Die Schweizer Bucheffekte: Der Erwerbstatbestand und seine Übertragbarkeit auf das deutsche Recht 9783814557786

Bei den Überlegungen zu einer Reform des Depotrechts stellt sich die Frage, ob das bewährte schweizerische Bucheffekteng

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Sabine Mock Die Schweizer Bucheffekte Der Erwerbstatbestand und seine Übertragbarkeit auf das deutsche Recht

Bank- und Kapitalmarktrecht in Theorie und Praxis 7

Die Schweizer Bucheffekte Der Erwerbstatbestand und seine Übertragbarkeit auf das deutsche Recht

vorgelegt von Rechtsanwältin Sabine Mock, LL.M. (Exeter), Frankfurt am Main

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH ˜ Köln

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Vorwort Diese Arbeit wurde im März 2015 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur befinden sich soweit ersichtlich weitgehend auf dem Stand von März 2015. Großer Dank gebührt an erster Stelle meinem Doktorvater Professor Dr. Frank A. Schäfer. Er hat mich an die Ruhr-Universität Bochum eingeladen, um ein Referat über den grenzüberschreitenden Effektengiroverkehr zu halten, und danach aufgefordert weiterzuarbeiten. Gedankt sei ihm für die Idee zu dieser Arbeit, für sein großes Interesse, seine andauernde Gesprächsbereitschaft sowie seine Ermunterung. Die Gespräche mit Frau Linda Ziehms, Head of New Issues und CSK bei der Deutschen Börse AG, und Herrn Dr. Jürgen Than halfen mir, Licht in das Dunkel der Buchungsabläufe und in die Gründe für die juristische Konstruktion zu bringen. Beides war bisher wenig anschaulich und verständlich geschildert. Ich hoffe, das ist hier besser gelungen. Ebenfalls danke ich sehr Herrn Privatdozent Dr. Ulrich Segna für kollegiale Gespräche und dafür, dass er mir das bisher unveröffentlichte Manuskript zu seiner Habilitation mit dem Titel „Bucheffekten, Intermediär verwahrte Wertpapiere im deutschen und Schweizer Recht. Ein rechtsvergleichender Beitrag zur Modernisierung des deutschen Depotrechts“ zur Verfügung gestellt hat. Mir ist bewusst, dass das alles andere als selbstverständlich ist. Die Gespräche mit den Mitarbeitern sowohl der Deutschen Börse AG als auch der Eurex Clearing AG im Jahr 2013, während ich in der dortigen Rechtsabteilung im Rahmen eines Secondments arbeitete, waren sehr aufschlussreich und haben mir Eindrücke in die praktische Arbeit mit den rechtlichen Vorgaben des BGB vermittelt. Es hat sich eindrücklich bestätigt, dass es Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in diesem Bereich nicht ohne richtig aufgesetzte und funktionierende IT-Systeme geben kann. Als großes Glück empfand ich auch meine beratende Tätigkeit für die UniCredit Bank AG im Jahr 2014, bei der ich Einblicke in die Komplexität der Abwicklungssysteme einer Depotbank gewinnen konnte. Die IT-Systeme einer Depotbank müssen nicht nur die Übertragung der Wertpapiere entsprechend dem Rechtssystem abbilden, sondern zusätzlich die rechtlichen Erfordernisse des Kommissionsgeschäftes erfüllen. Es bestätigte sich, dass der Ansatz der vorliegenden Arbeit, nämlich nicht nur die sachenrechtlichen Grundlagen für den Erwerb von Wertpapieren zu untersuchen, sondern auch die kommissionsrechtlichen Vorgaben zu betrachten, richtig gewählt war. Zu guter Letzt gilt mein Dank meiner langjährigen Freundin Victoria Marini aus Freiburger Studienzeiten für die abschließende Durchsicht des Manuskripts und die seelische Unterstützung. V

Inhaltsverzeichnis Rn.

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Vorwort............................................................................................................. V Literatur- und Quellenverzeichnis .......................................................... XIII Kapitel 1: Einleitung ......................................................................... 1 ........ 1 A. Das Thema .................................................................................... 1 ........ 1 B.

Der Gang der Untersuchung ....................................................... 8 ........ 3

C. Vorbemerkung ............................................................................ 20 ........ 7 Kapitel 2: Das Wertpapier als Grundlage des Effektengiroverkehrs in der Schweiz ................................................. 23 ........ 9 A. Die Ordnung des Schweizer Wertpapierrechts im Obligationenrecht ...................................................................... 25 ........ 9 B.

Die Schweizer Wertpapiere und ihre Funktionen .................... 30 ...... 11

C. Die Übertragung der Schweizer Wertpapiere und der gutgläubige Erwerb ..................................................................... I. Das Inhaberpapier ............................................................... II. Das Ordrepapier .................................................................. III. Das Namenpapier ................................................................

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D. Zusammenfassung ...................................................................... 47 ...... 18 Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz ................................................................. 51 ...... 19 A. Das deutsche Vorbild ................................................................. 51 ...... 19 B. Die Immobilisierung der Wertpapiere in der Schweiz ............. I. Die Einzelverwahrung ......................................................... II. Die Haussammelverwahrung .............................................. III. Die Drittsammelverwahrung .............................................. IV. Die Globalurkunde .............................................................

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C. Die Entmaterialisierung der Wertpapiere .................................. I. Wertrechte ........................................................................... II. Formen der Wertrechte ...................................................... 1. Das Eidgenössische Schuldbuch und andere Schuldbücher ................................................................ 2. Die Namenaktie mit aufgeschobenem Titeldruck .....

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D. Zusammenfassung ...................................................................... 93 ...... 36 VII

Inhaltsverzeichnis Rn.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung ............................................................. 100 ...... 39 A. Der Ablauf des Effektenkommissionsgeschäftes und seine Abwicklung ...................................................................... 100 ...... 39 B. Die rechtlichen Grundlagen des Effektenkommissionsgeschäftes zwischen Bank und Kunde ..................................... 107 ...... 41 C. Das Ausführungsgeschäft an der SIX Swiss Exchange (ohne Zentrale Gegenpartei) ................................................... 112 ...... 44 I. Der Kaufvertrag zwischen den Börsenteilnehmern ........ 112 ...... 44 II. Die Nichterfüllung des Kaufvertrages durch den Verkäufer ................................................................... 113 ...... 44 D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes bei girosammelverwahrten Wertpapieren vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes ........................................................ I. Der Direkterwerb des Kommittenten ............................. II. Der zivilrechtliche Erwerbstatbestand (Art. 967 Abs. 1 OR i. V. m. Arts. 714, 924 ZGB) ..................................... 1. Der Erwerb aufgrund von Art. 924 ZGB nach der allgemeinen zivilrechtlichen Literatur ...................... 2. Der Erwerb aufgrund von Art. 924 ZGB nach Brunner .............................................................. 3. Der Erwerb aufgrund von Art. 924 ZGB nach der Botschaft zum Bucheffektengesetz sowie zum Haager Wertpapierübereinkommen vom 15. November 2006 ........................................... 4. Der Erwerb aufgrund von Art. 924 ZGB nach der Empfehlung der Übernahmekommission vom 27. Juni 2005 .............................................................. III. Die zeitliche Reihenfolge der Gutschriften in den Depotkonten .................................................................... IV. Zusammenfassung .............................................................

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick und die Erfüllung der Effektenkommission nach Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes im Besonderen ................. 132 ...... 57 A. Die Entstehungsgeschichte ...................................................... I. Der Vorentwurf ................................................................. II. Der Bericht der technischen Arbeitsgruppe .................... III. Die Leitideen der technischen Arbeitsgruppe ................. B.

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Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes .............................. 138 ...... 59 I. Der Aufbau ........................................................................ 138 ...... 59 II. Der Geltungsbereich ......................................................... 139 ...... 60

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Inhaltsverzeichnis Rn.

III. Die Bucheffekte ................................................................ IV. Die Entstehung und der Untergang der Bucheffekte ..... V. Die Übertragung der Bucheffekte .................................... 1. Allgemeines ................................................................ 2. Die Weisung ............................................................... a) Die Weisung im Rahmen des Depotvertrages ... b) Die Weisung als Teil des Verfügungstatbestandes ....................................................... 3. Die Gutschrift ............................................................ VI. Fehlerhafte Buchungen und ihre Stornierung ................. 1. Die Stornierung der Belastung .................................. a) Die mangelhafte Weisung ................................. b) Fehler in der Übertragungskette ...................... 2. Die Stornierung der Gutschrift ................................ VII. Der Schutz des gutgläubigen Erwerbs ............................. VIII. Die Integrität des Systems ............................................. IX. Die Insolvenz der Verwahrungsstelle ..............................

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C. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes nach Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes .................................. 194 ...... 89 I. Der Direkterwerb des Auftraggebers .............................. 194 ...... 89 II. Der Erwerbstatbestand des Art. 24 BEG ........................ 197 ...... 91 Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung ............................................................. 202 ...... 93 A. Der Ablauf des Effektenkommissionsgeschäftes und seine Abwicklung ...................................................................... 202 ...... 93 B. Die rechtlichen Grundlagen des Effektenkommissionsgeschäftes zwischen Bank und Kunde ..................................... 211 ...... 95 C. Das Ausführungsgeschäft an der Frankfurter Wertpapierbörse (ohne Zentrale Gegenpartei) ....................... 214 ...... 98 I. Der Kaufvertrag zwischen den Börsenteilnehmern ........ 214 ...... 98 II. Die Nichterfüllung des Kaufvertrages durch den Verkäufer .................................................................... 215 ...... 99 D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes bei girosammelverwahrten Wertpapieren ...................................... 216 .... 100 I. Das Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) ............................................ 216 .... 100 1. Die Urkunde und ihre Verwahrformen ................... 216 .... 100 2. Die Besitzpyramide ................................................... 223 .... 103 II. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes gemäß § 24 Abs. 2 DepotG .............................................. 224 .... 105 1. Die Eintragung des Übertragungsvermerks ............. 227 .... 106 2. Die Verfügungsberechtigung des Kommissionärs ...... 229 ..... 108 IX

Inhaltsverzeichnis Rn.

Der Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kommittenten aufgrund von § 24 Abs. 2 DepotG ........................... 232 .... Exkurs: Die Notwendigkeit einer aufschiebend bedingten Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG .................. 4. Die Mitteilung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG .... 241 .... 5. Die Rechtsposition des Kommittenten .................... 245 .... a) Die einfache Gutschrift .................................... 245 .... b) Die valutierte Gutschrift .................................. 247 .... c) Zusammenfassung ............................................. 249 .... III. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes aufgrund der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts ... 255 .... 1. Der Direkterwerb des Kommittenten ...................... 255 .... 2. Die Erwerbstatbestände nach bürgerlichem Recht ... 256 .... a) Die Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB ........... 257 .... b) Die Übergabe gemäß § 929 Satz 1 BGB .......... 261 .... 3. Der Zeitpunkt des Erwerbs des Kommittenten nach bürgerlichem Recht ........................................... 266 .... Exkurs: Die Notwendigkeit einer aufschiebend bedingten Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommittenten .......................................................................... IV. Der Vorrang des Erwerbs nach bürgerlichem Recht ...... 272 ....

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E. Zusammenfassung und Kritik .................................................. 273 .... 131 Kapitel 7: Die Übertragbarkeit des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht am Beispiel des Effektenkommissionsgeschäftes ................................................ 278 .... 135 A. Augenfällige Unterschiede zwischen der Abwicklung des Schweizer und des deutschen Effektenkommissionsgeschäftes .................................................................................. 278 .... 135 B. Das Kausalitätsprinzip .............................................................. 280 .... 135 C. Der Tatbestand des Art. 24 BEG ............................................. 281 .... 136 D. Der Tatbestand des § 929 Satz 1 BGB ..................................... 285 .... 137 E. Die Übertragbarkeit der unbedingten Gutschrift .................. 288 .... 139 Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen ........................................................... 294 .... 141 A. Die Fragestellung ...................................................................... 294 .... 141 B. Die Entstehungsgeschichte des Genfer Wertpapierübereinkommens in Kürze ....................................................... 295 .... 141 I. Das UNIDROIT-Positionspapier der Study Group ...... 296 .... 142

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Inhaltsverzeichnis Rn.

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II. Die Ziele des Genfer Wertpapierübereinkommens ......... 298 .... 143 III. Der funktionale und neutrale Ansatz .............................. 299 .... 145 C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens ..... I. Der Aufbau des Genfer Wertpapierübereinkommens .... II. Die Rechte der Kontoinhaber .......................................... III. Die Bestimmungen des Genfer Wertpapierübereinkommens zur Übertragung von Wertpapieren ............... IV. Fehlerhafte Buchungen und ihre Stornierung ................. V. Der Schutz des gutgläubigen Erwerbs ............................. 1. Allgemeines ............................................................... 2. Art. 18 Abs. 1 des Genfer Wertpapierübereinkommens ...................................................... 3. Art. 18 Abs. 2 des Genfer Wertpapierübereinkommens ....................................................... VI. Die Integrität des Systems ................................................ VII. Die Insolvenz des Intermediärs ........................................ D. Art. 24 BEG und Art. 11 des Genfer Wertpapierübereinkommens ...................................................................... I. Allgemeines ....................................................................... II. Die Übertragung intermediärverwahrter Wertpapiere nach Art. 24 BEG und die Vorgaben des Art. 11 des Genfer Wertpapierübereinkommens ......................... III. Der gutgläubige Erwerb gemäß Art. 29 BEG und die Acquisition by an innocent person nach Art. 18 des Genfer Wertpapierübereinkommens ......................... IV. Ergebnis .............................................................................

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Kapitel 9: Zusammenfassung ........................................................ 342 .... 169 Anhang 1: Bucheffektengesetz .................................................................. 177 Anhang 2: UNIDROIT Convention on Substantive Rules for Intermediated Securities ................................................... 195 Sachwortregister .......................................................................................... 227

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Literatur- und Quellenverzeichnis Albisetti, Emilio/Boemle, Max/Ehrsam, Paul/Gsell, Max/Nyffeler, Paul/Ruschi, Ernst (Hrsg.) Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, 4. Aufl., Thun 1987 (zit.: Bearbeiter/in, in: Handbuch des Geld-, Bank-und Börsenwesens der Schweiz) Alfes, André Central Counterparty Zentraler Kontrahent Zentrale Gegenpartei, Berlin 2005 (zit.: Alfes, Central Counterparty) Allgemeine Geschäftsbedingungen und Depotreglement der Swissquote vom November 2011 Allgemeine Depotbedingungen der UBS AG, gültig im Jahr 2012 Ammann, Hans-Peter Bucheffektengesetz und das Haager Wertpapierübereinkommen, Der Schweizer Treuhänder 2006, 524 – 526 Arora, Patrick Reform des Depotrechts, Zunehmender Handlungsdruck, Die Bank 01/2009, 14 – 16 Assmann, Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A. (Hrsg.) Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., München 2007 (zit.: Bearbeiter/in, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl.) Assmann, Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A. (Hrsg.) Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., München 2015 (zit.: Bearbeiter/in, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl.) Balzer, Peter Rechtsfragen des Effektengeschäftes bei Direktbanken, WM 2001, 1533 – 1542 Bär, Rolf Entwicklungen der wertpapierrechtlichen Dogmatik, in: Caroni (Hrsg.), Das Obligationenrecht 1883 – 1983, Berner Ringvorlesung zum Jubiläum des schweizerischen Obligationenrechts. Im Auftrag der juristischen Abteilung der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern, 1984, S. 177 – 207 (zit.: Bär, Entwicklungen) Bärtschi, Harald Die rechtliche Umsetzung des Bucheffektengesetzes, AJP 2009, 1071 – 1087 XIII

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Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht Das Sachenrecht, Band IV, 2. Abteilung: Die beschränkten dinglichen Rechte, 5. Teilband: Das Fahrnispfand, 1. Unterteilband: Systematischer Teil und Art. 884 – 887 ZGB, erläutert von Dieter Zobl und Christoph Thurnherr, Bern 2010 (zit.: BK-Zobl/Thurnherr) Bertschinger, Urs, Zum neuen bankengesetzlichen Aussonderungsrecht (Art. 16 und 37b BankG), AJP 1995, 426 – 434 Beule, Dirk, in: Hellner, Thorwald/Steuer, Stefan (Hrsg.) Bankrecht und Bankpraxis, Bd. 4, Wertpapierhandel, 102. Lieferung (zit.: Beule, in: BuB) Blanchard, Nicolas Schweizerisches Börsen- und Kapitalmarktrecht, in: Hopt/Rudolph/Baum (Hrsg.), Börsenreform, Stuttgart 1997, S. 905 – 991 Blum, Oliver Rechtsmängel bei der Übertragung von Aktien, AJP 2007, 694 – 698 Bluntschli, Johann, Caspar Deutsches Privatrecht, 2. Aufl., München 1860 Böckli, Peter Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2009 Born, Michael Europäisches Kollisionsrecht des Effektengiros. Intermediatisierte Wertpapiere im Schnittfeld von Internationalem Sachen-, Schuld-, und Insolvenzrecht, Tübingen 2014 (zit.: Europäisches Kollisionsrecht des Effektengiros) Botschaft zum Bucheffektengesetz sowie Haager Wertpapierübereinkommen vom 15. November 2006, verfügbar auf www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2006/9315.pdf (zuletzt abgerufen am 1. Februar 2015) (zit.: Botschaft) Brand, Marco Besitz an dauerglobalverbrieften Aktien – zugleich ein Beitrag zur Lehre zum Besitz, ZBB/JBB 1/15, 40 – 48 Bremer, Heinz Grundzüge des deutschen und ausländischen Börsenrechts, Berlin/ Heidelberg/New York 1969 Brink, Ulrich Rechtsbeziehungen und Rechtsübertragung im nationalen und internationalen Effektenverkehr, Berlin 1976 (zit.: Brink, Rechtsbeziehungen)

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Kapitel 1: Einleitung A. Das Thema Am 1. Januar 2010 ist in der Schweiz das Bucheffektengesetz (BEG) in Kraft 1 getreten. Es bedeutet eine kleine Revolution im Wertpapierrecht, weil es anerkennt, dass sammelverwahrte Wertpapiere nicht mehr wie Sachen übertragen werden. Stattdessen werden sie nun als Bucheffekten aufgrund von Weisung und Gutschrift übertragen. Entsprechendes gilt für „sammelverwaltete“ Wertrechte, die vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes wie Forderungen abgetreten wurden. Der Gesetzgeber hat – bildlich gesprochen – Wertpapiere und Wertrechte für die Zeit, in der sie sich in Sammelverwahrung bzw. -verwaltung befinden, neu verpackt. Für die Einführung des Bucheffektengesetzes war entscheidend, dass man 2 Wettbewerbsnachteile für den Schweizer Finanzplatz befürchtet hatte.1) Denn das Schweizer Rechtssystem ließ sich ausländischen Marktteilnehmern und Finanzmarktaufsichtsbehörden offenbar nur schwer erklären. Es war weder transparent noch rechtssicher genug, weil spezifische Vorschriften und Rechtsentscheide fehlten.2) Im Übrigen hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die mediatisierte Wertpapierverwahrung auf der Grundlage eines im Wesentlichen im 19. Jahrhundert geschaffenen Rechtsrahmens nicht zu bewältigen war.3) Zwar gibt es in Deutschland, anders als in der Schweiz, mit dem Depotgesetz 3 (DepotG) zumindest einen gesetzlichen Rahmen für die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren im Inland, aber auch hierzulande passt der Rechtsrahmen des Sachenrechts nicht recht für die Rechtsübertragung sammelverwahrter Wertpapiere. Canaris hat bereits im Jahr 1981 festgestellt, dass die Übertragung von Miteigentumsanteilen im Effektengiroverkehr nicht wirklich durch Einigung und Übergabe, sondern durch Einigung und Buchung seitens der Wertpapiersammelbank vollzogen wird. Es bliebe aber de

___________ 1)

2) 3)

Bericht der vom Eidgenössischen Finanzdepartement eingesetzten technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Verwahrung und Übertragung von Bucheffekten (Bucheffektengesetz) und zur Ratifikation des Haager Übereinkommens über die auf bestimmte Rechte an Intermediär-verwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung (Haager Wertpapierübereinkommen) vom 15.6.2004, S. 30; zur strategischen Bedeutung des Bucheffektengesetzes auch Ammann, Der Schweizer Treuhänder 2006, S. 524, 526. Thévenoz, Unif. L. Rev. 2005-1/2, 301, 304. Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 14, 15; Kuhn, The Geneva Securities Convention and the Swiss intermediated securities law reform, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 288, 293.

1

Kapitel 1: Einleitung

lege lata nichts anderes übrig, als diesen Vorgang irgendwie in die Kategorien der §§ 929 ff. BGB zu pressen.4) 4 Das deutsche Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat mit seinem Eckpunktepapier zur Reform des Depotrechts aus dem Jahr 2008 dann auch einen Anlauf zur Änderung der Materie genommen.5) Es wollte diskutieren, ob man das sachenrechtliche Gerüst nach dem Vorbild des schweizerischen Bucheffektengesetzes zugunsten eines Rechts sui generis aufgeben sollte. Leider hat das BMJ das Vorhaben nicht weiterverfolgt, sondern hat es vorgezogen, den Abschluss der Arbeiten der Europäischen Kommission zur Harmonisierung der europäischen Regeln im Bereich des Wertpapierrechtes abzuwarten.6) 5 Die Arbeiten der EU-Kommission hatten im Jahr 2009 begonnen, sind aber offenbar mit der 7. Konferenz der Securities Law Member States Working Group zum Stillstand gekommen.7) Das sog. Non-Paper der Services of the Directorate – General Internal Market and Services vom 15. Mai 2013 fasst diese Konferenz zusammen und kündigt einen überarbeiteten Ansatz für eine zukünftige Securities Law Legislation an. Sie soll sich nun auf die Stabilität des Finanzmarkts, Rechtssicherheit, Transparenz und die Risiken, die mit den Aktivitäten der Schattenbanken einhergehen, konzentrieren. Zwar war zu hören, das Vorhaben stünde noch immer auf der Agenda der neuen Europäischen Kommission.8) In deren offiziellem Arbeitsprogramm aus dem Jahr 2015 findet es sich jedoch nicht mehr.9) 6 Der deutsche Gesetzgeber sollte trotz Stillstands in Brüssel nicht mehr weiter zuwarten, sondern die komplizierte Materie wieder aufgreifen, um die Zeit für die doch meist langwierigen Vorarbeiten zu nutzen. Zwar sind zum heutigen Zeitpunkt weder die Haager Konvention über das auf bestimmte Rechte an verwahrten Wertpapieren anwendbare Recht noch das Genfer Wertpapierübereinkommen wirksam, aber sie liegen doch zur Zeichnung auf dem Tisch. Die internationale Rechtsentwicklung wird sich kaum aufhalten

___________ 4) 5) 6) 7)

8) 9)

2

Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2022. Das Eckpunktepapier scheint nicht veröffentlicht. Arora berichtet in: Die Bank 1/2009, 14, 16, von dem Plan der Bundesregierung für eine grundlegende Novelle. So Frau Höhfeld, die Vertreterin des BMJ, auf dem 2. Frankfurter Börsenforum am 15.10.2014. Securities Law Legislation, 7th Meeting of the Member States Working Group, NonPaper of the Services of the Directorate-General Internal Market and Services, Brussels, 15 May 2013, nicht veröffentlicht. So Frau Höhfeld, die Vertreterin des BMJ, auf dem 2. Frankfurter Börsenforum am 15.10.2014. Siehe ec.europa.eu/atwork/pdf/cwp_2015_de.pdf (zuletzt abgerufen am 29.1.2015).

B. Der Gang der Untersuchung

lassen. Weiterhin ist die CSD-Verordnung10) (Central Securities Depository Regulation) in die Überlegungen einzubeziehen. Art. 3 Abs. 1 der CSDVerordnung bestimmt, dass Wertpapiere bei der Zulassung zum Handel bzw. bei Zulassung zu einem Handelsplatz durch Buchungen im Effektengiro erfasst werden, indem sie entweder immobilisiert oder von Anfang an in entmaterialisierter Form begeben werden. Art. 49 Abs. 1 der CSD-Verordnung gewährt dem Emittenten das Recht, seine zum Handel zugelassenen Wertpapiere bei jedem Zentralverwahrer mit Sitz in einem Mitgliedstaat verbuchen zu lassen. Das Gesellschaftsrecht bzw. ein ähnliches Recht des Mitgliedstaates, dem die Wertpapiere unterliegen, soll dabei weiter gelten. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Clearstream Banking AG die Einbuchung von Wertrechten ablehnen darf.11) Das Für und Wider einer Einführung von Wertrechten zugunsten privater Emittenten wäre in diesem Zusammenhang nochmals zu überdenken. Diese Arbeit soll zunächst nur klären, ob der Bunderepublik Deutschland 7 das Schweizer Kleid „Bucheffekte“ mit seinem Erwerbstatbestand ebenfalls zu Gesicht stehen könnte.12) Das zu prüfen liegt jedenfalls nahe. Schließlich hat sich die Schweiz in der Vergangenheit bei der Ausgestaltung ihres Effektengiroverkehrs auch an der Rechtsentwicklung in Deutschland orientiert.13) B. Der Gang der Untersuchung Die Arbeit geht historisch vor und untersucht zunächst das Schweizer Wert- 8 papierrecht vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes. Dann werden die gesetzliche Ordnung der verschiedenen Wertpapiere im Obligationenrecht, ihre Funktionen, die Übertragungstatbestände und die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb beleuchtet. In diesem Rahmen wird auch einen kurzer Vergleich mit dem deutschen Recht angestellt. Es sei bereits hier darauf hingewiesen, dass sich dabei bemerkenswerte Unterschiede zeigen, etwa hinsichtlich der Geltung des Kausalitätsprinzips im Schweizer Recht.

___________ 10) Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vom 23.7.2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der EU und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012. 11) Siehe Art. 49 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vom 23.7.2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der EU und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012. 12) Kronke, WM 2010, 1625, 1635; siehe auch zum Schweizer Bucheffektengesetz als Reformmodell, Beckmann, Reformbedarf, Teil 3; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 19 IV. 13) Die Schweiz hat wie auch Österreich, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Italien und Spanien den Grundgedanken der Girosammelverwahrung aus Deutschland übernommen; siehe dazu Drobnig, in: Kreuzer, S. 11, 17.

3

Kapitel 1: Einleitung

9 Kapitel 3 stellt die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz dar, von der Immobilisierung bis hin zur Entmaterialisierung. Obwohl diese Entwicklung historisch bedingt später in Gang gekommen ist als in Deutschland, ist sie doch ähnlich verlaufen. Eine Besonderheit ist aber die Namenaktie (mit aufgeschobenem Titeldruck). Sie wird in der Schweiz als Wertrecht und nicht als Wertpapier klassifiziert. 10 Die meisten Wertpapiere werden in Deutschland heutzutage im Rahmen eines Effektenkommissionsgeschäftes erworben. Aus diesem Grund untersucht die Arbeit zunächst, wie der Bankkunde in der Schweiz aufgrund der Rechtslage vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes ein Wertpapier im Rahmen eines Effektenkommissionsgeschäftes erwarb, und dann entsprechend, wie der Bankkunde in Deutschland ein Wertpapier de lege lata erwirbt. Dabei werden nicht nur die juristischen Grundlagen untersucht, sondern insbesondere auch die tatsächlichen Abläufe. Denn ein etwaiger neuer Übertragungstatbestand sollte nicht nur in das deutsche Rechtssystem passen, sondern auch mit den bestehenden Verwahrungssystemen und Abwicklungsabläufen kompatibel sein, damit keine unnötigen Kosten infolge eventuell notwendiger Änderungen der IT-Systeme entstehen.14) 11 Kapitel 4 schildert das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft, seine Ausführung an der Schweizer Börse, der SIX Swiss Exchange, ohne Beteiligung einer Zentralen Gegenpartei15) und seine Erfüllung. Zunächst wird der Ablauf der Effektenkommission von der Auftragserteilung des Kunden bis zur Gutschrift auf dem Depotkonto des Kunden dargestellt. Danach werden die Rechte und Pflichten von Bank und Kunde aufgrund des zugrunde liegenden Kommissionsgeschäftes beleuchtet, ebenso wie die Rechte und Pflichten der Parteien des Ausführungsgeschäftes an der SIX Swiss Exchange. Am Ende dieses Kapitels wird anhand des Rechts vor Inkrafttreten des Schweizer Bucheffektengesetzes geprüft, auf welcher rechtlichen Grundlage und zu welchem Zeitpunkt der Kunde die Effekten erwirbt. Die Untersuchung beschränkt sich auf Effekten in Form von sammelverwahrten Wertpapieren bzw. Globalurkunden und lässt die Schweizer Wertrechte beiseite, weil der deutschen Rechtslehre in erster Linie die rechtliche Konstruktion der Übertragung der Wertpapiere Kopfzerbrechen bereitet. An dieser Stelle werden Defizite der sachenrechtlichen Konstruktion des Schweizer Rechts erkennbar, die es durch das Bucheffektengesetz zu beheben galt. Auch ein bisher nicht diskutiertes Defizit kommt zum Vorschein.

___________ 14) Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 32 ff. 15) Siehe dazu Hess, Die zentrale Gegenpartei im Effektenhandel – rechtliche Aspekte des Clearing, AJP 2004, 678 – 703.

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B. Der Gang der Untersuchung

Im Anschluss daran gibt das Kapitel 5 einen knappen Überblick über die Ent- 12 stehungsgeschichte des Bucheffektengesetzes bis hin zum Schutz des Kunden im Falle der Insolvenz der Verwahrungsstelle. Die Diskussion um die Rechtsnatur der Bucheffekte wird nur angerissen, denn sie ist für die Frage, ob der Erwerbstatbestand auf das deutsche Recht übertragbar ist, nicht erheblich. Der neue Erwerbstatbestand und die Stornierungsregeln hinsichtlich Belastung und Gutschrift der Bucheffekte stehen im Mittelpunkt. In einem das Schweizer Recht abschließenden Abschnitt wird eruiert, wann und wie der Kunde die Bucheffekte im Rahmen des Effektenkommissionsgeschäftes auf der Grundlage des Bucheffektengesetzes erwirbt und inwieweit die Defizite der sachenrechtlichen Konstruktion als behoben betrachtet werden können. Analog zum Schweizer Effektenkommissionsgeschäft, wie in Kapitel 4 be- 13 handelt, wird in Kapitel 6 das deutsche Effektenkommissionsgeschäft dargestellt: der Ablauf von der Auftragserteilung des Kunden bis zur Gutschrift der Wertpapiere auf dem Depotkonto des Kunden, die Rechte und Pflichten von Bank und Kunde aufgrund des zugrunde liegenden Kommissionsgeschäftes sowie die Rechte und Pflichten der Parteien des Ausführungsgeschäftes an der Frankfurter Wertpapierbörse. Auch hier wird auf eine Darstellung des Ausführungsgeschäftes unter Einschaltung der Zentralen Gegenpartei verzichtet. Als Nächstes wird die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes nach 14 deutschem Recht beschrieben. In diesem Zusammenhang geht Kapitel 6 zunächst auf die deutschen Verwahrformen und die unterschiedlichen Urkunden im Depotgesetz ein. Anschließend behandelt es den Erwerbstatbestand des zu Unrecht in Vergessenheit geratenen § 24 Abs. 2 DepotG und den bürgerlich-rechtlichen Erwerb sowie ihr Verhältnis zueinander. Es tritt zutage, dass entgegen einer in der Literatur vorherrschenden Meinung die Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG nicht aufschiebend bedingt ist durch die Zahlung des Kaufpreises seitens der an der Börse verkaufenden Bank. Im Rahmen des Erwerbs aufgrund von § 24 Abs. 2 DepotG gerät in den Fokus, dass die Banken in der Praxis entgegen § 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG dem Kommittenten gar nicht mitteilen, wenn sie ihm Eigentum verschafft haben. Anders als die Gutschrift auf dem Depotkonto der Bank bei der Clearstream Banking AG muss die Gutschrift im Depotkonto des Einkaufskommittenten zwar wegen der Rechtsnatur des Wertpapiers durch die Lieferung der Wertpapiere seitens der verkaufenden Bank aufschiebend bedingt sein. Dies ist jedoch auf der Grundlage des gegenwärtigen Rechts kaum zu rechtfertigen. Kapitel 7 kommt zu dem Schluss, dass der Erwerbstatbestand des Art. 24 15 BEG trotz der Unterschiede in der Abwicklung auf das deutsche Recht übertragbar ist, wenn man bereit ist, sich vom Wertpapier als einer Sache zu verabschieden. Übernimmt man Art. 24 BEG – unter Umständen mit einigen 5

Kapitel 1: Einleitung

Anpassungen – in das deutsche Recht, sollte sichergestellt sein, dass zumindest die Vorgaben des Genfer Wertpapierübereinkommens erfüllt sind. Kapitel 8 skizziert deshalb Entstehung und Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens aus dem Jahr 2009 und nimmt die zentrale Regel für die Übertragung von intermediär-verwahrten Wertpapieren unter die Lupe. Angesichts der Tatsache, dass das Genfer Wertpapierübereinkommen und das Schweizer Bucheffektengesetz nicht nur fast zeitgleich, sondern auf Schweizer Seite auch unter Mitwirkung derselben Personen entstanden sind, überrascht es nicht, dass der Schweizer Übertragungstatbestand des BEG die Vorgaben des Genfer Wertpapierübereinkommens einhält. 16 Auf eine Darstellung der bisherigen Überlegungen zur europäischen Securities Law Legislation wird verzichtet, da die Arbeiten zum Stillstand gekommen sind und es zur Zeit nicht einmal absehbar ist, welchen Inhalt eine solche Regelung überhaupt haben könnte.16) Im Übrigen haben drei Vorhaben, die laut Non-Paper der Services of the Directorate-General Internal Market and Services vom 15. Mai 2013 Gegenstand der Securities Law Legislation hätten sein sollen, bereits Aufnahme in anderen EU-Regelungen bzw. Entwürfe dazu gefunden. 17 Nach Art. 38 der CSD-Verordnung17) müssen Zentralverwahrer ihren Teilnehmern sowohl die Omnibus-Kunden-Kontentrennung (omnibus client segregation) als auch die Einzelkunden-Kontentrennung (individual client segregation) ermöglichen. Die Teilnehmer wiederum bieten ihren Kunden zumindest die Wahl zwischen diesen beiden Modellen an. 18 Die Regeln zur Weiterverpfändung von als Sicherheit erhaltenen Finanzinstrumenten (rehypothecation)18) finden sich im Entwurf der Verordnung über die Meldung und Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften vom 29. Januar 2014 (Securities Financing Transactions Regulation). 19 Ihre Ideen zur Erleichterung der Ausübung von Aktionärsrechten – insbesondere für grenzüberschreitend gehaltene Wertpapierbestände – hat die EUKommission im Entwurf der Aktionärsrechterichtlinie II untergebracht.19) ___________ 16) So Frau Höhfeld, die Vertreterin des BMJ, auf dem 2. Frankfurter Börsenforum am 15.10.2014. 17) Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vom 23.7.2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der EU und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012. 18) Siehe IV. Nr. 28 des Non-Papers Securities Law Legislation, 7th Meeting of the Member States Working Group, Non-Paper of the Services of the Directorate-General Internal Market and Services, Brussels, 15 May 2013, nicht veröffentlicht. 19) Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung vom 9.4.2014.

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C. Vorbemerkung

C. Vorbemerkung Obwohl Schweizer Sprache und Rechtstradition der deutschen durchaus 20 ähnlich sind, werden doch andere Begriffe und Rechtskonstruktionen verwendet oder es haben dieselben Begriffe nicht unbedingt dieselbe Bedeutung.20) Manches ist mit einer deutschen Ausbildung nicht einfach zu verstehen. Dazu trägt nicht zuletzt bei, dass die Schweizer Autoren sich in ihrer Ausdrucksweise kürzer fassen und dies bisweilen Fragen offen lässt. Zwar wird das Bank- und Kapitalmarktrecht in der Schweiz schwerpunktmäßig betrieben, jedoch scheint das Thema Effektenkommission und die Übertragung von Wertpapieren im Rahmen der Effektenkommission vor Erlass des Bucheffektengesetzes nicht so ausführlich behandelt worden zu sein wie in der deutschen Lehre. Soweit es um das Schweizer Recht geht, werden in der Arbeit die Schweizer 21 Begriffe benutzt wie beispielsweise „Namenpapier“ anstelle des deutschen „Namenspapiers“. Soweit das deutsche Recht dargestellt wird, sind die deutschen Begriffe verwendet. Der Lesbarkeit wegen wird jedoch auf die weibliche Form mancher Termini, wie in der Schweizer Gesetzgebung gebräuchlich, verzichtet. Wichtige Schweizer gesetzliche Vorschriften werden entweder im Text oder in den Fußnoten der Arbeit abgedruckt. Außerdem sind das Bucheffektengesetz und das Genfer Wertpapierübereinkommen als Anhänge beigefügt. Schließlich sei darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht Ziel dieser Arbeit 22 ist, die insbesondere in Deutschland sehr umfangreiche Diskussion zu den rechtlichen Problemen der Übertragung von Wertpapieren im Rahmen des Effektengiroverkehrs vollständig aufzuarbeiten sowie die bereits vorgeschlagenen Alternativmodelle darzustellen und gegeneinander abzuwägen. Auch die Probleme des grenzüberschreitenden Effektengiroverkehrs sind nicht Gegenstand dieser Arbeit.

___________ 20) Z. B. der Begriff der Verfügung, siehe nur Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1132, Fn. 33.

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Kapitel 2: Das Wertpapier als Grundlage des Effektengiroverkehrs in der Schweiz Wertpapiere werden vornehmlich an der Börse gehandelt. Die ersten Börsen 23 in London, Paris und Deutschland wurden bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gegründet.21) Das Schweizer Börsenwesen hat sich verhältnismäßig spät entwickelt. Die Genfer Börse wurde 1850, die Lausanner 1873, die Basler 1876 und die Zürcher Börse 1877 gegründet, denn erst Mitte des 19. Jahrhunderts benötigte man eine größere Menge an Kapital für den Bau der Eisenbahnen.22) Die Börsen unterstanden lange Zeit ausschließlich der kantonalen Gesetzgebung und der kantonalen Aufsicht.23) Daran vermochte auch die große Börsenkrise in den Jahren 1889/90 nichts zu ändern.24) Das erste Bundesgesetz im Bereich des Börsenwesens war dann auch ein Steuergesetz – das Gesetz über die Stempelabgaben aus dem Jahr 1917 – und kein regulatorisches Gesetz. Die Börsen in Genf, Basel und Zürich fusionierten im Jahr 1993 zur SWX 24 Swiss Exchange,25) und die kantonale Struktur wurde erst mit der Einführung der elektronischen Börse in der Schweiz im Jahr 1996 abgeschafft.26) Das Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG) trat am 1. Februar 1997 in Kraft. Heute heißt die Schweizer Börse SIX Swiss Exchange; sie ist 2008 aus einer Fusion von SWX Group, SIS Group und Telekurs Group hervorgegangen. Die SIX Swiss Exchange hat in der Schweiz eine außerordentliche wirtschaftliche Bedeutung: Das Verhältnis von Börsenkapitalisierung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug 2008 276,6 %. In Großbritannien betrug dieses Verhältnis im selben Jahr 83,75 %.27) A. Die Ordnung des Schweizer Wertpapierrechts im Obligationenrecht Die Lehre von den Wertpapieren in der Schweiz entstand im deutschen 25 Sprachgebiet im 19. Jahrhundert.28) Der Basler Handelsrechtslehrer Carl Wie___________ 21) Albisetti, in: Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, S. 153; wobei der Beginn der Börsengeschichte von der Definition des Begriffs der Börse abhängt, siehe Merkt, Zur Entwicklung des deutschen Börsenrechts von den Anfängen bis zum zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, in: Hopt/Rudolf/Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 17, 22. 22) Blanchard, Schweizerisches Börsen- und Kapitalmarktrecht, in: Hopt/Rudolf/Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 905, 910; dazu auch Kunz, P., Kreuzfahrt, S. 52. 23) Bremer, Grundzüge des deutschen und ausländischen Börsenrechts, S. 159. 24) Weigl, Schweizer Börsenrecht, S. 21; Blanchard, Schweizerisches Börsen- und Kapitalmarktrecht, in: Hopt/Rudolf/Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 905, 910. 25) Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 3. Aufl., 2010, S. 683. 26) Blanchard, Schweizerisches Börsen- und Kapitalmarktrecht, in: Hopt/Rudolf/Baum (Hrsg.), Börsenreform, S. 905, 910. 27) Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 3. Aufl., 2010, S. 692. 28) Jäggi, Allgemeines Wertpapierrecht, S. 2.

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Kapitel 2: Das Wertpapier als Grundlage des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

land (Beginn des 19. Jahrhunderts) und der Freiburger Professor Peter Jäggi mit seinem Wertpapierrechtskommentar in der Zürcher Reihe spielten dabei eine wichtige Rolle.29) Anders als im deutschen Recht gibt es seit 1936 im sog. revidierten Obligationenrecht (OR)30) eine „Abteilung“ Wertpapierrecht mit einer umfassenden Ordnung.31) Wie im deutschen Recht entstand Streit über die Rechtsnatur des Namenpapiers.32) Da im alten Obligationenrecht vor 1936 eine Regelung des Namenpapiers33) fehlte, musste das Bundesgericht entscheiden, ob die Regeln zur Amortisation auch auf das Namenpapier anwendbar waren. Der erste Bundesgerichtsentscheid bejahte dies,34) während das Bundesgericht dieselbe Rechtsfrage später für Namenpapiere, die nach Inkrafttreten des alten Obligationenrechts entstanden waren, verneinte.35) 26 Dieses Hin und Her der Rechtsprechung war der Grund für die umfassende Ordnung des Schweizer Wertpapierrechts im revidierten Obligationenrecht. Sie findet sich in der fünften Abteilung des Schweizer Obligationenrechts beginnend mit dem 33. Titel. Der erste Abschnitt umfasst die Namen-, Inhaber- und Ordrepapiere. Die „Allgemeinen Bestimmungen“ beginnen mit Art. 965 OR, der Definition des Wertpapiers: „Wertpapier ist jede Urkunde, mit der ein Recht derart verknüpft ist, dass es ohne die Urkunde weder geltend gemacht noch auf andere übertragen werden kann.“ Diese Definition geht nach überwiegender Meinung in der Literatur auf die Definition des Deutschen Heinrich Brunner zurück.36) Er definierte bereits im Jahr 1882 in Endemanns Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts: „Werthpapier ist eine Urkunde über Privatrecht, dessen Verwertung durch die Innehabung privatrechtlich bedingt ist.“37) ___________ 29) Bär, Entwicklungen, S. 178. 30) Zweigert/Kötz, S. 167 zum Vorgänger des revidierten Obligationenrechts: „… konnte 1881 ein einheitliches Schweizer Obligationenrecht in Kraft treten, das sich wesentlich an das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch von 1861 und an den Dresdner Entwurf von 1865 (…) anlehnte.“ Ein besonderes Handelsgesetzbuch kennt die Schweiz jedoch nicht (S. 168). 31) Kritik an dieser Ordnung übt Jäggi, Allgemeines Wertpapierrecht, S. 6: Die Ordnung beschränke sich auf das Wertpapier, während Vorlegungs- und Ausweispapiere überhaupt nicht erwähnt seien. 32) Bär, Entwicklungen, S. 187. 33) Die Schweizer Terminologie ist teilweise anders als die deutsche: In der Schweiz heißt das Namenspapier Namenpapier und das Orderpapier Ordrepapier. In diesem Kapitel wird die Schweizer Terminologie verwendet. 34) BGE 10, 276, 284 (im Jahr 1884 zu einem sog. Depositenschein). 35) BGE 23, 166, 173 (im Jahr 1897 ebenfalls zum Depositenschein); Bär, Entwicklungen, S. 184 ff. Es folgte eine ganze Serie von Bundesgerichtsentscheidungen, die immer wieder zu sich widersprechenden Ergebnissen kamen (Bär, Entwicklungen, S. 187). 36) Bär, Entwicklungen, S. 185, bezweifelt dies und meint, die Definition fände sich bereits bei Bluntschli, Deutsches Privatrecht, 2. Aufl., S. 315. Tatsächlich findet er sich dort auf S. 503 ff. 37) Zitiert nach Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl. Bern 2000, § 2 N 223.

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B. Die Schweizer Wertpapiere und ihre Funktionen

Die gemeinsamen Themen wie Geltendmachung, Übertragung und Amorti- 27 sierbarkeit sind im Allgemeinen Teil in Art. 965 OR bis Art. 973 OR geregelt. Die Namenpapiere (Art. 974 bis 977 OR) und die Inhaberpapiere (Art. 978 bis 989 OR) haben eigene Abschnitte und gesetzliche Definitionen. Das Ordrepapier ist ebenfalls gesetzlich definiert in Art. 1145 OR und findet sich nach den Abschnitten über den Wechsel und den Check unter „Wechselähnliche und andere Ordrepapiere“. In Deutschland gibt es weder eine solch umfassende Ordnung des Wertpa- 28 pierrechts noch eine gesetzliche Definition des Wertpapiers. Es besteht bis heute Uneinigkeit über den Begriff des Wertpapiers.38) Obwohl die in der deutschen Lehre herrschende Definition auch auf Heinrich Brunner zurückgeht, unterscheidet sie sich von der gesetzlichen Definition in der Schweiz: „Ein Wertpapier ist eine Urkunde, in der ein privates Recht in der Weise verbrieft ist, dass zur Geltendmachung des Rechts die Innehabung der Urkunde erforderlich ist.“39) Die deutsche Definition erwähnt die Übertragung der Wertpapiere nicht.40) Die wertpapierrechtliche Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird als 29 „missglückt“ bezeichnet, denn das BGB handelt weder von allen für Privatleute relevanten Wertpapieren, noch macht es die inneren Zusammenhänge zwischen den Wertpapierformen deutlich.41) Das Schweizer Wertpapierrecht dagegen gilt in der deutschen rechtswissenschaftlichen Literatur als hoch entwickelt.42) B. Die Schweizer Wertpapiere und ihre Funktionen Recht und Urkunde werden durch die Urkundenklauseln auf besondere Weise 30 verknüpft, und daraus ergeben sich die besonderen Funktionen der Wertpa-

___________ 38) Statt vieler Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere, S. 2 f.; Koller, Gutachten, S. 1431. 39) Statt aller Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere, S. 1. 40) Martini erklärt dies in Doktrin und Praxis, Kapitel 1, § 2 A. I., damit, dass im deutschen Recht nur Inhaber- und Orderpapiere durch Einigung und Übergabe übertragen werden, während Rektapapiere nach den Regeln der Abtretung (§ 398 ff. BGB) übertragen werden und das Recht am Papier gemäß § 952 BGB kraft Gesetz auf den Zessionar übergeht. Nach Beeler, Bucheffekten, S. 18, soll der Begriff des Wertpapiers im Schweizer Recht jedoch dem des deutschen Rechts entsprechen; Lehmann dagegen hält den Schweizer Begriff des Wertpapiers für eine eigenartige Mischung aus der deutschen herrschenden Meinung und dem Begriff Heinrich Brunners, Finanzinstrumente, S. 161; Chun, Cross-Border Transactions, S. 325, hält die Begriffe für ähnlich. 41) Koller, Gutachten S. 1429, 1434 und auf S. 1433: „Es kann mithin festgehalten werden, dass, von Einzelfragen abgesehen, kein aktuelles dringendes Bedürfnis für die Neuordnung des Wertpapierrechts besteht, dass aber andererseits ein Bedürfnis nicht gänzlich zu verneinen ist.“ 42) Zöllner, Wertpapierrecht, in den Allgemeinen Literaturhinweisen (ohne Seite).

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Kapitel 2: Das Wertpapier als Grundlage des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

piere. Für Namen-, Inhaber- und Ordrepapiere gilt, dass der Schuldner nur gegen Aushändigung der Urkunde leisten muss (sog. Geltendmachungsfunktion, Art. 966 OR) und nur an den Vorleger leisten darf. 31 Beim Namenpapier muss der Vorleger zusätzlich nachweisen, dass er der auf dem Papier ausgewiesene Berechtigte oder dessen Rechtsnachfolger ist (Art. 975 OR).43) Gemäß Art. 966 Abs. 2 OR wird der Schuldner bei Verfall durch eine Leistung an den durch die Urkunde ausgewiesenen Gläubiger befreit, wenn ihm nicht Arglist oder grobe Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist.44) 32 Beim Inhaberpapier dagegen darf der Schuldner ohne Überprüfung der Berechtigung des Vorlegers leisten (Legitimationsfunktion). Es gilt auch hier Art. 966 Abs. 2 OR. Beim Ordrepapier muss der Vorleger, wenn er nicht selbst auf dem Papier als erster Nehmer benannt ist, die Berechtigung am Recht mittels Indossamentenkette nachweisen. Die Indossamentenkette muss nur formell lückenlos sein (Art. 1030 Abs. 3 und 1121 OR). Die Echtheit der Unterschriften muss nicht geprüft weren.45) 33 Die Wertpapierurkunde dient außerdem der Übertragung des verbrieften Rechts nach den Grundsätzen des Sachenrechts unter Berücksichtigung einiger wertpapierrechtlicher Besonderheiten (Übertragungsfunktion). Zu guter Letzt geht es beim Inhaber- und Ordrepapier um die Verkehrsschutzfunktion. Wer ein solches Papier aufgrund einer Übergabe der Urkunde erwirbt, wird in seinem guten Glauben an die Rechtsinhaberschaft des Verfügenden46) und an die Richtigkeit des Urkundentextes47) geschützt (Art. 979 OR). Aus diesem Grund werden Inhaber- und Ordrepapiere auch im Schweizer Recht als Wertpapiere des öffentlichen Glaubens bezeichnet. Inhaberpapiere können auch nach Schweizer Recht gutgläubig erworben werden, wenn sie abhandengekommen sind (Art. 935 ZGB). Die Funktionen des Wertpapiers im Schweizer Recht entsprechen denen im deutschen Recht. C. Die Übertragung der Schweizer Wertpapiere und der gutgläubige Erwerb 34 Einerseits existiert eine Forderung, andererseits ein Papier, das diese Forderung verbrieft. Es stellt sich die Frage, wie die Forderung zu übertragen ist. ___________ 43) Die Namenaktie ist auch im Schweizer Recht ein geborenes Ordrepapier (Art. 684 Abs. 2 OR). Nach Art. 684 Abs. 2 OR kann die Übertragung durch Rechtsgeschäft durch Übergabe des indossierten Aktientitels an den Erwerber erfolgen. 44) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 101 f.; BSK-Wertpapierrecht-Furter, Art. 975 N 4. 45) BSK-Wertpapierrecht-Christen/Hauck, Art. 1145 N 8 m. w. N. 46) Siehe im Einzelnen Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 4 N 11-18, insbesondere auch zu den unterschiedlichen Maßstäben hinsichtlich des guten Glaubens bzw. des Fehlens grober Fahrlässigkeit bei Inhaber- und Ordrepapieren, vgl. BSK-Wertpapierrecht-Furter, Art. 979 N 1 f. 47) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 4 N 23 ff.

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C. Die Übertragung der Schweizer Wertpapiere und der gutgläubige Erwerb

Zweifelsohne ist es zweckmäßig, wenn Forderung und Eigentum am Papier in einer Hand liegen.48) Das Schweizer Recht kennt eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung in den 35 Allgemeinen Bestimmungen, die für Inhaber-, Namen- und Ordrepapiere gilt. Art. 967 OR regelt in Abs. 1: „Zur Übertragung des Wertpapiers zu Eigentum oder zu einem beschränkt dinglichen Recht bedarf es in allen Fällen der Übertragung des Besitzes an der Urkunde.“ Und in Abs. 2 heißt es: „Bei Ordrepapieren bedarf es überdies der Indossierung, bei Namenpapieren einer schriftlichen Erklärung, die nicht auf das Wertpapier selbst gesetzt werden muss.“ Bei allen Papierarten gilt somit: Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier.49) Es bedarf somit zur Übertragung der Forderung von Gesetzes wegen zweier- 36 lei: der Übertragung des Besitzes (Art. 967 Abs. 1 OR) an der Urkunde und eines Übertragungsvertrages (Art. 967 Abs. 2 OR).50) Gegenstand des Übertragungsvertrages ist nach Schweizer Rechtsvorstellung aber vorrangig das Recht aus dem Papier. Die Übertragung der Urkunde selbst hat keine selbständige Bedeutung hinsichtlich des Rechts.51) Für die Übertragung der Urkunde gelten die allgemeinen Regeln der Besitzübertragung der Arts. 922 ff. ZGB.52) Das Schweizer Gesetz stellt also für Namen-, Inhaber- und Ordrepapiere sicher, dass der Erwerber im Rahmen des Erwerbsvorgangs auch in den Besitz des notwendigen Legitimationsmittels kommt. Ist er nicht im Besitz der Urkunde, ist er auch nicht am Recht aus dem Papier berechtigt. Er hat nur einen obligatorischen Anspruch auf Lieferung des Papiers.53) Hinsichtlich der verschiedenen Wertpapiere gilt im Einzelnen: I. Das Inhaberpapier Das Inhaberpapier (Art. 978 OR) wird im Schweizer Recht laut Art. 967 37 Abs. 1 OR durch Tradition übertragen.54) Hierbei ist eine Besonderheit des Schweizer Rechts zu beachten: Zusätzlich zur Tradition ist ein wirksames Verpflichtungsgeschäft erforderlich, denn anders als im deutschen Recht gilt das Kausalitätsprinzip für die Übertragung von Sachen. Wenn das Verpflichtungsgeschäft nicht wirksam ist, bleibt der Veräußerer Eigentümer der Ur___________ Hueck/Canaris, Wertpapierrecht, S. 2. Bär, Entwicklungen, S. 192. ZK-Jäggi, Art. 967 N 70; BSK-Wertpapierrecht-Furter, Art. 967 OR N 1. ZK-Jäggi, Art. 967, N 4 f.; BSK-Wertpapierrecht-Furter, Art. 967 OR N 2. BGE 98 IV 241, 243, ZK-Jäggi, Art. 967, N 31; BSK-Wertpapierrecht-Furter, Art. 967 OR N 3. 53) Bär, Entwicklungen, S. 193. 54) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 157 f.; eine Bezugnahme auf die Vorschriften zur Übertragung des Fahrniseigentums (Art. 714 ZGB) findet man in der Literatur selten. Eine Ausnahme stellt ZK-Wieland, Art. 714 N 5 dar.

48) 49) 50) 51) 52)

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Kapitel 2: Das Wertpapier als Grundlage des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

kunde und kann die Urkunde vindizieren. Nur der zweite Erwerber kann die Rechtszuständigkeit gemäß der lex specialis Art. 935 ZGB55) gutgläubig erwerben.56) Der Erwerber ist im Zweifel zur Abklärung gezwungen (Art. 3 Abs. 2 ZGB57)). 38 Im deutschen Recht wird das Inhaberpapier nach herrschender Meinung wie eine Sache gemäß §§ 929 ff. BGB übertragen.58) Eine besondere gesetzliche Regelung gibt es nicht. Ein gutgläubiger Erwerb durch den zweiten Erwerber gemäß §§ 932 ff., 935 Abs. 2 BGB ist nicht erforderlich, wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, denn im deutschen Recht gilt das Abstraktionsprinzip. Auch wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, erwirbt der Erwerber Eigentum an dem Wertpapier und ist verfügungsberechtigt. Der zweite Erwerber erwirbt vom Berechtigten und ist nicht auf die Vorschriften zum gutgläubigen Erwerb angewiesen. Mithin hat der gutgläubige Erwerb im Schweizer Recht für den Verkehrsschutz eine weitergehende Bedeutung als im deutschen Recht. 39 Mangels gesetzlicher Anordnung im deutschen Recht wird – anders als im Schweizer Recht – von der herrschenden Meinung in Deutschland vertreten, dass Inhaberpapiere auch auf dem Wege der Zession übertragen werden können.59) Das Recht am Papier folgt dann dem Recht aus dem Papier (§ 952 Abs. 2 BGB).60) II. Das Ordrepapier 40 Das Ordrepapier (Arts. 1145,61) 1152 Abs. 2 OR) wird gemäß Art. 967 Abs. 1 OR durch Übertragung des Besitzes an der Urkunde und Indossierung ___________ 55) Art. 935 ZGB: „Geld und Inhaberpapiere können, auch wenn sie dem Besitzer gegen seinen Willen abhanden gekommen sind, dem gutgläubigen Empfänger nicht abgefordert werden.“ 56) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 4 N 13: Die allgemeinen Regeln für Fahrnis, Art. 933 ZGB und Art. 934 ZGB, gelten nicht für Inhaberpapiere. 57) Art. 3 Abs. 2: „Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.“ 58) Siehe Kapitel 6 D. III. 2. mit Nachweisen. 59) BGH, Urteil vom 14.5.2013, WM 2013, 1264 ff. zur Inhaberschuldverschreibung m. w. N.; Zöllner, Wertpapierrecht, S. 10; Gursky, Wertpapierrecht, S. 11; Hueck/Canaris, Wertpapierecht, S. 25; Palandt/Sprau, § 793, Rn. 9; siehe für die Inhaberaktie auch Mentz/ Fröhling, NZG 2002, 201, 202 m. w. N.; zu den Unterschieden zwischen Schweizer und deutschem Recht siehe auch Bär, Entwicklungen, S. 193. 60) Zu den zahlreichen Streitpunkten im Recht der Inhaberschuldverschreibung Koller, Gutachten, S. 1435-1449; wegen der Unübersichtlichkeit schlägt er eine Überarbeitung des Rechts des Inhaberpapiers vor, am selben Ort, S. 1437. 61) Art. 1145 OR: „Ein Wertpapier gilt als Ordrepapier, wenn es an Ordre lautet oder vom Gesetze als Ordrepapier erklärt ist.“

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C. Die Übertragung der Schweizer Wertpapiere und der gutgläubige Erwerb

(Arts. 967 Abs. 2, 1143 Abs. 1 Ziff. 4, 1152 Abs. 2, 1003 OR) übertragen.62) Das Indossament ist wie im deutschen Recht eine auf die Übertragung des im Ordrepapier verbrieften Rechts gerichtete schriftliche Willenserklärung.63) Sowohl die Verfügung über die Urkunde als auch die Indossierung betrachtet das Schweizer Recht als kausal, so dass auch beim Ordrepapier, wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, das Recht am Papier und das Recht aus dem Papier beim Veräußerer verbleiben und nicht auseinanderfallen. Der Verfügende kann also die Urkunde vindizieren.64) Trotz anderslautender gesetzlicher Bestimmung ist es jedoch entsprechend 41 den Materialien zum OR auch möglich, Ordrepapiere auf dem Wege der Abtretung zu übertragen.65) Gemäß Art. 165 Abs. 1 OR ist für eine wirksame Abtretung anders als im deutschen Recht die schriftliche Form erforderlich.66) Ebenso ist die Übertragung der Urkunde geboten.67) Ist der Verfügende nicht Eigentümer des Papiers, ist ein sog. „Erwerb kraft 42 berechtigter Erwartung“ gemäß Arts. 1006 Abs. 2, 1112 OR, 1152 Abs. 2 i. V. m. Art. 1006 Abs. 2 OR möglich. Dieses Institut ist vergleichbar mit dem Erwerb vom Nichtberechtigten im Sachenrecht und im Recht der Inhaberpapiere. Dort wird jedoch der gute Glaube an die Rechtszuständigkeit verlangt, während hier das Fehlen grober Fahrlässigkeit oder bösen Glaubens genügt.68) Die berechtigten Erwartungen müssen sich auf das Papiereigentum und die indossamentenrechtliche Zuständigkeit beziehen.69) Ein solcher Erwerb ist auch bei vorherigem Abhandenkommen des Papiers möglich (Arts. 1006 Abs. 2, 1112, Art. 1152 Abs. 2 OR i. V. m. Art. 1006 Abs. 2 OR).70) Im deutschen Recht dagegen herrscht vielfältiger Streit. Zunächst darüber, 43 ob es beim Ordrepapier zur Übertragung des verbrieften Rechts durch Indossament auch der Übereignung der Urkunde bedarf71) oder ob ein Bege___________ 62) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 194 f.; BSK-Wertpapierrecht-Christen/Hauck, Art. 1145 N 7. 63) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 195; BSK-Wertpapierrecht-Christen/Hauck, Art. 1145 N 7. 64) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 199. 65) ZK-Jäggi, Art. 967, N 91 ff.; Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 4 N 20, im Zusammenhang mit dem im Fall einer Abtretung nicht bestehenden Verkehrsschutz. 66) BGE 86 II 95, 98; BGE 90 II 164, 179; BSK-Wertpapierrecht-Furter, Art. 967 OR N 9. 67) BGE 86 II 95, 98; BGE 90 II 164, 179; Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 4 N 20. 68) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 200. 69) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 202 ff. 70) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 206. 71) So Hueck/Canaris, Wertpapierrecht, S. 88; BGH, Urteil vom 12.12.1957, NJW 1958, 302 obiter; siehe für die Namensaktie Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 203 m. w. N.

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Kapitel 2: Das Wertpapier als Grundlage des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

bungsvertrag und ein Indossament ausreichend sind.72) Das Eigentum an der Urkunde würde dann gemäß § 952 Abs. 2 BGB übergehen. Weiter wird diskutiert, ob wie im Schweizer Recht eine Übertragung durch Abtretung möglich ist.73) Nach deutschem Recht wäre diese anders als im Schweizer Recht formlos möglich. Problematisiert wird obendrein, ob zu der Abtretung eine Übergabe der Urkunde hinzukommen muss74) und ob sie zu Eigentum übertragen werden muss oder ob eine bloße Besitzübertragung genügt. Eine Aufspaltung zwischen dem Recht am Papier und dem Recht aus dem Papier ließe sich jedenfalls durch eine analoge Anwendung des § 952 BGB verhindern.75) III. Das Namenpapier 44 Die Übertragung des Namenpapiers76) im Schweizer Recht erfordert zweierlei, nämlich die Übertragung des Besitzes an der Urkunde gemäß Art. 967 Abs. 1 OR sowie eine schriftliche Erklärung, die gemäß Art. 967 Abs. 2 2. Halbsatz OR nicht auf die Urkunde selbst gesetzt werden muss.77) Bei der Erklärung handelt es sich um eine Abtretungserklärung. Fehlt es an einem der beiden Erfordernisse, wird der Erwerber weder Gläubiger noch Eigentümer des Papiers.78) Obwohl beim Namenpapier die Übertragung des Besitzes an der Urkunde erforderlich ist, damit das Recht übergeht, ist doch kein gutgläubiger Erwerb der Forderung möglich, denn rechtszuständig ist hier aus-

___________ 72) Ausführlich dazu Zöllner, Wertpapierrecht, S. 85. 73) So Zöllner, Wertpapierrecht, S. 86; Baur/Stürner, SachenR, § 53 Rn. 38 f.; Palandt/ Grüneberg, § 398 Rn. 7; a. A. Hueck/Canaris, Wertpapierrecht, S. 88, Zöllner unterschätze den Verkörperungsgedanken im Wertpapierrecht; mit weiteren Hinweisen zur Aktie, Noack, in: FS Wiedemann, S. 1142, 1149; siehe für die Namensaktie Mentz/ Fröhling, NZG 2002, 201, 203 f. m. w. N. 74) So BGH, Urteil vom 11.4.1988 zum nicht präjudizierten Wechsel (obiter dictum), NJW 1988, 1979, 1980 m. w. N. 75) Zöllner, Wertpapierrecht, S. 85 f. m.w.N; Zöllner, FS Raiser, S. 249, 277 f. 76) Im Schweizer Recht ist die Namenaktie (wie im deutschen Recht) ein geborenes Ordrepapier. Sie kann jedoch auch als echtes Namenpapier (bzw. Rektapapier) ausgestaltet werden; siehe dazu Meier-Hayoz, Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 20 N 59; Jäggi/Druey/von Greyers, Wertpapierrecht, S. 110. In diesem Fall ist die Mitgliedschaft nur durch Zession und Tradition zu übertragen und es gibt keinerlei Verkehrsschutz. Im deutschen Recht ist die Namensaktie kein Rektapapier und kann nach h.M. auch nicht als solches ausgestaltet werden; siehe dazu Hüffer, AktienG, § 68, Rn. 1, 2; Zöllner, Wertpapierrecht, S. 182; a. A. Hueck/Canaris, Wertpapierrecht, S. 216. Siehe zur girosammelverwahrten Namensaktie als Orderpapier auch Beckmann, Reformbedarf, S. 37. 77) Die Schweizer Literatur verzichtet überwiegend auf einen Hinweis auf Art. 714 ZGB: „Zur Übertragung des Fahrniseigentums bedarf es des Überganges des Besitzes auf den Erwerber.“ Sie verweist ausschließlich auf die Vorschriften zur Besitzübertragung, die vergleichbar sind mit den deutschen Übergabevorschriften bzw. den Übergabesurrogaten der §§ 929, 930 ff. BGB. 78) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 106.

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C. Die Übertragung der Schweizer Wertpapiere und der gutgläubige Erwerb

schließlich der zessionsrechtlich ausgewiesene Papiereigentümer.79) Letzteres entspricht der Regelung im deutschen Recht. Wieder kommt hier eine Besonderheit des Schweizer Rechts zum Tragen: 45 Nach wohl noch herrschender Meinung gilt für die Abtretung einer Forderung, anders als für Fahrnis, das Abstraktionsprinzip.80) Das bedeutet, dass die Wirksamkeit der Abtretung unabhängig von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts ist. Beim Schweizer Namenpapier ist es also möglich, dass das Recht aus dem Papier und das Recht am Papier auseinanderfallen:81) Wenn nämlich das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, ist die Abtretung wirksam, während die Eigentumsübertragung am Papier jedoch unwirksam ist. Der Verpflichtete kann sich aber durch Leistung an den zessionsrechtlich berechtigten Papierbesitzer (nicht Papiereigentümer) gemäß Art. 966 Abs. 2 OR befreien. Veräußert der Erwerber nun das Namenpapier weiter, erwirbt der zweite Erwerber die Forderung – das Recht aus dem Papier – vom Berechtigten, während er das Recht an dem Papier gutgläubig gemäß Art. 933 ZGB erwirbt. Im deutschen Recht genügt nach herrschender Meinung in der Literatur zur 46 Übertragung eines Namenspapiers die formlose Abtretung gemäß § 398 BGB, und das Eigentum am Wertpapier geht gemäß § 952 Abs. 2 BGB auf den Erwerber über. Diese Vorschrift soll vermeiden, dass das Recht am Papier und das Recht aus dem Papier unterschiedlichen Personen zustehen.82) Ein Namenspapier kann nicht durch bloße Übereignung übertragen werden.83) Allerdings wird auch vertreten, dass eine Übergabe des Papiers erforderlich ist.84)

___________ 79) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 1. Aufl., Bern 1985, § 7 N 1 ff.; Meier-Hayoz/von der Crone, Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 2 N 111; Zobl, in: Hertig u. a. (Hrsg.), BEHG, Art. 2 N 5; BSK-Wertpapierrecht-Furter, Art. 967 OR N 12 geht nicht auf den gutgläubigen Erwerb ein. 80) Im alten Schweizer Obligationenrecht galt das Abstraktionsprinzip auch für Verfügungsgeschäfte über Sachen. Mit dem Inkrafttreten des ZGB im Jahr 1907 wurde diese Frage streitig. Das Bundesgericht (BGE 55 II 302 ff.) entschied sich für das Kausalitätsprinzip hinsichtlich der Verfügung über Sachen, denn Art. 974 Abs. 2 ZGB geht für Grundstücke ebenfalls vom Kausalitätsprinzip aus (vgl. BSK-ZGB II/Wiegand, Vor Art. 641 ff., N 67 ff). Hinsichtlich der Abtretung hielt das Bundesgericht zunächst am Abstraktionsprinzip fest (BGE 50 II 393; 67 II 127; 71 II 169 f.), ließ die Frage aber später offen (BGE 84 II 363, 95 II 112); siehe zum Streit Meier-Hayoz/von der Crone, Wertpapierrecht, 1. Aufl., Bern 1985, § 2 N 15 ff.; Meier-Hayoz/von der Crone, vertreten seit der 2. Aufl. des Wertpapierrechts, Bern 2000, die Geltung des Kausalitätsprinzips (§ 2 N 109 beim Namenpapier, § 2 N 12 ff. bei der Abtretung (ohne Begründung)). 81) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 1. Aufl., Bern 1985, § 7 N 1 f. 82) Hueck/Canaris, Das Wertpapierrecht, S. 2. 83) Hueck/Canaris, Das Wertpapierrecht, S. 21. 84) Koller, Gutachten, S. 1457; a. A. Zöllner, Wertpapierrecht, S. 12.

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Kapitel 2: Das Wertpapier als Grundlage des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

Selbständige Verfügungen über die Urkunde und ein gutgläubiger Erwerb der Urkunde (und des Rechts85)) sind ausgeschlossen.86) D. Zusammenfassung 47 Trotz desselben Ursprungs ergeben sich doch Unterschiede im untersuchten Bereich zwischen dem klassischen Schweizer und dem klassischen deutschen Wertpapierrecht. 48 Im deutschen Recht folgt bei Inhaber- und Orderpapieren das Recht aus dem Papier dem Recht an dem Papier. Das heißt, Eigentum an dem Papier und der Forderung wird gemäß §§ 929 ff. BGB übertragen. Die Forderung tritt insoweit in den Hintergrund. Eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung für die Übertragung von Wertpapieren wie in Art. 967 OR gibt es jedoch nicht. Für Namenspapiere nimmt man im deutschen Recht an, dass das Recht an dem Papier dem Recht aus dem Papier folgt. Das Namenspapier wird also im Wege der bloßen Abtretung gemäß § 398 BGB übertragen, und das Eigentum an der Urkunde steht gemäß § 952 BGB dem Gläubiger zu. 49 Das Schweizer Recht bestimmt dagegen ausdrücklich, dass auch das Namenpapier ein Wertpapier ist und durch Übertragung des Besitzes an der Urkunde übertragen wird (Arts. 974, 967 OR). Folglich gilt auch für Namenpapiere im Schweizer Recht, dass das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier folgt. Eines § 952 BGB bedarf es also nicht. Das Namenpapier hat jedoch auch in der Schweiz kaum Bedeutung, da es aufgrund seiner Eigenschaften nicht für den Verkehr geeignet ist.87) 50 Der eklatanteste Unterschied zwischen beiden Rechten liegt in der Geltung des Kausalitätsprinzips. Es gilt in der Schweiz sowohl im Grundstücksrecht als auch für die Übereignung von beweglichen Sachen und mithin auch für Wertpapiere. Wenn das Bucheffektengesetz für die Bucheffekte am Kausalitätsprinzip festhalten sollte, könnte sich dies für die Übernahme des Übertragungstatbestands in das deutsche Recht als problematisch erweisen.

___________ 85) Hueck/Canaris, Wertpapierrecht, S. 6: eine Ausnahme gilt bei einer besonderen gesetzlichen Anordnung, wie z. B. beim Hypothekenbrief (§ 1154 BGB). Bei der Hypothek ist denn auch die Übergabe des Briefes für ihre Entstehung zwingend erforderlich. 86) Palandt/Bassenge, § 952, Rn. 6; Zöllner, Wertpapierrecht, S. 11 f. 87) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl. Bern 2000, § 2 N 121.

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz A. Das deutsche Vorbild In Deutschland begann die Rationalisierung des Effektengiroverkehrs deut- 51 lich früher als in der Schweiz.88) Bereits 1882 wurden die Wertpapiere bei der Bank des Berliner Kassenvereins eingeliefert, und die Kontoinhaber konnten mit unterschiedlichen farbigen Schecks über ihre Guthaben verfügen.89) Schon nach dem Ersten Weltkrieg gab es Probleme, als zusammen mit der Währungsinflation auch eine Wertpapierinflation einsetzte. Die Kosten dieses Systems konnten nicht an die Kunden weitergegeben werden, und man erfand die Sammelverwahrung nach Wertpapierarten.90) Der Allgemeine Bankierstag in Berlin beschloss im Jahr 1925, dass Wertpapiere zur Gutschrift bei einer Zentralstelle in einem sog. Sammeldepot zu hinterlegen und nicht mehr nach Eigentümern, sondern nach Gattungen geordnet aufzubewahren seien.91) Der Geldgiroverkehr diente als Modell für den Effektengiroverkehr. Wie der 52 Effektengiroverkehr wurde der Geldgiroverkehr im Mittelalter auch auf sachenrechtlicher Grundlage abgewickelt.92) Die Banken hatten folglich die Einlagen ihrer Kunden für diese bereitzuhalten. Als dies wegen der expandierenden Kreditwirtschaft nicht mehr möglich war, wurde der Geldgiroverkehr auf schuldrechtliche Basis gestellt: Wenn der Kunde das Geld zur Bank bringt, erwirbt die Bank Eigentum an den Geldscheinen, und der Kunde erhält eine Forderung auf Rückgabe (§ 488 BGB). Die Gutschrift im Girokonto des Kunden ist ein Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB). Überweist der Kunde Geld an einen Dritten, wird zwar der Wert, aber nicht die Forderung des Kunden gegenüber seiner Bank aus der Gutschrift dem Empfänger übermittelt. Die Forderung des Kunden aus seiner Gutschrift erlischt, und der Empfänger erhält eine neue Forderung gegenüber seiner Bank. Es erfolgt eine Belastung des Girokontos des überweisenden Kunden und eine Gutschrift auf demjenigen des Empfängers. Die Überprüfung der Münzen, das Zählen des Geldes, das Verpacken und der Transport sind nicht mehr nötig, und das ___________ 88) Laut Grathwohl, Die eigentumsrechtliche Organisation, S. 1, basiert nur in Deutschland und in Frankreich der Effektengiroverkehr auf langjähriger Tradition. Österreich scheint jedoch bereits 1872 eine Giro-Sammelverwahrung beim Wiener Giro- und Kassenverein aufgenommen zu haben, siehe dazu Handschin, Papierlose Wertpapiere, S. 4. 89) Brink, Rechtsbeziehungen, S. 24 ff.; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 II 1. a). 90) Grathwohl, Die eigentumsrechtliche Organisation, S. 75; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 II 1. b). 91) Schönle, Bank- und Börsenrecht, § 21 II; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6, Rn. 69. 92) Brink, Rechtsbeziehungen, S. 20.

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

Geld kann auch nicht mehr verloren gehen.93) Wenn die beauftragte Bank und die Empfängerbank eine Kontoverbindung haben, belastet die beauftragte Bank das Konto des Auftraggebers und erkennt das Konto der Empfängerbank, und die Empfängerbank schreibt den Betrag dem Begünstigten gut.94) Der Abrechnungsverkehr wird wie folgt abgewickelt: Die Banken sind Mitglied eines Gironetzes. Die fälligen Verbindlichkeiten werden bei der Zentralstelle des Gironetzes durch Verrechnung ausgeglichen, und die Restbestände werden überwiesen.95) 53 Diese Buchungstechnik des Geldgiroverkehrs wurde für den Effektengiroverkehr übernommen. Aus Gründen des Gläubigerschutzes behielt man jedoch die sachenrechtliche Grundlage bei. Der Eigentümer des Wertpapiers übergibt dieses seiner Bank, bleibt aber anders als beim Geldgiroverkehr Eigentümer des Wertpapiers. Wenn der Eigentümer das Wertpapier weiter veräußert, tritt der Erwerber also in die Rechtsstellung des Veräußerers ein. Der Erwerb wird infolgedessen als ein derivativer, abgeleiteter Erwerb bezeichnet und nicht als ein originärer Erwerb wie bei der Forderung im Geldgiroverkehr. B. Die Immobilisierung der Wertpapiere in der Schweiz 54 Die Kapitalmarktpapiere fanden in der Schweiz aufgrund der durch die Verbriefung erreichten Mobilisierung eine immer größere Verbreitung.96) Das umlauffähige Wertpapier ist im Interesse sowohl des Anlegers als auch desjenigen, der das Kapital benötigt. Der Anleger wünscht, über sein investiertes Kapital möglichst frei verfügen zu können, und möchte keine lange Bindung eingehen, während der Kapitalnehmer in der Regel mit dem Kapital langfristig arbeiten will. Eine verbriefte Forderung kann der Anleger vor Fälligkeit an einen Dritten veräußern, ohne dass der Kapitalnehmer mitwirken muss oder nachteilig betroffen ist.97) Der Erwerber kann die verbriefte Forderung gutgläubig und einredefrei erwerben. Die Verbriefung der Forderung trug maßgeblich zur Entstehung und Entwicklung des Kapitalmarktes bei. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Verbriefung paradoxerweise zum Hemmnis für die Entwicklung des Effektengiroverkehrs, denn je größer der Kapital- und der Investitionsbedarf in der Schweiz wurde, desto mehr teure Urkunden ___________ Grathwohl, Die eigentumsrechtliche Organisation, S. 26, 27. Grathwohl, Die eigentumsrechtliche Organisation, S. 29. Grathwohl, Die eigentumsrechtliche Organisation, S. 28. Nach Meier-Hayoz, Abschied vom Wertpapier?, S. 387, 390, lag die Verschuldung gesamtschweizerisch im Jahr 1937 bei 9 Milliarden Franken, während sie im Jahr 1986 bereits über 210 Milliarden Franken betrug. 97) Für die Schweiz: Meier-Hayoz, Abschied vom Wertpapier?, S. 385, 390; sehr anschaulich Drobnig, in: Kreuzer, S. 11 ff.

93) 94) 95) 96)

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B. Die Immobilisierung der Wertpapiere in der Schweiz

mussten gedruckt werden.98) Diese mussten sicher verwahrt und verwaltet sowie zwecks Übertragung auch noch physisch geliefert werden. I. Die Einzelverwahrung In der Schweiz hat der Anleger seine Wertpapiere lange Zeit entweder in sei- 55 nem eigenen Tresor oder in einem Banksafe verwahrt (geschlossenes Depot) und die Wertpapiere selbst verwaltet. Oder aber seine Bank führte für ihn ein sog. offenes Depot (Streifbandverwahrung).99) In diesem Fall übernahm die Bank die Verwaltung der Wertpapiere wie das Einziehen der Dividende oder der Coupons. Die Wertpapiere wurden getrennt von denen anderer Anleger und vom Eigenbestand der Bank verwahrt. Der Anleger blieb Alleineigentümer seiner Wertpapiere. Die Überlegungen zum Effekten-Giro-Sammeldepot-System setzten in der 56 Schweiz erst im Jahr 1957 ein.100) Die Schweizerische Bankiervereinigung beauftragte eine Studienkommission mit der Ausarbeitung eines Konzepts; dieses lag schließlich im Jahr 1966 fertig vor. Es basierte auf einem unveröffentlichten101) Gutachten von Peter Liver vom 19. Juli 1963.102) Aber der Verwaltungsrat der Schweizer Bankiervereinigung konnte sich darüber nicht einigen und empfahl den Mitgliedsbanken, zunächst die Haussammelverwahrung zu erproben.103) Einige größere Banken folgten der Empfehlung, um ihre Kunden erst einmal an das neue Konzept, das den Verlust des Alleineigentums mit sich brachte, zu gewöhnen.104) II. Die Haussammelverwahrung Bei der Haussammelverwahrung werden die Wertpapiere des Kunden zu- 57 sammen mit denen anderer Kunden und den Eigenbeständen der Bank gleicher Art und Güte verwahrt. Der Kunde verliert sein Alleineigentum.

___________ 98) Meier-Hayoz, Abschied vom Wertpapier?, S. 391. 99) Jenny, Privatrechtsverhältnisse, S. 3 f. 100) Siehe im Einzelnen: Grathwohl, Die eigentumsrechtliche Organisation, S. 49 ff.; Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 13 ff. 101) Dass dieses Gutachten und die Folgegutachten nicht veröffentlicht wurden, ist erstaunlich. Jedenfalls aber ist bekannt, wer sie in Auftrag gegeben hat. Kunz, P., Kreuzfahrt, S. 194, beschreibt circa 50 Jahre später die Schweizer finanzmarktrechtliche Literaturszene und spricht von einem „Systemic Bias“. Er empfiehlt, veröffentlichte Privatgutachten doch als solche zu kennzeichen. 102) Es ist bei der Schweizerischen Bankiervereinigung, Swiss Banking, für wissenschaftliche Zwecke erhältlich. 103) Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 14. 104) Grathwohl, Die eigentumsrechtliche Organisation, S. 50; siehe Drobnig, in: Kreuzer, S. 11, 26 zu den psychologischen Hürden bei der Einführung der Girosammelverwahrung.

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

58 Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gab es für die Sammelverwahrung nicht.105) Die Lehre griff auf den Hinterlegungsvertrag gemäß Art. 472 ff. OR zurück und fügte eine auftragsrechtliche Komponente (Art. 394 ff. OR) hinzu, um der Verwaltung der Wertpapiere durch die Bank gerecht zu werden.106) Problematisch war nur, dass beim Hinterlegungsvertrag gemäß Art. 475 Abs. 1 OR die Herausgabe der hinterlegten Sache durch den Aufbewahrer geschuldet ist. Beim sog. Lagergeschäft dagegen darf der Lagerhalter eine Vermengung vertretbarer Güter mit anderen der gleichen Art und Güte gemäß Art. 484 OR vornehmen, wenn ihm dies ausdrücklich gestattet ist.107) Obwohl Art. 484 OR im Gesetz dem Lagergeschäft zugeordnet ist,108) zog ihn die Lehre analog109) heran und die Rechtsprechung direkt:110) Der Hinterleger verliert sein Alleineigentum an der Urkunde und erwirbt mit der Vermengung der Wertpapiere111) Miteigentum an den Wertpapieren gleicher Art und Güte des Sammelbestandes (Art. 646 ZGB).112) Streitig war, ob der Hinterleger aufgrund einer ausdrücklichen Gestattung zur Vermengung Miteigentümer an den Wertpapieren des Sammelbestandes aufgrund Vertrags wird – die Bank vertritt dabei sowohl den neuen Hinterleger als auch die bereits vorhandenen Hinterleger im Wege des Geschäfts, „wen immer es angeht“,113) oder ob der Hinterleger Miteigentum aufgrund Gesetz gemäß Art. 727 ZGB (Verbindung und Vermischung) erwirbt,114) obwohl durch die

___________ 105) Heute Art. 973a OR eingefügt durch das Bucheffektengesetz. 106) BGE 101 II 121, 123; Jenny, Privatrechtsverhältnisse, S. 19, 34 f.; Beeler, Bucheffekten, S. 42 m. w. N. 107) Das Schweizer Recht kennt kein Handelsgesetzbuch. Vgl. etwas anders § 419 HGB. 108) Jenny, Privatrechtsverhältnisse, hielt Art. 484 OR für eine Bestimmung des allgemeinen Hinterlegungsvertrages, auch wenn Art. 484 OR nur für das Lagergeschäft zu gelten scheint (S. 32 f.), und forderte eine Gesetzesänderung. A. A. Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 82. 109) Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 82. 110) BGE 77 I 34, 40; Jenny, S. 32, 76 ff.; BK-Gautschi, N 1a zu Art. 484 OR; Botschaft, S. 9327; dazu auch Egger, Rechtsprobleme, S. 109, 111. 111) Jenny, Privatrechtsverhältnisse, S. 72, zum Zeitpunkt des Erwerbs des Miteigentums. 112) Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 81 f.; Nach Baumbach/Merkt, § 469 HGB, Rn. 2 entsteht im deutschen Recht Miteigentum nach Bruchteilen bereits im Zeitpunkt der Einlagerung. 113) Zu den Details siehe Jenny, Privatrechtsverhältnisse, S. 66, 68. Für den Fall, dass der Vertrag unwirksam ist, vermutet er Miteigentum unter bestimmten Umständen, S. 86 ff.; auch die Botschaft geht von einer vertraglichen Begründung des Miteigentums aus, S. 9327. Für den Fall, dass ein Vertrag fehlt, geht die Botschaft von einer analogen Anwendung des Art. 727 ZGB aus; dazu auch Egger, Rechtsprobleme, S. 109, 113 f.; ausführlich Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 Fn. 1871. 114) BK-Gautschi, Vorbem. N 4c (5) zu Art. 472 OR; Liver, Das Eigentum, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1, § 50, S. 384; zum entsprechenden Streit vor Inkrafttreten des Depotgesetzes Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 5, Rn. 7; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 24.

