got dem allmóchtigen zu lob und dem kaiser zu eren.

[R 157] 6

[G 197v] 10

82. Wie hertzog Sigmund hat úbergeben seinen drittail in dem land Osterreich dem rómischen kaiser, den er von kunig Lasslawen het geéribt 1457

Desselben jars nach abgang des durchleúchtigisten fúrsten und herren, hernn Lasslawens, kunig ze Ungernn und ze Pehem etc., hertzog ze Osterreich und marggraf ze mérhernn, lóblicher gedechtnúss, geviel ain drittail des lannds Osterreich mitsambt den nútzen und renten und anderen gewaltsamen erblichen gerechtikaiten auf hertzog Sigmunden und die anderen zwen tail auf den rómischen kaiser [80ra] Fridreichen und seinen brueder hertzog Albrechten. Nu mocht der benant hertzog Sigmund von seinen drittail jerlich nit vil gehaben, wenn alles gelt, das geviel, gieng auf di krieg, so ditzmals in dem lannd vor handen waren. Der benandt hertzog Sigmund was von ettwas mercklicher verhandlung wegen, so er wider den heiligen vater, den pabst, und dem stuel ze rom begangen

1 seinen genaden vasst dannckhen und erputen] vaſſt Dannckhen vnnd erbuetten G(ac), ſeiner genad_ doch Dannckhen vnnd erbuetten G(pc), ſein gnaden hoch danckhen, Vnnd endtpietten S. dannckhen] danckh ném W, Dannckhen GS. 2 entgegen] gegen G(pc). 4 schieden] ſchaiden S. 5 kaiser] Rom: Khaiſer wider G(ac). 8 die glocken] fehlt G(pc)S. 10 dem allmóchtigen zu lob und dem kaiser zu eren] dem Allmechtigen zue Ehr, Vnnd dem Keÿſer zue Lob S. 12 úbergeben] fehlt G(ac). 14 kaiser] Khaiſeꝛ gab G(ac). 15 des durchleúchtigisten fúrsten und herren hernn Lasslawens] Khünig Laſslaw G(ac). 16 kunig ze Ungernn und ze Pehem etc] zue

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81. Wie die Wiener, geistliche und weltliche, nach Wiener Neustadt zum Römischen Kaiser gezogen sind

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weltliche, den Kaiser in Wiener Neustadt. Sie kamen voller Freude nach Wien und brachten ein Banner in die Stadt, auf das ein Adler mit zwei Köpfen gemalt war. Man läutete die Glocken aller Klöster und Kirchen für eine ganze Stunde und entzündete Freudenfeuer auf allen Plätzen und in den Gassen, Gott dem Allmächtigen zu Lob und dem Kaiser zu Ehren.

82. Wie Herzog Sigmund sein Drittel des Landes Österreich, das er von König László geerbt hatte, dem Römischen Kaiser übergab Im selben Jahr nach dem Tod des durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn László, König von Ungarn und Böhmen etc., Herzog von Österreich und Markgraf von Mähren – Ehre seinem Andenken –, fiel ein Drittel des Landes Österreich mitsamt seinen Nutzen und Renten und anderen erblichen Herrschaftsrechten an Herzog Sigmund, und die anderen zwei Drittel fielen an den Römischen Kaiser Friedrich und seinen Bruder Herzog Albrecht. Doch dem genannten Herzog Sigmund blieb von den jährlichen Einkünften seines Drittels nicht viel übrig, denn alles Geld, das anfiel, ging in den Kriegen, die seinerzeit im Land herrschten, auf. Der genannte Herzog Sigmund war wegen eines groben Verstoßes, den er gegen den Heiligen Vater, den Papst, und den Heiligen Stuhl zu Rom begangen hatte, indem er Nicolaus de Cusa, einen Kardinal

vngern vnnd Böhaimb G(ac), Khünig zue vngern vnnd zu Böhaimb G(pc), zue Vngern, Vnnd zue pehem Künig etc S. 21 den rómischen kaiser Fridreichen] den Fridrichen den Rom: Khaiſer G(ac). 24 gehaben] haben G. | alles gelt das geviel gieng auf di krieg] alles gelt, das da gefiell, gieng auff die Khrieg G(ac), alles geltt das fiell ganz auff den Krieg G(pc). 25 vor handen waren] verhannden waren G(ac), in dem Lanndt waren G(pc), in dem Lanndt war S. 27 ettwas] etlichen S. | verhandlung] Hanndlung G. 28 den] fehlt G.

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82. Wie hertzog Sigmund hat úbergeben seinen drittail in dem land Osterreich dem rómischen kaiser, den

hett, darumb das er Nicolaum de Cusa, ainen cardinal und bischoven ze Prichsen, auch den pischof zw Trientt hett gefangen, in den grossen pan komen und mocht dar aus in langer zeit nicht gepracht werden, wie wol er von solicher excommunication wegen appelliert fúr ein kunfftigs concili und fúr all kristen fúrsten. Nachmalen ward im geraten von vil weltlichen und geistlichen person, das er an sech seiner sel hail und gedecht zu komen aus solhem pann, wenn er im an leib und an seel gar schedlich wér. Nach solichem ratt und underweisung ward [80rb] pewegt hertzog Sigmund zu diemuetikait und gedacht weg, sich zu versúenen mit dem hailigen vater dem pabst und dem stuel ze Róm, das doch nicht wol gesein mocht an willen und wissen des rómischen kaisers, seins vetternn. Davon schickt er zu im sein rétt und lies in pitten, das im sein gnad mit dem heiligen vaternn dem pabst und dem stuel ze Róm ain gúte verainigung machiett, das er kem aus dem pann. Darumb wolt er seinen genaden den drittail seiner erbschaft, den er hiett in dem lannd Osterreich, gentzlichen úbergeben. Als das vernam der rómisch kaiser, gab er darzú seinen willen. Und das auch das land Osterreich dester pelder in frid und ainikait mocht gesetzt werden und ain regierung wúrd, als von allter wer herkomen, und das auch fúrbaser die fúrsten des hauss von Osterreich in lieb und frewntschaft gegen einander beliben, pracht derselb rómisch kaiser hertzog Sigmundn mit dem heiligen [80va] vater dem pabst und dem stuel ze Rom in ain freuntliche verainigung und bericht und ward darauf gepoten von dem heiligen vater dem pabst, dem ertzpischof zw Saltzpurckh, das er den egenantn hertzog Sigmunden allenthalben in seinem pistumb und gewaltsamen als ein metropolitan aus dem pann solt verkunndn, wenn er wider die frevel, so er wider sein

2 bischoven] Biſchoff G(ac)S. | hett gefangen] fefanngen hett G(ac). 3 den] fehlt G(ac). 4 nicht gepracht werden] nit Khomen G(pc)S. 5 concili] Concilium G(ac), Concilÿ S. 6 Nachmalen] Nach dem Allen G(ac). 7 und geistlichen] fehlt G(ac). 8 sel] Seelen G. 9 an2] fehlt G(ac). 12 und dem stuel ze Róm] fehlt G(ac). 14 Davon] Darumb G(ac). 16 dem2] fehlt S. 17 gúte] guettige GS. 18 seinen] ſeiner G. 19 in] an G. 20 rómisch] fehlt G. 21 Und] fehlt G. 21 – 23 land Osterreich dester pelder in frid und ainikait mocht gesetzt werden] Lanndt Oſſterreich in fridt vnnd

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5 [G 198v]

10 [R 158]

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82. Wie Herzog Sigmund sein Drittel des Landes Österreich, das er von König László geerbt hatte, dem

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und Bischof von Brixen, und auch den Bischof von Trient gefangen nahm, unter Kirchenbann gestellt worden, aus dem er lange Zeit nicht erlöst werden konnte, obwohl er wegen dieser Exkommunikation ein Konzil einberufen wollte und sich an alle christlichen Fürsten wandte. Daraufhin wurde ihm von vielen weltlichen und geistlichen Personen geraten, er solle auf sein Seelenheil achten und die Aufhebung des Bannes anstreben, da ihm dieser an Leib und Seele schade. Durch diesen Rat und diese Unterweisung wurde Herzog Sigmund zur Demut und zur Aussöhnung mit dem Heiligen Vater, dem Papst, und dem Heiligen Stuhl zu Rom bewogen, was jedoch nicht gut ohne Willen und Wissen des Römischen Kaisers, seines Vetters, geschehen konnte. Deswegen schickte er seine Räte zu ihm und ließ bitten, dass Seine Gnaden mit dem Heiligen Vater, dem Papst, und dem Heiligen Stuhl zu Rom eine Einigung vermittle, sodass er aus dem Bann käme. Dafür wolle er Seiner Gnaden sein geerbtes Drittel des Landes Österreich zur Gänze übergeben. Als das der Römische Kaiser hörte, willigte er ein. Damit auch das Land Österreich umso schneller zu Frieden und Einigkeit gelangen könnte und eine Regierung bekäme, wie es sich seit jeher gehörte, und die Fürsten des Hauses Österreich in Liebe und Freundschaft verbunden wären, einte und versöhnte der Römische Kaiser Herzog Sigmund mit dem Heiligen Vater, dem Papst, und dem Heiligen Stuhl zu Rom. Daraufhin gebot der Heilige Vater, der Papst, dem Erzbischof von Salzburg, überall in seinem Bistum und seinem Herrschaftsgebiet in seiner Funktion als Metropolit den Bann aufzuheben, da er, Sigmund, für die Frevel, die er gegen Seine Heiligkeit und den Heiligen Stuhl zu Rom

Ainigkheit deſter bälder geſezt möcht werdn G(pc)S. 24 fúrbaser] fürbaſs GS. 26 hertzog Sigmundn] mit dem Herzog Sigmund_ G(ac). | mit] vnd G(ac). 27 dem1] den G(ac), fehlt G(pc)S. 28 und bericht] fehlt G(ac). 29 pabst] babſt vnd dem Stuel zue Rom G(ac). 32 metropolitan] Metrÿ politen G(ac). 33 wenn] Den S. wider1] vmb GS.

2 pischof zw Trientt: Georg II. Haak von Themeswald, Bischof von Trient (1446 –1465). | Trientt: Hauptstadt der autonomen Region Trentino-Südtirol, Italien.

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82. Wie hertzog Sigmund hat úbergeben seinen drittail in dem land Osterreich dem rómischen kaiser, den

heilikait und dem stuel ze rom hiet begangen, ain vollige bemúgung getan hiett. Darauf ward hertzog Sigmund zu Wienn und anderen enndten gekundt aus dem pann und gab dem rómischen kaiser umb seinen drittail, den er in dem land Osterreich hett, genúgsame verschreibung. In solichen verschreibungen er sich fúr sich selbs und sein erben vertzech aller gerechtikait und gewaltsam, die sy daran gehabt heten, die weil méndlicher stam da wér. Ob sich aber géb nach schickung des almochtigen Gots, das der rómisch kaiser an leibserben, das sún wéren, abgieng und [80vb] verschied, oder ob er sún hinder im liess, das die auch an erben abgiengen ee wenn sy zw iren beschaiden jaren kemen, das dann hertzog Sigmund und sein erben als dann widerumb in irer erblichen gerechtikait stén als vor. Und solich verschreibung und verzeichnuss solt in dann an irer erbschaft chainen schaden noch hindernúss nicht pringen. Er schickt auch den von Wienn einen entslach brieff. Dar innen wúrden sy ledig gesagt irer gelubd und aid, damit sy im zw seinem drittail gepunden waren, und bevalh in, nu fúrbaser, den rómischen kaiser, als herren und landsfúrsten, und sein erben, als vor berúrt ist, nu fúrbaser fúr und fúr gehorsam und gewertig ze sein.

83. Wie die von Wienn auf hertzog Sigmunds entslach brief dem romischen kaiser haben gesworen 4.6.1465

Desselben jars an Sand Ulreichs tag senndt der rómisch kaiser gen Wienn den hochgeporen und die hochwirdigen fúrsten, [81ra] hern Ernsten, des heiligen rómischen reichs kúrfúrsten und hertzogen zu Sachsen, herren Ulreichen,

3 enndten] ortten G(ac). 4 umb] fehlt G. | in dem land Osterreich] fehlt G(ac). 5 hett] fehlt W, hett G, hiett S. 6 solichen verschreibungen] ſolcher Verſchreibung G(ac), ſolchem Schreiben G(pc)S. 7 vertzech] Verzihe G(ac), Verzeihe G(pc), Verzich S. 8 stam] ſtannd G(ac), ſtamb G(pc)4. | da] fehlt G(ac). 10 das sún wéren] fehlt G(ac)S, oder dz wern Sun G(pc). 11 und verschied] fehlt G(ac). | oder ob er] oder aber G, od’ aber ſo er S. 12 wenn] wann G, fehlt S. 13 dann] dem S. | Sigmund] Sigmunnd_ G(ac). 15 als] wie G(ac). 17 hindernúss] verhindernuſs G. 18 entslach

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5 [R 159]

10 [G 200r]

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20 [G 200v]

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[S 67r]

82. Wie Herzog Sigmund sein Drittel des Landes Österreich, das er von König László geerbt hatte, dem

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begangen hatte, ausreichend gesühnt habe. Darauf wurde Herzog Sigmund in Wien und an anderen Orten aus dem Bann gelöst und überschrieb dem Römischen Kaiser sein Drittel, das er am Land Österreich hatte, zur Gänze. In diesen Verträgen verzichtete er für sich und seine Erben auf alle Rechte und Herrschaftsansprüche, solange es männliche Nachfolger gäbe. Wenn aber nach Willen des allmächtigen Gottes der Römische Kaiser ohne leibliche Erben, die Söhne wären, bliebe und sterbe, oder wenn er Söhne hätte, die ihrerseits ohne Erben verstürben, bevor sie mündig geworden wären, dann sollten Herzog Sigmund und seine Erben ihr altes Erbrecht wiedererlangen. In diesem Fall sollten ihnen diese Verträge und Überschreibungen kein Hindernis und keine Schmälerung ihres Erbrechts bedeuten. Er schickte auch den Wienern eine Verzichtsurkunde. Darin wurden sie von ihren Gelübden und Eiden entbunden, mit denen sie ihm zu einem Drittel verpflichtet waren, und er befahl ihnen, in Zukunft dem Römischen Kaiser als Herrn und Landesfürsten und seinen Erben, wie es vorher geschildert wurde, von nun an und für immer gehorsam und dienstbar zu sein.

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83. Wie die Wiener, auf Herzog Sigmunds Verzichtsurkunde hin, dem Römischen Kaiser Gefolgschaft schworen

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Im selben Jahr, am Tag des heiligen Ulrich, schickte der Römische Kaiser den hochgeborenen Fürsten Herrn Ernst, Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches und Herzog von Sachsen, und die hochwürdigen Herren, Herrn Ulrich, Bischof von Passau und Römischer Kanzler, Herrn Ulrich,

brieff] brieff G(ac). | gesagt] fehlt G(ac). 19 im] fehlt G(ac). 20 in] fehlt G(ac). 22 ist] fehlt G(pc)S. | fúrbaser] fürbaſs G(ac)S. ze sein] zue ſein etc. G. 27 die] fehlt G(pc)S. 28 hern] fehlt G. des] vnd des G. | rómischen] fehlt S.

28 Ernsten: Ernst von Sachsen (1441–1486), Kurfürst von Sachsen (ab 1464), Landgraf in Thüringen (ab 1485), Markgraf zu Meißen.

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83. Wie die von Wienn auf hertzog Sigmunds entslach brief dem romischen kaiser haben gesworen

9.6.1465 (10.6.1465)

pischoven zu Passau, rómischen kantzler, hernn Ulrichen, pischoven zu Gurckh, und ander seiner kaiserlichen gnaden rett. Die namen auf von reichen und armen in der púrck ze Wienn auf hertzog Sigmund entslachbrieff gewondlich gelúb und aid am sambstag nach Udalrici, das man in an statt und zu hanndenn des kaisers williklichen tétt.

84. Anno Domini millesimo quadringentesimo sexagesimosexto. Von der gepúrd hertzog Johansen, des kaisers sun 8.8.1466

9.2.1467

Desselben jars am freitag vor Laurentii ist warden geporen der hochgeporen fúrst hertzog Johanns, des rómischen kaisers sún, der darnach in seiner jugent mit dem tod verschied am montag nach esto michi anno etc. LXVII°.

85. Von der verainigung wegen des kunigs von Polan und der herren von Preẃssen 15.8.1465

Desselben jars als umb unser lieben frawntag der schí[81ra]dung schickt der heilig vater pabst Paulus der ander ainen legaten in die statt gen Pressla und auch in die stétt gelegen an der see. Der weist das volkh daselbs zu widerstén der ketzerei zw Pehem, und nach dem der kunig von Polan und die herren von Prewssen in mercklich krieg gegen einander komen waren, der nu menigere jar zwischen in gewert hett, da durch dieselben herren von

2 ander seiner kaiserlichen gnaden rett] anndere Khaiſerliche Räth G(ac), anndere Khaiſerliche: gnd: Räth G(pc). 3 reichen und armen] armb vnnd Reich G, armen vnd Reichen S. 5 sambstag nach Udalrici] Sontag Vlrici G(ac), Sontag Vdallrici G(pc). 6 in an statt] in der Statt S. | williklichen] pilligkheit S. 8 quadringentesimo] quadringeſimo G(ac). 11 warden] fehlt S. 13 der] fehlt G. 14 anno etc LXVII°] Aō 67. GS. 15 wegen] fehlt GS. 17 der schidung] fehlt G(ac). 22 Polan] Ursprünglich Pehem, dann Rasur und Korrektur zu Polan. Vermutlich vom Schreiber selbst W. | mercklich] merckhlich_ GS. 23 gegen einander] miteinand’ S. | menigere] mänig G(ac)S.

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[G 201r]

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3. Wie die Wiener, auf Herzog Sigmunds Verzichtsurkunde hin, dem Römischen Kaiser Gefolgschaft

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Bischof von Gurk, und andere Räte Seiner Kaiserlichen Gnaden nach Wien. Die nahmen den Reichen und Armen in der Burg zu Wien am Samstag nach dem heiligen Ulrich auf die Verzichtsurkunde Herzog Sigmunds hin die üblichen Gelübde und Eide ab, die man ihnen als Vertretern und zugunsten des Kaisers willig leistete.

84. Anno Domini 1466. Von der Geburt Herzog Johanns, des Kaisers Sohn

10

Im selben Jahr am Freitag vor dem heiligen Laurentius wurde der hochgeborene Fürst, Herzog Johann, der Sohn des Römischen Kaisers, geboren, der am Montag nach dem siebten Sonntag vor Ostern anno 1467 sehr jung verstarb.

85. Über die Versöhnung des Königs von Polen und der Herren von Preußen 15

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Im selben Jahr um Mariä Aufnahme in den Himmel schickte der Heilige Vater, Papst Paul der Zweite, einen Legaten in die Stadt Breslau und auch in die Städte, die an der See lagen. Er wies das Volk dort an, der böhmischen Ketzerei zu widerstehen, durch die der König von Polen und die Herren von Preußen in einen heftigen Krieg miteinander geraten waren, der nun viele Jahre zwischen ihnen angedauert hatte und durch den die Herren von Preußen etliche Schlösser verloren hatten. Auch die namhaftesten Städte wie Danzig, Thorn etc. und andere Städte sagten sich von ihnen los. All dies geschah wegen

10 Johansen: Johann von Habsburg (* 1466, † 1467), Sohn Kaiser Friedrichs III. vgl. Hamann, Brigitte (Hg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, Wien 1988. 18 Paulus der ander: Paul II. (Pp.) (* 1417, † 1471), mit bürgerlichem Namen Pietro Barbo, Papst (ab 1464). 19 Pressla: Breslau, Verwaltungssitz des gleichnamigen Powiat, Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien, Polen.

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85. Von der verainigung wegen des kunigs von Polan und der herren von Preẃssen

Preẃssen menige geslozzer verloren heten. Sich slúgen auch von in die nambhaftisten stétt, als Tanntzk, Tora etc. und ander stétt. Das alles geschach von wegen ir und irer amptleẃtt posen regentz, und sagten sich zue dem kunig von Polan. Es ward auch ir haupgeslos Mergenburck durch die soldner ingenomen und umb iren sold verrer úbergeantwúrt dem von Polan, der dieselben soldner betzalt, und téten an iren lannt und léwten merckhlichen scheden. Doch zum lesten ward paid tail des kriegs verdriessen, wenn die von [81va] Preẃssen heten nu verloren so vil, das sy nit mer heten, auf den krieg ze legen. Desgeleichen auch der von Polan, doch hett er in dem krieg albeg den vorslag. Das machten die stett, die sich an in heten geslagen, die hulfen im mitt grossem gelt. So ward villeicht der legat von paiden tailen in gehaim angelangt und gepeten, sich in die sach ze setzen und darunder ze taidingen, damit den ketzernn zu Pehem durch solich ainikaitt, ob die beschech, desterpass mócht widerstanden werden. Darauf setzt sich der legat in die sach und sties an taiding zwischen paiden tailen und macht zwischen in nach verhengnuss des almochtigen Gots ainen frid auf ewig zeitt in solher mass, das die stétt, so sich an dem ersten an den kunig von Polan hieten geslagen, auch stétt und geslózzer, so er in dem krieg hiett gewunnen, und nemlich das geslos Mergenburckh dem selben von Polan beleiben, da entgegen er all sóldner auf paiden tailen [81vb] irs solds und scheden entrichten und aus dem lannd vertigen solt. Was aber der anderen stet und geslozzer weren, die sich der herren von preẃssen in dem krieg hieten gehalten, auch die stett und geslozzer die in durich den spruch des legaten in den taidingen wéren zúgesprochen warden, die solten sich fúrbaser mitsambt

1 menige] menig’e G(pc). | geslozzer] Schloſſer G(ac), Schlöſſer G(pc)S. 2 auch] fehlt G(ac). | nambhaftisten] nambhafftigen G(pc), Namhafften S. 2 – 4 als … regentz] fehlt G(ac). 7 úbergeantwúrt] vberantwort G(ac). 8 lannt und léwten] ſóldnern lannt v léwt W, Lannd_ vnd Leütten GS. | merckhlichen scheden] fehlt G(ac), zu beid‘ ſeidt_ merckhlich groſs ſchäden G(pc), merckhlichen groſsen ſchaden zue baider ſeidten S. 9 ward] wardtn G(pc)S. 10 die von] die herrn von G. 11 verloren so vil] ſouiel verloren G(ac). 14 an in] Inn S. 15 von] in G(ac), den G(pc), derꝛ S. | in gehaim] von Jnen G(ac). 20 taiding] ain Thädtung GS. 21 verhengnuss] d‘

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85. Über die Versöhnung des Königs von Polen und der Herren von Preußen

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ihrer und ihrer Amtsleute schlechten Regentschaft, und so unterstellten sie sich dem König von Polen. Auch ihr Hauptschloss, die Marienburg, wurde von Söldnern eingenommen und später für deren Sold dem von Polen übergeben, der diese Söldner ausbezahlte, die an Land und Leuten großen Schaden angerichtet hatten. Doch zuletzt waren beide Seiten des Krieges überdrüssig, denn die Preußen hatten bereits so viel verloren, dass sie nichts mehr für den Krieg aufbringen konnten. Ebenso erging es dem von Polen, doch der hatte im Krieg stets die Oberhand. Das war wegen der Städte so, die sich auf seine Seite geschlagen hatten und die ihn mit viel Geld unterstützten. Offenbar deshalb wurde der Legat von beiden Seiten heimlich beauftragt und gebeten, sich der Sache anzunehmen und die Verhandlungen zu leiten, damit den böhmischen Ketzern durch diese Einigung, sofern sie zustande käme, umso mehr Widerstand entgegengesetzt werden könnte. Daraufhin nahm sich der Legat der Sache an, berief Verhandlungen der beiden Parteien ein und vermittelte nach dem Willen des allmächtigen Gottes einen immerwährenden Frieden, der vorsah, dass die Städte, die sich auf die Seite des Königs von Polen geschlagen hatten, und die Städte und Schlösser, die er im Krieg gewonnen hatte, und vor allem die Marienburg bei dem von Polen bleiben sollten. Im Gegenzug sollte er den Sold und die Schäden der Söldner auf beiden Seiten bezahlen und sie aus dem Land weisen. Jene Städte und Schlösser aber, die sich im Krieg an die Herren von Preußen gehalten hatten, und auch jene Städte und Schlösser, die ihnen in den Verhandlungen durch das Urteil des Legaten zugesprochen worden waren, die sollten

Verhengnuſs G(pc)S. 23 den] fehlt G(pc). | von Polan] fehlt S. 24 stétt] die Stett GS. | geslózzer] ſchlöſser S. 25 geslos] Schloſs S. 29 der] die G(ac). 30 hieten gehalten] gehalten hetten G(pc)S. 31 in den taidingen] in dem thadtung G, in den Taiding S. 32 zúgesprochen] zueſprochen G.

