Die Staufer in der populären Geschichtskultur: Ein Rezeptionspanorama seit den 1970er Jahren 9783839454343

Die Erinnerungen an die Staufer sind für die deutschsprachige Geschichtskultur bis 1945 gut untersucht. Jüngste Erzählun

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur: Ein Rezeptionspanorama seit den 1970er Jahren
 9783839454343

Table of contents :
Editorial
Inhalt
Vorwort
1. Einleitung
2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins
2.1 Museen als Orte der Geschichtskultur
2.2 Städte als Orte der Geschichtskultur
2.3 Jüngste Trends: Die Formierung eines europäischen Gedächtnisses
2.4 Vom Elfenbeinturm in die Praxis: Eine Begriffsbestimmung der Angewandten Geschichte
3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert
3.1 Die Dynastie der Staufer – eine kurze Geschichtsstunde
3.2 Rezeptionen der staufischen Geschichte vom 19. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkrieg
3.3 Die Staufer nach 1945: Gefallene Nationalhelden, Großväter Europas und Fantasy-Ritter
3.4 Mittelalter- und Stauferrezeptionen in den verschiedenen Genres der populären Geschichtskultur
3.5 Die Staufer im kulturellen Gedächtnis der Nation – Ein Fazit
4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011
4.1 Methodische Vorbemerkungen: Das Museum als Quelle
4.2 »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur« 1977 in Stuttgart: Auftakt des Geschichtsbooms
4.3 »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa« 2010/2011 in Mannheim
5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer
5.1 Städte in der Stauferzeit
5.2 Was heißt Stauferstadt? Spurensuche nach einem geschichtskulturellen Konstrukt
5.3 Umgang mit dem historischen Erbe: Staufer- und Barbarossastädte im Überblick
5.4 »Unser Land – Stauferland«: Staufertraditionen rund um den Hohenstaufen
5.5 Methodische Annäherungen: Wie untersucht man Geschichte als Label?
6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd
6.1 Stadt im Wandel: Stadtgeschichte und Geschichtsbewusstsein Schwäbisch Gmünds
6.2 Das Label Älteste Stauferstadt: Die Präsenz staufischer Geschichte im Stadtbild
6.3 Events zur staufischen Geschichte in Schwäbisch Gmünd
6.4 Staufervereine in Schwäbisch Gmünd: Der Verein Staufersaga
6.5 Staufische Geschichte in Schwäbisch Gmünd
7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen
7.1 Stadt im Wandel: Stadtgeschichte und Geschichtsbewusstsein Göppingens
7.2 Das Label Hohenstaufenstadt: Die Präsenz staufischer Geschichte im Stadtbild
7.3 Stauferführungen und der Erinnerungsort Hohenstaufen seit dem Stauferjahr 1977
7.4 Staufervereine in Göppingen: Die Gesellschaft für staufische Geschichte
7.5 Die Stadt Göppingen und ihre staufische Geschichte
8. Transnationale staufische Geschichtskultur
8.1 Erinnerungen an die Staufer in Italien: Vom feindlichen Invasor im Risorgimento zum Puer Apuliae im 21. Jahrhundert
8.2 La Gemellaggio Goeppingen – Foggia: staufische Geschichte als Nährboden transnationaler Gemeinschaft
8.3 Ein Kaiser verbindet: Die Zusammenarbeit der Gesellschaft für staufische Geschichte mit den Fondaziones Federico II in Jesi und Palermo
8.4 Gedenksteine einer »europäischen« Dynastie: Das Projekt Stauferstelen und die Beispiele Fiorentino, Göppingen-Hohenstaufen und Bari
8.5 Zwischenfazit: Geschichtskulturelle Funktionen transnationaler Erinnerungsdimensionen
9. Interpretationen staufischer Geschichte – Ein Schlussresümee
Tabellen
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis

Citation preview

Isabelle Luhmann Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/ History in Popular Cultures  | Band 20

Editorial In der Reihe Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen | History in Popular Cultures erscheinen Studien, die populäre Geschichtsdarstellungen interdisziplinär oder aus der Perspektive einzelner Fachrichtungen (insbesondere der Geschichts-, Literatur-und Medienwissenschaft sowie der Ethnologie und Soziologie) untersuchen. Im Blickpunkt stehen Inhalte, Medien, Genres und Funktionen heutiger ebenso wie vergangener Geschichtskulturen. The series Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen | History in Popular Cultures provides analyses of popular representations of history from specific and interdisciplinary perspectives (history, literature and media studies, social anthropology, and sociology). The studies focus on the contents, media, genres, as well as functions of contemporary and past historical cultures. Die Reihe wird herausgegeben von Sylvia Paletschek und Barbara Korte (geschäftsführend) sowie Judith Schlehe, Wolfgang Hochbruck, Sven Kommer und Hans-Joachim Gehrke.

Isabelle Luhmann, geb. 1987, studierte Geschichte und Biologie in Freiburg. Mit einem Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes promovierte sie bei Sylvia Paletschek zu den Staufern in der populären Geschichtskultur. Während ihres Studiums absolvierte sie museumskuratorische und pädagogische Praktika im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart und in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim und war Lehrbeauftragte an der Albert-Ludwigs-Universität und an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Geschichtskultur, Angewandte Geschichte, Mediävalismus und die Arbeit mit Zeitzeugen.

Isabelle Luhmann

Die Staufer in der populären Geschichtskultur Ein Rezeptionspanorama seit den 1970er Jahren

Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Die Herausgabe dieses Buches wurde von der Eduard-Dietenberger-Stiftung, dem Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und dem Geschichts- und Altertumsverein Göppingen gefördert.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. © 2021 transcript Verlag, Bielefeld Alle Rechte vorbehalten. Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld Umschlagabbildung: Gmünder Tagespost, H. 123, 1977 / Foto: Walter Olbrecht / Staufersaga Verein 2012 / Foto: Mario Klaiber Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-5434-9 PDF-ISBN 978-3-8394-5434-3 https://doi.org/10.14361/9783839454343 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: https://www.transcript-verlag.de Unsere aktuelle Vorschau finden Sie unter www.transcript-verlag.de/vorschau-download

Inhalt

Vorwort ....................................................................................... 9 1.

Einleitung................................................................................ 11

2. 2.1 2.2 2.3 2.4

Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins ................ 31 Museen als Orte der Geschichtskultur .................................................... 37 Städte als Orte der Geschichtskultur ..................................................... 38 Jüngste Trends: Die Formierung eines europäischen Gedächtnisses....................... 44 Vom Elfenbeinturm in die Praxis: Eine Begriffsbestimmung der Angewandten Geschichte................................... 45

3.

3.5

Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert ............................................................... 49 Die Dynastie der Staufer – eine kurze Geschichtsstunde .................................. 49 Rezeptionen der staufischen Geschichte vom 19. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkrieg ...................................................... 61 Die Staufer nach 1945: Gefallene Nationalhelden, Großväter Europas und Fantasy-Ritter ........................... 71 Mittelalter- und Stauferrezeptionen in den verschiedenen Genres der populären Geschichtskultur .......................................................... 79 3.4.1 Der historische Roman............................................................ 79 3.4.2 Das Mittelalter in bewegten Bildern ............................................... 83 3.4.3 »Virtuelles Rittertum« im Mittelalter-Computerspiel ............................... 88 3.4.4 Mittelaltermärkte und Co – Der Bereich der Living History .......................... 90 3.4.5 Staufische Geschichtsschauen .................................................... 94 3.4.6 Begegnungen mit dem Mittelalter auf Reisen ...................................... 96 Die Staufer im kulturellen Gedächtnis der Nation – Ein Fazit ..............................100

4. 4.1

Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011 ..................... 103 Methodische Vorbemerkungen: Das Museum als Quelle................................... 103

3.1 3.2 3.3 3.4

4.2 »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur« 1977 in Stuttgart: Auftakt des Geschichtsbooms............................................................ 107 4.2.1 Zwischen Nachkriegsstarre und Nachholbedarf: Der zeithistorische Kontext zur Ausstellung ....................................... 107 4.2.2 Wieso, weshalb, warum? Die Rahmenbedingungen der Ausstellung 1977 in Stuttgart ..........................111 4.2.3 Staufische Geschichte 1977: Baden-Württembergische Pracht im historischen Gewand ......................... 115 4.2.4 Interpretationen und Funktionen der Stauferzeit in Stuttgart – Ein Fazit ............126 4.3 »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa« 2010/2011 in Mannheim .................................................................. 128 4.3.1 Von der bipolaren zur multipolaren Welt: Der zeithistorische Kontext zur Ausstellung ...................................... 128 4.3.2 Wieso, weshalb, warum? Die Rahmenbedingungen der Ausstellung 2010/2011 in Mannheim .................. 135 4.3.3 Staufische Geschichte 2010/2011: Eine Metropolregion wird europäisch verortet .................................... 139 4.3.4 Interpretationen und Funktionen der Stauferzeit in Mannheim – Ein Fazit.......... 153 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5

Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer .... 157 Städte in der Stauferzeit ................................................................ 157 Was heißt Stauferstadt? Spurensuche nach einem geschichtskulturellen Konstrukt .......160 Umgang mit dem historischen Erbe: Staufer- und Barbarossastädte im Überblick .........166 »Unser Land – Stauferland«: Staufertraditionen rund um den Hohenstaufen ............. 180 Methodische Annäherungen: Wie untersucht man Geschichte als Label? .................. 193

6. 6.1 6.2 6.3

Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd............................................201 Stadt im Wandel: Stadtgeschichte und Geschichtsbewusstsein Schwäbisch Gmünds .......201 Das Label Älteste Stauferstadt: Die Präsenz staufischer Geschichte im Stadtbild .......... 210 Events zur staufischen Geschichte in Schwäbisch Gmünd................................ 225 6.3.1 Stauferaktionen der 1970er-1990er Jahre: Vom Stauferritt zum Staufermarkt ...... 225 6.3.2 Die Stauferevents von 2012 und 2016: Das Theaterstück Staufersaga als Quell städtischer Identitätsstiftung............. 240 6.4 Staufervereine in Schwäbisch Gmünd: Der Verein Staufersaga ........................... 268 6.5 Staufische Geschichte in Schwäbisch Gmünd............................................ 274

7. 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5

Die Hohenstaufenstadt Göppingen ..................................................... 279 Stadt im Wandel: Stadtgeschichte und Geschichtsbewusstsein Göppingens............... 279 Das Label Hohenstaufenstadt: Die Präsenz staufischer Geschichte im Stadtbild .......... 294 Stauferführungen und der Erinnerungsort Hohenstaufen seit dem Stauferjahr 1977 ........ 314 Staufervereine in Göppingen: Die Gesellschaft für staufische Geschichte ................. 328 Die Stadt Göppingen und ihre staufische Geschichte..................................... 340

8. 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5

9.

Transnationale staufische Geschichtskultur ........................................... 345 Erinnerungen an die Staufer in Italien: Vom feindlichen Invasor im Risorgimento zum Puer Apuliae im 21. Jahrhundert .................................................... 345 La Gemellaggio Goeppingen – Foggia: staufische Geschichte als Nährboden transnationaler Gemeinschaft ............................................ 353 Ein Kaiser verbindet: Die Zusammenarbeit der Gesellschaft für staufische Geschichte mit den Fondaziones Federico II in Jesi und Palermo ........... 366 Gedenksteine einer »europäischen« Dynastie: Das Projekt Stauferstelen und die Beispiele Fiorentino, Göppingen-Hohenstaufen und Bari .............................. 375 Zwischenfazit: Geschichtskulturelle Funktionen transnationaler Erinnerungsdimensionen................................................ 387 Interpretationen staufischer Geschichte – Ein Schlussresümee ........................ 391

Tabellen ..................................................................................... 403 Abbildungsverzeichnis ....................................................................... 413 Tabellenverzeichnis .......................................................................... 415 Quellen- und Literaturverzeichnis ............................................................ 417

Vorwort

Die Fertigstellung dieser Arbeit war wie ein sehr langer Dauerlauf mit Schlusssprint, bei dem mich viele Menschen am Rande anfeuerten, mir Mut machten und mich unterstützen, damit aus Ideen und Materialsammlungen Wissenschaft werden konnte. Ihnen allen sei hier ein Wort des Dankes ausgesprochen.   Mein erster, herzlicher Dank richtet sich an meine Doktormutter Prof. Dr. Sylvia Paletschek, die mir schon während der Fertigstellung meiner Staatsexamensarbeit zur Seite stand und mich ermutigte meinem Interesse für die populäre Geschichtskultur in einem Dissertationsvorhaben nachzugehen. Durch viele anregende Gespräche und kritische Nachfragen, ihren Pragmatismus und auch Optimismus hat sie mich in jeder Phase der Promotion begleitet und unterstützt. Für die Übernahme der Zweitbetreuung danke ich Prof. Dr. Jürgen Dendorfer, der mir stets bei mediävistischen Nachfragen zur Seite stand. Ein Wort des Dankes gilt weiterhin den Menschen »an vorderster Front« vor Ort: Dr. Karl-Heinz Rueß und Martin Mundorff vom Stadtarchiv Göppingen und Brigitte Mangold vom Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd. Weiterhin Jürgen Musch vom Verein Staufersaga. Sie alle standen mir während meiner Rechercheaufenthalte tapfer Rede und Antwort und hatten oftmals noch den ein- oder anderen Hinweis zu unbekanntem Quellenmaterial und Interviewpartnern. Bei der Studienstiftung des deutschen Volkes möchte ich mich für die finanzielle und ideelle Förderung bedanken. Doktorandenmeetings, Kompetenzworkshops und auch Sprachkurse haben meine Arbeit auf vielen Ebenen maßgeblich bereichert. Für die finanzielle Unterstützung zur Veröffentlichung gilt mein herzlicher Dank der Eduard-Dietenberger-Stiftung, dem Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und dem Geschichts- und Altertumsverein Göppingen.   Für die Fertigstellung eines solchen Projektes bedarf es auch großer Unterstützung im privaten Umfeld. Daher möchte ich mich schließlich bei meiner ganzen Familie, allen voran meinen Eltern und auch meinem Bruder Niklas bedanken, die mich stetig darin bestärkten, dass ich das Richtige tue und auf jeden Fall die Ziellinie erreichen werde, auch wenn ich da manches Mal meine Zweifel hatte. Auch meinen Freunden gilt ein herzliches Dankeschön. Dir Nina, die vom ersten Citavi Kurs über alle Phasen des Projekts bis zum Schlussfazit als meine Schicksalsgemeinschaft mit dabei war und die oft

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

notwendige mentale Unterstützung beisteuerte und dir Sabine, für das unerschütterliche Korrekturlesen, die mal kritischen, mal heiteren Kommentare und die Geduld bei der Endformatierung. Und schlussendlich gilt mein Dank dir Sven, der alle Hochs und Tiefs unmittelbar miterlebte und mir unerschütterlich jeden Morgen viel Spaß beim Promovieren wünschte, auch wenn die Stimmung noch so sehr am Tiefpunkt war. Nur wegen deines Optimismus und der Unterstützung nicht zuletzt in sämtlichen technischen Problemlagen konnte diese Arbeit zu dem werden, was sie heute ist.

1. Einleitung Der alte Barbarossa, Der Kaiser Friederich, Im unterird’schen Schlosse Hält er verzaubert sich. Er ist niemals gestorben, Er lebt darin noch jetzt; Er hat, im Schloss verborgen, Zum Schlaf sich hingesetzt. Er hat hinab genommen Des Reiches Herrlichkeit, Und wird einst wiederkommen Mit ihr zu seiner Zeit.1

Diese Zeilen des 1817 von Friedrich Rückert verfassten Gedichts thematisieren den Kyffhäusermythos um Friedrich Barbarossa.2 Nach diesem war der Staufer gar nicht im 12. Jahrhundert verstorben, sondern ruhte nur im Kyffhäusergebirge, um eines Tages zu erwachen und das Reich zu neuer Herrlichkeit zu führen.3 Wieder entdeckt und verschriftlicht im frühen 19. Jahrhundert, wurde die Sage im deutschen Kaiserreich Teil der Staatsideologie und das Gedicht Rückerts fester Bestandteil des Bildungskanons an vielen Schulen.4 Bis heute sind Zeilen daraus oder zumindest die Geschichte um den schlummernden Kaiser in bildungsbürgerlichen Kreisen bekannt.5 Wie keine an1 2 3 4

5

Vgl. Krumbacher, Friedrich, 1853: Deutsche Geschichten in Prosa und Poesie. https://books.google.de/books?id=dvNSAAAAcAAJ&pg=PA83 [09.04.2019], S. 83-84. Vgl. Görich, Knut, 2011: Die Staufer: Herrscher und Reich. München, 3. Aufl., S. 12. Vgl. Görich, Knut, 2015: Konjunkturen eines Geschichtsbildes – das Beispiel Friedrich Barbarossa. In: Geschichte für heute, 4. Jg., S. 34-49, S. 35. Vgl. Brune, Thomas/Baumunk, Bodo, 1977: Wege der Popularisierung. In: Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart (Hg.): Aufsätze. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-KunstKultur, Bd. 3). Stuttgart, S. 327-335, S. 329. Vgl. Schubert, Alexander, 2010: Geschichte für 100 Tage. Kulturhistorische Großausstellungen im Spannungsfeld von musealer Arbeit und populärer Vermittlung. In: Arnold, Klaus/Hömberg, Walter/Kinnebrock, Susanne (Hg.): Geschichtsjournalismus. Zwischen Information und Inszenierung. Berlin, S. 251-267, S. 34-35.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

dere Dynastie prägten die Staufer die deutschsprachige Geschichtskultur, was sie für Forschungsfragen in dieser Disziplin so reizvoll macht.6 Ihre Herrschaftszeit gilt als Blütezeit der höfischen Kultur, der mittelhochdeutschen Literatur und des Rittertums. Gleichzeitig wird sie bewertet als Höhepunkt deutscher Kaiserherrlichkeit und Zeit eines universalen Reichs unter deutscher Vorherrschaft.7 Somit boten die Staufer eine geeignete Plattform, um die seit dem 19. Jahrhundert zunehmend geäußerten Wünsche nach einer deutschen Kulturnation und Staatsnation historisch zu begründen.8 Immer in Aushandlung mit der Gegenwart, gleichsam als dynamischer Prozess, wurde die Stauferzeit erinnert als Sehnsuchtsort mit »romantisch-heimattümelnde[n] Fluchtangebote[n]« – so von den Dichtern des frühen 19. Jahrhunderts und in der Zeit der Weimarer Republik.9 Oder auch in appellativer und politisch-legitimierender Funktion als einstmalige deutsche Großmacht, die es wieder herzustellen gelte; so im Zweiten 6

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Vgl. Hechberger, Werner, 2009: Bewundert-instrumentalisiert-angefeindet. Staufer und Welfen im Urteil der Nachwelt. In: Hechberger, Werner (Hg.): Staufer & Welfen. Zwei rivalisierende Dynastien im Hochmittelalter. (Themen der Katholischen Akademie in Bayern). Regensburg, S. 216-239, S. 222; Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan/Wieczorek, Alfried (Hg.), 2010: Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Bd. 2, Objekte. (Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen Bd. 37). Darmstadt, S. 15. Die staufische Geschichtskultur ist dementsprechend bis 1945, bzw. in Ansätzen bis 1977 recht gut erforscht, wie im Abschnitt »Forschungsstand« noch ausführlich erläutert wird. Vgl. Schreiner, Klaus, 2012: Friedrich Barbarossa – Herrscher, Held und Hoffnungsträger. Formen und Funktionen staufischer Erinnerungskultur im 19. und 20. Jahrhundert. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Von Palermo zum Kyffhäuser. Staufische Erinnerungsorte und Staufermythos. 24. Göppinger Staufertage, 12. bis 14. November 2010. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 31). Göppingen, S. 97-128, S. 97; Hechberger, 2009, S. 222; Knefelkamp, Ulrich, 2003: Das Mittelalter. Geschichte im Überblick. Paderborn, 2. Aufl., S. 250. Vgl. Groebner, Valentin, 2008: Das Mittelalter hört nicht auf. Über historisches Erzählen. München, S. 77. Brune, Thomas, 1977: Staufertraditionalismus im Spiegel einer Göppinger Zeitung seit 1863. (Veröffentlichung des Stadtarchivs Göppingen/Stadtarchiv Göppingen, Bd. 14). Göppingen, S. 53. Vgl. auch Görich, 2011, S. 11; Boockmann, Hartmut, 2000: Tausend Jahre Verlegenheit zwischen Antike und Neuzeit: Vorstellungen vom Mittelalter – Umrisse des Mittelalters. In: Neitzert, Dieter/Israel, Uwe/Schubert, Ernst (Hg.): Hartmut Boockmann. Wege ins Mittelalter. München, S. 328-342, S. 336. Das Konzept von »Heimat« ist grundsätzlich sehr stark an historisch-kulturelle Konstellationen gebunden und hat eine lange Bedeutungsgeschichte. Als Alltagsbegriff ist »Heimat« politisch-ideologisch besetzbar und nicht unumstritten. In dieser Arbeit wird der Begriff grundlegend wie im Brockhaus definiert als eine »teils vorgestellte, teils real angebbare Gegend (Land, Landschaft oder Ort), zu der – aufgrund tatsächlichen Herkommens oder vergleichbarer ›ursprünglicher‹ Verbundenheitsgefühle – eine unmittelbare und für die jeweilige Identität konstitutive Vertrautheit besteht.« Brockhaus: Heimat. https://brockhaus.de/ecs/enzy/article/heimat [09.05.2019]. Vgl. auch Jäger, Jens, 9.11.2017: Heimat, Version 1,0. http://docupedia.de/zg/Jaeger_heimat_v1_de_2017?oldid=128264 [26.10.2018], S. 2, 6-7. Zur historischen Erinnerung als Vergegenwärtigung von Vergangenheit, die als dynamischer Prozess der Aushandlung zwischen Vergangenheit und Gegenwart verstanden werden muss vgl., Rüsen, Jörn, 1994: Was ist Geschichtskultur? Überlegungen zu einer neuen Art, über Geschichte nachzudenken. In: Füßmann, Klaus/Grütter, Heinrich T./Rüsen, Jörn (Hg.): Historische Faszination. Geschichtskultur heute. Köln/Weimar/Wien, S. 3-26, S. 11; Beier, Rosmarie, 2000: Geschichtskultur in der Zweiten Moderne. Eine Einführung. In: Beier, Rosmarie (Hg.): Geschichtskultur in der Zweiten Moderne. Frankfurt, S. 11-25, S. 13. Das Konzept der Geschichtskultur wird ausführlich in Kap. zwei des Dissertationsprojekt behandelt.

1. Einleitung

Kaiserreich und auf fatale Weise im Dritten Reich, als der römisch-christliche Reichsgedanke zu einem völkisch-germanischen umgeformt wurde.10 Mit der Niederlage im Zweiten Weltkrieg verloren die bisherigen nationalen Erzählweisen der staufischen Geschichte an Gültigkeit, nachdem man die Auswirkungen einer solchen Geschichtspolitik schmerzhaft erfahren hatte.11 Auf nationaler Ebene büßten die Staufer ihren identifikationsstiftenden und richtungsweisenden Charakter ein.12 Ihre Herrschaftszeit »wurde zur Vorgeschichte mit bestenfalls antiquarischem Interesse.«13 Dieser Bedeutung beraubt verschwanden sie zunehmend aus dem öffentlichen Bewusstsein und aus den Lehrplänen in Schulen, Hochschulen und Universitäten.14 Jedoch gerieten die Staufer nicht gänzlich in Vergessenheit. Zum einen erfolgt die staufische Erinnerung seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fernab nationaler Deutungsmuster auf regionaler und lokaler Ebene und ist hier nicht unter einem allgemeinen Narrationsmuster zu subsumieren.15 Zum anderen weicht die staufische Geschichtskultur kontinuierlich auf den Sektor der außerakademischen Geschichtsdarstellungen aus. In diesen wird oftmals weniger konkret die Stauferzeit als grundsätzlich die Epoche des Mittelalters thematisiert.16 In diesem Bereich erlebt das Mittelalter seit circa den 1980er Jahren einen stetigen Aufschwung, der seitdem exponentiell gestiegen ist und sich in den verschiedensten Genres ausgebreitet hat.17 Wie Valentin Groebner richtig bemerkt, scheint 10

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Vgl. Akermann, Manfred, 2012: Orte des Staufergedächtnisses in Deutschland: Hohenstaufen und Kyffhäuser. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Von Palermo zum Kyffhäuser. Staufische Erinnerungsorte und Staufermythos. 24. Göppinger Staufertage, 12. bis 14. November 2010. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 31). Göppingen, S. 64-76, S. 75; Brune/Baumunk, 1977, S. 329; Görich, 2011, S. 15. Vgl. Groebner, 2008, S. 117. Vgl. Althoff, Gerd, 1992: Sinnstiftung und Instrumentalisierung. Zugriffe auf das Mittelalter. Eine Einleitung. In: Althoff, Gerd (Hg.): Die Deutschen und ihr Mittelalter. Themen und Funktionen moderner Geschichtsbilder vom Mittelalter. Darmstadt, S. S. 1-6, S. 4-5; Graf, Klaus, 2010: Der Mythos der Staufer – eine schwäbische Königsdynastie wird erinnert und instrumentalisiert. In: Schwäbische Heimat, H. 61, S. 296-306, S. 303. Althoff, Gerd, 2000: Das Mittelalterbild der Deutschen vor und nach 1945. Eine Skizze. In: Heinig, Paul-Joachim (Hg.): Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Peter Moraw. (Historische Forschungen, Bd. 67). Berlin, S. 731-750, S. 745. Vgl. auch Görich, 2011, S. 16. Dies gilt nicht nur für die Stauferzeit, sondern auch das Mittelalter im Allgemeinen. Vgl. BühlGramer, Charlotte, 2010: Wem gehören die Staufer? Ein Blick in deutsche und italienische Schulgeschichtsbücher. In: Herzner, Volker (Hg.): Mythos Staufer. In memoriam Dankwart Leistikow. Akten der 5. Landauer Staufertagung, 1. – 3. Juli 2005. (Veröffentlichung/Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften in Speyer, Bd. 105). Speyer, S. 53-66, S. 60-61; Buck, Thomas, Martin, 2011: Einleitung. In: Buck, Thomas M./Brauch, Nicola (Hg.): Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Probleme, Perspektiven und Anstöße für die Unterrichtspraxis. Münster, S. 21-54, 2011, S. 25. Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 331. Viele Phänomene, die heute als »typisch mitttelalterlich« gelten, haben ihre Blütezeit, bzw. ihren Ursprung in der Stauferzeit wie das Rittertum, die höfische Kultur und auch der Burgenbau. Dementsprechend steht ihre Herrschaftszeit oftmals für das Mittelalter per se. Vgl. Hechberger, 2009, S. 222. Dies gilt nicht nur für das Mittelalter, sondern die Vergangenheit im Allgemeinen, wobei die mittlere Epoche sehr stark vertreten ist. Vgl. Buck, Thomas, Martin, 2011, S. 34; Korte/Paletschek, 2009: Geschichte in populären Medien und Genres: Vom historischen Roman zum Computerspiel. In:

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

die Vergangenheit, dadurch dass sie von immer mehr Menschen rezipiert wird, immer größer und geräumiger zu werden.18 Historische Romane, Spiele aller Art, performative Geschichtspraktiken, Dokus und Spielfilme – sie alle haben die Vergangenheit als Stoff für ihre Erzählungen entdeckt.19 Auch in Kampagnen des Stadtmarketings und touristischen Medien aller Art wie Stadtführungen, Mittelaltermärkten und sogar Merchandise-Artikeln wird die Vergangenheit im Allgemeinen und hier besonders gern das Mittelalter »zum Zwecke ihrer massentauglichen Vermarktung« und der Aufwertung von Destinationen verwendet.20 Gerade die letztgenannten Sektoren sind bislang von der geschichtskulturellen Forschung eher stiefmütterlich behandelt worden.21 Vor allem die populärkulturellen Darstellungen sind es, die unseren rezenten geschichtskulturellen Diskurs über die Vergangenheit im Allgemeinen, über das Mittelalter im Besonderen und ganz spezifisch über die Staufer prägen.22 »Reden über die Staufer«, wie es Arno Borst mit seiner Monographie von 1978 formuliert, geschieht seit dem späten 20. Jahrhundert immer stärker im populärkulturellen Sektor.23 Diese Narrationen gilt es zu untersuchen und auf ihre Darstellungen der Stauferzeit und die daraus herauszulesenden geschichtskulturellen Bedürfnisse der Gegenwart zu befragen.24   Ziel dieser Arbeit ist daher die Untersuchung der staufischen Rezeptionen im ausgehenden 20. und frühen 21. Jahrhundert auf verschiedenen räumlichen Erinnerungsebenen in unterschiedlichen Medien der Populärkultur. Auch die damit verbundenen

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Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia (Hg.): History goes Pop. Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 1). Bielefeld, S. 9-60, S. 9; Hardtwig/Schug, 2009: Einleitung. In: Hardtwig, Wolfgang/Schug, Alexander (Hg.): History Sells! Stuttgart, S. 9-17, S. 10-12. Der Begriff des »Mittelalters« wird im Folgenden traditionell verwendet für den Zeitraum von 500-1500 und auch für durch spätere Rezeptionen geprägte Imaginationen dieses Zeitabschnitts, die wie Valentin Groebner richtiggehend anmerkt, ebenfalls mit diesem Begriff bezeichnet werden. Vgl. Groebner, Valentin, 2011: Arme Ritter. Moderne Mittelalterbegeisterungen und die Selbstbilder der Mediävistik,. In: Buck, Thomas M./Brauch, Nicola (Hg.): Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Probleme, Perspektiven und Anstöße für die Unterrichtspraxis. Münster, S. 335-345, S. 336; Goetz, Hans-Werner, 1999: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung. Darmstadt, S. 39; Lubich, Gerhard, 2010: Das Mittelalter. Paderborn [u.a.], S. 16. Vgl. Groebner, 2018, 14. Vgl. Hassemer, Simon M., 2011: Das Mittelalter der Populärkultur. In: Buck, Thomas M./Brauch, Nicola (Hg.): Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Probleme, Perspektiven und Anstöße für die Unterrichtspraxis. Münster, S. 129-139, S. 131; Padberg, Martina/Schmidt Martin, 2010: Die Magie der Geschichte. Zur Einführung. In: Padberg, Martina (Hg.): Die Magie der Geschichte. Geschichtskultur und Museum. (Schriften des Bundesverbands freiberuflicher Kulturwissenschaftler, Bd. 3). Bielefeld, S. 11-25, S. 12. Kenkmann, Alfons/Spinnen, Bernadette, 2019: Vorwort. In: Kenkmann, Alfons/Spinnen, Bernadette (Hg.): Stadtgeschichte, Stadtmarke, Stadtentwicklung: Zur Adaption von Geschichte im Stadtmarketing. Wiesbaden, S. V–VIII, S. V. Vgl. auch Groebner, Valentin, 2018: Retroland. Geschichtstourismus und die Sehnsucht nach dem Authentischen. Frankfurt a.M., S. 11. Vgl. Groebner, 2018, S. 25. Vgl. Groebner, 2008, S. 143. Borst, Arno, 1978: Reden über die Staufer. Frankfurt a.M. [u.a.]. Vgl. Buck, Thomas, Martin, 2011, S. 35; Groebner, 2018, S. 31-33.

1. Einleitung

geschichtskulturellen Funktionen werden erfragt. So soll eine Art Panorama der jüngsten Rezeptionen der Staufer und ihrer rezenten Entwicklung gegeben werden.25 Hierfür wird die Erinnerung an die Staufer in einigen dieser Medien der populären Geschichtskultur anhand von Beispielen eingehend betrachtet. Dies sind: historische Ausstellungen, verschiedenste touristische Medien und solche, die dem Sektor des History Marketing zuzuordnen sind, performative Geschichtspraktiken und ergänzend andere Formen städtischen Erinnerns wie beispielsweise Denkmäler oder Straßennamen. Die drei Letztgenannten sind allesamt Bestandteil der städtischen Geschichtskultur.26 Die hier generierten Bilder der städtischen Geschichte dienen sowohl der Identitätsstiftung für die Stadtbewohner selbst als auch der Außenwerbung für die Stadt.27 Durch die der Dissertation zugrundeliegende Quellenauswahl sollen beide Aspekte der städtischen Geschichtskultur betrachtet werden, die in der Praxis nicht klar voneinander zu trennen sind. Konkret wird die Darstellung der staufischen Geschichte in den zwei großen, historischen Ausstellungen »Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur« von 1977 in Stuttgart und der Mannheimer Schau »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa« von 2010/2011 analysiert. Die Stuttgarter Ausstellung fand anlässlich des 25-jährigen Landesjubiläums Baden-Württembergs statt und war Teil des das ganze Bundesland umfassenden Stauferjahrs. Ausgerichtet wurde sie vom Württembergischen Landesmuseum Stuttgart.28 Ihr Schirmherr war der Bundespräsident Walter Scheel. Sie wird in der Rückschau als die Geburtsstunde der historischen Ausstellungen bezeichnet, über die in der BRD ein neues Interesse an der eigenen Geschichte entfacht wurde.29 Viele Mittelalterausstellungen stellten sich in ihre Traditionslinie;30 so auch die Staufer-Ausstellung in Mannheim.31 Der Mannheimer Exposition von 2010/2011 lag kein aktueller Anlass zu Grunde. Man stellte sich jedoch 25

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Nur indem im Sinne einer Diskursanalyse verschiedene Medien aus unterschiedlichen Erinnerungsebenen analysiert werden, können übergreifende Deutungsmuster und ihr Zusammenspiel bei der kollektiven Gedächtnisbildung erfasst werden. Vgl. Bösch, Frank, 2011: Mediengeschichte. Vom asiatischen Buchdruck zum Fernsehen. (Historische Einführungen, Bd. 10). Frankfurt a.M. [u.a.]., S. 17; Erll, Astrid, 2004: Medium des kollektiven Gedächtnisses – ein (erinnerungs-)kulturwissenschaftlicher Kompaktbegriff. In: Erll, Astrid (Hg.): Medien des kollektiven Gedächtnisses. Konstruktivität – Historizität – Kulturspezifität. (Media and cultural memory, Bd. 1). Berlin u.a., S. 3-24, S. 11. Die verschiedenen populären Medien werden im Abschnitt »Begrifflichkeiten« zum Teil konkreter definiert. Vgl. Mecking, Sabine, 2013: Editorial. In: Geschichte im Westen: Zeitschrift für Landes- und Zeitgeschichte, H. 28, S. 7-9, S. 7. Mit der Nennung der männlichen Funktionsbezeichnung ist in diesem Buch, sofern nicht anders gekennzeichnet, immer auch die weibliche Form mitgemeint. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart (Hg.): Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur. Katalog. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur, Bd. 1), S. I-IV. Vgl. Assmann, Aleida, 2007: Geschichte im Gedächtnis. Von der individuellen Erfahrung zur öffentlichen Inszenierung. München, S. 137; Große Burlage, Martin, 2005: Große historische Ausstellungen in der Bundesrepublik Deutschland 1960-2000. (Zeitgeschichte – Zeitverständnis, Bd. 15). Münster, S. 89-90; Schubert, 2010a, S. 257. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 87. Vgl. Schubert, Alexander/Wieczorek, Alfried (Hg.), 2011: Ausstellung und Tourismus. Bilanz der Ausstellung der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen. Mannheim, S. 4.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

bewusst in die Traditionslinie der Stuttgarter Ausstellung, indem erneut ein Stauferjahr ausgerufen wurde.32 Veranstaltet wurde sie von der Curt-Engelhorn-Stiftung und den Reiss-Engelhorn-Museen. Die Schirmherrschaft oblag den Ländern BadenWürttemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen, die zusammen die europäische Metropolregion Rhein-Neckar bilden.33 Mit 236.893 Gästen kommt die Ausstellung in Mannheim zwar nicht an den Besucherrekord der Stuttgarter Ausstellung heran, sie zählt aber damit dennoch zu den zehn erfolgreichsten Mittelalterausstellungen seit 1977 und in Mannheim selbst zur erfolgreichsten kulturhistorischen Ausstellung überhaupt.34 Die Darstellungen der Stauferzeit in beiden Expositionen hatten großen Einfluss auf den geschichtskulturellen Diskurs über die Staufer im deutschen Sprachraum. Sie können in Bezug auf die zu untersuchenden Stauferstädte gleichsam als Taktgeber verstanden werden, durch die die kommunale Rezeption richtungsweisende Impulse bekam.35 Für den Umgang mit der staufischen Geschichte in der städtischen Geschichtskultur werden die Städte Göppingen und Schwäbisch Gmünd betrachtet. Göppingen wirbt mit dem Slogan Hohenstaufenstadt, da der Stammsitz der Staufer auf dem Hohenstaufen innerhalb der Stadtgrenzen liegt.36 Dieser war für die staufische Rezeption auf lokaler Ebene vor allem seit dem 19. Jahrhundert vielfach Kristallisationspunkt geschichtskultureller Manifestationen.37 Die protestantische Industriestadt gehörte zum Territorium des Königreich Württembergs und trotz fehlender historischer Bausubstanz lässt sich ein intensiv gelebtes Bewusstsein als Stauferstadt lang zurückverfolgen.38 Schwäbisch Gmünd beruft sich heute im Stadtmarketing auf das Attribut Älteste Stauferstadt. Nach

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Vgl. Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan/Wieczorek, Alfried (Hg.), 2010: Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Bd. 1, Essays. (Publikationen der ReissEngelhorn-Museen 37). Darmstadt, S. 15. Vgl. ebd., S. 6; Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 9.7.2013 (Korrespondenz): Trägerschaft in der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Vgl. Guratzsch, Dankwart, 23.2.2011: Warum die große Stauferschau alle Rekorde bricht. In: Die Welt. https://www.welt.de/kultur/history/article12623572/Warum-die-grosse-Stauferschau-alle -Rekorde-bricht.html [17.09.2013]; Schubert/Wieczorek, 2011, S. 3. Um einen inflationären Gebrauch von Anführungszeichen im Dissertationsprojekt zu vermeiden, werden im Folgenden nach den Staufern benannte Städte, Events, Vereine, Institutionen oder auch Produkte ohne diese ausgeschrieben. Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Göppingen Hohenstaufenstadt – Startseite. https://www.goeppingen.de/start [15.11.2018]. Hier trafen sich bereits im 19. Jahrhundert schwäbische Sängerbünde und politische Parteien und auch die Hitlerjugend nutzte den geschichtsträchtigen Ort für ihre Sonnenwendfeier. Vgl.Brune/Baumunk, 1977, S. 328, 331. Vgl. Akermann, Manfred, 2014: Göppingen. Stadt am Fuße des Hohenstaufen. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 220-225, S. 221, 224-225; Domes, Heinrich, 2014: Göppingen auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. Tempora mutantur. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Filsund Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 226-233, S. 227. Den langen Traditionslinien staufischen Geschichtsbewusstseins in Göppingen geht Thomas Brune in seiner Magisterarbeit auf den Grund. Vgl. Brune, 1977.

1. Einleitung

einer Chronik aus dem 16. Jahrhundert war »vor allen übrigen Städten Schwabens [….] Schwäbisch Gmünd von König Konrad mit einem ›adellichen schönen Wappen‹« begabt worden.39 Die katholisch geprägte, ehemalige freie Reichsstadt definierte sich sehr lange historisch als Stadt der Gold- und Silberschmiede.40 Eine Hinwendung zur staufischen Geschichte und auch deren intensive Vermarktung fand erst im Zuge der Vorbereitungen des Stadtfests 2012 statt.41 Heute zollt Schwäbisch Gmünd der staufischen Vergangenheit vor allem durch erlebbare Angebote ihren Tribut.42 Beide Städte gehören zur Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., einem Verein, dessen Mitgliedsstädte gemeinsam ihre staufischen Touristikattraktionen bewerben.43 Die Präsenz der staufischen Vergangenheit in der städtischen Geschichtskultur beider Städte lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen und ist bis 1945 bzw. in Ansätzen bis 1977 gut erschlossen. Hier setzt das Dissertationsprojekt an, indem staufische Geschichtsdarstellungen ab den 1970er Jahren bis zur Gegenwart in verschiedenen Medien der städtischen Geschichtskultur analysiert werden.   Das grundlegende Untersuchungsinteresse lässt sich in einem Satz wie folgt zusammenfassen: Wie wird auf verschiedenen räumlichen Erinnerungsebenen in unterschiedlichen Medien der Populärkultur im ausgehenden 20. und frühen 21. Jahrhundert an die staufische Geschichte erinnert und welche geschichtskulturellen Bedürfnisse werden mit diesen Formen der Rezeption erfüllt? Diese Frage kann in mehrere Teilfragen aufgesplittet werden: Was für Narrative lassen sich aus den Darstellungen herausarbeiten? Gibt es nationale, europäische, regionale und lokale Erzählweisen der Staufer und falls dies der Fall ist, wie konkurrieren diese miteinander? Wie unterscheiden sich die verschiedenen Darstellungen auf den verschiedenen räumlichen Ebenen und in den verschiedenen Medien? Welche Rückschlüsse lassen sich aus den jeweiligen Darstellungen der staufischen Vergangenheit auf die Funktionen von Geschichte ziehen und wie ändern sich diese mit den sich wandelnden gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen vor Ort? Das Dissertationsprojekt 39

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Vgl. Hofacker, Hans-Georg/Schreiner, Klaus, 1977: Überlieferungen in Schwaben und Württemberg. In: Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart (Hg.): Aufsätze. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur, Bd. 3). Stuttgart, S. 311-326, S. 318. Gemeint ist die Chronik David Wollebers um 1580. Vgl. Herrmann, Klaus J., 2014: Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd – von den Anfängen bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 194-211., S. 204-205, S. 209; Graf, Klaus, Mediävist und Archivar, Freiburg 20.7.2016 (Interview): Die Staufertradition und einzelne Aktivitäten zur staufischen Geschichte in Schwäbisch Gmünd und der Region. Vgl. Herrmann, Markus, 2014: Ein Jahr, das die Stadt veränderte. Schwäbisch Gmünds Stadtjubiläum 2012. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 413-417, S. 413. Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview): Aktivitäten der Stadt Schwäbisch Gmünd und der TG Stauferland zur staufischen Geschichte. Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Startseite: Wo sich schon Kaiser und Könige wohl fühlten. https://www.stauferland.de/ [26.10.2015].

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

gibt somit Auskunft über die rezenten Formen staufischer Erinnerung in einer bislang derart nicht erforschten medialen und räumlichen Breite. Über die Stauferforschung hinaus kann auf diesem Wege auch ein Beitrag zum besseren Verständnis gegenwärtiger geschichtskultureller Bedürfnisse und damit einem reflektierteren Geschichtsbewusstsein im Allgemeinen geleistet werden. Die verschiedenen Rezeptionen der staufischen Geschichte werden auf lokaler, regionaler und transnationaler Ebene betrachtet. Die lokale Untersuchungsebene umfasst die Stauferstädte. Die beiden Ausstellungen haben einen regionalen Fokus. Der transnationale Bezugsrahmen speist sich ebenfalls aus den Bemühungen lokal agierender Akteure: Untersucht werden die Aktivitäten hauptsächlich ausgehend von der Stadt Göppingen mit ihren italienischen Kooperationspartnern. Innerhalb der verschiedenen räumlichen Untersuchungsebenen ist die Heterogenität der verschiedenen Medien der Populärkultur zu beachten. Ein großes Medium sind die historischen Ausstellungen. In den Stauferstädten wird eine umfassende Interpretation staufischer Geschichte über zahlreiche Medien generiert, die grob in performative Medien, solche aus dem Tourismus- und Marketingsektor und andere Medien der städtischen Geschichtskultur unterteilt werden können. Diese Unterteilung lässt sich in etwa auch für die transnationalen Elemente der Stauferrezeption übernehmen, wobei hier repräsentative Elemente und populärkulturelle Publikationen ebenfalls einen großen Raum einnehmen. Zu den transnationalen Dimensionen ist einschränkend zu sagen, dass diese sich auf die gemeinsam generierten staufischen Rezeptionen vor allem ausgehend von der Hohenstaufenstadt Göppingen mit ihren italienischen Partnern konzentrieren. Eigenarten der italienischen Rezeption oder transnationale Formen mit anderen Nationen werden nicht betrachtet. Der Fokus der Untersuchung liegt im deutschen Sprachraum und hier vor allem auf Beispielen aus dem deutschen Südwesten. Die frühesten Besitzungen der Staufer erstrecken sich hauptsächlich auf dieses Gebiet, weswegen hier ein besonders intensiver Rückbezug auf diese Zeit auf der Hand liegt.44 Ergänzend werden jedoch in Kapitel fünf andere Staufer- und Barbarossastädte und ihr Umgang mit der staufischen Geschichte summarisch betrachtet. Untersucht werden die verschiedenen staufischen Rezeptionen in den darstellenden Medien der populären Geschichtskultur. Wie diese durch die Rezipienten aufgenommen und ausgelegt werden und ob diese ihren Erwartungen und Wünschen an die Stauferzeit entsprechen, kann nicht ermittelt werden.45 Der Untersuchungszeitraum umfasst insgesamt

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Auch Bodo Baumunk und Thomas Brune stellen fest, dass eine Betrachtung der Staufferrezeption nach 1945 den Blick zwangsläufig nach Baden-Württemberg richtet, da hier eine räumliche Beziehung zur staufischen Geschichte hergestellt werden kann und nationale Erinnerungsmuster nicht mehr zu finden sind. Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 331. Diesem oftmals als Stammland der Staufer betitelten Gebiet und der dort insgesamt zu findenden staufischen Geschichtskultur widmet sich Kap. 5.3. Vgl. Bumiller, Casimir, Krieg, Heinz, 2011: Das Mittelalter in historischen Ausstellungen und Museen. In: Buck, Thomas M./Brauch, Nicola (Hg.): Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Probleme, Perspektiven und Anstöße für die Unterrichtspraxis. Münster, S. 201-216. S. 213. Die zwei Schritte der Rezeption zu erinnernder Ereignisse durch eine mediale Aufbereitung werden im Abschnitt zu »Begrifflichkeiten« nochmals erläutert.

1. Einleitung

den Zeitraum zwischen den 1970er Jahren und der Gegenwart. Zeitliche Schwerpunkte sind die Stauferjahre 1977 und 2010/2011, da hier die beiden großen Ausstellungen stattfanden und sich auch die zu untersuchenden Beispielstädte in diesem Zeitraum intensiv ihrem staufischen Erbe widmeten. Des Weiteren werden die Jahre 2016/2017 betrachtet, da hier die aktuellen performativen Angebote zur staufischen Geschichte wie das Festival des Verein Staufersaga und die Göppinger Staufertage besucht werden konnten. Für den restlichen Zeitraum sollen vereinzelte Aktivitäten zur staufischen Rezeption herausgegriffen werden. Eine Schwierigkeit des Dissertationsprojekts bestand darin, einen konkreten Endpunkt für die Datenerhebung zu setzen. Beständig kamen vor allem im Tourismus- und Marketingsektor neue Angebote zur staufischen Geschichte hinzu, sodass in diesem Bereich in den letzten Jahren von einer Verdichtung der staufischen Erinnerungskultur gesprochen werden kann.46 Hier zeichnet sich bislang kein Ende des Trends der Aktualisierung staufischer Vergangenheit ab.

Quellenauswahl und Vorgehen47 Thiemeyer nennt folgende Materialien als mögliche Quellen zum Geschichtsbild einer Ausstellung: Für die Inhalte der Expositionen stehen an erster Stelle die Ausstellungskataloge. Für einen tieferen Einblick sind Konzeptpapiere, Protokolle und Statusberichte, die während der Konzeptionsphase entstanden sind, zu Rate zu ziehen. Auch das angebotene Rahmenprogramm und Begleitmaterial zu einer Ausstellung kann Aufschlüsse über die gewünschte Darstellungsweise geben. Unmittelbare Auskunft erhält man jedoch am besten durch Interviews mit den an der Ausstellung beteiligten Experten.48 Für das Dissertationsprojekt wurden daher die Ausstellungskataloge Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur, und das zweibändige Werk Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa ausgewertet.49 Des Weiteren bieten die Akten des Staatsarchivs Ludwigsburg sowie Fotos des Bildarchivs des Landesmuseums Württemberg einen detaillierten und plastischen Einblick in die Ausstellung von 1977.50 Die Eindrücke der Mannheimer Ausstellungen werden durch Akten 46 47 48

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Vgl. Groebner, 2018, 14. Das breite Methodenrepertoire zur Untersuchung der Ausstellungen und der staufischen Geschichtskultur in den Städten wird jeweils direkt vor den Analysekapiteln erläutert. Vgl. Thiemeyer, Thomas, 2010: Geschichtswissenschaft: Das Museum als Quelle. In: Baur, Joachim (Hg.): Museumsanalyse. Methoden und Konturen eines neuen Forschungsfeldes. Bielefeld, S. 7394, S. 82. Des Weiteren vgl. Waidacher, Friedrich, 2005: Museologie – knapp gefasst. Wien [u.a.]., S. 121, 177, 181. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, Bd. 1., 1977; Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart (Hg.), 1977: Abbildungen. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur, Bd. 2). Stuttgart; Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart (Hg.), 1977: Aufsätze. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur, Bd. 3). Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart (Hg.), 1977: Karten und Stammtafeln. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur, Bd. 4). Stuttgart; Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart (Hg.), 1979: Supplement: Vorträge und Forschungen. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur, Bd. 5). Stuttgart; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1/2. Eine ausführliche Auflistung aller verwendeten Quellen sortiert nach Archiven findet sich im Quellenverzeichnis.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

aus dem Archiv der Reiss-Engelhorn-Museen und Bilder der Internetseite vervollständigt. Bei beiden Ausstellungen wurden außerdem Telefoninterviews mit den Kuratoren der jeweiligen Expositionen geführt. Die Analyse der Stauferdarstellungen in den Städten erfolgt durch eine Bandbreite verschiedenster Quellen: Neben dem Quellenkorpus der Staufervereine werden vor allem Quellen aus den Verkehrsämtern und den kommunalen Archiven wie dem Stadt- und Kreisarchiv Göppingen und dem Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd zu Rate gezogen.51 Das Archivmaterial beinhaltet hauptsächlich Zeitungsartikel, Sitzungsprotokolle, Korrespondenzen, Postkarten, ältere Broschüren, Fotos und Berichte und Publikationen zur transnationalen Memoria. Dieses Quellenmaterial wird ergänzt durch Werbebroschüren, Programmhefte, Publikationen und Jahresberichte der städtischen Vereine inklusive ihrer transnationalen Aktivitäten. Hinzu kommen Broschüren des Stadtmarketings, Internetseiten und Postkarten der beiden Städte.52 Des Weiteren fließen selbst generierte Fotos, Interviews und Protokolle der teilnehmenden Beobachtung performativer staufischer Rezeption in die Analyse ein. Zum Aufbau der vorliegenden Arbeit: Um die in den verschiedenen Untersuchungsmedien generierten Stauferdarstellungen einordnen zu können und ihre jeweilige geschichtskulturelle Funktion zu bestimmen, werden Ansätze der geschichtskulturellen Forschung, Forschungen zur Staufer- und Mittelalterrezeption und Überlegungen zu Geschichte in populären Medien zu Rate gezogen. Der eigentlichen Analyse des Materials vorangestellt wird daher das Konzept der Geschichtskultur und die ihr inhärenten verschiedenen Dimensionen und die damit verbundenen mentalen Bedürfnisse erläutert. In Unterkapiteln werden Museen und Städte als Orte der Geschichtskultur, das Feld der Angewandten Geschichte und jüngste Trends, die die rezente Geschichtskultur mit prägen, vorgestellt. Im Anschluss wird in Kapitel drei nach einem kurzen Überblick zur staufischen Geschichte ein Forschungsabriss zur Rezeption der Dynastie im 19. und 20. Jahrhundert gegeben. Die Rezeption der Stauferzeit oder allgemein des Mittelalters in den verschiedenen Genres der populären Geschichtskultur werden in einem hinführenden Kapitel 3.4. überblicksartig skizziert, um die herausgearbeiteten Stauferdarstellungen der Fallbeispiele besser bewerten zu können. Die folgende Untersuchung bildet den Hauptteil der Arbeit. Zunächst wird mit den Staufer-Ausstellungen die regionale Untersuchungsebene analysiert. Nach einem kurzen methodischen Abriss 51

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Die tourismusgeschichtliche Quellenlage ist in der Regel hier am dichtesten. Vgl. Bruns, Nicola/Höötmann, Hans-Jürgen, 24.09.2014: Tagungsbericht: Tourismusüberlieferung als historische Quelle – Touristiker, Archive und Forschung im Diskurs, 02.06.2014 Münster. https://www.hsozkul t.de/conferencereport/id/tagungsberichte-5566 [15.10.2015], S. 1. Vor allem die Bildpostkarten spielen als frühes Medium städtischer Repräsentation eine wichtige Rolle, um die Bedeutung der staufischen Geschichte in der städtischen Geschichtskultur vor allem in der Frühphase des Untersuchungszeitraums zu ermitteln. Da Webseiten inzwischen verstärkt die klassischen Tourismuskataloge als Ort der Vermarktung touristischer Angebote ablösen, müssen diese als eigenständige Quellengattung ebenfalls in die Untersuchung mit einbezogen werden. Vgl. Sachsse, Rolf, 2013: Urbanes Flair im Bild. Städtische Identität zwischen Werbung, Dokumentation und Kritik in fotografischen Publikationsformen des 20. Jahrhunderts. In: Geschichte im Westen: Zeitschrift für Landes- und Zeitgeschichte, H. 28, S. 11-28, S. 11; Weichselgärtner, Agnes, 2013: History sells. Stadt, Raum, Identität: Wissenschaftliche Jahrestagung des Brauweiler Kreises für Landes- und Zeitgeschichte e.V., Münster 14.-15. März 2013. In: Geschichte im Westen: Zeitschrift für Landes- und Zeitgeschichte, H. 28, S. 201-206, S. 202; Bruns/Höötmann, 24.09.2014, S. 2.

1. Einleitung

werden nacheinander die Ausstellungen 1977 in Stuttgart und 2010/2011 in Mannheim vor ihrem zeithistorischen Hintergrund auf ihre jeweiligen Interpretationen der Stauferzeit untersucht. Bevor die staufische Rezeption anhand der Beispielstädte analysiert werden kann, wird in Kapitel fünf vorab erörtert, was sich konkret hinter dem Begriff Stauferstadt verbirgt und wie andere Stauferstädte mit ihrer Geschichte umgehen. Dafür wird in einem ersten Schritt Aufkommen und Etablierung des Begriffs im populären und wissenschaftlichen Milieu herausgearbeitet, bevor im Anschluss potentielle Staufer- und Barbarossastädte auf ihren Umgang mit der staufischen Geschichte untersucht werden. Letzteres bietet die Möglichkeit die in den Beispielstädten ermittelten Ergebnisse einordnen und bewerten zu können. Des Weiteren wird auf den größeren Raum eingegangen, in dem sich die Städte befinden. Dieser wird oftmals als Kern- oder Stammland der Staufer oder als Stauferland bezeichnet. Das Kapitel schließt mit einem methodischen Abriss zur Untersuchung der staufischen Geschichtskultur in den Städten. Kapitel sechs und sieben widmen sich anschließend der intensiven Untersuchung beider Städte und Kapitel acht thematisiert abschließend die hauptsächlich von einer Stadt ausgehenden transnationalen Formen staufischer Rezeption. Der Fokus liegt bei beiden Städten auf dem Umgang mit den Staufern im städtischen Leben allgemein und im Besonderen auf den Tätigkeiten der Staufervereine beider Kommunen. Des Weiteren wird die Vermarktung der staufischen Geschichte analysiert. Aus diesem Sektor werden für Schwäbisch Gmünd exemplarisch einmalige, performative Events zu den Staufern betrachtet wie das Theaterstück Staufersaga, das 2012 uraufgeführt wurde, inklusive des umrahmenden Mittelaltermarktes. In Göppingen wird ein Schwerpunkt auf der touristischen Rezeption der Dynastie auf dem Berggipfel liegen. Außerdem wird in Kapitel acht deren Städtepartnerschaft mit dem süditalienischen Foggia und die Zusammenarbeit des Göppinger Staufervereins mit den Fondaziones Federico II. in Jesi und Palermo betrachtet. Das Kapitel schließt mit der Untersuchung des StauferstelenProjekts, bei welchem europaweit Gedenksäulen an wichtigen staufischen Stätten installiert werden sollen. Dessen Initiatoren sind ebenfalls in weiten Teilen in Stadt und Kreis Göppingen zu verorten.53

Forschungsstand Für das Dissertationsprojekt grundlegend sind Forschungen zur Rezeption des Mittelalters und der Staufer vor allem vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, zu Geschichtsdarstellungen in populären Medien und zu den zu analysierenden StauferAusstellungen und Stauferstädten. Die Mittelalterrezeption wurde durch eine Vielzahl von Forschungsarbeiten analysiert. Zu nennen sind hier beispielsweise die Werke von Valentin Groebner, Otto Gerhard Oexle, Gerd Althoff und Bernd Schneidmüller. Oexle vertritt die These des entzweiten Mittelalters: Demzufolge existieren zwei Bilder vom Mittelalter, ein positives und ein negatives, die sich ständig aufeinander beziehen.54 Er stimmt mit Valentin Groebner dahingehend überein, dass beide in den gene-

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Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014: Stauferfreunde stiften Stauferstelen. Gerlingen, 5. Aufl. Vgl. Oexle, Otto G., 2009: ›Das Mittelalter‹ – Bilder gedeuteter Geschichte. In: Bak, János M. et al. (Hg.): Gebrauch und Missbrauch des Mittelalters, 19.-21. Jahrhundert. (Mittelalterstudien des Instituts zur interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens, Bd. 17). Pa-

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

rierten Mittelalterbildern Wunschvorstellungen der jeweiligen Zeit wiedererkennen.55 Während Oexle vor allem die Rezeption des 19. und frühen 20 Jahrhundert betrachtet, konzentriert sich Groebner verstärkt auf die Wünsche der Gegenwart, die sich in den heutigen Mittelalterbildern der Populärkultur widerspiegeln.56 Gerade seine jüngsten Forschungen, die sich unter anderem mit dem Mittelalter im Tourismus auseinandersetzen, sind für das Dissertationsprojekt von großem Interesse.57 Schneidmüller analysiert in seinen Arbeiten vor allem die Narrationen des Mittelalters im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert. Er vertritt die These, dass das Mittelalter in der aktuellen Rezeption zunehmend unter einem europäischen Narrativ gedeutet wird.58 Den meisten Arbeiten zur Mittelalterrezeption gemein ist jedoch die Fokussierung auf eine nationale Betrachtungsebene. Des Weiteren wird dort die Rezeption isoliert von den heterogenen Medien der Geschichtskultur untersucht. Verschiedene Sammelbände, die sich in den letzten Jahren mit populärer Geschichtskultur beschäftigten, thematisieren auch die Mittelalterrezeption. Zu nennen sind hier beispielsweise die Werke History sells!,59 History goes Pop60 und Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit.61 In verschiedenen Beiträgen wird die Vergangenheitsrezeption in Filmen, Romanen, Computerspielen, auf Zeitreisen und historischen Festivals erörtert. Eine Analyse eigens zur staufischen Geschichte sucht man jedoch vergebens. Ein wichtiges Grundlagenwerk zur Stauferrezeption ist der Aufsatzband Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur von 1977.62 Hervorzuheben sind hieraus vor allem die Beiträge von Schreiner/Hofacker und Brune/Baumunk. Klaus Schreiner und Hans-Georg Hofacker gehen in ihrem Beitrag der Entwicklung der staufischen Erinnerung im ehemaligen Kernland der Staufer vom Ende der Dynastie bis zur Gründung Baden-Württembergs 1952 auf den Grund. Interessant ist vor allem der Abschnitt zu den lokalen Zentren staufischer Traditionsbildung, in dem auch Göppingen und Schwäbisch Gmünd thematisiert werden.63 Thomas Brune und Bodo Baumunk nehmen in ihrem Beitrag eine überwiegend nationale Perspektive

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derborn, S. 21-44, S. 33-34; Oexle, Otto G., 2011a: Das entzweite Mittelalter. In: Hülsen-Esch, Andrea von/Jussen, Bernhard/Rexroth, Frank (Hg.): Otto Gerhard Oexle. Die Wirklichkeit und das Wissen. Mittelalterforschung – historische Kulturwissenschaft – Geschichte und Theorie der historischen Erkenntnis. Göttingen, S. 837-866, S. 837, 844; Oexle, Otto G., 2011b: Die Moderne und ihr Mittelalter. Eine folgenreiche Problemgeschichte. In: Hülsen-Esch, Andrea von/Jussen, Bernhard/Rexroth, Frank (Hg.): Otto Gerhard Oexle. Die Wirklichkeit und das Wissen. Mittelalterforschung – historische Kulturwissenschaft – Geschichte und Theorie der historischen Erkenntnis. Göttingen, S. 867-937, S. 870-871. Vgl. Groebner, 2008, S. 11-12. Vgl. Groebner, 2008, S. 140,144; Groebner, 2011, S. 338. Vgl. Groebner, 2018. Vgl. Schneidmüller, 2005, S. 245. Vgl. Hardtwig, Wolfgang/Schug, Alexander (Hg.), 2009: History Sells! Stuttgart. Vgl. Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia (Hg.), 2009: History goes Pop. Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 1). Bielefeld. Vgl. Buck, Thomas M./Brauch, Nicola (Hg.), 2011: Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Probleme, Perspektiven und Anstöße für die Unterrichtspraxis. Münster. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, 1977, Bd. 3. Vgl. Hofacker/Schreiner, 1977.

1. Einleitung

ein, indem sie die verschiedenen Narrationen der staufischen Dynastie vom 19. Jahrhundert bis zum Ausstellungsjahr beleuchten. Die Rezeption nach 1945 wird jedoch anhand regionaler und lokaler Beispiele thematisiert.64 Auch neuere Forschungsarbeiten behalten vorwiegend die nationale Betrachtungsebene der staufischen Rezeption bei und enden oftmals mit der Staufer-Ausstellung 1977. Zu nennen sind hier beispielsweise die Beiträge von Knut Görich, Klaus Schreiner oder Klaus Graf. Görich geht in einem Rezeptionsabriss dementsprechend auf die Erinnerung an die Staufer nach 1977 ein, indem er vor allem deren Abwesenheit in der öffentlichen Wahrnehmung skizziert. Die jüngsten Formen staufischen Erinnerns zeichnen sich seiner Ansicht nach durch eine Entpolitisierung und Regionalisierung aus.65 In seinem Beitrag Mythos Staufer sucht Graf die historischen Wurzeln der heutigen Stauferbegeisterung in der nationalen Rezeptionsgeschichte vom Humanismus bis zur großen Stauferschau von 1977.66 Den selben Blickwinkel nimmt Schreiner ein, indem er der staufischen Erinnerung im 19. und 20. Jahrhundert auf den Grund geht.67 Vermehrt werden auch die verschiedenen Narrationen der staufischen Geschichte in Italien thematisiert, wie im Essay von Arnold Esch. Die Chance einer deutsch-italienischen Erinnerungskultur basiert seiner Meinung nach auf der Person Friedrich II., was sich auch in der Zusammenarbeit der Göppinger Gesellschaft für staufische Geschichte mit den Friedrich-Stiftungen in Jesi und Palermo zeigt.68 Auch im anlässlich der Mannheimer Ausstellung erschienenen Essayband Die Staufer und Italien von 2010 wird die Rezeption der Staufer über die deutsche Perspektive hinaus betrachtet, indem Beispiele aus der Metropolregion RheinNeckar, Oberitalien und Sizilien in die Untersuchungen mit einbezogen werden.69 Selten werden jedoch die deutsche und die italienische Erinnerung an die Dynastie kontrastiert, wie z.B. im Beitrag von Hubert Houben zur Erinnerung an Friedrich II. oder von Charlotte Bühl-Gramer, die die staufische Rezeption in deutschen und italienischen Schulbüchern analysiert.70 Möglichkeiten einer grenzübergreifenden staufischen Erinnerungskultur wurden bislang nicht thematisiert. Hinsichtlich des Forschungsstands zur staufischen Rezeption lässt sich folgendes konstatieren: Die Untersuchungen sind meist gelöst von den unterschiedlichen Rezeptionsmedien, enden mit dem Zweiten Weltkrieg oder mit der Staufer-Ausstellung von 1977 und betrachten entweder die nationale, regionale oder lokale Rezeptionsebene, selten jedoch ihr Zusammenspiel und ihre Unterschiede. Dabei scheint mit Blick auf das wachsende Geschichtsinteresse seit

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Vgl. Brune/Baumunk, 1977. Vgl. Görich, 2011, S. 9-10; Görich, 2015, S. 47. Vgl. Graf, 2010. Vgl. Schreiner, 2012. Vgl. Esch, Arnold, 2012: Das Bild der Staufer in der Erinnerung Italiens. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Von Palermo zum Kyffhäuser. Staufische Erinnerungsorte und Staufermythos. 24. Göppinger Staufertage, 12. bis 14. November 2010. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 31). Göppingen, S. 10-25, S. 18: »Was diese Gestalt zwischen Italienern und Deutschen bedeutet, kann man gar nicht unterschätzen, und ist in Göppingen ja auch bewußt […].« Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010; Bd. 2. Vgl. Houben, Hubert, 2008: Kaiser Friedrich II. 1194-1250: Herrscher, Mensch und Mythos. Stuttgart; Bühl-Gramer, 2010.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

der Ausstellung von 1977 und dem seit den 1980er Jahren zunehmend zu spürenden Mittelalterboom eine Analyse der jüngsten Rezeption von zentraler Bedeutung zu sein.71 Diese Untersuchung rezenter Narrative in verschiedenen Medien, die nach den Verschränkungen von nationalen, regionalen und lokalen sowie transnationalen Bezugsgrößen und Verflechtungen fragt, steht noch aus und entspricht neueren Forschungsansätzen.72 Für die Staufer-Ausstellung 1977 sind vor allem die Arbeiten Aleida Assmanns, Gerd Althoffs und Martin Große Burlages von Bedeutung. Meist beschäftigen sie sich mit den Ursachen des unerwarteten Erfolgs und den Auswirkungen der Ausstellung: Althoff und Oexle sehen in der Begeisterung für eine Kunstausstellung einen Beleg für das rezente Interesse an einem faszinierend-andersartigen Mittelalter.73 Assmann nennt darüber hinaus als weiteren Erfolgsgrund neben der Möglichkeit der Identitätsstiftung einen gesellschaftlichen Nachholbedarf an glanzvollen Geschichtsdarstellungen nach der Niederlage des Zweiten Weltkriegs.74 Grundlegend für das Dissertationsprojekt sind die Arbeiten Martin Große Burlages. In seiner Dissertation beschäftigt er sich mit großen historischen Ausstellungen der BRD von 1960-2000. Er stimmt mit seiner Bewertung der Ausstellung mit Assmann dahingehend überein, dass diese als ein großer Erfolg zu bezeichnen sei, der ein gesteigertes Geschichtsinteresse in der BRD und einen Aufschwung des Museumswesens mit sich brachte.75 In seinem 2013 erschienen Beitrag vergleicht er die Staufer-Schau von 1977 mit der Mannheimer Exposition von 2010/2011. Der Fokus liegt allerdings nicht auf einer inhaltlichen Analyse der staufischen Geschichtsdarstellungen, sondern auf den Veränderungen in den Entwicklungen und Perspektiven historischer Großausstellungen.76 Eine grundsätzliche Analyse der Rezeption staufischer Geschichte durch Stauferstädte ist bislang noch nicht erfolgt. Obwohl das Attribut wie Berent Schwineköper feststellt im Zuge der erneut entfachten Stauferbegeisterung seit der Ausstellung von 1977 »leicht in die Feder« geht, wird es zwar häufig, jedoch oft unreflektiert verwendet und ist auch in der Forschung nicht eindeutig definiert.77 Bereits die Titulierung als Stauferstadt kann demnach schon als eine 71 72

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Zum Mittelalterboom vgl. Buck, Thomas, M., 2011, S. 34; Korte/Paletschek, 2009, S. 9. Gemeint ist, dass die Bezugsgröße der Nation inzwischen zunehmend verdrängt wird von einem »Europa der Regionen« Konzept, welches sich in geschichtswissenschaftlichen Forschungsansätzen widerspiegelt. Vgl. Budde, Gunilla/Conrad Sebastian/Janz, Oliver, 2006: Vorwort. In: Budde, Gunilla-Friederike/Conrad, Sebastian/Janz, Oliver (Hg.): Transnationale Geschichte. Themen, Tendenzen und Theorien. Göttingen, S. 11-14, S. 11; Stübner, Jos, 22.12.2011: Tagungsbericht: Regionale Erinnerungsorte, 11.11.2011 – 13.11.2011 Greiz. https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagung sberichte-3972. [22.05.2019], S. 1. Vgl. Oexle, 2011a, S. 842; Althoff, 1992, S. 4-5. Vgl. Assmann, 2007, S. 139-140. Vgl. ebd., 2007, S. 137-138; Große Burlage, 2005, S. 86-89. Vgl., Große Burlage, Martin, 2013: Die Stauferausstellungen 1977 und 2010/11. Zur Motivik und Entwicklung historischer Groß- und Landesausstellungen. In: Jahrbuch für Politik und Geschichte, H. 4, S. 87-100. Schwineköper, Berent, 1980: Zur Problematik von Begriffen wie Stauferstädte, Zähringerstädte und ähnlichen Bezeichnungen. In: Maschke, Erich (Hg.): Südwestdeutsche Städte im Zeitalter der Staufer. (Arbeitstagung/Südwestdeutscher Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung). Sigmaringen, S. 95-172, S. 95.

1. Einleitung

Form der Rezeption der eigenen Stadtgeschichte verstanden werden. Für die in dieser Dissertation zu untersuchenden Stauferstädte Schwäbisch Gmünd und Göppingen sind neben dem schon erwähnten Essay von Schreiner und Hofacker die Arbeiten von Klaus Graf und Thomas Brune maßgebend. Brune betrachtet die Stauferrezeption in einer Göppinger Tageszeitung von 1863-1945 und gibt einen kurzen Ausblick auf die Vereinnahmung der Staufer in Göppingen bis 1977.78 Graf geht der Überlieferungssituation der Schwäbisch Gmünder Stadtchronik vom 16. bis zum 19. Jahrhundert auf den Grund und beleuchtet dabei vor allem die Bedeutung der staufischen Herkunft für die Stadt.79 Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Dissertationsprojekt auf fundierte Forschungsarbeiten zur staufischen Erinnerung auf verschiedenen räumlichen Ebenen bis zum Beginn des Untersuchungszeitraums zurückgreifen kann. Die gewonnenen Erkenntnisse können somit in bisherige Traditionslinien der Stauferrezeption eingeordnet und die Veränderungen seit dem späten 20. Jahrhundert herausgearbeitet werden.

Begrifflichkeiten Alle Untersuchungsbeispiele staufischer Rezeption sind Bestandteil der rezenten Geschichtskultur. Das grundlegende Konzept der Geschichtskultur und seine für das Dissertationsprojekt spezifischen Ausformungen werden aufgrund dessen zentraler Bedeutung für die Arbeit im Anschluss in Kapitel zwei separat erläutert. Die in dieser Arbeit zu untersuchenden Exempel der staufischen Erinnerung fallen in den Bereich der Angewandten Geschichte und können den populären Medien zugeordnet werden.80 Während in den Kommunikationswissenschaften eine enge Mediendefinition dominiert, die darunter lediglich technische Mittel zur Verbreitung von Informationen an ein unbegrenztes Publikum versteht, berufen sich die Kulturwissenschaften auf einen weiten Medienbegriff.81 Dieser geht über die technische Dimension der Massenmedien hinaus. Er beinhaltet sowohl andere Medien der Populärkultur als auch nach Marshall McLuhan Körperausweitungen im weitesten Sinne, sprich »Brillen, Geld, oder das Rad«.82 In der für dieses Dissertationsprojekt relevanten geschichtskulturellen Forschung ist die Verwendung eines offenen Medienbegriffs sinnvoll.83 Wie Astrid Erll zu

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Vgl. Brune, 1977. Vgl. Graf, Klaus, 1984: Gmünder Chroniken im 16. Jahrhundert. Schwäbisch Gmünd. Siehe S. 45. Der Begriff der »Medien« etablierte sich seit den 1960er Jahren zunehmend im öffentlichen Sprachgebrauch. Im deutschen Forschungsdiskurs wird der Terminus abhängig von der jeweiligen Fachrichtung sehr heterogen ausgelegt. Vgl. Bösch, 2011, S. 9-11. Ebd., S. 11. Marcus Sandl definiert diesen offenen Medienbegriff wie folgt: »Medien können als Artefakte beschrieben werden, deren Zweck es ist, Kommunikation zu ermöglichen. Als Artefakte erfüllen sie Leistungen wie Aufnahme, Speicherung, Übertragung, Vervielfachung und Reproduktion, Wiedergabe und Ver- bzw. Bearbeitung von Informationen.« Crivellari, Fabio/Sandl, Marcus, 2003: Die Medialität der Geschichte. Forschungsstand und Perspektiven einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Geschichts- und Medienwissenschaften. In: Historische Zeitschrift, H. 277, S. 619-654. https://www.degruyter.com/view/j/hzhz.2003.277.issue-jg/issue-files/hzhz.2003. 277.issue-jg.xml [25.4.2019], S. 633. Vgl. Erll, 2004, S. 10-11.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Recht postuliert »[…] ist Medialität in Prozessen kollektiver Gedächtnisbildung in vielen Fällen weitab von technischen (Massen-)Medien […] auszumachen: Auch ästhetische Formen, Objekte, natürliche Gegebenheiten […] und soziale Gruppen können gedächtnismediale Funktionen übernehmen.«84 In dieser Arbeit wird dementsprechend von einem weiten Medienbegriff ausgegangen, der neben den klassischen Massenmedien wie Fernsehen und Radio auch andere Formen der populärkulturellen Medien, ästhetische Darstellungen, aber auch Rituale und performative Praktiken von Gruppen einschließt. Bei der medialen Aufbereitung zu erinnernder Ereignisse müssen zwei Schritte der Rezeption unterschieden werden: Zunächst werden die Ereignisse durch die sie darstellenden Medien rezipiert. Hierbei wird das Ereignis nicht einfach wiedergegeben, sondern den narrativen Besonderheiten des Mediums angepasst.85 Nach Frank Bösch hat diese mediale Erinnerungsebene schon eine ihr kohärente Realität.86 Die zweite Rezeptionsebene definiert die Aufnahme des medial erinnernden Ereignisses durch den Konsumenten. Hier findet nach Mathias Berek eine zweite Prägnanzbildung statt, denn »wie die […] Inhalte dann aufgenommen werden, hängt wiederum von der Einstellung der sie Konsumierenden und der Rezeptionssituation ab.«87 In dieser Arbeit wird die erste Rezeptionsdimension, sprich die mediale Aufbereitung der Vergangenheit, analysiert. Was sind nun populärkulturelle Medien? Der Begriff der Populärkultur wird im öffentlichen Sprachgebrauch und auch zunehmend in der Forschungslandschaft zwar häufig, allerdings nach wie vor sehr unpräzise für viele Phänomene verwendet.88 Nach Sylvia Paletschek und Barbara Korte ist es dennoch sinnvoll, ein Feld des Populären zu definieren, das sich »durch mediale und ästhetische Eigenschaften der in ihm erzeugten Produkte sowie durch bestimmte Formen der gesellschaftlichen Funktionalisierung bestimmen lässt.«89 Konzeptionell entstand der Begriff im 19. Jahrhundert meist in wertender Abgrenzung zu Produkten der Hochkultur, sprich dem Theater, klassischer Literatur oder klassischer Musik. Später wurden konträr zu diesem elitären Kulturverständnis der Populärkultur auch positive Attribute zugeschrieben und diese als Volks- und Massenkultur ausgelegt.90 Diese Arbeit orientiert sich an Simon Maria Hassemers Verständnis von Populärkultur. Er siedelt deren Geschichtsbilder zwischen

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Ebd. Nach Otto Gerhard Oexle und Jan Assmann darf dementsprechend bei der Betrachtung historischer Epochenimaginationen der Begriff der »Rezeption« nicht verkürzt auf eine WiederAneignung historischer Inhalte verengt werden. Vgl. Assmann, Jan, 1998: Moses der Ägypter. Entzifferung einer Gedächtnisspur. München u. a, S. 27; Oexle, Otto G., 2013: Die Gegenwart des Mittelalters. (Das mittelalterliche Jahrtausend, Bd. 1). Berlin, S. 20-21.Vielmehr werden historische Ereignisse durch moderne Rezeptionen unter Umständen stark verändert. Heutige Mittelalterbilder müssen verstanden werden als »Produkt[e] kultureller Inanspruchnahmen in der Moderne.« Oexle, 2013, S. 21. Vgl. Bösch, 2011, S. 17. Vgl. auch Berek, 2009, S. 57. Berek, Mathias, 2009: Medien- und Erinnerungskultur: eine notwendige Beziehung. In: Hardtwig, Wolfgang/Schug, Alexander (Hg.): History Sells! Stuttgart, S. 54-64, S. 57. Vgl. Korte/Paletschek, 2009, S. 14. Ebd. Vgl. Mayer, Ruth, 2008a: Populärkultur. In: Nünning, Ansgar (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Weimar, 4. Aufl., S. 581-582, S. 582.

1. Einleitung

den Vorstellungen von Hoch- und Subkultur an, wobei sie beide Kulturen durchdringen kann und den größten Teil der Massenkultur abdeckt.91 Populäre Geschichtsrepräsentationen können nach Sylvia Paletschek und Barbara Korte verstanden werden als »Darstellungen in textueller, visueller, audiovisueller sowie performativer Form […], die Wissen über die historische Vergangenheit in einer verständlichen, attraktiven Weise präsentieren und ein breites Publikum erreichen, das aber nicht unbedingt ein Massenpublikum sein muss.«92 Diesen Definitionen folgend ergibt sich eine Vielzahl populärer Geschichtsmedien. Die Palette reicht von touristischen Geschichtsangeboten zu historischen Romanen über Fernsehdokumentationen zu Computerspielen und performativen Geschichtspraktiken, die unter dem Begriff Living History oder Reenactment subsumiert werden können.93 In dieser Arbeit werden auch historische Ausstellungen dem Sektor der populären Medien zugeordnet, da diese in der jüngsten Vergangenheit zunehmend versuchen ihren Bildungsauftrag populärwissenschaftlich zu gestalten, um eine große Besucherzahl zu erreichen.94 Performative Medien, wie beispielsweise der Körper, sind symbolische Kommunikationsmittel nach einem weiten Medienbegriff, durch die darstellend Bedeutung konzipiert werden kann. So können im Reenactment performative Praktiken für Publikum und Zuschauer sinnstiftend sein.95 Die nachstellenden Personen können dabei Geschichte körperlich-sinnlich nacherleben und das Publikum an authentischen oder simulierten Räumen Geschichte »live« erfahren. 91

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Vgl. Hassemer, 2011, S. 131. Unter Subkulturen sind Zusammenschlüsse von Gruppen innerhalb einer Gesellschaftsordnung zu verstehen. Sie beruhen beispielsweise auf einer gemeinsamen Religion, anderen gemeinsamen Interessen oder in Abgrenzung zu bestehenden gesellschaftlichen Konventionen. Vgl. Mayer, Ruth, 2008b: Subkulturen. In: Nünning, Ansgar (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Weimar, 4. Aufl., S. 692, S. 692. Korte/Paletschek, 2009, S. 13. Vgl. Hassemer, 2011, S. 131. Diese Medien entsprechen auch den Vorstellungen von Paletschek/Korte zu Popular History: »[…] comprises all forms of historical presentation in written, audio/visual, artefactual and performative modes which address a broad, non-expert audience.« Korte, Barbara/Paletschek Sylvia, 2017: Historical Edutainment: New Forms and Practices of Popular History? In: Carretero, Mario/Berger, Stefan/Grever, Maria (Hg.): Palgrave handbook of research in historical culture and education. (Palgrave handbooks), S. 191-206, S. 195. Touristische Geschichtsangebote bzw. touristische Medien sind für die geschichtskulturelle Forschung besonders reizvoll, da sich losgelöst von historischen Stätten im Tourismus generell Gemeinsamkeiten zu populärkulturellen Geschichtsdarstellungen finden lassen. Touristen und Konsumenten populärgeschichtlicher Darstellungen wünschen oft die Begegnung mit etwas »Andersartigem/Fremdem«. Diese Begegnung soll bestimmte Bedürfnisse befriedigen: »Bildung, Unterhaltung, Wunsch nach ›echtem Erleben‹, Konstruktion von Identitäten«. Bernshausen, Tim/Pasternak, Jan, 07.03.2015: Tagungsbericht: Journeys into the Past: History as a tourist attraction in the 19th and 20th Centuries, 06.11.2014 – 08.11.2014 Siegen. https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-585 7 [22.05.2019], S. 4. Vgl. auch ebd. S. 1. Simon Hassemer bewertet Museen als Medien der Hochkultur. Das Dissertationsprojekt orientiert sich jedoch an Sylvia Paletschek und Barbara Korte, die Museen vor allem seit den 1980er/1990er Jahren eine zunehmende Hinwendung zu handlungsorientierten, populären Unterhaltungsangeboten attestieren. Vgl. Hassemer, 2011, S. 131; Korte/Paletschek, 2009, S. 41-42; Korte/Paletschek, 2017, S. 191. Vgl. Bösch, 2011, S. 14-15; Jureit, Ulrike, 10.10.2014: Tagungsbericht: Geschichte als Erlebnis. Performative Praktiken in der Geschichtskultur, 03.07.2014 – 05.07.2014 Potsdam. https://www.hsozkult .de/conferencereport/id/tagungsberichte-5594 [21.01.2016.], S. 1.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Der Zugang ist ein sinnlich materieller.96 Beispiele hierfür sind alle Formen historischer Reenactment.97 Charakteristisch für das zunehmend zu spürende Bedürfnis der körperlich wahrgenommenen, erlebten Geschichtsaneignung steht die wachsende Zahl der Mittelaltermärkte »auf die selbst verschlafene Provinzstädtchen nicht mehr meinen verzichten zu können.«98 Als solche können nach Sven Kommer prinzipiell alle »öffentliche[n] […] Mittelalter-Inszenierung verstanden [werden], bei denen Szene-Mitglieder auf ein breites Publikum treffen.«99 Was genau ist unter touristischen Medien zu verstehen? »Tourist/Tourismus« leitet sich aus dem französischen tour ab, was einen Bedeutungswandel von »Rundgang«, »Spaziergang« zu »Reise« durchlief.100 Gegenwärtig kann »Tourismus« verstanden werden als »Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Ortsveränderung und dem Aufenthalt zu einem bestimmten Zweck von Personen ergeben, für die der Aufenthaltsort nicht ihr dauernder Wohnoder Arbeitsort ist.«101 Touristische Medien sind dementsprechend Kommunikationsmittel, die bestimmte Reiseziele bewerben und solche, die Touristen mit den gewünschten Informationen versorgen. Beispiele hierfür sind Materialien der Fremdenverkehrsämter, Broschüren vor Ort oder im Internet, bestimmte Ausstellungen oder Stadtfilme und natürlich Führungen oder Audio-Guides für historische Bauwerke.102 Im Sektor des History Marketings wird die Geschichte von Unternehmen oder Städten als Ressource verstanden, die für die spezifische Markenbildung, sprich die Konzeption eines Alleinstellungsmerkmals, genutzt werden kann. Alle Medien, die der Kultivierung und Pflege einer spezifischen Tradition und deren Einsatz in der Marketingkommunikation dienlich sind, sind dementsprechend dem History Marketing zuzuordnen.103 Aufgabe des Stadtmarketings und den durch sie entwickelten Medien ist es, Geschichten und Themen zu generieren und transportieren, die durch eine emotionale Bindung die Identifikation von Einheimischen und Gästen fördern. Des Weiteren müssen diese anschlussfähig sein für zukünftige Themen der Stadtentwicklung und natürlich das touristische Marketing.104

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Vgl. Jureit, 10.10.2014, S. 1; Korte/Paletschek, 2009, S. 40-41. Vgl. Kommer, Sven, 2011: Mittelaltermärkte zwischen Kommerz und Historie. In: Buck, Thomas M./Brauch, Nicola (Hg.): Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Probleme, Perspektiven und Anstöße für die Unterrichtspraxis. Münster, S. 183-200, S. 196. Jureit, 10.10.2014, S. 1. Kommer, 2011, S. 186. Vgl. Enzensberger, Hans-Magnus, 1958: Eine Theorie des Tourismus. In: Merkur, H. 12, S. 701-720, S. 703; Hachtmann, Rüdiger, 2007: Tourismus-Geschichte. [mit 8 Tabellen]. Göttingen, S. 10. Steingrube, Wilhelm, 2011: Tourismus. https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/tourismus/8 175 [14.12.2016]. Der Begriff des »Massentourismus« ist dementsprechend eine quantitative Spezialisierung des Tourismus-Begriff, der das verstärkte Auftreten von Touristen seit Ende der 1960er Jahre an bestimmten Orten beschreibt. Vgl. Hachtmann, 2007, S. 69. Vgl. Treidel, Rulf J., 2009: Historische Erfahrungen im Urlaub. Vom Tagesausflug zur Studienreise. In: Horn, Sabine/Sauer, Michael (Hg.): Geschichte und Öffentlichkeit. Orte – Medien – Institutionen. Göttingen, S. 102-111, S. 105; Mecking, 2013, S. 7. Vgl. Schug, Alexander, 2003: History Marketing. Ein Leitfaden zum Umgang mit Geschichte in Unternehmen. Bielefeld, S. 21-22. Vgl. Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e. V., 2019: Zukunft braucht Geschichte -Stadtmarketing und Geschichte. Positionspapier. In: Kenkmann, Alfons/Spinnen, Ber-

1. Einleitung

Diese populären Medien werden im Dissertationsprojekt auf unterschiedlichen räumlichen Untersuchungsebenen analysiert. Die kleinste räumliche Untersuchungsebene stellen die lokalen Geschichtsbilder der Staufer dar. Der Begriff »lokal« als Raumdimension ist schwer zu fassen, da dieser je nach Bezugsrahmen und Fragestellung unterschiedlich groß sein kann. Allgemein definiert ein Lokalbereich ein Gebiet, »das einen Ort, bzw. eine Gemeinde und den dazugehörigen Nahbereich umfasst.«105 Im Dissertationsprojekt werden hierunter die zu untersuchenden Stauferstädte verstanden. In diesen lebt eine Lokalgemeinde als kleine institutionalisierte Gruppe, die ein bestimmtes Zusammengehörigkeitsgefühl und Lokalbewusstsein aufgrund gemeinsamer Geschichte, Sitten und Gebräuche entwickeln kann.106 Inwieweit dieses sich auf die Staufer beruft und von den anderen Untersuchungsebenen unterscheidet, ist zu untersuchen. »Lokal« wird oft als räumliche Maßstabsebene verwendet in Abgrenzung zum Regionalbereich.107 Klaus Lange definiert eine Region sehr weit als »ein[en] geographisch bestimmbare[n] Raum mittlerer Größenordnung, der als zusammengehörig angesehen wird.«108 Diese Zusammengehörigkeit kann beispielsweise durch gemeinsame politisch-administrative Kriterien entstehen. Nach Aleida Assmann wird für diese Arbeit der Begriff »Region« für die Landesebene verwendet.109 Er steht synonym für die zu analysierenden Bundesländer und deren Geschichtsbilder. Die größte zu analysierende Raumkategorie des Dissertationsprojekts ist die transnationale Untersuchungsebene. Der Begriff »transnational« wird in der Forschung gerade in jüngster Zeit sehr häufig, aber auch sehr unpräzise verwendet. Grob dient er als Überbegriff für alle möglichen Formen von geographischen Grenzüberschreitungen.110 In Abgrenzung zu »Internationalität« suggeriert das Präfix -trans einen Austausch/eine Überschreitung nicht zwischen Nationalstaaten, sondern jenseits dieser oder über diese hinaus.111 Um die verschiedenen Formen der Transnationalität zu konkretisieren,

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nadette (Hg.): Stadtgeschichte, Stadtmarke, Stadtentwicklung: Zur Adaption von Geschichte im Stadtmarketing. Wiesbaden, S. 39-42, S. 40. Egner, Heike, 2011: Diercke Wörterbuch Geographie. Raum – Wirtschaft und Gesellschaft – Umwelt. Braunschweig, 15. Aufl, S. 529. Vgl. Egner, 2011, S. 529; Zwahr, Annette, 2006: Brockhaus-Enzyklopädie. In 30 Bänden. Leipzig u.a., S. 121. Vgl. Gebhardt, Hans et al. (Hg.), 2011: Geographie. Physische Geographie und Humangeographie. München, Heidelberg, S. 24. Vgl. Lange, Klaus, 1970: Art. »Regionen«. In: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hg.): Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung 3. Hannover, 2. Aufl., S. Sp. 27052719, Sp. 2705. Vgl. Assmann, 2007, S. 137. Aleida Assmann verwendet den Begriff der regionalen Geschichte im Zusammenhang mit dem Bundesland Baden-Württemberg. Vgl. Hühn, Melanie et al., 2010: In neuen Dimensionen denken? Einführende Überlegungen zu Transkulturalität, Transnationalität und Translokalität. In: Hühn, Melanie et al. (Hg.): Transkulturalität, Transnationalität, Transstaatlichkeit, Translokalität. Theoretische und empirische Begriffsbestimmungen. (Region – Nation – Europa, Bd. 62). Berlin [u.a.], S. 11-46, S. 13-14. Es handelt sich dabei also nicht nur um einen Austausch zwischen zwei souveränen Nationalstaaten, sondern die Verflechtungen sind auf verschiedenen institutionellen Ebenen verankert. Vgl.Hühn, Melanie et al., 2010, S. 24;, Pries, Ludger, 2008: Die Transnationalisierung der sozialen Welt. Sozialräume jenseits von Nationalgesellschaften. Frankfurt a.M., S. 132-133.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

werden in der Forschung häufig verwandte Begriffe wie Transstaatlichkeit, Transkulturalität oder Translokalität verwendet.112 Die Transstaatlichkeit bezieht sich auf den Austausch institutionalisierter Staaten untereinander und schließt dadurch den Austausch von Kollektiven aus, die eine Nationalstaatswerdung noch vor sich haben.113 Der transkulturelle Austausch umfasst Grenzüberschreitungen zwischen ethnisch, religiös oder anderweitig kulturell definierten Gruppen. Dieser kann jedoch auch innerhalb einer Nation stattfinden.114 Dies gilt auch für die Translokalität, die eine Überschreitung von Grenzen verschiedener Ortschaften oder Gemeinden skizziert.115 Diese Termini beschreiben Teilphänomene der transnationalen Raumdimension, die sich teilweise auch gegenseitig bedingen: Ohne eine Transstaatlichkeit fehlt oft der Raum für eine Transkulturalität, die sich in translokalen Kooperationen ausdrücken kann.116 Beispiel hierfür sind die Städtepartnerschaften deutsch-italienischer Stauferstädte. Im Dissertationsprojekt wird Transnationalität definiert, als Gesamtheit der Formen des Austauschs über Nationalgrenzen hinweg.117 Aufgrund des Bezugsrahmens, in dem die zu untersuchende deutsch-italienische Erinnerung an die staufische Herrschaft zu verorten ist, werden transnationale Auslegungen der staufischen Rezeption häufig als »europäische« Narrationen der Staufer bezeichnet.118 Des Weiteren wird der Begriff »europäisch« so definiert, wie er vielfach in der Politik verwendet wird: Europa ist demnach eine »politische[n] ›Einheit‹ in der kulturellen ›Vielfalt‹«.119 Ganz nach dem Motto der Europäischen Union »In Vielfalt vereint«.120

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Vgl. Hühn, Melanie et al., 2010, S. 14. Vgl. ebd., S. 21; Faist, Thomas, 2000: Grenzen überschreiten. Das Konzept Transstaatliche Räume und seine Anwendungen. In: Faist, Thomas (Hg.): Transstaatliche Räume. Politik, Wirtschaft und Kultur in und zwischen Deutschland und der Türkei. (Kultur und soziale Praxis). Bielefeld, S. 9-56, S. 13. 114 Vgl. Hühn, Melanie et al., 2010, S. 20; Gassert, Philipp, 29.10.2012: Transnationale Geschichte, Version: 2.0. http://docupedia.de/zg/Transnationale_Geschichte_Version_2.0_Philipp_Gassert?oldid=1 06481 [22.05.2019], S. 3. 115 Vgl. Hühn, Melanie et al., S. 17; Steinbrink, Malte, 2009: Leben zwischen Land und Stadt. Migration, Translokalität und Verwundbarkeit in Südafrika. Wiesbaden, S. 90f. 116 Vgl. Hühn, Melanie et al., 2010, S. 27-28. 117 Vgl. Gassert, 29.10.2012, S. 1-2. Diese Rückbindung an Nationen ist nach Hühn der entscheidende Unterschied zur Perspektive der Globalisierung. Vgl. Hühn, Melanie et al., 2010, S. 26. 118 Auch Aleida Assmann bezeichnet die transnationale Auslegung des Mittelalters, wie sie bei einer Ausstellung 2006 erfolgte, als eine europäische. Vgl. Assmann, 2007, S. 142. Zur europäischen Perspektive auf die Vergangenheit siehe S. 44. 119 Kaiser, Wolfram/Krankenhagen, Stefan/Poehls, Kerstin, 2012: Europa ausstellen. Das Museum als Praxisfeld der Europäisierung. Köln, S. 12. 120 Vgl. ebd., S. 11-12; Europa.eu: Die EU – Eine Folienpräsentation. http://europa.eu/abc/euslides/index_de.htm [22.09.2013], Folie 3.

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

Das historische Erinnern beinhaltet immer einen deutenden Umgang mit der Vergangenheit, die kontextabhängig mit Bedeutung für die Gegenwart aufgeladen wird.1 Valentin Groebner unterscheidet dementsprechend die unwiderruflich abgeschlossene Vergangenheit von ihrer erzählten Geschichte, die sich in der Gegenwart der Erzählenden und Rezipienten abspielt. Diese Geschichten sind nur erfolgreich, wenn sie aufgeladen werden mit wieder erkennbaren Motiven und im Sinne einer Traditionsbildung temporäre Zugehörigkeit schaffen.2 Jörn Rüsen definiert alle Formen dieser Vergegenwärtigung von Vergangenheit als »Geschichtskultur«.3 Darunter sind sämtliche Arten des öffentlichen Umgangs mit Geschichte zu verstehen: die verschiedenen Ausprägungen der wissenschaftlichen Forschung, der politische Geschichtsgebrauch, die heterogenen künstlerischen Deutungen und auch historische Freizeitanimationen.4

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Vgl. Pandel, Hans-Jürgen, 2009: Geschichtskultur als Aufgabe der Geschichtsdidaktik: Viel zu wissen ist zu wenig. In: Oswalt, Vadim/Pandel, Hans-Jürgen (Hg.): Geschichtskultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart. Schwalbach, S. 19-33, S. 27; Rüsen, 1994, S. 7. Diese Art der Vergegenwärtigung darf nach Jan Assmann nicht als einfache Übernahme verstanden werden. Vielmehr wird die Vergangenheit »von der Gegenwart rekonstruiert, modelliert und unter Umständen auch erfunden.«Assmann, 1998, S. 27. Vgl. Groebner, 2018, S. 20-22. Vgl. Rüsen, 1994, S. 3-4. In fachwissenschaftlichen Kreisen wird neben dem Begriff der »Geschichtskultur« häufig der Begriff der »Erinnerungskultur« verwendet. In dieser Arbeit werden die Begriffe nach Vadim Oswalt als nicht wirklich voneinander abgrenzbar verstanden und deswegen synonym verwendet. Oswalt unterscheidet »Erinnerungskultur« und »Geschichtskultur« insofern voneinander, dass Erstere sich vor allem über ihre sozialen Trägergruppen definiert, während Letztere sich hauptsächlich auf die geschichtskulturellen Manifestationen konzentriert, die als praktische Ausformulierungen der Erinnerung verstanden werden können. Vgl. Oswalt, Vadim/Pandel, HansJürgen, 2009: Einführung. In: Oswalt, Vadim/Pandel, Hans-Jürgen (Hg.): Geschichtskultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart. Schwalbach, S. 7-13, S. 8-9. Vgl. Rüsen, 1994, S. 4. Wie Jörn Rüsen sieht auch Thomas Martin Buck die wissenschaftliche Geschichtsforschung als eine Säule der Geschichtskultur, da auch in diesem Bereich gegenwartsgebundene Geschichtsbilder entstehen, die keinesfalls als absolute Wahrheiten zu verstehen sind. Vgl. Buck, Thomas, M., 2011, S. 31.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Geschichtskultur kann dementsprechend verstanden werden als »die praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein im Leben einer Gesellschaft.«5 Etwas differenzierter und damit für die empirische Forschung nützlicher ist die Definition von Fernando Sanchez-Marcos: The scope of historical culture is to advocate the examination of all the layers and processes of social historical consciousness, paying attention to the agents who create it, the media by means of which it is disseminated, the representations that it popularizes and the creative reception on the part of the citizens. If culture is the way in which a society interprets, transmits and transforms reality, historical culture is the specific and particular way in which a society relates to its past. When we study historical culture, we investigate the social production of historical experience and its objective manifestation in a community’s life. This production is usually carried out by different social agents, often at one and the same time, by means of different media.6 In diesem Dissertationsprojekt stehen weniger der Prozess der Generierung geschichtskultureller Darstellungen oder die Rezeption von Seiten der Konsumenten im Fokus, sondern die Analyse und Deutung der geschichtskulturellen Manifestationen.7 Für Letzteres ist es jedoch erforderlich, den gesellschaftlichen und historischen Kontext der Entstehung dieser Geschichtsinterpretationen zu berücksichtigen.8 Das Geschichtsbewusstsein von Gesellschaften ist einem steten Wandel unterworfen. Dennoch entwickeln sich gruppenspezifisch gewisse kontinuierliche geschichtskulturelle Ausprägungen, die Wolfgang Hardtwig – hier wird die spezifische Gruppe auf der Ebene der Nation gesehen – als nationale Besonderheiten ausweist.9 Darüber hinaus existieren transnationale, lokale oder auch soziokulturelle Geschichtskulturen.10 Jan 5 6 7 8

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Rüsen, 1994, S. 5. Sanchez, Marcos, 2009: Historical Culture. http://culturahistorica.es/sanchez_marcos/historical%20_culture.pdf [28.08.2017], S. 1. Siehe S. 26. Zu diesem Kontext gehören auch die jeweiligen Einflüsse der Geschichtswissenschaft auf die generierten Geschichtsbilder im öffentlichen Raum. Außerdem – quasi als Rückkopplung seitens der Rezipienten – die Einflüsse, welche sich durch die neu generierten populären Darstellungen auf die akademischen Forschungsströmungen ergeben. Vgl. Reusch, Nina, 2015: Populäre Geschichte im Kaiserreich. Familienzeitschriften als Akteure der deutschen Geschichtskultur 1890-1913. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 16). Bielefeld, S. 16; Korte, Barbara/Pirker, Eva U., 2011: Black history – white history. Britain’s historical programme between Windrush and Wilberforce. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 5). Bielefeld, S. 46. Eine strikte Trennung von akademischer und öffentlicher Geschichtsschreibung ist nach Frank Bösch schon deshalb ad absurdum, da der Übergang oft in Form von Personalunionen nahtlos verläuft und sich beide wechselseitig beeinflussen. Vgl. Bösch, Frank/Goschler, Constantin, 2009: Der Nationalsozialismus und die deutsche Public History. In: Bösch, Frank, Goschler, Constantin (Hg.): Public History. Öffentliche Darstellungen des Nationalsozialismus jenseits der Geschichtswissenschaft. Frankfurt [u.a.], S. 7-23, S. 7, 22-23. Vgl. Hardtwig, Wolfgang, 2013: Deutsche Geschichtskultur im 19. und 20. Jahrhundert. München, S. 9. Vgl. Pieper, Katrin, 2010: Resonanzräume. Das Museum im Forschungsfeld Erinnerungskultur. In: Baur, Joachim (Hg.): Museumsanalyse. Methoden und Konturen eines neuen Forschungsfeldes. Bielefeld, S. 187-212, S. 197. Diese gruppenspezifischen geschichtskulturellen Ausprägungen wer-

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

Assmann definiert diese spezifischen Auslegungen der Vergangenheit als das kulturelle Gedächtnis einer bestimmten Gruppe, das in allen sozialen Gruppierungen zu finden ist.11 Das kulturelle Gedächtnis wird erschaffen, indem bestimmte Symbole, Riten, Orte und Monumente in den Fokus der Erinnerung gestellt werden. Es entsteht eine ganz eigene historische Identität.12 Diese Mediatoren des kulturellen Gedächtnisses können mit dem Konzept von Pierre Nora als »Erinnerungsorte« verstanden werden: Wenn geographischen Orten, Gebäuden, Denkmälern, Kunstwerken, historische Persönlichkeiten, Jubiläen oder sogar schon Schweigeminuten eine materielle, funktionale und symbolische Dimension zugesprochen werden kann, können sie seiner Ansicht nach als loci dienen, die Erinnerungsbilder heraufbeschwören.13 Die Dynastie der Staufer kann dementsprechend als deutscher, aber auch europäischer oder schwäbischer Erinnerungsort verstanden werden, der sich in verschiedenen Medien ausdrückt. Gelebtes Geschichtsbewusstsein hat für Individuen und Gruppen als zentrale Funktion die »menschliche[r] Weltbewältigung und Selbstverständigung«.14 Durch eine selektive Vergegenwärtigung der Vergangenheit und der Artikulation dieser im gesellschaftlichen Leben statten sich erinnernde Gesellschaften und Individuen mit bestimmten Qualitäten aus, die sie in ein historisches Kontinuum einordnen. So entsteht historische Identität.15 Grundsätzlich leistet der Rückgriff auf die »eigene« Geschichte also einen Beitrag zur Identitätsstiftung.16 Dies ist der maßgebliche Antrieb zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Diese wechselseitige Abhängigkeit beschrieb Johannes Rau beim Historikertag 2002: »Es gibt keine Identität ohne Geschichte und es gibt keine Geschichte oh-

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den zwar im gesellschaftlichen Diskurs formuliert, spiegeln aber dennoch Deutungshoheiten gewisser gesellschaftlicher Eliten, bzw. staatlicher Akteure wider, was bei geschichtskulturellen Arbeiten bedacht werden sollte. Vgl. Hardtwig, 2013, S. 9. Vgl. Assmann, Jan, 1992: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München, S. 11, S. 30. Vgl. Assmann, Aleida, 26.8.2008: Kollektives Gedächtnis. https://www.bpb.de/geschichte/zeitgesc hichte/geschichte-und-erinnerung/39802/kollektives-gedaechtnis?p=all [22.05.2019]. Der von ihm und der Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann gegründete Arbeitskreis »Archäologie der literarischen Kommunikation« entwickelte zu diesem Thema neue Forschungsansätze, die bahnbrechend für die weitere wissenschaftliche Erforschung der Themen Gedächtnis, Gedenken und Erinnerung ab den 1980er Jahren waren. Vgl. Oexle, Otto G., 2003: Memoria und kulturelles Gedächtnis. Kulturwissenschaftliche Ausblicke auf Mittelalter und Moderne. In: Quaestiones medii aevi novae Intelectual milieu, 8. Jg., S. 3-24, S. 17. Abgrenzend von Jan und Aleida Assmann geht Nora allerdings davon aus, dass keine kollektive Erinnerung mehr existiert. Die Erinnerungsorte sind seiner Vorstellung nach sehr heterogene Platzhalter einer fehlenden, gemeinsamen Erinnerung, die als Ganzes allerdings kein kohärentes Gesamtbild ergeben. Diese Vorstellung eines Verfall des kollektiven Gedächtnisses stand vielfach in der Kritik. Vgl. Erll, Astrid, 2005: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Eine Einführung. Stuttgart [u.a.], S. 23-25. Rüsen, 1994, S. 5. Vgl. Rüsen, 1994, S. 10-11; Oexle, 2003, S. 12. Vgl. Althoff, 1992, S. 1. Gerade im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Wandel von Gesellschaften durch die Auswirkungen der Globalisierung steht in dieser Arbeit auch zur Diskussion, was denn im 21. Jahrhundert unter der »eigenen« Geschichte zu verstehen ist und wie sich diese Vorstellungen wandeln.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

ne Identität.«17 Historische Identität scheint jedoch, wie Valentin Groebner es passend formuliert, eine Art beständige Leerstelle, eine Lücke zu sein, da sie permanent zurück gewonnen oder wiederholt angeeignet werden muss.18 Bezugspunkte hierfür sind Ereignisse, die das Selbstbild stärken und gegenwärtige Handlungsziele historisch unterfüttern.19 Identität wird nach Katrin Pieper zu Recht als »plurales, dynamisches und offenes Konstrukt« verstanden.20 Um als Plattform der Identitätsstiftung dienen zu können, muss sich das generierte Geschichtsbild daher abhängig von den Bedürfnissen der erinnernden Gruppe, bzw. des Erinnerungsraumes ändern.21 Dabei muss sich nicht jedes Individuum zwangsläufig nur einer Identitätsgemeinschaft zugehörig fühlen, sondern verschiedene historische Bezugsgrößen und Identitätsfundstätten können sich durchaus überschneiden. Beispielsweise die Städtische, Landes- und Europäische Geschichte und Identität.22 Neben diesem primären Wunsch nach Orientierung durch die Geschichte lassen sich noch weitere Bedürfnisse ausmachen, aus denen heraus sich Subjekte mit Vergangenheit beschäftigen. Jörn Rüsen macht fünf mentale Bedürfnisse aus, die für die verschiedenen Formen der Geschichtskultur grundlegend sind: Denken, Wollen, Werten, Glauben und Fühlen. Davon ausgehend lassen sich seiner Ansicht nach fünf Dimensionen der Geschichtskultur unterscheiden: Die kognitive, die politische, die moralische, die religiöse und die ästhetische.23 Die kognitive Dimension, die sich aus dem Bedürfnis des Denkens speist, umfasst das objektivierte Wissen um die Vergangenheit. Sie wird vor allem durch die Geschichtswissenschaften realisiert

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Vgl. Bundespräsidialamt: Zitat Johannes Rau in einer Rede beim Historikertag 2002 in Halle am 10. September 2002. https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Zitate/DE/Johannes-Rau/2002/0 9/20020910_Zitat.html;jsessionid=CBBF1949E13546A8F074F0F000D83662.1_cid387 [25.03.2019]. Vgl. Groebner, 2018, S. 113. Vgl. Assmann, 26.8.2008. Hierfür wird die Vergangenheit durch die erinnernden Individuen so selektiert, dass sie als Erfolgsgeschichte interpretiert werden kann. Denn »identitätsbildend sind nämlich vor allem Sachverhalte, die als positiv empfunden werden.« Althoff, 1992, S. 1. Pieper, 2010, S. 198. Valentin Groebner bezeichnet Identität dementsprechend auch als »Arbeitsplatz«. Groebner, 2018 S. 112. Vgl. Urban, Andreas, 2009: Rettung der Vergangenheit – Verlust der Gegenwart? Museumskultur in der Postmoderne. In: Horn, Sabine/Sauer, Michael (Hg.): Geschichte und Öffentlichkeit. Orte – Medien – Institutionen. Göttingen, S. 70-79, S. 71. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 302; S. 307-308; Bumiller/Krieg, 2011, S. 211. Vgl. Rüsen, 2014, S. 46. In die von Jörn Rüsen ausgemachten fünf Faktoren, bzw. den daraus resultierenden fünf Dimensionen der Geschichtskultur, können die von Aleida Assmann genannten drei Impulse, aus denen heraus sich Subjekte mit Vergangenheit beschäftigen, eingeordnet werden: Der Impuls der Neugier an der Vergangenheit, der Impuls der Identitätsvergewisserung und der Impuls des moralischen Imperativs »Du sollst dich erinnern!«. Die Neugier an Geschichte wird ihrer Ansicht nach verstärkt durch Zeitreisen in die Vergangenheit mit hohem Unterhaltungswert erfüllt. Sie ließe sich dementsprechend in Jörn Rüsens Faktor des Fühlens, bzw. die ästhetische Dimension einordnen. Der zweite Impuls der Identitätsvergewisserung entspricht prinzipiell wie im Weiteren zu zeigen seien wird, allen fünf Dimensionen Rüsens. Der Impuls des Erinnerns als Gebot ist klar der moralischen Dimension der Geschichtskultur zuzuschreiben. Vgl. Assmann, 2007, S. 25-26.

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

und unterstellt sich dem Postulat der Wahrheitsfindung.24 Die politische Dimension, zurückzuführen auf das Bedürfnis zu Wollen, legitimiert gegenwärtige Herrschaftsverhältnisse, indem sie sie in einen historischen Kontext einordnet und als in der Vergangenheit praktizierbar und sinnvoll präsentiert.25 Die historische Verortung politischer Verhältnisse ist elementarer Bestandteil des Geschichtsbewusstseins von Individuen und prägt die historische Identität fundamental.26 Ihre Funktion zeigt sich zumeist durch eine bestimmte Traditionsbildung bzw. -pflege, beispielsweise durch staatlich verordnete Jubiläen oder Denkmäler.27 Dabei handelt es sich um einen politischen Akt der Auswahl von erinnerungswürdigen Ereignissen, durch die Handlungsnormen und Identitäten vermittelt werden sollen.28 Der mentale Wunsch zu werten äußert sich in der moralischen Dimension der Geschichtskultur. Sie umfasst die Bewertung historischer Ereignisse nach Normen, die als verbindlich gelten. Vor allem in der deutschen Geschichtskultur wird diese Dimension zunehmend als historische Verantwortung gedeutet. Dies entspricht dem von Aleida Assmann ausgemachten Impuls des »Du sollst dich erinnern!«.29 Mit diesem moralischen Imperativ wandelt sich die historische Betrachtung von einer äußeren zu einer inneren Verbindung zur Vergangenheit.30 Das Bedürfnis zu Glauben, die religiöse Dimension der Geschichtskultur, bezieht sich auf den subjektiven letzten Sinn des Lebens. Kriterium ist hier die Erlösung des Menschen. Diese wird zur historischen Dimension, wenn die Erlösung als Ereignis im historischen Geschehen gesehen wird oder wenn die Vergangenheit »auf eine Folie transzendenter Sinnhaftigkeit« projiziert wird.31 Die ästhetische Dimension der Geschichtskultur umfasst die Repräsentationen der Vergangenheit. Diese finden in den unterschiedlichsten Medien statt und sind oft primär künstlerische Gestaltungen, in denen Geschichte thematisiert wird. Jörn Rüsen nennt hier exemplarisch historische 24

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Vgl. Rüsen, Jörn, 2014: Die fünf Dimensionen der Geschichtskultur. In: Nießer, Jacqueline/Tomann, Juliane (Hg.): Angewandte Geschichte. Neue Perspektiven auf Geschichte in der Öffentlichkeit. Paderborn [u.a.], S. 46-58, S. 47; Rüsen, 1994, S. 16. Die grundsätzliche Herrschaftskonstellation von Befehlenkönnen und Gehorchenmüssen wird von den Gehorchenden grundsätzlich als negativ empfunden. Indem dieses gebrochene soziale Verhältnis als schon in der Vergangenheit zweckmäßig präsentiert wird, werden bestehende politische Ungleichheiten akzeptiert und »als innerer Sinn politischen Handelns« legitimiert. Vgl. Rüsen, 2014, S. 48-49. Vgl. Rüsen, 1994, S. 15. Vgl. ebd. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 74-75. Günter Morsch warnt in diesem Zusammenhang vor einer regelrechten Überwucherung der aktuellen politischen Debatten durch die politische Dimension der Geschichtskultur. Im Falle der Vergangenheit der BRD bedeutet dies eine Instrumentalisierung der Geschichte beider Diktaturen, sodass ein unabhängiger politischer Diskurs nicht mehr möglich ist. Vgl. Morsch, Günter, 2015: Das »neue Unbehagen an der Erinnerungskultur« und die Politik mit der Erinnerung: zwei Seiten der gleichen Medaille. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 63. Jg., H. 10, S. 829-848, S. 832, 848. Die politische Dimension ist nach Rüsen »eine der wichtigsten Erwerbsquellen für den Beruf der Historiker«, weswegen das Fach stets darauf achten muss nicht als Legitimationswissenschaft instrumentalisiert zu werden. Vgl. Rüsen, 2014, S. 49; Langewiesche, Dieter, 2008: Zeitwende. Geschichtsdenken heute. Göttingen, S. 175. Assmann, 2007, S. 26. Vgl. Rüsen, 2014, S. 50; ebd. Rüsen, 2014, S. 51. In beiden Fällen wird Geschichte mit Transzendenz behaftet. Vgl. ebd., S. 51-52.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Romane und Dramen.32 Die ästhetische Dimension der Geschichtskultur hat die Aufgabe, den Adressaten so wirkungsvoll anzusprechen, dass die zu vermittelnden Inhalte aufgenommen und verarbeitet werden. Sie ist also nicht nur im künstlerischen Sinne bedeutend, sondern ist allen Dimensionen der Geschichtskultur mehr oder weniger eigen.33 Nur durch die ästhetische Sinnbildung kann die Vergangenheit wieder lebendig, das heißt für die eigene Lebenspraxis erfahrbar werden.34 Seit den 1980er Jahren hat die Nachfrage gerade nach dieser ästhetischen Dimension der Geschichtskultur rapide zugenommen. Dieser Trend zeigt sich vor allem in den populären Präsentationen von Geschichte.35 Auch diese Medien erfüllen das Bedürfnis nach Identitätsstiftung, können politische Forderungen legitimieren und historische Erkenntnis liefern.36 Viele dieser Medien stillen jedoch vor allem das von Rüsen als »Fühlen« benannte mentale Bedürfnis, aus dem heraus sich Subjekte mit Geschichte beschäftigen. Diesem Bedürfnis wird inzwischen so divers im kulturtouristischen Sektor nachgekommen, dass eine Erweiterung von Rüsens fünf Dimensionen um eine ökonomische Dimension der Geschichtskultur notwendig erscheint. Wie hängen die Dimensionen der Geschichtskultur in der komplexen Realität des Geschichtsbewusstseins von Gesellschaften und Individuen zusammen? Obwohl die verschiedenen Kategorien durch Gegensätzlichkeiten geprägt sind, wird deutlich, dass es in großem Maße Überschneidungen und auch Abhängigkeiten der verschiedenen Dimensionen untereinander gibt.37 In der Regel sind sie alle in den verschiedenen geschichtskulturellen Manifestationen in unterschiedlichem Grade zu finden, auch wenn es in der Praxis vielfach zu asymmetrischen Verhältnissen der unterschiedlichen Facetten kam und kommen kann.38 Die fünf Dimensionen müssen in einem solchen Verhältnis zueinander stehen, dass sie sich wechselseitig anerkennen und ergänzen. Nur so können die sich erinnernden Subjekte mit all ihren mentalen Bedürfnissen abhängig von der Vergangenheit in der Gegenwart ver-

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Vgl. Rüsen, 2014, S. 48; Rüsen, 1994, S. 12. Vgl. Rüsen, 2014, S. 48. Vgl. Rüsen, 1994, S. 14. Vgl. Korte/Paletschek, 2009, S. 9; Groebner, 2008, S. 140. Vgl. Korte/Paletschek, Sylvia, 2009, S. 10. Sylvia Paletschek und Barbara Korte führen außerdem an, dass auch populäre Geschichtsdarstellungen der Gefahr eines politischen Missbrauchs ausgesetzt sind. Vgl. Korte/Paletschek Sylvia, 2017. Vgl. Rüsen, 2014, S. 52. Catrin Kollmann macht im Gegensatz zu Jörn Rüsen nur zwei unterschiedliche Dimensionen von Geschichtskultur aus: eine emotional-ästhetische und eine kognitive. Diese lassen sich jedoch leicht in die Vorstellungen Rüsens einordnen. Auch sie sieht eine Überschneidung der verschiedenen Dimensionen in der Praxis und fordert daher andere Kategorisierungsraster der geschichtskulturellen Manifestationen aufgrund ihrer unterschiedlichen Absichten wie z.B. Bildung, Nutzen oder Erlebnis. Vgl. Kollmann, 2014 S. 52, S. 65-66. Beispielsweise besteht die Gefahr, dass die kognitive Dimension der Geschichtswissenschaft die ästhetische Notwendigkeit historischer Darstellungen unterschätzt und historische Erkenntnis dadurch nur unzureichend vermittelt wird. Oder die politische Dimension kann für sich das Wahrheitspostulat der kognitiven beanspruchen und damit zur Ideologie werden. Vgl. Rüsen, 2014, S. 52-53.

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

ortet werden.39 Ausdruck finden die unterschiedlichen Artikulationen des Geschichtsbewusstseins in verschiedensten Formen der Geschichtskultur. Dies können beispielsweise historische Jubiläen, historische Feste, Gedenktage und -orte, Denkmäler oder Museen sein.40

2.1

Museen als Orte der Geschichtskultur

Erinnerung vollzieht sich in diesen geschichtskulturellen Manifestationen grundsätzlich mit Hilfe von Objekten, da so die Vergangenheit konkret fassbar wird.41 Dies sind oft Dinge des alltäglichen Gebrauchs, die mit den unterschiedlichsten subjektiven Erinnerungen aufgeladen werden können.42 Darüber hinaus sind bestimmte Objekte auf Ebene des kulturellen Gedächtnisses als Zeichen mit Symbolcharakter zu verstehen, mit deren Hilfe das kulturelle Erbe gebildet wird.43 Doch ein Objekt allein ist noch nicht Träger einer Erinnerung. Erst durch die Einbettung in einen bestimmten Kontext, eine passende Inszenierung und die entsprechende Bedeutungszuschreibung durch die Rezipienten wird ein Ding zum Erinnerungsstück. Dieser Schritt vollzieht sich im Museum.44 Durch diese Kontextualisierung der Objekte werden die Zeichen der Vergangenheit – wird Geschichte – wieder lebendig und »für den heutigen Besucher wieder ›nacherlebbar‹«.45 Diese Aufbereitung durch das Museum geschieht immer im Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart.46 Ausstellungsthematiken verarbeiten daher oft auch tagesaktuelle Diskussionen. Museen haben dementsprechend eine hohe kulturpolitische Brisanz.47 Nur in der ständigen Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Problemen können Museen als Orte der Geschichtskultur ihre Aufgabe erfüllen: dem Menschen in seiner Gegenwart Orientierung geben. »Ausstellen kann [daher] niemals 39

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Vgl. Rüsen, 2014, S. 54-56. Denn alle fünf Dimensionen haben stets eine identitätsstiftende Relevanz, indem sie Geschichtsbilder erzeugen »sei es als Zustimmung, Ablehnung, Integration oder Ausgrenzung«. Pieper, 2010, S. 198. Vgl. Buck, Thomas, M., 2011; Kollmann, 2014, S. 35; Oexle, 2003, S. 13. Vgl. Assmann, 2007, S. 155. Vgl. Urry, John, 2000: Wie erinnern sich Gesellschaften ihrer Vergangenheit? In: Beier, Rosmarie (Hg.): Geschichtskultur in der Zweiten Moderne. Frankfurt, S. 29-52, S. 34. Vgl. Grütter, 1994, S. 178. Vgl. Assmann, 2007, S. 155; Borries, Bodo v., 1997: Präsentation und Rezeption von Geschichte im Museum. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht: GWU; Zeitschrift des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands, 48/1, S. 337-343, S. 338. Padberg/Schmidt, 2010, S. 12. Vgl. auch Grütter, 1994, S. 179. Vgl. Grütter, 1994, S. 179. Vgl. Pieper, 2010, S. 199, 202. Als Beleg hierfür dient die zunehmende Zahl an Museen im 19. Jahrhundert, als die gemeinsame Geschichte verstärkt von politischen Akteuren vereinnahmt wurde, und die Museumskrise nach dem Zweiten Weltkrieg, als eine solche Vereinnahmung nicht mehr möglich schien. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 73. Museen sind, wenn von staatlichen Akteuren bezuschusst, oftmals Ausdruck einer gewünschten Kulturpolitik, haben aber auch als eigenständige politische Akteure die Verantwortung ihre Stimme in Bezug auf aktuelle Umbrüche zu erheben. Vgl. Boockmann, 2000, S. 323; Große Burlage, 2005, S. 293-295, 301, Roth, Martin, 6.10.2016: Der Traum vom intellektuellen Widerstand. Ein rasant wachsender Nationalismus bedroht Europa. Doch was tun die Museen und Theater? Sie ducken sich weg. In: Die Zeit, H. 42, S. 44.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

eine Re-Konstruktion vergangener kultureller Zusammenhänge sein, sondern ist immer eine Konstruktion von Geschichtsbildern.«48 Es entstehen nicht nur Geschichts-, sondern auch Selbstbilder der erinnernden Gemeinschaft.49 Museen sind demnach Orte der Geschichtskultur par exellence, die zeigen, wie sich gesellschaftliche Gruppen in Vergangenheit und Gegenwart einschreiben.50 Sie bündeln und objektivieren kollektive Erinnerungen und dienen so als Identifikationsorte.51 Hierfür müssen sie auf die sich beständig wandelnden Bedürfnisse ihrer Besucher eingehen.52 Darüber hinaus befriedigen sie den Wunsch nach vertiefter Erkenntnis und können durch eine unterhaltende Aufbereitung der Vergangenheit ästhetische Genüsse erzeugen und damit Geschichte »fühlbar« werden lassen. Aus politischer Perspektive können sie eine Repräsentationsund Legitimationsfunktion erfüllen und als wertende Geschichtsdarstellung einen appellativen Charakter haben.53

2.2

Städte als Orte der Geschichtskultur

Auch Ausdrucksformen des städtischen Geschichtsbewusstseins können als Gegenstand der Geschichtskultur verstanden werden. »Städte sind […] Orte, der Wahrung, Schaffung und Beseitigung von Erinnerung.«54 Sie fungieren als Träger von Zeichen und Spuren der Vergangenheit, die selektiv von der Stadtgemeinschaft bewahrt oder vergessen werden können.55 Unter geschichtskulturellen Manifestationen des städtischen Lebens sind beispielsweise historische Feste, Jubiläen oder städtebauliche Maßnahmen zu verstehen.56 Die Stadtgeschichte dient in erster Linie als »wichtiger Kristallisationskern für (raumbezogene) Identität.«57 Der Rückbezug auf bestimmte Aspekte der »eigenen« Stadtgeschichte schafft Kontinuitätszusammenhänge und ein 48 49 50 51 52

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Urban, 2009, S. 75. Dieselbe Ansicht vertreten auch Casimir Bumiller und Heinz Krieg. Vgl. Bumiller/Krieg, 2011, S. 215. Vgl. Pieper, 2010, S. 203-204; Buck, Thomas, M., 2011, S. 31. Vgl. Pieper, 2010, S. 195. Vgl. Grütter, 1994, S. 173; Urban, 2009, S. 71; Schubert, 2010a, S. 256. Vgl. Urban, 2009, S. 71. Abhängig von den Bedürfnissen der Erinnerungsgesellschaften ändern sich dabei nicht nur die Arten der Geschichtsdarstellungen, sondern auch der Museen wie z.B. in den 1970er Jahren und 1980er Jahren, als eine Gründungswelle von Industrie-, Regional und Stadtgeschichtsmuseen zu verzeichnen war, die das im Zuge von Deindustrialisierung als bedroht gefühlte Erbe sichern sollte. Vgl. Padberg/Schmidt, 2010, S. 18. Vgl. Schubert, 2010a, S. 255-256. Widder, Ellen, 2015: Stadt zwischen Erinnerungsbewahrung und Gedächtnisverlust. Eine Einleitung. In: Halbekann, Joachim J. (Hg.): Stadt zwischen Erinnerungsbewahrung und Gedächtnisverlust. 49. Arbeitstagung in Esslingen am Neckar, 19. – 21. November 2010. (Arbeitstagung/Südwestdeutscher Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung, Bd. 49). Ostfildern, S. 7-26, 22. Vgl. Assmann, Aleida, 2012: Kampf um die Stadt als Identitätsverankerung und Geschichtsspeicher. In: Eigler, Friederike U./Kugele, Jens (Hg.): Heimat. At the intersection of memory and space. (Media and cultural memory = Medien und kulturelle Erinnerung, Bd. 14). Boston, S. 71-92. https://www.degruyter.com/view/books/9783110292060/9783110292060.71/9783110292060 .71.xml [29.11.2016], S. 75. Vgl. Kollmann, 2014, S. 34-35. Mecking, 2013, S. 8.

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

Zusammengehörigkeitsgefühl zu einer bestimmten Wertegemeinschaft. Eine gemeinsame, der Stadt spezifische Identität wird konstruiert in der die unterschiedlichen Milieus der Stadtgesellschaft integriert werden können.58 Die Stadtgeschichte besitzt somit das Potential die Stadtidentität zu prägen und »Basis für eine kooperative und breit getragene Stadtentwicklung zu sein.«59 Des Weiteren schafft die Konstruktion einer besonderen Stadtgeschichte die Möglichkeit die Stadt nach außen gegenüber anderen Städten oder Regionen zu positionieren und sie für Außenstehende attraktiv zu machen. Durch die werbetechnisch effektive Rückbesinnung auf bestimmte Aspekte der städtischen Geschichte kann diese sich im Wettbewerb mit anderen besonders hervorheben und auf sich aufmerksam machen. Gerade bei kleineren Städten, die nur wenige weitere touristische Attraktionen haben, ist die Betonung einer bestimmten Epoche oder Person ihrer Stadtgeschichte oft ein unique selling proposition, ein Alleinstellungsmerkmal.60 Diese historischen Stadtmarketingkampagnen finden Ausdruck in historischen Festivals, Bildbänden, anderen Werbemaßnahmen und touristischen Bestrebungen jeglicher Art wie beispielsweise Stadtführungen.61 Die Herstellung bestimmter historischer Stadtbilder dient also einer Verortung nach innen und nach außen.62 »Wenn wir von der ›Eigenlogik‹ […] oder der Stadtidentität oder vom USP […], also dem Alleinstellungsmerkmal der Stadt, sprechen, dann sprechen wir immer auch von der Stadtgeschichte.«63 Gemäß dieser Zielsetzung sind für geschichtskulturelle Fragestellungen drei Themenfelder, die zusammen das historische Bild einer Stadt bestimmen, von Interesse: Zum einen Stadtbilder, wie sie im Tourismus- und Marketingsektor generiert werden, zum anderen die Elemente eines Stadtbildes, die der inneren Konsolidierung der Stadtgemeinschaft dienen und Identität stiften sollen sowie übergreifend die städtebaulichen Maßnahmen, die ein bestimmtes Geschichtsbild forcieren.64 Alle drei Felder durchdringen sich wechselseitig und sind kaum voneinander abzugrenzen. Geschaffen werden sie von Vertretern der Stadtverwaltung, städtischen Geschichtsvereinen und einzelnen Aktionsgrup-

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Vgl. Kollmann, 2014, S. 40. Diese Identitätskonstruktionen waren in der frühen Neuzeit vor allem Elitenphänomene. Durch die Schaffung einer bestimmten Stadtgeschichte konnte z.B. in Schwäbisch Gmünd die damalige Oberschicht ihren eigenen Ruhm widerspiegeln und sich im Umland positionieren.Graf, 1984, S. 179. Heutige städtische Geschichtsbilder sind jedoch vor allem Ausdruck einer bestimmten Identitätspolitik, die möglichst alle Bewohner der Stadt integrieren möchte. Vgl. Weichselgärtner, 2013, S. 203. Leppa, Gerold, 2019: Stadtgeschichte verkauft sich gut und gibt den Städten Kraft. In: Kenkmann, Alfons/Spinnen, Bernadette (Hg.): Stadtgeschichte, Stadtmarke, Stadtentwicklung: Zur Adaption von Geschichte im Stadtmarketing. Wiesbaden, S. 29-38, S. 30. Damit ist das Alleinstellungsmerkmal gemeint, das die Stadt als zentralen Aspekt bewirbt. Vgl. Weichselgärtner, 2013, S. 203. Vgl. Mecking, 2013, S. 201-203. Vgl. ebd., S. 7-8. Kenkmann/Spinnen, 2019, S. V. Vgl. Schürmann, Sandra/Guckes, Jochen, 2005: Leitartikel: Stadtbilder und Stadtrepräsentationen im 20. Jahrhundert. In: Guckes, Jochen (Hg.): Themenschwerpunkt: Stadtbilder und Stadtrepräsentationen. (Informationen zur modernen Stadtgeschichte, Bd. 2005,1). Berlin, S. 5-10, S. 6-7.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

pen.65 Im Folgenden werden einige Elemente dieser Themenfelder näher erläutert: Kampagnen des Stadtmarketings und touristische Bemühungen sind vor allem für die Außenwahrnehmung einer Stadt verantwortlich. Auch dieser Sektor wurde vom Geschichtsboom der letzten Jahrzehnte erfasst. Stadtführungen werden von historisch Gewandeten im altertümlichen Sprachduktus vermittelt, immer mehr Stadtfeste sind ohne einen Mittelaltermarkt kaum mehr vorstellbar und auch im Merchandising werden historische Stoffe verwendet.66 Der Wunsch zu Reisen lässt sich in der Geschichte weit zurückverfolgen. Bildungsreisen oder Reisen zum Vergnügen blieben bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts vorwiegend dem Adel vorbehalten. Bekannt aus dieser Zeit ist vor allem die grand tour oder Cavalierstour, die zum Bildungsgang eines jungen Adligen gehörten.67 Erst Ende des 18. und ab dem 19. Jahrhundert gingen vermehrt auch das vermögende Bürgertum und schließlich selbst kleinbürgerliche Schichten auf Reisen.68 Mit der Wende zum 20. Jahrhundert erfasste die Reiselust schlussendlich auch die Arbeiterschaft und andere soziale Gruppen. Der Tourismus wurde zum Massenphänomen.69 In diesen Zeitraum fallen erste Bemühungen von Städten ihre touristischen Destinationen für den wachsenden Fremdenverkehr aufzubereiten und systematisch zu bewerben.70 Die Reiselust überdauerte den Zweiten Weltkrieg.71 Nach dem Ende des Krieges verlief der touristische Aufschwung jedoch in der Bundesrepublik zunächst schleppend. Dies änderte sich allmählich seit Mitte der 50er Jahre. Ab den 1960er Jahren »gelang dem Tourismus allerdings der Sprung in Dimensionen, die dem heutigen Reiseverhalten nahe kommt.«72 Grund dafür waren die steigenden Einkommen breiter Bevölkerungsschichten in den 1960er und 1970er Jahren. Seit diesem Zeitraum kann vom Tourismus als Massentourismus im heute

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Vgl. Mecking, 2013, S. 9. Den städtischen Geschichtsvereinen kommt hierbei oft die Rolle der Vermittler zwischen Interessierten und dem wissenschaftlichen Personal zu. Durch ihre Aktivitäten können sie in allen genannten Feldern das historische Selbstbild der Stadt mitgestalten. Vgl. Wegner, 30.03.2016. Vgl. Kenkmann/Spinnen, 2019, S. V. Vgl. Enzensberger, S. 707; Groebner, Valentin, 2012: Endlich einmal alles richtig. Was macht der Tourismus mit der Vergangenheit?https://www.unilu.ch/fileadmin/fakultaeten/ksf/institute/histsem/Dokumente/Groebner_Valentin/Vergangenheitstourismus.pdf [05.10.2017]., S. 1. Vgl. Hachtmann, 2007, S. 178, 181. Die Romantiker des 18. Jahrhunderts suchten auf diesen Reisen vorzugsweise gotische Ruinen als Manifestationen historischer Sehnsuchtsorte auf, während das zunehmend national-patriotische 19. Jahrhundert in diesen historische Referenzen einer ehemals großen kollektiven Vergangenheit entdeckte. Vgl. Groebner, Valentin, 5.10.2017: Zum echten Alten bitte hier entlang: Mittelalter als TourismusGenerator. https://www.unilu.ch/fileadmin/fakultaeten/ksf/institute/histsem/Dokumente/Groebne r_Valentin/Zum_echten_Alten_bitte_hier_entlang.pdf [22.05.2019], S. 9. Vgl. Hachtmann, 2007, S. 12, S. 181. Vgl. Mecking, 2013, S. 8; Groebner, 5.10.2017, S. 7. Die Nationalsozialistische Gemeinschaft Kraft durch Freude versorgte die deutsche Bevölkerung mit finanzierbaren Reise- und Freizeitmöglichkeiten und das Motto »Erst siegen, dann reisen« war noch im Vorfeld von Stalingrad zu hören, was die ungebrochene Reiselust verdeutlicht. Vgl. Hachtmann, 2007, S. 11-13. Ebd., S. 155.

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

gebräuchlichen Sinne gesprochen werden.73 Städte reagierten auf diesen Aufschwung, indem sie die Infrastruktur der lokalen Tourismusbranchen institutionalisierten und professionalisierten.74 Vor allem ab den 1970er Jahren kam das Bewusstsein auf, als Stadt selbst in die Öffentlichkeit treten und auch als Marke präsent sein zu müssen. Die Stadtverwaltungen bekamen vielerorts eine eigene Abteilung »Stadtmarketing« und größere Gemeinden schlossen sich zu Tourismusverbänden zusammen. In diesem Zeitraum begannen auch zahlreiche Städte sich selbst Attribute zu geben, Labels, die die Stadt unverwechselbar und als Marke präsentierbar machten.75 Seit dieser Etablierung des Tourismus als Massenphänomen ist die Zahl der Vergnügungsreisen kontinuierlich gestiegen und »[…] Tourismus ist nach verschiedenen Schätzungen heute entweder die dritt- oder die zweitgrößte Dienstleistungsbranche überhaupt […].«76 Als Destinationen stets gefragt waren historischen Schauplätze, auch wenn an ihnen nicht mehr viele Zeugnisse der Vergangenheit zu erblicken waren.77 Schönes Beispiel hierfür sind die Hinweise in populären Familienzeitschriften des 19. Jahrhunderts auf Reiseziele, an denen die Leser Geschichte besonders gut nacherleben können.78 Der Wunsch historisch bedeutsame Stätten aufzusuchen, scheint jedoch bei den Touristen der Moderne besonders prägnant zu sein. Hierbei ist das Element der Bildung zwar immer noch von Bedeutung, die Unterhaltung durch die Historie und die Möglichkeit, die Vergangenheit am Besichtigungsort nachzuempfinden, scheint jedoch eine zunehmend wichtige Rolle zu spielen. Beliebt ist in diesem Sektor des Geschichtstourismus besonders die Epoche des Mittelalters.79 Statt des Nationalstaats wie im 19. Jahrhundert sind heute nach Valentin Groebner »[…] die Unterhaltungsindustrie und

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Vgl. ebd., S. 69. Hachtmann versteht hierunter »das massierte Auftreten einer großen Zahl von Touristen seit Ende der 1960er Jahre an bestimmten Orten […].« Bis in die 1970er Jahre steckte der Tourismus vielerorts noch in den Kinderschuhen. Abgewickelt wurde er über Fremdenverkehrs- und Alpenvereine, die in Teilen von der Stadt mitfinanziert wurden und deren Tätigkeit sich auf die Organisation von Stadtführungen und der sporadischen Konzeption von Prospekten beschränkte. Vgl. Herrmann, Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, 22.4.2015. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview): Fragen zur Gesellschaft für staufische Geschichte, dem Label Stauferstadt und Stauferland; Herrmann, Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, 22.4.2015. Groebner, 5.10.2017, S. 5.Vgl. auch Hachtmann, Rüdiger, 06.10.2011: Tourismusgeschichte – ein Mauerblümchen mit Zukunft! Ein Forschungsüberblick. https://www.hsozkult.de/literaturereview /id/forschungsberichte-1119 [22.05.2019], S. 31. Hachtmann bemerkt hierzu, dass diametral zur Bedeutung des Tourismus die Erforschung seiner Geschichte bislang mit Ausnahme der Studie Cord Pagenstechers in der deutschen Forschungslandschaft ein Desiderat darstellt. Vgl. Hachtmann, 06.10.2011, S. 5-6, S. 13. Vgl. Bernshausen/Pasternak, 07.03.2015, S. 1. Vgl. Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia, 2012: Ninetheenth-Century Magazines and Historical Cultures in Britian and Germany. Exploratory Notes on an Comparative Approach. In: Korte, Barbara (Hg.): Popular history now and then. International perspectives. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 6). Bielefeld, S. 73-104, 87. Vgl. Groebner, 2012, S. 5; Groebner, 2008, S. 152.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

der Fremdenverkehr […] die treuesten Nachfrageinstitutionen für Mittelalterliches.«80 Die Vergangenheit spielt Groebner zufolge sogar eine solch bedeutende Rolle für den Tourismussektor, dass »der moderne Tourismus […] nicht denkbar [ist] ohne das als-ob dieser Reise in die Vergangenheit, zu vermeintlich ›ursprünglichen‹ oder ›unberührten‹ Altstädten und Dörfern […].«81 Die Begegnung mit historischen Stätten erfolgt in der klassischen Urlaubs- und Erholungsreise eher zufällig und nebenbei. Erfüllt wird so das geschichtskulturelle Bedürfnis nach ästhetischem Genuss und Erkenntnisgewinn.82 Eine andere Möglichkeit ist das gezielte Aufsuchen historischer Stätten mit dem Wunsch der Weiterbildung oder auch – genannt sei beispielsweise der Kriegsgräbertourismus – um » […] mit der ›Größe‹ oder dem ›Versagen‹ der eigenen Identitätsgemeinschaft« in Berührung zu kommen.83 Die Auseinandersetzung mit Geschichte ist in diesem Falle eine bildende, identitätsstiftende und auch wertendmoralische. Diese gezielte Begegnung findet oft in Form der Studienreise statt, bei der eine festgelegte Route entlang bedeutender Stätten abgefahren wird.84 Eine immer beliebtere Form des Reisens stellt die Städtereise dar. Bei dieser versuchen Touristen in Form eines Kurztrips eine Stadt umfassend kennen zu lernen, wobei die Historie ein wichtiger Bestandteil ist. Diese Form des Reisens spielt für den Bereich des Geschichtstourismus eine zunehmend wichtige Rolle.85 Das Interesse der Touristen an Städten und ihrer Geschichten wird von städtischer Seite wahrgenommen und mit zahlreichen Tourismuskonzepten und Marketingkampagnen beantwortet. Auf diese Weise sollen gewünschte Bilder des Ortes nach außen transportiert werden.86 Der nachfragebedingte Anstieg dieser geschichtstouristischen Selbstdarstellungen verdeutlicht, wie wichtig die Berücksichtigung der Konzeptionen des städtischen Tourismus/Marketings für die Ermittlung des Selbst- und Geschichtsbewusstseins sind. Geschichtskulturelle Elemente zur inneren Konsolidierung von Stadtgemeinschaften können beispielsweise jährlich veranstaltete Stadtfeste mit historischen Kern sein, in die die Stadtgemeinschaft eingebunden ist. Jubiläen und historische Festivals sind bedeutende geschichtskulturelle Manifestationen für die historische Identitätsstiftung nach innen und nach außen. Geschichte bietet bei Jubiläen und historischen Stadtfesten den Rahmen, um den Gemeinschaftssinn zu fördern, zusammen etwas zu schaffen und konstruiert dadurch eine lokale Identität. Im Sinne einer marktstrategischen Imagepolitik haben sie außerdem politisch-normative und ökonomische Vorteile.87 Ein weiteres Beispiel aus diesem Bereich der städtischen Geschichtskultur sind in der Stadtgemeinschaft fest verankerte Schülerwettbewerbe zur Stadtgeschichte oder auch sportliche Aktivitäten, denen ein historisches Ereignis zugrunde liegt. Auch 80 81 82 83 84 85 86 87

Groebner, Valentin, 19.9.2010: Geht’s noch ein bisschen echter? In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, H. 37. Ebd. Vgl. Treidel, 2009, S. 103-105. Ebd., S. 104. Diese Form des Reisens ist in ihren Grundzügen der klassischen Bildungsreise des 18. und 19. Jahrhunderts nicht unähnlich. Vgl. ebd., S. 106. Vgl. ebd. Vgl. Bernshausen/Pasternak, 07.03.2015, S. 3. Vgl. Kollmann, 2014, S. 16-19, 29, 59.

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

städtepartnerschaftliche Kooperationen, wie sie in Kapitel 8.2. untersucht werden, haben oftmals einen historischen Kern und können die Stadtgemeinschaft stärken. Die Idee der Städtepartnerschaften ist nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, um das friedliche Miteinander über Nationalgrenzen hinaus zu fördern.88 Die meisten deutschen Städtepartnerschaften bestehen zu Kommunen innerhalb der EU. Ihnen wird ein großer Anteil am Gelingen des europäischen Integrationsprozesses zugesprochen. Die Aktivitäten reichen von freundschaftlichen Begegnungen der Bürger auf verschiedenen Ebenen bis hin zur inhaltlichen Zusammenarbeit.89 Unter historischen städtebaulichen Maßnahmen können zum Beispiel Straßenbenennungen verstanden werden. Straßennamen sind Zeichen mit Symbolcharakter. An ihnen kann abgelesen werden, wie sich die Stadt historisch verorten möchte und nach außen gesehen werden will.90 Die Namensauswahl sagt viel über die historische Identität einer Stadt aus. Dementsprechend lassen Umbenennungen auf eine Neuorientierung des historischen Bewusstseins schließen. Aktuell kann eine Tendenz zu einer stärker regionalen, bzw. lokalen Ausrichtung festgestellt werden.91 Eine weitere wichtige geschichtskulturelle Manifestation im Stadtbild sind Denkmäler. Auch sie enthalten eine tagesaktuelle politische Brisanz. Durch die Schaffung, zur Schau Stellung und Betrachtung von Denkmälern kann sich die Stadtbevölkerung ihrer Selbst versichern und ihre Identität nach innen und außen fundieren.92 Auch die in der städtischen Geschichtskultur verhandelten und erzeugten Bilder müssen den Erwartungen und Wünschen der Erinnernden angepasst werden, um gegenwartsrelevant zu sein.93 Das Geschichtsbewusstsein einer Stadt ist dementsprechend einem stetigen Wandel unterworfen. Welche Ereignisse und Personen wie erinnert werden, hängt wie bei anderen Medien der Geschichtskultur ab von den kulturellen und politischen Rahmenbedingungen.94 Eine gelungene »Erzählung und Vermittlung von Stadtgeschichte verkauft sich nicht nur gut« und kann die historischen Stärken einer Stadt erlebbar machen, sie bietet auch die Möglichkeit der Weiterbildung und der emotionalen Bindung und damit Identifikation von Einheimischen und Gästen mit ihrer Stadt.95 Alle Facetten des städtischen Geschichtsbewusstseins können als Orte der Geschichtskultur verstanden 88

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Städtepartnerschaften sind gemeinhin zu verstehen als »förmliche, zeitlich und sachlich nicht begrenzte Partnerschaft, beruhend auf einem Partnerschaftsvertrag (Partnerschaftsurkunde).«Pfundheller, Kai: Städtepartnerschaften. https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoer terbuch-politisches-system/202141/staedtepartnerschaften [01.12.2018]. Dies ist die in Deutschland am weitesten verbreitete Definition der deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas. Eine einheitliche Definition des Begriffes »Städtepartnerschaften« existiert jedoch nicht. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Pöppinghege, 2007, S. 11, 112; Erenz, Benedikt, 17.9.2015: Straßenkampf. Der heißlaufende Streit um Namenspatrone (nicht nur) in Deutschland – und was dahintersteckt. In: Die Zeit, H. 38. Vgl. Pöppinghege, 2007, S. 18, 26-27, 114. Vgl. Widder, 2015, S. 14; Kollmann, 2014, S. 35. Vgl. Mecking, 2013, S. 8. Vgl. Assmann, 2012, S. 76, S. 80; Weichselgärtner, 2013, S. 203-204. Leppa, 2019, S. 36. Vgl. auch Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e. V., 2019, S. 40.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

werden. Die in ihnen erzeugten historischen Bilder sind Indikatoren für das aktuelle kulturelle Gedächtnis einer Stadtbevölkerung.96 Die geschichtskulturelle Erforschung solcher historisch fundierter, gegenwartsorientierter Stadtbilder ist daher durchaus lohnenswert.97

2.3

Jüngste Trends: Die Formierung eines europäischen Gedächtnisses

Um Orientierung für die Gegenwart zu bieten, müssen Geschichtskulturen ihren Blickwinkel stets aktualisieren. Die Gegenwartserfahrung ist geprägt von einem Zurücktreten der Nationalstaaten, einer zunehmenden Formierung Europas und neuen Arten der Globalisierung.98 Nach Aleida Assmann sind wir »mit dem Übergang ins 21. Jahrhundert in eine transnationale Epoche eingetreten.«99 Die »narrativen Verdichtungen der nationalen Erinnerungen« in Form von Meistererzählungen sind dementsprechend nicht mehr zeitgemäß.100 Der Blick in die Vergangenheit muss die gesellschaftlichen Erfahrungen der Gegenwart aufnehmen und diese neuen Phänomene historisch verorten.101 »Transnational« heißt der neue »Sehepunkt«, von dem aus die Vergangenheit nun häufig betrachtet wird.102 Dementsprechend tritt die Nationalgeschichte inzwischen auch in den Schulbüchern und populären Geschichtsdarstellungen etwas zugunsten einer gesamteuropäischen Geschichte zurück, die dem Neuen historische Wurzeln zuschreiben soll.103 Neben der europäischen Geschichte ist auch die Region – als ei-

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Vgl. Beier, 2000, S. 12; Kollmann, 2014, S. 34-35; Pöppinghege, 2007, S. 13-14. Nach Stübner wäre hier unter anderem die Frage von Interesse, ob regionale Monumente überhaupt für eine spezifisch regionale historische Identität relevant sind, oder ob diese nicht lediglich ortsbezogene Projektionsflächen für eine nationale Identität darstellen. Vgl. Stübner, 22.12.2011, S. 2-3. 98 Für die Untersuchungsbeispiele relevant ist vor allem eine zunehmende Formierung Europas; der Prozess der Europäisierung. Dieser kann verstanden werden als »Process[es] of (a) construction, (b) diffusion, and (c) institutionalization of formal and informal rules, procedures, policy paradigms, styles, ›ways of doing things‹, and shared beliefs and norms which are first defined and consolidated in the making of EU public policy and politics and then incorporated in the logic of domestic discourse, identities, political structures, and public policies. »Radaelli, Claudio M., 2003: The Europeanization of Public Policy. In: Featherstone, Kevin (Hg.): The politics of Europeanization. Oxford [u.a.], S. 27-56 https://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=D1qpmNYULcoC&oi=fnd&pg=PA27 [29.04.2019], S. 30. Vgl. auch Hüttmann, Martin G., 2013: Europäisierung. https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/das-europalexikon/176945/europaeisierung [25.04.2019]. 99 Assmann, 26.8.2008. 100 Hardtwig, 2013, S. 9. Vgl. ebd., S. 9-10. 101 Langewiesche, 2008, S. 15. 102 Vgl. ebd.; Budde/Conrad Sebastian/Janz, 2006, S. 11. 103 Vgl. Wegner, Tjark, 30.03.2016: Tagungsbericht: Zwischen Region, Nation und Europa. Deutsche Landesgeschichte in europäischer Perspektive, 26.11.2015 – 28.11.2015 Tübingen. htt ps://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-6464 [22.05.2019], S. 4; Erll, Astrid, 21.04.2015: Transcultural memory. http://memories-testimony.com/en/notice/transcultural-memory/#top [29.11.2016]. Verallgemeinert sprechen Gunilla Budde, Sebastian Conrad und Oliver Janz von einer »Ausweitung von Fragestellungen und Perspektiven über den nationalen Rahmen hin-

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

genständiger und zunehmend wichtiger Akteur europäischer Politik – eine Alternative zur Nation als historische Bezugsgröße.104 Die europäische Perspektive auf die Vergangenheit wurde und wird mit zunehmendem Ausbau der europäischen Institutionen von Kulturpolitikern gefördert.105 Eine europäische Kultur- und Identitätspolitik ist seit Beginn der 1970er Jahre und verstärkt seit 1992 nachweisbar.106 Ziel ist, die Vorstellung von Europa als einem gemeinsamen Geschichts- und Erfahrungsraum zu festigen, die die aktuelle politische Verfasstheit legitimiert.107 Es entstehen transkulturelle Formen der Memoria, die sich gegenseitig durchdringen und beeinflussen.108 Dabei ist die Heterogenität der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu beachten.109 Ein europäisches Gedächtnis ist nicht eindimensional, sondern besteht aus verschiedenen nationalen, regionalen und lokalen Erinnerungsnarrativen, die sich widersprechen können, aber oftmals ergänzen.110 Dies zeigt sich in zahlreichen geschichtskulturellen Manifestationen, bei denen die lokale oder regionale Geschichte in einen transnationalen Zusammenhang gestellt wird.111 Es wird zu überprüfen sein, inwiefern sich dieser jüngste Trend einer europäischen oder auch regionalen Vergangenheitsdeutung in Bezug auf die staufische Geschichte in den zu untersuchenden Stauferstädten und Ausstellungen widerspiegelt.

2.4

Vom Elfenbeinturm in die Praxis: Eine Begriffsbestimmung der Angewandten Geschichte

Im populärkulturellen Teilbereich der Geschichtskultur spielt die von Jörn Rüsen genannte ästhetische Dimension eine bedeutende Rolle. Szenische, personalisierte und performative Geschichtsdarstellungen erfreuen sich seit den 1980er Jahren, vor allem aber seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre, zunehmender Beliebtheit.112 Alexander

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aus« in Forschung und Lehre. Budde/Conrad Sebastian/Janz, 2006, S. 12. Nach Barbara Korte und Sylvia Paletschek werden auch die in populären Medien erzeugten Geschichtsbilder zunehmend globalisierter und müssen daher außerhalb der nationalstaatlichen Geschichtsbetrachtung analysiert werden. Vgl. Korte/Paletschek, 2017. Vgl. Stübner, 22.12.2011, S. 1. Auch diese Geschichtsperspektive eines Europas der starken Regionen wird von der EU durch Projektarbeit unterstützt. Vgl. Schubert, Klaus/Klein, Martina, 2016: Das Politiklexikon. https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17431/europa-der-regio nen [26.10.2016]. Vgl. Kaiser/Krankenhagen/Poehls, 2012, S. 11; Budde/Conrad Sebastian/Janz, 2006, S. 11. Vgl. Kaiser/Krankenhagen/Poehls, 2012, S. 19. Burlage belegt diese Bestrebungen der Politik auch durch eine zunehmende Anzahl von Europaausstellungen seit den 1990er Jahren. Vgl. Große Burlage, 2013, S. 94. Vgl. Kaiser/Krankenhagen/Poehls, 2012, S. 11 und S. 13-14. Wolfram Kaiser, Stefan Krankenhagen und Kerstin Poehl definieren diese Geschichtsschreibung und andere Formen der kulturellen Europäisierung als Prozesse des »europäisch Machens«. Vgl. Erll, 21.04.2015. Vgl. Stübner, 22.12.2011, S. 4. Vgl. Kaiser/Krankenhagen/Poehls, 2012, S. 14; Stübner, 22.12.2011, S. 1. Vgl. Stübner, 22.12.2011, S. 3. Vgl. Korte/Paletschek, 2017; Buck, Thomas, M., 2011, S. 22. Neben der ästhetischen Dimension sind natürlich auch in diesen populären Elementen der Geschichtskultur andere von Jörn Rüsen skiz-

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Schug und Wolfgang Hardtwig führen für diese populärkulturellen Formen der Geschichtskultur den Terminus der Angewandten Geschichte ein: »[…] ein Geschichtsverständnis und eine Art und Weise der Geschichtsvermittlung […], die sich zum großen Teil, aber nicht ausschließlich, außerhalb des akademischen Betriebs bzw. verwandten Institutionen findet.«113 Nach dieser Definition können alle Untersuchungsbeispiele des Dissertationsprojekts dem Sektor der Angewandten Geschichte zugeordnet werden. Die in diesen Medien erzeugten Geschichtsbilder sind inzwischen eine ernst zu nehmende Größe im Bereich der Wissensproduktion geworden und drängen »historische Experten-Narrative […] und nationalstaatliche Großerzählungen« der Vergangenheit verstärkt aus dem öffentlichen Bewusstsein. Daher werden sie auch in der akademischen Forschung zunehmend untersucht.114 Parallel zum Terminus der Angewandten Geschichte bzw. der Applied History in den USA entstand seit den 1970er Jahren im angloamerikanischen Raum der Begriff der Public History.115 Auch dieser dient als Sammelbezeichnung für öffentliche Geschichtsbilder, die außerhalb von Universitäten oder anderen akademischen Forschungseinrichtungen entstanden sind.116 Die beiden Begriffe stellen Variationen desselben Themas dar.117 Sie werden in der geschichtskulturellen

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zierte geschichtskulturelle Dimensionen in unterschiedlichen Ausprägungen zu finden. Vgl. Korte/Paletschek, 2009, S. 9-10. Hardtwig/Schug, 2009, S. 12. Dazu gehören Formen der Geschichtsvermittlung, die sich eher unkonventioneller Medien bedienen. Vgl. ebd. Der Terminus der Angewandten Geschichte ist nicht eindeutig vom Gesamtbegriff der Geschichtskultur zu trennen. Wie Jörn Rüsen richtig betont, sind sich beide in ihren Ansätzen recht nahe. Beide beschäftigen sich mit den Artikulationen von Geschichtsbewusstsein in Gesellschaften; beide wollen sie »die Zuwendung zu Vergangenheit und Geschichte neu [zu] denken« und sehen den »Abkopplungsprozess des Historischen von der Praxis« kritisch. Rüsen, Jörn/Tomann, Juliane, 2014: Geschichtskultur und Angewandte Geschichte. In: Nießer, Jacqueline/Tomann, Juliane (Hg.): Angewandte Geschichte. Neue Perspektiven auf Geschichte in der Öffentlichkeit. Paderborn [u.a.], S. 58-62, 61. In dieser Arbeit wird die Angewandte Geschichte als eine Sonderform der Geschichtskultur verstanden, die abgrenzend vom akademischen Betrieb in populären Medien zu finden ist. Nießer, Jacqueline/Tomann, Juliane, 2014: Einleitung. In: Nießer, Jacqueline/Tomann, Juliane (Hg.): Angewandte Geschichte. Neue Perspektiven auf Geschichte in der Öffentlichkeit. Paderborn [u.a.], S. 7-14, S. 8. Vgl. auch Hardtwig/Schug 2009, S. 13. Wie Frank Bösch anhand der Public History der NS-Geschichte veranschaulicht, sind die akademische und öffentliche Geschichtswissenschaft generell nicht strikt voneinander abgrenzbar, sondern beeinflussen sich wechselseitig. Die Public History, welche in dieser Arbeit gleichgesetzt wird mit dem Bereich der Angewandten Geschichte, reproduziert demnach nicht nur die Kenntnisse der Geschichtswissenschaft, sondern produziert eigenständig bestimmte Geschichtsbilder, die wiederum Auswirkungen auf die akademische Forschung haben. Vgl. Bösch, Frank/Goschler, Constantin, 2009: Der Nationalsozialismus und die deutsche Public History. In: Bösch, Frank, Goschler, Constantin (Hg.): Public History. Öffentliche Darstellungen des Nationalsozialismus jenseits der Geschichtswissenschaft. Frankfurt [u.a.], S. 7-23, S. 9. Vgl. Korte/Paletschek, 2017, S. 192; Horstkemper, Gregor, 2009: Informationen neue Medien – Public history – histoire publique – Geschichtskultur. Ein Thema mit vielen Variationen. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht: GWU; Zeitschrift des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands, 60/2, S. 116-117, S. 116. Vgl. Korte/Paletschek, 2017, S. 192-193. Vgl. Horstkemper, 2009, S. 116.

2. Geschichtskulturen als Ausdruck des gelebten Geschichtsbewusstseins

Forschung oftmals synonym verwendet, weswegen in dieser Arbeit vereinfacht der Terminus der Angewandten Geschichte als Überbegriff für die vorwiegend nicht-akademischen Geschichtsdarstellungen verwendet wird.118 Viele Branchen geben an, mit ihren Tätigkeiten Angewandte Geschichte zu betreiben. Sie gilt als »Leitkategorie für die touristische Vermarktung historischer Stätten« und wird von Geschichtsagenturen »marketingstrategisch im Namen« getragen.119 Auch historisch-politische Bildungsstätten ordnen sich oftmals der Angewandte Geschichte zu.120 Beispielsweise versuchen Museen neben ihrem Bildungsauftrag inzwischen ebenso durch ein zunehmend ausgedehntes Rahmenprogramm und szenische Präsentationen einen Eventcharakter zu erreichen.121 In dieser Arbeit werden museale Darstellungen der Vergangenheit daher als wissenschaftlich informierte Angewandte Geschichte verstanden.

Vgl. Nießer/Tomann, 2014, S. 8-9. Ergänzend zu den Konzepten von Public/Applied History führen Barbara Korte und Sylvia Paletschek den Terminus der Popular History ein. Sie halten diesen für die nicht-akademischen Erscheinungsformen von Geschichte im öffentlichen Raum als geeigneter, da auch Geschichtsbilder jenseits des politischen Raumes und nicht in ihrer politisch-gesellschaftlichen Legitimationsfunktion berücksichtigt werden. Vgl. Korte/Paletschek, 2017, S. 192. Abgrenzend dazu wird in dieser Arbeit der Begriff der Angewandten Geschichte derart verstanden, dass unter diesem alle Formen der öffentlichen, nicht-akademischen Geschichtsdarstellungen, auch nicht-institutionelle/populärkulturelle inbegriffen sind. Die Popular History ist somit Teil der Angewandten Geschichte. Dementsprechend können alle in populären Medien zu findenden Geschichtsbilder zum Bereich der Angewandten Geschichte gezählt werden. 119 Nießer/Tomann, 2014, S. 7. Jacqueline Nießer und Juliane Toman geben weiterhin an, dass »auch eine kaum zu überblickende Bandbreite historischer Projekte, Jubiläumsveranstaltungen, Ausstellungen, Installationen, Inszenierungen […]« den Begriff der Angewandten Geschichte für sich entdeckt haben. 120 Vgl. ebd., S. 7. 121 Vgl. Große Burlage, 2005, S. 310.

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3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

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Die Dynastie der Staufer – eine kurze Geschichtsstunde

Die Familie der Staufer ist in ihren Ursprüngen bereits bis in das 10. Jahrhundert zurückverfolgbar.1 Über ihre genaue Herkunft liegen jedoch bis heute keine gesicherten Quellenbelege vor, sodass das Geschlecht erst eindeutig nachweisbar wird, als König Heinrich IV. 1079 das Herzogtum Schwaben auf Friedrich I. übertrug.2 Dieser errichtete die Stiftskirche im castrum Lorch, die als Grablege der Familie dienen sollte, und die namensgebende Burg Stoph auf der Kuppe des Hohenstaufen.3 Das Herzogtum Schwaben blieb auch in den Folgejahren in der Hausmacht der Staufer und wurde meist an die nicht für die Königswürde bestimmten männlichen Erben weitergegeben.4 Das Herrschaftsgebiet der frühen Staufer konzentrierte sich demnach auf den deutschen Südwesten. Hier stand die Dynastie allerdings in Konkurrenz mit den mächtigen Familien der Zähringer und Welfen, weshalb sie ihren Machtbereich in den folgenden Jahrzehnten unter anderem auf bayrische, schweizerische und elsässische Gebiete ausdehnte.5 Dort wurden die neuen Mittel des fürstlichen Landes- und Herrschaftsaufbaus genutzt, um »möglichst geschlossene Königslandschaften« aufzubauen.6 Grundlage hierfür waren neben dem staufischen Hausgut das alte Königsgut und das dazugehörige salischen Erbe. Mit der Aufspaltung des Geschlecht ab der Mitte des 12. Jahrhun-

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Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 191. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 21; Engels, Odilo, 1999: Staufer. In: Auty, Robert (Hg.): Stadt bis Werl. (Lexikon des Mittelalters, Bd. 8). Stuttgart/Weimar, Sp. 76-78, Sp. 76. Vgl. Engels, 1999, Sp. 79; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 21. Beide Orte entwickelten sich jedoch nicht recht zu Zentren der staufischen Dynastie und Lorch konnte sich als dynastische Grablege der Staufer nicht durchsetzen. Vgl. Engels, Odilo, 2010: Die Staufer. Stuttgart, 9. Aufl., S. 119. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 191; Engels, 1999, Sp. 77; Engels, 2010, S. 10. Meinhardt, Matthias/Ranft, Andreas/Selzer, Stephan (Hg.), 2007: Mittelalter. (Oldenburg Geschichte Lehrbuch). München, S. 56.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

derts kamen weitere Gebiete in staufischen Besitz: Friedrich Barbarossas Halbbruder Konrad erlangte 1156 die rheinische Pfalzgrafschaft, welche jedoch 1193 an die Welfen überging, Barbarossas Sohn erbte 1190 von seiner Mutter die Pfalzgrafschaft Burgund.7 Die Herrschaftsposition der frühen Staufer wurde durch die Eheschließung Friedrichs I., Herzog von Schwaben mit Agnes, der Tochter König Heinrichs IV., gestärkt.8 Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Friedrich II., Herzog von Schwaben und Konrad III., der spätere erste staufische König.9 Ihre Herrschaft sahen die Staufer auch dadurch legitimiert, dass sie sich als Nachfahren der königlichen Dynastie der Salier verstanden und darstellten.10 Konrad III. war der Neffe des letzten salischen Kaisers Heinrich V. und als dieser 1125 ohne männlichen Erben verstarb, ging das Erbe der Salier auf die Staufer über. Somit konnte sich Konrad III. 1138 bei der Übernahme des Königsamtes als Erbe seiner mütterlichen Vorfahren inszenieren.11 Einem Staatsstreich ähnlich wurde Konrad III. 1138 von einigen deutschen Fürsten statt des welfischen Favoriten zum deutschen König gewählt.12 Sie erhoben vor dem festgelegten Wahltermin Konrad zum deutschen König und seine Wahl wurde auf dem eigentlich dafür vorgesehen Reichstag von den restlichen Fürsten bestätigt.13 Mit einer aufrüttelnden Predigt am Weihnachtsfest 1146 gelang es Bernhard von Clairvaux, den Staufer zu einem Kreuzzug zu überreden, der jedoch kläglich 1149 scheiterte.14 Entgegen älterer Forschungsmeinungen, die von Konrad das Bild eines schwachen, tatenlosen Königs zeichneten, bewertet ihn Ulrich Knefelkamp als durchaus geschickten Politiker.15 Durch seine umspannende Heiratspolitik – er selbst heiratete in eine wichtige Familie aus dem ostfränkisch-bayrischen Raum ein und sein Neffe, der spätere Kaiser Friedrich Barbarossa, ehelichte die Tochter eines einflussreichen Markgrafen aus Nordbayern –, die Förderung von Ministerialien und Städten und einer umsichtigen Verteilung herrschaftlicher Positionen an Verwandte gelang es ihm, ein möglichst zusammenhängendes Netz von königlichen Territorien bzw. Einflussgebieten zu erschaf-

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Vgl. Engels, 1999, Sp. 77. Zu den Besitzungen der Staufer in Zeitstufen gegliedert bis 1250 Vgl. Vollmer, Franz X: Besitz der Staufer (bis 1250), In: Historischer Atlas Baden-Württemberg. https://www.leo-bw.de/media/kgl_atlas/current/delivered/bilder/HABW_05_04.jpg [25.01.2019]; Vollmer, Franz X.: Beiwort zur Karte 5,4: Besitz der Staufer (bis 1250). https://www.leo-bw.de/media/kgl_atlas/current/delivered/bilder/HABW_05_04.jpghttps://www.leo-bw.de/media/kgl_atlas/current/delivered/pdf/HABW_5_4.pdf [25.01.2019]. Vgl. Engels, 2010, S. 9. Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 51. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, S. 21, Bd. 2. Vgl. Engels, 1999, Sp. 77. Der Welfe Heinrich der Stolze hatte als Schwiegersohn des amtierenden König Lothars einen umfangreichen Eigenbesitz angehäuft, den er durch ein rangbewusstes Auftreten zur Schau stellte. Ein solch prahlerisches Vorführen der eigenen Machtbasis ließ ihn jedoch als konsensfähigen Kandidat für die Königswahl ungeeignet erscheinen. Vgl. Görich, Knut, 2006: Die Staufer: Herrscher und Reich. München, S. 28-29. Knut Görich führt als Argument gegen eine Einschätzung der Königswahl als Staatsstreich an, das es zu diesem Zeitpunkt im Deutschen Reich kein formalisiertes Verfahren der Königswahl gab, das hätte übergangen werden können. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 192. Vgl. ebd. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 192, 196.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

fen.16 Die Wahl zum Kaiser sollte dem ersten staufischen König jedoch nicht gelingen: Er verstarb 1152 mitten in den Vorbereitungen seiner hierfür geplanten Romreise.17 Konrads Nachfolge trat sein Neffe Friedrich Barbarossa an. Er wurde 1152 zum deutschen König und 1155 zum Kaiser gewählt und hinterließ am Ende seiner Regierungszeit 1190 zwei Söhne: Heinrich IV., den späteren deutsche König, und Philipp von Schwaben.18 Seine Herrschaft war geprägt von der Suche nach einem Konsens zwischen den unterschiedlichen Parteien im Deutschen Reich, den beständigen Auseinandersetzungen mit den selbstbewussten Stadtkommunen der Lombardei und mit dem Papsttum.19 So musste er seine Kaiserkrönung durch den Papst 1155 in Rom blutig gegen die Römer verteidigen und zeitlebens in mehreren Italienzügen seine Macht in Oberitalien behaupten.20 Charakteristisch für seine Auseinandersetzungen im Deutschen Reich ist der Konflikt mit dem Welfen Heinrich dem Löwen, der in dessen Absetzung seinen Höhepunkt fand.21 Das anfänglich gute Verhältnis zu Heinrich verschlechterte sich, als dieser sich 1176 weigerte Barbarossa erneut Unterstützung gegen die oberitalienischen Städte zu leisten. Nach dieser öffentlichen Gehorsamsverweigerung nahm Barbarossa Klagen der sächsischen Gegner Heinrichs an, was in einem Verfahren gegen diesen vor dem Königsgericht mündete. Als Heinrich auf dem hierfür vorgesehenen Hoftag 1176 nicht erschien, wurden eine Reihe weiterer Verfahrensschritte gegen ihn durchgeführt, die in einer Absetzung des Welfen als Herzog von Sachsen und Bayern mündeten.22 Dieser von den Fürsten mehr oder weniger erzwungene Sturz des ehemaligen Verbündeten Barbarossas markiert eindeutig die Grenzen seines Handlungsspielraums. Aufgrund der personenbezogenen Herrschaftsstrukturen war der deutsche König gezwungen einen Konsens mit den Mächtigen des Reichs zu finden.23 In den Herrschaftsjahren Barbarossas erstreckten sich die Rechte und Besitzungen des Reichs

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Vgl. Görich, 2006, S. 30; Ebd. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 37. Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 51. Vgl. Görich, 2006, S. 41-43. Vgl. ebd., S. 45; Schneidmüller, Bernd, 2010: Staufer-Italien-Innovationsregionen. Begriffe und Blickachsen. In: Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan/Wieczorek, Alfried (Hg.): Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Bd. 1, Essays. (Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen 37). Darmstadt, S. S. 19-30, S. 23. Dieser Konflikt ist jedoch entgegen älterer Forschungsmeinungen weniger als ein Beispiel eines staufisch-welfischen Gegensatzes zu verstehen, der sich durch die ganzen Herrschaftsjahre der Staufer durchzogen haben soll. Er ist nach Knut Görich mehr Konstrukt der Historiker des 19. Jahrhunderts, als Selbstverständnis der historischen Personen des 12. Jahrhunderts. Die Handelnden agierten weniger nach dynastischen, sondern ihren jeweiligen, persönlichen Interessen. Der Konflikt mit Heinrich dem Löwen ist daher kein staufisch-welfischer, sondern einer zwischen Heinrich und Friedrich. Vgl. Görich, 2011, S. 18. Vgl. Görich, 2006, S. 61-62. Der hohe Stellenwert der Fürsten und damit auch in gewisser Weise die Abhängigkeit des Königs von deren Zustimmung ist entgegen älterer Forschungsmeinungen nicht negativ als Machtverlust der königlichen Zentralgewalt zu verstehen. Vielmehr war die Partizipation dieser zentral für das mittelalterliche Herrschaftsgefüge und wurde von den Zeitgenossen positiv bewertet. Vgl. Görich, 2011, S. 17; Görich, 2006, S. 64.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

und des staufischen Hausguts auf Gebiete in der Rhein-Main-Ebene, Franken, Schwaben, Elsass und die bayrische Nordgau. Diese Territorien wurden von Barbarossa weiter ausgebaut, indem er von Welf VI. dessen süddeutsche Güter erwarb. Eine weitere Ausdehnung des Reichsguts erfolgte mit dem Aussterben des Geschlechts der Zähringer 1218.24 Die königlichen Besitzungen sollten Grundlage für ein starkes Hausmachtkönigtum sein, weswegen vielerorts Pfalzen als Verwaltungszentren für das umliegende Königsland errichtet wurden.25 Ziel war die Schaffung eines geschlossenen Reichsterritoriums, wozu auch zunehmend Städte als strategische Instrumente genutzt wurden.26 Für Barbarossas Herrschaftszeit waren seine beständigen Auseinandersetzungen in Oberitalien sehr prägend. Seit den Eroberungen Ottos des Großen 951 gehörte der Norden Italiens mit der Lombardei, den Marken Verona und Aquileia und der Markgrafschaft Tuscien als Königreich Italien zum ostfränkisch-deutschen Königtum. Somit war der römisch-deutsche König auch König von Reichsitalien.27 Die persönliche Abwesenheit der römischen Könige in diesem Herrschaftsgebiet förderte jedoch seit dem 11. Jahrhundert den Aufstieg der Stadtkommunen.28 Diese setzten unter Führung gewählter Konsuln zunehmend ihre Selbstverwaltung durch und zwangen in ihrem Umland liegende weniger mächtige Ortschaften und den landsässigen Adel in ihre Abhängigkeit. Hierfür dienlich war der zunehmende Reichtum dieser blühenden Wirtschaftszentren.29 Wie keiner seiner Amtsvorgänger vor ihm verfolgte Barbarossa nach seiner Kaiserkrönung 1155 den Plan die alten Herrschaftsrechte in Reichsitalien wieder durchzusetzen und die kommunale Unabhängigkeit in diesen Rahmen zu pressen.30 Er nahm vermehrt Beschwerden von Gesandten der Städte Pavia, Lodi und Cremona an, die sich durch die große Stadtkommune Mailand bedrängt sahen. Diese einflussreiche Metropole nahm »unter allen Städten [der Lombardei] den ersten Rang ein« und sollte in den Folgejahren als Sinnbild für die städtischen Selbstbestimmungsbestrebungen gegen die staufische Herrschaft stehen.31 1158 wurde auf einem Hoftag der Heerzug gegen Mailand beschlossen, der noch im selben Jahr mit der Verabschiedung der Roncalischen

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Vgl. Görich, 2006, S. 64; Maschke, 1977, S. 63. Vgl. Görich, 2006, S. 64; Maschke, Erich, 1977: Die deutschen Städte der Stauferzeit. In: Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart (Hg.): Aufsätze. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur, Bd. 3). Stuttgart, S. 59-74, S. 63. Vgl. Maschke, Erich, 1980: Die staufische Städtefamilie. In: Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte in Göppingen (Hg.): Die Staufer in Schwaben und Europa. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 5). Göppingen, S. 41-45, S. 44-45; Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V. (Hg.), 1977: Staufer-Städte in Baden-Württemberg. Veranstaltungen u. Sehenswuerdigkeiten im Stauferjahr. Stuttgart [u.a], S. 12. Die Städte der Stauferzeit werden separat in Kap. 5.1. thematisiert. Siehe S. 157. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 132; Herrschaftsbereich der Staufer von ca. 1150 bis 1250: Übersicht über das Römisch-deutsche Kaiserreich zur Zeit der Staufer von der Nord- und Ostsee bis nach Italien/Sizilien. In: Lexikon Geschichte Baden-Württemberg, Karte III4, https://www.s-line.de/homepages/m-ebener/KarteIII-4%20(Staufer).html [30.04.2019]. Vgl. ebd., S. 137. Vgl. Schneidmüller, 2010, S. 26; Görich, 2006, S. 42. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 132; 137. Ebd., S. 129.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

Gesetze zu Ungunsten der Mailänder sein Ende fand.32 In diesen wurde die rechtliche Neuordnung Reichsitalien beschlossen. Zentrales Element der Gesetzgebung war die Omnis iurisdictio, durch die alle weltlichen Herrschafts- und Gerichtsrechte auf den Kaiser zurückgeführt wurden.33 Das bisher unbestrittene Gewohnheitsrecht der Kommunen wurde damit beschnitten, weswegen die Umsetzung der Roncalischen Gesetze schnell auf Widerstand stieß. Bereits 1159 brach der Konflikt erneut aus.34 Im Frühjahr 1161 nahm der Staufer wieder den Kampf gegen Mailand auf. Dieser Heerzug endete 1162 in der Kapitulation der Metropole und deren demütigender Zerstörung. Sie fand ihren Höhepunkt darin, dass der Fahnenwagen der Stadt (carrocio), mit dem die Mailänder in den Krieg zogen, vor den Kaiser gezogen wurde.35 Diese Erniedrigung grub sich tief in das kollektive Gedächtnis der oberitalienischen Bevölkerung ein und verstärkte die Ressentiments gegen die deutschen Herrscher.36 Mit der Eroberung Mailands 1162 änderte sich auch die Herrschaftsausübung der Staufer in der Region. Oftmals wurden die städtischen Ämter nun mit eigenen, sogar deutschen Günstlingen besetzt. Diese Form der Herrschaft wurde von den Kommunen als sehr drückend empfunden.37 Im Papst fanden die Stadtkommunen einen italienischen Verbündeten gegen die Staufer. Seit Beginn des Papstschismas 1159 versuchte der Kaiser dieses beständig im Kampf mit dem Vatikan zu seinen Gunsten aufzuheben.38 Mit seinem imperial ausgerichteten Herrschaftsprogramm zielte Barbarossa auf eine dem Papsttum gleichwertige Stellung des weltlichen Herrschers nach den Vorstellungen der Zwei-Schwerter-Lehre, was päpstlichen Vorstellungen des Kaisertums widersprach.39 1166 spitzte sich die Lage in Italien erneut zu, als Barbarossa gegen Papst Alexander III. ins Feld zog. 1167 gründete Cremona den Lombardischen Städtebund, ein Bündnis verschiedener Städte Oberitaliens gegen Barbarossa, das in den folgenden Jahren durch Zusammenarbeit mit dem Papst zum mächtigsten Gegner der staufischen Herrscher wurde.40 1176 kam es schließlich zur entscheidenden Schlacht in Legano, die mit Barbarossas Niederlage und damit einem großen Erfolg des Lombardenbunds endete.

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Vgl. Görich, 2006, S. 47. Nach Knut Görich ist die rechtshistorische Perspektive, welche in den Roncalischen Gesetzen ein Anzeichen moderner Staatlichkeit zu sehen glaubt, mit Blick auf den historischen Kontext in dem diese verabschiedet wurden so nicht haltbar. Vielmehr hatte der »staufische Hof keinen Bedarf an abstrakter Staats- und Rechtstheorie [hatte], sondern an juristischen Argumenten; sie sollten Barbarossas Abgabenforderung gegenüber italienischen Städten und seine Gerichtshoheit legitimieren.« Görich, 2015. Die Bischöfe, weltlichen Großen und Städte Reichsitaliens gaben ihre Hoheitsrechte an den Kaiser ab. Wieder belehnt wurden nur diejenigen, die eine königliche Schenkungsurkunde für besagtes Lehen vorweisen konnten. Da das Lehnswesen in Reichsitalien seit dem 11. Jahrhundert zunehmend zerfallen war, konnten die meisten Stadtkommunen eine solche Urkunde jedoch nicht nachweisen und mussten daher für die Wiedererlangung der königlichen Regalien jährliche Finanzabgaben leisten. Vgl. Görich, 2006, S. 48; Engels, 2010, S. 98-99. Vgl. Görich, 2006, S. 49. Vgl. ebd., S. 51-52. Vgl. Schneidmüller, 2010, S. 26. Vgl. Engels, 2010, S. 102. Vgl. Schneidmüller, 2010, S. 23. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 21. Vgl. ebd., S. 137; Görich, 2006, S. 55.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Im Frieden von Venedig verpflichteten sich der Papst und der aus dem Kirchenbann gelöste Kaiser »zur Wahrung ihrer Ehre und Rechte«.41 Im Zuge der Gespräche wurde auch das Verhältnis mit dem Lombardenbund geklärt, welches im Vertrag von Konstanz 1183 schriftlich fixiert wurde. In diesem wurde der Bund sowie das grundsätzliche Recht der Kommunen Bündnisse zu schließen vom Kaiser anerkannt. Die einseitige Rechtsetzung von Roncalia wurde praktisch ad acta gelegt, indem die vom Kaiser eingeforderten Regalien den Kommunen gegen Zahlungen überlassen wurden. Die Anerkennung des Bundes schuf neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit in Reichsitalien: Gerade Mailand vertrat jetzt vehement die Ansprüche des Reiches, um seine Vorrangstellung im Bund zu behaupten. Die neue Allianz wurde 1184 mit dem Einzug Barbarossas in Mailand eindrucksvoll demonstriert.42 Im selben Jahr fand auch das Mainzer Hoffest zu Pfingsten statt, welches mit seinen kulturellen Vergnügungen eine andere Facette der staufischen Herrschaftszeit veranschaulicht: die Entwicklung der ritterlich-höfischen Kultur. Neben der Schwertleite der Söhne Barbarossas stand das Turnier auf diesem Fest im Mittelpunkt. An diesem nahmen der Kaiser, seine Söhne, Adlige und auch Ministeriale teil. Sie alle gehörten zur Gemeinschaft der Ritter. Einer Gemeinschaft, die in Abgrenzung vom früheren engen Verständnis des Ritters als berittener Krieger durch einen gemeinsamen Wertekanon und Handlungsweisen begründet war.43 Mit dem Rittertum verknüpft bildete sich im 12. Jahrhundert die höfische Kultur vollends aus. Dazu gehörte die Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln und ein der Realität meist nicht entsprechendes, sehr edles Verständnis von Mann und Frau und deren Umgang miteinander. Die höfische Gemeinschaft kleidete sich in aufwändiger, farbiger Mode aus hochwertigen Materialien. Zentral war die Unterhaltung durch Heldenlieder, Romane, Dichtungen – hier vor allem der Minnesang – und Musik und Tanz.44 Nach diesem Glanzpunkt staufischer Herrschaft brach Barbarossa kurze Zeit später zu einem Kreuzzug auf, bei dem er 1190 in einem Fluss im Tarusgebirge ertrank.45 Während seiner langen Regierungszeit prägte er die Konturen des Reichs nachhaltig, indem er immer wieder in dem ihm gebotenen Rahmen seine Ziele erreichte und die Ansprüche der Fürsten und des Papsttums zurückdrängte. Er wird daher in der Rückschau bewertet als einer der »herausragendsten Gestalten deutscher Kaisergeschichte«.46 Neben seinem Enkel Friedrich II. ist vor allem er in der Erinnerung späterer Generationen an die Staufer stets präsent gewesen.47 Barbarossas Nachfolger wurde sein Sohn Heinrich VI., der bereits 1169 zum deutschen König gewählt worden war. Die Regierungszeit Heinrichs VI., der von 1190-1197

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Görich, 2006, S. 57. Ausschlaggebend für die Friedensverhandlungen war neben der Niederlage in Legano auch eine schwere Erkrankung des Staufers. Vgl. ebd., S. 57-58; Schneidmüller, 2010, S. 23. Vgl. Görich, 2006,S. 60-61; Engels, 2010, S. 103. Vgl. Görich, 2006, S. 65. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 213. Vgl. Görich, 2006, S. 66-67. Knefelkamp, 2003, S. 218. Vgl. auch Koch, Walter, 2000: Kaiser Friedrich I. Barbarossa. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Die Staufer. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 19). Göppingen, S. 43-45, S. 43. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 15.