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B. Die Immobilisierung der Wertpapiere in der Schweiz

Einlieferung der Wertpapiere an und für sich keine neue Sache entsteht, wie von Art. 727 ZGB vorausgesetzt.115) Der Hinterleger kann über seinen Anteil am Haussammelbestand frei verfü- 59 gen (Art. 646 Abs. 3 ZGB) und aufgrund seines Miteigentums an den Wertpapieren des Sammelbestandes im Fall des Konkurses der Bank Aussonderung verlangen.116) Jedoch ist bei der Haussammelverwahrung noch immer eine effektive Liefe- 60 rung der Stücke zum Zweck der Erfüllung der Wertpapiergeschäfte erforderlich, außer der Veräußerer und der Erwerber haben zufällig ihre Wertpapierdepotkonten bei derselben Bank.117) Dieses Problem löst die sog. Dritt- oder Girosammelverwahrung. III. Die Drittsammelverwahrung Die Studienkommission zur Drittsammelverwahrung aus den 1950er Jahren 61 wurde zehn Jahre später wiederbelebt und erarbeitete nun einen Vorschlag zur Drittsammelverwahrung mit drei Sammeldepotstellen. Aufgrund der guten Erfahrungen mit der Haussammelverwahrung und unter dem Druck der wachsenden Umsätze und der Personalknappheit entschied sich die Schweizerische Bankiervereinigung für die Durchführung des Projekts Girosammelverwahrung.118) Im Jahr 1970 wurde die Schweizerische Effekten Giro AG (SEGA) (heute 62 SIX SIS AG119) als zentrale Verwahrungsstelle für Wertpapiere mit Sitz in Basel gegründet. Aktionäre konnten nur Mitglieder der Schweizerischen Bankiervereinigung werden. Die Mitgliedsbanken begannen, einen Teil der Wertpapiere ihrer Kunden nicht mehr selbst zu verwahren, sondern diese bei der SEGA zu hinterlegen. Zunächst wurden nur Aktien amerikanischer und kanadischer Gesellschaften im Rahmen der Zweitverbriefung in die Girosammelverwahrung aufgenommen,120) dann auch schweizerische Inhaberak___________ Siehe im Detail Jenny, Privatrechtsverhältnisse, S. 76 f. Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 25 N 13. Jenny, Privatrechtsverhältnisse, S. 10. Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 14. Zur Organisation der Wertpapierverwahrung und -abwicklung in der Schweiz ausführlich auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 12 I. 120) Da die amerikanischen Aktien Namensaktien waren, haben sich drei Großbanken auf ihren Namen bei den amerikanischen Gesellschaften eintragen lassen. Sie haben in der Schweiz die sog. Nominee-Funktion übernommen und Zertifikate gedruckt, die dort dann wie Inhaberpapiere gehandelt und verwahrt wurden. Die Originaltitel wurden in den USA verwahrt. Bei japanischen Aktien war die SEGA der Nominee (Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 17). Andere Namensaktien wurden zu dieser Zeit in sog. Einzeldepots verwahrt, Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 32; siehe auch Brunner, Wertrechte, S. 15.

115) 116) 117) 118) 119)

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

tien. Später wurden Neuemissionen von Aktien und Obligationen sowie bereits emittierte Obligationen akzeptiert. 63 Die Einführung der Drittsammelverwahrung basierte wieder ausschließlich auf dem ebenfalls unveröffentlichten Ergänzungsgutachten von Peter Liver vom 15. Juli 1969.121) Eine gesetzliche Grundlage für die Girosammelverwahrung wurde vermutlich wegen der überschaubaren Verhältnisse in der Schweiz nicht geschaffen.122) 64 Die rechtlichen Überlegungen zur Girosammelverwahrung entsprechen großenteils denen zur Haussammelverwahrung. Nach Liver entsteht jedoch Miteigentum nach Bruchteilen nicht aufgrund von Vertrag, sondern aufgrund von Gesetz.123) Er stellt das Effekten-Giro-Sammeldepot-Geschäft dem Sammellagergeschäft des Art. 484 OR gleich und behauptet, Art. 484 OR sei eine einwandfreie gesetzliche Grundlage für die Entstehung von Miteigentum. Die Vermengung von Wertpapieren habe – jedenfalls dann, wenn der Hinterleger die Nummern der hinterlegten Papiere nachweisen kann – nicht ohne Weiteres den Eigentumsverlust zur Folge. Dies scheint aber dem Hinterleger bei der Schweizer Sammelverwahrung zunächst möglich gewesen zu sein.124) Deshalb führt Liver dann doch eine Art vertragliche Komponente ein. Er sieht in der Ermächtigung zur Sammelverwahrung den Verzicht des Hinterlegers auf Herausgabe der deponierten Stücke: „Darin liegt ein vertragsmäßiges Element in der Begründung des Miteigentums. Durch den Verzicht verwirklicht sich der Tatbestand des Art. 484 OR.“125) Trotzdem empfiehlt der rechtliche Gutachter den Banken, eine Vertragsklausel in ihre De-

___________ 121) Dieses Gutachten wurde im Auftrag der Schweizerischen Bankiervereinigung (heute: Swiss Banking) geschrieben. Es ist bei der Swiss Banking für wissenschaftliche Zwecke erhältlich. 122) Grathwohl, Die eigentumsrechtliche Organisation, S. 78. 123) Liver schließt sich kurzerhand der deutschen Terminologie an. In der Schweiz wurde der Kunde als Einlieferer und die Bank als Hinterlegerbank bezeichnet; siehe zum Miteigentumsrecht auch Art. 19 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der SEGA vom September 1970 und März 1981, abgedruckt bei Schlegel, Die schweizerische EffektenGiro AG. 124) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 1. Aufl., Bern 1985, S. 293, beschreiben dagegen, dass die Wertpapiere ohne nummernmäßige Spezifizierung mit gleichartigen Titeln aufbewahrt werden. So auch Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 14, Rn. 17, für die deutsche Sammelverwahrung: „Eine Nummerneintragung ist bei der Sammelverwahrung unmöglich, da mit der Einlieferung zum Sammelbestand das Sondereigentum des Hinterlegers an den von ihm eingelieferten Stücken beendet wird …“ 125) Gutachten Liver, S. 7. Nicht richtig erscheint mir jedoch sein Verweis auf § 6 Depotgesetz, denn nach § 6 Depotgesetz entsteht Miteigentum am Sammelbestand aufgrund von Gesetz. Eine wirksame Sammeldepotermächtigung ist gerade nicht notwendig. Die Wertpapiere müssen nur zum Zweck der Sammelverwahrung eingeliefert werden (Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6, Rn. 3).

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B. Die Immobilisierung der Wertpapiere in der Schweiz

potreglements zur Verstärkung und Bestätigung der Miteigentumskonstruktion aufzunehmen.126) Das Miteigentum entsteht im Zeitpunkt der Vermengung der Wertpapiere.127) 65 Diese Miteigentumskonstruktion wird als modifiziertes Miteigentum bezeichnet, weil die Aufhebung für den einzelnen Hinterleger herbeigeführt wird, indem ihm eine seinem Beitrag entsprechende Warenmenge ausgeliefert wird. Einer Aufhebungsvereinbarung bedarf es nicht. Liver verwendet den Begriff „labiles Miteigentum“,128) während anderweitig von Miteigentum „sui generis“ gesprochen wird.129) Nichtsdestotrotz können die Hinterleger auch bei Drittsammelverwahrung aufgrund ihres Miteigentums im Falle des Konkurses der Verwahrungsstelle ihre Wertpapiere aussondern.130) Bei der Drittsammelverwahrung entsteht ein sog. gestuftes Besitzverhältnis 66 (Art. 920 ZGB).131) Der Hinterleger ist mittelbarer Besitzer 2. Stufe, seine Depotbank, die Verwahrungsstelle, mittelbarer Besitzer 1. Stufe. Die sog. zentrale Verwahrungsstelle, die SEGA, ist unselbständige und unmittelbare Besitzerin.132) Ein obligatorischer Anspruch auf Herausgabe der Wertpapiere des Hinterlegers gegenüber der SEGA besteht nicht, weil zwischen SEGA und Hinterleger kein Vertrag besteht. Ob ein sachenrechtlicher Herausgabeanspruch besteht, ist streitig.133) ___________ 126) Gutachten Liver, S. 9; nach Egger, Rechtsprobleme, S. 109, 112, findet sich eine entsprechende Klausel in der Regel in den Depotreglements der Schweizer Banken. 127) Anders § 6 Depotgesetz: Miteigentum entsteht zur Zeit des Eingangs beim Sammelverwahrer. 128) Gutachten Liver, S. 8; klarer zu den Begriffen Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 1. Aufl., Bern 1985, S. 294: „Das Miteigentum ist modifiziert, weil unter den Miteigentümern nur theoretische Rechtsbeziehungen bestehen; und labil insofern, als ein Hinterleger seinen Anteil jederzeit herausverlangen kann, ohne auf die Mitwirkung der anderen angewiesen zu sein.“; derselbe ähnlich in der 2. Aufl., § 25 N 14; vgl. auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 II m. w. N. 129) Meier-Hayoz, Abschied vom Wertpapier?, S. 393. 130) Heute Art. 37d i. V. m. Art. 16 BankG. 131) Anders als § 868 BGB spricht Art. 920 Abs. 1 ZGB nicht von mittelbarem Besitz: „Hat ein Besitzer die Sache einem andern zu einem beschränkten dinglichen oder persönlichen Recht übertragen, so sind sie beide Besitzer.“ 132) Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 3. Aufl., 2010, S. 938, diskutiert nicht, ob sich der mittelbare Besitz auf den ideellen Miteigentumsanteil am Sammelbestand bezieht. Es ist fraglich, ob ideeller Bruchteilsbesitz überhaupt existiert, siehe dazu Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 81 ff., mit dem Ergebnis, dass es keinen solchen gibt und somit auch eine Wertpapierübertragung durch Einigung und Übergabe bzw. Übergabesurrogat im deutschen Recht nicht möglich ist. Auch in der Schweiz stellen Meier-Hayoz, Abschied vom Wertpapier?, S. 385, 396 und Brunner, Wertrechte, S. 31 f. im Zusammenhang mit dem gutgläubigen Erwerb fest, dass mittelbarer Besitz an einer Sachgesamtheit keinen geeigneten Rechtsscheinstatbestand darstellt, weil er nichts über die Größe des Miteigentumsanteils besagt. 133) Siehe Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 110; in Deutschland ist dies gemäß § 7 DepotG ausgeschlossen.

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

67 Die Miteigentumsanteile an den sammelverwahrten Wertpapieren werden wie die Einzelurkunden durch Übertragung des Besitzes an der Urkunde übertragen (Art. 967 Abs. 1 OR). Diese erfolgt jedoch im Rahmen einer sog. Besitzanweisung (Art. 924 ZGB134)).135) In der Praxis gibt der Verkäufer einen Verkaufsauftrag an seine Depotbank; darin liegt gleichzeitig die Anweisung an den unmittelbaren Besitzer, die SEGA, den Besitz in Zukunft einer anderen Person zu mitteln.136) Die Depotbank des Verkäufers bucht die Wertpapiere vom Depotkonto des Verkäufers ab, die SEGA bucht sie vom Depotkonto der Depotbank des Verkäufers ab und schreibt sie dem Depotkonto der Depotbank des Käufers gut. Diese wiederum schreibt sie dem Depotkonto des Käufers gut.137) 68 Wenn der Verkäufer und der Käufer bzw. deren Depotbanken die Wertpapiere beim selben zentralen Verwahrer verwahren, werden die Wertpapiere also nicht mehr durch Tradition, sondern faktisch nur noch im Wege der Buchung übertragen. Emittent und zentraler Verwahrer vereinbaren bei der Sammelverwahrung, dass die Zahlstellen jeweils auf das Einreichen des Coupons verzichten und eine Erklärung des zentralen Verwahrers über den von ihm verwahrten Bestand als Legitimation anerkennen.138) 69 Die Sammelverwahrung ist jedoch nicht für alle Wertpapiere geeignet, denn die Bank kann und muss nicht die eingelieferten Wertpapiere herausgeben, sondern nur vertretbare Güter gleicher Art und Güte (Art. 484 Abs. 1, 2 OR). Es sind folglich auch nur vertretbare Wertpapiere für die Sammelverwahrung geeignet. Daher wurden zunächst in der Praxis nur Inhaberpapiere sammelverwahrt. Ordrepapiere müssen mit einem Blankoindossament umlauffähig gemacht werden, deshalb hatte die SEGA sie vorläufig nicht in die Sammelverwahrung aufgenommen.139) Folglich waren Namenaktien ebenso ausgeschlossen. Diese sind zudem in der Schweiz häufig vinkuliert.140) Ein weiterer Grund für ihren Ausschluss war, dass nach wohl herrschender Meinung in der Lehre der Eintrag im Aktienbuch einer Schweizer Aktiengesellschaft das ___________ 134) Art. 924 Abs. 1 ZGB „Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräusserer selbst auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.“ Art. 924 Abs. 1 ZGB „Gegenüber dem Dritten ist dieser Besitzesübergang erst dann wirksam, wenn ihm der Veräusserer davon Anzeige gemacht hat.“ 135) Statt aller Zobl, Skriptum zur Vorlesung Kapitalmarktrecht, S. 105, 108. 136) Botschaft, S. 9327. 137) Dazu später im Detail in Kapitel 4. 138) Rickenbacher, Globalurkunden, S. 91; Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 93. 139) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 1. Aufl., Bern 1985, S. 295. 140) Druey, SAG 1987, 65, 69.

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B. Die Immobilisierung der Wertpapiere in der Schweiz

Alleineigentum des Aktionärs an dem Aktientitel voraussetzte.141) Namenaktien mussten daher weiterhin einzelverwahrt werden. Die Sammelverwahrung ersparte aber nur die Lieferung der Wertpapiere. Die Urkunden mussten noch immer gedruckt und verwahrt werden. Abhilfe sollte hier die Globalurkunde bringen. IV. Die Globalurkunde Eine weitere Stufe der Rationalisierung des Effektengiroverkehrs stellt in der 70 Schweiz wie in Deutschland die sog. Globalurkunde dar. In der Schweiz wurde sie ab Mitte der 1980er Jahre entwickelt und wie folgt definiert: „Eine Globalurkunde ist ein Wertpapier, in dem alle gleichartigen Rechte an einer größenmäßig bestimmten Fremd- oder Eigenkapitalmasse unter Wahrung ihrer rechtlichen Selbständigkeit einheitlich und insgesamt verbrieft sind.“142) Erst im Jahr 1995 legte die Richtlinie der Zulassungsstelle der Schweizer Börse vom 28. März fest, dass die Globalurkunde auch einen Teil der im Rahmen einer bestimmten Emission begebenen handelbaren Rechte verbriefen kann.143) Da es nur eine Globalurkunde gibt, eignet sie sich auf den ersten Blick nur 71 für Inhaberpapiere. Das Namenpapier lautet auf einen bestimmten Namen, und das Ordrepapier lautet an Ordre und ist aufgrund Indossaments übertragbar. Eine treuhandrechtliche Konstruktion und auch das Blankoindossament wurden als Lösung für dieses Problem zwar angedacht, jedoch nicht weiterverfolgt.144) Die Globalurkunde existiert in verschiedenen Ausgestaltungen: Die interi- 72 mistische Globalurkunde überbrückt nur die Zeit zwischen der Emission und der Ausgabe der Einzeltitel.145) Bei der technischen Globalurkunde gibt es zwei Spielarten: Entweder werden alle Rechte in der Globalurkunde verbrieft und der Anleger hat gemäß Emissionsbedingungen ein Recht auf Auflösung in Einzelurkunden, also jederzeitige spesenfreie Ausfertigung von Einzelurkunden;146) oder es wird nur der größere Teil der Emission in einer Sammelurkunde verbrieft und der Rest in Einzelurkunden.147) Die Dauerglobalur___________ 141) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50; Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 130; a. A. Brunner, Wertrechte, S. 125 ff. mit dezidierter Argumentation. 142) Rickenbacher, Globalurkunden, S. 128, lehnt sich im Jahr 1981 ausdrücklich an den im deutschen Recht gebräuchlichen Begriff an, macht aber doch einen Unterschied: Im deutschen Recht wird der Begriff „Globalurkunde“ als Synonym für „Sammelurkunde“ gebraucht (Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, Rn. 14). Nach Rickenbacher handelt es sich ausschließlich bei einer Sammelurkunde um den Bruchteil einer Emission (Globalurkunden, S. 140); siehe auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 III 1. 143) Siehe dazu Brunner, Wertrechte, S. 39, Fn. 170. 144) Rickenbacher, Globalurkunden, S. 134. 145) Brunner, Wertrechte, S. 40; Rickenbacher, Globalurkunden, S. 138 f. 146) Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 128. 147) Brunner, Wertrechte, S. 40.

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kunde besteht für die gesamte Laufzeit der Emission, und das Recht der Anleger auf eine Einzelurkunde wird in den Emissionsbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen.148) 73 Die Globalurkunde erfuhr genauso wenig eine gesetzliche Regelung wie die Sammelverwahrung. Auch sie beruht auf unveröffentlichten Rechtsgutachten, in diesem Fall von Robert Patry149) und Peter Forstmoser:150) Bei der Globalurkunde hat der Anleger Miteigentum an der Globalurkunde im Verhältnis des von ihm gehaltenen Rechts zum Gesamtbestand der Emission.151) Das Miteigentum bezieht sich auf die Globalurkunde insgesamt und nicht wie bei der Sammelverwahrung auf eine Vielzahl von Wertpapieren.152) Dies entspricht den deutschen Vorstellungen vom Eigentum an der Globalurkunde. 74 Die Übertragung der Miteigentumsanteile an der Globalurkunde erfolgt der herrschenden Meinung zufolge nach den sachenrechtlichen Vorschriften über das Fahrniseigentum.153) Die Besitzübertragung erfolgt wie bei der Sammelverwahrung von Einzelkunden durch Besitzanweisung (Art. 924 ZGB).154) 75 Forstmoser geht in seinem Gutachten zwar davon aus, dass die Globalurkunde die Summe der einzelnen Rechtspositionen verbrieft, hält jedoch die Teilrechte interessanterweise nicht für verurkundet.155) Da die Globalurkunde selbst nicht das Handelsobjekt an der Börse ist, kann sie nicht an der Börse kotiert werden. Die Teilrechte dagegen seien unverurkundet und daher keine

___________ 148) Rickenbacher, Globalurkunden, S. 137; Brunner, Wertrechte, S. 41. 149) 1. Gutachten vom 2.4.1985, 2. Gutachten vom 16.8.1985, beide auf Nachfrage bei der Swiss Banking erhältlich. 150) Gutachten vom 2.10.1986, ebenso auf Nachfrage bei der Swiss Banking erhältlich. 151) Zur Entstehung des Miteigentums siehe Brunner, Wertrechte, S. 51. 152) Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 128. 153) So Rickenbacher, Globalurkunden, S. 196; ebenso wohl auch Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 25 N 26; ebenfalls Kunz, P., Legislative Aktivitäten, S. 25, 39: Er spricht sogar von „in Globalurkunden enthaltenen Wertpapieren“, während Forstmoser in seinem Gutachten auf S. 8 auch die Zession zulässt; a. A.: Brunner, Wertrechte, S. 48 ff. Er vertritt ähnlich wie Einsele, dass es mangels Herausgabeanspruchs keinen mittelbaren Besitz an Dauerglobalurkunden und technischen Globalurkunden gebe und daher die Rechtsübertragung mittels Besitzübertragung ausgeschlossen sei. Laut Brunner, Wertrechte, S. 54, sind die in der Globalurkunde verurkundeten Anteile atypische Wertrechte und werden daher durch Einigung und Umbuchung übertragen. 154) Gutachten Forstmoser, S. 8: Er bezieht sich zusammenfassend auf die Gutachten von Patry. 155) Gutachten Forstmoser, S. 20; a. A.: Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 25 N 26 f., ohne Begründung; Handschin, Papierlose Wertpapiere, S. 67: „Auf einer Globalurkunde festgehaltene Einzelrechte haben im Schweizer Recht Wertpapiercharakter.“ Eine Begründung wird von Handschin nicht gegeben. Im deutschen Recht werden die sog. Einzelrechte dagegen als durch die Globalurkunde verurkundet angesehen: Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 9a, Rn. 13.

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B. Die Immobilisierung der Wertpapiere in der Schweiz

Wertpapiere im Sinne des Art. 965 OR. Forstmoser begreift sie als Wertrechte156) und spricht sogar von globalverbrieften Wertrechten.157) Nach deutschen Rechtsvorstellungen ist dies eine contradictio in adiecto. Weiter prüft er in seinem Gutachten, ob diese globalverbrieften Wertrechte an den drei Schweizer Börsen kotierbar sind. Die Regelungen der Zürcher und der Basler Börse setzen jedoch seines Erachtens den Wertpapierbegriff des Obligationenrechts voraus.158) Damit scheidet eine Kotierung der Teilrechte aus.159) Das Reglement der Genfer Börse dagegen legt den Begriff „toutes valeurs négociables“ zugrunde und lässt somit die Kotierbarkeit zu.160) Zu einem anderen Ergebnis kommt das Gutachten der FIDES Treuhandge- 76 sellschaft Zürich vom 15. Januar 1995. Ihm zufolge wäre die technische Globalurkunde an allen drei Schweizer Börsen kotierbar. Die FIDES Treuhandgesellschaft Zürich stellte im Rahmen der rechtlichen Überprüfung des Modells der Sammelverwahrung von Namenaktien mit aufgeschobenem Titeldruck – entwickelt von der SEGA – fest, dass die Lieferbarkeit von Wertpapieren im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Börsenregeln für die Kotierbarkeit ausreiche.161) Es sei nicht erforderlich, dass Wertpapierurkunden für an der Börse handelbare Aktien bereits im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses existieren müssten.162) Forstmoser regt in seinem Gutachten dann auch an – analog dem Modell der 77 Sammelverwahrung von Namenaktien mit aufgeschobenem Titeldruck der SEGA –, ebenso bei globalverbrieften Obligationen dem Anleger ein Recht einzuräumen, Wertpapiere in physischer Form zu beziehen und somit eine Kotierbarkeit an den Börsen auch für globalverbriefte Obligationen herzu___________ 156) Gutachten Forstmoser, S. 22; ebenso Brunner, wenn auch als atypische Wertrechte, Wertrechte, S. 50. 157) Gutachten Forstmoser, S. 33. 158) So auch Rickenbacher, Globalurkunden, S. 214. Das Zürcher Gesetz betreffend den gewerbsmäßigen Verkehr mit Wertpapieren wurde erst mit Wirkung zum 1.1.1993 geändert und stellte den Wertpapieren nicht wertpapiermäßig verbriefte, massenweise emittierte Wertrechte gleich. Das Kotierungsreglement des Kantons Basel-Stadt ließ seit 1986 auch Buchwerte zum Handel zu. Siehe zum Ganzen Brunner, Wertrechte, S. 42 ff. 159) Brunner hält die Ablehnung der Kotierung der Dauerglobalurkunde für gerechtfertigt. Zwar erwirbt der Anleger ein dingliches Recht, aber er hält den mittelbaren Mitbesitz der Miteigentümer für ausgeschlossen (Wertrechte, S. 43 f.). Brunner auf S. 44: „Die Globalurkunde ist demnach zwar nicht per se, hingegen aus der Sicht des Anlegers gegenüber einem Wertpapier i.S. von Art. 965 OR ein aliud.“ Bei dieser Argumentation spielt der Begriff des Wertpapiers im Schweizer Recht eine Rolle, denn nach Art. 965 OR ist bereits für den Begriff des Wertpapiers die Besitzübertragung notwendig. 160) Gutachten Forstmoser, S. 23 ff.; anders die Genfer Börse, siehe Gutachten Forstmoser, S. 32; so auch Rickenbacher, Globalurkunden, S. 214 ohne nähere Begründung. 161) Siehe dazu Brunner, Wertrechte, S. 43, Fn. 191; Gutachten Forstmoser, S. 35 f. 162) Brunner, Wertrechte, S. 43; Gutachten Forstmoser, S. 35, ist der Ansicht, dass die Argumente der FIDES vertretbar seien und eine wirtschaftlich sinnvolle Entwicklung ermöglichten.

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stellen.163) Diese Idee wurde jedoch nicht aufgegriffen, und Globalurkunden wurden nur im Rahmen von Privatplatzierungen bei Notes und Warrants verwendet.164) 78 Erst im Jahr 1991 wurde die Richtlinie betreffend die Kotierbarkeit technischer Globalurkunden erlassen.165) Dauerglobalurkunden wurden noch später mit der Richtlinie betreffend die Kotierbarkeit von Globalurkunden vom 28. März 1995 kotierbar166) und wurden jetzt auch für Anleihen und Optionsanleihen verwendet. Entsprechendes gilt für Inhaberaktien.167) Emissionen mit der Ausgabe einzelner Urkunden sind heute nur noch selten.168) Die Globalurkunde ist für Schuldverschreibungen und Anlagefondsanteile vorherrschend.169) Ein Zwangsgiro in Form einer gesetzlichen Vorschrift, dass Globalurkunden bei einem Zentral- oder Sammelverwahrer einzuliefern seien, ging jedoch mit der Einführung der Globalurkunde nicht einher. C. Die Entmaterialisierung der Wertpapiere I. Wertrechte 79 Der Begriff der Wertrechte findet sich zum ersten Mal im Rahmen der Revision vom 27. September 1992 des Zürcher Gesetzes betreffend den gewerbsmäßigen Verkehr mit Wertpapieren (Wertpapiergesetz) vom 22. Dezember 1912: „Den Wertpapieren gleichgestellt sind nicht wertpapiermäßig verbriefte, massenweise emittierte Wertrechte.“170) Seit 1997 sind sie ähnlich in Art. 2 lit. a. Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG) definiert. Es handelt sich um nicht verurkundete Rechte mit gleicher Funktion wie vereinheitlichte und zum massenweisen Handel geeignete Wertpapiere.171) Die Definition schließt übrigens Derivate ausdrücklich ein. Wertrechte weisen

___________ 163) Gutachten Forstmoser, S. 38 f. 164) Zobl/Lambert, SZW, 1991, 117, 128; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 III 1. 165) Brunner, Wertrechte, S. 43, Fn. 190, S. 46; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 III 1. 166) Brunner, Wertrechte, S. 43, Fn. 190, S. 45. 167) Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 2. Aufl., 2004, § 9, Rn. 151; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 III 1. m. w. N. 168) Brunner, Wertrechte, S. 46. 169) Kuhn, Die Modernisierung des Rechts der mediatisierten Wertpapierverwahrung in der Schweiz, in: Nobel, S. 125, 129. 170) Zitiert nach Brunner, Wertrechte, S. 42, Fn. 185. Im Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz aus dem Jahr 1987 findet sich der Begriff Wertrecht überhaupt nicht. 171) So auch schon Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2044 f., der der Ansicht ist, man könne statt des Begriffs „Wertrecht“ auch den Begriff „Bucheffekten“ verwenden.

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C. Die Entmaterialisierung der Wertpapiere

nach in der Schweiz herrschender Lehre keinen dinglichen Charakter auf.172) Die sog. Wertrechtslehre dagegen, von Opitz in Deutschland in den 1950er Jahren entwickelt, behandelt Wertrechte wie Wertpapiere und wendet die Vorschriften des Sachenrechts analog auf Wertrechte an.173) Nach herrschender Meinung im Schweizer Recht werden Wertrechte wie Forderungen übertragen (Art. 164 OR) und verpfändet (Arts. 899 ff. ZGB).174) Die Abtretung bedarf jedoch der schriftlichen Form (Art. 165 OR). Der gutgläubige Erwerb ist folglich ausgeschlossen.175) Die Wertrechte werden üblicherweise in irgendeiner Form verbucht176) oder in einem Register geführt.177) Zugunsten staatlicher und kommunaler Emittenten gab es Wertrechte ähn- 80 lich wie in Deutschland bereits viel früher, und zwar in der Form von Schuldbüchern. Anders als in Deutschland jedoch erlebten die Wertrechte in der Schweiz im Jahr 1988 mit der Einführung der sog. Aktien mit aufgeschobenem Titeldruck ihren großen Durchbruch.178) II. Formen der Wertrechte 1. Das Eidgenössische Schuldbuch und andere Schuldbücher Das sog. Eidgenössische Schuldbuch wurde durch ein Gesetz vom 21. Sep- 81 tember 1939 eingerichtet.179) Der Anleger konnte seine Forderungen auf An___________ 172) Botschaft, S. 9328; Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 129; Rickenbacher, Globalurkunden, S. 221; Schmid-Tschirren, in: FS Koller, S. 183, 189; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 IV 1. Fn. 1941 m. w. N. 173) Opitz, Wertrechte und Wertpapiere, in: Fünfzig depotrechtliche Abhandlungen, S. 426, 431; siehe zur Wertrechtslehre ausführlich Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2043 ff.; siehe auch zur Schweizer Auseinandersetzung mit der Wertrechtslehre, Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 121. 174) Für Aktien mit aufgeschobenem Titeldruck Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 52; Zobl/Lambert, SWZ 1991, 117, 130; a. A. Brunner, Wertrechte, S. 204 ff. Er meint, es bestünde eine Gesetzeslücke hinsichtlich der Übertragung von Wertrechten, und daher sei die Buchung als konstitutiver Übertragungsakt anzuerkennen. Interessanterweise ist auch die Botschaft Brunners Ansicht. 175) Zobl, SZW 2001, 105, 108; so wohl auch die Botschaft, denn nach ihr richtet sich die Übertragung von Wertrechten ausschließlich nach zessionsrechtlichen Grundsätzen (S. 9331 f.). 176) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 60, zu Aktien mit aufgeschobenem Titeldruck. 177) Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 129. 178) Neuerdings wird in Deutschland über die Möglichkeit der Girosammelverwaltung von Wertrechten spekuliert; siehe dazu Kreße, WM 2015, 463-469. Er ist der Auffassung, dass Kreditinstitute diese Dienstleistung – ohne eine Zulassung als Wertpapiersammelbank – anbieten könnten und auf diese Weise von der Clearstream Banking AG unabhängig sein könnten. Anders als in der Schweiz (Art. 973c OR) soll seiner Ansicht nach nicht einmal ein Eintrag in einem Wertrechteregister erforderlich sein. Verkehrsschutz will er durch eine größtmögliche Verbreitung von „Sonderbedingungen für Wertrechte“ schaffen. 179) Rickenbacher, Globalurkunden, S. 224 f.; weitere Hinweise auch auf die gesetzlichen Grundlagen bei Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 IV 3. a).

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

trag in das Schuldbuch eintragen lassen und erhielt eine Bescheinigung, die als Beweismittel diente. Die Schuldbuchforderung entstand mit Eintragung in das Schuldbuch.180) Es waren Buchforderungen, die nach Zessionsrecht übertragen wurden.181) Infolgedessen war ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich. Der Eintrag des Erwerbers im Schuldbuch war nicht konstitutiv. Ursprünglich konnte der Anleger jedoch auch die Lieferung von Wertpapieren wählen, wenn die Anleihebedingungen dies vorsahen.182) Die Verwaltung des Schuldbuches oblag der Schweizer Nationalbank.183) Die Schuldbuchforderungen waren jedoch nicht an einer Börse kotierbar.184) 82 Auch der Kanton Bern richtete Ende 1974 ein Schuldbuch ein. Es wurde ebenfalls von der Schweizer Nationalbank geführt.185) Die Stadt Zürich emittierte im Jahr 1990 Geldmarktbuchforderungen auf der Grundlage eines Schuldbuches; dieses hatte aber nicht einmal eine gesetzliche Grundlage. Regeln dazu befanden sich nur im Informationsmemorandum und in den Bedingungen.186) Für diese Geldmarktbuchforderungen wurde jedoch eine sog. SEGALösung eingeführt, die den Handel der Forderungen an der Börse dann doch ermöglichte.187) Auch Kassenobligationen der Banken wurden in der Schweiz, anders als in Deutschland, als reine Wertrechte ausgegeben und nur buchmäßig bei den Banken geführt.188) Das Schuldbuchsystem wurde im Jahr 2002 abgeschafft.189) 2. Die Namenaktie mit aufgeschobenem Titeldruck 83 Schweizer Namenaktien als gesetzliche Ordrepapiere (Art. 684 Abs. 2 OR) hätte man mit Hilfe des Blankoindossaments wie im deutschen Recht vertretbar und damit sammelverwahrfähig machen können.190) Indessen war ___________ 180) 181) 182) 183) 184)

185) 186) 187) 188) 189) 190)

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Brunner, Wertrechte, S. 110. Brunner, Wertrechte, S. 111; Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 128, Fn. 113. Rickenbacher, Globalurkunden, S. 125. Albisetti, in: Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, S. 590. Rickenbacher, Globalurkunden, S. 226; in Deutschland sind Schuldverschreibungen des Bundes, seiner Sondervermögen oder der Bundesländer, die nicht wertpapiermäßig verbrieft sind, und Schuldverschreibungen, die von Mitgliedstaaten der EU oder Vertragsstaaten des EWR ausgegeben worden sind, gemäß § 37 BörsG gesetzlich an jeder inländischen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen. Albisetti, in: Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, S. 590. Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 129 f. Zu Details Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 130. Albisetti, in: Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, S. 516. Siehe ausführlich dazu Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 IV. 3. a). Brunner, Wertrechte, S. 124. In Deutschland ist dagegen die vinkulierte Namensaktie erst 1997 mit dem Projekt CARGO des Deutschen Kassenvereins (Central Application for Registered Shares Online) girosammelverwahrungsfähig geworden. Das Volumen in vinkulierten Namensaktien war jedoch gering, weil vorwiegend Versicherungsgesellschaften vinkulierte Namensaktien nutzten (Wechsler, Die Abwicklung, S. 140).

C. Die Entmaterialisierung der Wertpapiere

wohl vorherrschende Auffassung, dass die Stellung und der Eintrag als Einzelaktionär im Aktienbuch (Art. 686 OR) das Alleineigentum am Aktientitel voraussetzten.191) Dies bedeutete, dass die Aktienurkunden einzeln verwahrt und gedruckt werden mussten.192) Bemerkenswerterweise hat man nicht schlicht das Aktiengesetz geändert, um Namenaktien nach dem Rezept „alt und bewährt“ wie andere Wertpapiere sammelverwahrfähig zu machen, vielmehr hat die SEGA 1986 ein ganz neues Modell vorgestellt, um Namenaktien „SEGA-fähig“ zu machen.193) Dieses SEGA-Modell stellte eine kleine Revolution im Wert(papier)recht 84 dar. Die SEGA schaffte nämlich das Wertpapier für Namenaktien194) gänzlich ab und führte das Wertrecht ein, freilich mit der Besonderheit, dass der Aktionär jederzeit den Titeldruck verlangen konnte, denn die Namenaktien sollten ja an allen Börsen kotierbar sein.195) Bereits in den 1970er Jahren ersetzten Aktiengesellschaften die traditionellen Aktienurkunden durch sog. Einwegtitel oder Einwegzertifikate zur Vereinfachung der Lieferung bei Namenaktien.196) Ein solches Zertifikat war auf einen Anleger ausgestellt und konnte nicht zirkulieren. Bei einer sog. Handänderung wurde das bisherige Zertifikat durch die Aktiengesellschaft annulliert und nach Eintrag des neuen Aktionärs in das Aktienbuch ein neues Zertifikat auf den Namen des Erwerbers ausgestellt.197) Bei dem neuen SEGA-Modell für die Namenaktien mit aufgeschobenem Ti- 85 teldruck werden die Bestände der Namenaktien nur noch buchmäßig geführt: bei der Aktiengesellschaft im Aktienregister für jeden Aktionär, bei der Bank im Depotkonto für den Anleger und bei der SEGA als Sammelbestände in den Depotkonten der Teilnehmerbanken.198) Nach Schweizer Recht ___________ 191) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50; Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 130; a. A. Brunner, Wertrechte, S. 125. 192) Wechsler, Die Abwicklung, S. 33. 193) Dazu ausführlich Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50 ff.; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 IV. 3. b) aa). 194) Inhaberaktien wurden weiterhin verbrieft. Die Gründe dafür scheinen historischer Natur. Siehe dazu Lanz/Favre, GesKR 2009, 548, 550 m. w. N. 195) Druey, SAG 1987, 65, 69: „… eine der europäischen Rolle der Schweiz würdige Kombination des französischen und des deutschen Modells“. 196) Albisetti, in: Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, S. 249. 197) Das Einwegzertifikat ist eigentlich eine Bestätigung, dass der Anleger als Berechtigter in einem Register eingetragen ist. Streitig ist trotzdem die Rechtsnatur des Zertifikates. Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 52, gehen ohne Begründung davon aus, dass es sich um ein Wertpapier handelt. Es wird jedoch im Fall der Übertragung vernichtet, und ein neues Zertifikat wird ausgestellt. Der Besitz an ihm wird gerade nicht übertragen, wie Art. 967 OR für das Wertpapier verlangt. Nobel (zitiert nach Wechsler, Die Abwicklung, S. 32) scheint auch zu bezweifeln, dass es sich um ein Wertpapier handelt; ausführlich zum Einwegzertifikat Lyk, SAG 1979, 9-16; Handschin, Papierlose Wertpapiere, S. 63 f. 198) Brunner, Wertrechte, S. 121 f.

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

gibt es weder aufgrund des Aktien- noch aufgrund des Wertpapierrechts eine Pflicht für die Gesellschaft, Aktien zu verbriefen und nach vorherrschender Meinung auch kein Recht des Aktionärs auf Verbriefung in Form eines Wertpapiers.199) Der Aktionär habe nur Anspruch auf eine Beweisurkunde, mit der er sein Recht darlegen kann.200) Das neue SEGA-Modell sieht dennoch vor, dass die Statuten der Aktiengesellschaft ein Recht auf Auslieferung eines Aktientitels vorsehen müssen und trägt auf diese Weise sowohl eventuell sog. wohlerworbenen Rechten als auch dem Erfordernis der Kotierbarkeit Rechnung.201) 86 Die Namenaktien mit aufgeschobenem Titeldruck entstehen als Wertrechte mit der Einbuchung in das System der SEGA.202) Die Übertragung findet nach herrschender Meinung gemäß Zessionsrecht (Art. 164 OR) statt,203) und sie bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 165 OR). Formal betrachtet ist dies kein großer Unterschied zur Rechtslage bei einem Wertpapier: Auch das Indossament bedarf der schriftlichen Form, und in beiden Fällen sind Blankounterschriften möglich.204) Der Aktionär kann der Gesellschaft zusammen mit dem Eintragungsgesuch ins Aktienbuch eine Abtretungsvollmacht erteilen oder sie bei Erwerb der Namenaktien der buchführenden Bank einräumen. Es muss jedoch eine lückenlose Kette von Zessionen bis zum letzten in das Aktienbuch eingetragenen Aktionär vorliegen.205) Das neue SEGA-Modell ließ in seinem System aber keine Namenaktien zu, die nicht von Anfang an mit einer Blankozession oder einer Abtretungsvollmacht ausgestattet waren. 87 Die Verpfändung der Namenaktie mit aufgeschobenem Titeldruck ist gemäß Art. 899 ZGB nach denselben Regeln wie bei Fahrnis möglich. Es muss indessen ein schriftlicher Pfandvertrag geschlossen werden (Art. 900 Abs. 3 ZGB).206) 88 Wie das Schweizerische Schuldbuch verzichtet das neue SEGA-Modell für Namenaktien auf den wertpapierrechtlichen Schutz des gutgläubigen Erwer___________ 199) Zum Streitstand Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 52, Fn. 11; Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 129, Fn. 104; siehe dazu auch Brunner, Wertrechte, S. 129, er ist der Ansicht, dass es nach h.L. einen gesetzlichen Anspruch auf Verbriefung gäbe, dieser aber durch die Statuten abdingbar sei. 200) Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, S. 418; Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 2. Aufl., 2004, S. 430. 201) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 52. 202) Brunner, Wertrechte, S. 220; bzw. in das SIS-System lt. Steiner/Büchi, GesKR 2007, 73, 74. 203) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 52; Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 130; siehe auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 IV 3. a) dd); a. A. Brunner, Wertrechte, S. 170 f., der vertritt, dass diese durch Umbuchung stattfände. 204) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 53. 205) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 53. 206) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 53.

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C. Die Entmaterialisierung der Wertpapiere

bers. Es verlangt stattdessen, dass die Statuten der Aktiengesellschaft die Wirksamkeit der Zession vom Zugang einer Anzeige der Abtretung bei der Aktiengesellschaft abhängig machen.207) Außerdem dürfen unverurkundete Namenaktien sowie daraus entspringende Vermögensrechte statuarisch nur zugunsten der Bank verpfändet werden, bei der der Aktionär diese buchmäßig führen lässt.208) Diese Regelung soll Mehrfachverpfändungen ausschließen. Da es sich bei den Aktien mit aufgeschobenem Titeldruck um Wertrechte 89 handelt, kann die Depotbank diese nicht wie Sachen verwahren, sondern sie nur verbuchen.209) Gleiches gilt für die SEGA. Die vertraglichen Beziehungen zwischen Anleger und Depotbank sowie zwischen Depotbank und SEGA richten sich hinsichtlich der Namenaktien mit aufgeschobenem Titeldruck nunmehr nach Auftragsrecht (Art. 394 OR). Gutschriften haben wie bei Wertpapieren nur deklaratorische Bedeutung, und Bescheinigungen über Aktienbestände haben wie bisher die Vermutung der Richtigkeit für sich.210) Im Fall des Konkurses der kontoführenden Bank oder der SEGA bleibt die 90 Rechtsträgerschaft an den unverbrieften Rechten beim Aktionär und fällt nicht in die Konkursmasse. In einem solchen Fall erlischt der Auftrag zur Verbuchung (Art. 405 OR), und der Aktionär müsste die Rechte bei einer anderen Bank einbuchen lassen oder aber die Auslieferung eines Zertifikats verlangen.211) Gedacht war dieses Modell im Jahr 1987 an sich nur als Übergangslösung bis 91 zur Umstellung auf ein eigentliches Wertrecht.212) Es konnten jedoch in der Praxis keine Nachteile gegenüber der Sammelverwahrung festgestellt werden,213) so dass nach Einführung der Namenaktie mit aufgeschobenem Titeldruck sogar ein gesetzliches Wertrecht durch das Bundesgesetz über die An-

___________ 207) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 56; Vorschlag für die statuarische Bestimmung, S. 59; SBVg Zirkular Nr. 787 D vom 22.10.1987, Anhang a Ziff. 2; von Ballmoos, Der wertpapierrechtliche Verkehrsschutz, S. 174, folgert, dass ein Bedürfnis nach Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb ausgeschlossen sei, weil man dem Erwerber den Statuteninhalt entgegenhalten kann; Brunner, Wertrechte, S. 145 f., dagegen vertritt, dass eine solche Bestimmung für börsenkotierte Aktien unwirksam ist. 208) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 54, 56, 59; zum Ablauf des Eintragungsvorgangs im Aktienregister bei außerbörslichem und börslichem Erwerb einer Namenaktie im SEGA-Modell siehe Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 57. 209) Bertschinger, AJP 1995, 425, 427; siehe auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 IV. 3. a) cc). 210) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 61 f.; Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 137, in etwas anderem Zusammenhang; a. A. Brunner, Wertrechte, S. 215. 211) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 63. 212) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 64. 213) Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 131.

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

lagefonds vom 18. März 1994 (AFG) eingeführt wurde.214) Wie bei den Namenaktien mit aufgeschobenem Titeldruck müssen Fondsanteile nicht verbrieft werden, vielmehr erhält der Anleger das Recht, die Aushändigung eines Anteilscheines zu verlangen (Art. 23 Abs. 4 AFG). Hierbei ist der auszuliefernde Anteilschein als Wertpapier auszustellen (Art. 24 Abs. 2 der Verordnung vom 19. Oktober 1994 über Anlagefonds215). 92 Letztendlich wurde das Wertrechtsmodell für Namenaktien zum 1. Juli 1997 als Voraussetzung für die Kotierung von Namenaktien an den Hauptbörsen von der Schweizer Zulassungsstelle sogar für obligatorisch erklärt.216) Ihren Höhepunkt fand diese Entwicklung, als die Swisscom AG in ihren Statuten den Anspruch der Aktionäre auf Druck und Auslieferung der Namenaktien ausschloss und damit rechtsgeschäftlich ein reines Wertrecht begründete: die Namenaktie mit aufgehobenem Titeldruck. Diesem Vorbild sind seit 1998 weitere Gesellschaften gefolgt.217) In der Schweiz hat somit der Emittent das Zwangsgiro für Aktien eingeführt.218) D. Zusammenfassung 93 Das Schweizer Recht hat die Rationalisierung im Bereich des Effektengiroverkehrs aufgrund bestehender zivilrechtlicher Bestimmungen vorangetrieben und bisher auf jegliche gesetzliche Regelungen zur Verwahrung wie ein Depotgesetz verzichtet. Die auf zivilrechtlichen Regelungen aufbauenden Institute der Sammelverwahrung und der Drittsammelverwahrung sind den deutschen Regelungen sehr ähnlich, wenn auch mangels spezialgesetzlicher Ausgestaltung weniger eindeutig. 94 Die Globalurkunde gibt es in ihren verschiedenen Spielarten erst seit Mitte der 1980er Jahre. Sie war zunächst nur an der Genfer Börse kotierbar und wurde deswegen lange Zeit nur für Privatplatzierungen von Notes und Warrants genutzt. Inzwischen ist sie für alle Schuldverschreibungen und Anlagefondsanteile gebräuchlich.219) Ein Zwangsgiro in Form einer gesetzlichen ___________ 214) Das Gesetz ist inzwischen durch das Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen vom 23.6.2006 aufgehoben. Dort heißt es in Art. 11: „Anteile sind Forderungen gegen die Fondsleitung auf Beteiligung an Vermögen und Ertrag des Anlagefonds oder der Gesellschaft.“ 215) Heute nicht mehr in Kraft; auch für Anlagefondsanteile besteht seit 2007 kein gesetzlicher Anspruch auf Auslieferung eines Anteilsscheins mehr (siehe zu den Details Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 IV 3. c)). 216) Brunner, Wertrechte, S. 122. 217) Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl. Bern 2000, § 25 N 36; Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 12. 218) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 IV. 3. a) bb). 219) Kuhn, Die Modernisierung des Rechts der mediatisierten Wertpapierverwahrung in der Schweiz, in: Nobel, S. 125, 129.

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D. Zusammenfassung

Vorschrift, die besagt, dass Globalurkunden bei einem Zentral- oder Sammelverwahrer einzuliefern seien, gibt es nicht. Ein echtes Wertrecht in Form des eidgenössischen Schuldbuchs existiert, wie 95 oben erwähnt, bereits seit 1939. Darüber hinaus hat die SEGA im Jahr 1988 ein echtes Wertrechtsmodell für Namenaktien auf rechtsgeschäftlicher Grundlage eingeführt. Die rechtlichen Grundlagen für die Namenaktien mit aufgeschobenem Titeldruck sind nicht explizit gesetzlich verankert, sondern von den Marktteilnehmern im Rahmen der gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten geschaffen worden. Dies ist wohl auf die Schweizer Tradition der Selbstregulierung der Finanzmärkte und eine gute Portion Pragmatismus zurückzuführen. Hans Kuhn, Direktor der Schweizer Nationalbank (Recht und Dienste), 96 schreibt: „Versucht man die geltenden Rechtsgrundlagen der mediatisierten Wertpapierverwahrung zu würdigen, so gelangt man zur paradoxen Feststellung, dass heute ein breiter Konsens über die Reformbedürftigkeit besteht, obwohl sich die Rechtsgrundlagen bewährt haben.“220) Es scheinen in der Praxis keine nennenswerten Probleme aufgetaucht zu sein, die zu einem gerichtlichen oder sonstigen Verfahren geführt hätten.221) Allerdings einigt man sich im Finanzmarkt – insbesondere mit institutionellen Investoren – gut und gerne außergerichtlich. Betrachtet man die Entwicklung der Rechtsgrundlagen des Effektengirover- 97 kehrs in der Schweiz durch eine deutsche Brille, stellt man fest, dass die Rechtsgrundlagen dort zwar später entwickelt wurden, dass die Schweiz aber auch erheblich weiter gegangen ist. Sie hat nicht nur ein echtes Wertrecht in Form eines Schuldbuchs entwickelt, sondern vermag darüber hinaus auch Namenaktien mit aufgeschobenem, ja sogar aufgehobenem Titeldruck aufzuweisen. In beiden Fällen hat sie auf den Gutglaubensschutz zugunsten des Erwerbers verzichtet. Insoweit hat sich die Schweiz bereits früh von der sachenrechtlichen Grundlage des Wertpapierrechts gelöst und damit auch von dem in Deutschland allseits beschworenen Erfordernis des gutgläubigen Erwerbs im Effektengiroverkehr. Dass ein gutgläubiger Erwerb von Wertrechten nicht möglich ist, wurde bis zur Diskussion über das Bucheffektengesetz auch nicht großartig problematisiert.222) Vielmehr wird dargelegt, dass sich für den Aktionär „kaum praktisch spürbare Konsequenzen“ ergeben.223) ___________ 220) Kuhn, Die Modernisierung des Rechts der mediatisierten Wertpapierverwahrung in der Schweiz, in: Nobel, S. 125, 130. 221) Kuhn, Die Modernisierung des Rechts der mediatisierten Wertpapierverwahrung in der Schweiz, in: Nobel, S. 125, 130. 222) Eine Ausnahme ist die Dissertation von von Ballmoos, Der wertpapierrechtliche Verkehrsschutz, 1993. 223) Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, S. 552.

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Kapitel 3: Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz

98 Die Schweizer Rechtsfiguren und Lösungsansätze bringen jedoch Unklarheiten mit sich und sind ausgesprochen kompliziert. Wie findet etwa ein Anleger heraus, ob seine Anleihe oder seine Aktie in Form eines Wertpapiers begeben worden ist oder ob es sich um ein Wertrecht handelt? Ein Blick auf den Depotauszug reicht jedenfalls nicht, denn dieser weist die Rechtsnatur der Anlage nicht aus. Der Anleger muss die Emissionsbedingungen oder die Statuten konsultieren. 99 Obwohl Vertreter der Rechtswissenschaft auch angesichts des Verlustes der Legitimations- und Transportfunktion der Wertpapierurkunde seit Langem für eine gesetzliche Reform werben224) und trotz der rechtlichen Unsicherheiten der „Ersatzmodelle“, gab es in der Schweiz wie in Deutschland auf Seiten der Finanzbranche lange Zeit hartnäckigen Widerstand gegen jegliche Reform.225) Die Internationalisierung der Wertpapiermärkte und damit der Dialog mit den ausländischen institutionellen Investoren und Aufsichtsbehörden sowie nicht zuletzt die Harmonisierung des internationalen Privatrechts im Rahmen des Haager Wertpapierübereinkommens, die EU-Finalitätsrichtlinie und die Finanzsicherheitenrichtlinie haben zu einem Umdenken in der Schweizer Finanzbranche beigetragen.226)

___________ 224) Meier-Hayoz, Abschied vom Wertpapier?, S. 396, plädiert für die Abschaffung des Wertpapiers im Bereich der Effekten und will die Publizitätsfunktion von Registern übernommen wissen, wie beispielweise beim Grundbuch, beim Eigentumsvorbehaltsregister und beim Schiffsregister; Zobl/Lambert, SZW 1991, 117, 139, plädieren für die Einführung von Wertrechten auf neuer gesetzlicher Grundlage und befürworten eine Änderung der Börsengesetzgebung; Meier-Hayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl. Bern 2000, § 25 N 39 sind für eine gesetzliche Lösung; ebenso Brunner, Wertrechte, S. 302; Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 2. Aufl., 2004, S. 439; Druey, SAG 1987, 65, 69; Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 64, setzen sich ebenfalls für eine Umstellung auf ein Wertrecht ein; Kleiner, SZW 1995, 290 ff., vertritt, dass der wertpapierrechtliche Verkehrsschutz durch die vertragliche Beziehung des Anlegers zur Depotbank ersetzt worden sei und keiner Übertragung auf die Wertrechte bedürfe, daher plädiert er für die Abschaffung des Wertpapiers im Effektenbereich und die Einführung des Wertrechts unter kleinen gesetzlichen Änderungen (295). 225) Kunz, P., Legislative Aktivitäten, S. 25, 41; Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 14. 226) Botschaft, S. 9325 f.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung A. Der Ablauf des Effektenkommissionsgeschäftes und seine Abwicklung 1. Der Kunde gibt am sog. Trade Date (T+0) eine Kauforder an seine Bank. 100 Die Bank prüft, ob sein Geldkonto gedeckt ist, und übermittelt bei Deckung einen Börsenauftrag an das Handelssystem der SIX Swiss Exchange (SIX).227) 2. Nach dem sog. Matching mit einem Verkaufsauftrag übermittelt das Han- 101 delssystem der SIX an (T+0) im Namen und im Auftrag der Bank eine Abschlussmeldung direkt an das Effektenabwicklungssystem SECOM228) der zentralen Verwahrungsstelle SIX SIS AG.229) 3. Die Bank zeigt dem Kunden an (T+0) die Ausführung an und fertigt eine 102 Abrechnung aus. 4. Die Bank bucht noch am selben Tag (T+0) den Kaufpreis vom Geldkonto 103 des Kunden mit Valuta (T+2)230) ab und bucht die Wertpapiere auf dem Effektenkonto des Kunden (vorbehaltlos).231) Hier sei angemerkt, dass die Schweiz in Anlehnung an die Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der EU und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 die Erfüllungsfrist am 6. Oktober

___________ 227) 10.2 des Handelsreglements der SIX Swiss Exchange vom 6.10.2014. 228) SECOM steht für Settlement Communication System und ist ein sog. Online-Realtime Abwicklungssystem (Straight Through Processing), das die Abwicklung über eine einzige technische Schnittstelle ermöglicht; siehe auch Haene/Sturm, S. 6; Schönholzer, Zentrale Gegenparteien, S. 11; Kröpfl, Effizienz in der Abwicklung, S. 48. Das bedeutet, dass der Börsenauftrag direkt als Settlementinstruktion an die Verwahrungsstelle weitergeleitet wird (Hess/Stöckli, SJZ 2010, 153, 155). 229) 13.2 des Handelsreglements der SIX Swiss Exchange vom 6.10.2014; Zobl, Skriptum zur Vorlesung Kapitalmarktrecht, S. 150. In Deutschland dagegen wird zunächst eine Ausführungsbestätigung an die Bank übermittelt. 230) (T+2) bedeutet zwei (Ergänzung durch die Autorin: Geschäfts-)Tage nach dem Tag des Geschäftsabschlusses. 231) So ausdrücklich das Zirkular der Schweizerischen Bankiervereinigung vom 27.11.2002, Nr. 7215 und die Empfehlung der Übernahmekommission vom 27.6.2005, S. 7, verfügbar auf www.takeover.ch/transactions/document/id/142 (zuletzt abgerufen am 6.1.2015); Hess/Zbinden, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 11 BEG N 15 ff.; so auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 II 2. b).

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

2014 von (T+3) auf (T+2) umgestellt hat.232) Die Literatur, auf die diese Arbeit Bezug nimmt, knüpft naturgemäß an (T+3) als Erfüllungsfrist an. Die Geltung einer Erfüllungsfrist von (T+2) macht für die rechtlichen Aussagen der Literatur, auf die Bezug genommen wird, keinen Unterschied. 104 5. Die SIX SIS AG reserviert die Wertpapiere an (T+1) über das Effektenabwicklungssystem SECOM im Effektenkonto der Verkäuferbank233) und sendet eine Zahlungsinstruktion an das Zahlungssystem SIC/euroSIC234) an (T+2).235) Zwischen den beiden Systemen besteht eine Online-Verbindung, die sog. Swiss Value Chain.236) 105 6. SIC/euroSIC verbucht die Zahlung an (T+2) auf dem Geldkonto der Verkäuferbank. 106 7. SIX SIS AG führt an (T+2) die Gutschrift der Wertpapiere auf dem Effektenkonto der Käuferbank bei der SIX SIS AG durch.

___________ 232) Siehe dazu das Q&A der SIX Swiss Exchange verfügbar auf www.six-swiss-exchange.com/ download/participants/clearing_settlement/qaimplementation_t2_standard_en.pdf (zuletzt abgerufen am 5.1.2015). Laut 6.2 des Q&A erforderte die Umstellung in der Schweiz wohl keine signifikanten Systemänderungen, weil sowohl lokale als auch internationale Teilnehmer bereits Systeme besitzen, die auf unterschiedliche SettlementPerioden eingerichtet sind. Hier angeführte Literatur zu den Buchungsabläufen ist noch aus der Zeit von vor der Umstellung. Als noch die Erfüllungsfrist (T+3) in der Schweiz galt, passierte jedoch an (T+2) im Rahmen des Settlement weder etwas bei der SECOM noch bei den Teilnehmerbanken, so dass vermutlich die Handlungen, die vorher an (T+3) vorgenommen wurden, nun schlichtweg auf (T+2) vorverlegt worden und die übrigen Abläufe gleich geblieben sind. 233) Siehe Philipp Haene, Das Effektenabwicklungssystem SECOM, verfügbar auf www.snb.ch (zuletzt abgerufen am 8.2.2015); sehr kursorisch Staehelin, Bankinsolvenzrechtliche Finalität, S. 24; siehe auch Heller, „Lieferung gegen Zahlung“ in der Schweiz, in: Geiger/ Spremann, Banktopologie, S. 103, 106 mit Abbildung; Kröpfl, Effizienz in der Abwicklung, S. 48. 234) Das Zahlungssystem SIC/euroSIC wird von der SIX Interbank Clearing (SIC) im Auftrag und unter der Aufsicht der Schweizer Nationalbank betrieben. Die Teilnehmer haben ein Verrechnungskonto bei SIX Interbank Clearing und ein Girokonto für Schweizer Franken bei der Schweizer Nationalbank und eines bei der Swiss Euro Clearing Bank in Frankfurt für Euros; siehe dazu http://www.six-interbank-clearing.com/ de/home/payment-services/eurosic.html (zuletzt abgerufen am 28.2.2015). 235) Siehe Jürg Mägerle und Robert Oleschak, Das Zahlungssystem Swiss Interbank Clearing (SIC), verfügbar auf www.snb.ch (zuletzt abgerufen am 17.1.2015). 236) Zobl, Skriptum zur Vorlesung Kapitalmarktrecht, S. 151; Zobl/Kramer, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, N 1344 ff. geben einen Überblick zum Vertragsabschluss und der Abwicklung bei Börsentransaktionen; ausführlich mit weiteren Hinweisen Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 12 III.

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B. Die rechtlichen Grundlagen des Effektenkommissionsgeschäftes

Ablauf einer Kauforder und Abwicklung Zug-um-Zug (Schweiz) (T+0) Kauforder Kunde

(T+1) Reservierung des Wertpapiers im Effektenkonto der Verkäuferbank über SECOM

(T+2) Versendung der Zahlungsinstruktion an Zahlungssystem SIC/euroSIC

Übermittlung der Kauforder durch Bank an SIX Swiss Exchange

Gutschrift Kaufpreis auf Geldkonto der Verkäuferbank

Matching im Handelssystem

Gutschrift Wertpapier im Effektenkonto der Käuferbank bei SIX SIS AG

Abschlussmeldung an SECOM Ausführungsanzeige Abrechnung der Ausfertigung an Kunden Abbuchung Kaufpreis vom Geldkonto des Kunden bei der Bank

B. Die rechtlichen Grundlagen des Effektenkommissionsgeschäftes zwischen Bank und Kunde Wenn der Kunde eine Kauforder an seine Bank gibt, kommt in der Regel 107 zwischen dem Kunden und der Bank ein Kommissionsvertrag gemäß Arts. 425 ff. OR zustande. Die Bank wird als Kommissionär und der Kunde als Kommittent bezeichnet. Das Auftragsrecht gemäß Arts. 394 ff. OR ist subsidiär anwendbar (Art. 425 Abs. 2 OR). Das Kommissionsgeschäft bezieht sich jedoch ausdrücklich nur auf Wertpapiere. Wenn der Kunde Wertrechte kaufen möchte, ist das Kommissionsrecht wohl analog anwendbar.237) Ergänzende vertragliche Regelungen finden sich in der Schweiz unter Umständen

___________ 237) Costantini, Effektenkommission heute, S. 25, 27; Zobl/Kramer, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, N 1222; U. Roth, in: Hertig u. a. (Hrsg.), BEHG, Art. 11 N 124; BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 425 N 2 plädieren dagegen für die ausschließliche Anwendung des Auftragsrechts; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 II 2. a) aa) Fn. 1875 m. w. N.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

im sog. Depotreglement der Bank.238) Die Bank trifft die kommissions- bzw. auftragsrechtliche Sorgfalts- und Treuepflicht gegenüber dem Kunden (Arts. 425 Abs. 2, 398 Abs. 1 OR).239) 108 Die Bank kauft die Wertpapiere im eigenen Namen und für Rechnung des Kunden (Art. 425 Abs. 1 OR).240) Sie ist jedoch befugt, die Wertpapiere als Verkäufer selbst zu liefern (Art. 436 OR). Beim sog. Selbsteintritt kommt zwischen der Bank und dem Kunden ein Kaufvertrag zustande (Art. 436 Abs. 3 OR).241) Meldet die Bank die Ausführung des Auftrags dem Kunden, ohne eine andere Person als Verkäufer zu benennen, wird der Selbsteintritt gesetzlich vermutet.242) In der Schweiz kommt dem Selbsteintritt in der Praxis eine große Bedeutung zu.243) Ein Selbsteintritt lag in der Regel bei an der SIX gehandelten Effekten, Over-the-Counter-Transaktionen in Aktien, Obligationen, Optionen, Financial Futures und bei von der Bank des Kunden zur Zeichnung aufgelegten fest übernommenen Emissionen vor, nicht jedoch bei an der Eurex (European Exchange) gehandelten Derivaten und im Ausland gehandelten Effekten.244) Dadurch dass die SIX im Jahr 2010 für Geschäfte während der Börsenzeit in bestimmten Marktsegmenten eine sog. relative Börsenpflicht eingeführt hat,245) ist in diesem Bereich der Selbsteintritt ausgeschlossen.246) Beim Selbsteintritt handelt es sich um einen gemischten ___________ 238) Z. B. Nummer 12 des Depotreglements der Raiffeisenbank vom 1.1.2010: „Die Bank besorgt auf besonderen, rechtzeitig erteilten Auftrag des Kunden den An- und Verkauf von in- und ausländischen Werten. (…) Der Kunde nimmt zur Kenntnis, dass seine Börsenaufträge unter Umständen mit zeitlicher Verzögerung ausgeführt werden, da sowohl die Börsenhandelstage und Handelszeiten an den entsprechenden Börsen als auch die Servicezeiten der Bank maßgeblich sind. Ein in den Banksystemen erfasster Auftrag ist grundsätzlich nicht widerrufbar. (…) Im Übrigen gelten die Usancen der betreffenden Börsen- und Handelsplätze bzw. der Emittenten und Geschäftspartner. Die Allgemeinen Depotbedingungen der UBS AG gültig im Jahr 2012 enthalten keinerlei vergleichbare Bestimmungen. Die UBS AG regelt Börsenaufträge nur in ihren ‘Basisbestimmungen für UBS Online Services‘.“ 239) Watter, Handel in Wertschriften auf einer Netto-Basis, S. 181, 183; BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 425 N 6. 240) BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 425 N 3; Staehelin, Bankinsolvenzrechtliche Finalität, S. 91. 241) BGE 114 II 57, 63; BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 426 N 9; ebenso CHK-M. Pfenninger Art. 436 N 7; in Deutschland wurde der Selbsteintritt im Jahr 1995 durch die Änderung der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte abgeschafft. 242) Art. 437 OR; näher dazu BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 436 N 1. 243) BSK-OR I-von Planta/Lenz, Art. 436 N 6; U. Roth, in: Hertig u. a. (Hrsg.), BEHG, Art. 11 N 124; Kunz, P., Kreuzfahrt, S. 115; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 II 2. a) aa) m. w. N. 244) U. Roth, in: Hertig u. a. (Hrsg.), BEHG, Art. 11 N 127 f.; Zobl, Skriptum zur Vorlesung Kapitalmarktrecht, S. 146; Zobl/Kramer, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, N 1214. 245) Vgl. 4.5 Handelsreglement der SIX Swiss Exchange; Weisung 3: Handel der SIX Swiss Exchange vom 9.10.2014, Anhänge A – M. 246) BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 436 N 6a.

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B. Die rechtlichen Grundlagen des Effektenkommissionsgeschäftes

Vertrag mit kaufrechtlichen Elementen.247) Tritt die Bank nicht selbst ein, gilt ausschließlich das Kommissionsrecht. Im Schweizer Kommissionsrecht gibt es – anders als im deutschen Recht gemäß 109 § 669 BGB und Nr. 4 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte – keine Vorschusspflicht. Die Kommission wird schlicht nicht ausgeführt, wenn Bank und Kunde keine Absprache treffen und keine Partei bereit ist, eine Vorleistung zu erbringen.248) Gemäß Art. 426 OR muss der Kommissionär dem Kommittenten die erfor- 110 derlichen Nachrichten geben und insbesondere von der Ausführung des Auftrags sofort Anzeige machen. Außerdem gelten die in Art. 11 BEHG statuierten Verhaltensnormen für Effektenhändler,249) unabhängig davon, ob es sich um ein echtes Kommissionsgeschäft oder einen Selbsteintritt handelt.250) Art. 11 BEHG hat sowohl öffentlich-rechtlichen als auch privatrechtlichen Charakter251) und wird durch die Verhaltensregeln für Effektenhändler bei der Durchführung des Effektenhandelsgeschäftes aus dem Jahr 2008, herausgegeben von der Swiss Banking, konkretisiert.252) Gemäß Art. 6 dieser Verhaltensregeln soll die Bestätigung und die Abrechnung über ein Effektenhandelsgeschäft tagfertig erfolgen und innerhalb eines Bankwerktages nach Ausführung der Transaktion dem Kunden in der vereinbarten Form zugestellt werden.253) Das Ausführungsgeschäft wird gemäß Art. 429 Abs. 1 OR Zug um Zug ab- 111 gewickelt.254) In der Regel erlangt der Einkaufskommissionär zunächst Eigentum am Kommissionsgut und muss es dann dem Kommittenten gemäß Art. 400 OR erstatten.255) Gemäß Art. 398 OR haftet der Kommissionär dem Kommittenten für die getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes. Grundsätzlich trägt der Kommittent gemäß Art. 430 OR das Erfüllungsrisiko des Ausführungsgeschäftes.256) Etwas anderes gilt ___________ 247) BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 436 N 3; Watter, Handel in Wertschriften auf einer Netto-Basis, S. 181, 184, m. w. N. 248) BSK-OR I/Weber, Art. 402 N 10; Nr. 15 der AGB (11/2011) der Swissquote sieht denn auch vor, „dass die Kaufkraft des Kontos des Kunden mindestens dem Kaufpreis der Wertschriften vor dem Handelsdatum entspricht“. 249) BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 425 N 6a. 250) U. Roth, in: Heftig u. a. (Hrsg.), BEHG, Art. 11 N 126. 251) BSK-BEHG-Bahar/Stupp, Art. 11 N 7; Kunz, P., Kreuzfahrt, S. 90. 252) Verfügbar auf www.swissbanking.org/801908_d.pdf (zuletzt abgerufen am 8.3.2013). 253) Siehe auch zu Art. 11 BEHG das Rundschreiben 2013/8 der finma, Aufsichtsregeln zum Marktverhalten im Effektenhandel, verfügbar auf www.finma.che/d/regulierung/ Documents/finma-rs-13-08-d.pdf (zuletzt abgerufen am 17.1.2015). 254) BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 429 N 1 f., Art. 430 N 1. 255) BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 434 N 2. 256) BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 430 N 1.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

jedoch beim Börsengeschäft. Hier geht die Schweizer Lehre davon aus, dass der Kommissionär aufgrund einer bestehenden Handelsusance das sog. Delkredererisiko übernimmt, wie es Art. 430 Abs. 1 OR a. E. ausdrücklich vorsieht.257) Es handelt sich um eine Haftung nach Art. 111 OR. Danach ist, wer einem anderen die Leistung eines Dritten verspricht, wenn sie nicht erfolgt, zum Ersatz des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet. Dem Kern nach ist dies eine Garantenhaftung. Der Kommissionär haftet also für den Erfolg des Ausführungsgeschäftes. Tritt der Erfolg nicht ein, ist er schadensersatzpflichtig.258) C. Das Ausführungsgeschäft an der SIX Swiss Exchange (ohne Zentrale Gegenpartei) I. Der Kaufvertrag zwischen den Börsenteilnehmern 112 Wenn die Bank das Ausführungsgeschäft an der SIX Swiss Exchange (SIX) tätigt, tritt die Bank im eigenen Namen auf, und der Kaufvertrag kommt zwischen der Bank und dem Verkäufer über das Börsensystem (im Wege des sog. Matching) zustande.259) Beide Parteien sind zugelassene Börsenteilnehmer und unterliegen hinsichtlich des Ausführungsgeschäfts den Börsenregeln.260) Laut 13.1 des Handelsreglements der SIX261) müssen Abschlüsse zwei Börsentage nach Abschluss übertragen und bezahlt sein (T+2) („Valutatag“). Gemäß 14.1 des Handelsreglements tragen die Vertragsparteien das sog. Gegenparteirisiko. II. Die Nichterfüllung des Kaufvertrages durch den Verkäufer 113 Das Handelsreglement der SIX regelt auch die Verzugsfolgen: Kann der Verkäufer nicht am Valutatag liefern, hat er drei weitere Börsentage (T+6) Zeit, um sich einzudecken.262) Nach dem Börsenreglement muss er dem Käufer die entstehenden direkten und indirekten Kosten erstatten, wie zum Beispiel auch die Kosten einer Effektenleihe. Wenn der Verkäufer die Wertpapiere nicht spätestens vier Börsentage nach dem Valutatag, 12.00 Uhr MEZ, selbst beschaffen kann, ist der Käufer berechtigt, einen Deckungskauf (Buy-In) zu tätigen. Der Verkäufer trägt die durch den Deckungskauf entstehenden Kosten, insbesonde___________ 257) BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 430, N 2; Zobl/Kramer, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, N 1217; BK-Gautschi, Art. 430 OR, N 3c. 258) Str., siehe dazu BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 430 N 5 m. w. N. und CHK-Pfenninger, Art. 430 N 2. 259) Watter, Handel in Wertschriften auf einer Netto-Basis, S. 181, 185. 260) Watter, Handel in Wertschriften auf einer Netto-Basis, S. 181, 186. 261) Handelsreglement vom 10.4.2014, in Kraft seit 6.10.2014; verfügbar auf www.six-swissexchange.com/rule_book/01-RB/de/index.html. (zuletzt abgerufen am 5.1.2015). 262) 14.2.7 a) des Handelsreglements der SIX Swiss Exchange vom 10.4.2014, in Kraft seit 6.10.2014; verfügbar auf www.six-swiss-exchange.com/rule_book/01-RB/de/index.html. (zuletzt abgerufen am 5.1.2015).

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

re die Preisdifferenz. Ist der Preis der Wertpapiere gesunken, hat der Verkäufer kein Recht auf Rückerstattung. Der Käufer kann den Buy-In bis zu (T+20) versuchen. Erst wenn er fehlschlägt, wird der zugrunde liegende Vertrag hinfällig und wird durch einen Entschädigungsanspruch des Käufers ersetzt. D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes bei girosammelverwahrten Wertpapieren vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes I. Der Direkterwerb des Kommittenten Grundsätzlich erwirbt der Kommissionär das Eigentum am Kommissionsgut 114 von der Partei des Ausführungsgeschäftes und muss es dem Kommittenten erstatten (Art. 400 OR)263). Eine vertragliche Beziehung zwischen der Vertragspartei des Kommissionärs an der SIX und dem Kommittenten besteht nicht. Wenn der Kommittent seine Verbindlichkeiten aus dem Kommissionsgeschäft gegenüber dem Kommissionär erfüllt, gehen die Forderungsrechte des Kommissionärs gegen seine Vertragspartei aufgrund der im Auftragsrecht vorgesehenen Legalzession auf den Kommittenten über (Art. 401 Abs. 1 OR).264) Beim Börsengeschäft verhält es sich jedoch nach herrschender Meinung in 115 der Schweizer Literatur anders: Der Kommittent erwirbt das Eigentum an den Effekten direkt vom Verkaufskommittenten, dem Auftraggeber des Verkaufskommissionärs.265) Der Verkaufskommissionär ist vom Verkaufskommittenten im Rahmen der Verkaufskommission ermächtigt, über die Wertpapiere des Verkaufskommittenten zu verfügen (Art. 396 Abs. 2 OR)266). Konstruktiv werden zwei Wege für den Direkterwerb vorgeschlagen.267) 

Weg 1: Weil dem Verkäufer (Verkaufskommissionär) beim Börsengeschäft die Identität des Käufers (Einkaufskommissionärs) gleichgültig ist, handelt der Einkaufskommissionär als stiller (direkter) Vertreter (Art. 32 Abs. 2 OR) und kann seinen Kommittenten direkt berechtigen und ihm Eigentum verschaffen (Art. 923 ZGB).268) Der Einwand, dass an der Börse kein Vertragsverhältnis zwischen den Kommittenten, sondern wegen des Gegenparteirisikos nur zwischen den professionellen Börsenteilnehmern

___________ 263) Art. 400 Abs. 1 OR: „Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und alles, was ihm infolge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.“ 264) Anders grundsätzlich § 392 HGB. 265) Hofstetter, Schweizerisches Privatrecht VII/6, S. 204; a. A. Costantini, Effektenkommission heute, S. 25, 27. 266) Im Schweizer Recht gibt es keine dem § 185 BGB entsprechende Norm. 267) Vergleiche zum Ganzen Hofstetter, Schweizerisches Privatrecht VII/6, S. 204 Ziff. 3; BSK-OR I/von Planta/Lenz, Art. 430 N 2; CHK-Pfenninger, Art. 434 N 2. 268) Hofstetter, Schweizerisches Privatrecht VII/6, S. 204 Ziff. 3; BSK-OR I/von Planta/ Lenz, Art. 430 N 2: diese Konstruktion erinnert an das „Geschäft, für wen es angeht“ im deutschen Recht; auch Bertschinger, AJP 1995, 426, 430, scheint diese Konstruktion in Betracht zu ziehen.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

begründet werden soll,269) ist zwar richtig, trifft aber nur für den Kaufvertrag und nicht für das Erfüllungsgeschäft zu. 

Der 2. Weg führt über das antizipierte Besitzkonstitut: Der Kommittent hat sein Effektenkonto beim Kommissionär. Im Rahmen dieses Hinterlegungsvertrages vereinbaren die Parteien antizipiert, dass der Kommissionär dem Kommittenten den Besitz an den für Rechnung des Kommittenten erworbenen Effekten vermittelt, so dass das Eigentum an den Wertpapieren im Moment des (potenziellen) Eigentumserwerbs durch den Kommissionär auf den Kommittenten übergeht.270) Das antizipierte Besitzkonstitut macht die Besitzübertragung an den Kommittenten entbehrlich.

116 Die Rechtsprechung allerdings hat ausdrücklich offen gelassen, ob der Kommittent das Eigentum an den Wertpapieren direkt erwirbt oder ob zunächst der Kommissionär Eigentum erwirbt und dann der Kommittent das Eigentum vom Kommissionär erwirbt (Durchgangserwerb).271) II. Der zivilrechtliche Erwerbstatbestand (Art. 967 Abs. 1 OR i. V. m. Arts. 714, 924 ZGB) 117 Der Einkaufskommittent erwirbt also das Eigentum an den Wertpapieren direkt vom Verkaufskommittenten. Der Verkaufskommittent hat den Verkaufskommissionär, meist zugleich seine Depotbank, beauftragt, eine bestimmte Stückzahl an Wertpapieren in fremdem Namen für seine Rechnung zu verkaufen. Der Verkaufskommittent ermächtigt seinen Verkaufskommissionär, im Rahmen der Verkaufskommission über seine Wertpapiere zu verfügen (Art. 396 Abs. 2 OR).272) 118 Der Verkaufskommissionär verwahrt die Wertpapiere des Verkaufskommittenten bei der SIX SIS AG. Diese ist unmittelbarer Besitzer der Wertpapiere, und der Verkaufskommissionär ist mittelbarer Besitzer 1. Stufe. Der Verkaufskommittent besitzt die Wertpapiere als Eigentümer und hat daher sog. selbständigen mittelbaren Besitz 2. Stufe (Art. 920 Abs. 2 ZGB). Weil die Wertpapiere bei der SIX SIS AG girosammelverwahrt werden, ist er jedoch nicht Alleineigentümer, sondern Miteigentümer nach Bruchteilen am Sammelbestand der Wertpapiere derselben Gattung. Als Miteigentümer kann er wie ___________ 269) Favre, Berechtigung von Depotkunden, S. 33; Watter, Handel in Wertschriften auf einer Netto-Basis, S. 181, 187; unklar Staehelin, Bankinsolvenzrechtliche Finalität, S. 91, der nicht zwischen dem Ausführungsgeschäft und den Parteien desselben und dem Erfüllungsgeschäft und seinen Parteien unterscheidet. 270) So Zobl/Kramer, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, N 1219; Favre, Berechtigung von Depotkunden, S. 33, sagt ausdrücklich, dass der Kommittent, wenn man einen direkten Eigentumserwerb ablehnte, jedenfalls im Zeitpunkt der Einbuchung auf sein Depot bei der Depotbank Eigentum erwürbe. 271) BGE 102 III 94, 100 f. 272) Hofstetter, Schweizerisches Privatrecht, VII/6, S. 204; Wieland, Kommentar zum Schweizerischen ZGB, Zürich 1909, Art. 714 N 3. f).