2 Tanntzk: Danzig, poln. Gdańsk, Hauptstadt der Woiwodschaft Pommern, Polen. | Tora: Toruń, dt. Thorn, eine der beiden Hauptstädte der polnischen Woiwodschaft Kujawien-Pommern, Polen.

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85. Von der verainigung wegen des kunigs von Polan und der herren von Preẃssen

dem landt gehorsamlichen halten der egenanten herren von Preẃssen. Und ain yeder óberister hochmaister des egenanten ordens solt nu furbaser in kúnftigen zeiten obrister sein in dem ratt des kunigs von Polan. Und zu hannt nach besliessung des fridts slueg sich an den kunig von Polan die stat zu Pressla, wenn sy wolten dem kunig von Pehem als aim ketzer mit undertánikait nicht gehorsam sein.

[G 203r]

86. Wie die rómisch kaiserinn hat angewunnen dem von Puechaim das geslos Rauchenstein

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Desselben jars, als die rómisch kaiserin aus den kindtpeten was komen, zuhannt fuegt sich ir genad gen Paden [82ra]. Und als sy nu genueg het gepadt, zoch sy in das kloster zum Heiligen Kreẃtz und von dann wider in die Newnstatt. Und an dem zug fúr das geslos Rauchenstain ward ir ettwas guet durch her Wilhalms von Puechaim diener, die dasselb geslos innhietten, aus iren kamerwagen genomen, das in aber durch die diener der kaiserin wider abgedrungen ward. Als das gelangt an die kaiserin, die besannt pald ettlich des kaisers haupleut, diener und hofgesind und schuef mit in das geschlos Rauchenstain zu pelegen, das sy von stundt téten. Ir schickten auch die von Wienn zehilff für das benandt geslos ir leẃtt. Desgeleichen wúrden auch auf ervordert die leútt an ettlichen enden

2 ain yeder óberister hochmaister] Ain Iedlich Hochmaiſter G(pc)S. 3 furbaser] fürbaſs GS. 4 Und zu hannt nach] darnach zuehandt der G(ac), vnnd zue hanndt nach der S. 6 die stat zu Pressla wenn] die Statt zue preüſſen, dann G(ac), die Statt zue preſsla, dann S. 7 mit undertánikait] fehlt G(ac). 10 Puechaim] Puham S. 11 kindtpeten] Kindl pedn S. 13 genueg] auſs G(ac). 14 zum] fehlt G(ac), zue dem S. 15 geslos] Schloſs S. 17 dasselb] daſſelbig G. | aus] auſs G(pc)S. | iren] Jrem GS. 18 das … kaiserin2] fehlt G(ac). 20 besannt] beſambt G, ſandt S. | ettlich des kaisers haupleut] des Khaiſers Haubtleütt etlich G(pc)S. | diener] fehlt G(pc)S. 21 hofgesind] dz Hoffgeſindt G(pc)S. | zu pelegen] bald zuebelägern S. 22 von stundt] von ſtundt an G(ac). 23 zehilff] zue G(ac). | benandt] benandt G(ac). | geslos] Schloſs S. 24 ervordert] aufgeuard’t G. | an ettlichen enden] an allen ortten G(ac).

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[S 68r] 15

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85. Über die Versöhnung des Königs von Polen und der Herren von Preußen

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mitsamt den zugehörigen Ländereien in Zukunft den zuvor genannten Herren von Preußen gehorsam sein. Und jeder oberste Hochmeister des vorher genannten Ordens sollte von nun an und in Zukunft auch Höchster im Rat des Königs von Polen sein. Sofort nach dem Beschluss des Friedens unterstellte sich die Stadt Breslau dem König von Polen, denn die Bewohner wollten dem ketzerischen König von Böhmen nicht als Untertanen gehorsam sein.

86. Wie die Römische Kaiserin das Schloss Rauhenstein von dem von Puchheim erobert hat Im selben Jahr, als die Römische Kaiserin aus dem Kindbett kam, reiste Ihre Gnaden umgehend nach Baden. Als sie genug gebadet hatte, zog sie ins Kloster Heiligenkreuz und schließlich wieder nach Wiener Neustadt. Als sie am Schloss Rauhenstein vorbeizog, wurden ihr einige Kostbarkeiten von Dienern Wilhelms von Puchheim, die dieses Schloss besetzt hielten, aus ihrem fürstlichen Reisewagen gestohlen, was ihnen aber von den Dienern der Kaiserin wieder abgenommen wurde. Als das an die Kaiserin gelangte, schickte sie umgehend etliche von den Hauptleuten, Dienern und dem Hofgesinde des Kaisers los und befahl ihnen, das Schloss Rauhenstein zu belagern, was sie sofort taten. Auch die Wiener schickten ihr ihre Leute vor das genannte Schloss zu Hilfe. Außerdem wurden die Leute von überall unter dem Gebirge zur Heerfolge aufgefordert, und man errichtete davor Basteien und bestückte sie mit schwerem

10 Puechaim: Wilhelm II. von Puchheim (* um 1444 –1483), Rat Friedrich III., Obersttruchsess (ab 1459), Anführer der Puchheimer Fehde gegen den Kaiser, 1467 wieder in die Gnade des Kaisers aufgenommen, vgl. Heinig, S. 1741. | Rauchenstein: Heute Burgruine Rauhenstein, nordöstlich des Flusses Schwechat im Helenental, Ortsgebiet Baden bei Wien, Niederösterreich. G(ac) überliefert den Burgnamen Raucheneckh. Burg Rauheneck liegt gegenüber der Burg Rauhenstein und sicherte mit ihr gemeinsam den Eingang ins Helenental. Hist. korrek ist wohl Rauhenstein. Vgl. [RI XIII] H. 22 n. 152, in: Regesta Imperii Online. 13 kloster zum Heiligen Kreẃtz: Stift Heiligenkreuz im Wienerwald, Niederösterreich.

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86. Wie die rómisch kaiserinn hat angewunnen dem von Puechaim das geslos Rauchenstein

under den gepirig, und man macht dafúr pastein, und pracht dar in grossen zeug von púchsen, damit man das egenant geslos eins tails zw schas. Die in dem haws waren wérten sich gar vasst, doch zum lessten ward es gewunnen mit dem stúrm und der phleger mitsambt andren [82rb] seinen knechten wurden gefúrt in die Newnstat, daselbs sy in vencknúss wúrden gehalten, untzt die sach zwischen dem kaiser und dem von Puechaim gericht ward.

87. Von dem kunig von Ungernn und den raubernn, genannt die prúder Desselben jars, als der von Vettaw mit seinen pueben und raubernn raumbt den teber zu Putten, desgeleichen Frantz von Gehag und der Swelli mit iren helfernn und pueben den marckt zu Hedersdorff, darnach zugen sy aus dem land ze Ósterreich in das kunigreich ze Ungernn. Daselbs fiengen sy an ze pawen einen teber pei Tírna und machten den gar vest und téten in dem selben kunigreich merckhlichen schadenn, da durch das geschrai der armen menigveltiklichen kom fúr den kúnig. Dem chunig erparmmt das gross verderben der armen leútt, auch die verwúgstung des kunigreichs und besambt sich mit ainem michelnn volkh. Mit dem kom er gen Prespurckh. Er pracht [82va] auch mit im dar gueten zeug von púchsen, schermen und anttwerchen und schickt ainen tail seins volks in die stat gen Tirna und nam auf von deútschem volkh, was im kóm, die er auch legt gen Tirna, damit den

1 den] dem GS. | pastein] ain paſſteÿ G(ac). 2 pracht] machten G(ac). 5 andren] fehlt G(ac). 6 seinen] fehlt G(pc)S. 7 in] fehlt S. vencknúss] gefenckhnuſs GS. 8 kaiser] Römiſch_ Khaiſer G(ac). ward] was G, wardt etc. S. 11 seinen pueben] ſeinem bruedern G(ac), ſeinem Bueben G(pc). 12 raumbt] Rennt G(ac). | Putten] Betten G(ac). 13 Gehag] Gehoch G(ac). | Swelli] Schrelb G(ac), Schwolli G(pc)S. 15 ze2] fehlt G(ac). 16 fiengen] hueben G(pc)S. ze pawen einen teber] ain Theber G(ac), einen Teber zue pauen S. pei] zue G. 18 der armen menigveltiklichen kom] der Armen Khäme G(ac), der armen menigfeltiglich Khäme G(pc), manigfeldigklich kham Von den Armen S. 19 Dem chunig] den G(ac), den Khonig G(pc). 20 gross] fehlt G(ac). | verderben] geſchreÿ G(ac). 22 michelnn] mächtig_ G(ac)S. | Mit dem kom

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[R 162]

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86. Wie die Römische Kaiserin das Schloss Rauhenstein von dem von Puchheim erobert hat

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Geschütz, mit dem man einen Teil des oben genannten Schlosses beschoss. Diejenigen, die im Haus waren, wehrten sich heftig, doch zuletzt wurde es erstürmt, und der Pfleger wurde mitsamt seinen Knechten nach Wiener Neustadt gebracht, wo sie gefangen gehalten wurden, bis die Angelegenheit zwischen dem Kaiser und dem von Puchheim geklärt war.

87. Vom König von Ungarn und den Räubern, genannt die Brüder 10

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Im selben Jahr, als der von Vöttau mit seinem Gesindel und seinen Räubern den Tabor zu Pitten räumte und Franz von Gehag und der Swelli mit ihren Helfern und ihrem Gesindel den Markt von Hadersdorf, da zogen sie aus dem Land Österreich in das Königreich Ungarn. Dort bauten sie einen Tabor bei Tyrnau, befestigten ihn gut und fügten demselben Königreich großen Schaden zu, worüber das Geschrei der Armen von vielen Seiten bis zum König vordrang. Den König erbarmte die große Not der armen Leute und auch die Verwüstung des Königreichs, und er sammelte ein großes Heer um sich. Mit dem zog er nach Preßburg. Er brachte auch gutes Kriegsgerät, also Kanonen, Schilde und andere Belagerungsgeräte, mit und schickte einen Teil seines Heeres in die Stadt Tyrnau und nahm auf, was ihm an deutschem Kriegsvolk unterkam. Die verlegte er auch nach Tyrnau, damit dem Feind die Flucht verwehrt wurde, bis der König für den Angriff

er] Vnnd kham S. 23 dar] gar S. 24 anttwerchen] zindtwerckhen G(ac). 25 in die stat] fehlt S. | und … Tirna] fehlt G(ac).

12 Putten: Pitten, Marktgemeinde im Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich. | Frantz von Gehag: Franz von Gehag, Gemeinsam mit dem Swelli tätiger Räuberhauptmann; Bei Vancsa als Franz von Gagh. 13 Swelli: Söldnerführer und Räuber (auch Schwelli, Schwelling, Schrelb, Schwolli). 16 Tírna: Tyrnau, slowak. Trnava, Hauptstadt des Trnavský kraj und des Okres Trnava, Slowakei.

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87. Von dem kunig von Ungernn und den raubernn, genannt die prúder

veinten wúrd gewért das ausraisen, untz der kunig berait wúrd zu dem fúrslag. Die Pehem und die rauber besargten sich nichts vor den Ungernn, sunder sy heten núr ir acht auf die Deútschen. Ains tags teten dieselben rauber ain raiss und komen in die gegent umb Tirna als mit súben hundertt pherdten und namen das viech. Als das geschrai kom in die statt Tierna, do machten sich auf die Unger und die Deútschen und komen auf das veld ze rossen und ze fuessen und eilten die rauber. Die gaben die flucht mit einer ordnung und wolten die dardurch aus irem geschickt pringen, des aber nicht geschach, wenn sy waren fúrsichtig und heten guet haupléut, die zu solhem schimpf ein versten heten. Als das sachen die rauber, das die Ungernn und Deútschen [82vb] aus irer ordnung nicht wolten entlassen und auf sy mit hauff drungen, do cherten sich die rauber mit irem hauffen gegen den Ungernn und Deẃttschen und teten mit in ein treffen. Die Unger bestúnden am ersten gar mendlich und legten vil nyder der rauber und prachten sy in die flucht. Der von Vettau und Frantz vom Gehag mitsambt anderen wúrden gefangen und getégt auf dem veld. Darnach eylten die Unger zw der statt Tirna, und die deutschen fuezknecht mochten in nicht gevoligen. Als das sach der Swelli, der dennoch ein geraisigen zeug pei im hett, das die Unger eylten zu der statt und liessen die deutschen allain auf dem veld, do sprengt er mit seinem geraisigen zeug in das fuezuolkh, die sich gar mándlich werten und gedachten, die Unger wúrden in ze hilff komen. Des sy nicht teten, sunder sy liessen sy stecken in den nóten. Do wúrden der Deútschen als auf zwaihundert erslagen und ettlich gefangen und gefúrt [83ra] auff den Teber. Der Frantz mit anderen, die gefangen wuerden, stellten sich dem kunig gen Tirna. Aber der von Vettaw stéllt sich nicht und het ausred, er hiet nyemant gelobt. Der kúnig von Unngernn begert auch an den romischen kaiser, im hilff ze senndten wider die

1 wúrd] wurden G(ac). 3 núr ir acht] hetten Jr acht nur G(ac). 5 umb] gen G(ac). 7 Tierna] zue Thirna G, gen Türna S. 9 Die] fehlt G(ac)S. 13 versten] verſtanndt G(ac)S. 14 Deútschen] die Teütſchen G(pc)S. | aus irer ordnung nicht wolten entlassen] nit auſs der ordnung wolten weichen G(ac), auſs Ihr ordnung nit wolten laſſen G(pc). 15 und auf sy mit hauff drungen] ſond‘ mit hauffen

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5 [R 163]

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87. Vom König von Ungarn und den Räubern, genannt die Brüder

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bereit war. Die Böhmen und die Räuber sorgten sich nicht wegen der Ungarn, sondern richteten ihr Augenmerk allein auf die Deutschen. Eines Tages unternahmen diese Räuber mit siebenhundert Berittenen einen Raubzug in die Gegend um Tyrnau und stahlen das Vieh. Als das Geschrei bis nach Tyrnau vordrang, machten sich die Ungarn und die Deutschen auf und kamen zu Fuß und zu Ross auf das Feld und verfolgten die Räuber. Die flüchteten mit einem Manöver, durch das sie die Reihen der anderen aufbrechen wollten, was aber nicht geschah, denn die waren umsichtig und hatten gute Hauptleute, die diese Taktik durchschauten. Als die Räuber sahen, dass die Ungarn und Deutschen ihre Reihen nicht verlassen würden und geordnet auf sie eindrangen, kehrten sich die Räuber mit ihren Haufen gegen die Ungarn und Deutschen und stellten sich ihnen. Zunächst hielten sich die Ungarn mannhaft und töteten viele Räuber und schlugen sie in die Flucht. Der von Vöttau und Franz von Gehag wurden mitsamt anderen gefangen genommen und noch auf dem Feld angeklagt. Danach eilten die Ungarn zurück in die Stadt Tyrnau, und die deutschen Fußsoldaten konnten ihnen nicht folgen. Als der Schwelli, der immer noch Berittene bei sich hatte, sah, dass die Ungarn in die Stadt eilten und die Deutschen alleine auf dem Feld ließen, sprengte er mit den Berittenen in das Fußvolk, das sich mannhaft wehrte und dachte, die Ungarn würden ihnen zu Hilfe kommen. Das taten sie aber nicht, sondern sie ließen sie im Stich. Da wurden in etwa zweihundert Deutsche erschlagen und etliche als Gefangene in den Tabor gebracht. Der Franz und andere Gefangene stellten sich dem König in Tyrnau. Doch der von Vöttau stellte sich nicht und argumentierte, er habe niemandem Gefolgschaft gelobt. Der König von Ungarn bat auch den Römischen

auff ſie trungen G(ac). 16 gegen den Ungernn und Deẃttschen] vmb G(ac). 18 bestúnden] ſtuenden GS. | am ersten] fehlt G(ac), zum Erſten G(pc)S. | nyder] darnider G(ac). | der rauber] fehlt G(ac). 21 und getégt auf dem veld] fehlt G(ac). 22 fuezknecht] Khnecht G(pc)S. | in] fehlt G(ac). 23 gevoligen] volgen S. 24 zeug] zug S. 28 sy2] fehlt WS. 29 in den nóten] in der Nott G(pc)S. 30 als] fehlt G. 31 den] ſein G(ac). 32 sich] ſi G(pc)S. 33 ausred] Viel Auſsrede G(ac). 34 an den] von dem S. 35 im] ein S.

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87. Von dem kunig von Ungernn und den raubernn, genannt die prúder

rauber, das er tét. Des geleichen pat er auch die lanntlewdt in Óstereich, die im auch darnach mit irem vollich hilff und peistand téten.

88. Wie der kunig von Ungernn fieng den hernn Wilhalm von Missingdorff und gewan im an das haus genannt Ratenstain

21.11.1465

Als nú der kúnig von Ungernn zw Prespúrgkh was und sich zúe richt zw dem fúrslag, do besandt er all die daselb umb an der gránitz gesessen warden. Desgeleichen vordert er herren Wilhalbem von Missingdorff, der dann sein diener was. Der aber an gélaidt zw im nicht kómen wolt und gab antbúertt, er vernám, das er an schuld swárleich vor seinen genaden verkchlagt scholt sein, darumb [83rb] er gelaidts bégert. Schikcht zw im an phinztag nach Sand Elspeten tag auff den Ratenstain der kúnig zwen herrn, ainer genant herr Niklas Zwppór, weida in Subenburgen, der ander genant herr Niklas von Únderlimbach, span zw Prespurgk. Die waren mit herren Wilhalmm wol wekchant und únder augen sein guet frewndt mit warten, aber mit werchen nichtt. Die sagtten im an stat des kúnigs und in seinem nam ain getrews kristenleichs gelaidt zue, wann sy vernámen kainerlai ungenad an dem kunig nicht, die er zw im hiet und strafften in mit warten vast, warumb er sich auff solich frómd réd wesargt und den kunig darumb wolt meiden. Und auff solich ir zuesagen und rat sagt in der selb herr Wilhalmm zue, er wolt des margens frúe zw dem kunig gen Prespurgk kómen, das er tét. Und frúe fúer er ze

2 mit irem vollich] fehlt G(ac). 3 téten] thättn etc. S. 4 – 372,12 Wie … ledig] Die Ereignisse rund um die Gefangennahme des Missingdorfers werden in den Hss. GS völlig anders beschrieben als in Hs W. Lediglich in den ersten ein bis zwei Sätzen stimmen alle Textzeugen im üblichen Ausmaß überein. Die Hss. G und S variieren den Text zueinander nur im üblichen Ausmaß. Der Text nach GS wird nachfolgend dargestellt, wobei G(pc) die Funktion der Leithandschrift übernimmt und Abweichungen der Hss. G(ac) und S im Apparat dargestellt werden.

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87. Vom König von Ungarn und den Räubern, genannt die Brüder

Kaiser, ihm Hilfe gegen die Räuber zu schicken, was dieser tat. Dasselbe bat er auch die Landleute in Österreich, die ihm daraufhin mit Soldaten Hilfe und Beistand leisteten.

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88. Wie der König von Ungarn den Herrn Wilhelm von Missingdorf fing und von ihm das Schloss Röthelstein eroberte Als nun der König von Ungarn in Preßburg war und sich auf den Angriff vorbereitete, da schickte er nach allen, die entlang der Grenze ansässig waren. Er berief auch Herrn Wilhelm von Missingdorf zu sich, der zu dieser Zeit sein Diener war. Der wollte aber nicht ohne Geleit zu ihm kommen und antwortete, er habe erfahren, dass er schuldlos von Seiner Gnaden schwer angeklagt worden sei, weshalb er nun Geleit verlangte. Da schickte der König am Donnerstag nach dem Tag der heiligen Elisabeth zwei Herren zu ihm auf den Röthelstein, einen genannt Herr Niklas Zuppor, Woiwode in Siebenbürgen, und einen anderen, genannt Niklas von Unterlimbach, den Span zu Preßburg. Die waren mit Herrn Wilhelm gut bekannt und waren mit Worten seine guten Freunde, mit Taten aber nicht. Die sagten ihm an Stelle des Königs und in seinem Namen ein treues, christliches Geleit zu, denn sie hätten von keiner Ungnade, in die er beim König gefallen wäre, gehört, und sie schalten ihn, dass er sich um solch seltsames Gerede kümmerte und deshalb den König meiden wolle. Auf ihre Zusagen und ihren Rat hin sagte ihnen Herr Wilhelm zu, am nächsten Morgen früh zum

6 Ratenstain: Heute Burgruine Röthelstein (Rothenstein) in Hainburg an der Donau. 14 phinztag nach Sand Elspeten tag: Die nur in W vorhandene Datumsangabe scheint irrig und nicht mit der weiter unten im Kapitel gemachten Angabe vereinbar. 16 Niklas Zwppór: Nikolaus Csupor, Woiwode von Siebenbürgen (1468–1474), Heeresführer unter Matthias Corvinus, Vgl. Tejertövi, S. 728. | Subenburgen: Siebenbürgen. Gebiet im Zentrum und Nordwesten Rumäniens. 17 Niklas von Únderlimbach: Nicolaus Bánfi von Alsó-Lindva (* um 1400, † 1474), unter Matthias Corvinus Obergespan von Pressburg, unter Kg. Wladislaus II. Oberkämmerer, vgl. JBdHg N.F. 3, S. 19.