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deutscher König und ab 1191 auch deutscher Kaiser war, ist für die staufische Herrschaft deshalb von besonderer Bedeutung, weil durch dessen Hochzeit mit Konstanze de Hauteville das Königreich Sizilien in den staufischen Besitz überging.48 Der mit der Hochzeit verbundene Machtzuwachs Heinrichs VI. verdeutlicht exemplarisch, dass vor allem die angeheirateten Frauen der Staufer zum Aufstieg des Geschlechts beitrugen. Die staufischen Eheverbindungen waren von Beginn an von dynastischen Bestrebungen und politischem Kalkül geprägt.49 Dies zeigt bereits das Bündnis zwischen Friedrich I. und Agnes, der Tochter des zu dieser Zeit amtierenden Königs Heinrich IV. Durch diese Ehe wurden die Staufer in den Kreis der Großen des Reiches aufgenommen.50 Die strategischen Überlegungen bezüglich der Ehe Barbarossas verdeutlichen, dass das Herkommen und die politische Stellung der auszuwählenden Gattin für die Anerkennung und Stellung eines emporstrebenden Geschlechts von großer Bedeutung war: Als Barbarossa 1152 zum deutschen König gewählt wurde, erschien seine Verbindung mit Adela von Vohlburg als nicht mehr standesgemäß, weswegen sie kurzerhand annulliert wurde. Seine neue Gattin wurde Beatrix, die Erbtochter der Grafschaft von Burgund. Eine Verbindung, die von den Zeitgenossen sowohl im Hinblick auf den höfischen Umgang und das Verhalten der Ehepartner untereinander (Beatrix stand ihrem Gemahl bekanntlich sogar in politischen Fragen mit Rat zur Seite), als auch bezüglich der potentiellen Nachkommenschaft als vorbildlich beschrieben wurde.51 Als tragische Frauenfigur der Staufer bleibt Irene, Kaisertochter aus Byzanz, in Erinnerung. Die wohl bekannteste Beschreibung über sie stammt aus der Feder Walthers von der Vogelweide, der sie als eine Rose ohne Dornen und eine Taube ohne Galle bezeichnete.52 Irene erlebte die Streitigkeiten um das Königreich Sizilien an der Seite ihres Verlobten Roger III. und wurde 1195 Gefangene des staufischen Eroberers Heinrich VI. Dieser vermählte Irene mit seinem jüngsten Bruder Philipp von Schwaben. Als dieser in den Wirren des Thronstreits 1208 ermordet wurde, blieben ihr nur noch wenige Monate, bevor sie nach einer Frühgeburt auf der Burg Hohenstaufen verstarb.53 Friedrich II. versuchte ebenfalls durch zahlreiche Ehefrauen seine herrschaftliche Stellung zu sichern. Seine Verbindungen mit Konstanze von Aragon, Isabella von Jerusalem und Isabella von England veranschaulichen die weitreichende Bedeutung der staufischen Ehen im europäisch-dynastischen Beziehungsgeflecht.54 Für den Staufer spielte vor allem seine erste Ehe mit der zehn Jahre älteren Konstanze eine entscheidende Rolle. Sie war Tochter des König Alfons II. von Aragon und Sancha der Älteren von Kastilien. Sie entstammte damit zweier Dynastien, an deren Höfen Kultur eine zentrale Rolle spielte. Es ist anzunehmen, dass diese Verbindung Friedrichs lebenslanges Interesse an Bildung mit 48 49

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Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 51, 58; Görich, 2006, S. 55. Zur räumlichen Ausdehnung des staufischen Herrschaftsgebietes vgl. Herrschaftsbereich der Staufer von ca. 1150 bis 1250. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 42; Wolf, Gunther G., 2000: Frauen der Staufer. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Die Staufer. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 19). Göppingen, S. 62-67, S. 62. Vgl. Wolf, 2000, S. 63. Vgl. ebd.; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 42. Vgl. Wolf, 2000, S. 63. Vgl. ebd., S. 64. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 42.

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prägte. Dessen Wertschätzung für seine Gemahlin fand auch darin Ausdruck, dass diese als einzige seiner Partnerinnen mit ihm zur Kaiserin gekrönt wurde und ihr Grabmal sich von allen anderen Grablegen der Frauen um Friedrich II. unterscheidet.55 Auch Konstanze de Hauteville war einige Jahre älter als ihr staufischer Gemahl Heinrich VI. Anders als bei ihrer Namensverwandten war das Verhältnis zu ihrem Ehemann jedoch von Dissens und Misstrauen des Staufers ihr gegenüber geprägt. Als Tochter des Königs von Sizilien lag sie oft im Streit mit Heinrich VI. bezüglich ihres Erbes Sizilien.56 Das Königreich ging auf normannische Eroberer zurück, die diese Territorien im 11. und 12. Jahrhundert von byzantinischen und muslimischen Herrschern erkämpft hatten. Ein besonderes Kennzeichen des Königreichs war daher eine aus seinen Ursprüngen begründete große Vielfalt verschiedener Wissens- und Glaubenskulturen.57 Nach dem Tod Wilhelms II. von Sizilien 1189 trat für den angeheirateten Staufer der Erbfall ein, welcher sich aber als schwer durchsetzbar erwies. Denn die Barone Siziliens wählten, anstatt den Staufer als zukünftigen Herrscher anzuerkennen, ihren Favoriten Tankred von Lecce zum König und nahmen, um ihre Wahl durchsetzen zu können, Konstanze de Hauteville als Geisel. Durch Vermittlung des Papstes konnte diese 1192 ins Deutsche Reich zurückkehren.58 Angesichts einer möglichen Machtergreifung der Staufer in Sizilien sah sich der amtierende Papst zwischen den staufischen Territorien in Reichsitalien und Süditalien eingekeilt; ein Szenario welches für den Nachfolger Petri eine Bedrohung darstellte. Der Papst belehnte daher zunächst Tankred von Lecce mit dem Königreich Sizilien.59 Nach dessen Tod 1194 sah Heinrich VI. jedoch seine Chance das ihm zustehende Erbe anzutreten und begann einen Italienzug, der mit dem feierlichen Einzug im November desselben Jahres in Palermo endete. Nach seiner Krönung zum König von Sizilien 1195 begann Heinrich die Verwaltung im Königreich neu zu organisieren.60 Er und vor allem sein Sohn Friedrich II. schufen in den folgenden Jahren in Sizilien auf Grundlage der byzantinischen und normannischen Einrichtungen ein für das Hochmittelalter neuartiges zentralistisches Herrschaftssystem, welches die staufische Herrschaft jedoch nicht überdauerte.61 Nachdem Heinrich VI. seine politische Stellung in Sizilien gefestigt hatte, kehrte er ins Reich zurück. Seine Frau Konstanze sollte derweil die Regentschaft in Süditalien übernehmen. Dem Staufer gelang gerade noch die Wahl seines zweijährigen Sohnes Friedrich II. zum nächsten deutschen König 1196, bevor er 1197, vermutlich an einem Malariaanfall, verstarb.62 Mit seinem Tod begann im Deutschen Reich der Thronstreit, in dem der Staufer Philipp von Schwaben (deutscher König von 1198-1208) und der Welfe Otto IV. (deutscher König von 1198-1218, Kaiser ab 1209-1215) gleichzeitig zu deutschen Königen ge-

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Vgl. Wolf, 2000, S. 64. Vgl. ebd., S. 63; Knefelkamp, 2003, S. 219. Vgl. Schneidmüller, 2010, S. 27. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 220, 223. Vgl. ebd., S. 223; Schneidmüller, 2010, S. 21. Dies geschah, indem er zunächst die hierin begriffenen Ämter mit Personen seines Vertrauens besetzte. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 224. Vgl. Schneidmüller, 2010, S. 24, 27. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 225-227.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

wählt worden waren und um die Macht kämpften.63 Dieser Konflikt schwächte das Reich insgesamt und führte zum Verlust herrschaftlicher Ressourcen, da die Rivalen unter anderem durch die Vergabe von Königsgut die Mehrheit der Fürsten gewinnen wollten.64 Direkt nach dem Tod Heinrichs VI. reiste dessen Bruder Philipp von Schwaben nach Italien, um den rechtmäßigen Thronfolger Friedrich II. ins Deutsche Reich zu bringen. Dessen Mutter – besorgt um die normannische Königstradition – hatte den Knaben jedoch zu sich nach Sizilien bringen lassen und in seinem Namen auf den deutschen Königsthron verzichtet. 1198 ließ sie ihn zum König von Sizilien krönen und setzte vor ihrem Tod im selben Jahr den amtierenden Papst als Vormund für ihren Sohn ein.65 Philipp ignorierte wie die Mehrheit der Fürsten im Reich zunächst den Verzicht Konstanzes und vertrat weiterhin als Regent die Interessen seines Neffen. Die Situation im Reich erwies sich jedoch ohne eine zentrale Instanz an der Spitze als zunehmend chaotisch. Die Fürstenmehrheit wählte daher auf der Suche nach einem erfahrenen Mann an der Spitze 1198 anstelle des nicht durchsetzbaren Kaisersohnes Philipp von Schwaben zum deutschen König. Seine Krönung erfolgte in Mainz durch den Bischof von Tarentaise mit den richtigen Reichsinsignien.66 Der Kölner Erzbischof erkannte den Verzicht Konstanzes allerdings an und suchte einen geeigneten Gegenkandidat. 1198 krönte er mit Otto IV. einen Welfen zum deutschen König. Hierfür wählte er den richtigen Krönungsort Aachen, musste sich jedoch mit den falschen Insignien begnügen.67 Nach dieser Doppelwahl sollte der Papst als Schiedsrichter fungieren und unterstützte zunächst aufgrund zahlreicher Zugeständnisse Otto. Dieser verlor jedoch zunehmend an Zustimmung im Reich, vor allem, als der Kölner Erzbischof umschwenkte und sich bereit erklärte, Philipp von Schwaben nun am richtigen Krönungsort Aachen erneut zu krönen. Die Lage schien sich zu Philipps Gunsten zu entwickeln, bis er überraschend 1208 ermordet wurde. Der nun 1209 zum Kaiser gewählte Otto machte direkt nach seiner Krönung allerdings den fatalen Fehler einem Hilferuf der Aufständischen aus Süditalien gegen den Staufer Friedrich II. nachzukommen.68 Damit brüskierte er den Papst, der ihn mit dem Kirchenbann belegte und eine Fürstenopposition im Reich überzeugte seinen Kandidaten zu unterstützen. Hierfür wählte er sein Mündel Friedrich II. Dieser wurde zunächst 1211 in Abwesenheit zum zukünftigen Kaiser und nach seiner Ankunft im Reich 1212 schließlich zum deutschen König gewählt.69 Auf dem vierten Laterankonzil 1215 wurde Friedrich als König und künftiger Kaiser anerkannt und Otto abgesetzt.70 Die ersten Jahre des 1194 geborenen Friedrichs waren geprägt von einem ständigen Wechsel des Wohnorts und der Bezugspersonen: Verschiedene Bürgerfamilien Paler-

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Vgl. ebd., S. 235; Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 51, 60. Vgl. ebd., S. 230; ebd., S. 60. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 229. Vgl. ebd., S. 229-230; Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 60. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 230. Vgl. ebd., S. 230-232. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 233-234. Der Welfe starb schließlich 1218 zurückgezogen auf der Harzburg. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 234235.

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mos gaben ihm in dieser Zeit eine Obhut.71 Nach dem Tod seiner Mutter kam es zu Machtkämpfen um die Leitung der Regierung in Sizilien. Der Reichstruchsess Markward von Annweiler beanspruchte auf Geheiß Philipps von Schwaben in Friedrichs Namen die dortige Regentschaft. Er brachte diesen 1201 in seine Gewalt, wogegen sich der junge Staufer zunächst heftig sträubte. Erst mit der Erlangung der Mündigkeit 1208 konnte Friedrich allein über das Königreich Sizilien regieren. Im selben Jahr wurde die Ehe mit Konstanze von Aragon geschlossen. Nachdem seine Herrschaft in Sizilien gefestigt erschien, folgte der Zug ins Reich, der mit der Wahl zum deutschen König endete.72 1220 schließlich wurde Friedrich II. in Rom zum Kaiser gewählt. Im selben Jahr fand die Wahl seines Sohnes Heinrich VII. zum deutschen König statt.73 Mit Friedrich II. werden vor allem dessen Auseinandersetzungen mit dem Papst und den oberitalienischen Städten, aber auch die Förderung der Wissenschaften und die Durchsetzung einer zentralistischen Regierung im Königreich Sizilien assoziiert, welches durch ihn zum neuen Herrschaftsschwerpunkt der Staufer wurde.74 Unter Friedrich II. wurde die staufische Herrschaft in den Süden des Reiches verlagert. Der Staufer ließ zahlreiche Jagdschlösser und Kastelle in Süditalien erbauen, worunter Castel del Monte wohl das Bekannteste ist. Auch stellte er sich bewusst in staufische und normannische Traditionslinien. Die Grablege im Speyrer Dom und die Kathedrale von Palermo wurden von ihm »als Symbole des Imperiums bzw. des Regnums [ge]kennzeichnet[e]«.75 Wegen seiner Staatspolitik in Sizilien wird Friedrich II. oft als »Wegbereiter des modernen Staates« dargestellt, da er eine zentralistisch organisierte Regierungsform mit ihm an der Spitze schuf, in der alle Bereiche der Herrschaft von oben reguliert wurden.76 Dies gelang ihm durch einen Ausbau der Verwaltung, eine effektive Steuereintreibung und eine umfassende Gesetzgebung, den Constitutiones von Melfi.77 Weiteres wichtiges Charakteristikum seines Handelns im Königreich Sizilien war die Unterwerfung und die spätere Behandlung der rebellischen Muslime 1222-1224: Zum Ärger des Papstes siedelte der Staufer diese nach ihrer Befriedung im weit entfernten Lucera neu an. So waren sie vor päpstlichem Zugriff geschützt und Friedrich II. seitdem treu ergeben.78 Das Königreich Sizilien trägt auch deutliche Spuren von Friedrichs II. Interesses an den Wissenschaften. In Neapel gründete er 1224 die erste staatliche Universität Europas, die ohne päpstliche Bulle lehrte. Hier sollten die für die Verwaltung des Königreichs benötigten Juristen ausgebildet werden. Auch die Medizinschule von Salerno, in der zunächst vor allem griechische und arabische medizinische Abhandlungen übersetzt wurden, entstand während seiner Regierungszeit.79 Friedrich II. wollte durch diese Institutionen nicht zuletzt auch seinen eigenen Wissensdurst stillen. Der Staufer holte sich 71 72 73 74 75 76 77 78 79

Vgl. ebd., 2003, S. 232. Vgl. ebd., S. 235. Vgl. ebd., 2003, S. 235-237. Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 73. Engels, 1999, Sp. 78. Vgl. auch Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 60. Knefelkamp, 2003, S. 237. Vgl. auch Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 59; Schneidmüller, 2010, S. 2728. Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 58; Knefelkamp, 2003, S. 237. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 237. Vgl. ebd.; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 276.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

Gelehrte Männer seiner Zeit wie Leonardo Fibonacci und Michael Scotus an seinen Hof und diskutierte mit ihnen. Das von ihm verfasste Falkenbuch, das einzige mittelalterliche Traktat, an dem ein Herrscher Anteil hatte, ist Ausdruck dieser Gelehrsamkeit.80 Im Deutschen Reich strebte der Staufer jedoch keine zentralistische Regierung an, sondern respektierte die Eigenständigkeit der Fürsten. Damit stellte er sich gegen die Politik seines im Reich als König agierenden Sohnes Heinrich VII.81 Dieser bediente sich des Mittels städtischer Territorialpolitik, um die Städte als Verbündete gegen die Fürsten, vor allem die Bischöfe, auf seiner Seite zu wissen.82 Als Kaiser Friedrich II. die Hilfe der deutschen Fürsten als Vermittler zwischen ihm und dem Papst benötigte, nutzten diese die Gelegenheit, um sich über die Städtepolitik Heinrichs VII. zu beschweren.83 Auf einem Reichstag 1232 sollte der junge König sich vor den Großen des Reichs und dem Kaiser verantworten. Friedrich II. bestätigte in diesem Zusammenhang den Fürsten auch das Statutum in favorem principum. Nach diesem Statut war es dem König untersag,t neue Städte, Burgen und Münzstätten zum Schaden der Fürsten zu errichten.84 Nach dieser vorläufigen Schlichtung der Verhältnisse im Reich schwelte der Konflikt mit Heinrich VII. jedoch weiterhin, als dieser sich gegen die rigorose Ketzerpolitik seines Vaters stellte und 1234 mildere Bestimmungen verabschiedete. Es kam zum offenen Konflikt, als Friedrich II. drohte ins Reich zu kommen: Der junge Staufer verbündete sich mit den Feinden seines Vaters. Heinrichs Plan, seinem Vater mit Hilfe seiner italienischen Verbündeten den Weg nach Norden zu versperren, scheiterte jedoch 1235. Der Sohn wurde als König abgesetzt und in einen sizilischen Kerker gebracht, in dem er 1242 Selbstmord begangen haben soll. Stellvertretend für ihn wurde 1237 Konrad, der neunjährige Sohn Friedrichs II., zum deutschen König gewählt.85 Friedrich versuchte auch in Reichsitalien seinen Herrschaftsanspruch durchzusetzen, was zu neuen Kämpfen mit den oberitalienischen Stadtkommunen führte.86 1226 berief er einen Reichstag nach Cremona ein.87 Dieser konnte nicht wie geplant stattfinden, da sich die Kommunen in einem zweiten Lombardenbund erneut gegen die staufische Herrschaft verbündeten und dem deutschen Heer den Durchgang nach Cremona versperrten.88 Nach den Friedensjahren seit den Konstanzer Vereinbarungen von 1183 war nun erneut das Tableau für Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Stadtkommunen eröffnet, die

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Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 276. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 245; Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 60-61. Die Treue der Städte gegenüber ihrem König wurde durch Heinrich mit der Vergabe von Privilegien belohnt. Vgl. Maschke, Erich (Hg.), 1980: Südwestdeutsche Städte im Zeitalter der Staufer. (Arbeitstagung/Südwestdeutscher Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung). Sigmaringen, S. 67. Vgl. Engels, 2010, S. 161. Dieses Statut sollte der expansiven staufischen Territorialpolitik einen Riegel vorschieben und verhindern, dass der amtierende Herrscher unter Ausnützung seiner königlichen Rechte die bestehende territorialpolitische Ordnung zu seinen Gunsten veränderte. Vgl. Engels, 2010, S. 162; Knefelkamp, 2003, S. 245-246. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 246-247. Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 60; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 137, 140. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 236. Vgl. ebd., S. 237; Schneidmüller, 2010, S. 26.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Friedrich II. Zeit seines Lebens nicht gewinnen konnte.89 Einzig 1237 gelang ihm der Sieg gegen die lombardischen Städte, der wie schon bei Barbarossa eine Demütigung der Mailänder zur Folge hatte. In den Folgejahren erwies sich der Kampf mit den Kommunen jedoch als unbeherrschbare Krise, die den Kaiser schlussendlich 1248 vor Parma in die Knie zwang.90 Dieser ständige Konflikt in Oberitalien ging einher mit Auseinandersetzungen mit dem Papst.91 Nach der mehrfachen Aufschiebung eines schon lange versprochenen Kreuzzuges wurde Friedrich II. 1227 das erste Mal durch Papst Gregor IX. mit dem Kirchenbann belegt. Der Staufer zog dennoch 1228 ins Heilige Land und erreichte eine Übereinkunft mit dem Sultan, wodurch Jerusalem wieder in christliche Hände kam. Außerdem konnte Friedrich II. aufbauend auf seine Ehe mit Isabella, der Tochter des Königs von Jerusalem, 1229 seine Krönung zum König von Jerusalem durchsetzen. Nachdem die Kirche zunächst die Ergebnisse des Kreuzzuges nicht anerkannte, erlöste sie Friedrich 1230 schlussendlich doch von seinem Bann.92 1239 erfolgte bereits der zweite Bannspruch über den Staufer, aufgrund seiner Zusammenarbeit mit dem byzantinischen Kaiser.93 1241 strebten die Auseinandersetzungen zwischen dem Papst und Friedrich II. ihrem Höhepunkt zu: Beide bezeichneten den jeweils anderen in ihrer Propaganda als Antichristen, der das Ende der Welt herbeibringen wolle.94 Nach dem Tod Gregors war Friedrich um eine Versöhnung mit dem neuen Papst bemüht, doch dieser wollte die mit ihm verbündeten lombardischen Städte nicht preisgeben. Kurzerhand setzte er den Staufer 1245 wegen Meineid, Häresie und Friedensbruch als Kaiser ab, wodurch auch seine Legitimierung als deutscher König im Reich verstärkt in Frage gestellt wurde. Im Kampf um die Behauptung seiner Herrschaft starb Friedrich 1250 an einer ruhrartigen Krankheit.95 Der zeitgenössische Chronist Matthew Paris gab Friedrich II. in seinem Geschichtswerk den Beinamen »Staunen der Welt und wunderbarer Verwandler«.96 Diese Vorstellung von Friedrich als stupor mundi und »erstem modernen Menschen auf dem Thron«, der sich gegen die Kirche behauptete, prägte und prägt bis in die Gegenwart vielfach das Bild des Staufers.97 Auch wenn Friedrich II. gegenwärtig keineswegs mehr nur als fortschrittlicher Herrscher bewertet wird, sondern sein vielfacher Rückgriff auf alte Traditionen ebenfalls Beachtung findet, darf sein Anteil an den weitgreifenden Veränderungen des Hochmittelalters nicht unterschätzt werden.98

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Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 140. Vgl. ebd., S. 137. Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 60; Knefelkamp, 2003, S. 237, 245, 247-248. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 245; Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 60. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 247. Friedrich hatte sich auf die Seite des Byzantiners gestellt, da dieser ihm Soldaten gegen den Lombardenbund zur Verfügung gestellt hatte. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 247. Vgl. ebd., S. 248-249. Zitiert nach Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 215. Die viel zitierte Beurteilung Friedrichs II. als »ersten modernen Menschen auf dem Thron« stammte ursprünglich vom Schweizer Historiker Jacob Burckhardt, der damit jedoch Kritik an der Herrscherpersönlichkeit ausdrücken wollte. Vgl. Houben, 2008, S. 215. Vgl. auch Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 15, 215; Engels, 2010, S. 195. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 252; Engels, 2010, S. 202.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

Nach dem Tod Friedrichs II. sollte sein Sohn Konrad im Deutschen Reich und in Oberitalien die Herrschaft der Staufer aufrecht erhalten, sein illegitimer Sohn Manfred wurde als Statthalter von Sizilien eingesetzt. Das Papsttum untersagte den deutschen Fürsten jedoch nach Friedrich II. einen Staufer als deutschen König zu wählen.99 Die meisten Großen des Reichs waren daher gegen Friedrichs Sohn Konrad und als dieser 1254 verstarb wurde nicht dessen Sohn Konradin deutscher König, sondern es kam 1257 zu einer Doppelwahl, die zum Interregnum im Deutschen Reich führte.100 In Sizilien behauptete Manfred weiterhin den Anspruch auf die staufische Herrschaft und setzte seine Politik gegen die Römische Kurie fort. Das Blatt wendete sich jedoch, als Papst Clemens IV. 1265 das Lehen über das Königreich Sizilien an Karl von Anjou vergab. 1266 wurde dieser vom Papst zum König von Sizilien gekrönt und schlug Manfred schließlich endgültig im selben Jahr in der Schlacht bei Benevent.101 Der Sohn Konrads, Konradin, versuchte in einem letzten Aufbäumen sein italienisches Erbe anzutreten, wurde aber ebenfalls 1268 von Karl von Anjou geschlagen und öffentlich enthauptet.102 Als mit dem letzten Staufer in direkter männlicher Linie das Geschlecht ausstarb, übernahmen die Wittelsbacher, das Geschlecht von Konradins Mutter, zahlreiche Besitzungen der Staufer an den Grenzen Bayerns. Sie inszenierten sich in der Folgezeit auch als rechtmäßige Nachfahren der königlichen Familie. So nannten sie ihren Thronkandidaten Friedrich, um sich im Wettstreit gegen die Luxemburger um die Krone zu positionieren.103 Das tragische Schicksal des letzten Staufers Konradin war aufgrund des nationalen Interesses »an den ›Helden unseres Vaterlandes‹« Stoff für zahlreiche Dichtungen, Dramen und Opern noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein.104 Mit Konradin endete die staufische Regierung in Italien und dem Deutschen Reich. Kaum ein anderes mittelalterliches Geschlecht hat einen solchen Nachruhm erfahren, wie die Staufer. Das Hauptaugenmerk lag dabei vor allem auf Friedrich I., der die Größe und ›Herrlichkeit‹ des Reiches wiederherstellen sollte, und Friedrich II., dem »ersten modernen Menschen auf dem Thron«.105

3.2

Rezeptionen der staufischen Geschichte vom 19. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkrieg

Im Folgenden werden Mittelalter- und Stauferrezeptionen des 19. und 20. Jahrhunderts und deren geschichtskulturelle Funktionen vorwiegend im deutschen Sprachraum skizziert. Sie sind als Teil des kulturellen Gedächtnisses eines Erinnerungskollektiv zu verstehen. Es werden die sich wandelnden »Meistererzählungen« zur staufischen Geschichte vom 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts vorgestellt, das heißt die »für 99 100 101 102 103 104 105

Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 250. Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 61. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 251. Vgl. ebd.; Engels, 1999, Sp. 78. Vgl. Engels, 1999, Sp. 78; Engels, 2010, S. 194-195. Görich, 2006, S. 119. Zitiert nach Houben, 2008, S. 215. Vgl. auch Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 15; Engels, 1999, Sp. 78.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

eine bestimmte Zeitdauer […] herrschende Erzählweise des Vergangenen«, die »von einem breiten gesellschaftlichen Konsens gestützt wird«.106 Diese »Meistererzählungen« entstanden in Auseinandersetzung mit zeitaktuellen Problemen und müssen in diesem Abhängigkeitsverhältnis von Vergangenheit und Moderne gedeutet werden.107 Die Geschichte der mittelalterlichen Dynastie der Staufer wurde im 19. und 20. Jahrhundert in sehr vielfältigen Facetten und Formen erinnert und diente häufig der Legitimierung aktueller Bestrebungen.108 Im 19. Jahrhundert setzte im deutschsprachigen Raum eine intensivere Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, insbesondere unter nationalem Vorzeichen, ein.109 Die Zeit der Staufer bot sich als eine Art Sammelbecken an, um die verschiedenen gesellschaftlichen Bedürfnisse des 19. Jahrhunderts historisch zu verorten. In ihre Zeit fiel die Blüte der höfischen Kultur mit Minnesang, Rittertum und Burgenbau. Das Idealbild einer gemeinsamen germanisch-deutschen Kultur wurde in der mittelhochdeutschen Literatur und den höfischen Verhaltensformen in der Stauferzeit begründet.110 Anders als die Luxemburger oder die Habsburger waren die Staufer, um mit Valentin Groebner zu sprechen, »so schön deutsch«.111 Die Zeit der Staufer konnte auch als die Zeit eines universalen Reiches unter deutscher Vorherrschaft gedeutet werden. Ihre Herrschaft verkörperte den Höhepunkt deutscher Kaiserherrlichkeit und ihr Untergang, mit verantwortet durch das Papsttum, führte zur »dumpfe[n] Enge der deutschen Kleinstaaterei«.112 Die Erinnerungen an die Staufer fundierten so auch die Forderungen nach einem deutschen Nationalstaat ebenso wie sie den preußischen Kulturkampf legitimieren konnten. Das Verlangen nach einem Deutschen Reich und einem deutschen Volk konnten in der Stauferzeit zu einem Sehnsuchtsort verschmelzen.113 Das Mittelalter und hier vor allem die Zeit der Staufer wurde im frühen 19. Jahrhundert zum zentralen Motiv der Romantik. Autoren wie Novalis oder die Gebrüder Grimm schufen ein Mittelalterbild, das als positives Gegenbild zur Moderne fungierte.114 Statt Zersplitterung und Irreligiosität stellte das Mittelalter einen Ort der Einheitlichkeit, des Glaubens und der klaren Ordnung dar, wo »alles seinen Platz gehabt 106 Görich, 2011, S. 11. Diese finden sich in verschiedenen Erinnerungsmedien, die in dieser überblicksartigen Rückschau noch nicht einzeln betrachtet werden. 107 Entgegen den Ansichten Otto Gerhard Oexles ist nach diesem Verständnis der Begriff der »Mittelalterrezeption« für die Ermittlung der jeweiligen Epochenimaginationen geeignet, da hier nicht von einer lediglichen Wiederaneignung, bzw. Reproduktion des Mittelalters ausgegangen wird, sondern die »Schichten historisch-kultureller Zuschreibungen« ermittelt werden. Vgl. Oexle, 2013, S. 22. 108 Vgl. Hechberger, 2009, S. 237. 109 Vgl. ebd., S. 222. 110 Vgl. Schreiner, 2012, S. 97; Hechberger, 2009, S. 222. 111 Groebner, 2008, S. 77. 112 Althoff, 2000, S. 733. Vgl. auch Schreiner, 2012, S. 97. Diese Bewertung und Einteilung des Hochund Spätmittelalters hielt sich auch bis in das 21. Jahrhundert hinein hartnäckig und wird erst allmählich von der Forschung revidiert. Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 250; Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 277. 113 Vgl. Groebner, 2008, S. 77. 114 Vgl. Görich, 2011, S. 11; Schulz, Matthias, 21.9.2013: Mythos Mittelalter. http://wissen.spiegel.de/wi ssen/image/show.html?did=42903312&aref=image035/0543/ROSP200504401680182.PDF&thumb=

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

habe«.115 Vor allem die tragisch gescheiterten Helden der staufischen Dynastie wie die Söhne Friedrichs II., Manfred und Enzio, oder auch sein Enkel Konradin wurden zu zentralen Figuren romantischer Dramen und Dichtungen.116 Das Schicksal der Staufer konnte nachempfunden werden und ihre Herrschaftszeit wurde stilisiert als verloren gegangener Sehnsuchtsort. Ihr Wissen über die staufische Geschichte und die daraus resultierenden Personenkonstellationen und Deutungsvorschläge schöpften die Dichter des 19. Jahrhunderts unter anderem aus dem vom Historiker Friedrich von Raumer von 1823-1825 verfassten sechsbändigen Werk Die Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit. In diesem schilderte er die Geschichte der Staufer »als Drama von Aufstieg und Fall eines Kaisergeschlechts«.117 Die darin konzipierte Deutung der staufischen Zeit war Grundlage nicht nur für dichterische, sondern auch für historische Abhandlungen über die Staufer bis ins frühe 20. Jahrhundert.118 Bekannte Beispiele der staufischen Dramaturgie dieser Zeit sind beispielsweise Ende der 1830er Jahre die Werke Ernst Raupachs und die zwei Stauferdramen Christian Dietrich Grabbes im selben Zeitraum. Gegenstand der Stücke sind die Schicksale und Kämpfe Friedrich Barbarossas, Heinrich VI. und Konradins. Vor allem das Scheitern dieses letzten Staufers hatte es dem Publikum des 19. Jahrhunderts angetan. Sein Gegenspieler Karl von Anjou wurde als heimtückischer Franzose stilisiert.119 Eine Deutung, die in der antifranzösischen Stimmung nach den napoleonischen Kriegen auf fruchtbaren Boden stieß. Das Bemühen, nach den Niederlagen in diesen Kriegen Halt in der Geschichte zu suchen, mündete in einer nationalen Inanspruchnahme staufischer Kämpfe, die eine gemeinsame historische Identität begründen konnten. Barbarossa avancierte dementsprechend zum Schild gegen den Despotismus Napoleons. Von zentraler Bedeutung war in diesem Zusammenhang die Wiederaufnahme und Popularisierung der Kyffhäusersage durch die Gebrüder Grimm und Friedrich Rückert zu Beginn des 19. Jahrhunderts.120 Die Sage lässt sich in ihren Grundzügen zurückverfolgen bis in die Zeit direkt nach dem Untergang der Dynastie. Schon Ende des 13. Jahrhunderts entwickelte sich im Volksmund die Vorstellung, der große Kaiser Friedrich II., der sich gegen die Kirche behauptet hatte, werde wiederkommen um Reich und Kirche zu erneuern.121 Dieser falsehttp://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=42903312&aref=image035/0543/ROSP 200504401680182.%20PDF&thumb=false [21.09.2013]. 115 Vgl. Boockmann, 2000, S. 336. 116 Vgl. Görich, 2011, S. 12. 117 Ebd., S. 12-13. 118 Vgl. ebd.; Hechberger, 2009, 223. 119 Vgl. Hechberger, 2009, S. 224-225. 120 Vgl. Schreiner, 2012, S. 100-101. 121 Glaubte man zunächst gar nicht an den Tod Friedrichs II. und damit an seine Wiederkehr in persona, entwickelte sich bald die Vorstellung, der Kaiser werde in Gestalt eines »neuen« Friedrichs als dessen Nachfahre wiederkommen. Dieser Mythos bekam Aufschwung durch das Erscheinen vieler Nachahmer, die sich aber schnell als falsche Friedriche entlarven ließen. Vgl. Schubert, Alexander, 2010b: Heilserwartung und Wiederkehrglaube. In: Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan/Wieczorek, Alfried (Hg.): Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Bd. 1, Essays. (Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen 37). Darmstadt, S. 33-38, S. 33-34, 38.

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Gedanke zog sich durch den Humanismus bis in die Zeit der Reformation.122 Dabei herrschte bis in das 14. Jahrhundert hinein die Vorstellung vor Friedrich II. ruhe momentan nur im Ätna auf Sizilien und werde zu angemessener Zeit wiederkehren.123 Mit der Verengung auf eine deutschnationale Betrachtung der Dynastie wurde der Wohnsitz des schlummernden Kaisers allmählich bis zum 16. Jahrhundert in den thüringischen Kyffhäuser verlegt.124 Außerdem wandte sich das Interesse an den Staufern im 19. Jahrhundert zunehmend Friedrich Barbarossa zu. »Friedrich II. ließ sich für das Deutsche nicht so leicht vereinnahmen wie sein Großvater Friedrich Barbarossa und trat nun schrittweise in den Hintergrund.«125 Die Kyffhäusersage wurde daher auf Friedrich I. übertragen.126 Nicht Friedrich II., sondern sein Großvater, der »deutschere« Friedrich Barbarossa, ruhte fortan im Kyffhäuser, um das Reich zu neuer Herrlichkeit zu führen.127 Die Sage passte zu den Auffassungen deutscher Romantiker zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Sie wurde 1816 von den Gebrüdern Grimm in einer Märchen- und Sagensammlung aufgenommen und so popularisiert, ebenso wie in Friedrich Rückerts Gedicht Barbarossa von 1817.128 Durch diese Verarbeitungen wurden die vorher nur lokal begrenzt und mündlich tradierten Sagen um den nebulösen guten Kaiser zum deutschen Nationalmythos des wiederkehrenden Friedrich Barbarossas und somit zum Bildungsgut der bürgerlichen Kreise.129 Gleichzeitig geriet zu dieser Zeit der für viele Deutsche »zu italienische« Friedrich II. endgültig in den Schatten seines deutschen Großvaters Friedrich Barbarossas.130 Wichtige Träger der staufischen Erinnerung war neben den Schriftstellern vor allem nach der gescheiterten 1848er Revolution das bürgerliche Vereinswesen. Konkret hielten Turn- und Gesangsvereine wie beispielsweise der 1849 auf dem Hohenstaufen gegründete Schwäbische Sängerbund die Vorstellung von einem glorreichen, deutschen Mittelalter wach.131 Vor allem in Teilen der bürgerlichen Bevölkerung war seit der Zeit der napoleonischen Kriege der Wunsch nach einem geeinten Nationalstaat auf Grundlage gemeinsamer Geschichte und Kultur stärker hervorgetreten. Mit den Burschenschaften und der Gründung zahlreicher Turn- und Gesangsvereine entwickelte sich eine

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Vgl. Engels, 2010, S. 195-196; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 15. Vgl. Engels, 2010, S. 192. Diese Umdeutung vollzog sich schrittweise vom 13.-16. Jahrhundert. Vgl. ebd., S. 192, 195-196. Ebd., S. 196. Vgl. ebd., S. 197. Vgl. Görich, 2015, S. 35. Vgl. Görich, 2011, S. 12. Brune erwähnt dazu einschränkend, dass vom heutigen Standpunkt aus schwer einzuschätzen ist wie populär die Sage außerhalb dieser Bildungseliten war. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass vor der Zeit der Reichsgründung und damit dem Höhepunkt der allgemeinen Kyffhäuserbegeisterung die Sehnsucht nach einem Kaiser im Volk nur sehr begrenzt auf Zustimmung stieß. Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 327-328. 130 Neben seinem vorwiegenden Interesse am italienischen Teil des Reiches, war Friedrich II. vielen Romantikern auch wegen seiner in der Aufklärung noch so gerühmten Rationalität ein Dorn im Auge. Vgl. Houben, 2008, S. 214-215. 131 Vgl. Graf, 2010, S. 301; Brune, 1977, S. 37.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

deutsche Nationalbewegung. Ihre zentrale Forderung nach einem deutschen Nationalstaat scheiterte in der Revolution 1848/49. Die Berufung auf eine historisch begründete gemeinsame Nation und der Wunsch nach einem gesamtdeutschen Nationalstaat lebten dennoch weiter. Die Zeit der Staufer stellte für das Vereinswesen die historischen Wurzeln dieser deutschen Kulturnation dar. Außerdem konnte dieses vermeintlich klar strukturierte Mittelalter als Projektionsfläche für traditionelle Werte dienen, die durch die beginnende Industrialisierung und die Ablösung althergebrachter Ordnungsgefüge dieser Zeit gefährdet schienen.132 Die staufische Herrschaftszeit wurde somit auch durch das bürgerliche Vereinswesen als positiver Gegenentwurf der eigenen Zeit stilisiert. Sie diente der Identitätsstiftung, wirkte richtungsweisend und rechtfertigte das eigene Handeln. Mit der Schaffung des Deutschen Reiches 1871 schien sich der Kyffhäusermythos der staufischen Reichserneuerung endlich zu bewahrheiten. Die deutsche Einigung wurde als Vollendung des staufischen Vermächtnisses gedeutet, Kaiser Wilhelm I. als Erbe Barbarossas inszeniert.133 Als Pendant zu Barbarossa wurde Wilhelm I. auch als »Barbablanca« bezeichnet.134 In vielen Schulen wurde das Gedicht Rückerts fester Bestandteil des Bildungskanons und immer wieder dezidiert mit der Reichseinigung von 1871 in Verbindung gebracht. Deutsche Geschichtsbücher skizzierten die Zeit der Staufer als Gründungsnarrativ der deutschen Nation und deren Zentralgewalt über das Deutsche Reich als Vorbild für die Gegenwart.135 Indem dieses deutsche Kaiserreich in eine Traditionslinie mit den glanzvollen Vorstellungen des mittelalterlichen Imperiums gestellt wurde, konnte das Fehlen einer eigenen Staatstradition ausgeglichen werden. Außerdem ermöglichte das Aufgreifen der volkstümlichen Sage dem preußischen Obrigkeitsstaat eine Art »plebiszitäre Weihe« seines Handelns.136 Für dieses neu geschaffene Deutsche Reich unter preußischer Vorherrschaft war die Zeit der Staufer als historische Legitimation »[…] der kleinste, gemeinsame Nenner, auf den man sich gerade noch einigen konnte. Die Hohenzollern konnten daran denken, dass ihre schwäbischen Vorfahren Parteigänger dieses Kaisers gewesen waren. […] Die Wittelsbacher hatten dem Kaiser ihre Herzogswürde zu verdanken. Den ehemaligen Reichsstädten galt Barbarossa als Förderer ihrer Stellung.«137 Durch diese Interpretation der Stauferzeit als positives Abbild der Gegenwart konnte eine historische Identität geschaffen und gegenwärtige politische Verhältnisse legitimiert werden. Im Zuge der Kyffhäuserbegeisterung kam es zur Sammlung von immensen Spendengeldern für die Schaffung eines Kaiserdenkmals auf

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Vgl. Brune, 1977, S. 38. Vgl. Akermann, 2012, S. 75. Vgl. Graf, 2010, S. 301; Schreiner, 2012, S. 109. In diesem Sinne wurde das Engagement der Staufer in Italien zuweilen negativ bewertet, da daraus resultierend die Territorialmächte in Deutschland erstarkten. Görich kritisiert diese Bewertung der staufischen Politik als dem Zeitverständnis des 12. Jahrhundert nicht angemessen: »[…] Italien war selbstverständlicher Bestandteil des Imperiums und die Frage nach Nutzen oder Nachteil der deutschen Nation war noch längst nicht handlungsleitend.« Görich, 2011, S. 16. Vgl. auch Bühl-Gramer, 2010, S. 57-58. Brune, 1977, S. 25. Vgl. auch Brune/Baumunk, 1977, S. 329; Schreiner, 2012, S. 110. Hechberger, 2009, S. 230.

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dem Berg, welches im sogenannten »Dreikaiserjahr« 1888 eingeweiht werden konnte.138 Das Denkmal für Kaiser Wilhelm I. steht zusammen mit einer Darstellung des schlafenden Barbarossas im Berg und soll so die direkte Verbindung zwischen Hohenstaufen und Hohenzollern demonstrieren.139 Wie populär die Vorstellung des schlummernden, aber auch stetig wachsamen Kaisers im Berg seitdem ist, zeigt ein Blick in die rezente Tagespresse: »Als im Herbst 2009 nach den Landtagswahlen […] eine Regierungsvakanz in Thüringen drohte, verwies die Frankfurter Allgemeine Zeitung […] darauf, dass der Kyffhäuser im Norden des Landes ›aus der vertrackten Lage‹ helfen könne«, da dort ein Regierungschef schlummert und auf seine Erlösung wartet.140 Auch Friedrich II. wurde im Zuge der Stauferbegeisterung des späten 19. Jahrhunderts neu bewertet. Nach den Ausführungen Nietzsches zählte er zu den seltenen Übermenschen der Geschichte. Der 1888 gekrönte Kaiser Wilhelm II. sah sich als dessen neuzeitlicher Nachfolger und bewunderte die Modernität des staufischen Kaisers, der die Künste und Wissenschaften gefördert hatte.141 Dies belegen auch seine Italienreisen und sein großen Interesse an der Erforschung stauferzeitlicher Bauwerke in Süditalien im frühen 20. Jahrhundert.142 Neben dem Kyffhäuserdenkmal waren zahlreiche andere Denkmäler und Malereien des ausgehenden 19. Jahrhunderts Ausdruck der nationalen staatlichen Mythenaneignung.143 Der Rückgriff auf die staufische Geschichte findet sich beispielsweise in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin oder in den Wandgemälden der restaurierten Goslarer Pfalz.144 Die Staufer wurden als Nationalmythos stilisiert, der eine Germanisierungspolitik in den Peripherien des neuen deutschen Großreichs unterstützte. Beispielsweise sollte in der preußischen Provinz das »›Deutschtum‹ auf Kosten des ›Polentums‹ gefördert werden«145 . Bezeichnend hierfür ist die Innengestaltung des 1910 eingeweihten Posener Schlosses: Eines der Fenster wurde von zwei Kaiserstatuen flankiert. Karl der Große und Friedrich Barbarossa als die beiden Großväter der deutschen Nation wiesen Barttracht und Gesichtszüge der Hohenzollern auf und sollten die deutsche Herrschaft über Polen symbolisieren und historisch begründen.146 Auch im Elsass wurden die Staufer für eine Germanisierungspolitik herangezogen. So ließ Wilhelm II. beispielsweise zwischen 1899 und 1908 unter beträchtlichen finanziellen Kosten die Hohkönigsburg im heutigen Département Bas-Rhin wieder aufbauen. Diese geht auf eine im 12. Jahrhundert erstmals erwähnte von den Staufern errichtete Burg zurück, durch die die elsässischen Besitzungen geschützt werden sollten. Nachdem im Zuge

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In diesem Jahr starben Wilhelm I. und Friedrich III. Außerdem bestieg Wilhelm II. am Todestag seines Vaters den Thron. Vgl. Akermann, 2012, S. 73-75. Vgl. Schreiner, 2012, S. 110. Schubert, 2010b, S. 35. Vgl. Houben, 2008, S. 216-217. Vgl. Houben, Hubert, 2005: Hundert Jahre deutsche Kastellforschung in Süditalien. In: Haseloff, Arthur/Albrecht, Uwe (Hg.): Arthur Haseloff und Martin Wackernagel. Mit Maultier und Kamera durch Unteritalien: Forschungen zur Kunst im Südreich der Hohenstaufen (1905-1915). (Reihe Zeit + Geschichte, Bd. 4). Kiel, S. 9-21, S. 10. Vgl. Görich, 2011, S. 13-14. Siehe auch S. 99. Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 329. Görich, 2015, S. 36. Vgl. ebd., S. 37.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

des Deutsch-französischen Krieges die Region vom Deutschen Reich annektiert wurde, fasste der Kaiser den Entschluss mit der Rekonstruktion der staufischen Burg die Zugehörigkeit des Elsass zum Reich zu betonen.147 Diese Germanisierungspolitik über die Implementierung einer staufischen Erinnerungskultur konnte aber auch scheitern. Dafür ist der Bahnhof in Straßburg ein schönes Beispiel: Die Rückbindung der deutschen Reichspolitik an die staufische Vergangenheit sollte dort durch die Anbringung zweier Gemälde von Friedrich Barbarossa und Wilhelm I. demonstriert werden. Um weiterhin ihren fränkisch-französischen Traditionen treu zu bleiben, sahen die Straßburger Bürger im Gemälde Barbarossas kurzerhand Karl den Großen verewigt und gedachten fortan seiner statt dem großen Vorbild des preußischen Kaisertums.148 Die Stilisierung der staufischen Zeit zum nationalen Gründungsmythos des Deutschen Reiches wurde auch von der akademischen Geschichtsschreibung getragen. Wie Knut Görich zu Recht feststellt, sind »die historischen Wissenschaften [grundsätzlich] auch nur Teile einer […] Erinnerungskultur und ihrer jeweiligen Praktiken, deren Bilder immer notwendigerweise auch auf die verwissenschaftlichte Historie eingewirkt haben.«149 Der allgemeinen Stauferbegeisterung konnte sich demnach auch die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts nicht entziehen. Viele historische Werke dieser Zeit stellen die Stauferzeit dementsprechend als eine bestimmte historisch-politische Entwicklungsstufe dar, die zwangsläufig in der gegenwärtigen Machtkonstellation mündete.150 Im 19. Jahrhundert gab es aber auch Stimmen, die der Vereinnahmung der staufischen Geschichte zu legitimationspolitischen und identitätsstiftenden Zwecken kritisch gegenüberstanden. In diesen Zusammenhang ist die Sybel-Ficker-Kontroverse einzuordnen, in der die Italienpolitik der Staufer diskutiert und kritisiert und im Gegenzug die Ostpolitik Heinrich des Löwen als deutsches Vorbild positiv hervorgehoben wurde. Diese Argumente verhallten jedoch recht bald ungehört, da die Staufer für den nationalen Gründungsmythos inzwischen einen unverzichtbaren Stellenwert eingenommen hatten.151 Auf keinerlei positive Resonanz stieß die Verehrung der Staufer in republikanischen und demokratischen Kreisen, die keinen Monarchen an der Spitze wollten. Die staufische Herrschaft stand für ein monarchisch regiertes Staatsgebilde, das sämtlichen freiheitlich-republikanischen Bestrebungen die historische Legitimation entzog.152 Der bekannteste Kritiker des nationalen Staufermythos war wohl Heinrich Heine. In seinem Wintermärchen träumte er von einem Besuch im Kyffhäuser. Entgegen seiner vielen hoffnungsvollen Zeitgenossen, die in Barbarossa die Symbolfigur des deutschen Einheitswunsches sahen, entgegnete Heine diesem trotzig: »Geh, leg dich schlafen, wir

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Vgl. Bühler, Christoph, 2008: Die Hohkönigsburg und ihre zwei Geschichten. http://badische-heimat.de/neu/projekte/magazin/0801/hohkoenigsburg.pdf [21.08.2018], S. 1-3. 148 Vgl. Schreiner, 2012, S. 111. 149 Görich, 2015, S. 38. 150 Barbarossa wurde meist stilisiert als letzter mittelalterlicher Kaiser, der danach strebte den deutschen Machtgedanken umzusetzen. Vgl. Schreiner, 2012, S. 115; Görich, 2015, S. 38. 151 Die Italienzüge vor allem Barbarossas standen in der Kritik negative Folgen für die Entwicklung des mittelalterlichen deutschen Zentralstaats gehabt zu haben. Vgl. Koch, 2000, S. 43; Hechberger, 2009, S. 228-229; Graf, 2010, S. 301. 152 Vgl. Schreiner, 2012, S. 101

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werden uns auch ohne dich erlösen. […] So brauchen wir gar keinen Kaiser.«153 Aus diesen Zeilen spricht die Stimme des enttäuschten Poeten und Patrioten, der sich einen Nationalstaat ohne monarchisches Oberhaupt wünschte. Sie blieb allerdings als Position eines Außenseiters im gesellschaftlichen Diskurs eher unbeachtet.154 Das positive Geschichtsbild der Staufer als Könige und Kaiser eines einst deutschen Großreichs blieb auch durch den Ersten Weltkrieg hindurch virulent. Die Erinnerungen an ein glorreiches, deutsches Mittelalter und eine europäische Vormachtstellung sollten bei den deutschen Soldaten und der Zivilbevölkerung ein Sendungsbewusstsein heraufbeschwören durch ehrenhafte Taten die damalige Größe wieder herzustellen.155 Eine derartige Rezeption staufischer Geschichte diente der politischen Legitimation und hatte appellative Funktion. Die Staufer waren im Alltag des Ersten Weltkrieges sehr vielseitig präsent: Als Motiv für die zu dieser Zeit beliebten Nagelbilder, mit denen Spenden für den Ersten Weltkrieg gesammelt wurden, wurde in Göppingen beispielsweise Barbarossa ausgewählt.156 Mit der Niederlage des Ersten Weltkrieges und dem Ende der Monarchie 1918 kam es keineswegs zu einer Revision dieses Geschichtsbildes. Auch in den Schulbüchern der Weimarer Republik lebte die Vorstellung von einem großen, deutschen Mittelalter und die Begeisterung für Kaiser und Reich weiter.157 Allerdings erfuhr der Mythos Staufer im Angesicht der Niederlage eine Bedeutungsverschiebung. In den Vordergrund geriet zunehmend das tragische Scheitern der Dynastie. Das Ende der Stauferzeit wurde als einer der tragischen Wendepunkte der deutschen Geschichte stilisiert und »über[nahm] in offener Parallelisierung mit der Gegenwart identifikatorische und tröstende Funktion […].«158 Die neue, von weiten Teilen der Bevölkerung, insbesondere der staatstragenden Eliten, nicht unterstützte demokratische Republik erschien diesen als in der deutschen Nationalgeschichte nicht historisch verankert und daher ohne geschichtliches Legitimationspotential. Es fehlte an Identifikationsbereitschaft mit der neuen Staatsform. Für diese Bevölkerungsgruppen avancierte der Mythos vergangener kaiserlicher Herrlichkeit und Großmacht erneut zum Sehnsuchtsort.159 Die Vergangenheit als positives Gegenbild zur Gegenwart erfüllte neben identifikatorischen auch mentale Bedürfnisse und fungierte als Leitmaß für gegenwärtige Bestrebungen. Der Wunsch nach einer Führerpersönlichkeit, die die deutsche Nation wieder zu alter Größe führen konnte, war in vielen gesellschaftlichen Milieus virulent: Die akademische Elite des Landes, allen voran namenhafte Historiker, deutschnationale wie völkische Kreise, aber auch Teile der Jugendbewegung der Weimarer Republik hielten an diesem Gedanken

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Biermann, Wolf/Heine, Heinrich, 1990: Deutschland. Ein Wintermärchen : zwei Poeme. Berlin, S. 47. Vgl. Schreiner, 2012 104-105; Hechberger, 2009, S. 228. Vgl. Schreiner, 2012, S. 115. Vgl. Hechberger, 2009, S. 232. Vgl. Görich, 2011, S. 14; Brune, 1977, S. 47. Bühl-Gramer, 2010, S. 58. Diese Deutung des Mittelalters als Verlaufsmodell von der großen Kaiserzeit im Hochmittelalter zur Verfallsphase des Spätmittelalters ist vereinzelt auch noch in Schulbüchern des 21. Jahrhundert zu finden. Vgl. Schneidmüller, 2005, S. 236. Vgl. Schreiner, 2012, S. 116; Görich, 2011, S. 14-15; Houben, 2008, S. 217.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

verkörpert durch die staufische Herrschaft fest. Sie wünschten sich die Wiederherstellung eines mächtigen großdeutschen Reiches.160 Neben der mangelnden Identifikation mit dem neuen politischen System begünstigten die Lebensumstände der Weimarer Republik eine wehmütige Erinnerung an die vergangene Größe. Schon seit der Jahrhundertwende waren zahlreiche Veränderungen in allen Lebensbereichen zu spüren.161 Die Zeit der Weimarer Republik war durch die Erfahrungen von Nachkriegsnot, politischen und wirtschaftlichen Krisen und einer Auflösung »wenn auch [einer] repressiven Geschlossenheit« geprägt.162 Die Gegenwart erschien zunehmend als ein Zeitalter der Zersplitterung und geistiger Verwirrung. Es wuchs das Bedürfnis nach Beständigkeit und Ganzheit.163 Die Stauferzeit avancierte dementsprechend nicht nur auf politischnationaler Ebene zum Sehnsuchtsort. In Freilichtaufführungen und Romanen erschienen solche »romantisch-heimattümelnde[n] Fluchtangebote«164 in die weit entrückte Vergangenheit oft eng verwoben mit der erneut wichtigen Bezugsgröße der Natur.165 Deutlich wird eine Parallelisierung zu den romantischen Staufer-Interpretationen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Auch in der Musik und Literatur wurde ab der Jahrhundertwende das Mittelalter verstärkt thematisiert. Die Notationen mittelalterlicher Musik wurden in neuen Kompositionen verarbeitet und wissenschaftlich erforscht.166 Autoren des frühen 20. Jahrhunderts verarbeiteten die Wünsche der Zeitgenossen nach historischen Heldenfiguren in ihren Werken und schrieben vom Glanz vergangener Zeiten.167 Zu nennen sind hier die Mittelalterromane Hermann Hesses oder auch Thomas Manns Beschäftigung mit dieser Zeit in seinem Gesamtwerk.168 Besonders prägnant für die literarische Auseinandersetzung mit den Staufern im frühen 20. Jahrhundert ist der Friedrichkult des Kreises um den Dichter Stefan George. Dieser elitäre Kreis sah in Friedrich II. einen »griechische und römische Kultur vereinigenden Weltherrscher«.169 Gerade solch eine Führergestalt wünschten sie sich für das »geheime Deutschland«.170 Auf Anregung Stefan Georges begann Ernst Kantorowicz 1922 mit seiner Biographie über Friedrich II., die 1927 erschien. Das in ihr umrissene Bild Friedrichs II. prägte die Vorstellungen über die Staufer und Friedrich II. bis weit in das 20. Jahrhundert hinein. Kantorowicz schuf das Bild von Friedrich II. als erstem Renaissance Genie und übermenschlicher Führergestalt. Eine Herrscherpersönlichkeit, die überzeitliche Maßstäbe setzte.171 Das Engagement des Staufers vor allem im italienischen Teil des Reiches wur160 161 162 163

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Vgl. Schreiner, 2012, S. 119-120; Althoff, 2000, S. 736-737. Vgl. Oexle, 2013, S. 25. Brune, 1977, S. 47. Das Mittelalter wurde gedeutet als eine »geistig geschlossene, ständisch geordnete und durch den kraftvollen Willen eines Herrschers gelenkte Welt.« Schreiner, 2012, S. 117. Vgl. auch Oexle, 2013, S. 26. Brune, 1977, S. 53. Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 330. Vgl. Oexle, 2013, S. 25. Vgl. Schreiner, 2012, S. 117-118. Vgl. Oexle, 2013, S. 27. Houben, 2008, S. 217. Ausdruck fand diese Verehrung unter anderem in einer Kranzniederlegung am Sarkophag des Kaisers in Palermo 1924. Vgl. ebd. Vgl. Houben, 2008, S. 217, 219-220.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

de schlussendlich auch im Sinne eines deutschen Erinnerungsnarrativ positiv bewertet: Gerade im Aufbau einer modernen und effizienten Verwaltung schon im mittelalterlichen Sizilien ließe sich das Deutschsein Friedrichs II. erkennen.172 Die Biographie erfreute sich auch außerhalb gelehrter Kreise großer Beliebtheit und wurde von vielen Nationalsozialisten gelesen. Himmler und Göring studierten sie und Hitler selbst las das Buch gleich zweimal. Friedrich II. konnte als große deutsche Führergestalt gedeutet werden, der in Sizilien bereits versucht hatte einen totalen und autoritären Staat zu errichten.173 Auch in nationalsozialistischen Schulbüchern wurde der bislang in der deutschen Erinnerung eher vernachlässigte Friedrich II. neu bewertet: Sein arisches Aussehen wurde betont, um ihn trotz seiner Herkunft als deutschen Herrscher darzustellen. Der Vorwurf der Vernachlässigung der deutschen Reichsteile zu Gunsten Siziliens wurde entschärft und sein Handeln mit vorausschauender Weitsicht gerechtfertigt.174 Neben Friedrich II. rückte ein anderer mittelalterlicher Herrscher in den Anfangsjahren der nationalsozialistischen Geschichtspolitik in das Zentrum der Mittelalterrezeption: der Welfe Heinrich der Löwe. Als historischer Gegner Barbarossas drängte er diesen für einen kurzen Zeitraum aus dessen dominierender Stellung in der deutschnationalen Erinnerung.175 Positiv hervorgehoben wurden seine Agitationen im Osten des Reiches, die durch die NS-Propaganda als »Germanisierung des Ostens«176 und »Lebensleistung für das deutsche Volk«177 interpretiert wurden. Im Gegensatz zu den Staufern legitimierte die Erinnerung an Heinrich den Löwen die frühen Vorstellungen der Nationalsozialisten, die eine Machtausweitung im Osten und nicht so sehr einen umfassenden Weltmachtanspruch anstrebten.178 Mit dem Kriegsausbruch 1939 nahm die NS-Außenpolitik jedoch zunehmend imperialistische Züge an. Das NS-Geschichtsbild passte sich den zeitpolitischen Erfordernissen an und Barbarossa wurde erneut die dominierende Heldenfigur des deutschnationalen Mittelalters.179 Generell diente das Mittelalter und hier vor allem die Zeit der Staufer der nationalsozialistischen Propaganda dazu, ihr gegenwärtiges politisches Handeln zu rechtfertigen und in der Bevölkerung eine historisch bedingte germanische Identität zu fördern. Die Neuordnung Europas durch das NSDeutschland wurde in diesem Geschichtsbild als Auftrag verstanden, der sich aus dem geschichtlichen Erbe ergab.180 Der römisch-christliche Reichsgedanke wurde im nationalsozialistischen Gedankenkonstrukt auf das völkisch-germanische Reich reduziert.

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Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 15. Vgl. Hechberger, 2009, S. 232. Vgl. Bühl-Gramer, 2010, S. 60. Vgl. Brune, 1977, S. 59-60. Hechberger, 2009, S. 232. Bühl-Gramer, 2010, S. 59. Vgl. Brune, 1977, S. 59-60; ebd.; Hechberger, 2009, S. 232. Hechberger vertritt die Ansicht, dass es nie ein einheitliches nationalsozialistisches Geschichtsbild gab. In dieser Arbeit wird jedoch eher das Verständnis von Charlotte Bühl-Gramer geteilt, wonach nach einer anfänglichen Begeisterung für Heinrich den Löwen die NS-Mittelalterrezeption sich erneut auf Friedrich Barbarossa konzentrierte. 179 Vgl. Bühl-Gramer, 2010, S. 59. 180 Vgl. Althoff, 2000, S. 734.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

Die Erinnerung an die staufische Vergangenheit hatte ihren festen Platz bei Festzügen und Feierlichkeiten der Partei: Die Hitlerjugend traf sich beispielsweise 1933 für ihre Fahnenweihe und Sonnenwendfeier im Gedenken an die vergangene Größe auf dem symbolträchtigen Hohenstaufen. Außerdem waren die Staufer, als 1937 das Haus der deutschen Kunst in München eröffnet wurde, im historischen Festzug breit vertreten. Die Erinnerung an ein national-verklärtes Mittelalter sollte die Hoffnung auf den verspäteten Triumph der Nation schüren.181 Barbarossa rückte auch als idealisierter Ritter und Herrscher in den Mittelpunkt dieser Erinnerung. Auf ihn als historische Persönlichkeit wurden Ideale von deutscher Männlichkeit projiziert: tapfer, mutig und natürlich siegreich – so verhielten sich schon die deutschen Herrscher des Mittelalters und ihnen gleich sollten die deutschen Soldaten des dritten Reiches agieren. Hitler selbst nutzte die Kyffhäusersage für die Mythisierung seiner eigenen Person. Seinen Hof auf dem Obersalzberg ließ er an einem symbolträchtigen Ort errichten: direkt gegenüber befand sich das Massiv des Unterbergs, in dem Barbarossa schlummern sollte.182 Das wohl bekannteste Beispiel nationalsozialistischer Vereinnahmung staufischer Geschichte ist schließlich die Benennung des Russlandfeldzugs 1941 als »Unternehmen Barbarossa«, wobei diese als militärische Tarnbezeichnung ihre historisch-ideologische Funktion freilich zunächst nur bei den eingeweihten Militärs und erst in der Nachkriegszeit in der breiteren Bevölkerung erfüllen konnte.183

3.3

Die Staufer nach 1945: Gefallene Nationalhelden, Großväter Europas und Fantasy-Ritter

Die folgenden Erläuterungen zur Rezeption staufischer Geschichte nach 1945 beziehen sich vorwiegend und von vereinzelten Ausnahmen abgesehen auf die alte Bundesrepublik sowie auf das ab 1989 wiedervereinte Deutschland. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Staufer als Vertreter der Monarchie im marxistischen Geschichtsverständnis der DDR keinen dominanten Platz einnahmen.184 Die Epoche wurde in DDR-Forschungen und auch populären Darstellungen so zugeschnitten, dass sie sich in das marxistische Geschichtsbild fügte. Wichtig waren neben der Reformation und der Person Martin Luthers der Bauernkrieg als »›frühbürgerliche[n]‹ deutsche[n] Revolution.«185 In der Erinnerungskultur der DDR sollten die Lebens- und Arbeitsbedingungen mittelalterlicher Bauern und Handwerker in Heimat- und Freilichtmuseen thematisiert und somit die Lebensbedingungen der »einfachen« Bevölkerung historisch 181 182 183 184

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Vgl. Schreiner, 2012, S. 121; Görich, 2011, S. 15. Vgl. Schreiner, 2012, S. 123-124. Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 331. Des Weiteren befinden sich alle Untersuchungsbeispiele des Dissertationsprojekts in den alten Bundesländern, sodass zur Einordnung und Kontextualisierung der in diesen konzipierten Stauferdarstellungen die Kenntnis über das Stauferverständnis in der BRD von primären Interesse ist. Grunwald, Susanne, 2016: Das sozialistische Mittelalter. Zur Entwicklung der kulturwissenschaftlichen Mittelalterforschung und Mittelalterrezeption in der DDR. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht: GWU; Zeitschrift des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands, 9/10, S. 537557, S. 543.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

verortet werden. Themen aristokratischer Herrschaft des Mittelalters waren in der öffentlichen Geschichtskultur lediglich in Form von touristisch attraktiven Burgen oder mittelalterlichen Gebäuden im Stadtbild präsent.186 Mit der Niederlage des Zweiten Weltkriegs waren auch die herrschenden nationalen Deutungsmuster der Vergangenheit im öffentlichen Bewusstsein diskreditiert. Die Staufer hatten als politisch-legitimierender Mythos ausgedient; eine nationale Indienstnahme des Mittelalters wie bisher schien, nachdem man die Folgen einer solchen Geschichtspolitik schmerzlich erfahren hatte, als weithin unpassend.187 »Die alten Schlüsselwörter mythischer Ordnung [konnten] nicht mehr symbolisch und allegorisch eingesetzt werden.«188 Auch wenn das nationale Geschichtsbild zwar nicht sofort ungültig wurde, wurde nun aus der Geschichte der Staufer kein politischer Auftrag für die Gegenwart mehr abgeleitet.189 Das Mittelalter verlor auf nationaler Ebene seine appellative Funktion als Orientierung für gegenwärtiges Handeln und damit seine identitätsstiftende Wirkung.190 Dementsprechend verschwand die Epoche zunehmend aus den Unterrichtsplänen der Schulen. Wenn die Staufer in Schulbuchdarstellungen behandelt wurden, so wurden sie deutlich weniger heroisch dargestellt und beispielsweise Begriffe wie »Weltmacht« bewusst vermieden.191 Stauferjubiläen waren und sind zwar weiterhin durch wissenschaftliche Tagungen, Zeitungsartikel und populäre Geschichtsdarstellungen im öffentlichen Bewusstsein präsent, doch kein/e Bundeskanzler/in würde sich mit einem historischen Sendungsbewusstsein auf die Staufer berufen, um politisches Handeln zu rechtfertigen.192 Knut Görich spricht daher von einer »Entpolitisierung« rezenter staufischer Geschichtskultur.193 Auch in der Gilde der deutschen Historiker gab es eine verstärkte Bereitschaft bisherige Erzählweisen der staufischen Geschichte kritisch zu reflektieren und neu zu bewerten, wie es von ausländischen Forschern schon seit Ende des Ersten Weltkrieges verstärkt gefordert worden war.194 Generell kann das Jahr 1945 allerdings kaum als ein Wen-

186 Vgl. ebd. und S. 555-556. Dies schließt natürlich nicht aus, dass die Staufer im privaten Bereich auch zu Zeiten der DDR im individuellen Gedächtnis Einzelner präsent blieben. 187 Vgl. Althoff, 1992, S. 4-5; Graf, 2010, S. 303; Groebner, 2008, S. 117. Dies gilt nicht nur für die Erinnerung an das Mittelalter. Vielmehr ist der »Verlust der Geschichte« im Allgemeinen nach 1945 vielfach beklagt worden. Vgl. Hechberger, 2009, S. 236. 188 Groebner, 2008, S. 117. 189 Vgl. Görich, 2011, S. 16. 190 Vgl. Althoff, 2000, S. 745. Dem widerspricht Valentin Groebner in seinem Buch von 2008 bis in die 1990er Jahre mit Blick auf die sozial- und strukturgeschichtlichen Forschungen der 1970er und 1980er Jahre, die die großen politischen Themen der Zeit verhandelten und damit »Abstammungsgeschichte als […] Vollkorngeschichte« schrieben. Groebner, 2008, S. 130. In seinem jüngsten Werk von 2018 revidiert er sogar diesen Endpunkt der Proklamierung nationaler mittelalterlicher Ursprünge aufgrund immer neuer, sehr pompös und politisch aufgeladener Gedenkveranstaltungen und Mittelalterjubiläen. Vgl. Groebner, 2018, S. 32. Für die Deutungen der staufischen Dynastie nach 1945 kann dem von Althoff postulierten Identitätsverlust auf nationaler Ebene jedoch zugestimmt werden. 191 Vgl.Bühl-Gramer, 2010, S. 60-61. 192 Vgl. Görich, 2011, S. 9; Hechberger, 2009, S. 236. 193 Vgl. Görich, 2015, S. 47. 194 Vgl. Engels, 2010, S. 201.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

depunkt der mediävistischen Forschung zu den Staufern bezeichnet werden. Historiker, die das Bild der Epoche vor 1945 konstituiert hatten, waren nach wie vor bedeutend. Es kam kaum zu einem Personalaustausch und auch die thematischen Forschungsschwerpunkte überdauerten das Ende des Zweiten Weltkrieges.195 Dementsprechend hatte beispielsweise das Werk Kantorowicz‹ auch weiterhin noch großen Einfluss auf die Bewertung der staufischen Dynastie in der Fachwelt.196 Zwar verzichtete man nach 1945 auf eine nationalistische Deutung der staufischen Geschichte und mied völkischrassistische Verweise, doch von einem durchgreifenden Perspektivenwechsel auf das Mittelalter und hier vor allem auf die Zeit der Staufer kann indes nicht die Rede sein.197 Die Sicht auf das Mittelalter, in der ein glorreiches Hochmittelalter der starken Königsmacht dem Bild eines Abstiegs im Spätmittelalter, in dem diese Zentralgewalt durch das Agieren der Fürsten und der Kirche zerfiel, gegenübergestellt wurde, war weiterhin virulent.198 An dieser Beurteilung hielt die Mittelalterforschung lange fest.199 »Kurz, man konnte also doch weitermachen, wenn auch mit neuen Schlüsselwörtern.«200 Einen Weg der Umcodierung nationalsozialistischer Stauferbilder, den einige Historiker nach 1945 einschlugen, bestand darin, den Reichs- in den Europa- und AbendlandGedanken umzuformulieren. Zeugnis davon geben eine Reihe von Publikationen der 1950er Jahre, die statt einer nationalen Perspektive das Mittelalter unter dem Aspekt der Europa- und Abendlandthematik betrachten.201 Diese Perspektive auf das Mittelalter, angereichert mit christlichen und katholisch-konservativen Elementen, konnte zu Beginn des Kalten Krieges in der Ära Adenauer problemlos übernommen werden.202 Die Betonung des Internationalismus des Mittelalters und dessen Auslegung als christliche, integrative Einheit passte zur Idee einer europäischen Einigung und konnte als Friedensgedanke in Zeiten des sich formierenden Kalten Krieges gedeutet werden.203 Durch diese Deutung erhielt die Bundesrepublik ihren Platz in einer westeuropäischen Geschichte nach 1945 zurück.204 »Christentum und Abendland [bildeten] den Rahmen für die Westorientierung der BRD.«205 Generell wandte sich die bundesdeutsche ge-

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Vgl. Görich, 2011, S. 16; Nagel, Anne C., 2005: Im Schatten des Dritten Reichs. Mittelalterforschung in der Bundesrepublik Deutschland : 1945-1970. (Formen der Erinnerung, Bd. 24). Göttingen, S. 300-302. Vgl. Houben, 2008, S. 221. Vgl. Althoff, 2000, S. 744; Groebner, 2008, S. 118. Vgl. Althoff, 2000, S. 744. Daher hielt sie sich auch hartnäckig in den Schulbüchern der BRD, teilweise noch bis in das 21. Jahrhundert hinein. Geschichtsbücher jüngeren Datums beurteilen das Ende der Stauferdynastie und die zunehmende territoriale Eigenständigkeit der Fürsten im Spätmittelalter allerdings nicht mehr ganz so negativ. Vgl. Schneidmüller, 2005, S. 236. Groebner, 2008, S. 119. Vgl. Althoff, 2000,S. 739-741. Vgl. Groebner, 2008, S. 119. So beispielsweise in den Schulfunk-Sendungen der späten 1950er Jahre. Vgl. Fritscher-Fehr, 2019. Des Weiteren vgl. Althoff, 2000, S. 741-742; Groebner, 2008, S. 119. Vgl. Fritscher-Fehr, Melanie, 2019: Demokratie im Ohr: Das Radio als geschichtskultureller Akteur in Westdeutschland. 1945-1963. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 18). Bielefeld, S. 252. Schneidmüller, 2009, S. 341.

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schichtswissenschaftliche Forschung jedoch tendenziell von nationalen und imperialen Themen ab und verfolgte verstärkt ab den 1960er und 1970er Jahren sozial- und strukturgeschichtliche Ansätze.206 Auch im öffentlichen Leben waren das Mittelalter und die Staufer nach 1945 nicht gänzlich verschwunden. Schon seit der unmittelbaren Nachkriegszeit entfalteten sich im Umkreis örtlicher Geschichtspflege historisierende Firmen und Produktwerbung. In dieser Warenwelt wurden die Staufer populärer als irgendwo sonst.207 Sie sind bis in die Gegenwart sehr vielfältig im öffentlichen Raum vertreten. Viele Straßen und Plätze, Gasthäuser, Hotels, Apotheken oder auch Bäckereien sind beispielsweise nach Barbarossa benannt. Knut Görich spricht in diesem Zusammenhang vom Namen Friedrich Barbarossa »als sozusagen abgesunkene[s] Kultur- und Bildungsgut«.208 Die Staufer hatten also auch ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihren festen Platz im deutschen Geschichtsbewusstsein nicht gänzlich eingebüßt. »Auch wenn sie politisch gescheitert sind, haben sie vor allem kulturell ein Erbe hinterlassen.«209 Doch wenn nicht mehr unter nationalem Vorzeichen, was sind dann die Narrative, nach denen seit dem Zweiten Weltkrieg vom Mittelalter und den Staufern erzählt wird? In der unmittelbaren Nachkriegszeit bezogen sich die Rückbesinnungen auf eine gemeinsame Vergangenheit auf die regionale bzw. lokale Ebene.210 Da eine nationalstaatliche Betrachtung der staufischen Geschichte diskreditiert war, konzentrierte sich die staufische Nachkriegserinnerung zunächst auf lokalgeschichtliche Bezüge. Dies konnte freilich nur an Orten gelingen, an denen die Staufer historisch eine prägnante Rolle spielten, wie beispielsweise im deutschen Südwesten. In den späten 1940er und frühen 1950er Jahren häuften sich staufische Erinnerungen in Form von Heimatfesten und anderen heimatpflegerischen Bemühungen.211 Es scheint, als ob nach dem Verlust bisheriger nationaler Bezüge und angesichts der sich verändernden sozialen Bindungen durch diese Form der Traditionspflege, für die sich die Staufer mancherorts an-

206 Siehe S. 107. Ab Anfang der 1960er Jahre flauten denn auch die emphatischen Beschwörungen des christlichen Abendlandes ab. Vgl. Fritscher-Fehr, 2019, S. 428. Aufgrund der neuen Forschungsperspektiven geriet das Spätmittelalter mehr in den Fokus der Historiker. Nach Valentin Groebner dienten diese Forschungen »schließlich auch in Deutschland dazu den bunten und heterogenen politischen Bewegungen dieser Jahre zu historischen Vorläufern zu verhelfen […].« Groebner, 2008, S. 129. 207 Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 332-333. Brune wirft in diesem Zusammenhang die These auf, dass diese Nutzung der staufischen Geschichte nach 1945 möglich war, da die Staufer mit der Niederlage des Zweiten Weltkrieges für politische Zwecke unbrauchbar und dadurch ideologisch entlastet waren. In dieser Arbeit wird jedoch davon ausgegangen, dass die Staufer auch nach 1945, wenn auch nicht mehr unter nationalem Vorzeichen, für politische Bestrebungen durchaus noch von Interesse sind. 208 Görich, 2015, S. 48. 209 Fleckenstein, Josef, 1984: Das Bild der Staufer in der Geschichte. Bemerkungen über Möglichkeiten und Grenzen nationaler Geschichtsbetrachtung; Festrede zur Feier des 80. Geburtstages von Gerhard Joppich am 5. November 1983. (Göttinger Universitätsreden/Georg-August-Universität Göttingen, Bd. 72). Göttingen, S. 20. 210 Vgl. Beier, 2000, S. 18. 211 Siehe S. 188 in dieser Arbeit.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

boten, neue Identitätsangebote geschaffen werden sollten.212 Im Rekurs auf die staufische Geschichte wurde ein Stück weit erneut ein positives Gegenbild zur krisengeschüttelten Gegenwart gezeichnet (ähnlich der restaurativen Geschichtskultur der Romantik oder auch der Weimarer Republik.)213 Diese lokale staufische Traditionspflege hatte allerdings keinerlei appellative Funktion mehr, sondern diente dem Eskapismus und der Identitätsfestigung angesichts aktueller Problemlagen.214 Der regionale und lokale Bezug zu den Staufern riß auch in der weiteren Entwicklung der BRD nicht ab. Gerade im Zuge der in vielen Bundesländern stattfindenden Gemeindereformen in den 1970er Jahren und 1980er Jahren und anderen gesamtstaatlichen Infrastrukturmaßnahmen schien der Bedarf nach kommunaler Kulturpflege latent vorhanden gewesen zu sein. So sollte der »Bedrohung gruppenspezifischer und individueller Identität und lokaler Eigenständigkeit« durch die Berufung auf die »eigene« und »besondere« Geschichte entgegengewirkt werden.215 Mit der zunehmenden Stabilisierung der Lebensverhältnisse und dem wachsenden Fortschrittsoptimismus wandelte sich das positiv konnotierte Gegenbild staufischer Geschichte zu einem positiven Abbild der Gegenwart.216 Regionale und lokale Dimensionen staufischer Erinnerung sind bis in die jüngste Vergangenheit von Bedeutung. Knut Görich bestimmt daher seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die verschiedenen Formen der Regionalisierungen als »unverkennbare Begleitumstände der Erinnerung an die Staufer.«217 Die durch den Abendlandgedanken in der Nachkriegszeit aufkommende Verbindung der Staufer mit der europäischen Idee ist ebenfalls bis in unsere gegenwärtige Geschichtskultur hinein aktuell: Das Mittelalter wird zur »Wiege Europas«.218 Die Epoche wird in diesem Sinne als Ursprung der europäischen Geschichte ausgelegt, die die noch auszubildende europäische Identität historisch begründen und die Europäisierung legitimieren soll.219 Für diese Auslegung eignet sich die Zeit der Staufer in besonderem Maße. Das Handeln und Wirken der berühmten Dynastie wird in der deutschsprachigen Geschichtskultur seit Ende des 20. Jahrhunderts zunehmend im europäischen Kontext betrachtet und bewertet. Diese Europäisierung der staufischen Geschichte ist auch in den Schulbüchern verstärkt ab

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Nach Valentin Groebner funktionieren diese Anrufungen, weil sie vertraute, ältere Motive der staufischen Rezeption aufgreifen. Vgl. Groebner, 2018, S. 119. 213 Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 331; Oexle, 2009, S. 33. 214 Vgl.Lundt, Bea, 2009: Das ferne Mittelalter in der Geschichtskultur. In: Oswalt, Vadim/Pandel, Hans-Jürgen (Hg.): Geschichtskultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart. Schwalbach, S. 225-236, S. 235; Oexle, 2011, S. 842; Boockmann, 2000, S. 336. 215 Brune/Baumunk, 1977, S. 331. Vgl. dazu auch Brune, 1977, S. 70. 216 Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 332. 217 Vgl. Görich, 2015, S. 47. 218 Vgl. Boockmann, 2000, S. 329. Dies entspricht den generellen Trends der jüngsten Geschichtskultur zur Formierung eines europäischen Gedächtnisses. Siehe S. 24. 219 »Diese Sicht auf einen europäischen Raum des vielfältigen Zusammenlebens ohne Nationalstaatsgrenzen und Regierungsprogramme führt freilich noch zu Irritationen und Abwehr.« Lundt, 2009, S. 233. Vgl. auch Schneidmüller, Bernd, 2009: Gebrauch und Missbrauch des Mittelalters als Herausforderung. In: Bak, János M. et al. (Hg.): Gebrauch und Missbrauch des Mittelalters, 19.-21. Jahrhundert. (Mittelalterstudien des Instituts zur interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens, Bd. 17). Paderborn, S. 337-344, S. 340-341.

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diesem Zeitraum nachweisbar.220 Charlotte Bühl-Gramer äußert dementsprechend den Verdacht, dass »der Mythos Staufer in […] Schulgeschichtsbüchern gegen Ende des 20. Jahrhunderts als Mittel zu einer europäischen bzw. transeuropäischen interkulturellen Identitätsstiftung entteritorialisiert und neu gedeutet wird.«221 Im Zuge einer Hinwendung zur europäischen Auslegung der Stauferzeit rückte die Person Friedrich II. in den Mittelpunkt staufischer Geschichtskultur. Er wurde in den 2000er Jahren zum Zugpferd staufischer Erinnerung. Sein Name erzeugt bei interessierten Laien heute meist wissendes Nicken und bestimmte Assoziation mit diesem Herrschaftsgeschlecht.222 Andere Personen, wie der bis dahin im Zentrum stehende Barbarossa als »Großvater der Deutschen« oder Philipp von Schwaben, dessen 800. Todesjahr 2008 durchaus Anlass für ein weitläufiges Gedenken geboten hätte, geraten dagegen in Vergessenheit.223 Seit Ende des 20. Jahrhunderts wurde und wird in der deutschen Öffentlichkeit sowie in Schulbüchern ein Bild von Friedrich II. als kulturell offener, »moderner« und religiös toleranter Herrscher gezeichnet. Sein Interesse an den Wissenschaften und verschiedenen Sprachen wird hervorgehoben und sein Hof in Palermo als multikulturell und exotisch beschrieben.224 Er gilt als Persönlichkeit, die seiner Zeit voraus war und die Einigung Europas nicht nur in politischer Hinsicht, sondern auch kulturell angestrebt hat.225 In diesem Sinne hat die Erinnerung an die Staufer zwar keine appellative Funktion für die Gegenwart, sie zeigt aber im multikulturellen, toleranten Friedrich Lösungsangebote für gegenwärtige Probleme. Dieses Bild vom europäischen, modernen Stauferkaiser hält sich bislang hartnäckig in der populären Geschichtskultur und steht im Widerspruch zur Beurteilung des Staufers in der Forschung, die seit längerem versuchen diese Vorstellungen zu revidieren.226 Neben diesen positiven Darstellungen existierten im deutschen Geschichtsbewusstsein nach 1945 vereinzelt auch negative Mittelalterbilder. Ähnlich wie schon im Geschichtsverständnis des Humanismus oder der Aufklärung werden nach zeitgenös-

220 Bereits in Schulbüchern der 1950er Jahre finden sich Bemühungen den Blickwinkel der Betrachtung auf den Abendland-Gedanken zu lenken. Eine konsequente transnationale Deutung der Staufer scheint sich nach Charlotte Bühl-Gramer erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts herauszukristallisieren. Vgl. Bühl-Gramer, 2010, S. 61-62. 221 Ebd., S. 62. Charlotte Bühl-Gramer äußert diese These im Hinblick auf ihre Untersuchungen zu deutsch-italienischen Schulbüchern. Inwiefern ihre Behauptung für die in dieser Arbeit untersuchten Medien Gültigkeit hat, ist zu prüfen. 222 Vgl. Friedl, Christian, 2011: Friedrich, Philipp und kein Ende? Bemerkungen zur Aktualität der Staufer. In: Beihammer, Alexander D./Rueß, Karl-Heinz (Hg.): Stauferzeit – Zeit der Kreuzzüge. [23. Göppinger Staufertage 7. bis 9. November 2008]. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 29). Göppingen, S. 174-181, S. 176. 223 Vgl. ebd., S. 177; Görich, 2015, S. 47. 224 Vgl. Houben, 2008, S. 224; Bühl-Gramer, 2010, S. 62.Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 15. 225 So beschreibt Christian Wulff den Stauferkaiser in seinem Grußwort im Ausstellungskatalog der Oldenburger Friedrich II. Ausstellung 2008. Vgl. Fansa, Mamoun/Ermete, Karen (Hg.), 2008: Kaiser Friedrich II. Begleitband zur Sonderausstellung »Kaiser Friedrich II. (1194-1250). Welt und Kultur des Mittelmeerraums« im Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg. (Schriftenreihe des Landesmuseums für Natur und Mensch Oldenburg, Heft 55-56). Mainz. 226 Vgl. Friedl, 2011, S. 174-175.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

sischen Vorstellungen als rückständig oder barbarisch eingestufte Verhaltensweisen ebenfalls als »mittelalterlich« bezeichnet.227 Der Begriff erscheint nahezu inhaltsleer und wird von modernen Autoren häufig verwendet, um Zustände oder Erscheinungen als überholt, rückständig oder auch abergläubisch zu charakterisieren.228 Diese negativen Vorstellungen des Mittelalters skizzieren das Bild einer finsteren Zeit, in denen die Menschen verrohten und grausam miteinander umgingen. Ständig plagten Hungersnöte die Bevölkerung und die mangelnden hygienischen Zustände brachten nicht nur die Pest, sondern Tod und Krankheit als allgegenwärtige Begleiter des Alltags.229 Diese Vorstellungen werden in Abgrenzung zum eigenen kulturellen Fortschritt entworfen. Ländern oder Kulturen, die anders als der Westen die Aufklärung nicht durchlaufen haben, werden diese vermeintlich mittelalterlichen Phänomene zugeschrieben und sie gelten daher als rückständig.230 In diesem Sinne werden heutige Religionskämpfer mit den »Kreuzzüglern und Hexenverbrennern« dieses »dunklen« Mittelalters verglichen. Das negative Geschichtsbild ermöglicht die Identitätsstiftung durch Abgrenzung.231 Statt diesen polaren Vorstellungen vom Mittelalter treten – vor allem seit Ende des 20. Jahrhunderts – zunehmend andere Bilder auf, die nicht mehr eindeutig als »positiv« oder »negativ« verstanden werden können. Sie werden hauptsächlich neben den wissenschaftlichen Auffassungen der Epoche im geschichtspopulären Bereich konzipiert.232 Die Vergangenheit wird hier zum »Materialreservoir für mitreißende Geschichten und private Erlebnisse.«233 Diese populären Aneignungsformen von Vergangenheit bieten ebenfalls die Möglichkeit die historische Identität zu festigen, das Bedürfnis nach Bildung zu befriedigen oder politische Forderungen zu legitimieren. Im Vordergrund steht jedoch meist eine emotional-ästhetische und unterhaltende Darstellung der Vergangenheit; »Geschichte« soll sinnlich erfahrbar und erlebbar gemacht werden.234 Diese »anderen« Mittelalterbilder haben mit konkreten historischen Ereignissen und Personen oft nicht mehr viel gemein. Vielmehr »gleiten [sie manchmal] ab ins Land

227 Vgl. Groebner, 2008, S. 33-34, 38, 70, 149; Oexle, 2009, S. 33. Für diese negativen Vorstellungen vom Mittelalter konnten allerdings keine dezidiert staufischen Rezeptionsbeispiele gefunden werden. 228 Vgl. Oexle, 2011a, S. 839; Althoff, Gerd, 2011: Finsteres Mittelalter?! Zur Dekonstruktion eines Klischees. In: Farbe im Mittelalter. (Farbe im Mittelalter/im Auftrag des Mediävistenverbandes hg. von Ingrid Bennewitz … unter Mitarb. von Karin Hanauska …, Bd. 1). Berlin, S. 47-66, S. 47. 229 Vgl. Schulz, 21.9.2013, S. 168, 172,176. 230 Vgl. Groebner, 2008, S. 149. 231 Ebd., S. 149 und vgl. auch S. 150. 232 Vgl. Lubich, 2010, S. 19; Groebner, 2008, S. 12; Groebner, 2018, S. 23. Valentin Groebner nennt hierfür die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert als Ausganspunkt. 233 Groebner, 2018, S. 24. 234 Vgl. Schubert, 2010a, S. 253; Korte/Paletschek, 2009, S. 10. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass dieser populäre Zugang eine ganze Bandbreite von Mittelalter- und Stauferdarstellungen umfasst, die die verschiedenen geschichtskulturellen Bedürfnisse in unterschiedlicher Intensität erfüllen können. Eine populär vermittelte auf akademischen Fundamenten fußende Ausstellung kann beispielsweise der Weiterbildung dienen, zur Identitätsstiftung beitragen und politische Konstellationen historisch bestätigen. Bei dramaturgisch, auf Emotionen setzenden historischen Romanen kann eher dem Wunsch Geschichte nachzuempfinden entsprochen werden.

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Fantasy«.235 Auch in diesen Auslegungen wird ein der Gegenwart konträres Mittelalterbild geschaffen. Anders als die Mittelalterdeutungen der Romantik oder der Weimarer Republik ist dieses Mittelalter jedoch nicht grundsätzlich positiv und ein Modell für die Gegenwart, sondern es handelt sich hierbei mehr um eine Gegenwelt der Phantasie, die vor allem anders ist als die hochdigitalisierte und rationalisierte Gegenwart.236 Die Vorstellung eines entzweiten Mittelalters, wie es Oexle für frühere Rezeptionsphasen skizziert, wird transformiert zu einer plural-postmodernen und eskapistischen Deutungspalette der Epoche.237 Diese Deutung des Mittelalters »[…] konzentriert sich nicht mehr auf Ursprünge und Vorläufer, sondern betreibt Fragmentierung und Rekombination von exotischem Material in horizontaler Ordnung. Betont wird dabei die Andersartigkeit der Vergangenheit.«238 Geschaffen wird ein Kaleidoskop der Vergangenheit, das gespickt ist mit verschiedensten Stereotypen vom Mittelalter: Den »Rittern (edel), Mönchen (fromm), Bauern (echt) und […] Hexen«, welche für die meisten Menschen des 21. Jahrhundert zu dieser Epoche unweigerlich dazugehören.239 Hier lassen sich grundsätzlich zwei grobe Hauptdeutungen ausmachen: Zum einen gibt es das abenteuerliche, gefährliche, aber auch romantische Mittelalter der Ritter, Minnefräulein, Burgen und Kämpfe, in dem es noch Werte und ein Gemeinschaftsgefühl gab. Zum anderen gibt es das dunkle Zeitalter von Hunger, Pest und Tod, das Mittelalter der armen kleinen Leute, in welchem der Mensch des 21. Jahrhunderts nicht mehr leben, es aber fasziniert betrachten will.240 Der Blick in die Andersartigkeit des Mittelalters ist deshalb für die Menschen der Gegenwart reizvoll, da der damaligen Welt noch Überschaubarkeit und Geschlossenheit unterstellt wird. Gegenwärtig sind traditionelle Wertmuster und einstmals feste, Orientierung gebende Kategorien wie Nation, Ethnie, Klasse, Geschlecht oder Religion einem radikalen Wandel unterworfen. Es scheint keine unverrückbaren Normen mehr zu geben. In dieser vielfach komplexen, mit unkalkulierbaren Risiken gespickten globalisierten Gegenwart scheint das Individuum auf sich allein gestellt zu sein.241 Der Geschichtsboom im populärkulturellen Bereich kann als Antwort auf diese als zunehmend entfremdet empfundene Welt verstanden werden. Begünstigt wurde er mit dem Aufstieg der Unterhaltungsindustrie, einem gestiegenen Bildungsniveau, mehr Freizeit und einem wachsenden Budget für den Kulturkonsum.242 Die Beschäf235 Schulz, 21.9.2013. Dies bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass alle im populärkulturellen Bereich konzipierten Mittelalterdarstellung lediglich dieses phantastisch-andere Bild von der Vergangenheit zeichnen. Die bereits skizzierten positiven oder negativen Vorstellungen dieser Epoche sind auch hier zu finden. 236 Vgl. Schneidmüller, 2009, S. 337. 237 Siehe Forschungsstand S. 21 . 238 Groebner, 2008, S. 125. 239 Groebner, 19.9.2010, S. 63. Anders als bei Valentin Groebner werden in dieser Arbeit zu diesem wie er es nennt »Alteritätskaleidoskop« auch phantastische Vorstellungen vom dunklen, »schaurigschönen« Mittelalter hinzugezählt. Vgl. Groebner, 2008, S. 149. 240 Vgl. Groebner, 2008, S. 125; 149. 241 Vgl. Korte/Paletschek, 2009, S. 10. Beier, 2000, S. 13; Urry, 2000, S. 36. Nach Otto Gerhard Oexle wird dieses Welt- und Selbstverständnis als das Denken postmoderner Gesellschaften verstanden. Nach Koselleck entwickeln sich diese postmodernen Denkstrukturen als eine Folge der Ölkrise von 1973. Vgl. Oexle, 2011, S. 884. 242 Vgl. Groebner, 2018, S. 32; Korte/Paletschek, 2009, S. 10.

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tigung mit Vergangenheit gibt Rückhalt in einer dem stetigen Wandel unterworfenen Gegenwart. Sie kann eine Art Rückbesinnung auf traditionelle Werte und Ordnungskategorien sein, ohne dass ein Auftrag für gegenwärtiges politisches oder gesellschaftliches Handeln daraus abgeleitet wird.243 Das einfache, gemeinschaftliche Leben in klar vorgegebenen Ordnungskategorien, das körperliche Arbeiten und nicht zuletzt das im Rückblick als mit festgefügten Rollen markierte Geschlechterverhältnis kann tröstlicher Halt und ein unterhaltender Ausflug aus dem Alltag sein.244 Die hier aufgeführten Zuschreibungen werden vielfach mit dem Mittelalter assoziiert, ein Grund, weswegen diese Epoche den Geschichtsboom in weiten Teilen dominiert.245 Dieser Zugang zur Vergangenheit kennzeichnet auch die populäre Aneignung der Zeit der Staufer, wie mit einem Blick auf das kontinuierlich wachsende Angebot der regionalen Staufervermarktung vor allem im Tourismus- und Marketingsektor zu erkennen ist.246 Generell ist es schwierig, Mittelalter- und Stauferdarstellungen voneinander zu unterscheiden, weil dieses »phantastische« Mittelalter ja gerade davon lebt, dass mit verschiedenen Versatzstücken der Geschichte eine betont andere Welt konstruiert wird. Viele der stereotypen Phänomene, die mit dem Mittelalter assoziiert werden, fallen in die historische Zeit der Staufer, weswegen Mittelalterrezeptionen und Stauferrezeptionen vielfache Gemeinsamkeiten zeigen.

3.4

Mittelalter- und Stauferrezeptionen in den verschiedenen Genres der populären Geschichtskultur

Im Folgenden werden Mittelalterdeutungen und die durch sie erfüllten geschichtskulturellen Funktionen in verschiedenen Genres der populären Geschichtskultur vor allem ab der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts vorgestellt. Soweit möglich, wird über die generelle Mittelalterrezeption hinaus der Umgang mit der staufischen Geschichte in den jeweiligen Medien skizziert.247

3.4.1

Der historische Roman

Ein sehr weitverbreitetes und traditionelles Genre der populären Geschichtskultur ist der historische Roman. In diesem geht es meist weniger um die korrekte Wiedergabe historischer Ereignisse, sondern die Historie ist in diesem Medium vielmehr Bühne, auf der sich die dramaturgische Geschichte abspielt. Die Vergangenheit wird vielfach als eine einfache, unmittelbare und sehr ursprüngliche Welt dargestellt: Die Rollen-

243 Vgl. Fenske, Michaela, 2009: Abenteuer Geschichte. Zeitreisen in der Spätmoderne. In: Hardtwig, Wolfgang/Schug, Alexander (Hg.): History Sells! Stuttgart, S. 86. 244 Die klare Geschlechterordnung ist als zentrales Leitmotiv vor allem in den populären historischen Romanen zu erkennen. Vgl. Fenske, 2009, S. 82, 86; Schulz, 21.9.2013, S. 168. 245 Vgl. Fenske, 2009, S. 82; Groebner, 2008, S. 144. 246 Vgl. Brune/Baumunk, 1977,S. 333; Graf, 2010, S. 297. 247 Ziel ist jedoch keine vollständige Erfassung und detaillierte Analyse staufischer Rezeptionen, sondern eine summarische Betrachtung wie die Staufer generell in diesen Medien vertreten sind.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

und Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau ist klar geregelt, das alltägliche Leben sehr naturverbunden. Die dargestellte Vergangenheit hat meist weniger mit den historischen Personen zu tun, als mit der Lebenswelt der Leser. Was sie umtreibt wird im historischen Gewand thematisiert und die Leserschaft so historisch verankert. In gewissem Maße leistet auch der historische Roman auf diesem Weg einen Beitrag zur historischen Identitätsstiftung. Des Weiteren kann er das Bedürfnis nach Erkenntnisgewinn befriedigen. Größeren Stellenwert hat in diesem Genre allerdings die Unterhaltung der Leserschaft. Durch die Protagonisten der Romane können Leser die Vergangenheit nacherleben und das emotionale Bedürfnis des Einfühlens in die Vergangenheit wird befriedigt.248 Im Folgenden werden historische Romane betrachtet, die sich explizit mit der Zeit der Staufer beschäftigen. Natürlich sind die Staufer in diesem klassischen Genre sehr breit und bis ins 18. Jahrhundert nachweisbar vertreten, wie eine kurze Stichwortsuche in der Datenbank des Projekts »Historischer Roman Innsbruck« verdeutlicht.249 Der Übersichtlichkeit halber werden jedoch nur die für den Untersuchungszeitraum relevanten Romane ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts betrachtet.250 Um die ermittelten Romane auf ihre thematischen Schwerpunkte und ihre Anzahl abhängig von den Erscheinungszeiträumen auswerten und vergleichen zu können, wurde eine Tabelle erstellt.

248 Vgl. Prange, Peter, 2009: Zehn Thesen zum historischen Roman. In: Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia (Hg.): History goes Pop. Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 1). Bielefeld, S. 61-64, S. 61-64; Fenske, 2009, S. 82. 249 Dieses zwischen 1991 und 1997 am Institut für Germanistik der Universität Innsbruck durchgeführte Projekt hatte zum Ziel eine die ganze Bandbreite des Genres umfassende Gattungsgeschichte zu verfassen. Hierfür wurde eine umfassende Bibliographie des historischen Romans erstellt, die alle deutschsprachigen historischen Romane umfasst, die zwischen 1780 und 1945 erschienen sind und zusätzlich alle historischen Romane, die in der DDR entstanden sind. Vgl. Projekt Historischer Roman. Institut für Germanistik. Universität Innsbruck: Datenbank. https://www.uibk.ac.at/germanistik/histrom/datenbank.html [23.10.2017]; Projekt Historischer Roman. Institut für Germanistik. Universität Innsbruck: Projektbeschreibung. https://www.uibk.ac.at/germanistik/histrom/docs/about.htm [22.10.2017]; Projekt Historischer Roman. Institut für Germanistik. Universität Innsbruck: Trefferliste in Datenbank zu »Staufern«. https://www.uibk.ac.at/germanistik/histrom/datenbank.html [20.9.17]. 250 Um diese zu ermitteln, wurde die Bibliographie von Hans-Christoph Pleßke genutzt. Vgl. Pleßke, Hans-Christoph, 2017: Historische Personen und Ereignisse in der deutschsprachigen Literatur 1945-2000. Eine Bibliographie. (Hiersemanns bibliographische Handbücher, Bd. 23). Stuttgart. Eine Ergänzung hierzu war das Auswahlverzeichnis der Stadtbibliothek Schwäbisch Gmünd anlässlich einer Ausstellung »Die Stauferzeit wie sie im Buche steht« von 2012 und schlussendlich eine unsystematische Stichwortsuche bei »Amazon«. Vgl. Schwäbisch Gmünd Stadtbibliothek, 2012: Die Stauferzeit wie sie im Buche steht. Auswahlverzeichnis der gleichnamigen Medienausstellung der Gmünder Stadtbibliothek 06. März – 05. April 2012. https://ww w.schwaebisch-gmuend.de/brcms/pdf/Auswahlverzeichnis-1468.pdf [21.09.2017]; Amazon: Suchergebnis Historische Romane »Staufer«. https://www.amazon.de/Staufer-Historische-RomaneBelletristik/s?ie=UTF8&page=1&rh=n%3A419922031%2Ck%3AStaufer [21.9.17].

10

15

30

55

1945 – 1979

1980 – 1999

2000 – 2017

Gesamt

8

5

1

2

Herrschaft regional

24

15

6

3

Herrschaft national

37

20

9

8

Herrschaft transnational

13

9

2

2

Friedrich Barbarossa

27

11

12

4

Friedrich II.

Luhmann, Isabelle, 2017: Zusammenstellung Staufer in Fernsehdokumentationen. Rohdatentabelle.

Gesamt

Zeitraum Romane

Tab. 1: Übersicht über die Staufer in historischen Romanen von 1945-2017

18

6

7

5

Gesell. Gruppe Adel

25

18

6

1

Gruppe Mittelschicht u.Ä.

25

24

1

-

Frauen

40

26

9

5

Andersartiges Mittelalter

13

5

5

3

Positiv eigene Ursprünge

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

 

81

82

Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Der Untersuchungszeitraum wurde anhand einschneidender Ereignisse aufgeteilt: Der für die Auswertung gewählte erste Zeitschritt wurde von 1945-1980 gesetzt, um die erste Phase staufischer Rezeptionen nach dem Zweiten Weltkrieg und vor der großen Staufer-Ausstellung 1977 in Stuttgart zu erfassen. Nicht nur wegen der StauferAusstellung eignet sich der Zeitschnitt bei 1980. Die ab ca. den 1980er Jahren einsetzende Genese des Aufschwungs geschichtlicher Darstellungen in der Populärkultur kann so detailliert eingefangen werden. Um diese Entwicklung genauer untersuchen zu können, ist der nächste Zeitschritt dementsprechend bei den 2000er Jahren gezogen, da diese häufig als wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des rezenten »Mittelalterbooms« bewertet werden.251 Die einzelnen Romane wurden anhand der Nennung im Titel, der Verschlagwortung in den genutzten Datenbanken und Kurzbeschreibungen verschiedenen Herrschern, Personen- und Themengruppen zugeordnet.252 Die Themenauswahl erfolgte zum Teil induktiv entsprechend den in den Datenbanken genannten Inhalten, zum Teil deduktiv, indem die in Kapitel 3.3. skizzierten für diesen Zeitraum relevanten Mittelalterbilder als Kategorien verwendet wurden. In absoluten Zahlen ist zunächst zu erkennen, dass ab den 1980er Jahren und dann nochmal mit einem deutlichen Anstieg ab den 2000er Jahren immer mehr Romane zu den Staufern erschienen. In dem langen Zeitraum vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1980 erschienen lediglich zehn Romane, während es in den 20 Jahren bis zur Jahrtausendwende schon 15 waren. In dem noch kürzeren Zeitraum seit 2000 sind nochmals ganze 30 Romane hinzu gekommen. In diesen sind grundsätzlich Themen mit transnationalem Bezug, meist Italien/Sizilien von größerem Interesse als Themen im nationalen oder regionalen Rahmen. Dies hängt in vielen Romanen direkt mit einem wachsenden Interesse an Friedrich II. zusammen, das sich vor allem seit den 1980er Jahren zeigte, eine Entwicklung, die grundsätzlich für das ausgehende 20. Jahrhundert galt. Auffällig ist der personelle Perspektivwechsel aus dem die Stauferzeit thematisiert wird. Vor allem ab den 2000er Jahren werden nicht mehr Personen aus dem aristokratischen Milieu, sondern Charaktere aus der Mittelschicht wie in Die Chronistin der Staufer (2013) oder »mittelalterlichen Randgruppen« wie in Der Mönch und die Hexe (2004) als Protagonisten für die Romane aus der Stauferzeit ausgewählt.253 Sehr prägnant ist der sprunghafte Anstieg weiblicher Protagonistinnen in den staufischen Romanen ab der Jahrtausendwende. So bildet meist die Herrschaft Friedrichs II. die historische Hintergrundfolie, doch nun sind es hauptsächlich Protagonistinnen, die den Herrscher aus ihrer Perspektive erleben und schildern. Wie in Die Mätresse des Kaisers (2007).254 Während des gesamten Untersuchungszeitraums bleibt die positive Darstellung der Stauferzeit als Epoche der 251 Vgl. Korte/Paletschek, 2009, S. 9. 252 Zwangsläufig ergaben sich dabei auch Mehrfachzuordnungen zu bestimmten Themen oder Herscherinnen und Herscher. Aus Gründen der Übersichtlichkeit konzentriert sich die Zuordnung der Romane nach den in ihnen behandelten Staufern auf Friedrich Barbarossa und Friedrich II., da diese mit Abstand am häufigsten thematisiert werden. 253 Vgl. Amazon, 2013: Die Chronistin der Staufer von Timo Bader. https://www.amazon.de/DieChronistin-Staufer-Timo-Bader/dp/3936373809/ [13.05.2019]; Schwäbisch Gmünd Stadtbibliothek, 2012, S. 20. 254 Vgl. Amazon: Die Mätresse des Kaisers von Susanne Stein. https://www.amazon.de/Die-M%C3%A 4tresse-Kaisers-Susanne-Stein-ebook/dp/B00BGJLMCY [13.05.2019].

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

eigenen Ursprünge in ungefähr gleich bleibender Zahl bestehen. Deutlich gestiegen ist jedoch seit den 2000er Jahren die Zahl an historischen Romanen, die die Stauferzeit als eine faszinierende oder auch abschreckende, aber vor allem andere Zeit darstellen. Dezidiert wird in einigen Titeln in diesem Zeitraum Friedrichs II. Interesse für die Falkenjagd direkt durch Titelnennungen wie Der Falke von Palermo (2003) hervorgehoben.255 Vor allem das von ihm selbst angefertigte Buch über die Jagd wird oft angeführt, um sein Interesse für die Wissenschaft und seine Umwelt zu belegen und grundsätzlich die faszinierenden Charakterzüge dieses Herrschers zu symbolisieren. Auch andere Romane wie Die Rückkehr der Hakima (2001) erzeugen ein exotisch anderes Bild der Stauferzeit, indem »die Geschichte einer mutigen jungen Ärztin in einer von orientalischer Lebenslust und blutigen Wirren geprägten Zeit« erzählt wird.256 Denn dieses Mittelalter ist nicht nur faszinierend, sondern auch abschreckend anders, eben schaurig-schön. Diese Tendenzen innerhalb der Stauferromane vor allem ab den 2000er Jahren entsprechen und unterstreichen sehr deutlich die steigende Popularität des »phantastischen« Mittelalterbildes, wie es vor allem auch in anderen populären Medien und Genres der Geschichtskultur in der jüngsten Vergangenheit vermehrt zu finden ist.

3.4.2

Das Mittelalter in bewegten Bildern

Ein weiteres Genre der populären Geschichtskultur, in dem das Mittelalter ebenfalls sehr präsent ist, ist der Historienfilm, wozu als Spezialform auch historische Dokumentationen und Dokudramen zu zählen sind.257 Kinoproduktionen und auch Fernsehsendungen sind wichtiger Bestandteil der gegenwärtigen Geschichtskultur. Da das Fernsehen fest im Lebensalltag verankert ist und auch gerade größere Kinoproduktionen in der Öffentlichkeit sehr präsent sind, spielt dieses Medium eine »zentrale Rolle als Geschichtsbildproduzent und -vermittler«.258 Beispielsweise wird die bildhafte Vorstellung eines Martin Luthers bei den Kinobesuchern des gleichnamigen Films nicht

255 Vgl. Amazon: Der Falke von Palermo von von R.M. Bordhin und Maria Czedik-Eysenberg. https://w ww.amazon.de/Falke-von-Palermo-Roman/dp/359615538X [13.05.2019]. 256 Amazon: Die Rückkehr der Hakima von Kari Köster-Lösche. https://www.amazon.de/Die-R%C3%B Cckkehr-Hakima-Kari-K%C3%B6ster-L%C3%B6sche/dp/3548603939 [13.05.2019]. 257 Eine Mischform aus den primär informativen Dokumentationen und den mehr unterhaltenden Spielfilmen, ist das seit den 1980er Jahren entwickelte Dokudrama. In diesem wird Archivmaterial mit Zeitzeugeninterviews und nachgestellten Spielszenen dramaturgisch in Zusammenhang gebracht und zu einer unterhaltenderen Form des Bildungsfernsehens ergänzt . Diese Dokumentationsform scheint ein typisches Phänomen unserer Zeit zu sein, die einen emotionalen, unterhaltenden Zugang zur Vergangenheit präferiert. Vgl. Steinle, Matthias, 2009: Geschichte im Film: Zum Umgang mit den Zeichen der Vergangenheit im Dokudrama der Gegenwart. In: Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia (Hg.): History goes Pop. Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 1). Bielefeld, S. 147-166, S. 149-151. 258 Steinle, 2009, S. 147. Vgl. auch Kuchler, Christian, 2011: Von Mönchen, Rittern und einer Päpstin: Das Mittelalter im aktuellen Spielfilm . Das Kino als Lernort für Geschichte. In: Buck, Thomas M./Brauch, Nicola (Hg.): Das Mittelalter zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Probleme, Perspektiven und Anstöße für die Unterrichtspraxis. Münster, S. 157, S. 163.

83

84

Die Staufer in der populären Geschichtskultur

durch die historisch überlieferten Gesichtszüge geprägt sein, sondern durch das Aussehen des Luther spielenden Darstellers.259 Die im Fernsehen oder Kino geschaffenen Bilder vergangener Epochen sind für manche Teile der Gesellschaft der erste Zugang zu bestimmten historischen Themen, weshalb die in diesem Medium suggerierten Vorstellungen ernst genommen und beispielsweise im Bereich des Historischen Lernens thematisiert werden müssen.260 Auch die gängigen Vorstellungen vom Mittelalter sind stark durch das Medium Film und Fernsehen geprägt. Die Epoche ist für das Genre sehr reizvoll: »Monumentalbauten, geheimnisvolles Klosterleben, farbenfrohe Spektakel, Rüstungen, Waffen, Belagerungen und actiongeladene Ritterkämpfe dräng[t]en sich förmlich auf, um auf der Leinwand dargestellt zu werden.«261 Die beliebtesten historischen Personen dieser Zeit in Spielfilmen sind unangefochten der Held Robin Hood, der englische König Artus mit seinen Rittern der Tafelrunde oder auch die französische Nationalheldin Jeanne d’Arc. Die Dynastie der Staufer sucht man allerdings in dieser Aufzählung vergebens.262 Das Mittelalter wird in diesem Medium vielfach durch gängige Stereotype und tradierte Mittelaltervorstellungen dargestellt.263 Gerade die Vorstellung vom dunklen, rückständigen Mittelalter, wie es beispielsweise in der Verfilmung von Umberto Ecos Roman Der Name der Rose hervor tritt, hält sich hartnäckig in diesem Medium.264 Daneben existieren Bilder eines abenteuerlich-ritterlich und romantischen Mittelalter der bunten Bilder, wie in der US-Produktion Ritter aus Leidenschaft.265 Diese Beschränkung auf gängige Stereotypen des Mittelalters ist nur bedingt den Eigenarten des Mediums geschuldet, sondern vielmehr Ausdruck bestimmter erinnerungskultureller Bedürfnisse und Erwartungshaltungen von Seiten der Rezipienten, die nicht zuletzt auch aus ökonomischen Gründen befriedigt werden.266 Wie Christian Kuchler zurecht konstatiert sind »Mittelalterfilme immer auch – oder vielleicht sogar in erster Linie – Gegenwartsfilme«, die weniger die Vergangenheit, als vielmehr die Wünsche und auch Probleme der Gegenwart zeigen.267 Deutlich wird dies beispielsweise an Verfilmungen wie Die Päpstin:268 Eine Frau wird das Oberhaupt der katholischen Kirche. Durch sie bekommt die Zeit ein menschliches, emotionales Antlitz und letzten Endes fällt sie tief aufgrund ihrer Gefühle für einen Mann. Diese Geschichte spiegelt weniger historische

259 260 261 262

263 264 265

266 267 268

Vgl. Fenske, 2009, S. 84. Vgl. Kuchler, 2011, S. 160-161, 163, 168. Ebd., 2011, S. 158. Vgl. ebd., 2011, S. 158-159. Zumindest im deutschen Sprachraum wurde, soweit bekannt, die Zeit der Staufer bislang nicht in Spielfilmlänge auf die Kinoleinwand gebracht. Anders verhält es sich in Italien, wo bereits zwei Spielfilme entstanden sind. Vgl. Kap. 8.1. Seite 345ff. Vgl. Steinle, 2009, S. 155, 157. Jean-Jacques Annaud, Deutschland/Italien/Frankreich, 1985-1986. Brian Helgeland, USA, 2001. Vgl. auch Kuchler, 2011, S. 159, S. 165-167. Diese Zuschreibung gilt in dieser Extremform nicht pauschal für sämtliche filmische Darstellungen über das Mittelalter. Vielmehr muss die Heterogenität des Genres berücksichtigt und zwischen rein unterhaltenden, fiktiven Spielfilmen auf der einen Seite der Skala und sehr informativen, auf historische Korrektheit achtende Dokumentationen auf der anderen Seite unterschieden werden. Vgl. Steinle, 2009, S. 162. Kuchler, 2011, S. 165. Sönke Wortmann, Deutschland/Italien/Spanien, 2009.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

Realität denn moderne Emanzipationsdebatten und das geschichtskulturelle Bedürfnis nach Gefühl, Unterhaltung und ganz nebenbei ein bisschen Bildung.269 Wie wird nun – wenn überhaupt – die Zeit der Staufer in filmischen Darstellungen thematisiert? Um Aussagen hierüber treffen zu können, wurde gezielt nach staufischen Filmen und Dokumentationen ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gesucht.270 Es wurden 12 Produktionen in den Jahren von 1970 bis 2010 ermittelt; darunter keine Spielfilme, sondern lediglich TV-Dokumentationen.271 Um die Produktionen nach thematischen Schwerpunkten zu klassifizieren, wurde eine Tabelle mit ähnlichen Kategorien wie für die historischen Romane erstellt. Die Sparte zu den thematisierten gesellschaftlichen Gruppen wurde jedoch ausgelassen, da die Dokumentationsbeschreibungen keine spezifischen Aussagen diesbezüglich treffen. Zunächst einmal fällt auf, dass rein quantitativ die Zahl an Produktionen, die die staufische Geschichte thematisieren vor allem seit der Jahrtausendwende stark gestiegen ist. In den 1970er Jahren erschienen drei Produktionen zu den Staufern, zwei davon im Stauferjahr 1977. Eine davon, Die Menschen, die das Staufer-Jahr vorbereiten, nimmt sogar explizit auf die Ausstellung Bezug.272 Dadurch wird erneut die große Bedeutung der Stuttgarter Exposition für die deutschsprachige Geschichtskultur deutlich. Für dieses Genre scheint sie jedoch keine nachhaltigen Auswirkungen gehabt zu haben. Erst in den 1990er Jahren finden sich wieder zwei Produktionen zu den Staufern. Einen Durchbruch brachte erst die Jahrtausendwende in diesem Genre. Acht Produktionen konnten

269 Vgl. Kuchler, 2011, S. 165. Es ist im Gegensatz zum genannten Filmbeispiel davon auszugehen, dass die häufige Thematisierung von Frauenschicksalen in historischen Romanen nicht auf Feminismusdebatten fußt, sondern der Tatsache geschuldet ist, dass sich dieses Unterhaltungsmedium primär an Frauen richtet und sich diese durch die Wahl weiblicher Hauptpersonen eher angesprochen fühlen. 270 Für die Recherche wurde die Plattform »Filmportal.de«, eine Abteilung des Deutschen Filminstituts, verwendet. Sie liefert Informationen zu allen deutschen Kinofilmen und enthält einen Bestandskatalog, der bis ins 19. Jahrhundert zurück reicht. Das Portal wurde in Zusammenarbeit mit dem Hamburgischen Centrum für Filmforschung e.V. aufgebaut und wird von Mitgliedern des deutschen Kinematheksverbundes und anderen Verbänden der Filmwirtschaft unterstützt. Der Bestandskatalog enthält Bestände des Deutschen Filminstituts – DIF und der Deutschen Kinemathek. Vgl. Deutsches Filminstitut: Über uns/Die Ziele von Filmportal.de. https://www.filmportal.d e/ueber-uns/die-ziele-von-filmportalde [24.10.2017]; Deutsches Filminstitut: Bestandskatalog. htt ps://www.filmportal.de/ [24.10.2017]. Als weiteres Recherchemittel diente die »IMDb«, die Internet Movie Database. Dabei handelt es sich um eine von Amazon seit 1998 betriebene Datenbank, in der Informationen zu Filmen, Fernsehserien, Videoproduktionen und Computerspielen gesammelt werden. Vgl. IMDb.com: Home. https://www.imdb.com/?ref_=ft_hm [24.10.2017]. Ergänzend hierzu wurde wie schon für die Recherche nach Stauferromanen das Auswahlverzeichnis der Stadtbibliothek Schwäbisch Gmünd zu Rate gezogen und abschließend eine unsystematische Internetrecherche durchgeführt, die vereinzelte Treffer ergab. Vgl. Schwäbisch Gmünd Stadtbibliothek, 2012; ZDF Mediathek; MDR Mediathek. 271 Die Suche und die ermittelten Produktionen erstrecken sich lediglich auf den deutschen Sprachraum und auch für diesen soll kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. 272 Alexander Kluge/Maximiliane Mainka, Deutschland, 1977. Vgl. Filmportal.de: Die Menschen, die das Staufer-Jahr vorbereiten. https://www.filmportal.de/film/die-menschen-die-das-staufer-jahrvorbereiten _67050345685b486c983e07a57cee9f89 [1.6.2019].

85

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

seitdem ermittelt werden. Ein Beleg dafür, dass dieser Zeitraum wirklich als Meilenstein in der Genese des rezenten »Mittelalterbooms« in der Populärkultur zu verstehen ist.273 Thematisch werden, wenn einzelne Phasen oder Herrscher der Stauferzeit thematisiert werden, die Zeit und das Wirken Barbarossas oder seines Enkels Friedrichs II. dargestellt. Häufig geht es aber auch um die Zeit der Staufer, also das Hochmittelalter im Allgemeinen, sowohl auf transnationaler als auch auf nationaler Ebene. In fast allen Produktionen wird die Rolle der Stauferzeit in der Entwicklung der deutschen Geschichte hervorgehoben. Dokumentationen wie Wir Deutschen (1991/1992) oder Die Deutschen (2008-10) suggerieren, dass die Ursprünge des »Eigenen« und der gegenwärtigen Lebenssituation in der Stauferzeit liegen.274 Es ist bemerkenswert, dass sich die Nation als Bezugsgröße für Geschichtsbetrachtungen in diesem Genre noch hartnäckiger gehalten hat und die Staufer so einen Beitrag zur nationalen Identitätsstiftung leisten.275 Ob die Trends der historischen Romane gerade das Leben der einfachen Leute und auch vermehrt Frauenschicksale zu thematisieren in dieser Form auch bei staufischen Filmproduktionen zu finden sind, ist schwer zu konstatieren. Gesucht wurde gezielt nach Filmen und Dokumentationen zu den Staufern und einzelnen Herrscherpersönlichkeiten. Falls sich auch die Filmproduktionen zu den Lebensumständen und weiblichen Schicksalen in der Stauferzeit in der jüngsten Vergangenheit häufen, könnte diese Entwicklung durch das Suchraster gefallen sein. Die Verfilmung des Lebens Hildegard von Bingens ist jedenfalls ein Indiz dafür.276 Neben der sehr präsenten Darstellung der Stauferzeit als positive Zeit der eigenen Ursprünge deuten Titel und Kurzbeschreibungen ab den 2000er Jahren an, dass die Stauferzeit in diesen filmischen Produktionen – ähnlich wie bei den historischen Romanen dieses Zeitraums – als eine faszinierendandere, nachfühlbare Epoche dargestellt wird.

273 Vgl. Korte/Paletschek, 2009, S. 9. 274 Wir Deutschen: Bernhard Dircks, Deutschland, 1991-1992. Vgl. IMDb.com: Wir Deutschen – Eine Reise zu den Schauplätzen der Vergangenheit. https://www.imdb.com/title/tt0381831/ [1.6.2019]. Die Deutschen: Christian Twente/Robert Wiezorek, Deutschland, 2008-2010. Vgl. ZDF Mediathek: Die Deutschen. https://www.zdf.de/dokumentation/die-deutschen [1.6.2019]. 275 Auch wenn es in der Folge zu Friedrich II in Die Deutschen um ihn als »Wanderer zwischen Abend- und Morgenland« geht, wie es der Untertitel suggeriert. ZDF Mediathek: Friedrich II. und der Kreuzzug. https://www.zdf.de/dokumentation/die-deutschen/friedrich-ii-und-der-kreuzzug102.html [1.6.2019]. 276 Margarethe von Trotta, Deutschland/Frankreich, 2009.

3

0

2

5

2

12

1970-1979

1980-1989

1990-1999

2000-2009

2010-2017

Gesamt

5

1

1

1

-

9

1

4

2

-

2

national

regional

2

Herrschaft

Herrschaft

Herrschaft

8

2

3

2

-

1

transnational

Friedrich

5

3

2

-

-

Barbarossa

4

1

2

1

-

-

Friedrich II.

Luhmann, Isabelle, 2017: Zusammenstellung Staufer in historischen Romanen nach Herrschern und nach Themen. Rohdatentabelle.

Gesamt

Zeitraum

Tab. 2: Übersicht über die Staufer in TV-Dokumentationen von 1970-2010

7

2

4

1

-

-

Mittelalter

Andersartiges

9

2

5

2

-

-

Ursprünge

Positiv eigene

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

 

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88

Die Staufer in der populären Geschichtskultur

3.4.3

»Virtuelles Rittertum« im Mittelalter-Computerspiel

Computerspiele sind ebenfalls Bestandteil der populärkulturellen Geschichtskultur. Die Vergangenheit ist hier ein willkommenes Reservoir für die Entwicklung von Charakteren und Plots. Computerspiele mit historischem Background verkaufen sich gut.277 Die Urheber dieser Spiele beanspruchen für sich keine historische Korrektheit, vielmehr wird diese dem Spielfluss untergeordnet. Daher wird der »Komplexität von Geschichte [wird] in Spielen, die oft einer linearen Chronologie der Ereignisse folgen müssen, nur selten Rechnung getragen.«278 Die Vergangenheit ist Bestandteil des Narrativs, kann Motiv hinter den Spielhandlungen sein und dient der Figurenentwicklung. Vor allem die »Atmosphäre« der jeweiligen Epoche soll im Spiel auf den Konsumenten wirken.279 Das Mittelalter als Hintergrund für Spielhandlungen ist in diesem Genre besonders beliebt. Die Epoche wird hierbei oft als Einheit und sehr vereinfacht dargestellt, sodass sie allgemein verständlich ist und der Plot reibungslos verläuft. Verwendet werden wiedererkennbare, eindeutige Motive, die meist stereotypen Auffassungen der Epoche entsprechen. Der historische Spielbezug dient eher der Unterhaltung denn des Erkenntnisgewinns und ermöglicht den Spielenden das Nacherleben der Epoche. Indem die Vorstellungen der Spielenden zum Mittelalter aufgegriffen werden, werden ihre Erwartungen erfüllt und das Spiel positiv bewertet. Hierbei bedingen sich die Darstellungen in den verschiedenen Genre der Populärkultur gegenseitig.Was Computerspielende aus dem mittelalterlichen Film oder Roman kennen, das erwarten sie auch im Spiel und umgekehrt.280 So stellte Carl Heinze fest, dass es nicht die Mittelalter-Darstellung im Computerspiel gibt. Es sei jedoch möglich, bestimmte Charakteristika der Mittelalterbilder in diesem Genre herauszuarbeiten, die in unterschiedlichen Ausformung in den Spielen zu finden sind:281 Grundsätzlich wird das Mittelalter oft durch die materielle Dimension erschlossen. Hierunter sind zum einen die populären Vorstellungen von mittelalterlicher Architektur zu verstehen. Die Epoche manifestiert sich durch die Darstellung scheinbar typischer Burgen, stattlicher Kathedralen und Fachwerkhäusern. Zum anderen spielen vermeintlich typische mittelalterliche Güter und deren Produktion in den Spielen eine große Rolle. Heinze legt daher nahe »Handwerksberufe wie den Schmied oder den Bäcker zum Kanon der Mittelalter-Chiffren des Computerspiels zu zählen.«282 Auch bei den sehr häufig zu findenden auf den militärischen Bereich fokus-

277 Vgl. Heinze, Carl, 2012: Mittelalter Computer Spiele. Zur Darstellung und Modellierung von Geschichte im populären Computerspiel. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 8). Bielefeld, S. 299. 278 MacCallum-Stewart, Esther, 2009: Geschichte und Computerspiele. In: Hardtwig, Wolfgang/Schug, Alexander (Hg.): History Sells! Stuttgart, S. 119-130, 2009, S. 120. 279 Vgl. ebd., 2009, S. 120-121. Wie Esther MacCallum-Stewart richtig feststellt, ist auch hier auf die große Bandbreite von Computerspielen hinzuweisen. Einige stellen die Vergangenheit durchaus sehr detailliert und auch weitestgehend »korrekt« da, andere bleiben jedoch auf einer eher oberflächlichen, stereotypen Ebene, die »Heldensagen und hurrapatriotische Rhetorik befördert.« Ebd., S. 128. 280 Vgl. MacCallum-Stewart, 2009, S. 120; Heinze, 2012, S. 299, S. 304-305. 281 Vgl. Heinze, 2012, S. 298. 282 Ebd., S. 301.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

sierten Spielen steht die Sachkultur des Mittelalters im Vordergrund. Waffen, Rüstungen, Belagerungsmaschinen und andere historische Kriegsgerätschaften werden detailliert dargestellt und beschrieben. Generell scheint dieser Aspekt – der ritterliche Kampf – in den mittelalterlichen Spielen von größter Bedeutung zu sein.283 Wie wird nun speziell die Stauferzeit in diesen Spielen thematisiert? Bei einer ersten unsystematischen Recherche konnten keine explizit die Staufer thematisierenden Computerspiele ermittelt werden. Die Stauferzeit scheint in diesem Genre aber durchaus eine wichtige Projektionsfläche zu sein, wie eine kleine, quantitative Auswertung aus Carl Heinzes Dissertation verdeutlicht: In dieser hat er 22 Spiele auf die Frage hin ausgewertet, welche historischen Personen in ihnen am häufigsten auftreten. Von diesen insgesamt 350 zu findenden historischen Persönlichkeiten sind die meisten jeweils in nur einem Spiel präsent. Interessanter sind die Persönlichkeiten, die häufiger auftreten. Nach Richard Löwenherz mit acht Auftritten in den Computerspielen ist auf Platz zwei schon der Staufer Friedrich Barbarossa zu finden mit sechs Nennungen. Dies verdeutlicht die Bedeutung der staufischen Epoche zumindest für eine begrenzte Zahl an Spielen. Um herauszuarbeiten, welche Aspekte der Stauferherrschaft primär thematisiert werden, wurden die Inhalte der 22 Spiele analysiert:284 Am häufigsten zu finden sind militärische Schlachten, die in mittelalterlicher Kulisse stattfinden. In diesen müssen die verschiedenen Truppenteile, die analog des mittelalterlichen Kriegswesens ausgestattet sind, so eingesetzt werden, das die Kontrahenten vernichtend geschlagen werden. Für die Stauferzeit bedeutet dies, dass in den meisten in dieser Zeit spielenden Computerspielen Aspekte wie Ritterlichkeit, Heldenmut, Rüstungen und andere Elemente des Kriegswesens von Bedeutung sein werden. Führen auch berühmte Staufer die Schlachten als Heerführer an, entsteht ein direkter Bezug zur Dynastie. Dies ist beispielsweise bei dem Spiel Age of Empires II.: The Age of Kings der Fall, in dem die Spielenden in der Spiellogik einer aggressiven Expansion verschiedene weltgeschichtliche Epochen in Person einer berühmten Herrscherpersönlichkeit durchlaufen. Eine dieser Personen ist Friedrich Barbarossa. Bevor es jedoch zu einer kriegerischen Auseinandersetzung im Spielverlauf kommen kann, muss eine auf verschiedenen Rohstoffen beruhende Wirtschaft aufgebaut werden.285 Daraus lässt sich schließen, dass der Aspekt der Nahrungsund Güterproduktion, also der Sachkultur, auch in Computerspielen der Stauferzeit eine wichtige Rolle zu spielen scheint, so wie es Carl Heinze schon für Mittelalterspiele

283 Vgl. ebd. Diese Aussage muss eingeschränkt werden auf die 22 von Carl Heinze auf ihre historischen Persönlichkeiten untersuchten und für diese Dissertation näher betrachteten Computerspiele. Hier ist die Omnipräsenz der mittelalterlichen Kriegsführung jedoch augenfällig. 284 Vgl. Heinze, 2012, S. 159-160. Bedauerlicherweise führt Carl Heinze nicht auf in welchen dieser Spiele Barbarossa dezidiert auftritt, deswegen werden im Folgenden die meisten der 22 Spiele inhaltlich kurz skizziert. Ausgeschlossen wurden Spiele wie z.B. Robin Hood – Die Legende von Sherwood oder King Arthur: The Role Playing Wargame, weil aus den Titeln schon geschlussfolgert werden kann, das sie nicht die Stauferzeit zum Thema haben. 285 Vgl. Heinze, 2012, S. 276; 4Players GmbH: Test: 13th Century: Death or Glory. https://www.4playe rs.de/4players.php/dispbericht/PC-CDROM/Test/4449/7698/0/13th_Century_Death_or_Glory.html [27.10.2017].; Wikipedia, Die freie Enzyklopädie: Age of Empires II. https://de.wikipedia.org/wiki/ Age_of_Empires_II [27.10.2017].

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

im Allgemeinen herausgearbeitet hat. Güterproduktion, aber auch militärisches Geschick, Stadt- und Kulturentwicklung sind bei den Computerspielen Civilization III./IV. und Empire Earth von Bedeutung. Auch hier können die Spielenden in Form von bekannten historischen Figuren ihre Völker gegenseitig in die Schlacht und bei Erfolg in die nächste Entwicklungsstufe führen.286 Dieser Zivilisationsaufbau ist neben anderen Epochen auch ins Mittelalter gelegt worden. Es ist anzunehmen, das vor allem materielle Dimensionen der Zeit in diesen Spielen wichtig sind wie beispielsweise genügend Rohstoffe und ansehnliches Kriegsmaterial. Dies wird auch für die Spiele bzw. Entwicklungsstufen gelten, die dezidiert in der Stauferzeit stattfinden. Auch bei Die Gilde/Die Gilde 2, einer Wirtschaftssimulation mit Elementen des Rollenspiels, steht vornehmlich die bestmögliche Produktion von Gütern im Vordergrund. Daneben wird durch das Rollenspiel ein Eindruck von mittelalterlicher Alltagskultur erzeugt, worin das Spiel eine Ausnahme im Genre ist.287 Ebenfalls im Mittelalter, aber doch in einer ganz anderen Kulisse spielen Assasin’s Creed 1/2 und Knights of Honor: Lionheart: King’s Crusade. Diese Actionspiele haben als Rahmenhandlung den 3. Kreuzzug, in dem zwar vorwiegend die historischen Figuren Richard Löwenherz und Saladin präsent sind, Friedrich Barbarossa aber zumindest eine marginale Rolle spielt. Auch in diesen Spielen sind vor allem militärische Aspekte des Mittelalters von Bedeutung, diesmal liegt der Fokus jedoch auf den Ritterorden und dem Kampf gegen die Ungläubigen – ebenfalls ein elementares Charakteristikum der Stauferzeit, das auch in anderen Medien der populären Geschichtskultur eine große Rolle spielt.288 Die Zeit der Staufer wird in Computerspielen so thematisiert, wie es Carl Heinze für das Mittelalter in diesem Genre im Allgemeinen konstatiert: Skizziert werden typisierte Geschichtsbilder und eingängige, wieder erkennbare Motive. Diese sind allgemein verständlich und zugänglich. Wichtig sind vor allem Aspekte der Sachkultur aus dem militärischen und wirtschaftlichen Bereich. Zwischen Mittelalterdarstellungen im Allgemeinen und spezifisch der Zeit der Staufer kann oft nur schwer unterschieden werden. Das wiederholte Vorkommen Barbarossas in einer exemplarischen Menge an Spielen veranschaulicht jedoch, dass diese Epoche häufig verwendet wird, um typische Mittelalterszenerien in Computerspielen zu illustrieren.

3.4.4

Mittelaltermärkte und Co – Der Bereich der Living History

Ein sehr breites Genre, in dem verschiedenste Auslegungen des Mittelalters und der Staufer zu finden sind, ist das Feld der Living History. Dieses ist Teil einer richtiggehenden Mittelalterszene, zu der spezialisierte Zeitschriften und Internetforen gehören, über die sich die Darstellenden historischer Festivals und Reenactments austauschen.

286 Vgl. Amazon: Sid Meyer’s Civilization IV. https://www.amazon.de/Take-2-Sid-Meiers-Civilization/d p/B0009PO5IY [27.10.2017]; Amazon: Empire Earth. https://www.amazon.de/Activision-BlizzardDeutschland-Empire-Earth/dp/B00005O86X [27.10.2017]. 287 Vgl. Heinze, 2012, S. 251-252. 288 Vgl. ebd., S. 156-158; Amazon: Knights of Honor. https://www.amazon.de/Electronic-Arts-Knights-o f-Honor/dp/B0002GDE6Y [27.10.2017].

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

Das Nachspielen bestimmter historischer Ereignisse oder ganzer Epochen und ihrer Lebensumstände ist keineswegs eine ganz neue Ausdrucksform des Geschichtsbewusstseins, sondern hat eine lange Tradition, die sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen lässt.289 Gerade in jüngster Vergangenheit hat diese Form der Geschichtsaneignung jedoch eine enorme Popularität erlangt. Das physische und emotionale Nacherleben der Vergangenheit – und hier mit Vorliebe der Zeit des Mittelalters – scheint ein Phänomen vor allem des 21. Jahrhunderts und seinen Geschichtsbedürfnissen zu sein. »Geschichte will [heute] offenbar zunehmend erlebt, gefühlt und körperlich wahrgenommen werden.«290 Ausdruck findet diese Beliebtheit in einer stetig wachsenden Community, die ihre Ausstattung in spezialisierten Internetshops bestellen und sich zu anstehenden Events über einschlägige Zeitschriften wie Karfunkel oder Miroque informieren kann.291 Diese performativen Mittelalteraneignungen finden oftmals in den unterschiedlichsten Ausformungen des Mittelaltermarkts statt.292 Die Anfänge westdeutscher Mittelaltermärkte liegen in den 1970er Jahren. Übernommen wurden zunächst die aus Großbritannien bekannten Rittermahle. Wichtige Triebkraft in der Genese dieser Märkte war auch die Folk- und Liedermacherbewegung, im Zuge derer alte Musik wieder entdeckt wurde. Ab den 1980er Jahren emanzipierten sich die Mittelaltermärkte allmählich als eigenständige Veranstaltungen. Heute ist die Zahl an Märkten unüberschaubar.293 Einzelne Personen oder geschlossene Gruppen stellen mittels mannigfaltiger Stände mit »mittelalterlichen« Gütern oder verschiedensten Events wie Rittertunieren, Falkenschauen oder des mittelalterlichen Lagerlebens ein sehr unterschiedliches Bild vom Mittelalter dar. Die Bandbreite an Darstellungsformen kann durch zwei Extreme, wie sie Sven Kommer ausführlich schildert, skizziert werden: Zum einen gibt es historische Events, die vor allem kommerziell orientiert sind und ihren Schwerpunkt weniger in der historischen Epoche als in dem Bereich »Fantasy« sehen, für das das Mittelalter eine ideale Fundstätte ist.294 Es sind derartige Veranstaltungen, die vielfach auch in der Szene als reißerisch und übertrieben kritisiert werden und in denen das Mittelalter oft romantisierend als heile Welt und vor allem stereotyp dargestellt wird.295 Das andere Extrem an Mittelalterdarstellungen sind historische Festivals, bei denen nach Sven Kommer »tatsächlich streckenweise der Eindruck [entsteht], versehentlich

289 Vgl. Paletschek, Sylvia, 2013: Popular Presentations of History in the Nineteenth Century: The Example of Die Gartenlaube. In: Paletschek, Sylvia (Hg.): Popular historiographies in the 19th and 20th centuries. Cultural meanings, social practices. (New German historical perspectives, Bd. 4). New York, S. 34-54, S. 38; Groebner, 5.10.2017, S. 14. 290 Jureit, 10.10.2014, S. 1. 291 Vgl. Kommer, 2011, S. 186; Groebner, 2008, S. 141. 292 Zur Definition des Mittelaltermarktes siehe S. 28. 293 Vgl. Kommer, 2011, S. 185-187. 294 Hier distanzieren sich die Veranstalter selbst von jeglichem Authentizitätsanspruch und als mittelalterliche Kleidung kann im Zweifelsfall auch das Piratenhemd gelten. Die Musik auf solchen Events ist maximal mittelalterlich anmutend und richtet sich an die schwarze Szene. Die reinen Verkaufsstände dienen nirgends der Erläuterung älterer Handwerkstechniken, sondern vorwiegend dem Verkauf von Fantasy- oder Ethno-Artikeln. Vgl. Kommer, 2011, S. 188-190. 295 Vgl. Blomann, Julian, 2009: Geschichtsdarstellung auf historisch orientierten Events. In: Hardtwig, Wolfgang/Schug, Alexander (Hg.): History Sells! Stuttgart, S. 325-333, S. 328-329.

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ins Mittelalter geraten zu sein«.296 Bei dieser Form von Mittelaltermärkten, die viele Darstellende anstreben, wird historische Korrektheit und vor allem eine möglichst authentische Inszenierung der Vergangenheit zum wichtigsten Qualitätsmerkmal. Es herrscht ein richtiggehender Wettstreit zwischen den verschiedenen Gruppen der Szene, welche das Mittelalter am authentischsten nachzubilden vermag.297 So verschieden die Darstellungen des Mittelalters auf den historischen Events sind, so unterschiedlich sind auch die Aktiven und Besucher der Szene:298 Neben Spaß-Nutzern, die mit dem Mittelalter vor allem mythisch anmutende andere Zeiten assoziieren, gibt es vielfach anspruchsvolle Nutzer, die hohe Anforderungen an die Nachstellungen der Epoche stellen. Diese Nutzer eignen sich viel Wissen über das Mittelalter mittels Recherche und Selbststudium an. Sind keine entsprechenden Quellen oder andere Belege zu finden, probieren sie alte Handwerkstechniken selbst aus und generieren dadurch eigenes Wissen, von dem auch die akademische Forschung profitieren kann.299 Das aktive Nachstellen der Vergangenheit oder auch das passive Nachempfinden einer anderen Epoche wie es durch den Besuch eines Mittelaltermarktes erzeugt werden kann, erfüllt wohl am ehesten die Bedürfnisse, aus denen heraus sich der moderne Mensch mit einer vor allem als anders empfundenen Vergangenheit beschäftigt:300 Das körperlichsinnliche Nachempfinden einer als schön und einfach empfundenen Welt ermöglicht eine gewünschte Auszeit vom hochkomplexen Alltag. Als Teil einer stabilen Gruppe mit verlässlichen Regeln und Ritualen unterwirft sich das Individuen festen, traditionellen Ordnungsstrukturen, die es in der Gegenwart vermisst.301 »Die Zeitreise bekommt hier

296 Kommer, 2011, S. 190. Hier sind neben Verkaufsständen für das breitere Publikum, die einer weiteren Definition vom Mittelalter folgen und neben den Holzschwertern für Kinder auch SamuraiSchwerter verkaufen, vor allem Stände zu finden, an denen die Aktiven selbst ihre Ausstattung erstehen können. Es wird großen Wert auf die Vermittlung der mittelalterlichen Epoche gelegt, weswegen zahlreiche Vorführungen alter Handwerkstechniken zu sehen sind. Musik, Lagerleben und auch inszenierte Schlachten werden so historisch korrekt wie möglich nachgestellt. Es wird nur gezeigt, was durch Quellen belegbar und ohne moderne Mittel nachstellbar ist. Vgl. Kommer, 2011, S. 191-192, S. 194. 297 Nach Julian Blomann wird unter einer authentischen Darstellung die größtmögliche Annäherung an das historisch/archäologisch gesicherte wissenschaftliche Geschichtsbild verstanden. Vgl. Blomann, 2009, S. 328. Zur Suche nach der größtmöglichen, vielfach beschworenen Authentizität führt Valentin Groebner Martin Sabrow an, nach dem das Konzept Authentizität nicht erforschbar sei anhand der historischen Überreste, sondern vielmehr anhand des Gebrauchs der Kategorie und damit der Beziehung zwischen Betrachtenden und historischen Überresten. Vgl. Groebner, 2018, S. 34. Dieser Authentizitätsanspruch stößt in der Realität vielfach an seine wirtschaftlichen und auch sozialen Grenzen, z.B. wenn bei einem Rittermahl den historischen Überlieferungen entsprechend ein Großteil der Gruppe bedienen müsste und nicht am Mahl teilnehmen dürfte. Vgl. Kommer, 2011, S. 193. 298 Grundsätzlich sind die Handelnden oftmals männlich, haben Abitur und sehr viele Aktive haben darüber hinaus ein Fach mit historischem Bezug studiert. Lebendige Geschichtsaneignungen scheinen dementsprechend vor allem ein Phänomen der Bildungsschicht des 21. Jahrhunderts zu sein. Vgl. Blomann, 2009, S. 327. 299 Vgl. ebd., S. 327-328; Kommer, 2011, S. 198-199. Zur Wechselbeziehung zwischen akademischer und populärer Wissenschaft siehe S. 25. 300 Siehe S.46. 301 Vgl. Blomann, 2009, S. 333; Fenske, 2009, S. 81.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

einen Biss Richtung Eskapismus.«302 Über das Bedürfnis hinaus Geschichte nachzuerleben und zu fühlen scheinen Reenactments aller Art vielfach auch den Wunsch nach Erkenntnisgewinn zu befriedigen. Des Weiteren sind sie für die Veranstalter ein starker Wirtschafts- und Marketingfaktor, auf den viele Städte beispielsweise nicht mehr verzichten wollen. Sie scheinen auch einen gewissen Beitrag zur historischen Identitätsstiftung zu leisten, wenn darunter die Konstituierung einer bestimmten Rolle in der nachspielenden Gemeinschaft verstanden wird und vor allem wenn konkrete Personen und Ereignisse aus der »eigenen« Geschichte dargestellt werden. Wie speziell die Zeit der Staufer in diesem Genre rezipiert wird und welche geschichtskulturellen Wünsche mit diesen Darstellungen erfüllt werden, wird später am Beispiel der Stauferstädte Göppingen und Schwäbisch Gmünd exemplarisch detailliert betrachtet werden. Ein kurzer Blick in die Mittelalterszene verdeutlicht, dass diese Epoche im Reenactment sehr beliebt ist. Die im deutschen Sprachraum am weitest verbreiteten Zeitschrift der Mittelalterszene Karfunkel gab dementsprechend ein ganzes Themenheft zu den Staufern heraus. In diesem wird über verschiedenste Handwerkskünste informiert, Rezepte und Bauanleitungen zum Nacherleben dieser Zeit abgedruckt und die bedeutendsten Schauplätze der Stauferzeit geschildert.303 Auch gibt es darstellende Gruppen, die sich konkret auf die Zeit der Staufer und deren Nachstellung spezialisiert haben. Als Beispiel sei hier die Familia Swevia aus dem Raum Waiblingen genannt, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Hausgemeinschaft eines schwäbischen Ministerialen detailgetreu und lebendig darzustellen. Diese Gruppe stellt an sich selbst hohe Ansprüche an eine möglichst authentische Darstellung der Zeit und benutzt vorwiegend Quellen aus dem südwestdeutschen Raum. Zentraler Inhalt des Vereinslebens ist neben der Selbsterfahrung der historischen Kultur auch die Vermittlung des erworbenen Wissens über die Epoche.304 Auch die Gruppe Die Reisecen e.V. aus dem Raum Esslingen haben sich auf die Zeit der Staufer, konkret auf die Regierungszeit Friedrichs II., spezialisiert. Ihre Gruppe ist nach der mittelalterlichen Gesellschaftsstruktur der familia strukturiert. Ziel ist Erwerb und Weitergabe von Wissen über das Hochmittelalter und die Rekonstruktion der Epoche in ihrer materiellen Dimension.305 Bemerkenswert ist, dass beide auf die Staufer spezialisierten Gruppen aus dem Gebiet stammen, das oftmals als das Kernland oder Stammland der Staufer umschrieben wird.306 Das heißt die staufische Geschichte ist für die darstellenden Gruppen ein Stück weit auch die »eigene« Geschichte, was die These der Identitätsstiftung durch dieses Genre untermauert. Dies erklärt auch den hohen Anteil an Staufer- oder Barbarossamärkten und staufischen Gruppen in an-

302 Kommer, 2011, S. 192. 303 Vgl. Karfunkel Verlag: Codex Nr. 3: Die Zeit der Staufer. https://www.karfunkelshop.de/karfunkel-c odex-staufer-p-47.html [31.10.2017]. 304 Vgl. Familia Swevia. Darstellung des frühen 13. Jahrhunderts: Wir als Gruppe und unsere Ziele. https://familia-swevia.de/index.php?p=ueberuns [31.10.2017].; Familia Swevia. Darstellung des frühen 13. Jahrhunderts: Infos für Veranstalter. https://familia-swevia.de/index.php?p=infos_veranstalter [31.10.2017]. 305 Vgl. Die Reisecen e.V.: Der Verein. https://www.die-reisecen.de/wirueberuns/verein.html [31. 10.2017.]; Die Reisecen e.V.: Home. https://www.die-reisecen.de/index.html [31.10.2017]. 306 Siehe S. 180ff.

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deren Stauferstädten.307 Zu nennen seien hier beispielsweise das Stauferspektakel in Waiblingen, der Barbarossamarkt in Sinzig oder als Exempel für eine auf die Stauferzeit spezialisierte darstellende Gruppe die seit 2010 existierende Stauferwache in Bad Wimpfen. All diese historischen Events und Reenactment-Elemente, die konkret die Zeit der Staufer thematisieren, bestehen aus den selben Bestandteilen wie sie von Mittelaltermärkten im Allgemeinen bekannt sind: Es gibt Marktstände mit »mittelalterlichen« Gütern und »zünftigen« Tavernen, oft wird das Lagerleben nachgestellt und Rittertuniere markieren die Höhepunkte des living history Spektakels. Versprochen wird ein authentischer Blick auf die Zeit oder ein authentisches Erlebnis.308 Es wird zu zeigen sein, wie konkret die Zeit der Staufer in diesem Kaleidoskop von Vergangenheit dargestellt wird und welche geschichtskulturellen Bedürfnisse mit ihr durch die performative Aneignung befriedigt werden.

3.4.5

Staufische Geschichtsschauen

Auch das vielleicht klassischste Medium der Geschichtskultur, das historische Museum, zeichnet in der jüngsten Vergangenheit vermehrt – vor allem in den Begleitprogrammen – ein Mittelalterbild, das von einer faszinierenden Andersartigkeit und stereotypen Vorstellungen der Epoche geprägt ist. Nach Martin Große Burlage haben historische Ausstellungen vor allem seit der Staufer-Ausstellung 1977 den gesellschaftlichen Status eines Events.309 Diesen versuchen sie durch ein buntes, unterhaltendes und umfangreiches Rahmenprogramm zu verstärken. Noch in den 1970er Jahren wurden Museen im Zuge der Bildungseuphorie dieser Zeit primär als Lernorte definiert.310 Der dokumentarische Zugang zu Geschichte kann diesen Bildungsbemühungen in ihren Anfangsjahren zugesprochen werden.311 Ausstellungsinhalte wurden als endlose Wandtexte vermittelt.312 In den 1980er Jahren kam der Wunsch nach einem selbstständigen Entdecken der Vergangenheit auf, sodass Ausstellungen mit ausziehbaren Schubladen oder Gucklöchern bestückt wurden. Jüngst wird verstärkt auf das Konzept des Edutainment gesetzt: Im lebendigen Museum soll Bildung mit Unterhaltung verbunden wer307 Siehe S. 160ff. 308 Vgl. Wirtschaft, Tourismus, Marketing GmbH Waiblingen: Staufer-Spektakel Waiblingen – Mittelaltermarkt. https://www.staufer-spektakel.de/ [25.05.2018]; Wir helfen e.V.: Unsere Veranstaltungen: Mittelalterlicher Barbarossamarkt. https://www.wir-helfen-ev.de/veranstaltungen/ [31.10.2017]; Zunftmarkt e.V.: Die Stauferwache. http://zunftmarkt.de/stauferwache/ [31.10.2017]. 309 Vgl. Große Burlage, 2005, S. 310. Dies verdeutlicht auch der starke Anstieg der Besucherzahlen deutscher Museen von 25 auf 100 Millionen seit den 1970er Jahren. Vgl. Hardtwig/Schug, 2009, S. 10. 310 Diese Funktion wird ihnen auch heute noch zugesprochen, was die selbstverständliche Stellung der Pädagogik im Museum erklärt. Vgl. Urban, 2009; S. 75, Hartung, 2009, S. 153. 311 Der Bildungseffekt war in diesem Zusammenhang entscheidendes Kriterium, um eine Ausstellung als gelungen zu bewerten. Vgl. Keefer, Erwin, 2009: Paddeln für die Archäologie: Mit dem Einbaum in die Steinzeit. In: Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia (Hg.): History goes Pop. Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 1). Bielefeld, S. 231-250, S. 241. 312 Vgl. Padberg/Schmidt Martin, 2010, S. 15. Grütter bezeichnet diese Ausstellungen zutreffend als »an die Wand geklebte[n] Schulbücher[n].« Vgl. Grütter, 1994, S. 182.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

den. Dazu gehört auch ein entsprechendes Rahmenprogramm mit historischen Märkten und Museumsfesten, bei denen nach Martina Padberg »die akademische Plattform oftmals mehr oder weniger zu Gunsten einer kommerzialisierten Popularisierung aufgegeben« wird.313 Hinzu kommt die zunehmende touristische Nutzung vor allem historischer Großausstellungen.314 So können Museumsbesucher heute in der Regel für den Besuch einer größeren Landesausstellung ein Komplett-Paket buchen, welches neben dem Eintritt auch die Hotelübernachtung und ein zur Ausstellung passendes Freizeitprogramm beinhaltet. Historische Ausstellungen sind seit Ende des 20. Jahrhunderts nicht nur für die Museen selbst ein wichtiger marktwirtschaftlicher Faktor geworden. In diesem Sinne versuchen Kuratoren ihre Ausstellungen möglichst ansprechend zu gestalten, indem sie »ihre Besucher involvieren und ihnen sinnliche Erfahrung und Aktivitäten [zu] ermöglichen.«315 Die Erlebnisorientierung soll die Besucherzahlen in die Höhe treiben.316 Dementsprechend haben populär ausgerichtete historische Ausstellungen vor allem der jüngsten Vergangenheit nicht nur die Aufgabe historische Identität oder politische Legitimation zu gewährleisten und den Wunsch nach Weiterbildung zu erfüllen, sondern auch das geschichtskulturelle Bedürfnis des Nacherlebens und Fühlens historischer Ereignisse zu befriedigen.317 Hierfür scheinen vor allem die Geschichten der großen Herrschergeschlechter geeignet zu sein: »[…] die Karolinger mit den Ausstellungen in Paderborn, die Ottonen in Magdeburg, Berlin und Bamberg, sowie die Salier in Speyer […].«318 All diese Ausstellungen widmeten sich in den letzten 20 Jahren bekannten Herrschergeschlechtern des Mittelalters.319 Neben den großen Ausstellungen »Die Zeit der Staufer« von 1977 und »Die Staufer und Italien« von 2010/2011 waren die Staufer Thema in zahlreichen kleineren Ausstellungen, beispielsweise in anderen Staufer- oder Barbarossastädten. Exemplarisch können die Ausstellungen in Kaiserslautern, die vor allem das Nachwirken der Staufer auch in der Stadt behandelte, und die von Annweiler ausgerichtete Ausstellung im Museum unterm Trifels genannt werden.320 Beide nahmen die große Ausstellung in Mannheim 2010/2011 zum Anlass, um unter anderem lokale Aspekte der Stauferherrschaft in Form von Expositionen zu thematisieren. Den selben Domino-Effekt – vielleicht noch etwas verstärkt – löste auch die Ausstellung 1977 aus: Zahlreiche Stauferstädte boten in diesem Jahr kleine Ausstellungen in ihren städtischen Museen an.321 Neben diesen kleineren, auf den lokalen Raum 313 314 315 316 317 318 319

Padberg/Schmidt Martin, 2010, S. 18. Vgl. Große Burlage, 2013, S. 97. Korte/Paletschek, 2009, S. 41. Vgl. ebd., S. 41-42; Große Burlage, 2005, S. 310. Siehe S. 38. Friedl, 2011, S. 174. Es scheint, als ob der Zugang zur Vergangenheit und der Geschichtsgenuss über diese weit entfernte Epoche eher möglich ist. Zur Entwicklung großer historischer Ausstellung ab den 1980er Jahren siehe S. 65. 320 Vgl. Referat Kultur der Stadt Kaiserslautern (Hg.), 2010: Barbarossa. Historie-Mythos-Marketing. Begleitband zur Ausstellung. (Theodor-Zink-Museum, Bd. 22). Kaiserslautern; Verkehrsverein Annweiler am Trifels e.V., 2010: Veranstaltungen zum Stauferjahr. 321 Exemplarisch sind hier zu nennen die Ausstellungen in Bad Wimpfen, Esslingen, Schwäbisch Hall und Waiblingen. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 24, 50, 124, 133.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

beschränkten Ausstellungen hinaus ist auf Landesebene die Exposition über Friedrich II. von 2008 in Oldenburg zu nennen.322 In dieser unter der Schirmherrschaft des Niedersächsischen Ministerpräsidenten stehenden Geschichtsschau wurde »die Persönlichkeit Friedrichs II. und die seiner zahlreichen Interessen […] visualisiert.«323 Die für die Gegenwart etwas exotischen und faszinierenden Aspekte des Stauferkaisers, wie seine vielfältigen unüblichen Interessen oder seine von Toleranz geprägte Herrschaft auf Sizilien, scheinen eine Schlüsselrolle im Ausstellungskonzept zu sein. Dies verdeutlicht auch die Herausstellung des vom Stauferkaiser selbst verfassten Falkenbuchs als Symbol für dessen faszinierende Andersartigkeit, wie es schon in den historischen Romanen begegnete.324 Betont wird ebenso das zentrale Ziel der Ausstellung, Geschichte mit Hilfe von Multimedia-Stationen »alterslos erlebbar zu machen«.325 Hier wird also neben dem Wunsch nach historischer Bildung auch der geschichtskulturelle Wunsch des Geschichtserlebnis erfüllt.

3.4.6

Begegnungen mit dem Mittelalter auf Reisen

Sehr prägend für die gegenwärtigen populären Vorstellungen des Mittelalters und der Staufer sind Mittelalterdarstellungen, wie sie die Tourismusindustrie erzeugt. Diese faszinierende, ferne Epoche ist aus dem großen Dienstleistungssektor der Tourismusbranche heute nicht mehr weg zu denken. Städte schwärmen von ihrem mittelalterlichen Stadtkern, Burgen laden zum zünftigen Rittermahl und Reiseführer versprechen die Begegnung mit dem Ursprünglichen und Unberührten, das oft im Mittelalter verortet ist.326 Der Wunsch, dem Mittelalter beim Reisen zu begegnen, lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Ein richtiger »Mittelalter-Hype« entstand jedoch erst im Zeitalter der Romantik und im national-patriotisch-geprägten 19. Jahrhundert, als die Ruinen dieser Epoche zu nationalen Manifestationen einstmaliger Größe avancierten.327 Zahlreiche Reiseberichte vor allem von Fahrten nach Italien zeugen vom großen Interesse an Begegnungen mit der oft verklärt wahrgenommenen Vergangenheit. Zu nennen seien hier Burckhardts Cicerone und Gregorovius Wanderjahre nach Italien. Dieser Schriften beeinflussten das Reiseverhalten der Zeit und verstärkten das Interesse 322 Soweit bekannt gibt es während des Untersuchungszeitraums in der BRD keine anderen, größeren Expositionen, die die Zeit der Staufer thematisieren. Die Ausstellung von 1977 ist die erste bundesdeutsche, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Zeit des Geschichtsverdruss entgegen der Forschungstrends mit monumentalen Themen – sprich den Staufern – beschäftigt. Vgl. Assmann, 2007, S. 139. Die Mannheimer Ausstellung stellt sich selbst in die Traditionslinie von 1977 und beansprucht für sich, sich erstmals wieder umfassend mit der staufischen Geschichte zu beschäftigen. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd.1, S. 16; Große Burlage, 2013, S. 95-96. Die Ausstellung in Oldenburg ist nach Selbstaussage die erste deutsche Exposition, die sich der Person Friedrichs II. umfassend zuwendet. Vgl.Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg: Kaiser Friedrich II. (1194-1250). Welt und Kultur des Mittelmeerraums. Ausstellungskonzept. https ://www.friedrich-ii.naturundmensch.de/index3.html [18.10.2017]. 323 Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg [18.10.2017]. 324 Siehe S. 83. 325 Ebd. 326 Vgl. Schneidmüller, 2009, S. 342; Groebner, 19.9.2010, S. 63. 327 Vgl. Groebner, 5.10.2017, S. 9.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

an historischen Destinationen.328 Auch heutige Touristen besuchen historische Sehenswürdigkeiten oftmals mit verklärt-romantischen Vorstellungen des Ortes. Kennzeichen touristischer Attraktionen sind ganz allgemein, dass diese möglichst anders sind als der eigene Alltag, die eigene Zivilisation, der man im Urlaub für eine kurze Zeit entkommen möchte.329 Dementsprechend sind historische touristische Destinationen vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie »Bilder der Ferne« heraufbeschwören. Sie sind Wahrzeichen eines vagen »Früher«, die es den Touristen ermöglichen, im Urlaub in andere Welten einzutauchen.330 Die Begegnung mit der Vergangenheit ist dabei stark emotional aufgeladen, sehr eindringlich und materiell.331 »Man will hineingehen und alles anfassen, egal ob es um romanische Klöster, gotische Kirchen, Renaissanceskulpturen oder mittelalterliche Bauernhäuser geht«.332 Die touristische Vermarktung generiert neue Bilder der Vergangenheit, abhängig von den aktuellen Bedürfnissen. Das Mittelalter gleicht im gegenwärtigen Tourismus oft einem fernen, exotischen Land, das man im Urlaub besichtigen kann.333 Ziel dieser Form der Vergangenheitsdarstellungen ist zum einen die reine Unterhaltung der Reisenden. Zum anderen werden die historischen Überreste als authentische Orte eines historischen Ereignisses präsentiert, um den Besuchern das Erlebnis der Vergangenheit zu ermöglichen und Empfindungen zu erzeugen. Darüber hinaus spielt nach wie vor die Konstruktion von Identitäten durch Abgrenzung von »Anderen« oder durch Begegnung mit dem »Eigenen« eine Rolle.334 Die rezenten touristischen Darstellungen der Zeit der Staufer und die durch sie erfüllten Wünsche werden vor allem anhand der Tourismusangebote in Göppingen ermittelt.335 Ein Blick ins 18. und 19. Jahrhundert zeigt, dass historische Stätten der Stauferzeit bereits bei den Romantikern sehr beliebt waren. Reisen an Orte der staufischen Vergangenheit können dementsprechend eine lange Tradition vorweisen. Ein recht bekanntes Beispiel hierfür sind die Wanderjahre in Italien von Gregorovius, welche 1855 als Buchform erschienen und bis 1877 auf fünf Bände erweitert wurden. In seinen Schriften stand erstmals das italienische Mittelalter im Fokus, welches durch die

328 Vgl. Bernshausen/Pasternak, 07.03.2015, S. 3; Gregorovius, Ferdinand, 1968: Wanderjahre in Italien. München, 2. Aufl., Einführung S. IX. 329 Vgl. Groebner, 2012, S. 4; Enzensberger, S. 711. 330 Enzensberger, S. 714. Vgl. auch Groebner, 5.10.2017, S. 8. 331 Vgl. Groebner, 2012, S. 8. 332 Groebner, 2008, S. 143. 333 Vgl. Groebner, 5.10.2017, S. 8, 15.Dieses faszinierend-exotische touristische Mittelalterbild, wie es vor allem Valentin Groebner skizziert, ist nicht pauschal von allen Touristen so gefragt. Teilnehmer klassischer Studienreisen beispielsweise werden sich vor allem eine sachlich-informative Auseinandersetzung mit den historischen Attraktionen ihrer Rundreise wünschen. Bemerkenswerterweise scheint es aber unabhängig von den verschiedenen Besuchergruppen bei den historischen Destinationen einen Trend hin zu einer auf faszinierenden Alterität beruhenden Darstellung zu geben. 334 Hierbei kann die Nation als Bezugsgröße dienen, möglich ist aber auch eine personalisierte Begegnung mit der Vergangenheit, in die die Reisenden sich einordnen können. Vgl. Bernshausen/Pasternak, 07.03.2015, S. 2.; Groebner, 5.10.2017, S. 9; Groebner, 2018, S. 11, 30; Hachtmann, 06.10.2011, S. 4. Zu den geschichtskulturellen Funktionen von Geschichtstourismus siehe S. 22f. 335 Siehe S. 314.

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Skizzierung der historischen Dimensionen verschiedener Landschaften und Orte abgehandelt wird. Auch verschiedene Stauferstätten Italiens werden beleuchtet wie Castel del Monte – »das Diadem des Hohenstaufenreichs« – Foggia oder Lucera.336 Aus diesen Reiseberichten wird schnell erkennbar, das Gregorovius die Geschichte der Staufer als Kind seiner Zeit – der Mitte des 19. Jahrhunderts – interpretiert. Geprägt von den Vorstellungen der Romantiker appelliert er an die Gefühlswelt, indem er sehr lautmalerisch den Sehnsuchtsort Italien skizziert: Das Licht dieses Himmels berauscht die Seele wie Trank perlenden Weins […] es zehrt die Nebel im Gemüt auf, jene giftigen Dünste, welche in den Nordlandmenschen grundlose Stimmungen erzeugen.337 Das Geschlecht der Staufer wird im Sinne eines sich im 19. Jahrhundert ausformenden Deutschpatriotismus in den Reiseberichten stilisiert als die eigene Ursprungsgeschichte, mit der sich die deutschen Touristen identifizieren müssen. So heißt es beispielsweise bei der Beschreibung des Palastes in Foggia von 1877: »Mit tiefer Erregung wird jeder Deutsche vor diesem letzten Rest des kaiserlichen Palastes stehen, in welchem der genialste der Hohenstaufen so oft wohnte […].«338 Die eigenen Ursprünge in der Ferne wieder entdeckend werden die Berge Apuliens mit dem Hohenstaufen im Schwabenland gleichgesetzt: Auf einmal entführte mich die Phantasie vom Kastell Lucera über die sonnigen Berge Apuliens hinweg nach einer Bergruine im fernen Deutschland, nach dem Hohenstaufen im sagenreichen Schwabenland, und ich durchmaß mit Verwunderung die weiten Wege der Geschichte, welche das Land geführt, und jene auch mit der Burg Lucera in Verbindung gesetzt haben.339 Ganz charakteristisch für seine Zeit beschreibt Gregorovius die Herrschaft der Hohenzollern als die Vollendung des staufischen Vermächtnisses: […] aber die Geschichte des Deutschen Reichs brauchte sechs volle Jahrhunderte, um diese Strecke zurück zu legen. Im Jahre 1870 langte sie dort an. Da stand das Deutsche Reich in der Dynastie der Hohenzollern neu gegründet, und die Fortsetzung der Mission der Hohenstaufen wurde auf jene übertragen.340 Ganz im Sinne der Stauferbegeisterung des 19. Jahrhunderts sind auch die Forschungsreisen und Schriften Arthur Haselhoffs zu verstehen. Zwischen 1905 und dem Beginn des Ersten Weltkrieges bereiste der damals am Königlich Preußischen Historischen Institut in Rom angestellte Haselhoff zusammen mit Martin Wackernagel mehrmals Süditalien. Ziel war es, Die Bauten der Hohenstaufen in Unteritalien systematisch für eine »sachkundige Auseinandersetzung mit der geographischen, historischen und künstlerischen Umwelt Apuliens im Mittelalter« zu erschließen.341 Bekannt ist von ihm vor 336 Gregorovius, 1968, S. 680. In deren Beschreibung werden vor allem Friedrich II. und seine Regierungszeit thematisiert. Vgl. ebd., Einführung, S. IX-XI. 337 Ebd., 1968, S. 681. 338 Ebd., S. 609. 339 Ebd., S. 615. 340 Ebd., S. 615-616. 341 Leistikow, Dankwart, 1991: Einführung. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Haseloff, Arthur. Hohenstaufische Erinnerungen in Apulien. Memorie Sveve in Puglia. (Schriften zur

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

allem der 1906 veröffentlichte Aufsatz Hohenstaufische Erinnerungen in Apulien, in dem er die Ergebnisse und Eindrücke seiner ersten Forschungsreisen verarbeitet.342 Haselhoff unternahm seine Forschungsreisen auf Geheiß Kaiser Wilhelms II., Einem großen Bewunderer Friedrichs II., der 1905 höchstpersönlich die staufischen Bauwerke Unteritaliens besichtigte.343 Auch Haselhoffs Schilderungen sind geprägt vom Zeitgeist des späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die von ihm erforschten Monumente sind Zeugnisse einstmaliger Größe des Deutschen Reiches und können den wachsenden Nationalstolz historisch verorten: […] es haften an diesen Steinen Überlieferungen, die ihre Schöpfer aus dem Dämmerlicht heroischer Größe und Vergangenheit hervortreten lassen. Die wahren Heroen Apuliens sind mitnichten jene trojanischen Helden […] sondern die nordischen Eroberer […].344 Aber nicht nur staufische Stätten in Italien, sondern auch in Deutschland waren schon im 19. und 20. Jahrhundert Ziel zahlreicher Touristen. Dies belegen Postkarten vom Hohenstaufen oder dem Kyffhäuser, die an diesen historischen Reisezielen erworben werden konnten.345 Thomas Brune belegt den wachsenden Hohenstaufen-Tourismus vor allem im ausgehenden 19. Jahrhundert sehr eindrucksvoll durch eine gehäufte Erwähnung von Hohenstaufen-Ausflügen in einer Göppinger Tageszeitung von 1890-1905. Gerade Vereine der Zeit wählten für ihre Exkursionen mit Vorliebe historische Zeugnisse von einstmaliger Größe.346 Auch für Touristen des späten 20. Jahrhunderts und der Gegenwart sind staufische Stätten als Reiseziele beliebt. Vor allem die Exposition von 1977 hat den rezenten Histourismus zu den Staufern befördert. Zahlreiche Stauferstädte boten Touristen in diesem Stauferjahr Attraktionen rund um ihre staufische Geschichte

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staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 12). Weissenhorn (Schwaben), S. 7-9, S. 8. Vgl. auch Albrecht, Uwe, 2005: Vorwort. In: Haseloff, Arthur/Albrecht, Uwe (Hg.): Arthur Haseloff und Martin Wackernagel. Mit Maultier und Kamera durch Unteritalien: Forschungen zur Kunst im Südreich der Hohenstaufen (1905-1915). (Reihe Zeit + Geschichte, Bd. 4). Kiel, S. 7-8, S. 7-8. Haselhoff konnte nur einen sehr kleinen Teil seiner Forschungsarbeiten unter dem Titel Die Bauten der Hohenstaufen in Unteritalien 1920 veröffentlichen. Vgl. Fulloni, Sabina, 2005: Das Lichtbild- und Schriftenarchiv zur hohenstaufischen Kunst und Architektur in Unteritalien von Prof. Dr. Arthur Haselhoff (1872-1955). In: Haseloff, Arthur/Albrecht, Uwe (Hg.): Arthur Haseloff und Martin Wackernagel. Mit Maultier und Kamera durch Unteritalien: Forschungen zur Kunst im Südreich der Hohenstaufen (1905-1915). (Reihe Zeit + Geschichte, Bd. 4). Kiel, S. 25-32, S. 27; Anshof, Claus, 1991b: Zum Geleit. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Haseloff, Arthur. Hohenstaufische Erinnerungen in Apulien. Memorie Sveve in Puglia. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 12). Weissenhorn (Schwaben), S. 5. Mit seinem Besuch setzte er zahlreiche Forschungsaktivitäten zu staufischen Überresten im Süden Italiens in Gang. Vgl. Leistikow, 1991, S. 8; Fulloni, 2005, S. 25. Haseloff, Arthur, 1991: Hohenstaufische Erinnerungen in Apulien. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Haseloff, Arthur. Hohenstaufische Erinnerungen in Apulien. Memorie Sveve in Puglia. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 12). Weissenhorn (Schwaben), S. 1135, S. 11-12. Vgl. Beispielsweise Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Postkartensammlung, 1916: Hohenstaufen; Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Postkartensammlung, 1932: Hohenstaufen und Stadt Göppingen. Vgl. Brune, 1977, S. 39, 41.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

an.347 Bekanntes Beispiel hierfür ist die Straße der Staufer, die bis heute durch die Region rund um den Hohenstaufen führt.348 Bezeichnenderweise beschreibt Arno Borst seinen Eindruck, wie diese Ausstellung von den Besuchenden wahrgenommen wurde, folgendermaßen: Als »[…] unternahmen sie eine Art Reise ins Ausland, als wüßten sie noch nicht, was sie an der nächsten Ecke erwartet […]. Der Hunger nach historischen Informationen war groß; größer war aber die Neugier, mit eigenen Augen etwas zu entdecken, was weder dem lieben alten Schwaben noch dem vertrauten Fortschrittsglauben gleichsah.«349 Auch im Zuge der Mannheimer Exposition von 2010/2011 waren zahlreiche Stauferstätten bemüht touristische Angebote zur staufischen Geschichte zu generieren.350 Gegenwärtig reicht die Angebotspalette von erlebbaren Führungen über Flugvogelschauen bis zum Wander- oder Radweg auf Barbarossas Spuren. Die Staufer sind aus der Tourismusbranche nicht mehr wegzudenken und alle wollen »etwas vom großen Stauferkuchen abhaben«.351

3.5

Die Staufer im kulturellen Gedächtnis der Nation – Ein Fazit

Die Zeit der Staufer war und ist vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart im kulturellen Gedächtnis des deutschen Sprachraums stets präsent: »Als historische Gestalten boten sie auf faszinierende Weise eine Projektionsfläche für die Hoffnungen und Sehnsüchte der Menschen in den nachfolgenden Jahrhunderten.«352 Auch nach 1945 mit dem Ende der großen nationalen Erzählungen behielten sie ihren Platz in der deutschen Geschichtskultur. Als positives Gegenbild in der unmittelbaren Nachkriegszeit der 1940er und 1950er war die Erinnerung an die Staufer vor allem tauglich in Form von Heimatfesten und Traditionsbewusstsein auf der lokalen Ebene präsent. Mit der Verbesserung der Lebensqualität wurde die Stauferzeit auf dieser Ebene zum positiven Abbild, das in Zeiten von Gemeindereformen und gesellschaftlichen Umbrüchen als Orientierungsanker genutzt werden konnte. Daneben wurden und werden die Staufer in Zeiten eines forciert wachsenden europäischen Bewusstseins zu positiven Abbildern einer gemeinsamen, europäischen Vergangenheit. Daneben existiert vor allem ab den 1980er Jahren das Bild einer faszinierend, aber auch abschreckend anderen Stauferzeit und die emotionale und performative Annäherung an diese Vergangenheit. Möglicher Grund für die geschichtskulturelle Beliebtheit der Staufer könnte die Vielschichtigkeit sein, mit der sie im kulturellen Gedächtnis verankert sind: Die Zeit der Staufer kann für transnationale, nationale, regionale und lokale Erinnerungsdimensionen eine Rolle spielen. An die Dynastie sind von Barbarossa über Friedrich II. und Konradin unterschiedlichste Traditionen geknüpft. Diese Erinnerungsdimensionen überlappen und verstärken sich gegenseitig. Hinzu kommt, dass einige Überreste 347 Siehe S. 160ff. 348 Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 1977: Broschüre Straße der Staufer. Stauferstädte-Stäuferstätten. 349 Borst, 1978, S. 183. 350 Siehe S. 160ff. 351 Graf, 2010, S. 296. 352 Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 15.

3. Mittelalter- und Stauferbilder in ihrer geschichtskulturellen Bedeutung seit dem 19. Jahrhundert

staufischer Stätten, an die oftmals auch Staufermythen geknüpft sind (wie die Kyffhäusersage), auch heute noch erhalten sind und besucht werden können. So ist eine sinnliche und materielle Annäherung an die staufische Geschichte nach wie vor möglich, die für deren Verankerung im Geschichtsbewusstsein eine wichtige Rolle spielt. Sehr entscheidend für die Indienstnahme im stetig wachsenden Boom der populären Geschichtskultur ist das Facettenreichtum der staufischen Epoche. Neben ihrer politischen Instrumentalisierung, die vor allem für die Geschichtskultur des 19. und 20. Jahrhunderts von Bedeutung war, ist die Zeit der Staufer auch die Zeit des Rittertums und der Kreuzzüge, der romanischen und gotischen Bauten und der mittelhochdeutschen Literatur. So wird die Stauferzeit zur Fundstätte für die in der Populärkultur wichtigen Stereotypen des Mittelalters, was die Beliebtheit der Staufer für Mittelaltermärkte, historische Romane, Computerspiele u.Ä. erklärt.353

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Vgl. Graf, 2010, S. 305-306.

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4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

4.1

Methodische Vorbemerkungen: Das Museum als Quelle1

In einem ersten Schritt wird nach Thiemeyer die klassische Quellenkritik auf die Museen übertragen und nach AutorIn, zeithistorischem Kontext und Intention der jeweiligen Ausstellung gefragt. Für Museen bzw. Ausstellungen ist hiermit das wissenschaftliche Kuratorium, das Ausstellungshaus und die Träger einer Ausstellung gemeint.2 Beim wissenschaftlichen Kuratorium ist deren Zusammensetzung und damit die Schwerpunktsetzung zu prüfen.3 Informationen über die Wünsche des Ausstellungshauses sind durch deren Leitbild zu erfassen.4 Im Falle der Trägerschaft sind deren politische Position und damit verbunden ihre Interessen zu hinterfragen.5 Mit diesem Kenntnisstand können bestimmte Intentionen und Darstellungsmuster in den Ausstellungen sichtbar werden.6 Hier bietet sich eine Unterscheidung an zwischen thematischen Zielsetzungen, die innerhalb einer Ausstellung erreicht werden sollen, und Zielen, die mit der Ausstellung insgesamt verfolgt werden.7 Die Position der Autorschaft lässt Rück1

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Die Folgenden Erläuterungen zur Methodik der Ausstellungsanalyse sind in Teilen den Kap. III.2. – III.3. der Zulassungsarbeit zu den Staufer-Ausstellungen entnommen. Vgl. Luhmann, Isabelle, 2013: Die Staufer-Ausstellungen 1977 und 2010 – von einer regionalen zu einer europäischen Geschichtsperspektive? Zulassungsarbeit. Freiburg: Albert-Ludwigs-Universität, Historisches Seminar. Vgl. Thiemeyer, 2010, S 84-85; Deutscher Museumsbund e.V, 2011: Leitfaden zur Erstellung eines Museumskonzepts. https://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2017/03/leitfaden-mu seumskonzept-2011.pdf [03.01.2018], S. 12. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 84-85. Vgl. Deutscher Museumsbund e.V, 2011, S. 12. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 85. Vgl. ebd., 2010, S. 87. Thomas Thiemeyer bezieht sich in seiner Arbeit nur auf Zielsetzungen, die die gesamte Ausstellung verfolgt, und denen, so erscheint es, lediglich politische Absichten zu Grunde liegen. Doch auch wissenschaftliche und somit thematische Zielsetzungen beeinflussen das Konzept von Ausstellungen und lassen sich in den konzipierten Geschichtsbildern wiederfinden. Vgl. ebd, 2010, S. 87.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

schlüsse auf die Akteursinteressen zu, welche häufig mit Hilfe der konzipierten Ausstellung erfüllt werden sollen.8 Diese Zielsetzungen beeinflussen die Objektauswahl und Grundkonzeption und damit den thematischen Schwerpunkt der Ausstellung. Die Zusammensetzung und Herkunft der gewünschten Zielgruppe beeinflusst ebenfalls die Aufmachung der Exposition.9 Kenntnisse dieser äußeren Faktoren von Ausstellungen machen die thematischen Darstellungen in diesen zum Teil verständlicher.10 Für die inhaltliche Analyse der musealen Deutung der Vergangenheit sind Kenntnisse über zentrale Konzepte der Museumstheorien jedoch unabdingbar. Jeder Ausstellungskonzeption liegt eine Leitidee, ein bestimmtes Narrativ, mit dem die Thematik vermittelt werden soll, zu Grunde.11 Dieser Idee ordnet sich die weitere Planung unter.12 Sie spiegelt sich unter anderem in der Auswahl zentraler Themen und Fragestellungen wider, welche sich auch auf den Bezugsradius der Objekte auswirkt.13 Außerdem zeigt sich diese zentrale Idee in der räumlichen Aufteilung der Ausstellung. Die Ausstellung folgt einer bestimmten Dramaturgie mit Anfang und Ende, die in einem festgelegten Parcours ihre räumliche Umsetzung findet.14 Die Anordnung der Objekte sowohl im einzelnen Raum als auch in der gesamten Ausstellung ist auf das Rezeptionsverhalten des Besuchers ausgerichtet.15 Daher können aus dem gewählten analytischen Zuschnitt einer Ausstellung Erkenntnisse über die gewünschte Interpretation des historischen Ereignisses gewonnen werden.16 Indem beispielsweise Themen in Abgrenzung zu einer rein chronologischen Darstellungsweise durch Themenparcours

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Weswegen beispielsweise Ausstellungen, die durch das Land gefördert werden, auch neben der Förderung des Geschichtsbewusstseins allgemein die Förderung des Landesbewusstseins auf ihre Fahnen schreiben. Vgl. Bumiller/Krieg, 2011, S. 210. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 85. Vgl. ebd., S. 87-89. Vgl. Hartung, Olaf, 2009: Aktuelle Trends in der Museumsdidaktik und ihre Bedeutung für das historische Lernen. In: Oswalt, Vadim/Pandel, Hans-Jürgen (Hg.): Geschichtskultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart. Schwalbach, S. 153-173, 171. Vgl. Gonseth, Marc-Olivier, 2012: Ausstellen heißt…: Bemerkungen über die Muséologie de la rupture. In: Natter, Tobias G./Fehr, Michael/Habsburg-Lothringen, Bettina (Hg.): Die Praxis der Ausstellung. Über museale Konzepte auf Zeit und auf Dauer. (Kultur- und Museumsmanagement). Bielefeld, S. 39-56, 53. Diese sind auch in Dauerausstellungen zu finden. Vgl. Deutscher Museumsbund e.V, 2011, S. 29. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 87. Vgl. Assmann, 2007, S. 151. Demnach ist eine Ausstellung zweidimensional gesehen einer Erzählung nicht unähnlich, durch Bilder und Gegenstände kommt eine dreidimensionale Ebene hinzu. Buschmann, Heike, 2010: Geschichten im Raum. Erzähltheorie als Museumsanalyse. In: Baur, Joachim (Hg.): Museumsanalyse. Methoden und Konturen eines neuen Forschungsfeldes. Bielefeld, S. 149-170, S. 149-150. Heike Buschmann sieht zwischen historischen Ausstellungen und fiktionalen Texten gewisse Parallelen, weswegen sie erste mit Ansätzen der Erzähltheorie untersuchen will. Vgl. Parmentier, Michael, 2012: Mit Dingen erzählen. Möglichkeiten und Grenzen der Narration im Museum. In: Natter, Tobias G./Fehr, Michael/Habsburg-Lothringen, Bettina (Hg.): Die Praxis der Ausstellung. Über museale Konzepte auf Zeit und auf Dauer. (Kultur- und Museumsmanagement). Bielefeld, S. 147-164, S. 160-161. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 88.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

vermittelt werden, werden diese für den Betrachter nach seinen Ordnungsvorstellungen – bzw. den von den Ausstellungsmachern gewünschten Vorstellungen – und somit der Gegenwart angenähert aufbereitet.17 Generell kann die Erzählstruktur einer Ausstellung synthetisch oder analytisch verlaufen. Bei einer synthetischen Erzählung entwickelt sich die in der Ausstellung erzählte Geschichte in chronologischer Reihenfolge, während ein analytischer Blick konträr dazu verläuft. Bei der Untersuchung der Erzählstruktur einer Ausstellung können die Erzählperspektive, die Art des Erzählers und die Ereignisfolge analysiert werden. Bei der Perspektive, aus der heraus ein Ereignis beschrieben wird, kann zwischen einer Nullfokalisierung, einer externen- und einer internen Fokalisierung unterschieden werden. Für die Betrachtung von größeren historischen Zusammenhängen wird gern die Nullfokalisierung verwendet, in der der Erzähler mehr als jede Figur über das Ereignis weiß und diese einordnen und bewerten kann. Wenn das Thema aus Sicht eines Beteiligten erzählt wird, spricht man von einer internen Fokalisierung wohingegen in der externen Fokalisierung der Erzähler keine Einsichten in das Innenleben der Charaktere hat. Der Erzähler kann heterodiegetischer oder homodiegetischer Natur sein. Ersterer entspricht dem Wissenschaftler, der nicht Teil der erzählten Welt ist. Mit Hilfe des homodiegetischen Ich-Erzählers wird das Geschehen wesentlich subjektiver wahrgenommen und eine Identifikation mit den Personen der Vergangenheit ermöglicht. Die Erzählstruktur beginnt generell bei den einzelnen Ereignissen, die im Museum durch Objekte veranschaulicht werden. Durch deren räumliche Anordnung ergibt sich die zu erzählende Geschichte, welche im Unterschied zu einer reinen Aufzählung der Ereignisse Kausalzusammenhänge stiftet. Ausstellungsmachende können diese Sinnstiftungen bewusst lenken – beispielsweise mit didaktischen Erschließungsmitteln – oder sie werden offen gelassen und die Erschließung dieser somit an den Besucher übergeben.18 Interessant ist auch der Stellenwert der eigentlichen Exponate innerhalb der gewünschten Erzählstruktur: Diese können entweder stark für sich stehen und die Erzählung in großen Teilen alleine tragen oder sie dienen eher als Belege für die Erzählung während die Narration großteils durch didaktische Mittel übernommen wird.19 Des Weiteren muss betrachtet werden, wie einzelne Exponate in einer Ausstellung in Szene gesetzt werden. Inszenierungen in Ausstellungen helfen dem Besucher, einen Zugang zu der für sie oftmals abstrakten Materie zu finden und Hemmungen gegenüber dem als kostbar eingestuften Expositum zu verlieren.20 Die Interpretation der Objekte kann durch eine bestimmte Anordnung

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Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 88. Diese Verknüpfung von Erzählstruktur und räumlicher Anordnung der Exponate löst erst seit den 1980er Jahren verstärkt die davor übliche bloße Aneinanderreihung von Objekten ab. Vgl. Gonseth, 2012, S. 40. Vgl. Buschmann, 2010, S. 152-159. Die erstgenannte Möglichkeit bietet den Besuchern den Freiraum die Deutung der Vergangenheit ein Stück weit selber zu bestimmen, indem Zusammenhänge zwischen den Objekten selbst erarbeitet werden. Letzteres birgt die Gefahr die Objekte nur noch als historische Bestätigung des Erzählten in den Hintergrund zu drängen. Vgl. Buschmann, 2010, S. 155; Thiemeyer, 2010, S. 89; Parmentier, 2012, S. 151. Vgl. Waidacher, 2005, S. 161.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

im Raum beeinflusst werden.21 Ob ein Objekt auf Augenhöhe, alleine, in einer Gruppe, in vollem Licht oder eher im Hintergrund ausgestellt wird, kann seine Semantik gänzlich verändern.22 Deswegen lassen sich gerade an Objekten, denen mit gestalterischen Mitteln eine besondere Position zugesprochen wird, sehr gut die Hauptintentionen von Ausstellungsmachern ablesen. Auch der Raum selbst bzw. die gesamte Exposition kann je nach Interpretation aufbereitet werden, um die gewünschte Geschichtsdeutung zu manifestieren.23 Es ist für die Analyse von intendierten Geschichtsbildern in Ausstellungen daher nach der Art der Präsentation zu fragen. Hierbei reicht die Bandbreite von rein dokumentarischen bis zu stark inszenierten Darstellungen.24 Im ersten Fall fußt die Ausstellung vor allem auf die Wirkung der Objekte an sich und deren Beweiskraft. Stark inszenierte Ausstellungen hingegen bauen die Objekte in Szenen ein und zielen eher auf ein Geschichtserlebnis ab.25 Die gewünschte Darstellungsform spiegelt sich auch im pädagogischen Begleitprogramm zur Ausstellung wider, das im Extremfall sehr sachlich oder sehr eventorientiert gestaltet sein kann.26

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In Anlehnung an Heinrich Grütter wird an dieser Stelle mit dem Begriff »Inszenierung« die Anordnung der Objekte im Raum nach Maßgabe einer Deutung mit dem Ziel der Interpretation verstanden. Vgl. Grütter, Heinrich T., 1994: Die Präsentation der Vergangenheit. Zur Darstellung von Geschichte in historischen Museen und Ausstellungen. In: Füßmann, Klaus/Grütter, Heinrich T./Rüsen, Jörn (Hg.): Historische Faszination. Geschichtskultur heute. Köln/Weimar/Wien, S. 173188, 182. Vgl. Parmentier, 2012, S. 147, Waidacher, 2005, S. 152. Objekte in der Mitte einer Gruppe oder auf Augenhöhe haben die höchste Anziehungskraft auf Besucher; mit ihnen kann die gewünschte Interpretation eines Ereignisses am besten vermittelt werden. Vgl. Parmentier, 2012, S. 154. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 155. Der Leitfaden Museumsbund unterscheidet hier eher zwischen exponatorientierten und themenorientierten Ausstellungen. Vgl. Deutscher Museumsbund e.V, 2011, S. 29. Vgl. Deutscher Museumsbund e.V, 2011, S. 88. Vgl. Thiemeyer, 2010; Große Burlage, 2005, S. 310. Gerade in diesem Bereich der Ausstellungskonzeption sind rezente Entwicklungen von einem minimalistischen Gestaltungsansatz hin zu einem interaktiven und dramaturgischen Ansatz festzustellen. Siehe S. 94. Im ersten Fall sprechen die Exponate eher für sich, im zweiten Fall werden die Besucher verstärkt mit einbezogen und Emotionen geweckt Vgl. Hartung, 2009, 154, 164-165; Deutscher Museumsbund e.V, 2011, S. 30. Dem setzt Diethard Herles entgegen, dass sich die Museumspraxis schon immer Mitteln der Inszenierung bedient hat. Vgl. Diethard Herles, 1996: Das Museum und die Dinge. Wissenschaft, Präsentation, Pädagogik. Frankfurt a.M., S. 110.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

4.2 4.2.1

»Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur« 1977 in Stuttgart: Auftakt des Geschichtsbooms Zwischen Nachkriegsstarre und Nachholbedarf: Der zeithistorische Kontext zur Ausstellung

Die unmittelbare Entstehungssituation der Ausstellung ist die des 25-jährigen Jubiläums des 1952 gegründeten Bundeslands Baden-Württemberg.27 Mit Ausnahme der ersten Regierung wurden in dem jungen Bundesland bis 2011 die Ministerpräsidenten stets von der CDU gestellt; 1972-1992 sogar in der Alleinregierung.28 Der Zusammenschluss wurde im Rückblick durch Ministerpräsident Hans Filbinger als »schwierig« bezeichnet.29 Zwar ergab sich in drei von vier Abstimmungszonen 1951 eine Mehrheit für die Bildung des Südweststaates, in den beiden badischen Abstimmungszonen hatte sich jedoch eine knappe Mehrheit dagegen ausgesprochen. Diese Tatsache führte zu einem anhaltenden Protest gegen den Südweststaat. Erst eine 1970 in ganz Baden durchgeführte Volksabstimmung, in der sich über 80 % für den Verbleib Badens in Baden-Württemberg aussprach, legitimierte den Zusammenschluss.30 Es ist daher anzunehmen, dass die Schaffung eines gemeinsamen Landesbewusstseins durch regionale Ressentiments erschwert wurde. Um die baden-württembergische Identität zu stärken, fanden 1977, im Jahr des Landesjubiläums, neben der Ausstellung zahlreiche andere Aktivitäten mit Landesbezug statt.31 Über Baden-Württemberg hinaus gesehen ist die Geschichte der BRD in den Ausstellungsjahren unmittelbar mit dem Terror der RAF verknüpft, der in den Ereignissen des deutschen Herbstes 1977 seinen Höhepunkt fand.32 Als direkte Antwort auf die Anschläge reagierte Filbinger nach einer Regierungserklärung von 1972 mit »eine[r] Poli27

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Vgl. Große Burlage, 2005, S. 32-33. Erste Überlegungen zu einer Staufer-Ausstellung, die vermutlich ebenfalls durch länger zurückliegende Ereignisse mit beeinflusst sind, sind bereits 1973 zu fassen. Daher werden über die konkreten zeitlichen Rahmenbedingungen der Ausstellung hinaus weitere wichtige Themen und Ereignisse des größeren Ausstellungszeitraums betrachtet, die die junge BRD prägten und damit im weiteren Sinne die Ausstellungskonzeption beeinflusst haben könnten. In einem Ausblick werden weitere politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen bis ca. zum Ende des Kalten Kriegs dargestellt, da diese Auswirkungen auf die lokale Untersuchungsebene der Stauferstädte und deren staufischen Geschichtsdarstellungen haben. So können die langen Linien des Untersuchungszeitraums in ihren zeithistorischen Hintergrund eingebettet werden. Vgl. Akten des Staatsarchivs Ludwigsburg, Bestand EL 230/2 Bü 4, 5.9.1973: Schreiben des Staatsministeriums Baden-Württemberg an das Kultusministerium. (Das Staatsarchiv Ludwigsburg läuft im Folgenden unter dem Kürzel StA Ludwigsburg). Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Die Regierungen Baden-Württembergs seit 1952. https://www.landtagswahl-bw.de/9482.html [31.3.2020]. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd.1, S.V. Vgl. Müller, Sabrina, 2002: Aufbau des Südweststaates. 1945-1972. In: Haus der Geschichte BadenWürttemberg (Hg.): Landesgeschichten. Der deutsche Südwesten von 1790 bis heute.Stuttgart, S. 198-245, S. 202-203. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 55. Vgl. Assmann, 2007, S. 137; Tilmann, Christina, 25.9.2010: Des Kaisers neue Kleider. In: Der Tagesspiegel. https://www.tagesspiegel.de/politik/geschichte/die-staufer-und-italien-des-kaisers-neuekleider/1941632.html [01.03.2018].