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ein Alleineigentümer über seinen Bruchteil verfügen (Art. 646 Abs. 3 ZGB).273) Miteigentumsanteile am Sammelbestand von Wertpapieren werden gemäß Art. 967 OR274) wie Einzelurkunden übertragen.275) Gleiches gilt, wenn die Wertpapiere in einer Globalurkunde verbrieft sind.276) Zur Eigentumsübertragung bedarf es der Übertragung des Besitzes an der 119 Urkunde (Art. 967 Abs. 1 OR) und eines Übertragungsvertrags zu vollem Recht (Art. 967 Abs. 2 OR, Arts. 714 ff. ZGB).277) Da der Verkaufskommittent nur mittelbarer Besitzer 2. Stufe ist und die Urkunden auch weiterhin bei der SIX SIS AG in Verwahrung bleiben sollen,278) kann er dem Erwerber keinen unmittelbaren Besitz gemäß Art. 922 ZGB279) übertragen. Daher muss die Besitzübertragung gemäß Art. 924 ZGB erfolgen.280) Art. 924 Abs. 1 ZGB sieht vor: „Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräußerer selbst auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.“ Eine Übergabe findet also ausdrücklich nicht statt. Absatz 2 von Art. 924 ZGB bestimmt weiter: „Gegenüber dem Dritten ist dieser Besitzübergang erst dann wirksam, wenn ihm der Veräußerer davon Anzeige gemacht hat.“281) Diese Form der Eigentumsübertragung wird in der Schweiz Besitzanweisung genannt.282) ___________ 273) Siehe Kapitel 3.B. III. 274) Art. 967 Abs. 1 OR lautet: „Zur Übertragung des Wertpapiers zu Eigentum oder zu einem beschränkt dinglichen Recht bedarf es in allen Fällen der Übertragung des Besitzes an der Urkunde.“ Abs. 2 lautet: „Bei Ordrepapieren bedarf es überdies der Indossierung, bei Namenpapieren einer schriftlichen Erklärung, die nicht auf das Wertpapier selbst gesetzt sein muss.“ 275) Siehe Kapitel 3. B. III. 276) Siehe Kapitel 3. B. IV. 277) ZK-Jäggi, Art. 967 N 24; CHK-Kuhn, Art. 967 N 2; BSK-Wertpapierrecht-Furter, Art. 967 OR N 1. 278) Hier wird angenommen, dass eine Auslieferung nach den Emissionsbedingungen oder den Gesellschaftsstatuten möglich ist. Siehe Kapitel 6 D. I. 2. zu dem Problem des Besitzes insbesondere bei sog. Dauerglobalurkunden, wie es im deutschen Recht diskutiert wird. 279) Art. 922 Abs. 1 ZGB: „Der Besitz wird übertragen durch die Übergabe der Sache selbst oder der Mittel, die dem Empfänger die Gewalt über die Sache verschaffen.“ Art. 922 Abs. 2 ZGB: „Die Übergabe ist vollzogen, sobald sich der Empfänger mit Willen des bisherigen Besitzers in der Lage befindet, die Gewalt über die Sache auszuüben.“ 280) Brunner, Wertrechte, S. 25. 281) Laut Krimphove, S. 94, 100, tritt an die Stelle der Übergabe die Anzeige. Meiner Ansicht nach ist das zumindest zweifelhaft, da die Anzeige nach überwiegender Meinung im Schweizer Sachenrecht keine Voraussetzung für den Eigentumserwerb zu sein scheint; siehe dazu Kapitel 4 D. II. 1. 282) Nach Liver, Das Eigentum, in: Schweizerisches Privatrecht Bd.V/1, § 50, S. 322, ist diese Bezeichnung nicht zutreffend, weil das Eigentum nicht erst mit der Mitteilung an den Besitzmittler übergeht, sondern bereits mit Vertragsschluss. Auch im deutschen Recht gibt es den Besitzübergang qua Besitzanweisung im Rahmen des § 929 BGB. Er ist aber nicht ausdrücklich geregelt (vgl. Krimphove, S. 193). Im deutschen Recht ist jedoch zum Eigentumserwerb erforderlich, dass der Besitzmittler tatsächlich seinen Besitzmittlungswillen zugunsten des Erwerbers umstellt. Siehe dazu Baur/Stürner, SachenR, § 51, Rn. 14; MüKoBGB/Oechsler, § 929, Rn. 99.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

1. Der Erwerb aufgrund von Art. 924 ZGB nach der allgemeinen zivilrechtlichen Literatur 120 Die Kommentarliteratur wie auch die Rechtsprechung beschreiben die Besitzanweisung als einen Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber. Beide müssen sich einig sein, dass der Besitzmittler des Veräußerers Besitzmittler des Erwerbers werden soll und „daß somit am unmittelbaren Besitz trotz des Gläubigerwechsels nichts ändern soll“.283) Der Besitzmittler ist an dem Vertrag nicht beteiligt. Das Eigentum soll bereits mit Vertragsschluss zwischen Veräußerer und Erwerber und nicht erst mit der Anzeige an den Dritten (Besitzmittler) übergehen.284) Mit der Anzeige wird die Besitzanweisung für den Besitzmittler wirksam, und das Rechtsverhältnis zwischen Veräußerer und Besitzmittler geht von Gesetzes wegen auf den Erwerber über.285) Für den Eigentumserwerb ist es nicht erforderlich, dass der Besitzmittler einverstanden ist, den Besitz nun für den Erwerber zu mitteln. Im Gegenteil: Selbst wenn der Besitzmittler den Besitz dem Erwerber nicht mitteln will, geht das Eigentum über.286) Wenn die Anzeige nicht erfolgt, kann der Dritte (der Besitzmittler) sich durch Herausgabe an den Veräußerer auch gegenüber dem Erwerber befreien.287) Wenn der Besitzanweisungsvertrag zwischen Veräußerer und Erwerber zustande kommt, bevor die Anzeige dem Besitzmittler zugeht, mittelt der Veräußerer dem Erwerber den Besitz, bis die Anzeige dem Besitzmittler zugeht. Der vermittelte Besitz beruht auf dem nach wie vor bestehenden Rechtsverhältnis zwischen Veräußerer und Besitzmittler.288) 121 Es sei angemerkt, dass die Kommentarliteratur zu Art. 924 ZGB sich nicht mit der Erfüllung eines Effektenkommissionsgeschäfts, bei dem Veräußerer

___________ 283) ZK-Jäggi, zu Art. 967 OR N 43; siehe auch Liver, Das Eigentum, in: Schweizerisches Privatrecht Bd.V/1, § 50, S. 322; BSK-ZGB II-Ernst, Art. 924 N 7; BK-Stark, Art. 924 N 15 f.; BGE 112 II 406, 420, zu einem Aktienkauf im Rahmen einer M&A-Transaktion (Ems Chemie Holding AG gegen Schmid AG Gattikon). 284) BGE 112 II 406, 420; BSK-ZGB II-Ernst, Art. 924 N 7, 10, 15; ZK-Jäggi, zu Art. 967 OR, Rn. 43, BK-Stark, Art. 924 N 22; ZK-Homberger, Art. 924 N 6. 285) So ausdrücklich BSK-ZGB II-Ernst, Art. 924 N 10. 286) BGE 112 II 406, 420; ZK-Jäggi, Art. 967 N 43; BK-Stark, Art. 924 N 22. 287) BGE 112 II 406, 420; BK-Stark, Art. 924 N 22. 288) BK-Stark, Art. 924 N 25; BSK-ZGB II-Ernst, Art. 924 N 7, 10, 15.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

– als mindestens mittelbarer Besitzer 2. Stufe – und Erwerber sich überhaupt nicht kennen, befasst.289) 2. Der Erwerb aufgrund von Art. 924 ZGB nach Brunner Brunner vertritt wie die Kommentarliteratur und Rechtsprechung in seiner 122 umfassenden Arbeit „Wertrechte – nicht verurkundete Rechte mit gleicher Funktion wie Wertpapiere“ aus dem Jahr 1996, dass ein Besitzanweisungsvertrag gemäß Art. 924 ZGB zwischen Veräußerer und Erwerber erforderlich sei, dass es aber ähnlich wie im deutschen Recht für den Eigentumserwerb eines Vollzugsakts bedürfe, durch den die Erfüllung des Geschäfts nach außen zum Ausdruck gebracht wird. Diesen Vollzugsakt will er in der Buchung sehen. Zwar käme dieser nur beweismäßige Bedeutung zu,290) aber die Buchung sei für den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs dennoch bedeutsam, weil nach dem Willen der Parteien die Erfüllung Zug um Zug gegen Zahlung erst bei Vornahme der Umbuchung erfolgen solle. Bei einer teilnehmerübergreifenden Transaktion291) wie hier käme der Besitz(anweisungs)vertrag im Zeitpunkt der Umbuchung durch die Verwahrungsstelle und der Verbuchung auf dem Depotkonto des erwerbenden Teilnehmerinstituts zustande.292) Wie der Besitzanweisungsvertrag genau zustande kommt, analysiert Brunner nicht. Ihm zufolge erwirbt der Erwerber Eigentum an (T+2)293) mit der Verbuchung der Wertpapiere auf dem Depotkonto seines Einkaufskommissio___________ 289) Schlegel, Die schweizerische Effekten-Giro AG, S. 106 f., behandelt in seiner Dissertation aus dem Jahr 1983 das Eigenhandelsgeschäft zwischen zwei Banken an der Börse und geht ebenfalls von einer Eigentumsübertragung mittels Besitzanweisung aus. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der SEGA in § 32: „Durch den Giro-Auftrag veranlasst der Auftraggeber die Übertragung des Miteigentums an den Wertpapieren des Sammelbestandes auf einen anderen Teilnehmer oder dessen Kunden. Die SEGA belastet das Konto des Auftraggebers und erkennt dasjenige des Begünstigten. Beiden Parteien wird die Transaktion mittels Tagesauszug bestätigt“ (abgedruckt bei Schlegel S. 159, 165). Nach Schlegel ist die SEGA daher direkter Stellvertreter des Veräußerers und des Erwerbers zur gleichen Zeit. Die Vertretungsmacht bezieht sich auf die dingliche Einigung. Wie die dingliche Einigung vollzogen wird und zu welchem Zeitpunkt das Eigentum übergeht, wird jedoch nicht genau dargestellt. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des SIX SIS AG vom 1.5.2005 vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes (nicht veröffentlicht) findet sich eine fast gleichlautende Klausel 36: „Durch den Giroauftrag veranlasst der Teilnehmer die Übertragung des Miteigentums an den Titeln des Sammelbestandes von einem Teilnehmer auf einen anderen bzw. dessen Depotkunden (interne Abwicklung) oder von einem Teilnehmer auf einen Dritten bzw. dessen Depotkunden, via Depotstelle oder umgekehrt (externe Abwicklung) (…). Die SIX SIS AG belastet das Depot des Teilnehmers bzw. erkennt dasjenige des Begünstigten. (…)“ 290) Brunner, Wertrechte, S. 25; ebenso Druey, SAG 1987, 65, 70, und Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 61 f. 291) Eine teilnehmerübergreifende Transaktion liegt vor, wenn der Erwerber und der Veräußerer ihr Depotkonto jeweils bei einer anderen Depotbank haben und die Transaktion im Effektengiroverkehr in der Regel über den Zentralverwahrer abgewickelt wird. 292) Brunner, Wertrechte, S. 25. 293) Brunner bezieht sich auf (T+3), da die Arbeit vor Umstellung der Settlement-Periode von (T+3) auf (T+2) am 6.10.2014 verfasst ist.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

närs bei der SIX SIS AG.294) Auf die Gutschrift auf dem Depotkonto des Erwerbers bei seiner Depotbank an (T+0) und ihre Bedeutung geht Brunner nicht ein.295) 3. Der Erwerb aufgrund von Art. 924 ZGB nach der Botschaft zum Bucheffektengesetz sowie zum Haager Wertpapierübereinkommen vom 15. November 2006 123 Die Botschaft zum Bucheffektengesetz sowie zum Haager Wertpapierübereinkommen vom 15. November 2006296) beschreibt die Eigentumsübertragung lapidar folgendermaßen: Der Veräußerer weist den unmittelbaren Besitzer an, in Zukunft einer anderen Person den Besitz zu mitteln. Wenn die Wertpapiere drittsammelverwahrt werden, zeigt der Veräußerer den Besitzübergang der Depotbank an, und diese leitet die Anzeige (in anonymisierter Form) an die zentrale Verwahrungsstelle weiter. Das Eigentum geht mit der Besitzanweisung, das heißt mit dem Empfang der Anzeige durch die zentrale Verwahrungsstelle (Art. 924 Abs. 2 ZGB) auf den Erwerber über. Die Verbuchung hat aus rechtlicher Sicht bloß deklaratorische Bedeutung.297) Nach dieser Ansicht scheint kein Besitzanweisungsvertrag zwischen Veräußerer und Erwerber erforderlich zu sein, vielmehr scheint das Eigentum einzig und allein aufgrund des Empfangs der Anzeige i. S. v. Art. 924 Abs. 2 ZGB auf den Erwerber überzugehen. Nach Auffassung der zivilrechtlichen Kommentarliteratur dagegen hat die Anzeige nur die Wirkung, dass der Eigentumsübergang Dritten gegenüber wirksam ist, während allein der Besitzanweisungsvertrag schon den Eigentumsübergang bedeutet. 4. Der Erwerb aufgrund von Art. 924 ZGB nach der Empfehlung der Übernahmekommission vom 27. Juni 2005 124 Die Frage des Eigentumsübergangs beim Erwerb von Wertpapieren bzw. Wertrechten wurde ebenso in der Empfehlung der Übernahmekommission vom 27. Juni 2005 zum Übernahmefall Unaxis Holding AG (Unaxis) thema___________ 294) Brunner, Wertrechte, S. 25, Fn. 104; so auch Favre, Berechtigung von Depotkunden, S. 33. 295) Stellte man für den Eigentumserwerb auf die Gutschrift des Erwerbers in seinem Depotkonto bei der Erwerberbank ab, bedeutete dies nach Favre, Berechtigung von Depotkunden, S. 33, einen Durchgangserwerb. 296) Das Eidgenössische Finanzdepartement und das Bundesamt der Justiz wurden im Jahr 2005 vom Bundesrat beauftragt, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Der Bundesrat leitete diesen Gesetzentwurf zusammen mit der Botschaft an die Bundesversammlung weiter. Die Botschaft ist eine ausführliche Erläuterung nicht nur der Motive des Gesetzgebers, sondern fast schon eine Kommentierung des Bucheffektengesetzes. Siehe dazu auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 I. 2. 297) Botschaft, S. 9327; so auch Hess/Friedrich, GesKR 2008, 98, 101; Kuhn, Die Modernisierung des Rechts der mediatisierten Wertpapierverwahrung in der Schweiz, in: Nobel, S. 125, 128; Kuhn, Bucheffektenmodell, in: Baums/Cahn (Hrsg.), S. 29, 34.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

tisiert, wenn auch nicht entschieden.298) In dem Übernahmefall enthielten die Statuten des Übernahmeziels Unaxis eine sog. Opting-out-Klausel (Art. 22 Abs. 3 BEHG). Aufgrund dieser Klausel ist ein potenzieller Übernehmer trotz Überschreitens der Stimmrechtsschwelle von 33,33 % nicht verpflichtet, ein öffentliches Kaufangebot zu machen (Art. 32 Abs. 1 BEHG). Nun kaufte die Victoria Industriebeteiligung AG (Victoria) am 20. April 2005 so viele Unaxis-Aktien, dass die 33,33 %-Stimmrechtsschwelle überschritten worden wäre. Daraufhin beschloss die Generalversammlung der Unaxis am 26. April 2005 die Aufhebung der Opting-out-Klausel und meldete dies am selben Tag beim Handelsregister an. Fraglich war, ob diese Maßnahme noch zur rechten Zeit kam. Maßgeblich für das Bestehen einer Angebotspflicht aufgrund von Art. 32 Abs. 1 BEHG ist grundsätzlich der Eigentumserwerb und somit der Vollzug des zugrunde liegenden Geschäfts.299) Die Übernahmekommission vertritt ebenso wie die Botschaft die Ansicht, 125 dass das Eigentum mit dem Empfang der Besitzanzeige durch den Besitzmittler übergehe und dass die Verbuchung nur deklaratorische Bedeutung habe.300) Weiter resümiert sie unverblümt: „Die traditionellen Übertragungskonzepte, das heißt die Besitzübertragung durch Besitzanweisung oder die schriftliche Abtretung von Wertrechten, werden in der Praxis zum Teil nicht sauber gehandhabt. Im Geschäftsverkehr wird heute auf die Bankbuchung abgestellt, welche streng genommen weder eine Besitzanweisung noch eine Abtretung ist. (…) Die Realität der Wertpapiermärkte und die rechtlichen Vorstellungen klaffen weit auseinander.“ Die Übernahmekommission hält es für sinnvoll, auf die Buchung abzustellen, lässt im Übrigen jedoch ausdrücklich offen, ob für den Eigentumserwerb der Aktien durch die Victoria die Buchung im Depotkonto der Victoria bei ihrer Depotbank an (T+0) oder die Buchung zugunsten der Depotbank der Victoria auf ihrem Depotkonto bei der Verwahrungsstelle an (T+3)301) ausschlaggebend ist.302) III. Die zeitliche Reihenfolge der Gutschriften in den Depotkonten Der Einkaufskommissionär schreibt die Wertpapiere im Depotkonto des Ein- 126 kaufskommittenten in Erfüllung des Kommissionsgeschäftes an (T+0) vorbehaltlos gut. Die Wertpapiere werden aufgrund des börsenmäßigen Settlementzyklus dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der SIX SIS AG jedoch erst an (T+2) gutgeschrieben. Aufgrund der Buchungsabfolge ___________ 298) http://www.copa.ch/transactions/mo_offers/mo_unaxis/mo_unaxis_II.html (zuletzt abgerufen) am 28.2.2015); siehe dazu auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 VIII. 2. 299) S. 6 der Empfehlung der Übernahmekommission. 300) S. 6 der Empfehlung der Übernahmekommission. 301) Vor der Umstellung auf (T+2). 302) S. 7 ff. der Empfehlung der Übernahmekommission.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

entsteht ein sog. Unterbestand,303) auch als shortfall bezeichnet.304) Diese Abwicklungsmethode wird in der Schweiz wie auch international Contractual Settlement genannt.305) Wird das Wertpapier auf dem Depotkonto des Kunden erst verbucht, wenn seine Bank auch eine Gutschrift auf ihrem Depotkonto bei der SIX SIS AG erhalten hat, spricht man dagegen von Actual Settlement.306) Das Contractual Settlement soll laut Zirkular Nr. 7215 der Schweizerischen Bankiervereinigung vom 27. November 2002 nur angewendet werden, wenn die depotführende Bank selbst Kontrahent des Kunden oder abrechnender Broker gegenüber dem Kunden ist. Bei sog. Drittlieferungsgeschäften soll die Methode des Actual Settlement eingesetzt werden. Das leuchtet ein, denn nur wenn die Bank Kontrahent des Kunden oder abrechnender Broker ist, haftet sie für das Ausführungsgeschäft im Rahmen einer Garantiehaftung, wie in Kapitel 4 C. II. gezeigt wurde. Wirtschaftlich wäre es deshalb für die Bank – die rechtliche Möglichkeit sei hier dahingestellt – nicht sinnvoll, die Gutschrift im Depotkonto ihres Kunden rückgängig zu machen, wenn sie keine Lieferung von ihrem Kontrahenten an der SIX erhält. Aufgrund der Garantiehaftung trägt die Bank ohnehin das Risiko, dass der Marktpreis des Wertpapiers zwischen dem Tag des Ausführungsgeschäfts (T+0) und dem Tag, an dem sie eindecken kann, steigt. In diesem Fall muss sie sich bei ihrem Kontrahenten an der SIX schadlos halten. 127 Der Kunde kann aufgrund der vorbehaltlosen Gutschrift bereits an (T+0) über die Wertpapiere verfügen (sog. Intraday Trading). Tut er dies, kommt es zum sog. Drawing from the Pool.307) Die Schweizerische Bankiervereinigung umschreibt es in ihrem Zirkular schlicht folgendermaßen: Falls die Bank nicht über ausreichende Eigenbestände in diesem Wertpapier verfügte, würden diese Wertpapiere dem Sammelbestand der Bank entnommen und somit wären unter Umständen Wertpapiere anderer Kunden betroffen. Was das genau für die Wertpapiere der anderen Kunden bedeutet, wird wohl bewusst nicht weiter ausgeführt. Die Schweizerische Bankiervereinigung empfiehlt der Bank eine

___________ 303) Botschaft, S. 9353. 304) Empfehlung der Übernahmekommission, S. 7. 305) Siehe dazu das Zirkular der Schweizerischen Bankiervereinigung vom 27.11.2002, Nr. 7215; siehe dazu auch Steiner, Besicherung, S. 110 f.; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 4 IV. 4; Yates/Montagu, The Law of Global Custody, S. 39. 306) Siehe dazu das Zirkular der Schweizerischen Bankiervereinigung vom 27.11.2002 Nr. 7215. 307) Siehe dazu das Zirkular der Schweizerischen Bankiervereinigung vom 27.11.2002 Nr. 7215.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

kurzfristige Wertpapierleihe, einen Buy-In oder aber, für genügend Eigenbestand zu sorgen.308) Würde die Bank das Verkaufsgeschäft des Kunden beliefern, ohne im ent- 128 sprechenden Zeitrahmen vorher die empfohlenen Maßnahmen ergriffen zu haben, würde sie widerrechtlich den Sammelbestand verringern.309) Dies wird anhand folgender Überlegung deutlich: Gäbe es Einzelurkunden und würde der Einkaufskommittent vor Lieferung der Wertpapiere durch den Verkaufskommissionär in der Regel an (T+2)310) die Herausgabe dieser Einzelurkunden verlangen, müsste die Bank die Auslieferung verweigern, da sie selbst noch keine Wertpapiere erhalten hat. Es stünde ihr frei, sich zum Zweck der Auslieferung die Wertpapiere zu leihen, einen Buy-In durchzuführen oder aber aus ihrem Eigenbestand zu leisten. IV. Zusammenfassung Tatsächlich tut man in der Schweiz so, als hätte der Erwerber mit der Gut- 129 schrift der Wertpapiere in seinem Depotkonto an (T+0) Eigentum erworben. Rechtlich ist nach der überwiegenden Meinung ein Besitzanweisungsvertrag zwischen Veräußerer und Erwerber gemäß Art. 924 ZGB erforderlich, während eine abweichende Meinung, ohne auf die überwiegende Meinung einzugehen, eine bloße Anzeige an den Besitzmittler gemäß Art. 924 Abs. 2 ZGB für ausreichend hält. Worin genau das Angebot zum Abschluss eines Besitzanweisungsvertrages und die Annahme des Angebotes im Rahmen der technischen Systeme der SIX SIS AG besteht, wird von der Schweizer Rechtsliteratur nicht näher untersucht.311) Brunner vertritt die Auffassung, der Besitzanweisungsvertrag käme durch die deklaratorische Buchung auf dem Depotkonto der Erwerberbank bei der SIX SIS AG an (T+2)312) zustande.313) Eine genaue rechtliche Analyse nimmt er nicht vor. Vor allem geht er auch nicht darauf ein, ___________ 308) Deutlicher Yates/Montagu, The Law of Global Custody, S. 39, für das Clearing und Settlement in Großbritanien: „Further as the contractual settlement of securities amounts to securities lending, the question arises from whom the client is borrowing? It will only be borrowing from the custodian if the custodian transfers new securities into the comingled account to support the transaction. If the custodian does not do this, the client is borrowing securities from the other clients of the custodian, possibly without their consent or knowledge. Such arrangements may well be unlawful.“ Auch in den U.S.A. wird das Contractual Settlement angewendet, während in Japan Actual Settlement üblich ist. Siehe dazu Mooney, Charles W. Jr., Law and Systems for Intermediated Securities and the Relationship of Private Property Law to Securities Clearance and Settlement, S. 144, 116. Er verwendet diese Begriffe jedoch nicht. 309) Siehe dazu im Detail für das deutsche Recht Kapitel 6 D. III. 310) Nach der Umstellung auf (T+2). 311) Wechsler, Die Abwicklung, S. 42, Fn. 134, mit einigen Beispielen für die ungenauen Formulierungen in der Rechtsliteratur. 312) Brunner bezieht sich auf (T+3), da die Arbeit vor Umstellung auf (T+2) am 6.10.2014 verfasst ist. 313) Brunner, Wertrechte, S. 25.

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Kapitel 4: Das Schweizer Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

dass die Wertpapiere bereits an (T+0) auf dem Konto des Einkaufskommittenten verbucht werden. Stellt man mit der anderen Meinung für den Eigentumserwerb nur auf die Anzeige an die SIX SIS AG ab, ist das Eigentum jedenfalls auf den Einkaufskommittenten übergegangen, bevor die Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der SIX SIS AG an (T+2) erfolgt ist, denn die Anzeige ist wohl in der Abschlussmeldung an das SECOM-System der SIX SIS AG zu sehen und geht der SIX SIS AG bereits an (T+0) zu.314) Der Bericht der vom Eidgenössischen Finanzdepartement eingesetzten Arbeitsgruppe zum Entwurf des Bucheffektengesetzes hält richtig fest, dass ein Eigentumsübergang auch vorliegen kann, bevor eine Buchung erfolgt ist.315) Einig scheinen sich alle Stimmen nur darin zu sein, dass sowohl die Buchung auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Verwahrungsstelle als auch die Buchung auf dem Depotkonto des Erwerbers beim Einkaufskommissionär aus rechtlicher Sicht nur deklaratorischer Natur sind.316) 130 Im Übrigen ist die Praxis der vorbehaltlosen Gutschrift der Wertpapiere auf dem Depotkonto des Einkaufskommittenten sachenrechtlich äußerst zweifelhaft. Diese Gutschrift wird an (T+0) zu einem Zeitpunkt vorgenommen, zu dem der Einkaufskommissionär die Wertpapiere noch nicht in seinem Bestand bei der SIX SIS AG hält.317) Zwar ist der Erwerbstatbestand des Art. 924 ZGB im Schweizer Recht etwas anders als § 929 Satz 1 BGB im deutschen Recht,318) aber auch im Schweizer Recht muss der Erwerber eine Form des Besitzes, sei es unmittelbarer oder mittelbarer Besitz, erlangen (Art. 967 Abs. 1 OR). Da beim Börsengeschäft der Veräußerer den Erwerber aber gar nicht kennt, kann er weder selbst einen Besitzanweisungsvertrag mit ihm schließen noch ihm den Besitz mitteln. Zwangsläufig muss der Besitzanweisungsvertrag von der SIX SIS AG als Vertreterin sowohl für den Veräußerer als auch für den Erwerber geschlossen werden, und der Einkaufskommissionär muss dem Erwerber den Besitz an den Wertpapieren mitteln. Der Einkaufskommissionär kann diesen mittelbaren Besitz dem Erwerber jedoch erst an (T+2) mitteln, wenn die SIX SIS AG dem Einkaufskommissio___________ 314) Kapitel 4 A. 315) S. 23; siehe dazu auch Graham-Siegenthaler, recht 2005, 185, 192. 316) Segna scheint unter Berufung auf Böckli, Aktienrecht, § 4 N 21, dagegen der Ansicht, dass in der Schweizer Literatur Zweifel hinsichtlich der Rechtsnatur der Buchung bestanden hätten (Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 13 VIII. 1.). Ich habe bei Böckli an der zitierten Stelle keine Aussage dazu gefunden. 317) Dies erkennt die Schweizerische Bankiervereinigung auch in ihrem obengenannten Zirkular Nr. 7215. Sie scheint jedoch zu verkennen, dass diese Unterbestände regelmäßig entstehen, denn die Wertpapiere werden in der Regel an (T+0) auf dem Wertpapierdepotkonto des Kunden verbucht, während die Bank die entsprechenden Wertpapiere immer erst an (T+2) erhält. 318) Siehe dazu Kapitel 6 D. III.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

när den Besitz mittelt, und nicht bereits an (T+0), wenn der Einkaufskommissionär das Wertpapier auf dem Depotkonto des Erwerbers gutschreibt. Als Resümee ist festzuhalten, dass nicht nur der Zeitpunkt des Eigentums- 131 übergangs im Schweizer Recht alles andere als klar ist,319) sondern dass auch die Rechtsnatur der angeblich vorbehaltlosen Gutschrift auf dem Depotkonto des Erwerbers zweifelhaft ist.

___________ 319) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 12 II 2. b), ist jedoch der Ansicht, dass das Schweizer Schrifttum einhellig von einem Eigentumserwerb an (T+3) ausgeht. Er verweist dabei jedoch nur auf Bertschinger, AJP 1995, 426 (§ 13 VI). Bertschinger stellt dagegen auf S. 429 nur lapidar fest, dass Wertschriftengeschäfte in der Regel am Abschlusstag verbucht werden, dass der Kunde jedoch bis Titellieferung kein Eigentum erhält. „Damit werden den Kunden oft Vermögenswerte ausgewiesen, obwohl die Depotbank noch nicht über die zur Deckung aller Ansprüche erforderlichen physischen Bestände verfügt.“

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick und die Erfüllung der Effektenkommission nach Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes im Besonderen A. Die Entstehungsgeschichte Wie bei der Drittsammelverwahrung kam die Rechtsentwicklung im Jahr 2001 132 erneut aufgrund privater Initiative in Gang.320) Die Schweizerische Bankiervereinigung und die SIS SEGAIntersettle AG, der schweizerische Zentralverwahrer (heute SIX SIS AG), beauftragten eine Gruppe von Finanzmarktjuristen mit der Erarbeitung eines Vorentwurfs für ein Bundesgesetz über die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren und Bucheffekten.321) I. Der Vorentwurf Der Vorentwurf befasst sich mit sammelverwahrten Wertpapieren, Global- 133 urkunden und Bucheffekten. Der Begriff der Bucheffekte ist im Vorentwurf jedoch nur eine andere Bezeichnung für Wertrechte. Der Vorentwurf hält nämlich ausdrücklich am Sachenrecht und mit ihm am Konzept des labilen und modifizierten Miteigentums322) fest.323) Der Einlieferer hat grundsätzlich jederzeit einen dinglichen Anspruch gegenüber demjenigen, bei dem die Wertpapiere liegen.324) Bucheffekten sind Wertrechte, die durch Eintragung in das Hauptregister der Zentralverwahrungsstelle begründet werden. Durch Verweis wird ihnen dingliche Wirkung verliehen: „(…) sind die Bucheffekten den sammelverwahrten Wertpapieren gleichgestellt. Die Stellung des Berechtigten richtet sich nach den Artikeln 7 bis 10“.325) Diese Artikel handeln von Miteigentum, dem dinglichen Herausgabeanspruch, vertraglichen Ansprüchen gegenüber der Verwahrungsstelle, dem Recht aus dem Wertpapier und dem Ab- und Aussonderungsrecht. Die Rechte an sammelverwahrten Wert___________ 320) Zellweger-Gutknecht, Vermögenswerte im Finanzmarktrecht – Das Ende aller dinglichen Prinzipien?, in: Domej u. a. (Hrsg.), S. 87, 110, kritisiert, dass für eine wissenschaftliche Debatte im Bereich des Finanzmarktrechts selten Zeit bleibt. 321) Der Entwurf vom 6.1.2003 und seine Kommentierung von von der Crone/Kessler/ Gersbach ist verfügbar auf www.vondercrone.ch/projekte.php (zuletzt abgerufen am 17.1.2015). Siehe auch das Schreiben der Schweizerischen Bankiervereinigung vom 28.2.2005 „Bucheffektengesetz und Haager Wertpapierübereinkommen-Anhörung“, verfügbar auf www.swissbanking.org/vernehml-bucheffektenge-050228.pdf. (zuletzt abgerufen am 17.1.2015). 322) Siehe zu dem Begriff Kapitel 3 B. III. Fn. (110). 323) Art. 7 VE-WVG; siehe auch Kuhn, The Geneva Securities Convention and the Swiss intermediated securities law reform, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 288, 292; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 I. 1. 324) Kommentierung zum Vorentwurf, von der Crone/Kessler/Gersbach, Wertpapierverwahrungsgesetz, S. 135, 143. 325) Art. 18 VE-WVG.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

papieren, Globalurkunden und Bucheffekten werden durch die Buchung326) als Verfügungsgeschäft übertragen.327) Diese Buchung ist konstitutiv. Der Vorentwurf ordnet das Kausalitätsprinzip ausdrücklich an.328) Es gilt der Grundsatz: „Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet.“ Ein gutgläubiger Erwerb ist weder für Wertpapiere noch für Bucheffekten vorgesehen. Jedoch wird das Vertrauen in die letzte Buchung geschützt:329) Wenn eine Buchung fehlerhaft ist, hat der Berechtigte einen Anspruch auf sog. Realersatz gegenüber der Verwahrungsstelle.330) II. Der Bericht der technischen Arbeitsgruppe 134 Der Vorentwurf wird im Jahr 2003 von der sog. technischen Arbeitsgruppe, eingesetzt vom Eidgenössischen Finanzdepartement, grundlegend überarbeitet. Sie liefert am 15. Juni 2004 einen aufschlussreichen Bericht ab,331) dessen Text sich später größtenteils in der Botschaft zum Bucheffektengesetz sowie zum Haager Wertpapierübereinkommen vom 15. November 2006 wiederfindet. Die Arbeitsgruppe untersucht zunächst das Recht der mediatisierten Wertpapierverwahrung in den USA, Luxemburg, Belgien und Frankreich ebenso wie das Haager Wertpapierübereinkommen, die UNIDROIT-Bemühungen und die Entwicklungen in der Europäischen Union. Dann legt sie die Leitideen für die Schweizer Gesetzgebung fest. III. Die Leitideen der technischen Arbeitsgruppe 135 Die neue gesetzliche Regelung soll wegen der internationalen Verflechtung der Wertpapiermärkte international kompatibel sein und im grenzüberschreitenden Effektengiroverkehr nicht zu Friktionen führen.332) Sie muss sich so weit wie möglich an die bestehenden Verwahrungs- und Abwicklungssysteme anpassen, damit keine teuren Eingriffe in IT-Systeme erforderlich werden. Künftige technische Entwicklungen dürfen durch die neue Regelung nicht gehemmt werden (Technologieneutralität).333) Ein Depotzwang soll nicht angeordnet werden: Der Anleger kann die Wertpapiere weiterhin selbst verwahren, er kann sie in einem Einzeldepot oder in einem Sammeldepot mit Streifbandverwahrung bei einem Finanzintermediär verwahren oder gar bei ___________ 326) Der Vorentwurf benutzt den Begriff „Buchung“, während das BEG nur noch von Gutschrift spricht. 327) Art. 22 VE-WVG. 328) Art. 21 VE-WVG. 329) Von der Crone/Kessler/Gersbach, Wertpapierverwahrungsgesetz, S. 135, 150. 330) Art. 23 VE-WVG. 331) Siehe dazu auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 I. 2. 332) Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 32 ff. 333) Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 34; daher bildet das Bucheffektengesetz nicht nur das mehrstufige Verwahrsystem mit einer zentralen Verwahrungsstelle an der Spitze ab.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

dem Emittenten selbst. Der Bericht spricht hier von einer sog. offenen Architektur. Zu guter Letzt soll das Bucheffektengesetz rein privatrechtlich sein und kein Finanzmarktaufsichtsrecht beinhalten. Die technische Arbeitsgruppe revolutioniert die mediatisierte Wertpapier- 136 verwahrung. Sie geht davon aus, dass es für die Rechte der Anleger und ihre Ausübung keinen Unterschied machen darf, ob durch Hinterlegung von Wertpapieren, einer Globalurkunde oder durch die Eintragung eines Wertrechts in ein Register „mediatisiert“ wird. Zwar will auch der Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren und Bucheffekten die Rechtsstellung der Wertrechtsinhaber derjenigen der Wertpapiereigentümer angleichen und misst ihr deswegen dingliche Wirkung bei. Die Arbeitsgruppe verabschiedet sich jedoch aus folgenden Gründen vom Konzept des Miteigentums: Erstens sei zweifelhaft, wie der Miteigentümer bei der Globalurkunde seine ihm rechtlich zustehenden Befugnisse tatsächlich ausüben könne,334) zweitens sei eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Hinterleger und der Wertpapierurkunde geradezu illusorisch, da der Hinterleger in der Regel nicht einmal weiß, ob er ein verurkundetes Recht innehat oder nicht bzw. wo sich die Urkunde befindet. Drittens wisse die Endverwahrungsstelle üblicherweise ebenso wenig, wer Rechtsinhaber der bei ihr verwahrten (oder verbuchten) Wertpapiere oder Rechte sei. Folgerichtig schafft die Arbeitsgruppe das Miteigentum ab und schneidert 137 ein neues Kleid für mediatisiert verwahrte Wertpapiere und verbuchte Wertrechte. Es heißt Bucheffekte. Die Arbeitsgruppe bezeichnet sie als ein neues Vermögensobjekt, und zwar eines sui generis.335) Dies ist revolutionär und konservativ zugleich, denn das Recht der Wertpapiere (Arts. 965 ff. OR) und das zum großen Teil ungeschriebene Recht des Wertrechts, wie es bereits vor dem Bucheffektengesetz bestand, bleibt letztlich unangetastet. Das Wertrecht wird durch den neuen Art. 973c OR – wenn auch in der Abteilung Wertpapiere – geregelt. Ebenso werden die Sammelverwahrung und die Globalurkunde endlich in Art. 973a und b OR gesetzlich definiert. B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes I. Der Aufbau Das Bucheffektengesetz (BEG) besteht aus schlanken 36 Artikeln und ist in 138 8 Kapitel aufgeteilt. Das erste Kapitel beschreibt den Zweck des Gesetzes, legt dessen Geltungsbereich fest und enthält einige Definitionen. Kapitel 2 regelt, wie Bucheffekten entstehen, ob und wie Wertpapiere, Globalurkunden und Wertrechte umgewandelt werden können und wie Bucheffekten unter___________ 334) Bericht der technischen Arbeitsgruppe, S. 31; diese Bemerkung wird nicht weiter ausgeführt, scheint aber die ausführliche deutsche Diskussion zum Besitz aufzunehmen. 335) Bericht der Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 34.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

gehen. Drittverwahrung und Pflichten der Verwahrungsstellen werden in Kapitel 3 behandelt. Kapitel 4 legt sowohl die Rechte der Kontoinhaber gegenüber der Verwahrungsstelle als auch diejenigen der Verwahrungsstelle gegenüber den Kontoinhabern fest. Die Verfügung über Bucheffekten einschließlich der Sicherheitsbestellung, der Stornierung und des gutgläubigen Erwerbs werden in Kapitel 5 geregelt. Kapitel 6 befasst sich mit der Verwertung von Sicherheiten und Kapitel 7 mit der Haftung der Verwahrungsstelle. Kapitel 8 schließlich enthält einige wenige Übergangsbestimmungen. II. Der Geltungsbereich 139 Das Gesetz regelt die Verwahrung von Wertpapieren und Wertrechten durch Verwahrungsstellen und deren Übertragung (Art. 1 Abs. 1 BEG). Streng genommen kann man Wertrechte jedoch nicht verwahren, sondern allenfalls verbuchen.336) Gemäß Art. 1 Abs. 2 BEG gewährleistet es den Schutz der Eigentumsrechte der Anleger und trägt zur Rechtssicherheit im internationalen Verhältnis, zur effizienten Abwicklung von Effektengeschäften und zur Stabilität des Finanzsystems bei. 140 Obwohl das BEG sich von der Miteigentumslösung für Wertpapiere verabschiedet hat, bedient es sich bei der Formulierung des Gesetzeszwecks „Schutz der Eigentumsrechte“ weiterhin eines sachenrechtlich anmutenden Vokabulars. Eigentum gemäß Art. 641 ZGB bezieht sich jedoch auch nach Schweizer Zivilrecht nur auf Sachen. Zwar existiert keine gesetzliche Definition der Sache, jedoch geht das Schweizer Zivilrecht ebenso wie das deutsche in § 90 BGB vom sog. engen gemeinrechtlichen Sachbegriff aus, der nur körperlich greifbare Gegenstände umfasst.337) So verweist die Botschaft zum Bucheffektengesetz dann auch ausdrücklich darauf, dass der Begriff „Eigentumsrecht“ in diesem Zusammenhang nicht im engen sachenrechtlichen Sinn zu verstehen ist, sondern dass vielmehr der Eigentumsbegriff der Schweizer Bundesverfassung „wegleitend“ ist.338) Er umfasst sämtliche Vermögensrechte des Privatrechts, einschließlich obligatorischer Rechte.339) 141 Das BEG findet gemäß Art. 2 Abs. 1 BEG Anwendung auf Bucheffekten, die eine Verwahrungsstelle einem Effektenkonto gutgeschrieben hat. Diese Formulierung ist ein wenig schief, denn eine Voraussetzung für die Entstehung von Bucheffekten ist die Gutschrift. Gemeint ist, dass das bestehende Wertpapier- und Wertrechterecht weiter gilt, wenn Wertpapiere und Wertrechte nicht in einem Effektenkonto bei einer Verwahrungsstelle gutgeschrie___________ 336) Forstmoser/Lörtscher, SAG 1987, 50, 60, bereits für die Rechtslage vor Inkrafttreten des BEG. 337) Rey, Sachenrecht I N 66 ff, 81; CHK-E.M. Belser, Art. 641 ZGB N 6 ff. 338) Art. 26 Bundesverfassung der Schweizer Eidgenossenschaft (SR 101). 339) Botschaft, S. 9342 f.; CHK-E.M. Belser, Art. 641 ZGB N 3.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

ben sind. Der Anleger kann die Wertpapiere weiterhin zu Hause oder in einem geschlossenen Depot aufbewahren oder sie einzeln verwahren lassen. Auch der Emittent kann die Wertpapiere, Globalurkunden oder Wertrechte wie vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes aufbewahren bzw. verbuchen, soweit er keine Verwahrungsstelle im Sinn des BEG ist und dies nach den forderungs- oder mitgliedschaftsrechtlichen Bedingungen möglich ist.340) Dies ist heute insbesondere noch bei Namenaktien mit aufgeschobenem oder aufgehobenem Titeldruck üblich.341) Art. 2 BEG ist das Fundament der sog. offenen Architektur des BEG. Der Schweizer Gesetzgeber hat sich gegen einen faktischen Depotzwang entschieden.342) Einen Eingriff in die bestehenden Rechte der Anleger wollte er dem Emittenten und damit dem Markt überlassen. III. Die Bucheffekte Bucheffekten sind vertretbare Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte ge- 142 genüber dem Emittenten, die in einem Effektenkonto gutgeschrieben sind und über die nach den Vorschriften des Bucheffektengesetzes verfügt werden kann (Art. 3 Abs. 1 BEG).343) Die Bezugnahme der Definition auf die vertretbaren Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte gegenüber dem Emittenten spiegelt die schuldrechtliche Komponente der Bucheffekte. Art. 13 Abs. 1 BEG stellt dann auch klar, dass die Entstehung der Bucheffekte die Rechte der Anleger gegenüber dem Emittenten unberührt lässt.344) Eine Bucheffekte entsteht, wenn ein Wertpapier oder eine Globalurkunde bei einer Verwahrungsstelle hinterlegt oder ein Wertrecht im Hauptregister einer Verwahrungsstelle eingetragen wird und diese in einem Effektenkonto verbucht werden (Art. 6 BEG). Wertpapier, Globalurkunde und Wertrecht werden auch als Underlying bezeichnet.345) Die Verwahrungsstelle ist nicht Inhaber der Rechte „aus“ der Bucheffekte, sondern sie vermittelt diese nur.346) Die Rechte „an“ der Bucheffekte können die Anleger jedoch gegenüber ihrer Verwahrungsstelle nur ausüben, soweit das BEG nichts anderes bestimmt ___________ 340) Graham-Siegenthaler, in: FISA, Art. 2 N 3; BSK-Wertpapierrecht-Bärtschi, Art. 6 BEG N 13. 341) Botschaft, S. 9344. 342) Botschaft, S. 9344. 343) Genau genommen ist die Aussage „und über die nach den Vorschriften dieses Gesetzes verfügt werden kann“ überflüssig, denn das Gesetz legt gerade fest, dass und wie über diese Rechte verfügt werden kann. So auch Schott/Dalla Torre, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 3 BEG, N 44. 344) Kuhn, in: FISA, Art. 13 BEG N 8; BSK-Wertpapierrecht-Pulver/Meyer Bahar, Art. 13 BEG N 9; Pfenninger, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 13 BEG, N 2. 345) Statt vieler Zobl/Gericke: in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 2 BEG, N 2. 346) BSK-Wertpapierrecht-Pulver/Meyer Bahar, Art. 13 BEG N 16, 19; Pfenninger, in: Zobl/ Hess/Schott, BEG Komm., Art. 13 BEG N 4; a. A. Costantini, Die drei Anknüpfungsgegenstände, S. 195, mit dem Argumentum e contrario aus Art. 19 Abs. 2 BEG; vgl. auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 III 1.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

(Art. 13 Abs. 2 BEG). Diese Öffnungsklausel wurde vom Gesetzgeber jedoch nicht genutzt.347) Art. 13 Abs. 2 BEG erinnert an die Unterscheidung zwischen den Rechten aus dem Wertpapier und den Rechten an dem Wertpapier. Die Rechte aus der Bucheffekte bestimmen sich nach Obligationenrecht bzw. Gesellschaftsrecht, während sich die Rechte an der Bucheffekte nach dem Bucheffektengesetz richten und nicht nach dem Sachenrecht. 143 Gemäß Art. 3 Abs. 2 BEG ist die Bucheffekte gegenüber der Verwahrungsstelle und jedem Dritten wirksam und dem Zugriff der weiteren Gläubiger der Verwahrungsstelle entzogen. Die Rechtsnatur der Bucheffekte ist umstritten.348) Laut Botschaft und Bericht der technischen Arbeitsgruppe weise die Bucheffekte Merkmale einer schuldrechtlichen Forderung auf, aber insoweit sie jedem Dritten gegenüber wirksam ist, kämen ihr die funktionellen Eigenschaften einer Sache zu, ohne dass sie eine Sache sei.349) An anderer Stelle spricht die Botschaft ihr eine dingliche Natur zu,350) bezeichnet sie als ein absolutes Recht351) und ordnet sie letztlich als Vermögensgegenstand sui generis ein.352) Diese Einschätzung wird vom Bundesgericht353) und einem großen Teil der Lehre354) geteilt. Die Bucheffekte wird aber auch als bloßes obligatorisches Recht gesehen,355) teilweise subjektiv-dinglich verbunden mit einer Mitberechtigung an dem bei der Verwahrungsstelle eingelieferten Underlying,356) teilweise verbunden mit einem dinglichen Surrogationsrecht an ___________ 347) Kuhn, in: FISA, Art. 13 BEG N 29; BSK Wertpapierrecht-Pulver/Meyer Bahar, Art. 13 BEG N 23; Pfenninger, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 13 BEG N 6. 348) Siehe für einen ausführlichen Überblick über das Spektrum der vertretenen Meinungen Beeler, Bucheffekten, S. 56 ff. 349) Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 35, Botschaft, S. 9316, 9339. 350) Botschaft, S. 9378. 351) Botschaft, S. 9378. 352) Botschaft, S. 9345; a. A. Roth, Das zukünftige Recht, S. 611: Es sei weder notwendig noch sinnvoll, die Bucheffekte als eigenes Vermögensobjekt neuer Art anzuerkennen; kritisch auch BSK-Wertpapierrecht-Kunz, Art. 3 BEG N 5 ff.; Zobl/Gericke, in: Zobl/ Hess/Schott, BEG Komm., Systematischer Teil des BEG, N 21; Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1137, ist der Ansicht, es handele sich nicht um eine neue Form des Eigentums, denn im Schweizer Recht gibt es Eigentum nur an einer körperlichen Sache; kritisch auch Steiner, Besicherung, S. 33. 353) BGE 138 III 137, 139 f.: Wertpapiere werden durch Inkrafttreten des BEG automatisch zu Bucheffekten und daher ist eine Vindikation von sammelverwahrten Wertpapieren, die einem Effektenkonto zu diesem Zeitpunkt gutgeschrieben waren, nicht mehr möglich. 354) Hess/Friedrich, GesKR 2008, 98, 103; Hess/Stöckli, Anwaltsrevue 2010, 115; Kuhn, Die Modernisierung des Rechts der mediatisierten Wertpapierverwahrung in der Schweiz, in: Nobel, S. 125, 138; Bärtschi, AJP 2009, 1071, 1072; Hess/Stöckli, Kapitalmarktrecht, S. 65, 67; Eggen, SWZ/RSDA 2009, 116, 121; Kunz, P., Legislative Aktivitäten, S. 25, 45; Segna urteilt, dass die Charakterisierung als Recht sui generis in diesem Fall ins Schwarze treffe (Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 III. 1.). 355) Beeler, Bucheffekten, S. 106. 356) Zobl/Gericke, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Systematischer Teil des BEG N 44.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

dem Underlying.357) Am anderen Ende des Meinungsspektrums wird vertreten, dass die Bucheffekte kein Recht gegenüber dem Emittenten verschafft, sondern ausschließlich Rechte gegenüber der Verwahrungsstelle.358) Die rechtliche Qualifikation der Bucheffekte scheint diffus359) und kann hier dahinstehen,360) denn es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, ein neues Recht zu schaffen und es nur mit einzelnen Charakteriska dinglicher Rechte auszustatten,361) wie der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs und dem Insolvenzschutz. Anders gesagt: Die Bucheffekte ist gleichsam eine neue Verpackung für sam- 144 melverwahrte Wertpapiere, Globalurkunden und Wertrechte.362) Die neue Verpackung befreit die verpackten Werte von den Zwängen des Sachen- und des Forderungsrechts, ohne das Wertpapierrecht gänzlich neu zu gestalten. Die verpackten Werte werden nach einheitlichen Regeln für die Bucheffekte übertragen, und die Rechte an der Verpackung „Bucheffekte“ werden durch das Bucheffektengesetz neu ausgestaltet. Die verpackten Werte bzw. die Rechte aus der Bucheffekte bleiben vom Bucheffektengesetz unberührt (Art. 13 Abs. 1 BEG). Die Idee ist nicht gänzlich neu, hat man doch schon vor Jahrhunderten For- 145 derungs- und Mitgliedschaftsrechte in Wertpapiere verpackt, allerdings um sie wie Sachen nach dem Sachenrecht verkehrsfähig zu machen. Inzwischen werden die meisten Wertpapiere jedoch von Dritten verwahrt und es werden vielfach nur noch Globalurkunden erstellt, so dass die Regeln des Sachenrechts für die drittverwahrten Werte nicht mehr recht passen.363) Auch ist das Schuldrecht kein idealer Rechtsrahmen für Wertrechte, denn ein gutgläubiger Erwerb der Wertrechte ist nicht möglich. Jedenfalls ist die Idee praktikabel, denn sie erfasst größtenteils den bestehen- 146 den Rechtszustand. Die bereits emittierten Wertpapiere und Wertrechte behalten ihre Gültigkeit.364) Wertpapiere und Wertrechte werden weiterhin im Großen und Ganzen nach denselben Regeln emittiert.365) Verglichen mit den anderen in jüngerer Zeit angebotenen Lösungen ist die Schweizer Lösung nicht nur neu, sondern erscheint vor allem als unkompliziert und rechts___________ 357) 358) 359) 360)

361) 362) 363) 364) 365)

Hanten, Bucheffektengesetz, S. 39 ff., 46, 181 ff. Costantini, Die drei Anknüpfungsgegenstände, S. 195. Maizar, GesKR 2012, 445, 451. So auch Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1137; Maizar meint dann auch, dass die Diskussion über die Rechtsnatur der Bucheffekte und deren Tragweite entsprechend zu relativieren sei, GesKR 2012, 445, 451. So schon Canaris, in FS Flume, S. 371, 425. Zobl/Gericke, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Systematischer Teil des BEG, N 22, sprechen von einer „Hüllenfunktion“. Für die Schweiz Meier/Hayoz, Abschied vom Wertpapier, S. 385, 399. Art. 35 BEG verlangt nur, dass für Wertrechte ein Hauptregister einzurichten ist und die Wertrechte darin einzutragen sind. Hess/Stöckli, Anwaltsrevue 2010, 115.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

sicher.366) Einsele will in ihrer Habilitation „Wertpapierrecht als Schuldrecht“ aus dem Jahr 1996 den Effektengiroverkehr auf der Grundlage der fiduziarischen Treuhand aufbauen und die Übertragung der Effekten in Anlehnung an die Giroüberweisung (originärer Erwerb) regeln.367) Die Clearstream Banking AG ist die Treuhänderin und der Anleger ist bloßer wirtschaftlicher Eigentümer. Das Modell ähnelt dem der Gutschrift in Wertpapierrechnung hinsichtlich ausländischer Werte, die nicht in die Girosammelverwahrung einbezogen sind.368) Zahn/Kock wollen das Modell der Sammelschuldbuchforderung auch für den privaten Emittenten zur Verfügung stellen, aber die Urkunde nicht abschaffen369) und lösen das Problem der an sich unpassenden §§ 929 ff. BGB nicht. Micheler tritt für eine Gesamtanalogie der wertpapierrechtlichen Vorschriften auf die Übertragung von unverbrieften Effekten im Effektengiro ein,370) während die Arbeit von Lehmann mit dem Titel „Finanzinstrumente“ die Schaffung eines ganz neuen Rechtsgebietes vorschlägt, das körperliche und unkörperliche Vermögensgegenstände umfasst.371) Das Finanzinstrument soll einen der unkörperlichen Vermögensgegenstände bilden, das Sachenrecht ein Teil dieses neuen Rechtsgebietes sein. Dies würde jedoch eine sehr weitgehende Reform nicht nur des Depotrechts und der Kapitalmarktgesetze, sondern des ganzen deutschen bürgerlichen Rechts erfordern. Segna – aufbauend auf dem Schweizer Bucheffektenmodell – plädiert in seiner umfassenden und gründlichen Habilitation aus dem Jahr 2014 für ein wertpapierfreies Bucheffektenmodell.372) IV. Die Entstehung und der Untergang der Bucheffekte 147 Bucheffekten entstehen auf drei verschiedene Arten: Es werden Wertpapiere zur Sammelverwahrung oder Globalurkunden bei einer Verwahrungsstelle hinterlegt, und diese werden in einem oder mehreren Effektenkonten bei einer Verwahrungsstelle gutgeschrieben (Art. 6 Abs. 1 lit. a, lit. b BEG). Die Wertpapiere und Globalurkunden müssen physisch eingeliefert werden (Art. 922 Abs. 1 ZGB). Wertrechte dagegen können nicht eingeliefert werden, sondern müssen stattdessen im Hauptregister einer Verwahrungsstelle eingetragen ___________ 366) Für diese Lösung für das deutsche Recht auch Casper, Register statt Papier?, S. 173, 184 f. 367) Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 561 ff.; siehe für eine kurze Darstellung Einsele, Das Treuhandmodell, in: Baums/Cahn (Hrsg.), S. 3, 14 ff. 368) § 22 DepotG i. V. m. Nr. 12 (3) der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte. 369) Zahn/Kock, WM 1999, 1955, 1966. 370) Micheler, Wertpapierrecht, S. 184, 187 f.: man habe Papierdokumente verwendet, weil es damals nur körperliche Informationsträger gab. Das bedeute aber nicht, dass die Anwendung der wertpapierrechtlichen Regeln an das Vorliegen eines Papierdokumentes geknüpft sei. § 24 Abs. 2 DepotG sei analogiefähig. 371) Lehmann, Finanzinstrumente, S. 267, 278. 372) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 19 V.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

und einem oder mehreren Effektenkonten gutgeschrieben werden, damit sie entstehen (Art. 6 Abs. 1 lit. c BEG). Verwahrungsstelle kann jede in Art. 4 Abs. 2 BEG aufgeführte Verwahrungsstelle sein: zum Beispiel eine Bank, ein Effektenhändler und Fondsleitungen, nicht jedoch der Emittent. In der Praxis erfüllt diese Rolle in der Regel die SIX SIS AG als die zentrale Verwahrungsstelle (Art. 4 Abs. 2 lit. d BEG).373) In allen drei Fällen ist die Gutschrift im Effektenkonto bei der Verwahrungsstelle konstitutiv,374) das heißt, sie ist rechtsbegründend. Unterbleibt sie, entsteht keine Bucheffekte, und der Hinterleger kann über seine Rechte an Wertpapieren oder Wertrechten außerhalb des mediatisierten Verwahrungssystems weiterhin wie vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuchs verfügen. Bucheffekten werden also nicht emittiert,375) sondern der Emittent begibt 148 weiterhin Wertpapiere oder Wertrechte nach den bisher geltenden Regeln. Die Wertpapiere und Wertrechte dienen als Grundlage der Bucheffekte. Laut Botschaft ist, solange die Bucheffekte existiert, die sachenrechtliche Beziehung des Hinterlegers zu der Urkunde nicht aufgehoben, sondern suspendiert.376) Klar ist nur, dass der Anleger aus seinem Miteigentum am Sammelbestand der Wertpapiere oder der Globalurkunde währenddessen keine Rechte geltend machen kann. Fraglich ist, was die Bucheffekte mit dem zugrunde liegenden Wertpapier macht? Segna befindet, dass die Verknüpfung von Recht und Urkunde durch die Entstehung der Bucheffekte aufgelöst würde und beschreibt das Wertpapier für die Zeit der mediatisierten Verwahrung als „leere Hülle“.377) Außerdem sei die Urkunde während der mediatisierten Verwahrung „eigentümerlos“.378) Thévenoz dagegen ist der Auffassung, dass das Miteigentum an dem zugrunde liegenden „stillgelegten“ Wertpapier wie bei § 952 Abs. 2 BGB mit übergeht.379) Aber auch sonst ist das rechtliche Verhältnis zwischen Bucheffekte und sog. 149 Underlying durch das BEG nicht ausdrücklich geregelt und daher unklar. ___________ 373) Lambert/Dalla Torre, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 6 BEG, N 10, 12. 374) Botschaft, S. 9345; Hess/Stöckli, Kapitalmarktrecht, S. 65, S. 68; Lambert/Dalla Torre, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 6 BEG, N 42; BSK-Wertpapierrecht-Bärtschi, Art. 6 BEG N 72; von der Crone/Bilek, SZW 2008, 193, 196; Beeler, Bucheffekten, S. 107. 375) So drücken es Hess/Stöckli, Kapitalmarktrecht, S. 65, 69 aus. 376) Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 46 f.; Botschaft, S. 9348 f.; BGE 138 III 137, 139. 377) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 III. 5. a). Auch die Vertreter der Schweizer Nationalbank sprechen in ihrem Schreiben an die Legal Certainty Group „Information about non-EU legal systems von einer Trennung zwischen Recht und Urkunde auf ec.europa.eu/internal_market/financial-markets/docs/certainty/ swiss_law_letter_en.pdf (zuletzt abgerufen am 4.2.2015). 378) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 III. 5. b). 379) Thévenoz, New Legal Concepts regarding the Holding of Investment Securities for a Civil Law Jurisdiction–The Swiss Draft Act, Unif. L. Rev. 2005-1/2, 301, 307; so wohl auch Chun, Cross-Border Transactions, S. 332.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

Zwar ist die Gutschrift nach Art. 6 BEG konstitutiv, umstritten ist jedoch, inwieweit der Gutschrift eine heilende Wirkung hinsichtlich eventueller Mängel bei der Entstehung des Underlyings oder auch bei sonstigen Mängeln zukommt, z. B. wenn der Hinterlegungsvertrag nicht gültig zustande gekommen ist.380) 150 Der Kontoinhaber kann jederzeit verlangen, dass ihm Wertpapiere gleicher Zahl und Gattung ausgeliefert werden, wenn Wertpapiere hinterlegt sind oder ein Anspruch auf Ausstellung von Wertpapieren besteht (Art. 8 Abs. 1 lit. a i. V. m. Art. 6 Abs. 1 lit. a BEG).381) Ein solcher Anspruch auf Ausstellung besteht gegenüber der Verwahrungsstelle gemäß Art. 7 Abs. 2 BEG, soweit dies in den Ausgabebedingungen oder den Gesellschaftsstatuten vorgesehen ist. Die Verwahrungsstelle stellt sicher, dass nur ausgeliefert wird, wenn auch eine entsprechende Belastungsbuchung im Effektenkonto vorgenommen worden ist (Art. 8 Abs. 3 BEG). Die sachenrechtlichen Beziehungen zu den Wertpapieren oder den Globalurkunden leben mit dem Untergang der Bucheffekte wieder auf.382) Art. 8 BEG spricht nur von einer Auslieferung der Wertpapiere. Er gilt jedoch analog für Wertrechte.383) Daneben bestehen depotvertragliche Herausgabeansprüche.384) 151 Die Bucheffekte geht ebenfalls unter, wenn das Underlying untergeht, wie zum Beispiel im Konkurs des Emittenten oder bei einer Kapitalherabsetzung.385) 152 Grundsätzlich muss die Verwahrungsstelle bei sich selbst oder bei einer Drittverwahrungsstelle Bucheffekten verfügbar halten, deren Zahl und Gattung mindestens der Summe der in den Effektenkonten ihrer Kontoinhaber ausgewiesenen Bucheffekten entspricht. In diesem Zusammenhang gelten die bei der zentralen Verwahrungsstelle sammelverwahrten Wertpapiere und Globalurkunden bzw. die im Hauptregister eingetragenen Wertrechte als verfügbar (Art. 11 Abs. 2 lit. b BEG). ___________ 380) Für eine heilende Wirkung Ammann, in: FISA, Art. 6 BEG N 21; Graham-Siegenthaler, in: FISA, Art. 973c OR N 33 für Wertrechte; differenzierend je nach Mangel BSKWertpapierrecht-Bärtschi, Art. 6 BEG N 113 ff. mit Verweis auf die wertpapierrechtliche Dogmatik; wieder anders Lambert/Dalla Torre, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 6, N 44: Bezieht sich der Mangel auf die Form der Ausgabe des Underlyings, kommt der Gutschrift heilende Wirkung zu; ist das Underlying grundsätzlich nicht geeignet, als Underlying zu dienen, ist eine heilende Wirkung abzulehnen. 381) Botschaft, S. 9350. 382) Botschaft, S. 9351. 383) Botschaft, S. 9351; von der Crone/Bilek, SZW 2008, 193, 196; Hess/Stöckli, Kapitalmarktrecht, S. 65, 79, Fn. 26. 384) Beeler, Bucheffekten, S. 46. 385) Lambert/Dalla Torre, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 8 BEG, N 10; Hess/ Friedrich, GesKR 2008, 98, 105; Lanz, Kapitalmarkttransaktionen IV, S. 189, 201; BSKWertpapierrecht-Bärtschi, Art. 8 BEG N 113.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

V. Die Übertragung der Bucheffekte 1. Allgemeines Das BEG regelt ausschließlich den rechtsgeschäftlichen Erwerb der Buch- 153 effekte. Dieser setzt eine Weisung des Kontoinhabers an die Verwahrungsstelle, die Bucheffekte zu übertragen, und die Gutschrift der Bucheffekte im Effektenkonto des Erwerbers (Art. 24 Abs. 1 BEG) voraus.386) Außerdem muss der Kontoinhaber Verfügungsmacht besitzen (arg. Art. 29 Abs. 1 lit. a BEG).387) Gemäß Art. 24 Abs. 2 BEG ist die Verfügung mit der erforderlichen Gutschrift vollzogen. Laut Botschaft handelt es sich um einen zweiaktigen Verfügungstatbestand.388) Der Erwerb der Bucheffekte aufgrund von Universalsukzession oder Zwangsvollstreckung wird ausdrücklich nicht im BEG geregelt (Art. 24 Abs. 3 BEG). Insoweit ist die Gutschrift einer Bucheffekte in einem Effektenkonto jedenfalls deklaratorisch.389) Die Verfügung über die Bucheffekte ist der Verfügung über ein Grundstück 154 ähnlich und wird mit ihr verglichen.390) Sie besteht einzig aus der Anmeldung zum Grundbuch (Art. 963 Abs. 1 ZGB). Zwar erwirbt der Erwerber das Grundstück erst mit der Eintragung im Grundbuch (Art. 656 ZGB); die Eintragung ist jedoch nicht Bestandteil der Verfügung.391) Die Anmeldung zum Grundbuch ist nach herrschender Lehre eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die gleichzeitig die materielle Verfügung darstellt.392) Die Weisung des Art. 24 BEG scheint der Anmeldung zum Grundbuch zu entsprechen und die Gutschrift im Effektenkonto der Eintragung im Grundbuch. Eine dingliche Einigung über den Eigentumsübergang an der Bucheffekte ___________ 386) Art. 30 Abs. 3 bestimmt jedoch: „Werden Bucheffekten oder Rechte an Bucheffekten abgetreten, so gehen die Rechte von Personen, die sie nach den Vorschriften dieses Gesetzes erworben haben, den Rechten des Zessionars unabhängig vom Zeitpunkt der Abtretung im Range vor.“ Diese Regel geht davon aus, dass eine Abtretung von Bucheffekten möglich ist. Kuhn, in: FISA, Art. 30 BEG N 30, erläutert, dass die Arbeitsgruppe keinen Grund sah, dieses auszuschließen. Dalla Torre/Germann, GesKR 2009, 573, 576 und Hess/Stöckli, Anwaltsrevue, 115, 116 meinen, dass es sich um ein gesetzgeberisches Versehen handelt. Jedenfalls sei fraglich, zu welchem Zweck man neben Art. 24 BEG eine Abtretung für Bucheffekten zulassen sollte, zumal es das Ziel des BEG ist, die Rechtslage zu vereinfachen und erklärbarer zu machen. 387) Eigenmann, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 24-26 FISA N 14; Beeler, Bucheffekten, S. 123; Steiner, Besicherung, S. 97; Lanz, Kapitalmarkttransaktionen IV, S. 189, 204; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI 2.a), Fn. 2191. 388) So die Botschaft, S. 9367, aber nicht unstreitig; siehe dazu BSK-WertpapierrechtHünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 4. 389) BSK-Wertpapierrecht-Hünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 65. 390) Botschaft, S. 9367; Kunz, P., Legislative Aktivitäten, S. 25, 45, erläutert, dass der konzeptionelle Ansatz des BEG, Wertpapiere durch Eintragung in ein Register zu übertragen, sich seit beinahe hundert Jahren für Grundstücke im ZGB fände. 391) Rey, Sachenrecht I, N 352. 392) BGE 115 II 221, 229 ff.; Rey, Sachenrecht I, N 1493, 1486; CHK-B.Deillon-Schegg, Art. 963 ZGB N 12.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

wird weder im BEG noch in der Botschaft erwähnt und scheint nicht erforderlich zu sein.393) Die Weisung (Art. 15 BEG) im Rahmen der Verfügung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Auf eine Zweckbestimmung im Rahmen eines zweiseitigen Verfügungsgeschäftes dahingehend, dass der Gutschriftsempfänger „Eigentum“ an der Bucheffekte erwerben soll, verzichtet das BEG.394) 155 Der Erwerber erwirbt die Bucheffekte mit Gutschrift derselben in seinem Effektenkonto unabhängig davon, ob eine Belastungsbuchung vorgenommen wurde oder nicht. Gutschrift und Belastungsbuchung sind nur über die Stornierungsregeln miteinander verbunden.395) Der Verfügende ist bis zur Gutschrift der Bucheffekte im Effektenkonto des Erwerbers noch Rechtsinhaber der Bucheffekte, kann aber de facto nicht mehr über sie verfügen, sobald sein Effektenkonto belastet ist.396) Insoweit ist die Rechtslage vergleichbar mit derjenigen im Schweizer Grundbuchrecht. Auch der Eigentümer ist mit Anmeldung beim Grundbuchverwalter in seiner Verfügung beschränkt, obwohl der Erwerber noch nicht als Eigentümer eingetragen ist.397) Umgekehrt kann der Eigentümer eines Grundstücks, der dieses aufgrund eines Erbganges erworben hat, darüber erst verfügen, wenn sein Eigentum eingetragen ist (Art. 656 Abs. 2 ZGB).398) Im Einzelnen zur Übertragung der Bucheffekte: ___________ 393) Botschaft, S. 9359; Eigenmann, in: FISA, Art. 24 BEG N 10; BSK-WertpapierrechtHünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 9; Beckmann, Reformbedarf, S. 200; a. A. Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1133: In der Weisung läge auch die Offerte zur Übertragung des Eigentums, die dann durch die Gutschrift auf dem Empfängerkonto angenommen würde. Wiegand ist der Einzige in der Rechtsliteratur, der in der Weisung dieses zweite Element sieht; zu Wiegand auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI. 2.c). 394) Hierin unterscheidet sich das Schweizer Recht vom deutschen Recht in fundamentaler Weise. Auch wenn im deutschen Recht das Abstraktionsprinzip gilt, ist erforderlich, dass sich die Parteien im Rahmen des Verfügungsgeschäftes darüber einigen, ob durch die Übergabe nun Eigentum übergehen oder beispielsweise ein Pfandrecht bestellt werden soll. Der Zweck der Verfügung ergibt sich im Rahmen des BEG nach Schweizer Recht dagegen ausschließlich aus dem Verpflichtungsgeschäft, siehe dazu BSK-Wertpapierrecht-Hünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 16; wohl auch Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 3. Aufl., 2010, § 11 N 98 f. für die Bestellung von Sicherheiten; BKZobl/Thurnherr, Syst. Teil N 531 d; Eggen, SZW/RSDA 2009, 116, 122; Hess/Zbinden, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 15 BEG N 15; a. A. Steiner, Besicherung, S. 60, 63, der für die Übertragung von Bucheffketen eigens zusätzlich einen Verfügungsvertrag ähnlich der Einigung im deutschen Recht verlangt; im Schweizer Sachenrecht ergibt sich der Zweck der Verfügung nach herrschender Meinung grundsätzlich aus dem Verpflichtungsgeschäft, siehe dazu und zum Unterschied zum deutschen Recht Rey, Sachenrecht I, N 1705. 395) Siehe zu den Stornierungsregeln und der Frage der Rechtsnatur des Erwerbs Kapitel 5 B. VI. 396) Botschaft, S. 9368. 397) Rey, Sachenrecht I, N 1476. 398) BGE 115 II 221, 229 ff.; BGE 111 II, 39, 42; BSK-ZGB II/Wiegand, Vor Art. 641 ff. N 71: „Der Begriff der Verfügung wird im Gesetz vielfach und in völlig unterschiedlicher Bedeutung verwendet.“; Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1132.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

2. Die Weisung a) Die Weisung im Rahmen des Depotvertrages Der Kontoinhaber erteilt die Weisung im Rahmen des zwischen ihm und seiner 156 Verwahrungsstelle bestehenden Depotvertrages.399) Gibt der Kontoinhaber einen Kommissionsauftrag zum Verkauf einer Bucheffekte, ist die Weisung konkludent im Börsenauftrag enthalten.400) Art. 15 Abs. 1 BEG wiederholt eine Selbstverständlichkeit, nämlich dass die Verwahrungsstelle verpflichtet ist, die Weisung nach Maßgabe ihres Vertrages mit dem Kontoinhaber auszuführen (siehe auch Art. 397 OR). Sie ist nur dann nicht verpflichtet, wenn sie die Belastung im nächsten Moment wiederum gemäß Art. 27 BEG stornieren müsste.401) Die Verwahrungsstelle hat aber weder das Recht noch die Pflicht, den Rechtsgrund der Weisung zu überprüfen (Art. 15 Abs. 2 BEG). Dies besagt zwar nichts darüber, ob die Weisung als solche trotz fehlerhaften Kausalgeschäftes wirksam ist. Trotzdem ist die überwiegende Meinung in der Schweizer Lehre dieser Ansicht. Sie stützt sich zusätzlich darauf, dass laut Botschaft Mängel im Kausalgeschäft keinen Anspruch auf Stornierung der Belastung begründen.402) Anders als im klassischen Schweizer Wertpapierrecht gilt nach herrschender Meinung für die Übertragung von Bucheffekten wie im deutschen Recht grundsätzlich das Abstraktionsprinzip.403) In der Weisung des Verfügenden, die Bucheffekte zu übertragen, liegt zugleich 157 die Ermächtigung der Verwahrungsstelle, das Effektenkonto zu belasten und die Gutschrift im Effektenkonto des Erwerbers vorzunehmen, wenn der Erwerber sein Effektenkonto bei derselben Verwahrungsstelle wie der Verfügende führt (sog. Inhouse-Übertragung).404) In der Regel verwahrt die Verwah___________ 399) Beeler, Bucheffekten, S. 132; Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1132, spricht von einem Auftragsverhältnis; Hanten, Bucheffektengesetz, dagegen von einem Girovertrag, S. 63. 400) Hess/Stöckli, Kapitalmarktrecht, S. 65, 81; Hess/Stöckli, SJZ 2010, 153, 155; Hess/Friedrich, GesKR 2008, 98, 117; BSK-Wertpapierrecht-Hünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 13. 401) Hess/Zbinden, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. N 26; Kuhn, in: FISA, Art. 15 BEG N 26. 402) Botschaft, S. 9373. 403) Die Botschaft sagt ausdrücklich auf S. 9359, dass die Weisung von der Wirksamkeit des Kausalgeschäftes unabhängig ist. Bärtschi, AJP 2009, 1071, 1078, hält diese Aussage für unklar. Die herrschende Meinung wertet sie als eindeutig zugunsten des Abstraktionsprinzips. Bärtschi führt selbst in Fn. 65 die herrschende Meinung auf. Hinzu kommen Kuhn, in: FISA, Art. 15 BEG N 27; Kunz, P., Legislative Aktivitäten, S. 25, 52; Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1132; Eigenmann, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 24-26 N 17 ff., mit ausführlicher Begründung; CHK-Kuhn, BEG, Art. 24 – 30, N 6; ausführlich BSK-WertpapierrechtHünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 22 ff.; Blum, AJP 2007, 694, 695; BSK-Wertpapierrecht-Seiler, Art. 27 BEG N 5; Dalla Torre/Leisinger/Mosimann/Rey/Schott/Weber, Sicherheiten, 16, 17, Fn. 7; für das Abstraktionsprinzip auch Beckmann, Reformbedarf, S. 199; a. A. Beeler, Bucheffekten, S. 127 ff., mit dem Argument, dass das BEG ja bereits durch die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb für Verkehrsschutz sorge und daher das Abstraktionsprinzip verzichtbar sei; anders auch Daeniker/Leisinger, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 29 BEG, N 16, für die Bestellung von Sicherheiten nach Art. 26 BEG. 404) Botschaft, S. 9359.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

rungsstelle des Verfügenden seine Bucheffekte ihrerseits bei der schweizerischen Zentralverwahrungsstelle SIX SIS AG. In diesem Fall leitet die Verwahrungsstelle des Verfügenden eine identische Weisung an die SIX SIS AG weiter.405) Diese bucht die Bucheffekte entsprechend vom Effektenkonto der Verwahrungsstelle des Verfügenden auf das Effektenkonto der Verwahrungsstelle des Empfängers um. Die Verwahrungsstelle des Empfängers ist wiederum verpflichtet, die Bucheffekte dem Empfänger gutzuschreiben (Art. 10 BEG).406) Durch die Belastung verliert der Veräußerer zwar nicht seine Rechtszuständigkeit an der Bucheffekte,407) jedoch erlischt sein Recht gegenüber der Verwahrungsstelle, über die Bucheffekte zu verfügen. Daher wird auch davon gesprochen, dass insoweit der Belastungsbuchung doch eine Verfügungswirkung zukomme.408) b) Die Weisung als Teil des Verfügungstatbestandes 158 Gleichzeitig stellt die Weisung das erste Element des zweiaktigen Verfügungstatbestandes dar.409) Sie ist eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Botschaft behauptet, dass sie zwar Ähnlichkeit mit einer Anweisung habe, jedoch ausdrücklich nicht als Doppelermächtigung zu verstehen sei, denn sie richtet sich ausschließlich an die Verwahrungsstelle, nicht an den Erwerber und ist auch keine Ermächtigung an die Verwahrungsstelle zur Leistung von Bucheffekten (ergänze: aus eigenem Bestand).410) An und für sich wäre die Weisung nach der Theorie der Verfügungsgeschäfte bis zur Vollendung des Rechtserwerbs und damit bis zur Vornahme der Gutschrift im Empfängerkonto widerruflich.411) Das Bucheffektengesetz ordnet jedoch ___________ 405) Botschaft, S. 9359; Kuhn, in: FISA, Art. 15 BEG N 22; Beeler, Bucheffekten, S. 137, vertritt die Ansicht, dass es sich um eine eigene Weisung der Verwahrungsstelle handelt, denn schließlich habe nur sie das Recht, ihre Verwahrungsstelle anzuweisen (Art. 13 Abs. 2 BEG). 406) Nach Schott, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 24 N 30 und Steiner, Besicherung, S. 104 ff., besteht diese Verpflichtung aufgrund von Art. 10 BEG; BSK-WertpapierrechtHünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 17 sind der Auffassung, dass diese Verpflichtung bereits aufgrund Vertrags zwischen Verwahrungsstelle und Erwerber besteht; nicht diskutiert von Kuhn, in: FISA, Art. 15 BEG N 22. 407) Botschaft, S. 9368. 408) Hanten, Bucheffektengesetz, S. 71; Steiner, Besicherung, S. 108; a. A. Beeler, Bucheffekten, S. 183, durch die Belastungsbuchung würde nur die durch die Weisung zur Übertragung der Bucheffekte bereits eingetretene Rechtsänderung vollzogen. 409) So die Botschaft, S. 9367, aber nicht ganz unstreitig; siehe dazu BSK-WertpapierrechtHünerwadel/Fischer, Art. 24 N 4 m. w. N.; kritisch zur Vermischung der schuldrechtlichen Weisung an die Verwahrungsstelle mit dem ersten Teil des Verfügungstatbestandes: Casper, Register statt Papier?, S. 173, 199. 410) Botschaft, S. 9359; ISDA, S. 7, ist zum Vorentwurf des BEG der Ansicht, dass es sich um eine Anweisung im Sinn von Arts. 466 ff. OR handelt wie bei der Anweisung im Zahlungsverkehr. 411) So Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1133; Kuhn, in: FISA, Art. 15 BEG N 31, sagt, dass die Regelung des Art. 15 Abs. 3 BEG davon ausgeht, dass die Weisung widerrufen werden kann, selbst wenn sie bereits bei der Verwahrungsstelle zugegangen ist.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

ausdrücklich an, dass ein Widerruf der Weisung nur bis zu dem Zeitpunkt, der vertraglich mit der Verwahrungsstelle oder in den Regeln des Effektenabrechnungs- und -abwicklungssystems festgelegt ist, möglich ist. Jedenfalls ist sie, sobald die Verwahrungsstelle das Effektenkonto belastet hat, nicht mehr widerruflich (Art. 15 Abs. 3 BEG). Diese Regelung soll Art. 5 der Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und Abrechnungssystemen (98/26/EG) vom 19. Mai 1998412) umsetzen.413) Sie dient dem Funktionsschutz des Effektenabwicklungssystems. Entsprechend hat der Schweizer Gesetzgeber auch das Obligationenrecht geändert und in dem neuen Art. 470 Abs. 2 OR festgelegt, dass eine Anweisung im bargeldlosen Zahlungsverkehr unwiderruflich ist, sobald der Überweisungsbetrag dem Konto des Anweisenden belastet worden ist.414) Eine ähnliche Regelung gilt für die Weisung der Verwahrungsstelle gegenüber dem Effektenabrechnungs- und abwicklungssystem.415) 3. Die Gutschrift Die Gutschrift ist das zweite Element des Verfügungstatbestandes. Mit Ab- 159 schluss der Gutschrift ist die Verfügung gemäß Art. 24 Abs. 2 BEG vollzogen, und der Verfügende verliert sein Recht an der Bucheffekte. Gleichzeitig erwirbt der Erwerber mit der Gutschrift das Recht daran. Diese Bestimmung verhindert, dass während des zeitlich gestreckten Übertragungsvorgangs – zwischen Weisung und Gutschrift – subjektlose Rechte entstehen.416) Laut Botschaft ist die Gutschrift anders als die Belastungsbuchung konstitutiv.417) Die konstitutive Gutschrift entspricht der Praxis des Geschäftsverkehrs, wie in Kapitel 4 D. III. beschrieben.418) Wenn die Belastungsbuchung vorgenommen wird, verliert der Verfügende zwar nicht seine Rechtszuständigkeit, kann aber de facto nicht mehr über die Bucheffekte verfügen. Der Gesetzgeber hat sich hinsichtlich des Erwerbs auf eine einzige Buchung festgelegt, weil die Über___________ 412) Art. 5 lautet: „Ein Zahlungs- bzw. Übertragungsauftrag kann von dem in den Regeln des Systems bestimmten Zeitpunkt an weder von einem Teilnehmer an einem System noch von einem Dritten widerrufen werden.“ 413) Schreiben der Vertreter der Schweizer Nationalbank an die Legal Certainty Group „Information about non-EU legal systems von einer Trennung zwischen Recht und Urkunde auf ec.europa.eu/internal_market/financial-markets/docs/certainty/swiss_law_letter_en.pdf (zuletzt abgerufen am 4.2.2015), S. 9; so auch BSK-BankG/Hess/Künzi-Peditto, Art. 27 Rn. 5 f.; vgl. auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI. 2. a) aa). 414) Siehe dazu die Botschaft, S. 9389. 415) Siehe dazu die Botschaft, S. 9364; vgl. zum Verhältnis zu Art. 27 BankG, BSK-BankG/ Hess/Künzi-Peditto, Art. 27 Rn. 31. 416) Botschaft, S. 9368. 417) Botschaft, S. 9368; BSK-Wertpapierrecht-Hünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 33; a. A. scheinbar Segna, (Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI 2.d): Die konstitutive Wirkung der Gutschrift sei eingeschränkt, denn der Rechtserwerb hinge zusätzlich von der Lieferung der Effekten an die Bank ab. 418) So auch Eigenmann, in: FISA, Art. 24 N 2.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

tragung einer Bucheffekte zumeist viele Buchungsvorgänge auf verschiedenen Ebenen der Verwahrungspyramide erfordert, die zeitlich nicht koordiniert sind. Auch wenn die Verwahrungsstelle in der Regel erst eine Belastungsbuchung im Effektenkonto des Veräußerers vornimmt und dann eine Gutschrift erteilt, kann es passieren, dass eine Gutschrift im Effektenkonto des Erwerbers erteilt wird, ohne dass eine Belastungsbuchung im Effektenkonto des Veräußerers vorgenommen wurde.419) Die Rechtswirkung der Gutschrift ist nach Art. 24 Abs. 1 BEG unabhängig von einer vorherigen Belastungsbuchung.420) Diese Regelung verfolgt das Ziel, Rechtssicherheit herzustellen (Art. 1 Abs. 2 BEG). 160 Der Belastungsbuchung kommt im Verhältnis zwischen Verfügendem und Erwerber keine Verfügungswirkung zu.421) Das BEG kennt einen durch die Belastungsbuchung bedingten Rechtserwerb nicht.422) Folgerichtig wird die Gutschrift als bedingungsfeindlich betrachtet und eine entsprechende Vereinbarung als wirkungslos.423) Die Regel „no credit without debit“ gilt im Rahmen des BEG also nicht. Insofern die Systeme regelmäßig eine Belastungsbuchung vornehmen, bevor sie eine Gutschrift erteilen, gilt diese Regel jedoch aus technischer Sicht. 161 Art. 24 BEG kann also dazu führen, dass vorübergehend zusätzliche Bucheffekten entstehen, nämlich dann, wenn die Erwerberbank eine Gutschrift erteilt, bevor die Veräußererbank eine Belastungsbuchung vorgenommen hat.424) Die Botschaft erläutert, dass eine Gutschrift in der Praxis aufgrund der technischen Ausgestaltung der Abwicklungssysteme im inländischen Effektengiroverkehr nicht ohne eine entsprechende Belastung vorgenommen würde.425) Ein Problem könne nur im grenzüberschreitenden Effektengiroverkehr ent___________ 419) Botschaft, S. 9368. 420) BSK-Wertpapierrecht-Hünerwadel/Fischer, Art. 24 BEG N 33; Kuhn, Die Modernisierung des Rechts der mediatisierten Wertpapierverwahrung in der Schweiz, in: Nobel, S. 125, 139, zum Entwurf des Bucheffektengesetzes: „Die Gutschrift von einer vorangehenden Buchung abhängig zu machen, würde jedenfalls im grenzüberschreitenden Effektengiroverkehr weitgehende Eingriffe in bestehende Systeme bedingen; die Risikolage hätte nach Überzeugung der Expertenkommission solche Eingriffe nicht gerechtfertigt.“ 421) Dies entspricht dem deutschen Recht. Siehe dazu Kapitel 6 D. III. 2. b). 422) Schreiben der Vertreter der Schweizer Nationalbank an die Legal Certainty Group „Information about non-EU legal systems von einer Trennung zwischen Recht und Urkunde auf ec.europa.eu/internal_market/financial-markets/docs/certainty/swiss_law_ letter_en.pdf (zuletzt abgerufen am 4.2.2015), S. 7; so ausdrücklich auch Eigenmann, in: FISA, Art. 24 N 16. 423) So ausdrücklich Schott, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 24 BEG, N 38. 424) So schon Kuhn zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Verwahrung und Übertragung von Bucheffekten, Die Modernisierung des Rechts der mediatisierten Wertpapierverwahrung in der Schweiz, in: Nobel, S. 125, 139; a. A. scheinbar Schott, in: Zobl/ Hess/Schott, BEG Komm., Art. 24 N 28. 425) Botschaft, S. 9368.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

stehen. Der Bericht der Arbeitsgruppe empfiehlt den Aufsichtsbehörden, geeignete operationelle Anforderungen aufzustellen.426) Wenn die Belastungsbuchung nicht vorgenommen wird und der Verfügende ein zweites Mal verfügt, kommt ein gutgläubiger Erwerb der Bucheffekte durch einen Dritten gemäß Art. 29 BEG in Betracht.427) Mit der Gutschrift in seinem Effektenkonto erwirbt der Kontoinhaber neben 162 der Bucheffekte das Recht gegenüber der Verwahrungsstelle, die Auslieferung zu verlangen und Weisungen hinsichtlich der Bucheffekte zu erteilen. Diese Rechte sind unabhängig vom Rechtsverhältnis zwischen Verfügendem und Erwerber. Die Funktion der Gutschrift im Effektenkonto entspricht gleichsam derjeni- 163 gen des Besitzes an einer Sache. Der Besitz ermöglicht es dem Verfügenden, dem Erwerber die Sache zu übergeben und ihm Eigentum an der Sache zu verschaffen. Die Gutschrift erlaubt es dem Kontoinhaber, der Verwahrungsstelle eine Weisung zur Übertragung der Bucheffekte zu erteilen. Sie vermittelt ihm die Kontrolle über die Bucheffekte und tritt insoweit an die Stelle des Besitzes.428) Der Kontoinhaber hat jederzeit einen Anspruch auf Ausstellung eines Aus- 164 weises über die dem Effektenkonto gutgeschriebenen Bucheffekten (Art. 16 BEG). Dieser Ausweis hat keinen Wertpapiercharakter. Er ist bloßes Beweismittel und hat keine Legitimationsfunktion im hergebrachten Sinn.429) Der Emittent kann nur durch Leistung an den materiell Berechtigten erfüllen. Jedoch macht die Verwahrungsstelle die Ansprüche des Kontoinhabers geltend, und insoweit hat die Depotbescheinigung keine Bedeutung.430) VI. Fehlerhafte Buchungen und ihre Stornierung Die Botschaft behauptet, dass es wegen der konstitutiven Wirkung der Gut- 165 schrift im BEG zwingend einer Rechtsgrundlage bedürfe, um die Gutschrift rückgängig machen zu können. Fehlerhafte Buchungen seien nämlich leicht möglich, und auch mangelhafte Weisungen kämen vor.431) Richtig ist, dass ___________ 426) Bericht der technischen Arbeitsgruppe zum Entwurf eines Bucheffektengesetzes, S. 68. 427) Eigenmann, in: FISA, Art. 24 N 17; Hanten, Bucheffektengesetz, S. 154 f. zum entsprechenden Fall mit Doppelmangel. 428) Ähnlich Eigenmann, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 24 – 26 N 24. 429) Botschaft, S. 9360; kritisch dazu Zobl/Gericke, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., System. Teil N 32. 430) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 IV. 2. b). 431) Botschaft, S. 9372; Dechamps, Wertrechte, S. 127, ist für Deutschland anderer Ansicht. Es sei darauf hingewiesen, dass die in Deutschland geltenden allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken und der Genossenschaftsbanken in ihrer Nr. 8 Stornound Berichtigungsbuchungen nur für fehlerhafte Gutschriften auf Kontokorrentkonten zugunsten der Bank vorsehen.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

die Gutschriften in Effektenkonten bisher als deklaratorisch betrachtet wurden432) und es keine gesetzlichen Stornierungsregeln gab. Nicht verwunderlich ist es also, dass die Stornierungsregeln im Gesetzgebungsverfahren dann auch zu den umstrittensten Regeln des Bucheffektengesetzes überhaupt gehörten. Es gab sogar Stimmen, die gänzlich auf sie verzichten wollten.433) 166 Wenn die Botschaft wegen der konstitutiven Wirkung der Gutschrift nach Stornierungsregeln verlangt, fragt sich, was die Botschaft unter der konstitutiven Wirkung der Gutschrift überhaupt versteht. Jedenfalls ist die Gutschrift eine Erwerbsvoraussetzung, denn ohne Gutschrift im Effektenkonto des Erwerbers ist ein Erwerb nicht möglich, und insoweit ist sie wie die Eintragung im Grundbuch konstitutiv für den Rechtserwerb.434) Im Schweizer Grundbuchrecht geht die Wirkung der konstitutiven Buchung jedoch nicht weiter als beschrieben, d. h. wenn weitere Erwerbsvoraussetzungen wie das im Immobilarsachenrecht nach dem Kausalitätsprinzip erforderliche Verpflichtungsgeschäft fehlen, gilt die Eintragung als unrichtig und ist zu korrigieren (Art. 975 ZGB, Art. 974 Abs. 2 ZGB).435) Das Eigentum an dem Grundstück geht also trotz Eintragung im Grundbuch nicht auf den Erwerber über, und das Grundbuch muss berichtigt werden. 167 Welchen Inhalt die Gutschrift in einem Effektenkonto hat, wenn die Weisung als Erwerbsvoraussetzung nicht wirksam ist, regelt das BEG nicht ausdrücklich. Die Botschaft vertritt einerseits, dass keine Verfügungswirkungen eintreten, wenn eine Weisung rechtzeitig436) widerrufen wird.437) Andererseits sagt sie, sofern es im Zeitpunkt der Gutschrift an einer gültigen und wirksamen Weisung fehle, so bestimme sich nach Art. 27 BEG, ob ein Veräußerer seine Rechtszuständigkeit definitiv verloren hat oder ob er einen Anspruch auf Stornierung der Belastung hat.438) An dieser Stelle wurde ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen Erwerbstatbestand und Stornierungsregeln aufgetan,439) und es entzünden sich Diskussionen darum, ob es sich beim Erwerb der