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88. Wie der kunig von Ungernn fieng den hernn Wilhalm von Missingdorff und gewan im an das haus

1.9.1466

Thebem uber di Túnaw und rait der Túnaw nach ab untz in di Wedritz. Daselber hielten nú die Ungernn auff [83va] in an ainer múl, die er dann aus diser múl nach im sach eylen, der er aber wardt mit gueten willen, wann er auff den trast des gelaidts halben kain fúrsarg auff sy het. Des er aber nicht geniessen kund, sunder sy verbüntten und fiengen in salb zwéliften und prachten in mit sambt seinen dienernn auff das geslos Prespúrgk. Daselben ward er ritterlich gehalten úntz er gehailt. In der zeit gaben sein diener das geslos Ratenstain an allew nat und liessen ieren herren in der géfanknúss. Dar nach untz auff Sand Giligen tag prúefft der kunig sein unschuld und lies in wider ledig.

88 [GS]. Wie der Khünig von Vngern fieng den Miſsndorffeꝛ vnd gewan im ab daſs hauſs genandt Rattenſtain ./. Alſs der Khünig von Vnngern waſs zue preſſpurg vnd ſich zuricht zue dem Fürſchlag, da beſanbt er all, die da güetter hetten in dem Khünigreich vnd geſeſſen waren an der Grennzen vnnd gebott Jn zue Jm in dz Veldt zuekhommen. Deſſgleichen vord't er auch auff ſein gelaidt zu Im den Miſsndorffer, wann er namb zu dem Roettenſtain von allem guett, ſo gefüert wordt in das Khünigreich ze Vngern od' darauſs, merkhlich gelt ab. Darauſs er ſich mit Jn wolt underrett haben, das er Im vnnd ſein Volckh vnd ander Notturfft ane [206v] Jrrung hiett zue gen laſſen. Das glaitt aber der Miſsſndorffer verwidert vnd woltt zue dem Khünig nit Khommen. Es thett auch derſelb Miſsndorffer in Lanndt Öſſterreich mit Raub vnd annder

18 waren] fehlt G(ac). | der] den G(ac)S. 20 zu Im] fehlt G(ac). Miſsndorffer] Nuſsdorffer G(ac). | wann] de S. 22 ze] fehlt G(ac). | od' darauſs merkhlich gelt ab] fehlt G(ac). 23 mit Jn wolt underrett haben] mit Im wolt und'reden S. | wolt] fehlt G, wolt S. 24 ſein Volckh] ſeinem Volckh die Speiſs G(ac). | Jrrung] ſhaden S. | zue gen laſſen] zuegelaſſen G(ac)S. 25 Miſsſndorffer] Nuſsdorffer G(ac). | verwidert] verwiderts S. 27 Miſsndorffer]

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88. Wie der König von Ungarn den Herrn Wilhelm von Missingdorf fing und von ihm das Schloss

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König nach Preßburg zu kommen, was er auch tat. Und in der Früh fuhr er bei Theben über die Donau und ritt donauabwärts bis an die Weitritz. Dort warteten schon die Ungarn in einer Mühle auf ihn, die er dann aus der Mühle auf sich zueilen sah und auf die er ohne Argwohn wartete, denn er hatte wegen der Zusage des Geleits keine Bedenken ihretwegen. Das nützte ihm jedoch nichts, denn sie fesselten ihn und nahmen ihn und elf andere gefangen und brachten ihn mitsamt seinen Dienern auf das Schloss Preßburg. Dort wurde er standesgemäß versorgt, bis er gerettet wurde. In dieser Zeit übergaben seine Diener das Schloss Röthelstein ohne alle Gegenwehr und ließen ihren Herrn in Gefangenschaft. Bis zum Tag des heiligen Ägidius prüfte der König seine Unschuld und ließ ihn dann wieder frei.

88 GS. Wie der König von Ungarn den Missingdorfer fing und von ihm das Haus, genannt Röthelstein, eroberte 20

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Als nun der König von Ungarn in Preßburg war und sich auf den Angriff vorbereitete, da schickte er nach allen, die im Königreich Güter besaßen und an der Grenze ansässig waren, und befahl ihnen, zu ihm ins Feld zu kommen. Er berief auch zu seinem Geleit den Missingdorfer zu sich, denn der verlangte auf dem Röthelstein für alle Waren, die ins Königreich Ungarn hinein- oder aus diesem hinausgeführt wurden, hohe Steuern. Er wollte mit ihm darüber sprechen, dass er ihn und sein Volk und die notwendige Versorgung nicht behindere. Der Missingdorfer verweigerte das Geleit und wollte nicht zum König kommen. Derselbe Missingdorfer fügte auch im

Nuſsdorffer G(ac). haimblicher G(ac).

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in] in dem G(ac), im S.

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annder]

2 Wedritz: Die Vydrica (dt. Weitritz / Wödritz, selten auch Bystrica bzw. Bistritz) ist ein Bach im Südwesten der Slowakei. Sie entspringt in den Kleinen Karpaten und mündet in Karlova Ves (heute Stadtteil von Bratislava) in die Donau.

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88 [GS]. Wie der Khünig von Vngern fieng den Miſsndorffeꝛ vnd gewan im ab daſs hauſs genandt

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dieberej beÿ Tag vnnd nacht, geiſtlich_ vnnd weltlichen, merckhlich groß ſhäden. Er fienng auch die Leütt wo er die möchte ankhummen, die ſich umb gelt ledigen mueſſten. Eins tags ſhickhet der Khünig ſein schazmaiſter gen Wienn, der Jme Notturfft zue Veldt ſolt beſtellen. Darauff der Miſsndorfer ſein Khundtſhafft hett vnnd Kham in ain halt ſelb dreiſſigiſter zu Roſſen vnnd warttet auff den Schazmeiſter vnnd and‘e vnd wolt die haben gefanngen. Dz wardt geſagt dem Khünig. Der ſhickht eillendt ſein Volckh vnnd lieſs fahen in d' [207r] Halt den Miſsndorffer, der ſich am erſten vaſſt weret, vnz Jn ainer mit ainem Spieſs durchrandt. Da wardt er mit den ſeinen gefanngen, gefüret zue dem Khünig gen Preſſpurg vnnd gelegt auff das Hauſs. Vnnd zuehanndt ſhlug ſich des Khünigs Volckh vor den Rettenſtain, vnnd am erſten fürſhlag gewunnen ſie das Fürhauſs. Vnd vor dem Jnnern hauſs lagen ſie dreÿ Tag. Da wardt dz auch gegeben von den, ſo darinnen waren, vnd die ließ mann mit Jrer ferttigung dauon ziehen. Vnnd daſſelbig gſchloſs Rottenſtain beſezet der Khünig mit den ſeinen vnnd zog darnach umb S. Cathrein tag mit ſein volkh wid' gen Thirna, daſelbſt er ſich aber ſterckher beſambt vnnd zuericht zu dem Fürſhlag ./.

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89. Wie sich der kunig von Ungernn hat geslagen fúr di rauber, genant di prueder Desselben jars, als sich der durrichleúchtigist fúerst und herr, herr Mathias, kunig ze Ungernn, zw Prespurgk und auch zw Tirna mit volkch von Ungernn und auch Deẃtschen nú génuegsamleich het wesambt, [83vb] die er mit seinem sold reichlich wegabt und gépat einem yedem, seinen lanntlewten mit raub noch in anderwég kchainen schaden zetunn, oder er wolt sy darumb straffen, wenn er sy mit nattúrftiger speis genúgsamleich wolt fúersehen,

2 groß] fehlt S. 5 Miſsndorfer] Nuſsdorffer G(ac). 6 zu Roſſen] fehlt G(ac). 10 Miſsndorffer] Nuſsdorffer G(ac). | vnz] bisſs S. 12 gefüret] vnnd gefüret G(ac)S. 14 vor] für S. 16 dz] es G(ac). gegeben] auffgeben G(ac). | ſo] die G(ac). 19 mit ſein volkh] fehlt G(ac). 20 beſambt] macht S. | zuericht] richtet G(ac). | zu dem

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88 GS. Wie der König von Ungarn den Missingdorfer fing und von ihm das Haus, genannt Röthelstein,

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Land Österreich mit Raub und anderer Dieberei bei Tag und Nacht Geistlichen und Weltlichen große Schäden zu. Er nahm auch Leute gefangen, wo immer er sie antraf, die sich für Geld freikaufen mussten. Eines Tages schickte der König seinen Schatzmeister nach Wien, um alles, was im Feld benötigt wurde, zu besorgen. Davon erfuhr der Missingdorfer, sie legten mit dreißig Berittenen einen Hinterhalt und warteten auf den Schatzmeister und die anderen und wollten sie gefangen nehmen. Das wurde dem König gesagt. Der schickte schnell seine Soldaten und ließ den Missingdorfer in seinem Hinterhalt fangen. Der wehrte sich zuerst heftig, bis ihn einer mit einem Spieß durchbohrte. Da wurde er mit den Seinen gefangen genommen, nach Preßburg gebracht und in die Burg verlegt. Sofort schlug sich das Heer des Königs vor den Röthelstein, und beim ersten Angriff eroberten sie das Vorhaus. Vor dem inneren Haus lagen sie drei Tage. Dann gaben die, die darin waren, es auf und man ließ sie mit ihrer Habe davonziehen. Dieses Schloss Röthelstein besetzte der König mit den Seinen und zog am Tag der heiligen Katharina mit seinem Heer wieder nach Tyrnau, wo er wiederum mehr Truppen sammelte und sich auf den Angriff vorbereitete.

89. Wie der König von Ungarn die Räuber, genannt die Brüder, belagerte Im selben Jahr, als der durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Matthias, König von Ungarn, in Preßburg und auch in Tyrnau viel ungarisches und auch deutsches Kriegsvolk um sich gesammelt hatte, das er großzügig entlohnte, gebot er jedem, seinen Landleuten weder mit Raub noch in irgendeiner anderen Weise zu schaden, andernfalls würde er sie bestrafen. Er werde sie ausreichend verköstigen,

Fürſhlag] mit Volckh zue dem Fürſchlag S. 25 und auch zw] vnnd G(ac), vnnd auch G(pc). 27 nú] fehlt G. 28 wegabt und gépat] begabt vnnd gebotten G(ac), begalt vnnd batt G(pc)S. 29 mit] im G(ac), ein G(pc). | noch] oder G. 30 wenn] denn S. 31 sy] ſich G(pc)S. | nattúrftiger speis] Nottürftigem G(pc), Nottürftigen ſachen S. | fúersehen] verſorg_ G, verſehen S.

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89. Wie sich der kunig von Ungernn hat geslagen fúr di rauber, genant di prueder

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damit ein yeder umb sein gelt mocht kauffen, wes im natturft wár, als dann das geschach. Darnach an unser Liebem Frawn Tag Conceptionis, zach er auss zw Tirna wol mit XXI hawffen ze rossen und ze fuessen und fúrtt mit im gueten zewg und slueg sich fur den téber, dar inn di rawber, genannt di prueder waren. Zw im kam auch gezogen in das veld herr Jorig von Potendarff, lanndtmarschalich und veldhawpman in Ósterreich, als mit séchs hunderten ze rossen und ze fuessen, die di lanndtschafft aus Ósterreich dem kunig, nach seinem wégeren zw hilff sanndt, unnd lagen da gewaltiglichleichen vor den veinten in swárer kelten. Der als pei zwain tausent waren und [84ra] arbaiten sy tag und nacht gar kreftiklich von dem obgenanten tag untzt auf den pfintztag vor unser Lieben Frawn Tag der Líechtmess. Do rawmbten die veint den teber und wolten haymleich davon sein getzogen, wenn sy mochten den nicht lenger gehalten, mangelhalbm wassers. Do wúrden sy all gefangen, frawn und man. Der kunig lies machen zu stunnd zwen géligen auf einander. An den óbristen, do hieng er iren haupman, den Swelli, selb dritten, und an den underen galigen die anderen, als pei hunderten. Dar nach lies er die frawn als auf drew hundert, und was sunst der pessten waren, mit allem gút fúren gen Tirna und von dann gen Ofen. Daselbs legt er sy in ainen posen túrnn, darinn ir vil sturben. An dem teber lies er darnach inziechen die greben und nyderprechen die zeẃn und vernicht den gentzlich.

1 wes im natturft] was Er wolt S. 3 zw] fehlt G(pc). 8 – 10 als mit séchs hunderten ze rossen und ze fuessen die di lanndtschafft aus Ósterreich] Alſs mit Sechs hundert pferdten G(ac). 10 aus] in G(pc)S. | nach] noch W, nach G, auf S. 11 sanndt] fehlt G(ac), ſchikht: G(pc), ſchickhten S. 12 in] alſ in G(ac). | zwain] zwainzig G(ac). 13 arbaiten sy tag und nacht gar kreftiklich] Arbeitten tag vnnd nacht gar hertiglich G(ac), Arbeitten ſich gar khrefftiglich G(pc)S. 17 wenn] denn S. | nicht lenger] verrer nicht G(ac), nicht verrer G(pc), verrer nit langer S. | gehalten] behalten S. mangelhalbm wassers] Mangl halber waſſers G, Mangell waſſer halber S. 19 zu stunnd] von ſtundt an G, von ſtunden S. 20 do] fehlt G(ac)S. | iren] ainen G(ac)S. 21 dritten] dritter G, dritte S. underen] vndriſten G(ac), anndern G(pc)S. 23 der] den S. 25 An dem] Den G(ac). 26 die1] den G(pc). | die1 … gentzlich] den

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[G 208r] 5

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89. Wie der König von Ungarn die Räuber, genannt die Brüder, belagerte

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damit jeder um seinen Sold kaufen könne, was er brauche. So geschah es dann. Danach, an Mariä Empfängnis, zog er von Tyrnau aus mit einundzwanzig Haufen zu Pferd und zu Fuß und brachte gutes Kriegsgerät mit sich und schlug sich vor den Tabor, in dem die Räuber, genannt die Brüder, waren. Zu ihm ins Feld kam auch Jörg von Pottendorf, Landmarschall und Feldhauptmann von Österreich, mit sechshundert zu Pferd und zu Fuß gezogen, die die Landstände aus Österreich dem König auf seine Bitte hin zu Hilfe sandten. Bei großer Kälte lagen sie als gewaltige Macht vor den Feinden. Sie waren insgesamt wohl zweitausend und bedrängten sie Tag und Nacht vom oben genannten Tag bis zum Donnerstag vor Mariä Lichtmess. Dann räumten die Feinde den Tabor und wollten ihn heimlich verlassen, denn sie konnten ihn mangels Wassers nicht länger halten. Da wurden sie alle gefangen genommen, Frauen und Männer. Der König ließ umgehend zwei Galgen übereinander errichten. Am oberen hängte er ihren Hauptmann, den Swelli, mit zwei anderen und am unteren Galgen die anderen, in etwa hundert. Danach ließ er die in etwa dreihundert Frauen und die anderen Bösen mit ihrem gesamten Gut nach Tyrnau und von dort nach Ofen bringen. Dort ließ er sie in einen elenden Turm bringen, in dem viele starben. Beim Tabor ließ er die Gräben aufschütten und die Zäune einbrechen und zerstörte ihn gänzlich.

gräben vnnd zeün niderbrechen vnnd macht den zunichten G(ac), den gräben vnnd niderbrechen die zeün vnnd vernicht den genzlich G(pc), die Gräben, Vnnd Niderprechen die zeun, vnd vernicht den gänzlich etc. S. 27 gentzlich] gänzlich etc. S.

23 der pessten: Superlativ irritierend, siehe Übersetzung. Lesung in W nicht zweifelsfrei. Ev. pessen.

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90. Anno Domini M° CCCC° LXVII°. Von dem lanttag ob der Enns

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6.1.1467 20.1.1467 15.2.1467

90. Anno Domini M° CCCC° LXVII°. Von dem lanttag ob der Enns Desselben jars was grosse zwitrecht in dem landt ob der Enns under edlen und unedlen, wenn die haupmanschaft da[84rb]selbs was mit ainem haupman nicht fúrgesechen, als von alter her gewesen was. Davon die edlen leút, herren, ritter und knecht gegen einander mit krieg aufstuenden und raubten und prennten und nemlich der prelaten gueter und was dem fúrsten zúgehórt. Von der und anderer genotiger ursach wegen, auch das sich her Jorg vom Stain mit dem von Puechaim verpunden und sich mit dem gesloss Steyr an den kunig von Pehem het geslagen und sein diener was warden, der im volkh schickt und rucken hielt, auch sunderlich darumb, das sich das land ob der Enns getailt und gesundert hiett von dem land ze Osterreich in der regier hertzog Albrechts, des kaisers prúder, dem das nach abgang kung Laslawens, loblicher gedechtnúss, zu seinem tail aufgetzaigt ward, das aber geschach wider alts herkomen und verschreibung der fúrsten von Osterreich, damit das wider zu samen pracht wúrd, legt der rómisch kaiser aynen lanntag gen Lyntz auf der [84va] heiligen dreier kunig tag. Daselbs hin auch persondlich kom der rómisch kaiser an Sand Fabian und Sebastian tag. Darnach ward derselb lanttag geschoben auf den Suntag Invocavit in der vassten. Da zwischen sant der rómisch kaiser seinen Óhem, hertzog Albrechten von Saxen, der auch mit im gen Lyntz kómen was, als mit vierhundert pherdten gen Steir und orneten im zú graf Wolfgang von Schawnbergk, Reinprecht von Walfee, und

1 Anno Domini M° CCCC° LXVII°] Jm ain Tauſſent Vierhundert Siben Vnd Sechzigiſten Jaꝛ G(ac), Aō. dōi. Mileſimo Quatringenteſimo Sexageſimo Septimo G(pc). 3 in dem] im S. 4 wenn] vnnd G(ac). | wenn … fúrgesechen] wan die Houbtmanſchafft daſelbſt war mit ainem Haubtmannſchafft daſelbs nit was mit ain Hauptmann nicht verſehen G(pc), Dann die Hauptmanſchafft daſelbs mit einem Hauptman nit war verſehen S. 6 edlen leút herren] die Landtherrn G(ac). 8 und raubten und prennten] fehlt G(ac). 13 was] fehlt G(ac). | der im volkh schickt] vnd ſchickht Im Volckh G(pc)S. 15 land1] Lanndt Öſſterreich G(ac). 20 pracht] gebracht G(ac). 21 gen] zue G(ac). 22 dreier] dreÿ G(ac)S. | Daselbs hin auch persondlich kom der rómisch kaiser]

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[G 209r] 5

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90. Anno Domini 1467. Vom Landtag ob der Enns

90. Anno Domini 1467. Vom Landtag ob der Enns

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Im selben Jahr herrschte große Zwietracht zwischen Edlen und Unedlen im Land ob der Enns, da die Hauptmannschaft nicht mit einem Hauptmann besetzt war, wie es seit jeher gewesen war. Deswegen begannen die adeligen Leute, Herren, Ritter und Knechte, einen Krieg untereinander und beraubten und brandschatzten vor allem die Güter der Prälaten und was dem Fürsten gehörte. Sie bekriegten einander aber auch aus anderen Gründen, etwa weil Herr Georg von Stein sich mit dem von Puchheim verbündet und sich mit dem Schloss Steyr dem König von Böhmen angeschlossen hatte und sein Diener geworden war, der ihm Kriegsvolk schickte und ihm den Rücken freihielt, und auch besonders, weil sich das Land ob der Enns vom Land Österreich unter der Regierung Herzog Albrechts, dem Bruder des Kaisers, dem es nach dem Tod von König László – Ehre seinem Andenken – zugewiesen worden war, getrennt hatte, was aber gegen die Tradition und die Abkommen der Fürsten von Österreich war. Damit dieses wieder vereint würde, berief der Römische Kaiser für den Dreikönigstag einen Landtag nach Linz ein. Dorthin kam der Römische Kaiser persönlich am Tag der heiligen Fabian und Sebastian. Dann wurde der Landtag auf den ersten Sonntag in der Fastenzeit verschoben. Inzwischen schickte der Römische Kaiser seinen Neffen Herzog Albrecht von Sachsen, der mit ihm nach Linz gekommen war, mit in etwa vierhundert Berittenen nach Steyr und unterstellte ihm Graf Wolfgang von Schaunberg, Reinprecht von Walsee und Jörg von Volkersdorf und wies

dahin auch ſelbſt perſonlich Khame der Rom: Khaiſer G(ac), daſelbs hin der Römiſch Kaÿſer auch perſonlich kham S. 23 an Sand Fabian und Sebastian tag] an S. Fabian tag G(ac), an Sant Sebſtian vnd Fabian Tag S. 26 rómisch] fehlt G. | seinen] fehlt G(ac). 28 im zú] Jme die zue G(ac).

26 Albrechten von Saxen: Albrecht von Sachsen (der Beherzte) (* 1443, † 1500), Herzog von Sachsen, Gubernator von Friesland, als Markgraf von Meißen Albrecht III., Neffe Friedrichs III.

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90. Anno Domini M° CCCC° LXVII°. Von dem lanttag ob der Enns

Jörgen von Volkensdorff und enphalich im von den purgernn zu Steir ir gwondlich aid und gelúbd auf zenemen und die statt inn zehalten. In der zeit lag der vom Stain in dem marckht zu Aspanng, und was besambt mit vil Behemen. Als er vernom, das der hertzog zu Steir was und von den purgernn gelúbd und aid ervodert, des sy im ze tún willig waren, doch waren etlich under in die widerredten und maynten, sy wéren dem vom Stain von hertzog Albrechten verschriben und hieten im auch ir aid getan, darumb sich nit fugiett, verrer zu fúren und [84vb] verkunden das dem vom Stain. Der besambt sich darauf stérckher und wolt die statt Steyr haben úberfallen, wenn das gesloss sein leẃtt innheten. Die herren so mit dem fúrsten darkomen waren, wúrden gewarent, wie der von Stain an volkh starckh wér und hiett im willen, sy und die statt zw úberfallen. Die sagten das dem fúrsten und paten in, von dann ze reiten. Er gab in anttwúrt, er wolt pei in beleiben. Die herren rieten, er solt von dann ziechen, und ob sy wurden gefangen, so mócht sy sein genad pelder ledigen, dann sy in. Darauf raitt der fúrst von dann mit den herren zu dem kaiser gen Lynntz. Her Jorg von Volkensdorf belaib in der statt und nam in die kirichen mit etlichen purgernn. Und als pald der fúrst die statt raumbt, zuhannt des morgens kam der vom Stain mit XI hunderten ze rossen und ze fuezzen und stúrmt das Steirdorf. Davor verlas er suben stúrmm, und den achten gewan er, und der Pehem wúrden gewundt und erslagen an dem stúrm wol auf zwaihundert. Darnach ward der vom Stain [85ra] als mit zwain hundert in die stat gelassen und kom in das geslos und hies die purger treulós und maynaidig leútt, und sy hieten nicht gehalten den ayd, so sy im gesworen hieten.