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

tik der finanziellen Beschränkung und der ›inneren Sicherheit‹«.33 Die damaligen politischen Entwicklungen suggerierten ein Gefühl von Unsicherheit und gegenwärtiger Gefahr. Zentral für die internationale, aber natürlich auch die deutsche Politik war der Ost-West-Konflikt. Durch die mit den zwei Lagern verknüpften, grundverschiedenen ideologischen Ordnungsstrukturen wirkte der Kalte Krieg tief in die Gesellschaft und »prägte sozioökonomische und soziokulturelle Entwicklungen«.34 Nach einer Phase der Entspannung aufgrund der Anerkennung der nach 1945 in Europa entstandenen Grenzen 1975 in Helsinki, verschärfte sich der Konflikt erneut in den späten 1970er Jahren und frühen 1980er Jahren. Die Invasion in Afghanistan 1979, deren Rüstungsoffensive und der NATO-Doppelbeschluss führten zu einem erneuten Rüstungswettlauf. Eine endgültige Wende im Kalten Krieg brachten die Reformen Michail Gorbatschows ab 1985. Kurze Zeit nach dem Fall der Berliner Mauer erklärten der US-Präsident und Gorbatschow den Kalten Krieg und damit die bipolare Weltordnung für beendet.35 Wirtschaftlich beendete die Ölkrise von 1973 das »goldene Zeitalter« des Nachkriegsbooms und erschütterte den Glauben an ein fortlaufendes Wirtschaftswachstum. Die Folgejahre waren von neuen strukturellen Schwierigkeiten wie wachsender Arbeitslosigkeit und zunehmender Staatsverschuldung geprägt. Keinen Abbruch tat dies jedoch der stetigen Entwicklung zum Massenwohlstand. Die BRD wurde zu einer Konsumgesellschaft, in der Freizeit aufgrund der Reduzierung der Wochenarbeitszeit zu einem eigenständigen Lebensbereich avancierte.36 Neben ersten Konjunktureinbrüchen bewirkte auch eine zunehmende Sorge um die Umwelt die Abkehr vom Fortschrittsglauben. Der Bericht des Club of Rome von 1972 verdeutlichte, dass die Ressourcen der Erde endlich waren.37 »Horrorszenarien von verunreinigten Flüssen, sterbenden Wäldern und verunreinigter Luft wurden gezeichnet«, weswegen die EU in den 1970er Jahren ihre Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung verstärkte.38 Ausdruck fand dieses neue Problembewusstsein in Baden-Württemberg in Form zahlreicher Bürgerproteste gegen ein geplantes Atomkraftwerk in Whyl, welche 1977 zur Stilllegung der Bauarbeiten führte.39 International prägte die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 das Umweltbewusstsein nachhaltig.40 Gesellschaftlich setzte ca. ab den späten 1970er/frühen 1980er Jahren ein Mentalitätswandel ein, der mit den Schlagworten Individualisierung, Pluralisierung und Entnormativierung beschrieben werden kann. Bisher bekannte Standards

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Vgl. Schaller, Peter, 2002: Parlamentarische Demokratie im Medienzeitalter 1972-2002. In: Haus der Geschichte Baden-Württemberg (Hg.): Landesgeschichten. Der deutsche Südwesten von 1790 bis heute.Stuttgart, S. 246-277, S. 248. Wirsching, Andreas (Hg.), 2009: Neueste Zeit. (Oldenburg Geschichte Lehrbuch). München, S. 135. Vgl. ebd., S. 136-138; Wirsching, Andreas, 2015: Demokratie und Globalisierung. Europa seit 1989. München, S. 201. Vgl. Wirsching, 2009, S. 149; Wirsching, 2015, S. 15. Vgl. Schaller, 2002, S. 248. Wirsching, 2015, S. 15. Vgl. Europa.eu: Die Geschichte der Europäischen Union. https://europa.eu/european-union/about-eu/history_de [01.12.2018]. Vgl. Schaller, 2002, S. 249. Vgl. Wirsching, 2015, S. 15; Konrad, Helmut/Stromberger, Monika, 2010: Die Welt seit 1945. Einleitende Bemerkungen. In: Konrad, Helmut/Stromberger, Monika (Hg.): Die Welt im 20. Jahrhundert nach 1945. (Globalgeschichte. Die Welt 1000-2000, Bd. 8). Wien, S. 13-28, S. 18.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

und feste Orientierungspunkte aus der bürgerlichen Moderne begannen allmählich zu erodieren. Zur übergeordneten Kategorie wurde die Entfaltung des Individuums. Dieses soziokulturelle Phänomen, das sich bis weit in die 2000er Jahre hineinzieht, wird gemeinhin mit dem Begriff Postmoderne umschrieben.41 Die junge BRD tat sich anfangs schwer mit der Findung einer eigenen historischen Identität: Abgrenzend von der DDR musste sich die Bonner Regierung als einziger rechtmäßiger Vertreter der deutschen Nation und damit schlussendlich auch als Erbe des Deutschen Reiches inszenieren. Gleichzeitig erfolgte aber auch eine Abkehr von nationalen Vorstellungen und eine Eingliederung in westliche Bündnisse.42 Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die eigene Vergangenheit in einer Art Nachkriegsstarre aus dem öffentlichen Bewusstsein weitestgehend verdrängt.43 Es erschien einfacher, nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges die Flucht nach vorne anzutreten und sich möglichst schnell in das neue westliche Machtgefüge einzuordnen.44 Aleida Assmann spricht in diesem Zusammenhang von einer regelrechten »Geschichts- und Nationsverweigerung«, die durch eine »strategische wie kulturelle Westbindung« ermöglicht wurde.45 Die Abkehr von der Vergangenheit im öffentlichen Diskurs schien offenkundig und wurde als problematisch wahrgenommen: So gab Bundespräsident Walter Scheel auf dem deutschen Historikertag von 1976 zu bedenken, dass die BRD Gefahr liefe, ein geschichtsloses Land zu werden.46 Einschränkend muss jedoch hinzugefügt werden, dass diese Abkehr von der eigenen Geschichte nur im öffentlichen Diskurs eindeutig gefasst werden kann. Dagegen wird der überraschende, herausragende Erfolg der Stuttgarter Schau oftmals auch darauf zurückgeführt, dass diese ein latent vorhandenes Geschichtsbewusstsein in der Bevölkerung erstmals wieder bediente.47 Parallel zum spürbaren Geschichtsverdruss im gesellschaftlichen Diskurs zog sich auch die historische Fachwissenschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg aus der Öffentlichkeit zurück. Sie schien ihre zentrale Bedeutung als Bestandteil des allgemeinen Bildungskanons ein Stück weit einzubüßen.48 Die Forderungen der 1968er Generation nach einer Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit wendeten sich gegen 41

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Vgl. Wirsching, 2009, S. 159; Wirsching, 2015, S. 16. Dieser Wandel wird auch als Begründung für eine Zuwendung zu populärwissenschaftlichen, oftmals eher »phantastischen« Geschichts- und vor allem Mittelalterdarstellungen gedeutet. Siehe S. 46. Vgl. Sheehan, James, 1990: Zukünftige Vergangenheit. Das deutsche Geschichtsbild in den neunziger Jahren. In: Korff, Gottfried/Roth, Martin (Hg.): Das historische Museum. Labor, Schaubühne, Identitätsfabrik. Frankfurt a.M./New York, S. 277-286, S. 278-279. So gibt auch Ministerpräsident Hans Filbinger zu, dass die Deutschen sich mit ihrer eigenen Geschichte schwer tun. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd.1, S. VII, Assmann, 2007, S. 140, Große Burlage, 2005, S. 302. Vgl. Sheehan, 1990, S. 278-279. Assmann, 2007, S. 182. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. VIII. Vgl.Gerhold-Knittel, Elke, 1979: Bericht über die Ausstellung. In: Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart (Hg.): Supplement: Vorträge und Forschungen. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-Kunst-Kultur, Bd. 5). Stuttgart, S. 621-626, S. 625-626, Große Burlage, 2013, S. 92-93. Burlage gibt jedoch zurecht zu bedenken, dass Gründe für den Erfolg der Ausstellung von 1977 aufgrund fehlender Besucheruntersuchungen eher spekulativ zu bewerten sind. Vgl. ebd. S. 92. Vgl. Assmann, 2007, S. 184.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

diesen Geschichtsverdruss. Sie blieben jedoch in der unmittelbaren Vergangenheit des Nationalsozialismus verhaftet und versperrten damit den Zugang zur älteren Geschichte.49 Ab den späten 1970er Jahren kann ein erneutes Interesse an Geschichte festgestellt werden, was oft als unmittelbare Auswirkung der Stuttgarter Staufer-Ausstellung gedeutet wird. Nach dem baden-württembergischen Vorbild planten weitere Bundesländer große, historische Ausstellungen, wie beispielsweise die Preußen-Ausstellung in Berlin, die 1981 realisiert wurde. Generell erfuhren historische Ausstellungen ab den frühen 1980er Jahren »als Schaufenster in die Vergangenheit […] einen geradezu unglaublichen Boom«.50 Das zunehmende Interesse an vergangenen Relikten zeigte sich in einer wachsenden Museumsdichte und vor allem in einem kontinuierlichen Anstieg der Besucherzahlen. Museen wurden »zentraler Teil unserer Freizeit und Erlebnisgesellschaft.«51 Verdeutlicht wird der Aufschwung im deutschen Geschichtsbewusstsein ab den frühen 1980er Jahren auch durch die Initiative Helmut Kohls zum Bau des Haus der Geschichte in Bonn und dem Deutschen Historischen Museum in Berlin. Mit diesen Schritten hob Kohl »das Thema Geschichte von der Kulturpolitik der Länderebene auf die Bundesebene.«52 Besonders beliebt war in vielen dieser gut besuchten Ausstellungen die Epoche des Mittelalters, während das Bismarckreich und die Zeit des Nationalsozialismus zunächst kaum thematisiert wurden. Vermutlich war ein Zugang zur Vergangenheit und ein »Geschichtsgenuss« über diese weit entfernte, für tagesaktuelle geschichtspolitische Debatten nicht so empfängliche Epoche am leichtesten möglich.53 In den Fachwissenschaften vollzog sich in den 1970er und 1980er Jahren eine Abkehr von nationalen und imperialen Perspektiven hin zur Sozial- und Strukturgeschichte.54 Hierbei wurden die Ideen der aus Frankreich kommenden Annales Schule und anglo-amerikanische Ansätze der Sozial- und Strukturgeschichte aufgegriffenen.55 Produkt dieser wissenschaftlichen Neuorientierung ist beispielsweise das bekannte Werk Arno Borst Lebensformen im Mittelalter, das den Schwerpunkt auf die anthropologische Betrachtung dieser Epoche legt.56 Aufgrund der Forschungsperspektive stand die »Beschreibung sozialer Randgruppen und ihre obrigkeitliche Ausgrenzung und Disziplinierung im Vordergrund«, wodurch die aktuellen großen politischen Themen der 1970er und 1980er

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Vgl. Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview): Die Staufer-Ausstellung von 1977; Assmann, 2007, S. 16. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 88. Assmann, 2007, S. 19. Dieser Trend kann bis in die Zeitgeschichte festgestellt werden. Vgl. Große Burlage, 2013, S. 88. Assmann, 2007, S. 138. Dieses staatlich geförderte Geschichtsbewusstsein wurde in einigen Kreisen jedoch sehr kritisch bewertet. Vgl. ebd., S. 185. Dies legt auch die Beobachtung Martin Große Burlages nahe, nach der problemorientierte und Zeitgeschichte aufarbeitende Themen in Großaustellungen im Zeitraum von 1960-2000 eher eine Ausnahme bildeten. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 303. Vgl. Assmann, 2007, S. 139-140, Goetz, 2003, S. 83. So ist vermehrt eine Abkehr von der Ereignis-, zur Strukturgeschichte zu finden und damit einhergehend eine Abkehr von der politischen Geschichte zur Geschichte der Mentalitäten. Vgl. Goetz, 2003, S. 83, 85-86. Vgl. Borst, Arno, 1973: Lebensformen im Mittelalter. Frankfurt a.M. [u.a.].

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

verhandelt wurden.57 Gleichwohl wurde von einem großen Teil der Zunft weiterhin Politikgeschichte im nationalen Rahmen verhandelt.58 Weiterhin ist in diesem Zeitraum auch eine verstärkte Hinwendung zu lokalen und regionalen Studien festzustellen.59 Eine Erweiterung der sozial- und strukturgeschichtlichen Ansätze und zum Teil auch eine Abkehr von diesen stellte das Aufkommen alltagsgeschichtlicher Fragestellungen in den späten 1980er und 1990er Jahren dar.60 Im Fokus hierbei stehen die Dimensionen des »normalen« Lebens fernab großer politischer Ereignisse. Der Blick richtet sich auf das Privatleben der einfacheren Menschen, ihre Wahrnehmungen und Empfindungen.61

4.2.2

Wieso, weshalb, warum? Die Rahmenbedingungen der Ausstellung 1977 in Stuttgart62

Ausstellungsdaten Mit einer Laufzeit vom 25. März bis 5. Juni 1977 war die Exposition nur gute zwei Monate zu sehen.63 In diesem Zeitraum wurden auf 300qm im Alten Schloss in Stuttgart und auf 1000 qm im Kunstgebäude über 1000 Exponate zur Geschichte, Kunst und Kultur der Epoche ausgestellt.64 Ergänzt wurde die Exposition mit einem fünfbändigen Ausstellungskatalog.65 Daneben erschienen ein Kurzführer und ein Schülermagazin, welches von der Pressestelle des Kultusministeriums herausgegeben wurde.66 18 die Ausstellung begleitende Vorträge, die in einen historischen und einen kunsthistorischen

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Groebner, 2008, S. 130. Die Historiker dieser Zeit schrieben seiner Ansicht nach »Abstammungsgeschichten als […] Vollkorngeschichte.« Ebd. Hans-Werner Goetz führt hierzu an, dass ein großer Teil der Hochschulschriften der 1960er und 1970er Jahre sich weiterhin mit der Politikgeschichte beschäftigten. Vgl. Goetz, Hans-Werner, 2003: Mediävistik im 21. Jahrhundert: eine Schlussbetrachtung. In: Goetz, Hans-Werner/Jarnut, Jörg (Hg.): Mediävistik im 21. Jahrhundert. Stand und Perspektiven der internationalen und interdisziplinären Mittelalterforschung. (Mittelalterstudien des Instituts zur interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens, Bd. 1). München, S. 475-482, S. 90. Vgl. Beier, 2000, S. 18. Goetz, 2003, S. 107. Nach Hans-Werner Goetz ist auch die Alltagsgeschichte eine Form der Sozialgeschichte, in der jedoch nicht die Institutionen, sondern die Personen im Fokus stehen. Vgl. ebd. S. 108. Vgl. ebd. Der folgende Abschnitt gibt Antworten auf die nach Thomas Thiemeyer relevanten Fragen zur Quellenkritik an Museen. Dementsprechend werden in Kürze die Autoren, Zweck und Zielgruppe der Ausstellung von 1977 vorgestellt. Die Erläuterungen zu den Rahmenbedingungen der Exposition sind in Teilen aus Kap. V. der Zulassungsarbeit zu den Staufer-Ausstellungen entnommen. Vgl. Luhmann, 2013. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 39. Vgl. Gerhold-Knittel, 1979, S. 621. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977. Der erste Band ist ein Nummernkatalog, indem alle in der Ausstellung gezeigten Objekte aufgelistet und durch einen knappen Objekttext erläutert sind. Im zweiten Band finden sich die Abbildungen hierzu. Band 3 enthält Aufsätze zu Ausstellungsschwerpunkten, Band 4 Karten und Stammtafeln und Band 5, welcher erst nachträglich herausgegeben wurde, Vorträge und Forschungen. Vgl. Gerhold-Knittel, 1979, S. 623; StA Ludwigsburg, Bestand EL 230/2 Bü 4, 1976: Bericht zum Stand der Ausstellungsvorbereitungen.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Bereich unterteilt waren, sollten die Ausstellung darüber hinaus wissenschaftlich unterfüttern.67 Des Weiteren gab es noch drei nicht öffentliche kunsthistorische Kolloquien, in denen neueste Forschungskenntnisse zur Diskussion gestellt wurden.68 Die Ausstellung war eingebettet in ein breit angelegtes Rahmen- und Begleitprogramm durch das möglichst das ganze Bundesland erreicht werden sollte, um die Ausstellungsthematik enger mit der Landesgeschichte zu verknüpfen.69 Daher rief Ministerpräsident Hans Filbinger im Vorfeld der Ausstellung »alle landes- und geschichtsbewußten Kräfte in Baden-Württemberg, zuförderst [an] die Staufer-Städte« zu der Organisation von Aktivitäten rund um ihre Stauferattraktionen auf.70 Diese wurden im Vorfeld auf Kosten des Landes restauriert und in Stauferrouten eingebaut.71 Eine davon führte und führt bis heute durch die Region rund um den Hohenstaufen und schließt die später näher zu analysierenden Stauferstädte Göppingen und Schwäbisch Gmünd mit ein.72 Dem Aufruf des Ministerpräsidenten folgten viele Städte bereitwillig, was von der Landesregierung begrüßt und stark gefördert wurde. Daher erfasste die Ausstellungsthematik 1977 das ganze Bundesland.73

Veranstalter, Träger und Schirmherren der Ausstellung Die Ausstellung in Stuttgart wurde am 25. März 1977 eröffnet, der Beginn der Ausstellungsvorbereitungen ist jedoch bis in das Jahr 1973 zurückzuverfolgen und geht auf die Initiative des Ministerrats zurück. Hierfür wurden Mittel aus dem Staatshaushalt bereitgestellt.74 Veranstalter und Träger der Ausstellung war somit das Land BadenWürttemberg, dessen Ministerpräsident Hans Filbinger auch Vorsitzender des Kuratoriums war.75 Die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernahm Bundespräsident

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Vgl. StA Ludwigsburg, Bestand EL 230/2 Bü 4, 1976: Bericht zum Stand der Ausstellungsvorbereitungen. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 54. Dieses breit angelegte Rahmenprogramm wurde vielfach negativ bewertet als klar politisch motiviertes Mittel der Geschichtspolitik. Vgl. Große Burlage, 2013, S. 92. StA Ludwigsburg, Bestand EL 230/2 Bü 66, 1.11.1975: Schreiben vom Staatsministerium BadenWürttemberg. Viele Städte kamen dieser Aufforderung mit einem breiten Veranstaltungsprogramm nach, allen voran die im Dissertationsprojekt zu untersuchenden Stauferstädte. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977. Vgl. Gerhold-Knittel, 1979, S. 621. Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 1977: Broschüre Straße der Staufer. Stauferstädte-Stäuferstätten. Vgl. Hoch hinauf, 1977. In: Der Spiegel, H. 13. https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40941789.html [18.02.2019], S. 204, Herrmann, Ruth, 1977: Kopf im Moos. Als Tourist auf den Spuren der Staufer. In: Die Zeit, H. 24. https://www.zeit.de/1977/24/kopf-im-moos [15.09.2013]. Vgl. Gerhold-Knittel, 1979, S. 621; StA Ludwigsburg, Bestand EL 230/2 Bü 66, 20.5.1974: Schreiben vom Finanzministerium Baden-Württembergs. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 23. Welchen Einfluss das Land auf die Konzeption der Ausstellung nahm wird im Interview mit dem historischen Koordinator Herrn Himmelein deutlich. So wurden nach Himmelein die Objekte auch danach ausgewählt, ob Sie dem Ministerpräsidenten gefallen haben. Vgl. Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview).

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

Walter Scheel.76 Als Ausstellungsort wurde das Württembergische Landesmuseum in Stuttgart gewählt, dessen Aufgabe die Ausstellung und Archivierung der Landesgeschichte unter anderem mit dem Ziel der Identitätsbildung ist.77 Da das Ausstellungsprojekt in der Wissenschaftswelt sehr positiv aufgenommen wurde, konnten für die Erarbeitung dieser renommierte Historiker und Kunsthistoriker vor allem aus dem deutschen Sprachraum gewonnen werden.78 Exemplarisch seien an dieser Stelle genannt: Arno Borst, Josef Fleckenstein, Reiner Haussherr, Willibald Sauerländer und Hanns Swarzenski.79 Den Ausstellungsinhalten entsprechend waren sowohl Historiker als auch Kunsthistoriker im wissenschaftlichen Komitee vertreten, wobei keine klare Dominanz zu erkennen war.80 Eine Schwerpunktlegung auf die Kunstgeschichte lässt sich eventuell daran festmachen, dass ein Kunsthistoriker als Herausgeber des Katalogs fungierte und Hanns Swarzenski als einer der wichtigsten Berater genannt wurde.81

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Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. I. Aufgrund des großen Landesbezugs in der Ausstellung und dem Landesjubiläum gab es im Vorfeld Überlegungen zu einer gemeinsamen Schirmherrschaft des Bundespräsidenten und des Ministerpräsidenten. Diese wurden jedoch ad Acta gelegt und dem Bundespräsident die Schirmherrschaft überlassen, da man sich so Erleichterungen in den Leihgabeverhandlungen mit Ostblockstaaten und eine größere internationale Wirkung erhoffte. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 24-25. Vgl. Landesmuseum Württemberg, 2007: Das Leitbild des Landesmuseums Württemberg. h ttps://www.landesmuseum-stuttgart.de/fileadmin/landesmuseum/download/flyer/Leitbild_LM W.pdf [23.09.2013], S. 4. Der Fokus liegt hierbei auf der regionalen Geschichte vor allem des württembergischen Landesteils. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 26; Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview). Vgl. Munzinger Archiv GmbH: Arno, Borst. https://www.munzinger.de/search/go/document.jsp ?id=00000018462 [23.09.2013]; Spiegel.de: Nachruf auf Josef Fleckenstein. https://wissen.spieg el.de/wissen/image/show.html?did=36626047&aref=image035/E0447/ROSP200404702300230.P DF&thumb=false [23.09.2013]; Larsson, Lars O.: Reiner Haussherr. https://www.kunstgeschicht e.uni-kiel.de/geschichte-und-abschlussarbeiten/kik-haussherr [23.09.2013]; Netzspannung.org: Professor Dr. Willibald Sauerländer. https://netzspannung.org/cat/servlet/CatServletcmd=docume nt&subCommand=show&forward=/biography/output/biography.xml&biographyId=137592&lang= de [23.09.2013]; Dictionary of Art Historians: Swarzenski, Hanns. https://www.dictionaryofarthisto rians.org/swarzenskih.htm [23.9.2013]. Vgl. Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview); Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview): Die Staufer-Ausstellung von 1977. Das wissenschaftliche Komitee wurde in vier Sektionen aufgeteilt, welche sich im Laufe der Ausstellungsvorbereitungen in mehreren Kolloquien traf. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 26. Vgl. Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview); Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. III.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Anlass und Zielsetzung der Ausstellung 1977 Als offizieller Anlass für die Staufer-Ausstellung in Stuttgart wurde nachträglich das 25-jährige Landesjubiläum Baden-Württembergs bestimmt.82 Im Vordergrund stand hierbei vor allem der Wunsch nach einer repräsentativen Ausstellung für das Land.83 Sie sollte eigentlich zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt werden – vermutlich mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen von 1976.84 Das Landesmuseum bestand jedoch auf einer vierjährigen Planungsphase und verband den neuen Termin im Jahre 1977 mit dem anstehenden Landesjubiläum.85 So wurde dieses als Anlass genommen, um sich auf die gemeinsamen mittelalterlichen Wurzeln zu besinnen.86 Die Konzentration auf die Stauferzeit sollte veranschaulichen, dass die Geschichte des neuen Bundeslandes nicht erst 1952 begann, sondern sich auf eine lange Tradition berufen konnte.87 Neben repräsentativen Zwecken, die der Profilierung der Landesregierung und des ganzen Bundeslandes als Kulturregion dienten, sollte die Ausstellung insgesamt einen Beitrag zur Förderung des Landesbewusstseins leisten, indem sie eine identitätsstiftende Wirkung entfaltete.88 Darüber hinaus sollte sie das Geschichtsinteresse und das Geschichtsbewusstsein im Allgemeinen stärken.89 Um diese beiden Ziele zu erreichen bot sich eine Geschichtsschau über die Zeit der Staufer an, da die Dynastie im deutschen Südwesten durchaus noch bekannt und beliebt war.90 Auf inhaltlicher Ebene sollte ein Panorama der Stauferzeit gegeben werden, wobei gerade die für das Deutsche Reich typischen Aspekte dieser Epoche im Vordergrund standen.91 Der Schwerpunkt wurde 82

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Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. V-VI; Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview). Zu derselben Ansicht kommt auch Martin Große Burlage. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 29. Dies wird aus einem Schreiben des Staatsministeriums an das Kultusministerium ersichtlich, in dem der Ministerpräsident den Wunsch äußert eine ähnlich repräsentative Ausstellung wie die »Suevia Sacra« in Augsburg in der Landeshauptstadt bestenfalls schon 1975 durch zu führen. Vgl. StA Ludwigsburg, Bestand EL 230/2 Bü 4, 5.9.1973: Schreiben des Staatsministeriums BadenWürttemberg an das Kultusministerium. Vgl. Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview); Große Burlage, 2005, S. 31. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 31; Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview). Vgl. StA Ludwigsburg, Bestand EL 230/2 Bü 4, 12.9.1973: Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Ministerrats. Vgl. Große Burlage, 2013, S. 89. So wollte die Ausstellung anlässlich des Landesjubiläums das Augenmerk auf die gemeinsamen Überlieferungen Baden-Württembergs lenken. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd.1, S. V-VI; StA Ludwigsburg, Bestand EL 230/2 Bü 4, 12.9.1973: Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Ministerrats. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. VII-VIII; Assmann, 2007, S. 139. Martin Große Burlage nennt als weiteres Ziel eine Belebung des Tourismussektors durch die Ausstellung und das Rahmenprogramm. Dieses kann jedoch, wenn überhaupt, eher als untergeordnetes Ziel aufgeführt werden. Vgl. Große Burlage, 2013, S. 89. Vgl. Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview); Große Burlage, 2005, S. 33. Vgl. Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte Kunst – Kultur«, 23.7.2013; Himmelein, Volker, Koordinator des historischen

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

hierbei auf die Darstellung der Kunst der Stauferzeit gelegt.92 Als Zielgruppe der Ausstellung können prinzipiell alle Bürger Baden-Württembergs gesehen werden, wobei vielleicht die Gruppe der Schüler, aber auch der eher kunsthistorisch Interessierten in den Vordergrund rücken.93 Man bemühte sich, eine möglichst große Besucherzahl zu erzielen, weswegen neben wissenschaftlichen auch populäre Darstellungsweisen in der Ausstellung zu finden sind.94

4.2.3

Staufische Geschichte 1977: Baden-Württembergische Pracht im historischen Gewand

Der erste Eindruck bleibt: Erste Ausstellungsimpressionen Im Folgenden wird ein Blick auf die Leitmotive der Stuttgarter Exposition und die Vorworte im Ausstellungskatalog geworfen.95 Sie sind die ersten Kanäle, über die die Rezipienten mit der Ausstellung und damit auch der dargestellten Epoche in Berührung kommen.96 Die gewünschte Auslegung der Stauferzeit muss hier von den Ausstellungsmachern in sehr komprimierter Form ausgedrückt werden. Leitobjekt in Stuttgart war der berühmte Cappenberger Barbarossa-Kopf.97 Sein Bildnis war auf allen Bänden des Ausstellungskatalogs, allen Werbebroschüren und dem Ausstellungsplakat zu sehen.98 Er wurde zum Sinnbild für die Ausstellung und im übertragenen Sinne für die Stauferzeit per se. Der eigentlich als Reliquiar genutzte Kopf wurde als »erste unabhängige Porträtdarstellung der abendländischen Kunst«99 präsentiert: Das Objekt ist Relikt eine faszinierend-anderen Epoche, erzeugt aufgrund seiner Pracht ehrfurchtsvolles Staunen und bezeugt die Stauferzeit als Hochkultur.100 Gleichzeitig vermitteln die scharfen Gesichtszüge des menschlichen Antlitz auch eine bizarre Vertrautheit. Das Vorwort des Ausstellungskatalogs ist von Ministerpräsident Hans Filbinger verfasst. Einführend bezeichnet dieser die Stauferzeit als »herausragende Epoche europäischer Geschichte

Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview). 92 Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. VII. 93 Vgl. Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview); Große Burlage, 2005, S. 38. 94 Vgl. Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte -Kunst – Kultur«, 23.7.2013. 95 Die Erläuterungen zur Analyse der Darstellung staufischer Geschichte in der Exposition von 1977 sind in Teilen aus den Kap. VI.1., VI.2.A, VI.3.-5. der Zulassungsarbeit zu den Staufer-Ausstellungen übernommen. Vgl. Luhmann, 2013. 96 Natürlich wären beim Besuch der Ausstellung die ersten Zugänge das Leitmotiv und die ersten Räume/Filme. Für die Analyse von bereits beendeten Ausstellungen kann letzteres allerdings nur in Teilen rekonstruiert werden, weswegen hier die Vorworte der Ausstellungskataloge als erweiterte erste Zugänge zu Rate gezogen werden. 97 Vgl. Gerhold-Knittel, 1979, S. 621. 98 Vgl. Große Burlage, 2005, S. 47. 99 Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 394. 100 Vgl. Kurmann, 1977, S. 507. Dass diese Art der Darstellung 1977 eine große Attraktivität entfaltete, lässt sich anhand der hohen Verkaufszahlen des Plakates und den zahlreichen Diebstählen der Werbeplakate zeigen. Vgl. Gerhold-Knittel, 1979, S. 621.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

und Kunst«.101 Damit wird die staufische Herrschaft abseits von nationalen Vereinnahmungen zunächst in ihre europäischen Dimensionen eingeordnet. Generell bleibt Hans Filbinger jedoch bei einem regional-deutschen Blickwinkel auf die Vergangenheit: Die Staufer sind weniger als deutsche Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs von Bedeutung, denn als Herzöge von Schwaben. Unter ihnen sei das Herzogtum, das in seinem Zentrum einen Großteil der Länder Badens und Württembergs beinhalte, eine Schmiede des Wissens und der Kunst gewesen, von der aus politische und kulturelle Ideen in das Abendland hineingetragen wurden.102 Er verknüpfte diese glorreiche Zeit mit der Gegenwart nicht nur, indem er die Präsenz des staufischen Löwen im heutigen Landeswappen betonte: In der Stauferzeit seien, nach Filbinger, wichtige gegenwärtige Institutionen und gesellschaftliche Strukturen entstanden.103 Exemplarisch sei hier das oberste politische Ziel der staufischen Herrscher genannt: eine universelle Rechts- und Friedensordnung zu schaffen.104 Diesen vermutlich in der Entstehungszeit der Ausstellung sehr präsenten Wunsch nach Sicherheit in die Vergangenheit zu legen ermöglichte eine starke Identifikation mit der staufischen Ära.

Die Staufer werden erzählt – Dramaturgische Ausgestaltung der Stuttgarter Ausstellung Ziel der Austellungsmacher war es, ein Panorama der Stauferzeit zu zeigen, das diese als Blütezeit der Kunst darstellte und verdeutlichte, dass »viele unserer heutigen staatlichen und wirtschaftlichen Institutionen ihre Wurzeln [in dieser Zeit] haben.«105 Der Fokus auf die Kunstschätze der Zeit erzeugte ein faszinierendes Bild der Epoche, ein positives Gegenbild zu der von Terrorismus und Ost-West-Konflikt geprägten Moderne.106 Außerdem konnte durch die Konzentration auf die Kunst der Zeit jeglichen nationalideologischen Assoziationen von vorne herein vorgebeugt werden, was mit Blick auf den Entstehungskontext durchaus relevant war.107 Mit der Verortung gegenwärtiger Strukturen in der Stauferzeit wurde diese darüber hinaus auch als Ursprung der »eigenen« Geschichte dargestellt, was eine Identifikation der Besucher mit dieser ermöglichte.108 Diese Schwerpunktsetzungen spiegeln sich auch in der Objektauswahl 101 102 103 104 105

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Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. V. In den Katalogen der Stuttgarter Ausstellung ist lediglich im ersten Band ein Vorwort vorhanden. Vgl. ebd., S. V-VI. Vgl. ebd., S. V. Vgl. ebd., S. IX. Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Organisatorisches, 1977: Ausstellung »Die Zeit der Staufer – Geschichte, Kunst, Kultur, S. 1; Gerhold-Knittel, 1979, S. 621. Vgl. Assmann, 2007, S. 139-140. Nach Gerd Althoff ist diese Andersartigkeit der Epoche der Hauptgrund für den großen Besucheranstrum in der Stuttgarter Ausstellung. Vgl. Althoff, 1992, S. 4-5. Vgl. Fuhr, Eckhard, 17.9.2010: Die Staufer pockerten hoch und verloren am Ende alles. In: Die Welt. https://www.welt.de/kultur/history/article9679182/Die-Staufer-pokerten-hoch-und-verlorenam-Ende-alles.html, September [17.09.2013]; Tilmann, 25.9.2010. Auch Patrick Bahners erkennt in der Staufer Ausstellung den Wunsch nach einer Identitätsstiftung mit Hilfe der Epoche. Vgl. Bahners, Patrick, 20.9.2010: »Die Staufer« in Mannheim. Wir können alles – außer Mittelhochdeutsch. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz.net/aktuell /feuilleton/kunst/die-staufer-in-mannheim-wir-koennen-alles-ausser-mittelhochdeutsch-1625704.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

und deren Herkunftsorten wider: Im kunsthistorischen Teil sollten Highlights der verschiedenen Kunstgattungen ausgestellt werden; von Bedeutung war vor allem der ästhetische Aspekt des Objekts. Der historische Teil der Ausstellung wurde hauptsächlich mit Objekten aus den deutschen Reichsgebieten mit Schwerpunkt auf den deutschen Südwesten vermittelt.109 Die Leitgedanken der Ausstellung wurden in sieben Abteilungen thematisiert: Zuerst sollte die Besucher in dem Abschnitt »Die Staufer« vor allem durch didaktische Hilfsmittel über die staufischen Herrscher und ihre Politik informiert werden. Dafür wurden zu Beginn eine einführende Multivisionsschau, Fotos und Texttafeln ausgestellt, auf denen die Stammburg und Genealogie der Staufer erläutert wurden.110 »Die Staufer als Herzöge von Schwaben« stellten hier ein eigenes Unterkapitel dar, woran im Anschluss die Staufer als Könige und Kaiser vorgestellt wurden.111 Die Geschichte des Herzogtums Schwaben wurde in der Ausstellung auf 22 qm Ausstellungsfläche behandelt, während die Staufer als Könige und Kaiser auf 14 qm Platz finden mussten.112 Durch die Hervorhebung des schwäbischen Herzogtums in der staufischen Geschichte wurde ein direkter Bezug zum Entstehungskontext der Ausstellung hergestellt.113 Außerdem wird durch diese Perspektive suggeriert, dass all die im Folgenden gezeigten Kunstschätze und richtungsweisenden Strukturen im Herzogtum Schwaben ihren Ursprung hatten.114 Der Wunsch die Stauferzeit als Ursprung vieler gegenwärtiger Strukturen zu illustrieren, manifestiert sich besonders im zweiten Ausstellungsabschnitt »Das Reich und seine Ordnungen«. In diesem werden – ganz im Sinne strukturgeschichtlicher Fragestellungen – verschiedene Charakteristika der Epoche wie Herrschaft, Territorium, Stadt, Rittertum, Burgen und Pfalzen erläutert. Exemplarisch kann hier der Abschnitt »Herrschaft und Territorium« genannt werden, in dem vor allem die Neuordnungen der staufischen Zeit vorgestellt und ihre Bedeutung als Grundlagen für die heutigen bundesstaatlichen Strukturen betont wurden. Im Abschnitt zum Städtewesen wurden zahlreiche bis in die Gegenwart bekannte Städte genannt, die in dieser Zeit gegründet wurden, wodurch erneut die eigenen Wurzeln in dieser Zeit ver-

html [17.09.2013]. Ebenso Stephan Speicher, Vgl. Speicher, Stephan, 18.9.2010: Biss in die Mütze. In: Süddeutsche Zeitung. https://3c.gmx.net/mail/client/dereferrer?redirectUrl=http%3A%2F%2F www.sspdiz.apa.at%2Fsitesearchplus%2Frestricted%2FFulltext.act%3Fdoc%3DEGTPOGWPOPPT OHGRHPRHPOO%26back%3DSearch_showSearch%26searchCategory%3D1 [31.01.2019]. 109 Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 190, 199-202, 208, 221, 703, 705-707. 110 Vgl. Gerhold-Knittel, 1979, S. 623; Vgl. Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Organisatorisches, 23.3.1975: Bericht über den Stand der Überlegungen zum historisch-didaktischen Teil, S. 1. 111 In diesem wird das Herzogtum als solches und dessen Wirkungsgeschichte bis hin zum Stauferwappen als Staatswappen vorgestellt. Vgl. ebd., S. 2. 112 Vgl. StA, Bestand EL 230/2 Bü 65, 21.1.1975: Ausstellungsübersicht und Programm, S. 2. 113 Vgl. Hoch hinauf, 1977, S. 202; Assmann, 2007, S. 138. 114 Auch Aleida Assmann bewertet die Darstellung als eine dem schwäbischen Geschichtsnarrativ folgende. Vgl. Assmann, 2007, S. 142. Diese Art der Auslegung wurde zeitgenössisch teilweise kritisch bewertet. Vgl. Hoch hinauf, 1977; Schneider, Helmut: Schwabenträume gestern und heute. In: Die Zeit, 1977, H. 15. https://www.zeit.de/1977/15/schwabentraeume-gestern-und-heute [18.02.2019].

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

ortet werden konnten.115 Die verschiedenen Charakteristika der Stauferzeit wurden vor allem in Bezug auf die deutschen Reichsgebiete vermittelt, womit der Blick auf die Vergangenheit ausgehend von einer regionalen Perspektive hauptsächlich im nationalen Rahmen verhaftet blieb.116 Dies kann exemplarisch durch die Thematisierung Friedrichs II. in der Ausstellung verdeutlicht werden: Zwar wird dieser ebenfalls in dem Abschnitt »Die Staufer als Könige und Kaiser« vorgestellt, sein Wirken in Süditalien wird jedoch nur im Bezug auf die Kunst und Kultur an seinem Hofe vertieft aufgegriffen und nicht zu den historischen Charakteristika der Stauferzeit gezählt. Erläutert wurde dieser historische Querschnitt ganz klassisch mit (nach heutigen Vorstellungen etwas trockenen) didaktischen Hilfsmitteln wie Karten, Nachbildungen und Modellen. Zu deren Unterfütterung wurden im Anschluss Objekte in Form von Handschriften, Urkunden und Bodenfunden beigestellt.117 Der anschließende Abschnitt »Kirche« bildete den Übergang zum kunsthistorischen Teil der Ausstellung.118 Die kunsthistorischen Abschnitte in der Ausstellung können grob in »Die Kunst der deutschen Lande« und »Die Kunst am Hofe Friedrichs II.« unterteilt werden.119 In ersterem war vor allem der Abschnitt zur Goldschmiedekunst von Bedeutung. In ihm wurde das Leitmotiv der Ausstellung – der Cappenberger Barbarossa-Kopf – exponiert. Daneben waren gerade in dieser Abteilung besonders viele kostbare Exponate zu sehen, was den hohe Stellenwert dieser Kunstgattung in der Stauferzeit verdeutlichte.120 Der Eindruck einer faszinierendanderen, glanzvollen Epoche konnte auf diese Weise untermauert werden.121 Im kunsthistorischen Abschnitt zum Hof Friedrichs II. wurden neben Skulpturen und Kameen auch alle mit Friedrich II. verbundenen neuen Erkenntnisse der Zeit beispielsweise in den Naturwissenschaften und der Medizin im Abschnitt »Handschriften« präsentiert. Auch wenn im Einführungstext zum Kapitel Friedrichs Interessen an den Naturwissenschaften erwähnt wurden, fanden die Handschriften jedoch primär als Zeugnisse

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Vgl. Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Organisatorisches, 1977: Ausstellung »Die Zeit der Staufer – Geschichte, Kunst, Kultur, S. 1-4. 116 Vgl. ebd., S. 6; Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview). 117 Vgl. Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Organisatorisches, 1977: Ausstellung »Die Zeit der Staufer – Geschichte, Kunst, Kultur, S. 1, 3; 23.3.1975: Bericht über den Stand der Überlegungen zum historisch-didaktischen Teil; StA, Bestand EL 230/2 Bü 65, S. 5-6. 118 Vgl. StA, Bestand EL 230/2 Bü 65, 23.3.1975: Bericht über den Stand der Überlegungen zum historisch-didaktischen Teil, S. 5; StA, Bestand EL 230/2 Bü 4 ,1976: Bericht zum Stand der Ausstellungsvorbereitungen, S. 3. 119 Vgl. Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Organisatorisches, 1977: Ausstellung »Die Zeit der Staufer – Geschichte, Kunst, Kultur, S. 1-2. 120 Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 391. 121 Vgl. Große Burlage, 2005, S. 47. Die Bedeutung dieses Ausstellungsbereichs für die ganze Exposition spiegelt sich in der hohen Exponatzahl wider, die im Katalog auf fast 100 Seiten aufgeführt wird. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd.1, S. 393-482.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

der Kunst Eingang in die Ausstellung.122 Es ist auffällig, dass diesen Kapiteln der Ausstellung zusammen mit den Kunstobjekten der Kirchensektion im Katalog fast doppelt so viel Raum gegeben wird wie dem vorhergehenden historischen Teil.123 Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass vor allem die Kunst der Zeit in ihrer ganzen Bandbreite vorgestellt werden sollte. Sie ist das Narrativ, unter dem fast alle Objekte der Ausstellung standen.124 Die Ausstellung endete mit der Rezeptionsgeschichte der Staufer im Abschnitt »Die Staufer und die Nachwelt«.125 Ziel war es, »eine Brücke über die Zeiten«126 zu schlagen und die Mythen um die Dynastie vor allem in Bezug auf ihre Indienstnahme in der Politik und Werbung offen zu legen.127 Ausgestellt wurden Bücher, Zeichnungen, aber auch Werbung, was nach damaligen museumstheoretischen Vorstellungen eine absolute Neuheit war.128 Thema waren vor allem Sagen und Erinnerungen mit regionalen Bezügen, was erneut das Ziel einer möglichen historischen Identitätsstiftung von Seiten der Besucher verdeutlicht.129 Das zentrale Thema der Stuttgarter Ausstellung war somit die künstlerische Vielfalt der Zeit.130 Um sie zu verstehen, musste das Pu-

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Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 645-646. Zur primären Darstellung als Kunstobjekte vgl. bspw. S. 647-648. 123 Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd.1, Inhaltsverzeichnis. 124 So werden beispielsweise auch die Objekte aus dem historischen Teil nicht nur nach personengeschichtlichen, sondern auch kunstgeschichtlichen Aspekten ausgewählt und Handschriften im Ausstellungsteil »Buchmalerei« wegen ihrer Illuminationen statt ihres Inhalts präsentiert. Vgl. Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Organisatorisches, 1977: Ausstellung »Die Zeit der Staufer – Geschichte, Kunst, Kultur, S. 6; Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 528. 125 In diesem wurde das Bild der Staufer ausgehend von den Legenden des Spätmittelalters mit Schwerpunkt auf die Literatur des 19. Jahrhunderts bis zum aktuellen Umgang mit den Staufern vorgestellt. Vgl. Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Organisatorisches, 1977: Ausstellung »Die Zeit der Staufer – Geschichte, Kunst, Kultur, S. 2; Gerhold-Knittel, 1979, S. 622. 126 Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 702. 127 Vgl. Große Burlage, 2005, S. 49; Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 738, 751-752. Auch Peter Kurmann betont die historische Kritik am Staufermythos. Vgl. Kurmann, Peter, 1977: Die Zeit der Staufer. Bemerkungen zur Ausstellung im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart, 26.3.-5.6.1977. In: Kunstchronik. Monatsschrift für Kunstwissenschaft, Museumswesen und Denkmalpflege, H. 30, S. 505-517, S. 517. 128 Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 702-762; Brune, Thomas, Koordinator der Unterabteilung »Wege der Popularisierung« der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 7.5.2013 (Korrespondenz): Reaktionen auf das Ausstellungskonzept. Auch in der Presse wurde der Umgang mit den Mythen um die Staufer oftmals kritisch bewertet. Vgl. Schneider, 1977. Der mahnende Zeigefinger, der in der Rezeptionsgeschichte wiederzufinden ist, erklärt sich vermutlich durch die immer noch in der Öffentlichkeit gegenwärtige Erinnerung an den Missbrauch der nationalen Geschichte während der NS-Zeit. Vgl. Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview); Große Burlage, 2005, S. 49. 129 Vgl. z.B. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 706. 130 Vgl. Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

blikum mit ihrer Historie vertraut gemacht werden.131 Diese wurde vor allem aus der Perspektive der frühen Staufer als Herzöge von Schwaben erläutert, womit die ganze in der Ausstellung zu bestaunende Pracht mit diesem Herzogtum in Verbindung gebracht wurde.132 Dieses umfasste nach Hans Filbinger »in seinem Kern einen Großteil der beiden späteren Länder Baden und Württemberg« und gewann dadurch für die Museumsbesucher an Aktualität.133 Die thematische Gliederung der Ausstellung kann in Einleitung, Hauptteil und Schluss unterteilt werden.134 In dieser Art der Strukturierung spiegelt sich das Verständnis vom Museum als Lernort wider, in dem die Besucher erst auf den notwendigen Kenntnisstand gebracht werden mussten, bevor sie anschließend – sehr ausführlich und nüchtern – an die Kunstobjekte der Zeit herangeführt werden konnten.135 Abschließend wurde dieses Fenster in die Vergangenheit wieder geschlossen und die Besucher über die Rezeptionsgeschichte wieder in die Gegenwart begleitet.136

Der analytische Zuschnitt der Ausstellung Die Stuttgarter Ausstellung folgte insgesamt einer chronologischen Reihenfolge, indem erst die Geschichte der Staufer, dann die Bandbreite ihrer Kunstschätze und abschließend ihr Nachleben vorgestellt wurden. Dies kann als möglichst klare didaktische Ausstellungsstruktur verstanden werden, durch die die Museumsbesuchenden vor allem informiert heraustreten sollten.137 In diesem Sinne kann der Ausstellung eine synthetische Erzählstruktur zugesprochen werden.138 Generell wurde die Zeit der Staufer vor allem nach kunsthistorischen Gattungen aufgegliedert vermittelt.139 Die in weiten Teilen didaktisch aufbereiteten Abteilungen, wie »Die Staufer« und »Das Reich und seine Ordnungen« können als Themenparks interpretiert werden, die in sich jedoch weitgehend

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Vgl. ebd. Helmut Schneider bezeichnet diesen suggerierten Zusammenhang als »Versuch, die Staufer schlechthin für einen imperialen Entwurf der Landesgeschichte zu vereinnahmen […]« und kritisiert dies. Schneider, 1977. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. V. Damit folgt sie weniger neueren museumstheoretischen Ansichten. Nach diesen werden im mittleren Teil einer Ausstellung Fragen formuliert, die dann im letzten Teil der Ausstellung als take home message beantwortet werden. Vgl. Waidacher, 2005, S. 158-159; Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview): Die Staufer-Ausstellung von 2010/2011. Vgl. Urban, 2009, S. 75; Hartung, 2009, S. 153. Vgl. Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview). Dies entspräche der Vorstellung von Museen als Lernorte, so wie sie in den 1970er Jahren verstärkt aufkam. Vgl. Urban, 2009, S. 75; Hartung, 2009, S. 153. Vgl. Buschmann, 2010, S. 158. Nach Alexander Schubert folgte sie damit einem klassischen Aufbau, der Fachleuten die Möglichkeit zu Vergleichsstudien bot und Laien durch die geballte Pracht Anlass zum Staunen gab. Vgl. Schubert, 2010a, S. 254.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

chronologisch strukturiert waren.140 Durch die Ordnung der Vergangenheit in diese unterschiedlichen Themengebiete wurde sie für die Betrachtenden begreifbarer und sie konnten sich besser in sie hinein versetzen.141 Die kunsthistorischen Kapitel lassen sich schwerlich als Themenparks auslegen. Viel mehr wurden hier einzelne kunsthistorische Gattungen aneinandergereiht, um die Bandbreite der Blütezeit möglichst vielfältig darzustellen.142 Grundsätzlich sollten die Abteilungen deutlich voneinander abgrenzbar sein, um den Besuchern eine klare Übersicht zu ermöglichen.143 Hierin zeigt sich erneut das Verständnis vom Museum vor allem als Lernort.144 Dies erklärt auch die eindeutige Wegführung im Rundgang.145 Die Nullfokalisierung als Erzählperspektive erlaubt die Einordnung der Ereignisse in einen größeren Kontext und deren Bewertung.146 So wird der gewünschte Lerneffekt vergrößert und vor allem in eine bestimmte Richtung gelenkt. Generell folgte die Ausstellung älteren museumtheoretischen Vorstellungen: Die Narration wurde weitestgehend unabhängig von den Objekten durch didaktische Hilfsmittel vermittelt und die Objekte im Anschluss an diese per se nach Exponatgruppen geordnet separiert ausgestellt.147 Kausalzusammenhänge innerhalb der Narration ergaben sich weniger durch gezeigte Objekte, sondern durch das Begleitmaterial.148 Die Exponate belegten in diesem Sinne mehr die Narration im Anschluss, als dass sie sie leiteten. Dies konnte die Gefahr bergen, dass ihre für die Ereignisse wichtige Bedeutung und die historischen Zusammenhänge in den Hintergrund gerieten und die Besucher lediglich durch deren Pracht beeindruckt waren.149

140 Vgl. StA, Bestand EL 230/2 Bü 65, 23.3.1975: Bericht über den Stand der Überlegungen zum historisch-didaktischen Teil, S. 1-5; Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview). 141 Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 88. 142 Dies lässt sich auch dadurch erklären, dass die Verknüpfung von Erzählstruktur und räumlicher Exposition der Exponate erst in den 1980er Jahren verstärkt angewendet wird. Vgl. Gonseth, 2012, S. 40. Der Wunsch nach einer möglichst breiten Darstellung zog oftmals die Kritik einer Überfrachtung der Exposition durch zu viele Exponate nach sich. Vgl. Große Burlage, 2005, S. 74; Kurmann, 1977, S. 508. 143 Vgl. StA, Bestand EL 230/2 Bü 65, 10.12.1974: Besprechung der Historischen Abteilung, S. 3. 144 Dieser Gedanke wird in den Folgejahren nach der Staufer-Ausstellung verstärkt aufgegriffen, indem Museen die Aufgabe zugesprochen wird Wissen an möglichst breite Kreise zu vermitteln. Vgl. Seewald, Berthold, 16.9.2010: Deutsche Fernerinnerung. Eine kleine Geschichte der großen Geschichtsausstellungen. In: Die Welt. https://www.welt.de/welt_print/kultur/article9671004/Deut sche-Fernerinnerung.html [15.09.2013]. 145 Vgl. StA, Bestand EL 230/2 Bü 66: Stichworte für den 4.12.1975 zur Erläuterung der Ausstellungsplanung durch Herrn Fecker, S. 2. Diese Art des analytischen Zuschnitts lässt nur eine mögliche Interpretationsweise der Ereignisse zu und nimmt dem Besucher dadurch ein Stück weit die Souveränität sich die Vergangenheit selbst zu erschließen. Vgl. Kurmann, 1977, S. 508. 146 Vgl. Buschmann, 2010, S. 153-154. 147 Vgl. Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview); Gonseth, 2012, S. 40; StA, Bestand EL 230/2 Bü 65, 23.3.1975: Bericht über den Stand der Überlegungen zum historisch-didaktischen Teil, S. 6. 148 Vgl. Große Burlage, 2005, S. 41, 45; Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 277, 298. 149 Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 89; Buschmann, 2010, S. 155; Bumiller/Krieg, 2011, S. 213.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Staufische Geschichte in Szene gesetzt: Museale Inszenierungen 1977 Hauptaugenmerk der Stuttgarter Ausstellung lag auf der schlichten Exposition der Objekte.150 Sie wurden ohne aufwändige Installationen – vor weißen Wänden ohne jegliche szenischen Arrangements – meist gemeinsam in Vitrinen ausgestellt. Ergänzt wurden sie durch didaktische Hilfsmittel wie Modelle von Burgen und Pfalzen, Filme und Führungen.151 Wichtig war die ausführliche Information der Besucher, weswegen über weite Strecken der Exposition nur Erläuterungen zu finden waren. Diese gaben sehr sachlich und informativ Auskünfte zum Dargestellten.152 Vereinzelt waren auch atmosphärische Installationen zu finden: Im Kapitel »Kirche« wurden Gipsabgüsse zur Bildhauerkunst so in Szene gesetzt, dass die Räume wie die Innenräume einer Kirche wirkten.153 Diese atmosphärischen Darstellungen blieben jedoch die Ausnahme. Insgesamt wurde ein eher nüchterner Blick auf die Epoche geworfen und die Objekte nicht räumlich aufbereitet, sondern nach Gattungen geordnet in Vitrinen ausgestellt.154 In diesem Sinne ist für die Stuttgarter Ausstellung von einer minimalistischen Art der Darstellung zu sprechen, in der das geschichtskulturelle Bedürfnis nach Erkenntnisgewinn im Vordergrund stand.155 Im Folgenden wird die Inszenierung einiger ausgewählter Objekte der Stuttgarter Ausstellung skizziert, anhand derer sehr eindrücklich nochmals die Hauptintentionen der Kuratoren verdeutlicht werden können. Bewusst wurden Objekte ausgewählt, die 2010/11 auch in der Mannheimer Schau zu sehen waren, um Entwicklungen und Unterschiede der staufischen Geschichtsinterpretationen für den Untersuchungszeitraum möglichst pointiert herauszuarbeiten.

150 Vgl Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview); Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview). 151 Vgl. StA, Bestand EL 230/2 Bü 4, 1976: Bericht zum Stand der Ausstellungsvorbereitungen; Große Burlage, 2005, S. 41-42, Gerhold-Knittel, 1979, S. 623. 152 Die unhistorischen Vorstellungen des Publikums sollten vor allem durch didaktische Mittel korrigiert werden. Vgl. StA, Bestand EL 230/2 Bü 65, 23.3.1975: Bericht über den Stand der Überlegungen zum historisch-didaktischen Teil. Dies lässt sich erneut durch den hohen Stellenwert der Bildung in Museen der 1970er Jahre erklären. Vgl. Keefer, Erwin, 2009: Paddeln für die Archäologie: Mit dem Einbaum in die Steinzeit. In: Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia (Hg.): History goes Pop. Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres. (Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen, Bd. 1). Bielefeld, S. 231-250, S. 241. Der sachlich-informative Charakter lässt sich an zahlreichen Textstellen belegen. Exemplarisch sei hier der Einführungstext zur Siegburger Keramik genannt. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 223-224. 153 Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 310; Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner StauferAusstellung 1977, Fotos: Bild Kirchenraum. 154 Hier seien exemplarisch die Bodenfunde genannt, die gemeinsam in einer Vitrine ohne jeglichen Bezug zu ihrem Kontext exponiert wurden. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 209. Nach Peter Kurmann muss der Besucher unfähig gewesen sein sich anhand dieser nüchternen Art der Darstellung das alltägliche Leben der Zeit herzuleiten. Vgl. Kurmann, 1977, S. 510-511. 155 Vgl. Große Burlage, 2013, S. 97.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

Abb. 1: Vitrine mit Bodenfunden.

Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Fotos.

Der Cappenberger Barbarossa-Kopf Zunächst zum wohl wichtigsten Objekt der Stuttgarter Exposition – dem Leitmotiv der ganzen Geschichtsschau. In der Ausstellung selbst fand der Cappenberger BarbarossaKopf in der Abteilung Goldschmiedekunst seinen Platz. Hier wurde er als »erste unabhängige Porträtdarstellung der abendländischen Kunst seit karolingischer Zeit«156 im Kontext anderer Kunstobjekte exponiert; unter anderem, um die Entwicklungen des Zeitalters im Bereich der Goldschmiedekunst zu illustrieren.157 Der Exponattext beschäftigte sich vor allem mit dessen Antikenrezeption und seiner Funktion als kai-

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Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 394. Vgl. ebd., S. 391.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

serliches Denkmal und geht auf seine Funktion als Reliquie nur bedingt ein.158 In der Ausstellung wurde der Kopf äußerst hervorgehoben präsentiert:

Abb. 2: Cappenberger Barbarossa-Kopf in der Exposition 1977.

Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Fotos.

Lediglich zusammen mit einer Taufschale stand er in einer Vitrine, das Licht bestrahlte ihn von unten und ließ ihn dadurch majestätisch erscheinen. Auf Augenhöhe positioniert schien er die Besuchenden direkt anzublicken. Er wurde so als Highlight der Ausstellung und vor allem als glanzvolles Kunstwerk inszeniert.159 Die hohe Bedeutung, die ihm durch die Wahl der Inszenierung und der Verwendung als Leitmotiv für Plakate und Ausstellungskatalog zugesprochen wurde, ist symptomatisch für die Schwerpunktsetzung der Ausstellung.160

Das Kyffhäuserdenkmal Sowohl die Stuttgarter als auch die Mannheimer Ausstellung nahmen die Sage des im Kyffhäuser ruhenden Barbarossas in ihre Thematisierung der Rezeptionsgeschichte auf.161 In Stuttgart wurde hierfür ein Kupferstich aus dem 19. Jahrhundert und Kyffhäuserpostkarten zum Thema »Wege der Popularisierung« exponiert.162 Die Thematisierung der Sage beschränkte sich auf die deutschen Reichsgebiete und war nach Objektgruppen strukturiert. Obwohl die hierfür verwendeten didaktischen Mittel durch 158 159 160 161

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Vgl. ebd., 1977, S. 394. Vgl. Waidacher, 2005, S. 152. Vgl. Bahners, 20.9.2010. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 15, 18; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 33-38, 39-46; Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 718, 747, 755. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 747, 755.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

große Bildaufnahmen und Karikaturen durchaus beeindruckten, kann die Vermittlung durch die ausgewählten Objekte als eher nüchtern und vor allem belehrend bezeichnet werden.163 Ziel war vor allem die Information der Besucher über diese berühmteste Legende um die Staufer. Womöglich hatte die Exposition dieser Vergangenheitsvereinnahmung mit Blick auf den zeithistorischen Kontext der 1970er Jahre auch eine appellative Funktion, die zur Wachsamkeit gegenüber ideologisch motivierten Geschichtsinterpretationen anhalten sollte.

Das Falkenbuch Friedrichs II. Die Exposition des Traktats De arte venandi cum avibus war ebenfalls in beiden Ausstellungen zu sehen. 1977 wurde dieses unter der Überschrift »Handschriften aus dem Umkreis Friedrichs II.« abgehandelt.164 Der Stuttgarter Katalogtext wies durchaus darauf hin, dass Friedrich II. ein breit interessierter Herrscher war und mit dem Falkenbuch »einem didaktischen Anliegen Rechnung getragen und ein exemplarisches Lehrbuch geschaffen [hat]«.165 Es wurde jedoch verstärkt auf die Buchmalerei des Traktats, also seinen künstlerischen Wert, eingegangen und dieser beispielsweise bei der französischen Ausgabe kunsthistorisch verortet.166 Im Abbildungskatalog wurden dementsprechend zwei Motive gewählt, die vor allem die prachtvolle Buchmalerei des Werkes illustrieren.167 Wie den meisten anderen Handschriften in diesem Ausstellungsabschnitt wurde dem Falkenbuch 1977 zwar durchaus ein Wert als wissenschaftlicher Abhandlung zugesprochen, dieser stand jedoch nicht im Vordergrund. Vielmehr dienten die Werke als Belege für den reichen Buchschmuck staufischer Schriften, die ebenfalls zum kunsthistorischen Facettenreichtum der Zeit gehörten.

Und sonst? Rahmen- und Begleitprogramm der Ausstellung Auch außerhalb der eigentlichen Exposition wurde 1977 die Stuttgarter Geschichte im Rahmen- und Begleitprogramm vor allem recht nüchtern und informativ dargestellt. Angeboten wurden verschiedene historische und kunsthistorische Vorträge sowie drei nicht-öffentliche wissenschaftliche Kolloquien.168 Publizistisch wurde die Ausstellung durch ein ebenfalls sehr fachspezifisch ausgerichtetes fünfbändiges Katalogwerk, einen Kurzführer und ein Schülermagazin begleitet.169 Einzige Ausnahme dieses eher dokumentarisch angelegten Begleitmaterials bildeten die für die Ausstellung konzipierten Stauferrouten. Ein cartoonartig gezeichneter Barbarossa verweist im Prospekt zu den Routen auf die zu besuchenden Stauferstädte Baden-Württembergs.170 Dieser frühe 163 164 165 166 167 168 169 170

Vgl. Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg, Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Fotos: Bild Vermittlung Kyffhäusermythos. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 658-660. Ebd., S. 646. Gezeigt wurden die Ausgabe aus Bologna aus dem 13. Jahrhundert und eine französische Übersetzung aus dem 14. Jahrhundert. Vgl. ebd., S. 658-660. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, 1977, Bd. 2, Abb. S. 616, 617. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. XXXII. Vgl. Gerhold-Knittel, 1979, S. 623; StA, Bestand EL 230/2 Bü 4, 1976: Bericht zum Stand der Ausstellungsvorbereitungen. Vgl. StA, Bestand EL 230/2 Bü 55: Stauferprospekt.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Versuch der Eventisierung, durch den das Bundesland enger mit den in der Ausstellung exponierten Inhalten verknüpft werden sollte, ist Indiz für die damals allmählich beginnende Entwicklung des historischen Städtetourismus.171

4.2.4

Interpretationen und Funktionen der Stauferzeit in Stuttgart – Ein Fazit

Das Leitmotiv der Stuttgarter Ausstellung war symptomatisch für die gewünschte Darstellung der Stauferzeit. Der Cappenberger Barbarossa-Kopf: Als glanzvolles »Götzenbild aus mythisch-dunkler Vorzeit«172 blickte er den Besuchern und Lesern des Katalogwerkes entgegen. Dieses und viele andere wertvolle Kunstobjekte repräsentierten eine zu bestaunende Epoche, die anders erschien, als die von Unsicherheit und Kriegsschuld geprägte Gegenwart.173 Die Zeit der Staufer wurde exponiert als eine glänzende und funkelnde Blütezeit der Kunst. Dies war der entscheidende Blick auf die Epoche und unter diesem Narrativ wurden die Exponate ausgewählt und ausgestellt. Somit wurde in Stuttgart ein positives Mittelalter-Bild entworfen, das als Gegenbild der Moderne gedeutet werden kann.174 Neben diesem »Fremden« enthielt das staufische Zeitalter allerdings auch viel »Eigenes«, da es als Geburtsstunde vieler die heutige Gesellschaft fundierenden Institutionen und Strukturen exponiert wurde. Die in Stuttgart ausgestellte Pracht und die strukturellen Umbrüche wurden stringent aus einer regionalen Perspektive erzählt. Das Herzogtum Schwaben als der Stammsitz der staufischen Dynastie war in der Stuttgarter Ausstellung der Ausgangspunkt, von dem aus sich die künstlerische Pracht und die zukunftsweisenden Strukturen entwickelten und verbreiteten. In diesem Zusammenhang wurden vor allem Exponate aus dem Bundesland bzw. aus den deutschen Reichsgebieten illustriert. Die Verbindung mit dem gegenwärtigen Baden-Württemberg wurde hergestellt, in dem das Zentrum des schwäbischen Herzogtums mit dem Großteil der heutigen Länder Baden und Württemberg gleichgesetzt wurde. Diese waren demnach aus der Stuttgarter Geschichtsperspektive schon einmal, zu Zeiten der Staufer, vereint. Durch die direkte Verbindung der ausgestellten Pracht mit dem eigenen Bundesland konnte ein neues Landesbewusstsein geschöpft werden. 171

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Zur Verknüpfung von Ausstellungsinhalten und dem Bundesland vgl. Hoch hinauf, 1977. So wurde nach Ruth Herrmann »sicher […] kein Stückchen Heimaterde übersehen, auf das je ein Staufer seinen Fuß setzte […].« Herrmann, 1977. Zur Entwicklung des Tourismus in diesem Zeitraum Siehe S. 41. Kurmann, 1977, S. 507. Die folgenden Erläuterungen zu Darstellung und Indienstnahme der Stauferzeit in der Stuttgarter Ausstellung sind in Teilen den Kap. VI.6, VII. und VIII. der Zulassungsarbeit zu den Staufer-Ausstellungen entnommen. Vgl. Luhmann, 2013. Vgl. Große Burlage, 2013, S. 93. Die Vorstellung des Mittelalters als positives Gegenbild der Moderne wird beispielsweise gut im Einführungstext zum Abschnitt »Skulptur« deutlich: »Man freue sich ihrer Schönheit und nehme diese Ausstellung als Mahnung, die Zeugnisse unserer Vergangenheit zu bewahren, vor gedankenlosem Vergessen und jenen Gefahren der Zerstörung und physischen Auslöschung, denen sie unsere rastlose, von den Geschäften des Tages gehetzte, durch die Technik beherrschte Umwelt in steigendem Maße aussetzt.« Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. 312-313. Auch Otto Gerhard Oexle bewertet das in der Stuttgarter Schau entworfene Geschichtsbild durch die Schwerpunktlegung auf die mittelalterliche Kunst als Entwurf einer positiv anderen Epoche. Vgl. Oexle, 2011a, S. 841-843.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

Dies wurde weiterhin durch die im Begleitprogramm kreierten Stauferrouten ermöglicht, die das gesamte Bundesland mit der Ausstellungsthematik verknüpften. Insgesamt kann die Darstellung der Stauferzeit in der Stuttgarter Ausstellung ganz im Sinne Aleida Assmanns als »monumental, imperial, glanzvoll […] weit entfernt von [der] Gegenwart« und vor allem unter einer regionalen Geschichtsperspektive stehend bewertet werden.175 Sie ist damit in die Sparte der positiv konnotierten Mittelalterbilder der jungen BRD einzuordnen, die sich nach 1945 als Reaktion auf eine Abkehr von nationalstaatlichen Geschichtsvorstellungen vor allem auf regionale und lokale Ereignisse rückbesannen.176 Nach Otto Gerhard Oexle war die Stauferzeit 1977 ein »›ferne[r] Spiegel‹ der Gegenwart, in dem der moderne Mensch fasziniert sich selbst betrachten kann.«177 Dieses Spiegelbild entsprach jedoch eher einem positiv verzerrten Bild, das die Sehnsüchte der Gegenwart abbildete. Aus dem analytischen Zuschnitt und der Inszenierung der Vergangenheit in Stuttgart lassen sich Rückschlüsse auf die Vorstellungen vom Aufgabenspektrum musealer Ausstellungen und damit auf die Selbstbestimmung der Exposition ziehen: Der Aufbau der Ausstellung war klar gegliedert, die Raumstruktur fest vorgegeben und Kausalzusammenhänge wurden ergänzt. Diese Art der Darstellung diente vor allem der breiten Informationswiedergabe und Bildung der Besucher. Das Museum sollte als Lernort fungieren. Die Exponate sind als dreidimensionale Schulbücher zu verstehen, die didaktisch derart aufbereitet wurden, dass sie einen möglichst großen Lerneffekt erzeugten. Dies erklärt auch die minimalistische Art der Inszenierung. Der singuläre Wunsch nach Weiterbildung ist auch im Begleitprogramm zu erkennen. Dieses war dominiert von wissenschaftlichen Vorträgen und informativen Führungen. Lediglich die Stauferrouten lassen Ansätze zur Konzeption von Geschichtserlebnissen erkennen. Dies entspricht den Gegebenheiten der späten 1970er Jahre, in denen die Notwendigkeit einer Professionalisierung und Industrialisierung des (Geschichts-)Tourismus bereits erkannt, aber noch nicht weit vorangeschritten war. Die Darstellung der Stauferzeit 1977 kann als Antwort auf ihren Entstehungskontext und die damaligen gesellschaftlichen und geschichtskulturellen Bedürfnisse gedeutet werden: 1977 in Zeiten der allgemeinen Unsicherheit verursacht durch den Ost-West-Konflikt im Fernen und die RAF im Nahen; in einem jungen Bundesland, in dem die Bürger sich in einer schnell wandelnden Zeit und als Mitglieder einer sich erst allmählich festigenden Landesgemeinschaft zurecht finden müssen; in diesen Zeiten »wagt« erstmals eine große historische Ausstellung den Schritt, die deutsche Geschichte als eine Hochkultur vor allem der Kunst darzustellen, auf die sich die Bürger Baden-Württembergs mit Stolz berufen können. Die vom Land initiierte und geförderte Ausstellung, deren Schirmherr der Bundespräsident selbst war, fiel mit dem 25-jährigen Landesjubiläum zusammen und sollte in diesem Kontext eine identitätsstiftende Wirkung in Bezug auf das Land entfalten. Des Weiteren sollte sie das generelle Geschichtsbewusstsein in der Öffentlichkeit fördern. Dieses befand sich auf einem Tief- und gleichzeitig Umkehrpunkt. Durch die Exposition einer prachtvollen,

175 176 177

Assmann, 1992, S. 140. Vgl. auch S. 142. Siehe S.74. Dies entspricht auch Knut Görichs Beobachtungen, wonach eine Regionalisierung mittlerweile Begleitumstand der staufischen Erinnerung ist. Vgl. Görich, 2015, S. 47. Oexle, 2011a, S. 842-843.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

faszinierend-anderen Vergangenheit, die durch eine stringent regionale Geschichtsperspektive als die eigene inszeniert wurde, konnte den Besuchern Hoffnung und Anreiz gegeben werden, einen neuen Stolz für das eigene Bundesland zu entwickeln. Die Stauferzeit wurde zur Quelle für ein neues Landesbewusstsein. Als Vergangenheit Baden-Württembergs bot sie dem noch relativ jungen Bundesland die Möglichkeit sich auf eine gemeinsame Geschichte zu berufen und eine gemeinsame Identität zu erlangen. Darüber hinaus konnte sie die damalige politische Entscheidung zur Landesgründung auch historisch legitimieren. Auch das Ziel der Ausstellungsmacher, das allgemeine Geschichtsbewusstsein zu fördern, wurde durch die Exposition zweifelsfrei erreicht, weswegen die Ausstellung in der Rückschau als Wendepunkt in Bezug auf das deutsche Geschichtsverständnis deklariert wird. Sie gab erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg Antwort auf das latent vorhandene Bedürfnis nach der Vergegenwärtigung der eigenen Geschichte und stieß wohl deshalb auf ein so großes Echo. Diese Vergegenwärtigung gelang womöglich deshalb so erfolgreich, da der Zugang zur Vergangenheit über das Mittelalter weit weniger belastend erschien als die jüngere Vergangenheit. Zusammenfassend erfüllte die Stuttgarter Exposition die geschichtskulturellen Bedürfnisse der Identitätsstiftung und des Erkenntnisgewinns. Durch die Darstellung des Mittelalters als funkelnd-alteritäre Gegenwelt wurden außerdem emotionale Bedürfnisse angesprochen und ein Stück weit die Möglichkeit zur Abkehr vom Alltag gegeben. Darüber hinaus wurde auch die politische Dimension der Geschichtskultur beansprucht, da die Stauferzeit rezente landespolitische Entscheidungen historisch rechtfertigen konnte.178 Demnach kann nicht von einer Entpolitisierung der staufischen Erinnerung gesprochen werden, auch wenn diese keine appellative Funktion mehr hatte.

4.3 4.3.1

»Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa« 2010/2011 in Mannheim Von der bipolaren zur multipolaren Welt: Der zeithistorische Kontext zur Ausstellung

Die Mannheimer Ausstellung selbst war an keinen aktuellen Anlass gebunden. Es sind dementsprechend auch keine nennenswerten politischen Ereignisse im unmittelbaren Entstehungskontext zur Ausstellung zu verorten.179 Wie schon im zeithistorischen Kontext zur Ausstellung von 1977 muss jedoch auch bei der Mannheimer Exposition der Blick über die Ausstellungsjahre hinaus ausgedehnt werden, zumal erste Planungen bereits 2007 einsetzen.180 Für die unmittelbare Umgebung, in der die Ausstellung konzipiert wurde, ist vor allem die Ernennung der Region Rhein-Neckar zur europäischen 178

Auch Alexander Schubert sieht »die Indienstnahme großer Vergangenheit zur Legitimierung der politischen Gegenwart« als einen Beweggrund für die Staufer-Ausstellung 1977. Schubert, 2010a, S. 253. 179 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview). 180 Vgl. ebd. Um den zeithistorischen Kontext für das Dissertationsprojekt vollständig darzustellen, wird der Faden zur Zeitgeschichte aus 4.2.1. aufgenommen und der Blick zurückgeworfen bis in die

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

Metropolregion im Jahre 2005 von Bedeutung.181 Der Titel wird seit 1995 durch die Ministerkonferenz für Raumordnung der BRD an einzelne Regionen vergeben und wurde 2004 auf weitere Räume ausgedehnt.182 Metropolregionen wird eine zunehmend wichtige Rolle zugesprochen, da sie als Garanten einer verbesserten Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit auf nationaler und internationaler Ebene gesehen werden und zum nationalen Wirtschaftswachstum beitragen können.183 Daher wurden im Zuge der Strukturförderperiode der EU von 2007 bis 2013 gezielt Wachstumszentren wie die Metropolregionen unterstützt.184 Die Metropolregion Rhein-Neckar, die Teile der Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen umfasst, arbeitete schon in den vorangehenden Jahren auf der Basis eines Staatsvertrags im Bereich der Regionalplanung zusammen. Mit der Ernennung zur Metropolregion wurde dieser ausgedehnt.185 Die Mitglieder wollen ihre Standortfaktoren gemeinsam optimieren und kooperieren daher auf vielen Ebenen.186 Hierfür wurden eine gemeinsame Stiftung und ein Verband ins Leben gerufen, in welchem die gemeinsame Regionalentwicklung vorangetrieben und die Stärkung von Kunst- und Kultur, aber auch gezielt die Heimatpflege der Region gefördert werden soll.187 Es ist anzunehmen, dass die Bürger der Jahre direkt nach der Wiedervereinigung und ein Ausblick gegeben über die weiteren Entwicklungen bis ca. 2016/2017. 181 Vgl. Metropolregion Rhein-Neckar: Gut zu Wissen. Europäische Metropolregion. https://www .m-rn.com/fileadmin/user_upload/Image/05_Meta/MRN_Profil/GUT_ZU_WISSEN_Europ%C3% A4ische_Metropolregion_VRRN.pdf [24.09.2013]. Hierbei handelt es sich um Ballungszentren, die sich in Bezug auf »Wertschöpfung, Wirtschaftskraft und Einkommen« auf internationaler Ebene besonders dynamisch entwickeln und viele politische, ökonomische und wissenschaftliche Einrichtungen nachweisen können. Vgl. Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Stadtentwicklung (Hg.), 2007: Metropolregionen – Chancen der Raumentwicklung durch Polyzentralität und regionale Kooperation. Voraussetzungen für erfolgreiche Kooperationen in den großen Wirtschaftsräumen der neuen Länder am Beispiel der Metropolregion Sachsendreieck. (Werkstatt: Praxis, Bd. 54). Bonn, S. 5. 182 Vgl. Metropolregion Rhein-Neckar [24.09.2013]. 183 Vgl. Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Stadtentwicklung, 2007, S. 5. 184 Vgl. ebd., S. 7-8. Die Regionen wurden bezüglich Wachstum, der Förderung des Wettbewerbs und der Schaffung neuer Arbeitsplätze gefördert. Vgl. Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Stadtentwicklung, 2007, S. 8. Dies sollte dazu beitragen die Lissabon Strategie der EU erreichen zu können, welche die Union bis 2010 zum dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt machen wollte. Diese in der Lissabon-Strategie erreichten Ziele wurden bis 2010 nur teilweise erreicht. Das Nachfolgeprogramm »Europa 2020« nimmt einige der Ziele in seine Agenda mit auf. Vgl. Europa.eu: Von der Lissabon-Strategie zu »Europa 2020. http://ec.europa.eu/education/focus/focus479_de.ht m [24.09.2013]. 185 Vgl. Metropolregion Rhein-Neckar: Kurzprofil. https://www.m-r-n.com/ [23.09.2013]. Zur detaillierten Reformierung des ersten Staatsvertrags zur heutigen Zusammenarbeit Vgl. Zimmermann, Karsten, 2008: Regionale Kooperation jenseits der Ländergrenzen: Die Europäische Metropolregion Rhein-Neckar. In: Zeitschrift für Angewandte Geographie, H. 32, S. 152-159. 186 Vgl. Metropolregion Rhein-Neckar, Kurzprofil. 187 Vgl. Metropolregion Rhein-Neckar: Verband Region Rhein-Neckar. https://www.m-r-n.com/start/ regionalplanung-entwicklung/institutionen/verband-region-rhein-neckar.html [24.9.2013]; Metropolregion Rhein-Neckar: Stiftung Metropolregion Rhein-Neckar. https://www.m-r-n.com/start/re gionalplanung-entwicklung/institutionen/stiftung-metropolregion-rhein-neckar.html [24.9.2013]; Zimmermann, 2008, S. 158.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Metropolregion noch keinen starken Bezug zu diesem künstlich geschaffenen Raum haben, ähnlich wie die Bevölkerung Baden-Württembergs 1977. Über die konkrete Entstehungssituation hinaus prägten vor allem drei Entwicklungen die jüngste Vergangenheit seit dem Zerfall der SU: Die deutsche Einigung, die Europäisierung und die Globalisierung.188 Auf europäischer Ebene waren die 1990er Jahre vor allem durch den Wandel in den Ostblockstaaten der ehemaligen SU und dem damit einhergehenden Problemen geprägt: »Gleichsam im Zeitraffer mussten Nation, Demokratie und Diversität miteinander vermittelt und in eine neue verfassungspolitische Form gebracht werden […].«189 Das Ende des Kalten Krieges erzeugte zunächst neue Instabilitäten, welche sich besonders verheerend im zerfallenden Jugoslawien zeigten. Die Auswirkungen der Jugoslawienkriege waren verehrend: 100000 Jugoslawen wurden getötet. Nach dem Waffenstillstand von 1999 waren fast 90 % der albanischen Bevölkerung des Kosovo auf der Flucht.190 Es wurde deutlich, dass die Neuausrichtung ehemaliger Satellitenstaaten der SU und ihre zum Teil angestrebte Eingliederung in westliche Institutionen erhebliche Probleme mit sich bringen würde.191 Der Zerfall des Ostblocks hatte für die junge wiedervereinigte BRD als direkte Auswirkung eine Zuwanderungswelle in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren zur Folge. Diese speiste sich vorwiegend aus deutschstämmigen Aussiedlern aus den osteuropäischen Staaten und Übersiedlern aus der DDR. Diese Zuwanderung und vor allem die Eingliederung der neuen Bundesländer stellte die BRD vor finanzielle Herausforderungen, sodass dem Enthusiasmus der ersten Stunde in den 1990er Jahren schnell eine Ernüchterung folgte. Die marktwirtschaftliche Situation der 1990er und auch 2000er war durch eine »hohe, strukturell bedingte Sockelarbeitslosigkeit«192 geprägt, die sich vor allem aus einem Missverhältnis zwischen den Kenntnissen der vielfach entlassenen Industriearbeiter und den Kompetenzanforderungen der Dienstleistungsbranche speiste.193 Geprägt wurde der bundesdeutsche Arbeitsmarkt im frühen 21. Jahrhundert durch Bundeskanzler Gerhard Schröders »Agenda 2010«. Die schlechte Wirtschaftslage 2003 nach dem Platzen der New-Economy-Blase nötigte Schröder zu einem Reformpaket, welches für die SPD eine Abkehr von ihrem bisherigen Verständnis von Sozialdemokratie bedeutete: Die Einführung von Hartz IV, kürzere Arbeitslosengeldzahlungen, ein lockerer Kündigungsschutz und die Deregulierung von Zeitarbeit wurden von vielen Arbeitnehmern als Zumutung empfunden und harsch kritisiert. Letztendlich führten die Reformen aber zu einer deutlichen Verbesserung der Arbeitslosenquote.194 Die Reformen Gerhard Schrö188 Mit Blick auf die Staaten der ehemaligen SU ließe sich hier noch das Schlagwort der Demokratisierung hinzufügen. Vgl. Wirsching, 2015, S. 10. 189 Ebd., S. 45. 190 Vgl. Wirsching, 2015, S. 57-69. 191 Vgl. ARD.de, 15.12.2014: ARD-Jahresrückblick. Das war 2014. https://www.tagesschau.de/jahresrueckblick/ard-jahresrueckblick-105.html [22.02.2018], Min. 14-20. 192 Wirsching, 2015, S. 17. 193 Vgl. ebd., 17-18; Wirsching, 2009, S. 153. 194 Vgl. Pretz, Florian, 7.4.2013: Zehn Jahre »Agenda 2010«. Eine Reform mit Wirkungen und Nebenwirkungen. https://www.tagesschau.de/inland/agendazwanzigzehn-hintergrund100.html [26.02.2018].

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

ders standen symptomatisch für eine Verabschiedung der Sozialdemokraten von ihren traditionellen Klassenbindungen, so wie sie auch in anderen Parteien zu finden waren. Die beiden großen Lager näherten sich aneinander an und verprellten damit traditionelle Wählerschaften, was zum einen zum Politikverdruss, zum anderen zur Stärkung neuer Parteien wie den Grünen führte.195 Zentrale Merkmale der Globalisierung kamen vor allem ab Ende des 20. Jahrhunderts auf und verstärkten sich wechselseitig: Intensivierung internationaler Arbeitsteilung, Auslandsproduktionen, Ausdehnung der Finanzmärkte, Grenzöffnungen und Migrationsbewegungen – all diese Entwicklungen ließen die Welt zusammenwachsen, brachten aber auch fragile Abhängigkeitsverhältnisse mit sich. Ein wichtiger Schritt, der diese Entwicklungen begünstigte und sich vor allem bis in die Sphären des privaten Haushalts auswirkte, war die Entwicklung der globalen Kommunikation in Form des Internets. Die Erfindung des World Wide Web 1993 ermöglichte einen quasi kostenlosen Zugriff auf ein weltweites Angebot von Informationen. »Das führte zu neuen Formen der Jugendkultur, zur Schaffung virtueller Räume von Begegnungen, zur Veränderung der Identitäten und zur Aufhebung der Begrenzungen von Raum und teilweise auch von Zeit.«196 Der ab den 1970er Jahren einsetzende Mentalitätswandel hin zur Individualisierung, Pluralisierung und Entnormativierung wurde durch diese Aufhebungen der Grenzen von Raum, Zeit und vermutlich auch von Wertvorstellungen verstärkt.197 Hinzu kamen die geopolitischen Machtverschiebungen, die sich aus dem Ende des Kalten Krieges ergaben: Gab es in den frühen 1990er Jahren mit den USA noch ein bestimmendes Machtzentrum, so zeigten die weiteren Entwicklungen, dass der Weg ins 21. Jahrhundert in ein unübersichtliches und pluralisiertes Machtgefüge führte. Das gleichzeitige Zusammenwachsen der Welt und damit auch deren Probleme und die als nicht durchschaubar empfundenen Machtverhältnisse erzeugten vor allem in den westlichen Ländern diffuse Ängste und Vorurteile.198 An der Schwelle zum 21. Jahrhundert erschütterten mit großer Symbolkraft die Anschläge vom 11.September 2001 das Gefühl der Unantastbarkeit der westlichen Supermacht USA. Durch die Attentate wurde Al Quaida zum Synonym einer neuen Art der globalen Terrorbedrohung: lose vernetzte Einzelgruppen mit neuester Technologie, die vermehrt voneinander unabhängige Attentate in der gesamten westlichen Welt verübten. Dabei machten sie auch vor den Grenzen Europas nicht Halt. Der internationale Terrorismus schien »bei uns« angekommen zu sein.199 Eine weitere globale Herausforderung der Zeitgeschichte stellte der Arabische Frühling und seine Folgen dar. Die 2011 begonnen Proteste und systemverändernden Umwälzungen wurden zunächst von der westlichen Welt hoffnungsvoll begrüßt. Nach der Aufbruchsstimmung der ersten Stunde entwickelten sich jedoch in

195 196 197 198 199

Vgl. Wirsching, 2015, S. 120-124. Konrad, Helmut/Stromberger, Monika, 2010, S. 24. Vgl. Wirsching, 2009, S. 159; Wirsching, 2015, S. 16. Vgl. Konrad, Helmut/Stromberger, Monika, 2010, S. 25-26; Wirsching, 2015, S. 12. Vgl. Wirsching, 2015, S. 24-25; ARD.de, 22.12.2015: Jahresrückblick 2015. https://www.tagesschau.d e/ausland/jahresrueckblick-ard-101.html [23.02.2018], Min. 2, 38; Petersen, Volker, 2016: Das Jahr bei n-tv. https://www.n-tv.de/Spezial/jahresrueckblick/Januar-bis-Dezember-2016-article19253686. html [26.02.2018].

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Teilen der arabischen Welt Brandherde, die die EU aufgrund oftmals uneiniger Positionen nicht zu löschen vermochte. Gerade die Revolution und der daraus folgende Bürgerkrieg in Syrien boten eine ideale Brutstätte für die Terrororganisation Islamischer Staat, die bis 2014 große Teile des Nordiraks und Nordostsyrien unter ihre Kontrolle bringen konnte und die globale Terrorbekämpfung vor ganz neue Herausforderungen stellte. Die für die Bürger der EU unmittelbarsten Auswirkungen des Arabischen Frühlings zeigten sich in einem seit 2011 stetig wachsenden Strom von Flüchtlingen aus der Region. Schon in den ersten Monaten 2011 machten sich Tausende von nordafrikanischen Flüchtlingen auf den Weg nach Italien und landeten auf der kleinen Insel Lampedusa.200 Die aus der Not nach Deutschland kommenden Menschen wurden sehr unterschiedlich aufgenommen: Gerade im Jahr 2015, als sehr viele Flüchtlinge die BRD erreichten, zeigten viele Bürger eine große Aufnahmebereitschaft und boten vielerorts ehrenamtliche Unterstützung an. Der Schritt von Kanzlerin Angela Merkel rund 5000 Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen, die an der ungarischen Grenze an der Weiterreise gehindert wurden, wurde vielfach positiv bewertet. Gleichzeitig wuchs jedoch auch die Skepsis und der Fremdenhass im Land. Die rechtspopulistische Organisation Pegida warnte vor einer »Islamisierung des Abendlandes« und in ganz Deutschland kam es zu Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte. Die Ereignisse der Silvesternacht 2015/2016 in Köln verschärften die Ressentiments gegenüber den neu Angekommenen.201 Die Aufnahme und Integration der Geflüchteten wurde zum Mammutprojekt, das die BRD noch über Jahre beschäftigen wird. Dies umfasst auch die Neukonstituierung gemeinsamer Identitäten und einer Geschichtskultur, die die neu hinzugekommenen Mitglieder der Erinnerungsgemeinschaften einschließen kann. Schlussendlich führte die zunehmende Globalisierung und weltweite Verflechtung der Kapitalströme auch zu globalen Wirtschaftsproblemen. Symptomatisch sei die Wirtschaftskrise genannt, die 2007 mit dem Platzen der Immobilienblase in den USA begann und die Verwundbarkeit der globalen, voneinander abhängigen Wirtschaftsbereiche verdeutlicht. Ausbruch und Auswirkungen der Krise erzeugten ein Gefühl der Unsicherheit und waren Nährboden für Feindseligkeiten zwischen finanziell unterschiedlich situierten Staaten.202 Antwort auf diese überstaatlichen Herausforderungen war ein konsequenter Ausbau der europäischen Institutionen. Mit dem Vertrag von Maastricht von 1992 wurde eine intensive Zusammenarbeit der EU auf verschiedenen Ebenen konstituiert. Mit der Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes 1993 und dem Schengen Abkommen 1995 waren seit Mitte der 1990er Jahre der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen ohne Grenzkontrollen in der EU möglich.203 Nach ihrer großen Erweiterung von 1989 traten 2004 noch einmal zehn und 2007 erneut zwei Länder der Union bei.204 Durch den Vertrag von Lissabon 2009 erhielt sie effizientere

200 Vgl. Wirsching, 2015, S. 204-207; ARD.de, 15.12.2014, Min 23-25. 201 Vgl. ARD.de, 22.12.2015, Min. 1,13,35-37; Petersen, 2016. 202 Vgl. Tagesschau.de: Von Bear Stearns bis zu den Rettungsschirmen. Die Chronologie der Krise. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/chronologiefinanzmarktkrise100.html [24.9.2013:]; Konrad, Helmut/Stromberger, Monika, 2010, S. 26. 203 Europa.eu: Die Geschichte der Europäischen Union. 204 Vgl. Europa. eu: Die EU – Eine Folienpräsentation, Folie 6.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

Arbeitsverfahren. Gemäß ihrer Zielsetzungen arbeitete die EU in Bereichen der Terrorismusbekämpfung, der Einwanderungspolitik und der Außen – und Sicherheitspolitik zusammen.205 Ziel war auch die Eindämmung sozialer Ungerechtigkeit und die Stärkung des Zusammenhalts und der Solidarität zwischen den einzelnen Mitgliedsländern, weswegen im Zuge einer seit 2007 laufenden Kohäsionspolitik benachteiligte Regionen gestärkt werden sollten.206 Für gegenwärtige Geschichtskulturen besonders von Interesse sind die zahlreichen Bemühungen der EU durch Förderprogramme kulturelle und kreative Projekte über nationale Grenzen hinaus zu unterstützen, die die europäische Integration fördern.207 Die jüngsten institutionellen Veränderungen der EU kamen in den Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 zum Tragen: Die europäischen Wähler hatten erstmals die Möglichkeit Einfluss auf die Wahl des Kommissionspräsidenten zu nehmen. Die europäische Exekutive wurde ein Stück mehr parlamentarisiert. Gleichzeitig drückte sich in den Wahlen auch die vertiefte Euroskepsis vieler Bürger aus: Europafeindliche, nationalpopulistische Parteien konnten vielfach einen Stimmengewinn für sich verbuchen. »Staatsunsicherheit, diffuse Abstiegsängste oder auch konkreter Wohlstandsverlust, Misstrauen gegenüber den Globalisierungsfolgen […] verbanden sich zu einem explosiven Gemisch, in dem allein der Rückzug auf das Nationale […] Vertrautheit und Sicherheit zu gewährleisten schien.«208 Ein Trend der sich in den Folgejahren durch den Vormarsch vieler rechter und rechtspopulistischer Parteien – nicht zuletzt der AfD in Deutschland – weiter fortsetzte und jüngst zum Ausstiegsentscheid Großbritanniens aus der EU führte.209 Im geschichtskulturellen Diskurs war nach der Wiedervereinigung die NS-Zeitgeschichte das alle anderen Epochen überwölbende Thema. Diese Omnipräsenz des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieges und den damit verbundenen Verbrechen spiegelte sich auch in den Lehrplänen wider. Im Geschichtsunterricht der 1980er und 1990er, aber auch noch weit in die 2000er Jahre hinein breitete sich »eine gewisse Hitler-Aufklärungs-Obsession aus und verdrängte andere wichtige, für Bildung und Erziehung unverzichtbare geschichtliche Ereignisse.«210 Nicht nur aufgrund dieser Gewichtung schrumpfte der Anteil der vormodernen Epochen in Schulen und an Universitäten.211 Trotz der Aufnahme aktueller Fragestellungen ließ das Interesse am Mittelalter in Bezug auf eine wis-

205 Vgl. Europa. eu: Die EU – Eine Folienpräsentation, Folie 9, 32. 206 Vgl. Europa. eu: Die EU – Eine Folienpräsentation, Folie 41; Generaldirektion Kommunikation der Europäischen Kommission: Die EU – kurz gefasst. https://europa.eu/european-union/abouteu/eu-in-brief_de [26.02.2018]. Der Vertrag von Lissabon baut diese Kohäsionspolitik weiter aus. Vgl. Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung: 10 Fragen zur Kohäsionspolitik – EU – Regionalpolitik. http://ec.europa.eu/regional_policy/de/faq/#1 [26.02.2018]. 207 Kulturpolitische Gesellschaft e.V.: Home – Europa fördert Kultur. https://www.europa-foerdert-kul tur.info/home.html [26.02.2018]. 208 Wirsching, 2015, S. 200. 209 Vgl. ebd., S. 201; Petersen, 2016. 210 Schüle, Christian, 2006: Deutschlandvermessung. Abrechnungen eines Mittdreissigers. München, S. 94. Christian Schüle konstatiert diesen Trend lediglich für seine Schulzeit in den 1980er Jahren. Jüngste Einblicke in den Schulunterricht verdeutlichen jedoch, dass dieser sich bis heute hartnäckig hält. 211 Vgl. Assmann, 2007, S. 17.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

senschaftliche Erschließung nach.212 Stattdessen verlagerte sich das gesellschaftliche Interesse am Mittelalter in den Sektor der Populärkultur.213 Vor allem nach der Wiedervereinigung stellte sich verstärkt die Frage nach einer zeitgemäßen bundesdeutschen historischen Identität und Erinnerungsperspektive. Schnell wurde ersichtlich, dass eine deutsche Geschichte und eine deutsche Identität nicht mehr in nationalhistorischen Dimensionen gedacht werden konnte. Zu verflochten war die deutsche mit der europäischen Geschichte und zu heterogen war inzwischen die bundesdeutsche Bevölkerung. Zeitaktuell kann dementsprechend ein Trend zu einer europäisch-deutschen Geschichtsperspektive konstatiert werden.214 Dieser politische Trend zu einer europäischen Geschichtsdeutung spiegelt sich auch in den wissenschaftlichen Betrachtungsweisen der Vergangenheit wider.215 Die deutsche Geschichte wird vor allem in Bezug auf ihre Verflechtungen mit der europäischen Geschichte betrachtet.216 Nationalstaatlich orientierte Geschichtsbilder werden den Orientierungsbedürfnissen der Gegenwart entsprechend umgeändert.217 Die Erforschung deutscher Geschichte im europäischen Kontext war auch beeinflusst durch neuere kulturwissenschaftliche Ansätze wie dem spatial turn. Dieser wies zu transnationalen Ansätzen hin, die dazu führten, dass eine die Nationen vergleichende Forschungsperspektive von Konzepten der miteinander verflochtenen Geschichten abgelöst wurde.218 Dieser in der jüngsten Vergangenheit zu findende Forschungstrend ist ebenfalls von außenwissenschaftlichen Impulsen der Europäisierungs- und Globalisierungsdebatten beeinflusst.219 Diesen neueren, vor allem kulturwissenschaftliche beeinflussten Ansätzen gingen in den 1990er und 2000er Jahren alltagsgeschichtliche Fragestellungen voran, die bislang in der Forschung eher vernachlässigte historische Personenkreise untersuchten.220 Bauern und andere Personen der Unterschichten, sozial ausgegrenzte Minderheiten wie Juden, das fahrende Volk, Prostituierte und Homosexuelle waren Thema von Forschungsarbeiten und wissenschaftlichen Symposien der Zeit.221 Auffallend ist der in diesen Perspektivwechsel einzuordnende Aufschwung der Frauen- und Geschlechtergeschichte und die singuläre Beschäftigung mit der Gruppe der Frauen in der Geschichte.222 Ein Perspektivwechsel, der auch in der Populärkultur angekommen ist und sich dort großer Beliebtheit erfreut.

212 213 214 215

Vgl. Groebner, 2008, S. 17-18, 21; Goetz, 2003, S. 480. Vgl. Groebner, 2008, S. 17, S. 21. Vgl. Sheehan, 1990, S. 277; 280; 284; Assmann, 2007, S. 193-194. Siehe auch S. 24. Vgl. Goetz, 2003, S. 467, S. 481. Zugleich wird hier aber auch vor einer »Politikhörigkeit« der Wissenschaft durch die Übernahme von europäischen Perspektiven gewarnt. 216 Vgl. Sheehan, 1990, S. 284. 217 Vgl. Langewiesche, 2008, S. 176. 218 Dies kann die Beschäftigung mit realen historischen Räumen wie dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen sein oder auch Räumen als Produkte menschlicher Imaginationen wie ein Erinnerungsraum oder die Vorstellungen von Kulturnationen. 219 Vgl. Wirsching, 2009, S. 242-243. 220 Zum Aufkommen der Alltagsgeschichte siehe S. 111. 221 Hans-Werner Goetz erklärt die Hinwendung des Forschungsinteresses zu diesen bislang vernachlässigten »Randgruppen« ebenfalls aus Gegenwartsinteressen. Vgl. Goetz, 1999, S. 109-110. 222 Vgl. ebd., S. 110. Die Anfänge der Frauengeschichte sind jedoch bereits in den 1970er Jahren zu verorten. Vgl. ebd., S. 318.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

4.3.2

Wieso, weshalb, warum? Die Rahmenbedingungen der Ausstellung 2010/2011 in Mannheim223

Ausstellungsdaten Die Exposition war vom 19. September 2010 bis zum 20. Februar 2011 in Mannheim zu sehen und sollte im Anschluss in abgewandelter Form für drei Monate nach Palermo gehen.224 Auf 2300 qm wurde, exemplarisch gezeigt an drei ausgewählten Regionen, vor allem der innovative Charakter der Stauferzeit verdeutlicht.225 Zur Ausstellung erschien ein zweibändiges Katalogwerk, bestehend aus einem Objektband und einem Essayband.226 Zusätzlich zwei Werke, die die Erträge der anlässlich der Ausstellung durchgeführten Tagungen von 2008 und 2009 wiedergaben und ein kulturhistorischer Führer Reiselust Stauferzeit, in dem verschiedene Städte mit Stauferattraktionen innerhalb der an der Ausstellung beteiligten Bundesländer vorgestellt wurden.227 Die Ausstellung selbst war in ein vielfältiges Rahmenprogramm eingebettet, welches, wie die gesamte Ausstellung, auch in italienischer Sprache über Broschüren beworben wurde.228 In Mannheim selbst gab es wissenschaftliche Vortragsreihen, mittelalterliche Konzerte und sogar einen kaiserlichen Hoftag.229 Außerdem sollte dem italienischen Ausstellungsschwerpunkt durch Veranstaltungen nach dem Motto »Italieni223 Auch für die Mannheimer Ausstellung müssen die relevanten Fragen zur Quellenkritik an Museen beantwortet werden. Im Folgenden werden daher Autor, Zweck und Zielgruppe der Ausstellung vorgestellt. Die Erläuterungen zu den Rahmenbedingungen der Exposition sind in Teilen aus Kap. V. Der Zulassungsarbeit zu den Staufer-Ausstellungen entnommen. Vgl. Luhmann, 2013. 224 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011, Titelblatt, Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner Besprechungen Exekutivkomitee und Ausstellungskommission: Besprechung Exekutivkomitee und Ausstellungskomission. Auch wenn das Interesse an der Exposition von italienischer Seite groß war, konnte die Mannheimer Schau aufgrund räumlicher und technischer Schwierigkeiten nicht wie geplant in Palermo gezeigt werden. Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 17.5.2018 (Korrespondenz): Pläne für die Exposition in Palermo. 225 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011, S. 4-5. 226 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, Bd. 2. Der Objektband folgte in der Aufteilung den in der Ausstellung gezeigten Themengebieten und gab Informationen zu dem jeweiligen Thema und den in diesen Bereichen gezeigten Objekten. Der Essayband folgte derselben Aufteilung und enthält Aufsätze, die sich mit den aktuellen Forschungskontroversen zur Ausstellungsthematik auseinandersetzen. 227 Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan/Wieczorek, Alfried (Hg.), 2010: Verwandlungen des Stauferreichs. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Darmstadt. Burckhardt, Stefan/Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan (Hg.), 2010: Staufisches Kaisertum im 12. Jahrhundert. Konzepte, Netzwerke, politische Praxis. Regensburg. Wieczorek, Alfried (Hg.), 2010: Reiselust Stauferzeit. Ausflugsziele an Rhein, Main und Neckar. (Publikationen der Reis-Engelhorn-Museen, Bd. 39). Regensburg. 228 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011, S. 27. Die italienischen Prospekte dienten jedoch keinen öffentlichen Werbezwecken, sondern wurden an die italienischen Leihgeber und EhrenkomiteeMitglieder versendet. Diese begrüßten es sehr, dass Informationsmaterial in ihrer Sprache zur Verfügung stand. Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 17.5.2018 (Korrespondenz). 229 Vgl. Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn Museen (Hg.), 2010: Stauferjahr 2010. Rahmenprogramm zur Ausstellung »Die Staufer und Italien« in Mannheim, Mannheim.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

sche Lebensart in Mannheim« Rechnung getragen werden, bei dem italienische Restaurants und Geschäfte mit einbezogen wurden.230 Des Weiteren wurde, angelehnt an die Staufer-Ausstellung von 1977, im Rhein-Neckar-Raum das Stauferjahr ausgerufen:231 In den drei bei der Ausstellung beteiligten Bundesländern wurden im ganzen Jahr 2010 unterschiedlichste Programmpunkte angeboten, die vor allem den Tourismus der Region stärken sollten. Auch auf kulinarischer Ebene sollten die Staufer erlebbar werden, weswegen ein Stauferwein und ein Stauferbier kreiert wurden.232 So waren die Staufer auch im Zuge der Ausstellung von 2010/2011 im öffentlichen Bewusstsein der beteiligten Länder omnipräsent.

Veranstalter, Träger und Schirmherren der Exposition Veranstaltet wurde die Mannheimer Ausstellung von der Curt-Engelhorn-Stiftung und den Reiss-Engelhorn Museen.233 Das Hauptanliegen der Stiftung ist es, die ReissEngelhorn-Museen als »öffentliche Einrichtung der Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung« zu fördern.234 Daher gibt es zwischen Stiftung und Museum eine enge Verbindung, die sich in der Personalunion von Museumsdirektion und Stiftungsvorstand widerspiegelt.235 Die Reiss-Engelhorn-Museen sind ein Museumskomplex bestehend aus vier Ausstellungshäusern, die in Eigenbetrieb der Stadt Mannheim geführt werden.236 Dieser soll unter anderem die Stadt Mannheim als Kultur und Einkaufsmetropole stärken, einen Beitrag zur Identitätsstiftung für Stadt und Metropolregion leisten und seine Position als internationales Ausstellungshaus und wissenschaftliches Kompetenzzentrum festigen.237 Träger der Ausstellung waren die Curt-Engelhorn-Stiftung und andere private Stiftungen, die Baden-Württemberg Stiftung, größere Firmen, das Tourismus-Marketing Baden-Württemberg und die DB.238 Die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernahmen als Novum für historische Ausstellungen drei Bundesländer: Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und

230 Vgl. Reiss-Engelhorn-Museen: Italienische Lebensart in Mannheim. https://www.staufer2010.de/it alienische-lebensart.html [23.09.2013]. 231 Vgl. Reiss-Engelhorn-Museen: Stauferjahr in Baden-Württemberg. https://www.staufer2010.de/de /stauferjahr-in-baden-wuerttemberg.html [23.09.2013]. 232 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011, S. 13. 233 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 9.7.2013 (Korrespondenz). 234 Stadt Mannheim: Satzung der Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen. http s://www.mannheim.de/sites/default/files/page/2856/s09-08.pdf [23.9.2013], S. 1. Vgl. auch ReissEngelhorn-Museen: Die Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen. https://www.re m-mannheim.de/stiftungen/curt-engelhorn-stiftung.html [23.09.2013]. Sie ist gewissermaßen der finanzielle Grundstock, der Forschungsarbeiten und Ausstellungen der Reiss-Engelhorn-Museen auf hohem Niveau ermöglicht. 235 Vgl. ebd. 236 Vgl. Reiss-Engelhorn-Museen: Wir über uns. Die Reiss-Engelhorn-Museen. https://www.rem-man nheim.de/wir-ueber-uns.html [23.09.2013]; Ebd. 237 Vgl. Reiss-Engelhorn-Museen: Wir über uns. 238 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 9.7.2013 (Korrespondenz); Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 5.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

Hessen.239 Sie standen den Ausstellungsmachern als Kooperationspartner zur Seite und unterstützten diese diplomatisch.240 Für die Konzeption der Ausstellung wurde für die wissenschaftliche Erschließung hauptsächlich das Institut für FränkischPfälzische Geschichte und Landeskunde der Universität Heidelberg, namentlich vertreten durch Prof. Dr. Bernd Schneidmüller und Prof. Dr. Stefan Weinfurter, zu Rate gezogen.241 Weiterhin konnten Staufer-Experten auch auf internationaler Ebene gewonnen werden, wobei ein klarer Schwerpunkt auf Italien festzustellen ist.242 Von Seiten der Reiss-Engelhorn-Museen wurden Generaldirektor Alfried Wieczorek und die Kunsthistorikern Irmgard Siede mit der Projektleitung betraut.243 Im Zuge der Ausstellungsvorbereitungen wurden zwei Tagungen organisiert, damit die neuesten Aspekte zur Stauferforschung in die Ausstellungsüberlegungen mit einbezogen werden konnten.244 2008 wurden Themen wie »Eine Region wird eine ›Region‹«, »Netzwerke und Transfer« und »Wissenszentren und Spiritualität« abgehandelt.245 2009 fand eine

239 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 9.7.2013 (Korrespondenz); Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 6. 240 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 9.7.2013 (Korrespondenz). Diese drei Bundesländer bilden zusammen die europäische Metropolregion Rhein-Neckar, weswegen sie auf struktureller, wirtschaftlicher und kultureller Ebene in vielen Bereichen zusammenarbeiten. Siehe Kap. 4.3.1. 241 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 9.7.2013 (Korrespondenz), Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 6, Schubert/Wieczorek, 2011, S. 7. Beide siedeln ihre Forschungsschwerpunkte vor allem in der mittelalterlichen Geschichte an und haben bereits bei mehreren mittelalterlichen Großausstellungen bei der Umsetzung historischer Forschung mitgearbeitet. Vgl. Universität Heidelberg: Prof. Dr. Bernd Schneidmüller. https://www.uni-heidelberg.de/fa kultaeten/philosophie/zegk/histsem/forschung/mittelalter2.html [23.09.2013]; Universität Heidelberg: Prof. Dr. Stefan Weinfurter. https://www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/philosophie/zegk/his tsem/forschung/mittelalter.html [23.09.2013]. 242 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 10. Es ist nicht festzustellen, ob hierbei vor allem Kunsthistoriker oder Historiker in die Ausstellungsgestaltung einbezogen wurden. Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 9.7.2013 (Korrespondenz),Wipfler, Esther, 2011: Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. In: Kunstchronik. Monatsschrift für Kunstwissenschaft, Museumswesen und Denkmalpflege, 64/2, S. 65-71. 243 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 6; Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, 5.8.2013 (Korrespondenz): Persönlicher Werdegang; Van den Abele, Baudouin, 2011: Rez zu: Schneidmüller, Bernd, Weinfurter, Stefan, Wieczorek, Alfried (hg.): Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Bd.1 und 2, Darmstadt 2010. (Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen 37). In: Scriptorium. Revue Internationale des études relatives aux manuscrits, 65/1, S. 110-111. 244 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011, S. 7. 245 Vgl. H-Soz-Kult: Konferenz Verwandlungen des Stauferreichs – Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=8433&view=print [23. 09.2013].

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

weitere Tagung mit dem Titel »Staufisches Kaisertum im 12. Jahrhundert. Konzepte – Netzwerke – Politische Praxis« statt.246

Anlass und Zielsetzung der Ausstellung 2010/2011 2010 gab es keinen zeitaktuellen Anlass, der mit der Ausstellung verbunden werden könnte.247 Vielmehr ist die Beschäftigung mit den Staufern in eine Reihe mittelalterlicher Ausstellungen der Mannheimer Museen einzuordnen, in denen die Jahrhunderte schrittweise abgehandelt wurden.248 Im Vorwort des Katalogs erhofften sich die Veranstalter eine erneute Stauferbegeisterung wie nach der Ausstellung von 1977 auslösen zu können.249 Es sollte nicht nur das Geschichtsbewusstsein der Besucher gestärkt und ein Beitrag zur Identitätsstiftung geleistet, sondern auch der Kulturtourismus der Metropolregion gefördert werden. Weiteres Ziel war zudem die grundsätzliche Steigerung des Geschichtsinteresses in der Öffentlichkeit.250 Inhaltlich verfolgte die Ausstellung neben der Exposition von Highlights vor allem das Ziel, die Innovationen dieser Zeit mit Blick auf die Beziehungen zwischen den nördlichen und südlichen Herrschaftsgebieten zu präsentieren.251 Diese sollten anhand von drei ausgewählten Regionen erläutert werden.252 Mit der Ausstellung bekannter Objekte konnte die Zielgruppe der allgemein historisch Interessierten erreicht werden. Diese sollten nicht nur aus dem Umkreis des Ausstellungsortes, sondern auch aus den anderen in den Ausstellungen behandelten Regionen in Italien kommen.253 Mit den eher unbekannten Objekten sollte auch für das wissenschaftliche Publikum ein Anreiz zum Ausstellungsbesuch gegeben werden.254

246 Vgl. H-Soz-Kult: Konferenz Staufisches Kaisertum im 12. Jahrhundert. Konzepte – Netzwerke – Politische Praxis. http://hsozkult.geschichte.huberlin.de/termine/id=11913&count=1&recno=1&sort=d atum&order=down&hskyear=2009¤t=0&search=Die+Staufer+und+Italien [23.09.2013]. 247 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview). 248 Vgl. ebd. Nach den Ausstellungen »Die Franken – Wegbereiter Europas«, »Europas Mitte um 1000« und »Saladin und die Kreuzfahrer« sollten nun die Staufer in einer Ausstellung thematisiert werden. 249 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 16. Dies sollte unter anderem dadurch erreicht werden, indem erneut Highlights aus der Stauferzeit präsentiert wurden. Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview). 250 Vgl. ebd., S. 10-11, 15. Hier werden diese Ziele kulturgeschichtlichen Ausstellungen im Allgemeinen zugesprochen. Dass dies jedoch auch für die Staufer-Ausstellung gilt, ergibt sich im weiterführenden Text und vor allem auf S. 28. Auch Martin Große Burlage nennt eine möglichst umfangreiche touristische Wirkung als dezidiertes Ziel der Ausstellung von 2010/2011. Vgl. Große Burlage, 2013, S. 96. 251 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 15. 252 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview). 253 Vgl. ebd. 254 Vgl. ebd.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

4.3.3

Staufische Geschichte 2010/2011: Eine Metropolregion wird europäisch verortet

Der erste Eindruck bleibt: Erste Ausstellungsimpressionen Wie 1977 der Cappenberger Barbarossa-Kopf so zierte auch in der Mannheimer Exposition eine Herrscherdarstellung als Leitmotiv Begleitmaterial und Werbebroschüren: die im Veneto entstandene Steindarstellung eines thronenden Herrschers. Hierbei handelt es sich um eine für die Stauferzeit eher seltene idealtypische Darstellung eines Königs, die vermutlich an einem öffentlichen Gebäude angebracht war. Sie verkörperte die damaligen Vorstellungen von Königtum und Gerechtigkeit und diente der Betonung königlicher Macht und richterlicher Autorität an diesem Ort.255 Diese Wahl der Herrscherdarstellung weitete den Blick von den deutschen Reichsteilen auf die transnationalen Dimensionen staufischer Herrschaft. Zugleich verkörperte sie die als fortschrittlich empfundenen Aspekte der staufischen Herrschaft in der Region:256 Die auf ihre Eigenständigkeit bestehenden Stadtkommunen konnten in vielen Bereichen selbstständig agieren, doch als letzte Instanz waren auch sie einem »gerechten« Herrscher treu ergeben. Die Ausstellungsmacher legten mit dieser Wahl des Leitmotivs den Schwerpunkt auf die innovativen Aspekte der Stauferzeit. Für die Illustration der Zeit wurden drei Regionen ausgewählt, die nach den Kriterien der Ausstellungsmacher als Kerngebiete des Stauferreiches anzusehen sind.257 Für die in der Ausstellung thematisierten deutschen Reichsteile, eine der drei vorgestellten »Innovationsregionen«, war die heutige Metropolregion und äquivalent die stauferzeitliche rheinische Pfalzgrafschaft von Bedeutung.258 Diese habe unter staufischer Herrschaft wichtige Wandlungsprozesse durchlaufen, weswegen »die Pfalz« nach Ansicht der Ausstellungsmacher in diesem Zeitraum entstand.259 Die gegenwärtigen Lebensumstände wurden dadurch mit der Vergangenheit verknüpft und ein positives Bild der »eigenen« Ursprünge in der Stauferzeit erzeugt, womit eine historische Identitätsstiftung möglich war.260 Der Blick auf die staufische Herrschaft endete in der Ausstellung jedoch nicht an den Grenzen des Deutschen Reichs, was sich an der Auswahl der anderen »Innovationsregionen« zeigt. 255 Vgl. ebd.; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 134-135; Bahners, 20.9.2010. Die Erläuterungen zur Analyse der Darstellung staufischer Geschichte in der Exposition von 2010/2011 sind in Teilen aus den Kap. VI.1., VI.2.B, VI.3.-5. der Zulassungsarbeit zu den Staufer-Ausstellungen übernommen. Vgl. Luhmann, 2013. 256 Vgl. Bahners, 20.9.2010. 257 Vgl. ebd., S. 13-14, S. 16. Die Ausstellungsmacher stützen sich dabei auf Aussagen des Chronisten Otto von Freising und einen Brief an den Thesaurar Petrus von Palermo. 258 Im Grußwort des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus wird jedoch auch in dieser Ausstellung die Verbindung der Staufer mit dem Land über das Herzogtum Schwaben geknüpft. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 12. 259 Vgl. Schneidmüller, 2010, S. 25; Schaab, Meinrad, 1993: Artikel »Pfalzgrafschaft bei Rhein«. In: Auty, Robert (Hg.): Lukasbilder bis Plantagenêt. (Lexikon des Mittelalters, Bd. 6). München/Zürich, S. Sp. 2013-2018, Sp. 2014. 260 Vgl. Grußworte der jeweiligen Ministerpräsidenten S. 12-14. Bemerkenswert ist, dass die jeweiligen Ministerpräsidenten der teilnehmenden Bundesländer diese Möglichkeit zwar auch auf die gesamte Region, aber besonders auf den jeweils zu ihrem Bundesland gehörenden Teil dieser Region bezogen.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Bemerkenswert ist, dass die in der Stauferzeit verorteten, innovativen Entwicklungen weniger mit den staufischen Herrscherpersönlichkeiten verknüpft wurden als vielmehr mit den unterschiedlichen politischen Akteuren der einzelnen Regionen. Die politische Heterogenität der Stauferzeit wurde hervorgehoben und diese somit als dynamisch, modern und heutigen Strukturen ähnlich dargestellt.261 Diese Auslegung wurde mit der Betonung des multikulturellen Miteinanders der Innovationsregion Sizilien verstärkt, das ohne eine fortschrittliche Toleranz der staufischen Herrscher nicht möglich gewesen wäre.262

Die Staufer werden erzählt – Dramaturgische Ausgestaltung der Mannheimer Ausstellung Die Schwerpunktlegung der Ausstellung ergab sich bereits aus der sehr gegenwartsorientierten Titulierung: »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa.« Wichtig war den Ausstellungsmachern demnach die Skizzierung beider Reichsteile, nördlich und südlich der Alpen, die gleichberechtigt nebeneinander standen und durch vielfältige Verflechtungen miteinander im Austausch waren.263 Dieser Blickwinkel ließ das Stauferreich sehr vielseitig und heutigen Strukturen durchaus ähnlich erscheinen. Weiterer Schwerpunkt waren die vielfältigen Wandlungsprozesse, die sich in der Stauferzeit vollzogen und die anhand dreier ausgewählter Regionen erläutert werden sollten.264 Diese von den Ausstellungsmachern als »Innovationsregionen« kategorisierten Gebiete waren namentlich der Rhein-Neckarraum, das Gebiet der Lombardei in Oberitalien und das ehemalige Königreich Sizilien.265 Für die Region Rhein-Neckar konnte in der Ausstellung überprüft werden, inwiefern diese schon im Hochmittelalter in vielfältigem Austausch zusammenarbeitete und sich durch diese dynamische Entwicklung von der Umgebung positiv absetzte – ganz so wie es sich für

261 Vgl. Schneidmüller, 2010, S. 21, 24-25. 262 Vgl. Weinfurter, Stefan, 2010: Einführung. In: Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan/Wieczorek, Alfried (Hg.): Verwandlungen des Stauferreichs. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Darmstadt, S. 12-18, S. 17. 263 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 15; Schneidmüller, 2010, S. 23; Wipfler, 2011, S. 67, 70. 264 Dies scheint der bedeutendere Schwerpunkt zu sein. Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview); Schneidmüller, 2010, S. 19. In Rezensionen wird diese eher sozialgeschichtlich orientierte Schwerpunktsetzung als eine völlige Neuakzentuierung im Vergleich zu der Ausstellung von 1977 gesehen. Vgl. Wipfler, 2011; S. 65, Keske, Ines: Rez. zu: Schneidmüller, Bernd, Weinfurter, Stefan, Wieczorek, Alfried (hg.): Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim 19.09.2010-20.02.2011. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/index.asp?type=rezausstellungen&id=146&view=pdf&pn=rezensionen [15.09.2010], S. 1. 265 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Verwandlungen, S. 14-16; Schneidmüller, 2010, S. 24. Als »Innovationsräume« gelten nach den Kriterien der Ausstellungsmacher Regionen, wenn sie in den Bereichen Wissen, Gewerbe, Politik, Verwaltung, Kommunikation und Verkehr »ihre Umgebung qualitativ herausragend und mit zeitlicher Nachhaltigkeit übertreffen.« Vgl. ebd., S. 21.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

die modernen europäischen Metropolregionen gehört.266 Der Analogieschluss zu gegenwärtigen Konstellationen ist an dieser Stelle recht offensichtlich und kann durchaus als kulturpolitisches Argument für die historische Qualität der Region verstanden werden.267 In der Objektauswahl spiegelten sich die zentralen Schwerpunkte der Ausstellung wider: Zum einen wurden grundsätzlich Exponate gezeigt, die entgegen den Vorstellungen vom »dunklen« Mittelalter die Besucher wahrscheinlich als recht fortschrittliche Errungenschaften bewerteten. Zum anderen wurden die Phänomene konsequent anhand von Exponaten aus allen drei Regionen illustriert. Der Blick auf die Vergangenheit blieb also auch auf der Objektebene transnational.268 Im Kontrast zur Stuttgarter Exposition begann die Mannheimer Ausstellung nicht mit der staufischen Geschichte, sondern deren Rezeption: Den Anfang macht eine überlebensgroße Inszenierung des Kyffhäusers, die die ganze Wand ausfüllte und mit der sofort Assoziationen geweckt werden konnten.269 So wurden die Besucher in ihrer Gegenwart abgeholt und vertraute Geschichten und bekannte Stauferassoziationen führten sie in ein fernes Zeitalter. Im Anschluss folgte das Kapitel über die Dynastie der Staufer, welches die Themengruppen »Neun Könige und Kaiser«, »Staufische Frauen« und »Die Grablegen« beinhaltete. An dieser Themenauswahl wird die Schwerpunktverlagerung im Kontrast zu Stuttgart deutlich: Auf die Anfänge des Geschlechts wurde eher rudimentär eingegangen. Im Fokus stand vielmehr der schnelle Aufstieg, das Verständnis von Königund Kaisertum und der Fall der Dynastie.270 Im Themenabschnitt zu den Grablegen wurde das dynastische Verständnis und die Inszenierung der staufischen Herrscher nach außen thematisiert.271 Die Hervorhebung der staufischen Frauen als eigenes Unterkapitel verdeutlicht die Erweiterungen mediävistischer Forschungsperspektiven seit der Ausstellung von 1977.272

266 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview); Metropolregion Rhein-Neckar: Gut zu Wissen. Europäische Metropolregion. 267 Die Titulierung dieser Region als »Innovationsregion« wurde oft als Marketingstrategie bewertet. Vgl. Tilmann, 25.9.2010; Behrisch, Sven, 2010: Barbarossas Welt. In: Die Zeit, H. 39. https://w ww.zeit.de/2010/39/Ausstellung-Staufer [24.09.2013]. Wobei die Assoziation von »Innovationen« mit der Zeit durchaus kritisch gesehen wird. Vgl. Maissen, Thomas, 29.11.2010: Imperialer Ordnungswille. ›Die Staufer und Italien‹ – eine Ausstellung in Mannheim. In: Neue Zürcher Zeitung. https://www.nzz.ch/imperialer_ordnungswille-1.8501685 [16.05.2019]; Bahners, 20.9.2010. 268 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview). 269 Vgl. Reiss-Engelhorn-Museen: Bildergalerien; Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner Gestaltung/Architektur, 21.10.2009: Grundriss der Ausstellung. 270 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 11, S. 21; Schubert/Wieczorek, 2011, S. 5-6. 271 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 42, S. 46. Highlight war hierbei die Inszenierung der Grablegen von Palermo. Ein weiteres Kennzeichen dafür, dass der Blick auf das Geschlecht in jeglicher Hinsicht von den deutschen Reichsgebieten auf die Verflechtungen in ganz Europa ausgedehnt wurde. Vgl. Grundriss der Ausstellung Stand 13.6.2010, in. Hausarchiv der CurtEngelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011; Schubert/Wieczorek, 2011, S. 5-6. 272 Siehe S. 111.

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Im dritten Abschnitt wurde die Bedeutung Italiens mit Rom als Krönungsort und die in diesen Reichsteilen zahlreich vorhandenen Hofwerkstätten vorgestellt. Italien wurde somit als wichtiges Herrschaftsgebiet der Staufer hervorgehoben. Die gezeigten Kunstschätze erzeugten eine faszinierende Alterität der Epoche.273 Betont wurde ihre »Mischung von antiken, orientalischen und christlichen Motiven«, die »im 13. Jahrhundert in Europa […] zirkulieren.«274 Weniger die Pracht der Werkstücke schien im Vordergrund zu stehen, als vielmehr die unterschiedlichen Einflüsse und Verflechtungen und ihr Widerspiegeln in den gezeigten Objekten. Das anschließende Kapitel »Drei Kraftregionen im Stauferreich« war inhaltlicher Schwerpunkt der Exposition. Die drei Räume sollten als Innovationsregionen vorgestellt und ihre jeweiligen Charakteristika und zentralen Strukturen verständlich werden.275 Keiner der Regionen wurde hierbei eine Vorrangstellung zugesprochen. Die Ausstellungsintention kann gut an der Exponatgruppe der Münzen verdeutlicht werden, die in allen drei Regionen gezeigt wurde:276 Die Vielfältigkeit der Epoche wurde durch ihre Unterschiedlichkeit betont, gleichzeitig verdeutlichte sich hier auch der allen Regionen gemeine innovative Charakter im Geldwesen. Im Zentrum der Darstellung des Rhein-Neckar-Raumes standen die heterogenen Mächtekonstellationen und der vielseitige Austausch untereinander in dieser Region.277 Beispielsweise wurde im Abschnitt zu »Kirchen« der durch die direkte Nachbarschaft geförderte Wettbewerb und der künstlerische Austausch betont, was erneut als Analogieschluss zur heutigen Metropolregion interpretiert werden kann, in der die Förderung des Wettbewerbs von Seiten der EU unterstützt wird.278 Die Verknüpfung dieser Region mit den Staufern erfolgte über den staufischen Familienbesitz im Elsass und die Übernahme der Pfalzgrafschaft.279 Die Staufer wurden somit von schwäbischen Herzögen und deutschen Königen in der Exposition von 1977 zu Pfalzgrafen und römischen Kaisern in der Ausstellung 2010/2011. Schwerpunkt in der Exposition der Region Oberitaliens war die Darstellung der relativ großen Partizipationsmöglichkeit und Eigenständigkeit der Bürger dieser Reichsteile.280 Die als fortschrittlich empfundene Regierungsform des kommunalen Prinzips wurde unter anderem symbolisiert durch 273 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, S. 11, S. 53; Hausarchiv der Curt-EngelhornStiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern. 274 Beide Zitate aus: Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 73. 275 Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern; Keske, 2010, S. 2. 276 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 124-125, 146-147, 182-183. 277 Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern. Vor allem der Abschnitt »Nachbarschaftliche Konkurrenten« widmete sich den verschiedenen Mächtekonstellationen, die hier durchaus als dynamisch entgegen den traditionellen Vorstellungen dargestellt werden. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 118. 278 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 105; Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Stadtentwicklung, 2007. 279 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 93. 280 Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern.

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den thronenden König, das Leitmotiv der Ausstellung.281 Im Kontrast dazu wurde das Königreich Sizilien als zentral regierte Königslandschaft vorgestellt.282 Hervorgehoben wurde aber vielmehr die multiethnische Gemeinschaft dieser Region, wie sie beispielsweise in Palermo verstärkt zu finden war.283 Der Gedanke des friedlichen Nebeneinanders wurde auch im Abschnitt »Kirchen und Klöster« betont. Demnach wurden »Muslime und die jüdischen Gemeinden […] nicht neu geordnet, sondern in ›gebührender Abhängigkeit geduldet‹«.284 Die Lebensformen des Mittelalters dienten in dieser Auslegung der Zeit als Vorbild für gegenwärtige Konflikte im Zeichen europäischer und globaler Feindseligkeiten und Intoleranz.285 Der anschließende Abschnitt »Gelebte Vielfalt« sollte die unterschiedlichen Lebenswelten in den Regionen erfahrbar machen.286 Dieser Einbezug mittelalterlicher Lebensformen in einer Exposition ist dem Aufkommen alltagsgeschichtlicher Fragestellungen und einer verstärkten kulturanthropologischen Perspektive ab dem späten 20. Jahrhundert geschuldet. Dieser Blickwinkel bot den Besuchern die Möglichkeit sich in die Menschen des Mittelalters hineinzuversetzen, was zum einen identifikatorische Funktion hatte, zum anderen das emotionale Nacherleben der Historie ermöglichte.287 Vorgestellt wurden beispielsweise im Kapitel »Zu Hause« die verschiedenen Wohn- und Esskulturen. Gemäß der Schwerpunktsetzung der ganzen Ausstellung wurden auch die hierfür ausgewählten Exponate als besonders fortschrittlich präsentiert.288 Exemplarisch seien hier die Kachelöfen aus der Rhein-Neckar-Region genannt. Auch in der Stuttgarter Ausstellung wurden Kachelöfen exponiert, doch stand 1977 weniger der Aspekt des Innovativen im Vordergrund. Die Be-

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Thema waren daneben natürlich auch die beständigen Auseinandersetzungen zwischen den Kommunen und den staufischen Herrschern. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 134-135. Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 169. Ebd., S. 178. Vgl. Tilmann, 25.9.2010. Nach Bettina Habsburg-Lothringen sind aktuelle, gesellschaftlich relevante Probleme immer öfter in Sonderausstellungen zu finden. Vgl. Habsburg-Lothringen, Bettina, 2012: Sonderausstellungen. Grundlegende Bemerkungen zu einem Format am Beispiel der Ausstellungstätigkeit am Univeralmuseum Joanneum seit 1811. In: Natter, Tobias G./Fehr, Michael/Habsburg-Lothringen, Bettina (Hg.): Die Praxis der Ausstellung. Über museale Konzepte auf Zeit und auf Dauer. (Kultur- und Museumsmanagement). Bielefeld, S. 17-38, S. 25. Dafür wurde der Abschnitt in die »Unterwegs«, »zu Hause«, »zu Hofe«, »zu Gott«, »Sprache und Schrift«, »Wissen und Bildung« unterteilt.« Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 12; Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern. Bemerkenswerter Weise stellt Hans-Werner Goetz das Aufkommen historischer Fragestellungen, die sich mehr den individuellen Menschen zuwenden in Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Entwicklungen, die auch den Mentalitätswandel der Postmoderne ab ca. den frühen 80er Jahren begründen sollen. Dieser wiederum bedingt nach gängigen Forschungsmeinungen die Nachfragen nach Geschichtsdarstellungen, die ins leicht phantastische Driften können und vor allem das Gefühl der Rezipierenden ansprechen. Vgl. Goetz, 1999, S. 106-107. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, S. 194.

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cherkacheln sollten vor allem das Leben auf der Burg illustrieren.289 In der Mannheimer Ausstellung wurden sie hingegen als »eine Innovation für den Wohnkomfort« präsentiert.290 Als Äquivalent dazu standen in den italienischen Regionen die Belüftungs- und Kühlsysteme. Im Abschnitt »Zu Gott« wurde das Bild einer vielseitigen, aber doch als große Gemeinschaft zu verstehenden Bevölkerung heraufbeschworen: »Die verschiedenen religiösen Gruppen hatten unterschiedliche Feiertage und Versammlungsorte, doch eines ist allen während des staufischen Jahrhunderts gemeinsam: Ihr Leben war stark von der Kirche geprägt.«291 An dieser Stelle drängt sich das Motto der Europäischen Union »In Vielfalt vereint« zwangsweise ins Bewusstsein.292 Das letzte Kapitel »Verwandlungen des Stauferreichs« stellte die Innovationen und Veränderungsprozesse vor, die in den drei Regionen entstanden sind.293 In diesem Abschnitt wurde die Kernaussage der Ausstellung thematisiert. Alle Aspekte des Fortschritts, die in den davor illustrierten Abschnitten immer wieder angeschnitten wurden, waren hier zentral als »Verwandlungen« der Zeit präsentiert. Dazu gehörten das Aufkommen neuer Herrschaftsstrukturen in den drei Regionen, das Aufblühen neuen Wissens und auch die Entwicklungen neuer Kunstformen, wie sie im Abschnitt »Neuer Glanz« zu sehen waren.294 Bei Letzterem stand jedoch der in dieser Zeit vermehrt stattfindende Handel und Austausch zwischen den verschiedenen Regionen im Vordergrund und damit verbunden die gegenseitige Beeinflussung der künstlerischen Ausdrucksformen.295 Einführend wurde in diesem Abschnitt auf Friedrich II. und dessen Anteil an den beschriebenen Verwandlungen eingegangen. Diese Stelle eignet sich, um erneut den zentralen Unterschied zwischen der Stuttgarter und der Mannheimer Ausstellung zu belegen: Die vielseitigen Interessen Friedrichs II. wurden in Stuttgart vorwiegend im Zusammenhang mit den exponierten Handschriften und als Begründung für deren Inhalt er289 Im Katalogtext von 1977 wird diesbezüglich vermerkt: »Bemerkenswerter sind die in mehreren Gebäuden, so z.B. im Wohnbau (Kemenate) und im Bergfried nachgewiesenen Kachelöfen mit Becherkacheln von einfachem Typus. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, Bd. 1, S. 209. 290 Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 194. 291 Ebd., S. 224. 292 Europa.eu: Die EU – Eine Folienpräsentation, Folie 3. Auch Wipfler und Setzler benennen die Bedeutung des Kulturtransfers und vor allem der Heterogenität des Reiches als wichtige Aspekte der Exposition. Vgl. Wipfler, 2011, S. 68, Setzler, Wilfried, 2010: Rez. zu: Schneidmüller, Bernd, Weinfurter, Stefan, Wieczorek, Alfried (hg.): Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Bd. 1und 2, Darmstadt 2010. (Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen 37). In: Schwäbische Heimat, H. 61, S. 512-513, S. 513. 293 Es sollte gezeigt werden, dass die Innovationen, bedingt durch die Unterschiede ihrer Ursprungsorte, sehr vielseitig waren und sich durch Transferprozesse oft wechselseitig ergänzten. Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern; Schubert/Wieczorek, 2011, S. 7. 294 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 243, 253, 266-268, 276, 300ff. Zum Aspekt der neuen Herrschaftsstrukturen bleibt es allerdings etwas fragwürdig inwiefern die Herrschaftsform im Königreich Sizilien als »Innovation« zu sehen ist. Auch Thomas Maissen kann das Königreich Sizilien nicht befriedigend in das Konzept der Innovationsregionen einordnen. Vgl. Maissen, 29.11.2010. 295 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 296-298, 300-301.

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wähnt.296 In Mannheim wurde er hingegen vor allem im Kapitel »Neues Wissen« als Schlüsselfigur der innovativen Strömungen seiner Zeit dargestellt.297 Beendet wurde die Stauferschau mit einer Sitzstatue Karls I. von Anjou.298 Er verkörperte das Ende der staufischen Herrschaft spezifisch in Sizilien.299 Die Rückbesinnung auf staufische Stilelemente in der Sitzfigur statt der Entwicklung einer eigenen Ausdrucksweise stand symbolisch für das Ende eines innovativen und dadurch glanzvollen Zeitabschnitts.300 Unter dem Narrativ des nach heutigen Vorstellungen Fortschrittlichen steht die ganze Ausstellung; er ist in fast jedem Abschnitt wiederzufinden und dominiert die Sicht auf diese Epoche.301 Die Blickrichtung auf die Vergangenheit war dabei konsequent nicht an Nationen, sondern verschiedenen europäischen Regionen orientiert.302 Den Besuchern wurden vor allem Exponate gezeigt und Situationen vorgestellt, die in abgewandelter Form in ihrer eigenen Lebenswelt wiederzufinden waren.303 Somit wurde die Gegenwart – ein heterogenes, gemeinsames Europa, aufbauend auf dynamischen Regionen – in die Vergangenheit hineinprojiziert.304 Das Mittelalter war eine überraschend moderne Epoche, die für die Besucher nachempfindbar war und mit der sie sich ein Stück weit identifizieren konnten.305 Der räumliche Ablauf der Ausstellung spiegelt aktuelle museumstheorethische Vorstellungen wider306 : Mit der Rezeptionsgeschichte wurden die Besucher aus ihrer Gegenwart »abgeholt« und in die Ausstellungsthematik eingeführt.307 Die Kapitel zwei und drei sollten diese Einführung ausdehnen. In der mittleren Phase wurden die drei Innovationsregionen und deren Charakteristika

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Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, Bd. 1, S. 645-646. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 252, 276. Vgl. ebd., S. 321-322. Vgl. ebd., S. 321, Schubert/Wieczorek, 2011, S. 7. Vgl.Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 252, S. 322. Vgl. Wipfler, 2011, S. 69. Nicht nur imAbschnitt »Verwandlungen des Stauferreichs« wird die Zeit als eine besonders Innovative vorgestellt, sondern auch vorangehende Abschnitte fokussieren die fortschrittlichen Aspekte dieser Zeit heraus. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 93, 178, 194. Insgesamt verwenden die Austellungsmacher für die Erschließung des Themas Begriffe, die nach Esther Wipfler »dem heutigen Standortmarketing entlehnt[en] sind.« Wipfler, 2011, S. 67. Vgl. Van den Abele, 2011, S. 110; Keske, S. 3; Große Burlage, 2013, S. 97. Vgl. Brühe, Udo, 2010: Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Die Staufer und Italien. In: AFaktor. Das moderne Magazin für lebendige Geschichtsdarstellungen, Kultur und Reenactement, H. 1, S. 28-29, S. 29; Wipfler, 2011, S. 69. Nach Eckhard Fuhr wird schon durch den Titel »Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa« der Gegenwartsbezug suggeriert. Vgl. Fuhr, 17.9.2010. Vgl. Keske, S. 3. Zu den Vorstellungen eines Europas der dynamischen Regionen vgl. Bundesministerium/Bundesamt, MetropolregionenBundesministerium für Verkehr-, Bau- und Stadtentwicklung, 2007, S. 7-8. Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview); Brühe, 2010, S. 29. Patrick Bahners ist hingegen der Ansicht, dass aus der gegenwärtigen Situation heraus keine Identifikation mit den Staufern möglich ist. Vgl. Bahners, 20.9.2010. Vgl.Waidacher, 2005, S. 158-159. Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview).

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vorgestellt.308 Im letzten Kapitel, den »Verwandlungen des Stauferreichs« wurden in geballter Form die Innovationen dieser Zeit präsentiert.309 Die take-home-message war somit die überraschende Modernität, Zusammenarbeit und Entwicklungskraft dieser Zeit, vorgestellt an drei Regionen.310

Eine Geschichte wird erzählt – der analytische Zuschnitt der Ausstellung 2010/2011 war die Exposition stringent durch Themenparks strukturiert, die in sich teilweise chronologisch angeordnet waren.311 Die Stauferzeit wurde durch die Einteilung nach modernen Begrifflichkeiten den Besuchern zugänglicher gemacht. So wurde sie verständlicher und besser nachempfindbar, was zu einer leichteren Identifikation mit der Zeit führte.312 Dies ermöglichte auch, dass gegenwärtige Fragen in die Vergangenheit hineinprojiziert und Lösungsansätze für diese vorgestellt werden konnten.313 Bis auf einige Verschachtelungen im Rundgang, die den Besuchern ein Stück weit die Souveränität zusprachen, die Vergangenheit nach ihrer eigenen Narration zu erkunden, war die Wegrichtung zugunsten einer klaren Struktur des Vermittelten klar festgelegt.314 Dies wurde untermauert durch die stringente Wiederkehr einiger Motive in jedem Kapitel. Die Figur des thronenden Herrschers als Leitmotiv der Ausstellung begleitete die Besucher durch die ganze Exposition: Das Kyffhäuserdenkmal begrüßte sie, die Sitzfigur Karls I. von Anjou verabschiedete sie. Auch jede neue Region wurde mit einer Herrscherfigur eröffnet.315 Durch die wiederkehrenden Motive und auch teilweise gleiche thematische Schwerpunkte in den verschiedenen Abschnitten wurden Bezüge hergestellt, die die Interpretation des Gesehenen in eine gewisse Richtung lenkten.316 308 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 11-12. 309 Vgl. ebd., S. 12. 310 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview); Tilmann, 25.9.2010. 311 So beschäftigte sich beispielsweise der Abschnitt »Die Staufer: Aufstieg einer Familie« mit der Familiengeschichte von deren Anfängen bis zu deren Untergang. Vgl. Hausarchiv der CurtEngelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern; Schubert/Wieczorek, 2011, S. 5-6; Van den Abele, 2011, S. 110. Auch die Innovationsregion Sizilien wurde in seiner Entwicklung von den normannischen Herrschern bis zum staufischen Zentralstaat vorgestellt. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 12. 312 Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 88. 313 Vgl. Schneidmüller, Bernd, 2005: Konsens-Territorialisierung-Eigennutz. Vom Umgang mit spätmittelalterlicher Geschichte. In: Frühmittelalterliche Studien, H. 39, S. 225-246, S. 245. 314 Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 13.6.2010: Grundriss der Ausstellung; Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Ergebnisprotokoll zur Gestaltungssitzung in Mannheim für das Projekt »Die Staufer und Italien«. 315 Vgl. Bahners, 20.9.2010; Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview). 316 Vgl. Buschmann, 2010, S. 156-157. Bezüge wurden beispielsweise in den unterschiedlichen Regionen dadurch hergestellt, dass in jeder das Münzwesen und seine spezifischen Charakteristika vor-

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Die Erzählperspektive und die Art des Erzählers wechselt des Öfteren, was der Zeit eine gewisse Dynamik gab.317 So wurde in der Regel aus einer Nullfokalisierung erzählt.318 In dem die drei Regionen vorstellenden Vogelflug wechselte dies in eine externe Fokalisierung, in der »von oben« die jeweiligen Landschaften betrachtet wurden.319 Auch die Vorstellung der Regionen durch historische Zitate brachte einen Erzählerwechsel mit sich: Otto von Freising beispielsweise war ein Zeitzeuge, also ein homodiegetischer Erzähler, der als Teil der erzählten Welt diese lebendiger erschienen ließ.320 Das Publikum sollte so in die Vergangenheit hineinversetzt werden. Durch diese Art der Darstellung konnten die Besucher die Vergangenheit eher erleben, als erlernen.321 Die Narration wurde gleichermaßen durch Objekte wie durch Hilfsmittel geführt, welche nebeneinander exponiert waren.322 Die Mannheimer Kuratoren folgten damit den seit den 1980er Jahren zu beobachtenden Tendenzen Erzählstruktur und räumliche Anordnung der Objekte miteinander zu verbinden.323 Die Kausalzusammenhänge wurden mit Hilfe zusätzlicher Exponate vorgegeben, indem beispielsweise Objekte in Inszenierungen eingebettet wurden.324 Dies unterstützte eine stringente Narration der Vergangenheit und die damit verbundene gewünschte Darstellung dieser.

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gestellt wurden. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 124-127, 146-147, 182183. Außerdem wurde jede Region durch ein Tor betreten und in jeder war eine Schauwand zu finden, in der die »Akteure« der jeweiligen Region vorgestellt wurden. Vgl. Hausarchiv der CurtEngelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 13.6.2010: Grundriss der Ausstellung. Die erwähnten Verschachtelungen ließen die Zeit der Staufer allerdings etwas vielschichtiger erscheinen. Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 8990. Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview). Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 33-34. Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Ergebnisprotokoll zur Gestaltungssitzung in Mannheim für das Projekt »Die Staufer und Italien«. Nach Ines Keske dient nicht nur der Vogelflug, sondern auch Karten und Videoanimationen dazu, die Geschichte aus der Vogelperspektive zu visualisieren. Vgl. Keske, 2010, S. 1. Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Gespräch mit den Gestaltern. Vgl. Holtwick, Bernd, 2008: Schaulust und andere niedere Beweggründe. Was lockt Menschen in historische Museen? Oder: Wann machen Museen Spaß? In: Hartung, Olaf, Köhr (Hg.): Geschichte und Geschichtsvermittlung. Festschrift für Karl Heinrich Pohl. Bielefeld, S. 184-198, S. 192. Dies entspricht neueren museumstheoretischen Tendenzen, nach denen Geschichte lebendig kommuniziert werden soll, um eine höhere Anzahl an Besucher zu erreichen. Vgl. Keefer, 2009, S. 241. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010. Bd. 2. Exemplarisch sei hier die Exposition der Pfalz Wimpfen genannt, die durch ein Modell und Säulen aus der Pfalz selbst vermittelt wurde. Vgl. S. 97-98. Vgl. Gonseth, 2012, S. 40. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 58-59, 150-157. Für die Einbettung in Inszenierungen seien an dieser Stelle die Skulpturen der Porta Capuana genannt.

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Staufische Geschichte in Szene gesetzt: Museale Inszenierungen 2010/2011 Im Kontrast zur Stuttgarter Exposition waren die Objekte in Mannheim stark in Szene gesetzt und in ausdifferenzierte Rauminstallationen eingebettet. Primäres Ziel war ebenfalls die Vermittlung von Kenntnissen über die Stauferzeit: Im Objektband gab es zu herausragenden Exponaten Infokästen und durch zwei im Vorfeld der Ausstellung veranstaltete Tagungen sollten neueste Forschungsaspekte in die Exposition einfließen.325 Nach Ines Keske »dominiert dieser [….] wissenschaftliche Anspruch […] den Ausstellungsbesuch jedoch nicht.«326 Grund war die aufwändige szenische Ausgestaltung der Ausstellungsthematik, die »eine Atmosphäre des Schauens und Genießens« erzeugte:327 Die Räume waren je nach Thema in verschiedenen Farben gestrichen und für die Vermittlung der Ausstellungsinhalte wurden häufig Inszenierungen konstruiert, durch die das Mittelalter anschaulicher und erlebbarer wurde.328 Am deutlichsten zeigten sich die Unterschiede in der musealen Inszenierung im Kontrast zu Stuttgart im Abschnitt »Gelebte Vielfalt«: Durch einen großen Tisch, ausgestattet mit Kunststoffattrappen historischer Speisen aus den drei Regionen, wurden die Besucher über die Unterschiede in der Esskultur der nördlichen und südlichen Reichsgebiete informiert.329 Sie sollten sich dadurch in der Stauferzeit »an den Tisch gesetzt fühlen«.330 Die Besucher wurden – wie 1977 – über die Epoche informiert, jedoch nicht durch eine vor allem erklärende und nüchterne Präsentation der Zeit, sondern durch eine »Wiederbelebung« der Epoche mittels einer begehbaren Rauminstallation, in der sie die Vergangenheit interaktiv nacherleben konnten. Dementsprechend sollte in Mannheim dem Wunsch der Weiterbildung und emotionalen Begegnung mit der Vergangenheit nachgekommen werden. Der Mannheimer Zugang zur Vergangenheit entsprach jüngsten Tendenzen des Museumswesen, wonach Ausstellungen neben ihrer Funktion als Bildungsstätte auch eine Freizeitattraktion und dadurch ein profitabler Wirtschaftsfaktor sein sollen.331 Die

325 Exemplarisch kann der Infokasten zu Kachelöfen genannt werden. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 195. Zu den Tagungen Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview). 326 Keske, 2010, S. 2. 327 Ebd. 328 Generell wurden in der Ausstellung vielfach Bildschirmpräsentationen, Projektionen und Inszenierungen verwendet und in jeder Abteilung sollte eine Inszenierung eingebaut werden. Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB: Ergebnisprotokoll zur Gestaltungssitzung in Mannheim für das Projekt »Die Staufer und Italien« am 4.12.2009 und Besprechung mit Faber Courtial im April 2010; Maissen, 29.11.2010; Große Burlage, 2013, S. 97. 329 Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner HGB, 13.6.2010: Grundriss der Ausstellung. Diese Art der Inszenierung schien besonders eindrücklich gewesen zu sein, da sie häufig in den Rezensionen Erwähnung findet. Vgl. Keske, 2010, S. 2; Tilmann, 25.9.2010. 330 Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Gespräch mit den Gestaltern. Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner HGB, 13.6.2010: Grundriss der Ausstellung. 331 Siehe S. 94.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

Erlebnisorientierung trieb die Besucherzahlen in die Höhe -ein Effekt, der mit einem breit angelegten Rahmenprogramm noch verstärkt wurde. Wie schon für die Stuttgarter Ausstellungen soll die Inszenierung einiger ausgewählter Objekte skizziert werden, um nochmals die Hauptintentionen der Kuratoren auch im Kontrast zu 1977 zu verdeutlichen.

Der Cappenberger Barbarossa-Kopf Das berühmte Leitmotiv der Stuttgarter Ausstellung war 2010/2011 auch in Mannheim zu sehen. Im Kontrast zu 1977 spielte der Kopf jedoch keine übergeordnete Rolle. Exponiert wurde er im zweiten Ausstellungsabschnitt zur Geschichte der Dynastie.332 Wie 1977 wurde seine Funktion als kaiserliches Denkmal skizziert: Die aus der Antike entlehnten Elemente des Kopfes drücken den »politische[n] Anspruch als christlicher Kaiser«333 aus, weswegen das Exponat »den Typus des idealen Herrschers«334 darstellt. Die Kontextualisierung des Objekts änderte sich jedoch: In Mannheim stand nicht sein Wert als Kunstwerk im Vordergrund, sondern der mit ihm verbundene Aussagewert in Bezug auf das Selbstverständnis der Staufer. Neben dieser Funktion wurde vor allem seine spätere Verwendung als Reliquie thematisiert, weswegen auch die in ihm aufbewahrten Gegenstände ausgestellt wurden. Diese scheinen für die Ausstellung von größerer Bedeutung gewesen zu sein – wie am Seitenumfang im Katalogtext ersichtlich. Auch die Erwähnung eines anlässlich der Exposition neu aufgerollten Forschungsvorhabens belegt die Abkehr von der singulären Betrachtung als Kunstwerk.335 Durch die Art der Inszenierung – einzeln in einer Vitrine, auf Augenhöhe und gut beleuchtet – sollte ihm durchaus eine besondere Stellung zugesprochen werden, doch ist dies vermutlich mehr seinem Bekanntheitsgrad geschuldet als seiner Funktion für die Narration der Ausstellung.

Das Kyffhäuserdenkmal Es ist nicht festzustellen, inwiefern der Mythos in der Mannheimer Ausstellung durch Objekte illustriert wurde. Im Essayband wurden ihm jedoch gleich zwei Aufsätze gewidmet.336 Diese dehnen den Blick der Rezeptionsgeschichte von den deutschen Reichsgebieten auf Oberitalien aus.337 Die generelle Ausrichtung beider Ausstellungen spiegelt sich an dieser Stelle auch am gemeinsamen Themenkomplex wider: Von einer im Regionalen fußenden, auf die deutschen Reichsgebiete ausgedehnten Darstellung 1977 vollzog sich ein Wechsel zu einer transnationalen Blickrichtung 2010/2011. Ganze

332 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 32-33. 333 Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner HGB: Beschriftung des Cappenberger Barbarossa-Kopfes. 334 Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 22. 335 Vgl. ebd., S. 34-36; Wipfler, 2011, S. 70. 336 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, Bd. 1, 2010, S. 17. 337 Vgl. Sprenger, Kai-Michael, 2010: Tyrann, Wohltäter, Heiliger – Oberitalienische Erinnerungen an Kaiser Friedrich I. Barbarossa. In: Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan/Wieczorek, Alfried (Hg.): Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Bd. 1, Essays. (Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen 37). Darmstadt, S. 39-46, S. 39-46.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Abb. 3: Cappenberger Barbarossa-Kopf in der Exposition 2010/2011.

© C urt-Engelhorn-Stiftung, Mannheim/Foto: Frank Boxler.

anders als in Stuttgart waren in Mannheim auch die Mittel der Inszenierung des Kyffhäusermythos: Das Denkmal war als Installation gleich an den Anfang der Schau gestellt.338 Die hierfür verwendeten einzelnen Quadrate ragten in den Raum, die Gestalt des Barbarossas war überlebensgroß und wirkte bedrohlich. Sie sollte die Besucher abholen und in die Welt der Ausstellung einführen.339 338 Vgl. Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB, 4.12.2009: Besprechung mit den Gestaltern; Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung, Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner Gestaltung/Architektur, 21.10.2009: Grundriss der Ausstellung. 339 Vgl. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview).

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

Abb. 4: Die Kyffhäuser-Sage in der Exposition 2010/2011.

© C urt-Engelhorn-Stiftung, Mannheim/Foto: Frank Boxler.

Von einer zweidimensionalen, vor allem durch didaktische Mittel und Objekte illustrierten Darstellung 1977 vollzog sich 2010/2011 ein Wandel zu einer dreidimensionalen, beeindruckenden Inszenierung, die keine didaktische Funktion hatte, sondern vor allem Emotionen wecken sollte.

Das Falkenbuch Friedrichs II. Das Traktat De arte venandi cum avibus stand in Mannheim unter dem Narrativ des Innovativen der Zeit. Exponiert wurde es im Kapitel »Verwandlungen des Stauferreichs – Neues Wissen«, das den Aufschwung der Wissenschaften um 1200 thematisierte.340 340 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 276, 292-293.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Das Falkenbuch sollte in diesem Zusammenhang ein Beweis dafür sein, dass Friedrich II. auch persönliches Interesse an den Geistes- und vor allem Naturwissenschaften hatte.341 Gezeigt wurden hierfür sowohl verschiedene Exemplare des Werkes selbst als auch die für diese verwendeten Quellen aus arabischen Falknereitraktaten.342 Insgesamt war das Falkenbuch somit ein Beleg für den wissenschaftlichen Fortschritt und den transkulturellen Austausch der Zeit und erfuhr damit eine ganz andere Bedeutungszuschreibung als in Stuttgart 1977.

Und sonst? Rahmen- und Begleitprogramm der Ausstellung Auch das Angebot rund um die eigentliche Exposition spiegelte in Mannheim die Mischung aus Bildungs- und Unterhaltungsanspruch wider: Das zweibändige Katalogwerk illustrierte die exponierten Themen und gab durch die begleitenden Essays Einblicke über den aktuellen Forschungsstand. Dieser wurde vervollständigt durch die beiden Tagungsbände.343 Daneben stellte der Reiseführer Reiselust Stauferzeit historische Stätten der Metropolregion Rhein-Neckar vor und verknüpfte so die wissenschaftliche Ausstellungsthematik mit dem touristischen Event.344 Letzteres hatte in Mannheim einen hohen Stellenwert, wie aus dem sehr breiten Rahmenprogramm ersichtlich wird. Dieses fußte auf den zwei Vermarktungssäulen »Staufer-Region Rhein-Neckar« und »Italienische Lebensart in Mannheim«.345 Durch ersteres sollten »museale Inhalte mit dem konkreten Leben historischer Stätten vor Ort« verbunden werden.346 Der hierfür konzipierte Veranstaltungskalender beinhaltete neben wissenschaftlichen Vortragsreihen vermehrt historische Events wie beispielsweise Hoffestspiele, Konzerte mit mittelalterlicher Musik oder auch Birdwatching mit den Augen Friedrichs II. im Stadtpark.347 Die zweite Marketingsäule konnte durch die Zusammenarbeit mit italienischen Geschäften und Restaurants unter anderem kulinarische Erlebnisse bieten und betonte die transnationale Ausrichtung der Ausstellung.348 Die große Angebotspalette im Kontrast zum Programm von 1977 verdeutlicht, wie bedeutend der geschichtstouristische Sektor inzwischen geworden war. Ausdruck dieser wirtschaftlichen Komponente der Geschichtskultur sind auch die für die Ausstellung 2010/2011 kreierten kulinarischen Erzeugnisse wie der Stauferwein oder das Stauferbier.349

341 Vgl. ebd., S. 276. 342 Vgl. ebd., S. 292-293. 343 Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Verwandlungen; Burckhardt, Stefan/ Schneidmüller, Bernd/Weinfurter, Stefan, 2010. 344 Vgl. Wieczorek, 2010. 345 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011, S. 11. 346 Ebd. 347 Vgl. Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn Museen, 2010. 348 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011 S. 14-15. 349 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011, S. 13.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

4.3.4

Interpretationen und Funktionen der Stauferzeit in Mannheim – Ein Fazit

Wie schon 1977 wurden auch in Mannheim 2010/2011 mittelalterliche Phänomene auf regionaler Ebene vorgestellt.350 Hierbei stand jedoch nicht der Glanz der Zeit im Zentrum, sondern vor allem Phänomene, die aus heutiger Perspektive als Neuerungen dieser Zeit bewertet werden und die zum Teil Grundlage vieler gegenwärtiger Strukturen sind. Vorstellungen vom dunklen Mittelalter wurden in dieser Geschichtsschau durch die Hervorhebung überraschend moderner und dynamischer Aspekte der Epoche ersetzt, in welcher die Besucher in Ansätzen ihre eigene Gegenwart wiederfanden. Unter dieses Narrativ wurde die ganze Stauferzeit gestellt und auch die Objekte wurden nach diesen Kriterien ausgewählt. Dabei wurde immer wieder betont, dass die Zeit der Staufer auch als eine Zeit des Austauschs und Wettbewerbs – vor allem zwischen den nördlichen und südlichen Reichsgebieten – der Vielfalt und Toleranz zu verstehen sei. Mit Blick auf den Entstehungskontext der Ausstellung, der Auszeichnung der Region als Europäische Metropolregion und den damit verbundenen neuen Herausforderungen wurde die Vergangenheit in Mannheim damit nicht zum Gegen-, sondern positiven Abb- und Vorbild der Gegenwart. Die eigenen Lebensumstände wurden in die Zeit hineinprojiziert und teilweise optimiert, wodurch in ihr Lösungsangebote für gegenwärtige Probleme zu finden waren. Das Herrschaftszentrum der Staufer wurde dabei vom schwäbischen Herzogtum auf drei verschiedene Regionen erweitert. Eine wichtige Rolle gerade mit Blick auf das Begleitprogramm spielte die Rhein-Neckar-Region, die über die rheinische Pfalzgrafschaft der Staufer in die Ausstellungsthematik eingebunden wurde. Generell wurde dieser Region jedoch im Vergleich zu den anderen beiden keine Sonderstellung zugeschrieben. Die Perspektive blieb die ganze Exposition hindurch transnational. Dieser Zugang zur Historie kann durchaus als eine Suche nach europäischen Bezügen in der Geschichte bezeichnet werden.351 In der Mannheimer Staufer-Ausstellung wurde damit nach Ines Keske »›eine Geburtsstunde Europas‹ en miniature – nämlich mit Blick auf Regionen als zentralen Raumentwurf« skizziert.352 Die europäische Interpretation der Stauferzeit 2010/2011 entspricht rezenten Tendenzen einer europäischen Gedächtnisbildung und dementsprechend auch einer zunehmenden Europäisierung der Stauferzeit, wie sie in der Forschung generell konstatiert wird. Auch die in diesem Zusammenhang registrierte Zuwendung zu Friedrich II. ist in der Mannheimer Exposition auszumachen.353 Resümierend kann auf der regionalen Untersuchungsebene der von Aleida Assmann konstatierte Wandel von einer regionalen zu einer europäischen Auslegung des Mittelalters für die Staufer-Ausstellungen von 1977 und 2010/2011 bestätigt werden. Auch 2010/2011 erschien die Stauferzeit als ferner Spiegel, in dem jedoch ein formvollendetes 350 Die folgenden Erläuterungen zur Darstellung und Indienstnahme der Stauferzeit in der Mannheimer Ausstellung sind in Teilen den Kap. VI.6, VII. und VIII. der Zulassungsarbeit zu den StauferAusstellungen entnommen. Vgl. Luhmann, 2013. 351 Sie entspricht den Vorstellungen der EU, die ihre Wettbewerbsfähigkeit durch eine polyzentrisch geprägte Struktur verbessern will. Vgl. Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Stadtentwicklung, 2007, S. 7. 352 Keske, 2010, S. 1. 353 Siehe S. 24.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Abbild der Gegenwart konzipiert wurde: In einer Zeit, in der internationales, tatkräftiges Handeln gefördert wurde und die Grenzen verschwammen; in der die Vielfalt im einheitlichen Handeln von Seiten der Politik betont und gelobt wurde; in dieser Zeit erschien die staufische Herrschaft innovativ, vielfältig und transnational ausgerichtet. Fernab der thematischen Schwerpunktverschiebung wurde anhand der räumlichmedialen Inszenierung der staufischen Geschichte in Mannheim auch die Veränderung bezüglich der Vorstellungen vom musealen Aufgabenspektrum deutlich: Im Kontrast zur Stuttgarter Ausstellung 1977 wurden die exponierten Objekte nicht mehr nach Gattungen unterteilt hintereinander chronologisch aufgeführt, sondern waren in Themenparks strukturiert, die aktuellen Ordnungsvorstellungen entnommen waren. So wurde die Epoche den Besuchern zugänglicher gemacht. Daneben sorgte ein immer wieder verschachtelter und dadurch aufgelockerter Rundgang und ein häufiger Perpektivwechsel für eine dynamische und vielseitige Darstellung der Epoche. Die Zeit der Staufer wurde anders als in Stuttgart nicht geradlinig erzählt, sondern aus mehreren Blickwinkeln. Neben der Nullfokalisierung und dem heterodiegetischen Erzähler standen die externe Fokalisierung durch den Vogelflug und der homodiegetische Erzähler Otto von Freising. Auch 2010/2011 sollten die Besucher über die Vergangenheit informiert werden. Die Art der Information kam jedoch nicht einem Schulbuch gleich, sondern die Zeit wurde lebendiger und aktuellen Vorstellungen zugänglicher aufbereitet. Dies zeigte sich besonders deutlich an der räumlichen Aufbereitung der Objekte: Diese wurden vielfach durch Installationen ergänzt und in eine Atmosphäre »des Schauens und Genießens« eingebaut.354 So wurde die Stauferzeit anschaulicher und erlebbarer. Die Besucher konnten sich in diese hineinversetzen, sie nacherleben und ausprobieren. Das Museum wurde somit neben einer Bildungsanstalt auch zur Freizeitattraktion. Der Freizeitwert, der neben dem wissenschaftlichen Anspruch in Mannheim der Stauferzeit zugesprochen wurde, spiegelte sich im Begleitprogramm wider: Wissenschaftliche Vorträge, Bücher und Führungen informierten über die Dynastie. Daneben waren die Staufer in der Rhein-Neckar-Region jedoch auch als eine Touristenattraktion erfahrbar. Die in diesem Kontext kreierten Mittelalterbilder entsprachen den Vorstellungen eines leicht phantastischen, vor allem »anderen« Mittelalter. Diese Entwicklung vom Lernort zum Lern- und Freizeitort entspricht einem allgemein zu fassenden Trend im Museumswesen in diesem Zeitraum.355 Auch die Mannheimer Exposition der Stauferzeit kann mit Blick auf ihren Entstehungskontext als Antwort auf aktuelle Bedürfnisse verstanden werden. Sie fand 2010/2011 ebenfalls in einer Region statt, deren Bürger noch keinen festen Bezug zu ihr hatten. Die Ernennung des Rhein-Neckarraumes zur europäischen Metropolregion 2005 schuf einen neuen gemeinschaftlichen Handlungsraum, der noch keine gemeinsame Vergangenheit als Identitätsstützte vorweisen konnte. Ein Ziel der Mannheimer Geschichtsschau war deshalb – wie auch in Stuttgart – einen Beitrag zur Identitätsstiftung zu leisten. Diese musste in gewisser Weise zweigeteilt werden: Der Bevölkerung der neu konzipierten europäischen Metropolregion Rhein-Neckar sollte eine gemeinsame Vergangenheit angeboten werden, mit deren Hilfe sie sich in ihrer 354 Keske, 2010, S. 2. 355 Siehe S. 94.

4. Die Staufer in den historischen Ausstellungen 1977 und 2010/2011

gegenwärtigen Situation verorten konnten. Hierfür wurde überprüft, inwiefern der aktuellen Region schon zur Zeit der Staufer eine besonders dynamische Entwicklung zugesprochen werden konnte, so wie es für europäische Metropolregionen charakteristisch ist.356 Damit wurde das aktuelle politische Handeln historisch bestätigt. Durch die Rückprojektion der eigenen Lebenssituation in die Vergangenheit wurde die Identitätsstiftung erleichtert. Den Ausstellungsmachern ging es jedoch nicht nur um die Identifikation der Bürger der Metropolregion mit dieser. Neben ihnen wurden auch überregionale Gruppen als Zielgruppen genannt. Die Identitätskonzeption war in eine weitere, globaler zu sehende Perspektive eingebaut. Hiermit war die Selbstbestimmung der Museumsbesucher als Bürger der Europäischen Union gemeint. Dadurch erklärt sich die generell transnationale Perspektive auf die Geschichte, fokussiert auf drei ausgewählte Regionen. Auch die Betonung der Vielfalt, Toleranz und Verflechtung auf unterschiedlichen Ebenen trug dazu bei, ein Mittelalter zu konstruieren, in dem die Museumsbesucher als EU-Bürger ihre eigene Situation wiederfanden und sich dadurch in dieser Zeit verorten konnten. Neben dem Wunsch nach historischer Identitätsstiftung wurde in Mannheim auf ein weiteres geschichtskulturelles Bedürfnis verstärkt eingegangen: den Wunsch, die Vergangenheit ästhetisch-genussvoll nacherleben zu dürfen. Dies zeigte sich in der Ausstellung selbst durch einen verstärkt inszenierten Zugang zur Stauferzeit, durch den der Museumsbesuch zum Event avancierte. Der Erlebnischarakter der staufischen Historie manifestierte sich jedoch vor allem in einem im Kontrast zu Stuttgart deutlich ausdifferenzierteren Rahmen- und Begleitprogramm. Diese Schwerpunkterweiterung kann als Antwort auf den gesellschaftlichen Mentalitätswandel der Postmoderne und die damit einhergehenden neuen Ansprüche an die Historie gedeutet werden.357 Dieser Wunsch an die Historie wurde 2010/2011 massiv kulturtouristisch genutzt: Die Stauferzeit als eine fremde, zum Teil auch exotisch anmutende Welt, die überall in der Metropolregion nacherlebt werden konnte – die eigene Geschichte wurde so zum Wirtschaftsfaktor einer Region und ein fester Bestandteil ihrer Tourismus- und Marketingkonzepte. Diese Nutzung der Stauferzeit ergab sich in Mannheim vielleicht auch etwas mit Blick auf die Veranstalter und Träger der Ausstellung. Diese waren anders als 1977 2010/2011 ein städtischer Museumskomplex, private Stiftungen, größere Firmen und das Tourismus-Marketing Baden-Württemberg. Ziel war dementsprechend seit Beginn der Planung neben der wissenschaftlichen Konzeption der Ausstellungsinhalte auch die Stadt Mannheim und die Metropolregion »[…] auf der touristischen Landkarte der Veranstalter von Gruppenfahrten und der Individualreisenden zu verankern.«358 Diese erweiterte Nutzung der Stauferzeit in Mannheim 2010/2011 im Gegensatz zur Stuttgarter Exposition 1977 entspricht aber auch verschiedenen sich wechselseitig verstärkenden Entwicklungen

356 Eine dynamische Entwicklung bzw. prozessuale Beschleunigung ist charakteristisch sowohl für den von den Ausstellungsmachern verwendeten Begriff des »Innovationsraumes«, als auch für europäische Metropolregionen. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 21; Metropolregion Rhein-Neckar: Gut zu Wissen. Europäische Metropolregion. 357 Siehe S. 46, 64. 358 Vgl. Schubert/Wieczorek, 2011, S. 11.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

der jüngsten Vergangenheit: Museen versuchen zunehmend durch ein breites, unterhaltendes Rahmenprogramm und eine lebendige Aufbereitung der Vergangenheit dem Ausstellungsbesuch einen Eventstatus zu geben. Sie arbeiten hierfür mit einem immer größer werdenden, inzwischen professionalisierten geschichtstouristischen Markt zusammen.359 Resümierend wurde in Mannheim 2010/2011, wie auch schon in der Stuttgarter Ausstellung, durch die Exposition der Stauferzeit neben dem geschichtskulturellen Bedürfnis des Erkenntnisgewinns vor allem der Wunsch nach historischer Identitätsstiftung erfüllt. Der künstlich geschaffenen Metropolregion wurde in Mannheim eine gemeinsame Vergangenheit gegeben, die dazu beitragen konnte, eine gemeinsame Identität zu konzipieren. Diese wurde jedoch in eine europäische Identität eingeordnet, welche durch das Aufzeigen mittelalterlicher Vielfalt, Toleranz, transnationaler Zusammenarbeit und Wettbewerb gefördert wurde. Indem gegenwärtige Strukturen als positives Abbild in die Vergangenheit hineinprojiziert wurden, legitimierte diese Darstellung der Stauferzeit auch gegenwärtige politische Entscheidungen und Handlungsfelder. Dementsprechend kann auch für die Mannheimer Ausstellung durchaus noch von einer politischen Vereinnahmung der staufischen Geschichte gesprochen werden. Sie ist historisches Argument für das Agieren als gemeinsame europäische Metropolregion. Wesentlich stärker als in Stuttgart wurde in Mannheim durch aufwändige Installationen und ein vielfältiges, unterhaltendes Rahmenprogramm auf die ästhetische Dimension der Geschichtskultur eingegangen, die rezente Wünsche nach einer emotionalen Begegnung mit der Vergangenheit beantwortet. Diese wurden in einer solchen Intensität aufgegriffen, dass die Stauferzeit für die Mannheimer Veranstalter als Wirtschaftsfaktor des Kulturtourismus zu einem festen Bestandteil städtischer und regionaler Marketingkonzepte avancierte.360

359 Siehe S. 94, 96. 360 Diese Einschätzung stimmt weitgehend mit den von Martin Große Burlage skizzierten rezenten Motiven von Ausstellungsmachern überein. Vgl. Große Burlage, 2013. S. 98.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

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Städte in der Stauferzeit

Die Entwicklung des mittelalterlichen Städtewesens fiel hauptsächlich in die Zeit der staufischen Herrschaft.1 Ab der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ermöglichten ein zunehmendes Bevölkerungswachstum und ein allgemeiner wirtschaftlicher Aufschwung die Entstehung von größeren Siedlungszentren.2 Die Gründung einer Stadt bzw. die Erhebung einer Siedlung zur Stadt bedeutete die Vergabe erheblicher sozialer und rechtlicher Privilegien.3 Primär lassen sich drei Gründe nennen, weswegen in der Stauferzeit an bestimmten Orten Städte gegründet oder durch die Vergabe von Privilegien gefördert wurden: Zunächst konnten ummauerte Städte genau wie befestigte Burgen häufig genutzte Reiserouten oder Grenzgebiete sichern. Des Weiteren förderte eine Stadt mit Marktplatz den Handel und ermöglichte dadurch die Einnahme von Zöllen. Finanzielle Vorteile brachte die Stadt auch als Produktionsort. Sie konnte höhere Abgaben leisten und damit eine wirtschaftliche Stütze der königlichen Herrschaft sein.4 Zu diesen drei Gründen kommt ein weiterer Aspekt: Die Stadt als Machtinstrument. Ein anschauliches Beispiel ist die Begünstigung der königlichen Städte Aachen und Duisburg nach der Absetzung Heinrichs des Löwen. Nach dessen Sturz war der Kölner Erzbischof der mächtigste Fürst in der nördlichen Reichshälfte. Dank der Privilegierung der in seiner Nähe gelegenen Königsstädte konnte seine Her-

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Vgl. Maschke, 1980, S. 59. Vgl. Eberl, Immo, 2014: Anlass und Strategie der staufischen Städtegründungen. In: Stadt Schwäbisch Gmünd (Hg.): Europäische Städte in der Stauferzeit. Staufische Stadtgründungen und ihr städtebauliches Erbe. Schwäbisch Gmünd, S. 11-22, S. 11; Lorenz, Sönke, 1998: Staufische Stadtgründungen in Südwestdeutschland. Aktuelle Aspekte, Tendenzen und Perspektiven in der Stadtgeschichtsforschung. In: Reinhard, Eugen (Hg.): Staufische Stadtgründungen am Oberrhein. (Oberrheinische Studien, Bd. 15). Sigmaringen, S. 235-272, S. 239. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 11. Vgl. Maschke, 1977, S. 59, 64; Maschke, 1980, S. 41.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

zogsgewalt mit starken Gegenkräften eingedämmt werden.5 Trotz der Konflikte mit dem aufstrebenden italienischen Bürgertum waren die Staufer also durchaus gewillt die in ihrem Herrschaftsgebiet liegenden Städte zu fördern bzw. neue Städte zu gründen.6 Diese Bestrebungen konzentrierten sich vor allem auf zwei Phasen staufischer Herrschaft: Die Regierungszeit Friedrich I. Barbarossa und dessen Enkel Friedrich II.7 Insgesamt deutet Fred Schwind die staufische Stadtentwicklung derart, dass »[…] noch im 12. Jahrhundert, vor allem unter Friedrich I. Barbarossa, die bedeutenderen, durch günstige Verkehrslage ausgezeichneten Städte entstanden, während in einer zweiten Periode unter Kaiser Friedrich II. und seinen Söhnen das Städtenetz mit kleineren Anlagen enger geknüpft wurde.«8 Dieses Städtenetz umfasste im Deutschen Reich die Oberrheinebene als Nord-Süd-Achse und die Gebiete im Elsass, im Neckarbecken, im Remstal, in Oberschwaben, Franken und im Egerland als Südwest-Nordost-Achse.9 In Barbarossas Herrschaftszeit fallen erste wichtige Initiativen für das Städtewesen. Bedeutende alte Städte wurden durch die Vergabe oder Erneuerung bestimmter Privilegien gefördert und in für ihn wichtigen Herrschaftsgebieten wurden viele neue Städte gegründet. Das Hauptaugenmerk lag auf den Pfalzorten, in denen vielerorts die Stadtwerdung eingeleitet wurde. Zu nennen seien beispielsweise Gelnhausen, Kaiserslautern und Wimpfen.10 Aber auch in anderen Teilen des Reiches wurde während seiner Regierungszeit der Ausbau und die Gründung von Städten gefördert. Hier können exemplarisch Altenburg im Nordosten und Überlingen, Schwäbisch Gmünd und Mem-

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Vgl. Engels, 2010, S. 120-121. Hinsichtlich einer gezielten staufischen Städteförderung müssen an dieser Stelle die Bedenken Sönke Lorenz und Heinz Stoobs angeführt werden, wonach in neueren Forschungen der unmittelbare Anteil an der Übertragung von Verfassungseinrichtungen durch die führenden Persönlichkeiten des Reiches relativiert wird. Dies führt auch Knut Görich an, indem er aufgrund der fehlenden Lese- und Schreibkompetenz Barbarossas aktive Teilhabe bei der Ausstellung von Urkunden relativiert. Eine Bewertung der staufischen Städtepolitik muss auch berücksichtigen, dass »der Gedanke, die Adelsgesellschaft zu überspielen […] ganz neue staatstragende Schicht auf den Plan zu führen, das als solche […] bis dahin unerprobte Bürgertum […] außerhalb hochmittelalterlicher Horizonte« lag. Stoob, Heinz, 1978: Formen und Wandel staufischen Verhaltens zum Städtewesen. In: Stoob, Heinz (Hg.): Altständisches Bürgertum. Herrschaft und Gemeinverfassung. Darmstadt, S. 380-413, S. 384-385. Vgl. auch Lorenz, 1998, S. 260-261; Görich, 2015, S. 43-44. Von einer gezielten Förderung bürgerlicher Kräfte unmittelbar durch die staufischen Herrscher kann also nur begrenzt gesprochen werden.Vielmehr nutzten die Staufer die zunehmend als strategisch wichtige Orte wahrgenommenen Städte und förderten bzw. schwächten sie zu ihren Gunsten. Vgl. Maschke, 1980, S. 41. Bei Friedrich II. konzentrieren sich diese Bemühungen vor allem auf die Anfangsjahre seiner Herrschaft 1212-1220, in denen er als deutscher König im Reich seinen Romzug zur Kaiserkrönung vorbereitete. Vgl. Maschke, 1980, S. 43; Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 12. Schwind, Fred, 2000: Staufische Städtpolitik. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Die Staufer. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 19). Göppingen, S. 84. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 12. An dieser Stelle sei nochmals auf die Karte des Besitz der Staufer bis 1250 im Anhang verwiesen. Siehe S. Fehler: Verweis nicht gefunden. Vgl. Eberl, 2014, S. 15.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

mingen in Schwaben angeführt werden.11 Barbarossas Verhältnis zu Stadt und Bürgertum war stark beeinflusst durch die negativen Erfahrungen mit den Stadtkommunen Italiens. Städtische Bemühungen um Freiheit von traditionellen Autoritäten und überörtliche Zusammenschlüsse von Kommunen lehnte er daher ab. So sollte verhindert werden, dass wie in Oberitalien die deutschen Städte mächtige Gegenspieler der Staufer werden konnten.12 Die Stadtentwicklung im Deutschen Reich zu staufischer Zeit ist daher auf konstitutioneller Ebene nicht zu vergleichen mit dem Städtewesen in Reichsitalien. Parallelen in den Entwicklungen basierten lediglich auf wirtschaftliche und kulturelle Kontakte der Städte untereinander.13 Unter Friedrich II. wurde ebenfalls die Möglichkeit der Städteförderung genutzt, um die Königsherrschaft im Deutschen Reich auszubauen und zu festigen.14 Bereits bestehende Ansätze von Städten wurden »rasch und zielstrebig zum Ziel einer selbstständigen Stadt« geführt.15 Die territorialpolitischen Tätigkeiten konzentrierten sich vor allem auf die Jahre seines ersten Aufenthalts im Reich bis 1220. Motivation war die Wiederherstellung des Reichsguts, welches im Zuge des Thronstreits einige Einbußen erlitten hatte.16 Allein im deutschen Südwesten wurden 39 Städte um 1220 angelegt. Die hohe Zahl von 18 Gründungen auf kirchlichen Territorium verdeutlicht die Absicht auf diesem Weg, Einfluss auf die Politik der Hochkirchen nehmen zu können. Theoretisch war diese Praxis königlicher Städtegründungen auf kirchlichem Boden mit der Confoederatio cum principibus ecclesiasticis fundiert.17 Auch die Vergabe von Privilegien an bedeutende Städte im Reich diente dazu, diese fester an die staufische Herrschaft zu binden und damit die Stellung im Reich zu manifestieren. Beispielsweise wurden an Goslar, Frankfurt a.M., Nürnberg, Gelnhausen und Straßburg wichtige Rechte verliehen, bevor Friedrich II. das Deutsche Reich wieder verließ.18

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Vgl. Maschke, 1977, S. 61-62. Vgl. Maschke, 1977, S. 60; Lorenz, 1998, S. 261. An dieser Stelle sei nochmals auf die Bedenken zur aktiven Rolle der Person Friedrichs Barbarossas bei der Förderung und Gründung besagter Städte verwiesen. Pauschal kann gesagt werden, dass diese Schritte unter seiner Regierung stattgefunden haben. Vgl. Lorenz, 1998, S. 261. Vgl. Meinhardt/Ranft/Selzer, 2007, S. 61. Eberl, 2014, S. 19. Vgl. Engels, 2010, S. 161;Maschke, 1977, S. 66. In dieser Vereinbarung wurden die Münz-, Zoll- und Marktgründungshoheit als Regalien definiert, über die die Fürsten nicht selbst verfügen konnten. Vgl. Engels, 2010, S. 161. Vgl. Eberl, 2014, S. 18-19; Maschke, 1977, S. 66.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

5.2

Was heißt Stauferstadt? Spurensuche nach einem geschichtskulturellen Konstrukt19

Anhand des kurzen historischen Abrissen wird bereits deutlich, dass sehr viele Städte in unterschiedlicher Form in ihrer Stadtgeschichte mit der staufischen Dynastie in Berührung gekommen sind und »zahlreiche Städte sich in ihren Ursprüngen oder ihrer rechtlichen Förderung auf staufische Herrscher beziehen« können.20 Doch welche Städte werden gemeinhin als Stauferstädte bezeichnet und wie nutzen sie dieses Attribut aktiv für ihre städtische Geschichtskultur?21 Im Fokus steht dabei nicht die historische Aufarbeitung der staufischen Stadtgeschichte, sondern die historische Semantik des Begriffs Stauferstadt und dessen Einsatz in der deutschsprachigen Geschichtskultur.22 Hierfür werden zunächst Aufkommen und Verwendung des Attributs Stauferstadt im öffentlich-populären Bereich und im wissenschaftlichen Diskurs ermittelt.23 Vereinzelte Nennungen von Stauferstädten finden sich bereits in Beiträgen des 19. Jahrhunderts vor allem in lokalen und regionalen Zeitungen. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass diese schon auf einen etablierten, feststehenden Begriff Stauferstadt zurückgehen.24 Um diesem im öffentlichen Diskurs nachzugehen, wurde eine repräsentative Auswertung der digitalen Archive der Zeit und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung durchgeführt.25 Die früheste Nennung einer Stauferstadt findet sich in einer Ausgabe der Zeit von 1958. In diesem ist die Rede von der Stauferstadt Göppingen.26

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Teilergebnisse der Kap. 5.2. und 5.3. wurden als Beitrag für einen Tagungsband der Barbarossastiftung Altenburg veröffentlicht. Vgl. Luhmann, Isabelle, 2019: Geschichte als Label: »Staufer«- und »Barbarossastädte« und ihr Umgang mit dem staufischen Erbe in der jüngsten Geschichtskultur, in: Barbarossastiftung (hg.):Unmögliche Geschichte(n)? – Kaiser Friedrich I. Barbarossa und die Reformation. Symposium im Residenzschloss Altenburg vom 15.-16.12.2017, Altenburg, S. 8-15. Igel, Karsten, 2014: Von Staufern, Städten und Städtebau zwischen Mittelalter und heute. In: Stadt Schwäbisch Gmünd (Hg.): Europäische Städte in der Stauferzeit. Staufische Stadtgründungen und ihr städtebauliches Erbe. Schwäbisch Gmünd, S. 134-137, S. 135. Vgl. hierzu auch Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview); Pitz, 1999. Diese Kenntnisse sind essentiell für die Kontextualisierung und Bewertung der Stauferrezeption in den als Fallbeispielen untersuchten Städten Göppingen und Schwäbisch Gmünd. So können Spezifika und den allgemeinen Tendenzen entsprechende Elemente herausgearbeitet und bewertet werden. Wie im gesamten Dissertationsprojekt bezieht sich auch die Analyse dieser Form der staufischen Geschichtskultur vor allem auf den deutschen Sprachraum. Dies ist nicht zuletzt auch der Tatsache geschuldet, dass – soweit bekannt – das Attribut Stauferstadt in anderen ehemaligen staufischen Herrschaftsgebieten, wie z.B. Italien, in dieser Form so nicht verwendet wird. Beide Formen sind Bestandteil der Geschichtskultur einer Erinnerungsgemeinschaft. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview). Beispiele für diese vereinzelten Nennungen sind in der Arbeit Thomas Brunes für den Raum Göppingen und Umgebung zu finden. Vgl. Brune, 1977. Beides sind überregionale deutsche Zeitungen, deren Archive bis in die 1940er Jahre über Volltextsuche durchsucht werden können. Vgl. Steckenpferd an kurzem Zügel, 31.7.1958. In: Die Zeit, H. 31. https://www.zeit.de/1958/31/steckenpferd-an-kurzem-zuegel [09.05.2018].