___________ 432) Siehe Kapitel 4 D. II., IV. 433) Kuhn, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 27 – 28 BEG N 20; siehe zu der Historie im Detail Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI. 3. a). 434) Rey, Sachenrecht I, N 1481; das absolute Eintragungsprinzip gilt für alle Rechtsgeschäfte unter Lebenden und Verfügungen von Todes wegen in Einzelnachfolge, derselbe, N 1323. 435) Rey, Sachenrecht I, N 2133. 436) Ob ein Widerruf rechtzeitig ist, richtet sich nach dem Vertrag mit der Verwahrungsstelle bzw. den Regeln des Effektenabrechnungs- und -abwicklungssystems. Jedenfalls aber ist die Weisung nicht mehr widerruflich, sobald die Verwahrungsstelle das Effektenkonto belastet hat (Art. 15 Abs. 3 BEG). 437) Botschaft, S. 9360. 438) Botschaft, S. 9368. 439) Hanten, Bucheffektengesetz, S. 53; Beeler, Bucheffekten, S. 206 ff.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

Bucheffekte um einen Erwerb derivativer oder originärer Natur handelt.440) Unabhängig von dieser grundsätzlichen Diskussion441) ist an dieser Stelle festzuhalten, dass der Erwerber die Bucheffekte trotz fehlender Weisung erwirbt. Dafür spricht die bereits angeführte Stelle in der Botschaft und der in Art. 1 Abs. 2 BEG postulierte Zweck des BEG, die Rechtssicherheit.442) Die Zwecke des BEG sind nämlich sowohl als Auslegungsregel wie auch zur Lückenfüllung heranzuziehen.443) Die Stornierungsregeln gelten zwischen Kontoinhaber und Verwahrungsstelle. 168 Der Kontoinhaber hat unter bestimmten Bedingungen ein Recht auf Stornierung einer Belastungsbuchung (Art. 27 BEG), ebenso wie die Verwahrungsstelle in bestimmten Fällen das Recht hat, eine Gutschrift zu stornieren (Art. 28 BEG).444) Diese Vorschriften bieten jeweils eigenständige, vom Bereicherungsrecht unabhängige Rechtsgrundlagen:445) Wenn die fehlerhafte Gutschrift oder die Belastungsbuchung nicht aufgrund der Stornierungsregeln im Bucheffektengesetz korrigiert werden können, muss der Anspruchsberechtigte nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts einschließlich des Bereicherungsrechts vorgehen.446) Dies gilt ebenfalls, wenn das Kausalgeschäft oder auch die Weisung unwirksam ist.447)

___________ 440) Ein Überblick dazu bei Beeler, Bucheffekten, S. 117 ff.; siehe auch Hanten, Bucheffektengesetz, S. 61 ff., die unterschiedliche Zuwendungsmodelle entwickelt. 441) Siehe Kapitel 5 B. III. 442) Kuhn, in: FISA, Art. 28 BEG N 16; Schott, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 24 N 32 f. ohne Begründung; Beeler, S. 129, 212 f. arg. Art. 29 Abs. 2 BEG: trotz Mangels hat ein Rechtserwerb stattgefunden; Beckmann, Reformbedarf, S. 208 – 212; wohl auch Bärtschi, AJP 2009, aber nicht ausdrücklich, 1071, 1078; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI. 3. b) bb): eine Stornierung der Belastung fände durch konstitutive Gutschrift statt; a. A. wohl BSK-Wertpapierrecht-Hünerwadel/Fischer, Art. 24 N 12; a. A. scheinbar ebenso Hanten, Bucheffektengesetz, S. 87, 110, 123, sie vertritt die Auffassung, dass die materielle Rechtsposition (ex tunc) durch die Stornierung der Gutschrift zurückfällt. 443) Botschaft, S. 9343; Graham-Siegenthaler, in: FISA, Art. 1 N 21 ff.; BSK-Wertpapierrecht-Maizar, Art. 1 BEG N 24. 444) Kuhn, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 27 – 28 BEG N 11, Fn. 2 verweist auf eine Entscheidung des BGH, Urteil vom 9.5.1983, NJW 1983, 2501, 2502: „Zweck des Stornorechts ist es, die mit der Geltendmachung solcher Ansprüche üblicherweise verbundenen Schwierigkeiten und Risiken zu vermeiden und die Rechtsstellung der Bank auf eine eigenständige, von den Unsicherheiten des Bereicherungsrechts unabhängige Grundlage zu stellen. Daraus folgt aber zugleich, dass das Stornorecht nicht durchgreift, wenn die Bank … keinen sachlich-rechtlichen Anspruch auf Rückgewähr des gutgeschriebenen Betrages gegen den Kunden hat.“ 445) Implizit Weber, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 27 BEG, N 8. 446) Kuhn, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 27-28 BEG N 29. 447) Botschaft, S. 9373; Kuhn, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 27-28 BEG N 11; Weber, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 24 BEG, N 17.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

1. Die Stornierung der Belastung 169 Da der Kontoinhaber, dessen Effektenkonto belastet wurde, ohne Gutschrift faktisch keine Verfügungsmöglichkeit mehr über die Bucheffekte hat, hat er ein gewichtiges Interesse daran, die fehlerhafte Belastung rasch rückgängig machen zu lassen.448) Die Botschaft unterscheidet zwei Grundfälle im Rahmen von Art. 27 BEG: Entweder ist die Weisung, die die Belastung des Effektenkontos verursacht hat, mangelhaft (Art. 27 Abs. 1 lit. a und lit. b BEG), oder es liegt ein Fehler in der Übertragungskette der Bucheffekten (Art. 27 Abs. 2 lit. c BEG) vor.449) Mängel des Kausalgeschäfts haben jedenfalls keinen Anspruch auf Stornierung zur Folge.450) a) Die mangelhafte Weisung 170 Wenn keine Weisung vorliegt (Art. 27 Abs. 1 lit. a BEG), wenn die Weisung nichtig ist (Art. 27 Abs. 1 lit. b Nr. 1 BEG), wenn sie weder vom Kontoinhaber noch von dessen Stellvertreter stammt (Art. 27 Abs. 1 lit. b Nr. 2 BEG), wenn sie rechtzeitig widerrufen wurde (Art. 27 Abs. 1 lit. b Nr. 3 BEG) oder wenn sie wegen eines Erklärungsirrtums, eines Übermittlungsfehlers, absichtlicher Täuschung oder begründeter Furcht angefochten wurde (Art. 27 Abs. 1 lit. b Nr. 4 BEG),451) in all diesen Fällen ist die Belastungsbuchung zu stornieren. Die meisten Fälle lesen sich wie selbstverständlich, und ein Anspruch auf Stornierung der Belastung ergibt sich bereits aus dem zugrunde liegenden Auftragsverhältnis.452) Aus dem Rahmen fällt allein die Anfechtung. Die Frage, ob ein Anfechtungsgrund vorliegt oder nicht, ist häufig schwer zu beurteilen. Daher gehört dieser Tatbestand eigentlich nicht in die „raschen“ Stornoregeln. 171 Folgende typische Fälle sind unter Art. 27 BEG zu subsumieren: Bei sog. Fehl- oder Doppelbuchungen, aber auch bei betrügerischem Handeln der Angestellten der Verwahrungsstelle liegt keine Weisung vor (Art. 27 Abs. 1 ___________ 448) Botschaft, S. 9372; die Stornoregeln der Nr. 8 für Kontokorrentkonten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken und der Genossenschaftsbanken in Deutschland geben nur der Bank ein Stornorecht in Bezug auf sog. fehlerhafte Gutschriften. 449) Botschaft, S. 9372. 450) Botschaft, S. 9373; von der Crone/Bilek, SZW 2008, 193, 198; Kuhn, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 27 – 28 BEG N 11. 451) Nach Kuhn, in: FISA, Art. 27 BEG N 40 ist Art. 27 Abs. 1 lit. b BEG abschließend; so auch Beeler, Bucheffekten, S. 220 ff., mit dezidierter Begründung; a. A. Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1134, will entgegen dem Wortlaut auch einen Grundlagenirrtum (als Motivirrtum) ausreichen lassen. Dieser liegt gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 4 OR vor, wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde. Anders als im deutschen Recht ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 114 II 131) eine irrtumsbehaftete Erklärung bis zu ihrer Genehmigung unwirksam. Siehe dazu auch Wiegand, Bemerkungen zum Picasso-Entscheid, recht 1989, 101 ff. 452) Wiegand, in: FS Koziol, S. 1125, 1134.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

lit. a BEG453). Eine Weisung ist dagegen nichtig, wenn sie einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstößt (Art. 27 Abs. 1 lit. b BEG).454) Das trifft zu, wenn das Underlying nicht wirksam begeben worden ist455) oder die Börse die zugrunde liegende Transaktion als sog. Mistrade aufgehoben hat.456) In diesen Fällen wird das Börsengeschäft unmöglich.457) Da die Weisung im Börsenauftrag liegt, wird sie ebenfalls als unmöglich angesehen.458) Streng genommen durchbricht diese Wertung jedoch das nach herrschender Meinung geltende Abstraktionsprinzip. Die Stornierung wird durch eine Gegenbuchung in Form der Gutschrift aus- 172 geführt. Der Kontoinhaber wird so gestellt, als hätte die Belastung nie stattgefunden (Art. 27 Abs. 3 BEG). Es handelt sich um eine sog. restitutio ad integrum. Das bedeutet, dass die Belastung vollumfänglich rückgängig zu machen ist.459) Der Kontoinhaber erhält seine materielle Rechtsposition durch die Gutschrift zurück.460) Die Stornierung der Belastung ist dem Kontoinhaber nicht mitzuteilen (arg. e contrario Art. 28 Abs. 2 BEG). Ein Anspruch auf Stornierung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Verwah- 173 rungsstelle nachweist, dass sie den Mangel der Weisung nicht kannte und trotz Anwendung zumutbarer Maßnahmen und Verfahren nicht kennen musste (Art. 27 Abs. 2 Satz 2 BEG). Hier wird dem Kontoinhaber die Beweislast auferlegt und der Verwahrungsstelle der Entlastungsbeweis gewährt. Der Verfügende kann jedoch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gegenüber dem Erwerber geltend machen.461) Wenn eine Belastung storniert wird und als Folge dieser Belastung eine Gut- 174 schrift vorgenommen worden war, kann diese Gutschrift ebenfalls grundsätzlich aufgrund von Art. 28 Abs. 1 lit. a BEG storniert werden. Die Stornierung der Gutschrift ist anders als die der Belastung dem Kontoinhaber mitzuteilen (Art. 28 Abs. 2 BEG). ___________ 453) Kuhn, in: FISA, Art. 27 BEG N 7, 9; Weber, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 27 BEG N 16. 454) Botschaft, S. 9373; die Botschaft verweist auf Art. 20 OR, der sich eigentlich mit dem nichtigen Vertrag befasst. 455) Kuhn, in: FISA, Art. 27 BEG N 14 f. 456) Kuhn, in: FISA, Art. 27 BEG N 17 ff.; Weber, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 27 BEG N 18. 457) BGE 133 III 221 ff.; dazu Hess/Stöckli, Kapitalmarktrecht, S. 65, 111; Hess/Friedrich, GesKR 2008, 98, 115. 458) Es könnte dann die Gutschrift beim Käufer storniert werden gemäß Art. 28 Abs. 1 lit. a BEG, es sei denn, der Käufer hat bereits weiterverfügt. Der Dritte könnte unter Umständen gutgläubig erworben haben (Art. 29 BEG); siehe dazu Hess/Stöckli, Kapitalmarktrecht, S. 65, 113 f. 459) Botschaft, S. 9374. 460) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI. 3. c) bb). 461) Kuhn, in: FISA, Art. 27 BEG N 65.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

b) Fehler in der Übertragungskette 175 Fehler in der Übertragungskette sollen aufgrund von Art. 27 Abs. 1 lit. c BEG korrigiert werden können: Die Belastung von Bucheffekten ist ebenfalls zu stornieren, wenn die Gutschrift von Bucheffekten im Effektenkonto des Erwerbers nicht der Weisung entspricht462) oder nicht innerhalb der für die Ausführung üblichen Frist erfolgt.463) In diesem Fall ist die Weisung fehlerlos, und die Belastung im Effektenkonto des Verfügenden entspricht der Weisung. Der Fehler ist entlang der Buchungskette aufgetreten, und die Gutschrift im Effektenkonto des Erwerbers entspricht nicht der Weisung. Es ist keine Erfüllung zugunsten des Verfügenden eingetreten, und daher muss die Belastung ebenfalls storniert werden.464) Anders als bei Art. 27 Abs. 1 lit. a und lit. b BEG kann sich die Verwahrungsstelle hier nicht exkulpieren, denn dieser Fehler liegt in ihrer Risikosphäre.465) Sie hat aber unter Umständen einen eigenen Anspruch auf Stornierung gegenüber der ihr übergeordneten Verwahrungsstelle gemäß Art. 27 BEG. Gemäß Art. 27 Abs. 4 BEG verjähren der Anspruch auf Stornierung der Belastung und eventuelle Schadensersatzansprüche mit Ablauf eines Jahres nach Entdeckung des Mangels, in jedem Fall jedoch mit Ablauf von fünf Jahren seit dem Tag der Belastung. 2. Die Stornierung der Gutschrift 176 Gemäß Art. 28 Abs. 1 BEG kann die Verwahrungsstelle eine Gutschrift stornieren, wenn die entsprechende Belastung storniert worden ist (Art. 28 Abs. 1 lit. a BEG) oder die Gutschrift nicht der Weisung entspricht (Art. 28 Abs. 1 lit. b BEG). Die Wirksamkeit der Gutschrift ist zwar nicht bedingt durch die Belastungsbuchung,466) Gutschrift und Belastungsbuchung sind jedoch über die Stornierungsregeln miteinander verknüpft. Wenn die entsprechende Belastung storniert werden muss, hat die Verwahrungsstelle auch das korrespondierende Recht, die Gutschrift zu stornieren. Dies funktioniert zweifelsohne, wenn Veräußerer und Erwerber ein Effektenkonto bei derselben

___________ 462) A. A. Beeler, Bucheffekten, S. 226, für den Fall, dass die Gutschrift zu hoch ist, aber die Belastung der Weisung entspricht. 463) Beeler, Bucheffekten, S. 226, stellt klar, dass die Belastung bei verspäteter Gutschrift nicht storniert werden kann, weil der Verfügende im Grundverhältnis befreit wird. 464) Botschaft, S. 9374; Art. 27 Abs. 1 lit. c BEG weist deutliche Parallelen zum UNCITRAL Model Law On International Credit Transfers und zur EU Payment Services Directive auf; siehe dazu Kuhn, in: FISA, Art. 27 BEG N 51. 465) Einschränkend Kuhn, in: FISA, Art. 27 BEG N 75; dagegen Beeler, Bucheffekten, S. 231 f. 466) Siehe Kapitel 5 C. V.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

Verwahrungsstelle haben (sog. Inhouse-Übertragung). Ist dies nicht so, wird es – wie folgendes Beispiel zeigt – schwierig:467) X hat ein Effektenkonto bei der A-Bank, Y und Z haben beide jeweils ein Ef- 177 fektenkonto bei der B-Bank. A- und B-Bank nutzen die C-Bank als ihre Verwahrungsstelle. X gibt eine Weisung an A-Bank, 1000 Aktien an Y zu übertragen. Das Konto von X wird entsprechend belastet, die A-Bank weist aber versehentlich die C-Bank an, die Aktien dem Z zu übertragen. Z erhält die Gutschrift. Lösung: Die A-Bank muss jedenfalls die Belastung des Effektenkontos des X gemäß Art. 27 Abs. 1 lit. c BEG stornieren, weil die Gutschrift der Effekten im Effektenkonto des Z nicht der Weisung des A entspricht. Da die A-Bank aber nicht Depotbank von Z ist, kann sie die Gutschrift des Z nicht gemäß Art. 28 Abs. 1 lit. a BEG stornieren, auch wenn die Belastung im Effektenkonto des X storniert werden muss. Die A-Bank hat auch kein Recht, von der C-Bank die Stornierung der Belastung in ihrem Effektenkonto bei der C-Bank zu verlangen, denn die Gutschrift im Effektenkonto des Z entsprach der Weisung, die sie gegeben hat. Die A-Bank ist auf den Goodwill der B-Bank angewiesen, dass sie die Gutschrift im Effektenkonto von Z storniert. Die B-Bank könnte die Gutschrift von Z nämlich gemäß Art. 28 Abs. 1 lit. a BEG stornieren, weil die „entsprechende“ Belastung storniert worden ist. Die entsprechende Belastung ist in diesem Fall die Belastung im Effektenkonto des X bei der A-Bank.468) Hätte dagegen die B-Bank aufgrund eines Versehens bei ihr die Gutschrift 178 zugunsten des Z erteilt, hätte die A-Bank einen Anspruch auf Stornierung der Belastung in ihrem Effektenkonto bei der C-Bank gehabt, weil die Gutschrift zugunsten des Z nicht ihrer korrekten Weisung entsprochen hätte (Art. 27 Abs. 1 lit. c BEG). Die C-Bank hätte einen entsprechenden Anspruch auf Stornierung der Gutschrift zugunsten der B-Bank gemäß Art. 28 Abs. 1 lit. a BEG, denn sie musste die entsprechende Belastung im Effektenkonto der A-Bank stornieren. In diesem Fall erlauben die Stornierungsregeln eine lückenlose Rückabwicklung der Transaktion. In der Theorie sollte das Risiko aus Fehlbuchungen entlang der Verwah- 179 rungskette „heraufgereicht“ werden, bis es bei der Verwahrungsstelle, der der Fehler unterlaufen ist, angekommen ist.469) Unter Umständen wird diese Regel unterbrochen; zum Beispiel wenn die beteiligten Verwahrungsstellen eine besondere Vereinbarung hinsichtlich der Stornoregeln getroffen haben oder ___________ 467) Beispiel nach Kuhn, in: FISA, Art. 28 BEG N 7 f. Die Bezeichnungen der Parteien sind abgeändert worden; siehe zu diesem Beispiel auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI. 3. c) aa); vgl. auch Weber, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 28 BEG N 14. 468) So Kuhn, in: FISA, Art. 28 BEG N 8; diese Einschätzung beruht folgerichtig auf Kuhns Meinung, dass dem BEG die Vorstellung vom derivativen Erwerb zugrunde liegt. 469) Kuhn, in: FISA, Art. 27 BEG N 50.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

eine ausländische Verwahrungsstelle, auf die das BEG keine Anwendung findet, eingeschaltet ist oder aber wenn ein Clearing-und-Settlement-System beteiligt ist, dessen Allgemeine Geschäftsbedingungen spezielle Regeln beinhalten. Dann wird das „Heraufreichen“ der Verantwortung so nicht umzusetzen sein.470) 180 Die Stornierung einer Gutschrift ist indessen ausgeschlossen, wenn das Effektenkonto keine Bucheffekten der entsprechenden Gattung mehr umfasst oder wenn Dritte gutgläubig Rechte an den Bucheffekten erworben haben (Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BEG). Im zweiten Fall ist die Gutschrift noch im Effektenkonto des Erwerbers vorhanden, jedoch hat ein Dritter Sicherungsrechte an der Bucheffekte erworben.471) Der Ausschluss der Stornierung im ersten Fall ist laut Gesetz unabhängig vom guten Glauben des Erwerbers;472) im zweiten Fall soll es laut Gesetz dagegen auf den guten Glauben des Erwerbers ankommen.473) Wenn die Verwahrungsstelle die Gutschrift nicht stornieren darf, hat sie einen Ersatzanspruch gegen den Kontoinhaber, es sei denn, der Kontoinhaber war bei der Entäußerung der Bucheffekten in gutem Glauben oder musste mit der Rückerstattung nicht rechnen (Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BEG). Der Ersatzanspruch ist ebenfalls auf die Inhouse-Übertragung zugeschnitten und muss gegebenenfalls für den Fall der externen Übertragung angepasst werden.474) Entsteht durch den Ausschluss des Stornierungsrechtes ein Unterbestand, muss die Verwahrungsstelle gemäss Art. 11 Abs. 2 BEG Bucheffekten erwerben.475) VII. Der Schutz des gutgläubigen Erwerbs 181 Art. 29 BEG bestimmt, dass der Erwerber von Bucheffekten oder Sicherheiten an Bucheffekten in seinem Erwerb geschützt ist, auch wenn der Veräußerer zur Verfügung über die Bucheffekten nicht befugt war (Art. 29 Abs. 1 lit. a BEG) oder die Gutschrift im Effektenkonto des Veräußerers storniert worden ist (Art. 29 Abs. 1 lit. b BEG). Vorausgesetzt ist zusätzlich, dass der Erwerb entgeltlich und der Erwerber gutgläubig ist. 182 Laut Botschaft muss der gutgläubige Erwerb auch im Rahmen der mediatisierten Wertpapierverwahrung möglich sein, weil Buchungen leicht fehlerhaft sein können und unberechtigte Verfügungen durch Mitarbeiter der Verwahrungs___________ 470) Siehe dazu Kuhn, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 27-28 BEG, N 24 ff. 471) BSK-Wertpapierrecht-Seiler, Art. 28 BEG N 4; Kuhn, in: FISA, Art. 28 BEG N 26. 472) Kuhn, in: FISA, Art. 28 BEG N 25; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI 3. c) cc). 473) A. A. Kuhn, in: FISA, Art. 28 BEG N 27: Unter Umständen darf die Verwahrungsstelle die Gutschrift trotz Bösgläubigkeit des Sicherungsnehmers nicht stornieren. 474) Kuhn, in: FISA, Art. 28 BEG N 31 ff. 475) Hanten, Bucheffektengesetz, S. 107; so auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), für einen vergleichbaren Fall § 14 VI. 3.b) bb).

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

stelle nicht ausgeschlossen sind.476) Konsequenterweise führt das Bucheffektengesetz den gutgläubigen Erwerb nun auch für Wertrechte in Form von Bucheffekten ein. Art. 29 BEG ist den Bestimmungen zum gutgläubigen Erwerb des Sachenrechts nachgebildet, aber in bestimmten Punkten auch anders.477) Es fällt sofort auf, dass nur der entgeltliche Erwerb geschützt ist. Dieser Gedanke ist auch im Schweizer Recht neu478) und entspringt anscheinend dem Genfer Wertpapierübereinkommen (Art. 18 Abs. 3).479) Die Botschaft argumentiert, im Fall einer Schenkung seien die Interessen des Rechtsverkehrs nicht betroffen.480) Diese Wertung erscheint zumindest zweifelhaft.481) Ist etwa, nur weil das Bucheffektengesetz aus dem Wertpapier eine Bucheffekte gemacht hat, der gutgläubige Erwerb des Beschenkten nicht schutzwürdig?482) Zumindest stellt die Botschaft klar, dass eine Übertragung von Bucheffekten oder die Bestellung einer Sicherheit an Bucheffekten auch ohne eine unmittelbare Gegenleistung ein entgeltliches Verkehrsgeschäft sein kann.483) Art. 29 Abs. 1 lit. a BEG regelt den klassischen Fall des Erwerbs vom Nicht- 183 berechtigten – sei es, dass der Verfügende nicht Eigentümer ist oder dass er nicht zur Verfügung befugt ist.484) Weder schützt Art. 29 BEG vor der fehlenden Urteils- oder Handlungsfähigkeit des Veräußerers noch vor dem Verlust der Verfügungsfähigkeit des Veräußerers durch Konkurseröffnung (Art. 204 SchKG).485) Der gutgläubige Erwerb nach Art. 29 BEG erfordert zunächst den Erwerb einer Bucheffekte oder eines Sicherungsrechts an einer Bucheffekte nach Arts. 24, 25 oder 26 BEG. Beim Erwerb nach Art. 24 BEG muss also eine Weisung und eine Gutschrift im Effektenkonto des Erwerbers vorliegen.486) Grundsätzlich ist Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb in der Schweiz487) wie auch in Deutschland488) neben dem guten Glauben an das Eigentum des Veräußerers der auf dem Besitz beruhende Rechtsschein. Weder das Bucheffektengesetz noch die Botschaft erfordern im Rahmen des ___________ 476) Botschaft, S. 9376. 477) Kuhn, Schweizerisches Kreditsicherungsrecht, § 26 N 83. 478) Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG N 24; Kuhn, Schweizerisches Kreditsicherungsrecht, § 26 N 85. 479) UNIDROIT Official Commentary, 18-15 ohne Begründung. 480) Botschaft, S. 9377. 481) Beckmann überlegt in Reformbedarf, ob dieser Gedanke in das deutsche System passt, S. 267 f. 482) Ebenfalls kritisch Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG N 24; Steiner, Besicherung, S. 129 f. 483) Botschaft, S. 9377. 484) Siehe auch Arts. 714 Abs. 2, 933 ZGB. 485) Botschaft, S. 9377; Kuhn, Schweizerisches Kreditsicherungsrecht, § 26 N 84. 486) Anders noch ausdrücklich der Vorentwurf zum BEG, der in Art. 26 Abs. 1 E-BEG einen Erwerb kraft guten Glaubens auch im Fall einer mangelhaften Weisung zuließ. 487) Statt vieler Rey, Sachenrecht I N 292 ff., 1763, 1781, 1784. 488) Statt vieler Baur/Stürner, SachenR, § 52, Rn. 2.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

gutgläubigen Erwerbs das Vorliegen eines Rechtsscheintatbestandes. Daher ist das Schrifttum sich nicht einig, ob ein solcher erforderlich ist. Der Besitz kann jedenfalls keinen Rechtsschein begründen, denn der Besitz an Bucheffekten ist durch das Bucheffektengesetz abgeschafft worden. Aus diesem Grund wird teilweise auf einen Rechtsscheintatbestand gänzlich verzichtet und vertreten, dass abstrakt das Vertrauen in das Verwahrungs- und Abwicklungssystem an seine Stelle tritt.489) Als Rechtsscheintatbestand käme jedoch die Bucheffektengutschrift im Effektenkonto des Veräußerers490) oder aber die Rechtsverschaffungsmacht desselben491) in Betracht. Letztere manifestiert sich in der Gutschrift der Bucheffekten auf dem Effektenkonto des Erwerbers und ist insoweit kein echtes zusätzliches Erwerbserfordernis.492) Diese Diskussion ist eher theoretischer Natur, denn wenn die Voraussetzungen des Art. 29 BEG erfüllt sind, muss ein gutgläubiger Erwerb möglich sein. Eine zusätzliche Voraussetzung zu verlangen ist contra legem. 184 Der Erwerber muss jedoch in dem guten Glauben sein, dass der Veräußerer Rechtsinhaber bzw. verfügungsbefugt ist. Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen (Art. 3 Abs. 2 ZGB).493) Eine Erkundigungspflicht besteht grundsätzlich nicht.494) Der gute Glaube wird vermutet (Art. 3 Abs. 1 ZGB) und muss zum Zeitpunkt der Vornahme der Gutschrift vorliegen.495) Liegt ein Börsengeschäft ___________ 489) Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG N 34; so wohl auch Lanz, Kapitalmarkttransaktionen IV, S. 189, 221; Beeler, Bucheffekten, S. 282; Zellweger-Gutknecht, Vermögenswerte im Finanzmarktrecht – Das Ende aller dinglichen Prinzipien? in: Domej u. a. (Hrsg.), S. 87, 97. 490) So Steiner, Besicherung, S. 41, mit Hinweis auf das deutsche Recht; Kuhn, Schweizerisches Kreditsicherungsrecht, § 26, N 83; von der Crone/Bilek, SZW 2008, 193, 206, lassen dagegen offen, ob sie sich auf die Gutschrift im Veräußererkonto oder diejenige im Erwerberkonto beziehen; siehe zum deutschen Recht Koller, DB 1972, 1905, der die Buchung im Verwahrungsbuch der Wertpapiersammelbank als Rechtsscheintatbestand heranzieht. 491) Hanten, Bucheffektengesetz, spricht auf S. 160 von dem belasteten Kontoinhaber. 492) Der Streit um die Legitimationskraft des Mitbesitzes im deutschen Sachenrecht wird durch die Abschaffung des Besitzes durch das Bucheffektengesetz überflüssig; siehe zu diesem Streit grundlegend Koller, DB 1972, 1857, 1860 ff. Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb nach deutschem Recht ist jedenfalls eine Gutschrift im Depotkonto des Verkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG, so dass ein gutgläubiger Erwerb mangels Rechtsscheintatbestand bei einer Überziehung des Depotkontos der Depotbank ausgeschlossen ist. Diesen Fall löst das Bucheffektengesetz mit dem gleichen Ergebnis über Art. 29 Abs. 5 BEG. 493) Botschaft, S. 9377; a. A. Zbinden, Pfandrecht an Aktien, S. 72 f., die Art. 966 Abs. 2 OR, Art. 1006 Abs. 2 OR bzw. Art. 1030 Abs. 3 OR aus dem klassischen Wertpapierrecht anwenden will. Hiernach ist eine Berufung auf den guten Glauben nur bei Arglist, bösem Glauben und grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen; siehe dazu Beeler, Bucheffekten, S. 280 m. w. N. 494) Daeniker/Leisinger, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 29 BEG N 27; BSKWertpapierrecht-Seiler, Art. 29 BEG N 5; BGE 122 III 1, S. 3, im konkreten Fall bestanden jedoch erhöhte Anforderungen. 495) Botschaft, S. 9377.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

vor, weiß der Erwerber nicht, wer der Veräußerer ist, und kann nicht verifizieren, ob der Veräußerer Eigentümer bzw. verfügungsberechtigt ist. Die Gutgläubigkeit kann sich also nicht darauf beziehen, ob der Veräußerer Eigentümer oder verfügungsbefugt ist. Es wird deutlich, dass das Gesetz in Wirklichkeit das Vertrauen in ein funktionierendes Verwahrungssystem (und Börsensystem) schützt, und daher wird auch auf einen Rechtsscheintatbestand jedenfalls beim Erwerb aufgrund eines Börsengeschäftes zu verzichten sein.496) In aller Regel wird der Erwerber dann auch gutgläubig sein, wenn er die Bucheffekte an der Börse erwirbt.497) Ein böser Glaube ist nur beim Erwerb einer Bucheffekte auf dem Weg eines Over-the-Counter-Geschäfts vorstellbar oder beim Erwerb einer Sicherheit an der Bucheffekte.498) Nach Art. 29 lit. b BEG ist der Erwerb auch dann geschützt, wenn die Gut- 185 schrift auf dem Konto des Verfügenden storniert wurde. Die Botschaft gibt leider keine Auslegungshilfe für Art. 29 lit. b BEG. Sie bezieht sich ausdrücklich nur auf lit. a. – Art. 29 lit. b BEG scheint vom Wortlaut her eng verwandt mit Art. 18 Abs. 2 des Genfer Übereinkommens. Foëx erläutert, bei lit. b handele es sich um eine Innovation, lit. b schütze den gutgläubigen Erwerber vor Ereignissen, die nach dem Erwerb einträten.499) Der Tatbestand hat jedoch in der Praxis nur einen begrenzten Anwendungsbereich. Art. 28 Abs. 3 BEG bestimmt nämlich, dass die Stornierung einer Gutschrift (Ergänzung der Autorin: im Effektenkonto des Verfügendem) ausgeschlossen ist, wenn das Effektenkonto keine Bucheffekten der entsprechenden Gattung mehr umfasst. Wenn also die Weisung ausgeführt und das Effektenkonto belastet worden ist, sollte die Gutschrift nicht mehr storniert werden. Art. 29 lit. b BEG kommt also nur in Betracht, wenn der Veräußerer eine Weisung zur Übertragung der Bucheffekten erteilt hat, die Belastung nicht ausgeführt worden ist und dann die seiner Verfügung zugrunde liegende Gutschrift gemäß Art. 28 BEG storniert wird. Wenn dagegen die Gutschrift im Effektenkonto des Veräußerers bereits 186 storniert worden ist und der Veräußerer dann die Weisung zur Übertragung der Bucheffekte erteilt, wäre die Weisung nach Schweizer Recht nichtig (Art. 20 OR)500) und eine eventuelle Belastung seines Effektenkontos gemäß Art. 27 Abs. 1 lit. b Nr. 1 BEG zu stornieren.501) Art. 29 lit. b BEG stellt nur ___________ 496) Vgl. Beeler, Bucheffekten, S. 282, auch für den außerbörslichen Erwerb; nach MeierHayoz/von der Crone, Das Wertpapierrecht, 2. Aufl., Bern 2000, § 25 N 28, gründet der Verkehrsschutz auf dem Vertrauen, das die Banken genießen. Diese Bemerkung bezieht sich auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des BEG. 497) Roth, Das zukünftige Recht, S. 607, 613. 498) Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG N 36; Daeniker/Leisinger, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 29 BEG N 28. 499) Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG N 2. 500) Siehe Kapitel 5 IV. 1. a). 501) Foëx, in: FISA, Art. 29 FISA N 21.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

klar, dass ein gutgläubiger Erwerb auch dann möglich ist, wenn der Verfügende zum Zeitpunkt der Erteilung der Weisung Berechtigter war (ergänze: eine Gutschrift in seinem Effektenkonto vorhanden war), seine Gutschrift aber zum Zeitpunkt der Erteilung der Gutschrift auf dem Effektenkonto des Erwerbers bereits storniert worden und die Verfügungsberechtigung rückwirkend entfallen ist.502) 187 Ist der gutgläubige Erwerb geschützt, geht dieser Schutz zu Lasten des vorhergehenden Inhabers der Bucheffekte.503) Sind die Voraussetzungen von Art. 27 BEG gegeben, kann dieser jedoch die Rückgängigmachung der Belastung von der Verwahrungsstelle verlangen.504) Wenn diese die Belastung storniert, kann sie auch die Gutschrift stornieren (Art. 28. Abs. 1 lit. a BEG). Hierin liegt wohl eine zu korrigierende Ungereimtheit, weil eine Stornierung der Gutschrift zugunsten des gutgläubigen Erwerbers seinen gutgläubigen Erwerb rückgängig machen würde.505) 188 Gemäß Art. 29 Abs. 5 BEG steht dem gutgläubigen Erwerber keine Einwendung gegen die Stornierung seiner Gutschrift zu, wenn seine Gutschrift aufgrund von Art. 28 BEG storniert werden kann.506) Die Vorschriften über die Stornierung einer Gutschrift nach Art. 28 BEG gehen dem gutgläubigen Erwerb nach Art. 29 BEG vor. Art. 28 BEG ist freilich nur einschlägig, wenn ein Mangel hinsichtlich der Weisung des Veräußerers vorliegt oder aber die Gutschrift nicht der Weisung des Veräußerers entspricht. So stellt das BEG sicher, dass die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb nur davor schützen, dass der Verfügende weder Rechtsinhaber noch verfügungsbefugt ist, und nicht vor anderen Mängeln des Erwerbs, wie z. B. bei Urteils- und Handlungsunfähigkeit des Verfügenden. Dies entspricht den allgemeinen Regeln des Schweizer Rechts auch vor der Geltung des BEG.507) Eine Stornierung der Gutschrift zugunsten des gutgläubigen Erwerbers nach Art. 28 BEG ___________ 502) Foëx, in: FISA, Art. 29 N 23; Hanten, Bucheffektengesetz, S. 157 mit Beispiel; a. A. Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014) in § 14 VI. 4. a) bb), der jedoch übersieht, dass eine Stornierung im Fall der Anfechtung auch zurück wirken kann und somit die Verfügungsberechtigung rückwirkend entfallen kann. 503) Das BEG und die Schweizer Literatur gehen stillschweigend davon aus, dass immer eine Belastungsbuchung vorliegt und ein Verlust zugeordnet werden kann; anders Koller, DB 1972, 1907. 504) Botschaft, S. 9376; Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG N 53; a. A. Hanten, Bucheffektengesetz, S. 162 f., die meint, dass die Verwahrungsstelle eine Unterlegungspflicht gemäß Art. 11 BEG trifft. 505) Siehe dazu auch Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG N 45; Beeler, Bucheffekten, S. 288. 506) Siehe zu der unglücklichen Stellungnahme in der Botschaft, S. 9379, dass sich nur ein Dritter auf Art. 29 BEG berufen könne und nicht der Geschäftspartner desjenigen, der weder Rechtsinhaber noch verfügungsbefugt ist, Foëx, in: FISA, Art. 29 N 44; Beeler, Bucheffekten, S. 286. 507) Botschaft, S. 9377; Daeniker/Leisinger, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 29 N 35; BSK-Wertpapierrecht-Seiler, Art. 29 BEG N 5.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

(z. B. bei Urteils- oder Handlungsunfähigkeit des Verfügenden) ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn die Bucheffekten nicht mehr im Effektenkonto des Erwerbers vorhanden sind oder wenn Dritte gutgläubig Rechte an den Bucheffekten erworben haben (Art. 28 Abs. 3 Satz 3 BEG). Wenn der gutgläubige Erwerb nicht geschützt ist, muss der Erwerber Buch- 189 effekten derselben Zahl und Gattung nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung rückerstatten (Art. 29 Abs. 2 BEG). Das bedeutet nicht, dass der Veräußerer die Rechtsinhaberschaft an den Bucheffekten verloren hat. Ein Vindikationsanspruch besteht nur deshalb nicht, weil es per definitionem kein Eigentum an Bucheffekten gibt.508) Das Bucheffektengesetz verschafft dem Rechtsinhaber zwar keinen Anspruch auf Herausgabe, aber es ordnet an, dass der Rechtsinhaber in der Zwangsvollstreckung gegen den Anspruchsgegner Bucheffekten derselben Zahl und Gattung aussondern kann, wenn sich solche in der Masse des Anspruchsgegners befinden (Art. 29 Abs. 3 BEG). VIII. Die Integrität des Systems Art. 11 Abs. 1 BEG bestimmt, dass jede Verwahrungsstelle bei sich selber 190 oder bei einer Drittverwahrungsstelle Bucheffekten verfügbar halten muss, deren Zahl und Gattung mindestens der Summe der in den Effektenkonten der Kontoinhaber als Guthaben ausgewiesenen Bucheffekten entspricht. Der Eigenbestand der Verwahrungsstelle darf nicht eingerechnet werden.509) Diese Vorschrift dient sowohl dem Anlegerschutz als auch dem Schutz oder auch der Integrität der Emission:510) Die Anzahl der Bucheffekten muss mit der Anzahl der ursprünglich emittierten Wertpapiere oder Wertrechte übereinstimmen.511) Reicht die Menge der verfügbaren Bucheffekten nicht aus, muss die Verwahrungsstelle gemäß Art. 11 Abs. 2 BEG ohne Verzug Bucheffekten im Umfang des Unterbestandes erwerben. Sie kann aber auch ein Wertpapierleihgeschäft abschließen.512) Als verfügbar im Sinn von Art. 11 Abs. 1 BEG gelten jedoch nicht nur Bucheffekten, die in einem Effektenkonto der Verwahrungsstelle bei einer Drittverwahrungsstelle gutgeschrieben sind (hier zählt der Eigenbestand der Verwahrungsstelle mit)513), sondern auch sog. frei verfügbare Ansprüche auf Lieferung von Bucheffekten gegenüber anderen Verwahrungsstellen. Frei verfügbar bedeutet, dass die zur Lieferung verpflichtete Verwahrungsstelle „aufrechtstehend“ und nicht in Verzug sein ___________ Botschaft, S. 9378; Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG 60. Botschaft, S. 9354. Witmer, in: FISA, Art. 11 BEG N 6. Hess/Zbinden, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 11 BEG N 4. Witmer, in: FISA, Art. 11 BEG N 22; Hess/Zbinden, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 11 BEG N 25; BSK-Wertpapierrecht-Lanz Art. 11 BEG N 2. 513) Botschaft, S. 9355; Witmer, in: FISA, Art. 11 N 31.

508) 509) 510) 511) 512)

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darf.514) Die Ansprüche gelten so lange als verfügbar, wie die Frist, die auf dem betreffenden Markt für eine ordentliche Abwicklung vorgeschrieben oder üblich ist, nicht abgelaufen ist, maximal für acht Tage (Art. 11 Abs. 3 lit. c BEG). Das Bucheffektengesetz berücksichtigt an dieser Stelle die Praxis des Contractual Settlement:515) Danach schreibt die Schweizer Bank ihrem Kunden beim Erwerb von Effekten an der SIX Swiss Exchange im Rahmen des Kommissionsgeschäftes die Effekten bereits an (T+0) auf seinem Effektenkonto vorbehaltlos gut, obwohl sie selbst die entsprechende Lieferung erst an (T+2)516) erhält.517) Nach Art. 11 Abs. 2 BEG muss sie eindecken, wenn ihre Vertragspartei nicht innerhalb von (T+2) geliefert hat. Das entspricht jedenfalls dem Wortlaut des Bucheffektengesetzes. Nach den Börsenregeln kann ihre Gegenpartei jedoch bis drei Börsentage nach Valutatag, also bis (T+5), eindecken,518) und die Bank muss die Effekten abnehmen. Hier entsteht die Gefahr der „Doppellieferung“.519) Die Bank müsste die Effekten in den Eigenbestand nehmen. Diesen Punkt hat der Gesetzgeber möglicherweise übersehen. 191 Es gibt noch weitere Ungereimtheiten. Art. 11 Abs. 2 BEG befasst sich laut Botschaft nämlich mit den zivilrechtlichen Rechtsfolgen im Fall eines Unterbestandes.520) Damit scheint Art. 11 Abs. 2 BEG dem Kontoinhaber einen Anspruch auf Eindeckung zu gewähren. Fraglich ist schon, wie der Kontoinhaber von einem solchen Anspruch Kenntnis erlangen soll, denn er erhält die Bucheffekten bereits an (T+0) auf seinem Konto gutgeschrieben und wird in der Regel gar nicht erfahren, wenn seine Bank nicht beliefert wird. Ein Schaden wird sich erst feststellen lassen, wenn die Verwahrungsstelle insolvent ist.521) ___________ 514) Botschaft, S. 9355. 515) Kuhn, The Geneva Securities Convention and the Swiss intermediated securities law reform, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 288, 297; BSK-Wertpapierrecht-Lanz, Art. 11 BEG N 5. 516) Nach der Umstellung auf (T+2). 517) Siehe Kapitel 4 C. II. 518) Siehe Kapitel 4 C. II. 519) Die Schweizerische Bankiervereinigung vom 7. September 2009, Bucheffektengesetz – Antworten auf offene Fragen, Ziffer 6, behauptet, dass die Bank sich ihrer Ansicht nach erst dann eindecken müsse, wenn sie den Kauf marktseitig stornieren konnte oder die Abnahmeverpflichtung weggefallen ist. Diese Überlegung stellt sie jedoch unter den Vorbehalt künftiger Überlegungen in Rechtsprechung und Lehre und übernimmt ausdrücklich keine Verantwortung; zustimmend Witmer, in: FISA, Art. 11 BEG N 34 f.; dazu Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 III 4. und Witmer, in: FISA, Art. 11 N 35, beide sind der Ansicht, dass die Bank erst verpflichtet sei, einzudecken, wenn sie das Geschäft mit der Gegenpartei stornieren konnte oder sie selbst nicht mehr zur Abnahme verpflichtet ist; siehe auch dazu Hess/Zbinden, in: Zobl/Hess/ Schott, BEG Komm., Art. 11 BEG N 27, aber ohne Empfehlung. 520) Botschaft, S. 9354; so auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 III 4.; Mülbert spricht dagegen von einem aufsichtsrechtlichen Anspruch hinsichtlich einer allgemeinen Eindeckungspflicht, Vom Ende allen sachenrechtlichen Denkens im Depotrecht durch Unidroit und die EU, Arbeitspapier 2009/1 rev, S. 24. 521) So auch Hanten, Bucheffektengesetz, S. 177.

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B. Die Grundzüge des Bucheffektengesetzes

Nicht geklärt ist ebenso, ob die Verwahrungsstelle die Gutschrift des Erwerbers stornieren kann, um sich nicht eindecken zu müssen.522) Art. 28 Abs. 1 lit. a BEG erlaubt der Verwahrungsstelle des Erwerbers, die Gutschrift zu stornieren, wenn die entsprechende Belastung storniert worden ist, weil die Gutschrift nicht innerhalb der für die Ausführung üblichen Frist erfolgt ist (Art. 27 Abs. 1 lit. c, 2. Alternative BEG). Nimmt man Art. 27 Abs. 1 lit. c, 2. Alternative BEG wörtlich, ist er nicht anwendbar, denn die Gutschrift von Bucheffekten im Effektenkonto des Erwerbers ist ja bereits an (T+0) erfolgt. Er handelt gerade nicht von der Gutschrift auf dem Effektenkonto der Erwerberbank bei der Verwahrungsstelle, sondern von der Gutschrift auf dem Effektenkonto des Erwerbers.523) Im Übrigen stünde eine Stornierung im Fall des Verzugs des Kontrahenten an der SIX mit der Lieferverpflichtung jedenfalls wirtschaftlich im Widerspruch zur kommissionsrechtlichen Garantiehaftung der Bank.524) Die Möglichkeit, dass die Bucheffekten weder geliefert noch beschafft werden können, hat das Bucheffektengesetz im Rahmen der Stornierungsregeln erstaunlicherweise nicht bedacht.525) IX. Die Insolvenz der Verwahrungsstelle Weil das BEG die Eigentumsrechte an den hinterlegten Wertpapieren und 192 den Globalurkunden (Art. 6 BEG) aufhebt und ein andersartiges Recht schafft, das gleichwohl die Eigentumsrechte der Anleger schützen soll (Art. 1 Abs. 2 BEG), muss es besondere Regeln zum Schutz des Bucheffekteninhabers in der Insolvenz der Verwahrungsstelle vorsehen. Art. 17 BEG lehnt sich an die bereits bestehenden Regeln des bankengesetzlichen Absonderungsrechts an (Art. 6 i. V. m. Art. 37 d BankG alte Fassung).526) Der Liquidator sondert Bucheffekten, die in einem Effektenkonto der Verwahrungsstelle bei einer Drittverwahrungsstelle gutgeschrieben sind, in der Insolvenz der Verwah___________ 522) Witmer, in: FISA, Art. 11 BEG N 28, scheint zu meinen, dass Art. 11 Abs. 2 BEG vorgeht und die Verwahrungsstelle die Gutschrift nur stornieren kann, wenn der Buy-In nicht möglich ist, z. B. aufgrund eines illiquiden Marktes oder der Insolvenz des Emittenten. Hess/Zbinden, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 11 BEG N 24, ganz allgemein für einen Vorrang der Stornierungsregeln; siehe zur Insolvenz des Emittenten beim Börsenkommissionsgeschäft nach Kaufvertragsabschluss und dem im Schweizer Recht geltenden römisch-rechtlichen Grundsatz „periculum est emptoris“: Frank A. Schäfer, in: FS U.H. Schneider, S. 1097 ff. 523) Das übersieht Witmer, in: FISA, Art. 11 BEG N 28 f. 524) Siehe oben Kapitel 4 C. II. 525) Siehe dazu die Schweizerische Bankiervereinigung vom 7.9.2009, BucheffektengesetzAntworten auf offene Fragen, beziehbar über dieselbe. Sie ist der Auffassung, eine Stornierung müsse trotzdem nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen möglich sein. 526) Kuhn, Bucheffektenmodell, in: Baums/Cahn (Hrsg.), S. 29, 51; siehe zu den bereits bestehenden Regeln, Bertschinger, AJP 1995, 426 ff.; er vertritt, dass die Regeln des deutschen Depotrechts ähnlich seien (S. 426). Mir scheint, dass die Schweizer Regeln weitergehen, insbesondere sind sog. fiduziarische Depotverhältnisse (sie entsprechen der Gutschrift in Wertpapierrechnung in Deutschland) ausdrücklich zugunsten des Depotkunden in Art. 16 Ziffer 2 BankG geregelt.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

rungsstelle von Amts wegen ab (Art. 17 Abs. 1 lit. a BEG).527) Eine Absonderung im Schweizer Recht ist vergleichbar mit einer deutschen Aussonderung, nur dass sie von Amts wegen erfolgt.528) Der Liquidator legt die Ansprüche gleichsam beiseite. Die Ansprüche fallen nicht in die Konkursmasse. Wenn die Verwahrungsstelle Eigen- und Kundenbestände bei der Drittverwahrungsstelle in einem einzigen Effektenkonto hält,529) wird gesetzlich vermutet, dass es sich um Bucheffekten der Kontoinhaber der insolventen Verwahrungsstelle handelt (Art. 17 Abs. 2 BEG). 193 Wenn die abgesonderten Bucheffekten nicht genügen, werden auch die Eigenbestände der Verwahrungsstelle abgesondert (Art. 19 Abs. 1 BEG), selbst wenn sie getrennt von den Bucheffekten der Kontoinhaber verwahrt werden. Zusätzlich sondert der Liquidator die frei verfügbaren Ansprüche der Verwahrungsstelle gegenüber Dritten auf Lieferung von Bucheffekten aus Kassageschäften, abgelaufenen Termingeschäften, Deckungsgeschäften oder Emissionen für Rechnung der Kontoinhaber ab.530) Konsequenterweise wird das Contractual Settlement auch in der Insolvenz anerkannt und der Bankkunde entsprechend geschützt.531) Wenn die Ansprüche der Kontoinhaber immer noch nicht vollständig befriedigt sind, tragen die Kontoinhaber den Unterbestand im Verhältnis ihrer Effektenguthaben in der betreffenden Gattung. In diesem Umfang steht jedem Kontoinhaber eine Ersatzforderung gegen die Verwahrungsstelle zu (Art. 19 Abs. 2 BEG). Gemäß Art. 17 Abs. 4 BEG werden die abgesonderten Bucheffekten und Ansprüche auf Lieferung auf eine vom Kontoinhaber bezeichnete Verwahrungsstelle übertragen oder in Form von Wertpapieren ausgeliefert. Bevor der Liquidator die Ansprüche absondert, muss er jedoch die Verpflichtungen der Verwahrungsstelle gegenüber der Drittverwahrungsstelle erfüllen, und zwar diejenigen der Verwahrungsstelle aus der Drittverwahrung von Bucheffekten oder aus der Vorleistung der Drittverwahrungsstelle im Hinblick auf den Erwerb von Bucheffekten (Art. 17 Abs. 3 BEG). Hierzu gehören jedenfalls nicht die Verpflichtungen der insolventen Verwahrungsstelle, die aus ihren Eigenhandelsgeschäften resultieren. Zu Recht wird bereits zur Rechtslage vor Inkrafttreten des BEG darauf hingewiesen, dass der Zuordnung der Depotwerte und der Dokumentation der Depotverhältnisse in der Insolvenz der Verwahrungsstelle die entscheidende Bedeutung zukommt. Ist die Zuordnung der Depotwerte zu den Kontoinhabern nämlich ___________ 527) Hess/Sägesser, in: FISA, Art. 17 N 52; Bertschinger, AJP 1995, 426, 432 m. w. N. 528) Guggenbühl/Essebier, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 17 BEG N 104 ff. 529) Sammelkonten sind in der Schweiz (wie in Deutschland) grundsätzlich zulässig; siehe dazu die Botschaft, S. 9322; Witmer, in: FISA, Art. 12 BEG N 8: die meisten Schweizer Verwahrungsstellen führen Sammelkonten; Costantini, CapLaw 4/2012, 11 – 16. 530) Wenn der Zentralverwahrer von der Insolvenz betroffen ist, dann werden die sammelverwahrten Wertpapiere, Globalurkunden oder Wertrechte, die im Hauptregister eingetragen sind, abgesondert (Art. 17 Abs. 1 lit. b BEG). 531) Siehe dazu die Botschaft, S. 9362; diese Regelung entspricht Art. 16 Ziffer 3 BankG, der wiederum ein Anwendungsfall des Art. 401 Abs. 3 OR (Auftragsrecht) ist.

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C. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

nicht möglich, kann keine Absonderung erfolgen und die Depotwerte fallen unter Umständen in die Insolvenzmasse der Verwahrungsstelle.532) C. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes nach Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes I. Der Direkterwerb des Auftraggebers Das BEG macht aus sammelverwahrten Wertpapieren, Globalurkunden und 194 Wertrechten kraft Gesetz Bucheffekten (Art. 6 BEG)533) und regelt, wie diese von nun an zu übertragen sind. Insoweit beeinflusst das BEG auch das schuldrechtliche Rechtsverhältnis zwischen der Bank und dem Kunden. Wenn der Kunde eine Kauforder an seine Bank gibt, handelt es sich begrifflich nicht um eine Kommission i. S. v. Art. 425 OR. Denn diese bezieht sich ausdrücklich nur auf bewegliche Sachen und Wertpapiere. Es ist anerkannt, dass das Kommissionsrecht wie bei Wertrechten vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes analog anzuwenden ist.534) Vor Inkrafttreten des BEG erwarb der Kommittent Bruchteilseigentum an 195 den sammelverwahrten Wertpapieren oder der Globalurkunde derivativ direkt vom Verkäufer.535) Grundsätzlich sind ein derivativer Erwerb vom Veräußerer, ein Erwerb von der Verwahrungsstelle und ein originärer Erwerb aufgrund von Gesetz denkbar. Ein derivativer Erwerb liegt vor, wenn sich der Erwerb im weitesten Sinn auf das Recht eines anderen stützt.536) Von einem originären Erwerbstatbestand spricht man, wenn die Erwerbstatsachen lediglich an die Person des Erwerbers geknüpft sind und diese seine Eigentümerstellung ohne Rücksicht auf den bisherigen Rechtsbestand zu erzeugen vermögen.537) Das Paradebeispiel ist die Ersitzung. Das Kapitel, in dem sich der Übertragungstatbestand Art. 24 BEG findet, ist 196 mit „Verfügung über Bucheffekten und Wirkung gegenüber Dritten“ überschrieben. Art. 24 BEG selbst ist in der sog. Marginalie bezeichnet durch die Worte „Verfügung durch Gutschrift“. Auch der Wortlaut des Art. 24 BEG

___________ 532) Bertschinger, AJP 1995, 426, 431, 433. 533) Vorbehaltlich der Erfüllung der Übergangsvorschriften bei Wertrechten gemäß Art. 35 BEG. 534) Costantini, Effektenkommission heute, S. 25, 27, Fn. 12. 535) Siehe Kapitel 4 D. II. 536) Eichler, S. 88; zu dem Begriff auch Staudinger/Wiegand (2011), § 937 Rn. 17 m. w. N.; Staudinger/Gursky (2013) § 892 Rn. 11 m. w. N. 537) Eichler, S. 87; zu dem Begriff auch Staudinger/Wiegand (2011), § 937 Rn. 17 m. w. N.; Staudinger/Gursky (2013) § 892 Rn. 11 m. w. N.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

spricht eindeutig für einen derivativen Erwerb:538) Die Verfügung setzt eine Weisung des Kontoinhabers, die Bucheffekten zu übertragen, und eine Gutschrift der Bucheffekten im Effektenkonto des Erwerbers voraus. Die Gutschrift schließt die Verfügung ab, und mit Abschluss der Verfügung verliert der verfügende Kontoinhaber sein Recht an den Bucheffekten. Die Botschaft spricht selbst von Einzelrechtsnachfolge.539) Ein Erwerb von der Verwahrungsstelle kommt jedenfalls nicht in Betracht, denn dann müsste der Verfügende seine Rechtszuständigkeit mit der Belastung verlieren. Dies ist aber gemäß Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BEG – argumentum e contrario – nicht der Fall.540) Auch wenn mehrere Buchungsgänge erforderlich sind, handelt es sich um ein einheitliches Rechtsgeschäft.541) Hinzu kommt, dass im Fall des originären Erwerbs die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb im BEG keinen Sinn ergeben.542) Art. 24 BEG fingiert quasi den Erwerb zwischen verfügendem Kontoinhaber und Erwerber beim Börsengeschäft, denn beim Börsengeschäft kennen Veräußerer und Erwerber sich gar nicht, sondern es handeln Intermediäre für sie. Ein sog. Tracing ist in der Regel tatsächlich ___________ 538) So die Botschaft, S. 9367, wenn an dieser Stelle auch nicht ausdrücklich; Kuhn, Schweizerisches Kreditsicherheitenrecht, § 26, N 30, mit dem Argument, dass Voraussetzung einer wirksamen Verfügung die Verfügungsmacht sei und eine Vorschrift über den gutgläubigen Erwerb, ginge man von einem originären Erwerb aus, widersinnig sei; auch Roth, Das zukünftige Recht, S. 611; derselbe, Zukunft des Wertpapierrechts, S. 169, 179; Zobl/Gericke, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Systematischer Teil N 60; CHK-Kuhn, Arts. 24 – 30 BEG N 2; Kuhn, The Geneva Securities Convention and the Swiss intermediated securities law reform, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 288, 298; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI. 2. b); Beeler, Bucheffekten, S. 120, soweit ein wirksamer Erwerb vorliegt, bei einer unwirksamen Verfügung nimmt er einen originären Erwerb an (S. 213); a. A. Steiner, Besicherung, S. 108: denn eine (Hervorhebung durch die Autorin) Verfügung könne nur vorliegen, wenn es sich bei dem neuen Rechtsverhältnis zwischen Erwerber und Verwahrungsstelle um genau dasselbe Rechtsverhältnis handele wie zwischen dem Verfügenden und seiner Verwahrungsstelle. Außerdem müsse laut Botschaft nicht notwendig zunächst eine Belastung vorgenommen werden, bevor eine Gutschrift erteilt wird; BSKWertpapierrecht-Bärtschi, Art. 6 BEG N 66, vertritt ebenfalls die Ansicht, dass es sich eigentlich nicht um eine Übertragung handele, sondern, dass durch die Gutschrift auf den verschiedenen Verwahrungsstufen Bucheffekten entstünden und gestützt auf die Gegenbuchungen diese im Zeitpunkt der jeweiligen Gutschrift untergingen; a. A. auch Eigenmann, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 24–26 FISA N 10, der meint, die Botschaft sei nicht eindeutig, sich trotzdem für seine Ansicht auf dieselbe beruft; a. A. auch Casper, Register statt Papier?, S. 173, S. 188 ohne Begründung; a. A. ebenfalls Hanten, Bucheffektengesetz, S. 80, 117 f., die Art. 24 BEG im Zusammenhang mit den Stornierungsregeln sieht und von einer Neuzuordnung der Rechtsposition kraft Gesetzes durch Gutschrift ausgeht, denn nur so könne der konstitutiven Rechtsnatur der Gutschrift im BEG ausreichend Rechnung getragen werden. 539) Botschaft, S. 9368. 540) Steiner, Besicherung, S. 61; Roth, Zukunft des Wertpapierrechts, S. 169, 179; so auch Beeler, Bucheffekten, S. 177 f.; a. A. Lanz, Kapitalmarkttransaktionen IV, S. 205 aber ohne Begründung. 541) Steiner, Besicherung, S. 107; Schott, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 24 BEG N 30. 542) Kuhn, Schweizerisches Kreditsicherheitenrecht § 26, N 30.

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C. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

kaum mehr möglich.543) Der derivative Direkterwerb vom Veräußerer galt bereits vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes und sollte durch das Bucheffektengesetz auch nicht abgeschafft werden.544) II. Der Erwerbstatbestand des Art. 24 BEG Vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes wurden sammelverwahrte Wert- 197 papiere und Globalurkunden wie Fahrnis durch Einigung über den Eigentumsübergang (Art. 714 ZGB) und durch Übertragung des Besitzes an der Urkunde übertragen (Art. 967 Abs. 1 OR). Der Verkäufer wies die Verwahrungsstelle als unmittelbare Besitzerin der Wertpapiere an, den mittelbaren Besitz in Zukunft für den Erwerber zu mitteln (Art. 924 ZGB). Es war jedoch streitig, zu welchem Zeitpunkt der Käufer das Eigentum an den Wertpapieren erwarb. Ein Potpourri an Meinungen wurde vertreten. Das Eigentum sollte mit Abschluss des Besitzvertrages zwischen Veräußerer und Erwerber übergehen oder auch mit Empfang der Besitzanzeige durch die SIX SIS AG beziehungsweise mit Gutschrift der Wertpapiere im Effektenkonto der Erwerberbank bei der SIX SIS AG.545) Die Gutschrift wurde allseits als deklaratorisch betrachtet und spiegelte nicht unbedingt den Zeitpunkt des Rechtserwerbs durch den Erwerber wider. Art. 24 BEG sieht nun vor, dass über Bucheffekten durch Weisung des Kon- 198 toinhabers an die Verwahrungsstelle, die Bucheffekten zu übertragen, und Gutschrift der Bucheffekten im Effektenkonto des Erwerbers verfügt wird. Die neue Regelung misst der Gutschrift im Effektenkonto des Erwerbers rechtsbegründende Wirkung bei. Infolgedessen steht jetzt fest, dass der Erwerber zum Zeitpunkt der Gut- 199 schrift in seinem Effektenkonto Rechtsinhaber der Bucheffekte geworden ist. Der Erwerber schaut in seinen Kontoauszug und kann sich sicher sein, dass er die Bucheffekte im Sinn einer materiellen Rechtsposition (vorbehaltlich einer Stornierung) erworben hat. Außerdem kann er (wie de facto vorher schon) über die Bucheffekte verfügen, und eine Stornierung seiner Gutschrift nach einer Verfügung seinerseits ist jetzt gesetzlich ausgeschlossen (Art. 28 Abs. 3 BEG). Die Gutschrift im Effektenkonto spiegelt die wahre Rechtslage

___________ 543) Kuhn, The Geneva Securities Convention and the Swiss intermediated securities law reform in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 288, 298; Einsele, Das Treuhandmodell, in: Baums/Cahn (Hrsg.), S. 3, 7: “Tracing ist aber, sofern überhaupt möglich, in den meisten Fällen zumindest unökonomisch.”; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 19 4. V. bb) (1). 544) Roth, Zukunft des Wertpapierrechts, S. 169, 178 f. 545) Siehe Kapitel 4 D. II.

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Kapitel 5: Das Bucheffektengesetz im Überblick

wider, und der Rechtssicherheit ist Genüge getan. Der Fall Unaxis546) kann aufgrund der Neuregelung des Art. 24 BEG als gelöst betrachtet werden.547) 200 Der Unterbestand bei der Verwahrungsstelle des Erwerbers bis zur Lieferung durch den Kontrahenten an der SIX besteht jedoch nach Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes fort, denn die Abwicklungssysteme für Börsengeschäfte haben sich nicht geändert. Es wird weiterhin nach der Contractual-SettlementMethode abgewickelt. Die Gutschrift im Effektenkonto des Erwerbers auf der Grundlage des Bucheffektengesetzes ist (wie auch vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes) vorbehaltlos: Die Verwahrungsstelle erhält die Gutschrift der Bucheffekte in ihrem Effektenkonto bei der SIX SIS AG erst an (T+2), schreibt die Bucheffekte dem Erwerber jedoch bereits an (T+0) in seinem Effektenkonto gut. Das Bucheffektengesetz nimmt diesen Unterbestand bewusst in Kauf548) und ordnet in Art. 11 Abs. 1 BEG an, dass jede Verwahrungsstelle bei sich oder bei einer Drittverwahrungsstelle Bucheffekten verfügbar halten muss, deren Zahl und Gattung mindestens der Summe der in den Effektenkonten ihrer Kontoinhaber ausgewiesenen Bucheffekten entspricht. Gemäß Art. 11 Abs. 2 BEG muss die Verwahrungsstelle eindecken, wenn die Menge der verfügbaren Bucheffekten kleiner ist als die Summe ihrer Effektenguthaben. Zu den verfügbaren Effekten zählen ihr Eigenbestand an entsprechenden Effekten549) und ihre Lieferansprüche gegenüber anderen Verwahrungsstellen. Ist die auf dem Markt übliche Settlement-Periode abgelaufen, zählen diese Lieferansprüche nicht mehr als frei verfügbare Bucheffekten und die Verwahrungsstelle muss ohne Verzug eindecken (Art. 11 Abs. 2 BEG). 201 Nicht nur entsprechen jetzt die Gutschriften in den Effektenkonten der wahren Rechtslage, sondern auch das zuvor scheinbar unerkannt gebliebene sachenrechtliche Problem ist jetzt gelöst – dass nämlich die Erwerberbank nicht in der Lage war, dem Erwerber an (T+0) den mittelbaren Besitz an den sammelverwahrten Wertpapieren oder der Globalurkunde zu vermitteln, da sie ihn selbst zu diesem Zeitpunkt noch nicht hatte. Das Bucheffektengesetz hat sich im Rahmen der mediatisierten Verwahrung vom Wertpapier und seiner Rechtsnatur als Sache verabschiedet und einen neuen Übertragungstatbestand für Bucheffekten geschaffen. Besitz kann nicht mehr und braucht auch nicht mehr zum Zweck der Übertragung vermittelt zu werden. ___________ 546) Siehe Kapitel 4 D. II. 547) Dazu auch Kunz, P., in diesem Zusammenhang, Legislative Aktivitäten, S. 25, 55; scheinbar a. A. ohne Begründung Zobl/Gericke, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Systematischer Teil des BEG, N 32: Sie sind der Ansicht, dass sich dem BEG nicht entnehmen lasse, ob die Einbuchung oder die Ausbuchung für die Zwecke von Art. 20 BEHG oder Art. 32 BEHG der maßgebliche Zeitpunkt sein soll und nicht die Weisung an die Depotbank zur Vornahme einer solchen Buchung. 548) Witmer, in: FISA, Art. 11 BEG N 20; Kuhn, Bucheffektenmodell, in: Baums/Cahn (Hrsg.), S. 29, 48. 549) Botschaft, S. 9355.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung A. Der Ablauf des Effektenkommissionsgeschäftes und seine Abwicklung550) 1. Der Kunde gibt am Trade Date (T+0) eine Kauforder an seine Bank (Käu- 202 ferbank). Die Käuferbank prüft in der Regel,551) ob sein Geldkonto gedeckt ist, und gibt die Order bei Deckung in das XETRA-Handelssystem (XETRA) ein.552) 2. Nach dem sog. Matching des Kaufauftrages mit einem Verkaufsauftrag in 203 XETRA versendet XETRA an (T+0) eine Ausführungsbestätigung553) und eine Schlussnote (Trade Confirmation)554) an Käufer- und Verkäuferbank. Außerdem versendet XETRA sog. Settlement Instructions an die Clearstream Banking AG, den Zentralverwahrer in Deutschland. 3. Die Käuferbank bucht aufgrund der Schlussnote an (T+0) den Kaufpreis 204 vom Geldkonto des Kunden mit Valuta (T+2) ab und verbucht das Wertpapier auf dem Depotkonto des Kunden. Die Käuferbank zeigt dem Kunden an (T+0) die Ausführung an, indem sie eine Abrechnung ausfertigt und diese dem Kunden zusendet.555) 4. Die Clearstream Banking AG stellt der Käuferbank und der Verkäufer- 205 bank an (T+1) in CASCADE-LION556) eine Lieferliste zur Verfügung, die die noch nicht abgewickelten Geschäfte enthält. ___________ 550) Der Buchungsablauf beruht auf Informationen von Frau Linda Ziehms, Head of New Issues and CSK, Clearstream Banking AG, dem Kundenhandbuch der Clearstream Banking AG vom 1.12.2014, verfügbar auf www. clearstream.com/blob/12298/ b5f1def4400db5b27b2f75 ff644a8be/cbf-customer-handbook--user-manual--de-data.pdf (zuletzt abgerufen am 7.1.2015) und Payment and Securities Settlement Systems in the European Union, Vol. 1, August 2007, herausgegeben von der Europäischen Zentralbank („Blue Book“), verfügbar auf www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/ecbbookea200708en.pdf (zuletzt abgerufen am 13.2.2015); siehe auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 2. 551) Es gab jedenfalls in der Vergangenheit Banken, die auf diese Prüfung verzichtet haben; siehe dazu Wolter, Effektenkommission, S. 266, und Balzer, WuB I G2.-3.03 P zu LG Nürnberg, Urteil vom 11.7.2002. 552) Börsengeschäfte können auch im Parketthandel über das Orderroutingsystem XONTROOrder oder im Platzüberschreitenden Effektenverkehr (PÜEV/Interbankenhandel) abgeschlossen werden. 553) § 2(1) der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. 554) § 94 HGB; § 2(3) der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. 555) Siehe auch Wolter, Effektenkommission, S. 333. 556) CASCADE steht für Central Application for Settlement, Clearing and Depositary Expansion und ist das Abwicklungssystem der Clearstream Banking AG. LION steht für Lieferfreigabe Online. Siehe für eine genaue Beschreibung der Funktionen und der Nacht- und Tagesverarbeitungen Kapitel 1 des Kundenhandbuchs der Clearstream Banking AG, S. 8 ff.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

206 5. Die Käuferbank gibt an (T+1) auf der Grundlage der Lieferlisten entweder die gesperrten Geschäfte frei (Positivverfahren) oder sperrt die grundsätzlich freigegebenen Geschäfte (Negativverfahren). 207 6. Clearstream Banking AG stellt der Käuferbank an (T+1) einen sog. Cash Forecast über das CASCADE-System zur Verfügung. Die Käuferbank reserviert die entsprechende Geldsumme auf ihrem Konto bei der Bundesbank. Die Bundesbank wiederum blockiert die Summe und gibt zugunsten der Clearstream Banking AG eine unwiderrufliche Garantie für den geldmäßigen Ausgleich an (T+2) ab (sog. Prefunding557)).558) 208 7. Gleichzeitig prüft die Clearstream Banking AG, ob für den eingestellten Übertragungsauftrag auf dem Depotkonto der Verkäuferbank eine ausreichende Deckung in dem Wertpapier besteht. 209 8. Die Clearstream Banking AG schreibt die Wertpapiere an (T+1) auf dem Depotkonto der Käuferbank gut, nachdem sie das Depotkonto der Verkäuferbank belastet hat.559) Wenn die garantierte Summe nicht für das Settlement aller Transaktionen ausreicht, wird die dieser Differenz entsprechende Anzahl an Transaktionen nicht abgewickelt und in den nächsten Buchungszyklus eingeführt. 210 9. Die Geldseite wird an (T+2) bei der Bundesbank abgewickelt. Das Target2System meldet die Geldverrechnung an das CASCADE-System der Clearstream Banking AG, und daraufhin wird in deren CASCADE-System ein sog. System Stamp560) angebracht. 561)

___________ 557) Siehe zu den Details das Blue Book der ECB. Es unterscheidet noch zwischen Daytime und Nighttime Processing. Seit der Einführung des TARGET2-Systems findet auch das Daytime Processing aufgrund des Prefunding statt. 558) B. XXI (3) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG. 559) Siehe auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 2. 560) Siehe zum System Stamp bei der Standardverarbeitung, der Realtime Standardverarbeitung und dem Continuous Settlement im Kundenhandbuch der Clearstream Banking AG, Kapitel 1, S. 13 ff. 561) Siehe auch die grafische Darstellung im Kundenhandbuch der Clearstream Banking AG, Kapitel 3, S. 5 ff. (Abwicklung in Euro und Abwicklung in Fremdwährung).

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Ablauf einer Kauforder und Abwicklung Zug-um-Zug (Deutschland) (T+0)

(T+1)

(T+2)

Kauforder Kunde

CBF stellt der Käuferbank eine Lieferliste zur Verfügung

Gutschrift des Kaufpreises auf Geldkonto der Verkäuferbank

Eingabe der Kauforder in XETRA

Freigabe oder Sperrung der Geschäfte durch die Käuferbank

System Stamp im Depotkonto der Käuferbank

Matching Handelssystem

CBF stellt Käuferbank Cash Forecast zur Verfügung

XETRA versendet AusKäuferbank reserviert führungsbestätigung und Geld auf BundesbankSchlussnote an Käuferbank konto und Settlement Instructions an CBF Abbuchung Kaufpreis beim Kunden mit Valuta (T+2)

Bundesbank blockiert Geld im Konto der Käuferbank

Ausführungsanzeige durch CBF prüft WertpapierdeKäuferbank an Kunden ckung im Depotkonto der durch Zusendung der Ab- Verkäuferbank rechnung Gutschrift Wertpapier im Depotkonto des Kunden bei Käuferbank

Belastung des Depotkontos der Verkäuferbank durch CBF Gutschrift Wertpapier im Depotkonto der Käuferbank durch CBF

B. Die rechtlichen Grundlagen des Effektenkommissionsgeschäftes zwischen Bank und Kunde Wenn der Kunde seiner Bank in Deutschland eine Order gibt, kommt ent- 211 weder ein Kommissionsgeschäft gemäß §§ 383 ff. HGB562) oder ein Festpreisgeschäft zustande.563) Beim Festpreisgeschäft vereinbaren die Parteien ___________ 562) Bankaufsichtsrechtlich lautet die Bezeichnung dafür heute Finanzkommissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KWG). 563) Siehe Nr. 1(1) der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte. Diese werden in der Regel vor Aufnahme einer Kundenbeziehung im Wertpapiergeschäft mit dem Kunden als allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart; ausführlich zur Abgrenzung zwischen Kommissions- und Festpreisgeschäft in Literatur und Rechtsprechung m. w. N., Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 12 Rn. 24 ff.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

für das einzelne Geschäft einen festen oder bestimmbaren Preis. Meist wird keine ausdrückliche Vereinbarung hinsichtlich der Geschäftsart zwischen Bank und Kunde getroffen. Auch in den Ausführungsgrundsätzen der Bank findet sich in der Regel keine Bestimmung hierzu.564) Daher sind für die Antwort auf die Frage, ob ein Kommissions- oder ein Festpreisgeschäft vorliegt, Auslegung (§§ 133, 157 BGB) und übliche Praxis zu berücksichtigen.565) Die Vereinbarung einer Provision spricht jedenfalls für ein Kommissionsgeschäft.566) Festpreisgeschäfte werden dagegen üblicherweise bei Renten ohne einen funktionsfähigen Markt und beim Vertrieb von Eigenemissionen der Bank geschlossen.567) Bei allen anderen Geschäften soll nach der Rechtsliteratur eine Vermutung für das Kommissionsgeschäft gelten.568) Diese Sichtweise entsprach cum grano salis auch derjenigen der Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat jedoch jüngst in einem Urteil Hilfsausführungen zum Kommissionsgeschäft gemacht, obwohl die Bank im vorliegenden Fall gar keine Provision in Rechnung gestellt hatte.569) Fraglich ist, ob dem Bedeutung beizumessen ist.570) Bei Order an Direktbanken gilt jedenfalls weiterhin die Vermutung eines Kommissionsgeschäfts;571) ebenso bei Neuemissionen von Aktien. Beim Vertrieb von konzerneigenen Finanzprodukten spricht die Vermutung dagegen für ein Festpreisgeschäft. Letzteres wird auch beim Vertrieb von Finanzinstrumenten vermutet, die ein Dritter begibt und für deren Vertrieb die Bank eine Vertriebsprovision oder einen Rabatt bekommt. 212 Anders als in der Schweiz wurde in Deutschland der Selbsteintritt im Jahr 1995 durch die Änderung der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte grundsätzlich abgeschafft.572) Die Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte ___________ 564) Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 12 Rn. 24. 565) MüKoHGB/Ekkenga, Effektengeschäft, Rn. 182; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl.,§ 12 Rn. 24 f. 566) Baumbach/Hopt, § 383 HGB Rn. 7 f.; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 12 Rn. 25; BGH, Urteil vom 26.6.2002, WM 2002, 1687 (Order an Direktbank); BGH, Urteil vom 28.1.2003, WM 2003, 673 (Nichtzuteilung von Aktien); OLG Frankfurt, Urteil vom 4.3.2009, WM 2009, 1032, 1033 (Order an Direktbank). 567) Beule, in: BuB, Rn. 7/49; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 4.22; Schäfer, in: Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 12 Rn. 26; OLG Karlsruhe, Urteil vom 2.11.2010, WM 2011, 353, 355; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.3.2011, WM 2011, 883, 885. 568) Beule in BuB, Rn. 7/49; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 4.22; Schäfer, in: Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 12 Rn. 25. 569) BGH, Urteil vom 26.6.2012, WM 2012, 1520, 1524, Rn. 38 ff. 570) Siehe ausführlich zum Ganzen Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 12 Rn. 28. 571) Siehe Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 12 Rn. 29. 572) Bunte, AGB-Banken, SB Wp 8, Nr. 1 Rn. 44 ff.; Baumbach/Hopt, (8), Nr. 1 Rn. 2; eine Ausnahme gilt für die Ausführung der Order in Xetra-BEST; siehe dazu Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 12 Rn. 9 f.; MüKoHGB/ Ekkenga, Effektengeschäft, Rn. 102; Schwintowski/Lange, BankR, 4. Aufl., § 19, Rn. 23 ff.

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B. Die rechtlichen Grundlagen des Effektenkommissionsgeschäftes

gelten zwischen Bank und Kunde ergänzend zu den gesetzlichen Bestimmungen. Beim Kommissionsgeschäft schuldet die Bank jedoch nicht den Erfolg wie beim Werkvertrag, sondern nur eine Dienstleistung.573) Wenn sie im Rahmen eines Kommissionsgeschäftes Wertpapiere für einen Kunden kauft, handelt sie im eigenen Namen auf fremde Rechnung (§ 383 HGB).574) Der Kommissionär ist verpflichtet, den Auftrag auszuführen, wenn das Guthaben oder der Depotbestand des Kommittenten ausreicht (Nr. 4 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte575)). Er kann den Auftrag jedoch auch ausführen, wenn kein Guthaben oder Depotbestand vorhanden ist.576) Der Kommissionär muss den Kommittenten entsprechend Nr. 3 (2) der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte und § 384 Abs. 2 HGB über die Ausführung des Auftrags unverzüglich unterrichten. § 8 Abs. 2 der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen ordnet im Wege des Aufsichtsrechts an, dass dies spätestens am ersten Geschäftstag nach Ausführung des Auftrags zu geschehen hat. Die Bank ist nicht nur verpflichtet, das Ausführungsgeschäft zu schließen, 213 sondern sie muss es auch erfüllen.577) Das Ausführungsgeschäft soll Zug um Zug abgewickelt werden.578) Nach Nr. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte unterliegt es den für den Wertpapierhandel am Ausführungsplatz geltenden Rechtsvorschriften und Geschäftsbedingungen. Der Kommissionär muss dem Kommittenten dasjenige, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herausgeben (§ 384 Abs. 2 a. E. HGB). Der Wortlaut des § 384 Abs. 1 HGB geht davon aus, dass der Kommissionär zunächst Eigentümer der Sache wird und dieses Eigentum in der Folge an den Kommittenten überträgt. Der Kommissionär haftet dem Kommittenten für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er ihm nicht mit der Anzeige der Ausführung den Dritten namhaft macht, mit dem er das Geschäft geschlossen hat (§ 384 Abs. 3 HGB). Gemäß Nr. 9 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte übernimmt der Kommissionär jedoch ausdrücklich die Erfüllungshaftung, ___________ 573) MüKoHGB/Ekkenga, Effektengeschäft, Rn. 70; Balzer, WM 2001, 1533, 1536; Schwintowski/Lange, BankR, 4. Aufl., § 19 Rn. 19. 574) Siehe auch Nr. 1 Abs. 2 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte. 575) Nr. 4 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte ist eine Konkretisierung des § 669 BGB: „Für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf Verlangen einen Vorschuss zu leisten.“ 576) OLG Nürnberg, Urteil vom 9.10.2002, BKR 2003, 550; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 13 Rn. 63; a. A. grundsätzlich Seiler/ Kniehase, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.) Bankrechts-Handbuch, § 104, Rn. 146 – 148, die Bank müsse wegen des Risikos der zu Lasten des Kommittenten gehenden Zwangsregulierung vor Ausführung bei demselben rückfragen. Eine Ausnahme soll nur für Verkaufsaufträge von ausländischen Banken gelten. 577) Schönle, Bank- und Börsenrecht, § 18 I a), § 18 I 3., § 18 IV. 578) Argument §§ 384 Abs. 1, 393 Abs. 1 HGB.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

wie in § 394 Abs. 1 HGB vorgesehen.579) Diese sog. Delkrederehaftung ist eine akzessorische Haftung. Ihr Inhalt und Umfang richten sich nach dem Bestand des Ausführungsgeschäftes.580) Wird das Ausführungsgeschäft angefochten oder aufgrund börslicher Mistrade-Regeln storniert,581) besteht die Delkrederehaftung nicht.582) Im Grundsatz haftet der Kommissionär dem Kommittenten also auf das Erfüllungsinteresse, wenn seine Vertragspartei nicht liefert.583) C. Das Ausführungsgeschäft an der Frankfurter Wertpapierbörse (ohne Zentrale Gegenpartei) I. Der Kaufvertrag zwischen den Börsenteilnehmern 214 Wenn die Bank das Ausführungsgeschäft an der Frankfurter Wertpapierbörse tätigt, kommt in der Regel zwischen ihr und dem anderen Börsenteilnehmer entweder im Präsenzhandel oder über das XETRA-Handelssystem ein Kaufvertrag zustande.584) Gemäß § 2 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse kommen die Geschäfte durch Ausführung von Orders zustande. Die Geschäftsparteien erhalten eine Ausführungsbestätigung. Zusätzlich werden die Geschäftsabschlüsse elektronisch und/oder durch Schlussnote bestätigt.585) Die Parteien sind zum Börsenhandel zugelassene Unternehmen586) und unterliegen hinsichtlich des Ausführungsgeschäftes den Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse.587) Gemäß § 4 dieser Bedingungen sind Börsengeschäfte am zweiten Erfüllungs___________ 579) Siehe zum Streit über die Rechtsnatur der Nr. 9 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte in MüKoHGB/Ekkenga, Effektengeschäft, Rn. 103; Schäfer, in: Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 13 Rn. 46. Nach Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 4.71, Fn. 122, handelt es sich um eine bürgenähnliche Einstandspflicht. 580) MüKoHGB/Ekkenga, Effektengeschäft, Rn. 101; Baumbach/Hopt, § 384 HGB, Rn. 12; vgl. auch Schwintowski/Lange, BankR, 4. Aufl., § 19 Rn. 95. 581) BGH, Urteil vom 26.6.2002, WM 2002, 1687; ausführlich zur Behandlung von Mistrades m. w. N. Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 13 Rn. 38 ff. 582) Schwintowski/Schäfer, BankR, 2. Aufl., § 16, Rn. 29; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl., § 13 Rn. 47. 583) MüKoHGB/Ekkenga, Effektengeschäft, Rn. 528, spricht von einer Garantie; derselbe, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 7 Rn. 117; nach Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 4.71, Fn. 122, handelt es sich um eine bürgenähnliche Einstandspflicht; siehe dazu auch Bunte, AGB-Banken, SB Wp Nr. 9, Rn. 93. 584) Wenn die Order in Xetra-BEST ausgeführt wird, kommt ausnahmsweise ein Kaufvertrag zwischen der Bank als Käufer und Verkäufer zustande (§ 78 der BörsO FWB). Diese Kaufverträge werden jedoch nicht über die Clearstream Banking AG abgewickelt. 585) § 2 Abs. 3 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. 586) § 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. 587) Zur Rechtsnatur siehe Fleckner, WM 2009, 2064, 2070 f.; zur Tragweite der „Zwangsregulierung“ bei Geschäften im Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse, Hadding, in: FS Schwark 2009, S. 697, 701.