1 Jörgen von Volkensdorff] herrn Georg_ von Volckherſtorff G(ac). im] Jnen G(ac), Jn G(pc). 2 auf zenemen] von Jnen auff zuenemben G(ac). 6 purgernn] burge G. 7 die widerredten] die da widerredten GS. 10 sich] es ſich G(ac), ſ G(pc)S. | zu fúren] zue ſchweren G. 15 an] mit G(ac). | starckh] da G(ac). 16 Die] Sie G(ac). 20 Darauf raitt der fúrst von dann mit den herren zu dem kaiser gen Lynntz] darauff der Fürſt mit den herrn von dannen zue dem Khaiſer gen Linz zug G(ac). 24 morgens] Morgens früe S. | XI] ii G, Eÿliff S. 25 stúrmt] ſtuermbten S. | Davor] daruon G. 27 gewundt und erslagen an dem stúrm] gewundt an dem ſturmb vnd erſlag_ G(ac), erſchlagen vnd gewundt an dem ſturmb G(pc),

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[G 210r]

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90. Anno Domini 1467. Vom Landtag ob der Enns

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ihn an, von den Bürgern von Steyr die gewohnten Eide und Gelübde einzuholen und die Stadt zu besetzen. Zu dieser Zeit lag der von Stein in Aspang und hatte viele Böhmen um sich gesammelt. Er hörte, dass der Herzog in Steyr war und von den Bürgern Gelübde und Eide verlangte, die sie ihm zu leisten bereit waren, obwohl auch einige widersprachen und meinten, sie seien von Herzog Albrecht dem von Stein verpflichtet worden und hätten ihm auch ihre Eide geleistet, weswegen es sich nicht schicke, noch weitere zu leisten, und sie meldeten das dem von Stein. Der verstärkte daraufhin seine Truppen noch weiter und wollte die Stadt Steyr überfallen, da seine Leute das Schloss besetzt hielten. Die Herren, die mit dem Fürsten gekommen waren, wurden gewarnt, dass der von Stein ein großes Heer habe und plane, sie und die Stadt zu überfallen. Sie sagten das dem Fürsten und baten ihn, fortzureiten. Er antwortete ihnen, er wolle bei ihnen bleiben. Die Herren rieten dazu, er solle sie verlassen, denn falls sie gefangen genommen würden, könnten Seine Gnaden sie schneller befreien als sie ihn. Daraufhin ritt der Fürst mit den Herren fort zum Kaiser nach Linz. Herr Jörg von Volkersdorf blieb in der Stadt und nahm mit etlichen Bürgern die Kirche ein. Kurz nachdem der Fürst die Stadt verlassen hatte, gleich am Morgen, kam der von Stein mit elfhundert zu Pferd und zu Fuß und stürmte Steyrdorf. Zunächst schlugen sieben Stürme fehl, doch der achte gelang, und wohl zweihundert Böhmen wurden beim Sturm verwundet und erschlagen. Danach wurde der von Stein mit zweihundert seiner Leute in die Stadt gelassen, kam in das Schloss und nannte die Bürger treulose und meineidige Leute, denn sie hätten den Eid, den sie ihm

erſchlagen vnd verwundt an dem Sturm S. 28 auf] fehlt G(pc)S. Darnach … geslos] vnnd Kham in das geſchloſs alſs auf zweÿ hundert ſtarckch G(ac), Darnach wardt der von Stain in die Stat gelaſsn, als mit 200 vnnd Kham in das geſchloſs G(pc)S. 30 und2] fehlt G(ac). leútt] männ G(ac). | und3] Dann G(ac). 31 so] den G(ac).

4 Aspanng: Heute Aspang-Markt, Teil der Gemeinde AspangSt.Peter, Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich. 25 Steirdorf: Steyrdorf, Zentrum bzw. heute Altstadtbereich der Stadt Steyr, Oberösterreich.

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90. Anno Domini M° CCCC° LXVII°. Von dem lanttag ob der Enns

Und ain taiding beschach zwischen dem von Volkenstorff und dem vom Stain. Darauff rawmbt der von Volkenstorf die kirichen und rait von dann und der vom Stain kom also wider under die herschaft Steir. Darnach zuhannt griffen an dieselben vom Stain und von Púchaim das land ob der Enns mit raub, prannt und huldigung der leẃtt und beschedigten das auf das aller hóchst. Sy hueben auf das klóster Pawngartenperg. Desgeleichen stúrmaten sy das Kloster Lambach, das sy nicht mochten gewinnen. Sy huldigaten auch das Kloster Sand Florian und die leutt allenthalben untzt gen Gmunden. In dem marckht Kirichdorf ersluegen sie als auf zwaihundert pawren und teten sólhen schaden, das es unságlich was. Sy griffen auch an den von Wallsee, dem sy [85rb] vil gueter verprenten, und nyemant tétt in widerstand. Doch zum lessten ward der von Stain gevodert gen Lyntz under dem gelaitt des kaisers. Daselbs ward mit im ein ainikait gemacht, und er trat ab des gesloss und der stat Steyr mitsambt der herschaft. Da entgegen wúrden im geben zusambt dem schaden, den er im land getan hett, X tausent Guldein. Und des von Púchaim sach ward angestellt untzt auff sunnbenten. Da zwischen solten Reinprecht von Walsee und her Rúediger von Starhenberckh ainen ausspruch tún umb die sach, so er hiett, zu dem rómischen kaiser, und solt in der zeit chainen krieg nicht treiben in dem lannd, das er tétt.

6 und2] ſie G(ac). 7 auf2] fehlt G(pc). 9 das sy nicht mochten gewinnen] Das ſie möchten G(ac), Das ſie möchten gewingen G(pc). 10 Sand Florian] zue S. Florian G. 12 Kirichdorf] zue Kirchdorff GS. | ersluegen sie als auf zwaihundert pawren] erſlueg als auf zwaıhundert pawr W, erſchluegen ſie alſs auff zweÿ hund’t Baurn G, ſchluegen ſie zwaÿhundert paurn zue todt S. | und teten sólhen schaden das es unságlich was] vnd tätn ſollichen vnſäglichen ſchaden, das ber die maſs war S. 14 dem … verprenten] vnd verbrendt_ Jme Viell guetter G(ac). 15 und nyemant tétt in widerstand] fehlt G(ac). | Doch zum lessten ward der von Stain gevodert] vnnd der von Stain wardt geuord’t G(ac). 17 ward] was G(ac). | ein ainikait gemacht] gmacht ain Ainigkheit G(pc)S. 18 der stat Steyr] der Herrſchafft Steÿr G(ac), Stat zu Steÿr G(pc)S. | mitsambt der herschaft] fehlt G(ac). 20 den] ſo G. 21 angestellt untzt auff sunnbenten] vnz auff Sunnwendten angeſtelt G(ac). 22 Reinprecht von Walsee] herr Reinprecht G(ac). 25 nicht] fehlt G(ac). 26 tétt] Thät. etc. S.

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90. Anno Domini 1467. Vom Landtag ob der Enns

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geschworen hatten, nicht gehalten. Zwischen dem von Volkersdorf und dem von Stein fanden Verhandlungen statt. Daraufhin räumte der von Volkersdorf die Kirche und ritt davon, und so kam der von Stein wieder zur Herrschaft über Steyr. Gleich danach griffen der von Stein und der von Puchheim das Land ob der Enns mit Raub, Brand und Huldigung der Leute an und verursachten allergrößten Schaden. Sie hoben das Kloster Baumgartenberg auf. Außerdem stürmten sie das Kloster Lambach, das sie nicht einnehmen konnten. Sie huldigten auch das Kloster St. Florian und die Leute überall bis nach Gmunden. Im Markt Kirchdorf erschlugen sie wohl zweihundert Bauern und richteten solchen Schaden an, dass es unsagbar war. Sie griffen auch den von Walsee an, dem sie viele Güter niederbrannten, und keiner leistete ihnen Widerstand. Doch zuletzt wurde der von Stein unter dem Geleit des Kaisers nach Linz beordert. Dort wurde mit ihm eine Übereinkunft getroffen, und er trat das Schloss und die Stadt Steyr mitsamt der zugehörigen Herrschaft ab. Dafür wurden ihm abzüglich des Schadens, den er im Land angerichtet hatte, zehntausend Gulden gegeben. Die Verhandlung über den von Puchheim wurde bis zur Sonnwende vertagt. Inzwischen sollten Reinprecht von Walsee und Herr Rüdiger von Starhemberg in dieser Sache vor dem Kaiser aussagen. Und er sollte in dieser Zeit keinen Krieg im Land anfangen, woran er sich hielt.

8 Pawngartenperg: Kloster Baumgartenberg, in der gleichnamigen Gemeinde im Bezirk Perg, Oberösterreich. 9 Lambach: Kloster Lambach, in der gleichnamigen Marktgemeinde im Bezirk WelsLand, Oberösterreich. 10 Sand Florian: Stift St. Florian in der gleichnamigen Marktgemeinde im Bezirk Linz-Land, Oberösterreich. 11 Gmunden: Gmunden, Bezirkshauptstadt des gleichnamigen Bezirks, Oberösterreich. 12 Kirichdorf: Kirchdorf an der Krems, Bezirkshauptstadt des gleichnamigen Bezirks, Oberösterreich.

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91. Wie der kunig von Pehem schickt sein rétt gen lyntz zu dem rómischen kaiser

91. Wie der kunig von Pehem schickt sein rétt gen lyntz zu dem rómischen kaiser 8.2.1467

Desselben jars am suntag esto michi komen gen Lyntz zu dem rómischen kaiser des kunigs von Pehem rétt, mit namen her Jan von Rosenwerckh, her Appel Vitztumb und her Wenusch Weitmulner, und [85va] ervorderten an den kaiser die geltschuld, so er irm herren, dem kunig, nach lawtt seiner kaiserlichen genaden verschreibung schuldig wér, und der er vor drein jaren solt sein entricht warden, des aber untzt her nit wér beschechen. Darauf im auf potschaft und zerung, so in das gestanden hiett, mercklich scheden gangen wéren. Sólh geltschuld im sein kaiserlich genad schuldig wér warden von wegen des zugs seiner erledigung aus der púrckh ze Wienn, das dieselb zeit nyemants anderer hiett getún múgen, dann ir her der kunig von Pehem. Sein kaiserlich genad solt auch schaffen mit dem von Starhenbergk und pei im darob sein, das er die gefangen, als hern Cúnaw und ander, ledig liess. Wann beschech des nicht, so múst ir herr darnach gedenckhen, da mit die ledig wúrden.

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[G 212v] 15

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92. Antwúrt des kaisers Auf solich der behmischen rett anbringen lies in der rómisch kaiser durich hern Ulreichen, bischoven ze Gúrckh, antwúrten, er hiett irem herren [85vb] dem kunig zw zwain maln ein merckhliche summ gelts geschickt. Er hiet in auch lassen innemen den halben tail der aufsleg,

4 rómischen] fehlt G(pc)S. 8 kaiserlichen] fehlt G(ac)S. 9 solt sein entricht] ſolt entricht ſein G(pc), endtricht ſolt ſein S. 12 wéren] wer G(ac). 15 hiett getún múgen] hett thuen mügen G(ac), gethuen hiet mügen G(pc)S. 16 kaiserlich] fehlt G(pc)S. 17 dem von Starhenbergk] den von Stewe Hennberg G(ac), den von Starhemberk G(pc), dem Von Staremwerckh S. 20 wúrden] wurd_ etc. S. 21 kaisers] Römiſchen Khaiſers G(ac). 26 aufsleg] Anſchläg G, Aufſchläg S.

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25 [G 213r]

91. Wie der König von Böhmen seine Räte nach Linz zum Römischen Kaiser schickte

91. Wie der König von Böhmen seine Räte nach Linz zum Römischen Kaiser schickte

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Im selben Jahr am siebten Sonntag vor Ostern kamen die Räte des Königs von Böhmen zum Römischen Kaiser nach Linz, namentlich Herr Johann von Rosenberg, Herr Apel Vitzthum und Herr Benesch Weitmühlner, und forderten vom Kaiser die Geldschuld ein, die er ihrem Herrn, dem König, laut der schriftlichen Zusicherung Seiner Kaiserlichen Gnaden schuldig sei und die bereits vor drei Jahren hätte beglichen werden sollen, was aber bisher nicht geschehen sei. Zudem seien ihm durch die Gesandtschaften und die Verpflegung, die ihnen zustand, empfindlich hohe Kosten entstanden. Dieses Geld schulde ihm Seine Gnaden wegen des Zuges zu seiner Befreiung aus der Burg zu Wien, die damals niemand anderer hätte erreichen können als ihr Herr, der König von Böhmen. Seine Kaiserlichen Gnaden sollten auch mit dem von Starhemberg verhandeln und dahinter sein, dass er die Gefangenen, wie Herrn Kunau und andere, freiließe. Denn wenn das nicht geschähe, müsse ihr Herr darüber nachdenken, sie zu befreien.

92. Antwort des Kaisers

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Auf diese Forderung der böhmischen Räte hin ließ ihnen der Römische Kaiser durch Herrn Ulrich, den Bischof von Gurk, antworten, er habe ihrem Herrn, dem König, schon zweimal eine große Summe Geldes geschickt. Er habe ihn auch die Hälfte der Steuern einnehmen lassen, was mehr

5 Jan von Rosenwerckh: Johann II. von Rosenberg, der Friedfertige (* 1434, † 1472), Landeshauptmann der Erbfürstentümer Breslau und Schweidnitz-Jauer, höchster Kämmerer in Böhmen. | Appel Vitztumb: Apel Vitzthum der Ältere zu Roßla (* um 1400, † 1474), sächsischer Ritter aus dem Adelsgeschlecht der Vitzthume, Rat Georgs von Podiebrad (ab 1453). 6 Wenusch Weitmulner: Bruder Ludwigs, Burggraf von Karlstein, Oberster Münzmeister in Böhmen, Rat König Georgs von Böhmen, Pfleger zu Neulengbach, nicht zu verwechseln mit dem gut belegte Historiker und Domherr († 1375), vgl. Heinig, S. 1782.

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92. Antwúrt des kaisers

mer dann pilleich wér, daran er wol ein pemúegen solt haben. So hiet er auch ain lange zeitt die prúeder und kriegsleútt in seiner kaiserlichen gnaden lannd geschickt, und doch das haus von Osterreich gefreitt wér, das kain kunig der kron ze Pehem in das haus von Osterreich rechtlich nit hiet zegreiffen. Durch solh iŕs herren verhengnús dann das lannd ze Osterreich swérlich und merckhlich laider verdorben und zu grossem schaden und verwúgstungen chómen, das meniklich gesechen múg. Das sein kaiserlich genad untzt her albeg gedult hab unnd kain aufhoren nit gewesen sei. Des er aber hinfúr nicht mer dulden noch leiden mag, noch wil. Auch seiner kaiserlichen genaden veint aufnem zu dienernn, den ruckn halt, dadurch das lannd Osterreich noch teglich beschedigt wírt mit namen Hern Stephan Eytzinger, [86ra] Wilhalm von Puechaim und herren Jórgen vom Stain. Er hab auch sein kaiserlich gnad durch solichs geirrt des zugs yetz hin ein gen Rom. Er hielt auch nit den kristenlichen glauben der rómischen kirichen, den er doch in seiner krónung ze halten gesworen hiet, den ze meren und in ainikait ze bringen.

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[S 67r] 10 [R 170]

15 [G 213v]

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93. Des kunigs von Pehem rétt antwúrt Als des kunigs von Pehem rétt hórten die obgeschriben antwúrt, die heten daran ein gross missvallen und teten darauf an statt iŕs herren ir antwúrt in solher maynung, sein kunigkliche genad wér ein freier kunig der kron zu Pehem, darumb im wol zymleich wér aus allen landen diener auf zenemen, was im der geviel, und wer seinen genaden dienn wolt. Und sóllher wart wár ir herr der kunig pillich vertragen und sein genad wúrd sich ye nit trutzen lassen,

1 daran] Dauon G(ac). 5 von] zu G(pc)S. 6 rechtlich nit hiet zegreiffen Durch solh iŕs herren verhengnús dann das lannd ze Osterreich] fehlt G(ac). 8 laider] fehlt G(ac), laiden G(pc). | und zu grossem schaden und verwúgstungen chómen] ſo ſer dem Hauſs Oſſterreich zuegefüegt hetten G(ac). 9 gesechen múg] geſtehen mueſs G(ac), beſehen mueg G(pc), beſehen mög S. 10 albeg] alles G(ac), alle zeit S. 12 dulden noch leiden mag noch wil] leiden will G(ac). 13 veint] vnderthan G(ac). 17 yetz] fehlt S. | hin ein] fehlt

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[G 214r]

92. Antwort des Kaisers

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als rechtens sei und womit er zufrieden sein solle. Außerdem habe er lange Zeit die Brüder und Kriegsleute in Seiner Kaiserlichen Gnaden Land geschickt, obwohl dem Haus Österreich zustehe, dass kein König der Krone von Böhmen rechtmäßig in die Belange des Hauses Österreich eingreifen dürfe. Durch diese Anordnungen ihres Herrn sei das Land Österreich schwer und merkbar zugrunde gerichtet und ihm seien große Schäden und Verwüstungen zugefügt worden, was jeder sehen könne. Das habe Seine Kaiserlichen Gnaden bisher immer geduldet, und es habe nicht aufgehört. Weder könne noch wolle er dies in Zukunft weiter dulden und auch nicht, dass er Seiner Kaiserlichen Gnaden Feinde als Diener aufnehme und sie unterstütze, nämlich Herrn Stephan Eitzinger, Wilhelm von Puchheim und Herrn Jörg von Stein, wodurch das Land Österreich täglich noch mehr Schaden nehme. Er habe Seine Kaiserlichen Gnaden dadurch auch am Zug nach Rom gehindert. Er halte auch nicht am christlichen Glauben der Römischen Kirche fest, obwohl er bei seiner Krönung geschworen habe, diesen zu mehren und zu Einigkeit zu bringen.

93. Die Antwort der Räte des Königs von Böhmen

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Als die Räte des Königs von Böhmen die oben beschriebene Antwort hörten, missfiel ihnen das sehr, und sie gaben daraufhin an Stelle ihres Herrn folgende Antwort: Seine Königlichen Gnaden seien ein freier König der Krone von Böhmen, weswegen es ihm wohl zustehee, aus allen Ländern Diener aufzunehmen, welche ihm gefielen und Seiner Gnaden dienen wollten. Mit diesen Worten sei ihr Herr, der König, gewiss einverstanden, und

G. 19 ze halten] fehlt G(ac). 20 den] dan G(pc). 25 ir] widerumb Ir G, wid’umb S. | antwúrt] antwortten S. 28 der] fehlt S. 29 wár ir herr der kunig] wurdt ſein herr G(ac). 30 vertragen] wol zu Vertrag_ G(pc)S.

15 Stephan Eytzinger: Stephan von Eitzing, Freiherr († 1504), jüngerer Bruder Ulrichs von Eitzing.

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93. Des kunigs von Pehem rétt antwúrt

nach dem er seinen kaiserlichen gnaden hoch und vasst gedient hiet. Und ein sólhe antwúrt wér auf [86rb] ir werbung nicht ein antwúrt, sunder ein drónuss und berúrt iŕs herren des kunigs ere und gelimpfen und músten das an sein gnad pringen, und in zweifelt daran nicht, er wér so weis, das er von nyemant darumb ratt bedörfft und wesst sich darinn woll fúr zesehen. Er wér auch wol so móchtig, seinen veinten und widersachernn zu widerstén. Anders westen sy durch sich selbs nicht verrer ze antwúrten. Es wéren auch iŕs herren rétt zu Núrnbergk auf dem tag von des heiligen vater des pabst potschaft sméchlich gehalten warden, das sein kaiserlich genad pilleich understanden hiett.

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[S 67v] [G 214v] [R 171]

94. Antwúrt des kaisers Darauf tétt in antwúrt der rómisch kaiser, im wer darumb nicht wissen. Er hiett auch an seinen réten erfragt. Die hiet im gesagt, das irem herrn, noch sein réten kainerlai smachait von in nicht wér widergangen. Hiet sich aber icht widergeben durch des heiligen [86va] vater, des pabst, potschaft, dar umb hiet er sy nit zestraffen. Auch hiett sein kaiserlich genad den réten des kunigs von Pehem auf ir werbung und artickel, sein anttwúrt gerne in geschrift geben, der sy aber nicht nemen wolten und sprachen, sy músten das fúderlich an iren herren pringen, sich fúr zesechen, und paten dar auf den kaiser zu zwain malen umb úrlaub, des er in aber nicht geben wolt. Darauf giengen aus die behemischen rétt in unwillen. Darnach wart die antwúrt und artickel gelesen vor aller lanntschafft offenlich in der grossen dúrintz, dabei wol auf zwai tausent waren von fúrsten, prelaten, herren, ritternn und knechten. Und sein kaiserlich genad begert darauf durich den von

1 seinen] ſeiner G, ſein S. | hoch und vasst] v vaſſt W, hoch vnd faſſt GS. 4 und gelimpfen] fehlt G(ac). 5 in] fehlt G(ac). zweifelt] zweiffelt_ G(ac). | daran] fehlt G(ac). 8 seinen] das Er ſeinen G(pc)S. 9 verrer] anders G(pc)S. | ze antwúrten] zuuerantworten G(ac), fehlt G(pc)S. 11 des2] fehlt G(pc)S. 15 rómisch] fehlt G(pc)S. 16 auch] ſich auch GS. 17 das irem

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93. Die Antwort der Räte des Königs von Böhmen

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Seine Gnaden würden sich nicht angreifen lassen, nachdem er Seinen Kaiserlichen Gnaden so gut und treu gedient habe. Eine solche Antwort auf ihr Begehren sei keine Antwort, sondern eine Drohung und rühre an ihres Herrn, des Königs, Ruf und Ehre. Sie müssten das Seiner Gnaden vorbringen und zweifelten nicht daran, dass er so weise sei und keines Rates bedürfe und wohl wisse, wie er sich dagegen zu wehren habe. Er sei außerdem mächtig genug, um seinen Feinden und Widersachern entgegenzutreten. Mehr wüssten sie dazu von sich aus nicht zu sagen. Auch seien die Räte ihres Herrn auf dem Reichstag in Nürnberg von den Boten des Heiligen Vaters, des Papstes, geschmäht worden, was Seine Kaiserlichen Gnaden hätte unterbinden müssen.