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

Dies ist zugleich die einzige Nennung einer Stauferstadt in beiden Zeitungen in den 1950er Jahren. In den 1960er Jahren berichten weder die Frankfurter Allgemeine Zeitung, noch die Zeit von Stauferstädten. Erst wieder ab den 1970er Jahren wird der Begriff in diesen überregionalen Zeitungen präsenter: Sind in diesem Jahrzehnt bereits vier Stauferstädte zu finden, steigt die Anzahl in den 1980er Jahren sprunghaft auf elf Nennungen.27 Diese Ergebnisse bestätigen anschaulich Forschungen zu Aufkommen bzw. Professionalisierung von Stadtmarketing und Tourismuskampagnen ab den 1970er Jahren, im Zuge derer sich viele Städte mit ortsspezifischen Attributen ausstatteten.28 Des Weiteren ist anzunehmen, dass die steigende Popularität des Begriffs den Nachwehen der Staufer-Ausstellung von 1977 und dem in diesem Zusammenhang neu erwachten

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Die Nennungen in den 1970er Jahren: Vgl. Marpert, Barbara, 14.04.1976: Freiwillig planen und bauen zwei Städte gemeinsam. Bad Nauheim und Friedberg schreiben Wettbewerb aus. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__760414_F AZ_0008_8_0002& [09.05.2018]; Zeitmosaik, 12.12.1975. In: Die Zeit, H. 51. https://www.zeit.de/19 75/51/zeitmosaik/komplettansicht [09.05.2018]; Die glorreiche Zeit der Staufer. Zwischen Experimenten und Reliquien/Zu der großen historischen Ausstellung in Stuttgart, 31.03.1977. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__770331_F AZ_0023_23_0001 [31.01.2019]; Helmer, Wolfgang 22.09.1979: Der Neckar-Modell eines deutschen Flusses. Stauferstadt Bad Wimpfen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Nennungen der 1980er Jahre: Schwelien, Michael, 2.9.1983: Auf zur Blockade. In: Die Zeit, H. 36. https://www.zeit.de/19 83/36/auf-zur-blockade/komplettansicht [09.05.2015]; Knorr-Anders, Esther, 21.6. 1985: »Aus dem Musterbuche der Romantik« Zum Markt, zum Münster, zur Maille: Bummeln in Esslingen am Neckar. In: Die Zeit, H. 26. https://www.zeit.de/1985/26/aus-dem-musterbuche-der-romantik/komplett ansicht [16.05.2019]; Hess, Ernst, 23.12.1988: Das große Sägen. Himbeergeist und Frischlingskeule – über eine alliierte Aktion im Tannenwald. In: Die Zeit, H. 52. https://www.zeit.de/1988/52/das-gr osse-saegen/komplettansicht [09.05.2018]; Günthner, Wolf, 05.05.1980: »Engel« UND »Stauferinnen« sind auf dem Sprung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-p ortal/document?uid=FAZH__800505_FAZ_0019_19_0007 [09.05.2018]; Heptner, Erich, 11.12.1980: Das nächste Gorleben könnte Volkmarsen heißen. Wachsende Ablehnung gegen Pläne für eine Wiederaufarbeitungsanlage in Nordhessen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.fazbiblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__801211_FAZ_0004_4_0004 [31.01.2019]; Neues Kurzentrum in Eberbach, 01.10.1981. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de /faz-portal/document?uid=FAZH__811001_FAZ_0043_R3_0004 [09.05.2018]; Wagner, Friedrich A., 07.04.1982: Erinnerungen an einen zornigen Staufer. Ein Spaziergang in das Mittelalter. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__820407_ FAZ_0043_R3_0001 [09.05.2018]; Beaujean, Alfred, 18.10.1985: Neuer Schwung und alte Probleme. Horst Stein übernimmt die Bamberger Symphoniker. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https: //www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__851018_FAZ_0031_25_0006 [31.01.2019]; Behr, Alfred, 26.05.1987: »Gewaltanwendung verstehen die Amerikaner nicht«. Lob für die Disziplin der Soldaten in Mutlangen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/f az-portal/document?uid=FAZH__870526_FAZ_0007_7_0007 [31.01.2019]; Stammgäste für Romantik. Stammgäste für Romantik. Die Burgenstraße in der Analyse – Fast alle Besucher wollen wiederkommen, 19.11.1987. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/ document?uid=FAZH__871119_FAZ_0054_R2_0002 [09.05.2018]; Behr, Alfred, 13.8.1988: Der größte deutsche Wanderklub wird hundert Jahre alt. Gründung im »Waldhorn« von Plochingen/Der Schwäbische Albverein. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S. https://www.faz-biblionet.de/faz-port al/document?uid=FAZH__880813_FAZ_0007_7_0007 [31.01.2019]. Siehe S. 41.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Geschichtsbewusstsein der jungen BRD geschuldet ist. Nach diesem sprunghaften Anstieg von Stauferstadt-Nennungen in den 1980er Jahren bleibt deren Häufigkeit nahezu konstant. In den 1990er Jahren werden 12 und ab 2000 11 Stauferstädte genannt.29 Das Attribut scheint als feststehender, bekannter Begriff im öffentlichen Raum etabliert.30 29

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Die Nennungen in den 1990er Jahren: Vgl. Dieckmann, Christoph, 10.6.1994: Unsere liebe Stadt. In: Die Zeit, H. 24. https://www.zeit.de/1994/24/unsere-liebe-stadt/komplettansicht [09.05.2018]; Behr, Alfred, 25.2.1991: Der knitze Jurist. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblion et.de/faz-portal/document?uid=FAZH__910225_FAZ_0012_12_0006 [15.05.2018]; Junghanß, Burkhard, 29.12.1991: Wie das Schwein zur Sau gemacht wird. Von der Antike bis zur Gegenwart: Das Glücksschweinmuseum zeigt eine ganz und gar tierische Kulturgeschichte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FASA__911229_FAS_0008_8 _0005 [15.05.2018]; Pershing-Zentrale als Universitätspark. Ein Konversionsprojekt der besonderen Art in Schwäbisch Gmünd, 09.10.1992. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-bib lionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__921009_FAZ_0004_4_0006 [15.05.2018]; Dohm, Horst, 14.12.1993: Silberwaren aus der Stauferstadt Schwäbisch Gmünd. Von einem alten Gewerbe, das um Fortbestand einer langen Tradition kämpft. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.fazbiblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__F19931214DO10---100, [15.05.2018]; Schreiner, Lorenz, 15.03.1994: Tschechische Unlust an Euroregionen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.f az-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__F19940315QEREGIO100 [15.05.2018]; Vorträge und Exkursionen. Hanau ist Schauplatz einer Tagung zur Altertumsforschung, 28.05.1994. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=RMO__F19940528B HUARC-100 [15.05.2018]; Geschichte, 16.12.1994. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.fa z-biblionet.de/faz-portal/document?uid=RMO__F19941216BUCH7--100 [15.05.2018]; Wagner, Friedrich A., 27.07.1995: Die Zeugen alter Herrlichkeit. Sind Reichsstädte heute Idyllen von Spitzweg? – Unterwegs in Neckarland-Schwaben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet. de/faz-portal/document?uid=FAZ__F19950727RREICH-100 [15.05.2018]; Stauferstadt und Stadttourismus, 16.05.1997. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/doc ument?uid=FAZ__F19970516MAMIM15100 [15.05.2018]; Aufregung um Milli Görüs, 26.06.1997. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__F1997 0626BHRVA--100 [15.05.2018]; Ein Oberbürgermeister darf nicht regieren. Kuriosum in der schwäbischen Stauferstadt Esslingen am Neckar, 20.10.1998. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://w ww.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__F19981020BHRSK--100 [15.05.2018]. Die Nennungen ab 2000: Vgl. Kislat, Oliver, 21.08.2000: Wäscheständer säumen den Weg zu Zimmer 129. Leben im Asylbewerberheim/Bald kehrt das bosnische Paar in die zerbombte Heimat zurück. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid= FAZ__FR120000821531350 [31.01.2019]; Schulz, Jana, 16.02.2004: Das Gießkannenprinzip. Musik zur Fasnacht/Von Guggen/Häs/Larven und anderem Getier der fünften Jahreszeit. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD120040216216 2544 [31.01.2019]; Pfister, Vera, 28.08.2007: Auf alternativer Stadttour mit Asylbewerbern. Nach dem Bummel durch die malerischen Gassen von Schwäbisch Gmünd geht es zurück in die Gemeinschaftsunterkunft. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal /document?uid=FAZ__FD1200708281169865 [15.05.2018]; Kreuzwort, 17.10.2008. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD220081017196071 2 [31.01.2019]; Soldt, Rüdiger, 28.07.2011: Jetzt soll es ein »Bad Spencer« geben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD2201107283182 392 [15.05.2018]; Soldt, Rüdiger, 27.07.2013: Arbeitslos im Postkolonialismus. Warum Flüchtlinge nicht als Kofferträger arbeiten dürfen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet .de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD3201307273958653 [15.05.2018]; Ein Tunnel wie ein Einhorn. Schwäbisch Gmünd verbaut 280 Millionen Euro, 25.11.2013. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. http s://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD2201311264103865 [15.05.2018]; Soldt,

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

Im Forschungskontext kam der Terminus nach Berent Schwineköper schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf.31 Karl Weller jedoch verwendete ihn beispielsweise in seiner Schrift Die staufische Städtegründung in Schwaben von 1930 noch nicht. Er spricht eher von »staufischen Städten« oder »Königsstädten«. Viele der von ihm in diesem Zusammenhang genannten Städte werden allerdings in der späteren Forschung als Stauferstädte bezeichnet. Es ist daher anzunehmen, das dasselbe gemeint ist und der Begriff sich zum Teil ab den 1930er Jahren entwickelt.32 Spätestens im Nachklang der StauferAusstellung von 1977 scheint die Bezeichnung Stauferstadt auch in Fachkreisen fest etabliert zu sein.33 Nach Schwineköper gehen seitdem »auch dem Fachmann Begriffe wie ›Stauferstadt‹ […] leicht in die Feder, ohne daß erkennbar wird, was darunter eigentlich verstanden werden soll oder muß.«34 Im engeres Begriffsverständnis werden in der Forschungsliteratur oft diejenigen Kommunen als Stauferstädte bezeichnet, die durch die Staufer gegründet bzw. durch die Verleihung bestimmter Rechte zu Städten erhoben wurden.35 Diese Einordnung scheint jedoch nur auf den ersten Blick eindeutig. Realiter ist es recht problematisch nachzuweisen, welchen konkreten Anteil die staufische Herrschaft an der jeweiligen Stadtgründung oder Stadtwerdung hatte und ob ihr Zutun letztlich als das konstitutive Element der Stadtwerdung verstanden werden sollte. Eine Stadtgründung war »ein vielschichtiges, komplexes und nicht auf einen Akt beschränktes Phänomen.«36 Welche dazugehörige Maßnahme für die Stadterrichtung die entscheidende Bedeutung besitzt, ist unentschieden. Gründungen waren meist auf mehrere Jahrzehnte langgestreckte Vorgänge, die dementsprechend nicht eindeutig einer konkreten Herrscherfigur bzw. einem Herrschergeschlecht zugeordnet werden

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Rüdiger, 08.07.2014: Eine Stadt blüht auf. Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZN__2014070 8_3034525 [15.05.2018]; Soldt, Rüdiger, 8.7.2014: Das mit der Himmelsleiter klingt gar nicht so falsch. Schwäbisch Gmünd und sein Oberbrügermeister zeigen, wozu eine Landesgartenschau taugt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid =FAZ__FD2201407094318227 [15.05.2018]; Knödler, Lorenz R., 08.09.2014: Von der Hütte in Schwäbisch Gmünd bis zur Destillerie in Chicago. Ein Kupferschmiedemeister erfüllt sich den Traum seiner eigenen Brennerei. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/ document?uid=FAZ__FD1201409084325496 [15.05.2018]. Vgl. Schwineköper, 1980, S. 95. Vgl. Weller, Karl, 1930: Die staufische Städtegründung in Schwaben. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte, 36. Jg., S. 145-268, beispielsweise S. 258, S. 260, S. 265. Exemplarisch können hier die Arbeiten von Erich Maschke, Berent Schwineköper und Lorenz Sönke genannt werden. Vgl. Maschke, 1980; Schwineköper, 1980; Lorenz, 1998. Schwineköper, 1980, S. 95. So beispielsweise Weller über Städte, die im weiteren Forschungsdiskurs als Stauferstädte bezeichnet werden: »Alle die Städte, um die es sich handelt, sind Gründungsstädte […].« Weller, 1930, S. 147. Auch Sönke versteht unter Stauferstädten vornehmlich Gründungsstädte. Vgl. Lorenz, 1998. Lorenz, 1998, S. 244. Eine Stadt im Hochmittelalter zeichnete sich aus durch eine freie Bürgergemeinde, ein eigenes Marktrecht, einen eigenen Gerichtsbezirk und eine sie vom umgebenden Land abgrenzende Stadtmauer. Vgl. Eberl, 2014, S. 14; Lorenz, 1998, S. 243-244; Pitz, Ernst, 1999: Stadt. Allgemein. In: Auty, Robert (Hg.): Planudes bis Stadt. (Lexikon des Mittelalters, Bd. 7). Stuttgart/Weimar, S. Sp.2169-2173, Sp. 2176.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

können.37 Erschwerend kommt hinzu, dass die unmittelbare Anteilnahme des Herrschers an der Vergabe bestimmter Rechte in Frage gestellt werden muss.38 Neben diesen Uneindeutigkeiten zur Stadtwerdung selbst kommt eine oftmals schlechte Überlieferungssituation hinzu: Ein eindeutig bestimmbarer, urkundlich bezeugter Gründungsakt ist oft nicht nachweisbar, sodass die Erlangung des Stadtcharakters nicht exakt eruiert werden kann.39 Eine andere Möglichkeit, in der Stauferzeit gegründete Städte zu bestimmen wurde lange mit Hilfe eines topographisch orientieren Ansatzes in der Bestimmung eines allen Städten gemeinsamen Stadtgrundrisses versucht. Die Konzentration auf die technisch-bauliche Ausgestaltung der neuen Städte sollte statt der häufig fehlenden schriftlichen Überlieferung Rückschlüsse auf die Zeit der Stadtwerdung und damit auch auf die Stadtgründer geben.40 Dieser Ansatz wurde jedoch verworfen. Zu komplex und langwierig scheint der Stadtwerdungsvorgang, zu heterogen die im großen staufischen Machtbereich angewendeten Methoden der Herrschaftsausübung, als dass ein einheitliches Gesamtbild der staufischen Städte existieren könnte. Darüber hinaus erscheint es ebenfalls fraglich, inwiefern aus den heute erhaltenen Plänen bzw. Stadtbildern überhaupt Rückschlüsse auf den Urzustand gezogen werden können.41 Von den Stauferstädten wird daher gegenwärtig »in wohltuender Klarheit nicht mehr […] als einem Typus gesprochen«.42 Das Verständnis einer Stauferstadt als eine von den Staufern gegründete bzw. zur Stadt erhobene Stadt ist somit im fachwissenschaftlichen Bereich von zahlreichen Uneindeutigkeiten begleitet. Neben diesem engeren Verständnis existiert noch ein weiteres Begriffsverständnis von Stauferstädten. Demnach sind auch Städte als solche zu betiteln, die während der staufischen Herrschaft bereits existierten, durch die Staufer jedoch stark gefördert wurden und damit einen erheblichen Aufschwung erfuhren. Erich Maschke bezeichnet nach dieser Auslegung des Begriffs beispielsweise ganze 120 Städte als Stauferstädte. Gemeinsames Merkmal dieser Städte sei demnach die »[…] Erteilung von wichtigen Privilegien aus der Hand der staufischen Könige.«43 Nach dieser Auslegung kommen zahlreiche andere Städte als Stauferstädte in Frage, die durch staufische Herrschaftstechniken stark geprägt wurden. In diesen waren die Staufer beispielsweise am Dombau beteiligt oder hielten häufig Hoftage ab. Diese meist schon im Hochmittelalter großen und bekannten Städte waren für die Staufer wichtige Herrschaftszentren. Doch sind sie in der deutschsprachigen

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Dazu Berent Schwineköper: »Der […] Stadtentstehungsprozess des hohen Mittelalters beruhte im Allgemeinen nicht auf einem einzigen Gründungsvorgang. Vielmehr setzte sich dieser aus einer ganzen Reihe von rechtlichen, wirtschaftlichen, militärischen und baulich-technischen Maßnahmen zusammen.« Vgl. Schwineköper, 1980. Siehe Anmerkung 1001. Es ist durchaus anzunehmen, dass die Staufer selbst bei Fragen der Stadtgründung in den Hintergrund traten. Vgl. Igel, 2014, S. 135. Dementsprechend wird vielfach die früheste urkundliche Erwähnung einer Stadt zu Rate gezogen und daraus die Zeit der Stadtwerdung konstruiert. Vgl. Weller, 1930, S. 169, Schwind, 2000, S. 84. Vgl. Lorenz, 1998, S. 258-259; Schwineköper, 1980, S. 100. Vgl. Schwineköper, 1980, S. 112, S. 130; Igel, 2014, S. 134. Igel, 2014, S. 134. Maschke, 1980, S. 42. Diese breitere Auslegung des Begriffs scheint nicht ganz abwegig, da nach Igel »[…] die staufischen Herrscher eigentlich auch mehr Förderer von Städten – oder deren Hemmer -als Stadtgründer im eigentlichen Sinne« waren. Igel, 2014, S. 135.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

Geschichtskultur als Stauferstädte verankert?44 Der Ausdruck wird im Forschungsdiskurs sehr heterogen verwendet und ist schwer überprüfbar. Auch im populären Bereich wird er für unterschiedlichste Städte gebraucht und geht zunehmend »leicht in die Feder«.45 Diese Diskrepanzen verdeutlichen, dass es sich beim Attribut Stauferstadt und dessen Verwendung vorwiegend um ein gewachsenes, geschichtskulturelles Phänomen handelt. Es ist Ermessenssache einer Stadt selbst, ob sie sich als solche im historischen Selbstverständnis sieht und dies auch durch die Betitlung nach außen kommuniziert. Das Attribut ist eine Art Selbstetikettierung der Städte, die sich – auch in Abhängigkeit späterer historischer Entwicklungen – mit dieser Phase ihrer Stadtgeschichte stärker identifizieren und das Label nicht zuletzt auch aus Marketinggründen für sich in Anspruch nehmen.46 Der Begriff Stauferstadt scheint hierfür besonders geeignet, da er nach Karsten Igel »zu einem solchen leuchtenden Begriff geworden« ist, der »ein[en] besonders bunten Reigen von Assoziationen und Vorstellungen, ein Bild von mittelalterlicher höfischer Pracht«47 erweckt. Wenn es sich bei diesem Begriff jedoch eher um ein gewachsenes Konstrukt handelt und die Betitlung als solche Aushandlungssache der jeweiligen städtischen Geschichtskultur ist, wie können dann potentielle Stauferstädte und ihr Umgang mit der staufischen Geschichte ermittelt werden? Lohnenswert ist hier der Blick auf andere Städtegruppen, die für sich ein gemeinsames, historisches Attribut beanspruchen. Als Beispiel können die sogenannten Zähringerstädte angeführt werden. Definition und Umgang mit diesem Beinamen scheinen recht eindeutig: Das Lexikon des Mittelalters definiert Zähringerstädte, indem diese in drei Gruppen eingeteilt werden: In Gründungsstädte, in Burg- oder Dorfsiedlungen, die von den Zähringern ausgebaut wurden, und in Traditionsstädte, die »sich aufgrund der Straßenführung oder Freiburger Rechtssätze auf die Zähringer beriefen ohne je in einem engeren Verhältnis zu ihnen gestanden zu haben.«48 Bei einer ersten, unsystematischen Recherche findet sich online sofort eine gemeinsame Homepage der Zähringerstädte.49 Nach dieser bilden »Zwölf Städte in Deutschland und der Schweiz [bilden] die Zähringerstädte. […] Allen ist gemeinsam, dass sie zum Besitztum der Herzöge von Zähringen gehörten […].«50 Abhängig von verschiedenen Forschungskontroversen und aktuellen Entwicklungen wandeln sich auch bei den Zähringerstädten die Teilnehmerlisten der Städtetreffen und damit die Selbst- und Außenzuschreibung als

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Vgl.Bönnen, Gerold, Archivar Stadtarchiv Worms, Göppingen 12.11.16 (Interview): Einschätzung des Attributs Stauferstadt. Schwineköper, 1980, S. 95. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview); Bönnen, Gerold, Archivar Stadtarchiv Worms, Göppingen 12.11.16 (Interview). Igel, 2014, S. 134. Treffeisen, 1998, S. 467. Auch die jüngere Zähringerforschung ist inzwischen von der Vorstellung eines bestimmten Zähringer-Stadttypus aufgrund eines gemeinsamen Stadtgrundrisses abgekommen. Vgl. hierzu auch Igel, 2014, S. 135. Vgl. Zähringerstädteverbindungen. Geschäftsstelle. Stadt Freiburg: Herzlich Willkommen auf den Seiten der Zähringerstädte. Die Zähringer – Pioniere des Mittelalters. https://www.zaehringersta edte.eu/pb/,Lde/Home.html [06.05.2018]. Ebd.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Zähringerstadt.51 Es ist jedoch bezeichnend, dass es im Unterschied zu den Stauferstädten gar einen Lexikoneintrag zu den Zähringerstädten gibt und diese einen gemeinsamen Auftritt nach außen pflegen. Der Austausch zwischen den Zähringerstädten geht in die 1950er Jahre zurück: »Anlässlich der 800-Jahr-Feier von Freiburg im Üchtland kam es 1957 auf Anregung des Lokalvereins Freiburg-Zähringen […] zum ersten Zähringerstädte-Treffen.«52 Spätere Jubiläen waren dann weitere Anlässe für gegenseitige Einladungen und einen beständigen Austausch. 1970 dann, zur 850-Jahr-Feier der Stadt Freiburg, haben sich die heute noch in dieser Konstellation zu findenden 12 Städte zum Zähringerstädtebund zusammengeschlossen. Ziel ist die Erinnerung an die »gemeinsame« Geschichte der Zähringer wach zu halten und die städtepartnerschaftlichen Beziehungen zu pflegen.53 Eigens hierfür existiert seit einigen Jahren gar eine offizielle Geschäftsstelle der Zähringerstädte mit Sitz in Freiburg. In jährlich stattfindenden Arbeitstreffen werden gemeinsame Aktivitäten diskutiert, so wie das jüngst geplante Vorhaben einer Wanderausstellung zur Geschichte der Zähringer.54 Einen solchen gemeinsamen Verband als zentrale Anlaufstelle und einen beständigen Austausch gibt es für die Stauferstädte nicht.55 Die Entscheidung für oder gegen das historische Attribut scheint individueller zu sein. Allerdings konnten, angelehnt an die gemeinsamen Aktivitäten von Zähringerstädten, auch bei Stauferstädten Ereignisse ermittelt werden, an denen mehrere dieser Städte gemeinsam in Erscheinung traten.

5.3

Umgang mit dem historischen Erbe: Staufer- und Barbarossastädte im Überblick

Welche Städte außer den Untersuchungsbeispielen Göppingen und Schwäbisch Gmünd verstehen sich selbst als Stauferstädte und werden auch von außen als solche wahrgenommen? Um diese ausfindig zu machen, wurden verschiedenste Anlässe betrachtet, an denen sich solche Städte trafen oder ihre staufische Geschichte bewarben. Außerdem

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Bei der Villinger-Ausstellung 1978 wurden beispielsweise 16 Städte als Zähringerstädte angeführt, während es auf der Homepage des heutigen Zähringerstädtebunds nur noch 12 Mitglieder sind. Vgl. Stadt Villingen-Schwenningen (Hg.), 1978: Die Zähringerstädte. Veröffentlichung zum »Zähringer-Jubiläum«. Villingen-Schwenningen, Inhaltsverzeichnis; Zähringerstädteverbindungen. Geschäftsstelle. Stadt Freiburg. Herzlich Willkommen auf den Seiten der Zähringerstädte. Siehe auch Böhme, Rolf, 1986: Rede beim Empfang der Zähringerstädte am 30. Juni 1984 im Rathaus zu Freiburg i.Br.. In: Schmid, Karl (Hg.): Die Zähringer. Eine Tradition und ihre Erforschung. (Die Zähringer: Veröffentlichungen zur Zähringerausstellung 1986, Bd. 1). Sigmaringen, S. 391. Rehm, Clemens, 1986: Das ›Zähringerstädte-Treffen‹. In: Schadek, Hans/Schmid, Karl (Hg.): Die Zähringer. Anstoß und Wirkung. (Die Zähringer: Veröffentlichungen zur Zähringerausstellung 1986, Bd. 2). Sigmaringen, S. 390-391, S. 391. Vgl. Ruch, Martina; Geschäftsstelle Zähringerstädteverbindung, 11.7.2018 (Telefoninterview): Zusammenarbeit der Zähringerstädte; Böhme, Rolf, 1986: Rede beim Empfang der Zähringerstädte am 30. Juni 1984 im Rathaus zu Freiburg i.Br.. In: Schmid, Karl (Hg.): Die Zähringer. Eine Tradition und ihre Erforschung. (Die Zähringer: Veröffentlichungen zur Zähringerausstellung 1986, Bd. 1). Sigmaringen. Vgl. Ruch, Geschäftsstelle Zähringerstädteverbindung, 11.7.2018. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview).

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

wurde untersucht an welchen Standorten Stauferstelen errichtet wurden. Des Weiteren wurde berücksichtigt, welche Städte in Forschungskreisen als Staufer- oder Barbarossastädte bekannt sind.56 Anlass für das erste Zusammentreffen von Stauferstädten waren die 5. Göppinger Staufertage 1977, an dem Vertreter aus rund 40 Städten teilnahmen.57 Eingeladen wurden Städte aus der BRD, dem angrenzenden Ausland und die Partnerstädte mit staufischem Hintergrund.58 Des Weiteren wurden die Städte berücksichtigt, die dem Aufruf der Landesregierung folgten und anlässlich der Staufer-Ausstellung 1977 ihre Stauferattraktionen mit besonderen Aktivitäten bewarben.59 1979 fand erneut ein Zusammentreffen verschiedener Stauferstädte in Göppingen statt. In diesem Jahr wurde gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg das Doppeljubiläum »900 Jahre Staufisches Herzogtum Schwaben und 825 Jahre erste urkundliche Erwähnung Göppingens« gefeiert.60 Im Rahmen dieser Feierlichkeiten konnten 32 Abgeordnete verschiedener Stauferstädte begrüßt werden.61 Die Abgeordneten wurden gebeten »[…] das Bemühen um Geschichte, Kunst und Kultur staufischer Zeit in der europäischen Dimension mitzutragen und zu verwirklichen.«62 Es wurden demnach schon in den 1970er Jahren Anstrengungen unternommen, ein Bewusstsein für die gemeinsame staufische Geschichte zu fördern und dies auch nach außen zu kommunizieren. Es ist interessant, dass dies – bislang – noch nicht in eine irgendwie geartete, institutionelle Form überführt wurde, wie beispielsweise bei den Zähringerstädten. Auch 2010 fand ein vom Finanzministerium initiiertes und von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württembergs organisiertes Treffen von Stauferstädten in Schwäbisch Gmünd statt.63 Eingeladen wur56 57

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Die Recherche ergab, dass quasi als eine Sonderform von Stauferstädten auch Kommunen existieren, die gemeinhin als Barbarossastädte bekannt sind. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1977: Liste Teilnahme der Stauferstädte Stand März 1977; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 31.3.1977: Absage Stauferstädte Treffen 1977. Auf dem Programm standen neben wissenschaftlichen Vorträgen auch eine Fahrt auf den Hohenstaufen. Abschluss war der gemeinsame Besuch der Staufer-Ausstellung in Stuttgart. Höhepunkt war hier der Empfang der Landesregierung durch den Staatssekretär. Ein weiteres Indiz dafür, dass regionale und lokale Erinnerungsdimensionen eng miteinander verzahnt sind. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 20.1.1977: Programm Stauferstädte Treffen 1977; Kauß, Dieter, 1980: Die Göppinger Staufertage 1977, 1978 und der Festakt ›900 Jahre Staufisches Herzogtum Schwaben‹ 1979. Programm und Verlauf. In: Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte in Göppingen (Hg.): Die Staufer in Schwaben und Europa. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 5). Göppingen, S. 11-18, S. 11-14. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977. Kauß, 1980, S. 16. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 23.3.1979: Liste Vertreter der Stauferstädte/Nachbarstädte Festakt; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1979: Tischordnung Stauferstädte Treffen 1979; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1979: Absagen Stauferstädte Treffen 1979. Kauß, 1980, S. 18. Vgl. außerdem Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1979: Programm Stauferstädte Treffen 1979. Vgl. Brenner, Markus, 2010: Quantensprung aus dem Schattendasein. Das Bestreben Schwäbisch Gmünds, die eigene Staufergeschichte aufzuwerten, bekommt einen kräftigen Schub. In: Gmünder

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

den Kommunen aus ganz Baden-Württemberg mit staufischem Bezug.64 Anstoß für die Tagung bot das Konzept der Mannheimer Staufer-Ausstellung, welches staufische Gemeinden der Metropolregion in das Ausstellungsprogramm mit einbezogen hatte. Mit Blick auf das 2012 anstehende 60-jährige Jubiläum Baden-Württembergs sollte ein »landesweites Staufermuster« geschaffen werden.65 Beschilderungen zu historisch wichtigen Stauferstätten sollten erweitert und die Öffentlichkeitsarbeit unter einer Dachmarke vereinheitlicht werden. Dafür sollten die Stauferstädte und -gemeinden mit einem gleichen Emblem versehen und ihr Internetauftritt gebündelt werden.66 Ein Großteil dieser Überlegungen wurde jedoch nicht realisiert. Lediglich die erweiterte Beschilderung historischer Stätten erfolgte. Außerdem wurde im Sinne einer gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit das Projekt »Frühlingsfest im Stauferland« 2011/2012 unter Federführung der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württembergs in der Region um den Hohenstaufen durchgeführt.67 Grund hierfür war der Regierungswechsel im März 2011. Die rot-grüne Landesregierung scheint im Unterschied zu politischen Akteuren der CDU kein besonderes Interesse an der staufischen Geschichte und vor allem deren Präsenz in der gegenwärtigen Geschichtskultur zu vertreten.68 Dies verdeutlicht erneut, wie bedeutend die politische Erinnerungsdimension auch für die rezente staufische Geschichtskultur ist. Auskunft über mögliche Stauferstädte außer Göppingen und Schwäbisch Gmünd gab des Weiteren das Begleitprogramm zur Mannheimer Staufer-Ausstellung von 2010/2011. In Anlehnung an 1977 wurde ebenfalls das Stauferjahr ausgerufen und ein Rahmenprogramm unter Mitwirkung von Stauferstätten in der gesamten Metropolregion erschaffen.69 Auch die Standorte der Stauferstelen dienten als Indikatoren für ein staufisches Geschichtsbewusstsein in diesen Städten und schlussendlich wurden Städte in den Pool mit einbezogen, die in der Forschungsliteratur und Expertengesprächen als Stauferstädte genannt wurden.70 Hierbei wurde deutlich, dass neben dem historischen Attribut der Stauferstadt auch eine leicht modifizierte, bzw. spezialisierte Form dieses Labels existiert: Die Barbarossastädte – wor-

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Tagespost, H. 283; Hörrmann, Michael, Geschäftsführer Staatliche Schlösser und Gärten BadenWürttemberg, 9.9.2016 (Korrespondenz): Informationen zur Staufertagung 2010. Vgl. Scheffold, Stefan, Staatssekretär, 12.9.2016 (Telefoninterview): Staufertagung 2010 in Schwäbisch Gmünd; Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, 6.12.2010 (Korrespondenz): Teilnehmerliste Staufertagung 2010. Brenner, 2010. Entgegen den Ideen von 2010 konnte im Nachgang nicht bestätigt werden, dass die Staufer zentrales Thema der Jubiläumsfeierlichkeiten des Landes von 2012 waren. Vgl.Land Baden-Württemberg, 2012: BW-feiert. Startseite. http://web.archive.org/web/20120814063722/ww w.bw-feiert.de/ [16.6.2019]. Vgl. Brenner, 2010. Siehe S.118. Vgl. Scheffold, Stefan, Staatssekretär, 12.9.2016 (Telefoninterview); Hörrmann, Michael, Geschäftsführer Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, 9.9.2016 (Korrespondenz). Vgl. Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn Museen, 2010; Wieczorek, Alfried (Hg.), 2009: Stauferregion Rhein-Neckar. Reiseziele zur Ausstellung der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen. Mannheim. Zu den Stauferstelen Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014: Stauferfreunde stiften Stauferstelen. Gerlingen, 5. Aufl.; Koblank, Peter: Stauferstelen. Startseite. https://www.stauferstelen.net/index.htm, 12.03.2019.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

unter in Forschungskreisen namentlich die fünf Städte Altenburg, Bad Frankenhausen, Sinzig, Kaiserslautern und Gelnhausen verstanden werden.71 Da diese Städte mit ihrem historischen Attribut offenbar einen gewissen Bekanntheitsgrad haben, wurden sie in die Einzeluntersuchungen miteinbezogen, auch wenn sie bei keinen weiteren der oben genannten Aktivitäten in Erscheinung traten.72 Die Städte, die in Forschungskreisen als Barbarossastädte genannt waren, und solche, bei denen drei der sechs Indikatoren zur Ermittlung potentieller Stauferstädte erfüllt waren – wie beispielsweise die Teilnahme an Städtetreffen oder die Mitwirkung am Rahmenprogramm einer Staufer-Ausstellung – wurden auf ihren Umgang mit der staufischen Geschichte überprüft. Dies ergab einen Pool von 21 Städten. Das jeweilige Stadtbild wurde darauf hin befragt, ob staufische Straßennamen oder Institutionen vorhanden sind; des Weiteren, wie präsent die Staufer im Gemeinschaftsleben der Stadt beispielsweise durch staufische Vereine vertreten sind. Außerdem wurde die Außenwerbung der jeweiligen Stadt betrachtet: Wie wird das Attribut Staufer –, oder Barbarossastadt verwendet? Wird die staufische Geschichte von den Städten in Form von besonderen Events oder Stadtführungen touristisch genutzt und wenn ja, wie intensiv und seit wann?73 So kann die Stauferrezeption in den Untersuchungsstädten sinnvoll kontextualisiert und bewertet werden. Diese Informationen wurden in Form einer Tabelle zusammengetragen74 und daraufhin ermittelt, welche dieser Städte im geschichtskulturellen Sinne als Staufer – oder Barbarossastädte verstanden werden können.75

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Vgl. Graf, 2010, S. 296; Jochem, Marlene, 2010: Barbarossa – Imageträger und Marketingfigur. In: Referat Kultur der Stadt Kaiserslautern (Hg.): Barbarossa. Historie-Mythos-Marketing. Begleitband zur Ausstellung. (Theodor-Zink-Museum, Bd. 22). Kaiserslautern, S. 47-53, S. 47; Sprenger, Kai-Michael, Mediävist und Mitarbeiter im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz, 15.1.2017 (Telefoninterview): Staufisches Geschichtsbewusstsein in Deutschland und Italien. Der Einbezug von Stauferstelen-Standorten und auch der Nennung von Staufer- bzw. Barbarossastädten in Forschungskreisen erscheint sinnvoll, da die anderen zu Rate gezogenen Aktivitäten sich oftmals auf Baden-Württemberg oder den gesamten deutschen Südwesten beziehen. So konnten jedoch vermutlich alle potentiellen Städte des deutschen Sprachraums mit diesem historischen Attribut ermittelt werden. Dies geschah über Internetrecherche – beispielsweise auf den Homepages der einzelnen Städte, den dazugehörigen Tourismusverbänden und/oder Geschichtsvereinen – und mittels Korrespondenzen und Telefoninterviews mit den zuständigen Personen der Stadtarchive, Geschichtsvereine und den Tourismus- und Stadtmarketingabteilungen. Falls vorhanden, wurde ebenso die Forschungsliteratur zur jüngsten Stauferrezeption in den Untersuchungsstädten zu Rate gezogen. Beispielsweise der Aufsatz von Marlene Jochem zu den Barbarossastädten. Vgl. Jochem, 2010. Vgl. Tab. 3 Potentielle Staufer- und Barbarossastädte und ihre staufische Geschichtskultur S. 250. Die Tabelle führt nicht für jede Stadt exakt dieselben Informationen an, sondern gibt wieder welche Elemente der Stauferrezeption individuell ermittelt werden konnten und auch was davon jeweils als besonders prägend und auffällig erschien. Die Rechercheergebnisse und Aussagen sind auf dem Stand vom Sommer 2017. Wie in Kap. 5.2. skizziert, handelt es sich bei dem Attribut Stauferstadt um ein gewachsenes, geschichtskulturelles Phänomen, das je nach historischem Selbstverständnis von bestimmten Kommunen beansprucht wird. Siehe S. 165.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Abb. 5: Staufer- und Barbarossastädte der BRD, Stand: 2017.

Luhmann, Isabelle. Schwarz: Landeshauptstädte. Grün: ermittelte potentielle Staufer- und Barbarossastädte. Rot: Selbstverständnis als Stauferstadt. Orange: Selbstverständnis als Barbarossastadt

Neben Göppingen und Schwäbisch Gmünd verstehen sich sieben Städte als Stauferoder Barbarossastadt. Dies sind Annweiler am Trifels, Bad Wimpfen, Eberbach, Waiblingen, Gelnhausen, Kaiserslautern und Sinzig.76 Dieses Ergebnis stimmt in weiten Teilen mit den Rechercheergebnissen zum Terminus Stauferstadt in der Zeit und der Frank-

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Nicht alle diese Städte verwenden das Attribut als fest stehenden Namenszusatz wie beispielsweise die »Barbarossastadt Gelnhausen«. Vgl. Stadt Gelnhausen: Barbarossastadt Gelnhausen. Startseite. https://www.gelnhausen.de/ [14.06.2017]. Andere als Staufer- oder Barbarossastadt ermittelten Städte verwenden den Begriff jedoch als Synonym in sehr vielen beschreibenden Texten und verstehen sich nach Aussagen der Interviewpartner auch dezidiert als Staufer – oder Barbarossastadt.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

furter Allgemeinen Zeitung überein.77 Anhand der Auswertung wird als erstes ersichtlich, dass sehr wenige Städte -insgesamt neun – dieses Attribut explizit im Selbstverständnis und der Kommunikation nach außen verwenden. Diese Städte konzentrieren sich vor allem auf den deutschen Südwesten. Es handelt sich also eher um ein lokal begrenztes Phänomen.78 Ein interessantes Rechercheergebnis ist die Verständigung zwischen Staufer- und Barbarossastädten, bzw. die Tatsache, dass es hier kein Verhältnis zu geben scheint.79 Zwischen den Barbarossastädten gibt es eine Art Netzwerk oder zumindest eine Kenntnis voneinander: Die Internetseite »Barbarossa und Altenburg« verweist auf wichtige Wirkungsstätten Friedrich I. Barbarossa und nennt in diesem Zusammenhang die anderen Barbarossastädte.80 Auch Sinzig stellt auf seiner Homepage Barbarossastädte in Deutschland vor.81 Es lässt sich jedoch bei den Barbarossastädten kein Hinweis oder Bezug zu bekannten Stauferstädten wie beispielsweise der Ältesten Stauferstadt Schwäbisch Gmünd finden. Umgekehrt haben außer Gelnhausen und Kaiserslautern 1977 keine Barbarossastädte an Treffen der Stauferstädte teilgenommen – was bei den Städten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR natürlich nicht weiter verwunderlich ist.82 Bemerkenswert ist aber auch, dass keine der Barbarossastädte eine Stauferstele besitzt.83 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Staufer- und Barbarossastädte sich scheinbar nicht gegenseitig wahrnehmen und somit quasi aneinander vorbei erinnern. Grundsätzlich ist von Interesse, welche Städte sich für oder gegen das Attribut Staufer77

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Siehe S. 160.Göppingen, Schwäbisch Gmünd, Bad Wimpfen, Eberbach, Waiblingen und Gelnhausen werden in mindestens einem Artikel als Stauferstadt bezeichnet, wodurch Vorgehensweise und Ergebnisse der Recherche nach möglichen Stauferstädten bestätigt werden. Vgl. Steckenpferd an kurzem Zügel, 31.7.1958; Behr, Alfred, 25.2.1991: Der knitze Jurist. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__910225_FAZ_0012_12_000 6 [15.05.2018]; Hess, Ernst, 23.12.1988: Das große Sägen. Himbeergeist und Frischlingskeule – über eine alliierte Aktion im Tannenwald. In: Die Zeit, H. 52. https://www.zeit.de/1988/52/das-grosse-sa egen/komplettansicht [09.05.2018]; Kreuzwort, 17.10.2008. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. http s://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD2200810171960712 [31.01.2019]; Soldt, Rüdiger, 28.07.2011: Jetzt soll es ein »Bad Spencer« geben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. ht tps://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD2201107283182392 [15.05.2018]; Hanau ist Schauplatz einer Tagung zur Altertumsforschung, 28.05.1994. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=RMO__F19940528BHUARC-100 [15.05.2018]; Geschichte, 16.12.1994. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet .de/faz-portal/document?uid=RMO__F19941216BUCH7--100 [15.05.2018]. Gesucht wurde lediglich nach dem Attribut Stauferstadt, nicht Barbarossastadt, was erklärt, warum Kaiserslautern und Sinzig nicht in der Zeitungsrecherche auftauchen. Vgl. Bönnen, Gerold, Archivar Stadtarchiv Worms, Göppingen 18.11.2016 (Interview): Das Phänomen Stauferstadt. Die folgende Ergebnisdiskussion geht auch auf die Rechercheergebnisse zu den anderen, potentiellen Staufer- und Barbarossastädten ein, die diesen Namenszusatz nicht explizit verwenden. Vgl. Stadtverwaltung Altenburg: Wirkungsstätten Kaiser Friedrich I. Barbarossa. https://www.bar barossa-altenburg.de/index.php?id=155 [24.06.2017]. Vgl. Tourist-Service Sinzig: Barbarossastädte in Deutschland. https://www.sinzig-info.de/de/barba rossast%C3%A4dte [24.05.2017]. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1977: Liste Teilnahme der Stauferstädte Stand März 1977., 1977;Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 23.3.1979: Liste Vertreter der Stauferstädte/Nachbarstädte Festakt. Vgl. Koblank, Peter: Stauferstelen. Startseite.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

oder Barbarossastadt in der rezenten städtischen Geschichtskultur entscheiden: Einige Städte, die nur noch wenige Spuren der Stauferzeit in ihrem Stadtbild vorweisen können wie beispielsweise Kaiserslautern, hängen dennoch das Label Staufer- oder Barbarossastadt sehr hoch. Das Stadtbild ist durch sieben nach Staufern benannten Straßen und einer Barbarossaschule geprägt. Zahlreiche Vereine auch ohne historischen Bezug verwenden das Attribut Barbarossa als Namenszusatz. Omnipräsent ist die Stauferzeit auch in den Tourismusangeboten und Marketingkampagnen der Stadt.84 Ein weiteres auffälliges Beispiel ist die Stauferstadt Waiblingen. Nach Uwe Heckert dürfte Waiblingen »[…] die einzige Stauferstadt sein, die keinerlei Zeugnisse über das Wirken oder den Aufenthalt von Staufern in ihren Mauern vorweisen kann, weder schriftlich noch baulich.«85 Der Bezug zu den Staufern liegt vielmehr darin begründet, dass diese von mittelalterlichen Chronisten als die Nachfahren der Salier, der »Heinriche von Waiblingen« bezeichnet werden. Der Salierkaiser Heinrich IV. sei demnach in Waiblingen geboren und durch die Hochzeit seiner Tochter Agnes mit Friedrich I. Herzog von Schwaben ging die Verbindung zu Waiblingen von den Saliern auf die Staufer über.86 In Abgrenzung zu den Welfen wurden staufische Parteigänger dementsprechend als »Waiblinger« bezeichnet.87 Frühneuzeitliche Chronisten übernahmen die Quellen ihrer Vorgänger und »so entstand eine Melange aus mündlicher Sagenüberlieferung und Geschichtsschreibung, die sich nach und nach verselbstständigte und tief ins Bewusstsein der Waiblinger einwurzelte.«88 Dementsprechend ist der Namenszusatz Stauferstadt in Waiblingen omnipräsent. In zahlreichen Werbebroschüren der Stadt wird diese »zu Recht eine Stauferstadt« genannt.89 Seit 2006 findet jährlich ein von Stadt und Tourismusbüro organisiertes Stauferspektakel statt – ein groß aufgezogener Mittelaltermarkt.90 Die Präsenz im städtischen Geschichtsbewusstsein zeigt sich auch in zahlreichen Verwendungen des Attributs für öffentliche Institutionen wie den drei Staufer-Schulen und im Vereinsleben, beispielsweise für den Brieftaubenzüchter-

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Dazu Marlene Jochem: »Die Spuren Barbarossas im Stadtbild sind vergleichsweise gering, die spärlichen Reste der Kaiserpfalz können nicht mit denen in Gelnhausen oder der Burg Hohenstaufen in Göppingen konkurrieren – und doch ist Barbarossa in Kaiserslautern überall präsent, Straßen, Schulen, Firmen, Vereine und Produkte trugen und tragen seinen Namen, Sportereignisse, Werbekampagnen, Preise und öffentliche Auszeichnungen beziehen sich auf den Stauferkaiser […].«, Jochem, 2010, S. 5. Siehe dazu auch die Tab. 3, S. 250. Heckert, Uwe, 2014: Waiblingen. In: Stadt Schwäbisch Gmünd (Hg.): Europäische Städte in der Stauferzeit. Staufische Stadtgründungen und ihr städtebauliches Erbe. Schwäbisch Gmünd, S. 7686, S. 76. Vgl. Engels, 2010, S. 9; Heckert, 2014, S. 76-77. »Aus lokalen Erkennungsrufen ›Hie Welf! – Hie Waiblingen!‹ entstanden Parteinamen ›Waiblinger‹ und ›Welfen‹ (1140 – italienisch: Ghibelinen und Guelfen). […].«, Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 133. Heckert, 2014, S. 77. Vgl. Tourismusinformation Waiblingen: Altstadtrundgang Waiblingen. https://www.waiblingen.de/de/Der-Innovationsstandort/Tourismus/Prospekte-und-Broschueren- [25.05.2018]. Vgl. Wirtschaft, Tourismus, Marketing GmbH Waiblingen: Staufer-Spektakel Waiblingen – Mittelaltermarkt. https://www.staufer-spektakel.de/ [31.10.2017].

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

verein Stauferbote.91 Auch wurde mit der italienischen Partnerstadt Jesi bewusst eine Stadt mit staufisch geprägter Historie ausgewählt.92 Andere Städte wiederum, in denen noch viele stauferzeitliche Überreste zu finden sind und für deren Stadtgeschichte die Stauferzeit sehr bedeutend war, die – vermutlich deswegen – auch bei vielen Zusammentreffen der Stauferstädte dabei waren, verstehen sich selbst weniger als Stauferstädte, sondern orientieren sich an anderen Aspekten ihrer Stadtgeschichte. Esslingen beispielsweise verstand sich im 19. und 20. Jahrhundert teilweise als »Fabrikstadt« oder »Industriestadt«. Bis heute ist jedoch vor allem das Attribut »Reichsstadt« der zentrale Referenzpunkt. Auch beim jährlich stattfindenden mittelalterlichen Weihnachtsmarkt – eine der touristischen Hauptattraktionen der Stadt – wird die Stauferzeit der Stadt nicht vorrangig thematisiert.93 Auch Schwäbisch Hall, das unter staufischer Herrschaft einen Aufschwung erlebte und noch zahlreiche Bauten aus der Stauferzeit vorweisen kann, versteht sich auf historischer Linie eher als »Salzstadt« oder »Reichsstadt«.94 In der aktuellen Tourismusstrategie wird die Positionierung Schwäbisch Halls als »Kulturstadt« angestrebt.95 In diesen Städten formen andere historische Ereignisse bzw. Phasen das städtische Selbstbild und prägen diese auch als Alleinstellungsmerkmal nach außen. Hier ließe sich die These formulieren: Umso einzigartiger der historische Rückbezug ist, desto eher ist er tauglich für die städtische Identitätsstiftung und zeichnet die Stadt nach außen aus. Als Alleinstellungsmerkmal ist das Attribut »Staufer« dementsprechend weniger tauglich – weil für viele Städte gültig – als die Zuspitzung auf »Barbarossa« oder auch auf städtische Charakteristika ganz fernab der Stauferzeit wie der »Steiff-Teddybär« in Giengen oder die »Fürstpröpste« in Ellwangen.96 Parallelen im Umgang der Städte mit dem Präfix Staufer- oder Barbarossastadt lassen sich im chronologischen Vergleich feststellen. In vielen Städten gab es eine kleine Hochzeit der staufischen Rezeption der Stadtgeschichte während der NS-Herrschaft. In den 1950er und vor allem den 1960er Jahren kamen vereinzelte Nennungen als Stauferstadt in beschreibenden Texten und Werbebroschüren vor. So beispielsweise in Waib-

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Vgl. Brieftaubenzüchterverein Stauferbote Waiblingen: Vereine, Organisationen und Kirchen: Brieftaubenzüchterverein. https://www.waiblingen.de/de/Die-Stadt/Leben-in-Waiblingen/Vereine%2C-Organisationen-und-Kirchen/Verein?view=publish&item=club&id=90 [25.05.2018]. Vgl. Stadtverwaltung Waiblingen: Partnerstadt Jesi. https://www.waiblingen.de/de/Die-Stadt/Uns ere-Stadt/Stadtportrait/St%C3%A4dtepartnerschaften/Partnerstadt-Jesi [25.05.2018]. Zum staufischen Geschichtsbewusstsein in Jesi siehe S. 368ff. Vgl. Halbekann, Joachim J., Archivar Stadtarchiv Esslingen, 24.8.2017 (Korrespondenz): Esslingen als Stauferstadt; Esslinger Stadtmarketing & Tourismus GmbH. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 121-123; Maisch, Andreas, Archivar Stadtarchiv Schwäbisch Hall, 30.6.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Schwäbisch Hall. Vgl. Stadt Schwäbisch Hall: Tourismusstrategie. https://www.schwaebischhall.de/erlebnisstadt/sta dtmarketing/tourismusstrategie/ [25.05.2018]. Vgl. Stadtverwaltung Giengen an der Brenz: Stadtportrait: Wo Einhorn und Teddybär zuhause sind… https://www.giengen.de/de/Stadt+Bürger/Unsere-Stadt/Stadtportrait [25.05.2018]; Grupp, Anselm, Kultur-, Presse- und Touristikamt Ellwangen, 17.8.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Ellwangen.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

lingen oder auch Annweiler am Trifels.97 Endgültig etabliert hat sich das Attribut Stauferstadt in den meisten Städten schließlich im Zuge der großen Staufer-Ausstellung in Stuttgart 1977.98 Teilweise wurde, wie in Gelnhausen, sogar explizit dieses Jahr als Anlass genommen, um den Namenszusatz offiziell einzuführen.99 Diese Ergebnisse bestätigen die Recherchen in den überregionalen Zeitungen zum Aufkommen des Begriffs.100 Daneben gibt es jedoch einige Städte, die erst in der jüngsten Vergangenheit ein verstärktes Interesse an ihrer staufischen Geschichte erkennen lassen. Dies schließt natürlich nicht aus, dass ein staufisches Geschichtsbewusstsein in einigen Bevölkerungsteilen auch in der weiter zurückliegenden Vergangenheit bereits latent vorhanden war. Eine Interpretation der Stadtgeschichte als Stauferstadt im Sinne einer Meistererzählung, die von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen wird, war in diesen Städten lange Zeit jedoch nicht vorhanden und scheint sich erst in der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart zu entwickeln.101 Schönes Beispiel hierfür ist die Barbarossastadt Altenburg in Thüringen. Auch wenn in manchen Bevölkerungsteilen ein gewisses Interesse an der staufischen Stadtgeschichte vielleicht vorhanden war, so äußerte sich dies bislang nicht in einem stark ausgeprägten staufischen Geschichtsbewusstsein der Stadt als Ganzes.102 Es finden sich keine Straßen oder städtische Institutionen, die nach den Staufern benannt sind. Außer der »Barbarossastiftung« existieren keine Vereine, die sich nach den Staufern benennen und auf der offiziellen Homepage der Stadt präsentiert sich Altenburg aufgrnd der dort traditionell angesiedelten Spielkartenproduktion als »Skatstadt«.103 Dieser »blinde Fleck« im Bezug auf die staufische Geschichte liegt vermutlich darin begründet, dass die Staufer als Vertreter der Monarchie im sozialistischen Geschichtsbild 97

Vgl. Wolf, Tanja, Leitung Stadtarchiv Waiblingen, 28.6.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Waiblingen; Übel, Rolf, Stadtarchivar Annweiler am Trifels, 24.7.2017 (Telefoninterview): Stauferstadt Annweiler. 98 So beispielsweise in Bad Wimpfen und Eberbach. Vgl. Haberhauer, Günther, Stadtarchivar Bad Wimpfen, 7.7.2018 (Telefoninterview): Stauferstadt Bad Wimpfen; Lenz, Rüdiger, Leitung Stadtarchiv Eberbach, 2.8.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Eberbach. 99 Vgl. Koch, Matthias, Archivar Stadtarchiv Gelnhausen, 13.7.2017 (Korrespondenz): Barbarossastadt Gelnhausen. 100 Siehe S. 160. 101 Zu Geschichtsnarrationen im Sinne einer »Meistererzählung« siehe Knut Görich: »Als ›Meistererzählung‹ bezeichnet die moderne Geschichtsforschung eine Deutung von Geschichte, die für eine bestimmte Zeitdauer die herrschende Erzählweise des Vergangenen ist, weil sie von einem breiten gesellschaftlichen Konsens gestützt wird; sie manifestiert sich in kulturellen Gedächtnistraditionen, medialen Vergegenwärtigungen von Bildern und Denkmälern, historischen Dramen und Romanen sowie politischen Inszenierungen.«, Görich, 2011, S. 11. 102 Vgl. Jochem, 2010, S. 50; Sprenger, Kai-Michael, Mediävist und Mitarbeiter im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz, 15.1.2017 (Telefoninterview). 103 Vgl. Stadtverwaltung Altenburg: Vereine in Altenburg. https://www.stadt-altenburg.de/sixcms/ detail.php?id=26882&_nav_id1=3137&_nav_id2=7847&_lang=de#anfang [31.05.2018]; Stadtverwaltung Altenburg: Willkommen in der Skatstadt Altenburg. https://www.altenburg.eu/sixcms/detail. php?_nav_id1=2509&id=11685&_lang=de [13.06.2017]. Auch Susanne Stützner vom Kulturmanagement der Stadt gibt an, dass das Thema »Barbarossa« zwar schon immer eine Rolle spielte, in den letzten Jahrzehnten in der Außenwerbung aber nie konkret fokussiert wurde. Vgl.Stützner, Susanne, SG Kulturmanagement Altenburg, 16.6.2017 (Korrespondenz): Barbarossa & Altenburg.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

der DDR keinen Platz hatten.104 Wichtig waren andere Themen wie das mittelalterliche Leben der Arbeiter und Bauern. Dementsprechend war beispielsweise 1975 der 450. Jahrestag des deutschen Bauernkrieges in der Geschichtskultur der DDR omnipräsent vertreten.105 Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Stauferbegeisterung der großen Stuttgarter Ausstellung von 1977 in der DDR keinen Nachhall fand. Auch in Altenburg geriet die staufische Geschichte während der Zeit der DDR in Vergessenheit. Das wird beispielsweise daran deutlich, dass beim großen Volks- und Heimatfest 1976 anlässlich des 1000-jährigen Bestehens der Stadt Altenburg in der Zeitungsberichterstattung Barbarossa nicht erwähnt wird.106 Bestätigt wird der Zusammenhang von »fehlendem« staufischen Geschichtsbewusstsein in Altenburg und sozialistischem Geschichtsverständnis mit Blick auf die andere vermeintliche Barbarossastadt auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, Bad Frankenhausen. Beide Städte werden »von außen« zu den fünf Barbarossastädten gezählt. Aber auch in dieser Stadt kann kein besonderes staufisches Geschichtsbewusstsein erkannt werden.107 Thematisiert wurde zur Zeit der DDR lediglich das nahe gelegene Denkmal am Kyffhäuser als Beispiel für das monarchische Geschichtsverständnis im 19. Jahrhundert. Die Sage um den Kaiser blieb allenfalls in »verniedlichter« Form in der sozialistischen Geschichtskultur präsent.108 In beiden Städten hatte die Erinnerung an die Staufer in der Zeit des Nationalsozialismus eine Hochphase.109 Nach 1945 scheinen die Staufer aus dem öffentlichen Raum verbannt gewesen zu sein. Illustrieren lässt sich dieses »Verschwinden« der staufischen Geschichtskultur an einer gegenwärtig erwerbbaren Postkarte zur Barbarossastadt Altenburg. Die Ikonographie dieser ist dieselbe wie auf der Werbung für die »Barbarossa-Festspiele« von 1935.110 Jüngere Motive zur staufischen Geschichte scheinen nicht zu existieren. Nach der Wiedervereinigung entwickelte sich jedoch langsam ein Raum für eine neue Meistererzählung der staufischen Geschichte in diesen Städten. In Bad Frankenhausen wurde im Zusammenhang mit dem

104 Siehe S. 41. 105 Vgl. Hahnemann, Ulrich, Archivar Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 7.7.2017 (Telefoninterview). 106 Vgl. Müller, Jörg, Referatsleiter Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg, 14.2.2018 (Korrespondenz): Staufisches Geschichtsbewusstsein in Altenburg. 107 Vgl. Tab. 3, S. 250. Zu dieser Einschätzung kommt auch Marlene Jochem. Vgl. Jochem, 2010, S. 52. 108 Hahnemann, Ulrich, Archivar Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 7.7.2017 (Telefoninterview): Bad Frankenhausen als Barbarossastadt. 109 Vgl. Hahnemann, Ulrich, Archivar Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 7.7.2017 (Telefoninterview); Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg, Abteilung Zeitgeschichtliche Sammlung, Nr. 220/3-1, 1935: Thüringische Staatszeitung im Barbarossasjahr. Festausgabe zur Feier der 750 jährigen Reichsstadt Altenburg; Landesarchiv Thüringen-Staatsarchiv Altenburg, Plakate Nr. 44, 1935: Besucht die alte Reichsstadt Altenburg in Thüringen, die Barbarossastadt, die Stadt des Skates. https://archive.thulb.uni-jena.de/staatsarchive/receive/stat_file_00003022 [09.05.2019]. Ob ein staufisches Geschichtsbewusstsein vor der Indienstnahme der Staufer durch die Nationalsozialisten in beiden Städten vorhanden war, müsste im Einzelfall geprüft werden. Dies übersteigt jedoch die Grenzen des Dissertationsprojekts. 110 Vgl. Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg, Plakate Nr. 33, 1935: Barbarossa-Stadt Festspiele Juni-Juli 1935. https://archive.thulb.uni-jena.de/staatsarchive/receive/stat_file_00003014 [09.05.2019]; Postkarte Avantgardesign.de 2013: Barbarossa-Stadt Altenburg. Nach einem Entwurf des Skatmalers Otto Pech (Pix).

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Kyffhäuser-Denkmal das Thema »Barbarossa« in die städtische Werbung aufgenommen und der ehemalige Tourismusverband Kyffhäuser e.V. verwendete den Slogan »dort wo Barbarossa träumt …«.111 Auch Altenburg wendete sich bereits kurz nach dem Mauerfall 1990 dem Thema zu, indem anlässlich des 800. Todestages Barbarossas eine Ausstellung erstellt wurde.112 E ine Fokussierung auf die Staufer und hier hauptsächlich Barbarossa fand in Altenburg jedoch vor allem seit 2010 statt. In diesem Jahr wurde die Thematik im Marketingkonzept der Stadt fest verankert.113 2011 gründete sich das Kuratorium »Barbarossastadt Altenburg«, das »die Stadt Altenburg bei allen Planungen zur Etablierung der touristischen Marke ›Barbarossa und Altenburg‹« unterstützen soll.114 Unter diesem Namen findet sich nun ein eigener Internetauftritt der Stadt, auf dem alle Aktivitäten und Kooperationspartner rund um das Thema »Barbarossa und Altenburg« verzeichnet sind. Auch ein Hinweis auf die anderen Barbarossastädte ist zu finden.115 Im Zuge dieser verstärkten Fokussierung wurde 2015 in Altenburg auch das »Barbarossa-Jahr« veranstaltet, bei dem verschiedenste touristische Events zu dem Thema stattfanden.116 2015 wurde schlussendlich auch die »Barbarossa-Stiftung« Altenburg gegründet. Initiiert wurde sie von Privatpersonen und Unternehmen.117 Ziel der Stiftung ist es, durch die Kombination von Forschung und Bildung das Bewusstsein für die Bedeutung Barbarossas für die Stadt Altenburg, den mitteldeutschen Raum und Europa als Ganzes zu schärfen.118 Altenburg soll zum Barbarossa-Erinnerungsort avancieren – auch, um den Bürgern der Stadt mit der staufischen Geschichte einen Bezugspunkt für eine historische Identitätsbildung zu geben.119 Damit ist in Altenburg der Prozess der städtischen Identitätsbildung als Staufer- bzw. Barbarossastadt und der Selbstetikettierung dieser nach außen, wie er in anderen Städten schon vor Jahrzehnten vonstatten ging, im aktuellen Werden zu beobachten.

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Vgl. Wäldchen, Petra, Geschichtsvermittlerin, 21.6.2017 (Korrespondenz): Barbarossastadt Bad Frankenhausen. Vgl. Müller, Jörg, Referatsleiter Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg, 14.2.2018 (Korrespondenz). Vgl. Stützner, Susanne, SG Kulturmanagement Altenburg, 16.6.2017 (Korrespondenz). Stadtverwaltung Altenburg: Kuratorium Barbarossastadt Altenburg. https://www.barbarossa-alte nburg.de/index.php?id=157 [31.05.2018]. Vgl. Stadtverwaltung Altenburg: Barbarossa & Altenburg – Eine Neuentdeckung. https://www.ba rbarossa-altenburg.de/index.php?id=162 [31.05.2018]. Zu nennen sei hier das Musical »Barbarossa ausgeKYFFT«, das seit dem mehrfach aufgeführt wurde. Vgl. Stadtverwaltung Altenburg: Jahresprogramm Barbarossa 2015. https://www.barbarossa-a ltenburg.de/uploads/media/Barbarossajahr.pdf [31.5.2018]. Vgl. Barbarossa-Stiftung: Geschichte der Stiftung. https://www.barbarossa-stiftung.de/index.php/geschichte.html [31.05.2018]; Barbarossa-Stiftung: Zahlen und Fakten. https://www.bar barossa-stiftung.de/index.php/zahlen-und-fakten.html [31.05.2018]. Zu den Kuratoriumsmitgliedern zählen bekannte Historiker. Vgl. Barbarossa-Stiftung: Wissen stiften und vermitteln. https://www.barbarossa-stiftung.de/inde x.php/wissen-stiften-und-vermitteln.html [31.05.2018]. Vgl. Barbarossa-Stiftung: Altenburg zum Barbarossa-Erinnerungsort ausbauen. https://www .barbarossa-stiftung.de/index.php/altenburg-zum-barbarossa-erinnerungsort-ausbauen.html [31.05.2018]; Kamprad, Klaus-Jürgen, Vorsitzender Barbarossa-Stiftung, 26.6.2017 (Telefoninterview): Motivation und Handlungsfelder der Barbarossa-Stiftung.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

Dieses »neu erwachte« Interesse an den Staufern lässt sich jedoch nicht nur in Städten der ehemaligen DDR feststellen, wie das Beispiel der baden-württembergischen Stadt Lorch verdeutlicht. Die Kommune ist durch ihr Kloster mit den Staufern verbunden und verwendet gegenwärtig statt des Namenszusatz Stauferstadt das Attribut »Stadt im Herzen des Stauferlandes«.120 Bis zum 900-jährigen Jubiläum des Klosters 2002 war das Interesse an den Staufern nicht besonders ausgeprägt. Im Zuge einer allgemeinen Rückbesinnung im Sinne von »Heimatpflege« in den 1950er und 1960er Jahren wurde zwar der staufischen Geschichte Respekt gezollt, indem zwei Straßen und auch die in diesem Zeitraum errichtete Schule nach den Staufern benannt wurde. Die Stadt bot allerdings keine eigenständigen Veranstaltungen für das Rahmenprogramm der Ausstellung von 1977 an. Das Kloster konnte zwar besichtigt werden, die Besucher wurden jedoch nicht explizit auf die staufische Vergangenheit des Ortes hingewiesen. Kurz – ein Bewusstsein als bedeutende Stätte der staufischen Geschichte scheint in Lorch in breiten Bevölkerungskreisen nicht vorhanden gewesen zu sein.121 Dieses »leichte Desinteresse« an der staufischen Geschichte änderte sich beinahe schlagartig mit den Jubiläumsfeierlichkeiten 2002. Das Land Baden-Württemberg richtete eine Landesausstellung über das Kloster und seine Geschichte aus, weswegen die Stadt mit ihrer historischen Bedeutung ins »Rampenlicht« geriet. Es wurde ein historischer Stadtrundgang angelegt, zu dessen Eröffnung ca. 600 Bürger der Kommune kamen. Außerdem wurde das eher ausgefallene, an Pop-Art erinnernde Stauferrundbild des Lorcher Künstlers Hans Kloss eingeweiht, das mit seiner Größe von 30 Metern Länge und 4,5 Metern Höhe zu überregionaler Bekanntschaft gelangte.122 Dieses Interesse, das den staufischen Stätten in Lorch von außen geschenkt wurde, führte zu einem Bewusstseinswandel der Lorcher. Gegenwärtig ist ein Geschichtsbewusstsein und auch ein gewisser Stolz auf die historische Bedeutung dieser Stätten durchaus zu finden.123 Dies äußert sich in einem breiten Tourismus- und Marketingprogramm zur staufischen Geschichte: Es gibt zahlreiche Erlebnisführungen, die teilweise auch szenisch mit Kostümen aufbereitet sind.124 Das Kloster beherbergt sogar eine eigene Falknerei, die – gemäß den Interessen des Staufers Friedrich II. – Greifvogelflugschauen anbietet.125 Im Zentrum vieler Programmpunkte steht die Stauferin Irene von Byzanz, da diese in

120 Internetpräsenz der Stadt Lorch: Geschichte entdecken – Natur erleben. https://www.stadt-lorch. de/,Lde/Startseite/Freizeit+_+Tourismus.html [01.06.2018]. Dies ist der historischen Tatsache geschuldet, dass Lorch erst 1865 das Recht erhielt den Titel »Stadt« zu führen. Vgl. Haag, Simon M., Stadtarchivpfleger Stadt Lorch, 24.8.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Lorch. 121 Vgl. Haag, Simon M., Stadtarchivpfleger Stadt Lorch, 24.8.2017 (Korrespondenz); Haag, Simon M., Stadtarchivpfleger Stadt Lorch, 21.9.2017 (Korrespondenz); Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977. 122 Vgl. Landeskunde online/kulturer.be: 1102-2002. 900 Jahre Kloster Lorch Was in Kloster Lorch passiert. http://landeskunde-online.de/rhein/kultur/schlugaer/lorch2.htm [04.06.2018]; Haag, Simon M., Stadtarchivpfleger Stadt Lorch, 21.9.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Lorch; Internetpräsenz der Stadt Lorch. Geschichte entdecken – Natur erleben. 123 Vgl. Haag, Simon M., Stadtarchivpfleger Stadt Lorch, 24.8.2017 (Korrespondenz). 124 Vgl. Orga-Team Kloster Lorch: Alle Veranstaltungen im Kloster Lorch. https://www.klosterlorch.com/veranstaltungen/alle-veranstaltungen/ [01.06.2018]. 125 Vgl. Internetpräsenz der Stadt Lorch: Geschichte entdecken. Natur erleben.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Lorch begraben ist und als tragische Frauenfigur den »Stoff« für vielfältige Tourismusprogramme bietet.126 Mittelpunkt dieser touristischen Aktivitäten ist vermutlich der seit 2007 jährlich stattfindende Staufermarkt auf dem Gelände des Klosters, bei dem eine »Zeitreise ins Mittelalter« angeboten wird.127 Anhand der staufischen Rezeption in Lorch lässt sich eine generelle Tendenz festmachen, die dieses jüngste, vielfach neu entfachte Interesse an der Stauferzeit kennzeichnet: Die staufische Geschichte wird zunehmend phantastisch-erlebnisorientiert dargestellt. Deutlich wird dies auch an der Barbarossastadt Sinzig. Ein latent vorhandenes staufisches Geschichtsbewusstsein lässt sich in der Kommune bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen: 1875 wurde ein steinernes Standbild des Stauferkönigs Barbarossa, das noch heute das Stadtbild schmückt, auf einem privatem Grundstück errichtet. Auch eine der damals wichtigsten Verkehrsstraßen der Stadt wurde im frühen 20. Jahrhundert nach dem Staufer benannt.128 Im Nationalsozialismus wurde die Stauferzeit dann – wie in sehr vielen anderen Städten auch – stark für die nationalsozialistische Geschichtspropaganda instrumentalisiert.129 Auch wenn bereits in den 1950er Jahren der Namenszusatz Barbarossastadt vereinzelt zu finden ist,130 kann von einer verstärkten Hinwendung zur staufischen Geschichte, vor allem im Bereich des Tourismus/Marketings, erst seit den 2000er Jahren gesprochen werden.131 Seit ein externes Tourismusgutachten die stärkere Einbindung der Stadtgeschichte empfahl, schmückt Barbarossas Konterfei zahlreiche städtische Werbebroschüren. Sinzig vermarktet sich inzwischen konsequent als Barbarossastadt, worauf Besucher durch den Schriftzug »Barbarossastadt Sinzig« am zentralen Kreisel der Stadt sofort hingewiesen werden. Auch private Firmen nutzen den Staufer verstärkt als Werbeträger. Vom »Barbarossatrunk« bis zur »Barbarossatorte« hat der Kaiser den kulinarischen Markt in Sinzig erobert.132 In der touristischen Angebotspalette ist die staufische Geschichte in Sinzig ebenfalls sehr breit vertreten. Besucher können »Auf

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Vgl. Internetpräsenz der Stadt Lorch: Irene Maria von Byzanz – Rose ohne Dorn. https://www.stad t-lorch.de/,Lde/Startseite/Freizeit+_+Tourismus/Irene+von+Byzanz.html [01.06.2018]. 127 Vgl.Orga-Team Kloster Lorch: Historischer Staufermarkt. https://www.kloster-lorch.com/veranstaltungen/historischer-staufernarkt/ [01.06.2018]. 128 Vgl. Helbach, Ulrich, 2002: »Barbarossa-Stadt Sinzig« – Die Bewahrung der Geschichte zwischen Mythos und historischer Tradition. In: Kreis Ahrweiler (Hg.): Heimatjahrbuch 2002. Sinzig, S. 8589, S. 86. 129 Nach Stadtarchivar Wolfgang Dietz wurde ohne reales Bezugsdatum ein 600-jähriges Jubiläum inszeniert inklusive eines Festumzuges und einer Theateraufführung der staufischen Geschichte. Vgl. Dietz, Wolfgang, Archivar Stadtarchiv Sinzig, 2.7.2017 (Korrespondenz): Barbarossastadt Sinzig III. Dazu auch: Stadtarchiv Sinzig, 1935: Comes, J./Wolf, J.: Sinzig – 600 Jahre Stadt. Festschrift hg. von der Stadt Sinzig unter ihrem damaligen NS-Bürgermeister Heinrich Junior, S. 18-19, S. 21. 130 So stellte der Schulrektor Karl Bruchhäuser 1953 in seinem »Heimatbuch der Stadt Sinzig« fest, dass die Stadt »sich mit berechtigtem Stolz »die Barbarossastadt« nenne. Zitiert nach: Helbach, 2002, S. 86. 131 Marlene Jochem beschreibt diesen Trend in »jüngster Zeit« in einem Beitrag von 2010. Es ist also davon auszugehen, dass die Hinwendung zu Barbarossa in Sinzig in den 2000er Jahren stattgefunden hat. Vgl. Jochem, 2010, S. 50-51 132 Vgl. ebd.; Federau, Gabi, Tourist-Service Sinzig, 1.6.2017 (Korrespondenz): Außenwerbung als Barbarossastadt in Sinzig, 1.6.2017.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

den Spuren Barbarossas«133 durch die Stadt flanieren – auf Wunsch auch vom Stauferkaiser selbst geführt – und seit 2004 findet jedes Jahr ein »Barbarossamarkt« statt, auf dem »[…] das Mittelalter nicht nur vorgeführt, sondern gelebt [wird].«134 Kumuliert wurde diese neue Fokussierung auf die staufische Geschichte im Stadtjubiläum 2017; »der Rotbart ist das Symbol und das Gesicht des Jubiläumsjahres«.135 Dementsprechend wurden die Feierlichkeiten auch von mittelalterlich Gewandeten eröffnet und zahlreiche Aktivitäten in diesem Jubiläumsjahr hatten einen vor allem populär-unterhaltenden Bezug zu den Staufern.136 Auch in Städten, in denen ein staufisches Geschichtsbewusstsein – auch in Form von Außenwerbung – schon seit den 1970er Jahren nachweisbar ist, löst ca. ab der Jahrtausendwende ein stärker populärwissenschaftlich-unterhaltender Zugang die didaktisch-vermittelnde Erinnerung an die staufische Geschichte ab. Zahlreiche Städte boten im Rahmen der Staufer-Ausstellung von 1977 Aktivitäten zu ihrer staufischen Geschichte an. Diese bestanden größtenteils aus wissenschaftlichen Vorträgen, Ausstellungen, Publikationen und Studienfahrten zu staufischen Stätten. Zu nennen sind hier beispielsweise Waiblingen, Schwäbisch Hall und Heidenheim. Gelegentlich wurden auch Aktivitäten wie ein historischer Festzug mit Staufergruppen angeboten wie in Esslingen. Dieser unterhaltende, performative Zugang ist 1977 jedoch eine Ausnahme und vermutlich der Tatsache geschuldet, dass das Staufer-Jahr 1977 mit der 1200-Jahrfeier in Esslingen zusammen fiel.137 Vor allem ab den 2000er Jahren lässt sich flächendeckend ein stärker medial aufbereiteter, szenisch-unterhaltender Zugang zu den Staufern erkennen. Seitdem haben Mittelaltermärkte – wie das Staufer-Spektakel in Waiblingen, der mittelalterliche Weihnachtsmarkt in Esslingen oder der Zunftmarkt in Bad Wimpfen –, Führungen mit Gewandeten und Aufführungen von Stauferfalken Hochkonjunktur.138 Damit bestätigt eine erste, überblicksartige Sichtung der staufischen Rezeption in Staufer- und Barbarossastädten Tendenzen, die von Seiten der Forschung für Mittelalter- und Stauferrezeptionen im Allgemeinen skizziert werden: Tendenziell phantastische, fremdartige Darstellungen der Epoche, die vor allem auf die emotionale Begegnung mit der Vergangenheit abzielen, erfahren demnach in der rezenten Entwicklung einen »Boom«.139 Dieser Trend zieht sich auch durch andere, summarisch

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Tourist-Service Sinzig: Broschüre Auf den Spuren Barbarossas. https://www.sinzig-info.de/de/media_db_objects/inline/0x0/0/82/barbarossaflyer.pdf [03.05.2019]. Tourist-Service Sinzig, 2015: Ihre Gastgeber in Sinzig und seinen Stadtteilen. https://www.sinziginfo.de/de/media_db_objects/inline/0x0/0/465/GastgeberVerzeichnis_2015_kompl_WEB.pdf [03.05.2019], S. 7. Linnarz, Bernd, 2017: Ein gelungener Auftakt ins Jubiläum. Das Sinziger Festjahr ist eröffnet. In: Blick aktuell. Die Heimatzeitung, S. 10-11, S. 11. Vgl. Linnarz, 2017, S. 10-11; Dietz, Wolfgang, Archivar Stadtarchiv Sinzig, 7.6.2017 (Korrespondenz): Barbarossastadt Sinzig II. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, zu Waiblingen siehe S. 133-135; zu Schwäbisch Hall siehe S. 124; zu Heidenheim siehe S. 70-71 und zu Esslingen siehe S. 49-51. Siehe Tab.1, S. 250. Siehe S. 77.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

betrachtete populäre Medien der Geschichtskultur, wie beispielsweise historische Romane oder auch Geschichtsschauen, wie anhand der zwei Staufer-Ausstellungen herausgearbeitet werden konnte.140

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»Unser Land – Stauferland«: Staufertraditionen rund um den Hohenstaufen

Bevor Göppingen und Schwäbisch Gmünd auf ihre staufische Geschichtskultur untersucht werden können, muss noch der größere Raum betrachtet werden, in dem die Kommunen sich befinden. Dieser wird oftmals als das Kernland oder Stammland der Staufer, meistens als Stauferland bezeichnet. Rezent vermarktet die Region sich auch über diese historische Referenz als Touristikgemeinschaft Stauferland e.V. Doch wer oder was verbirgt sich hinter diesem Begriff und wie ist es um die bis ins 19. Jahrhundert zurückliegenden Staufertraditionen in der ganzen Region bestellt?141 Durch eine erste Stichwortsuche des Begriffs in der Zeitschriftendatenbank wird bereits ersichtlich, dass der Terminus lediglich für eine räumlich sehr begrenzte Region und primär als Selbstzuschreibung verwendet wird.142 Von 1955-1972 erschien die Beilage der Neuen Württembergischen Zeitung, ein Göppinger Blatt, unter dem Titel Stauferland.143 Zeitgleich erschien seit 1960 die Beilage zur Gmünder Tagespost unter dem Titel Heimat im Stauferland, die von 1969-1973 unter dem Namen Stauferland: Geschichtsblätter für Stadt und Raum Schwäbisch Gmünd firmierte.144 Ein Kalenderblatt mit Bildern aus dem Stauferland 1992/1993 und ein Standortmagazin Wir im Stauferland von 2008 thematisieren ebenfalls den Landkreis Göppingen.145 Auch der jüngste Datenbanktreffer Das

140 Siehe S. 82, 153. 141 Formen staufischer Memoria lassen sich in der gesamten Region natürlich über das 19. Jahrhundert hinaus bis teilweise ins Spätmittelalter zurück verfolgen. Vgl. Hofacker/Schreiner, 1977. Zum tieferen Verständnis der staufischen Rezeptionen Schwäbisch Gmünds und Göppingens seit den 1970er Jahren sind jedoch vor allem die etablierten Narrative und Strukturen ca. seit dem 19. Jahrhundert bis in die jüngste Vergangenheit von Bedeutung, weswegen im Folgenden der Fokus auf diesen Zeitraum mit Konzentration auf das späte 20. und frühe 21. Jahrhundert liegt. 142 »Die Zeitschriftendatenbank (ZDB) ist eine der weltweit größten Datenbanken für den Nachweis von Zeitschriften, Zeitungen, Schriftenreihen und anderen periodisch erscheinenden Veröffentlichungen aus allen Ländern, in allen Sprachen, ohne zeitliche Einschränkung […].« »Aktuell bringen 3.700 Bibliotheken aller deutscher Bundesländer und aus Österreich ihre Zeitschriftentitel und die zugehörigen Bildnachweise in die ZDB ein.« Deutsche Nationalbibliothek: Über uns. https://zdbkatalog.de/imprint.xhtml#aboutus [28.01.2019]. 143 Vgl. Stauferland. Beilage zur Neuen Württembergischen Zeitung, 1955-1972. https://zdb-katalog.de/titl e.xhtml?idn=012627941 [28.01.2019]. 144 Vgl. Heimat im Stauferland. Beilage zu Gmünder Tagespost, 1960. https://zdb-katalog.de/title.xhtml? idn=1136090495 [28.01.2019]; Stauferland: Geschichtsblätter für Stadt und Raum Schwäbisch Gmünd. Beilage zur Gmünder Tagespost, 1969-1973. https://zdb-katalog.de/title.xhtml?idn=1053443692 [28.01.2019]. 145 Vgl. Göppinger Kalender: Bilder vom Stauferland, 1992. https://zdb-katalog.de/title.xhtml?idn=016 454464&tab=4 [13.02.2019]; Wir im Stauferland: Das Standortmagazin für den Landkreis Göppingen, 2008. https://zdb-katalog.de/title.xhtml?idn=998971936 [28.1.2019].

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

Tourismusmagazin für das Stauferland, wurde von 2010-2015 in Göppingen herausgegeben.146 Auch überregional wird das Stauferland in Zeitungsartikeln erwähnt – so in der Zeit zwei Mal 1977 im Zuge der großen Staufer-Ausstellung.147 Beide Male wird der Begriff jedoch aufgrund der großen Staufer-Euphorie des Jahres auf Baden-Württemberg ausgedehnt. Dieses Verständnis vom Stauferland findet sich auch in Artikeln der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In dieser wird der Terminus erstmals 1963 und bis 2015 mehrfach (33 mal) verwendet. Auf das ganze Bundesland ausgedehnt wird der Begriff auch in der FAZ 1977, sowie 1993 und 2002 im Zusammenhang mit früheren Diskussionen Baden-Württemberg offiziell so zu benennen.148 Am häufigsten wird das Stauferland jedoch im Sportteil der FAZ genannt: Zwischen 1978 und 1997 berichtet das Blatt ganze 18 Mal vom Stauferland-Turnier in Göppingen, einem Fechtturnier.149 Die übrigen Nennungen entstammen größtenteils dem touristischen Sektor. Sie bezeichnen damit in den 1960er und 1970er Jahren die Ferienregion Schwäbische Ostalb-Stauferland und 1987 dann das Gebiet auf der Schwäbischen Alb, welches durch die Fremdenverkehrsgemeinschaft Stauferland beworben wird und durch das die Straße der Staufer führt.150 Auch die jüngsten Beiträge von 2010 und 2015 verwenden in unterschiedlichen Themenfeldern den Begriff als Synonym für das Gebiet rund um den Hohenstaufen.151 146 Vgl. Freizeit-Träume: Unterwegs im Stauferland. Das Tourismusmagazin für das Stauferland, 20102015. https://zdb-katalog.de/title.xhtml?idn=1008641707&tab=4 [28.01.2019]. 147 Vgl. Schneider, Helmut, 1977: Schwabenträume gestern und heute; Wie Kalifornien, 17.6.1977. In: Die Zeit, H. 25. https://www.zeit.de/1977/25/wie-kalifornien [28.01.2019]. 148 Vgl. beispielsweise Wagner, Eva-Maria, 31.03.1977: Hier schritt der Kaiser vorüber. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__770331_FAZ _0037_R1_0004 [09.05.2018]; Stauferblut, 21.04.1977. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://ww w.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__770421_FAZ_0010_10_0002 [31.01.2019]; Alemannien, Rheinschwaben, Stauferland, 11.11.1993. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www. faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__F19931111VERFA--100 [31.01.2019]; Das Ländle feiert, 07.03.2002. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/docum ent?uid=FAZ__FD2200203071330724 [31.01.2019]. 149 Vgl. beispielsweise Kurze Meldungen, 25.02.1978. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.f az-biblionet.de/faz-portal/document?uid=RMOA__780225_FAZ_0055_55_0008 [31. 01. 2019]; Meisterliches. Italienische Fecht-Überraschung, 23.02.1981. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https ://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__810223_FAZ_0019_19_0013 [31.01.2019]; Sport in Ergebnissen: Fechten, 08.02.1993. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-bibli onet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__F19930208ERGEB07107 [31.01.2019]; Sport in Ergebnissen, 27.01.1997. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?u id=FAZ__F19970127ERGEB26108 [31.01.2019]. 150 Vgl. Reisenotizbuch, 16.05.1963. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de /faz-portal/document?uid=FAZH__630516_FAZ_0026_26_0004 [31.01.2019]; Wenn der Hausvater mit dem Urlaubsgeld rechnen muß. Familienferien auf der schwäbischen Alb – Bauernhöfe und geplante Zentren . Würstchenbraten auf Rastplätzen, 13.07.1972. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__720713_FAZ_0027_1R_0 001 [31.01.2019]; Straße in eine große Vergangenheit. Im Stammland der Staufer, 16.06.1987. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZH__870 616_FAZ_0052_R4_0001 [31.01.2019]. 151 Vgl. Machen wir’s den Japanern nach. Der Staufermythos soll Burg werden: Warum man die Ruinen auf dem Hohenstaufen wieder aufbauen will, 04.10.2010. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD1N201010042842789

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Der Begriff wird des Weiteren häufig im touristischen Sektor verwendet. Eine erste Fremdenverkehrsorganisation dieses Namens, der Gebietsausschuß Schwäbische AlbStauferland, kann bis in das Jahr 1951 zurückverfolgt werden. Konstituiert wurde diese in Schwäbisch Gmünd und als einer der ersten Vorsitzenden bis Mitte der 1960er Jahre fungierte der Oberbürgermeister Göppingens, Dr. Herbert König.152 Die beiden Untersuchungsstädte sind demnach im Fremdenverkehr wichtige Säulen der als Stauferland betitelten Region. Dies zeigt sich mit Blick auf die frühen Personalstrukturen: So wurde der langjährige Vorsitz vom Göppinger Oberbürgermeister und die Geschäftsführung wechselnd von einem Schwäbisch Gmünder übernommen.153 Einem Zeitungsartikel von 1964 zufolge umfasste dieser inzwischen in Schwäbische Ostalb-Stauferland umbenannte Gebietsausschuss jedoch ein Territorium weit über den unmittelbaren Umkreis der Städte Göppingen und Schwäbisch Gmünd hinaus. Die 57 Mitgliedsstädte und Gemeinden verteilten sich demnach auf ganze sieben Landkreise.154 Anhand dieser räumlich sehr weit gestreckten, lose zusammengeschlossenen Tourismusvereinigung Schwäbische Ostalb-Stauferland und auch der Zeitschriften- und Zeitungsanalyse wird ersichtlich, dass der als Stauferland bezeichnete Raum geographisch unscharf und schwer zu bestimmen ist. In der Forschung wird der Terminus enger definiert: Er umfasst lediglich den Landschaftskreis rund um die Stammburg auf dem Hohenstaufen.155 Die Zuschreibung wird historisch aus der Stauferzeit selbst begründet.156 Die Besitztümer der frühen Staufer, angefangen bei Friedrich I. von Schwaben, erstreckten sich zwischen den Flüssen Fils und Rems um die Burgen Büren, Hohenstaufen und dem Kloster Lorch. Zum Schutz des Hausguts verfügten die Staufer über

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[31.01.2019]; Im Gegenwind, 27.04.2015. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZ__FD2201504274562551 [31.01.2019]. Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Schwäbische AlbStauferland, 15.12.1951: Schreiben des Gebietsausschuss Schwäbische Alb-Stauferland; Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 186, 22.4.1964: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Ziel aller Bemühungen: Aus Fremden sollen Freunde werden. Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 186, 18.10.1962: Bericht über den Wechsel in der Geschäftsführung des Gebietsausschusses Schwäbische Ostalb-Stauferland. Dies waren namentlich Heidenheim, Aalen, Eßlingen, Göppingen, Schwäbisch Gmünd, Ulm und Waiblingen. Dem Vorstand gehörten neben dem Oberbürgermeister aus Göppingen auch die Oberbürgermeister aus Schwäbisch Gmünd und Aalen, der Bürgermeister aus Königsbronn, der Verkehrsdirektor aus Ulm und ein Hotelier aus Esslingen an.Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 186, 22.4.1964: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Ziel aller Bemühungen: Aus Fremden sollen Freunde werden. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, Bd. 1, 1977, S. 704; Rueß, Karl-Heinz/Hegele, Anton, 2001: Die Staufer. Ausstellung im Dokumentationsraum für staufische Geschichte in Göppingen-Hohenstaufen. (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen, Bd. 41). Göppingen, S. 10; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview). Vereinzelt wurde er auch für das ganze Bundesland Baden-Württemberg verwendet. Wie in den Zeitungsartikeln ist dies vor allem 1977 der Fall. Vgl. Eschenburg, Theodor/Frank-Planitz, Ulrich (Hg.), 1977: Republik im Stauferland. Baden-Württemberg nach 25 Jahren. Stuttgart; Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1, S. VI. Filbinger verwendet jedoch in seinem Vorwort zur Staufer-Ausstellung das Synonym »Kernland der Staufer« für Baden-Württemberg. Vgl. Graf, Klaus, Mediävist und Archivar, Freiburg 20.7.2016 (Interview).

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

eine zahlreiche Dienstmannschaft, die auf den nahegelegenen Burgen, beispielsweise dem Hohenrechberg und dem Staufeneck, lebte.157 Dementsprechend wird auch in populärwissenschaftlichen Beiträgen die Region zwischen Rems und Filstal verortet, die die Stauferstädte Göppingen und Schwäbisch Gmünd, Stadt und Kloster Lorch und den Burgenkranz rund um den Hohenstaufen einschließt.158 Des Öfteren wird die historische Raumbezeichnung auch gleichgesetzt mit dem Gebiet der Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.159 Wirkliche Popularität auch über den engsten Raum hinaus gewann der Begriff nämlich vor allem durch seine Verwendung im Bereich von Tourismus und Marketing. Mag sein Ursprung auch historische Wurzeln haben, rezent dient er vor allem zur Beschreibung für einen touristisch attraktiven Raum.160 Dessen konkrete Grenzen schwanken stark abhängig von den jeweiligen touristischen Interessen der zugehörigen Mitgliedsstädten und Gemeinden.161 Für den Untersuchungszeitraum können exemplarisch die Größe des Verkehrsbands Stauferland e.V. in seinen Gründungsjahren um 1980 und die jüngsten Dimensionen der inzwischen als Touristikgemeinschaft Stauferland e.V. betitelten Vereinigung betrachtet werden.162 Der Verkehrsverband entstand als Resultat der städteübergreifenden Zusammenarbeit anlässlich des Stauferjahres 1977. Vor allem Göppingen, Schwäbisch Gmünd, Lorch und einige kleinere Gemeinden erarbeiteten in diesem Jahr gemeinsam ein Programm zu ihren staufischen Attraktionen. Aufgrund der hier gemachten positiven Erfahrungen kam es zu Gesprächen und der Gründung des Verkehrsverbands Stauferlands.163 Der Verein hatte seinen Sitz in Göppingen und sollte gemäß den Aufgaben einer Fremdenverkehrsgemeinschaft »den Fremdenverkehr im Gebiet des Hohenstaufen und seiner weiteren Umgebung fördern«.164 Der Vorstand konstituierte sich aus den Oberbürgermeistern der benannten Städte. Als mögliche Mitglieder wurden zehn weitere Gebietskörperschaften genannt.165 Da dieser Verkehrsverband Stauferland aufgrund der guten 157

Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 60; Vollmer, Beiwort S. 1; Vollmer, Besitz der Staufer. 158 Vgl. Rothenberger, Raimund M. (Hg.), 2014: Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 11; Rothenberger, Raimund M., 2014: Die Dreikaiserberge. Vorwort. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 22-27, S. 25-26. Vgl. ergänzend auch Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview). 159 Vgl. Reinhardt, Dana, 2010: Stauferland. In: Momente. Beiträge zur Landeskunde von BadenWürttemberg, H. 3, S. 6. 160 Vergleichend hierzu können die zahlreichen Zeitungsartikel und Zeitschriften angeführt werden, die das Stauferland unter diesem Aspekt thematisieren. Siehe Anmerkung 1140 und 1141. 161 Vgl. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview). 162 Herrmann, Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, 22.4.2015. 163 Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 162, 23.2.1980: Artikel Gmünder Tagespost: Vor der Gründung eines Verkehrsverbandes Stauferland. 164 Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 162, 16.1.1980: Satzung des Verkehrsverbandes Stauferland e.V. 165 Dies sind namentlich: Schalt, Wangen, Wäschenbeuren, Ottenbach, Eislingen, Adelberg, Börtlingen, Birenbach, Rechberghausen und Waldstetten. Vgl. ebd.

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Zusammenarbeit von 1977 entstand, ist davon auszugehen, dass der räumliche Kern dieser Vereinigung ungefähr der frühesten Routenführung der Straße der Staufer entspricht.

Abb. 6: Streckenführung Straße der Staufer in einer Werbebroschüre 1977.166

Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 1977.

Seit den Gründungsjahren hat sich die Zusammensetzung der Mitglieder und damit die räumliche Ausdehnung des 1980 ins Leben gerufenen Verbandes regelmäßig verändert. 1997 beispielsweise wurde die ursprünglich 130 km lange Straße der Staufer um den Raum Heidenheim erweitert und die Streckenlänge auf 300 km vergrößert.167 Auch wenn der Raum Heidenheim sich inzwischen im Tourismus und Marketingsektor wieder anderweitig orientiert, ist die erweiterte Streckenführung erhalten geblieben.168 Heute zählt die Touristikgemeinschaft Stauferland 15 Mitgliedsstädte und -gemeinden

166 Die Ziffern 1-19 entsprechen den Objektbeschreibungen in dem Führer Stauferstätten im Stauferland. Vgl. Ziegler, Walter (Hg.), 1977: Stauferstätten im Stauferland. Stuttgart u.a., 2. Aufl. 167 Vgl. Kraus, 1997, S. 9. 168 Vgl. Maile, Manfred, ehemaliger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview): Aktivitäten der Stadt Schwäbisch Gmünd und der TG Stauferland von den 1980er Jahren-2000er Jahren; Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., 2011: Broschüre Die Straße der Staufer. Entdeckungstouren durch das Stauferland.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

und 14 Fördermitglieder.169 Räumlich erstreckt sie sich vor allem auf die Routenabschnitte eins bis drei der aktuellen Stauferstraßenstrecken.170 Der Umgang in der gesamten Region Stauferland mit der staufischen Geschichte hat Auswirkungen auf die beiden zu untersuchenden Stauferstädte Schwäbisch Gmünd und Göppingen. Eine allmähliche staufische Traditionsbildung setzte im ganzen Umland um den Hohenstaufen seit der Zeit um 1500 ein.171 Zentren dieser beginnenden Traditionsbildung bildeten allen voran die staufischen Städte und das Kloster Lorch.172 Zu einem wirklichen Durchbruch gelangte die staufische Geschichtskultur im Umkreis der Stammburg jedoch erst im Zuge der allgemein aufkeimenden Mittelaltereuphorie des frühen 19. Jahrhunderts. Die Staufer boten im Württemberg dieser Zeit Lösungsangebote für aktuelle politische Herausforderungen: Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 und die Rheinbundakte von 1806 wurde das altwürttembergische Gebiet um zahlreiche Reichsstädte, Reichsklöster und gräflich-fürstliche Territorien Schwabens und Frankens erweitert.173 Durch den Rückbezug auf die glanzvolle Stauferzeit und das Herzogtum Schwaben sollte das neu erschaffene Staatswesen geistig und politisch konsolidiert werden.174 Politischer Nutzen verband sich mit

169 Stand Ende 2018. Namentlich sind dies: Adelberg, Böhmenkirch, Börtlingen, Donzdorf, Göppingen, der Gemeindeverwaltungsverband Leintal und Schwäbischer Wald, Lauterstein, Lorch, Ottenbach, Rechberghausen, Schwäbisch Gmünd, Waldstetten, Wangen und Wäschenbeuren. Als Fördermitglieder werden aufgelistet: Kloster Lorch, Burg Wäscherschloss, Schloss Filseck, Stiftung Wasserverband Kocher Lein, Waldeckhof Jebenhausen, Berggaststätte Himmel & Erde, Schloss Weißenstein, Galerie Stauferland, Staufersaga e.V., Dr. Heberer Naturheilmittel, Urlaub auf dem Bauernhof, Manufaktur Tante Inge, Kaffeerösterei Aroma, Brennerei Mühlhäuser. Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Unsere Städte und Gemeinden. Von klein und verträumt bis stattlich und modern. https://www.stauferland.de/orte-im-stauferland.html [30.01.2019]; Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Unsere fördernden Mitglieder. Unterstützung und intensive Zusammenarbeit. https://www.stauferland.de/weitere-mitglieder/-foerdermitglieder.html [30.01.2019]. 170 gl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Willkommen auf der Straße der Staufer. Sechs interessante Auto-Touren entführen ins Mittelalter. https://www.stauferland.de/touren-tipps/-strasseder-staufer.html [30.01.2019]. 171 Vgl. Graf, 2010, S. 298. 172 Das um 1100 gegründete ehemalige Benediktinerkloster fungierte als Hauskloster der Staufer und nahm sich seiner geschichtlichen Anfänge schon früh sehr vielgestaltig an. Die dort beerdigten Staufer wurden im 15. Jahrhundert in ein steinernes Hochgrab im Langhaus der Kirche umgebettet und im 16. Jahrhundert wurden die Chorbücher mit dem Wappen der staufischen Familie bestückt. Den Stiftern des Klosters wurde auch in Form eines feierlichen Jahrtags gedacht. Aufgrund der Bemühungen des letzten katholischen Abts Benedikt Rebstock überdauerte diese Form der staufischen Memoria auch die Reformation des Klosters. Nachdem dieser der Gmünder Priesterbruderschaft 1562 50 Gulden zur Abhaltung des Jahrtags stiftete und genaue liturgische Bestimmungen zur Abhaltung des Staufertags weitergab, konnte die Lorcher Tradition im Schwäbisch Gmünder Münster weitergeführt werden. Vgl. Graf, 2010, S. 298; Hofacker/Schreiner, 1977, S. 316318; Akermann, 2012, S. 72. 173 Vgl. Hofacker/Schreiner, 1977, S. 319. 174 Der neue Kurfürst Friedrich von Württemberg platzierte dementsprechend in seinem Wappen auf der linken Hälfte die drei schwarzen staufischen Löwen, rechts die drei württembergischen Hirschstangen. 1817 wurde dieses Motiv zum württembergischen Staatswappen erklärt. Vgl. Hofacker/Schreiner, 1977, S. 321.

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romantischen Wünschen. Eine neue Sicht auf die Natur und die Geschichte des Mittelalters ließen den Hohenstaufen zum »Tempel des Alterthums und Altar der Natur« werden.175 Schwäbische Dichter wie Ludwig Uhland oder Gustav Schwab pflegten in ihren literarischen Zeugnissen den Stolz auf das einst große Herrschergeschlecht.176 Der Hohenstaufen bot ihnen ideale Anknüpfungspunkte: »Sein unvergleichlicher Fernblick entgrenzte die engen Horizonte des Königreich Württembergs ins Unendliche, und seine historische Vergangenheit wirkte mächtig aufs patriotische Gemüt.«177 Bereits 1805 vermerkte der Pfarrer des Dorfes Hohenstaufen, Johann Friedrich Ammermüller, einen stetig wachsenden Fremdenverkehr auf dem Berggipfel.178 Er brachte in diesem Jahr, gewissermaßen als ersten Touristenführer, ein kleines Geschichtsbüchlein über die Dynastie, ihre Burg und den Berg heraus. 1833 gründete sich ein HohenstaufenVerein. Dieser wollte sich der alten Dorfkirche widmen und sie zu einer Art Staufergedächtnisstätte ausbauen. Die Umgestaltungen führten 1859 zu einem »imposanten Giebelschmuck, geziert mit den Namen der staufischen Könige und Kaiser und einer Wappenreihe der zum Stauferreich gehörenden Landesherrschaften und der Wappen der sieben Kurfürsten.«179 Die heute noch über der nördlichen Eingangspforte zu findende Inschrift »Hic transibat Caesar« wurde im 19. Jahrhundert derart gedeutet, dass Barbarossa, wenn er auf der Burg Hohenstaufen weilte, durch dieses Portal das Gotteshaus betrat.180 Von der steigenden Popularität des Hohenstaufen als patriotischem Erinnerungsort profitierte auch das nahe gelegene Kloster Lorch.181 Nach Hans-Georg Hofacker und Klaus Schreiner gewann dieses im beginnenden 19. Jahrhundert »den Charakter eines geschichtsträchtigen vaterländischen Denkmals«.182 Auf die dort begrabene Irene von Byzanz macht seit 1898 eine Gedenktafel aufmerksam.183 Auch für das bürgerliche Vereinswesen wurde der Hohenstaufen ein Ort mit hoher Symbolkraft. An seinem Fuße schlossen sich 1849 27 Vereine zum Schwäbischen Sängerbund zusammen, der 1857 als Bekenntnis zur Dynastie auch ein Stauferbanner bekam.184 Zahlreiche Turn- und Gesangsvereine feierten ihre großen Feste auf dem Berggipfel mit den

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Pahl, Johann G., 1806: Nationalchronik der Deutschen. Erste Jahreshälfte. https://books.google.de /books?id=0eMaAAAAYAAJ&pg=RA2-PT77&lpg=RA2-PT77&dq=%E2%80%9ETempel+des+Alterth ums+und+Altar+der+Natur%E2%80%9C&source=bl&ots=njuKr9eP02&sig=ACfU3U3oEphIOgRqP FCuFXV7vjVoib_7jA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwj_0P-NmrvgAhXJ2qQKHURlB7sQ6AEwAHoECA AQAQ#v=onepage&q=%E2%80%9ETempel%20des%20Alterthums%20und%20Altar%20der%2 0Natur%E2%80%9C&f=false [14.02.2019], S.303. 176 Vgl. Graf, 2010, S. 300; Akermann, 2012, S. 64. 177 Akermann, 2012, S. 65. 178 Vgl. Schmoll, 2000, S. 88. 179 Ruess, Karl-Heinz, 2014: Die Ausstellung »Die Staufer« am Hohenstaufen. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 398-403, S. 399. 180 Vgl. Hofacker/Schreiner, 1977, S. 319. Die Vorstellung fußt auf älteren Überlieferungen dieser Inschrift, obwohl das fortan als Barbarossakirche betitelte Gebäude erst im 15. Jahrhundert errichtet wurde. Vgl. Akermann, 2012, S. 68-69. 181 Vgl. Graf, 2010, S. 300. 182 Hofacker/Schreiner, 1977, S. 317. 183 Vgl. Akermann, 2012, S. 72. 184 Vgl. ebd., S. 66.

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Ruinen der Stammburg im Hintergrund.185 Ein Trend, der sich während des Zweiten Kaiserreichs nochmals verstärkte.186 Die Reichsgründung 1871 brachte auch im Umkreis der Stammburg Reichspatrioten auf den Plan: Für 100 000 Taler sollte auf dem Berggipfel ein Nationaldenkmal und in der Barbarossakapelle ein Museum der Hohenstaufen errichtet werden. Die hierfür benötigten Spenden der Bürger blieben jedoch aus, sodass die Pläne verworfen wurden. Nach dem Tod Kaiser Wilhelms 1888 lebten diese erneut auf.187 Das hierfür zusammengekommene Komitee wollte dem Reichsgründer ein Denkmal setzen »an einem Ort […], der selbst schon dazu angethan ist, die Bilder ruhmreicher deutscher Vergangenheit zu wecken.«188 Auch diesmal hielt sich die Spendenfreudigkeit in Grenzen.189 Nach einigen Jahren wurde das Projekt fallen gelassen. Ein Teil der gesammelten Einnahmen ging an den Schwäbischen Albverein, der damit 1904 eine Schutzhütte für Wanderer errichten ließ inklusive einer Erläuterungstafel mit den Bildnissen der staufischen Herrscher.190 Die Stauferbegeisterung hielt sich in der Region auch durch den Ersten Weltkrieg und wurde in einer Göppinger Zeitung als historisches Argument für Durchhalteparolen genutzt.191 Während der Zeit der Weimarer Republik lebten die Staufer weitgehend losgelöst von patriotischen und politischen Vereinnahmungen in Form von Heimatpflege in städtischen Vereinen weiter.192 Außerdem wurde der Hohenstaufen erneut als landschaftlich attraktiver Ausflugsort interessant. Gleichsam als »sonntägliche Flucht ins Grüne« bot der Berggipfel – auch als Symbol einstmaliger und nun verloren geglaubter Größe – die Möglichkeit einer Abkehr vom alltäglichen Elend.193 Während der Zeit des Nationalsozialismus blieb die Region um die Stammburg »ihren Staufern« treu. Sie verweigerte sich hartnäckig der anfänglichen Hinwendung der Nationalsozialisten zum Welfen Heinrich dem Löwen und damit einer Abkehr von Barbarossa.194 Dementsprechend »halten auch NS Kulturfunktionäre die Staufer […] im Rahmen lokaler und regionaler Kulturarbeit im Gau Württemberg immer noch für brauchbar.«195 Bereits 1933 fand ein erstes Treffen der württembergischen Hitlerjugend auf dem Berg statt, der in den Folgejahren immer wieder ideologisch aufgeladener Treffpunkt für Sonnenwendfeiern und Bannerweihen wurde.196 Auf 185 Vgl. Hofacker/Schreiner, 1977, S. 327. 186 Nach Thomas Brune finden sich in der Göppinger Zeitung zwischen 1890-1905 ganze 82 Hinweise auf Hohenstaufenausflüge, von denen ein großer Anteil Vereinsausflüge sind. Vgl. Brune, 1977, S. 39-41. 187 Vgl. Schmoll, 2000, S. 89-91. 188 Zitiert nach ebd., S. 91. 189 Das Projekt wurde außerdem von Seiten der württembergischen Regierung sehr kritisch beäugt, war man doch keinesfalls erpicht darauf »ein preußisches Triumphzeichen auf einem schwäbischen Berg« zu haben. Ebd., S. 91. 190 Vgl. Ruess, 2014, S. 399. 191 Vgl. Das in Göppingen aufgestellte Nagelbild wurde dementsprechend auch mit einem Barbarossa-Motiv geziert. Vgl. Brune, 1977, S. 45-46. 192 Vgl. Akermann, 2012, S. 66-67. 193 Vgl. Brune, 1977, S. 43, 53; Brune/Baumunk, 1977, S. 331. 194 Vgl. Brune, 1977, S. 59. Zur Vereinnahmung Heinrichs des Löwen durch die Nationalsozialisten siehe S. 40. 195 Brune/Baumunk, 1977, S. 330. 196 Vgl. Graf, 2010, S. 302-303; Hofacker/Schreiner, 1977, S. 331.

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der Suche nach den vermeintlichen germanischen Wurzeln wurden 1936 und 1938 Ausgrabungen auf dem Berggipfel durchgeführt, die umfangreiche Mauerreste der Ruine zu Tage förderten.197 Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten die Staufer im Stauferland in Form von Heimatfesten – 1949 und 1952 wurden zwei solcher Bergfeste auf dem Hohenstaufen veranstaltet – und in den einzelnen Städten als Brauchtumspflege bei historischen Festzügen und städtischen Jubiläen weiter.198 Anlass für die Feierlichkeit 1952 war die 800Jahr-Feier Barbarossas, die über den Gebietsausschuss Schwäbische Alb-Stauferland von den Mitgliedern zusammen organisiert wurde. Andere Aufgaben des Gebietsausschuss bestanden in der gemeinsamen Bewerbung der Region beispielsweise als Naherholungsgebiet für Arbeiter aus dem Industriegebiet.199 Ökonomische und kulturtouristische Interessen werden ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine feststehende Komponente der Geschichtspflege in der Region.200 Als Meilenstein kann hier ebenfalls das Stauferjahr 1977 angeführt werden. Auf Antrieb des damaligen Göppinger Oberbürgermeisters König arbeiteten die Städte Göppingen, Schwäbisch Gmünd und Lorch gemeinsam an der Umsetzung einer Straße der Staufer durch das Stauferland.201 Begleitend hierfür wurde eine Informationsbroschüre Stauferstätten im Stauferland entwickelt. Sie gab in 19 Beiträgen kurz und sachlich Informationen zu den auf der Strecke liegenden Destinationen.202 So konnten neben den drei agierenden Städten auch andere unter stauferzeitlicher Perspektive interessante Orte der Umgebung in das gemeinsame Projekt eingebunden werden.203 Des Weiteren wurde von den »Städten

197 Vgl. Akermann, 2012, S. 71. 198 Auf diese ersten Hohenstaufenfeste folgten bis zu den Frühlingsfesten 2011/2012 keine weiteren. Siehe S. 118. Thomas Brune und Bodo Baumunk führen als mögliche Gründe hierfür die Stabilisierung der Lebensverhältnisse und den Fortschrittsoptimismus ab Mitte der 1950er Jahre an, »der mehr dem Gedanken des ›Hier und Jetzt‹ als dem Vergangenen verhaftet war.«Brune/Baumunk, 1977, S. 332. 199 Hierfür sollten Betriebsferienheime errichtet werden. Weiterhin sollte in Zusammenarbeit mit der Bundesbahn ein Faltblatt großen Firmen das Stauferland als Destination für Betriebsausflüge anpreisen. Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Schwäbische Alb-Stauferland, 15.12.1951: Schreiben des Gebietsausschuss Schwäbische Alb-Stauferland. 200 Vgl. Brune, 1977, S. 33. Thomas Brune und Bodo Baumuk werfen in diesem Zusammenhang die These auf, dass eine verstärkte Vereinnahmung der Staufer in verschiedenen Werbe- und Tourismusbereichen und der kommunalen Image-Pflege nach Ende des Zweiten Weltkrieges möglich war, da diese nun für politische Inanspruchnahme unbrauchbar wurden. Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 332. 201 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 16.3.1976: Oberbürgermeister Stadt Göppingen Dr. König: Schreiben an die Bürgermeister Schwäbisch Gmünd und Lorchs zu gemeinsamen Aktivitäten zur Stauferausstellung 1977; Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. 202 Vgl. Ziegler, 1977. 203 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 2.4.1976: Sitzungsprotokoll zur Koordinierungstagung in Göppingen zum Stauferjahr.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

des Stauferdreiecks« ein gemeinsames Plakat und Verschlussmarken für Briefe entwickelt.204 Schlussendlich halfen sich die Städte bei der Konzeption ihrer kommunalen Programme zum Stauferjahr aus, indem interessante Vorträge untereinander ausgetauscht wurden, wobei die Stadt Lorch kein eigenständiges Programm generierte.205 Auf Grundlage dieser gelungen, intensiven Zusammenarbeit wurde 1980 der Verkehrsverband Stauferland e.V. ins Leben gerufen.206 Eine Säule der Zusammenarbeit bestand seit den Gründungsjahren bis in die 2010er Jahre in der Pflege und gemeinsamen Vermarktung der Straße der Staufer.207 Durch diese Touristikroute wurde die Erinnerung an die Stauferzeit wachgehalten und sie war auch nach der 1977er Ausstellung noch für auswärtige Gäste erfahrbar, wie ein Reisebericht aus der Stuttgarter Zeitung von 1985 veranschaulicht.208 Eine veränderte Routenführung brachte die Erweiterung um den Raum Heidenheim zum 20-jährigen Bestehen der Straße 1997.209 Ab den 1990er Jahren wurden neben der Autoroute noch weitere Erkundungsmöglichkeiten im Stauferland geschaffen.210 In der Broschüre zum Barbarossaweg wurden 17 ausgearbeitete Wanderrouten durch die geschichtsträchtige Region angeboten.211 Auch Fahrradliebhaber kamen in diesem Zeitraum bei Radtouren auf Stauferspuren auf ihre Kosten. Ein umfangreicher Radwanderführer bot Tourenvorschläge über das gesamte Stauferland und Informationen zu Sehenswürdigkeiten und Unterhaltungsangeboten entlang der Route.212 Des Weiteren finden sich ab den 1990er Jahren auch verschiedene gemein-

204 Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. 205 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 2.4.1976: Sitzungsprotokoll zur Koordinierungstagung in Göppingen zum Stauferjahr. 206 Vgl. Herrmann, Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, 22.4.2015; Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 162, 23.2.1980: Artikel Gmünder Tagespost: Vor der Gründung eines Verkehrsverbandes Stauferland. 207 Vgl. Kraus, Uwe, 1997: Unterwegs auf der Strasse der Staufer. Leinfelden-Echterdingen, S. 8; Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Willkommen auf der Straße der Staufer. 208 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Materialien Göppingen Specialia: Hohenstaufen, Straße der Staufer, Tourismus, Werbung, 13.8.1985: Zeitungsartikel aus der Stuttgarter Zeitung: Ferientips für Daheimgebliebene. Auf den Spuren und Burgen der Staufer. Der Autor bemängelt in diesem jedoch auch den schlechten Zustand der Straße und die ungenügend ausgeschilderten Wanderwege, was auf eine leichte Vernachlässigung dieses Tourismusobjekts in den 1980er Jahren schließen lässt. 209 Vgl. Kraus, 1997, S. 9. 210 Erstmals findet sich ein erweitertes Angebot in einem Werbeprospekt in den frühen 1990er Jahren. Auf einer Faltkarte zur Ferienregion im Stauferland heißt es: »Es gibt nur 1 Stauferland. Aber 3 schöne Möglichkeiten es zu entdecken.« Darunter sind die Prospekte zum Barbarossa-Weg, zu den Radtouren auf Stauferspuren und der Straße der Staufer abgebildet. Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., ca. 1990er: Freizeit im Stauferland. Informationsbroschüre der Fremdenverkehrsgemeinschaft Stauferland e.V. 211 Vgl. Kraus, 1997, S. 25. 212 Vgl. ebd., S. 31.

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sam herausgegebene Werbebroschüren.213 Diese sind reich bebildert und geben Impressionen der Region inklusive traditioneller Feste und der schwäbischen Küche wieder.214 Eine weitere wichtige Säule ist seit der Gründung 1980 der gemeinsame Auftritt nach außen. Schon 1980 waren Vertreter der Städte Göppingen, Schwäbisch Gmünd und Lorch für das Stauferland mit einem gemeinsamen Stand auf der internationalen Tourismus-Börse in Berlin vertreten.215 In den Folgejahren besuchten Vertreter der verschiedenen Mitgliedsgemeinden immer wieder zusammen Tourismusmessen und warben mit einem gemeinsamen Informationsstand.216 1997 bot sich beispielsweise auch die Möglichkeit die geschichtsträchtige Region im Informationsbüro des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union in Brüssel vorzustellen.217 Ebenso wurde der Kontakt zum staufisch interessierten Ausland gemeinsam gepflegt: So beispielsweise bei einem Empfang des italienischen Generalkonsuls 1998 auf dem Wäscherschloss. An diesem Zusammentreffen nahmen zahlreiche Bürgermeister, Touristikmanager und Wirtschaftsvertreter des Stauferlandes teil. Als Quintessenz wurde das Potential der staufischen Geschichte für ein Zusammenwachsen Europas und schlussendlich auch für die Förderung des Fremdenverkehrs betont.218 Es ist anzunehmen, dass mit dem Interessenwandel an der staufischen Geschichte in Lorch und deren kommunalen Ausbau des staufischen Tourismus- und Marketingprogramms auch die gemeinsame Bewerbung durch die Touristikgemeinschaft einen Anschub erfuhr.219 Neu im Programm finden sich von 2007 bis 2010 jedenfalls die gemeinsam durchgeführten Staufertage.220 Jeweils an vier Tagen hintereinander wurden an den staufischen Stätten in Schwäbisch Gmünd, Göppingen und Lorch »Führungen und Erlebnisse zur 213

Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., ca. 1990er. In diesen werden die unterschiedlichen größeren Gebiete innerhalb der Touristikgemeinschaft mit ihren jeweiligen Sehenswürdigkeiten, Charakteristika und Unterhaltungsangeboten vorgestellt. 214 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stauferland/Straße der Staufer, 1991: Freizeit und Erholung. Informationen von A-Z. Im Stauferland. 215 Dieser gemeinsame Auftritt ist bemerkenswert, da er noch vor der geplanten Gründungsversammlung für die Konstituierung eines Verkehrsverbands Stauferland im selben Jahr stattfand. Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 162, 23.2.1980: Artikel Gmünder Tagespost: Vor der Gründung eines Verkehrsverbandes Stauferland. 216 Vgl. Maile, Manfred, ehemaliger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview); Schüle, Johannes, Historiker in Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Staufische Aktivitäten in Schwäbisch Gmünd von 1977 bis heute. 217 Rund 400 Gäste konnten bei dieser »Stallwächterparty« die zu diesem Zeitpunkt schon breit gefächerte Palette von Informationsschriften zum »Kaiserliche[n] Ferienland« studieren. Werbetrommeln für Staufer. Fremdenverkehrsgemeinschaft Stauferland präsentierte sich in Brüssel, 1997. In: Gmünder Tagespost, H. 197. 218 Vgl. Die Italiener kommen. Interesse am »deutschen Stauferland« wächst, 1998. In: Rems-Zeitung, H. 252. 219 Siehe S. 177. 220 Diese fußen auf einem Staufertag, der erstmals 2006 von Peter Steeb, einer Privatperson vom Verein »Abenteuer am Eisenbachsee« auf dem Rechberg durchgeführt und war so erfolgreich, dass das Programm in Zusammenarbeit mit der Touristikgemeinschaft ausgebaut wurde. Vgl. Jantschik, Anja, 23.4.2007: Erlebnisreise durchs Mittelalter. Schwäbisch Gmünd, Göppingen und Lorch präsentieren spannende Aktionen. In: Gmünder Tagespost, H. 92; Maile, Manfred, ehemali-

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

Stauferzeit« angeboten.221 2010/2011 nahm auch die Touristikgemeinschaft Stauferland die Stauferbegeisterung im Zuge der Mannheimer Ausstellung auf, indem ein Reigen von Angeboten in den Mitgliedsstätten offeriert wurde.222 Als ein Resultat des Stauferstadttreffens 2010 in Schwäbisch Gmünd wurden unter Federführung der Staatlichen Schlösser und Gärten 2011 ein Frühlings- und 2012 ein Sommerfest rund um den Hohenstaufen durchgeführt.223 2011 wurde die Burg Wäscherschloss von den Staatlichen Schlössern und Gärten zur Burg des Jahres gekürt, weswegen dieses Monument des Stauferlands im Zentrum der Feierlichkeiten stand.224 Durch einen Shuttle-Busverkehr konnten alle Stauferstätten für die Besucher problemlos erschlossen werden.225 Im Zentrum der Feierlichkeiten 2012 stand die Burgruine Hohenstaufen, auf der mehrere Tage ein mittelalterliches Lager zu besichtigen war.226 Anlass für das Sommerfest im Stauferland 2012 bot das in diesem Jahr zu feiernde 60-jährige Jubiläum des Bundeslandes. Erneut nahmen auch die staufischen Stätten Wäscherschloss, Kloster Lorch und Schwäbisch Gmünd mit unterhaltenden, historisch angehauchten Angeboten an den Feierlichkeiten teil.227 Auch wenn von Seiten aller Teilnehmenden das Interesse bekundet wurde, solch eine gemeinsam getragene Veranstaltung erneut durchzuführen, fanden bis zum Ende der Untersuchung keine weiteren Frühlings- oder Sommerfeste dieser Art im Stauferland statt.228 Einen Weiterentwicklung in der gemeinsamen staufischen Zusammenarbeit brachte die Professionalisierung der Touristikgemeinschaft 2014. Eine

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ger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview). Staufertage 2008. Lebendige Stauferzeit an den Stauferstätten von Donnerstag bis Sonntag 22. bis 25. Mai, 22.5.2008. In: Gmünder Tagespost. Es ist nicht bekannt warum und wann genau diese Staufertage letztmalig durchgeführt wurden. Ein letzter Hinweis darauf findet sich im Jahr 2010. Vgl. Einhorn-Verlag und Druck GmbH (Hg.), 2009: Einhorn-Jahrbuch Schwäbisch Gmünd 2009. Schwäbisch Gmünd, S. 30. In Schwäbisch Gmünd wurde die Geschichte der Johanniskirche erläutert und mit Musikbeiträgen eines Liedermachers von Hohenstaufen bereichert. Das Kloster Lorch wartete mit Führungen und Falknervorführungen auf und auf der Burgruine Rechberg fanden Burgführungen und ein Treffen von Bogenschützen statt. Vgl. Staudenmaier, Kuno, 18.2.2010: Älteste Stauferstadt mischt kräftig mit. Aktivitäten im Stauferjahr 2010 – Stadt hofft auf zusätzliche Besucherströme. In: Gmünder Tagespost, H. 40. Vgl. Hörrmann, Michael, Geschäftsführer Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, 9.9.2016 (Korrespondenz): Informationen zur Staufertagung 2010. Zum Städtetreffen siehe S. 167. Vgl. Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (Hg.), 2011: Presseinformation. Das Programm zum Frühlingsfest am 29. Mai. Vgl. ebd. Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview): Touristische Angebote der Stadt Göppingen zu den Staufern. Das Kloster Lorch bot beispielsweise Kostproben mittelalterlichen Essens an und auf der Burg Wäscherschloss wurde das mittelalterliche Burgleben in Sagen und Märchen geschildert. Vgl. Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, 2012: Broschüre Programm Sommerfest im Stauferland 15. Juli 2012. Hohenstaufen. Kloster Lorch. Wäscherschloss. Schwäbisch Gmünd. Vgl. Siegle, Holger, Geschäftsführer Touristikgemeinschaft Stauferland, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 24.4.2017 (Interview): Nachfragen zur überkommunalen Zusammenarbeit.

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vom Landkreis Göppingen beschlossene, neue Tourismuskonzeption brachte die nötige Anschubfinanzierung, durch die nun auch ein hauptamtlicher Geschäftsführer für die Touristikgemeinschaft beschäftigt werden konnte.229 Beständig kamen neue, vielfach auch nur fördernde Mitglieder in den Mitgliederkreis der Touristikgemeinschaft hinzu.230 Wichtig war weiterhin der gemeinsame Auftritt, wie beispielsweise auf der internationalen CMT, der jährlich stattfindenden Messe für Caravan, Motor und Touristik. Dieser wurde 2016 mit einer farbenfrohen Inszenierung des Schwäbisch Gmünder Verein Staufersaga visuell bereichert.231 Aufgabe der Touristikgemeinschaft ist es, die heterogenen Einzelattraktionen der Mitgliedsstätten unter der Dachmarke »Staufer« zu verschiedenen Angebotspaketen zusammen zu stellen.232 Diese sind während des Untersuchungszeitraums wesentlich diverser geworden. In den Broschüren aus den 2010er Jahren werden auf der Gesamtstrecke der Straße der Staufer sechs unterschiedliche Themenrouten vorgeschlagen. Weiterhin sind verschiedene Rad- und Wanderrouten durch das Stauferland im Angebot.233 Die Broschüre Kinderparadies im Stauferland, auf der comicartig ein kleiner Ritter mit Stauferwappen abgebildet ist, preist »Freizeitspass für die ganze Familie« an.234 Auf der Internetseite werden des Weiteren interessante Veranstaltungen aus dem Stauferland beworben.235 Von der Touristikgemeinschaft organisierte Veranstaltungsformate verbinden das Markenzeichen der Region – die staufische Geschichte – auch gerne mit regional typischen Produkten. Als Beispiel hierfür kann das regelmäßig stattfindende Event »Bacchus trifft Barbarossa« genannt

229 Im Rahmen des hierfür angesetzten Pressetermins wurde durch den stellvertretenden Vorsitzenden der Touristikgemeinschaft Richard Arnold, Oberbürgermeister der Stadt Schwäbisch Gmünd, auch die Zusammenarbeit der Landkreise Göppingen und des Ostalbkreis nicht nur im Bereich des Tourismus beschworen. Vgl. Landratsamt Göppingen: 17.06.2014: Kreis Göppingen und Touristikgemeinschaft Stauferland e.V. unterzeichnen Kooperationsvereinbarung. Göppingen; Siegle, Holger, Geschäftsführer Touristikgemeinschaft Stauferland, Göppingen 23.4.2015 (Interview): Struktur und Aktivität der Touristikgemeinschaft Stauferland. 230 Vgl. Staudenmaier, Kuno, 18.1.2016: Gmünder mischen die CMT auf. Staufersaga-Inszenierung auf der Showbühne und viele interessierte Besucher. In: Gmünder Tagespost. 231 Vgl. ebd.; Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview). 232 Vgl. Siegle, Holger, Geschäftsführer Touristikgemeinschaft Stauferland, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview). 233 Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., 2011; Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Wandertouren. https://www.stauferland.de/touren-tipps/-wandertouren/glaubenswege.html [30.01.2019]; Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Mit dem Fahrrad durch’s Stauferland. Leicht bis anspruchsvoll – Das Stauferland bietet Touren in jeder Kategorie. https://www.stauferland.de/touren-tipps/radtouren.html [30.01.2019]. 234 Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., 2012: Broschüre Kinderparadies Stauferland. Freizeitspass für die ganze Familie. In dieser werden vermeintlich besonders für das junge Publikum interessante Angebote der Mitgliedsstätten wie ein Besuch der Märklin-Erlebniswelt in Göppingen vorgestellt. Vgl. ebd., 2012, S. 13. 235 Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Veranstaltungen, Ausstellungen, Feste und Märkte. Nehmen Sie teil am bunten Leben im wunderschönen Stauferland. https://www.stauferland.de/veranstaltungen.html [30.01.2019].

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

werden, bei dem in historischem Ambiente Weine aus der Region probiert werden können.236 Resümierend kann festgehalten werden, dass mit dem Begriff Stauferland die historisch begründete Region rund um die Stammburg der Staufer gemeint ist. Sie wird sowohl als Selbstzuschreibung, als auch in der Außenwahrnehmung ca. ab den 1950er/1960er Jahren, vor allem aber seit der Ausstellung von 1977 so bezeichnet. Jüngst ist der Begriff vor allem im touristischen Sektor zu finden. Das Bewusstsein, in einer staufisch geprägten Region zu leben, fußt im Stauferland auf langen Traditionslinien. Sehr stark äußert sich eine gemeinschaftlich artikulierte staufische Geschichtskultur seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Form von touristischen Angeboten, die zunehmend einen erlebnisorientierten Charakter haben.

5.5

Methodische Annäherungen: Wie untersucht man Geschichte als Label?

Um die für die Städteanalyse verwendeten doch sehr unterschiedlichen Quellengattungen adäquat zu untersuchen, wird ein breites Methodenrepertoire verwendet. Ähnlich wie Thiemeyer die historisch-kritische Methode bzw. ihre Leitfragen auf historische Ausstellungen überträgt, muss diese auch auf die für die Stauferstädte untersuchten Quellen angepasst werden.237 Als erstes stellen sich daher bei allen Quellen zur städtischen Geschichtskultur neben den Fragen zu Entstehungszeit, Entstehungs- und Wirkungsort die Fragen nach den Verfassern bzw. Produzenten der Quelle, dessen Gesinnung und dem Adressat der Quelle.238 Grundsätzlich stammen die in den Stauferstädten generierten Darstellungen der staufischen Geschichte von Vertretern der Stadtverwaltung, den städtischen Geschichts- bzw. Staufervereinen und einzelnen Akteursgruppen.239 Ihre politische, ökonomische und gesellschaftliche Position und vor allem ihre Motivation, die stau-

236 Vgl. Siegle, Holger, Geschäftsführer Touristikgemeinschaft Stauferland, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Touristikgemeinschaft Stauferland e.V.: Bacchus trifft Barbarossa – zu Gast bei Irene von Byzanz. Weinprobe in staufischem Ambiente. https://www.stauferland.de/veranstaltungen/bacchus-trifft-barbarossa.html [31.01.2019]. 237 Vgl. Thiemeyer, 2010, S. 84-88, hier S. 84. Auch für die Quellen aus den Stauferstädten gilt, was Thiemeyer für historische Ausstellungen festgestellt hat: »Die Leitfragen der Quellenkritik lassen [sich] nicht eins zu eins übertragen, sondern dienen vielmehr als Orientierungshilfen […].« 238 Als Besonderheit historischer Jubiläen nennt Catrin Kollmann die mögliche Personalunion von Akteuren und Rezipienten der geschichtskulturellen Darstellungen. Sie alle sind Teil der Erinnerungsgemeinschaft, auf die sich das historische Jubiläum bezieht. Kollmann, Catrin B., 2014: Historische Jubiläen als kollektive Identitätskonstruktion. Ein Planungs- und Analyseraster; überprüft am Beispiel der historischen Jubiläen zur Schlacht bei Höchstädt vom 13. August 1704. Stuttgart, S. 60. Diese mögliche Personalunion kann grundsätzlich in allen zu untersuchenden Komponenten der städtischen Geschichtskultur auftreten, nicht zuletzt, weil auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung meist Bürger der Kommune sind und die durch sie mit geprägte städtische Geschichtskultur auch rezipieren. 239 Vgl. Mecking, 2013, S. 8.

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fische Vergangenheit zu rezipieren, müssen daher erörtert werden.240 Im Falle der Namensgebung für Straßen oder Plätze, die das historische Selbstverständnis einer Stadt mit konstituieren und deswegen auch Teil der Analyse sind, muss beispielsweise nach den Initiatoren und Verantwortlichen der jeweiligen Benennung gefragt werden.241 Daran schließt sich die Frage, für wen diese Geschichtsdarstellungen jeweils konzipiert werden. Für die einzelnen Quellen muss des Weiteren ihr Entstehungskontext beachtet werden. Vor allem für die Analyse der Interviews, die zur Erforschung der performativen Stauferangebote generiert wurden, muss die Individualität der einzelnen Befragten beachtet werden. Bei den untersuchten Aktionen zur staufischen Geschichte ging es auch darum, Emotionen zu erzeugen. Auf individueller Ebene sowohl der Besucher als auch der Teilnehmer können diese eine große Bandbreite aufweisen.242 Hier musste ein Mittelweg gefunden werden, der die Individualität der Akteure und ihrer Emotionen beachtet und gleichzeitig eine gewisse Typisierung ermöglicht.243 Bei Erinnerungsinterviews kommt neben den bisher genannten Fragen eine weitere Komponente der Quellenkritik hinzu: 244 Die Befragten deuten die von ihnen beschriebenen Ereignisse abhängig von ihren individuell geprägten Erfahrungen aus ihrer gegenwärtigen Position heraus.245 Hinzu kommt die Problematik der Subjektivität von Erinnerung, das heißt der individuellen Auswahl, was als erinnerungswürdig gilt und was nicht, und dem begrenzten Erinnerungsvermögen der Befragten.246 Als Lösung aus diesem Erinnerungsdilemma müssen die Interviewer quasi als Vorstufe der späteren Quellenkritik in der Interviewsituation selbst vorinformiert nachfragen und Widersprüche in den 240 Während Agnes Weichselgärtner den Akteuren von Stadtrepräsentationen lediglich eine generelle Darstellung von Macht und Herrschaft unterstellt ordnet Sabine Mecking die hier vermittelten Bilder explizit der bürgerlichen Lebenswelt und deren Wertvorstellungen zu. Vgl. Weichselgärtner, 2013, S. 202; Mecking, 2013, S. 8. 241 Prinzipiell hat jede/r Bürger/in das Recht Benennungsvorschläge einzureichen. In vielen Kommunen wird dieses Recht meist hauptsächlich von Vertretern des Bildungsbürgertums bzw. der im Kultur- und Bildungssektor beschäftigten genutzt, sprich Archivaren, Heimatpflegern, Lehrern. Die endgültige Entscheidung wird dann von der Gemeindevertretung bzw. Stadtverordnetenversammlung als parlamentarisches Gremium getroffen. Vgl. Pöppinghege, Rainer, 2007: Wege des Erinnerns. Was Straßennamen über das deutsche Geschichtsbewusstsein aussagen. Münster, S. 20-23, 31. 242 Vgl. Lüdtke, Alf, 2006: Macht der Emotionen – Gefühle als Produktivkraft: Bemerkungen zu einer schwierigen Geschichte. In: Klimó, Árpád v. (Hg.): Rausch und Diktatur. Inszenierung, Mobilisierung und Kontrolle in totalitären Systemen. Frankfurt a.M. [u.a.], S. 44-55, S. 48-49. 243 Vgl. Lüdtke, Alf, 2008: 17. Juni 1953 in Erfurt. Ausnahmezustand und staatliche Gewaltrituale. In: Lüdtke, Alf (Hg.): Staats-Gewalt: Ausnahmezustand und Sicherheitsregimes. Historische Perspektiven. (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Bd. 27). Göttingen, S. 241-276, S. 265. Auch Alf Lüdtke konstatiert, dass alle Akteure individuelle Erfahrungs- und Erwartungshorizonte haben, diese aber durchaus eine verbindende Linie abhängig vom zeithistorischen Kontext aufweisen. 244 Vgl. Niethammer, Lutz, 2012: Fragen-Antworten-Fragen. Methodische Erwägungen zur Oral History. In: Obertreis, Julia (Hg.): Oral history. Stuttgart, S. 31-71, S. 62. 245 Vgl. ebd., 2012, S. 36. 246 Vgl. ebd., 2012, S. 41; Wierling, Dorothee, 1995: Disziplinäre Perspektiven. Geschichte. In: Flick, Uwe (Hg.): Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. Weinheim, 2. Aufl., S. 47-52, S. 51.

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Aussagen aufdecken. Des Weiteren müssen verschiedene Aussagen zum selben Ereignis verglichen werden.247 Für die eigentliche Analyse der staufischen Rezeption in diesen verschiedenen Quellen werden theoretische Ansätze aus dem Bereich der städtischen Geschichtskultur zu Rate gezogen, die sich mit der Heterogenität städtischer Geschichtsdarstellungen als Mittel der Identitätsstiftung und zunehmend auch als unique selling proposition im Bereich des Stadtmarketings beschäftigen.248 Zusätzlich werden Methoden aus dem Bereich der Oral History und der qualitativen Sozialforschung zu Interviewführung und teilnehmender Beobachtung verwendet. Vergangene performative Rezeptionen werden auch mit Hilfe von Forschungsansätzen aus dem Bereich der historischen Anthropologie untersucht. Zunächst zur Methode der Interviewführung und deren Auswertung. Um die Darstellung der staufischen Geschichte in der städtischen Geschichtskultur von Göppingen und Schwäbisch Gmünd adäquat erfassen zu können, mussten insgesamt 58 verschiedenste Interviews generiert werden: Zum einen mussten Experten zu heutiger und vergangener Rezeption aller Art befragt werden. Hinzu kam die Befragung von Akteuren gegenwärtiger Stauferakttraktionen und Erinnerungsinterviews mit ehemaligen Akteuren früherer Stauferattraktionen. Für alle diese Interviewarten eignete sich übergreifend die Form des qualitativen Leitfadeninterviews.249 Dieses wird in der qualitativen Forschung vielfach verwendet, um den Nachteil der fehlenden Vergleichbarkeit vereinzelter Interviews ein Stück weit aufzuwiegen und die Befragung in eine bestimmte für den Untersuchungsgegenstand relevante Richtung zu lenken. Die Interviewform eignet sich sowohl für Feldgespräche im Rahmen der teilnehmenden Beobachtung, als auch für Expertengespräche zur Erarbeitung von Informationen für ein bestimmtes Forschungsfeld.250 Der hierfür konzipierte Leitfaden muss offen gehalten sein, eine begrenzte Anzahl von Fragen enthalten, sich am natürlichen Erinnerungsfluss des Interviewpartners orientieren, aber auch so strukturiert sein, wie es das Forschungsinteresse fordert.251 Konkret wurden die Interviewformen des Fokussierten Interviews und des Episodischen Interviews verwendet.252 Das Fokussierte Interview eignete sich, um die Akteure von staufischen Stadtführungen und einmaligen Aktionen

247 Vgl. ebd.; ebd. Dazu führt Dorothee Wierling jedoch richtig an, dass die Frage nach Quelleninhalt und vergangener Wirklichkeit ein generelles Problem der historischen Methode darstellt. 248 Vgl. Weichselgärtner, 2013, S. 203. 249 In Abgrenzung zur quantitativen Forschung werden bei qualitativen Untersuchungen relativ isolierbare Einzelfälle untersucht. Ziel ist nicht eine objektive Erfassung sozialer Sachverhalte und eine statistische Repräsentativität der Ergebnisse, sondern die qualitative Analyse bestenfalls einiger typischer Fälle. Vgl. Lamnek, Siegfried, 2010: Qualitative Sozialforschung. Weinheim u.a., 5. Aufl, S. 304, 325; Niethammer, 2012, S. 57-58. Zusammenfassend ist das qualitative Interview zu charakterisieren als mündlich-persönliches, nicht-standartisiertes Gespräch, in dem nur offene Fragen gestellt werden. Statt großer Fallzahlen werden nur einige typische Befragungen durchgeführt. Vgl. Lamnek, 2010, 316, 321, 325. 250 Vgl. Hopf, Christel, 1995: Qualitative Interviews in der Sozialforschung. Ein Überblick. In: Flick, Uwe (Hg.): Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. Weinheim, 2. Aufl., S. 177-182, S. 177. 251 Vgl. Lamnek, 2010, S. 321-322. 252 Vgl. ebd., 2010, S. 326, 350.

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zur staufischen Geschichte zu befragen. Diese Interviewform ist auf einen bestimmten Gesprächsgegenstand fokussiert, z.B. eine soziale Situation, an der die Befragten Teil hatten.253 Auf dieser Grundlage wurde ein Leitfaden erstellt. Dieser wurde jedoch des Öfteren verlassen, um das Interview nicht zu stringent zu determinieren und um gezielte Zwischenfragen zu ermöglichen.254 Das Episodische Interview wurde für die Befragung von Zeitzeugen der staufischen Rezeption verwendet.255 Der/die Befragte wurde aufgefordert zu erzählen und den Untersuchungsgegenstand betreffende Fragen anhand eines Leitfadens zu beantworten.256 In der Praxis sind beide Interviewformen und ihre Anwendungsfelder jedoch nicht strikt zu trennen, sondern gehen fließend ineinander über. Zu Interviews mit Zeitzeugen, sogenannten Oral History Quellen, sind einige Besonderheiten anzuführen. Zunächst Grundsätzliches zur Methode: Eine erste Besonderheit des Erinnerungsinterviews liegt darin, dass die dadurch generierten Quellen aufgrund eines gezielten Forschungsinteresses entstehen.257 Bei ihrer Analyse sollte daher auch der Zweck der Quelle stets gegenwärtig sein: bestimmte, für den Untersuchungsgegenstand relevante Aussagen zu erzeugen und nicht das gesamte Meinungsbild des Interviewten einzufangen.258 Eine weitere Eigenart wurde bereits kurz skizziert: Die Erzählungen in Oral History Interviews sind immer von den aktuellen Gegenwartsdeutungen des Interviewten geprägt. Zeitgeschichtliche Deutungen bilden zwangsläufig immer den Rahmen für die Aussagen über die Vergangenheit.259 Das heißt zusätzlich muss bedacht werden »welche Erfahrungen es denn sind, die die Menschen vor den Mikrofonen geprägt haben«.260 Zeitzeugeninterviews sind also vor allem auf quellenkritischer Ebene von »normalen« Interviews abzugrenzen. Wie wirken

253 Vgl. Hopf, 1995, S. 178. 254 Vgl. Lamnek, 2010, S. 339. 255 Es wird davon ausgegangen, dass die Befragten Informationen zum Untersuchungsgegenstand vermitteln können, die in zwei verschiedenen Wissensformen abgespeichert sind: Das narrativepisodische Wissen umfasst Erinnerungen an konkrete Begebenheiten, während das semantische Wissen sich aus Erfahrungen und daraus abgeleitetem Wissen und Generalisierungen, quasi der Metaebene der situativen Erinnerung speist. Vgl. Lamnek, 2010, S. 331. 256 Durch die gezielten Nachfragen erfolgt eine Konzentration auf die Erfahrungen, die für die Analyse von Belang sind und der Bericht bleibt nicht auf die Erzählbasis reduziert. Vgl. Lamnek, 2010, S. 331. 257 Vgl. Knud, Andresen/Linde, Apel/Kirsten, Heinsohn, 2015: Es gilt das gesprochene Wort. In: Andresen, Knud (Hg.): Es gilt das gesprochene Wort. Oral History und Zeitgeschichte heute. [Dorothee Wierling zum 65. Geburtstag 2015]. Göttingen, S. 7-23, S. 15. 258 An dieser Stelle sei auch noch einmal auf die Problematik des begrenzten und subjektiv-selektiven Erinnerungsvermögens des Menschen verwiesen und das dessen Erinnerungsleistung durchaus durch willentliche Einwirkung in seinen Äußerungen beeinflusst werden kann. Vgl. Niethammer, 2012, S. 41. 259 Vgl. Andresen, 2015, S. 17. 260 Andresen, 2015, S. 17. Knud Andresen nennt für die Geschichte der BRD drei politische Ereignisse, die in der individuellen Erinnerung sehr präsent sind: Die NS-Diktatur und der Zweite Weltkrieg, der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung. Die für diese Dissertation für den Beginn des Untersuchungszeitraums auf bundesdeutscher Ebene prägenden Ereignisse, der Terror der RAF, spielen hingegen scheinbar in der individuellen Erinnerung nur eine untergeordnete Rolle. Vgl. Andresen, 2015, S. 20.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

sich die Besonderheiten von Oral History Quellen auf die Methodik der Interviewführung aus? Als Voraussetzung für ein gelungenes Zeitzeugeninterview sollten die Interviewer zu den zu untersuchenden Sachverhalten möglichst gut informiert sein. So können eine Reihe themenspezifischer Fragen entwickelt und widersprüchliche Aussagen gezielt hinterfragt werden.261 Wichtig ist außerdem, dem Befragten genug Spielraum für seine »selbstgeformte Lebensgeschichte und assoziative[n] Erinnerung[en]« zu geben.262 Die genannten Anforderungen können durch ein halboffenes Interviewverfahren erfüllt werden, in dem die Interviewten zunächst Gelegenheit bekommen, sich nach einem Einstiegsimpuls nach eigenem Ermessen zu äußern und im Anschluss nach einem Frageleitfaden gezielt zu bestimmten Themenkomplexen Stellung zu beziehen. Parallel werden Unklarheiten nachgefragt.263 Diese für Zeitzeugeninterviews gestellten Anforderungen werden mit der Interviewform des Episodischen Interviews erfüllt.264 Um die Aussagen aus den Interviews nutzen zu können, mussten diese nach wissenschaftlichen Standards ausgewertet werden.265 Für die detaillierte Analyse der Interviews wurde Mayrings Methode der qualitativen Inhaltsanalyse angewendet.266 Ihr Vorteil ist ein regelgeleitetes Vorgehen nach festgelegten Techniken: Das Material wird in Bearbeitungseinheiten zerlegt und dann anhand eines Kategoriensystems abgeleitet aus dem Forschungsinteresse bearbeitet. Im Gegensatz zur freien Interpretation können durch diese Arbeitsweise exakte Ergebnisse ermittelt werden, die leicht zu überprüfen sind.267 Daneben müssen die unterschiedlichen Aussagen auf ihre Gültigkeit hin überprüft werden, indem das Interviewmaterial abgeglichen wird.268 Die Analyse der aktuellen performativen Stauferdarstellungen in den Stauferstädten erfolgte mit Hilfe der Methode der teilnehmenden Beobachtung. Diese Arbeitsweise ist eine der grundlegenden Methoden der Feldforschung, durch die soziales Verhalten durch Beobachtung direkt zu dem Zeitpunkt festgehalten werden kann, in dem dieses sich vollzieht.269 Gegenstand der Beobachtung ist demnach immer soziales Handeln in gesellschaftlich

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Vgl. Niethammer, 2012, S. 44. Niethammer, 2012, S. 44. Vgl. Wierling, 1995, S. 50. Davon abweichend sieht Lutz Niethammer die benötigten Erinnerungsräume nicht durch offene Fragen in halbstandartisierten Interviews der empirischen Sozialforschung gegeben, da in diesen das Gespräch grundsätzlich strukturiert ist. Vgl. Niethammer, 2012, S. 44. Grundsätzlich können nach Siegfried Lamnek vier Phasen der Auswertung beschrieben werden: Die Transkription, die Einzelanalyse, die generalisierende Analyse und die Kontrollphase. Vgl. Lamnek, 2010, S. 367. Ziel dieses Verfahrens ist die systematische Bearbeitung von Texten, die Kommunikation wiedergeben. Vgl. Mayring, Philipp, 1995: Qualitative Inhaltsanalyse. In: Flick, Uwe (Hg.): Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. Weinheim, 2. Aufl., S. 209-212, S. 209. Vgl. ebd., S. 213. Vgl. Lamnek, 2010, S. 368-369. Diese Arbeitsweise ist eine der grundlegenden Methoden der Feldforschung, welche als Sozialforschung durch Teilnahme an den alltäglichen Lebenszusammenhängen der Beforschten zu verstehen ist. Vgl. Legewie, Heinrich, 1995: Feldforschung und teilnehmende Beobachtung. In: Flick, Uwe (Hg.): Handbuch qualitative Sozialforschung. Grundlagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. Weinheim, 2. Aufl., S. 189-193, S. 189. Vgl. Lamnek, 2010, S. 503; Legewie, 1995, S. 189.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

definierten Situationen.270 Als qualitative Methode ist die teilnehmende Beobachtung unstrukturiert, offen und flexibel. Statt wie die strukturierte Beobachtung vorab festgelegten Beobachtungsschemata und festen Beobachtungskategorien zu folgen, ist sie offen für die Verhältnisse und deren Entwicklungen im sozialen Feld.271 Die konkreten Gegenstände und Perspektiven der Beobachtung ergeben sich dementsprechend erst während der Untersuchung.272 Diese ist nur insofern in Kategorien unterteilt, als dass der Blick nur auf Dinge gerichtet wird, die theoretisch interessant erscheinen. Die Forschenden müssen selektieren und sich auf bestimmte Sachverhalte konzentrieren. Sinnvoll ist die Einteilung in Einheiten, die im Laufe der Beobachtung festgesteckt werden.273 Gegenstand der Beobachtung können Auftreten und Verhalten, Positur, Gewandung, Formen und Zeichen der Aktion und die Durchführung von Ritualen sein.274 Da die qualitativ teilnehmende Beobachtung von einer großen Offenheit und Flexibilität der Forschenden geprägt ist, ist sie methodisch nur schwer zu definieren. Dies wird ebenfalls bei den Schwierigkeiten der Aufzeichnung und Auswertung der ermittelten Informationen deutlich, welche in der Protokollierungsphase stattfindet.275 Es gibt jedoch einige Aspekte, die auf jeden Fall festzuhalten sind und daher etwas Orientierung geben können. Zu nennen sind hier die Darstellung von Schauplätzen und Handlungserzählungen. Auf einer etwas abstrakteren Ebene: Zeugt das beobachtete Geschehen von einer gewissen Regelmäßigkeit bzw. Einmaligkeit? Wie reagieren die Teilnehmer auf außergewöhnliche bzw. abweichende Verhaltensweisen im Feld?276 Die Auswertungsarbeit ist ebenfalls durch eine gewisse Regellosigkeit gekennzeichnet. Geregelt ist nach Siegfried Lamnek nur, dass zunächst Leitlinien und Regelmäßigkeiten zu entdecken sind, die beschrieben werden müssen. Im Anschluss ist zu überprüfen, ob diese für den Forschungsgegenstand typisch bzw. außergewöhnlich sind. Durch diesen Prozess gelangen die Forschenden letztendlich zu Hypothesen und Theorien über ihren Objektbereich.277 In der Forschungspraxis muss die Beobachtung immer mit anderen Methoden wie der Befragung und der Analyse ergänzt werden, damit die Gültigkeit der ermittelten Daten und Befunde abgesichert werden kann.278 Da weiter zurück liegende

270 Vgl. Lamnek, 2010, S. 499, 502. Übertragen auf diese Dissertation handelt es sich bei diesen »gesellschaftlich definierten Situationen« um die staufischen Stadtführungen und andere performative Events zu den Staufern. Wie wird die staufische Geschichte jeweils praktiziert und kommuniziert? Welche Vorstellungen von den Staufern werden generiert? 271 Vgl. Lamnek, 2010, S. 514. 272 Vgl. ebd., S. 523. 273 Als Einheitsgröße hat sich die soziale Situation bewährt, die während der späteren Analyse in einzelne Bestandteile zerlegt wird. Vgl. ebd., S. 536-537. 274 Vgl. Lüdtke, 2008, S. 254. 275 Vgl. Lamnek, 2010, S. 517. 276 Vgl. ebd., S. 565, Legewie, 1995, S. 192. Alf Lamnek nennt darüber hinaus noch weitere mögliche zu protokollierende Fragen: Sind Differenzen zwischen Gesagtem und Handeln feststellbar? Gibt es Diskrepanzen zwischen Meinung und Verhalten? 277 Vgl. Lamnek, 2010, S. 565-566. 278 Vgl. ebd., S. 502-503. Als Beispiel sei an dieser Stelle auf die Arbeiten Sven Kommers verwiesen, in denen er bei der Untersuchung von Mittelaltermärkten seine Beobachtungen auf diesen Märkten um qualitative Interviews mit Aktiven ergänzt. Vgl. Kommer, 2011, S. 184.

5. Geschichte als Label: Das Phänomen Stauferstadt und das Stammland der Staufer

performative Rezeptionen der staufischen Geschichte nicht mehr mit Hilfe der Methode der teilnehmenden Beobachtung analysiert werden können, müssen sie vor allem über Zeitzeugeninterviews, Berichte und Bildquellen erschlossen werden. Als Gegenstand vergangener sozialer Praktiken fallen sie in den Untersuchungsbereich der historischen Anthropologie.279 Angelehnt an die Forschungsarbeiten Alf Lüdtkes werden bei den Zeitzeugeninterviews zu dieser Thematik weitere Komponenten zu beachten sein: In welchem Erzählmodus sprechen die Befragten? Was wird häufig betont, was wird nicht gesagt? Wie ist die Gestik und Mimik der Sprecher, wenn sie sich an bestimmte Begebenheiten erinnern und darüber berichten?280 All das sagt viel über die subjektive Gewichtung des Gesagten aus und spielt vor allem bei der Ermittlung von erlebten Emotionen in Zusammenhang mit vergangenen performativen Stauferdarstellungen eine Rolle.281 Bei den Berichten und Bildquellen sind Sequenzen des Auftretens und Verhaltens zu analysieren. Positur, Gestik und Gewandung der Akteure sind von Interesse, genauso wie – soweit vorhandenen – Rituale der Inszenierungen staufischer Geschichte.282

279 Ein wichtiger Fragenkomplex dieses transdisziplinären Forschungszweigs sind der Wandel sozialer Praktiken, Verhaltensweisen, Routinen und Ritualen; sprich performative Aspekte der Vergangenheit. Vgl. Tanner, Jakob: Historische Anthropologie, Version: 1.0. http://docupedia.de/zg/ [12.2.2016], S. 1, S. 7-8, Medick, Hans, 2002: Historische Anthropologie. In: Jordan, Stefan (Hg.): Lexikon der Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe. Stuttgart, S. 157-161, S. 157-158. 280 Vgl. Lüdtke, Alf, 2004: Meister der Landtechnik oder: Grenzen der Feldforschung? Annäherungen an einen Qualitätsarbeiter auf dem Lande im Bezirk Erfurt. In: Münkel, Daniela (Hg.): Geschichte als Experiment. Studien zu Politik, Kultur und Alltag im 19. und 20. Jahrhundert. Festschrift für Adelheid von Saldern. Frankfurt a.M. [u.a.], S. 243-257. 281 Vgl. Lüdtke, 2006, S. 53: »Die Emotion hat immer mit dem Gebrauch des Wortes, mit einer Beziehungs- und Handlungssituation zu tun.« 282 All diese Elemente der Performanz fördern eine Wiedererkennung bei Beteiligten und Zuschauern und suggerieren sowohl eine Zugehörigkeit nach innen als auch eine Ausgrenzung nach außen. Vgl. Lüdtke, 2008, S. 254-255, 272.

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6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

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Stadt im Wandel: Stadtgeschichte und Geschichtsbewusstsein Schwäbisch Gmünds

Die Stadt Schwäbisch Gmünd ist heute eine Große Kreisstadt im Landkreis Ostalbkreis mit ca. 60 000 Einwohnern, von denen rund 10 000 eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzen.1 Wichtige Bürger Schwäbisch Gmünds, deren Wirken und Nachleben lange Zeit das Geschichts- und Selbstbild der Stadt prägten, sind die Baumeister Heinrich (ca. 1300-1370) und Peter Parler (ca. 1330-1399) und die Maler Hans Baldung (14841545) und Jörg Ratgeb (ca. 1480-1526).2 Bis zum Frieden von Lunéville 1802 genoss Schwäbisch Gmünd den Status als freie Reichsstadt. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde es dem Herzogtum Württemberg einverleibt. Dieser Umstand unterscheidet Gmünd vom Nachbarn Göppingen und hat das städtische Selbstverständnis stark geprägt.3 Auch die Position Schwäbisch Gmünds während der Reformation prägte die städtische Identität, vor allem in Bezug auf das frühe Staufergedenken. Denn anders als die umliegenden Nachbargemeinden blieb die Reichsstadt mit Unterstützung des Schwäbischen Bundes katholisch.4 In dieser freien Reichsstadt entwickelte sich ein florierendes Gold- und Silbergewerbe, welches im Zeitalter der Industrialisierung eine rationelle Fabrikation und Ausgestaltung der Produkte anstrebte. Begünstigt wurde der Aufschwung auch durch die 1861 eröffnete Remstaleisenbahn. Schwäbisch Gmünd wurde zu einem wichtigen Zentrum der Schmuckwarenindustrie mit stetig steigender Bevölkerungszahl. Der Industriezweig wurde zum

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Stand 30.9.2017. Vgl.Stadt Schwäbisch Gmünd: Daten und Fakten. https://www.schwaebisch-gmuend.de/835.php [20.06.2018]. Vgl. Böhringer, Susanne, Mihm, Julius, 2014: Vorstellung der Stauferstädten: Schwäbisch Gmünd. In: Stadt Schwäbisch Gmünd (Hg.): Europäische Städte in der Stauferzeit. Staufische Stadtgründungen und ihr städtebauliches Erbe. Schwäbisch Gmünd, S. 135-139, S. 37; Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 118. Vgl. Herrmann, Klaus, 2014, S. 209; Graf, Klaus, Mediävist und Archivar, Freiburg 20.7.2016 (Interview). Vgl. Herrmann, Klaus, 2014, S. 204-205.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Aushängeschild der Stadt und entwickelte sich bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges kontinuierlich aufwärts. Mit dem Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise kam es zum Einbruch der Schmuckindustrie. Die Inflation 1923, aber vor allem die Weltwirtschaftskrise 1929 trafen die Stadt besonders hart. Neben einer hohen Arbeitslosigkeit musste auch ein Rückgang der Steuereinnahmen verzeichnet werden, der stärker als im Landesdurchschnitt ausfiel, sodass Gmünd 1934 zum Notstandgebiet erklärt wurde. Grund hierfür war nicht zuletzt auch die Konzentration auf die Schmuckindustrie, die Gmünd zum Monoindustriestandort mit Massenarbeitslosigkeit werden ließ.5 Während der Zeit des Nationalsozialismus sollte diese Monoindustrie durch die Ansiedlung neuer Industriezweige aufgebrochen werden. Ein Zweigwerk der Firma Schenk kam 1936 in die Stadt. Bedeutender war jedoch die Ansiedlung der Zahnradfabrik Friedrichshafen 1937, die bis heute einer der wichtigsten Arbeitgeber der Stadt ist. Da die Firma vor allem für die Rüstungsindustrie arbeitete, musste sie bereits 1939 erweitert werden. Noch im selben Jahr konnte die »Bezeichnung des ›Notstandsgebiet Schwäbisch Gmünds‹ offiziell aufgehoben« werden.6 Trotz des Firmenstandorts der Zahnradfabrik wurde die Stadt während des Zweiten Weltkrieges kaum zerstört. Grund hierfür war die kampflose Übergabe Schwäbisch Gmünds an die Amerikaner im April 1945. So hatte Gmünd, anders als viele andere Städte, in den ersten Nachkriegsjahren, weder mit erheblichen Wiederaufbauarbeiten noch sehr gravierenden Wohnungsnöten zu kämpfen. Dafür wurden in weniger beschädigte Städte wie Gmünd »die Flüchtlingszüge gelenkt, die 1946 und 1947 in die westlichen Besatzungszonen strömten.«7 Umsichtig setzte sich der neue OB der Stadt dafür ein, dass vor allem Vertriebene aus dem Raum Gablonz nach Schwäbisch Gmünd zugewiesen wurden, da die dort ansässigen Modeschmuckhersteller das Gmünder Silbergewerbe bereichern könnten.8 Die Bevölkerungsstruktur der Nachkriegsjahre veränderte sich massiv: »Im Dezember 1949 betrug der Anteil der Vertriebenen an der Gmünder Gesamtbevölkerung 30,8 % […].«9 Diese neuen Bürger in die Stadtgemeinschaft aufzunehmen wurde zum Großprojekt der Nachkriegszeit. Im Bereich der Wirtschaftsförderung galt es, Schwäbisch Gmünd aus der Monostruktur des Edelmetallgewerbes zu lösen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten viele »Silberwarenhersteller an die große Tradition anknüpfen«, doch die Beschäftigungszahlen erreichten die Vorkriegszustände nicht mehr.10 Durch strukturpolitische Maßnahmen konnte die Zahl der Beschäftigten im gewerblichen Sektor an diejenigen im 5

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Vgl. Müller, Ulrich, 2014: Die Entwicklung Schwäbisch Gmünds von 1918 bis 2012. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 212-219, S. 212; Böhringer, Susanne/Mihm, Julius, 2014, S. 39. Müller, 2014, S. 213. Ebd., S. 215. Vgl. ebd. Der ehemalige Landkreis Gablonz an der Neiße liegt heute in Tschechien. Herrmann, Markus, 2014: Schwäbisch Gmünd – Eine Stadt mit neuem Selbstbewusstsein. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 404-411, S. 406. Dohm, 14.12.1993. Das Konsumverhalten der Käufer hatte sich, nachdem die größte Nachkriegsnot überwunden war, verändert: Statt Broschen und Ringen galten nun andere Statussymbole wie beispielsweise ein eigenes Auto und auch zunehmend das Reisen als Erstrebenswert. Jedoch sind bis in die Gegenwart Schmuck- und Silberwarenhersteller in der Stadt vertreten, die »mit neuen

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Edelmetallbereich angeglichen bzw. leicht erhöht werden. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die anhaltende Motorisierung, die der hiesigen Zahnradfabrik ein beständiges Wachstum ermöglichte.11 Das Stadtbild veränderte sich schon in der frühen Nachkriegszeit durch vereinzelte Eingemeindungen und die Erschließung von Wohngebieten. Maßgeblichen Wandel brachte jedoch die Ära des Bürgermeisters Norbert Schoch, der das Amt von 1970-1986 inne hatte. Im Zuge der Kreisreformen wurden zahlreiche kleinere Ortschaften eingemeindet und die Stadt Schwäbisch Gmünd erheblich vergrößert.12 1973 musste die Kommune jedoch einen empfindlichen Bedeutungsverlust hinnehmen: Der Landkreis Schwäbisch Gmünd wurde aufgelöst und die Stadt in den neu gegründeten Ostalbkreis eingegliedert. Neuer Kreissitz wurde die Stadt Aalen.13 Die nationalen und globalen Entwicklungen der 1970er Jahre hinterließen auch in der Stadtentwicklung Gmünds Spuren, wie im Jahresrückblick von 1974 deutlich wird: »Das Jahr hat mit einem Paukenschlag begonnen: Fahrverbote, Energiekrise – es waren dies für die Nachkriegsgeneration völlig neue und überraschende Erlebnisse.«14 Die Ölkrise in den frühen 1970er Jahren beendete den steten Aufschwung und führte national zu wachsenden Staatsschulden und Arbeitslosigkeit.15 Auch in Gmünd gingen die Steuereinnahmen zurück und die Arbeitslosenquote war unter den höchsten im Land. Der Terror der RAF prägte ebenso das Gmünder Lebensgefühl der 1970er Jahre. So erwähnt Norbert Schoch beispielsweise im Jahresrückblick von 1977 die terroristischen Gewaltakte, die diese Zeiten schwer belasten und vor deren Hintergrund das friedliche Zusammenleben in der Stadt besonders geschätzt werden müsse.16 Vor allem im Zuge der Friedensbewegung war die Stadtgeschichte Schwäbisch Gmünds eng mit der nationalen und internationalen Geschichte verbunden. Als Auswirkung des NATODoppelbeschluss von 1979 wurden Pershing II-Raketen unter anderem auf dem Truppenübungsplatz auf der Mutlanger Heide in unmittelbarer Nähe zu Gmünd stationiert. Die in Schwäbisch Gmünd untergebrachte amerikanische Artilleriebrigade war ab 1983 für die Raketen zuständig. Gegen diese Stationierung formierte sich die Friedensbewegung, die in den Folgejahren die Stadt immer wieder durch Sitzstreiks und anderen Protestformen beschäftigte. In den Fokus der medialen Öffentlichkeit gelangte vor allem die sogenannte »Promi-Blockade« vom September 1983, an der auch Heinrich Böll und Günter Grass teilnahmen. Der Umgang mit den Blockierern – zumal sie durch die berühmten Teilnehmer eine große Aufmerksamkeit genossen – war für Bürgerschaft und Gemeinderat bis zur Vereinbarung des INF Abkommens von 1987 immer wieder

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(Designer-)Ideen und bewährter Qualität […] die erfolgreiche Tradition [zu] verteidigen.« Ebd. Vgl. auch Herrmann, Klaus, 2014, S. 209-211; Böhringer, Susanne/Mihm, Julius, 2014, S. 38-39. Vgl. Müller, 2014, S. 216. Norbert Schoch regierte über zwei Amtsperioden und hat die Entwicklung der Stadt über 16 Jahre hinweg maßgeblich geprägt. Vgl. ebd., S. 218. Vgl. Herrmann, Markus, 2014, S. 408-409. Schoch, Norbert, 1974: Rückblick auf das Jahr 1974. In: Dietenberger, Eduard (Hg.): EinhornJahrbuch Schwäbisch Gmünd 1974. Schwäbisch Gmünd, S. 7-20, S. 7. Siehe S. 128. Vgl. Schoch, Norbert, 1977: Rückblick auf das Jahr 1977. In: Dietenberger, Eduard (Hg.): EinhornJahrbuch Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd, S. 4-15, S. 15.

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Streitfrage und nicht zuletzt auch Zerreißprobe.17 Mit der Auflösung des Ostblocks zogen sich die stationierten amerikanischen Soldaten Anfang der 1990er Jahre endgültig aus Schwäbisch Gmünd zurück und hinterließen ein großes Areal ehemaliger Kasernen. In diesem wurde zunächst durch die Maryland University eine Universität nach amerikanischen Bedingungen eingerichtet, die ihren Betrieb jedoch 2002 einstellte. Seitdem sind in den Kasernen verschiedene Behörden, die Außenstelle des Landratsamtes und auch eine Unterkunft für Asylbewerber untergebracht. Gewerblich entwickelte sich Schwäbisch Gmünd seit der Jahrtausendwende stetig weiter. 1999 siedelte sich die Firma Polynorm-Grau in der Stadt an. Das Gewerbegebiet auf dem Gügling konnte ständig erweitert werden und ist aktuell einer der größten Gewerbe- und Industrieparks der Region. Damit gelang Gmünd die Weiterentwicklung vom Zentrum der Edelmetallindustrie hin zum Hightech Standort und Automobilzulieferer.18 Mit Blick auf die anstehende Landesgartenschau von 2014 wurden zahlreiche Bauvorhaben auf den Weg gebracht. Diese fallen alle in die Amtszeit Richard Arnolds, der 2009 von seiner Position als Leiter der Vertretung Baden-Württembergs bei der EU in Brüssel in das Amt des Oberbürgermeisters Schwäbisch Gmünd wechselte.19 Dieser von der CDU maßgeblich unterstützte OB-Kandidat gewann die Wahl nicht zuletzt auch, weil er mit Begeisterung für neue Ziele eine Aufbruchstimmung in Gmünd verbreiten konnte.20 »Arnold ist […] ein neuer Oberbürgermeister-Typus der CDU. Liberal, unkonventionell, homosexuell.«21 Der amtierende OB brachte einen neuen Wind und damit auch einen Enthusiasmus in die Stadtgemeinde, der sich umgehend in größeren städtischen Vorhaben bewähren konnte: Das Stadtjubiläum von 2012 musste geplant und umgesetzt werden und mit Blick auf die anstehende Landesgartenschau wurde die Innenstadt »im großen Stil« um- und ausgebaut. Diese Baumaßnahmen haben das Stadtbild nachhaltig bereichert.22 Der als »Erdenreich« für die Landesgartenschau angelegte Flusspark an der Rems ist durch einen Waldlehrpfad, die »Himmelsleiter«, mit einem Höhen-

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Diese Zerreißproben wurden von den Blockieren gerne in Kauf genommen, versuchte man doch gerade durch eine hohe Prominenz die mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und damit den Staat als reagierendem Akteur in eine Zwickmühle zu bringen. Vgl. Schwelien, Michael, 2.9.1983: Auf zur Blockade. In: Die Zeit, H. 36. https://www.zeit.de/1983/36/auf-zur-blockade/komplettansicht [09.05.2015]. Vgl. auch Müller, 2014, S. 218-219; Herrmann, Markus, 2014, S. 409. Vgl. Herrmann, Markus, 2014, S. 409; Müller, 2014, S. 219. Wikipedia, die freie Enzyklopädie: Richard Arnold (Politiker). https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Arnold_(Politiker)#Leben [16.4.2020]. Vgl. Arnold, Richard, 2009: Rückblick auf das Jahr 2009. In: Einhorn-Verlag und Druck GmbH (Hg.): Einhorn-Jahrbuch Schwäbisch Gmünd 2009. Schwäbisch Gmünd, S. 6-22, S. 9-11; Müller, 2014, S. 217. Soldt, Rüdiger, 08.07.2014: Eine Stadt blüht auf. Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/faz-portal/document?uid=FAZN__201 40708_3034525 [15.05.2018]. »Wo viele Jahre jeden Tag 50 000 Autos ihre Abgase ausstießen, stehen nun Strandkörbe, perlt der Prosecco in den Gläsern der Gmünder, plätschern die Rems und der Josefsbach friedlich vor sich hin.« Ebd.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

garten verbunden.23 Die Bauvorhaben scheinen sich rentiert zu haben: Zwei Millionen Besucher und einen finanziellen Überschuss von 146 000 Euro konnten nach Abschluss der Landesgartenschau 2014 bilanziert werden.24 Ebenfalls unkonventionell für einen CDU-Mann ist Arnolds Einstellung zum Thema Migration. Als beständiger Kritiker der rezenten Einwanderungspolitik und Asylgesetzgebung initiierte er in Gmünd auch vor dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 immer wieder innovative Konzepte, um Neuankömmlinge in die Gemeinschaft zu integrieren und in Arbeit zu bringen.25 Die Stadt war immer wieder im Zusammenhang mit Fragen der Flüchtlingspolitik und dem kommunalen Umgang mit Neuankömmlingen in der medialen Öffentlichkeit präsent.26 Aktuell sollen Flüchtlinge und Asylbewerber nach dem »Gmünder Weg« in die Gemeinschaft integriert werden.27 Über die übliche Vermittlung von Wohnraum und Beschäftigungsmöglichkeit hinaus sollen die Neuankömmlinge schnell in die verschiedenen Vereine und ehrenamtlichen Tätigkeiten der Stadtgemeinschaft integriert werden. Wichtige Anlaufstelle ist in diesem Zusammenhang der nach dem Stadtjubiläum gegründete Verein Staufersaga.28 In der jüngsten Vergangenheit ist im Zuge von Stadtjubiläum, Landesgartenschau und auch den zahlreichen städtischen Umbauten ein neues Selbstbewusstsein in der Schwäbisch Gmünder Stadtgemeinde entstanden, dass sich nicht zuletzt in einem großen bürgerschaftlichen Engagement auch im Zusammenhang mit der staufischen Geschichtskultur der Stadt niederschlägt.29 Schwäbisch Gmünd nennt sich heute Älteste Stauferstadt. Begründet wird dieses Selbstverständnis mit der Nennung von 15 Gmünder Stadtbürgern (cives) in einer auf das Jahr 1162 datierten Urkunde für das Kloster Lorch. Aus dieser Nennung wird geschlussfolgert, dass Schwäbisch Gmünd zu diesem Zeitpunkt bereits Stadtrechte besaß, die dem Gemeinwesen vermutlich schon in der Regierungszeit Konrads III. gewährt wurden. »Damit gilt Schwäbisch Gmünd als die erste nachweisbare Stadtgrün-

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Vgl. ebd.; Müller, 2014, S. 217; Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview): Stauferfestival 2012/2016. Staufer in Schwäbisch Gmünd Stadtmarketing Allgemein. Vgl. Einhorn-Verlag und Druck GmbH (Hg.), 2015: Einhorn-Jahrbuch Schwäbisch Gmünd 2015. Schwäbisch Gmünd, S. 63, S. 67. In die Schlagzeilen kam ein 2013 vorgestelltes Beschäftigungsprojekt, bei dem während des Umbaus des Bahnhofs in Schwäbisch Gmünd zehn Flüchtlinge für eine kleine Aufwandsentschädigung den Umsteigenden als Kofferträger behilflich sein sollten. Die auch vom Arbeitskreis Asyl unterstützte Idee wurde in der Presse jedoch schnell als Ausbeutung und neokolonialistisches Verhalten angeprangert, sodass das Projekt nach kurzer Zeit wieder eingestellt werden musste.Vgl. Soldt, Soldt, Rüdiger, 27.07.2013: Arbeitslos im Postkolonialismus. Warum Flüchtlinge nicht als Kofferträger arbeiten dürfen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. https://www.faz-biblionet.de/fazportal/document?uid=FAZ__FD3201307273958653 [15.05.2018]. Vgl. Einhorn-Verlag und Druck GmbH (Hg.), 2014: Einhorn-Jahrbuch Schwäbisch Gmünd 2014. Schwäbisch Gmünd; S. 86; Einhorn-Verlag und Druck GmbH, 2015, S. 66, S. 70. Stand Sommer 2018. Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd: Der Gmünder Weg. https://www.schwaebisch-gmuend.de/8268Der-Gmuender-Weg.html [12.07.2018]; Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview). Vgl. Herrmann, Markus, 2014, S. 411.

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dung der Staufer.«30 Bauzeuge dieser Zeit ist in der Stadt neben Teilen an der heutigen Grät, Resten der inneren Stadtmauer und der Westfassade der Franziskanerkirche vor allem die spätromanisch geprägte, im 13. Jahrhundert erbaute Johanniskirche.31 Ein staufisches Geschichtsbewusstsein lässt sich in Schwäbisch Gmünd bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Im ältesten erhaltenen Gmünder Chroniktext von Paul Goldstainer von 1550 werden die Staufer als Stifter der Stadt genannt. Der Text wird in der Chronik-Redaktion David Wollebers übernommen, der die Stauferzeit als goldenes Zeitalter der Stadt darstellt. Dieses glanzvolle Geschichtsbild der Stauferzeit hält sich in den Chroniken bis ins 19. Jahrhundert.32 Eng verbunden ist das Staufergedenken in Schwäbisch Gmünd mit dem nahegelegen Kloster Lorch. In diesem wurde alljährlich ein Staufer-Jahrtag begangen. Die Reformation setzte dieser Tradition ein Ende.33 Durch die Agitationen des damaligen Abt Benedikt Rebstock konnte das Stiftergedenken in der Gmünder Pfarrkirche, die katholisch blieb, jedoch fortgesetzt werden. Aufgrund der sehr konkreten rechtlichen und liturgischen Stiftungsbestimmungen überdauerte der Staufer-Jahrtag auch die großen politischen Umwälzungsprozesse des Reichsdeputationshauptschluss und wurde bis in das 20. Jahrhundert hinein begangen.34 Neben dieser formellen Geschichtstradition ist die »Gmünder Ringlegende« wichtiger Bestandteil der populären städtischen Erinnerung an die Staufer: Nach diesem Sagengebilde, erstmals in der heutigen Form im 17. Jahrhundert überliefert, soll Herzogin Agnes, die Frau Herzog Friedrichs I. von Schwaben, während einer Jagd ihren Ehering verloren haben. Nach langer, erfolgloser Suche gelobte das Paar an der Stelle, an der der Ring wieder aufgefunden wird, eine Kirche zu erbauen. Kurz darauf wurde der Ring im Geweih eines gerade erlegten Hirsches gefunden. Froh über den Fund ließen die Staufer die heutige Johanniskirche am Fundort errichten. Die Sage ist bis in die Gegenwart in Stadt und Region bekannt, weswegen sie auch im Theaterstück Staufersaga aufgegriffen wird.35 Im geschichtsinteressierten Bildungsbürgertum war und ist ein Geschichtsbewusstsein als Stauferstadt vorhanden, im breiteren städtischen Bewusstsein waren die Staufer jedoch lange nicht sehr präsent. Aufgrund der Professionalisierung und Konzentration auf die Edelmetallbranche sah sich die Stadt eher als Gold- und Silberstadt oder vereinzelt auch als Bildungsstadt.36 Für die historische Selbstbestimmung 30 31 32 33 34 35

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Böhringer, Susanne/Mihm, Julius, 2014, S. 38. Siehe auch Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 118. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 118; Böhringer, Susanne/Mihm, Julius, 2014, S. 38-39. »Die Stadt als staufische Residenz und Lustort, als Stätte prächtiger Ritterspiele und glanzvoller Hofhaltung – Gaudia mundi.« Graf, Klaus, 1984, S. 103. Siehe auch S. 62, 72, 173, 181. Siehe S. 185, vor allem Anmerkung 1166. Vgl. Hofacker/Schreiner, 1977, S. 316-318; Graf, 1984, S. 103-104. Vgl. Schreiner, Klaus, 1977: Die Staufer in Sage, Legende und Prophetie. In: Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart (Hg.): Aufsätze. (Die Zeit der Staufer. Geschichte-KunstKultur, Bd. 3). Stuttgart, S. 249-262, S. 259. In einer anderen, weniger bekannten Überlieferung soll Friedrich I. stattdessen versprochen haben am Fundort eine Stadt zu errichten. Der Stadtname »Gamunda oder Gemünd« solle ausdrücken »Welt! Freue dich, der Ring ist gefunden.«, zitiert nach ebd. Vgl. Hammes, Barbara, Archivarin Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin Stadtarchiv, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview). Näheres hierzu siehe S. 210ff.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

wurden daneben auch andere Persönlichkeiten der Stadtgeschichte wie Hans Baldung und Peter Parler beansprucht. Vor allem der Dombaumeister Parler wurde zum Aushängeschild der Stadt. Anlässlich seines 600. Todestages wurden in Schwäbisch Gmünd 1999 die »Parler Wochen« veranstaltet.37 Ins öffentliche Bewusstsein rückten die Staufer im Zuge des 800-jährigen Jubiläums der Stadt 1962.38 Bei dem von Gemeinderat und Stadtverwaltung organisierten Programm sollte feierlich Rückschau gehalten werden auf die lange Geschichte der Stadt. Schirmherr der Veranstaltungen war der damalige Ministerpräsident Baden-Württembergs Kurt Georg Kiesinger.39 Im Fokus der staufischen Erinnerung während dieser Feierlichkeiten stand Friedrich Barbarossa. In ihm hat sich 1962 die staufische Geschichtskultur verdichtet.40 Da er lange als Stadtgründer galt, zierte sein Konterfei auch das Werbeplakat zu den 800-Jahr-Feierlichkeiten.41 Die Angebote entsprachen großteils einem bildungsbürgerlichen Kulturprogramm: Es gab Ausstellungen zur Gmünder Kunst und zum Wirken der Parler, geschichtliche und kunstgeschichtliche Vorträge und Führungen, Festgottesdienste und Konzerte.42 Höhepunkt und von eher populärer Natur war der 2,5 Kilometer lange historische Festzug bei dem Herolde, Fahnenschwinger, Musiker und Berittene unterstützt von großen Festwagen in szenischen Darstellungen die Stadtgeschichte Schwäbisch Gmünds veranschaulichen sollten. Die Staufer waren mit vier Festwagen vertreten, darunter eine riesige Barbarossa-Figur zur symbolischen Darstellung der Stauferstadt.43 Die Staufer waren in diesem Festzug jedoch nur ein historischer Aspekt unter zahlreichen stadtgeschichtlichen Ereignissen. Einen ersten Anlass, um die staufische Geschichte in den Mittelpunkt der populären Erinnerung und auch der Außenwerbung zu stellen, bot erst wieder das Stauferjahr 1977.44 Wie in vielen anderen Städten Baden-Württembergs 37

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Historisch gekleidete Steinmetze konnten bei ihrer Arbeit beobachtet werden, es wurden Sonderführungen und Vorträge über das Münster und das Schaffen der Parler angeboten und sogar ein mittelalterliches Rock-Open-Air und Freilicht-Theater zu Peter Parler waren zu besuchen. Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd; Dietenberger, 1999; Herkommer, Hubert, Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, 5.7.2016. Vgl. Hammes, Barbara, Archivarin Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin Stadtarchiv, 22.4.2015 (Interview): Aktivitäten und Bewusstsein der Stadt Schwäbisch Gmünd zur staufischen Geschichte 1977 und heute. Vgl.Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd/Handapparat, 1962: Schwäbisch Gmünd. 800 Jahre Stadt. Festwochen vom 7. bis 22 Juli 1962. Programm der Festwochen. Vgl. Schüle, Johannes, Historiker in Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview). In die moderne, skizzenhafte Darstellung des Rotbarts sind auch die wichtigsten, mit den Staufern in Verbindung zu bringenden Bauten der Stadt integriert. Das Plakat erfreute sich unter den Gmündern scheinbar große Beliebtheit und wurde anlässlich der 850-Jahr-Feier 2012 in limitierter Auflage erneut aufgelegt. Vgl. Kaiser Rotbart »sponsert« Staufersaga. Limitierte Reproduktion des Plakats zur 800-Jahr-Feier zugunsten des jüngsten Gmünder Vereins, 19.6.2012. In: Gmünder Tagespost. Vgl. SStadtarchiv Schwäbisch Gmünd/Handapparat, 1962: Schwäbisch Gmünd. 800 Jahre Stadt. Festwochen vom 7. bis 22 Juli 1962. Programm der Festwochen. Vgl. 800 Jahre Stadt. Vom 7-22. Juni 1962. Sonderausgabe zum Jubliäum. In: Rems-Zeitung, H. 155; Der Festzug zum Stadtjubiläum: 80 Pferde, 25 Wagen, 2 Ochsen, 8 Kapellen und 717 Personen, 1962. In: Rems-Zeitung, H. 147. Vgl. Hammes, Barbara, Archivarin Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin Stadtarchiv, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

wurde ein Kulturprogramm zur staufischen Geschichte zusammengestellt.45 Die städtischen Aktivitäten dieses Jahres werden in 6.3. detailliert analysiert. Generell stach Schwäbisch Gmünd mit diesem Reigen an staufischen Programmpunkten 1977 nicht besonders heraus.46 Wie die Ausstellungsmacher und viele andere Stauferstädte war sie von der großen Resonanz auf ihre Angebote überrascht. Auch die Bürger zeigten sich durch Leserbriefe und andere engagierte Anregungen interessiert.47 Dies ist jedoch eher dem zunehmenden Eventstatus der nicht weit entfernten Stuttgarter Ausstellung geschuldet, denn einem ausgeprägten historischen Bewusstsein als Stauferstadt. Dieses hatte sich in der Rückschau durch das Stauferjahr 1977 nicht nachhaltig geändert.48 In den Folgejahren gab es immer wieder vereinzelte Aktionen in Gmünd, die die staufische Stadtgeschichte aufgriffen, wie beispielsweise das Stadtjubiläum von 1984.49 Diese waren jedoch, neben den vereinzelten Vorträgen und Exkursionen im städtischen Geschichtsverein, eher eine Ausnahme. Bis in die jüngste Vergangenheit hinein wurde ein Geschichtsbewusstsein als Stauferstadt in Schwäbisch Gmünd nicht von einem breiten, gesellschaftlichen Konsens getragen.50 Auch im Bereich der Außenwerbung wurde das Label Älteste Stauferstadt zwar verwendet und auf die Straße der Staufer hingewiesen, es gab jedoch kaum dezidiert Tourismusangebote zur staufischen Geschichte und von einer expliziten Vermarktung als Stauferstadt konnte mitnichten die Rede sein.51 Die Staufer-Ausstellung in Mannheim wurde auch in Schwäbisch Gmünd wahrgenommen. Eine Leihgabe, die in Mannheim zu sehen war, war die Madonna aus der Gmünder Johanniskirche. Viele Bürger nahmen dies als Anlass, die Exposition in Mannheim zu besuchen, und auch in der Presse wurde öfter über die Ausstellung und die Leihgabe aus Schwäbisch Gmünd berichtet. In Kooperation mit anderen staufischen Stätten der Region fanden im Rahmen der Touristikgemeinschaft Stauferland über das Jahr verteilt an verschiedenen Orten Aktivitäten im Zusammenhang mit den Staufern

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Vgl. Herrmann, Klaus-Jürgen, 1977: Das Stauferjahr 1977 in Schwäbisch Gmünd in der Retroperspektive. Versuch einer zusammenfassenden Chronologie. In: Dietenberger, Eduard (Hg.): Einhorn-Jahrbuch Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd, S. 16-22, S. 16, S. 18; Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 120. Über die eigene Kommune hinaus erarbeitete Schwäbisch Gmünd mit anderen Städten im Stauferland die Straße der Staufer nebst begleitender Publikation Staufische Zeugnisse im Stauferland. Siehe S. 116. Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview); Schüle, Johannes, Historiker in Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview). Vgl. Herrmann, 1977, S. 16. Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview). Vgl. Schwäbisch Gmünd – Tradition über 12 Jahrhunderte. Ein Bildbericht mit einer Übersicht über alle wichtigen Veranstaltungen. In: Dietenberger, Eduard (Hg.): 1984 – Einhorn Jahrbuch Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd, S. 22-37, S. 22. Vgl. Graf, Klaus, Mediävist und Archivar, Freiburg 20.7.2016 (Interview); Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview). Vgl. Schüle, Johannes, Historiker in Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview); Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview).