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B. Die rechtlichen Grundlagen des Effektenkommissionsgeschäftes

tag (T+2) nach dem Tag des Geschäftsabschlusses (T+0) zu erfüllen. Der Käufer ist bei Lieferung zur Zahlung des Gegenwertes der gehandelten Wertpapiere verpflichtet, jedoch frühestens am zweiten Erfüllungstag (T+2) nach dem Geschäftsabschluss. Das Börsengeschäft ist ein Fixgeschäft gemäß § 361 BGB, § 376 HGB. II. Die Nichterfüllung des Kaufvertrages durch den Verkäufer Erfüllt eine Partei den Kaufvertrag nicht rechtzeitig, bestimmen grundsätz- 215 lich die Börsenregeln die Vorgehensweise der anderen Partei:588) Gemäß § 6 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Börse kann die andere Partei der in Verzug geratenen Partei schriftlich unter Androhung der Zwangsregulierung durch eingeschriebenen Brief, gegen Empfangsbestätigung oder in sonst geeigneter Weise eine Nachfrist zur Erfüllung setzen.589) Die Nachfrist kann unter Umständen weniger als 24 Stunden betragen.590) Nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist muss die nichtsäumige Partei die Zwangsregulierung an dem Börsentag, an dem die Nachfrist abläuft, vornehmen. Die Zwangsregulierung ist zum erstmöglichen festgestellten Preis zu bewirken, und der Unterschiedsbetrag zwischen dem Zwangsregulierungspreis und dem Vertragspreis ist der Partei, zu deren Gunsten er sich ergibt, zu erstatten, ebenso wie Portoauslagen, Spesen und Zinsverlust. Die nichtsäumige Partei muss die säumige Partei noch am selben Tag von der Zwangsregulierung und dem Zwangsregulierungspreis unterrichten.591) Tatsächlich wird eine Zwangsregulierung in der Praxis selten durchgeführt.592) Kommissionsrechtlich ist der Kommissionär jedoch verpflichtet, die Gestaltungsrechte auszuüben, die nicht an den Kommittenten abgetreten werden können.593) Nr. 8 Abs. 5 der Bekanntmachung über die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit des Depotgeschäftes und der Erfüllung von Wertpapierlieferungsverpflichtungen vom 21. Dezember 1998 des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen594) regelt entsprechend: „Der Kommissionär muss dafür Sorge tragen, dass er die Wertpapiere bzw. das Stückeverzeichnis von dem Dritten innerhalb einer angemessenen Frist, die für die Übersendung des Stückeverzeichnisses bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang erforderlich und ___________ 588) Siehe auch Ekkenga, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 7 Rn. 162. 589) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse muss die andere Partei keine Nachfrist zur Erfüllung setzen. 590) § 6 Abs. 1 S. 2 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. 591) § 7 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. 592) Aussage eines Mitarbeiters der Deutschen Börse AG im Sommer 2013. 593) Nach Koller, in: Großkomm. HGB, § 384 Rn. 35 muss der Kommissionär die Gestaltungsrechte ausüben, die nicht an den Kommittenten abgetreten werden können. 594) Trotz der Neufassung der Prüfungsberichtsverordnung (BGBl. I 2009, S. 3793) gilt diese Bekanntmachung weiterhin; siehe dazu Kümpel/Wittig/Will, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 18.270.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

ausreichend ist, erhält und gegebenenfalls von seinem Recht der Zwangsregulierung Gebrauch machen.“ D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes bei girosammelverwahrten Wertpapieren I. Das Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) 1. Die Urkunde und ihre Verwahrformen 216 Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes hängt in erster Linie davon ab, wie die Wertpapiere verwahrt werden. Anders als in der Schweiz gibt es seit 1896 ein Depotgesetz. Dieses regelt heutzutage die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren.595) Der Anleger verwahrt seine Wertpapiere meist nicht mehr selbst, sondern er hat ein Wertpapierdepotkonto bei seiner Bank, auf dem die Wertpapiere verbucht werden. Seine Bank verwahrt und verwaltet die Wertpapiere für ihn im Rahmen des Depotgeschäftes (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 KWG). Der Anleger wird im Depotgesetz Hinterleger genannt (§ 2 DepotG). Der Depotvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichen Merkmalen und verwahrungsrechtlichen Elementen.596) Er richtet sich im Übrigen nach den Vorschriften des Depotgesetzes und den Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte. 217 Einzelurkunden können durch die Bank in Sonderverwahrung (auch Streifbandverwahrung genannt) (§ 2 DepotG) verwahrt werden. Dabei werden die Einzelurkunden gesondert von den Eigenbeständen der Bank und den Wertpapieren anderer Kunden verwahrt, und der Hinterleger bleibt Alleineigentümer.597) Diese Verwahrform ist auch in Deutschland schon lange nicht mehr üblich.598) 218 Wie in der Schweiz verwahrt die Bank heutzutage die Wertpapiere der Anleger (und ihre eigenen) ebenfalls aufgrund eines Depotvertrages entweder bei einer Wertpapiersammelbank (§ 1 Abs. 3 DepotG) oder bei einer anderen Bank (§ 3 DepotG), die die Wertpapiere wiederum bei einer Bank oder einer Wertpapiersammelbank verwahrt. Die Verwahrkette kann beliebig lang sein. Am Ende der Verwahrkette steht jedoch bei inlandsverwahrten Wertpapieren immer eine Wertpapiersammelbank. Wenn die Bank die Wertpapiere ihrer ___________ 595) Siehe zur Entstehungsgeschichte des Depotgesetzes Buxbaum, Anlegerschutz zwischen Bankbedingungen und Rechtsnorm, 2002; Miletzki, WM 1996, 1849-1851; Lehmann, Finanzinstrumente, S. 20 ff. 596) BGH, Urteil vom 11.12.1990, NJW 1991, 978; Klanten, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski (Hrsg.) Bankrechts-Handbuch, § 72 Rn. 4; MüKoHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn 3. 597) Ekkenga, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 7 Rn. 176; Schwintowski/Schäfer, BankR, 2. Aufl., § 17, Rn. 31; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 2 Rn. 8; MüKoHGB/ Einsele, Depotgeschäft, Rn. 40. 598) Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 83 ff; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 203.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

Depotkunden nicht selbst verwahrt, ist sie Zwischenverwahrer (§ 3 Abs. 2 DepotG). Verwahrt sie diese bei der Clearstream Banking AG in Frankfurt, der einzigen Wertpapiersammelbank in Deutschland, wird die Clearstream Banking AG als Drittverwahrer bezeichnet. Bei der Clearstream Banking AG werden die Wertpapiere in aller Regel giro- 219 sammelverwahrt (§ 5 DepotG). Die Girosammelverwahrung ist seit dem Inkrafttreten des 2. Finanzmarktförderungsgesetzes im Jahr 1994 als Regelfall der Verwahrung anerkannt.599) Das bedeutet, dass Wertpapiere derselben Gattung heutzutage meist ungetrennt in einem einheitlichen Sammelbestand verwahrt werden. Die Clearstream Banking AG verwahrt also ihre eigenen Bestände zusammen mit den Beständen ihrer Systemteilnehmer und den Beständen Dritter.600) Art. 38 der CSD-Verordnung601) wird an dieser Stelle eine Neuerung bringen. Denn danach müssen Zentralverwahrer ihren Teilnehmern sowohl die Omnibus-Kunden-Kontentrennung (omnibus client segregation) als auch die Einzelkunden-Kontentrennung (individual client segregation) anbieten.602) Diese Pflicht gilt jedoch erst, wenn der Zentralverwahrer eine Zulassung nach der CSD-Verordnung erhalten hat. Bis dahin dürfen die Zentralverwahrer ihre Dienstleistungen weiterhin aufgrund der nationalen Vorschriften anbieten.603) Die Zulassung muss der Zentralverwahrer nach Auffassung der EU-Kommission sechs Monate, nachdem die Technical Standards zur CSDVerordnung in Kraft getreten sind, beantragen. Die Clearstream Banking AG wird wohl nach derzeitigem Stand im Herbst 2016 zugelassen werden. Bei der Girosammelverwahrung verliert der Hinterleger also sein Alleinei- 220 gentum am Wertpapier und wird in Höhe des Wertpapiernennbetrages oder nach Stückzahl Miteigentümer nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand gehörenden Wertpapieren derselben Art, wenn die Wertpapiere beim Sammelverwahrer eingehen (§ 6 DepotG).604) Der Anleger bildet somit zusam___________ 599) BGBl I, 1749, 1778; Rögner, in: Scherer, Depotgesetz, § 5 Rn. 1; MüKoHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 42; Wust, Verbuchung, S. 122; Than, in: FS Schimansky, S. 821, 827; siehe auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 II 3.; Ruland, Effekten, S. 167; falsch Binder, in: Bankrechts-Kommentar, Depotrecht, Rn. 5, der auf das 4. Finanzmarktförderungsgesetz aus dem Jahr 2002 verweist. 600) Siehe B. IX (4) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG. 601) Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vom 23.7.2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der EU und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 ist am 17.9.2014 in Kraft getreten. 602) Siehe auch Costantini, CapLaw 4/2012, 11-16. 603) No. 8 des Frequently Asked Questions-Dokument, ec.europa.eu/finance/financial-markets/ docs/csdr/20141003-csdr-faq_en.pdf (zuletzt abgerufen am 30.1.2015). 604) §§ 6 ff. DepotG modifizieren die §§ 1008 ff., 741 BGB weitgehend; Heinsius/Horn/ Than, Depotgesetz, § 6 Rn. 2; MüKoHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 42, 72; Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.) Bankrechts-Handbuch, § 72, Rn. 82 ff.; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 III 1.a) m. w. N., die §§ 1008 ff. BGB seien überhaupt nicht anwendbar.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

men mit den anderen Hinterlegern eine Gemeinschaft nach Bruchteilen hinsichtlich jeder Urkunde des Sammelbestandes (§§ 1008 ff., 741 ff. BGB). Die Vorschriften des BGB werden durch das Depotgesetz modifiziert. Sammelverwahrer und Drittverwahrer können aus dem Sammelbestand jedem Hinterleger die ihm gebührende Menge ausliefern oder die ihnen selbst gebührende Menge entnehmen, ohne dass sie hierzu der Zustimmung der übrigen Beteiligten bedürfen (§ 6 Abs. 2 Sätze 1 und 3 DepotG). In anderer Weise dürfen sie den Sammelbestand jedoch nicht verringern (§ 6 Abs. 2 Satz 2 DepotG). Das schuldrechtliche Rückforderungsrecht des Hinterlegers nach § 695 Satz 1 BGB ebenso wie sein dinglicher Herausgabeanspruch sind gemäß § 7 bzw. § 8 DepotG modifiziert: Der Hinterleger kann nicht die von ihm eingelieferten Stücke zurückfordern, sondern nur noch Wertpapiere in Höhe des Nennbetrages oder der Stückzahl aus dem Sammelbestand.605) Die Clearstream Banking AG erteilt der Bank über die eingelieferten Wertpapiere eine Girosammel-Depotgutschrift (GS-Gutschrift) auf ihrem Sammelkonto, auch Omnibus-Konto genannt. Die GS-Gutschrift weist das Miteigentum nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand gehörenden Wertpapieren derselben Art aus. Die Wertpapiere werden grundsätzlich einheitlich unter dem Namen der Bank als Zwischenverwahrer verwahrt. Das gilt für den Eigenbestand sowie den Fremdbestand des Zwischenverwahrers. Zum Schutz des Hinterlegers sieht § 4 Abs. 1 DepotG die sog. Fremdvermutung vor: Es gilt der Wertpapiersammelbank als bekannt, dass die Wertpapiere nicht dem Zwischenverwahrer gehören.606) Der Zwischenverwahrer kann die Wertpapiere aber auch unter dem Namen seines Kunden verwahren lassen. Der Fremdvermutung bedarf es dann nicht. In diesem Fall richtet die Clearstream Banking AG für die Hinterleger des Zwischenverwahrers Unterdepots zum Depot des Zwischenverwahrers ein. Dies ist heutzutage nur im Bereich der Sparkassenorganisation und der Volksbanken üblich.607) 221 Bei den hinterlegten Wertpapierurkunden handelt es sich meist nicht um Einzelurkunden, sondern um sog. Sammel- und Dauerglobalurkunden. Die Sammelurkunde ist ein Wertpapier, das mehrere Rechte verbrieft, die jedes für sich in vertretbaren Wertpapieren ein und derselben Art verbrieft sein können (§ 9a Abs. 1 Satz 1 DepotG). Bei der Globalurkunde dagegen werden Einzelurkunden nachträglich in einer Sammelurkunde zusammengefasst (§ 9a ___________ 605) Siehe zu dem Streit, ob der Bankkunde diesen Anspruch auch gegenüber der Wertpapiersammelbank geltend machen kann, Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 76 ff.: Die hierarchischen Stufungen des Depotgesetzes und die von ihm intendierte Rationalisierung schlössen dies aus; a. A. Decker/Kümpel, Das Depotgeschäft, Rn. 8/15 f. m. w. N.; siehe dazu auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 IV. 1. c) bb). 606) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 3, Rn. 12; Löber, in: Scherer, Depotgesetz, § 3 Rn. 8. 607) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 3, Rn. 13; Löber, in: Scherer, Depotgesetz, § 3 Rn. 5.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

Abs. 1 Satz 2 DepotG). Meist werden die Begriffe „Sammelurkunde“ und „Dauerglobalurkunde“ synonym verwendet.608) Die Sammelurkunde wurde in Deutschland bereits 1938 zum ersten Mal bei 222 der Begebung einer Staatsanleihe verwendet und fand im Jahr 1972 mit § 9a Eingang in das Depotgesetz.609) Sie muss einer Wertpapiersammelbank zur Verwahrung übergeben werden (§ 9a Abs. 1 Satz 1 DepotG). Diese Regelung wird als Zwangsgiro bezeichnet.610) Letztlich bedeutet sie die gesetzliche Einführung des sog. stückelosen Effektengiroverkehrs in Deutschland, wie er auch für Schuldbuchforderungen besteht.611) Die Haussammelverwahrung ist also ausgeschlossen, nicht dagegen die Sonderverwahrung nach § 2 DepotG.612) Darüber hinaus gibt es sog. Dauerglobalurkunden. Bei ihnen ist der Anspruch auf die Auslieferung von Einzelurkunden gemäß den Emissionsbedingungen auf Dauer ausgeschlossen (§ 9a Abs. 3 Satz 2 DepotG).613) Seit dem Jahr 1994 kann der Anspruch des Aktionärs auf Einzelverbriefung der Aktie in der Satzung ausgeschlossen werden614) Diese Regelung wurde durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. April 1998 präzisiert (§ 10 Abs. 5 AktG).615) Gemäß § 9a Abs. 2 DepotG gelten die Vorschriften der §§ 6 bis 9 DepotG sinngemäß für die Sammel- bzw. die Dauerglobalurkunde. 2. Die Besitzpyramide Lässt der Anleger seine Wertpapiere bei seiner Bank verwahren, entsteht mit- 223 telbarer Besitz (§ 868 BGB). Gibt er diese wiederum bei der Clearstream Banking AG in Verwahrung, entsteht nach überwiegender Meinung mehrstufiger mittelbarer Besitz (§§ 871, 868 BGB): Der Anleger als Hinterleger wird mittelbarer Eigenbesitzer 2. Stufe, während die Bank mittelbarer Fremdbe___________ 608) Than, in FS Schimansky, S. 821, 828; Habersack/Mayer, WM 2000, 1678, Fn. 1; Micheler, Wertpapierrecht, S. 151; Wust, Verbuchung, S. 52; Lehmann, Finanzinstrumente, S. 29. 609) Brink, Rechtsbeziehungen, S. 29; siehe zur Einführung der Sammelurkunde allgemein Pleyer/Schleiffer, DB 1972, 77 ff.; Pleyer, in: FS Werner, 1984, S. 639 ff. 610) Decker/Kümpel, Das Depotgeschäft, Rn. 8/98; Kümpel, WM 1982, 730. 611) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 9a, Rn. 1; Scherer/Martin, in: Scherer, Depotgesetz, § 9a, Rn. 19. 612) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 9a, Rn. 1; Scherer/Martin, in: Scherer, Depotgesetz, § 9a, Rn. 21; Decker/Kümpel, Das Depotgeschäft, Rn. 8/102. 613) Mit der Einführung der Dauer-Globalurkunde beginnt die Diskussion um die De-factoBucheffekten, siehe nur Kümpel, WM 1982, 730. Diese wird von Einsele, in ihrer Habilitation, Wertpapierrecht als Schuldrecht, 1995, wieder aufgenommen. 614) Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2.8.1994, BGBl. 1961, Art. 1 Nr. 2; siehe Than, in: FS Schimansky, S. 821, 829 f., zu den Streitigkeiten hinsichtlich der Neuregelung; Lehmann, Finanzinstrumente, S. 32 ff. 615) Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I, S. 1749; Schwintowski/Schwintowski, BankR, 4. Aufl. § 16, Rn. 46; siehe ausführlich Seibert, DB 1999, 267 ff.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

sitzer 1. Stufe und die Clearstream Banking AG unmittelbare Fremdbesitzerin wird.616) Dies soll auch gelten, wenn die Wertpapiere als Sammelurkunde oder Dauerglobalurkunde verbrieft sind.617) An dieser Stelle sei auf die in der Literatur schon seit längerer Zeit bestehende Kritik an der „Besitzpyramide“ hingewiesen.618) In jüngerer Zeit hat insbesondere Einsele diese Kritik aufgenommen und untermauert. Es bestünde schon kein mittelbarer Besitz hinsichtlich der girosammelverwahrten Urkunden, denn Besitz bedeute tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache, und daran fehle es wegen der Modifizierung des Herausgabeanspruchs durch §§ 7, 8 DepotG.619) Insbesondere bei Dauerglobalurkunden würde die fehlende Sachherrschaft augenfällig, denn erstens könnten diese selbst nicht ausgeliefert werden und zweitens sei ein Anspruch auf Auslieferung von einzelnen Wertpapieren auf Dauer ausgeschlossen (§ 9a Abs. 3 Satz 2 DepotG).620) Auch bei anderen Sammelurkunden, bei denen zwar ein Anspruch auf Auslieferung nicht ausgeschlossen ist, es aber noch keine ___________ 616) Siehe schon 1925 Schultz/Opitz, Sammeldepots beim Kassenverein, S. 1, 21 in: Opitz, Fünfzig depotrechtliche Abhandlungen, Berlin 1954; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6 Rn. 33; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2020; Schwintowski/Schäfer, BankR, 2. Aufl., § 17, Rn. 11 ff.; BGH, Urteil vom 22.4.1997 – XI ZR 127/96-, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 3.12.1998 – 19 U 33/98-, juris, dazu Schäfer/Mimberg, WuB I G 3. Depotgeschäft 1.00. 617) Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, S. 3, 17; Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.) Bankrechts-Handbuch, § 72, Rn. 106; Decker, in BuB, Rn. 8/100a; Saager, Effektengiroverkehr, S. 47; Eder, NZG 2004, 107, 110; Modlich, DB 2002, 671, 674; Kunz, J., Zentraler Kontrahent, S. 411 f.; sehr ausführlich dargestellt von Wust, Verbuchung, S. 122 – 142, der im Ergebnis der h.M. zustimmt (S. 139); Born, Europäisches Kollisionsrecht des Effektengiros, S. 40; Brand, ZBB/JBB, 40 – 48 vertritt die Ansicht, dass mittelbarer Besitz auch ohne Herausgabeanspruch bestehen könne; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 IV 1. c) aa), befindet mit Verweis auf den Willen des Gesetzgebers des Depotgesetzes, dass § 7 Abs. 1 DepotG zur Begründung des mittelbaren Besitzes geeignet ist. 618) Koller, DB 1972, 1857, 1860, in Zusammenhang mit dem gutgläubigen Erwerb; Fabricius, AcP 162 (163), 456, 457, 479, Fn. 77; Canaris, Bankvertragsrecht, weist auf die Lebensfremdheit und Sachwidrigkeit der Besitzkonstruktion hin und will bei der DauerGlobalurkunde eine schlichte Einigung für die Eigentumsübertragung als ausreichend ansehen, Rn. 2021a f.; Dechamps, Wertrechte, S. 41 ff. 619) Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 84; ein kurzer Überblick über die besitzrechtliche Problematik bei derselben, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 9, 18 ff.; MüKoHGB/ Einsele, Depotgeschäft, Rn. 93 ff.; a. A. Habersack/Mayer, WM 2000, 1678, 1680, für die Girosammelverwahrung; MüKoBGB/K. Schmidt, § 1008, Rn. 30, ist generell der Ansicht, dass die Besitzstellung des Hinterlegers mit guten Gründen bestritten würde. 620) Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 72 – 75; zustimmend hinsichtlich dieser Konstellation Habersack/Mayer, WM 2000, 1678, 1680; auch Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 210; so wohl auch Hirte/Knof, WM 2008, 7, 11; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 IV. 2., setzt sich mit allen vertretenen Ansichten auseinander und kommt zu der Überzeugung, dass keine Herausgabeansprüche entlang der Verwahrkette bestünden, die nach allgemeinem sachenrechtlichen Verständnis ausreichen, um einen mehrstufigen Mitbesitz der Anleger an der Urkunde zu begründen. Er sieht jedoch in der Rechtsmacht des Depotinhabers, im Wege der Anweisung über die Depotwerte zu verfügen, ein sog. funktionales Äquivalent eines Herausgabeanspruchs und hält dieses für ausreichend, Besitz an Globalurkunden zu begründen (§ 6 IV. 4.).

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

Einzelurkunden gibt (§ 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 DepotG), sei eine Sachherrschaft kaum vorstellbar.621) II. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes gemäß § 24 Abs. 2 DepotG Das Depotgesetz normiert in seinem 2. Abschnitt den Eigentumsübergang 224 an den Wertpapieren im Verhältnis zwischen Kommissionär und Kommittent bei der Einkaufskommission. Dabei unterscheidet es zwischen Einzelstücken und Wertpapieren, die sich in Girosammelverwahrung befinden. § 18 DepotG regelt zwar den Eigentumserwerb an Einzelstücken bzw. Einzelurkunden, ist aber für das Verständnis des § 24 Abs. 2 DepotG durchaus bedeutsam. Gemäß § 18 DepotG muss der Kommissionär dem Kommittenten spätestens binnen einer Woche ein Verzeichnis der gekauften Stücke übersenden. Er muss jedoch nicht genau die Stücke in das Verzeichnis aufnehmen, die er für den Kommittenten erworben hat.622) Mit Absendung des Stückeverzeichnisses geht das Eigentum an den darin bezeichneten Stücken auf den Kommittenten über, soweit der Kommissionär verfügungsberechtigt ist und der Kommittent nicht schon vorher nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Eigentum an den Stücken erworben hat (§ 18 Abs. 3 DepotG). Die Frist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses beginnt mit dem Ablauf des Zeitraums, innerhalb dessen der Kommissionär nach der Erstattung der Ausführungsanzeige die Stücke bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang ohne schuldhafte Verzögerung beziehen oder das Stückeverzeichnis bei einer zur Verwahrung bestimmten dritten Stelle erhalten konnte (§ 18 Abs. 2, 2. Alt. DepotG). Weil es bei der Sammelverwahrung kein Eigentum an bestimmten Stücken gibt 225 (§ 6 DepotG), musste der Gesetzgeber einen andersartigen Erwerbstatbestand für Miteigentumsanteile schaffen.623) Gemäß § 24 Abs. 1 DepotG kann sich der Kommissionär von seiner Verpflichtung, dem Kommittenten Eigentum an bestimmten Stücken zu verschaffen, dadurch befreien, dass er ihm Miteigentum an den zum Sammelbestand gehörenden Wertpapieren einer Wertpapiersammelbank verschafft.624) Laut § 24 Abs. 2 DepotG geht mit der Eintragung des Übertragungsvermerks im Verwahrungsbuch des Kommissionärs das Miteigentum auf den Kommittenten über, soweit der Kommissionär verfügungsberechtigt ist und wenn es nicht schon früher nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts auf ihn übergegangen ist. § 24 DepotG ordnet an, was schon vor seinem Inkrafttreten allgemeine Praxis war,625) und soll ___________ 621) 622) 623) 624) 625)

Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 87 f. Reichsgericht, Urteil vom 6.4.1910, RGZ 73, 245, 247. Opitz, DepotG, Begr. zu § 24; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 2 f. Nr. 11 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte. Reichsgericht, Urteil vom 14.12.1932, RGZ 139, 114; Opitz, DepotG, § 24, Nr. 4; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 61.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

den stückelosen Wertpapierhandel fördern.626) Zum damaligen Zeitpunkt ging der Gesetzgeber jedoch davon aus, dass es Stücke gibt, die ausgeliefert werden können. Die Einführung der Sammelurkunde hat er nicht vorausgesehen. Gemäß § 9a Abs. 2 DepotG gilt § 24 Abs. 2 DepotG jedoch auch, wenn es nur eine Sammel- oder Dauerglobalurkunde gibt. Weil Wertpapiere heutzutage üblicherweise girosammelverwahrt werden, bezieht sich der Kaufauftrag des Kommittenten von vornherein auf die Übereignung von Sammelbestandanteilen.627) 226 Das Miteigentum geht also mit Eintragung des Übertragungsvermerks im Verwahrungsbuch des Kommissionärs auf den Kommittenten über, soweit der Kommissionär verfügungsberechtigt ist und das Eigentum nicht schon nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts früher auf den Kommittenten übergegangen ist. Die Fristenregelung der §§ 18 bis 23 DepotG für die Übersendung des Stückeverzeichnisses gilt analog für die Verschaffung des Miteigentumsanteils.628) Der Kommissionär muss dem Kommittenten grundsätzlich unverzüglich Miteigentum verschaffen und die Verschaffung des Miteigentums unverzüglich mitteilen (§ 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG). Der Eigentumserwerb durch Eintragung des Übertragungsvermerks im Verwahrungsbuch des Kommissionärs (§ 14 Abs. 3 i. V. m. § 14 Abs. 1 DepotG) ist gegenüber der Übereignung nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts jedoch subsidiär. Insoweit erkennt § 24 Abs. 2 DepotG an, dass sich der Effektengiroverkehr auf das allgemeine Zivilrecht stützt.629) Dazu später in Kapitel 6 D. III. 1. Die Eintragung des Übertragungsvermerks 227 Die Eintragung des Übertragungsvermerks in das Verwahrungsbuch des Kommissionärs entspricht der Girosammel-Depotgutschrift oder auch GSGutschrift630) auf dem elektronisch geführten Depotkonto des Kommittenten.631) Durch die GS-Gutschrift werden ihm bzw. seinem Depotkonto die Girosammelbestandanteile durch Bezeichnung von Wertpapiergattung, Nennbetrag, Stückzahl und International Securities Identification Number (ISIN) bzw. Wertpapierkennnummer (WKN) hinreichend bestimmt zugeordnet.632) Eine Kenntnisnahme der Gutschrift durch den Kommittenten ist für den Ei___________ 626) Opitz, DepotG, Begr. zu § 24; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 1. 627) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 18, Rn. 9. 628) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 8; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 26. 629) Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 4, 27; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 9. 630) Siehe Nr. 11 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte. 631) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 19; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 6.141. 632) Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 33.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

gentumserwerb gemäß § 24 Abs. 2 DepotG nicht erforderlich,633) aber die Gesetzesbegründung zum Depotgesetz vom 4. Februar 1937 sagt ausdrücklich: „Der Kundenschutz gebietet weiterhin, dass dem Kommittenten alsbald der Erwerb des Miteigentums angezeigt wird.“634) Das Miteigentum an den zum Sammelbestand gehörenden Wertpapieren geht 228 aufgrund der GS-Gutschrift über.635) Die GS-Gutschrift wird als rechtsbegründend bzw. konstitutiv bezeichnet.636) Es ist nicht erforderlich, dass der Kommissionär bei Vornahme der GS-Gutschrift Eigentum übertragen will, geschweige denn, dass der Kunde Eigentum erwerben will. Die GS-Gutschrift ist also keine Verlautbarung einer Willenserklärung.637) Der Eigentumsübergang tritt kraft Gesetz ein, wenn die GS-Gutschrift in Erfüllung des Kommissionsgeschäftes erfolgt und der Kommissionär verfügungsbefugt ist. Sie ist auch keine bloße Willensbetätigung in Form eines Realakts wie die Verbindung (§ 946 BGB), die Vermischung (§ 948 BGB) und die Verarbeitung (§ 950 BGB), denn mit ihr wird dem Kommittenten ein bestimmter Anteil am Girosammelbestand zugeordnet.638) Sie ist – ähnlich der Mahnung – eine auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärung, deren Rechtsfolge kraft Gesetzes eintritt.639) Damit ist sie als eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung zu qualifizieren.640) Grundsätzlich sind die Vorschriften über die Willenserklärung auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen analog anwendbar.641) Die irrtümliche GS-Gutschrift ist infolgedessen wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtums gemäß §§ 119 ff. BGB analog anfechtbar.642) In der Praxis wird sie storniert, und der Anteil am Girosammelbestand fällt damit ex tunc zurück (§ 142 BGB).643) ___________ 633) Opitz, DepotG, § 24, Nr. 4. 634) Abgedruckt bei Opitz, DepotG, Begr. zu § 24. 635) Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1993; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 47; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 20. 636) BGH, Urteil vom 1.2.1952, NJW 1952, 1012, 1015; OLG Köln, Urteil vom 6.7.2005, Aktenzeichen 13 U 38/05, Rn. 12 in juris obiter; Opitz, DepotG, § 24, Nr. 4; Heinsius/ Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 40; Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.) Bankrechts-Handbuch, § 72, Rn. 39; siehe ausführlich zur Rechtsnatur Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 45 ff.; Than, The Legal Framework, S. 233, 249; Einsele, WM 2001, 7, 15; dieselbe, WM 2003, 2349, 2352. 637) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 21; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 48 f. 638) Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 33; a. A. Wust, Verbuchung, S. 143 ohne Begründung. 639) Siehe zur Definition nur Palandt/Ellenberger, Überbl., Vor § 104, Rn. 6. 640) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 21; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1993; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 52; Scherer, in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, Rn.VI592-VI594 beck-online. 641) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 21; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1993, 1970 und 1974; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 115. 642) Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1970 und 1974. 643) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 21; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 55.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

Nach anderer Ansicht fehlt bei irrtümlicher Gutschrift der Rechtsgrund, und der irrtümlich Begünstigte muss die erlangte Rechtsposition aufgrund von § 812 BGB herausgeben.644) 2. Die Verfügungsberechtigung des Kommissionärs 229 Obwohl § 24 Abs. 2 DepotG wie die Verbindung, die Vermischung und die Verarbeitung ein gesetzlicher Erwerbstatbestand ist, setzt der Erwerb nach dieser Vorschrift wie derjenige nach § 18 Abs. 3 DepotG voraus, dass der Kommissionär hinsichtlich des Miteigentums an den zum Sammelbestand einer Wertpapiersammelbank gehörenden Wertpapieren verfügungsberechtigt ist (§ 185 BGB).645) Ein gutgläubiger Erwerb ist daher aufgrund von § 24 Abs. 2 DepotG nach vorherrschender Ansicht nicht möglich. Er wird nur beim Erwerb aufgrund der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts nach §§ 929 ff. BGB anerkannt.646) Eine Übergabe im Sinn einer Aushändigung der Wertpapiere ist jedoch nicht erforderlich.647) 230 § 24 Abs. 2 DepotG sagt nichts darüber aus, von wem der Kommittent die Wertpapiere mit der Gutschrift erwirbt. Wenn der Kommissionär Eigenbestand an Miteigentumsanteilen hat oder berechtigt ist, über Miteigentumsanteile anderer Eigentümer (Fremdbestand) zu verfügen, geht das Miteigentum an den Wertpapieren aus dem Sammelbestand insoweit auf den Kommittenten über.648) Wenn der Kommissionär nun die gutgeschriebenen Wertpapiere in effektiven Stücken ausliefert, darf er entsprechend nur Wertpapiere bis zur Höhe des Anteils entnehmen, die ihm gehören (Eigenbestand) oder über die er verfügen darf (§ 6 Abs. 2 Satz 3 DepotG), z. B. wenn er gleichzeitig Verkaufskommissionär ist,649) oder aber er darf erst dann ausliefern, wenn sein ___________ 644) So Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, § 72, Rn. 4; ein ähnlicher Streit besteht für die Girogutschrift, siehe dazu Wallach, Die Befugnis der Banken zur Stornierung von Überweisungsgutschriften, S. 18 – 22, 51 ff., der nicht nur Bereicherungsansprüche als Grundlage für die Stornoklausel in Betracht zieht, sondern alle vertraglichen und gesetzlichen Ansprüche, die im Ergebnis auf die Rückgängigmachung der fehlerhaften Gutschrift gerichtet sind. 645) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 26; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 36, 39, zur analogen Anwendung des § 185 BGB; Schlegelberger, HGB 1977, Bd. VI, Anhang § 406, Rn. 150. 646) Statt vieler Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 30; Koller, DB 1972, 1905; Habersack/Mayer, WM 2000, 1678, 1682; differenzierter Canaris, Bankvertragsrecht, zu § 18 III DepotG, Rn. 1972. 647) Ausführlich zum gutgläubigen Erwerb „notfalls extra legem“ Koller, DB 1972, 1905 ff. 648) Opitz, DepotG, § 24, Nr. 4; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6, Rn. 59; § 24, Rn. 26; ähnlich Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 39. 649) Siehe bereits Nr. 8 der Anlage zur Bekanntmachung über Art und Umfang und Zeitpunkt der Depotprüfung vom 16.12.1970, abgedruckt bei Spieth/Krumb, Depotprüfung, Hinweise über die materiellen Prüfungserfordernisse; ebenfalls abgedruckt als WM-Sonderbeilage 1971 zu Nr. 4 vom 23.1.1971; dazu Paul, Die Richtlinien für die Depotprüfung vom 16.12.1970, Vergleich mit den bisher gültigen Richtlinien für die Depotprüfung – Ausgabe Januar 1938 – und den sie ergänzenden Anordnungen, WM 1971, 1166, 1177.

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Kontrahent die „Stücke“ an ihn geliefert hat,650) also wenn sie auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG gutgeschrieben worden sind. Nr. 9 (1) der Bekanntmachung über die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit des Depotgeschäfts und die Erfüllung von Wertpapierlieferungsverpflichtungen vom 21. Dezember 1998 vom Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen lautet entsprechend: „Will ein Kreditinstitut seiner Lieferverpflichtung aus einem Verkaufsgeschäft durch Übertragung an einem Sammelbestand einer Wertpapiersammelbank nachkommen, so darf es nur auf solche Anteile zurückgreifen, die ihm selbst oder dem Hinterleger, für den es den Verkauf ausführt, gehören. Soll in effektiven Stücken ausgeliefert werden, so darf das Kreditinstitut dem Sammelbestand nur Wertpapiere bis zur Höhe des Anteils entnehmen, der ihm selbst oder dem Hinterleger, für den es den Verkauf ausführt, zusteht. Anteile und Stücke anderer Eigentümer dürfen auch dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn es sich um Anteile oder Stücke von Angehörigen oder Verwandten des Geschäftsleiters des Kreditinstituts handelt oder wenn das Kreditinstitut gegen ein anderes Kreditinstitut einen Anspruch auf Lieferung von Wertpapieren der gleichen Art und Menge hat.“ Liefert der Kommissionär dagegen andere Stücke aus, macht er sich bei Be- 231 stehen der weiteren Voraussetzungen wegen Untreue (§ 266 StGB)651) oder Unterschlagung (§ 246 StGB) strafbar. Subsidiär kommt eine Depotunterschlagung gemäß §§ 6 Abs. 2, 34 Ziff. 2 DepotG in Betracht.652) Der Kommittent kann zwar nicht gemäß § 24 Abs. 2 DepotG gutgläubig Eigentum erwerben, jedoch unter Umständen nach den Regelungen des bürgerlichen Rechts gemäß §§ 929, 932 BGB, § 366 HGB.653) Erteilt der Kommissionär nun, statt effektive Stücke zu liefern, eine GS-Gutschrift und hat er keinen entsprechenden Eigenbestand oder Fremdbestand, über den er verfügen darf, geht die GS-Gutschrift von Gesetzes wegen mangels Verfügungsberechtigung zunächst „ins Leere“; auch dann, wenn dem Kommissionär ein entspre-

___________ 650) Siehe Spieth/Krumb, Depotprüfung, S. 85 für den Fall, dass die gekauften Wertpapiere auftragsgemäß nicht in Verwahrung zu nehmen sind, sondern an den Kommittenten auszuliefern sind. 651) Schultz/Opitz, Effektengiroverkehr und Sammeldepots, in: Fünfzig depotrechtliche Abhandlungen, S. 45, 70; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 34 Rn. 1. 652) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 34 Rn. 3; Hugger, in: Scherer, Depotgesetz, Vorbem. zu § 34, Rn. 2. 653) Siehe zum gutgläubigen Erwerb im Rahmen des Erwerbs aufgrund bürgerlichen Rechts, Koller, DB 1972, 1857, 1905; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2026 ff.; Heinsius/Horn/ Than, Depotgesetz, § 6, Rn. 91, § 24, Rn. 30; Mahler, Rechtsgeschäftliche Verfügungen, S. 131 ff.; a. A. Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 98 ff.

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chender Lieferanspruch aus dem Kontrahentengeschäft zusteht.654) Wird der Kommissionär später verfügungsberechtigt, erwirbt der Kommittent in diesem Moment Miteigentum am Sammelbestand gemäß § 24 Abs. 2 DepotG, § 185 Abs. 2 BGB;655) beispielsweise dann, wenn der Kontrahent geliefert hat. Einer erneuten Gutschrift bedarf es nicht.656) 3. Der Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kommittenten aufgrund von § 24 Abs. 2 DepotG 232 Der Kommissionär nimmt die GS-Gutschrift an (T+0) auf dem Depotkonto des Kommittenten vor. Der Kommittent erwirbt Miteigentum am Sammelbestand nach § 24 Abs. 2 DepotG jedoch erst, wenn der Kommissionär selbst verfügungsberechtigt wird. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Wertpapiere auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG gutgeschrieben werden.657) Hier ist genau zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen die Gutschrift auf dem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG vorgenommen wird und wann sie rechtliche Wirkung entfaltet. Exkurs: Die Notwendigkeit einer aufschiebend bedingten Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG 233 In der Literatur wird vielfach vertreten, dass die Wirksamkeit der Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG durch die Abwicklung des Geldverrechnungsverkehrs bedingt sei, weil nur so

___________ 654) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 27; vgl. OLG München, Beschluss vom 27.10.1969, WM 1970, 973, 974, im Zusammenhang mit einer Gutschrift einer Reichsschatzanweisung 1945, Folge 1 (Sammelschuldbuchforderung). Diese Gutschrift konnte auf dem Depotkonto des Erwerbers keinen Eigentumsübergang bewirken, weil in den Unterlagen der Wertpapiersammelstelle keine Gutschrift festgestellt werden konnte; Wolter, Effektenkommission, S. 331; Scherer, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB/ DepotG, § 24, Rn. VI592; einschränkend Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 43. 655) OLG München, Beschluss vom 27.10.1969 zur Gutschrift einer Sammelschuldbuchforderung, WM 1970, 973, 974; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 27. 656) So ausdrücklich Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 27. Buchungstechnisch wird bei Lieferung durch den Kontrahenten das sog. Schwebenominal (Liefererwartung) geschlossen. 657) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 37; wohl auch Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 38.

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die Erfüllung des Geschäfts Zug-um-Zug sichergestellt werden könne.658) Zu diesem Zweck unterstellen die Autoren, dass Verkaufs- und Einkaufskommittent die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang im Rahmen des § 929 Satz 1 BGB – wie beim Eigentumsvorbehalt gemäß § 449 BGB – aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises vereinbaren. Eine aufschiebend bedingte Gutschrift (bzw. eine aufschiebend bedingte Ei- 234 nigung) wäre aber nur dann erforderlich, wenn die Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG den Eigentumsübergang bedeutete und sie zu einem Zeitpunkt gemacht würde, zu dem die Zahlung noch nicht erfolgt ist oder nicht sichergestellt ist, dass die Zahlung erfolgt. Die Clearstream Banking AG ist gemäß B. XXI (2) ihrer Allgemeinen Ge- 235 schäftsbedingungen verpflichtet sicherzustellen, dass der Mitbesitz am Sammelbestand Zug-um-Zug gegen Zahlung übergeht. Die Zahlung findet jedoch auf dem Geldkonto des Verkaufskommissionärs bei der Bundesbank statt und nicht auf einem Geldkonto bei der Clearstream Banking AG. Zwar erfolgt eine Gutschrift der Wertpapiere an (T+1) auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG, und die Zahlung wird erst an (T+2) auf dem Geldkonto des Verkaufskommissionärs bei der Bundesbank gebucht. Aber die Gutschrift an (T+1) auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG hat keinerlei rechtliche Bedeutung für den Eigentumsübergang. Denn die Allgemeinen ___________ 658) Than, Unif. L. Rev. 2005, 263, 268; Decker, in: BuB, Rn. 8/337c, behauptet, dass in den AGB der Clearstream Banking AG (Fassung 2004) in Art. 8 Abs. 1 Satz 4 eine Bedingung enthalten sei, was der Wortlaut jedoch in keiner Weise hergibt. Auch dort steht nur wie in der heute gültigen Fassung, dass die Clearstream Banking AG bei Zahlungs-/ Lieferungsgeschäften den Mitbesitzübergang Zug um Zug sicherstellt; ebenso Kümpel/ Wittig/Will, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 18.199; ebenso Mahler, Rechtsgeschäftliche Verfügungen, S. 126, merkwürdigerweise ebenfalls zu den AGB der Clearstream Banking AG aus dem Jahr 2004, obwohl diese zum Zeitpunkt des Erscheinens lange nicht mehr gültig sind; ebenso Alfes, Central Counterparty, S. 178, der im Rahmen der Abwicklung unter Einschaltung eines Zentralen Kontrahenten ausdrücklich auf Art. 8 der AGB der Clearstream Banking AG in der Fassung 2004 verweist und feststellt, dass das erforderliche Besitzmittlungsverhältnis erst nach Zahlung durch den Käufer entstehen kann; ebenso wohl Wust, Verbuchung, S. 105, 146; Wolter, Effektenkommission, S. 217 ff., untersucht im Jahr 1978 die Abrechnungsbedingungen der Kassenvereine und geht dogmatisch insoweit richtig davon aus, dass schon das Übereignungsangebot aufschiebend bedingt sei und es sich hier um einen Eigentumsvorbehalt handele, um den Kassenvereinen zu ermöglichen, die Gutschrift zu stornieren, wenn die Verkäuferseite nicht liefern sollte; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 207; dazu auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V 3. b) cc) (1), aber nicht eindeutig; er scheint ebenfalls der Auffassung, dass es einer Bedingung entweder hinsichtlich der Besitzumstellung oder hinsichtlich der Annahme des Übereignungsangebotes durch die Clearstream Banking AG stellvertretend für die Käuferbank bedarf, obwohl er davon ausgeht, dass der Wortlaut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG in der Fassung vom Oktober 2010 dafür spricht, dass der Besitzübergang nicht vom Abschluss der Geldverrechnung abhängen soll.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG (CBF) bestimmen in B. XXI (1): „Bruchteile am Sammelbestand von Wertpapieren derselben Art, die CBF für einen Kunden verwahrt, werden an einen anderen Kunden durch Einigung und Übergang des Mitbesitzes, den CBF jeweils dem Kunden vermittelt, übertragen (Girosammelverkehr). Der Mitbesitz geht durch Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses zwischen CBF und dem erwerbenden Kunden und Umstellung des Besitzmittlungswillens der CBF bezüglich der zu übertragenden Bruchteile über. Der Besitzübergang ist abgeschlossen, sobald CBF auf Anweisung des veräußernden Kunden dessen Depot belastet sowie die Bruchteile dem Depot des erwerbenden Kunden gutgeschrieben hat. Die Buchungszeit wird im Onlinesystem der CBF (CASCADE online) ausgewiesen.“ 236 Dieser Ausweis erfolgt durch den sog. System Stamp im CASCADE-System an (T+2). Er bezeichnet den genauen Zeitpunkt der Umstellung des Besitzmittlungswillens der Clearstream Banking AG zugunsten des Verkaufskommissionärs auf den Einkaufskommissionär. Der System Stamp vervollständigt quasi die bereits an (T+1) vorgenommene „vorbereitende“ Gutschrift und wird erst nach Abschluss des Geldverrechnungsverkehrs angebracht. 237 Aus diesem Grund ist schon rein tatsächlich eine durch Abschluss des Geldverrechnungsverkehrs aufschiebend bedingte Einigung nicht erforderlich, denn es kann (vorbehaltlich Systemfehler) nicht zu einer rechtswirksamen Gutschrift (mit System Stamp) der Wertpapiere kommen, ohne dass bereits gezahlt worden ist. Deshalb ist auch ausgeschlossen, dass eine Gutschrift storniert werden muss, weil die Zahlung nicht erfolgt ist. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG enthalten folgerichtig auch – anders als früher die Abrechnungsbedingungen der Kassenvereine659) – keine Stornoklausel für den Fall der Nichtzahlung mehr, sondern nur noch eine für Korrekturbuchungen.660) Überdies bietet die Abwicklung auf der Grundlage des sog. Prefunding661) einen weiteren Schutz zugunsten der Clearstream Banking AG: Wenn nämlich die Zahlungsgarantie der Bundesbank nicht ausreicht, kommt es nicht einmal zu der „vorbereitenden“ Gutschrift. Im Übrigen ist eine Rückabwicklung der Gutschriften bei einer Abwicklung unter Einschaltung einer Zentralen Gegenpartei aufgrund des Netting ohnehin so gut wie unmöglich und in der Praxis auch noch nie vorgekommen.662) 238 Letztendlich ist eine aufschiebend bedingte Einigung aber auch rechtlich nicht zu rechtfertigen. Die Funktion der Clearstream Banking AG bei der Abwick___________ 659) Siehe zur alten Rechtslage Wolter, Effektenkommission, S. 217 ff. 660) B. XIII der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG. 661) Siehe zu den Details das Blue Book der ECB. Es unterscheidet noch zwischen Daytime und Nighttime Processing. Seit der Einführung des TARGET2-Systems findet auch das Daytime Processing aufgrund des Prefunding statt. 662) Siehe das Blue Book der ECB, S. 134.

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lung ist vergleichbar mit der eines Notars beim Grundstückskauf.663) Er hat ebenfalls dafür zu sorgen, dass das Geschäft Zug-um-Zug abgewickelt wird. Die Auflassung ist nicht bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises, vielmehr stellt der Notar durch die Art und Weise der Abwicklung sicher, dass das Geschäft Zug-um-Zug erfüllt wird, und dies ist sein Risiko. Eine aufschiebend bedingte Einigung über den Eigentumsübergang wie beim Eigentumsvorbehalt wäre wohl auch ein Verstoß gegen den Kaufvertrag, denn beim Börsengeschäft ist die Erfüllung Zug-um-Zug vereinbart.664) Eine aufschiebend bedingte Einigung bzw. eine aufschiebend bedingte Gut- 239 schrift ist also aufgrund der Ausgestaltung der technischen Systeme der Clearstream Banking AG nicht erforderlich, um die Zug-um-Zug-Abwicklung zu sichern.665) Es bleibt zusammenzufassen: Zwar nimmt der Kommissionär an (T+0) zu- 240 gunsten des Kommittenten eine GS-Gutschrift vor, dennoch erwirbt der Kommittent nach § 24 Abs. 2 DepotG in der Regel erst dann Eigentum, wenn der Kommissionär selbst verfügungsberechtigt wird. Dies ist dann der Fall, wenn der System Stamp an der Gutschrift der Wertpapiere auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG an (T+2) angebracht wird. Die sog. Vorausbuchung auf dem Depotkonto des Kommittenten bei seinem Kommissionär ist im Rahmen des § 24 Abs. 2 DepotG ordnungsgemäß, denn sie entfaltet erst dann rechtliche Wirkung, wenn der Kommittent verfügungsberechtigt wird, und vermindert daher nicht die Anteile am Sammelbestand der anderen Miteigentümer.666) 4. Die Mitteilung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG Der Kommissionär zeigt dem Kommittenten an (T+0) gemäß § 384 Abs. 2 241 HGB die Ausführung an, indem er eine Abrechnung ausfertigt und diese dem Kommittenten zusendet bzw. online zur Verfügung stellt. Diese Abrechnung weist in der Praxis teils eine einfache Gutschrift aus, teils eine Gutschrift mit einer sog. Valutierung (Wertstellung) von (T+2).667) Die Gut___________ 663) Zur Notarfunktion der Clearstream Banking AG Rögner, in: Scherer, Depotgesetz, § 5, Rn. 75. 664) § 4 (2) der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse. 665) Ginge man dagegen davon aus, dass die Gutschrift aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises ist, würde dies dazu führen, dass die „bürgerlich-rechtliche“ Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommittenten nach herrschender Meinung doppelt bedingt ist, nämlich zusätzlich bedingt durch die Lieferung der Wertpapiere durch den Verkaufskommissionär. Siehe Kapitel 6 D. III. Exkurs. 666) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 28 f.; Wolter, Effektenkommission, S. 331; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 11.355; derselbe, WM 1976, 942, 953. 667) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 22, § 18, Rn. 19; Wolter, Effektenkommission, S. 331 f.; Müller-Deku, WM 2000, 1029, 1030, Fn. 23.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

schrift ist dann mit einer Datumsangabe versehen. Die Valutierung soll bedeuten, dass die Gutschrift erst ab dem angegebenen Datum wirksam wird.668) 242 § 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG verlangt dagegen ausdrücklich: „Der Kommissionär hat dem Kommittenten die Verschaffung des Miteigentums unverzüglich mitzuteilen.“ Danach müsste der Kommissionär, nachdem die Clearstream Banking AG ihm eine GS-Gutschrift mit System Stamp auf seinem Depotkonto erteilt hat, eine solche Mitteilung absenden.669) Dies müsste in der Regel an (T+2) oder aber, wenn der Verkaufskommissionär verspätet liefert, am entsprechenden Tag (T+x) geschehen. Der Einkaufskommissionär ist verpflichtet zu überprüfen, ob der Verkaufskommissionär geliefert hat.670) Wenn Letzterer nicht geliefert hat, muss Ersterer im Interesse des Kommittenten gemäß § 384 Abs. 2 HGB die Zwangsregulierung einleiten.671) 243 Eine solche Mitteilung nach Verschaffung des Miteigentums erhält der Kommittent in der Praxis nicht.672) Es wird argumentiert, dass dies allgemeine Praxis sei und außerdem unschädlich, weil das Ausführungsdatum der Abrechnung zu entnehmen und der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs aufgrund der in den Börsenusancen festgelegten Erfüllungsfristen hinreichend bestimmt sei. Im Übrigen sei diese Praxis auch deswegen gerechtfertigt, weil die Mitteilung keine Auswirkung auf den Eigentumsübergang habe.673) 244 Sogar die Bekanntmachung über die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit des Depotgeschäfts und die Erfüllung von Wertpapierlieferungsverpflichtungen vom 21. Dezember 1998 vom Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen674) ___________ 668) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 22; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V 2. 669) Nach Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 91, setzt das Gesetz stillschweigend voraus, dass die Mitteilung nach Eigentumsverschaffung erfolgt. 670) Wolter, Effektenkommission, S. 334. 671) Nach Koller, in Großkomm. HGB, § 384 Rn. 35 muss der Kommissionär die Gestaltungsrechte ausüben, die nicht an den Kommittenten abgetreten werden können. 672) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 41; Wolter, Effektenkommission, S. 333; laut Beschluss des LG München vom 27.8.1954, WM 1954, 722, 729 ist es allgemein geübte Praxis, dass die Banken beim Kauf von Wertpapieren für die Kundschaft mit der Abrechnung sofort die Gutschrift auf dem Sammeldepotkonto erteilen und diese Praxis sei bisher weder von den Bankaufsichtsbehörden noch von den Wertpapiersammelbanken beanstandet worden. Der Beschluss des LG geht jedoch fälschlicherweise davon aus, dass das Eigentum bereits mit der Abbuchung auf dem Depotkonto des Veräußerers auf den Erwerber übergeht. 673) BGH, Urteil vom 1.2.1952, NJW 1952, 1012, 1015; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 41. 674) Nr. 8 (1) Satz 1 der Bekanntmachung des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen vom 21. Dezember 1998 im BAnz. Nr. 246. Trotz der Neufassung der Prüfungsberichtsverordnung (BGBl. I 2009, S. 3793) gelten „Die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit des Depotgeschäfts und der Erfüllung von Wertpapierlieferungsverpflichtungen“ vom 21.12.1998 weiterhin; siehe dazu Kümpel/Wittig/Will, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 18.270.

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scheint diese Praxis der vorgezogenen Mitteilung entgegen dem Gesetzeswortlaut gutzuheißen: „Das Miteigentum wird dem Kommittenten durch Gutschrift des Sammeldepotanteils im Verwahrungsbuch übertragen und durch die Anzeige der Gutschrift in der Kommissionsabrechnung zur Kenntnis gebracht.“675) Die Bankwirtschaft ist offensichtlich nicht bereit, den Vorgang zweimal „anzufassen“,676) wie Nr. 3 (2) der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte und die gesetzlichen Vorschriften es an und für sich verlangen, nämlich zunächst über die Ausführung zu unterrichten677) und dann, wenn die Lieferung erfolgt ist, eine weitere Mitteilung über den Eigentumserwerb durch den Kommittenten zu versenden. Auf diese Art und Weise reduziert die Bankwirtschaft die Abwicklungskosten bis heute.678) 5. Die Rechtsposition des Kommittenten a) Die einfache Gutschrift Was bedeutet diese Buchungspraxis nun für den Kommittenten? Wenn er an 245 (T+0) eine Abrechnung über eine Gutschrift ohne eine Valutierung erhält, muss er an sich davon ausgehen, dass er bereits an (T+0) Eigentümer geworden ist.679) Gäbe es Einzelstücke und verlangte er an (T+1) die Auslieferung dieser Einzelstücke, müsste der Kommissionär die Auslieferung trotz Gutschrift verweigern, es sei denn, er wäre bereit, aus seinem Eigenbestand auszuliefern. Hat der Kommissionär keinen Eigenbestand und liefert er aus dem Fremdbestand aus, über den er im Regelfall nicht verfügungsberechtigt ist, würde er sich gegebenenfalls strafbar machen. Der Kommittent könnte unter den Voraussetzungen der §§ 929, 932 BGB, § 366 HGB gutgläubig Eigentum erwerben.680) Der Kommittent dürfte die gutgeschriebenen Wertpapiere zwar an (T+1) 246 verkaufen, aber er könnte nicht über sie verfügen, da es sich um eine sog. Leerbuchung handelt. Würde der Kommissionär den Verkaufskommissionsauftrag seines Kommittenten nicht nur ausführen, sondern auch beliefern, indem er das Depotkonto des Kommittenten belastet und die Clearstream Banking AG durch Freigabe anweist, die entsprechenden Girosammelbestandanteile auf dem Depotkonto der Käuferbank gutzuschreiben, würde er sich ___________ 675) A. A. richtig noch Wessel, WM 1954, 74, 76, über die Abrechnung: „Es ist natürlich, dass die Vermerke sich nur über den beabsichtigten Eigentumsübergang auslassen, hingegen über den erfolgten Eigentumsübergang keine Auskunft geben können, da im Zeitpunkt der Übersendung der Kaufabrechnung an den Kunden ein Eigentumsübergang meist noch nicht erfolgt ist. Die Kaufabrechnung dient lediglich als Beweismittel für den Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes.“ 676) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V 2. 677) Siehe Kapitel 6 B. 678) So schon Wolter im Jahr 1978, Effektenkommission, S. 334; ebenfalls kritisch dazu Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 6. a) aa). 679) So auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 2. 680) Siehe Kapitel 6 D. II. 2.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

gegebenenfalls bei fehlendem Eigenbestand an (T+3) strafbar machen, wenn das Kaufgeschäft bis dahin nicht beliefert worden ist.681) Der Käufer würde unter Umständen gemäß §§ 929, 932 BGB, § 366 HGB gutgläubig Eigentum erwerben. b) Die valutierte Gutschrift 247 Wenn der Kommittent an (T+0) eine Abrechnung mit einer Valutierung erhält, muss er davon ausgehen, dass er an (T+2) Eigentümer der Wertpapiere wird. Dies ist auch regelmäßig der Fall, wenn der Verkaufskommissionär, wie die Börsenregeln vorschreiben, an (T+2) liefert. Tut er dies nicht und verfügt der Einkaufskommissionär nicht über den entsprechenden Eigenbestand, wird der Kommittent trotz Gutschrift nicht Eigentümer. Bei der Gutschrift handelt es sich ebenfalls um eine sog. Leerbuchung. Ein gutgläubiger Erwerb ist im Rahmen von § 24 Abs. 2 DepotG nicht möglich.682) Aber es käme hier auch kein gutgläubiger Erwerb nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts in Betracht, weil es bereits an einem Einigungsangebot seitens des Verkäufers fehlt. 248 Wie im ersten Fall der nicht valutierten Gutschrift dürfte der Kommittent die Wertpapiere zwar verkaufen, aber er dürfte auch an (T+2) nicht über sie verfügen, und der Kommissionär müsste an und für sich die Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommittenten stornieren, da der Verkäufer an (T+2) nicht geliefert hat. Ließe der Kommissionär dennoch eine Weiterverfügung zu, hätte dies die gleichen Rechtsfolgen wie unter a) ausgeführt. c) Zusammenfassung 249 Gleichgültig ob der Kommittent eine einfache oder eine valutierte Gutschrift bzw. eine entsprechende Abrechnung erhält, sagt die Gutschrift nicht unbedingt etwas darüber aus, ob er tatsächlich Eigentümer der Wertpapiere geworden ist und, wenn er Eigentümer geworden ist, zu welchem Zeitpunkt er Eigentümer geworden ist.683) 250 Die nicht valutierte Gutschrift erweckt den Anschein, dass der Kommittent an (T+0) Eigentümer geworden ist. Dies ist aber regelmäßig nicht der Fall, weil der Kommissionär jedenfalls an (T+0) – anders als an (T+2) – keine Veranlassung hat, aus seinem Eigenbestand zu leisten, da er erst an (T+2) – wenn feststeht, dass der Verkäufer nicht liefert – aufgrund der Delkrederehaftung für die Erfüllung des Ausführungsgeschäftes haftet.

___________ 681) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 31 f. 682) Siehe Kapitel 6. II. 2. 683) Wolter, Effektenkommission, S. 334.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

Der Vorteil einer valutierten Gutschrift gegenüber einer nicht valutierten 251 Gutschrift liegt einzig und allein darin, dass diese den regelmäßig in der Zukunft eintretenden Eigentumserwerb und seinen Zeitpunkt reflektiert. Insoweit ist die valutierte Gutschrift das „kleinere Übel“. Aber auch bei der valutierten Gutschrift ist es denkbar, dass der Kommittent an (T+2) kein Eigentum erwirbt und er dies überhaupt nicht bemerkt. In der Praxis wird die Gutschrift nämlich nicht storniert, denn der Kommissionär haftet aufgrund der Delkrederehaftung sowieso für die Erfüllung des Ausführungsgeschäftes und hat daher keinen wirtschaftlichen Grund zur Stornierung.684) Daraus folgt jedoch, dass er aus dem Eigenbestand liefern bzw. eindecken muss. Tut er dies nicht, muss er meines Erachtens den Kommittenten benachrichtigen (arg. § 384 Abs. 2 HGB, § 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG), damit dieser in die Lage versetzt wird, die Delkrederehaftung geltend zu machen. Als Befund ist festzuhalten: Unabhängig von der Art der erteilten Gutschrift 252 wird der Kommittent in der Regel an (T+2) Eigentümer, wie es die Mitteilung über die valutierte Gutschrift auch vorhersagt, nämlich dann, wenn der Einkaufskommissionär eine Gutschrift mit System Stamp auf seinem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG erhält. Wenn der Verkaufskommissionär dagegen nicht liefert, wird der Kommittent auch durch die Gutschrift allein nicht zum Eigentümer. Die Gutschrift geht zunächst ins Leere, und der Kommittent wird erst Eigentümer, wenn der Verkaufskommissionär oder aber der Einkaufskommissionär aus dem Eigenbestand liefert.685) Die Unsicherheit hinsichtlich des Eigentumserwerbs und seines Zeitpunkts 253 nimmt der Gesetzgeber mit § 24 Abs. 2 Satz 1 DepotG augenscheinlich in Kauf. Allerdings wohl nur unter der Bedingung, dass der Kommittent eine Mitteilung erhält, wenn ihm tatsächlich Eigentum verschafft worden ist (§ 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG). In der Praxis erhält der Kommittent entgegen § 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG je- 254 doch keine Nachricht darüber, ob und wann er Eigentümer der Wertpapiere geworden ist. Nebenbei sei vermerkt, dass es keine Seltenheit ist, dass Börsengeschäfte nicht beliefert werden. Aus diesem Grund sind nun Zentrale Gegenparteien aufgrund von Art. 15 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps verpflichtet, für die Nichtlieferung ein automatisches Eindeckungsverfahren einzurichten und Zahlungspflichten einschließlich „Strafzahlungen“ vorzusehen.686) ___________ 684) Siehe Kapitel 6 B.; daher wird in der Schweiz das sog. Contractual Settlement angewandt (siehe Kapitel 4 D. II.); anders beim sog. Mistrade, bei dem das Ausführungsgeschäft aufgehoben wird und der Einkaufskommissionär daher nicht haftet. 685) Siehe Kapitel 6 D. II. 2. 686) Amtsblatt der Europäischen Union L 86/1 vom 24.3.2012.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

III. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes aufgrund der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts 1. Der Direkterwerb des Kommittenten 255 Nach § 24 Abs. 2 DepotG geht das Eigentum nur aufgrund der Gutschrift auf den Kommittenten über, wenn es nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts schon früher auf ihn übergegangen ist. Es ist zu prüfen, wie der Kommittent die Wertpapiere nach bürgerlichem Recht erwirbt. § 384 Abs. 2 HGB sieht vor, dass der Kommittent das Eigentum vom Kommissionär erwirbt. Danach erwürbe der Kommissionär Durchgangseigentum. Nach einhelliger Meinung ist dies im deutschen Recht in der Regel ebenso wenig der Fall wie im Schweizer Recht.687) Der Direkterwerb vom Verkaufskommittenten wird mit Hilfe der Rechtsfigur des Geschäfts für denjenigen, den es angeht, konstruiert.688) Genauer gesagt handelt es sich um eine Übereignung an denjenigen, den es angeht, denn der Kaufvertrag wird wie in der Schweiz zwischen den Banken an der Börse geschlossen. Bei der Übereignung an denjenigen, den es angeht, legt der Vertreter auf Erwerberseite nicht offen, dass er für einen Dritten handelt (sog. mittelbare Stellvertretung), und doch erwirbt der Geschäftsherr Eigentum, wenn der Vertreter für ihn erwerben will und dem Veräußerer die Person des Erwerbers gleichgültig ist.689) Diese Rechtsfigur wurde ursprünglich für Käufe des täglichen Lebens entwickelt, die sofort gegen Barzahlung abgewickelt werden. Das Börsengeschäft wird wie das Bargeschäft Zug-um-Zug abgewickelt, wenn auch nicht sofort, sondern erst an (T+2). Der Verkaufskommissionär hat kein Interesse daran, das Eigentum an den Wertpapieren vom Kommittenten zu erwerben, denn der Kommittent berechtigt ihn zur Verfügung über die Wertpapiere im Rahmen der Zug-um-Zug-Abwicklung des Börsengeschäftes (§ 185 BGB). Dagegen hat der Kommittent durchaus ein Interesse, das Eigentum an dem Wertpapier so lange wie möglich zu behalten, um in der Insolvenz des Verkaufskommissionärs aussondern zu können (§ 47 InsO).690) Der Einkaufs___________ 687) Siehe Kapitel 4. D. I. zum Schweizer Recht. 688) Siehe dazu bereits Opitz, WM 1953, 389, 394; Wessel, WM 1954, 75, 77 f., ebenfalls im Zusammenhang mit der Wertpapierbereinigung; grundlegend dazu Wolter, Effektenkommission, S. 125 ff.; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 36; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 64; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 9, Rn. 25; MüKoHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 101; Decker, in: BuB Rn. 8/343; Wust, Verbuchung, S. 144; Schlegelberger, HGB 1977, Anhang § 406, Rn. 325; a. A. Schönle, Bankund Börsenrecht, § 18 IV d); Brink, Rechtsbeziehungen, S. 94, ist der Ansicht, dass in der Regel kein Geschäft für den, den es angeht, vorliegt; a. A. ebenso Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1981; gegen Canaris mit dezidierter Argumentation: Behrends, in Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 65 – 67; dazu auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 3. a) bb). 689) Baur/Stürner, SachenR, § 51 Rn. 43. 690) Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 9, Rn. 24; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1999; ausführlich Wolter, Effektenkommission, S. 199 ff.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

kommissionär wiederum hat ebenso wenig Interesse am Eigentumserwerb wie der Verkaufskommissionär, denn er ist durch das Pfandrecht des § 397 HGB bzw. durch das üblicherweise in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Pfandrecht ausreichend geschützt.691) Teils wird der Fremderwerbswille des Einkaufskommissionärs unterstellt oder zumindest auf eine Handlung, die ihn nach außen in Erscheinung treten lässt, verzichtet,692) teils wird verlangt, dass er in ausreichender Weise hervortritt.693) Jedenfalls aber wird die Vornahme der Gutschrift durch den Einkaufskommissionär zugunsten des Kommittenten für ausreichend gehalten.694) Denn wollte der Einkaufskommissionär für sich erwerben, würde er die Wertpapiere auf dem Konto „Eigene Wertpapiere“ gutschreiben.695) So erwirbt der Kommittent das Eigentum an den Wertpapieren direkt vom Verkaufskommittenten, auch wenn er weder diesen noch dessen Verkaufskommissionär kennt. Nur sein Einkaufskommissionär kennt den Verkaufskommissionär, wenn das Ausführungsgeschäft von diesen beiden als Börsenteilnehmer ohne Einschaltung einer Zentralen Gegenpartei an der Börse abgeschlossen wird. 2. Die Erwerbstatbestände nach bürgerlichem Recht Der Eigentumserwerb an Miteigentumsanteilen ist gesetzlich nicht ausdrück- 256 lich geregelt. Es besteht jedoch Einigkeit, dass er sich nach §§ 929 ff. BGB richtet.696) Anstatt der Übergabe gemäß § 929 Satz 1 BGB kommt auch die Vereinbarung eines Besitzkonstituts (§ 930 BGB) oder die Abtretung des Herausgabeanspruchs in Betracht (§ 931 BGB697). Nach herrschender Meinung erwirbt der Kommittent das Eigentum bei der Effektenkommission jedoch

___________ 691) MüKoHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 101; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 57. 692) So wohl Wessel für das Effekten-Kommissionsgeschäft, WM 1954, 75, 77 unter Berufung auf Opitz, WM 1953, 388 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 11.397; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1979; wohl auch Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 6.148; Decker, in: BuB Rn. 8/343. 693) Wolter, Effektenkommission, S. 275; siehe dazu im Detail Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 3. b) cc) (3) mit Hinweisen auf die allgemeine sachenrechtliche Literatur. 694) So auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 3. a) bb). 695) Wolter, Effektenkommission, S. 275, 276. 696) Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1995, 1977 ff.; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6 Rn. 35; Koller, Gutachten, S. 1439; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 11.346; Schwintowski/Schäfer, BankR, 2. Aufl., § 17, Rn. 17; Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 17 ff.; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 205 f.; Modlich, DB 2002, 671, 673 für Aktien; Eder, NZG 2004, 107, 111; Kunz, J., Zentraler Kontrahent, S. 399; Ekkenga, in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 7 Rn. 151. 697) Z. B. BGH, Urteil vom 8.6.1967, WM 1967, 902 ff.

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gemäß § 929 Satz 1 BGB aufgrund von Einigung und Übergabe.698) Die Konstruktion ist allerdings recht kompliziert. a) Die Einigung gemäß § 929 Satz 1 BGB 257 Der Verkaufskommittent ermächtigt seine Bank – den Verkaufskommissionär –, mit dem Verkaufsauftrag, ein Angebot über den Eigentumsübergang im eigenen Namen (§ 185 BGB) abzugeben.699) Nachdem die Bank das Ausführungsgeschäft an der Börse gemacht hat, werden ihr an (T+1) von der Clearstream Banking AG die Lieferlisten zur Verfügung gestellt.700) Auf der Grundlage der Lieferlisten gibt sie entweder die gesperrten Geschäfte frei oder sperrt die grundsätzlich freigegebenen Geschäfte gegenüber der Clearstream Banking AG. Darin liegt entweder das ausdrückliche oder aber durch Unterlassen der Sperre das konkludente Angebot auf Übereignung in eigenem Namen.701) 258 Das Übereignungsangebot ist auch nach sachenrechtlichen Maßstäben ausreichend bestimmt oder jedenfalls bestimmbar.702) Zwar richtet es sich nicht auf einen Miteigentumsanteil an bestimmten Wertpapieren, sondern auf einen Anteil am gesamten Girosammelbestand. Dies ist jedoch der rechtlichen Besonderheit des Girosammelbestandes geschuldet.703) Es reicht aus, wenn ISIN oder WKN, Nennbetrag oder Anzahl der Wertpapiere sowie die Tatsache, dass sie girosammelverwahrt sind, benannt werden. Der Bruchteil am gesam___________ 698) BGH, Beschluss vom 16.7.2004, NJW 2004, 3340, 3341 für Aktien; Heinsius/Horn/ Than, Depotgesetz, § 6, Rn. 35, § 24, Rn. 36; Opitz, Depotgesetz, §§ 6, 7, 8 Anmerk. 29; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2020; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 6.144; Decker, in: BuB 8/336; Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 11; Alfes, Central Counterparty, S. 177; Scherer, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB/DepotG, § 6, Rn. VI473; siehe auch BGH, Urteil vom 4.2.1999, WM 1999, 484 für die Übertragung von Inhaberanteilsscheinen; nach Ansicht von Einsele reicht die schlichte dingliche Einigung aus, MüKoHGB, Depotgeschäft, Rn. 106; für § 931 BGB Becker, Das Problem des gutgläubigen Erwerbs, S. 54, 61; auch Hager, Verkehrsschutz, S. 328, Fn. 536; guter Überblick über die ältere Literatur bei Dechamps, Wertrechte, S. 60 ff. 699) Statt vieler Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6, Rn. 84; Kümpel, WM 1976, 942, 952; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24 Rn. 63; siehe auch BGH, Urteil vom 24.7.2001, NJW 2001, 1716 zum auftragslosen Aktienverkauf durch die Bank: Die Bank verletzt ihre Vertragspflichten und greift unter Verstoß gegen § 823 Abs. 1 BGB in die dingliche Rechtsstellung des Inhabers der Aktien ein (ohne Erläuterung des gutgläubigen Erwerbs); OLG Frankfurt, Urteil vom 16.1.2008 – 23 U 35/07-, juris zu § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 34 Nr. 1 DepotG und § 266 StGB im Zusammenhang mit unerlaubtem Daytrading durch die Bank. 700) Siehe Kapitel 6 A. 701) Kunz, J., Zentraler Kontrahent, S. 401; ähnlich Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 6.145; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 3. a) bb). 702) Nach Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2022, reicht die Bestimmbarkeit; siehe auch Schäfer/Mimberg, WuB I G 3. Depotgeschäft 1.00, S. 222 m.w.N; Schwintowski/ Schwintowski, BankR, 4. Aufl., § 16, Rn. 36. 703) Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 6.146; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 11.400; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 40.

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ten Girosammelbestand ergibt sich dann aus der Depotbuchhaltung.704) Dies gilt auch, wenn der Kommissionär gleichzeitig für mehrere Kommittenten oder für sich selbst kauft. Der Kaufauftrag wird für einen bestimmten Kommittenten an (T+0) aufgenommen und der Einkaufskommissionär ordnet den Kaufauftrag mit der Wertpapierabrechnung ebenfalls an (T+0) einer internen Ausführungsanzeige zu.705) Das Angebot auf Übereignung richtet sich an denjenigen, den es angeht. 259 Fraglich ist, wie dieses Angebot dem Einkaufskommittenten zugeht und wie er es annimmt. An dieser Stelle scheiden sich die Geister.706) Die herrschende Meinung sieht in der Clearstream Banking AG den Empfangsvertreter (§ 164 Abs. 3 BGB) des Erwerbers,707) während andere Autoren wegen ihrer Weisungsgebundenheit die Botenstellung der Clearstream Banking AG favorisieren.708) Sieht man in der Clearstream Banking AG einen Boten, bedeutet dies, dass das Angebot zur Übereignung beim Erwerber bzw. seinem Einkaufskommissionär als Stellvertreter des Erwerbers nicht mit dem Zugang bei der Clearstream Banking AG zugeht, sondern erst zu dem Zeitpunkt, an dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Weiterleitung an den Adressaten zu erwarten ist.709) Wie der Bote das Angebot an den Einkaufskommissionär übermittelt, wird nicht erläutert. Die Übermittlung durch die Clearstream Banking AG kann nur in der Gutschrift auf dem Depotkonto der Erwerberbank bei der Clearstream Banking AG an (T+2) gesehen werden. Die Annahme des Angebotes muss dann aus einem Verhalten der Erwerberbank hergeleitet werden.710) Sie soll nach dieser Ansicht konkludent darin zu ___________ 704) Kümpel, WM 1980, 422, 425 f.; Decker/Kümpel, Das Depotgeschäft, Rn. 8/67; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, Rn. 6.146; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 41. 705) So dezidiert Wolter, Effektenkommission, S. 280 f.; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 52 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 11.402; Heinsius/ Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 37, beziehen sich dagegen auf die Buchung auf dem Depotkonto des jeweiligen Erwerbers, die im Moment der wirksamen Buchung auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG in der Regel bereits gemacht worden ist. 706) Ein Überblick bei Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 11 und bei Kunz, J., Zentraler Kontrahent, S. 403 ff. 707) Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2019, Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6 Rn. 84; Wolter, Effektenkommission, S. 232; Koller, DB 1972, 1860; Alfes, Central Counterparty, S. 180; Kunz, J., Zentraler Kontrahent, S. 404 f.; Eder, NZG 2004, 107, 111; Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 9, Rn. 26; dieselbe, WM 2001, 7, 12; Wust, Verbuchung, S. 144; Düring, Eigentumsübergang, S. 67; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 3 a) bb). 708) Dechamps, Wertrechte, S. 51 ff.; Kümpel, WM 1976, 942, 953; Decker, in: BuB, Rn. 8/338 (in der Nachfolge von Kümpel); Kümpel/Wittig/Will, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 18.201 (bei Abwicklung mit Zentralem Kontrahenten); Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 69 f.; Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 11; wobei Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 11.373, die Empfangsvertreterstellung vertritt. 709) Statt vieler Palandt/Ellenberger, § 130, Rn. 9. 710) Vgl. Wolter, Effektenkommission, S. 238.

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sehen sein, dass der Einkaufskommissionär sich die Wertpapiere vorbehaltlos einbuchen lässt. Zwar kann ein Vertrag gemäß § 151 BGB zustande kommen, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, jedoch setzt auch § 151 BGB eine nach außen hervortretende eindeutige Betätigung des Annahmewillens voraus.711) Der Einkaufskommissionär tut in diesem Zusammenhang jedoch nichts.712) 260 Die Stellvertreterlösung ist aus mehreren Gründen überzeugender: Die Clearstream Banking AG hat im Rahmen der Übereignung eine durchaus eigenständige Rolle, denn sie erstellt zuerst für die im Positiv- oder Negativverfahren freigegebenen Geschäfte einen sog. Cash Forecast, dann prüft sie, ob die von der Bundesbank garantierte Summe ausreicht, und im nächsten Schritt schreibt sie die Wertpapiere im Depotkonto des Einkaufskommissionärs als ihrem Systemteilnehmer gut. Oder aber sie führt die entsprechenden Transaktionen, für die die Garantie der Bundesbank unter Umständen nicht ausreicht, in den nächsten Buchungszyklus ein.713) Zwar ist die Clearstream Banking AG an die Weisungen ihrer Systemteilnehmer gebunden, die bereits in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG festgelegt sind, gleichwohl ist sie verantwortlich für die ordnungsgemäße Abwicklung und leitet nicht nur Willenserklärungen weiter. Im Rahmen der Stellvertreterlösung nimmt die Clearstream Banking AG also das Angebot als Empfangsvertreterin an, weshalb das Angebot im selben Moment zugehen kann, in dem sie durch die Vornahme der Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs ihren Annahmewillen stellvertretend für ihn erklärt.714) Der Zugang der Annahmeerklärung ist gemäß § 151 BGB entbehrlich. Die Einigung kommt also mit der Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG zustande. Auf diese Weise erfolgt die Einigung im Interesse der Parteien so frühzeitig wie möglich, und der Zeitpunkt der Einigung steht fest. Zusätzlich wird eine ___________ 711) Statt vieler Palandt/Ellenberger, § 151, Rn. 2. 712) Ausführlich gegen die von Kümpel vertretende Botenstellung in WM 1976, 942, 953, Wolter, Effektenkommission, S. 238 ff. 713) Siehe oben Kapitel 6 A.; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 62, zur alten Abwicklungstechnik; ebenso sehr ausführlich Wolter, Effektenkommission, S. 230 ff.; ähnlich Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 3 a) bb). 714) Das Gegenargument, dass nicht mit jedem Auftrag zur Umbuchung eine Eigentumsübertragung verbunden ist (Decker, in: BuB, 8/339), ist nicht richtig, denn die Lieferlisten werden bis heute nur zum Zweck der Erfüllung von Börsengeschäften benutzt. Siehe dazu zuerst Wolter, Effektenkommission, S. 195; Kunz, J., Zentraler Kontrahent, S. 405. Dies wurde im Juli 2013 durch mündliche Aussage eines Mitarbeiters der Clearstream Banking AG bestätigt. Richtig ist hingegen, dass die Clearstream Banking AG nicht weiß, ob es sich bei dem Börsengeschäft um ein Eigen- oder ein Fremdgeschäft des Kommissionärs handelt. Dies ist jedoch unschädlich, da es sich um eine Übereignung für den, den es angeht, handelt, sei es für den Kommissionär oder den Kommittenten. Für wen der Erwerb stattfindet, ist den Handelsbüchern der Erwerberbank zu entnehmen (Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6 Rn. 84).

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merkwürdige Ungereimtheit vermieden. Doch Näheres dazu im Zusammenhang mit der Übergabe gemäß § 929 Satz 1 BGB. Die Annahmeerklärung gibt die Clearstream Banking AG also für denjenigen ab, den es angeht. Die Vertretungsmacht wird ihr durch den Einkaufskommissionär als ihrem Systemteilnehmer konkludent im Rahmen der Depotkontoeröffnung erteilt.715) b) Die Übergabe gemäß § 929 Satz 1 BGB Für den Eigentumsübergang bedarf es nach § 929 Satz 1 BGB nicht nur der 261 Einigung, sondern auch der Übergabe. Im Rahmen von § 929 Satz 1 BGB genügt es, wenn der Eigentümer seinen Besitzmittler beauftragt, mit dem Erwerber ein Besitzmittlungsverhältnis zu begründen, und der Besitzmittler diesem Auftrag nachkommt.716) Dieser Auftrag ist in der stellvertretend für den Verkaufskommittenten erfolgenden Freigabe durch den Verkaufskommissionär an die Clearstream Banking AG zu sehen. Die Clearstream Banking AG kommt dem Auftrag nach, indem sie ihren Besitzmittlungswillen zugunsten des Einkaufskommissionärs umstellt und dies im Wege der Umbuchung dokumentiert.717) Sie belastet das Depotkonto des Verkaufskommissionärs und nimmt eine Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs vor. Genauer besehen stellt die Clearstream Banking AG nicht nur den Besitzmittlungswillen um, sondern sie beendet auch das Verwahrverhältnis mit dem Verkaufskommissionär und begründet ein neues Verwahrverhältnis mit dem Einkaufskommissionär durch Gutschrift der Wertpapiere auf seinem Depotkonto. Die Belastungsbuchung bedeutet jedoch noch nicht die Beendigung des Verwahrverhältnisses mit dem Verkaufskommissionär. Dieses wird erst in dem Moment beendet, in dem das neue Verwahrverhältnis begründet wird, und zwar mit der Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs. Andernfalls wäre ein Anteil am Girosammelbestand für den Zeitraum zwischen Belastungsbuchung und Gutschrift besitzlos oder wie die Schweizer sagen „herrenlos“, denn die Clearstream Banking AG mittelt den Besitz immer nur einem Depotkontoinhaber und hält ihn nicht für sich selbst als Eigenbesitzer. Die Belastungsbuchung allein hat also schon ___________ 715) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 3 a) bb); Wolter, Effektenkommission, S. 249 ff., ist der Ansicht, dass die Wertpapiersammelbank als Untervertreter die Erwerberbank vertritt, die wiederum mittelbarer Hauptvertreter ist. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2025, dagegen meint, es handele sich um ein doppeltes Vertretungsverhältnis: Die Wertpapiersammelbank handelt als offene Stellvertreterin der Erwerberbank und diese als verdeckte Stellvertreterin des Kunden. Streng genommen führt dies jedoch zu einem Durchgangserwerb beim Einkaufskommissionär. 716) Baur/Stürner, SachenR, § 51, Rn. 14; MüKoBGB/Oechsler, § 929, Rn. 66; Palandt/ Bassenge, § 929, Rn. 14. 717) Schwintowski/Schäfer, BankR, 2. Aufl., § 16, Rn. 55; § 17, Rn. 17; Decker, in: BuB, 8/336; Beschluss des BGH vom 16.7.2004, NJW 2004, 3340, 3341, zur Umbuchung durch die Depotbank; ebenfalls zur Umbuchung der Depotbank OLG Frankfurt, Urteil vom 16.1.2008 BeckRS 2008, 08331.