94. Antwort des Kaisers Darauf antwortete ihnen der Römische Kaiser, er wisse davon nichts. Er habe auch seine Räte gefragt. Die hätten ihm gesagt, dass weder ihrem Herrn noch seinen Räten von jenen irgendeine Schmach widerfahren sei. Sollte aber durch die Boten des Heiligen Vaters, des Papstes, doch etwas vorgefallen sein, so könne er sie dafür nicht bestrafen. Seine Kaiserlichen Gnaden hätten den Räten des Königs von Böhmen auch gerne die Antwort auf ihre Ansuchen und Artikel schriftlich gegeben. Die wollten sie aber nicht annehmen und sagten, sie müssten sie zunächst ihrem Herrn vorbringen, um sich abzusichern, und sie baten daraufhin den Kaiser zweimal um die Erlaubnis, abreisen zu dürfen, die er ihnen aber nicht geben wollte. Daraufhin zogen die böhmischen Räte wütend ab. Danach wurden die Antwort und die Artikel vor den versammelten Landständen im großen Saal öffentlich verlesen, wobei

herrn noch sein] das Jres G(ac). 18 icht] etwas G(ac)S, icht etwas G(pc). 19 widergeben] begeben GS. | des2] fehlt S. 20 sy] fehlt G(ac). | zestraffen] zueſchaffen G(ac). 21 den réten des kunigs von Pehem] des König von Pehem Rättn S. 22 geschrift] ſchrifft G(ac)S. 23 sprachen] ſprach S. 24 an iren herren pringen] bringen an Jren herrn S. 25 zu] fehlt G(ac). 26 geben] tuen G(pc)S. 29 dúrintz] Terniz G, Tuernizn S. 30 prelaten] vnd prelaten G(ac).

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94. Antwúrt des kaisers

Gúrckh an die gemain lanntschaft, im darinn ze raten, wenn sy hieten der Pehem red und widerred wol verstanden. Er wolt solichem ubermuet widerstén und dar inn leib und guet nicht sparen. Er wolt auch sein guet front und all [86vb] christenlich fúrsten anrueffen, sólhem hochmuet mit macht zu widerstén. Auch lies der rómisch kaiser durch den von Gúrckh vor den herren fúrsten, prelaten, herren, ritternn und knechten an pringen, ob der kunig von Pehem von solher beschedigung des lanndts nicht aufhóren wúrd, so músst er nicht allain den heiligen vater, den pabst, sunder halt das Heiligen Rómisch Reich und die gantz kchuer anrúffen, damit meniklich ein verstén hiett das solich beschedigung seinen kaiserlichen genaden nicht lieb wér. Aber nach sólher antwúrt und éfrung der wart voligatt kainerlai tatt, sunder es was núr ein schein vor den leẃten, wenn der khaiser hielt dem Pehem bei dem stuel ze róm albeg fúr, damit er nicht ward gepanndt als ein ketzer. Doch zum lessten mochten sein sachen nit verrer aufgeschoben werden, und der heilig vater, pabst Paulus der ander, lies in verpannen zu Bresla in der Slesy, darnach zu Olmuntz, zw Brúnn und auch in anderen steten zu Pehem [87ra] und Mérhernn, die kristenlichen glauben hielten, und nam im seinen kunigklichen gewalt und gepat dapei, wer im fúrbaser peistand tétt oder ainen kunig nennt, der solt sein in dem grossen pann, als er. Sein heilikait gab auch der chron zu Pehem ainen kristenlichen kunig, hernn Lasslawen, des kunig Casimiro sun von Polan, des mueter was eine von Osterreich geporen, genant Elizabeth und was ain tochter des gerechten und

2 hieten] fehlt G, hett S. 3 widerstén] wol ſtillen G(ac). 4 front] Freundt GS. 7 herren] fehlt G. 9 von2] ob G(ac), fehlt G(pc). 11 halt] auch G(ac). | das] in das S. 12 ein verstén] zuverſtehen G(ac). 13 kaiserlichen] fehlt G(ac). 14 éfrung] Efferung G, öffung S. 15 voligatt] völlig G. | kainerlai tatt] mit Khainer that G(ac), al mit Khainerlai thet G(pc). 16 dem1] den G. 17 als] wie S. 18 nit verrer] fehlt G(ac). 21 auch] darnach G(pc)S. 22 Mérhernn] zu Märhern G(pc)S. | kristenlichen] den Chriſtlichen G(pc)S. 24 fúrbaser] fürbaſs GS. | oder ainen] vnd Jn G. 25 solt] ſoll G(pc)S. | sein in dem grossen pann] in groſſem pann ſein GS. 27 Casimiro] Caſsenÿ G(ac), Caſnuro S. 28 genant Elizabeth] Eliſabeth genant S. 29 und2] fehlt G.

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94. Antwort des Kaisers

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wohl zweitausend Fürsten, Prälaten, Herren, Ritter und Knechte anwesend waren. Daraufhin baten Seine Kaiserlichen Gnaden die Landstände durch den von Gurk, ihn zu beraten, denn sie hätten Rede und Antwort der Böhmen wohl gehört. Er wolle solcher Überheblichkeit entgegentreten und dabei Leib und Gut nicht schonen. Er wolle auch seine guten Freunde und alle christlichen Fürsten dazu aufrufen, solchem Übermut mit Macht entgegenzutreten. Außerdem ließ der Römische Kaiser durch den von Gurk vor den Herren Fürsten, Prälaten, Herren, Rittern und Knechten verlautbaren, wenn der König von Böhmen nicht damit aufhören würde, dem Land zu schaden, müsse er nicht nur den Heiligen Vater, den Papst, sondern eben das Heilige Römische Reich und das ganze Kurfürstenkollegium anrufen, damit jeder verstehe, dass Seine Kaiserlichen Gnaden einen solchen Angriff nicht duldeten. Aber nach dieser Antwort und Ereiferung folgte keine Tat, sondern es war zum Schein vor den Leuten geschehen, denn der Kaiser hielt vor dem Heiligen Stuhl zu Rom immer zum Böhmen, damit dieser nicht als Ketzer gebannt würde. Doch zuletzt konnten seine Angelegenheiten nicht länger aufgeschoben werden, und der Heilige Vater, Papst Paulus der Zweite, ließ den von Böhmen in Breslau in Schlesien, danach in Olmütz, in Brünn und auch in anderen Städten Böhmens und Mährens, die am christlichen Glauben festhielten, unter Kirchenbann stellen, sprach ihm die Königswürde ab und gebot außerdem, dass jeder, der ihn künftig unterstütze oder einen König nenne, so wie er unter Kirchenbann gestellt würde. Seine Heiligkeit gab der Krone von Böhmen zudem einen christlichen König, Herrn László, den Sohn König Kasimirs von Polen. Seine Mutter war eine Geborene von Österreich, genannt Elisabeth, und eine

20 Slesy: Schlesien, Region in Mitteleuropa beiderseits des Oberund Mittellaufs der Oder, erstreckt sich im Süden entlang der Sudeten und Beskiden, heute zum größten Teil in Polen. 27 Lasslawen: Ladislaus II. Jagiello (* 1456, † 1516), König von Böhmen, Kroatien und Ungarn. | kunig Casimiro: Kasimir Andreas IV. von Polen, der Jagiellone (* 1427, † 1492), König von Polen (ab 1447). 29 Elizabeth: Elisabeth von Habsburg (* 1436 oder 1437, † 1505), Königin von Polen (ab 1454) und Großfürstin von Litauen.

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94. Antwúrt des kaisers

kristenlichen fúrsten, kunig Albrechts und ein swester kunig Lasslawens, des unschuldigen lempleins, die auch kunig zu Pehem waren gewesen, damit des pluets und stamen wider wúrd erhebt und khém an die alt erbschaft. Es warden auch die stett in Mérhernn und ander durch den legaten irs erblichen aid, den sy im als einem kunig getan heten, enpunden unnd ledig gesagt.

[G 216v] 6

95. Von den aufslegen, so zw Wienn gemacht wúrden Als die von Wienn, reich und armm, von irs kriegs wegn, den sy wider den rómischen [87rb] kaiser als irem erbherren und lanndsfúrsten mitsambt hertzog Albrechten, seinem prueder, unrechtlich gefúrt heten, doch waren dennoch vil frummmer leẃtt von geistlichen und weltlichen, die daran missvallen heten. Dennoch músten sy von varicht wegen des pofels und irer vorgeer, die sy in erwelt heten unnd fúrgenomen, mit helfen, als dann vor meldung davon beschechen ist, in mercklich geltschuld und verderben khomen waren. Darzue in dann ettlich lannttleút aus herren, riternn und knechten, mit namen Jorg von Potendorf, Haimreich von Liechtenstain, Jorg von Egkhartzaw, Reinprecht und Veit von Ebersdorf etc., Jorg Seẃsnecker und Camret Frawnawer etc., die an der regier des rómischen kaisers ain missvallen heten, vast rieten und hulfen, die sich darnach all sluegen auf die seitten des rómischen kaisers und liessen die von Wienn in solichen schanten, smach und verderben steckhen und wúrden halt zum lessten wider sy in warten und werchen. Nu fuegt [87va] sich, das die anvordrung von dem gelten gegen

3 waren] war G(pc). 4 wider] wid’umb G. 5 den] die G(pc)S. 6 sy] ſich G. 7 gesagt] gemach G(ac). 11 irem] Jren G. 13 dennoch] darnach G(ac). 17 vor] zuuor G(ac). 18 und verderben khomen waren] iſt vnnd vnnd verderben khommen waren G(ac), iſt vnnd vnnd verderben G(pc), iſt khomen vnd verderben S. 22 etc] fehlt G. 23 etc] fehlt G. 24 rómischen] fehlt G(ac). 27 halt]

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[S 68v]

94. Antwort des Kaisers

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Tochter des gerechten und christlichen Fürsten König Albrecht und eine Schwester von König László, dem unschuldigen Lämmlein, welche beide Könige von Böhmen gewesen waren, und somit würde deren Blut und Abstammung wieder zu Macht kommen und in die alte Erbfolge eintreten. Auch die Städte in Mähren und andere wurden durch den Legaten von ihrem erblichen Eid, den sie ihm, Georg von Podiebrad, als König geleistet hatten, entbunden und losgesagt.

95. Von den Steuern, die in Wien eingeführt wurden Als die Wiener, Reich und Arm, gegen den Römischen Kaiser als ihren Erbherrn und Landesfürsten gemeinsam mit Herzog Albrecht, seinem Bruder, Krieg geführt hatten, gab es auch viele brave Leute, geistliche und weltliche, denen das missfiel. Doch wie zuvor berichtet, mussten sie alles aus Furcht vor dem Pöbel und vor seinen gewählten und eingesetzten Anführern mittragen und wurden so in große Geldschulden und in den Ruin getrieben. Dazu hatten ihnen etliche der Landleute, der Herren, Ritter und Knechte geraten und ihnen geholfen, mit Namen Jörg von Pottendorf, Heinrich von Liechtenstein, Jörg von Eckartsau, Reinprecht und Veit von Ebersdorf etc., Jörg Seisenegger und Gamerit Fronauer etc., die Missfallen an der Regentschaft des Kaisers hatten, sich danach aber alle auf die Seite des Römischen Kaisers schlugen und die Wiener in Schande, Schmach und Verderben zurückließen und sich zuletzt in Worten und Taten gegen sie wandten. Nun kam es dazu, dass die Geldforderungen an die Stadt groß wurden, und deswegen sagten sich etliche von ihr los und verursachten großen Schaden. Deswegen wurden viele Steuern für Bürger und Handwerker eingeführt, die einige bezahlten und einige nicht. Doch alles, was an Geld durch solche Steuern eingenommen wurde, reichte dennoch

fehlt G(ac). 28 Nu] Vnd G(pc)S. 29 dem gelten gegen] von dem gelt G(ac), von dem geltn gegen G(pc), von den Gelttern gegen S.

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95. Von den aufslegen, so zw Wienn gemacht wúrden

geimainer statt gross wúrden, und etlich sagten halt der stat darumb ab und teten merckhlichen schaden. Da durch menig aufsleg auf purger und hanntwercher gemacht wúrden, der ettlich gaben und ettlich nicht. Und was gelts aus solhen aufslegen geviel, was dennoch alles unfúrtréglich zu bezallung der geltschuld. Darnach ward durch ettlich purger geraten, das armm und reich aus solher geltschuld nit fueglicher móchten kómen, dann man slueg tétz auf allerlai phenbart, als dann in welhischen lannden syt und gewonhait ist. Des benanten fúrnemens ward ein auffschreiben getan. Als das ward geoffent, da heten die hanntwercher und das gemain volkh daran ein gróss missvallen und wolten des mit nichte dulden. Es rieten halt ettlich priester den hanntwerchernn und dem gemainen volks, das sy solich newng wider alts herkomen auf sich nicht solten komen lassen, darumb, das sy auch nit solten mitleiden, [87vb] und doch im anfanckh mit iren reten, da mit sy das gemain volkh verfúrten, da durch gemayne stat in sólh smach, schannt und geltschuld geviel, nicht die klainist schuld heten. Und von solichs múrmelnn wegen des volkhs wúrden die aufsleg auf ain zeit angestellt, das man wenig mer davon sagt. Darnach ward aber die anvordrung von den gelternn so grós, wenn ein yeder wolt betzalt sein, das man aber ansleg macht auf purger, hanntwercher und ander. Des sy vasst ward verdriessen und begerten an den purgermaister und ratt, noch weg ze dennckhen und fúrzenemen, damit sy und gemaine statt aus sólher geltschuld kémen. Auf dasselb begeren wúrden von ratt genannt und gemain ettlich gegeben, die sassen úber und wuegen all sach nach dem pessten, und sy verstuenden und kunden anders nicht erdenckhen, dann, so fúrgenomen wúrden die tétz, so mócht gemaine stat am peldisten aus der geltschuld kómen. Des also durch die

1 halt] fehlt G. 3 aufsleg] auffſchlueg G(ac), auffſchleg G(pc)S. 4 und] fehlt G(ac). | gelts] gelt G(pc)S. 6 geltschuld] geltſchuelden G. 8 nit fueglicher] fehlt G(ac). 11 ward2] war S. 12 das] fehlt G. 13 dulden] thuen G(ac). 14 halt ettlich] Jnen auch G(ac). | den hanntwerchernn und dem gemainen volks das] fehlt G(ac). 15 sy] ſie ſolten G(ac). 16 auf sich nicht solten komen lassen] auf ſich nit bring_ laſſ_, laſſen G(ac), auf ſich nit ſolt_ bring_ laſſ_, laſſen G(pc), Auf ſich nit ſollen pringen Laſsen S. | das] ſie G. 22 wenig mer] wenig’ G(ac), wenig G(pc). | aber] fehlt G(ac). 24 ansleg]

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95. Von den Steuern, die in Wien eingeführt wurden

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nicht zur Bezahlung der Geldschuld. Darauf rieten etliche Bürger dazu, alle Pfennigwerte um ein Zehntel zu erhöhen, wie es in den welschen Ländern Sitte und Gewohnheit sei, weil Arm und Reich aus dieser Verschuldung nicht anders herauskommen könnten. Der genannte Beschluss wurde verschriftlicht. Als das bekannt gemacht wurde, missfiel das den Handwerkern und dem gemeinen Volk sehr, und sie wollten es mitnichten dulden. Etliche Priester rieten den Handwerkern und dem gemeinen Volk, sie sollten diese neuen Regeln, die gegen jede Tradition seien, nicht dulden, weil sie selbst auch nicht darunter leiden wollten und weil sie mit ihren früheren Ratschlägen, mit denen sie das gemeine Volk überredet hatten und wodurch die Stadt in solche Schmach, Schande und Geldschuld gefallen war, keine kleine Schuld trugen. Aufgrund dieses Gemurres unter dem Volk wurde die Einführung der Steuern vorläufig verschoben, und man sprach nicht mehr davon. Danach wurden die Geldforderungen aber wieder so hoch, denn jeder wollte bezahlt werden, dass man wiederum Steuern für Bürger, Handwerker und andere einführte. Damit waren sie sehr unzufrieden und verlangten von Bürgermeister und Rat, sich Wege zu überlegen und zu beschreiten, wie sie und die Stadt von dieser Geldschuld befreit würden. Auf dieses Ansuchen hin wurden einige aus dem Rat, Genannten und Gemein ausgewählt, die zusammensaßen und alle Möglichkeiten zum Besten der Stadt gegeneinander abwogen, und sie erkannten und kamen zu keinem anderen Schluss, als dass die Stadt am schnellsten von der Geldschuld befreit würde, wenn der Zehnt eingeführt würde. Das wurde von den meisten Bürgern und den namhaftesten Handwerkern befürwortet.

Aufſchläg S. 25 hanntwercher] vnd Handtwerch' G(ac). | vasst ward verdriessen] vaſſt wurdt verdrieſſent G(ac), hart wart verdrieſſent G(pc), doch gar hart verdruſs S. 27 dennckhen] gedenckhen GS. 30 wuegen] rhietten G(ac). | nach] zu G(pc)S. 32 fúrgenomen wúrden die tétz] man möcht fort faren mit dem Täz G(ac).

9 tétz: Verdeutscht von lat. decima.

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95. Von den aufslegen, so zw Wienn gemacht wúrden

maisten purger und die nam[88ra]haftisten hanntwercher vervolgt ward. Darnach wúrden dieselben tétz gelegt auf alle phennbart und auf alle hanntwerch in der statt und ir handlung. Daran sy aber ein gross missvallen heten, und ainer redt hin der ander her, doch músten sy das dulden. Es waren auch in sunderhait da wider die lanntleẃt unnd wolten solher tetz mit nichte dulden, und redten, es wér ein newung und wider lannds gewonhait und précht in an iren váterlichen erb merckhlichen schaden. Da entgegen in die purger antwúrten und hielten in fuer, sy hieten auch auf dem wasser gemacht aufsleg, nit ainen sunder menigeren, das auch ain newung und wider lanndts gewonhait wér. Dardurch sy ir wein nicht móchten an wéren, und músten von sólher aufsleg wegen alle phenbart, die in zwpracht wúrden, dester teurer kaufen. Das sy nu meniger jar hieten geliten, und des noch nicht ein aufhóren wér. So wér auch die statt in solhem grossen verderben und [88rb] geltschuld, so verr man kund gedenckhen, nye gestanden, dann sy yetz stuend, das doch an ettlicher lannttleútt schuld nicht herkomen wér, als sy selbs wol ein wissen hietenn. Sólh antwúrt allew nichts fúrgetragen mocht pei den lanntleúten, sunder sy wolten der tétz mit nichte gestatten und liessen rúeffen in stéten und merckten, wer den vonn Wienn zú fúriet oder trueg, dem wolten sy das nemen und darumb straffen an leib und an guett. Dasselb rúffen kóm under das gemain volkh, und ward ain gross múrmelen wider die purger, wenn alle phennbart wúrden ein weill tewr. Doch zum lessten underredten sich die purger mitt ettlichen lanntleúten. Die wúrden pei den anderen hilfleich, das die strassen wider wúrden geoffentt, und die sach ward getzogen und pracht fúr den kaiser.

1 namhaftisten] nambhafft_ G(pc)S. 2 ward] war G(pc). | wúrden] wortn_ G(pc). 3 alle1] alle_ G(ac), aller G(pc), allerlaÿ S. 4 Daran] Darauff G(ac). 5 dulden] leid_ G(pc)S. 6 in sunderhait] fehlt G(pc)S. 7 mit nichte dulden] nicht dulden G(ac), mit nicht leidn G(pc)S. | und redten] vnd ſprach_ G(ac). 8 newung] neuerung G(ac). | und wider lannds gewonhait] vnd wolten wid' Landts gewonhait tuen G(pc)S. 9 merckhlichen] Merckhlichen groſs G(pc)S. 10 purger] fehlt G(pc)S. 11 aufsleg nit ainen sunder menigeren] nit aine ſonder mänig Aufſleg G(ac). 12 lanndts gewonhait] altes herkhomen G(ac). 14 aufsleg] Aufſchlag S.

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[S 69r] 5 [G 219r]

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[G 219v] 20

[R 175] 26

[G 220r] 30

95. Von den Steuern, die in Wien eingeführt wurden

5

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25

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Danach wurde derselbe Zehnt auf alle Pfennigwerte und alle Gewerke in der Stadt und auf ihre Arbeiten eingehoben. Das gefiel ihnen aber gar nicht, und einer redete hin und ein anderer her, und doch mussten sie es dulden. Insbesondere die Landleute waren dagegen und wollten diese Zehnten keineswegs dulden und sagten, das sei eine Neuerung, die gegen die Traditionen des Landes sei und die ihnen an ihrem väterlichen Erbe großen Schaden zufüge. Da entgegneten ihnen die Bürger und hielten ihnen vor, dass sie selbst auf dem Wasser Steuern eingeführt hatten, und zwar nicht nur eine, sondern zahlreiche, was auch eine Neuerung gegen die Traditionen des Landes sei. Deswegen könnten sie ihren Wein nicht gut verkaufen und müssten wegen dieser Abgaben alle Waren, die sie einführten, umso teurer einkaufen. Das hätten sie nun seit vielen Jahren geduldet, und es sei kein Ende absehbar. Es sei die Stadt auch seit Menschengedenken noch nie in so großen Schulden gestanden wie jetzt, was ohne das Zutun der Landleute nie geschehen wäre, wie sie selbst wohl wüssten. Alle diese Entgegnungen bewirkten bei den Landleuten jedoch nichts, sondern sie wollten den Zehnt keinesfalls gestatten und ließen in Städten und Märkten verkünden, wer Waren nach Wien ein- oder von dort ausführte, dem wollten sie diese abnehmen und ihn dafür an Leib und Gut bestrafen. Diese Bekanntmachungen erreichten das gemeine Volk, und es entstand ein großes Gemurre gegen die Bürger, denn alle Pfennigwerte wurden für eine Weile teurer. Zuletzt besprachen sich die Bürger mit einigen Landleuten. Diese setzten sich bei den anderen dafür ein, dass die Straßen wieder freigegeben würden, und die Angelegenheit wurde vertagt und vor den Kaiser gebracht.