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

statt.52 Eine Pressereise führte Journalisten in die Älteste Stauferstadt, in der einige Programmpunkte und staufische Führungen durchgeführt wurden.53 Grundsätzlich spielte Schwäbisch Gmünd im Stauferjahr 2010 jedoch keine so aktive Rolle. Zu sehr war man schon mit den Vorbereitungen für das 2012 anstehende, 850-jährige Stadtjubiläum beschäftigt.54 Bei diesem sollte die staufische Geschichte erstmals ganz dezidiert in den Mittelpunkt der Feierlichkeiten rücken und das bislang stiefmütterlich behandelte Thema ins Bewusstsein der Gmünder gebracht werden.55 Herzstück des Jubiläumsprogramms, so planten es der amtierende OB Arnold und sein Lebensgefährte Stephan Kirchenbauer, sollte ein Theaterstück über »den Aufstieg bis zum Niedergang in erlebbaren […] Bildern«56 der staufischen Dynastie sein. Die Idee schlug ein und begeisterte. Mit Hilfe zahlreicher Ehrenamtlicher konnten die Staufer zum Jubliäumsjahr on stage gebracht werden. Darüber hinaus gab es über das ganze Jahr hinweg zahlreiche andere Angebote rund um die staufische Geschichte der Stadt. Das Jubiläumsjahr mit all seinen Aktivitäten erzeugte in Gmünd ein neues Gemeinschaftsgefühl und auch Geschichtsbewusstsein. Die staufische Geschichte der Stadt war im öffentlichen Bewusstsein vieler Gmünder angekommen und wird seitdem geschätzt.57 Der Verein Staufersaga wurde gegründet, der »diese staufische Idee und das Projekt der Staufersaga […]« fortführt.58 Mit ihrem Engagement und den vielen unterschiedlichen thematischen Gruppen von mittelalterlicher Musik bis zu Fahnenschwingern prägen sie die staufische Geschichtskultur bei vielen öffentlichen Anlässen.59 Auch im Bereich Tourismus/Marketing wird das Thema Staufer nun verstärkt wahrgenommen. Die Staufer fungieren im Stadtmarketing inzwischen als opener und Alleinstellungsmerkmal, getragen vor allem von erlebbaren Angeboten zur Stadtgeschichte.60 Im städtischen Leben sind die Staufer seit dem 850-Jährigen Stadtjubiläum durch eine Vielzahl von Aktivitäten verankert. Vor allem in Kooperation zwischen Stadtverwaltung und dem Verein Staufersaga werden immer wieder Events zur staufischen Geschichte angeboten. Darunter beispielsweise ein Stauferlager anlässlich der Landesgartenschau 2014 und seit 2013 regelmäßig ein staufischer Weihnachtsmarkt. Bei diesem kann in der Staufer-Schmiede historisches Handwerk betrachtet werden. Das Verköstigungshäuschen lockt mit Barbarossa-Trunk und Agnes Punsch oder Staufer-Senf und

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Vgl. Staudenmaier, 18.2.2010. Vgl. ebd. Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview). Vgl. Herrmann, 2014, Markus, S. 413. Ebd. Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview). Siehe auch Herrmann, Markus, 2014, S. 415-417. Herrmann, Markus, 2014, S. 417. Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview). Vgl. ebd.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Staufer-Honig.61 2016 war eine weitere Aufführung der Staufersaga zu sehen, diesmal begleitet von einem Staufer-Wochenende und den sogenannten »Schwörtagen«.62

6.2

Das Label Älteste Stauferstadt: Die Präsenz staufischer Geschichte im Stadtbild

Zunächst sollen die Präsenz staufischer Geschichte im Stadtbild und institutionalisierte Formen staufischer Erinnerung im Stadtalltag wie beispielsweise Schülerwettbewerbe, Sportereignisse unter staufischen Namen und Ähnliches untersucht werden. Ein zweiter Abschnitt analysiert den Umgang Schwäbisch Gmünds mit dem Label Stauferstadt in der Außendarstellung.63 Zunächst zum Bereich der städtebaulichen Maßnahmen: In Schwäbisch Gmünd wurde erstmals 1960 eine Schule nach den Staufern benannt.64 Aus dem über die Einweihung berichtenden Zeitungsartikel wird der Bezug zur namensgebenden Dynastie deutlich. Bilder eines Gmünder Kunsthistorikers und Fotografen zu »Ereignisse[n] aus der Geschichte des seinerzeit weltgestaltenden Kaisergeschlechts der ›Hohenstaufen‹«65 schmückten die Wände. Ganz konkret wird der Grund für die staufische Namensgebung genannt: »Diese Tradition des einst so ruhmreichen ›Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation‹ weiterzuführen und dessen Geist christlich, abendländischer Gesinnung in alle Zukunft weiter zu reichen, von Generation zu Generation […].«66 Diese Auslegung der staufischen Geschichte entspricht dem Abendlandgedanken der Nachkriegszeit, durch den der mit den Staufern bis 1945 verbundene Reichsgedanke in einen Europa- und Abendlandgedanken umgedeutet wurde.67 Über die Bezeichnung der staufischen Dynastie als die »Hohenstaufen« wurde noch stärker ein Bezug zur lokalen und regionalen Geschichte hergestellt. Obwohl durch die Namenswahl ein klares Bekenntnis zur staufischen Geschichte deutlich wird, wird Schwäbisch Gmünd noch im selben Satz des Zeitungsartikels als »Gold- und Silberstadt«

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Vgl. Schwörer-Haag, Anke, 7.12.2013: Staufersaga war kein Strohfeuer. OB Richard Arnold eröffnet ersten staufischen Weihnachtsmarkt und lobt nachhaltiges Engagement. In: Gmünder Tagespost; Verein Staufersaga e.V.: Staufersaga Weihnachtsmarkt 2015. https://www.staufersaga.de/details/staufersaga-weihnachtsmarkt-2015-111.html [22.06.2018]. Diese Aufführung und Rahmenprogramm werden in 6.3.2. intensiv analysiert, wobei auch die Aktivitäten zum Jubiläumsjahr 2012 berücksichtigt werden. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass eine strikte Trennung der Untersuchungsfelder aufgrund ihrer wechselseitigen Durchdringung in der Praxis nur schwer möglich ist. So sind historische Jubiläen beispielsweise oftmals sehr wichtig für die innere Konsolidierung einer Stadtgemeinschaft, zugleich sind sie jedoch auch wirksame Werbeträger im Bereich des Stadtmarketings. Vgl. Stauferschule Schwäbisch Gmünd: Chronik. https://www.staufer.gd.schule-bw.de/Gesamtchr onik.html [19.07.2018]. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Schulen-Stauferschule, 27.4.1960: Zeitungsartikel Gmünder Tagespost: Stauferschule. Aktive Kulturpolitik der Stadt. Ebd. Siehe S. 43.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

bezeichnet.68 Ein Selbstverständnis und eine dezidierte Betitlung als Stauferstadt war demnach 1960 noch nicht vorhanden, wohl aber ein gewisses Traditionsbewusstsein. Dieses zeigt sich auch bei anderen städtischen Zeugnissen. Historische Straßennamen gelten als klassischer Indikator für das Geschichtsbewusstsein einer Stadt.69 Drei Straßen sind in Schwäbisch Gmünd nach den Staufern benannt: Die Barbarossastraße in der Gemeinde Bettringen, die Hohenstaufenstraße in der Gemeinde Rechberg und die Stauferstraße in der Gemeinde Bargau. Die Umbenennungen erfolgten in den Jahren 1964-1972 oftmals als Auswirkungen auf Eingemeindungen, auch um Namensdopplungen zu vermeiden.70 Diese Namensgebungen müssen vor dem historischen Hintergrund der frühen Gemeindereformen gesehen werden. Die Bevölkerungsstruktur änderte sich drastisch, was durch spätere Eingemeindungen nochmals verstärkt wurde.71 Der Bezug auf »Lokalhelden«, die auch über die Stadt hinaus bekannt waren, ermöglichte den vielen Neubürgern einen Zugang zur Kommune und konnte dazu beitragen, die neue Stadtgemeinschaft zu konstituieren. Vermutlich waren die Staufer auch im Nachklang an das Stadtjubiläum von 1962 als mögliche städtische Namensgeber ins Bewusstsein gerückt. Des Weiteren können die Namensbenennungen auch als Indiz für das latent vorhandene Geschichtsbewusstsein als Stauferstadt im Kreise des Bildungsbürgertums Gmünds gedeutet werden. Dieses nimmt nach Rainer Pöppinghege hauptsächlich das Recht in Anspruch, Benennungsvorschläge für öffentliche Einrichtungen beim Gemeinderat einzureichen.72 Es ist jedoch bezeichnend, dass nach dieser Phase der staufischen Namensgebungen in den 1960er und 1970er Jahren mit Ausnahme der Betitlung des Krankenhauses als Stauferklinik Schwäbisch Gmünd, 1992, bis weit in die 2000er hinein keine weiteren öffentlichen Einrichtungen oder Straßen mit dem Attribut »Staufer-« gekennzeichnet wurden.73 Präsenter wurden die Staufer im Stadtbild als 2012 im Rahmen der Feierlichkeiten zum 850-Jährigen Jubiläum die Stauferstele auf dem Johannisplatz eingeweiht werden konnte.74 Als Stifterin fungierte eine ehemalige Gmünderin als Privatperson, der Gemeinderat genehmigte die Aufstellung an diesem sehr präsenten Ort in der Nähe der Johanniskirche.75 Die Stele 68 69 70

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Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Schulen-Stauferschule, 27.4.1960. Siehe S. 23. Vgl. Onlinestreet.de: Barbarossastraße. https://onlinestreet.de/strassen/Barbarossastraße.Schwä bisch+Gmünd.28246.html [18.07.2018]; Onlinestreet.de: Stauferstraße. https://onlinestreet.de/st rassen/Stauferstraße.Schwäbisch+Gmünd.208065.html [18.7.2018]; Onlinestreet.de: Hohenstaufenstraße. https://onlinestreet.de/strassen/Hohenstaufenstraße.Schwäbisch+Gmünd.106103.html [18.07.2018]; Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd. Amt für Stadtentwicklung-Liegenschaften, Bodenmanagement und Bauplatzmanagment, 3.7.2016 (Korrespondenz): Infomationen zu Straßenbenennungen. Siehe S. 125. Vgl. Pöppinghege, 2007, S. 20-23, S. 31. Vgl. StauferKLINIKUM Schwäbisch Gmünd: Geschichte. https://www.stauferklinikum.de/de/wiru eberuns/geschichte.php [1.7.2019]. Seit 2009 trägt das Krankenhaus den Titel »Stauferklinikum Schwäbisch Gmünd«. Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 36. Vgl. Mit großer Mehrheit für die Stauferstele, 2011. In: Rems-Zeitung, H. 15; Hauber, Alexander, 2.4.2012: Bekenntnis zu den Staufern. Lorch hat die Stauferstele schon seit 2008 – Seit Samstag ziert ein solches Denkmal auch den Gmünder Johannisplatz. In: Gmünder Tagespost, H. 78.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

stellt auf verschiedenen Seiten durch Wappen und Inschriften den Bezug zu Stadt, Region und überregionaler Staufergeschichte her. Zu sehen ist auf der einen Seite das Wappen der Stadt, darunter die erste urkundliche Nennung der Stadt Gmünds und damit die Kennzeichnung als Älteste Stauferstadt. Eine andere Seite zeigt das Wappen des Herzogtums Schwabens. Darunter wird die Ringlegende um die Johanniskirche erläutert. Weiterhin werden wichtige staufische Gebäude der Stadt genannt. Die letzte Seite zeigt das Wappen des Reichs und nennt die Aufenthalte staufischer Herrscher in Gmünd. So wird der Bezug zur »großen« Geschichte des Heiligen Römischen Reichs und den Staufern hergestellt.76 Auf der Stele wird damit einerseits die Verbindung zur eigenen, für die Stadt charakteristischen Geschichte hergestellt und diese andererseits mit der regionalen, nationalen und europäischen Geschichte verknüpft. Verschiedenste räumlich gespannte historische Identitäten überlappen sich in diesem Denkmal. Die Einweihung stand ganz im Zeichen des in diesem Jahr begangenen Jubiläums und dem damit verbundenen Staufer-Theaterstück. Die Ansprachen wurden von Tanz- und Musikdarbietungen der Darstellenden in historischen Kostümen ergänzt, zur Enthüllung ertönten Fanfaren.77 Die Stauferzeit avancierte während der Steleneinweihung zur ehrwürdigen, aber auch unterhaltenden Epoche. Die starke, positive Resonanz auf die Stelenerrichtung – der Gemeinderat befürwortete den sehr exponierten Standort und über 300 Gäste nahmen an den Feierlichkeiten zur Enthüllung teil – kann ganz klar als »Bekenntnis zu den Staufern« und als Indiz für ein neu erwachtes staufisches Geschichtsbewusstsein im öffentlichen Raum gedeutet werden.78 Davon zeugt auch der in der Nähe der Stauferstele zu findende Shop des Verein Staufersaga, der im Nachklang zu den Jubiläumsfeierlichkeiten eröffnet wurde und nun allerlei Merchandise-Artikel und Eigenprodukte des Vereins zu den Staufern anbietet. Über diese städtebaulichen Maßnahmen hinaus lassen sich jedoch keine weiteren institutionalisierten Erinnerungen an die staufische Geschichte finden, die der inneren Konsolidierung der Stadtgemeinschaft dienen könnten. Neben dem Verein Staufersaga, dessen Tätigkeiten später detailliert analysiert werden, gibt es keine weiteren städtischen Vereine, die sich explizit mit der staufischen Geschichte beschäftigen oder auch nur das Attribut »Staufer-« oder »Barbarossa-« im Namen tragen. Es finden sich auch keine weiteren öffentlichen Einrichtungen mit diesem Namenszusatz. Dies unterscheidet Schwäbisch Gmünd von anderen Staufer- und Barbarossastädten mit tief ausgeprägten staufischen Erinnerungstraditionen wie beispielsweise Kaiserslautern.79 Anders als andere Staufer- und Barbarossastädte hat Schwäbisch Gmünd auch keine Städtepartnerschaft mit einer staufischen geprägten Stadt, wobei sich während des Untersuchungszeitraums immer wieder italienische Städte interessiert an einer Zusammenarbeit zeigten: Anlässlich der großen Staufer-Ausstellung 1977 war eine Reisegruppe aus Göppingens Partnerstadt Foggia auch in Schwäbisch Gmünd zu Gast mit

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Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 36; Koblank, Peter: Stauferstelen. Schwäbisch Gmünd 2012. https://www.stauferstelen.net/stele-gmuend.htm [18.7.2018]. Vgl. Hauber, 2.4.2012. Ebd. Vgl. Tab. 3: Potentielle Staufer- und Barbarossastädte und ihre staufische Geschichtskultur S. 250.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

dem Wunsch die Beziehungen zur Ältesten Stauferstadt vertiefen zu können. Freundschaftlich gepflegte Kontakte auf Grundlage einer verbindenden staufischen Geschichte sollten beständiges Fundament für den gemeinsamen Frieden sein.80 Aus dieser Motivation heraus besuchte 1998 auch eine italienische Schulklasse aus Melfi die Stadt. Die Gruppe war gezielt auf der Suche nach einer Partnerschaft »[…] die einen bedeutenden Schritt in Richtung Völkerverständigung – ganz im Sinne Friedrichs II. – vollziehen könnte.«81 Diese Bemühungen verliefen jedoch alle im Sande.82 Erst 2001 wurde mit Faenza ein deutsch-italienisches Städtepartnerschaftsbündnis geschlossen. Die Kommunen sind jedoch nicht durch historische Bezüge in der Stauferzeit miteinander verbunden. Grundlage der Verbindung ist die Partnerschaft des Ostalbkreises mit der Provinz Ravenna, die in Form von Städtepartnerschaften beider Regionen einen kommunalen Unterbau erhalten sollte.83 Faenza ist römischen Ursprungs und war zur Regierungszeit der Staufer freie Gemeinde. Seine Blütezeit erlebte die Stadt während der Herrschaft der Manfredi im 15. Jahrhundert.84 Eine Verbindung zu den Staufern ergibt sich durch die Reiterspiele von 1164, die anlässlich eines Besuchs Barbarossas in der Stadt erstmals durchgeführt und während der weiteren Stadtgeschichte mit zahlreichen Adaptionen immer wieder ausgefochten wurden. Seit 1959 werden diese in moderner Form erneut abgehalten. Die heutige Durchführung orientiert sich jedoch an einer Form des Turniers aus dem 15. Jahrhundert, dem Palio di Niballo. Es erinnert somit in seiner Aufmachung und der Kostümierung der Teilnehmenden an die Ära der Manfredi. Ihre Herrschaftszeit wird auch in einer jedem Turnier vorausgehenden historischen Parade in Szene gesetzt.85 Seit 2002 reist eine kleine Delegation aus Schwäbisch Gmünd bestehend aus Stadtspitze, Verwaltungsspitze und Gemeinderäten anlässlich des Palio di Niballo nach Faenza.86 Seit 2011 sind auch Gruppen des Vereins Staufersaga bei den Feierlichkeiten dabei.87

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Vgl. Auf den Spuren der Staufer: Nach Foggia eingeladen, 1977. In: Rems-Zeitung, H. 90. Zitiert nach: Im Sinne Friedrichs II. Italienische Schüler auf Partnersuche in Gmünd. In: RemsZeitung, H. 102. Auch die staufisch geprägte italienische Stadt Sulmona suchte in den 1990er Jahren den Kontakt mit Schwäbisch Gmünd, woraus jedoch ebenfalls keine institutionalisierte Zusammenarbeit entstand. Vgl. Stauferstädte in Kontakt, 1995. In: Gmünder Tagespost, H. 271. Vgl. Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin des Stadtarchivs Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 3.7.2016 (Interview): Die Aktivitäten zur staufischen Geschichte 1977 und 1984. Vgl. Aubele, Katharina; Mitarbeiterin Stabsstelle Internationalität der Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Städtepartnerschaft mit Faenza; Maile, Manfred, ehemaliger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview). Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd: Partnerstädte. Faenza, Italien. https://www.schwaebisch-gmuend.de/113.php [16.08.2018]; Comune di Faenza: Faenza: una breve storia. https://www.comune.f aenza.ra.it/Citta/Faenza-nella-storia/Cenni-Storici/Faenza-una-breve-storia [18.08.2018]. Vgl. Commune di Faenza: Niballo Palio di Faenza. La Storia. https://www.paliodifaenza.it/la-storia/ [16.08.2018]; Comune di Faenza; Faenza: una breve storia; Comune di Faenza: Niballo Palio die Faenza. Corteo Storico. https://www.paliodifaenza.it/corteo-storico/ [16.08.2018]. Vgl. Aubele, Katharina, Mitarbeiterin Stabsstelle Internationalität der Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd, 10.7.2016; Bald Gmünder Gruppen mit von der Partie? Bürgermeister Dr. Joachim Bläse und Gemeinderäte beim Reiterfest Palio in Faenza, 9.7.2002. In: Gmünder Tagespost, H. 156. Siehe S. 268ff.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Eine weitere wichtige Säule der städtischen Geschichtskultur ist die Repräsentation einer Stadt im Bereich Tourismus/Marketing.88 Um die Hinwendung und allmähliche Verfestigung des Attributs Stauferstadt bzw. Älteste Stauferstadt dokumentieren zu können, setzt die Analyse der Außenwerbung bereits in den 1950er Jahren und damit etwas vor dem eigentlichen Untersuchungszeitraum an. Anhand einer ersten Betrachtung älterer Postkarten ist festzuhalten, dass das Thema Staufer bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts in der Selbstpositionierung Schwäbisch Gmünds anscheinend keine Rolle gespielt hat.89 Auf Postkarten und Werbebroschüren der 1950er Jahre wurden die Staufer nur am Rande erwähnt. In einer Informationsbroschüre aus dem Jahr 1953 heißt es zu den Staufern lediglich: »Unter den Staufern wurde der kleine Marktort als erster Ort Schwabens um 1160 zur Stadt erhoben […].« »Nach dem Aussterben der Staufer […].«90 Betont wurde der Status als ehemalige freie Reichsstadt und vor allem dessen Berühmtheit als Stadt der Gold- und Silberschmiedekunst, auf die sich die Stadt mit Stolz berief. Außerdem wurden die historischen Persönlichkeiten Parler, Ratgeb und Grien aufgezählt, die für die Positionierung der Stadt bis in die 1990er Jahre immer wieder von Bedeutung waren.91 Wichtige Gebäude der Stadt wurden genannt. Hierunter auch die Johanniskirche, die als »eine dreischiffige Pfeilerbasilika aus dem 13. Jahrhundert, ein Denkmal des spätromanischen Stils […]« umschrieben wird.92 Es ist auffällig, dass die Stauferzeit in dieser Beschreibung mit keinem Wort erwähnt wird. Grundsätzlich waren die Elemente »Kultur«, »Bildung« aber auch »Natur« in der Bewerbung wichtig: »Der Kunstkenner findet eine Fülle von hervorragenden Denkmälern. Den Wanderer locken die nahen Alpberge […].« »Der Geschichtsfreund lebt in einer großen, Ereignissen reichen Landschaft.«93 Diese Elemente sind bis in die Gegenwart wichtige Komponenten bei der Bewerbung von Destinationen. In den 1950er Jahren wurde für den Bereich »Geschichte« und »Kultur« jedoch der Wunsch der Besucher nach Weiterbildung beworben und kein »authentisches« Erlebnis in das sie »eintauchen« können; sprich ein ästhetisch-unterhaltender Genuss angepriesen. Diese Priorisierung spiegelt sich auch im Design der Broschüren wider: Die Texte sind informativ und nüchtern gehalten. In der Werbebroschüre von 1953 wird als Autor der Stadtarchivar aufgeführt. Dies zeigt, dass zwar noch keinerlei Strukturen für die touristische Außendarstellung geschaffen, 88

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Für die Darstellung der Ältesten Stauferstadt in der Außenwerbung werden hauptsächlich die von Seiten der Stadt Schwäbisch Gmünd herausgegebenen Werbebroschüren analysiert. Nur sehr vereinzelt werden auch die Broschüren der Touristikgemeinschaft Stauferland hinzugezogen, in der sich Schwäbisch Gmünd seit Gründung des Tourismusverbands als Älteste Stauferstadt präsentiert. Diese überkommunal generierte Art der staufischen Rezeption liegt nicht im Fokus des Interesses. Es handelt sich dabei meist um eine Bündelung der Einzelwerbungen der Städte, die der Rezeption der städtischen Broschüren sehr ähnelt und oftmals wenig aussagekräftig ist. Vgl. Hammes, Barbara, Archivarin Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin Stadtarchiv, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview). Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Fremdenverkehrsverein, 1953: Werbe-/Informationsbroschüre zur Stadt Schwäbisch Gmünd. Siehe S. 128. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Fremdenverkehrsverein, ca. 1950er Jahre: Broschüre Schwäbisch Gmünd. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Fremdenverkehrsverein, 1953: Werbe-/Informationsbroschüre zur Stadt Schwäbisch Gmünd.

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aber ein Bedarf an touristischen Unterlagen erkannt worden war.94 In den Prospekten der 1960er Jahre kann eine inhaltliche Wende festgemacht werden. Wichtig waren immer noch bekannte Persönlichkeiten Gmünds und vor allem die Tradition der Goldund Silberschmiedekunst. In einem Prospekt wird sogar auf die Ansiedlung der Gablonzer nach dem Zweiten Weltkrieg und damit die Erweiterung der Gmünder Künste um deren Fähigkeiten eingegangen.95 Parallel zur »Stadt der Goldschmiede« wurde Schwäbisch Gmünd jedoch nun vermehrt als »Älteste Stauferstadt« bezeichnet. Dies wird auch anhand der Bebilderung der Broschüren deutlich. Neben anderen wichtigen Gebäuden der Stadt, wie beispielsweise dem Marktbrunnen aus der Zeit der Renaissance, ist nun vermehrt die Johanniskirche abgebildet.96 Dieses allmähliche Auftauchen der staufischen Geschichte in der Außenwerbung läuft zeitlich parallel zu den Stauferbenennungen im Stadtbild. Mehrere Faktoren können dieses Aufkommen begründen: Der kriegs- und strukturbedingt neu zusammengesetzten Kommune konnte so eine Möglichkeit der historischen Identitätsstiftung gegeben werden. Das Stadtjubiläum Schwäbisch Gmünds von 1962 beflügelte die Hinwendung zur staufischen Geschichte sicherlich zusätzlich. Hinzukommt, dass die Edelmetallbranche – bisheriges Aushängeschild Gmünds – das Vorkriegsniveau nicht wieder erreichte und zunehmend von anderen Industriezweigen in den Hintergrund gedrängt wurde.97 Auch andere Stauferund Barbarossastädte begannen in diesem Zeitraum sich mit diesem Attribut zu titulieren.98 Neben einer Hinwendung zur Heimatgeschichte in der frühen Nachkriegszeit wurde dieser Trend durch den wachsenden Tourismus- und Freizeitsektor begünstigt, für den Städte als Marke präsent sein mussten.99 Auch in den Broschüren der 1960er Jahre wurden die Schönheit der umliegenden Natur und die kulturellen Sehenswürdigkeiten angepriesen. Letztere boten die Möglichkeit der privaten Weiterbildung. Dementsprechend waren auch die Werbeprospekte sehr textlastig und berichteten ausführlich über die Stadt in ihrem aktuellen Zustand und ihre Geschichte.100 Die 1970er Jahre

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Die Analyse der 1950er Jahre ergibt sich insgesamt aus folgenden Broschüren:Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Postkartensammlung, ca. 1950er Jahre: Chronik-Postkarte Schwäbisch Gmünd; Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Fremdenverkehrsverein, ca. 1950er Jahre: Broschüre Schwäbisch Gmünd; Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Fremdenverkehrsverein, 1953: Werbe-/Informationsbroschüre zur Stadt Schwäbisch Gmünd. 95 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Fremdenverkehrsverein, ca. 1960er Jahre: Broschüre Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd. Zur Ansiedlung der Gablonzer siehe S. 125. 96 In einem Prospekt wird diese auch mit folgender Bildunterschrift versehen: »Die Johanniskirche aus der Zeit der Staufer«. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Fremdenverkehrsverein, ca. 1960er Jahre: Broschüre Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd. Siehe weiterhin: Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1967: Broschüre Schwäbisch Gmünd. Älteste Stauferstadt. Stadt der Gold – und Silberschmiede; Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Postkartensammlung, o.J.: Schwäbisch Gmünd-Silberstadt. 97 Siehe S. 126. 98 Siehe S. 106. 99 Siehe S. 41, 74. 100 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine: Fremdenverkehrsverein, ca. 1960er Jahre: Broschüre Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd.

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brachten eine weitere Fokussierung auf die staufischen Aspekte der Stadtgeschichte. Beide Attribute Älteste Stauferstadt und »Gold- und Silberstadt« sind in den Werbeprospekten der Zeit zu finden.101 Des Weiteren rühmte sich die Stadt als »Geburtsort weltberühmter Künstler«.102 Auf inhaltlicher Ebene wird den Staufern jedoch deutlich mehr Raum gegeben. In einer Werbebroschüre von 1974 heißt es zum historischen Abriss: »Dieser ummauerte Marktort erhielt von Kaiser Friedrich Barbarossa (ca. 11251190), dem berühmtesten der Stauferkaiser, der 1152 zum König gewählt worden war, die Stadtrechte. Damit war Gmünd die erste seiner vielen Stadtgründungen […].«103 Nicht nur die Rolle der Staufer für die Stadtgeschichte, sondern auch die Ringlegende, die Bedeutung der Staufer für die Region, z.B. durch das Kloster Lorch, und sogar deren Wirken im Reich werden in den Broschüren detailliert beschrieben. Im Zentrum stehen die frühen Staufer und ihr Handeln auf lokaler und regionaler Ebene. Transnationale Herrschaftsaspekte der Dynastie werden in dieser Zeit jedoch noch in keiner Weise thematisiert.104 Auch medial nehmen die Staufer in den Werbeprospekten ab den 1970er Jahren einen größeren Raum ein. Beliebt als Postkartenmotiv zur Bebilderung der Broschüren ist weiterhin der Marktbrunnen.105 Er wird jedoch zunehmend ergänzt oder sogar ganz von der Johanniskirche abgelöst. Auf der Titelseite eines Willkommenspakets der frühen 1970er Jahre ist neben anderen Zeichnungen nicht nur die Kirche, sondern auch eine Reichskrone abgebildet, wodurch die staufische Geschichte aus der lokalen Stadtgeschichte herausgelöst und deren Bedeutung im nationalen Sinne verbildlicht wird.106 Grundsätzlich ist jedoch auch in den Prospekten der 1970er Jahre die Bebilderung sehr spartanisch. Im Vergleich zu heutigen Werbeprospekten gleichen die Broschüren eher kleinen Handbüchern mit Texten im Schulbuchformat.107 Das Stauferjahr 1977 wurde von Seiten der Stadt als eine »gewisse Verpflichtung [gesehen] durch Veranstaltungen, Veröffentlichungen und Werbung mitzuarbeiten und gleichzeitig die Möglichkeit, auf sich als Älteste Stauferstadt aufmerksam zu machen«.108 Das nach wie vor wichtige Charakteristikum der Gold- und Silberschmiedekunst galt es nun mit dem Event »Staufer« zu verknüpfen. Dementsprechend wurde Ministerpräsident Filbinger 101 102 103 104

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Vgl.Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, ca. frühe 1970er Jahre: Willkommenspaket der Stauferstadt Schwäbisch Gmünd. Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1974: Stadtführer Schwäbisch Gmünd 1974. Ebd., S. 10. Diese Zuschreibung Barbarossas als Stadtgründer ergibt sich aus älteren Forschungsansichten. Siehe S. 129. Vgl. ebd., S. 10. Der selbe historische Abriss findet sich auch in einer anderen Werbebroschüre von 1974. Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1974: Broschüre Schwäbisch Gmünd. Die älteste Stauferstadt. Stadt der Gold- und Silberschmiede. Vgl. beispielsweise Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Postkartensammlung, 1974: Schwäbisch Gmünd. Älteste Stauferstadt mit mittelalterlichem Stadtkern. Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, ca. frühe 1970er Jahre: Willkommenspaket der Stauferstadt Schwäbisch Gmünd. Vgl. beispielsweise Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1974: Stadtführer Schwäbisch Gmünd 1974. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 15.11.1976: Stauferjahr 1977. Zusammenstellung der Kosten.

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bei einem Besuch in Gmünd ein eigens für ihn hergestelltes Stauferrelief überreicht. Im berichtenden Zeitungsartikel wird die Bedeutung Gmünds »als älteste und größte Stauferstadt des Stammlandes« betont.109 Über das ganze Jahr hinweg bot die Stadt Aktivitäten zur staufischen Geschichte an. Im Werbesektor wurde unter anderem ein gemeinsames Plakat der Stauferstädte der Region entworfen, welches in Stuttgart zur Reklame genutzt wurde.110 Des Weiteren investierte die Stadt in gemeinsame Broschüren, aber auch eigenständige Publikationen, Anzeigenwerbung in Zeitungen und Reisefachblättern und andere Werbeprospekte und Programme – kurz: Die Staufer spielten 1977 eine zentrale Rolle in der Außendarstellung der Stadt.111 Es konnten keine Werbebroschüren ausfindig gemacht werden, die explizit von Seiten der Stadt Schwäbisch Gmünd herausgegeben wurden. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass diese in Text und medialer Aufbereitung den mit den Städten der Region gemeinsam herausgegeben Broschüren entsprachen. Einen guten Eindruck hiervon gibt die gemeinsame Broschüre Stauferstätten im Stauferland. Zur Stadt Schwäbisch Gmünd finden sich die vom Stadtarchivar redigierten Beiträge zum Stadtgrundriss, der Johanniskirche und der Burgruine Hohenrechberg. Im Text zur Johanniskirche wird auf die Geschichte des Gebäudes und auf die kunsthistorischen Besonderheiten eingegangen. Weiterhin wird die Bedeutung der Staufer für die Stadt und auch die Ringlegende geschildert. Der Text ist sehr dicht an Informationen und bringt zuweilen Forschungskontroversen mit ein. Ihm ist ein einzelnes schwarz-weißes Bild des beschriebenen historischen Gebäudes vorangestellt. Das Heft entspricht im Kontrast zu heutigen Werbebroschüren eher einer populärwissenschaftlichen Kurzabhandlung.112 Bei den Touristen der 1970er Jahre erfreute sie sich dennoch großer Beliebtheit, sodass im Frühsommer 1977 schon die zweite Auflage erscheinen konnte.113 Während der 1980er Jahre lässt sich keine einheitliche Linie bezüglich einer Attributszuschreibung in der Außenwerbung erkennen. Schwäbisch Gmünd wird häufig in einer Reihe von Zuschreibungen als Hochschulstadt,

109 Fleiß und Tradition seit eh und je: Dem Ostalbkreis geziemt der Titel »Stauferkreis«. Stauferrelief für Ministerpräsident Dr. Filbinger/Zeichen echter Gmünder Handwerkskunst, 1977. In: Gmünder Tagespost, H. 38. 110 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 16.12.1976: Ergebnisprotokoll der Besprechung Gemeinsame Aktivitäten der staufischen Schwesterstädte; Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 2.4.1976: Sitzungsprotokoll zur Koordinierungstagung in Göppingen zum Stauferjahr. 111 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 15.11.1976: Stauferjahr 1977. Zusammenstellung der Kosten. Siehe hierzu auch Herrmann: »Mehrere Artikel über das stauferzeitliche Gmünd informierten in überregionalen Zeitschriften; das Programm Gmünds, bzw. seine Sehenswürdigkeiten waren u.a. sowohl in den weitverbreiteten Führern ›Stauferstädte in Baden-Württemberg‹ als auch in ›Baukunst der Stauferzeit‹ vertreten.« Herrmann, 1977, S. 18. 112 Vgl. Ziegler, 1977. 113 Vgl. Herrmann, 1977, S. 18.

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Gold- und Silberstadt und auch Älteste Stauferstadt bezeichnet.114 Mal wird sie auf dem Titelblatt und auch der ersten Beschreibung ganz prägnant als Älteste Stauferstadt beschrieben und die Umstände der Namensgebung erläutert, im weiteren Text wird aber weiterhin die Zuschreibung als Gold- und Silberstadt aufgegriffen.115 Allmählich scheint sich der staufisch geprägte Namenszusatz zumindest als erste Priorität jedoch flächendeckend durchzusetzen. Thematisch werden in den Prospekten weiterhin Ausflüge in die umliegende Natur beworben. Neu hinzu kam in einer Broschüre der frühen 1980er Jahre sehr prägnant der Sektor Genuss und Kulinarik als wichtige Werbekomponente für eine Destination. Die Besucher sollen sich »von der Leistungsfähigkeit [der] Gastronomie überzeugen können«, die Obstwässer und Weine probieren und die gelebte Gemütlichkeit des Ortes kennen lernen.116 Die Stadt sollte nicht mehr nur im kulturellen und landschaftlichen Sinne zu entdecken sein, sondern lockte auch mit einem gewissen Lebensgefühl und typischen schwäbischen Speisen. Dieser Sektor ist in rezenten Tourismusangeboten nahezu omnipräsent.117 Die neue Komponente spiegelt sich auch in der medialen Aufmachung des Flyers wider. Auf dem Titelblatt ist zwar die Johanniskirche abgebildet, diese steht jedoch nicht majestätisch für sich, sondern im Vordergrund zu sehen sind Gmünder plauschend im Café sitzend, die das Lebensgefühl der Stadt verbildlichen sollen. Die Motive gleichen eher Momentaufnahmen, doch dominiert nach wie vor der erläuternde Text. Die im Prospekt angebotenen Führungen durch die historische Innenstadt und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wurden weiterhin durch den Stadtarchivar durchgeführt. Element der Pauschalangebote war ein Vortrag mit dem Thema »Schwäbisch Gmünd – Stadt der Staufer«.118 Daran wird deutlich, dass erstens der städtische Tourismus nach wie vor kein eigenständiger Sektor der Stadtverwaltung war und zweitens, die Stadtgeschichte weiterhin dem kulturellen Sektor »Bildung« zugeordnet wurde. Den Einzug in die Unterhaltungs- und Erlebnisbranche haben die Staufer bis zum Ende der 1980er Jahre demnach noch nicht vollzogen. Die 1990er und frühen 2000er Jahre brachten die Durchsetzung des Alleinstellungsmerkmals Älteste Stauferstadt für Schwäbisch Gmünd. Dies veranschaulicht sehr schön die Idee einer neuen Anstecknadel für wichtige Besucher der Stadt aus dem Jahr 1993. Als Motiv hierfür diente ein Bild der Johanniskirche »was ganz dem Image […] der Ältesten Stauferstadt entspricht.«119 Die staufische Geschichte in Form eines der zentralen Gebäude der Stadt repräsentierte, wofür die Kommune nach außen stand. Auch in den Werbeprospekten wurde das Label Älteste Stauferstadt nun singulär oder zumindest

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Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Postkartensammlung, 1988: Schwäbisch Gmünd – Sitz der Region »Ostwürttemberg« – Hochschulstadt – Älteste Stauferstadt. Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, frühe 1980er Jahre: Broschüre Zu Gast in Gmünd. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, frühe 1980er Jahre: Broschüre Zu Gast in Gmünd. Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview); Siegle, Holger, Geschäftsführer Touristikgemeinschaft Stauferland, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, frühe 1980er Jahre: Broschüre Zu Gast in Gmünd. Neues Präsent: Sticker von der Stauferstadt, 1993. In: Gmünder Tagespost, H. 178.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

immer in erster Priorität genannt. Teilweise fiel die Zuschreibung als »Gold- und Silberstadt« völlig weg, meist wurde sie jedoch im Kontext mit anderen, die Stadt prägenden Epochen wie der Zeit des Barocks genannt.120 Die Edelmetallindustrie blieb wesentliches Charakteristikum der Kommune. Sie präsentierte sich als Stadt für Besucher, die »Lust auf Mittelalter und Schmuck« haben.121 Anhand des ab den 1990er Jahren beworbenen Angebots wird deutlich, dass sich die Tourismusbranche inzwischen deutlich professionalisiert hatte. In verschiedenen Sprachen konnten Reisegruppen nun zwischen dem klassischen historischen Stadtrundgang, einzelnen Sehenswürdigkeiten oder der Stadtmauer wählen. Zur Angebotspalette gehörten derweil auch eine staufische Stadtführung und Führungen in der Region entlang der Straße der Staufer.122 Anhand der Beschreibungen in den Prospekten wird deutlich, dass neben dem nach wie vor sehr zentralen Aspekt der »Natur« inzwischen auch die staufische Geschichte im Sinne von »Kultur« vom Bildungs – in den Erlebnissektor verschoben wurde. So werden die Besucher in den Prospekten auf eine »Spurensuche in die Vergangenheit« eingeladen.123 Ein Stadtrundgang verspricht, dass »die Geschichte der ältesten Stauferstadt Schwäbisch Gmünd für sie lebendig« wird.124 Deutlich wird auch der Schwenk zu alltagsgeschichtlichen Perspektiven auf die Stauferzeit, wie er aus den damalig neu aufkommenden Forschungsfragen übernommen wurde. Bei einer Beschreibung der Johanniskirche heißt es unter anderem: »Groteske Fantasie und Fabelwesen […] die Fratzen und Figuren der spätromanischen Johanniskirche erzählen ihre eigene Geschichte von der mittelalterlichen Welt: von Dämonenabwehr und gesellschaftlichen Bräuchen.«125 Als Element des Erlebnissektors wurden die Staufer nun auch verstärkt im Bereich Naturerlebnis eingesetzt. 1997 wurde beispielsweise vom Verkehrsamt der Stadt eine Broschüre mit Radrouten rund um die Stadt herausgegeben. Hier wurde auch eine »Radtour auf Stauferspuren« und eine Tour »Rund um die Dreikaiserberge« angeboten, bei der umliegende Stauferstätten ähnlich wie bei der Straße der Staufer auf dem Fahrrad abgefahren werden konnten.126 Diese Ausweitung und Schwerpunktverschiebung vom Bildungs- in den Unterhaltungssektor lässt sich auch anhand des Designs der Broschüren der 1990er und frühen 2000er im Kontrast zu den 1980er Jahren zeigen. Zum einen wird eine Konzentration auf die staufische Stadtgeschichte in der Bildauswahl deutlich 120 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1995: Broschüre Schwäbisch Gmünd entdecken – Unterwegs in der ältesten Stauferstadt. 121 Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., 2002: Broschüre All-Wetter-Ferien. 122 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, Mitte 1990er Jahre: Stadttouren 1990er Jahre; Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1995: Broschüre Spurensuche in die Vergangenheit. 123 Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1995: Broschüre Spurensuche in die Vergangenheit. 124 Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, Mitte 1990er Jahre: Stadttouren 1990er Jahre 125 Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1992: Schwäbisch Gmünd. Die älteste Stauferstadt. 126 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1997: Broschüre Rund um die älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd. Solche Fahrrad- und auch Wanderbroschüren werden in den 2000er Jahren immer wieder im Rahmen der Touristikgemeinschaft Stauferland herausgegeben.

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: Die Johanniskirche ist nun das dominierende Motiv der meisten Werbebroschüren.127 Daneben sind allerdings auch zahlreiche andere Bilder zu finden, die alle Facetten der Stadtbewerbung abdecken. Dementsprechend beanspruchen die Bilder im Verhältnis zum Text inzwischen den weitaus größeren Raumanteil. Der Text ist klar auf die wichtigsten Informationen konzentriert und mit ansprechenden Überschriften versehen.128 Geschichte sollte kompakt und im Vorbeigehen aufgenommen werden können und war nicht zur vertieften Weiterbildung gedacht. Auch wenn die staufische Geschichte sich ab ca. den 1990er Jahren als Alleinstellungsmerkmal in Form der Attributsnennung auf allen Prospekten herauskristallisierte, kann bis in die Mitte der 2000er von einer konsequenten Vermarktung der Stadt als »Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd« nicht die Rede sein. Die Verwendung des Beititels als Marketingname war zwar immer wieder Thema von Diskussionen, aber erst mit dem Amtsantritt des Oberbürgermeisters Richard Arnold 2009 wurde diese Positionierung als Stauferstadt deutlich forciert und beständig umgesetzt.129 Von Seiten der Stadtspitze wurde fortan versucht die Älteste Stauferstadt als festes Stadtlogo zu kreieren und auch außerhalb der Stadt zu etablieren. Darüber hinaus sollten die staufischen Wurzeln der Stadt stärker ins Bewusstsein der Bürger Gmünds gerückt werden.130 Es ist augenfällig, dass erneut ein – wenn auch etwas unkonventioneller – CDU-Politiker die staufische Geschichte ins »Rampenlicht« rückte. Für seine Bemühungen zur Forcierung des Themas Staufer mit Blick auf das Stadtjubiläum 2012 und auch im Nachgang sah sich Arnold von Seiten der Mitglieder anderer Parteien des Gemeinderates einiger Kritik ausgesetzt. Vor allem von Seiten der Linken und Grünen wurde vor einer Überhöhung der eigenen Stadtgeschichte mit Blick auf die bisherige deutsche Geschichtskultur gewarnt: »Wir Gefühl hat’s schon zuvor gegeben.«131 Diese kritischen Stimmen wirkten sich jedoch nicht auf die Umsetzung der anvisierten Ziele aus. Erste Schritte in diese Richtung wurden mit Blick auf die Mannheimer Ausstellung und das Stauferjahr 2010 getätigt. Vor allem im Rahmen der Touristikgemeinschaft Stauferland

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Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1992: Schwäbisch Gmünd. Die älteste Stauferstadt; Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, 1995: Broschüre Schwäbisch Gmünd entdecken – Unterwegs in der ältesten Stauferstadt. 128 Vgl. Prospektsammlung, 1995: Broschüre Schwäbisch Gmünd entdecken – Unterwegs in der ältesten Stauferstadt; Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., 2002: Broschüre All-Wetter-Ferien. 129 Vgl. Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview); Maile, Manfred, ehemaliger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview). Als ein Motiv für diese Bemühungen wird auch angeführt, dass man der in dieser Hinsicht sehr aktiven Nachbarstadt Göppingen nicht nachstehen wollte. Vgl. Schüle, Johannes, Historiker in Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview); Graf, Klaus, Mediävist und Archivar, 20.7.2016. 130 Vgl. Stadtgeschichte, Stadt, Zukunft. Gmünd kümmert sich verstärkt um staufisches Erbe und staufischen Ursprung, 17.2.2010. In: Gmünder Tagespost, H. 39; Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview). 131 Marketing-Wert wie kein anderer Verein Gmünds. Staufersaga-Verein soll Wechselbeziehung mit Stadt pflegen, 2012. In: Rems-Zeitung, H. 165. Vgl. auch »Schade, haben wir Spielverderber in unseren Reihen?« Kritische Anmerkungen zum Stadtjubliäum bringt den Grünen und Linken heftige Schelte im Verwaltungsausschuss ein, 2012. In: Rems-Zeitung, H. 283.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

gab es verschiedene Angebote zu den staufischen Stätten der Region.132 Einen wirklichen Umbruch in der Außendarstellung der Stadt brachte jedoch das Jubiläumsjahr 2012. Einen Einblick in die Außendarstellung Gmünds in diesem Jahr gibt eine Werbebroschüre zum Stadtjubiläum: Diese ist sehr bunt gehalten und zahlreich bebildert. Bilder von mittelalterlich Gewandeten, historischen Quellen und der Innenstadt mitsamt der Johanniskirche gaben einen Vorgeschmack auf die Jubiläumsfeierlichkeiten. Anhand des Broschürentextes lässt sich ein dominierendes Verständnis der Stadt als Stauferstadt erkennen. Diese Phase der Stadtgeschichte wird als historischer Ursprung der heutigen Kommune dargestellt. »Tausende tauchen [zu diesen Feierlichkeiten] in die staufische Geschichte Gmünds ein.« Hier gibt es »Historie hautnah [zu] erleben.«133 Das durch dieses Vokabular suggerierte Gefühl eine Zeitreise in die Vergangenheit anzutreten und diese nachzuerleben, wird durch die Betonung der historischen Authentizität des Gesehenen verstärkt. Ein romantisch-abenteuerliches Bild der Stauferzeit wird heraufbeschworen, voll »Schwertkämpfer und Helden an Katapulten, Tänzer […] Ritter, Könige und Kaiser«.134 Ein Bild der Ferne, dass aus dem Alltag entführt. Der Flyer ist gespickt mit Superlativen, die das Jubiläum zum Großevent werden ließen.135 Seit dem Stadtjubiläum fungieren die Staufer in Schwäbisch Gmünd als zentrales Aushängeschild.136 Diese Positionierung ist schon bei der Internetpräsenz Schwäbisch Gmünds augenfällig, wo ein entsprechendes Logo die Startseite ziert, welches seit den 1990er Jahren in den Werbebroschüren zu finden ist.137 Das historische Attribut zählt zur Visitenkarte der Stadt und wird bei der Rubrik »Daten und Fakten« neben den immer noch für die Außenvermarktung wichtigen Faktoren »Natur« und »Genuss« im Eingangstext betont.138 Die Vermarktung als Älteste Stauferstadt läuft sehr stark unter dem Gesichtspunkt des Staufererlebnisses.139 Viele Elemente dieser Form der Außenwerbung werden vom neu gegründeten Verein Staufersaga getragen, der wegen seines

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Vgl. Staudenmaier, 18.2.2010. Schwäbisch Gmünd präsentierte sich in diesem Jahr in Form einer Pressereise als Älteste Stauferstadt. Des Weiteren wurden vermehrt staufische Stadtführungen angeboten. Stadt Schwäbisch Gmünd: Stadtjubiläum im Blick. Die Staufer im Jubiläumsjahr 2012. Flyer für Vorverkauf. https://www.schwaebisch-gmuend.de/brcms/pdf/SGD10088_Flyer_Vorverkauf_Int ernet-1470.pdf [13.6.2016]. Ebd. Vgl. ebd. Pressesprecher und Wirtschaftsförderer wiesen jedoch darauf hin, dass die Staufer dennoch nicht als allein tragendes Markenmerkmal fungieren können, sondern auch andere Charakteristika der Stadt je nach gewünschter Zielgruppe hinzugezogen werden müssen. Vgl. Herrmann, Marcus, Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, 22.4.2015; Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview). Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd: Schwäbisch Gmünd. Älteste Stauferstadt. https://www.schwaebisch-gmuend.de/ [25.07.2018]. Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd: Daten und Fakten. Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

großen Marketing-Werts auch von Seiten der Stadt finanziell gefördert wird.140 Als Repräsentanten der Stadt begrüßten beispielsweise Vereinsmitglieder in ihren mittelalterlichen Kostümen die Besucher bei der Landesgartenschau 2014. Im Vorfeld wurde 2012 die zugehörige Fahne von der damaligen Landesgartenschau-Stadt Nagold übernommen. Für dieses die staufische Geschichte nicht im entferntesten tangierende Ereignis wurde eine Gruppe der Darsteller der Staufersaga abgesandt, die die Übernahme durch ein Showprogramm ausschmückten.141 Dies verdeutlicht, dass im jüngsten Untersuchungszeitraum die Staufer fernab der eigentlichen Stadtgeschichte in Form von gelungener Unterhaltung als starker Marketingfaktor einen Platz in der städtischen Geschichtskultur Gmünds besetzen. Aber nicht nur der Eventcharakter der staufischen Geschichte ist für die Außenwerbung nutzbar, sondern auch das hohe Engagement der Bürger, das durch das Theaterstück Staufersaga zum Tragen kam. Die integrative Funktion, die die staufische Geschichte an dieser Stelle erfüllt, hat somit auch einen wirtschaftlichen Nutzen für die Stadt.142 Ihren Platz haben die Vereinsmitglieder auch im Tourismusprogramm gefunden. Durch sie wird seit der Erstaufführung der Staufersaga 2012 eine Erlebnis-Komponente in das Stadtführungsangebot integriert. Die Besucher können »Auf den Spuren der Staufer« wandeln und so in die Zeit der Staufer »entführt« werden.143 Begleitet werden Sie hierfür von Stadtführern, die in den Gewändern aus der Staufersaga von »ihrer« Zeit berichten. Ein anderes, in diese Richtung tendierendes Format ist die Gmünder Turmwächterführung. Bei dieser berichtet ein Gewandeter »nicht nur von der schauderlichen Pest, der grausamen Hexenverfolgung und schrecklichen Stadtbrände, sondern erzählt auch Geschichten aus dem Alltag.«144 Geschaffen wird ein Bild des abschreckend-andersartigen Mittelalters, die der heutige Mensch nicht mehr erleben, aber fasziniert betrachten will. Auch anhand der medialen Aufmachung der Broschüre im Vergleich zu den 1990er Jahren wird der verstärkte Unterhaltungscharakter des Touristikangebots in den 2010er Jahren deutlich: Häufig wurden in den 1990er Jahren die verschiedenen Touristikangebote recht schlicht aufgeführt und mit erläuterndem Text versehen.145 In der jüngsten Broschüre aus den 2010er Jahren, die zu »Streifzügen durch acht Jahrhunderte« einlädt, wird ein Einblick in die Erlebnis-Führungen gegeben. Der Prospekt ist gespickt mit Motiven städtischer Wahrzeichen, der umliegenden Natur und Szenen der Erlebnis-Führungen, die einen gro140 Vgl. Marketing-Wert wie kein anderer Verein Gmünds. Staufersaga-Verein soll Wechselbeziehung mit Stadt pflegen, 2012. 141 Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview); Arnold, Richard, 2012: Rückblick auf das Jahr 2012. In: Einhorn-Verlag und Druck GmbH (Hg.): Einhorn-Jahrbuch Schwäbisch Gmünd 2012. Schwäbisch Gmünd, S. 9-29, S. 10. 142 Ein anderes Beispiel hierfür ist der Auftritt von Vereinsmitgliedern bei der CMT (Caravan – Motor – Touristik), einer Messe für Touristik und Freizeit 2016, an der Showeinlagen zur Staufersaga und ein selbst hergestelltes mittelalterliches Gegenzugkatapult den Stand der Stadt bereicherten.Vgl. Staudenmaier, 18.1.2016. 143 Vgl. Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, ca. 2015: Broschüre Streifzüge durch acht Jahrhunderte. Gmünder Stadtführungen, S. 6-7. 144 Ebd., S. 17. 145 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Handaparrat, Prospektsammlung, Mitte 1990er Jahre: Stadttouren 1990er Jahre

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

ßen Stellenwert einnehmen. Insgesamt hat sich die Angebotspalette erheblich erweitert – Indiz für eine inzwischen hoch professionalisierte Tourismusindustrie.146 Die Komponente des Genusses hat hierbei einen beträchtlichen Stellenwert erlangt.147 Die staufische Geschichte ist in den 2010er Jahren zum Bestandteil gängiger Angebotspauschalen geworden. Kurzweilige Führungen, die mit einem Ausflug in die umliegende Natur kombiniert werden können und beispielsweise im Weinlokal enden, sind ein beliebtes Format. Damit sind die Staufer eindeutig vom reinen Bildungs- im Unterhaltungssektor angekommen. Unterhaltungsangebote dienen als neue Vermittlungswege der staufischen Geschichte. Im Anschluss an das kurzweilige Programm können Besucher inzwischen im zum Verein Staufersaga gehörenden Shop zahlreiche MerchandiseArtikel zur staufischen Geschichte erwerben. Gerade aus Anlass der zwei Aufführungen des Theaterstücks 2012 und 2016 waren verschiedenste Souvenirs entstanden, die teilweise nur für kurze Zeit, größtenteils aber beständig im Sortiment sind. Beliebt ist beispielsweise eine rosafarbene Prinzessinnen-Brause, verziert mit Krönchen und Aufschrift des Festivals 2016, Staufersekt und Stauferkerzen.148 Von der Staufer-Tasse, über das Staufer-Puzzle zur Staufer-DVD reiht sich ein ganzes Sortiment von Artikeln in den Regalen auf.149 Oftmals werden andere Charakteristika der Stadt oder hiesige Firmen geschickt mit dem »Staufer«-Artikel kombiniert. Exemplarisch kann hier die Figur eines Staufer-Ritters genannt werden, der gekleidet in den Farben des Stadtwappens von der in Schwäbisch Gmünd ansässigen Firma Schleich hergestellt wurde.150 Die Staufer sind die alles zusammenhaltende Klammer, gleichfalls ein Synonym für die Stadt selbst, unter der teils skurrile Waren als Marekting-Artikel der Stadt verkauft werden können. Resümierend ist die staufische Geschichte im Stadtbild Schwäbisch Gmünds vor allem durch die Straßenbenennungen und die Gründung der Stauferschule während der 1960er und 1970er Jahre präsent. Bis zur Errichtung der Stauferstele 2012, der Gründung des Verein Staufersaga und der Schaffung des dazugehörigen Shops sind keine weiteren städtebaulichen Maßnahmen oder andere Formen der institutionalisierten Erinnerung an die staufische Geschichte in Schwäbisch Gmünd zu finden. Auch die existierenden Städtepartnerschaften beruhen nicht auf einer gemeinsamen staufischen Geschichte.

146 Vgl. Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, ca. 2015: Broschüre Streifzüge durch acht Jahrhunderte. Gmünder Stadtführungen. 147 Im Anschluss an die jeweiligen Führungen werden die Besucher eingeladen den Tag bei einer Wein- oder Sektverköstigung ausklingen zu lassen. Vgl. ebd., S. 4. 148 Vgl. Luhmann, Isabelle, 29.6.2016: Foto Prinzessinnenbrause des Stauferfestivals. Schwäbisch Gmünd; Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview); Verein Staufersaga e.V.: Stauferfestival-Sekt jetzt erhältlich. https://www.staufersaga.de/details/stauferfestival-sekt-jetzt-erhaeltlich.html [25.07.2016]; Verein Staufersaga e.V.: Stauferfestival-Kerzen ab sofort erhältlich. https://www.staufersaga.de/de tails/stauferfestival-kerzen-ab-sofort-erhaeltlich-131.html [25.07.2018]. 149 Vgl. Luhmann, Isabelle, 6.7.2016: Foto des Shop des Verein Staufersaga/Staufertasse. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 29.6.2016: Foto des Shop des Verein Staufersaga/Foto Stauferpuzzle. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 29.6.2016: Foto DVD Saga und ganzes Festwochenende. Schwäbisch Gmünd 150 Vgl. Luhmann, Isabelle, 29.6.2016: Foto Ritter der Gmünder Stadtwache von der Firma Schleich. Schwäbisch Gmünd.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Das Bewusstsein als Stauferstadt im öffentlichen Raum und städtischem Leben ist relativ jung und nicht auf feste Erinnerungspfade der städtischen Geschichtskultur aufgebaut. Diese jüngsten Vorkommen staufischer Geschichte tendieren zu einer szenischunterhaltenden Form, in der die Stauferzeit vor allem eine faszinierend-andere Epoche darstellt. Auch im Bereich der Außendarstellung ist eine Konzentration auf die staufische Geschichte der Stadt relativ jung. In den 1950er Jahren noch gar nicht von Belang wurden die Staufer ab den 1960er Jahren zumindest in Form einer Attributszuschreibung neben anderen genannt und setzen sich bis in die frühen 2000er Jahre als Alleinstellungsmerkmal durch. Erst seit den 2010er Jahren wird die konsequente Vermarktung als Älteste Stauferstadt jedoch forciert betrieben. Seit dem Jubiläumsjahr 2012 sind die Staufer schließlich zum wichtigsten Aushängeschild der Stadt geworden. Inhaltlich sind bei der Entwicklung der staufischen Rezeption im Tourismus/Marketing Schwäbisch Gmünds zwei Hauptstränge auszumachen. Die frühen Werbebroschüren berichten von den Staufern im Zusammenhang mit der Gründung der Stadt, weiterreichend auch der Region, vereinzelt der Nation. Jüngere Darstellungen seit den 1990er Jahren behalten diese inhaltliche Komponente zwar bei, erweitern diese jedoch bis in die rezenten Darstellungen in einem immer größeren Ausmaß. Zunehmend werden fernab der eigentlichen staufischen Stadtgeschichte Episoden aus dem mittelalterlichen Alltag eingestreut und Bilder eines vor allem anderen Mittelalters heraufbeschworen, die die Besucher vermutlich aus anderen Medien der Populärkultur bereits kennen und dementsprechend auch bei Führungen zum Mittelalter erwarten. Diese Entwicklung geht mit einer Bedeutungserweiterung bzw. sogar -verschiebung der staufischen Geschichte einher: In der frühen Außenwerbung bis ca. in die 1980er Jahre war die Stadtgeschichte neben dem Faktor »Natur« unter der Rubrik »Kultur und Bildung« subsumiert. Ab den 1990er Jahren verschob sich diese Zuteilung. Im jüngsten Untersuchungszeitraum ist die staufische Geschichte als buchbares Erlebnis innerhalb eines Komplettangebots fester Bestandteil des Unterhaltungssektors geworden. Diese Entwicklung spiegelt sich auch auf medialer Ebene wider. Parallel zu den Inszenierungen in den Staufer-Ausstellungen 1977 und 2010/2011 entwickelten sich diese vom Schulbuchformat zum Erlebnisangebot.151 Die frühesten Werbeprospekte, die die staufische Geschichte überhaupt erwähnen, sind äußert textintensiv und nur sehr spartanisch bebildert. Das Angebot für Besucher ist sehr übersichtlich und dient der Weiterbildung. Im Laufe der Jahrzehnte verändert sich der Bild-/Textanteil der Werbebroschüren erheblich. Ab den 1990er Jahren sind sie deutlich reicher bebildert und die erläuternden Texte zu kompakten Informationen komprimiert. Die Professionalisierung des Tourismussektors wird an der stetigen Erweiterung der Angebotspalette deutlich. Die Stauferzeit Gmünds wird in den 2010er Jahren multimedial vor allem in Form von erlebbaren, performativen Angeboten näher gebracht und kann im Anschluss von den Besuchern in Form von Merchandise-Artikeln mit nach Hause genommen werden. Diese jeweiligen Interpretationen der staufischen Geschichte können verschiedensten Bedürfnissen entsprechen. Im Stadtbild erfüllte die staufische Geschichte in Form 151

Zu den Ausstellungen siehe S. 154.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

von Straßen- und Schulbenennungen in den 1960er und 1970er Jahren eine identitätsstiftende, integrierende Aufgabe für eine neu zusammengesetzte Stadtgemeinschaft. Diese geschichtskulturelle Funktion wurde jedoch nur sehr punktuell wahrgenommen und bis zur Stelenerrichtung 2012, welche für die Stadt auch eine repräsentative Funktion erfüllte, nicht erneut genutzt. Im Bereich der Außendarstellung der Stadt konnten die generierten Stauferinterpretationen von Seiten der Nutzer im Laufe des Untersuchungszeitraums immer rudimentärer für das Bedürfnis nach Weiterbildung und immer stärker für den Wunsch der emotionalen Begegnung mit der Vergangenheit genutzt werden. Für die Stadtverwaltung hatte diese Form der staufischen Rezeption einen zunehmend großen Nutzen als Marketing- und damit auch Wirtschaftsfaktor.

6.3

Events zur staufischen Geschichte in Schwäbisch Gmünd

6.3.1

Stauferaktionen der 1970er-1990er Jahre: Vom Stauferritt zum Staufermarkt152

Erster Meilenstein für dieses Untersuchungsfeld sind die Aktivitäten Schwäbisch Gmünds zum Stauferjahr 1977. Die Stadt stellte wie viele andere Kommunen des Landes anlässlich der großen Staufer-Ausstellung in Stuttgart ein Rahmenprogramm zusammen. Die Stadtverwaltung konzipierte dieses federführend in Kooperation mit dem Stadtarchiv, der VHS, dem Geschichtsverein und dem Arbeitskreis Alt-Gmünd. Zusätzlich wurde ein fünfköpfiges Stauferkomitee aus Privatpersonen ins Leben gerufen, dass jegliche Anregungen für die Gestaltung des Jahres bündeln und nach Prüfung an die Stadtverwaltung weiterleiten sollte.153 Schon im Februar 1976 wurde eine Artikelserie in beiden Gmünder Tageszeitungen gestartet, die auf den jüngsten Forschungsergebnissen Peter Sprangers beruhte und den Bürgern unter dem Titel »Unsere Stadt – ein staufisches Erbe« die staufische Geschichte Gmünds bewusst machen sollte.154 Die eigentliche Eröffnung des Stauferjahres fand im März 1977 durch den amtierenden OB Norbert Schoch statt. Zu diesem Anlass wurde auch das von Seiten des Stadtarchivs herausgegebene Buch »Die Staufer in Schwäbisch Gmünd« vorgestellt.155 Umrahmt wurde die Festivität mit einer kleinen Foto-Ausstellung mit Tonbildschau.156 Auch eine Ausstellung in der Johanniskirche wurde zu diesem Anlass

152

153

154 155 156

Der Schwerpunkt der Analyse der Events liegt bei jeder Veranstaltung auf den performativen Programmpunkten. So können Entwicklungen der staufischen Rezeption innerhalb dieses für die Geschichtskultur immer bedeutenderen Mediums exemplarisch untersucht werden. Vgl. Herrmann, 1977, S. 16, S. 18, S. 28; Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 19741977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 2.4.1976: Sitzungsprotokoll zur Koordinierungstagung in Göppingen zum Stauferjahr. Vgl. Herrmann, 1977, S. 16-18. Vgl. ebd., S. 17. Vgl. ebd., S. 22; Hammes, Barbara, Archivarin Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin Stadtarchiv, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

eröffnet.157 Zu sehen waren Skulpturen aus der Johanniskirche und dem Heiligkreuzmünster, die die Kirchenkunst aus der Zeit der Romanik und Gotik illustrierten. Ein Bild zur Ausstellung illustriert die räumliche Aufbereitung des Themas: Verschiedene Bauplastiken an den Kirchenwänden wurden flankiert von zahlreichen Stellwänden, an denen Drucke, Urkunden und vor allem erläuternde Texte angebracht sind.158 Wie in der Staufer-Ausstellung in Stuttgart erinnert die didaktische Aufbereitung an dieser Stelle an Schulbücher im 3D Format. Ein weiterer Begleitprogrammpunkt während der Eröffnungsfeierlichkeiten war eine Aufführung des Ensembles für alte Musik aus Esslingen mit »Musik der Spielleute und Minnesänger«.159 Die Gruppe bestand aus vier Gewandeten, drei Männern und einer Frau, die mit ihren mittelalterlichen Instrumenten das Publikum unterhielt. Gekleidet waren sie nach den klassischen Vorstellungen von Vertretern des höfisch-aristokratischen Milieus. Die Männer trugen schulterlange Haare, Strumpfhosen und Wams. Die Dame war in ein wallendes Kleid gehüllt, die Haare zu geflochtenen Schnecken aufgesteckt. Als Repräsentanten der ritterlich-höfischen Kultur des Hochmittelalters erfüllten sie die Vorstellungen von einem faszinierend-anderen, ›schönen‹ Mittelalter. Die Kostüme waren recht einfach gehalten: Die Kleidung war beispielsweise nicht aufwändig mit Schmuck verziert, die Haare waren einfach frisiert und die Protagonisten soweit erkennbar nicht geschminkt.160 Die Musikeinlage weckte als etwas Fremdes und Neues durchaus Interesse, muss jedoch eher als Einzelereignis ohne große Nachwirkung verstanden werden.161 Natürlich waren auch Stadtführungen Bestandteil des Schwäbisch Gmünder Stauferprogramms 1977. Diese Führungen waren weniger speziell auf die Staufer ausgerichtet, sondern gaben eher einen generellen Überblick über die Geschichte der Stadt. Im Zusammenhang mit den Staufern wurde die Gründung Schwäbisch Gmünds und deren Status als Älteste Stauferstadt und die Geschichte der Johanniskirche inklusive der Ringlegende vermittelt.162 Daneben wurden über das ganze Jahr hinweg regelmäßig Vorträge zu den Staufern und ihrer Zeit angeboten. Hier lassen sich ganz grob drei verschiedene Themenbereiche skizzieren: Vermittelt wurde Wissen über die staufische Herrschaft in lokalen und nationalen Bezugsgrößen. Einer dieser Vorträge diente beispielsweise als Einstimmung für eine Studienfahrt zur Ausstellung nach Stuttgart. Eine andere Studienfahrt, die diesem Themenbereich zugeordnet werden kann, ging nach Weinsberg und zur Kaiserpfalz Wimpfen.163 Ein anderer Themenbereich umfasste die schönen Künste der Stauferzeit. Hierzu gab es

157

Die Einrichtung übernahm der Arbeitskreis Alt-Gmünd, der dabei unter anderem vom Gmünder Münsterbauverein unterstützt wurde. Vgl. Herrmann, 1977, S. 19, S. 22. 158 Vgl. ebd. 159 Herrmann, 1977, S. 17. 160 Vgl. ebd., S. 17, S. 22. 161 Vgl. Schüle, Johannes, Historiker in Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview). 162 Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 120; Grass, Karl, Stadtführer in Schwäbisch Gmünd 1977, Schwäbisch Gmünd 6.7.2016 (Interview): Aktivitäten zum Stauferjahr 1977 in Schwäbisch Gmünd und Entwicklung des Stauferbewusstseins. 163 Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 120; Herrmann, 1977, S. 22.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Vorträge zur Dichtung und Literatur der Stauferzeit. Ein dritter Block beschäftigte sich mit den staufischen Herrschaftsbemühungen im Südreich. »Die Spuren der Staufer in Süditalien und Sizilien« sollte auf eine hierzu angebotene Studienreise vorbereiten.164 Ein anderer Vortrag beschäftigte sich mit dem fremdartigen Charakter Friedrichs II., indem das Verhältnis zu seinen vier Frauen erörtert wurde. Anders als es der Titel »Die Frauen Kaiser Friedrichs II.«165 vielleicht vermuten lässt, stand hier nicht die Geschichte der Frauen als eigenständige historische Akteure im Raum. Vielmehr sollte über diese Frauen die Privatsphäre des ungewöhnlichen Herrschers erörtert werden.166 Alle Vorträge wurden von fachlich renommierten Referenten gehalten.167 Ziel war es, das Publikum sachlich-nüchtern über möglichst viele Facetten der Stauferzeit zu informieren. Eine kleine Ausnahme bildete der Programmpunkt zur Dichtung der Stauferzeit. In diesem rezitierte Alfred Peter Wolf Gedichte aus dem Minnesang. Er wurde dazu von der Musikgruppe »capella antiqua« aus Stuttgart begleitet. Durch die musikalische Begleitung sollte der Versuch unternommen werden, »sich in den Geist der Stauferzeit zurückzuversetzen«.168 Das emotionale Nacherleben der Stauferzeit, hier verkörpert durch die Blütezeit der höfischen Kultur, wurde in Ansätzen demnach auch schon in den 1970er Jahren angestrebt.169 In diese Richtung geht auch der an Pfingsten aufgeführte Stauferritt auf dem Johannisplatz, der für die breite Öffentlichkeit vermutlich das Highlight des Stauferjahres darstellte.170 Die Idee für dieses Event ging aus den Reihen des Stauferkomitees hervor und wurde von einer Privatperson auch unter Aufwendung eigener Mittel auf den Weg gebracht. Inszeniert wurden neben dem Ritt auch andere Aufführungen von Sagen oder geschichtlichen Überlieferungen.171 Die Akteure kamen aus den Reihen der Schwäbisch Gmünder Vereine. Für den Stauferritt samt Feierlichkeiten wurden Stadtjugendkapelle und Kolpingkapelle, ein Reitstall, die Jägervereinigung Gmünd und eine Tanzschule rekrutiert.172 Im Mittelpunkt der Handlung stand die Erzählung der Ringlegende, verkörpert durch Friedrich I. Herzog von Schwaben und seiner Gemahlin Agnes, die im Anschluss zum gemeinsamen Jagdschmaus einluden. Den Auftakt des etwa einstündigen Programms bildete die mittelalterlich gewandete Stadtkapelle, die auf dem Johannisplatz musizierend aufmarschierte.173 Ihr folgte im Anschluss »mittelalterliches 164 Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 120. 165 Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 120. 166 Vgl. Herrmann, 1977, S. 22. 167 Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 120. 168 Herrmann, 1977, S. 20. 169 Vgl. Herrmann, 1977, S. 20; Staufische Kultur mit »capella antiqua« und Alfred Peter Wolf, 1977. In: Gmünder Tagespost, H. 115. 170 Jedenfalls kamen ca. 2000 Menschen, um die stauferzeitlich bekleideten Akteure zu betrachten. Vgl. Herrmann, 1977, S. 18. 171 Vgl. Schoch, 1977, S. 12; Herrmann, 1977, S. 18. 172 Vgl. Johannisplatz im Zeichen der Staufer. Tausende drängten sich um die vielen Akteure, 31.5.1977. In: Gmünder Tagespost, H. 123. 173 Vgl. ebd.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Gefolge. Herolde, Jäger, Minnesänger und andere Repräsentanten dieser Epoche.«174 Es ist bezeichnend, dass diese allesamt aus dem höfischen Milieu stammenden Personengruppen als die Repräsentanten der Epoche betitelt wurden. Eine andere Welt als die der höfischen Kultur schien in diesem Mittelalterbild keinen Platz zu haben. Die Handlung selbst wurde mit einer Tanzeinlage eingeleitet. Zu sehen sind auf den zugehörigen Bildern typische Elemente historischer Tänze. Alle Akteure entstammen dem Kleidungsstil nach dem höfischen Milieu. Wie auch schon bei dem Auftritt der Esslinger Musikgruppe kann die Kleidung als höfisch, aber einfach bezeichnet werden. Nach diesem Einblick in die ritterlich-höfische Kultur wurde die Legende um den verlorenen Ring der Herzogin Agnes nachgespielt. Sie und ihr Gemahl ritten als prachtvoll gekleidetes Herzogspaar auf den Johannisplatz; gekennzeichnet mit typischen Herrschaftsinsignien wie Krone und wallendem Mantel. Die Jagdszene wurde von einer Reihe gewandeter Jäger mit historischen Jagdhörnern auf Pferden gespielt und – soweit auf dem Bildmaterial zu erkennen – lebendem Wild.175 Im Anschluss wurde »als Höhepunkt [wurde jedoch] eine bislang streng geheim gehaltene historische Sensation offenbart«.176 Nach dieser ruhte Barbarossa gar nicht im Kyffhäuser, sondern in der Schwäbisch Gmünder Johanniskirche und erhob sich nun aus seinem Schlaf aufgrund der dringenden Rufe seiner Untertanen.177

Abb. 7: Auftritt Barbarossas beim Stauferritt 1977 in Schwäbisch Gmünd.

Gmünder Tagespost, H. 123, 1977/Foto: Walter Olbrecht.

174 175 176 177

Der »Stauferritt« am Pfingstmontag: mittelalterliche Spiele auf dem Johannisplatz, 31.5.1977. In: Rems-Zeitung, H. 123. Vgl. Johannisplatz im Zeichen der Staufer. Tausende drängten sich um die vielen Akteure, 31.5.1977; Herrmann, 1977, S. 22. Der Stauferritt am Pfingstmontag: mittelalterliche Spiele auf dem Johannisplatz, 31.5.1977. Hierzu gehören neben der Krone und dem wallenden Mantel auch Reichsapfel und Zepter. Vgl. Johannisplatz im Zeichen der Staufer. Tausende drängten sich um die vielen Akteure, 31.5.1977; Herrmann, 1977, S. 22.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Im Anschluss an die Aufführungen fand ein Jägerschmaus auf dem Johannisplatz und als Abschluss ein Fackelzug statt. Eine Bildunterschrift beschreibt das mittelalterliche Mahl wie folgt: »Echte Rittersleut wurden entsprechend verköstigt. Der Wein fließt aus dem Faß und die rustikalen Holztische dürfen nicht fehlen.«178 Zu sehen sind grob behauene Tische, meist mit einfachem Zinnbesteck gedeckt, teilweise aber auch mit verzierten Pokalen und ganzen Laiben Brot.179 Dargestellt werden die vom Publikum erwarteten typischen Signifika einer rustikalen, guten alten Zeit. Insgesamt sind viele der anlässlich dieses Stauferritts zu sehenden Elemente bis in die jüngste Zeit fester Bestandteil performativer Darstellungen des Mittelalters. Tänze, Legenden oder auch die Einbindung lebender Tiere werden im weiteren Untersuchungszeitraum häufiger auftauchen. Die Stauferzeit wurde in dieser Form der Rezeption durch die für die lokale Geschichtskultur bedeutsame Sage erzählt, wodurch der Schwerpunkt auf den frühen Staufern lag. Gleichzeitig wurde jedoch auch die auf nationaler Ebene wichtige Kyffhäuserlegende in die Handlung eingeflochten. Historisch korrekte zeitliche Schilderungen wurden zugunsten einer unterhaltenden Form der Geschichtsvermittlung zurückgestellt.180 Verkörpert wurde das Mittelalter anhand des aristokratischen, ritterlich-höfischen Milieus. Resümierend wurde die Stauferzeit während der Festivitäten 1977 vor allem als die eigene Stadtgeschichte thematisiert, über die informiert werden sollte. Darüber hinaus wurden hauptsächlich nationale und vereinzelt durch spezifische Vorträge transnationale Themen behandelt. Generell spielten die schönen Künste der Stauferzeit eine wichtige Rolle in der Rezeption von 1977. Wie auch in der Ausstellung 1977 wurde die Stauferzeit in der Schwäbisch Gmünder Rezeption als eine glänzende Blütezeit der Kunst und Kultur dargestellt.181 Es entstand ein positives Gegenbild der eigenen Ursprünge, das gespickt mit Stereotypen des Mittelalters auch die Wünsche nach einer faszinierend-anderen Epoche erfüllte. Mit der Aufführung historischer Musik und dem Jägerschmaus am Ende des Stauferritts spiegelte die Rezeption in Schwäbisch Gmünd allgemeine Charakteristika der frühen westdeutschen Mittelaltermärkte der 1970er Jahre wider.182 Auf medialer Ebene ist für das gesamte Stauferjahr in Gmünd hauptsächlich von einer sachlich-nüchternen Form der Rezeption zu sprechen. Wissenschaftliche Artikel, Publikationen und Vorträge dominierten das Programm. Vereinzelt finden sich unterhaltende-performative Elemente. Innerhalb dieser waren die Gestaltungsmittel relativ einfach gehalten. Es wurden keine Rekonstruktionen oder andere dramaturgischen Hilfsmittel verwendet. Mit diesen Formen der staufischen Rezeption sollte vor allem das geschichtskulturelle Bedürfnis des Erkenntnisgewinns und partikulär der städtischen historischen Identitätsstiftung erfüllt werden, aber auch das Bedürfnis Geschichte nachzuerleben. Mit Blick auf den zeithistorischen Kontext des Stauferjahres bekam diese Dimension des Eintauchens in die Geschichte einen leichten Hauch Eska-

178 179 180 181 182

Johannisplatz im Zeichen der Staufer. Tausende drängten sich um die vielen Akteure, 31.5.1977. Vgl. ebd. und Herrmann, 1977, S. 22. Vgl. Der Stauferritt am Pfingstmontag: mittelalterliche Spiele auf dem Johannisplatz, 31.5.1977. Siehe S. 126. Vgl. Kommer, 2011, S. 186.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

pismus.183 Vermutlich erhielt gerade durch diese letzte Komponente der Fremdenverkehr Schwäbisch Gmünds in diesem Jahr deutlichen Auftrieb.184 Der nächste Anlass, zu dem die staufische Geschichte im öffentlichen Geschehen Schwäbisch Gmünds thematisiert wurde, war 1984 das etwas eigenwillig gesetzte 1200jährige Jubiläum der Stadt. Dieses beruhte auf einer auf 782 datierten Urkunde, in der von »Gmünd im Herzogtum Alamannien« berichtet wurde. Es wurde davon ausgegangen, dass hiermit die Keimzelle des heutigen Schwäbisch Gmünds gemeint war. Da es sich bei der Urkunde um das Testament eines 784 verstorbenen Abtes handelte, wurde sein Todesjahr als Grundlage für das Jubiläumsjahr der 1200-jährigen Nennung festgesetzt. Offensichtlich ein recht weit hergeholtes Ereignis die Stadtgeschichte zu feiern. Ein näher liegender Grund für städtische Feierlichkeiten in diesem Jahr war die Einweihung des neuen Stadtgartens, die mit den historischen Feierlichkeiten verbunden werden konnte.185 Das Festjahr wurde mit einem ganzen Reigen von Veranstaltungen begangen. Es gab zahlreiche musikalische Darbietungen und viele rein festliche Aktivitäten wie einen Bunten Abend anlässlich der Eröffnung des Stadtgartens. Daneben wurde auch die Möglichkeit zur Begegnung Schwäbisch Gmünder Bürger mit anderen der Stadt verbundenen Gemeinschaften und Kommunen geschaffen. Es gab ein Wochenende der ausländischen Mitbürger und ein Wochenende der Partner- und Schmuckstädte. Weiterhin konnte eine Vielzahl an kulturellen und historischen Veranstaltungen besucht werden, wie beispielsweise die Ausstellung »Schwäbisch Gmünd – Eine Stadt in der Tradition von 12 Jahrhunderten« oder auch verschiedene von VHS und Gmünder Geschichtsverein organisierten Vorträge, die thematisch durch die gesamte Gmünder Stadtgeschichte führten. Spezifisch für die Thematisierung der staufischen Geschichte war, neben einer der Vorträge und der Ausstellung, ein historischer Markt und ein Turnier der »Ritter der Stauferzeit«. Die staufische Geschichte wurde also vor allem im Unterhaltungssektor behandelt.186 Das Ritter-Turnier fand im Zuge der Eröffnungsfeierlichkeiten des Stadtgartens im Normannia-Stadion statt und wurde von einer externen Gruppe von Laiendarstellern aus Düsseldorf durchgeführt.187 Aufgeführt wurde ein 183

Vgl. Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin des Stadtarchivs Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 3.7.2016 (Interview). Zum zeithistorischen Kontext 1977 siehe S. 107ff. 184 Vgl. ebd. Wobei hierzu jedoch einschränkend angeführt werden muss, dass auch die eher nüchtern-vermittelnden Angebote wie die Vorträge unerwartet gut besucht waren. Vgl. Herrmann, 1977, S. 22. 185 Dass die Datierung des Festjahres für willkürlich gehalten werden könnte, wurde auch von Seiten der Stadt nicht bestritten, allerdings hätte »[…] Schwäbisch Gmünd jederzeit Grund [hat], sich auf seine Tradition zu besinnen: älteste Stadtgründung der Staufer in Württemberg, größte Hallenkirche Süddeutschlands, Heimatstadt von Peter Parler, Jörg Ratgeb, Hans Baldung.« An dieser Aufzählung wird nochmals deutlich, dass die staufische Geschichte 1984 nur ein Attribut unter vielen war, mit dem sich die Stadt schmückte. Vgl. Schwäbisch Gmünd – Tradition über 12 Jahrhunderte. Ein Bildbericht mit einer Übersicht über alle wichtigen Veranstaltungen, 1984, S. 22. 186 Vgl. Schwäbisch Gmünd – Tradition über 12 Jahrhunderte. Ein Bildbericht mit einer Übersicht über alle wichtigen Veranstaltungen. In: Dietenberger, Eduard (Hg.): 1984 – Einhorn Jahrbuch Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd, S. 22-37, S. 24; Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin des Stadtarchivs Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 3.7.2016 (Interview). 187 Vgl. Schwäbisch Gmünd – Tradition über 12 Jahrhunderte. Ein Bildbericht mit einer Übersicht über alle wichtigen Veranstaltungen, 1984, S. 28.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

zweistündiger Turnierwettkampf, der in seinen Disziplinen und dem dazugehörigen Zeremoniell mittelalterlichen Turnieren nachempfunden war. Zu sehen waren den Bildern nach Ritter im Schwertkampf, beim Lanzenstechen und in einigen anderen Disziplinen. Die Kontrahenten tragen Helme, Kettenhemden und einen Wams. Jeder Ritter war in unterschiedlichen Farben und dem ihm zugehörigen Wappen gekleidet. Auch die Pferde trugen Decken in den passenden Farben und entsprechenden Abzeichen. Die Aktiven waren jeweils individuell vollständig ausgestattet. Sie scheinen sich intensiv mit dem Turnierwesen und dem hierfür benötigten Rüstzeug auseinandergesetzt zu haben. Die Darstellung eines im vollen Galopp einreitenden, lanzenschwingenden Ritters zu Pferde zeugt von einem hohen Grad an Professionalität. Gestik und Mimik des Reiters lassen darauf schließen, dass dieser in seiner Rolle aufgeht.

Abb. 8: Akteure beim Ritterturnier 1984 in Schwäbisch Gmünd

Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster.

Auch der Rest der Darstellenden ist sehr detailliert und ihrer Gruppe zugehörig uniform gekleidet.188 Eröffnet wurde das Turnier von einmarschierenden Damen mit Kindern an der Hand, die alle mit Hutschleiern und ähnlichen Gewandungen als Burgfräulein bestimmt werden können.189 Moderiert wurde das Turnier von einem Herold, auch er war sehr stimmig von Kopf bis Fuß eingekleidet. Er trug eine Krone, die von verschiedensten Wappen geziert wird. Der Ablauf des Turniers wurde von ihm aus einer Schriftrolle vorgetragen. In seinem Hintergrund war ein großes Zuschauerzelt errichtet, in dem nach der Gewandung zu schließen eine Gruppe von Edelleuten dem 188 Die Knappen der Ritter, eine recht große Gruppe, stehen in Lederschuhen, Strumpfhosen und einem Wams mit Reichsadler am Rande des Turnierplatzes. Vgl. Knappen neben Zuschauertribüne. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster. 189 Vgl. Zur 1200-Jahr-Feier. Auf dem historischen Markt wurde die jahrhundertalte Handwerkskunst wieder lebendig, 18.6.1984. In: Rems-Zeitung.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Turnier beiwohnte.190 Das Zuschauerzelt war mit zahlreichen Wappen, vermutlich der verschiedenen Turnierteilnehmer, geschmückt.

Abb. 9: Herold und Zuschauer beim Ritter-Turnier 1984 in Schwäbisch Gmünd.

Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster.

Auch der Rest des Inventars ist sehr detailliert ausstaffiert.191 Zwei Hauptunterschiede lassen sich zwischen dieser performativen Thematisierung der Stauferzeit und dem Stauferritt von 1977 erkennen: Die Darstellungen des Ritter-Turniers zeugen von einem deutlich höherem Grad der Professionalisierung. Die Kostüme waren aufwändig hergestellt, der Ablauf des Turniers folgte festen Regeln. Hier agierten nicht Privatpersonen, die sich nur anlässlich des Stauferjahrs 1977 mit der Darstellung dieser Zeit beschäftigten, sondern eine Gruppe, die sich intensiv mit dem Mittelalter und der Nachstellung dieser Zeit auseinandersetzte. Die ist ein Indiz dafür, dass sich diese Form der Rezeption in den 1980er Jahren langsam etablierte. Thematisch gesehen stand hier im Unterschied zu 1977 nicht die staufische Geschichte Schwäbisch Gmünds im Mittelpunkt der Darstellung, sondern die ritterlich-höfische Kultur des Hochmittelalters per se: »[…] außer bei dem mit einem Einhorn geschmückten Helm […] war nichts spezifisch Gmünderisches zu entdecken.«192 Weiteres Element der staufischen Rezeption

190 Vgl. Ritter beim Lanzenstechen und Zuschauertribüne der Edelleute. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster. 191 Die vielen kleinen Zelte sind in den Farben ihrer Ritter gehalten und mit deren Wappen geschmückt. Dieses ist auch auf ein vor dem Zelt aufgestelltes Schild gemalt. Vgl. Knappen neben Zuschauertribüne. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster. 192 Vgl. Schwäbisch Gmünd – Tradition über 12 Jahrhunderte. Ein Bildbericht mit einer Übersicht über alle wichtigen Veranstaltungen, 1984, S. 28.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

in diesem Jahr war ein dreitägiger historischer Markt, der rund um die Johanniskirche abgehalten wurde.193 Es war der erste mittelalterliche Markt in Schwäbisch Gmünd und ein ganz typisches Phänomen der 1980er Jahre, in denen sich Mittelaltermärkte allmählich zu beliebten Events entwickelten und aus der rahmengebenden Flohmarktszene lösten.194 Durchgeführt wurde er von den Bürgern Schwäbisch Gmünds. Zahlreiche Handwerker und Wirte der Stadtgemeinde standen an den verschiedenen Ständen und präsentierten in historischen Kostümen ihr Können. Alte Handwerkstechniken sollten den Besuchern anschaulich präsentiert werden.195 Die verschiedenen Personengruppen der Zünfte waren uniform und ihrer Berufszugehörigkeit entsprechend gekleidet. Eine Bandbreite an traditionellen Handwerkstätigkeiten war vertreten:196 Ein Schmied schürte das Feuer und arbeitete am Amboss. Die Wand seiner Werkstatt schmückte ein gußeisernes Stadtwappen. Auch ein Buchdrucker zeigte sein Können. Verschiedene Arbeitsexemplare waren vor ihm ausgebreitet.197 Das handwerkliche Können wurde auch mit Hilfe alter Maschinen demonstriert. Eine fremdartig gewandete Frau saß an einem riesigen Webstuhl und ließ sich bei ihrer Arbeit über die Schulter gucken. Die Handwerker waren recht einfach ausstaffiert. Bei vielen weiblichen Aktiven waren die Haare zu geflochtenen Schnecken hochgesteckt, die Gewänder lang und wallend, aber nicht sonderlich verziert.198 Neben Handwerkern waren auch Musikgruppen auf dem Markt zu finden, denen als »fahrenden Gesellen bei mittelalterlicher Musik«199 gelauscht werden konnte. Die Musiker waren recht schlicht gekleidet. Weder Schmuck noch Bordüren verzierten ihre Gewänder. Mit Flöte und Laute in der Hand sollten sie romantische Vorstellungen mittelalterlicher Troubadoure verkörpern.200 Der Markt zeigte andere Personengruppen des Mittelalters außerhalb der ritterlich-höfischen Welt. Die Beschäftigung mit mittelalterlichen Handwerkern, Wirten und Bauern in Schwäbisch Gmünd erklärt sich jedoch nicht aus einer Begeisterung für die neuen politischen Bewegungen der 1970er und 1980er Jahre, die in einem »rebellische[n] Vollkornmittelalter widerspenstiger Handwerker und Hebammen«201 historische Vorläufer für ihre

193 194 195

196 197 198 199 200 201

Vgl. Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin des Stadtarchivs Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 3.7.2016 (Interview). Vgl. Kommer, 2011, S. 186. Vgl. Schoch, Norbert, 1984: Rückblick auf das Jahr 1984. In: Dietenberger, Eduard (Hg.): 1984 – Einhorn Jahrbuch Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd, S. 5-13; Zur 1200-Jahr-Feier. Auf dem historischen Markt wurde die jahrhundertalte Handwerkskunst wieder lebendig, 18.6.1984. Vgl. Schwäbisch Gmünd – Tradition über 12 Jahrhunderte. Ein Bildbericht mit einer Übersicht über alle wichtigen Veranstaltungen, 1984, S. 29. Vgl. Handwerkskunst Buckdruck. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster. Vgl. Beispielsweise Töpfern. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster. Schwäbisch Gmünd – Tradition über 12 Jahrhunderte. Ein Bildbericht mit einer Übersicht über alle wichtigen Veranstaltungen, 1984, S. 29. Vgl. Zur 1200-Jahr-Feier. Auf dem historischen Markt wurde die jahrhundertalte Handwerkskunst wieder lebendig, 18.6.1984. Groebner, 2011, S. 338.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Abb. 10: Schmied auf dem Handwerkermarkt Schwäbisch Gmünds 1984.

Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster.

eigenen Ideale suchten.202 Auch ist weniger davon auszugehen, dass die Hinwendung zu diesen Gruppierungen Resultat der Forschungsströmungen dieser Zeit war, nach denen ein sozial- und strukturgeschichtlichen Fragestellungen stärker in den Fokus gerückt werden.203 Stattdessen ist der Handwerkermarkt 1984 in Schwäbisch Gmünd als Bestandteil dieses vielgestaltigen Stadtfestes ohne historischen Schwerpunkt Ausdruck für die ganz allmähliche Etablierung historischer Märkte im städtischen Unterhaltungssektor, wie sie Sven Kommer grundsätzlich für die 1980er Jahre beschreibt.204 Die Grundstruktur des Marktes war einfach gehalten. Im Fokus stand die Information der Besucher über die mittelalterlichen Handwerkskünste. Die Arbeiten wurden offen und anschaulich präsentiert und die vielen Zuschauenden waren eingeladen, Fragen zu stellen oder sogar selbst tätig zu werden.205 Neben den Handwerkern waren auch Verpflegungsstände zu finden. Wie von einer mittelalterlichen Schenke zu erwarten, lud ein rustikaler Holztisch mit einfachen Zinnkrügen und Keramikkaraffen zum Verweilen 202 203 204 205

Vgl. auch Groebner, 2008, S. 129-130. Siehe S. 110. Vgl. Kommer, 2011, S. 186. Dies veranschaulicht ein Bild eines Steinmetz, der interessierte Kinder an einem kleinen Mäuerchen zum Mitmachen einlädt. Vgl. Steinmetz bei der Arbeit. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Abb. 11: Frau am Webstuhl auf dem Handwerkermarkt Schwäbisch Gmünds 1984.

Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster.

ein.206 Auch ein Stand mit verschiedenen Gewürzen, Kaffee und Tee war vorhanden. Der Verkäufer ist nach einem Bild mit schwarzem Spitzhut und Kinnbart gewandet wie ein Seldschuk aus dem Orient. Hier bekommt das faszinierend-schöne Mittelalter einen exotischen Touch.207 Dieser konnte den mittelalterlichen Austausch mit dem Orient, wie ihn die Kreuzzüge mit sich brachten, verkörpern. Gleichzeitig bot der Stand auch die praktische Möglichkeit die Kaffeegelüste der Moderne in mittelalterlichem Gewand zu bedienen. Generell spielten die Verpflegungs- und auch Verkaufsstände zwischen den verschiedensten Handwerkskünsten noch eine sehr untergeordnete Rolle. Auch waren keine weiteren Programmpunkte wie beispielsweise eine mittelalterliche Falkenflugschau oder ähnliches zu finden. Bei den Feierlichkeiten von 1984 wurde also weniger die staufische Geschichte, sondern das Mittelalter per se dargestellt. Die Stauferzeit war weniger positives Abbild der Gegenwart im Sinne der eigenen historischen Wurzeln, sondern eine vor allem

206 Vgl. Zur 1200-Jahr-Feier. Auf dem historischen Markt wurde die jahrhundertalte Handwerkskunst wieder lebendig, 18.6.1984; Koch am Feuer. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1: Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster. 207 Vgl. Gewürzhändler. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster. Die Darstellung erinnert an jene stereotypen Vorstellungen, die Edward W. Said in seinem 1978 erschienen Buch Orientalism in den westlichen Wissenschaftsdisziplinen kritisierte. Von ihm missbilligte Vorstellungen eines mysterösen, objektivierten Orients, den der aufgeklärte Westen beurteilen kann, finden sich demnach auch fernab der Wissenschaft in den Orientvorstellungen der Öffentlichkeit. Vgl. Osterhammel, Jürgen, 1997: Edward W. Said und die »Orientalismus«-Debatte: ein Rückblick. In: Asien-Afrika. Lateinamerika, H. 25, S. 597-607. https://kops.uni-konstanz.de/handle/123456789/11500 [13.6.2019].

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

faszinierend-andere Zeit, deren Darstellungen jedoch nicht unbedingt ins Phantastische abdrifteten. Wo möglich wurde Bezug zur Stadt gesucht, indem beispielsweise das Schwäbisch Gmünder Wappen bei den Handwerkern oder den kämpfenden Rittern eingebunden wurde. Die bei den kämpfenden Rittern zu findende Professionalisierung der Kostümierung ist auf dem mittelalterlichen Markt in dieser Form nicht zu erkennen. Jedoch wurden in Erweiterung zu 1977 Hilfsmittel wie traditionelle Maschinen zur Vermittlung verwendet. Durch den Mittelaltermarkt ergab sich eine Perspektiverweiterung auf die Epoche. Nicht nur das ritterlich-höfische Milieu war von Interesse, sondern auch die Welt der Handwerker und Zünfte wurde thematisiert. Für die Stadtgemeinschaft war die Durchführung des Handwerkermarktes 1984 von Vorteil, da bei diesem verschiedene Bürgergruppen involviert werden konnten. Denn die städtische Identitätsstiftung war das zentrale Ziel dieses ungewöhnlichen historischen Jubiläums: »Der eigentliche Sinn und Zweck dieser Feier war das Traditions- und Zugehörigkeitsgefühl der Bürgerschaft zu stärken.«208 Neben dem Turnier und dem Markt der Stauferzeit wurden Treffen ausländischer Mitbürger und mit Partnerstädten organisiert. Die Feierlichkeiten ermöglichten eine Integrierung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und eine Identifikation mit der Stadt, auch indem Aspekte der eigenen Stadtgeschichte thematisiert wurden. Der Wunsch nach einer Stärkung der Bürgergemeinde erklärt sich mit Blick auf den zeithistorischen Kontext. Die Stadt war geprägt und auch oft gespalten durch die Streitereien um die ganz in der Nähe stationierten Pershing II Raketen.209 Nur ein Jahr zuvor rückte die »Promi-Blockade« die Stadt ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Die Feierlichkeiten, vor allem der unterhaltende Mittelaltermarkt und das Turnier der »Ritter der Stauferzeit«, boten auch die Möglichkeit, sich ein Stück weit aus dieser komplizierten und beängstigenden Gegenwart in die Zeit des Mittelalters fortzustehlen. Vertreten war jedoch auch bei diesen vorrangig der Unterhaltung dienenden Mittelalterdarstellungen der Wunsch nach Weiterbildung, was die vielen Lehrstände des Handwerkermarktes verdeutlichten. Die folgenden Stauferfeste der 1990er und frühen 2000er Jahre hatten keine historischen Stadtfeste oder Jubiläen zum Anlass. Sie wurden alle zwei Jahre von der Stadt ausgerichtet, aber die eigentliche Durchführung erfolgte durch eine externe Gruppe. Das erste Stauferfest fiel 1993 in eine Zeit des Umbruchs in Schwäbisch Gmünd. Die Amerikaner zogen aus der Stadt ab und hinterließen auch eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt.210 Genau in diesem Jahr fand zudem ein Oberbürgermeisterwechsel statt.211 Dieser »neue Wind« im Rathaus könnte der Grund sein, warum mit den Stauferfesten erstmals ein fester staufischer Programmpunkt in Schwäbisch Gmünd etabliert wurde. Eine stärkere Konzentration auf die Staufer ist genau in diesem Zeitraum auch in der Außenwerbung der Stadt zu finden, wofür die staufische Anstecknadel zur Johanniskirche nur ein Indiz ist.212 Die Stauferfeste wurden ab 1993 von der Stadt in Zusammenarbeit mit dem Verein »Kramer, Zunft und Kurtzweyl« veranstaltet. Schwäbisch

208 209 210 211 212

Schoch, 1984, S. 6. Siehe S.126. Siehe S.126. Vgl. Schoch, 1984, S. 6. Siehe S. 218.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Gmünd war für den damals schon langjährig bestehenden Verein als Austragungsort aufgrund seiner historischen Altstadt attraktiv. Hier präsentierten sie ihre Attraktionen und refinanzierten sich über Eintrittsgelder und Verkauf ihrer Waren.213 Intention des aus Bergneustadt (Nordrhein-Westfalen) stammenden Vereins ist es, die »mittelalterliche Kultur zu erhalten und zu beleben.«214 Hierfür sollen Handwerkstechniken, aber auch das Kulturgut wie es aus Musik und Literatur bekannt ist, erforscht und neu belebt werden.215 1993 konnten rund um die Johanniskirche an zwei Tagen Händler, Kaufleute und zahlreiche Handwerker bei ihrer Arbeit beobachtet werden. Berufsgruppen aus dem unterhaltenden Metier in Form von Spielleuten, Gauklern und Minnesängern waren ebenfalls anzutreffen. Die weniger angesehen, aber zu den Vorstellungen über das Mittelalter gehörenden Personengruppen wie »Quacksalber oder Possenreißer« vervollständigten das Bild des Marktes. Es gab wie auch schon auf dem Markt von 1984 Mitmach-Aktionen für die Besucher und zahlreiche kulinarische Angebote.216 Die Kostüme der Darstellenden waren detailreich und ausdifferenziert. Auf einem Zeitungsbild erkennbar ist das Gewand einer Edeldame beispielsweise üppig bestickt. Sie trägt eine kleine Krone mit passendem Schleier dazu. Ihr Begleiter trägt Rüstung und Wams. Auch die Rüstung zeugt mit vielen kleinen Feinheiten von einer gewissen Kenntnis über Kleidung und Schmuck der Zeit und auch dem Wunsch diese möglichst detailgetreu wieder zu geben.217 Den Besuchern sollte an diesen zwei Tagen die Möglichkeit gegeben werden, »einen Blick in das Mittelalter zu werfen und die Geschichte hautnah zu erleben« und »sich ein wenig in die Gefühls- und Gedankenwelt des mittelalterlichen Menschen einzufühlen.«218 Sie konnten in die Epoche eintauchen, sobald der Herold das Fanfarensignal ertönen ließ. Zu sehen gab es neben den Marktständen auch ein Ritterlager und Vorführungen aus dem mittelalterlichen Alltag wie eine Gerichtsszene, ein Pestumzug oder eine Buß- und Geißlerprozession.219 Alle Facetten des vermeintlichen Mittelalters wurden auf diesem Markt abgebildet: Das abenteuerlich-romantische Mittelalter der Ritter, höfischen Minne und fahrenden Spielleute und das schaurig-schöne Mittelalter. Der gemeinsame Nenner dieser Mittelaltervorstellungen lässt sich mit dem Schlagwort »Andersartigkeit« umschreiben. Die Staufer kommen in diesem Mittelalterbild nicht vor. Ihre Herrschaftszeit wird recht weit gedehnt

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Vgl. Maile, Manfred, ehemaliger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview). 214 Schicklich und gottgefällig. Am 21. und 22. August buntes Treiben rund um die historische Johanniskirche, 23.8.1993. 215 Vgl. Schicklich und gottgefällig. Am 21. und 22. August buntes Treiben rund um die historische Johanniskirche, 23.8.1993. In: Gmünder Tagespost, H. 184; Spectaculum zum Markt im Mittelalter. Handwerker, Händler, Gaukler, Musikanten und »Konrad der Staufer« kommen/Gamundia wird zur Stadt erhoben, 1995. In: Gmünder Tagespost, H. 189. 216 Vgl. Rembold, Gerhard, 1993: Jahresrückblick. In: Dietenberger, Eduard (Hg.): 1993 – Einhorn Jahrbuch. Schwäbisch Gmünd, S. 6-27, S. 26; Schicklich und gottgefällig. Am 21. und 22. August buntes Treiben rund um die historische Johanniskirche, 23.8.1993. 217 Vgl. Rembold, 1993, S. 27. 218 Schicklich und gottgefällig. Am 21. und 22. August buntes Treiben rund um die historische Johanniskirche, 23.8.1993. 219 Vgl. ebd.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

und als der historische Hintergrund für diese Mittelaltervorstellungen verstanden.220 Das Stauferfest von 1995 fand in derselben Grundkonstellation statt, nur dass diesmal das Setting auf den Marktplatz der Stadt verlegt wurde. Gegen Eintrittsgeld konnten die Besucher 48 Stände mit über 200 Darstellern betrachten. Die Möglichkeit, in die mittelalterliche Welt des Marktes einzutauchen, sollte auch dadurch erreicht werden, dass die Gewandeten mit verschiedenen Floskeln den Sprachduktus des Mittelalters zu imitieren versuchten. Auch in diesem Jahr konnten die Besucher verschiedenste Waren an den Handwerkerständen erstehen und sich mit Speis und Trank ausstatten. Letzteres schien von der Angebotspalette her mannigfaltiger und wichtiger zu sein. 1995 wurde der Versuch unternommen die städtische Geschichte in das Marktgeschehen einzubauen. Bei einer Showeinlage trat Stauferkönig Konrad III. auf und verlieh Schwäbisch Gmünd die Stadtrechte. Dieser Einbezug der staufischen Stadtgeschichte blieb jedoch, soweit erkennbar, der einzige während der Stauferfeste.221 Denn für das 3. Stauferfest 1997, zu dem erneut der Verein »Kramer, Zunft und Kurtzweyl« von der Stadt Schwäbisch Gmünd eingeladen wurde, wurde schon dezidiert die Möglichkeit beworben, »auf einem historischen Markt in die Welt des Jahres 1497« einzutauchen. Explizit sollte auf diesem Mittelaltermarkt das Spätmittelalter dargestellt werden. Die Betitlung als Stauferfest wird zur Rechtfertigung für die Älteste Stauferstadt als Austragungsort. Zu sehen waren erneut alle klassischen Personengruppen, die zur Vorstellungswelt eines phantastischen Mittelalters gehören. Auffällig ist die Nennung der Halsabschneider und Bettler. Vom reinen Handwerkermarkt in den 1980er Jahren wurde der Blick auf die Zeit nun seit den frühen 1990er Jahren weiter auf die kleinen Leute des Mittelalters und hier, um Facetten des schaurig-schönen Mittelalters hervorzuheben, auf die Bettler, ›Halunken‹ und Quacksalber ausgedehnt. Die Besucher hatten wieder die Möglichkeit an den Handwerks- und Händlerständen Waren zu erstehen oder einen der zahlreichen und sehr heterogenen Essensstände anzusteuern. Zahlreiche Sondervorführungen unterstreichen den Unterhaltungscharakter der Festivität.222 Der kommerzielle Aspekt der Veranstaltung zeigt sich mit Blick auf das erweiterte Warenangebot und die hierfür geforderten Preise: »So durften die Besucher auch erfahren, daß ein mittelalterliches Spektakulum auch für eine eher deftige Preispolitik zuständig ist […].«223 Das Jahr 1999 brachte kein Stauferfest, da in diesem Jahr in Schwäbisch Gmünd zu Ehren von Peter Parlers 600. Todestages die »Parler-Wochen« veranstaltet wurden.224 Gemäß dem ZweiJahres-Turnus fand 2001 das nächste Stauferfest statt. Der kommerzielle Aspekt war bei diesem nochmals bedeutsamer. Das kulinarische Angebot war sehr divers und oftmals nur sehr bedingt mittelalterlich, sondern spiegelte vor allem moderne Wünsche wider. 220 So sollten die Besucher des Marktes durch die Darstellungen des Vereins ins 12. bis 16. Jahrhundert entführt werden, ein Zeitraum, der weit über die staufische Herrschaftszeit hinausgeht. Vgl. Spectaculum zum Markt im Mittelalter. Handwerker, Händler, Gaukler, Musikanten und »Konrad der Staufer« kommen/Gamundia wird zur Stadt erhoben, 1995. 221 Vgl. Spectaculum zum Markt im Mittelalter. Handwerker, Händler, Gaukler, Musikanten und »Konrad der Staufer« kommen/Gamundia wird zur Stadt erhoben, 1995. 222 Vgl. Fischer, Manfred, 1997: Von Giftproben und Gauklern. Drittes Stauferfest lockte unzählige Besucher aus nah und fern. In: Gmünder Tagespost, H. 201. 223 Ebd. 224 Siehe S. 128.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

So gab es beispielsweise einen »orientalischen« Stand an dem Falafel und Kaffee erworben werden konnten. Der Geschmack des 21. Jahrhunderts traf hier auf die Vorstellungen eines fremdartigen Mittelalters, das im Austausch mit dem Orient stand.225 Erneut waren verschiedenste gesellschaftliche Gruppen vertreten, die sowohl das romantischschöne, aber auch das gruselige Mittelalter repräsentierten. Wie exemplarisch die Darsteller des Pestumzugs: »Gruselige Gestalten bevölkern bei Dunkelheit den Marktplatz: die Ärzte mit den Masken, die sie vor der Pest beschützen sollen.«226 Das Bild von einem Kaleidoskop der Vergangenheit, das von den Vorstellungen der Moderne geprägt ist, drängt sich auf.227 Dieser Eindruck verstärkt sich beim Stauferfest 2003, bei dem erneut »Handwerksmeister, weitgereiste Kaufleut, Musici und leider auch so manch Gaukler und Narren« zu finden war.228 Neben den unterschiedlichen Handwerksständen war auch das weitere Unterhaltungsprogramm stark ausdifferenziert. Nicht nur gab es verschiedene Showeinlagen und neben dem Pest- auch einen Pilgerzug über das Gelände, sondern auch die Besucher selbst konnten involviert sein, indem sie sich beispielsweise von einer Wahrsagerin aus der Hand lesen ließen oder ihre Kinder zum Ritterturnier schickten. Das kulinarische Angebot war nach wie vor sehr divers und eher bedingt mittelalterlich, genauso wie die Vielzahl an Waren vom Blashorn über verschiedene Gewürze, Salben und Tuch von den »weitgereiste[n] Kaufleute[n].«229 Mit diesem Jahr endete die Ära der Stauferfeste in Schwäbisch Gmünd. Kritik gab es aufgrund des kommerziellen Charakters der Veranstaltung und auch dem fehlenden Bezug zur Stadt, da diese Form des Mittelaltermarktes nicht unbedingt als Alleinstellungsmerkmal für die Älteste Stauferstadt ausgelegt werden konnte.230 2006 gab es dann erstmals die Staufertage auf dem nahe gelegenen Hohenrechberg. Diese gingen allerdings auf eine Privatperson zurück und wurden 2007 von der Touristikgemeinschaft aufgegriffen und programmatisch ausgebaut.231 Ein Fazit ziehend kann die Darstellung der Staufertage mit Ausnahme von 1997 weniger als eine Rezeption der staufischen Geschichte, sondern als eine Rezeption des Mittelalters generell bezeichnet werden. Dieses wurde als eine andersartige Epoche mit all den erwarteten Stereotypen dargestellt. Hierzu gehört neben der ritterlich-höfischen Welt der Aristokratie auch das oftmals als grausam empfundene Leben der einfachen Leute. Im Bereich der medialen Aufbereitung lassen sich

225 Vgl. Blessing, Daniel, 27.8.2001: Extra scharf mit Pest-Grusel. 2. Stauferfest. Die Gmünder Tagespost präsentierte den mittelalterlichen Markt auf dem Gmünder Marktplatz. In: Gmünder Tagespost, H. 195. 226 Ebd. 227 Siehe S. 77. 228 Meid, Hanna, 14.8.2003: Stelldichein der Kaulfeut‹ und Gaukler. Mittelalterliches Leben und Treben rund um den Marktplatz – Präsentiert von der Gmünder Tagespost. In: Gmünder Tagespost, H. 185. 229 Ebd. 230 Vgl. Maile, Manfred, ehemaliger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview). 231 Soweit bekannt werden die Staufertage in dieser Form nicht mehr veranstaltet. Vgl. Maile, Manfred, ehemaliger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview); Jantschik, 23.4.2007; Staufertage 2008. Lebendige Stauferzeit an den Stauferstätten von Donnerstag bis Sonntag 22. bis 25. Mai, 22.5.2008.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

deutliche Weiterentwicklungen zu den bisherigen Veranstaltungen erkennen: Die Kostüme waren detailreicher und ausdifferenzierter. Die gesamte Ausstattung hatte sich vergrößert. So gab es neben den »Vermittlungsständen« der Handwerker immer mehr Showeinlagen, Mitmachaktionen und vor allem die Möglichkeit, Kulinarisches oder andere Waren zu erwerben. Von Seiten des Vereins wurde die Geschichte auf diese Weise immer stärker zum einträglichen Wirtschaftsfaktor und für die Stadt zum Marketingfaktor, da er für Besucher die Möglichkeit des Geschichtserlebnis offerierte.

6.3.2

Die Stauferevents von 2012 und 2016: Das Theaterstück Staufersaga als Quell städtischer Identitätsstiftung

Das Jahr 2012 stand in Schwäbisch Gmünd ganz im Zeichen des 750-jährigen Jubiläums der Stadt und damit der staufischen Stadtgründung, die an der ersten Nennung als Stadt im Jahre 1162 festgemacht wird.232 Anlässlich des Jubiläums wurden zahlreiche Aktivitäten zur staufischen Geschichte angeboten. Darunter auch das Theaterstück Staufersaga und ein sehr umfangreicher Mittelaltermarkt mit Ritterlager, Ritterturnier und einem großen Stauferumzug. Eine erneute Vorführung des Theaterstücks fand 2016 statt, auch dieses Mal in Kombination mit einem mittelalterlichen Markt als Abschluss. Die Art der staufischen Rezeption, also der Inhalt des Theaterstücks und auch die Grundkonstellationen auf dem anschließenden Mittelalterfest, blieben 2016 nahezu gleich wie 2012. Die Ereignisse konnten 2016 jedoch teilnehmend beobachtet und Akteure für Interviews befragt werden. Daher werden die staufischen Interpretationen beider Events gemeinsam vor allem auf Grundlage des 2016 gewonnenen Materials untersucht. Dennoch werden vorausgehend der eigentlichen Analyse die Umstände der Uraufführung von 2012 geschildert, da sie für ein Verständnis vor allem der geschichtskulturellen Dimensionen für die Stadtgemeinschaft unabdingbar sind. Zusätzlich zu den oben genannten Hauptprogrammpunkten war das ganze Jahr 2012 durch Vorträge, Lesungen, Ausstellungen und anderen, touristischen Angeboten geprägt. Außerdem wurde, in Anlehnung an die Tradition der Gold- und Silberstadt, das Projekt in Angriff, genommen die Reichsinsignien und auch den Krönungsmantel präzise nachzubilden.233 Neben einer Open-Air-Ausstellung und einer Vortragsreihe zur gesamten Stadtgeschichte war in diesem Jahr auch eine Exposition speziell zu den Staufern und Schwäbisch Gmünd zu besuchen. Auch die Einweihung der Stauferstele auf dem zentralen Johannisplatz sollte die Bedeutung der Staufer für die Stadt ins Gedächtnis rufen und die in diesem Jahr veranstaltete Tagung »Europäische Städte in der Stauferzeit« unter städtebaulichen Aspekten »dem architektonisch-wissenschaftlichen Forscherdrang mehr Spielraum verleihen.«234 Das dreitägige Symposium wurde in Zusammenarbeit mit der VHS von der Stadtverwaltung organisiert und von der EU 232 Siehe S. 201. 233 Vgl. Herrmann, Markus, 2014, S. 414-415; Herrmann, Markus, 2014, S. 411. Nicht nur der Krönungsmantel, sondern auch Krone, Reichsapfel, Reichsschwert und später auch die Reichshandschuhe sollten originalgetreu wieder hergestellt werden. Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival (Hg.), 2016: Das Magazin zum Stauferfestival Schwäbisch Gmünd 2016, S. 31. 234 Munk, 2012.Vgl. weiterhin Stadt Schwäbisch Gmünd; Herrmann, 2014, Markus, S. 414; Stadt Schwäbisch Gmünd, 2014.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

und dem Land Baden-Württemberg anlässlich der Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen des Bundeslandes finanziell bezuschusst.235 Die Ergebnisse wurden kurze Zeit später in einem Tagungsband veröffentlicht.236 Im Zuge dieses Jubiläums unter staufischem Vorzeichen verfasste weiterhin der Gmünder Autor Timo Bader auf Anfrage seinen ersten historischen Roman Im Bann der Staufer, der sich großer Beliebtheit erfreute und in den Folgejahren von zwei weiteren staufischen Romanen ergänzt wurde.237 Das Jubiläumsprogramm neben Theaterstück und Stauferwochenende rezipierte die Stauferzeit vornehmlich als die eigene Gründungsgeschichte der Stadt, die es zu vermitteln galt. Vorträge, Expositionen und auch eine Tagung, die jedoch in der populären Geschichtskultur des Jahres keine präsente Rolle spielte, sollten vertiefte Kenntnisse der staufischen Stadtgeschichte vermitteln und neue Denkanstöße geben. Neben diesen Angeboten konnten Aktionen wie die Stelenerrichtung in der Stadtbevölkerung das staufische Geschichtsbewusstsein stärken. Kristallisationskern der ganzen Jubiläumsfeierlichkeiten war jedoch das hierfür eigens konzipierte Theaterstück. Seit der Amtseinführung des Oberbürgermeisters Richard Arnolds 2009 versuchte dieser die staufische Geschichte der Stadt mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Der Gedanke einer Staufer-Vereins-Gründung wurde jedoch aufgrund der Nähe zur sehr bekannten »Gesellschaft für staufische Geschichte« in Göppingen schnell verworfen. Aus der Idee des Lebenspartners Arnolds, dem Künstler und Dramaturgen Stephan Kirchenbauer, anlässlich des Stadtjubiläums einen Stauferumzug mit kurzen szenischen Sequenzen zu veranstalten, entwickelte sich in kurzer Zeit die Vorstellung eines ganzen Theaterstücks. Mit einem derart einem großformatigen Projekt konnte ein großer Teil der Stadtgemeinde aktiv in die Jubiläumsfeierlichkeiten involviert werden.238 235 Vgl. Munk, Walther, 2012: Zusammenfassung der Tagung »Europäische Städte in der Stauferzeit, 04. bis 06.10.2012«, eine Veranstaltung im Rahmen des Staufer Jubiläums der Stadt Schwäbisch Gmünd sowie zum Landesjubiläum 60 Jahre Baden-Württemberg 2012. Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd; Munk, Walther, Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview): Tagung »Europäische Städte in der Stauferzeit«. Auf Grundlage umfangreicherer Recherchen wurden verschiedenste Städte mit staufischem Hintergrund angeschrieben, worauf sich ca. 100 Vertreter der Kommunen anmeldeten. Schwäbisch Gmünd, Bremen, Manfredonia, Oria, Waiblingen, Rothenburg ob der Tauber, Altenburg und Bamberg trugen ihre Ansichten zur zentralen Tagungsfrage nach typischen städtebaulichen Merkmalen und Gemeinsamkeiten staufischer Städtegründungen vor. Im Ergebnis führten diese Diskussionen zu der Feststellung, dass aus städtebaulicher Perspektive keine typische Stauferstadt definiert werden könne. Nähere Informationen zum Landesjubiläum 2012 vgl. Landeszentrale für politische Bildung, 2012: Landesjubiläum Baden-Württemberg. https://www.lpb-bw.de/landesjubilaeum.html [13.06.2019]. 236 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd (Hg.), 2014: Europäische Städte in der Stauferzeit. Staufische Stadtgründungen und ihr städtebauliches Erbe. Schwäbisch Gmünd. 237 Vgl. Bader, Timo: Autor. http://timo-bader.de/biografie/ [29.06.2018]; Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 48. 238 Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012: Programmheft: Die Staufersaga. Momente einer europäischen Dynastie. Historisches Schauspiel Schwäbisch Gmünd, S. 16; Herkommer, Hubert; Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Das Theaterstück Staufersaga und das städtische Geschichtsbewusstsein Schwäbisch Gmünds; Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview).

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Durchführung und Organisation des ganzen Vorhabens erfolgte über die Stabsstelle für bürgerliches Engagement der Stadt Schwäbisch Gmünd unter der Leitung Alexander Grolls. Dementsprechend wurde auch die Finanzierung der Saga hauptsächlich von der Stadtverwaltung bewältigt, wobei sie sich auf großzügige Materialspenden und ein sehr breites ehrenamtliches Engagement der Gmünder stützen konnte.239 Zeitungsaufrufe fragten nach interessierten Bürgern, die Lust hätten, sich mit Blick auf das Stadtjubiläum einzubringen. Nicht zuletzt aufgrund der charismatischen Überzeugungskraft des Oberbürgermeisters die Stadtgemeinschaft als besonderes Gut zu pflegen, ließen sich immer mehr Personen für das Projekt überzeugen.240 Quer durch die Stadtgemeinschaft wurde außerdem gezielt versucht am Rande der Gesellschaft stehende Gruppen in das Projekt zu involvieren. Langzeitarbeitslose und Menschen mit Migrationshintergrund, vermittelt über das Gmünder Jobcenter, stellten beispielsweise verschiedenes Mobiliar für Theaterstück und Mittelaltermarkt her.241 Unter der Gesamtregie von Stephan Kirchenbauer kam es am 29. Juni 2012 zur Uraufführung der »Staufesaga«. In neun Szenen wurde die 200-jährige Geschichte der Staufer auf die Bühne gebracht. Angefangen mit Graf Friedrich von Büren und seinem Sohn Herzog Friedrich bis hin zu Herzog Konradin, mit dessen Tod die Dynastie ausstarb.242 Als Resultat auf die große Dynamik, die das Jubiläumsjahr und vor allem die Durchführung des Theaterstücks in Gang gesetzt hatte, gründete sich auf Grundlage der vielen ehrenamtlichen Gruppierungen der Verein Staufersaga. Dieser will die Erträge dieses Jahres weiterhin pflegen und gewinnbringend einsetzen.243 2016 kam es zu einer weiteren Aufführung der Saga. Anlass hierfür war das 750-jährige Jubiläum des Besuchs Konradins in der Stadt Schwäbisch Gmünd. Der Staufer feierte 1266 hier sein letztes Weihnachtsfest im Deutschen Reich, bevor er nach Italien zog.244 Es ist auffällig, dass wie bereits 1984 ein etwas willkürliches Jubiläum konstatiert wurde, um die Stadt mit allen damit verbundenen werbetechnischen und stadtinternen Vorteilen zu feiern. Die

239 Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S 25; Arnold, Richard, 2011: Rückblick auf das Jahr 2011. In: Einhorn-Verlag und Druck GmbH (Hg.): EinhornJahrbuch Schwäbisch Gmünd 2011. Schwäbisch Gmünd, S. 6-23; Musch, Jürgen; Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, 22.4.2015 (Interview): Geschichte und Aktivitäten des Vereins Staufersaga und Gründe für das ehrenamtliche Engagement. 240 »Und dann hat unser OB gesagt »Wir sind alle Staufer. Ich habs gleiche T-Shirt an«, alle hatten das rote T-Shirt an, und er hat 10 min gesprochen […] und nach 10 min haben sich wirklich glaub ich alle nicht sichtbar auf die Schulter geklopft und haben gesagt »und ich bin dabei« und dann lief das, dann war das so eine Welle.«, Akteur Gruppe Rüstmeisterei und Katapult, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Teilnahme an der Staufersaga. Vgl. auch: Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview). 241 Vgl. Kiemel, Nicole, 23.5.2012: Sie sind ein Teil der Staufersaga. EU-Projekt »Input« für Langzeitarbeitslose und Migranten im Werkhof Ost zieht Zwischenbilanz. In: Gmünder Tagespost, H. 118. 242 Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S. 16; Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016: Programmheft: Die Staufersaga. Momente einer europäischen Dynastie. Schwäbisch Gmünd, S. 9. 243 Vgl. Verein Staufersaga e.V.: Herkunft trifft Zukunft. https://www.staufersaga.de/entstehungsgesc hichte.html [3.6.2015]. 244 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016; Musch, Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, 22.4.2015.

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Grundstruktur der Feierlichkeiten blieb 2016 nahezu gleich. Neben den Aufführungen der Saga gab es statt des Staufer-Wochenendes von 2012 zwar die Schwörtage, jedoch waren diese außer dem Element der Schwörspiele im Grundsatz gleich.245 Inszenierung und Gesamtregie konnten 2016 nicht mehr durch den eigentlichen Initiator des Stückes Kirchenbauer durchgeführt werden, da dieser nach schwerer Krankheit noch Ende 2012 verstarb. 2016 oblag die künstlerische Leitung und Regie der Opernsängerin und Regisseurin Kathrin Bechstein, die schon 2012 für die künstlerisch-gestaltende Konzeption und Spielleitung mitverantwortlich war.246 Dramaturgie und historische Beratung übernahm 2012 und 2016 der pensionierte Mediävist Hubert Herkommer. Der gebürtige Schwäbisch Gmünder lehrte an der Uni Kassel und hatte bis zu seiner Emeritierung 2006 an der Uni Bern die Professur für Germanische Philologie inne.247 Als wissenschaftlicher Verantwortlicher erstellte er gemeinsam mit Kirchenbauer das Drehbuch des Stücks.248 Koordination und Verwaltung der Wiederaufführungen liefen auch 2016 über das Rathaus, namentlich erneut unter der Leitung Grolls. Diesmal wurde jedoch eigens eine »Geschäftsstelle Stauferfestival« eingerichtet. Diese koordinierte unter anderem die vielen ehrenamtlichen Gruppierungen, die sich seit der Erstaufführung unter dem Dach des Vereins Staufersaga zusammengeschlossen hatten.249 Die Geschäftsstelle bezeichnete sich dementsprechend als »Schnittstelle zwischen der Stadtverwaltung und dem Staufersaga-Verein.«250 Unterstützt wurde sie schon 2012 und auch 2016 durch ein ehrenamtliches Organisationsteam, das inzwischen zum Verein gehörte.251 Anhand der verschiedenen an der Theateraufführung teilnehmenden Gruppierungen wird deutlich, dass die staufische Geschichte sehr multimedial und unterhaltend dargestellt werden sollte. Historische Musikgruppen übten eigens hierfür auf mittelalterlichen Instrumenten. Aus den rund 40 Musiker der städtischen Musikhochschule von 2012 hatten sich inzwischen fünf eigenständige Ensembles entwickelt. Auch ein Fanfaren- und Trommlerzug sollte das Eintauchen in die Stauferzeit musikalisch ermöglichen. Die Musikinstrumente wurden nach mittelalterlichem Vorbild erstellt und die Musiker in den Farben des Stadtwappens oder den staufischen Farben gekleidet. So konnte die Verbindung der Stadtgeschichte mit der staufischen Geschichte als die »eigene« auch optisch

245 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd: Stauferfestival 2016. https://www.schwaebisch-gmuend.de/8320-B ogenturnier.html [23.06.2016]. 246 Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S. 16-17; Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 12, S. 18. 247 Vgl. Universität Bern: Prof. em. Dr. Hubert Herkommer. Werdegang. https://www.ger.unibe.ch/he rkommer/, 06.09.2018. 248 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 13; Herkommer, Hubert, Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, 5.7.2016. 249 Die Gruppierungen existierten teilweise 2016 genau in dem Format weiter, wie sie sich 2012 als Ehrenamtliche zusammengefunden hatten. Dementsprechend werden sie hier in der Grundkonstellation der Uraufführung genannt. Neu hinzugekommene Untergruppierungen oder eigenständige Ensembles, die sich bis 2016 gebildet haben, werden ergänzend angeführt. 250 Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 17 und vgl. auch S. 58. 251 Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S. 25; Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 71-73. Zum Organisationsteam gehören weiterhin die Untergruppen Bühnenbild, Projektkoordination, Regieassistenz, Inspizienz.

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verdeutlicht werden. Aber nicht nur musikalisch, sondern auch visuell wurde die Szenerie des Mittelalters neben der eigentlichen Handlung multimedial inszeniert. Eine eigene Gruppe zum klassischen Tanz mit 50 Tänzern aus verschiedenen Studios der Region belebten beispielsweise die Szenerie zum Mainzer Hoffest. Daran wird auch noch einmal ersichtlich, dass tatsächlich große Teile der Stadtgemeinschaft aus den ganz unterschiedlichen Bereichen in diese Darstellung der staufischen Geschichte integriert waren. Daneben gab es auch noch eine Gruppierung zu historischen Tänzen, die die aus der Stauferzeit übermittelten Schrittfolgen auf der Bühne präsentierte. Auch eine Gruppe von Fahnenschwingern hatte sich eigens für die Saga gebildet, die, ebenfalls als »stolze[r] Träger der Landesfarben und Stadtwappen«,252 das Bühnenbild bereicherten. Die Schauspieler waren ebenfalls in verschiedene Gruppierungen unterteilt. Sie spiegelten das Facettenreichtum wider, das von der staufischen Gesellschaft im Bühnenstück dargestellt werden sollte. Die höfische Welt, wie sie beispielsweise auf dem Mainzer Hoffest in Erscheinung trat, wurde von der Tannhäuser-Gruppe dargestellt. Diese war auch neben der Staufersaga als eigenständige Theatergruppe aktiv. Es gab des Weiteren eine eigene Gruppe der Schwertkämpfer, die seit der Uraufführung als »Ritterschaft zu Gmünd« in einer festen Formation mit ca. 100 Teilnehmern die historischen Techniken trainiert. Ebenso gab es eine eigene Bogenschützentruppe. Bemerkenswert ist die Gruppe der Rittersleute, des Spielvolkes und der Zünfte, quasi der Statisten, die die verschiedenen Szenerien belebten. Diese Gruppierung war sehr groß, was erneut die breite Teilnahme der Gmünder Bürger am Theaterstück verdeutlicht, und sie teilte sich in verschiedene, vermeintlich typisch in der Stauferzeit zu findende Bevölkerungsgruppen auf. Neben Nonnen, Mönchen und Zunftmitgliedern durften hierbei auch die Leprakranken und Bettler nicht fehlen. Letztere sind ein Beispiel für die steigende Popularität dieser mittelalterlichen Randgruppen in den performativen Staufer- und Mittelalterrezeptionen seit den ca. 1990er Jahren. Symptomatisch für diese Entwicklung ist auch die seit der Uraufführung neu hinzugekommene Gruppe der »Hübschlerinnen«, Prostituierten des Mittelalters, die 2016 schon mit über 20 Protagonisten das Bühnenbild bereicherten. Diese wollten ihre Rollen möglichst authentisch nachempfinden, weswegen sich jede von Ihnen einen mittelalterlichen Namen und eine passende Biographie überlegt hatte. Die verschiedenen Darsteller wurden sehr professionell, detailgetreu und aufwändig ausstaffiert. Hierzu gab es eine Großgruppe »Gewandmeisterei«, das »Herzstück und Dreh- und Angelpunkt der Produktion für die Staufersaga.«253 Diese besaß für die verschiedenen Kleidungsstücke Unterabteilungen. Für die bewaffneten Akteure stellte eine eigene Rüstmeisterei Kettenhemden, Helme, Schwerter und alle anderen benötigten Waffenutensilien her. Sogar Prunkhelme wurden nach Vorlage der Manessischen Liederhandschrift angefertigt. Bereichert wurde die mediale Darstellung der Saga auch durch die zahlreichen Großrequisiten, die nach Vorgaben der Recherchegruppe hergestellt wurden. Sogar ein stauferzeitliches Großkatapult wurde für das Theaterstück konstruiert. Auch für die Ausstattung der Staufersaga wurden aus allen Gesellschaftsgruppen helfende Hände akquiriert. Ein Nähteam bestand 2012 bei-

252 Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 63. 253 Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S. 22.

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spielsweise aus Frauen der Gmünder Frauenjustizvollzugsanstalt Gottenzell.254 All die verschiedenen Akteure waren in ihren aufwändig hergestellten Kostümen in den neun Szenen der Staufersaga zu sehen, die im Folgenden abschnittsweise vorgestellt und analysiert wird. Das Bühnenstück von 2016 blieb im inhaltlichen Kern identisch mit der Uraufführung von 2012. Die mediale Aufbereitung wurde jedoch noch ausgefeilter. Die Kreuzzugskämpfe sollten durch eine neue Choreographie »schneller, wirklichkeitsnaher und ergreifender« werden.255 Neueste technische Möglichkeiten wurden bei der Lichtgestaltung beispielsweise durch Laserprojektionen und auch einem Feuerwerk am Ende ausgeschöpft.256 Erzählt wird die staufische Herrschaft als eine Geschichte des Aufstiegs und Verfalls, was der klassischen Deutung der Stauferzeit als Blütezeit des Hochmittelalters und dem anschließenden Niedergang im Spätmittelalter entspricht.257 Dieser Aufstieg und Fall der Dynastie, der mit dem sich ewig drehenden Rad der Fortuna gleichgesetzt wird, wird in neun Szenen auf dem Platz vor der Johanniskirche nacherzählt, die in das Bühnenbild integriert wird.258 Durch die »222 Jahre deutsche, italienische und europäische Geschichte« leitet als Erzählerfigur der Barde, ein Zeitreisender.259 Die »Reise in die Vergangenheit« wird mit dem Schlagwort »Herkunft trifft Zukunft« betitelt, womit die Stauferzeit zur eigenen Vergangenheit wird, die wegweisend für zukünftiges Handeln sein kann.260 Im Prolog wird die Rahmenhandlung des eigentlichen Stücks erzählt. Konradin, der letzte Staufer, wartet in Neapel auf seine Hinrichtung. Der Barde berichtet den Zuschauenden von seinem Schicksal. In seiner letzten Nacht erinnert er sich noch einmal an seine staufischen Vorfahren.261 Die erste Szene spielt auf der Wäscherburg, welche in unmittelbarer Nachbarschaft Schwäbisch Gmünds liegt. Die Protagonisten sind Friedrich von Büren, der Vater des ersten schwäbischen Herzogs aus staufischem Hause, und Hildegard von Schlettstadt, die oftmals als »Stammmutter der Staufer« bezeichnet wird.262 Die Wäscherburg, oder auch Wäscherschloss, gilt im Volksmund gerne als »Wiege der Staufer«, was aufgrund des späten Baubeginns im 13. Jahrhundert faktisch nicht möglich ist.263 Die Szene ist für die Narration der staufischen Herrschaft relativ

254 Die gesamten Informationen zu den verschiedenen am Theaterstück beteiligten Gruppierungen sind den Programmheften von 2012 und 2016 entnommen. Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S. 19-25; Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 5973. 255 Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 10. 256 Vgl. ebd., S. 10;Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview). 257 Siehe S. 71. 258 Vgl. Herkommer, Hubert, Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, 5.7.2016; Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S. 23. 259 Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 10. 260 Ebd. 261 Vgl. ebd., S. 23. 262 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 10. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 21-21. 263 Rothenberger, 2014, S. 293.

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unbedeutend und setzt zeitlich sehr früh ein. Für das kommunale Gedächtnis sind allerdings sowohl die Wäscherburg, als auch diese frühen historischen Persönlichkeiten zentral und allgemein bekannt. Die große Geschichte der Dynastie wird durch diese Szene mit der kleinen Geschichte der Region verknüpft, um sie als die eigene herauszustellen. Das Geschehen ist als Jagdepisode aufgebaut. Viele Statisten und auch sehr viele Tiere bereichern das Bühnenbild.264 Die zweite Szene spielt auf dem Hohenstaufen und thematisiert die Belehnung Friedrichs von Hohenstaufens mit dem Herzogtum Schwaben durch Heinrich IV. Zu Beginn wird auch die für das städtische Geschichtsbewusstsein wichtige Gmünder Ringlegende in die Erzählung eingeflochten. Somit wird der Aufstieg der Staufer thematisiert und erneut der Bezug zu lokalen Geschichtsnarrationen geschaffen. Die Interpretation der staufischen Geschichte als die der eigenen Ursprünge wird auch dadurch verstärkt, dass diese Szene in schwäbischer Mundart vorgetragen wird. Die Belehnung wird pompös in Szene gesetzt. Auf der Empore der Johanniskirche stehen Fanfarenspieler, gekleidet in den staufischen Farben schwarzgelb und mit dem staufischen Löwen als Emblem. Gesäumt wird die Szenerie durch Statisten, die die Mitglieder des Hofs darstellen.265 König Konrad III., erster staufischer römisch-deutscher König, bestreitet die dritte Episode des Theaterstücks. Im Fokus stehen sein gescheiterter Kreuzzug, zu dem auf der Bühne Bernhard von Clairvaux aufruft.266 Die Kreuzzugsthematik ist wichtiger Bestandteil der Erzählungen über das Mittelalter. In den gängigen, modernen Vorstellungen der Epoche ist sie, wie beispielsweise auch die höfische Kultur, ein Charakteristikum dieser facettenreichen Zeit. Durch die Kreuzzugskämpfe wird die Identitätsfindung des Eigenen in Form von Abgrenzung des Anderen thematisiert.267 Gleichzeitig können die Möglichkeiten des Kulturtransfers in der Stauferzeit thematisiert werden. Das tragische Scheitern der Unternehmung wird im Theaterstück durch menschliches Leid personifiziert. Die unerträgliche Hitze des Landes wird beschrieben und auch diese Protagonisten sprechen in schwäbischer Mundart, sodass sich die Zuschauer besser in sie hineinversetzen und Empathie empfinden können.268 Gleichzeitig bietet die Kampfszene grandiose Unterhaltung. In einer eigens hierfür entworfenen Choreographie liefern sich zahlreiche Darsteller einen Schaukampf. Dieser wird durch die Lichtgestaltung dramaturgisch aufgewertet. Die Musik unterstreicht die Kampfhandlung und erzeugt eine hohe emotionale Spannung. Die staufische Geschichte wird in dieser Szene »zum Blockbuster«.269 Dieser Eindruck wird auch durch die aufwändige Kostümierung nicht nur der unterschiedlichen Kampfgruppen, sondern auch der Hauptprotagonisten erweckt. Bernhard von Clairvaux wird in einem Wagen mit Kirchturm auf die Bühne gefahren, ihn begleiten arme, zerlumpte Pilger. Das Bild symbolisiert das abschreckend-fremdartige Mittelalter des fanatischen Glaubens und der verarmten Gläubigen. Der Sultan wiederum, ganz in schwarz auf 264 265 266 267

Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 50-51. Vgl. ebd., S. 53-55; Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 23-26. Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 29-31. Vgl. Hinz, Felix, 2014: Mythos Kreuzzüge. Selbst- und Fremdbilder in historischen Romanen, 17862012. (Wochenschau Wissenschaft). Schwalbach, S. 178-179. 268 Vgl. Luhmann, Isabelle, 27.6.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung des Theaterstücks Staufersaga. Schwäbisch Gmünd. 269 Vgl. ebd., Petschke/Bischoff, 2016, S. 59.

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einem großen Schlachtross begleitet von zwei vermummten Gestalten, steht für die faszinierende Fremdartigkeit der Epoche in Form von frühen Begegnungen mit dem Orient.270 Beiden Protagonisten werden Quellenzitate der Zeit in den Mund gelegt, wodurch eine historische Authentizität der Szenerie geschaffen werden soll.271 Friedrich Barbarossa und seine Gattin Beatrix von Burgund beherrschen die vierte Szene der Aufführung. Zu Beginn tritt jedoch Äbtissin Hildegard von Bingen auf, die aufgrund einer Vision den Kaiser vor weiteren Machtbestrebungen warnt. Auch der gärende Zwist mit dem Papst wird thematisiert. Höhepunkt der Szene ist die Darstellung des Mainzer Hoffest von 1184, dass den Machtzenit der Staufer darstellen soll. Dieses endet abrupt mit einem Gewittersturm und wird überwölbt durch eine Vorahnung Beatrix‹, die das Ende der Staufer voraussieht.272 Mit Hildegard von Bingen tritt eine Zeitgenossin der Staufer auf die Bühne, die diese Zeit als überraschend fortschrittlich erscheinen lässt. Als bekannte Universalgelehrte weiblichen Geschlechts steht sie diametral zu den Vorstellungen eines rückständigen, dunklen Mittelalters. Wohl nicht zufällig wurde für diesen Part eine Heilkundige gewählt, lässt sich so das Mittelalter doch mit dem wichtigen ortsansässigen Hersteller für Pflegemittel – Weleda – verknüpfen.273 Als für diese Zeit ungewöhnlich starke Frauenrolle tritt auch Beatrix als ebenbürtige Gefährtin Barbarossas auf. In ihrer Vision sieht sie das Haus der Staufer als ein geeintes Europa unter staufischer Herrschaft. Eine Herrschaft der vielen Völker und der Toleranz, der blühenden Landschaft und Kultur. Der Vergleich mit den rezenten Idealen der europäischen Gemeinschaft springt ins Auge.274 Der Papst erscheint als der übel gesinnte Widersacher dieser Ideen, der die Staufer zu Fall bringen wird.275 Mit dem Hoffest kann die ganze Bandbreite der ritterlich-höfischen Kultur präsentiert werden. Die Darstellung generiert geradezu eine Show des Mittelalters. Zahlreiche Tänzer zeigen historische und klassische Tänze, ein Gaukler tritt auf und sogar eine Akrobatikgruppe bereichert die Szenerie. So können zahlreiche Bürger der Stadt gemeinsam in die Saga integriert und den Zuschauern ein großes Panorama geboten werden. Dieses wird vervollständigt durch die sehr hochwertigen, aufeinander abgestimmten Kostüme der Protagonisten, die bis ins Detail mit den nötigen Requisiten ausgestattet sind. Alle Darsteller sind zudem ihrer Rolle entsprechend aufwändig geschminkt. Während der Schwertleite der Söhne Barbarossas wird das passende Bild aus der Manesse-Handschrift an die Johanniskirche projiziert. Das heraufziehende Unwetter wird durch die Musikkomposition dramaturgisch aufbereitet, sodass die Szenerie multimedial für die Zuschauer die staufische Geschichte nacherlebbar werden lässt.276 270 Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 58. 271 »Bernhards Reden sind hier seinen eigenen Schriften entnommen.« »Die muslimischen Gegner werden durch einen Prediger angespornt, dessen Worte aus der Rede des türkischen Sultans an seine Truppen am Abend vor der Eroberung Konstantinopels stammen.« »Es erklingt das Palästinalied Walthers von der Vogelweide.« Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 29. 272 Vgl. ebd., S. 33. 273 Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016 (Interview): Die Staufersaga. 274 Vgl. Generaldirektion Kommunikation der Europäischen Kommission. Die EU – kurz gefasst. 275 Vgl. Luhmann, Isabelle, 27.6.2016 (Protokoll). 276 Vgl. ebd.; Petschke/Bischoff, 2016, S. 64-70.

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Abb. 12: Darstellung des Mainzer Hoffest im Theaterstück Staufersaga 2012 in Schwäbisch Gmünd.

Staufersaga-Verein/Foto: Mario Klaiber.

Die nächste Szene spielt im mittelalterlichen Schwäbisch Gmünd, das sich auf die Ankunft Heinrichs VI. und seiner Gemahlin vorbereitet. Ein italienischer Soldat aus dem Heerbann des Kaisers feiert mit Gmünder Hübschlerinnen auf dem Marktplatz. Ein Verehrer tritt auf und trägt seiner Herzensdame ein Minnelied des Kaisers vor. Die Szene endet mit dem prachtvollen Empfang des staufischen Ehepaares in der Stadt.277 Die Szenerie ist inhaltlich nicht von tragender Bedeutung und dient vorwiegend dazu, Schwäbisch Gmünd in den Theaterplot einzubinden und die große Geschichte der staufischen Herrscher aus der Perspektive der kleinen Leute und deren Alltag zu erzählen. Bemerkenswert ist der Kommentar des italienischen Soldaten, der aufgrund des Machtzugewinns in Italien die Gmünder Hübschlerinnen aufklärt, dass sie ja jetzt nicht mehr Deutsche und Italiener wären, sondern eben alle Staufer.278 Erneut lässt sich der Europa-Gedanke hinter dieser Äußerung erahnen. Medial aufbereitet wird die Episode durch ein beeindruckendes Bühnenbild, in das sehr viele Akteure einbezogen sind. Der Bezug zur Stadt wird auch dadurch geschaffen, dass die Fahnenschwinger mit den Stadtwappen im Vordergrund stehen und auf der Empore der Johanniskirche die verschiedenen Musikzüge ebenfalls in den Stadtwappenfarben gekleidet sind. Die Protagonisten sprechen erneut in schwäbischer Mundart, anders als beispielsweise

277 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 39. 278 Vgl. Luhmann, Isabelle, 27.6.2016 (Protokoll).

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in der Szenerie davor Barbarossa oder Beatrix. Zum Empfang treten die verschiedenen Zünfte mit ihrem Wappen auf. Das Alltagsleben der mittelalterlichen Gmünder, der Marktfrauen, Bäcker und Händler, kann so ebenfalls in der Saga zur Geltung kommen.279 Nicht unbedingt der Staufer Philipp von Schwaben, sondern eher seine Gemahlin Irene von Byzanz beherrscht die Handlung der sechsten Szene. Im Fokus steht ihr tragisches Schicksal als vom byzantinischen Hof in die Ferne verheiratete Ehefrau des Staufers, die in den Wirren des Thronstreites früh auf dem Hohenstaufen verstarb und im umliegenden Kloster Lorch beerdigt wurde.280 Es ist auffällig, dass das Hauptaugenmerk der Darstellung dieser Phase staufischer Herrschaft nicht auf dem Thronstreit liegt, sondern auf dieser tragischen Frauenfigur. Rezente gesellschaftliche Debatten und das Aufkommen frauengeschichtlicher Fragestellungen in der historischen Forschung bedingen die Zuwendung zur Heiratspolitik und der Rolle staufischer Frauen in der Rezeption der Staufer.281 Außerdem kann mit der Inszenierung des unseligen Lebens dieser staufischen Frauenfigur der emotionale Zugang zur Vergangenheit besonders gut ermöglicht werden. Schlussendlich kommt noch hinzu, dass Irene als eine der wenigen staufischen Herrscher in der umliegenden Region von Schwäbisch Gmünd gestorben und beerdigt ist. Sie spielt für die kommunale und regionale Geschichtskultur eine wichtige Rolle. Medial wird bei Irenes Verabschiedung vom byzantinischen Kaiserhof erneut die transnationale Herrschaftsdimension der Staufer hervorgehoben, indem der Kaiserhof äußerst exotisch dargestellt wird. Zu orientalischen Melodien ist zu Beginn der Szene beispielsweise eine Bauchtänzerin auf der Bühne zu bestaunen. Das weitere Schicksal Irenes wird in einer an die Johanniskirche projizierten Filmsequenz illustriert. Ein Trauerzug beendet die Szene. Die staufische Geschichte wird in dieser Szene multimedial nacherlebbar.282 Eine der Schlüsselszenen für die geschichtskulturelle Funktion des Stückes ist der Auftritt Friedrichs II. Zu Beginn dieser Szene unterhalten sich drei Gelehrte unterschiedlicher Religion über die absonderlichen Charakterzüge ihres Herrschers. Sämtliche modernen, mit Friedrich II. assoziierten Vorstellungen über diesen werden in diesem Gespräch eingeflochten. Sein toleranter, ungewöhnlicher Herrschaftsstil, sein Wissensdurst und damit verbunden die von ihm neu eingerichteten Bildungsinstitutionen und Verwaltungsstrukturen werden genannt. Jedoch werden auch seine grausamen Charakterzüge erwähnt. Auch Franz von Assisi und Elisabeth von Thüringen als Vertreter einer neuen Zeit treten in Erscheinung. Während dieses Gesprächs ist Friedrich II. im Hintergrund an einem Schreibpult mit der Ausführung seines Falkenbuchs beschäftigt. Als er von der Erhebung seines Sohnes gegen ihn erfährt, entschließt er sich in einem Triumphzug ins Deutsche Reich zu ziehen.283 Mit der Schilderung des Herrschaftsstils Friedrichs II. wird die Stauferzeit als ein positives Abbild und auch Vorbild für die Gegenwart vor allem mit Blick auf die jüngste zu bewältigende Aufgabe der Integration von Geflüchteten in die Stadtgemeinschaft

279 280 281 282 283

Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 77-78. Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 41. Siehe S. 134. Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 80-83. Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 43-46; Petschke/Bischoff, 2016, S. 84.

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dargestellt.284 Sein Wissensdurst, hier wie auch in vielen anderen Medien der Populärkultur symbolisiert durch das Falkenbuch, lässt die Zeit als eine überraschend moderne erscheinen. Hinzu kommt die Hervorhebung der transnationalen Dimensionen staufischer Herrschaft wie sie durch die orientalischen Züge des Triumphzuges verkörpert werden. Sehr viele Tiere von Lama über Pferd und natürlich Falke überqueren das Bühnenbild, alle mit bunten Teppichen oder ähnlichem bedeckt. Männer und Frauen sind in orientalische Gewänder gehüllt, die Männer meist mit Turbanen auf dem Kopf. Auch die Bediensteten sind passend bekleidet und tragen bunte Sonnenschirme. Gewänder und Requisiten sind sehr aufwändig hergestellt und zeigen eine große Liebe zum Detail. Die Akteure sind passend zu ihren Gewändern geschminkt.285 Bildprojektionen an die Johanniskirche vervollständigen das Setting.286

Abb. 13 A/B: Triumphzug Friedrichs II. im Theaterstück Staufersaga 2012 in Schwäbisch Gmünd.

Staufersaga-Verein/Fotos: Mario Klaiber.

In der anschließenden Szene, die die letzten Stunden Konrads IV., Sohn von Friedrich II., schildern, zeichnet sich der allmähliche Untergang der staufischen Dynastie ab. Der Staufer ist krank und vor Gram gebeugt. Er führt Zwiesprache mit dem Papst, der davor warnt, den Sohn Konradin zur Wiedererlangung der staufischen Macht nach Sizilien ziehen zu lassen. Dies sei das sichere Ende der Staufer.287 Das päpstliche Agieren gegen die staufischen Pläne soll die Rückständigkeit des mittelalterlichen Glaubens symbolisieren und erzeugt in dieser Hinsicht ein negatives Mittelalterbild. Diesem müssen sich die als fortschrittliche Visionäre dargestellten Staufer beugen. Dies wird auch medial demonstriert. Die Szene ist dunkel gehalten, nur ein Spotlight auf Konrad beleuchtet die Bühne. Dieser ist am Ende seiner Kräfte und wird vom Zeitreisenden gestützt. Das Publikum kann seinen Gram emotional nachempfinden. Der Papst als böser Konterpart hingegen stößt von seinem Thron herab wüste Schimpftiraden gegen 284 Vgl. hierzu beispielsweise Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview). 285 Petschke/Bischoff, 2016, S. 84-86. 286 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 43. 287 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 47.

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ihn aus. Er ist weiß und grell geschminkt und erzeugt beim Publikum Antipathien.288 Die letzte Szene schließt die Klammer und führt zu Konradin im Kerker zurück. Der Verurteilte erwacht 1268 in Neapel aus seinem Traum und sieht seiner Hinrichtung entgegen. Zusammen mit zwei Getreuen aus der Heimat wird er auf einem Karren über die Bühne zu seinem Henker gefahren. Dieser führt ihn unter unheilsverkündender Musik in das gleißende Licht der Johanniskirche. Die Szene erzeugt durch Musik und Licht eine emotionale Spannung. Erneut ist das Spotlight nur auf die Verurteilten gerichtet, die ihrem bedrohlich mit der Axt schwingenden Henker entgegen fahren.289 Das monumentale Schlussbild bringt die Zuschauenden unweigerlich zum beeindruckten Staunen. Alle während der Aufführung dargestellten Staufer, die nach ihrem Abgang jeweils auf der Empore der Johanniskirche Platz genommen hatten, sitzen nun einer Ahnengalerie gleich rechts und links der Johanniskirche. Hinter ihrem jeweiligen Thron leuchtet ein Lichtstrahl in den Nachthimmel. Das Stadtwappen und das Stauferwappen sind an die Kirche projiziert und symbolisieren erneut die Verbindung der Stadt mit den Staufern.290 Diese wird auch in der kurzen Ansprache des Bürgermeisters während dieser Abschlussszenerie betont. Das Publikum wird aufgefordert sich zu erheben und die Jubiläumshymne mitzusingen. Diese von Hubert Herkommer konzipierte Hymne diente primär nur als Begrüßungslied in Szene fünf, wenn Heinrich VI. in der Stadt Einzug hält. Sie entwickelte sich jedoch schon 2012 zur übergeordneten Hymne für die ganze Saga und wurde regelmäßig vom städtischen Glockenturm gespielt.291 Im Text werden nochmals wichtige inhaltliche Stränge des Theaterstücks verarbeitet. Die erste Strophe schlägt den Bogen zur Stadt Schwäbisch Gmünd: »Preiset hoch Gamundia […] preiset hoch die alte Stauferstadt.« Charakteristika der Stadt, der »eigenen Heimat«, werden betont: »Sie strahlt in Kunst und Silber, aus Gold und Edelstein, mit ihrem stolzen Münster ist sie der Heimat mein.« Die Verbundenheit der Stadtgemeinschaft und ein gemeinsamer Geist werden heraufbeschworen. »Eng vereint sind wir […] und reichen uns die Händ.« In der letzten Strophe wird der Toleranz-Gedanke, der in die Stauferzeit hineinprojiziert wird, aufgegriffen. »Bewundern auch das Fremde, beschützen es vor Wut. Willkommen ist der Andere […].«292 Die Zeit der Staufer wird in der Staufersaga zum einen als die lokale Geschichte der eigenen Ursprünge erzählt. Einzelne Episoden greifen immer wieder Aspekte der staufischen Geschichten, oder Sagen hierzu auf, die für die generelle Narration der Stauferzeit durchaus zu vernachlässigen wären, die aber für die kommunale Geschichtskultur eine tragende Rolle spielen.293 Um eine Verbindung zwischen Publikum und Protagonisten zu ermöglichen, sind diese Szenen, anders als der Rest der Saga, in schwäbischer Mundart gehalten. Zum anderen wird über die eigene lokale Geschichte 288 Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 89-90; Luhmann, Isabelle, 27.6.2016 (Protokoll). 289 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 49-51; Petschke/Bischoff, 2016, S. 92; Luhmann, Isabelle, 27.6.2016 (Protokoll). 290 Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 94-96; Luhmann, Isabelle, 27.6.2016 (Protokoll). 291 Vgl. Herkommer, Hubert, Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, 5.7.2016. 292 Alle Zitate dieses Abschnitts siehe Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 63. 293 Dies wird auch von den Darstellern so wahrgenommen. Vgl. Kowak, Gabriel, Darsteller Konradin, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Rolle in der Staufersaga.

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hinaus gedacht. Zur letzten Szene heißt es im Programmheft: »So erlischt das Staufergeschlecht, das nahe von Gmünd seinen Anfang nahm, Deutschland und Europa bestrahlte und einer zentralen Epoche der abendländischen Geschichte seinen Stempel aufgedrückt hat.«294 Die Staufer als mittelalterliche Visionäre einer Herrschaft nach europäischen Idealen, in der die Vielfalt im toleranten Miteinander gelebt wird – diese Rezeption der Zeit ist im Stück omnipräsent zu finden. Die Stauferzeit wird zum Abbild gewünschter moderner Ideale und kann dadurch Richtschnur für zukünftiges Handeln sein.295 »Herkunft trifft [hier] Zukunft.«296 Der europäische Blickwinkel auf die Vergangenheit scheint auf der lokalen Erinnerungsebene angekommen zu sein. Nicht nur auf diesen Aspekt bezogen wirkt die staufische Herrschaft im Theaterstück als eine überraschend fortschrittliche und auch innovative Zeit. Friedrich II. schafft neue Verwaltungsstrukturen, neue geistige Strömungen, personifiziert durch ihre Ideengeber, werden thematisiert und die Rolle der staufischen Frauen für den Lauf der Geschichte als nicht unbedeutend herausgestellt. In dieser Auslegung der Vergangenheit zeigen sich starke Parallelen zur Mannheimer Ausstellung 2010/2011.297 Gerade die Hervorhebung der weiblichen Figuren dieses Stauferdramas verdeutlicht, dass die Rezeptionen dieser Zeit immer auch Bühne gegenwärtiger Aushandlungsprozesse und nicht zuletzt rezenter historischer Fragestellungen sind.298 Vereinzelt finden sich auch Interpretationen der Epoche als einer glücklich-überwundenden, beispielsweise in Form des rückständigen, dogmatischen Glaubens, wie ihn die Päpste als beständige Widersacher der staufischen Ideale verkörpern. Und nicht zuletzt wird die Zeit der Staufer im Theaterstück zu einer sowohl faszinierenden, wie abschreckenden, vor allem der alltäglichen Gegenwart fremden Zeit. Abenteuerlich-romantisch und schön zeigt sie sich im pompösen höfischen Milieu, abschreckend durch die zahlreichen Statisten, die als Bettler, Pestkranke oder gegeißelte Pilger die Bühne bevölkern.299 Die mediale Aufbereitung der Stauferzeit lässt diese zu einem imposanten Spektakel werden. Als Bühnenbild dient die Johanniskirche mit Vorplatz, eine, wie immer wieder betont wird, historische Originalkulisse. Um zwei Seitenflügel erweitert wird sie in die Handlung eingebaut und häufig zur Illustration mit historischen Quellen angestrahlt.300 Generell schlägt sich der Wunsch nach einer möglichst authentischen Darstellung der Epoche vielfältig in der medialen Aufbereitung nieder. Im Programmheft finden sich zu jeder Szene verschiedene Quellenauszüge der Stauferzeit und viele Textpassagen der Protagonisten sind aus

294 295 296 297 298

Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 49. Vgl. Herrmann, 2014, Markus, S. 415-417. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 10. Siehe S. 153. Vgl. beispielsweise Mueller, Patrick, Figur des Zeitreisenden, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Die Staufersaga; Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 299 Genau diese zwei Darstellungen der Epoche möchten viele Protagonisten auch den Zuschauern nahe bringen. Vgl. beispielsweise Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 300 Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S. 23.

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Quellenüberlieferungen übernommen.301 Unzählbare Akteure, Statisten, Musiker und auch Tiere beleben das Bühnenbild. Alle diese Protagonisten sind aufwändig und sehr detailgetreu kostümiert und mit vielen Requisiten, vom Bischofsstab bis zum Großkatapult, ausgestattet. Für ihre Rollen wurden sie von »rund 50 Haarstylisten, Maskenbildner[n] und Kosmetiker[n]« in der Maske zurecht gemacht.302 Als eigenes Bühnenbild wird die musikalische Untermalung der Saga verstanden. Sie hat eine »psychologisierende Aufgabe« und hebt einzelne Episoden besonders hervor.303 Die Zuschauer sollen die dargestellte Zeit mit allen Sinnen nachempfinden können. Bewusst wurden für wichtige Handlungsstränge Werke Richard Wagners herangezogen. »Die Sagen- und Mythenwelt des Mittelalters« wirkte sich auf das Schaffen des Komponisten aus und ist in vielen seiner Werke zu finden.304 Diese Stücke sollen die dargestellte Handlung stimmig untermalen. Auch die Lichtgestaltung soll die Dramaturgie des Stückes unterstreichen. Gerade ihr wird eine emotionale Bedeutung für das Publikum zugesprochen, die das Erlebnis vertieft.305 Für Publikum, Protagonisten und Stadtverwaltung erfüllt die Staufersaga verschiedene geschichtskulturelle Funktionen. Zunächst wären hier die Dimensionen der historischen Identitätsstiftung zu nennen. Anhand des Textes der Jubiläumshymne, aber auch der vielen Szenen, die in Schwäbisch Gmünd spielen, wird die staufische Geschichte zur Stadtgeschichte, mit der sich die Bürger der Kommune identifizieren können. Die lokale Narration wird darüber hinaus mit der transnationalen Narration staufischer Herrschaft verknüpft, was zur Möglichkeit einer europäischen Identitätsstiftung beiträgt.306 Durch das Theaterstück erfüllt die staufische Geschichte in Schwäbisch Gmünd auch eine starke integrative Funktion. Zahlreiche Gruppierungen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund sind bei den Vorführungen beteiligt. Neben den Hauptdarstellern bereichern mehr Statisten das Bühnenbild, als vielleicht unbedingt nötig wären. Es entsteht der Eindruck, dass die ganze Stadtgemeinschaft zum Gelingen der Staufersaga beiträgt. Die Theateraufführungen werden als Möglichkeit genutzt, die vor allem im Zuge der Flüchtlingskrise in Schwäbisch Gmünd neu angekommenen Bürger in die Gemeinschaft zu integrieren. Indem sie sich am Theaterstück beteiligen, wird den Geflüchteten ein Zugang zur Geschichte und den Traditionen ihrer neuen Heimat ermöglicht, die durch diese Inklusion ein Stück weit zur eigenen werden kann.307 Immer wieder wird in den Interviews der durch das Theaterstück entstandene bürgerschaftliche Zusammenhalt in Schwäbisch Gmünd betont und als Besonderheit der Kommune auch nach außen herausgestellt.308 Die Darsteller sind sehr stolz auf ihr Agieren im Projekt. Viele geben als Motivation für ihre Teilnahme das erlebte Gemein-

301 Vgl. hierzu auch Herkommer, Hubert, Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, 5.7.2016. 302 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 16. 303 Ebd., S. 11. 304 Ebd. 305 Vgl. ebd. 306 Vgl. hierzu auch Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview). 307 Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 308 Vgl. beispielsweise Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 3.

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schaftsgefühl an.309 Die historische Identitätsstiftung durch die staufische Geschichte wird im Theaterstück zu einer kommunalen Identitätsstiftung durch das gemeinsam durchgeführte Projekt Staufersaga transformiert.310 Bei vielen Teilnehmern übersteigt das Interesse, an diesem Gemeinschaftsprojekt teilzunehmen, den Wunsch nach einer vertieften Weiterbildung über die Stauferzeit.311 Diese Möglichkeit wird aber durch den Theaterplot und die mediale Aufmachung durchaus gegeben: Historische Quellen bereichern Programmheft und Texte vieler Darsteller. Einige Szenen und auch Kostümierungen orientieren sich an den Bebilderungen des Manesse Codex.312 Diese historischen Bezüge werden jedoch vermutlich von vielen Zuschauern und Akteuren nur bedingt wahrgenommen.313 Eine Weiterbildung über die Stauferzeit zu ermöglichen, ist denn auch nicht erste Priorität des Theaterstücks: »Doch die belehrende Dimension ist nur die eine Hälfte des Ereignisses und nicht einmal ihre wichtigste. Die andere zielt auf das Herz der Zuschauer. Kurzum: Nutzen und erfreuen […] gilt auch hier. Der Unterhaltungswert soll dabei ruhig den Nutzwert übertrumpfen.«314 Wichtig ist demnach der ästhetische Genuss der Stauferzeit. Für die Zuschauer und die Akteure wird die Möglichkeit geboten diese emotional nachzuerleben. »Und Anlässe für Emotionen bietet die Saga zuhauf, von der Katastrophe eines Kreuzzugs und dem Glanz des Hoffestes über die Komik einer Gmünder Straßenszene bis zum Tod der jungen staufischen Byzantinerin oder zur Hinrichtung des letzten Staufers.«315 Die multimediale Aufbereitung vertieft das Geschichtserlebnis, da sie die Dramaturgie des Plots stimmungsvoll unterstreicht.316 Für die Protagonisten potenziert sich die Möglichkeit des historischen Nacherlebens derart, dass sie ihre Rolle in der Staufersaga nutzen können, um aus ihrem modernen Alltag in die Welt des Mittelalters und einer konkreten historischen Person einzutauchen.317 Dieses Staufererlebnis erfreut sich beim Publikum großer Beliebtheit. Über die Stadtgrenzen hinaus ist es regional bekannt, sodass 309 Vgl. Luhmann, Isabelle, 27.6.2016 (Protokoll); Akteur Gruppe Rüstmeisterei und Katapult, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview). 310 Diese Identitätsstiftung auf historischem Fundament wird als sinnvolles Gegengewicht zu den Auswirkungen der Globalisierung gesehen. Vgl. Herkommer, Hubert, Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview). 311 Vgl. Akteur Gruppe Rüstmeisterei und Katapult, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview); Herkommer, Hubert; Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview). 312 Vgl.Kowak, Gabriel, Darsteller Konradin, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview); Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 313 Vgl. Herkommer, Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview). 314 Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 8. 315 Ebd. 316 Diese Wirkung hat sie nicht nur auf die Zuschauenden, sondern auch die Mitspielenden. Vgl. Schwertkämpfer Stauferlager, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Wirken im Projekt Staufersaga und beim Stauferlager. 317 Vgl. Kowak, Gabriel, Darsteller Konradin, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview). Erneut sei hier beispielsweise auf die Gruppe der »Hübschlerinnen« hingewiesen, die dieses Eintauchen in die von ihnen gespielte Rolle dadurch verstärken, dass sie sich für die historischen Personen Namen und sogar Biographien überlegen. Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 62; Gruppe der Hübschlerinnen, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Wirken im Projekt Staufersaga.

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alle acht Aufführungen für die 2300 Plätze umfassende Zuschauertribüne schon Monate im Vorfeld ausverkauft waren.318 Die staufische Geschichte hat durch die Saga eine »herausragende[n] touristische[n] […] Bedeutung« und ist somit wichtiger Wirtschaftsund Marketingfaktor für die Stadt.319 Zusätzlich zur Staufersaga war, ebenfalls auf der Bühne vor der Johanniskirche, ein Jugendtheaterstück zu sehen. Die Theater-AG des Parler-Gymnasium versuchte mit »Verschwörung, Kampf und Mord(s)theater oder wie man Friedrich Barbarossa rettet« die staufische Geschichte auch für das jüngere Publikum zugänglich zu machen.320 Ein weiteres Event, das die Saga umrahmte, war »Das Duell um den goldenen Ring.« Bei einem Holzbogenturnier wurde die Ringlegende wieder aufgegriffen. Die ganze Szenerie war einer Jagdszene nachempfunden. Die Bogenschützen mussten sich diesem Setting entsprechend kleiden und direkt neben den Zielscheiben stand der aus der Saga bekannte Hirsch. Das Preisgeld bestand aus einem von städtischen Goldschmieden gespendeten Ring, womit an die Bedeutung der Stadt als Gold- und Silberstadt erinnert werden konnte.321 Zu besichtigen war auch das 2016 fertig gestellte Werk des Künstlers Hans Kloss, der nach der Uraufführung 2012 begann, ein 17 Meter langes Rundbild der Staufersaga zu erstellen, auf dem sämtliche beteiligte Gruppierungen und wichtige Einzelpersonen wie der Autor Kirchenbauer oder auch der Oberbürgermeister Arnold zu erkennen sind.322 In der Stadtbibliothek waren unter dem Titel »Die Staufer – eine Dynastie, ein Zeitalter, ein Mythos« verschiedene Medien aus den hauseigenen Beständen in einer kleinen Ausstellung zu sehen. Exponiert wurden Sachbücher, Romane, Reiseführer, Hörbücher und Filme, die die staufische Geschichte thematisieren und vielmals auch den Bezug zur namensgebenden Umgebung, dem Stauferland erläutern.323 Ein Vortrag sollte über die historische Grundlage der »Schwörtage« informieren, die das Stauferfestival abrundeten. Zu dieser Thematik war im Heft Das Magazin zum Stauferfestival Schwäbisch Gmünd 2016 auch ein erläuternder Artikel zu finden. Generell waren in diesem einige Beiträge enthalten, die eine vertiefte Kenntnis über die staufische Geschichte und auch die Johanniskirche ermöglichen sollten.324 Im direkten Vergleich mit dem Rahmenprogramm von 2012 zeigte dieses 2016 mehr unterhaltende Züge, die auch werbewirksam für den Sektor des Tourismus/Marketing aufbereitet werden konnten. Die Möglichkeit der Weiterbildung boten singulär vereinzelte Artikel und Vorträge. Mit dem Jugendtheaterstück und der Ausstellung in der Bibliothek konnten erneut weite Areale des städtischen Lebens mit der staufischen Thematik in Verbindung gebracht werden. Als Endpunkt des Stauferfestivals konnten bei einem großen Stauferumzug 318 319 320 321 322 323 324

Vgl. Luhmann, Isabelle, 27.6.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung des Theaterstücks Staufersaga. Schwäbisch Gmünd. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 3. Vgl. auch Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 11. Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 66. Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 65. Vgl. ebd., 2016, S. 68. Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd, Stadtbibliothek: Die Staufer – eine Dynastie, ein Zeitalter, ein Mythos. https://www.schwaebisch-gmuend.de/8239-Tickets.html?id=36549 [14.06.2016]. Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 9-11; 13-16; 20-23; 24-25; 5153.

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nochmals alle Protagonisten der Saga, die Teilnehmer der Schwörspiele und auswärtige Gruppen, die anlässlich der Schwörtage nach Schwäbisch Gmünd angereist waren, betrachtet werden.325 Organisiert und koordiniert wurden die Schwörtage von Seiten der Stadtverwaltung. Der Verein Staufersaga brachte die Personalstärke ein und konnte durch das inzwischen etablierte Netzwerk in der Mittelalterszene viele auswärtige Gruppen akquirieren.326 Das Programm setzte sich aus folgenden Komponenten zusammen: Auf dem Marktplatz waren nach einer zeremoniellen Einführung den ganzen Samstag die Schwörspiele zu beobachten. Rund ums Münster war der Staufermarkt zu sehen, dem sich der Vereinsmarkt anschloss. Im Spitalhof wurde die Tradition des Spitals aufgegriffen und eine Armenspeisung durchgeführt. Außerdem gab es einen Hildegard von Bingen Markt, der 2016 zum ersten Mal das Marktbild bereicherte. Vorführungen eines Ritterturniers und ein Ritterlager vervollständigen das Angebot.327 Schwörtage sind in Schwäbisch Gmünd seit dem Spätmittelalter bezeugt. Bei diesen fand ein wechselseitiger Schwur zwischen den Amtsträgern der Stadt und der Bürgerschaft statt. Beide beteuerten ihre wechselseitigen Verpflichtungen auch im kommenden Jahr weiterhin getreu auszuführen.328 Die staufische Geschichte der Stadt wurde bei diesem Festwochenende demnach ausgedehnt und verknüpft mit einem erst seit dem Spätmittelalter bis zum Ende der Reichsstadt durchgeführten Ritual, durch das die Geschlossenheit der Stadtgemeinschaft demonstriert werden konnte. Die Stauferzeit wurde zum Aufhänger, um die starke Stadtgemeinschaft als Besonderheit nach außen zu veranschaulichen.329 Das ganze Wochenende begann denn auch damit, dass dieser Schwur aus der Vergangenheit mit modernen Zügen nachgespielt wurde. Auf dem Platz vor dem Rathaus eröffneten Fanfarenklänge das Zeremoniell und die Jubiläumshymne »Gamundia« wurde gespielt. Der Oberbürgermeister, geschmückt mit der Amtskette, trat gemeinsam mit anderen Würdenträgern der Stadt auf den Rathausbalkon. Von diesem hing ein Wimpel mit den verschiedenen Wappen der Stadtteile herab.330 Die Amtszeichen der Stadt verschafften der Veranstaltung eine hohe Symbolkraft und Feierlichkeit. Als Vertreter der Bürgerschaft traten verschiedene Kostümierte auf den Marktplatz, die die städtischen Zünfte und andere Größen aus dem Spätmittelalter darstellen sollten. Neben einem Ritter in den Farben des Stadtwappens war auch ein Ritter in den Farben der Staufer und dem Stauferwappen vertreten. Der Erzähler aus der Staufersaga, der Zeitreisende, moderierte auch dieses Reenactment der städtischen Geschichte.331 Bei der Nachstellung des Schwurs wurde vielfach die Originalität der verwendeten Floskeln betont, was den Wunsch nach einer möglichst authentischen Darstellung der Ver-

325 Vgl. ebd., S. 57; Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 326 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 17; Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 327 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 56-57. 328 Vgl. ebd., S. 51, S. 54. 329 Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016: Faltbroschüre Stauferfestival: Erlebe das Mittelalter in Schwäbisch Gmünd. Schwörtage 9.+10.7.2016. Vgl. auch Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview). 330 Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 116. 331 Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 116.

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gangenheit verdeutlicht.332 Die vom Bürgermeister gehaltene Schwörrede übernahm die städtische Tradition und transformierte sie nach rezenten Wünschen: Nach Arnold ist dieser seit dem Spätmittelalter durchgeführte gegenseitige Schwur Ausdruck einer beginnenden Partizipation der Bürgergemeinde. Die Stauferzeit sei vergangen und eine Zivilgesellschaft im Begriff sich zu formieren. Diese entspräche in der Gegenwart einer aktiven Stadtgemeinschaft, die trotz ihrer großen Vielfalt von über 100 Nationen in den verschiedenen Stadtteilen eine starke Einheit darstelle. In dieser Rede dringen die europäischen Ideale als für die Kommune anzustrebendes Ziel durch. Die durch die Stadtgeschichte übermittelten Traditionen wurden aufgegriffen und sollten mit der Durchführung der Schwörspiele zu einer Stärkung der heterogenen Stadtgemeinschaft führen.333 Bei diesem traten Mannschaften á 20 Personen aus den Stadtteilen als »mittelalterliche Gladiatoren« gegeneinander in den unterschiedlichsten Disziplinen an. Den Abschluss bildete eine Siegerehrung samt Feuerwerk.334 Die antretenden »Staufer ohne Grenzen« waren in ihren jeweiligen Teams gleich gewandet.335 Zu erkennen ist jedoch weniger eine spezifisch aus der Stauferzeit übernommene Kostümierung. Die Teams sind eher als geschlossene Mannschaften unter »mittelalterlichem« Motto gewandet. Die Kostüme zeigen die jeweiligen Wappen des Ortsteils.336 Die ganze Szenerie zeigt einen hohen technischen Aufwand.337 Geworben wurde mit einem »Turnier im epischen Ausmaß, das den Marktplatz in eine spektakuläre Arena […] verwandelt.«338 Die Stadtgeschichte wurde aufgegriffen und als Großevent zu Unterhaltungszwecken inszeniert, die auch als Marketingfaktor eine große Strahlkraft besaß. Mit diesem nachgestellten Schwur und vor allem den Schwörspielen konnte die Identität der Mitspieler mit ihrer Kommune gestärkt werden. Die staufische Geschichte wurde hierfür als zeitlich sehr weit dehnbare, alles zusammenhaltende Klammer genommen.339 Der Staufermarkt bestand aus Ständen rund um das Münster und wurde auf dem Marktplatz durch Stände der örtlichen Vereine fortgesetzt, an denen oftmals Kulinarisches angeboten wurde.340 Die Stände um das Münster herum wurden hauptsächlich von professionellen Händlern aus der Mittelalterszene bespielt, wobei die Übergänge zu den heimischen Gastronomen, die den Staufer-Rummel als Aufhänger nutzten, fließend waren.341 Zu sehen waren ganz verschiedene Vertreter des historischen Handwerks. Stände zur Ketten-, Schwert und Silberschmiede, zur Lederverarbeitung, historischem 332 333 334 335 336

Vgl. Luhmann, 11.7.2016. Vgl. Luhmann, 11.7.2016;Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 54. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 56. Ebd. Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 116-118; Luhmann, Isabelle, 11.7.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Schwörspiele beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 337 Vgl. Petschke/Bischoff, 2016, S. 120-121. 338 Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 56. 339 An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass im Bereich der »phantastischen« Mittelalterdarstellungen, wie sie am Ende des Kap. 3.3. skizziert werden, Staufer- und Mittelalterrezeptionen nur schwer voneinander getrennt betrachtet werden können. 340 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 56. 341 Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016; Luhmann, Isabelle, 11.7.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung des Stauferfestivals insgesamt. Schwäbisch Gmünd.

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Buchbinden oder auch ein Korbmuseum prägten das Bild des Marktes. Daneben gab es viele Stände, die lediglich nach historischen Maßstäben gefertigte Produkte zum Verkauf anboten wie Gebrauchs- und Zierkeramik, historische Gewandung oder auch selbst geschröpftes Papier.342 Viele Stände waren indes historisch angehauchte Antwort auf moderne Wünsche an ein unterhaltendes Veranstaltungs- und Konsumformat. Zu nennen seien hier exemplarisch die »Metpause Erlebnistaverne« mit Bierrutsche oder auch die historische Schiffsschaukel.343 Hier wurden unter dem schillernden Begriff »Mittelalter« sämtliche Assoziationen zu einer irgendwie fremdartigen Zeit mit einer Angebotspalette verknüpft; von Holzschwertern für Kinder bis zu Drachentassen.344 Es wurde auch der Versuch unternommen, Charakteristika der Stadt auf dem Markt zu vertreten, weswegen beispielsweise ortsansässige Goldschmiede mit Ständen vertreten waren.345 Einige Gastronomen griffen die Erwartungshaltungen an die vermeintlich mittelalterliche Kost auf und verkauften ähnlich zu dem Angebot auf den Märkten 1984 und in den 1990er Jahren eine zünftige, fleischreiche Kost.346 Daneben gab es, wie auch schon von früheren Märkten bekannt, orientalische Waren und Kaffee. Das Angebot entspricht eigentlich dem Repertoire eines heutigen Stadtfestes. Diese Projektionen moderner Ansprüche ins Mittelalter wurden bei anderen Buden wie der »Zuckerhexerei« oder »Monsieur Ratatouille« noch deutlicher. Auch die Gmünder Gastronomen nutzten das Event, indem sie sich kostümierten und ihre Produkte unter einem mittelalterlichen Etikett verkauften, um in das historisch angehauchte Ambiente zu passen.347 Das Attribut »Staufer« wurde für alle Angebote zum Label, das eine Zugehörigkeit zur Stadtgemeinschaft und diesem Fest suggerierte. Dementsprechend verkaufte der hiesige Kebabladen-Besitzer seine Ware eben als Stauferdöner.348 Das Setting des Marktes, vor allem um das Münster herum, erzeugte gerade in der Abenddämmerung bei Kerzenschein und Lagerfeuer eine romantische Atmosphäre. Die Stände waren als kleine Zelte kreirt und mit grob gezimmerten Holztischen und auch hölzernen Preisschildern ausgestattet. Das Eintauchen in eine andere Welt sollte mit viel Liebe zum Detail mög-

342 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016; Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 343 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016. 344 Vgl. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Drachentassen beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 345 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 56; Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview). 346 Es gab Grill- und Spanferkel und viel Wild, zubereitet in großen Mengen am Spieß über dem offenen Feuer. Dazu Met beispielsweise bei »Allerlei Sauferei«. Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Fleischspieße beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 347 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016; Luhmann, 10.7.2016. 348 Vgl. Luhmann, 11.7.2016; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Stauferkebab beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

lichst komplett ermöglicht werden, weswegen auch die Mülleimer des 21. Jahrhunderts mit Jutesäcken umhüllt wurden.349

Abb. 14: Essensstand beim Stauferfestival 2016 in Schwäbisch Gmünd.

Foto: Isabelle Luhmann, 10.7.2016.