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deshalb wie bei Art. 24 BEG keine Rechtswirkung. Die Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG dokumentiert nach überwiegender Meinung die Umstellung des Besitzmittlungswillens und wird anders als die GS-Gutschrift nach § 24 Abs. 2 DepotG meistens heutzutage auch ausdrücklich als nicht rechtsbegründend betrachtet.718) 262 Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG bestimmen in B. XXI (1) entsprechend: „Bruchteile am Sammelbestand von Wertpapieren derselben Art, die CBF für einen Kunden verwahrt, werden an einen anderen Kunden durch Einigung und Übergang des Mitbesitzes, den CBF jeweils dem Kunden vermittelt, übertragen (Girosammelverkehr). Der Mitbesitz geht durch Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses zwischen CBF und dem erwerbenden Kunden und Umstellung des Besitzmittlungswillens der CBF bezüglich der zu übertragenden Bruchteile über. Der Besitzübergang ist abgeschlossen, sobald CBF auf Anweisung des veräußernden Kunden dessen Depot belastet sowie die Bruchteile dem Depot des erwerbenden Kunden gutgeschrieben hat. Die Buchungszeit wird im Onlinesystem der CBF (CASCADE online) ausgewiesen.“ 263 Diese Klausel lässt jedoch offen, wie das Besitzmittlungsverhältnis, genauer: das Verwahrverhältnis,719) zwischen der Clearstream Banking AG und ihrem Kunden, dem Einkaufskommissionär, rechtlich zustande kommt. Nach Ansicht derjenigen, die die Stellung der Clearstream Banking AG im Rahmen der dinglichen Einigung als Empfangsbotin favorisieren, kommt das Verwahrverhältnis durch Insichgeschäft (§ 181 BGB) der Clearstream Banking AG mit sich selbst und als Stellvertreterin des Einkaufskommissionärs zustande.720) Hierin liegt die oben in Abschnitt a) angesprochene Ungereimtheit.721) Im Rahmen der Einigung soll die Clearstream Banking AG nur Bote ___________ 718) Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2047; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 6 Rn. 35; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 63; Binder, in: Bankrechts-Kommentar, Depotrecht, Rn. 30; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 6.152; Decker/Kümpel, Das Depotgeschäft, Rn. 8/69; Than, in: FS Kümpel, S. 543, 547, 553; Einsele, WM 2001, 7, 15; dieselbe, WM 2001, 2415, 2421 f.; a. A. die ältere Literatur: Fabricius, AcP 162 (163), 457, 483, jedoch ohne zwischen der Gutschrift auf dem Clearstreamkonto des Einkaufskommissionärs und der Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommittenten zu unterscheiden; Drobnig, in: Kreuzer, S. 11, 28 ohne Begründung; Dechamps, Wertrechte, S. 73 ff.; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), dagegen stellt in § 6 V. 3. b) cc) (4) treffend fest, dass an sich keine einheitlichen Vorstellungen von dem Begriff „rechtsbegründend“ zu bestehen scheinen, befindet aber trotzdem, dass jedenfalls der Gutschrift der Clearstream Banking AG rechtsbegründende Wirkung zukäme, weil Girosammelbestandanteile de facto nicht außerhalb des Systems CASCADE der Clearstream Banking AG übertragen werden können. 719) So auch Behrends, in Scherer: Depotgesetz, § 24, Rn. 76, zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG in der Fassung vom 1.11.2010 (Anhang 3). 720) Kümpel, WM 1976, 942, 954; Koller, DB 1972, 1905, 1907; Decker, in: BuB, Rn. 8/337; siehe weitere Nachweise bei Wolter, Effektenkommission, S. 302. 721) Vgl. Wolter, Effektenkommission, S. 232 f.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

sein, während sie bei der Begründung des Verwahrverhältnisses im Rahmen der Übergabe die Rolle des Stellvertreters einnehmen soll. Canaris dagegen hält die bloße Willensänderung der Clearstream Banking AG, die in der Buchung zum Ausdruck kommt, auf der Grundlage der bereits bestehenden Geschäftsbeziehung für genügend.722) Darüber hinaus ist umstritten, unter welchen Voraussetzungen der Einkaufs- 264 kommittent Mitbesitz und damit Eigentum am Girosammelanteil erhält. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen regeln nur das Verhältnis zwischen der Clearstream Banking AG und ihrem Kunden, dem Einkaufskommissionär. Wie zwischen der Clearstream Banking AG und ihrem Kunden besteht auch zwischen dem Einkaufskommissionär und dem Einkaufskommittenten zum Zeitpunkt der Gutschrift der Wertpapiere auf dem Clearstream-Konto ein Depotvertrag und damit ein Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB). Der Einkaufskommissionär erhält mit der Gutschrift auf seinem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG den Besitz als Besitzmittler für den Einkaufskommittenten. Nach althergebrachter Ansicht bedarf es im Rahmen der Übereignung an denjenigen, den es angeht, an sich keiner Verlautbarung des Beauftragten (des Einkaufskommissionärs), dass er den Girosammelanteil für seinen Auftraggeber (den Einkaufskommittenten) besitzen will. Der Wille des Beauftragten, für denjenigen, den es angeht, zu erwerben, verschafft dem Einkaufskommittenten als Erwerber unmittelbar Eigentum.723) Die Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses durch die Gutschrift der Clearstream Banking AG hat sowohl im Rahmen der Einigung als auch bei der Übergabe die entscheidende rechtliche Bedeutung.724) Der Einkaufskommittent erwirbt in dem Moment Eigentum an den Wertpapieren, in dem die Wertpapiere auf dem Depotkonto seines Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG mit System Stamp an (T+2) gutgeschrieben werden. De facto findet der Eigentumserwerb des Einkaufskommittenten durch Einigung und Umbuchung des Girosammelanteils vom Depotkonto des Verkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG auf das Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG an (T+2) statt.725) Streng genommen ___________ 722) Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2020, entscheidet sich jedoch nicht. Gegen diese Lösung spricht, dass für die Begründung eines Verwahrverhältnisses ebenso wie bei der Annahme des Einigungsangebotes eine Willensbetätigung auf Seiten der Erwerberbank erforderlich ist, die Erwerberbank jedoch im Zusammenhang mit der Gutschriftserteilung „nichts“ macht. 723) Wolter, Effektenkommission, S. 299 f.; Wessel, WM 1954, 75, 78; Kümpel, WM 1976, 942, 954; implizit Baur/Stürner, SachenR, § 51 Rn. 43. 724) So ausdrücklich Decker, in: BuB, Rn. 8/339. 725) Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2022; Wolter, Effektenkommission, S. 328; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 6.152; Schwintowski/Schäfer, 2. Aufl., BankR, § 17, Rn. 17; Roth in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 10, Rn. 20; Mentz/ Fröhling, NZG 2002, 201, 206 f., wobei diese davon ausgehen, dass die Gutschrift auf dem Konto der Clearstream Banking AG bedingt ist.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

scheint es nach der althergebrachten Ansicht keiner Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommittenten zu bedürfen.726) Dies ist jedoch heutzutage nicht ganz unstrittig.727) Horn vertritt in seinem grundlegenden Gutachten zur Erfüllung von Wertpapiergeschäften unter Einbeziehung eines Zentralen Kontrahenten, veröffentlicht im Jahr 2002, soweit ersichtlich als Erster die Auffassung, dass der Einkaufskommittent dann Eigentum erwürbe, wenn das Clearing Member (übertragen auf den vorliegenden Fall: der Einkaufskommissionär) den Besitzmittlungswillen für den Einkaufskommittenten neu begründe und dies durch Gutschrift auf dem von ihm geführten Depotkonto des Einkaufskommittenten dokumentiere.728) Diese Auffassung vertritt inzwischen auch Kümpel in seinem Bank- und Kapitalmarktrecht,729) während er in den beiden Vorauflagen noch anderer Ansicht gewesen zu sein scheint.730) Es macht den Eindruck, als ob diese Auffassung sich erst vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Begründung des Eigentumserwerbs unter Einschaltung des Zentralen Kontrahenten entwickelt hat, denn in diesem Fall werden nur noch die sog. Spitzen tatsächlich „geliefert“ bzw. auf dem Clearstream-Konto des Clearing Member verbucht. Die Spitze ist der Saldo, der nach der Verrechnung (Netting) der Lieferforderungen des Einkaufskommissionärs (gegenüber der Zentralen Gegenpartei) mit seinen Lieferverpflichtungen (gegenüber der Zentralen Gegenpartei) übrig bleibt. Eine Umstellung ___________ 726) Rögner, in: Scherer, Depotgesetz, § 5, Rn. 77, sagt dies als Einziger ausdrücklich; ebenso Mahler, Rechtsgeschäftliche Verfügungen, S. 127; wohl auch Binder, in: BankrechtsKommentar, Depotrecht, Rn. 30, aber leider nicht so deutlich; Segna, Bucheffekten, (unvollst. Manuskript 2014) § 6 V. 3. b) cc) (2), dagegen ist der Ansicht, dass die Bedeutung der Gutschrift auf dem Depotkonto des Erwerbers bisher unterschätzt worden sei, weil der Abschluss des Buchungsvorganges bei der Clearstream Banking AG den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges markiere. 727) Scherer/Gallei, J.I.B.L.R. 2009, 470, 473, weisen als Erste ausdrücklich darauf hin, dass es an dieser Stelle unterschiedliche Auffassungen gibt; jetzt auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014) § 6 V. 3. b) cc) (2). 728) Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 3, 9, 20. Dieses Gutachten ist im Auftrag der Deutschen Börse AG erstellt worden. Ähnlich Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014) § 6 V. 3. b) cc) (2): „Solange die Käuferbank ihrem Kunden keine Depotgutschrift erteilt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie ihm den Besitz an den Wertpapieren mitteln will.“ Freilich wird diese Gutschrift in der Regel bereits an (T+0) bedingt erteilt, und an (T+0) kann die Käuferbank noch gar keinen Besitz mitteln wollen, denn sie hat ja noch keinen Besitz. Nähme man diese Argumentation ernst, müsste man zum Zweck des Eigentumserwerbs des Kommittenten auf die Schließung des Schwebenominals an (T+2) abstellen, denn erst zu diesem Zeitpunkt kann die Käuferbank Besitz mitteln. 729) Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 11.404, 11.409, der der Gutschrift auf dem Erwerberkonto bei der Depotbank sogar ausdrücklich rechtsbegründende Wirkung zuschreibt; Decker/Kümpel, Das Depotgeschäft, Rn. 8/69a. 730) Kümpel noch im Jahr 1995 in Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.425: „… dass der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs durch den kaufenden Depotkunden mit dem Zeitpunkt der Erlangung des (mittelbaren) Besitzes der Käuferbank durch GS-Gutschrift zusammenfällt, die ihr der Kassenverein erteilt.“; derselbe, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., 2000, Rn. 11.327.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

des Besitzmittlungswillens auf der Ebene der Clearstream Banking AG hinsichtlich der „aufgerechneten“ Wertpapiere findet dann nämlich nicht mehr statt. Freilich wird der Einkaufskommittent den Erwerb eines Wertpapiers ohne 265 eine Gutschrift auf seinem Depotkonto ohnehin kaum beweisen können.731) Trotzdem hat sie nach herrschender Ansicht keine konstitutive Wirkung.732) 3. Der Zeitpunkt des Erwerbs des Kommittenten nach bürgerlichem Recht Letztendlich findet also der Erwerb des Kommittenten nach bürgerlichem 266 Recht regelmäßig zum selben Zeitpunkt wie der Erwerb nach § 24 Abs. 2 DepotG statt, nämlich nachdem das Target2-System die Geldverrechnung an das CASCADE-System der Clearstream Banking AG gemeldet hat und wenn dann im CASCADE-System der Clearstream Banking AG an (T+2) der System Stamp angebracht wird.733) Er markiert den Zeitpunkt des Übergangs der Girosammelgutschrift mit der genauen Uhrzeit.734) Exkurs: Die Notwendigkeit einer aufschiebend bedingten Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommittenten Die Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommittenten dokumentiert jeden- 267 falls beim Eigentumserwerb aufgrund bürgerlichen Rechts den Willen des Einkaufskommissionärs, die Wertpapiere für den Kommittenten zu besitzen,735) unabhängig von der Frage, ob sie für den Erwerb als erforderlich erachtet wird. Sie wird an (T+0) als einfache Gutschrift oder mit einer Valuta von (T+2) vorgenommen.736) An (T+0) zeigt der Einkaufskommissionär dem Kommittenten die Ausführung an, indem er eine Abrechnung ausfertigt und ___________ 731) Konsequent lässt Wessel, WM 1954, 75, 79, die “Bankunterlage”, die die Inbesitznahme durch die Bank beweist, als Beweis ausreichen. 732) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24 Rn. 37; Decker/Kümpel, Das Depotgeschäft, Rn. 8/69b; Than, in: FS Hopt, S. 231, 237; Than, The Legal Framework, S. 233, 249; auch Canaris, allerdings ohne zwischen der Buchung, die die CBF vornimmt, und derjenigen, die der Zwischenverwahrer zugunsten der Depotkunden vornimmt, zu differenzieren, Bankvertragsrecht, Rn. 2047; MüKoHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 198 m. w. N., wobei Einsele ohne Begründung davon ausgeht, dass nur den Buchungen der CBF, nicht jedoch denjenigen der Zwischenverwahrer die Bedeutung der Verlautbarung des Eigentumsübertragungswillens zukommen kann; dieselbe, WM 2001, 7, 15; dieselbe, WM 2003, 2349, 2353. 733) Siehe zum System Stamp bei der Standardverarbeitung, der Realtime Standardverarbeitung und dem Continuous Settlement, Kundenhandbuch der Clearstream Banking AG, Kapitel 1, S. 13 ff. 734) Siehe mit einer graphischen Darstellung: Kundenhandbuch der Clearstream Banking AG, Kapitel 3, S. 5 ff. (Abwicklung in Euro und Abwicklung in Fremdwährung). 735) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 41. 736) Siehe Kapitel 6 D. II. 4.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

diese dem Kommittenten zusendet bzw. online zur Verfügung stellt. Diese Abrechnung weist in der Praxis entsprechend teils eine einfache Gutschrift aus und teils eine Gutschrift mit einer Valuta von (T+2). 268 Der Erwerb des Einkaufskommittenten aufgrund bürgerlich-rechtlicher Vorschriften findet jedoch in der Regel erst an (T+2) statt, denn der Einkaufskommissionär kann ihm den mittelbaren Besitz am Miteigentumsanteil an den zum Sammelbestand gehörenden Wertpapieren erst dann mitteln, wenn die Clearstream Banking AG dem Einkaufskommissionär den mittelbaren Besitz am Miteigentumsanteil durch Anbringung des System Stamps an (T+2) eingeräumt hat. 269 Daher wird vielfach argumentiert, dass die Gutschrift auf dem Depotkonto des Erwerbers bedingt sei durch die Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG.737) Es handele sich um eine sog. vorgezogene oder bedingte Gutschrift oder auch eine Vorausbuchung, denn sie würde erst mit der Gutschrift der Wertpapiere auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG wirksam. Dies sei zwischen Veräußerer und Erwerber konkludent vereinbart, da die am Ausführungsplatz geltenden Rechtsvorschriften und Geschäftsbedingungen gemäß Nr. 3 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte vereinbart seien und damit auch die Erfüllungsfrist von (T+2). Die Argumentation wird weiter gestützt auf § 24 Abs. 2 DepotG. Danach geht das Miteigentum an den zum Sammelbestand gehörenden Wertpapieren mit der Eintragung des Übertragungsvermerks in das Verwahrungsbuch des Kommissionärs auf den Kommittenten auch nur über, soweit der Kommissionär verfügungsberechtigt ist, so dass es zu einer sog. Leerbuchung kommt, solange der Kommissionär nicht verfügungsberechtigt ist.738) Hätte die Gutschrift nach § 24 Abs. 2 DepotG nämlich sofortige Rechtswirkung, verringerten sich die Anteile der anderen Miteigentümer am Sammelbestand entsprechend und der Kommissionär hätte sich gegebenenfalls strafbar gemacht.739) Aus diesem Grund muss auch die „bürgerlich-rechtliche“ Gutschrift bedingt sein. 270 Obwohl die bedingte Gutschrift wegen der Buchungsabläufe rechtlich zwingend erscheint, ist doch zweifelhaft, ob die GS-Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommittenten einer solchen Bedingung überhaupt zugänglich ist. Zwar findet der Eigentumserwerb des Einkaufskommittenten gemäß § 929 Satz 1 BGB in dem Moment statt, in dem der Besitz an den zum Sammelbestand gehö___________ 737) Than, The Preliminary Draft UNIDROIT Convention and Capital Market Practice in Germany, Unif. L. Rev. 2005, 263, 269; Than, in: FS Hopt, S. 231, 236; Heinsius/ Horn/Than, Depotgesetz, § 6, Rn. 87; Decker, in: BuB, 8/337a; Segna, The Geneva Securities Convention, S. 248, 253 f.; angedeutet auch bei Binder, in: BankrechtsKommentar, Depotrecht, Rn. 30. 738) Siehe Kapitel 6 D. II. 2. 739) Siehe Kapitel 6 D. II. 3.

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D. Die Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes

renden Wertpapieren durch die Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG auf diesen umgestellt wird. Eine Gutschrift auf dem Depotkonto des Einkaufskommittenten selbst ist für seinen Eigentumserwerb nach althergebrachter überwiegender Ansicht an und für sich gar nicht erforderlich.740) Nichtsdestotrotz ist § 24 Abs. 2 DepotG als eigenständiger Erwerbstatbestand im Verhältnis zwischen Kommissionär und Kommittent neben dem Erwerb nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts anwendbar. § 24 Abs. 2 DepotG setzt für die Eigentumsübertragung von Miteigentum an den zum Sammelbestand gehörenden Wertpapieren nur die GSGutschrift und die Verfügungsberechtigung des Kommissionärs voraus. Außerdem wird immer eine GS-Gutschrift auf dem Depotkonto des Erwerbers erteilt, gleichgültig, ob der Erwerb aufgrund von § 24 Abs. 2 DepotG oder aufgrund der vorrangigen bürgerlich-rechtlichen Regeln erfolgt. Aufgrund welcher Regeln der Eigentumserwerb tatsächlich erfolgt, wird sich in der Praxis kaum feststellen lassen.741) Die Gutschrift ist jedoch immer die gleiche. Sie ordnet die Wertpapiere im Verwahrungsbuch dem Kommittenten zu und ist eine geschäftsähnliche Handlung.742) Die Vorschriften über die Willenserklärungen und damit auch die Vorschriften der §§ 158 ff. BGB über die aufschiebende und auflösende Bedingung sind zwar grundsätzlich analog anwendbar. Es sind jedoch Sinn und Zweck des § 24 Abs. 2 DepotG zu berücksichtigen; eine schematische Anwendung ist nicht angebracht.743) § 24 Abs. 2 DepotG soll dem Kommittenten den Nachweis seines Eigentumserwerbs erleichtern, indem er die bloße GS-Gutschrift und die Verfügungsbefugnis des Kommissionärs ausreichen lässt. Dass aber die Eintragung im Verwahrungsbuch von einer weiteren Bedingung abhängig sein soll, widerspricht der endgültigen Zuordnung der Wertpapiere durch die Eintragung im Verwahrungsbuch des Einkaufskommissionärs und ihrer Beweisfunktion.744) Denn ob die weitere Bedingung – die entsprechende Gutschrift auf dem Depotkonto der Erwerberbank bei der Clearstream Banking AG – eingetreten ist, sieht man der Eintragung eben gerade nicht an. Richtig ist zwar, dass, wenn die Bedingung eingetreten ist, der Einkaufskommissionär auch verfügungsbefugt ist. Trotzdem besteht die Möglichkeit, dass der Einkaufskommissionär aus seinem Eigenbestand oder aus Fremdbestand, über den er verfügungsberechtigt ist, leistet und der Einkaufskommittent dann aufgrund der Gutschrift gemäß § 24 Abs. 2 DepotG doch Eigentum erwirbt, obwohl die Bedingung überhaupt nicht eingetreten ist. Ein und dieselbe Gutschrift kann begriffslogisch nicht einen Erwerb aufgrund von Gesetz herbeiführen und gleichzeitig aber in ihren Rechtswirkungen durch ___________ 740) 741) 742) 743) 744)

Siehe Kapitel 6 D. III. 2. b). Ähnlich Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 91. Siehe Kapitel 6 D. II. 1. So ausdrücklich Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 55. Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 56.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

Parteivereinbarung modifiziert werden. Eine – durch die Gutschrift des Wertpapiers auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs – aufschiebend bedingte GS-Gutschrift scheidet also rechtsdogmatisch aus. 271 Es bleibt jedoch das Problem, dass auch der bürgerlich-rechtlichen Gutschrift an (T+0) keine rechtliche Wirkung beigemessen werden kann, weil sich ansonsten der Kommissionär gegebenenfalls strafbar machen würde. Hier hilft auch die valutierte Gutschrift nicht weiter. Denn selbst wenn eine solche Gutschrift – aufschiebend bedingt durch den Ablauf von zwei Liefertagen – zulässig sein sollte,745) erlangte sie nach Ablauf der zwei Liefertage Wirksamkeit, selbst dann, wenn der Verkaufskommittent nicht geliefert hat. Der Kommissionär würde sich wiederum gegebenenfalls strafbar machen. IV. Der Vorrang des Erwerbs nach bürgerlichem Recht 272 Gemäß § 24 Abs. 2 DepotG erwirbt der Kommittent jedoch nur nach bürgerlichem Recht, wenn der Rechtserwerb nach bürgerlichem Recht früher erfolgt als der Erwerb aufgrund der Eintragung im Verwahrungsbuch des Kommissionärs.746) Genau genommen findet der Erwerb aufgrund der Vorschriften des bürgerlichen Rechts regelmäßig zum gleichen Zeitpunkt statt wie der Erwerb aufgrund von § 24 Abs. 2 DepotG, denn der Einkaufskommissionär wird in der Regel mit der Gutschrift auf seinem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG verfügungsberechtigt. Zum selben Zeitpunkt erwirbt der Einkaufskommittent aufgrund der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften Eigentum.747) Gleichwohl geht die herrschende Meinung in der Literatur ___________ 745) So Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 22; Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 56. 746) Bezeichnenderweise spricht die Begründung zum DepotG vom 4.2.1937, abgedruckt bei Opitz, DepotG, nur von einem Beispielfall, nämlich dass der Kommissionär seinen Miteigentumsanteil an dem Sammelbestand an den Kommittenten abtritt. 747) Wolter, Effektenkommission, S. 330; Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 37; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 11.416; Scherer, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, § 24 Rn. VI592 – 594 beck-online; so auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 6. b); er ist jedoch der Ansicht, dass die vorbereitende Gutschrift (weder die vorbehaltlose noch die valutierte) nicht die Anforderungen des § 24 Abs. 2 Satz 1 DepotG erfüllt, „weil sie den Zweck der Vorschrift, einen schnellen und sicheren Übergang des Miteigentums zu ermöglichen, nicht erreichen kann (und soll)“. Außerdem habe § 24 Abs. 2 DepotG wie auch § 18 Abs. 3 DepotG den Regelfall vor Augen gehabt, dass nämlich der Kommissionär zunächst selbst Eigentum erwirbt und es an den Kommittenten herausgibt. Heutzutage aber entstünde ein solcher „Schwebezustand“ nicht mehr, denn im Rahmen des Erwerbs aufgrund bürgerlichen Rechts erwürbe der Kommittent aufgrund der Konstruktion des Geschäftes für den, den es angeht, direkt. Siehe dazu Kapitel 6 D. III. 1. Daher käme § 24 Abs. 2 Satz 1 DepotG von vornherein nicht zur Anwendung. Im Ergebnis pflichtet Segna der h.M. bei, dass § 24 Abs. 2 Satz 1 DepotG im Effektengiroverkehr keine Anwendung findet. Wenn die vorbereitende Gutschrift zugunsten des Kommittenten nicht die Gutschrift i. S. d. § 24 Abs. 2 DepotG ist, fragt sich jedoch, welche Gutschrift diejenige i. S. d. § 24 Abs. 2 DepotG überhaupt ist. Vielleicht kann man argumentieren, dass der § 24 Abs. 2 DepotG überflüssig ist; solange er jedoch existiert, muss es eine Gutschrift in seinem Sinn geben.

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E. Zusammenfassung und Kritik

davon aus, dass der Erwerb aufgrund des bürgerlichen Rechts vorgeht.748) Wolters macht als Einziger auf diese Diskrepanz aufmerksam. Er ist der Ansicht, dass der bürgerlich-rechtliche Erwerb nach dem Willen des Gesetzgebers dem Erwerb gemäß § 24 Abs. 2 DepotG trotzdem vorginge.749) Meist wird lapidar festgestellt, dass § 24 Abs. 2 DepotG keine Anwendung fände, weil das Miteigentum am Sammelbestand schon vorher übergegangen sei,750) oder es wird behauptet, dass wegen der Rechtskonstruktion der rechtsgeschäftlichen Übereignung für denjenigen, den es angeht, kein Bedürfnis für den Erwerb nach § 24 Abs. 2 DepotG mehr bestehe.751) Kümpel bietet eine andere Variante an: „In der Praxis ist jedoch diese gesetzliche Eigentumsverschaffung regelmäßig nicht gewollt. Im Interesse der Sicherheit der Transaktionen des Kapitalmarktes muss der gutgläubige Erwerb geschützt sein. Die Verfügungsberechtigung des anonymen Veräußerers kann von der Käuferbank im Einzelfall nicht überprüft werden.“752) Man könnte genauso gut umgekehrt argumentieren: In der Regel ginge das Eigentum gemäß § 24 Abs. 2 DepotG über.753) Ein Erwerb nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts fände nur dann statt, wenn, wie in seltenen Fällen, der Veräußerer nicht verfügungsbefugt ist. Problematisch ist nur, dass es dann ausschließlich in diesem Fall einer rechtsgeschäftlichen Einigung und einer Übergabe gemäß § 929 Satz 1 BGB bedürfte. Das Bewusstsein einer rechtsgeschäftlichen Einigung würde dann wohl erst recht fehlen.754) E. Zusammenfassung und Kritik Aufgrund welcher rechtlichen Vorschriften das Effektenkommissionsgeschäft 273 erfüllt wird, hängt zunächst davon ab, wie das Wertpapier verbrieft ist bzw. ___________ 748) Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 35; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 6.143; Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 12; Einsele, Wertpapiere, WM 2001, 7, 12. 749) Wolter, Effektenkommission, S. 330. 750) Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 6.143; Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 12; Einsele, Wertpapiere, WM 2001, 7, 12; Baumbach/Kumpan, § 24 DepotG, Rn. 2. 751) Kümpel, WM 1976, 942, 954; ähnlich Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 6. b) und Beckmann, Reformbedarf, S. 36. 752) Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 11.415; ähnlich Wust, Verbuchung, S. 143; Kümpel/Wittig/Will, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 18.206 dagegen etwas anders: „Der Eigentumserwerb (Ergänzung durch die Autorin: des Depotkunden) fällt mit dem Augenblick zusammen, in dem die Umstellung des Besitzmittlungswillens der WSB (Ergänzung durch die Autorin: Wertpapiersammelbank) zugunsten der Käuferbank gemäß Nr. 8 Abs. 1 WSB-AGB wirksam wird, ohne dass es noch einer zusätzlichen Handlung der Käuferbank bedarf, um ihren Übereignungswillen zugunsten ihres Depotkunden nach außen in Erscheinung treten zu lassen. Aus diesem Grund kommt dem gesetzlichen Eigentumsübergang durch rechtskonstitutive Gutschrift im Verwahrbuch des Einkaufskommissionärs gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 keine wesentliche praktische Bedeutung zu.“ 753) So Zöllner, in: FS Raiser, S. 249, 267; Pleyer/Schleiffer, DB 1972, 77. 754) Diese Bedenken äußern Heinsius/Horn/Than, Depotgesetz, § 24, Rn. 35, bereits jetzt: „Die Praxis ist mit der eigentumsübertragenden Wirkung der Girosammelgutschrift so vertraut, dass das Bewußtsein einer rechtsgeschäftlichen Erklärung fehlen kann.“ Die Konstruiertheit der bürgerlich-rechtlichen Übereignung kommt hier deutlich zum Ausdruck.

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Kapitel 6: Das deutsche Effektenkommissionsgeschäft und seine Erfüllung

wie es verwahrt wird. Zwar gibt es noch Einzelstücke mit Liebhaberwert, die ausgeliefert werden können, aber ganz überwiegend werden Wertpapiere in Deutschland heutzutage in Sammel- bzw. Dauerglobalurkunden verbrieft. Wenn der Kunde seiner Bank einen Auftrag zum Erwerb solcher Wertpapiere erteilt, erwirbt er nach überwiegender Meinung Miteigentum an den zum Sammelbestand der Wertpapiersammelbank gehörenden Wertpapieren im Weg des Direkterwerbs vom Verkäufer aufgrund von Einigung und Übergabe gemäß § 929 Satz 1 BGB. Während zwar einerseits in jüngster Zeit behauptet wird, dass die zivilrechtliche Konstruktion des deutschen Effektengiroverkehrs gerade durch ihre begriffliche Klarheit und Eleganz bestäche,755) herrscht doch eher die Ansicht vor, dass die §§ 929 ff. BGB nicht recht passen, dass in Wahrheit schon heute die Übertragung von Miteigentumsanteilen im Effektengiroverkehr durch Einigung und Umbuchung stattfände und dass de lege lata nichts anderes übrig bliebe, als diesen Vorgang irgendwie in die Kategorien der §§ 929 ff. BGB zu pressen.756) Auch Wust kommt in seiner Untersuchung zur grenzüberschreitenden Verbuchung von Wertpapieren zu dem Schluss, dass die sachenrechtliche Erfassung des Wertpapierverkehrs insgesamt überholt sei.757) 274 Außer Frage steht gleichwohl, dass, selbst wenn man die besitzrechtlichen Bedenken insbesondere hinsichtlich der Dauerglobalurkunde beiseiteschiebt,758) die zivilrechtliche Konstruktion der Eigentumsübertragung nicht nur außerordentlich kompliziert ist,759) sondern dass sie auch nur funktioniert, wenn die Gutschrift auf dem Depotkonto des Erwerbers aufschiebend bedingt durch die Lieferung der Wertpapiere seitens der Verkäuferbank ist. Anderenfalls würde sich der Einkaufskommissionär unter Umständen strafbar machen. Anzunehmen, dass die Parteien im Rahmen der dinglichen Einigung vereinbaren, diese Gutschrift sei aufschiebend bedingt durch die „Lieferung“ der Wertpapiere respektive die Gutschrift zugunsten des Einkaufskommissionärs auf seinem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG, scheint doch etwas zu weit hergeholt. Eine solche aufschiebend bedingte Gutschrift passt nicht zum Sinn und Zweck des § 24 Abs. 2 DepotG. Darüber hinaus soll die Gutschrift nach bürgerlichem Recht nur dokumentieren, dass der Einkaufskommissionär den Besitz von nun an für den Kommittenten mitteln will, während ___________ 755) Behrends, in: Scherer, Depotgesetz, § 24, Rn. 8. 756) So Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2023; kritisch schon Zöllner im Jahr 1974, in: FS Raiser, S. 249, 267; auch Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, zusammengefasst auf S. 157 ff.; Habersack/Mayer für die Globalurkunde, WM 2000, 1678 ff; auch kritisch Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201, 210; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, 6.193; Lehmann, Finanzinstrumente, S. 390; Beckmann, Reformbedarf, S. 44, 68, 111. 757) Wust, Verbuchung, S. 411, 449. 758) Kapitel 6 D. I. 2. 759) So auch Segna, The Geneva Securities Convention, S. 248, 253 mit Bezug auf Börsengeschäfte.

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E. Zusammenfassung und Kritik

diejenige nach § 24 Abs. 2 DepotG rechtsbegründend ist. Und dies, obwohl es sich doch um ein und dieselbe Gutschrift handelt. Wenngleich es in der Praxis keine Probleme bei der Abwicklung von Effek- 275 tenkommissionsgeschäften zu geben scheint und die juristische Literatur obendrein sogar einen Weg gefunden hat, die Übereignung unter Einschaltung der Eurex Clearing AG als Zentrale Gegenpartei auf der Grundlage der §§ 929 ff. BGB zu begründen,760) bleiben nicht nur erhebliche Zweifel an der rechtlichen Tragfähigkeit der zivilrechtlichen Konstruktion,761) sondern auch offene Fragen hinsichtlich der Rechtsnatur der Gutschrift im Depotkonto des Erwerbers. Aber nicht nur die rechtliche Konstruktion ist zweifelhaft, vielmehr sind 276 auch die Buchungsabläufe und die Kommunikation mit dem Kunden für ihn alles andere als verständlich und transparent. Er erwirbt nach herrschender Meinung in der Regel aufgrund von bürgerlichem Recht an (T+2) mit der Gutschrift des Wertpapiers auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs bei der Clearstream Banking AG. Die Gutschrift auf seinem Depotkonto an (T+0) hat zunächst also keinerlei Bedeutung. Sie wird in der Realität vor dem Zeitpunkt des Eigentumserwerbs durch den Kommittenten vorgenommen, daher soll sie bedingt sein. Wenn die Gutschrift valutiert ist, trägt das zwar ein wenig zur Transparenz bei, reflektiert aber nur den wahrscheinlichen Ablauf: In der Regel erwirbt der Kommittent an (T+2) Eigentum, wenn der Verkäufer an der Börse ordnungsgemäß liefert. Freilich wäre bereits viel zur Transparenz im Kundeninteresse beigetragen, 277 wenn die Banken sich an den Wortlaut von § 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG halten würden.762) Dann bekäme der Kommittent wenigstens eine Nachricht, wenn er tatsächlich Eigentümer geworden ist, und könnte im Fall, dass diese ausbleibt, seine Ansprüche aus Nr. 9 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte geltend machen, bevor seine Depotbank unter Umständen insolvent wird. Wenn man vor rund 40 Jahren aus Gründen der Kostenersparnis in der Praxis auf die gesetzlich vorgesehene Mitteilung verzichtet hat, entsprach das zwar auch nicht dem Gesetz, war aber nachvollziehbar. Heute jedoch sollte die Kostenersparnis – erst recht vor dem Hintergrund der IT-technischen Entwicklungen – kein Argument mehr dafür sein, sich nicht an das Gesetz zu halten. Ganz unabhängig von der internationalen Rechtsentwicklung sprechen bereits all diese Ungereimtheiten für die Notwendigkeit einer Neuregelung der Materie. ___________ 760) Als erster Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, 1 ff.; kritisch dazu auch Micheler, Wertpapierrecht, S. 199. 761) So auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 IX., der einen bedenklichen Mangel an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit beklagt. 762) Kritisch zu dieser Praxis auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 6 V. 6. a) aa).

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Kapitel 7: Die Übertragbarkeit des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht am Beispiel des Effektenkommissionsgeschäftes A. Augenfällige Unterschiede zwischen der Abwicklung des Schweizer und des deutschen Effektenkommissionsgeschäftes Inzwischen wird das Schweizer Ausführungsgeschäft an der SIX Swiss Ex- 278 change ebenfalls an (T+2) erfüllt, wie auch das Ausführungsgeschäft an der Frankfurter Wertpapierbörse. Sowohl das Schweizer Effektenabwicklungssystem SECOM als auch das deutsche System CASCADE stellen sicher, dass Börsengeschäfte Zug-um-Zug abgewickelt werden. Die Systeme unterscheiden sich jedoch. Das SECOM-System stellt die Lieferung Zug-um-Zug sicher, indem es an (T+1) die zu liefernden Effekten im Effektenkonto des Verkaufskommissionärs reserviert und die Effekten dann, nachdem die Zahlung auf dem Geldkonto der verkaufenden Bank an (T+2) verbucht ist, im Effektenkonto des Einkaufskommissionärs bei der SIX SIS AG an (T+2) unwiderruflich und vorbehaltlos bucht. Verfügt der Einkaufskommissionär nicht über genügend Geld, bleibt die Zahlungsinstruktion pendent. Die Effekten werden erst gebucht, wenn die Zahlung erfolgt ist.763) In Deutschland dagegen werden nicht die Wertpapiere reserviert, sondern es 279 wird das Geld auf dem Geldkonto des Einkaufskommissionärs bei der Bundesbank reserviert, und die Bundesbank gibt eine unwiderrufliche Garantie für den geldmäßigen Ausgleich an (T+2) zugunsten der Clearstream Banking AG ab. Die Clearstream Banking AG schreibt die Wertpapiere zwar bereits an (T+1) auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs gut, aber diese Gutschrift wird erst wirksam, wenn auch die Geldseite an (T+2) bei der Bundesbank abgewickelt ist und die Gutschrift im CASCADE-System mit dem sog. System Stamp versehen worden ist. Dieser Unterschied in der systemseitigen Abwicklung auf der Ebene der Zentralverwahrer ist jedoch für die Frage der Übertragbarkeit des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht nicht relevant, denn die Übertragung nach Art. 24 BEG setzt eine Weisung des Kontoinhabers an seine Verwahrungsstelle und eine Gutschrift der Bucheffekten im Effektenkonto des Erwerbers voraus. Art. 24 BEG handelt nicht von der Belastung und der Gutschrift in den Effektenkonten der an der Börse verkaufenden und kaufenden Banken beim Zentralverwahrer. B. Das Kausalitätsprinzip Zwar gilt im klassischen Schweizer Wertpapierrecht sowohl für das Inhaberpa- 280 pier wie für das Namenpapier bei der Eigentumsübertragung wie im Fahrnis___________ 763) Kapitel 4 A.

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Kapitel 7: Die Übertragbarkeit des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht

und im Grundstücksrecht das Kausalitätsprinzip.764) Nach überwiegender Ansicht in der Rechtsliteratur hat sich der Schweizer Gesetzgeber aber hinsichtlich der Übertragung der Bucheffekte gegen das Kausalitätsprinzip und für das Abstraktionsprinzip entschieden.765) Die Wirksamkeit der Übertragung der Bucheffekte ist also unabhängig von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Kausalgeschäftes. Selbst wenn das Kausalitätsprinzip Geltung beanspruchen würde, ist es nicht Bestandteil des Art. 24 BEG selbst und wäre allenfalls im Rahmen der Stornierungsregeln zu berücksichtigen. Somit steht das Kausalitätsprinzip der Übertragung des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht nicht entgegen. C. Der Tatbestand des Art. 24 BEG 281 Zur Übertragung der Bucheffekte bedarf es gemäß Art. 24 BEG einer Weisung des Kontoinhabers an die Verwahrungsstelle, die Bucheffekte zu übertragen, und einer Gutschrift der Bucheffekte im Effektenkonto des Erwerbers. Es handelt sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft und einen zweiaktigen Verfügungstatbestand.766) Die Weisung muss wirksam sein, und der Kontoinhaber muss verfügungsberechtigt sein. Die Konstruktion der Weisung erinnert an die alte Giroüberweisung gemäß §§ 675, 665 BGB im Rahmen des Zahlungsverkehrs.767) Der Überweisende erteilt ebenfalls eine Weisung aufgrund des Giroverhältnisses mit seiner Bank, und der Überweisungsempfänger erhält eine Gutschrift, nur dass mit dieser Gutschrift nach herrschender Meinung ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis gegenüber der Empfängerbank verbunden ist768) und nicht zusätzlich ein Recht gegenüber einem Dritten wie bei der Bucheffekte. 282 Für das deutsche Recht ungewöhnlich ist die Doppelfunktion der Weisung. Sie ergeht auf der Grundlage des Verwahrungsverhältnisses des Kontoinhabers mit seiner Bank und ist gleichzeitig Bestandteil des Verfügungstatbestandes. Wenn die Weisung nichtig ist, muss die angewiesene Verwahrungsstelle die Belastung stornieren und kann grundsätzlich auch die Gutschrift stornieren (Art. 27 Abs. 1 lit. b i. V. m. Art. 28 Abs. 1 lit. a BEG). Ob die Stornierungsregeln wirklich erforderlich sind, wäre zu überdenken. Wollte man sie beibehalten, sollte man die Unebenheiten insbesondere im Zusammenhang mit den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb ausbügeln.769) 283 Die Gutschrift wirkt rechtsbegründend und ist aufgrund gesetzlich bestimmter Tatbestände stornierbar. Jedenfalls entfaltet sie ihre Rechtswirkung wie die Gutschrift nach § 24 Abs. 2 DepotG aufgrund von Gesetz und nicht auf___________ 764) 765) 766) 767) 768) 769)

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Kapitel 2 C. I, II. Kapitel 5 B. V.1. Kapitel 5 B. V. Siehe dazu Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 316, 320 ff. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 415. Kapitel 5 VII.

D. Der Tatbestand des § 929 Satz 1 BGB

grund von Parteiwillen. Sie ist unbedingt und wird deswegen auch vorbehaltlos erteilt wie auch schon vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes.770) Diese Art der Abwicklung wird in der Schweiz Contractual Settlement genannt.771) Das bedeutet, dass der Einkaufskommittent (und Erwerber) bereits an (T+0) eine Gutschrift des Wertpapiers in seinem Effektenkonto erhält, obwohl sein Kommissionär noch keine Lieferung in seinem Effektenkonto bei der SIX SIS AG erhalten hat. Für den Zeitraum von (T+0) bis (T+2) besteht beim Kommissionär ein Unterbestand. Er weist mehr Bucheffekten im Effektenkonto seines Depotkunden aus, als ihm bei seiner übergeordneten Verwahrungsstelle, der SIX SIS AG, ausgewiesen werden. Dieser „abwicklungstechnische“ Unterbestand wird vom Bucheffektengesetz anerkannt. Der Kommittent kann bereits an (T+0) über die Bucheffekte verfügen. Der Erwerber erwirbt die Bucheffekte aufgrund von Art. 24 BEG durch Wei- 284 sung und Gutschrift nach überwiegender Meinung derivativ vom verfügenden Kontoinhaber772) und nicht durch ein einseitiges Rechtsgeschäft seiner Verwahrungsstelle wie bei der alten Geldgutschrift.773) D. Der Tatbestand des § 929 Satz 1 BGB Nach § 929 Satz 1 BGB bedarf es zum Eigentumserwerb einer Einigung zwi- 285 schen Eigentümer und Erwerber, dass das Eigentum an dem Wertpapier übergehen soll, sowie einer Übergabe des Wertpapiers. Die Einigung muss wirksam und der Eigentümer muss verfügungsberechtigt sein. Es handelt sich wie bei Art. 24 BEG um einen derivativen Erwerb, jedoch um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen Veräußerer und Erwerber. Einseitige Rechtsgeschäfte, wie Art. 24 BEG eines vorsieht, sind der zivilrechtlichen Dogmatik des deutschen Rechts jedoch nicht fremd. Angesichts der doch komplizierten Konstruktion der Einigung zum Zweck des Eigentumsübergangs im deutschen Recht im Rahmen der Erfüllung des Börsenkommissionsgeschäftes ist ein einseitiges Rechtsgeschäft in Form der Weisung an die Verwahrungsstelle sicher weniger gekünstelt.774) Dem Empfänger der Wertpapiere müsste jedoch wie bei der alten Geldüberweisung ein Zurückweisungsrecht zustehen.775) ___________ 770) Die vorbehaltlose Gutschrift war jedoch vor Inkrafttreten des Bucheffektengesetzes aufgrund des geltenden Sachenrechts unzulässig, siehe dazu Kapitel 4 D III. 771) Kapitel 4 E. 772) Kapitel 5 C. I. 773) Siehe zum Geldgiro Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 417, 420. Beim alten Geldgiro wurde die Gutschrift jedoch nicht als für den Erwerb ausreichend betrachtet, da man annahm, dass der Rechtsbindungswille durch die Gutschrift allein nicht nach außen erkennbar wurde. Es war zusätzlich die Absendung des Kontoauszuges, bzw. die Bereitstellung durch die Bank zur Abholung erforderlich. 774) Dafür (und gegen das Separationsmodell) wohl auch Casper, Register statt Papier?, S. 173, 188, 190. 775) Siehe für die Geldgutschrift, Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 417, 473; ähnlich wie hier Beckmann, Reformbedarf, S. 220 ff.

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Kapitel 7: Die Übertragbarkeit des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht

286 Die Einigung im Rahmen von § 929 Satz 1 BGB ist jedoch nach herrschender Meinung aufschiebend bedingt durch die Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommissionärs bei der Clearstream Banking AG. Diese aufschiebende Bedingung ist rechtlich erforderlich, weil die Gutschrift im Depotkonto des Kommittenten nicht den sofortigen Eigentumserwerb zur Folge haben kann.776) Diese Überlegung führt zum zweiten Element des § 929 Satz 1 BGB, der Übergabe bzw. der Gutschrift. 287 Die Übergabe zwischen Verkaufs- und Einkaufskommittent erfordert eine überaus komplizierte Rechtskonstruktion und ist mit vielerlei rechtlichen Unsicherheiten verbunden.777) Anders als die Gutschrift gemäß Art. 24 BEG ist die bürgerlich-rechtliche Gutschrift (ebenso wie die Einigung) auf dem Depotkonto des Einkaufskommittenten nach herrschender Meinung aufschiebend bedingt durch die Lieferung des Wertpapiers seitens der verkaufenden Bank.778) Sie wird zwar wie die Schweizer Gutschrift an (T+0) erteilt, aber sie erlangt Rechtswirksamkeit erst an (T+2), wenn der Einkaufskommissionär eine entsprechende Gutschrift mit System Stamp auf seinem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG erhalten hat. Diese Art des Settlement wird von den Juristen als Actual Settlement bezeichnet, weil die Gutschrift aufgrund der aufschiebenden Bedingung erst dann wirksam wird, wenn auch der Einkaufskommissionär auf seinem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG eine Gutschrift erhalten hat.779) In der Schweiz spricht man von Actual Settlement dagegen nur, wenn die Bank des Erwerbers die Gutschrift auf dessen Depotkonto tatsächlich erst dann erteilt, wenn sie auch eine Gutschrift auf ihrem Effektenkonto bei der SIX SIS AG erhalten hat.780) Diese Gutschrift würde also regelmäßig erst an (T+2) erteilt werden. Das Actual Settlement wird in der Schweiz angewendet, wenn es sich um sog. Drittlieferungsgeschäfte und nicht um ein Kommissionsgeschäft handelt, denn bei einem Drittlieferungsgeschäft haftet die Bank nicht für die Erfüllung des zugrunde liegenden Kaufvertrages. Die deutsche Settlement-Methode als Actual Settlement zu bezeichnen, ist zumindest irreführend, denn der Erwerber erhält die Gutschrift tatsächlich bereits an (T+0) und nicht erst an (T+2). Im Übrigen scheint er in der Praxis beim sog. Daytrading wie beim Contractual Settlement in der Schweiz auch über die Miteigentumsanteile am Sammelbestand bereits an (T+0) verfügen zu können. Dies wäre näher zu untersuchen. Die Bezeichnung Actual Settlement lässt sich in Deutschland allenfalls formaljuristisch mit Hilfe der

___________ 776) 777) 778) 779) 780)

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Kapitel 6 D. III. 3. Kapitel 6 D. III. 2. b). Kapitel 6 D. III. 3. Gespräch mit Herrn Dr. Jürgen Than am 9.11.2012. Kapitel 4 E.

E. Die Übertragbarkeit der unbedingten Gutschrift

bedingten Gutschrift rechtfertigen. Dabei wird jedoch unterstellt, dass die Parteien eine solche Bedingung konkludent vereinbaren.781) E. Die Übertragbarkeit der unbedingten Gutschrift Im Folgenden ist zu klären, ob es im deutschen Recht möglich ist, auf die 288 bedingte Gutschrift zu verzichten. Der Grund für die bedingte Gutschrift ist rein konstruktiver Natur. Der Einkaufskommittent erwirbt das Eigentum direkt vom Verkaufskommittenten, obwohl der Kaufvertrag zwischen den Börsenteilnehmern geschlossen wird und Einkaufs- und Verkaufskommittent sich nicht kennen. Die Gutschrift im Depotkonto des Einkaufskommittenten wird von der herrschenden Meinung als die Verlautbarung des Willens des Einkaufskommissionärs, die Wertpapiere für den Einkaufskommittenten zu besitzen, angesehen.782) Diese Gutschrift wird an (T+0) im Depotkonto des Einkaufskommittenten 289 vorgenommen, obwohl der Einkaufskommissionär selbst an (T+0) noch keine entsprechende Gutschrift mit System Stamp auf seinem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG erhalten hat. Die Clearstream Banking AG mittelt den Besitz an dem Wertpapier zu diesem Zeitpunkt noch dem Verkaufskommissionär und nicht dem Einkaufskommissionär, der folglich auch seinem Kommittenten trotz Gutschrift den mittelbaren Besitz an den Wertpapieren noch gar nicht mitteln kann. Billigte man der Gutschrift im Depotkonto des Kommittenten sofortige Rechtswirkung zu, würde sich der Einkaufskommissionär durch ihre Erteilung gegebenenfalls strafbar machen.783) Aus diesem Grund muss die Gutschrift aufschiebend bedingt sein. Des Weiteren bringt die bedingte Gutschrift an (T+0) einen Vorteil für die 290 Bankpraxis mit sich: Wenn der Verkaufskommissionär nicht liefert, könnte der Einkaufskommissionär die Gutschrift im Depotkonto des Einkaufskommittenten wieder rückgängig machen, denn die Bedingung ist nicht eingetreten. Insbesondere für den Fall, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über den Verkaufskommissionär ein Moratorium verhängen sollte, ist diese Möglichkeit für den Einkaufskommissionär nicht zu unterschätzen. In der Praxis werden die bedingten Gutschriften jedoch nicht storniert: Erstens 291 hat die Bank beim Kommissionsgeschäft in den Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte die Delkrederehaftung übernommen und haftet dem Kommittenten gegenüber daher sowieso für die Erfüllung eines wirksamen Ausführungsgeschäftes.784) Zweitens müsste diese Rückbuchung händisch, das heißt ___________ 781) 782) 783) 784)

Kapitel 6 D. III. 3. Kapitel 6 D. III.2. b). Kapitel 6 D. Kapitel 6 B.

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Kapitel 7: Die Übertragbarkeit des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht

durch einen manuellen Eingriff in die IT-Systeme, vorgenommen werden, was zusätzlichen Aufwand und Kosten für die Bank bedeuten würde. Zu guter Letzt müsste die Bank mit einem unzufriedenen Kunden rechnen, der unter Umständen eine Kundenbeschwerde einlegt und sein Depotkonto auflöst. 292 Die bedingte Gutschrift wäre nur dann verzichtbar, wenn die Bank bereit wäre, die Lebenswirklichkeit dem bestehenden Recht anzupassen und die Gutschrift im Depotkonto des Erwerbers tatsächlich erst an (T+2) zu erteilen, wenn der Einkaufskommissionär bereits eine entsprechende Gutschrift auf seinem Depotkonto bei der Clearstream Banking AG erhalten hat (Actual Settlement im Sinn des Schweizer Begriffs). Dann müsste der Einkaufskommissionär den Kaufauftrag des Kommittenten jedoch an (T+0) und nochmals an (T+2) bearbeiten. Dies kommt indes kaum in Frage, denn wenn eine Gutschrift erst an (T+2) erteilt würde, könnten Wiederverkaufsaufträge ebenfalls erst an (T+2) prozessiert werden. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Liquidität der Märkte. 293 Eine unbedingte Gutschrift – wie Art. 24 BEG sie vorsieht – ist auf der Grundlage des deutschen Rechts nur machbar, wenn man entweder bereit wäre, Forderungs- und Mitgliedschaftsrechte nicht mehr zu verbriefen, um so die Anwendung des § 929 BGB zu vermeiden, oder wenn man die Wertpapiere als Bucheffekte neu verpacken würde, um sie auf diese Art ihres sachenrechtlichen Charakters zu entheben und sie einem neuen Übertragungstatbestand zu unterstellen, der nicht voraussetzt, dass man die Bucheffekte nur durch Gutschrift übertragen kann, wenn man bereits selbst eine Gutschrift erhalten hat. Die neue Bucheffekte könnte man dann, wie die Schweizer es gemacht haben, entsprechend ausstatten, damit sie den Insolvenz-, Verkehrs- und Systemschutzanforderungen gerecht wird.785)

___________ 785) Hanten, Bucheffektengesetz, S. 122, findet das BEG im Ausgangspunkt für eine Neuregelung der mediatisierten Wertpapierverwahrung geeignet, ohne jedoch die bedingte Gutschrift zu untersuchen, S. 122.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen A. Die Fragestellung Eine Neuordnung des Effektengiroverkehrs in Deutschland muss nicht nur 294 mit den vorhandenen IT-Abwicklungssystemen, sondern auch mit den bestehenden internationalen Regeln kompatibel sein. Dies war ausdrücklich das Bestreben des Schweizer Gesetzgebers bei der Neuschaffung des Bucheffektengesetzes.786) Daher ist zu untersuchen, ob der Übertragungstatbestand des Art. 24 BEG mit den entsprechenden Vorschriften des Genfer Wertpapierübereinkommens vereinbar ist. B. Die Entstehungsgeschichte des Genfer Wertpapierübereinkommens in Kürze Auf internationaler Ebene befasste sich von rechtlicher Seite zunächst die 295 Haager Konferenz für Internationales Privatrecht mit der Vereinheitlichung des Internationalen Privatrechts für intermediärverwahrte Wertpapiere. Das Haager Übereinkommen über die auf bestimmte Rechte in Bezug auf intermediärverwahrte Wertpapiere anzuwendende Rechtsordnung wurde am 13. Dezember 2002 von immerhin 53 Staaten angenommen.787) Die EUMitgliedstaaten konnten sich jedoch nicht einigen, und die ablehnenden Länder blockierten damit im Ergebnis nicht nur die EU, sondern aufgrund der geltenden Zuständigkeitsregeln auch die Mitgliedstaaten, die bereit waren, das Übereinkommen zu ratifizieren.788) Inzwischen hat die Kommission ihren ursprünglichen Vorschlag zur Zeichnung zurückgenommen.789) Die Schweiz hat das Haager Übereinkommen im Rahmen des Bucheffektengesetzes durch einen Verweis im Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in ihr autonomes Recht inkorporiert. Das Ziel des Haager Übereinkommens war es, die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Abwicklung von Wertpapiertransaktionen zu verbessern.790) Es wurde ___________ 786) Kapitel 5 A. III. 787) Wust, Verbuchung, S. 342; siehe zum Status am 5.1.2015 in den Mitgliedstaaten des Council of Europe, verfügbar auf www.hcch.net/upload/chrt_ce_e.pdf (zuletzt abgerufen am 12.1.2015); siehe auch dazu Pöch, Zeitschrift für das gesamte Bank- und Börsenwesen, Juli 2004, Sonderdruck, 507, 515. 788) Born, Europäisches Kollisionsrecht des Effektengiros, S. 325. 789) Born, Europäisches Kollisionsrecht des Effektengiros, S. 326. 790) Siehe die Präambel des Haager Übereinkommens über die auf bestimmte Rechte in Bezug auf intermediärverwahrte Wertpapiere anzuwendende Rechtsordnung, verfügbar auf www.hcch.net/upload/conventions/txt36en.pdf (zuletzt abgerufen am 8.3.2015); Wust, Verbuchung, S. 34; siehe zum Haager Übereinkommen zuletzt Born, Europäisches Kollisionsrecht des Effektengiros, § 11.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

jedoch schnell klar, dass eine Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts nicht ausreichen würde, um dieses Ziel vollständig zu erreichen.791) I. Das UNIDROIT-Positionspapier der Study Group 296 So begann eine Arbeitsgruppe des International Institute for Unification of Private Law (UNIDROIT), die sog. Study Group, sich im Jahr 2002 in Rom mit der Harmonisierung des materiellen Rechts der intermediärverwahrten Wertpapiere zu beschäftigen.792) Im August 2003 gab die Study Group ein Positionspapier793) heraus, das bereits die zu regelnden Hauptpunkte des Übereinkommens formulierte: Verbot der Pfändung auf höherer Verwahrebene (upper-tier attachment), die Bedeutung von Gutschriften und Belastungsbuchungen in Wertpapierdepotkonten, die Förmlichkeiten hinsichtlich der Bestellung und der Verwertung von Sicherheitsrechten, die Bedeutung von Verfügungen über Wertpapiere außerhalb von Wertpapierdepotkontensystemen, bedingte Gutschriften, den gutgläubigen Erwerb, die Abwicklung von Nettopositionen, die Finalität von Gutschriften, die Unwiderruflichkeit von Weisungen und die Verteilung etwaiger Verluste.794) Im Verlauf der Diskussionen wurde diese Liste erweitert.795) 297 An den Sitzungen der Diplomatischen Konferenz waren die Vertreter der Mitgliedstaaten der EU, der EU selbst, der USA, Vertreter aus Asien und der Emerging Markets wie China und Indien beteiligt, insgesamt über 50 Staaten und verschiedene Organisationen mit Beobachterstatus,796) da eine möglichst breite Harmonisierung erreicht werden sollte. Die Study Group der UNIDROIT

___________ 791) UNIDROIT, Position Paper August 2003, S. 11; Paech, WM 2005, 1102, 1103; ausführlich Paech, Unif. L. Rev. 2002-4, 1140, 1154 ff., zu den selbst nach Bestimmung des anwendbaren Rechts aufgrund des Haager Übereinkommens verbleibenden Problemfällen; Botschaft, S. 9335; Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 153; Thévenoz, The Geneva Securities Convention: Objectives, History, and Guiding Principles, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 3, 12; für Beispiele siehe derselbe, Intermediated Securities, Legal Risk, and the Harmonization of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 15 ff.; Löber, BKR 2003, 265, 266; Estrella Faria, Unif. L. Rev. 2010, 196. 792) Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 152; Saager, Die Bank 4/2005, 22, geht dagegen vom Jahr 2001 aus; die Materialien sind verfügbar auf www.unidroit.org. 793) The UNIDROIT Study Group on Harmonized Substantive Rules Regarding Indirectly Held Securities, Position Paper, UNIDROIT 2003, Study LXXVIIIDoc. 8, August 2003, verfügbar auf www.unidroit.org/english/documents/2003/study78/s-78008-e.pdf (zuletzt abgerufen am 12.1.2015). 794) UNIDROIT, Position Paper, August 2003, S. 6, 16 f. 795) Siehe dazu Thévenoz, The Geneva Securities Convention: Objectives, History, and Guiding Principles, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 3, 12 ff. 796) Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 152.

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B. Die Entstehungsgeschichte des Genfer Wertpapierübereinkommens in Kürze

legte im Jahr 2004 einen ersten Entwurf797) mit Erläuterungen798) vor. Das Komitee der Regierungsexperten verhandelte diesen  auf der Basis von Konsultationen und der Arbeit von verschiedenen Working Groups  in vier Sitzungen. Die erste dieser Sitzungen endete am 12. September 2008, drei Tage bevor Lehman Brothers am 15. September 2008 insolvent wurde. Das Komitee legte schließlich nach mehreren Vorentwürfen einen Entwurf vor, der von der Diplomatischen Konferenz der UNIDROIT in ihrer letzten Sitzung am 9. Oktober 2009 verabschiedet799) und zur Zeichnung aufgelegt wurde. Eine amtliche Übersetzung des Übereinkommens in die deutsche Sprache gibt es nicht, nur eine informelle Übersetzung des ersten Entwurfs.800) Deshalb werden an einigen Stellen in dieser Arbeit die englischen Begriffe benutzt. Seit dem Jahr 2012 liegt die endgültige Version des Official Commentary on the UNIDROIT Convention on Substantive Rules for Intermediated Securities vor. Der Kommentar wurde ausnahmsweise in Gruppenarbeit erstellt801) und ist neben den auf der Webseite der UNIDROIT veröffentlichten Dokumenten eine wertvolle Auslegungshilfe. Ebenso wenig wie das Haager Übereinkommen über die auf bestimmte Rechte in Bezug auf intermediärverwahrte Wertpapiere anzuwendende Rechtsordnung hat das Genfer Wertpapierübereinkommen Gültigkeit, denn bis heute liegen die drei erforderlichen Ratifizierungen nicht vor (Art. 42 Abs. 1).802) Schon im Jahr 2009 wurde von Handlungsdruck gesprochen.803) II. Die Ziele des Genfer Wertpapierübereinkommens Wertpapierverwahr-, Übertragungs- und Liefersysteme sind in den einzelnen 298 Ländern seit langer Zeit gewachsen und unterschiedlich ausgestaltet. Die Abläufe sind kompliziert, und die Computertechnik hinter diesen Systemen ist hoch entwickelt. Mindestens genauso unterschiedlich ist der Rechtsrahmen in den verschiedenen Ländern. Eine rechtliche Harmonisierung ist daher eine große Herausforderung. Ziel des Genfer Wertpapierübereinkommens war es, die Rechtssysteme moderner zu gestalten und sie als nationale Systeme rechtssicher zu machen (internal soundness). Dies erfordert klare Regeln für ___________ 797) Preliminary Draft Convention on Harmonized Substantive Rules Regarding Securities Held with an Intermediary, UNIDROIT 2004Study LXXVIIIDoc 18; siehe Christmann, BKR 2005, 249; Einsele, WM 2005, 1109; dieselbe, Unif. L. Rev. 2005-1/2, 251; Kanda, Unif. L. Rev. 2005-1/2, 271; Paech, Unif. L. Rev. 2002-4, 1140; derselbe, WM 2005, 1101; Saager, Die Bank 04/2005, 22. 798) Explanatory Notes to the Preliminary Draft Convention, UNIDROIT 2004  Study LXXVIII  Doc. 19. 799) UNIDROIT, Conf. 11/2  Doc. 43; Wust, Verbuchung, S. 415, Mülbert, ZBB 2010, 445, 448. 800) Paech/Fink, WM 2005, 1147 ff. 801) Siehe dazu Kronke, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1632. 802) Verfügbar auf www.unidroit.org/depositary (zuletzt abgerufen am 14.12.2014). 803) Siehe Arora, Die Bank 1/2009, 14.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

den Erwerb, das Halten von Wertpapieren und die Verwertung von Sicherheitsrechten an Wertpapieren, aber auch Bestimmungen zum Schutz des Anlegers für den Fall der Insolvenz des Intermediärs und ein Verbot des Zugreifens Dritter auf die Rechtsposition des Anlegers beim höheren Intermediär (upper tier attachment).804) Weiter sollten insbesondere auch die grenzüberschreitenden Wertpapiergeschäfte rechtssicher ausgestaltet werden.805) Dabei waren die Kosten der Abwicklung ein nicht zu unterschätzender Faktor.806) Bereits im Jahr 2001 hatte nämlich der Lamfalussy-Bericht für Europa festgestellt, dass insbesondere grenzüberschreitende Wertpapiertransaktionen und ihre Abwicklung in Europa um ein Zehnfaches teurer waren als in den USA.807) Angesichts der Vielfalt der Systeme sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht strebte das Übereinkommen eine Mindestharmonisierung an, um die unterschiedlichen Systeme miteinander kompatibel (international compatibility) zu machen808) und um überhaupt eine Chance auf Zustimmung der Teilnehmerstaaten zu haben.809) Damit geht der in dem Übereinkommen häufig zu findende Verweis auf das non-Convention law einher. Das non-Convention law ist das Recht des Vertragsstaates (Art. 1 (m) des Übereinkommens). Micheler ist jedoch der Ansicht, das Übereinkommen trage nicht dazu bei, die festgestellten Rechtsunsicherheiten, insbesondere im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr, zu beseitigen, systemische Risiken zu vermindern und die Effizienz der Märkte zu fördern, auch wenn die zahlreichen Beiträge über die verschiedenen Rechtssysteme im Rahmen des Entwurfs das Verständnis der unterschiedlichen Systeme sicher gefördert hätten.810)

___________ 804) 805) 806) 807)

UNIDROIT, Position Paper 2003, S. 13. Paech, WM 2005, 1101; siehe auch Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151. Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, Berlin 2009, S. 303, 304. Schlussbericht des Ausschusses der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte, Brüssel, 15.2.2001, Anhang 5, S. 14, ec.europa.eu/internal_market/ securities/docs/lamfalussy/wisemen/final-report-wise-men_de.pdf (zuletzt abgerufen am 14.12.2014); Pöch, Zeitschrift für das gesamte Bank- und Börsenwesen 2004, Sonderdruck, 507, 511. 808) UNIDROIT, Position Paper 2003, S. 13; Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 152; Kronke, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1626. 809) Siehe dazu Thévenoz, The Geneva Securities Convention: Objectives, History, and Guiding Principles, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 3, 18. 810) Sehr plastisch bei Micheler, Intermediated Securities and Legal Certainty, LSE Law, Society and Economy Working Papers 3/2014, London School of Economics and Political Science, Law Department, S. 10, 12; verfügbar auf www.lse.acuk/collections/lawwps/ wps.htm (zuletzt abgerufen am 12.12.2014).

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B. Die Entstehungsgeschichte des Genfer Wertpapierübereinkommens in Kürze

III. Der funktionale und neutrale Ansatz In vielen Rechtsordnungen bestehen grundlegende Unterschiede, sowohl 299 was die Verwahrungssysteme (sog. transparente811) und intransparente Systeme812)) als auch was den Inhalt der Rechtsstellung der Anleger hinsichtlich der Wertpapiere (sog. direkte Rechtsträgerschaft und indirekte Rechtsträgerschaft813)) angeht. In den meisten Staaten, die an den Diskussionen zum Übereinkommen beteiligt waren, gab es gar keine Regeln für intermediärverwahrte Wertpapiere.814) Schnell kristallisierte sich heraus, dass ein Übereinkommen, welches mit den nationalen Doktrinen der Eigentumsrechte nicht vereinbar wäre, keine Akzeptanz finden würde.815) Aus diesem Grund wählte die Study Group beim Entwurf des Genfer Wertpapierübereinkommens den sog. functional and neutral approach.816) Das Übereinkommen gibt folglich nur die vom ___________ 811) Das sind Verwahrungssysteme mit nur einem Verwahrer, dem Zentralverwahrer, bei dem alle Anleger ein Wertpapierkonto haben, welches von den Banken nur verwaltet wird. Sie finden sich in den nordischen Ländern, Griechenland, Polen, China und Brasilien; siehe dazu Paech, Cross-border issues of securities law: European efforts to support securities markets with a coherent legal framework, verfügbar auf www.europal.europa.eu/ document/activities/cont./201106/20110606ATT20781/20110606ATT20781EN.pdf, S. 19 (zuletzt abgerufen am 14.12.2014); Thévenoz, Who holds (Intermediated) Securities? Shareholders, Account Holders, and Nominees, Unif. L. Rev. 2010, 845, 846. 812) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 2 I.; kritisch zu dieser Unterscheidung Paech, Cross-border issues of securities law: European efforts to support securities markets with a coherent legal framework, verfügbar auf www.europal.europa.eu/ document/activities/cont./201106/20110606ATT20781/20110606ATT20781EN.pdf; S. 19 (zuletzt abgerufen am 14.12.2014). 813) Systeme mit direkter Rechtsträgerschaft sind Systeme, bei denen der Anleger Eigentümer der Wertpapiere ist (z. B. bei dem deutschen oder dem alten Schweizer System); Systeme mit indirekter Rechtsträgerschaft sind solche, bei denen der Anleger nur eine rechtliche Beziehung zu seinem Intermediär hat (wie z. B. bei dem britischen trust model oder beim amerikanischen securities entitlement); siehe ausführlich Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 3 I.; kritisch zu dieser Unterscheidung Paech, Crossborder issues of securities law: European efforts to support securities markets with a coherent legal framework, verfügbar auf www.europal.europa.eu/document/activities/ cont./201106/20110606ATT20781/20110606ATT20781EN.pdf, S. 19 (zuletzt abgerufen am 14.12.2014). 814) Kronke, Remarks on the Geneva Securities Convention’s Development and its Future, in: Gullifer/Payne (Hrsg.), S. 245, 246 f. 815) Thévenoz, The Geneva Securities Convention: Objectives, History, and Guiding Principles, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 3, 18; derselbe, Unif. L. Rev. 2010, 845, 851. 816) UNIDROIT, Position Paper 2003, S. 14; Paech, WM 2005, 1101, 1103; Kronke, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625; derselbe, Remarks on the Geneva Securities Convention’s Developement and its Future, in: Gullifer/Payne (Hrsg.), S. 245, 246; UNIDROIT Official Commentary, Int-20; sechster Erwägungsgrund des Übereinkommens; kritisch dazu Micheler, Intermediated Securities and Legal Certainty, LSE Law, Society and Economy Working Papers 3/2014, London School of Economics and Political Science, Law Department, S. 16 ff.; verfügbar auf www.lse.acuk/ collections/lawwps/wps.htm (zuletzt abgerufen am 12.12.2014); ausführlich Thévenoz, Intermediated Securities, Legal Risk, and Harmonsation of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 28 ff.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

nationalen Recht zu erreichenden Ergebnisse vor und lässt den rechtstechnischen Weg dorthin offen. Ausdrücke, die in einer Rechtsordnung eine bestimmte rechtliche Bedeutung hatten, sollten gemieden werden.817) C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens I. Der Aufbau des Genfer Wertpapierübereinkommens 300 Das Genfer Wertpapierübereinkommen besteht aus einer Präambel, 7 Kapiteln und nur 48 Artikeln. Das 1. Kapitel liefert die Definitionen, legt den Anwendungsbereich fest und gibt die Auslegungsregeln an die Hand. Das Herzstück des Übereinkommens bilden das 2., das 3. und das 4. Kapitel. Im 2. Kapitel geht es um die Rechte der Kontoinhaber; das 3. behandelt die Übertragung der intermediated securities, während sich das 4. Kapitel um die Integrität des Verwahrsystems dreht. Das 5. Kapitel befasst sich mit den Sicherungsrechten. In den letzten beiden Kapiteln finden sich Übergangsbestimmungen und Bestimmungen zur Ratifizierung. II. Die Rechte der Kontoinhaber 301 Art. 9 des Übereinkommens beschreibt die Rechte, die eine Wertpapiergutschrift (credit of securities) dem Wertpapierkontoinhaber vermitteln kann. Wertpapiere (securities) sind gemäß Art. 1(a) des Übereinkommens Aktien, Schuldverschreibungen oder andere übertragbare Finanzinstrumente oder Finanzanlagen, die einem Wertpapierkonto gutgeschrieben werden können, nach den Vorschriften des Übereinkommens erworben werden können und über die nach diesen Vorschriften auch verfügt werden kann. Geld ist ausdrücklich ausgenommen.818) Die etwas umständliche Formulierung ist dem funktionalen Ansatz geschuldet. 302 Nach Art. 1(b) des Übereinkommens handelt es sich bei intermediated securities um Wertpapiere, die einem Wertpapierkonto gutgeschrieben sind, wie auch um Rechte und Interessen an Wertpapieren (interests in securities), die aus einer Wertpapiergutschrift resultieren. Sicherungsrechte sind von dem

___________ 817) Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, S. 303, 307, ist der Auffassung, dies sei nicht immer gelungen, insbesondere der Begriff „Intermediär“ sei zu beanstanden; siehe auch Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 153 m. w. N. 818) Schuldscheine werden in der deutschen Praxis auch in Wertpapierkonten verbucht. Sie sollten jedoch nicht unter das Genfer Wertpapierübereinkommen fallen, denn sie sind Forderungen und werden gemäß § 398 BGB übertragen. Es wäre zu überlegen, ob sie einzubeziehen sind.

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C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens

Terminus auch umfasst.819) Er wird in der deutschen Literatur jedoch unterschiedlich übersetzt. Vorschläge reichen von „kontenverwahrt“820) und „intermediärverwahrt“821) bis zu „kontenverbucht“.822) Im Folgenden wird der Begriff „intermediärverwahrt“ im Einklang mit der deutschen Übersetzung des Haager Übereinkommens für securities held with an intermediary verwendet, um einem begrifflichen Wirrwarr vorzubeugen. Intermediärverwahrte Wertpapiere sind jedenfalls weder vom Anleger selbst verwahrte Wertpapiere noch separat verwahrte Wertpapiere (Streifbandverwahrung).823) Die Formulierung des Art. 1(b) des Übereinkommens soll sicherstellen, dass sowohl Systeme mit direkter Rechtsträgerschaft als auch Systeme mit indirekter Rechtsträgerschaft eingeschlossen sind.824) In einer Vorversion der Definition fehlten die Worte „Wertpapiere, die einem Wertpapierkonto gutgeschrieben sind“. Die Einführung einer neuen Assetklasse intermediated securities ist also nicht zwingend, aber möglich.825) Von dieser Möglichkeit hat die Schweiz Gebrauch gemacht. Art. 3 BEG, die Definition der Bucheffekte, ist Art. 1(a) und (b) ganz ähnlich, verlangt jedoch ausdrücklich, dass Bucheffekten nur vertretbare Forderungs- und Mitgliedschaftsrechte sein können,826) und bestimmt, dass Bucheffekten Rechte gegenüber dem Emittenten sind. ___________ 819) UNIDROIT Official Commentary, 1-20; so schon Thévenoz, Intermediated Securities, Legal Risk and the International Harmonisation of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 40, zum Entwurf des Übereinkommens (UNIDROIT Study LXVIII  Doc. 24 (Jun. 2005)): „Intermediated securities are, …, bundels of rights which are not identical across all States that would be adopting the instrument.“ oder auch auf S. 44 „…, ownership, co-ownership, or other property rights in the securities themselves are not part of the core notion of intermediated securities, but they may be granted by the non-convention law in addition to the rights offered by the convention.“ 820) So Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, S. 303, 307; auch Kronke, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625. 821) So die inoffizielle Übersetzung des ersten Entwurfs des Übereinkommens, WM 2005, 1147 ff. von Paech/Fink; Einsele, Das UNIDROIT Projekt zu intermediärverwahrten Wertpapieren als Konzept für eine Modernisierung des deutschen Depotrechts, WM 2005, 1109. 822) Mülbert, ZBB 2010, 445, 449; Than, in: FS Hopt, S. 231, 234 (Fn. 16). 823) So schon Paech zum 1. Entwurf des Übereinkommens, WM 2005, 1101, 1104; Wust, Verbuchung, S. 418, mit Verweis auf Paech. 824) UNIDROIT Official Commentary, 1-15, 16; Chun, Cross-Border Transactions, S. 44; Thévenoz kritisiert vor dem Hintergrund des Functional Approach zu Recht, dass die vorhergehende Definition um „securities credited to a securities account“ erweitert worden ist (Intermediated Securities, Legal Risk, and the International Harmonisation of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 48). 825) UNIDROIT Official Commentary, 1-18; 9-1. 826) Im Ergebnis macht dies keinen Unterschied; UNIDROIT Official Commentary, 1-12: das Wort „transferable“ ist ohne Hintergedanken durch „acquired and disposed of“ ersetzt worden; siehe auch Thévenoz, in FISA, Art. 3 BEG N 51; Kuhn, The Geneva Securities Convention and the Swiss intermediated securities law reform, in: Conac/ Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 288, 296.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

303 Nach Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens vermittelt die Gutschrift dem Kontoinhaber jedenfalls: (a) das Recht, alle sich aus den Wertpapieren ergebenden Rechte zu erhalten und auszuüben, mitsamt Dividenden, sonstigen Ausschüttungen und Stimmrechten, (b) das Recht, eine Verfügung gemäß Art. 11 vorzunehmen oder ein Recht gemäß Art. 12 zu bestellen, (c) das Recht, durch Weisung an den maßgeblichen Intermediär zu veranlassen, dass die Wertpapiere auf andere Weise als durch Gutschrift in einem Wertpapierkonto verwahrt werden, soweit dies durch das anwendbare Recht, die Emissionsbedingungen der Wertpapiere, das non-Convention law, die Kontovereinbarung oder die Regeln des Wertpapierabwicklungssystems zulässig ist, und (d) alle vom non-Convention law gewährten sonstigen Rechte, soweit nicht anders in dem Übereinkommen vorgesehen. 304 Die Rechte gemäß Art. 9 Abs. 1(a) stehen dem Kontoinhaber nur zu, (i) wenn er kein Intermediär ist oder aber wenn er als Intermediär auf eigene Rechnung handelt, also Eigengeschäfte tätigt, oder (ii) wenn das non-Convention law es so bestimmt. Art. 9 Abs. 1(d) ermöglicht es dem non-Convention law, auch Eigentumsrechte an Wertpapieren vorzusehen.827) 305 Art. 9 Abs. 2 (a) des Übereinkommens stellt klar, dass die in Art. 9 Abs. 1 genannten Rechte gegenüber dritten Parteien wirken. Art. 9 Abs. 2(b) bestimmt, dass die in Art. 9 Abs. 1(a) genannten Rechte in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen, den Emissionsbedingungen der Wertpapiere und dem anwendbaren Recht gegenüber dem maßgeblichen Intermediär oder dem Emittenten oder gegenüber beiden ausgeübt werden können. Diese Vorschrift gewährleistet, dass die Rechte aus dem Wertpapier gegenüber dem maßgeblichen Intermediär  wie bei Systemen mit indirekter Rechtsträgerschaft , aber auch gegenüber dem Emittenten  wie (in Theorie828)) bei Systemen mit direkter Rechtsträgerschaft, etwa dem deutschen und schweizerischen System –,

___________ 827) UNIDROIT Official Commentary, 9-27; so auch Wust, Verbuchung, S. 418; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III. 1. b); kritisch in diesem Zusammenhang zum Wortlaut des Vorentwurfs vom Mai 2007 Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, S. 303, 309; so auch Sauer, S. 139 zu Art. 7 des Vorentwurfs aus Mai 2007. 828) Siehe zur Kritik an den Begriffen „direkte“ bzw. „indirekte Rechtsträgerschaft“ Paech, Cross-border issues of securities law: European efforts to support securities markets with a coherent legal framework, verfügbar auf www.europal.europa.eu/document/ activities/cont./201106/20110606ATT20781/20110606ATT20781EN.pdf, S. 19 (zuletzt abgerufen am 14.12.2014).

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C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens

geltend gemacht werden können.829) Die Rechte gemäß Art. 9 Abs. 1(b) und (c) hingegen können nur gegenüber dem maßgeblichen Intermediär ausgeübt werden. Nach Mülbert ist Art. 9 des Übereinkommens Ausdruck eines Prinzips, das 306 er „gestufte Rechtebündelzuweisung“ nennt. Wenn der Kontoinhaber Endkunde ist, stünden ihm das Rechtebündel I gegenüber dem Emittenten (Art. 9 Abs. 1(a)) und das Rechtebündel II gegenüber dem Intermediär (Art. 9 Abs. 1(b) und (c)) und gegebenenfalls die Rechte aus Art. 9 Abs. 1(d) zu. Wenn der Kontoinhaber Intermediär ist und nicht in eigenem Namen handelt, stünde ihm dagegen nur das Rechtebündel II zu.830) Bei seiner Analyse übersieht Mülbert, dass das Übereinkommen nicht abschließend bestimmt, welche Rechte dem Endkunden und welche dem Intermediär zustehen und wem gegenüber sie geltend gemacht werden können. Die Rechte aus dem Wertpapier (Art. 9 Abs. 1(a)) können nämlich aufgrund des non-Convention law auch dem Kontoinhaber zustehen, wenn er nicht Endkunde ist oder als Intermediär für eigene Rechnung handelt (Art. 9 Abs. 1(a)(II)).831) Nur das entspricht auch der dem Übereinkommen zugrunde liegenden Idee der Mindestharmonisierung; andernfalls würde ein Rechtssystem mit indirekter Rechtsträgerschaft dem Übereinkommen nicht gerecht werden können. Auch sagt weder Art. 9 Abs. 1(a), dass die Rechte aus Art. 9 Abs. 1(a) gegenüber dem Emittenten bestehen, noch sagt Art. 9 Abs. 1(b), dass die Rechte aus Art. 9 Abs. 1(b) gegenüber dem Intermediär bestehen. Vielmehr lässt Art. 9 Abs. 2(b) ausdrücklich offen, wem gegenüber der Berechtigte die Rechte aus den Wertpapieren geltend machen kann. Das können, je nachdem, der maßgebliche Intermediär, der Emittent oder sogar beide sein. Art. 9 des Übereinkommens ist der Inbegriff des funktionalen Ansatzes. Art. 8 des Übereinkommens regelt in Ergänzung zu Art. 9, dass das Über- 307 einkommen weder die Rechte der Kontoinhaber gegenüber dem Emittenten berührt (Abs. 1), noch bestimmt, wen der Emittent als Aktionär, Inhaber der Schuldverschreibung oder Inhaber der sich aus dem Wertpapier ergebenden Rechte anzuerkennen hat (Abs. 2).832) Art. 8 Abs. 1 und 2 berühren also die Bestimmung des Art. 9 Abs. 1(a) nicht.833) Art. 13 Abs. 1 des Schweizer Buch___________ 829) Kronke zur Kompatibilität mit dem deutschen System, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1628. 830) Mülbert, in: FS Koziol, S. 1055, 1064; derselbe, in ZBB 2010, 445, 449. 831) UNIDROIT Official Commentary 6-16; gegen Mülbert auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III 1. b). 832) Siehe zur Diskussion im Rahmen der Diplomatischen Konferenz, Kronke, WM 2010, 2009 – 2013; derselbe, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1628. 833) UNIDROIT Official Commentary, 8-12, 13; Art. 29 Abs. 2 des Übereinkommens bestimmt eine Ausnahme für grenzüberschreitende Sachverhalte zugunsten von Rechtsordnungen derjenigen Staaten, die eine sog. Nomineeholdingstruktur und split voting rights haben. Diese sind anzuerkennen.

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effektengesetzes entspricht insoweit Art. 8 des Übereinkommens und folgt auch in diesem Punkt dem funktionalen Ansatz.834) 308 Die Pflichten des Intermediärs werden durch Art. 10 des Übereinkommens spiegelbildlich zu den Rechten des Kontoinhabers aus Art. 9 des Übereinkommens statuiert.835) Der Intermediär muss angemessene Maßnahmen ergreifen, damit die Kontoinhaber alle Rechte, die in Art. 9 Abs. 1 beschrieben sind, erhalten und ausüben können. Abs. 2 des Art. 10 zählt die Mindestpflichten der Intermediäre auf. III. Die Bestimmungen des Genfer Wertpapierübereinkommens zur Übertragung von Wertpapieren 309 Kapitel III des Übereinkommens heißt „Transfer of Intermediated Securities“. Art. 11, der erste Artikel von Kapitel III, ist überschrieben mit „Erwerb und Verfügung durch Belastungsbuchung (debit) und Gutschriftsbuchung (credit)“. Credit und debit werden auch anschaulich als „Gold Standard“ bezeichnet, denn sie sind universell als eine Übertragungsmethode anerkannt.836) Art. 12 des Übereinkommens lässt neben dem Erwerb und der Verfügung nach Art. 11 bestimmte andere Methoden zu. Nach Art. 13 kann sogar das non-Convention law noch weitere Methoden vorsehen, aber Rechte, die nach aufgrund von Art. 12 bestimmten Methoden erworben worden sind, genießen Vorrang (Art. 19 Abs. 2).837) 310 Art. 11 Abs. 1 regelt lapidar: „Intermediärverwahrte Wertpapiere werden vorbehaltlich Art. 16 vom Kontoinhaber durch Gutschrift erworben.“ Art. 11 Abs. 2 fügt hinzu, dass kein weiterer Schritt erforderlich ist, und auch nicht vom non-Convention law oder einer anderen anwendbaren Regel des Insolvenzrechts verlangt werden darf, um den Erwerb gegenüber einer dritten Partei wirksam zu machen (no further step-rule). Es ist anerkannt, dass hier nur sog. Erga-omnes-Erfordernisse  wie häufig z. B. notarielle Beurkundungen und Registereintragungen  gemeint sind. Ihre Erfüllung macht den Erwerb oder die Sicherheit in Rechtsordnungen des common law oft erst drittwirksam.838) Art. 11 Abs. 3 sagt genauso simpel für die Verfügung wie für den Erwerb: „Vorbehaltlich Art. 15 und 16 wird über intermediärverwahrte Wertpapiere ___________ 834) Art. 13 Abs. 2 BEG dagegen bestimmt, dass die Kontoinhaber ihre Rechte an Bucheffekten nur gegenüber ihrer Verwahrungsstelle ausüben können und findet keine Entsprechung in dem Übereinkommen; siehe dazu Kuhn, in: FISA, Art. 13 BEG N 7. 835) UNIDROIT Official Commentary, 10-8. 836) Thévenoz, Intermediated Securities, Legal Risk and the International Harmonisation of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 50; siehe zur Gutschrift und ihren Bedeutungen in den unterschiedlichen Systemen Einsele, The Book-Entry in a Securities Account, Unif. L. Rev. 2004-1, 41 – 50. 837) Siehe dazu im Detail UNIDROIT Official Commentary, 19-9. 838) UNIDROIT Official Commentary 11-18; Kronke, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1629; Mülbert, ZBB 2010, 445, 452; Wust, Verbuchung, S. 421 f.; Beckmann, Reformbedarf, S. 190 ff.