15 kaufen] erkhauffen G(ac). 16 geliten] gelitten G(ac). 18 kund gedenckhen] gedenckhen, möht G(ac), möchte gedenckhen G(pc)S. 21 allew nichts] nit allein G(ac), alle nicht G(pc), allein nicht S. 23 mit nichte] nit G(ac). 24 fúriet] zuefüert GS. 31 getzogen und pracht] gebracht G(ac). 32 kaiser] Römiſchen Khaiſer S.

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96. Wie der jung von Starchenbergk absagt dem romischen kaiser unnd dem lannd

96. Wie der jung von Starchenbergk absagt dem romischen kaiser unnd dem lannd Als die rauber, genanndt [88va] die prueder, den jungen von Starhenwergk vor dem téber im Marichórt, den er mit ainem rauber, genanntt der Zerla, hett gepawtt, gefangen und auf das geslos Selabitz gefúrt, daselbs er ettlich zeit gefangen was. Darnach zehannt sagten ab sein diener dem land zw Mérhernn und fiengen herren Cúnas brueder, der gefrauntt was dem ketzer von Pehem. Der von Starchenbergk schraib ettlich seinen fraunten, das sy in ledig machten der venckhnúss, und súnderlich seinem vaternn, hernn Rúdigernn von Starchenbergk, der sich umb in nicht wolt annenemen. In der zeit schétzt sich der von Starchennberckh umb ein michel summ gelts, des er zu geben nicht vermacht. Und do er kom aus venkhnuss, do sagt er ab dem lannd ze Mérhernn, unnd im ward durch den rómischen kaiser und auch durch die rétt des lannds gepoten, von sólicher beschedigung zelassen, das er auf ein zeitt tétt. Darnach ward die lanntschaft ains, das [88vb] sy demselben von Starchenwergk mit ainer summ gelts zu hilf komen wolten, als mit drein tausent gulden, und er scholt sich verschreiben hinfúr, in dem land kainerlai schaden mer ze tuen. Dar auf fúrten in die rétt des lannds mit in in die Newnstat zu dem kaiser. Do ward mit im geredt, wie und in wass mass er sich solt verschreiben. Des er nicht tún wolt und rait anmennde aus der Newnstat und sagt darauf ab dem rómischen kaiser und dem gantzen lannd und

2 romischen] fehlt G(pc)S. | dem] fehlt S. 4 vor] fehlt G(ac), von G(pc)S. | Marichórt] Mainharſs G(ac). 5 hett gepawtt] hetten G(ac). 7 was] lag G(pc)S. 9 dem ketzer] den Khezern G(ac). 11 seinem vaternn hernn Rúdigernn von Starchenbergk] herrn Ruedinger von Starhenperg ſeinem Vatern G(ac). 13 schétzt] ſchazet G(ac), ſezt G(pc). 14 michel] möchtige G(pc). | des] die G(ac). 15 zu geben nicht vermacht] nit Vermächt zuebezallen G(ac). | venkhnuss] gefenckhnuſs G(ac)S. 16 do] fehlt G(ac). 17 auch] fehlt G(ac). 20 mit ainer summ gelts zu hilf komen wolten] zue hülf Khomen wolten mit ainer Summa gelts G(ac). 22 schaden] ſachen G(pc)S. 23 mer] fehlt G(ac). | in2] ſich G(ac). 24 kaiser] Rom: Khaiſer G(ac). 25 und] od’ S. | in] fehlt G(ac). | er sich] ſich er S. 26 anmennde aus der Newnstat] von dannen G(ac). darauf] fehlt G(ac). 27 gantzen] fehlt G(ac).

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[S 69v] [G 220v] 11

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20 [G 221r] [R 176] 25

96. Wie der junge Starhemberger sich vom Römischen Kaiser und dem Land lossagte

96. Wie der junge Starhemberger sich vom Römischen Kaiser und dem Land lossagte

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Als die Räuber, genannt die Brüder, den jungen Starhemberger vor dem Tabor bei der Marchmündung, den er mit einem Räuber, genannt der Zerla, gebaut hatte, gefangen und auf das Schloss Selbitz geführt hatten, blieb er dort eine Weile in Gefangenschaft. Gleich danach sagten sich seine Diener vom Land Mähren los und fingen den Bruder des Herrn Kunas, der mit dem Ketzer von Böhmen befreundet war. Der von Starhemberg schrieb etlichen seiner Freunde, sie sollten ihn aus der Gefangenschaft auslösen, und insbesondere auch seinem Vater, Herrn Rüdiger von Starhemberg, der sich jedoch seiner nicht annehmen wollte. Zu dieser Zeit wurde die Kaution für den von Starhemberg auf eine hohe Summe festgelegt, die er jedoch nicht aufbringen konnte, und als er schließlich freikam, sagte er sich vom Land Mähren los, und ihm wurde vom Römischen Kaiser und den Räten des Landes befohlen, von seinen Verbrechen abzulassen, was er für eine Zeit lang tat. Zuvor waren die Landstände übereingekommen, dass sie dem von Starhemberg mit einer Summe von dreitausend Gulden aushelfen würden, wofür er sich dazu verpflichten sollte, dem Land keinerlei Schaden mehr zuzufügen. Daraufhin führten ihn die Räte des Landes mit sich nach Wiener Neustadt zum Kaiser. Dort wurde besprochen, wie und in welchem Ausmaß er sich verpflichten sollte. Darauf wollte er nicht eingehen und ritt alleine aus Wiener Neustadt fort, sagte sich vom Römischen Kaiser und dem ganzen Land los und eroberte das Schloss Winkel, von wo aus er die Gotteshäuser ausraubte. Eines Tages ritten seine Diener zu einem Raubzug aus. Nun hatten sich aber etliche Ritter und Knechte zusammengefunden und griffen sie an und fingen ihre besten Rottenmeister. Alle anderen wurden erschlagen

1 jung von Starchenbergk: Rüdiger von Starhemberg (der Jüngere) † 1473 6 Selabitz: Selbitz, Ortschaft der Gemeinde Rappottenstein, Bezirk Zwettl, Niederösterreich. Das Schloss, das der Sitz der Herren von Selabitz war, konnte bis heute nicht identifiziert werden. In Verdacht stehen die spärlichen Überreste der nahe gelegenen Burgleiten, auch Buchleiten oder Siebenberg genannt.

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96. Wie der jung von Starchenbergk absagt dem romischen kaiser unnd dem lannd

gewan das geslos genantt Winckhel, da von er beschédigt mit raub di gotzheẃser. Eins tags riten aus sein diener auf ainen raub. Nu heten sich besambt ettlich ritter und knecht und komen an sy und fiengen die pesten rottmaister. Die anderen wúrden all erslagen und LXX gesatelter pherd wúrden in genomen, und sluegen sich fúr Winckhel, aber sy mochten das haus nicht gewinnen. In der zeitt ward gevordert durch die rétt der von Starchenbergk auf ain glaitt gen [89ra] Wienn, dahin er kom mit seiner hausfrawn. Do ward mit im getaidingt, von solichem krieg ab zelassen und dem rómischen kaiser als lanndsfúrsten gehorsam ze sein. Dar auf er sich erpatt, er wolt das gerne tún in sólher mass, das im ain summ gelts gegeben und sein diener ledig gelassen und ir guet und gerétt widergeben wúrd, und das auch die lanntleútt, so vor dem gesloss Winckhel légen, auffpréchen und fuder zugen. Die selb anttwúrt die rétt den lanntleúten zewissen teten. Di wolten des nicht tún. Darauf schied der von Starchenberg mit seiner haussfrawn zw Wienn an endt von dann und sagt den reten, wie der ketzer von Pehem und sein sun der Victorin sein herren wéren. Was die schueffen, den wolt er gehorsam sein. Der vonn Potendorf und der von Liechtenstain wolten sich fúr in geslagen haben. Als er das verstuend, schraib er den réten, er wolt seiner sprúch beleiben pei dem von [89rb] Liechtenstain und dem von Ebersdorff. Das also aufgenomen ward, und ain frid ward gesetzt auf vier wochen. Und die lanntleút prachen auf vor dem gesloss Winckhln, und die dar inn waren, lies man mit irer vertigung davon ziechen, und der von Potendorf nam in das geslos zu des kaisers handen. In der zeit, als die sach hieng in dem spruch, slueg der almóchtig got den von Starchenwergk mit der pestilentz. Den man fúert gen

1 das] ain GS. | genantt Winckhel] der Winckhl genant G(ac), genant der Winckhl G(pc)S. | da von er beschédigt mit raub di gotzheẃser] danach er beſchedigt die Gottes heüſer mit Raub G(ac), danach mit Raub er beſchedigt die Gottes heüſer G(pc). 3 ainen] den G(ac). 4 rottmaister] Rottmaiſter auſs Jnen G(ac). 7 haus] fehlt G(ac). 8 auf ain glaitt] im gelaidt G(ac). 10 Do ward mit im] Da mit Jme wardt G(pc)S. | von] fehlt G(pc)S. 13 im] Jne G. 14 gelassen] laſſen S. 14 – 16 widergeben wúrd und das auch die lanntleútt so vor dem gesloss Winckhel légen auffpréchen] widerumb geben wurdt, vnnd das auch die Landtleütt, ſo vor dem geſchloſs

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5 [G 221v]

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15 [S 70r] [G 222r] 20

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[G 222v] [R 177] 32

96. Wie der junge Starhemberger sich vom Römischen Kaiser und dem Land lossagte

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und siebzig gesattelte Pferde erbeutet. Sie belagerten Winkel, konnten die Burg aber nicht einnehmen. Zu dieser Zeit wurde der von Starhemberg durch die Räte unter Geleit nach Wien vorgeladen, wohin er mit seiner Ehefrau kam. Da wurde mit ihm vereinbart, von diesem Krieg abzulassen und dem Römischen Kaiser als Landesfürsten gehorsam zu sein. Darauf bot er an, das gerne zu tun, wenn ihm eine Geldsumme bezahlt würde und seine Diener freigelassen würden und sie ihr Gut und ihre Waffen wiederbekämen und wenn auch die Landleute, die vor dem Schloss Winkel lagen, aufbrächen und weiterzögen. Diese Antwort überbrachten die Räte den Landleuten. Die wollten darauf nicht eingehen. Daraufhin verließ der von Starhemberg mit seiner Frau Wien, ohne die Verhandlungen zu beenden, und sagte den Räten, dass der Ketzer von Böhmen und dessen Sohn Viktorin seine Herren wären. Was diese befehlen würden, dem werde er Folge leisten. Der von Pottendorf und der von Liechtenstein wollten ihn belagern. Als er das erkannte, schrieb er den Räten, er wolle die Verhandlungen mit dem von Liechtenstein und dem von Ebersdorf zu Ende führen. Das wurde angenommen und ein Friede für vier Wochen vereinbart. Die Landleute hoben die Belagerung von Schloss Winkel auf, und jene, die darin waren, ließ man mit ihrer Abfindung abziehen, und der von Pottendorf nahm das Schloss im Namen des Kaisers ein. Während dieser Verhandlungen schlug der allmächtige Gott den von Starhemberg mit der Pestilenz. Man brachte ihn nach

Winckhl legen, wid'umb auffbrächen G(ac), wider geben wurdt, vnnd das auch die Landtherrn ſo vor dem geſchloſs Winckhl lagen, auffbrächen G(pc), wid' geben wurd wurd, vnd dz auch der Land††† vor dem Geſchloſs Winkhel dz aufprach S (Korrektur und Ergänzung vom Schreiber selbst). 19 zw Wienn an endt von dann] von Wienn G(ac), von dannen S. 21 Was] Vnnd was G(ac). | sein] tain G(pc). 23 verstuend] vernamb G(pc)S. 24 von] fehlt G. 26 ward2] wer S. 28 Winckhln] Winckhl G(ac)S. 31 in dem] am G(ac).

1 Winckhel: Wohl Burg Winkel (Winkl) nahe der gleichnamigen Ortschaft, Marktgemeinde Kirchberg am Wagram, Bezirk Tulln, Niederösterreich.

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96. Wie der jung von Starchenbergk absagt dem romischen kaiser unnd dem lannd 30.5.1467 (22.8.1467)

Wienn under die eŕtzt, daselbs er starb am sambstag vor Petronelle. Und sein pueben, die er an sich hett gevasst, wúrden getriben aus dem lannd.

97. Von dem tod des Hynnckho und des Umerspacher

25.4.1467

Ein Pehem, genant der Hinko, der het mit raub in dem landt Osterreich ze wegen pracht vil guets. Dem gab her Hanns der Rórbacher sein tochter, und dar zue das geslos und den marckt zw Waltersdorff, daselbs er sich aufhielt und diennt dem [89va] kaiser. Der gab im in das geslos und die herschafft zw Ort. Derselb Hinko nótt die leútt zw robatt zw dem gesloss. Er schraib auch den pawren zw Lawsse zw robat, die des an gescheft der rétt nicht tún wolten. Und an Sand Marx tag macht sich auf der benannt Hynnko mit seinen dienernn und kom haymlich in ain halt und wolt den pawren habn abgelauffen die kirichen und sy pracht haben umb ir guett, wenn er gedacht sy wúrden gen mit dem kreútz, als dann zw der selben zeit gewonhaitt was. Aber die armen leútt wúrden gewarent und peliben pei der kirichen. Do das sach der Hinko, do prach er auf in der halt und nam das viech und ranntt zw der kirichen. Do leuf ein paur mit einem guetem armmst aus der kirichen, und also ain ainvaltiger pawr schos den grossen rauber, das er tóter pelaib an der statt. Den darnach sein diener namen [89vb] und fúrten in gen Ort. Daselbs ward er pegraben. Dasselb geslos Oŕt nam darnach in der von Dachaw, ain

2 Petronelle] Bartholomei G(ac). | gevasst] gehenckht S. 3 lannd] Lanndt etc. S. 4 Von dem tod des Hynnckho und des Umerspacher] Wie deꝛ Hincko ſtaꝛb, vnnd deꝛ Vmerſpacheꝛ etc. S. 7 Osterreich] zue Oſſterreich S. | pracht] gepracht S. 8 der Rórbacher] von Rorbach S. | geslos] Schloſs S. 9 zw] fehlt G. | Waltersdorff] Wolckherſtorff G(ac). 10 geslos] Schloſs S. 11 und die herschafft zw Ort] Orth G(ac), vnd herrſchafft zu Orth G(pc). | nótt] Nöttig G(ac). | zw2] zue der G(ac). 12 gesloss] Schloſs S. 16 habn abgelauffen die kirichen] haben abgeJagt Jr Kirchen G(ac), abgelaſen haben die Kirchen G(pc), abloffen haben die Kirchen S. 17 wenn] denn S. 18 zw der selben] zue ſelben G(ac). 19 was] iſt GS. 23 also] alſs G(ac)S. | ainvaltiger] Maidig' G(ac). 24 tóter] Todt

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[G 223r] 11

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[S 70v] 20 [G 223v]

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96. Wie der junge Starhemberger sich vom Römischen Kaiser und dem Land lossagte

Wien zu den Ärzten, wo er am Samstag vor Petronilla starb. Und seine Räuber, die er um sich geschart hatte, wurden aus dem Land vertrieben.

97. Von dem Tod des Hinko und des Umerspacher

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Ein Böhme, genannt der Hinko, war durch Raub im Land Österreich zu großem Reichtum gekommen. Dem gab Hans Rohrbacher seine Tochter und dazu das Schloss und den Markt Waltersdorf, wo er sich aufhielt und dem Kaiser diente. Der gab ihm das Schloss und die Herrschaft Orth. Dieser Hinko zwang die Leute zur Arbeit im Schloss. Er befahl auch den Bauern in Lassee, für ihn zu arbeiten, die das ohne den Befehl der Räte aber nicht tun wollten. Am Tag des heiligen Markus machte sich der Hinko mit seinen Dienern auf, legte sich heimlich in einen Hinterhalt und wollte den Bauern die Kirche abnehmen und sie um ihren Besitz bringen, denn er dachte, sie würden eine Prozession abhalten, wie es zu dieser Zeit üblich war. Aber die armen Leute wurden gewarnt und blieben bei der Kirche. Als der Hinko das sah, verließ er den Hinterhalt, nahm das Vieh und rannte auf die Kirche zu. Da lief ein Bauer mit einer guten Armbrust aus der Kirche. Und so kam es, dass ein einfacher Bauer den großen Räuber erschoss, sodass er an Ort und Stelle tot liegen blieb. Seine Diener nahmen ihn daraufhin und brachten ihn nach Orth. Dort wurde er begraben. Dieses Schloss Orth nahm danach der von Dachau ein, ein junger, gesitteter Mann. Gleich darauf,

G(ac). G(pc).

26 nam darnach in] name darnach G(ac), name in darnach

4 Hynnckho: Vermutlich Hinko Tannfeld, Söldnerführer im Dienst Friedrichs III. 9 Waltersdorff: Heute Unterwaltersdorf, Ortschaft und Katastralgemeinde der Stadt Ebreichsdorf, Bezirk Baden, Niederösterreich. Die Variante G(pc) ist hist. falsch. 13 Lawsse: Lassee, Marktgemeinde im Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich. 26 Dachaw: Jan von Dachau, Kaiserlicher Pfleger von Schloss Orth, vgl. Chmel n. 7373, [RI XIII] H. 35 n. 47; MH 3,1, S. 309f.

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97. Von dem tod des Hynnckho und des Umerspacher

25.4.1467

junger gesitter man. Darnach zu hanntt in den acht tagen slueg der almóchtig got mit seinem gewalt den Umerspacher allso, das im auffúren wol sechs pestilentz und starib zw Wienn an peicht und puess. Derselb Umerspacher die geistlichen leẃtt mit raub vast besẃertt und verderibt das kloster zum Heiligen Kreútz gar grósleich. Und wenn man in darumb strafft, so gab er anttwúrt, er wess wol das er unrecht tétt, er wolt sein aber darumb nicht lassen. Die múnich und phaffen hieten vil phinng. Sy músten mit im tailen. Und also sturben die rauber all nach einander póss tods, die das wirdig lannd Ósterreich und sein innwóner wider Gott und recht beschedigt heten. Actum in die Marci anno Domini etc. sexagesimoseptimo etc.

1 Darnach] Von dem Todt des Vmerspachers. Darnach G(ac). 2 mit seinem gewalt] fehlt G(ac). 3 allso das im auffúren wol sechs pestilentz] wol mit Sechs peſtilenz_ G(ac), alſs das im auffuren wol Sechs peſtilenz_ G(pc). 5 mit raub] fehlt G(ac). | vast] ſehr S. 8 wol] gar woll S. | sein] es G(ac). 9 phaffen] die pfaffen G. 10 die rauber] d' Rauber hauff S. 13 beschedigt heten] beſchedigten G(ac). 14 Marci] martij G. 15 etc] etc. ./. Finis G, Jahrs S.

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[R 178] 5 [G 224r]

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97. Von dem Tod des Hinko und des Umerspacher

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innerhalb von acht Tagen, schlug der allmächtige Gott mit seiner Macht den Umerspacher so, dass ihn gleich sechs Pestilenzen trafen und er in Wien ohne Beichte und Buße starb. Dieser Umersbacher hatte der Geistlichkeit durch Raub sehr geschadet und das Kloster Heiligenkreuz schwer beschädigt. Und wenn man ihn deswegen zur Rede gestellt hatte, hatte er geantwortet, er wisse wohl, dass er Unrecht tue, er wolle aber davon nicht ablassen. Die Mönche und Pfaffen hätten viel Geld und müssten mit ihm teilen. Und so starben nacheinander all die Räuber eines schrecklichen Todes, die das ehrwürdige Land Österreich und seine Bewohner gegen Gott und Recht geschunden hatten. Fertiggestellt am Tag des heiligen Markus Anno Domini etc. 67 etc.

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Zeit,

in:

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Handschriften Anonym (Aeneas Sylvius Piccolomini zugeschrieben): Res gestae Friderici III imperatoris. Österreich 16.–17. Jh. (ÖNB Cod. 9027). Anonym: Die Österreichische Chronik der Jahre 1454 bis 1467. Österreich Ende 15. Jh. (ÖNB Cod. 2908). Anonym: Die Österreichische Chronik der Jahre 1454 bis 1468. Österreich 2. Hälfte 16. Jh. (UB Gießen Cod. 352). Anonym: Die Österreichische Chronik der Jahre 1454 bis 1469. Österreich 2. Hälfte 16. Jh. (Niederösterreichisches Landesarchiv Hs. StA 0078, Vol 2). Johann Jakob Fugger: Ehrenspiegel des Erzhauses Österreich. Österreich 1555 (ÖNB Cod. 8613). Reichart Streun von Schwarzenau: Jahrbücher des Erzherzogtums Österreich. Österreich 1599 (ÖNB Cod. 7584).

Drucke Gerhard Roo: Annales Rerum Belli Domique ab Austriacis. Innsbruck 1592. Johannes Cuspinian: De Caesaribus et Imperatoribus Romanis. S.l. 1540. Marcus Hansiz: Germanis Sacra (3 Bde.). Bd 1 u. 2 Augsburg 1727-1729, Bd. 3, Wien 1754. Valentin Preuenhueber: Annales Styrenses, samt dessen übrigen Historisch- und Genealogischen Schrifften, Zur nöthigen Erläuterung der Oesterreichischen, Steyermärckischen und Steyerischen Geschichten. Nürnberg 1740. Wolfgang Lazius: Commentariorum in Genealogiam Austriacam libri duo. Basel 1564. Wolfgang Lazius: Vienna Austriae. Rerum Viennensium commentarij in quartuor libros distincti. Basel 1546.