Dieser Wunsch zeigte sich auch in der historischen Gewandung der Marktverkäufer. Die in der Mittelalterszene professionell agierenden Händler zeigten in ihrer Kostümierung eine Detailvielfalt, der den Anspruch einer möglichst historisch authentischen Darstellung verdeutlicht. Auch die Stände der ortsansässigen Vereine und Gastronomen mussten sich nach Order mittelalterlich kleiden, was jedoch in der Praxis sehr frei ausgelegt wurde.350 Zu verschiedenen Zeiten traten überall auf den Areal Musikgruppen auf. Teilweise ähnelten sie mit ihrem Repertoire dem Musikstil, der schon bei den Reenactments der 1970er und 1980er Jahre gespielt wurde wie beispielsweise der Auftritt eines Barde-Sängers.351 Häufig spielten die Bands jedoch eher rhythmische, manchmal ins folkloristisch tendierende Stücke. Beim Spielmannstrupp »Donnerkeil«, reichte das Repertoire von zotigen Raufliedern über Tanzmusik bis zu Balladen.352 Die »MittelalterGaudi« klang etwas mystisch, da oft der Dudelsack als instrumentalische Begleitung eingesetzt wurde.353 Es entstand eine bunte Gegenwelt, bestehend aus Versatzstücken der Vergangenheit, die den phantastischen Bildern des Mittelalters zugeordnet werden

349 Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016; Luhmann, 11.7.2016. 350 Vgl. Luhmann, 11.7.2016; Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 351 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 57. 352 Vgl. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Gruppe Donnerkeil beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd; Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 57. 353 Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 59. Vgl. Luhmann, 11.7.2016.

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können.354 Bei einigen Ständen wurde die Möglichkeit zur Weiterbildung geboten, indem mittelalterliche Arbeitstechniken vorgeführt wurden. Viele Anbieter luden das Publikum jedoch anderweitig zum Mitmachen ein. Beim Weltenbummler konnten Kinder Gold- und Edelsteine waschen oder auch Bilder von Ritterburgen nachmalen. Ein »Herold, Gaukler, Musikant« zog auf dem Gelände umher und band das Publikum bei kleinen Showeinlagen ein, indem es beispielsweise mit ihm jonglieren durften. Diese Angebote dienten nicht dazu, das Wissen über die Epoche zu vertiefen, sondern die Besucher und vor allem die Kinder in das Geschehen zu involvieren und so zu unterhalten.355 Im Vordergrund stand der kommerzielle Aspekt, der durch eine möglichst erlebnisreiche Darstellung der Zeit begünstigt wurde. Große Teile der Stadtgemeinschaft konnten in das Marktangebot eingebunden werden, wodurch dieser auch eine integrative Funktion bekam. Bestandteil des Festivals war auch die sogenannte Armenspeisung im Innenhof des Schwäbisch Gmünder Spitals zum Heiligen Geist. Die aus dem Mittelalter überlieferte Tradition der Armenfürsorge der Klinik wurde aufgenommen, indem »original gewandete Mägde und Knechte« ein »mittelalterliches Mahl« bereit hielten.356 Die Schwäbisch Gmünder Stadtgeschichte konnte so in die Festival-Thematik eingeflochten werden.357 Thematisiert wurde über die Knechte und Mägde das Leben der einfachen Leute und im Zusammenhang mit der Armenspeisung die als negativ bewerteten Aspekte des ärmlichen mittelalterlichen Alltags. Gleichzeitig wurde jedoch der Gedanke der Fürsorge aus dieser Epoche als richtungsweisend für Gegenwart und Zukunft aufgegriffen, wodurch die mittelalterliche Stadtgeschichte einen vorbildhaften Charakter bekam.358 Der Stand der Armenspeisung war aus rustikalem Holz gezimmert. Serviert wurde aus einem großen Holzbottich und irdenen Bechern. Die mittelalterliche Atmosphäre sollte auch durch die Mahlzeit gewährleistet werden, indem Karotten, Kohl und Dinkelbrot nach Original-Rezept angeboten wurden. Die ehrenamtlichen Verkäufer, die weniger aus Interesse an der Stauferzeit, denn an der Stadtgemeinschaft tätig waren, versuchten ihre Kenntnisse aus dem »Mittelalter-Sprachkurs« anzuwenden, indem sie historische Floskeln verwendeten. Die Gewänder waren einfach und vor allem anders als moderne Kleidung.359 Mit viel Mühe wurde versucht sich dem Rahmen der Festivitäten anzupassen und den Vorstellungen von der Epoche gerecht zu werden. Der Hildegard-von-Bingen-Markt brachte »die Themenbereiche Naturheilkunde, Pflanzen,

354 Vgl. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Bild Henker beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Piratenbar beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 355 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 58-59. 356 Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 57. 357 Vgl. Luhmann, Isabelle, 11.7.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Armenspeisung beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 358 Organisiert wurde die Armenspeisung von der Hospizstiftung Schwäbisch Gmünds, die damit auf ihre Arbeit aufmerksam machen kann und der die Einnahmen zu Gute kommen. Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016. 359 Vgl. Luhmann, 11.7.2016; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto des Stand der Armenspeisung beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto des Stand der Armenspeisung beim Stauferfestival 2. Schwäbisch Gmünd.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Mystik, Pflegeprodukte, aber auch gesunde Ernährung […]« in das Programm des Mittelaltermarktes.360 Die Akteure in diesem Areal setzten sich aus auswärtigen Händlern und Mitgliedern des Verein Staufersaga der Stadt zusammen. Sie repräsentierten die mittelalterlichen Personengruppen Handwerker und Kaufleute, aber auch die Menschen am Rande der Gesellschaft wie die »Hübschlerinnen« und die Bettler. Durch die Themenwahl dieses kleinen Marktes wurde das moderne Thema Gesundheit und Lifestyle, das in Schwäbisch Gmünd durch die ortsansässige Firma Weleda und deren zu besichtigenden Heilpflanzengarten sehr präsent ist, rentabel in die Stauferzeit hinein projiziert.361 Die Heilkünste Hildegard von Bingens kennzeichneten das Mittelalter bzw. die Stauferzeit wie schon im Theaterstück als eine überraschend fortschrittliche Epoche. Medial waren vor allem die Stände des Vereins Staufersaga recht aufwändig gehalten. Sowohl die Schmiede, als auch der Stand der »Hübschlerinnen« waren aus grob gezimmerten Pfählen errichtet. Die Schmiede mit Amboss und einem großen Bestandteil historischer Werkzeuge zeugt von einer gewissen Professionalität der Akteure. Schmiede und »Hübschlerinnen« waren sehr detailgetreu und aufwändig gewandet. Vor allem Letztere waren zudem stark geschminkt und trugen Perücken.362 Hier lässt sich ein deutlicher Unterschied in der Aufmachung beispielsweise der VerkäuferInnnen der Armenspeisung erkennen.

Abb. 15: Stand der Schmiede des Verein Staufersaga beim Stauferfestival 2016 in Schwäbisch Gmünd.

Foto: Isabelle Luhmann, 10.7.2016.

Innerhalb des Areals wurden den Besuchern im Fünfkopfturm durch Schautafeln Informationen über die Herrschaft der Staufer und das Leben und Wirken Hildegards 360 Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 57. 361 Vgl. Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, ca. 2015. 362 Vgl. Abb. 16: Badehaus der »Hübschlerinnen« des Verein Staufersaga beim Stauferfestival 2016 in Schwäbisch Gmünd.

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gegeben.363 Der geschichtskulturelle Wunsch des Erkenntnisgewinns wurde weiterhin durch den dort befindlichen Stand der Schmiede des Vereins Staufersaga gewährleistet, bei dem wie auf dem Staufermarkt Handwerkern bei der Arbeit zugeschaut und kleinere Handwerksarbeiten selbst mit mittelalterlichen Werkzeugen hergestellt werden konnten. Viele Stände des Hildegard-von-Bingen-Marktes zeugten jedoch von einer hauptsächlich kommerziellen Nutzung des schillernden Begriffs »Mittelalter«. Die dort verkauften Käsesorten, Tees und Gewürze trugen zum Teil phantastische Namen wie »Zauberkraut«, »Hexenzucker« oder »Drachensalz«. Bei einigen wurden die Rezepturen als original aus dem Mittelalter überliefert angepriesen.364 Die Epoche stand synonym für die gute, alte, traditionelle Küche. Auch beim Stand der »Hübschlerinnen« des Vereins Staufersaga gab es Kräuter, aber auch Kuriositäten wie Liebestränke zu erstehen. Neben dem Verkaufsstand konnten sich die Besucher an diesem heißen Julitag in einem hölzernen, grob gezimmerten Badezuber von den »Hübschlerinnen« baden lassen.365

Abb. 16: Badehaus der »Hübschlerinnen« des Verein Staufersaga beim Stauferfestival 2016 in Schwäbisch Gmünd.

Foto: Isabelle Luhmann, 10.7.2016.

Das »mittelalterliche« Angebot wurde auf diesem Areal recht weit ausgedehnt, entsprach großteils modernen Wünschen und stellte für die Besucher eine gelungene Unterhaltung dar. Als klassisches Element performativer Mittelalterrezeptionen fand auch im Rahmen des Stauferfestivals 2016 ein Ritterturnier statt. Hauptsächlich wurde es von einer angereisten Gruppe professioneller Darsteller, den »Armati Equites«, bestritten. Die von ihnen aufgeführten Disziplinen gleichen den Vorführungen vom Ritterturnier

363 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 73. 364 Vgl. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Hildegard von Bingen Markt Stand 1 beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Hildegard von Bingen Markt Stand 8 beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 365 Vgl. Gruppe der Hübschlerinnen, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview).

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

1984. Sie wurden jedoch um Gruppen des Vereins Staufersaga ergänzt, die ein Fechtfederturnier durchführten und ihr Großkatapult in Aktion vorführten.366 Das Programm war also im Vergleich zu den 1980er Jahren um einige Elemente erweitert. Zusätzlich wurde nun der Bezug zum Austragungsort Schwäbisch Gmünd hergestellt, indem das Turnier nach einem Drehbuch der Regisseurin der Staufersaga, Kathrin Bechtstein, durchgeführt wurde. Ritter, die historisch überlieferte Personen darstellen sollten, die aus der Region stammten und dem Publikum in großen Teilen bekannt sein müssten, traten gegeneinander an. Für die Siegerehrung trat Barbarossa in das Geschehen, das heißt Lokalhelden wurden mit bekannten Größen der Stauferzeit verbunden.367 Der Auftritt war hochprofessionell bis ins kleinste Detail einstudiert und mit der passenden Musik dramaturgisch untermalt. Sogar eine »zufällige« Prügelei der Knechte schien nach Drehbuch zu laufen. Der Einsatz von Großrequisiten wie dem Katapult und Kleinrequisiten wie der Reichskrone zur Siegerehrung sind Weiterentwicklung der medialen Aufbereitung des Turnierkampfes im Vergleich zu den 1980er Jahren.368 Das gemeinsame Handwerken und auch Darstellen der Stauferzeit hat für die Akteure eine gemeinschaftsfördernde Funktion. Die Wochenenden werden gemeinsam am Lagerfeuer verbracht, die Beschäftigung mit Kleider-, aber auch Rüstungstechniken bietet die Möglichkeit einer vertieften Auseinandersetzung mit der Zeit. Falls ein persönlicher Bezug zur dargestellten Rolle vorhanden ist, kann dies auch die Möglichkeit der Identitätsstiftung bieten.369 Vor allem aber war für Akteure und Zuschauer dieser Zugang zur Stauferzeit eine Mittel, diese unterhaltend nachzuerleben. Auch im Stauferlager wurde schwerpunktmäßig die ritterlich-höfische Welt dargestellt. Diese »Gruppen der Stauferzeit«, teils angereist, teils aus Schwäbisch Gmünd, stellten das mittelalterliche Lagerleben dar. Nicht nur Rittergruppen, sondern auch ein Spielsmannstrupp und sogar ein Märchenerzähler schlugen in diesem Areal ihre Zelte auf.370 Manche Schauzelte zeigten etwas romantisierend die verklärten, idealtypischen Vorstellungen der Epoche, in denen beispielsweise das Bild Walther von der Vogelweides aus dem Codex Manesse an der Zeltwand nicht fehlen durfte.371 Jedoch wurden nicht nur die Aspekte der Kultur, sondern auch das alltägliche Leben dieser mittelalterlichen Personengruppen gezeigt. Ganze Familien saßen in historischen Gewandungen um die Feuerstelle. Zum Trocknen aufgehängte Kräuter und andere Küchenutensilien sollten die tägliche Routine ver-

366 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 57, S. 60. 367 Vgl. ebd., S. 60; Luhmann, Isabelle, 11.7.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung des Ritterturniers beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 368 Vgl. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Ritterturnier/Katapult beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Ritterturnier/Aufstellung Truppe beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 11.7.2016 (Protokoll). Soweit bekannt wurden beim Ritterturnier 1984 keine lokalen Bezüge in die Turnierhandlung eingeflochten und auch keine musikalische Begleitung geboten. 369 Vgl. Darsteller Ritter Armati Equites, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Teilhabe am Verein und Darstellung des Mittelalters. 370 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 57; Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016. 371 Vgl. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Schauzelt Wohnzimmer. Schwäbisch Gmünd.

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anschaulichen.372 Die Akteure legten auf eine möglichst authentische Darstellung der Epoche großen Wert.373 Es herrschte eine große Bereitschaft, den Zuschauenden das Gesehene zu erklären. Manche Schauzelte erinnerten in ihrer Aufmachung an professionelle Freilichtmuseen: Die Schlafstatt eines Ritters war idealtypisch dargestellt; das Schild mit dem Stauferwappen und der reich verzierte Helm waren sorgfältig im Vordergrund drapiert und das ganze Zelt mit einer Absperrung umzäunt.374 Durch diese Darstellung sollten die Zuschauer informiert werden. Natürlich konnten auch die Akteure durch diese Form der staufischen Rezeption ihr Wissen über die Stauferzeit vertiefen. Diese drängten sich dem Publikum nicht auf, sondern blieben auch gerne unter sich.375 Im Vordergrund stand nicht die Unterhaltung der Zuschauer, vielmehr diente das Lagerleben den Darstellenden vor allem dem Selbstzweck in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter zu leben und dem oftmals als hektisch empfundenen Alltag für ein Wochenende zu entkommen.376 In Bezug auf die Schwörtage als Endpunkt des Stauferfestivals kann nur sehr bedingt von einer staufischen Rezeption gesprochen werden. Die staufische Zeit Schwäbisch Gmünds wurde ausgedehnt und verknüpft mit einem Ritual aus dem Spätmittelalter, dessen Wiederbelebung eine starke Stadtgemeinschaft demonstrieren konnte. Sie wurde zur tragfähigen Überschrift des Festwochenendes, unter der ein buntes Unterhaltungsprogramm zu einem zeitlich recht diffusen Mittelalter angeboten werden konnte. Vereinzelt wurde die staufische Geschichte als die der eigenen Ursprünge inszeniert, indem lokale Bezüge wie die Armenspeisung oder auch historische Persönlichkeiten aus der Umgebung im Ritterturnier in die Darstellung eingebaut wurden. Anhand der auftretenden Personengruppen wurden verschiedene Facetten der Zeit repräsentiert, die als Fundstätte für phantastische Mittelaltervorstellungen dienen konnten.377 Das Milieu der ritterlich-höfischen Kultur war vor allem auf dem Ritterturnier und im Stauferlager vertreten. Aber auch auf dem restlichen Festareal waren beispielsweise Musiker und Gaukler aus dieser Gesellschaftsschicht zu finden. Die einfache Bevölkerung des Mittelalters zeigte sich in den zahlreichen Handwerkern und Händlern, Knechten und Mägden an den verschiedenen Ständen. Des Weiteren waren auch »mittelalterliche Randgruppen« sehr zahlreich vertreten. Die Zeit der Staufer, bzw. das Mittelalter wurde bei diesem Event zum einen eine romantisch-abenteuerliche und auch im Kontrast zum komplexen Alltag klar strukturierte, naturbelassene und gemeinschaftsfördernde Zeit. Vereinzelt wurde sie, wie durch überlieferte Heilkenntnisse oder auch Handwerkstechniken, als überraschend fortschrittlich interpretiert. Daneben existierten die Darstellungen der Zeit als einer schaurigen Vergangenheit, in der 372 Vgl. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Zelt Ritter zu Gmünd beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Familie beim Essen beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 373 Dies gipfelte sogar darin, dass der moderne Zigarettenstummel im Krug verschwinden musste. Vgl. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Professionelle Gruppe 2 beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 374 Vgl. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Schauzelt Schlafstatt Ritter beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. 375 Vgl. Luhmann, 11.7.2016. 376 Vgl. Gruppe der Hübschlerinnen, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview). 377 Siehe S. 60.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

die Akteure und Zuschauer nicht mehr leben möchten, die aber dennoch eine Faszination auf sie ausübt.378 Erweckt wurde eine bunte Gegenwelt, konzipiert aus Versatzstücken der Vergangenheit; ein phantastisches Bild des Mittelalters. Für dieses steht die Stauferzeit als Synonym, nicht zuletzt um den Bezug zur Stadt noch gewährleisten zu können. Gestützt wurde dieses andersartige Bild der Epoche durch die mediale Aufbereitung. Die Stände waren meist kleinen Zelten nachempfunden mit grob gezimmerter, hölzerner Inneneinrichtung, wodurch sie einen mittelalterlichen Flair bekamen. Das Eintauchen in eine andere Welt sollte möglichst komplett ermöglicht werden, weswegen sogar moderne Bestandteile des Stadtbildes »mittelalterlich« angepasst wurden. Die Gewandungen der Protagonisten zeigten teilweise durch reichhaltige Verzierungen und andere Details eine professionelle Auseinandersetzung mit Zeit. Auch Teilnehmer, die sich nicht intensiv mit der Epoche auseinandersetzten, waren kostümiert, wodurch die Zugehörigkeit zur gemeinsam getragenen Veranstaltung verdeutlicht werden konnte. Bemerkenswert ist der bei allen Akteuren zu findende Wunsch, die dargestellte Epoche möglichst authentisch darzustellen. So konnte dem Wunsch nachgekommen werden, die Vergangenheit möglichst ursprünglich nachzuempfinden.379 Eine Weiterentwicklung auf medialer Ebene war der im Vergleich zu den vorherigen performativen Stauferrezeptionen multimediale Zugang unter hohen technischen Standards und die Verwendung zahlreicher Großrequisiten. Gerade die vielen Musikgruppen und ganz unterschiedlichen Bühnenauftritte von der Falkenshow über Akrobatik- und Bauchtanzeinlagen ließen das Mittelalter an diesem Wochenende zu einem mit allen Sinnen erlebbaren Event werden.380 Durch diese »staufischen« Rezeptionen konnten sehr unterschiedliche Funktionen erfüllt werden. Als alles zusammenhaltende Klammer konnte sie als soziale Komponente die Stadtgemeinschaft stärken. Zum einen, indem bei den Schwörspielen die Stadtteile Mannschaften mobilisieren mussten, die gemeinsam, gleich gewandet gegeneinander antraten, zum anderen, weil sich auch viele andere städtische Institutionen und Privatpersonen in das Geschehen einbringen konnten. Die »Stauferzeit« wurde zum kleinsten gemeinsamen Nenner, der Zugehörigkeit suggerierte. Wie bei den Akteuren des Theaterstücks hatte die gemeinsame Beschäftigung mit dieser Zeit eine integrative Funktion. Dies führte zu einer Identifikation mit der Gruppe auf historischem Fundament, auch wenn dieses Fundament teils recht verwischt war. Das geschichtskulturelle Bedürfnis des Erkenntnisgewinns stand bei der Festivität weniger im Vordergrund. Teils konnten Handwerker an ihren Ständen bei der Arbeit beobachtet und mittelalteliche Techniken selbst ausprobiert werden. Diese Angebote waren jedoch in der Minderheit. Die meisten Mitmach-Aktionen dienten vor allem der unterhaltenden Einbindung der Zuschauer in das Geschehen. Das faszinierend-andere, phantastische Mittelalter lieferte viele Ansatzpunkte die vermeintliche Vergangenheit emotional und sehr unterhaltend nachzuerleben. Für die darstellenden Akteure

378 Gruppe der Hübschlerinnen, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview) 379 Die Betonung der Authentizität ist typisches Phänomen ästhetischer Begegnungen mit Vergangenheit in populären Medien. Nicht nur bei Mittelaltermärkten, sondern beispielsweise auch im Bereich des Histourismus. Siehe S. 90, 96. 380 Vgl. Stadt Schwäbisch Gmünd. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 58-59; Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016.

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konnte dieser Zugang regelrecht eine kurze Abkehr vom modernen Alltag sein. Diese rezent steigende Nachfrage nach einer erlebnisreichen Begegnung mit der Vergangenheit wurde wirtschaftlich sehr divers genutzt. Die Zahl der reinen Verkaufsstände und vor allem das kulinarische Angebot auf dem Markt stiegen drastisch im Vergleich zu früheren Events. Auch viele Gmünder nahmen das Spektakel zum Anlass, um ihre Produkte zu verkaufen, indem die handelsübliche Ware mit dem Attribut »Staufer« versehen wurde. So wurde die Dynastie zum rentablen Markenbegriff. Auch die Stadt nutzte das Label und die mit dem Mittelalter assoziierten Vorstellungen, um sich werbewirksam zu vermarkten. Im Unterschied zu den sehr häufig angebotenen Mittelaltermärkten konnte mit dem Zusatz »Staufer« und den die starke Stadtgemeinschaft betonenden Schwörtagen das Profil werbewirksam geschärft werden. Als unterhaltsame Botschafter dieser Charakteristika wurden denn auch zahlreiche Merchandise-Artikel zur Thematik kreiert worden.381 Auch wenn es schwer fällt, die recht unterschiedlichen staufischen Events Schwäbisch Gmünds in einer Gesamtbilanz zu betrachten, soll dennoch der Versuch unternommen werden, die langen Entwicklungslinien und Trends für den Untersuchungszeitraum grob zu skizzieren. Falls konkret auf die Stadtgeschichte oder die staufische Herrschaft im Allgemeinen Bezug genommen wird, so erweitert sich der Blick von einer vor allem auf lokale Ereignisse Bezug nehmende Darstellung auf eine transnationale Rezeption der staufischen Geschichte. Dies wird beispielsweise deutlich an der Konzentration auf Friedrich II. im Theaterstück 2012/2016. Auch wird die Herrschaftszeit im jüngsten Untersuchungsabschnitt oft als eine überraschend moderne, in Vielfalt geeinte Gemeinschaft interpretiert, was einer europäischen Deutung entspricht. Der von Seiten der Forschung vielfach konstatierte allgemeine Trend einer Europäisierung der staufischen Rezeption lässt sich somit auch auf der lokalen Ebene und hier exemplarisch im Bereich der performativen Geschichtskultur feststellen. Er verläuft parallel zur Entwicklung der Rezeption auf der regionalen Ebene im Medium der Ausstellung.382 In Abgrenzung dazu ersetzt die europäische die lokale Narration jedoch nicht, sondern sie kommt vielmehr als zusätzliches Deutungsangebot hinzu. In Bezug auf die dargestellten Personengruppen wird der Kreis während des Untersuchungszeitraums erweitert von den Vertretern der ritterlich-höfischen Kultur über Personen aus dem Alltagsleben wie beispielsweise den Handwerkern hin zu den Personen am Rande der Gesellschaft wie den Prostituierten und Bettlern, die das schaurige Mittelalter personifizieren können. Auffällig ist auch die jüngste Hervorhebung der Frauen der Stauferzeit in den performativen Darstellungen 2012/2016. Die verstärkte Hinwendung zum weiblichen Geschlecht im jüngsten Untersuchungszeitraum fiel auch in anderen Medien wie den staufischen Romanen bereits ins Auge.383 Mit der Personenerweiterung in den performativen staufischen Rezeptionen erweitert sich auch das konzipierte Bild der Zeit. Auch im jüngsten Untersuchungszeitraum wird diese dargestellt als positives Abbild oder teilweise positives Gegenbild im Sinne eines Vorbildes für die Gegenwart. Vor allem bei den Mittelaltermärkten wird jedoch zunehmend ein phantastisches Bild der Stauferzeit 381 Siehe S. 139. 382 Siehe S. 153ff. 383 Siehe S. 79ff.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

geschaffen; eine andersartige Gegenwelt, in die die Besucher eintauchen können. Das ganze Facettenreichtum der Epoche, alle mit dem Begriff Staufer, oder dem Mittelalter verknüpften Assoziationen sollen repräsentiert werden. Dabei wird teils die Stauferzeit im Sinne des Hochmittelalters dargestellt, teils wird diese aber auch beliebig ausgedehnt wie zum Beispiel bei den Staufertagen der 1990er Jahre oder auch den Schwörtagen 2016. Medial ist ein Wandel zu konstatieren von einer eher nüchtern-informativen Interpretation der Stauferzeit, in der wie 1977 der unterhaltend-performativen Darstellung selbst nur ein ganz geringer Anteil neben einem reichhaltigen Informationsprogramm zugesprochen wurde, hin zu einer multimedial inszenierten Show. Das einfache Nachspielen der staufischen Geschichte wird erweitert, indem im jüngsten Untersuchungsabschnitt eine ganze Szenerie geschaffen wird. Historische Maschinen und auch Werkzeuge werden rekonstruiert. Die Handlung wird mit Musik untermalt und endet 2016 mit einem Feuerwerk und einer Lasershow. Auch die Kostümierung der Darsteller verändert sich stark. Aus teils noch sehr einfachen, unbeholfenen Gewandungen werden sehr detailreiche und individuelle Garderoben. Hinzu kommen die passende Maske und Haarpracht. Grundsätzlich sollen diese performativen Rezeptionen der Stauferzeit immer ästhetische Genüsse liefern und dadurch zur Unterhaltung beitragen. Auch 1977 und 1984 wurden so Angebote kreiert, die einen kurzen Ausflug aus einer oft schwierigen Gegenwart boten. 1977 war diese Form der Rezeption jedoch nur ein kleiner Teil des Programms. Durch zahlreiche andere Punkte sollte auch die Möglichkeit der Weiterbildung geboten werden. Auch noch bei dem Mittelaltermarkt 1984, der vordergründig schon der Unterhaltung diente, boten viele Stände die Chance ein vertieftes Wissen über die historischen Handwerkstechniken zu erlernen. Ab den 1990er Jahren und vor allem seit den 2000er Jahren tritt diese geschichtskulturelle Dimension immer mehr in den Hintergrund. Priorisiert wird verstärkt der Aspekt der guten Unterhaltung, was auch an den zahlreichen Shows und Musikgruppen beispielsweise 2016 deutlich wird. Ermöglicht wird eine kurze Abkehr vom 21. Jahrhundert in eine fremdartige Zeit. Dieses Eintauchen wird durch die ständige Betonung der Authentizität des Dargestellten gewährleistet. Wie im Bereich der Außenwerbung driften die Staufer auch in den performativen Rezeptionen Schwäbisch Gmünds während des Untersuchungszeitraums vom Bildungs- in den Unterhaltungssektor.384 Hinzu kommt ein starker Bedeutungszuwachs des kommerziellen Nutzens der Stauferzeit. In der jüngsten Rezeption geht diese Entwicklung so weit, dass verschiedenste Güter unter dem Markennamen »Staufer« zum Verkauf angeboten werden. Dies wird vor allem bei den Verköstigungsständen des Marktes deutlich, die immer zahlreicher werden. Die Charakteristika der Stadt werden zu Gunsten dieses kommerziellen Zwecks mit der Stauferzeit verknüpft, wie an der Person Hildegards von Bingen deutlich wird. Für die Stadtgemeinschaft ermöglichen die auf die staufische Geschichte Bezug nehmenden Rezeptionen schon seit den 1970er Jahren eine historische Identitätsstiftung. Hier lässt sich während des Untersuchungszeitraums eine Erweiterung von einer lokalen zu einer lokalen und europäischen Identitätsfundstätte konstatieren – eine weitere Gemeinsamkeit zu den Entwicklungslinien in den Ausstellungen.385 Schon 1984 sollte mit 384 Siehe S. 224. 385 Siehe S. 153.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Hilfe der Stadtgeschichte eine Identifikation der Bürger mit ihrer Stadtgemeinschaft erreicht werden, wohl auch, indem ortsansässige Handwerker und Wirte für den mittelalterlichen Markt rekrutiert wurden. Aber erst mit den performativen Rezeptionen seit 2012 kann von einer breiten Involvierung der Stadtgemeinschaft die Rede sein. Die Darstellungen der staufischen Geschichte bekommen in der jüngsten Geschichtskultur eine stark integrative Funktion. Verschiedenste Bevölkerungsgruppen wirken an der performativen Stauferrezeption mit. Die Teilnahme hierbei wird sogar gezielt genutzt, um Außenstehende in die Stadtgemeinschaft zu integrieren. Die Staufer werden in diesem Sinne zum kleinsten gemeinsamen Nenner, unter dem sich die Kommune sammeln kann. Das gemeinsame Arbeiten zum Gelingen der staufischen Rezeption schafft auch Stolz bei den Akteuren, sodass sie sich teilweise weniger mit der Stauferzeit, als vielmehr mit diesem Gemeinschaftsprojekt identifizieren. Auch weil diese Form der staufischen Rezeption den Zusammenhalt und das Engagement der Stadtgemeinschaft repräsentiert, dient sie als sehr wirksamer Werbeträger, der marketingstrategisch breit kommerzialisiert wird.

6.4

Staufervereine in Schwäbisch Gmünd: Der Verein Staufersaga

Als Verein, der sich mit der Stadtgeschichte beschäftigt, gehört der Verein Staufersaga zu den Elementen der städtischen Geschichtskultur, die der inneren Konsolidierung der Stadtgemeinschaft dienen und so das historische Selbstbild mit konzipieren. Daher werden der generell gewählte Zugang zur Stauferzeit und die mit ihm verbundenen geschichtskulturellen Bedürfnisse herausgearbeitet.386 Aus der großen Dynamik der Jubiläumsvorbereitungen heraus wurde der Verein 2012 gegründet, indem die vielen ehrenamtlich agierenden Gruppierungen in diesen eingegliedert wurden.387 Den ersten Vorsitz übernahm Oberbürgermeister Richard Arnold selbst. Unter den stellvertretenden Vorsitzenden Jürgen Musch und Gundi Mertens gliederten sich die sehr vielzähligen kleinen Teams grob in die sechs Großgruppierungen Organisation, Musik und Tanz, Rittersleut und Spielvolk II, Hofstaat und Spielvolk III, Rüstmeisterei und Kriegsvolk und natürlich in die für alle Gruppierungen mehr oder weniger zuständige Gewandmeisterei.388 Nicht nur durch die Perso386 Neben dem Verein Staufersaga gibt es in Gmünd einen Geschichtsverein und den Münsterbauverein, die sich beide ebenfalls mit der Stadtgeschichte auseinandersetzen. In Form von Vorträgen, Bildungsreisen und auch Publikationen wird die lange Geschichte der Kommune als Ganzes thematisiert. Die staufische Geschichte spielt hier jedoch keine übergeordnete Rolle.Nur der Verein Staufersaga beschäftigt sich dezidiert mit den staufischen Aspekten Schwäbisch Gmünds und wird, auch wegen seiner Größe als Indiz für seine breite Akzeptanz in der Stadtgemeinschaft, exemplarisch untersucht. Vgl. Hegele, Karl Heinz; Vorstand des Gmünder Geschichtsvereins, Göppingen 22.4.2015 (Interview): Entwicklung und Aktivitäten des Gmünder Geschichtsvereins und Einschätzung des Stauferbewusstseins in der Stadt Schwäbisch Gmünd; Hammes, Barbara, Archivarin Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin Stadtarchiv, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview). 387 Vgl. Verein Staufersaga e.V., Herkunft trifft Zukunft. 388 Vgl. Verein Staufersaga e.V.: Organigramm der Staufersaga. https://www.staufersaga.de/organisation.html [11.10.2018].

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

nalunion des Oberbürgermeisters als erstem Vorsitzenden des Vereins wird die enge Verzahnung mit der Stadt deutlich. Es gibt gemeinsame Jour fixe durch die auch die Brücke zur Touristik-, Marketing GmbH der Stadt geschlagen wird.389 Die Kommune stellt die durch das Stadtjubiläum entstandenen Sachwerte wie die Gewänder und weitere finanzielle Mittel zum Aufbau einer Geschäftsstelle zur Verfügung. Dafür erfüllt der Verein auch die Aufgabe die Stadt als Älteste Stauferstadt touristisch zu vertreten. Die weitere Finanzierung erfolgt über Eintrittsgelder zu den durch den Verein durchgeführten Events, den Verkauf eigener Produkte und natürlich auch Mitgliedsbeiträge. Kritik gegen diese starke Unterstützung des Vereins durch die Stadtverwaltung kamen unter den großen Begeisterungsrufen während des Jubiläumsjahres nur schwer zu Gehör.390 Der Verein macht es sich zum Ziel, »das große historische Erbe der Ältesten Stauferstadt im Rahmen der entstandenen Staufersaga zu bewahren und zukünftig als wesentlichen Bestandteil des Schwäbisch Gmünder Festkalenders zu etablieren.« Außerdem möchte der Verein das durch die Jubiläumsfeierlichkeiten »entstandene Kapital langfristig pflegen und gewinnbringend einsetzen, z.B. für eine dauerhafte Verankerung des Alleinstellungsmerkmals »Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd«.«391 Die Vereinsbemühungen können demnach grob in innere und äußere Ziele in Bezug auf die Kommune dividiert werden. Die verschiedenen Gruppierungen treffen sich auch außerhalb der Theateraufführungen regelmäßig für den gemeinsamen Austausch zu Stammtischen. Unabhängig von der Art der Gruppe und deren Zugang zur Stauferzeit wird so Gemeinschaft etabliert und gepflegt.392 Für die Stadtgemeinschaft werden unterschiedliche Workshops angeboten, in denen die alten Handwerkstechniken erlernt werden können. Ob Korbflechten, Schmieden für Frauen oder auch eine Kooperation zwischen der Schmiede und einer Behindertenwerkstatt der Stadt, die Vereinsmitglieder möchten breite Kreise der Bevölkerung ansprechen und Hemmungen vor den fremden Techniken abbauen. Der Zugang über die stauferzeitlichen Lebensformen scheint Faszinosum und guter Aufhänger zu sein, um eine Vielzahl von Menschen anzusprechen.393 Daneben engagieren sich die Vereinsmitglieder das ganze Jahr über bei Auftritten, die nicht unbedingt dazu beitragen, die Stadt als Älteste Stauferstadt nach außen zu repräsentieren, sondern das städtische Leben bereichern sollen.

389 Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview). 390 Vgl. Marketing-Wert wie kein anderer Verein Gmünds. Staufersaga-Verein soll Wechselbeziehung mit Stadt pflegen, 2012; »Schade, haben wir Spielverderber in unseren Reihen?« Kritische Anmerkungen zum Stadtjubliäum bringt den Grünen und Linken heftige Schelte im Verwaltungsausschuss ein, 2012. 391 Verein Staufersaga e.V., Herkunft trifft Zukunft. 392 Vgl. Verein Staufersaga e.V.: Rüstmeisterei und Kriegsvolk. https://www.staufersaga.de/ruestmeist erei.html [11.10.2018]; Gruppe der Bettler, Schwäbisch Gmpnd 5.7.2016 (Interview): Teilnahme am Theaterstück Staufersaga als Bettlerin. 393 Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016; Luhmann, Isabelle, 23.4.2015: Foto der Schmiede des Verein Staufersaga/Innenansicht 1. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 23.4.2015: Foto der Schmiede des Verein Staufersaga/Innenansicht 2. Schwäbisch Gmünd.

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Exemplarisch kann hier der Auftritt der Gruppe der Schwertkämpfer in einem Krankenhaus genannt werden.394 Das soziale Engagement ist ein großer Aspekt der Vereinstätigkeit in der Stadtgemeinschaft. Wie schon im Zuge der Jubiläumsvorbereitungen 2012 wird auch in der weiteren Vereinstätigkeit der Versuch unternommen Mitbürger am Rande der Gesellschaft zu involvieren. Beispielsweise steht der Verein im Austausch mit dem ortsansässigen Förderverein Yunus Emre, der durch Bildungsangebote für Gmünder Schüler zu einer gelungenen Integration beitragen möchte. Der regelmäßige Austausch beider Vereine soll zu einem besseren Verstehen anderer Kulturen führen und damit »gelebte Integration« ermöglichen.395 Der Verein ist mit einem Verköstigungsstand auf dem staufischen Weihnachtsmarkt vertreten und wird über diese zusätzliche Einnahmequelle hinaus von der Staufersaga finanziell unterstützt.396 Die Beschäftigung mit der Stauferzeit wird zur Plattform für ehrenamtliches Engagement und die Staufer damit zu einem sozialen Projekt in der Stadtgemeinschaft. Die durch die Vereinstätigkeiten geschaffene Form der staufischen Rezeption hat nicht nur für die aktiven Mitglieder eine integrative Funktion, sondern sie bietet durch partizipative Angebote die Möglichkeit die Stadtgemeinschaft als Ganzes zu stärken. Weiterhin ist durch Workshops und andere Aktionen die Möglichkeit der Weiterbildung über die Stauferzeit gegeben. Als Schnittstelle zwischen den inneren und äußeren Zielen des Vereins kann der seit 2013 etablierte staufische Weihnachtsmarkt verstanden werden. Motiv hinter diesem ist »die mittelalterliche Kultur in Schwäbisch Gmünd zu pflegen und zu erhalten […].«397 Bewusst wird dieser als staufischer und nicht mittelalterlicher Weihnachtsmarkt bezeichnet, um die Einzigartigkeit des durch den Verein Staufersaga durchgeführten Marktes zu verdeutlichen, auch wenn »das Mittelalter die Erscheinungsform [natürlich] prägt.«398 Wie auf dem Mittelaltermarkt anlässlich des Stauferfestivals 2016 wird regelmäßig eine ganz eigene Szenerie geschaffen, indem Handwerker und Händler historisch gewandet aus Holzhäuschen und Rundzelten ihre Waren anpreisen und ihr Können in den alten Handwerkstechniken demonstrieren. Durch den Markt wird das historische Erbe als Brauchtumspflege im Festkalender der Gmünder etabliert. Die Schauzelte zu den nachgebildeten Reichsinsignien und dem Krönungsmantel, aber auch die vielen Mitmach- und Erklärstände der Handwerker ermöglichen einen Erkenntnisgewinn über die Zeit – wohl gemerkt nicht unbedingt über die Staufer.399 Gleichzeitig bietet der Markt einen großen Erlebnisfaktor, der als touristische

394 Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016 und ergänzend auch Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016, S. 62, S. 64. 395 Verein Staufersaga e.V., 25.03.2016: Der erste Schritt zur Integration bedarf einer Bildungsgrundlage. https://www.staufersaga.de/details/der-erste-schritt-zur-integration-bedarf-einer-bildungsgr undlage-129.html [11.10.2018]. 396 Vgl. ebd. 397 Albrecht, Dirk, 20.11.2013: »Staufischer Weihnachtsmarkt« 2013. https://www.staufersaga.de/deta ils/7.html [5.7.2019]. 398 Ebd. 399 Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview); Verein Staufersaga e.V.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Attraktion auch gelungen für die Außenwerbung genutzt werden kann.400 Neben den »handwerklich hergestellten Geschenkartikeln gibt es eine Reihe von Produkten, die den Namen »Staufer« tragen. Dies sind: Staufer-Senf, Staufer-Gewürz, Staufer-Honig, Staufer-Brand […].«401 Viele dieser Produkte sind auch außerhalb des Weihnachtsmarktes das ganze Jahr über im Staufersaga-Markt, dem Shop des Vereins, erhältlich.402 Unter dem Attribut »Staufer« werden hier allerlei Spezialitäten der Stadt zum Verkauf angeboten; einiges davon nach alten Handwerkstechniken von Vereinsmitgliedern hergestellt, oft in Arbeitsprojekten mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen der Kommune. Der Laden wird als Plattform für die Vereinsprodukte verstanden.403 Stets wird der Bezug zur Stauferzeit betont – wie beispielsweise beim Staufergewürz nach einer aus der Zeit überlieferten Mixtur: »Das Gewürz spiegelt die orientalischen Verbindungen von Friedrich II. wider und bringt ein Stückchen Geschichte auf den Teller«.404 Als Markenname fungieren die Staufer auch durch die Vereinstätigkeiten als einträglicher Wirtschaftsfaktor. Trotz seiner recht jungen Geschichte ist der Verein Staufersaga inzwischen über die Stadtgrenzen hinaus in der deutschen Mittelalterszene bekannt. Durch Mundpropaganda oder manchmal auch gezielte Bewerbung und Anfragen hatten die Vereinsmitglieder seit ihrer Gründung schon des öfteren die Möglichkeit Mittelaltermärkte, Umzüge oder Ähnliches in anderen Städten zu bereichern.405 Vertreter der unterschiedlichen Zünfte und auch »Rittersvolk« konnten am Reichsstadtfest in Bad Wimpfen teilhaben.406 Die Gruppe der Schwertkämpfer lagerte bereits vor der Burg Katzenstein oder auch ganz in der Nähe Schwäbisch Gmünds im Wäscherschloss und zeigte dort ihr Können anhand von einstudierten Schaukämpfen. Rüstungen und Waffen konnten betrachtet und ausprobiert werden, die Akteure standen Rede und Antwort.407 Durch das Auftreten als Reenactment Gruppe tragen die Gruppen des Vereins zum emotionalen Nachempfinden der Epoche beim jeweiligen Event bei, bieten die 400 Vgl. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview). 401 Verein Staufersaga e.V.: Staufersaga Weihnachtsmarkt 2015. 402 Siehe S. 223. 403 Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview); Luhmann, Isabelle, 23.4.2015: Foto des Shop des Verein Staufersaga/Laden Staufersaga Außenansicht. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 24.4.2015: Foto des Shop des Verein Staufersaga/Produkte 2. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 6.7.2016: Foto des Shop des Verein Staufersaga/Stauferprodukte. Schwäbisch Gmünd; Luhmann, Isabelle, 6.7.2016: Foto des Shop des Verein Staufersaga/Wein Stauferblut. Göppingen. Wie in 6.2. skizziert werden daneben zahlreiche städtische Souvenirs mit dem Brandling »Staufer« zum Verkauf angeboten. Siehe S. 223. 404 Zitiert nach Verein Staufersaga e.V., 10.11.2015: Der Gmünder Küchenmeister Markus Müller stellte am Dienstag, 10. November, ein Gewürz mit Kräutern aus dem Mittelalter vor… https://www.stauf ersaga.de/details/erstes-staufergewuerz-der-aeltesten-stauferstadt-kreiert.html [11.10.2018]. 405 Vgl. Gruppe der Bettler, 5.7.2016, Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview). 406 Vgl. Meinke, Ute, 14.07.2015: Auf Einladung des Bürgermeisters von Bad Wimpfen nahm der Verein Staufersaga mit rund 40 Personen am 2. Wimpferner Reichsstadtfest teil. https://www.staufersag a.de/details/verein-staufersaga-auf-dem-reichsstadtfest-in-bad-wimpfen.html [11.10.2018]. 407 Vgl. Albrecht, Monica, 19.07.2014: Lager auf Burg Katzenstein. https://www.staufersaga.de/details/ 79.html [11.10.2018]; Verein Staufersaga e.V., 26.04.2016: Mai, bis 18 Uhr, lagern die Schwertkämp-

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Möglichkeit zur Weiterbildung und können auch für sich kommerzielle Aspekte ausschöpfen, indem die eigenen Produkte zum Verkauf angeboten werden. Des Weiteren bietet die aktive Teilnahme für die Protagonisten des Vereins die Möglichkeit in die Vergangenheit ein- und aus dem eigenen Alltag auszutreten. Gerade Letzteres wird von den Teilnehmern oft als essentielle Motivation genannt.408 In der Mittelalterszene wird der Verein nicht als Vertreter der Stadt Schwäbisch Gmünd gesehen, wohingegen sein Auftreten gegenüber der Partnerstadt Faenza klar als Botschafterrolle gesehen werden kann. 2011, schon vor der Uraufführung der Staufersaga, lief die Gruppe der Fahnenschwinger und auch eine weitere kostümierte Gruppe beim Umzug des jährlich stattfindenden Palio di Niballo der Partnerstadt mit.409 Bewusst wurde für diesen Auftritt die Gruppe der Fahnenschwinger gewählt. »Abseits der Staufersaga steht das Repräsentieren der Heimat im Vordergrund. Darum darf der Fähnrich bei zentralen Veranstaltungen der Stadt im In- und Ausland nicht fehlen.«410 Das Fahnenschwingen ist historisch belegte Tradition der freien Reichsstädte und damit auch Schwäbisch Gmünds.411 Versehen mit solcher Symbolkraft wurde die Gmünder Fahne 2011 vom ersten Fahnenschwinger der Gruppe, dem Oberbürgermeister selbst an seinen italienischen Amtskollegen übergeben. »Als Zeichen der Freundschaft und Partnerschaft«.412 Auch 2013 war eine Vereinsdelegation zum historischen Umzug des Palio di Niballo im Renaissance-Stil in Faenza zu Gast. Nach den Fahnenschwingern lief eine mittelalterlich gewandete Gruppe, die als Szene das Thema »Friedrich II. und sein Zug über die Alpen« darstellte. Die mit dem Stauferkaiser assoziierten Vorstellungen wurden aufbereitet. Vertreter der Weltreligionen repräsentieren die Toleranz am Hof des Staufers, ein Falkner mit Vogel dessen Wissensdurst und byzantinisch gekleidete Händler und orientalische Tänzerinnen seine für unsere Gegenwart exotische Fremdartigkeit.413 Es ist bezeichnend, dass auch hier Friedrich II. als Garant für eine friedliche Völkerverständigung und als Symbol für eine gute Städtepartnerschaft über Landesgrenzen hinweg herangezogen wurde. Generell steht bei dieser Vereinstätigkeit die Stauferzeit jedoch weniger im Fokus. Die in Gewandungen aufgeführte Stadtgeschichte kann eher als folkloristische Möglichkeit des Austauschs auf zivilgesellschaftlicher Vereinsebene verstanden werden.414 Die Stauferzeit wird zu einem abenteuerlich-romantischen Mittelalter von Rittern und Turnierkämpfen abstrahiert und kann so in Form von gemeinsamer

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fer der Staufersaga vor dem Wäscherschloss. https://www.staufersaga.de/details/schwertkaempfe r-lagern-vor-dem-waescherschloss.html [11.10.2018]. Vgl. Gruppe der Bettler, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview). Vgl. Dabei beim »Palio di Niballo«. Gmünder Fahnenschwinger und die Barbarossagruppe zu Besuch in Faenza, 10.8.2011. In: Gmünder Tagespost, H. 183. Geschäftsstelle Stauferfestival, 2016. Vgl. Stabstelle für bürgerschaftliches Engagement beim Oberbürgermeister, 2012, S. 20-21. Vgl. Dabei beim »Palio di Niballo«. Gmünder Fahnenschwinger und die Barbarossagruppe zu Besuch in Faenza, 10.8.2011. Vgl. Albrecht, Monica, 01.06.2013: Zugaufstellung beim 57. Palio del Niballo in Faenza. https://ww w.staufersaga.de/details/13.html [11.10.2018]. Vgl. Aubele, Katharina, Mitarbeiterin Stabsstelle Internationalität der Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd, 10.7.2016; Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., 5.7.2016.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Brauchtumspflege die fehlende historische Verbindung der Stadtgemeinschaften kitten. Durch die Thematisierung Friedrichs II. als Garant für eine gelungene Völkerverständigung erhält die Stauferzeit zudem Vorbildfunktion für gegenwärtige Städtepartnerschaften. Dementsprechend wurde bei einem Auftritt in der französischen Partnerstadt Antibes erneut die Person Friedrichs II. zusammen mit seinem exotischen Gefolge in Szene gesetzt. Die Stadt hatte zur Teilnahme am Blumenkorso, welcher soweit bekannt keinen historischen Bezug hat, ebenfalls den Verein Staufersaga eingeladen.415 Dieser scheint inzwischen auf zivilgesellschaftlicher Ebene für die Kommune einen hohen Symbolcharakter zu besitzen. Als Aushängeschild der Stadt in der Außendarstellung fungiert der Verein durch seine Tätigkeiten im Bereich Tourismus/Marketing. Hier sei exemplarisch erneut auf das Event der Landesgartenschau 2014 verwiesen, zu deren Anlass die Vereinsmitglieder mit einem Showprogramm schon im Vorfeld die Fahne aus der damals amtierenden Gartenschaustadt Nagold übernahmen.416 Während des Events selbst war der Verein mit einem zehntägigen Stauferlager auf dem Gelände vertreten. Die Gruppen wollten »Kultur und das Leben zur Stauferzeit zeigen. Schauspiel, Musik, Schwertkampf, Handwerkskunst und Workshops sollen neben Pflanzen und Natur […]« den Zuschauern die Stauferzeit unterhaltend begreifbar machen.417 Neben den Handwerkerständen, an denen den Besuchern die alten Techniken vermittelt wurden, wurde auch Kulturanbau und Ernährung des Mittelalters thematisiert.418 Demonstriert wurde demnach das Alltagsleben der einfachen Bevölkerung. Daneben spielte die unterhaltende Darstellung der Epoche eine große Rolle. Das wird anhand der vielen Programmpunkte deutlich, die Schaukämpfe oder andere szenische Darstellungen offerierten. In diese Sparte kann auch das Badehaus der Gruppe der »Hübschlerinnen« eingeordnet werden, in dem Nacken und Rückenmassagen angeboten wurden.419 Neben dem Stauferlager übernahm der Verein auch die Verantwortung für die aus Anlass der Landesgartenschau veranstaltete Barockwoche: Die Gewandmeisterei schneiderte hierfür statt mittelalterlichen Kostümen barocke Kleider und die »Hübschlerinnen« gaben sich kokett als »Schönen der Nacht«.420 Auch bei der 2016 stattfindenden Touristikmesse CMT waren die Mitglieder des Vereins am Stand der Stadt vertreten. Mit Showeinlagen wie beispielsweise Vorführungen am mitgebrachten Großkatapult, aber

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Vgl. Meinke, Ute: Manesse-Gruppe in Antibes, 06.06.2015: https://www.staufersaga.de/details/ma nesse-gruppe-in-antibes.html [5.7.2019]. Vgl. Arnold, 2012, S. 10. Vgl. Albrecht, Monica, 25.03.2013: Stauferlager auf der Landesgartenschau. https://www.staufersa ga.de/details/39.html [11.10.2018]. Vgl. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview). Das die Vermittlung der Zeit wichtiges Bestreben der Veranstalter war, wird z.B. auch daran ersichtlich, dass an manchen Tagen extra Schulklassen oder Kindergärten zu Workshops u.ä. eingeladen wurden. Vgl. Thome, Matthias, 6.9.2014: Das Stauferlager ist eröffnet. Das Volk von Kaiser Friedrich II. erobert den Himmelsgarten auf der Gmünder Gartenschau. In: Gmünder Tagespost, H. 206; Gruppe der Hübschlerinnen, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview). Vgl. Gruppe der Hübschlerinnen, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview); Albrecht, 25.03.2013; Verein Staufersaga e.V.: Gewandmeisterei. https://www.staufersaga.de/gewandmeisterei.html [11.10.2018].

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

auch durch ihre Begeisterung für das Projekt als Ganzes zogen sie die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich.421 Der Verein und die durch ihn rezipierte staufische Geschichte wirkte in dieser Funktion als unterhaltender, marketingtechnisch sehr wirksamer Repräsentant der ganzen Stadt. Für diese, dezidiert in der Vereinssatzung festgesetzte Aufgabe, wird die Stauferzeit falls nötig auch sehr weit ausgedehnt. Bilanzierend wird die Stauferzeit durch den Verein als eine sehr facettenreiche, faszinierend-unterhaltende, teils befremdliche Epoche aufgegriffen. Auf diese Art bietet sie Anknüpfungspunkte zur vielgestaltigen Integration breiter Kreise der Stadtgemeinschaft und hat für die Protagonisten eine gemeinschaftsstiftende Funktion. Die darstellenden Elemente bieten zudem eine Ausflugsmöglichkeit aus dem Alltag. Darüber hinaus wird zum Teil die Möglichkeit der Weiterbildung offeriert. Oftmals fungiert die Zeit auch als Markenname für handgefertigte, regionale Produkte und erfüllt so kommerzielle Zwecke für Stadt und Verein. Als eigene, sehr weit gedehnte mittelalterliche Stadtgeschichte dient sie für die städtepartnerschaftlichen Beziehungen als nötiger Klebstoff für eine gemeinsame Brauchtumspflege und im Falle der Thematisierung Friedrichs II. als mittelalterliches Vorbild für einen gelungenen transnationalen Austausch.

6.5

Staufische Geschichte in Schwäbisch Gmünd

Bis zum jüngsten Untersuchungszeitraum spielte die Stauferzeit in Schwäbisch Gmünd im öffentlichen Diskurs so gut wie keine Rolle. Von einem tief verwurzelten staufischen Geschichtsbewusstsein, das auch von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen wurde, kann in der ehemaligen katholischen, freien Reichsstadt lange Zeit nicht gesprochen werden. Auch wenn das geschichtsinteressierte Bildungsbürgertum sein Bewusstsein als Stauferstadt in Form von vereinzelten Exkursionen, Vorträgen und auch Publikationen kundtat, so waren für das Selbstverständnis der Stadt auch in der Kommunikation nach außen stets andere Charakteristika entscheidender. Eine explizite Vermarktung als Stauferstadt, die auch von einem solchen Geschichtsbewusstsein der Stadtgemeinschaft mit Leben gefüllt wurde, gab es bis zum Stadtjubiläum nicht. In den 1960er und 1970er Jahren wurden eine Schule und einige Straßen nach den Staufern benannt, sodass diese im Stadtbild vertreten waren. Diese Benennungen hatten für die Stadtgemeinschaft eine identitätsstiftende Funktion und sollten Orientierung geben. Mit Ausnahme der Betitelung des Krankenhauses in Stauferklinikum in den 1990er Jahren fanden bis zur Stelenerrichtung, der Öffnung des Staufer-Shops und natürlich der Vereinsgründung 2012 keine weiteren geschichtskulturellen Agitationen im öffentlichen Raum statt. Es gibt auch keine anderen institutionalisierten Erinnerungen an die staufische Stadtgeschichte und bis zur Vereinsgründung des Verein Staufersaga 2012 keinen anderen Verein, der sich dezidiert mit dieser Zeit beschäftigt. Von einem allmählichen Erwachen des staufischen Geschichtsbewusstseins kann in Schwäbisch Gmünd ca. seit dem Amtsantritt des Oberbürgermeisters Richard Arnold 2009 gesprochen werden. Dieser griff das Thema in seiner Agenda vor allem mit Blick auf 421 Vgl. Staudenmaier, 18.1.2016.

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

das Stadtjubiläum 2012 gezielt auf und stieß damit auf fruchtbaren Boden. Die Staufer waren in Schwäbisch Gmünd mit den Agitationen zum Stadtjubiläum in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dies zeigt sich auch an der hohen Anzahl der Vereinsmitglieder des Vereins Staufersaga und deren breitem Wirken in die Gemeinschaft hinein. In der Positionierung nach außen sind sie zum Alleinstellungsmerkmal der Stadt Schwäbisch Gmünd geworden, dessen Bürger sich nun auch als Bewohner der Ältesten Stauferstadt verstehen. Diese jüngste staufische Geschichtskultur kann in Schwäbisch Gmünd jedoch nicht auf etablierte Erinnerungspfade zurückgreifen. Im Bereich der Außenwerbung war Schwäbisch Gmünd zu Beginn des Untersuchungsabschnitts lediglich die Stadt der Gold- und Silberschmiede. Ab den 1960er Jahren ist jedoch in den Werbeprospekten vermehrt das Attribut Älteste Stauferstadt zu finden, das bis in die 1990er Jahre andere Namenszusätze weitgehend verdrängt. Auch andere Staufer- und Barbarossastädte beginnen sich vereinzelt ab den 1960er Jahren mit dem Namenszusatz zu schmücken. Dies kann als Reaktion auf die sich zunehmend entwickelnde Freizeit- und Konsumgesellschaft und der damit einhergehenden Etablierung einer Tourismusindustrie gedeutet werden. Die frühen Werbeangebote sind noch sehr textlastig und enthalten kaum oder keine Bilder. Mit einem sachlichen Zugang soll ein Informationsangebot geschaffen werden. Ab den 1990er Jahren ist eine Entwicklung hin zu einer phantastisch-erlebnisorientierten Form der Darstellung der Stauferzeit erkennbar. Dieser Trend erfährt nochmals eine deutliche Zuspitzung im Zuge des Stadtjubiläums 2012. Die staufische Geschichte wird auf Bereiche ohne historischen Bezug ausgedehnt. Die Staufer driften in Schwäbisch Gmünd vom Bildungs- in den Erlebnissektor und die Genuss-Komponente wird zunehmend wichtig. Hier unterscheidet sich die Stadt nicht von dem allgemein im Histourismus feststellbaren Umgang mit Geschichte.422 Die Staufer sind multimedial vor allem durch performative Angebote erfahrbar und können als Merchandise Artikel zu Hause an den Besuch in der Ältesten Stauferstadt erinnern. Schon die Aktionen im Kontext der Landesausstellung 1977 dienten natürlich der Unterhaltung der Akteure und Zuschauer. Die erlebnisorientierten Programmpunkte hatten jedoch 1977 nur einen sehr kleinen Anteil. Wichtig war ein breites, sehr sachliches Informationsangebot. Die performative Rezeption der Stauferzeit war noch recht laienhaft, die Kostüme nicht sehr ausdifferenziert, die Akteure werden nicht ihren Rollen entsprechend geschminkt oder aufwändig frisiert. Die Darstellung erfolgt ohne Rekonstruktionen von Gerätschaften. Auch in den jüngsten performativen Darstellungen der Stauferzeit soll die Möglichkeit einer Weiterbildung über die Zeit geboten werden. Eine sachliche Information ist jedoch nicht das Primärziel. Die Stauferzeit wird in Form eines multimedialen Spektakels zum Erlebnis. Die zahlreichen Darsteller sind sehr detailgetreu und individuell eingekleidet und entsprechend ihrer Rolle geschminkt. Eine ganze Szenerie wird mit Rekonstruktionen, einer Feuershow und sehr bewegender Musik geschaffen. Des Weiteren wird die Angebotspalette der performativen Darstellungen während des Untersuchungszeitraums auch immer mehr aufgefächert, sodass die Besucher heute zwischen zahlreichen Verköstigungs- und Verkaufsartikeln wählen können. Diese Tendenzen entsprechen grob den von Sven Kommer für Mittelaltermärkte im Allgemeinen herausgearbeiteten Entwicklungen seit deren langsamen Aufkommen 422 Siehe S. 96.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

in Westdeutschland seit den 1970er Jahren. Weiterhin entspricht die jüngste Form der performativen staufischen Rezeption in Bezug auf Angebotspalette und medialer Aufbereitung der anderer Staufermärkte.423 Das Stauferfestival in Schwäbisch Gmünd ist demnach ein gutes Fallbeispiel, um die rezente staufische Rezeption in diesem Medium der Geschichtskultur zu ermitteln. Auch auf der Ebene der Vereinstätigkeit können die jüngsten Angebote alle als sehr erlebnisorientiert und szenisch aufbereitet beschrieben werden. Auf der medialen Darstellungsebene kann also in allen untersuchten Medien seit den 2010er Jahren von einem phantastisch-erlebnisorientierten Zugang zur Stauferzeit gesprochen werden. Die im Zuge der Neuausrichtung bzw. Fokussierung auf die Staufer in der städtischen Geschichtskultur Schwäbisch Gmünds entstandenen Aktionen sind alle von einer szenisch-unterhaltenden Natur, sowohl diejenigen, die der inneren Konsolidierung der Stadtgemeinschaft dienen, als auch solche, die die Stadt nach außen positionieren. Hierin ähnelt Schwäbisch Gmünd anderen Städten, die erst seit kurzem die staufischen Aspekte ihrer Stadtgeschichte (wieder) entdecken.424 Bezüglich der Themenwahl, welche Aspekte der staufischen Geschichte behandelt werden, ist eine Entwicklung von lokalen hin zu lokal- und transnationalen bzw. spezifisch europäischen Darstellungen der Stauferzeit zu konstatieren. Dies lässt sich unter anderem an einer zunehmenden Thematisierung Friedrichs II. festmachen. Abhängig vom zeithistorischen Kontext wird die Stauferzeit immer als positives Abbild der Gegenwart skizziert, der in einigen Aspekten sogar Vorbildcharakter zugesprochen wird. Dementsprechend wird die Zeit in den jüngsten Rezeptionen als eine überraschend moderne, in Vielfalt geeinte Epoche interpretiert. Eine Europäisierung des Gedächtnis, wie sie durch kulturpolitische Agitationen schon vor allem seit den 1990er Jahren gefördert wird, lässt sich in Bezug auf eine europäische Erinnerung an die Staufer somit bis hin zur kommunalen Ebene nachweisen.425 Dieses europäische Gedächtnis ist im Falle Schwäbisch Gmünds jedoch nicht eindimensional, sondern lokale Narrative der Staufer bleiben erhalten. Hierin scheint sich die städtische Rezeption von der Transformation der Staufer in den Ausstellungen zu unterscheiden. Daneben kann eine Personenerweiterung in der Rezeption der Stauferzeit festgestellt werden. Wurden zunächst in den frühen Darstellungen lediglich Personen aus dem ritterlich-höfischen Milieu thematisiert, weitet sich der Blick seit den 1990er Jahren auf die einfache Bevölkerung und deren Lebensformen bis hin zu Gruppen am Rande der Gesellschaft wie den Prostituierten und Bettlern. Neu hinzu kommt auch in allen mittelalterlichen Gesellschaftsschichten die Thematisierung der historischen Rolle von Frauen. Diesen Tendenzen entsprechen zeitlich verzögert den Entwicklungen der mediävistischen Forschungsperspektiven und auch den rezenten gesellschaftlichen Debatten. Es wird erneut erkennbar, dass jegliche Formen der Geschichtskultur immer auch ein Produkt der Gegenwart sind, der sie entstammen. Des Weiteren kann mit dieser erweiterten Perspektive auf die Stauferzeit auch der Wunsch erfüllt werden, diese als faszinierend-andere Zeit emotional nachzuerleben. Oftmals enthalten die geschilderten Frauenschicksale eine gewisse Tragik; das

423 Siehe S. 90ff. 424 Siehe S. 178. 425 Zur Förderung eines europäischen Gedächtnis Siehe S. 44

6. Die Älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd

Leben der Prostituierten, Bettler und Leprakranken skizziert ein schaurig-schönes Mittelalterbild. Neben der Interpretation der Stauferzeit als positives Abbild wird dieses zu einer phantastischen Gegenwelt, in die die Rezipienten eintauchen können. Die jüngste Hervorhebung der Frauen der Stauferzeit und auch anderen Personen des mittelalterlichen Alltags fiel auch schon bei einer summarischen Betrachtung historischer Romane ins Auge. Die verschiedenen Medien der Populärkultur wirken unabhängig vom jeweiligen Medium und räumlicher Untersuchungsebene wechselseitig aufeinander ein, da sie die Erwartungshaltungen der Konsumenten erfüllen wollen und bekräftigen dadurch die tradierten Vorstellungen über die Zeit. In diesem Zusammenhang kommt es in den jüngsten Darstellungen vielfach zu einer Abstraktion der Staufer- hin zu einer allgemeinen Mittelalterrezeption.426 In der frühen Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre konnte die Zeit der Staufer der nach den Gemeindereformen neu zusammen gesetzten Stadtgemeinschaft eine historische Identität geben. Die Staufer eigneten sich hierfür besonders gut, da sie auch über die engeren Stadtgrenzen hinaus bekannt waren, was sie auch für Neubürger anschlussfähig machte. Bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum wird die lokale Identitätsstiftung durch die Einbindung lokal wichtiger Personen, Episoden und der regionalen Mundart unterstützt. Neu hinzu kommt in den jüngsten Formen der staufischen Rezeption die Chance einer historischen Identitätsstiftung als Bürger der Europäischen Union. Die historische Grundlage für moderne Bemühungen um eine zunehmende Europäisierung wird in die Stauferzeit – als Zeit der Einheit in Vielfalt und des Agierens der Staufer über Landesgrenzen hinweg – gelegt und legitimiert. Die Stauferzeit als die eigene Vergangenheit wird zur europäischen Vergangenheit ausgedehnt, wodurch dieses moderne Konstrukt historische Wurzeln bekommt. Es ist bemerkenswert, dass diese Ausdeutungen und Identitätsangebote bis auf die kommunale Ebene hinunter zu finden sind. Ganz entscheidend vor allem in der jüngsten staufischen Rezeption ist die starke integrative Funktion, die diese erfüllt. Schon in den 1980er Jahren sollte durch den mittelalterlichen Handwerkermarkt vor dem Hintergrund der schwierigen Situation der Stadtgemeinschaft der Zusammenhalt gefördert werden. Seit dem Stadtjubiläum 2012 ist dieses Motiv jedoch ganz zentral, ja es wird zum Hauptziel der staufischen Rezeption, auf dessen Umsetzung die Akteure auch stolz sind. Viele identifizieren sich dementsprechend weniger mit der staufischen Geschichte selbst als eher mit diesem Gemeinschaftsprojekt. Die staufische Herrschaftszeit ist in diesem Zusammenhang eher sekundär von Bedeutung. Sie wird zum kleinsten gemeinsamen Nenner, unter der sich die Kommune sammelt und mit der sie auch gezielt Randgruppen integrieren kann. Das neu entfachte staufische Bewusstsein der Stadt hat keine lange Tradition, sondern wurde mehr oder weniger von außen, maßgeblich vom neuen Oberbürgermeister an die Stadt herangetragen. Wie schon auf regionaler Ebene in den beiden Ausstellungen ist erneut ein CDU-Mitglied – wenn auch unkonventionellen Typus – die treibende Kraft hinter der staufischen Rezeption. Die Vergegenwärtigung der Stauferzeit als Berufung auf die eigenen Wurzeln passt zu konservativen Leitlinien und lässt sich daher

426 Siehe S. 77ff.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

gut mit den politischen Agitationen verknüpfen. Mit Blick auf Arnolds vorherige Tätigkeit bei der EU in Brüssel und seine innovative Migrationspolitik in Gmünd erklärt sich in diesem Zusammenhang die europäische Auslegung der staufischen Herrschaft als Fundament für eine gelungene Integration. Auch auf lokaler Ebene hat die staufische Geschichtskultur dementsprechend bis in die jüngste Zeit durchaus eine politische Komponente. Während des Untersuchungszeitraums boten die Stauferinterpretationen immer rudimentärer die Möglichkeit des Erkenntnisgewinns und immer intensiver die Chance die Zeit emotional nachzuerleben. Schon die Rezeptionen der 1970er und 1980er Jahre konnten ästhetische Genüsse liefern und damit das historische Nacherleben ermöglichen. Durch die mediale Aufbereitung vor allem seit den 1990er Jahren wurde der Erlebnisfaktor der Rezeptionen immer weiter ausgebaut. Diese Entwicklung geschieht parallel zum quantitativ zunehmenden und weiter ausdifferenzierten Aufkommen des Mittelalters in der Populärkultur.427 Durch die Konzeption eines phantastischen Mittelalters wird eine kurzzeitige Abkehr vom 21. Jahrhundert ermöglicht. Die Stauferzeit nacherleben und den eigenen Alltag eine Weile vergessen können sowohl die Akteure der Rezeption – wohl wesentlich intensiver und durch das Gefühl Teil einer Gemeinschaft zu sein begünstigt – als auch die Zuschauer, die eine gelungenen Show genießen. Die stetig steigende Nachfrage nach einer erlebnisreichen, leicht zugänglichen Begegnung mit dem Mittelalter bzw. der Stauferzeit wird auch in Schwäbisch Gmünd verstärkt kulturtouristisch und auch wirtschaftlich genutzt. Die Angebotspalette für Besucher ist zunehmend mit Aktivitäten zum Staufererlebnis reich bestückt, die oftmals über die Genuss-Komponente mit regionalen Produkten verbunden werden. So werden die Staufer als Markenname auch zum starken Wirtschaftsfaktor für die Stadt, die vom Stauferwein bis zum Staufer-Ritter eine breite Produktpalette im Angebot hat. Weiterhin wird die staufische Geschichte auf vielfältige Weise in einer teils sehr abstrahierten Form zum unterhaltenden, auf Traditionen aufbauenden Aushängeschild und damit wirksamen Werbeträger für die Stadt. Auch in dieser Funktionserweiterung um den kulturtouristischen Nutzen ähneln die Entwicklungen in Schwäbisch Gmünd denen der untersuchten Staufer-Ausstellungen. Hier scheinen sich Tendenzen unabhängig von der räumlichen Erinnerungsebene und dem Untersuchungsmedium herauszukristallisieren. Es wird im Folgenden anhand der zweiten Stauferstadt Göppingen zu prüfen sein, ob diese Trends sich auch in den staufischen Rezeptionen einer weiteren Kommune für denselben Zeitraum wieder finden.

427 Siehe S. 77.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

7.1

Stadt im Wandel: Stadtgeschichte und Geschichtsbewusstsein Göppingens1

Die große Kreisstadt Göppingen liegt im Dreieck zwischen Stuttgart, Tübingen und Ulm und ist die größte Stadt des Landkreises Göppingen. 2014 zählte sie gut 55000 Einwohner, die sich auf die sieben Stadtbezirke Bartenbach, Bezgenriet, Faurndau, Hohenstaufen, Holzheim, Jebenhausen und Maitis verteilen. Städtepartnerschaften unterhält sie seit 1971 mit Foggia/Süditalien und Klosterneuburg/Niederösterreich, seit 1990 mit Sonnenberg/Thüringen und seit 2000 mit Pessac/Südwestfrankreich. Des Weiteren übernimmt sie seit 1955 die Patenschaften über die Heimatvertriebenen aus dem sudetendeutschen Schönhengstgau und über die Banater Schwaben seit 1988. Landschaftlich markant und für die Stadtgemeinschaft identitätsstiftend ist der Hausberg Hohenstaufen, auf dem die Stammburg der Staufer stand.2 Zur Stadt erhoben wurde Göppingen wohl während der Stauferzeit in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts.3 Nach dem Untergang der Dynastie eroberten die Grafen von Württemberg die Stadt. 1534 setzte sich die Reformation auch in Göppingen durch. Seitdem ist die Kommune vor allem durch die evangelische Konfession geprägt.4 Das mittelalterliche Stadtbild wurde durch zwei Stadtbrände 1425 und 1782 komplett zerstört. Die Neuanlage im klassizistischen, schachbrettartigen Grundriss prägt bis heute das moderne Bild der Innen-

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Grundsätzlich kann in Bezug auf die staufische Rezeption schwer zwischen Kreis und Stadt Göppingen differenziert werden, da beides Hand in Hand generiert wird. Die Analyse der staufischen Rezeption Göppingens bezieht dementsprechend den Kreis Göppingen mit ein. Vgl. Hinrichsen, Olaf, 2014: Göppingen. Symbiose aus Traditionen und Moderne. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 387-395, S. 386. Zu den Umständen der Stadtwerdung und der Rolle der Staufer in diesem Prozess siehe S. 176. Vgl. Akermann, 2014, S. 221;Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 66. Das Stadtwappen ziert dementsprechend kein staufischer Löwe, sondern eines der drei württembergischen Hirschhörner. Vgl. Hinrichsen, 2014, S. 387.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

stadt.5 Hier zeigen sich einige zentrale Unterschiede zur ersten untersuchten Stauferstadt Schwäbisch Gmünd: Im Gegensatz zur katholisch geprägten freien Reichsstadt besitzt das evangelisch geprägte, zu Württemberg gehörende Göppingen kaum historische Bausubstanz, auf der ein historisches Selbstbewusstsein fußen könnte.6 Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Göppingen zu einer der führenden Industriestädte Württembergs. Nach einer anfänglichen Konzentration auf das textilverarbeitende Gewerbe kam es zu einer Branchenerweiterung um die Metall- und Maschinenbauindustrie. Weltweit bekannt sind heute noch der Maschinenmeister Johann Georg Boehringer, dessen Werkzeugmaschinen global erfolgreich exportiert werden, oder die Metallspielwarenfabrik Gebr. Märklin.7 Während des Zweiten Weltkrieges blieb die Stadt weitgehend von Zerstörungen verschont. Einzig die Nordstadt und einige nahe den Bahngleisen befindlichen Betriebe fielen Bombardements zum Opfer. Der seit 1930 existierende Flugplatz der Stadt wurde durch die Nationalsozialisten mit Staffeln eines Nahaufklärungsgeschwaders belegt.8 Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gelände vom amerikanischen Militär in Besitz genommen und in die Cooke Baracks umfunktioniert. Bis 1991 lebten hier ca. 3000 Amerikaner mit ihren Familien.9 Die Regierungszeit des ersten Oberbürgermeisters nach dem Ende des Krieges stand ganz im Zeichen der Eingliederung der vielen Heimatvertrieben, die Göppingen erreichten.10 So viele Vertriebene und Zugewanderte aus der DDR kamen in die Stadt, dass die Bevölkerung im Jahr 1955 zu 30 % aus Neubürgern bestand. Die Neuankömmlinge prägten die Stadtgemeinschaft in vielerlei Hinsicht: Durch Glasmacher aus dem Böhmerwald entwickelte sich auch in Göppingen in Konkurrenz zu Schwäbisch Gmünd eine überschaubare Glasindustrie. Es kam zu einer Konfessionsverschiebung im ganzen Landkreis, da im Gegensatz zu der ortsansässigen Bevölkerung viele Neubürger katholischen Glaubens waren. Größere Gruppen aus derselben Region wie die Donauschwaben und die Schönhengster pflegen bis in die Gegenwart bei Treffen in ihren Heimatstuben die lokalen Bräuche. Letztere nehmen seit 1955 in Form eines Singund Tanzkreises am jährlich stattfindenden Maientagsumzug der Stadt teil.11 Als Reaktion auf die veränderte Bevölkerungsstruktur wurden Produktionsstätten und Neubauten geschaffen, die das Stadtbild veränderten. Durch die Aussiedlung großer Industriebetriebe aus der Kernstadt konnte dieses Areal für Privatwohnungen genutzt werden. Auch viele öffentliche Einrichtungen entstanden in den 1950er und 1960er Jahren.12 Diese fielen schon in die Ära des langjährig amtierenden Oberbürgermeisters

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Vgl. Akermann, 2014, S. 221; Hinrichsen, 2014, S. 387. Vgl. Domes, Heinrich, 2014: Göppingen auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. Tempora mutantur. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 226-233., S. 227. Vgl. Akermann, 2014, S. 221, S. 224-225; Hinrichsen, 2014, S. 388. Vgl. Akermann, 2014, S. 225; Domes, 2014, S. 230. Vgl. Domes, 2014, S. 232; Hinrichsen, 2014, S. 387. Vgl. Akermann, 2014, S. 225; Hinrichsen, 2014, S. 388. Vgl. Müller, Ulrich, 2014: Heimatvertriebene in Schwäbisch Gmünd und Göppingen. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 244-251, S. 250-251. Vgl. Akermann, 2014, S. 225.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Herbert König, der die Geschicke der Stadt von 1954 bis 1980 lenkte. 1955 wurde die Stadthalle errichtet und mit der Hohenstaufenhalle, die inzwischen in die EWS-Arena umgebaut wurde, bekam der bekannte Handball-Traditionsverein »Frisch auf! Göppingen« 1967 einen neuen Standort. Ebenfalls in den 1960er Jahren wurde das Hallenbad eröffnet, das heute die Barbarossa-Thermen beherbergt, kurz: Das Stadtbild veränderte sich in diesen Jahren fundamental und die alte Industriestadt versuchte sich neu in der Gegenwart zu positionieren, wofür auch gerne auf die historischen Traditionslinien als Stauferstadt verwiesen wurde.13 Aber nicht nur das Stadtbild änderte sich in diesem Zeitraum. Im Zuge der Kreisreformen wurde Göppingen durch fünf Eingemeindungen stark vergrößert. Den Anfang machte Bezgenriet 1957, gefolgt von Bartenbach 1959. Erst 1971 kam die Ortsschaft Hohenstaufen hinzu, wodurch der identitätsstiftende Hausberg nun innerhalb der Stadtgrenzen liegt. 1973 und 1975 folgten schlussendlich Maitis und Faurndau. Diese Eingemeindungen liefen häufig unter örtlichen Widerständen ab, befürchteten einige Bürger doch einen örtlichen Identitätsverlust und auch eine Bevormundung durch die Ratsherren der Kernstadt. Neben den vielen Vertriebenen mussten folglich auch die zahlreichen Bürger der einst eigenständigen Ortsschaften in die Stadtgemeinschaft integriert bzw. ein neues Bewusstsein als Gemeinschaft geschaffen werden.14 Nationale und globale Entwicklungen hinterließen Ende der 1960er Jahre und Anfang der 1970er Jahre auch in Göppingen ihre Spuren: »Globalisierung, weltweite Finanz-Turbulenzen, Firmenfusionen, Produktionsverlagerungen, neue Techniken begannen auch am Nerv der Göppinger Industrie zu nagen.«15 Die Folgen waren das Ende der Vollbeschäftigung und der Konkurs etlicher Unternehmen in den 1970er und 1980er Jahren.16 Der Abzug der amerikanischen Streitkräfte fiel in die Amtszeit des Oberbürgermeisters Hans Haller, 1981-1996. Die Stadt übernahm das Gelände 1996 und begann mit der Errichtung eines neuen Stadtteils, der Wohn- und Industriegebiet zugleich sein sollte, dem Stauferpark. Dessen Aushängeschild ist die umfunktionierte Werfthalle, in der jährlich die als Stauferfestspiele bezeichneten Operetten-Festspiele stattfinden.17 Für die Stadt stellte der Abzug der amerikanischen Streitkräfte allerdings auch einen Verlust dar. Der lokale Einzelhandel verlor viele Kunden und zahlreiche zivile Angestellte ihren Arbeitsplatz. Göppingen, das lange Zeit beständig eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten des Landes vorweisen konnte, musste in den frühen 1990er Jahren zunehmend mit wirtschaftlichen Problemen kämpfen. Dies führte zu Umstrukturierungen in verschiedenen Branchen. Traditionsbetriebe verschwanden und wurden

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Vgl. Hinrichsen, Olaf, 2014, S. 388; Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 19702012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview): Aktivitäten und Bewusstsein von Stadt und Kreis Göppingen zur staufischen Geschichte 1977 und heute. Vgl. Hinrichsen, 2014, S. 388; Werwigk, Fritz, ehemaliger Geschichtsvermittler, Göppingen 19.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern in Göppingen und die Staufer im städtischen Bewusstsein; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview). Domes, 2014, S. 228. Auf die Ölkrise reagierte die Stadt, indem sie als eine der ersten im Land ein Müllheizkraftwerk erbaute. Vgl. Domes, 2014, S. 227-229. Vgl. Domes, 2014, S. 232-233; Hinrichsen, 2014, S. 389.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

durch Neue abgelöst.18 Die frühen 2000er waren in Göppingen durch die sehr aufwändige Umgestaltung der Innenstadt, benannt als Neue Mitte, geprägt. Diese fiel in die Amtszeit des Oberbürgermeisters Reinhard Frank 1997-2004 und kostete ihn vermutlich aufgrund der immensen Kostensteigerung die Wiederwahl. Nach 20 Monaten waren die Umbauten 2003 abgeschlossen und die Innenstadt bekam ein neues Antlitz. Vor allem das innovative Beleuchtungskonzept ist zu einem der Aushängeschilder der Stadt geworden.19 »Das Thema Innenstadt beherrscht die Kommunalpolitik auch unter dem fünften und bislang letzten Nachkriegs-Oberbürgermeister Guido Till« (CDU), der seit 2005 die Geschicke der Stadt lenkt.20 Neue Einkaufsquartiere, aber auch Wohnraum entstand im Innenstadtgebiet, um dieses weiter zu beleben. Auch mit Blick auf die gewünschte Attraktivität für Touristen wurden zentrale Plätze wie der Schlossplatz und die Filsuferterassen neu gestaltet.21 In der jüngsten Vergangenheit kennzeichnet die Stadt eine niedrige Arbeitslosenquote und eine Wirtschaftsförderung, die auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist.22 In den Leitbild-Visionen, die in Zusammenarbeit von Bürgerschaft und Verwaltung konzipiert wurden, einigte sich die Kommune darauf als »eine europäische Stadt mit Zukunft« auf ein geeintes Europa der Städte und Regionen hinzuarbeiten.23 2008 wurde Göppingen durch die Bundesregierung als »Ort der Vielfalt« ausgezeichnet. Schon seit 1995 wird im Rahmen der interkulturellen Wochen ein Raum für den Austausch über die eigene Kultur hinweg geboten.24 Vor allem aufgrund der rezenten Entwicklung im Zuge der Flüchtlingskrise wird das Thema Integration immer wieder diskutiert.25 Ziel des Integrationsmanagements ist es, Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten, indem die Neuankömmlinge individuell beraten und mit Hilfe zahlreicher Ehrenamtlicher, Vereinen und anderen städtischen Institutionen möglichst früh in die

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Vgl. Müller, Ulrich, 2014: Die Gmünder Garnison und das Wettrüsten im Stauferland. In: Rothenberger, Raimund M. (Hg.): Die 3-Kaiserberge und das Stauferland. Landschaft, Geschichte und Kultur zwischen Fils- und Remstal. Schwäbisch Gmünd, S. 252-259, S. 258; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview): Informationen zum Erinnerungsort Hohenstaufen und rezenten Entwicklungen in Göppingen. Vgl. Nonnenmacher, Klaus, 7.11.2013: Jubiläum in Göppingen. Zehn Jahre Neue Mitte – und es geht weiter. In: Stuttgarter Zeitung. Landkreis Göppingen. https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.jubilaeum-in-goeppingen-zehn-jahre-neue-mitte-und-es-geht-weiter.6d1fc49a-da4f-435ead16-bcc01de32d79.html [27.10.2018]; Hinrichsen, 2014, S. 389. Hinrichsen, 2014, S. 391. Vgl. Domes, 2014, S. 233. 2012 wurde sie als 100. Fairtrade-Stadt in Deutschland ausgezeichnet, 2014 trat sie dem Bündnis »Fahrradfreundliche Kommune« bei. Vgl. Hinrichsen, 2014, S. 395. Hohenstaufenstadt Göppingen: Städtepartnerschaften. https://www.goeppingen.de/,Lde/start/Un sere+Stadt/partnerstaedte.html [27.10.2018]. Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Teilhabe – Integrationsarbeit. https://www.goeppingen.de/,L de/start/Unsere+Stadt/Interkulturelle+Wochen.html [27.10.2018]. Der 2010 verabschiedete Integrationsplan der Stadt wird dementsprechend ständig von Stadtverwaltung und Integrationsausschuss fortgeschrieben und verbessert.Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Integrationsmanagement der Stadt Göppingen. https://www.goeppingen.de/,Lde/start/U nsere+Stadt/integrationsmanagement.html [27.10.2018].

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Stadtgemeinschaft integriert werden.26 Durch diese gezielte Integration soll auch der gesamtgesellschaftliche Zusammenhalt der Stadt gestärkt werden.27 Im Unterschied zu Schwäbisch Gmünd äußert sich das Selbstverständnis als Stauferstadt in Göppingen schon früh in Form von historischen Umzügen, Stauferfesten und auch Städtepartnerschaften.28 Dieses Selbstverständnis fußt auf einer Urkunde, die Barbarossa 1154 apud Geppingen ausstellte. Die ehemalige Siedlung lag am Fuße des Hohenstaufen und muss demnach schon in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts zur Stadt erhoben worden sein.29 Eine staufische Traditionsbildung setzte in Göppingen wie in der gesamten Region ab dem 15. Jahrhundert ein.30 Seit der Eingemeindung Hohenstaufens 1971 kann sich die Stadt offiziell als Hohenstaufenstadt bezeichnen. Neben den Fundamentresten der Stammburg auf dem Berg gibt es allerdings in der Stadt selbst an staufischen Spuren lediglich die spätromanische Kirche im Ortsteil Faurndau.31 Die Burg geriet nach ihrer Schleifung 1525 in Vergessenheit und wurde erst im Zuge der allgemeinen Staufereuphorie deutschnationaler Bewegungen des frühen 19.

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Dies wird dadurch begünstigt, dass die Flüchtlinge dezentral an verschiedenen Orten innerhalb der Kommune untergebracht sind. Der Austausch wird gezielt gefördert, indem Veranstaltungen durch das Kulturförderprogramm der Stadt unterstützt werden, die von mindestens zwei Vereinen aus unterschiedlichen Kulturkreisen organisiert werden.Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview); Hohenstaufenstadt Göppingen: Integrationsplan der Stadt Göppingen. Stand 8.10.2010. https://www.goeppingen.de/site/Goeppingen-Internet/get/params_E-925568444/ 1945067/Integrationsplan%20G%C3%B6ppingen.pdf [27.10.2018], S. 13-14. Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Integrationsmanagement der Stadt Göppingen. Vgl. Haussherr, Reiner. Württembergisches Landesmuseums Stuttgart, 1977, Bd. 1., S. 752. Der folgende Abschnitt skizziert, wie es grundsätzlich um das staufische Geschichtsbewusstsein der Stadt bestellt ist. Die Erläuterungen fokussieren sich auf die Geschichtskultur von Stadt und Kreis Göppingen, da diese schwer zu trennen sind. Die Staufertraditionen der ganzen Region rund um den Hohenstaufen wurden in 5.3. bereits beschrieben. Siehe S. 180. Generell sind die Übergänge hier jedoch fließend, weil die staufische Geschichtskultur der Stadt Göppingen immer geknüpft ist an den Hausberg Hohenstaufen. Vgl. Akermann, 2014, S. 22; Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 66. Inwiefern die Staufer in die Stadtwerdung Göppingens involviert waren, ist höchst fragwürdig. Forschungsmeinungen hinsichtlich einer staufischen Stadtgründung werden von Oliver Auge sehr kritisch analysiert. Er kommt zu dem Schluss, dass es keine sicheren Belege für eine staufische Stadtgründung gibt. Die Bezeichnung Göppingens als Stauferstadt setzt nach ihm in den Chroniken des 15. Jahrhunderts ein und fällt zusammen mit den Anfängen staufischer Traditionsbildung in der ganzen Region. Vgl. Auge, Oliver, 2006: Seit wann gründeten die Staufer Göppingen? Eine kritische Hinterfragung bisheriger Theorien zur Stadtwerdung Göppingens. In: Ziegler, Walter (Hg.): Stadt, Kirche, Adel.Göppingen von der Stauferzeit bis ins späte Mittelalter. (Veröffentlichung des Stadtarchivs Göppingen/Stadtarchiv Göppingen, Bd. 45). Göppingen, S. 182-201, S. 182-183, 189-190, 192. Vgl. Graf, 2010, S. 298; Hofacker/Schreiner, 1977, S. 319. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 66; Mundorff, Martin; Archivar Stadtarchiv Göppingen, Göppingen 2.5.2017 (Interview): Informationen zur Städtepartnerschaft mit Foggia und rezenten Entwicklungen in Göppingen.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Jahrhunderts wieder entdeckt.32 Die Dynastie geriet in Göppingen bzw. auf dem Hohenstaufen vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit.33 Die idealisierten Vorstellungen von einer geordneten, auf Traditionen fußenden Stauferzeit boten gerade im hochindustrialisierten Göppingen eine gute Möglichkeit zur Abkehr von der alltäglichen Unzufriedenheit.34 Nach der Reichsgründung im späten 19. Jahrhundert wurde »der Hohenstaufen [wird] in Göppingen zu ›unserem Kaiserberg‹ und Göppingen zur ›Stauferstadt‹ schlechthin.«35 Die vereinzelte Verwendung des Begriffs lässt sich also für Göppingen bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Die nationalliberale Partei der Stadt befürwortete die Einung Deutschlands durch die Hohenzollern, indem sie deren historische Selbstlegitimierung durch die Parallelisierung mit den Stauferkaisern ebenfalls propagierte. Anlässlich nationaler Feierlichkeiten verwendeten Göppinger Zeitungen in ihrer Bildsprache Motive der schwäbischen Dichter der Romantik und populären Erzählweisen der Kyffhäusersage. Die Autoren konnten die Bekanntheit dieser Motive und auch eine emotionale Bindung an diese im Lesepublikum voraussetzen. »[…] ›Schwabentreue‹ als Reichstreue der ›Heer- und Wehrgenossen‹ wurde mit dem Rückgriff auf die Stauferzeit beschworen.«36 Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die damalige Popularität der Staufer nicht alle Bürger der Stadt gleichsam erfasste. Als Zentrum der Industrie war Göppingen eher auch sozialdemokratisch geprägt mit einer großen Arbeiterbewegung. Dies erklärt vielleicht, warum es trotz zweier Anläufe 1871 und 1888 nie gelang genug Spendengelder für ein Nationaldenkmal auf dem Hohenstaufen zu sammeln.37 Die Stauferbegeisterung der Stadtgemeinschaft führte während des Ersten Weltkrieges dazu, dass als Motiv für die überall im Land installierten Nagelbilder ein Barbarossa-Motiv gewählt wurde. In einem Bericht aus der Zeitung über die »Schwäbischen Helden« heißt es 1918: »Wenn man von solchen Taten liest, erwacht ganz unwillkürlich die Erinnerung an die Kämpfe der Hohenstaufen in Südtirol.«38 Die Reminiszenzen an die Staufer sollten den Kampfesmut schüren und zum Durchhalten anhalten. Während der Weimarer Republik verschob sich der Blickwinkel auf die Stauferzeit in Göppingen weg von national-ideologischen Deutungsweisen hin zu einer Form von Heimatpflege. Die Geschichte des Hohenstaufens und damit auch der Staufer wurde als Göppinger Heimatgeschichte gedeutet. Ähnlich wie in den Vorstellungen der schwäbischen Romantiker spendeten phantasievolle Entwürfe dieser 32

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Vgl. Schmoll, Friedmann, 2000: Was uns der kahle Berg zu denken gibt. Stauferverehrung und Denkmalskult im 19. Jahrhundert. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Die Staufer. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 19). Göppingen, S. 88-92, S. 88. Maßgebend für die Skizzierung der städtischen Geschichtskultur vom 19. Jahrhundert bis zum Untersuchungszeitraum ist die Arbeit Thomas Brunes, der dem Staufertraditionalismus anhand einer Göppinger Tageszeitungen auf den Grund geht. Vgl. Brune, 1977. Die Entwicklung des staufischen Bewusstseins bis zum Untersuchungszeitraum ist daher für Göppingen detaillierter nachzuzeichnen als für Schwäbisch Gmünd. Sie ist zu sehen vor dem Hintergrund der jeweiligen nationalen Stauferrezeption und dieser in vielerlei Hinsicht nicht unähnlich. Vgl. Brune, 1977, S. 37, S. 337-338. Ebd., S. 32. Vgl. auch Aus dem Bezirk, 25.4.1894. In: Göppinger Wochenblatt. Zugleich Amtsblatt für Stadt und Land, H. 81. Brune, 1977, S. 28. Vgl. ebd., S. 33; Brune/Baumunk, 1977, S. 330. Zitiert nach Brune, 1977, S. 46. Zum Nagelbild vgl. S. 45.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Glanzzeit Trost und Erbauung im Angesicht der unsicheren Gegenwart.39 Diese gefühlsmäßige Bindung der Göppinger an ihren Hausberg Hohenstaufen wurde auch im Zweiten Weltkrieg genutzt, um die Bevölkerung zum Durchhalten bis zum Endsieg zu ermahnen. Des Weiteren dienten Anspielungen auf die germanische Stauferzeit in den Göppinger Tageszeitungen dazu, die regionale Hitlerjugend zu mobilisieren.40 Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das lokale Geschichtsinteresse an den Staufern bestehen. Zwei Heimatfeste, die die Identifikation mit dem Ort fördern sollten, wurden 1949 und 1952 auf dem Hohenstaufen veranstaltet.41 Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Zentralisierung und einer Neustrukturierung der Stadtgemeinschaft sollte der Hohenstaufen als historischen Fixpunkt in einer Zeit der Umgestaltung dienen. Eine Schlüsselrolle für die staufische Geschichtskultur der Stadt in der unmittelbaren Nachkriegszeit spielten die Amtshandlungen des Oberbürgermeisters Herbert König. Schon bei Amtsantritt 1954 drängte dieser auf die Einführung eines historischen Teils im Göppinger Maientagsumzug. Die »Schaffung eines ortsspezifischen Festzuges [wurde] zur Repräsentations- und Traditionsfrage.«42 Viele der in seiner Amtszeit erbauten öffentlichen Einrichtungen wurden nach den Staufern benannt.43 Am 700. Todestages Konradins, dem 29. Oktober 1968, wurde die »Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte« gegründet.44 1984 wurde der Verein in die »Gesellschaft für staufische Geschichte« umbenannt und zählt gegenwärtig ca. 500 Mitglieder.45 Die Gründung fiel in eine Umbruchszeit, in der sich das Stadtbild baulich, aber auch von der Bevölkerungsstruktur her veränderte und kann als Beleg für eine Konzentration auf historische Traditionslinien zur Festigung des Selbstbildes verstanden werden.46 In diese Bemühungen ist auch ein Spendenaufruf aus demselben Jahr an das Land zu verstehen, mit dessen Unterstützung ein Staufermuseum und eine Stauferbibliothek in Göppingen errichtet und die Ruinen auf dem Berg erhalten werden sollten.47 Auch der Einzelhandel ließ sich 1968

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Vgl. ebd., S. 49-51. Als Beispiel können hier die Aufführungen Max Schillings »Friedrich von Büren, der erste Hohenstaufen« im Göppinger Freilichttheater genannt werden. Vgl. ebd., S. 66-67; Schreiner, 2012, S. 122. Näheres zum Hohenstaufen als Treffpunkt für die württembergische Hitlerjugend siehe S. 180. Siehe S. 188. Thomas Brune und Bodo Baumunk erkennen in diesen eine auffällige Verwandschaft zu Stauferrezeptionen der Weimarer Zeit. Vgl. Brune/Baumunk, 1977, S. 331-332. Brune, 1977, S. 71. Vgl. ebd., S. 76. Näheres zu nach Staufern benannten öffentlichen Institutionen o.ä. Siehe S. 294. Ein Bedarf für solch einen spezifisch auf die Stauferzeit ausgerichteten Verein scheint in der Stadtgemeinschaft vorhanden gewesen zu sein. Hierzu Thomas Brune: »Was bis dahin staufisch orientierter Dauerbrenner im Programm der VHS war […]das steht seit dem im Zentrum der Aktivitäten der als Gesellschaft organisierten Stauferfreunde.« Brune, 1977, S. 71. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Wir über uns. Unsere Geschichte. h ttps://www.staufergesellschaft.de/ueberuns-geschichte.htm [5.72019]; Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Unsere Ziele. https://www.staufergesellschaft.de/ueberuns-ziele.htm [02.11.2018]. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview); Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 148, 29.10.1968: Spendenaufruf Göppingen – Forschungsstätte für staufische Geschichte.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

von der Stauferbegeisterung anstecken: Ein Juwelier kreierte eine Göppinger Gedenkmünze mit einem Barbarossa-Porträt und der Umschrift »Stauferstadt Göppingen.«48 Dies ist nicht die einzige Form der staufischen Rezeption Göppinger Einzelhändler, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1977 zu finden sind. Thomas Brune ermittelt in seinen Recherchen in den Göppinger Tageszeitungen beispielsweise Anzeigen der Barbarossa-Destillerie oder auch Werbetexte der lokalen Brauerei, die den Heimatbezug ihres Bieres durch den Titel Staufenbräu herstellten.49 Auch für die bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgbare Hohenstaufen-Werbung als Ausflugsort führt Thomas Brune zahlreiche Beispiele für die Zeit von 1945 bis 1977 an. Er spricht dieser Komponente der staufischen Rezeption in Göppingen bis in die 1970er Jahre eine derart große Bedeutung zu, dass er gar eine sekundär motivierte Stauferbegeisterung auf Grund dieses Wirtschaftszweiges annimmt.50 Es wird zu überprüfen sein, ob seine These auch für die jüngsten Entwicklungen Gültigkeit besitzt. Zum Stauferjahr 1977 berief sich die Hohenstaufenstadt Göppingen intensiv auf ihr staufisches Erbe berufen und bot ein sehr vielfältiges und detailliertes Rahmenprogramm geboten. Vieles davon geschah in Kooperation mit anderen Stauferstätten der Region.51 Das Ausstellungsjahr wurde als Chance wahrgenommen die staufischen Stätten vor Ort potenziellen Besuchern näher zu bringen.52 Um das werbewirksame Potenzial der Ausstellung für Stadt und Kreis möglichst gewinnbringend zu nutzen, wurden frühzeitig Fremdenführer ausgebildet und eine Studienfahrt durch die Region konzipiert. Einem Aufruf für die Ausbildung in der Presse folgten ganze 700 Meldungen, was erneut das tief verwurzelte staufische Geschichtsbewusstsein der Göppinger veranschaulicht.53 Des Weiteren wurde, neben anderen Werbemaßnahmen, für den Landkreis im nichtamtlichen Gebrauch die Bezeichnung Stauferkreis eingeführt.54 Das Stauferjahr wurde – wohl ebenfalls mit Blick auf potenzielle Touristenströme – als Anstoß genommen, um zahlreiche Baumaßnahmen an staufischen Stätten in Angriff zu nehmen. Auf dem Hohenstaufen wurde als

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Vgl. Brune, 1977, S. 76. Vgl. ebd., S. 75. Nach Thomas Brune wird durch die Produktwerbung die »staufische Vergangenheit zum warenästhetischen Versprechen und kann dabei ebenfalls auf einen diffusen Hof positiver Assoziationen hoffen, der sich auch um die so gemanagten Produkte legen soll.« Brune ermittelt diese Form der staufischen Rezeption für den Zeitraum von 1945 bis zum Erscheinungszeitraum seines Werkes 1977. Ob staufische Produktwerbung vor 1945 in Göppingen existierte, ist nicht bekannt. Vgl. Brune, 1977, S. 74-75. Siehe S. 180. Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Einige Bemühungen dieses Jahres werden in 7.2. und 7.3. detaillierter analysiert, sodass an dieser Stelle lediglich ein grober Überblick über alle von Seiten der Stadt- und des Kreises Göppingens generierten staufischen Aktivitäten gegeben wird. Vgl. KKreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Bestand F2, Bd. 8, 8.10.1976: Kreistagssitzung. Thema: Einführung der Bezeichnung »Stauferkreis«.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Ersatz für die ausgebrannte Schutzhütte eine Gaststätte errichtet und die Barbarossakirche am Fuße des Berges saniert.55 Zentrales Anliegen Oberbürgermeister Königs war die Einrichtung musealer Räume auf dem Hohenstaufen, weswegen es hierfür schon seit den 1960er Jahren Pläne gab. Im Zuge der 5. Göppinger Staufertage 1977 wurde dieser Dokumentationsraum schlussendlich nahe der Barbarossakirche am Fuße des Berges eröffnet.56 Bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum wurde der Dokumentationsraum immer wieder, zuletzt im Jahr 2009, mit neuen Expositionen bestückt.57 Wie in Schwäbisch Gmünd sollte eine Artikelserie mit allgemeinen und lokalen staufergeschichtlichen Themen in der örtlichen Tageszeitung der Bevölkerung die Stauferzeit näher bringen.58 Der Erkenntnisgewinn über die Zeit scheint für die Göppinger Veranstalter neben der Werbewirksamkeit der vielfältigen Veranstaltungen eine Priorität gewesen zu sein. Davon zeugen auch die zahlreichen Publikationen, die in diesem Jahr entstanden. Zu nennen sind hier zuvörderst der in Kooperation mit anderen Städten um den Hohenstaufen herausgegebene Kurzführer Stauferstätten im Stauferland. Der Geschichts- und Altertumsverein gab in seiner Veröffentlichungsreihe eine Schrift zu Staufer-Forschungen im Stauferkreis Göppingen heraus und auch die Staufergesellschaft verlegte in dem Jahr zwei Werke.59 Die in diesem Abschnitt schon viel zitierte Arbeit Brunes zum Staufertraditionalismus in der Lokalpresse wurde ebenso in diesem Jahr durch das Stadtarchiv veröffentlicht.60 Die Kreis- und Stadtarchivare Göppingens, der Geschichts- und Altertumsverein, die Staufergesellschaft und die VHS stellten ein sehr mannigfaltiges Veranstaltungsprogramm zusammen.61 Das ganze Jahr über wurden insgesamt 16 Vorträge zur staufischen Geschichte angeboten. Sehr präsent mit fünf Vorträgen waren Themen mit regionalem oder lokalem Bezug wie zur Stiftskirche in Faurndau, zu den Stauferstätten rund um den Hohenstaufen oder auch zur Herkunft der Staufer. Vier Vorträge beschäftigten sich mit Themen mit nationalem Bezug wie zu den Repräsentanten des staufischen Königs- und Kaiserhauses. Dreimal vertreten waren Vorträge zu den transnationalen Herrschaftsaspekten der Staufer in Italien und auch im Elsass. Diese dienten als Einstimmung und Vorbereitung für angebotene Fahrten nach Apulien, Süditalien und Sizilien und zu staufischen Stätten im Elsass. Auch als

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Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung; Rueß, 2014, S. 399. Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Rueß, 2014, S. 399. Zu den Staufertagen als Veranstaltungsformat der »Gesellschaft für staufische Geschichte« siehe S. 328ff. Vgl. Rueß, 2014, S. 402. Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. Vgl. ebd. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 68. Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Pedant zu den Vorträgen mit regionalen und nationalen Bezügen wurden Fahrten angeboten, beispielsweise eine Halbtagesrundfahrt im Stauferland. Auffällig ist die Vielzahl an Vorträgen (vier) zur Kunst und Kultur der Stauferzeit.62 Diese Schwerpunktsetzung ist vermutlich der Ausrichtung der Stuttgarter Ausstellung geschuldet.63 Viele dieser auf die künstlerischen Aspekte der Stauferzeit ausgerichteten Vorträge fanden im Rahmen der 5. Göppinger Staufertage statt.64 Diese wurden 1977 pompös ausgestaltet und von Oberbürgermeister König feierlich eröffnet.65 Sie waren auch ein guter Anlass, die städtepartnerschaftlichen Beziehungen zu den Städten mit staufischem Bezug zu pflegen. Dementsprechend waren die Stadtoberhäupter Klosterneuburgs und Foggias anwesend.66 Auch zum Treffen der Stauferstädte, das im Rahmen dieser Staufertage stattfand, waren neben Delegationen aus dem Bundesgebiet Abordnungen aus den Partnerstädten, aber auch der Schweiz und dem Elsass vertreten. Den Abschluss fand die dreitägige Veranstaltung mit einem Empfang der Landesregierung im Neuen Schloss.67 Zusätzlich zu dem breiten Vortragsreigen waren neben der Ausstellung im Dokumentationsraum noch andere Expositionen zu Stauferburgen auf Briefmarken und Postkarten, zu Münzen aus der Stauferzeit und zu Stauferstätten aus der Region in alten Ansichten vom 16. – 19. Jahrhundert zu sehen.68 Offensichtlich sollten diese Veranstaltungsformate der Weiterbildung dienen. Für die Vorträge wurde versucht, die jeweiligen Experten der Fachgebiete zu gewinnen, wobei die Veranstaltungen auch für das interessierte Laienpublikum verständlich sein sollten.69 Einige wenige Programmpunkte boten jedoch auch die Gelegenheit die Stauferzeit unterhaltsam nachzuerleben. Musikabende gaben Einblicke in die stauferzeitliche Klangwelt.70 Eine Göppinger Tanzschule nahm das Stauferjahr zum Anlass ihr alle vier Jahre veranstaltetes Tanzfestival im Zeichen der Staufer zu gestalten. Dementsprechend wurden Dichtung, Musik und vor allem Tänze der Stauferzeit vom Bauern- bis zum Nonnentanz aufgeführt.71 Eine 62 63 64 65 66 67

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Vgl. hierzu und zum bis hier geschilderten Vortrags- und Fahrtenprogramm Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 62-65. Siehe S. 126. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 63. Vgl. Kauß, 1980, S. 11. Vgl. ebd., S. 14. Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. Zum Treffen der Stauferstädte 1977 siehe S. 166. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977, S. 63. Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung; Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 1977: Broschüre Stauferjahr 1977. Veranstaltungen im Stauferkreis Göppingen. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Ordner Stauferausstellung 1977, Akte 1977, 25.4.1977: Zeitungsartikel aus Stuttgarter Zeitung: In staufischen Kostümen getanzt; Stadtarchiv Göppingen, Ordner Stauf-

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Werbegemeinschaft Göppingens veranstaltete 1977 das zweite Mal eine Stauferzech in der Göppinger Fußgängerzone. Wie beim Stauferritt in Schwäbisch Gmünd 1977 wurde auch in Göppingen ein Rittermahl durchgeführt, bei dem zünftige Köstlichkeiten aus der Stauferzeit angeboten wurden.72 Die Servicekräfte des Events arbeiteten in historischen Kostümen und zum Festprogramm gehörte auch der Einzug eines Kaiserpaares inklusive Hofgesellschaft.73 Diese Angebote wurden nicht von den städtischen Veranstaltern des offiziellen Programms organisiert, sondern von Göppinger Vereinigungen, wodurch erneut die Präsenz der Staufer in der städtischen Öffentlichkeit deutlich wird. Resümierend dominierten im Stauferjahr 1977 in Göppingen Themen mit lokalem und regionalem Bezug das Programm neben Veranstaltungen zur Kunst und Kultur der Stauferzeit. Die große Staufer-Ausstellung in Stuttgart wurde in Göppingen als Anlass genutzt, um die Kommune nach außen zu präsentieren, bestehende Kontakte zu den Städtepartnern zu pflegen und vor allem den Fremdenverkehr anzukurbeln. Für Letzteres dienten neben den zahlreichen Werbemaßnahmen auch die Aktivitäten zur staufischen Geschichte mit Eventcharakter. Diese Programmpunkte sind jedoch im Kontrast zu den vielfältigen, rein informativen Veranstaltungsformaten eher als Seltenheiten im Programmreigen zu bezeichnen. Vermutlich nicht nur von auswärts kommende Gäste ließen die Besucherzahlen in den staufischen Stätten und zu den Vorträgen in die Höhe schnellen.74 Auch bei den Vertriebenenverbänden Göppingens stießen die Angebote zu den Staufern auf Interesse.75 Besonders offensichtlich lässt sich die Steigerung des staufischen Geschichtsbewusstseins innerhalb der Stadtgemeinschaft anhand der Mitgliederzahlen der örtlichen Geschichtsvereine messen, die in diesem Jahr sprunghaft anstiegen. Viele der Neumitglieder kamen aufgrund ihrer Fremdenführerausbildung zu den Staufern. Durch den Aufruf hierzu in der Presse wurde ein bislang den

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erausstellung 1977, Akte 1977, 26.10.1977: Schreiben des Stadtarchivars Dr. Dieter Kauß an Kreisarchivar Walter Ziegler: Stauferaktivitäten 1977 im Kreisgebiet Göppingen. Neben einem ganzen Schwein standen unter anderem Staufenbräu und Staufer-Met auf der Karte. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Ordner Stauferausstellung 1977, Akte 1977, 5.8.1977: Zeitungsartikel aus dem Göppinger Wochenblatt: »Stauferzech« im Stauferjahr. Am 13. und 14. August wird in der Göppinger Fußgängerzone einiges geboten; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Akte 1975, 25.6.1975: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Festen wie die Rittersleut. 1. Göppinger Stauferzech im August in der Innenstadt. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Ordner Stauferausstellung 1977, Akte 1977, 5.8.1977: Zeitungsartikel aus dem Göppinger Wochenblatt: »Stauferzech« im Stauferjahr. Am 13. und 14. August wird in der Göppinger Fußgängerzone einiges geboten; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Akte 1975, Schreiben des Stadtarchivars Dr. Dieter Kauß an Kreisarchivar Walter Ziegler: Stauferaktivitäten 1977 im Kreisgebiet Göppingen. Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Ordner Stauferausstellung 1977, Akte 1977, 26.10.1977: Schreiben des Stadtarchivars Dr. Dieter Kauß an Kreisarchivar Walter Ziegler: Stauferaktivitäten 1977 im Kreisgebiet Göppingen.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Geschichtsvereinen eher fernstehender Personenkreis angesprochen, sodass ein staufisches Geschichtsbewusstsein nun in breite Kreise der Stadtgemeinschaft eindrang.76 Auch nach dem Stauferjahr 1977 riss das Interesse an der staufischen Geschichte in der städtischen Öffentlichkeit nicht ab. 1979 feierte die Stadt zusammen mit dem Land Baden-Württemberg das Doppeljubiläum »900 Jahre staufisches Herzogtum Schwaben und 825 Jahre erste urkundliche Erwähnung Göppingens.«77 In seiner Festrede rechtfertigte Oberbürgermeister König das anscheinend auch den Zeitgenossen etwas willkürlich ausgewählte Festdatum als »logische Fortsetzung unserer unablässigen Bemühungen, Geschichte, Kunst und Kultur eines großen Geschlechts wachzuhalten«.78 Es wird erneut deutlich, wer die treibende Kraft hinter den Formen der staufischen Rezeption für die erste Hälfte des Untersuchungszeitraums war. Der Oberbürgermeister schrieb der staufischen Dynastie ein »Heimatrecht« in der Region um den Hohenstaufen zu. Hier hatten sie ihre Ursprünge und entwickelten sich zu Königen und Kaisern, die »Bleibendes [schufen] zum Aufbau eines Abendlandes, dessen Geistes- und Kulturgut Wurzel für das Europa von heute sei.«79 Die Stauferzeit wurde als eigene Vergangenheit interpretiert und in die Deutungsmuster des christlichen Abendlandes eingeordnet.80 Die Veranstaltung hatte repräsentative und gemeinschaftsfördernde Funktionen. Neben vielen Delegierten anderer Stauferstädte waren auch Vertreter der Partnerstädte, Personen des öffentlichen Lebens und der heimischen Industrie anwesend.81 Die staufische Geschichte blieb auch nach dem Amtsausscheiden Königs 1980 teils sehr prägnant, teils in Form einer diffusen Kenntnis im öffentlichen Bewusstsein der Göppinger präsent. Ein schönes Beispiel hierfür ist eine Zeitungsumfrage aus dem Jahr 1994, dem 800. Geburtsjahr Friedrichs II. Passanten wurden gefragt, was ihnen zum Thema »Staufer« einfiele. Nur wenige der Befragten hatten kaum Kenntnisse über die Staufer. Diesen fiel immerhin die Herrscherfigur Barbarossa ein oder sie verknüpften die Dynastie mit den hiesigen staufischen Institutionen und Vereinen. Viele der Befragten konnten jedoch ad hoc die wichtigsten staufischen Herrscher nennen und deuteten diese Zeit als Glanzzeit, dessen frühen Untergang sie bedauern. Sie alle gaben an, ein staufisches Geschichtsbewusstsein zu haben oder sogar stolz auf ihre »Landsleute« zu sein.82 Hier zeigt sich deutlich die starke Identifikation mit der staufischen Geschichte. So wurde denn auch der 750. Todestag Friedrichs II. am 13. Dezember 2000 zum Anlass genommen, gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg und dem Kreis Göppingen eine Gedenkveranstaltung in der Göppinger Stadthalle auszurichten. Als Festredner sprach Prof. Dr. Arnold Esch über »Friedrich II. – Das Staunen der Welt?« Das Programm wurde außerdem bereichert von Mathematikern der Universität Tübingen, die das szenische Spiel »Arabisches Fingerrechnen am Hofe Friedrichs II.« anboten. Auch die Ver76

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Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. Vgl. Kauß, 1980, S. 16. Zitiert nach ebd. Zitiert nach ebd. Siehe S. 43. Vgl. Kauß, 1980, S. 16. Vgl. Schade um die stolzen Staufer, 5.11.1994. In: Neue Württembergische Zeitung, H. 256.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

treter der italienischen Kooperationspartner überbrachten Grußworte.83 2004 feierte die Stadt ihr 850. Jubiläum. Aus diesem Anlass wurde vom Geschichts- und Altertumsverein und der Gesellschaft für staufische Geschichte ein reichhaltiges Veranstaltungsprogramm mit Einzelvorträgen, Symposien und den Staufertagen geboten.84 Auf die Staufer-Ausstellung in Mannheim, zu der ebenfalls ein Stauferjahr ausgerufen worden war, reagierten die zuständigen Veranstalter erneut mit einer breiten Angebotspalette. Das Kulturreferat der Stadt organisierte in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für staufische Geschichte einige Konzertabende. Gespielt wurde Musik aus der Zeit Friedrichs II., oft auch mit szenischer Lesung von Gedichten der Zeit. Auf der Burgruine Hohenstaufen lud ein mittelalterliches Zeltlager an zwei Tagen zur »Zeitreise ins Mittelalter« ein.85 Durchgeführt wurde es von einem professionellen Mittelalterverein aus Frankfurt. Zusätzlich war auch die Veranstaltungspalette 2010 durch Einzelvorträge, dem Tagungsprogramm der Staufertage und dem in diesem Rahmen durchgeführten Festakt der Stauferstiftung geprägt.86 Über die kommunalen Grenzen hinaus wurden Veranstaltungen in Kooperation mit der Tourismusgemeinschaft Stauferland angeboten und auch Göppingen nahm an der 2010 in Schwäbisch Gmünd stattfindenden Tagung von Stauferstädten teil.87 Als ein Resultat davon beteiligte sich die Stadt bei den Frühlingsfesten 2011 und 2012, bei Letzterem sogar als Schwerpunktstadt, erneut mit einem mittelalterlichen Markt und Lager auf dem Hohenstaufen.88 Gegenwärtig steht die Hohenstaufenstadt Göppingen sowohl im städtischen Geschichtsbewusstsein als auch in der Vermarktung nach außen ganz im Zeichen der Staufer. Selbst für die Bürger, die eher einen unbestimmten Bezug zur Dynastie haben, ist der Hohenstaufen Wahrzeichen der Stadt und Identifikationspunkt.89 Die Staufer

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Vgl. Rueß, Karl-Heinz/Ziegler, Walter, 2001: Veranstaltungen zum 750. Todestag Kaiser Friedrichs II. in Deutschland und Italien. Ein Rückblick. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Friedrich II. – Wandler der Welt? Vortrag der Gedenkveranstaltung zum 750. Todestag Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen (1194 – 1250) in der Stadthalle Göppingen. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 21). Göppingen, S. 32-49, S. 46-47. Zu den Kooperationen mit Italien siehe S. 366. Vgl. Barbarossas Faible für Prämonstratenser. Geschichtsverein und Gesellschaft für staufische Geschichte mit umfangreichem Programm, 4.12.2003. In: Neue Württembergische Zeitung, H. 280. Die Themen reichten vom Festvortrag zur sogenannten »Barbarossa-Urkunde« über das Symposium »Stadt,Kirche, Adel – Göppingen von der Stauferzeit bis ins späte Mittelalter« hin zum Themenschwerpunkt der Staufertage »Alltagsleben im Mittelalter.«Ob es neben diesem sachlich-informativen Angebot noch eher unterhaltende, vielleicht auch szenisch-erlebbare Aktionen im Jubiläumsjahr gab, konnte nicht ermittelt werden. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Veranstaltungen zum Stauferjahr in Göppingen, 2010: Die Staufer. Neugierig auf unsere Geschichte? Veranstaltungen zum Stauferjahr 2010 in Göppingen. Vgl. ebd. Vgl. Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, 6.12.2010 (Korrespondenz); Staudenmaier, 18.2.2010. Zur Stauferstädtetagung siehe S. 167. Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Zu den Frühlingsfesten siehe S. 118. Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

prägen das städtische Leben: Auf Stadtfesten wird Limonade und Bier aus der StaufenBrauerei getrunken, die Barbarossatherme der Stadt bietet Erholung und die Kinder gehen unter anderem aufs Hohenstaufengymnasium und laufen beim traditionellen Maientagsumzug mit.90 An diesem nehmen Schulen, Kindergärten und auch städtische Vereine teil, die im historischen Festzugsteil die Stadtgeschichte anhand verschiedener Schlüsselszenen darstellen, »von dem alamanischen Siedlungsgründer Geppo, über Barbarossa bis hin zu dem verheerenden Stadtbrand«.91 Seit 2005 veranstaltet ein Einzelhändler für Wildspezialitäten ein Stauferspektakel im Stauferpark. Ähnlich wie beim Stauferfestival in Schwäbisch Gmünd und auch den vielen ebenfalls betrachteten anderen Städten mit Mittelalterfesten setzt sich diese kommerzielle Veranstaltung aus einem Handwerkermarkt, Mittelalterlager, Ritterturnier und einem mannigfachen Unterhaltungsprogramm zusammen.92 Im Kultursektor wird das Angebot in Göppingen in enger Zusammenarbeit, sogar oftmals in Personalunion zwischen Kreisund Stadt Göppingen und den beiden Göppinger Geschichtsvereinen konzipiert. Neben vielen anderen Themen zur Stadtgeschichte werden von den »Geschichtsarbeitern in Göppingen« häufig auch Programmpunkte zu den Staufern konzipiert, die sich großer Beliebtheit erfreuen.93 Stadtarchiv, Geschichts- und Altertumsverein und natürlich die Gesellschaft für staufische Geschichte publizieren in ihren Reihen immer wieder Werke speziell zu den Staufern.94 Gerade die Aktivitäten der seit 1968 bestehenden Gesellschaft für staufische Geschichte sind im städtischen Kalender etabliert und fester Bestandteil der kommunalen Identität. Zu den eher fachspezifisch ausgerichteten Tagungen und anderen Veranstaltungen kommt wider Erwarten nicht allein Fachpublikum, sondern gut die Hälfte der Zuhörerschaft sind in der Regel interessierte Bürger Göppingens oder der umliegenden Ortschaften.95 Für das Stadtmarketing gehört der 90 91

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Vgl. Mundorff, Archivar Stadtarchiv Göppingen, 2.5.2017. Stadt Göppingen. Die Art der staufischen Rezeption, wie sie beim Maientagsumzug generiert wird, wird in dieser Arbeit nicht näher untersucht. Sie ist lediglich ein Bestandteil des ganzen historischen Festzuges und daher weniger aussagekräftig als beispielsweise die vielseitigen performativen Inszenierung in Schwäbisch Gmünd. Vgl. Göbel, Karl: StauferSpektakel 2019 im Stauferwald zu Göppingen. https://www.stauferspektak el.de/index.html [31.10.2018]; Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview). Das Festival geht allein von einer Privatperson aus. Die Stadt nimmt dieses Angebot aber dankbar wahr und bewirbt dies auch gerne. Für eine Analyse der Art der staufischen Interpretationen und deren Indienstnahme durch die Stauferstadt insgesamt ist das Event jedoch wenig aussagekräftig. Deswegen wird es in der Detailanalyse nicht wieder aufgegriffen, sondern andere ausgewählte Medien der städtischen Geschichtskultur stehen im Fokus. Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Broschüre Geschichtsprogramm GP 2015 Januar bis April. Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Publikationen. Reihe »Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen«. https://www.goeppingen.de/,Lde/1428994.html [02.11.2018]; Geschichts- und Altertumsverein Göppingen e. V.: Publikationen. https://www.geschichtsverein-goeppingen.de/publika tionen [02.11.2018]. Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview).

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Hohenstaufen mit seiner Geschichte heute zu den unique selling propositions Göppingens, das sich werbewirksam das Attribut Hohenstaufenstadt gegeben hat.96 Nachdem die Ruinenmauern auf dem Berg 2009 aufwändig saniert wurden, sollten neue Konzepte Tourismus und Kultur in Stadt und Region beleben. Der geschichtsträchtige Berggipfel wird seit 2010 von der Stadt Göppingen und den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden Württembergs gemeinsam vermarktet. Die dortige Schutzhütte des Albvereins wurde von der Stadt aufgekauft und in eine moderne Wandergaststätte umgebaut.97 2012 wurde die neue Berggaststätte »Himmel & Erde« eröffnet. Verpachtet wird sie an die Agentur Saltico, die den klaren Auftrag hat, das Thema »Staufer« oben auf dem Berg zu präsentieren. In der Berggaststätte finden immer wieder Themenabende oder Familiennachmittage mit Bezug zur Stauferzeit statt. Touristen haben außerdem die Möglichkeit, im Alleingang den Berggipfel zu erkunden und sich hierfür Audioguides im Lokal auszuleihen.98 Eine anschaulich aufbereitete Broschüre lädt Touristen ein, im Dokumentationsraum am Fuße des Hohenstaufen Näheres über die Dynastie und ihre Zeit zu erfahren und im Anschluss bei einer Wanderung auf den Berggipfel über Hinweisschilder zusätzliche Informationen zum Berg und der Geschichte der Burg zu erhalten. Für Gruppen sind klassische Führungen buchbar oder auf Wunsch auch erlebnisorientierte Vermittlungsformate zu Themen wie Ritter und Burgfräulein, Kleidung in der Stauferzeit oder Historische Spiele.99 Von Seiten der Stadt Göppingen werden monatlich kostenlose Führungen zur allgemeinen Geschichte des Hohenstaufen und der staufischen Dynastie angeboten, bei denen die Besucher ebenfalls die Möglichkeit haben, im Anschluss den Dokumentationsraum zu besichtigen.100 Für Gruppen buchbar sind außerdem Themenführungen zu staufischen Frauen. Das Angebot wird durch Führungen im Dorf Hohenstaufen ergänzt und in Zusammenarbeit mit der Schwäbischen Landpartie gibt es Mitmach-Führungen für Kinder.101 Es bleibt festzuhalten, dass im Unterschied zur Ältesten Stauferstadt Schwäbisch Gmünd die jüngste, weitreichende

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Die anderen wichtigen Alleinstellungsmerkmale Göppingens sind der Handballverein Frischauf! und die Metallspielwarenfabrik Märklin. Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Hohenstaufenstadt Göppingen: Startseite. 97 Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Stadtarchiv Göppingen, Bestand Materialien Göppingen Specialia: Hohenstaufen, Straße der Staufer, Tourismus, Werbung, 30.6.2010: Zeitungsartikel aus Neuen Württembergischen Zeitung: Tourismus-Pläne übern Berg. Hohenstaufen wird vom Land vermarktet – Stadt baut Gaststätte um. 98 Vgl. saltico management & marketing GmbH: Die Berggaststätte auf dem Hohenstaufen. https:// www.berg-hohenstaufen.de/berggaststaette-himmelerde/ [31.10.2018]; Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 99 Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Staufer-Ausstellung Hohenstaufen. Vermittlung. https://ww w.goeppingen.de/,Lde/1427920.html [31.10.2018]. 100 Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Broschüre Stadtführungen. Führungen auf dem Hohenstaufen. https://www.goeppingen.de/,Lde/start/Freizeit/Fuehrungen+auf+dem+Hohenstaufen.html [31.10.2018]; Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 101 Vgl. Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Broschüre Thematische Führungen für Gruppen, S. 10-11, S. 34.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Etablierung der Staufer in der städtischen Geschichtskultur Göppingens auf lang etablierte Erinnerungspfade zurückzuführen ist. Es wird zu überprüfen sein, ob diese Divergenz sich in einer andersartigen Rezeption der Stauferzeit widerspiegelt.

7.2

Das Label Hohenstaufenstadt: Die Präsenz staufischer Geschichte im Stadtbild

Das rezente Stadtbild Göppingens ist omnipräsent durch die Staufer geprägt. Viel stärker als in Schwäbisch Gmünd bieten die Benennungen Anknüpfungspunkte zumindest für ein diffuses staufisches Geschichtsbewusstsein.102 Besonders wird dies anhand der Straßennamensgebung deutlich. Nicht drei, wie in Schwäbisch Gmünd, sondern ganze acht Straßen sind im Göppinger Stadtgebiet nach den Staufern benannt.103 Drei von

102 Vgl. Müller, Maria-Katharina, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 25.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern von den 1970er Jahren bis 2017. Es sei erneut darauf hingewiesen, dass wie schon für Schwäbisch Gmünd auch für Göppingen bei den städtebaulichen Maßnahmen der Blick auf die öffentlichen, städtischen Gebäude fokussiert wird. Natürlich ist auch im Bereich des Einzelhandels eine vielfältige Verwendung des Labels Staufer zu finden, die Thomas Brune schon für den Untersuchungszeitraum von 1945 bis 1977 herausgearbeitet hat und die nach Zeitzeugenaussagen seit ca. den 2000er Jahren noch einmal deutlich zugenommen hat. Vgl. Brune, 1977, S. 75-76; Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Zu nennen seien hier rein exemplarisch eine Staufen-Buchhandlung in der Innenstadt und ein Staufer-Edeka. Vgl. Staufen-Buchhandlung: Staufen-buch. https://www.staufen-buch.de/ [23.11.2018].; Konsumgenossenschaft Göppingen eG: Staufers-Edeka. https://www.staufers-edeka.de/ [23.11.2018]. 103 Dies sind: Barbarossastraße, Barbarossaweg, Hohenstaufenstraße, Staufenstraße, Stauferweg, Staufeneckstraße, Stauferhalde und Kaiserbergsteige. Vgl. meinestadt.de GmbH: Barbarossastraße Göppingen. https://www.meinestadt.de/goeppingen/stadtplan/strasse/bar barossastr [21.11.2018]; meinestadt.de GmbH: Barbarossaweg, Göppingen. https://www.meinestadt.de/goeppingen/stadtplan/strasse/barbarossaweg [21.11.2018]; meinestadt.de GmbH: Hohenstaufenstr., Göppingen. https://www.meinestadt.de/goeppingen/stadtplan/strasse/hohe nstaufenstr [21.11.2018]; meinestadt.de GmbH: Staufenstr., Göppingen. https://www.meinesta dt.de/goeppingen/stadtplan/strasse/staufenstr [21.11.2018]; meinestadt.de GmbH: Stauferweg, Göppingen. https://www.meinestadt.de/goeppingen/stadtplan/strasse/stauferweg [21.11.2018]; meinestadt.de GmbH: Staufeneckstr., Göppingen. https://www.meinestadt.de/goeppingen/stadt plan/strasse/staufeneckstr [21.11.2018]; meinestadt.de GmbH: Stauferhalde, Göppingen. https://w ww.meinestadt.de/goeppingen/stadtplan/strasse/stauferhalde [21.11.2018]; meinestadt.de GmbH: Kaiserbergsteige, Göppingen. https://www.meinestadt.de/goeppingen/stadtplan/strasse/kaiserbe rgsteige [21.11.2018]. Die Ergebnisse zu den Umbenennungen stammen aus Recherchen im Altregistraturbestand des Stadtarchiv Göppingens und Auskünften des Vermessungsamt der Stadt Göppingen. Vgl. Florschütz, Verena, Stadt Göppingen. Fachbereich Tiefbau, Umwelt, Verkehr und Vermessung, 29.5.2017 (Korrespondenz): Stauferstraßen in Göppingen; Stadtarchiv Göppingen, Altregistratur, Aktenzeichen 62.16.0, 7.7.1879: Schreiben zu Straßennamen; Stadtarchiv Göppingen, Altregistratur, Aktenzeichen 62.16.0, 18.11.1965: Schreiben an das Bürgermeisteramt betreffend Straßenbeschilderung; Stadtarchiv Göppingen, Altregistratur, Aktenzeichen 62.16.0, 1.4.1976: Straßennamen: Neue Straßennamen und Änderungen von Straßennamen in der Stadt und in den Stadtbezirken.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

ihnen lassen sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nachweisen – die Hohenstaufenstraße gibt es in Göppingen seit 1879.104 Ein weiteres Indiz für die langen staufischen Erinnerungslinien in der Stadt. Die anderen fünf Straßenbenennungen kommen, wie in Schwäbisch Gmünd, in den 1960er Jahren und 1970er Jahren hinzu. Anlass hierfür waren ebenfalls die zahlreichen Eingemeindungen in dieser Zeit. Diese veränderten die eh schon als Folge der Flüchtlingsströme der Nachkriegszeit sehr heterogene Stadtgemeinschaft nochmals. Der Bezug auf überregional bekannte Lokalhelden konnte auch in Göppingen die städtische Identität historisch untermauern.105 Außerdem können diese Straßennennungen als weiterer Beleg für die generellen Bemühungen der Stadt Göppingens in den 1960er Jahren gesehen werden, sich als Stadt mit historischen Traditionslinien neu zu positionieren.106 Hierzu gehört auch die Errichtung eines Stauferbrunnens in der Schlossgartenanalage 1960 und die Errichtung der Hohenstaufenhalle 1967.107 Die nach den Staufern benannte städtische Schule, das HohenstaufenGymnasium, geht jedoch schon auf ältere staufische Erinnerungslinien zurück: Bereits 1938 erfolgte die Benennung als Hohenstaufen-Oberschule für Jungen, 1954 dann die Umbenennung in Hohenstaufen-Gymnasium.108 Auch bei jüngeren städtischen Bauvorhaben wurden in Göppingen gerne die Staufer als Namensgeber verwendet; so im neuen Stadtteil Stauferpark 1996 oder auch den Barbarossathermen 2004. Im Marketing der Barbarossatherme fungiert der Namensgeber als treibende Kraft der »in Göppingen die römische Badekultur rund 1000 Jahre nach den Römern wieder aufleben ließ«; eine Tradition, der sich die Thermebetreiber verpflichtet fühlen.109 Ganz im Sinne Barbarossas laden sie zum Badevergnügen mit dem Aufruf »Kröne deinen Tag!« ein.110 Die erste Stauferstele innerhalb des Stadtgebiets Göppingen, auf dem Hohenstaufen, ist gleichzeitig auch die erste Stauferstele auf deutschem Boden. Als Anlass für die Errichtung diente 2002 das 50-jährige Landesjubiläum Baden-Württembergs, welches zeitgleich mit dem 750. Geburtstags König Konradins eine Gelegenheit bot, sich der staufischen Wurzeln zu besinnen.111 Die Stele auf dem Hohenstaufen knüpfte an eine 2000 am Castel Fiorentino in Apulien errichtete Stele an, die dieses als Sterbeort des Stauferkönigs Friedrich II. würdigen sollte. »Beide Stelen verweisen auf Anfang und Ende der staufischen Herrschaft.«112 Im Zuge des Festaktes wurde die Idee 104 Vgl. Florschütz, Verena, Stadt Göppingen. Fachbereich Tiefbau, Umwelt, Verkehr und Vermessung, 29.5.2017 (Korrespondenz); Stadtarchiv Göppingen, Altregistratur, Aktenzeichen 62.16.0, 7.7.1879: Schreiben zu Straßennamen; Stadtarchiv Göppingen 105 Vgl. hierzu die Stellungnahme des damaligen Stadtarchivars: Stadtarchiv Göppingen, Altregistratur, Aktenzeichen 62.16.0, 1.9.1975: Schreiben des Stadtarchivars Dieter Kauß an die Oberbürgermeister König und Christ zur Umbenennung von Straßennamen im Stadtgebiet. 106 Siehe S. 281. 107 Vgl. Brune, 1977, S. 76; Hinrichsen, 2014, S. 388. 108 Vgl. Hohenstaufen-Gymnasium: Hohenstaufen-Gymnasium Göppingen. Tabellarische Kurzübersicht der Schulgeschichte. https://www.hogy-gp.de/org-und-geb/geschichtederschule.html [23.11.2018]. 109 Barbarossa-Themen: Kröne deinen Tag, http://barbarossa-thermen.de/ [22.11.2018]. 110 Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 111 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 12. 112 Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2002.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

geboren, ein ganzes Netzwerk solcher Stauferstelen in Europa zu errichten, die die europäische Bedeutung der Epoche verdeutlicht.113 2012, im selben Jahr wie Schwäbisch Gmünd, bekam auch Göppingen-Stadt eine Stauferstele. Die Errichtung der schon 2003 gestifteten Säule wurde als Nachtrag zum 40.-jährigen Jubiläum der 1971 geschlossenen Städtepartnerschaften mit Foggia und Klosterneuburg ausgelegt – beide Städte haben mehr oder weniger staufische Bezüge in ihrer Stadtgeschichte.114 Als Stifter fungierten Privatpersonen aus Göppingen: die Bauunternehmerfamilie Weiss in Gedenken an den 2008 verstorbenen Walter Weiss.115 Als Standort für die Stele wurde die »historische Stelle, am Verbindungsweg von Pfarrkirche Oberhofen und Stadt im Mittelalter – der heutigen Paradiesgasse« ausgewählt.116 Mit der Grundsteinlegung im Jahr 1436 ist die Oberhofenkirche das älteste Bauwerk in Göppingen.117 Im Kircheninneren befindet sich ein Fresko von 1438, das die Stammburg vor der Zerstörung im Bauernkrieg zeigt; die bislang älteste bekannte Darstellung der Burg Hohenstaufen.118 Um eine Stele in Göppingen errichten zu können, musste ein Ort gefunden werden, der auf irgendeine Weise Bezug zur staufischen Geschichte hat. In dem bereits 2003 kommunizierten Wunsch nach einer Stauferstele äußert sich erneut das Bedürfnis der Stadt Göppingen, einem starken staufischen Geschichtsbewusstsein Ausdruck zu verleihen, auch wenn im Stadtbild selbst kaum Spuren aus der Stauferzeit zu finden sind. In diesem Verhalten ähnelt die Hohenstaufenstadt anderen Staufer- und Barbarossastädten.119 Die vier Seiten der Stele werden von den Wappen des Reiches, des Herzogtum Schwabens und den Partnerstädten Klosterneuburg und Foggia geziert. Erläuterungstexte unter den jeweiligen Wappen beziehen sich auf die Nennung Göppingens in einer durch Friedrich Barbarossa 1154 ausgestellten Urkunde, das Agieren eines staufischen Kämmerers in der Region mit Bezug zur Stadt und die Beziehungen der Partnerstädte zur staufischen Dynastie.120 Die Verbindung zwischen dem Säulenstandort und den Staufern wird demnach auf verschiedenen Akteursebenen geschaffen: dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, dem Herzogtum Schwaben und der transnationalen Herrschaft der Dynastie. Diese Zusammenhänge werden auch auf der Säule in Schwäbisch Gmünd gesucht, nur sind die Schwerpunkte hier anders gesetzt. Da Wappen von staufisch geprägten Partnerstädten nicht verfügbar waren, wurden stattdes113

Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 12. Aufgrund ihrer eher sekundären Rolle in der städtischen Geschichtskultur Göppingens und ihrer besonderen Funktion im ganzen StauferstelenProjekt wird die Stele auf dem Hohenstaufen und die durch sie generierte Rezeption der staufischen Geschichte in Kap. 8.3. detailliert analysiert. Siehe S. 375. 114 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 42. 115 Vgl. Leonhard Weiss GmbH & Co. KG: Leonhard Weiss Bauunternehmung. Traditionsunternehmen seit 1900. https://www.leonhard-weiss.de/de/unternehmen/geschichte.html [27.11.2018]; Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 43. 116 Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2012: Einladung zur Einweihung der Stauferstele in Göppingen. 117 Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Oberhofenkirche. https://www.goeppingen.de/Lde/start/Freiz eit/oberhofenkirche.html [27.11.2018]. 118 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 42. 119 Siehe S. 105. 120 Vgl. Koblank, Peter: Stauferstele Göppingen 2012. https://www.stauferstelen.net/stele-goeppingen.htm [23.11.2018].

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

sen das Stadtwappen und Maria mit Kind gezeigt. Letztere sollen das durch die Staufer verliehene Patronatsrecht symbolisieren.121 Im Unterschied zu Göppingen sind die Verknüpfungen der Stadt Schwäbisch Gmünd zu den Staufern fundierter und auch diverser.122 Allerdings fällt die transnationale Ebene schmaler aus, die in Göppingen stark rezipiert wird. Die Göppinger Säule bietet somit neben einer lokalen und regionalen vor allem die Möglichkeit zur transnationalen Identitätsstiftung in Bezug auf die Partnerstädte. Diese Ausrichtung wird auch durch die Art der Einweihungsfeier deutlich: Diese war feierlich und förmlich gehalten, was schon die edle Einladung in goldenen Lettern suggeriert.123 Während des Sektempfangs spielte ein Streichquartett und zahlreiche Würdenträger hielten Ansprachen. Da die Errichtung mit dem Städtepartnerschaftsjubiläum verknüpft wurde, waren auch Vertreter dieser Städte zugegen.124 So bot die staufische Geschichte Anlass eine gelungene Völkerverständigung zu zelebrieren und zu festigen. Neben diesen städtebaulichen Maßnahmen sind in Göppingen auch Formen der institutionalisierten Erinnerung an die Staufer im städtischen Leben zu finden. Zunächst sei der historische Teil des Maientagsumzugs genannt, zu dem auch ein Stauferpart gehört.125 Eine wichtige Komponente sind die Veranstaltungsformate, die die beiden historischen Vereine der Stadt oftmals in Zusammenarbeit mit Stadt und Kreis organisieren.126 Als sportliches Event im städtischen Kalender können sich die Göppinger seit 2011 jährlich zum Barbarossa Berglauf der Neuen Württembergischen Zeitung anmelden, der von der Medienagentur Staufenplus organisiert wird. Angefeuert unter anderem von Maskottchen Staufi geht es für die Läufer den Hohenstaufen hoch.127 Etwas konventioneller sind die Staufer in Form der alle zwei Jahre ausgeschriebenen Stauferpreise durch die Stauferstiftung im städtischen Leben präsent. Diese wurde anlässlich des 800-jährigen Geburtstags Friedrich II. 1994 von Landkreis und Kreissparkasse Göppingen ins Leben gerufen. Sitz der Stauferstiftung ist die Geschäftsstelle des Kreisarchivs Göpppingen.128 Eine Zielsetzung der Stiftung ist es, die Erforschung der Epoche zu fördern. Hierfür wird alle zwei Jahre der wissenschaftliche Stauferpreis ausgeschrieben. Seit 1996 wird daneben auch ein wissenschaftlicher

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Vgl. Koblank, Stauferstele Schwäbisch Gmünd. Vgl. hierzu die Ausführungen Oliver Auges zu Göppingen: Auge, 2006, S. 193-195. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2012: Einladung zur Einweihung der Stauferstele in Göppingen. 124 Vgl. ebd.; Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 42. 125 Siehe S. 292. 126 Vgl. Rueß/Ziegler, 2001, S. 45. Hierfür wird exemplarisch in 7.4. die Arbeit der Gesellschaft für staufische Geschichte analysiert. 127 Vgl. Staufen Plus – Agentur für Kommunikation und Werbung GmbH: Startseite BarbarossaBerglauf. http://barbarossa-berglauf.staufen-plus.de/ [23.11.2018]; Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Hartleb, Lisa, Geschäftsbereichsleitung Staufenplus, 7.12.2018 (Korrespondenz): Anfänge des BarbarossaBerglaufs. 128 Vgl. Kreisarchiv Göppingen: Stauferstiftung Göppingen. https://www.landkreis-goeppingen.de /,Lde/start/Landratsamt/Stauferstiftung.html [23.11.2018]; Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Förderpreis an Nachwuchswissenschaftler durch die Stiftung verliehen. Über die Entscheidung tagt ein Kuratorium bestehend einerseits aus Persönlichkeiten von Stadt und Kreis, andererseits aus einer Vielzahl bekannter Mediävisten, die die externe Expertise beisteuern. Die Preisverleihung erfolgt jeweils im Anschluss an die Göppinger Staufertage im Landratsamt.129 Bei der Verleihung 2016 betonte Landrat Wolf in seiner Begrüßung mit Stolz das Markenzeichen von Stadt und Kreis: im regelmäßigen Turnus renommierte Mediävisten nach Göppingen zu ziehen.130 Weiterhin wurde von ihm die Bedeutung der Staufer für Stadt und Region unterstrichen, deren Gedenken in Göppingen nicht nur durch zahlreiche Namensgebungen städtischer Gebäude sehr präsent ist.131 Obwohl zentral von und für Stadt und Kreis geschaffen, strahlt die Stauferstiftung folglich weit über die Kreisstadtgrenzen hinaus in die historische Fachwelt und genießt dort Anerkennung. Die Verleihung der Preise erfolgte in einem sehr festlichen Rahmen: Nach den jeweiligen Laudatio hielten die Preisträger Festvorträge. Das Programm wurde von einem Streichquartett umrahmt und schloss mit einem Sektempfang. Unter die vielen angereisten Mediävisten mischten sich auch einige interessierte Göppinger, die teilweise schon an den Preisverleihungen der Schülerwettbewerbe teilgenommen hatten.132 Denn ein weiteres Ziel der Stiftung ist es, der Bevölkerung die staufische Herrschaftszeit näherzubringen. Besonderes Anliegen war dabei seit Beginn, die Jugend an die Zeit heranzuführen, weswegen parallel zum Wissenschaftspreis ebenfalls alle zwei Jahre ein Staufer-Schülerpreis ausgeschrieben wird.133 Teilnehmen können alle Schüler des Landkreises. Alle Teilnehmer werden zur Preisverleihung eingeladen, erhalten eine Urkunde und dürfen ihr Projekt im Foyer des Landratsamts ausstellen.134 Als mögliche Themen werden von der Stiftung Projekte aus den Bereichen Dokumentieren, Erzählen, Gestalten, Problematisieren oder auch Aktualisieren vorgeschlagen.135 In der Preisausschreibung von 2014 werden die Staufer als schwäbisches Adelsgeschlecht beschrieben, 129

Vgl. Landratsamt Göppingen: Stauferstiftung Göppingen. Stauferpreise. Wissenschaftlicher Stauferpreis. https://www.landkreis-goeppingen.de/,Lde/start/Landratsamt/Stauferstiftung.html 23.11.2018]; Landratsamt Göppingen: Stauferstiftung. Stauferpreise. Wissenschaftlicher Förderpreis. https://www.landkreis-goeppingen.de/,Lde/start/Landratsamt/Stauferstiftung.html [23. 11.2018]. 130 Vgl. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Verleihung des Schülerpreises und Wissenschaftspreises der Stauferstiftung. Göppingen. Dies bezieht sich auch auf die Strahlkraft der alle zwei Jahre stattfindenden Staufertage der Gesellschaft für staufische Geschichte, die in 7.4. näher beleuchtet werden. Siehe S. 328. 131 Vgl. Luhmann, 12.11.2016 (Protokoll). 132 Vgl. Luhmann, 12.11.2016 (Protokoll); Stauferstiftung Kreissparkasse Göppingen, 12.11.2016: Programm zur Verleihung der Wissenschaftlichen Stauferpreise 2016. 133 Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Landratsamt Göppingen: Stauferstiftung. Stauferpreise. Staufer-Schülerpreis. https://www.landkreis-goeppingen.de/,Lde/start/Landratsamt/Stauferstiftung.html [23.11.2018]. 134 Vgl. Landratsamt Göppingen: Stauferstiftung. Stauferpreise. Staufer-Schülerpreis; Stauferstiftung Kreissparkasse Göppingen, 2014: Ausschreibung Staufer-Schülerpreis 2014. Ein Wettbewerb für alle Schülerinnen und Schüler. 135 Dies waren die Themenvorgaben für die Ausschreibung 2014. Vgl. Stauferstiftung Kreissparkasse Göppingen, 2014. Für die Folgejahre wurde die Überlegung umgesetzt ein sehr weit gefasstes Oberthema vorzugeben, da dies für Lehrer und Schüler greifbarer sein könnte. Vgl. Ziegler, Walt-

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

dessen Herrschaftszeit für das europäische Mittelalter große Bedeutung hatte. Ihre Ursprünge hätten die Staufer auf der nahegelegenen Burg Hohenstaufen, weswegen die Stauferstiftung diesen Preis ausschreibt.136 Die Stauferzeit wird als die eigene Lokalgeschichte mit europäischer Strahlkraft ausgelegt, weswegen die Auseinandersetzung mit ihr lohnenswert ist. Die Broschüre ist lebendig und adressatenorientiert aufbereitet. Das Titelblatt schmückt das Logo des Stauferkreis Göppingen: Ein comicartig gezeichneter Kinderkönig mit Krone reitet auf einem staufischen Löwen. Die Stauferzeit wird auf Symbole und Personen reduziert, die schon den Kindern bekannt sein dürften.137 Die Preisverleihung für die Schüler erfolgte ebenfalls im Anschluss an die Göppinger Staufertage und ist der wissenschaftlichen Preisverleihung vorangestellt.138 Die Atmosphäre der Schülerpreisverleihung war 2016 sehr herzlich. Viele Eltern waren anwesend. Die Preisausschreibung bot nicht nur den Schülern, sondern auch ihren Familien die Möglichkeit, sich mit der als Lokalgeschichte verstandenen Stauferzeit auseinanderzusetzen. Es wird deutlich, dass ein staufisches Geschichtsbewusstsein in breiten Bevölkerungskreisen und Altersgruppen Göppingens verankert ist.139 In den Begrüßungsansprachen wurde immer wieder die Bedeutung der Staufer für Stadt und Kreis unterstrichen. Dieser Grundtenor, nach dem die Stauferzeit primär als eigene Lokalgeschichte ausgelegt wird, deren Bedeutung bis in die europäische Ebene strahlt, fand sich auch in den zahlreichen eingereichten Projekten der Schüler wieder. Die Annäherung fand meist über Themen und Personen des aristokratischen Milieus und der bekannten Ereignisgeschichte statt.140 Es gab eigenständig produzierte Filme, in denen die Schüler in höfischer Kleidung auf dem Hohenstaufen Tänze der Stauferzeit nachstellten.141 Außerdem wurde eine als »Barbarossa-Einheit« bezeichnete Station ausgestellt, bei deren Ausfertigung sich die Schüler anhand der Leitfigur Barbarossas dem Mittelalter und ihrer »eigenen Heimat als historischem Ort« annäherten.142 Die Schüler schätzten in Interviews dementsprechend auch die Staufer für die Stadt Göppingen als sehr wichtig ein, da sie schließlich die Ursprünge der Stadt seien. Ein Schüler erwähnte sogar die wichtige Rolle der staufischen Geschichte für die Stadt im Sinne einer singulären Positionierung nach außen.143 Interessanterweise machten die Schüler die wichtige Bedeutung der Dynastie für die Stadt primär daran fest, dass diese

her, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 136 Vgl. Stauferstiftung Kreissparkasse Göppingen, 2014: Ausschreibung Staufer-Schülerpreis 2014. 137 Dieses Emblem konnte in keiner anderen Broschüre gesichtet werden. Es ist also davon auszugehen, dass es eigens für den Schülerwettbewerb konzipiert wurde. Vgl. Stauferstiftung Kreissparkasse Göppingen, 2014: Ausschreibung Staufer-Schülerpreis 2014 138 Vgl. Luhmann, 12.11.2016. 139 Vgl. ebd. 140 Vgl. ebd. 141 Vgl. ebd. 142 Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Schülerwettbewerb der Stauferstiftung/Barbarossa-Einheit. Göppingen. 143 Vgl. Schüler 4. Klasse, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung der Staufer für die Stadt Göppingen und Beitrag zum Schülerwettbewerb.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

überall im Stadtbild zu finden sei: in der Barbarossatherme und bei vielen Straßennamen – ein Indiz mehr, wie stark städtebauliche Maßnahmen das Geschichtsverständnis einer Stadtgemeinschaft prägen.144 In Berührung mit den Staufern kommt die junge Generation auch bei den Schüleraustauschprogrammen mit den Partnerstädten Foggia und Klosterneuburg. Beide bestehen seit 1971 und wurden auch aufgrund gemeinsamer staufischer Bezüge in der Stadtgeschichte geschlossen. Das apulische Foggia war Residenzstadt Friedrichs II., Klosterneuburg ist über den Babenberger Leopold III. mit den Staufern verbunden, da dieser die Witwe Friedrichs von Hohenstaufen, Kaisertochter Agnes, heiratete.145 Im Bereich des Stadtmarketings kann in Göppingen auf eine lange Tradition staufischer Indienstnahme zurückgeblickt werden. Bis ins 19. Jahrhundert lässt sich nach Thomas Brune die Hohenstaufen-Werbung im örtlichen Fremdenverkehr nachweisen.146 Der Berg spielte aufgrund der fehlenden historischen Sehenswürdigkeiten im Stadtbild Göppingens nach den Stadtbränden eine kompensatorische Rolle. Der Berg und seine Geschichte galten »nicht erst seit dem Plakatwettbewerb von 1913 [als] ›historisches‹ Markenzeichen der Erholungslandschaft im Göppinger Raum«.147 Wanderwege durch die Region, bei der der Wanderer auch die Stauferstadt Göppingen und die »Gefilde der Jugendzeit des erhabenen Geschlechts« durchschreitet, sollten in den 1950er und 1960er Jahren nach diesem benannt werden.148 Dennoch kann für diesen Zeitraum noch nicht von einer planmäßigen Verwendung des Labels in der Außendarstellung die Rede sein:149 Postkarten der 1950er Jahre thematisieren die Stauf-

144 Vgl. Schülergruppe 7. Klasse, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung der Staufer für Göppingen.; Schülerinnengruppe 7. Klasse, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung der Staufer für Göppingen und Beitrag zum Schülerwettbewerb. 145 Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Städtepartnerschaft Foggia. https://www.goeppingen.de/,L de/start/Unsere+Stadt/Foggia.html [23.11.2018]; Hohenstaufenstadt Göppingen: Städtepartnerschaft Klosterneuburg. https://www.goeppingen.de/,Lde/start/Unsere+Stadt/Klosterneuburg.html [23.11.2018]. 146 Davon zeugt auch eine Postkarte um die Jahrhundertwende, die als einen Gruß vom Hohenstaufen mit Zeichnungen von Barbarossa zu Ross, dem Hohenstaufen mit noch erhaltener Stammburg und einer vorbeiziehenden Adelsgesellschaft mit Wimpeln illustriert ist. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Postkarten, Ordner Gruß aus Hohenstaufen-Ansichtskarten, 1900: Gruss vom Hohenstaufen. 147 Brune, 1977, S. 74. 148 Stadtarchiv Göppingen, Bestand Materialien Göppingen Specialia: Hohenstaufen, Straße der Staufer, Tourismus, Werbung, 18.3.1955: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Ein Wanderweg soll einen Namen bekommen. Genauso eine Rundfahrtstrecke zu wichtigen Stätten in der Umgebung 1973. Vgl. Brune, 1977, S. 75. Die Wanderwege sind 1955 und 1965 im Gespräch, die Rundfahrt 1973. Als Fortsetzung Brunes Untersuchungen wird im Folgenden die staufische Stadtwerbung ab ca. den frühen 1970er Jahren analysiert. Als Einstiegsdatum bietet sich das Jahr 1968 an, da in diesem zahlreiche Aktivitäten zur staufischen Geschichte in Göppingen stattfanden. Anlass war das 700. Todesjahr Konradins. Siehe S. 178. 149 Vgl. Brune, 1977, S. 74-75. Stattdessen wurde als Symbol für die Stadt häufig das Stadtwappen bei offiziellen Schreiben verwendet. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview).

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

erstadt nicht. Stattdessen wird ein »Gruß aus Göppingen« geschickt.150 Abgebildet sind wichtige Gebäude der Stadt und vereinzelt die Ruinen auf dem Hohenstaufen.151 Auf den Postkarten der frühen 1960er wird ebenfalls kein staufisches Attribut verwendet. Jedoch tritt der Hohenstaufen im Hintergrund der Stadtsilhouette in Erscheinung und die auf einer Postkarte abgebildeten Flaschen des Göppinger Sprudels tragen auf ihrem Etikett die drei staufischen Löwen.152 Auf einer Karte von 1967 ist neben dem Schriftzug des Stadtnamens ein kleines Emblem mit dem Profil Barbarossas zu finden.153 Dies markiert die erste direkte Bezugnahme auf die Staufer auf einer Ansichtskarte nach dem Zweiten Weltkrieg und zeigt die frühesten Bemühungen zu einer stärkeren Positionierung nach außen als moderne Stadt mit staufischen Traditionslinien.154 Diese Neuausrichtung kann als Antwort auf das rasante Wachstum des Tourismussektors ab den 1960er Jahren verstanden werden, auf den auch andere Städte mit der Etablierung von Attributen reagierten.155 Dass diese Ausrichtung, wie sie in den Folgejahren etabliert wurde, eine derartige Fokussierung auf die Staufer erfuhr, ist vor allem den Wünschen und Initiativen des damaligen Oberbürgermeisters Herbert König geschuldet.156 Seine Bemühungen in diese Richtung waren für die Zeit ungewöhnlich und wurden als ambitioniert, manchmal sogar als übertrieben wahrgenommen, wie ein Brief des Bürgermeisters Hohenstaufen an König von 1968 veranschaulicht. In diesem beschwerte er sich, König habe in einer Sitzung von Göppingen und Hohenstaufen als Stauferstadt und Stauferdorf gesprochen und damit eine Zugehörigkeit, gar Einverleibung der damals noch eigenständigen Ortschaft suggeriert. Im Unterschied zu Göppingen hätte der Ort Hohenstaufen jedoch kein Attribut nötig, weswegen König solche Assoziationen bitte in Zukunft vermeiden solle.157 König verteidigt seine Bemühungen im Zuge der Aktivitäten von 1968 damit, dass »die geschichtliche Überlieferung lebendig [sei], sodass mit Fug und Recht und mit Stolz von der Stauferstadt Göppingen gesprochen werden könne« auch wenn die Stadtbrände die staufischen Spuren in der Stadt ausgelöscht haben.158 Wie wichtig ihm die Außenwahrnehmung Göppingens als

150 Stadtarchiv Göppingen, Bestand Postkarten, Ordner Gruß aus Göppingen-Ansichtskarten, 1950er: Grüße aus Göppingen. 151 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Postkarten Mustermappe Gebrüder Metz, 1954-1959: Göppingen und Umgebung. 152 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Postkarten Mustermappe Gebrüder Metz, 1960-1965: Grüße aus Göppingen; Stadtarchiv Göppingen, Bestand Postkarten, Ordner Gruß aus GöppingenAnsichtskarten, 1960er: Grüße aus Göppingen. 153 Stadtarchiv Göppingen, Bestand Postkarten Mustermappe Gebrüder Metz, 1963-1967: Göppingen. 154 Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 155 Siehe S. 41, 166. 156 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview); Werwigk, Fritz, ehemaliger Geschichtsvermittler, Göppingen 19.4.2017 (Interview). 157 Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 148, 8.11.1968: Schreiben des Oberbürgermeisters von Hohenstaufen an den Oberbürgermeister Göppingen. 158 Vgl. Eine Gedächtnisstätte für die Staufer. Anregung des Göppinger Oberbürgermeisters anläßlich der Konradin-Feier, 12.10.1968. In: Neue Württembergische Zeitung. Die Aussage wurde von König im Zusammenhang des schon 1968 diskutierten Vorhabens der Errichtung einer staufischen Gedenkstätte getroffen wie sie 1977 umgesetzt wurde. Siehe S. 178.

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Stauferstadt war, wird auch anhand eines Briefes des OBs an die Redaktion der Welt von 1976 deutlich. Diese hatte in ihrem Reiseteil einen Artikel »Baden-Württemberg – Land unterm Wappen der Stauferlöwen« veröffentlicht und darin weder die Region um den Hohenstaufen, geschweige denn die Hohenstaufenstadt Göppingen erwähnt. König bedauerte die Nicht-Erwähnung Göppingens »umso mehr, als es gerade Göppingen ist, das seit 20 Jahren als einzige Stadt im Lande das staufische Erbe […] geistig-ideell im öffentlichen Leben weit über die Stadtgrenzen hinaus wachhält und pflegt.«159 Für König speist sich das Bewusstsein als Stauferstadt demnach weniger aus historischen Verbindungen oder Bauzeugen, sondern eher aus der langen Tradition staufischer Geschichtskultur seiner Stadt. Eine Postkarte, die erstmals 1971 erschien, verdeutlicht, dass trotz dieser Bemühungen das Attribut Hohenstaufenstadt nicht sofort nach der Eingemeindung der Ortschaft etabliert war.160 Dies ändert sich jedoch im Zuge der Vorbereitungen auf das Stauferjahr 1977, das in Göppingen massiv und wesentlich zielstrebiger als in Schwäbisch Gmünd zum Anlass genommen wurde, sich als Hohenstaufenstadt zu positionieren und um Touristen zu werben. Exemplarisch zeigt dies ein Schreiben von 1976 vom Verkehrsamt an den Oberbürgermeister, worin über die bisherigen Bemühungen hinaus Vorschläge unterbreitet werden, wie die Besucher nachhaltig beeindruckt werden könnten. Sorgfältig geleerte Papierkörbe und ordentliche Hinweisschilder sollen das Ansehen des Stadtbezirks Hohenstaufen verschönern. Darüber hinaus könne die Bevölkerung angehalten werden, in diesem Jahr ihren Blumenschmuck an den Fenstern und Balkonen besonders prächtig zu gestalten. Sogar die Schulkinder Hohenstaufens sollten derart instruiert werden, dass sie sich den Besuchern gegenüber besonders zuvorkommend verhalten und gegebenenfalls umher liegenden Müll entsorgten.161 Mit Blick auf das anstehende Stauferjahr wurde als weitere Werbemaßnahme1976 im nichtamtlichen Gebrauch für den Kreis die Bezeichnung Stauferkreis eingeführt. Das entsprechende Logo mit der Silhouette des Berggipfels im Hintergrund war fortan auf städtischen Schreiben und ähnlichen Materialien zu sehen und konnte als Klebemarke erworben werden.162 Da die städtische Tourismusinfrastruktur auch in Göppingen Mitte der 1970er Jahre noch wenig entwickelt war, wurden von Stadt und Kreis Göppingen gemeinsam Fremdenführer mit spezifischen Kenntnissen zur staufischen Geschichte und gezielt auf das Jahr 1977

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Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 186, 26.4.1976: Schreiben Königs an die Zentralredaktion der Welt. 160 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Postkarten Mustermappe Gebrüder Metz, 1971-1984: Göppingen. Der Schriftzug nennt lediglich den Stadtnamen, bei den Bildern ist nicht einmal der Hohenstaufen zu finden. 161 Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 138, 9.2.1976: Schreiben vom Verkehrsamt an Oberbürgermeister König betreffs Stauferausstellung 1977/Stadtbezirk GöppingenHohenstaufen. 162 Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Bestand F2, Bd. 8, 8.10.1976: Kreistagssitzung. Thema: Einführung der Bezeichnung »Stauferkreis«; Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 11.2.1977: Sitzung des Kreistags. Thema: Werbesignet für den Stauferkreis Göppingen. Im amtlichen Verkehr blieb es bei der Bezeichnung Landkreis Göppingen. Nach Karl-Heinz Rueß wird der Kreis heute im Umgangston auch noch als Stauferkreis betitelt. Dies ist jedoch kein offizielles Label. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview).

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

hin ausgebildet.163 In der Regel wurden Stadtführungen in dieser Zeit noch von den städtischen Archivaren und Museumsmitarbeitern durchgeführt.164 Der Schritt zur Fremdenführerausbildung in Göppingen kann daher als starkes Indiz für den Wunsch der werbewirksamen Nutzung des Stauferjahres verstanden werden. Als Angebot für potentielle Touristen entwickelte das Stadtarchiv Göppingen in Zusammenarbeit mit dem städtischen Verkehrsamt eine siebentägige Studienfahrt durch die Region zum Thema »Kunst, Kultur und Landschaft der Staufer«. Diese wurde in den VHS und Geschichts- und Altertumsvereinen des Bundesgebiets angeboten.165 Der hierzu beigefügte Einladungsbrief enthielt den Briefkopf der Hohenstaufenstadt Göppingen.166 Auch das Titelblatt der Broschüre ist mit dem Schriftzug Hohenstaufenstadt Göppingen überschrieben. Darunter ist lediglich das Stadtwappen abgebildet. Keine anderen Bilder illustrieren die reichhaltige Textbeschreibung, die sehr nüchtern-informativ Auskunft über die Sehenswürdigkeiten der Streckenposten gibt.167 Insgesamt wurden drei Ganztagesfahrten durch die Region und eine Tagesfahrt zur Staufer-Ausstellung nach Stuttgart angeboten. Oberbürgermeister König stand als treibende Kraft auch hinter den gemeinsamen Aktivitäten Göppingens mit anderen staufischen Stätten im Umkreis. In einem Schreiben an die Bürgermeister Lorchs und Schwäbisch Gmünds betonte er das bisherige Engagement der Stauferstadt Göppingen. Er fordert nun auch die »staufischen Schwesterstädte« auf dem Göppinger Beispiel zu folgen und schlägt vor, einige dieser Maßnahmen gemeinsam zu tragen. Als Grund hierfür führt er nicht – wie vielleicht erwartet – ein gemeinsames staufisches Geschichtsbewusstsein an, sondern die Interessen der Fremdenverkehrswerbung.168 In der gemeinsam herausgegebenen Broschüre Stauferstätten im Stauferland ist denn auch Göppingen inklusive des Hohenstaufens mit ganzen sechs von insgesamt 19 Beiträgen vertreten. Die allesamt von Stadtarchivar Kauß geschriebenen Beiträge geben sehr nüchtern

163

Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. 164 Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Dies wird auch anhand der Angebote anderer Stauferstädte anlässlich des Stauferjahres deutlich. Vgl. Arbeitsgemeinschaft für Stadtgeschichtsforschung, Stadtsoziologie und städtische Denkmalpflege e.V., 1977. 165 Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung. 166 Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 138, 11.2.1976: Schreiben vom Verkehrsamt an die Herren Oberbürgermeister Dr. König und Bürgermeister Dr. Christ. 167 Der intensive Informationsgehalt der Broschüre erklärt sich aus der Herausgeberschaft: Das Verkehrsamt holte sich hierfür Unterstützung vom städtischen Archiv und der damaligen Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen, 1976: Studienfahrt: Kunst, Kultur und Landschaft der Staufer. Eine Woche im Stauferland um Göppingen. Informationsbrief. 168 Vgl. Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze, 16.3.1976: Oberbürgermeister Stadt Göppingen Dr. König: Schreiben an die Bürgermeister Schwäbisch Gmünd und Lorchs zu gemeinsamen Aktivitäten zur Stauferausstellung 1977.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

ausführliche Informationen über die beschriebenen Objekte, bzw. Orte. Teilweise sind Verweise auf Forschungs- oder Ausgrabungsergebnisse eingeflochten. Ergänzt werden die Artikel jeweils mit einem einzelnen schwarz-weiß Foto der beschriebenen staufischen Stätte.169 Aber nicht nur der Fremdenverkehr sollte durch die Aktivitäten 1977 angekurbelt werden. König schien es auch von großer Wichtigkeit gewesen zu sein, das Prestige der Stadt aufzuwerten. Anlässlich der Veranstaltungen während der Göppinger Staufertage insistierte er beispielsweise darauf, dass die Landesregierung durch den Ministerpräsidenten »als spiritus rector der Stuttgarter Ausstellung« oder einen Vertreter der Landesregierung vertreten sein sollte.170 Nach den Bemühungen von 1977 war das Attribut Hohenstaufenstadt als feststehendes Label für Göppingen im Stadtmarketing etabliert. Der Bezug zu den Staufern wurde als Aufhänger genutzt, über den sich die Kommune positionierte. Dies lässt sich an einer Imagebroschüre von 1978 veranschaulichen, die die Stadt »Auf einen Blick« vorstellen sollte: Das Titelblatt wird unter dem Schriftzug »Hohenstaufenstadt Göppingen« dominiert von einem Bild des Cappenberger Barbarossa-Kopfes. Damit sind die Staufer das entscheidende Wahrzeichen dieser Imagebroschüre. Bei der Skizzierung der Stadtgeschichte nimmt denn auch die Stauferzeit überproportional viel Raum ein. Geschaffen wird »das Bild einer Stadt, die sich bewußt ihrer geschichtlichen Tradition verbunden fühlt und gleichzeitig den Aufgaben der Zukunft gegenüber verpflichtet weiß.«171 Dementsprechend wird Göppingen auch als Industriestadt, Sportstadt und Kommune mit großem Naherholungswert dargestellt. Im starken Kontrast zu den Prospekten von 1977 ist dieser sehr reich bebildert und fällt durch seine silberne Grundfarbe auf. Durch die Bilder soll die Stadt in allen Facetten illustriert werden. Neben wichtigen städtischen Gebäuden sind Szenen der Göppinger Lebensart abgebildet. Die Rückseite gibt Impressionen vom Hohenstaufen sowohl als landschaftliche als auch als kulturelle Attraktion.172 Diese Imagebroschüre wurde bis Ende der 1980er Jahre auch auf englischer Sprache in mehreren Auflagen herausgegeben, wobei sich Grunddesign und Inhalt nicht veränderten.173 Sie kann daher als Exempel für die 169 Erläutert werden der Dokumentationsraum für staufische Geschichte, die Burgruine auf dem Hohenstaufen, die Barbarossakirche in Göppingen-Hohenstaufen, die Stauferhalle im städtischen Museum, das Hohenstaufen-Fresko in der Oberhofenkirche und die Stiftskirche Farndau. Vgl. Ziegler, 1977. 170 Als Grund hierfür führt er die zahlreiche Gästeprominenz aus Baden-Württemberg und den umliegenden Ländern an. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Ordner Stauferausstellung 1977, Akte 1977, 7.2.1977: Schreiben des Oberbürgermeister Göppingens Dr. König an das Staatsministerium Baden-Württemberg: Göppinger Stauferveranstaltungen vom 1.-3. April 1977. 171 Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen, 1978: Broschüre Hohenstaufenstadt Göppingen- Auf einen Blick. 172 Vgl. ebd. Neben diesen medial stärker aufbereiteten Broschüren sind jedoch auch bis Mitte der 1980er Werbeprospekte der Hohenstaufenstadt Göppingen zu finden, bei denen der Textanteil eindeutig dominiert und einige der beschriebenen Gebäude nur als Skizzen dargestellt sind. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen, 1985: Broschüre Hohenstaufenstadt Göppingen. Unsere Stadt – entdeckt und neu erlebt. 173 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen, 1985: Broschüre Hohenstaufenstadt Göppingen – Auf einen Blick; Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stauferland/Straße der Staufer, 1988: Hohenstaufenstadt Göppingen – At a glance.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Abb. 17: Titelbild der Broschüre Hohenstaufenstadt Göppingen – Auf einen Blick 1978.

Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen.

Rezeption der staufischen Geschichte in der Göppinger Werbung nach dem Stauferjahr 1977 für die gesamten 1980er Jahre verstanden werden. In einer anderen Broschüre von 1978 Zeugnisse aus Geschichte und Geologie wird die Museumslandschaft der Stadt vorgestellt. Sie gleicht ihn ihrem Aufbau der Imagebroschüre Auf einen Blick. Titelbild ist diesmal jedoch nicht der Cappenberger Barbarossa-Kopf, sondern das städtische Museum. Die Beschreibung und Illustration des Dokumentationsraums am Fuße des Berges nimmt eine ganze Prospektseite ein. Interessant ist die Erläuterung, wie es zur Errichtung dieser staufischen Museumsstätte kam: »Das in Göppingen seit alters her nie ausgelöschte und seit den 50er Jahren wieder erstarkte Bewusstsein als einer von den staufischen Herzögen gegründeten Stadt« führte demnach zur Errichtung des Dokumentationsraums.174 Erneut wird das Geschichtsbewusstsein als Stauferstadt mit der langen Staufertradtion begründet. Das Museum soll die Historie des Berges und Geschichte, Kunst und Kultur der Stauferzeit vermitteln.175 Diese Aufteilung ist aus dem Konzept der Stuttgarter Ausstellung übernommen, deren didaktischer Teil mit Abschluss der Exposition nach Göppingen ging.176 Durch den Prospekt wird eine 174 175 176

Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen, 1978: Broschüre Hohenstaufenstadt Göppingen – Zeugnisse aus Geschichte und Geologie. Vgl. ebd. Siehe S. 314.

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facettenreiche Weiterbildungsmöglichkeit beworben. Eine Broschüre aus den frühen 1980er Jahren beschreibt singulär den Hohenstaufen als »Herzstück des Stauferlandes«. Das Titelblatt des Faltprospekts enthält ebenfalls das Porträt des Cappenberger Barbarossa-Kopfes. Im Inneren sind neben einem Bild der Burgruinen sehr idyllische Landschaftsaufnahmen des Berges abgebildet. Inhaltlich werden Informationen über die Stammburg gegeben und auf den Dokumentationsraum verwiesen. Aber auch der Berggipfel selbst wird als attraktiver Naherholungsort beworben, der über Wanderund Radwege erschlossen werden kann. Neben diesem touristischen Faktor des Naturerlebnis wird, wie auch in Schwäbisch Gmünd in den 1980er Jahren, erstmals die Genuss-Komponente in eine Werbebroschüre mit eingebunden. Bei einem Besuch auf dem Hohenstaufen dürfen demnach »schwäbische Spezialitäten natürlich nicht fehlen.«177 Dieser kulinarische Aspekt findet sich auch in einer englischsprachigen Werbebroschüre von 1985, die den Berg jedoch nur als Landschaftsdestination anpreist. Die Staufer kommen in dieser Broschüre nur als Erbauer ihrer dort noch als Ruinen zu sehenden Stammburg vor. Es wird deutlich, dass die Naturkomponente wichtiger Bestandteil der staufischen Vermarktung in Göppingen ist. Auch diese Broschüre ist mit dem Schriftzug »Hohenstaufenstadt Göppingen« überschrieben und reich bebildert, wobei der Textanteil immer noch deutlich höher ist als in Werbeprospekten des jüngsten Untersuchungsraums.178 Auch in den 1990er Jahren wurde das Label Hohenstaufenstadt als Aufhänger genutzt, um verschiedene Facetten der Stadt touristisch zu bewerben. Nach dem 1990 erarbeiteten Stadtmarketingkonzept waren die Staufer jedoch nicht die einzige Werbesäule Göppingens, sondern auch der Industriegeschichte wurde mit den Märklin-Tagen viel Raum gegeben. Ebenfalls parallel zu Schwäbisch Gmünd kann in den 1990er Jahren eine Professionalisierung des Stadttourismus in Göppingen festgestellt werden. Diese zeigt sich in Form einer breiteren Angebotspalette zu den Staufern, bestehend aus klassischen Führungsformaten und Busrundfahrten auf der Straße der Staufer.179 Das vom Verkehrsamt generierte Programm zu den Staufern wurde mit Programmpunkten des breiten bildungswissenschaftlichen Repertoires der Stadt unterfüttert, was darauf schließen lässt, dass auch in den 1990er Jahren die staufische Vermarktung Göppingens einen sehr informationsdichten Charakter hatte. Diese Angebote wurden in den gemeinsamen Veranstaltungskalender der Touristikgemeinschaft aufgenommen.180 Eine Imagebroschüre von 1992, die sowohl Touristen als auch potentielle Neubürger ansprechen sollte, lässt sich zunächst wie eine leichte

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Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen, frühe 1980er Jahre: Göppingen Hohenstaufen. Herzstück des Stauferlandes. 178 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1985: Hohenstaufenstadt Göppingen. Woods and Recreation. 179 Siehe S. 314. Die damalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung betont jedoch, dass der Hohenstaufen während ihrer Amtszeit zwar Aushängeschild der Stadt war, dass dieser aber längst nicht so konsequent gepflegt und vermarktet wurde wie im jüngsten Untersuchungszeitraum ab den späten 2000er Jahren. Vgl. Kumpf, Christine, Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung und ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, Göppingen 3.5.2017 (Interview): Vermarktung als Stauferstadt während der 1990er Jahre. 180 Über diese vermarktete sich die Hohenstaufenstadt ebenfalls in Form von gemeinschaftlich organisierten Pressereisen durch das Stauferland und Messebesuche. Vgl. ebd.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Abkehr vom staufischen Fokus in der Imagepflege Göppingens lesen. Das Label Hohenstaufenstadt Göppingen ziert zwar das Titelblatt des Prospekts, im Heftinneren spielen die Staufer jedoch keine hervorgehobene Rolle. Die Stadt wird unter den Rubriken Historie, Kultur, Museen, Sport & Freizeit, Natur, Gastronomie, Einkaufen, Bildung und Industrie in all ihren Facetten skizziert und dabei auch als Sportstadt und Industriestadt betitelt. Im historischen Abschnitt wird die Stauferzeit nur sehr kurz erwähnt, die Stammburg zählt zu den »bemerkenswertesten historischen Bauzeugen.«181 Unter der Rubrik Kultur werden charakteristische städtische Events aufgeführt. Ein Hinweis auf die regelmäßig stattfindenden Staufertage fehlt jedoch. Wichtig sind die Staufer in diesem Prospekt unter dem Aspekt Naturerlebnis, als die Dynastie, die der idyllischen Landschaft um den Hohenstaufen ihren historischen Charakter gab. Die Staufer prägen demnach in der Werbung der frühen 1990er nicht die touristische Komponente der Kultur, sondern verleihen dem Bereich Naturerfahrung & Freizeit einen besonderen Charakter. Die Broschüre ist durch den Einsatz von Zeichnungen und Bildern attraktiv gestaltet. Die Doppelseite des Themas Natur, Sport und Freizeit prägt eine Zeichnung des Hohenstaufens im Sonnenuntergang, die Stadtsilhouette zeichnet sich im Vordergrund in abendlichen Blautönen ab. Im Text-Bild-Verhältnis dominiert die Illustration. Im Zuge der Debatten zur Finanzierung einer Neugestaltung des Dokumentationsraumes 1994 lässt sich konträr zu der Broschüre von 1992 hingegen ein klares Bekenntnis zu den Staufern feststellen. Der Göppinger Gemeinderat stimmte der Finanzierung durch städtische Gelder zu. Vertreter aller politischen Parteien bekannten sich zu einer gewissen Verpflichtung als Hohenstaufenstadt gegenüber ihren staufischen Stätten, deren Modernisierung als Motor für die Bewerbung der Stadt gesehen wurde.182 In einer klassischen Imagebroschüre Ende der 1990er Jahre ist denn auch erneut der Bezug zu den Staufern das dominierende Aushängeschild, wie schon in der Begrüßung des Oberbürgermeisters deutlich wird: »[…] Herzlich willkommen in der Hohenstaufenstadt Göppingen.« »Als Stammsitz eines der bedeutendsten mittelalterlichen Geschlechter, der Staufer, bietet Göppingen mehr als nur Geschichte.«183 Selbst in der Beschreibung des historischen Stadtrundgangs, der aufgrund fehlender Bauzeugen zwangsläufig wenig Material aus der Stauferzeit umfasst, wird immer wieder versucht, die Verbindung zum Alleinstellungsmerkmal herzustellen.184 Die Staufer sind in der Natur durch Rad- und Wandertouren erfahrbar und erstmals auch in Form eines Pauschalangebots »Als Fürst

181

Privatbesitz Kumpf, Christine. Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung, ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, ca. 1992: Broschüre Das Stadterlebnis. Hohenstaufenstadt Göppingen. Einblicke. 182 Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 35, 10.11.1994: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Am Hohenstaufen wird renoviert. Die Dokumentationsstätte für staufische Geschichte erhält ein modernes Gesicht. 183 Privatbesitz Kumpf, Christine. Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung, ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, ca. 1999: Broschüre Göppingen Hohenstaufenstadt. Was wo. Museen und Kunsthalle, S 4. 184 In der Beschreibung des Schlossgartens heißt es beispielsweise »der 1960 in eine Parkanlage umgewandelt wurde und mit einem Stauferbrunnen an die große geschichtliche Vergangenheit der Stadt erinnert.« Ebd., S. 15. Zum historischen Stadtportrait vgl. S. 6-7.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

bei den Staufern« mit einer Übernachtung im Hotel Hohenstaufen.185 Damit scheinen die Staufer wie in Schwäbisch Gmünd auch in der Bewerbung Göppingens Ende der 1990er Jahre vom Bildungs- in den Unterhaltungssektor zu wechseln. Auf dem Titelblatt ist als Wahrzeichen nicht der Cappenberger Barbarossa-Kopf, sondern eine Landschaftsaufnahme des Bergkegels mit der Stadtsilhouette im Vordergrund abgebildet. Der Aspekt des Naturerlebnisses, unter dem die Staufer in Göppingen wahrgenommen werden können, hat die kulturelle Erfahrung der Dynastie als ersten Zugang abgelöst. Als Logo ist erstmals der bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum zu findende Schriftzug »Hohenstaufenstadt« mit den in rot skizzierten »Drei Kaiserbergen« im Hintergrund abgebildet. Dieses und die Landschaftsaufnahme vom Berggipfel finden sich auch auf dem Titelblatt einer ebenfalls in den späten 1990er Jahren herausgegebenen Werbebroschüre zu den Museen und der Kunsthalle der Stadt. Im beschreibenden Text zum Dokumentationsraum heißt es: »Die Ausstellung informiert knapp und kurzweilig über den Hohenstaufen als Denkmal deutscher Geschichte.«186 Es wird nicht eine facettenreiche Weiterbildung wie in den frühen 1980er Jahren beworben, sondern die Begegnung mit der staufischen Geschichte muss kurzweilig im Vorbeigehen neben der Naturerfahrung des Bergkegels erfolgen. Diese Naturerfahrung wird breit in Form von Wander- und Radrouten beworben. Die Hinwendung zum Erlebnissektor zeigt sich in beiden Broschüren jedoch nicht durch die mediale Aufbereitung. Im Unterschied zum Prospekt von 1992 sind diese eher in einem schlichten Grunddesign mit einem größeren Textanteil und wenigen Illustrationen gehalten. Im medialen Sektor kann demnach im Unterschied zu Schwäbisch Gmünd keine klare Entwicklungslinie für die 1990er Jahre festgestellt werden.187 Auch die Prospekte aus den frühen 2000er Jahren (bis 2005) sind im Layout eher schlicht. Bei allen ziert das Logo der Hohenstaufenstadt Göppingen mit den drei roten Bergen die Titelseite. Bei zwei Broschüren ist außerdem die oft verwendete Landschaftsaufnahme von Stadtsilhouette und Berggipfel abgebildet.188 Die Angebotspalette für Besucher der Hohenstaufenstadt hat sich im Vergleich zu den 1990er Jahren noch einmal ausdifferenziert.189 Die staufische Geschichte ist auf der Vermittlungsebene vom Bildungs- im Unterhaltungssektor angekommen. Dies ergibt sich zum einen aus dem Vokabular der Broschüre, durch die die Besucher eingeladen werden, »Göppinger Geschichte und Kultur … Neu [zu] entdecken 185

Vgl. Privatbesitz Kumpf, Christine. Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung, ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, ca. 1999: Göppingen Hohenstaufenstadt. Was. Wo. Wann. Der Stadtführer, Klappentext. 186 Ebd. 187 Dies verdeutlicht auch ein Blick auf die gemeinsam herausgegebenen Broschüren der Touristikgemeinschaft Stauferland aus diesem Zeitraum. Im Kontrast zu den beiden skizzierten Göppinger Prospekten von 1999 ist eine nur drei Jahre später herausgegebene Reklameschrift der TG in einem sehr bunten, leicht comicartigen Design gehalten und reich bebildert. Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V., 2002: Broschüre All-Wetter-Ferien. 188 Vgl. Privatbesitz Kumpf, Christine. Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung, ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, frühe 2000er: Broschüre 2. Wandertipp rund um den Hohenstaufen; Privatbesitz Kumpf, Christine, 2005: Broschüre Stadtführungen 2005. Göppinger Geschichte und Kultur…Neu entdecken und neu erleben; Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2005: Bürgerinformationsbroschüre 2005. Wo. Wer. Was. 189 Siehe S. 314.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

 … und [zu] erleben.«190 Zum anderen werden bei den Sommer-Specials auch Formate angeboten, die die staufische Geschichte mit sportlichen oder entspannenden Aktivitäten verknüpfen, sodass die Begegnung mit der Dynastie zum Erlebnis wird.191 Weiterhin wird die Möglichkeit geboten die staufische Geschichte über das Naturerlebnis zu erfahren. Vier Wanderbroschüren aus den frühen 2000er Jahren bieten hierfür Wanderungen rund um den Hohenstaufen an. Die Begegnung mit der Geschichte erfolgt nebenbei. Die erste skizzierte Wanderroute führt am Dokumentationsraum und der Barbarossakirche vorbei hinauf zum Hohenstaufen. Über die Dynastie heißt es in der Broschüre: »Die später aus diesem Geschlecht stammenden berühmten Hohenstaufenkaiser haben mit ihren weit gesteckten Plänen ein bedeutendes Kapitel der deutschen Geschichte gestaltet.«192 Nicht das Wirken der Staufer in europäischen, sondern in nationalen Dimensionen wird genannt. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass im Folgenden auf die auf dem Berggipfel für die Wanderer zu sehende Stauferstele eingegangen wird, die gerade die europäischen Herrschaftsaspekte der Staufer hervorhebt. Aus einer Bürgerinformationsbroschüre von 2005 wird ersichtlich, dass das Attribut Hohenstaufenstadt in den frühen 2000er Jahren konsequent als Alleinstellungsmerkmal bei jeder Nennung der Kommune verwendet wird. Zur Charakterisierung der Stadt in der Gegenwart heißt es beispielsweise: »Im musischen Bereich haben die Orchester […] die Hohenstaufenstadt weltweit vertreten.« Oder: »Mit Frisch auf Göppingen beherbergt die Hohenstaufenstadt einen der bekanntesten deutschen Handballvereine.«193 Unter der Rubrik »Göppingen gestern« prangt als eine der wenigen Illustrationen ein großes Bild des Cappenberger Barbarossa-Kopfes, wodurch die klare Ausrichtung auf die staufische Stadtgeschichte deutlich wird.194 Einen Umbruch in der staufischen Bewerbung der Stadt brachten die Entwicklungen nach der Sanierung der Ruinen 2009.195 Im Zuge dieser Umbauarbeiten wurde sogar ein möglicher Wiederaufbau der Burg diskutiert, auch um damit eine Attraktion für den örtlichen Tourismus zu schaffen. Die Gesellschaft für staufische Geschichte nahm die Debatte zum Anlass ein Symposium zum »Bild der (Hohenstaufen)Burg« durchzuführen.196 Auch Diskussionen zur staufischen Rezeption im öffentlichen Raum werden in Göppingen demnach eher mittels einer informativen und weiterbildenden Herangehensweise thematisiert. Als herausragendes Alleinstellungsmerkmal ist der komplette Internetauftritt der Kommune mit Hilfe des Logos sowie einem Bild von der Stadtsilhouette mit dem Berggipfel am Horizont gestaltet. Im Stadtportrait heißt es zu Beginn: »Die Hohenstaufenstadt Göppingen – das ist eine Symbiose zwischen der Tradition der Staufer […], dem Gewerbefleiß […], 190 Privatbesitz Kumpf, Christine, 2005: Broschüre Stadtführungen 2005. Göppinger Geschichte und Kultur…Neu entdecken und neu erleben. 191 Vgl. ebd. 192 Privatbesitz Kumpf, Christine. Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung, ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, frühe 2000er: Broschüre 1. Wandertipp rund um den Hohenstaufen. 193 Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2005, S. 4. 194 Ebd., S. 5. 195 Siehe S. 293. 196 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 5.4.2011: Rundschreiben an die Mitglieder.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

sowie der Innovations- und Wettbewerbskraft unserer Industrie.«197 Der Bezug zu den Staufern wird anderen städtischen Charakteristika voran gestellt. Er bietet das historische Fundament, durch das sich die Industriestadt als moderne Stadt mit Traditionen inszenieren kann. Unter den vorgestellten Sehenswürdigkeiten nimmt der Hohenstaufen einen zentralen Platz ein. Er wird als historische, aber vor allem auch landschaftlich reizvolle Destination beschrieben, die Wander- und Gaumenfreuden bietet und durch eine besondere Atmosphäre bezaubert. Passend werden Illustrationen von Wanderern an der Ruine und Pärchen beim Sonnenuntergang auf dem Berggipfel abgebildet.198 Zwei Tendenzen charakterisieren die Werbebroschüren der 2010er Jahre: Zum einen wird durch das Design und das gewählte Vokabular die Möglichkeit eines Ausflugs aus dem Alltag und ein Geschichtserlebnis geboten. Zum anderen wird die staufische Herrschaftszeit im auffälligen Kontrast zu den Prospekten der 2000er nun in einem europäischen Kontext erläutert. In einer Imagebroschüre von 2015 heißt es zu den Staufern: »Mit Friedrich I. […] und Friedrich II. stellte die Stauferdynastie europäisch denkende Kaiser. In der Rückschau werden diese Herrschergestalten heute als Vorbilder einer völkerverbindenden europäischen Einigung betrachtet.«199 Die Broschüre ist in einer kräftig roten Grundfarbe gehalten und reich bebildert. Der Textanteil ist gering und fungiert eher als Appetizer für die Stadt. Titelseite und Rückseite sind mit einer Landschaftaufnahme von der Stadtsilhouette und dem Berggipfel als Wahrzeichen der Stadt bedruckt.200 Auch in der Broschüre zum Dokumentationsraum dominiert der Bildanteil. Auf dem Titelblatt des in edlem dunkelblau gehaltenen Prospekts sind der Cappenberger Barbarossa-Kopf und die Steinstatue vom Capuaner Brückentor Friedrichs II. im Profil einander zugewandt abgebildet. Die Stauferzeit, personifiziert durch ihre zwei bekanntesten Herrscher, bekommt dadurch ein menschliches Antlitz und wird für die Besucher zugänglicher. Der Cappenberger Barbarossa-Kopf wurde während des gesamten Untersuchungszeitraums oft als Titelbild und Synonym für die Staufer abgebildet. Erstmals wird ihm hier jedoch eine Darstellung Friedrichs II. gleichrangig zur Seite gestellt.201 Friedrich II. steht wie kein anderer Staufer für die europäische 197 198

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Hohenstaufenstadt Göppingen: Stadtporträt: Willkommen in Göppingen. https://www.goepping en.de/,Lde/start/Unsere+Stadt/Stadtportrait.html [4.12.1208]. Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Berg Hohenstaufen. https://www.goeppingen.de/,Lde/start/F reizeit/Berg+Hohenstaufen.html [04.12.2018]. Auch in den 2010er Jahren wird die staufische Geschichte über die kommunale Ebene hinaus zusätzlich durch die Touristikgemeinschaft Stauferland gemeinsam mit den anderen Mitgliedsstätten vermarktet. Seit der Professionalisierung der Touristikgemeinschaft durch die Kooperationsvereinbarungen mit dem Landkreis Göppingen ist deren Geschäftsstelle in Göppingen untergebracht. Den ersten Vorsitz übernimmt der Oberbürgermeister der Hohenstaufenstadt, wodurch die enge Verschränkung nochmals räumlich begünstigt wird. Vgl. Touristikgemeinschaft Stauferland e.V. Landratsamt Göppingen, 17.06.2014; Siegle, Holger, Geschäftsführer Touristikgemeinschaft Stauferland, Göppingen 23.4.2015 (Interview) und siehe S. 180. Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, ca. 2015: Broschüre Göppingen-Eine Stadt zum (Er-)leben. Vgl. ebd. Bereits im Kurzführer von 2001 ist die Statue Friedrichs II. auf dem Titelbild zu sehen, jedoch als Schattierung im Hintergrund. Der Cappenberger Barbarossa-Kopf steht klar im Zentrum der historischen Motive. Vgl. Rueß, Karl-Heinz/Hegele, Anton, 2001: Die Staufer. Ausstellung im Doku-

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Ausrichtung der Dynastie. Die Verwendung seines Konterfeis stellt eine Erweiterung der Motivauswahl dar und zeigt die verstärkte Fokussierung rezenter Werbematerialien auf den europäischen Aspekt des Adelsgeschlechts. Die Ausstellungsobjekte lassen denn auch den Erläuterungstexten nach »eine glanzvolle Geschichtsepoche Europas lebendig« werden.202 Daneben wird die Stauferzeit weiterhin als eigene Lokalgeschichte dargestellt: »Die Staufer. Neugierig auf unsere Geschichte.«203 Die Ausstellung lädt zu einer Entdeckungsreise in die Vergangenheit ein und schließt mit den Worten »Willkommen im Mittelalter«.204 Diese kann mit einem Naturerlebnis auf einer der konzipierten Wanderwege kombiniert werden. Die Komponente des Naturerlebnisses durch den Berg ist auch in den 2010er Jahren eine tragende Säule der Stauferwerbung Göppingens. In einer Anzeige wird der Gipfel von weitem abgebildet und durch ein Zitat des schwäbischen Dichters Ludwig Uhland beschrieben. »Oh denk an jenen Berg, der schlank und hoch sich aufschwingt, aller schwäbischer Berge schönster auf dem königlichen Gipfel kühn.«205 Durch diesen Bezug zur Burgenromantik des 19. Jahrhunderts wird eine sentimentale, auch ehrfurchtsvolle Stimmung erzeugt. Der weitere Anzeigetext lädt unter dem Motto »Hochgehen zum Runterkommen« zu einem Ausflug auf den Berg ein, bei dem »die Geschichten um das berühmte Adelsgeschlecht lebendig« werden.206 Der geschichtsträchtige Ort wird ebenso auf mentaler Ebene zum Ausflugsziel, wie an einer Imagepostkarte der Stadt ersichtlich wird. Dargestellt wird ein idyllisches Bild vom Sonnenuntergang auf dem Gipfel und Paaren auf den Aussichtsbänken. Die Erläuterung auf der Rückseite lädt ein zu »romantische[n] Abendstunden mit Ausblick […].«207 Hoch über dem Alltag sollen sich die Besucher verzaubern lassen »vom romantischen Flair, welches noch heute über dem Berg liegt.«208 Diese und eine weitere Imagepostkarte, die in der Tourist-Information kostenlos ausliegen, erfreuen sich großer Beliebtheit und können im weitesten Sinne als Merchandise-Artikel gesehen werden. Die andere Karte versucht über die Darstellung einer Alltagssituation humoristisch Bezug auf das staufische Wahrzeichen der Stadt zu nehmen: Ein im Sandkasten spielendes Mädchen zerstört ihre Sandburg. Die Verbindung wird über die Bildunterschrift »Burgruinen gibt es nicht nur im Sandkasten« hergestellt.209 Auf der Rückseite wird der Berg als Wahrzeichen der Stadt und Sitz der Stammburg erläutert. Weiterhin werden wichtige staufische Besucher der Burg genannt. Die Staufer werden damit losgelöst vom

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mentationsraum für staufische Geschichte in Göppingen-Hohenstaufen. (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen, Bd. 41). Göppingen. Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Broschüre Die Staufer. Neugierig auf unsere Geschichte? Ausstellung am Hohenstaufen. Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Broschüre Die Staufer. Neugierig auf unsere Geschichte? Ausstellung am Hohenstaufen. Ebd. Zitiert nach Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Anzeige: Der HohenstaufenHochgehen zum Runterkommen. Ebd. Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, Dehmer, Frank, 2015: Imagepostkarte Stadt Göppingen: Gipfeltreffen. Ebd. Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, Herr, Lisa, 2015: Imagepostkarte Stadt Göppingen: Burgruinen gibt es nicht nur im Sandkasten.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Abb. 18: Imagepostkarte Stadt Göppingen Hohenstaufen Gipfeltreffen ca. 2015.

Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, Fotograf Frank Dehmer.

historischen Kontext durch den Hohenstaufen zum werbewirksamen Synonym für die Stadt selbst. Dies demonstriert auch eine für besondere Werbeaktionen, wie beispielsweise die Teilnahme bei einer Touristikmesse, entwickelten App. Interessierte können sich über diese fotografieren und ihr Bild im Anschluss in eine historische Stauferpostkarte einfügen. Diese im Original aus dem Jahr 1932 stammende Karte zeigt den Hohenstaufen mit noch erhaltener Stammburg und im Vordergrund einen ritterlichen Reitertrupp. Rechts oben ist ein kleines Emblem von Friedrich Barbarossa abgebildet. An seiner statt können nun die eingefügten Personen der Gegenwart die Szenerie beobachten. Ein weiteres für die App verwendetes Motiv ist die Fotografie eines Reiters vom Göppinger Maienumzug, der den Barbarossa spielt. Sein Antlitz wird durch die jeweiligen Bilder ersetzt. Dieses personifizierte Souvenir der Hohenstaufenstadt kann im Anschluss als E-Postkarte verschickt werden. So sind die Staufer in den 2010er Jahren multimedial erfahrbares Markenzeichen der Stadt. Die Staufer sind im städtischen Leben Göppingens und auch im Stadtbild fest verankert – trotz mangelnder historischer Stauferspuren in der Stadt selbst. In diesem Punkt ähnelt Göppingen anderen Staufer- und Barbarossastädten, wie z.B. Kaiserslautern.210 Diese Präsenz beruht auf langen Traditionslinien. Im Stadtbild sind zahlreiche Straßen und öffentliche Gebäude, teilweise bis ins 19. Jahrhundert nachweisbar, nach der Dynastie benannt. Auch eine Stauferstele im Stadtkern soll seit 2012 die Verbindung zwischen Staufern und Kommune manifestieren. Im städtischen Leben ist die Dynastie in vielen Formen der institutionalisierten Erinnerung präsent. Hierzu zählen die 210 Siehe S. 105. Ob diese Städte ähnlich wie Göppingen ihr Bewusstsein als Stauferstadt auch durch eine lang gelebtes Stauferbewusstsein begründen, müsste im Einzelnen überprüft werden und wäre eine interessante weiterführende Forschungsfrage.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

Aktivitäten der Gesellschaft für staufische Geschichte und der Städtepartnerschaften mit staufisch geprägten Städten, die im folgenden noch intensiver analysiert werden sollen. Weitere Formen sind Sportereignisse wie der Barbarossa-Berglauf und die von der Stauferstiftung ausgeschriebenen Schülerwettbewerbe. Die Art der staufischen Rezeption im Stadtleben kann als traditionell und informativ-weiterbildend bezeichnet werden. Zentrale Funktionen der staufischen Rezeption im Stadtleben und Stadtbild sind die kommunale Identitätsstiftung und der Erkenntnisgewinn über die als eigene Stadtgeschichte gedeutete Stauferzeit. Wie in einem Zirkelschluss dient die staufische Geschichtspflege auch der Festigung des Bewusstseins als Stauferstadt. Dieses speist sich auch aus der Kenntnis um die schon lange gelebte Staufertradition der Stadt. Dies wird auch in der Außendarstellung kommuniziert. Als ein Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Werbung mit der staufischen Geschichte in Göppingen eine sehr lange Tradition hat und die Dynastie den gesamten Untersuchungszeitraum hindurch als Aushängeschild für die Stadt fungierte. Wie in anderen Staufer- und Barbarossastädten sind die Anfänge einer eindeutigen Positionierung über die Staufer in den späten 1960er Jahren zu suchen. Nach den massiven Werbemaßnahmen ist das Label im Anschluss an das Stauferjahr 1977 etabliert. Es fungiert während des weiteren Untersuchungszeitraums als Aufhänger, unter dem im Anschluss auch andere Charakteristika der Stadt genannt werden. Damit kann sich die Kommune seit Ende der 1970er Jahren als Stadt der Tradition und Moderne darstellen. Der Hohenstaufen stellt als Naherholungsraum in der staufischen Bewerbung parallel zur lokalgeschichtlichen Komponente der Stauferthematik immer eine eigenständige Komponente dar. Zunächst als sportliche Tourismusdestination, dann immer mehr als Erholungsort, der einen Ausflug aus dem stressigen Alltag bietet. Wie in Schwäbisch Gmünd kommt seit den 1980er Jahren zudem der kulinarische Sektor hinzu. Neben der Naturbegegnung ist ab den 1990er Jahre und verstärkt ab den 2010er Jahren eine Verlagerung der Stauferrezeption vom Bildungs- in den Erlebnissektor festzustellen. Diese zeigt sich deutlich im Vokabular der Broschüren und der beworbenen Angebote. Die Entwicklung ist jedoch im Vergleich zu Schwäbisch Gmünd weniger einschneidend, deren performative, erlebnisorientierte Vermarktung der Staufer für die 2010er Jahre kennzeichnend ist. Die Stauferzeit wird seit den 1970er Jahren bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum als die eigene Stadtgeschichte und die des näheren Umlands dargestellt. Sekundär wird sie als städtische Tradition erzählt, indem das lang gelebte Bewusstsein als Stauferstadt betont wird. Weiterhin wird bis in die späten 2000er Jahre die staufische Herrschaft als prägend für die deutsche Geschichte ausgelegt. Diese Deutung verschiebt sich in den 2010er Jahre in eine europäische Kontextualisierung der Staufer. Der jüngste Trend einer Europäisierung der staufischen Rezeption ist bis auf die lokale Ebene in der Außendarstellung nachweisbar. Im Bereich der medialen Aufbereitung ziehen sich zwei Bildmotive durch den ganzen Untersuchungszeitraum: Zum einen der Cappenberger-Barbarossa-Kopf, der direkt mit der staufischen Geschichte verknüpft wird. Zum anderen eine Aufnahme vom Berggipfel mit der Stadt im Vordergrund – der landschaftlich-idyllische Zugang zur Dynastie. Letzteres setzt sich ab den 1990er Jahren durch und wird das visuelle Markenzeichen der Hohenstaufenstadt Göppingen. Des Weiteren lassen sich auf medialer Ebene keine linearen Entwicklungslinien der staufischen Rezeption erkennen. Wenig bebilderte, textlastige und informationsdichte Prospekte aus dem Stauferjahr werden

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von bildlastigen, kurzweiligen Broschüren in den 1980er Jahren abgelöst. Die Reklameschriften der 1990er und frühen 2000er sind jedoch wieder sehr schlicht gehalten und spärlich bebildert. Die Flyer ab den 2010er Jahren sind schließlich ähnlich wie die Prospekte Schwäbisch Gmünds und anderer Staufer- und Barbarossastädte in diesem Zeitraum medial professionell und vielfältig aufbereitet durch sehr viele Bilder und kurze Textsequenzen, die ein Geschichtserlebnis versprechen. Die Staufer fungieren neben der Prospektwerbung seit den 2010er Jahren auch losgelöst von der Historie als multimedial erfahrbarer Werbeträger der Stadt. Dieser kann wie ein Merchandise-Artikel als personifiziertes Souvenir mit nach Hause genommen werden. Diese wirtschaftliche Nutzung der Staufer als Werbeträger erfolgt in Göppingen jedoch schwächer als in Schwäbisch Gmünd. Dies gilt auch für die Funktionsverschiebung vom staufischen Weiterbildungsangebot zum emotionalen Erlebnis. Gleichzeitig fungieren die Staufer in Göppingen aber sehr viel früher und wesentlich konsequenter als Marketingfaktor der Stadt.

7.3

Stauferführungen und der Erinnerungsort Hohenstaufen seit dem Stauferjahr 1977

Als Fallbeispiel für den touristischen Umgang mit den Staufern in Göppingen werden die Rezeptionen der Dynastie auf dem Hohenstaufen, im Dokumentationsraum und in Führungsformaten analysiert.211 Viele der befragten Geschichtsvermittler (insgesamt 5 Personen) geben an, schon lange in diesem Bereich tätig zu sein und ihre Führungen in diesem Zeitraum nicht gravierend verändert zu haben.212 Ziel kann es daher nicht sein, inhaltliche Veränderungen innerhalb der Stauferführungen stichhaltig mit konkreten Jahreszahlen zu ermitteln, sondern die langen Entwicklungslinien der staufischen Rezeption in diesem touristischen Medium herauszuarbeiten. Zunächst zum Hohenstaufen selbst, der im Stauferjahr 1977 zahlreiche Veränderungen erfuhr: Auf dem Berggipfel wurde durch den Albverein anstelle der abgebrannten Schutzhütte eine neue Gastwirtschaft errichtet, die bis zu den Umbaumaßnahmen 2010 die Ausflugsgäs-

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Die verschiedenen Ausstellungskonzeptionen des Dokumentationsraums werden jedoch nur summarisch in die Untersuchung mit einbezogen. Auch die Führungen im Dokumentationsraum als Bestandteil des touristischen Angebots auf dem Hohenstaufen werden nur kursorisch einbezogen. Zum einen ist diesem populären Medium der staufischen Rezeption ein eigenes Kap. gewidmet. Zum anderen ist die Exposition im Dokumentationsraum bis in die 1990er Jahre sehr ähnlich zur Stuttgarter Staufer-Ausstellung von 1977 konzipiert. Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern; Müller, Maria-Katharina, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 25.4.2017 (Interview); Werwigk, Fritz, ehemaliger Geschichtsvermittler, Göppingen 19.4.2017 (Interview). Falls Veränderungen im Führungsrepertoire vorgenommen wurden und werden, dann aufgrund neuer Forschungserkenntnisse, von denen die Geschichtsvermittler durch die Vorträge der Gesellschaft für staufische Geschichte oder dem Geschichts- und Altertumsverein in Göppingen erfahren haben. Ein erneuter Beleg dafür, dass akademische Geschichtswissenschaft und angewandte Geschichte nicht klar voneinander abgrenzbar sind, sondern wechselseitig aufeinander einwirken. Siehe S. 25.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

te nahe der Ruinen versorgte.213 Auf Initiative der damaligen Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte wurde mit Hilfe der Stadt und Mitteln von Land und Kreis im April 1977 am Fuße des Berges die Dokumentationsstätte zu den Staufern eröffnet. Zu sehen war zunächst die Ausstellung »Stauferstätten im Stauferland«. Die Geschichte, Kunst und Kultur der Staufer sollte durch Originalzeugnisse, Kopien, Fotos und Modelle erläutert werden. Auch lokale Aspekte sollten berücksichtigt werden, indem »die hier lokal anzutreffende Heimat der Staufer sowie deren Umland« mit Hilfe von Großfotos der Bauwerke und Informationstafeln dokumentiert wurde.214 Die Infrastruktur des Berggipfels mit Gaststätte und Dokumentationsraum am Fuße des Hohenstaufen veränderte sich bis in die 1990er Jahre kaum. Unmittelbar nach der Stuttgarter Ausstellung wurden hierfür gefertigte Abgüsse von Skulpturen und der didaktische Teil der Exposition gezeigt.215 Nach einer Werbebroschüre von 1978 waren die Ziele des Dokumentationszentrums entsprechend neben der historischen Erläuterung von Berg und Burg auch die Vermittlung der Geschichte, Kunst und Kultur der Stauferzeit, wobei der Kunst durch die exponierten Skulpturen der größte Raum zugesprochen wurde.216 Bereits in den frühen 1980er Jahren erfolgte jedoch eine Abkehr von diesem künstlerischen Schwerpunkt und die umliegenden Stauferstätten wurden erneut thematisiert. Der Dokumentationsraum fungierte als eine Art Informationszentrum für die Straße der Staufer, wobei die allgemeine Historie der Dynastie und des Berggipfels mit der Stammburg weiterhin Kernthemen waren. Bis zur Renovierung 1994 wurden diese Aspekte sehr nüchtern-informativ in einer reinen Text-Bild-Dokumentation erläutert, die vereinzelt durch Skulpturen aus Stuttgart und Burgmodellen hinter Vitrinen ergänzt wurde.217 An diesem Grundkonzept der medialen Vermittlung im Dokumentationsraum änderte auch die Renovierung 1994 nur geringfügig etwas. Weiterhin dominierten textliche Erschließungsmittel wie Karten und Erläuterungstafeln die Narration der Stauferzeit im Dokumentationsraum. Die einzelnen Objekte wie Münzen waren geballt hinter Vitrinen ausgestellt und in keine Inszenierungen eingebaut.218 Eine leichte Abkehr von der rein dokumentarischen Darstellung stellten die großformatigen Bilder dar, die in der Mitte des Raumes beispielsweise eine Luftaufnahme des Stauferlands zeigten und so ein Stück weit eine Szenerie erzeugten.219 Die mehrsprachig angelegte Ausstellungsbroschüre illustriert eine zunehmende Professionalisierung der 213

Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung; Ziegler, Walter; ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, Göppingen 27.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern. 214 Ziegler, 1977. Vgl auch Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview). 215 Vgl. Kauß, 1980, S. 13. Die Stadt Göppingen bekam diese zunächst als Leihgabe, seit 1979 als Geschenk. 216 Vgl.Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen, 1978: Broschüre Hohenstaufenstadt Göppingen – Zeugnisse aus Geschichte und Geologie. 217 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview). 218 Vgl. Rueß/Hegele, 2001, Vorspann. 219 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Darstellung in den 1990er Jahren. Thematisch weitete sich die Perspektive. Neben der Geschichte von Burg und Berg wurde in der Exposition ab 1994 verstärkt auf das Stauferland, definiert als die Landschaft rund um den Hohenstaufen, eingegangen. Burgen, Kirchen und Klöster des Umlands wurden erläutert und auch die Straße der Staufer als Kulturtour um den Hohenstaufen vorgestellt. Zentral war auch die Stauferverehrung des 19. Jahrhunderts, die anhand von Zitaten schwäbischer Dichter über den Hohenstaufen aus lokaler Perspektive thematisiert wurde. Einen eigenen Schwerpunkt bildete erstmals ein Ausblick über das Deutsche Reich hinaus auf das Südreich der Staufer als einen eigenständigen Themenblock.220 Die Jahrtausendwende brachte auf dem Berggipfel und im Ausstellungsraum keinen nennenswerten Wechsel in der touristischen Vermarktung. Als einzige Erneuerung kann die Errichtung der Stauferstele 2002 genannt werden.221 Große Veränderungen brachte erst die Sanierung der Ruinen auf dem Berggipfel 2009 und die darauf folgenden Maßnahmen. Die Umgestaltung des Dokumentationsraums 2009 sah vor, alle Objekte der Stauferzeit, die sich im Besitz der Stadt Göppingen befanden, im Ausstellungsraum auf dem Hohenstaufen zu bündeln.222 In der neuen Exposition wird die staufische Dynastie in verschiedenen Facetten erläutert. Unter »Herkunft und Aufstieg« werden die für die lokale Geschichtskultur wichtigen frühen Staufer thematisiert. In diesem Zusammenhang wird auch die Burgerrichtung auf dem Hohenstaufen und das Kloster Lorch erwähnt. Das restliche Umland wird im Kontrast zu bisherigen Ausstellungsformaten nicht in einem eigenen Themenblock vorgestellt. Des Weiteren wird das Agieren der Staufer als Könige und Kaiser im Deutschen Reich und auch im Südreich thematisiert. Die Frauen der Staufer stellen erstmals einen eigenständigen Themenblock dar. Weitere Themen sind das Leben und der Wandel in Stadt und auf dem Land während der Stauferzeit, das Rittertum und Ministerialwesen und die Kreuzzüge. Die Ausstellung schließt mit dem Nachleben der Staufer, das vor allem anhand der Aktivitäten auf dem Berggipfel und im Umkreis thematisiert wird.223 Im zugehörigen Faltprospekt werden die Besucher aufgefordert die Geschichte der Stauferzeit zu entdecken.224 Kurzfilme in der Exposition zu Ritterrüstungen, Kampftechniken, den Kreuzzügen und den Frauen der Staufer sowie verschiedene interaktive Stationen zur Kleidung der Zeit machen »eine glanzvolle Geschichtsepoche Europas lebendig.«225 Neben klassischen Führungen durch den Dokumentationsraum kann die Stauferzeit nun auch durch Vorführungen zur Kleidung der Stauferzeit, historische Spiele und das Thema Ritter und Burgfräulein erfahren werden.226 In der Aus-

220 Vgl. Rueß, Karl-Heinz/Hegele, Anton, 2016: Die Staufer. Begleitbuch zur Ausstellung. (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen, Bd. 56). Göppingen, Inhaltsverzeichnis, S. 6, 10-11. 221 Vgl. Rueß, 2014, S. 402. 222 Bis dato war ein Teil der Objekte der Stauferzeit im Stadtmuseum Göppingen in der Stauferhalle untergebracht. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview). 223 Vgl. Rueß/Hegele, 2016, Inhaltsverzeichnis; Stadt Göppingen. 224 Vgl. Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Broschüre Die Staufer. Neugierig auf unsere Geschichte? Ausstellung am Hohenstaufen. 225 Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, ca. 2015: Broschüre Hohenstaufen. Ein Berg. Ein Ort und seine Geschichte. 226 Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Staufer-Ausstellung Hohenstaufen. Vermittlung.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

stellung ist die Stauferzeit mittels Gestaltungselementen erstmals in Szene gesetzt. Die verschiedenen Oberthemen sind in unterschiedlichen Farben gehalten. Eindrucksvoll hängt über der Raummitte des ersten Raumes ein der Form des Castel del Montes nachempfundenes Achteck in dunkelblau und gold, in dessen Innerem die Namen aller Staufer angestrahlt werden. Zentrale Objekte wie Nachbildungen des Cappenberger Barbarossa-Kopfes und der Steinstatue vom Brückentor in Capua von Friedrich II. sind ebenfalls im ersten Raum freistehend und gut beleuchtet in Szene gesetzt.227 Im zweiten Raum überragt eine Nachbildung der Zeichnung der Hohenstaufenburg aus der Oberhofenkirche das restliche Raumkonzept.228 Der Berggipfel selbst hat sich seit der Umsetzung der Umbau- und Tourismusmaßnahmen ab 2010 stark verändert. Mittels Infotafeln entlang des Weges wurde der Ausstellungsraum mit den Ruinen auf dem Berg verknüpft.229 Seit der Fertigstellung der modernen Berggaststätte »Himmel und Erde« auf dem Gipfel 2012 wird diese durch das Kommunikationsbüro Saltico betrieben.230 Unter ihrer Regie ist auch das Konzept zu »Himmel und Erde« entstanden: Beide seien sich auf dem Berg viel näher und beides »steht [aber] auch symbolisch für die Geschichte der Staufer: […] immer war die heftig umstrittene Frage: Wer ist der wichtigste Mensch auf der Welt, der Papst oder der Kaiser?«231 Als Lösungsangebot werden beide im Namen gleichwertig nebeneinander genannt. Aber nicht nur der Name der Gaststätte orientiert sich an den Staufern. Auch das kulinarische Angebot vom Schnitzel »Barbarossa« zum Wurstsalat »Konradin« bis zum Nachtisch »Irenenglück« verschreibt sich der Stauferzeit. Passend sind auch Spezialitäten aus den staufischen Partnerstädten wie der Rotwein aus Apulien im Angebot.232 So werden die Staufer zum inhaltsleeren Attribut und Markenname für die schwäbische Küche. Dieser Trend setzt sich im zugehörigen Bergladen fort, in dem es neben dem »himmel&erde Berggeist« auch den Berghonig »Irenengold« zu erwerben gibt.233 Als Arbeitsauftrag von der Stadt Göppingen soll die Agentur die staufische Geschichte auf dem Berggipfel aktiv thematisieren.234 Dieser Aufgabe kommt sie auch als eines der Gründungsmitglieder des Verein »Berg Hohenstaufen e.V.« nach. Dieser wurde 2012 ins Leben gerufen.235 Ziel 227 Vgl. Rueß/Hegele, 2016, S. 4-5. 228 Vgl. ebd., S. 18-19. 229 Vollständig waren die Infotafeln 2013 am Wegesrand installiert. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview). An fünf Standorten informieren sie die Wanderer über die Barbarossakirche, die Wiederentdeckung von Berg und Ruine als Naturidyll in der Zeit der Romantik, die Pläne zur Errichtung eines Nationaldenkmals, die geologische Beschaffenheit des Gipfels und den ehemaligen Grundriss der Burg. Vgl. Rueß, 2014, S. 403. 230 Vgl. saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Berggaststätte himmel&erde. https://www.berg-hohenstaufen.de/berggaststaette-himmelerde/ [8.7.2019]. 231 Ebd. 232 Vgl. saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Speisen & Getränke. https://w ww.berg-hohenstaufen.de/berggaststaette-himmelerde/speisen-getraenke/ [8.7.2019]. 233 Vgl. saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Bergladen. https://www.berghohenstaufen.de/berggaststaette-himmelerde/bergladen/ [8.7.2019]. 234 Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 235 Vgl. Neuer Verein setzt auf Natur und Geschichte. Hohenstaufen wieder ins Bewusstsein rücken, 22.8.2012. In: Neue Württembergische Zeitung. Den Vorsitz übernahm die Geschäftsführerin der Un-

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des Vereins ist es, das historische Erbe des Hohenstaufen zu bewahren und die Entwicklung des Berges zu fördern.236 Unter Federführung der Agentur Saltico wurde für den Berggipfel das Motto »Hochgehen zum Runterkommen« entworfen, das den Hohenstaufen »als Ort der Ruhe und Entspannung positionieren [soll], an dem Natur erlebt und Geschichte gespürt werden kann.«237 Auf der Homepage zum Berggipfel wird dieser als Naturidyll sehr atmosphärisch beschrieben: »Das eindrucksvolle Panorama lässt uns still und staunend – und der Zauber dieses einzigartigen Ortes zieht uns in seinen Bann.«238 Auch die spärlichen Überreste der Burgruine werden in ein magisches Licht gerückt: »Gerade die Unvollkommenheit der Burg gibt uns den Raum, viele wunderbare Geschichten in der eigenen Phantasie lebendig werden zu lassen.«239 Geträumt werden kann denn auch vom »geheimnisvollen Tod« Friedrich Barbarossas und der daraus entstanden Kyffhäusersage, dem »leidvollen Schicksal« Irenes von Byzanz oder dem »multikulturellen, sagenumwobenen Friedrich II.«240 Ausgerichtet von der Berggaststätte finden regelmäßig Veranstaltungen statt, die sich thematisch mit den Staufern beschäftigen.241 Des Weiteren lädt eine Bücherecke mit Märchenbüchern, Informationen über die Dynastie, aber auch die heimische Natur zum Verweilen ein und mit einem kostenlosen Audioguide haben die Besucher die Möglichkeit, eigenständig den Berg zu erkunden.242 In diesem ebenfalls von der Agentur Saltico umgesetzten und von der Kreissparkasse Göppingen finanzierten Guide werden durch bekannte Sprecher aus der Region Sach- und Literaturtexte verlesen, die durch Musikstücke ergänzt wer-

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ternehmensgruppe »du«, Beate Schwarz. Andere bekannte Mitglieder sind Alt-Landrat Franz Weber und der Verein Staufersaga aus Schwäbisch Gmünd. Vgl. saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Der Verein. https://www.berghohenstaufen.de/partner/der-verein/ [8.7.2019]. Für diese Aufgabe sammelt der Verein Fördergelder und Spenden. Neben Partnern aus der Wirtschaft unterstützt zuvorderst die Stadt Göppingen die Aktivitäten zur Aufwertung des Hohenstaufen mit einem finanziellen Zuschuss. Vgl. saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Partner. https://www.berg-hohenstaufen.de/partner/ [8.7.2019]. Neuer Verein setzt auf Natur und Geschichte. Hohenstaufen wieder ins Bewusstsein rücken, 22.8.2012. Vgl. auch saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Berggaststätte himmel&erde. saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Hochgehen zum Runterkommen. https://www.berg-hohenstaufen.de/hochgehen/ [8.7.2019]. saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Die Staufer. https://www.berg-hohenstaufen.de/hochgehen/die-staufer/ [8.72019]. Ebd. Beispielsweise kam als Familienangebot ein Märchenerzähler, der Sagen und Märchen erzählte. Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview); saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Bücherregal. https://www.berg-hohenstaufen.de/hochgehen/buecherregal/ [8.7.2019].

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den.243 Als Autoren fungierten Göppinger Experten und Literaten.244 An acht Stationen über den Berg verteilt wird über bekannte Persönlichkeiten der Dynastie, die Burg Hohenstaufen, Pläne zur Errichtung eines Nationaldenkmals auf dem Berg, seine geologische Entstehung und den Berg als Ort der Heimat und Natur, an dem sich Himmel und Erde so nahe seien, informiert.245 Die jeweiligen Sachtexte zu den Stationen geben kurz und prägnant die nötigsten Informationen und verweisen auf die Möglichkeit einer vertieften Auseinandersetzung im Dokumentationsraum.246 Die Station zur Burg Hohenstaufen informiert über die Anfänge der Staufer und spannt den Bogen weiter zu den nachfolgenden staufischen Königen und Kaisern, dessen Herrschaftsbereich sich über Europa erstreckte. Durch die Betonung der Anfänge des Adelsgeschlechts wird der Ort hervorgehoben und die staufische Geschichte zur Lokalgeschichte. Weiterhin wird das Burgleben beschrieben und ein abschreckend andersartiges Mittelalterbild erzeugt.247 An der zweiten Station wird als erster Staufer Friedrich Barbarossa mit acht Hörspielpunkten thematisiert. Kurz und knapp werden die wichtigsten Lebensdaten und sein Nachleben in Form der Kyffhäusersage präsentiert. Das Gedicht Friedrich Rückerts ist als eigenständiger Punkt ebenfalls abhörbar.248 Seinem Enkel Friedrich II. sind mit 17 zu hörenden Punkten mit Abstand am meisten Themen zur staufischen Dynastie gewidmet, obwohl er in keinem direkten Bezug zur Burg auf dem Hohenstaufen steht. Dadurch wird erneut die Popularität dieses Staufers in der jüngsten Rezeption deutlich. Durch die Beschreibung seines Wissensdursts – symbolisiert durch das Falkenbuch – und seines Friedenswillens wird das positive Bild eines innovativen Herrschers gezeichnet.249 Die dritte Persönlichkeit der Dynastie, die in einer eigenen Hörerstation thematisiert wird, ist Irene von Byzanz. Neben den historischen Daten zu ihrer Persönlichkeit wird ihre Bekanntheit und Beliebtheit bei den Zeitgenossen, allen voran den Minnesängern, genannt. Walther von der Vogelweides Gedicht über sie ist dementsprechend als literarischer Punkt separat abrufbar. Auch ihr tragisches Ende auf dem Hohenstaufen und ihre weitere Rezeption bis in die Gegenwart werden thematisiert.250 Mit der Rezeption der gesamten Dynastie auf dem Hohenstaufen beschäftigt sich auch eine weitere Hörstation, die die Bemühungen zur Denkmalserrichtung 1871 und auch den weiteren Umgang mit Berg und Stammburg bis in die jüngste Vergangenheit thematisiert. Hierzu zählt auch die literarische Auseinandersetzung mit dem Hohenstaufen 243 Vgl. saltico management & marketing GmbH: Berg Hohenstaufen. Audioguides. https://www.ber g-hohenstaufen.de/hochgehen/audioguides/ [8.7.2019]; saltico management & marketing GmbH, 2017: Broschüre Berg Hohenstaufen. Natur und Geschichten. Der Audioguide für den Berg Hohenstaufen. Als Sprecher fungierten beispielsweise die Oberbürgermeister Schwäbisch Gmünds und Göppingens und Alt-Landrat Franz Weber. 244 Vgl. saltico management & marketing GmbH, 2017: Broschüre Berg Hohenstaufen. Natur und Geschichten. Der Audioguide für den Berg Hohenstaufen. Namentlich genannt werden Dr. Anton Hegele, Dr. Gerd Kolter, Dr. Stefan Lang und Andreas Schweickert. 245 Vgl. ebd. 246 Vgl. Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Führung durch den Audioguide auf dem Hohenstaufen. Göppingen. 247 Vgl. ebd. 248 Vgl. ebd. 249 Vgl. ebd. 250 Vgl. Ebd.

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im 19. Jahrhundert.251 Die Fokussierung auf schwäbische Autoren, die sich explizit zum Hohenstaufen äußern, zieht sich durch den gesamten Audioguide und verdeutlicht erneut die lange Tradition der staufischen Geschichtskultur in Göppingen. Auch unter der Hörerstation »Heimat und Natur« werden Texte historischer Literaten der Region vorgelesen. Fernab der Staufer wird bei diesem Themenblock die Natur des Berges über den dort häufig zu findenden Lindenbaum thematisiert. Dessen Bedeutung als Kultursymbol für den Menschen beispielsweise in der Nibelungensage oder in Walther von der Vogelweides Under den Linden wird erläutert, wodurch der Berggipfel zum magischen Sehnsuchtsort in der Natur stilisiert wird.252 Diese Auslegung des Ortes, an dem die Zuhörer die Seele baumeln lassen und die teils mystisch und tragisch dargestellte Vergangenheit nacherleben können, zieht sich durch den gesamten Audioguide. Durch literarische Zeugnisse und mittelalterliche Musikstücke wird eine stimmungsvolle Atmosphäre erzeugt, die ein emotionales Geschichtsempfinden ermöglicht.253 Diese starken Veränderungen, die der Erinnerungsort Hohenstaufen seit den Umbauten durchlaufen hat, spiegeln sich auch in den Führungsformaten für den Berggipfel wider. Da auch in Göppingen Mitte der 1970er Jahre von einer institutionalisierten Tourismusstruktur nicht die Rede sein konnte, wurden Anfragen nach Führungen bis zum Stauferjahr meist vom Stadt- und Kreisarchivar durchgeführt.254 Dementsprechend entstand 1977 die Idee einer Fremdenführerausbildung gezielt zur staufischen Geschichte, die von den Archivaren durchgeführt und von Oberbürgermeister König begeistert unterstützt wurde. In der sechsmonatigen Ausbildung wurden Vorträge und Exkursionen zur staufischen Geschichte angeboten, deren Inhalte in einer schriftlichen, mündlichen und praktischen Prüfung abgefragt wurden.255 Schwerpunkte bildeten die Geschichte der Burg von ihrer Erbauung bis zur Schleifung im Bauernkrieg, die mit ihr verknüpfte Stauferbegeisterung des 19. Jahrhunderts und die allgemeine Historie der Dynastie, die klassisch ereignis- und personengeschichtlich fokussiert beispielsweise durch die Abfolge der staufischen Herrscher vermittelt wurde.256 Der Schwerpunkt der vermittelten Ereignisgeschichte lag auf dem Umland und dem Deutschen Reich, nur summarisch wurde das Agieren der Staufer in Italien thematisiert.257 19 Geschichtsvermittler wurde zum Stauferjahr das Diplom zum Fremdenführer für das Stauferland überreicht.258 Die verfügbaren Geschichtsvermittler boten die ihnen bekannten Themen der jeweiligen Gruppe an. Individuell wurde dann in Absprache entweder nur der Berggipfel oder

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Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Akte 1976, 5.11.1976: Zeitungsartikel aus der Stuttgarter Zeitung: 73 Fremdenführer. Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Müller, Maria-Katharina, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 25.4.2017 (Interview). Vgl. Ziegler, ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, 27.4.2017. Vgl. Müller, Maria-Katharina, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 25.4.2017 (Interview). Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung.

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auch einige Stauferstätten aus dem Umland auf Rundfahrten auf der 1977 erschaffenen Straße der Staufer besucht.259 Teilweise wurden auch auswärtige Gruppen bei den Fahrten der durch Archiv und Verkehrsamt konzipierten Studienfahrt »Kunst, Kultur und Landschaft der Staufer. Eine Woche im Stauferland Göppingen« betreut.260 In einer sehr schlicht gehaltenen, textlastigen Broschüre wurden abschnittsweise die verschiedenen Tagesfahrten erläutert. Mit An- und Abreise nach Göppingen konnten die Besucher insgesamt eine siebentägige Studienreise im Stauferland mit der Hohenstaufenstadt als Ausgangspunkt unternehmen.261 Die erste Tagesfahrt zur Heimat der Staufer sollte »dem Besucher einen ungefähren Einblick in Stammsitz und Einfluß der Staufer auf profanen und kirchlichen Bau ihrer nächsten Heimat vermitteln […].« Die zweite Fahrt widmete sich der »erweiterten Landschaft des Stauferlandes« und die Dritte der Landschaft Oberschwabens.262 Eine Tagesfahrt zur Stuttgarter Staufer-Ausstellung und eine weitere zur Erkundung der Landeshauptstadt umrahmten die Studienfahrt.263 Diese und andere individuell abgesprochene Rundfahrten auf der Straße der Staufer wurden auch nach 1977 von Seiten der Stadt Göppingen angeboten. Auch viele der für das Stauferjahr ausgebildeten Geschichtsvermittler boten ihr erworbenes Repertoire weiterhin für Reisende an, sodass die 1977 durchgeführten Fremdenverkehrsmaßnahmen als Fundament für die touristische Rezeption der Stauferzeit bis in die frühen 1990er Jahre verstanden werden können.264 Die klassischen Führungsformate auf dem Hohenstaufen in diesem Zeitraum kombinierten den Besuch der Burgruine auf dem Gipfel mit einer Wanderung hinunter zum Ausstellungsraum und einem kurzen Blick in die Barbarossakirche am Fuße des Berges.265 Auswärtigen Gruppen wurde zusätzlich die Kombination mit anderen umliegenden bekannten Stauferstätten wie der Grablege in Lorch oder der Johanniskirche in Schwäbisch Gmünd angeboten.266 Meist wanderten die Gruppen gemeinsam mit den Geschichtsvermittlern den Berggipfel hinauf, wo-

259 Vgl. Ziegler, ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, 27.4.2017; Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 15.12.1976: Schreiben des Stadtarchivar Dieter Kauß zu Fremdenverkehrsmaßnahmen. 260 Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 1976: Hohenstaufenstadt Göppingen. Studienfahrt: Kunst, Kultur und Landschaft der Staufer. Eine Woche im Stauferland Göppingen. Vgl. auch Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 138, 11.2.1976: Schreiben vom Verkehrsamt an die Herren Oberbürgermeister Dr. König und Bürgermeister Dr. Christ. 261 Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 15.12.1976: Schreiben des Stadtarchivar Dieter Kauß zu Fremdenverkehrsmaßnahmen. 262 Beide Zitate stammen aus Stadtarchiv Göppingen, Chronikbeilagen, 1976: Studienfahrt: Kunst, Kultur und Landschaft der Staufer. Eine Woche im Stauferland um Göppingen. Informationsbrief. 263 Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 1976: Hohenstaufenstadt Göppingen. Studienfahrt: Kunst, Kultur und Landschaft der Staufer. Eine Woche im Stauferland Göppingen. 264 Vgl. Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 19.11.1977: Sitzungsprotokoll des Arbeitskreis für Landes- und Ortsgeschichte im Verband der württembergischen Geschichts- und Altertumsvereine. Thema: Rückblick auf das Jahr der Stauferausstellung; Kreisarchiv Göppingen, Akte Aktivitäten zum Stauferjahr, 15.12.1976: Schreiben des Stadtarchivar Dieter Kauß zu Fremdenverkehrsmaßnahmen. 265 Vgl. Ziegler, ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, 27.4.2017. 266 Vgl. Müller, Maria-Katharina, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 25.4.2017 (Interview).

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bei diese passende Anekdoten aus der Göppinger Stadtgeschichte in Verbindung mit dem Berggipfel am Wegesrand beschrieben. Beim Aufstieg oder als erste Station auf dem Gipfel wurden die im Panorama zu sehenden anderen Berggipfel, Hohenrechberg und Stuifen, und ihre Bedeutung als »Kaiserberge« erläutert. Auch die wichtigen geologischen Fakten zur Entstehung des Berggipfels wurden erklärt. Im Anschluss wurde die Burggeschichte von ihrer Errichtung bis zur Schleifung während des Bauernkrieges vermittelt. Das Gesagte wurde durch zusätzliches didaktisches Material wie Bilder von der einstmaligen Burg veranschaulicht. Verknüpft wurde die Burggeschichte mit der Geschichte der Dynastie. Zum einen wurde auf die staufischen Herrscher im Allgemeinen eingegangen, indem die Dynastie als ein erfolgreiches Adelsgeschlecht dargestellt wurde, welches ein europäisches Herrschaftsgebilde anstrebte. Somit wurde ein positives Bild der fortschrittlichen Visionäre geschaffen. Zum anderen wurden die Staufer, die für die Lokalgeschichte von Bedeutung waren, thematisiert – wie Friedrich I. Herzog von Schwaben, der die Burg errichten ließ, oder Friedrich Barbarossa, der 1154, die Urkunde mit der Nennung Göppingens ausstellte. Die Vermittlung kann als nüchtern-informativ beschrieben werden. Als unterhaltende Gestaltungsmittel wurden von den Geschichtsvermittlern lediglich ein teilweise anekdotisches Erzählen und die Einflechtung schwäbischer Dichtung aus der Zeit der Romantik über den Berg genannt. Im Anschluss an die Berggipfelführung ging die Gruppe in den Dokumentationsraum.267 In diesem wurde anhand ausgewählter Objekte eine vertiefte Information über die Dynastie und Charakteristika ihrer Herrschaftszeit gegeben. Nicht plastisch und nacherlebbar, sondern anhand zusätzlich mitgebrachter Illustrationen und Modellen wurde Schulklassen beispielsweise das Rittertum näher gebracht.268 Das Format der Hohenstaufenführungen blieb auch in den 1990er Jahren in seinem Grundkonzept Berggipfel/Ruinen in Kombination mit dem Dokumentationsraum gleich. Ergänzt wurde es um ein umfangreiches Angebot an Rad- und Wandertouren um den Berg und erstmals pauschal ausgearbeiteten Busrundfahrten im Stauferland.269 Jeden dritten Samstag im Monat wurden Touren zu staufischen Stätten im Umkreis angeboten.270 Als Zielgruppen galten prinzipiell alle Göppinger Bürger und hier speziell die ältere Generation. Daneben Einzelgäste und Gruppenreisende. Ziel dieser Busfahrten war dementsprechend nicht nur die touristische Vermarktung der »traditionsreiche[n] und geschichtsträchtige[n] Umgebung«, sondern auch die lokale Geschichtspflege.271 267 Vgl. Müller, Maria-Katharina, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 25.4.2017 (Interview); Werwigk, Fritz, ehemaliger Geschichtsvermittler, Göppingen 19.4.2017 (Interview). 268 Vgl. Müller, Maria-Katharina, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 25.4.2017 (Interview); Rueß, KarlHeinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview). 269 Vgl. Kumpf, Christine, Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung und ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, Göppingen 3.5.2017 (Interview). 270 Durchgeführt wurden diese durch Stadtführer Göppingens und die Stadt- und Kreisarchivare, oder durch das Personal der jeweils besuchten staufischen Stätten. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrundfahren, 2.4.1993: Schreiben der Tourist Information; Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrundfahren, 7.5.1994: Programm Göppinger Frühling. Tips für Stadtbesucher. 271 Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrundfahren, 28.5.1993: Schreiben der Tourist-Information an die Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen; Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrund-

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Destinationen der Ausflugsfahrten waren bekannte staufische Stätten der Umgebung wie der Hohenstaufen selbst, die Stadt Schwäbisch Gmünd mit der Johanniskirche oder auch das Kloster Lorch.272 Fotos dieser Ausfahrten zeigen ein etwas älteres Publikum, das von den Geschichtsvermittlern den historischen Ort sachlich mit didaktischen Erschließungsmitteln erläutert bekommt. Soweit erkennbar waren keinerlei performative, unterhaltende Elemente in die Führungsformate eingebaut.273 Die letzte dieser Busrundfahrten durch das Stauferland fand nachweislich 1998 statt.274 In den 2000er Jahren ist eine Weiterentwicklung hinsichtlich des Führungsrepertoires zu den Staufern feststellbar. In einem Prospekt von 2005 waren neben der klassischen Führung auf den Berg auch explizit Gruppenführungen im Dokumentationsraum oder der Stiftskirche Faurndau buchbar. Erstmals findet sich das Angebot einer themenspezifischen Führung zu staufischen Frauen.275 Ebenfalls auf dem Hohenstaufen wird versucht, den historischen Ort mit Frauenschicksalen aus der Stauferzeit in Verbindung zu bringen und diese für die Touristen zugänglich zu machen.276 Dieses Vermittlungsformat existiert auch noch im jüngsten Untersuchungszeitraum ab 2010. Beginnend an der Staufestele veranschaulicht die Geschichtsvermittlerin mittels einer Karte die Dimensionen des staufischen Herrschaftsgebiets in seiner größten Ausdehnung.277 Da dieses auch über eine geschickte Heiratspolitik diese Größe erreichte, wird dadurch der Bogen zu bekannten Frauen der Zeit geschlagen. Thematisiert werden Agnes von Waiblingen und Irene von Byzanz, da diese in Verbindung mit der zu sehenden Burgruine gesetzt werden können. Erste als Ehefrau Friedrich I., die vermutlich mehrere Jahre auf dem Berg lebte. Auch der Aufenthalt Irenes auf dem Hohenstaufen wird thematisiert – als trauriger Endpunkt eines tragischen Lebensweges. Sie wird als faszinierende Persönlichkeit

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fahren, 24.7.1993: Artikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Nach dem Motto: Denn das Gute liegt so nah. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrundfahren, 2.4.1993. Vgl.Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrundfahren, 8.4.1995: Fotos der Entdeckungsfahrt im Dokumentationsraum am Hohenstaufen; Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrundfahren, 1995: Fotos der Entdeckungsfahrt in Schwäbisch Gmünd. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrundfahren, 1998: Entdeckungsfahrt in’s Stauferland. Programm Januar-Juli 1998. Vgl. Privatbesitz Kumpf, Christine. Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung, ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, 2005: Broschüre Stadtführungen 2005. Göppinger Geschichte und Kultur…Neu entdecken und neu erleben. Die durchführende Geschichtsvermittlerin gibt jedoch an dieses Führungsformat schon etwas länger im Repertoire zu haben. Demnach werden die »Staufischen Frauen« vermutlich seit den späten 1990er/frühen 2000er Jahren im Tourismusangebot der Stadt Göppingen offeriert. Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview). Vgl. Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Broschüre Thematische Führungen für Gruppen, S. 31. Generell stand der historische Ort kaum in Bezug zum Erläuterten, sondern diente eher als Szenerie. Die gesamte Führung konzentrierte sich dementsprechend auch nur auf zwei verschiedene Punkte auf dem Berggipfel. Neben der Stele diente ein Aussichtspunkt als Standort für das Gesagte. Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview).

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dargestellt, die schon ihre Zeitgenossen bezauberte. Als dritte Frau wird Kaiserin Konstanze thematisiert, obwohl ihre Lebensgeschichte in keinem Zusammenhang mit dem Hohenstaufen steht. Generell werden die Persönlichkeiten oftmals anhand literarischer Beschreibungen vorgestellt, sodass eine sentimentale Stimmung erzeugt wird. Thematisiert werden Aspekte aus dem Alltagsleben, die den Zuhörern aus ihrer Lebenswelt vertraut sind. Die Zeit kann so nacherlebt und in ihrer faszinierenden und auch abschreckenden Andersartigkeit erfahren werden.278 Weiterhin hat sich das Spektrum an buchbaren Führungen in den 2010er Jahren deutlich ausdifferenziert. Als »Ausflug ins Mittelalter für Kinder« werden beispielsweise Führungen für Groß und Klein angeboten.279 Bei einer kleinen Wanderung auf den Gipfel sollen die Kinder durch Erzählungen und Spielaktionen an die Stauferzeit herangeführt werden.280 Weiterhin können Gruppen Führungen durch den Dokumentationsraum und auf dem Hohenstaufen buchen.281 Einmal im Monat wird zudem eine kostenlose Führung auf dem Hohenstaufen angeboten, die sich vor allem bei den Göppingern und Personen aus dem Umland großer Beliebtheit erfreut.282 Nach der Führung auf dem Berg wird ein Besuch des Dokumentationsraums zur vertieften Erkenntnis offeriert.283 Die Inhalte werden grundsätzlich auf die zwei Destination verteilt, so dass auf dem Gipfel die umliegende Landschaft, der Hohenstaufen inklusive der Burgruine und grundsätzliche Aspekte zur staufischen Dynastie erläutert werden, während im Dokumentationsraum anhand ausgewählter Exponate tiefer auf die Stauferzeit und einzelne Persönlichkeiten eingegangen wird.284 Innerhalb dieses Grobkonzeptes setzen die Geschichtsvermittler verschiedene Schwerpunkte. Ihnen allen ist gemein, dass sie, im Gegensatz zum staufischen Angebot in Schwäbisch Gmünd, keine performativen, szenischen Komponenten in ihre Führungsformaten eingliedern.285 Auf dem Berggipfel beginnen die Führungen vielfach an der Stauferstele, an der das Stelenprojekt als Ganzes erläutert wird.286 Durch die räumlichen Dimensionen des Stauferstelenprojekts wird die Größe des staufischen Herr-

278 Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview); Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Broschüre Thematische Führungen für Gruppen. 279 Stadtmarketing und Tourismus Göppingen, 2015: Broschüre Thematische Führungen für Gruppen, S. 34. 280 Vgl. ebd. 281 Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Staufer-Ausstellung Hohenstaufen. Vermittlung; Bauer, Rudi, Geschichtsvermittler, Göppingen 18.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern. 282 Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview). 283 Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Broschüre Stadtführungen. Führungen auf dem Hohenstaufen. 284 Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 285 In anderen Themenführungen Göppingens werden solche Komponenten jedoch eingebunden. Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 286 Vgl. ebd. Außerdem kann dieses als Aufhänger genutzt werden, um das Publikum mit einzubeziehen, indem nach anderen bekannten Stelenstandorten beispielsweise in den Herkunftsstädten oder Urlaubsorten in Italien gefragt wird. Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview).

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schaftsgebiets thematisiert. Der Bezug zum heutigen Gebiet der EU wird hergestellt und die Staufer, allen voran Friedrich II., gerne als frühe Europäer bezeichnet.287 Bedeutende Staufer werden vorgestellt; beginnend mit den Personen, die dem Publikum durch Vorwissen bekannt sind, hin zu den Akteuren, die für die Geschichte der Burg und auch das Umland wie Göppingen Stadt eine Rolle spielen.288 So wird die staufische Geschichte als Fundament für das gegenwärtige europäische Herrschaftsgebilde interpretiert und mit der Ursprungsgeschichte des Ortes verknüpft. Grundsätzlich erfolgt der Zugang zur Vergangenheit, indem das mittelalterliche Alltagsleben geschildert wird. So kann die Zeit anschaulich nachempfunden werden. Dementsprechend wird neben der Dynastie der Bau der Burg Hohenstaufen und das Leben auf einer mittelalterlichen Festung thematisiert. Dieses wird – gespickt mit den erwarteten Stereotypen vom kalten, dunklen, unhygienischen Mittelalter – in seiner schaurigen Andersartigkeit geschildert.289 Insgesamt werden allerdings auch Aspekte der Stauferzeit erwähnt, die diese als überraschend fortschrittlich und sogar vorbildhaft erscheinen lassen wie das Agieren Friedrichs II.290 Neben der Stauferzeit wird wie schon in den Führungsformaten der 1970er Jahre die Geschichte des Berges und des Umlands erläutert.291 Auch die weitere Geschichte des Berges nach dem Untergang der Staufer vor allem als Naturidyll und patriotischer Sehnsuchtsort wird vermittelt.292 Grundsätzlich wird das Nachleben der Staufer bis in die Gegenwart thematisiert, beispielsweise durch die Erwähnung der staufischen Löwen im Landeswappen oder auch die Nennung bekannter nach den Staufern benannten Gebäude in Göppingen.293 Als gestalterische Mittel werden Zitate bekannter literarischer Verarbeitungen der staufischen Geschichte wie das Gedicht Friedrich Rückerts über den Kyffhäusermythos verlesen.294 Des Weiteren sollen kleine Anekdoten und mitgebrachte Bilder das Gesagte veranschaulichen.295 Im Anschluss 287 Wobei auch betont wird, dass unter staufischer Ägide nicht von einem Europa-Konzept als politischen Begriff gesprochen werden kann. Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview); Bauer, Rudi, Geschichtsvermittler, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 288 Vgl. Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Hohenstaufenführung durch Erwin Singer. Göppingen; Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview). 289 Vgl. Bauer, Rudi, Geschichtsvermittler, Göppingen 18.4.2017 (Interview); Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview); Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Hohenstaufenführung durch Erwin Singer. Göppingen. 290 Vgl. Bauer, Rudi, Geschichtsvermittler, 18.4.2017; Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview). 291 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview); Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Hohenstaufenführung durch Erwin Singer. Göppingen. 292 Vgl. Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Hohenstaufenführung durch Erwin Singer. Göppingen. 293 Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview); Bauer, Rudi, Geschichtsvermittler, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 294 Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview). 295 Vgl. Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Hohenstaufenführung durch Erwin Singer. Göppingen; Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Foto Hohenstaufenführung Singer. Erläuterungen Berg. Göppingen; Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Foto Hohenstaufenführung Singer. Erläuterungen Burg. Göppingen.

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an die Führung auf dem Berggipfel besteht die Möglichkeit den Geschichtsvermittlern in den Dokumentationsraum am Fuß des Berges zu folgen. In der Exposition werden ausgewählte Themenbereiche zur Dynastie, dem Alltagsleben in der Stauferzeit, den Kreuzzügen oder auch der Erinnerungskultur vor allem auf dem Hohenstaufen abgehandelt.296 Mittels interaktiver Stationen können diese Aspekte im jüngsten Untersuchungszeitraum zum Teil selbst ausprobiert und im Unterschied zur bisherigen Vermittlung plastisch erfahren werden.297 Resümierend sind für den Berggipfel von 1977 bis zu dessen umfassender Sanierung ab 2009 außer der Errichtung der Stauferstele keine Veränderungen zu nennen. Mit der Errichtung der Berggaststätte »Himmel&Erde« und deren staufischen Unterhaltungsund sogar Speiseprogramm wandelte sich der Ort vom einfachen Ausflugsziel schließlich in den 2010er Jahren zu einer kulinarischen Anlaufstelle und attraktiven Begegnungsstätte mit der staufischen Geschichte. Durch die Bewerbung und auch das Besucherangebot wird der Hohenstaufen im jüngsten Untersuchungszeitraum zu einem magischen Erholungsort und Naturidyll stilisiert. Auf seinen Wegen kann die Historie nachempfunden und eine Auszeit vom Alltag genommen werden. Weiterhi diente der Ort während des gesamten Untersuchungszeitraums als Quell historischer Identitätsstiftung für die Göppinger und das Umland. Letzteres verdeutlicht der jährliche Besuch einer Burschenschaft aus dem Großraum Stuttgart, die sich den Idealen der Stauferzeit verschrieben hat und jedes Jahr zu ihrem Gründungsjubiläum den Hohenstaufen besucht.298 Für die Stadt Göppingen wird durch die Wandlung vom behelfsmäßigen Ausflugslokal zur schmucken Berggaststätte der Berggipfel zu einem wichtigen Marketing- und Wirtschaftsfaktor. Auch der Dokumentationsraum veränderte sich in seiner Grundstruktur von 1977 bis zur umfassenden Sanierung 2009 kaum. Rein dokumentarisch mit viel Text und ohne Gestaltungsmittel wurden zunächst die Geschichte, Kunst und Kultur der Dynastie, die Geschichte der Burg und die wichtigen Stauferstätten im Umland vermittelt. Thematisch brachte die Renovierung 1994 eine Perspektiverweiterung auf das Südreich der Staufer. Als zusätzliche Gestaltungsmittel können lediglich die neu installierten, großformatigen Luftbilder des Umlands genannt werden. 2009 wurde der Raum inhaltlich um die staufischen Frauen und die intensive Thematisierung des mittelalterlichen Lebens in Stadt und Land erweitert. Des Weiteren stehen nun das Nord- und Südreich der staufischen Herrscher gleichberechtigt nebeneinander. Medial ist die Stauferzeit seit 2009 durch vielfältige Rauminszenierungen aufbereitet, sodass sich Besucher seitdem im Dokumentationsraum nicht nur über die Stauferzeit informieren, sondern diese auch begreifen und nachempfinden können. Mit Blick auf die durch Göppingen offerierten staufischen Führungsformate ist zu konstatieren, dass sich die 1977 gelegten Tourismusstrukturen einer vor allem informativen und sachlichen Vermittlung während des gesamten Untersuchungszeitraums nur

296 Vgl. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview); Bauer, Rudi, Geschichtsvermittler, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 297 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview). 298 Vgl. Müller, Daniel, Mitglied Stuttgarter Burschenschaft Ghibellinia, Göppingen 1.5.2017 (Interview): Burschenschaftstreffen auf dem Hohenstaufen.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

leicht modifizieren. Nicht über performative, szenische Darstellungen der Vergangenheit, sondern durch die Verwendung von zusätzlichem Erläuterungsmaterial, bekannten literarischen Zeugnissen und auch die Einbindung von Anekdoten sollte und soll das Erzählte unterhaltsam vermittelt werden. Individuell konnten Touristen die Führung auf dem Berg mit einer Fahrt zu anderen staufischen Stätten der Umgebung kombinieren. In den 1990er Jahren wurde diese Möglichkeit zu einem fest etablierten Rundfahrtsangebot durch das Stauferland ausgebaut, das nicht nur Reisende, sondern auch die Göppinger Bevölkerung ansprechen sollte. Ab den 2000er Jahren, vor allem aber seit den 2010er Jahren, weitet sich die Angebotspalette an staufischen Führungen vor Ort. In den weiterhin angebotenen Führungen auf den Berggipfel in Kombination mit dem Dokumentationsraum sind die besprochenen Inhalte denen der frühesten Führungen sehr ähnlich. Ein Unterschied besteht in der Einbindung der Stauferstele, die seit 2002 auf dem Berggipfel steht. Über diese werden die europäischen Herrschaftsdimensionen nun wesentlich intensiver thematisiert und damit das heutige europäische Gebilde historisch verwurzelt. Des Weiteren wird in den rezenten Führungen neben der Geschichte der Burg auch das Burgleben thematisiert, wodurch die Stauferzeit für die Besucher anschlussfähiger ist. Die erzählerischen Gestaltungsmittel verändern sich in diesem Führungsformat nicht. Durch die Schilderung des Burglebens und generell den alltagsnahen Zugang zur Epoche haben die Zuhörer jedoch rezent die Möglichkeit, sich weiterzubilden und die Vergangenheit unterhaltsamer nachzuerleben. Für den gesamten Erinnerungsort Hohenstaufen kann auf der inhaltlichen Rezeptionsebene ein Wandel von einer lokalen und nationalen Narration hin zu einer lokalen und europäischen Darstellung der Stauferzeit konstatiert werden. Hinzu kommt eine Perspektiverweiterung auf die Frauen der Stauferzeit und das mittelalterliche Alltagsleben. Das fortwährend skizzierte positive Mittelalterbild der eigenen Ursprünge wurde um eine faszinierend/abschreckende, vor allem andersartige Mittelalterimagination erweitert. Diese Perspektiverweiterung entspricht den konstatierten Entwicklungen in historischen Ausstellungen, in performativen Darstellungsformen und in anderen populären Medien wie historischen Romanen. Die staufische Geschichte ist in Göppingen, mit Blick auf die generelle Tourismusentwicklung der BRD, schon sehr früh fester Bestandteil des Tourismusangebots. Im Unterschied zu Schwäbisch Gmünd und anderen Staufer- und Barbarossastädten, deren Stauferbegeisterung erst jüngst erwacht ist und sich oftmals in Form von erlebbaren Angeboten äußert, ändern sich die verwendeten Gestaltungsmittel der Göppinger Stauferführungen kaum.299 Auch die kommerzielle Nutzung der Staufer erfolgt in Göppingen in einem deutlich kleineren Rahmen. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Tourismusangebote für den gesamten Zeitraum auch für die Göppinger eine Plattform zur historischen Identitätsstiftung darstellen.

299 Zu Schwäbisch Gmünd und den anderen Staufer- und Barbarossastädten siehe S. 166, 210.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

7.4

Staufervereine in Göppingen: Die Gesellschaft für staufische Geschichte

Der historische Verein ist Bestandteil der städtischen Geschichtskultur Göppingens, der das historische Selbstbild prägt und so zur inneren Konsolidierung der Stadtgemeinschaft beiträgt.300 Gegründet wurde die Vereinigung am 700. Todestag des Staufers Konradin, dem 29. Oktober 1968.301 Die Idee eines Staufervereins fiel im Göppingen der 1960er Jahre auf einen fruchtbaren Boden. So war der für die Gründungsfeier genutzte Raum zu klein für die zahlreichen Besucher, wovon ganze 135 die Gründungsurkunde unterzeichneten.302 In den ersten zehn Jahren des Vereinsbestehens stieg die Mitgliederzahl denn auch auf 345, was wohl nicht zuletzt der Staufereuphorie des Jahres 1977 geschuldet war.303 Nachdem die »Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte« die ersten Jahre ihres Bestehens als lose Vereinigung personell und organisatorisch vom Geschichts- und Altertumsverein mitgetragen wurde, erfolgte 1984 die Umwandlung in einen eigenständigen Verein mit dem Namen »Gesellschaft für staufische Geschichte e.V.«.304 Die Geschäftsstelle ist im Stadtarchiv untergebracht.305 Die Organe der Gesellschaft sind nach der aktuellsten Satzung von 2004 die Mitgliederversammlung, das Präsidium und der Beirat.306 Als Präsident fungieren in Forschungskreisen bekannte Mediävisten, jüngst Knut Görich (München). Die Stellvertretung übernimmt

300 Neben der Gesellschaft für staufische Geschichte beschäftigt sich auch der Freundeskreis zum Gedenken von Königin Irene Maria von Byzanz mit den Staufern. Seit 2011 verleiht die Vereinigung Medaillen an Personen, die sich um die staufische Geschichte verdient gemacht haben. Vgl. Freundeskreis zum Gedenken von Königin Irene Maria von Byzanz e.V.: Über den Freundeskreis. https://irene-maria-von-byzanz.de/?seite=74 [14.1.2018]. Nicht vergessen werden darf weiterhin der Geschichts- und Altertumsverein Göppingens, der sich seit 1925 der Erforschung der Geschichte des Kreisgebiets und der Verbreitung dieser Erkenntnisse widmet. Vgl. Landratsamt Göppingen: Geschichts- und Altertumsverein Göppingen e.V. https://www.landkreis-goeppingen .de/,Lde/start/Landratsamt/Partner+Kreisarch%C3%A4ologie.html [23.11.2018]; Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Keiner der beiden Vereinigungen widmet sich jedoch während des gesamten Untersuchungszeitraums schwerpunktmäßig so vielfältig der Stauferzeit, wie die Gesellschaft für staufische Geschichte, die daher exemplarisch für die Hohenstaufenstadt Göppingen untersucht wird. 301 Vgl. Brune, 1977, S. 71. 302 Vgl. Anshof, Claus, 1994: 25 Jahre Gesellschaft für staufische Geschichte. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Staufische Pfalzen. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 14). Göppingen, S. 179-185, S. 180. 303 Vgl. König, Herbert, 1980: 10 Jahre Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte in Göppingen. In: Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte in Göppingen (Hg.): Die Staufer in Schwaben und Europa. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 5). Göppingen, S. 6-10, S. 8. 304 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Wir über uns. Unsere Geschichte. 305 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Kontakt. https://www.staufergesellsch aft.de/kontakt.htm [07.01.2019]. 306 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Satzung. https://www.staufergesellsc haft. de/satzung.htm [07.01.2019].

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

der amtierende Oberbürgermeister Göppingens.307 Durch diese Besetzung wird die enge Verbindung zwischen Stadt, Vereinigung und Geschichtswissenschaft deutlich. Der Oberbürgermeister eröffnet die durch den Verein durchgeführten Tagungen. Darüber hinaus fördert und unterstützt die Stadt den Verein bei seinen Aktivitäten, so etwa zeitweilig bei der Herausgabe seiner Publikationen.308 Der Großteil der Finanzierung speist sich jedoch aus Spenden von Privatpersonen, vor allem aber den jährlich erhobenen Mitgliedsbeiträgen.309 2019 zählte der Verein ca. 500 Mitglieder, die vorwiegend aus Deutschland, aber auch der Schweiz, Österreich, Frankreich, Belgien und Italien stammen.310 Die Gesellschaft wurde in einer Zeit gegründet, in der sich die Stadt Göppingen in einer starken Umbruchphase befand. Das eigene Profil musste gefunden und nach innen und außen geschärft werden, wofür sich die Stadt, allen voran der damalige Oberbürgermeister Herbert König, auf die staufischen Traditionslinien Göppingens besann.311 Das staufische Geschichtsbewusstsein der Stadtgemeinschaft sollte vertieft und darüber hinaus die Epoche durch wissenschaftliche Forschungsvorhaben weiter erhellt werden.312 Der Verein sollte dazu beitragen, diese Bemühungen in ganz konkreten Schritten, beispielsweise durch die Erschaffung einer Dokumentationsstätte am Fuße des Berges, umzusetzen.313 Ziele der Gesellschaft waren dementsprechend nach ihrer ersten Satzung »die Erforschung und die Verbreitung des Wissens über Herkunft, Geschichte, Zeit und Nachleben der Staufer sowie deren europäischen Verantwortung und Bedeutung.«314 Diese Zielsetzungen haben sich bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum gehalten und nach der Satzung von 2004 nur im Wortlaut verändert.315 Der in Fachkreisen bekannte Tübinger Geschichtsprofessor Decker-Hauff schlug König 1967 die Durchführung von »Staufertagen« vor, die »im Stil weder reine 307 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Präsidium. https://www.staufergesells chaft.de/praesidium.htm [07.01.2019]. 308 So geschehen beispielsweise 2001. Vgl. Anshof, Claus, 2001: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Der Staufer Heinrich (VII.). Ein König im Schatten seines kaiserlichen Vaters. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 20). Göppingen, S. 6-7. Vgl. weiterhin Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 309 Die Form der Finanzierung bleibt während des gesamten Untersuchungszeitraums gleich. Vgl. Anshof, 1994, S. 181; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 1994: Staufische Pfalzen. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 14). Göppingen; Anshof, Claus, 2004: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Der Deutsche Orden in Europa. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 23). Göppingen, S. 6-7. 310 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Wir über uns. Unsere Geschichte. 311 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview) und siehe S. 279. 312 Dies geht auch aus einer Aktennotiz des damaligen Stadtarchivars Akermann hervor, die ein Gespräch zwischen König und dem Historiker Prof. Dr. Decker-Hauff wieder gibt. Vgl. Anshof, 1994, S. 180. 313 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview). 314 Zitiert nach Anshof, Claus, 1991: Geleitwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Stadt in der Stauferzeit. [13. Staufertage, März 1990]. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 11). Göppingen, S. 7, S. 6. 315 In dieser heißt es: »Die Gesellschaft sieht ihre Aufgaben in der Förderung der Erforschung, der Verbreitung und der Vermittlung des Wissens über die Herkunft, die Herrschaft, die Zeit und das

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Professoren-Tagungen sein, noch auf dem Niveau verdienter Heimatfreunde liegen« dürften.316 »Entsprechende Musikveranstaltungen und Exkursionen könnten eine Ergänzung zu diesen Veranstaltungen bilden.«317 Die auf diesen Staufertagen gehaltenen Vorträge müssten im Anschluss, gut bebildert, publiziert werden.318 Damit skizzierte Decker-Hauff schon 1967 das spätere Konzept des Vereins, das sich bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum in seinen Grundsätzen nicht wesentlich verändert hat. Es umfasst Vortragsveranstaltungen, Ausstellungen, Führungen und Studienfahrten. Außerdem die Durchführung der Symposiumsreihe Staufergestalten und der Tagungsreihe Göppinger Staufertage, deren Ergebnisse Grundlage der durch die Gesellschaft herausgegebenen Buchreihe Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst sind. Sie unterstützt des Weiteren die Stadt Göppingen bei Aktivitäten, die »das Erbe der Stauferzeit lebendig [zu] halten«.319 Als ein Bestandteil dieser Aufgabe kann die Erstellung einer Spezialbibliothek zur staufischen Geschichte in Göppingen verstanden werden, die gegenwärtig in der Präsenzbibliothek des Stadtarchivs untergebracht ist.320 Die Vereinstätigkeit umfasst auch den Austausch mit Einzelpersonen und Einrichtungen im Inund Ausland, die sich mit der Erforschung und Pflege der staufischen Geschichte befassen. Hierzu zählen zuvorderst die Partnerstädte mit staufischem Bezug, Foggia in Italien und Klosterneuburg in Österreich.321 D er Verein arbeitet seit 2000 mit der Fondazione Federico II Hohenstaufen di Jesi und der Fondazione Federico II di Palermo zusammen. Als ein Bestandteil der Kooperation wird im jährlichen Wechsel gemeinsam der Premio Federichino verliehen.322 Wichtige Anlaufstelle der transnationalen Auseinandersetzung mit der Stauferzeit innerhalb der Vereinstätigkeit war vor allem die Partnerstadt Foggia in Apulien. Hiervon zeugen gegenseitige Übersetzertätigkeiten und Vortragseinladungen.323 Süditalien und Sizilien waren denn auch häufig anvisierte Reiseziele der durch die Staufergesellschaft durchgeführten Studienfahrten.324 Bei diesen wurde

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Nachleben der Staufer sowie deren europäische Bedeutung.« Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle. Satzung. Anshof, 1994, S. 180. Ebd. Vgl. ebd. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle. Satzung. Vgl. König, 1980, S. 9; Hohenstaufenstadt Göppingen: Stadtarchiv. Bestände. https://www.goeppingen.de/,Lde/start/Kultur/Bestaende.html [09.01.2018]. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle. Satzung. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Partner. https://www.staufergesellsch aft.de/partner.htm [07.01.2019]; Rueß/Ziegler, 2001. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview): Kooperationen mit Italien. Zu den Aktivitäten des Vereins in Zusammenarbeit mit der Partnerstadt Foggia siehe S. 227. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1989: Rundschreiben an die Mitglieder; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1993: Programm Studienreise nach Sizilien; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2010: Programm Studienfahrt zu Stauferstätten in Süditalien vom 1.-10. Oktober 2010. Die Studienfahrt 2010 wurde sogar zusammen mit dem Foggianer Leopoldo Bibbò, durchgeführt. Vgl. auch Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview).

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die Reisegruppe von den Staufervereinigungen oder der Stadtverwaltung vor Ort empfangen – so beispielsweise in Jesi und Foggia 1989.325 Von der Konzeption her blieben die angebotenen Studienfahrten in ihrem Grundprinzip gleich. Destinationen waren bekannte Stauferstätten, die durch Besichtigungen, teilweise mit gebuchten Führungen, erschlossen wurden.326 Ziel war und ist eine möglichst breite Weiterbildung der Teilnehmer. Bei der Auswahl der Reiseziele lassen sich insofern Veränderungen festmachen, als dass bis in die 1980er Jahre vornehmlich Stätten in der BRD und zweimal auch der ehemaligen DDR angefahren wurden. Seit Mitte der 1980er Jahre werden jedoch ohne erkennbare Präferenzen Destinationen innerhalb Deutschlands, Frankreichs, Österreichs, Tschechiens und Italiens besucht.327 In Göppingen selbst werden verschiedene Einzelveranstaltungen angeboten und die Stadt bei Aktivitäten zur staufischen Geschichte unterstützt.328 In seinem Rückblick auf die ersten 25 Jahre Vereinstätigkeiten zählt Claus Anshof bis 1993 ganze 39 solcher Einzelvorträge auf.329 Zahlreiche Veranstaltungsformate, oftmals in Zusammenarbeit mit der Göppinger VHS, dem Geschichtsund Altertumsverein oder der Stadtverwaltung, sind in den darauf folgenden 25 Jahren hinzugekommen.330 Die mit dem Geschichts- und Altertumsverein gemeinsam organisierten Veranstaltungen beinhalteten in ihrem Kern meistens Vorträge etablierter Historiker zu bekannten Charakteristika der Stauferzeit, wie 1985 den Minnesang.331 Für die Themenwahl fungierten häufig Gedenkjahre und Jubiläen zu bekannten staufischen Herrschern oder Ereignissen aus der Stauferzeit, die die Stadtgeschichte tangierten. 1990 wurde aus Anlass des 800. Todesjahres Barbarossas eine Matinee veranstaltet, in der ein Wiener Historiker über das Itinerar Barbarossas den Weg des Kaisers, der ihn auch nach Göppingen führte, nachzeichnete.332 Ziel der Vorträge war auch, stereoty325 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1989: Rundschreiben an die Mitglieder. 326 Vgl. beispielsweise Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 148, 10.9.1969: Einladung Königs zur Mitgliederversammlung der Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte und seine Anmerkungen für die Tagesordnung; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2005: Rundschreiben an die Mitglieder. 327 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1985: Studienfahrten bis 1985; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1989: Rundschreiben an die Mitglieder; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1993: Programm Studienreise nach Sizilien; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1995: Programm Studienfahrt ins nördliche Elsaß; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2005: Rundschreiben an die Mitglieder; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2017: Rundschreiben an die Mitglieder. 328 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle: Unsere Ziele; Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle. Satzung. 329 Vgl. Anshof, 1994, S. 181. 330 Vgl. König, 1980, S. 8. Zur Zusammenarbeit mit dem Geschichts- und Altertumsverein vgl. exemplarisch Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1.2.1985: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Höfische Singspiele. Vortrag von Dr. Wolfgang Irtenkauf über staufischen Minnesang; Barbarossas Faible für Prämonstratenser. Geschichtsverein und Gesellschaft für staufische Geschichte mit umfangreichem Programm, 4.12.2003. 331 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1.2.1985. Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Höfische Singspiele. Vortrag von Dr. Wolfgang Irtenkauf über staufischen Minnesang 332 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 7.6.1990: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Gedenkveranstaltung zum 800. Todestag Barbarossas.

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pe Darstellungen wissenschaftlich zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren – so zum Beispiel 1993 anlässlich des 800. Todesjahres von Sultan Saladin.333 Daneben sind auch inszenierte, eher unterhaltende Darstellungsformate zu finden. Anlässlich des 800. Geburtsjahres Friedrich II. 1994 lud die Gesellschaft für staufische Geschichte zum »schwäbisch-apulische[n] Spektakel« mit dem Titel »Friedrich II. und Castel del Monte« ein.334 Bei diesem nahmen Mathematikstudenten der Uni Tübingen die Zuschauer mit auf eine »Reise durch Geschichte, Mathematik und Kunst« der Zeit Friedrichs II.335 Diese fand mittels Computersimulationen des Castels, mittelalterlicher Musik und historischen Zitaten statt.336 Diese eher kurzweiligen Veranstaltungsformate mit multimedialen und auch szenischen Elementen sind im Programm des Vereins jedoch selten zu finden.337 Vorwiegend besteht der Beitrag der Gesellschaft für staufische Geschichte auch bei Veranstaltungen in Kooperation mit der Stadtverwaltung darin, diese wissenschaftlich zu unterfüttern, indem Festvorträge, Symposien oder Tagungen passend zum Ereignis organisiert werden. So geschehen bei den Feierlichkeiten 2000 anlässlich des 750. Todestages Friedrichs II., dessen Programm maßgeblich von der Gesellschaft konzipiert wurde.338 Oder auch bei den Veranstaltungen zum Stauferjahr 2010. Das hierfür konzipierte Programm setzte sich neben einem mittelalterlichen Zeltlager aus den von der Gesellschaft organisierten Staufertagen und verschiedenen literarischen und musikalischen Events zusammen.339 Musikalische Vortragsabende scheinen das einzige von der Gesellschaft angebotene Veranstaltungsformat zu sein, in dem ein eher kurzweilig, manchmal auch szenischer Zugang zu Stauferzeit geboten wird.340 Konzerte mittelalterlicher Musik sind oftmals auch Bestandteil des Rahmenprogramms 333

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Vgl.Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 7.9.1993: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Ein Symbol der Toleranz. Vortrag bei der Staufergesellschaft über Sultan Saladin. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 35, 1994: Programm Schwäbisch-Apulisches Spektakel. Ebd. Vgl. auch Rueß/Ziegler, 2001, S. 39. Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 35, 1994: Programm SchwäbischApulisches Spektakel. Bei der summarischen Betrachtung stieß lediglich eine weitere Veranstaltung dieser Art 2011 ins Auge, bei der ein mittelalterlich gewandeter Minnesänger auf Einladung der Gesellschaft auf historischen Instrumenten Abschnitte aus dem Iwein vortrug. Vgl.Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 30.4.2011: Zeitungsartikel aus der Neuen, Württembergischen Zeitung: Ritterliche Rottenklänge. Karsten Wolfewicz erzählt in der Barbarossakirche aus dem Iwein. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Veranstaltungen zum Stauferjahr in Göppingen, 2010: Die Staufer. Neugierig auf unsere Geschichte? Veranstaltungen zum Stauferjahr 2010 in Göppingen; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 20.8.2010: Rundschreiben an die Mitglieder. Auch zum 850. – jährigen Jubliäum der Stadt 2004 bestand das von der Gesellschaft für staufische Geschichte und dem Geschichts- und Altertumsverein der Stadt konzipierte Programm aus Vorträgen, Symposien und den Göppinger Staufertagen. Vgl. Barbarossas Faible für Prämonstratenser. Geschichtsverein und Gesellschaft für staufische Geschichte mit umfangreichem Programm, 4.12.2003. So beispielsweise auch 2016. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2017: Rundschreiben an die Mitglieder.

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der Göppinger Staufertage und Symposien, die wohl als das »Herzstück« der Vereinsarbeit bezeichnet werden können. Die ersten Göppinger Staufertage fanden ab 1970 zunächst unregelmäßig, dann ab den 1990er Jahren regelmäßig im Zwei-Jahres-Turnus abwechselnd mit der eintägigen Symposiumsreihe StauferGestalten statt. Dieses Veranstaltungsformat wurde 1997 erstmals als Ergänzung zu den zweitägigen Staufertagen durchgeführt und erfreute sich rasch großer Beliebtheit sowohl bei den Mitgliedern als auch bei der geschichtsinteressierten Öffentlichkeit.341 Schon seit den ersten Göppinger Staufertagen in den 1970er Jahren bestanden diese aus mehreren Vorträgen und einer Kurz-Exkursion entweder als Einleitung oder Abschluss des Zusammentreffens.342 Die Vorträge fanden seit 1980 unter einem zentralen Oberthema statt, nach dem Experten des jeweiligen Themas als Redner eingeladen wurden.343 Deren Vorträge waren Grundlage der jeweils im Anschluss herausgegebenen Publikation des Vereins in der Reihe »Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst.«344 Seit 1996 wurde das Programm der Staufertage um die Preisverleihung durch die neu ins Leben gerufenen Stauferstiftung bereichert. Diese fand immer im Anschluss an die Vorträge statt.345 Um die inhaltlichen Schwerpunkte der staufischen Rezeption durch diese Form der Vereinsarbeit zu ermitteln, wurden die Themen der Tagungen, Symposien und Publikationen der Gesellschaft erfasst.346 Primär ist festzustellen, dass durch diesen Bereich der Vereinstätigkeit die Stauferzeit in einer sehr großen inhaltlichen Bandbreite beleuchtet wird.347

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Vgl. Anshof, 1994, S. 182; Anshof, Claus, 1998: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Kaiser Heinrich VI. Ein mittelalterlicher Herrscher und seine Zeit. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 17). Göppingen, S. 6-7, S. 6; Anshof, 2001, S. 6. Vgl. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Kauß, Dieter, 1977: Die Göppinger Staufertage in den Jahren 1972, 1973 und 1975. Programm und Verlauf. In: Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte in Göppingen (Hg.): Selbstbewusstsein und Politik der Staufer. Vorträge der Göppinger Staufertage in den Jahren 1972, 1973 und 1975. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 3). Göppingen, S. 6-10, S. 6; Kauß, Dieter, 1983: Die 8. Göppinger Staufertage vom 23. bis 25. April 1982. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Zur Geschichte der Kreuzzüge in der Stauferzeit. Vorträge der Göppinger Staufertage 1982. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 7). Göppingen, S. 7-11, S. 11. Vgl. König, Herbert, 1982: Vorwort. In: Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte in Göppingen (Hg.): Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Stauferzeit. Vorträge d. Göppinger Staufertage 1980. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 6). Göppingen, S. 5. Vgl. Anshof, 1994, S. 181. Die bei dieser Feierlichkeit gehaltenen Festreden waren ebenfalls in der zugehörigen Publikation veröffentlicht. Vgl. Anshof, Claus, 1996: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Das Staunen der Welt. Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen; 1194 – 1250. 16. Göppinger Staufertage, 4. bis 6. November 1994. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 15). Göppingen, S. 6-7, S. 6. Vgl. Tab. 4. Übersicht über die Tagungen, Symposien und Publikationen der Gesellschft für staufische Geschichte. S. 409 Zu dieser Schlussfolgerung gelangt der Verein auch selbst, wie dem Vorwort der 22. Publikation zu entnehmen ist: »Wer die Themen der stattgefundenen Tagungen Revue passieren lässt, erkennt die inhaltliche Bandbreite, mit der sich die historische Vereinigung mit dem Mittelalter auseinandersetzt.« Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., 2002: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Deutschland und Italien zur Stauferzeit. 19. Göppinger Staufertage, 10. bis

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Viele Tagungen der 1970er Jahre erörterten Aspekte, die den deutschsprachigen Herrschaftsbereich der Staufer betrafen – so die Tagung 1972 zu den Reichsinsignien oder 1975 zu den Auseinandersetzungen zwischen Barbarossa und Heinrich dem Löwen.348 Themen zur Herrschaft im Deutschen Reich finden sich allerdings auch in den Tagungsprogrammen der 2000er und 2010er sowie bei den Göppinger Staufertagen 2000 oder 2014.349 Daneben wurden jedoch auch seit den Anfängen in den 1970er Jahren bis zu den rezenten Tagungen immer wieder Aspekte erörtert, die die transnationalen Dimensionen der staufischen Herrschaft betreffen – so zum Beispiel Tagungen zu den Kreuzzügen 1970, 1982 und 2008 oder zum Agieren der Staufer und auch deren Nachleben im Südreich 1991, 2010 und 2012.350 Tagungen, die vor allem das Südreich der Staufer erörtern, scheinen seit den 2000er Jahren leicht zuzunehmen. Jedoch muss bei dieser These die Anmerkung Knut Görichs bedacht werden, wonach jedwede Beschäftigung mit der Stauferzeit »immer wieder Anlass [gibt], den Horizont des engeren Herkunftsgebiets […] zu verlassen und den europäischen und mediterranen Kontext zu thematisieren.«351 Dementsprechend sei Italien und auch Sizilien »ohnehin so gut wie jedes Mal zumindest angesprochen.«352 Seine Anmerkung bestätigt ein Blick in das Programmheft der Staufertage zu jüdischem Leben in der Stauferzeit von 2016, in dem ein Vortrag zu den Juden im mittelalterlichen Süditalien und Sizilien ebenso aufgelistet ist wie ein Vortrag zu Juden in den Beziehungsnetzen der Kathedralstädte Worms, Mainz und Speyer.353 Weiterhin lässt sich eine Perspektiverweiterung der thematisierten Personengruppen der Stauferzeit feststellen, die sich direkt aus den jeweiligen Forschungsdiskursen heraus erklären lässt – so zum Beispiel in den 1980er Jahren zur Alltagsgeschichte.354 Auch

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12. November 2000. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 22). Göppingen, S. 6-7, S. 6. Vgl. König, 1980, S. 6. Vgl. Rueß/Ziegler, 2001, S. 46; Görich, Knut, 2016: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Die Staufer und der Norden Deutschlands. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 35), S. 6-8, S. 6. Vgl. Anshof, 1994, S. 182-183; Stürner, Wolfgang, 2011: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Stauferzeit – Zeit der Kreuzzüge. 23. Göppinger Staufertage 7. bis 9. November 2008. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 29). Göppingen, S. 6-7, S. 6; Anshof, Claus, 1993: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Staufisches Apulien. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 13). Göppingen, S. 7; Anshof, 1991, S. 5; Stürner, Wolfgang, 2012: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Von Palermo zum Kyffhäuser. Staufische Erinnerungsorte und Staufermythos. 24. Göppinger Staufertage, 12. bis 14. November 2010. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 31). Göppingen, S. 6-7, S. 6; Görich, Knut, 2013: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Die Staufer und Byzanz. 25. Göppinger Staufertage 9. bis 11. November 2012. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 33). Göppingen, S. 6-7. Görich, 2016, S. 6. Ebd. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., 2016: Programmblatt 27. Göppinger Staufertage: Jüdisches Leben in der Stauferzeit. Vgl. Stürner, Wolfgang, 2005: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Alltagsleben im Mittelalter. 21. Göppinger Staufertage vom 12. bis 14. November 2004. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 24). Göppingen, S. 6-7, S. 6.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

die Thematisierung der staufischen Frauen in den Symposien 2001 und 2003 sind direkte Resultate der Erweiterung der mediävistischen Forschungsperspektive in diesem Zeitraum.355 Generell scheinen Forschungstrends, aber auch Forschungslücken für die Vereinigung der zentrale Kompass zur Themenfindung zu sein. So entspricht die Thematisierung der Wirtschafts- und Sozialgeschichte bei den Staufertagen 1980 der kurz vorausgehenden Hinwendung der mediävistischen Forschung zu sozial- und strukturgeschichtlichen Fragestellungen.356 Auch in den 2000er Jahren wird, beispielsweise 2006, die Wahl des Tagungsthemas mit dem rezenten Interesse der Geschichtswissenschaft an europäischen Fürstenhöfen begründet.357 Forschungslücken veranlassten den Verein hingegen bei den Symposien auch Stauferherrscher zu thematisieren, die bislang von der historischen Zunft eher stiefmütterlich behandelt wurden, wie Heinrich (VII.) 1999 und Manfred 2013. Relativ losgelöst von anderen geschichtskulturellen Bedürfnissen wie der Legitimation bestehender politischer Verhältnisse, der emotionalen Erfahrung der Vergangenheit oder der historischen Identitätsstiftung steht in diesem Kernbereich der Vereinsarbeit der Erkenntnisgewinn über die Zeit im Vordergrund. Ein anderer Faktor, der die Themenauswahl beeinflusste, waren historische Jubiläen. Todes- oder Geburtsjahre staufischer Herrscher sind Kriterien, die die jeweils behandelten Staufergestalten in den Symposien bestimmen – so das 800. Todesjahr Heinrichs VI. 1997 oder das 800. Todesjahr Philipps von Schwaben 2007.358 Das 800. Geburtsjahr Friedrichs II. 1994 war Anlass diesem Staufer die 16. Göppinger Staufertage zu widmen.359 Beachtung finden außerdem historische Jubiläen, die die Stadt Göppingen selbst oder deren Partnerstädte betreffen: 1985 Klosterneuburg, das in jenem Jahr das 500. Jahr der Heiligsprechung Leopolds III. feiern durfte;360 1991 Foggia, das in jenem Jahr seit 20 Jahren italienische Partnerstadt mit staufischen Wurzeln war,361 und 1988 Göppingen bzw. dessen unmittelbare Umgebung, da die Weihung des Hochaltars des Prämonstratenserklosters Adelberg in jenem Jahr sein 800. Jubiläum hatte.362 So kann auch ein Beitrag zur historischen Identitätsstiftung der Kommune geleistet werden. Die Art der Vermittlung bei den Staufertagen und Symposien ist vor allem auf 355 Siehe S. 134. 356 Siehe S. 110. 357 Vgl. Stürner, Wolfgang, 2009: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Friedrich Barbarossa und sein Hof. 22. Göppinger Staufertage 10. bis 12. November 2006. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 28). Göppingen, S. 6-7, S. 6. 358 Vgl. Anshof, 1998, S. 7; Stürner, Wolfgang, 2008: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Philipp von Schwaben. Ein Staufer im Kampf um die Königsherrschaft. Tagung am 10. November 2007 in der Göppinger Stadthalle. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 27). Göppingen, S. 6-7, S. 6. 359 Vgl. Anshof, Claus, 1999: Vorwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Reisen und Wallfahren im Hohen Mittelalter. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 18). Göppingen, S. 6-7. S. 6. 360 Vgl. König, Herbert, 1987: Geleitwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Babenberger und Staufer. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 9). Göppingen, S. 7. 361 Vgl. König, Herbert, 1989: Geleitwort. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Barbarossa und die Prämonstratenser. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 10). Göppingen, S. 6-9, S. 6. 362 Vgl. Anshof, 1993, S. 7.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

eine nüchtern-informative und möglichst breite Weiterbildung der Teilnehmer ausgerichtet. Der Tagungssaal war 2016, als die Staufertage teilnehmend beobachtet werden konnten, sehr festlich hergerichtet. Die Rednerbühne wurde von Bannern der Staufergesellschaft und der Stauferstiftung flankiert.363 Im hinteren Bereich wurden auf zwei Büchertischen vor allem wissenschaftliche Literatur zur Stauferzeit, aber auch einige antiquarische Sachbücher und Prospekte ausgelegt. Weiterhin konnten Postkarten mit bekannten Motiven wie dem Cappenberger Barbarossa-Kopf, der Capuaner Steinstatue Friedrichs II. oder dem Hohenstaufen erworben werden – Allesamt eher traditionelle, großteils der vertieften Weiterbildung dienende Medien.364 Merchandise-Artikel wie einen Staufer-Ritter in den Farben des Stadtwappens wie in Schwäbisch Gmünd suchten die Besucher hier vergeblich. Die Vortragenden präsentierten ihre Inhalte nüchtern-seriös, viele Zuhörer machten sich Notizen.365 Das Publikum bestand aus interessierten Laien der Umgebung, Geschichtsvermittlern, sehr vereinzelt Studierenden und vielen professionellen Historikern.366 Bestandteil des Rahmenprogramms sind seit den ersten Tagungen der Gesellschaft Tagesexkursionen zu Stätten mit staufischem Bezug. Wiederholt wurden Tagesfahrten durchs Stauferland entlang der Straße der Staufer angeboten.367 Auch Ausstellungen zur staufischen Geschichte waren beliebte Destinationen, weswegen 1977 Stuttgart und 2010 Mannheim besucht wurden.368 Ansonsten wurden andere Stätten mit staufischem Bezug in erreichbarer Umgebung erkundet, die bestenfalls das Oberthema der jeweiligen Tagung aufgriffen.369 Die Begegnung mit den historischen Stätten erfolgte durch klassische Führungsformate des Personals vor Ort oder durch die Mitglieder selbst. Viele der Mitfahrenden machten sich 2016 auch während der Exkursion Notizen zum Erläuterten, hörten aufmerksam zu und fragten gut vorinformiert nach.370 Weiterer Bestandteil des Rahmenprogramms waren – ebenfalls

363 Vgl. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Tagungsraum Göppinger Staufertage. Göppingen. 364 Vgl. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Göppinger Staufertage/Büchertisch 1. Göppingen; Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Göppinger Staufertage/Büchertisch 2. Göppingen. 365 Vgl. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der 27. Göppinger Staufertage »Jüdisches Leben in der Stauferzeit«. 366 Vgl. ebd.; Ziegler, Walter; Besucher Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 13.11.2016 (Interview): Bedeutung des Vereins und der Göppinger Staufertage. 367 So 1978, 2002 und 2010. Vgl. Kauß, 1980, S. 14; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2002: Programmblatt 20. Göppinger Staufertage: Der deutsche Orden in Europa; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V.; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2010: Programmblatt der 24. Göppinger Staufertage: Von Palermo zum Kyffhäuser. Staufische Erinnerungsorte und Staufermythos. 368 Vgl. Kauß, 1980, S. 14; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 20.8.2010: Rundschreiben an die Mitglieder. 369 So Esslingen 1990, Burg Katzenstein 2008, die Burg Trifels 2010 und Schwäbisch Hall 2004 und 2016 – um nur einige Beispiele anzuführen. Vgl. Anshof, 1991, S. 7; Stürner, 2005, S. 7; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., 2016: Programmblatt 27. Göppinger Staufertage: Jüdisches Leben in der Stauferzeit; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 20.8.2010: Rundschreiben an die Mitglieder; Stürner, 2011, S. 6. 370 Vgl. Stürner, 2005, S. 7; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 20.8.2010: Rundschreiben an die Mitglieder; Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der 27. Göppinger Staufertage »Jüdisches Leben in der Stauferzeit«. Göppingen.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

ohne erkennbare Veränderungen – seit den 1970er Jahren Musikaufführungen mittelalterlicher Klänge von Gewandeten auf historischen Instrumenten. So lud 1978, 1990 und auch 2016 ein Werbeplakat im Tagungssaal zu »eine[r] musikalische[n] Reise ins Mittelalter« ein und bewarb ein Konzert der Gruppe »Capella Antiqua«.371 Die Erträge der Tagungen wurden im Anschluss in der Reihe der Gesellschaft für staufische Geschichte publiziert. Die mediale Aufbereitung der Tagungsbände hat sich ebenfalls während des gesamten Untersuchungszeitraums in seiner wissenschaftlichen Grundstruktur kaum verändert.372 Als Bild für den Einband werden gerne bekannte, zur Thematik passende Motive ausgewählt.373 Vorwiegend werden historische Zeichnungen aus Handschriften verwendet, oft aus dem 13. Jahrhundert, die die Thematik aus der Zeit heraus illustrieren. So wird ein Stück weit ein Eintauchen in die Vergangenheit ermöglicht.374 Das Design der Publikationen verändert sich dahingehend, dass ca. seit den 1990er Jahren vereinzelt mehr Bilder abgedruckt sind.375 Grundsätzlich bleiben die Veröffentlichun371

Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Göppinger Staufertage/Werbeplakat der Capella Antiqua Bambergensis. Göppingen. Vgl. weiterhin Kauß, 1980, S. 14; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1990: Programmblatt 13. Göppinger Staufertage: Stadt in der Stauferzeit. Einladung und Programm. 372 Ein zum Tagungsthema passendes Bildmotiv ziert den Einband. In der Publikation sind die verschriftlichen Vorträge der Tagungen und seit 1996 die auf den Preisverleihungen der Stauferstiftung gehaltenen Reden abgedruckt. Vgl. Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte in Göppingen (Hg.), 1971: Staufische Architektur in Gelnhausen und Worms. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 1). Göppingen; Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte in Göppingen (Hg.), 1982: Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Stauferzeit. Vorträge d. Göppinger Staufertage 1980. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 6). Göppingen; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 1996: Das Staunen der Welt. Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen; 1194 – 1250. 16. Göppinger Staufertage, 4. bis 6. November 1994. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 15). Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 1997: Die Reichskleinodien. Herrschaftszeichen des Heiligen Römischen Reiches. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 16). Göppingen; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 2005: Alltagsleben im Mittelalter. 21. Göppinger Staufertage vom 12. bis 14. November 2004. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 24). Göppingen. Manchmal werden die Vortragstexte ergänzt um zusätzliche Beiträge und Abbildungen. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., 1997. 373 Wie etwa eine Zeichnung des schlafenden Barbarossas im Kyffhäuser, entnommen aus einer Festpostkarte zum 25-jährigen Bestehen des Denkmals von 1921, für den Band zur staufischen Rezeption. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 2012: Von Palermo zum Kyffhäuser. Staufische Erinnerungsorte und Staufermythos. 24. Göppinger Staufertage, 12. bis 14. November 2010. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 31). Göppingen. 374 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 1984: Alltag in der Stauferzeit. Vorträge der 9. Göppinger Staufertage. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 8). Göppingen; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., 1996; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 2008: Philipp von Schwaben. Ein Staufer im Kampf um die Königsherrschaft. Tagung am 10. November 2007 in der Göppinger Stadthalle. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 27). Göppingen; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 2015: Manfred König von Sizilien (1258-1266). (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 34). 375 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., 1996. Gerade der Rückblick der Feierlichkeiten des Gedenkjahres 2000 ist mit zahlreichen Bildern versehen und auch der gesamte Band durch eindrucksvolle Motive und Zitate aufbereitet. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 2001: Friedrich II. – Wandler der Welt? Vortrag der Gedenkveranstaltung zum 750. Todestag Kai-

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

gen jedoch nüchtern-informative Dokumentationen der Tagungsergebnisse. Eine Ausnahme bildet der Band 19, »Die Staufer«; eine knapp beschriebene und reich bebilderte Publikation »über die Staufer, ihre Wirkungsstätten und ihr Nachleben.«376 Die anderen Aktivitäten der Gesellschaft berücksichtigend zeigt sich, dass sich der Umgang mit der Stauferzeit durch die Vereinstätigkeiten während des Untersuchungszeitraums kaum verändert hat. Kernelement sind sachlich-informative Vortragsformate, wie sie in konzentrierter Form in den Staufertagen und Symposien ihren Höhepunkt finden. Des Weiteren wird die Erforschung der Stauferzeit durch die Buchreihe und den nationalen und transnationalen Austausch mit Einzelpersonen und Institutionen gefördert. Daneben dienen Exkursionen, Studienfahrten und musikalische Veranstaltungen, die regelmäßig mit der Stadt zusammen angeboten werden, der vielseitigen Wissensvermittlung über die Epoche. Diese werden durch singuläre Angebote ergänzt, die die Bemühungen der Stadtverwaltung bezüglich der Stauferzeit unterfüttern. Das Grundkonzept der Vereinsarbeit ist demnach in seinem Kern so geblieben, wie es schon in den konzeptionellen Überlegungen von 1967 formuliert wurde. Bei der inhaltlichen Auseinandersetzung kann eine leichte Tendenz zu einem transnationaleren Zugang zur Epoche konstatiert werden.377 Hierzu muss jedoch einschränkend angeführt werden, dass die Vermittlung und Erforschung der europäischen Bedeutung der Staufer schon in der ersten Satzung der Gesellschaft als dezidiertes Ziel formuliert war.378 Eine weitere Entwicklung sind das Aufkommen von eher szenisch – unterhaltenden Veranstaltungsformaten ca. seit den 1990er Jahren wie z.B. das schwäbisch-apulische Spektakel 1994. Auch werden die Publikationen seit diesem Zeitraum stärker in Form von Bebilderungen und Zitaten medial aufbereitet. Kurzweilige Programmpunkte und Publikationen bleiben jedoch auch im jüngeren Untersuchungszeitraum eine Seltenheit. Der Umgang mit der Stauferzeit hat sich seit der Gründung des Vereins konserviert, unbeeindruckt vom seit ca. Mitte der 1990er Jahre aufkommenden Mittelalterboom in der Populärkultur. Dies liegt wohl daran, dass sich die Zielsetzungen des Vereins seit seinen Gründungsjahren nicht geändert haben. Die hierfür in den Gründungsjahren gewählten Mittel haben sich bei den Zielgruppen etabliert und können deshalb fernab zeithistorischer Trends ihre Form beibehalten. Für die historisch interessierten Bürger Göppingens und des näheren Umkreis bietet der Verein die Möglichkeit einer intensiven Weiterbildung

ser Friedrichs II. von Hohenstaufen (1194 – 1250) in der Stadthalle Göppingen. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 21). Göppingen. 376 Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.), 2000: Die Staufer. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 19). Göppingen, S. 6. 377 Die Studienfahrten führten ab Mitte der 1980er Jahre regelmäßig ins Ausland und seit den Kooperationsvereinbarungen von 2000 ist die Zusammenarbeit mit italienischen Instituten fester Bestandteil der Vereinsarbeit. Siehe S. 366. 378 Dementsprechend setzten sich schon frühe Tagungen mit transnationalen Herrschaftsthemen auseinander und durch die Einbindung der Städtepartner bekamen auch andere Vereinsaktivitäten transnationale Dimensionen. Vgl. Anshof, 1994, S. 182; Kauß, 1980, S. 11.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

über die Stauferzeit.379 Für diesen Personenkreis ist die Vereinsarbeit fester Bestandteil der städtischen Identität, gerade weil sie schon so lange eine feste Säule des Stadtlebens ist, die weit über die Kommune hinaus strahlt.380 Den von außerhalb angereisten Akademikern bieten sie eine Plattform für den Austausch mit Experten und eine Bühne für die eigenen Forschungsergebnisse. Die Tagungen und auch die Bände der Publikationsreihe sind in der Mediävistik etabliert und in der Stauferforschung richtungsweisend.381 Ziel der Vereinsgründung 1968 war es, die Stadt aufbauend auf ihre historischen Traditionslinien nach innen und außen zu positionieren. Durch die hierfür in den späten 1960er Jahren ausgewählten Mittel wurde dieser Wunsch bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum erfüllt. Die Tagungen waren schnell auch außerhalb des unmittelbaren städtischen Einzugsgebiets in interessierten Kreisen bekannt.382 Die kontinuierliche und fest institutionalisierte Vergegenwärtigung der staufischen Geschichte durch den Göppinger Verein prägte das staufische Bewusstsein der Stadt und positionierte Göppingen als Stauferstadt nach außen.383 Daher formte die Gesellschaft auch fernab der Forschungswelt das Alleinstellungsmerkmal der Hohenstaufenstadt als Hochburg der Staufer, das in Form von passenden Museumsangeboten auch auf Touristikmessen beworben werden kann.384

379 Vgl. Haas, Margit, Besucherin Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung des Vereins und der Göppinger Staufertage; Besucher Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 13.11.2016 (Interview): Bedeutung des Vereins und der Göppinger Staufertage; Anshof, 2004, S. 6. 380 Vgl. Besucher Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 13.11.2016 (Interview); Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Es muss jedoch auch betont werden, dass dies nicht in gleichen Teilen für die gesamte städtische Bevölkerung gilt. Vielen Göppingern ist zwar die Bedeutung der Gesellschaft für staufische Geschichte für die Stadt und deren Strahlkraft nach außen unterschwellig bewusst, das Bedürfnis nach einer vertieften, sehr sachlichen Auseinandersetzung mit der Thematik wie der Verein sie anbietet, spricht jedoch nur sehr interessierte Personenkreise an. Vgl. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der 27. Göppinger Staufertage »Jüdisches Leben in der Stauferzeit«. Göppingen; Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 381 Nach Claus Anshof hatte sich die Gesellschaft schon 2004 »im deutschsprachigen Raum für die Epoche der Stauferdynastie eine Art Monopolstellung verschafft.« Anshof, 2004, S. 6. Vgl. auch Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 382 Schon 1997 kamen ein Drittel der Teilnehmenden nicht aus dem Umkreis der Hohenstaufenstadt. 2010 reisten diese aus ganz Deutschland und dem Ausland an. Vgl. Anshof, 1998, S. 7; Stürner, 2012, S. 7. 383 Erneut wird demnach das Bewusstsein als Stauferstadt über die langjährige staufische Geschichtskultur der Kommune definiert. Vgl. Besucherpaar Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung des Vereins und der Göppinger Staufertage; Ziegler, Besucher Göppinger Staufertage 2016, 13.11.2016. 384 Vgl. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview). Vgl. auch die Äußerungen des Oberbürgermeisters bei der Eröffnung der Staufertage 2016. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der 27. Göppinger Staufertage »Jüdisches Leben in der Stauferzeit«. Göppingen.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

7.5

Die Stadt Göppingen und ihre staufische Geschichte

Auf die Frage, wie die staufische Geschichte in Göppingen seit den 1970er Jahren rezipiert wird, kann summarisch geantwortet werden: kontinuierlich sachlich. Ein staufisches Geschichtsbewusstsein lässt sich in der Kommune bis in das 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Dieses sehr ausgeprägte Selbstbild konnte sich nicht aus dem historischen Stadtkern speisen, da dieser den zwei Stadtbränden zum Opfer fiel. In diesem Punkt ähnelt die Hohenstaufenstadt anderen Staufer- und Barbarossastädten mit wenigen fassbaren historischen Bezügen und einem großen staufischen Geschichtsbewusstsein.385 Vielmehr speist sich in Göppingen das Selbstverständnis als Stauferstadt aus der Nähe zum Hohenstaufen und auch aus den langen Traditionslinien staufischer Geschichtskultur der Stadt selbst, die gleichsam als eigenständiges Göppinger Brauchtum verstanden wird.386 Eine Wiederbelebung des »Stauferkults« nach dem Zweiten Weltkrieg, der zur Etablierung vieler den ganzen Untersuchungszeitraum prägenden Strukturen führte, erfuhr Göppingen durch die Aktionen des Oberbürgermeisters König von 1954-1980. Direkt nach seinem Amtseintritt wurde ein historischer Teil im jährlichen Göppinger Maientagsumzug eingeführt; Straßen und viele öffentliche Gebäude wurden in den 1960er und 1970er Jahren nach der Dynastie benannt. Weiterhin gründete sich 1968 die damals noch als Gesellschaft der Freunde staufischer Geschichte bezeichnete Vereinigung, die die von OB König initiierten Bemühungen zur Erforschung und Vergegenwärtigung der Dynastie vorantreiben und umsetzen sollte. Das Stauferjahr 1977 wurde denn auch in Göppingen Stadt und Kreis mit einem ganzen Reigen an Aktivitäten begangen. Während des gesamten anschließenden Untersuchungszeitraums waren und sind die Staufer tief im städtischen Leben und baulich im Stadtbild präsent. Wandertage führen Göppinger Schüler auf den Hohenstaufen, den sie als Teil der Heimatgeschichte auch in den seit 1994 ausgeschriebenen Schülerwettbewerben der Stauferstiftung thematisieren. Seit 2004 können Jung und Alt die Barbarossatherme zur Entspannung nutzen oder sich sportlich beim Barbarossa-Berglauf unter Beweis stellen. Zwei Stauferstelen, auf dem Berggipfel und auch in der Stadt, bezeugen seit 2002 und 2012 zudem die Selbstwahrnehmung als Stauferstadt. Der innerstädtische Umgang mit der Dynastie ist seit den 1970er Jahren bis in die 2010er Jahre eher nüchtern-informativ. Die Steleneinweihungen fanden in einem sehr förmlich und feierlichen Rahmen statt. Streichquartett und Sektempfang statt performative Unterhaltung durch Gewandete wie in Schwäbisch Gmünd umrahmten in Göppingen die Feierlichkeiten. Auch die Preisverleihung der Stauferstiftung an die Schüler, die gemeinsam mit der Vergabe des Wissenschafts- und Förderpreis durchgeführt wird, fand 2016 in einem sehr festlichen und konventionellen Rahmen statt. Bei diesen Aktionen wurde die Stauferzeit als die eigene Lokalgeschichte mit europäischer Strahlkraft interpretiert. Sehr prägend für die

385 Siehe S. 166. 386 Thomas Brune spricht von einer sekundär motivierten Stauferbegeisterung bis zum Ende seines Untersuchungszeitraums Anfang der 1970er Jahre aufgrund der Profite der Stadtgemeinschaft durch den Hohenstaufentourismus. Vgl. Brune, 1977,S. 74-75. Für die Zeit von ca. 1970 bis in die 2010 kann indes eher von einer sekundären Stauferbegeisterung aufgrund der bisherigen staufischen Geschichtskultur der Stadt gesprochen werden.

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

staufische Geschichtskultur der Stadtgemeinschaft waren und sind die Aktivitäten der Gesellschaft für staufische Geschichte. Diese sind allesamt auf eine sachliche und breite Information über die Dynastie ausgelegt. Statt Workshops in der mittelalterlichen Schmiede werden der Bevölkerung regelmäßig Vorträge von Experten angeboten. Unbeeindruckt von zeithistorischen Trends speist sie die Stadtgemeinschaft mit neuesten Forschungserkenntnissen und lädt zu Veranstaltungen und Studienfahrten ein. Durch ihren wissenschaftlichen Charakter strahlt sie weit über die Kommune hinaus. Entwicklungen hin zu einer stärker europäischen Thematisierung der Stauferzeit und der medialen Aufbereitung durch kurzweilige, gar performative Angebote seit den 1990er Jahren sind im Gesamtbild zu vernachlässigen. Auch in der Kommunikation nach außen, in den Medien aus dem Sektor Tourismus/Marketing lässt sich die Form der staufischen Rezeption seit den 1970er Jahren am besten mit dem Schlagwort Kontinuität beschreiben. In Göppingen wurde das Werbepotential der Staufer schon früh erkannt. Erste Bemühungen gehen bis in das 19. Jahrhundert zurück. Wie in anderen Stauferstädten wurde auch in der Hohenstaufenstadt ab den späten 1960er und vor allem in den 1970er Jahren der Versuch unternommen das Label Stauferstadt, bzw. Hohenstaufenstadt planmäßig in der Positionierung nach außen zu etablieren. Dies war vor allem seit der Eingemeindung des Hohenstaufens 1971 möglich und nach dem Stauferjahr endgültig erreicht. 1977 wurde als Chance verstanden, die eigenen staufischen Stätten zu bewerben, weswegen gezielt frühe Tourismuskonzepte entworfen und Werbemaßnahmen getätigt wurden. Göppingen kann diesbezüglich im Vergleich zu anderen Städten als Pionierin verstanden werden. Seit den 1970er Jahren bis in die 2010er Jahre werden die Staufer in Göppingen zentral über den Berg Hohenstaufen als Naturerlebnis beworben. Kultur und Natur können zusammen erkundet werden. Die kulturelle Begegnung auf dem Hohenstaufen wird seit den 1990er Jahren, vor allem aber den 2000er Jahren, immer weniger als Weiterbildung und immer mehr als kurzweiliges Freizeitprogramm beworben. Seit den 1980er Jahren wird diese auch mit einer kulinarischen Komponente verknüpft. Kontinuierlich dienen die Staufer als Aufhänger, über den sich die Stadt als eine Kommune positioniert, die Tradition und Moderne vereint – so das Motto einer Broschüre von 1978 und der rezenten Internetseite. Touristische Angebote der Stadt zu den Staufern beinhalten während des gesamten Untersuchungszeitraums die Kombination einer Führung auf dem Berg und einer Besichtigung des Dokumentationsraums. Individuell besteht außerdem die Möglichkeit einer Ausfahrt zu weiteren staufischen Stätten in der Region. Die in den Führungen verhandelten Themen zur Stauferzeit geben Auskunft zu Geologie und Geschichte des Berges und der Burg, den Burgen der Umgebung und dem Agieren der Staufer sowohl in Bezug auf den näheren Umkreis, als auch das gesamte vorwiegend deutschsprachige Stauferreich. Wie in Schwäbisch Gmünd brachte eine zunehmende Professionalisierung des Tourismussektors auch in Göppingen in den 1990er Jahren eine Ausweitung des Angebots hin zu festen Rundfahrts- und Pauschalangeboten. Erst die umfassenden Tourismuskonzepte seit 2010 brachten jedoch einen deutlich erkennbaren Wandel in der staufischen Angebotspalette der Stadt. Neben der Themenführung zu staufischen Frauen werden Kinderführungen und einmal monatlich öffentliche Führungen auf dem Berggipfel angeboten. Als selbstständiges Vermittlungsangebot stehen Audioguides in der Berggaststätte zur Verfügung. Ne-

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

ben den Frauen der Zeit wird nun stärker die einfache Bevölkerung in Stadt, Land und auch auf der Burg Hohenstaufen thematisiert. Durch die Schilderungen der für moderne Verständnisse unzivilisierten Lebensverhältnisse auf der Burg erscheint die Zeit den Zuhörern als abschreckend fremdartig. Faszinierend anders wird die Stauferzeit seit den 2010er Jahren durch die verstärkte Thematisierung der Agitationen Friedrichs II. Diese geht einher mit einer verstärkt europäischen Darstellung der staufischen Herrschaft auch in den Werbebroschüren. Werden in den Wanderbroschüren der 2000er die Staufer noch als prägende Dynastie für die deutsche Geschichte bezeichnet, so skizziert sie eine Imagebroschüre der Stadt von 2015 als europäisch denkende und agierende Herrscher. Über die Stauferstele wird in den Führungen auf dem Berggipfel vertieft auf die transnationalen Herrschaftsdimensionen eingegangen und auch im Dokumentationsraum stehen in den 2010er Jahren Nord- und Südreich verkörpert auf der zugehörigen Broschüre durch Barbarossa und Friedrich II. gleichberechtigt nebeneinander. Der Audioguide für den Berggipfel widmet sich den jüngsten Trends entsprechend am intensivsten dem Staufer Friedrich II. Des Weiteren wird – ebenfalls seit den 2010er Jahren – der Bergbesuch als Erfahrung eines romantischen Naturidylls inszeniert. Diese Darstellung erfolgt stark über die Rezeption schwäbischer Dichter des 19. Jahrhunderts. Auf einer Anzeigenwerbung verleiht ein Zitat Ludwig Uhlands dem Bild vom Berg im Abendrot den richtigen Ausdruck. Eine sentimental-erfurchstvolle Stimmung wird erzeugt. Der Hohenstaufen wird auch durch die Beiträge des Audioguides zum Sehnsuchtsort, der an verklärte Mittelalterbilder der Romantik anknüpft. Auch die mediale Aufbereitung der Stauferzeit im Bereich Tourismus/Marketing ändert sich erst grundlegend seit den 2010er Jahren. Die Angebote, wie sie anlässlich des Stauferjahres 1977 entwickelt wurden, waren auf eine breite Weiterbildung der Besucher angelegt. Beworben wurden sie mittels Informationsbroschüren mit ausführlichen Textbeiträgen. Auch der Dokumentationsraum war eine rein dokumentarische, textlastige Exposition zur Stauferzeit ohne Mittel der Rauminszenierung. Innerhalb der Werbemaßnahmen können medial von den 1980er Jahren bis in die 2010er Jahre keine klaren Entwicklungslinien erkannt werden. Die Stauferführungen auf dem Berg vermittelten die Geschichte nicht mittels Kostümierungen oder szenischen Elementen, sondern durch zusätzliches Erläuterungsmaterial und die Einbindung literarischer Zitate. Auch in den 2010er Jahren werden die Erläuterungen über die Stauferzeit durch das Führungspersonal mit diesen Mitteln veranschaulicht. Durch die zusätzliche Thematisierung des Alltagslebens und auch der Frauenschicksale wird die Zeit jedoch im Anschluss an moderne Lebenswelten erzählt, wodurch sie anschaulicher wird. Beworben werden die Angebote auf dem Berggipfel nun mit reich bebilderten Informationsbroschüren, die einladen, in die Vergangenheit zu reisen, in sie einzutauchen und sie zu entdecken. Dies wird im Dokumentationsraum seit 2009 durch zahlreiche Rauminstallationen, Filme und interaktive Stationen zum Ausprobieren ermöglicht. Der Berggipfel selbst wird durch die Berggaststätte »Himmel&Erde« und deren Programm inklusive des Audioguides zur Naherholungsstätte, dessen Besuch einem magischen Ausflug aus dem Alltag gleichkommt. Der staufischen Geschichte kann hier sowohl über das Naturidyll als auch kulinarisch begegnet werden. In Form von regionalen Produkten oder auch als Image-Postkarte kann sie nach einem Besuch der Hohenstaufenstadt nun auch mit nach Hause genommen werden. In dieser rezenten Entwicklung hin zur multime-

7. Die Hohenstaufenstadt Göppingen

dial erfahrbaren und auch käuflich erwerbbaren Begegnung mit der staufischen Geschichte im Sektor Tourismus/Marketing gleicht Göppingen anderen Staufer- und Barbarossastädten. Einschränkend muss jedoch eingeräumt werden, dass die für Göppingen ermittelte Hinwendung zu szenischen, erlebbaren und unterhaltenden Angeboten nicht so ausgeprägt ist, wie sie rezent in Schwäbisch Gmünd und anderen Städten mit einem im Vergleich jüngeren staufischen Geschichtsbewusstsein zu finden ist. Die Vergegenwärtigung der staufischen Geschichte trägt in Göppingen fundamental zur städtischen Identitätsstiftung bei. Durch die Straßen- und Gebäudebenennungen der 1960er und 1970er Jahre sollte die neu zusammengesetzte und stark vergrößerte Stadtgemeinschaft geeint werden. Die in diesem Zeitraum gelegten Fundamente wurden gepflegt und erweitert, sodass die Staufer durch Vereinsarbeit, Schülerwettbewerbe und durch die Begegnung im Stadtbild fester Bestandteil des Selbstbildes der Göppinger geworden sind. Nicht neu und laut wie in Schwäbisch Gmünd, sondern ruhig und unaufgeregt wird das staufische Erbe gepflegt und bietet so auch in Göppingen für Neuankömmlinge die Möglichkeit zur Integration in die Stadtgemeinschaft. Gefördert wird vor allem die lokale Identität der Kommune, da die Stauferzeit als die eigene Heimatgeschichte interpretiert wird. Daneben trägt diese bereits seit den 1970er Jahren auch zu einer europäischen Identitätsstiftung mittels einer gemeinsamen Erinnerungskultur mit den Städtepartnern und durch die Aktivitäten der Gesellschaft bei.387 Die Möglichkeit der europäischen Identitätsstiftung durch die Göppinger Rezeptionen der Stauferzeit wird seit den 2010er Jahren verstärkt. Die bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum wirkenden Strukturen wurden vor allem in den späten 1960er Jahren von einem CDU-Oberbürgermeister – analog wie in Schwäbisch Gmünd seit 2009 – zur städtischen Identitätsstiftung genutzt, wodurch abermals eine gewisse politische Dimension der staufischen Geschichtskultur deutlich wird. Alle Formen der staufischen Geschichtskultur Göppingens dienten bis in die 2010er Jahre hinein vorwiegend der vertieften Weiterbildung. Die Hohenstaufenstadt hat sich über die Gesellschaft für staufische Geschichte als »Staufer-Mekka« positioniert. Emotional nacherlebbar wir die Stauferzeit in Göppingen erst im jüngsten Untersuchungszeitraum und nur in den Darstellungen aus dem Tourismus- und Marketingsektor. Den gesamten Untersuchungszeitraum hindurch fungierte die staufische Geschichte als kulturtouristische Attraktion für die Kommune. Mit der Errichtung der Berggaststätte, dem dazugehörigen Veranstaltungsprogramm und den dort erwerbbaren Produkten kann die Stauferzeit seit 2010 darüber hinaus auch konkret marktwirtschaftlich genutzt werden.

387 Siehe S. 353.

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8. Transnationale staufische Geschichtskultur

8.1

Erinnerungen an die Staufer in Italien: Vom feindlichen Invasor im Risorgimento zum Puer Apuliae im 21. Jahrhundert1

Die italienische Erinnerung an die Staufer kreist hauptsächlich um die ehemaligen Herrschaftsgebiete im eigenen Land, während in der deutschen Geschichtskultur neben nationalen auch die italienischen Erinnerungsorte der Staufer eine Rolle spielten und zunehmend spielen. Im 19. Jahrhundert des Risorgimento, der nationalen Wiedergeburt Italiens, wurde die Zeit der Staufer und hier allen voran das Wirken Friedrichs I. Barbarossa, sehr kritisch bewertet.2 Seine Bemühungen in Oberitalien, die alten Reichsrechte wieder durchzusetzen und der starke Widerstand, der sich ihm in Form des Lombardenbundes entgegensetzte, sind auch im 19. Jahrhundert tief im kollektiven Gedächtnis Oberitaliens verankert gewesen.3 Das Italien dieser Zeit deutete Friedrich Barbarossa, den Eindringling aus dem Norden, gerne als Präfiguration des österreichischen Kaisers in Wien, der zu diesem Zeitpunkt über weite Teile Norditaliens herrschte und gegen den es sich zugunsten eines vereinten Italiens zu behaupten galt.4 Unter negativen Vorzeichen konnte das Gedenken an Barbarossa bzw. vor allem der damals erfolgreiche Zu1

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Im Folgenden wird ein kurzer Abriss über die verschiedenen Modi der Erinnerung an die Staufer in Italien gegeben. Dieser beginnt im 19. Jahrhundert, konzentriert sich jedoch vor allem auf die Rezeptionen ab der zweiten Hälfte des 20 Jahrhunderts bis in die jüngste Vergangenheit. Zwar liegt der Schwerpunkt des Dissertationsprojekts auf dem deutschen Sprachraum, doch ein ergänzender Einblick in die italienische Stauferrezeption soll die transnationalen Erinnerungsdimensionen der Fallbeispiele besser einordnen und bewerten helfen. Vgl. Esch, 2012, S. 218. Vgl. Houben, Hubert, 2012: Der böse und der gute Frederico. Staufermythen in Italien in Vergangenheit und Gegenwart. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Von Palermo zum Kyffhäuser. Staufische Erinnerungsorte und Staufermythos. 24. Göppinger Staufertage, 12. bis 14. November 2010. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 31). Göppingen, S. 26-45, S. 30. Zum Lombardenbund siehe S. 53. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 132; Schmitz-Esser, Romedio, 2014: Italienische Barbarossabilder seit dem 19. Jahrhundert. In: Görich, Knut (Hg.): BarbarossaBilder. Entstehungskontexte, Erwartungshorizonte, Verwendungszusammenhänge. Regensburg, S. 341.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

sammenschluss der Kommunen gegen ihn »zu einer Schubkraft der bürgerlichen Bewegung werden«.5 Der Lombardenbund und sein erfolgreicher Kampf gegen die Staufer wurde im 19. Jahrhundert als historisches Symbol der Einigung und gemeinschaftlicher Abwehr einer äußeren Bedrohung und Fremdherrschaft gedeutet.6 Gezeichnet wurde also ein negatives Bild der Staufer auf der einen Seite, ein positives der Stauferzeit auf der anderen, da das Handeln der Kommunen als Vorbild für rezente Bestrebungen für ein gemeinsames Italien gedeutet wurde. Diese Interpretationen der staufischen Herrschaftszeit wurden im Italien des 19. Jahrhunderts häufig über das Theater kommuniziert. Als Beispiel sei hier die Aufführung von Federico Barbarossa 1847 in Bologna genannt. Durch die Thematisierung des mittelalterlichen Stoffes konnte die aktuelle Politik diskutiert werden, ohne die Zensur auf den Plan zu rufen. Mittelpunkt dieses Stückes und auch der meisten anderen Referenzen an die staufische Geschichte des 19. Jahrhunderts war die Schlacht von Legnano von 1176.7 Der größte Triumph eines schon im Mittelalter geeinten Italiens gegen einen ausländischen Despoten war Vorbild der italienischen Patrioten im Kampf gegen die Habsburger. Oftmals wurde unter dem Schlagwort Legnano zudem und gänzlich unhistorisch auch Süditalien in die gemeinsamen Anstrengungen zur nationalen Einigung mit einbezogen.8 Friedrich II. wurde sowohl in der Epoche des Risorgimento, als auch nach der Gründung des Königreichs Italien 1861 in der italienischen Erinnerung wesentlich positiver bewertet. Die »Neughibellinen« stilisierten ihn als »Vater des ghibellinischen Vaterlands« und seine Konflikte mit dem Papsttum und den Guelfen wurden als Hauptursache für das Scheitern seiner Bemühungen um eine nationale Einigung Italiens im Mittelalter gedeutet.9 Beispiel hierfür ist ein Bildnis, das in den 1820er Jahren in Palermo als eines der Porträts berühmter Sizilianer entstanden ist. Dieses stellt Friedrich II. als römischen Princeps dar. Einer beiliegenden Notiz zufolge wurde an den Staufer als Herrscher erinnert, der Kultur und Gesellschaft verbesserte und den Mut hatte, sich gegen den Absolutismus der römischen Kirche zu wenden.10 Nach der italienischen Nationalstaatsgründung wurde der Freiheitskampf der mittelalterlichen Kommunen gegen die Staufer fester Bestandteil der italienischen Nationalgeschichte und erfüllte legitimationspolitische und identitätsstiftende Funktionen. Sehr lautmalerisch dienten die Schilderungen des grausamen Herrschers aus dem Norden, des heldenhaften Widerstandes und der Opferbereitschaft der Stadtbewohner dazu, die neu vereinte Nation historisch zu verorten. Diese Deutung der staufischen Herrschaftszeit wurde in der Zeit des Ersten Weltkrieges, in der Italien auf Seiten der Alliierten gegen Deutschland und Österreich kämpfte, noch verschärft und erfuhr erst-

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Schreiner, 2012, S. 102. Vgl. Esch, 2012, S. 16; Sprenger, 2010, S. 40. Siehe S. 53. Vgl. Schmitz-Esser, 2014, S. 341-342; Houben, 2012, S. 30. Houben, 2008, S. 227.Vgl. weiterhin Bühl-Gramer, 2010, S. 56. Bei den Neughibellinen handelt es sich um »italienische Patrioten, die für die Errichtung eines Nationalstaats gegen den Papst kämpften und den Kirchenstaat als Hindernis für die nationale Einheit Italiens ansahen […].«Houben, 2008, S. 227. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 14.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

mals eine Umbewertung mit der Etablierung des Faschismus in Italien in den 1920er Jahren.11 Dieses Umdenken erklärt sich durch das enge Verhältnis des faschistischen Italiens mit dem nationalsozialistischen Deutschland.12 Der Lombardenbund als erstmalige Vereinigung der Italiener seit dem Römischen Reich gegen einen auswärtigen Invasor wurde auch in der faschistischen italienischen Geschichtskultur sehr positiv beurteilt. Eine Neubewertung erfuhr jedoch der Gegner dieser kommunalen Bestrebungen – Friedrich I. Barbarossa. Dieser wurde nun sehr ambivalent skizziert. Der starke Wille des Kaisers, seine Kriegserfahrung und auch sein Gerechtigkeitssinn erfuhren eine Würdigung. Jedoch, vermutlich um die Kämpfe der oberitalienischen Städte gegen ihn nach wie vor vorteilhaft zu erinnern, wurde auch die Grausamkeit des deutschen Despoten betont. Seine Bemühungen in Oberitalien wurden ihm als Vernachlässigung des deutschen Nationalstaats zugunsten eines universalen Kaiserreichs ausgelegt.13 Bezeichnenderweise finden sich diese Anschuldigungen auch in der frühen nationalsozialistischen Geschichtspolitik.14 Vorteilhafter wurde die Regierungszeit Friedrichs II. gedeutet: Zum einen wird sie mit nationalistischem Vorzeichen als Blütezeit der Kunst und Kultur gewürdigt, andererseits aber wird die Kaiserpolitik Friedrichs II., wie bereits im 19 Jahrhundert, als Möglichkeit einer mittelalterlichen italienischen Einigung ausgelegt, die jedoch aufgrund der päpstlichen Gegner nicht zustande kam.15 Die faschistische Erinnerung an die Staufer hatte gemäß den aktuellen Bedürfnissen als Richtmaß die gelungene Etablierung des Nationalstaats. Auch wenn aufgrund der politischen Nähe zu den Nationalsozialisten und deren Bestrebungen die Kriegstüchtigkeit und Härte Barbarossas gelobt wurden, so wurden doch vor allem die Kämpfe des Lombardenbundes und die Herrschaftszeit Friedrichs II. als positives Abbild der Gegenwart im Mittelalter ausgelegt. Dieses legitimierte die faschistischen Bemühungen, hatte appellative Funktion und bekräftigte die nationale Identität. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der faschistischen Diktatur in Italien endete auch die heroische und mystifizierte Sichtweise auf die Widerstände gegen die staufischen Herrscher. Generell stieg seit der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart in der italienischen Geschichtskultur das Interesse an Friedrich II. Er wird eher als italienischer, denn als deutscher Herrscher verstanden. Positiv wird die kulturelle Vielfalt seines Hofes betont, seine für das 13. Jahrhundert vermeintlich fortschrittliche Toleranz und die allgemeine »Modernität« seines Königreichs. Auch sein Interesse für die Falknerei und sein Wissensdurst werden zu zentralen Themen.16 Sein Herrschaftshandeln wird als Idee eines frühen Europas ausgelegt. Wie in den deutschen Schulbüchern erkennt Charlotte Bühl-Cramer auch in italienischen Lernkompendien seit Ende des

11 12 13 14 15 16

Vgl. Bühl-Gramer, 2010, S. 53-55; Esch, 2012, S. 14. Vgl. Bühl-Gramer, 2010, S. 55; Schmitz-Esser, 2014, S. 339. Vgl. Schmitz-Esser, 2014, S. 339. Siehe S. 70. Vgl. Bühl-Gramer, 2010, S. 55-57. Vgl. Esch, 2012, S. 14; Bühl-Gramer, 2010, S. 56-57. Diese Interpretationen von Person und Herrschaftshandeln Friedrichs II. ermittelt Charlotte Bühl-Cramer in italienischen Schulbüchern ab 1945 bis in die 2000er.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

20. Jahrhunderts eine verstärkte Zuwendung zur Herrschaftszeit Friedrichs II. und eine Auslegung dieser als Fundament für eine europäische Identitätsstiftung.17 Wichtig ist die positive Erinnerung an Friedrich II. vor allem für die deutsch-italienischen geschichtskulturellen Beziehungen. Dies verdeutlicht der Besuch des deutschen Bundespräsidenten zur Eröffnung der Friedrich-Ausstellung in Rom 1995 und auch die Anwesenheit des italienischen Botschafters zur Eröffnung der Friedrich-Ausstellung in Oldenburg 2007.18 Doch verschwindet Barbarossa nicht gänzlich aus dem italienischen Geschichtsbewusstsein: Auch nach 1945 wird seine Italienpolitik unter nationalen Gesichtspunkten thematisiert. Er bleibt in der modernen Erinnerung als der fremde Invasor präsent, gegen den sich die Italiener vereint erfolgreich zur Wehr gesetzt haben.19 Die ständigen und häufig sehr verlustreichen Kämpfe Oberitaliens gegen die staufische Vorherrschaft sind bis heute sehr präsent im kollektiven Gedächtnis der Norditaliener verankert.20 Nicht nur Barbarossa, sondern auch Friedrich II. wird in diesen Regionen vorwiegend ablehnend erinnert. Von einzelnen Ausnahmen wie Como, Pavia oder Lodi abgesehen, die zu Zeiten der staufischen Herrschaft dem Kaiser aus dem Norden freundlich gesinnt waren und ihn heute oftmals als Förderer der eigenen Stadtentwicklung feiern, überwiegt in vielen norditalienischen Städten wie Mailand ein durchweg negatives Bild der staufischen Herrschaft.21 Folkloristisches Beispiel hierfür ist das jährlich stattfindende Pallio di Legnano, ein Reenactment-Ritterspektakel mit großem Festumzug und Schauturnieren, das an den Sieg der verbündeten oberitalienischen Kommunen gegen den Barbaren aus dem Norden erinnern soll.22 Wie schon im Risorgimento werden die Staufer abfällig und bösartig inszeniert, die Stauferzeit aber, in der die Italiener gemeinsam siegten, als Glanzzeit bewertet. So kann die gemeinsame historische Identität gestärkt werden. Außerdem wird durch die unterhaltende Darstellung, wie sie auf diesem historischen Event zu finden ist, der Wunsch, Geschichte nachzuerleben und zu empfinden, bedient und der Tourismussektor gefördert. Zentraler Ausdruck der negativen Auslegung der Staufer im heutigen Norditalien ist die Vereinnahmung des staufischen Erbes durch die Lega Nord: Für die Partei spielt der mittelalterliche Widerstand der Lega Lombarda gegen Barbarossa eine konstitutive Rolle. Dies zeigt sich nicht nur durch die Namenswahl, sondern auch in der Wappenfigur der Partei, Alberto Giussano. Diese historisch nicht gesicherte Symbolfigur soll als Anführer einer Soldatengruppe zentralen Anteil am Sieg gegen Barbarossa in Legnano gehabt haben.23 Der gemeinsame Kampf gegen den fremden Eindringling Barbarossa wird von der Lega Nord vergegenwärtigt, um die eigene Politik zu legitimieren. Statt des Barbaren aus dem Norden seien es heute die muslimischen Zuwanderer, gegen die geschlossen die gemeinsamen christlich-italienischen Werte und Traditionen verteidigt 17 18 19 20

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Vgl. Bühl-Gramer, 2010, S. 62. Siehe S. 44. Vgl. Houben, 2008, S. 227; Esch, 2012, S. 18. Vgl. Bühl-Gramer, 2010, S. 56; Schmitz-Esser, 2014, S. 338. Die rezente staufische Rezeption Italiens, soll im Folgenden zweigeteilt zunächst für Nord- und im Anschluss für Süditalien skizziert werden. Diese Aufteilung ist bedingt durch die starke Heterogenität der staufischen Geschichtskulturen in beiden Landesteilen. Vgl. Houben, 2012, S. 37-38. Vgl. Sprenger, 2010, S. 40. Vgl. Esch, 2012, S. 14-15; Houben, 2012, S. 32-33.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

werden müssten.24 Außerdem steht der geschichtlich einst erfolgreiche Zusammenschluss der Kommunen Norditaliens stellvertretend für den rezenten Zusammenhalt des Nordens gegen den zentralistischen italienischen Staat.25 Ausdruck findet diese Rückbesinnung beispielsweise in den seit 1990 jährlich abgehaltenen, politisch stark aufgeladenen Gedenkfeiern des Schwures von Pontida von 1167, der Gründungsakt des ersten Lombardenbundes gegen Friedrich I. Barbarossa.26 Bekannt ist außerdem der von der Lega Nord mitfinanzierte Film »Barbarossa«, der 2009 in die Kinos kam. In diesem stellt sich ein junger Mailänder, Alberto da Giussano, mit seiner wagemutigen Kompanie dem blutrünstigen Barbarossa entgegen. Zur Erstaufführung des Films, in dem der damalige Vorsitzende der Lega Nord Umberto Bossi sogar einen Gastauftritt hat, erschienen zahlreiche Größen der norditalienischen Politik: Umberto Bossi, die Bürgermeisterin von Mailand und der Gouverneur der Lombardei.27 Auch wenn aus dem Film kein großer Erfolg wurde, verdeutlicht er anschaulich, wie die Stauferzeit im Oberitalien des 21. Jahrhunderts noch immer die geschichtskulturelle Funktion erfüllt, eine historische Identität in Form von Abgrenzung zu fundieren.28 Neben dieser rein negativen Auslegung der Stauferzeit existieren auch in Oberitalien Inseln der positiven Staufererinnerung. Diese sind längst nicht mit der Begeisterung für Friedrich II. in Süditalien zu vergleichen. Doch vereinzelte Spuren einer positiv konnotierten staufischen Geschichtskultur können hier auf eine lange Tradition zurückweisen und haben vor allem ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Tourismus- und Unterhaltungssektor stark zugenommen.29 Exemplarisch kann das Festa della Barbarossa im toskanischen San Quirico d’Orcia angeführt werden, das in Form eines großen Mittelalterfestes seit 1962 jährlich an den Besuch Barbarossas von 1155 erinnert.30 Generell gehen die Wurzeln für diese Inseln der positiven Staufererinnerung in Oberitalien bis in die Stauferzeit selbst zurück. Viele mit Mailand verfeindeten Städte konnten durch die Zusammenarbeit mit den Staufern ihre Autonomie gegenüber den mächtigen Nachbarn stabilisieren oder noch weiter ausbauen.31 Bekanntes Beispiel hierfür ist Pavia, wo sich die Spuren einer staufischen Geschichtskultur bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Die alte Hauptstadt des Langobardenreichs hatte traditionell eine enge Beziehung zum König des italienischen Reichsteils und Barbarossa hielt sich bekanntlich auch während seiner Italienzüge über 30 Mal innerhalb ihrer Stadtmauern auf. Schon zeitgenössische Autoren bezeichneten die Stadt als wichtige Stütze des Kaisers, der diese 1164 mit Privilegien belohnte. Die Paveser gedachten ihrem staufischen Förderer mit einem heute nicht mehr erhaltenen Gedenkstein für ihn und seine Gemahlin Beatrix in der Hauptkirche der Stadt.32 Auch Lodi und Como hatten nach24 25 26 27 28 29 30 31 32

Vgl. Schmitz-Esser, 2014, S. 338. Vgl. Houben, 2012, S. 32-33. Vgl. Sprenger, 2010, S. 40. Vgl. IMDb.com: Barbarossa. https://www.imdb.com/title/tt1242516/ [28.11.2017]; Houben, 2012, S. 32. Vgl. Sprenger, 2010, S. 40. Vgl. Schmitz-Esser, 2014, S. 347. Vgl. ebd.; Houben, 2012, S. 33. Vgl. Houben, 2012, S. 33; Sprenger, 2010, S. 39. Vgl. Sprenger, 2010, S. 42-43; Houben, 2012, S. 35.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

weislich gute Beziehungen zu den staufischen Herrschern. Die durch die Mailänder zerstörte Stadt Lodi wurde 1158 durch Barbarossa an anderer Stelle neu gegründet. Im Stadtbild erinnert daran heute ein anlässlich der 850-Jahrfeier 2008 errichtetes Reiterstandbild des Staufers.33 In Como wird seit 1981 zu Ehren Barbarossas alljährlich der Palio del Barbadello abgehalten. Die verschiedenen Stadtteile treten hierbei in mittelalterlichen Kostümen gegeneinander an und auch ein als Barbarossa kostümierter Reiter tritt bei diesem Mittelalter-Event auf.34 Eine etwas skurril anmutende Erinnerung an die Staufer ist im kleinen Ort Brienno nahe der Stadt Como zu finden: Hier hält sich bis heute die Geschichte vom Besuch Barbarossas im Ort, bei dem er betrunken stürzte und sich einen Zahn ausschlug. Besagter Zahn, welcher in Wirklichkeit ein in Papier eingewickeltes Stückchen Holz ist, wird bis heute als Reliquie Barbarossas in Brienno aufbewahrt.35 Die Stauferzeit ist in diesen Städten ein positiver Aspekt der Stadtgeschichte. Dementsprechend ist sie in den städtischen Geschichtskulturen als Glanzzeit verankert, die Identität stiften kann und in der jüngsten Vergangenheit als vielversprechendes Aushängeschild für die touristische Außenwerbung dient. Im Gegensatz zum Norden, der in Bezug auf die Staufer einem Flickenteppich von wohlwollender und ablehnender Erinnerung gleicht, ist die Erinnerung an die Staufer in Süditalien von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen durchweg positiv.36 Im Süden des Landes spielt Friedrich I. Barbarossa so gut wie keine Rolle. Er wird oftmals gleichgesetzt, bzw. verschmilzt mit der Erinnerung an seinen Enkel Friedrich II., der in diesen Landesteilen bleibende Spuren hinterlassen hat. »Für die Süditaliener gab (und gibt) es einfach nur einen Federico, das aber ist in der Regel Federico secondo!«37 . Während seiner Regierungszeit verlagerte dieser den Schwerpunkt der Herrschaft auf das unteritalienische Festland, was sich in der Errichtung zahlreicher Residenzen und Jagdschlösser niederschlug, die die Landschaft Süditaliens bis heute kulturell prägen. Exemplarisch sei nur das wohl bekannteste Castel del Monte genannt, die »Krone Apuliens«. Die Residenz, die Friedrich II. 1223 in Foggia (Apulien) in Auftrag gab, löste gar Palermo als Regierungssitz ab.38 Friedrich II. wird in der süditalienischen Geschichtskultur nicht als deutscher Staufer, sondern als in Jesi geborener und in Palermo aufgewachsener Sohn der sizilischen Konstanze gesehen, unter dem dieser Landesteil sein goldenes Zeitalter erlebte. Mit Blick auf die zum Teil schwierigen gegenwärtigen Lebensumstände in Süditalien wird die Stauferzeit als positives Gegenbild einstmaliger Größe dargestellt, die vielleicht auch Lösungsvorschläge für die Gegenwart bieten könnte, ohne jedoch einen appellativen Charakter zu haben.39 Neben dieser identitätsstiftenden Wirkung dient die Heroisierung des Stauferkaisers in Süditalien auch zunehmend als wirkungsvoller

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Vgl. Houben, 2012, S. 36-37; Görich, 2015, S. 47. Vgl. Schmitz-Esser, 2014, S. 347; Houben, 2012, S. 37. Vgl. Houben, 2012, S. 35-36; Sprenger, 2010, S. 43-44. Eine dieser Ausnahmen ist z.B. das apulische Gioa del Colle wo nachts im staufischen Kastell das Klagelied Bianca Lancias zu hören sein soll. Vgl. Houben, 2012, S. 38. Ebd., S. 37. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 2, S. 169. Zur Residenz in Foggia siehe auch S. 58. Vgl. Houben, 2012, S. 26; Esch, 2012, S. 17.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

Marketingfaktor.40 Deutlich wird die Begeisterung für Friedrich II. anhand der Aktivitäten anlässlich des 800. Geburtsjahres des Staufers 1994. Anders als in Deutschland konnte das Comitato Nazionale per le celebrazioni dell’VII. centenario della nascita di Federico II zahlreiche Angebote überwiegend aus Süditalien auch von lokaler Ebene aus in ihrem Programmheft verzeichnen.41 Die Palette reichte von wissenschaftlichen Kongressen und regionalen Tagungen bis hin zu historischen Umzügen und Schülerwettbewerben.42 Ein Treno Federiciano, eine Art Wanderausstellung über Leben und Zeit des Staufers, startete im November 1994 von Palermo aus und durchfuhr zentrale Stauferstätten in Italien. Die 22 Waggons, die unter Mitarbeit zahlreicher italienischer Mediävisten gestaltet wurden, stießen bei der Bevölkerung auf großes Interesse. Aufgrund der partnerschaftlichen Verbindungen nach Göppingen machte der Zug im Dezember 1994 auch im Bahnhof der Hohenstaufenstadt halt.43 Vermutlich als Nachklang dieses in Italien bedeutsamen Jubiläums ist auch die Ausstellung Federico II. e l’Italia von 1995/96 zu sehen, die unter der Schirmherrschaft des damaligen Präsidenten der Republik Italiens in Rom gezeigt wurde. Diese war ein Rundumschlag über Lebensumstände, Staatsformung und künstlerisch-wissenschaftliches Wirken des Stauferkaisers. Auch das Bild Friedrichs II. in Italien und der Mythos um ihn wurden thematisiert. Bemerkenswerterweise wurde sein Wirken in den deutschen Reichsteilen und generell seine deutschen/schwäbischen Wurzeln nur ganz rudimentär thematisiert. Ein weiteres Indiz dafür, dass die italienische Staufererinnerung sich im Wesentlichen auf die Auswirkungen in Italien selbst konzentriert.44 Auch der 750. Todestag Friedrichs II. war in Süditalien ein wichtiger Anlass, um der glorreichen Stauferzeit zu Gedenken: In Fiorentino, der Todesstätte des Stauferkaisers, wurde mit viel feierlichem Wirbel die erste Stauferstele zu Ehren Friedrichs II. enthüllt. Die Stadt Torremaggiore, in dessen Gemarkung Castel Fiorentino liegt, veranstaltete anlässlich des Gedenktags ein mittelalterliches Stadtfest und ein wissenschaftliches Symposium im Castello Ducale.45 Vor allem in Apulien und Sizilien lebt die mythische Stauferverehrung bis heute ungebrochen weiter. Friedrich II. ist hier fest im kulturellen Gedächtnis verankert und Bestandteil der kollektiven Identität.46 Bereits im Apulien der 1970er Jahre erzählten italienische Kleinkinder angeblich begeistert deutschen Touristen von Federico secondo. Ihre Eltern zeigten diesen mit viel Enthusiasmus die zu diesem Zeitpunkt für

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Vgl. Houben, 2008, S. 228. Daneben wird in Süditalien durch viele Tagungen und Symposien zur Stauferzeit auch das Bedürfnis nach Erkenntnis erfüllt. Vgl. Esch, 2012, S. 17; Rueß/Ziegler, 2001, S. 39. Nach Karl-Heinz Rueß hatte das Veranstaltungsheft des Komitees Telefonbuchstärke. Vgl. Esch, 2012, S. 17. Letzteres war vor allem für die lokalen Geschichtskulturen von Bedeutung. Vgl.Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen (Hg.), 1996: XXV. Jubiläum der Partnerschaft zwischen Foggia und Göppingen. Chronik eines durch die Geschichte bewährten Freundschaftsbundes. Göppingen, S. 167. Vgl. Andenna, Giancarlo, 1995: Federico II e l’Italia. Percorsi, luoghi, segni e strumenti. [Mostra, Roma, Palazzo Venezia, 22 dicembre 1995 – 30 aprile 1996]. Roma. Vgl. Rueß/Ziegler, 2001, S. 40-41. Siehe S. 379. Vgl. Houben, 2008, S. 222; Houben, 2012, S. 39.

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den Tourismus noch nicht systematisch erschlossenen Kastelle und Kirchen.47 Einen Aufschwung brachte auch in Süditalien die Staufer-Ausstellung von 1977: Das Centro di Studi Normanno-Svevi der Universität von Bari blühte wieder auf und verschiedene Werke zu den Staufern wurden ins Italienische übersetzt.48 Auch aktuell zeugen die zahlreich zu findenden Schul- und Vereinsnennungen mit Adjektiven wie federiciani oder suevi von einem staufischen Geschichtsbewusstsein in Apulien. Bezeichnend sind auch die zahlreichen Städtepartnerschaften dieser Gebiete mit deutschen Kommunen mit staufischen Traditionen und die oftmals jährlich stattfindenden historischen Umzüge und Stadtfeste, die die staufische Geschichte zum Thema haben.49 Schleichend ab den 1970er Jahren, aber vor allem seit den 1980er Jahren wurde die staufische Geschichte in Apulien auch eine zunehmend wichtige Komponente im Tourismus- und Marketingsektor. Ab diesem Zeitraum wurde mit einer systematischen Sanierung der staufischen Kastelle begonnen, um den als Wirtschaftsfaktor wichtig erkannten Kulturtourismus zu unterstützen.50 Exemplarisch können für diese Bemühungen die Quattro itinerari attraverso la storia genannt werden: Seit 1998 führen ähnlich wie die Straße der Staufer im deutschen Südwesten vier Autorouten entlang staufischer Stätten von Foggia gen Süden durch Apulien.51 Seit den 2000er Jahren hat sich die kommerziell-touristische Nutzung Friedrichs II. in Apulien noch einmal deutlich verstärkt: So sollte die Fluggesellschaft Federico II. Airways den Flughafen Foggias wiederbeleben. Auf der Tourismusmesse 2005 präsentierte sich die Region als Puglia Imperiale, und rückte damit die aus mittelalterlichen Quellen überlieferte Bezeichnung Friedrichs II. als puer Apuliae in den Mittelpunkt ihrer Tourismusstrategie. Die Analogie zur Touristikgemeinschaft Stauferland ist bezeichnend.52 Auch kommerziell wird der Begriff puer Apuliae rezent häufig für regionale Produkte wie Wein verwendet und soll als Qualitätssiegel dienen.53 Die Sizilianer sind ebenfalls voller Bewunderung für »ihren« Federico secondo. Gerade in der jüngsten Vergangenheit scheint er eine neue Popularität zu erreichen. Hubert Houben spricht gar von einem regelrechten »Revival Friedrichs II«.54 Ähnlich wie die Kyffhäusersage im deutschen Sprachraum existiert auch in Sizilien die Legende 47 48 49

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Vgl. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 31.5.2017 (Telefoninterview): Errichtung der Stauferstele in Bari und Barbarossastädte in Deutschland. Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 61. Exemplarisch sei hier die Partnerschaft zwischen dem italienischen Oria und der schwäbischen Stadt Lorch genannt, die sich selbst als »Stadt im Herzen des Stauferlandes« bezeichnet. In Oria findet seit 1967 jährlich ein historischer Umzug und ein Rittertunier statt, womit an den Besuch Friedrichs II. 1225 erinnert werden soll. Vgl. Houben, 2008, S. 223. Viele dieser Sanierungsprogramme wurden auch mittels Zuschüssen der EU finanziert. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview); Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 42, 11.2.1971: Zeitungsartikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Stauferkaiser fördern Reisen. Herausgegeben wurde der zugehörige Prospekt vom Assessorato al Turismo der Regione Puglia. Vgl. Regione Puglia. Assessorato al Turismo, ca. 1990: Quatro itinerari attraverso la storia; Stadtarchiv Göppingen, Bestand C1 Bb9, 14.4.1998: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Austausch künftig auch bei Messen. Siehe S. 180. Vgl. Houben, 2012, S. 222-223. Houben, 2012, S. 40 .Vgl. auch Houben, 2008, S. 223.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

des eigentlich nicht verstorbenen, möglicherweise wieder zurückkehrenden Staufers: Im Augenblick seines Ablebens sei Friedrich II. dabei gesehen worden, wie er mit einer Heerschar von Rittern in glühenden Rüstungen ins Meer geritten und untergetaucht sei. Die Sage scheint sich in Sizilien großer Beliebtheit zu erfreuen, denn sie fand auch Eingang in den durch die Fondazione Federico II. di Palermo in Auftrag gegeben Film stupor mundi von 1997.55 Die rezente Bedeutung des Stauferkaisers und auch seine Indienstnahme in der sizilianischen Geschichtskultur werden durch den Medienrummel verdeutlicht, den die erneute Öffnung seines Sarkophags in Palermo 1998 erzeugte. Der Leichnam Friedrichs II. sollte untersucht werden, um Auskunft über die Art der Einbalsamierung im Hochmittelalter zu erlangen und auch um das Geheimnis der dritten mit Friedrich II. beerdigten Person mittels DNA-Analysen zu lüften.56 In vielen in diesem Zusammenhang gehaltenen Politikeransprachen und Presseberichten wurde eine Verbindung zwischen dem vorherrschenden, positiven Friedrich-Bild und der als demütigend empfundenen Gegenwart gezogen: »Friedrich hätte […] im geeinten Europa den Mittelmeerraum nicht so am Rande gelassen; er hätte Europa geeint […].«57 Die Vorstellung vom multikulturellen, toleranten Kaiser, der ein verbündetes Europa anstrebte, bot für die aktuellen Probleme Süditaliens historische Orientierung.58 Zusammenfassend kann den Staufern in der italienischen Geschichtskultur auf sehr unterschiedlichen Ebenen begegnet werden. Sie sind – ähnlich wie im deutschen Sprachraum – fest im kollektiven Gedächtnis der Nation verankert.59 Anders als im deutschen Geschichtsbewusstsein kann im Italienischen jedoch nicht von einer staufischen Geschichtskultur gesprochen werden. Die Erinnerung gestaltet sich in einem Nord-Süd-Gefälle sehr heterogen und fokussiert sich auf zwei Herrscherpersönlichkeiten: Während Barbarossa als nordischer Barbar vor allem in Oberitalien einen negativen Mythos begründet, wird sein Enkel Friedrich II. in der Rückschau in Süditalien zum glorreichen Herrscher und Vorbild.60

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La Gemellaggio Goeppingen – Foggia: staufische Geschichte als Nährboden transnationaler Gemeinschaft

Seit 1971 besteht zwischen Göppingen und Foggia eine Städtepartnerschaft. Die ca. 170.000 Einwohner zählende Kommune Foggia ist die Hauptstadt der apulischen Provinz Foggia, welche schon in der Stauferzeit eine bedeutende Rolle spielte. Die ehema-

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Dieser basiert auf der Vorlage des Theaterstücks von Aurelio Pes. Vgl. IMDb.com: Stupor mundi. https://www.imdb.com/title/tt5200946/ [5.12.2017]; Esch, 2012, S. 19; Houben, 2012, S. 39-40. Zur Fondazione Siehe S. 366. Vgl. Götz, Thomas, 24.12.1998: In Palermo untersuchen Archäologen den Sarkophag des Stauferkaisers Friedrich II. Die Rätsel um das »Wunder der Welt«. In: Berliner Zeitung. https://www.berli ner-zeitung.de/in-palermo-untersuchen-archaeologen-den-sarkophag-des-stauferkaisers-friedrich -ii--die-raetsel-um-das--wunder-der-welt--15230178 [16.05.2019]. Esch, 2012, S. 19. Vgl. Houben, 2012, S. 37. Vgl. Esch, 2012. S. 21-22. Vgl. Houben, 2012, S. 26; Schmitz-Esser, 2014, S. 338.

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lige Residenzstadt des Stauferkaisers Friedrich II. ist heute Universitätsstadt und als Messezentrum für die Landwirtschaft bedeutend.61 Historisch tritt sie erst mit ihrer Befestigung im 11. Jahrhundert in Erscheinung. Mit dem Auftreten Kaiser Friedrichs II. in Apulien »schlug Foggias große Stunde«:62 Der Staufer hatte die Stadt zum Regierungssitz ausersehen und begann um 1223 dort seine Residenz zu errichten. Zu dieser gehörten Palast, Bildungsstätte und Basilika. Wenn Friedrich II. in Italien war, weilte er regelmäßig in diesem Anwesen.63 Grundlage für die Ortswahl waren strategische Überlegungen und private Interessen des Kaisers. Von Foggia aus, das schon zur Stauferzeit ein Knotenpunkt wichtiger Verkehrsadern war, ließen sich die verschiedenen Reichsteile günstig verwalten. Des Weiteren bot die reizvolle umliegende Landschaft vielzählige Möglichkeiten, seinen Interessen in der Jagd und der sonstigen Beschäftigung mit der Tier- und vor allem Vogelwelt nachzukommen.64 Von Foggia aus konnte er problemlos seine weiteren Jagd- und Lustschlösser in Apulien erreichen »wie Andria, wie das herrliche Castel del Monte, und die […] Schlösser in Fiorentino und Lucera.«65 So wuchs Foggia zum kaiserlichen Regierungssitz, in dem rund 30 Jahre die Fäden die Reichspolitik zusammenliefen.66 Auch wenn die Stadt sich während der Auseinandersetzungen mit dem Papst kurzweilig von Friedrich II. abwandte und er diese mit Gewalt zurückerobern musste, blieb er Foggia doch zeitlebens eng verbunden und ließ sogar sein Herz dort bestatten.67 Nach dem Untergang der staufischen Dynastie geriet die einstige Residenzstadt allmählich in Vergessenheit und die Palastbauten zerfielen. Ein Erdbeben von 1731 verwischte schlussendlich nahezu alle Spuren der Stauferzeit in Foggia. Durch starke Bombardierungen 1943 verlor die Stadt endgültig ihr historisches Antlitz.68 Erhalten blieb aus der Stauferzeit die Krypta der Kathedrale Santa Maria Icona Vetere, des Weiteren an der Piazza Nigri der Torbogen vom ehemaligen Palastportal, der inzwischen im Palazzo Arpi vermauert ist. Dieses beherbergt heute das Museo Civico und die Pinakothek.69 Der kunstvoll mit Akanthuslaub verzierte und von Adlern getragene Torbogen lässt die einstmalige Größe und Eleganz des Kaiserpalastes erahnen.70 Die künstlerischen Elemente sind für von Friedrich II. in Auftrag gegebene Bauten charak-

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Die historische Landschaft wird als Provinz Capitanata bezeichnet. Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Städtepartnerschaft Foggia; Haseloff, 1991, S. 12. Rotter, Ekkehart/Löchel, Christin, 2011: Apulien. Byzantinische Grottenkirchen, normannische Kathedralen, staufische Kastelle, Lecceser Barock. (DuMont Kunst-Reiseführer). Ostfildern, 5. Aufl, S. 79. Vgl. ebd., S. 79; Leistikow, Dankwart, 1977: Die Residenz Kaiser Friedrichs II. in Foggia. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/bus/article/viewFile/40529/34194 [21.02.2019], S. 5. Vgl. Leistikow, 1977, S. 4-5; Leistikow, Dankwart, 2000: Die Residenz Kaiser Friedrichs II. in Foggia. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Die Staufer. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 19). Göppingen, S. 102-104, S. 102. Gregorovius, 1968, S. 610. Vgl. Leistikow, 2000, S. 102; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 169. Vgl. Rotter/Löchel, 2011, S. 79. Vgl. Rotter/Löchel, 2011, S. 80; Leistikow, 2000, S. 102. Vgl. Leistikow, 2000, S. 103; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 171; Rotter/Löchel, 2011, S. 82. Vgl. Leistikow, 1977, S. 1.

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teristisch und finden sich beispielsweise auch am Kastell in Bari.71 Die Marmortafel am Torbogen nennt Baumeister und Auftraggeber.72 Der restliche Palastbezirk ist modern überbaut und auch die weiteren Gebäude, Höfe und Gärten liegen unter der Altstadt Foggias, die nach den Bombenangriffen des Zweiten Weltkrieges durch Restaurierungsmaßnahmen historisiert wieder zum Leben erweckt wurde.73 Aufgrund der Bedeutung Foggias in der Stauferzeit wird dieser Abschnitt der Stadtgeschichte oftmals als Glanzzeit gedeutet, der sich die »vielen Schicksalsschläge« der weiteren Historie Foggias anschließen.74 Diese Interpretation spiegelt die allgemeine Einstellung ganz Süditaliens gegenüber »ihrem« Federico secondo wider. In den 1970er Jahren schien die Instandhaltung staufischer Zeugnisse in Foggia jedoch keine Priorität gehabt zu haben. Um die stark beschädigte Altstadt zu sanieren, wurde die Zerstörung darunter liegender historischer Bausubstanz billigend in Kauf genommen.75 Erste Kontakte zwischen Göppingen und der zukünftigen Partnerstadt in den frühen 1970er Jahren gehen auf den Austausch des Oberbürgermeisters König und Antonio Lovecchio zurück, der sich in Foggia der Pflege staufischer Traditionen verschrieben hatte.76 Das von ihm geführte seminario di studii federiciani organisierte regelmäßige Vorträge und Treffen. Zu einer intensiveren Kooperation beispielsweise mit der Göppinger Gesellschaft für staufische Geschichte kam es indes nicht, da dieses seminario letzten Endes nur aus Lovecchio selbst bestand und die Stadtverwaltung Foggia dringend von einer Zusammenarbeit abriet. Als Vermittler zwischen Göppingen und Foggia fungierte stattdessen der Historiker Carl A. Willemsen aufgrund seiner forschungsbedingt guten Verbindungen in den süditalienischen Raum.77 Rezent ist die staufische Vergangenheit in Foggia durchaus präsent, wenn auch vielfach reduziert auf ein diffuses Bewusstsein um die Bedeutung

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Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 172. Zitiert nach ebd. Leistikow, 2000, S. 103. Salvatori, Vittorio/Erster Sindaco der Partnerschaft, 1996: Grußwort. In: Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen (Hg.): XXV. Jubiläum der Partnerschaft zwischen Foggia und Göppingen. Chronik eines durch die Geschichte bewährten Freundschaftsbundes. Göppingen, S. 24. Vgl. auch Leistikow, 1977, S. 1. Leistikow, 1977, S. 1. Ein Bewusstsein für die touristische Bedeutung staufischer Stätten scheint jedoch in der Gesamtregion schon vorhanden gewesen zu sein, weswegen ein Zeitungsartikel von 1971 die »geschickte« Herausstellung staufischer Bauten durch die italienischen Fremdenverkehrsorganisationen anpreist. Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 42, 11.2.1971: Zeitungsartikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Stauferkaiser fördern Reisen. Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 42, 10.2.1971: Schreiben Dr. König an Lovecchio. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview); Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 42, 20.2.1979: Aktenvermerk betreffs Partnerschaft mit Foggia. Dieses von Lovecchio geführte seminario di studii federiciani existiert seit nunmehr über 25 Jahren nicht mehr. Mit dem Tode Königs erlosch der letzte Kontakt zwischen diesem und der Partnerstadt Göppingen. Vgl. Bibbò, Leopoldo, ehemaliger Lehrer und Partnerschaftsbeauftragter der Stadt Foggia, 20.5.2017 (Korrespondenz): Informationen zum Seminario di Studi Federiciani; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview).

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der Epoche für Stadt und Region.78 Der langjährige Austausch mit Göppingen, der breite Kreise der Stadtgemeinschaft involvierte, hat dieses seit den 1970er Jahren durchaus verstärkt.79 Das staufische Geschichtsbewusstsein zeigt sich in der italienischen Kommune z.B. durch städtebauliche Maßnahmen. Weg- und Straßenschilder weisen auf die Staufer hin. In der Nähe des erhaltenen Torbogens ist ein Platz nach Friedrich II. benannt.80 Allerdings gibt es – für eine ehemalige staufische Residenzstadt und Göppinger Partnerstadt sehr ungewöhnlich – bislang keine Stauferstele. Grund hierfür sind Diskussionen um einen geeigneten Standort, mit dem auch der apulische Denkmalschutz einverstanden ist.81 In einer Stadt in der Größenordnung Foggias sind jedoch auch zahlreiche Personenkreise zu finden, denen das Thema »Staufer« fremd ist.82 Anders als in Göppingen ist in der süditalienischen Kommune der städtische Bezug zu den Staufern nicht das zentrale Alleinstellungsmerkmal in der Positionierung nach außen, sondern ein Aspekt unter vielen.83 Wie im deutschsprachigen Raum lässt sich auch für Foggia ab den 1990er Jahren ein zunehmendes Interesse nicht an den Herrscherpersönlichkeiten, sondern den einfachen Lebensumständen des Mittelalters per se feststellen. Diese Zuwendung zu alltagsgeschichtlichen historischen Themen zeigt sich einerseits in denkmalpflegerischen Bemühungen, anderseits in den Aktivitäten der FoggianerMittelaltergruppe Imperiales Friderici II.84 Der seit Mitte der 1990er Jahren aktive, 2004 offiziell gegründete Verein stellt den Alltag des 13. Jahrhunderts nach und konzentriert sich damit bewusst auf die Zeit der Staufer, da diese Stadt und Region stark prägten. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf Reenactments und Demonstrationen mittelalterlichen Handwerks, das mittels Erläuterungen dem Publikum näher gebracht werden soll.85 Die Gruppe ist in Foggia durchaus bekannt und führt auch Veranstaltungen in Kooperation mit der Stadtverwaltung oder den städtischen Museen durch. Bei der ersten Stauferstelenerrichtung in Fiorentino bereicherte sie das Rahmenprogramm. Dennoch existiert kein Austausch mit der staufischen Partnerstadt Göppingen.86 Einen his-

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Vgl. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview): Zusammenarbeit der Städte Göppingen und Foggia. Vgl. Bibbò, Leopoldo, ehemaliger Lehrer und Partnerschaftsbeauftragter der Stadt Foggia, 4.6.2017 (Korrespondenz): Die Städtepartnerschaft Göppingen-Foggia und die Bedeutung der Staufer. Vgl. ebd. Vgl. Mundorff, Archivar Stadtarchiv Göppingen, 2.5.2017; Ziegler, ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, 27.4.2017. Vgl. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview). Vgl. Ziegler, ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, 27.4.2017. Vgl. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview); Eventiesagre.it: Apud Fogiam. Lo stupor Mundi nella regale e nobile sede imperiale. htt ps://www.eventiesagre.it/Eventi_Storici/21118800_Apud+Fogiam.html [22.02.2019]. Vgl. Eventiesagre.it: Apud Fogiam. Lo stupor Mundi nella regale e nobile sede imperiale. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview); Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview).

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torischen Verein ähnlich der Gesellschaft für staufische Geschichte in Göppingen gibt es in Foggia bislang nicht.87 Die Begründung der Partnerschaft mit der Hohenstaufenstadt Göppingen 1971 kann als klares Indiz für ein staufisches Geschichtsbewusstsein beider Kommunen gewertet werden. Zur Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde in Foggia brachte die Göppinger Delegation ein symbolträchtiges Geschenk mit, dass von den Foggianern wohlwollend entgegen genommen wurde: Ein Säckchen Erde vom Berggipfel des Hohenstaufens als Präsent für die ehemalige kaiserliche Residenzstadt sollte die historischen Verbindungen beider Städte betonen.88 Die Bedeutung der staufischen Geschichte für die Städtepartnerschaft wird deutlich: Die Grundidee einer Verbindung beruht auf dem Bewusstsein einer gemeinsamen Vergangenheit. Durch den Zusammenschluss – so die Vorstellung – wird an die einstmaligen historischen Beziehungen wieder angeknüpft und diese erneut mit Leben gefüllt.89 Die geteilte historische Identität ist Grundlage und zentraler Kern jeglicher Kooperationen zwischen diesen beiden Partnerstädten.90 Dies wird auch mit Blick auf die Partnerschaftsurkunde deutlich. In dieser heißt es: »Auf dem Boden der historischen Gemeinsamkeit wollen wir nach Wegen suchen und Möglichkeiten ergreifen, sich im kulturellen, wirtschaftlichen, kommunalen und sportlichen Bereich kennenzulernen […].«91 Durch diesen Austausch sollte ein »Beitrag zur Einheit Europas und damit zur Völkerverständigung« geleistet werden.92 Die Staufer fungierten auf städtepartnerschaftlichen Ebene demnach schon 1971 als Stifter für ein europäisches Bewusstsein. Organisatorisch ist die Kooperation mit Foggia bei der Stadtverwaltung in Göppingen angesiedelt. Ein Partnerschaftskomittee und ein eigens für Foggia zuständiger Arbeitskreis koordinieren und erweitern den facettenreichen Austausch mit der süditalienischen Kommune.93 Auch in Foggia ist federführend die Stadtverwaltung zuständig für die Partnerschaft. Seit den 1990er Jahren arbeitet die langjährige Verantwortliche Dr. Gloria Fazia in einem eigens für die Städtepartner-

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Vgl. Bibbò, Leopoldo, ehemaliger Lehrer und Partnerschaftsbeauftragter der Stadt Foggia, 24.5.2017 (Korrespondenz): Informationen zu Mittelaltervereinen in Foggia. Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Städtepartnerschaft Foggia. Vgl. Haller, Hans/Oberbürgermeister Göppingens, 1996: Grußwort. In: Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen (Hg.): XXV. Jubiläum der Partnerschaft zwischen Foggia und Göppingen. Chronik eines durch die Geschichte bewährten Freundschaftsbundes. Göppingen, S. 11; Bibbò, Leopoldo, 1996: Einleitung. In: Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen (Hg.): XXV. Jubiläum der Partnerschaft zwischen Foggia und Göppingen. Chronik eines durch die Geschichte bewährten Freundschaftsbundes. Göppingen, S. 18-19, S. 18; Leopoldo Bibbò, 1991: Nachwort des Übersetzers. In: Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. (Hg.): Haseloff, Arthur. Hohenstaufische Erinnerungen in Apulien. Memorie Sveve in Puglia. (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst, Bd. 12). Weissenhorn (Schwaben), S. 36-38, S. 36. Vgl. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview). Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 32. Ebd. Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen: Der Arbeitskreis Foggia. https://www.goeppingen.de/ ,Lde/start/Unsere+Stadt/Arbeitskreis+Foggia.html [19.02.2019].; Hohenstaufenstadt Göppingen: Städtepartnerschaften.

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schaften eingerichteten Büro.94 In beiden Städten wird die Partnerschaft auch architektonisch im Stadtbild thematisiert. Seit 1981 besitzt Göppingen einen Partnerschaftsbrunnen, der mit Wappen und Darstellungen von historischen Begebenheiten Göppingens und seiner Partnerstädte verziert ist. Aus der Göppinger Stadtgeschichte wird eine Episode aus dem 17. Jahrhundert geschildert, die Historie Foggias dagegen symbolisiert ein staufischer Ritter mit Speer und Wimpel bei der Falkenjagd.95 Des Weiteren wurde 1991 auf dem kurz zuvor eingeweihten »Foggia-Platz« das Werk eines Künstlers aus Foggia errichtet. Anlässlich des 20. Jubiläums der Städtepartnerschaft schuf Raffaele Capocchiano ein Werk, das durch Form und Symbolik die »gemeinsame und nie untergegangene historische Erinnerung ins Gedächtnis« rufen soll.96 In diesen Reigen der städtepartnerschaftlichen Bauwerke kann auch die 2012 in Göppingen errichtete Stauferstele eingeordnet werden, die auf einer Seite das Wappen Foggias und dessen Bezug zur staufischen Dynastie abbildet.97 Auch in Foggias Stadtbild ist Göppingen vertreten: Ein zentraler Platz der Innenstadt und das kommunale Rollschuhstadion tragen den Namen der Partnerstadt.98 Zum 20-jährigen Bestehen der Partnerschaft schenkte Göppingen einen Gesichtsabdruck Hildegard von Egisheims, die häufig als »Stammmutter der Staufer« bezeichnet wird. Dieser wird seitdem im Stadtmuseum Foggias ausgestellt.99 Was sind nun die unterschiedlichen Säulen dieser partnerschaftlichen Beziehung? Ganz fundamental und auch in der Partnerschaftsurkunde schon als Kernelement festgeschrieben ist die Begegnung junger Menschen in Form von Schüleraustauschprogrammen.100 In deren Gefolge machten sich immer mehr Kultur- und Sportvereine, Musikvereine, Chöre, Künstlergruppen, aber auch Wirtschaftsunternehmer, Gewerkschaftler und grundsätzlich interessierte Bürger auf die Reise in die jeweilige Partnerstadt.101 Sie schlossen dort teilweise eigenständige Kooperationen oder nutzten lediglich die Möglichkeit des Austauschs. Wichtig sind auch die fortwährenden Begegnungen auf Ebene der Kommunalpolitik, weswegen zu verschiedensten Anlässen Delegationen bestehend aus den Bürgermeistern und Vertretern des Gemeinderats die Partnerstadt besuchen.102 Die jüngste Ausprägung der Kooperation besteht in der Vermittlung von Praktika, damit junge Erwachsene in der jeweiligen Partnerstadt ihre Sprach-

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Vgl. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview). 95 Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 132. 96 Ebd., S. 146. 97 Siehe S. 296. 98 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand C1 Bb9, 27.3.-29.3.1998: Rede des Oberbürgemeisters Frank anlässlich des Seminars »Partnerschaften der Städte in Europa« in Foggia. 99 Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 154. 100 Vgl. Hohenstaufenstadt Göppingen. Städtepartnerschaft Foggia; Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 32. 101 Vgl. Haller/Oberbürgermeister Göppingens, 1996; Bibbò, 1996, S. 18 102 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand C1 Bb9, 27.3.-29.3.1998. So beispielsweise bei einer Delegationsreise der Göppinger nach Foggia 1988, bei der auch Vertreter der Industrie- und Handelskammer und der Bereitschaftspolizei Göppingens zugegen waren. Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S 123.

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kenntnisse verbessern und Auslandserfahrungen sammeln können.103 Grundsätzlich sind unterschiedlich zusammengesetzte Delegationen bei folkloristischen Festivitäten der Partnerstadt zugegen. Jedes Jahr nimmt eine Abordnung aus Foggia an den Göppinger Feierlichkeiten zum Maientag teil. Beim Umzug selbst läuft auch eine Gruppe von Italienern, die inzwischen seit vielen Jahren in Göppingen und Umgebung leben, in der Tracht Foggias mit. So wird die Verbundenheit der Stadt mit der süditalienischen Region präsentiert.104 Anlässlich des 35-jährigen Jubiläums der Partnerschaft 2006 wurde das Programm der Feierlichkeiten des Maientags mit Veranstaltungen zur staufischen Geschichte in Süditalien ergänzt.105 Eine jährlich stattfindende Festivität äquivalent zum Göppinger Maientag ist für Foggia nicht bekannt. Jedoch war 2014 für das Festival Apud Fogiam. Lo stupor Mundi nella regale e nobile sede imperiale auch eine Göppinger Delegation eingeladen. Unter der Schirmherrschaft der Stadtverwaltung präsentierte unter anderem die Foggianer Mittelaltergruppe Imperiales Friderici II. ein Mittelalterfest. Auf dem Programm standen ein historischer Umzug und im Anschluss verschiedene Aufführungen von Gerichtsszenen des 13. Jahrhunderts und andere Theatereinlagen sowie westliche und orientalische Tänze.106 Auch Jubiläen und andere repräsentative Anlässe der Kommunen wurden als Gelegenheit wahrgenommen, um die Partnerstädte einzubinden und die Beziehungen erneut zu bekräftigen.107 Als die Stadt Göppingen 1977 anlässlich der großen Ausstellung in Stuttgart ganz im Zeichen der Staufer stand, sollte auch an die europäischen Dimensionen der staufischen Herrschaft erinnert werden. Daher waren die Partnerstädte mit staufischen Bezügen ebenfalls zum StauferstädteTreffen während der 5. Göppinger Staufertage eingeladen.108 Vor dem Hintergrund der historischen Beziehungen in der Stauferzeit konnte die gegenwärtige und zukünftige Zusammenarbeit bekräftigt werden.109 Ein repräsentativer Anlass für die Stadt Foggia, bei der die Partnerschaft mit Göppingen und die staufische Geschichte eher sekundär thematisiert wurden, war der Besuch des NATO-Generalsekretärs Manfred Wörner 1992. Als gebürtiger Göppinger wollte er mit diesem der Partnerschaft einen Tribut zollen und aufgrund persönlicher Interessen die staufischen Stätten im Umland besichtigten.110 Auch als 1998 von der Europäischen Kommission in Foggia ein Seminar zum Thema »Städte bauen in Europa« abgehalten wurde, nutzte Foggia die Gelegenheit 103 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 30.4.2013: Zeitungsartikel aus Geppo: Lebendiger Schüleraustausch. Gäste aus Foggia zu Besuch in Göppingen; Mundorff, Archivar Stadtarchiv Göppingen, 2.5.2017. 104 Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 90; Mundorff, Archivar Stadtarchiv Göppingen, 2.5.2017. Zum Göppinger Maientag Siehe S. 292. 105 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 19.-22.5.2006: Programm Göppinger Maientag. 106 Vgl. Eventiesagre.it: Apud Fogiam. Lo stupor Mundi nella regale e nobile sede imperiale; Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 4.2.2014: Delegationsreise nach Foggia-Italien. Teilnehmerliste. Die Göppinger Delegation bestand aus dem Oberbürgermeister Till, dem Leiter der Hauptverwaltung, dem stellvertretenden Leiter Archiv und Museen und Vertretern verschiedener Parteien. Vgl. ebd. 107 Vgl. Mundorff, Archivar Stadtarchiv Göppingen, 2.5.2017. 108 Siehe S. 179. 109 Vgl. Kauß, 1980, S. 14. 110 Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 162.