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vom Kontoinhaber durch Belastungsbuchung verfügt.“ Art. 15 Abs. 1(a) komplementiert Art. 11 Abs. 3:839) Der Intermediär darf eine Belastungsbuchung nur vornehmen, wenn er vom Kontoinhaber autorisiert worden ist. Die no further step-rule ist für die Belastungsbuchung nicht angeordnet. Das Übereinkommen überlässt es jedoch dem non-Convention law zu definie- 311 ren, was eine Gutschrift bzw. eine Belastungsbuchung ist.840) Auf den ersten Blick scheint Art. 11 zu verlangen, dass der Kontoinhaber die Rechtsposition durch die bloße Gutschrift erwirbt und sie auch durch die bloße Belastungsbuchung wieder verliert. Mülbert folgert daraus die Geltung des Separationsprinzips.841) Das bedeutet für ihn, dass der Kontoinhaber die Rechtsposition originär durch Gutschrift erwirbt und sie durch die Belastungsbuchung wieder aufgibt. Damit sei ein Rechtsübergang gänzlich ausgeschlossen. Weder könne der Veräußerer die Rechtsposition auf seinen Intermediär übertragen und dieser dieselbe auf den Erwerber, noch könne der Veräußerer die Rechtsposition direkt auf den Erwerber übertragen. Dabei unterstellt er, dass Gutschrift und Belastungsbuchung konstitutiv sind, ohne zu definieren, was genau er damit meint. Er scheint davon auszugehen, dass die Gutschrift oder die Belastungsbuchung allein konstitutiv sein müssen und dass keine weiteren Voraussetzungen für den Erwerb oder den Verlust hinzukommen dürfen.842) Auch beim Erwerb eines Grundstücks ist die Eintragung in das Grundbuch konstitutiv; trotzdem muss eine Einigung zwischen den Parteien hinzukommen, damit ein wirksamer Erwerb zustande kommt. Das Erfordernis einer weiteren Erwerbsvoraussetzung schließt nicht aus, dass die Gutschrift und die Belastung ihrer Natur nach konstitutiv sind.843) Zwar sieht Mülbert, dass das Übereinkommen durch seine Verweise auf Art. 16 des Übereinkommens sowohl hinsichtlich der Gutschrift als auch für die Belastungsbuchung die Möglichkeit eröffnet, die Wirksamkeit der Gutschrift und die der Belastungsbuchung an eine Bedingung zu knüpfen,844) ___________ 839) UNIDROIT Official Commentary, 15-8, 15-11 sagt ausdrücklich, dass eine solche Autorisation in einer Verkaufsorder enthalten ist. 840) UNIDROIT Official Commentary, 11-10; 11-21; Chun, Cross-Border Transactions, S. 41. 841) Mülbert, ZBB 2010, 445, 451; derselbe, in: FS Koziol, S. 1055, 1065; so wohl auch Kronke, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1630, mit Verweis auf Mülbert; dem wohl folgend Hanten, S. 197; Voß, EWS 2010, 209, 210 scheint unter dem Separationsprinzip zu verstehen, dass die Übertragung der Bündel I und II aufgrund von separaten Vorgängen erfolgt. 842) A. A. auch Einsele, ZHR 177 (2013), 50, 68. 843) Auch Wust geht davon aus, dass die Gutschrift gemeinsam mit anderen Voraussetzungen konstitutiv wirken kann, Verbuchung, S. 423; wobei er entgegen der h. M. der Ansicht ist, dass die deutsche Gutschrift nach heutiger Rechtslage konstitutiv wirkt. 844) Laut Kronke, nimmt Art. 16 des Genfer Übereinkommens ausdrücklich auf die deutsche Praxis Bezug (Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1628). Außerdem berichtet Kronke (Fn. 22), dass der Vertreter der Intermediäre auf der Informationsveranstaltung des BMJ am 21.5.2010 sich für die Fortführung der bisherigen Praxis der bedingten Buchung aussprach, jedoch die Kunden benachrichtigen wollte, dass die Rechtswirkungen erst an (T+2) eintreten.

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jedoch meint er, eine solche Wirksamkeitsbedingung sei mit der konstitutiven Natur der Gutschrift bzw. der Belastungsbuchung nicht vereinbar.845) Außerdem könne diese „Verkoppelung“ keinen derivativen Erwerb bewirken, vielmehr stünden Rechtsverlust und Rechtserwerb durch eine logische beziehungsweise juristische Sekunde getrennt unverbunden nebeneinander.846) Eine Begründung bleibt er jedoch schuldig. 312 Die Entstehungsgeschichte des Übereinkommens spricht dafür, dass es einen derivativen Erwerb nach nationalem Recht durchaus zulässt.847) Zu Beginn der Arbeiten am Übereinkommen wurde festgestellt, dass Gutschriften und Belastungsbuchungen universell als Erwerbs- und Verfügungsmethode anerkannt sind.848) Das UNIDROIT-Positionspapier der Study Group aus dem Jahr 2003 stellt Anforderungen an die rechtlichen Vorschriften für Verfügungen: Sie müssen klarmachen, dass eine Verfügung, die durch eine Belastungsbuchung oder eine Gutschrift in einem Wertpapierkonto bewirkt wird, aufgrund des erforderlichen Eintrages (book entry) oder der erforderlichen Einträge wirksam ist. Fußnote 28 des Positionspapiers erläutert, dass es von der Rechtsnatur des Rechtes abhinge, welches die Gutschrift repräsentiert, ob hier die Belastungsbuchung und die Gutschrift als eine einzige Übertragung eines Eigentumsrechts zu betrachten sind (in welchem Fall zu entscheiden sei, auf welche Buchung es ankommt) oder ob die Belastungsbuchung so zu interpretieren sei, dass diese das Recht zum Erlöschen und die Gutschrift entsprechend das Recht wiederum zum Entstehen bringt (in welchem Fall diese Rechte nicht als identisch betrachtet werden müssten).849) Das Positionspapier will also die Wahl zwischen einem Eigentumsrecht und einem sonstigen Recht eröffnen. Der Offizielle Kommentar zum Übereinkommen bestätigt dies für dessen endgültige Version.850) ___________ 845) Mülbert, ZBB 2010, 445, 453; derselbe, in: FS Koziol, S. 1055, 1066. 846) So auch Kronke, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1631, obwohl er anerkennt, dass das Übereinkommen an sich mit Art. 16 des Übereinkommens die Verknüpfung von Gutschrifts- und Belastungsbuchung gerade auch im Interesse der deutschen Rechtslage zulassen wollte (S. 1630) und auch die Ansicht vertritt, dass dem nationalen Gesetzgeber diese Ausgestaltung frei stünde (S. 1631); ebenso Garcimartín Alférez, Unif. L. 2010, 743 – 750; a. A. Beckmann, Reformbedarf, S. 194. 847) UNIDROIT Official Commentary, 11-4, 11-12; Thévenoz, Transfer of intermediated Securities, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 135, 140; Keijser/Parmentier, BKR 2010, 153, noch mit Verweis auf den Entwurf des UNIDROIT Official Commentary (Conf. 11/2  Doc. 5, 1  14, nicht mehr auf der Webseite der UNIDROIT abrufbar); so auch Einsele, ZHR 177 (2013), 50, 69; wohl auch Casper, Register statt Papier?, S. 173, 187; De Vauplane/Yon bedauern, dass das Übereinkommen beides zulässt und nicht nur den No credit without debit-Ansatz, The concept of integrity in securities holding systems in Intermediated Securities, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 193, 210. 848) UNIDROIT Official Commentary, 11-1. 849) UNIDROIT Position Paper August 2003, S. 19. 850) UNIDROIT Official Commentary, 9-1, 9-3.

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Konstruktiv ermöglicht Art. 16 des Übereinkommens den derivativen Er- 313 werb.851) Nach Art. 16 des Übereinkommens (vorbehaltlich Art. 18) können das non-Convention law oder, soweit nach non-Convention law zulässig, die Kontovereinbarung oder die Regeln des Abwicklungssystems bestimmen, ob und unter welchen Umständen eine Belastungsbuchung, eine Gutschrift oder ein Depotvermerk (oder auch Drittberechtigungsvermerk852) (designating entry)) oder seine Aufhebung unwirksam sind, wieder rückgängig gemacht oder einer Bedingung unterworfen werden können; außerdem werden auch die Folgen einer solchen Vorgehensweise geregelt. Bereits das Positionspapier der Study Group thematisiert die Zulässigkeit einer 314 bedingten Buchung (provisional credits).853) Art. 5 Abs. 2 des ersten Entwurfs des Übereinkommens sieht vor, dass eine Belastung oder eine Gutschrift bedingt vorgenommen werden kann und Drittwirkung erst entfaltet, sobald die Bedingung eingetreten ist.854) Gleichzeitig bestimmt der erste Entwurf jedoch, dass die Wirkung einer Belastung oder Gutschrift auf einem Depotkonto nicht schon deswegen entfällt, weil ein Depotkonto, auf dem eine korrespondierende Gutschrift oder Belastung erfolgt ist, nicht ermittelbar ist (Art. 3 Abs. 4).855) Der nächste Absatz, Art. 3 Abs. 5 regelt, dass Belastungen und Gutschriften im Hinblick auf Wertpapiere der gleichen Art auf Nettobasis vorgenommen werden dürfen (heute Art. 11 Abs. 5856)). Diese Regelung soll offensichtlich den Einsatz eines Zentralen Kontrahenten im Rahmen des Clearing und Settlement ermöglichen. Art. 3 Abs. 4 wurde jedoch während der dritten Sitzung der Kommission der 315 Regierungsexperten endgültig gestrichen,857) nachdem er zwischenzeitlich verschiedenen Änderungen unterworfen worden war.858) Die deutsche Dele___________ 851) UNIDROIT Official Commentary 11-14; Than, in: FS Hopt, S. 231, 245; Kronke, Das Genfer UNIDROIT-Übereinkommen, WM 2010, 1625, 1630; Eichholz, WM 2013, 250, 253; ebenso Beckmann, Reformbedarf, S. 192; auch Wust, Verbuchung, S. 419, der ausdrücklich den Erwerb entlang der Kette als Möglichkeit sieht; allgemeiner Thévenoz, Intermediated Securities, Legal Risk, and the International Harmonisation of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 51. 852) Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 153. 853) UNIDROIT Position Paper August 2003, S. 24; siehe auch Thévenoz, Intermediated Securities, Legal Risk and the International Harmonisation of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 54, Fn. 127. 854) Preliminary Draft Convention on Harmonizied Substantive Rules Regarding Securities Held With An Intermediary, UNIDROIT 2004-Study LXXVIII  Doc. 18. 855) Siehe zur Entwicklung dieser Diskussion detailliert auch Beckmann, Reformbedarf, S. 186 – 190. 856) UNIDROIT Official Commentary 11-29. 857) UNIDROIT Official Commentary 11-7. 858) Im 2. Entwurf des Übereinkommens (UNIDROIT 2005-Study LXXVIII  Doc. 24 (Appendix 1) heißt es in Art. 5 Abs. 4: „Without prejudice to any rule of the domestic non-Convention law requiring that no credit or debit be made without a corresponding debit or credit, a debit or credit of securities to a securities account is not ineffective because it is not possible to identify a securities account to which a corresponding credit or debit has been made.“

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

gation hatte mehrmals vorgebracht, es sei in einem System, das auf dem Eigentumsrecht basiert, unabdingbar, dass die Gutschrift mit einer korrespondierenden Belastungsbuchung verbunden ist.859) Das Schlagwort im Zusammenhang mit diesem Anliegen ist gemeinhin no credit without debit. Es dürften keinesfalls mehr Rechte entstehen, als ausgegeben worden sind. Die No-creditwithout-debit-Regel stellt  nach Ansicht der deutschen Delegation  sicher, dass es nicht zu einer Vermehrung der Rechte komme und die Integrität der Emission auf diese Art und Weise geschützt sei. In Deutschland wird mit dieser Regel der derivative Erwerb verbunden und als Allheilmittel betrachtet.860) 316 Im Ergebnis bedeutet dies erstens, dass der Erwerb der Rechtsposition durch einen Kontoinhaber von einem anderen Kontoinhaber beim selben Intermediär von einer Belastungsbuchung abhängig gemacht werden kann (no credit without debit) und zweitens, dass der Verlust der Rechtsposition des verfügenden Kontoinhabers von der Gutschrift auf dem Depot des erwerbenden Kontoinhabers abhängig gemacht werden kann (no debit without credit). Erwerb und Verlust der Rechtsposition treten damit im selben Moment ein.861) IV. Fehlerhafte Buchungen und ihre Stornierung 317 Das Genfer Übereinkommen kennt keine Vorschriften über fehlerhafte Buchungen und ihre Stornierungen862) wie das Schweizer Bucheffektengesetz. Nach Art. 16 des Übereinkommens ist es dem non-Convention law, der Kontovereinbarung oder den Regeln des Abwicklungssystems überlassen, ob und unter welchen Umständen Buchungen rückgängig gemacht werden können und was die Folgen einer Rückgängigmachung sind. Diese Bestimmungen dürfen jedoch nur vorbehaltlich der zentralen Verkehrsschutznorm des Übereinkommens (Art. 18) getroffen werden. Gemäß Art. 15 des Übereinkommens darf der Intermediär eine Belastung oder einen Depotvermerk nur vornehmen oder diese rückgängig machen oder auf andere Art über intermediärverwahrte Wertpapiere verfügen, wenn der Kontoinhaber oder die Person, deren Recht betroffen ist, zugestimmt hat.

___________ 859) Comments submitted by the Government of the Federal Republic of Germany UNIDROIT 2005 Study LXXVIII  Doc. 21, S. 2; UNIDROIT 2008, CONF. 11  DOC. 20 August 2008, S. 2: „In a system governed by the law of property there must always be an owner, yet there can only be one owner. It is therefore essential that credit and debit form an inseparable pair of transactions.“; UNIDROIT CONF. 11/2  DOC. 11, 24.8.2009, S. 2; UNIDROIT 2009 CONF. 11/2  Doc. 24, 1.10.2009, S. 1. 860) So auch Christmann, BKR 2005, 249; zuletzt vorgebracht von Frau Höhfeld, der Vertreterin des BMJ, auf dem 2. Frankfurter Börsenforum am 15.10.2014 mit dem Thema „Securities Law Legislation – auf dem Weg zu einem europäischen Wertpapierrecht. 861) So auch Einsele, ZHR 177 (2013), 50, 69; MüKoHGB/Einsele, Depotgeschäft, Rn. 120b. 862) Anders noch Art. 13 des Vorentwurfs, UNIDROIT, Study LXXVIII  Doc. 94, July 2007; siehe dazu Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, S. 303, 312.

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C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens

V. Der Schutz des gutgläubigen Erwerbs 1. Allgemeines Wie beim Bucheffektengesetz gingen die am Entwurf und den Beratungen 318 zum Übereinkommen beteiligten Parteien davon aus, dass Regeln zum gutgläubigen Erwerb für den Effektengiroverkehr unabdingbar sind, um Rechtssicherheit und Effizienz zu erreichen.863) Nach Ansicht der Study Group erhält der Vertragspartner des verfügenden Intermediärs „a good interest“ zum Nachteil des Kontoinhabers, wenn der Intermediär des Kontoinhabers unbefugt über die bei einem höheren Intermediär verwahrten Wertpapiere des Kontoinhabers verfügt. Der Schutz der Kontoinhaber gegen unbefugte Verfügungen sei ein regulatorisches Thema, und daher müssten Intermediäre mit regulatorischen Anforderungen und Mitteilungspflichten belegt werden.864) Die Regeln zum „gutgläubigen Erwerb“ finden sich in Art. 18 des Überein- 319 kommens. Die Delegationen sprachen sich entsprechend dem funktionalen Ansatz für eine möglichst neutrale Formulierung aus und überschrieben Art. 18 mit den Worten „Acquisition by an innocent person“ anstelle von „Good faith or bona fide acquisition“.865) Die Vorschrift ist ausdrücklich auf alle nationalen Rechtssysteme zugeschnitten, unabhängig davon, wie diese intermediärverwahrte Wertpapiere charakterisieren (proprietary rights, interests or entitlements) und wie sie die Übertragung der intermediärverwahrten Wertpapiere qualifizieren: als einen abgeleiteten Erwerb des Erwerbers vom Verkäufer oder als einen originären Erwerb vom relevanten Intermediär.866) Nebenbei sei angemerkt, dass Art. 18 ebenfalls den „gutgläubigen Erwerb“ von Sicherungsrechten an intermediärverwahrten Wertpapieren ermöglicht. Voraussetzung des Erwerbs gemäß Art. 18 des Übereinkommens ist wie bei Art. 29 BEG die Entgeltlichkeit des Erwerbs. Dort wie hier wird jedenfalls die Einräumung eines

___________ 863) UNIDROIT, Position Paper August 2003, S. 21; Summary Report der Informal Working Group on Article 14 of the draft Convention, UNIDROIT 2008, CONF. 11  DOC. 8, March 2008, S. 8, I.1 (Art. 14 ist die Vorversion des Art. 18 des Übereinkommens); UNIDROIT Official Commentary, 18-2; a. A. J.S. Rogers, Cardozo Law Review (1990), 471, 479; so wohl auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014) jedenfalls für das Effektenkommissionsgeschäft an der Börse, § 5 III 1. b). 864) UNIDROIT, Position Paper August 2003, S. 21 f.; es sei angemerkt, dass das Positionspapier anders als später Art. 18 des Übereinkommens noch auf den guten Glauben des höheren Intermediärs abstellt. 865) Summary Report der Informal Working Group on Article 14 of the Draft Convention, UNIDROIT 2008, CONF. 11  DOC. 8, March 2008, S. 3, III. 1. Ziffer 8 (Art. 14 ist die Vorversion des Art. 18 des Übereinkommens); Paech, WM 2005, 1101, 1107; Keijser/ Parmentier, BKR 2010, 151, 153; Chun, Cross-Border Transactions, S. 75; Wust, Verbuchung, S. 425. 866) Informal Working Group on Art. 14 of the Draft Convention, Preliminary Note, UNIDROIT 2007, Study LXXVIII  Doc. 96, S. 4, II. 4.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

Sicherungsrechtes immer als entgeltlich betrachtet.867) Unentgeltlich ist der Erwerb gemäß Art. 18 des Übereinkommens laut Offiziellem Kommentar auch, wenn ein Kontoinhaber aufgrund eines Fehlers oder sonst unerwartet eine Gutschrift auf seinem Wertpapierkonto erhält.868) Art. 18 Abs. 4 ergänzt, dass einerseits der Schutz des Erwerbers nach nationalem Recht weiter gehen kann als derjenige nach dem Übereinkommen und dass andererseits der Schutz nach dem Übereinkommen nicht durch Regeln des nationalen Rechts konterkariert werden darf (Safe-harbour-Klausel).869) Art. 18 des Übereinkommens enthält zwei Tatbestände zum Schutz des Erwerbers. Die Regeln des Art. 18 werden im Folgenden fast wörtlich in die deutsche Sprache übersetzt, um einen Eindruck von ihrer Komplexität zu vermitteln. 2. Art. 18 Abs. 1 des Genfer Wertpapierübereinkommens 320 Art. 18 Abs. 1 des Übereinkommens870) bestimmt, dass (a) das Recht oder Interesse des Erwerbers nicht dem Interesse einer anderen Person unterliegt, (b) der Erwerber gegenüber der anderen Person nicht haftet und (c) dass die Gutschrift, der Depotvermerk oder das Interesse nicht gegenüber dritten Parteien ungültig oder unwirksam sind oder storniert werden können, weil sie die Rechte einer anderen Person verletzen. Dies gilt nur unter zwei Voraussetzungen: Der Erwerber weiß zur maßgeblichen Zeit871) nicht und hätte nicht wissen müssen, dass die andere Person ein Interesse an den Wertpapieren oder den intermediärverwahrten Wertpapieren hat und dass die Gutschrift in seinem Wertpapierkonto, der gewährte Depotvermerk oder das Interesse (interest) die Rechte dieser anderen Person verletzt. 321 Erwerber ist nach Art. 17 (a)(I) der Kontoinhaber, auf dessen Wertpapierkonto Wertpapiere gutgeschrieben werden oder nach Art. 17 (a)(II) eine Person, der gemäß Art. 12 des Übereinkommens ein Interesse an intermediärverwahrten Wertpapieren gewährt wird. Art. 17 (b) steuert noch eine Auslegungsregel bei: Bei der Bestimmung, ob eine Person ein Interesse oder eine Tatsache hätte kennen müssen, sind die Charakteristika und Anforderungen der Wertpapiermärkte einschließlich des Verwahrsystems zu berücksichtigen. Außer___________ 867) UNIDROIT Official Commentary, 18-15; Summary Report der Informal Working Group on Article 14 of the draft Convention, UNIDROIT 2008, CONF. 11  DOC. 8, March 2008, S. 8, III. 1. Ziffer 18. 868) UNIDROIT Official Commentary, 18-16; Chun, Cross-BorderTransactions, S. 80; Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 154, gehen davon aus, dass der Erwerber nicht redlich ist; a. A. Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, S. 303, 313, er scheint anzunehmen, dass der Erwerber gemäß Art. 18 erwürbe. 869) UNIDROIT Official Commentary 18-18; Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 154; Wust, Verbuchung, S. 425. 870) Siehe den ausführlichen Summary Report der Informal Working Group on Article 14 of the draft Convention, UNIDROIT 2008, CONF. 11  DOC. 8, March 2008. 871) Siehe Art. 17(e) des Übereinkommens.

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C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens

dem hat der Erwerber keine generelle Pflicht nachzufragen oder nachzuforschen. Letzteres klingt für rechtlich deutsch ausgebildete Ohren recht bekannt.872) Hingewiesen sei auf die ausdrückliche Regel für Organisationen (Art. 17 (d)). Diese wissen oder müssen dann von einem Interesse oder einer Tatsache wissen, wenn die Person, die für die Angelegenheit hinsichtlich deren das Interesse oder die Tatsache relevant sind, zuständig ist, von dem Interesse oder der Tatsache Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Wie im BEG kommt es nach dem Übereinkommen auf den guten Glauben 322 des Erwerbers und nicht auf den der eingeschalteten Institute, wie zum Beispiel der Wertpapiersammelbank, des Zentralen Kontrahenten oder des maßgeblichen Intermediärs an. Streitig ist, ob das non-Convention law eine Zurechnung des Wissens der eingeschalteten Institute zulasten des Erwerbers vorsehen kann.873) Der Wortlaut des Art. 18 des Übereinkommens verlangt ebenso wenig wie 323 der des Art. 29 BEG das Vorliegen eines Rechtsscheintatbestandes, denn das Übereinkommen will einen Erwerb auch erlauben, wenn Veräußerer und Erwerber nicht miteinander in Kontakt treten.874) Die Rechtfertigung für den Verkehrsschutz im Rahmen des Art. 18 des Übereinkommens liegt wie beim gutgläubigen Erwerb nach dem BEG875) im Vertrauen in ein funktionierendes Effektengirosystem.876) 3. Art. 18 Abs. 2 des Genfer Wertpapierübereinkommens Art. 18 Abs. 2 regelt, dass (a) die Gutschrift, der Depotvermerk oder das In- 324 teresse gegenüber dritten Parteien nicht wegen eines vorhergehenden fehlerhaften Eintrags (earlier defective entry) ungültig oder unwirksam sind oder storniert werden können und dass (b) der Erwerber nicht gegenüber demjenigen haftet, der von der Unwirksamkeit oder der Stornierung des fehlerhaften Eintrags profitieren würde. Ein solcher fehlerhafter Eintrag liegt gemäß Art. 17 (d) vor, wenn eine Gutschrift oder ein Depotvermerk unwirksam ist ___________ 872) Siehe statt vieler zu § 932 Abs. 2 BGB, Palandt/Bassenge, BGB, § 932 Rn. 10; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III 2. e) bb); Beckmann, Reformbedarf, S. 235. 873) Dafür Sauer, S. 144, ohne Begründung; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014) § 16 III 2. e) bb) zweifelt; Beckmann, Reformbedarf, S. 237, verneint; Wust, Verbuchung, S. 426, unklar; Einsele, ZHR 177 (2013), 50, 70, sieht das Problem nicht, denn sie geht in Übereinstimmung mit ihrer Meinung, dass für den Erwerb des Enderwerbers die Gutschrift auf dem Depotkonto der Erwerberbank bei Clearstream Banking AG entscheidend ist (siehe oben Kapitel 6 D. III. 2. b)), davon aus, dass es auch nach dem Genfer Übereinkommen auf den guten Glauben der Erwerberbank ankommt. 874) Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 153; siehe dazu im Detail Beckmann, Reformbedarf, S. 238 ff. 875) Siehe Kapitel 8. C. V. 876) Beckmann, Reformbedarf, S. 238.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

oder storniert werden muss. Entsprechendes gilt, wenn es sich bei dem fehlerhaften Eintrag um eine bedingte Gutschrift oder einen bedingten Depotvermerk handelt, die unwirksam werden oder storniert werden müssen, oder wenn die Bedingung nicht eintritt. Der Verkehrsschutz nach Abs. 2 greift nur, wie derjenige nach Art. 18 Abs. 1, wenn der Erwerber zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht weiß und nicht hätte wissen müssen, dass der vorhergehende Eintrag fehlerhaft war. Art. 18 Abs. 2 kann jedoch durch die Regeln des Abwicklungssystems oder die Kontovereinbarung abbedungen werden, soweit das non-Convention law dies zulässt. 325 Bereits in der Entwurfsphase des Übereinkommens wurde das Verhältnis der beiden „Gutglaubens“tatbestände zueinander diskutiert.877) Inzwischen stellt der Offizielle Kommentar die Situation klar. Art. 18 Abs. 1 soll nun typischerweise in sog. Drei-Parteien-Situationen anwendbar sein und schützt dann den „unschuldigen“ Dritten. Wenn beispielsweise der Kontoinhaber X Wertpapiere an Y überträgt, Y den X jedoch über den Kaufpreis getäuscht hat, Y nicht bezahlt hat oder aber die Vereinbarung zwischen X und Y aus sonstigen Gründen unwirksam ist, ist derjenige, der von Y erwirbt (Z, der „Dritte“), nach Art. 18 Abs. 1 geschützt.878) Aber auch der Ersterwerber, der Zweite in der Kette, kann den Schutz des Art. 18 Abs. 1 unter Umständen für sich in Anspruch nehmen. Wenn die Vereinbarung zwischen X und Y unwirksam ist und Y nichts von der Unwirksamkeit der Belastungsbuchung im Wertpapierkonto des X gewusst hat, dann ist Y in seinem Erwerb nach Art. 18 Abs. 1 gegenüber X, dem Veräußerer, geschützt.879) 326 Art. 18 Abs. 2 dagegen soll den Erwerber in erster Linie gegen Stornierungen durch seinen Intermediär aufgrund von vorhergehenden fehlerhaften Einträgen schützen.880) Art. 17(d) erfasst aber nur fehlerhafte Gutschriften und nicht fehlerhafte Belastungsbuchungen. Beispiel:881) Ein minderjähriger X verkauft Wertpapiere an der Börse, und Y kauft diese über seinen Intermediär. Nach dem non-Convention law, das in dem Beispiel dem Prinzip des derivativen Erwerbs folgt (no credit without debit), ist die Belastungsbuchung im Depotkonto des minderjährigen X unwirksam und muss korrigiert werden. Demzufolge ist die Gutschrift im Wertpapierkonto des Intermediärs des Y ebenfalls unwirksam und muss korrigiert werden. Gleiches sollte für die Gutschrift im Wertpapierkonto des Erwerbers Y gelten (no credit without debit). ___________ 877) Siehe Summary Report der Informal Working Group on Article 14 of the draft Convention, UNIDROIT 2008, CONF. 11  DOC. 8, March 2008, S. 9; siehe zu Details Beckmann, Reformbedarf, S. 243. 878) UNIDROIT Official Commentary, 18-6. 879) UNIDROIT Official Commentary, Beispiel 18-3 in 18-6. 880) UNIDROIT Official Commentary, 18-7. 881) UNIDROIT Official Commentary, 18-8; 11-13; dazu auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014): er stellt versehentlich auf die Lastschrift ab, § 16 III 2. e) cc) (2).

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C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens

Hier hilft dem Erwerber Y jedoch Art. 18 Abs. 2, wenn er nicht gewusst hat, dass die Gutschrift im Wertpapierkonto seines Intermediärs fehlerhaft war. Wenn der minderjährige X und der Erwerber Y ihre Wertpapierkonten dagegen beim selben Intermediär haben, kann mangels einer vorhergehenden fehlerhaften Gutschrift dem Y nur Art. 18 Abs. 1 helfen.882) Verfügt der Erwerber Y weiter, kann der Dritte sich auf den Schutz des Art. 18 Abs. 1 oder 2 berufen. Beide Abschnitte sind nebeneinander anwendbar.883) Festzustellen bleibt am Ende, dass sowohl Art. 18 Abs. 1 als auch Art. 18 Abs. 2 über eine fehlende Verfügungsberechtigung und über sonstige Mängel beim Erwerb hinweghelfen können. Der Schutz nach Art. 18 Abs. 1 bleibt außerdem bestehen, selbst wenn im gleichen Fall der Schutz nach Art. 18 Abs. 2 gemäß Art. 18 Abs. 5 ausgeschlossen sein sollte.884) Wer den Verlust trägt, lässt Art. 18 des Übereinkommens offen.885) Dies ent- 327 spricht dem funktionalen Ansatz. So sagt dann auch der Offizielle Kommentar: „Since the Convention harmonises the credit but not the debit side of transactions, the non-Convention law may require that in the case of acquisition by an innocent person a corresponding debit must occur in order to avoid an inflation of securities.“886) Abschließend sei noch auf folgendes Beispiel im Offiziellen Kommentar hin- 328 gewiesen.887) Kontoinhaber X gibt einen Kaufauftrag für 1000 Wertpapiere an seinen Intermediär. Sein Intermediär erteilt ihm an (T+1) eine Gutschrift. In den Geschäftsbedingungen des Intermediärs ist vereinbart, dass die Gutschrift durch die Lieferung der Wertpapiere seitens des Zentralverwahrers bedingt ist. Die Lieferung erfolgt jedoch nicht wie vorgesehen an (T+2). An (T+1) vereinbart der Kontoinhaber ein Sicherungsrecht zugunsten von Y. Der Intermediär des X macht entsprechend der Weisung des X einen Depotvermerk in dessen Wertpapierkonto hinsichtlich der 1000 Wertpapiere. Als die Lieferung ausbleibt, will der Intermediär die bedingte Gutschrift rückgängig machen. Y wusste weder, dass X die Wertpapiere an (T+0) gekauft hatte, noch, dass die Gutschrift bedingt war. Der Offizielle Kommentar sagt, dass der In___________ 882) UNIDROIT Official Commentary, 11-13; siehe dazu auch Beckmann, Reformbedarf, S. 245. 883) UNIDROIT Official Commentary, 18-11. 884) UNIDROIT Official Commentary, 18-11, dazu auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III. 2. e) cc) (1). 885) Wust, Verbuchung, S. 427; dazu auch Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, S. 314 f.; Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 154; Chun, Cross-Border Transactions, S. 83. 886) UNIDROIT Official Commentary, 18-1; 11-13: „The non-Convention law will determine whether AH-1, IM-1 or IM-2 suffers the loss resulting from the protection of AH-2 as innocent acquirer.“ 887) UNIDROIT Official Commentary 16-22, Beispiel 16-4; dazu auch Wust, Verbuchung, S. 427 f.; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III 2. e) cc) (2).

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

termediär die Gutschrift nicht rückgängig machen darf, da Y durch Art. 18 Abs. 2 des Übereinkommens geschützt sei. Der Intermediär hätte den Depotvermerk nicht machen sollen, bevor nicht die Lieferung erfolgt war. Laut Offiziellem Kommentar muss der Intermediär die 1000 Wertpapiere zugunsten von X kaufen, sie dem Wertpapierkonto des X gutschreiben, damit Y ein Sicherungsrecht erhält. Der Intermediär könnte sich schützen, indem er den Depotvermerk mit einem entsprechenden Vermerk versieht oder in der Kontrollvereinbarung festhält, dass die Gutschrift bedingt ist. Ob eine solche Möglichkeit besteht, hängt jedoch vom non-Convention law ab. Nach Art. 16 kann die Gutschrift zwar unter eine Bedingung gestellt werden, aber dies nur vorbehaltlich Art. 18 des Übereinkommens. Dies bedeutet an sich, dass nach dem Genfer Übereinkommen unter Umständen auch ein gutgläubiger Erwerb der Wertpapiere selbst (und nicht nur des Sicherungsrechts) möglich ist, wenn keine Lieferung erfolgt ist.888) Dies ist jedenfalls nicht mit einem sachenrechtlichen System wie dem deutschen vereinbar. Denn es setzt auch für den gutgläubigen Erwerb die Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses auf der Ebene des Zentralverwahrers voraus.889) Außerdem wäre damit zumindest eine vorübergehende Vermehrung von Rechten verbunden, solange der Intermediär nicht auf seine Kosten für Deckung gesorgt hätte. Segna und Wust plädieren im Rahmen des oben geschilderten Falles dafür, dass in sachenrechtlichen Systemen die Regeln des Abwicklungssystems oder die Kontenvereinbarung die Bestimmung des Art. 18 Abs. 2 des Übereinkommens, so wie es Art. 18 Abs. 5 auch gestattet, abbedingen müssen.890) VI. Die Integrität des Systems 329 Kapitel IV mit den Artikeln 21 bis 30 trägt die Überschrift: „Integrity of the Intermediated Holding System“. Art. 24 des Übereinkommens ist eine der Kernregeln (core rule) hinsichtlich der Integrität des Systems.891) Danach muss ein Intermediär für jede Gattung die Anzahl an intermediärverwahrten Wert___________ 888) So wohl auch Einsele, ZHR 177 (2013), 71 f.; MüKoHGB/Einsele Depotgeschäft, Rn. 120c: Sie ist der Auffassung, dass Art. 18 Abs. 2 des Übereinkommens einen gutgläubigen Erwerb auch dann ermöglicht, wenn keine korrespondierende Belastungsbuchung erfolgt ist und findet das angemessen, da der Erwerber nicht in die IT-Systeme hineinschauen kann. Mit dem sachenrechtlichen System sei dies aber nicht zu vereinbaren, denn der Erwerber rücke nicht näher an die Sache heran, als derjenige, der die Rechtsposition verliert. Sie konzediert jedoch, dass das Übereinkommen nichts dazu sagt, ob mit dem Erwerb ein Rechtsverlust einhergeht oder nicht; auch Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III 2. e) cc) (2), ist der Ansicht, dass das Übereinkommen den gutgläubigen Erwerb auch bei Nichtlieferung ermöglicht. 889) Siehe Kapitel 6 D.II.5.b); Lehmann, Finanzinstrumente, S. 426. 890) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III. 2. e) cc); so wohl auch Wust, Verbuchung, S. 429. 891) UNIDROIT Official Commentary, 24-1; siehe auch Mooney, Charles W. Jr., The truth about shortfall of intermediated securities – perspectives under the Geneva Securities Convention, United States law, and the future EU legislation, in: Conac/Segna/ Thévenoz (Hrsg.), S. 160 – 192.

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C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens

papieren oder Wertpapieren halten oder verfügbar haben, die der Summe der auf den Wertpapierkonten der Kontoinhaber gutgeschriebenen Wertpapiere entspricht (Art. 24 Abs. 1 (a)). Entsprechendes gilt für die Wertpapiere, die er für sich selbst hält (Art. 24 Abs. 1(b)).892) Art. 24 Abs. 2 zeigt beispielhaft auf,893) wie der Intermediär diese Anforderung 330 erfüllen kann. Das non-Convention law, die Regeln des Abwicklungssystems oder die Kontovereinbarung können andere geeignete Methoden vorsehen (Art. 24 Abs. 4 i. V. m. Art. 24 Abs. 2(e)).894) Jedenfalls aber kann der Intermediär zum Beispiel zu diesem Zweck Urkunden besitzen (Art. 24 Abs. 2(c)) oder aber intermediärverwahrte Wertpapiere bei einem anderen Intermediär halten (Art. 24 Abs. 2(d)). Diese Urkunden und intermediärverwahrte Wertpapiere muss der Intermediär gemäß Art. 25 Abs. 1 den Rechten seiner Kontoinhaber zuordnen, soweit dies erforderlich ist, um über entsprechende Deckung für die Wertpapiere der Kontoinhaber gemäß Art. 24 Abs. 1(a) zu verfügen. Dabei ist unerheblich, ob der Intermediär die Wertpapiere seiner Kontoinhaber von seinen eigenen Wertpapieren auf der übergeordneten Verwahrebene getrennt hält oder nicht.895) Die gemäß Art. 25 Abs. 1 zugeordneten Wertpapiere sind nicht Bestandteil des Eigentums (property) des Intermediärs (Art. 25 Abs. 2). Wie diese Zuordnung vorzunehmen ist, bestimmt das non-Convention law oder, soweit vom non-Convention law gestattet, eine Vereinbarung zwischen den relevanten Intermediären (Art. 25 Abs. 3). Die Zuordnung kann, muss aber nicht, durch Kontentrennung (segregation896)) vorgenommen werden (Art. 25 Abs. 4).897) Was das Genfer Übereinkommen unter Kontentrennung versteht, ist in Art. 25 Abs. 4 definiert: Entweder hält der Intermediär die Wertpapiere seiner Kontoinhaber zusammen in einem Konto bei einem übergeordneten Intermediär und seine Wertpapiere getrennt davon (minimal segregation898)) (Art. 25 Abs. 4(a)), oder er hält die Wertpapiere seiner Kontoinhaber ___________ 892) Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III 3. c) nimmt ohne Begründung an, dass es dem nationalen Gesetzgeber freistünde, dies anzuordnen; a. A. Official Commentary, 24-10; siehe die Beiträge verschiedener Mitgliedstaaten zu dieser Vorschrift, UNIDROIT Official Commentary 24-9. 893) UNIDROIT Official Commentary, 24-16; 24-22. 894) Art. 24 des Übereinkommens ist im Zusammenhang mit Art. 28 Abs. 2 zu lesen; siehe dazu Mooney, Charles W. Jr., Unif. L. Rev. 2010, 801 – 813. 895) So noch ganz deutlich zum 1. Entwurf des Übereinkommens, Paech, WM 2005, 1101, 1107; weniger deutlich der Offizielle Kommentar in 25-12: „…that the securities or intermediated securities held by the intermediary under Art. 24 Abs. 1 must first (Hervorhebung durch die Autorin) be allocated to its accountholders.“ Dafür aber in 25-5: „…the provision was redrafted basically to clarify that it could be applied to both jurisdictions where intermediaries segregate accounts (i.e differentiate their own securities and their account holders’ securities) and those where they do not.“ 896) Informativ zur Kontentrennung Garrido, Unif. L. Rev. 2010, 779, 786. 897) UNIDROIT Official Commentary 25-6; 25-18. 898) Goutay, Topic 2 of UNIDROIT Seminar on Intermediated Securities-Paris, France in 2006, verfügbar auf www.unidroit.org/english/documents/2006/study78/s-78-sem03e.pdf, S. 9, 11 f. (zuletzt abgerufen am 23.2.2015).

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

sogar für jeden Kontoinhaber (full segregation899)) oder für Gruppen von Kontoinhabern getrennt beim übergeordneten Intermediär und seine Wertpapiere wiederum getrennt davon in einem Konto (Art. 25 Abs. 4(b)). Eine Kontentrennung beim übergeordneten Intermediär kann jedenfalls technisch gegen einen Missbrauch der Wertpapiere der Kontoinhaber durch ihren Intermediär schützen, denn der übergeordnete Intermediär darf die Weisung des untergeordneten Intermediärs nicht ausführen, wenn Letzterer keine ausreichende Anzahl an Wertpapieren in seinem Konto hält.900) 331 Hält der Intermediär keinen ausreichenden Bestand vor, ist er verpflichtet, innerhalb eines vom non-Convention law festzulegenden Zeitrahmens901) die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um die Einhaltung der Deckungspflicht sicherzustellen (Art. 24 Abs. 3). Pöch beklagt zu Recht, dass das Übereinkommen alles Weitere dem non-Convention law überlässt und damit der Rechtsunsicherheit Tür und Tor öffnet. Damit sei nämlich nicht einheitlich geregelt, wer in der Zwischenzeit bezugs- oder stimmberechtigt ist. Aufsichtsrechtliche Regelungen gehören nicht in das Übereinkommen, und so empfiehlt er, im Depotvertrag zu vereinbaren, dass der Intermediär die Bestände täglich abgleichen muss und im Fall eines Unterbestandes sofort  ohne Rücksicht auf ein Verschulden  eindecken muss. Diese Verpflichtung müsste streng genommen auf jeder „Verwahr“stufe in die Depotverträge aufgenommen werden.902) Pöchs Empfehlung bewegt sich im Rahmen von Art. 28 des Übereinkommens. Dieser verweist hinsichtlich der Ausgestaltung der Verpflichtungen des Intermediärs auf das non-Convention law, die Kontovereinbarung und das Abwicklungssystem. Grundsätzlich darf der Intermediär seine Haftung für grobe Fahrlässigkeit (gross negligence) und Vorsatz (wilful misconduct) nicht ausschließen (Art. 28 Abs. 4). Trotz alledem kann Art. 24 nicht garantieren, dass keine Unterbestände beim Intermediär entstehen, sei es durch menschliches Fehlverhalten oder auch durch technische Fehler.903) VII. Die Insolvenz des Intermediärs 332 Art. 21 Abs. 1 des Übereinkommens sieht vor, dass die Rechte der Kontoinhaber und derjenigen, denen die Kontoinhaber Rechte gemäß Art. 12 des ___________ 899) Goutay, Topic 2 of UNIDROIT Seminar on Intermediated Securities-Paris, France in 2006, verfügbar auf www.unidroit.org/english/documents/2006/study78/s-78-sem03e.pdf, S. 9, 13 (zuletzt abgerufen am 23.2.2015). 900) Siehe dazu und zu weiteren Vorteilen der Kontentrennung, Goutay, Topic 2 of UNIDROIT Seminar on Intermediated Securities-Paris, France in 2006, S. 9, 11, verfügbar auf www.unidroit.org/english/documents/2006/study78/s-78-sem03-e.pdf (zuletzt abgerufen am 23.2.2015). 901) Im ersten Entwurf des Übereinkommens bestimmte Art. 14 Abs. 2 noch, dass der Intermediär diese Maßnahmen unverzüglich ergreifen muss; siehe dazu Paech, WM 2005, 1101, 1107. 902) Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, S. 303, 315 f. 903) So schon Paech, WM 2005, 1101, 1107; siehe auch Garrido, Unif. L. Rev. 2010, 779, 785.

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C. Die Grundzüge des Genfer Wertpapierübereinkommens

Übereinkommens gewährt haben, gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Gläubigern des Intermediärs wirksam sind.904) Art. 21 wird ergänzt durch Art. 25 Abs. 2 des Übereinkommens.905) Danach gehören Wertpapiere und intermediärverwahrte Wertpapiere, die entsprechend Art. 25 Abs. 1 den Kontoinhabern zugeordnet sind, nicht zum Eigentum (property) des Intermediärs und stehen für die Verteilung unter seinen Gläubigern nicht zur Verfügung. Daraus, dass gemäß Art. 25 Abs. 1 auch der Eigenbestand des Intermediärs den Kontoinhabern zuzuordnen ist, wenn und soweit der auf höherer Ebene ausgewiesene Fremdbestand nicht ausreicht, um den auf den Wertpapierkonten der Kontoinhaber ausgewiesenen Bestand zu decken, ist zu schließen, dass, selbst wenn die Wertpapiere tatsächlich nicht den Kontoinhabern zugeordnet sind, sie nach ordnungsgemäßer Zuordnung nicht in die Insolvenzmasse des Intermediärs fallen.906) Art. 21 Abs. 1 berührt jedoch die nationalen Bestimmungen des Insolvenzrechts (Art. 21 Abs. 2(a)) nicht.907) Reicht der Gesamtbestand in einer Wertpapiergattung (securities of any descrip- 333 tion) dennoch nicht aus, um die entsprechenden intermediärverwahrten Wertpapiere der Kontoinhaber zu decken, sieht Art. 26 Abs. 2(b) grundsätzlich vor, dass der Verlust unter den Kontoinhabern in der entsprechenden Gattung pro rata aufzuteilen ist.908) Dabei ist gerade nicht zu berücksichtigen, wann der Depotkunde die intermediärverwahrten Wertpapieren erworben hat.909) Einerseits gilt die Pro-rata-Regel nur im Insolvenzfall des Intermediärs,910) andererseits gilt sie nicht, wenn eine konfligierende Regel, anwendbar im Insolvenzverfahren, existiert (Art. 26 Abs. 1). Ferner gilt die Prorata-Regel nicht, soweit der Verlust in einem Deckungstatbestand eintritt, ___________ 904) Art. 14 des Übereinkommens thematisiert dagegen den allgemeinen Schutz der erworbenen Rechte der Kontoinhaber in der Insolvenz, Abs. 1: „Rechte und Interessen, die gemäß Art. 11 oder Art. 12 wirksam sind, sind auch wirksam gegenüber Insolvenzverwalter und Gläubigern in jedem Insolvenzverfahren.“ Siehe zur Unterscheidung zwischen Art. 14 als einer sog. horizontalen Regel und Art. 21 als einer sog. vertikalen Regel, Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 155; Beckmann, Reformbedarf, S. 328. 905) UNIDROIT Official Commentary, 21-6. 906) So wohl Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 16 III. 3. a); Paech, WM 2005, 1101, 1107; Beckmann, Reformbedarf, S. 329; Art. 19 Abs. 1 BEG entspricht dieser Bestimmung, siehe dazu Kapitel 5 IX.; a. A. scheinbar Sauer, S. 152: es soll sich nach autonomem Recht richten, ob Eigenbestände des Intermediärs im Insolvenzfall den Kundenbeständen zuzuordnen sind. 907) Zum Verhältnis des Übereinkommens zum Insolvenzrecht gab es eine eigene Working Group, siehe Docs. 115, 113, 111, 110, 108, 97, verfügbar auf www.unidroit.org/ preparatory-work (zuletzt abgerufen am 15.12.2014); ebenfalls zur Genese der Bestimmungen ausführlich Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 155 f. 908) Siehe dazu Mooney, Chuck, Topic 4: Loss-sharing: Cause? Assessment Base? Pro Rata?, UNIDROIT Seminar on Intermediated Securities-Paris, France in 2006, S. 21 ff., (www.unidroit.org/english/documents/2006/study78/s-78-sem03-e.pdf (zuletzt abgerufen am 23.2.2015). 909) Sauer, S. 152; so auch implizit Garrido, Unif. L. Rev. 2010, 779, 787. 910) UNIDROIT Official Commentary, 26-9.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

den der Intermediär einem Kontoinhaber zugeordnet hat (Art. 26 Abs. 2(a)).911) Die Pro-rata-Regel entspricht der Pari-passu-Regel im Insolvenzrecht und lässt vor allem eine schnelle Abwicklung der Insolvenz zu.912) Der Rechtsrahmen und die Sprache des BEG sind zwar anders als das Übereinkommen, im Ergebnis sollte das BEG aber dem Übereinkommen entsprechen.913) D. Art. 24 BEG und Art. 11 des Genfer Wertpapierübereinkommens I. Allgemeines 334 Die Vorarbeiten zum Bucheffektengesetz haben ebenso wie die Vorarbeiten zum Genfer Wertpapierübereinkommen im Jahr 2003 begonnen. Hans Kuhn als Direktor, Head of Legal der Schweizer Nationalbank, und Luc Thévenoz als Rechtsprofessor des Centre of European Legal Studies der Universität in Genf haben bei beiden Vorhaben mitgewirkt.914) 335 Das Bucheffektengesetz sollte insbesondere international kompatibel sein und keine Friktionen im grenzüberschreitenden Effektengiroverkehr zur Folge haben.915) So sagt dann auch Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BEG wörtlich: „Es ___________ 911) Beckmann, Reformbedarf, S. 330; Die deutsche Delegation zu der Verlustzuteilung in UNIDROIT 2006 Study LXXVIII  Doc. 46, S. 2.: „We feel that this principle (Ergänzung durch die Autorin: pro rata loss sharing) is at least inappropriate in those cases where the lack of cover assets resulted from the fact that an individual securities account holder has received a credit for which the intermediary failed to set up the necessary cover assets. In such event, we are still of the opinion it would be fairer if the loss given the lack of cover assets were exclusively allocated to the respective securities account holder unless said securities account holder acted in good faith during the acquisition.“ Diese Aussage ist mir vor dem Hintergrund des in Deutschland geltenden sachenrechtlichen Prinzips nicht verständlich. Wenn der Kunde einer Bank einen Kommissionsauftrag zum Kauf von Wertpapieren gegeben hat und das zugehörige Ausführungsgeschäft nicht beliefert worden ist, muss die Bank entweder die Gutschrift stornieren oder aber eindecken. Der Kunde kann aber nach deutschem Recht keine Wertpapiere gutgläubig erwerben, wenn das Ausführungsgeschäft nicht beliefert ist, denn es fehlt bereits an einem Angebot zur Einigung (siehe oben Kapitel 6 D. II. 5. b)). Im Übrigen sei hinsichtlich der Eindeckung folgendes Problem angesprochen: Der Kunde sieht eine Leerbuchung in seinem Depotkonto. Wenn die Bank nun ein Eigengeschäft tätigt, um seine Position einzudecken, muss sie ihm Eigentum an den Wertpapieren übertragen. Dazu muss sie dem Kunden an sich mitteilen, dass die erste Gutschrift „leer“ ist und diese stornieren, damit sie sich dann mit dem Kunden über den Eigentumserwerb hinsichtlich des aufgrund des Eigengeschäftes erworbenen Wertpapiers einigen kann (§ 929 Satz 1 BGB). Eine analoge Anwendung des § 24 Abs. 2 DepotG wäre auf dem Boden der h.L zumindest scheinheilig. Es sei darauf hingewiesen, dass ausländische Wertpapiere in diesem Zusammenhang keine Probleme bereiten würden. 912) Garrido, Unif. L. Rev. 2010, 779, 788. 913) Kuhn, The Geneva Securities Convention and the Swiss intermediated securities law reform, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 288, 296. 914) Botschaft, S. 9338, Fn. 87, zählt die Mitglieder der technischen Arbeitsgruppe auf; siehe für das Übereinkommen List of Participants, Appendix 1 zum Unidroit Seminar on Intermediated Securities – Bern, Switzerland, 15. – 17.9.2005, verfügbar auf www.unidroit.org/ english/documents/2005/study78/s-78-sem01-e.pdf (zuletzt abgerufen am 15.12.2014). 915) Kapitel 5 A. III.

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D. Art. 24 BEG und Art. 11 des Genfer Wertpapierübereinkommens

trägt bei zur Rechtssicherheit im internationalen Verhältnis, zur effizienten Abwicklung von Effektengeschäften und zur Stabilität des Finanzsystems.“ Im Gesetzgebungsprozess wurden sowohl die gesetzgeberischen Maßnahmen auf europäischer Ebene in diesem Bereich berücksichtigt als auch insbesondere die Arbeiten zum Genfer Übereinkommen.916) Letzteres ist nicht nur im Rahmen der Auslegung917) des BEG sondern auch bei der Lückenfüllung918) zu berücksichtigen. II. Die Übertragung intermediärverwahrter Wertpapiere nach Art. 24 BEG und die Vorgaben des Art. 11 des Genfer Wertpapierübereinkommens Nach Art. 24 Abs. 2 BEG wird über Bucheffekten durch Weisung des Kon- 336 toinhabers an die Verwahrungsstelle und durch Gutschrift der Bucheffekten im Effektenkonto des Erwerbers verfügt. Mit der Gutschrift verliert der verfügende Kontoinhaber sein Recht an der Bucheffekte (Art. 24 Abs. 2 BEG). Eine Belastungsbuchung wird regelmäßig vorgenommen, sie ist aber rechtlich keine Voraussetzung für den Erwerb.919) Art. 11 Abs. 1 des Übereinkommens bestimmt nur, dass der Kontoinhaber intermediärverwahrte Wertpapiere durch Gutschrift in seinem Wertpapierkonto erwirbt, während Art. 11 Abs. 3 besagt, dass der Kontoinhaber über intermediärverwahrte Wertpapiere durch Belastungsbuchung verfügt. Beide Vorschriften gelten jedoch nur vorbehaltlich des Art. 16 des Übereinkommens. Er überlässt es  wiederum vorbehaltlich Art. 18 des Übereinkommens  dem non-Convention law  oder, soweit nach non-Convention law zulässig, der Kontovereinbarung oder den Regeln des Abwicklungssystems zu bestimmen, ob und unter welchen Umständen eine Belastungsbuchung, eine Gutschrift oder ein Depotvermerk920) (designating entry) oder dessen Aufhebung unwirksam sind, wieder rückgängig gemacht werden können, oder einer Bedingung unterworfen werden können und was die Folgen davon sind. Der Rechtserwerb erfordert nach dem BEG grundsätzlich nicht nur eine 337 Gutschrift, sondern zusätzlich eine Weisung. Art. 15 des Übereinkommens ___________ 916) Botschaft, 9335, 9343; BSK-Wertpapierecht-Maizar, Art. 1 BEG N 18, 44; Kuhn, in: FISA, Prel. Cmts N 23; Thévenoz, New Legal Concepts regarding the Holding of Investment Securities for a Civil Law Jurisdiction  The Swiss Draft Act, Unif. L. Rev. 2005- 1/2, 301, 305. 917) Zbinden/Hess, GesKR 2011, 346, 356; Hess/Friedrich, GesKR 2008, 98, 113; BSKWertpapierrecht-Maizar, Art. 1 BEG N 32. 918) BSK-Wertpapierrecht-Maizar, Art. 1 BEG N 37 m. w. N. 919) Anders als nach geltendem deutschen Recht; siehe dazu Kapitel 6 D. III. 2. b); siehe auch den allerdings inzwischen gestrichenen Art. 3 Abs. 4 des Entwurfes des Genfer Übereinkommens (Kapitel 8 C. III). 920) Keijser/Parmentier, BKR 2010, 151, 153, verwenden das Wort „Drittberechtigungsvermerk“.

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Kapitel 8: Art. 24 BEG und das Genfer Wertpapierübereinkommen

bestimmt denn auch für die Belastungsbuchung, dass der Intermediär diese nur vornehmen darf, wenn er autorisiert ist. Eine Gutschrift, die nicht der Weisung entspricht (ergänze: oder ohne Weisung erteilt worden ist), kann nach Art. 28 Abs. 1 lit. b BEG storniert werden, wie Art. 16 des Übereinkommens es zur Wahl stellt.921) 338 Die Belastung hat nach BEG einen Rechtsverlust zwar nur zur Folge, wenn auch eine Gutschrift vorgenommen wird. Anders ausgedrückt: Eine Belastungsbuchung bedeutet nicht per se eine Verfügung.922) Bei der Gutschrift handelt es sich um eine Bedingung im Rahmen des Art. 16 des Übereinkommens.923) Entsprechend dem Positionspapier der Study Group aus dem Jahr 2003924) hat sich das Schweizer Recht dafür entschieden, dass für den Rechtsverlust die Gutschrift entscheidend sein soll. Insoweit gilt im BEG umgekehrt  anders als im deutschen Recht  nur die Regel no debit without credit925) und nicht die Regel no credit without debit. Das BEG folgt also nicht dem strengen Separationsprinzip des Übereinkommens, hält sich aber trotzdem an die Vorgaben des Übereinkommens insgesamt.926) Die Belastung kann gemäß Art. 27 Abs. 1 lit. c BEG storniert werden, wenn die Gutschrift von Bucheffekten der Weisung nicht entspricht oder nicht innerhalb der für die Ausführung üblichen Frist erfolgt. III. Der gutgläubige Erwerb gemäß Art. 29 BEG und die Acquisition by an innocent person nach Art. 18 des Genfer Wertpapierübereinkommens 339 Art. 29 BEG und Art. 18 des Übereinkommens weisen Gemeinsamkeiten oder zumindest Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede auf.927) Beide Normen setzen voraus, dass der Erwerb entgeltlich ist. Aber Art. 29 BEG ist anders als Art. 18 des Übereinkommens dem Sachenrecht nachgebildet. Art. 18 des ___________ 921) So auch ohne Begründung Eigenmann, in: FISA, Prel. Cmts Arts. 24 – 26 N 28, mit Verweis auf die unterschiedliche Terminologie des Übereinkommens: „Eine Verfügung (disposition) nach dem BEG ist eine Übertragung (transfer) nach dem Genfer Übereinkommen“; derselbe, in: FISA, Art. 24 BEG N 6; Kuhn meint – mir unverständlich –, das Übereinkommen verlange für eine wirksame Übertragung eine Belastungsbuchung (Kuhn, The Geneva Securities Convention and the Swiss intermediated securities law reform, in: Conac/Segna/Thévenoz (Hrsg.), S. 288, 300). 922) Thévenoz, Unif. L. Rev. 2005-1/2, 301, 309. 923) Auch Thévenoz bezeichnet die Gutschrift als Bedingung, wenn auch noch nicht mit dem Hinweis auf Art. 16 des Übereinkommens, Unif. L. Rev. 2005-1/2, 301, 310 f. 924) Kapitel 5 B. V. 925) So wohl auch Beckmann, Reformbedarf, S. 213, wenn auch nicht ausdrücklich. 926) So auch Than implizit, in: FS Hopt, S. 231, 245: „Die Konvention erlaubt vielmehr eine Verknüpfung von Rechtserwerb durch Depotgutschrift beim Erwerber … mit einem Rechtsverlust beim Veräußerer ohne Rücksicht darauf, ob und wann das Depotkonto des Veräußertes belastet wird.“ 927) Siehe auch die Stellungnahme der Schweizer Delegation im Rahmen der Informal Working Group on Article 14 of the draft Convention, UNIDROIT 2008 Study LXXVIII  Doc. 105.

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D. Art. 24 BEG und Art. 11 des Genfer Wertpapierübereinkommens

Übereinkommens  basierend auf dem funktionalen Ansatz  formuliert nur ein Minimum an Verkehrsschutz. Art. 29 BEG schützt entsprechend der sachenrechtlichen Grundlage ausschließlich vor dem Fehlen der Verfügungsberechtigung,928) während Art. 18 aufgrund des funktionalen Ansatzes des Übereinkommens auch beim Vorliegen anderer Mängel Verkehrsschutz gewährt,929) soweit der Erwerber von der potenziellen Rechtsverletzung nicht gewusst hat oder nicht davon hätte wissen müssen. Der Verkehrsschutz nach Art. 18 setzt als negatives Element voraus, dass der 340 Erwerber weder weiß noch wissen musste, dass eine andere Person Rechte an den intermediärverwahrten Wertpapieren hat und dass die Gutschrift im Erwerberkonto die Rechte der anderen Person verletzt.930) Art. 29 BEG dagegen setzt positiv einen guten Glauben aufseiten des Erwerbers voraus. Im Fall des Art. 29 lit. a BEG bedeutet dies, dass der Erwerber hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des Veräußerers gutgläubig sein muss. Soweit Art. 29 lit. b vor einer Stornierung der Gutschrift im Veräußererkonto schützt, darf der Erwerber  ähnlich Art. 18  sich dessen nicht bewusst sein, dass ein Grund für die Stornierung vorliegt.931) Das Vorliegen eines Rechtsscheintatbestandes ist nach beiden Vorschriften nicht erforderlich. Im Ergebnis scheinen die Regeln zur Gutgläubigkeit nach Schweizer Recht denen des Art. 17 b (II) des Übereinkommens weitgehend zu entsprechen.932) IV. Ergebnis Der Übertragungstatbestand und der Verkehrsschutz des Bucheffektenge- 341 setzes sind sehr wohl mit dem Rechtsrahmen des Genfer Wertpapierübereinkommens vereinbar.933)

___________ 928) 929) 930) 931)

Siehe Kapitel 5 B. VII. Kapitel 8 V. Daeniker/Leisinger, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 29 BEG N 5. Foëx, in: FISA, Art. 29 BEG N 38 f.; Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 14 VI. 4. a) bb) ist der Auffassung, dass Art. 29 lit. b. BEG Art. 18 Abs. 2 des Übereinkommens entspricht. 932) Daeniker/Leisinger, in: Zobl/Hess/Schott, BEG Komm., Art. 29 BEG N 4. 933) So auch die Botschaft, S. 9343, hinsichtlich des gesamten BEG, wobei sie sich nicht auf die endgültige Fassung des Übereinkommens bezieht und daher auf S. 9335 noch vertritt, dass Art. 24 BEG von dem Übereinkommen abweiche; BSK-WertpapierrechtMaizar, Art. 1 BEG N 18, bezüglich des BEG insgesamt; a. A. Hanten, S. 193, 197, hinsichtlich des Übertragungstatbestandes. Sie geht jedoch davon aus, dass das Genfer Übereinkommen uneingeschränkt dem Separationsprinzip folgt.

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Kapitel 9: Zusammenfassung Ziel der Arbeit war es, die Schweizer Bucheffekte unter die Lupe zu nehmen, 342 um festzustellen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der durch das Bucheffektengesetz geschaffene Erwerbstatbestand des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht übertragbar ist. Der erste Teil der Arbeit befasste sich deshalb mit der Schweiz. In diesem Zu- 343 sammenhang wurden das klassische Schweizer Wertpapierrecht und die Entwicklung des Effektengiroverkehrs beleuchtet. Als Nächstes waren der Ablauf des Schweizer Effektenkommissionsgeschäftes, seine buchungstechnische Abwicklung, die schuldrechtlichen Grundlagen und die rechtliche Konstruktion der Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes bei sammelverwahrten Wertpapieren auf der Grundlage des Schweizer Zivilgesetzbuches Thema. Nach einem Überblick über die Grundzüge des Bucheffektengesetzes wurde untersucht, wie die rechtliche Erfüllung des Effektenkommissionsgeschäftes auf der Grundlage von Art. 24 BEG vonstatten geht. Der zweite Teil der Arbeit nahm den Ablauf des deutschen Effektenkom- 344 missionsgeschäftes, seine buchungstechnische Abwicklung und die gegenwärtige rechtliche Konstruktion der Erfüllung in den Blick, um eventuelle Unterschiede aufzudecken, die einer Übertragbarkeit des Art. 24 BEG auf das deutsche Recht entgegenstehen könnten. Die Arbeit hat folgende Ergebnisse zutage gefördert:

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A. Das klassische Schweizer Wertpapierrecht gründet auf einem dem deut- 346 schen Recht zumindest ähnlichen Begriff des Wertpapiers. Dieser ist gesetzlich in Art. 965 OR definiert. Überhaupt existiert in der Schweiz eine umfassende Ordnung des Wertpapierrechts im Obligationenrecht. Die Funktionen des Wertpapiers entsprechen denen des Wertpapiers in Deutschland. Zwar wird das Schweizer Wertpapier wie das deutsche als Sache betrachtet; aber es wird in erster Linie nach den speziellen Regeln des Wertpapierrechts übertragen, während die Regeln des Sachenrechts lediglich ergänzend herangezogen werden. So sehen die speziellen Regeln des Schweizer Wertpapierrechts für alle Ordrepapiere ausdrücklich einen anderen Maßstab für den gutgläubigen Erwerb vor als das Sachenrecht. Der bedeutendste Unterschied des Schweizer Rechts jedoch liegt in der Geltung des Kausalitätsprinzips: Die Übereignung des Wertpapiers ist unwirksam, wenn das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist. B. Die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz hat historisch 347 bedingt später begonnen als in Deutschland, ist aber durchaus weiter fortgeschritten. Erste Überlegungen zu einem Effekten-Giro-Sammeldepot-System wurden in der Schweiz im Jahr 1957 angestellt. Die Schweizerische Effekten Giro AG (SEGA) jedoch, die zentrale Verwahrungsstelle für Wertpapiere 169

Kapitel 9: Zusammenfassung

und Vorgängerin der heutigen SIX SIS AG, wurde erst im Jahr 1970 in Basel gegründet. Haussammelverwahrung und Girosammelverwahrung beruhten ausschließlich auf den Rechtsgrundlagen des Zivilgesetzbuchs und auf unveröffentlichten Rechtsgutachten dazu. Eine gesetzliche Grundlage für die Sammelverwahrung, die Globalurkunde und Wertrechte wurde mit Art. 973a bis Art. 973c OR erst durch das Bucheffektengesetz im Jahr 2010 geschaffen. 348 C. In den 1980er Jahren entstand die Globalurkunde; diese war aufgrund der Kotierungsreglemente an den Börsen in Zürich und Basel zunächst nicht kotierbar. Die Reglemente setzten nämlich ein Wertpapier voraus, und die an der Börse gehandelten Teilrechte wurden nach der maßgeblichen Meinung des Rechtsgutachters – anders als in Deutschland – als Wertrecht und nicht als in der Globalurkunde verurkundet betrachtet. Die technische Globalurkunde wurde erst im Jahr 1991 an den drei Schweizer Börsen kotierbar. Die Dauerglobalurkunde sogar noch später – im Jahr 1995. 349 D. Wertrechte wie diejenigen, die etwa im Eidgenössischen Schuldbuch eingetragen wurden, gab es bereits in den 1930er Jahren. Anders als in Deutschland erfuhren diese Wertrechte keine gesetzliche Gleichstellung mit den Wertpapieren. Sie wurden wie Forderungen übertragen, und ein gutgläubiger Erwerb blieb ausgeschlossen. Für deutsche Maßstäbe revolutionär war die Einführung eines Wertrechts für Namenaktien (mit aufgeschobenem Titeldruck) im Jahr 1988 durch die SEGA und nicht etwa durch den Gesetzgeber. Nach der ausschlaggebenden Meinung in der Schweizer Lehre setzten die Stellung und der Eintrag des Aktionärs im Aktienbuch sein Alleineigentum am Aktientitel voraus, so dass Aktienurkunden einzeln gedruckt und verwahrt werden mussten. Die Namenaktien mit aufgeschobenem Titeldruck entstanden als Wertrechte mit der Einbuchung in das System der SEGA. Sie wurden wie Forderungen abgetreten, und ein gutgläubiger Erwerb war ebenso wenig möglich wie bei Forderungen gegen öffentliche Emittenten. Zwar verlief die Entwicklung des Effektengiroverkehrs in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland, jedoch gab es in der Schweiz nicht nur Wertrechte zugunsten öffentlicher Emittenten, sondern auch ein echtes Wertrechtsmodell für Aktien. Obwohl ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich war, hat der Finanzmarkt das Wertrechtsmodell akzeptiert. 350 E. Der tatsächliche Ablauf des börslich ausgeführten Effektenkommissionsgeschäftes in der Schweiz wie auch seine rechtlichen Grundlagen sind mit denen in Deutschland durchaus vergleichbar. Das Ausführungsgeschäft wird in beiden Ländern Zug-um-Zug (delivery versus payment) abgewickelt, damit der Käufer nicht zahlt, ohne eine Lieferung zu erhalten, bzw. der Verkäufer nicht liefert, ohne den Kaufpreis zu erhalten. Auch die börsliche Erfüllungsfrist (T+2) entspricht seit dem 6. Oktober 2014 der in Deutschland geltenden Erfüllungsfrist. Die systemseitige Sicherstellung der Zug-um-Zug-Abwicklung unterscheidet sich in der Schweiz jedoch. Das SECOM-System reser170

Zusammenfassung

viert die Effekten an (T+1) im Effektenkonto des Verkaufskommissionärs und schreibt sie an (T+2) vorbehaltlos auf dem Effektenkonto des Einkaufskommissionärs gut, wenn die Zahlung auf dem Geldkonto des Verkaufskommissionärs an (T+2) verbucht ist. In Deutschland hingegen wird das Geld auf dem Geldkonto des Einkaufskommissionärs bei der Bundesbank reserviert, und die Bundesbank gibt eine unwiderrufliche Zahlungsgarantie zugunsten der Clearstream Banking AG ab. Die Gutschrift der Effekten auf dem Depotkonto des Einkaufskommissionärs wird schon an (T+1) vorgenommen, aber erst an (T+2) durch den System Stamp im CASCADE-System abgeschlossen und wirksam, wenn die Geldseite der Transaktion bei der Bundesbank abgewickelt ist. F. Die Gutschrift auf dem Effektenkonto des Einkaufskommittenten wird in 351 beiden Ländern bereits an (T+0) vorgenommen, obwohl der Einkaufskommissionär die Effekten in seinem Effektenkonto bei der Verwahrungsstelle noch nicht geliefert bekommen hat. In der Schweiz wird die Gutschrift auf dem Konto des Einkaufskommittenten an (T+0) ohne Vorbehalt erteilt (Contractual Settlement), während sie in Deutschland angeblich bedingt durch die Lieferung der Effekten auf dem Effektenkonto des Einkaufskommissionärs erteilt wird (bedingte oder vorgezogene Gutschrift bzw. Vorausbuchung). Die deutschen Juristen sprechen hier von Actual Settlement, während in der Abwicklungspraxis in Deutschland diese Vorgehensweise ebenfalls Contractual Settlement genannt wird. Möglicherweise ist die Bedingtheit der Gutschrift der Abwicklungspraxis hierbei gar nicht bewusst. G. Die bedingte Gutschrift in Deutschland hat zunächst folgenden rechtlichen 352 Grund: Wertpapiere werden – analog zur Schweiz vor Einführung des Bucheffektengesetzes – wie Sachen übereignet, auch wenn sie zentral bei der Clearstream Banking AG verwahrt werden, und die Sammelurkunden bzw. die Globalurkunden den Tresor nach Einlieferung nicht mehr verlassen. Die Rede von der Funktionslosigkeit der Urkunde macht schon lange die Runde. Wenn der Bankkunde über seine Depotbank im Wege der Einkaufskommission ein Wertpapier kauft und die Bank ein entsprechendes Ausführungsgeschäft an der Börse tätigt, erwirbt er nach herrschender Meinung Miteigentum an den Sammelbestandanteilen direkt vom Verkaufskommittenten aufgrund von Einigung und Übergabe gemäß § 929 Satz 1 BGB. Die rechtliche Konstruktion muss heutzutage jedoch zu den Gegebenheiten der IT-Systeme passen. Sie ist nicht nur kompliziert und umstritten, sondern auch alles andere als rechtssicher. Zusammengefasst und stark vereinfacht ausgedrückt, werden sowohl die Einigung als auch die Übergabe durch die Gutschrift zustande gebracht. Nicht geklärt ist, ob es für den Erwerb des Einkaufskommittenten auf die Gutschrift in seinem Effektenkonto ankommt oder ob die Gutschrift in dem Effektenkonto seines Einkaufskommissionärs ausreicht. Jedenfalls aber ist im Rahmen der Übergabe erforderlich, dass der Einkaufs-

171

Kapitel 9: Zusammenfassung

kommissionär dem Einkaufskommittenten den Besitz an der Urkunde mittelt. Dies soll die Gutschrift dokumentieren. Die Gutschrift an (T+0) im Effektenkonto des Einkaufskommittenten kann dies aber nicht dokumentieren, denn der Einkaufskommissionär kann dem Einkaufskommittenten an (T+0) noch keinen Besitz mitteln, da er selbst noch keinen Besitz an dem Wertpapier von der Clearstream Banking AG vermittelt bekommen hat. Die Clearstream Banking AG vermittelt ihm den Besitz nämlich erst bei Lieferung durch den Verkaufskommissionär an (T+2). Die Gutschrift an (T+0) muss bei einer sachenrechtlichen Konstruktion bedingt sein, da andernfalls der Einkaufskommissionär mit Erteilung der Gutschrift widerrechtlich den Sammelbestand verringern würde (§ 6 Abs. 2 DepotG) und sich gegebenenfalls sogar strafbar machen würde. Die bedingte (bürgerlich-rechtliche) Gutschrift ist jedoch vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtslage weder begründbar noch mit dem Sinn und Zweck des § 24 Abs. 2 DepotG vereinbar. 353 Die bedingte Gutschrift hat aber nicht nur einen rechtlichen, sondern auch einen rein tatsächlichen Grund: Die Banken wollten sich ursprünglich die Rückgängigmachung der Gutschrift im Konto des Einkaufskommittenten für den Fall der Nichtlieferung durch ihre Vertragspartei an der Börse vorbehalten. 354 H. Genau genommen hätte aber die Gutschrift auf dem Effektenkonto des Erwerbers in der Schweiz unter dem Vorzeichen der alten sachenrechtlichen Übertragungskonstruktion aufgrund von Art. 924 ZGB ebenfalls bedingt sein müssen, was in der Schweizer Rechtsliteratur aber so nicht ausdrücklich thematisiert worden ist. 355 I. In Deutschland ist die uneinheitliche Buchungs- und Mitteilungspraxis im Zusammenhang mit dem Effektenkommissionsgeschäft der Banken außerordentlich kritikwürdig. Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 DepotG muss der Kommissionär dem Kommittenten die Verschaffung des Miteigentums unverzüglich mitteilen. Der Kommittent erhält aber in der Praxis nur eine Wertpapierabrechnung an (T+0) oder auch an (T+1). Bei manchen Banken weist diese schlicht eine einfache Gutschrift aus, so dass der Eindruck entsteht, der Kommittent habe schon Miteigentum erworben. Bei anderen Banken weist diese eine valutierte Gutschrift aus. Hier wird der Anschein erweckt, dass jedenfalls an (T+2) Miteigentum erworben wird. Dies ist aber nicht unbedingt der Fall. Dadurch dass der Kommittent jedoch nur eine Wertpapierabrechnung erhält, hat er keine Rechtssicherheit. In der Praxis werden Gutschriften selbst bei Nichtlieferung in der Regel nicht storniert, denn die Depotbank haftet ohnehin für das wirksame Ausführungsgeschäft. 356 J. In der Schweiz erweisen sich die zivilrechtliche Konstruktion des Eigentumserwerbs nach Art. 924 ZGB und sein Zeitpunkt durch den Einkaufskommittenten zumindest als unklar. Der Schweizer Gesetzgeber ist mit dem Bucheffektengesetz angetreten, um insbesondere diesen Kritikpunkt zu beseitigen.

172

Zusammenfassung

Mit dem genannten Gesetz hat er weder das Wertpapier noch das Wertrecht gänzlich abgeschafft. Beiden hat er für die Zeit der Drittverwahrung bei einer Verwahrungsstelle ein neues Kleid übergestreift, um sich vor allem von den bestehenden Übertragungsvorschriften für Wertrechte und Wertpapiere frei zu machen und geeignetere Bestimmungen aufstellen zu können. Die ITAbwicklungssysteme hat er dabei als unveränderbar vorausgesetzt, denn er wollte den Marktteilnehmern kostenintensive Neuerungen ersparen. Die Bucheffekte wird nun durch Weisung und Gutschrift übertragen (Art. 24 BEG). Die nach der alten Rechtslage bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich des Zeitpunkts ihres Erwerbs sind durch die neue Vorschrift geklärt. Gleiches gilt für das in der Schweiz nicht thematisierte Problem der bedingten Gutschrift, denn Besitz an Wertpapieren muss jetzt zum Zweck der Übertragung der Bucheffekte nicht mehr vermittelt werden. K. Der Erwerbstatbestand des Art. 24 BEG ist auf das deutsche Recht über- 357 tragbar, vorausgesetzt der deutsche Gesetzgeber ist bereit, sich vom Wertpapier als einer Sache zu verabschieden. Die Depotbank muss dem Einkaufskommittenten (und Depotkunden) keinen Besitz mehr vermitteln, und einer bedingten Gutschrift im Depotkonto des Einkaufskommittenten bedarf es daher auch nicht mehr. Wenn die Gutschrift den Rechtserwerb bedeutet, dann bedarf es auch keiner weiteren Mitteilung an den Einkaufskommittenten des Inhalts mehr, dass er nunmehr tatsächlich die Bucheffekte (Recht sui generis) erworben hat. Eine Stornierung der Gutschrift ist ihm gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BEG mitzuteilen. Eine vorübergehende buchungstechnische Mehrung von Bucheffekten ist angesichts der für den Kunden gewonnenen Transparenz durchaus hinnehmbar. Dazu hat sich die Schweiz auch durchgerungen. L. Obwohl Art. 24 BEG nicht dem sog. strengen Separationsprinzip des 358 Genfer Wertpapierübereinkommens folgt, ist die Vorschrift doch mit dessen Rahmen vereinbar, denn das Genfer Wertpapierübereinkommen lässt nicht nur den originären, sondern auch den derivativen Erwerb zu. M. Zwar hat das Schweizer Recht auf die No-credit-without-debit-Regel934) 359 verzichtet und verlässt sich darauf, dass die technischen Systeme diesen Grundsatz im Rahmen der Buchungen rein tatsächlich beherzigen. Gleichwohl folgt es der Regel No debit without credit und belässt es nach herrschender Meinung jedenfalls für den Regelfall beim derivativen Erwerb der Bucheffekte. Der deutsche Gesetzgeber sollte im Rahmen der Reform des deutschen Depotrechts überlegen, ob er wie die Schweizer nur den halben Schritt wagen will und nur auf No credit without debit verzichtet oder ob er einen ganzen ___________ 934) Siehe dazu auch Thévenoz, Intermediated Securities, Legal Risk and the International Harmonisation of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 52.

173

Kapitel 9: Zusammenfassung

Schritt tut und auch den derivativen Erwerb abschafft.935) Die Vorstellung des derivativen Erwerbs passt nämlich allenfalls, wenn Veräußerer und Erwerber ihr Depotkonto bei derselben Depotbank haben und die Erfüllung nicht über eine Umbuchung auf der Ebene des Zentralverwahrers sichergestellt werden muss. Das wurde in Kapitel 5 über die Stornierungsregeln im Bucheffektengesetz deutlich. Die meisten Transaktionen werden doch wohl über mehrere Verwahrebenen erfüllt, und der derivative Erwerb ist dann eher eine Fiktion. 360 N. Zugegebenermaßen schützt der derivative Erwerb in der Theorie vor der Vermehrung von Wertpapieren über die emittierte Anzahl hinaus.936) Ihn beizubehalten ergibt aber nur dann Sinn, wenn man rein tatsächlich feststellen kann, auf welcher Belastungsbuchung die erteilte Gutschrift beruht und zu welcher Gutschrift die Belastungsbuchung geführt hat. Ein sog. Tracing ist heutzutage bei der Abwicklung von Börsengeschäften oder auch bei Overthe-Counter-Geschäften unter Einschaltung eines Zentralen Kontrahenten rein tatsächlich gar nicht mehr möglich, denn es findet ein multilaterales Netting statt. Der Zentrale Kontrahent verrechnet Lieferforderungen und Lieferverpflichtungen der Teilnehmerbanken, und nur die Spitze wird tatsächlich geliefert, während die verrechneten Positionen von den Teilnehmerbanken an ihre Kunden geliefert werden müssen. 361 O. Schon heute wird die Integrität der Emission rein tatsächlich durch einwandfrei aufgesetzte und funktionierende IT-Systeme geschützt und nicht durch die rechtliche Konstruktion des derivativen Erwerbs. Allein die IT___________ 935) Dafür auch Wust, Verbuchung, S. 450 ff., mit einem Plädoyer für ein einheitliches Buchungskonzept für in- und ausländische Effekten in Form eines eigenständigen Regelungswerkes. Er weist in seiner Arbeit nach, dass nur ein solches Konzept ausländische Effekten wie inländische Effekten abbilden kann. Die Rechte des Anlegers richten sich dann ausschließlich gegen seinen Intermediär. Er verwirft das Treuhandmodell der Gutschrift in Wertpapierrechnung wegen der dogmatischen Unklarheiten und schlägt das amerikanische security entitlement als Vorbild vor. Das Bucheffektengesetz hat er in seiner Arbeit nicht untersucht. Segna, Bucheffekten (unvollst. Manuskript 2014), § 19 V. 4. bb) (2) und (3), plädiert auch für den originären Erwerb, will aber die unmittelbare Rechtsposition des Bucheffekteninhabers gegenüber dem Emittenten beibehalten und sieht sich daher gezwungen, folgende Variante eines originären Erwerbs zu wählen: Die Belastungsbuchung soll nicht das Erlöschen eines Rechts bedeuten, sondern nur den Verlust, und die Gutschriftsbuchung soll nicht die Neubegründung eines Rechts, sondern nur die Neuzuordnung bedeuten. Um die Herrenlosigkeit der Bucheffekte zwischen Belastungsbuchung auf dem Verkäuferkonto und Gutschrift auf dem Depotkonto der Erwerberbank zu vermeiden, schlägt er vor, die Buchungen technisch zu synchronisieren; d. h. die Verkäuferbank darf erst ausbuchen, wenn CBF den Umbuchungsprozess „in Gang gesetzt hat“, und die Erwerberbank darf die Gutschrift auf dem Erwerberkonto erst erteilen, wenn sie die Gutschrift auf ihrem Depotkonto bei CBF erhalten hat. Das entspräche einem Actual Settlement. Trotz Fortentwicklung der Technik halte ich diese Lösung für zu komplex und insbesondere im Rahmen des Auslandsgeschäft nicht für machbar (siehe bereits die Botschaft, S. 9368); kritisch dazu auch Voß, EWS 2010, 209, 210 f. 936) Einsele, The Book-Entry in a Securities Account, Unif. L. Rev. 2004-1, 41, 47.

174

Zusammenfassung

Systeme mit ihren Schnittstellen können und müssen dafür Sorge tragen, dass keine Gutschriften erteilt werden, ohne dass eine Belastungsbuchung vorgenommen wird. Kommt es durch Nichtlieferung zu einem Unterbestand beim Einkaufskommissionär, muss dieser unverzüglich eindecken oder rückabwickeln. Kommt es sonst zu Unterbeständen, ist an eine aufsichtsrechtliche Pflicht zur unverzüglichen Eindeckung – wie sie der erste Entwurf des Genfer Wertpapierübereinkommens in Art. 14 Abs. 2 noch vorsah – zu denken.937) Auch eine eindeutige Pflicht zur täglichen Depotabstimmung (reconciliation) auf allen Verwahrebenen könnte nicht schaden. P. Wenn man ein neues Rechtssystem wie das Bucheffektengesetz schafft, kann 362 man es auch mit einem einheitlichen Insolvenzschutz zugunsten des Anlegers ausstatten. In erster Linie wird der Anleger jedoch durch eine ordnungsgemäße Depotbuchführung (§ 14 DepotG) geschützt, weshalb der jährlichen Depotprüfung eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt.938) Am Ende bleibt übrig: „No rule of law can eliminate the intermediary risk absolutely.“939) Persönliches Fazit aus der Praxis Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann es nicht ohne richtig aufgesetzte 363 und funktionierende IT-Systeme geben. Die IT-Systeme müssen von Anfang an in enger Zusammenarbeit mit Juristen konstruiert werden, damit sie abbilden können, was rechtlich erforderlich ist, um Wertpapiere von einem Systemteilnehmer auf den anderen bzw. deren Kunden zu übertragen und Sicherheiten an den Wertpapieren wirksam zu bestellen. Je einfacher die rechtlichen Vorgaben, desto größer ist die Chance einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Welten. Schließlich müssen auch die Geschäftsbedingungen richtig abbilden, was die Systeme tun, damit Wertpapierübertragungen und Sicherheiten wirksam sind und im Ernstfall der Insolvenz eines Systemteilnehmers standhalten. Sind IT-Systeme bereits vorhanden, sollten diese – soweit vor dem Hintergrund des Anlegerschutzes vertretbar – bei einer rechtlichen Neuregelung der Materie unbedingt berücksichtigt werden, damit die Neuregelung eine möglichst breite Akzeptanz im Markt findet. ___________ 937) Siehe dazu Paech, WM 2005, 1001, 1107; Pöch, in: Gedächtnisschrift für Michael Gruson, S. 303, 316. 938) Im Jahr 2014 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) vor Vertretern des IDW Arbeitskreises Wertpapierhandelsgesetz/Finanzdienstleistungsinstitute ihre Erwartungen an die Depotprüfung dargelegt. Sie nimmt darin Bezug auf die Recommendations Regarding the Protection of Client Assets, Final Report der IOSCO aus Januar 2014, verfügbar auf www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD436.pdf (zuletzt abgerufen am 25.3.2014). Die Präsentation der BaFin ist meines Wissens nicht veröffentlicht. Siehe dazu http://www.bdo.de/aktuelles/newsletter/rechnungslegung-pruefung102014/inhaltsverzeichnis/pruefung/erwartungen-der-bafin-an-die-pruefung-desdepotgeschaefts-2014/. 939) Thévenoz, Intermediated Securities, Legal Risk and the International Harmonization of Commercial Law, Duke Law School Legal Studies Paper No. 170, S. 43.