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Personenregister Albrecht II. von Habsburg | GND: 118501615 | 86,33; 94,26; 98,15; 100,27; 256,23; 260,30; 392,1 Albrecht VI. von Habsburg | GND: 119532441 | 36,7; 48,24; 52,20; 56,7 – 64,12; 64,23 – 70,11; 70,23; 70,28; 72,21 – 78,10; 88,9; 106,1; 134,14 – 136,14; 136,25 – 148,17; 152,14; 152,29; 158,15; 158,20; 160,17; 160,31; 164,31; 166,21; 166,28; 168,6; 172,9; 188,2; 200,6 – 202,4; 202,7; 204,10; 204,12; 204,13; 206,1 – 206,12; 208,15; 208,18; 210,8 – 210,25; 212,19; 216,14 – 216,30; 218,30; 220,7; 220,10; 222,23; 236,1; 246,13; 246,16; 248,1; 250,25; 252,10; 252,17; 270,14; 270,17; 270,22; 272,2; 272,10; 272,24; 274,8 – 286,6; 292,24 – 300,2; 300,7; 300,17; 304,18; 306,14; 322,24; 324,25; 324,31; 330,7; 330,20; 354,23; 378,16; 380,9 Albrecht von Sachsen | GND: 118647717 | 378,26 Anckelreuter, (Nabuchodonsor) | Schalk 1919, S. 202f; Csendes 1974, S. 8; Opll 1995, S. 54 | 150,15; 152,28; 152,30; 154,12; 156,15; 156,25; 156,27; 168,5; 168,10 Angerfelder, Hans der Jüngere | Perger-Nr. 5 | 42,22; 212,24; 236,12 Aschpeckh, Hans | Perger-Nr. 9 | 234,16 Bánfi von Alsó-Lindva, Nicolaus | JBdHg N.F. 3, S. 19 | 370,17 Barbo, Pietro s. Paul II. Baumkircher, (Andreas) | GND: 118653997 | 80,15; 98,32; 112,19; 140,25; 142,18; 170,25; 200,8; 212,3; 212,6; 280,20; 280,30 Bohunko, (Achaz) | Chmel Mat. II. 297, Vancsa, S. 426. | 348,8; 348,10 Brandeis, Johann Giskra von | GND: 136659446 | 28,3; 140,24; 142,17; 146,6 Burgauer, Johann s. Burghofer, Johann Burghauser, Hans | Heinig, S. S. 997; Opll, S. 192; Schalk 1919, S. 1665 | 236,5; 238,2 Canisa, Emreich von s. Kanizsai, Emerich Capistran, Johann von | GND: 118712632 | 10,17; 10,26; 28,16 Cappel, Hartung von | Mühlberger, S. 153 | 252,1; 310,16 Christian N.N. | 274,23 Cili, Grafen von | GND: 119345463 | 24,15 Csupor, Nikolaus | Tejertövi, S. 728. | 370,16 Cunaw, N.N. s. Kuhnau, N.N. Cusa, Nicolaus de s. Kues, Nikolaus von Dachau, (Jan von) | [RI XIII] H. 35 n. 47; MH 3,1, S. 309f. | 402,26 Drúcksatz, Haidnreich s. Truchsess von Grub, Heidenreich Ebersdorf, Albrecht IV. von | DEOe I, S. 231f; Heinig, S. S. 1670 | 134,10; 276,6; 280,3; 332,13 Ebersdorf, Reinprecht III. von | DEOe I, 231f; Heinig, S. S. 1670; | 162,1; 172,31; 174,9; 230,14; 280,2; 392,22

412 © 2023 Böhlau Verlag | Brill Österreich GmbH https://doi.org/10.7767/9783205218579 | by-nc/4.0/

Personenregister

Ebersdorf, Veit von | DEOe I, 230f; Heinig, S. 1670 | 158,11; 160,7; 164,11; 164,20; 166,15; 278,26; 282,5; 392,22; 400,25 Ebmer, Friedrich | Perger-Nr. 147 | 198,21 Eckartsau, Georg von | GND: 1065754760 | 134,9; 164,21; 244,21; 392,21 Eggenberg, (Balthasar von) | GND: 135746442 | 104,20 Eitzing, Oswald von | GND: 1165330962 | 40,1; 48,9; 286,3 Eitzing, Sigmund von | Heinig, S. 1672 | 42,6; 42,18; 272,18; 286,27 Eitzing, Stephan von | Heinig, S. 1672 | 386,15 Eitzing, Ulrich von | GND: 129166553 | 18,27; 34,22; 36,14; 36,19; 40,11; 42,17; 44,5; 44,17; 46,10; 46,11; 50,11; 52,18 – 54,20; 64,11; 70,11; 76,14; 78,5; 78,6; 88,28; 88,29; 94,8; 120,10; 128,29 Eitzinger (Familie) | GND: 129166588 | 64,10 Eleonore Helena von Portugal | GND: 119367459 | 58,1; 64,2; 80,3; 84,19; 364,8 – 366,8 Elisabeth von Habsburg | GND: 123396980 | 390,29 Ellerbach, (Berthold von) | GND: 135944201 | 98,32; 298,3; 300,25 Ernst von Sachsen | GND: 119140659 | 358,28 Ernst, Niklas | Perger-Nr. 168 | 236,9 Eslarn, Hans von | Perger-Nr. 169 | 60,14 Frank, Jörg | zur Familie: Heinig, S. 1677 | 82,15 Fraunhofer, Engelbrecht | Wißgrill, Bd. 3, S. 87 | 216,22 Fraunhofer, Georg | Wißgrill, Bd. 3, S. 87 | 216,22 Friedrich III. von Habsburg | GND: 118535773 | 320,32; 354,22 Fritzesdorf, (Sigmund von) | Opll, S. 157, 170; Vancsa, S. 660. | 42,19 Fronauer, Gamerit | Heinig, S. 1680 | 92,2; 92,13; 92,23; 106,6 – 116,8; 120,1; 122,27 – 124,28; 132,4; 132,23; 136,20; 140,4; 392,23 Fronauer, Gerhard | Heinig, S. 1680 | 56,2; 90,24; 90,29; 92,7 Füg, Hans s. Ravensburger, Hans Gagh, Franz von s. Gehag, Franz von Gehag, Franz von | Vancsa, S. 661; Schalk 1919, S. 155 | 366,12; 368,20; 368,31 Georg von Podiebrad | GND: 118690442 | 18,26; 34,21; 36,13 – 38,10; 40,10; 42,9; 50,25; 52,10; 52,13; 64,8; 70,1; 72,21 – 76,31; 84,23 – 88,14; 118,14 – 120,6; 120,14; 120,25; 120,31; 130,3 – 130,24; 132,21 – 134,17; 136,30; 142,24 – 146,27; 186,14 –  188,8; 202,24; 208,22; 210,25; 240,6; 344,31; 364,5; 378,12; 384,1 – 384,16; 386,22 –  386,29; 388,21 – 392,3; 398,9; 400,20 Gerau, Hans von | Perger-Nr. 208 | 298,9 Geumann, Stephan | Wißgrill 3, S. 155; Vancsa, S. 661; Turba, 51f. | 252,11 Geymann, Stephan s. Geumann, Stephan Gleichen, N.N. | Zu den Grafen von Gleichen s. Heinig, S. 1682 | 250,14 Gold von Lampoding, Hans | Wißgrill, S. 350–352 | 298,9 Görz, (Johann von) | GND: 136636403 | 110,13 – 112,12 Goska s. Brandeis, Johannes Giskra von

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Personenregister

Grafenecker, Ulrich | GND: 136063624 | 80,14; 98,32; 112,18; 140,25; 142,18; 170,25; 186,1; 280,11; 280,14; 280,20; 280,29; 290,29; 304,14; 304,19; 320,1; 324,6; 342,7; 342,12; 342,14; 344,4; 344,6; 344,15; 344,26; 346,12 – 348,2 Grasser, Matthias | Zeuge in div. Urkunden: Quellen, S. 573; Schalk 1919, S. 196f. | 154,11 – 156,17 Groß, Simon | Heinig, S. 1686 | 80,27 Gschmechl, Jakob | Perger-Nr. 240 | 200,3 Gundorfer, (Andre) | Perger-Nr. 246 | 6,25 (Gwalt, Andre) | Czeike 1995, S. 472 | 6,14 – 8,9 Gwerlich, (Peter) | Perger-Nr. 251 | 342,18 Hag, Franz von s. Gehag, Franz von Hager, (Sigmund) | 246,8 Haiden, (Laurenz) | Perger-Nr. 255 | 252,4 Halburckh, Thüring von s. Hallwil, Thüring von Hallwil, Thüring von | GND: 137449550 | 248,5 Halss, N.N. s. Leuchtenberg, Friedrich V. Haselpeck, (Konrad) | Perger-Nr. 259 | 200,5 Haug, Hans | Perger-Nr. 261 | 200,3; 224,17; 224,29 (Heindl, Simon II.) | GND: 143906100 | 140,9; 162,6; 166,26 Heller, (Jakob) | Copey-Buch, S. 330–333; [RI XIII] H. 13 n. 43; | 162,8 Hinderbach, (Heinrich) | Perger-Nr. 280 | 252,4 Hinko s. Tannfeld Lucka, Hinko von Hirsch, (Hans) | Perger-Nr. 282 | 200,4 Hochberg-Sausenberg, (Wilhelm) | Heinig, S. 326. | 252,10 Hohenberg, (Stephan V. von) | Heinig, S. 1694, insb. 46; Schalk 1919, S. 421. | 274,7; 278,13 – 282,5; 302,21 Hollabrunner, (Wolfgang) | Perger-Nr. 288 | 224,23; 224,27; 236,12 Hollerbeck, (Georg) | Ebendorfer S. 583 | 238,3 Holobersy, (Johann) | Heinig, S. 1696; [RI XIII] H. 22 n. 7 | 66,21 Holzer, Wolfgang | Perger-Nr. 290 | 178,22 – 182,14; 198,21; 222,10 – 230,19; 236,3; 240,20 – 244,1; 322,25; 346,29 Hölzler, Konrad (der Jüngere) | Perger-Nr. 293 | 38,1; 40,7; 40,22; 42,4; 76,7 Hölzler, Leopold (der Jüngere) | [RI XIII] H. 13 n. 194; [RI XIII] H. 13 n. 195 | 42,2 Hornszkawitz, Sesyme von s. Horresegkh, Sezime von (Horresegkh), Sezime von | Copey-Buch: S. 278; Chmel, Anh. n. CA-129; StAM, Hohenaschauer Archiv A 2814; Westenrieder S. 196, 198. | 158,19; 158,21 Hunyadi, Johann | GND: 118708171 | 10,16; 12,18; 18,31 Hunyadi, Ladislaus | GND: 1104544369 | 16,7; 28,24; 30,16 – 30,21 Hunyadi, László s. Hunyadi, Ladislaus Hunyadi, Mátyás s. Matthias I. Corvinus Iskra, Jan s. Brandeis, Johannes Giskra von

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Personenregister

Johann IV., Hausheimer von Welming | GND: 100949487 | 272,16 Johann von Habsburg | Hamann, Brigitte (Hg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon, Wien 1988 | 360,10; 360,12 Juan (de Carvajal) | GND: 128994088 | 82,21 Kadau, (Hans) | Heinig, S. 1699, Turba 69 | 158,19; 158,21 Kainach, Georg von | Heinig, S. 1699 | 206,3; 252,1 Kanizsa, Emerich von | Prickler, S. 157f; | 30,29 Kansdorfer, (Hans) | Perger-Nr. 73 | 176,27; 178,3; 252,3 Kapellen, Hartung von s. Cappel Karl IV. von Luxemburg | GND: 118560085 | 44,28 (Karl VII. von Frankreich) | GND: 100736416 | 38,20; 48,2; 48,10; 48,15 (Kasimir Andreas II. von Polen (Kg.)) | GND: 118990217 | 2,1; 4,1 – 4,29; 360,15; 360,21 – 364,7; 390,27 (Katharina von Österreich) | GND: 129038342 | 248,8; 254,10 Kellner, Hans s. Kirchhaimer, Hans Kerner, Ulrich | Perger-Nr. 83 | 176,26; 178,2; 342,20 Kirchhaimer, (Hans) | Perger-Nr. 90 | 174,21; 178,14; 198,22; 224,17; 224,29; 226,7; 246,21; 296,27 Kisling, Stefan | Perger-Nr. 94 | 214,1 Knab, Gilg | Perger-Nr. 96 | 236,11 Kopp, Hans | Perger-Nr. 99 | 298,10 Krempl, Jörg | Perger-Nr. 107 | 200,5; 224,17; 224,29 Kreß (von Kressenstein, Hans) | GND: 1065397976 | 148,24 Kreuzer, (Ruprecht) | Winter, S. 331. | 244,14 Kues, Nikolaus von | GND: 118588095 | 340,26; 356,1 Kuhnau, N.N. | 384,18; 398,8 Ladislaus II. Jagiello | GND: 100787533 | 390,27 Ladislaus V. Postumus | GND: 118725866 | 14,11; 14,23; 14,26 – 28,9; 30,21; 34,15; 34,24 – 38,15; 38,18; 44,7; 44,15; 44,20; 48,1; 48,12; 48,16; 48,23; 50,19; 78,12; 90,14; 90,19; 90,21; 92,19; 92,21; 94,27; 188,12; 354,14; 354,16; 378,17; 392,2 Lamberg, (Georg II. von) | Heinig, S. 1708 | 16,18; 16,21; 16,26; 22,2 – 22,19 Lampoding, Hans Gold s. Gold, Hans (Landskron, Stephan von) | GND: 118617788 | 302,21 Ledwenko s. Ruchenau, Ledwenko von Lempeck, (Hans) | Perger-Nr. 319 | 158,16; 158,18 Leuchtenberg, (Friedrich V. von) | GND: 107088619X | 96,5 Liechtenstein und Nikolsburg, Christoph II. von | Heinig, S. 1711 | 90,8 Liechtenstein, Heinrich VII. von | GND: 136698492 | 158,10; 160,6; 164,11; 164,19; 164,27; 166,14; 170,27; 276,6; 278,28; 282,5; 302,16; 392,21; 400,22 Liechtenstein, Wilhelm von | Heinig, S. 1711 | 16,3; 90,7 Liephart, Valtein | Perger-Nr. 325 | 198,22; 224,18; 226,18; 274,25; 276,3; 276,12; 342,19

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Personenregister

Ludwig IX. von Bayern | GND: 119398613 | 36,7; 58,4; 58,10; 58,12; 96,5; 136,29; 144,24; 246,17; 246,18 Magdalena von Frankreich | VIAF: 8818159248328204870006 | 48,2; 48,14 Maidburg-Hardegg, Michael von | GND: 141900881 | 36,26; 50,12; 304,1; 304,3 Marchart, Hans | Perger-Nr. 335 | 200,2 Marchfelder, (Michel) | Quellen Bd. II/2, Nr. 3170 | 140,1 Marhamer, Jörg s. Murheimer, Jörg (Marie d' Anjou) | GND: 1012140865 | 48,14 (Matschauer, Martin) | Chmel n. 3801, Chmel, Anh. n. 4041 | 272,16 Matthias I. Corvinus | GND: 118579029 | 26,29; 30,22; 34,18; 42,5; 42,10; 50,17; 50,24; 52,3; 78,18; 80,9; 130,4 – 130,24; 328,16; 374,25 Maximilian I. von Habsburg | GND: 118579371 | 80,5; 84,19; 352,15 (Mehmed II. Fatih) | GND: 118583166 | 8,25; 10,30 Meilinger, Hans | Perger-Nr. 341 | 342,20 Menesdorfer, Michel | Perger-Nr. 346 | 236,13 Menhart, (Jakob) | Perger-Nr. 347 | 200,4 Metsch, (Petzold) | Heller-Reiffenstein 1983 | 80,15; 80,29 Metzleinstorffer, Ulrich | Perger-Nr. 351 | 198,22; 338,4; 342,17 Missingdorfer, Wilhelm | Turba, 81f. | 162,2; 370,5 – 372,12 Modrer, Paul | Haas 2015, S. 169-171. | 30,29; 34,18 Mörsberg, (Christoph von) | Heinig, S. 1720 | 96,13 Mühlfelder, Hans | Perger-Nr. 358 | 146,29; 310,15 Münsterberg, Viktorin von | Heinig, S. 1738 unter Podiebrad | 64,9; 204,2; 208,4; 400,20 Murheimer, (Jörg) | Quellen Bd. II/3, S73 | 342,20 Nanckenreuter s. Anckelreuter Niklas von Freistadt | GND: 1048593010 | 80,6 Nikolaus Újlaki s. Niklas von Freistadt Nußdorf, (Ulrich III. von) | GND: 137656890 | 26,31; 36,26; 38,25; 48,8; 96,6; 106,29; 352,24; 358,29 (Oberheimer), Augustin (Tristram) | Heinig, S. 1728 | 228,32; 230,34; 232,1; 238,1; 238,6 Ödnacker, (Hans) | Perger-Nr. 379 | 174,21; 174,27; 174,30; 178,14; 200,1; 214,1; 236,5 Otto I. von Mosbach und Neumarkt | GND: 140253092 | 14,28 Otto II. von Braunschweig-Göttingen | GND: 142734691 | 36,8 Paul II. (Pp.) | GND: 118594702 | 360,18; 390,20 Paum, Gilg | Perger-Nr. 20 | 236,10 Pellendorf, (Jörg von) | Heinig, S. 1734 | 250,21 (Peltel von Schönberg, Georg) | GND: 1112234608 | 222,20; 288,14; 290,28 Perckhaimer, Jörg | Heraldische Gesellschaft, S. 56, 67, 70, 71; Preuenhueber, S. 186, 427, 445,487 | 38,1

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Personenregister

Piccolomini, Eneas Silvio s. Pius II. Pitzilin, N.N. | 250,20 Pius II. (Pp.) | GND: 118594702 | 82,8; 82,10; 218,20; 340,21; 340,23; 348,25 Plankenstein, Pankraz von | Heinig, S. 1738 | 272,17; 284,15; 284,18 Pluem, (Hans) | Schalk 1915, S. 324 | 332,1; 344,13 Politz, Ladislaus von | 48,6 Pötel, Simon | Perger-Nr. 49 | 158,4; 212,23; 214,13; 214,14 Pottendorf, N.N. | 400,22 Pottendorf, Christoph von | Heinig, S. 1739 | 252,11; 280,2; 282,6 Pottendorf, Georg von | Heinig, S. 1739 | 134,10; 148,23; 158,1; 158,9; 166,8; 166,22; 376,7; 392,20 Pottendorfer (Familie) | Heinig, S. 1739 | 276,7 Pöttinger, (Kristof) | vgl. Perger-Nr. 50: Pötinger Kristof, Turba 98f. | 162,7 Prenner, Kristan | Perger-Nr. 55 | 176,19; 236,10 Preysing, Johann von | Heinig, S. 1740 | 250,13 Puchheim, Georg II. von | GND: 1161631615 | 38,1 Puchheim, Sigmund von | Heinig, S. 1741 | 164,21; 216,17 Puchheim, Wilhelm II. von | Heinig, S. 1741 | 364,9; 364,15; 366,8; 378,11; 382,5; 382,21; 386,15 Purkhofer, Johann s. Burghofer,Johann Rabenstein, Prokop von | GND: 129058637 | 142,25 (Rangone), Gabriele | GND: 141198303 | 322,1; 324,11; 324,14 Rauscher, Peter | Perger-Nr. 392 | 304,8 Ravensburger, (Hans) | Perger-Nr. 393 | 200,2 Rechwein, (Jakob der Ältere) | Perger-Nr. 395 | 252,4 Reicholf, Oswald | Perger-Nr. 399 | 6,34; 172,3; 172,6; 176,26; 178,2; 212,24; 214,12; 236,4; 236,18; 238,10; 238,18; 238,20 Riederer, Ulrich | Heinig, S. 1746 | 108,1; 170,24; 184,31 Rohr, Paul von | Perger-Nr. 416 | 332,24; 334,9 Rohrbach, Hans von | Perger-Nr. 417 | 70,18; 96,12; 130,9; 146,28; 170,25; 402,8 Rosenberg, Heinrich IV. von | Heinig, S. 1749, VIAF: 85714613 | 16,3; 28,12 –  28,13 Rosenberg, Johann II. von | Heinig, S. 1749, VIAF: 85714595 | 384,5 Rosgon, Reinold von | Toth, S. 122 | 18,14 Rosgon, Sebastian von | Toth, S. 122 | 30,28 Rotel s. Hachberg-Sausenberg, (Wilhelm) Röttel s. Hachberg-Sausenberg, (Wilhelm) (Ruchenau), Ledwenko von | Schalk S. 136–142. | 32,26; 54,26; 84,10 Ruckendorfer (Familie) | Heinig, S. 1750 | 64,18 Schaunberg, (Bernhard von) | GND: 138126631 | 50,12 Schaunberg, Wolfgang von | Heinig, S. 1755 | 248,28; 250,15; 378,29 Schell, Wolfgang s. Hollabrunner, Wolfgang der Ältere

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Personenregister

(Scheptek, Sigmund) | Perger-Nr. 439 | 246,21 Schlick, Niklas von | Vgl. Gutkas 1966, S. 357f. | 76,19 – 76,25 Schönperger, (Laurenz) | Perger-Nr. 453 | 200,2; 336,8; 336,23; 340,11; 344,12 Schönprucker, Andre | Perger-Nr. 454 | 236,11; 274,25; 276,1; 342,18 Schrot, Mert | Perger-Nr. 456 | 244,15; 342,19 Schüsselspüler, Wolfgang s. Holzer, Wolfgang Schwantz, Laurenz | Perger-Nr. 465 | 200,1; 236,10 Sebriach, Sigmund von | Heinig, S. 1759 | 170,26; 206,3 Seisenegg, (Georg von) | Heinig, S. 1760 | 158,15; 160,3; 272,18; 284,16; 284,22; 286,27; 392,22 Seladij, Michel s. Szilágyi, Mihály Sésyme s. Horresegkh, Sezime von Sezime s. Horresegkh, Sezime von Sigismund von Luxemburg | GND: 118614185 | 86,34 Sigmund von Habsburg | GND: 118614215 | 48,25; 56,8 – 60,18; 70,20; 72,9; 88,9; 134,12; 134,15; 154,12; 154,21; 306,18 – 308,16; 354,12 – 358,13; 358,23 Smykosky, (Heinrich) | Schalk 2019, S. 138 | 152,1; 222,5; 248,30 (Sonnberger, Ulrich) | GND: 1075553563 | 32,25; 130,8; 250,30; 360,1; 384,23; 390,1; 390,7 Spaur, Johann von | GND: 1165170205 | 96,12 St. Georgen und Bösing (Familie) | Heinig, S. 248 | 98,31 St. Georgen und Bösing, Johannes von | Heinig, S. 248 | 110,20 – 116,8; 280,10 St. Georgen und Bösing, Sigmund von | Heinig, S. 248 | 130,9 Starch, Jakob | Perger-Nr. 486 | 42,21; 246,20; 304,7; 314,13; 316,23; 320,29; 336,9; 336,22; 338,20; 338,26; 338,27; 340,12; 344,12 Starhemberg, Rüdiger VII. von | GND: 1062591402 | 36,27; 38,28; 48,8; 160,26; 172,2; 172,5; 268,7; 272,17; 286,2; 302,16; 382,23; 384,17; 398,12 Starhemberg (der Jüngere), (Rüdiger von) | 398,1 – 402,3 Steber, (Hans) | Copey-Buch S. 357 | 332,1; 334,8 Steger, Hans | Perger-Nr. 489 | 58,6 Stein, (Georg von) | GND: 138515417 | 150,15; 248,4; 308,4; 378,11; 380,4; 380,8; 380,11; 380,15; 380,24; 380,28; 382,2; 382,3; 382,5; 382,16; 386,16 Sternberg, Zdenko von | GND: 138538220 | 48,7; 142,25; 202,25; 216,12; 216,19; 256,17 Strasser, Peter | Perger-Nr. 497 | 58,6 Stressl, Jakob (Stefan) | Perger-Nr. 499 | 200,3 Stubenberg, N.N. | BLKÖ Bd. 40, S. 125ff. | 32,26 Sweintzer, (Hans) | Opll 2021, S. 153–154. | 76,18; 76,24; 156,3; 244,20; 246,2 Swelli | 366,13; 368,23; 376,20 (Szécsi, Dénes) | Chacon, Bd. 2, Col. 914 | 328,26 Szilágyi, Mihály | GND: 138418594 | 24,8; 50,23 Tahenstein, (Bernhard von) | Heinig, S. 1770 | 134,11; 302,26