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ihre deutsche Partnerstadt einzuladen.111 Das 750. Todesjahr Friedrichs II. 2000 wurde in Foggia zum Anlass genommen, eine Ausstellung mit dem Titel Unus ex Apulia – Federico II a Foggia für das städtische Museum zu konzipieren. Gezeigt wurden neben Goldmünzen der Stauferzeit auch der Abguss der Hildegardis-Büste, die Göppingen der Kommune zum 20. Jubiläum überreicht hatte. Parallel hierzu präsentierte ein Göppinger Künstler in einem weiteren Ausstellungsraum seine Aquarellbilder staufischer Bauten, die vorab in verschiedenen Galerien im Stauferland zu sehen waren.112 Die gesamte Exposition wurde von Leopoldo Bibbò aus Foggia ins Deutsche übersetzt und war 2001, auch als Beitrag zum 30-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft, im Göppinger Stadtmuseum zu sehen. Umrahmt wurde sie von Begleitveranstaltungen wie Vorträgen, die unter anderem von der Gesellschaft für staufische Geschichte organisiert wurden.113 Auch zum 35-jährigen Partnerschaftsjubiläum wurde die gemeinsame staufische Vergangenheit in Göppingen eher in einem förmlichen, auf Weiterbildung ausgelegten Rahmen thematisiert. Zwei Expositionen sollten während der anlässlich des Jubiläums durchgeführten Kulturwoche »auf geschichtlichem Gebiet die Gemeinsamkeiten von Göppingen und Süditalien betonen.«114 Im Stadtmuseum war die Ausstellung »Städtische Bauten in Unteritalien« zu sehen, die die Forschungsreise des deutschen Kunsthistorikers Haselhoff im frühen 20. Jahrhundert zum Thema hatte. Die Ausstellung im Stadthallenfoyer »Spuren Friedrichs II. in Apulien« wurde in Zusammenarbeit mit dem Instituto Italiana di Cultura Stuttgart präsentiert. Sie gab anhand von Bildtafeln Einblicke in Leben und Wirken Friedrichs II. und ausgewählte Orte und bauliche Zeugnisse der Region Apulien.115 Zum weiteren Programm der Kulturwoche zählten einige gemeinsam durchgeführte Konzertabende, beispielsweise mit den Jungendsinfonieorchestern der Partnerstädte.116 Die Termine für die Ausstellungseröffnungen und das gesamte Programm der Kulturwoche wurde bewusst so gewählt, dass die Delegation aus Foggia, die anlässlich des Göppinger Maientags 2006 angereist war, ebenfalls an

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Auch der Foggianer Oberbürgermeister vergaß in seiner Rede nicht die partnerschaftlichen Beziehungen zu Göppingen lobend zu erwähnen. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand C1 Bb9, 14.4.1998: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Austausch künftig auch bei Messen. Vgl. Rueß/Ziegler, 2001, S. 43-44; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 10.1.2001: Zeitungsartikel aus Geppo: Wie in Apulien des vor 750 Jahren verstorbenen Stauferkaiser Friedrich II. gedacht wurde. Denkmalsenthüllung, Stauferymposium und Ausstellungen. Vgl.Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 9.5.2011: Rundschreiben an die Mitglieder. Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 17.10.2005: Schreiben Rueß an Bürgermeister Lämmle zur Foggia-Woche in Göppingen. Im Rahmen der Kulturwoche wurde auch das ebenso so lange Bestehen der Partnerschaft mit Klosterneuburg gefeiert, weswegen ebenso passende Veranstaltungsformate für diese Partnerschaft offeriert wurden. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 23.11.2005: Protokoll der Sitzung des Arbeitskreis Foggia. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 19.-22.5.2006: Programm Göppinger Maientag; Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 23.11.2005: Protokoll der Sitzung des Arbeitskreis Foggia. Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 23.11.2005: Protokoll der Sitzung des Arbeitskreis Foggia.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

den Aktivitäten teilnehmen konnte.117 Generell arbeiteten die Partnerstädte auf dem kulturellen Sektor während der langjährigen Partnerschaft immer wieder zusammen. Künstlergruppen und Orchester bereicherten das kulturelle Programm der Partnerstadt und führten so zum »Nachdenken über die gemeinsamen Wesenszüge.«118 1976 präsentierte erstmals ein Maler aus Foggia seine Werke in einer Ausstellung in Göppingen.119 Seinem Beispiel folgten während der folgenden Partnerschaftsjahre weitere Künstler in beide Richtungen. Oftmals wurde ein Werk der gastgebenden Partnerstadt als Geschenk überlassen, wie 1988 das an Göppingen übergebene Werk mit dem Titel »Die Türe Friedrichs II. mit Pendel« von Gerardo Gerardi aus Foggia.120 Als wichtigste Säule der Städtepartnerschaft zwischen Göppingen und Foggia kann der seit 1973 regelmäßig stattfindende Schüleraustausch verstanden werden. Dieser fand zunächst zwischen zwei allgemeinbildenden Gymnasien statt.121 Die Fremdsprachenkenntnisse der Schüler sollten gefördert und die Möglichkeit zu kulturellen Begegnungen geschaffen werden, auch um die junge Generation als mündige Bürger in ein zusammenwachsendes Europa zu entlassen.122 Von anfänglich 40 Schülern wuchs auf beiden Seiten die Anzahl an Interessenten sowohl für die Fahrt, als auch die Aufnahme von Gästen aus der Partnerstadt beträchtlich.123 Seit 1984 standen auch die zwei Kaufmännischen Schulen Foggias und Göppingens in einem partnerschaftlichen Verhältnis, das durch vielseitigen Austausch und gegenseitige Besuche geprägt war. Besiegelt wurde diese Partnerschaft bei einem Besuch in Foggia, bei dem eine eigens aus Göppingen mitgebrachte Eiche im italienischen Schulhof eingepflanzt wurde.124 Bei den gegenseitigen Besuchen standen musikalische und tänzerische Vorführungen, gemeinsame sportliche Aktivitäten und Ausfahrten in die nähere und weitere Umgebung auf dem Programm. Bei diesen wurden den Schülern auch die wichtigen staufischen Stätten im Umkreis der Partnerstadt gezeigt.125 Indem die Jugendlichen in engen Kontakt zueinander kamen und bei Gast-

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Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 17.10.2005: Schreiben Rueß an Bürgermeister Lämmle zur Foggia-Woche in Göppingen. 118 Agostinacchio, Paolo/Sindaco Foggias, 1996: Grußwort. In: Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen (Hg.): XXV. Jubiläum der Partnerschaft zwischen Foggia und Göppingen. Chronik eines durch die Geschichte bewährten Freundschaftsbundes. Göppingen, S. 8. Vgl. auch Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 119 Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 59. 120 Vgl. ebd., 1996, S. 86, S. 106, S. 130-131. 121 Vgl. Haller/Oberbürgermeister Göppingens, 1996; Stadtarchiv Göppingen, Bestand C1 Bb9, 27.3.29.3.1998: Rede des Oberbürgemeisters Frank anlässlich des Seminars »Partnerschaften der Städte in Europa« in Foggia. 122 Vgl. Montesano, Felice/Schulleiter des Liceo Scientifico G. Marconi, 1996: Grußwort. In: Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen (Hg.): XXV. Jubiläum der Partnerschaft zwischen Foggia und Göppingen. Chronik eines durch die Geschichte bewährten Freundschaftsbundes. Göppingen, S. 63-64, S. 64; Bibbò, 1996, S. 19. 123 Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 67. 124 Vgl. ebd., S. 96. 125 Vgl.Dees, Helmut/Oberstudiendirektor des Freihof-Gymnasiums, 1996: Grußwort. In: Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen (Hg.): XXV. Jubiläum der Partnerschaft zwischen Foggia und Göppingen. Chronik eines durch die Geschichte bewährten Freundschaftsbundes. Göppingen, S. 65-66, S. 65.

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familien untergebracht wurden, sollten Einblicke in die verschiedenen Lebensweisen ermöglicht werden, die das gegenseitige Verstehen erleichterten.126 Anschauliches Beispiel für diese Bemühungen ist ein von den Kaufmännischen Schulen gemeinsam verfasstes Heftchen mit dem Titel Apulisch-Schwäbisches Leben. In diesem werden zweisprachig durch die Jahreszeiten hindurch typische Bräuche, passende Lieder und Rezepte der jeweiligen Partnerstadt vorgestellt: Linsen und Spätzle oder apulische Käsesorten als Spezialität aus Foggia.127 Auf dem Deckblatt der Broschüre abgebildet – gleichsam als historisch verbindendes Symbol – ist eine Nachzeichnung des wohl bekanntesten zeitgenössischen Bildnis Friedrichs II., thronend mit seinem Falken.128 Denn auch bei den Schüleraustauschen zwischen Göppingen und Foggia ist die Vermittlung der gemeinsamen historischen Wurzeln zentraler Bestandteil der Zusammenarbeit.129 Seit den ersten Begegnungen in den 1970er Jahren ist ein Besuch mit den italienischen Gästen auf den Hohenstaufen fester Bestandteil des Austauschprogramms.130 1993 wurden die Besucher aus Foggia im Rahmen eines auch von der Kulturkommission der EG mitgeförderten didaktischen Projekts sogar explizit auf Stauferspuren in Göppingen geschickt. Anlässlich des bevorstehenden 800. Geburtsjahres Friedrichs II. wurde die Stauferzeit vielseitig in Göppinger Klassenzimmern und an historischen Orten durch Tagesexkursionen vermittelt. Destinationen waren neben dem Hohenstaufen inklusive des Dokumentationsraums das nahe gelegene Kloster Adelberg, Schwäbisch Gmünd und Lorch. Beim Gegenbesuch in Foggia 1994 wurde ein ähnliches Projekt durchgeführt.131 Beim Schulbesuch einer Foggianer Klasse in Göppingen 2017 konnte der kategorische Gang auf den Hohenstaufen und die damit verbundenen Erläuterungen der historischen Bezüge der Städtepartnerschaft teilnehmend beobachtet werden.132 Zu Beginn besuchten die beiden Schulklassen gemeinsam den Dokumentationsraum und bekamen eine italienischsprachige Führung zur dort ausgestellten staufischen Geschichte. Zunächst wurde betont, dass in dieser Epoche die gemeinsame Geschichte beider Städte ihren Anfang hat. Im Anschluss wurden die Aspekte im Museum erläutert, die zum einen für die jeweilige staufische Stadtgeschichte von Interesse sind, zum anderen Themen, die beide Schülergruppen kennen wie beispielsweise das Castel del Monte. Als 126

Vgl. ebd.; Kaufmännische Schule Göppingen (Hg.), 1994: Apulisch-schwäbisches Leben. Rezepte, Lieder, Gedichte, Brauchtum. Göppingen. 127 Vgl. Kaufmännische Schule Göppingen, 1994. 128 Vgl. ebd., Deckblatt. Es handelt sich um die Zeichnung Friedrichs II. mit Falken aus seinem Buch De arte venandi cum avibus. 129 Dies wird bei den verschiedenen Schüleraustauschen während des gesamten Untersuchungszeitraums immer wieder betont. Vgl. beispielsweise Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 30.4.2013: Zeitungsartikel aus Geppo: Lebendiger Schüleraustausch. Gäste aus Foggia zu Besuch in Göppingen. 130 Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand Kulturamt, Ordner Foggia, 21.4.1976: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Besuch auf dem Berg; Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 30.4.2013: Zeitungsartikel aus Geppo: Lebendiger Schüleraustausch. Gäste aus Foggia zu Besuch in Göppingen; Luhmann, Isabelle, 26.4.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Exkursion des Schüleraustauschs Göppingen-Foggia auf dem Hohenstaufen. Göppingen. 131 Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 80-82. 132 Vgl. Luhmann, Isabelle, 26.4.2017 (Protokoll).

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

Beispiel für den Abschnitt »Rezeptionsgeschichte« wurde auch die Partnerschaft angeführt, da hiermit der europäische Gedanke der Staufer weiter getragen werde.133 Auf dem Berggipfel wurde schließlich die Aussicht bewundert und erläutert und die dort zu findende Stauferstele intensiv betrachtet. Die italienische Gruppe war euphorisch, da sie hier, so weit entfernt von ihrem Herkunftsort, etwas wieder erkannte, das ihnen beispielsweise schon vom nahe gelegenen Castel Fiorentino bekannt war. Die Inschriften auf Deutsch und Italienisch wurden verlesen und das Stauferstelen-Projekt erläutert. Der Standort für das Gruppenfoto stand schnell fest: vor der Stele, die auch in Süditalien zu finden ist und damit die Gemeinsamkeiten der Vergangenheit symbolisiert, sollte die gegenwärtige Zusammenarbeit festgehalten werden.134 Die Stauferzeit dient damit als Vorbild für die zukünftige transnationale Zusammenarbeit und stiftet inkludierend Identität über den lokalen Rahmen hinaus. Den Abschluss dieser historischen Exkursion bildete ein geselliger Abend in der Berggaststätte, bei dem schwäbische Spezialitäten und Federico secondo Wein aus Apulien gereicht wurden.135 Über die Begegnungen der jüngeren Generation durch die Schulpartnerschaften hinaus suchten im Laufe der Kooperation immer mehr Vereine oder interessierte Einzelpersonen den Kontakt zur Partnerstadt. Für die Frage nach den transnationalen Rezeptionen der staufischen Geschichte in diesem Bezugsrahmen sind vor allem die Aktivitäten der Gesellschaft für staufische Geschichte von Interesse. Diese Vereinstätigkeiten sind nicht eindeutig von den Aktivitäten der Stadt Göppingen bezüglich der Partnerstadt zu trennen. Viele Aktionen, beispielsweise die Ausstellungen mit begleitendem Vortragsprogramm, wurden in enger Kooperation, teils in Personalunion organisiert und durchgeführt.136 Innerhalb der Vereinstätigkeiten war die süditalienische Partnerstadt stets eine wichtige Anlaufstelle.137 Die mit Foggia in Zusammenarbeit umgesetzten Projekte und Aktivitäten ähneln dem generellen Zugang des Vereins zur staufischen Geschichte: Regelmäßig wurden Vorträge zu Foggia und der Kaiserresidenz in der Stauferzeit angeboten, für die auch gerne Gastredner aus der Partnerstadt eingeladen wurden.138 Auch der Kunsthistoriker Dankwart Leistikow, ebenfalls Mitglied in der Gesellschaft und Kenner der Bauten Unteritaliens, wurde für Vorträge dieses

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Vgl. ebd. Vgl. Luhmann, Isabelle, 26.4.2017: Foto Schüleraustausch Göppingen-Foggia/Gruppenfoto auf dem Hohenstaufen vor der Stauferstele. Göppingen. Vgl. Luhmann, Isabelle, 26.4.2017 (Protokoll). Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 9.5.2011: Rundschreiben an die Mitglieder; Stadtarchiv Göppingen, Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33, 23.11.2005: Protokoll der Sitzung des Arbeitskreis Foggia. Dennoch nutzt die Gesellschaft die Partnerschaft lediglich als Möglichkeit des Austauschs innerhalb seiner Interessenfelder sowie andere Göppinger und Foggianer Vereine. Sie darf nicht als institutioneller Träger dieser verstanden werden. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte. Geschäftsstelle. Satzung; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). Namentlich war dies häufig der damalige Lehrer und Partnerschaftsbeauftragte der Stadt Foggia Prof. Leopoldo Bibbò. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Themenkreises häufig zu Rate gezogen.139 Von ihm stammte 1991 auch der Impuls zu einer Neuauflage des Werkes Arthur Haseloffs Hohenstaufische Erinnerungen in Apulien von 1906. Die Idee einer zweisprachigen Ausgabe ergab sich aufgrund der städtepartnerschaftlichen Beziehung zu Foggia. Leopoldo Bibbò aus der Partnerstadt steuerte die italienische Übersetzung des Originaltextes bei.140 Nach Leistikow sollte das übersetzte Werk »eine Brücke des Verständnis zwischen den Völkern schlagen helfen« und auch Zeugnis über den neuen Geist eines – 1991 frisch – geeinten Europas ablegen.141 Das 20-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft Foggia-Göppingen wurde als Anlass genommen, die 14. Göppinger Staufertage unter das Motto »Staufisches Apulien« zu stellen. Eingeladen wurden unter anderem Redner aus Foggia und Bari. Diese wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem staufischen Südreich wurde dezidiert auch als Beitrag zur Vertiefung der städtepartnerschaftlichen Beziehungen verstanden.142 Es ist davon auszugehen, dass auch bei anderen Staufertagen und daraus resultierenden Publikationen, die die staufische Herrschaft im Südreich mit thematisierten, Personen aus der süditalienischen Partnerstadt involviert waren.143 Foggia und natürlich die staufischen Stätten des Umlands waren ein beliebtes Reiseziel für Studienfahrten der Gesellschaft für staufische Geschichte – so 1989 in Kombination mit einem Besuch in Jesi und 2010 sogar in Kooperation mit dem Foggianer Bibbò.144 Auch andere Göppinger Vereine suchten den Kontakt nach Italien. Seit 1987 besteht ein reger Austausch zwischen den beiden städtischen Schützenvereinen.145 1984 war die Musikkapelle Hohenstaufen in Foggia zu Gast und auch durch die Zusammenarbeit der Chöre Capella Maggiore dell’Iconaveter der Kathedrale Foggia und des Madrigalchores Göppingen wird die Städtepartnerschaft musikalisch gepflegt.146 Bei all diesen Begegnungen, die vordergründig keineswegs historisch motiviert sind, sind Besichtigungen der staufischen Spuren im Umland der Partnerstädte fester Programmpunkt. Die staufische Geschichte – sie begegnete den Bürgern bei allen Formen der städtepartnerschaftlichen Kooperationen. Wie es Leopoldo Bibbò passend ausdrückte: »der Geist Friedrichs II. [schwebt]

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Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). Von Leistikow stammt auch ein Artikel über die Residenz in Foggia von 1977. Vgl. Leistikow, 1977. Vgl. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview); Anshof, 1991. Bereits 1979 wurde ein Werk Josef Mühlbergers aus der Nachbarstadt Göppingens Lebensweg und Schicksale staufischer Frauen durch Leopoldo Bibbò ins Italienische übersetzt. Es scheint sich jedoch hierbei nicht um eine Publikation innerhalb der Vereinstätigkeit der Gesellschaft für staufische Geschichte zu handeln. Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 86. Leistikow, 1991, S. 8. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 14.10.1991: Zeitungsartikel aus der Neuen Württembergischen Zeitung: Zur Vertiefung der Partnerschaft. Vgl. beispielsweise die Publikationen Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., 1996 und Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., 2002. In der Publikation Die Staufer findet sich ebenfalls ein Artikel über die Residenz in Foggia, der von Dr. Leistikow verfasst wurde. Vgl. Leistikow, 2000. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 1989; Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 133; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2010. Vgl. Stadtverwaltungen Foggia und Göppingen, 1996, S. 120. Vgl. ebd., S. 107, S. 138.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

über der Partnerschaft […] und sein Name [soll] im Gedächtnis der beiden Gemeinschaften immer eingeprägt bleiben.«147 Die über 40 Jahre der Städtepartnerschaft bilanzierend kann konstatiert werden, dass sich sowohl die zentralen Themen und Ziele, als auch die hierfür umgesetzten Aktivitäten in Inhalt und Form kaum merklich verändert haben.148 In jeder Form der städtepartnerschaftlichen Beziehungen wurden hauptsächlich Handeln und Wirken des Staufers Friedrich II. und in diesem Zusammenhang auch seine Bauten in Unteritalien thematisiert. Seine Herrschaftszeit, bzw. die gesamte Stauferzeit wurde positiv als gemeinsame historische Wurzeln der beiden Städte gedeutet. Sie ist in diesen Interpretationen weniger Abbild, sondern in vielerlei Hinsicht sogar Vorbild der Gegenwart und enthält Idealvorstellungen und Lösungsangebote für heutige Bestrebungen. Diese Deutung der Stauferzeit hält sich von den 1970er Jahren bis in die 2010er ohne erkennbare Veränderungen. Die staufische Geschichte wurde gelebt durch Besichtigungen staufischer Stätten während der vielseitigen Besuche und gezielten Studienfahrten. Sie wurde vermittelt durch informative und sachliche Erschließungsmittel wie Vorträge, Ausstellungen und Publikationen. Zu keiner Zeit wurde die staufische Geschichte beider Städte in der gemeinsamen Rezeption jedoch durch performative oder szenische Elemente aufbereitet, obwohl mit dem Verein Imperiales Friderici II. seit ca. den 1990er Jahren in Foggia eine Basis dazu vorhanden gewesen wäre.149 Hier liegt die Vermutung nahe, dass sich, wie in anderen Formen der staufischen Geschichtskultur in Göppingen, die schon seit 1971 gepflegten Modi der Partnerschaftskontakte gut etabliert und auch konserviert haben, sodass eine Veränderung dieser gemäß zeitaktueller Trends nicht notwendig erschien. Häufig thematisiert wurde die Stauferzeit viel mehr bei repräsentativen Anlässen und Jubiläen, was zu den verschiedenen Funktionen der Staufer für diese Städtepartnerschaft führt. Die gemeinsame Geschichte ist Grundlage und fortwährendes Motiv, um die städtepartnerschaftlichen Beziehungen aufrecht zu erhalten. Damit dienten die Staufer auch der politischen Legitimation dieser Partnerschaft und deren Zielen: den kulturellen Austausch zum Nutzen einer Völkerverständigung zu fördern. Diese Bemühungen boten die Möglichkeit einer gemeinsamen historischen Identitätsbildung, die unweigerlich eine europäische ist. Es ist bemerkenswert, dass diese Erzeugung eines europäischen »Wir-Gefühls« schon 1971 als zentrales Motiv der Partnerschaft galt.150 Die gemeinsame staufische Geschichtskultur leistete daneben auch einen Beitrag zur städtischen Identitätsstiftung. Die Kooperationen sind beidseitig architektonisch im Stadtbild vertreten. Schülergruppen machen seit Jahrzehnten gemeinsam vielleicht sogar ihre ersten Auslandserfahrungen in der Partnerstadt, die womöglich schon ihre Eltern besuchten. In Göppingen sollten durch die Beziehungen nach Foggia gar die ortsansässigen italienischen Gruppen in die Stadtgemeinschaft

147 Vgl. Bibbò, 1996, S. 19. 148 Vgl. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview). 149 Vgl. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview). 150 Vgl. Haller/Oberbürgermeister Göppingens, 1996; Stadtarchiv Göppingen, Bestand C1 Bb9, 27.3.29.3.1998.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

besser integriert werden.151 Schlussendlich wurde durch die städtepartnerschaftlichen Kooperationen explizit der Wunsch des Erkenntnisgewinns über die Stauferzeit erfüllt, da die Verbreitung dieses Wissens gleichsam als Brücke zwischen den Nationen in beide Richtungen gefördert wurde.152

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Ein Kaiser verbindet: Die Zusammenarbeit der Gesellschaft für staufische Geschichte mit den Fondaziones Federico II in Jesi und Palermo

Die Kooperation in dem Dreiergespann aus der Göppinger Gesellschaft für staufische Geschichte, der Fondazione Federico II. Hohenstaufen di Jesi und der Fondazione Federico II. di Palermo existiert erst seit dem Jahr 2000, auch wenn die frühesten Kontakte nach Jesi bis in die späten 1980er Jahre zurückreichen. Zunächst einige Bemerkungen zum Standort Palermo, dessen historischen Bezug zu den Staufern und der rezenten staufischen Geschichtskultur: Die Hauptstadt der italienischen Mittelmeerinsel ist historisch durch die Regierungen verschiedenster Herrscher geprägt: von den Römern über die Byzantiner, Normannen, Staufer und Spanier bis sie 1861 an das Königreich Italien angeschlossen wurde. Palermo besitzt eine der größten Altstädte Europas, die in »Anlage und Architektur […] bis heute die griechischbyzantinischen und arabisch-muslimischen Einflüsse« widerspiegelt.153 Zentrale Bauwerke sind neben der Kathedrale von Palermo, die auch die Königsgräber der Staufer enthält, der Normannenpalast, die Capella Palatina mit ihren Mosaiken im byzantinischen Stil und das Teatro Massimo.154 In Besitz der Staufer kam das damalige Königreich Sizilien durch die Ehe zwischen Heinrich VI. und der Tochter des Königs von Sizilien, Konstanze de Hauteville.155 Um an die dynastischen Bezüge im Königreich Sizilien anzuknüpfen, ließen sich Heinrich VI. und seine Frau in der alten Grablege der normannischen Könige im Dom von Palermo beisetzen. Auch Friedrich II. und seine erste Ehefrau sind dort bestattet.156 Palermo war zu diesem Zeitpunkt Herrschaftsmittelpunkt des Königreich Siziliens und wird im Ausstellungskatalog von 2010 aufgrund der dort zu findenden »multiethnische[n] Gemeinschaft der Sarazenen, Griechen, Juden und Christen« als »kosmopolitisches Zentrum und Schmelztiegel der Kulturen« bezeichnet.157 Auf Grundlage der vorhandenen normannischen und byzantinischen Strukturen schufen Heinrich VI. und sein Sohn Friedrich II. ein neuartiges Herrschaftssystem in

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Vgl. Stadtarchiv Göppingen, Bestand C1 Bb9, 27.3.-29.3.1998. Vgl. Bibbò, 1996, S. 18. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 169. Vgl. weiterhin Peterich, Eckart/Benedikt, Bene, 1992: Sizilien. (Prestel-Landschaftsbücher). München, 5. Aufl, S. 290-291; Comune di Palermo: Die Stadt. https://www.palermotourism.com/datad/comuni/comunea.asp?id=27&lg=deu [06.03.2019]. Vgl. Comune di Palermo: Palermo. Was man sich anschauen sollte. https://www.palermotourism.c om/datad/comuni/comunee.asp?id=27&lg=deu [06.03.2019]. Siehe S. 56. Vgl. Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 46. Vgl. ebd., S. 169.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

Süditalien, welches die Stauferzeit jedoch nicht überdauerte. Friedrich II. verbrachte jedoch nur seine Kindheit in Palermo und verlegte während seiner Regierungszeit den Herrschaftsmittelpunkt auf das süditalienische Festland des Königreichs Sizilien, weswegen das heutige Stadtbild kaum durch staufische Bautätigkeiten geprägt ist.158 Mit dem Untergang der staufischen Dynastie ging Sizilien an das Haus Anjou über, bevor es nach langer spanischer Vorherrschaft 1861 in das Königreich Italien eingegliedert wurde. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bildete sich eine Unabhängigkeitsbewegung auf der Insel. Seit 1946 ist Sizilien Autonome Region mit eigener Regionalverfassung, einem Parlament, Ministerium und Präsident.159 Die beständige Popularität der Staufer vor allem in Person Friedrichs II. in Palermo zeigt sich durch den Friedrich-Zug, der anlässlich des 800. Geburtstag des Staufers 1994 von Palermo aus wichtige staufische Stätten Italiens bis nach Göppingen anfuhr. Auch der Medienrummel und die in diesem Zusammenhang heraufbeschworenen Glorifizierungen der Stauferzeit anlässlich der Sarkophag-Öffnung Friedrichs II. 1998 in Palermo verdeutlicht die geschichtskulturelle Aktualität des Stauferkaisers auf Sizilien. Einschränkend sei jedoch hinzugefügt, dass aufgrund der sehr reichhaltigen Geschichte der Insel, die sich in Palermo auch städtebaulich widerspiegelt, die staufische Herrschaftszeit für die Stadt ein historischer Bezugspunkt unter vielen ist. Sie fungiert keinesfalls wie in Göppingen oder Schwäbisch Gmünd als historisches Alleinstellungsmerkmal. Dies erklärt womöglich auch, warum Palermo trotz langer Bemühungen bislang keine Stauferstele besitzt.160 Dennoch kann von einer bedeutsamen staufischen Erinnerungskultur ausgegangen werden, was sich in zahlreichen Benennungen öffentlicher Plätze und auch privaten Gaststätten nach Federico secondo widerspiegelt.161 Schließlich ist das Kultur- und Informationsgremium des sizilianischen Regionalparlaments, die Fondazione Federico II. di Palermo, nach ihm benannt. Da der Monarch im 13. Jahrhundert Sizilien zur Wiege der Kunst und kulturellen Vielfalt machte, so die Begründung, soll auch die 1996 auf Grundlage eines Regionalgesetzes ins Leben gerufene Fondazione seinen Namen tragen. Ziel ist es, das kulturelle Erbe der Insel zu bewahren und zu fördern. Die Einrichtung kann dementsprechend als das Kulturorgan des sizilianischen Parlaments verstanden werden.162 Als wesentlicher Unterschied zu der Fondazione in Jesi und der Gesellschaft in Göppingen wird die Stiftung in Palermo maßgeblich staatlich gefördert und kann ihrer Arbeit von einem personell gut besetzten Büro aus mit hauptamtlich tätigen Mitarbeitern nachgehen.163 Zu ihren Aufgaben gehört die Verwaltung kultureller Dienstleistungen zentraler öffentlicher Gebäude der Stadt. In ihren eigenen Räumen organisiert sie zudem Veranstaltungen wie Ausstel-

158 159 160 161 162 163

Vgl. Knefelkamp, 2003, S. 237; Gregorovius, 1968, S. 768. Vgl. Peterich/Benedikt, 1992, S. 36, S. 291. Vgl. Ziegler, ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, 27.4.2017. Vgl. Ziegler, ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, 27.4.2017; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). Vgl. Fondazione Federico II: Fondazione Federico Secondo. Statuto. https://www.federicosecondo. org/statuto/ [06.03.2019]. Vgl. ebd.; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview).

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lungen, Konzertreihen und Konferenzen.164 Die Tätigkeiten der Fondazione in Palermo beschränken sich keineswegs auf die Stauferzeit. Vielmehr wird über die Symbolfigur Friedrich II. ganz Sizilien und dessen politischen Akteure im Kultursektor positiv vermarktet.165 Der zweite Standort einer Fondazione der Dreier-Kooperation ist die Kommune Jesi. Diese liegt in Mittelitalien in der Provinz Ancona, etwa 20 km von der Hauptstadt Ancona entfernt. Der Stadtkern ist geprägt von einem mittelalterlichen Stadtteil und einer Stadtmauer, verschiedenen Museen – unter anderem auch das Federico II Stupor Mundi Museum – sowie einem Theater aus dem 18. Jahrhundert. Beim jährlich stattfindenden Palio di San Florino wird dem Stadtpatron gehuldigt, indem eine Szene aus dem 13. Jahrhundert nachgestellt wird. Die Stadt präsentiert sich vorrangig als Geburtsort Friedrichs II. sowie eines bekannten Musikers und auch als Herkunftsort eines prämierten Weißweins.166 Jesi kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Einst von den Lombarden erobert und zerstört, gehörte es lange Zeit zum Gebiet des Patrimonium Petri, bevor es im 12. Jahrhundert zur freien Stadt mit eigener Regierung und Statuten wurde. Seine Blütezeit erlebte die Kommune während der Herrschaftsjahre Friedrichs II., der seiner Geburtsstadt sehr wohlgesonnen war. Nach dem Untergang der staufischen Dynastie begann in Jesi das Zeitalter der Signoria, in der adlige Familien um die Vormachtstellung in der Stadt kämpften, bis diese im 15. Jahrhundert dem Kirchenstaat einverleibt wurde. Nach der Eroberung der Stadt durch Napoleon veränderte sich das Stadtbild drastisch und im 19. Jahrhundert setzte ein Industrialisierungsprozess ein. 1860 wurde die Kommune Teil des italienischen Königreichs.167 Das staufische Geschichtsbewusstsein Jesis speist sich aus den besonderen Umständen des Jahres 1194, die die Stadt zum Geburtsort des späteren Stauferkaisers werden ließen. Eigentlich bloß auf der Durchreise, wurde Konstanze de Hauteville in Jesi von den Wehen überrascht. Kaiser Heinrich VI. ließ daraufhin auf einem öffentlichen Platz der Stadt ein Zelt aufschlagen und lud Teile der Stadtgemeinschaft ein, die Geburt seines Sohnes zu bezeugen.168 Eine Plakette weist heute auf die Geschichte der nach ihm benannten Piazza Federico Secondo hin. Das ihn thematisierende Museum ist ebenfalls an diesem Platz untergebracht.169 Weiteres Indiz auch für die langen Traditionslinien des staufischen Geschichtsbewusstseins vor Ort ist der Theatervorhang

164 Als Informationsorgan gibt sie des Weiteren eine Online-Zeitschrift heraus, in der sie über die Aktivitäten der verschiedenen Institutionen der Autonomen Region berichtet. Vgl. Fondazione Federico II: Fondazione Federico Secondo. Statuto. 165 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview); Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 166 Vgl. Comune di Jesi: Jesi – Cultura ed enogastonomia in uno scrigno d’arte. https://www.comune.j esi.an.it/opencms/export/jesiit/sito-JesiItaliano/MenuPrincipale/VivereInCitta/Turismo/ScoprireJes i1/index.html [06.03.2019]. 167 Vgl. Comune di Jesi. Assessorato al Turismo: History. https://www.turismojesi.it/default.aspx?pag= 0.1.4&lang=en [06.03.2019]. 168 Vgl. Willemsen, Roger, 1992: Die Marken: eine adriatische Kulturlandschaft zwischen Urbino, Loreto und Ascoli Piceno. Köln, 2. Aufl, S. 223. 169 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview).

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des Pergolesi-Theaters von 1850, der mit einer Abbildung aus dem Leben Friedrichs II. verziert ist.170 Die Fondazione in Jesi hat ihren Ursprung in einem 1987 gegründeten deutsch-italienischen Komitee für die Errichtung eines Denkmals für Kaiser Friedrich II. Diese Initiative ging auf eine Privatperson zurück, nach der die staufische Bedeutung der Kommune stärker in der städtischen Öffentlichkeit präsent sein sollte.171 Das Komitee stand unter der Schirmherrschaft des italienischen Staatspräsidenten Cossiga und des bayrischen Ministerpräsidenten Strauß.172 Grundsätzlich wollte die Vereinigung durch ihre Bemühungen die Erinnerung an Friedrich II. in Jesi wach halten. Konkret sollte dies durch die Errichtung eines Denkmals zum 800. Jubiläum des Geburtsjahr 1994 gelingen. Weiterhin sollte in Kooperation mit der Stadtgemeinde Jesi ein Centro Studi Federiciani eingerichtet werden, um der Arbeit der Vereinigung auch eine gewisse Kontinuität zu verleihen.173 Mit der künstlerischen Umsetzung des Denkmals wurden der Italiener Benedetto Robazza und der Göppinger Hermann Schwahn betraut, der auch Mitglied in der Gesellschaft für staufische Geschichte war.174 Die in Jesi gegründete Vereinigung hatte großes Interesse am Austausch mit deutschen Vereinigungen, die sich ebenfalls mit der staufischen Geschichte auseinandersetzten. Die erste Vizepräsidentin Freya Wrede war dementsprechend bereits im Sommer 1989 nach Göppingen gekommen, um mit dem damaligen Vorsitzenden der Staufergesellschaft Herbert König ins Gespräch zu kommen. Die Gesellschaft für staufische Geschichte begann denn auch ihre Studienfahrt nach Süditalien im selben Jahr mit einem Aufenthalt in der Geburtsstadt Friedrichs II.175 Unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit wurde die Gesellschaft vom Vize-Oberbürgermeister der Stadt empfangen und symbolische Geschenke wurden ausgetauscht. Die Göppinger Vereinigung unterstützte die

170 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 23.10.1989: Zeitungsartikel aus der Neuen, Württembergischen Zeitung: Zu Gast in Jesi. Zur Bedeutung des Theaters im Risorgimento und der Thematisierung der Stauferzeit in diesem Zusammenhang vgl. S. 346. Weiterhin pflegt die Kommune eine Städtepartnerschaft mit der Stauferstadt Waiblingen. Siehe S. 173. 171 Das Komitee wurde 1988 in die frisch gegründete Fondazione eingegliedert und ging nach der Errichtung des Denkmals in der allgemeinen Vereinstätigkeit auf. Vgl. Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi: Chi siamo. https://www.fondazionefedericoiijesi.it/index.php?option=com_ content&view=article&id=47&Itemid=53 [06.03.2019]; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 26.3.1993: Zeitungsartikel: Für den Kaiser nicht nur ein Denkmal. 172 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 26.3.1993: Zeitungsartikel: Für den Kaiser nicht nur ein Denkmal; Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi (Hg.), 1988: Per l’Europa. Con il primato della cultura. (Tabulae del centro di studi federiciani, Bd. 1). Wie die Verbindung von Franz-Josef Strauß zu Jesi entstand, ist unklar. Möglich wäre eine private Bekanntschaft zwischen Strauß und einer der Honoratioren vor Ort, der den Kontakt zum Komitee herstellte. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 173 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 23.10.1989: Zeitungsartikel aus der Neuen, Württembergischen Zeitung: Zu Gast in Jesi. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 26.3.1993 Zeitungsartikel: Für den Kaiser nicht nur ein Denkmal. 174 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 26.3.1993: Zeitungsartikel: Für den Kaiser nicht nur ein Denkmal; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 175 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 23.10.1989: Zeitungsartikel aus der Neuen, Württembergischen Zeitung: Zu Gast in Jesi.

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Bemühungen der Italiener, indem als deutscher Grundstock des geplanten Studienzentrums alle bisherigen Publikationen der Gesellschaft übergeben wurden. Verbindendes Element der Vereinigungen war schon während der ersten Begegnung in den 1980er Jahren weniger die staufische Dynastie im Allgemeinen, sondern singulär Friedrich II. Sein Agieren wurde in einer anlässlich des Zusammentreffens 1989 gehaltenen Rede als Förderung des »Zusammenleben und -wirken von Völkern verschiedener Sprachen und Religionen« ausgelegt, wobei er »Wissenschaft, Kunst und Kultur einen ganz besonderen Stellenwert eingeräumt habe«.176 Dementsprechend wurde dieser historischen Person eine aktuelle symbolische Bedeutung für die Bemühungen um ein vereinigten Europa zugesprochen.177 Die Gesellschaft für staufische Geschichte in Göppingen unterstützte auch die italienischen Denkmalsbemühungen, indem sie in den frühen 1990er Jahren für Spendengelder warb. Der baden-württembergische Finanzminister Mayer-Vorfelder würdigte diese Bemühungen, da auf diese Weise gemeinsame historische Wurzeln freigelegt und Europaskeptikern entgegen getreten werden könne.178 Der staufischen Rezeption kommt in diesem Falle also eine politisch legitimierende Rolle zu. Seit der Umsetzung des Denkmalprojekts 1994 wirkt die Vereinigung in Jesi dahingehend weiter, dass sie ihrer Satzung gemäß das Wissen um die Person Friedrichs II. und sein Handeln fördert und verbreitet. Sie soll durch ihre Tätigkeiten auch den kulturellen, touristischen und wirtschaftlichen Austausch zwischen Jesi und den Marken, ganz Italien und dem Ausland – primär Deutschland – fördern.179 Finanziert wird sie vor allem durch die Beiträge der rund 400 Mitglieder, einem jährlichen Beitrag der Region Marken und des Ministeriums für Kulturgüter und Tourismus.180 Sie zählt inzwischen zu einer der wichtigsten Kultureinrichtungen in den Marken.181 Im Unterschied zur Fondazione in Palermo ähnelt die Vereinsarbeit in Jesi stärker den Tätigkeiten der Gesellschaft für staufische Geschichte. Studienreisen und zahlreiche Vorträge werden angeboten, die zusammen mit anderen Studien zu den Staufern in einer eigenen Reihe publiziert werden.182 Weiterhin werden Konferenzen, Ausstellungen, aber auch andere Veranstaltungsformate organisiert, die die Stauferzeit thematisieren, wie beispielsweise Konzerte und Theateraufführungen. Die wissenschaftlichen Tätigkeiten der Fondazione Federico II Hohenstaufen di Jesi wird von deren Centro Studi Federiciani übernommen. Dieses ist auch für die Herausgabe der Publikationsreihe, der Tabulae zuständig. Die Bände fungieren als eine Art Berichterstattung über die Vereinstätigkeiten, in der vor-

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Ebd. Vgl. ebd. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 26.3.1993: Zeitungsartikel: Für den Kaiser nicht nur ein Denkmal; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 179 Vgl. Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi: Home. https://www.fondazionefedericoiijesi.it / [06.03.2019]; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 26.3.1993: Zeitungsartikel: Für den Kaiser nicht nur ein Denkmal 180 Vgl. Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi. Chi Siamo. 181 Vgl. ebd. 182 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview).

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wiegend wissenschaftliche Abhandlungen abgedruckt werden.183 Daneben finden sich aber auch populärwissenschaftlichere Ausgaben wie der Kyffhäuser-Comic von 1995.184 Weiterhin verleiht die Fondazione einen mit 5000 Euro dotierten Literaturpreis an literarische Publikationen, die sich mit Friedrich II., der Dynastie im Allgemeinen oder Aspekten der Stauferzeit in Zusammenhang mit Friedrich II. beschäftigen.185 Seit 1997 wird außerdem der Premio Federichino vergeben. Ein Preis für Personen, die sich durch ihr Handeln im Sinne Friedrichs II. Verdienste erworben haben (s.u.).186 Seit 1998 wird dieser mit Palermo und seit 2003 mit Göppingen als Bestandteil der Dreier-Kooperation verliehen. Durch die Ausweitung der Schirmherrschaft gewann der Preis international an Anerkennung, wobei auch schon bei den frühen Preisverleihungen Personen aus dem Ausland honoriert wurden.187 Die ersten Kontakte zwischen der Göppinger Gesellschaft und einer der beiden Fondazione reichen demnach schon bis in die späten 1980er Jahre zurück. Erst seit 2000 mündeten diese jedoch in eine formale Kooperation, die auch die Fondazione aus Palermo einschloss.188 In der Zwischenzeit hielten sich die Fondazione in Jesi und die Göppinger Gesellschaft über ihre jeweiligen Aktivitäten auf dem Laufenden, indem gegenseitige Besuche stattfanden und Programmhefte und Veröffentlichungen ausgetauscht wurden. Außerdem wurden Aufsätze der Tagungsbände übersetzt und in der jeweiligen eigenen Reihe publiziert. Beide Vereinigungen waren bei der anderen als Ehrenmitglieder eingetragen.189 Die Auseinandersetzung mit den Staufern fand demnach in der frühen transnationalen Rezeption auf einer sehr sachlich-nüchternen, informativen Ebene statt. Auch im Zuge der Vorbereitung für die Gedenkveranstaltung anlässlich des 800. Todesjahres Friedrichs II. in Göppingen im Jahr 2000 wurde der Kontakt zur Fondazione in Jesi gesucht.190 Aufgrund der bestehenden Kooperation zwischen der Vereinigung in

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Vgl. Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi. Chi Siamo; Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi, 1988. Vgl. Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi (Hg.), 1995: Kyffhäuser. La Montagna incantata. (Tabulae del centro di studi federiciani, Bd. 7). Vgl. Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi: PREMIO INTERNAZIONALE FEDERICO II. https://www.fondazionefedericoiijesi.it/index.php?option=com_content&view=article&id=69&I temid=70 [06.03.2019]. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft, 11.12.2000: Kooperationsurkunde für die Partnerschaft mit den Fondaziones in Jesi und Palermo. Vgl. Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi: IL PREMIO INTERNAZIONALE FEDERICHINO. https://www.fondazionefedericoiijesi.it/index.php?option=com_content&view=article&id =52&Itemid=71 [06.03.2019]. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview); Wrede, Freya, 2001: Cronaca del viaggio a Göppingen per il gemellaggio. In: Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi (Hg.): Federico II e le sue citta. (Tabulae del centro di studi federiciani20/21.1), S. 51-66, S. 63. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview); Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft, 11.12.2000: Kooperationsurkunde für die Partnerschaft mit den Fondaziones in Jesi und Palermo. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). Zur Gedenkveranstaltung in Göppingen siehe S. 181.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Jesi mit der Fondazione in Palermo entstand die Idee den bisherigen Austausch auf Palermo auszudehnen und in einer formalen Kooperation als Triumvirat zu festigen.191 Der zeremonielle Zusammenschluss wurde mit der Gedenkveranstaltung im Jahr 2000 in Göppingen verbunden. Am 11. Dezember 2000 kamen Delegationen der Fondaziones und der Gesellschaft für staufische Geschichte vor historischer Kulisse auf dem Berggipfel zusammen, um eine engere Zusammenarbeit für die Zukunft zu besiegeln.192 Das Einschlagblatt der Partnerschaftsurkunde ziert eine Abbildung der bekannten Steinstatue des thronenden Friedrichs II. im Profil.193 Seine Person ist das Symbol der transnationalen Verbindung. Die Unterzeichnung fand in einer feierlichen Atmosphäre statt. Viele prominente Personen aus dem Forschungsbereich der deutsch- italienischen Staufergeschichte waren anwesend.194 Im Anschluss an die Unterzeichnung fand am selben Abend die Gedenkveranstaltung zum 750. Todesjahres in der Göppinger Stadthalle statt, bei der auch Vertreter der beiden italienischen Delegationen das Wort an die Gäste richteten.195 Das erste Zusammentreffen aller drei Vereinigungen wurde von Fahrten zu staufischen Stätten in der Umgebung und der Begegnung mit der deutschen Kultur beispielsweise durch den Besuch des Weihnachtsmarktes umrahmt.196 Mit Unterzeichnung der Kooperationsurkunde trat die Gesellschaft für staufische Geschichte der bereits seit 1999 existierenden Partnerschaftsvereinbarung der beiden Fondaziones bei.197 Sie verpflichtete sich damit grundsätzlich »in gemeinsamer Absicht Initiativen [zu] unterstütz[en], die von einer der beiden Vereinigungen im Namen und im Geist der Botschaft Friedrichs II. in die Wege geleitet werden.«198 Des Weiteren nimmt sie seit 2002 an der Preisverleihung des Premio Federichino teil, indem sie mindestens einen eigenen Kandidaten für diesen vorschlägt und turnusgemäß alle drei Jahre die Veranstaltung selbst ausrichtet. Die für diesen Preis durch die beiden Schwesterorganisationen ausgewählte Bronzestatuette wird von ihr übernommen.199 Seit Besiegelung der Kooperation 2000 besteht die beständige Zusammenarbeit wie schon vorab singulär mit Jesi im Austausch von Veranstaltungsprogrammen und Veröffentlichungen. Auf Anfrage werden weiterhin Aufsätze ausgetauscht und das Forschungsnetzwerk für überschneidende Interessensbereiche geteilt. Nicht zuletzt stehen bei Studienfahrten nach Süditalien oder in anderer Richtung nach Deutschland 191

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Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft, 11.12.2000: Kooperationsurkunde für die Partnerschaft mit den Fondaziones in Jesi und Palermo; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft, 7.12.2000: Schreiben Rueß an Oberbürgermeister Frank. Ein erster Besuch der Einrichtung in Palermo fand im Zuge der Preisverleihung 2002 statt. Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). Vgl. Rueß/Ziegler, 2001, S. 46; Wrede, 2001, S. 58. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft, 11.12.2000: Kooperationsurkunde für die Partnerschaft mit den Fondaziones in Jesi und Palermo. Vgl. Wrede, 2001, S. 54. Vgl. Rueß/Ziegler, 2001, S. 46-47, Wrede, 2001, S. 60. Vgl. Wrede, 2001, S. 52. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft, 11.12.2000: Kooperationsurkunde für die Partnerschaft mit den Fondaziones in Jesi und Palermo. Ebd. Vgl. ebd.

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immer die Standorte der Kooperationspartner auf dem Programm. Auf diesen Gebieten der Kooperation ist der Austausch zwischen Göppingen und Jesi wesentlich intensiver als mit der Fondazione in Palermo. Dies liegt einerseits an den jeweiligen Charakteristika der Vereinsarbeit, andererseits an den länger bestehenden, teils kontinuierlich durch die selben Personen gepflegten Kontakte in die mittelitalienische Kommune.200 Zentral für die transnationale staufische Rezeption durch alle drei Organisationen ist die gemeinsame Verleihung des Premio Federichino.201 Dieser unterscheidet sich dezidiert von dem Wissenschaftspreis der Gesellschaft für staufische Geschichte und dem Literaturpreis, den die Fondazione in Jesi vergibt.202 Er kann an Personen aus verschiedensten Metiers vergeben werden, wenn sie »mit ihren Tätigkeiten im Geist der kulturellen, sozialen und politischen Botschaft und den Werken Kaiser Friedrichs II. Verdienste erworben haben.«203 Es werden also solche Tätigkeiten im Geiste Friedrichs II. prämiert, die ein friedliches Miteinander von Gemeinschaften unterschiedlicher Sprachen und Kulturen fördern. Weiterhin solche, die zur Weiterentwicklung der Wissenschaft, Kunst und Kultur beitragen. Damit wird die Stauferzeit, personifiziert durch Friedrich II., historische Projektionsfläche moderner Bestrebungen hin zu einem europäischen Zusammenleben der Einheit in Vielfalt. Mit Blick auf die ausgewählten Preisträger wird diese Definition sehr breit ausgelegt.204 Die Honorierten beschäftigten sich teils eher im weitesten Sinne mit der staufischen Geschichte, beispielsweise durch das Verfassen historischer Romane oder die Thematisierung mittelalterlicher Motive in Musik und Kunst.205 Als Beispiel kann der Künstler Hans Kloss genannt werden, der 2004, nominiert von der Gesellschaft für staufische Geschichte, für sein Stauferrundbild im Kloster Lorch ausgezeichnet wurde. Ein weiteres Beispiel ist der Kunstmäzen und Industrielle Reinhold Würth, der im selben Jahr für seine finanzielle Unterstützung der Restaurierung der Capella Palatina im Normannenpalast ausgezeichnet wurde.206 Vor allem aufgrund der Vorschläge von Seiten der Fondazione in Palermo wurden auch Schauspie-

200 Vgl. Wrede, 2001, S. 60; Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview); Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview). 201 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview); Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Federichino 2002 in Palermo, 2002: Bericht über den Festakt. 202 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft, 11.12.2000: Kooperationsurkunde für die Partnerschaft mit den Fondaziones in Jesi und Palermo. 203 Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft, 11.12.2000:Kooperationsurkunde für die Partnerschaft mit den Fondaziones in Jesi und Palermo. Als mögliche Tätigkeitsfelder führt die Gesellschaft für staufische Geschichte beispielsweise historische, wirtschaftliche und kulturelle Gebiete an. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Federichino 2002 in Palermo, 2002: Bericht über den Festakt. 204 Vgl. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview). 205 Vgl. ebd.; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2016: Broschüre XV Edizione Premio Internazionale Federichino 2016 von der Fondazione Federico II Hohenstaufen di Jesi. 206 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Federichino 2004, 8.10.2004: Zeitungsartikel aus der Rems-Zeitung: Premio Federichino für den Lorcher Maler.

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ler oder Sportler geehrt.207 Auch der performative Bereich wurde bedacht: Auf Vorschlag der Gesellschaft für staufische Geschichte wurde 2006 die Reenactment Gruppe »IG Wolf« aus Frankfurt prämiert. Durch ihre Darstellungen des mittelalterlichen Alltags, in Kooperation mit Schulen und Museen, generierten sie Geschichtsunterricht »zum Anfassen«, so die Begründung.208 Daneben wurden konsequent auch Preise im historischen Bereich verliehen. Sowohl für Mittelalterforschungen wie 2010 in Jesi an Luigi Morganti, als auch spezifisch Stauferforschungen wie 2006 in Göppingen an Hans Martin Schaller und Dankwart Leistikow.209 Auch herausragende Persönlichkeiten in einer der Organisationen wurden honoriert, wie beispielsweise ebenfalls 2006 der ehemalige Präsident der Staufergesellschaft Claus Anshof.210 Weiterhin wurden solche Personen gewürdigt, die innerhalb und außerhalb der Kooperation einen herausragenden Beitrag zur Verbreitung des Wissens um die Staufer und vor allem Friedrich II. geleistet haben. Zu nennen sei exemplarisch die Prämierung des Leiters der Mannheimer Ausstellung zu den Staufern, Alfried Wieczorek, in Göppingen 2012. Freya Wrede aus Jesi wurde 2009 für ihre Vermittlertätigkeit zwischen den Organisationen ausgezeichnet.211 Des Weiteren mit Blick auf den generellen transnationalen Austausch der Foggianer Leopoldo Bibbò 2003.212 Diese Form der staufischen Rezeption wurde prinzipiell durch eine sehr feierlich-förmliche Art der Preisverleihung umgesetzt. Als Örtlichkeit diente meist eine historisch passende Umgebung wie der Normannenpalast in Palermo oder die Stiftskirche in Göppingen-Faurndau.213 Das Programm bestand in der Regel aus Begrüßungsworten der Vorsitzenden bzw. Präsidenten der drei Organisationen und der anschließenden Honorierung der Preisträger.214 Die Verleihung war meist von klassischer Musik und einem Sektempfang umrahmt.215 Als einzige Ausnahme kann die Preisverleihung 2006 in Göppingen genannt werden, bei der die prämierte Mittelaltergruppe »IG Wolf« das Programm durch die Darstellung einer mittelalterlichen Schwertleite bereicherten. Auch die Musik dieser Preisverleihung führte in die Staufer-

207 Vgl. Ziegler, ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, 27.4.2017; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2016: Broschüre XV Edizione Premio Internazionale Federichino 2016 von der Fondazione Federico II Hohenstaufen di Jesi. 208 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 4.10.2006: Zeitungsartikel aus Geppo: Premio Federichino. 209 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 10.10.2006: Zeitungsartikel aus der Neuen, Württembergischen Zeitung: Preisverleihung auf dem Hohenstaufen als Traum. 210 Vgl. ebd. 211 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2016: Broschüre XV Edizione Premio Internazionale Federichino 2016 von der Fondazione Federico II Hohenstaufen di Jesi 212 Vgl. ebd. 213 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2012: Einladung zur Preisverleihung des Premio Federichino 2012; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Festakt 2003, 2003: Einladung und Anmeldung. 214 Vgl. beispielsweise Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Federichino 2002 in Palermo, 2002: Programmheft. 215 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Federichino 2002 in Palermo, 2002: Bericht über den Festakt.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

zeit, indem der Minnesänger Karsten Wolfewicz auf Fiedel und Psalter »fremdartige Klänge erklingen« ließ.216 Resümierend ist der Name des gemeinsam verliehenen Preises Programm dieser transnationalen staufischen Rezeption: Friedrich II. fungiert als Bindeglied der gemeinsamen Erinnerung auf den sich alle Parteien verständigen können. Dabei wird er positiv dargestellt als toleranter, fortschrittlicher Herrscher, der Kunst, Kultur und Wissenschaft förderte und dessen Agitationen somit national unabhängig als Richtschnur für gegenwärtige Bemühungen gelten können. Seine Herrschaft wird zum historischen Vorbild eines vereinigten Europas. Durch diese Deutung kann die staufische Geschichte zur Schaffung einer gemeinsamen historischen Identität beitragen. Die Berufung auf geteilte historische Wurzeln legitimiert des Weiteren politische Bemühungen im Sinne einer Europäisierung gegenüber EU-Skeptikern. Anhand der Aufbereitung der staufischen Geschichte wird deutlich, dass diese der Weiterbildung dienen soll. Der Austausch von Programmheften, Veröffentlichungen, Studienreisen, die Unterstützung bei Denkmalsprojekten und gemeinsame Preisvergaben sind informative, aber auch sehr festliche und symbolträchtige Mittel, um die staufische Geschichte zu rezipieren. Diese Form staufischer Geschichtskultur erhält somit auch eine repräsentative Funktion für die Organisationen und ihre jeweiligen Kommunen. Für Palermo fungiert die Symbolfigur Friedrich II. gar als Marketingfaktor für die gesamten kulturellen Bemühungen der Regione.

8.4

Gedenksteine einer »europäischen« Dynastie: Das Projekt Stauferstelen und die Beispiele Fiorentino, Göppingen-Hohenstaufen und Bari217

Die Grundidee der Gedenksteine geht auf die Stauferfreunde Manfred Hartmann, Gerhard Raff, Karl-Heinz Rueß, Walter Ziegler und den Bildhauer Markus Wolf zurück.218 Erstgenannter ist Schüler des renommierten Tübinger Historikers Hansmartin DeckerHauff und Kulturreiseunternehmer in Stuttgart-Degerloch mit guten Verbindungen nach Italien.219 Er wandte sich mit seiner Idee der Errichtung eines Gedenksteins am Todesort Friedrichs II. anlässlich dessen 750. Todesjahres an den Historiker, Autor und

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Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 10.10.2006: Zeitungsartikel aus der Neuen, Württembergischen Zeitung: Preisverleihung auf dem Hohenstaufen als Traum. Vgl. auch Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 4.10.2006: Zeitungsartikel aus Geppo: Premio Federichino. Grundlage für die Untersuchung ist die Stauferstelen-Broschüre von 2014, in der auch weitere, in Zukunft geplante Stelen genannt werden. Es handelt sich um ein laufendes Projekt, dass einem steten Wandel unterworfen ist. Die Broschüre stellt eine gut dokumentierte Momentaufnahme der Arbeit bis 2014 dar. Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 9. Vgl. Stadtbranchenbuch Deutschland: Kulturhistorische Studienreisen Manfred Hartmann. https://stuttgart.stadtbranchenbuch.com/4059771.html [14.03.2019]; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 14.12.2000: Zeitungsartikel aus der Stuttgarter Zeitung: Eine Stele in Fiorentino.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Kolumnisten der Stuttgarter Zeitung, Gerhard Raff.220 Mit den Erlösen seiner Bücher, Vorträge und Lesungen unterstützt Raff kulturelle, soziale und ökologische Projekte. Oftmals in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Markus Wolf entstanden so bereits zahlreiche Denkmäler in verschiedenen europäischen Ländern.221 Für die Schaffung eines Gedenksteins am Todesort Friedrichs II. fiel dem Autor ein stauferbegeisterter Mäzen aus dem Stuttgarter Raum ein, der das Projekt monetär unterstützen könnte.222 Bildhauer Markus Wolf wurde durch die Erschaffung zahlreicher historischer Denkmäler bekannt. Sein erstes Werk dieser Art war 1995 die Rekonstruktion eines 1945 zerstörten Obelisken an der Alten Weinsteige in Stuttgart. Seitdem sind zahlreiche Kunstwerke hinzu gekommen, meist zur württembergischen Landes- und Literaturgeschichte.223 Mit ihrer Idee eines staufischen Gedenksteins wandte sich das Dreier-Gespann bewusst an die Staufer-Experten aus Stadt- und Kreis Göppingen.224 Bei einem ersten Treffen entstand die Grundidee des zu erschaffenden Denkmals: Eine oktogonale Stele, erinnernd an den Grundriss von Castel del Monte mit einer goldenen Umrandung, welche die Reichskrone symbolisieren sollte, wurde in Kooperation konzipiert.225 Am 750. Todestag des Staufers, dem 13. Dezember 2000, wurde die Stele unter großer Aufmerksamkeit der italienischen Öffentlichkeit schließlich eingeweiht. Auch Hartmann und Raff waren im Rahmen einer Studienfahrt mit einer deutschen Gruppe anwesend. Während dieser Festivitäten entstand der Wunsch nach einer weiteren Staufer-Stele am Ort der Stammburg auf dem Hohenstaufen.226 Bei dieser Errichtung 2002 wurde vom Göppinger Kreisarchivar Walther Ziegler die Idee aufgeworfen »ein Netzwerk solcher Stauferstelen an Europas herausragendsten Stauferstätten zu errichten, um so die völkerübergreifende Bedeutung dieses schwäbischen Herrschergeschlechts hervorzuheben und dessen europäische Dimension aufzuzeigen.«227 Die Intention des gesamten Projekts ist damit eindeutig, die Rezeption der staufischen Herrschaft als ei-

220 Vgl. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 7.8.2016 (Telefoninterview): Informationen zu Stauferstelen. 221 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 62; Jimdo/Raff: Gerhard Raff. Deutscher Historiker, Bestsellerautor & Verleger. https://gerhardraff.jimdo.com/ [14.03.2019]. 222 Vgl. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 7.8.2016 (Telefoninterview); Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 223 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 88. 224 Vgl. ebd. Walter Ziegler ist ehemaliger Kreisarchivar des Landkreis Göppingen. Karl-Heinz Rueß Leiter des Archivs und der Museen Göppingen und der Geschäftsführer der Gesellschaft für staufische Geschichte. 225 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 10.1.2001: Zeitungsartikel aus Geppo: Wie in Apulien des vor 750 Jahren verstorbenen Stauferkaiser Friedrich II. gedacht wurde. Denkmalsenthüllung, Stauferymposium und Ausstellungen; Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 7.8.2016 (Telefoninterview). 226 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 10; Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 227 Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 12. Vgl. auch Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 7.8.2016 (Telefoninterview).

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

ne gemeinsame, europäische Geschichte, die nicht an rezenten Nationalgrenzen endet. Diese Auslegung der Dynastie soll durch die Stelen vergegenwärtigt und verbreitet werden. Für die Umsetzung der Projektidee wurde ein »Komitee der Stauferfreunde« ins Leben gerufen, bestehend aus bereits involvierten Einzelpersonen und weiteren, ausgewählten Interessierten.228 Die Stelen mit ihren jeweiligen Beschriftungen und abgebildeten Wappen werden von diesem Komitee konzipiert und in der Regel von privaten Stiftern finanziert, welche im Sockel der Gedenksäule durch ihre Namensnennung verewigt werden. Sobald ein Stifter für einen passenden Stelenstandort gefunden ist, wird die zuständige Kommune kontaktiert und ein Lokaltermin vereinbart. Stifter, Komitee und Bildhauer stellen das Projekt und die vorgeschlagene Beschriftung samt Wappen vor. In Absprache mit den örtlichen Verantwortlichen wird das finale Design und auch der passende Standort festgelegt.229 2014 waren bereits 28 Stauferstelen verwirklicht: Fiorentino (Italien), Hohenstaufen, Hagenau (Frankreich), Waiblingen, Lorch, Trifels, Adelberg, Klosterneuburg (Österreich), Bari (Italien), Bad Wimpfen, Weinsberg, Rothenburg ob der Tauber, Besigheim, Schwäbisch Gmünd, Markgröningen, Burg Niederhaus im Ries, Göppingen, Ellwangen, Maulbronn, Justingen, Eger/Cheb (Tschechien), Bad Boll, Dinkelsbühl, Heilbronn, Hohenneuffen, Wäscherburg, Bopfingen, Hohenbaden.230 Für 2015 waren weitere Errichtungen in Saleph/Göksu bei Seleucia/Silifke (Türkei), in Denkendorf, in Königstein im Taunus und Nijmegen/Nimwegen (Niederlanden) geplant.231 Auch für weitere Stauferstätten hatten sich bereits Stifter gefunden.232 Optisch greifen die weiteren Stelen in der Regel die Grundkonzeption der ersten Stauferstele auf und sind in weißem Jura-Travertin mit oktogonalem Grundriss und goldener Umrandung am oberen Ende versehen. Mit Ausnahme der Göppinger Stele sind sie 2,75 Meter hoch. Die Inschriften und Wappen sind auf vier der acht Seitenflächen verteilt.233 Medial wird die staufische Dynastie in der Stauferstelen-Broschüre von 2014 durch das bekannte Motiv des Cappenberger-Barbarossa-Kopfs als Titelbild symbolisiert. Insgesamt dominiert der Textanteil, jedoch sind immer wieder Bilder der errichteten Stelen und auch historische Motive und Wappen zu den Stelenstandorten abgebildet.234 Inhaltlich werden die Staufer großteils durch bekannte Zitate über die Dynastie dargestellt, angefangen bei Martin Crusius im 16. Jahrhundert über Ludwig Uhland im

228 In der Broschüre von 2014 werden als Komitee-Mitglieder aufgeführt: Alexandra Holler-Sagert, Studienrätin in Nürtingen, Dr. Georg Friedrich Kempter, Denkmalpfleger i.R. auf dem Engelberg, Dr. Dr. Ulf Merbold, Weltraumfahrer in Stuttgart, Andreas Raab, Oberbürgermeister a.D. in Dinkelsbühl, Dr. Gerhard Raff, Dr. Karl-Heinz Rueß, Stadtarchivar in Göppingen, Professor Dr. Johann Heinrich von Stein, Emeritus der Uni Hohenheim, Walter Ziegler, Kreisarchivar i.R. Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, Rückseite. Vgl. auch Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 7.8.2016 (Telefoninterview). 229 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 86-87; Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview). 230 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 2. 231 Vgl. ebd., S. 63-64. 232 Vgl. ebd., S. 65-74. 233 Vgl. Koblank. Stauferstelen. Startseite. 234 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

18. Jahrhundert bis hin zu Hansmartin Decker-Hauff 1976 und Bundespräsident Walter Scheel in seiner Rede zur Eröffnung der Staufer-Ausstellung in Stuttgart 1977.235 Decker-Hauff beschreibt die Stauferzeit als goldenes Zeitalter der Völkerverständigung. Auch im Zitat Scheels, dass in mehreren Sprachen abgedruckt ist, wird die Stauferzeit sehr euphorisch als Vorbild für die Gegenwart gedeutet, als »Lehrstück für die geistige Gemeinsamkeit und Ausstrahlungskraft Europas.«236 Nach Bundespräsident Horst Köhler, der sich zur Stelenerrichtung in Ellwangen 2012 äußerte, seien die Stauferstelen »ein lebendiger Beitrag zur grenzüberschreitenden kulturellen Verbindung in Europa«, was »besonders in heutigen Zeiten ein wichtiges Signal« sei.237 Das Projekt als Ganzes kann demnach einen Beitrag zu einer gemeinsamen europäischen Identitätsstiftung leisten und somit auch politische Bemühungen im Sinne einer intensiveren europäischen Zusammenarbeit rechtfertigen. Damit Stelenerrichtungen an bedeutenden staufischen Stätten zu Stande kommen können, ist ein grundsätzliches Interesse an der staufischen Geschichte vor Ort und die Bereitschaft zur Kooperation essentiell. In Torremaggiore, der Kommune auf dessen Gebiet die Ruine von Kastell Fiorentino heute liegt, stießen die Geschichtsschaffenden aus Deutschland mit ihrem Vorhaben 2000 schnell auf eine positive Resonanz.238 Fiorentino war einst ein eigenständiger Ort, der um 1000 als Bischofssitz fungierte. Hier befand sich das zweigeschossige herrschaftliche Anwesen, indem der Staufer Friedrich II. aufgrund eines Ruhranfalls im Dezember 1250 verstarb.239 Im Zuge der Kämpfe zwischen dem Papst Manfred, dem Sohn Friedrichs II., wurde Fiorentino zerstört und viele der Überlebenden siedelten sich im heutigen Altstadtgebiet von Torremaggiore im Schutz der nahe gelegenen Abtei San Pietro an.240 Torremaggiore versteht sich heute als Erbe des zerstören Fiorentino und definiert sich als die Stadt, die den berühmten Kaiser Friedrich II. in seinen letzten Stunden beherbergte.241 Die ca. 17.000 Einwohner zählende Kommune befindet sich rund 40 km nördlich der Provinzhauptstadt Foggia. Nach dem Ende der staufischen Herrschaft gelangte die Ortschaft in den Besitz der Fürsten di Sangro, die die Geschicke der Stadt über Jahrhunderte lenkten. Aufgrund eines verherenden Erbebens 1627 musste Torremaggiore nahezu vollständig wieder aufgebaut werden. 1834 wurde der Landwirtschafts- und Viehmarkt zu Ehren von St. Sabino, dem Schutzpatron der Stadt, gegründet. Bis in die jüngste Zeit ist die Kommune von der Landwirtschaft geprägt, weswegen sie sich auch als Stadt des Olivenöls, des Weizens und Weins versteht. Ihrem staufischen Erbe widmet sich Torremaggiore seit den

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Vgl. ebd., S. 3-4, S. 88. Zitiert nach ebd., S. 88. Zitiert nach ebd., S. 79. Vgl. Gentile, Alberto, 2001: Cecidit sol mundi: celebrato a Fiorentino il 750° anniversario della morte di Federico II. In: Fondazione Frederico II Hohenstaufen di Jesi (Hg.): Federico II e le sue citta. (Tabulae del centro di studi federiciani20/21.1), S. 121-124, S. 122. 239 Vgl. Rotter/Löchel, 2011, S. 92; Haseloff, 1991, S. 15. 240 Vgl. Comune Torremmaggiore: Cenni Storici. https://www.comune.torremaggiore.fg.it/interna.ph p? Rif=273 [14.03.2019]. 241 Vgl. Centro Attività Culturali »Don Tommaso Leccisotti« Torremaggiore: Federico II. https://www.c orteostorico.it/Federico%20II.htm [14.03.2019].

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1980er Jahren, indem die Überreste des kaiserlichen Kastells und der zerstörten mittelalterlichen Stadt durch verschiedene Ausgrabungen ans Licht gebracht wurden.242 Als eine Art Brauchtumspflege, durch die die historische Identität der Kommune gestärkt werden soll, wurde 1985 durch den Kulturverein Don Tommaso der Corteo Storico, eine Art historischer Umzug, ins Leben gerufen. Wichtige Bestandteile dieses seitdem jährlich stattfindenden Spektakels sind die Nachstellung eines Leichenzugs in mittelalterlicher Tracht, der an den Tod Friedrichs II. 1250 erinnern soll, und ein Abschnitt, der Ankunft und Empfang der Flüchtlinge von Fiorentino darstellt.243 Das staufische Erbe der Stadt wird weiterhin durch verschiedene Aktivitäten wie Konferenzen, Veröffentlichungen sowie Theater- und Konzertaufführungen gepflegt.244 Die Anfrage bezüglich einer Gedenksäule stieß dementsprechend beim Stadtoberhaupt Torremaggiores auf freudiges Interesse, wohl auch, weil sich die Kommune dadurch einen Zuwachs vor allem deutschsprachiger Touristen in ihrer Ortsschaft erhoffen konnte.245 Die Stelenenthüllung in Torremaggiore am 13. Dezember 2000 wurde von einer großen italienischen Öffentlichkeit verfolgt, da das 750. Todesjahr Friedrichs II. durch verschiedene Aktivitäten in Italien erinnert wurde und ganz im Zeichen der Staufer stand.246 Zahlreiche Würdenträger, italienische und auch deutsche Geschichtsfreunde zelebrierten an diesen Tagen die staufische Geschichte und das italienische Fernsehen übertrug die Steleneinweihung.247 Da die Initiative von Geschichtsschaffenden aus dem Raum Stuttgart und Göppingen ausging, wurde sie von zahlreichen Würdenträgern von Stadt- und Kreis Göppingen und Stuttgart und den Präsidenten der Staufergesellschaft Göppingen und den mit ihr kooperierenden italienischen Friedrichsgesellschaften wohlwollend unterstützt. Als Vertreter des Landes Baden-Württemberg nahm Staatssekretär i.R. Lorenz Menz an den Festlichkeiten teil.248 Vom ehemaligen Bundespräsidenten Weizäcker wurde ein Grußwort verlesen, in welchem er die lebendige Verbindung deutscher und italienischer Stauferstätten lobt.249 Auch von italienischer Seite wurden hochrangige Gäste sogar aus Israel eingeladen.250 Enthüllt wurde die Stele vom italienischen Kultur-

242 Vgl. Comune Torremmaggiore: Cenni Storici. 243 Vgl. Centro Attività Culturali »Don Tommaso Leccisotti« Torremaggiore: Corteo Storico di Federico II e Fiorentino. https://www.corteostorico.it/corteo_storico.htm [14.03.2019]. 244 Vgl. ebd. 245 Vgl. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 7.8.2016 (Telefoninterview). 246 Zu den verschiedenen Aktivitäten im Jahr 2000 vgl. Rueß/Ziegler, 2001. 247 Vgl. ebd., S. 40; Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview); Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 7.8.2016 (Telefoninterview). 248 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 14.12.2000: Zeitungsartikel aus der Stuttgarter Zeitung: Eine Stele in Fiorentino. 249 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 10. Eine weitere Grußadresse kam vom AltOberbürgermeister Stuttgarts, Manfred Rommel. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 10.1.2001: Zeitungsartikel aus Geppo: Wie in Apulien des vor 750 Jahren verstorbenen Stauferkaiser Friedrich II. gedacht wurde. Denkmalsenthüllung, Stauferymposium und Ausstellungen. 250 Dazu zählen neben dem italienischen Kulturminister unter anderem der Botschafter Israels, die Präsidenten der Provinz Foggia und der Region Apulien und die Rektoren der Universitäten von

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minister. In seiner Rede bezeichnete er diese als Symbol der historischen Verbundenheit Italiens und Deutschlands und der guten Beziehungen zwischen Schwaben und Apulien.251 Nicht die Stadt Torremaggiore und ihre Historie stand im Vordergrund, sondern der historische Ort als Symbol für das transnational agierende Herrschaftsgeschlecht, das Nationen und Regionen verbindet. Auch der Bürgermeister Torremaggiores bezeichnete die Stele in seiner Rede als eine Art Brücke, die die weit entfernten Länder verbindet und damit gemäß der frederizianischen Tradition einen Dialog der Völker ermöglicht.252 Die Stele spiegelt die Worte der Würdenträger wider: Geschaffen aus »heimischen Jura-Travertin«, versehen mit den Wappen des Heiligen Römischen Reiches, des Herzogtum Schwabens und den Königreichen Sizilien und Jerusalem symbolisiert sie die transnationalen Herrschaftsdimensionen, die alle Anwesenden historisch verbindet und eine gemeinsame Identitätsstiftung ermöglicht.253 Die Inschriften geben auf der einen Seite auf Latein Auskunft über die Lebensdaten des hier verstorben Herrschers inklusive all seiner Titel. Unter den Wappen der Königreiche und des Herzogtums Schwabens ist in lateinischer, deutscher und italienischer Sprache der berühmte Lobpreis auf Friedrich II. von Matthäus von Paris abgebildet. Dieser bezeichnet Friedrich II. als größten Fürsten der Erde und als »Staunen der Welt« und ihr wunderbarer Verwandler.254 Eingerahmt war die Steleneinweihung in ein zweitägiges Festprogramm ausgerichtet von der Stadt Torremaggiore unter der Beteiligung der Städte Foggia, Andria, Lucera und Manfredonia, der Regionen Apulien und Baden-Württemberg und der Universität Bari.255 Der Kulturverein Torremaggiores, der das Rahmenprogramm mitorganisierte und auch eigene Vorführungen mit historischen Gewändern anbot, wurde in diesem Sektor vom Mittelalterverein Foggias unterstützt.256 Dementsprechend war das Programm mit mittelalterlichen Vorführungen der Falkenjagd, Schwertkämpfen und Bogenschießen gefüllt.257 Auch die Stelenenthüllung fand unter Anwesenheit Gewandeter statt, die mit einem Fackelzug zum Standort der Ruine schritten.258 Das Stadtfest am Abend der Enthüllung wurde ebenfalls im mittelalterlichen Flair gefeiert. Gruppen von Fahnenschwingern zogen durch die Stadt und das Abendprogramm bot neben Musik und Tanz »animazione di vita medioevale«.259 Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit

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Bari und Foggia. Vgl. Città di Torremaggiore, 2000: Broschüre »Cecidit sol mundi…«. 750. anniversario della morte di Federico II Imperatore. 11-12-13 Dicembre 2000. Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 14.12.2000: Zeitungsartikel aus der Stuttgarter Zeitung: Eine Stele in Fiorentino. Vgl. Gentile, 2001, S. 122. Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 9. Vgl. ebd., S. 9; Koblank, Peter: Stauferstele Castel Fiorentino 2000. https://www.stauferstelen.net/stele-fiorentino.htm [12.03.2019]. Vgl. Città di Torremaggiore, 2000; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 14.12.2000: Zeitungsartikel aus der Stuttgarter Zeitung: Eine Stele in Fiorentino. Vgl. Città di Torremaggiore, 2000; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 10.1.2001: Zeitungsartikel aus Geppo: Wie in Apulien des vor 750 Jahren verstorbenen Stauferkaiser Friedrich II. gedacht wurde. Vgl. Rueß/Ziegler, 2001, S. 40-41. Vgl. Città di Torremaggiore, 2000. Città di Torremaggiore, 2000. Vgl. auch Rueß/Ziegler, 2001, S. 41.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

Abb. 19 A/B: Stauferstele in Fiorentino.

Komitee der Stauferfreunde, 2014: Stauferfreunde stiften Stauferstelen. Gerlingen, 5. Aufl., S. 10-11.

der staufischen Geschichte wurden weiterhin Besichtigungen staufischer Stätten der teilnehmenden Städte und verschiedene Ausstellungen zu Friedrich II. und seiner Zeit angeboten. Im Castello Ducale der Stadt Torremaggiore fand parallel ein wissenschaftliches Symposium unter Beteiligung der Università degli Studi di Bari statt.260 Die gesamten Feierlichkeiten inklusive der Auftritte der Würdenträger erfüllten neben der Möglichkeit einer transnationalen Identitätsstiftung eine Vielzahl geschichtskultureller Funktionen: Die Feierlichkeiten und die damit einhergehende starke mediale Aufmerksamkeit boten der Kommune Torremaggiore eine Plattform für eine vorteilhafte Repräsentation und waren auch ein effizienter Marketingfaktor. Durch die Stele wurde die Stadt dauerhaft kulturtouristisch aufgewertet. Auch für die partizipierenden Würdenträger beider Länder hatten die Feierlichkeiten eine repräsentative Funktion. Das sehr heterogene Begleitprogramm bot für die Besucher die Möglichkeit die Stauferzeit nachzuerleben und ihr Wissen hierzu vertiefen. In bescheidenerem Rahmen, aber dennoch mit großer Symbolträchtigkeit wurde die in Fiorentino entstandene Idee in die Tat umgesetzt und 2002 eine zweite Stele auf dem Hohenstaufen errichtet.261 Als Stadt mit großem staufischen Bewusstsein nahm Göppingen die Idee einer Stelenerrichtung auf ihrem Stadtgebiet freudig entgegen.262 Als Stifter und Mitinitiatoren fungierten Personen des öffentlichen Lebens, die zum Teil auch in das Projekt der ersten Stauferstele involviert waren, wie Manfred

260 Vgl. ebd.; ebd. 261 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 12. 262 Siehe S. 279.

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Hartmann und Gerhard Raff. Die KellerBau GmbH aus dem Umkreis stiftete das Fundament.263 Mitgetragen wurde die Stelenerrichtung von Stadt und Kreis Göppingen, der Gesellschaft für staufische Geschichte und den kooperierenden Fondaziones aus Jesi und Palermo.264 Die Steleneinweihung wurde als Beitrag zum 750. Geburtstag Konradins und zum 50-jährigen Bestehens Baden-Württembergs verstanden und erfolgte in einem feierlichen Rahmen.265 Keinerlei performative Komponenten vervollständigten das Festprogramm.266 Enthüllt wurde die Stele durch den damaligen Staatsminister Baden-Württembergs Christoph Palmer. Im Nachgang bekamen die Stifter durch den Oberbürgermeister Göppingens in Anwesenheit des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog die Verdienstmedaille der Stadt.267 Um die Besonderheit des Ortes für die staufische Herrschaft zu betonen, ist diese Stele zehn Prozent größer als die anderen, später folgenden Stauferstelen.268 Eine direkte Verbindung mit der ersten Stauferstele als Endpunkt der Staufer wird über das Material hergestellt: Die Stele in Apulien besteht aus schwäbischem Jura Travertin und die Stele auf dem Berg ist aus apulischen Marmor gehauen.269 Unter dem Wappen des Heiligen Römischen Reiches befindet sich auf Deutsch und Italienisch die Inschrift: »Hohenstaufen. Ein Berg. Eine Burg. Eine Dynastie. Ein Zeitalter. Ein Mythos.«270 Eine zweite Seite ist ebenfalls mit dem Reichswappen verziert und zitiert den Sohn Friedrichs II. auf Deutsch und Latein mit den Worten: »Untergegangen ist die Sonne der Welt, die den Völkern leuchtete. Untergegangen die Sonne der Gerechtigkeit. Untergegangen der Hort des Friedens.«271 Die anderen zwei Seiten der Stele sind mit dem Wappen des Herzogtums Schwabens geziert und zählen die staufischen Herrscher samt ihrer Frauen auf.272 Durch die Materialbeschaffung und die mehrsprachigen Inschriften wird erneut die transnationale Herrschaftsdimension, jedoch nicht nur Friedrichs II., sondern der ganzen staufischen Dynastie verdeutlicht. Auch bei dieser Stele wird durch die Wehklage des Sohnes Friedrichs II. dieser zur Galionsfigur für eine positive Darstellung der Zeit, die richtungsweisend für rezentes Handeln sein soll. Durch die doppelte Abbildung des Wappens vom Herzogtum Schwaben wird mit dieser Stele auch der Bezug zur Region, jedoch nicht explizit zu Göppingen hergestellt. Durch die auf denselben Seiten platzierte Auflistung aller staufischen Herrscher und ihrer Frauen wird die Region als Ursprung der großen

263 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2002: Bericht zur Staufer-Stele auf dem Hohenstaufen von Kreisarchivar Walter Ziegler ; Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 13. 264 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2002: Bericht zur Staufer-Stele auf dem Hohenstaufen von Kreisarchivar Walter Ziegler. 265 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 12. 266 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 12-13; Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2002: Bericht zur Staufer-Stele auf dem Hohenstaufen von Kreisarchivar Walter Ziegler. 267 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S 12-13. 268 Vgl. Koblank, Peter: Stauferstele Hohenstaufen 2002. https://www.stauferstelen.net/stele-hohenstaufen.htm [22.11.2018]. 269 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 9, S. 12. 270 Ebd., S. 12. 271 Ebd. 272 Vgl. Koblank: Stauferstele Hohenstaufen; Luhmann, Isabelle, 21.4.2015: Foto Hohenstaufen/Stauferstele 1. Göppingen.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

Dynastie inszeniert. Die Stele wird durch die Darstellung und die Einweihungsfeierlichkeiten zur Plattform für eine regionale und europäische Identitätsstiftung und für politische Würdenträger und die ausrichtende Kommune Mittel zur Repräsentation. Den Betrachtenden bietet sie weiterhin eine Möglichkeit des Erkenntnisgewinns über die staufische Dynastie. Nach der Stelenerrichtung auf dem Hohenstaufen war die Idee geboren, diese als kontinuierliches Projekt an verschiedensten wichtigen Stauferstätten zu errichten, was in den Folgejahren erfolgreich umgesetzt wurde. Nach Fiorentino war die Stauferstele in Bari 2009 die zweite Gedenksäule, die im nun etablierten Projekt auf italienischem Boden errichtet wurde. Bari, heute eine Stadt mit ca. 320 000 Einwohnern, ist Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und der Region Apulien. Heute ist sie Universitätsstadt und bekannte Hafenstadt, deren Ursprünge bis in die Bronzezeit zurück reichen. Architektonisch ist sie durch die byzantinische, normannische und staufische Herrschaftszeit geprägt.273 Zu den staufischen Herrschern hatte die Stadt ein heterogenes Verhältnis. Während Heinrich VI. noch Huldigungen entgegen nahm, musste Friedrich II. Bari 1229 gewaltsam einnehmen. Er beließ der Stadt jedoch ihre führende Stellung in der Region und gewährte großzügige Handelsprivilegien. Vermutlich um die aufrührerische Stadtbevölkerung unter Kontrolle zu behalten, ließ er ab 1233 den schon vorhandenen Festungsbau der Normannen zum militärisch nutzbaren Kastell ausbauen.274 Im Anschluss an die staufische Herrschaft litt die Stadt unter der Privilegierung fremder Kaufleute und Bankiers durch die Anjou. Nach Besetzung durch die Österreicher und die Bourbonen votierte Bari 1860 mit einem Volksentscheid für den Anschluss an das vereinigte Königreich Italien und erfuhr dadurch seinen rapiden Aufstieg. Die Einwohnerzahlen stiegen, die Universität wurde eröffnet und die erste Levante Messe 1930 durchgeführt.275 Im städtischen Geschichtsbewusstsein nehmen die Staufer, als Leitfigur verkörpert durch Friedrich II., einen präsenten Platz ein.276 Seit den 1960er Jahren gibt es an der Universität Bari ein Centro Studi Normanno-Svevi, das sich in regelmäßig stattfindenden Tagungen immer wieder spezifisch der staufischen Geschichte zuwendet.277 Der deutsche Historiker und Süditalien-Kenner Carl A. Willemsen war maßgeblich an den Aktivitäten des Studienzentrums beteiligt, beispielsweise bei einer Ausstellung über die Staufer und Süditalien, die 1980 in Bari und anschließend in Foggia exponiert wurde.278 Wie in Torremaggiore gibt es auch in Bari einen Corteo

273 Vgl. Italien.de: Bari. https://www.italien.de/staedte/bari#infos [14.03.2019]; Koblank, Peter: Stauferstele Bari 2009. https://www.stauferstelen.net/stele-bari.htm [12.03.2019]. 274 Vgl. Rotter/Löchel, 2011, S. 201, S. 218; Haseloff, 1991, S. 22-23, S. 26; Schneidmüller/Weinfurter/Wieczorek, 2010, Bd. 1, S. 324. 275 Vgl. Rotter/Löchel, 2011, S. 203. 276 Vgl. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 31.5.2017 (Telefoninterview). 277 Vgl. Centro di Studi Normanno-Svevi Università degli studi di Bari »A.Moro«: Archivio Blog. http://centrostudinormannosvevi.blogspot.com/ [14.03.2019]; Mundorff, Archivar Stadtarchiv Göppingen, 2.5.2017. 278 Vgl. Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 42, 20.2.1979: Aktenvermerk betreffs Partnerschaft mit Foggia; Stadtarchiv Göppingen Bestand E4 Nachlass König, Nr. 135, 29.7.1980: Sitzungsprotokoll der Kuratoriumssitzung der Gesellschaft für staufische Geschichte.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

storico, einen historischen Umzug mit Gewandeten. Dieser findet während der JahrtagsFeierlichkeiten der Translation der Gebeine des heiligen Nikolaus von Myra nach Bari statt, dem Schutzpatron der Stadt. Mehrere Tage im Mai wird der Translation im 11. Jahrhundert gedacht. Als fester Bestandteil der Feierlichkeiten stellt der historische Umzug in sechs Bildern Episoden der Taten des Heiligen und seiner Translation nach und hat dementsprechend keinen Bezug zur staufischen Stadtgeschichte.279 Der Umzug beginnt am Castello Normanno Svevo, dem Kastell, an dessen Westseite im Giardini Isabella d’Aragona 2009 die Stauferstele errichtet werden konnte.280 Auf die Anfrage des Stauferstelen-Komitees bezüglich einer Stelenerrichtung in Bari reagierte der Oberbürgermeister Michele Emiliano zeitnah und lud zu einem Lokaltermin ein, wodurch erneut der staufische Stellenwert in der Kommune deutlich wird.281 Als Stifter fand sich ein gewisser »Peregrinus Klaus Degerlochensis«, der motiviert durch eine Postkarte Castel del Montes eine Stauferstele stiften wollte und diesen Wunsch nun zu seinem 70. Namenstag für die Stadt des heiligen Nikolaus in die Tat umsetzen konnte.282 Die gestiftete Stele wurde denn auch im Rahmen des dreitägigen Stadtfestes anlässlich des 922. Jahrestags der Translation der Gebeine am 7. Mai 2009 enthüllt.283 Im Unterschied zur ersten Stelenerrichtung, die im 750. Todesjahr Friedrichs II. stattfand und damit in einen größeren Rahmen staufischen Gedenkens einzuordnen ist, war bei der Enthüllung der Stele in Bari von italienischer Seite keine politische Prominenz aus Rom anwesend, sondern lediglich die städtischen Honoratioren.284 Auch von deutscher Seite aus war kein Vertreter der Landesregierung Baden-Württembergs anwesend. Der Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes schickte jedoch ein Grußwort.285 In diesem bezeichnete er die Staufer als europäisches Geschlecht und Friedrich II. als einen weltoffenen Herrscher über ein europäisches Reich, dessen Völker bereits miteinander verbunden waren. Die Stelen verdeutlichten demnach die zeitgeschichtliche Dimension des staufischen Geschlechts.286 Die staufische Herrschaft wird damit in offener Parallelisierung als historisches Vorbild für gegenwärtige Herausforderungen dargestellt, wodurch sich politische Handlungen auch historisch begründen lassen. Im Namen der Landesregierung bedankte sich der Staatsminister dementsprechend bei

279 Vgl. Comune di Bari. Assessorato alle culture, turismo, partecipazione e attuazione del programma: Programma 2018. https://www.corteosannicola.it/wp-content/uploads/2018/04/corteo-san-nic ola-2018-brochure.pdf [19.03.2019]; Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 26; Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 31.5.2017 (Telefoninterview). 280 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 27; Comune di Bari. Assessorato alle culture, turismo, partecipazione e attuazione del programma: Programma 2018 281 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 26; Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 1.6.2017 (Korrespondenz): Informationen zur Stelenerrichtung in Bari. 282 Vgl. ebd., S. 27; ebd. 283 Vgl. ebd., S. 26; ebd. 284 Vgl. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 31.5.2017 (Telefoninterview); Raff, Gerhard, Historiker, 1.6.2017. 285 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 26; Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 1.6.2017 (Korrespondenz). 286 Vgl. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 1.6.2017 (Korrespondenz).

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

Stauferfreunden und Stiftern.287 Obwohl bei dieser neunten Stelenerrichtung die politische Prominenz nicht stark vertreten war, wurde das Ereignis von den italienischen und vereinzelt auch deutschen Medien verfolgt, vermutlich auch, weil diese Bestandteil des spektakulären, überkommunal bekannten Stadtfestes war.288 Folglich waren auch zahlreiche Gewandete des Corteo Storico bei den Feierlichkeiten zur Stelenenthüllung zugegen. Sie werteten die Zeremonie durch ihre Kostümierungen als mittelalterliche Bettler, Edeldamen, Ritter und Mönche optisch und auch durch musikalische Einlagen auf. Am Abend der Stelenerrichtung fand der historische Umzug im Fackelschein statt, wodurch die Feierlichkeiten atmosphärisch abgerundet wurden.289 Diese waren ansonsten in einem festlichen Rahmen gehalten. Der Bürgermeister Baris trug seine Begrüßungsworte bekleidet mit einer Schärpe in den italienischen Landesfarben vor. Vor die Stele wurde die baden-württembergische Flagge mit den staufischen Löwen drapiert.290 Zur Feier des Tages hob die Frecce Tricolori, die Kunstflugformation der italienischen Luftwaffe, von Bari aus zu einer Flugshow ab. Fliegerkommandanten und Stelenstifter wurden beim Abendempfang im Palazzo Comunale vom Bürgermeister die »San Nicola-Medaille« verliehen.291 Im Unterschied zur ersten und zweiten Stele ist in Bari der Bezug zum Standort durch die Beschriftung hergestellt. Auf einer Seite sind das Stadtwappen und die Stadt definierende, historische Eckdaten festgehalten. Des Weiteren werden das Aufblühen der Stadt und die Fertigstellung des Kastells unter Friedrich II. beschrieben. Eine andere Seite bildet das Wappen des Reichs und darunter die Eckdaten und Herrschaftstitel Friedrichs II. ab. Weiterhin werden das Wappen des Königreichs Jerusalem und des Herzogtums Schwaben dargestellt. Darunter findet sich die schon bei der ersten und zweiten Stele verwendete Wehklage Manfreds und das bekannte Urteil über Friedrich II. von Matthäus von Paris.292 Wichtigste Bezugsperson ist demnach auch auf dieser Stele Friedrich II. Neu ist dieses Mal der Bezug zum Stelenstandort, wodurch neben einer transnationalen auch die lokale historische Identität gestärkt werden kann. Eine Besonderheit der Stele ist die daneben positionierte Bronzetafel. Diese wurde ebenfalls aus den Reihen der deutschen Stauferfreunde gestiftet. In Italienisch und Deutsch ist festgehalten, dass die Stele zu Ehren Friedrichs II. und als Ausdruck der europäischen Gemeinschaft errichtet wurde.293 Durch diesen Zusatz wird in Bari ganz klar die gewünschte Interpretation der Stauferzeit durch die Stele 287 Vgl. ebd. 288 Vgl. ebd.; Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 27.9.2017 (Korrespondenz). 289 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 26; Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 1.6.2017 (Korrespondenz) und 31.5.2017 (Telefoninterview). Auch wenn die Gewandeten nicht die Stauferzeit darstellten, muss dennoch davon ausgegangen werden, dass die Kostümierungen für viele Zuschauer als mittelalterliche Gewandungen passend zu der Stauferstelenerrichtung erschienen. 290 Vgl. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 1.6.2017 (Korrespondenz). 291 Vgl. ebd. und Raff, Gerhard, 27.9.2017. 292 Vgl. Koblank, Peter: Stauferstele Bari 2009; Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 1.6.2017 (Korrespondenz). 293 Vgl. Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 26-27; Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 1.6.2017 (Korrespondenz).

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

deutlich: Symbolisiert durch die Herrscherpersönlichkeit Friedrich II. wird die staufische Herrschaft zum historischen Vorbild für eine gelungene europäische Gemeinschaft nach modernen Wünschen. Für die Stadt Bari hatte die Stelenerrichtung selbst eher sekundär eine repräsentative Funktion. Sie wertete die jährlichen Festlichkeiten jedoch aus kulturtouristischer Perspektive auf. Resümierend ist die Interpretation der staufischen Geschichte durch die Stelenerrichtungen aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen sehr heterogen. Die erste Stelenenthüllung in Fiorentino fand im Rahmen des Gedenkjahres an Friedrichs II. 750. Geburtstag statt, weswegen ein großes, informatives, aber auch erlebbares Festprogramm konzipiert wurde. Auch die Stelenerrichtung auf dem Hohenstaufen 2002 wurde mit einem Jubiläum verbunden. Die Feierlichkeiten fanden jedoch in einem kleineren Rahmen statt. In Bari war die Enthüllung 2009 in ein großes Stadtfest eingebunden, wodurch vor allem erlebbare Angebote offeriert wurden. Allen Feierlichkeiten gemein war die sehr feierlich-förmliche, mit hoher Symbolkraft aufgeladene Enthüllung der Stele, anlässlich derer Reden und Grußnoten politischer Würdenträger vorgelesen wurden. Diese betonten die durch die errichteten Stelen symbolisierten historischen Verbindungen des heutigen europäischen Staatengebildes, welche richtungsweisend für Gegenwart und Zukunft seien. Diese Auslegung der Stauferzeit manifestiert sich plastisch auch in der Machart der Stelen selbst. Die ersten beiden Stelen unterscheiden sich von der später in Bari errichteten Gedenksäule. Sie etablierten das heutige Projekt.294 Die Verbindung zwischen Fiorentino und Hohenstaufen wird über das Material hergestellt. Die Inschriften widmen sich nicht den Orten der Errichtung, sondern der Dynastie als Ganzem und vor allem Friedrich II. Die Säule in Bari thematisiert hingegen den Bezug der Stadt zu den Staufern. Des Weiteren steht auch hier Friedrich II. im Zentrum. Seine Herrschaftszeit wird bei allen untersuchten Säulen zum Inbegriff des historischen Vorbild für eine europäische Gemeinschaft. Diese Art der staufischen Rezeption kann einen Beitrag zu einer europäischen und lokalen Identitätsstiftung leisten. Den Betrachtern wird darüber hinaus die Möglichkeit des Erkenntnisgewinns über die staufische Dynastie und den Stelenstandort gegeben. Bei den symbolträchtigen, feierlichen Errichtungen der Stelen sind kommunale, regionale und vereinzelt auch nationale politische Würdenträger anwesend. Zunächst lässt sich an dieser Gewichtung ablesen, von wem diese transnationale Erinnerung an die Staufer ausgeht. Denn den nationalen Akteuren kommt bei dem Stelenprojekt eher eine passive, schmückende Rolle zu, die die Symbolträchtigkeit der Verbindung über die Landesgrenzen hinweg verstärken soll. Im Vordergrund agieren Privatpersonen, lokale und regionale Personengruppen. Das bedeutet, die transnationale Erinnerung läuft zwar über die deutsch-italienische Dimension, sie ist aber primär eine schwäbisch-apulische Rezeption der Stauferzeit. Dieser Befund bestätigt die These Knut Görichs, nach der eine Regionalisierung mittlerweile Begleitumstand der Erinnerung an die Staufer ist, auch über Nationalgrenzen hinweg.295 Von einer Entpolitisierung staufischer Erinnerung, wie Görich sie ebenfalls

294 Vgl. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 2002: Bericht zur Staufer-Stele auf dem Hohenstaufen von Kreisarchivar Walter Ziegler. 295 Vgl. Görich, 2015, S. 47. Um seine These zu belegen, führt Knut Görich denn auch die Stauferstelen als neue Form der Stauferdenkmale an.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

postuliert, kann jedoch nicht die Rede sein.296 Für alle involvierten Würdenträger bieten die Feierlichkeiten eine Möglichkeit zur vorteilhaften Repräsentation und zur Pflege von gelebter Völkerverständigung. Je nach politischer Ausrichtung kann die eigene politische Linie so auch historisch bestätigt werden. Für die ausrichtende Kommune hat die Stelenerrichtung auch eine Marketingfunktion. Die Stadt erfährt eine mediale Aufmerksamkeit; viele Zuschauer in Italien wollen das unterhaltende Rahmenprogramm miterleben und durch die Säulen werden die Städte langfristig kulturtouristisch aufgewertet.

8.5

Zwischenfazit: Geschichtskulturelle Funktionen transnationaler Erinnerungsdimensionen

Bei allen Formen der transnationalen staufischen Rezeption steht er im Mittelpunkt: Der Staufer Friedrich II. Er fungiert als Vermittler staufischer Geschichtskultur über nationale Bezugsräume hinweg. Von deutscher Seite aus läuft diese Konzentration auf Friedrich II. vor dem Hintergrund der Gesamtnutzung der Dynastie als Erinnerungshorizont. Gerade bei der Städtepartnerschaft dient von Göppinger Seite aus die gesamte Dynastie der Vergegenwärtigung historischer Verbindungen. Die Stauferzeit wird als Ursprung der gemeinsamen historischen Wurzeln gedeutet, die bei allen Formen der Partnerschaft im Hintergrund stehen. Sie bilden das Fundament dieses Austauschs über die Landesgrenzen hinweg. Auch die Stele auf dem Hohenstaufen widmet sich durch die Gestaltung der Inschriften eher der Dynastie als Ganzem. Die Erinnerung der italienischen Partner aller Beispiele spitzt sich jedoch singulär auf »ihren« federico secondo zu, unter dessen Herrschaft diese aus der Rückschau eine historische Glanzzeit erlebten. Sowohl bei den frühesten Formen transnationaler staufischer Geschichtskultur in den 1970er Jahren als auch bei jüngeren Rezeptionen wie den Stauferstelen wird die staufische Herrschaftszeit als gemeinsame, europäische Vergangenheit dargestellt, die verbindet und gegenwärtige Bemühungen in diese Richtung historisch rechtfertigt. Die Stauferzeit wird somit zum optimierten Abbild der Gegenwart; zum historischen Modell einer gewünschten europäischen Gemeinschaft. Weiterhin zeichnen sich die meisten Formen dieser staufischen Rezeption durch einen eher feierlich-förmlichen Charakter aus. Zentraler Bestandteil aller Untersuchungsbeispiele ist die nüchtern-informative Vermittlung der Stauferzeit. Dies äußert sich in der Städtepartnerschaft und bei den Fondaziones durch den gegenseitigen Austausch von Expositionen, Expertise, wissenschaftlichen Artikeln und nicht zuletzt im Rahmen gegenseitiger Besuche durch Exkursionen zu den umliegenden staufischen Stätten. Nur vereinzelt wird die staufische Geschichte durch performative, unterhaltende Elemente aufbereitet. Gerne werden Jubiläen als Anlass genommen, um an die Staufer auch transnational zu erinnern. Honoratioren der betreffenden Kommunen und Institutionen und zusätzlich geladene politische Würdenträger der Landes- und seltener Bundesebene nutzen die Gelegenheit, um feierliche Reden zu halten. Flaggen und Wimpel mit hoher Symbolkraft

296 Vgl. ebd.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

schmücken die Szenerie. Vereinzelt werden auch symbolträchtige Geschenke ausgetauscht wie das Säckchen Erde vom Hohenstaufen, das die Göppinger Delegation 1971 zur Besiegelung der Partnerschaft mit nach Foggia brachte. Es ist lohnenswert, die maßgeblichen Akteure und Zielgruppen der transnationalen Rezeption zu skizzieren. Dies sind engagierte Privatpersonen im Verbund mit Städten oder kommunalen Körperschaften und ganz vereinzelt regionale Institutionen wie die Fondazione in Palermo. Diese Feststellung führt zu der Frage: Sind nicht vielleicht Privatpersonen und Städte die Motoren der staufischen Erinnerung des 21. Jahrhunderts? Wie schon für das Stelenprojekt skizziert, treten nationale Akteure bei dieser Form der staufischer Geschichtskultur in den Hintergrund. Es sind die Verbindungen unterhalb der nationalstaatlichen Ebene, die durch die Vergegenwärtigung der Stauferzeit ihr gemeinsames historisches Fundament generieren. Durch diese Form der Rezeption soll ein Beitrag zur Völkerverständigung im europäischen Rahmen geleistet werden, indem eine gemeinsame, sprich europäische historische Identität beschworen wird. Die Erzeugung bzw. Bekräftigung dieser durch die Vergegenwärtigung der gemeinsamen staufischen Geschichte war schon seit Gründung der Städtepartnerschaft Göppingen-Foggia 1971 zentrales Motiv der Zusammenarbeit. Sie ist es auch noch bei der Errichtung der letzten untersuchten Stele 2009. Da die jeweiligen Ausgangsorte in diese staufische Geschichtskultur mit einbezogen werden, können auch die lokalen Identitäten gefestigt werden. Dies zeigt sich besonders deutlich an der städtepartnerschaftlichen Beziehung, bei der der Austausch mit der anderen Stauferstadt das städtische Leben mitgestaltet. In dieser Ambivalenz einer europäischen und lokalen Identitätsstiftung kann die staufische Rezeption auch integrativ wirken wie bei den italienischstämmigen Göppingern. Bezeichnenderweise scheint diese beschworene europäische Identität während des gesamten Untersuchungszeitraum ein Desiderat zu sein. Schon im Zuge der Realisierung des Denkmalprojekts in Jesi in den 1990er Jahren als auch beim Stelenprojekt in den 2010er Jahren wird die Notwendigkeit dieser Vergegenwärtigung »in heutigen Zeiten« beteuert.297 Die europäische Ordnung, bzw. ein europäisches Gemeinschaftsgefühl wird immer als etwas Fragiles oder sogar Fehlendes verstanden. Die beschworene historische Identität kann für diese die Funktion eines Klebstoffs erfüllen, der das vermeintlich fehlende »WirGefühl« erzeugen kann.298 Die transnationale Vergegenwärtigung der vermeintlich gemeinsamen staufischen Geschichte kann politische Agitationen im Sinne einer Europäisierung legitimieren. Im Fall der Preisverleihungen des Premio Federichino oder auch bei den Stelenerrichtungen kann die staufische Geschichtskultur für Redner und die ausrichtende Kommune eine repräsentative Funktion erfüllen. Für Letztere stellen die einmaligen Events auch einen Marketingfaktor dar. Alle Formen der transnationalen Untersuchungsbeispiele streben einen vertieften Erkenntnisgewinn über die Zeit an. Dies ist vermutlich durch die ausgewählten Beispiele und ihre Ausgangslage bedingt. Alle Kooperationen gehen von der Hohenstaufenstadt Göppingen – deren staufische

297 Komitee der Stauferfreunde, 2014, S. 79. Vgl. auch Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, 26.3.1993: Zeitungsartikel: Für den Kaiser nicht nur ein Denkmal. 298 In diesem Sinne versteht Valentin Groebner Identität auch als eine Art Arbeitsplatz, über den gewünschte Ziele ausgehandelt werden können. Vgl. Groebner, 2018, S. 112.

8. Transnationale staufische Geschichtskultur

Geschichtskultur grundsätzlich von recht traditioneller Art ist – und in diesem kommunalen Umfeld agierenden Einzelpersonen aus. Von italienischer Seite scheint das Bedürfnis nach einer erlebbaren Geschichtsbegegnung jedenfalls vorhanden zu sein und wird auch ausgelebt. Eine breitere Analyse deutsch-italienischer Rezeption auch über einen längeren Untersuchungszeitraum wäre diesbezüglich lohnenswert.

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9. Interpretationen staufischer Geschichte – Ein Schlussresümee

Während der Arbeit an diesem Dissertationsprojekt kam immer wieder die Frage auf: Warum die Staufer? Warum sind es nicht die Wittelsbacher oder Salier, die hauptsächlich im deutschsprachigen Raum eine solche Faszination auslösten und auslösen? Mögliche Antworten hierauf hat Klaus Graf bereits 2010 formuliert: Die Dynastie ist nach seinen Überlegungen für verschiedene Erinnerungsgruppen anschlussfähig und fußt auf lang zurückreichende Traditionen. »Lokale, regionale und nationale Identifikationspotentiale« können sich daher genauso »gegenseitig verstärken, wie die Traditionen«, die mit verschiedenen Herrscherpersönlichkeiten verbunden sind.1 Aufgrund ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung ist die Stauferzeit weiterhin wertvolles Reservoir für stereotype Vorstellungen vom Mittelalter, aus denen sich die populäre Mittelalterrezeption bedient.2 Dementsprechend sind Friedrich Barbarossa, Friedrich II., Konradin und andere in der rezenten Geschichtskultur mannigfach zu finden. Ob im musealen Sektor, in der heterogenen städtischen Geschichtskultur oder anderen Bereichen der populären Geschichtskultur: Die Erinnerung an die Staufer prägt, immer ausgerichtet an aktuellen Bedürfnissen, den hier im Fokus stehenden deutschsprachigen Raum. Als Mediatoren des kulturellen Gedächtnisses können sie im Sinne Pierre Noras als schwäbischer, deutscher und europäischer Erinnerungsort verstanden werden, der sich in verschiedenen Medien ausdrückt. In diesen erfüllen sie in unterschiedlicher Intensität die von Jörn Rüsen definierten geschichtskulturellen Bedürfnisse und sekundär sich daraus entwickelnde weitere Funktionen. Ziel dieser Arbeit war es, die verschiedenen jüngsten Erzählungen der Staufer ab den 1970er Jahren in populärkulturellen Geschichtsdarstellungen zu erfassen und ihre geschichtskulturellen Funktionen herauszuarbeiten. Denn auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, als die bisherigen Meistererzählungen der Staufer auf nationaler Ebene ihre Gültigkeit verloren, verschwanden die Staufer nicht gänzlich in der deutschsprachigen Geschichtskultur. Vielmehr konzentrierten sich die Rückbesinnungen auf die staufische Geschichte auf lokale, teils auch regionale Zentren staufischer 1 2

Graf, 2010, S. 305. Vgl. ebd.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Traditionspflege. Die Stuttgarter Staufer-Ausstellung von 1977 setzte einen Umbruch im deutschen Geschichtsbewusstsein nach dem Zweiten Weltkrieg in Gang und stand am Beginn eines Geschichtsbooms, der sich seit den 1980er Jahren entfaltete. In der baden-württembergischen Landesausstellung 1977 fand eine Erinnerung an die Staufer vor allem im national ausgekleideten regionalen Bezugsrahmen statt. Seit den späten 1990er/00er Jahren wird das Handeln und Wirken der berühmten Dynastie zunehmend im europäischen Kontext betrachtet und bewertet. Weiterhin waren die Staufer seit den 1980er Jahren im sich zunehmend erweiternden Sektor der populären Geschichtskultur vertreten, wobei trotz der Thematisierung der Staufer oftmals weniger die Stauferzeit als per se das Mittelalter als ein faszinierend-anderes, aber auch abschreckendes Zeitalter dargestellt wird. Da bislang keine Forschungen zu diesen jüngsten Formen staufischer Geschichtskultur vorlagen, versucht die Arbeit diese vielseitigen Stränge staufischer Erinnerung anhand von Fallbeispielen zu erfassen und so eine Art Panorama der staufischen Rezeption ab den 1970er Jahren zu geben. Um diesem Anspruch des Panoramas gerecht zu werden, wurden zunächst generelle Trends in den verschiedenen Genres der populären Geschichtskultur, wie in historischen Romanen oder Computerspielen, untersucht. Hier zeigte sich, dass die Thematisierungen der Stauferzeit in allen Genres seit den 1980er Jahren und dann noch einmal sprunghaft ab der Jahrtausendwende zunahmen. Aus den Titeln der historischen Romane ließ sich ca. ab der Jahrtausendwende ein personeller und thematischer Perspektivwechsel herauslesen, aus dem die Stauferzeit erzählt wird. Auffällig ist der sprunghafte Anstieg an weiblichen Protagonistinnen ab den 2000er Jahren sowie eine Thematisierung alltagsund sozialgeschichtlicher Aspekte, die stereotype Vorstellungen dieser Epoche aufgreift. Dieser Themenwechsel findet sich auch in Computerspielen oder summarisch betrachteten Staufermärkten. Die verschiedenen Medien der Populärkultur scheinen wechselseitig aufeinander einzuwirken, da sie die Erwartungshaltungen der Konsumenten erfüllen wollen, und bekräftigen dadurch die tradierten Vorstellungen vom Mittelalter. An dieser Stelle ist die Arbeit für weitere Studien anschlussfähig, in denen die hier summarisch betrachteten Genres wie die historischen Romane systematisch auf ihre staufischen Geschichtsdarstellungen analysiert werden. Die im Dissertationsprojekt intensiv analysierten populärkulturellen Medien der Geschichtskultur wurden innerhalb verschiedener räumlicher Untersuchungsebenen analysiert. Den Auftakt bildete die regionale Ebene: Die vom Bundesland Baden-Württemberg und der europäischen Metropolregion Rhein-Neckar initiierten Ausstellungen hatten großen Einfluss auf den geschichtskulturellen Diskurs über die Staufer im deutschen Sprachraum. Die Staufer-Ausstellung 1977 war in vielen Punkten impulsgebend für eine weitere populärkulturelle und wissenschaftliche Beschäftigung mit den Staufern und verwies ebenso wie die Ausstellung in Mannheim 2010/2011 auf aktuelle und zukünftige geschichtskulturelle Trends. Sie können als Taktgeber der staufischen Geschichtskultur in den Stauferstädten verstanden werden. Außerdem lassen sich an ihnen die langen Linien der Stauferrezeption während des gesamten Untersuchungszeitraums stichpunktartig erkennen. Um die im Zentrum der Studie stehende staufische Geschichtskultur auf lokaler Ebene anhand der Stauferstädte Göppingen und Schwäbisch Gmünd einordnen zu können, war eine grundsätzliche Beschäftigung mit Staufer- oder auch Barbarossastädten nötig. Sie ergab, dass bereits

Interpretationen staufischer Geschichte – Ein Schlussresümee

die Selbstzuschreibung als solche eine Form der staufischen Rezeption darstellt. Der Begriff wird im Forschungsdiskurs sehr heterogen verwendet und ist schwer historisch überprüfbar. Auch im populären Bereich wird er für unterschiedlichste Städte gebraucht. Es handelt sich also bei dem Attribut Stauferstadt um ein gewachsenes, geschichtskulturelles Phänomen. Der Begriff taucht im Forschungsdiskurs seit Mitte des 20. Jahrhunderts auf und etabliert sich seit der Staufer-Ausstellung von 1977. Auch im öffentlichen Diskurs ist der Begriff nach einer repräsentativen Auswertung der Zeit und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seit Mitte des 20. Jahrhunderts, zunächst vereinzelt vor allem Ende der 1950er Jahre, zu finden. Erst ab den 1970er Jahren ist er häufiger vertreten und seit den 1980er Jahren in den überregionalen Zeitungen – wohl auch als Auswirkung der Stuttgarter Ausstellung – etabliert. Neben der Hohenstaufenstadt Göppingen und der Ältesten Stauferstadt Schwäbisch Gmünd nutzen nur sieben weitere Städte das Attribut Staufer-, oder auch Barbarossastadt für sich. Dies sind Annweiler am Trifels, Bad Wimpfen, Eberbach, Gelnhausen, Kaiserslautern, Sinzig und Waiblingen. Daraus wird zunächst ersichtlich, dass nur sehr wenige Städte im deutschen Südwesten das Attribut in Anspruch nehmen. Das Selbstverständnis als Stauferoder Barbarossastadt ist demnach hauptsächlich ein lokal begrenztes Phänomen. Dieses scheint weiterhin weniger von dem Vorhandensein stauferzeitlicher Spuren im Stadtbild abzuhängen oder der Präsenz der Staufer in der Stadtgeschichte, sondern von der weiteren städtischen Entwicklung und anderen möglichen historischen Referenzpunkten, über die sich die Stadt positionieren kann. Umso einzigartiger der historische Rückbezug gedeutet wird, desto eher scheint er für die städtische Identitätsstiftung tauglich und zeichnet die Stadt nach außen aus. Parallelen im Umgang mit dem Attribut konnten auf chronologischer Ebene ermittelt werden. Nach der oftmaligen Thematisierung der Stauferzeit in der NS-Zeit finden sich erstmalig vereinzelte Selbstbezeichungen als solche vor allem ab den 1960er Jahren. Vollständig etabliert hat sich das Attribut bei den meisten Kommunen im Zuge der großen Staufer-Ausstellung 1977. Einige der betrachteten Städte entdeckten ihre staufische Geschichte jedoch erst in der jüngsten Vergangenheit wieder. Dies ist besonders auffällig in der Stadt Altenburg in Thüringen, in der ehemaligen DDR gelegen, in der vor allem seit den 2010er Jahren eine zunehmende Fokussierung auf die staufische Geschichte zu verzeichnen ist. Sowohl im historischen Selbstverständnis als auch in der Positionierung nach außen soll Altenburg als Barbarossastadt positioniert werden. Dieses neu erwachte Interesse an den Staufern ist jedoch nicht nur in Kommunen in der ehemaligen DDR zu finden, wie das Beispiel des württembergischen Lorch demonstriert, das die staufische Bedeutung der Kommune erst seit 2002 intensiv thematisiert. Anhand der Rezeption in Lorch konnte eine grundsätzliche Tendenz festgemacht werden, die dieses jüngste, vielfach neu entfachte Interesse in staufischen Städten kennzeichnet. Zunehmend wird die Stauferzeit phantastisch-erlebnisorientiert thematisiert. Auch in Städten mit älterer Staufertradition löst ein szenisch-unterhaltender Zugang die didaktisch-vermittelnde Erinnerung an die staufische Geschichte flächendeckend etwa ab den 2000er Jahren ab. Auch in dieser summarischen Betrachtung anderer Stauferund Barbarossastädte ist die Arbeit noch für weitere Studien anschlussfähig. Vor allem die intensive Analyse staufischer Geschichtsdarstellungen in den Kommunen der ehemaligen DDR und deren weiteren Umgangs mit der staufischen Geschichte wäre

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

lohnenswert. Die beiden in den Fallstudien untersuchten Städte kennzeichnet ein sehr unterschiedlicher Umgang mit ihrer staufischen Geschichte. In Schwäbisch Gmünd spielten die Staufer im öffentlichen Diskurs bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum keine tragende Rolle. Das Selbstverständnis der Kommune wurde über andere historische Referenzpunkte wie die Gold- und Silberstadt generiert. Einen wirklichen Umschwung im historischen Selbstverständnis, das auch stark nach außen kommuniziert wurde, brachte erst das Stadtjubiläum und die Initiative des Oberbürgermeisters Richard Arnold. Die Staufer sind mit den Aktionen anlässlich des Stadtjubiläums in der Mitte der Gesellschaft angekommen und fungieren für die Älteste Stauferstadt als zentrales Alleinstellungsmerkmal. Das neu erwachte staufische Geschichtsverständnis zeigt sich in Schwäbisch Gmünd, wie auch bei anderen Städten mit jungem staufischen Geschichtsbewusstsein, vor allem durch erlebbare Angebote und kann nicht auf lang etablierte Erinnerungspfade zurückgreifen. Ganz anders verhält es sich mit dem staufischen Geschichtsbewusstsein in Göppingen. Die Kommune versteht sich trotz mangelnder stauferzeitlicher Spuren im Stadtbild explizit als Stauferstadt. Göppingen kann auf lang gelebte, intensiv genutzte Erinnerungspfade staufischer Geschichtskultur zurückblicken, die sich konserviert haben. Das historische Selbstverständnis speist sich zum einen aus der Nähe zum Hohenstaufen mit den Ruinen der Stammburg der Staufer, zum anderen aus den langen Traditionslinien der staufischen Geschichtskultur der Stadt selbst. Mit Blick auf die frühzeitigen Bemühungen der Kommune, anlässlich der Staufer-Ausstellung 1977 die staufischen Stätten durch Tourismuskonzepte zu bewerben, kann Göppingen als Pionierin in der städtischen Tourismusentwicklung verstanden werden. Als eine Art Ausblick wurden vor allem ausgehend von Göppingen die transnationalen Erinnerungen an die Staufer in den Kooperationen mit Italien betrachtet. Die Staufer sind dort – ähnlich wie im deutschen Sprachraum – fest im kollektiven Gedächtnis der Nation verankert. Die Erinnerung gestaltet sich jedoch in einem NordSüd-Gefälle sehr heterogen und fokussiert sich entweder auf Barbarossa (Norden) oder Friedrich II. (Süden). Die ausgewählten Beispiele der transnationalen Erinnerung kennzeichnet allesamt eine positive staufische Rezeption, nach der diese als Glanzzeit gedeutet wird. Diese transnationalen Formen, die mit Ausnahme der Städtepartnerschaft Göppingen-Foggia erst seit 2000 existieren, veränderten sich seitdem sowohl inhaltlich als auch die Gestaltungsmittel betreffend kaum. Weiterführend wäre es reizvoll, andere deutsch-italienische Kooperationen zu untersuchen. Außerdem wäre mit Blick auf die gesamte Untersuchungsstruktur der Arbeit zu ermitteln, wie die verschiedenen räumlichen Erinnerungsebenen und deren Wechselwirkungen in der jüngsten italienischen Geschichtskultur funktionieren. Darauf aufbauend könnte angelehnt an die Forschungen Charlotte Bühl-Gramers zu deutsch-italienischen Schulbüchern überprüft werden, ob und wie sich die deutsche und italienische staufische Geschichtskultur im Verlauf des Untersuchungszeitraums angleichen.3 Grundsätzlich wirken die räumlichen Erinnerungsebenen stark aufeinander ein bzw. bedingen sich vielfach. Die Städte sind auf allen Ebenen wichtige Akteure der staufischen Geschichtskultur. Bei den Expositionen 3

Charlotte Bühl-Gramer ermittelt diesen Trend bei Schulbüchern beider Länder gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Vgl. Bühl-Gramer, S. 62.

Interpretationen staufischer Geschichte – Ein Schlussresümee

sind sie essentieller Bestandteil des Begleitprogramms und auch die transnationalen Formen staufischer Rezeption gehen maßgeblich von der kommunalen Ebene aus. Diese Beobachtung wirft die Frage auf, ob Städte nicht die Motoren der staufischen Erinnerung des 21. Jahrhunderts sind. Zunächst kann konstatiert werden, dass sich während des Untersuchungszeitraums hauptsächlich ab den 2010er Jahren die Narrationen immer mehr angleichen. Auch auf lokaler und regionaler Ebene wird die Stauferzeit zunehmend transnational in einem europäischen Kontext dargestellt. Da viele Formen staufischer Rezeption erst seit den 2000er Jahren bestehen, kann außerdem festgestellt werden, dass diese europäischen Erzählungen der Staufer für den jüngsten Untersuchungszeitraum immer dichter werden. Diese europäische Interpretation der Stauferzeit entspricht rezenten Tendenzen einer politisch und gesellschaftlich ausgestalteten europäischen Erinnerungskultur und dementsprechend auch einer zunehmenden Europäisierung der Stauferzeit, wie sie in der Forschung generell konstatiert wird. Die in diesem Zusammenhang registrierte Zuwendung zu Friedrich II. als zentraler Herrscherfigur der Staufer ist in allen Untersuchungsbeispielen auszumachen. Mit Blick auf diese umfassende Europäisierung staufischer Erzählungen drängt sich der Gedanke einer Fortführung alter Staufernarrative in neuen Dimensionen für die rezente staufische Geschichtskultur auf. Bedeutet reden über die Staufer vielleicht immer noch reden über das »Reich« – im heutigen Falle dann die EU? In den Expositionen löste die europäische Erzählung der Staufer 2010/2011 in Mannheim die regionale Erzählung von Stuttgart 1977 nahezu vollständig ab. Die ausrichtende europäische Metropolregion Rhein-Neckar spielte 2010/2011 zwar vor allem im Begleitprogramm eine wichtige Rolle, ihr wurde aber in der Exposition selbst neben den anderen beiden thematisierten Regionen keine Sonderstellung zugeschrieben. Die Perspektive blieb die ganze Exposition hindurch transnational. In den Städten bleiben die lokalen Narrationen der Staufer jedoch bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum erhalten und werden ergänzt um eine europäische Perspektive. Auch im Theaterstück Staufersaga, das in Schwäbisch Gmünd 2012 und 2016 aufgeführt wurde, wird beispielsweise die lokale Gmünder Ringlegende thematisiert. In Göppingen wird die Stauferzeit über die Geschichte des Hohenstaufen inklusive der mit dem Berg verbundenen lang zurückreichenden Staufer-Tradition zur Heimatgeschichte des eigenen Ortes. Die starke Thematisierung staufischer Traditionen zeigt sich besonders eindrücklich in Form von Zitaten schwäbischer Dichter des 19. Jahrhunderts in den Audioguides für den Berggipfel in den 2010er Jahren, sodass der Hohenstaufen erneut zum romantischen Sehnsuchtsort stilisiert wird. Durch das Nebeneinander, die Erweiterung und Verflechtung von lokalen, regionalen und transnationalen Narrationen funktioniert die Stauferzeit während des gesamten Untersuchungszeitraums als positives Bild der eigenen, historischen Wurzeln. Weiterhin kann in allen Untersuchungsbeispielen eine personelle und thematische Erweiterung festgestellt werden, aus der die Stauferzeit erzählt wird: vom rein aristokratischen Milieu über die einfache Bevölkerung der Handwerker, Händler, Knechte und Mägde hin zu »mittelalterlichen Randgruppen« wie den Bettlern und Henkern und als ganz große neue Gruppe die Frauen der Stauferzeit in den jüngsten Geschichtsdarstellungen. In der Exposition von 2010/2011 wurden die staufischen Frauen in einem eigenen Abschnitt thematisiert. Im Abschnitt »Gelebte Vielfalt« sollten die unterschiedlichen mittelalterlichen Lebensfor-

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

men in den Regionen erfahrbar werden. In Schwäbisch Gmünd zeigt sich diese Erweiterung deutlich in den performativen Darstellungen der Stauferzeit. Von der singulären Darstellung des ritterlich-höfischen Milieus 1977 über den Handwerkermarkt 1984 bis zu den vermehrt zu findenden Darstellungen der Unterschichten und Randgruppen ab den 1990er Jahren und vor allem in den jüngsten Aufführungen. Hauptsächlich in Letzteren konnte die Hinwendung zu den weiblichen Protagonistinnen der Zeit seit ca. den 2000er Jahren beobachtet werden. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich bei den touristischen Angeboten der Hohenstaufenstadt Göppingen. In den jüngsten Führungsformaten wird die einfache Bevölkerung über Schilderungen des Burglebens und des Alltags in Stadt und Land thematisiert. Diese Entwicklungen laufen zeitlich in etwa parallel zu den verschiedenen historischen Forschungsströmungen während des Untersuchungszeitraums, wodurch die Wechselwirkungen zwischen akademischer und angewandter Geschichte deutlich werden. Durch die Personen- und damit verbunden auch Themenerweiterung in den Darstellungen um Bauern, Bettler und tragische Frauenschicksale wird die Stauferzeit für die Rezipienten zugänglich und emotional nacherlebbarer. Sie wird zur faszinierend, aber auch abschreckend andersartigen Zeit stilisiert. Geschaffen wird ein Kaleidoskop der Vergangenheit, das mit verschiedensten Stereotypen des Mittelalters gespickt ist. In nahezu allen untersuchten Medien kann eine Entwicklung konstatiert werden von einer sachlich-informativen, weiterbildenden Darstellung bis ca. Ende der 1980er Jahre, die sich dann hin zu einer szenischen, multimedialen Darstellung ab den 1990er Jahren entwickelt. Diese bedient sich einer zunehmend emotionalen Sprache und ermöglicht einen Unterhaltung versprechenden Ausflug aus dem Alltag. Diese Entwicklung zeigt sich bereits bei der Analyse der Ausstellungen von 1977 und 2010/2011. In der Exposition von 1977 wurde die Zeit der Staufer informativ, einer Dokumentation gleich, dargestellt, die vor allem der breiten Information und Bildung der Besucher dienen sollte. Entsprechend damaliger museumstheoretischer Konzepte fungierte das Museum als Lernort. Die Inszenierung der Objekte war dementsprechend auch sehr minimalistisch gehalten. Die primär angestrebte Weiterbildung der Besucher war auch im Begleitprogramm zu erkennen, das von wissenschaftlichen Vorträgen und informativen Führungen dominiert war. Im Kontrast zur Stuttgarter Exposition waren die Objekte in Mannheim 2010/2011 viel stärker in Szene gesetzt und in ausdifferenzierte Rauminstallationen eingebettet. Sie waren weiterhin in Themenparks strukturiert, die aktuellen Ordnungsvorstellungen entnommen waren. So wurde die Epoche den Besuchern zugänglicher gemacht. Das Museum wurde neben einer Bildungsanstalt auch zur Freizeitattraktion. Dies spiegelte sich auch im Begleitprogramm wider: Wissenschaftliche Vorträge, Bücher und Führungen informierten über die Dynastie, gleichzeitig waren die Staufer in der Rhein-Neckar-Region jedoch auch als eine Touristenattraktion erfahrbar. Bei den sehr heterogenen Ausdrucksformen staufischer Geschichtskultur auf lokaler Ebene zeigte sich in der Analyse der Fallbeispiele Schwäbisch Gmünd und Göppingen: Je stärker ein staufisches Geschichtsbewusstsein und eine entsprechende Traditionsstiftung in einer Stadt bereits vorhanden waren, umso weniger veränderte sich die Art der Erinnerung gemäß dem allgemeinen Trend zu einer stärker szenischen, eventartigen Geschichtskultur. Man könnte in diesem Sinne von einer gewissen Pfadabhängigkeit des Erinnerungsmodus sprechen. Grundsätzlich lässt sich jedoch im

Interpretationen staufischer Geschichte – Ein Schlussresümee

Bereich des Tourismus/Marketings seit seinen Anfängen in den 1970er Jahren in beiden Städten ein erlebnisorientierter Zugang erkennen. Dieser seit den 2000er Jahren in der Außenwerbung wahrzunehmende verstärkt szenische und emotionale Zugang fungiert als eine Art »Staufer-Trigger«, um bis dato nicht interessierte Laien an die Mittelalterthematik heranzuführen. Der innerstädtische Umgang mit der Dynastie gestaltete sich in Göppingen von den 1970er Jahren bis in die 2010er Jahre hinein traditioneller und nüchtern-informativ. Prägend für die staufische Geschichtskultur der Stadtgemeinschaft waren und sind die Aktivitäten der Gesellschaft für staufische Geschichte, die allesamt auf eine sachlich breite, wissenschaftlich fundierte Information über die Dynastie ausgelegt sind. Durch ihren wissenschaftlichen Charakter strahlt die in Göppingen ansässige Gesellschaft weit über die Kommune hinaus. Im städtischen Leben Schwäbisch Gmünds waren die Staufer bis in die 2010er Jahre nicht von großer Bedeutung. Die in diesem Sektor generierten staufischen Rezeptionen werden seit 2012 hauptsächlich vom Verein Staufersaga getragen und sind sehr erlebnisorientiert und szenisch aufbereitet. Kernstück dieser Vereinsarbeit ist seit 2012 die Aufführung des Theaterstücks Staufersaga. Schon 1977 wurden performative Stauferrezeptionen in Schwäbisch Gmünd aufgeführt. Diese erlebnisorientierten Programmpunkte waren jedoch im gesamten Stauferjahr-Programm von 1977 im Kontrast zu den zahlreichen Weiterbildungsangeboten nur sehr spärlich vertreten. Die Art der Darstellung war noch recht laienhaft: Die Kostüme nicht sehr ausdifferenziert, die Darsteller nicht geschminkt oder frisiert. Keine Rekonstruktionen mittelalterlicher Gerätschaften bereicherten die Darstellung. Im Kontrast hierzu wird die Stauferzeit in den jüngsten performativen Darstellungen mittels eines multimedialen Spektakels zum Erlebnis. Eine ganze Szenerie wird geschaffen mit mittelalterlichen Gerätschaften, einer Feuershow und bewegender Musik. Begleitet wurden die performativen Darstellungen während des Untersuchungszeitraums durch zunehmende Konsumangebote, sodass die Besucher heute zwischen zahlreichen Verköstigungs- und Verkaufsartikeln wählen können. Diese Tendenzen entsprechen den von Sven Kommer für Mittelaltermärkte im Allgemeinen herausgearbeiteten Entwicklungen seit den 1970er Jahren und treffen auch auf die anderen Staufermärkte zu. Das Stauferfestival in Schwäbisch Gmünd ist demnach ein gutes Fallbeispiel, um die rezente staufische Rezeption in diesem Medium der Geschichtskultur zu ermitteln. Die zentrale Erlebnisorientierung zeigte sich im Tourismus/Marketing beider Städte am Beispiel der Werbebroschüren: Textlastige, wenig bebilderte Prospekte wurden von reich bebilderten, kurzweiligen Broschüren abgelöst, die eine reichhaltige Angebotspalette zu den Staufern offerieren. In Schwäbisch Gmünd verläuft diese Entwicklung linear. Das Attribut Älteste Stauferstadt selbst ist in den Broschüren seit den 1960er Jahren vereinzelt zu finden, löst aber erst in den 1990er Jahren andere Zuschreibungen als Alleinstellungsmerkmal ab. In Göppingen lassen sich in den Werbematerialien zu den Staufern keine klaren Entwicklungslinien bis in die 2010er Jahre erkennen. Erst mit der Umsetzung neuer Tourismuskonzepte erfolgte eine eindeutige Hinwendung zu reich bebilderten Informationsbroschüren, die eine Reise ins Mittelalter bewerben. Auch in der Hohenstaufenstadt ist das Label bereits ab den 1960er Jahren zu finden, setzt sich jedoch bereits nach dem Stauferjahr 1977 konsequent als Alleinstellungsmerkmal durch. Wesentlich intensiver als in Göppingen, wird in Schwäbisch Gmünd das Label Staufer jüngst auch für die Bewerbung

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

regionaler Produkte genutzt. In allen beworbenen touristischen Angeboten driften die Staufer vom Bildungs- in den Erlebnissektor. In Göppingen wird die Begegnung mit der staufischen Geschichte seit den 1970er Jahren als Kombination eines Besuchs im Dokumentationsraum mit der Naturerfahrung auf dem Berggipfel beworben. Das hierfür verwendete sachlich-nüchterne Vermittlungsformat änderte sich erst in den 2010er Jahren aufgrund umfassender Umgestaltungen beider Komponenten zu einem kurzweiligen Freizeitprogramm. Vor allem durch den Audioguide wird der Berggipfel nun zum magischen Ausflugsort stilisiert. Für die transnationalen Erinnerungskooperationen kann der konstatierte Wandel von einer sachlichen zu einer multimedialen, unterhaltenden Darstellung der Stauferzeit nicht bestätigt werden. Zentraler Bestandteil aller Beispiele ist die eher nüchterninformative Vermittlung der Stauferzeit. Nur sehr vereinzelt wird die staufische Geschichte durch performative, unterhaltende Elemente aufbereitet. Falls ein performatives Rahmenprogramm generiert wird, so kommt dies ausschließlich von Seiten der italienischen Kooperationspartner. Mit Blick auf die mannigfachen Funktionen, die mit diesen Staufer-Rezeptionen erfüllt werden können, wird nochmals deutlich, warum die Staufer bis heute ihren prominenten Platz in der deutschsprachigen Geschichtskultur nicht eingebüßt haben. Ganz zentral, weil maßgeblicher Antrieb zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, ist die Möglichkeit der Identitätsstiftung durch die verschiedenen Interpretationen der Stauferzeit. Alle Untersuchungsbeispiele bieten zunächst die Möglichkeit der lokalen und regionalen Identitätsstiftung. In der Stuttgarter Staufer-Ausstellung 1977 wurde die Stauferzeit als eine faszinierende Blütezeit vor allem der Kunst stringent aus einer regionalen Perspektive ausgehend vom Herzogtum Schwaben erzählt und als die eigene Geschichte inszeniert. Die Stauferzeit wurde somit zur Quelle für ein neues Landesbewusstsein und bot als Vergangenheit Baden-Württembergs die Möglichkeit eine gemeinsame Identität zu erlangen. Gleichzeitig ermöglichte der Blick auf die Staufer – wie die große positive Resonanz nationaler Medien zeigt – über die regionale Dimension auch eine neue »positive« nationale Traditionsstiftung. Auf kommunaler Ebene trugen die Staufer-Rezeptionen zur lokalen Identitätsstiftung bei. Durch Straßen- und Gebäudebenennungen und in Göppingen auch mittels der Vereinsgründung der Gesellschaft für staufische Geschichte konnte in den 1960er und 1970er Jahren den nach den Gemeindereformen und Migrationsbewegungen neu zusammengesetzten Stadtgemeinschaften eine historische Identität gegeben werden. Die Staufer eigneten sich hierfür besonders gut, da sie auch über die engeren Stadtgrenzen hinaus bekannt waren, was sie auch für Neubürger anschlussfähig machte. So wurden in Göppingen die Staufer durch Vereinsarbeit, Schülerwettbewerbe und durch die Begegnung im Stadtbild fester Bestandteil des Selbstbildes der Göppinger. Auch in Schwäbisch Gmünd wird bis in den jüngsten Untersuchungszeitraum die lokale Identitätsstiftung durch die Einbindung lokal wichtiger staufischer Personen, Episoden und der regionalen Mundart unterstützt. Selbst auf der transnationalen Ebene können lokale Identitäten durch die Stauferrezeptionen gefestigt werden. Dies zeigt sich vor allem anhand der städtepartnerschaftlichen Beziehung Göppingen-Foggia, bei der der Austausch mit der anderen Kommune das städtische Leben mitgestaltet. Diese lokalen und regionalen Narrationen werden seit den 2010er Jahren um transnationale und europäische erweitert, die

Interpretationen staufischer Geschichte – Ein Schlussresümee

einer europäischen Identitätsstiftung dienen. Dies zeigt sich bereits in der Mannheimer Geschichtsschau 2010/2011, die in gewisser Weise zweigeteilt war: Zum einen sollte der Bevölkerung der neu konzipierten europäischen Metropolregion Rhein-Neckar eine gemeinsame, »innovative« Vergangenheit angeboten werden, mit deren Hilfe sie sich in ihrer gegenwärtigen Situation verorten konnten. Diese Identitätskonzeption war jedoch in eine weitere, transnationale Perspektive der Europäischen Union eingebaut. Daher wurde die Stauferzeit konsequent aus einer transnationalen Perspektive, fokussiert auf drei ausgewählte Regionen erzählt. Auch die Betonung der Vielfalt, Toleranz und Verflechtung auf unterschiedlichen Ebenen trug dazu bei, ein Mittelalter zu konstruieren, in dem sich die Besucher als EU-Bürger wiederfanden und sich dadurch in dieser Zeit verorten konnten. Auch auf der kommunalen Ebene wird die Stauferzeit forciert seit den 2010er Jahren als eine gemeinsame, europäische Vergangenheit ausgelegt, wodurch dieses moderne Konstrukt der EU historische Wurzeln bekommt. In Schwäbisch Gmünd manifestiert sich diese Auslegung vor allem im 2016 zum zweiten Mal aufgeführten Theaterstück Staufersaga, in dessen Aufführung Flüchtlinge und Mitglieder der verschiedensten Nationen der Stadtbevölkerung eingebunden wurden, die die Stauferzeit als Zeit der Einheit in Vielfalt und des Agierens der Staufer über Landesgrenzen dargestellten. So wurde sie gleichzeitig Vorbild und Abbild der eigenen Gegenwart. In Göppingen wurde schon seit Beginn der Städtepartnerschaft mit Foggia 1971 die Möglichkeit einer transnationalen Identitätsstiftung durch die Betonung der gemeinsamen, staufischen Wurzeln geboten. Diese wurde durch die transnationalen Bestandteile der Vereinsarbeit der Gesellschaft für staufische Geschichte und die Errichtung der Stauferstele auf dem Hohenstaufen 2002 nochmals verstärkt. Sie erfuhr ihren Höhepunkt in den 2010er Jahren durch die europäischen Thematisierungen der Staufer im neuen Dokumentationsraum und die Audioguides für den Berggipfel. Schlussendlich soll in allen Formen der transnationalen Rezeption ein Beitrag zur Völkerverständigung im europäischen Rahmen geleistet werden, indem eine gemeinsame, sprich europäische historische Identität konstruiert wird. Diese Erweiterung und beständige Aktualisierung des Identitätenfundus erklärt, warum die Staufer ihre Aktualität bis in die Gegenwart nicht einbüßten. Mit Blick auf den zeithistorischen Kontext einer zunehmenden Globalisierung und Europäisierung, vor dem Hintergrund steigender Migration bis hin zur Flüchtlingskrise, ist die Stauferzeit für neue Narrationen anschlussfähig, ohne die »eigenen« zu verdrängen. Durch das erweiterte Identitätsangebot vor allem seit den 2010er Jahren kommt der staufischen Geschichte eine inkludierende Rolle zu. Diese wird beispielsweise in Schwäbisch Gmünd sehr intensiv genutzt, um die im Zuge der Flüchtlingskrise neu Angekommenen in die Stadtgemeinschaft zu integrieren. Aber auch Personen am Rande der städtischen Gemeinschaft wurden über das Stauferprojekt und Vereinstätigkeiten integriert. Die staufische Herrschaftszeit ist in diesem Zusammenhang eher sekundär von Bedeutung. Sie wird zum kleinsten, gemeinsamen Nenner, unter der sich die Kommune sammeln und mit der sie auch gezielt Randgruppen integrieren kann. Viele identifizieren sich dementsprechend weniger mit der staufischen Geschichte selbst als mit diesem Gemeinschaftsprojekt. Während des gesamten Untersuchungszeitraums springt immer wieder ins Auge, dass die Inszenierungen der vermeintlich gemeinsamen Vergangenheit mit Phasen gesellschaftlicher Umbrüche und Krisen zusammen fallen. So lief die Stauferausstellung 1977 vor dem

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Hintergrund des RAF-Terrors, einem wachsenden Zukunftspessimismus und des OstWest-Konflikts, der Schwäbisch Gmünd in den 1980er Jahren durch die Stationierung der Pershing II-Raketen in direkter Nachbarschaft unmittelbar tangierte. Die Aktionen der Friedensbewegung, vor allem die »Promi-Blockade« 1983, beschäftigten Bürgerschaft und Gemeinderat. In diese schwierige Phase fällt der Gmünder Mittelaltermarkt und das Ritterturnier anlässlich des etwas eigenwillig auf das Jahr 1984 datierten 1200jährigen Jubiläums der Stadt. Auch auf der transnationalen Erinnerungsebene wird die Notwendigkeit der Vergegenwärtigung der Stauferzeit »in heutigen Zeiten« beteuert. Der staufischen Geschichte kommt in diesem Zusammenhang eine selbstvergewissernde Funktion zu. Alle untersuchten Beispiele der staufischen Rezeption fußen, zum Teil maßgeblich, auf den Bemühungen von CDU-Politikern. Die Berufung auf eine gemeinsame Vergangenheit konnte in der Exposition 1977, dessen Kuratoriumsvorsitzender der CDU-Ministerpräsident Hans Filbinger war, die politische Entscheidung zur Landesgründung Baden-Württembergs historisch legitimieren. Die Schirmherrschaft der Ausstellung 2010/2011 teilten sich erstmals drei Bundesländer von denen zwei von CDUMinisterpräsidenten regiert wurden. Auch durch diese Exposition, die die gegenwärtige Metropolregion als positives Abbild in die Vergangenheit hineinprojizierte, konnten gegenwärtige politische Entscheidungen und Handlungsfelder legitimiert werden. In den Städten sind es ebenso CDU-Politiker, wenn auch wie im Falle des Gmünder Oberbürgermeisters unkonventionellen Typus, die als Einzelpersonen die staufische Geschichtskultur der Kommune maßgeblich voranbringen. Die Vergegenwärtigung der Stauferzeit als Berufung auf die eigenen Wurzeln passt zu den konservativen Leitlinien und lässt sich gut mit dem eigenen politischen Programm verknüpfen. Die staufische Geschichte besitzt demnach auch noch im 20. und 21. Jahrhundert – entgegen gängiger Forschungsmeinungen – eine starke politische Dimension. Auf transnationaler Ebene wird die staufische Rezeption genutzt, um politische Agitationen im Sinne einer zunehmenden Europäisierung historisch zu begründen. Grundsätzlich werden weiterhin die geschichtskulturellen Wünsche des emotionalen Nacherlebens und ästhetischen Erfahrens von Vergangenheit in den untersuchten Fallbeispielen immer intensiver erfüllt, während Vermittlungsformen, die das Bedürfnis nach einer vertieften Auseinandersetzung mit der Stauferzeit erfüllen können, weiterhin bestehen, aber zurück gehen. Im Falle der zwei Expositionen verändern sich die Ausstellungen vom Lernort zum Lern- und Freizeitort. Die Funktionsverschiebung vom Weiterbildungs- zum Unterhaltungsangebot zeigt sich auf lokaler Ebene besonders deutlich im Tourismusund Marketingsektor. Waren die hierzu gehörenden Broschüren zu Beginn noch sehr informationsdicht gehalten und bewarben Vorträge, Studienfahrten und Führungen durch die städtischen Archivare, so priesen sie ab den 1990er Jahren, vor allem aber seit den 2010er Jahren eine emotionale Begegnung mit der Stauferzeit an, in die Besucher eintauchen und den Alltag vergessen können. Auch bei den performativen Untersuchungsbeispielen nahmen die Angebote, die eine vertiefte Weiterbildung über die Zeit ermöglichen können, wie z.B. Handwerksvorführungen, ab zugunsten unterhaltender Programmpunkte wie Feuershows oder kommerzieller Stände. Für Göppingen kann diese Funktionsverschiebung nur für den Tourismus- und Marketingsektor und erst seit den 2010er Jahren konstatiert werden. Auch bei den transnationalen Formen staufischer Rezeption wird vor allem ein vertiefter Erkenntnisgewinn angestrebt, wäh-

Interpretationen staufischer Geschichte – Ein Schlussresümee

rend der Wunsch nach nacherlebbaren Geschichtsformaten nur sehr rudimentär erfüllt wird. Der sonstige Zuwachs der erlebnisorientierten staufischen Geschichtsdarstellungen erklärt ebenso, warum die Staufer nach wie vor so populär sind: Auch für rezent feststellbare Wünsche nach einer vor allem anderen Vergangenheit, die eine Abkehr vom hochdigitalisierten, individualisierten und entnormativierten Alltag ermöglicht, sind die Staufer anschlussfähig. Die steigende Nachfrage nach einer erlebnisreichen, leicht zugänglichen Begegnung mit der Stauferzeit wird verstärkt kulturtouristisch genutzt, wodurch der staufischen Rezeption auch zunehmend eine ökonomische Funktion zukommt. Die Förderung des Kulturtourismus von Stadt und Metropolregion Rhein-Neckar war ein dezidiertes Ziel der Exposition 2010/2011. Die staufische Geschichte wurde durch zahlreiche Unterhaltungsangebote und kulinarisch durch Stauferwein und -bier zum Wirtschaftsfaktor einer Region und ein fester Bestandteil ihrer Tourismus- und Marketingkonzepte. In Göppingen fungierte die staufische Geschichte seit den 1970er Jahren als kulturtouristische Attraktion der Stadt, zu der seit 2010 durch die Umgestaltung des Berggipfels der marktwirtschaftliche Nutzen hinzu kommt. Auch in Schwäbisch Gmünd ist im jüngsten Untersuchungszeitraum die Angebotspalette für Besucher reich mit Aktivitäten zum Staufererlebnis bestückt, die oftmals über die Genuss-Komponente mit regionalen Produkten verbunden werden. So werden die Staufer als Markenname zum starken Wirtschaftsfaktor für die Stadt, die vom Staufersenf bis zum Staufer-Ritter eine breite Produktpalette im Angebot hat. Auf transnationaler Ebene zeigt sich im Falle der Stelenerrichtungen, dass die Standorte auch nachhaltig kulturtouristisch aufgewertet werden. In diesem Sektor ist ein Markt entstanden, dessen Potential wohl noch lange nicht erschlossen ist. Mit dieser Arbeit ist der erste Grundstein für eine Erschließung der sehr heterogenen und durchaus bedeutsamen Stauferrezeption der jüngsten Vergangenheit gelegt, die als Beispiel für generelle Entwicklungen in der rezenten Geschichtskultur stehen kann. Sie zeigt die vielfältige Anschlussfähigkeit und Instrumentalisierung der staufischen Geschichte für politische, gesellschaftlich-soziale, unterhaltende und nicht zuletzt ökonomische Zwecke. Das Dissertationsprojekt ist sowohl auf den räumlichen Erinnerungsebenen als auch in den vielseitigen populären Medien für intensive weitere Untersuchungen anschlussfähig, die aufgrund der immer vielfältiger werdenden generierten Bilder der Staufer nötig erscheinen. Dies sind jedoch Geschichten, die zu einem späteren Zeitpunkt geschrieben werden müssen.

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Tabellen

 

→ kein Selbstverständnis Barbarossastadt

Bad Frankenhausen

→ Nicht explizit als Label, aber Attribut Stauferstadt im populären Gebrauch sehr präsent

Annweiler am Trifels

→Kein Selbstverständnis als Barbarossastadt → in jüngster Vergangenheit Hinwendung zu staufischer Stadtgeschichte

Altenburg

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Bekannt in Forschungskreisen

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Aktionen 77

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Treffen 2010

Tab. 3: Potentielle Staufer- und Barbarossastädte und ihre staufische Geschichtskultur

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Aktionen 2010

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Stele

Staufer im Stadtbild: Staufer im städtischen Leben:Mittelalterverein seit 1993. Seit 2015 Barbarossa-Stiftung. In Stadtgemeinschaft Staufer v.a. zur NS-Zeit bedeutend. Nach 1945 gerieten die Staufer in Vergessenheit. Staufer im Tourismus/Marketing: Barbarossa keine übergeordnete Rolle. Wichtig = Label »Skatstadt«. ABER: Seit 2011 sollen Staufer stärker in den touristischen Fokus. 2011 Barbarossa-Kuratorium, will »Barbarossa und Altenburg« als tour. Marke etablieren. Staufer im Stadtbild: Präsent durch 2 Straßennamen, 2 Namen öffentlicher Institutionen, Stauferstele. Staufer im städtischen Leben:Förderverein zur Staufergeschichte. Sehr in Geschichtsbewusstsein präsent. Staufer im Tourismus/Marketing: Stauferstadt in beschreibenden Texten synonym verwendet, genau wie Barbarossastadt. Viele Tourismusangebote Staufer im Stadtbild: Präsent durch 3 Namen öffentlicher Institutionen Staufer im städtischen Leben: keine Staufervereine. In der NS-Zeit kurzfristige Berufung auf Staufer. Gegenwärtig kein ausgeprägtes staufisches Geschichtsbewusstsein Staufer im Tourismus/Marketing: keine Nennung als Barbarossastadt. Werbung mit Staufern seit ca. 1990er Jahren wegen Nähe zum Kyffhäuser. Aber keine spezifischen Tourismus-, Marketingangebote in der Stadt

Staufische Geschichtskultur

404 Die Staufer in der populären Geschichtskultur

 

→ kein Selbstverständnis als Stauferstadt

Denkendorf

→ durchaus staufisches Geschichtsbewusstsein, aber kein Selbstverständnis als Stauferstadt

→ kein Selbstverständnis als Stauferstadt Bopfingen

Besigheim

→ Nicht explizit als Label, aber Attribut Stauferstadt im populären Gebrauch sehr präsent

Bad Wimpfen

Städte Insg. 21

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Bekannt in Forschungskreisen

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Treffen 2010

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Stele Staufer im Stadtbild: Präsent durch 2 Namen öffentlicher Institutionen, Stauferstele Staufer im städtischen Leben: 1 Stauferverein. Staufisches Geschichtsbewusstsein bis ins frühe 20. Jahrhundert nachweisbar und sehr präsent. Staufer im Tourismus/Marketing: In beschreibenden Texten Stauferstadt und »Reichsstadt« Wimpfen. Alle zwei Jahre Stauferfest/Reichsstadtfest im Wechsel. Staufer als Marke im Tourismus sehr wichtig: Jährlicher Zunftmarkt, zahlreiche touristische Angebote Staufer im Stadtbild: Präsent durch Stauferstele Staufer im städtischen Leben: keine Staufervereine, kein starkes staufisches Geschichtsbewusstsein Staufer im Tourismus/Marketing: Staufer im städtischen Leben: Mittelalterverein. Kein stark ausgeprägtes Bewusstsein als Stauferstadt. Staufer im Stadtbild: Präsent durch 3 Straßennamen, Name einer öffentlichen Institution, Stauferstele Staufer im Tourismus/Marketing: Nennen »Stadt an der Ipf«. In beschreibenden Texten als »staufisch« bezeichnet. Staufer im Tourismus/Marketing nicht sehr präsent. Staufer im städtischen Leben: 1 Verein = Kyffhäuserkameradschaft, sonst kein starkes staufisches Geschichtsbewusstsein Staufer im Stadtbild: Präsent durch 2 Straßennamen, Stauferstele Staufer im Tourismus/Marketing: -

Staufische Geschichtskultur

Tabellen 405

→ kein Selbstverständnis als Stauferstadt

→ kein Selbstverständnis als Stauferstadt Esslingen

Ellwangen (Jagst)

→ Selbstverständnis als Stauferstadt

Eberbach

Städte Insg. 21

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Bekannt in Forschungskreisen

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Treffen 2010

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Aktionen 2010

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Stele

Staufer im Stadtbild: Präsent durch 2 Straßennamen, Name einer öffentlichen Institution, an Hotelfassade Darstellung Heinrichs VII. als Stadtgründer Staufer im städtischen Leben: keine Staufervereine, aber staufisches Geschichtsbewusstsein bis ins frühe 20. Jahrhundert nachweisbar und sehr präsent Staufer im Tourismus/Marketing: Attribut Stauferstadt in Werbung und städtischem Leben synonym verwendet. Keine Tourismusangebote explizit zu Staufern, sondern Mittelalter Staufer im Stadtbild: Präsent durch 1 Straßenamen, Stauferstele Staufer im städtischen Leben: Staufer im Tourismus/Marketing: Staufer im Stadtbild: Präsent durch 4 Straßennamen, Stauferstele Staufer im städtischen Leben: In 1980er-90er Jahren Verein »Stauferkreis Esslingen«. Rezent kein auffälliges staufisches Geschichtsbewusstsein. Staufer im Tourismus/Marketing: Verwenden andere historische Attribute. Mittelalterliche Altstadt für Tourismus wichtig: Mittelalter-Weihnachtsmarkt und andere Angebote, aber nicht Hervorhebung Stauferzeit. 1977 sehr aktiv

Staufische Geschichtskultur

406 Die Staufer in der populären Geschichtskultur

 

→ starkes Selbstverständnis als Barbarossastadt

Kaiserslautern

→ kein Selbstverständnis als Stauferstadt

Heidenheim

Göppingen

→ kein Selbstverständnis als Stauferstadt

Giengen an der Brenz

→ Selbstverständnis als Barbarossastadt

Gelnhausen

Städte Insg. 21

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Bekannt in Forschungskreisen

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Aktionen 77

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Stele

Staufer im Stadtbild: Präsent durch 3 Straßennamen Staufer im städtischen Leben:Staufer im Tourismus/Marketing: Nennen nicht Stauferstadt. Keine spezifischen Tourismus- und Marketingangebote zu den Staufern, Stauferburg allerdings Wahrzeichen der Stadt Staufer im Stadtbild: Präsent durch 7 Straßennamen, zahlreiche Namen öffentlicher Institutionen Staufer im städtischen Leben: Gesangs-, Fußball-, Vergnügungsvereine und Kegelmannschaft haben Barbarossa im Namen. Starkes Geschichtsbewusstsein als Barbarossastadt Staufer im Tourismus/Marketing: Verwenung des Attributs sehr präsent und bis ins 19. Jahrhundert nachweisbar. Zahlreiche Tourismus- und Marketingangebote

Siehe Kap. 7

Staufer im Stadtbild: Präsent durch 1 Straßennamen, 2 Namen öffentlicher Institutionen Staufer im städtischen Leben: viele Vereine und Betriebe, sogar Angel- und Tanzsportvereine haben Barbarossa im Namen. Staufisches Geschichtsbewusstsein sehr präsent Staufer im Tourismus/Marketing: Selbstbezeichnung als Barbarossastadt. Zahlreiche Tourismus- und Marketingangebote, u.A. Barbarossamarkt, Ritterturnier Staufer im Stadtbild: Präsent durch 2 Straßennamen Staufer im städtischen Leben: Keine Staufervereine, kein starkes Geschichtsbewusstsein als Stauferstadt Staufer im Tourismus/Marketing:-

Staufische Geschichtskultur

Tabellen

  407

Schwäbisch Gmünd

→ Selbstverständnis als Barbarossastadt

Sinzig

→ kein Selbstverständnis als Stauferstadt

Reutlingen

→ kein explizites Selbstverständnis als Stauferstadt

X

-

-

Bekannt in Forschungskreisen

-

X

-

Treffen 77

-

X

-

Aktionen 77

-

X

-

Treffen 79

-

-

X

Treffen 2010

-

-

X

Aktionen 2010

-

-

X

Stele

Siehe Kap. 6

Staufer im Stadtbild: Präsent durch 4 Straßennamen, 2 Namen öffentlicher Institutionen, Stauferstele Staufer im städtischen Leben: 1 Fußballverein nennt nach Staufern, seit 2002 junges staufisches Geschichtsbewusstsein Staufer im Tourismus/Marketing: Nennt »Stadt Lorch. Im Herzen des Stauferlandes«. Seit 2002 zahlreiche Tourismus- und Marketingangebote zu den Staufern Staufer im Stadtbild: Präsent durch zwei Straßennamen, Name 1 öffentlichen Institution, soll Stauferstele bekommen Staufer im städtischen Leben: 1 Ritterverein, aber kein starkes staufisches Geschichtsbewusstsein Staufer im Tourismus/Marketing: Rezent Staufer nicht stark vertreten. 1977 viele Angebote Staufer im Stadtbild: Präsent durch 3 Stauferstraßen, einige Namen öffentlicher Institutionen, BarbarossaStatue. Staufer im städtischen Leben: 1 Mittelalterverein. Staufisches Geschichtsbewusstsein jüngst sehr präsent, zum Teil bis ins 19. Jahrhundert nachweisbar Staufer im Tourismus/Marketing: Nennen Barbarossastadt. Seit ca. den 2000er Jahren zahlreiche Tourismus- und Marketingangebote zu den Staufern

Staufische Geschichtskultur

   

Lorch

Städte Insg. 21

408 Die Staufer in der populären Geschichtskultur

-

-

Bekannt in Forschungskreisen

X

X

Treffen 77

X

X

Aktionen 77

X

X

Treffen 79

X

X

Treffen 2010

X

X

Aktionen 2010

X

X

Stele

Staufer im Stadtbild: Präsent durch 1 Straßenamen, Stauferstele bislang nicht realisiert. Staufer im städtischen Leben: Staufer im Tourismus/Marketing: Nennen nicht Stauferstadt. Im Tourismusangebot verweisen auf staufische Bauten, aber sonst Staufer nicht vertreten Staufer im Stadtbild: Präsent durch 3 Namen öffentlicher Institutionen, Stauferstele Staufer im städtischen Leben: Vereine ohne historischen Bezug tragen Staufer im Namen. Starkes staufisches Geschichtsbewusstsein. Staufer im Tourismus/Marketing: In beschreibenden Texten Stauferstadt synonym verwendet und bis in die frühe Neuzeit nachweisbar. Schub in den 1960er Jahren. Einige Angebote im Tourismus/Marketing, u.A. seit 2006 Staufer-Spektakel

Staufische Geschichtskultur

Betrachtet wurden die 21 Städte, die aus Forschungskreisen bekannt waren oder bei denen drei der sechs in Kap. 5.2. genannten Indikatoren für ein ausgeprägtes Bewusstsein als Staufer- oder Barbarossastadt nachweisbar waren. Deren Umgang mit den Staufern wurde anhand der selben Aspekte der städtischen Geschichtskultur überprüft, wie für die Untersuchungsstädte Schwäbisch Gmünd und Göppingen. Die Kommunen, die im geschichtskulturellen Sinne als Staufer-, bzw. Barbarossastädte verstanden werden können, sind grau markiert. Quelle: Luhmann, Isabelle, 2017: Rohdatentabelle Staufer- und Barbarossastädte.

→ starkes Selbstverständnis als Stauferstadt

Waiblingen

→ kein Selbstverständnis als Stauferstadt

Schwäbisch Hall

Städte Insg. 21

Tabellen 409

410

Die Staufer in der populären Geschichtskultur

T  ab. 4: Zusammenstellung der Tagungen, Symposien und Publikationen der Gesellschaft für staufische Geschichte. Jahr

Tagungsthemen

Jahr

Publikation

1970

Vorträge: Kreuzzug und Imperium zur Zeit der Staufer. Kaiser Friedrich II. als Wissenschaftler und Jäger

1971

Bd. 1: Staufische Architektur in Gelnhausen und Worms. Bd. 2: Vorträge und Besichtigungen/Göppinger Staufertage: 10. – 12. Oktober 1970

1972

Vorträge: Die Reichsinsignien in staufischer Zeit. Aufbewahrungsorte der Reichskleinodien in staufischer Zeit

1977

Bd. 3: Selbstbewusstsein und Politik der Staufer. Vorträge der Göppinger Staufertage 72/73/75 Bd. 4: Die Bildnisse der Staufer. Versuch einer Bestandsaufnahme

1973

Vorträge: Staufer und Zähringer. Ein Kapitel zur Geschichte der staufischen Ausbreitung im Südwesten des deutschen Reiches. Irene von Byzanz

1980

Bd. 5: Die Staufer in Schwaben und Europa. Vorträge der Göppinger Staufertage 1977 und 1978 sowie des Festaktes »900 Jahre Staufisches Herzogtum Schwaben« am 23. März 1979 in Göppingen

1975

Vorträge: Neue Aspekte zur Geschichte Friedrich Barbarossas und Heinrich des Löwen. Bildnisse der Staufer

1982

Bd. 6: Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Stauferzeit. Vorträge der Göppinger Staufertage 1980

1977

Vorträge: Staufische Buchmalerei aus schwäbischen Klöstern. Die staufische Städtefamilie. Dichter und Dichtungen aus dem Umkreis Friedrichs II. Raum, Licht und Farbe. Überlegungen zur Glasmalerei in staufischer Zeit

1983

Bd. 7: Zur Geschichte der Kreuzzüge in der Stauferzeit. Vorträge d. Göppinger Staufertage 1982

1978

Vorträge: Zähringer und Staufer, vom Aufstieg alemannischer Geschlechter im Hohen Mittelalter. Liebesdichtungen am staufischen Königshof des 13. Jahrhunderts. Herrscherkronen im Umkreis Friedrich II.

1984

Bd. 8: Alltag in der Stauferzeit. Vorträge der 9. Göppinger Staufertage

1980

Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Stauferzeit

1987

Bd. 9: Babenberger und Staufer

1982

Zur Geschichte der Kreuzzüge in der Stauferzeit

1989

Bd. 10: Barbarossa und die Prämonstratenser

1983

Alltag in der Stauferzeit

1991

Bd. 11: Stadt in der Stauferzeit. 13. Staufertage, März 1990 Bd. 12: Haseloff, Arthur. Hohenstaufische Erinnerungen in Apulien. Memorie Sveve in Puglia

1985

(In Klosterneuburg): Babenberger und Staufer

1993

Bd. 13: Staufisches Apulien

Tabellen

1986

Oberthema: ? Vorträge: Die Kunst des Burgenbaus in Hohenlohe. Burgen als Objektgruppe der Mittelalterarchäologie. Die bauliche Sicherung von Burgen – Planung und Durchführung. Burgen und Pfalzen der Staufer im Elsaß.

1994

Bd. 14: Staufische Pfalzen

1988

Barbarossa und die Prämonstratenser

1996

Bd. 15:Das Staunen der Welt : Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen; 1194 – 1250

1990

Stadt in der Stauferzeit

1997

Bd. 16: Die Reichskleinodien: Herrschaftszeichen des Heiligen Römischen Reiches

1991

Staufisches Apulien

1998

Bd. 17: Kaiser Heinrich VI.: ein mittelalterlicher Herrscher und seine Zeit

1993

Staufische Pfalzen

1999

Bd. 18: Reisen und Wallfahren im Hohen Mittelalter

1994

Das Staunen der Welt: Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen; 1194 – 1250

2000

Bd. 19: Die Staufer

1996

Reichskleinodien – Herrschaftszeichen des Heiligen Römischen Reiches

2001

Bd. 20: Der Staufer Heinrich (VII.) : ein König im Schatten seines kaiserlichen Vaters Bd. 21: Friedrich II. – Wandler der Welt? Vortrag der Gedenkveranstaltung zum 750. Todestag Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen (1194 – 1250) in der Stadthalle Göppingen

1997

1. Symposium StauferGestalten: Kaiser Heinrich VI. : ein mittelalterlicher Herrscher und seine Zeit

2002

Bd. 22: Deutschland und Italien zur Stauferzeit

1998

Reisen und Wallfahren im Hohen Mittelalter

2004

Bd. 23: Der Deutsche Orden in Europa

1999

Der Staufer Heinrich (VII.) : ein König im Schatten seines kaiserlichen Vaters

2005

Bd. 24: Alltagsleben im Mittelalter

2000

Deutschland und Italien zur Stauferzeit

2006

Bd. 25: Frauen der Staufer

2001

Frauen der Staufer. Von Hildegard bis Beatrix

2007

Bd. 26:Friedrich I. (1079 – 1105): der erste staufische Herzog von Schwaben

2002

Der Deutsche Orden in Europa

2008

Bd. 27:Philipp von Schwaben : ein Staufer im Kampf um die Königsherrschaft

2003

Frauen der Staufer. Von Konstanze von Sizilien bis Elisabeth von Bayern

2009

Bd. 28:Friedrich Barbarossa und sein Hof

2004

Alltagsleben im Mittelalter

2011

Bd. 29:Stauferzeit – Zeit der Kreuzzüge Bd. 30: Konrad III. (1138 – 1152), Herrscher und Reich

411

  2005

Friedrich I (1079-1105). Der erste staufische Herzog von Schwaben

2012

Bd. 31: Von Palermo zum Kyffhäuser : staufische Erinnerungsorte und Staufermythos Bd. 32: Konrad IV. (1228 – 1254) : Deutschlands letzter Stauferkönig

2006

Friedrich Barbarossa und sein Hof

2013

Bd. 33: Die Staufer und Byzanz

2007

Philipp von Schwaben – Ein Staufer im Kampf um die Königsherrschaft

2015

Bd. 34: Manfred König von Sizilien (1258-1266)

2008

Stauferzeit – Zeit der Kreuzzüge

2016

Bd 35:Die Staufer und der Norden Deutschlands

2009

Konrad III. (1138 – 1152), Herrscher und Reich

2010

Von Palermo zum Kyffhäuser: Staufische Erinnerungsorte und Staufermythos

2011

Konrad IV. (1228 – 1254) : Deutschlands letzter Stauferkönig

2012

Die Staufer und Byzanz

2013

Manfred – König von Sizilien (12581266)

2014

Die Staufer und der Norden Deutschlands

2015

Friedrich Barbarossa

2016

Jüdisches Leben in der Stauferzeit

Reihe Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst/Programmhefte der Gesellschaft für staufische Geschichte e.V.

Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Vitrine mit Bodenfunden. .............................................................. 123 Abb. 2: Cappenberger Barbarossa-Kopf in der Exposition 1977. ................................ 124 Abb. 3: Cappenberger Barbarossa-Kopf in der Exposition 2010/2011. ........................... 150 Abb. 4: Die Kyffhäuser-Sage in der Exposition 2010/2011. ...................................... 151 Abb. 5: Staufer- und Barbarossastädte der BRD, Stand: 2017. .................................. 170 Abb. 6: Streckenführung Straße der Staufer in einer Werbebroschüre 1977.......................184 Abb. 7: Auftritt Barbarossas beim Stauferritt 1977 in Schwäbisch Gmünd. ...................... 228 Abb. 8: Akteure beim Ritterturnier 1984 in Schwäbisch Gmünd ..................................231 Abb. 9: Herold und Zuschauer beim Ritter-Turnier 1984 in Schwäbisch Gmünd. ................. 232 Abb. 10: Schmied auf dem Handwerkermarkt Schwäbisch Gmünds 1984. ....................... 234 Abb. 11: Frau am Webstuhl auf dem Handwerkermarkt Schwäbisch Gmünds 1984................ 235 Abb. 12: Darstellung des Mainzer Hoffest im Theaterstück Staufersaga 2012 in Schwäbisch Gmünd. ............................................................... 248 Abb. 13 A/B: Triumphzug Friedrichs II. im Theaterstück Staufersaga 2012 in Schwäbisch Gmünd. ............................................................... 250 Abb. 14: Essensstand beim Stauferfestival 2016 in Schwäbisch Gmünd.......................... 259 Abb. 15: Stand der Schmiede des Verein Staufersaga beim Stauferfestival 2016 in Schwäbisch Gmünd. ................................................................261 Abb. 16: Badehaus der »Hübschlerinnen« des Verein Staufersaga beim Stauferfestival 2016 in Schwäbisch Gmünd. .................................................................. 262 Abb. 17: Titelbild der Broschüre Hohenstaufenstadt Göppingen – Auf einen Blick 1978. .......... 305 Abb. 18: Imagepostkarte Stadt Göppingen Hohenstaufen Gipfeltreffen ca. 2015. .................312 Abb. 19 A/B: Stauferstele in Fiorentino. ........................................................381

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Übersicht über die Staufer in historischen Romanen von 1945-2017 ....................... 81 Tab. 2: Übersicht über die Staufer in TV-Dokumentationen von 1970-2010 ........................ 87 Tab. 3: Potentielle Staufer- und Barbarossastädte und ihre staufische Geschichtskultur........ 404 Tab. 4: Zusammenstellung der Tagungen, Symposien und Publikationen der Gesellschaft für staufische Geschichte..............................................410

Quellen- und Literaturverzeichnis

Archivalien   Archiv Gesellschaft für staufische Geschichte e.V. Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Akte 1975Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Akte 1976 Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Ordner Besiegelung der Partnerschaft Gesellschaft für staufische Geschichte e.V., Handakten, Veranstaltungen zum Stauferjahr in Göppingen, 2010 Ordner Federichino 2002 in Palermo Ordner Federichino 2004 Ordner Festakt 2003 Ordner Presse 2003

Hausarchiv der Abteilung Kunst- und Kulturgeschichte, Landesmuseum Württemberg Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Fotos Ordner Staufer-Ausstellung 1977, Organisatorisches

Hausarchiv der Curt-Engelhorn-Stiftung Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner Besprechungen Exekutivkomitee und Ausstellungskommission Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner Besprechungen mit HGB Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner Gestaltung/Architektur Ordner zum Ausstellungsprojekt »Die Staufer und Italien«, 2010/2011: Ordner HGB

418

Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg Abteilung Zeitgeschichtliche Sammlung Staatsarchiv Ludwigsburg = StA Bestand EL 230/2 Bü 4 Bestand EL 230/2 Bü 55 Bestand EL 230/2 Bü 65 Bestand EL 230/2 Bü 66 Stadtarchiv Göppingen Altregistratur, Aktenzeichen 62.16.0 Bestand C1 Bb9 Bestand E4 Nachlass König, Nr. 35 Bestand E4 Nachlass König, Nr. 42 Bestand E4 Nachlass König, Nr. 135 Bestand E4 Nachlass König, Nr. 138 Bestand E4 Nachlass König, Nr. 148 Bestand E4 Nachlass König, Nr. 162 Bestand E4 Nachlass König, Nr. 186 Bestand Kulturamt, Ordner Foggia Bestand Kulturamt, Ordner Stadtführer/Information und Stadtrundfahren Bestand Kulturamt, Ordner Stauferland/Straße der Staufer Bestand Materialien Göppingen Specialia: Hohenstaufen, Straße der Staufer, Tourismus, Werbung Bestand Postkarten Mustermappe Gebrüder Metz Bestand Postkarten, Ordner Gruß aus Hohenstaufen-Ansichtskarten Bestand Postkarten, Ordner Gruß aus Göppingen-Ansichtskarten Chronikbeilagen Handakten Mundorff, Aktenzeichen 10/10/33 Ordner Stauferausstellung 1977, Akte 1977 Kreisarchiv Göppingen Akte Aktivitäten zum Stauferjahr Bestand F2 Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd Bestand E1/Fotos Stadtmessungsamt, Fotograf Adolf Schuster, Historikermarkt Handapparrat, Prospektsammlung Postkartensammlung Registratur Nr. 1504: Plan zur Landesgartenschau in GD 1979/1980, Stauferjahr 1976, Häuser Münstergasse 8 und 10 1974-1977. Hohenstaufen, Straßen, Plätze Zeitgeschichtliche Sammlung, Vereine Zeitgeschichtliche Sammlung, Schulen

Quellen- und Literaturverzeichnis

Interviews Akteur Gruppe Rüstmeisterei und Katapult, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Teilnahme an der Staufersaga. Aubele, Katharina; Mitarbeiterin Stabsstelle Internationalität der Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Städtepartnerschaft mit Faenza. Bauer, Rudi, Geschichtsvermittler, Göppingen 18.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern. Besucher Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 13.11.2016 (Interview): Bedeutung des Vereins und der Göppinger Staufertage. Besucherpaar Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung des Vereins und der Göppinger Staufertage. Bönnen, Gerold, Archivar Stadtarchiv Worms, Göppingen 12.11.16 (Interview): Einschätzung des Attributs Stauferstadt. Bönnen, Gerold, Archivar Stadtarchiv Worms, Göppingen 18.11.2016 (Interview): Das Phänomen Stauferstadt. Darsteller Ritter Armati Equites, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Teilhabe am Verein und Darstellung des Mittelalters. Fazia, Gloria, Verantwortliche für die Städtepartnerschaft in Foggia, Göppingen 26.4.2017 (Interview): Zusammenarbeit der Städte Göppingen und Foggia. Graf, Klaus, Mediävist und Archivar, Freiburg 20.7.2016 (Interview): Die Staufertradition und einzelne Aktivitäten zur staufischen Geschichte in Schwäbisch Gmünd und der Region. Grass, Karl, Stadtführer in Schwäbisch Gmünd 1977, Schwäbisch Gmünd 6.7.2016 (Interview): Aktivitäten zum Stauferjahr 1977 in Schwäbisch Gmünd und Entwicklung des Stauferbewusstseins. Groll, Alexander, Leiter der Geschäftsstelle Stauferfestival und Wirtschaftsförderer, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview): Stauferfestival 2012/2016. Staufer in Schwäbisch Gmünd Stadtmarketing Allgemein. Gruppe der Bettler, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Teilnahme am Theaterstück Staufersaga als Bettlerin. Gruppe der Hübschlerinnen, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Wirken im Projekt Staufersaga. Haas, Margit, Besucherin Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung des Vereins und der Göppinger Staufertage. Haas, Margit, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 24.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern. Haberhauer, Günther, Stadtarchivar Bad Wimpfen, 7.7.2018 (Telefoninterview): Stauferstadt Bad Wimpfen. Hahnemann, Ulrich, Archivar Stadtarchiv Bad Frankenhausen, 7.7.2017 (Telefoninterview): Bad Frankenhausen als Barbarossastadt. Hammes, Barbara, Archivarin Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd und Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin Stadtarchiv, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview): Aktivitäten

419

420

Die Staufer in der populären Geschichtskultur

und Bewusstsein der Stadt Schwäbisch Gmünd zur staufischen Geschichte 1977 und heute. Hegele, Karl Heinz; Vorstand des Gmünder Geschichtsvereins, Schwäbisch Gmünd 22.4.2015 (Interview): Entwicklung und Aktivitäten des Gmünder Geschichtsvereins und Einschätzung des Stauferbewusstseins in der Stadt Schwäbisch Gmünd. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 23.4.2015 (Interview): Touristische Angebote der Stadt Göppingen zu den Staufern. Herr, Lisa, Beauftragte der Stadt Göppingen für Stadtmarketing und Tourismus, Göppingen 24.4.2017 (Interview): Nachfragen zur überkommunalen Zusammenarbeit. Herkommer, Hubert; Wissenschaftlicher Beirat des Theaterstück Staufersaga, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Das Theaterstück Staufersaga und das städtische Geschichtsbewusstsein Schwäbisch Gmünds. Herrmann, Markus; Pressesprecher der Stadt Schwäbisch Gmünd, Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH, Göppingen 22.4.2015 (Interview): Aktivitäten der Stadt Schwäbisch Gmünd und der TG Stauferland zur staufischen Geschichte. Himmelein, Volker, Koordinator des historischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview): Die StauferAusstellung von 1977. Kamprad, Klaus-Jürgen, Vorsitzender Barbarossa-Stiftung, 26.6.2017 (Telefoninterview): Motivation und Handlungsfelder der Barbarossa-Stiftung. Kowak, Gabriel, Darsteller Konradin, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Rolle in der Staufersaga. Kumpf, Christine, Leiterin Stabstelle Wirtschaftsförderung und ehemalige Leiterin des Eigenbetriebs Stadthalle, Tourismus, Werbung, Göppingen 3.5.2017 (Interview): Vermarktung als Stauferstadt während der 1990er Jahre. Maile, Manfred, ehemaliger Geschäftsführer der Touristik und Marketing GmbH Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 12.7.2016 (Interview): Aktivitäten der Stadt Schwäbisch Gmünd und der TG Stauferland von den 1980er Jahren-2000er Jahren. Mangold, Brigitte, Mitarbeiterin des Stadtarchivs Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 3.7.2016 (Interview): Die Aktivitäten zur staufischen Geschichte 1977 und 1984. Meurer, Heribert, Koordinator des Kunsthistorischen Abschnitts der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 23.7.2013 (Telefoninterview): Die Staufer-Ausstellung von 1977. Mueller, Patrick, Figur des Zeitreisenden, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Die Staufersaga. Müller, Daniel, Mitglied Stuttgarter Burschenschaft Ghibellinia, Göppingen 1.5.2017 (Interview): Burschenschaftstreffen auf dem Hohenstaufen. Müller, Maria-Katharina, Geschichtsvermittlerin, Göppingen 25.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern von den 1970er Jahren bis 2017. Mundorff, Martin; Archivar Stadtarchiv Göppingen, Göppingen 2.5.2017 (Interview): Informationen zur Städtepartnerschaft mit Foggia und rezenten Entwicklungen in Göppingen.

Quellen- und Literaturverzeichnis

Munk, Walther, Stadtverwaltung Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 4.7.2016 (Interview): Tagung »Europäische Städte in der Stauferzeit«. Musch, Jürgen, Stellvertretender Vorsitzender des Verein Staufersaga e.V., Schwäbisch Gmünd 5.7.2016, Schwäbisch Gmünd (Interview): Die Staufersaga. Musch, Jürgen; Stellvertretender Vorsitzender Verein Staufersaga, 22.4.2015, Schwäbisch Gmünd (Interview): Geschichte und Aktivitäten des Vereins Staufersaga und Gründe für das ehrenamtliche Engagement. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 7.8.2016 (Telefoninterview): Informationen zu Stauferstelen. Raff, Gerhard, Historiker, Autor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, 31.5.2017 (Telefoninterview): Errichtung der Stauferstele in Bari und Barbarossastädte in Deutschland. Ruch, Martina; Geschäftsstelle Zähringerstädteverbindung, 11.7.2018 (Telefoninterview): Zusammenarbeit der Zähringerstädte. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, 3.12.2016 (Telefoninterview): Fragen zur Gesellschaft für staufische Geschichte, dem Label Stauferstadt und Stauferland. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 18.4.2017 (Interview): Kooperationen mit Italien. Rueß, Karl-Heinz, Leiter des Archivs und der Museen Göppingen, Göppingen 8.5.2017 (Interview): Informationen zum Erinnerungsort Hohenstaufen und rezenten Entwicklungen in Göppingen. Scheffold, Stefan, Staatssekretär, 12.9.2016 (Telefoninterview): Staufertagung 2010 in Schwäbisch Gmünd. Schüle, Johannes, Historiker in Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd 5.7.2016 (Interview): Staufische Aktivitäten in Schwäbisch Gmünd von 1977 bis heute. Schüler 4. Klasse, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung der Staufer für die Stadt Göppingen und Beitrag zum Schülerwettbewerb. Schülergruppe 7. Klasse, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung der Staufer für Göppingen. Schülerinnengruppe 7. Klasse, Göppingen 12.11.2016 (Interview): Bedeutung der Staufer für Göppingen und Beitrag zum Schülerwettbewerb. Schwertkämpfer Stauferlager, Schwäbisch Gmünd 10.7.2016 (Interview): Wirken im Projekt Staufersaga und beim Stauferlager. Siede, Irmgard, Wissenschaftliche Projektleitung der Ausstellung »Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa«, Mannheim 24.6.2013 (Interview): Die Staufer-Ausstellung von 2010/2011. Siegle, Holger, Geschäftsführer Touristikgemeinschaft Stauferland, Göppingen 23.4.2015 (Interview): Struktur und Aktivität der Touristikgemeinschaft Stauferland. Sprenger, Kai-Michael, Mediävist und Mitarbeiter im Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz, 15.1.2017 (Telefoninterview): Staufisches Geschichtsbewusstsein in Deutschland und Italien. Übel, Rolf, Stadtarchivar Annweiler am Trifels, 24.7.2017 (Telefoninterview): Stauferstadt Annweiler.

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422

Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Werwigk, Fritz, ehemaliger Geschichtsvermittler, Göppingen 19.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern in Göppingen und die Staufer im städtischen Bewusstsein. Ziegler, Walther, Kreisarchivar vom Landkreis Göppingen 1970-2012 und Lang, Stefan, amtierender Kreisarchivar, Göppingen 23.4.2015 (Interview): Aktivitäten und Bewusstsein von Stadt und Kreis Göppingen zur staufischen Geschichte 1977 und heute. Ziegler, Walter; Besucher Göppinger Staufertage 2016, Göppingen 13.11.2016 (Interview): Bedeutung des Vereins und der Göppinger Staufertage. Ziegler, Walter; ehemaliger Kreisarchivar Göppingen, Göppingen 27.4.2017 (Interview): Führungen zu den Staufern.

Korrespondenzen Bibbò, Leopoldo, ehemaliger Lehrer und Partnerschaftsbeauftragter der Stadt Foggia, 20.5.2017 (Korrespondenz): Informationen zum Seminario di Studi Federiciani. Bibbò, Leopoldo, ehemaliger Lehrer und Partnerschaftsbeauftragter der Stadt Foggia, 24.5.2017 (Korrespondenz): Informationen zu Mittelaltervereinen in Foggia. Bibbò, Leopoldo, ehemaliger Lehrer und Partnerschaftsbeauftragter der Stadt Foggia, 4.6.2017 (Korrespondenz): Die Städtepartnerschaft Göppingen-Foggia und die Bedeutung der Staufer. Brune, Thomas, Koordinator der Unterabteilung »Wege der Popularisierung« der Ausstellung »Die Zeit der Staufer. Geschichte – Kunst – Kultur«, 7.5.2013 (Korrespondenz): Reaktionen auf das Ausstellungskonzept. Dietz, Wolfgang, Archivar Stadtarchiv Sinzig, 7.6.2017 (Korrespondenz): Barbarossastadt Sinzig II. Dietz, Wolfgang, Archivar Stadtarchiv Sinzig, 2.7.2017 (Korrespondenz): Barbarossastadt Sinzig III. Federau, Gabi, Tourist-Service Sinzig, 1.6.2017 (Korrespondenz): Außenwerbung als Barbarossastadt in Sinzig. Florschütz, Verena, Stadt Göppingen. Fachbereich Tiefbau, Umwelt, Verkehr und Vermessung, 29.5.2017 (Korrespondenz): Stauferstraßen in Göppingen. Grupp, Anselm, Kultur-, Presse- und Touristikamt Ellwangen, 17.8.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Ellwangen. Haag, Simon M., Stadtarchivpfleger Stadt Lorch, 24.8.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Lorch. Haag, Simon M., Stadtarchivpfleger Stadt Lorch, 21.9.2017 (Korrespondenz): Stauferstadt Lorch. Halbekann, Joachim J., Archivar Stadtarchiv Esslingen, 24.8.2017 (Korrespondenz): Esslingen als Stauferstadt. Hartleb, Lisa, Geschäftsbereichsleitung Staufenplus, 7.12.2018 (Korrespondenz): Anfänge des Barbarossa-Berglaufs. Hörrmann, Michael, Geschäftsführer Staatliche Schlösser und Gärten BadenWürttemberg, 9.9.2016 (Korrespondenz): Informationen zur Staufertagung 2010.

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Generierte Quellen Luhmann, Isabelle, 21.4.2015: Foto Hohenstaufen/Stauferstele 1. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 23.4.2015: Foto Schmiede des Verein Staufersaga/Innenansicht 1. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 23.4.2015: Foto Schmiede des Verein Staufersaga/Innenansicht 2. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 23.4.2015: Foto Shop des Verein Staufersaga/Laden Staufersaga Außenansicht. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 24.4.2015: Foto Shop des Verein Staufersaga/Produkte 2. Schwäbisch Gmünd.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

Luhmann, Isabelle, 29.6.2016: Foto DVD Saga und ganzes Festwochenende. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 29.6.2016: Foto Prinzessinnenbrause des Stauferfestivals. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 29.6.2016: Foto Ritter der Gmünder Stadtwache von der Firma Schleich. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 29.6.2016: Foto Shop des Verein Staufersaga/Stauferpuzzle. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 6.7.2016: Foto Shop des Verein Staufersaga/Stauferprodukte. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 6.7.2016: Foto Shop des Verein Staufersaga/Staufertasse. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 6.7.2016: Foto Shop des Verein Staufersaga/Wein Stauferblut. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Hildegard von Bingen Markt Stand 1 beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Hildegard von Bingen Markt Stand 8 beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Ritterturnier/Aufstellung Truppe beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Ritterturnier/Katapult beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stand der Armenspeisung beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stand der Armenspeisung beim Stauferfestival 2. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Bild Henker beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Drachentassen beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Fleischspieße beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Gruppe Donnerkeil beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Staufermarkt/Stauferkebab beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Familie beim Essen beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Professionelle Gruppe 2 beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Schauzelt Schlafstatt Ritter beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd.

Quellen- und Literaturverzeichnis

Luhmann, Isabelle, 10.7.2016: Foto Stauferlager/Schauzelt Wohnzimmer. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Göppinger Staufertage/Büchertisch 1. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Göppinger Staufertage/Büchertisch 2. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Göppinger Staufertage/Werbeplakat der Capella Antiqua Bambergensis. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Schülerwettbewerb der Stauferstiftung/BarbarossaEinheit. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Foto Tagungsraum Göppinger Staufertage. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 26.4.2017: Foto Schüleraustausch Göppingen-Foggia/Gruppenfoto auf dem Hohenstaufen vor der Stauferstele. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Foto Hohenstaufenführung Singer. Erläuterungen Berg. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Foto Hohenstaufenführung Singer. Erläuterungen Burg. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 27.6.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung des Theaterstücks Staufersaga. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 11.7.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Armenspeisung beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 11.7.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung des Ritterturniers beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 11.7.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Schwörspiele beim Stauferfestival. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 11.7.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung des Stauferfestivals insgesamt. Schwäbisch Gmünd. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der 27. Göppinger Staufertage »Jüdisches Leben in der Stauferzeit«. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 12.11.2016: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Verleihung des Schülerpreises und Wissenschaftspreises der Stauferstiftung. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 26.4.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Exkursion des Schüleraustauschs Göppingen-Foggia auf dem Hohenstaufen. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Führung durch den Audioguide auf dem Hohenstaufen. Göppingen. Luhmann, Isabelle, 1.5.2017: Protokoll der teilnehmenden Beobachtung der Hohenstaufenführung durch Erwin Singer. Göppingen.

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Die Staufer in der populären Geschichtskultur

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1919 – Zeit der Utopien Zur Topographie eines deutschen Jahrhundertjahres 2018, 382 S., Hardcover, 39 SW-Abbildungen, 35 Farbabbildungen 39,99 € (DE), 978-3-8376-4654-2 E-Book: PDF: 39,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4654-6

Sebastian Barsch, Jörg van Norden (Hg.)

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Die Verortung der Bundesrepublik Ideen und Symbole politischer Geographie nach 1945 2020, 278 S., kart., 17 Farbabbildungen, 18 SW-Abbildungen 35,00 € (DE), 978-3-8376-5003-7 E-Book: PDF: 34,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-5003-1

Verein für kritische Geschichtsschreibung e.V. (Hg.)

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