175

Anhang 1 Bundesgesetz über Bucheffekten (Bucheffektengesetz, BEG) vom 3. Oktober 2008 (Stand am 1. Januar 2010) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 98 Absatz 1 und 122 Absatz 1 der Bundesverfassung1), nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 15. November 20062), beschliesst: 1. Kapitel: Zweck, Geltungsbereich und Begriffe Art. 1 Gegenstand und Zweck 1

Dieses Gesetz regelt die Verwahrung von Wertpapieren und Wertrechten durch Verwahrungsstellen und deren Übertragung.

2

Es gewährleistet den Schutz der Eigentumsrechte der Anlegerinnen und Anleger. Es trägt bei zur Rechtssicherheit im internationalen Verhältnis, zur effizienten Abwicklung von Effektengeschäften und zur Stabilität des Finanzsystems. Art. 2 Geltungsbereich

1

Dieses Gesetz findet Anwendung auf Bucheffekten, die eine Verwahrungsstelle einem Effektenkonto gutgeschrieben hat. 2

Es lässt Vorschriften über die Eintragung von Namenaktien in das Aktienbuch unberührt. Art. 3 Bucheffekten

1

Bucheffekten im Sinne dieses Gesetzes sind vertretbare Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte gegenüber dem Emittenten3):

a.

die einem Effektenkonto gutgeschrieben sind; und

b.

über welche die Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber nach den Vorschriften dieses Gesetzes verfügen können. ___________ 1) 2) 3)

SR 101. BBl 2006 9315. Weil es sich bei den Emittenten hauptsächlich um juristische Personen handelt, wird auf die sprachliche Gleichbehandlung verzichtet.

177

Anhang 1 2

Die Bucheffekte ist der Verwahrungsstelle und jedem Dritten gegenüber wirksam; sie ist dem Zugriff der weiteren Gläubigerinnen und Gläubiger der Verwahrungsstelle entzogen. Art. 4 Verwahrungsstellen 1

Eine Verwahrungsstelle im Sinne dieses Gesetzes führt auf den Namen von Personen oder Personengesamtheiten Effektenkonten.

2

Als Verwahrungsstellen gelten:

a.

Banken gemäss Bankengesetz vom 8. November 19344);

b.

Effektenhändler5) gemäss Börsengesetz vom 24. März 19956);

c.

Fondsleitungen nach dem Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 20067), sofern sie Anteilskonten führen;

d.

Betreiber8) eines Systems zur Abrechnung und Abwicklung von Effektengeschäften im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 des Nationalbankgesetzes vom 3. Oktober 20039), das für die Stabilität des Finanzsystems von Bedeutung ist;

e.

die Schweizerische Nationalbank gemäss Nationalbankgesetz vom 3. Oktober 2003; und

f.

die Schweizerische Post gemäss Postorganisationsgesetz vom 30. April 199710).

3

Als Verwahrungsstelle gelten auch ausländische Banken, Effektenhändler, zentrale Verwahrungsstellen und andere Finanzintermediäre11), sofern sie im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Effektenkonten führen.

___________ 4) SR 952.0. 5) Weil es sich bei den Effektenhändlern hauptsächlich um juristische Personen handelt, wird auf die sprachliche Gleichbehandlung verzichtet. 6) SR 954.1. 7) SR 951.31. 8) Weil es sich bei den Betreibern hauptsächlich um juristische Personen handelt, wird auf die sprachliche Gleichbehandlung verzichtet. 9) SR 951.11. 10) SR 783.1. 11) Weil es sich bei den Finanzintermediären hauptsächlich um juristische Personen handelt, wird auf die sprachliche Gleichbehandlung verzichtet.

178

Anhang 1

Art. 5 Begriffe In diesem Gesetz gelten als: a.

Drittverwahrungsstelle: eine Verwahrungsstelle, die für andere Verwahrungsstellen Effektenkonten führt;

b.

Kontoinhaberin oder Kontoinhaber: eine Person oder Personengesamtheit, auf deren Namen eine Verwahrungsstelle ein Effektenkonto führt;

c.

Anlegerin oder Anleger: eine Kontoinhaberin oder ein Kontoinhaber, die oder der nicht Verwahrungsstelle ist, oder eine Verwahrungsstelle, die Bucheffekten für eigene Rechnung hält;

d.

qualifizierte Anlegerin oder qualifizierter Anleger: eine Verwahrungsstelle; eine beaufsichtigte Versicherungseinrichtung; eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, eine Vorsorgeeinrichtung oder ein Unternehmen mit professioneller Tresorerie;

e.

sammelverwahrte Wertpapiere: Wertpapiere im Sinne von Artikel 973a des Obligationenrechts12);

f.

Globalurkunde: ein Wertpapier im Sinne von Artikel 973b des Obligationenrechts;

g.

Wertrechte: Rechte im Sinne von Artikel 973c des Obligationenrechts. 2. Kapitel: Entstehung, Umwandlung und Untergang von Bucheffekten Art. 6 Entstehung

1

Bucheffekten entstehen:

a.

mit der Hinterlegung von Wertpapieren zur Sammelverwahrung bei einer Verwahrungsstelle und deren Gutschrift in einem oder mehreren Effektenkonten;

b.

mit der Hinterlegung von Globalurkunden bei einer Verwahrungsstelle und deren Gutschrift in einem oder mehreren Effektenkonten; oder

c.

mit der Eintragung von Wertrechten im Hauptregister einer Verwahrungsstelle und deren Gutschrift in einem oder mehreren Effektenkonten.

___________ 12) SR 220.

179

Anhang 1 2

Für jede Emission von Wertrechten führt eine einzige Verwahrungsstelle das Hauptregister. Es enthält Angaben über die Emission und die Anzahl sowie die Stückelung der ausgegebenen Wertrechte; es ist öffentlich. Art. 7 Umwandlung 1

Sofern die Ausgabebedingungen oder die Gesellschaftsstatuten nichts anderes bestimmen, kann der Emittent sammelverwahrte Wertpapiere, Globalurkunden oder Wertrechte, die als Grundlage von Bucheffekten hinterlegt oder eingetragen sind, jederzeit und ohne Zustimmung der Kontoinhaberinnen oder Kontoinhaber in eine der beiden anderen Formen umwandeln. Er trägt dafür die Kosten. 2

Die Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber können vom Emittenten jederzeit verlangen, für die Bucheffekten, die durch Hinterlegung einer Globalurkunde oder durch Eintragung von Wertrechten in ein Hauptregister entstehen, Wertpapiere gleicher Zahl und Gattung auszustellen, sofern die Ausgabebedingungen oder Gesellschaftsstatuten es vorsehen. Sie tragen dafür die Kosten, es sei denn, die Ausgabebedingungen oder Gesellschaftsstatuten bestimmen etwas anderes.

3

Die Verwahrungsstelle stellt sicher, dass durch eine Umwandlung die Gesamtzahl der ausgegebenen Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte nicht verändert wird. Art. 8 Auslieferung und Untergang

1

Die Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber können von der Verwahrungsstelle jederzeit verlangen, ihnen Wertpapiere gleicher Zahl und Gattung auszuliefern oder ausliefern zu lassen, wie ihrem Effektenkonto Bucheffekten gutgeschrieben sind, sofern: a.

bei der Verwahrungsstelle oder bei einer Drittverwahrungsstelle Wertpapiere hinterlegt sind; oder

b.

die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber nach Artikel 7 Absatz 2 einen Anspruch auf Ausstellung von Wertpapieren hat.

2

Die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber hat Anspruch auf die Auslieferung von Wertpapieren, die den Usanzen des Marktes entsprechen, auf dem diese Wertpapiere gehandelt werden.

3 Die Verwahrungsstelle stellt sicher, dass die Wertpapiere nur ausgeliefert werden, wenn Bucheffekten gleicher Zahl und Gattung dem entsprechenden Effektenkonto belastet worden sind.

180

Anhang 1

3. Kapitel: Drittverwahrung und Verfügbarkeit von Bucheffekten Art. 9 Ermächtigung zur Drittverwahrung 1

Eine Verwahrungsstelle kann Bucheffekten, Wertpapiere und Wertrechte durch eine Drittverwahrungsstelle in der Schweiz oder im Ausland verwahren lassen. Die Zustimmung der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers ist nicht erforderlich.

2

Die Drittverwahrung im Ausland bedarf jedoch der ausdrücklichen Zustimmung der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers, wenn die ausländische Verwahrungsstelle nicht einer Aufsicht untersteht, welche ihrer Tätigkeit angemessen ist. Art. 10 Wirkungen

1

Die Verwahrungsstelle schreibt dem Effektenkonto der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers die Bucheffekten gut, welche die Drittverwahrungsstelle ihrem Effektenkonto gutgeschrieben hat.

2

Untersteht die Drittverwahrung nicht diesem Gesetz, so erwirbt die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber mit der Gutschrift zumindest Rechte entsprechend den Rechten, welche die Verwahrungsstelle aus der Drittverwahrung erhält. Art. 11 Verfügbare Bucheffekten 1

Jede Verwahrungsstelle hält bei sich selber oder bei einer Drittverwahrungsstelle Bucheffekten verfügbar, deren Zahl und Gattung mindestens der Summe der in den Effektenkonten ihrer Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber als Guthaben ausgewiesenen Bucheffekten (Effektenguthaben) entspricht.

2

Ist die Menge der verfügbaren Bucheffekten kleiner als die Summe der Effektenguthaben, so muss die Verwahrungsstelle ohne Verzug Bucheffekten im Umfang des Unterbestandes erwerben.

3

Als verfügbar gelten:

a.

Bucheffekten, die einem Effektenkonto der Verwahrungsstelle bei einer Drittverwahrungsstelle gutgeschrieben sind;

b.

bei der Verwahrungsstelle sammelverwahrte Wertpapiere, Globalurkunden oder Wertrechte, die in ihrem Hauptregister eingetragen sind; und

c.

frei verfügbare Ansprüche auf Lieferung von Bucheffekten durch andere Verwahrungsstellen während der Frist, die auf dem betreffenden Markt

181

Anhang 1

für eine ordentliche Abwicklung vorgeschrieben oder üblich ist, längstens jedoch während acht Tagen. Art. 12 Eigen- und Drittbestände 1

Hält die Verwahrungsstelle Eigen- und Drittbestände bei einer Drittverwahrungsstelle auf verschiedenen Effektenkonten, so werden die Bucheffekten der Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber sowie deren Lieferansprüche nicht berührt durch: a.

eine Aufrechnungsvereinbarung zwischen der Verwahrungsstelle und einer Drittverwahrungsstelle, welcher die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber nicht als Partei beigetreten ist;

b.

Pfand-, Rückbehalts- und Verwertungsrechte der Drittverwahrungsstelle oder von Dritten, denen die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber nicht zugestimmt hat.

2

Die Verwahrungsstelle kann über Bucheffekten einer Kontoinhaberin oder eines Kontoinhabers nur verfügen, nachdem sie diese in Ausübung ihres Nutzungsrechts in ihr eigenes Effektenkonto übertragen hat. 3

Abweichende Abreden sind nichtig. 4. Kapitel: Rechte aus der Verwahrung von Bucheffekten 1. Abschnitt: Allgemeine Rechte der Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber Art. 13 Grundsatz

1

Die Entstehung von Bucheffekten lässt die Rechte der Anlegerinnen und Anleger gegenüber dem Emittenten unberührt. 2

Die Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber können ihre Rechte an Bucheffekten nur über ihre Verwahrungsstelle ausüben, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Art. 14 Pfändung und Arrest

1

Wird gegen eine Kontoinhaberin oder einen Kontoinhaber eine Pfändung, ein Arrest oder eine andere vorsorgliche Massnahme verfügt, die Bucheffekten zum Gegenstand hat, so ist diese Massnahme ausschliesslich bei der Verwahrungsstelle zu vollziehen, die das Effektenkonto der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers führt, dem die Bucheffekten gutgeschrieben sind.

182

Anhang 1 2

Pfändungen, Arreste und andere vorsorgliche Massnahmen gegen eine Kontoinhaberin oder einen Kontoinhaber, die bei einer Drittverwahrungsstelle vollzogen werden, sind nichtig. Art. 15 Weisung

1

Die Verwahrungsstelle ist nach Massgabe ihres Vertrags mit der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber verpflichtet, deren oder dessen Weisungen zur Verfügung über Bucheffekten auszuführen.

2

Sie hat weder das Recht noch die Pflicht, den Rechtsgrund der Weisung zu überprüfen. 3

Die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber kann die Weisung widerrufen bis zum Zeitpunkt, der durch den Vertrag mit der Verwahrungsstelle oder die anwendbaren Regeln eines Effektenabrechnungs- und -abwicklungssystems festgelegt ist. Sobald die Verwahrungsstelle das Effektenkonto belastet hat, ist die Weisung in jedem Fall unwiderruflich. Art. 16 Ausweis

Die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber kann von der Verwahrungsstelle jederzeit einen Ausweis über die dem betreffenden Effektenkonto gutgeschriebenen Bucheffekten verlangen. Diesem Ausweis kommt nicht die Eigenschaft eines Wertpapiers zu. 2. Abschnitt: Rechte der Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber in der Liquidation einer Verwahrungsstelle Art. 17 Absonderung 1 Wird über eine Verwahrungsstelle ein Zwangsliquidationsverfahren zum Zwecke der Generalexekution eröffnet, so sondert die Liquidatorin oder der Liquidator im Umfang der Effektenguthaben ihrer Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber von Amtes wegen ab:

a.

Bucheffekten, die einem Effektenkonto der Verwahrungsstelle bei einer Drittverwahrungsstelle gutgeschrieben sind;

b.

bei der Verwahrungsstelle sammelverwahrte Wertpapiere, Globalurkunden oder Wertrechte, die in ihrem Hauptregister eingetragen sind; und

c.

frei verfügbare Ansprüche der Verwahrungsstelle gegenüber Dritten auf Lieferung von Bucheffekten aus Kassageschäften, abgelaufenen Termin-

183

Anhang 1

geschäften, Deckungsgeschäften oder Emissionen für Rechnung der Kontoinhaberinnen oder Kontoinhaber. 2

Hält die Verwahrungsstelle Eigen- und Drittbestände bei einer Drittverwahrungsstelle zusammengefasst auf einem einzigen Effektenkonto, so gilt die Vermutung, dass es sich dabei um Bucheffekten ihrer Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber handelt.

3

Wer eine Verwahrungsstelle liquidiert, muss deren Verpflichtungen gegenüber der Drittverwahrungsstelle erfüllen, die ihr entstanden sind aus der Drittverwahrung von Bucheffekten oder aus der Vorleistung der Drittverwahrungsstelle für den Erwerb von Bucheffekten. 4

Die abgesonderten Bucheffekten und Ansprüche auf Lieferung von Bucheffekten werden: a.

auf die Verwahrungsstelle übertragen, die von der Kontoinhaberin oder vom Kontoinhaber bezeichnet wird; oder

b.

in Form von Wertpapieren der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber ausgeliefert.

5

Die Ansprüche der Verwahrungsstelle nach Artikel 21 bleiben vorbehalten. Art. 18 Absonderung bei Liquidation der Drittverwahrungsstelle

Wird über eine Drittverwahrungsstelle ein Zwangsliquidationsverfahren zum Zwecke einer Generalexekution eröffnet, so hat die Verwahrungsstelle die Absonderung der Bucheffekten ihrer Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber bei der Drittverwahrungsstelle geltend zu machen. Art. 19 Unterbestand 1

Genügen die abgesonderten Bucheffekten zur vollständigen Befriedigung der Ansprüche der Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber nicht, so werden zu deren Gunsten im Umfang des Unterbestandes Bucheffekten derselben Gattung abgesondert, die die Verwahrungsstelle auf eigene Rechnung hält, auch wenn sie getrennt von den Bucheffekten ihrer Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber verwahrt werden.

2 Sind die Ansprüche der Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber immer noch nicht vollständig befriedigt, so tragen die Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber den Unterbestand im Verhältnis ihrer Effektenguthaben der betreffenden Gattung. In diesem Umfang steht jeder Kontoinhaberin und jedem Kontoinhaber eine Ersatzforderung gegen die Verwahrungsstelle zu.

184

Anhang 1

Art. 20 Endgültigkeit von Weisungen Die Weisung einer Verwahrungsstelle, die an einem Effektenabrechnungs- und -abwicklungssystem teilnimmt, ist auch im Falle eines Zwangsvollstreckungsverfahrens gegen diese Verwahrungsstelle rechtlich verbindlich und Dritten gegenüber wirksam, wenn sie: a.

vor Eröffnung des Verfahrens in das System eingebracht wurde; oder

b.

nach Eröffnung des Verfahrens in das System eingebracht und am Tag der Verfahrenseröffnung ausgeführt wurde, sofern der Systembetreiber nachweist, dass er von der Eröffnung des Verfahrens keine Kenntnis hatte oder haben musste. 3. Abschnitt: Rechte der Verwahrungsstelle an Bucheffekten Art. 21 Rückbehalts- und Verwertungsrecht

1 Die Verwahrungsstelle kann einem Effektenkonto gutgeschriebene Bucheffekten zurückbehalten und verwerten, sofern eine Forderung gegen die Inhaberin oder den Inhaber dieses Kontos fällig ist und sie aus der Verwahrung der Bucheffekten oder aus Vorleistungen der Verwahrungsstelle für den Erwerb von Bucheffekten herrührt. 2

Das Rückbehalts- und Verwertungsrecht der Verwahrungsstelle erlischt, sobald die Bucheffekten dem Effektenkonto einer anderen Kontoinhaberin oder eines anderen Kontoinhabers gutgeschrieben werden. Art. 22 Nutzungsrecht

1

Die Kontoinhaberinnen und Kontoinhaber können der Verwahrungsstelle das Recht einräumen, über ihre Bucheffekten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu verfügen, namentlich die Bucheffekten als Sicherheit weiter zu verwenden. 2

Ist die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber keine qualifizierte Anlegerin oder kein qualifizierter Anleger, so ist die Ermächtigung schriftlich zu erteilen. Die Ermächtigung darf nicht in den allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein. Art. 23 Rückerstattung von Sicherheiten 1

Hat die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber der Verwahrungsstelle Bucheffekten als Sicherheit übertragen und nutzt die Verwahrungsstelle diese Buch-

185

Anhang 1

effekten ihrerseits als Sicherheit, so muss die Verwahrungsstelle der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber spätestens bei Fälligkeit der gesicherten Forderung Bucheffekten derselben Zahl und Gattung rückerstatten. 2

Diese Bucheffekten unterliegen demselben Sicherungsrecht wie das ursprüngliche Sicherungsrecht und werden so behandelt, als wären sie zum selben Zeitpunkt wie das ursprüngliche Sicherungsrecht bestellt worden. 3

Soweit im Sicherungsvertrag mit der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber vorgesehen, kann die Verwahrungsstelle die Bucheffekten, statt sie zurückzuerstatten, nach Artikel 31 verwerten. 5. Kapitel: Verfügung über Bucheffekten und Wirkung gegenüber Dritten 1. Abschnitt: Verfügung über Bucheffekten Art. 24 Verfügung durch Gutschrift 1

Über Bucheffekten wird verfügt durch:

a.

Weisung der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers an die Verwahrungsstelle, die Bucheffekten zu übertragen; und

b.

Gutschrift der Bucheffekten im Effektenkonto der Erwerberin oder des Erwerbers.

2

Die Verfügung ist mit Abschluss der erforderlichen Gutschrift vollzogen. Zugleich verliert die verfügende Kontoinhaberin oder der verfügende Kontoinhaber sein Recht an den Bucheffekten.

3

Vorbehalten bleiben die Vorschriften über den Erwerb durch Universalsukzession oder Zwangsvollstreckung.

4

Beschränkungen der Übertragbarkeit von Namenaktien bleiben vorbehalten. Andere Beschränkungen der Übertragbarkeit bleiben der Erwerberin oder dem Erwerber oder Dritten gegenüber ohne Wirkung. Art. 25 Bestellung von Sicherheiten

1

Eine Sicherheit an Bucheffekten kann ausser nach Artikel 24 mit Wirkung gegenüber Dritten auch bestellt werden, indem die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber mit der Verwahrungsstelle unwiderruflich vereinbart, dass diese die Weisungen der Sicherungsnehmerin oder des Sicherungsnehmers ohne weitere Zustimmung oder Mitwirkung der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers auszuführen hat.

186

Anhang 1 2

Die Sicherheit kann sich beziehen auf:

a.

bestimmte Bucheffekten;

b.

alle Bucheffekten, die einem Effektenkonto gutgeschrieben sind; oder

c.

einen wertmässig bestimmten Anteil der Bucheffekten, die einem Effektenkonto gutgeschrieben sind.

3

Für die Bestellung einer Nutzniessung an Bucheffekten gilt Absatz 1 sinngemäss. Art. 26 Sicherheiten zugunsten der Verwahrungsstelle 1

Eine Sicherheit der Verwahrungsstelle an Bucheffekten einer Kontoinhaberin oder eines Kontoinhabers wird bestellt und ist Dritten gegenüber wirksam mit dem Abschluss einer Vereinbarung.

2

Sie erlischt mit der Gutschrift der Bucheffekten im Effektenkonto einer anderen Kontoinhaberin oder eines anderen Kontoinhabers. 2. Abschnitt: Stornierung Art. 27 Stornierung einer Belastung

1 Die Belastung von Bucheffekten in einem Effektenkonto ist zu stornieren, wenn:

a.

sie ohne Weisung erfolgt;

b.

sie aufgrund einer Weisung erfolgt, die: 1.

nichtig ist,

2.

nicht von der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber beziehungsweise deren oder dessen Vertreterin oder Vertreter stammt,

3.

durch die Kontoinhaberin oder den Kontoinhaber rechtzeitig widerrufen wurde, oder

4.

wegen eines Erklärungsirrtums oder eines Übermittlungsfehlers, wegen absichtlicher Täuschung oder begründeter Furcht angefochten wurde; Artikel 26 des Obligationenrechts13) bleibt vorbehalten;

___________ 13) SR 220.

187

Anhang 1

c.

die Gutschrift von Bucheffekten im Effektenkonto der Erwerberin oder des Erwerbers der Weisung nicht entspricht oder nicht innerhalb der für die Ausführung üblichen Frist erfolgt.

2

In den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben a und b hat die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber nachzuweisen, dass die Weisung mangelhaft war. Der Anspruch auf Stornierung besteht nicht, wenn die Verwahrungsstelle nachweist, dass sie den Mangel der Weisung nicht kannte und trotz Anwendung von zumutbaren Massnahmen und Verfahren nicht kennen musste.

3

Durch Stornierung wird die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber gestellt, wie wenn die Belastung nie stattgefunden hätte. Schadenersatzansprüche nach den Vorschriften des Obligationenrechts bleiben vorbehalten.

4

Die Ansprüche nach diesem Artikel verjähren mit Ablauf eines Jahres nach der Entdeckung des Mangels, in jedem Fall jedoch mit Ablauf von fünf Jahren seit dem Tag der Belastung.

5

Kontoinhaberinnen oder Kontoinhaber, die qualifizierte Anlegerinnen oder Anleger sind, können mit ihrer Verwahrungsstelle abweichende Vereinbarungen treffen. Art. 28 Stornierung einer Gutschrift 1

Die Verwahrungsstelle kann die Gutschrift von Bucheffekten in einem Effektenkonto stornieren, wenn: a.

die entsprechende Belastung storniert worden ist; oder

b.

die Gutschrift nicht der Weisung entspricht.

2

Die Stornierung ist der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber mitzuteilen.

3

Die Stornierung ist ausgeschlossen, wenn das Effektenkonto keine Bucheffekten dieser Gattung mehr umfasst oder wenn Dritte daran gutgläubig Rechte erworben haben. In diesem Fall hat die Verwahrungsstelle Anspruch auf Ersatz, es sei denn, die Kontoinhaberin oder der Kontoinhaber war bei der Entäusserung der Bucheffekten in gutem Glauben oder musste mit der Rückerstattung nicht rechnen. 4

Die Ansprüche nach diesem Artikel verjähren mit Ablauf eines Jahres nach der Entdeckung des Mangels, in jedem Fall jedoch mit Ablauf von fünf Jahren seit dem Tag der Gutschrift.

5

Kontoinhaberinnen oder Kontoinhaber, die qualifizierte Anlegerinnen oder Anleger sind, können mit ihrer Verwahrungsstelle abweichende Vereinbarungen treffen.

188

Anhang 1

3. Abschnitt: Wirkung gegenüber Dritten Art. 29 Schutz des gutgläubigen Erwerbs 1

Wer nach Artikel 24, 25 oder 26 Bucheffekten oder Rechte an Bucheffekten in gutem Glauben entgeltlich erwirbt, ist in seinem Erwerb geschützt, auch wenn: a.

die Veräussererin oder der Veräusserer zur Verfügung über die Bucheffekten nicht befugt war; oder

b.

die Gutschrift von Bucheffekten im Effektenkonto der Veräussererin oder des Veräusserers storniert worden ist.

2

Ist der Erwerb nicht geschützt, so ist die Erwerberin oder der Erwerber nach den Vorschriften des Obligationenrechts14) über die ungerechtfertigte Bereicherung zur Rückerstattung von Bucheffekten derselben Zahl und Gattung verpflichtet. Rechte Dritter werden dadurch nicht berührt. Weitere Ansprüche nach den Vorschriften des Obligationenrechts bleiben vorbehalten. 3

Wird über die rückerstattungspflichtige Erwerberin oder den rückerstattungspflichtigen Erwerber ein Zwangsvollstreckungsverfahren zum Zwecke der Generalexekution eröffnet, so kann die berechtigte Person Bucheffekten derselben Zahl und Gattung aussondern, sofern sich solche Bucheffekten in der Masse befinden. 4

Ansprüche nach Absatz 2 verjähren mit Ablauf eines Jahres, nachdem die berechtigte Person von ihrem Anspruch und von der Person ihrer Schuldnerin oder ihres Schuldners Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit dem Tag der Belastung. Artikel 60 Absatz 2 des Obligationenrechts bleibt vorbehalten. 5

Sind die Stornierungsvoraussetzungen nach Artikel 28 erfüllt, so steht der Erwerberin oder dem Erwerber aufgrund dieses Artikels keine Einwendung gegen die Stornierung einer Gutschrift zu. Art. 30 Rangfolge

1

Wird über Bucheffekten oder Rechte an Bucheffekten nach den Vorschriften dieses Gesetzes verfügt, so geht die frühere Verfügung der späteren im Range vor.

2

Schliesst die Verwahrungsstelle mit der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber eine Vereinbarung gemäss Artikel 25 Absatz 1 ab, ohne die Sicherungs___________

14) SR 220.

189

Anhang 1

nehmerin oder den Sicherungsnehmer ausdrücklich auf ihr zustehende frühere Sicherheiten hinzuweisen, so gilt ihre Sicherheit als derjenigen der Sicherungsnehmerin oder des Sicherungsnehmers untergeordnet. 3

Werden Bucheffekten oder Rechte an Bucheffekten abgetreten, so gehen die Rechte von Personen, die sie nach den Vorschriften dieses Gesetzes erworben haben, den Rechten des Zessionars unabhängig vom Zeitpunkt der Abtretung im Range vor.

4

Abweichende Abreden über die Rangfolge bleiben vorbehalten, entfalten jedoch nur unter den Parteien dieser Abrede Wirkung. 6. Kapitel: Verwertung von Sicherheiten Art. 31 Verwertungsbefugnis

1

Ist an Bucheffekten, die an einem repräsentativen Markt gehandelt werden, eine Sicherheit bestellt worden, so kann die Sicherungsnehmerin oder der Sicherungsnehmer sie unter den im Sicherungsvertrag vereinbarten Voraussetzungen verwerten, indem sie oder er: a.

die Bucheffekten verkauft und ihren Preis mit der gesicherten Forderung verrechnet; oder

b.

sich die Bucheffekten aneignet und ihren Wert mit der gesicherten Forderung verrechnet.

2

Diese Befugnis bleibt auch in einem Zwangsvollstreckungsverfahren gegen die Sicherungsgeberin oder den Sicherungsgeber sowie bei Anordnung von Sanierungs- oder Schutzmassnahmen jeglicher Art bestehen.

3

Die Verwahrungsstelle hat weder das Recht noch die Pflicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verwertung der Bucheffekten erfüllt sind.

4

Schreitet die Sicherungsnehmerin oder der Sicherungsnehmer zur Verwertung von Bucheffekten, ohne dass die Voraussetzungen dafür gegeben sind, so haftet sie oder er der Sicherungsgeberin oder dem Sicherungsgeber für den entstandenen Schaden. Art. 32 Ankündigung und Abrechnung

1

Die Verwertung ist der Sicherungsgeberin oder dem Sicherungsgeber anzukündigen. Die Sicherungsgeberin oder der Sicherungsgeber kann auf die Ankündigung verzichten, wenn sie oder er eine qualifizierte Anlegerin oder ein qualifizierter Anleger ist.

190

Anhang 1 2

Die Sicherungsnehmerin oder der Sicherungsnehmer ist zur Abrechnung verpflichtet und hat der Sicherungsgeberin oder dem Sicherungsgeber einen Überschuss herauszugeben. 7. Kapitel: Haftungsbestimmungen Art. 33

1

Für Schäden aus der Verwahrung oder der Übertragung von Bucheffekten haftet die Verwahrungsstelle der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber nach den Vorschriften des Obligationenrechts15), soweit dieser Artikel nichts anderes bestimmt. 2

Lässt die Verwahrungsstelle Bucheffekten befugterweise bei einer Drittverwahrungsstelle verwahren, so haftet sie für gehörige Sorgfalt bei der Wahl und Instruktion der Drittverwahrungsstelle sowie bei der Überwachung der dauernden Einhaltung der Auswahlkriterien.

3

Die Verwahrungsstelle kann die Haftung nach Absatz 2 ausschliessen, sofern Bucheffekten auf ausdrückliche Weisung der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers bei einer Drittverwahrungsstelle verwahrt werden, die von der Verwahrungsstelle dafür nicht empfohlen wurde.

4

Die Verwahrungsstelle haftet für das Verschulden der Drittverwahrungsstelle wie für eigenes Verschulden, wenn diese: a.

für die Verwahrungsstelle selbstständig und dauernd die gesamte Effektenverwaltung und die Abwicklung von Effektengeschäften erledigt; oder

b.

mit der Verwahrungsstelle eine wirtschaftliche Einheit bildet.

5

Abweichende Abreden sind nur unter Verwahrungsstellen oder zugunsten der Anlegerin oder des Anlegers wirksam. 8. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 34 Änderung bisherigen Rechts Die Änderung bisherigen Rechts wird im Anhang geregelt. Art. 35 Übergangsbestimmungen

1

Emittenten von Wertrechten, die einem durch eine Verwahrungsstelle geführten Effektenkonto gutgeschrieben sind, haben innerhalb von sechs Mona___________

15) SR 220.

191

Anhang 1

ten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bei einer Verwahrungsstelle das Hauptregister einrichten und die Wertrechte darin eintragen zu lassen. 2

Ist vor Inkrafttreten dieses Gesetzes über sammelverwahrte Wertpapiere, Globalurkunden oder Wertrechte verfügt worden und genügt diese Verfügung nicht den Vorschriften dieses Gesetzes, so geht das dadurch erworbene Recht jedem nach Inkrafttreten dieses Gesetzes begründeten Recht vor, sofern die Erwerberin oder der Erwerber innerhalb von zwölf Monaten nach Inkrafttreten die nach diesem Gesetz erforderlichen Einträge vornimmt oder vornehmen lässt. Art. 36 Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Inkrafttreten:16) 1. Januar 2010 Art. 470 Abs. 2bis des Obligationenrechts (Ziff. 3 des Anhang): 1. Oktober 2009 Anhang (Art. 34) Änderung bisherigen Rechts Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert: 1. Zivilgesetzbuch17) Art. 901 Abs. 3 … 2. Pfandbriefgesetz vom 25. Juni 193018) Art. 7 … Art. 8 … Art. 9 … ___________ 16) BRB vom 6. Mai 2009 (AS 2009 3589). 17) SR 210. Die hiernach aufgeführte Änd. ist eingefügt im genannten Erlass. 18) SR 211.423.4. Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt im genannten Erlass.

192

Anhang 1

3. Obligationenrecht19) Art. 470 Abs. 2bis … Art. 622 Abs. 1 … Art. 627 Ziff. 14 … Art. 973a … Art. 973b … Art. 973c … 4. Bundesgesetz vom 11. April 188920) über Schuldbetreibung und Konkurs Art. 287 Abs. 3 … 5. Bankengesetz vom 8. November 193421) Achter Abschnitt (Art. 17) Aufgehoben Art. 37d …

___________ 19) SR 220. Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt im genannten Erlass. 20) SR 281.1. Die hiernach aufgeführte Änd. ist eingefügt im genannten Erlass. 21) SR 952.0. Die hiernach aufgeführte Änd. sind eingefügt im genannten Erlass.

193

Anhang 2 Unidroit convention on substantive rules for intermediated securities The states signatory to this convention, Conscious of the growth and development of global capital markets and recognising the benefits of holding securities, or interests in securities, through intermediaries in increasing the liquidity of modern securities markets, Recognising the need to protect persons that acquire or otherwise hold intermediated securities, Aware of the importance of reducing legal risk, systemic risk and associated costs in relation to domestic and cross-border transactions involving intermediated securities so as to facilitate the flow of capital and access to capital markets, Mindful of the need to enhance the international compatibility of legal systems as well as the soundness of domestic and international rules relating to intermediated securities, Desiring to establish a common legal framework for the holding and disposition of intermediated securities, Believing that a functional approach in the formulation of rules to accommodate the various legal traditions involved would best serve the purposes of this Convention, Having due regard for non-Convention law in matters not determined by this Convention, Emphasising the importance of the integrity of a securities issue in a global environment for intermediated holding in order to ensure the exercise of investors’ rights and enhance their protection, Emphasising that this Convention is not intended to harmonise or otherwise affect insolvency law except to the extent necessary to provide for the effectiveness of rights and interests governed by this Convention, Recognising that this Convention does not limit or otherwise affect the powers of Contracting States to regulate, supervise or oversee the holding and disposition of intermediated securities or any other matters expressly covered by the Convention, except in so far as such regulation, supervision or oversight would contravene the provisions of this Convention, Mindful of the importance of the role of intermediaries in the application of this Convention and the need of Contracting States to regulate, supervise or oversee their activities, 195

Anhang 2

Have agreed upon the following provisions: Chapter I Definitions, sphere of application and interpretation Article 1 Definitions In this Convention: (a) “securities” means any shares, bonds or other financial instruments or financial assets (other than cash) which are capable of being credited to a securities account and of being acquired and disposed of in accordance with the provisions of this Convention; (b) “intermediated securities” means securities credited to a securities account or rights or interests in securities resulting from the credit of securities to a securities account; (c) “securities account” means an account maintained by an intermediary to which securities may be credited or debited; (d) “intermediary” means a person (including a central securities depository) who in the course of a business or other regular activity maintains securities accounts for others or both for others and for its own account and is acting in that capacity; (e) “account holder” means a person in whose name an intermediary maintains a securities account, whether that person is acting for its own account or for others (including in the capacity of intermediary); (f) “account agreement” means, in relation to a securities account, the agreement between the account holder and the relevant intermediary governing the securities account; (g) “relevant intermediary” means, in relation to a securities account, the intermediary that maintains that securities account for the account holder; (h) “insolvency proceeding” means a collective judicial or administrative proceeding, including an interim proceeding, in which the assets and affairs of the debtor are subject to control or supervision by a court or other competent authority for the purpose of reorganisation or liquidation; (i) “insolvency administrator” means a person (including a debtor in possession if applicable) authorised to administer an insolvency proceeding, including one authorised on an interim basis; (j) securities are “of the same description” as other securities if they are issued by the same issuer and: (i)

196

they are of the same class of shares or stock; or

Anhang 2

(ii) in the case of securities other than shares or stock, they are of the same currency and denomination and are treated as forming part of the same issue; (k) “control agreement” means an agreement in relation to intermediated securities between an account holder, the relevant intermediary and another person or, if so provided by the non-Convention law, between an account holder and the relevant intermediary or between an account holder and another person of which the relevant intermediary receives notice, which includes either or both of the following provisions: (i)

that the relevant intermediary is not permitted to comply with any instructions given by the account holder in relation to the intermediated securities to which the agreement relates without the consent of that other person;

(ii) that the relevant intermediary is obliged to comply with any instructions given by that other person in relation to the intermediated securities to which the agreement relates in such circumstances and as to such matters as may be provided by the agreement, without any further consent of the account holder; (l) “designating entry” means an entry in a securities account made in favour of a person (including the relevant intermediary) other than the account holder in relation to intermediated securities, which, under the account agreement, a control agreement, the uniform rules of a securities settlement system or the non-Convention law, has either or both of the following effects: (i)

that the relevant intermediary is not permitted to comply with any instructions given by the account holder in relation to the intermediated securities as to which the entry is made without the consent of that person;

(ii) that the relevant intermediary is obliged to comply with any instructions given by that person in relation to the intermediated securities as to which the entry is made in such circumstances and as to such matters as may be provided by the account agreement, a control agreement or the uniform rules of a securities settlement system, without any further consent of the account holder; (m) “non-Convention law” means the law in force in the Contracting State referred to in Article 2, other than the provisions of this Convention; (n) “securities settlement system” means a system that: (i)

settles, or clears and settles, securities transactions;

197

Anhang 2

(ii) is operated by a central bank or central banks or is subject to regulation, supervision or oversight by a governmental or public authority in relation to its rules; and (iii) has been identified as a securities settlement system in a declaration made by the Contracting State the law of which governs the system on the ground of the reduction of risk to the stability of the financial system; (o) “securities clearing system” means a system that: (i)

clears, but does not settle, securities transactions through a central counterparty or otherwise;

(ii) is operated by a central bank or central banks or is subject to regulation, supervision or oversight by a governmental or public authority in relation to its rules; and (iii) has been identified as a securities clearing system in a declaration made by the Contracting State the law of which governs the system on the ground of the reduction of risk to the stability of the financial system; (p) “uniform rules” means, in relation to a securities settlement system or securities clearing system, rules of that system (including system rules constituted by the non-Convention law) which are common to the participants or to a class of participants and are publicly accessible. Article 2 Sphere of application This Convention applies whenever: (a) the applicable conflict of laws rules designate the law in force in a Contracting State as the applicable law; or (b) the circumstances do not lead to the application of any law other than the law in force in a Contracting State. Article 3 Applicability of declarations If the law of the forum State is not the applicable law, the forum State shall apply the Convention and the declarations, if any, made by the Contracting State the law of which applies, and without regard to the declarations, if any, made by the forum State.

198

Anhang 2

Article 4 Principles of interpretation In the implementation, interpretation and application of this Convention, regard is to be had to its purposes, the general principles on which it is based, its international character and the need to promote uniformity and predictability in its application. Article 5 Central bank and regulated intermediaries A Contracting State may declare that this Convention shall apply only to securities accounts maintained by: (a) intermediaries falling within such categories as may be described in the declaration, which are subject to authorisation, regulation, supervision or oversight by a government or public authority in relation to the activity of maintaining securities accounts; or (b) a central bank. Article 6 Excluded functions This Convention does not apply to the functions of creation, recording or reconciliation of securities, vis-à-vis the issuer of those securities, by a person such as a central securities depository, central bank, transfer agent or registrar. Article 7 Performance of functions of intermediaries by other persons 1.

A Contracting State may declare that under its non-Convention law a person other than the relevant intermediary is responsible for the performance of a function or functions (but not all functions) of the relevant intermediary under this Convention, either generally or in relation to intermediated securities, or securities accounts, of any category or description.

2.

A declaration under this Article shall: (a) specify, if applicable, the relevant category or description of intermediated securities or securities accounts; (b) identify, by name or description: (i)

the relevant intermediary;

(ii) the parties to the account agreement; and (iii) the person or persons other than the relevant intermediary who is or are responsible as described in paragraph 1; and 199

Anhang 2

(c) specify, in relation to each such person: (i)

the functions for which such person is so responsible;

(ii) the provisions of this Convention that apply to such person, including whether Article 9, Article 10, Article 15 or Article 23 applies to such person; and (iii) if applicable, the relevant category or description of intermediated securities or securities accounts. 3.

Unless otherwise provided in this Convention, if a declaration under this Article applies, references in any provision in this Convention to an intermediary or the relevant intermediary are to the person or persons responsible for performing the function to which that provision applies. Article 8 Relationship with issuers

1.

Subject to Article 29(2), this Convention does not affect any right of the account holder against the issuer of the securities.

2.

This Convention does not determine whom the issuer is required to recognise as the shareholder, bondholder or other person entitled to receive and exercise the rights attached to the securities or to recognise for any other purpose. Chapter II Rights of the account holder Article 9 Intermediated securities

1.

The credit of securities to a securities account confers on the account holder: (a) the right to receive and exercise any rights attached to the securities, including dividends, other distributions and voting rights: (i)

if the account holder is not an intermediary or is an intermediary acting for its own account; and

(ii) in any other case, if so provided by the non-Convention law; (b) the right to effect a disposition under Article 11 or grant an interest under Article 12; (c) the right, by instructions to the relevant intermediary, to cause the securities to be held otherwise than through a securities account, to the extent permitted by the applicable law, the terms of the securities and, to the extent permitted by the non-Convention law, the

200

Anhang 2

account agreement or the uniform rules of a securities settlement system; (d) unless otherwise provided in this Convention, such other rights, including rights and interests in securities, as may be conferred by the non-Convention law. 2.

Unless otherwise provided in this Convention: (a) the rights referred to in paragraph 1 are effective against third parties; (b) the rights referred to in paragraph 1(a) may be exercised against the relevant intermediary or the issuer of the securities, or both, in accordance with this Convention, the terms of the securities and the applicable law; (c) the rights referred to in paragraph 1(b) and 1(c) may be exercised only against the relevant intermediary.

3.

If an account holder has acquired a security interest, or a limited interest other than a security interest, by credit of securities to its securities account under Article 11(4), the non-Convention law determines any limits on the rights described in paragraph 1 of this Article. Article 10 Measures to enable the exercise of rights

1.

An intermediary must take appropriate measures to enable its account holders to receive and exercise the rights specified in Article 9(1).

2.

An intermediary must, at least: (a) protect securities credited to a securities account, as provided in Article 24; (b) allocate securities or intermediated securities to the rights of its account holders so as to be unavailable to its creditors, as provided in Article 25; (c) give effect to any instructions given by the account holder or other authorised person, as provided by the non-Convention law, the account agreement or the uniform rules of a securities settlement system; (d) not dispose of securities credited to a securities account without authorisation, as provided in Article 15; (e) regularly pass on to account holders information relating to intermediated securities, including information necessary for account holders to exercise rights, if provided by the non-Convention law, the account agreement or the uniform rules of a securities settlement system; and 201

Anhang 2

(f)

3.

regularly pass on to account holders dividends and other distributions received in relation to intermediated securities, if provided by the non-Convention law, the account agreement or the uniform rules of a securities settlement system.

This Convention does not require the relevant intermediary to establish a securities account with another intermediary or to take any action that is not within its power. Chapter III Transfer of intermediated securities Article 11 Acquisition and disposition by debit and credit

1.

Subject to Article 16, intermediated securities are acquired by an account holder by the credit of securities to that account holder’s securities account.

2.

No further step is necessary, or may be required by the non-Convention law or any other rule of law applicable in an insolvency proceeding, to render the acquisition of intermediated securities effective against third parties.

3.

Subject to Articles 15 and 16, intermediated securities are disposed of by an account holder by the debit of securities to that account holder’s securities account.

4.

A security interest, or a limited interest other than a security interest, in intermediated securities may be acquired and disposed of by debit and credit of securities to securities accounts under this Article.

5.

Nothing in this Convention limits the effectiveness of debits and credits to securities accounts which are effected on a net basis in relation to securities of the same description. Article 12 Acquisition and disposition by other methods

1.

Subject to Article 16, an account holder grants an interest in intermediated securities, including a security interest or a limited interest other than a security interest, to another person if: (a) the account holder enters into an agreement with or in favour of that person; and (b) one of the conditions specified in paragraph 3 applies and the relevant Contracting State has made a declaration in relation to that condition under paragraph 5.

202

Anhang 2

2.

No further step is necessary, or may be required by the non-Convention law or any other rule of law applicable in an insolvency proceeding, to render the interest effective against third parties.

3.

The conditions referred to in paragraph 1(b) are as follows: (a) the person to whom the interest is granted is the relevant intermediary; (b) a designating entry in favour of that person has been made; (c) a control agreement in favour of that person applies.

4.

An interest in intermediated securities may be granted under this Article so as to be effective against third parties: (a) in relation to a securities account (and such an interest extends to all intermediated securities from time to time standing to the credit of the relevant securities account); (b) in relation to a specified category, quantity, proportion or value of the intermediated securities from time to time standing to the credit of a securities account.

5.

A Contracting State may declare that under its law: (a) the condition specified in any one or more of the sub-paragraphs of paragraph 3 is sufficient to render an interest effective against third parties; (b) this Article shall not apply in relation to interests in intermediated securities granted by or to parties falling within such categories as may be specified in the declaration; (c) paragraph 4, or either sub-paragraph of paragraph 4, does not apply; (d) paragraph 4(b) applies with such modifications as may be specified in the declaration.

6.

A declaration in relation to paragraph 3(b) shall specify whether a designating entry has the effect described in Article 1(l)(i) or Article 1(l)(ii) or both.

7.

A declaration in relation to paragraph 3(c) shall specify whether a control agreement must include the provision described in Article 1(k)(i) or Article 1(k)(ii) or both.

8.

The applicable law determines in what circumstances a non-consensual security interest in intermediated securities may arise and become effective against third parties.

203

Anhang 2

Article 13 Acquisition and disposition under non-Convention law This Convention does not preclude any method provided by the non-Convention law for: (a) the acquisition or disposition of intermediated securities or of an interest in intermediated securities; or (b) the creation of an interest in intermediated securities and for making such an interest effective against third parties, other than the methods provided by Articles 11 and 12. Article 14 Effectiveness in insolvency 1.

Rights and interests that have become effective against third parties under Article 11 or Article 12 are effective against the insolvency administrator and creditors in any insolvency proceeding.

2.

Paragraph 1 does not affect the application of any substantive or procedural rule of law applicable by virtue of an insolvency proceeding, such as any rule relating to: (a) the ranking of categories of claims; (b) the avoidance of a transaction as a preference or a transfer in fraud of creditors; or (c) the enforcement of rights to property that is under the control or supervision of the insolvency administrator.

3.

Paragraph 1 does not apply to the rights and interests to which Article 21(1) applies.

4.

Nothing in this Convention impairs the effectiveness of an interest in intermediated securities against the insolvency administrator and creditors in any insolvency proceeding if that interest has become effective by any method referred to in Article 13. Article 15 Unauthorised dispositions

1.

An intermediary may make a debit of securities to a securities account, make or remove a designating entry or otherwise dispose of intermediated securities only if it is authorised to do so: (a) in relation to a debit, by the account holder and, if applicable, the person to whom an interest in the relevant intermediated securities has been granted under Article 12;

204

Anhang 2

(b) in relation to a designating entry, by the account holder; (c) in relation to the removal of a designating entry, by the person in whose favour the designating entry has been made; (d) in relation to any other disposition, by the account holder and, if applicable, the person to whom an interest in the relevant intermediated securities has been granted under Article 12; or (e) by the non-Convention law. 2.

The non-Convention law and, to the extent permitted by the non-Convention law, the account agreement or the uniform rules of a securities settlement system determine the consequences of: an unauthorised debit; an unauthorised removal of a designating entry; subject to Article 18(2), an unauthorised designating entry; or any other unauthorised disposition. Article 16 Invalidity, reversal and conditions

Subject to Article 18, the non-Convention law and, to the extent permitted by the non-Convention law, the account agreement or the uniform rules of a securities settlement system determine whether and in what circumstances a debit, credit, designating entry or removal of a designating entry is invalid, is liable to be reversed or may be subject to a condition, and the consequences thereof. Article 17 Terms used in Chapter III In this Chapter: (a) “acquirer” means: (i)

an account holder to whose securities account securities are credited; or Article 12;

(ii) a person to whom an interest in intermediated securities is granted under (b) in determining whether a person ought to know of an interest or fact: (i)

the determination must take into account the characteristics and requirements of securities markets, including the intermediated holding system; and

(ii) the person is under no general duty of inquiry or investigation; (c) an organisation actually knows or ought to know of an interest or fact from the time when the interest or fact is or ought reasonably to have

205

Anhang 2

been brought to the attention of the individual responsible for the matter to which the interest or fact is relevant; (d) “defective entry” means a credit of securities or designating entry that is invalid or liable to be reversed, including a conditional credit or designating entry that becomes invalid or liable to be reversed by reason of the operation or non-fulfilment of the condition; (e) “relevant time” means the time that a credit is made or the time referred to in Article 19(3). Article 18 Acquisition by an innocent person 1.

Unless an acquirer actually knows or ought to know, at the relevant time, that another person has an interest in securities or intermediated securities and that the credit to the securities account of the acquirer, designating entry or interest granted to the acquirer violates the rights of that other person in relation to its interest: (a) the right or interest of the acquirer is not subject to the interest of that other person; (b) the acquirer is not liable to that other person; and (c) the credit, designating entry or interest granted is not rendered invalid, ineffective against third parties or liable to be reversed on the ground that the credit, designating entry or interest granted violates the rights of that other person.

2.

Unless an acquirer actually knows or ought to know, at the relevant time, of an earlier defective entry: (a) the credit, designating entry or interest is not rendered invalid, ineffective against third parties or liable to be reversed as a result of that defective entry; and (b) the acquirer is not liable to anyone who would benefit from the invalidity or reversal of that defective entry.

3.

Paragraphs 1 and 2 do not apply to an acquisition of intermediated securities, other than the grant of a security interest, made by way of gift or otherwise gratuitously.

4.

If an acquirer is not protected by paragraph 1 or paragraph 2, the applicable law determines the rights and liabilities, if any, of the acquirer.

5.

To the extent permitted by the non-Convention law, paragraph 2 is subject to any provision of the uniform rules of a securities settlement system or of the account agreement.

206

Anhang 2

6.

This Article does not modify the priorities determined by Article 19 or Article 20(2). Article 19 Priority among competing interests

1.

This Article determines priority between interests in the same intermediated securities which become effective against third parties under Article 12 or Article 13.

2.

Subject to paragraph 5 and Article 20, interests that become effective against third parties under Article 12 have priority over any interest that becomes effective against third parties by any other method provided by the non-Convention law.

3.

Interests that become effective against third parties under Article 12 rank among themselves according to the time of occurrence of the following events: (a) if the relevant intermediary is itself the holder of the interest and the interest is effective against third parties under Article 12(3)(a), when the agreement granting the interest is entered into; (b) when a designating entry is made; (c) when a control agreement is entered into or, if the relevant intermediary is not a party to the control agreement, when the relevant intermediary receives notice of it.

4.

If an intermediary has an interest that has become effective against third parties under Article 12 and makes a designating entry or enters into a control agreement with the consequence that an interest of another person becomes effective against third parties, the interest of that other person has priority over the interest of the intermediary unless that other person and the intermediary expressly agree otherwise.

5.

A non-consensual security interest in intermediated securities arising under the applicable law has such priority as is afforded to it by that law.

6.

As between persons entitled to any interests referred to in paragraphs 2, 3 and 4 and, to the extent permitted by the applicable law, paragraph 5, the priorities provided by this Article may be varied by agreement between those persons, but any such agreement does not affect third parties.

7.

A Contracting State may declare that under its non-Convention law, subject to paragraph 4, an interest granted by a designating entry has priority over any interest granted by any other method provided by Article 12.

207

Anhang 2

Article 20 Priority of interests granted by an intermediary 1.

Except as provided by paragraph 2, this Convention does not determine the priority or the relative rights and interests between the rights of account holders of an intermediary and interests granted by that intermediary so as to be effective against third parties under Article 12 or Article 13.

2.

An interest in intermediated securities granted by an intermediary so as to become effective against third parties under Article 12 has priority over the rights of account holders of that intermediary unless, at the relevant time, the person to whom the interest is granted actually knows or ought to know that the interest granted violates the rights of one or more account holders. Chapter IV Integrity of the intermediated holding system Article 21 Effectiveness in the insolvency of the relevant intermediary

1.

Rights and interests of account holders of a relevant intermediary that have become effective against third parties under Article 11 and interests granted by such account holders that have become effective under Article 12 are effective against the insolvency administrator and creditors in any insolvency proceeding in relation to the relevant intermediary or in relation to any other person responsible for the performance of a function of the relevant intermediary under Article 7.

2.

Paragraph 1 does not affect: (a) any rule of law applicable in the insolvency proceeding relating to the avoidance of a transaction as a preference or a transfer in fraud of creditors; or (b) any rule of procedure relating to the enforcement of rights to property that is under the control or supervision of the insolvency administrator.

3.

208

Nothing in this Article impairs the effectiveness of an interest in intermediated securities against the insolvency administrator and creditors in any insolvency proceeding referred to in paragraph 1, if that interest has become effective by any method referred to in Article 13.

Anhang 2

Article 22 Prohibition of upper-tier attachment 1.

Subject to paragraph 3, no attachment of intermediated securities of an account holder shall be made against, or so as to affect: (a) a securities account of any person other than that account holder; (b) the issuer of any securities credited to a securities account of that account holder; or (c) a person other than the account holder and the relevant intermediary.

2.

In this Article “attachment of intermediated securities of an account holder” means any judicial, administrative or other act or process to freeze, restrict or impound intermediated securities of that account holder in order to enforce or satisfy a judgment, award or other judicial, arbitral, administrative or other decision or in order to ensure the availability of such intermediated securities to enforce or satisfy any future judgment, award or decision.

3.

A Contracting State may declare that under its non-Convention law an attachment of intermediated securities of an account holder made against or so as to affect a person other than the relevant intermediary has effect also against the relevant intermediary. Any such declaration shall identify that other person by name or description and shall specify the time at which such an attachment becomes effective against the relevant intermediary. Article 23 Instructions to the intermediary

1.

An intermediary is neither bound nor entitled to give effect to any instructions in relation to intermediated securities of an account holder given by any person other than that account holder.

2.

Paragraph 1 is subject to: (a) the provisions of the account agreement, any other agreement between the intermediary and the account holder or any other agreement entered into by the intermediary with the consent of the account holder; (b) the rights of any person (including the intermediary) who holds an interest that has become effective against third parties under Article 12; (c) subject to Article 22, any judgment, award, order or decision of a court, tribunal or other judicial or administrative authority of competent jurisdiction;

209

Anhang 2

(d) any applicable provision of the non-Convention law; and (e) if the intermediary is the operator of a securities settlement system, the uniform rules of that system. Article 24 Holding or availability of sufficient securities 1.

An intermediary must, for each description of securities, hold or have available securities and intermediated securities of an aggregate number or amount equal to the aggregate number or amount of securities of that description credited to: (a) securities accounts that it maintains for its account holders other than itself; and (b) if applicable, securities accounts that it maintains for itself.

2.

An intermediary may comply with paragraph 1 by: (a) procuring that securities are held on the register of the issuer in the name, or for the account, of its account holders; (b) holding securities as the registered holder on the register of the issuer; (c) possession of certificates or other documents of title; (d) holding intermediated securities with another intermediary; or (e) any other appropriate method.

3.

If at any time the requirements of paragraph 1 are not complied with, the intermediary must within the time permitted by the non-Convention law take such action as is necessary to ensure compliance with those requirements.

4.

This Article does not affect any provision of the non-Convention law, or, to the extent permitted by the non-Convention law, any provision of the uniform rules of a securities settlement system or of the account agreement, relating to the method of complying with the requirements of this Article or the allocation of the cost of ensuring compliance with those requirements or otherwise relating to the consequences of failure to comply with those requirements. Article 25 Allocation of securities to account holders’ rights

1.

210

Securities and intermediated securities of each description held by an intermediary as described in Article 24(2) shall be allocated to the rights of the account holders of that intermediary, other than itself, to the extent necessary to ensure compliance with Article 24(1)(a).

Anhang 2

2.

Subject to Article 20, securities and intermediated securities allocated under paragraph 1 shall not form part of the property of the intermediary available for distribution among or realisation for the benefit of creditors of the intermediary.

3.

The allocation required by paragraph 1 shall be effected by the non-Convention law and, to the extent required or permitted by the non-Convention law, by arrangements made by the relevant intermediary.

4.

The arrangements referred to in paragraph 3 may include arrangements under which an intermediary holds securities and intermediated securities in segregated form for the benefit of: (a) its account holders generally; or (b) particular account holders or groups of account holders, in such manner as to ensure that such securities and intermediated securities are allocated in accordance with paragraph 1.

5.

A Contracting State may declare that, if all securities and intermediated securities held by an intermediary for its account holders, other than itself, are in segregated form under arrangements such as are referred to in paragraph 4, under its non-Convention law the allocation required by paragraph 1 applies only to those securities and intermediated securities and does not apply to securities and intermediated securities held by an intermediary for its own account.

6.

This Article applies notwithstanding the commencement or continuation of an insolvency proceeding in relation to the intermediary. Article 26 Loss sharing in case of insolvency of the intermediary

1.

This Article applies in any insolvency proceeding in relation to an intermediary unless otherwise provided by any conflicting rule applicable in that proceeding.

2.

If the aggregate number or amount of securities and intermediated securities of any description allocated under Article 25(1) to an account holder, a group of account holders or the intermediary’s account holders generally (as the case may be) is less than the aggregate number or amount of securities of that description credited to the securities accounts of that account holder, that group of account holders or the intermediary’s account holders generally, the shortfall shall be borne: (a) if securities and intermediated securities have been allocated to a single account holder, by that account holder; and

211

Anhang 2

(b) in any other case, by the account holders to whom the relevant securities have been allocated, in proportion to the respective number or amount of securities of that description credited to their securities accounts. 3.

To the extent permitted by the non-Convention law, if the intermediary is the operator of a securities settlement system and the uniform rules of the system make provision in case of a shortfall, the shortfall shall be borne in the manner so provided. Article 27 Insolvency of system operator or participant

To the extent permitted by the law governing a system, the following provisions shall have effect notwithstanding the commencement of an insolvency proceeding in relation to the operator of that system or any participant in that system and notwithstanding any invalidation, reversal or revocation that would otherwise occur under any rule applicable in an insolvency proceeding: (a) any provision of the uniform rules of a securities settlement system or of a securities clearing system in so far as that provision precludes the revocation of any instruction given by a participant in the system for making a disposition of intermediated securities, or for making a payment relating to an acquisition or disposition of intermediated securities, after the time at which that instruction is treated under the rules of the system as having been entered irrevocably into the system; (b) any provision of the uniform rules of a securities settlement system in so far as that provision precludes the invalidation or reversal of a debit or credit of securities to, or a designating entry or removal of a designating entry in, a securities account that forms part of the system after the time at which that debit, credit, designating entry or removal of a designating entry is treated under the rules of the system as not liable to be reversed. Article 28 Obligations and liability of intermediaries 1.

The obligations of an intermediary under this Convention, including the manner in which an intermediary complies with its obligations, may be specified by the non-Convention law and, to the extent permitted by the non-Convention law, the account agreement or the uniform rules of a securities settlement system.

2.

If the substance of any such obligation is specified by the non-Convention law or, to the extent permitted by the non-Convention law, the account agreement or the uniform rules of a securities settlement system, compliance with it satisfies that obligation.

212

Anhang 2

3.

The liability of an intermediary in relation to its obligations is governed by the non-Convention law and, to the extent permitted by the non-Convention law, the account agreement or the uniform rules of a securities settlement system.

4.

An intermediary may not exclude liability for its gross negligence or wilful misconduct. Article 29 Position of issuers of securities

1.

The law of a Contracting State shall permit the holding through one or more intermediaries of securities that are permitted to be traded on an exchange or regulated market, and the effective exercise in accordance with Article 9 of the rights attached to such securities that are so held, but need not require that all such securities be issued on terms that permit them to be held through intermediaries.

2.

In particular, the law of a Contracting State shall recognise the holding of such securities by a person acting in its own name on behalf of another person or other persons and shall permit such a person to exercise voting or other rights in different ways in relation to different parts of a holding of securities of the same description; but this Convention does not determine the conditions under which such a person is authorised to exercise such rights. Article 30 Set-off

As between an account holder that holds intermediated securities for its own account and the issuer of those securities, the fact that the account holder holds the securities through an intermediary or intermediaries shall not of itself, in any insolvency proceeding in relation to the issuer, preclude the existence or prevent the exercise of any rights of set-off which would have existed and been exercisable if the account holder had held the securities otherwise than through an intermediary. Chapter V Special provisions in relation to collateral transactions Article 31 Scope of application and definitions in Chapter V 1.

This Chapter applies to collateral agreements under which a collateral provider grants an interest in intermediated securities to a collateral taker in order to secure the performance of any existing, future or contingent obligations of the collateral provider or another person.

213

Anhang 2

2.

Nothing in this Chapter impairs any provision of the non-Convention law which provides for additional rights or powers of a collateral taker or additional obligations of a collateral provider.

3.

In this Chapter: (a) “collateral agreement” means a security collateral agreement or a title transfer collateral agreement; (b) “security collateral agreement” means an agreement between a collateral provider and a collateral taker providing (in whatever terms) for the grant of an interest other than full ownership in intermediated securities for the purpose of securing the performance of relevant obligations; (c) “title transfer collateral agreement” means an agreement, including an agreement providing for the sale and repurchase of securities, between a collateral provider and a collateral taker providing (in whatever terms) for the transfer of full ownership of intermediated securities by the collateral provider to the collateral taker for the purpose of securing or otherwise covering the performance of relevant obligations; (d) “relevant obligations” means any existing, future or contingent obligations of a collateral provider or another person; (e) “collateral securities” means intermediated securities delivered under a collateral agreement; (f)

“collateral taker” means a person to whom an interest in intermediated securities is granted under a collateral agreement;

(g) “collateral provider” means an account holder by whom an interest in intermediated securities is granted under a collateral agreement; (h) “enforcement event” means, in relation to a collateral agreement, an event of default or other event on the occurrence of which, under the terms of that collateral agreement or by the operation of law, the collateral taker is entitled to realise the collateral securities or a close-out netting provision may be operated;

214

(i)

“equivalent collateral” means securities of the same description as collateral securities;

(j)

“close-out netting provision” means a provision of a collateral agreement, or of a set of connected agreements of which a collateral agreement forms part, under which, on the occurrence of an enforcement event, either or both of the following shall occur, or may at the election of the collateral taker occur, whether through the operation of netting or set-off or otherwise:

Anhang 2

(i)

the respective obligations of the parties are accelerated so as to be immediately due and expressed as an obligation to pay an amount representing their estimated current value or are terminated and replaced by an obligation to pay such an amount;

(ii) an account is taken of what is due from each party to the other in relation to such obligations, and a net sum equal to the balance of the account is payable by the party from whom the larger amount is due to the other party. Article 32 Recognition of title transfer collateral agreements The law of a Contracting State shall permit a title transfer collateral agreement to take effect in accordance with its terms. Article 33 Enforcement 1.

On the occurrence of an enforcement event: (a) the collateral taker may realise the collateral securities delivered under a security collateral agreement by: (i)

selling them and applying the net proceeds of sale in or towards the discharge of the relevant obligations; or

(ii) appropriating the collateral securities as the collateral taker’s own property and setting off their value against, or applying their value in or towards the discharge of, the relevant obligations, provided that the collateral agreement provides for realisation in this manner and specifies the basis on which collateral securities are to be valued for this purpose; or (b) a close-out netting provision may be operated. 2.

If an enforcement event occurs while any obligation of the collateral taker to deliver equivalent collateral under a collateral agreement remains outstanding, that obligation and the relevant obligations may be the subject of a close-out netting provision.

3.

Collateral securities may be realised, and a close-out netting provision may be operated, under this Article: (a) subject to any contrary provision of the collateral agreement, without any requirement that: (i)

prior notice of the intention to realise or operate the close-out netting provision shall have been given;

215

Anhang 2

(ii) the terms of the realisation or the operation of the close-out netting provision be approved by any court, public officer or other person; or (iii) the realisation be conducted by public auction or in any other prescribed manner or the close-out netting provision be operated in any prescribed manner; and (b) notwithstanding the commencement or continuation of an insolvency proceeding in relation to the collateral provider or the collateral taker. Article 34 Right to use collateral securities 1.

If and to the extent that the terms of a security collateral agreement so provide, the collateral taker shall have the right to use and dispose of the collateral securities as if it were the owner of them (a “right of use”).

2.

If a collateral taker exercises a right of use, it thereby incurs an obligation to replace the collateral securities so used or disposed of (the “original collateral securities”) by delivering to the collateral provider, not later than the discharge of the relevant obligations, equivalent collateral or, if the security collateral agreement provides for the delivery of other assets following the occurrence of any event relating to or affecting any securities delivered as collateral, those other assets (“replacement collateral”).

3.

Replacement collateral acquired or identified by the collateral taker before the relevant obligations have been fully discharged shall: (a) in the same manner as the original collateral securities, be subject to an interest under the relevant security collateral agreement, which shall be treated as having been created at the same time as the interest in relation to the original collateral securities was created; and (b) in all other respects be subject to the terms of the relevant security collateral agreement.

4.

The exercise of a right of use shall not render invalid or unenforceable any right of the collateral taker under the relevant security collateral agreement or the non-Convention law. Article 35 Requirements of non-Convention law relating to enforcement

Articles 33 and 34 do not affect any requirement of the non-Convention law to the effect that the realisation or valuation of collateral securities or the calculation of any obligations must be conducted in a commercially reasonable manner.

216

Anhang 2

Article 36 Top-up or substitution of collateral 1.

If a collateral agreement includes: (a) an obligation to deliver additional collateral securities: (i)

in order to take account of changes in the value of the collateral delivered under the collateral agreement or in the amount of the relevant obligations;

(ii) in order to take account of any circumstances giving rise to an increase in the credit risk incurred by the collateral taker as determined by reference to objective criteria relating to the creditworthiness, financial performance or financial condition of the collateral provider or other person by whom the relevant obligations are owed; or (iii) to the extent permitted by the non-Convention law, in any other circumstances specified in the collateral agreement; or (b) a right to withdraw collateral securities or other assets on delivering collateral securities or other assets of substantially the same value, the delivery of securities or other assets as described in sub-paragraphs (a) and (b) shall not be treated as invalid, reversed or declared void solely on the basis that they are delivered during a prescribed period before, or on the day of but before, the commencement of an insolvency proceeding in relation to the collateral provider, or after the relevant obligations have been incurred. 2.

Alles Liebe Contracting State may declare that paragraph 1(a)(ii) shall not apply. Article 37 Certain insolvency provisions disapplied

If Article 36 does not apply, a collateral agreement or the delivery of collateral securities under such agreement shall not be treated as invalid, reversed or declared void solely on the basis that the agreement is entered into or the collateral securities are delivered during a prescribed period before, or on the day of but before, the commencement of an insolvency proceeding in relation to the collateral provider. Article 38 Declarations in relation to Chapter V 1.

A Contracting State may declare that this Chapter shall not apply.

217

Anhang 2

2.

A Contracting State may declare that this Chapter shall not apply: (a) in relation to collateral agreements entered into by natural persons or other persons falling within such categories as may be specified in the declaration; (b) in relation to intermediated securities that are not permitted to be traded on an exchange or regulated market; (c) in relation to collateral agreements that relate to relevant obligations falling within such categories as may be specified in the declaration. Chapter VI Transitional provision Article 39 Priority

1.

This Convention does not affect the priority of interests granted under the law in force in a Contracting State before the date on which this Convention has entered into force in relation to that Contracting State.

2.

A Contracting State may declare that a pre-existing interest shall retain the priority it enjoyed before the relevant date only if, at any time before that date, the interest has become effective against third parties by satisfying a condition specified in the declaration made by that Contracting State in accordance with Article 12(5)(a).

3.

In this Article: (a) “pre-existing interest” means any interest, other than a non-consensual security interest, that has been granted under the law in force in a Contracting State before the date this Convention has entered into force in relation to that Contracting State, other than by a credit to a securities account; (b) “the relevant date” means the date stated by a Contracting State in the declaration made under this Article and that date shall not be later than two years after the effective date of that declaration.

4.

Article 45(5) does not apply to the declaration provided for in this Article. Chapter VII Final provisions Article 40 Signature, ratification, acceptance, approval or accession

1.

218

This Convention shall be open for signature in Geneva on 9 October 2009 by States participating in the diplomatic Conference to adopt a Conven-

Anhang 2

tion on Substantive Rules regarding Intermediated Securities held at Geneva from 1 September 2008 to 12 September 2008 and from 5 October 2009 to 9 October 2009 (the Geneva Conference). After 9 October 2009 this Convention shall be open to all States for signature at the Headquarters of the International Institute for the Unification of Private Law (UNIDROIT) in Rome, and at such other places as the Depositary may determine, until it enters into force in accordance with Article 42. 2.

This Convention shall be subject to ratification, acceptance or approval by States that have signed it.

3.

Any State that does not sign this Convention may accede to it at any time.

4.

Ratification, acceptance, approval or accession is effected by the deposit of a formal instrument to that effect with the Depositary. Article 41 Regional Economic Integration Organisations

1.

A Regional Economic Integration Organisation that is constituted by sovereign States and has competence over certain matters governed by this Convention may similarly sign, accept, approve or accede to this Convention. The Regional Economic Integration Organisation shall in that case have the rights and obligations of a Contracting State, to the extent that the Organisation has competence over matters governed by this Convention. If the number of Contracting States is relevant in this Convention, the Regional Economic Integration Organisation shall not count as a Contracting State in addition to its Member States that are Contracting States.

2.

The Regional Economic Integration Organisation shall, at the time of signature, acceptance, approval or accession, make a declaration to the Depositary specifying the matters governed by this Convention in relation to which competence has been transferred to that Organisation by its Member States. The Regional Economic Integration Organisation shall promptly and formally notify the Depositary in writing of any changes to the distribution of competence, including new transfers of competence, specified in the declaration under this paragraph.

3.

Any reference to “Contracting State”, “Contracting States” or “State Party” in this Convention applies equally to a Regional Economic Integration Organisation if the context so requires.

219

Anhang 2

Article 42 Entry into force 1.

This Convention enters into force on the first day of the month following the expiration of six months after the date of the deposit of the third instrument of ratification, acceptance, approval or accession between the States that have deposited such instruments.

2.

For each State that ratifies, accepts, approves or accedes to this Convention after the deposit of the third instrument of ratification, acceptance, approval or accession, this Convention enters into force in relation to that State on the first day of the month following the expiration of six months after the date of the deposit of its instrument of ratification, acceptance, approval or accession. Article 43 Territorial units

1.

If a Contracting State has two or more territorial units in which different systems of law are applicable in relation to the matters dealt with in this Convention, it may, at the time of signature, ratification, acceptance, approval or accession, make an initial declaration that this Convention is to extend to all its territorial units or only to one or more of them, and may modify its declaration by submitting another declaration at any time.

2.

Any such initial declaration is to be made in writing and formally notified to the Depositary and shall state expressly the territorial units to which this Convention applies.

3.

If a Contracting State has not made any declaration under paragraph 1, this Convention shall apply to all territorial units of that State.

4.

If a Contracting State extends this Convention to one or more of its territorial units, declarations permitted under this Convention may be made in relation to each such territorial unit, and the declarations made in relation to one territorial unit may be different from those made in relation to another territorial unit.

5.

In relation to a Contracting State with two or more territorial units in ich different systems of law are applicable in relation to the matters dealt with in this Convention, any reference to the law in force in a Contracting State or to the law of a Contracting State shall be construed as referring to the law in force in the relevant territorial unit. Article 44 Reservations

No reservations may be made to this Convention.

220

Anhang 2

Article 45 Declarations 1.

Declarations authorised by the provisions of the Convention, other than the declaration provided for in Article 41(2) and the initial declaration provided for in Article 43(1), may be made at any time.

2.

Declarations, and confirmations of declarations, are to be made in writing and formally notified to the Depositary.

3.

A declaration made by a Contracting State prior to the entry into force of the Convention for that State shall take effect simultaneously with the entry into force of the Convention for the State concerned. A declaration of which the Depositary receives formal notification after such entry into force shall take effect on the first day of the month following the expiration of six months after the date of the receipt of the notification by the Depositary. Declarations made at the time of signature are subject to confirmation upon ratification, acceptance or approval.

4.

A Contracting State that makes a declaration under this Convention may modify or withdraw it at any time by a formal notification in writing to the Depositary. The modification or withdrawal shall take effect on the first day of the month following the expiration of six months after the date of the receipt of the notification by the Depositary.

5.

Notwithstanding the previous paragraphs, this Convention shall continue to apply, as if no declaration, modification or withdrawal of a declaration had been made, in relation to all rights and interests arising prior to the effective date of such declaration, modification or withdrawal. Article 46 Denunciations

1.

Any State Party may denounce this Convention by formal notification in writing to the Depositary.

2.

Any such denunciation shall take effect on the first day of the month following the expiration of six months after the date of receipt of the notification by the Depositary. If a longer period for that denunciation to take effect is specified in the notification, it shall take effect upon the expiration of such period after receipt of the notification by the Depositary.

3.

Notwithstanding the previous paragraphs, this Convention shall continue to apply, as if no such denunciation had been made, in relation to all rights, interests and obligations arising prior to the effective date of any such denunciation.

221

Anhang 2

Article 47 Evaluation meetings, revision Conferences and related matters 1.

Not later than 24 months after the entry into force of the Convention, and in principle every 24 months thereafter as the circumstances warrant, the Depositary shall convene an Evaluation Meeting, to which will be invited the Contracting States, the States and Observers participating in the Geneva Conference, the member States of UNIDROIT as well as other invited Observers.

2.

The Agenda of the Evaluation Meeting may include the following matters: (a) the implementation and operation of the Convention; (b) whether any modification to this Convention or to the Official Commentary is desirable.

3.

The Depositary will take due account of the results of the Evaluation Meeting and, if appropriate, may convene a diplomatic Conference.

4.

The amendments adopted by the diplomatic Conference referred to in paragraph 3 will enter into force on such a date as will be determined by the Conference in relation to Contracting States that ratify, accept or approve these amendments.

5.

After the entry into force of the amendments referred to in paragraph 4, the States that will ratify, accept, approve or accede to this Convention will be bound by the Convention as amended. Article 48 Depositary and its functions

1.

Instruments of ratification, acceptance, approval or accession shall be deposited with UNIDROIT, which is hereby designated the Depositary.

2.

The Depositary shall: (a) inform all Contracting States of: (i)

each new signature or deposit of an instrument of ratification, acceptance, approval or accession, together with the date thereof;

(ii) the date of entry into force of this Convention; (iii) each declaration made in accordance with this Convention, together with the date thereof; (iv) the withdrawal or amendment of any declaration, together with the date thereof; and

222

Anhang 2

(v) the notification of any denunciation of this Convention together with the date thereof and the date on which it takes effect; (b) transmit certified true copies of this Convention to all Contracting States; and (c) perform such other functions customary for depositaries.

IN WITNESS WHEREOF the undersigned Plenipotentiaries, having been duly authorised, have signed this Convention. DONE at Geneva, this ninth day of October, two thousand and nine, in a single original in the English and French languages, both texts being equally authentic, such authenticity to take effect upon verification by the Secretariat of the Conference under the authority of the President of the Conference within one hundred and twenty days hereof as to the consistency of the texts with one another.

223

Lebenslauf Name:

Sabine Elisabeth Mock

Studium Jan. 1984 – März 1986

Studium der Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

März 1986 – Juli 1989

Studium der Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München (1. Staatsexamen)

Okt. 1992 – Okt. 1993

Studium an der University of Exeter: LL.M. in European Legal Studies

Referendarzeit Juli 1989 – April 1992

OLG München (2. Staatsexamen)

Berufliche Tätigkeit Okt. 1993 – Dez. 1996

Rechtsanwältin bei Clifford Chance in Frankfurt

Jan. 1997 – Dez. 2008

Rechtsabteilung Goldman, Sachs & Co. oHG in Frankfurt, Executive Director und Senior Counsel

Sept. 2003 – Mai 2004

Goldman Sachs International, London

Juli 2008 – März 2011

Referentin für Abschiebungsbeobachtung am Flughafen Frankfurt/Main beim Bistum Limburg

April 2011 – Sept. 2011

Grundsatzabteilung KanAm Grund Kapitalanlagegesellschaft mbH in Frankfurt

März 2012 – Feb. 2014

Rechtsanwältin bei Allen & Overy in Frankfurt

April 2014 – heute

Rechtsanwältin in Frankfurt

Frankfurt, Juni 2016

225

Sachwortregister

Absonderung

192, 193 Abstraktionsprinzip 38, 45, 154, 156, 171 Actual Settlement 126, 287, 292, 351 Aktie mit aufgehobenem Titeldruck 92, 97,141 Aktie mit aufgeschobenem Titeldruck 9, 76, 77, 83 ff., 95, 97, 349 Ausführungsanzeige 106, 210, 224, 258 Ausführungsbestätigung 203

Bekanntmachung über die Anforderung an die Ordnungsmäßigkeit des Depotgeschäftes und die Erfüllung von Wertpapierlieferungsverpflichtungen vom 21.12.1998 des Bundesaufsichtsamtes für Kreditwesen 215, 230, 244 Belastungsbuchung 150, 155, 157, 159 ff., 168 ff., 176, 261, 309 ff., 313 ff., 325, 336, 360 f. Besitzpyramide 223 Blue Book 202 ff. (Fn. 550) Buy-In 113, 127, 192 (Fn. 522)

CARGO (Central Application for Registered Shares Online) 83 (Fn. 190) CASCADE 207, 235 f., 262, 266, 278, 350 CASCADE-LION 205 Contractual Settlement 126, 129 (Fn. 308), 190, 193, 200, 283, 287

Dauerglobalurkunde

78, 221 f., 223, 225, 273 f., 348 Daytrading 257 (Fn. 699), 287 Delivery versus payment (dvp) 350 Depotabstimmung 361

Depotbuchhaltung, -führung 258, 362 Derivativer Erwerb 53, 167, 195 f., 284 f., 311 ff., 358 ff. Direkterwerb 114 ff., 194 ff., 255, 273 Drawing from the Pool 127 Drittsammelverwahrung 61 ff., 132 Durchgangserwerb 116

Eidgenössisches Schuldbuch

81 ff., 95, 349 Eigenbestand 55, 128, 190, 200, 220, 230 f., 245 ff., 251 ff., 270, 332 Eindeckung 191, 254, 333 (Fn. 911), 361 Einwegzertifikat 84 Einzelkunden-Kontentrennung 17, 219 Einzelverwahrung 55

Finalitätsrichtlinie 226 Fremdbestand 220, 230 f., 245, 270, 332 Geldgiroverkehr 52 f. Geltendmachungsfunktion 30 Geschäft für denjenigen, den es angeht 255, 259, 264, 272 Globalurkunde 70 ff., 94, 118, 133, 136, 142, 144 f., 147, 148, 150, 152, 192, 194 f., 197, 201, 221, 348, 352 GS-Gutschrift 220, 227 f., 231 f., 240, 242, 261, 270 Haussammelverwahrung

56 f.,

60 f., 64, 222, 347

227

Sachwortregister

Inhouse-Übertragung 157, 176, 180 Integrität des Systems 190, 300, 315, 329, 361 Intermediated securities 302 Intraday Trading 127; siehe auch Daytrading Intransparente Verwahrsysteme 299 IOSCO 363 (Fn. 938) Kausalitätsprinzip

8, 37, 45 (Fn. 80), 50, 133, 166, 280, 346

Leerbuchung

246 f., 269, 333 (Fn. 911) Legitimationsfunktion 32, 36, 99, 164

Matching 101, 106, 112, 203, 210 Mistrade 171, 213 No credit without debit

160, 315 f., 326, 338, 359 No debit without credit 316, 338, 359 Non-Convention law 298 Non-Paper der Services of the Directorate-General Internal Market and Services vom 15. Mai 2013 5, 16 Nostrobestand siehe Eigenbestand

Omnibus-Kunden-Kontentrennung 17, 219 Omnibuskonto 193 (Fn. 529), 220 Originärer Erwerb 53, 146, 167, 195

Pro-rata-Regel

333

Rechtebündelzuweisung 306 Rechtsnatur der Bucheffekte 143 228

Richtlinien für die Depotprüfung 230 (Fn. 649), 363 (Fn. 938)

Sammelkonto siehe Omnibuskonto Schlußnote (Trade Confirmation) 203, 210, 214 Schwebenominal 231 (Fn. 656) SECOM-System 101, 104, 106, 129 Separationsprinzip 311, 338, 358 Settlement Instructions 203 Shortfall 126; siehe auch Unterbestand SIC/euroSIC 104 f., 106 SIX SIS AG 104, 106, 118 f., 126, 129 ff., 147, 157, 197, 200, 278, 283 SIX Swiss Exchange 24, 100 f., 106, 108, 112 ff., 190 Stornierung der Belastung 169 Stornierung der Gutschrift 176 Straight Through Processing 101 (Fn. 228) Swiss Value Chain 104 Systeme mit direkter Rechtsträgerschaft 299, 302, 305 Systeme mit indirekter Rechtsträgerschaft 299, 302, 305 f.

Technologieneutralität 135 Tracing 196, 360 Trade Date Transparente Verwahrsysteme 299 Übertragungsfunktion 33 Übertragungsvermerk 225 ff., 269 Underlying 142 f., 149 ff., 170 Unterbestand 126, 180, 190, 200, 283, 331, 361 Valutatag

112 f. Verkehrsschutzfunktion 33

Sachwortregister

Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vom 23.7.2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der EU und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinie 98/26/ EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (CSD-Verordnung) 6, 17, 103, 219 Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps 254

Verwahrungsbuch 225 ff., 244 Verwahrungspyramide 159 Vorausbuchung 240, 351

Weisung 153 ff., 156 ff. Wertrechtslehre 79 Xetra-Handelssystem

202, 210,

214

Zuordnung der Depotwerte

193,

270, 330, 332

229