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Talheimer, (Jörg) | Copey-Buch S. 357; Heinig, S. 1770; | 200,2 (Tannfeld von Lucka), Hinko | Heinig, S. 1770 | 152,2; 200,8; 250,20; 402,4 –  402,20 Tannhauser, Hans | Perger-Nr. 119 | 348,13; 348,17; 348,26; 350,24 Tarschko Trčka von Lípa, Burian I. Teinitz, Psenko (Jan) von | Archiv 57, S. 148–149; Schalk 1919, S. 158. | 64,16; 116,8 Tenk, (Stefan) | Perger-Nr. 125 | 214,1; 236,10 Terska s. Trčka von Lípa, Burian I. Teschler, Niklas | Perger-Nr.126 | 68,18; 176,22; 176,26; 178,2; 212,23; 214,13; 338,2 (Thierstein, Wilhelm von) | Heinig, S. 1771 | 308,5 Topl, (Sigismund von) | 162,7 Torcello, Domenico von | GND: 118526626 | 252,13; 286,24 Traun, Hartnid von | Zedler, Sp. 221 | 252,11 Trčka (von Lípa, Burian I.) | ADB 38, S. 537, CA 454,10 | 48,7 Triwa, Erhart von | 88,19 Truchsess von Grub, Heidenreich | Heinig, S. 1773; [RI XIII] H. 22 n. 1; [RI XIII] H. 22 n. 32 | 310,15 Truchsess von Staatz, Niklas | Heinig, S. 1773 | 42,18 Tzelagy, Michel s. Szilágyi, Mihály Ulrich II. von Cilli | GND: 135692547 | 16,1; 16,14 – 26,26; 30,25; 32,4; 32,10; 32,13; 46,21 Umerspacher | 402,5; 404,3; 404,5 Ungnad von Sonnegg, Georg | Heinig, S. 1776 | 32,25 Ungnad von Sonnegg, Johann | Heinig, S. 1776 | 32,25; 70,18 Unterlimbach, Niklas von s. Bánfi von Alsó-Lindva, Nicolaus (Varda, Stephan VI. von) | HC II, S. 132. | 40,2; 48,6 Vischer, Christan | Copey-Buch S. 357 | 332,1; 344,13 Vitzthum, Apel von | GND: 139140514 | 384,5 (Vlček von Činov), Wenzel | BLKÖ Bd. 51, S. 115f.; GND: 1050459199 | 220,9; 222,4; 250,1 Volkersdorf, Georg von | GND: 1076492908 | 130,8; 250,30; 310,14; 312,12; 312,24; 320,13; 320,17; 332,9 – 336,3; 338,17; 338,20; 338,22; 338,29; 340,5; 380,1; 380,21; 382,1; 382,2 (Volkersdorf, Sigmund von) | GND: 1021269565 | 96,6 Vöttau, (Jörg von) | Schalk 2019, S. 102–103. Zur Familie GND: 1073223434 | 220,9; 366,11; 368,19; 368,33 Wallsee, (Reinprecht V. von) | Heinig, S. 1780 | 50,12; 378,29; 382,14; 382,22 Wallsee, Wolfgang V. von | Heinig, S. 1780 | 308,1 Watzla s. Vlček von Činov, Wenzel Wayder, Niklas | Birk, S. 254, 258. | 80,14

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(Weißbriach, Burchard II. von) | GND: 135738318 | 78,20; 78,24; 80,5 Weitmühl, Benesch von | Heinig, S. 1782; Chmel n. 4052, n. 4103, n. 6950; Chmel, Anh. n. CA-127; [RI XIII] H. 22 n. 5, n. 44; [RI XIII] H. 26 n. 764; [RI XIII] H. 27 n. 252. | 384,6 Westendorfer, Friedrich | Copey-Buch: S. 418 | 178,14 Wisent, Hans | zu Thoman Wisent s. Perger-Nr. 542 | 212,21 Wissinger, Christian | Perger-Nr. 544 | 236,9 Witowec, Jan | Heinig, S. 1787 | 32,1 – 34,7; 44,19; 110,18 – 112,4; 204,5 Wladislaw II. Jagiełło s. Ladislaus II. Jagiello Wuldersdorfer, (Koloman) | Perger-Nr. 545 | 200,3 Wurm, (Heinrich) | Schalk 1915, S. 312 | 332,2; 344,12 Zdenko s. Sternberg, Zdenko von Zehar, Heinrich s. Smykosky, Heinrich Zenger, (Friedrich) | Heinig, S. 1790 | 138,9; 140,1 Zerla | 398,5 Ziegelhauser, Sebastian | Perger-Nr. 550 | 182,5; 236,5; 238,1; 238,25 Zuppor, Niklas s. Csupor, Nikolaus

Ortsregister Achau 158,4 Altenburg s. Ungarisch Altenburg Ankona 340,24 Apulien 28,20 Aspang-Markt 380,4 Aspern 74,16; 76,33 Baden bei Wien 192,19; 248,8; 254,10; 364,11 Baumgartenberg 382,8 Belgrad s. Griechisch Weißenburg Bernhardstal 64,15 Böhmen 8,16; 36,1; 38,9; 40,4; 48,7; 52,7; 52,16; 132,18; 168,11; 354,17; 360,21; 362,17; 386,5 Böhmisch Krut s. Großkrut Breslau 360,19; 364,5; 390,20 Brixen 340,26; 356,2 Bruck an der Leitha 66,19; 208,25

Brünn 84,24; 88,1; 88,20; 88,23; 130,21; 390,21 Buda s. Ofen Celje 32,2; 32,6; 32,15; 32,21 Colotschan s. Kalocsa Colotz s. Kalocsa Danzig 362,2 Devín 54,27; 372,1 Döbling 154,4 Donau 10,28; 18,4; 30,17; 72,25; 90,21; 132,13; 132,15; 132,22; 372,1 Donaubrücke Äußere Donaubrücke 74,19; 74,30 Mittlere Donaubrücke 216,25 Ebenfurth bei Wien 282,28 Ebersdorf s. Kaiserebersdorf Eisdorf 132,4

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Ortsregister

Enns (Fluss) 168,7 Esztergom s. Gran Fischamend 202,28; 246,10 Frankreich 40,15; 40,21; 48,18; 104,19 Freienstein 284,19 Freising 184,31 Freistatt 136,14; 308,6 Futok 14,12; 16,6 Gaunersdorf 122,28 Gaweinstal s. Gaunersdorf Gelesdorf s. Göllersdorf Gmunden 382,11 Gobelsburg 88,28 Göllersdorf 68,15; 92,26; 94,8; 94,12 Göttweig 272,16 Gran 328,26 Graz 34,6; 98,20; 104,20; 104,29; 160,29 Greifenburg 110,15 Greitschenstein s. Kreuzenstein Griechisch Weißenburg 8,27; 12,8; 12,19; 12,24; 16,9; 16,11; 18,5; 42,15 Groß Enzersdorf 110,3; 208,14 Großkrut 116,4 Groß-Schweinbart 112,29; 120,2 Großwardein 26,2 Gumpendorf 204,18; 204,28 Guntramsdorf 148,16; 148,22; 150,17; 152,10; 190,13 Gurk 32,25; 130,8; 250,30; 360,2; 384,24; 390,1; 390,7 Gutenstein 40,19 Hadersdorf 88,27; 118,19; 118,20; 140,21; 300,8; 300,29; 302,31; 304,3 Heiligenkreuz 364,13; 404,6 Heiligenstadt 154,3 Herzogenburg 132,9; 220,27; 222,8 Hietzing 140,22; 142,9 Himberg bei Wien 204,29

Hindberg s. Himberg bei Wien Hohenruppersdorf 122,28 Hollenburg 132,10 Iglau 88,2 Inzersbach (Bach) 142,10 Inzersdorf 204,6; 204,16 Jihlava s. Iglau Kahlenberg (Burg) 154,10; 156,18; 156,33; 190,14; 234,15 Kahlenberg (Dorf) 154,13 Kaiserebersdorf 280,10 Kalksburg 244,20 Kalocsa 40,2; 48,6 Kärnten 110,17; 202,29; 204,4; 208,2 Kilb 158,20 Kirchdorf an der Krems 382,12 Klingenberg 40,19 Klosterneuburg 120,2; 140,6; 156,15; 156,19; 156,29; 162,6; 166,27; 168,8; 168,10; 168,13; 206,19; 210,19 Königstetten 140,19; 190,2 Korneuburg 36,3; 36,6; 36,13; 68,12; 68,20; 68,25; 70,6; 70,7; 74,10; 168,17; 202,23; 204,8; 206,2; 208,5; 210,26; 212,8 Krain 202,29; 204,4; 208,2 Krems 72,26; 74,12; 202,23; 272,19 Kreuzenstein 36,14; 36,18; 68,26; 72,24; 74,9; 74,13 Krumau am Kamp 216,20 Laa an der Thaya 68,33; 70,2 Lambach 382,9 Lassee 402,13 Laxenburg 144,34 Leobersdorf 68,26 Leopoldsdorf 244,16; 246,10 Lichtenwörth 280,18 Liechtenstein (Burg) 66,19; 66,21 Lilienfeld 132,9 Limbach 42,5

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Ortsregister

Linz 78,12; 134,16; 248,2; 248,19; 306,14; 306,18; 378,21; 378,27; 380,21; 382,16; 384,3 Mähren 44,24; 78,2; 84,31; 86,33; 88,12; 256,18; 346,3; 346,5; 346,6; 390,22; 392,5; 398,8; 398,16 Mailberg s. Mauerberg March (Fluss) 54,27 Marchegg 192,18 Marchort 54,27; 398,4 Marienburg s. Mergenburg Mauerberg 348,9 Melk 132,7; 132,9; 234,19; 234,23; 272,16 Mergenburg 4,19; 4,27; 6,4; 6,14; 6,16; 6,22; 6,29; 362,5; 362,25 Mitterndorf an der Fischa 246,9 Mödling 150,18; 190,13; 220,5; 220,16; 246,21 Münchendorf 246,9 Napulia s. Apulien Neu Pölla 216,21 Neuburg am Inn 66,3 Niederösterreich s. Unter der Enns Nürnberg 12,28; 388,10 Nussdorf 154,3; 190,14; 234,23 Ob der Enns 60,25; 66,14; 78,11; 138,5; 216,15; 252,8; 256,25; 292,19; 294,22; 302,12; 306,17; 378,3; 378,15; 382,6 Oberland 12,28 Oberösterreich s. Ob der Enns Ödenburg 100,7 Ofen 14,9; 16,5; 26,23; 26,27; 26,30; 28,2; 28,13; 28,29; 30,1; 30,2; 30,17; 30,22; 42,12; 50,21; 130,23; 376,24 Olmütz 88,1; 120,14; 130,6; 130,11; 390,21 Oradea s. Großwardein Ortenburg an der Drau 110,16; 110,21

Orth an der Donau 90,21; 90,25; 92,3; 92,12; 106,9; 108,25; 108,29; 110,5; 112,15; 112,17; 112,19; 112,30; 114,27; 116,7; 124,1; 124,5; 124,7; 124,12; 124,22; 124,25; 202,26; 402,11; 402,25; 402,26 Österreich 14,6; 34,10; 36,7; 38,12; 38,25; 40,8; 40,11; 44,23; 46,3; 46,4; 46,13; 46,25; 48,8; 48,23; 50,10; 52,21; 54,24; 54,25; 58,19; 60,28; 64,6; 64,8; 64,27; 66,29; 68,2; 68,9; 68,13; 68,16; 70,29; 74,5; 78,2; 78,4; 84,12; 86,13; 86,14; 86,20; 86,21; 86,29; 88,13; 88,24; 88,31; 92,11; 96,7; 96,8; 96,24; 98,3; 106,1; 130,5; 132,17; 132,27; 134,20; 136,1; 136,26; 136,28; 138,3; 148,3; 152,15; 186,25; 188,2; 200,10; 200,18; 202,7; 204,1; 204,4; 206,11; 248,12; 254,33; 260,18; 260,24; 260,33; 268,22; 270,8; 284,10; 284,29; 292,16; 306,21; 308,23; 310,2; 314,7; 336,12; 346,3; 346,6; 346,21; 352,30; 354,17; 354,19; 356,19; 356,22; 356,25; 358,5; 366,15; 370,2; 372,27; 376,8; 376,10; 378,16; 378,20; 386,4; 386,5; 386,7; 386,14; 390,28; 402,7; 404,12 Ottakring 6,34 Paris 40,5 Passau 12,29; 26,31; 36,26; 38,26; 48,8; 48,19; 96,6; 106,29; 124,16; 124,18; 124,20; 256,11; 264,11; 264,12; 270,32; 352,24; 360,1 Perchtoldsdorf 148,16; 150,14; 152,12; 158,5; 190,14; 212,21; 300,19 Persenbeug 284,23 Pettau 44,18 Pillichsdorf 74,14 Pitten 366,12 Pottenburg 192,19 Pottenstein 192,19

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Ortsregister

Prag 18,24; 38,19; 40,13; 40,20; 40,33; 42,2; 42,7; 44,26; 46,12; 52,8; 76,8; 86,1; 86,3; 146,29; 148,4 Pressburg 100,6; 222,20; 288,15; 290,28; 366,22; 370,7; 370,18; 370,27; 372,8; 374,12; 374,25 Preussen 2,20; 2,23 Raab (Fluss) 80,24 Rauheneck 246,8 Rauhenstein 364,14; 364,20 Regensburg 12,29 Retz 38,4 Rom 356,13; 356,17; 356,27; 386,18 Röthelstein 54,28; 370,15; 372,10; 372,21; 374,14; 374,18 Sachsen 358,29 Salzburg 12,29; 78,21; 78,24; 80,5; 96,6; 248,2; 248,4; 248,5; 248,9; 254,11; 292,8; 356,30 Sankt Marx 180,20 Sankt Pölten 132,7; 134,23; 134,27; 138,4; 138,6; 162,13; 164,22; 220,29 Schärding 246,17; 248,1 Schlesien 390,20 Schranawand 246,9; 250,19 Schrattenthal 36,20; 36,24; 38,4; 78,8 Schreinbat s. Schranawand Schwechat 142,34; 144,13; 144,21; 144,26; 144,32 Selabitz 398,6 Siebenbürgen 370,16 Sollenau 248,27 Sopron s. Ödenburg Steiermark 104,21; 202,29; 204,4; 208,2 Stein an der Donau 202,23; 272,19 Stetteldorf 158,8; 160,8; 164,10; 164,30; 172,11 Steyr 66,4; 66,12; 220,30; 308,4; 378,12; 378,28; 380,2; 380,5; 380,12; 382,4; 382,18

Steyrdorf 380,25 Stockerau 92,24 Strenberg 220,30 Teben s. Devín Temeswar 26,12; 26,23 Thorn 362,2 Tirna 366,16; 366,25; 366,26; 368,5; 368,7; 368,22; 368,32; 374,20; 374,26; 376,3; 376,24 Traisen 132,5 Traiskirchen 148,14; 148,20 Trebensee s. Trübensee Trencin 42,11; 130,10; 130,21 Trient 356,2 Tulln 132,4; 138,7; 162,19; 164,7; 210,19; 250,28; 266,20; 272,13; 274,11; 280,7; 298,27; 302,3; 302,6; 308,26; 320,8 Tullner Feld 220,26 Tumesburg s. Temesvar Turin 48,16 Tuttendörfel 168,9 Ulm 12,28 Ulrichskirchen 74,16 Ungarisch Altenburg 100,6 Ungarn 14,15; 20,2; 20,21; 40,1; 42,13; 48,5; 286,4; 328,20; 366,15; 372,22; 374,26 Unter der Enns 60,28; 94,7; 202,9; 252,7; 256,25 Unterwaltersdorf 402,9 Venedig 104,24 Vöcklabruck 244,6 Wachau 286,5 Wardein s. Großwardein Wedritz 372,2 Weißenkirchen an der Donau 286,4 Weitenegg 158,16; 160,2; 234,21 Weitra 216,13 Wenzelsberg 44,28

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Ortsregister

Wien 6,24; 6,27; 14,1; 14,6; 14,27; 20,5; 26,31; 28,1; 28,14; 34,17; 36,5; 36,10; 36,21; 38,18; 40,14; 42,17; 44,5; 46,3; 46,9; 46,28; 50,3; 54,14; 54,26; 54,31; 56,9; 56,28; 58,1; 58,12; 58,17; 58,20; 58,30; 60,9; 60,23; 62,4; 62,8; 62,10; 62,20; 62,24; 62,27; 62,29; 64,2; 64,3; 64,7; 64,28; 66,5; 68,6; 68,9; 68,12; 68,18; 70,8; 70,17; 72,1; 74,23; 76,27; 78,10; 78,25; 84,14; 84,16; 84,18; 84,24; 88,6; 96,13; 98,24; 98,28; 100,14; 100,22; 100,23; 102,2; 102,18; 102,30; 104,12; 112,15; 112,21; 116,13; 118,6; 118,8; 118,14; 118,24; 120,10; 120,24; 122,17; 122,20; 122,22; 122,26; 122,30; 124,14; 126,3; 126,9; 128,6; 132,3; 140,24; 140,30; 142,13; 142,24; 146,8; 148,6; 148,11; 148,21; 150,18; 152,9; 152,11; 152,25; 154,8; 154,16; 156,2; 156,23; 156,26; 156,30; 158,1; 158,6; 158,7; 160,6; 160,10; 160,24; 160,28; 162,6; 162,16; 164,6; 166,12; 168,2; 170,4; 170,22; 170,23; 172,13; 176,8; 180,17; 180,28; 182,1; 182,22; 182,25; 182,26; 184,17; 188,16; 192,20; 198,17; 200,10; 200,12; 200,14; 202,10; 202,13; 202,23; 204,2; 204,7; 204,14; 204,17; 206,5; 206,30; 208,5; 208,27; 210,11; 210,28; 212,19; 214,9; 216,32; 218,1; 218,6; 218,11; 218,16; 218,21; 218,22; 220,1; 220,14; 220,21; 222,6; 222,11; 228,30; 234,28; 244,7; 244,15; 244,23; 244,24; 244,26; 246,1; 246,3; 246,7; 246,11; 246,16; 246,20; 248,15; 248,23; 250,19; 252,2;

256,2; 260,15; 262,10; 266,18; 270,19; 272,11; 272,26; 274,4; 274,5; 274,22; 274,31; 276,8; 278,26; 282,16; 282,29; 282,32; 284,3; 286,13; 288,13; 290,5; 290,21; 292,22; 294,9; 294,26; 294,27; 294,31; 296,25; 298,15; 298,17; 300,6; 300,15; 302,1; 302,27; 304,8; 304,18; 304,27; 306,9; 308,22; 310,6; 310,10; 310,13; 324,3; 326,5; 326,9; 326,20; 328,6; 328,8; 328,10; 328,11; 330,9; 330,11; 336,12; 340,19; 342,11; 342,15; 344,16; 344,18; 344,23; 344,25; 346,12; 346,15; 346,16; 346,22; 348,14; 348,16; 348,18; 348,20; 348,21; 350,2; 350,4; 350,10; 350,16; 352,16; 352,21; 352,30; 354,4; 354,6; 358,3; 358,17; 358,27; 360,4; 364,22; 374,4; 384,14; 392,10; 392,26; 396,24; 400,9; 400,19; 402,1; 404,4 Wiener Neustadt 98,11; 98,20; 104,16; 272,9; 272,14; 272,23; 282,3; 288,13; 290,4; 290,19; 292,2; 308,23; 310,8; 314,25; 318,3; 322,28; 328,7; 336,17; 340,15; 340,16; 342,7; 342,12; 342,17; 342,21; 344,14; 352,2; 352,6; 354,5; 364,14; 366,6; 398,24; 398,26 Wienerberg 56,26; 142,10; 142,33; 204,17; 204,29; 220,12 Winkel 400,1; 400,6; 400,15; 400,28 Wolkersdorf 74,15 Wrünn s. Brünn Wullersdorf 94,31 Ybbs an der Donau 210,20; 222,7; 286,6; 286,7 Znaim 88,2 Zwettl 216,18

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Ortsregister Wien

Ortsregister Wien Alter Fleischmarkt 232,29 Am Hof 228,33 Augustinerkirche 172,22; 172,28; 172,30 Äußere Donaubrücke 34,24; 74,19; 74,30 Burg 34,20; 116,13; 182,2; 184,6; 186,3; 186,11; 186,15; 186,18; 186,21; 186,22; 200,15; 202,15; 206,21; 206,31; 210,14; 328,3; 340,12; 348,16; 360,4; 384,14 Burggraben 234,2 Burg-Hof 336,3 Dieb-Haus 236,8; 236,18; 242,11; 246,5 Dominikanerkirche 174,30 Eslarn-Haus 60,14 Fürhaus 374,15 Graben 306,5 Heiligengeistspital 288,14 Hoher Markt 232,7; 232,24; 238,3; 238,7; 350,18 Hubhaus 236,13; 242,10 Kärntner Turm 178,3; 234,3; 304,16; 304,20; 350,20 Kastenamt 192,19 Lichtensteg 232,28 Marschall-Haus 56,17; 116,26 Michaelerkirche 116,24 Mittlere Donaubrücke 74,31; 216,25

Ödenacker-Haus 174,30 Peiler Tor 202,18 Prag-Haus 52,22; 74,27; 202,4 Propsthof 60,23; 62,27; 182,22; 202,11; 312,10 Rathaus 170,10; 176,13; 176,17; 176,27; 178,9; 178,10; 212,18; 226,14; 282,20; 286,13; 294,31; 304,10; 326,19; 332,12; 336,1; 338,28; 340,13 Ringmauer 306,5 Roter Turm 192,20; 234,14 Sankt Ulrich 204,19 Scheffstraße 208,5 Schranne 238,4 St. Michael 202,18 St. Niklas 144,2; 242,5 St. Stephans Kirche 294,7; 312,8; 322,9; 322,15; 322,18 St. Stephans Schule 276,25; 290,20; 296,24; 300,15; 310,22 Steger-Haus 58,7 Strasser Haus 58,6 Strasser-Haus 58,6 Stubentor 144,3; 228,32; 234,12; 242,5 Theobaldskirche 174,4; 174,14 Tor bei der Burg 58,27; 116,23 Tor bei St. Theobald 58,26; 140,27; 142,16; 208,1

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